Abwehr und Ausgleich »aufgedrängter Bereicherungen« im Bürgerlichen Recht: Eine Untersuchung auf systematischer und rechtsvergleichender Grundlage über den Konflikt zwischen Dispositionsfreiheit und Vorteilsabschöpfung [1 ed.] 9783428512768, 9783428112760

Verpflichtet ein objektiv messbarer, subjektiv jedoch als nutzlos oder nachteilig empfundener Vermögenszuwachs bzw. der

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Abwehr und Ausgleich »aufgedrängter Bereicherungen« im Bürgerlichen Recht: Eine Untersuchung auf systematischer und rechtsvergleichender Grundlage über den Konflikt zwischen Dispositionsfreiheit und Vorteilsabschöpfung [1 ed.]
 9783428512768, 9783428112760

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Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 290

Abwehr und Ausgleich „aufgedrängter Bereicherungen“ im Bürgerlichen Recht Eine Untersuchung auf systematischer und rechtsvergleichender Grundlage über den Konflikt zwischen Dispositionsfreiheit und Vorteilsabschöpfung

Von Frauke Wernecke

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

FRAUKE WERNECKE

Abwehr und Ausgleich „aufgedrängter Bereicherungen“ im Bürgerlichen Recht

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 290

Abwehr und Ausgleich „aufgedrängter Bereicherungen“ im Bürgerlichen Recht Eine Untersuchung auf systematischer und rechtsvergleichender Grundlage über den Konflikt zwischen Dispositionsfreiheit und Vorteilsabschöpfung

Von Frauke Wernecke

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Hamburg hat diese Arbeit im Jahre 2002 als Habilitationsschrift angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-11276-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Der Ausgleich aufgedrängter Bereicherungen kreist um die immer wieder erörterte Frage, ob und inwieweit Personen, die ohne eine entsprechende rechtsgeschäftliche Abrede einen objektiv messbaren, subjektiv jedoch als nutzlos oder gar nachteilig empfundenen Vermögenszuwachs oder Schutz ihrer Rechte bzw. Rechtsgüter erfahren haben, verpflichtet sind, diese „Vorteile“ herauszugeben oder unabhängig von einer nachträglichen Billigung geldlich auszugleichen. Die bisherigen Darstellungen zu diesem Thema lassen exakte begriffliche Festlegungen vermissen und beschränken sich zumeist auf eine apodiktische Nebeneinanderstellung der verschiedenen Institute. Die Verfasserin der vorliegenden Schrift ergründet zunächst die Entstehung von „Vorteilen“, bestimmt die Grundlage ihrer Bezifferung und legt ihre Abwehr auf der Grundlage des § 1004 BGB fest. Sie entwickelt sodann ein abgestuftes System der Abwehr und des Ausgleichs aufgedrängter Vorteile zwischen den Polen des „ausgleichsfreundlichen“ Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses und der „ausgleichsfeindlichen“ Geschäftsführung ohne Auftrag, die häufig kraft einer Verweisung den Ausgleich aufgedrängter Vorteile auch innerhalb vertraglicher Schuldverhältnisse bestimmt. Der rechtsvergleichende Teil der Arbeit erweist in den untersuchten Rechtsordnungen eine mehr oder weniger ausgeprägte Zurückhaltung gegenüber dem Ausgleich aufgedrängter Vorteile, ohne dass der Aufdrängungsschutz systematisch festgelegt würde. Die Schrift ist im Jahr 2002 durch den Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Hamburg als Habilitationsleistung anerkannt worden. Sie wäre ohne die langjährige fachliche und persönliche Unterstützung durch Herrn Professor (em.) Dr. Horst-Eberhard Henke nicht entstanden; ihm sei an dieser Stelle aufrichtig für zahlreiche inhaltliche Anregungen und die hilfreiche Durchsicht des Manuskripts gedankt. Berlin, im September 2003

Frauke Wernecke

Inhaltsverzeichnis I.

Die Rechtfertigung einer dogmatischen Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

II. Die Rechtfertigung einer weiteren Untersuchung über den Schutz vor „aufgedrängter Bereicherung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Postulat der einheitlichen systematischen Behandlung des Aufdrängungsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die mangelnde Überzeugungskraft der herkömmlichen Lösung auf der Grundlage des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses, des Kondiktionsrechts und der Geschäftsführung ohne Auftrag – veranschaulicht an Fallbeispielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausgleichspflicht bei „Realisierung“ des Wertzuwachses? . . . . . . . . . b) Die Kritik an der Entscheidung zum „Grindelhochhaus“ . . . . . . . . . . c) Die „Realisierung einer Werterhöhung“ durch den Eigentümer als „Prüfstein“ für die Berechtigung einer Aufwendungskondiktion . . . . d) Der unterschiedliche Maßstab der Bösgläubigkeit als Ursache eines „Wertungswiderspruchs“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Der Sachverlust als „Opfergrenze“ des unfreiwillig Bereicherten? . . f) Zusammenfassende Kritik an dem von Canaris behaupteten Verhältnis der §§ 994 ff. BGB zur Aufwendungskondiktion . . . . . . . . . . 3. Die aufgedrängte Bereicherung aus dem Blickwinkel des Schadensersatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Aufdrängungsschutz im Bürgerlichen Gesetzbuch – die wesentlichen Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Grundsatz: Der Schutz der Willensfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die exakte Bestimmung des ausgleichsfähigen „Vorteils“ . . . . . . . . . . . . a) Gegenständliche und nichtgegenständliche Vorteile – ein Überblick b) Forderungen als geldwerte Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Dingliche Rechte, insbesondere das Eigentum, als Vermögensvorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Bestimmung des „Vorteils“ und des Anspruchberechtigten im Falle von sachbezogenen Verbesserungen: Ausgleich für die vorgenommene Handlung und/oder das geschaffene Ergebnis? . . . . . . . . . e) Der Wert der Nutzungschancen bei rechtsgrundloser Übertragung des Eigentums und des Besitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Der Besitz an einer Sache als geldwerte Position? . . . . . . . . . . . . . . . . g) Die Nutzung oder der Verbrauch einer Sache als vermögenswerter Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Die faktische Inanspruchnahme fremden Herstellungsaufwandes (sog. „Nutzungsfälle“) als Vermögenszuwachs . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

3.

4. 5.

6.

7.

i) Das Befreitsein von einer Verbindlichkeit als Vermögensvorteil . . . . j) Die Aufdrängung eines Vorteils und die Anerkennung einer Ausgleichspflicht nach einem „subjektiven“ Maßstab? . . . . . . . . . . . . . . . k) Die Festlegung des ausgleichsfähigen Vermögensvorteils – eine Zusammenfassung in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die durch Geschäftsunfähige oder beschränkt Geschäftsfähige kraft willentlicher Inanspruchnahme fremder Güter zu erlangenden „Vorteile“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Interesse des Bereicherten am Erwerb des Vorteils – Ausschluss des Aufdrängungsschutzes in „Leistungsbeziehungen“? . . . . . . . . . . . . . . Der Erwerb von Vorteilen durch Geschäftsunfähige bzw. beschränkt Geschäftsfähige und die Aufdrängung von Vorteilen in Leistungsbeziehungen – eine Zusammenfassung in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufdrängungsschutz durch Beseitigung des Vorteils – zum Anwendungsbereich des § 1004 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Geltendmachung eines Ausgleichsanspruchs als Ausdruck widersprüchlichen Verhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Ausschluss des Beseitigungsanspruchs bei unwiderlegbarer Vermutung der Vorteilhaftigkeit einer Handlung oder bei Anordnung des Ausgleichs eines ausdrücklich aufgedrängten Vorteils . . . . c) Der Vorrang des Beseitigungsanspruchs vor der Zahlungspflicht bei Vorteilen, deren Entstehung allein im Interesse des Bereicherten angeordnet ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Akzeptanz des Vorteils kraft des Verzichts auf den Beseitigungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Der Begriff der „Beeinträchtigung“ im Sinne des § 1004 BGB . . . . aa) Die Freiheit des Eigentümers (§ 903 BGB) als das durch § 1004 BGB geschützte Gut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der eigenständige Anwendungsbereich des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB im Verhältnis zum Schadensersatzrecht . . . . . . . . . Der Aufdrängungsschutz kraft des Rechts auf Beseitigung angefallener Vorteile – eine Zusammenfassung in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im anglo-amerikanischen, französischen, österreichischen und schweizerischen Recht . . . . . 1. Der Aufdrängungsschutz im anglo-amerikanischen Recht . . . . . . . . . . . . a) Die „individualistische Geisteshaltung“ im anglo-amerikanischen Rechtskreis – beispielhaft verdeutlicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der wirksame Schutz vor unerbetener Einmischung im Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Schutz vor unerbetener Einmischung im Eigentümer-BesitzerVerhältnis („the mistaken improver“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Englisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassende Würdigung des anglo-amerikanischen Rechts . .

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Inhaltsverzeichnis 2. Der Aufdrängungsschutz im französischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Ersatz von Verwendungen („impenses“) innerhalb rechtsgeschäftlich begründeter Schuldverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die gestion d’affaires als Instrument gegen unerbetene Intervention? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die gestion d’affaires im System der außervertraglichen Verbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Erscheinungsformen der gestion d’affaires . . . . . . . . . . . . . . cc) Die durch eine gestion d’affaires aufgedrängte Bereicherung . . c) Die „aufgedrängte Bereicherung“ im Verhältnis des Eigentümers zum Besitzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Der Aufdrängungsschutz im Recht der ungerechtfertigten Bereicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die unzureichende Systematik des Kondiktionsrechts im Code civil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die „aufgedrängte Bereicherung“ als Versagungsgrund der „actio de in rem verso“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zusammenfassende Würdigung des französischen Rechts . . . . . . . . . 3. Der Aufdrängungsschutz im schweizerischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Aufdrängungsschutz innerhalb der rechtsgeschäftlich begründeten Schuldverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Geschäftsführung ohne Auftrag als Instrument gegen unerbetene Intervention? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Systematik und Erscheinungsformen der negotiorum gestio . . . bb) Das Recht auf Ersatz der Aufwendungen und das Wegnahmerecht des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Das Aneignungsrecht des Geschäftsherrn im Falle der „bösgläubigen“ Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die aufgedrängte Tilgung fremder Schulden als „bösgläubige“ Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Abwehr aufgedrängter Verwendungen im Eigentümer-BesitzerVerhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Systematik des Interessenausgleichs zwischen dem Besitzer und dem Eigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis als „Sonderfall“ der „Geschäftsführung ohne Auftrag“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Der Schutz vor „aufgedrängter Entreicherung“ durch das Kondiktionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zusammenfassende Würdigung des schweizerischen Rechts . . . . . . . 4. Der unbefriedigende Aufdrängungsschutz im anglo-amerikanischen, französischen und schweizerischen Recht – die wesentliche Erkenntnis 5. Der Aufdrängungsschutz im österreichischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Abwehr einer aufgedrängten Bereicherung als leitendes Prinzip des österreichischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis b) Der Aufdrängungsschutz des österreichischen Rechts in den einzelnen Instituten des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs . . . . . . . . aa) Der Schutz der Privatautonomie innerhalb der rechtsgeschäftlich begründeten Schuldverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Der Aufdrängungsschutz im Bestandvertrag . . . . . . . . . . . . . (b) Der Aufdrängungsschutz im Recht der Leihe . . . . . . . . . . . . (c) Der Schutz des Hinterlegers vor aufgedrängten Vorteilen . . bb) Der Aufdrängungsschutz im Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Aufdrängungsschutz im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis . . dd) Der Aufdrängungsschutz im Recht der ungerechtfertigten Bereicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassende Würdigung des österreichischen Rechts . . . . . . .

V.

Die systematische Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs . . . . . . . . . . 1. Der Aufdrängungsschutz innerhalb bestehender Vertragsverhältnisse – eine exemplarische Darstellung des Miet-, Leih- und Pachtvertrags . . . a) Der Aufdrängungsschutz im Recht der Miete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Schutz der Dispositionsfreiheit des Vermieters beim Ausgleich von Verwendungen, deren Ersatz nicht nach § 536a Abs. 2 BGB geschuldet ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Pflicht des Vermieters zur „Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten“, §§ 539 Abs. 1, 684 Satz 1 BGB . . cc) Der bereicherungsrechtliche Ausgleich nach Vertragsbeendigung kraft des Verzichts des Vermieters auf die Beseitigung des Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Der eigentümerähnliche Gebrauch einer zurückgelassenen Einrichtung durch den Vermieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Die „Verwendung“ durch den Mieter als Eigengeschäftsführung, § 687 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Der Ausgleich von „gebilligten“ und „nicht gebilligten“ Verwendungen des Mieters – eine Zusammenschau . . . . . . . . . . . . . gg) Exkurs: Der Ausgleich von Verwendungen bei nichtigem Mietvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hh) Der Aufdrängungsschutz im Bereich der Miete – dargestellt in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Aufdrängungsschutz im Recht der Leihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Aufdrängungsschutz im Recht des Pachtvertrags . . . . . . . . . . . . . 2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen . . . . . . . . . a) Der Aufdrängungsschutz im Nießbrauch, im Pfandrecht, in der Vorund Nacherbschaft und im Fund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Aufdrängungsschutz im Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Hilfeleistung oder Einmischung – eine Einführung in das Fundament der Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis bb) Das „fremde“ und das „eigene“ Geschäft – die Bestimmung der Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Schadloshaltung des Geschäftsführers bei Rücksichtnahme auf den Willen des Geschäftsherrn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Abschöpfung aufgedrängter Vorteile durch den Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Der Ausschluss des Rechts des Geschäftsherrn auf Beseitigung des „Vorteils“ kraft der Ausgleichspflicht des § 684 Satz 1 BGB ff) Die Verpflichtung des Geschäftsherrn zur Herausgabe des durch den Geschäftsführer geschaffenen Vorteils und der Anspruch des Geschäftsherrn auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes – ein unauflösbarer Widerspruch? . . . . . . . . . . gg) Die Anerkennung des Anspruchs des Geschäftsführers auf das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ bei nicht vorwerfbarer Fehleinschätzung des Willens des Geschäftsherrn . . . . . . . . . . . . (a) Der Ausschluss des Anspruchs aus § 684 Satz 1 BGB als Ausdruck der „Verwirkung kraft pflichtwidrigen Handelns“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Die schuldhafte Verkennung des wirklichen oder mutmaßlichen Willens des Geschäftsherrn als Obliegenheitsverletzung des Geschäftsführers? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hh) Herausgabepflicht des schadensersatzberechtigten Geschäftsherrn bei Verzicht auf die Beseitigung des „Vorteils“? . . . . . . . ii) Die Gleichbehandlung des beseitigungspflichtigen und des nicht beseitigungspflichtigen Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . jj) Die aufgedrängte Tilgung einer fremden Verbindlichkeit als ausgleichslose „Gefälligkeit“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . kk) Das Wegnahmerecht des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . ll) Der Anspruch des Eigengeschäftsführers gegen den Geschäftsherrn kraft der Akzeptanz des Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Der Anspruch des Geschäftsherrn auf „Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten“, §§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 1, 667 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Der Anspruch des Eigengeschäftsführers als Schadensersatzschuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Die Beschränkung des Aufwendungsersatzes auf die bei dem „Geschäftsherrn“ eingetretene Bereicherung – eine Folge der Billigung des Ergebnisses der Geschäftsbesorgung durch den Geschäftsherrn bei Missbilligung der Eingriffshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . mm) Zusammenfassende Thesen zum Aufdrängungsschutz in der Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Aufdrängungsschutz im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis . . . . . . . aa) Der Anspruch des Besitzers auf Verwendungsersatz: Ein angemessener Ausgleich zwischen dem Interesse des Besitzers an dem Ersatz seiner Opfer und dem Schutz des Eigentümers? . .

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Inhaltsverzeichnis bb) Der bereicherungsrechtliche Charakter des Verwendungsersatzes (a) Die Bereicherung des Eigentümers kraft der Ersparnis von Aufwendungen für eine auftragsähnliche Tätigkeit des Besitzers, §§ 994 Abs. 1, 994 Abs. 2 i.V. m. 683 Satz 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Die Wertsteigerung der Sache als der in Geld auszudrückende Erfolg einer aufgedrängten Geschäftsbesorgung, §§ 994 Abs. 2 i.V. m. 684 Satz 1, 996 BGB . . . . . . . . . . . . . (c) Die Sichtweise der Rechtsprechung: Abschöpfung eines im Vermögen des Eigentümers eingetretenen Vorteils kraft der §§ 994, 996 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Der Ausgleich einer dem Eigentümer durch den Besitzer aufgedrängten Bereicherung – eine Zusammenschau . . . . . cc) Die Stellung des zur Herausgabe verpflichteten Besitzers nach den Regelungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses und der Geschäftsführung ohne Auftrag – ein Vergleich . . . . . . . . . . . . . dd) Zusammenfassung des Aufdrängungsschutzes im EigentümerBesitzer-Verhältnis in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Der Aufdrängungsschutz im Recht der ungerechtfertigten Bereicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Besitzkondiktion des Eigentümers – der bereicherungsrechtliche Verwendungsersatz des Besitzers und der Schutz vor „aufgedrängter Entreicherung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Die Benachteiligung des Vindikationsschuldners im Vergleich zum Bereicherungsschuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Die Notwendigkeit einheitlicher Regelungen über den Verwendungsersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Die unterschiedliche Verteilung der Beweislast – ein Argument gegen die Harmonisierung der Institute? . . . . . . . . . . . (d) Die Deutung der Vindikation als Besitzkondiktion? . . . . . . (1) Die gemeinsame rechtshistorische Wurzel von Vindikation und Kondiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die behauptete „Wesensverschiedenheit“ von Vindikation und Kondiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Der ersatzlose Wegfall des „erlangten Etwas“: Unmöglichkeit der Leistung (§ 275 BGB) oder Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB)? (bb) Der Einwand der „Entreicherung“ als Ausdruck eines kondiktionsrechtlich gewährten Vertrauensschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die wechselseitige Ergänzung von Vindikation und Kondiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Die Unvereinbarkeit des Bereicherungsrechts mit den Regelungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses wegen der „inneren Geschlossenheit“ der Nebenfolgen? . .

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(aa) Die gebotene Gleichbehandlung des Ge- und Verbrauchs beim Ersatz von Nutzungen . . . . . . . (bb) Die Aufhebung der Privilegierung des gutgläubigen Besitzers im Hinblick auf den Ersatz von Nutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Die Ergänzung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses durch die sog. Kondiktionssperren . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Der Eigentumserwerb an Materialien (§ 946 BGB) als Folge der Verwendung des Besitzers . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Das verfehlte Verständnis der „aufgedrängten Entreicherung“ – dargestellt an einem Urteil des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gleichbehandlung von unrechtmäßigem Besitz und rechtsgrundlos erworbenem Eigentum? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Die Wirkungen der formalen Berechtigung des Kondiktionsschuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Die entsprechende Anwendbarkeit der §§ 994, 996 BGB auf denjenigen, der das Eigentum ohne rechtlichen Grund erlangt hat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Schutz des „Bereicherten“ vor dem geldlichen Ausgleich eines vom Nichtbesitzer aufgedrängten gegenständlichen Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Der Schutz vor dem Ausgleich eines aufgedrängten nicht-sachbezogenen Vorteils – die bereicherungsrechtliche Behandlung der Tilgung fremder Schulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Die Abwehr einer aufgedrängten Bereicherung kraft des Ausschlusses der Kondiktion nach § 814 BGB? . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Zusammenfassung des Aufdrängungsschutzes im Recht der ungerechtfertigten Bereicherung in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die Anrechnung von aufgedrängten Vorteilen bei der Rückabwicklung von Verträgen aus den Gesichtspunkten des Schadensersatzes und des Rücktritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Ersatz von Verwendungen als „Vorteilsausgleichung“ . . . . bb) Der Ersatz von Verwendungen als Folge des Rücktritts . . . . . . . cc) Die Maßgeblichkeit des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses für die schadensersatzrechtliche Rückabwicklung von Verträgen . . dd) Die Anrechnung von aufgedrängten Vorteilen bei der Rückabwicklung von Verträgen aus den Gesichtspunkten des Schadensersatzes und des Rücktritts – eine Zusammenfassung in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zur Rechtfertigung einer dogmatischen Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zur Entstehung und geldlichen Bewertung von Vorteilen . . . . . . . . . . . . 3. Die Aufdrängung von Vorteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Abwehr aufgedrängter Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis 5. Aufgedrängte Vorteile, deren Ausgleich der Bereicherte nicht abzuwenden vermag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611 6. Der Ertrag ausländischer Rechtsordnungen für die Abwehr und den Ausgleich aufgedrängter Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 614 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632

I. Die Rechtfertigung einer dogmatischen Arbeit Ist das bürgerlichrechtliche Thema der „aufgedrängten Bereicherung“ nicht erschöpft? Trägt nicht eine neue Untersuchung nur dazu bei, das Gewirr der Stimmen auf einem anscheinend begrenzten Gebiet um eine weitere zu vermehren? Die skeptische Frage greife noch weiter aus: Lässt sich am Beginn des 21. Jahrhunderts, über einhundert Jahre nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs, überhaupt noch ein dogmatisches Thema aus diesem Bereich mit neuen Einsichten bearbeiten? Wie schnell indessen die Zweifel am Gegenstand der Untersuchung schwinden, zeigt ein Blick auf die Mehrdeutigkeit der bisherigen Lösungen nicht nur im deutschen Recht, sondern auch in ausländischen Ordnungen. Wo werden hier die verschiedenen Institutionen klar und mit Gründen gegeneinander abgegrenzt? Wo finden die in Frage kommenden Sachverhalte nicht nur in ihren allgemeinen Zügen, sondern bis in die Details eine überzeugende Beurteilung? Wenn aber die gewonnenen Erkenntnisse so unterschiedlich ausfallen, liegt dieser Umstand nicht vielleicht an der gewählten Methode, sich dem „Buchstaben des Gesetzes“ zu unterwerfen, der sich, in nur unzureichender Einsicht der darin verborgenen Fragen gefasst, in kein dogmatisches System bringen lässt? Wäre es nicht an der Zeit, eine auf den ersten Blick „buchstabengläubige“ Rechtsanwendung soziologisch und rechtsvergleichend hinter sich zu lassen? Dieser prinzipielle Einwand gegen die vermeintliche Enge des Themas und der gewählten Methode verlangt zunächst eine Antwort darauf, was unter einer „dogmatischen“ Arbeit heute zu verstehen ist und ob ihr überhaupt noch ein Wert zukommt. Um es knapp und ohne Umschweife zu sagen: Die Dogmatik des bürgerlichen Rechts stellt keine geschlossene, den Einflüssen aus anderen Wissensgebieten unzugängliche Ordnung dar. Sie ist vielmehr eine Arbeit an Begriffen und Typen unter Berücksichtigung aller mit ihnen zusammenhängenden – rechtlichen und außerrechtlichen – Fachgebiete mit dem Ziel, sichere Ausgangspunkte für die Beurteilung von Rechtsfragen zu gewinnen. Die Dogmatik hat zwar ihren Schwerpunkt in Rechtssätzen, mitsamt ihren Begriffen und Typen, aber sie ist, mit einem heute gängigen Ausdruck beschrieben, eine prinzipiell „offene“ Arbeitsweise.

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Ungeachtet ihrer Flexibilität und des Verzichts auf jeden sachlich nicht begründeten „Wahrheitsanspruch“ hat sich diese Methode mit Vorbehalten anderer juristischer Disziplinen auseinanderzusetzen, die ihr die Bedeutung als wissenschaftliche Arbeitsweise der Gegenwart ausgesprochen oder unausgesprochen streitig machen. Beispielhaft für eine derartige Kritik sei die Beurteilung dogmatischer Arbeit im bürgerlichen Recht durch ein Handbuch der Rechtsvergleichung1 angeführt, die wörtlich lautet: „Der herkömmliche unreflektiert-selbstsichere Dogmatismus erweist sich mehr als Selbstbetrug, jedoch von unerwartet zäher Lebenskraft; neuere realistischere Methoden sind von vielfältigen Ansätzen aus entwickelt worden – empirisch-soziologischen vor allem – aber sie schon für die Wirklichkeit unseres Rechtsdenkens zu halten, wäre Wunschdenken. Eine der neuen Methoden ist . . . die Rechtsvergleichung, und zwar ist sie eine vorzüglich geeignete Methode, die Rechtswissenschaft auf einen neuen, realistischen Boden zu stellen. Sie erweist nämlich nicht nur die Hohlheit des dogmatischen Systemdenkens, sondern entwickelt – gezwungen, von nationaler Dogmatik zu abstrahieren und unmittelbar auf die Rechtsbedürfnisse des Lebens zurückzugreifen – ein eigenes, neues System, das an die Lebensbedürfnisse anknüpft und deshalb sach- und funktionsbezogen ist. Sie kritisiert nicht nur, sondern darf den Anspruch erheben, selber den Rechtsstoff besser zu durchdringen, zu besseren Einsichten zu gelangen und am Ende zu einem besseren Recht. Deshalb erscheint ein intensiveres Eingehen auf die rechtsvergleichende Methode sinnvoll: nicht, weil die Rechtsvergleichung krank wäre, sondern weil die Rechtswissenschaft es ist und die Rechtsvergleichung eine gute Arznei.“

Zugegeben: Eine bürgerlich-rechtliche Dogmatik, die sich nicht von den „modernen“ Disziplinen, beispielsweise der Rechtsvergleichung und der Ökonomischen Analyse des Rechts2, inspirieren lässt, oder in der bloßen Wiedergabe des wissenschaftlichen Diskussionsstandes verharrt3, ist steril, und es nicht übertrieben, die ausschließliche Beschäftigung mit „anderen Meinungen“ als „krank“ zu bezeichnen, sofern die „Rechtsbedürfnisse des Lebens“, so wie sie sich in Lebenssachverhalten darstellen, außer Acht ge1

Zweigert/Kötz, a. a. O., § I, Seite 32. Ihre Aufgabe stellen Schäfer/Ott, JZ 1988, Seite 213 ff., sowie in dem von ihnen verfassten Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, a. a. O., Seite 7 dar: Die Effizienz sei ein elemantares Gebot für jegliches Staatshandeln. Eine Gesellschaft sei effizient, wenn sie bei gegebener Vermögensverteilung einen Zustand herbeiführe, bei dem niemand mehr bessergestellt werden könne, ohne dass ein anderer schlechter gestellt würde. Die Forderungen der ökonomischen Analyse an die Rechtsordnung seien mithin „legitim, wenn sie die Allokationseffizienz fördern“. Als Allokationseffizienz (auch Pareto-Effizienz) bezeichnet man einen sozialen Zustand, von dem aus die Besserstellung einer Person nur noch gelingt, wenn mindestens eine andere Person dadurch einen Nachteil erleidet (Schäfer/Ott, a. a. O., Seite 6 und 25 f. m. w. N.). 3 Dieser Vorwurf ist beispielsweise Oppermann, AcP 193, Seite 497, 503 zu machen: Oppermann begnügt sich in dem Abschnitt „Die dogmatische Konstruktion der Geschäftsführung ohne Auftrag“ damit, etliche Behauptungen als „streitig“ oder „umstritten“ zu kennzeichnen. 2

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lassen werden.4 Aber sind diese Mangelerscheinungen ein zureichender Grund, der Dogmatik insgesamt den Rang einer wissenschaftlichen Disziplin streitig zu machen? Wäre dann nicht auch die fortgesetzte Bearbeitung des deutschen bürgerlichen Rechts durch Kommentare, Lehr- und Handbücher, also das tägliche Handwerkszeug des Zivilisten5, nutzlos? Und führt nicht auch die Rechtsvergleichung, welche die Auseinandersetzung mit dem nationalen Recht zu beleben und zu bereichern vermag6, wieder in die Dogmatik einer fremden Rechtsordnung, ohne deren „Mangelerscheinungen“ zu kritisieren?7 Die Beschäftigung mit der Dogmatik könnte sogar die in jüngster Zeit hervortretende Unzufriedenheit deutscher Juristen mit der eigenen – bürgerlichen – Rechtsordnung8 durch die Erkenntnis mildern, dass die heimische Ordnung den Vergleich mit ausländischen Rechten nicht zu scheuen braucht. Dieses positive Ergebnis gilt insbesondere für den Stand der Rechtsprechung und Literatur im anglo-amerikanischen Rechtskreis, der wegen seiner Biegsamkeit und „praktischen Vernunft“ viele Sympathien auf sich vereinigt. Auch hier sind beispielsweise die Geschäftsführung ohne Auftrag oder die irrtümliche Errichtung von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden keine Erfindung von Theoretikern, sondern unter den Stichworten der „negotiorum gestio“, des „altruistic intermeddlers“ und des „mistaken improvers“ häufig erörterter Gegenstand der literarischen und gerichtlichen 4 Vgl. Esser, AcP 172, Seite 97, 98: „Damit (gemeint ist die ,dogmengeschichtliche und sozialwissenschaftliche Reflexion‘) beginnt die Absolutsetzung des dogmatischen Denkens, die unsere Entwicklung so lange beherrschte, einer pragmatischen und mehr heuristischen Konzeption zu weichen.“ 5 Treffend Canaris, Festschrift für Kitagawa (1992), Seite 59, Seite 64: „Rechtsdogmatische Theorien haben . . . außer einer erklärenden auch eine heuristische Funktion.“ Sie könnten „mittelbar zur rechtsschöpferischen Tätigkeit des Richters (wie des Gesetzgebers) beitragen . . ., indem sich die vereinzelte Kasuistik mit Hilfe der Theorie in durchsichtigen, systematischen Einordnungen niederschlägt.“ 6 Rabel, Aufgabe und Notwendigkeit der Rechtsvergleichung, Seite 6. 7 Bildlich gesprochen heißt es bei Rabel, a. a. O., Seite 5: „Tausendfältig schillert und zittert unter Sonne und Wind das Recht eines jeden entwickelten Volkes.“ 8 Beispielhaft sei die pointierte Aussage des Münchener Rechtsanwalts Schroth in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 2. Dezember 1999 angeführt: „Zunehmend isoliert – Im europäischen Umfeld ist das deutsche Recht nicht mehr wettbewerbsfähig“. Schroth begründet den „schweren Stand des deutschen Rechts“ mit den „zunehmenden Verständigungsschwierigkeiten, hervorgerufen durch die in Deutschland überzüchtete juristische Fachsprache und den damit verbundenen Begriff der Wissenschaftlichkeit.“ Er lobt das anglo-amerikanische Recht wegen seiner „simplicity“; charakteristisch seien hier „eine einfache Sprache, Übersichtlichkeit und wenige Fußnoten“. Gegen Schroth eine Zuschrift von Hafermalz („Einfache Gesetze sind nicht einfacher auszulegen“ in der „FAZ“ vom 14. Dezember 1999): „Ich kann aus persönlicher Untersuchung sagen, dass der amerikanischen Rechtsprechung ein gehöriger Schuss Dogmatik und Methodik nicht übel anstünde.“

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Auseinandersetzung9 – jedoch ohne die Frucht einer dogmatischen, d.h. systematischen Ordnung: Die einschlägigen Veröffentlichungen sind in ihrer Mehrzahl topisch, d.h. sie gelangen über Billigkeitserwägungen durch „reasoning from case to case“ nicht hinaus. Wer hier im Zusammenhang mit dem Thema der aufgedrängten Bereicherung in die Details der literarischen Behandlung und der gerichtlichen Entscheidungen eindringt, sieht sich auf dieselben Fragen zurückgeworfen, die sich auch im deutschen bürgerlichen Recht stellen. Zudem scheint das Rangverhältnis der von den Autoren angeführten Präjudizien ungeklärt: Haben die Entscheidungen, gefällt in Ländern mit so großen Verschiedenheiten der Rechtsgeschichte, des Gerichtsaufbaus und der juristischen Literatur wie Großbritannien, den Vereinigten Staaten, Kanada und Australien, für die Rechtserkenntnis (selbstredend nicht als bindende Präjudizien für die Gerichtsbarkeit eines anderen Staates) gleichen Rang?

Es mag in dieser Apologie genügen, die Verteidigung der bürgerlichrechtlichen Dogmatik durch den Soziologen Niklas Luhmann anzuführen, der ihr zwei wesentliche Qualitäten zugutehält.10 Erstens: Rechtsfragen könnten im entscheidungserheblichen Detail nicht durch soziologische Theorien oder Methoden der empirischen Sozialforschung beantwortet werden.11 Und zweitens: Eine reflektierte Dogmatik fessele nicht den Geist, sondern befreie ihn, weil sie für den Umgang mit Texten und Erfahrungen sichere Ausgangspunkte bereithalte, die nicht jedes Mal aufs Neue erarbeitet und verteidigt werden müssten.12 Die Dogmatik als „Verfahren zur rationalen Verifizierung der gewählten Entscheidung oder zur Begründung praktischer Entscheidungen aus einer objektivierbaren Konvention“13 ist mithin ein unverzichtbarer Teil der Rechtswissenschaft. Sie hat Gerechtigkeitsfragen bis ins Detail (und das heißt auch bezogen auf eine Vielzahl von Lebenssachverhalten14) „operational“ zu machen15 und Wertungswidersprüche zu vermeiden.16 9

Siehe unten IV. 1., Seite 221 ff. Ich beziehe mich auf die Schrift „Rechtssystem und Rechtsdogmatik“. Dazu Larenz, Methodenlehre, Seite 229 ff. 11 A. a. O., Seite 9. 12 A. a. O., Seite 16. Zustimmend Larenz, Methodenlehre, Seite 231. 13 Wieacker, Festschrift für Gadamer, Seite 311, 316 und 322. 14 Zur Notwendigkeit der Falsifikation einer rechtsdogmatischen Theorie siehe Canaris, Festschrift für Kitagawa, Seite 59, 68: „Ohne Theorie ist Falldenken blind, ohne Fallgruppen sind Theorien leer.“ Canaris nimmt auf, was Kant (Kritik der reinen Vernunft, 2. Auflage, „Der transcendentalen Elementarlehre, 2. Theil. Die transcendentale Logik. Einleitung. Idee einer transcendentalen Logik. I. Von der Logik überhaupt.“ in der Ausgabe der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften, Band III, 1911, Seite 48, Zeile 10 ff.) so formulierte: „Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind. . . . Der Verstand vermag 10

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Aus dem Gebot der Widerspruchsfreiheit fließt das Postulat, gleich gelagerte Fragen in gleicher Weise zu lösen und diese Lösungen auf ähnlich gelagerte Sachverhalte zu übertragen. Nur soweit dem Gesetz erkennbar differenzierende Wertungen zu entnehmen sind, darf sich die Dogmatik bei im wesentlichen gleichen Sachfragen mit unterschiedlichen Lösungen zufriedengeben.17 Aus dieser Forderung folgt eine Auslegungsregel für die vermutete Konformität der rechtlichen Wertungen, sofern einander entsprechende Sachfragen zu beantworten sind.18 Die anspruchsvolle Aufgabe der Dogmatik zu erfüllen, sei mit der vorliegenden Bearbeitung über den Schutz vor „aufgedrängter Bereicherung“ versucht. Sollte der Aufdrängungsschutz über die Grenzen der einzelnen Rechtsinstitute hinaus – bei Würdigung fremden Rechts und Auswertung zahlreicher Lebenssachverhalte – klarere dogmatische Konturen erfahren, wäre der Versuch gelungen.19

nichts anzuschauen und die Sinne nichts zu denken. Nur daraus, daß sie sich vereinigen, kann Erkenntniß entspringen.“ 15 Esser, AcP 172, Seite 97, 113. 16 Canaris, Festschrift für Kitagawa, Seite 59, 79. 17 Treffend Hagen, Festschrift für Larenz 1973, Seite 867, 868. 18 So ausdrücklich Hagen, a. a. O., Seite 868. 19 Eines der beliebtesten Felder „antidogmatischer Kritik“ ist das Bereicherungsrecht. Indessen ist es gerade der Verzicht auf klare dogmatische Konturen, der wesentlich zu dem unübersichtlichen Zustand des Bereicherungsrechts beiträgt (eingehend Canaris, Festschrift für Kitagawa, Seite 59, 78 bis 82).

II. Die Rechtfertigung einer weiteren Untersuchung über den Schutz vor „aufgedrängter Bereicherung“ Der Ausgleich sogenannter aufgedrängter Bereicherungen1 kreist um die Frage, ob und inwieweit Personen, die ohne ihre willentliche Veranlassung einen objektiv messbaren, subjektiv jedoch als nutzlos oder gar nachteilig empfundenen Vermögenszuwachs oder einen Schutz ihrer Rechte bzw. Rechtsgüter gegen Verschlechterung erfahren haben, nach der bürgerlichen Rechtsordnung verpflichtet sind, diese „Vorteile“ in Natur herauszugeben2 oder unabhängig von einer späteren Billigung3 mit der Folge eines Kostenoder Wertersatzes hinzunehmen. Ein rechtsgeschichtliches, gleichwohl aktuelles Beispiel für den Ausgleich einer „aufgedrängten Bereicherung“ findet sich bereits in den Digesten.4 Es ist Inhalt einer gutachtlichen Stellungnahme des römischen Juristen Herrenius Modestinus5, 1 Die „aufgedrängte Bereicherung“ (so der Titel der unveröffentlichten Habilitationsschrift von Gursky [1978] sowie der Dissertationen von Feiler, Aufgedrängte Bereicherung bei den Verwendungen des Mieters und Pächters [1968], v. Rittberg, [1969] und Reimer [1990]) wird auch als „unerwünschter Vermögenszuwachs“ (Tückmantel, Die Problematik einer Ausgleichspflicht für unerwünschten Vermögenszuwachs [1971]), „aufgezwungene“, „aufgenötigte“ oder als „Bereicherung wider Willen“ (so der Titel der Dissertation von Klauser aus dem Jahre 1955) bezeichnet. Gursky spricht sich – trotz der von ihm befürchteten Missverständlichkeit – für die Beibehaltung des Begriffs „aufgedrängte Bereicherung“ aus (a. a. O., Seite 2 f.). 2 Die Pflicht eines „Bereicherten“ zur Herausgabe des erlangten Vorteils „in Natur“ begründet die Vorschrift des § 684 Satz 1 BGB, welche lautet: „Liegen die Voraussetzungen des § 683 nicht vor (d.h. entsprach die Übernahme des fremden Geschäfts nicht dem Interesse oder Willen des Geschäftsherrn), so ist der Geschäftsherr verpflichtet, dem Geschäftsführer alles, was er durch die Geschäftsführung erlangt, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben.“ Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. b) ee), Seite 419, V. 2. b) ff), Seite 420 ff., V. 2. b) gg), Seite 427 ff. 3 Die Billigung des „aufgedrängten“ Vorteils durch den Bereicherten lässt den Vorbehalt gegen einen finanziellen Ausgleich aus dem Gesichtspunkt des Selbstbestimmungsrechts entfallen: Ein gebilligter Vorteil ist eben nicht mehr als „aufgedrängter“ Zuwachs zu bewerten. 4 Dig. 3. 5. 26. pr. 5 Herrenius Modestinus, nach den Angaben von Pauly/Wissowa, a. a. O., sub „Herrenius Nr. 31“ ein hervorragender Jurist aus der späten Zeit des römischen Prinzipats (der Idee, nicht der Praxis nach, vergleichbar der konstitutionellen Monarchie in heutigen Begriffen; dazu Th. Mommsen, a. a. O., Seite 724 f., 845 ff.; Schönbauer, a. a. O., Seite 264, 289: „Typus der beschränkten Monarchie“), wird in

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die sich in deutscher Übersetzung6 wie folgt darstellt: „Von zwei Brüdern, von denen der eine schon volljährig, der andere aber noch minderjährig war und die gemeinsam Grundbesitz auf dem Lande hatten, hat der ältere Bruder auf dem gemeinschaftlichen Besitztum, auf dem auch die väterlichen Gebäude standen, stattliche Bauten errichtet. Als er dieses Besitztum mit seinem Bruder, der inzwischen volljährig geworden war, teilte, verlangte er für sich Anrechnung der Aufwendungen, weil die Sache wertvoller geworden sei. Herennius Modestin7 hat gutachtlich entschieden, daß wegen der Auslagen, die nicht aus dringendem Anlaß, sondern zum Vergnügen gemacht worden seien, demjenigen, um den es hier geht (i. e. dem älteren Bruder), eine Klage nicht zustehe.“8 Bezogen auf das geltende Recht ist hier zu fragen, ob die dem jüngeren Bruder „aufgedrängte Bereicherung“ nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 684 Satz 1, gegebenenfalls i.V. m. § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB)9 oder nach den Bestimmungen über den Wertausgleich für die Verbindung beweglicher Sachen mit einem Grundstück (§§ 951, 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB) an den älteren Bruder herauszugeben war. Nach den Regelungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses ist dies jedenfalls zu verneinen, sofern der ältere Bruder als Gesamthandsbesitzer sein Besitzrecht bewusst überschritt: Als bösgläubiger Besitzer konnte er lediglich die Erstattung notwendiger Verwendungen verlangen (§ 994 Abs. 2 BGB), eine Voraussetzung, die hier nicht erfüllt war, waren die Gebäude doch „aus eigener Macht“ – „voluptatis causa“ oder aus „Freude am Bauen“, wie man den lateinischen Text, die Motive des Bauherrn treffend bezeichnend, übersetzen müsste – errichtet worden.

der Fachliteratur als „letzter klassischer Jurist“ bezeichnet. Die zitierte Stelle ist eine gutachtliche Äußerung (responsum) zu einer von einem Gerichtsherrn oder Parteivertreter gestellten Rechtsfrage. 6 Zitiert nach Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler, a. a. O. 7 So die Übersetzung des Namens durch Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler, a. a. O. 8 Der lateinische Text lautet (nach Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler, a. a. O.): „Ex duobus fratribus uno quidem suae aetatis, alio vero minore annis, cum haberent communia praedia rustica, maior frater in saltu communi habenti habitationes paternas ampla aedificia aedificaverat: cumque eundem saltum cum fratre divideret, sumptus sibi quasi re meliore ab eo facta desiderabat fratre minore iam legitimae aetatis constitutio. Herennius Modestinus respondit ob sumptus nulla re urgente, sed voluptatis causa factos eum de quo quaeritur actionem non habere.“ 9 Der volljährige und der minderjährige Bruder waren nach dem Tode ihres Vaters Miterben („coheredes“) geworden. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch bestand zwischen ihnen eine Gesamthandsgemeinschaft (§§ 2032 ff. BGB), die hinsichtlich der Verwaltung des ererbten Vermögens den Regeln des § 2038 BGB unterworfen war. Kraft der Bestimmung des § 744 BGB steht die Verwaltung den Teilhabern gemeinschaftlich zu. Danach darf ein Miterbe ohne die Zustimmung der übrigen Erben nur die zur Erhaltung des Gegenstandes notwendigen Maßregeln als Notgeschäftsführer treffen. Überschreitet er – wie im angeführten Beispiel – sein Notverwaltungsrecht, kommt ein Aufwendungsersatz nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht (Palandt/Edenhofer, 62. Auflage, § 2038 Rdnr. 15). Die Frage eines Ausgleichs nach den Vorschriften über das EigentümerBesitzer-Verhältnis wird von Edenhofer nicht erwogen.

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„Die Zahl der Vorschläge zur Lösung der Aufdrängungsproblematik läßt sich kaum noch überblicken. Sie sind an dieser Stelle (gemeint ist das Kondiktionsrecht) aber ohnehin nur insoweit von Interesse, als sie gerade auf bereicherungsrechtlichem Wege Schutz gewähren wollen, während insbesondere die Würdigung von Restriktionsversuchen im Bereich des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses oder der Geschäftsführung ohne Auftrag den dortigen Erläuterungen zu überlassen ist“ – diese Ausführungen von Manfred Lieb im Münchener Kommentar10 kennzeichnen die Unzulänglichkeit der bisherigen Bearbeitungen11: Zwar hat sich eine nahezu unübersehbare Anzahl von Autoren mit dem Schutz vor aufgedrängten „Vorteilen“ beschäftigt.12 Sie beschränken aber die Auseinandersetzung in aller Regel auf einzelne Komplexe, beispielsweise den Schutz des Vermieters oder Verpächters vor aufgedrängter Bereicherung durch Verwendungen des Mieters oder Pächters13, das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung14 oder das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis.15 Freilich ist im Rahmen monographischer Darstellungen der Versuch unternommen worden, den Aufdrängungsschutz über die im Schwerpunkt behandelten Vorschriften hinaus auch im Rahmen 10

A. a. O., § 812 Rdnr. 260. Lorenz, Festschrift für Medicus, Fußnote 30, spricht von einer „nicht leicht zu überschauenden Gemengelage von Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (§§ 994 ff. BGB), Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) und Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB), sofern es um Verwendungen geht, in die der Eigentümer nicht eingewilligt hat, die ihm also ,aufgedrängt‘ wurden“. Auf Seite 369 bekräftigt er diese Wertung durch den Hinweis auf ein „unwegsames Gebiet, dessen Regelungen nicht zu den gelungenen Partien des BGB gehören“. Die Darstellung des deutschen Rechts von Lorenz hat nur den Zweck und Charakter einer Einführung in ungelöste Fragen, um auf das im Mittelpunkt stehende englische Recht und dessen Lösungen hinzuweisen. 12 Als Beispiele führe ich an: Martin Wolff, Der Bau auf fremdem Boden (1900); Emmerich, Das Verhältnis der Nebenfolgen der Vindikation zu anderen Ansprüchen (1966); Feiler, Aufgedrängte Bereicherung bei den Verwendungen des Mieters und des Pächters (1968); v. Rittberg, Die aufgedrängte Bereicherung (1969); Haas, Die Verwendungsersatzansprüche beim Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und die aufgedrängte Bereicherung (1971); Köbl, Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis im Anspruchssystem des BGB (1971); Kaehler, Bereicherungsrecht und Vindikation – Allgemeine Prinzipien der Restitution (1972); Pinger, Funktion und dogmatische Einordnung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses (1973); Gursky, Aufgedrängte Bereicherung (1978); Reimer, Die aufgedrängte Bereicherung (1990); Beißner, Die Verwendungen des Mieters und unrechtmäßigen Fremdbesitzers unter Berücksichtigung des Aspekts der aufgedrängten Bereicherung (1994); Lorenz, Der Schutz vor aufgedrängter Bereicherung, in: Festschrift für Medicus (1999), Seite 367 ff., Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich in Europa (2000/2001). 13 In diesem Sinne etwa Feiler, a. a. O. 14 Siehe zum Aufdrängungsschutz nach den bereicherungsrechtlichen Vorschriften etwa Reimer, a. a. O.; Reuter/Martinek, a. a. O., § 15 III 2 und 3, Seite 544 bis 548. 15 Köbl, a. a. O. 11

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anderer Schuldverhältnisse – seien sie gesetzlicher, seien sie rechtsgeschäftlicher Natur – zu untersuchen, um einerseits die unterschiedliche Intensität des Schutzes, andererseits aber auch übereinstimmende Wertungen der Institute herauszustellen. Diese Versuche müssen indessen als unbefriedigend bezeichnet werden, weil sie sich im wesentlichen auf die Konkurrenz der Institute beschränken und die Lösung in einer apodiktischen Nebeneinanderstellung finden. So gründet etwa Ursula Köbl ihre „Konkurrenzentscheidung“ zwischen dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und der Geschäftsführung ohne Auftrag auf die „verschiedenen Ordnungsaufgaben“ der Institute; die Maßnahmen des Besitzers seien entweder nach Geschäftsführungs- oder nach Vindikationsrecht zu beurteilen.16 Beide Institute seien „streng auseinanderzuhalten“; das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag genieße den Vorrang.17 Im Rahmen des bereicherungsrechtlichen Anspruchs eines unberechtigt handelnden Fremdgeschäftsführers (§ 684 Satz 1 BGB) sei freilich auf die Wertung der §§ 994 ff. BGB zurückgreifen. Der „Grundsatz des Vorrangs der Regeln über die unberechtigte GoA“ werde „nicht eigentlich durchbrochen, weil es sich hierbei nur um eine hilfsweise, als vorläufig gedachte Anwendung handelt, die sich nur solange behaupten kann, wie sich nicht andere Kriterien der allgemeinen Abwehr aufgedrängter Bereicherung durchsetzen.“18

Den engen Rahmen der Beschränkung auf ein einzelnes Schuldverhältnis hat Karl-Heinz Gursky in seiner unveröffentlichten Habilitationsschrift aus dem Jahre 1978 mit dem Titel „Die aufgedrängte Bereicherung“ zu durchbrechen versucht, indem er seine Untersuchung sowohl auf die aufgedrängte Sachverbesserung als auch die aufgedrängte Schuldbefreiung erstreckte. Indessen ist seine Darstellung – soweit sie den Ausgleich sachbezogener Aufwendungen behandelt – in besonderer Weise an den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses orientiert; das Kondiktionsrecht19 und die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag werden eher stiefmütterlich einbezogen. Im Hinblick auf die ungefragte Tilgung fremder Verbindlichkeiten wird insbesondere die Bestimmung des § 681 Satz 1 BGB unzureichend gewürdigt, welche dem Geschäftsführer die Pflicht auferlegt, dem Geschäftsherrn die Übernahme der Geschäftsführung anzuzeigen, sobald es tunlich ist, und dessen Entschließung abzuwarten. 16

A. a. O., Seite 189 bis 193. A. a. O., Seite 191. Ebenso – ohne Begründung – Fikentscher, 9. Auflage, Rdnr. 947 sub 2; G. Hager, JuS 1987, Seite 877, 880 sub III 1 m. w. N.; Verse, a. a. O., Seite 1 Fußnote 9. Nach der Terminologie von Pinger, a. a. O., Seite 34 ist die Annahme eines Vorrangs als „Gesetzeskonkurrenz“ zu bezeichnen. Larenz/Wolf, a. a. O., § 18 Rdnr. 19 halten den Begriff für mehrdeutig und sprechen insoweit von „normenverdrängender Konkurrenz“. 18 A. a. O., Seite 193. 19 A. a. O., Seite 200 ff. 17

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Die Bedeutung dieser Vorschrift erweist sich etwa bezogen auf die Frage, ob eine Person, die sich irrtümlich zu einer Leistung verpflichtet glaubt, ihre vermeintlich geschuldete und erbrachte Leistung an den Gläubiger nachträglich auf den wahren Schuldner beziehen und bei diesem Regress nehmen darf.20

Die auf der Grundlage einer Gesamtanalogie21 von Gursky entwickelte Erkenntnis, ein „Bereicherungsausgleich für die dem Sacheigentümer vom Besitzer aufgedrängten Verwendungen“ sei jedenfalls dann ausgeschlossen, „wenn der Besitzer die Bereicherungsaufdrängung wissentlich vorgenommen“ habe22, erscheint im Hinblick auf die Ausgleichspflicht des Geschäftsherrn gegenüber dem angemaßten Eigengeschäftsführer aus §§ 687 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB, aber auch auf den Ersatzanspruch des bösgläubigen Besitzers wegen notwendiger Verwendungen aus § 994 Abs. 2 BGB nicht überzeugend.23 Bei überschlägiger Auswertung des Schrifttums wird man sagen dürfen, dass der Aufdrängungsschutz zwar – bildlich gesprochen – in vielen Verästelungen ausgeleuchtet ist24, aber die grundlegenden systematischen Erwägungen scharfe Konturen vermissen lassen, zumal häufig der „Vorteil“, um dessen Ausgleich es geht, und die Pflicht, ihn zu beseitigen, nicht exakt bestimmt werden. Dementsprechend kann nicht behauptet werden, dass 20 Hierbei geht es um die Zulässigkeit einer sog. nachträglichen Fremdtilgungsbestimmung; vgl. dazu unten V. 2. b) jj) (d), Seite 448. 21 Die Analogie gründet sich im Einzelnen auf die Vorschriften der §§ 547 Abs. 2 a. F., 601 Abs. 2 Satz 1, 1049 Abs. 1, 1216 Satz 1 BGB in Verbindung mit §§ 687 Abs. 2 und 996 BGB. 22 A. a. O., Seite 187. In einer weiterreichenden, weil auch den Nichtbesitzer umfassenden Formulierung, heißt es im Staudingerschen Kommentar, 13. Bearbeitung, § 951 Rdnr. 49, dass ein Bereicherungsausgleich ausscheide, wenn jemand „im Rahmen eines atypischen Besitzverhältnisses ohne eigene Verwendungsersatzregelung oder als Nichtbesitzer wissentlich rechtsgrundlos eine fremde Sache werterhöhend verbessert und deren Eigentümer damit einen von ihm nicht rechtsgeschäftlich erbetenen und nicht in Natur herausgebbaren Vermögensvorteil aufdrängt.“ 23 Gursky beschränkt die Verweisung des § 994 Abs. 2 BGB auf die Vorschrift des § 683 BGB über den Ersatz von Aufwendungen; andernfalls bestehe ein Wertungswiderspruch zwischen dem Ersatz von Verwendungen nach § 994 BGB einerseits und § 996 BGB andererseits, weil der bösgläubige oder verklagte Besitzer dem Eigentümer wissentlich eine unerwünschte Leistung gegen Entgelt aufdrängen könnte (so die Ausführungen im Kommentar von Staudinger, Neubearbeitung 1999, § 994 Rdnr. 26). Der Umstand, dass der bösgläubige Besitzer den Ersatz notwendiger Verwendungen zumindest im Umfang der Wertsteigerung verlangen kann, begründet indessen keinen Wertungswiderspruch zu Regelung des § 996 BGB: Nach dieser Vorschrift kann der gutgläubige, unverklagte Besitzer die Erstattung von nützlichen Verwendungen begehren, die er dem Eigentümer aufgedrängt hat. Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. c) aa) (b), Seite 478 ff. 24 Siehe in diesem Zusammenhang beispielsweise die Ausführungen von Quack zum Aufdrängungsschutz im Münchener Kommentar zu § 951 BGB (a. a. O., Rdnr. 20 f. mit zahlreichen Nachweisen).

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heute eine einheitliche Vorstellung davon vorhanden sei, in welchem Umfang ein aufgedrängter Vermögenszuwachs auszugleichen ist. Diese Feststellung gilt auch gegenüber der umfangreich angelegten, zweibändigen Monographie von Peter Schlechtriem „Restitution und Bereicherungsausgleich in Europa“, die sich gerade in ihrem zweiten Band mit dem Thema der „Verwendungen auf fremdes Gut“ beschäftigt. Wegen ihrer weit ausgreifenden rechtsvergleichenden Ausrichtung nimmt diese Arbeit jedoch davon Abstand, die Institute der Geschäftsführung ohne Auftrag und des Verhältnisses zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer nach deutschem bürgerlichen Recht umfassend und mit ihren Besonderheiten zu untersuchen25: Es bleibt hier bei einem kursorischen Referat.26 Das Werk verharrt gerade für das heimische Recht in einer bloßen Überschau der Fragen und möglichen Lösungen.

1. Das Postulat der einheitlichen systematischen Behandlung des Aufdrängungsschutzes Das Streben nach einer einheitlichen systematischen Behandlung der „aufgedrängten Bereicherung“ ist als Ausdruck einer nach Rationalität strebenden Rechtswissenschaft zu verstehen, deren Anliegen es ist, die Rechtsordnung widerspruchsfrei zu interpretieren und gegebenenfalls fortzubilden.27 Diese Aufgabe, die keinesfalls durch „Synopsen von Fallmaterial“28 zu lösen ist, lässt sich freilich nicht befriedigend dadurch erfüllen, dass man Anspruchs- bzw. Anspruchsnormenkonkurrenzen29 mehr oder minder 25 Schlechtriem, a. a. O., Band 2, Seite 4 Rdnr. 11 f.: „Geschäftsführung ohne Auftrag, dem Bereicherungsrecht verwandt und oft mit ihm verzahnt, kann hier . . . nicht umfassend behandelt, aber auch nicht ignoriert werden. . . . Ähnliches gilt für Ersatzansprüche . . . des unberechtigten Besitzers . . ., doch können die Besonderheiten des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses hier ebensowenig ausgebreitet werden wie die rei vindicatio des Eigentümers.“ 26 Für eine tiefergehende Erkenntnis wertvoll trotz ihrer Kürze die „Zusammenfassung zu Kapitel 5“, Band 2, Seite 78 f. Rdnr. 139 f., welche die Bedingtheiten der Einzelnen Rechtsordnungen deutlich macht. 27 Tückmantel, a. a. O., Seite 67 f. rechtfertigt dieses Bestreben mit dem Grundsatz der Gesetzesbindung der Judikative, Art. 20 Abs. 3 GG. 28 Diese Wendung wählt Oppermann, AcP 193, Seite 497, 503, wo es heißt: „Wenn es Rechtsprinzipien über ihren propädeutischen Vorzug hinaus offenbar nicht ermöglichen, die Praxis der Fremdgeschäftsführung abzubilden, bleibt als letzter Ausweg die Synopse des Fallmaterials.“ 29 Als „Anspruchskonkurrenz“ bezeichne ich im Anschluss an Dietz, a. a. O., § 2, Seite 16 f., den Umstand, dass mehrere Normen, die nebeneinander auf einen konkreten Sachverhalt anzuwenden sind, auf die Befriedigung desselben Interesses zielen, so dass die Leistung nur einmal verlangt werden kann. Larenz, Methodenlehre, Seite 270, und Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 18 Rdnr. 35, verwenden hierfür den Begriff der „Anspruchsnormenkonkurrenz“. Siehe zum Ganzen Staudinger/Peters, Neubearbeitung 2001, § 195 Rdnr. 18 ff.

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begründungslos leugnet und einzelne Regelungen im Verhältnis zu anderen apodiktisch für „unanwendbar“ erklärt.30 a) Als Beispiel solcher bloß behauptenden Lösungen führe ich die Stimmen zum Verhältnis zwischen dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag und dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis an: Während die Anwendung der §§ 987 ff. (d.h. auch der §§ 994 ff. BGB) neben den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag teilweise mit dem Hinweis abgelehnt wird, bei den §§ 677 ff. BGB handele es sich um abschließende Spezialregelungen31, erheben andere ihre Stimmen im gegenteiligen Sinn: Die Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses verdrängten die Regelung der Geschäftsführung ohne Auftrag.32 30 Gegen die Lösung der hier gestellten Aufgabe durch „Konkurrenzentscheidungen“ spricht sich auch Tückmantel, a. a. O., Seite 14, aus: „Zum anderen erweist es sich als unmöglich, das Problem (ich ergänze: der aufgedrängten Bereicherung) im Falle des Zusammentreffens verschiedener Gesetzesvorschriften mit den §§ 812 ff. im Konkurrenzwege einzuengen.“ Ähnlich Greiner, a. a. O., Seite 58 sub (d): „Der Grundsatz der Gleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte gebietet es, die gesetzlichen Rückabwicklungssysteme aufeinander abzustimmen. . . . Da man – zu Recht – beispielsweise die Nutzungsherausgabepflicht des Besitzers bei Kondiktion und Vindikation entgegen dem Gesetzeswortlaut und entgegen den Vorstellungen des Gesetzgebers einheitlich beurteilt, gibt es keinen sachlichen Grund, sich beim Verwendungsersatz mit der Widersprüchlichkeit der gesetzlichen Regelungen abzufinden.“ 31 MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, Vor § 677 Rdnr. 18 m. w. N.; Staudinger/ Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003, Rdnr. 50 mit der Behauptung, dass der Besitz des Geschäftsführers ein „völlig nebensächliches Moment“ darstelle. Im gleichen Sinne wie Gursky bereits Florey, a. a. O., Seite 18 f. (insbesondere auch Fußnote 4): „Nun ist es natürlich möglich, dass die Verwendungen im einzelnen Falle gleichzeitig negotia sind, dass also neben die sachenrechtliche die forderungsrechtliche Natur der Impensen tritt. Dies ist dann der Fall, wenn der verwendende Besitzer dem Eigentümer selbst mittelbaren Besitz vermittelt (§ 868) und, eingedenk seiner Restitutionspflicht, durch seine im Interesse der inne gehaltenen Sache gemachte Verwendung zugleich den Eigentümer sich verpflichten will. Für einen solchen Besitzer bleiben selbstverständlich durch die allgemeinen Vorschriften der §§ 994 ff. die besonderen Vorschriften unberührt, die vermöge des zwischen ihm und dem Eigentümer bestehenden konkreten Schuldverhältnisses für den Ersatz von Verwendungen gelten (vgl. z. B. § 670). Allgemein gelten für diese konkurrierenden Ansprüche folgende Regeln: a. Soweit sich beide decken, können dieselben aus beiden Rechtsgründen mit der Maßgabe geltend gemacht werden, dass jede auf den einen Anspruch bewirkte Leistung auch als auf den anderen Anspruch bewirkt anzusehen ist. b. Insoweit die aus dem Eigentum bzw. aus dem zwischen Eigentümer und Besitzer bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnisse einerseits und die aus dem besonderen Schuldverhältnisse andererseits sich ergebenden Ansprüche verschiedenen Inhalt haben, ist das besondere zwischen den Parteien bestehende Schuldverhältnis maßgebend.“ (Hervorhebungen durch Verf.) 32 Vgl. Palandt/Sprau, 62. Auflage, Einf v. § 677 Rdnr. 12 sowie die Nachweise bei MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, Vor § 677 Rdnr. 18 Fußnote 35 a. E.

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b) In ähnlich ausschließender Weise wird auch das Verhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag zur ungerechtfertigten Bereicherung bestimmt: Hier wird vorgeschlagen, den Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers aus §§ 683 Satz 1, 670 BGB nicht zugleich auf das Kondiktionsrecht, genauer: die sog. Rückgriffskondiktion, zu gründen, weil die Geschäftsführung als die an „engere Voraussetzungen geknüpfte spezielle Ausgleichsgrundlage“ dem Kondiktionsrecht „vorgehe“.33 Sollte damit der Gesichtspunkt der Spezialität angesprochen sein, so ist dieser Sicht der Dinge zu widersprechen: Die Vorschriften der §§ 677 ff. BGB regeln keinen Spezialfall der ungerechtfertigten Bereicherung, sondern haben einen eigenständigen Anwendungsbereich, was sich schon daran erweist, dass sie mit der Anerkennung eines Aufwendungsersatzanspruchs zugunsten des Geschäftsführers (§§ 683 Satz 1, 670 BGB) auf den Ausgleich eines freiwillig erbrachten Vermögensopfers und nicht auf die Abschöpfung eines Vorteils auf der Seite des Geschäftsherrn zielen. Die Unanwendbarkeit des Kondiktionsrechts ist mithin nicht aus dem Gesichtspunkt der „Subsidiarität“ zu rechtfertigen; vielmehr ist die Überlegung anzustellen, ob sich nicht eine bei dem Geschäftsherrn eingetretene Bereicherung „mit Rechtsgrund“ vollzogen hat. c) Dass die bloße Behauptung einer Subsidiarität nicht zu überzeugen vermag, bedarf keiner weiteren Darlegung: Aus welcher sachlichen Erwägung sollte der Anspruch des unrechtmäßigen Fremdbesitzers, gerichtet auf Aufwendungsersatz oder auf Abschöpfung des bei dem Eigentümer eingetretenen Wertzuwachses, nicht sowohl nach Maßgabe des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses als auch der Geschäftsführung ohne Auftrag zu beurteilen sein, sofern der Besitzer die fremde Sache auch mit Rücksicht auf die Belange des Eigentümers verbessert hat?34 Bezogen auf das schweizerische Recht heißt es etwa bei Honsell, a. a. O., § 24 Anm. VI 1 und 2: „Soweit der Tatbestand der GoA und der ungerechtfertigten Bereicherung (OR 62 ff.) nebeneinander erfüllt sind, besteht Anspruchskonkurrenz . . . Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis nach ZGB 938 ff. enthält hinsichtlich Schadenersatz, Verwendungsersatz und Nutzungsherausgabe eine abschließende Regelung, welche nicht nur das Delikts- und Bereicherungsrecht verdrängt, sondern auch die GoA.“ 33 Wollschläger, a. a. O., Seite 126 sub 2 a. Ein weiteres Beispiel für die dargestellte Argumentationsweise bietet die sog. Grindelhochhaus-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 41, Seite 157; siehe dazu im Einzelnen unten II. 2. b), Seite 36), in der das Gericht ausführt, dass für die Errichtung eines Gebäudes durch einen gutgläubigen Besitzer auf fremdem Grund kein Ausgleich nach §§ 951, 812 ff. BGB zu leisten sei, weil die §§ 994, 996 BGB eine „abschließende Sonderregelung“ enthielten, die einen Ausgleich nach §§ 951, 812 BGB ausschlössen. Dagegen Jakobs, AcP 167, Seite 350, 354. 34 Zutreffend Pinger, a. a. O., Seite 41 f.: Man werde „eine Vermutung zugunsten der Anspruchskonkurrenz gelten lassen müssen.“

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Insbesondere lässt sich die „Sperrwirkung“ der §§ 994 ff. BGB nicht auf die Vorschrift des § 994 Abs. 2 BGB gründen, wonach der Eigentümer dem bösgläubigen Besitzer notwendige Verwendungen nach dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag zu ersetzen hat. Diese Bestimmung soll gewährleisten, dass der nicht für den Eigentümer, sondern zum eigenen Nutzen handelnde (Eigen- oder Fremd-) Besitzer die zur Erhaltung der Sache erbrachten Vermögensopfer in vollem Umfang ersetzt verlangen kann, wenn die Maßnahme dem Willen und Interesse des Eigentümers entsprach (§§ 683 Satz 1, 670 BGB); andernfalls hat er nur einen Anspruch auf das vom Eigentümer „Erlangte“, d.h. die verwendungsbedingte Steigerung des Verkehrswertes einer erhaltenen, wiederhergestellten oder verbesserten Sache, §§ 684 Satz 1, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB.35 Die angeführte Bestimmung des § 994 Abs. 2 BGB regelt mithin eine besondere Gestaltung der sog. Eigengeschäftsführung (§ 687 BGB); sie vermag Ansprüche aus dem Gesichtspunkt der Fremdgeschäftsführung nicht auszuschließen.

d) Als konkretes Beispiel für die Unangemessenheit der ausschließenden „Konkurrenzlösung“ sei ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 199536 angeführt. aa) Die Klägerin, eine nach ihrer Rechtsform nicht näher bezeichnete Gesellschaft, begehrte von den Beklagten als Erben des ursprünglichen Vermieters eines gewerblich genutzten Grundstücks den Ersatz von Aufwendungen für „wertsteigernde Baumaßnahmen“ in Höhe von 582.000 DM. Ein gewisser „W.B.“, Inhaber eines Unternehmens mit gleicher Firma, hatte das Grundstück durch privatschriftlichen Vertrag vom 22. April 1969 von einem gewissen „K.“ gemietet. Die vom Bundesgerichtshof entschiedene Streitigkeit wurde von den Rechtsnachfolgern beider Mietvertragsparteien nach jahrelanger Dauer der Vereinbarung ausgetragen. Im Einzelnen waren die Rechtsbeziehungen zwischen den ursprünglichen und späteren Vertragsparteien durch die Verbindung eines gewerblichen Kaufvertrags mit einer Kaufoption für das genutzte Grundstück geprägt: Der Vertrag sah nach den Angaben des Urteilsauszuges vor, dass der ursprüngliche Mieter „W.B.“ das Anwesen nach dem Ablauf der Mietzeit käuflich erwerben konnte. Während der Laufzeit des Vertrags war er verpflichtet, das Gebäude in „ordentlichem Zustand“ zu erhalten. Da hierzu erhebliche Mittel nötig waren, sollte der in Aussicht genommene Kaufpreis 15% unter dem Anfang 1969 ermittelten Schätzwert des Grundstücks liegen. Nach Ablauf von vier Jahren, im Jahre 1973, hatte der ursprüngliche Mieter „W.B.“ den Gewerbebetrieb mit Einschluss der mietvertraglichen Rechte und Pflichten auf seine Töchter übertragen, die ihn in der Rechtsform der GmbH & Co KG 35 Zum beschränkten Umfang der Rechtsgrundverweisung vgl. MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 994 Rdnr. 19; Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 994 Rdnr. 22 – jeweils m. w. N. 36 Veröffentlicht in NJW 1996, Seite 52 = JZ 1996, Seite 366. Zu diesem Urteil, insbesondere zu dem durch den Parteivortrag verengten Ausgangspunkt in der rechtlichen Würdigung, siehe sogleich im Text und die nachstehende Fußnote.

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fortführten. Nach weiteren sechs Jahren hatte die Klägerin als „Betriebsgesellschaft“, wie das Urteil ausführt, „fortan alle Aufwendungen aus dem Mietverhältnis“ übernommen. Die streitigen Baumaßnahmen waren in den Jahren 1972 bis 1980 durchgeführt worden. Da sich der Verkauf des Grundstückes an die klagende Mieterin zerschlagen hatte, war das Anwesen „anderweit“ veräußert worden. Die Klägerin verlangte von den Beklagten (den Erben des ursprünglichen Vermieters) den Ersatz der getätigten Aufwendungen. Die Klage scheiterte in drei Instanzen. Das Revisionsgericht ging in Übereinstimmung mit dem Landgericht und dem Oberlandesgericht davon aus, dass der Klägerin Ansprüche weder aus dem wegen Formmangels nichtigen Vertrag (§§ 125 Satz 1, 311b Abs. 1, 139 BGB) noch aus Geschäftsführung ohne Auftrag zustünden. Der Ausgangspunkt der Entscheidung: die Nichtigkeit des gesamten Mietvertrags wegen fehlender Beurkundung der Kaufoption über das Grundstück (§§ 311 Abs. 1, 125 BGB), ist freilich zweifelhaft. Hätte nicht das Gericht die Ausgleichspflicht des Vermieters unter Anwendung des § 139 BGB und im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung insoweit bejahen müssen, als es dem Interesse und Willen der Parteien entsprach, wegen der Aufwendungen des Mieters einen selbständigen Ausgleichsanspruch anzuerkennen, sofern eine Anrechnung auf den späteren Kaufpreis ausschied? Der Bundesgerichtshof weicht dieser Frage mit dem Hinweis aus, dass das Berufungsgericht „keine Feststellungen getroffen“ habe, „die die Annahme einer vertraglichen Beziehung rechtfertigen könnten“. Insoweit sei keine Verfahrensrüge (§ 551 Abs. 3 Nr. 2b ZPO in der heutigen Fassung) von der Revision erhoben worden.37

Es bestätigte die Auffassung des Berufungsgerichts, dass auch das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis keine Rechte auf Ersatz der getätigten Aufwendungen gewähre, weil weder der ursprüngliche Vermieter noch seine hier verklagten Erben die Verwendungen genehmigt38 oder den Besitz an dem Gewerbegrundstück wiedererlangt hätten, eine Voraussetzung, die das Ge37

NJW 1996, Seite 52 sub II 2a. Nach Durchsicht der mir vom Landgericht Heidelberg überlassenen Prozessakten hatte die Klägerin den Gerichten diesen Weg allerdings verlegt, weil sie in der Klageschrift selbst vorgetragen hatte, das Vertragswerk „stehe und falle“ mit der unwirksamen Kaufoption. Damit hatte die Klägerin zu ihren Lasten (!) die Anwendung des § 140 BGB ausgeschlossen. 38 In diesem Punkte bedarf das angeführte Urteil zumindest einer Erläuterung: Die Genehmigung nach § 1001 Satz 1, 2. Fall BGB bewirkt die Klagbarkeit des Anspruchs auf Verwendungsersatz unter den Voraussetzungen der §§ 994 ff. BGB. Sie „ersetzt“ die Wiedererlangung der Sachherrschaft, welche ihrerseits zumindest die Nutzung der geschaffenen (wenn auch möglicherweise unerwünschten) Vorteile gewährleisten soll. Ob die Genehmigung darüber hinaus die getätigten Verwendungen dem Grunde und der Höhe nach gutheißt, ist Auslegungsfrage. Dazu näher Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1001 Rdnr. 6 und 7.

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setz für die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs aufstelle (§ 1001 BGB).39 Die Veräußerung des Grundstücks und der dabei „möglicherweise realisierte Mehrwert“ seien der Wiedererlangung des Besitzes nicht gleichzustellen. Dieser „Mehrwert“ könne auch nicht im Wege einer Kondiktion abgeschöpft werden, weil das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis gegenüber dem Bereicherungsrecht eine „abschließende Sonderregelung“ darstelle. Das Urteil verweist die Klägerin auf den durch die Vorschrift des § 999 Abs. 2 BGB angeordneten Übergang der Ansprüche gegen den neuen Eigentümer der Immobilie. Einen kondiktionsrechtlichen Ausgleichsanspruch verneinte das Gericht sodann mit dem knappen Hinweis, die bereicherungsrechtlichen Vorschriften seien „nicht anwendbar“.40 Dies gelte selbst dann, wenn keine Verwendungen im Sinne der §§ 994 ff. BGB vorlägen.41 bb) Die Qualifizierung der Baumaßnahmen als wertsteigernde „Verwendungen“ unterstellt42, hätte das Gericht den bereicherungsrechtlichen Ausgleich systematisch überzeugender mit der Argumentation verneint, weder sei der frühere Eigentümer um den Wert der Baumaßnahmen (d.h. des Herstellungsaufwandes) bereichert worden43 noch sei die damit verbundene Wertsteigerung des Grundstücks, wie sie sich in dem erzielten Erlös ausdrücke, dem ehemaligen Besitzer zugewiesen, weil dieser sich wegen des Ersatzes an den neuen Eigentümer halten könne und müsse (§ 999 Abs. 2 BGB).44 Meines Erachtens war der Anspruch der Rechtsnachfolgerin des unrechtmäßigen Besitzers, eines Mieters ohne wirksamen Vertrag, indessen zu bejahen, und zwar aus den Gesichtspunkten notwendiger und/oder wert39 Dazu heißt es in dem angeführten Urteil (a. a. O., Seite 52 sub II 1): „Der Umstand, daß die Bekl. das Grundstück veräußert und somit möglicherweise den durch die Baumaßnahmen bedingten Mehrwert realisiert haben, steht der Wiedererlangung des Besitzes nach der gesetzlichen Konzeption nicht gleich. Im Falle der Veräußerung steht dem Besitzer nämlich nach § 999 II BGB ein früher begründeter Verwendungsanspruch nunmehr gegen den neuen Eigentümer zu, während der bisherige Eigentümer grundsätzlich frei wird.“ 40 A. a. O., Seite 52 sub II 2a. 41 Diese Auffassung entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seit BGHZ 41, Seite 157 (sog. Grindelhochhaus-Fall; siehe dazu unten II. 2. b), Seite 36). 42 Zum Begriff der nützlichen Verwendung siehe im Einzelnen unten V. 2. c) aa) (b), Seite 478 ff. 43 Zur Bewertung des Herstellungsaufwandes als „Vorteil“ siehe unten III. 2. h), Seite 127 ff. und III. 2. d), Seite 96 ff. 44 Die Bedeutung der Vorschrift des § 999 Abs. 2 BGB ist im Hinblick auf die Versagung eines Ausgleichs im Verhältnis zwischen dem Besitzer und dem ehemaligen Eigentümer allerdings fragwürdig: Nach der hier vertretenen Ansicht betrifft sie ausschließlich das Verhältnis zwischen dem Besitzer und dem neuen Eigentümer, schließt mithin die Inanspruchnahme des ehemaligen Eigentümers (gegebenenfalls als Gesamtschuldner) nicht aus. Siehe dazu sogleich im Text.

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steigernder Verwendungen (§§ 994 Abs. 1, 996 BGB)45 und der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB). Die Argumentation des Bundesgerichtshofs, der Verwendungsersatzanspruch aufgrund des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses scheitere an der Bestimmung des § 1001 BGB, weil der Eigentümer den Besitz an dem Grundstück nicht zurückerlangt und die Verwendungen auch nicht genehmigt habe, vermag angesichts der Veräußerung der Immobilie nicht zu überzeugen. Die angeführte Bestimmung des § 1001 BGB dient dem Schutz des Eigentümers, der Verwendungen zu ersetzen hat, die ohne oder möglicherweise gegen seinen Willen getätigt wurden (§§ 994 Abs. 1, 994 Abs. 2 i.V. m. §§ 684 Satz 1, 996 BGB)46; er soll zur Leistung erst dann verpflichtet sein, wenn er die mit den Verwendungen verbundenen Vorteile zu nutzen vermag.47 Dies ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers bei der Wiedererlangung der Sachherrschaft anzunehmen, an deren Stelle nur die Genehmigung der Verwendung treten kann48 – eine verengende Sichtweise, die auch das Urteil des Bundesgerichtshofs beeinflusst: Durch die Veräußerung der herauszugebenden Sache gelangt der Eigentümer in den Genuss der geschaffenen Vorteile, weil ihm die Möglichkeit eröffnet ist, den Kaufpreis unter Einbeziehung der Verwendungen festzulegen.49 Sie ist mithin der Wiedererlangung der Sachherrschaft gleichzustellen. War der Klage auf der Grundlage des § 996 BGB stattzugeben, so gilt dies auch im Hinblick auf die Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB): Die durch die Wertsteigerung eingetretene Bereicherung des ursprünglichen Eigentümers hatte die gutgläubige Besitze45 Freilich durfte die Klägerin kraft des Verwendungsersatzes wirtschaftlich nicht besser gestellt sein, als dies bei Wirksamkeit der getroffenen Vereinbarung der Fall gewesen wäre (siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. c) aa) (b) (2), Seite 480 ff.). Eine solche „Besserstellung“ ist hier jedoch zu verneinen, weil die (nichtige) Kaufoption ersatzlos entfallen und dementsprechend durch die Rückabwicklung eine ganz andere Interessenlage entstanden ist. 46 Kraft der Bestimmung des § 994 Abs. 1 BGB wird zugunsten des gutgläubigen Besitzers unwiderleglich vermutet, dass die notwendigen Verwendungen auf die Sache dem Interesse und Willen des Eigentümers entsprachen. Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. c) bb) (a) (1), Seite 489 ff. 47 In den Motiven (zitiert nach Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite 231) heißt es: „Wenn . . . der Gegenstand des Verwendungsanspruchs als die dem Eigenthümer in Folge der Wiedererlangung der verbesserten oder erhaltenen Sache zugehende Bereicherung bestimmt wird, so ist vor der Wiedererlangung der Sache ein Gegenstand der Kondiktion überall noch nicht gegeben . . .“ (Hervorhebung durch Verf.). Diese Regelung ist kaum überzeugend, sofern der Ausgleichsanspruch des Besitzers tätigkeits-, nicht erfolgsbezogen ist; siehe dazu unten V. 2. c) bb) (a) (3) (f), Seite 503. 48 MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 1001 Rdnr. 1; Mugdan, Die gesamten Materialien, a. a. O., Denkschrift, Seite 979. Siehe auch Fußnote 38 dieses Abschnitts. 49 Ob der Eigentümer von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch macht, ist unerheblich: Auch im Falle der Wiedererlangung des Besitzes an der Sache hätte er die Verwendungen unabhängig von einem konkreten Nutzen ersetzen müssen.

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rin nicht ausgleichslos hinzunehmen. Da der frühere Eigentümer den in Rede stehenden Vorteil auf Kosten des vermeintlichen Mieters und seiner Rechtsnachfolgerin erlangte, sind die Voraussetzungen der sog. Verwendungs- oder Aufwendungskondiktion (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) erfüllt.50

Der frühere Eigentümer und der Erwerber des Grundstücks, welcher Verwendungsersatz nach § 999 Abs. 2 BGB schuldete51, hafteten im Hinblick auf den Ausgleich der Verkehrswertsteigerung als Gesamtschuldner.52

2. Die mangelnde Überzeugungskraft der herkömmlichen Lösung auf der Grundlage des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses, des Kondiktionsrechts und der Geschäftsführung ohne Auftrag – veranschaulicht an Fallbeispielen Eine knappe Einführung in das hier behandelte Thema der „aufgedrängten Bereicherung“, angelehnt an Sachverhalte, über die der Bundesgerichtshof und das Reichsgericht zu befinden hatten, enthält eine Abhandlung von Claus-Wilhelm Canaris aus dem Jahre 1996 über „das Verhältnis der §§ 994 ff. BGB zur Aufwendungskondiktion nach § 812 BGB“.53 Sie setzt sich in einer Zusammenschau des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses, des Kondiktionsrechts und der Geschäftsführung ohne Auftrag das Ziel, die Grenzen des „Aufdrängungsschutzes“ zu bestimmen. In der folgenden Auseinandersetzung mit den von Canaris unterbreiteten Thesen sei anhand der von ihm angezogenen Sachverhalte dargelegt, dass es bisher nicht gelungen 50 Fraglich ist, ob der Eigentümer vor der Veräußerung der Immobilie gegenüber dem vermeintlichen Mieter den Ausgleich des erhöhten Wertes aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB mit der Einwendung hätte abwehren können, dass die Bebauung als rechtswidrige Beeinträchtigung seines Eigentumsrechts zu beseitigen sei, § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB (der Mietvertrag hätte zwar für die Dauer seines Bestehens eine Duldungspflicht des Eigentümers begründet, die allerdings mangels eines wirksamen Vertragsverhältnisses zu keinem Zeitpunkt bestand; siehe dazu eingehend unten V. 1. a) aa) (d), Seite 361). Diese Abwehr des Ausgleichs kraft des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ist – die Gutgläubigkeit des Besitzers unterstellt – nicht nur bezogen auf nützliche (§ 996 BGB), sondern auch auf notwendige Verwendungen (Erhaltungsmaßnahmen etc.) zu verneinen: Sofern der Eigentümer zum geldlichen Ausgleich gegenüber einem Besitzer verpflichtet ist, hat er die geschaffenen „Erfolge“ zu dulden (zutreffend Waltjen, AcP 175, Seite 109, 137). 51 Zu den hiermit verbundenen Fragen siehe Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 999 Rdnr. 11 und 12 m. w. N. 52 Die Gesamtschuldnerschaft des früheren und des neuen Eigentümers zieht Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 999 Rdnr. 10, nicht in Betracht. 53 So der Titel in JZ 1996, Seite 344 ff. Siehe auch Larenz/Canaris, a. a. O., § 72 IV, Seite 286 ff.

2. Die mangelnde Überzeugungskraft der herkömmlichen Lösung

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ist, eine nach den gesetzlichen Vorgaben differenzierte, gleichwohl widerspruchsfreie Lösung des Konfliktes zwischen der Zurückweisung einer ungebetenen Einmischung in fremde Angelegenheiten einerseits und dem Ausgleich solcher Vorteile, die dem Bereicherten unabhängig von einer – wenn auch nichtigen – Abrede zugeflossen sind, andererseits zu entwickeln. a) Ausgleichspflicht bei „Realisierung“ des Wertzuwachses? Ausgangspunkt der Abhandlung von Canaris bildet ein bereits wiedergegebenes54 Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1995.55 Das Gericht hatte über den finanziellen Ausgleich für verschiedene (werterhaltende oder werterhöhende) Baumaßnahmen zu entscheiden, die ein unrechtmäßiger, aber gutgläubiger Besitzer in der Erwartung des späteren Eigentumserwerbs an einer Immobilie vorgenommen hatte. Die Klage richtete sich gegen die früheren Eigentümer des Grundstücks, die das Anwesen nicht – wie ursprünglich geplant – an den ehemaligen Besitzer, sondern an einen Dritten veräußert und dabei möglicherweise den durch die Baumaßnahmen bedingten Mehrwert verwirklicht hatten.

aa) Canaris kritisiert den Gedankengang des Bundesgerichtshofs, dass die Klägerin wegen ihrer Aufwendungen lediglich den neuen Eigentümer des Grundstücks in Anspruch nehmen könne. Warum, so fragt er, solle „der Verwendungsersatzberechtigte in derartigen Fällen leer ausgehen, obwohl die durch ihn geschaffene Erhöhung des Grundstückswertes dem früheren Eigentümer als Teil des Kaufpreises zugeflossen ist?!“56 Die Versagung des Ausgleichs beruhe auf den „Bedenken gegen die Anerkennung von Anspruchskonkurrenz zwischen den §§ 994 ff. BGB und § 812 BGB“, und diese „Problematik mündet . . . in diejenige der ,aufgedrängten‘ Bereicherung“, für die der Gesichtspunkt der „Realisierung“ von zentraler Bedeutung sei; hier könne von einer Aufdrängung „im Grunde gar nicht mehr die Rede sein“.57 Den adäquaten Ansatz für die Einordnung und Lösung der aufgedrängten Bereicherung biete die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB, deren Schutzzweck nicht dadurch beeinträchtigt sei, dass man im Falle der Realisierung der Vermögensmehrung eine Aufwendungskondiktion zu Lasten des Bereicherten bejahe.58 Diese Verpflichtung bestehe auch dann, wenn der Verwender Kenntnis von der Unbefugtheit seines Handelns hatte, weil weder seine Schenkungsabsicht (§ 685 BGB) noch eine Leistung in 54 55 56 57 58

Siehe oben II. 1. d) aa), Seite 28. NJW 1996, Seite 52 = JZ 1996, Seite 366. JZ 1996, Seite 345 sub 1b. A. a. O., Seite 345 sub 2a; zustimmend Verse, a. a. O., Seite 134. A. a. O., Seite 346 sub 2a.

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II. Eine Untersuchung über den Schutz vor „aufgedrängter Bereicherung‘‘

Kenntnis der Nichtschuld (§ 814 BGB) anzunehmen seien.59 Verwirkliche der „Bereicherte“ den Zuwachs nicht, sei er allerdings – wie sich „u. a. aus dem Umkehrschluß zu § 996 BGB“ ergebe – durch eine dilatorische Kondiktionssperre vor einer Inanspruchnahme aus §§ 812 ff. BGB zu schützen, sofern der Anspruchssteller bösgläubig gewesen sei.60 bb) Canaris versäumt an dieser Stelle, zwischen der vom Besitzer bewirkten Sachveränderung (d.h. den veränderten Nutzungsmöglichkeiten) und der Verkehrswerterhöhung (d.h. dem Preis, den Dritte für die erhöhten Nutzungschancen zu entrichten bereit wären), zu unterscheiden. Von einer Billigung der Umbauten kann nur die Rede sein, sofern der Eigentümer im eigenen Interesse (d.h. nicht zur Schonung des Besitzers oder aus Gleichgültigkeit) auf ihre Beseitigung aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verzichtet, und auf diese Weise das Ergebnis einer zunächst ungebetenen Veränderung als für sich vorteilhaft akzeptiert.61 Im Falle einer Veräußerung gestattet die Zahlung eines erhöhten Kaufpreises lediglich den Schluss, dass der Erwerber die Umbauten positiv bewertet.62 cc) Darüber hinaus lässt Canaris unberücksichtigt, dass im konkreten Fall – entgegen dem Wortlaut des § 1001 BGB – der Wertzuwachs des Grundstücks unabhängig von der Höhe des erzielten Erlöses, festgestellt durch das Gutachten eines Sachverständigen, auszugleichen war (§ 996 BGB und §§ 812 Abs. 1 Satz 1 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB).63 Die weitere von Canaris aufgestellte Behauptung, das Recht eines bösgläubigen Bereicherungsschuldners auf Ausgleich eines aufgedrängten Zuwachses des Bereicherungsgläubigers scheitere bis zu seiner „Verwirklichung“ lediglich an einer „Kondiktionssperre“, lässt eine exakte systemati59

A. a. O., Seite 346 sub 2b. A. a. O., Seite 346 sub 2c. Ebenso in dem von Larenz begründeten Lehrbuch des Schuldrechts, a. a. O., § 72 IV 3, Seite 288 f. 61 Siehe dazu im Einzelnen unten II. 2. b), Seite 36 ff., II. 2. d), Seite 47 ff. sowie III. 6. d), Seite 196. 62 Da dem bürgerlichen Recht der gegenüber einem Dritten, also nicht dem Schuldner (hier: dem früheren Besitzer und Störer), sondern den Erben des ursprünglichen Vermieters erklärte Verzicht auf einen dinglichen Anspruch (hier: den Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB) fremd ist (die Bestimmung des § 397 Abs. 1 BGB ordnet das Erlöschen eines Schuldverhältnisses an, wenn der Gläubiger dem Schuldner die Verbindlichkeit erlässt), ist der Erwerber ungeachtet der Höhe des mit dem Veräußerer vereinbarten Kaufpreises berechtigt, die Beseitigung des Vorteils von dem früheren Besitzer zu verlangen. Auf der Seite des früheren Besitzers besteht das Wegnahmerecht aus § 997 BGB fort. Dementsprechend ist ein Ausgleich des Wertzuwachses im Verhältnis zwischen dem früheren Besitzer/Störer und dem neuen Eigentümer zu erwägen; ein solcher Ausgleich hätte Rückgriffsansprüche des Erwerbers/neuen Eigentümers gegen den Veräußerer zur Folge. 63 Siehe dazu oben Fußnote 49 dieses Abschnitts. 60

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sche Grundlegung vermissen. Zum einen ist fraglich, ob der Bereicherungsanspruch desjenigen, der den Zuwachs „bösgläubig“ herbeigeführt hat, nicht erst in dem Zeitpunkt entsteht, in dem der andere Teil die Sachveränderung als „Vorteil“ akzeptiert. In diesem Zusammenhang halte man sich die Regelung des § 687 Abs. 2 BGB vor Augen: Der Geschäftsherr ist gegenüber dem angemaßten Eigengeschäftsführer nur dann zum bereicherungsrechtlichen Ausgleich verpflichtet, wenn er das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ für sich beansprucht (§§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 2, 667 BGB) und in diesem Sinne den Zuwachs gutheißt, § 687 Abs. 2 Satz 2.64 Der Geschäftsherr akzeptiert nicht das Tätigwerden des Eigengeschäftsführers, sondern beansprucht lediglich das (als positiv bewertete) Ergebnis der Einmischung. Schon aus diesem Grunde stellt das Verlangen des Geschäftsherrn keine Genehmigung der Geschäftsführung im technischen Sinne des § 684 Satz 2 BGB dar. Verlangt der Geschäftsherr vom angemaßten Eigengeschäftsführer, so gestellt zu werden, als habe dieser das fremde Geschäft: die Verwendung, unterlassen (§§ 687 Abs. 2 Satz 1, 678, 249 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB65), so nimmt er keinen vom Geschäftsführer bewirkten Vorteil in Anspruch; in seinem Vermögen tritt keine Bereicherung ein, bis zu deren Höhe er dem Eigengeschäftsführer Aufwendungsersatz zu leisten hätte. Dementsprechend beschränkt sich der Anspruch des Geschäftsführers auf Herausgabe einer Bereicherung des Geschäftsherrn aus §§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB in direkter Anwendung auf den Fall, dass dem ein anderer „Herausgabeanspruch“ vorangeht: das von dem Geschäftsführer „Erlangte“ an den Geschäftsherrn abzuführen.66

Hat der (Eigen- oder Fremd-) Besitzer eine nützliche Verwendung in Kenntnis seiner fehlenden Berechtigung und im eigenen Interesse getätigt, so handelt er im Verhältnis zum Eigentümer als angemaßter Eigengeschäftsführer und ist der Regelung des § 687 Abs. 2 BGB unterworfen. Der Anspruch auf Aufwendungsersatz, beispielsweise in Gestalt von Werterhöhungen einer Sache, entsteht mithin erst, wenn der Eigentümer sein Recht auf „das aus der Geschäftsführung Erlangte“ geltend macht, § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB.67 Dem Begehren auf Herausgabe des „aus der Geschäftsführung Erlangten“ ist die Akzeptanz eines vom Eigengeschäftsführer bewirkten Verwendungserfolges gleichzustellen, der mit der Rückgabe der Sache in das Vermögen 64

Dass die angemaßte Eigengeschäftsführung nach den Regeln des Geschäftsführungsrechts nicht genehmigungsfähig ist, betont zu Recht Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, § 687 Rdnr. 15. 65 Zum Verhältnis zwischen Schadensersatz (hier: § 678 BGB) und Beseitigung (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) siehe eingehend unten III. 6. e) bb), Seite 202 ff. 66 Siehe dazu noch eingehend unten V. 2. b) ll) (c), Seite 458 ff. 67 Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, § 687 Rdnr. 15.

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des Geschäftsherrn fließt: Es ist nicht ersichtlich, weshalb eine im Ergebnis gebilligte Veränderung der Substanz nicht ausgeglichen werden sollte, selbst wenn sie von einer eigennützig und in Kenntnis ihrer fehlenden Berechtigung handelnden Person geschaffen worden ist.68 dd) Zum anderen lässt Canaris die Frage unbeantwortet, worauf sich das Merkmal der Bösgläubigkeit beziehen soll: Auf den Mangel des Besitzrechts, sofern es um Ansprüche eines Besitzers geht? Auf die Kenntnis vom Mangel des rechtlichen Grundes, sofern ein „Nichtbesitzer“ den Zuwachs bewirkt oder als herausgabepflichtiger Bereicherungsschuldner den Kondiktionsgegenstand werterhöhend verändert hat (§ 819 BGB)? Auf die Kenntnis des entgegenstehenden Willens desjenigen, in dessen Vermögen des Zuwachs zu verzeichnen ist? Sollte Canaris die Aussage lediglich auf kondiktionsrechtliche Ansprüche beziehen (worauf die Anführung des § 996 BGB schließen lässt, einer Vorschrift, die dem gutgläubigen Besitzer für nützliche Verwendungen einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich gewährt), so entwirft er zumindest kein geschlossenes, von Wertungswidersprüchen freies System des Aufdrängungsschutzes. b) Die Kritik an der Entscheidung zum „Grindelhochhaus“ Die Ausführungen von Canaris über den Ausgleich einer aufgedrängten, nicht „realisierten“ Bereicherung69 knüpfen an das hinlänglich bekannte „Grindelhochhaus-Urteil“ des Bundesgerichtshofs70 an. Die Klägerin und Widerbeklagte dieses Rechtsstreits war Eigentümerin zweier Grundstücke in der Hamburger Grindelallee. Die Grundstücke waren bis 1944 mit Wohnhäusern bebaut, die durch Bomben zerstört wurden. Die Beklagte und Widerklägerin, eine Wohnungsbaugesellschaft, deren Anteile sich vollständig in städtischer Hand befanden, hatte Ende der vierziger Jahre beschlossen, auf den Trümmergrundstücken ein „Projekt zur Wohnungsbeschaffung“ durchzuführen. Die Stadt Hamburg bemühte sich in der Folgezeit, die Grundstücke von der Klägerin zu kaufen. Da die Verhandlungen scheiterten, wurde gegen sie ein Enteignungsverfahren eingeleitet, das allerdings ergebnislos endete. In den Jahren 1951 und 1952 errichtete die Beklagte ein achtstöckiges Wohnhaus, das in die Grundstücke 68 Siehe dazu – bezogen auf die Miete – unten V. 1. a) cc), Seite 373 und – bezogen auf die Geschäftsführung ohne Auftrag im allgemeinen – unten V. 2. b) hh), Seite 437. 69 In dem angeführten Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1995 ging es, wie bereits betont, um den Ausgleich einer „aufgedrängten“ Bereicherung, obgleich der ursprüngliche Eigentümer die Erhöhung des Verkehrswertes durch Veräußerung des Gewerbegrundstücks verwirklichte. 70 BGHZ 41, Seite 157 (aus dem Jahre 1964). Zu dieser Entscheidung siehe jüngst Verse, a. a. O., Seite 134 f.

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der Klägerin „hineinragte“: Von dem etwa 76 m langen Gebäude verlief ein Teilstück von etwa 20 m Länge auf den Grundstücksflächen der Klägerin. Die Klägerin verlangte die Entfernung des Überbaus; die Beklagte begehrte mit der Widerklage den anteiligen Ersatz ihrer Verwendungen, die sie in der Errichtung des Gebäudes sah. Der Bundesgerichtshof verneinte den Anspruch der verklagten und widerklagenden Wohnungsbaugesellschaft aus dem Gesichtspunkt des Eigentümer-BesitzerVerhältnisses: Die Bebauung habe den Charakter des Grundstücks verändert; sie sei keine „Verwendung“ auf das Grundstück.71 Andere Anspruchsgrundlagen seien wegen des abschließenden Charakters der §§ 994 ff. BGB nicht heranzuziehen.

aa) In Anlehnung an diese Entscheidung legt Canaris die Auffassung des Bundesgerichtshofs dar, wonach erstens eine Umgestaltung der Sache keine „Verwendung“ im Sinne der §§ 994 ff. BGB darstelle und zweitens ein Ausgleich aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung gleichwohl nicht in Frage komme. Stelle man sich auf diesen von der Rechtsprechung vertretenen Standpunkt, könne ein gutgläubiger Besitzer, der auf einem fremden unbebauten Grundstück ein Gebäude errichte, keinen Ausgleich verlangen. Dem bösgläubigen Besitzer sei es von vornherein verwehrt, Ersatz der nützlichen Verwendungen im Sinne des § 996 BGB zu beanspruchen. Dies gelte selbst dann, wenn der Eigentümer die Sache veräußere und einen durch die Verwendung bedingten Mehrerlös erziele. Derartige Ergebnisse seien jedoch von „außerordentlicher Härte“ und bedürften einer „besonderen Legitimation.“72 bb) Der vielfach vorgetragenen Kritik an der Beschränkung des Verwendungsbegriffs73 ist an dieser Stelle nichts hinzuzufügen.74 Dem Plädoyer für den Schutz des Besitzers über die Grenzen der §§ 994, 996 BGB hinaus lässt sich indessen die Verteidigung des Eigentümers entgegenhalten, der durch weiterreichende Ansprüche auf Ersatz von ihm nicht veranlasster Sachveränderungen in seiner Dispositionsfreiheit beschnitten würde. In den Bestimmungen der §§ 994 Abs. 1, 994 Abs. 2 i.V. m. 684 Satz 1, 996 BGB ist der Ausgleich eines (nachzuweisenden oder unwiderlegbar vermuteten) Vermögenszuwachses festgelegt, der unabhängig vom Willen des Eigentümers bewirkt worden ist und die Durchsetzung seines Herausgabeanspruchs durch das Zurückbehaltungsrecht des Besitzers berührt (§ 1000 BGB). Hat der Besitzer in Kenntnis seines fehlenden Rechts nützliche Verwendungen getätigt, ist die damit verbundene Steigerung des Verkehrswertes der herauszugebenden Sache dem Eigentümer zumindest dann aus71

BGH, a. a. O., Seite 160 f. JZ 1996, Seite 345 sub 1d. 73 Siehe dazu Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003 Rdnr. 6 bis 9 mit zahlreichen Nachweisen. 74 Zum Begriff der „notwendigen“ und „nützlichen Verwendung“ siehe eingehend unten V. 2. c) aa) (a), Seite 473 ff. und V. 2. c) aa) (b), Seite 478 ff. 72

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gleichslos zugewiesen, wenn und soweit er die Sachveränderung nicht als vorteilhaft billigt; die spätere Verwirklichung dieses „abstrakten“ Vorteils durch Veräußerung oder Belastung der Sache ändert hieran nichts.75 Nimmt der Eigentümer ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten im eigenen Interesse davon Abstand, ein bestehendes Recht auf Beseitigung aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB geltend zu machen oder verhindert er gar die Ausübung des Wegnahmerechts seitens des Besitzers aus § 997 BGB, so akzeptiert er die Sachveränderung als vorteilhaft und ist dem Besitzer, der in diesem Fall als angemaßter Eigengeschäftsführer tätig wurde, in entsprechender Anwendung des §§ 687 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB zum Ausgleich verpflichtet.76 Derjenige Besitzer, der den Mangel seines Besitzrechts grob fahrlässig verkennt und demzufolge nach einhelliger Ansicht „bösgläubig“ im Sinne des § 990 Abs. 1 BGB ist77, kann den Ausgleich einer Wertsteigerung nach Maßgabe der §§ 951 Abs. 1 Satz 1, 946 BGB im Ergebnis gleichfalls nicht verlangen, wenn zugunsten des Eigentümers der Einwand treuwidrigen Verhaltens anzuführen ist: Dem Besitzer steht kein Ausgleich für Sachveränderungen zu, deren Beseitigung der Eigentümer umgehend aus dem Gesichtspunkt der rechtswidrigen Beeinträchtigung seines Rechts aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen könnte78 („dolo malo agit qui petit quod statim redditurus est“79). Scheidet die Verwirklichung der Eigentümerbefugnisse (§ 903 BGB) aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen aus, so darf sich dieser Umstand nicht zu Lasten des Eigentümers auswirken80. Letztlich kommt auch hier ein Ausgleich nur bei Akzeptanz der Sachveränderung durch den Eigentümer in Betracht (§ 687 Abs. 2 BGB in entsprechender Anwendung).81

cc) Sofern der Eigentümer nach den Vorschriften der §§ 994, 996 BGB zum Ausgleich eines unabhängig von seinem Willen angefallenen Vorteils verpflichtet ist, kann er nicht dessen Beseitigung aus dem Gesichtspunkt einer rechtswidrigen Beeinträchtigung seines Rechts begehren.82 Die ange75 Im Ergebnis zutreffend Waltjen, AcP 175, Seite 109, 141, die diese Ansicht freilich auf „das Bedürfnis eines endgültigen Ausgleichs und der Einkehr des Rechtsfriedens“ stützt. 76 Siehe dazu eingehend unten V. 2. b) ll) (c), Seite 458 ff. 77 § 932 BGB in entsprechender Anwendung; siehe dazu – ablehnend – unten II. 2. d) bb) (b), Seite 57 ff. und II. 2. f) ii), Seite 64. 78 Siehe dazu im Einzelnen unten III. 6., Seite 191 ff. Im gerichtlichen Verfahren ist der Einwand des treuwidrigen Verhaltens von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn sich der verklagte Eigentümer gegenüber dem klagenden Besitzer auf seinen Beseitigungsanspruch beruft. Den Wertausgleich aus § 951 Abs. 1 Satz 1 BGB schuldet er mithin nur, wenn er dahinstehen lässt, ob er die Sachveränderung billigt oder nicht. Der Anspruch des Besitzers ist durch die Aufwendungen begrenzt, weil als Vorteil des Eigentümers stets eine Geschäftsbesorgung in Rede steht. 79 Dig. 50. 17. 173. § 3 (Paulus libro quinto ad Plautium – Paulus im fünften Buch zum Werk des Plautius). 80 Siehe dazu (bezogen auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag) unten V. 2. b) ii), Seite 438. 81 Siehe unten V. 2. b) hh), Seite 437 und V. 2. b) ll) (c), Seite 458 ff.

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führten Bestimmungen begründen mithin Ausgleichsansprüche des Besitzers, verpflichten den Eigentümer als deren Konsequenz aber auch zur Duldung des „Verwendungserfolgs“.83 Lehnt der Eigentümer allerdings – wieder im Besitz der Sache – die vom ehemaligen Besitzer angebotene Beseitigung von Verwendungen ab, die nicht nach den Vorschriften der §§ 994, 996 BGB auszugleichen sind, weil ihm das Ergebnis der fremden Tätigkeit gelegen kommt, ist ein Aufwendungsersatzanspruch des Besitzers, beschränkt auf den noch vorhandenen Wertzuwachs, anzuerkennen: In dieser Gestaltung ist selbst derjenige ausgleichsberechtigt, der als angemaßter Eigengeschäftsführer tätig geworden ist (§§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB in entsprechender Anwendung).84

dd) Um die Grenzen des Ausgleichs für einen Vermögenszuwachs sicher zu bestimmen, wird es ein wesentlicher Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sein, exakt festzulegen, unter welchen Umständen von einem „erwünschten“ und einem „aufgedrängten“ Vermögenszuwachs die Rede sein kann. Bezogen auf den aufgedrängten Vorteil soll der Schutz der Dispositionsfreiheit des unfreiwillig „Bereicherten“ auch außerhalb des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses bestimmt werden, etwa im Hinblick auf eine unberechtigte (§ 684 Satz 1 BGB) und eine irrtümliche (§§ 687 Abs. 1, 812 BGB) Geschäftsführung. c) Die „Realisierung einer Werterhöhung“ durch den Eigentümer als „Prüfstein“ für die Berechtigung einer Aufwendungskondiktion aa) Als „Prüfstein“ für oder gegen eine Aufwendungskondiktion85 erweise sich, so Canaris, die „Realisierung der Werterhöhung“ durch den Eigentümer.86 Die Abschöpfungsfunktion des Bereicherungsrechts gebiete einen Ausgleich, wenn sich der Eigentümer die Werterhöhung seines Grund82 Im Ergebnis ebenso, aber mit der fehlenden Schadensersatzpflicht des Besitzers (§§ 989, 990 BGB) argumentierend, F. Baur, AcP 160, Seite 465, 491 bis 493. Siehe dazu noch unten III. 6. b), Seite 193. 83 Die Verpflichtung des Eigentümers, nach §§ 994, 996 BGB auch solche Vermögensopfer zu ersetzen, die gegen seinen Willen getätigt, ihm mithin aufgedrängt worden sind, verkennt F. Baur, AcP 160, Seite 465, 493. Freilich bestehen die Ansprüche des unrechtmäßigen Fremdbesitzers nach §§ 994, 996 BGB in der Regel nur nach Maßgabe des vermeintlichen Besitzrechts, beispielsweise des Mietvertrags (siehe dazu V. 2. c) aa) (b) (2), Seite 480 ff.). 84 Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. b) ll) (c), Seite 458 ff. 85 §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2 BGB bzw. §§ 951 Abs. 1 i.V. m. 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2 BGB. 86 A. a. O., Seite 345 sub 1d und 2a sowie in dem von Larenz begründeten Lehrbuch, § 72 IV 2a, Seite 287.

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stücks zunutze mache. Die praktische Verwirklichung dieses Anspruchs nach dem rechnerischen Anteil des Besitzers stelle zwar eine „gewisse Komplikation“ dar, begründe aber keinen „durchschlagenden Einwand“. (a) Der Hinweis auf die mit der Verwirklichung des Vermögenszuwachses verbundene Abschöpfungsfunktion des Bereicherungsrechts ist indessen voreilig: Dieser – im Ausgangspunkt unbestrittene – Zweck der Kondiktion würde den Ausgleich sowohl eines gebilligten als auch eines nicht gebilligten Vermögenszuwachses rechtfertigen.87 Ob aber der Ausgleich anzuerkennen oder zu versagen ist, lässt sich nicht der „Abschöpfungsfunktion“ entnehmen.88 Unabhängig davon ist zu fragen, ob es die hier hervorgehobene „Abschöpfungsfunktion“ der §§ 812 ff. BGB gebietet, über die Bestimmung des § 818 Abs. 3 BGB einem Bereicherungsgläubiger, der von dem anderen Teile die Rückübereignung einer Sache verlangt, den Ersatz solcher Vermögensopfer aufzubürden, die der Schuldner im Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit seines Erwerbs getätigt hat und die durch die ihm verbliebene Nutzung des Erlangten nicht (vollständig) gedeckt sind.89 Diese 87 Insoweit zutreffend Reimer, a. a. O., Seite 25 f.: „Die Rückführung aller Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung auf eine einheitliche materiale Grundlage des abschöpfenden ,Zurückforderns des aus unserem Vermögen Ausgegangenen‘, das der Bereicherungsschuldner rechtswidrig hat, hat zur Folge, daß die Bereicherungsursache für die Haftungsbegründung und erst recht für den Haftungsumfang . . . keinerlei Relevanz erlangt. . . . Das Faktum des Aufdrängens – gleichgültig ob schuldhaft oder nicht – umschreibt den Bereicherungsvorgang, die Bereicherungsursache und ist damit für die Haftungsbegründung der ungerechtfertigten Bereicherung unerheblich, weil der Bereicherungsvorgang gerade kein materialer Gesichtspunkt für die Begründung der Bereicherungshaftung darstellt.“ 88 Das Versäumnis des Gesetzgebers, eine Norm über die Beschränkung des Verwendungsersatzes in das Kondiktionsrecht aufzunehmen, versucht König in seinem Vorschlag zur Neuregelung des Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung (Gutachten und Vorschläge, Seite 1515, 1524) auszugleichen: Nach § 3.2 Satz 3 des Entwurfs soll eine Aufwendungskondiktion ausgeschlossen sein, sofern der „Bereicherte“ die Wegnahme des Verwendungserfolges verlangen könne, der Vornahme der Verwendungen widersprochen habe oder der Verwendende es schuldhaft versäumt hat, dem „Bereicherten“ die Vornahme der Verwendungen anzuzeigen. Fraglich ist, ob diese Regelung nicht bereits aus dem geltendem Recht zu entwickeln ist (siehe dazu unten V. 2. b) gg), Seite 427 ff.). 89 Unter die Bestimmung des § 818 Abs. 3 BGB fallen keine Aufwendungen, die der Kondiktionsschuldner „verbraucht“ hat, weil er die damit ermöglichten Nutzungen selbst gezogen hat und ihm diese auch verbleiben: Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, § 818 Rdnr. 37 m. w. N. Eine entsprechende Vorschrift enthielt § 740 des ersten Entwurfs; siehe dazu Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 2, Recht der Schuldverhältnisse, Seite 469. Unabhängig von der Regelung des § 818 Abs. 3 BGB vermag der Bereicherungsschuldner das allgemeine Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB geltend zu ma-

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Gestaltung ist freilich nicht unter den Begriff der „aufgedrängten Bereicherung“, sondern, weil der Bereicherungsgläubiger nicht Eigentümer ist und sich die Aufwendungen „abziehen“ lassen muss, der „aufgedrängten Entreicherung“ zu fassen.90 Verfolgt man die „aufgedrängte Entreicherung“ in ihre letzte Konsequenz, so kann der Kondiktionsschuldner – was den Gesetzesverfassern nicht bewusst war!91 – die Erfüllung seiner Pflicht aus §§ 812, 818 Abs. 1 BGB kraft des § 818 Abs. 3 BGB von dem Ersatz seines „Vertrauensschadens“ durch den Gläubiger abhängig machen92, ohne dass dieser die Nachteile zurechenbar oder gar schuldhaft verursacht hätte.93 Der Kondiktionsberechtigte könnte auf diese Weise zur Übernahme von Verbindlichkeiten gezwungen sein, die den ursprünglichen Wert der herauszugebenden Sache übersteigen.94 Einer solchen Belastung würde er als Sachgläubiger nur dadurch entgehen, dass er seinen Herausgabeanspruch (gegebenenfalls einschließlich des Anspruchs auf Nutzungsersatz) nicht weiter verfolgt. Der „Verzicht“ auf die Sache hätte freilich den Verbleib des Kondiktionsgegenstandes im Schuldnervermögen zur Folge – eine untragbare Konsequenz, die allerdings von der Rechtsprechung gutgeheißen chen, sofern ihm selbständige Erstattungsansprüche gegen den Sachgläubiger zustehen. Hat beispielsweise der Sachschuldner in Kenntnis des fehlenden Besitzrechts (§ 819 BGB) notwendige Verwendungen getätigt, so kann er deren Ersatz nach Maßgabe der §§ 994 Abs. 2 i.V. m. 818 Abs. 4, 292 Abs. 2 BGB Zug um Zug gegen Rückübereignung der Sache (§ 273 Abs. 2 BGB) verlangen. 90 Siehe dazu eingehend unten V. 2. d) aa), Seite 534. 91 Siehe dazu Fußnote 94 dieses Abschnitts. 92 Bei ungleichartigen Leistungen hat der Bereicherungsgläubiger von sich aus die Rückgewähr der empfangenen Leistung Zug um Zug gegen Erstattung der Vermögensopfer auf der Seite des Schuldners anzubieten; vgl. Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 818 Rdnr. 50 m. w. N. 93 In diesem Sinne MünchKomm/Lieb, 3. Auflage, § 818 Rdnr. 31. Ist der Kondiktionsgläubiger gegenüber dem anderen Teil zum Ersatz des Vertrauensschadens verpflichtet (etwa aus § 122 BGB oder aus dem Gesichtspunkt der allgemeinen Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 BGB), so kann der andere Teil selbstredend die Erfüllung seiner Schuld von der Leistung des Schadensersatzes abhängig machen: § 273 Abs. 1 BGB. 94 Die Gesetzesverfasser haben ihr Augenmerk bei der Fassung des § 818 Abs. 3 BGB lediglich auf den Bereicherungsschuldner gerichtet, der allenfalls auf die noch vorhandene Bereicherung in Anspruch genommen werden sollte. Lapidar heißt es in den Motiven (zitiert nach Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 2, Recht der Schuldverhältnisse, Seite 468): „Zweifellos kann der Empfänger den Wegfall der Bereicherung dann und insoweit geltend machen, als durch das Geleistete, im Kausalzusammenhange mit dem Empfange und Haben des Geleisteten, sein Vermögen gemindert wurde.“ Ähnliches ist den Protokollen zu entnehmen (a. a. O., Seite 1184): „Die Billigkeit erfordere und gestatte aber nur ihm (gemeint ist: dem Leistenden) insoweit einen Anspruch einzuräumen, als der gutgläubige Empfänger nicht dadurch Schaden leide; dieser würde aber Schaden leiden, wenn er mehr herausgeben müßte, als die Bereicherung.“

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wird, weil dem Kondiktionsschuldner die Herausgabe des gegenständlich erlangten Vorteils „wirtschaftlich“ unmöglich geworden sei!95 (b) Um sowohl der Beschränkung der Haftung auf die vorhandene Bereicherung als auch dem Umstand gerecht zu werden, dass der Kondiktionsgegenstand nicht im Vermögen des Schuldners verbleiben darf96, ist im Rahmen des Ersatzes von Verwendungen, die der Bereicherungsschuldner getätigt hat, die entsprechende Anwendung der §§ 996 und 1003 BGB geboten: Der (gutgläubige) Bereicherungsschuldner, der die Sache herauszugeben hat, darf sich wegen seiner sachbezogenen, notwendigen oder nützlichen Vermögensopfer aus dem Versteigerungserlös der Sache befriedigen, so dass eine vermittelnde Lösung erreicht wird, die beide Teile zu ihrem Recht kommen lässt.97 Der Bereicherungsschuldner hat aber auf das übrige, d.h. nicht mit dem Befriedigungsrecht belastete, Vermögen des Gläubigers keinen Zugriff.98 Die Anerkennung eines solchen auf notwendige und nützliche Verwendungen beschränkten Verwertungsrechts setzt freilich die Vergleichbarkeit der Verwendungsersatzansprüche des gutgläubigen Besitzers gegen den Eigentümer (§§ 994 Abs. 1, 996 BGB) mit dem Recht auf Verwendungsersatz des Kondiktionsschuldners voraus, der das Eigentum an einer Sache zurückzuübertragen hat. Hierzu ist festzustellen, dass die Ansprüche des gutgläubigen Besitzers zwar auf die Abschöpfung eines Vermögenszuwachses des Eigentümers zielen und insoweit einen anderen Regelungsgehalt aufweisen auf als § 818 Abs. 3 BGB, der die Inanspruchnahme des Bereicherungsschuldners über die Grenzen der bei ihm vorhandenen Bereicherung hinaus zu vermeiden sucht.99 Die Beschränkung der 95

RGZ 133, Seite 293, 295 f. (Errichtung einer Fabrik mit tiefen Maschinen-fundamenten auf einem rechtsgrundlos erworbenen unbebauten Grundstück); BGH NJW 1981, Seite 2687, 2688 sub II 2c (Rückübertragung eines rechtsgrundlos erlangten Fabrikgeländes, auf dem der Herausgabeschuldner „Fabrikationsräume“ errichtet hatte). Die Anerkennung eines nur geldlichen Ausgleichs in entsprechender Anwendung des § 251 BGB mit der Folge, dass dem Besitzer die Sache auf Dauer zugewiesen wird, ist fehlerhaft, weil sie dem Zuweisungsgehalt des Eigentums zuwiderläuft; auf dieses Bedenken macht zu Recht Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, § 818 Rdnr. 21 a. E. aufmerksam. 96 Reuter/Martinek, a. a. O., § 16 III 2, Seite 564 f., behaupten, dass sich die Kondiktion nur auf die rechtsgrundlos erlangte Sache in ihrem ursprünglichen Zustand beziehe, deren Herausgabe unmöglich sei, sofern die Beseitigung der Veränderung unzumutbar sei. Im Ergebnis ist nach dieser Sichtweise der rechtsgrundlos erlangte Vorteil gegenständlich dem Vermögen des „Bereicherungsschuldners“ zugewiesen. 97 Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. d) aa) (d) (3), Seite 562 ff. 98 Hierzu heißt es bei Greiner, a. a. O., Seite 398 sub 1e: „Wer mehr Geld auf eine Sache aufwendet, als diese wert ist, handelt auf eigenes Risiko.“ 99 Reuter/Martinek, a. a. O., § 20 I 2, Seite 673, stellen in diesem Zusammenhang fest, dass der gutgläubige Bereicherungsschuldner nach § 818 Abs. 3 BGB bereicherungsmindernde Nachteile in „sehr viel größerem Umfang“ geltend machen könne

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Haftung im Sinne der Anerkennung eines Verwertungsrechts rechtfertigt sich jedoch aus dem Blickwinkel des Eigentümers und Kondiktionsberechtigten, der seine Sache zurückverlangt: Er soll dadurch, dass er den ihm gehörenden Gegenstand beansprucht (§§ 985, 812 BGB), nicht kraft der Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch den Besitzer (§ 1000 BGB) zu Opfern angehalten werden, die bei wirtschaftlicher Betrachtung über den „Verzicht auf die Sache“ hinausreichen.100 Diese Beschränkung drückt sich in der Befugnis des Besitzers aus, die Sache zu verwerten; deckt der Erlös die Verwendungen nicht, vermag er den Eigentümer darüber hinaus nicht mehr in Anspruch zu nehmen.101 Deutet man die Vindikation im Ausgangspunkt als eine im Hinblick auf § 818 Abs. 3 BGB durch die Vorschriften der §§ 994 ff. modifizierte Besitzkondiktion (§ 812 BGB)102, so gestattet die Vorschrift des § 1003 BGB den Schluss, dass der Anspruchsinhaber zumindest keine den Wert der Sache übersteigenden Vermögensopfer soll erbringen müssen, um diese zurückzuerhalten; im äußersten Falle ist ihm die Verwertung seines Eigentums durch den Besitzer zuzumuten. Wollte man den Anspruch des Eigentümers gegen den Besitzer auf Herausgabe der Sachherrschaft nicht nur auf § 985 BGB, sondern auch auf die Vorschrift des § 812 BGB gründen („condictio possessionis“), so könnte der (gutgläubige) Besitzer von dem Eigentümer nur den Ersatz notwendiger oder nützlicher Verwendungen, letztere lediglich im Umfang der Wertsteigerung, verlangen, sich mithin wegen seiner sonstigen Vermögensopfer nicht auf § 818 Abs. 3 BGB berufen: Erstreckte sich die Abzugsfähigkeit der Opfer auch auf sog. Luxusverwendungen, so würden die Beschränkungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses aufgehoben. Im Hinblick auf die Abzugsfähigkeit von Verwendungen modifizieren mithin die Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses das Kondiktionsrecht; davon unberührt bleibt die Berechtigung des Besitzers, die Herausgabe der Sache von der Erstattung der üblichen Erwerbsunkosten etc. abhängig zu machen. Insoweit ergänzt auf der einen Seite die Bestimmung des § 818 Abs. 3 die Regelungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses, auf der anderen Seite begrenzen die Vorschriften der §§ 994, 996 BGB den Anwendungsbereich des § 818 Abs. 3 BGB im Hinblick auf die Abzugsfähigkeit von sachbezogenen Aufwendungen.103 als dies dem gutgläubigen Vindikationsschuldner gestattet sei. Die Berechtigung einer eingeschränkten Abzugsfähigkeit der Investitionen aus dem Gesichtspunkt des Aufdrängungsschutzes bleibt hierbei außer Betracht. Siehe zu der hier behandelten Frage eingehend unten V. 2. d) aa) (d) (2) (bb), Seite 550 ff. 100 Siehe dazu eingehend Greiner, a. a. O., Seite 395 ff. 101 Palandt/Bassenge, 62. Auflage, § 1003 Rdnr. 5. Zur Vorschrift des § 1003 BGB siehe im Einzelnen unten V. 2. c) bb) (b) (3) (dd), Seite 511 ff. und – bezogen auf die Anwendbarkeit der Norm im Kondiktionsrecht – V. 2. d) aa), Seite 536. 102 Andeutungsweise Reischl, JR 1999, Seite 25 sub I 2: Sachlich lasse sich die „Dreistufigkeit der Vindikationsfolgeordnung“ auf „bereicherungsrechtliche Erwägungen“ zurückführen, die daran orientiert worden seien, dass es sich um die Ausgestaltung und Abwicklung eines zweiseitigen Rechtsverhältnisses handelt.

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II. Eine Untersuchung über den Schutz vor „aufgedrängter Bereicherung‘‘

bb) Die Aufwendungskondiktion sei, so Canaris, selbst dann zu gewähren, wenn der Besitzer Kenntnis von der mangelnden Berechtigung seines Handelns hatte, fehle es doch auch unter diesen Umständen an einer Schenkungsabsicht im Sinne des § 685 BGB oder an einem treuwidrigen Verhalten im Sinne des § 814 BGB.104 Diese These ist angreifbar: Canaris lässt unberücksichtigt, dass die uneingeschränkte Anerkennung des Rückgriffsanspruchs die abwehrende Sanktion der Einmischung in fremde Angelegenheiten ausschließt, dem Eingriff in die fremde Sphäre mithin „Tür und Tor“ öffnet. Dass eine solche Einmischung gegen ein rechtliches Gebot verstößt, ergibt sich aus § 681 Satz 1 BGB, einer Vorschrift aus dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag: Übernimmt jemand ein fremdes Geschäft „für einen anderen“ (also nicht zum eigenen Nutzen), so hat er den Geschäftsherrn, sobald es tunlich ist, hiervon zu unterrichten und, „wenn nicht mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist, dessen Entschließung abzuwarten“ und zu respektieren. Es wird zu untersuchen sein, ob diese Pflicht im Falle ihrer Verletzung nur – wie im Schrifttum einhellig angenommen105 – einen Schadensersatzanspruch begründet oder darüber hinaus den Anspruch des Geschäftsführers gegen den Geschäftsherrn auf „das aus der Geschäftsführung Erlangte“ (§ 684 Satz 1 BGB) ausschließt, sofern das übernommene Geschäft einen Vermögenszuwachs gegen den Willen des Geschäftsherrn hat eintreten lassen.106 Diese Deutung des § 681 Satz 1 BGB hätte zur Folge, dass der Geschäftsführer im Falle der unberechtigten Geschäftsführung von dem Geschäftsherrn das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ nach §§ 684 Satz 1, 812 BGB nicht herausverlangen kann, wenn davon auszugehen war, dass die Erledigung der fremden Angelegenheit einen Aufschub duldete. Dass die unterlassene Unterrichtung des Geschäftsherrn den Anspruch des Geschäftsführers auf Aufwendungsersatz (§§ 683 Satz 1, 670 BGB) auszuschließen vermag, wenn zwar nicht die Übernahme, wohl aber die Fortsetzung der Geschäftsführung dem Willen des Geschäftsherrn zuwiderläuft, deutet das Landgericht Stuttgart in einer Entscheidung aus dem Jahre 1973107 an: Das Gericht hatte über den Anspruch eines Kaskoversicherers auf Herausgabe eines gestohlenen Fahrzeugs zu entscheiden. Das Begehren richtete sich gegen eine Abschleppunter103 Siehe dazu eingehend unten V. 2. d) aa) (d) (3), Seite 562 ff. Zum Regelungsgehalt des § 818 Abs. 3 BGB siehe unten V. 2. d) aa) (d) (2) (aa) und (bb), Seite 547 ff. 104 A. a. O., Seite 346 sub 2b. 105 Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 681 Rdnr. 4; MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, § 681 Rdnr. 10; Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, § 681 Rdnr. 3. Der Geschäftsherr ist so zu stellen, als habe der Geschäftsführer die Geschäftsführung rechtzeitig angezeigt und die Entschließung des Geschäftsherrn abgewartet. 106 Siehe eingehend unten V. 2. b) gg), Seite 427 ff. 107 VersR 1973, Seite 517.

2. Die mangelnde Überzeugungskraft der herkömmlichen Lösung

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nehmerin, die den Wagen auf Veranlassung der Polizei abgeschleppt und auf ihrem Lagerplatz abgestellt hatte. Die Beklagte war zur Herausgabe des Fahrzeugs nur Zug um Zug gegen Erstattung der Abschleppkosten und eines Standgeldes, mithin der von ihr getätigten Aufwendungen, bereit. Das Gericht verneinte das Zurückbehaltungsrecht wegen des Standgeldes mit folgenden Wendungen108: „Standgeld kann die Beklagte allerdings nur bis zu dem Tag verlangen, bis zu welchem üblicherweise mit der Abholung des Fahrzeuges durch den Eigentümer gerechnet werden kann.109 Die Beklagte kann nicht damit gehört werden, daß sie eine umgehende Benachrichtigung des Fahrzeughalters, wozu sie nach § 681 BGB verpflichtet war, deshalb unterlassen hat, weil sie der Auffassung war, die Polizei werde die erforderlichen Maßnahmen treffen. Die Beklagte verkennt, daß ihr aus der Geschäftsführung ohne Auftrag Nebenpflichten erwuchsen.“ In dieselbe Richtung weist eine – vom Oberlandesgericht Düsseldorf freilich abgeänderte – Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf aus dem Jahre 1993.110 Das Landgericht hatte über den Anspruch des Verwalters der Eigentümergemeinschaft an einer Garagenanlage (Beteiligter zu 1) zu entscheiden. Der Verwalter verlangte von der Gemeinschaft rund 18.000 DM; diesen Betrag hatte er aus seinem privaten Vermögen aufgewendet, um die Sanierung eines Garagendaches durchführen zu lassen, obgleich sich die Eigentümergemeinschaft kraft eines Beschlusses für die „Zurückstellung“ dieser Arbeiten entschieden hatte. Das Landgericht versagte den Rückgriff, weil der Wille der Gemeinschaft ohne Not missachtet worden sei. Das Oberlandesgericht schloss sich dieser Sichtweise nicht an, sondern führte aus111: „Auch wenn . . . nach richtiger Einschätzung des Landgerichts eine Notlage nicht dahingehend bestand, daß ein sofortiges Tätigwerden des Beteiligten zu 1. ohne vorherige Unterrichtung der Eigentümer notwendig war, so kann doch daraus nicht gefolgert werden, die Verwendung sei lediglich nützlich, aber nicht notwendig gewesen. Die Grundsätze zum Schutz eines Schuldners vor einer aufgedrängten Bereicherung können daher hier keine Anwendung finden. Es geht . . . darum, daß durch die Gesamtreparatur des Daches eine immer weiter voranschreitende Wertminderung der Garagenanlage und damit auch eine schlechtere Vermietbarkeit und Ertragslage vermieden wurde.“ Aber lag diese Entscheidung nicht in den Händen der Gemeinschaft?112

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A. a. O., Seite 518. Dieser Anspruch ist aus dem Gesichtspunkt des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses gerechtfertigt: § 994 Abs. 1 BGB. 110 Az.: 19 T 232/92. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist abgedruckt in der NJW-RR 1996, Seite 913. 111 A. a. O., Seite 914. 112 Als rechtmäßiger Besitzer der Garagenanlage (Mieter, Entleiher, Pächter) hätte der Verwalter die notwendigen Erhaltungsmaßnahmen nach Maßgabe der §§ 536a Abs. 2 Nr. 2, 581 Abs. 2 BGB (siehe dazu unten V. 1. a), Seite 355) bzw. § 601 Abs. 2 BGB (siehe dazu unten V. 1. b), Seite 393) selbst vornehmen dürfen, um die ihm gewährte Nutzungsmöglichkeit zu erhalten. In diesem Sinne deutlich Manfred Wolf, JZ 1966, Seite 467, 468: „Wer als Mieter, Pfandgläubiger oder sonstiger Besitzer Verwendungen auf die Sache macht, tut dies im Rahmen der Ausübung eines Nutzungs- oder Gebrauchsrechts oder in Erfüllung einer Verwahrungspflicht.“ 109

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Die Qualifizierung des § 681 Satz 1 BGB als einer Pflicht des Geschäftsführers, deren Verletzung seinen Anspruch aus § 684 Satz 1 BGB ausschließt, gewährleistete den effektiven Schutz des Selbstbestimmungsrechts des Geschäftsherrn unabhängig von der Frage, ob dieser einen als „Schaden“ zu qualifizierenden Nachteil erlitten hat.113 cc) Nach Ansicht von Canaris trifft den Schuldner des Verwendungsersatzes unter „gewissen“, von ihm nicht näher beschriebenen, Voraussetzungen eine „Pflicht bzw. Obliegenheit“ zur Realisierung der Vermögensmehrung.114 Diese dürfe der Gläubiger in vollem Umfang abzuschöpfen, mithin nicht begrenzt durch die Höhe der getätigten Aufwendungen.115 Die Anerkennung einer „Verpflichtung zur Realisierung“ des Zuwachses vermag bereits aus prozessrechtlicher Sicht kaum zu überzeugen: Sollte der „Verwender“ den Schuldner im Wege der Klage dazu anhalten können, die „verbesserte“ Sache zu veräußern oder zu vermieten? Wie sollte ein derartiger Titel vollstreckt werden?116 113 Diesen Gesichtspunkt lässt der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahre 1975 (BGHZ 65, Seite 354) unberücksichtigt, der ausführt: „Eine Verletzung der Anzeigepflicht (ich ergänze: aus § 681 Satz 1 BGB) verpflichtet den Geschäftsführer . . . lediglich zum Ersatz des Schadens, der dem Geschäftsherrn entstanden ist, weil er nicht oder zu spät von der Übernahme der Geschäftsführung erfahren hat (allgemeine Meinung . . .).“ Leider lassen die Gesetzesmaterialien die nötige Klarheit hinsichtlich der Folgen einer Verletzung des § 681 Satz 1 BGB vermissen. In den Protokollen heißt es wörtlich: „Der im Antrag 2 gemachte Ergänzungsvorschlag (gemeint ist die Aufnahme der Bestimmung des § 681 Satz 1 BGB) wurde aus Zweckmäßigkeitsrücksichten angenommen. Man war zwar der Ansicht, daß man bei richtiger Auslegung des Gesetzes von selbst dahin kommen werde, daß der Geschäftsführer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt handele, wenn er es unterlasse, möglichst den Willen des Geschäftsherrn zu erforschen, glaubte aber, daß es immerhin zweckmäßig sei, dem Geschäftsführer behufs Erforschung des Willens des dominus einen objektiven Anhalt zu gewähren, auf den sowohl die Analogie des § 590 (d.h. des geltenden § 665 BGB) . . . und ein im Verkehre häufig hervorgetretener Mißbrauch . . . hinweisen.“ (zitiert nach Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 2, Recht der Schuldverhältnisse, Seite 1194). 114 So insbesondere a. a. O., Seite 349: Dem Bereicherten sei der Aufdrängungsschutz abzusprechen, wenn er ein auf seinem Grundstück von dem Besitzer errichtetes Gebäude mutwillig leerstehen lasse. Diese Befugnis gewährt indessen (vorbehaltlich öffentlich-rechtlicher Vorschriften) die das Eigentum kennzeichnende Vorschrift des § 903 BGB! Wie Canaris bereits Reimer, a. a. O., Seite 54 ff. und 97 ff. (siehe dazu noch unten II. 3. a), Seite 68 ff.) und Verse, a. a. O., Seite 132. 115 A. a. O., Seite 349. 116 Ähnlich in diesem Sinne Knackstedt, a. a. O., Seite 58 f. Die Frage der Beweisbarkeit vernachlässigt Koller, DB 1974, Seite 2385. Als Vertreter eines subjektiven Bereicherungsbegriffs behauptet er gleichwohl die „bessere Justiziabilität“ eines objektiven Maßstabs (a. a. O., Seite 2387). Den Umstand, dass die subjektive Bereicherung „schwerlich mit vollstreckungsrechtlicher Genauigkeit zu bestimmen“ sei, betonen auch Reuter/Martinek, a. a. O., § 16 III 3, Seite 568.

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Sie stößt aber auch auf dogmatische Bedenken: Dem Schuldner eines Anspruchs auf Verwendungsersatz wird auferlegt, die Voraussetzungen dieses gegen die eigene Person gerichteten Rechts zu schaffen bzw. eine „Kondiktionssperre“ zu beseitigen. Eine solche Pflicht lässt sich kaum auf die entsprechende Anwendung des § 254 BGB gründen, die dem Geschädigten die Obliegenheit zur Schadensvermeidung oder -minderung aufbürdet. Diese Vorschrift zielt auf Schonung des Ersatzpflichtigen durch den Ersatzberechtigten. Die Umkehrung dieses Grundsatzes in dem Sinne, dass jemand zu einem den eigenen Interessen zuwiderlaufenden Handeln angehalten wird, um eine gegen sich gerichtete Verbindlichkeit zu begründen (sic!), ist kaum mit der „Spiegelbildlichkeit“ des Bereicherungsrechts zum Schadensersatzrecht begründen.117 Sie lässt insbesondere die Bestimmung des § 687 Abs. 2 BGB außer Acht, nach der ein angemaßter Eigengeschäftsführer einen bereicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruch nur geltend zu machen vermag, wenn der Geschäftsherr das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ nach freiem Belieben auf der Grundlage der §§ 681 Satz 2, 667 BGB „herausverlangt“, d.h. für sich in Anspruch nimmt und auf diese Weise als vorteilhaft bewertet. d) Der unterschiedliche Maßstab der Bösgläubigkeit als Ursache eines „Wertungswiderspruchs“? Zur Rechtfertigung einer „uneingeschränkter Anspruchskonkurrenz zwischen den §§ 994 ff. BGB und der Aufwendungskondiktion“118 in den Fällen der aufgedrängten Bereicherung beruft sich Canaris auf „Wertungswidersprüche“, die er am Beispiel der Veräußerung eines restaurierten Gemäldes darzustellen sucht. 117

In diesem Sinne aber Reimer, a. a. O., Seite 19 f., 97 ff. Da Canaris den Ausgleich sachbezogener Aufwendungen erörtert, sollte um des genauen Ausdrucks willen von der „Verwendungskondiktion“ die Rede sein. Zwar wird diese Kondiktion nach verbreitetem Sprachgebrauch auch als „Aufwendungskondiktion“ bezeichnet. Der Begriff „Verwendungskondiktion“ ist insoweit treffender, als es um den Ausgleich gegenstandsbezogener Aufwendungen geht, die als „Verwendungen“ bezeichnet werden (vgl. dazu Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 876; Fikentscher, a. a. O., 9. Auflage, § 99 II 4, Rdnr. 1144 sowie bereits Florey, a. a. O., Seite 12). Im Übrigen würde die sog. Rückgriffskondiktion lediglich einen Anwendungsfall der Aufwendungskondiktion darstellen, weil sie den Ausgleich einer Aufwendung im Sinne eines freiwilligen Vermögensopfers, nämlich einer nicht veranlassten Drittleistung im Sinne des § 267 BGB, bezweckt (in diesem Sinne König, Gutachten und Vorschläge, Seite 1515, 1564 ff.). Um eine klare Trennung der geläufigen Begriffe zu gewährleisten, bevorzuge ich den Begriff „Verwendungskondiktion“, und zwar unabhängig von der Frage, ob auch solche Aufwendungen als „Verwendungen“ zu bezeichnen sind, welche die Sache grundlegend verändern (dazu etwa Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 877). 118

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aa) Das erste von ihm angeführte, in Anlehnung an eine Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahre 1932 gebildete Beispiel119 bezieht sich auf das Schicksal eines Altargemäldes, das der Käufer in Kenntnis der Anfechtbarkeit wegen arglistiger Täuschung des geschlossenen Kaufvertrages und der Übereignung restaurieren ließ und es anschließend veräußerte (§ 687 Abs. 2 BGB).120 Das Gericht hatte über die Klage des arglistig getäuschten Verkäufers zu befinden, der das Altargemälde im Jahre 1925 an den Beklagten zum Preis von 1.500 RM verkauft hatte. Der Beklagte hatte das Gemälde „instandsetzen“ und es ein Jahr später durch ein Kunstauktionshaus zu einem Gebot von 109.250 RM versteigern lassen. Der Verkäufer machte im Prozess geltend, der Kaufvertrag sei wegen Sittenwidrigkeit und kraft einer von ihm wegen Irrtums und arglistiger Täuschung erklärten Anfechtung nichtig. Er begehrte, so die Formulierung des Gerichts, die „Herausgabe des durch den Weiterverkauf des Bildes Erlangten“. In einem Vorprozess war der Beklagte zur Zahlung von 6.000 RM verurteilt worden. Mit der vom Reichsgericht zu beurteilenden Klage hatte er in erster und zweiter Instanz die Zahlung weiterer 20.000 RM begehrt. Das Reichsgericht bestätigte das Berufungsurteil, das die Nichtigkeit des schuldrechtlichen und des dinglichen Geschäfts bejaht und den Beklagten antragsgemäß in Höhe von (weiteren) 20.000 RM verurteilt hatte.121 Zur Kürzung des Anspruchs wegen getätigter Aufwendungen führte das Reichsgericht aus122: „Die Revision macht . . . geltend, zum mindesten müsse sich der Kläger den angemessenen Wert der vom Beklagten aufgewendeten Tätigkeit in ihrer Gesamtheit abziehen lassen. Selbst wenn sich auch ihm die gleiche Gelegenheit zur Veräußerung des Bildes unter Zuhilfenahme eines entsprechenden Sachverständigen geboten hätte, so würde er doch für diesen Sachverständigen und die von diesem veranlaßten Arbeiten, die Instandsetzung einschließlich der Vorbereitung des Verkaufs . . . einen angemessenen Betrag habe aufwenden müssen. Der Vorderrichter habe daher wenigstens weiter prüfen müssen, wie hoch dieses Entgelt einzusetzen sei und ob nicht bei Einsetzung dieses Entgelts die Zuerkennung des vom Vorderrichter festgesetzten Betrags die Grenze übersteige, welche er sich . . . selbst (d.h. als verklagter Käufer) . . . gesetzt habe. Auch dieser Angriff kann keinen Erfolg haben. Das Berufungsurteil stellt nach der vom Beklagten selbst gemachten Aufstellung fest, daß ihm nach Abzug aller Auslagen einschließlich des Kaufpreises von 1.500 RM und nach Abzug auch der im Vorprozeß zuerkannten 6.000 RM und Berücksichtigung der Aufwendungen an Steuern, für Instandsetzung, Reklame usw. ein Betrag von 33.750 RM übrig blieb. Nach Abzug der jetzt verlangten 20.000 RM blieben für den Beklagten noch 13.750 RM, womit jedenfalls auch seine eigene geistige und körperliche Tätigkeit abgegolten sein würde. Danach hat das Berufungsgericht die Tätigkeit des Beklagten, soweit sie dem Kläger zugute kam, hinreichend gewürdigt.“

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RGZ 138, Seite 45. A. a. O., Seite 346 sub II 1. Siehe dazu auch Larenz/Canaris, a. a. O., § 72 IV 2a, Seite 287. 121 A. a. O., Seite 46. 122 A. a. O., Seite 51. 120

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Hier könne, so Canaris, die durch die Restaurierung eingetretene Werterhöhung auch dann von dem an den Eigentümer abzuführenden Erlös abgezogen werden, wenn der Käufer in Kenntnis seiner mangelnden Berechtigung gehandelt habe; andernfalls habe die Verweisung in § 687 Abs. 2 BGB auf §§ 684 Satz 1, 812 BGB keinen „vernünftigen Sinn“. Wenn nun der Eigentümer das Bild nach der Restaurierung – etwa im Wege der Vindikation nach § 985 BGB – wiedererlange und es anschließend selbst veräußere, bestehe kein Grund dafür, dem Käufer einen Bereicherungsausgleich für die Restaurierung zu versagen. Das bedeute, dass der Ausgleich der angefallenen Vermögensmehrung auch dann nicht durch § 996 BGB gesperrt sei, wenn der Käufer seine fehlende Berechtigung gekannt habe.123 Diese Argumentation zieht die Grenzen des bereicherungsrechtlichen Ausgleichs entschieden zu weit: In der angeführten Entscheidung handelte der arglistig täuschende Käufer als Besitzer, der sich gegenüber dem Eigentümer (= Verkäufer) auf ein Recht zum Besitz im Sinne des § 986 BGB nicht zu berufen vermochte. Sein Anspruch auf Ersatz von Verwendungen richtete sich bis zur Veräußerung, d.h. bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Herausgabe des Gemäldes unmöglich wurde, auf den Ersatz der zur Wiederherstellung und Erhaltung erforderlichen Vermögensopfer, sofern sie dem Willen und Interesse des Eigentümers entsprachen (§§ 994 Abs. 2, 683 Satz 1 BGB). Hätte der Eigentümer dargelegt, dass die (zur Erhaltung des Gemäldes notwendigen) Investitionen im Zeitpunkt ihrer Vornahme von ihm nicht getätigt worden wären, so hätte sich seine Ersatzpflicht auf den (durch notwendige Verwendungen bedingten) Wertzuwachs der Sache verringert (§§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB).124 Bezogen auf den Zeitpunkt nach der Veräußerung konnte der Besitzer als angemaßter Eigengeschäftsführer – beschränkt auf die vom Geschäftsherrn erlangte Bereicherung – den Ersatz solcher Investitionen verlangen, die der Vorbereitung und Abwicklung dieses Geschäfts (!) dienten (etwa Kosten für Annoncen etc.). Der Anspruch setzte freilich voraus, dass der ehemalige Eigentümer als Geschäftsherr das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ für sich in Anspruch nahm, d.h. die Veräußerung des Gemäldes als für sich vorteilhaft akzeptierte.125 123

A. a. O., Seite 347 sub II 1a. Zustimmend Verse, a. a. O., Seite 57 und 123. Eine weitergehende Ersatzpflicht des Eigentümers ist nur in Betracht zu ziehen, wenn der Eigentümer – wieder im Besitz des Gemäldes – auf die Beseitigung von nicht ausgeglichenen Verwendungen (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) im eigenen Interesse verzichtet und auf diese Weise die Veränderung seines Eigentums als vorteilhaft bewertet hätte (siehe dazu oben II. 2. b) cc), Seite 38 und eingehend unten V. 2. b) ll) (c), Seite 458 ff.). 125 Der Besitzer ist als angemaßter Eigengeschäftsführer nicht berechtigt, nach §§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB den Ersatz aller wertsteigernden Maßnahmen zu verlangen. Das akzeptierte Ergebnis der Geschäftsführung bezieht sich al124

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Entschließt sich ein Geschäftsherr, das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ zu beanspruchen (§§ 687 Abs. 2 Satz 1 i.V. m. 681 Satz 2, 667 BGB), so bringt er damit sein Interesse am Ergebnis der Geschäftsführung zum Ausdruck; dieses wird ihm, mit anderen Worten ausgedrückt, nicht „aufgedrängt“. Demzufolge erscheint es im Rahmen der angemaßten Eigengeschäftsführung zwingend, dem Geschäftsführer entgegen dem Wortlaut des § 684 Satz 1 BGB keinen Anspruch auf das vom Geschäftsherrn aus der Geschäftsführung Erlangte, sondern auf Ersatz seiner durch die Geschäftsführung bedingten Aufwendungen nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zu gewähren.126

Der ehemalige Eigentümer hätte die Veräußerung des Gemäldes als Vorteil akzeptiert, wenn er die Auskehrung eines – bezogen auf den Zeitpunkt der Veräußerung (sic!) – den Verkehrswert des Gemäldes übersteigenden Erlöses verlangt hätte: Die Bestimmung des § 687 Abs. 2 BGB begründet bei vorsätzlichem Eingriff in fremde Vermögensrechte einen über den bloßen Wertersatz hinausreichenden „Gewinnabschöpfungsanspruch“; der böswillige Eingreifer soll durch den Einsatz fremder Vermögensgegenstände keinen Gewinn machen.127 Das auf die Herausgabe des Gemäldes gerichtete Verlangen des Eigentümers (§§ 985, 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) bzw. sein Begehren, mittels des Erlöses den der Sache im Zeitpunkt der Veräußerung anhaftenden Verkehrswert abzuschöpfen128, beinhaltet demgegenüber keine Akzeptanz etwaiger Aufwendungen; der Eigentümer/Geschäftsherr erhebt hier keinen Anspruch auf das von dem Geschäftsführer, dem Käufer, „aus lein auf den Vorgang der Veräußerung, nicht auf die Instandsetzung. Gibt der frühere Eigentümer des Gemäldes allerdings zu erkennen, dass er – wäre er gefragt worden – den Besitzer mit der Durchführung der Maßnahmen betraut hätte, so ist ihm der Wert einer (objektiven) Geschäftsbesorgung zugeflossen, den er bereicherungsrechtlich, und zwar in Höhe der gegenüber dem Besitzer ersparten Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB, auszugleichen verpflichtet ist (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB). 126 Bezogen auf den angemaßten Eigengeschäftsführer zutreffend: Fikentscher, a. a. O., 9. Auflage 1997, Rdnr. 946 sub b; zur Aufwendungskondiktion des Eigengeschäftsführers siehe eingehend unten V. 2. b) ll), Seite 450 ff. Verlangt der Geschäftsherr vom angemaßten Eigengeschäftsführer, so gestellt zu werden, als habe dieser die Angelegenheit nicht übernommen (§§ 687 Abs. 2 Satz 1, 678, 249 Satz 1 BGB), so begehrt er keinen vom Geschäftsführer geschaffenen „Vorteil“. Demzufolge tritt bei ihm keine Bereicherung ein, bis zu deren Höhe er dem Eigengeschäftsführer Aufwendungsersatz zu leisten hätte. Siehe dazu bereits oben Fußnote 64 und eingehend unten V. 2. b) ll) (b), Seite 456. 127 Zutreffend Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 3 f. m. w. N. 128 §§ 816 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB bzw. §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall, 818 Abs. 2, 2. Fall BGB. Hat der Bereicherungsschuldner die fremde Sache wirksam veräußert, so erlangt er die Befreiung von der dem Dritten gegenüber begründeten Verbindlichkeit; da dieser Vorteil nicht „in Natur“ herausgegeben werden kann, ist sein Wert zu ersetzen (§ 818 Abs. 2, 1. Fall BGB). Er entspricht dem Verkehrswert der veräußerten Sache; siehe dazu im Einzelnen unten III. 2. f) cc) (c), Seite 112 ff. und Fußnote 136.

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der Geschäftsführung Erlangte“, sondern verfolgt lediglich sein ursprüngliches Eigentumsrecht; eine Beschränkung, die sich mit einiger Sicherheit aus dem in Anspruch genommenen Betrag von nur 26.000 RM entnehmen lässt. Anerkennt man einen mit der Vindikation konkurrierenden Bereicherungsanspruch des Eigentümers auf die Herausgabe seines Gemäldes, so konnte der bösgläubige Besitzer die Erstattung notwendiger Verwendungen nach Maßgabe des § 994 Abs. 2 BGB verlangen.129 Die Erstattung nur notwendiger Verwendungen des Besitzers war auch geschuldet, wenn der Eigentümer seinen Anspruch auf den Ersatz des Verkehrswertes des Gemäldes im Zeitpunkt der Veräußerung geltend machte (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall, 818 Abs. 2, 2. Fall BGB bzw. § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB): Er verfolgte mit dem Ersatz des Verkehrswertes lediglich sein Interesse an der Sache.130 Hätte der als angemaßter Eigengeschäftsführer handelnde Käufer das Gemälde an den Verkäufer/Eigentümer herausgeben müssen, so hätte dieser die vorgenommenen Verbesserungen im Ergebnis als vorteilhaft bewertet, wenn er ihre Beseitigung (etwa die Entfernung einer Einrahmung), die er kraft seines Eigentums (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu verlangen vermochte, um der Erhaltung des „Erfolgs“ willen im eigenen Interesse trotz eines entsprechenden Angebotes durch den Käufer abgelehnt oder die Wegnahme des Zubehörs (man denke wiederum an eine Einrahmung des Gemäldes) durch den Käufer verhindert hätte, ohne von seinem Ablösungsrecht Gebrauch (§ 997 Abs. 2 BGB) zu machen.131 Kraft einer 129 §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 4, 819 Abs. 1, 292 Abs. 2 BGB. Mit der Frage, ob die während des Bestehens der Vindikationslage vom gutgläubigen Besitzer gemachten Verwendungen nach § 818 Abs. 3 BGB den Erlös aus § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB mindern, befasst sich Gursky (JR 1971, Seite 361, 362). Er erwähnt zutreffend, dass der erste Entwurf zum Sachenrecht (Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Seite 950 ff.) für die wirksame Veräußerung eines Grundstücks durch einen gutgläubigen Bucheigentümer und für die wirksame Veräußerung einer beweglichen Sache durch einen gutgläubigen Besitzer die Verpflichtung zur Herausgabe des erlangten Vorteils vorsah, gemäß § 197 der Vorlagen der Redaktoren jedoch abzüglich der von dem Nichtberechtigten auf die Sache gemachten Verwendungen. Abzugsfähig sollten danach die Verwendungen sein, die bei Anwendung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses zu ersetzen gewesen wären. Die Kommission nahm diese Bestimmung jedoch nicht in den ersten Entwurf des BGB auf, ohne dass hierfür ein Grund ersichtlich ist (Gursky, a. a. O., Seite 362 sub II). 130 Den Wert des Gemäldes im Zeitpunkt seiner Veräußerung an den Dritten konnte der ehemalige Eigentümer auch aus dem Gesichtspunkt der Schadensersatzpflicht eines angemaßten Eigengeschäftsführers verlangen, §§ 687 Abs. 2 Satz 1, 678, 251 Abs. 1 BGB. In diesem Falle erlangte er keine Bereicherung, in deren Höhe er dem Geschäftsführer zum Ersatz von Aufwendungen verpflichtet gewesen wäre (§§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB). Siehe hierzu Fußnote 126 dieses Abschnitts. 131 Die entsprechende Anwendung der §§ 108 Abs. 2 Satz 2, 177 Abs. 2 Satz 2 BGB zugunsten des Käufers mit der Folge, dass die Akzeptanz des Verkäufers un-

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solchen Akzeptanz hätte der Eigentümer/Verkäufer die Aufwendungen des Käufers, begrenzt auf die Wertsteigerung des Gemäldes, geschuldet: § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung.132 Besteht für den Eigentümer keine Möglichkeit, kraft des Verzichtes auf seinen Beseitigungsanspruch die vom Eigengeschäftsführer durchgeführten Maßnahmen zu billigen, weil er die Sache nicht zurückerhält, so ist – begehrt er den Ersatz ihres Wertes bezogen auf den Zeitpunkt der Unmöglichkeit der Herausgabe (§ 678 BGB) – ein Ausgleichsanspruch des Eigengeschäftsführers gegen den Eigentümer in entsprechender Anwendung des § 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB nur anzuerkennen, wenn er darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (!) vermag, dass die von ihm bewirkten Verwendungen (soweit sie nicht bereits nach § 994 Abs. 1 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung auf den Schadensersatzanspruch des Geschäftsherrn anzurechnen sind)133 im Falle der hypothetischen Rückgabe an den Eigentümer von diesem akzeptiert worden wären.134 Mit einer anderen Wendung ausgedrückt: Der angemaßte Eigengeschäftsführer, der dem Geschäftsherrn den Wert der Sache im Zeitpunkt der Unmöglichkeit ihrer Herausgabe zu ersetzen hat, vermag einen Anspruch auf Ersatz von Verwendungen aus § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB analog nur auf die (im Streitfall von ihm darzulegende und zu beweisende!) hypothetische Akzeptanz des Geschäftsherrn zu gründen.135 widerlegbar vermutet würde, wenn dieser – vom Käufer zur Erklärung über den Verzicht auf die Beseitigung aufgefordert – binnen zwei Wochen keine entsprechende Erklärung abgibt, scheidet von vornherein aus: Nach den angeführten Bestimmungen gilt die Genehmigung eines gesetzlichen Vertreters bzw. eines durch eine vollmachtlos handelnde Person Vertretenen als verweigert, wenn sie nicht binnen zwei Wochen erklärt worden ist. Übertragen auf die hier erörterten Gestaltungen bedeutet dies, dass bei entsprechender Anwendung der angeführten Vorschriften die Akzeptanz des Vorteils zu verneinen wäre. Die entsprechende Anwendbarkeit der Bestimmung des § 516 Abs. 2 Satz 2 BGB, nach der eine Schenkung als angenommen gilt, wenn die Zuwendung ohne den Willen des anderen Teil getätigt wurde und die vom Schenker zur Annahme gesetzte Frist abgelaufen ist, muss gleichfalls verneint werden: Die Fiktion der Annahme ist – anders als die hier erörterte Akzeptanz des unfreiwillig Bereicherten – nicht geeignet, eine Verbindlichkeit derjenigen Person entstehen zu lassen, zu deren Gunsten sie wirkt, hier also des Empfängers des Schenkungsangebots. 132 Die entsprechende Anwendung des § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB wird im Einzelnen unten V. 2. b) ll) (c), Seite 458 ff. behandelt. 133 Zur Abzugsfähigkeit von „Verwendungsersatzansprüchen“ im Rahmen der Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers/Verwenders siehe unten V. 2. b) hh), Seite 437 und V. 2. e), Seite 597 ff. 134 Der Geschäftsherr akzeptiert, indem er den Wert der Sache beansprucht, nicht sämtliche bis zu diesem Zeitpunkt vom Eigengeschäftsführer vorgenommenen Verbesserungen: Wollte man eine solche Billigung bejahen, stünde der Geldgläubiger schlechter als der Sachgläubiger, der Verwendungsersatz – vorbehaltlich der ausdrücklichen oder konkludenten Billigung von Veränderungen kraft des Verzichtes auf ihre Beseitigung – nur nach Maßgabe des § 994 Abs. 2 BGB schuldet. 135 Eine Kürzung des Schadensersatzanspruchs aus § 678 BGB kann des weiteren aus dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung in Betracht kommen: Vermag der Eigengeschäftsführer im Streitfall darzulegen und zu beweisen, dass er bei hypothe-

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Verlangte der ehemalige Eigentümer indessen aus angemaßter Eigengeschäftsführung (§§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 2, 667 BGB) und aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 281 i.V. m. 816 Abs. 1 Satz 1, 819, 818 Abs. 4 BGB)136 die Auskehrung eines Erlöses, der den Verkehrswert der Sache im Zeitpunkt der Veräußerung überstieg (d.h. den vom Eingreifer erzielten Gewinn umfasst), so war der ehemalige Besitzer/Veräußerer berechtigt, mit seinem Anspruch aus §§ 684 Satz 1, 687 Abs. 2 Satz 2 BGB, gerichtet auf Erstattung der durch die Veräußerung bedingten Investitionen, aufzurechnen: In diesem Fall träten die Ansprüche des Eigentümers/ Geschäftsherrn nicht nur an die Stelle der Sache (verkörpert durch ihren Verkehrswert), sondern reichten darüber hinaus: Das Gesetz behandelt den ehemaligen Eigentümer kraft der in § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB enthaltenen Verweisung auf die Vorschrift des § 684 Satz 1 BGB so, als habe er die Sache selbst gewinnbringend veräußert. Die hier vertretene These, dass der Anspruch des angemaßten Eigengeschäftsführers auf Ersatz der Investitionen, die der Vorbereitung und Durchführung der Veräußerung fremden Eigentums dienen, von der Akzeptanz des Geschäftes durch den früheren Eigentümer abhängt, nimmt der Verweisung des § 687 Abs. 2 BGB auf den bereicherungsrechtlichen Ausgleich tischer Rückgabe der Sache an den Eigentümer sein Wegnahmerecht aus § 997 BGB ausgeübt und dadurch die Sache an Wert verloren hätte, so ist der Anspruch des Eigentümers um diesen „hypothetischen Wertverlust“ zu kürzen. Praktisch wird eine solche Beweisführung nicht gelingen. 136 M. E. begründen die Vorschriften der §§ 281 i.V. m. 816 Abs. 1 Satz 1 BGB BGB keinen Anspruch auf den vom Nichtberechtigten erzielten Erlös, weil das „aus der Verfügung Erlangte“ die Befreiung des Besitzers von der gegenüber dem Dritten begründeten Verbindlichkeit ist, kraft der er die Sache zu übereignen verpflichtet war. Diese Befreiung, an deren Stelle bei strenger Betrachtung kein Surrogat zu treten vermag, ist stets mit dem Verkehrswert der in Rede stehenden Sache (bezogen auf den Zeitpunkt der Verfügung) zu veranschlagen (im Ergebnis ebenso v. Caemmerer, Festschrift für Rabel I, Seite 333, 357; weitgehend zustimmend Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, § 816 Rdnr. 25 m. w. N.; König, Gutachten und Vorschläge, Seite 1515, 1544; siehe dazu noch unten III. 2. f) cc) (c), Seite 112 ff.). Dass im Ausgangspunkt nur die Befreiung durch den Einsatz des fremden Vermögens erlangt worden ist, verkennen beispielsweise Larenz/Canaris, a. a. O., § 72 I 2, Seite 267, mit der Behauptung, der Surrogationsanspruch aus § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB erfasse stets den „vollen Gegenwert, also auch einen etwaigen Gewinn aus der Veräußerung“; ebenso Wilhelm, Rechtsverletzung und Vermögensentscheidung, Seite 35: „Das Haben des Erlöses aus der Verfügung über fremde Sachen ist ein ebenso dem Eigentum des Gläubigers widersprechendes Haben wie das ungerechtfertigte Haben der Sache selbst.“ Die Argumentation von Larenz/Canaris und Wilhelm führt zu dem ungereimten Ergebnis, dass der gutgläubige Bereicherungsschuldner in gleichem Umfang haftet wie der angemaßte Eigengeschäftsführer, der über das Recht in Kenntnis seiner Fremdheit verfügt und dementsprechend den gesamten Erlös herauszugeben hat (§§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 2, 667 BGB).

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nach § 684 Satz 1 BGB nicht etwa – wie Canaris behauptet – jeden „vernünftigen Sinn“, sondern unterscheidet zwischen dem Ersatz des bloßen Wertes anstelle des untergegangenen Eigentums und der Billigung der Veräußerung in dem Fall, dass der früher Berechtigte seine Forderung auf einen den Wert übersteigenden Erlös richtet.137 An einer Billigung der Veräußerung fehlt es also, wenn der Eigentümer/Geschäftsherr lediglich sein Interesse an der Sache verfolgt; in diesem Fall hat er dem (bösgläubigen) Besitzer/Geschäftsführer lediglich die notwendigen Verwendungen zu ersetzen.138 Hätte der Eigentümer das restaurierte Gemälde vor dessen Veräußerung wieder für sich in Anspruch genommen, § 985 BGB, so hätte der Besitzer die Rückgabe allenfalls von der Erstattung der notwendigen Verwendungen sowohl aus dem Verhältnis des Eigentümers zum Besitzer139 als auch aus ungerechtfertigter Bereicherung140 abhängig machen können, § 1000 BGB. Der aus einer späteren Veräußerung erzielte Erlös wäre allein dem Verkäufer als Eigentümer des Kunstwerkes zugeflossen: Sollte er den Verkehrswert des Gemäldes (bezogen auf Zeitpunkt der Rückgabe an den Eigentümer) übersteigen, so ist der Gewinn auf sein geschäftliches Geschick zurückzuführen. Da er keine „fremden Früchte“ erntet, ist er auch nicht zum Aufwendungsersatz nach Kondiktionsgrundsätzen verpflichtet. Den von Canaris behaupteten „Wertungswiderspruch“, den er kraft uneingeschränkter Anspruchskonkurrenz zwischen den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses (§§ 994 ff. BGB) und der Aufwendungskondiktion aufzuheben sucht, vermag ich nicht zu erkennen. bb) Auch die weiteren Erwägungen, die Canaris für die Anerkennung einer uneingeschränkten Anspruchskonkurrenz anstellt, vermögen die von ihm behaupteten „Wertungswidersprüche“ nicht zu bestätigen. Er glaubt sie in der Schlechterstellung des besitzenden gegenüber dem nichtbesitzenden Verwender zu entdecken; fehle es an dem Merkmal des Besitzes, sei § 996 BGB „tatbestandlich von vornherein nicht einschlägig“.141 Die Bevorzugung des nichtbesitzenden Verwenders, so die Meinung von Canaris, lasse sich nicht dadurch ausräumen, dass man die Beschränkung des § 996 BGB im Wege 137 Wer also die Veräußerung billigt, stellt sich wirtschaftlich an die Stelle des Veräußerers mit der Folge, dass die zum Zwecke der Veräußerung getätigten Aufwendungen als von ihm vorgenommen angesehen werden. Folgerichtig muss er diese, freilich nur bis zur Höhe seiner eigenen Bereicherung (§§ 684 Satz 1, 818 Abs. 3 BGB), auf sich nehmen. 138 §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall, 818 Abs. 4, 819 i.V. m. 292 Abs. 2, 994 Abs. 2 BGB. 139 § 994 Abs. 2 i.V. m. § 683 Satz 1 oder § 684 Satz 1 BGB. 140 §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall, 818 Abs. 4, 819 i.V. m. 292 Abs. 2, 994 Abs. 2 BGB. 141 A. a. O., Seite 347.

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einer Analogie der Vorschrift oder eines „argumentum a fortiori“ auf den nichtbesitzenden Verwender erstrecke. Dadurch gerate man in einen „untragbaren Wertungswiderspruch“ bei Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB: Wenn derjenige, der wissentlich ein fremdes Bild restauriert habe, die durch ihn herbeigeführte Werterhöhung nach § 812 BGB liquidieren könne, so müsse das „grundsätzlich und erst recht“ demjenigen möglich sein, der aufgrund eines grob fahrlässigen Irrtums ein nicht in seinem Besitz befindliches Grundstück enttrümmere, das der Eigentümer anschließend bebaue.142 Dieses Beispiel entlehnt Canaris bei Änderung der Besitzverhältnisse einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1963.143 Das Gericht hatte u. a. über den Aufwendungsersatzanspruch einer Bauunternehmerin zu entscheiden, die ein Grundstück gegen den ausdrücklich erklärten Willen des Eigentümers enttrümmert und danach als Abstellplatz für Baubuden und Baustoffe verwendet hatte. Der Eigentümer begehrte im Wege der Klage die Zahlung eines Entgelts für die Nutzung seines Grundstücks als Lagerplatz; die Bauunternehmerin wandte sich dagegen mit der Begründung, sie habe für das Abfahren des Trümmerschutts mehr aufgewendet als der Lagerplatz für sie wert gewesen sei. Zudem habe das Grundstück durch die Enttrümmerung eine Wertsteigerung erfahren. Der Bundesgerichtshof gab der Klage des Eigentümers auf das Nutzungsentgelt statt144 und 142 Der in Rede stehende Irrtum bezieht sich auf die Berechtigung, ein fremdes Grundstück zu enttrümmern. 143 BGHZ 39, Seite 186 = JZ 1963, Seite 597. 144 Die Anerkennung des Anspruchs auf Ersatz der Nutzungen aus § 987 Abs. 1 BGB unterliegt Zweifeln, weil die Enttrümmerung durch den Besitzer den Gebrauch des Grundstücks als Lagerplatz erst ermöglicht hatte („verwendungsbedingte Nutzung“): Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 1992, Seite 892; BGHZ 109, Seite 179, 191 – jeweils m. w. N.) sind bei der Bemessung der Gebrauchsvorteile eines Grundstücks Maßnahmen des Schuldners, welche die Nutzung erst ermöglicht haben, nicht zu berücksichtigen (ebenso – bezogen auf den Fall des enttrümmerten Grundstücks – Köbl, a. a. O., Seite 274: „Der Eigentümer kann selbst für die eigenmächtige Benutzung seines Grundstücks als Lagerplatz insoweit keinen Ersatz verlangen, als die Benutzung ohne die Enttrümmerung nicht möglich gewesen wäre.“). Bejaht man davon abweichend in dem angeführten Sachverhalt einen Anspruch des Grundstückseigentümers auf Auskehr der Nutzungen aus § 987 Abs. 1 BGB (oder – verneint man mit Canaris in der Abwandlung des Falles den Besitz des Nachbarn an dem „Lagerplatz“ – aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2 BGB), so ist zu erwägen, ob der Eigentümer im Gegenzug die Kosten der Enttrümmerung in entsprechender (weil auf den Gebrauchsvorteil und nicht auf Früchte bezogenen) Anwendung des § 102 BGB hätte übernehmen müssen (so Staudinger/ Gursky, Neubearbeitung 1999, § 987 Rdnr. 22 und in der 13. Bearbeitung § 951 Rdnr. 35 sowie – freilich sehr oberflächlich – Feiler, Seite 15 Fußnote 61). Die entsprechende Anwendung des § 102 BGB liefe indessen der (verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden) Wertung des Gesetzgebers zuwider, dass der bösgläubige Besitzer für die gegen den Willen des Eigentümers kraft einer nicht notwendigen Verwendung herbeigeführte Werterhöhung des Grundstücks (und damit auch für die Erhöhung des Ertragswertes der Immobilie) keinen Ausgleich verlangen kann; genau dies würde aber durch den Ersatz der „Gewinnungskosten“ geschehen. Die Anwendung des § 102 BGB kommt mithin nur bezogen auf Früchte in Betracht, deren

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verneinte den Anspruch der Bauunternehmerin auf Ersatz ihrer Vermögensopfer: Sie sei als bösgläubige Besitzerin tätig geworden; somit könne sie andere als notwendige Verwendungen nicht ersetzt verlangen. Da der Eigentümer nicht „das aus einer angemaßten Eigengeschäftsführung Erlangte“ für sich beanspruche, scheide eine Erstattung aus §§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB gleichfalls aus. Schließlich komme auch kein Anspruch aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung in Betracht. Dazu heißt es in dem Urteil145: „Wie . . . ausgeführt, ist es der Beklagten (d.h. der Bauunternehmerin) bei der gegebenen Sachlage durch die § 996 und § 687 II BGB ausdrücklich verwehrt, vom Kläger Erstattung der von ihr aufgewandten Enttrümmerungskosten zu fordern. Dann kann sie dieses vom Gesetz mißbilligte Ziel auch nicht auf dem Wege über § 812 BGB erreichen. Das würde auf eine Umgehung des Gesetzeszwecks hinauslaufen. Danach braucht sich der Eigentümer von einem bösgläubigen Besitzer, der Geschäftsherr vom bösgläubigen unechten Geschäftsführer gegen seinen Willen keine Leistungen aufdrängen zu lassen. Solchergestalt gemachte Aufwendungen sind nicht zu erstatten; vielmehr kann der Eigentümer die ihm daraus zugeflossenen Vorteile ersatzlos behalten. . . . Der Rechtsgrund für seine Bereicherung liegt in den §§ 996 und 687 II BGB.“

(a) Die Ausführungen von Canaris, der sich für einen uneingeschränkten Ausgleich zugunsten des „Nichtbesitzers“ ausspricht, lassen zunächst eine exakte Bestimmung des auszugleichenden „Vorteils“ vermissen: Richtet man sein Augenmerk auf das Ergebnis der Einwirkung auf die Sachsubstanz, ausgedrückt in der Steigerung des Verkehrswertes des Grundstücks, so ist ein Ausgleichsanspruch des Enttrümmerers aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 687 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB) zu verneinen, weil eine Billigung dieses Vorteils durch den Eigentümer, vergleichbar dem Verlangen des Geschäftsherrn „auf Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten“, schwerlich vorzustellen ist, kann er doch nicht die Wiederherstellung des Zustandes vor der Enttrümmerung verlangen! Besteht diese Möglichkeit nicht, so lässt sich mangels einer Alternative der geschaffene Zustand und die damit verbundene Wertsteigerung der Immobilie auch kaum akzeptieren. Deren Bebauung stellt sich lediglich als Verwirklichung der abstrakten Nutzungsmöglichkeiten dar, die dem Eigentümer als Geschäftsherrn ersatzlos zugefallen sind.146 Theoretisch mag man sich die Akzeptanz der Enttrümmerung durch den Grundstückseigentümer in der Weise vorzustellen, dass er erklärt, er hätte die Trümmer – wären sie noch vorhanden – um des geräumten Zustandes der Immobilie willen nicht vom Enttrümmerer herausverlangt (§ 985 BGB). Gewinnungskosten aus dem Rahmen der ersatzfähigen Verwendung herausfallen. Siehe dazu noch unten V. 2. c) bb) (b) (4), Seite 516 ff. 145 A. a. O., Seite 189. 146 Treffend Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003 Rdnr. 52.

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Im übrigen ist die Akzeptanz eines nicht mehr beseitigungsfähigen Vorteils (beispielsweise der Lackierung eines Fahrzeugs) allenfalls in der Weise möglich, dass der Eigentümer/Geschäftsherr ausdrücklich erklärt, er hätte – die Beseitigungsfähigkeit unterstellt – auf die Herstellung der ursprünglichen Eigentümerbefugnisse im eigenen Interesse verzichtet; eine praktisch wohl so gut wie ausgeschlossene Gestaltung.147 Ebenso verhält es sich, wenn die Beseitigungspflicht aus Gründen der Unzumutbarkeit etc. zu verneinen ist.

(b) Wurde der Nachbar als Nichtbesitzer tätig, so ist er ungeachtet der grob fahrlässigen Verkennung seiner Berechtigung148 und der mangelnden Akzeptanz seitens des Eigentümers berechtigt, den Ausgleich der aufgedrängten Wertsteigerung kraft ungerechtfertigter Bereicherung zu verlangen (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB).149 Blieb ihm andererseits als Besitzer sein Recht zur Sachherrschaft infolge grober Fahrlässigkeit verborgen, ist ihm ein geldlicher Ausgleich für die Wersteigerung als Folge einer aufgedrängten, d.h. nicht akzeptierten, Geschäftsbesorgung von vornherein versagt (argumentum e contrario aus § 996 BGB). Diese von Canaris hervorgehobene Ungleichbehandlung des nicht besitzenden Verwenders einerseits und des unrechtmäßig besitzenden Verwenders andererseits erklärt sich indessen – was Canaris unerwähnt lässt150 – bei grob fahrlässiger Unkenntnis der fehlenden Berechtigung aus den verschiedenen Maßstäben, nach denen das bürgerliche Recht die „Bösgläubigkeit“ des unrechtmäßigen Besitzers und des angemaßten Eigengeschäftsführers einerseits und die des Kondiktionsschuldners andererseits bemisst: Der Kondiktionsschuldner ist „bösgläubig“, wenn er den Mangel seiner Berechtigung kennt, § 819 BGB, der Besitzer ist bereits „bösgläubig“, wenn ihm das Fehlen seiner Berechtigung infolge grober Fahrlässigkeit verborgen geblieben ist, § 932 Abs. 2 BGB analog.151 Bei einem systematischen Geset147 Die schlüssige Akzeptanz des nicht beseitigungsfähigen „Vorteils“ ist ausgeschlossen: Es gibt keine konkludente Erklärung auf fiktiver Tatsachengrundlage. 148 Als Beispiel für einen „gutgläubigen“ Nichtbesitzer nenne ich den Unternehmer, der eine dem Grundstückseigentümer B geschuldete Leistung versehentlich an den Grundstückseigentümer A bewirkt (sog. abgeirrte Werkleistung; siehe dazu noch unten III. 2. d) aa), Seite 96 und V. 2. d) cc) (c), Seite 584). 149 Man beachte, dass Canaris die von ihm zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (siehe Fußnote 143) im Sinne einer lediglich groben Fahrlässigkeit der Bauunternehmerin abwandelt (a. a. O., Seite 347 Fußnote 23). 150 Ihm folgend Verse, a. a. O., Seite 57 f. 151 Über die entsprechende Anwendung des § 932 Abs. 2 BGB im Hinblick auf das Merkmal der „Bösgläubigkeit“ besteht Einigkeit (vgl. etwa MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 990 Rdnr. 1 und 3). Dies hat zur Folge, dass die Haftungsvoraussetzungen des § 819 BGB und des § 990 BGB sachwidrig voneinander abweichen; siehe dazu sogleich in diesem Abschnitt unter (1). Die Bösgläubigkeit des Besitzers ist zu verneinen, wenn er einem entschuldbaren Rechtsirrtum erlegen ist (Palandt/Bassenge, 62. Auflage, § 990 Rdnr. 5 m. w. N.), was im Falle der groben Fahrlässigkeit nicht anzunehmen sein wird.

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zesverständnis ist es geboten, einen einheitlichen Maßstab der Bösgläubigkeit im Bereicherungsrecht und im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, mithin die Vorschrift des § 819 BGB, zugrundezulegen.152 Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf die Regelung des § 687 Abs. 2 BGB, die den Ausgleichsanspruch des angemaßten, d.h. in Kenntnis der Fremdheit des Geschäfts und seiner fehlenden Berechtigung handelnden, Geschäftsführers zum Gegenstand hat und dessen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf „Herausgabe des vom Geschäftsherrn Erlangten“ von der Akzeptanz des „Geschäftsführungserfolges“ durch den Geschäftsherrn abhängig macht (§ 687 Abs. 2 Satz 2 BGB). Legt man im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis den Maßstab des § 819 BGB zugrunde, vermag der im Hinblick auf seine fehlende Berechtigung grob fahrlässig handelnde Besitzer die nützlichen Verwendungen im Umfang der Wertsteigerung abzuschöpfen. (1) Die heute unreflektiert hingenommene Verschiedenheit der „Bösgläubigkeit“ im Kondiktions- und Geschäftsführungsrecht einerseits und im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis andererseits ist zufällig, weil sie auf einer intuitiven Ausrichtung des Sachenrechts auf die Legaldefinition des § 932 Abs. 2 BGB beruht.153 Die gegenteilige Auffassung vertrat freilich die Mehrheit der Mitglieder der zweiten Komission, welche die Entscheidung des ersten Entwurfs und die Stimmen einer Minderheit der Kommission zurückwies, die allein die 152 Die Zufälligkeit der verschiedenen Regelungen erkennt Emmerich, Das Verhältnis der Nebenfolgen, Seite 58 f. und Seite 108. Nach seiner Ansicht verdrängen – bezogen auf die Schadensersatzpflicht des Herausgabeschuldners – die Regelungen der Leistungskondiktion die Vorschriften über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, weil es andernfalls „vom Zufall des Eigentumsüberganges“ abhinge, „ob der Erwerber nur für Vorsatz (§ 819 Abs. 1 mit Verweisungen) oder auch für grobe Fahrlässigkeit (§ 990 Abs. 1 S. 1 in Verb. mit § 989) einstehen“ müsse (Seite 58). Leider unternimmt Emmerich nicht den Versuch, einen einheitlichen Maßstab der Bösgläubigkeit zu entwickeln, sondern interpretiert dieses Merkmal im Rahmen des § 990 BGB wie selbstverständlich im Sinne des § 932 BGB. Den zutreffend erkannten Wertungswiderspruch will Emmerich vielmehr durch die ausschließliche Anwendung des Bereicherungsrechts bei der Abwicklung fehlgeschlagener Austauschverhältnisse auflösen, selbst wenn diese die Nichtigkeit des Erfüllungsgeschäfts zur Folge haben (a. a. O.). 153 Andeutungsweise MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 994 Rdnr. 3: Bei der Beschränkung des § 996 BGB auf den gutgläubigen, unverklagten Besitzer „scheint übersehen worden zu sein, daß dies (d.h. die Erwägung, dass ein Anspruch des bösgläubigen Besitzers wegen des Schutzes des Eigentümers vor wissentlicher Aufdrängung) auf den beim Besitzerwerb bloß grobfahrlässigen Besitzer nicht paßt.“ Typisch dagegen Reuter/Martinek, a. a. O., § 20 I 2, Seite 673: „Die Bösgläubigkeit ist bei der Vindikation weiter definiert als bei der Kondiktion. Während bei der Kondiktion erst Kenntnis der Rechtsgrundlosigkeit des Erwerbs bösgläubig macht, genügt bei der Vindikation u. U. schon grob fahrlässige Unkenntnis der Unrechtmäßigkeit des Besitzes.“ Ebenso Köbl, a. a. O., Seite 231 f.

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Kenntnis des Besitzers von seiner mangelnden Berechtigung für maßgeblich erachteten. Der Minderheit der Kommission war die Diskrepanz zwischen dem Kondiktionsrecht und der Haftung des unrechtmäßigen Besitzers aufgefallen. Sie hatte aus diesem Grunde die „Analogie der Bereicherungsansprüche“, d.h. die Übertragung des Maßstabs des § 819 BGB in die Bestimmung des § 990 Abs. 1 Satz 1 BGB, befürwortet.154 Die Mehrheit hielt dem entgegen, es „bestehe zwischen dem dort (d.h. im Bereicherungsrecht) und dem hier fraglichen Thatbestande der wesentliche Unterschied, daß es sich bei jenem regelmäßig um einen mit dem Willen des Kondizenten erfolgten Erwerb handele . . . Die (von der Mehrheit) vorgeschlagene Regelung vermeide (überdies) die oft schwierige Unterscheidung zwischen Kenntniß und grob fahrlässiger Unkenntniß“.155 Der hier berufene „wesentliche Unterschied“ ist nicht zu erkennen, weil das Kondiktionsrecht – neben dem Erwerb kraft einer Leistung – auch einen solchen kraft Eingriffs regelt.156 Wie an dem Beispiel des Erwerbs einer gestohlenen Sache gezeigt, konkurrieren nicht selten Herausgabeansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung und aus dem Eigentum.157 (2) Die begriffliche Unterscheidung zwischen der Kenntnis und der grobfahrlässigen Unkenntnis einer fehlenden Berechtigung haben die heutige Praxis und das Schrifttum in unbewusster Übernahme einer gemeinrechtlichen158 und preußischen159 Auffassung dadurch eingeebnet, dass sie das Merkmal der „Kenntnis“ bereits dann bejahen, wenn der Schuldner nach 154 Die römischen Juristen behandeln nur den Fall des malae fidei possessor, der wie der Dieb oder der Räuber eine Sache in Kenntnis des fremden Rechts („sciens“) behalten will (so Kaser, a. a. O., § 94 III 2a; Verse, a. a. O., Seite 14 sub II m. w. N.). 155 Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite 673 sub II 1 (Protokolle). 156 Der Dieb veräußert eine dem Eigentümer gestohlene Sache an K, welcher von dem Diebstahl nichts weiss und hinsichtlich der Eigentümerstellung des Diebes gutgläubig ist: K, der in das Eigentum des Bestohlenen „eingreift“, hat die Sache an den Eigentümer aus beiden Gesichtspunkten, dem des Eigentums und des Besitzes (§§ 985, 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB), herauszugeben (vgl. § 935 Abs. 1 BGB). 157 Zur Anspruchskonkurrenz zwischen dinglichem und kondiktionsrechtlichem Herausgabeanspruch siehe Emmerich, Das Verhältnis der Nebenfolgen, Seite 42 bis 44. 158 Windscheid, a. a. O., § 101b, Seite 294 ff.: „Gewisse Arten der Nachlässigkeit werden, wenn auch nicht durchweg, rechtlich behandelt wie die Arglist. Es sind dieß a. die Nachlässigkeit, welche über alle Grenzen geht . . . Wer eine Nachlässigkeit . . . (ich ergänze: dieser) Art zugestehen muß, erweckt den Verdacht, daß er nicht bloß nachlässig gewesen sei, und jedenfalls ist der Mangel an Geistesanspannung, dessen er sich schuldig gemacht hat, so gemeingefährlich, . . . daß er sich nicht darüber beklagen darf, wenn er den rechtlichen Folgen der

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einem objektiven Maßstab nicht auf seine Berechtigung vertrauen durfte, sich vielmehr mit „unvernünftigen“ Behauptungen der Erkenntnis der Rechtslage verschloss.160 Bezogen auf die Bestimmung des § 819 BGB heißt es bei Dieter Reuter und Michael Martinek161: „Wenn der Gesetzgeber die verschärfte Haftung dort (d.h. in § 818 Abs. 4 BGB) deshalb bereits mit der Rechtshängigkeit verknüpft, weil der Schuldner von diesem Zeitpunkt an mit der Herausgabepflicht rechnen muß, dann liegt es zumindest nahe, sich bei § 819 I BGB ebenfalls mit einem durch Kenntnis der Tatsachen qualifizierten Kennenmüssen der Herausgabepflicht zu begnügen.“ Folgt man dieser Ansicht, verwischt sich die Grenze zwischen der Kenntnis und der bewussten groben Fahrlässigkeit. Ein fahrlässiges Handeln des Besitzers wird man nur annehmen dürfen, wenn er sich in entschuldbarer Weise über die Berechtigung irrte, mithin auf sein Recht zum Besitz vertrauen durfte. Dies wird bei grob fahrlässigem Verhalten kaum je der Fall sein.

Mit der einleuchtenden Weiterbildung, durch welche die bewusste grobfahrlässige Unkenntnis der Kenntnis gleichgestellt wird, gelangt man zu übereinstimmenden Ergebnissen unabhängig davon, ob man das Merkmal der „Bösgläubigkeit“ auf die Kenntnis der mangelnden Berechtigung beschränkt (§ 819 BGB analog) oder es auf die bewusste grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 932 BGB162 erstreckt.163 Arglist unterworfen wird.“ Ebenso Dernburg, a. a. O., § 36, 2: „Grobe Nachlässigkeit steht dem dolus gleich.“ 159 Bezogen auf das Schadensersatzrecht: Pr.ALR Erster Theil, 3. Titel, § 19: „Die Folgen eines groben Versehens werden, in so fern es auf den Schadenersatz ankommt, eben so zugerechnet, wie die Folgen des Vorsatzes.“ Darüber hinausgehend Förster/Eccius, a. a. O., § 27, Seite 148: „Das grobe Versehen erzeugt dieselbe Vertretungspflicht wie der Vorsatz.“ 160 In diesem Sinne – bezogen auf § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB – der sog. „Schwimmdock-Fall“ (BGHZ 32, Seite 76, 92), wo es heißt: „Die Kenntnis (im Sinne des § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB) muß als erlangt gelten, wenn der Besitzer über den Mangel seines Rechts in einer Weise aufgeklärt worden ist, daß ein redlich Denkender, der vom Gedanken an den eigenen Vorteil nicht beeinflußt ist, sich der Überzeugung seiner Nichtberechtigung nicht verschließen würde (BGHZ 26, 256). Eine nach dem natürlichen Denken vernünftigerweise gegebene Kenntnis von dem Mangel der Besitzberechtigung kann nicht durch Heranziehung juristischer Konstruktionen beseitigt werden.“ Siehe auch BGH NJW 1996, Seite 2030, 2031 sub III (Kenntnis vom fehlenden Rechtsgrund ab Bekanntgabe des Rückübertragungsbescheids) und LG Köln WuM 1997, Seite 46. 161 A. a. O., § 18 II 2a, Seite 643 (Hervorhebung durch Verf.). 162 Aufschlussreich die Bemerkung in einer frühen Entscheidung des Reichsgerichts (Amtliche Sammlung Band 6, Seite 17, 22), auf die in den Motiven (Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite 192 sub 2) Bezug genommen wird: Eine culpa lata, die dem dolus gleichgestellt ist, sei anzunehmen, wenn sich jemand „der Erwägung der ihm bekannten Umstände, nach welcher sich ihm die Überzeugung von der Rechtswidrigkeit seiner Handlungen hätte aufdrängen müssen, schuldhaft entzogen hat.“ Mit dieser Formulierung ist die bewusste grobe Fahrlässigkeit ihrem Begriff nach festgelegt.

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cc) Lässt man die verschiedenen Maßstäbe der Bösgläubigkeit außer Betracht, so ist entgegen der Ansicht von Canaris, der den Nichtbesitzer für sachwidrig „privilegiert“ hält und damit Wertungswidersprüche geltend macht, eine Bevorzugung gerade des Besitzers im Verhältnis zum „Nichtbesitzer“ gesetzlich festgelegt: Der gutgläubige Besitzer kann im Gegensatz zum „Nichtbesitzer“ den Ausgleich der notwendigen und der nicht notwendigen Investitionen beanspruchen, letztere sofern sie den Sachwert erhöhen (§§ 994 Abs. 1, 996 BGB).164 Der bösgläubige Besitzer kann den Ausgleich notwendiger Verwendungen in Höhe der Wertsteigerung der Sache selbst dann verlangen, wenn sie nicht dem Willen oder Interesse des Eigentümers entsprachen (§§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB).165 Das Abwehrrecht des Eigentümers aus dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung seines Rechts (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) scheidet insoweit aus, weil andernfalls die Ausgleichsansprüche aus den Vorschriften der §§ 994, 996 BGB „ausgehebelt“ würden. Diese begründen mithin mittelbar die Verpflichtung des Eigentümers, auch eine seinem Interesse und Willen zuwiderlaufende Einwirkung des ausgleichsberechtigten Besitzers auf seine Sache zu dulden (§ 1004 Abs. 2 BGB).166 Wäre der Besitzer gegenüber dem Eigentümer zur Beseitigung des Verwendungserfolgs aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verpflichtet, so käme den Vorschriften der §§ 994, 996 BGB kein eigenständiger Regelungsgehalt mehr zu; sie beinhalteten – sieht man einmal von der Norm des § 994 Abs. 1 BGB ab, die eine Bereicherung des Eigentümers unwiderlegbar vermutet167 – schlichte Anwendungsfälle der sog. Verwendungskondiktion, §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB.

In seiner Beziehung zum Nichtbesitzer ist der Eigentümer einer solchen Duldungspflicht nicht unterworfen; er kann sein Abwehrrecht aus § 1004 163

Im Ergebnis ebenso Greiner, a. a. O., Seite 367 bis 370 sub b. Ausweichend MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 996 Rdnr. 12, nach dessen Ansicht der Eigentümer dem Anspruch des Besitzers aus § 996 BGB das Recht auf Beseitigung des Verwendungserfolgs aus § 1004 Abs. 1 BGB entgegenzusetzen vermag. Die Grenzen des Beseitigungsanspruchs ergäben sich aus den Vorschriften der „§§ 989 ff. BGB“, weswegen der nicht schadensersatzpflichtige Besitzer keine Beseitigung schulde (a. a. O., § 1004 Rdnr. 64). Die sich geradezu aufdrängende Frage, ob auch der ersatzberechtigte Besitzer beseitigungspflichtig ist, behandelt Medicus nicht. Genauso widersinnig wie die Beseitigung durch einen nicht schadensersatzpflichtigen Besitzer wäre die Beseitigung durch einen Besitzer, der den Ersatz seiner Verwendungen begehren kann. Siehe dazu noch unten III. 6. b), Seite 193 f. 165 Dass sich die Verweisung des § 994 Abs. 2 BGB auch auf die Vorschrift des § 684 BGB bezieht, lege ich unten V. 2. c) aa) (a) (3), Seite 477 und V. 2. c) aa) (a) (2), Seite 476 dar. 166 Siehe dazu bereits oben II. 2. b) cc), Seite 38 und unten III. 6. b), Seite 193. 167 Siehe dazu eingehend unten V. 2. c) bb), Seite 487 ff., insbesondere V. 2. c) bb) (a) (1), Seite 489. 164

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II. Eine Untersuchung über den Schutz vor „aufgedrängter Bereicherung‘‘

Abs. 1 Satz 1 BGB diesem gegenüber uneingeschränkt ausüben. Eine Ausnahme gilt lediglich für den Fall, dass der Nichtbesitzer für den Eigentümer tätig werden wollte und (!) dessen entgegenstehenden Willen und Interesse weder anhand äußerer Umstände zu erkennen noch durch Nachfrage zu ermitteln vermochte: Der Nichtbesitzer kann hier als Geschäftsführer ohne Auftrag den Ausgleich der Wertsteigerung verlangen, § 684 Satz 1 BGB.168 e) Der Sachverlust als „Opfergrenze“ des unfreiwillig Bereicherten? Für die Versagung eines „Aufdrängungsschutzes“ zugunsten des gutgläubigen Besitzers und zu Lasten des Eigentümers spreche, so beschließt Canaris seine Ausführungen, dass der Eigentümer „nicht einmal vor einer Vernichtung seiner Sache geschützt“ sei und dass „im Vergleich dazu der Zwang zu deren Veräußerung, um Liquidität für die Bezahlung unerwünschter Verwendungen zu erlangen, das weitaus kleinere Übel“ darstelle.169 Außerdem bilde der Verlust der Sache nach den §§ 1000, 1001 Satz 2 BGB für den Eigentümer die „Opfergrenze“ – nicht nur zu seinen Gunsten, sondern auch zu seinen Lasten. Demzufolge sei an der herkömmlichen Ansicht, wonach es im Rahmen von § 996 BGB keinen Aufdrängungsschutz gebe, uneingeschränkt festzuhalten. Die zuletzt getroffene Aussage verdient Zustimmung.170 Die zitierte Vorschrift des § 996 BGB schließt den Ausgleich aufgedrängter nützlicher Verwendungen zu Lasten des bösgläubigen Besitzers aus. Sie klärt freilich weder das Verhältnis zu demjenigen, der rechtsgrundlos das Eigentum an einer Sache erlangt und diese verbessert hat, noch das zum Nichtbesitzer. Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu fragen, ob nicht die Vorschriften der §§ 994, 996 BGB auch außerhalb des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses einen angemessenen Interessenausgleich zwischen dem Kondiktionsgläubiger und -schuldner gegen „aufgedrängte Bereicherungen“ treffen.171

168

Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. b) gg), Seite 427 ff. A. a. O., Seite 349. 170 Die „Subjektivierung“ des Wertbegriffs behandele ich (ablehnend) unten III. 2. j), Seite 151 ff. und – bezogen auf die Pflicht des Eigentümers, dem gutgläubigen Besitzer nützliche Verwendungen zu ersetzen (§ 996 BGB) – unten V. 2. c) bb) (b) (3), Seite 508 ff. 171 Zur Anwendbarkeit des § 1003 BGB für den Fall, dass der Sachschuldner nach § 818 Abs. 3 BGB den Ersatz von Vermögensopfern verlangt, die er im Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit seines Erwerbs getätigt hat, siehe bereits oben II. 2. c) aa) (b), Seite 42. 169

2. Die mangelnde Überzeugungskraft der herkömmlichen Lösung

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f) Zusammenfassende Kritik an dem von Canaris behaupteten Verhältnis der §§ 994 ff. BGB zur Aufwendungskondiktion aa) Das Recht eines bösgläubigen Besitzers auf Ausgleich eines aufgedrängten Zuwachses scheitert entgegen der Auffassung von Canaris nicht an einer „dilatorischen Kondiktionssperre“ bis zur Verwirklichung dieses Zuwachses; vielmehr entsteht ein Bereicherungsanspruch erst in dem Zeitpunkt, in dem der Berechtigte die Wertsteigerung als Vorteil akzeptiert (§ 687 Abs. 2 Satz 2 BGB in direkter oder entsprechender Anwendung).172 bb) Das Plädoyer von Canaris für Ausgleichsansprüche auch des bösgläubigen Besitzers geht über die Dispositionsfreiheit des Eigentümers hinweg, die durch Ansprüche des Besitzers auf Ersatz von Verwendungen eingeschränkt wird.173 cc) Von dem Ausgleich einer dem Eigentümer nicht genehmen „Verbesserung“ seiner Sache, ausgedrückt in der Erhöhung des Verkehrswertes, ist die Erstattung zu unterscheiden, die er für einen akzeptierten Vorteil zu leisten hat: Dieser ist ihm nicht „aufgedrängt“ worden.174 dd) Der Hinweis von Canaris auf die mit der Verwirklichung des Vermögenszuwachses verbundene „Abschöpfungsfunktion“ des Bereicherungsrechts ist zu wenig differenziert, weil er unberücksichtigt lässt, ob eine objektiv feststellbare Vermögensmehrung dem Berechtigten aufgedrängt wurde. Die Abschöpfungsfunktion allein entscheidet mithin nicht über die Anerkennung eines Ausgleichsanspruchs.175 ee) Bei der Lösung des Konflikts zwischen den Positionen des Bereicherungsgläubigers und eines Kondiktionsschuldners, der im Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit seines Erwerbs Investitionen getätigt hat, zieht Canaris nicht das Befriedigungsrecht des Verpflichteten in Erwägung, das sich aus entsprechender Anwendung des § 1003 BGB gewinnen lässt: Der Bereicherungsschuldner darf sich wegen seiner Vermögensopfer aus dem Versteigerungserlös der Sache befriedigen, er hat aber keinen Zugriff auf das nicht mit diesem Recht belastete Vermögen. Die der Übertragung des § 1003 BGB in das Bereicherungsrecht zugrundeliegende Vergleichbarkeit der Ansprüche eines gutgläubigen Besitzers mit dem Entreicherungseinwand des Bereicherungsschuldners ergibt sich aus dem Blickwinkel des Berechtigten, der seine Sache kraft eines dinglichen oder persönlichen Anspruchs zurückverlangt: Er soll nicht durch Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts zu 172 173 174 175

Siehe Siehe Siehe Siehe

oben oben oben oben

II. II. II. II.

2. 2. 2. 2.

b) bb), Seite 37. b) bb), Seite 37. b) cc), Seite 38. c) aa) (a), Seite 40.

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II. Eine Untersuchung über den Schutz vor „aufgedrängter Bereicherung‘‘

Opfern angehalten werden, die über den „Verzicht auf die Sache“ hinausreichen, indem sie ihm eine den ursprünglichen Wert der Sache übersteigende Leistung aufbürden.176 ff) Die uneingeschränkte Anerkennung eines Rückgriffsanspruchs des Bereicherungsschuldners durch Canaris öffnet der bewussten Einmischung in fremde Angelegenheiten „Tür und Tor“. Sie wird der Vorschrift des § 681 BGB nicht gerecht, die dem Geschäftsführer auferlegt, die Entschließung des Geschäftsherrn abzuwarten, sofern nicht dem Berechtigten Gefahr droht. Die mögliche Qualifizierung des § 681 BGB als Vorschrift, deren Verletzung den Anspruch des Geschäftsführers aus § 684 Satz 1 BGB ausschließt, gewährleistete den effektiven Schutz des Selbstbestimmungsrechts des Geschäftsherrn und im übertragenen Sinne desjenigen, dem ein Zuwachs aufgedrängt wurde.177 gg) Die von Canaris „unter gewissen Voraussetzungen“ für richtig befundene „Pflicht bzw. Obliegenheit“, eine ihm durch Handlungen des Besitzers bzw. Bereicherungsschuldners zugefallene Vermögensmehrung zu realisieren, kann bereits aus prozessrechtlicher Sicht nicht überzeugen: Der Verwender kann den „Bereicherten“ nicht im Klagewege dazu anhalten, eine verbesserte Sache zu veräußern oder zu vermieten; die Vollstreckung eines solchen Anspruchs scheiterte an der Unbestimmtheit der Urteilsformel. Auch das materielle Recht kennt keine Verpflichtung, gegen das eigene Interesse mit dem Ziel zu handeln, eine Verbindlichkeit „gegen sich selbst“ zu begründen.178 hh) Die ungleiche Behandlung des nicht besitzenden Verwenders im Vergleich zum bösgläubigen Besitzer erklärt sich nicht aus einem von Canaris behaupteten „Wertungswiderspruch“, sondern aus der Sachnähe des Besitzers und den verschiedenen Maßstäben der Unredlichkeit im Verhältnis des Eigentümers zum Besitzer einerseits, des Bereicherungsgläubigers zum Bereicherungsschuldner andererseits. Bei einem systematischen Gesetzesverständnis ist es geboten, beiden Gebieten einen einheitlichen Maßstab der „Bösgläubigkeit“ zugrundezulegen: „Bösgläubig“ ist der Besitzer bzw. Bereicherungsschuldner, der den Mangel seiner Berechtigung kennt (§ 819 BGB).179

176 177 178 179

Siehe Siehe Siehe Siehe

oben oben oben oben

II. II. II. II.

2. 2. 2. 2.

c) aa) (b), Seite 42. c) bb), Seite 44. c) cc), Seite 46. d), Seite 47, und II. 2. d) cc), Seite 61.

3. Die aufgedrängte Bereicherung und der Schadensersatz

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3. Die aufgedrängte Bereicherung aus dem Blickwinkel des Schadensersatzes Die erneute Auseinandersetzung mit dem Thema der aufgedrängten Bereicherung ist auch aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes angezeigt: Fiel das Augenmerk bisher auf den Ausgleich einer Bereicherung im Zusammenhang mit den vom Sachschuldner getätigten Verwendungen, so ist nunmehr die Ausgleichspflicht eines anderen unfreiwillig „Bereicherten“, nämlich des Gläubigers eines Schadensersatzanspruchs, und der Anrechnung der von ihm im Zusammenhang damit erlangten „Vorteile“ zu erörtern. Derjenige, der Aufwendungen auf eine ihm geleistete Sache tätigt, von der er irrtümlich meint, sie sei dauerhaft seinem Vermögen zugeordnet, kann möglicherweise den Ersatz seiner Investitionen aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschadens verlangen, wenn die Voraussetzungen der §§ 122, 311 Abs. 2 BGB oder der Haftung aus einem Verschulden beim Vertragsabschluss erfüllt sind.180 Hier ist nicht dem Verwendungen tätigenden Besitzer, sondern im Gegenteil demjenigen, der die Sache (genauer: den Besitz oder das Eigentum an ihr) zurückverlangen kann, das Risiko aufgebürdet, für Verwendungen Ersatz leisten zu müssen. Deren Abzugsfähigkeit ist mithin zu bejahen, wenn der „Verwender“ den Ersatz seines Vertrauensschadens zu beanspruchen vermag. Als Beispiel bilde ich den Fall, dass A ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück an B verkauft und übereignet. Der Vertragsschluss beruht auf einer arglistigen Täuschung des Käufers B. Als A dies bemerkt, ficht er auf den Rat seines Anwalts allein das schuldrechtliche Geschäft an (etwa aus der Erwägung, bis zur Rückerstattung nicht mit dem Risiko des Eigentums belastet zu sein) und verlangt von B Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens beim Vertragsabschluss. B verweigert die Rückübereignung des Grundstücks (§ 249 Abs. 1 BGB) mit dem – zutreffenden – Hinweis, dass er inzwischen wertsteigernde Umbaumaßnahmen (etwa den Einbau eines Fahrstuhls) an dem Wohnhaus vorgenommen habe, deren Wert im Wege der „Vorteilsausgleichung“ zu berücksichtigen sei. A ist gegenteiliger Auffassung, weil er die (den Wert des Grundstücks objektiv steigernden) Maßnahmen nicht durchgeführt hätte. Oder: Bei gleichem Sachverhalt reißt B mit behördlicher Genehmigung das Wohnhaus ab, wodurch der Verkehrswert des Grundstücks steigt, weil dort nunmehr ein gewerblich genutztes Gebäude errichtet werden kann. Im Rahmen seiner Schadensersatzpflicht verlangt B eine Anrechnung dieses 180

Zutreffend Rengier, AcP 177, Seite 418, 437 sub 3.

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II. Eine Untersuchung über den Schutz vor „aufgedrängter Bereicherung‘‘

„Vorteils“. A ist hierzu nicht bereit, weil er das Wohnhaus nicht abgerissen hätte und an der gewerblichen Nutzung der Immobilie nicht interessiert ist. Für die Versagung der Vorteilsausgleichung könnte hier die gesetzliche Anordnung des bereicherungsrechtlichen Ausgleichs anzuführen sein: B könnte die Herausgabe des Grundstücks aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB nicht von der Erstattung der Aufwendungen wegen seiner Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) abhängig machen, da er sich als Besitzer, der den Mangel seiner Berechtigung kannte (§ 142 Abs. 2 BGB), nicht auf den durch die angeführte Vorschrift gewährten Vertrauensschutz zu berufen vermag. Er könnte allenfalls den Ausgleich notwendiger Verwendungen auf das Grundstück verlangen. Weitergehende Ansprüche auf den Ersatz nützlicher Investitionen wären ihm dagegen abgeschnitten, weil die von ihm durchgeführte Maßnahme dem Interesse oder Willen des Rückerstattungsberechtigten widersprach, §§ 819, 818 Abs. 4, 292 Abs. 2 i.V. m. 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB. Da der Einbau des Fahrstuhls nicht als „notwendige“ Verwendung zu qualifizieren ist, bliebe die durch den Käufer herbeigeführte Wertsteigerung der Immobilie ohne Ausgleich, sofern der Verkäufer sie nicht als vorteilhaft akzeptiert. Nicht anders verhielte es sich, hätte im angeführten Beispiel der Verkäufer A auch das dingliche Geschäft angefochten: Als bösgläubigem Besitzer wäre es dem Käufer B verwehrt, die Herausgabe des Grundstücks von dem Ausgleich der durch den Einbau des Fahrstuhls herbeigeführten Wertsteigerung abhängig zu machen, es sei denn, der Eigentümer bekundete seinen Entschluss, den Fahrstuhl nicht entfernen zu lassen, und nähme auf diese Weise als Geschäftsherr die Wertsteigerung seiner Immobilie für sich Anspruch, §§ 687 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB. Damit stellt sich die Frage, ob dem Käufer das Risiko zuzuweisen ist, dass seine Aufwendungen ohne Ausgleich bleiben. Dieses Risiko wäre ihm zumindest dann aufzuerlegen, wenn der Verkäufer von ihm die Beseitigung des eingebauten Fahrstuhls oder die Wiederherstellung des abgerissenen Wohnhauses verlangen könnte und die Erfüllung dieser Pflicht ernsthaft verlangt. Bei Nichtigkeit auch des dinglichen Rechtsgeschäfts könnten sich derartige Ansprüche des Eigentümers, bezogen auf den Fahrstuhl aus dem Abwehranspruch des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB181 und dem deliktischen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB, hinsichtlich des abgerissenen Gebäudes dagegen allein aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 1 BGB) ergeben. Im Hinblick auf eine unerlaubte Handlung ist angesichts der Wertsteigerung freilich zweifelhaft, ob das Grundstück – sieht man einmal 181 So – bezogen auf den Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB – die h. M. im Anschluss an Martin Wolff, a. a. O., Seite 65 f.; a. A. Staudinger/Gursky, 13. Bearbeitung, § 951 Rdnr. 40 m. w. N. Siehe dazu im Einzelnen unten III. 6., Seite 191 ff.

3. Die aufgedrängte Bereicherung und der Schadensersatz

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von den Einwirkungen auf die Substanz ab – „beschädigt“, d.h. nachteilig verändert worden ist. Bei objektiver Betrachtung, d.h. nach „natürlicher“ und ökonomischer Einschätzung, ist ein „Nachteil“ bei dem Einbau eines Fahrstuhls oder der Möglichkeit einer ertragreicheren Nutzung des Grundstücks zu verneinen; nach subjektivem Maßstab, d.h. den Plänen des betroffenen Eigentümers, wäre er dagegen zu bejahen.182 M. E. überschreitet die uneingeschränkte Bewertung einer geldwerten (d.h. objektiv messbaren) Verbesserung als „Schaden“ die Grenzen des Begriffsverständnisses: Sofern nicht der Ausgleich einer Substanzeinbuße, einer Besitzentziehung oder entgangener Nutzungen in Rede steht, sondern allein die Dispositionsfreiheit des Eigentümers berührt ist, sollte die Verbesserung zwar als „Beeinträchtigung“ des Eigentums, nicht jedoch als „Schaden“ bezeichnet werden.183 Ein Beseitigungsanspruch desjenigen, in dessen Dispositionsfreiheit eingegriffen wurde, lässt sich nach der hier vertretenen Auffassung nicht auf Vorschriften über den Schadensersatz, sondern ausschließlich auf die Eigentumsfreiheitsklage des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB gründen.184 182 Staudinger/Medicus, 12. Auflage, § 249 Rdnr. 8 befürwortet im Falle der Verletzung eines fremden Bestimmungsrechts (etwa des Eigentums), den „Nachteil“ nach einem subjektiven Maßstab festzulegen: „Beim Eingriff in ein fremdes Bestimmungsrecht (zB Eigentum) ergibt sich der Nachteil aus der Vereitelung der Pläne des Berechtigten. Daher ist es zB ein Schaden, wenn jemand einen fremden Kraftwagen in einer vom Berechtigten nicht gewünschten Farbe lackieren läßt: Der Berechtigte kann also nach § 249 S 1 Herstellung der alten Farbe oder nach § 249 S 2 den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Nur ein bezifferbarer Vermögensschaden iSv § 251 dürfte hier fehlen, wenn der Verkehrswert des Fahrzeugs durch die ungewünschte Farbe nicht gemindert wird.“ Unklar Picker, Festschrift für Lange, Seite 625, 650, nach dessen Verständnis ein Schaden nicht nur als „konkave“ (nach innen gewölbt, wohl nur objektiv nachteilige), sondern auch als „konvexe (nach außen gewölbt, wohl objektiv vorteilhafte) Deformation“ verstanden werden kann. 183 Gegen die Qualifizierung als „Schaden“ wohl auch Magnus, a. a. O., Seite 10, 28 und 310, wonach im Schaden stets eine – auf welche Weise auch immer zu berechnende – Einbuße bzw. Minderung liege. Staudinger/Gursky, 13. Bearbeitung, § 951 Rdnr. 40 versäumt es, exakt zwischen einem „Schaden“ und einer „Beeinträchtigung des Eigentumsrechts“ zu unterscheiden: „Schadensersatzansprüche werden meist daran scheitern, daß die werterhöhende Baumaßnahme als solche (also ohne Berücksichtigung der damit evtl verbundenen Vergütungspflicht) gar keinen Nachteil für den Kondiktionsschuldner bedeutet . . .“ (Hervorhebung durch Verf.) 184 Bezogen auf das im Text angeführte Beispiel des Abrisses eines Wohnhauses ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Wiedererrichtung des Gebäudes aus dem Gesichtspunkt der Naturalrestitution i. d. R. nicht in Betracht kommt, weil der Herstellungsaufwand unverhältnismäßig wäre, § 251 Abs. 2 BGB. Folgte man der Ansicht von Medicus, wäre ein bezifferbarer Schadensersatzanspruch des Eigentümers mithin gleichfalls zu verneinen. Wie Medicus auch Jahr, AcP 183, Seite 725, 750, insbesondere Fußnote 131. Vgl. dazu H. Lange, a. a. O., § 2 I 2b, Seite 54 f.: „Grenzfälle zwischen materiellen und immateriellen Schäden sind nicht selten. . . . Die wichtigste Problematik betrifft heute die Störung von Nutzungs- und Dispositionsmöglichkeiten im weitesten

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II. Eine Untersuchung über den Schutz vor „aufgedrängter Bereicherung‘‘

Die „aufgedrängte Bereicherung“ und die damit einhergehende Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit ist nach alledem auch Gegenstand des allgemeinen Schadensersatzrechts185, und zwar gerade im Hinblick auf die Anrechnung von „Vorteilen“ des Geschädigten, die zu einer Kürzung oder zum Ausschluss seines Ersatzanspruchs führt.186 Die hier behandelte Frage beantwortet das Gesetz lediglich im Hinblick auf einen bestimmten deliktsrechtlichen Schadensersatzanspruch: Nach der Bestimmung des § 850 BGB stehen dem zur Herausgabe einer entzogenen Sache Verpflichteten wegen getätigter Verwendungen die Rechte zu, die der Besitzer gegenüber dem Eigentümer hat. a) In jüngerer Zeit hat Jürgen Reimer187 den Versuch unternommen, schadensrechtliche Erwägungen für den Ausgleich einer aufgedrängten Bereicherung nutzbar zu machen. Eingangs seiner Schrift stellt Reimer zutreffend fest, dass für die Anerkennung des Ausgleichs einer aufgedrängten Bereicherung „gesetzgeberische Wertungen außerhalb des Bereicherungsrechts insofern von Bedeutung“ seien, „als es auch außerhalb des Regelungskomplexes der §§ 812 ff. BGB etliche Fallgruppen eines vom Bereicherten nicht veranlaßten Vermögensplus“ gäbe und dort „im Prinzip dieselben BeSinne. . . . Sicherlich kann man sagen, daß die Frage des Geldersatzes für Dispositionsstörungen einen einheitlichen und eigenständigen Problemzusammenhang betrifft. Richtig ist auch, daß die Entscheidung kaum je allein auf Grund der einen oder anderen begrifflichen Abgrenzung getroffen werden kann. Aber da das Gesetz nun einmal auf diesen Unterschied abstellt, gehört die Zuordnung zu den bleibenden Aufgaben der Rechtsdogmatik, die sich auch weiterhin um eine Verbesserung der begrifflichen Abgrenzung mit einer Steuerungsfunktion für möglichst alle Bereiche bemühen muß.“ 185 Über den Ersatz von Verwendungen im Rahmen einer schadensersatzrechtlichen Rückabwicklung von Verträgen siehe unten V. 2. e), Seite 597 ff. 186 Das betont zutreffend Tückmantel, a. a. O., Seite 2. Vgl. auch Reimer, der die Frage untersucht, ob dem Schadensersatzgläubiger aus dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens zukünftige Dispositionsänderungen obliegen (etwa des Inhalts, das im Wege der Naturalrestitution zurückerhaltene Grundstück zu veräußern) und ob solche Dispositionsänderungen ausnahmsweise auch demjenigen zuzumuten sind, der die Herausgabe einer („verbesserten“) Sache auf der Grundlage des Kondiktionsrechts verlangt (a. a. O., Seite 52 ff.). Damit ist die hier aufgeworfene Frage der „Vorteilsausgleichung“ – wenngleich aus einem anderen Blickwinkel und unter Anwendung des § 254 BGB – angesprochen. Reimer bietet freilich keine greifbare Lösung (a. a. O., Seite 178): „Der aufdrängende Bereicherungsgläubiger (d.h. derjenige, der wegen des von ihm geschaffenen Vorteils einen Ausgleich verlangt) hat . . . wie jeder andere Bereicherungsgläubiger auch einen Anspruch aus § 812 I BGB auf eine ,negatorische‘ Abschöpfung aller vom Bereicherungsschuldner auf seine Kosten ungerechtfertigt erworbenen beziehungsweise entsprechend § 254 II 1, 2. Alt. BGB unter einer Gesamtabwägung der beiderseitigen Interessenlage zumutbar erwerbbaren Vermögensvorteile.“ 187 Die aufgedrängte Bereicherung – Paradigma der „negatorischen“ Abschöpfung in Umkehrung zum Schadensersatz (1990).

3. Die aufgedrängte Bereicherung und der Schadensersatz

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wertungsschwierigkeiten“ wie bei der aufgedrängten Bereicherung im Sinne der §§ 812 ff. BGB hervorträten.188 Neben der Regelung des Aufwendungsersatzes im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und im Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag seien im Schadensersatzrecht die Vorteilsausgleichung sowie der Abzug „neu für alt“ zu nennen. Nehme beispielsweise N den A wegen einer schuldhaften Umgestaltung und der daraus folgenden Funktionsstörung seines Grundstücks aus § 823 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz in Anspruch, so stelle sich die Frage, ob er sich die Bebauung im Rahmen der Vorteilsausgleichung anrechnen lassen müsse.189 Indessen verlässt Reimer diesen Ausgangspunkt ohne Beantwortung der aufgeworfenen Frage, indem er ausführt190: „Ungeachtet . . . möglicher Parallelen zu anderen Rechtsinstituten hängt . . . die Frage, unter welchen Voraussetzungen speziell für einen aufgedrängten Vermögensvorteil nach den §§ 812, 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten ist, in erster Linie davon ab, worin der materiale Grund der Bereicherungshaftung prinzipiell – und damit zwangsläufig auch bei der aufgedrängten Bereicherung – liegt. Die Lösung der aufgedrängten Bereicherung . . . ist präjudiziert vom jeweiligen bereicherungsrechtlichen Grundverständnis.“ Im Fortgang seiner Untersuchung stellt Reimer fest, dass das Bereicherungsrecht im Ausgangspunkt „vermögensorientiert“ sei191, während das Schadensersatzrecht mit der Verpflichtung zur Naturalrestitution (§ 249 BGB) einerseits „gegenstandsorientiert“, andererseits aber bei Zugrundelegung der Differenzhypothese, d.h. der Ermittlung eines rechnerischen Nachteils, „abstrakt-vermögensorientiert“ sei.192 Reimer gelangt auf der Grundlage einer „vermögensorientierten Kondiktionslehre“ zu der Erkenntnis, dass „in der Vergangenheit liegende Dispositionsstörungen (ich ergänze: auf der Seite des Bereicherungsgläubigers) ohne konkrete vermögensmäßige Auswirkungen (?!) sowohl schadensersatzrechtlich als auch bereicherungsrechtlich vollkommen irrelevant“ seien.193 Als Beispiel führt er den Fall an, dass B auf dem Grundstück des A fahrlässig (?!) eine Villa errichtet habe. Dass A dieses Grundstück – entgegen seiner ursprünglichen Planung – nicht als Obstplantage nutzen könne, sei als eine in der Vergangenheit liegende Dispositionsstörung „schadensersatz- und bereicherungsrechtlich – 188

A. a. O., Seite 19 f. A. a. O., Seite 19. 190 A. a. O., Seite 20. 191 A. a. O., Seite 46, wo es heißt: „Im Bereicherungsrecht ist daher ebenso wie im Schadensersatzrecht von der vermögensorientierten Differenzhypothese auszugehen; in diese sind aber – soweit möglich – aufgrund objektiver gegenstandsorientierter Einzelbewertungen fixe Parameter in Form des noch gegenständlich herausgebbaren erlangten Etwas oder in Form seines objektiven Wertes einzustellen.“ 192 A. a. O., Seite 40 f. 193 A. a. O., Seite 57. 189

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II. Eine Untersuchung über den Schutz vor „aufgedrängter Bereicherung‘‘

wenn nicht vermögenserheblich – unerheblich“.194 Entscheidend sei allein die Frage, ob der „in seinen Dispositionen völlig Ungestörte“195 gerade im Rahmen des Schadensersatzes oder der Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung zu Dispositionsänderungen gezwungen sei. Mit anderen Worten ausgedrückt: Reimer bewertet nicht die Veränderung der zurückzugewährenden Sache, sondern erst die Anerkennung einer Ausgleichspflicht als Eingriff in die Dispositionsfreiheit desjenigen, an den die Sache zurückzugeben ist. Auf das hier angeführte Beispiel bezogen, beschäftigt ihn die Frage, ob dem A als Eigentümer des Grundstücks die entgeltliche Nutzung, die Belastung oder die Veräußerung der Immobilie zuzumuten ist, um den durch die Bebauung objektiv eingetretenen Wertzuwachs gegenüber B auszugleichen. Diese Fragestellung führt ihn dazu, eine Verbindung zwischen dem Schadensersatz- und dem Bereicherungsrecht über die entsprechende Anwendung des § 254 BGB herzustellen: Er leitet aus dieser Vorschrift die Obliegenheit des Schadensersatz- und Bereicherungsgläubigers zu zukünftigen Dispositionsänderungen ab; äußerstenfalls könne dieser gehalten sein, den zurückerstatteten Gegenstand zu veräußern.196 In dem hier erörterten Fall müsste A als Eigentümer das an ihn herausgegebene Grundstück notfalls verwerten, um den früheren Besitzer B wegen des Wertzuwachses, bewirkt durch die fahrlässige Errichtung einer Villa, zu befriedigen. Wörtlich führt Reimer aus197: „Es geht hier . . . um die Frage, ob der in seinen Dispositionen völlig Ungestörte gerade im Rahmen des Schadensersatzes oder der Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung zu Dispositionsänderungen gezwungen werden kann. Deshalb muß nicht die Dispositionsfreiheit des Bereicherten (d.h. des Sachgläubigers), sondern umgekehrt die ausnahmsweise Obliegenheit zu einer zukünftigen Dispositionsänderung gegebenenfalls rechtsfortbildend in den Bereicherungsausgleich integriert werden. Denn eine objektive Wertersatzhaftung des aufgedrängt Bereicherten wird überhaupt erst unter der Prämisse diskutabel, daß dem Bereicherten im Einzelfall zugemutet werden kann, zukünftig in seinen eigenen Angelegenheiten nicht mehr frei, sondern objektiv rentabel zu disponieren.“

Mit dieser Aussage sind die im Rahmen der Vorteilsanrechnung gestellten Fragen nicht konkret beantwortet: Es fehlen fassbare Kriterien, nach 194

A. a. O., Seite 57 f. A. a. O., Seite 58. 196 Dazu Reimer, a. a. O., Seite 100 ff., insbesondere Seite 116 sub 7: „Kann der Bereicherte durch Veräußerung des von der Bereicherung betroffenen Gegenstandes und Deckungserwerb eines seinem früheren Gegenstand funktionsgleichen Gegenstandes die Zusammensetzung seines Vermögens im Endeffekt wieder herstellen, ist ihm im Rahmen der Gesamtabwägung analog § 254 II 1, 2. Alt. BGB eher zuzumuten, die objektive Werterhöhung durch Veräußerung des Gegenstandes zu realisieren.“ 197 A. a. O., Seite 58. 195

3. Die aufgedrängte Bereicherung und der Schadensersatz

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denen zu entscheiden ist, inwieweit es einem „Bereicherten“ (d.h. einem Sachgläubiger) als Schadensersatzberechtigtem zuzumuten ist, die ihm zufallenden Vermögenswerte entgeltlich zu nutzen oder sich nötigenfalls von ihnen zu trennen, um die Aufwendungen des Bereicherungsschuldners zu erstatten.198 Ich greife das soeben erwähnte Beispiel der „fahrlässig errichteten Villa“ auf: Sofern die Rückgewähr des Grundstücks im Wege der Naturalrestitution (z. B. wegen einer rechtswidrigen Entziehung des Besitzes aus § 823 Abs. 1 BGB oder aus dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo) in Rede steht, ist die Frage zu beantworten, ob sich A die mit der Bebauung eingetretene Wertsteigerung im Wege der sog. Vorteilsausgleichung anrechnen lassen muss: Hat er die Aufwendungen des Besitzers für die Errichtung des Gebäudes oder die (gegebenenfalls niedrigere) Wertsteigerung des Grundstückes auszugleichen, wenn er die Rolle des wegen der Nutzungen entschädigungspflichtigen Eigentümers einer Villa für seine Person nicht akzeptieren will?199 Und sollte ihm die Veräußerung zuzumuten sein: Bezieht sich die Ausgleichspflicht auf die Auskehrung eines geschätzten Veräußerungserlöses, soweit er durch die „Verbesserung“ beeinflusst ist?

Darüber hinaus ist zu bemängeln, dass Reimer sein Augenmerk ausschließlich auf den auszugleichenden Vermögenszuwachs des „Bereicherten“ (d.h. des Sachgläubigers) nach Maßgabe der ihm zumutbaren Dispositionen richtet. Diese „einseitige Blickrichtung“ könnte eine erhebliche Einschränkung des § 818 Abs. 3 BGB zu Lasten des (gutgläubigen) Sachschuldners zur Folge haben, der im Ausgangspunkt befugt ist, seinem Gläubiger alle auf die Sache getätigten Verwendungen in Rechnung zu stellen. Mit anderen Worten ausgedrückt: Der (gutgläubige) Herausgabeschuldner ist angesichts der ihn treffenden Verpflichtung, lediglich einen noch vorhandenen Vermögenszuwachs auszukehren, unabhängig von zumutbaren zukünftigen Dispositionen des anderen Teils berechtigt, nach § 818 Abs. 3 BGB alle seinerseits erlittenen Einbußen bereicherungsmindernd, nämlich im Wege eines Zurückbehaltungsrechts oder einer von Amts wegen zu berücksichtigenden Saldierung, geltend zu machen.200 198

Der gleiche Gedankengang findet sich bei Canaris, der freilich konkreter als Reimer dem „Bereicherten“ die Verpflichtung aufbürdet, einen „objektiven“ Vermögenszuwachs nötigenfalls durch die Veräußerung der im Wert erhöhten Sache „zu realisieren“ (JZ 1996, Seite 344, 349). 199 Bezogen auf den deliktsrechtlichen Anspruch auf Herausgabe der Sache (§ 823 BGB) ist die Frage zu bejahen: Die der Sache anhaftende Wertsteigerung hat der Eigentümer, begrenzt durch die Aufwendungen des Schuldners, auszugleichen, §§ 850, 996 BGB. 200 Hat der Schuldner auf die herauszugebende Sache Verwendungen getätigt, so scheidet eine Beschränkung seiner Kondiktionsverbindlichkeit kraft Verrechnung aus. Die Berücksichtigung des Vermögenszuwachses auf der Seite des Gläubigers kann nur in der Weise geschehen, dass der Schuldner zur Herausgabe der Sache Zug um Zug gegen Erstattung seiner Aufwendungen verpflichtet ist (vgl. dazu bereits v. Mayr, a. a. O., Seite 620). Ob dies durch die Geltendmachung eines Zurückbehal-

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II. Eine Untersuchung über den Schutz vor „aufgedrängter Bereicherung‘‘

Der Konflikt zwischen der Pflicht zum Wertausgleich auf der Seite des Bereicherten und dem Anspruch auf Ersatz der Investitionen auf der Seite des Herausgabeschuldners sei an dem folgenden Beispiel erläutert: E veräußert sein unbebautes Grundstück an K. Das dingliche Geschäft ist wirksam, der Kaufvertrag indessen nichtig. K geht in gutem Glauben von der Gültigkeit des Kausalgeschäftes aus und bebaut das Grundstück. Er zahlt an den Bauunternehmer W das vereinbarte (angemessene bzw. übliche) Entgelt in Höhe von 360.000 Euro. Durch die Bebauung steigt der Verkehrswert des Grundstücks um 320.000 Euro. Ist E – Zug um Zug gegen Rückübereignung der Immobilie – zum Ausgleich des Wertzuwachses, mithin zur Zahlung von 320.000 Euro, oder zur Erstattung der von K getätigten Aufwendungen in Höhe von 360.000 Euro verpflichtet, wenn ihm an dem Gebäude nicht gelegen ist, ihm der Vermögenszuwachs also aufgedrängt wurde? Stellt man auf die Wertsteigerung des Grundstücks ab, wird man K nach Ansicht von Reimer einen Anspruch in Höhe von nur 320.000 Euro zuerkennen, sofern E die Verwertung der bebauten Immobilie zuzumuten ist – und gerät damit hinsichtlich des Entreicherungseinwandes des K in Höhe von 360.000 Euro in Widerspruch zu der Ausgangsthese Reimers201, wonach der Bereicherungsausgleich lediglich auf die Abschöpfung eines im Gesamtvermögen des Kondiktionsschuldners vorhandenen „Vermögensüberschusses“, hier in Höhe von 320.000 Euro, zielt.202 Die von Reimer befürwortete Verpflichtung des Sachgläubigers, im Beispielsfall des E, zur „objektiv rentablen Disposition“ ist nach alledem unklar bestimmt und abzulehnen.203 b) Die „funktionalen und dogmatischen Zusammenhänge zwischen Schadens- und Bereicherungsrecht“ sind Gegenstand einer weiteren, von Horst Hagen verfassten Untersuchung.204 Ziele das Schadensersatzrecht, so Hagen, auf den Ausgleich von Nachteilen, die zu tragen ein anderer „näher tungsrechts zu geschehen hat oder ob der Sachgläubiger von sich aus die Erstattung der Aufwendungen anzubieten hat, hängt von der Anwendung der sog. Saldotheorie über die gerichtliche Verrechnung der beiderseits erlangten Vorteile ab; siehe dazu Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 818 Rdnr. 50. 201 A. a. O., Seite 20: „Die Lösung der aufgedrängten Bereicherung . . . ist präjudiziert vom jeweiligen bereicherungsrechtlichen Grundverständnis. Dieses wird geprägt . . . durch eine vermögensorientierte Betrachtungsweise.“ 202 A. a. O., Seite 36: „. . . § 812 BGB (ich ergänze: ist) aus § 818 III BGB heraus zu korrigieren, so daß als ,erlangt‘ nicht der gegenständlich zugeflossene konkrete Vorteil anzusehen ist, sondern erst der endgültige Vermögensüberschuß, der sich aus der Differenz aller tatsächlichen Vor- und Nachteile des Bereicherungsanspruchs und der hypothetischen Vermögenslage ohne ungerechtfertigte Bereicherung ergibt.“ 203 Zu der von mir vorgeschlagenen Anerkennung des Befriedigungsrechts des Besitzers nach § 1003 BGB im Rahmen des Kondiktionsrechts siehe bereits oben II. 2. c) aa) (b), Seite 42, und untenV. 2. d) aa), Seite 536; zur Vorschrift des § 1003 BGB siehe eingehend unten V. 2. c) bb) (b) (3) (d), Seite 511 ff.

3. Die aufgedrängte Bereicherung und der Schadensersatz

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daran“ sei als der Geschädigte, so diene das Bereicherungsrecht dem Ausgleich von Vorteilen, die zu genießen einem anderen eher gebühre als dem unmittelbar Begünstigten. Der Ausgleich nach der einen oder anderen Ordnung sei „gleichsam spiegelsymmetrisch strukturiert“.205 Plausible bereicherungsrechtliche Lösungen seien möglichst auf das Schadensersatzrecht zu übertragen und umgekehrt.206 Die schadensersatzrechtlichen Erkenntnisse seien insbesondere bedeutsam für die Frage bedeutsam, welcher Maßstab für die Bewertung einer Vermögensänderung (dem Grunde und der Höhe nach) als vorteilhaft bzw. nachteilig anzulegen sei.207 Hier sei eine Wandelung von der Differenzmethode zu einem normativen Schadensverständnis festzustellen.208 Übertrage man das Bekenntnis zu einem differenzunabhängigen Schaden in das Bereicherungsrecht, komme man kaum umhin, eine Dienstleistung oder einen Gebrauchsvorteil selbst als das erlangte „Etwas“ zu qualifizieren.209 In ähnlicher Weise könne für die Behandlung der aufgedrängten Bereicherung die schadensrechtliche Entwicklung von einer objektiven zu einer subjektiven Bestimmung des Vermögensschadens fruchtbar werden; hier liege es nahe, den kondiktionsrechtlich auszugleichenden Vorteil anhand einer „stärker subjektbezogenen Bewertungsmethode“ zu bestimmen.210 Für das Bereicherungsrecht sei von v. Rittberg und Koppensteiner überzeugend dargetan worden, dass der Wert des zu leistenden Ersatzes generell nach den konkreten Verhältnissen und Dispositionen des Bereicherten bestimmt werden müsse.211 Habe der Kondiktionsschuldner nach der gesetzlichen Bewertung des Interessenkonflikts durch die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB grundsätzlich nur den Wert herausgeben, um den er nach seiner Vermögenslage noch bereichert ist, so solle der Bereicherungsgläubiger ebensowenig zum Ersatz eines Wertes verpflichtet sein, den er nach seinen individuellen Verhältnissen von vornherein nicht habe realisieren können oder wollen.212 Die Gerichte ließen indessen eine klare Linie vermissen; sie seien nur teilweise darum bemüht, den Härten einer rein objektiven Bewertungsmethode abzuhelfen.213

204

So der Titel seines Beitrages in der Festschrift für Karl Larenz (1973), Seite

867. 205 A. a. O., Seite 868. Ebenso – bezogen auf das schweizerische Recht – Schaufelberger, a. a. O., Seite 9. 206 A. a. O., Seite 884. 207 A. a. O., Seite 869. 208 A. a. O., Seite 875. 209 A. a. O., Seite 877. 210 A. a. O., Seite 881. 211 Vgl. v. Rittberg, a. a. O., Seite 124 ff.; Koppensteiner, NJW 1971, Seite 1769. 212 A. a. O., Seite 884. 213 A. a. O., Seite 882.

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II. Eine Untersuchung über den Schutz vor „aufgedrängter Bereicherung‘‘

Die Ausführungen Hagens geben gleichfalls keine konkrete Antwort auf die Anrechnung eines aufgedrängten Vermögenszuwachses im Rahmen der Vorteilsausgleichung. Aus ihnen geht auch nicht hervor, wie der subjektive Wertzuwachs in einem gerichtlichen Verfahren festgelegt werden könnte. Aus diesen Gründen kennzeichnet Hagen seine Gedanken treffend als „fragmentarischen Beitrag“.214 c) Im Hinblick auf die dogmatischen Verbindungen zwischen Schadensund Kondiktionsrecht ist aus dem älteren Schrifttum eine unter dem Titel „Der Bereicherungsanspruch des deutschen Bürgerlichen Rechts“ durch Robert v. Mayr verfasste Untersuchung aus dem Jahre 1903 hervorzuheben. v. Mayr versteht die Kondiktionshaftung gewissermaßen als Umkehrung einer Schadensersatzverbindlichkeit: „Der Umfang der (ich ergänze: bereicherungsrechtlichen) Haftung bestimmt sich . . . umgekehrt wie beim Schadensersatzanspruch nicht nach dem Einflusse des die Haftung begründenden Ereignisses auf das Vermögen des Berechtigten, sondern vielmehr nach der Wirkung dieses Vorganges auf das Vermögen des Verpflichteten.“ 215 Von dieser Erkenntnis ausgehend, weist v. Mayr auf die Spiegelbildlichkeit der „Vorteilsausgleichung“ im Schadensersatzrecht und der „Nachteilsausgleichung“ im Bereicherungsrecht hin: Verstehe man im Schadensersatzrecht unter der Vorteilsausgleichung die dem Ersatzpflichtigen zugebilligte Anrechnung eines Gewinns in der Hand des Ersatzberechtigten auf den Schaden, so gehe es umgekehrt im Bereicherungsrecht um den Abzug von unfreiwillig erlittenen Nachteilen, die der Bereicherungsschuldner infolge der ungerechtfertigten Vermögensverschiebung erlitten hat (§ 818 Abs. 3 BGB). Wörtlich heißt es bei v. Mayr: „Die Frage ist . . ., wie weit oder wie eng die Grenzen für den Kausalzusammenhang abzustecken sind, der für die Aufrechenbarkeit eines Verlustes gegenüber der Bereicherung verlangt werden muß. Ein Anhaltspunkt für diese Entscheidung ist in den analogen Grundsätzen des Schadensersatzrechtes gegeben, insofern dort die Verhältnisse ebenso liegen, nur daß dort die Beziehung zwischen Gewinn und Verlust die umgekehrte ist. Denn dort versteht man unter der Vorteilsausgleichung ,die dem Ersatzpflichtigen unter gewissen Voraussetzungen zugebilligte Anrechnungsbefugnis des von ihm dem Beschädigten verschafften Gewinnes auf den zu ersetzenden Schaden‘. Hier handelt es sich umgekehrt um die Abrechnung des dem Bereicherten erwachsenen Schadens von seiner Bereicherung, in beiden Fällen möglicherweise außerdem um Abtretung oder Herausgabe.“216 v. Mayr behandelt mithin die Frage, ob die Verbindlichkeit des Kondiktionsschuldners dadurch geschmälert wird, dass sein Vermögen, verursacht 214 215 216

A. a. O., Seite 869 sub I. A. a. O., Seite 591. A. a. O., Seite 624 f.

3. Die aufgedrängte Bereicherung und der Schadensersatz

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durch die Bereicherung, Schaden erleidet. Beispielhaft erwähnt er die „Lieferung eines kranken Tieres als Nichtschuld und Ansteckung der übrigen Tiere des Empfängers durch dieses“.217 Seine Ausführungen betreffen mithin die Befugnis des Kondiktionsschuldners, wegen der erlittenen Nachteile den Einwand der Entreicherung zu erheben. Die im vorliegenden Zusammenhang gestellte Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Kondiktions- und Schadensersatzgläubiger dem Kondiktions- und Schadensersatzschuldner Ersatz für eine ihm aufgedrängte Bereicherung aus dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung schuldet, untersucht v. Mayr indessen nicht. Zur Einschränkung der Herausgabepflicht bei Vornahme von Verwendungen auf eine herauszugebende Sache heißt es bei ihm lapidar218: „Eine Minderung der Bereicherung wird . . . bewirkt durch Verwendungen des Empfängers, sei es nun auf die Sache selbst oder auf die an ihre Stelle getretenen Werte, und zwar durch Verwendungen jeder Art, nicht bloß durch notwendige oder nützliche Verwendungen . . .; gleichgültig auch, ob die Verwendungen tatsächlich den Wert der Sache erhöht haben und ob die einmal bewirkte Werterhöhung noch vorhanden ist oder nicht.“ Die einseitige Ausrichtung v. Mayrs auf die Entreicherung des Kondiktionsschuldners bewegt ihn hinsichtlich der Frage des Ausgleichs von Verwendungen seitens des Sachschuldners zu der Feststellung, dass alle – auch die dem Gläubiger unwillkommenen – Wertsteigerungen auszugleichen seien, und zwar im Umfang der bei dem Herausgabeschuldner eingetretenen Vermögensminderung. Damit verneint v. Mayr – ohne den Gesichtspunkt des Aufdrängungsschutzes überhaupt erkannt zu haben – im Anwendungsbereich des § 818 Abs. 3 BGB jeglichen Schutz des Sachgläubigers vor aufgedrängten Zuwendungen. Dies vermag umso weniger zu überzeugen, als sich nach seiner Auffassung der Ausgleichsanspruch eines „Verwenders“ im Falle des Rechtsverlustes durch Verbindung (§ 946 BGB) nach dem Wert bemesse, den die verbundene Sache „für den Empfänger“ habe.219 Die Erstattungsfähigkeit von Verwendungen sei mithin davon abhängig, ob die Vermögensopfer von einem zur Herausgabe der Sache verpflichteten Kondiktionsschuldner getätigt worden seien – hier sollen alle vom Schuldner getätigten Verwendungen abzugsfähig sein220 – oder ob der Verwendende als (klagender) Kondiktionsgläubiger den Ausgleich der von ihm erbrachten Vermögensopfer begehre, die Gläubiger- und Schuldnerrollen mithin umgekehrt verteilt seien: In dieser Gestaltung sei lediglich der Vermögenszuwachs abzuschöpfen, der unter Zugrundelegung eines subjekti217

A. a. O., Seite 626. Diese Gestaltung behandelt auch v. Tuhr, Festschrift für Bekker, Seite 293, 309 f. 218 A. a. O., Seite 623. 219 A. a. O., Seite 604. 220 In diesem Sinne auch RG WarnRspr Nr. 196, Seite 307, 308 (1919).

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II. Eine Untersuchung über den Schutz vor „aufgedrängter Bereicherung‘‘

ven Maßstabs bei dem Empfänger der verbesserten oder veränderten Sache eingetreten sei. Anderer Ansicht ist beispielsweise – freilich ohne hinreichende Begründung – Bernhard Rengier221: Abgesehen von den Fällen, in denen der Bereicherungsschuldner Anspruch auf Ersatz seines Vertrauensschadens habe, könne er den Ersatz seiner Verwendungen nur verlangen, wenn der Bereicherungsgläubiger dadurch seinerseits bereichert sei. Der Bereicherungsgläubiger werde auf diese Weise zum Bereicherungsschuldner und schulde Wertersatz aus dem Gesichtspunkt der Verwendungskondiktion, §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2 BGB. In diesem Rahmen könne der Sachgläubiger (d.h. bezogen auf den Verwendungsersatz: der Bereicherungsschuldner) sogar einwenden, dass die Verwendungen für ihn „nutzlos“ seien. Er hafte im Ergebnis mithin nur für das, was die Verwendungen „für ihn“ wert seien.222

Die durch v. Mayr vertretene Auffassung, wonach der Umfang der Erstattungspflicht für Verwendungen ausschließlich von der Rolle der Beteiligten als Bereicherungsschuldner oder -gläubiger abhängig sei, entbehrt einer sachlichen Berechtigung, zumal der Sachschuldner, wie v. Mayr meint, den Ersatz seiner Aufwendungen nicht nur im Wege der Zurückbehaltung durchzusetzen vermöge, sondern berechtigt sein soll, ihn nach Rückgewähr der Sache bzw. Genehmigung der Verwendungen durch eine selbständige Klage geltend zu machen.223 d) Die einseitige Ausrichtung des Bereicherungsrechts auf die Abschöpfung eines bei dem Kondiktionsschuldner vorhandenen Vermögenszuwachses verleitet auch Hans Albrecht Fischer in seiner Abhandlung „Bereicherung und Schaden“ aus dem Jahre 1913 zu der Schlussfolgerung, dass die Abzugs- bzw. Erstattungsfähigkeit von Verwendungen nach den Regeln über die ungerechtfertigte Bereicherung von der Parteirolle des Verwendenden abhängig sei – eine Feststellung, die Fischer unter Berücksichtigung der Regelungen über den Verwendungsersatz im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis selbst in Frage stellt. Wörtlich heißt es in der zitierten Schrift224: „Aus § 818 Abs. 3 kann man folgern, daß dem Bereicherten alle Aufwendungen zu ersetzen sind, die er vor dem in §§ 818 Abs. 4, 819 bezeichneten Zeitpunkte auf den herausverlangten Gegenstand gemacht hat. Danach ist die Rechtslage für den Bereicherten, was den Verwendungs- und Aufwendungsersatz anbetrifft, allerdings wesentlich günstiger als die Stellung 221

AcP 177, Seite 418, 437 sub 3. Gegen die Bestimmung des auszugleichenden Vorteils anhand subjektiver Kriterien siehe bereits oben II. 2. c) cc), Seite 46 (dort insbesondere Fußnote 116) sowie unten III. 2. j), Seite 151 ff. 223 Hierauf weist ausdrücklich Fischer, Festschrift für Zitelmann, Seite 10 Fußnote 15 sowie Seite 43, hin (siehe dazu die folgenden Ausführungen). 224 A. a. O., Seite 40 f. 222

3. Die aufgedrängte Bereicherung und der Schadensersatz

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des gutgläubigen Besitzers gegenüber dem Eigentümer (§ 996) . . . Das Geheimnis liegt in der umgekehrten Parteirolle, von welcher aus man sich in normaler Weise im Kondiktionenrecht und im Sachenrecht die Geltendmachung des Verwendungsersatzes bzw. der Verwendungsanrechnung vorstellte. In dem Kondiktionenrecht, wo eine nähere Regelung fehlt, geht man von der Beklagtenseite des Verwendungsanrechnenden, im Sachenrecht von einem ,Anspruch‘ des Besitzers aus . . . Es liegt auf der Hand, daß die Beklagtenrolle neben den sonstigen Vorteilen hier im Bereicherungsrecht noch die besonders günstige Wirkung zeitigt, daß Umfang und Existenz des Anspruchs nach der Wirkung der Vermögensverschiebung auf das Vermögen des Beklagten beurteilt werden. Daher kann . . . eine und dieselbe Vermögensverschiebung, die beiden Teilen Kosten oder Verluste verursacht hat, als Gegenstand eines Bereicherungsprozesses zu ganz verschiedenen Schicksalen, teils zur Abweisung der Klage, teils zu verschieden hoher Verurteilung führen, je nachdem die eine oder andere Partei Beklagte ist.“ Diese Ungleichbehandlung vermag Fischer nicht mehr zu rechtfertigen, sofern der zur Herausgabe einer Sache verpflichtete Schuldner den Ausgleich der Vermögensopfer im Wege der Klage geltend macht.225 Hierzu heißt es bei Fischer wörtlich226: „Die Anwendung der Rechtskonsequenz empfinden wir als unbillig: sie würde dahin führen, daß der frühere Kondiktionsschuldner, der verteidigungsweise Ersatz aller Verwendungen begehren konnte, als Kläger nur den Ersatz derjenigen Verwendungen durchzusetzen vermag, die dem jetzigen Beklagten zugute gekommen sind. . . . Mein Vorschlag geht dahin, dem Kondiktionsschuldner einen Klageanspruch in dem Maße zuzubilligen, als er eine Berücksichtigung der Verwendungen durch Ipso-jureAnrechnung oder durch das Zurückbehaltungsrecht durchsetzen konnte. Darnach kann er alle Verwendungen ersetzt verlangen, die mit der Bereicherung in Kausalzusammenhang stehen, ohne Rücksicht, ob sie dem Kondiktionsgläubiger schließlich zugute kamen oder nicht, ob sie notwendig, nützlich oder überflüssig waren. Die Grenze bildet nur der Wert der Bereicherung.“

225 Siehe dazu auch Jürgen Kohler, a. a. O., § 10 A I 1, Seite 463: „Die unterschiedlichen Vergünstigungen je nach Prozeßrolle sind . . . unangebracht. . . . Die Verteilung von Kläger- und Beklagtenposition kann hier nämlich ganz zufällig sein.“ 226 A. a. O., Seite 44. – Anders als Fischer lässt Lieb im Münchener Kommentar, 3. Auflage, § 818 Rdnr. 64, den aufgezeigten Widerspruch unkommentiert im Raume stehen: Abzugsfähig seien nach § 818 Abs. 3 BGB „Verwendungen auf das Erlangte, und zwar ohne Rücksicht auf Notwendigkeit, Nützlichkeit oder darauf, ob eine Werterhöhung eingetreten ist. Dies sind vielmehr Gesichtspunkte, die sämtlich nur dann zu beachten sind, wenn der Bereicherungsschuldner selbständige Verwendungsersatzansprüche gegenüber dem Eigentümer erheben will bzw. erheben muß . . .“.

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II. Eine Untersuchung über den Schutz vor „aufgedrängter Bereicherung‘‘

Unklar bleibt nach den Darlegungen von Fischer, ob die volle Abzugsfähigkeit aller Verwendungen des Kondiktionsschuldners im Wege der Vorteilsanrechnung zu bejahen ist, wenn der Anspruch des Sachgläubigers nicht nur aus dem Gesichtspunkt der Kondiktion, sondern – damit konkurrierend – auch aus dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo oder der unerlaubten Handlung gerechtfertigt ist. Vor allem ist gegen Fischer – ebenso wie gegen v. Mayr – einzuwenden, dass er dem Schutz des Sachgläubigers vor aufgedrängten Zuwendungen keine Rechnung trägt. Darüber hinaus bejaht er im Falle der selbständigen Klage des Verwenders einen von einer Bereicherung des Eigentümers oder sonstigen Berechtigten unabhängigen Kondiktionsanspruch.

III. Der Aufdrängungsschutz im Bürgerlichen Gesetzbuch – die wesentlichen Leitlinien Über die Voraussetzungen und Grenzen eines Ausgleichs von aufgedrängten Bereicherungen herrscht – wie bereits ausgeführt – nach wie vor keine einheitliche Vorstellung. Dies ist in erster Linie auf den Umstand zurückzuführen, dass der Schutz desjenigen, der von dem „Eindringling“ in Anspruch genommen wird, nicht über die einzelnen Schuldverhältnisse hinausgreifend einheitlich geregelt ist. Das Bürgerliche Gesetzbuch trägt vielmehr an verschiedenen Stellen und in unterschiedlichem Maße dem Abwehrinteresse desjenigen Rechnung, dem ein „Vorteil“ aufgedrängt worden ist. Aus diesem Grunde sollen zunächst die wesentlichen Leitlinien für den Ausgleich aufgedrängter Vorteile entwickelt werden.

1. Der Grundsatz: Der Schutz der Willensfreiheit a) Die Abwehr einer aufgedrängten Bereicherung hat letztlich den Schutz der individuellen Willensfreiheit zum Gegenstand.1 Diese Freiheit anerkennt das Bürgerliche Gesetzbuch ausdrücklich im Hinblick auf den Eigentümer, der mit seiner Sache nach eigenem Gutdünken verfahren darf (§ 903 BGB). Sie besteht im Ausgangspunkt auch für die Verwendung geldlicher Mittel: Jede Person bestimmt in eigener Verantwortung, ob und in welchem Umfang sie sich um der Verschaffung gegenständlicher oder nichtgegenständlicher Vorteile willen zur Zahlung eines Geldbetrags verpflichtet. Die freie Vermögensdisposition ist Ausdruck der Privatautonomie, die jedem Menschen das Recht gewährt, seine Rechtsverhältnisse nach eigenem Willen zu gestalten, und diesen Willen um seiner selbst anerkennt.2 Aus ökono1 Statt vieler Oppermann, AcP 193, Seite 497, 501: „Die unwillkommene Einmischung von Fremden in eigene Angelegenheiten widerspricht grundlegenden Maximen des Privatrechts . . .“ und – bezogen auf die nicht veranlasste Verbesserung einer Sache – Greiner, a. a. O., Seite 320 sub 3a: „Die Wertersatzpflicht beeinträchtigt aber die Dispositionsfreiheit des Sachberechtigten, d.h. sein Recht, selbständig und eigenverantwortlich seine Vermögensangelegenheiten wahrzunehmen und darüber zu entscheiden, ob und von wem er eine bestimmte Leistung gegen Entgelt erwerben will; ihm wird – besonders deutlich dann, wenn er die verbesserte Sache zur Erfüllung der Wertersatzpflicht veräußern muß – eine Umstrukturierung seines Vermögens aufgenötigt.“ 2 Flume, Allgemeiner Teil II, Seite 1; Coing, a. a. O., Seite 195; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, Seite 389.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

mischer Sicht ist die Befugnis, die eigenen Angelegenheiten und die Beziehungen zu anderen Personen nach eigenem Gutdünken und in eigener Verantwortung zu regeln, anzuerkennen, weil sie den Nutzen beider Parteien fördert und in einem funktionsfähigen Wettbewerbssystem die Ressourcen an den Ort ihrer wertvollsten Verwendung steuert.3 Bestimmte Güter und Interessen des Einzelnen verteidigt die Rechtsordnung jedoch unabhängig von oder gar im Widerspruch zum Willen des Trägers, beispielsweise Leib und Leben. Dementsprechend kann eine Geschäftsführung im Sinne der §§ 677 ff. BGB zugunsten immaterieller Werte „aufgedrängt“ werden, wie es die ungebetene Rettung aus einer Lebensgefahr deutlich macht. Der Gerettete vermag in diesen Fällen einen Ausgleichsanspruch des Retters nicht mit der Begründung abzuwehren, er hänge nicht an seinem Leben und habe daher nicht gerettet werden wollen: Da er nach ethischen und rechtlichen Maßstäben über sein Leben nicht zu disponieren vermag, ist § 679 BGB entsprechend mit der Folge anzuwenden, dass sein entgegenstehender Wille unbeachtlich ist.4 Der Retter kann mithin im Ausgangspunkt die Erstattung seiner Aufwendungen nach §§ 670, 683 Satz 1 BGB verlangen.5 Ist er sozialversichert, so ist allerdings zu berücksichtigen, dass die geschäftsführungsrechtlichen Ansprüche aus §§ 683 Satz 1, 670 BGB nicht nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X auf den Versicherungsträger übergehen.6

aa) Die grundgesetzlich garantierten Güter der Eigentumsfreiheit (Art. 14 GG) und der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG)7 unterlieNach einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 5. April 2000 („Wir wollen, was wir tun“) gehen etliche Vertreter der Psychologie und Neurowissenschaft davon aus, dass die Willensfreiheit nur eine „Fiktion“ ist. Nach dieser Ansicht sei das handelnde Subjekt „ein Organismus, determiniert nicht von sozialen Strukturen, sondern von Physiologie des Gehirns, das die Umweltreize verarbeitet und den Körper zu Reaktionen veranlaßt . . . die elektrischen Aktivitäten des Gehirns, die solche Handlungen vorbereiten, bilden sich heraus, bevor uns der eigene Gedanke zu handeln überhaupt bewußt wird – nach dem Muster: Wir tun nicht, was wir wollen, sondern wir wollen, was wir tun.“ 3 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, Seite 389 f., 365. 4 Zu Einzelheiten siehe Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 679 Rdnr. 6 m. w. N. 5 Die weiterreichende Frage, ob auch sog. „risikotypische Begleitschäden“, im vorliegenden Fall etwa die von dem „Retter“ erlittenen Verletzungen, nach den angeführten Vorschriften zu ersetzen sind oder ob sich deren Ersatz ausschließlich nach den Regelungen des Sozialversicherungsrechts bestimmt, soll dahingestellt bleiben. 6 So der Bundesgerichtshof mit der Begründung, dass ein Anspruch auf Aufwendungsersatz aus §§ 670, 683 Satz 1 BGB seinem Wesen nach nicht auf den Ersatz eines „Schadens“ im eigentlichen Sinne gerichtet sei (BGHZ 92, Seite 270, 271 f.). Die Entscheidung ist letztlich von der Erwägung getragen, den Geretteten davor zu bewahren, im Wege des Rückgriffs – unabhängig von einem Verschulden – mit Forderungen in möglicherweise „existenzbedrohender Höhe“ überzogen zu werden (vgl. zum Ganzen Larenz, Schuldrecht II/1, § 57 I b, Seite 450 und bereits RG JW 1909, Seite 311 sowie – aus amerikanischer Sicht – Dawson, Harvard Law Review, vol. 74 [1961], page 1108–1114, 1117 pp). 7 Grundlegend Laufke, Festschrift für Lehmann, Seite 145, 162.

1. Der Grundsatz: Der Schutz der Willensfreiheit

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gen freilich auch im Privatrechtsverkehr Beschränkungen. So hat beispielsweise der Eigentümer einer Immobilie unwesentliche oder ortsübliche Einwirkungen auf das Grundstück hinzunehmen (§§ 906 i.V. m. 1004 Abs. 2 BGB). Seine allgemeine Handlungsfreiheit ist betroffen, sofern ihm das Gesetz darüber hinaus den geldlichen Ausgleich einer objektiv vorteilhaften, aber subjektiv unerwünschten Veränderung auferlegt, wie dies etwa im Fall der Erhaltung der Sache durch einen unrechtmäßigen, unverklagten bzw. gutgläubigen Besitzers (§ 994 Abs. 1 BGB) geschieht.8 Ordnet das Gesetz ausnahmsweise einen finanziellen Ausgleich für einen objektiv messbaren, subjektiv aber weder bei seiner Entstehung noch zu einem späteren Zeitpunkt gebilligten Vorteil an, so bewertet es die Position des Ausgleichsberechtigten – in aller Regel aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes9 – höher als das Recht des „Bereicherten“ auf Selbstgestaltung.10 Die Anerkennung des Ausgleichs findet seine Rechtfertigung letztlich gleichfalls in der allgemeinen Handlungsfreiheit: Dürfte beispielsweise der gutgläubige Eigenbesitzer, der die Sachherrschaft an den Eigentümer zurückzuübertragen hat, nicht auf einen gewissen Ausgleich seiner Investitionen vertrauen, wäre seine Bereitschaft, eine Sache zu erhalten, wiederherzustellen oder zu verbessern, unverhältnismäßig beeinträchtigt. bb) Im Grundsatz ist indessen an der Erkenntnis festzuhalten, dass jedes eigenmächtige Einwirken auf fremde Rechte oder Rechtsgüter – um einen bildhaften Ausdruck zu gebrauchen – einen „Hausfriedensbruch in der Willenssphäre des Mitmenschen darstellt“.11 Alle Eigenmacht, so lässt sich knapp formulieren, läuft im Ausgangspunkt dem Recht zuwider, selbst 8 Ob der mit der Verpflichtung zum Verwendungsersatz verbundene Eingriff in die Vermögensdisposition des Eigentümers verfassungsrechtlich an Art. 14 GG oder lediglich an Art. 2 Abs. 1 GG zu messen wäre, sei dahingestellt. 9 Anders im Falle der Vorschrift des §§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB, die den Ausgleich einer vom bösgläubigen Besitzer bewirkten Wertsteigerung anordnet: Hier betont das Gesetz das objektive Interesse an der Erhaltung von Vermögenswerten; der mangelnde Wille des Rechtsinhabers und die fehlende Schutzbedürftigkeit des Besitzers treten zurück. 10 Ebenso Tückmantel, a. a. O., Seite 69 ff., insbesondere Seite 72, 74 und 78; ablehnend Reimer, a. a. O., Seite 54 Fußnote 176. Nach Ansicht von Reimer besteht keine (grundgesetzlich fixierte) „Höherrangigkeit des Rechts auf Selbstbestimmung gegenüber einem Ausgleich ungerechtfertigter Vermögensmehrungen“. Er verkennt, dass die Anerkennung einer Ausgleichspflicht gerade davon abhängt, ob sich eine Vermögensmehrung – was wegen der damit verbundenen Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts nicht ohne weiteres zu bejahen ist – „ohne rechtlichen Grund“ vollzogen hat. 11 Zitiert nach Aeby, a. a. O., Seite 15. Ähnlich Kaehler, a. a. O. Seite 257. „Eines der Ergebnisse, zu denen das Prinzip der persönlichen Freiheit im Privatrecht geführt hat, ist der allgemeine Grundsatz, daß niemand in der Lage sein soll, sich einen anderen zu verpflichten, ohne daß dieser andere zugestimmt hat.“

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

wenn der Eingreifende meint, zugunsten eines anderen tätig zu werden und diesem einen Gefallen zu tun.12 In diesem Sinne bestimmte § 228 des ersten Teils, Zweiter Abschnitt des Preußischen Allgemeinen Landrechts von 1794 ausdrücklich: „In der Regel ist Niemand befugt, sich in die Geschäfte eines Andern ohne dessen Auftrag oder ein anderes besonders durch ausdrückliche Gesetze ihm beigelegtes Recht zu mischen.“13 Bereits den Digesten ist die Sentenz zu entnehmen: „culpa est immiscere se rei ad se non pertinenti.“14 Dementsprechend beschränken sie die Geschäftsführungsklage auf das Handeln für Personen, die wegen ihrer Abwesenheit ihre Angelegenheiten nicht eigenverantwortlich zu regeln vermögen oder deren wirklicher Wille nicht ermittelt werden kann: „Ulpianus libro decimo ad edictum – Hoc edictum necessarium est, quoniam magna utilitas absentium versatur, ne indefensi rerum possessionem aut venditionem patiantur vel pignoris distractionem vel poenae committendae actionem, vel inuria rem suam amittant.“15 cc) Schränkt die Anerkennung eines Ausgleichs zugunsten des Eindringlings die Freiheit des „Bereicherten“ ein, in eigener Verantwortung und unter Ausschluss Außenstehender zu entscheiden, von wem und zu welchem Zweck er einen bestimmten in Geld auszudrückenden Vorteil erwerben möchte, so zwingt diese Erkenntnis dazu, die Billigkeitsformel, dass derjenige, der den Nutzen hat, auch den Aufwand tragen soll16, zu präzisieren und einzuschränken. 12

Das betont in besonderer Weise und vollkommen zutreffend Josef, GruchB 50 (1906), Seite 215, 224, 228. 13 Zitiert nach C.F. Koch, Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten, 1. Theil, 2. Band, 4. Auflage (1870). Vgl. dazu auch treffend Ruge, a. a. O., Seite 53, wo es bezogen auf die Verwendungsersatzregelungen des ALR heißt: „Es tritt . . . deutlich ein Gedanke hervor, der auch den Titel ,Übernehmung fremder Geschäfte ohne vorherigen Auftrag‘ beherrscht, nämlich der Gedanke, dass die Vornahme von Verwendungen an fremder Sache ohne besondere Ermächtigung dazu eine unerlaubte oder wenigstens unerwünschte Handlung sei.“ 14 Dig. 50. 17. 36. Pomp. 27 ad Sab.; „Pomponius im 27. Buch zum Edikt des Sabinus: Es ist ein Verschulden, wenn Jemand sich in eine Sache mischt, welche ihn nichts angeht“ (zitiert nach Otto/Schilling/Sintenis). 15 Dig. 3. 5. 1. (Hervorhebung durch Verf.). Die deutsche Übersetzung lautet (nach Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler, a. a. O.): „Ulpian im 10 Buch zum prätorischen Edikt – Dieses Edikt ist notwendig, weil für Abwesende ein großes Interesse daran besteht, daß sie nicht, weil gerichtlich nicht verteidigt, die Inbesitznahme ihres Vermögens oder dessen Verkauf oder die Veräußerung eines Pfandes oder die Klage wegen einer verfallenden Vertragsstrafe hinnehmen müssen oder zu Unrecht eine ihnen gehörende Sache verlieren.“ Eine knappe Betrachtung des klassischen römischen Rechts findet sich bei Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 4 f. 16 Zitiert nach Oppermann, AcP 193, Seite 497, 509.

1. Der Grundsatz: Der Schutz der Willensfreiheit

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Freilich können die Eingriffe in die fremde Rechtssphäre von unterschiedlicher Intensität sein und dementsprechend unterschiedliche Sanktionen zur Folge haben: Während der gutgläubige, unverklagte Besitzer vom Eigentümer die zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Sache erforderlichen Vermögensopfer ersetzt verlangen kann, besteht die Aufwendungskondiktion17 des verklagten oder bösgläubigen (Eigen-)Besitzers in Höhe des an der Sache eingetretenen und noch vorhandenen Wertzuwachses, wenn dieser gegen den Willen des Eigentümers bewirkt worden ist, §§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB.18 Auf diese Weise genießt der bösgläubige bzw. verklagte (Eigen-)Besitzer einen geringeren Schutz als der gutgläubige, der die erbrachten Vermögensopfer – sofern sie angemessen waren – in vollem Umfang auf den Eigentümer überwälzen kann.19 Den bereicherungsrecht17

Anders als bei unmittelbarer Anwendung des § 684 BGB im Rahmen der echten, unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag zielt der Anspruch aus §§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB nicht auf die Herausgabe des Verwendungserfolgs in Natur, sondern ausschließlich auf geldlichen Ersatz (siehe dazu unten V. 2. c) aa) (a) (3), Seite 477); ist dem Besitzer an verwendeten Materialien gelegen, muss er sein Wegnahmerecht ausüben. Zur Rechtsfolge des § 684 Satz 1 BGB im Bereich der echten unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag siehe im Einzelnen unten V. 2. b) dd), Seite 416 ff. 18 Fraglich ist, ob der Anspruch des Besitzers aus §§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB auf den von ihm aufgewendeten Geldbetrag (d.h. seine Aufwendungen) zu begrenzen ist. Der entscheidende Gesichtspunkt für das Verbot einer Besserstellung des bösgläubigen gegenüber dem gutgläubigen Besitzer dürfte sein, dass die Verwendungsersatzansprüche nach §§ 994 ff. BGB im Ausgangspunkt auf den geldlichen Ausgleich einer eingetretenen oder vom Gesetz unterstellten Bereicherung, bewirkt durch eine objektive Geschäftsführung des Besitzers für den Eigentümer, zielen (siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. c) bb), Seite 487 ff.). Wegen des objektiven Eingriffs in fremde Dispositionen (§ 903 BGB) kann der Besitzer nicht besser gestellt sein als jemand, der fremdnützig und mit Rücksicht auf den Willen und das Interesse des Berechtigten gehandelt und dafür den Ersatz seiner Vermögensopfer zu verlangen vermag (§§ 683 Satz 1, 670 BGB). Wertsteigerungen, die über den Betrag der Verwendungen hinausgehen, fallen dem Eigentümer mithin ausgleichslos zu. Widersprach die Verwendung dem Willen oder Interesse des Eigentümers, so soll die Verweisung auf die Vorschrift des § 684 BGB mithin gewährleisten, dass wenigstens der an der Sache eingetretene Vermögenszuwachs ausgeglichen wird. 19 Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 994 Rdnr. 26 spricht im Zusammenhang mit dem bösgläubigen Besitzer von einer „Ausgleichserschwerung“. Entgegen der Ansicht von Gursky ist die Verweisung des § 994 Abs. 2 BGB nicht auf die Aufwendungsersatzansprüche aus §§ 683 Satz 1, 684 Satz 2 und 679, jeweils i.V. m. § 670 BGB, zu beschränken, sondern umfasst auch eine Bereicherungshaftung des Eigentümers aus § 684 Satz 1 BGB, begrenzt auf den Betrag der Investitionen: Für die Auffassung von Gursky geben der Wortlaut, der Wille des Gesetzgebers und die Systematik des Gesetzes keinerlei Anhaltspunkte. Gursky verteidigt die Beschränkung mit einem „schwerwiegenden Wertungswiderspruch“, der im Verhältnis zu der Bestimmung des § 996 BGB aufträte, wenn der bösgläubige bzw. verklagte Besitzer dem Eigentümer wissentlich eine unerwünschte Leistung gegen Entgelt aufdrängen könne (a. a. O.). Dieser „Wertungswiderspruch“ ist indessen nicht zu erkennen, weil die Erstattung bloß nützlicher Verwendungen insgesamt betrachtet anderen Regeln folgt als der Ersatz notwendiger Maßnahmen: Die Erhaltung und

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

lichen Ausgleich der Wertsteigerung20 von notwendigen Verwendungen kann der bösgläubige Besitzer jedoch selbst dann verlangen, wenn ihm der entgegenstehende Wille des Eigentümers bekannt war.

b) Der aus dem Gesichtspunkt des Selbstbestimmungsrechts zu gewährende Aufdrängungsschutz ist auch auf den Erwerb einer Forderung zu beziehen: Schließt jemand einen Vertrag zugunsten eines Dritten (§ 328 BGB), so kann der Begünstigte das erworbene Recht dem Versprechenden gegenüber zurückweisen, § 333 BGB. Die Regelung beruht auf dem Gedanken, dass niemand gegen seinen Willen ein Rechtserwerb aufgezwungen werden soll.21 Dieser Grundsatz zeigt sich auch in der Vertragsnatur des Erlasses (§ 397 BGB) und der Schenkung (§ 516 Abs. 2 BGB) sowie in der Befugnis, ein angefallenes Erbe auszuschlagen (§ 1942 BGB). Schließlich lassen sich auch die Modalitäten der Stellvertretung, der §§ 164, 177 BGB, im weiteren Sinne als Aufdrängungsschutz deuten: Sie schützen den Vertretenen vor der Bindung aus einer Willenserklärung, die ein Vertreter – aus welchen Beweggründen auch immer – unbefugt, d.h. ohne Vertretungsmacht bzw. spätere Genehmigung der Erklärung, abgegeben hat.

2. Die exakte Bestimmung des ausgleichsfähigen „Vorteils“ Der Ausgleich sogenannter aufgedrängter Bereicherungen kreist um den geldlichen Ausgleich von Vorteilen, die ohne oder gegen den Willen des „Bereicherten“ entstanden sind.22 Die Frage des Aufdrängungsschutzes stellt sich mithin nur außerhalb von wirksamen Vereinbarungen, die das Entstehen des Vorteils zum Gegenstand haben. Wiederherstellung einer fremden Sache begründet im allgemeinen weiterreichende Ansprüche als ihre bloße Verbesserung. Dass notwendige Verwendungen in weiterem Umfang auszugleichen sind als bloß nützliche Investitionen, erweist die Bestimmung des § 996 BGB: Der gutgläubige Eigenbesitzer kann andere als notwendige Verwendungen mit dem Betrag seiner Aufwendungen ersetzt verlangen, dies allerdings begrenzt auf den noch vorhandenen Wertzuwachs der Sache. Siehe dazu noch unten V. 2. c) aa) (a) (3), Seite 477. 20 Im Schrifttum heißt es hierzu, dass der Besitzer bezogen auf den Ersatz von nützlichen Verwendungen nicht besser gestellt sein dürfe als im Hinblick auf notwendige Vermögensopfer (MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 996 Rdnr. 6 m. w. N.). 21 Palandt/Heinrichs, 62. Auflage, § 333 Rdnr. 1. 22 In diesem Sinne etwa v. Rittberg, a. a. O., Seite 2: „Wie . . . noch darzulegen sein wird, tritt das Problem der aufgedrängten Bereicherung nicht nur im Bereich des Verwendungsersatzes oder Kondiktionsrechts auf, sondern erfaßt alle Fälle, in denen wider Willen erlangte Vermögensvorteile nur durch Wertersatz ausgeglichen werden können.“ Ebenso etwa Feiler, a. a. O., Seite 3.

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Wodurch „Vorteile“ entstehen und inwieweit sie einer geldlichen Festlegung zugänglich sind, soll Gegenstand der folgenden Ausführungen sein. a) Gegenständliche und nichtgegenständliche Vorteile – ein Überblick Bevor die Frage beantwortet werden kann, ob jemand einen Vermögensvorteil durch Zahlung eines Geldbetrags auszugleichen verpflichtet ist, muss festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen von „Vermögensvorteilen“ im Sinne der aufgedrängten Bereicherung die Rede sein kann. Als solche kommen – unabhängig von der Frage der personalen Zuordnung – alle Positionen in Betracht, die einem rechtlich gebilligtem Güteraustausch zugänglich sind, für die es, mit anderen Worten ausgedrückt, einen (von der Rechtsordnung akzeptierten) Markt gibt.23 Dazu gehören zunächst körperliche Sachen (sofern sie verkehrsfähig sind), aber auch ungegenständliche Güter, sofern sie zum Gegenstand eines Werk- oder Dienstvertrags, eines Geschäftsbesorgungsvertrags oder eines Auftrags gemacht werden können. Keine geldwerten Vorteile sind – zumindest nach gegenwärtigem Verständnis – nicht verkehrsfähige Sachen24 und Körperteile (Nieren etc.), obgleich mit letzteren, darf man der Tagespresse Glauben schenken, ein dubioser Handel betrieben wird.25 23 Treffend hebt Fischer, Festschrift für Rosenthal, Seite 1, 10, hervor, dass dem Vermögensrecht die Veräußerlichkeit notwendig innewohnt; ebenso – bezogen auf das römische Recht – Birkmeyer, a. a. O., Seite 148: „Das Eigenthum war . . . anfänglich auch das einzige Recht von Tauschwert; denn nur was beliebig von Einem auf den Andern übertragen werden kann, hat Tauschwert. Nach beiden Seiten hin also qualificirte sich ursprünglich nur das Eigentumsrecht als Vermögensrecht“. Sieht man einmal von der personalen Zuordnung eines geldwerten Gutes ab, lässt sich mit J. Kohler, Archiv für Bürgerliches Recht, Band 22, Seite 1, 6 formulieren: „. . . das Vermögen ist eine tatsächliche Einheit, zusammmengehalten durch die Einheit der Wirtschaft“. 24 Beispielsweise Ausweispapiere. Eine Ausnahme gilt, wenn die Verkehrsfähigkeit der Sache kraft Entwidmung durch den Eigentümer hergestellt werden kann; in diesen Fällen ist der mögliche Verkehrswert zu schätzen. 25 Abweichend die Vertreter der ökonomischen Analyse des Rechts, nach deren Auffassung als „wirtschaftlicher“ Schaden die Einbuße jeder Position zu bezeichnen ist, die sich der Betroffene ohne Entgelt nicht abkaufen lassen würde (siehe dazu U. Magnus, a. a. O., Seite 25 m. w. N.). Da sich niemand „for nothing“ von seinem Ohr oder seiner Zunge trenne, sei ihr Verlust ein wirtschaftlicher (wenn auch kein Vermögens-) Schaden. Diese Betrachtungsweise, die eine gekünstelte Unterscheidung zwischen „wirtschaftlichem Schaden“ und „Vermögensschaden“ trifft, müsste dazu führen, dass die entsprechenden Körperteile als „wirtschaftliche“ Vorteile desjenigen zu gelten hätten, der über sie verfügt. Zu den Möglichkeiten und Grenzen des „Organhandels“ aus ökonomischer Sicht siehe H. Hansmann, Journal of Health Politics, Policy and Law, vol. 14, No. 1 (1989).

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Da der geldliche Wert der (körperlichen oder unkörperlichen) Objekte des wirtschaftlichen Verkehrs durch den Güteraustausch selbst festgelegt wird, kann ein „Vermögensvorteil“ nicht unabhängig von den Subjekten bestimmt werden, die an diesem Austausch teilnehmen.26 Sie beziffern kraft ihrer konkreten Vereinbarung den Wert des Vorteils und begründen gleichzeitig ein grundsätzlich veräußerliches und damit geldwertes Recht auf seine Verschaffung.27 aa) Bezieht sich der Güteraustausch auf die dauerhafte Überlassung einer beweglichen oder unbeweglichen Sache, so ist das von dem Austausch losgelöste Recht an der Sache bei genauer Betrachtung einer geldlichen Bewertung entzogen: Der bezifferbare Wert des Eigentums lässt sich nicht aus der Befugnis gewinnen, die Sache nach Belieben zu gebrauchen und andere von der Einwirkung fernzuhalten (§ 903 BGB), sondern erschließt sich aus dem erzielten oder zumindest erzielbaren Veräußerungserlös, d.h. aus der (wirklichen oder hypothetischen) Vereinbarung, das Recht an der Sache gegen Zahlung eines Entgelts zu verschaffen.28 Die Befugnis, mit der Sache nach eigenem Gutdünken zu verfahren, ist selbst dann als vorteilhaft zu bewerten, wenn jedes Affektionsinteresse an ihr fehlt29: Zum einen kann sich dieses Interesse zu einem späteren Zeitpunkt bilden, und zum anderen besteht die Möglichkeit, die Sache zum Gegenstand eines Rechtsgeschäfts zu machen.30

26 Insoweit ist festzustellen, dass es zwar subjektlose Sachen in Gestalt von derelinquierten Gegenständen, aber kein subjektloses Vermögen gibt. 27 Vgl. dazu Rüthers, a. a. O., § 12 I, Rdnr. 138: „Das Vermögen ist die begriffliche Zusammenfassung der geldwerten Rechte, die einer bestimmten Person zustehen.“ Diese Formulierung verengt den Begriff des Vermögens auf die Rechtsinhaberschaft. Bietet beispielsweise jemand seine Arbeitsleistung verbindlich gegen Zahlung eines Entgelts an, so stellt diese – obgleich die Arbeitskraft als solche nach überwiegender Ansicht kein „Recht“ ist – ein geldwertes Gut dar (siehe dazu unten Fußnote 196). Dieses Gut wird durch Erfüllung der Zusage in das Vermögen des Gläubigers transferiert. 28 Der erzielbare Veräußerungserlös wird bei vermietbaren Immobilien wesentlich durch die jährlichen Miet- oder Pachtzinserträge bestimmt. 29 Beispielsweise Sachen in einem Fundbüro, die nach Ablauf einer bestimmten Aufbewahrungsfrist wegen des Desinteresses ihrer Eigentümer der Vernichtung harren. 30 Ausnahmsweise begründet der Eigentumserwerb keinen in Geld bestimmten Vermögensvorteil: wenn nämlich das Recht an einer Sache ohne Verkehrswert entsteht. Zutreffend hebt Lieb im Münchener Kommentar, § 812 Rdnr. 287 hervor, dass auch eine Sache ohne Verkehrswert, d.h. an einem Gegenstand, der lediglich durch sein Affektionsinteresse charakterisiert wird, einen „Vorteil“ darstellt. Er kann Gegenstand einer Kondiktion sein kann. Ist die Herausgabe oder Rückübereignung einer solchen Sache unmöglich, entsteht freilich keine Verpflichtung des Schuldners zum Geldersatz (§ 818 Abs. 2 BGB). Der Schutz des Gläubigers vor „aufgedrängter Bereicherung“ durch Verwendungen ist hier nicht zu erwägen.

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Der geldliche Wert des Eigentums (sein „Tauschwert“) ist mithin, um es mit einer knappen Wendung auszudrücken, anhand des (vereinbarten oder hypothetischen) Rechts auf die Sache zu ermitteln.31 Der Wert des Anspruchs auf die Sache ist indessen nicht – gewissermaßen in umgekehrter Richtung – mit dem Wert des (noch nicht erworbenen!) Eigentums gleichzusetzen: Sofern der Erwerb von einer Gegenleistung abhängig und diese noch nicht bewirkt worden ist (§ 320 BGB), mindert sich der Wert des Anspruchs, gerichtet auf Übertragung des Eigentums, um den Wert eben dieser Gegenleistung.32

Entsprechendes gilt für beschränkt dingliche Rechte33 und die Inhaberschaft an Forderungen.34 bb) Ob eine Tätigkeit, die nicht mit einem Erwerb von Rechten verbunden ist (d.h. ein nichtgegenständliches Gut), von demjenigen, auf den sie bezogen ist, als vorteilhaft oder nachteilig zu qualifizieren ist, hängt von der persönlichen Bewertung des Betroffenen ab: Was der eine als störende Einmischung empfindet, mag einem anderen gleichgültig sein oder durchaus gelegen kommen. Die Einschätzung einer (ihrer Natur nach unwiederholbaren) Handlung als nutzbringend kann sich auf dreierlei Weise vollziehen: Ihre Vornahme kann mit dem anderen Teil (wirksam oder unwirksam) vereinbart werden, sie kann durch den „Bereicherten“ auf andere Weise zurechenbar veranlasst worden sein35 oder zumindest im nachhinein als vorteilhaft bewertet werden. Man bilde den einfachen Fall, dass jemand einem anderen die Haare schneidet: Geschieht dies ohne dessen Zustimmung, so handelt es sich um eine Körperverletzung36; bei einvernehmlichem Handeln wird indessen eine Dienstleistung bewirkt.

Sodann ist – in einem zweiten gedanklichen Schritt – der geldliche Wert der akzeptierten Tätigkeit festzulegen: Er ist ausgedrückt durch die verein31

Siehe dazu noch sogleich unter III. 2. c), Seite 91. Zur geldlichen Bewertung von Forderungen siehe sogleich unter III. 2. b), Seite 89. 33 Im Hinblick auf ein (nicht übertragbares) Rechtsgut verschließt sich die Trägerschaft einer geldlichen Bewertung. 34 Bei nicht übertragbaren Forderungen (§§ 399, 400 BGB) ist die Inhaberschaft geldlich nicht zu bewerten. 35 Als Beispiel führe ich den Fall an, dass Bauherr A den Mitarbeitern des Bauunternehmers B wahrheitswidrig vorspiegelt, sie hätten auf seiner Baustelle Arbeiten zu verrichten. Kommen die Mitarbeiter des B der Aufforderung des A in gutem Glauben nach, so hat A einen Einsatz des B veranlasst, den er zum Gegenstand eines Werkvertrags hätte machen müssen. 36 Als Verletzung des Körpers ist die Beeinträchtigung der körperlichen Integrität zu verstehen; nicht vorausgesetzt ist ein Krankheitsbild oder ein Eingriff in die körperliche Substanz (Larenz/Canaris, a. a. O., § 76 II 1, Seite 377 m. w. N.; Lackner/ Kühl, Strafgesetzbuch § 223 Rdnr. 4 m. w. N.). 32

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

barte Gegenleistung oder – in Ermangelung einer wirksamen Übereinkunft – durch das übliche oder angemessene Entgelt. Dies gilt auch im Falle der Zuwendung eines nichtgegenständlichen Vorteils kraft unwirksamer oder nichtiger Schenkung: Der vermeintliche Schenker ist an sein Versprechen, dem anderen Teil einen (marktfähigen) Vorteil unentgeltlich zuzuwenden, nicht gebunden. Daraus folgt, dass dem vermeintlich Beschenkten der „Tauschwert“ der Zuwendung zufließt; er ist im Ausgangspunkt verpflichtet, für den erlangten Vorteil den Geldbetrag zu zahlen, den der Schenker kraft einer Entgeltvereinbarung üblicherweise hätte verlangen können (§ 818 Abs. 2, 1. Fall BGB). Der Einwand, er hätte den vermeintlich geschenkten Vorteil nicht entgeltlich erworben und also keinen geldwerten Zuwachs erlangt, ist bei der Wertfestsetzung schon deshalb nicht zu berücksichtigen, weil dies eine faktische Bindung des Zuwendenden an die Schenkung bedeutete. Aus diesem Grunde ist eine „Subjektivierung“ des Wertbegriffs in dem Sinne, dass für die Bemessung der (konkrete) Gebrauchswert, nicht aber der (abstrakte) Tauschwert maßgeblich sein soll, abzulehnen. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob der Bereicherte die Zahlung eines fiktiven Entgelts mit dem Einwand der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) abzuwehren vermag.37

Eine nachträgliche „Tauschpflicht“ ist freilich nur demjenigen aufzuerlegen, der ein entsprechendes „Tauschgeschäft“ hätte eingehen können. Wertersatz in Höhe der üblichen Gegenleistung schuldet, mit anderen Worten ausgedrückt, nur derjenige, der entweder geschäftsfähig ist oder dessen gesetzlicher Vertreter einem rechtsgeschäftlichen Erwerb des Vorteils zugestimmt hätte.38 cc) Bei der Bestimmung eines „Vermögensvorteils“ ist mithin zwischen gegenständlichen und nicht gegenständlichen Vorteilen zu unterscheiden: Während Rechte jeglicher Art unabhängig von der Art ihres Erwerbs schon deshalb als objektiv vorteilhaft zu bewerten sind, weil sie kraft Rechtsgeschäfts auf Dritte übertragen werden können, ist die Anerkennung einer Handlung als „vorteilhaft“ von der Akzeptanz durch den unmittelbar Betroffenen abhängig. Ob die Vornahme einer Handlung (beispielsweise die Enttrümmerung einer Immobilie39 oder die Ermittlung der gesetzlichen Erben40) einen Vorteil begründet, wenn der von ihr Begünstigte später erklärt, er habe sie selbst oder durch eine 37 Zum Regelungsgehalt des § 818 Abs. 3 BGB siehe eingehend unten unten V. 2. d) aa) (d) (2) (aa) und (bb), Seite 547 ff. 38 Zu der Frage, inwieweit ein beschränkt Geschäftsfähiger geldwerte Vorteile zu erlangen vermag, siehe eingehend unten III. 3., Seite 175 ff. 39 BGHZ 39, Seite 186. Siehe zu dieser Entscheidung oben II. 2. d) bb), Seite 54 ff.

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andere Person ausführen lassen wollen, ist zweifelhaft: Hier verbinden sich Vorund Nachteil zu einer untrennbaren Einheit. Der Nachteil, ausgedrückt durch die Verletzung der Freiheit, sich einen Vertragspartner nach Belieben auszusuchen, verbietet zumindest die geldliche Festlegung des Vorteils: Die dem „Bereicherten“ gewissermaßen „in den Schoß“ gefallene Tätigkeit hätte eben nicht zum Gegenstand eines mit dem Anspruchsteller zu schließenden Werk- oder Geschäftsbesorgungsvertrags gemacht werden müssen.41 Sollte sich der Betroffene freilich auf sein Selbstbestimmungsrecht nur berufen, um einer geldlichen Ausgleichspflicht zu entgehen, kann sein Vorbringen aus dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) unbeachtlich sein.42

b) Forderungen als geldwerte Vorteile Unter den Begriff des „Vermögensvorteils“ sind zunächst (rechtsgeschäftlich oder kraft Gesetzes erworbene) Forderungen zu fassen. aa) Dass die Inhaberschaft einer übertragbaren Forderung einen Vorteil begründet, bedarf keiner näheren Erläuterung: Sie bietet dem Berechtigten die Chance, sein aktuelles Vermögen durch entgeltliche Übertragung des Rechts zu vermehren. Der geldliche Wert dieses Vorteils hängt davon ab, welchen Preis ein beliebiger Dritter für den Erwerb der Forderung zu zahlen bereit wäre.43 bb) Hiervon zu unterscheiden ist der Wert der Forderung bezogen auf ihre Durchsetzung, d.h. die geldliche Bewertung der Möglichkeit, von dem 40 BGH NJW 2000, Seite 72. Der Bundesgerichtshof hatte über den Vergütungsanspruch eines „Erbensuchers“ zu befinden, der anhand einer im Bundesanzeiger veröffentlichten Aufforderung des Nachlassgerichts zur Anmeldung von Erbrechten (§ 1965 BGB) zwei Halbgeschwister des Erblassers als Erben ermittelt hatte. Einer der beiden Erben, der Beklagte, hatte den Abschluss einer Honorarvereinbarung mit dem Kläger abgelehnt, den Nachlass jedoch kraft dessen Informationen selbst ausfindig gemacht. 41 Im Ergebnis ebenso der Bundesgerichtshof (a. a. O., Seite 73): „Der Erbensucher verschafft sich durch seine Ermittlungstätigkeit das Material, das er den Erben gegen Entgelt überlassen, mit den Worten des Klägers ,verkaufen‘ will. Eigene Aufwendungen im Vorfeld eines Vertragsschlusses bleiben aber, sofern es nicht zu einem Abschluß kommt, nach den Regeln des Privatrechts unvergütet. . . . Insofern liegt es anders als bei der Erfüllung unerkannt nichtiger Verträge . . . In derartigen Fällen entspricht der Leistungsaustausch dem geäußerten tatsächlichen Willen der Vertragsschließenden. Aus den genannten Gründen kennt die Privatrechtsordnung grundsätzlich auch keine Pflicht zur Vergütung ungefragt überlassener . . . Informationen; ein Entgelt dafür ist vielmehr lediglich auf vertraglicher Grundlage zu zahlen.“ (Hervorhebung durch Verf.) 42 Die Darlegungs- und Beweislast für das rechtmissbräuchliche Verhalten des Geschäftsherrn liegt beim Anspruchssteller: Er muss das Gericht letztlich davon überzeugen, dass sein Handeln dem Willen des Anspruchsgegners entsprach. 43 Man mag insoweit den Begriff des „Verkehrs- oder Marktwertes einer Forderung“ verwenden.

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Schuldner – nötigenfalls mit gerichtlichem Zwang – Befriedigung zu erlangen. Hierzu ist festzustellen: (a) Der Wert einer fälligen Geldforderung ist – sofern die Liquidität des Schuldners nicht substantiiert bestritten und ihre Geltendmachung nicht von einer Gegenleistung (§ 320 BGB) abhängig ist – mit dem Nennwert zu beziffern. (1) Bei der Festlegung eines gegebenenfalls vorzunehmenden Abschlags wegen möglicher Illiquidät des Schuldners gibt das Bilanzrecht eine Richtlinie: Hier gilt für Forderungen der Grundsatz der Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB). Danach ist zunächst zu prüfen, ob nicht wegen mangelnder Zahlungsfähigkeit des Schuldners oder bei Forderungen, die aus anderen Gründen kaum durchsetzbar sind, Einzelwertberichtigungen vorzunehmen sind. In der Praxis werden Forderungen mit gleichartigen Risiken vielfach zu Gruppen zusammengefasst. Die in den einzelnen Gruppen liegenden Risiken werden durch pauschale Abschläge berücksichtigt, die sich an den Erfahrungen der Vergangenheit und erkennbaren neuen Risiken orientieren.44 (2) Sollte eine Gegenleistung geschuldet sein, mindert sich der Wert einer Forderung um den Wert des Anspruchs auf die Gegenleistung. So ist der Anspruch des Verkäufers auf Zahlung eines Kaufpreises von beispielsweise 10.000 Euro nicht mit diesem Betrag anzusetzen, solange die Übereignung der Kaufsache noch aussteht. Mit anderen Worten ausgedrückt: Die synallagmatische Verknüpfung der Rechte (§ 320 BGB) bewirkt, dass sich die Werte der wechselseitigen Forderungen gegeneinander verhältnismäßig aufheben. Erst wenn eine Partei ihren Gläubiger befriedigt hat, ist ihr eigener Anspruch – die Leistungsfähigkeit des anderen Teils unterstellt – mit dem Wert der Gegenleistung zu beziffern. Hat also – um das angeführte Beispiel fortzuführen – der Verkäufer die Sache an den Käufer übereignet, so ist der Wert seines Anspruchs in Höhe des vereinbarten Kaufpreises festzusetzen. (b) Der Vermögenswert von Ansprüchen, die nicht auf die Zahlung einer Geldsumme gerichtet sind und deren Wert nicht in Höhe der Gegenleistung fixiert werden kann, gestaltet sich teilweise schwierig und ist allenfalls durch eine Schätzung festzulegen: Welchen in Geld auszudrückenden Wert hat etwa der Anspruch auf unentgeltliche Nutzung eines fremden Immaterialgüterrechts oder unentgeltliche Verwertung eines fremden Persönlichkeitsrechts?45 44

Siehe zum Ganzen Adler/Düring/Schmaltz, a. a. O., Rdnr. 533 und 54. Die geldliche Bewertung des Anspruchs ist hier nicht zu vermengen mit der Frage, welcher Wert der Nutzung oder Verwertung fremder Rechte oder Rechtsgüter zukommt: Die Nutzung ist wie eine „faktische (möglicherweise ungewollte!) Vorleis45

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Unproblematisch ist dagegen der Wert von Forderungen zu bestimmen, durch die sich der Schuldner verpflichtet, den Gläubiger von Verbindlichkeiten zu befreien: Sie sind zwar nicht auf Zahlung gerichtet, aber dem Wert der Verbindlichkeit gleichzusetzen, auf die sich das Versprechen der Befreiung bezieht. Als Beispiel sei in Anlehnung an ein Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts aus dem Jahre 199746 der Fall gebildet, dass ein Brautvater sich bereit erklärt, die Kosten für eine „Traumhochzeit“ seiner Tochter zu übernehmen. Deutet man dieses Versprechen als Zuwendung einer Forderung an die Brautleute, gerichtet auf Freistellung von allen erforderlichen Verbindlichkeiten, die zum Zwecke der Hochzeit begründet werden (Miete der geeigneten Räumlichkeiten etc.), und betragen diese Verbindlichkeiten 10.000 Euro, so ist der Vorteil der Erfüllungsübernahme mit 10.000 Euro zu beziffern.47 Ist die Forderung der Brautleute durch Erfüllung erloschen und sollte sich anschließend herausstellen, dass der Brautvater sein Versprechen „ohne rechtlichen Grund“ zugewendet hatte48, so ist ihm im Ausgangspunkt – vorbehaltlich des Einwandes der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) – Wertersatz in Höhe von 10.000 Euro zu leisten.

(c) Der Wert von Ansprüchen, die auf die unentgeltliche Übereignung einer Sache zielen, ist mit dem Wert der betreffenden Sache anzusetzen. Insoweit sind – nicht anders als bei der Geldforderung – der Anspruch auf die Sache und dessen Erfüllung gleichzusetzen. Eine Wertberichtigung ist angezeigt, wenn die Erfüllung durch den Schuldner unsicher ist. c) Dingliche Rechte, insbesondere das Eigentum, als Vermögensvorteile Der Wert des Eigentums als der rechtlich verbürgten und im Prinzip uneingeschränkten Herrschaft über eine Sache, wird im Falle der Veräußerung durch den vereinbarten Kaufpreis, in Ermangelung einer solchen Abrede tung“ desjenigen zu bewerten, der das ihm zugewiesene Gut zum Gegenstand eines entgeltlichen Geschäfts hätte machen können. Siehe – bezogen auf die Frage eines finanziellen Ausgleichs kraft der sog. Eingriffskondiktion – zur Wertbemessung im Falle der Nutzung fremder Urheber- und Immaterialgüterrechte Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, § 818 Rdnr. 29 m. w. N. 46 Veröffentlicht in MDR 1998, Seite 1033. 47 Nicht anders verhält es sich, wenn der Brautvater seine Schuldversprechen dadurch „erfüllt“, dass er die entsprechenden Verbindlichkeiten selbst begründet. 48 In dem vom Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht entschiedenen Sachverhalt war bekannt geworden, dass der Bräutigam im Zeitpunkt der Vermählung bereits intime Kontakte zu einer anderen Frau unterhalten hatte. Zwei Monate nach der Hochzeit war die Ehe geschieden worden. Die Inanspruchnahme des Bräutigams durch seinen (ehemaligen) Schwiegervater aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall, 818 Abs. 2, 2. Fall BGB vermochte dieser – die Rechtsgrundlosigkeit des Forderungserwerbs kraft Anfechtung der Zuwendung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) unterstellt (!) – nicht mit dem Einwand der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) abzuwehren: §§ 142 Abs. 2 i.V. m. 819 Abs. 1 BGB.

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durch den Verkehrswert („Marktpreis“) der Sache festgelegt.49 Dieser ist zu begreifen als eine Objektivierung und damit eine für Dritte überprüfbare Umwandlung subjektiver Nutzenerwägungen.50 Der Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen und tatsächlichen Eigenschaften der Sache ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen ist.51 Seine Ermittlung beruht daher auf einer hypothetischen Annahme.52 Ist er mangels vergleichbarer Objekte nicht festzulegen, muss er nach § 287 ZPO geschätzt werden.53 49 Siehe oben III. 2. a) aa), Seite 86 sowie Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 818 Rdnr. 19. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ist der Substanzwert eines Gutes der „abdiskontierte Wert aller künftigen (abstrakten) Nutzungsmöglichkeiten, die aus dem Gut fließen“: Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, Seite 303 sub 7.4.4. Hat jemand Eigentum oder Besitz an Banknoten erworben, so ist der Wert dieses Vorteils durch den Nennwert festgelegt (statt aller Palandt/Heinrichs, 62. Auflage, §§ 244, 245 Rdnr. 4). 50 Ott/Schäfer, ZIP 1986, Seite 616, 622 sub 3. In diesem Sinne bereits Fischer, Festschrift für Rosenthal, Seite 1, 11: „Das Vermögensinteresse muß sich für die Mitwelt berechnen lassen, dazu bedarf es objektiver Vergleichsmomente. Ist das Interesse so subjektiv auf den Träger gestellt, daß äußere Vergleichsmomente fehlen (Affektionsinteresse), so haben wir es nicht mehr mit einem Vermögensinteresse zu tun.“ 51 Die Definition des Verkehrswertes ist der Vorschrift des § 194 BauGB entlehnt. In ähnlicher Weise bestimmt § 12 Abs. 1 Satz 2 des Hypothekenbankgesetzes vom 9. September 1998 (BGBl I, Seite 2675) den „Verkaufswert“ einer Immobilie: „Bei der Feststellung dieses Wertes sind nur die dauernden Eigenschaften des Grundstücks und der Ertrag zu berücksichtigen, welchen das Grundstück bei ordnungsgemäßer Wirtschaft jedem Besitzer nachhaltig gewähren kann.“ (Hervorhebung durch Verf.). Eine allgemeinere Definition des „gemeinen Wertes“ ist der Vorschrift des § 9 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes in der Fassung vom 1. Februar 1991 (BGBl I, Seite 229 ff.) zu entnehmen: „Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.“ Siehe zum Ganzen Baur/Stürner, a. a. O., § 36 I 5b, Rdnr. 42. Nach der angeführten Definition des Begriffs leuchtet die vom Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahre 1996 (NJW 1996, Seite 250) getroffene Unterscheidung zwischen dem „Zeitwert“ und dem „Verkehrswert“ einer vom Eigenbesitzer an den Eigentümer herauszugebenden Sache (a. a. O., Seite 251 sub B I 2b) nicht ein: Der Zeitwert bestimme sich danach, welchen Wert der Bereicherungsgegenstand „in der Hand des Empfängers“ (d.h. des Kondiktionsschuldners) zum jeweiligen Zeitpunkt habe. Bei der Bestimmung des Verkehrswertes sei demgegenüber zu berücksichtigen, dass der Bereicherungsgläubiger möglicherweise „auf seine Kosten die Sache zurücknehmen“, einen „anderen Interessenten ausfindig machen“ und einen „bereits gebrauchten Gegenstand weiterveräußern“ müsse. 52 In diesem Sinne – bezogen auf Immobilien – Simon/Kleiber, a. a. O., Seite 17 Randzeichen 1.59 m. w. N.

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aa) Der Wert des Eigentums ist unabhängig vom Nutzungswillen und der Nutzungsbereitschaft des Eigentümers zu bemessen: Er ist nicht an den Gebrauch gebunden, sondern verwirklicht sich durch die Veräußerung der Sache und entfällt mit ihrer Zerstörung oder ihrem Verbrauch.54 Bei einem Grundstück wird der Verkehrswert wesentlich durch die Ertragsfähigkeit beeinflusst.55 Ordnet das Gesetz den Ausgleich dieses abstrakten, weil vom individuellen Gebrauch und einer Wertvereinbarung unabhängigen Vorteils an, bleibt ein konkreter Nutzwert außer Betracht. Als Beispiel einer derartigen Anordnung sei die Bestimmung des § 996 BGB angeführt: Der unrechtmäßige gutgläubige Besitzer hat gegen den Eigentümer den Anspruch auf Ersatz der nützlichen, d.h. den Verkehrswert der Sache erhöhenden Verwendungen, und zwar unabhängig von der Frage, ob die Verbesserung für den Eigentümer einen konkreten Gebrauchsvorteil bietet.56 Bezweckte das Gesetz an dieser Stelle die Berücksichtigung individueller Eigentümerinteressen, müsste es den Ausgleich konsequenterweise nach dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag anordnen oder die Regelung vollständig entfallen lassen: Im Rahmen der §§ 677 ff. BGB entscheiden Interesse und Wille des konkreten Geschäftsherrn maßgeblich über Entstehen und Umfang seiner Verbindlichkeiten gegenüber dem Geschäftsführer. Entfiele die Regelung, könnte der Eigentümer die gegen ihn erhobenen Ansprüche wegen einer Verbindung von Sachen aus §§ 951, 812 BGB immerhin aus dem Gesichtspunkt der Eigentumsstörung abwehren, § 1004

53 Der Sachwert kann sich mit dem bloßen Materialwert decken (OLG Köln, VersR 1983, Seite 377). Zu der Frage, ob ein Gerichtsvollzieher aus eigenem Antrieb einen Sachverständigen beauftragen darf oder hierzu sogar verpflichtet ist, um den Wert von gepfändeten Sachen zu ermitteln, siehe Paschold, DGVZ 1995, Seite 52. 54 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, Seite 304 sub 7.4.5. Batsch, NJW 1969, Seite 1743, 1744 Fußnote 14a, charakterisiert das Eigentum als rechtliche Entscheidungsbefugnis (Gebrauchsbefugnis), die dem Berechtigten die Gebrauchsmöglichkeiten eröffne. Davon zu unterscheiden sei der konkrete Gebrauch, den der Unbefugte durch Ausübung der dem Berechtigten entzogenen Befugnisse erlange. Ähnlich Jürgen Kohler, a. a. O., § 6 C II 3, Seite 317: „Der Erwerb von Sacheigentum verschafft das ganze Spektrum eigentumsrechtlicher Verwertungsmöglichkeiten, die Zuwendung bloß miet- oder pachtweiser Sachnutzung eben nur eine auf Nutzung durch Gebrauch und evtl. durch Fruchtziehung konzentrierte Verwertungsgelegenheit.“ 55 Zutreffend Staudinger/Gursky, 13. Bearbeitung, § 951 Rdnr. 28. 56 Dass es sich bei den nützlichen Verwendungen um Vermögensopfer handelt, die den Verkehrswert der Sache erhöhen, legt überzeugend Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 996 Rdnr. 5 bis 10 (mit zahlreichen weiteren Nachweisen) dar. Zum „subjektiven Wertbegriff“ siehe im Einzelnen unten III. 2. j), Seite 151.

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Abs. 1 Satz 1 BGB.57 Diese Abwehr ist dem Eigentümer indessen kraft der Zahlungspflicht aus § 996 BGB von vornherein abgeschnitten.58 bb) Vollzieht sich ein Eigentumserwerb durch Verbindung zweier Sachen (§§ 946, 947 BGB), so ist das Vermögen des Erwerbers bei qualitativer Veränderung der zugefügten Substanz erweitert. Der Zuwachs an Befugnissen ist indessen nicht ohne weiteres als „Vorteil“ zu bezeichnen; die „Umgestaltung“ der Hauptsache kann zwar ihren Verkehrswert erhöhen, das Recht des Eigentümers, mit ihr nach Belieben zu verfahren, aber nachteilig berühren oder gar aufheben.59 Der objektiv messbare Vorteil kann durch den konkreten Eigentümer durchaus als Nachteil, nämlich als rechtswidrige Verletzung seiner Befugnis, mit der Sache nach Gutdünken zu verfahren (§ 903 BGB), bewertet werden.

Dessenungeachtet ist dem Eigentümer die Chance zugefallen, bei der Veräußerung der Sache einen erhöhten Preis zu erzielen.60 Die Erhöhung 57 Nach Ansicht von Picker ist die Dispositionsfreiheit eines Eigentümers nur „rein faktisch“, nicht aber „rechtlich“ betroffen, wenn durch Verbindung oder Vermischung (§§ 946, 947 BGB) ein Rechtserwerb „zu seinen Gunsten“ stattfindet: Zwar bewirke dieser Zuwachs, dass der Eigentümer der Hauptsache in seinen Gebrauchsmöglichkeiten eingeschränkt sei, aber diese Beeinträchtigung bestehe allein in „tatsächlicher“ Hinsicht. Da die störenden Substanzen nicht mehr im fremden Eigentum stünden, also nicht mehr als fremdes Recht respektiert werden müssten, sei der Eigentümer auch nicht rechtlich gehindert, „nach Belieben“ mit seinem Eigentum zu verfahren (Festschrift für Lange 1992, Seite 625, 649 sub bb.1.). Picker vermag m. E. nicht darzulegen, warum eine „rein tatsächliche“ Beeinträchtigung die (auch in „tatsächlicher Hinsicht“ gewährleistete!) Dispositionsfreiheit aus § 903 BGB unberührt lassen sollte: Sie ist zwar nicht in der Weise betroffen, dass der unerwünschte Zustand wegen rechtlicher Hindernisse nicht beseitigt werden kann. Um aber die Folgen der Beeinträchtigung ungeschehen zu machen, ist der Eigentümer in diesem Fall zu Maßnahmen, beispielsweise zum Abriss eines Gebäudes, gezwungen, die er sonst unterlassen hätte! Zur Deutung der Haftung aus § 1004 BGB durch Picker siehe im Einzelnen unten III. 6. e), Seite 197 ff. 58 Die Vorschrift des § 996 BGB wird, verglichen mit einem rein bereicherungsrechtlichen Ausgleich, dem Interesse des gutgläubigen Besitzers in besonderer Weise gerecht: Da sie die Vorteilhaftigkeit der Geschäftsbesorgung des Besitzers im Ausgangspunkt unwiderlegbar vermutet (§ 994 Abs. 1 BGB; siehe dazu eingehend unten V. 2. c) bb), Seite 487 ff., insbesondere V. 2. c) bb) (a) (3), Seite 493 ff.), ist das Recht des Eigentümers aufgehoben, den Ausgleich des Wertzuwachses mit dem Beseitigungsverlangen aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB abzuwehren. Zur Abwehr einer aufgedrängten Bereicherung kraft des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB siehe unten III. 6., Seite 191 ff. 59 Der Mieter eines Einfamilienhauses installiert seinen Bedürfnissen angepasste sanitäre Anlagen, die den Verkehrswert der Immobilie steigern, den Nutzungsvorstellungen des Eigentümers jedoch zuwiderlaufen. 60 Zur Ertragsfähigkeit als wertbestimmendem Faktor siehe Staudinger/Gursky, 13. Bearbeitung, § 951 Rdnr. 28; Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, § 818 Rdnr. 26 m. w. N.; BGHZ 10, Seite 171, 180 f. sub III; BGHZ 111, Seite 125, 131 sub 6. Da die Bestimmung des § 951 BGB an den Verlust des Eigentums auf der

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des Verkehrswertes stellt mithin – ob der Eigentümer eine Veräußerung will oder nicht – einen messbaren Vorteil dar, auf dessen Abschöpfung die Vorschrift des § 951 Abs. 1 Satz 1 BGB zielt.61 Angesichts der „Janusköpfigkeit“ des Zuwachses ist allerdings fraglich, ob der geldliche Ausgleich der betreffenden Chance davon abhängt, dass der Eigentümer der Hauptsache von der Beseitigung des Zuwachses Abstand nimmt.62 Hatte sich der Eigentümer vor der Verbindung den Besitz an den späteren Bestandteilen der Hauptsache verschafft oder war ihm die Sachherrschaft von dem Rechtsinhaber einvernehmlich übertragen worden, setzt die Kondiktion desjenigen, der den Rechtsverlust zu beklagen hat, die Vindikation (§§ 985, 986 BGB) fort.63

Da es bei der Bestimmung des Vorteils um den Ausgleich des Zuwachses an abstrakten Nutzungsbefugnissen geht, besteht dieser in der Wertsteigerung der Hauptsache: Die Chance, einen erhöhten Tauschwert zu realisieren, ist der Verwirklichung gleichzusetzen – in welcher Höhe sollte für die nicht realisierte Möglichkeit ein „Abschlag“ vorgenommen werden?64 Der Betrag, den eine beliebige Person einsetzen würde, um die Sache in ihrem umgestalteten Zustand zu erwerben, beziffert die Wertsteigerung. Die Vorschrift des § 951 BGB behandelt den bereicherungsrechtlichen Ausgleich eines (zumeist durch menschliche Handlung herbeigeführten) Zustandes. Sie zielt nicht auf den Wertersatz für die Vornahme einer Handlung, gleichgültig, ob diese einen und dessen Erwerb auf der anderen Seite anknüpft, besteht der Vergütungsanspruch des verlierenden Eigentümers maximal in Höhe des Verkehrswertes der Sachen, an denen der Rechtsverlust eingetreten ist (siehe dazu Staudinger/Gursky, 13. Bearbeitung, § 951 Rdnr. 30 m. w. N.; a. A. Soergel-Mühl, 12. Auflage, § 951 Rdnr. 16 m. w. N.). Es besteht kein Grund, den „Verlierenden“ besser zu stellen, als er im Falle der rechtsgeschäftlichen Übertragung seines Eigentums stünde. 61 Zutreffend betont Soergel/Mühl, 12. Auflage, § 951 Rdnr. 16, dass bei der Verbindung beweglicher Sachen mit einer Immobilie (§ 946 BGB) der bereicherungsrechtliche Anspruch nicht auf den Ersatz der einzelnen erbrachten wirtschaftlichen Leistungen (d.h. des Herstellungsaufwandes), sondern ausschließlich auf die Abschöpfung des mit dem Eigentumserwerb verbundenen Zuwachses zielt, ausgedrückt durch die Wertsteigerung der Hauptsache (§ 818 Abs. 2, 2. Fall BGB). In diesem Sinne bereits die Vorlagen der Redaktoren, Sachenrecht (Johow), Teil 1, Abschnitt 3, Titel 4, § 151, 4 a. E., Seite 956: „Nicht was dem Verlierenden entgangen, sondern der Betrag, um welchen das Vermögen des Gewinnenden ohne Grund vermehrt ist, kann gefordert werden.“ 62 Siehe dazu unten III. 6. c), Seite 195. 63 Stand dem Eigentümer der Hauptsache vor der Verbindung ein Anspruch auf Beseitigung der späteren Bestandteile aus § 1004 Abs. 1 BGB zu, so verdrängt dieser das Recht des Störers aus § 985 BGB; der Störer ist auf die Ausübung seines Wegnahmerechts aus §§ 951 Abs. 2, Satz 2, 997 BGB zu verweisen. Siehe dazu unten III. 2 f) aa), Seite 106, und dort Fußnote 119. 64 Zu der Frage, ob eine Ausgleichspflicht nur bei Anerkennung einer Obliegenheit zur Verwirklichung der Chancen (§ 254 BGB in entsprechender Anwendung) anzuerkennen ist, siehe oben II. 2. c) cc), Seite 46.

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durch die Zusage einer Gegenleistung motiviert oder als uneigennützige Geschäftsbesorgung zu qualifizieren ist.65 Dementsprechend ist die für den Vorteil des Eigentumszuwachses zu leistende Zahlung nicht mit dem Betrag zu beziffern, der für die Herstellung dieses Zustandes auf der Grundlage eines Werkvertrags oder eines Auftrags aufgewendet werden müsste.66

d) Die Bestimmung des „Vorteils“ und des Anspruchberechtigten im Falle von sachbezogenen Verbesserungen: Ausgleich für die vorgenommene Handlung und/oder das geschaffene Ergebnis? aa) Die Umgestaltung der Sachsubstanz stellt sich in aller Regel als Ergebnis einer menschlichen Handlung dar, die der „Bereicherte“ nicht notwendigerweise als positiv bewertet.67 So verhält es sich beispielsweise bei der „abgeirrten“ Werkleistung.68 Hierzu sei der – praktisch schwer vorzustellende, gedanklich jedoch reizvolle – Fall angeführt, dass der Werkunternehmer W infolge eines Irrtums nicht das Dach eines Gebäudes des Bestellers B, sondern das des Grundstückseigentümers E neu eindeckt. E akzeptiert die von W vorgenommene Handlung als nutzbringend, sofern er erklärt, er habe das Dach gleichfalls eindecken lassen wollen und im Falle eines tragbaren Angebotes durch W mit diesem einen Werkvertrag geschlossen. Geschieht dies nicht, so kommt als möglicher Vermögensvorteil des E ausschließlich die Chance in Betracht, im Falle der Veräußerung des Grundstücks einen höheren Erlös zu erzielen.69 65 In den Motiven (zitiert nach Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite 199) heißt es hierzu: „Als Voraussetzung des Eintrittes der Rechtsnorm . . . (des geltenden § 947 BGB) ist lediglich bestimmt, daß bewegliche Sachen als wesentliche Bestandtheile eines Ganzen mit einander verbunden sind, ohne daß auf die Umstände, unter welchen die Verbindung geschehen ist, etwas ankommt.“ 66 Die bereicherungsrechtliche Bewertung einer Handlung ist ausschließlich auf der Grundlage der §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB vorzunehmen. 67 Zu den Voraussetzungen, unter denen die Vornahme einer Handlung als vorteilhaft zu bewerten ist, siehe oben III. 2. a) bb), Seite 87 f. und unten III. 2. h), Seite 127 ff. 68 Diesen Begriff verwendet beispielsweise Staudinger/Gursky, 13. Bearbeitung, § 951 Rdnr. 9. 69 Ein Anspruch des W aus dem Gesichtspunkt einer Geschäftsführung ohne Auftrag scheidet aus, weil W nicht um der Erhaltung des Gebäudes, sondern um der Befreiung von einer Verbindlichkeit und des Erhalts einer Gegenleistung willen tätig wurde. Zu erwägen ist ausschließlich ein kondiktionsrechtlicher Ausgleich (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB); das „erlangte Etwas“ auf der Seite des E ist das Eigentum an den Dachziegeln mitsamt den zu ihrer Anbringung eingesetzten Materialien, weil das Gebäude ohne ein Dach nach der Verkehrsanschauung nicht fertiggestellt wäre (§§ 946, 94 Abs. 2 BGB). E vermag seine Inanspruchnahme, gerichtet auf die Auskehr der mit dem Eindecken des Gebäudes verbundenen Wertsteigerung des Grundstücks, freilich mit dem dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) abzuwehren: Er hat keine Zahlung für einen Vorteil

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Bringt man das Beispiel auf eine allgemeine Aussage, so ergibt sich: Wird jemand nicht um der fremden Sache willen (d.h. als Geschäftsführer im Sinne des §§ 677 ff. BGB) tätig, sondern um eine (wirkliche oder vermeintliche) Verbindlichkeit zu erfüllen, so drängt er dem Eigentümer einen mit der Werterhöhung zu beziffernden Vorteil auf, wenn aus dessen Sicht keine – wenn auch nichtige – Verpflichtung zur Gegenleistung bestand und der Handelnde auch nicht als Erfüllungsgehilfe eines wirklichen oder vermeintlichen Schuldners des Eigentümers tätig wurde. Hat die „abgeirrte Werkleistung“ keinen Eigentumswerb nach § 946 BGB zur Folge70, so stellt sich die Frage, was im Falle einer Wertsteigerung der bearbeiteten Sache kondiktionsrechtlich betrachtet das „erlangte Etwas“ darstellt. Bewertet der „Bereicherte“ (bezogen auf das Beispiel: E) die Tätigkeit des Unternehmers nicht als vorteilhaft, so ist ihr bloßes Ergebnis mit der Begründung auszugleichen, dass die durch einen Eigentumserwerb eingetretene Wertsteigerung rechtlich nicht anders behandelt werden dürfe als die Erhöhung, die unabhängig von einem Rechtserwerb allein durch die Arbeitsleistung des Unternehmers eintritt. Das Gebot der Gleichbehandlung erstreckt sich bei dieser Betrachtungsweise freilich auch auf die Abwehr der aufgedrängten Wertsteigerung: Darf der „Bereicherte“ einen geldlichen Ausgleich für einen gegenständlichen Vorteil aus dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs mit der Begründung verweigern, er könne dessen Beseitigung verlangen, so ist ihm dieser Einwand nicht wegen der fehlenden Beseitigungsfähigkeit des wertsteigernden (nichtgegenständlichen) Umstandes versperrt. bb) Hatte sich dagegen der Werkunternehmer gegenüber dem Eigentümer verpflichtet, dessen Sache wiederherzustellen, zu erhalten oder zu verbessern, so schuldet dieser – seine Geschäftsfähigkeit vorausgesetzt71 – den üblichen Werklohn, sollte sich der Werkvertrag als nichtig erweisen: Der Eigentümer hat den als vorteilhaft qualifizierten Herstellungsaufwand mitsamt dem Erfolg erlangt (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB)72; dieser ist

zu leisten, dessen Beseitigung er umgehend verlangen kann (siehe dazu oben Fußnote 78). 70 Als Beispiel sei der Fall angeführt, dass der Unternehmer W nicht auf dem Grundstück seines Auftraggebers B, sondern versehentlich auf dem Grundstück des E ein Gebäude abreißt. 71 Zu den Vorteilen, die einer nicht oder nur beschränkt geschäftsfähigen Person zufließen können, siehe unten III. 3., Seite 175 ff. 72 Siehe dazu sogleich unter III. 2. g) bb) (d), Seite 117. Von einem „Vorteil“ kann freilich nicht gesprochen werden, wenn der „Bereicherte“ einen natürlichen Willen dahingehend zu bilden vermochte, die Einwirkung auf seine Sache als nachteilig oder vorteilhaft zu bewerten.

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mit dem Wert der üblichen Gegenleistung zu beziffern (§ 818 Abs. 2, 1. Fall BGB).73 Sollte der vom Eigentümer/Besteller positiv bewertete Herstellungsaufwand den Verkehrswert der Sache erhöht haben, ist dieser nur gehalten, den üblichen Werklohn zu bewirken; mit der Erfüllung dieser Pflicht ist ihm die mit der Werkleistung verbundene Wertsteigerung zugewiesen. Der übliche Werklohn beinhaltet auch das Entgelt für die eingesetzten Materialien. Hat der vermeintliche Werkunternehmer im Rahmen seiner Tätigkeit fremde Materialien mit einer Sache des Bestellers verbunden, ohne hierzu berechtigt zu sein, so ist zu fragen, ob sowohl der Handelnde als auch derjenige, der den Rechtsverlust erlitten hat, ausgleichsberechtigt sind. Der Ausgleich der Wertsteigerung (§ 951 Abs. 1 Satz 1 BGB) ist zu verneinen, wenn der Eigentumserwerb des Bestellers (§§ 946, 947 BGB) einer wirksamen Verfügung durch den Nichtberechtigten, hier dem vermeintlichen Werkunternehmer, gleich zu behandeln ist; in dieser Gestaltung ist nicht der Besteller, sondern der vermeintliche Werkunternehmer gegenüber dem ursprünglichen Eigentümer der Materialien kondiktionsrechtlich verantwortlich, § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB in entsprechender Anwendung.74 Der Besteller vermag sich gegenüber dem früheren Materialeigentümer auf den Vorrang der Leistungsbeziehung zum Werkunternehmer zu berufen; er hat das Eigentum an den Werkstoffen gutgläubig und damit kondiktionsfest erworben (§§ 929, 932 BGB und 366 HGB in entsprechender Anwendung).75 Sollten allerdings die Materialien dem Eigentümer abhanden gekommen sein (§ 935 Abs. 1 BGB), kann er von dem vermeintlichen Besteller den Ausgleich der Wertsteigerung der Sache aus § 951 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen76; wegen dieses „Mangels“ ist der Anspruch des vermeintlichen Werkunternehmers auf den üblichen (allerdings um den Wert der fehlenden Gewährleistungsrechte geminderten) Werklohn (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) entsprechend zu kürzen.77 73 Zu der Frage, ob sich die Rechte des vermeintlichen Werkunternehmers als Besitzer nach §§ 994, 996 BGB bestimmen, siehe unten III. 4. c), Seite 182 f. 74 Vgl. BGHZ 56, Seite 131, 134 f. Für die direkte Anwendung des § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB plädieren Reuter/Martinek, a. a. O., § 8 I 1d cc, Seite 295 bis 297. 75 Siehe dazu Erman/Hefermehl, 10. Auflage, § 951 Rdnr. 6 und 8; Staudinger/ Gursky, 13. Bearbeitung, § 951 Rdnr. 12 – jeweils m. w. N. 76 Bei abhanden gekommenen Gegenständen ist die Nichtleistungskondiktion nicht kraft des sog. „Vorrangs der Leistungsbeziehung“ ausgeschlossen (BGHZ 55, Seite 176 – sog. Jungbullen-Fall). Siehe dazu Erman/Hefermehl, 10. Auflage, § 951 Rdnr. 8 m. w. N.; Larenz/Canaris, a. a. O., § 70 III 4, Seite 221; Staudinger/Gursky, 13. Bearbeitung, § 951 Rdnr. 13. Befänden sich im angeführten Beispiel die Materialien im Besitz des Bestellers und könnte dieser sie in Natur an den Eigentümer herausgeben, so dürfte er die Rückgabe nicht unter Berufung auf die zum Werkunternehmer bestehende Leistungsbeziehung verweigern: Der Werkunternehmer schuldet nicht die Übergabe bestimmter Materialien, sondern die Erstellung eines bestimmten Werkes. Der mit einer Verbindung nach §§ 946, 947 BGB vollzogene Eigentumserwerb stellt sich hingegen (auch) als Erfüllung der werkvertraglichen Verbindlichkeit dar. 77 Gegebenenfalls besteht ein bereicherungsrechtlicher Anspruch des Bestellers gegen den Unternehmer wegen Überzahlung aus dem Gesichtspunkt der Leistungs-

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cc) Der Ausgleich der Wertsteigerung einer fremden Sache durch eine Person, die als Erfüllungsgehilfe des wirklichen oder vermeintlichen Schuldners, nämlich des Vertragspartners des Eigentümers der Hauptsache, tätig wurde, ist Gegenstand des sog. „Idealheim-Urteils“ aus dem Jahre 1961.78 Der Bundesgerichtshof hatte – vereinfacht dargestellt – über die Klage eines Werkunternehmers zu befinden, der von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht im Namen des Beklagten mit der Erstellung eines Bauwerks auf dem Grundstück des Beklagten beauftragt worden war. Aus der Sicht des Beklagten war der Kläger als Erfüllungsgehilfe des vollmachtlos Handelnden tätig geworden (§ 278 BGB79); dieser hatte sich nämlich gegenüber dem Beklagten zur Erstellung des Gebäudes kraft eines wirksamen Werkvertrags verpflichtet.80 Von einem ihm „aufgedrängten Zuwachs“ konnte auf der Seite des Beklagten keine Rede sein: Er hatte die Erstellung des Gebäudes zum Gegenstand einer (mit dem vollmachtlos Handelnden getroffenen) vertraglichen Abrede gemacht. Ein kondiktionsrechtlicher Ausgleichsanspruch des Klägers für den geschaffenen Vorteil gegen den verklagten Bauherrn (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 951 Abs. 1 Satz 1 BGB) war indessen zu verneinen: Er scheiterte am sog. „Vorrang der Leistungsbeziehung“, die zwischen dem Beklagten und dem vollmachtlos Handelnden bestand: Der Beklagte durfte darauf vertrauen, wegen der Errichtung des Gebäudes allein der Forderung seines Vertragspartners in Höhe des vereinbarten bzw. üblichen Werklohns ausgesetzt zu sein.81 Gegen die Anerkennung einer Leistungsbeziehung im Verhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten (und damit einer Leistungskondiktion aus § 812 Abs. 1 kondiktion. Genehmigt der Eigentümer des Materials den Einbau durch den Unternehmer in entsprechender Anwendung des § 185 Abs. 2 BGB, so kann er von diesem die Auskehrung des auf das verbaute Material entfallenden Anteils der Vergütung verlangen, § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB (Staudinger/Gursky, 13. Bearbeitung, § 951 Rdnr. 17 m. w. N.). 78 BGHZ 36, Seite 30. 79 Erfüllungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen des Schuldners in dessen Pflichtenkreis tätig wird – und zwar unabhängig davon, ob die Hilfsperson eine eigene Verbindlichkeit erfüllen will oder überhaupt weiss, dass sie durch ihre Tätigkeit eine Verbindlichkeit des Schuldners erfüllt; vgl. BGHZ 13, Seite 111, 114; BGH VersR 1969, Seite 1108; BGH NJW 1984, Seite 1748 m. w. N. 80 Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt einer Entscheidung des Landgerichts Bonn aus dem Jahre 1991 (NJW 1991, Seite 1360) zugrunde. 81 Ebenso Larenz/Canaris, a. a. O., § 70 III 4, Seite 221. Der vom Kläger betriebene Herstellungsaufwand stellte kein Gut dar, das sich der Grundstückseigentümer durch eine vertragliche Abrede mit ihm oder einem Dritten hätte verschaffen wollen oder gar müssen: Er hatte ja bereits eine Verpflichtung zur Zahlung des Werklohns begründet (den Anspruch auf Durchführung der Baumaßnahmen also erworben) und die Durchführung der Baumaßnahmen durch den Kläger nicht zurechenbar veranlasst.

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Satz 1, 1. Fall BGB) spricht folgende Erwägung: Nach den Bestimmungen der §§ 177, 179 BGB ist das Handeln eines Vertreters ohne Vertretungsmacht dem Vertretenen nicht zuzurechnen. Diese Wertung ist auf das Bereicherungsrecht als „Spiegelbild des Erfüllungsvorganges“ zu übertragen: Da – bei Verweigerung der Genehmigung durch den Beklagten – keine Vertragsbeziehung zwischen ihm und dem Werkunternehmer hergestellt wird, entsteht auch keine Leistungsbeziehung im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB, sofern der Beklagte nicht die Vermögensverschiebung als Leistung des Werkunternehmers akzeptiert (§ 177 BGB in entsprechender Anwendung). Sie entsteht bei fehlender Vertretungsmacht und Genehmigung ausnahmsweise in den Fällen, in denen der Rechtsnachfolger des angeblich Vertretenen (etwa der Erbe) in Unkenntnis des Vertretungsmangels die vom „Vertretenen“ vermeintlich geschuldete Gegenleistung an den anderen Teil bewirkt: Er geht erkennbar von einem ihm zurechenbaren Leistungsaustausch aus. Zu diesem auf der Grundlage objektiver Zurechnungskriterien entwickelten Ergebnis gelangt man in der Regel auch, wenn man der überwiegend vertretenen Auffassung folgt, wonach die Frage, durch wen eine bestimmte Leistung erbracht worden ist, aus der Sicht eines vernünftigen Leistungsempfängers („verobjektivierter Empfängerhorizont“) beurteilt werden muss.82

Bei genauer Betrachtung hat der Eigentümer des Grundstücks hat zwei voneinander zu unterscheidende Vorteile erlangt: Zum einen die (ihm vom Vertragspartner geschuldete) Werkleistung, zum anderen die Umgestaltung seines Eigentums durch Zufügung wesentlicher Bestandteile. Da beide Vorteile nicht kumulativ auszugleichen sind, ist die Entscheidung, welcher Zuwachs zu erstatten ist, unausweichlich. Sie ist aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zugunsten der Werkleistung zu fällen: Die Errichtung des Gebäudes durch den Kläger ist als das Handeln eines Erfüllungsgehilfen des Vertragspartners des Beklagten zu bewerten, mithin als dessen Erfüllung im Sinne des § 362 BGB. Der Beklagte hat hierfür an seinen Vertragspartner den vereinbarten Werklohn zu entrichten. Ist er hierzu verpflichtet, so entfällt die Ausgleichspflicht gegenüber dem Kläger; der von diesem geschaffene Vorteil ist ihm zugewiesen. dd) Derjenige, der die Umgestaltung einer fremden Sache vorgenommen hat, um eine Verbindlichkeit zu erfüllen, die nicht gegenüber dem Eigentümer, wohl aber gegenüber einem Dritten als dem Besteller (beispielsweise als Werkunternehmer im Auftrag des Mieters eines Ladengeschäfts) begründet worden war, vermag von dem Eigentümer – sollte der Wert der Sache durch seine Tätigkeit erhöht worden sein – nicht ohne weiteres den Ausgleich der Wertsteigerung verlangen, obgleich diese Berechtigung auf der Hand zu liegen scheint: Die Bestimmung des § 951 Abs. 1 Satz 1 BGB 82 Vgl. BGHZ 40, Seite 272; OLG Hamburg, MDR 1982, Seite 670 f.; a. A. Erman/Hefermehl, 10. Auflage, § 951 Rdnr. 7; siehe zum Ganzen – m. E. freilich eher konfus – MünchKomm/Lieb, 3. Auflage, § 812 Rdnr. 90 bis 95).

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zwar ordnet die Abschöpfung einer Wertsteigerung im Falle des (hier zugunsten des Unternehmers unterstellten) Rechtsverlustes an, und der Bereicherte vermag den Ausgleich nicht mit dem Argument abzuwehren, der Wertzuwachs sei ihm auf der Grundlage einer anderweitig begründeten Leistungsbeziehung zugeflossen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass mit der Veränderung der Sachsubstanz nichts in das Vermögen des Eigentümers fließt, was er zum Gegenstand eines Werkvertrags hätte machen wollen oder müssen: Der bloß veränderte Zustand einer Sache ist nicht Gegenstand eines Werkvertrags; zum „Werk“ im Sinne des § 631 BGB gehört vielmehr die Vornahme einer kraft Willenseinigung positiv bewerteten Handlung, des sog. Herstellungsaufwandes. Fraglich ist mithin nur, ob die bloße Umgestaltung des Eigentums durch Zufügung wesentlicher Bestandteile kondiktionsrechtlich auszugleichen ist.

Die Anerkennung eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs des Unternehmers ließe aber unberücksichtigt, dass der Ausgleich zweier Vorteile in Rede steht, wenn die Tätigkeit des Unternehmers zugleich als eine von dritter Seite vorgenommene Verwendung zu bewerten ist: Der Eigentümer hat dann nicht nur die Umgestaltung seiner Sache, ausgedrückt durch die Wertsteigerung, erlangt; ihm fällt darüber hinaus eine Geschäftsbesorgung des Dritten (sic!) zu83, sofern dieser anstelle des Eigentümers um der Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung der Sache willen tätig geworden ist und zu diesem Zwecke die werkvertragliche Verbindlichkeit mit dem Unternehmer begründet hat. Soll in diesem Fall der bereicherte Eigentümer zum Ausgleich der Wertsteigerung oder der Geschäftsbesorgung verpflichtet sein? Die Entscheidung für die Geschäftsbesorgung lässt sich wie folgt rechtfertigen: Der von dem Dritten, beispielsweise dem Mieter eines Ladenlokals, beauftragte Unternehmer wird nur als „Mittler“ innerhalb der „Geschäftsbesorgungs-Beziehung“ zwischen dem Eigentümer und dem Dritten tätig, was sich darin erweist, dass der Dritte (im Beispielsfall der Mieter des Ladenlokals) von dem Eigentümer – sollten die Voraussetzungen eines Ausgleichsanspruchs kraft des Besitzmittlungsverhältnisses (etwa aus §§ 539 Abs. 1 BGB i.V. m. 683 Satz 1 BGB) oder nach den Vorschriften über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis erfüllt sein – die Freistellung von der Verbindlichkeit gegenüber dem Unternehmer verlangen darf, § 257 BGB.84 Der Vergleich zum „Leistungsmittler“ drängt sich hier geradezu auf: Bestünde seitens des Dritten eine Verpflichtung zur Vornahme der Verwendung, wäre der Unternehmer als dessen Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB) tätig geworden; der Eigentümer könnte sich ihm gegenüber, auf den Ausgleich der Wertsteigerung in Anspruch genommen, auf den „Vorrang der 83 Zum Begriff der Geschäftsbesorgung im hier verwendeten Sinne siehe unten III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 191. 84 In diesem Sinne – wenn auch unscharf formulierend – v. Caemmerer, JZ 1962, Seite 385, 388 sub 3d.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Leistungsbeziehung“ (im Beispielsfall des Unternehmers gegenüber dem Mieter) berufen.85 Als detaillierteres Beispiel sei der Fall angeführt, dass der Mieter eines Grundstücks im eigenen Namen einen Werkvertrag mit einem Landschaftsarchitekten über die Umgestaltung des Gartens schließt und sich dabei auch von dem Interesse und mutmaßlichen Willen des Vermieters/Eigentümers leiten lässt. Nachdem der Unternehmer die vereinbarten Arbeiten ausgeführt hat, verweigert der Mieter/ Besteller die Zahlung des Werklohns. Der Architekt wendet sich daraufhin an den Eigentümer der Immobilie, der die Zahlung des üblichen Entgelts mit der Begründung ablehnt, er habe den Vertrag über die Umgestaltung des Gartens nicht schließen wollen. Die Wahrheit dieses Vorbringens unterstellt, hat der Eigentümer keinen Vorteil erlangt, dessen Wert mit dem üblichen Werklohn zu beziffern ist (§ 818 Abs. 2, 1. Fall BGB). Sollten die Arbeiten den Wert der Immobilie erhöht haben, ist allenfalls der Mieter im Verhältnis zum Eigentümer ausgleichsberechtigt: Dieser hat anstelle des Eigentümers Verwendungen getätigt, deren Ersatz sich nach der Vorschrift des § 539 Abs. 1 BGB (gegebenenfalls i.V. m. § 257 BGB) bestimmt.86 Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch des Mieters ist allerdings nur zu bejahen, sollte der Vermieter bei Beendigung des Mietverhältnisses um der Erhaltung bestimmter Vorteile willen auf deren Beseitigung (beispielsweise die Entfernung von Sträuchern und Bäumen) verzichten; in diesem Falle könnte der Mieter selbst als angemaßter Eigengeschäftsführer einen Ausgleich der Werterhöhung beanspruchen (§ 687 Abs. 2 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung).87

e) Der Wert der Nutzungschancen bei rechtsgrundloser Übertragung des Eigentums und des Besitzes Kraft des Eigentums sind dem Rechtsinhaber alle Nutzungschancen der Sache zugewiesen (§ 903 BGB). Die Übertragung des Rechts lässt sich mithin als Veräußerung aller Nutzungschancen definieren. Sollte sich der Er85 Von der Bestimmung des ausgleichspflichtigen Vorteils ist die Frage zu unterscheiden, ob der Unternehmer als „Mittler“ in der „Geschäftsbesorgungs-Beziehung“ die Beseitigung des „Vorteils“ aus dem Gesichtspunkt der Eigentumsstörung schuldet. Dies ist zu verneinen, sofern der Geschäftsbesorger gegenüber dem Eigentümer nicht zur Beseitigung verpflichtet, sondern zum Ersatz der Verwendung berechtigt ist (vgl. – bezogen auf die Ableitung einer Befugnis zur Einwirkung auf fremdes Eigentum aus dem Recht eines Dritten – Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1004 Rdnr. 193). Sie ist m. E. auch dann abzulehnen, wenn der Eigentümer den Verwender als Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB in Anspruch zu nehmen vermag; diese Frage soll jedoch nicht vertieft werden. 86 Bei Nichtigkeit des Mietvertrags ist ein Anspruch des vermeintlichen Mieters/ Besitzers gegen den Vermieter/Eigentümer nach den Vorschriften des EigentümerBesitzer-Verhältnisses (§§ 994, 996 BGB) zu erwägen. Zum Begriff der Verwendung siehe unten III. 4. c), Seite 182 sowie eingehend V. 2. c) aa) (a), Seite 473 ff. und V. 2. c) aa) (b), Seite 478 ff. 87 Siehe dazu bereits oben II. 2. b) bb), Seite 37 und II. 2. b) cc), Seite 38, sowie unten V. 1. a) cc), Seite 373, und V. 2. b) hh), Seite 437.

2. Die exakte Bestimmung des ausgleichsfähigen „Vorteils‘‘

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werb auf der Grundlage eines nichtigen Kausalgeschäfts (Kauf oder Schenkung) vollzogen haben, zielt die bereicherungsrechtliche Abwicklung (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB) auf die Rückgewähr der noch vorhandenen Nutzungsmöglichkeiten, die das Eigentumsrecht enthält. Mit einer knappen Wendung ausgedrückt: Hat der Kondiktionsschuldner rechtsgrundlos das Eigentum an einer Sache erlangt, ist er verpflichtet, dieses an den früheren Rechtsinhaber zurück zu übertragen (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB). aa) Hat der Schuldner die Sache gebraucht, d.h. Nutzungschancen verwirklicht, schuldet er im Falle des käuflichen Erwerbs Wertersatz aus §§ 818 Abs. 1, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB88: Der Wert der gezogenen Nutzung besteht in einem Anteil der Gegenleistung, die der Kondiktionsschuldner für den rechtsbeständigen Erwerb der verwirklichten Chancen an den ursprünglich Berechtigten hätte bewirken müssen. Diese Berechnung gilt im Ausgangspunkt auch dann, wenn das Eigentum kraft einer nichtigen Schenkung unentgeltlich zugewendet wurde: Der vermeintliche Schenker darf nicht durch Verneinung des geldlichen Wertes der verwirklichten Nutzung an seine ursprüngliche Zusage gebunden werden.89

Die formale Rechtsstellung, die an den ursprünglich Berechtigten wieder zurückzuübertragen ist, begründet mithin keine Zuweisung der mit ihr verbundenen und geldlich auszugleichenden Nutzungsmöglichkeit (§§ 818 Abs. 1, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB); der „Tauschwert“ des rechtsgrundlos erlangten Eigentums ist dem ursprünglich Berechtigten zugewiesen. Das bedeutet im Einzelnen: Der Wert des Ge- oder Verbrauchs einer Sache entspricht (anteilig bzw. vollständig) der Zahlung, die für die Einräumung der – bereits verwirklichten – Nutzungschancen üblicherweise hätte geleistet werden müssen.90 Der Ausgleich ist nicht anhand des Mietzinses 88

Unabhängig vom Umfang der konkreten Nutzung ist zu berücksichtigen, dass Gegenstände, die einem gebrauchsabhängigen Verschleiß unterliegen, häufig auch einen „zeitabhängigen Verschleiß“ dadurch erleiden, dass sie veralten (Ott/Schäfer, ZIP 1986, Seite 613, 622 f. sub 6). Der nicht nutzungsbedingte Wertverfall (etwa durch bloße Alterung der Sache) geht jedoch zu Lasten des Kondiktionsgläubigers! Er ist nur schadensersatzrechtlich relevant, weil dem Geschädigten Gebrauchsmöglichkeiten entgangen sind; hier ist aus deren zeitlichen Umfang zu bestimmen, welche Anteile des Nutzungswertes dem Geschädigten entgangen sind und ersetzt werden müssen – was häufig nur wird geschätzt werden können! 89 Siehe dazu oben III. 2. a) bb), Seite 87 f. 90 Zutreffend weist Jakobs, Eingriffserwerb und Vermögensverschiebung, Seite 37 f., darauf hin, dass es bei der Bestimmung des Vermögenswertes nicht darauf ankomme, was der Nutzende bei Kenntnis der Sachlage „redlicherweise“ hätte zahlen müssen: Entscheidend ist, dass der „Bereicherte“ durch den Ge- oder Verbrauch der Sache – sei es redlich, sei es unredlich – für den Berechtigten die Möglichkeit aufhebt, die Nutzung zum Gegenstand einer rechtsgeschäftlichen Abrede zu machen; auf diese Weise verleibt er den entsprechenden Tauschwert eigenmächtig dem eigenen Vermögen ein.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

für eine gleichartige Sache, sondern durch Schätzung der zeitanteiligen Wertminderung im Vergleich zur voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer festzulegen.91 Auf diese Weise wird der durch den Kaufpreis festgesetzte Wert des (rechtsgrundlos erworbenen) Eigentums bezogen auf bestimmte Zeiträume „aufgeteilt“.92 bb) Hat ein Käufer die rechtsgrundlos erworbene Sache gebraucht oder ihre Früchte gezogen, so sind diese Nutzungen auf Kosten des ursprünglichen Rechtsinhabers erlangt (§ 818 Abs. 1 BGB). Dessen Anspruch auf Ersatz ist jedoch nicht in das unmittelbare Synallagma der kraft des Kaufvertrags ausgetauschten Güter einzustellen, weil der Verkäufer um des Kaufpreises willen nicht die Nutzung selbst, sondern lediglich die mit dem Erwerb des Eigentums verbundenen Möglichkeiten der Nutzung und Veräußerung überträgt. Da aber der zu leistende Nutzungsersatz einen Ausgleich für die verwirklichten Chancen darstellt, tritt er an die Stelle des ursprünglichen Sachwertes und ist gewissermaßen als dessen Surrogat zu bezeichnen. Verlangt der Verkäufer/ursprünglich Berechtigte dieses Surrogat von dem vermeintlichen Käufer, bleibt er in entsprechender Anwendung des § 326 Abs. 3 BGB zur (anteiligen bzw. vollständigen) Rückgewähr des rechtsgrundlos entrichteten Kaufpreises verpflichtet. cc) Ist die übliche Gegenleistung, ausgedrückt durch den Verkehrswert der Sache im Zeitpunkt der Überlassung, mit einem höheren Geldbetrag zu 91 Zutreffend hebt der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahre 1996 (BGH NJW 1996, Seite 250) hervor, dass ein Käufer sich mit der Zahlung des Kaufpreises die Möglichkeit verschafft, die gekaufte Sache bis zum Eintritt ihrer Gebrauchsuntauglichkeit zu nutzen (a. a. O., Seite 252 sub II 2 a aa m. w. N.). Zur Wertbemessung führt das Gericht aus: Der Wert des Gebrauchs „rechtsgrundlos erworbener eigener Sachen“ (Seite 251 sub I 2a) sei „nicht nach dem üblichen oder fiktiven Mietzins für einen gleichartigen Gegenstand zu berechnen, sondern nach der „zeitanteiligen linearen Wertminderung im Vergleich zwischen tatsächlichem Gebrauch und voraussichtlicher Gesamtnutzungsdauer (,Wertverzehr‘) zu ermitteln“ (Seite 252 sub II 2a). Das OLG Hamm (MDR 1980, Seite 846) befürwortet die Berechnung des Nutzwertes nach dem Wertverlust wie bei steuerlichen Abschreibungen (zustimmend Staudinger/Lorenz, 13. Bearbeitung, § 818 Rdnr. 13). Abweichendes gilt freilich für die Nutzung eines Grundstücks, das auf der Grundlage eines nichtigen Kaufvertrags erworben wurde: Die Entschädigung für die Nutzung der Immobilie als einer nicht dem Verschleiß unterworfener Sache bemisst sich in Ermangelung eines anderen Maßstabs nach dem objektiven Mietwert der mit einem Reihenhaus bebauten Immobilie (BGH NJW 1992, Seite 892). Siehe zum Ganzen unten III. 2. g) bb) (f) (2), Seite 121 und eingehend V. 2. d) aa) (d) (4) (aa), Seite 565 ff. 92 Vergleichsmaßstab für die Berechnung der Gebrauchsvorteile ist „die hypothetische Situation, daß der Bereicherungsschuldner anstelle der rechtsgrundlos erworbenen anderweit eine gleichartige und gleichwertige Sache angeschafft und diese für dieselbe Zeitspanne in derselben Weise genutzt haben würde“ (BGH, a. a. O., Seite 251 sub 2 b).

2. Die exakte Bestimmung des ausgleichsfähigen „Vorteils‘‘

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beziffern als der – unwirksam vereinbarte – Kaufpreis, so vermag sich der gutgläubige Käufer darauf zu berufen, dass er für den Erwerb der Nutzungsmöglichkeiten nicht mehr als das vereinbarte Entgelt zu zahlen bereit war (§ 818 Abs. 3 BGB). Sollte der Herausgabeschuldner das Eigentum an der Sache kraft einer Schenkung erlangt haben, kann er die Zahlung eines Nutzungsentgelts zwar nicht mit der Begründung verweigern, die ihm zu Eigentum überlassene Sache sei wertlos, so dass ein Ersatz nach §§ 818 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB ausscheide93; wohl aber kann er die Inanspruchnahme auf diesen Vorteil mit Rücksicht auf seinen Dispositionsschutz (§ 818 Abs. 3 BGB) ablehnen.94 Nicht zu beziffern ist demgegenüber der Vorteil der konkreten Nutzung (ggf. des Verbrauchs) einer Sache, an der man das Eigentum auf der Grundlage eines wirksamen Kausalgeschäftes erlangt hat: Durch die Nutzung verwirklicht sich das Recht an der Sache.

f) Der Besitz an einer Sache als geldwerte Position? Die faktische Sachherrschaft (Besitz), entstanden durch Erlangung der tatsächlichen Gewalt, diese getragen von einem sog. Besitzbegründungswillen („animus possidendi“)95, ist – unabhängig von seiner geldlichen Festlegung – als Vorteil im Sinne der aufgedrängten Bereicherung zu bewerten: Der Besitzer hat die faktische Chance, die fremde Sache in Gebrauch zu nehmen. Dementsprechend kann der Besitz Gegenstand einer Kondiktion sein.96 Hat beispielsweise jemand kraft der Leistung eines anderen den Besitz an einer Sache rechtsgrundlos erlangt, so erfüllt er seine Verpflichtung zur Herausgabe (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB) durch Rückübertragung der Sachherrschaft an den ursprünglichen Besitzer. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob er diesem gegenüber zum Nutzungsersatz (§ 818 Abs. 1 BGB) verpflichtet ist: Die gezogenen Nutzungen sind auf Kosten desjenigen erlangt, der sie hätte ziehen oder das Recht zu ihrer Gewinnung hätte einräumen dürfen.97 Im Gegensatz zum ursprünglichen Eigentümer, der die Wiederherstellung seiner Befugnis im Sinne des 93

Siehe dazu oben III. 2. a) bb), Seite 87. Zu den Einzelheiten des „Wegfalls der Bereicherung“ siehe unten V. 2. d) aa) (d) (2) (aa) und (bb), Seite 547 ff. 95 Siehe dazu statt aller Palandt/Bassenge, 62. Auflage, § 854 Rdnr. 2 und 4. 96 Dazu Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, § 812 Rdnr. 73; Staudinger/ Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 985–1007 Rdnr. 8; RGZ 115, Seite 31, 34. Teilweise wird der Begriff „Besitzkondiktion“ freilich nur auf den Fall bezogen, dass der mittelbare oder ehemals unmittelbare Besitzer einen Kondiktionsanspruch gegen den gegenwärtigen unmittelbaren Besitzer geltend macht (in diesem Sinne beispielsweise Kurz, a. a. O., Seite 1 bis 4); Klinkhammer, a. a. O., Seite 68 ff. – dort im Sinne einer erleichterten Eigentumsverfolgung. 94

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

§ 903 BGB begehrt, vermag derjenige, der dem Kondiktionsschuldner lediglich die Sachherrschaft übertragen hat, nicht „automatisch“ die gezogenen Nutzungen für sich in Anspruch zu nehmen. Als Beispiel sei der Fall angeführt, dass M eine dem E gehörende Sache, die ihm der unrechtmäßige Besitzer B überlassen hat, in Unkenntnis der Unrechtmäßigkeit des Besitzes des B kraft eines nichtigen Mietvertrags nutzt: B hat – die Gleichrangigkeit der Herausgabeansprüche von B und E unterstellt98 – aus dem Gesichtspunkt der Leistungskondiktion zwar das Recht auf Rückgewähr des Besitzes, nicht aber auf Nutzungsersatz (§ 818 Abs. 1 BGB): Als unrechtmäßiger Besitzer war er nicht befugt, dem M die Nutzungsmöglichkeit einzuräumen. Die Bestimmung des § 991 Abs. 1 BGB über die Haftung des unmittelbaren Besitzers, der sein Recht von einem mittelbaren Besitzer ableitet, steht der Zuweisung der Nutzungen an den Eigentümer nicht entgegen: Die angezogene Norm bezweckt, den mittelbaren gutgläubigen Besitzer vor Ansprüchen des unmittelbaren Besitzers aus dem Gesichtspunkt der Rechtsmängelhaftung zu schützen, und ist nach zutreffender Ansicht nicht anzuwenden, wenn eine solche Haftung des mittelbaren Besitzers (hier: wegen der Nichtigkeit des Besitzmittlungsverhältnisses) von vornherein ausscheidet.99

aa) Die Verpflichtung des Besitzers zur Herausgabe ist freilich zu verneinen, wenn sich die Besitzbegründung an der Sache als unmittelbare Folge der rechtswidrigen Beeinträchtigung von Eigentümerbefugnissen durch den 97 Siehe oben III. 2. e) bb), Seite 104; unklar Larenz/Canaris, a. a. O., § 74 I 2b a. E., Seite 345, der die Nutzungen ohne Rücksicht auf die Berechtigung des Kondiktionsgläubigers demjenigen zuweist, der den Besitz rechtsgrundlos geleistet hat. 98 Siehe dazu unten Fußnote 400 dieses Abschnitts. 99 MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 991 Rdnr. 7; Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 2, Recht der Schuldverhältnisse, Seite 675 (Protokolle). Abweichend Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 991 Rdnr. 3, nach dessen Ansicht die angeführte Vorschrift ein „wirksam vereinbartes Besitzrecht des unmittelbaren gegenüber dem mittelbaren Besitzer“ voraussetzt. Bei einem wirksamen Mietvertrag zwischen unmittelbarem und mittelbarem Besitzer ist der Nutzungsersatzanspruch des Eigentümers indessen insoweit gesperrt, als der Mieter für die eingeräumten Gebrauchsmöglichkeiten den Mietzins an den Vermieter entrichtet hat und das bereits gezahlte Entgelt nicht zurückzufordern vermag. Mit einer knappen Wendung ausgedrückt bedeutet das: Wer kraft eines wirksamen Vertrags das vereinbarte Entgelt für die Einräumung von Nutzungschancen gezahlt hat, schuldet keinen weiteren Ausgleich für ihre Verwirklichung. Die Vorschrift des § 991 BGB ist mithin nur anzuwenden, solange der unmittelbare Besitzer den vertraglich geschuldeten (!) Nutzungsersatz nicht an seinen Vertragspartner, d.h. den mittelbaren Besitzer, geleistet hat; solchenfalls liegt eine Gesamtgläubigerschaft im Sinne des § 428 BGB zwischen dem mittelbarem Besitzer und dem Eigentümer vor (zu unbestimmt Palandt/Bassenge, 62. Auflage, § 991 Rdnr. 3; ausweichend OLG Hamburg NJWE-MietR 1997, Seite 228, 229: Der Eigentümer habe „grundsätzlich“ [?] die Wahl, entweder vom mittelbaren Besitzer die Rechtsfrüchte oder vom unmittelbaren Besitzer die tatsächlich gezogenen Nutzungen herauszuverlangen – eine Aussage, die das Verhältnis des unmittelbaren zum mittelbaren Besitzer unberücksichtigt lässt.).

2. Die exakte Bestimmung des ausgleichsfähigen „Vorteils‘‘

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Besitzer darstellt. Man bilde den Fall, dass der Eigentümer eines Grundstücks ein ihm zugelaufenes fremdes Haustier in seinem Garten „verwahrt“: Er schuldet nicht die Herausgabe des Tieres an den Berechtigten (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, gegebenenfalls i.V. m. § 985 BGB), sondern kann, sofern dieser das Entweichen des Tieres zurechenbar verursacht hat, dessen Beseitigung von dem Grundstück verlangen, § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Unterschied zwischen dem Anspruch auf Herausgabe und dem auf Beseitigung eines Eingriffs in das Eigentum liegt in der Stellung als Schuldner und damit verbunden der eventuellen Kostenlast der Erfüllung. Daran ändert sich nichts, sollte die Inbesitznahme als eine echte berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag zu bewerten sein, mithin ein Recht zum Besitz begründen100: Die Inbesitznahme führt – aus der Sicht des Eigentümers/Geschäftsherrn – nicht die Rechtmäßigkeit des störenden Zustandes herbei, dass sich die Sache, im Beispielsfall das Tier, auf fremden Grund und Boden befindet.

Der Besitz an dem Tier erweist sich hier nicht als ein abzuschöpfender Vorteil, sondern stellt einen Nachteil, d.h. eine Beeinträchtigung fremden Eigentums, dar. Verlangt der Eigentümer dessen Beseitigung, so ist er nicht gleichzeitig Schuldner einer Verbindlichkeit, die auf Herausgabe des Besitzes zielt. Verzichtet er allerdings ausdrücklich oder konkludent auf die Beseitigung, indem er diese verhindert, so kann der andere Teil Rückübertragung der Sachherrschaft kraft einer Kondiktion beanspruchen (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB): Von diesem Zeitpunkt an bewertet der Grundstückseigentümer als Besitzer die Sachherrschaft als für ihn vorteilhaft; sein Recht auf Beseitigung aus dem Gesichtspunkt der fortdauernden Eigentumsstörung entfällt.

bb) Die mit dem Besitz an einer fremden Sache verbundene (abstrakte) Nutzungsmöglichkeit, d.h. der Besitz „als solcher“, stellt einen in Geld bewertbaren Vorteil dar, wenn seine Überlassung zum Gegenstand einer wirksamen rechtsgeschäftlichen Vereinbarung (etwa eines Miet-, Pacht oder Kaufvertrags101) gemacht worden ist und auf der Seite des Besitzers gegenüber dem Vertragspartner nunmehr ein Recht zum Besitz begründet: Der Besitzer hat sich hier die rechtlich verbürgte Chance „erkauft“, eine Sache für eigene Zwecke nutzen zu können; ob er von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, spielt für die Bewertung des Vorteils keine Rolle. 100 Dieses Recht endet mit dem Herausgabeverlangen des Eigentümers der störenden Sache aus §§ 681 Satz 2, 667 BGB. 101 Auf der Grundlage eines Kaufvertrags kann zunächst nur der Besitz (regelmäßig verbunden mit einem Anwartschaftsrecht) verschafft worden sein, so im Falle des Eigentumsvorbehalts (§ 449 BGB). Der Vorbehaltskäufer nutzt die fremde Sache allerdings „wie ein Eigentümer“, so dass die von ihm gezogenen Nutzungen mit dem (anteiligen) Wertverzehr zu beziffern sind. Siehe dazu oben III. 2. e) aa), Seite 103 und unten III. 2. g) bb) (f) (2), Seite 121.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

cc) Anders verhält es sich, wenn die Sachherrschaft unabhängig von einer rechtsgeschäftlichen Nutzungsvereinbarung ausgeübt wird: Die faktische Chance des Gebrauchs einer fremden Sache ist, anders als der Gebrauch selbst, geldlich nicht festzulegen102: Es fehlt an einem Bewertungsmaßstab, weil der Besitz eine Vielzahl von Nutzungsmöglichkeiten eröffnet und die bloße Sachherrschaft nicht mit dem Wert eines Anspruchs gleichzusetzen ist, der auf ihre Überlassung und auf Ausschöpfung der damit vermittelten Möglichkeiten zielt.103 Abweichendes gilt freilich für den Besitz an Banknoten: Sie können nur durch Übereignung genutzt werden. Diese Möglichkeit ist mit dem jeweiligen Nennwert zu beziffern. Das Eigentum an Banknoten ist mithin nicht sinnvoll von dem Nominalwert des Geldes zu unterscheiden.104

Unterlässt der Besitzer jeglichen Gebrauch der Sache, so kommt dem Besitz mithin auch dann kein Vermögenswert zu, wenn ihm die Sachherrschaft auf der Grundlage eines – etwa wegen Dissenses – nichtigen Vertrags überlassen worden ist: Es bleibt dabei, dass die bloß faktische Chance der Nutzung (nicht der Gebrauch der Sache selbst) nicht beziffert werden kann.105 Zutreffend formuliert Canaris106: „Bei der Miete schuldet der Vermieter . . . 102 Ebenso – aus schadensersatzrechtlicher Sicht – Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1007 Rdnr. 44: „Nun aber ist der Wert des bloßen (nichtberechtigten) Besitzes überhaupt nicht zu ermitteln.“ So auch OLG Hamburg, WM 1997, Seite 2027, 2029 sub 6. Die Unmöglichkeit einer geldlichen Bewertung der bloßen Sachherrschaft führt im Schadensersatzrecht zu der Frage, wie der Geldersatz im Falle einer Eigentumsverletzung durch Besitzentziehung zu beziffern ist (§§ 823 Abs. 1, 251 Abs. 1 BGB). Das Gesetz fingiert hier den Schaden in Höhe des Verkehrswertes der Sache, d.h. es setzt den Wert des Eigentums ein, verpflichtet aber den Gläubiger zur „Abtretung“ seiner Ansprüche an den Schadensersatzschuldner, die er aus seinem (fortbestehenden) Eigentum gegen Dritte, etwa gegen einen unsorgfältigen Verwahrer, hat. Siehe dazu Wernecke, a. a. O., Seite 49 ff. 103 Die bloße Ausübung der faktischen Herrschaft über eine Sache unabhängig von einer Vereinbarung darüber, welchem Zweck der Besitz dienen soll (Eigenbesitz? Fremdbesitz?), ist als Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags nicht vorstellbar. Zur Festlegung des Wertes der gezogenen Nutzungen siehe unten III. 2. g) bb) (f), Seite 120 ff. 104 Ebenso Kaehler, a. a. O., Seite 21 f. 105 Canaris, Festschrift für Lorenz, Seite 19, 49. A. A. MünchKomm/Lieb, 3. Auflage, § 812 Rdnr. 305, der freilich einräumt, dass die „wichtige Frage“, ob der Besitzer für die bloße Nutzungsmöglichkeit Wertersatz zu leisten habe, „bisher noch weitgehend ungeklärt“ sei (a. a. O., Fußnote 794); wie Lieb auch Jürgen Kohler, a. a. O., § 6 C II 3, Seite 317, nach dessen Ansicht von dem vermeintlichen Mieter oder Pächter (d.h. im Falle einer unwirksamen vertraglichen Abrede) grundsätzlich „die Realisierung des ihm zugewendeten Potentials“ erwartet werden kann, so dass „auch das Risiko, dies unterlassen zu haben, auch bereicherungsrechtlich-abrechnungshalber allein ihm zugewiesen bleiben sollte.“ 106 Festschrift für Lorenz, Seite 19, Seite 45 (Hervorhebung durch Verf.).

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keinesfalls nur die Verschaffung der rein faktischen Gebrauchsmöglichkeit, sondern hat das Mietobjekt nach § 536 BGB außerdem ,in einem zu dem vertragsgemäßen Gebrauche geeigneten Zustande zu überlassen und während der Mietzeit in diesem Zustande zu erhalten‘. Diese Pflicht, die . . . eine typusprägende Hauptpflicht ist, entfällt naturgemäß bei Unwirksamkeit des Vertrags. Folglich hat der Mieter in diesem Fall nicht etwa das kondiktionsrechtliche Gegenstück zur Vertragsleistung des Vermieters erlangt, sondern nichts weiter als den blanken Besitz.“ (a) Im Falle der unrechtmäßigen Sachherrschaft gestattet erst der konkret gezogene Nutzen die Bezifferung des Vorteils: Der Wert des tatsächlichen Gebrauchs einer Sache lässt sich mit der miet- oder pachtweisen Nutzung oder – insbesondere im Falle des Verbrauchs der Sache – mit dem Eigentümergebrauch vergleichen.107 Nunmehr ist die anhand objektiver Kriterien vorzunehmende Feststellung möglich, der Besitzer nutze die Sache „wie ein Mieter“108, „wie ein Pächter“ oder er gebrauche sie „wie ein Eigentümer“.109 Durch die Nutzung wird hier ein Gut des Rechtsverkehrs, das einem anderen als „Tauschobjekt“ zugewiesen ist, dem eigenen Vermögen ohne Befugnis einverleibt. Der Vorteil der Nutzung ist auf Kosten des „Tauschberechtigten“ erlangt, d.h. auf Kosten des Eigentümers oder – sollte dieser einem anderen ein Recht zum Besitz und die Befugnis zur Besitzüberlassung an Dritte eingeräumt haben – auf Kosten des rechtmäßigen Besitzers.110 Sofern die Zuweisung des Besitzes einerseits und der Gebrauchsvorteile andererseits auseinanderfallen, begründet die Vorschrift des § 818 Abs. 1 BGB einen neben die Besitzkondiktion tretenden selbständigen Anspruch auf den Ausgleich der Nutzung.

(1) Der Wert der verwirklichten Nutzungschancen ist mit der ersparten Gegenleistung zu beziffern (§ 818 Abs. 2, 1. Fall BGB), die an den „Tauschberechtigten“ (das ist derjenige, der die Nutzungen selbst hätte zie107 Siehe dazu im Einzelnen unten III. 2. f) cc) (b), Seite 111 und III. 2. g) bb) (f) (2), Seite 121. Der konkret gezogene Nutzen kann auch darin bestehen, dass die fremde Sache einem Dritten überlassen wird. 108 Gebraucht jemand nach Beendigung eines leiheähnlichen Verhältnisses die ihm überlassene Sache weiter, so ist im Ausgangspunkt der objektive Mietwert der Sache zu erstatten; werterhöhende Investitionen des Besitzers bleiben ohne Ausgleich (BGH NJW 1995, Seite 2627, 2628 sub 4 und 5). Erstreckt sich die Nutzung nicht nur auf den Gebrauch der Sache, sondern darüber hinaus auf die Ziehung von Früchten, so ist der übliche Pachtzins (vgl. § 581 Abs. 1 BGB) zu erstatten. 109 Im Falle des eigentümerähnlichen Gebrauchs sind die Gebrauchsvorteile nicht nach Mietgrundsätzen, sondern wie bei steuerlichen Abschreibungen nach dem Wertverlust zu berechnen (siehe dazu oben Fußnote 91); unzutreffend, weil alle Formen des Besitzes (d.h. den Eigen- und den Fremdbesitz) „über einen Kamm scherend“, Gursky, JR 1998, Seite 7, 8 sub II 1 und Seite 10. 110 Zu der Frage, ob die durch einen Dritten gezogenen Gebrauchsvorteile als Ausfluss nur des Eigentums- oder auch eines Besitzrechts angesehen werden können, siehe MünchKomm/Lieb, 3. Auflage, § 818 Rdnr. 22 m. w. N.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

hen dürfen) auf der Grundlage einer wirksamen Vereinbarung hätte erbracht werden müssen.111 Zutreffend führt Detlef König hierzu aus112: „Die Wertersatzpflicht führt . . . im Ergebnis zu einem Leistungsaustausch zwischen Leistendem und Empfänger. Maßgebend für die Wertbemessung ist der Markt, an dem beide Parteien miteinander in Beziehung getreten wären.“ (2) Daher ist nicht jeder, der einem anderen den Besitz an einer Sache zur Erfüllung einer Verbindlichkeit (etwa kraft einer Vermietung, § 535 BGB) überlässt, im Falle der Nichtigkeit des Vertrags berechtigt, den Ersatz der gezogenen Nutzungen zu verlangen (§ 818 Abs. 1 BGB). Hat etwa ein Dieb, der dem (gutgläubigen) M ein gestohlenes Fahrzeug durch nichtigen Mietvertrag überlassen, so hat M hat die gezogenen Nutzungen an den Eigentümer des Fahrzeugs, nicht aber an den Dieb auszukehren, der ihm um der Gegenleistung willen lediglich den Besitz (nicht aber die berechtigte Nutzung) eingeräumt hat.113 Als Beispiel für den Verbrauch fremder Nutzungschancen führe ich in Anlehnung an Gursky den Fall an, dass der Eigentümer eines Grundstücks aus fremdem Material eine Garage errichtet, die (aus der Sicht eines potentiellen Erwerbers) eine sinnvolle Bebauung seiner Immobilie verhindert und damit den Grundstückswert nicht erhöht.114 Der Grundstückseigentümer hat sich solchenfalls die Herrschaftsbefugnis des Materialeigentümers faktisch angemaßt. Er hat den Besitz an den Materialien, solange ihm das möglich ist, herauszugeben (§§ 985, 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB). Verbraucht er ihren Nutzwert, indem er sie in den Bau einfügt, zieht er einen fremden Tauschwert an sich und hat – bezogen auf den Zeitpunkt des Einbaus der Materialien – den üblichen Kaufpreis zu entrichten: Der Nutzwert der Materialien ist durch das Entgelt festgelegt, das für die „Befugnis des Verbrauchs“ hätte entrichtet werden müssen.115 Hierbei handelt es sich um den auszukehrenden Vermögensvorteil im bereicherungsrechtlichen Sinne (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 1 in entsprechender Anwendung, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB116), der selbst dann bestehen bleibt, wenn die Garage unmittelbar nach ihrer Errichtung zerstört wird.117 111 Die rechtsgrundlos gezogenen Nutzungen einer Sache sind güterrechtlich stets demjenigen zugewiesen, der selbst nutzungsberechtigt ist (Larenz, Festschrift für v. Caemmerer, Seite 209, 211. 112 Gutachten und Vorschläge, Seite 1515, 1544 (Hervorhebung durch Verf.). 113 Siehe dazu oben III. 2. e) aa), Seite 103. 114 Staudinger/Gursky, 13. Bearbeitung, § 951 Rdnr. 24. 115 Der Wert des erlangten Vorteils: des Verbrauchs der Materialien, ist durch die fiktiven Beschaffungskosten festzulegen. Auszugleichen ist mithin die von Grundstückseigentümer getroffene „Nutzwertentscheidung“, nicht der bloße Umstand, dass dem Grundstück wesentliche Bestandteile zugefügt worden sind. Unzutreffend Staudinger/Gursky, 13. Bearbeitung, § 951 Rdnr. 24, der unmittelbar die „Ersparnis von Aufwendungen“ als „Gegenstand der Vergütungspflicht“ qualifiziert. Gursky verkennt, dass nach § 951 BGB nicht der Substanzwert der eingebauten Materialien vor ihrem Einbau, sondern die durch den Einbau veränderten abstrakten Nutzungsmöglichkeiten der Hauptsache den auszugleichenden Vermögenszuwachs im Sinne des § 951 BGB darstellen. Siehe dazu noch Fußnote 116.

2. Die exakte Bestimmung des ausgleichsfähigen „Vorteils‘‘

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Sollte der Bereicherte einwenden, er sei vom Einbau eigener Steine ausgegangen, so bleibt er gleichwohl um den Wert ersparter Aufwendungen für deren Kauf bereichert. Die Ausgleichspflicht wäre nur zu verneinen, wenn er sich vorstellte, ihm seien die vermeintlich eigenen Ziegel unentgeltlich zugefallen (?).118

(b) Die Wertersatzpflicht in Höhe des fiktiven Kaufpreises, Miet- oder Pachtzinses auf der Seite desjenigen, der sich den Besitz an den fremden Materialien verschafft, entsteht mithin nicht allein kraft der Besitzbegründung: Diese vermittelt lediglich die faktische Chance eines Gebrauchs, die nicht in einem Geldbetrag auszudrücken ist. Erst die konkrete Nutzung fremder Sachen kraft ihres Ge- oder Verbrauchs begründet die Annahme eines Vorteils, dessen Wert mit der üblichen (gegebenenfalls anteiligen) Gegenleistung, beispielsweise dem Kaufpreis, zu beziffern ist. Zur Veranschaulichung dieser Aussage sei das angeführte Beispiel abgewandelt: Jemand lagert fremde Baumaterialien auf seinem Grundstück, verwendet sie vorläufig aber nicht für eigene Vorhaben (etwa den Bau einer Garage). Solange sich die Materialien auf dem Grundstück befinden, ist der Besitzer zur Herausgabe (§§ 985, 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB)119, d.h. zu ihrer Auskehrung auf dem 116

Da es nicht um den Ausgleich des Eigentumszuwachses wegen qualitativer Veränderung der zugefügten Substanz (beziffert durch die Erhöhung des „abstrakten“ Nutzwertes, d.h. des Verkehrswertes der Immobilie) geht, sondern um die konkrete Nutzung fremden Eigentums kraft Verbrauchs der Sache (die beispielsweise auch zu bejahen wäre, wenn ein Mieter der Immobilie aus den Materialien einen Scheinbestandteil im Sinne des § 95 BGB gefertigt hätte, ohne im Wege der Verbindung Eigentum an den Materialien zu erlangen), ist die Bestimmung des § 812 BGB unmittelbar, d.h. nicht in Verbindung mit § 951 BGB, anzuwenden: Auszugleichen ist der Substanzwert der Materialien vor dem Einbau. 117 Baut der Eigentümer der Hauptsache die fremden Materialien ein, ist die Vorschrift des § 951 BGB, die auf den Ausgleich des bloßen Wertzuwachses der Hauptsache zielt, mithin nicht anzuwenden. Entgegen der nahezu einhellig vertretenen Ansicht regelt die Bestimmung mithin keine Kondiktion wegen des Eingriffs des Eigentümers der Hauptsache in ein fremdes Recht, sondern den Fall, dass der Rechtsverlust eingetreten ist, ohne dass der Entreicherte ihn zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit herbeigeführt hätte. 118 So in dem von Gursky (a. a. O., Rdnr. 24) gebildeten Beispiel, dass der Grundstückseigentümer als Erbe die auf seinem Grundstück lagernden Materialien nur aus dem Grunde zu einer Garage verbaut, um das vermeintlich zum Nachlass gehörende Material nicht störend herumliegen zu lassen. 119 Die irrtümliche Lagerung von Materialien auf fremdem Grund und Boden begründet kein Recht zum Besitz des Grundstückseigentümers. Eine solche Berechtigung wird von der Rechtsprechung freilich bejaht, wenn ein Mieter bzw. Pächter nach Vertragsende Zubehör oder Scheinbestandteile auf der gemieteten oder gepachteten Immobilie zurücklässt (BGHZ 82, Seite 146, 151; RGZ 109, Seite 128, 131); der Verpächter/Vermieter sei bis zur Ausübung des Wegnahmerechts zum Besitz berechtigt. Unabhängig von der Frage, ob für den Grundstückseigentümer auf diese Weise ein Recht (!) zum Besitz entsteht, ist im Ergebnis der Annahme zuzustimmen, dass den Grundstückseigentümer keine Herausgabepflicht gegenüber dem früheren Besitzer trifft, der seinerseits aus dem Gesichtspunkt der Eigentumsstörung

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Grundstück in der Weise verpflichtet, dass der Materialeigentümer sie dort bildlich gesprochen „an der Grundstücksgrenze“ ohne weiteren Aufwand abzuholen vermag.120 Er schuldet jedoch von vornherein keinen bereicherungsrechtlichen Wertersatz (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 2. Fall BGB), sollte er die Sachherrschaft (etwa infolge eines Diebstahls) verlieren: Der entfallene Besitz und die mit ihm vermittelte tatsächliche Chance des Gebrauchs sind nicht in Geld zu bemessen.121

(c) Aus der Erkenntnis, dass die bloß faktische Chance der Nutzung nicht beziffert werden kann, ergibt sich für den Fall einer Veräußerung der Sache durch den Besitzer: (1) Eine Verpflichtung zum Wertersatz nach § 818 Abs. 2, 2. Fall BGB wegen der Unmöglichkeit der Rückgabe der Sache scheidet entgegen verbreiteter Auffassung122 aus, weil der Verlust des Besitzes auf der Seite des nichtberechtigten Veräußerers123 nicht in Geld auszudrücken ist. Auch handelt es sich bei dem „aus der Verfügung Erlangten“ nicht um das Surrogat, das an die Stelle des Besitzes getreten ist.124 Die Befreiung (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) verantwortlich ist. Siehe dazu bereits oben III. 2 f) aa), Seite 106. 120 Die Herausgabe besteht nicht nur in der Duldung der Wegnahme, sondern in einer Abgabe des Besitzes, den der Anspruchsgegner innehat (vgl. dazu Staudinger/ Gursky, Neubearbeitung 1999, § 985 Rdnr. 57 f. m. w. N.; Köbl, a. a. O., Seite 211 f.). Die mit der Herausgabe einer Sache aus § 985 BGB verbundenen Kosten hat grundsätzlich der Besitzer als Schuldner zu tragen. Diese Belastung erscheint nicht gerechtfertigt, sofern die Inbesitznahme der fremden Sache durch eine Störung des Eigentums veranlasst worden ist und sie dem Schutz vor weiterer Störung oder der Bewahrung des fremden Eigentums dient. In diesen Fällen ist der „aufgedrängte Besitz“ letztlich Folge der Störung, für deren Beseitigung allein der Eigentümer der störenden Sache aufzukommen hat. 121 Sollte der Eigentümer von dem Besitzer einen geldlichen Ausgleich für die abhanden gekommenen Materialien verlangen, scheitert dieser Anspruch nicht erst an der Entreicherung des Besitzers (§ 818 Abs. 3), sondern bereits an dem Umstand, dass der Wert des entfallenen Besitzes nicht zu beziffern ist (§ 818 Abs. 2 BGB). Dass der bloße Besitz zwar Gegenstand einer Kondiktion im Sinne des § 812 BGB sein kann, aber im Falle des Verlustes keine Wertersatzpflicht auszulösen vermag, verkennt Kaehler, a. a. O., Seite 17 bis 22: Das „erlangte Etwas“ im Sinne des § 812 BGB (in seiner Ausdrucksweise das „Beneficium“) hat nach seiner Ansicht entweder einen wirtschaftlichen Wert, entspricht also einer Geldsumme, welche allgemein ausgegeben werden muss, um sich das Kondiktionsobjekt zu beschaffen, oder es ist ein „juristisches Beneficium“ (etwa das Eigentum an einer Sache ohne Marktwert). 122 BGHZ 112, Seite 288, Seite 294 f.; 82, Seite 299, 307; Larenz/Canaris, a. a. O., § 72 I 1c, Seite 266 mit dem Hinweis auf RGZ 138, Seite 45 (zu dieser Entscheidung siehe eingehend oben II. 2. d) aa), Seite 48). 123 Davon zu unterscheiden ist die mit dem Besitzverlust einhergehende Einbuße des Eigentums auf der Seite des Berechtigten.

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des Nichtberechtigten von seiner Verbindlichkeit gegenüber dem gutgläubigen Erwerber, kraft derer er die betreffende Sache zu übereignen (oder ein anderes dingliches Recht zu verschaffen) verpflichtet war, tritt vielmehr an die Stelle des verlorenen Eigentumsrechts, dessen Rückübertragung der Verfügende im übrigen als bloßer Besitzer zu keinem Zeitpunkt schuldete.125 Bestimmt man zutreffend die Befreiung von der Verbindlichkeit als das „aus der Verfügung Erlangte“, entsteht auf der Seite des Verfügenden kein Surrogat, das dieser im Falle der verschärften Haftung nach §§ 818 Abs. 4, 819, 281 BGB an den ursprünglich Berechtigten herauszugeben hätte. Konsequenterweise sollte ein Anspruch des früheren Rechtsinhabers auf den Erlös bei Bösgläubigkeit des Verfügenden ausschließlich auf die Vorschrift des § 687 Abs. 2 BGB gegründet werden, welche auf die Abschöpfung von Gewinnen zielt.126

(2) Die Befreiungswirkung infolge der Wirksamkeit der Verfügung ist im Fall der Eigentumsverschaffung mit dem objektiven Verkehrswert der in Rede stehenden Sache zu veranschlagen.127 Dies gilt im Ausgangspunkt auch für den Fall der Schenkung; der Verfügende wird auch hier im Wege der Erfüllung (§§ 362 Abs. 1 i.V. m. 929 Satz 1, 932 BGB) gegenüber dem Erwerber von seiner Verpflichtung frei. Schließt jemand über einen fremden Gegenstand ein Rechtsgeschäft, kraft dessen ihm die Erträge der Sache oder des Rechts zufließen, erwirtschaftet er also – mit einer anderen Wendung ausgedrückt – die mittelbaren Früchte einer Sache oder eines Rechts (§ 100 Abs. 3 BGB), so ist eine einschränkende Auslegung der Vorschrift des § 818 Abs. 1 BGB zu erwägen, nach deren Wortlaut die rechtsgrundlos gezogenen Nutzungen in vollem Umfang an den Kondiktionsgläubiger herauszugeben sind: Schuldet derjenige, der in Unkenntnis seiner fehlenden Berechtigung über den fremden Gegenstand verfügt, den objektiven Verkehrswert aus dem Gesichtspunkt der Befreiung von einer Verbindlichkeit, so ist nicht ersichtlich, weshalb derjenige, der in gutem Glauben an seine Befugnis mittelbare Sach- oder Rechtsfrüchte zieht, hiervon abweichend wie ein angemaßter Eigengeschäftsführer sollte in Anspruch genommen werden dürfen. Der gutgläubige Bereicherungs-

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Insoweit zutreffend Palandt/Heinrichs, 62. Auflage, § 285 Rdnr. 4. Das betont zutreffend MünchKomm/Lieb, 3. Auflage, § 816 Rdnr. 6 und 12. 126 Siehe zum Ganzen bereits oben Fußnote 136 des Abschnitts II. 127 Unterschreitet der Veräußerungserlös den Verkehrswert, so darf der im Vertrauen auf seine Berechtigung Handelnde den teilweisen Wegfall der Bereicherung für sich in Anspruch nehmen, § 818 Abs. 3 BGB. Ist ein zwischen dem Verfügenden und dem Erwerber geschlossener Kaufvertrag nichtig, so hat der Verfügende die empfangene Gegenleistung an seinen vermeintlichen Vertragspartner, d.h. den Erwerber, auszukehren. Der frühere Eigentümer kann hier von dem Erwerber die Rückübereignung der Sache verlangen; der nichtberechtigt Verfügende ist gegenüber dem früheren Eigentümer zur Abtretung seines gegen den Erwerber gerichteten Anspruchs aus dem Gesichtspunkt der Besitzkondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB) verpflichtet. 125

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schuldner hat mithin lediglich den üblicherweise zu erzielenden Zins an den Gläubiger herauszugeben.

Das „aus der Verfügung Erlangte“ ist allerdings nicht der den Verkehrswert über- oder unterschreitende Kaufpreis des Nichtberechtigten aus dem von ihm abgeschlossenen Vertrag; dieser erwächst aus einer selbständigen schuldrechtlichen Beziehung, die der Berechtigte nicht für sich reklamieren kann.128 Die vom Erwerber zu bewirkende Gegenleistung ist jedoch bereicherungsrechtlich nicht bedeutungslos: Der gutgläubige Kondiktionsschuldner vermag sich wegen eines geldlichen Ausgleichs für die Befreiungswirkung (§ 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) im Verhältnis zum Erwerber gegenüber dem Kondiktionsgläubiger im Ausgangspunkt auf den Gesichtspunkt der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) zu berufen, weil der fremde Gegenstand im Zeitpunkt der Verfügung nicht Bestandteil seines Vermögen war, die Verpflichtung zum Wertersatz mithin ein Opfer aus seinem „ureigenen“ Vermögen erforderte.129 Indessen stellt das vom Erwerber gezahlte Entgelt den Gegenwert für die Eigentumsverschaffung dar, ein Vorteil, der dem Vermögen des Verfügenden unabhängig von dem die Bereicherungshaftung auslösenden Vorgang nicht rechtsbeständig zugeflossen wäre.130 Dementsprechend geht der Einwand des Kondiktionsschuldners, er sei nicht gehalten, zur Befriedigung des Gläubigers sein sog. „Stammvermögen“ einzusetzen131, ins Leere; es bleibt bei seiner Wertersatzpflicht, §§ 816 Abs. 1 Satz 1, 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB. Der Zugriff auf einen den Ver128 In diesem Sinne bereits die Motive (zitiert nach Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 2, Recht der Schuldverhältnisse, Seite 476 letzter Absatz): „Ob der Verfügende . . . zur Herausgabe der Bereicherung an den bis dahin Berechtigten . . . verpflichtet ist, kann . . . bezweifelt werden, da er aus dem Vermögen des Berechtigten nichts erhalten hat, insbesondere die nach dem Veräußerungsgeschäfte dem Erwerber obliegende Gegenleistung dem bis dahin Berechtigten niemals zugestanden hat.“ Zutreffend auch Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 723; a. A. Larenz/Canaris, a. a. O., § 72 I 2, Seite 267; Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 816 Rdnr. 24 – jeweils m. w. N. Unentschieden die Stellungnahme von Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 360 Rdnr. 478: Der Streit habe praktische Bedeutung nur in den Fällen, in denen der Veräußerungserlös den objektiven Wert übersteige. 129 Zum Regelungsgehalt des § 818 Abs. 3 BGB, der sich aus der Abschöpfungsfunktion des Bereicherungsrechts ableitet, siehe eingehend unten V. 2. d) aa) (d) (2) (aa) und (bb), Seite 547 ff. 130 Hat der Erwerber die geschuldete Gegenleistung noch nicht bewirkt, so ist es dem Kondiktionsschuldner in Höhe des Wertes seines Forderungsrechts versagt, den Einwand der Entreicherung zu erheben. Sofern er die Liquidität des Erwerbers nicht substantiiert bestreitet, ist der Wert seiner Forderung mit dem Nennwert zu beziffern (siehe dazu oben III. 2. b) bb) (a), Seite 90). 131 Der vom Bundesgerichtshof in bereicherungsrechtlichen Zusammenhängen (BGHZ 68, Seite 90, 94) verwendete Begriff des „Stammvermögens“ bezieht sich auf das Vermögen des Kondiktionsschuldners vor Eintritt der Bereicherung. Siehe dazu noch unten V. 2. d) aa), Seite 534 ff.

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kehrswert übersteigenden Erlös ist lediglich aus dem Gesichtspunkt des Eingriffs in das fremde Eigentum durch den Verfügenden gerechtfertigt, § 687 Abs. 2 Satz 1 BGB. g) Die Nutzung oder der Verbrauch einer Sache als vermögenswerter Vorteil aa) Begründet nicht der Besitz, sondern erst die Nutzung einer Sache132 einen geldwerten Vorteil, stellt sich zunächst die Frage, ob der Begriff „Nutzung“ die entsprechende Entscheidung des „Bereicherten“ beinhaltet oder ob er ausschließlich den äußeren Akt der Einverleibung in das eigene Vermögen umschreibt. Stellte man auf den äußeren Akt ab, so wäre auch an die Nutzung von Sachen durch eine Person zu denken, die sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand, beispielsweise in Hypnose, befindet. Indessen wird man von einer Nutzung nur sprechen können, wenn der Gebrauch einer Sache Ausdruck des „natürlichen“ Willens ist. Die Nutzung setzt, mit einer anderen Wendung ausgedrückt, den Handlungswillen des Nutzenden voraus133: In Hypnose kann man keine Wohnung „bewohnen“, keine technischen Einrichtungen „benutzen“, ja nicht einmal bewusst essen und trinken. bb) Nutzungen, d.h. Früchte und die an den Besitz gebundenen Gebrauchsvorteile (§ 100 BGB), sind Erträgnisse, deren Geldwert durch privatautonome Festlegung oder mit dem üblichen bzw. angemessenen Entgelt beziffert wird, das der Nutzende hätte bezahlen wollen oder müssen.134 (a) In der Kommentarliteratur findet sich die Aussage, Gebrauchsvorteile müssten keine Vermögensvorteile sein; als Beispiele werden die Möglich132 Zur Nutzung einer Sache durch denjenigen, der das Eigentum an ihr ohne rechtlichen Grund erlangt hat, siehe oben III. 2. e), Seite 102. Zur unberechtigten Nutzung fremder Sachen und der Herausgabe ihres Wertes mit ansprechenden Beispielen aus der Judikatur siehe Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 2, Seite 148 ff., Rdnr. 109 ff. und Seite 266 ff., Rdnr. 316 ff. 133 Zur juristischen Handlung und zum Handlungswillen Enneccerus, a. a. O., § 128 I, Seite 328. 134 Als „Gebrauchsvorteil“ bezeichnet man den im schlichten Gebrauch einer Sache liegenden Vorteil (§ 100 BGB); vgl. Gursky, JR 1972, Seite 279, 281 sub II m. w. N. Zu der Frage, ob die Ersparnis von Schuldzinsen als Nutzung eines rechtsgrundlos empfangenen Geldbetrages zu bewerten ist, siehe – bejahend – BGH NJW 1998, Seite 2354 mit zustimmender Anmerkung Schlechtriem, JZ 1998, Seite 955, 957 und – verneinend – Gretter, DB 1995, Seite 516; zur Herausgabe gezogener Zinsen nach deutschem Bereicherungsrecht siehe Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 322 ff.

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keiten angeführt, auf einem Musikinstrument zu spielen oder ein Reitpferd zu benutzen.135 Indessen handelt es sich bei den angeführten Vorteilen im Ausgangspunkt um geldwerte Befugnisse: Sind sie dauerhafter Natur, werden sie durch den Kaufpreis beziffert, der die vom Käufer mit dem Sachgebrauch verbundenen Vorteile fixiert.136 Die vorübergehende Überlassung sowohl eines Musikinstrumentes als auch eines Reitpferdes kann im Rahmen von Mietverträgen (d.h. gegen Zahlung eines Entgelts) vereinbart werden137 und lässt sich dementsprechend ebenfalls in Geldwert ausdrücken.138 Übersteigt das fiktive, d.h. für den Fall eines wirksamen Vertrags vereinbarte, Entgelt für die vorübergehende Gebrauchsüberlassung die fiktiven Anschaffungskosten, so ist der Nutzwert auf die Anschaffungskosten zu begrenzen: Wenn das Eigentum an einer Sache die allumfassende Nutzungsmöglichkeit gewährt, darf der Ersatz für den Sachgebrauch nicht die Kosten für den Eigentumserwerb übersteigen.139

(b) Zwischen der Nutzung einer Sache und ihrem Verbrauch besteht sehr häufig nur ein quantitativer, kein qualitativer Unterschied: Der Gebrauch stellt bei Sachen, die dem Verschleiß unterliegen, einen fortschreitenden Verbrauch dar, weil und sofern durch ihn der Verkehrswert sinkt.140 Entfällt dieser Wert bei Fortbestand einer (reduzierten) Substanz vollständig, so ist die Sache „aufgebraucht“.141 135

MünchKomm/Holch, 3. Auflage, § 100 Rdnr. 3. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, Seite 303 sub 7.4.4., die zutreffend darauf hinweisen, dass der Kaufpreis für eine Ware ihr „zusammengezogener Nutzungswert“ ist, wobei der Kaufpreis dessen untere Grenze festlegt (Fußnote 108). Ebenso bereits Ott/Schäfer, ZIP 1986, Seite 613, 621 sub VI 1 m. w. N. 137 Als weiteres Beispiel führe ich die Nutzung eines Fahrrades an. Nach den Angaben des Amtsgerichts Frankfurt a. M. in einem Urteil aus dem Jahre 1990 (NJW 1990, Seite 1918) beträgt die Miete eines Fahrrades für den ersten Tag 12 DM, für den zweiten 10 DM, für den dritten 8 DM und für jeden weiteren Tag 5 DM. 138 Nach Auskunft einer Musikalienhandlung werden Violinen, Bratschen etc. insbesondere an Personen vermietet, die das Spielen des Instrumentes erlernen wollen. Mit dem Hinweis auf die Möglichkeit eines vorübergehenden Gebrauchs gegen Zahlung eines Mietzinses soll freilich nicht gesagt sein, dass für die Bewertung von Gebrauchsvorteilen stets auf den entsprechenden Miet-Markt abzustellen ist; der Gebrauch als Eigenbesitzer wird durch Zahlung des fiktiven (gegebenenfalls anteiligen) Kaufpreises aufgewogen (in diese Richtung weisen Ott/Schäfer, ZIP 1986, Seite 613, 622). 139 Die üblichen Kosten für den Eigentumserwerb bestimmen sich nach Verkehrswert der Sache. 140 Zutreffend Kleinheyer, JZ 1961, Seite 473, 474. Zu den aus dieser Erkenntnis zu ziehenden Schlussfolgerungen siehe unten V. 2. d) aa) (d) (4) (aa), Seite 565 ff. 141 Nach allgemeiner, freilich nicht näher begründeter Ansicht soll der Verbrauch einer (verbrauchbaren) Sache nicht als Gebrauchsvorteil zu bewerten sein (statt aller: MünchKomm/Holch, 3. Auflage, § 100 Rdnr. 5 m. w. N.). Dies ist nur insofern 136

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(c) Der individuelle Vorteil, den der Sachgebrauch verschafft, d.h. ihr Nutzwert, ist bei wirksamem Vertrag durch das vereinbarte Entgelt beziffert: Es bringt zum Ausdruck, wie hoch die Parteien die individuelle (dauerhafte oder vorübergehende) Gebrauchs- bzw. Genussmöglichkeit einschätzen.142 Diese Einschätzung bezieht sich – wie bereits ausgeführt143 – auf die Nutzungsmöglichkeit; sie ist unabhängig von dem Umstand, ob die geplante Nutzung tatsächlich gezogen wird. (d) Im Falle des entgeltlichen nichtigen Vertrags (etwa kraft der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach §§ 123, 142 Abs. 1 BGB) ist die üblicherweise vereinbarte oder angemessene Gegenleistung als Wert der Nutzung zu qualifizieren144: Ließe sich dieser Wert ausschließlich anhand der durch die Parteien festgesetzten Gegenleistung und nicht hilfsweise durch den üblichen oder angemessenen Betrag ermitteln, so hätte derjenige, der die Rückgabe einer Sache aus dem Gesichtspunkt der Leistungskondiktion schuldet, im Falle einer nichtigen Wertvereinbarung entgegen der Bestimmung des § 818 Abs. 1 BGB die von ihm gezogenen Nutzungen nicht zu erstatten. Wurde die dauerhafte oder vorübergehende Nutzungsmöglichkeit unentgeltlich, jedoch unwirksam eingeräumt, so ist dessenungeachtet der Vorteil der Nutzung geldlich bestimmbar: Ist der Zuwendende an seine Zusage nicht gebunden, muss dem Ausgleich der übliche oder angemessene Wert der Nutzung zugrundegelegt werden. Der Beschenkte hat allerdings keinen Ersatz zu leisten, sofern er sich auf den Einwand der Entreicherung zu berufen vermag (§ 818 Abs. 3 BGB).145

(1) Handelt es sich um einen vorübergehend, etwa im Rahmen eines nichtigen Miet- oder Pachtvertrags, gewährten Nutzungsvorteil, der üblicherweise unentgeltlich eingeräumt wird und der sich – worauf hilfsweise abzustellen ist – auch nicht in der Verminderung des Verkehrswertes der zutreffend, als durch den Verbrauch zukünftige Gebrauchsmöglichkeiten entfallen; sie setzen den Fortbestand der zu nutzenden Substanz voraus. 142 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, Seite 303 sub 7.4.4. 143 Siehe oben III. 2. f) bb), Seite 107. 144 Unzutreffend Ehlke, WM 1979, Seite 1022, 1025, der trotz der Nichtigkeit eines Vertrags die Preisvereinbarung zur Grundlage der bereicherungsrechtlichen Wertbemessung macht und damit die Vermutung des § 139 BGB übersieht. 145 Bezogen auf den kondiktionsrechtlichen Ausgleich zu unbestimmt, im Ergebnis aber zutreffend Reimer, a. a. O., Seite 49: „Eine Disposition des Bereicherungsschuldners ist für die Bestimmung des Umfangs des vermögensorientierten Bereicherungsanspruchs insoweit von Bedeutung, als für den ausschließlich am Vermögenszuwachs des Bereicherungsschuldners orientierten Umfang des Bereicherungsanspruchs die Disposition des Bereicherungsschuldners der verläßlichste (?) Gradmesser ist.“ Entgegen der Ansicht von Reimer ist die Bestimmung des abzuschöpfenden „Vorteils“ im Sinne des § 812 BGB allerdings nicht von einer „vermögensorientierten Sicht“ des Kondiktionsrechts abhängig (a. a. O., siehe auch Seite 59 ff.). Siehe dazu unten V. 2. d) aa) (d) (2), Seite 545 ff.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Sache niederschlägt146, so ist sein Wert auf der Grundlage der (unverbindlichen) Übereinkunft in entsprechender Anwendung des § 287 ZPO zu schätzen.147 Nicht einmal geschätzt werden kann der auf eine bestimmte Person beschränkte Nutzwert, beispielsweise die Nutzung eines Swimmingpools für eine Gartenparty.148 Dieser ausschließlich individuelle (höchstpersönliche) Nutzwert stellt keinen in Geld auszudrückenden Vorteil dar.

(2) Ist ein Nutzungsersatzanspruch desjenigen, der die Rückgewähr der Sachherrschaft wegen der Nichtigkeit eines Vertrags verlangen kann, zu bejahen, so ist der Schuldner nicht gehindert, die Herausgabe von der Rückgewähr der von ihm erbrachten Gegenleistung abhängig zu machen (§ 320 BGB in entsprechender Anwendung). Stellt der Anspruch auf Nutzungsersatz das Surrogat der dem Sachgläubiger zugewiesenen (jedoch durch den anderen Teil verwirklichten) Nutzungschancen dar, so ist der Sachgläubiger – macht er den Anspruch auf Ersatz der gezogenen Nutzungen geltend (§§ 818 Abs. 1, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) – dem Sachschuldner zur Rückgewähr der rechtsgrundlos bewirkten Gegenleistung für dessen Gebrauch verpflichtet, § 326 Abs. 3 BGB in entsprechender Anwendung. Der Besitzer, der zur Überlassung der Sachherrschaft nicht berechtigt ist, wird in gleicher Weise wie derjenige behandelt, der als Nichtberechtigter wirksam über eine fremde Sache verfügt, d.h. einem Dritten das Eigentum kraft guten Glaubens verschafft hat: Als Nichtberechtigter kann er nicht die mit dem Eigentum verbundenen Chancen für sich reklamieren, so dass der Schuldner, der den ihm geleisteten Besitz (nicht das Eigentum) zurückzugewähren hat, dem Besitzer keinen Nutzungsersatz schuldet. Ein gutgläubiger Erwerber des Eigenbesitzes kann Zug um Zug gegen Rückgabe der Sachherrschaft die Rückzahlung des vollen Kaufpreises begehren. Eine Verrechnung mit dem Ersatz für gezogene Nutzungen findet wegen der nichtberechtigten Überlassung nicht statt.

(e) Verschafft sich eine Person eigenmächtig den Gebrauchsvorteil, d.h. ohne den Nutzwert durch Vereinbarung festzulegen, so tritt der übliche bzw. angemessene Wert („Marktpreis“) an die Stelle der privatautonomen Festlegung: Der Nutzende kommt in den Genuss eines Gutes, das dem Austausch zugänglich und dessen Tauschwert einer anderen Person zugewiesen ist.149

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Das Absinken des Verkehrswertes ist – auf die zukünftige Verwendung bezogen – Ausdruck der Verminderung von „abstrakten“ Nutzungsmöglichkeiten. Die verminderten Möglichkeiten können das Ergebnis eines gebrauchsbedingten Verschleißes, aber auch einer technischen Überholung sein. 147 Auf den Umstand, dass der „als Wertersatz für die durch Eigengebrauch einer fremden Sache gezogenen Nutzungen geschuldete Betrag“ häufig in analoger Anwendung des § 287 ZPO geschätzt werden muss, weist zutreffend Staudinger/ Gursky, Neubearbeitung 1999, § 987 Rdnr. 19 (mit zahlreichen w.N.), hin. 148 Dieser knappe Sachverhalt ist den Ausführungen von Ott/Schäfer, ZIP 1986, Seite 613, 622 sub 5., entlehnt.

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Dass der Wert des Vorteils in Beziehung auf den Tauschberechtigten festzulegen ist, verkennt Gerd Kleinheyer, nach dessen Auffassung von einer Kostenersparnis keine Rede sein kann, wenn sich der Nutzende den Vorteil anderweitig günstiger hätte beschaffen können.150 Kleinheyer vermengt hier die Wertbemessung der Nutzung (§ 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) mit der davon zu unterscheidenden Frage, ob die Zahlungspflicht mit dem Einwand der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) abgewehrt werden kann; letzteres kann zu bejahen sein, wenn der Nutzende über die Person des Tauschberechtigten im Irrtum ist.151

Der Wert der Nutzung ist im Ausgangspunkt mit der üblichen oder angemessenen Gegenleistung152 zu beziffern (§ 818 Abs. 1 BGB in direkter oder – wird eine fremde Sache vollständig verbraucht – entsprechender Anwendung, § 818 Abs. 2, 1. Fall BGB). Auf der Grundlage dieser Feststellung hätte der Bundesgerichtshof in einem Urteil aus dem Jahre 1979153 seine Entscheidung treffen müssen: Die Klägerin, die ein bestimmtes Gelände zum Zwecke des Kiesabbaus gepachtet und entsprechende Vorbereitungsmaßnahmen durchgeführt hatte154, verlangte von dem Beklagten als Pächter des Nachbargrundstücks einen finanziellen Ausgleich aus dem 149 Zutreffend – bezogen auf das Eigentum – v. Caemmerer, Festschrift für Rabel I, Seite 333, 353: „Dem Eigentümer der Sache gebührt das uti, frui, abuti, ihm . . . steht es zu, die Sache zu gebrauchen und zu nutzen, sie zu verbrauchen und sie zu Gelde zu machen, sie zu verwerten. Wenn jemand also eine fremde Sache gebraucht oder nutzt, wenn er sie verbraucht . . . oder für sich verwertet, dann hat er etwas erlangt, was nach dem Zuweisungsgehalt des Eigentümers dem Eigentümer gebührt.“ Ähnlich v. Lübtow, a. a. O., Seite 29, 34, 73: Wer eine fremde Sache verbrauche oder benutze, eigne sich den fremden Verbrauchs-, also den Sachwert bzw. den Benutzungswert an; er verleibe diesen Wert endgültig dem eigenen Vermögen ein. Anderer Ansicht ist Jakobs, Eingriffserwerb und Vermögensverschiebung, Seite 33 f., der den Ver- oder Gebrauch von Sachen nur als „Vorgänge“ bezeichnet, die als solche zu keiner Bereicherung führten. Jakobs vermengt hier die Wertbestimmung der Nutzung als eines geldwerten Vorteils nach § 818 Abs. 2, 1. Fall BGB mit der Beschränkung der kondiktionsrechtlichen Haftung auf die „noch vorhandene“ Bereicherung aus dem Gesichtspunkt des schutzwürdigen Vertrauens auf die Unentgeltlichkeit des Erwerbs (§ 818 Abs. 3 BGB; dazu im Einzelnen unten V. 2. d) aa) (d) (2) (bb) (g), Seite 557). 150 Kleinheyer, JZ 1961, Seite 473 und 476. 151 Beispiel: Der Nutzende ist der Ansicht, das Fahrzeug eines Verwandten zu gebrauchen, der ihm seinen Wagen für ein geringeres Entgelt als den üblichen Mietzins überlassen hätte. 152 Kann das „Erlangte“ wegen seiner Beschaffenheit nicht in Natur herausgegeben werden, ist der Wertersatzanspruch aus § 818 Abs. 2, 1. Fall BGB „quasivertraglicher“ Natur. Zutreffend – bezogen auf die unbefugte Nutzung eines fremden Patentes – v. Caemmerer, Festschrift für Rabel I, Seite 333, 357; zustimmend Goetzke, AcP 173, Seite 289, 304. Mangels einer Wertvereinbarung zwischen dem „Bereicherten“ und demjenigen, der den Gegenstand zuwenden könnte, ist hier ausschließlich ein „abstrakter“ Wertbegriff zugrundezulegen; zutreffend Ehlke, WM 1979, Seite 1022, 1026 sub I 4. 153 NJW 1979, Seite 2034.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Gesichtspunkt „ersparter Aufwendungen“, weil dieser auf einem Teil der von ihr gepachteten und freigelegten Fläche Kies gefördert und dabei von den vorbereitenden Maßnahmen profitiert hatte. Der Bundesgerichtshof gab der Klage mit folgender Begründung statt155: „Sie (gemeint ist die Klägerin) kann ihren Anspruch schon damit begründen, daß der Beklagte bei der Auskiesung die Aufwendungen erspart hat, die er sonst für die – von der Klägerin durchgeführte – Abräumung des Geländes selbst hätte aufwenden müssen. Um die Ersparnis der dafür erforderlichen Kosten ist er bereichert. Hätte er die Klägerin oder einen Dritten mit der Abräumung beauftragt, hätte er dafür die angemessene Vergütung zahlen müssen. Darin, daß er das erspart hat, liegt seine Bereicherung . . .“. Das Gericht bestimmt hier den vom Beklagten erlangten Vorteil falsch: Dieser nutzte das von der Klägerin gepachtete und freigelegte Grundstück „wie ein Unterpächter“, hätte mithin für den Kiesabbau auf dem abgeräumten Geländes den üblichen oder angemessenen Unterpachtzins entrichten müssen. Die Kosten für „Abräumung“ des von der Klägerin gepachteten Grundstücks sind ihm indessen nicht erspart geblieben: Eine derartige Verbindlichkeit hätte er als Pächter der benachbarten Parzelle nicht begründen müssen!156

Liegt der konkret erzielbare Kaufpreis, Miet- oder Pachtzins über dem üblichen Entgelt (wofür der Gläubiger im Streitfall darlegungs- und beweispflichtig ist!), so geht dieser Umstand bei der Wertbemessung zu Lasten desjenigen, der sich den Vorteil eigenmächtig verschafft hat.157 Wollte man wegen des Fehlens einer Wertvereinbarung den Vermögenswert des Gebrauchs verneinen, käme beispielsweise der Dieb eines Kraftfahrzeugs in die Situation, den fremden Wagen unentgeltlich nutzen zu können. Er stünde auf diese Weise besser als derjenige, der den Gebrauch eines Gutes auf der Grundlage eines nichtigen Miet- oder Kaufvertrages erlangte. Dass diese unterschiedliche Behandlung nicht hinzunehmen ist, liegt auf der Hand.158 (f) Zieht ein Besitzer Nutzungen und Gebrauchsvorteile aus einer fremden Sache, so handelt er entweder als Fremd- oder als Eigenbesitzer. Mieter, Pächter oder Entleiher beispielsweise nutzen die ihnen überlassene Sache als Fremdbesitzer, während derjenige, der die Sachherrschaft auf der 154 Der Kläger hatte das Gelände unter anderem von einer Humus- und einer Lehm-Kies-Schicht befreit. 155 A. a. O., Seite 2035 f. 156 Hätte der Beklagte das von der Klägerin gepachtete Grundstück selbst von der Humusschicht etc. befreit und anschließend Kies abgebaut, so wäre zu fragen gewesen, ob er die Herausgabe von „verwendungsbedingten Nutzungen“ (§ 818 Abs. 1, gegebenenfalls i.V. m. § 818 Abs. 2, 2. Fall BGB) schuldete und die Erfüllung dieser Pflicht von dem Ausgleich seiner grundstücksbezogenen Investitionen abhängig machen durfte. Siehe dazu oben Fußnote 144 des Abschnitts II. 157 A. A. Palandt/Heinrichs, 62. Auflage, § 100 Rdnr. 2: Die Bewertung richte sich allein nach dem objektiven Wert der Nutzung. 158 Im Ergebnis ebenso Gursky, JR 1972, Seite 279, 281.

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Grundlage eines nichtigen Kauf- oder Schenkungsvertrags erlangt, sich Früchte und Gebrauchsvorteile in der Annahme seines Eigentums zuführt. Im Ausgangspunkt schuldet der Fremdbesitzer den Nutzungsersatz nach dem üblichen Miet- oder Pachtzins, der Eigenbesitzer den Wertverzehr, anteilig berechnet nach dem üblichen Kaufpreis.159 (1) Nutzt jemand eigenmächtig (d.h. ohne eine entsprechende Vereinbarung mit dem Berechtigten getroffen zu haben) eine Sache in Kenntnis ihrer Fremdheit so, als gehöre sie ihm, verschafft er sich einen Vorteil, der nicht auf der Grundlage des üblichen Kaufpreises, sondern des üblichen Mietzinses zu veranschlagen ist: Denn der eigenmächtig Handelnde trägt das Risiko, dass ihm der Eigentümer die Sache nicht auf Dauer, sondern nur zum zeitweiligen Gebrauch überlassen hätte. Abweichend ist die eigenmächtige Nutzung einer Sache durch eine Person zu beurteilen, die sich des Eigentums eines anderen nicht bewusst ist. Als Beispiel führe ich den Fall an, dass V eine Sache des E verwahrt, die nach dem Tod des V durch seinen Erben N in der Vorstellung gebraucht wird, er sei kraft des Erbfalls ihr Eigentümer geworden. N schuldet E nicht die Zahlung des üblichen Mietzinses, sondern nur den Ausgleich des (anteiligen) Wertverzehrs.160

Ich fasse zusammen: Wer eine Sache – sei es als Fremd-, sei es als Eigenbesitzer – in Kenntnis ihrer Fremdheit eigenmächtig nutzt, erlangt einen geldwerten Vorteil, wenn für die Überlassung dieser oder einer gleichartigen Sache zum vorübergehenden Gebrauch ein Marktpreis, d.h. der übliche Miet- oder Pachtzins, zu ermitteln ist. Diesen Vorteil hat sowohl der Fremdals auch der Eigenbesitzer zu erstatten, sofern er nicht auf die Unentgeltlichkeit des Gebrauchs vertrauen durfte (§ 818 Abs. 3 BGB).Wird die fremde Sache vollständig verbraucht, ist der Wert dieser „Nutzung“ mit dem üblichen Kaufpreis zu beziffern; er wäre für die Übertragung aller (verwirklichten) Nutzungschancen zu entrichten gewesen. Der im Verhältnis zum Eigentümer unrechtmäßige Fremdbesitzer, dem die Sachherrschaft von einem Dritten kraft eines wirksamen Mietvertrags überlassen worden ist, kann die Zahlung eines fiktiven Mietzinses an den Eigentümer verweigern: Sofern er den geschuldeten Mietzins an seinen Vertragspartner entrichtet hat oder zumindest eine entsprechende Verbindlichkeit besteht, vermag er sich gegenüber dem Eigentümer auf den Einwand der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) zu berufen; er muss für die Nutzung der Sache nicht doppelt zahlen.

(2) Wer eine dem Verschleiß unterliegende oder verbrauchbare Sache161 in der Annahme nutzt bzw. verbraucht, sie sei sein Eigentum, zieht den mit 159 Siehe dazu bereits Fußnote 91 dieses Abschnitts. Batsch, Vermögensverschiebung und Bereicherungsherausgabe, Seite 6 und 15, hält den Gebrauch bzw. die Nutzung einer Sache durch einen Nichtbesitzer für möglich. Ein Beispiel für diese – m. E. auszuschließende – Gestaltung führt er nicht an. 160 Siehe dazu Fußnote 91 dieses Abschnitts.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

dem dauerhaften und umfassenden Gebrauch verbundenen Vorteil (§ 818 Abs. 1 BGB in entsprechender Anwendung). Dieser ist im Falle des Verbrauchs der Sache mit dem üblichen oder angemessenen Kaufpreis zu bewerten. Hat der Besitzer die Sache nicht vollständig „verbraucht“, ist der Wert ihrer Nutzung nicht nach dem üblichen Mietzins, sondern durch Schätzung der zeitanteiligen linearen Wertminderung im Vergleich zur voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer zu ermitteln.162 (3) Um den Ausgleich eines durch (freilich unbewussten) Eingriff in eine fremde Rechtssphäre erlangten Gebrauchsvorteils geht es beispielsweise in dem mehrfach erörterten „Kathederfall“ des Hausmeisters, der anstelle der Kohlen seines Arbeitgebers und Grundstückseigentümers irrtümlich eigene Kohlen verfeuert, so dass sich die Frage der bereicherungsrechtlichen Haftung des Arbeitgebers/Grundstückseigentümers gegenüber dem Hausmeister stellt, §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall.163 Ihre Grundlage ist letztlich die (durch den Hausmeister irrtümlich abgeänderte) Entscheidung des Arbeitgebers/Grundstückseigentümers, das Gebäude mit eigenen Kohlen zu beheizen.164 Dieser erlangt infolge des Irrtums seines Arbeitnehmers zum einen den Besitz an dessen Kohlen und zum anderen deren Nutzwert, der mit dem Marktpreis des Brennmaterials zu beziffern ist (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 1 in entsprechender Anwendung, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB). Der vom Eigentümer an den Hausmeister zu leistende Wertersatz ist vom Umfang her identisch mit der Verpflichtung desjenigen, der aufgrund eines nichtigen Kaufvertrags den Eigenbesitz oder das Eigentum an der Sache erlangt hat.165 161

Verbrauchbare Sachen sind nach § 92 BGB solche beweglichen Sachen, deren bestimmungsgemäßer Gebrauch in dem Verbrauch oder in der Veräußerung besteht. 162 BGH NJW 1996, Seite 250, 252 sub B II 2 a aa; siehe dazu bereits oben Fußnote 91 dieses Abschnitts und eingehend unten V. 2. d) aa) (d) (4) (aa), Seite 565 ff. 163 Dieses Beispiel erwähnen Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, § 812 Rdnr. 3 a. E. und Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 708. Zwischen dem Gebrauch und dem Verbrauch einer (verbrauchbaren!) Sache (§ 92 BGB) besteht nur ein quantitativer Unterschied (insoweit zutreffend Kleinheyer, JZ 1961, Seite 473, 474; Jahr, AcP 183, Seite 725, 740; siehe dazu oben III. 2. g) bb) (b), Seite 116 und unten V. 2. d) aa) (d) (4) (aa), Seite 565), weswegen es gestattet sei, das Beispiel im Rahmen der Frage anzuführen, ob „Gebrauchs“vorteile vermögenswerte Positionen darstellen. 164 Das verkennt Medicus (a. a. O., Rdnr. 708), der einen (unbewussten, durch den Hausmeister vermittelten) Eingriff des Arbeitgebers/Grundstückseigentümers in fremdes Eigentum nicht in Betracht zieht. Er bejaht stattdessen ein eigenes Vermögensopfer des Hausmeisters und gründet den Ausgleich dementsprechend auf den Gesichtspunkt der Verwendungskondiktion (ebenso Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, § 812 Rdnr. 23). Unzutreffend auch Reimer, a. a. O., Seite 52 Fußnote 166. 165 Siehe dazu oben Fußnote 109 dieses Abschnitts.

2. Die exakte Bestimmung des ausgleichsfähigen „Vorteils‘‘

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Hatte der Arbeitgeber/Grundstückseigentümer bereits einen Kohlenvorrat angelegt, auf den der Hausmeister nicht zurückgegriffen hat, so kann dem Eigentümer allerdings der Einwand teilweise entfallener Bereicherung aus § 818 Abs. 3 BGB zustehen, obgleich er das Gebäude fortlaufend zu beheizen hatte: Falls er für seine eigenen Kohlen einen niedrigeren Preis als der Hausmeister gezahlt hatte, ist der Preis der Kohlen anzusetzen, die nach seinem Willen hätten verfeuert werden sollen. Er ist durch den Irrtum seines Arbeitnehmers (mithin als gutgläubiger Bereicherungsschuldner) nicht gehalten, von seinem ursprünglichen Plan abweichende Vermögensdispositionen zu treffen. Das hier behandelte Beispiel ist in bestimmter Weise mit einer Entscheidung zu vergleichen, die das Reichsgericht im Jahre 1904166 zu fällen hatte: Das Urteil betraf den bereicherungsrechtlichen Ausgleich für gelieferten Kunstdünger, den der Gutsverwalter des Beklagten, ohne dazu bevollmächtigt zu sein, bei der Klägerin bestellt und alsdann zur Düngung der „Gutsländereien“ verwendet hatte. Bewertet man die Verwendung des Düngers als Nutzwertentscheidung des Gutsbesitzers, weil der Gutsverwalter im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses für seinen Arbeitgeber tätig wurde, hätte das Gericht im Ausgangspunkt einen Anspruch der klagenden Lieferantin auf den Verkehrswert des Düngers anerkennen müssen.167 Hätte der Gutsbesitzer den in Rede stehenden Dünger nicht käuflich erworben und demzufolge keine Aufwendungen erspart, wäre dies im Rahmen des „Wegfalls der Bereicherung“ nach § 818 Abs. 3 BGB zu berücksichtigen gewesen (die Bestellung des Düngers durch den Verwalter war dem Gutsbesitzer im Verhältnis zur Lieferantin nicht zuzurechnen, vgl. §§ 177, 179 BGB). Im Falle der Entreicherung aus dem Gesichtspunkt der fehlenden Ersparnis von Aufwendungen wäre ein kondiktionsrechtlicher Ausgleich lediglich wegen einer kraft der Nutzwertentscheidung des Verwalters herbeigeführten Erhöhung des Grundstückwertes (§§ 946, 951, 812 BGB) in Betracht zu ziehen.168

Bereits an dieser Stelle sei hervorgehoben: Die Bestimmung des § 818 Abs. 3 BGB soll gewährleisten, dass sich die wirtschaftlichen Dispositionen des auf seinen Erwerb vertrauenden Kondiktionsschuldners nicht kraft der Rückgewähr des „erlangten Etwas“ zu seinen Ungunsten verschieben: Er soll erstens nicht an solchen Planungen festgehalten werden, die sich allein deshalb als objektiv sinnlos erweisen, weil er das erlangte Etwas nicht behalten darf, und zweitens soll die Rückabwicklung über den Ersatz erspar166

SeuffArch 60, Nr. 168. §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2 BGB; unzutreffend RG, a. a. O. 168 Insoweit zutreffend die zweite Instanz, die eine Bereicherung des Beklagten in Höhe des Verkehrswertes verneint hatte, weil, „wenn auch die Anwendung des Chilisalpeters nach wirtschaftlichen Grundsätzen notwendig gewesen wäre, mit Rücksicht darauf, daß nach Inhalt der zum Vortrage gereichten Korrespondenz der Beklagte der Verwendung von künstlichem Dünger in großer Menge abgeneigt gewesen sei, eine Bereicherung des Beklagten nur dann angenommen werden könne, wenn durch die Verwendung des Chilisalpeters die Ernte sich erhöht habe oder der Boden verbessert worden sei . . .“. 167

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

ter Aufwendungen hinaus nicht mit dem Einsatz seiner „eigenen“ Mittel verbunden sein, weil diese Folgerung bedeutete, dass er zur Minderung seines ursprünglichen Vermögens gezwungen würde.169 In dem angeführten Beispiel ging der Arbeitgeber/Grundstückseigentümer davon aus, dass ihm gehörendes Material verfeuert wurde und er für den Erwerb dieses Materials eigene Mittel eingesetzt hatte. Der nach § 818 Abs. 2 BGB dem Hausmeister geschuldete Wertersatz berührt mithin nicht seine Disposition, das Gebäude mit entgeltlich erworbenen Kohlen zu beheizen. Er ist bezogen auf den Zeitpunkt des Verfeuerns des (aus der Sicht des Hausmeisters als Arbeitnehmer) fremden Materials170 zu berechnen, entspricht mithin dem zu diesem Zeitpunkt üblichen Kaufpreis für Kohlen.171 Die subjektive Investitionsentscheidung des Arbeitgebers/Grundstückseigentümers könnte freilich darauf gerichtet gewesen sein, keinen übermäßigen Kohlenvorrat anzulegen, so dass sich die eigenen (nicht verfeuerten) Kohlen letztlich als „verfehlte“, weil überflüssige Investition darstellen. Indessen ist das Vermö169 Zum Regelungsgehalt des § 818 Abs. 3 siehe eingehend unten V. 2. d) aa) (d) (2) (aa) und (bb), Seite 547 ff. 170 Dass der Wert des Kondiktionsgegenstandes im Ausgangspunkt bezogen auf den Zeitpunkt zu berechnen ist, in dem die Unmöglichkeit der Herausgabe in Natur eingetreten ist, legt überzeugend Furtner, MDR 1961, Seite 649, 650, dar. Der einmal entstandene Wertersatzanspruch ist jedoch, sofern er sich nicht um den (unveränderlichen!) Wert einer ersparten Gegenleistung (§ 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) bezieht, veränderlich: Ist ein Eigentumszuwachs kraft Verbindung auszugleichen (§ 951 Abs. 1 Satz 1 BGB), so bestimmt sich der Anspruch des Verlierenden nach dem jeweiligen Preis, den ein beliebiger Interessent für die Hauptsache wegen ihres veränderten Zustandes zu zahlen bereit wäre. Ebenso verhält es sich, ist Wertersatz für eine vertretbare Sache geschuldet, deren Rückgewähr dem Bereicherungsschuldner unmöglich geworden ist, beispielsweise weil er sie veräußert hat: Der Wertersatz ist durch den jeweiligen Marktwert der Sache festgelegt. In diesen Gestaltungen ist – sollte es zu einem gerichtlichen Auseinandersetzung kommen – auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen (ähnlich Koppensteiner NJW 1971, Seite 588, der allerdings für den Fall der Veräußerung einer kondiktionsbehafteten Sache diesen Zeitpunkt für entscheidend hält; a. a. O., Seite 592). Als Beispiel sei die Veräußerung eines neuwertigen technischen Gerätes durch A an B für 1.500 Euro angeführt, das Eigentum des B geworden ist, der es nach einiger Zeit zum üblichen Preis für 1.000 Euro an C weiterveräußert. Unterstellt, der zwischen A und B geschlossene Kaufvertrag (nicht die vollzogene Übereignung) ist nichtig, und ein entsprechendes Gerät kann in dem Zeitpunkt, in dem A die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung begehrt, neuwertig für 800 Euro erworben werden: A kann von B Wertersatz (§ 818 Abs. 2, 2. Fall BGB) lediglich in Höhe von 800 Euro verlangen; der geldliche Ersatz, der den noch vorhandenen Wert (hier: das Befreitsein des B von der Verbindlichkeit gegenüber C) nicht zu übersteigen vermag, bezieht sich immer noch auf das „erlangte Etwas“ im Sinne des § 812 BGB (hier: Eigentum an dem Gerät). Die Beweislast für ein „Absinken“ des Wertersatzanspruchs ist dem Bereicherungsschuldner (im Beispiel: dem A) aufzuerlegen. 171 Im Ergebnis wie hier Joachim Wolf, a. a. O., Seite 158.

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gen des Arbeitgebers/Grundstückseigentümers als Kondiktionsschuldner nach wie vor um den Verkaufswert dieser Brennmaterialien vermehrt, so dass insoweit eine Entreicherung im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB zu verneinen ist.172 (4) Ich fasse zusammen: Ist die Nutzung der fremden Sache nicht kraft eines – wenn auch nichtigen – Vertrags gestattet worden, so hängt die Festlegung des Nutzwertes davon ab, ob der Besitzer sie „wie ein Mieter“, „wie ein Pächter“ benutzt oder „wie ein Eigentümer“ bzw. „Käufer“ ge- oder verbraucht hat. Das jeweilige Nutzungsverhalten bestimmt den in Geld auszudrückenden Vermögensvorteil: Es handelt sich um den Betrag, den der Besitzer für die miet- oder pachtweise Überlassung oder den käuflichen Erwerb der Sache üblicherweise hätte aufwenden müssen.173 Lässt sich für die vorübergehende Gebrauchsüberlassung kein Marktpreis ermitteln, ist hilfsweise die durch die Nutzung verursachte Minderung des Verkehrswertes auszugleichen. Vermag der Besitzer die Sache nicht an den Berechtigten herauszugeben, weil er sie verbraucht hat, so beziffert der übliche Kaufpreis den gezogenen Nutzwert. (g) Fällt einer Person unabhängig von ihrer Willensentscheidung die Gebrauchsmöglichkeit einer fremden Sache bildlich gesprochen „in den Schoß“ (läuft ihr beispielsweise ein Reitpferd zu oder erhält sie als Eigentümerin ein Grundstück zurück, auf dem der unrechtmäßige Eigenbesitzer ohne ihren Willen ein Gartentor errichtet hat, das nicht wesentlicher Bestandteil der Immobilie wurde), so ist zweifelhaft, unter welchen Voraussetzungen von einer „Nutzung“ der Sache gesprochen werden kann: (1) Der individuelle Nutzwert ist zu verneinen, wenn der um den Besitz an der Sache „Bereicherte“ die Gebrauchsmöglichkeit nicht verwirklicht (etwa weil die „bereicherte“ Person gar nicht zu reiten vermag oder das Gartentor nicht benutzt, weil sie einen anderen Weg auf ihr Grundstück wählt).174 Die faktische Möglichkeit des Gebrauchs, vermittelt durch die Sachherrschaft, begründet keinen in Geld zu bewertenden Vorteil; den 172 Dem Grundstückseigentümer ist demnach zuzumuten, sich um den Verkauf der überflüssigen Kohlen zu bemühen, bevor er seinem Hausmeister den Einwand der Entreicherung entgegenhält. 173 Siehe oben III. 2. f) cc) (a), Seite 109. Ist der Bereicherungsschuldner geschäftsunfähig, mithin eine eigenverantwortliche Disposition über sein Vermögen ausgeschlossen, so dürfte die Verpflichtung zum Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB (nicht die Verpflichtung zur Herausgabe des erlangten Etwas in Natur!) ausgeschlossen sein: Andernfalls wäre er kraft der bereicherungsrechtlichen Wertersatzpflicht zum Ausgleich eines Vermögenszuwachses verpflichtet, den er sich rechtsgeschäftlich nicht hätte verschaffen können. Davon unabhängig bestimmt sich – eine verschärfte Haftung nach §§ 818 Abs. 4, 819 BGB unterstellt – seine Verpflichtung zum Schadensersatz nach seiner Deliktsfähigkeit (Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 819 Rdnr. 6).

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Gegenschluss gestattet erst die Verwirklichung („Konkretisierung“) der Gebrauchsmöglichkeit durch den „Bereicherten“.175 Knapp formuliert lässt sich sagen: Die abstrakte Gebrauchsmöglichkeit wird erst durch die Verwirklichung des Gebrauchs zu einem in Geld messbaren „Vorteil“.176 (2) Hat der „unfreiwillig Bereicherte“ kraft der Betätigung seines natürlichen Willens die Entscheidung gefällt, die ihm zugefallene Nutzungsmöglichkeit an der fremden Sache zu verwirklichen (etwa durch den Gebrauch des zugelaufenen Reitpferdes oder den eines irrtümlich errichteten Gartentores), so liegt hierin ein Vorteil.177 An einer solchen Entscheidung für den Gebrauchsvorteil durch den „Bereicherten“ fehlt es, wenn die fremde Sache durch ihn notgedrungen benutzt werden muss, um seine eigenen Rechte im ursprünglichen Umfang, d.h. bezogen auf den Zeitpunkt vor Erwerb des vermeintlichen „Vorteils“, ausüben zu können. Das ist – um das soeben angeführte Beispiel des Gartentores aufzunehmen – der Fall, wenn der Eigentümer der Immobilie sein Grundstück nur mittels des Tores betreten kann. Durchschreitet er es, so entscheidet er sich nicht für dessen Nutzung, sondern für die des Grundstücks. Er trifft – mit anderen Worten ausgedrückt – nicht die Entscheidung, dass ihm die Nutzungsmöglichkeit des Tores mehr wert ist als sein Nichtvorhandensein.

Ist die fremde Sache als Zubehör zu qualifizieren (§ 97 BGB), ist fraglich, ob der Eigentümer der Hauptsache eine Nutzwertentscheidung trifft, wenn die zugefügten Gegenstände für ihn keine neuen Gebrauchsmöglichkeiten eröffnen, sondern lediglich die Ausübung der Eigentümerbefugnisse im ursprünglichen Umfang gewährleisten.

174 Dass die eingeräumte, aber nicht verwirklichte Nutzungsmöglichkeit noch keinen ausgleichspflichtigen Vermögensvorteil darstellt, ist auch die Auffassung von Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 311 Fußnote 1377. Zu der Frage, ob der Eigentümer von dem Besitzer des Pferdes oder des Gartentores die Herausgabe seiner Sache aus § 985 BGB zu verlangen vermag, wenn der Besitzer seinerseits die Beseitigung des „aufgedrängten Besitzes“ aus § 1004 BGB verlangen kann, siehe oben III. 2 f) aa), Seite 106 f. 175 Zu der Frage, ob der Besitz allein einen in Geld auszudrückenden Vorteil begründet, siehe oben III. 2. f), Seite 105 ff. 176 Teilweise wird die Verpflichtung angenommen, die abstrakte Gebrauchsmöglichkeit zu verwirklichen (§ 254 BGB analog), um auf dieser Grundlage eine Ausgleichspflicht zu bejahen (Reimer, a. a. O., Seite 87 ff., insbesondere Seite 100 ff.). M. E. kann dem „bereicherten“ Eigentümer eine solche Nutzenziehung wegen der durch § 903 BGB gewährleisteten Befugnisse nicht auferlegt werden. Siehe dazu oben II. 2. c) cc), Seite 46, und II. 2. a), Seite 33. 177 Kraft der Nutzungsentscheidung gibt er zu erkennen, dass der Besitz an der fremden Sache nicht (mehr) mit einer Störung seiner Dispositionsfreiheit verbunden ist. Von einer Eigentumsstörung durch die fremde Sache im Sinne des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB kann fortan nicht mehr die Rede sein; sie ist durch nachträgliche Einwilligung entfallen.

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Das ist beispielsweise der Fall, wenn der unrechtmäßige Besitzer eines Kraftfahrzeugs bereits vorhandene Außenspiegel und Reifen austauscht. Eine individuelle Nutzwertentscheidung des Eigentümers, der das Fahrzeug mitsamt der fremden Reifen und Außenspiegel gebraucht, ist zu verneinen178: Der Berechtigte erweitert die ursprüngliche Nutzung nicht, sondern erhält sie lediglich aufrecht.179 Mithin schuldet er nicht das übliche Entgelt, das er kraft eines Kaufvertrags für die Zubehörteile hätte aufwenden müssen.180

Allgemein formuliert gilt: Die Nutzung einer fremden Sache ist nicht als Verwirklichung ihres Wertes zu deuten, wenn das Unterlassen des Gebrauchs auf der Seite des „Bereicherten“ faktisch den Verzicht auf die Ausübung eigener Befugnisse bedeutete, wie sie vor dem „Zuwachs“ bestanden und noch ausgeübt werden können. (h) Der Nutzung einer fremden Sache ist der Fall gleich zu behandeln, dass der Eigentümer eigenmächtig eine eigene Sache nutzt, deren Gebrauch er im Rahmen eines wirksamen Vertrags einem Dritten überlassen hatte: Er greift in die fremde Nutzungsbefugnis ein. Dafür schuldet er Ersatz „wie ein Untermieter“ oder „wie ein Unterpächter“.181 h) Die faktische Inanspruchnahme fremden Herstellungsaufwandes (sog. „Nutzungsfälle“)182 als Vermögenszuwachs Im Zusammenhang mit den sog. Nutzungsfällen ist zu erwägen, ob Tätigkeiten, die üblicherweise im Rahmen von Dienst-, Werk- und Geschäfts178 Aus diesem Grunde hat auch der unrechtmäßige Besitzer, der das fremde Grundstück mit einem Gartentor versehen hat, keinen Zahlungsanspruch gegen den Eigentümer der Immobilie: Dieser ist nicht gehalten, um das Tor „einen Bogen zu machen“ und damit auf eine ursprünglich eröffnete Zugangsmöglichkeit zu verzichten. 179 Ist die Anbringung der Außenspiegel und Reifen als notwendige Verwendung im Sinne des § 994 BGB zu bewerten, so wird zugunsten des gutgläubigen Besitzers vermutet, dass der Eigentümer diese Gegenstände ebenfalls erworben hätte. Sein Vermögen ist insoweit vermehrt, als Verbindlichkeiten der Beschaffung nicht entstanden sind. Diesen Vorteil, bestehend in einer Geschäftsbesorgung, hat der Eigentümer an den Besitzer in Geldwert auszukehren, sofern diesem die Nutzung der Verwendung nicht verbleibt. 180 Ob er dem ehemaligen Besitzer einen Ausgleich aus dem Gesichtspunkt des Verwendungsersatzes schuldet (§ 994 BGB), soll an dieser Stelle dahingestellt bleiben. Zur Pflicht des Eigentümers, die vom Besitzer getätigten Verwendungen zu ersetzen, siehe eingehend unten V. 2. c) bb), Seite 487 ff. 181 In diesem Sinne BGH NJW 2000, Seite 382. 182 MünchKomm/Lieb, 3. Auflage, § 812 Rdnr. 299 bis 303, fasst unter den Begriff „Nutzungsfälle“ diejenigen Sachverhalte, in denen jemand fremde Rechte (etwa Immaterialgüterrechte) oder fremde Dienst- oder Werkleistungen in Anspruch nimmt; er behandelt insbesondere die sog. Flugreise-Entscheidung (BGHZ 55, Seite 128). Die Inanspruchnahme eines Vorteils, der üblicherweise Gegenstand eines

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

besorgungsverträgen oder in Erfüllung eines Auftrags erbracht werden, kraft ihrer tatsächlichen Inanspruchnahme oder nachträglichen Billigung, mithin einer positiv bewerteten Handlung, einen ausgleichsfähigen Vorteil begründen. Eine in Beziehung auf eine andere Person vorgenommene Handlung ist nicht deshalb als vorteilhaft zu bewerten ist, weil sie nach der Verkehrsauffassung „nützlich“ ist. Vollzieht sich eine „objektiv nützliche“ Handlung an einer fremden Sache, so kann sie sich gleichwohl für den Eigentümer bzw. Nutzungsberechtigten als Rechtsverletzung (§§ 823, 1004 BGB) darstellen.183 Berührt die Tätigkeit die persönliche Handlungsfreiheit eines anderen, so ist ein Auseinanderfallen zwischen der objektiven Nützlichkeit und der subjektiven Bewertung als „vorteilhaft“ ausgeschlossen. Die Bewertung einer Handlung als vorteilhaft setzt mithin eine entsprechende Bewertung kraft natürlichen Willens desjenigen voraus, der von ihr bzw. ihren Folgen betroffen ist.184 aa) Die Parteien eines wirksamen Werkvertrags bewerten nicht die Überlassung einer Sache zum Gebrauch, sondern den Herstellungsaufwand (d.h. die Herbeiführung des geschuldeten Arbeitsergebnisses) als den durch den Werklohn bezifferten Vorteil, der dem Besteller zufließt.185 Bei der vom Unternehmer versprochenen Werkleistung handelt es sich um ein Gut, dessen „Tauschwert“ ihm zugewiesen ist und über dessen Einsatz er eigenverantwortlich disponiert. Die Zuweisung erweist sich in dem Erwerb des Anspruchs auf den Werklohn. Dieser beziffert den Wert des kraft der Abnahme (§ 640 Abs. 1 BGB) oder der Vollendung des Werks (§ 646 BGB) in die fremde Sphäre übertragenen Gutes. Mit einer knappen Wendung formuliert: Der vom Unternehmer bewirkte, im geschuldeten Erfolg mündende Herstellungsaufwand stellt den vom Unternehmer auf den Besteller übertragenen Vermögenswert dar. Werkvertrags ist, wird freilich auf unkörperliche Güter beschränkt. M. E. besteht kein triftiger Grund, die Herstellung oder Veränderung von Sachen aus der Betrachtung auszuschließen. 183 Siehe dazu bereits oben III. 2. a) bb), Seite 87 f. 184 Zur Bewertung einer Sachveränderung als „vorteilhaft“ siehe bereits oben III. 2. c) bb), Seite 94 ff. Zu diesem Thema im englischen Recht Lorenz, Festschrift für Medicus, Seite 367, 373 f. 185 Im Rahmen eines Werklieferungsvertrags (§ 651 Abs. 1 BGB) tritt als Vorteil, der dem Besteller zu verschaffen ist, der Erwerb des Eigentums an dem Werk hinzu. Ist die Herstellung einer vertretbaren Sache geschuldet, treten nach der zitierten Vorschrift an die Stelle des Werkvertragsrechts die Vorschriften über den Kauf; bei einer nicht vertretbaren Leistung bleibt der werkvertragliche Charakter der Übereinkunft erhalten.

2. Die exakte Bestimmung des ausgleichsfähigen „Vorteils‘‘

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(a) Die Abnahme des Werkes durch den Besteller bzw. – falls die Abnahme nach der Beschaffenheit des Werkes ausgeschlossen ist186 – dessen Vollendung lässt sich mit der Übergabe und Übereignung der Kaufsache an den Käufer, im Recht der Leihe, Miete oder Pacht mit der Überlassung der Sache zum Gebrauch an den Entleiher, Mieter oder Pächter vergleichen. (b) Bei unkörperlichen Leistungen, beispielsweise einer künstlerischen oder sportlichen Darbeitung oder einer Beförderung, wird der Herstellungsaufwand mit der willentlichen Inanspruchnahme „verbraucht“; sie beinhaltet den Anfall eines Vorteils.187 Entsprechendes gilt für die Inanspruchnahme von Dienst- und Arbeitsleistungen.188 An einem ausgleichsfähigen Vorteil fehlt es – entgegen der Ansicht des Autors – in dem von Christian-Michael Kaehler189 angeführten Beispiel, in dem ein Großvater einen Spaziergänger bittet, Steine in einen See zu werfen, um seinem Enkel eine Freude zu machen: Erweist der Angesprochene dem Großvater die Gefälligkeit (!), so erlangt dieser kein „ökonomisches Beneficium“, sein „Vorteil“ ist nicht mit einem Geldbetrag auszudrücken.

bb) Die Herstellung eines Arbeitsergebnisses kann auch als Geschäftsbesorgung geschuldet sein; in diesem Falle haben die Parteien ein Auftragsverhältnis begründet, sofern der „Herstellende“ allein gegen Erstattung der von ihm erbrachten Opfer tätig wird, etwa von Kosten für die Anschaffung von Materialien – die Arbeitsleistung ausgenommen (§ 662 BGB).190 Der Wert der Geschäftsbesorgung ist mit dem nach § 670 BGB geschuldeten Aufwendungsersatz zu beziffern. Als Geschäftsbesorgung ist – exakt betrachtet – die Einwirkung auf eine fremde Rechts- oder Interessensphäre zu bezeichnen, die entweder als eine nicht markt186

Die Literatur nennt die Beispiele der Aufführung von musikalischen oder darstellerischen Werken sowie die Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln, mithin Leistungen an ein im Ganzen anonymes Publikum (Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 640 Rdnr. 4). 187 Zum Kondiktionsgegenstand im Falle rechtsgrundlos bereitgestellter Arbeitskraft siehe etwa Jürgen Kohler, a. a. O., § 6 C II 3, Seite 314. 188 Die von Jürgen Kohler, a. a. O., § 6 C II 3, Seite 314, vertretene These, dass bei unkörperlichen Dienst- und Werkleistungen nicht die Inanspruchnahme selbst, sondern die „akzeptierte Bereitstellung“ der Nutzungsmöglichkeit den auszugleichenden Vermögensvorteil begründe, weil vertraglich nur dies geschuldet sei, vermag ich nicht zu teilen: Wird die Dienst- oder Werkleistung vom Gläubiger nicht in Anspruch genommen (etwa die nicht wahrgenommene Beförderung mit einem Flugzeug oder eine versäumte ärztliche Untersuchung), liegt keine Erfüllung im Sinne des § 362 BGB, sondern Annahmeverzug vor, der freilich die Pflicht zur Gegenleistung nicht aufhebt (§§ 644 Abs. 1 Satz 2, 615 BGB). 189 A. a. O., Seite 40. 190 Man beachte den Wortlaut des § 662 BGB: „Durch die Annahme eines Auftrags verpflichtet sich der Beauftragte, ein ihm . . . übertragenes Geschäft für diesen unentgeltlich zu besorgen.“

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

fähige Arbeitsleistung zum Gegenstand einer rechtsgeschäftlichen Abrede gemacht (§§ 662 ff. BGB)191 oder eigenmächtig, d.h. unabhängig von einer Vereinbarung, vorgenommen wird (§§ 677 ff. BGB).192

Die Ansprüche des Auftraggebers gegen den Beauftragten auf Ausführung des Auftrags (§ 662 BGB) und Herausgabe des „aus der Geschäftsführung Erlangten“ (§ 667 BGB) sind auf die Verschaffung eines (durch eine nicht als marktfähig bewertete Arbeitsleistung bewirkten) Arbeitsergebnisses gerichtet. Führt die Leistungshandlung einen gegenständlichen Vorteil bei dem Beauftragten herbei (etwa den Erwerb des Besitzes an einer Sache), so ist auch dieser an den Auftraggeber herauszugeben. Insoweit ergänzen sich die Rechtsfolgen des § 662 BGB einerseits und des § 667 BGB andererseits: Sie zielen auf die Verschaffung des durch die Ausführung des Auftrags entstandenen Arbeitsergebnisses und die Herausgabe der mit diesem Ergebnis verbundenen Vorteile. 191 Im Hinblick auf die geldliche Bewertung einer Arbeitsleistung ist (abgesehen von der Anzeige-, Auskunfts- und Rechenschaftspflicht des Beauftragten, §§ 663, 666 BGB) zwischen dem Auftrag (§ 662 BGB) und der Schenkung (§ 516 BGB) zu unterscheiden: Während der Beauftragte seine Arbeitsleistung von vornherein nicht als marktfähiges Gut einsetzt, hebt derjenige, der seine Arbeitskraft kraft einer Schenkung im Sinne des § 516 BGB zuwendet, im Verhältnis zum Empfänger lediglich die Vermutung einer Entgeltvereinbarung (§§ 612 Abs. 1, 632 Abs. 1 BGB) auf. Unzutreffend Palandt/Sprau, 62. Auflage, Einf v § 662 Rdnr. 5: Die unentgeltlich zugewendete Arbeitskraft sei kein Gegenstand der Schenkung, weil sie nicht zum Vermögen des Zuwendenden gehöre. Als Beispiel für die Schenkung sei der Haarschnitt angeführt, den ein Friseur (!) anlässlich des Geburtstags einer Kundin unentgeltlich ausführt; er wendet die (als marktfähig bewertete) Dienstleistung einschließlich der eingesetzten Materialien unentgeltlich zu. Lässt sich indessen jemand von einem befreundeten „Hobby-Friseur“ die Haare schneiden, ist die Arbeitsleistung im Zweifel als nicht marktfähiges Gut zu bewerten. Die Schenkung kann sich hier nur auf die eingesetzten Arbeitsmaterialien (Shampoo etc.) beziehen; mit ihr wird das Recht des Auftragnehmers auf Ersatz seiner Aufwendungen (§ 670 BGB) abbedungen. 192 Nach der hier vertretenen Auffassung besteht kein begrifflicher Unterschied zwischen einer „Geschäftsbesorgung“ und einer „Geschäftsführung“. Bei konsequenter Fortführung dieses Gedankens kann eine „Geschäftsbesorgung“ nicht zum Gegenstand eines (entgeltlichen) Werk- oder Dienstvertrags gemacht werden; andernfalls verlöre der Begriff jede Kontur. Die Vorschrift des § 675 Abs. 1 BGB müsste dementsprechend bei exakter Formulierung lauten: „Ein Werk- oder Dienstvertrag, auf den die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 BGB und . . . die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechend anzuwenden sind, ist als Geschäftsbesorgungsvertrag zu bezeichnen.“ Die Behauptung, ein Geschäftsbesorgungsvertrag setze ein Handeln „im fremden Interesse“ voraus und erfasse also nur solche Tätigkeiten, die „für einen anderen“ ausgeführt würden (so Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 675 Rdnr. 4 m. w. N.), überzeugt nicht: Im Falle einer rechtsgeschäftlich vereinbarten entgeltlichen Tätigkeit wird der „Geschäftsbesorger“ in erster Linie um der Gegenleistung willen tätig; er bewirkt mithin stets eine Leistung „an“ seinen Gläubiger.

2. Die exakte Bestimmung des ausgleichsfähigen „Vorteils‘‘

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cc) Bei Nichtigkeit des Vertrages stellt sich im Hinblick auf den Herstellungsaufwand die Frage, ob die geldliche Bewertung dieses Vorteils – der faktischen Sachherrschaft vergleichbar – entfällt, so dass der vermeintliche Besteller oder Auftraggeber keinen Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB zu leisten hat. Diese Frage ist zu verneinen: Während der rein faktischen (d.h. nicht durch ein Recht zum Besitz abgesicherten) Sachherrschaft im Rahmen nichtiger Miet-, Pacht- und Leihverträge im Gegensatz zum Gebrauch der Sache kein Vermögenswert zukommt193, ist der auf der Grundlage einer nichtigen Willensübereinkunft vollzogene und dem vermeintlichen Gläubiger zugute gekommene Herstellungsaufwand stets in Geldwert auszudrücken, sofern er zum Gegenstand eines Werkvertrags oder – wird die bloße Arbeitsleistung von den Parteien nicht als marktfähiges Gut bewertet – zum Gegenstand eines Auftrags gemacht worden ist194: Der Werkunternehmer bzw. Auftragnehmer schuldet nicht – wie ein Verkäufer, Mieter, Verpächter oder Verleiher – die Verschaffung einer rechtlich sanktionierten Gebrauchsmöglichkeit, sondern die Herstellung des Werks bzw. die Ausführung eines Auftrags. Er erfüllt diese Verbindlichkeit, indem er das (mangelfreie) Werk in die Sphäre des Bestellers entlässt bzw. die übertragene Aufgabe erfüllt. Der individuelle Nutzwert des Aufwandes ist also auch dann zu bejahen, wenn die Werkleistung aufgrund einer nichtigen Abrede an den vermeintlichen Vertragspartner erbracht (d.h. in seine Sphäre entlassen) bzw. die fremde Angelegenheit erledigt wurde. Als Beispiel sei der Fall angeführt, dass der Schneider S aus einem Stoff, den der Besteller B beschafft hat, ein Kleidungsstück näht. Das fertiggestellte Kleidungsstück wird an B übergeben. Noch bevor dieser es trägt, zerstört er es infolge einer leichten Unachtsamkeit. Stellt sich danach heraus, dass der Werkvertrag unwirksam war, hat B als vermeintlicher Besteller Wertersatz in Höhe des üblichen oder angemessenen Werklohns zu leisten (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB): Mit der Übergabe des Kleidungsstücks ist der Herstellungsaufwand in das Vermögen des Bestellers gelangt; der Umstand, dass es nie getragen, mithin nicht genutzt wurde, ist unerheblich. Auf den Einwand der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) vermag sich der vermeintliche Besteller nicht zu berufen, weil der in sein Vermögen geflossene Herstellungsaufwand nicht nachträglich entfallen kann.

Der Herstellungsaufwand ist als das „erlangte Etwas“ durch Zahlung des üblichen bzw. angemessenen Werklohns zu vergüten (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 193

Siehe oben III. 2. f) cc), Seite 108. Die von Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 266 Rdnr. 312, unter anderem mit dem Bonmot, der Empfänger der Leistung müsse hier in die eigene Tasche greifen, um Vorteile zu vergüten, die er in dieser Art und zu diesem Preis vielleicht gar nicht hätte haben wollen (a. a. O., Seite 309 Rdnr. 374), aufgeworfenen Zweifel an der Wertberechnung von Diensten und Gebrauchsvorteilen halte ich für nicht berechtigt: Sie sind „marktfähige Güter“, die im Ausgangspunkt nach dem vereinbarten oder üblichen Entgelt zu bemessen sind. 194

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

1. Fall BGB, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB).195 Im Rahmen eines nichtigen Auftragsverhältnisses ist der Begünstigte verpflichtet, den Wert der Geschäftsbesorgung zu erstatten, d.h. den angemessenen Aufwendungsersatz zu leisten (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB). Ist die Herstellung eines „Erfolgs“ schenkungsweise zugewendet worden196, muss für den geldlichen Ausgleich der übliche oder angemessene Wert des Herstellungsaufwandes zugrundegelegt werden, wenn und soweit der Zuwendende an seine Zusage (§ 516 BGB) nicht gebunden ist. Es ist solchenfalls festzustellen, ob der Handelnde – denkt man sich die Schenkungsvereinbarung hinweg – auf der Grundlage eines Werkvertrags (§ 631 BGB) oder gegen Erstattung seiner Aufwendungen, etwa für die eingesetzten Materialien (§ 662 BGB), tätig geworden wäre.197 Der Beschenkte hat allerdings letztlich keinen Ersatz zu leisten, wenn er sich auf den Einwand der Entreicherung zu berufen vermag (§ 818 Abs. 3 BGB).198 195 Treffend v. Kübel in den Vorlagen der Redaktoren, Recht der Schuldverhältnisse, Teil 3, Abschnitt 2, Titel 8 zu § 10, Seite 706: „Wenn indebite geleistete Dienste (Handlungen) in Frage stehen, so ist eine Restitution in specie oder genere von vornherein ausgeschlossen; es kann sich nur um den Ersatz eines richtig bemessenen Werthes, einer Vergütung handeln. . . . Jede Kondiktion setzt (ich ergänze: sofern sie auf Wertersatz zielt!) einen Vermögenswerth voraus, der vom Kläger auf den Beklagten überging, auf Kosten des ersteren dem letzteren zu gut gekommen ist; ohne das kann von einer Bereicherung und also auch von einer Kondiktion keine Rede sein.“ 196 Der Wert von Arbeitsleistungen ist – anders als die menschliche Arbeitskraft als solche – geldlich zu bemessen, sofern ihnen ein Marktwert zukommt (Palandt/ Heinrichs, 62. Auflage, Vorbem v § 249 Rdnr. 37 m. w. N.). Unklar Palandt/Sprau, 62. Auflage, Einf v § 662 Rdnr. 5: „. . . die unentgeltlich zugewendete Arbeitskraft des Beauftragten gehört als solche nicht zum Vermögen.“ (Hervorhebung durch Verf.) 197 Zu weitgehend dagegen die Formulierung in den Vorlagen der Redaktoren, Recht der Schuldverhältnisse (v. Kübel), Teil 3, Abschnitt 2, Titel 8 zu § 10, Seite 706: „Hervorzuheben ist . . ., daß es nicht darauf ankommt, ob gerade der Leistende solche Dienste gegen Bezahlung zu leisten pflegt . . ., sondern ob überhaupt solche Dienste und Leistungen im heutigen Verkehr um Lohn geleistet werden. . . . Auf das unzweideutigste ist . . . schon im gemeinen Recht bestimmt, daß der Beklagte . . . (ich ergänze: das zu erstatten habe), . . . was (er) für diese Dienste, wenn er sie sich gegen Lohn hätte leisten lassen, zur Zeit der Leistung dafür aufzuwenden gehabt hätte, was dieser also erspart hat: darin besteht der ihm durch die Dienstleistung zugewendete Vortheil.“ Hier verkennt v. Kübel, dass allein der Handelnde seinem Verhalten einen Tausch- und damit Vermögenswert zuweist. 198 Siehe dazu bereits oben III. 2. g) bb) (d), Seite 117 sowie v. Kübel, a. a. O., Seite 707: „Der Entwurf glaubt zur Bezeichnung des Grundsatzes der Haftung für die Bereicherung das Richtige zu treffen, wenn er . . . den gutgläubigen Empfänger der Dienste zur Erstattung der hierdurch zugegangenen Vortheile nur nach dem Maßstab der von ihm nach dem Verhältniß seines Bedürfnisses durch den Genuß der Dienste erzielten Ersparnisse verpflichtet. Diese Einschränkung seiner Haftung wird der (gutgläubige) Empfänger regelmäßig im Wege der Einrede zu behaupten und nachzuweisen haben.“

2. Die exakte Bestimmung des ausgleichsfähigen „Vorteils‘‘

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dd) Die geldliche Bewertung des Herstellungsaufwandes bereitet Schwierigkeiten, wenn der Aufwand im Verhältnis zwischen demjenigen, der Wertersatz verlangt, und dem potentiellen Schuldner nicht zum Gegenstand eines – wenn auch nichtigen – Werkvertrags oder Auftrags gemacht worden ist. (a) Die Tätigkeit des „Unternehmers“, der in der irrtümlichen Annahme einer Verpflichtung handelt199, kommt als ausgleichsfähiger Vorteil in Betracht, wenn sie kraft willentlicher Inanspruchnahme in die (Vermögens-) Sphäre des „Empfängers“ überführt wird und diesen bereichert. Beispielhaft sei die sog. Flugreise-Entscheidung des Bundesgerichtshofs angeführt, in der sich der (minderjährige) Beklagte als vermeintlicher Transitpassagier die Beförderung von Hamburg nach New York erschlichen hatte.200 Die Geschäftsfähigkeit des minderjährigen Passagiers im vorliegenden Zusammenhang unterstellt201, hatte sich dieser den Vorteil, den er zum Gegenstand eines Werkvertrags hätte machen müssen („Herstellungsaufwand“), durch die körperliche Inanspruchnahme einer Dienstleistung: der Beförderung, verschafft (vgl. § 631 Abs. 2 BGB).202 Als Passagier „verleibte“ er sich sowohl die „Leistungshandlung“: den Flug, als auch den „Leistungserfolg“: die Ankunft am Zielort, ein.203 Dieser Vorteil ist mit dem Geldbetrag zu beziffern, den er hätte aufwenden müssen, um in den Genuss der Beförderung zu gelangen, § 818 Abs. 2, 1. Fall BGB.204 Mangels besonderer 199 Nimmt jemand eine Handlung in Beziehung auf eine andere Person vor, ohne eine diesem oder einem Dritten gegenüber bestehende Verbindlichkeit erfüllen zu wollen, handelt es sich um eine Geschäftsbesorgung ohne Auftrag, deren Wert im Sinne eines Vorteils des Geschäftsherrn mit den von ihm ersparten Aufwendungen zu beziffern ist (§ 670 BGB). Siehe dazu sogleich unter III. 2. h) dd) (b), Seite 135. 200 BGHZ 55, Seite 128. Siehe zu dieser viel besprochenen Entscheidung beispielsweise Wilhelm, Rechtsverletzung und Vermögensentscheidung, Seite 180 ff.; Canaris, Festschrift für Kitagawa, Seite 59, 78 f., jeweils m. w. N. 201 Zu den durch Geschäftsunfähige oder beschränkt Geschäftsfähige zu erlangenden Vorteile siehe im Einzelnen unten III. 3., Seite 175 ff. 202 Insoweit zutreffend MünchKomm/Lieb, 3. Auflage, § 812 Rdnr. 302 im Hinblick auf die bereicherungsrechtliche Abschöpfung bei Inanspruchnahme eines nichtkörperlichen Gutes. 203 Die faktische Inanspruchnahme eines nichtkörperlichen Gutes ist dem Gebrauch einer fremden Sache (§ 818 Abs. 1 BGB) vergleichbar. Man mag diese Sichtweise als „quasi-vertragliche Konzeption des Bereicherungsrechts“ kennzeichnen (so Roth, Festschrift für Küchenhoff, Seite 371, 374). 204 Treffend – freilich ohne die beschränkte Geschäftsfähigkeit des Passagiers zu berücksichtigen – Goetzke, AcP 173, 289, 315: „Erlangt ist im Schwarzflieger-Fall die Beförderung. Da Herausgabe in Natur wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich ist, ist von Anfang an Wertersatz in objektiver, also tariflicher Höhe zu leisten.“ Die geldliche Festlegung des Vorteils verkennt Roth, Festschrift für Küchenhoff, Seite 379, nach dessen Ansicht der Passagier keinen Vermögensvorteil erlangt.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Umstände, etwa der Möglichkeit, eine Vergünstigung in Anspruch zu nehmen205, war das übliche oder angemessene Entgelt zu entrichten. Die Beförderung selbst und nicht etwa nur der Erfolg, d.h. die Ankunft am Zielort, stellt den ausgleichsfähigen Vorteil dar, wie der Vergleich mit der vertragsrechtlichen Lage zeigt206: Würde die Ankunft am Zielort nicht durch eine Handlung des vertraglich gebundenen Unternehmers, sondern durch einen Dritten bewirkt, so läge keine Erfüllung im Sinne des § 362 BGB, sondern „Zweckerreichung“ vor; die Befreiung des Unternehmers von seiner Verbindlichkeit aus § 631 BGB träte aus dem Gesichtspunkt der Unmöglichkeit der Leistung ein (§ 275 BGB). Eine „Werkleistung“ kann mithin nur dann das erlangte Etwas im bereicherungsrechtlichen Sinne darstellen, wenn der als geschuldet gedachte Erfolg durch eine als geschuldet gedachte Handlung herbeigeführt worden ist.

Ist der Vorteil, begründet durch die faktische Inanspruchnahme des Herstellungsaufwandes, einmal entstanden, stellt sich im Rahmen des bereicherungsrechtlichen Ausgleichs und dort im Zusammenhang mit dem Einwand der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) die Frage, ob er „nachträglich entfallen“ kann. Das wird teilweise mit der Begründung bejaht, die Nutzung „erschöpfe“ sich „durch Zeitablauf“, weswegen der darin begründete Vorteil „automatisch“ wegfalle.207 Dem entspreche es, wenn bei einer nichtgegenständlichen Leistung durch bloße Nutzung gefragt werde, ob sich die „damit verbundene Chance realisiert“ habe – dann sei von dem „Fortbestand der Bereicherung“ auszugehen – oder ob der „Verwendungserfolg“ ausgeblieben sei; dann könne § 818 Abs. 3 BGB grundsätzlich angewendet werden.208 Diese Gedankenführung verkennt jedoch, dass die Inanspruchnahme eines nichtgegenständlichen Gutes selbst den in Geld auszudrückenden Vorteil begründet und dementsprechend nicht nachträglich „entfallen“ kann.209 205

Vgl. dazu Pankow, a. a. O., Seite 5, der die „Flugreise-Entscheidung“ (BGHZ 55, Seite 128) dahingehend abwandelt, dass der Vater des Jugendlichen, der den Flug nach New York unternimmt, als Pilot bei einer Fluggesellschaft beschäftigt ist, die ihren Mitarbeitern und deren engsten Angehörigen auf allen Flügen Preisvergünstigungen gewährt. Der Wert einer Beförderung durch die betreffende Gesellschaft ist für die engsten Angehörigen des Piloten mit dem vergünstigten Tarif festzulegen. Legt der Junge den Flug allerdings versehentlich in der Maschine eines anderen Anbieters zurück, entspricht der Wert der Beförderung dem Entgelt, das von dieser Gesellschaft üblicherweise verlangt wird. Der Einwand des Jugendlichen, er hätte sich nur die vergünstigte Beförderung erlauben können und wollen, ist im Rahmen des § 818 Abs. 3 BGB zu berücksichtigen (unzutreffend Pankow, a. a. O., der diesen Einwand über einen „subjektivierten Wertbegriff“ berücksichtigen will). 206 Dies gegen Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, § 818 Rdnr. 28. 207 MünchKomm/Lieb, 3. Auflage, § 812 Rdnr. 303; Larenz/Canaris, a. a. O., § 73 I 2b, Seite 298. 208 MünchKomm/Lieb, a. a. O. 209 Insoweit zutreffend Roth, Festschrift für Küchenhoff, Seite 371, 380. Roth versäumt es allerdings, den Zweck der Befreiung des Schuldners aus dem Gesichtspunkt des „Wegfalls“ der Bereicherung“ zu ergründen (siehe dazu sogleich im

2. Die exakte Bestimmung des ausgleichsfähigen „Vorteils‘‘

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Das nichtgegenständliche Ergebnis, das unter normalen Umständen nur gegen Zahlung eines Entgelts hätte in Anspruch genommen werden können, wird gewissermaßen „verbraucht“.210 Dessenungeachtet kann die Kondiktion nach § 818 Abs. 3 BGB nach dem hier vertretenen Verständnis ausgeschlossen sein: Nach dieser Bestimmung soll der gutgläubige, unverklagte Schuldner darauf vertrauen dürfen, dass die „Herausgabe des Erlangten“ (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) keine Veränderung seiner eigenen Vermögensdisposition zur Folge hat.211 Die Abschöpfung des Erlangten soll, knapp formuliert, seine eigenen Vermögensplanungen unangetastet lassen. (b) Die Anerkennung des Herstellungsaufwandes als „Vorteil“ kraft der bewussten Inanspruchnahme einer fremden Tätigkeit, durch die ein bestimmter Erfolg herbeigeführt wird, ist nicht immer möglich. Man führe sich den Fall vor Augen, dass der Gärtner G infolge eines Irrtums nicht die Hecke seines Auftraggebers A, sondern die auf dem Grundstück des E geschnitten hat. Ist das ohne Wissen des E geschehen, zieht dieser den vollzogenen Herstellungsaufwand nicht durch die „körperliche Entgegennahme“ des fremden Arbeitseinsatzes an sich. Dies kann vielmehr nur kraft nachträglicher Akzeptanz, d.h. durch die Bekundung geschehen, dass er die Herbeiführung des „Werks“ mittels des konkreten Arbeitsaufwandes des G nicht als Eigentumsverletzung, sondern als eine wünschenswerte, mit einem bestimmten Ergebnis verbundene Handlung betrachte. Von einer solchen Akzeptanz ist auszugehen, wenn E erklärt, dass er den in Rede stehenden und gebilligten Erfolg – wäre er nicht bereits eingetreten – durch den anderen Teil gegen Zahlung eines Entgelts hätte herbeiführen lassen.

Text). So heißt es bei ihm nur knapp: Es „bedarf . . . nun großer Anstrengungen, den Gesichtspunkt der Aufwandsersparnis nachträglich über § 818 III doch noch ins Spiel zu bringen, ohne daß es jedoch gelingen könnte, diese Auffassung mit dem gesetzlichen Zusammenspiel der §§ 812 und 818 III in Einklang zu bringen.“ (Hervorhebung durch Verf.). 210 Das verkennt Larenz, Festschrift für v. Caemmerer, Seite 209, 222: „Wenden wir uns . . . den Fällen zu, in denen der Wert des Erlangten für den Empfänger, also der subjektive Wert, von vornherein geringer ist als sein objektiver Wert, vielleicht sogar gleich null. Hierher gehören die Fälle, in denen derjenige, der unbefugt von einer fremden Sache Gebrauch macht, rechtsgrundlos eine Dienstleistung oder Beförderungsleistung erlangt hat, dadurch nichts oder doch weniger als den objektiven Wert erspart hat, sei es, daß er sich die erlangten Vorteile sonst auf andere Weise billiger verschafft, sei es, daß er auf sie verzichtet hätte.“ (Hervorhebung durch Verf.). Die Inanspruchnahme fremden Herstellungsaufwandes ist – nicht anders als der Gebrauch einer fremden Sache – ein Vorteil, dessen „Tauschwert“ dem Berechtigten entzogen wird. Sollte der Bereicherte darauf vertraut haben, unentgeltlich in den Genuss des Vermögensvorteils zu gelangen, bestimmt sich der Schutz dieses Vertrauens nach § 818 Abs. 3 BGB. 211 Zum Regelungsgehalt des § 818 Abs. 3 BGB siehe eingehend unten V. 2. d) aa) (d) (2) (aa) und (bb), Seite 547 ff.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Sein Verhalten ist hier – bei einer rechtsgeschäftlichen Sichtweise – der Genehmigung eines unwirksamen Vertrags gleich zu achten. Der Vorteil des Eigentümers lässt sich aus seiner Blickrichtung als nachträglich akzeptierte Werkleistung qualifizieren. Ein Vertrag kann jedoch daraus nicht konstruiert werden: Bereits erfüllte „Ansprüche“ lassen sich nicht nachträglich begründen. Der Wert des Vorteils (§ 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) ist mit dem fiktiven Werklohn zu beziffern. Erklärt der Bereicherte, dass er sich lediglich zur Begründung eines Auftragsverhältnisses (§ 662 BGB) bereit gefunden hätte, hängt der bereicherungsrechtliche Ausgleich für den „Herstellungsaufwand“ davon ab, ob auch der andere Teil auf der Grundlage einer Vereinbarung tätig geworden wäre, die den entgeltlichen Einsatz der Arbeitskraft nicht umfasst hätte. Verhält es sich so, hätte der Bereicherte eine Geschäftsbesorgung212 erlangt, zu beziffern mit den ersparten Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB.

Unabhängig von der Akzeptanz des Herstellungsaufwandes ist dem Umstand, dass eine nicht geschuldete „Leistung“ erbracht wurde, kein Vermögenswert zuzumessen: Der Zustand der Eigentumsveränderung allein kann nicht zum Gegenstand eines Vertrags gemacht werden, ist mithin nicht „marktfähig“.213 Er lässt sich allein durch die Steigerung des Verkehrswertes der bearbeiteten Sache ausdrücken.214 (c) Erlangt der Eigentümer eine nicht geplante Veränderung seiner Sache, die üblicherweise nur gegen Zahlung eines Entgelts vorgenommen wird, ist nach dem Gesagten zu untersuchen, unter welchen Umständen behauptet werden kann, der ohne seinen Willen „Begünstigte“ akzeptiere durch die Nutzung den Herstellungsaufwand des anderen Teils. (1) Wird eine bereits existente Sache durch Verbindung mit anderen Sachen derart verändert, dass diese wesentliche Bestandteile werden, gestattet die Nutzung des „Erfolgs“ durch den Eigentümer noch nicht den Schluss auf einen ausgleichsfähigen Vorteil: Der Eigentümer ist befugt, mit seiner Sache nach Belieben zu verfahren (§ 903 BGB). Er ist mithin berechtigt, sein Eigentum in dem Umfang auszuüben, in dem es vor der Veränderung 212

Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 213 Es müsste sich um eine Vereinbarung handeln, die allein den „Erfolg“, nicht aber dessen Herbeiführung durch Vornahme einer Leistungshandlung zum Gegenstand hätte! 214 Die Erkenntnis, die sich aus diesem Fall gewinnen lässt, liegt in den Begriffen des „Schadens“ oder „Nachteils“ auf der einen und des „Vorteils“ auf der anderen Seite. Das Ergebnis des Einsatzes von Geldmitteln, Materialien und Arbeitskraft ist nicht als Verletzung fremden Eigentums, sondern als Vorteil des Berechtigten zu bewerten, wenn dieser die Veränderung seiner Sache, zumindest das Ergebnis der Veränderung positiv bewertet. Der Vorteil besteht in der Wertsteigerung der Sache und/oder in der in Höhe des Wertes des Herstellungsaufwandes.

2. Die exakte Bestimmung des ausgleichsfähigen „Vorteils‘‘

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bestand, denn seine ursprünglichen Nutzungsmöglichkeiten bleiben quantitativ und qualitativ erhalten.215 Haben die angeführten Maßnahmen zu einer Erhöhung des Verkehrswertes der Hauptsache geführt, ist dieser (abstrakte) Zuwachs nach Maßgabe der §§ 951, 812 bzw. § 996 BGB zu erstatten. Als Beispiel sei die Nutzung eines Kraftfahrzeugs angeführt, das durch einen unrechtmäßigen Besitzer lackiert wurde. Gebraucht der Eigentümer den neu lackierten Wagen, lässt sich daraus allein nicht entnehmen, dass er der Lackierung einen Nutzwert zumisst.

Freilich kann der Eigentümer die Beseitigung des Vorteils, der sich wieder entfernen lässt, kraft des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen und auf diese Weise den Ausgleich einer Wertsteigerung abwehren: Es wäre treuwidrig, ihn zur Zahlung eines Ausgleichs anzuhalten, den er nach der Erfüllung der Beseitigungspflicht durch den anderen Teil wieder herausverlangen könnte („dolo malo agit qui petit quod statim redditurus est“216). Ist der „Vorteil“ nicht rückgängig zu machen, darf sich dieser Umstand nicht zu Lasten des unfreiwillig Bereicherten auswirken. (2) Führt der Eigentümer seine Sache einer durch den Zuwachs bedingten Nutzung zu217, so gestattet dieses Verhalten nur die (kaum zu widerlegende) Vermutung, dass er ihren veränderten Zustand nicht (mehr) als Beeinträchtigung bewertet. Indessen ist die Verwirklichung der erweiterten Nutzungsmöglichkeiten nicht als Akzeptanz auch des fremden Herstellungsaufwandes auszulegen: Ihr ist noch nicht zu entnehmen, dass der Eigentümer irgendeine Person oder gar den „verlierenden“ Teil kraft rechtsgeschäftlicher Vereinbarung mit der Schaffung des Vorteils betraut hätte. Als Beispiel sei der Fall gebildet, dass der unrechtmäßige Eigenbesitzer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks zwei im Kellergeschoss des Gebäudes gelegene Räume durch den Werkunternehmer W zu Kinderzimmern hat ausbauen und zu diesem Zweck eine Wand hat einziehen lassen. Diese Maßnahme hat zwar Kosten in Höhe von 2.000 Euro verursacht, den Verkehrswert des Grundstücks aber nicht messbar erhöht.218 Nach der Rückgabe der Immobilie nutzt der Eigentümer die Kinderzimmer wieder als Kellerräume. Die Aufteilung des Raumes durch die Trennwand gefällt ihm zwar, er hätte aber die Wand nicht eingezogen; die neu entstandenen Räume nutzt er beispielsweise als Weinkeller und als Abstellkammer. Der ehemalige Besitzer der Immobilie verlangt einen (anteiligen) Ausgleich der Kosten, die er für die Trennwand aufgewendet hat.219 Dieser An215

So schon oben III. 2. g) bb) (g) (2), Seite 126. Siehe oben Fußnote 79 des Abschnitts II. 217 Dieses kann durch eigenen Gebrauch, aber auch durch Überlassung des Gebrauchs an Dritte geschehen, sofern die Überlassung selbst oder die Höhe des Mietoder Pachtzinses durch den Zuwachs bedingt ist. 218 Ein Anspruch des Besitzers gegen den Eigentümer der Immobilie auf Ersatz seiner Verwendungen aus § 996 BGB scheidet dementsprechend von vornherein aus. 216

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

spruch, gerichtet auf den Ersatz des Herstellungsaufwandes, ist zu verneinen, sofern der Eigentümer nicht erklärt, dass er den Besitzer – wäre dieser nicht von sich aus tätig geworden – damit beauftragt hätte, für die Errichtung der Wand durch einen Werkunternehmer zu sorgen.220

Dass die Nutzung einer durch Verbindung veränderten Sache nicht die Akzeptanz des Herstellungsaufwandes beinhaltet, ergibt sich auch aus dem gesetzlichen Eigentumserwerb durch Verbindung (§§ 946 f. BGB); hier umfasst der bereicherungsrechtliche Ausgleich lediglich die Steigerung des Verkehrswertes der Hauptsache (den „Erfolg“), nicht aber die Anschaffungskosten für das eingesetzte Material.221 Dem Eigentümer ist die konkrete Möglichkeit zugewiesen, ursprünglich fremde Sachen zu nutzen, die zu wesentlichen Bestandteilen der eigenen Sache geworden sind, ohne für diesen Zuwachs einen Ausgleich zahlen zu müssen.222 (3) Die Veränderung einer Sache durch Verbindung mit einem ihr untergeordneten Gegenstand hat nach alledem nur dann einen Anspruch des verlierenden Teils gegenüber dem Eigentümer in Höhe der getätigten Investi219

Da der Eigentümer den konkreten Nutzwert der Investition erst nach Wiedererlangung der Sachherrschaft zu ziehen vermag, entsteht auch der auf Abschöpfung dieses Vorteils gerichtete Anspruch erst nach der Rückgabe der Sache. Die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts aus § 273 BGB (und erst recht aus § 1000 BGB) scheidet insoweit aus. 220 Hat der Eigenbesitzer den Anspruch des Unternehmers auf Zahlung des Werklohns nicht befriedigt und verlangt der Unternehmer den Werklohn von dem Eigentümer, so ist dieser selbst dann nicht zahlungspflichtig, wenn er erklärt, dass er die Verbindlichkeit – hätte der Besitzer sie nicht begründet – selbst eingegangen wäre. Aus dieser Erklärung lässt sich nur schließen, dass er das Handeln des Besitzers als objektive Geschäftsbesorgung billigt; er schuldet dementsprechend Ausgleich gegenüber dem Besitzer. Diesen Anspruch muss sich der Werkunternehmer gegebenenfalls abtreten, hilfsweise kann er ihn pfänden lassen (§ 829 ZPO). Unabhängig von der Billigung des Eigentümers besteht dessen Verpflichtung gegenüber dem Besitzer zum Ausgleich der Verwendungen aus §§ 994, 996 BGB. 221 Nach der Vorschrift des § 951 Abs. 1 Satz 1 BGB, die lediglich einen Ausgleich für den Eigentumsverlust an den eingebauten Materialien anordnet, ist der Arbeitsaufwand nur insoweit zu ersetzen, als er eine Wertsteigerung der Hauptsache bewirkt. Die Vorschrift erfasst dagegen nicht den bei der Verbindung bewirkten Herstellungsaufwand als solchen; siehe Staudinger/Gursky, 13. Bearbeitung, § 951 Rdnr. 25. 222 In diesem Punkte zutreffend führt der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahre 1960 (NJW 1961, Seite 452) aus: „Da der Bereicherte im Fall des § 946 BGB kraft Gesetzes mit dem Einbau fremder beweglicher Sachen in sein Grundstück deren Eigentümer wird, benutzt er seitdem die Sachen nicht als ein Fremder . . . Wenn die Rechtsprechung . . . bei der Errichtung eines Bauwerks auf fremdem Grund und Boden . . . darauf abgestellt hat, wann es zu einem realisierbaren Wert für den Grundstückseigentümer geworden ist, setzt sie dabei voraus, daß die Nutzungen des fertiggestellten Bauwerks dem Grundstückseigentümer zustehen.“

2. Die exakte Bestimmung des ausgleichsfähigen „Vorteils‘‘

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tionen zur Folge, wenn der Eigentümer ausdrücklich oder schlüssig erklärt, dass er den Zuwachs – wäre er nicht bereits kraft Gesetzes eingetreten – durch den anderen Teil kraft eines Werkvertrags (§ 631 BGB) oder eines Auftrags (§ 662 BGB) hätte herbeiführen lassen. In dieser Gestaltung sind ihm Investitionsaufwendungen auf Kosten des verlierenden Teils erspart geblieben. An dem grundsätzlichen Ausschluss eines Anspruchs ändert auch die Genehmigung des Eigentümers nach § 1001 Satz 1, 2. Fall BGB nichts: Sie hat keine materiellrechtliche Wirkung, sondern führt lediglich die Klagbarkeit des Anspruchs des Besitzers auf Ersatz seiner Verwendungen herbei223, beinhaltet mithin nur das Zugeständnis des Eigentümers, dass unabhängig von der Wiedererlangung des Besitzes ein selbständiges Recht auf Verwendungsersatz unter den Voraussetzungen der §§ 994 ff. BGB dem Grunde nach besteht.224

(4) Akzeptiert der Eigentümer den konkreten Herstellungsaufwand und ist zugleich der Verkehrswert der Sache erhöht worden, so hat er im Ausgangspunkt den Gegenwert des Herstellungsaufwandes zu zahlen und die Wertsteigerung auszugleichen; diese Ansprüche belaufen sich maximal auf den Umfang des für die Verbindung eingesetzten Werklohns, weil der Eigentümer nur in dieser Höhe auf Kosten desjenigen, der den Vorteil geschaffen hat, ungerechtfertigt bereichert ist. (5) Die Billigung des Herstellungsaufwandes gestaltet sich durch einen Besitzer nicht anders als durch den Eigentümer der veränderten Sache: Hat der Besitzer mit demjenigen, der den Aufwand betrieben hat, weder eine (wenn auch unwirksame) Vereinbarung getroffen noch die Durchführung der Arbeiten faktisch akzeptiert, so hat er den fiktiven Werklohn bzw. Aufwendungsersatz nur zu entrichten, wenn er – der Genehmigung eines Vertrags vergleichbar – erklärt, dass er den herbeigeführten Erfolg zum Gegenstand einer rechtsgeschäftlichen Abrede gemacht hätte. 223 Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1001 Rdnr. 1 und 7: Solange der Eigentümer die Sache nicht zurückerlangt oder die Verwendungen genehmigt habe, liege „ein (durch condicio iuris) bedingter Anspruch des Besitzers vor, der aber nicht als künftiger zu gelten hat, sondern als ein bereits zur Entstehung gelangter . . . Eine vor der Wiedererlangung der Sache erklärte Genehmigung i. S. d. § 1001 S 1 2. Alt läßt den bisher nur bedingten Verwendungsersatzanspruch vollwirksam werden. . . . Weitergehende Wirkungen hat die Genehmigung . . . nicht; sie schafft insbesondere keine Ersatzpflicht, wo eine solche nach den §§ 994 ff. bisher nicht bestand . . . Eine . . . konstitutive Genehmigung, die eine über die §§ 994 ff. hinausgehende Ersatzpflicht schafft, ist zwar nicht ausgeschlossen. Sie ist aber nicht mehr unter § 1001 zu bringen.“ 224 Die von Medicus (MünchKomm, 3. Auflage, § 1001 Rdnr. 11) aufgestellte Behauptung, die Genehmigung nach § 1001 BGB „entspreche“ der des § 684 Satz 2 BGB, ist zumindest verwirrend: Die Genehmigung einer unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag schafft die materiellrechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Als Beispiel führe ich den mir aus der anwaltlichen Praxis berichteten Sachverhalt an, dass der Besitzer das nicht mehr betriebsbereite Kraftfahrzeugs in eine Werkstatt verbringt, um einen Kostenanschlag für eine Reparatur erstellen zu lassen. Der Inhaber der Werkstatt, der irrtümlich von einem Vertragsschluss ausgeht, führt die zur Herstellung der Betriebsbereitschaft erforderlichen Reparaturen durch, welche den Wert des Fahrzeugs um 1.000 Euro erhöhen. Verlangt der Besitzer das betriebsbereite Fahrzeug heraus (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB), so kann der Unternehmer dieses Begehren weder von der Zahlung eines fiktiven Werklohns (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall225, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) noch dem Ausgleich der Werterhöhung (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall i.V. m. 951 BGB) abhängig machen: Das Verlangen des Besitzers gestattet – ebensowenig wie ein späterer Gebrauch des Wagens – nicht den Schluss, dass er den vom Werkunternehmer betriebenen Herstellungsaufwand akzeptiert: Als Fremdbesitzer macht er lediglich von seinem vermeintlichen Nutzungsrecht Gebrauch, als Eigenbesitzer übt er seine vermeintlichen Eigentumsbefugnisse aus. Die Wertsteigerung bezieht sich auf die Möglichkeit, das Fahrzeug zu einem erhöhten Preis zu veräußern und ist folglich mit dem Eigentum verbunden. Der Werkunternehmer kann allein von dem Eigentümer des Wagens ihren Ausgleich (§§ 951, 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB)226 verlangen. War der Eigentümer, beispielsweise als Vermieter, gegenüber dem Besitzer zur Instandhaltung des Fahrzeugs verpflichtet (§ 536 BGB), so hat er der Tätigkeit des Unternehmers die Befreiung von einer Verbindlichkeit zu verdanken (§ 257 BGB). Die Befreiung hätte er allerdings nur dann auf dessen Kosten erlangt, wenn man sein Recht zurücktreten lässt, Vertragspartner, also auch Werkunternehmer, nach eigenem Belieben auszuwählen. Ist dem Unternehmer das Auseinanderfallen der Sachherrschaft und des Eigentums bekannt, so besteht für ihn die Möglichkeit, die Herausgabe des Fahrzeugs an den Besitzer mit dem Hinweis zu verweigern, einem entsprechenden Verlangen des Eigentümers nachkommen zu wollen (§§ 985, 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB).227

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Entgegen der Behauptung von Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, § 812 Rdnr. 117 bewirkt der Werkunternehmer – jedenfalls aus der Sicht des „Empfängers“, d.h. des Besitzers – keine Leistung, weil er nicht tätig wird, um eine ihn treffende Verbindlichkeit zu erfüllen. Insoweit stellt Lorenz (a. a. O.) zutreffend fest: „Ein Kausalverhältnis mit dem Empfänger gibt es dann nicht einmal in der Vorstellung des Leistenden, geschweige in der des Empfängers“. 226 Die Vorschriften der §§ 994 ff. BGB sind nicht zugunsten des Werkunternehmers anzuwenden, weil nach diesen Regelungen der Wert einer Geschäftsbesorgung auszugleichen ist, die der Besitzer anstelle des Eigentümers (wenn auch ohne Fremdgeschäftsführungswillen) übernommen hat. 227 Dem Werkunternehmer ist hier die „exceptio ex iure tertii“ (Einrede aus dem Rechtsverhältnis zu einem Ditten) zu gestatten, um ihm die Durchsetzung seines gegen den Eigentümer gerichteten bereicherungsrechtlichen Anspruchs aus §§ 951, 812 BGB zu erleichtern. Zur „exceptio ex iure tertii“ siehe – freilich ohne Erörterung der hier in Rede stehenden Fallgestaltung – Henke, Die sog. Relativität, Seite 45 ff.

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Gleicht der Besitzer in der Annahme, Eigentümer des Fahrzeugs zu sein, die von dem Unternehmer bewirkte Wertsteigerung aus, kann er den geleisteten Betrag zurückverlangen, wenn der Irrtum aufgedeckt wird (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB). Der Unternehmer hat sich an den wahren Eigentümer zu halten (§§ 951, 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB). Hat er das Fahrzeug bereits dem (Eigen-)Besitzer ausgehändigt, so ist ihm allerdings die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts genommen. (d) Der Ausgleich fremden „Herstellungsaufwandes“ steht auch in Rede, wenn jemand nicht um einer Gegenleistung oder der Erfüllung eines Auftrags, sondern unabhängig von diesen Beweggründen um der Erhaltung, Verbesserung oder ordnungsgemäßen Bewirtschaftung einer Sache willen tätig geworden ist, d.h. Verwendungen auf sie geleistet hat.228 Als „Kathederbeispiel“ erwähne ich das Einsäen eines Ackers durch den Bauern B, dessen Parzelle infolge eines Irrtums über die Grundstücksgrenzen von dem Bauern A umgepflügt wurde.229 Ist der Verkehrswert des Grundstücks, wie anzunehmen, durch das Pflügen nicht gesteigert worden, lässt sich ein Anspruch des A gegen B ausschließlich aus dem Gesichtspunkt der Akzeptanz des von A betriebenen „Herstellungsaufwandes“ erörtern.230

Der Eigentümer erlangt – so wird vom Gesetz unterstellt231 – den Vorteil einer Geschäftsbesorgung, deren Wert mit den ersparten Aufwendungen (§ 670 BGB; gegebenenfalls i.V. m. § 257 BGB232) zu beziffern ist.233 Den Ausgleich dieses Vorteils regeln insbesondere die Vorschriften über den 228 Zum Begriff der „Verwendungen“ siehe unten III. 4. c), Seite 182 sowie unten V. 2. c) aa) (a), Seite 473 ff. und V. 2. c) aa) (b), Seite 478 ff. 229 Siehe zu diesem Beispiel Joachim Wolf, a. a. O., Seite 157 f. sowie Reimer, a. a. O., Seite 48 f., der Wolf fälschlicherweise unterstellt, dieser bejahe einen Vermögensvorteil des B selbst dann, wenn B nicht den „Vorteil des Pflügens“ nutze, etwa weil er das Grundstück bebauen wolle. 230 Das verkennt Koppensteiner, NJW 1971, Seite 1769, 1771. Er sieht einen ausgleichsfähigen Vorteil in der Person eines Bauern, dessen Acker von einem Nachbarn irrtümlich gepflügt wird, obwohl das Land nicht mehr für landwirtschaftliche Zwecke genutzt wurde. Von einem Vorteil kann hier aber weder in objektiver noch in subjektiver Sicht die Rede sein. 231 Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. c) bb) (a) (1), Seite 489 ff. 232 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 233 Wird der Besitzer „für den Eigentümer“, mithin fremdnützig tätig, richtet das Gesetz sein Augenmerk nicht auf die Abschöpfung eines bei dem Geschäftsherrn eingetretenen Vorteils, beziffert durch die ersparten Aufwendungen, sondern auf den Ersatz der vom Geschäftsführer erbrachten Opfer; dieses Opfer kann auch darin bestehen, dass der Geschäftsführer im eigenen Namen eine Verbindlichkeit – gewissermaßen an Stelle des Geschäftsherrn – begründet hat (sog. Schadloshaltungsfunktion der echten berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag; siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. b) cc) (a), Seite 412).

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Ersatz von Verwendungen des unrechtmäßigen Besitzers gegenüber dem Eigentümer.234 Erklärt – um das soeben angeführte Beispiel aufzugreifen – der Landwirt B, er habe die Absicht gehabt, C mit dem Umpflügen des Ackers zu betrauen, ist ein bereicherungsrechtlicher Anspruch des A zu verneinen, weil B auf diese Weise eine Verbindlichkeit auferlegt würde, die „durch die Hintertür“ sein Recht verletzte, Vertragsverbindlichkeiten nach Gutdünken zu begründen. Sollte sich der Bereicherte B allerdings dahingehend äußern, dass er mit A einen Werkvertrag (§ 631 BGB) habe abschließen wollen, so ist – wäre A gegen Zahlung eines Werklohns tätig geworden – der Vorteil mit dem ersparten Werklohn zu beziffern. Indessen dürfte diese Gestaltung praktisch ausgeschlossen sein!

(1) Die bloße Akzeptanz des geschaffenen Erfolgs, nicht aber der fremden Tätigkeit, legen die Vorschriften über den Ausgleich bei einem Rechtsverlust durch Verbindung, Vermischung und Verarbeitung (§ 951 BGB) und über die angemaßte Eigengeschäftsführung (§ 687 Abs. 2 Satz 2 BGB) zugrunde. Der bereicherungsrechtliche Anspruch zielt in diesen Fällen nicht auf den Ersatz von Aufwendungen für eine Geschäftsbesorgung (§ 670 BGB) oder die Zahlung des üblichen Werklohns (§ 631 BGB), sondern bezieht sich ausschließlich auf die Abschöpfung einer Wertsteigerung der bearbeiteten Sache. Den Ausgleich macht das Gesetz von einer Billigung des Erfolgs abhängig, sofern derjenige, der ihn geschaffen hat, als angemaßter Eigengeschäftsführer tätig geworden ist (§§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB).235 In allen übrigen Gestaltungen ist er unabhängig von einer Akzeptanz des Bereicherten, der ihn freilich mit der Begründung zu verweigern vermag, keine Zahlung für einen (objektiv messbaren) Vorteil leisten zu müssen, dessen Beseitigung er kraft seines Eigentums verlangen kann („dolo malo agit qui petit quod statim redditurus est“).236

Akzeptiert der Eigentümer den veränderten Zustand seiner Sache, indem er erklärt, er hätte – die Beseitigungsfähigkeit des Vorteils unterstellt – im eigenen Interesse (nicht zur Entlastung des Handelnden) von der Geltendmachung des Beseitigungsanspruchs abgesehen, nicht aber die fremde Arbeitsleistung gebilligt, ist ihm bei exakter Betrachtung nur die „Veränderung seines Eigentumsobjekts“ angefallen; er akzeptiert nicht den erbrachten Herstellungsaufwand. Ihm ist demzufolge auch keine Verbindlichkeit gegenüber demjenigen abgenommen worden, der die Veränderung geschaffen hat. (2) Bezieht sich die Billigung des Eigentümers/Geschäftsherrn auf die Handlung des Eigengeschäftsführers, hat er einen Vermögenswert erlangt, 234

Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. c), Seite 471 ff. Siehe dazu unten V. 2. b) ll) (c), Seite 458 ff. 236 Siehe dazu oben Fußnote 79 des Abschnitts II und im Einzelnen unten III. 6., Seite 191 ff. 235

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wenn er die Tätigkeit zum Gegenstand einer rechtsgeschäftlichen Abrede hätte machen wollen, durch die er zur Zahlung eines Werklohns (§ 631 BGB) oder zum Aufwendungsersatz (§ 670 BGB) verpflichtet gewesen wäre. Hätte der Eigentümer erklärt, er sei bereit gewesen, den Geschäftsführer zu beauftragen (§ 631 BGB oder § 662 BGB), und hätte sich der Geschäftsführer – eine praktisch wohl auszuschließende Gestaltung – auf die entsprechenden Konditionen eines Vertrags eingelassen, so wäre dem Eigentümer durch die Eigenmacht des Nachbarn die Begründung einer Verbindlichkeit erspart geblieben.237

i) Das Befreitsein von einer Verbindlichkeit238 als Vermögensvorteil Ein Vermögensvorteil kann schließlich darin bestehen, dass ein Schuldner als Ergebnis der Handlung eines Dritten von seiner Verbindlichkeit befreit wird: Ihm bleibt das Opfer der Erfüllung erspart.239 In seinem Vermögen entfällt mit dem Erlöschen der Verbindlichkeit der Nachteil, der auf der Seite des Gläubigers einen Vorteil: die Forderung, begründet hatte. aa) Die Befreiung ist dem Wert der (erloschenen) Forderung gleichzusetzen, sofern diese nicht-synallagmatischer Natur war. Sollte die Intervention aus der Sicht des Schuldners als Vorleistung im Rahmen eines gegenseitigen Vertrages zu bewerten sein (§ 267 BGB), entsteht neben der Befreiung von der eigenen Verbindlichkeit ein weiterer bezifferbarer Vorteil auf der Seite des befreiten Schuldners: Er ist nunmehr Inhaber einer uneingeschränkt durchsetzbaren Gegenforderung240; ein Vorteil, der in seinem Vermögen verbleibt. Bezogen auf den Ausgleichsanspruch desjenigen, der die Befreiung bewirkt hat, ist festzustellen: Die Vornahme der Leistungshandlung durch den Dritten und der von ihm bewirkte Erfolg, nämlich das Befreitsein des 237 Der Wert der Geschäftsbesorgung ist keinesfalls mit den getätigten Aufwendungen zu beziffern: Dieses Vorgehen führte zu einer willkürlichen Gleichsetzung des Vorteils auf der Seite des Eigentümers mit dem Nachteil auf der Seite des Geschäftsführers. Die getätigten Aufwendungen stellen das Vermögensopfer des Geschäftsführers dar, begründen jedoch für sich genommen keinen bezifferbaren Vorteil des „Geschäftsherrn“. 238 Der gebrauchte Ausdruck des „Befreitseins“ ist sprachlich gesehen ungelenk, er hat jedoch als Kennzeichnung des Erfolges einer Befreiung (im begrifflichen Gegensatz zur Handlung) seinen ihm zukommenden eigenen Wert. 239 Siehe dazu – bezogen auf den bereicherungsrechtlichen Ausgleich – Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, § 812 Rdnr. 67. 240 Zum Wert synallagmatischer Forderungen siehe oben III. 2. b) bb) (a) (2), Seite 90.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Schuldners, begründen zwei gedanklich voneinander zu scheidende Vorteile: Der Wert einer akzeptierten Handlung ist mit den Aufwendungen zu beziffern, die der Schuldner bei Beauftragung des Dritten hätte tätigen müssen (§ 667 BGB); der Wert des Erfolgs entspricht dem Wert der Verbindlichkeit der erloschenen Forderung des Gläubigers. bb) Die Gleichsetzung des Vorteils auf der Seite des befreiten Schuldners mit dem Nennwert der erloschenen Geldforderung oder dem Verkehrswert der vom Dritten an den Gläubiger zur Erfüllung der Verbindlichkeit übereigneten Sachen begegnet indessen Zweifeln, wenn der Schuldner die Befriedigung des Gläubigers kraft einer Einrede hätte verweigern oder sich gegenüber dem Gläubiger durch Aufrechnung hätte befreien können. War die Verbindlichkeit bereits im Zeitpunkt der Befriedigung des Gläubigers kraft einer Einwendung (etwa aus dem Gesichtspunkt der Unmöglichkeit der Leistung) erloschen, hat der Schuldner durch die Leistung des Dritten an den Gläubiger keinen Vorteil erlangt.

Um den Vermögenswert des Befreitseins festzulegen, könnte die Befugnis des Schuldners, die Leistung vorübergehend oder dauerhaft zu verweigern, gewissermaßen spiegelbildlich durch pauschale Abschläge vom Nennwert der Forderung berücksichtigt werden.241 Sie könnte aber auch zunächst mit der Folge unberücksichtigt bleiben, dass der Wert des Befreitseins mit dem Nennwert der Forderung gleichzusetzen ist. Um eine Überbewertung der Befreiungswirkung zu vermeiden, sind dem Schuldner bei diesem Vorgehen seine Verteidigungsmöglichkeiten zu erhalten, sofern er vom intervenierenden Dritten in Anspruch genommen wird (§§ 404 ff. BGB in entsprechender Anwendung).242 cc) Der Vorteil des Befreitseins von einer Schuld kann auf verschiedene Weise eintreten: Die Verbindlichkeit kann durch die Leistung eines Dritten für den Schuldner, sei es durch Zahlung, sei es durch Vornahme einer vertretbaren Handlung (§ 267 BGB) oder im Wege der sog. Selbsterfüllung erloschen sein. Im zuletzt genannten Fall tritt die Befreiung des Schuldners infolge einer Handlung des Gläubigers ein, die das Erlöschen der Verbindlichkeit aus dem Gesichtspunkt der Zweckerreichung (§ 275 BGB) bewirkt.243 Des weiteren kann eine Person den Gläubiger als Mitschuldner 241 In diese Richtung weisend Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, § 812 Rdnr. 72: „Zahlt . . . der Dritte gem. § 267 zB auf eine verjährte oder in Kürze verjährende Forderung, so hat der Schuldner zwar ebenfalls Schuldbefreiung erlangt, aber er hat keine Ausgabe erspart, dh er ist nicht bereichert.“ Kondiktionsrechtlich betrachtet scheitert der Ausgleich bereits an der Unmöglichkeit eines Wertersatzes, nicht erst am „Wegfall der Bereicherung“ nach § 818 Abs. 3 BGB. 242 In diesem Sinne Larenz/Canaris, a. a. O., § 69 III 2b, Seite 192 m. w. N. 243 Den Begriff der Selbsterfüllung verwendet Gursky in der Anmerkung zu BGH JZ 1992, Seite 310, 312, 313 sub 2.

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befriedigt haben (§ 422 BGB). Schließlich tritt das Befreitsein des Schuldners auch dann ein, wenn er durch die Leistung einer Sache oder die Vornahme einer vertretbaren Handlung244 aus dem Gesichtspunkt der Zweckerreichung befreit wird (§ 275 BGB), ohne dass der Dritte für den Schuldner auftritt; die Befreiung wird hier rein faktisch bewirkt. (a) Befriedigt ein Dritter den Gläubiger (§ 267 BGB), ohne von dem Schuldner beauftragt worden zu sein, so kann er von diesem den Ersatz der getätigten Aufwendungen in erster Linie nach den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen, § 683 BGB: Er besorgt das Geschäft des Schuldners, weil die Erfüllung von Verbindlichkeiten dem Verpflichteten obliegt.245 Wird er für den Schuldner (d.h. mit Fremdgeschäftsführungswillen) und im Einklang mit dessen Interesse und Willen tätig, so sind ihm seine Opfer zu ersetzen (§ 670 BGB).246 Die bereicherungsrechtliche Ersatzpflicht des Schuldners (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) bestimmt sich danach, ob die Geschäftsbesorgung des Dritten247 kraft gesetzlicher Anordnung oder später erklärter Billigung des Schuldners auf dessen Seite einen geldwerten Vorteil begründet. Der geldliche Ausgleich bezieht sich hier auf die vom Dritten eingesetzten Mittel, nicht – wie man zunächst annehmen möchte – auf das Ergebnis der Geschäftsbesorgung, das Befreitsein von der Verbindlichkeit: Das Ergebnis der Geschäftsbesorgung ist dem Schuldner als dem Geschäftsherrn zugewiesen. Zur Verdeutlichung dieser Aussage bilde man das Beispiel, dass ein Gläubiger, der von dem Schuldner die Lieferung von Waren der Marke X im Wert von 21.000 Euro verlangen kann, die Artikel248 von einem außerhalb des Schuldverhältnisses stehenden Dritten erhält, der sie für 19.000 Euro zu beschaffen vermag (§ 267 BGB). Zu erwägen ist hier ein Ausgleichsanspruch des Dritten gegen den Schuldner in Höhe von 19.000 Euro; er ist davon abhängig, ob die Lieferung dem Willen und Interesse des Schuldners entsprach (§ 670 BGB) oder dieser gar beabsichtigte, den Dritten mit dem Erwerb der Waren zu beauftragen, um diese an den Gläubiger weiterzuleiten (§§ 812 Abs. 1, Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB).

244 Bei bestehender Verpflichtung des Dritten gegenüber dem Gläubiger handelte es sich um die Befreiung von einer Verbindlichkeit durch einen Gesamtschuldner; siehe dazu in diesem Abschnitt unter (c) 245 Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. b) jj), Seite 440. 246 Die Möglichkeit einer „aufgedrängten Geschäftsführung“ erwähnen zutreffend Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 16 sub II, BGH NJW 1968, Seite 1201 sub 2 sowie Lischer, a. a. O., Seite 59 sub III. 247 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 248 Es soll sich um vertretbare Sachen handeln, § 91 BGB.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Wendet man den Blick von der Handlung auf deren Erfolg, so stellt das Befreitsein des Schuldners das aus der Geschäftsführung des Dritten „Erlangte“ dar. Dieser von dem Wert der Handlung zu unterscheidende Vorteil ist – wenn er geldlich fixiert werden kann249 – aus dem Gesichtspunkt einer echten unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag auszugleichen, § 684 Satz 1 BGB.250 Die Abschöpfung des gegen den Willen des Schuldners eingetretenen Vorteils scheidet bei restriktivem Verständnis dieser Vorschrift freilich aus, sollte es der Dritte in vorwerfbarer Weise unterlassen haben, das Einverständnis des Pflichtigen im Sinne des § 681 Satz 1 BGB einzuholen.251 (b) Ebenso stellt sich im Falle der sog. Selbsterfüllung die Frage, ob der Gläubiger, der sich den geschuldeten Gegenstand selbst verschafft oder die geschuldete Handlung aus eigenem Antrieb vornimmt, dem Schuldner einen Vorteil verschafft. Dies ist zu bejahen: Der Schuldner wird, wie bereits ausgeführt252, von seiner Pflicht frei (§ 275 BGB).253 Davon zu trennen ist allerdings die weitere Frage, ob der Gläubiger wegen seiner Aufwendungen einen Ersatzanspruch gegen den Schuldner zu erheben vermag; ein Begehren, das auf den Wert einer Geschäftsbesorgung254 zielt. Ein Anspruch des Gläubigers auf Ersatz seiner Vermögensopfer aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsbesorgung ohne Auftrag (§§ 683 Satz 1, 670 BGB) ist indessen zu verneinen, weil der Gläubiger nicht fremdnützig, sondern im eigenen Interesse tätig wird.255 Die kondiktionsrechtliche Haftung des Schuldners wäre nur zu bejahen, wenn die Geschäftsbesorgung des Dritten kraft gesetzlicher Anordnung oder erklärter Billigung des Schuldners auf dessen Seite einen geldwerten Vorteil „ohne rechtlichen Grund“ hat anfallen lassen. Eine solche gesetzliche Anordnung ist dem Schadensersatzrecht zu entnehmen: Der Geschädigte darf – wie aus § 249 Abs. 2 BGB zu entnehmen ist – im Falle der Verletzung einer Person oder der Beschädigung einer Sache den Schaden selbst beheben und die erforderlichen Aufwendungen vom Schädiger ersetzt ver249 Dies ist bezogen auf den Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zu verneinen. Anders kann es sich dagegen mit einem Schadensersatzanspruch verhalten, sofern er auf Zahlung eines Geldbetrags gerichtet ist. 250 Gegebenenfalls ist der Ausgleich auf die von dem Dritten getätigten Aufwendungen zu beschränken; siehe dazu unten V. 2. b) dd) (c), Seite 417 und – bezogen auf unerwünschte Verwendungen des Mieters – V. 1. a) bb) (b), Seite 366. 251 Siehe dazu unten V. 2. b) ff), Seite 420 ff. und V. 2. b) gg), Seite 427 ff. 252 Siehe oben III. 2. i) cc), Seite 144. 253 Unzutreffend Schünemann, a. a. O., Seite 132: Er übersieht die Möglichkeit des Erlöschens einer Verbindlichkeit durch Zweckerreichung. 254 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 255 Im Ergebnis ebenso Schünemann, a. a. O., Seite 129 m. w. N. in Fußnote 11.

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langen.256 Das Gesetz stellt hier die unwiderlegbare Vermutung auf, dass die Geschäftsbesorgung des Geschädigten aus der Sicht des Schädigers, d.h. des Geschäftsherrn, als vorteilhaft zu bewerten ist.

Das Merkmal der „Rechtsgrundlosigkeit“ ist jedoch in aller Regel zu verneinen, weil es keinen bereicherungsrechtlichen Ausgleich geben darf, wenn ein Ersatz nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag zu verneinen ist: Dem Schuldner bzw. einem für ihn eintretenden Dritten (§ 267 BGB), jedoch nicht dem Gläubiger, steht grundsätzlich das Recht zu, die Erfüllung zu bewirken. Die Bedeutung dieser Erkenntnis erweist sich in den Fällen, in denen eine Eigentumsbeeinträchtigung nicht durch den verantwortlichen Störer (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB), sondern den Eigentümer selbst beseitigt wird: Der Eigentümer vermag von dem Störer – entgegen der Ansicht des Bundesgerichtshofs und des Reichsgerichts257 – die Erstattung seiner Aufwendungen nicht mit der Begründung zu verlangen, dieser habe die Befreiung von seiner Haftung ohne rechtlichen Grund erlangt.258 Nicht nur, dass sich auf diese Weise die Verpflichtung zur Beseitigung „durch die Hintertür“ in eine Zahlungspflicht „verwandelte“259; mit der Anerkennung einer Kondiktion wird vor allem verkannt, dass der Eigentümer von dem Schuldner in Ermangelung eines Fremdgeschäftsführungswillens keinen Ausgleich nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen kann.260 Das 256

Palandt/Heinrichs, 62. Auflage, Vorbem v § 249 Rdnr. 83. RGZ 127, Seite 29, 33; RG JW 1929, 744; BGHZ 60, 235, 243. 258 Im Ergebnis zutreffend Gursky, JZ 1992, Seite 310, 311, 313 ff. 259 Dazu Gursky, JZ 1992, Seite 310, 311, 315 sub 2b: „Der Ausschluß des Bereicherungsausgleichs nach Selbsterfüllung bedeutet m. E. keine unbillige Benachteiligung des Gläubigers gegenüber einem außerhalb des Schuldverhältnisses stehenden Dritten, der in der gleichen Weise verfährt, also die geschuldete vertretbare Handlung (mit erkennbarem Fremdgeschäftsführungswillen) vornimmt und dadurch den bisherigen Schuldner befreit. Eine Rückgriffskondiktion dieses nach § 267 BGB intervenierenden Dritten müßte nämlich ebenfalls, und zwar in Analogie zu § 399 1. Alt. BGB, ausgeschlossen sein . . .“. Nach der hier vertretenen Ansicht scheidet ein Rückgriff des Dritten im Sinne des § 267 BGB aus, sofern sein Eingreifen nicht dem Interesse und Willen des Schuldners (sic!) entsprach: Ist ein Anspruch auf den Ersatz von Aufwendungen aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 670 BGB) zu versagen, so ist der aufgedrängte Vorteil der Geschäftsbesorgung „mit rechtlichem Grund“ angefallen. Das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ – die Befreiung des Schuldners von der Verbindlichkeit – ist nur unter den Voraussetzungen des § 684 Satz 1 BGB an den Dritten „herauszugeben“ (siehe dazu eingehend unten V. 2. b) jj), Seite 440 ff.). 260 Im Ergebnis zutreffend, aber zu unbestimmt formulierend Gursky, JZ 1992, Seite 311, 315 sub 2b: „Der Gegner einer actio negatoria seinerseits aber hat – genauso wie Personen, die aus sonstigen Gründen die Herbeiführung eines bestimmten Erfolges durch Arbeits- und evtl. Materialaufwand schulden – ein deutliches Interesse daran, die geschuldete Leistung in natura zu erbringen und nicht statt dessen 257

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Rückgriffsrecht des Eigentümers ist freilich ausnahmsweise anzuerkennen, wenn die Selbsterfüllung als gesetzlich ausdrücklich gestattete Schadensoder Störungsbeseitigung zu bewerten ist: Die Aufwendungen des Gläubigers (beispielsweise die Kosten für das – nach § 859 Abs. 1 BGB gestattete – Abschleppenlassen eines Fahrzeugs durch den Eigentümer eines Grundstücks, dessen Ausfahrt blockiert wird) sind nach § 251 Abs. 1, 1. Fall BGB (bezogen auf einen störenden Zustandes, dessen Beseitigung aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB geschuldet ist: in entsprechender Anwendung) zu erstatten.261 (c) Hat jemand den Gläubiger als Mitschuldner befriedigt (§ 422 BGB), so wird er zuvörderst in einer eigenen Angelegenheit tätig; er besorgt – mit einer anderen Wendung ausgedrückt – in erster Linie kein fremdes, sondern ein eigenes Geschäft. Dementsprechend bestimmt sich der Ausgleich nicht nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag, sondern den Bestimmungen über den Rückgriff zwischen Gesamtschuldnern, §§ 426 Abs. 1 Satz 1, 426 Abs. 2 BGB.262 (d) Wie erwähnt, tritt die Befreiung des Schuldners auch dann ein, wenn er durch Zuwendung eines Dritten263 an den Gläubiger aus dem Gesichtspunkt der Zweckerreichung von seiner Schuld befreit wird (§ 275 BGB). (1) Um der Anschaulichkeit willen sei das mir aus der anwaltlichen Praxis berichtete, fast als skurril zu bezeichnende Beispiel angeführt, dass sich B gegenüber C kraft eines wirksamen Schenkungsvertrags zur Übereignung einer zum Nachlass des E gehörenden Sache im Wert von 3.000 Euro verpflichtet. Wenig später übereignet A, der Erbe des E, die Sache an C in der irrtümlichen Annahme, hierzu kraft eines Vermächtnisses des E verpflichtet zu sein. Schließen A und C über die Kondiktionsverbindlichkeit des C aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB, gerichtet auf die Rückübereignung der eine ihm durch Selbsterfüllung von seiten des Gläubigers verschaffte Ersparnis in Geld ausgleichen zu müssen.“ MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 1004 Rdnr. 75, bejaht trotz erheblicher Zweifel einen Kondiktionsanspruch des Eigentümers, wenn dessen Interesse an schneller Beseitigung einer Eigentumsstörung „nicht zu verkennen“ sei. 261 Zu der umstrittenen Frage, ob die Vorschrift des § 251 Abs. 1 BGB auf den Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechend anzuwenden ist, siehe noch unten Fußnote 508 dieses Abschnitts. 262 Wäre die Vorschrift des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen worden, stellte sich die Frage nach einem bereicherungsrechtlichen Ausgleich: Welchen Vorteil hätte der nach § 422 BGB befreite Mitschuldner „auf Kosten“ desjenigen, der die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkte, und „ohne rechtlichen Grund“ erlangt? 263 Bei bestehender Verpflichtung des Dritten gegenüber dem Gläubiger handelte es sich um die Befreiung von einer Verbindlichkeit durch einen Gesamtschuldner; siehe dazu in diesem Abschnitt unter (2).

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Sache an A, einen Erlassvertrag im Sinne des § 397 BGB264, so ist B die Erfüllung seines Schenkungsversprechens gegenüber C aus dem Gesichtspunkt der Zweckerreichung unmöglich geworden, § 275 Abs. 1 BGB. Die dem B zugefallene Befreiung ist als Vermögensvorteil zu qualifizieren, weil für ihn die Belastung entfallen ist, sich den besagten Gegenstand zu beschaffen und an C zu übereignen. Der Wert dieser Befreiung ist mit dem Verkehrswert der betreffenden Sache zu beziffern. Die Feststellung, dass der Befreiung des B ein Vermögenswert zukommt, gestattet freilich nicht den Schluss, A könnte gegen B einen Anspruch in Höhe des Sachwertes aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend machen (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB): Das Vermögensopfer des A – der Verzicht auf die Kondiktionsverbindlichkeit gegenüber C – führt in erster Linie zu einer Bereicherung des C; dieser ist von der Verbindlichkeit zur Rückgewähr befreit. Dass darüber hinaus eine Befreiung des B, bezogen auf das von ihm abgegebene Schenkungsversprechen, eintritt, ist lediglich die mittelbare Folge des Erlasses.265 Die Anerkennung eines Ausgleichsanspruchs des A setzte das Recht des Schuldners B außer Kraft, selbst für die Erfüllung der ihm obliegenden Verbindlichkeit Sorge zu tragen. Dieses Recht ist zugunsten des Gläubigers durch die Möglichkeit der sog. Drittleistung (§ 267 BGB) eingeschränkt; der außerhalb des Schuldverhältnisses stehende Dritte – im Beispiel A – kann die fremde Verbindlichkeit jedoch nur zum Erlöschen bringen, wenn er gegenüber dem Gläubiger – hier: gegenüber C – zu erkennen gibt, eine fremde Verbindlichkeit – hier: die des B – zu erfüllen.266 Das Rückgriffsrecht eines Intervenienten ist des weiteren bei der Gesamtschuldnerschaft eingeschränkt: Die Leistung eines Gesamtschuldners befreit die Mitverpflichteten (§ 422 BGB), um eine „Überbefriedigung“ des Gläubigers auszuschließen.267 Wirkt die Erfüllung eines Schuldners für alle „auf dasselbe Interesse“ Verpflichteten (§ 421 BGB), so schließt diese Bewer264 Als Motiv eines solchen Erlassvertrags möge das Empfinden des Erben angesehen werden, dass der Erblasser kurz vor seinem Tode immer davon gesprochen habe, C solle die betreffende Sache bekommen. 265 Anderer Ansicht ist – bezogen auf den Ausschluss des Rückforderungsrechts eines vermeintlichen Schuldners wegen Bereicherung des vermeintlichen Gläubigers – v. Caemmerer, Festschrift für Dölle, Seite 135, 146: „Ist der Gläubiger aber befriedigt, weil er . . . vom Zahlenden . . . auf Rückerstattung nicht in Anspruch genommen werden kann, so ist der wahre Schuldner entlastet und damit auf Kosten des Zahlers ,in sonstiger Weise‘ bereichert. Der Zahler kann also gegen ihn Rückgriff nehmen.“ 266 Palandt/Heinrichs, 62. Auflage, § 267 Rdnr. 3 m. w. N. 267 Die Vorschrift des § 422 BGB regelt eine von der Erfüllung im Sinne der §§ 362, 267 BGB zu unterscheidende Befreiung der/des Mitschuldner/s wegen einer Zweckerreichung; siehe dazu Wernecke, a. a. O., Seite 72 f.

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tung des Gesetzes aus, dass sich ein Leistender unbefugt in die Angelegenheiten anderer Pflichtiger einmischt. Dementsprechend ist ein Rückgriffsrecht innerhalb der Gesamtschuld ungeachtet der Voraussetzungen anzuerkennen, die an eine Geschäftsführung ohne Auftrag zu stellen sind (§ 426 BGB). Schulden die Mitverpflichteten gegenüber dem Gläubiger die Beseitigung eines störenden Zustandes (etwa die Beseitigung von kontaminiertem Erdreich) und kann der Pflichtige, der das Interesse des Gläubigers befriedigt, bei dem anderen Teil Rückgriff nehmen (§ 426 Abs. 1 Satz 1 BGB), so ist dem leistenden Schuldner bezogen auf das Verhältnis der Verpflichteten untereinander das Recht zur Selbsterfüllung eingeräumt, sofern der befreite Gesamtschuldner nicht nur dem Gläubiger, sondern auch dem Leistenden gegenüber zur Beseitigung (etwa aus dem Gesichtspunkt der Verletzung vertraglicher Pflichten) verpflichtet war: Die Verbindlichkeit des befreiten Schuldners gegenüber dem Mitverpflichteten verwandelt sich in eine Zahlungspflicht.

(2) Als zweites Beispiel der Befreiung von einer Verbindlichkeit sei der Fall angeführt, dass A in der irrtümlichen Annahme, selbst Schuldner zu sein, B Barunterhalt gewährt. In Wahrheit ist C zu dieser Unterhaltsleistung verpflichtet.268 Ist ein Erstattungsanspruch des A gegen B aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB zu versagen, weil B seine Bedürfnisse ohne Aufnahme eines Kredits finanziert hätte, durch den ihm irrtümlich gewährten Unterhalt also keine Aufwendungen erspart hat (§ 818 Abs. 3 BGB)269, so ist der wahre Unterhaltsschuldner C von seiner Verpflichtung gegenüber B aus dem Gesichtspunkt der Zweckerreichung (§ 275 Abs. 1 BGB) befreit: Die Bedürftigkeit des Berechtigten B ist entfallen, ohne dass dieser einem Erstattungsanspruch des A ausgesetzt ist. Der Wert des bei C eingetretenen Vorteils ist mit dem ursprünglich geschuldeten Unterhaltsbetrag zu beziffern. Die Schlussfolgerung auf einen direkten kondiktionsrechtlichen Ausgleich im Verhältnis zwischen A und C verbietet sich ebenso wie in dem zuvor angeführten 268 Im Verhältnis des zahlenden A zum wahren Unterhaltsschuldner C handelt es sich um eine irrtümliche Geschäftsführung, § 687 Abs. 1 BGB. Der Ausgleich zwischen A und C vollzieht sich mithin, wenn überhaupt, nach den Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung, §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB. 269 Zur Entreicherung des Unterhaltsberechtigten, der mit den ihm vermeintlich geschuldeten Mitteln Verbindlichkeiten getilgt hat, vgl. BGHZ 118, Seite 383, 389: „Entscheidend ist . . . der Nachweis, daß der Bereicherte den Vermögensvorteil (darunter war im konkreten Fall zu verstehen: das Erlöschen von Schulden der Unterhaltsberechtigten) in jedem Falle auch ohne die Überzahlung – notfalls unter Einschränkung des Lebensstandards – erworben hätte, so daß die Überzahlung für den Vermögensvorteil nicht ursächlich war. . . . Es genügt daher der Nachweis, daß die Beklagte (d.h. die Unterhaltsberechtigte) auch ohne die Überzahlung ihre Schulden bezahlt hätte.“ Zustimmend Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, § 812 Rdnr. 67. Hier verwirklicht sich der Gedanke des – auf den Bereicherungsschuldner bezogenen – Dispositionsschutzes.

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Beispiel: Im Rahmen eines Anspruchs aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB ist zu untersuchen, ob die Befreiung des C auf Kosten des A eingetreten ist. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass mit dem Vermögensnachteil des A zwei Vorteile korrespondieren: die erhöhte Verfügungsmöglichkeit des Unterhaltsberechtigten B und – freilich nur mittelbar – die Befreiung des Unterhaltsschuldners C. Letzterer ist allerdings einer Kondiktion ausgesetzt, vermag A seine Leistung kraft einer nachträglichen Fremdtilgungsbestimmung im Sinne des § 267 Abs. 1 BGB unmittelbar auf die Schuld des C zu beziehen; ein zulässiges Vorgehen, sofern die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag die fremdnützige Tilgung einer Verbindlichkeit auch gegen den Willen des Schuldners als des Geschäftsherrn gestatten.270 Dies ist bei der Leistung von Unterhalt zu bejahen: Nach der Vorschrift des § 679 BGB ist ein Geschäftsführer ohne Auftrag befugt, fremde Unterhaltspflichten auch gegen den Willen des Schuldners zu erfüllen.271

j) Die Aufdrängung eines Vorteils und die Anerkennung einer Ausgleichspflicht nach einem „subjektiven“ Maßstab? Ein Vorteil wird aufgedrängt, wenn sich ein Zuwachs an Rechten gegen den Willen des Erwerbers vollzieht oder demjenigen, auf den sich die Handlung eines Dritten bezieht, die Entscheidung über ihren Wert genommen ist. Der geldliche Ausgleich eines Rechtserwerbs ist freilich aus der Sicht des unfreiwillig Bereicherten“ zu vermeiden, wenn dieser – wie im Falle des gesetzlichen Eigentumserwerbs durch Zufügung wesentlicher Bestandteile (§§ 946, 947 BGB) – die Beseitigung eines von fremder Hand geschaffenen Zustandes aus dem Gesichtspunkt der Störung seiner Dispositionsfreiheit (§ 903 BGB) zu verlangen vermag.272 Letzterenfalls entsteht der mit dem Rechtserwerb verbundene Vorteil nur vorläufig, nämlich bis zu seiner Beseitigung oder bis zum Verzicht darauf um des Fortbestandes der Veränderung willen; wer einen Vorteil nicht zu dulden hat und sich auf dieses Recht beruft, schuldet auch nicht seinen finanziellen Ausgleich.273 Ist die Beseitigung eines unerbetenen Zuwachses aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgeschlossen, etwa weil der Bereicherte zur Duldung verpflichtet ist (§ 1004 Abs. 2 BGB)274, so lässt sich hieraus nicht ohne weiteres auf eine 270

Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. b) jj), Seite 440 ff. Insoweit zutreffend – freilich ohne im Ausgangspunkt auf das Selbstbestimmungsrecht des Schuldners abzustellen – v. Caemmerer, Festschrift für Dölle, Seite 135, 148. 272 Zur Anwendung des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB siehe unten III. 6., Seite 191 ff. 273 Abweichendes gilt, wenn die die Verbindung durch den Besitzer der Hauptsache vorgenommen wurde: Der Eigentümer der Hauptsache ist nicht berechtigt, die Beseitigung von Bestandteilen zu verlangen, die als ersatzpflichtige Verwendung (§§ 994, 996 BGB) zu qualifizieren sind. Siehe dazu unten V. 2. d) aa) (d) (6), Seite 571 ff. 271

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Zahlungspflicht des „Bereicherten“ schließen: Eine solche Folgerung ist nur zulässig, sollte das Recht, die Beseitigung zu verlangen, um der Begründung einer Ausgleichspflicht willen ausgeschlossen sein; andernfalls begründet die Verneinung des Rechts auf Beseitigung lediglich eine Entlastung des potentiellen Schuldners. Die Anerkennung einer Verbindlichkeit des „Bereicherten“, den ihm aufgedrängten Vorteil zu erstatten, ist mithin davon abhängig, aus welchem Grund die Beseitigung ausgeschlossen ist.

Ohne der Frage vorzugreifen, in welchen Grenzen der Schutz vor einer aufgedrängten Bereicherung in den einzelnen Schuldverhältnissen ausgestaltet ist, sei das Augenmerk auf einige Gestaltungen gelenkt, in denen das Gesetz diesen Schutz versagt. Ist nach der Intention einer Norm eine Zahlungspflicht unabhängig von der Billigung des Vorteils durch den unfreiwillig Bereicherten zu bejahen, so verbietet es sich, den Ausgleich von dessen persönlicher Einschätzung und wirtschaftlicher Planung abhängig desjenigen zu machen. Abweichend heißt es bei Werner Lorenz in der Staudingerschen Kommentierung275: Der Gedanke, „dem Empfänger sei es zumutbar, eine infolge der ungebetenen Einmischung eingetretene objektive Wertsteigerung seines Vermögens entsprechend zu vergüten“, müsse zurücktreten. Eine andere Beurteilung sei erst angebracht, „wenn eine dergestalt eingetretene Wertsteigerung gewinnbringend realisiert wird oder eine ansonsten notwendig gewesene Ausgabe erspart wurde. Dann erweist sich der Zuwachs im Vermögen des Empfängers auch subjektiv von Wert.“276

Eine so oder in ähnlicher Weise277 befürwortete „Subjektivierung“ des Wertbegriffs wird den Regelungen über den Verwendungsersatzanspruch des Besitzers gegen den Eigentümer (§§ 994, 996 BGB) ebensowenig gerecht wie dem Anspruch des auftraglos handelnden Geschäftsführers, der das fremde Geschäft gegen das Interesse oder den Willen des Geschäfts274 Zu denken ist hier an Abrissverbote kraft des Bauordnungs- oder Bauplanungsrechts (auferlegt beispielsweise durch eine sog. Erhaltungssatzung, §§ 172 ff. BauGB). 275 13. Bearbeitung, Vorbem zu §§ 812 ff., Rdnr. 46. 276 Ähnlich Fikentscher, a. a. O., 9. Auflage, Rdnr. 1145: „Entscheidend für den Ersatz der ,aufgedrängten Bereicherung‘ ist die wirtschaftliche Planung dessen, dem die Bereicherung aufgedrängt wurde, unter Berücksichtigung des Verkehrsüblichen. Erspart nach diesem Maßstab die aufgedrängte Bereicherung künftige Auslagen oder Mindererlöse, ist sie zu ersetzen.“ In diesem Sinne auch MünchKomm/Lieb, 3. Auflage, § 812 Rdnr. 262 m. w. N.; König, Gutachten und Vorschläge, Seite 1515 ff., 1570; grundlegend Larenz, Festschrift für v. Caemmerer, Seite 209 ff. 277 Nach neuerer Ansicht (Reimer, a. a. O., Seite 97 ff.; Larenz/Canaris, a. a. O., § 72 IV 3d, Seite 290; Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 812 ff. Rdnr. 47) soll ein aufgedrängter Vorteil in entsprechender Anwendung des § 254 Abs. 2 Satz 1, 2. Fall BGB nur auszugleichen sein, wenn den Bereicherten eine „Obliegenheit zur Realisierung der Vermögensmehrung“ trifft. Gegen die Annahme einer entsprechenden Obliegenheit siehe oben II. 2. c) cc), Seite 46.

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herrn übernommen hat, auf Ersatz des Wertes des aus der Geschäftsführung Erlangten (§§ 684 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB).278 Sie läuft dem Zweck des Gesetzes zuwider: der Anerkennung eines von der Billigung des Bereicherten unabhängigen Ausgleichsanspruchs desjenigen, der ein dem Vorteil entsprechendes Vermögensopfer erbracht hat. Will man dem Selbstbestimmungsrecht des Bereicherten in diesen Gestaltungen weitestgehend Rechnung tragen, so hat dies nicht durch die Modifizierung des Wertbegriffs, sondern durch eine Verengung der Voraussetzungen eines Ausgleichs im Wege einer teleologischen Reduktion zu geschehen.279 aa) Nach den bisherigen Ausführungen ist eine Tätigkeit als „Vorteil“ zu bewerten, wenn derjenige, dessen Rechte oder Pflichten sie berührt, erklärt, die Vornahme der Handlung habe seinem Interesse und Willen entsprochen, möglicherweise sogar in dem Sinne, dass er die Tätigkeit des eigenmächtig Handelnden habe veranlassen wollen und ihm dementsprechend Ausgaben erspart geblieben seien. Um den Ausgleich einer aufgedrängten Bereicherung handelt es sich demgegenüber, wenn das Gesetz die Akzeptanz der vorgenommenen Handlung unwiderlegbar vermutet, die subjektive Bewertung desjenigen, dessen Rechte oder Pflichten die Handlung berührt, also bewusst unberücksichtigt lässt. Als Beispiel sei die Regelung des § 994 Abs. 1 BGB angeführt280: Das Gesetz ordnet zugunsten des unrechtmäßigen, aber unverklagten und redlichen Besitzers einen Ausgleich der Aufwendungen an, die er um der Erhaltung, Wiederherstellung oder ordnungsmäßigen Bewirtschaftung der fremden Sache willen tätigte; das Interesse des Eigentümers an diesen Verwendungen wird hier unterstellt. Bezogen auf den geschäftsunfähigen oder beschränkt geschäftsfähigen Eigentümer umfasst die unwiderlegbare Vermutung die Billigung des gesetzlichen Vertreters bzw. Betreuers. (a) Die unwiderlegbar vermutete Billigung einer Handlung, ausgedrückt durch die Pflicht des Berechtigten und Bereicherten zum Ersatz ersparter Aufwendungen, liegt ausschließlich im Interesse des Handelnden: Dem „Bereicherten“ stünde es nämlich offen, die fremde Tätigkeit positiv zu be278

Ablehnend auch Greiner, a. a. O., Seite 301 f. sub 2a und b. Zum Anspruch des Besitzers gegen den Eigentümer auf Ersatz seiner Verwendungen siehe eingehend unten V. 2. c), Seite 471; zum Anspruch des Geschäftsführers gegen den Geschäftsherrn auf das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ siehe ausführlich unten V. 2. b) dd) bis gg), Seite 416 ff. 279 So, wenn der Anspruch des Geschäftsführers aus § 684 Satz 1 BGB davon abhängig gemacht wird, dass dieser nicht seine Pflicht verletzt hat, die Entschließung des Geschäftsherrn abzuwarten (§ 681 Satz 1 BGB). Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. b) ff) und gg), Seite 420 ff. 280 Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. c) bb), Seite 487 ff.

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werten und auf diese Weise einen gegen die eigene Person gerichteten Anspruch zu begründen. Kraft der gesetzlichen Vermutung wird ihm zugunsten des Handelnden die Entscheidung über die Vorteilhaftigkeit der Tätigkeit und damit verbunden über ihren finanziellen Ausgleich genommen. Als Beispiel sei wiederum die Regelung des § 994 Abs. 1 BGB über den Ersatz notwendiger Verwendungen angeführt: Der Eigentümer hat dem gutgläubigen, unverklagten Besitzer die Vermögensopfer zu erstatten, die dieser zur Erhaltung, Wiederherstellung oder ordnungsmäßigen Bewirtschaftung der fremden Sache getätigt hat; ihm ist durch die Anordnung der Zahlungspflicht die Entscheidung entzogen, ob er die Tätigkeit des Besitzers als vorteilhaft bewertet.

Dient der mit der unwiderlegbaren Vermutung verbundene Eingriff dem Interesse des Handelnden an einem finanziellen Ausgleich, so vermag der „Bereicherte“ den ihm aufgedrängten Vorteil nicht mit dem Argument abzuwehren, er habe das Entstehen des Vorteils nicht veranlasst und verlange die Beseitigung der aus seiner Sicht negativen Folgen: Die Berufung auf einen von ihm empfundenen Nachteil widerspräche dem Gesetzeszweck, den Handelnden wegen seiner Aufwendungen oder der Bereicherung des Empfängers zu entschädigen. Daher kann der Eigentümer vom gutgläubigen und unverklagten Besitzer nicht die Beseitigung von Verwendungen verlangen, deren Ersatz er nach § 994 Abs. 1 BGB schuldet; sein Recht aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ist demzufolge ausgeschlossen.281

Ebenso verhält es sich, beschränkt das Gesetz den Ausgleich auf das Ergebnis einer im Ausgangspunkt akzeptierten Tätigkeit, um dem Handelnden zumindest die von ihm bewirkte Wertsteigerung zuzuweisen, wie dies die Vorschrift des § 996 BGB anordnet: Der gutgläubige und unverklagte Eigenbesitzer282 kann zwar nicht die Erstattung seiner Vermögensopfer verlangen, wohl aber – begrenzt durch die getätigten Aufwendungen – den durch die Verwendungen erhöhten Verkehrswert für sich in Anspruch nehmen. Die Abwehr dieser Bereicherung steht nicht zur Disposition des Eigentümers. Auch hier ist eine „Subjektivierung“ des Wertbegriffs, wie sie insbesondere von Hans-Georg Koppensteiner für das Bereicherungsrecht (§ 818 Abs. 2 BGB) vorgeschlagen worden ist283, bereits im Ausgangspunkt abzulehnen: Behandelt das Gesetz eine Handlung unwiderlegbar als vorteilhaft, um einen finanziellen Ausgleich zugunsten des Verwenders zu ermöglichen, 281 Zum Anwendungsbereich der Bestimmung des § 1004 BGB siehe im Einzelnen unten III. 6., Seite 191 ff. 282 Dass Anspruch des Fremdbesitzers in der Regel den Einschränkungen des vermeintlichen Besitzrechts unterworfen ist, lege ich unten V. 2. c) aa) (b) (2), Seite 480 ff., dar. 283 NJW 1971, Seite 1769. Ablehnend Greiner, a. a. O., Seite 301 sub 2b.

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so widerspricht es seiner Intention, diesen Vorteil durch Anerkennung einer subjektiven Bewertung aufzuheben. Dies gilt umso mehr, als der Eigentümer den Besitzer auf sein Recht zur Versteigerung der Sache zu verweisen vermag, um die Haftung mit dem „persönlichen“ Vermögen abzuwenden (§ 1003 BGB). (b) Die Erfüllung einer Verbindlichkeit durch eine außerhalb des Schuldverhältnisses stehende Person (§ 267 Abs. 1 BGB) zielt auf die Begünstigung des Gläubigers. Der mit der Tätigkeit des Dritten verbundene Vorteil in der Person des Schuldners, d.h. das Befreitsein von seiner Schuld, ist eine von diesem hinzunehmende Folge der Begünstigung. Er kann nicht die Beseitigung des aufgedrängten Vorteils in der Weise verlangen, dass die Erfüllungswirkung aufzuheben sei. Vermag der Schuldner den Anfall des Vorteils nicht ungeschehen zu machen, so besagt dies freilich noch nichts über seine Ausgleichspflicht gegenüber demjenigen, der die Befriedigung des Gläubigers bewirkt hat: Die Möglichkeit der Drittleistung ist im Interesse des Gläubigers, nicht um eines Rückgriffs des Dritten gegen den Schuldner willen angeordnet. Da sich die Tätigkeit des Dritten im Verhältnis zum Schuldner als eine Geschäftsbesorgung284 darstellt, bestimmt sich der Ausgleich nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag, mithin nach Regelungen, die dem Willen des Geschäftsherrn Rechnung tragen. Dementsprechend kann der unfreiwillig bereicherte Schuldner zwar nicht den Vorteil der Schuldbefreiung abwehren, wohl aber einen geldlichen Ausgleich verweigern, sollte der Dritte tätig geworden sein, obwohl er den entgegenstehenden Willen des Verpflichteten hätte erkennen können.285 Auf diese Weise wird die Einmischung in seine Angelegenheiten sanktioniert, ohne dass es einer „Subjektivierung“ des Wertbegriffs bedarf. bb) Wird die Vorteilhaftigkeit eines Zustandes zugunsten des Bereicherten angeordnet, weil er ihn – denkt man sich die entsprechende gesetzliche Regelung hinweg – durch einseitiges Handeln nicht hätte herbeiführen können, so vermag er dessen Beseitigung zu verlangen, will er die Begünstigung des Gesetzes nicht für sich in Anspruch nehmen: Da die Gewährung des Vorteils ausschließlich auf die Verbesserung seiner Position zielt, steht sie auch zu seiner Verfügung.286 284 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, insbesondere Fußnoten 190 und 192. 285 Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. b) jj), Seite 440 ff., insbesondere V. 2. b) jj) (c), Seite 445 ff. 286 Zutreffend Soergel/Mühl, 12. Auflage, § 951 Rdnr. 15. Die Begünstigung des Eigentümers der Hauptsache ist den Motiven freilich nur in Andeutungen zu entnehmen (zitiert nach Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Seite 199): „Weder im gemeinen Rechte noch in den modernen Gesetzge-

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Als Beispiel für die Bewertung eines Zustandes als vorteilhaft ist der Erwerb des Eigentums an wesentlichen Bestandteilen durch den Eigentümer der Hauptsache anzuführen, § 946 BGB287: Kraft dieser Regelung ist der Eigentümer der Hauptsache nicht auf einen rechtsgeschäftlichen Erwerb der Bestandteile angewiesen, das Gesetz vermehrt vielmehr seine Rechtsstellung unabhängig von einer Einigung über den Eigentumsübergang. Die im Hinblick auf eine mögliche Veräußerung der Sache objektiv vorteilhafte, bezogen auf die Interessen des konkreten Eigentümers möglicherweise nachteilige Veränderung seiner Sache berührt dessen Berechtigung, mit ihr nach eigenem Gutdünken zu verfahren (§ 903 BGB). Diese Freiheit ist allein durch die Beseitigung der (aus der Sicht eines potentiellen Erwerbers objektiv vorteilhaften) Veränderung wiederherzustellen.288

(a) Scheidet die Aufhebung der Verbindung zwischen Bestandteilen und Hauptsache aus tatsächlichen Gründen aus oder hat der Bereicherte die Beschränkung seiner Befugnisse kraft Gesetzes zu dulden289, so bedeutet das eine dauerhafte Verkürzung seiner Dispositionsfreiheit; gleichzeitig steht fest, dass die mit der Beeinträchtigung seines Rechts verbundene Wertsteigerung als objektiv messbarer Vorteil in seinem Vermögen verbleibt. Die bungen ist indessen das Prinzip durchgeführt, daß an die Stelle des Rechtes am Bestandtheile ein Recht an der ganzen Sache zu treten habe; in den häufigeren Fällen, in denen von den verbundenen Sachen die eine als die Hauptsache anzusehen ist, verlieren die sonstigen Betheiligten einfach ihr dingliches Recht zugunsten des Eigenthümers der Hauptsache . . .“ (Hervorhebung durch Verf.). 287 Die Regelungen der §§ 946 ff. BGB bewerten keine Handlung, sondern einen Zustand: die an der Hauptsache eingetretenen Veränderungen, als vorteilhaft für den Eigentümer der Hauptsache. Dass dieser Zustand zumeist das Ergebnis menschlichen Handelns ist, also nicht auf das Wirken von Naturkräften zurückzuführen ist, bleibt bei der Bestimmung des Vorteils außer Betracht (siehe oben III. 2. c) bb), Seite 94 ff.). 288 Nach Ansicht von Picker ist die Dispositionsfreiheit eines Eigentümers nur „rein faktisch“, nicht aber „rechtlich“ betroffen, wenn durch Verbindung oder Vermischung (§§ 946, 947 BGB) ein Rechtserwerb „zu seinen Gunsten“ stattfindet: Zwar bewirke dieser Zuwachs, dass der Eigentümer der Hauptsache in seinen Gebrauchsmöglichkeiten eingeschränkt sei, aber diese Beeinträchtigung bestehe allein in „tatsächlicher“ Hinsicht. Da die störenden Substanzen nicht mehr im fremden Eigentum stünden, also nicht mehr als fremdes Recht respektiert werden müssten, sei der Eigentümer weder faktisch noch rechtlich gehindert, „nach Belieben“ mit seinem Eigentum zu verfahren (Festschrift für Lange, Seite 625, 649 sub bb 1). Picker vermag nicht darzulegen, warum eine „rein tatsächliche“ Beeinträchtigung die (auch in „tatsächlicher Hinsicht“ gewährleistete!) Dispositionsfreiheit aus § 903 BGB unberührt lassen sollte: Sie ist zwar nicht in der Weise betroffen, dass der unerwünschte Zustand wegen rechtlicher Hindernisse nicht beseitigt werden kann. Um aber die Folgen der Beeinträchtigung ungeschehen zu machen, ist der Eigentümer in diesem Fall möglicherweise zu Maßnahmen, beispielsweise zum Abriss eines Gebäudes, gezwungen, die er sonst unterlassen hätte! Zur Deutung der Haftung aus § 1004 BGB durch Picker siehe im Einzelnen unten III. 6. e), Seite 197 ff. 289 Eine solche Duldungspflicht kann dem Eigentümer einer Immobilie beispielsweise – worauf bereits oben, Fußnote 274, hingewiesen wurde – aus bauplanungsoder bauordnungsrechtlichen Gründen auferlegt sein.

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Dauerhaftigkeit des geschaffenen Zustandes ändert indessen nichts an der „Janusköpfigkeit“ der Sachveränderung: Sie stellt sich als eine in einem Akt vollzogene Rechtsvermehrung und -verkürzung dar. Dementsprechend verbietet sich der Schluss, dass der Zuwachs von dem Eigentümer stets positiv bewertet wird und ein Beseitigungsanspruch mangels einer Beeinträchtigung seiner Interessen nicht besteht. (b) Diese Bewertung wird auch nicht durch die Anerkennung des bereicherungsrechtlichen Anspruchs desjenigen fingiert, der den Rechtsverlust erlitten hat (§ 951 Abs. 1 Satz 1 BGB): Da die Einbuße nicht in seinem Interesse angeordnet ist, darf nicht zu seinen Gunsten die ausschließliche Vorteilhaftigkeit des Zuwachses auf der Seite des Erwerbers unterstellt werden. Dieses Vorgehen wäre nur gerechtfertigt, müsste der Eigentümer den Eingriff in seine Dispositionsfreiheit um eines geldlichen Ausgleichs willen zugunsten desjenigen hinnehmen, der den Rechtsverlust zu beklagen hat – eine geradezu absurde Vorstellung, ist doch demjenigen, der das Eigentum kraft der Verbindung oder Vermischung verliert, die Möglichkeit genommen, hierüber rechtsgeschäftlich zu verfügen: Der Verlust dieser Möglichkeit vollzieht sich nicht in seinem Interesse. Dementsprechend ist ein Ausgleich nach § 951 Abs. 1 Satz 1 BGB nur zu gewähren, wenn der gewinnende Eigentümer der Hauptsache nicht die Nachteiligkeit der Sachveränderung geltend macht. Bewertet er sie als einen unerbetenen Eingriff in seine Befugnisse (§ 903 BGB), so bringt er dies mit dem Verlangen zum Ausdruck, die zu seinen Gunsten angeordnete Veränderung zu beseitigen, § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB. Scheidet die Beseitigung allerdings aus, so darf sich dieser Umstand nicht zu Lasten des gestörten Eigentümers auswirken. In dieser Gestaltung vermag er die Ausgleichspflicht mit der Begründung zu verweigern, dass er – bestünde ein Beseitigungsanspruch – diesen geltend machen würde.290

Vermag der „Bereicherte“ den geldlichen Ausgleich mit der Begründung abzuwehren, dass er den Zuwachs als eine Beschränkung seines Eigentumsrechts ansieht, so bedarf es in diesem Zusammenhang keiner „Subjektivierung“ des Wertbegriffs, um dem Bereicherten Aufdrängungsschutz zu gewähren.

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Der Einwand des Eigentümers der Hauptsache, ihm sei an der Verbindung seiner Sache mit wesentlichen Bestandteilen nicht gelegen, ist strikt von der Frage zu unterscheiden, ob der Eigentümer die Veränderung als vorteilhaft bewerten muss, um eine gegen ihn gerichtete Verbindlichkeit entstehen zu lassen. Eine solche Akzeptanz ist vorausgesetzt, sollte derjenige, der den Rechtsverlust zu beklagen hat, als angemaßter Eigengeschäftsführer tätig geworden sein, § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB (siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. b) ll) (c), Seite 458 ff.).

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

k) Die Festlegung des ausgleichsfähigen Vermögensvorteils – eine Zusammenfassung in Thesen 1. Als „Vermögensvorteil“ im Sinne der aufgedrängten Bereicherung kommen alle Güter in Betracht, die einem rechtlich gebilligten Austausch zugänglich sind, für die es mithin einen von der Rechtsordnung legitimierten Markt gibt. Da sich der geldliche Wert der (körperlichen oder unkörperlichen) Objekte des wirtschaftlichen Verkehrs durch den Güteraustausch bestimmt, kann ein „Vermögensvorteil“ in diesem Sinne nicht unabhängig von den an ihm teilnehmenden Personen bestimmt werden: Sie beziffern kraft ihrer konkreten Vereinbarung den Wert des Vorteils und begründen gleichzeitig ein grundsätzlich veräußerliches und geldwertes Recht auf seine Verschaffung.291 2. Der geldliche Wert des Eigentums (sein „Tauschwert“) ist anhand des (vereinbarten oder hypothetischen) Rechts auf die Sache zu ermitteln. Entsprechendes gilt für beschränkt dingliche Rechte und die Inhaberschaft an Forderungen.292 3. Ob eine Tätigkeit, d.h. ein nichtgegenständliches Gut, von demjenigen, auf den sie sich bezieht, als vorteilhaft oder nachteilig zu bewerten ist, hängt von der Einschätzung des Betroffenen ab: Was der eine Empfänger als störende Einmischung empfindet, mag einem anderen gleichgültig sein oder durchaus gelegen kommen. Der geldliche Wert einer akzeptierten Tätigkeit wird durch die vereinbarte Gegenleistung oder – in Ermangelung einer wirksamen Übereinkunft – durch das übliche oder angemessene Entgelt bestimmt.293 4. Bei der Bestimmung eines Vermögensvorteils ist zwischen gegenständlichen und nichtgegenständlichen Gütern zu unterscheiden: Während Rechte unabhängig von der Art des Erwerbs als vorteilhaft zu bewerten sind, weil sie kraft Rechtsgeschäfts auf Dritte übertragen werden können, ist die Anerkennung einer Handlung als „vorteilhaft“ von der Akzeptanz des Begünstigten abhängig.294 5. Die Inhaberschaft einer übertragbaren Forderung begründet ausnahmslos einen Vorteil, gibt sie doch dem Berechtigten die Chance, sein aktuelles Vermögen durch entgeltliche Übertragung des Rechts zu vermehren. Der geldliche Wert dieses Vorteils hängt davon ab, welchen Preis ein beliebiger Dritter für den Erwerb der Forderung zu zahlen bereit wäre. 291 292 293 294

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III. III. III. III.

2. a), Seite 85. 2. a) aa), Seite 86. 2. a) bb), Seite 87. 2 a) cc), Seite 88.

2. Die exakte Bestimmung des ausgleichsfähigen „Vorteils‘‘

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Hiervon zu unterscheiden ist der Wert einer Forderung bezogen auf ihre Durchsetzung, d.h. die Möglichkeit, von dem Schuldner, nötigenfalls mit gerichtlichem Zwang, Befriedigung zu erlangen. Unter diesem Blickwinkel ist der Wert einer fälligen Forderung mit dem Nennwert zu beziffern, sofern die Zahlungsfähigkeit des Schuldners nicht substantiiert bestritten wird und ihre Geltendmachung nicht von einer Gegenleistung abhängig ist.295 Bei der Festlegung eines Abschlags wegen der Illiquidität des Schuldners gibt das Bilanzrecht eine Richtlinie: Es ist zu prüfen, ob wegen der mangelnden Zahlungsfähigkeit des Schuldners oder wegen anderer Hindernisse der Durchsetzung des Rechts Einzelwertberichtigungen vorzunehmen sind.296 6. Ist eine Gegenleistung geschuldet, mindert sich der Wert einer Forderung um den des Anspruchs auf die Gegenleistung. Die synallagmatische Verknüpfung der Rechte bewirkt, dass sich die Werte der beiderseitigen Ansprüche in ihrem Verhältnis zueinander aufheben.297 7. Der geldliche Wert von Ansprüchen auf die unentgeltliche Übereignung einer Sache ist mit dem Sachwert anzusetzen. Insoweit sind der Anspruch und dessen Erfüllung gleich zu bewerten. Bei Unsicherheit des Schuldners ist eine Wertberichtigung angezeigt.298 8. Der Wert des Eigentums als der rechtlich verbürgten und im Prinzip uneingeschränkten Herrschaft über eine Sache wird im Falle der Veräußerung durch den vereinbarten Kaufpreis, in Ermangelung einer solchen Abrede durch den Verkehrswert („Marktpreis“) der Sache festgelegt. Dieser Verkehrswert stellt sich als eine Objektivierung und damit eine für Dritte überprüfbare Umwandlung subjektiver Nutzenerwägungen dar. Der Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen und tatsächlichen Eigenschaften der Sache ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse der möglichen Vertragspartner zu erzielen ist. Seine Ermittlung beruht mangels einer Veräußerung auf einer hypothetischen Annahme. Ist er wegen des Fehlens vergleichbarer Objekte nicht festzulegen, tritt eine richterliche Schätzung an die Stelle der Berechnung.299 9. Der Wert des Eigentums ist unabhängig vom Nutzungswillen und der Nutzungsbereitschaft des Eigentümers zu bemessen: Er ist nicht an den Gebrauch gebunden, sondern verwirklicht sich durch die Veräußerung der 295 296 297 298 299

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III. III. III. III. III.

2. 2. 2. 2. 2.

b) aa) und III. 2. b) bb), Seite 89. b) bb) (a) (1), Seite 90. b) bb) (a) (2), Seite 90. b) bb) (c), Seite 91. c), Seite 91.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Sache und entfällt mit ihrer Zerstörung oder ihrem Verbrauch. Bei einem Grundstück wird der Verkehrswert wesentlich durch die Ertragsfähigkeit bestimmt. Ordnet das Gesetz den Ausgleich dieses abstrakten, weil vom individuellen Gebrauch und einer Wertvereinbarung unabhängigen Vorteils an, bleibt ein konkreter Nutzwert außer Betracht.300 10. Vollzieht sich ein Eigentumserwerb durch Verbindung zweier Sachen, ist das Vermögen des erwerbenden Eigentümers bei qualitativer Veränderung der zugefügten Substanz erweitert. Die Erweiterung seiner Befugnisse ist indessen nicht ohne weiteres als „Vorteil“ zu bezeichnen, denn die Umgestaltung der Hauptsache kann das Recht des Eigentümers, mit ihr nach Belieben zu verfahren, nachteilig berühren oder gar aufheben. Kann der erwerbende Eigentümer die Beseitigung der Veränderung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht begehren, verbleibt ihm gleichwohl die Chance, bei ihrer Veräußerung einen erhöhten Preis zu erzielen: Mit der Erhöhung des Verkehrswerts ist ihm, ob er sich zu einer Veräußerung entschließt oder nicht, ein geldwerter Vorteil erwachsen. Macht er bei möglicher Beseitigung die Störung seines Eigentums nicht geltend oder erklärt er bei nicht beseitigungsfähigem Vorteil, dass er – die Erfüllbarkeit des Anspruchs unterstellt – die Entfernung der Veränderung nicht verlangen würde, so hat er die Chance auszugleichen, im Falle der Veräußerung einen erhöhten Preis zu erzielen. Da sich die Bestimmung des Vorteils auf den Zuwachs an abstrakten Nutzungsbefugnissen gründet, besteht dieser in der Wertsteigerung der Hauptsache: Die Möglichkeit, einen erhöhten Tauschwert zu erzielen, ist der Verwirklichung gleichzusetzen. Der Betrag, den ein beliebiger Interessent für die umgestaltete Sache bieten würde, beziffert die Wertsteigerung.301 11. Die Umgestaltung einer Sache durch Verbindung mit einem ihr „untergeordneten“ Objekt stellt sich in aller Regel als Ergebnis einer menschlichen Handlung dar, die der dadurch Begünstigte nicht notwendig positiv bewertet. Tätigt jemand eine Verwendung auf eine Sache, um eine wirkliche oder vermeintliche Verbindlichkeit zu erfüllen, drängt er dem Eigentümer einen mit der Werterhöhung zu beziffernden Vorteil auf, wenn aus dessen Sicht keine Verbindlichkeit bestand und der Verwender auch nicht als Erfüllungsgehilfe eines wirklichen oder vermeintlichen Schuldners des Eigentümers gehandelt hat.302 300 301 302

Siehe oben III. 2. c) aa), Seite 93. Siehe oben III. 2. c) bb), Seite 94. Siehe oben III. 2. d) aa), Seite 96.

2. Die exakte Bestimmung des ausgleichsfähigen „Vorteils‘‘

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12. Hat jemand eine fremde Sache wiederhergestellt, erhalten oder verbessert, um einen mit dem Eigentümer geschlossenen, jedoch unwirksamen Werkvertrag zu erfüllen, schuldet dieser – seine Geschäftsfähigkeit vorausgesetzt – den üblichen Werklohn: Der Eigentümer hat den Herstellungsaufwand und den Erfolg der Werkleistung erlangt; dieser Vorteil ist mit dem Wert der üblichen Gegenleistung zu beziffern. Sollte der vom Eigentümer/Besteller positiv bewertete Herstellungsaufwand den Verkehrswert der Sache erhöht haben, ist der Eigentümer/Besteller gleichwohl nur gehalten, den üblichen Werklohn zu zahlen; durch die Erfüllung dieser Pflicht ist ihm die mit der Werkleistung verbundene Wertsteigerung zugewiesen.303 13. Hat jemand die Umgestaltung einer Sache in Erfüllung einer Verbindlichkeit vorgenommen, die nicht gegenüber dem Eigentümer, sondern einem Dritten als dem Besteller begründet wurde, vermag er von dem Eigentümer keinen Ausgleich einer etwa eingetretenen Wertsteigerung der Sache zu verlangen: Der von dem Dritten beauftragte Unternehmer wird nur als „Mittler“ in der „Geschäftsbesorgungs-Beziehung“ des Bestellers zu dem Eigentümer tätig.304 14. Das Eigentum gewährt dem Berechtigten alle Nutzungsmöglichkeiten der Sache. Die Übertragung des Eigentums lässt sich daher als Veräußerung dieser Chancen begreifen. Sollte sich der Erwerb auf der Grundlage eines nichtigen Kausalgeschäfts vollzogen haben, richtet sich die Rückerstattung kraft des Bereicherungsrechts auf die Rückgewähr der Nutzungsmöglichkeiten, die das Eigentum noch in sich birgt. Das bedeutet in der praktischen Ausführung: Hat der Kondiktionsschuldner das Eigentum an einer Sache ohne Rechtsgrund erlangt, schuldet er die Rückübertragung in der Gestalt, in der sich die Sache befindet.305 15. Hat der Kondiktionsschuldner die Sache gebraucht und damit Nutzungschancen verwirklicht, schuldet er im Falle eines käuflichen Erwerbs Ersatz für die von ihm gezogenen Nutzungen, deren Wert in einem Anteil der Gegenleistung besteht, die der Kondiktionsschuldner für den rechtsbeständigen Erwerb der bereits verwirklichten Chancen an den ursprünglich Berechtigten hätte zahlen müssen. Der Ausgleich ist durch Schätzung der zeitanteiligen Wertminderung im Verhältnis zur voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer zu ermitteln. Diese Berechnung gilt im Ausgangspunkt auch bei der Eigentumsübertragung auf Grund einer unwirksamen Schenkung, denn der vermeintliche Schenker darf nicht durch die Verneinung des geld303 304 305

Siehe oben III. 2. d) bb), Seite 97. Siehe oben III. 2. d) dd), Seite 100. Siehe oben III. 2. e), Seite 102.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

lichen Wertes der bereits verwirklichten Nutzung an seine Zusage gebunden werden.306 16. Hat ein Käufer die rechtsgrundlos erworbene Sache gebraucht oder ihre Früchte gezogen, sind die Nutzungen auf Kosten des Kondiktionsgläubigers erlangt. Dessen Anspruch auf Ersatz ist jedoch nicht in das unmittelbare Synallagma des Kaufvertrags einzustellen, weil der Verkäufer für den Kaufpreis nicht die Nutzung, sondern nur die mit dem Eigentum verbundene Nutzungsmöglichkeit überträgt. Da der zu leistende Nutzungsersatz einen Ausgleich für die verwirklichten Chancen darstellt, tritt er als Surrogat an die Stelle des ursprünglichen Sachwerts. Verlangt der Verkäufer die Herausgabe dieses Surrogates, bleibt er zur anteiligen bzw. vollständigen Rückgewähr des Kaufpreises verpflichtet.307 17. Ist die übliche Gegenleistung in Gestalt des Verkehrswerts der Sache höher als der unwirksam vereinbarte Kaufpreis, so kann sich der gutgläubige Käufer darauf berufen, dass er für den Erwerb der Nutzungsmöglichkeit nicht mehr als das vereinbarte Entgelt gezahlt hätte.308 18. Nicht zu beziffern ist der Vorteil der konkreten Nutzung bzw. des Verbrauchs einer Sache, an welcher der Erwerber das Eigentum auf Grund eines wirksamen Grundgeschäfts erlangte, verwirklicht sich doch durch die Nutzung nur das dauerhaft erworbene Recht an der Sache.309 19. Die faktische Sachherrschaft (Besitz), entstanden durch Erlangung der tatsächlichen Gewalt, die von einem Besitzbegründungswillen getragen wird, ist ein Vorteil im Sinne der aufgedrängten Bereicherung: Der Besitzer hat die faktische Chance, eine Sache in Gebrauch zu nehmen. Dementsprechend kann der Besitz Gegenstand einer Kondiktion sein. Hat jemand kraft der Leistung eines anderen den Besitz rechtsgrundlos erlangt, erfüllt er seine Verpflichtung zur Herausgabe durch Rückübertragung der Sachherrschaft an den ursprünglichen Besitzer.310 20. Die mit dem Besitz an einer Sache verbundene (abstrakte) Nutzungsmöglichkeit, d.h. der Besitz „als solcher“, stellt einen in Geld bewertbaren Vorteil dar, wenn seine Einräumung zum Gegenstand einer wirksamen rechtsgeschäftlichen Vereinbarung (etwa eines Miet-, Pacht- oder Kaufvertrags) gemacht wurde und der Besitzer nunmehr ein Recht zum Besitz gegenüber seinem Vertragspartner in Anspruch nehmen kann: Der Besitzer hat sich in diesem Falle die rechtlich gesicherte Chance verschafft, eine Sache 306 307 308 309 310

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III. III. III. III. III.

2. 2. 2. 2. 2.

e) aa), Seite 103. e) bb), Seite 104. e) cc), Seite 104. e) cc) a. E., Seite 105. f), Seite 105.

2. Die exakte Bestimmung des ausgleichsfähigen „Vorteils‘‘

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für eigene Zwecke nutzen zu können; ob er von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, spielt für die Bewertung des Vorteils keine Rolle.311 21. Wird die Sachherrschaft unabhängig von einer wirksamen rechtsgeschäftlichen Vereinbarung über die Nutzung ausgeübt, so ist die faktische Chance des Gebrauchs, anders als der Gebrauch selbst, geldlich nicht festzulegen. Es fehlt hier an einem Maßstab der Bewertung, weil der Besitz als solcher eine Vielzahl von Nutzungsmöglichkeiten eröffnet und die bloße Sachherrschaft nicht mit dem Wert eines Anspruchs gleichzusetzen ist, dessen Inhalt in der Überlassung des Besitzes und der Ausschöpfung der damit verbundenen Möglichkeiten besteht.312 22. Ist die Sachherrschaft unrechtmäßig begründet, gestattet erst der konkret gezogene Nutzen die Bezifferung des damit verbundenen Vorteils: Der Wert des tatsächlichen Gebrauchs einer Sache lässt sich mit der miet- oder pachtweisen Nutzung oder – im Falle des Verbrauchs – mit dem Gebrauch des Eigentümers vergleichen. Nunmehr ist die anhand objektiver Kriterien vorzunehmende Feststellung möglich, der Besitzer nutze die Sache „wie ein Mieter“, „wie ein Pächter“ oder „wie ein Eigentümer“. Durch die Nutzung wird hier ein Gut des Rechtsverkehrs, das einem anderen als „Tauschobjekt“ zugewiesen ist, dem eigenen Vermögen ohne Befugnis einverleibt. Der Vorteil ist auf Kosten des „Tauschberechtigten“, d.h. auf Kosten des Eigentümers, erlangt oder, sollte dieser einem anderen ein Recht zum Besitz und die Befugnis zur Überlassung an Dritte eingeräumt haben, auf Kosten des rechtmäßigen Besitzers.313 23. Bei unrechtmäßiger Begründung der Sachherrschaft ist der Wert der verwirklichten Nutzungschancen mit der ersparten Gegenleistung zu beziffern, die an den „Tauschberechtigten“, d.h. denjenigen, der die Nutzungen selbst hätte ziehen dürfen, auf der Grundlage einer wirksamen Vereinbarung hätte erbracht werden müssen.314 24. Verfügt der Besitzer wirksam über die fremde Sache, stellt der erzielte Veräußerungserlös kein Surrogat des Besitzes, sondern des veräußerten Eigentums dar. Der Besitzer schuldet die Auskehr des „aus der Verfügung Erlangten“, und das ist, vorbehaltlich der Haftung aus dem Gesichtspunkt einer angemaßten Eigengeschäftsführung, die Befreiung von der gegenüber dem Erwerber begründeten Verbindlichkeit auf Übereignung der Sache. Diese ist mit dem objektiven Verkehrswert der Sache zu veranschlagen.315 311 312 313 314 315

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III. III. III. III. III.

2. 2. 2. 2. 2.

f) f) f) f) f)

bb), Seite 107. cc), Seite 108 und III. 2. f) cc) (b), Seite 111. cc) (a), Seite 109. cc) (a) (1), Seite 109. cc) (c), Seite 112.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

25. Der Begriff der „Nutzung“ beinhaltet nicht nur den äußeren Akt der (teilweisen oder vollständigen) Einverleibung einer Sache in das eigene Vermögen, er setzt auch den (natürlichen) Handlungswillen des Nutzenden voraus, sich die in der Nutzung liegenden Vorteile zu verschaffen.316 „Nutzungen“ im Sinne des bürgerlichen Gesetzbuchs sind Früchte und die mit dem Besitz verbundenen Gebrauchsvorteile, deren Geldwert durch privatautonome Festlegung oder mit dem üblichen bzw. angemessenen Entgelt beziffert wird, das der Nutzende hätte bezahlen wollen oder müssen.317 Übersteigt das fiktive, d.h. für den Fall eines wirksamen Vertrags vereinbarte, Entgelt für die vorübergehende Gebrauchsüberlassung die Anschaffungskosten einer Sache, ist der Nutzwert auf diese zu begrenzen. Denn wenn das Eigentum die umfassende Nutzungsmöglichkeit gewährt, darf der Ersatz für den entzogenen Gebrauch nicht die Kosten des Eigentumserwerbs übersteigen.318 26. Zwischen der Nutzung einer Sache und ihrem Verbrauch besteht oft nur ein quantitativer und kein qualitativer Unterschied: Der Gebrauch stellt bei Sachen, die dem Verschleiß unterliegen, einen fortschreitenden Verbrauch dar, weil und sofern durch ihn der Verkehrswert sinkt. Entfällt dieser bei Fortbestand einer (reduzierten) Substanz vollständig, ist die Sache „aufgebraucht“.319 27. Der individuelle Vorteil, den der Sachgebrauch verschafft, d.h. ihr Nutzwert, wird bei einem wirksamen Vertrag durch das vereinbarte Entgelt beziffert. Dieses bringt zum Ausdruck, wie hoch die Vertragsschließenden die individuelle (dauerhafte oder vorübergehende) Gebrauchs- bzw. Genussmöglichkeit einschätzen. Die Einschätzung bezieht sich auf die bloße Nutzungsmöglichkeit; sie ist unabhängig von dem Umstand, ob die Nutzung tatsächlich gezogen wird.320 Bei unwirksamer Vereinbarung ist das übliche Entgelt geschuldet. Wurde die dauerhafte oder vorübergehende Nutzung auf der Grundlage einer nichtigen Abrede unentgeltlich eingeräumt, ist sie dessenungeachtet geldlich bestimmbar. Da der Zuwendende solchenfalls an seine Zusage nicht gebunden ist, muss ein Ausgleich auf der Grundlage des üblichen oder angemessenen Nutzwerts gefunden werden. Ein Beschenkter hat freilich keinen Ersatz zu leisten, wenn er sich auf den Wegfall seiner Bereicherung zu berufen vermag.321 316 317 318 319 320 321

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III. III. III. III. III. III.

2. 2. 2. 2. 2. 2.

g) g) g) g) g) g)

aa), Seite 115. bb), Seite 115. bb) (a), Seite 115. bb) (b), Seite 116. bb) (c), Seite 117. bb) (d), Seite 117.

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Ein vorübergehend eingeräumter, jedoch durch nichtigen Vertrag verschaffter Nutzungsvorteil, für den üblicherweise kein Entgelt gefordert wird, der sich auch nicht in der Verminderung des Verkehrswerts der Sache niederschlägt, ist auf der Grundlage der (unverbindlichen) Übereinkunft zu schätzen.322 28. Verschafft sich eine Person eigenmächtig den Gebrauchsvorteil, mithin ohne den Nutzwert durch Vereinbarung festzulegen, tritt das übliche bzw. angemessene Entgelt (der „Marktpreis“) an die Stelle der privatautonomen Bestimmung: Kommt doch der Nutzende in den Genuss eines Gutes, das dem Austausch zugänglich und dessen Tauschwert einem anderen (dem Berechtigten) zugewiesen ist. Der Wert der Nutzung ist mit der üblichen bzw. angemessenen Gegenleistung zu beziffern. Liegt der konkret erzielbare Kaufpreis, Miet- oder Pachtzins über dem üblichen Entgelt, geht dieser Umstand zu Lasten desjenigen, der den Vorteil unberechtigt genießt.323 29. Nutzt jemand eigenmächtig eine Sache in Kenntnis des Umstands, dass sie einem anderen gehört, verschafft er sich einen Vorteil, der nicht auf der Grundlage des üblichen Kaufpreises, sondern des (üblichen) Mietzinses zu veranschlagen ist: Der eigenmächtig Handelnde trägt das Risiko, dass ihm der Eigentümer die Sache nicht auf Dauer, sondern nur zum zeitweiligen Gebrauch überlassen hätte. Wer mithin eine Sache als Fremd- oder als Eigenbesitzer eigenmächtig nutzt und weiß, dass sie einem anderen gehört, erlangt einen geldwerten Vorteil, wenn für die Überlassung dieser oder einer gleichartigen Sache zum vorübergehenden Gebrauch ein Marktpreis, d.h. der übliche Miet- oder Pachtzins, zu ermitteln ist. Diesen hat sowohl der Fremd- als auch der Eigenbesitzer zu erstatten, sofern er nicht auf die Unentgeltlichkeit seines Gebrauchs vertrauen durfte.324 30. Wer eine dem Verschleiß unterliegende oder verbrauchbare Sache in der Annahme nutzt bzw. verbraucht, sie sei sein Eigentum, zieht den mit dem dauerhaften und umfassenden Gebrauch verbundenen Vorteil. Dieser ist im Falle des vollständigen Verbrauchs mit dem üblichen oder angemessenen Kaufpreis zu bewerten. Hat sie der Besitzer nur teilweise verbraucht, ist der Nutzwert nicht nach dem üblichen Mietzins, sondern durch Schätzung der zeitanteiligen Wertminderung im Vergleich zur voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer zu ermitteln.325

322 323 324 325

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III. III. III. III.

2. 2. 2. 2.

g) g) g) g)

bb) bb) bb) bb)

(d) (1), Seite 117. (e), Seite 118. (f) (1), Seite 121. (f) (2), Seite 121.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

31. Ist die Nutzung einer fremden Sache nicht kraft eines – wenn auch nichtigen – Vertrags gestattet worden, hängt die Festlegung des Nutzwerts davon ab, ob der Nutzende sie „wie ein Mieter“, „wie ein Pächter“ benutzt oder „wie ein Eigentümer“ bzw. Käufer ge- oder verbraucht hat. Das jeweilige Nutzungsverhalten bestimmt den in Geld auszudrückenden Vermögensvorteil. Dieser ist der Betrag, den der Nutzende für die miet- oder pachtweise Überlassung oder den käuflichen Erwerb der Sache üblicherweise hätte aufwenden müssen. Lässt sich für eine vorübergehende Gebrauchsüberlassung kein Marktpreis ermitteln, ist hilfsweise die Minderung des Verkehrswerts durch die Nutzung auszugleichen.326 32. Fällt einer Person die Gebrauchsmöglichkeit einer fremden Sache bildlich gesprochen „in den Schoß“, ist der individuelle Nutzwert zu verneinen, wenn der um den Besitz an der Sache „Bereicherte“ die Möglichkeit des Gebrauchs nicht verwirklicht; erst deren Konkretisierung begründet einen in Geld messbaren Vorteil. Unterbleibt der Gebrauch, ist der Besitz ein Nachteil, weil er einer fremden Rechtssphäre zugeordnet ist.327 An einer Entscheidung, den Gebrauchsvorteil zu verwirklichen, fehlt es, wenn eine fremde Sache durch den „Bereicherten“ notgedrungen benutzt werden muss, um die eigenen Rechte im ursprünglichen Umfang ausüben zu können.328 Der Nutzung einer fremden Sache ist der eigenmächtige Gebrauch durch den Eigentümer gleich zu behandeln, den er im Rahmen eines wirksamen Vertrags einem Dritten überlassen hatte. Für diesen Gebrauch schuldet er dem Dritten Ersatz „wie ein (Unter-)Mieter“ oder „wie ein (Unter-)Pächter“.329 33. Der ausgleichsfähige Vorteil von Tätigkeiten, die im Rahmen von Dienst-, Werk- oder Geschäftsbesorgungsverträgen erbracht werden, gründet sich auf ihre tatsächliche Inanspruchnahme oder nachträgliche Billigung durch den Auftraggeber, mithin eine als positiv bewertete Handlung.330 34. Die Parteien eines wirksamen Werkvertrages bewerten den Herstellungsaufwand, d.h. die Herbeiführung des geschuldeten Arbeitsergebnisses, als den durch den Werklohn bezifferten Vorteil, der dem Besteller zufließt. Die vom Unternehmer versprochene Werkleistung ist ein Gut, dessen „Tauschwert“ ihm zugewiesen ist, über dessen Einsatz er eigenverantwortlich verfügt. Die Zuweisung verwirklicht sich in dem Erwerb des An326 327 328 329 330

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III. III. III. III. III.

2. 2. 2. 2. 2.

g) bb) (f) (4), Seite 125. g) bb) (g) (1), Seite 125. g) bb) (g) (2), Seite 126. g) bb) (h), Seite 127. h)., Seite 127.

2. Die exakte Bestimmung des ausgleichsfähigen „Vorteils‘‘

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spruchs auf den Werklohn. Dieser beziffert den Wert des kraft der Abnahme oder der Vollendung des Werks in den fremden Rechtskreis übertragenen Gutes.331 Die Abnahme des Werks durch den Besteller oder – falls die Abnahme nach der Beschaffenheit des Werkes ausgeschlossen ist – dessen Vollendung ist mit der Übergabe und Übereignung der Kaufsache oder mit der Überlassung zum Gebrauch einer verliehenen, vermieteten oder verpachteten Sache vergleichbar.332 Bei unkörperlichen Leistungen wird der Herstellungsaufwand mit der willentlichen Inanspruchnahme „verbraucht“; sie beinhaltet den Anfall eines Vorteils an den Gläubiger. Entsprechendes gilt für die akzeptierte Inanspruchnahme von Dienst- und Arbeitsleistungen.333 35. Ist die Herstellung eines Arbeitsergebnisses unentgeltlich geschuldet, haben die Parteien ein Auftragsverhältnis begründet, sofern der „Herstellende“ nur gegen Erstattung der von ihm erbrachten Opfer tätig wird und die Parteien die Arbeitsleistung selbst als nicht marktfähiges Gut bewerten. Der Wert dieser Geschäftsbesorgung334 ist mit dem vom Auftraggeber geschuldeten Ersatz der Aufwendungen zu beziffern. Die Ansprüche des Auftraggebers gegen den Beauftragten auf die Ausführung des Auftrags und die Herausgabe des „aus der Geschäftsführung Erlangten“ richten sich auf die Verschaffung eines unentgeltlich bewirkten Arbeitsergebnisses. Führt die Leistung zum Anfall eines gegenständlichen Vorteils an den Beauftragten, so ist auch dieser an den Auftraggeber herauszugeben.335 36. Ist ein Werkvertrag oder ein Auftragsverhältnis nichtig, hat der vermeintliche Besteller oder Auftraggeber den Wert der ihm erbrachten Tätigkeit zu ersetzen. Während der rein faktischen Sachherrschaft im Rahmen eines nichtigen Miet-, Pacht- oder Leihvertrags kein Vermögenswert zukommt, ist der auf Grund eines nichtigen Werkvertrags oder Auftrags geleistete (in diesem Sinne faktische) Herstellungsaufwand geldlich zu fixieren: Der Werkunternehmer oder Beauftragte entlässt das (mangelfreie) Werk oder das besorgte Geschäft in die Sphäre des Bestellers. 331

Siehe oben III. 2. h) aa), Seite 128. Siehe oben III. 2. h) aa) (a), Seite 128. 333 Siehe oben III. 2. h) aa) (b), Seite 129. 334 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, insbesondere Fußnoten 190 und 192. 335 Siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129. 332

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Der Herstellungsaufwand ist als das „erlangte Etwas“ durch Zahlung des üblichen bzw. angemessenen Werklohns oder durch den Ersatz der angemessenen Aufwendungen eines Beauftragten zu vergüten.336 37. Ist die Herstellung eines „Erfolges“ schenkweise zugewendet worden, muss für den geldlichen Ausgleich der übliche oder angemessene Wert des Herstellungsaufwands zugrundegelegt werden, falls der Schenker an seine Zusage nicht gebunden ist. Es ist solchenfalls festzustellen, ob der Handelnde – denkt man sich die Schenkungsvereinbarung hinweg – auf der Grundlage eines Werkvertrags oder zumindest als Beauftragter gegen Erstattung seiner Aufwendungen tätig geworden wäre.337 38. Die Tätigkeit eines Unternehmers, der in der irrtümlichen Annahme einer Verpflichtung handelt, ist ein ausgleichsfähiger Vorteil, wenn sie kraft willentlicher Inanspruchnahme in die Vermögenssphäre des Empfängers überführt worden ist und diesen bereichert. Ist der Vorteil durch die faktische Inanspruchnahme einer nichtgegenständlichen Leistung entstanden, kann er zwar durch den Empfänger „verbraucht“ werden, er kann jedoch nicht wieder entfallen. Gleichwohl wird der Empfänger von der Verpflichtung, das erlangte Gut herauszugeben, befreit, sofern er als gutgläubiger und unverklagter Kondiktionsschuldner darauf vertrauen durfte, dass seine Vermögensdispositionen von der Verpflichtung zur Herausgabe unberührt bleiben.338 39. Der nicht in Anspruch genommene Herstellungsaufwand wird erst durch die nachträgliche Billigung des Begünstigten zu einem ausgleichspflichtigen Vorteil. Diese Billigung geschieht durch seine Bekundung, dass er den Arbeitsaufwand nicht als Verletzung seiner Rechte, sondern als eine von seinem Standpunkt aus wünschenswerte Handlung betrachte. Sein Verhalten ist hier der Genehmigung eines unwirksamen Vertrages gleich zu achten. Der Vorteil des Eigentümers lässt sich aus seiner Blickrichtung als nachträglich akzeptierte Werkleistung einordnen. Diese kann gleichwohl kein Vertragsverhältnis begründen, weil bereits erfüllte „Ansprüche“ nicht nachträglich geschaffen werden können. Der Wert des akzeptierten Vorteils ist mit dem fiktiven Werklohn zu beziffern.339 40. Wird eine bereits existente Sache durch Verbindung mit anderen Sachen derart verändert, dass diese zu wesentlichen Bestandteilen werden, gestattet die Nutzung dieses „Erfolgs“ durch den Eigentümer der Hauptsache 336 337 338 339

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III. III. III. III.

2. 2. 2. 2.

h) h) h) h)

cc), Seite 131. cc) a. E., Seite 132. dd) (a), Seite 133. dd) (b), Seite 135.

2. Die exakte Bestimmung des ausgleichsfähigen „Vorteils‘‘

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nicht den Schluss auf einen ausgleichspflichtigen Vorteil: Der Eigentümer ist berechtigt, seine Befugnisse in dem Umfang auszuüben, in dem sie vor der Verbindung der Sachen bestanden. Hat die Verbindung indessen zu einer Erhöhung des Verkehrswerts der Hauptsache geführt, ist dieser (abstrakte) Zuwachs im Ausgangspunkt auszugleichen. Der Eigentümer kann freilich die Beseitigung des ihm nur zugefallenen Vorteils verlangen und auf diese Weise den Ersatz der Wertsteigerung abwehren.340 41. Führt der Eigentümer seine Sache einer durch den Zuwachs bedingten Nutzung zu, gestattet dieses Verhalten, dass er die Veränderung seines Eigentums nicht (mehr) als Beeinträchtigung bewertet. Gleichwohl ist der Gebrauch der erweiterten Nutzungsmöglichkeit nicht als Billigung auch des fremden Herstellungsaufwands zu deuten: Der Gebrauch ist nicht in der Weise auszulegen, dass der Eigentümer einen Dritten oder den „verlierenden“ Teil mit der Schaffung des betreffenden Vorteils rechtsgeschäftlich betraut hätte.341 42. Dass die Nutzung einer durch Verbindung veränderten Sache nicht die Akzeptanz des Herstellungsaufwands bedeutet, ergibt sich auch aus dem gesetzlichen Eigentumserwerb kraft einer Verbindung: Hier umfasst der bereicherungsrechtliche Ausgleich lediglich die Steigerung des Verkehrswerts der Hauptsache (den „Erfolg“ der Verbindung), nicht aber die Anschaffungskosten für das eingesetzte Material, also auch nicht für die Sache, die ihre rechtliche Selbständigkeit einbüßt. Dem Eigentümer ist die Möglichkeit ausgleichslos zugewiesen, ursprünglich fremde Sachen zu nutzen, die zu wesentlichen Bestandteilen der eigenen Sache geworden sind. Die Veränderung einer Sache durch Verbindung mit einer ihr untergeordneten Sache hat nur dann einen Anspruch des verlierenden Teils gegenüber dem Eigentümer in Höhe der getätigten Investitionen zur Folge, wenn der Eigentümer ausdrücklich oder schlüssig erklärt, dass er den Zuwachs – wäre er nicht kraft Gesetzes eingetreten – durch den anderen Teil kraft eines Werkvertrags oder eines Auftrags hätte herbeiführen lassen. Nur in dieser Gestaltung sind ihm Aufwendungen auf Kosten des verlierenden Teils erspart geblieben.342 43. Akzeptiert der Eigentümer der Hauptsache den Aufwand für die Verbindung der Sachen und ist zugleich der Verkehrswert der Hauptsache erhöht worden, hat er den Gegenwert der Verbindung und die Wertsteigerung der Hauptsache auszugleichen. Beide Ansprüche des verlierenden Teils belaufen sich maximal auf den Umfang des für die Verbindung zu veran-

340 341 342

Siehe oben III. 2. h) dd) (c) (1), Seite 136. Siehe oben III. 2. h) dd) (c) (2), Seite 137. Siehe oben III. 2. h) dd) (c) (3), Seite 138.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

schlagenden Werklohns, weil der Eigentümer nur in dieser Höhe auf Kosten des verlierenden Teils ungerechtfertigt bereichert ist.343 44. Die Billigung des Herstellungsaufwandes durch einen Besitzer gestaltet sich nicht anders als seitens des Eigentümers einer durch Verbindung veränderten Sache: Hat er mit demjenigen, der die Sache veränderte, weder eine (wenn auch unwirksame) Vereinbarung über die Investition getroffen noch die Durchführung der Arbeit faktisch akzeptiert, braucht er den fiktiven Werklohn bzw. den Ersatz der Aufwendungen nur zu entrichten, wenn er – der Genehmigung eines Vertrages vergleichbar – erklärt, dass er den Erfolg der Arbeit zum Gegenstand einer rechtsgeschäftlichen Abrede gemacht hätte.344 45. Der fremde Herstellungsaufwand ist auch dann auszugleichen, wenn jemand nicht um einer Gegenleistung oder der Ausführung eines Auftrags willen, sondern unabhängig von diesen Beweggründen zur Erhaltung, Verbesserung oder ordnungsmäßigen Bewirtschaftung einer Sache tätig geworden ist, mithin Verwendungen auf sie vornahm. Bewertet der Eigentümer in diesem Fall nicht nur das geschaffene Ergebnis, sondern auch die ihm zugute gekommene Tätigkeit positiv, indem er sich dahin einlässt, er hätte mit dem anderen Teil ein Auftragsverhältnis begründet, hat er den Vorteil einer Geschäftsbesorgung erlangt, deren Wert mit den von ihm ersparten Aufwendungen zu bemessen ist.345 46. Die bloße Billigung des geschaffenen Erfolges, nicht aber einer fremden Tätigkeit legen die Vorschriften über den Ausgleich eines Rechtsverlustes infolge der Verbindung, Vermischung und Verarbeitung von Sachen und eines Erfolges durch eine angemaßte Eigengeschäftsführung zugrunde. Der bereicherungsrechtliche Ausgleich richtet sich in diesen Fällen nicht auf den Ersatz von Aufwendungen wegen einer Geschäftsbesorgung oder die Zahlung des üblichen Werklohns, sondern bezieht sich nur auf die Herausgabe einer Wertsteigerung der bearbeiteten Sache. Von einer Billigung des Betroffenen macht das Gesetz den Ausgleich nur bei einer angemaßten Eigengeschäftsführung abhängig. In allen anderen Gestaltungen setzt es die Billigung nicht voraus; der Betroffene kann den Ausgleich freilich mit der Begründung verweigern, er brauche keine Zahlung für einen (objektiv messbaren) Vorteil zu leisten, dessen Beseitigung er kraft seines Eigentums verlangen dürfe.346

343 344 345 346

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III. III. III. III.

2. 2. 2. 2.

h) h) h) h)

dd) dd) dd) dd)

(c) (4), Seite 139. (c) (5), Seite 139. (d), Seite 141. (d) (1), Seite 142.

2. Die exakte Bestimmung des ausgleichsfähigen „Vorteils‘‘

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47. Akzeptiert der Eigentümer dadurch den veränderten Zustand seiner Sache, dass er erklärt, er hätte im eigenen Interesse (und nicht zur Entlastung des Handelnden) von der Geltendmachung eines an sich gegebenen Beseitigungsanspruchs abgesehen, er billige aber nicht die fremde Arbeitsleistung, ist ihm nur die Veränderung seines Eigentumsobjekts, nicht aber der erbrachte Herstellungsaufwand als Vermögenswert angefallen. Ihm ist demzufolge auch nicht die Begründung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Handelnden abgenommen worden.347 48. Bezieht sich die Billigung eines Eigentümers/Geschäftsherrn auf die Handlung eines angemaßten Eigengeschäftsführers, hat er einen Vermögenswert erlangt, wenn er dessen Tätigkeit zum Gegenstand einer rechtsgeschäftlichen Abrede hätte machen wollen und müssen, durch die er zur Zahlung eines Werklohns oder zum Ersatz von Aufwendungen verpflichtet gewesen wäre.348 49. Ein Vermögensvorteil kann schließlich in der Befreiung von einer Verbindlichkeit bestehen: Dem Schuldner bleibt das Opfer der Erfüllung erspart. In seinem Vermögen entfällt mit dem Erlöschen der Verbindlichkeit der Nachteil, der auf der Seite des Gläubigers den Vorteil des Bestehens eines Anspruchs begründet hatte. Der Vorteil der Befreiung des Schuldners kann dadurch eintreten, dass ein Dritter die fremde Schuld tilgt (§ 267 BGB), dass der Gläubiger den geschuldeten Erfolg selbst herbeiführt und damit verbunden eine Zweckerreichung eintritt, dass ein Dritter den Gläubiger als Mitschuldner durch Zahlung befriedigt (§ 422 BGB) oder eine Sache bzw. eine vertretbare Handlung an den Gläubiger gelangen lässt und auf diese Weise, wiederum aus dem Gesichtspunkt der Zweckerreichung, den Schuldner von einer Beschaffungsschuld befreit.349 Die Befreiung ist dem Wert der (erloschenen) Forderung gleichzusetzen, sofern diese nicht-synallagmatischer Natur war. Sollte sie aus der Sicht des Schuldners als Vorleistung im Rahmen eines gegenseitigen Vertrages zu bewerten sein (§ 267 BGB), entsteht neben der Befreiung von der eigenen Verbindlichkeit ein weiterer bezifferbarer Vorteil auf der Seite des befreiten Schuldners: Er ist nunmehr Inhaber einer uneingeschränkt durchsetzbaren Gegenforderung.350 50. Die Leistungshandlung des Dritten und deren Erfolg, das Befreitsein des Schuldners, begründen zwei voneinander zu scheidende Vorteile: Die 347 348 349 350

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III. III. III. III.

2. 2. 2. 2.

h) dd) (d) (1), Seite 142. h) dd) (d) (2), Seite 142. i) cc), Seite 144. i) aa), Seite 143.

172

III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Handlung ist im Falle ihrer Billigung durch den Schuldner mit den Aufwendungen zu beziffern, die der Schuldner hätte tätigen müssen, hätte er sich eines Beauftragten bedient; der Wert des Erfolges entspricht dem Wert der erloschenen Forderung des Gläubigers.351 51. Stehen dem befreiten Schuldner Verteidigungsmöglichkeiten gegen die abgelöste Forderung in Form einer vorübergehenden oder dauernden Leistungsverweigerung zur Verfügung, bleiben ihm diese bei dem Ausgleich gegenüber dem Dritten erhalten.352 52. Befriedigt ein Dritter den Gläubiger, ohne von dem Schuldner dazu beauftragt zu sein, kann er den Ersatz seiner Aufwendungen in erster Linie nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen. Vorausgesetzt ist, dass er mit Fremdgeschäftsführungswillen und im Einklang mit dem Interesse und dem Willen des Schuldners tätig geworden ist. Die in zweiter Linie in Betracht kommende Ersatzpflicht des Schuldners aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung bestimmt sich danach, ob die Geschäftsbesorgung des Dritten auf der Seite des Schuldners einen geldwerten Vorteil begründete. Der Ausgleich bezieht sich hier auf die vom Dritten eingesetzten, vom Schuldner ersparten Mittel, nicht auf die Befreiung von der Verbindlichkeit.353 53. Bei der sog. Selbsterfüllung durch den Gläubiger hat der Schuldner die Aufwendungen des Gläubigers grundsätzlich nur zu ersetzen, falls dieser nicht für sich selbst, sondern für den Schuldner tätig geworden ist und sein Handeln dem Interesse und Willen des Schuldners entsprach. Die kondiktionsrechtliche Haftung des Schuldners ist nur zu bejahen, wenn die Geschäftsbesorgung des Dritten kraft gesetzlicher Anordnung oder erklärter Billigung des Schuldners auf dessen Seite einen geldwerten Vorteil ohne rechtlichen Grund hat anfallen lassen. Das Merkmal der Rechtsgrundlosigkeit ist jedoch in aller Regel zu verneinen, weil es keinen bereicherungsrechtlichen Ausgleich geben darf, wenn ein Ersatz nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag zu verneinen ist: Dem Schuldner bzw. einem für ihn eintretenden Dritten (§ 267 BGB), nicht aber dem Gläubiger steht in aller Regel das Recht zu, die Erfüllung zu bewirken.354 54. Hat jemand den Gläubiger als Mitschuldner befriedigt, wird er in einer eigenen Angelegenheit tätig, dementsprechend bestimmt sich der Ausgleich nicht nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag, son351 352 353 354

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III. III. III. III.

2. 2. 2. 2.

i) i) i) i)

aa), Seite 143. bb), Seite 144. cc) (a), Seite 145. cc) (b), Seite 146.

2. Die exakte Bestimmung des ausgleichsfähigen „Vorteils‘‘

173

dern nach den Bestimmungen über den Rückgriff zwischen Gesamtschuldnern.355 55. Der Schuldner wird aus dem Gesichtspunkt der Zweckerreichung von seiner Verbindlichkeit befreit, wenn ein Dritter irrtümlich und ohne dazu verpflichtet zu sein dem Gläubiger die geschuldete Sache verschafft oder diesem gegenüber die geschuldete Handlung vornimmt. Der finanzielle Ausgleich in Höhe des Wertes der Sache oder der Handlung ist im Verhältnis zwischen dem irrtümlich Leistenden und dem Gläubiger vorzunehmen.356 56. Ein Vorteil wird aufgedrängt, wenn sich ein Zuwachs an Rechten gegen den Willen des Erwerbers vollzieht oder demjenigen, auf den die Handlung eines Dritten bezogen ist, die Entscheidung über ihren Wert genommen ist. Der geldliche Ausgleich eines Rechtserwerbs ist freilich aus der Sicht des unfreiwillig Bereicherten zu vermeiden, wenn er die Beseitigung eines von fremder Hand geschaffenen Zustandes aus dem Gesichtspunkt der Störung seiner Dispositionsfreiheit (§ 903 BGB) zu verlangen vermag. In diesem Fall ist die Aufdrängung eine nur vorläufige, sie dauert bis zur Verwirklichung des Anspruchs oder den Verzicht auf diesen.357 57. Ein subjektiver Wertbegriff, kraft dessen der Ausgleich von der persönlichen Einschätzung und der wirtschaftlichen Planung des Empfängers abhängig ist, würde der Regelung über den Ersatz von Verwendungen des Besitzers ebensowenig gerecht wie dem Anspruch des Geschäftsführers, der ein fremdes Geschäft gegen das Interesse oder den Willen des Geschäftsherrn übernommen hat, auf Ausgleich dessen, was der Geschäftsherr aus seiner Geschäftsführung erlangte. Er liefe dem Gesetzeszweck zuwider: der Anerkennung eines von der Billigung des Bereicherten unabhängigen Ausgleichsanspruchs desjenigen, der ein dem Vorteil korrespondierendes Vermögensopfer erbracht hat. Dem Selbstbestimmungsrecht des Empfängers ist hier nicht durch eine Subjektivierung des Wertbegriffs, sondern durch die Einschränkung der Voraussetzungen des Ausgleichs Rechnung zu tragen.358 58. Die unwiderlegbar vermutete Billigung einer Handlung, ausgedrückt durch die Pflicht des Bereicherten zum Ersatz ersparter Aufwendungen, liegt ausschließlich im Interesse des Handelnden. Aus diesem Grunde vermag der Empfänger den ihm aufgedrängten Vorteil nicht mit dem Argument abzuwehren, er habe dessen Entstehung nicht veranlasst und verlange 355 356 357 358

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2. 2. 2. 2.

i) cc) (c), Seite 148. i) cc) (d) (2), Seite 150. j), Seite 151. j) a. E.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

die Beseitigung der aus seiner Sicht negativen Folgen. Die Berufung auf einen von ihm empfundenen Nachteil widerspräche dem Gesetzeszweck, den Handelnden wegen seiner Aufwendungen oder der Bereicherung des Empfängers zu entschädigen.359 59. Da die Erfüllung einer Verbindlichkeit durch einen außerhalb des Schuldbandes stehenden Dritten im Interesse des Gläubigers zugelassen ist, steht die Beseitigung der Erfüllungswirkung nicht zur Disposition des befreiten und auf diese Weise unfreiwillig bereicherten Schuldners. Er kann jedoch den geldlichen Ausgleich gegenüber dem Dritten verweigern, wenn dieser den der Intervention entgegenstehenden Willen des Schuldners hätte erkennen können.360 60. Wird ein Zustand durch gesetzliche Anordnung als für den Bereicherten vorteilhaft bewertet, weil er diesen durch einseitiges Handeln nicht herbeiführen könnte, vermag er dessen Beseitigung zu verlangen, wenn er die gesetzliche Begünstigung nicht für sich in Anspruch nehmen will: Da die Gewährung des Vorteils die Verbesserung seiner rechtlichen Position bezweckt, steht sie auch zu seiner Verfügung.361 61. Scheidet nach der Verbindung eines wesentlichen Bestandteils mit einer Hauptsache die Trennung aus tatsächlichen Gründen aus, wird die Dispositionsfreiheit des Eigentümers dauerhaft verkürzt; gleichzeitig steht fest, dass die mit der Beeinträchtigung seines Eigentums einhergehende Wertsteigerung der Hauptsache als ein objektiv messbarer Vorteil in seinem Vermögen verbleibt. Die Sachveränderung hat mithin zwei Seiten: Sie ist zugleich Rechtsvermehrung und -verkürzung. Ein Ausgleich zugunsten des verlierenden Teils ist nur zu gewähren, wenn der Eigentümer der Hauptsache die Verbindung nicht als nachteilig bewertet. Qualifiziert er sie dagegen als einen unerbetenen Eingriff in seine Befugnisse, bringt er dies mit dem Verlangen zum Ausdruck, den Zuwachs wieder zu beseitigen. Lässt sich die Verbindung nicht mehr rückgängig machen, darf sich dieses Hindernis nicht zu Lasten des benachteiligten Eigentümers auswirken: Er vermag seine Ausgleichspflicht mit der Begründung zu verweigern, dass er, bestünde ein Beseitigungsanspruch, diesen auch geltend machte.362

359 360 361 362

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III. III. III. III.

2. 2. 2. 2.

j) j) j) j)

aa) (a), Seite 153. aa) (b), Seite 155. bb), Seite 155. bb) (a) und III. 2. j) bb) (b), Seite 157.

3. Die durch Geschäftsunfähige zu erlangenden „Vorteile‘‘

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3. Die durch Geschäftsunfähige oder beschränkt Geschäftsfähige kraft willentlicher Inanspruchnahme fremder Güter zu erlangenden „Vorteile“ a) Ist eine Person unfähig, sich rechtsgeschäftlich zu binden (§ 105 BGB), so kann sie keinen Vorteil erlangen, um dessentwillen sie sich zu einer Leistung hätte verpflichten können oder gar müssen. Sie erlangt mithin nichts, wofür sie Aufwendungen im Umfang der vereinbarten oder üblichen Gegenleistung erspart hat (§ 818 Abs. 2, 1. Fall BGB)363, und ist aus diesem Grunde davor geschützt, einen Zuwachs geldlich ausgleichen zu müssen, den sie nicht zum Gegenstand einer wirksamen Parteivereinbarung hat machen können.364 Der Geschäftsunfähige kann allerdings den Besitz an einer fremden Sache begründen: Hierbei handelt es sich um ein Herrschaftsverhältnis, das kraft der Bildung eines „natürlichen“ Willens entsteht365 und dessen Wert nicht mit einem Geldbetrag zu beziffern ist.366 Des weiteren kann ihm die Verbesserung einer eigenen Sache bzw. ihre Verbindung mit fremdem Eigentum in der Weise zugute kommen, dass die fremden Gegenstände wesentliche Bestandteile seiner Sache werden: Die Folge kann die Steigerung des Verkehrswertes, d.h. des fiktiven Preises sein, den der Geschäftsunfähige – gesetzlich vertreten – im Geschäftsverkehr erzielen könnte.367

Hat jemand beispielsweise in Erfüllung seiner vermeintlichen Vertragspflicht dem Geschäftsunfähigen eine „Werkleistung“ in Form der Reparatur einer Sache zugewendet, die sich im Eigentum des vermeintlichen Bestellers befindet, so ist ein Anspruch des Unternehmers auf Ausgleich der Wertsteigerung (nicht des ersparten Werklohns!) aus dem Gesichtspunkt der Nichtleistungskondiktion (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) zu erwägen: An einen Geschäftsunfähigen kann – sieht man von der Übertragung der Sachherrschaft ab – keine „Leistung“ im technischen Sinne erbracht werden, § 131 Abs. 1 BGB in entsprechender Anwendung.368 363 Das Kondiktionsrecht knüpft an eine Bereicherung des Schuldners, nicht an eine Entreicherung des Gläubigers. Die Haftung des Geschäftsunfähigen ist mithin unabhängig von der Frage zu bestimmen, ob der andere Teil einen Vermögensnachteil erlitten hat. 364 Dass die Nutzung einer Sache oder die faktische Inanspruchnahme fremden Herstellungsaufwandes durch die vereinbarte oder – bei nichtiger bzw. fehlender Vereinbarung – die ersparte (übliche) Gegenleistung bzw. die ersparten Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB bestimmt ist, habe ich oben III. 2. g), Seite 115 ff., insbesondere III. 2. g) (c) und (d), Seite 117, sowie III. 2. h), Seite 127 ff., insbesondere III. 2. h) cc), Seite 131, dargestellt. 365 Zutreffend Larenz/Canaris, a. a. O., § 67 II 1e, Seite 134 m. w. N. 366 Siehe dazu oben III. 2. f), Seite 105 und III. 2. f) cc), Seite 108. 367 Zum Begriff des „Verkehrswertes“ siehe oben III. 2. c), Seite 91.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Nähme man an, dass derjenige, der den Vermögenszuwachs als Vertragspartner des Geschäftsunfähigen herbeigeführt hat, zumindest auch mit Fremdgeschäftsführungswillen handelte, so ist sein Anspruch auf Ersatz der von ihm getätigten (mit dem fiktiven Werklohn nicht identischen!) Aufwendungen aus § 683 Satz 1 BGB davon abhängig, ob seine Tätigkeit dem Interesse und Willen des gesetzlichen Vertreters entsprach. Vermochte er zu erkennen, dass es auf dessen Willen ankam, so könnte auch der Anspruch auf den Ausgleich einer Wertsteigerung (§ 684 Satz 1 BGB) wegen einer vorwerfbaren Verletzung der Informationspflicht aus § 681 Satz 1 BGB ausgeschlossen sein.369 Die Anwendung des Geschäftsführungsrechts ist bei dieser Sachlage indessen abzulehnen, weil der vermeintliche Vertragspartner nicht aus altruistischer Gesinnung „für einen anderen“, sondern im eigenen Interesse gehandelt hat, um eine vermeintliche Verbindlichkeit zum Erlöschen zu bringen und den Anspruch auf die Gegenleistung unabhängig von einem Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen. Die Anwendung des Geschäftsführungsrechts beruht in diesen Fällen auf einer Verkennung des sozialen Sachverhalts. Ein Ausgleich zu Lasten des Geschäftsunfähigen aus dem Gesichtspunkt der angemaßten Eigengeschäftsführung (§§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB) scheidet von vornherein aus: Selbst wenn sich die Tätigkeit des vermeintlichen Vertragspartners (etwa die Reparatur eines Fahrzeugs) als Führung eines fremden Geschäfts darstellen sollte, führt er es in der Annahme einer Berechtigung kraft der getroffenen (freilich nichtigen) Abrede.370

Hatten die Parteien eine (rechtsgeschäftliche) Zweckvereinbarung im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Fall BGB getroffen, so ist sie auf der Seite des Geschäftsunfähigen nichtig371 und kann nicht Grundlage eines bereicherungsrechtlichen Ausgleichs sein.372 368

Im Falle der Geschäftsunfähigkeit eines Vertragspartners scheidet die Leistungskondiktion – sieht man von der Übertragung des Besitzes, mithin der tatsächlichen Sachherrschaft, ab (siehe Fußnote 365) – als Institut der Rückabwicklung aus: Weder vermag der Geschäftsunfähige wirksam einen Leistungszweck zu setzen noch kommt er als Empfänger einer derartigen Erklärung in Betracht. Vereinbart ein Geschäftsunfähiger mit einem Dritten beispielsweise, dass dieser seine Schulden tilge, so bestimmt sich die Antwort, inwieweit der Schuldner vor unberechtigter Einmischung seitens des Dritten zu schützen sei, nach dem Willen seines gesetzlichen Vertreters (Betreuers). 369 Zum Ausschluss des Anspruchs aus § 684 Satz 1 BGB im Falle der Verletzung der Pflicht aus § 681 Satz 1 BGB durch den Geschäftsführer siehe eingehend unten V. 2. b) ff) und gg), Seite 420 ff. 370 Erklärt der Vertragspartner des Geschäftsunfähigen, er habe mit der Schaffung des Vorteils entgegen seiner Bekundung das fremde Geschäft als eigenes geführt (etwa das fremde Kraftfahrzeug repariert, um es selbst zu nutzen), so ist dieser „geheime Vorbehalt“ unbeachtlich, § 116 BGB in entsprechender Anwendung. 371 Die Zweckvereinbarung im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Fall BGB ist zweiseitiger Natur und stellt folglich einen Vertrag dar: Larenz/Canaris, a. a. O., § 68 I 3a, Seite 151. 372 War die Zweckvereinbarung im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Fall BGB zwischen Geschäftsfähigen wirksam, vermag der „Bereicherte“ – sollte der betref-

3. Die durch Geschäftsunfähige zu erlangenden „Vorteile‘‘

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b) Der beschränkt Geschäftsfähige erlangt – sofern sein gesetzlicher Vertreter die Genehmigung der von ihm abgegebenen Willenserklärung versagt (§ 108 Abs. 1 BGB) – auf der Grundlage eines nichtigen Vertrags gleichfalls keinen Vorteil, um dessentwillen er sich zu einer Leistung hätte verpflichten können. Dementsprechend hat er nichts herauszugeben, dessen Wert mit der Ersparnis der Gegenleistung zu beziffern wäre (§ 818 Abs. 2, 1. Fall BGB).373 Fließt ihm ein nicht in Natur herauszugebender Vorteil, beispielsweise eine von ihm kraft seines natürlichen Willens erwünschte Beförderung374 oder die Bebauung seines Grundstücks, zu, so ist dieser, da er keine Gegenleistung erspart hat, geldlich nicht zu bemessen.375 Einem fende Zweck nicht erreicht worden sein – den Ausgleich nicht mit der Begründung abzuwehren, ihm sei der Vermögenszuwachs „aufgedrängt“ worden: Seine Verpflichtung entfällt nur unter den engen Voraussetzungen des § 815 BGB: Der Leistende kannte die Unmöglichkeit, den bezweckten Erfolg herbeizuführen. 373 Insoweit zutreffend Mezger, NJW 1967, Seite 1740: „Der Satz, daß derjenige, der weiß, daß eine Leistung ,Geld kostet‘, die Leistung auch bezahlen muß, wenn er sie in Anspruch nimmt, hat . . . seine Berechtigung bei Erwachsenen. Er paßt für den Minderjährigen nicht, weil dieser nach dem Gesetz grundsätzlich gerade nicht für Leistungen einstehen soll, die er sich ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters hat gewähren lassen.“ Ebenso Staudacher, NJW 1961, Seite 1907, 1908; ungenau dagegen Batsch, NJW 1969, Seite 1743, 1746, der den Wert der unberechtigten Nutzung eines fremden Fahrzeugs durch einen Minderjährigen nicht exakt zu bestimmen vermag, weil er ihn mit dem Besitz an dem Fahrzeug gleichsetzt. 374 Vgl. BGHZ 55, Seite 128 (sog. Flugreise-Entscheidung). Der Bundesgerichtshof hätte bei exakter Betrachtung eine Bereicherung des Jugendlichen verneinen müssen, weil dieser nichts erlangt hatte, was geldlich zu bemessen war. Im Ergebnis zutreffend Wilhelm, Rechtsverletzung und Vermögensentscheidung, Seite 181 und 189, nach dessen Ansicht die hier in Rede stehende Flugreise „keine bleibende Vermögensmehrung in Gestalt einer Ausgabenersparnis“ zurückgelassen hatte; die vom Bundesgerichtshof angenommene kondiktionsrechtliche Verantwortlichkeit begründe eine „Bereicherungshaftung ohne Bereicherung“, wobei die „Wertersatzhaftung auf eine Ebene mit der vertraglichen Entgeltshaftung“ gestellt werde. Das Gericht hätte den Anspruch der Fluggesellschaft gegen den Jugendlichen auf Zahlung des üblichen Beförderungsentgelts für den Hinflug ausschließlich aus dem Gesichtspunkt des Deliktsrechts (§ 823 Abs. 2 BGB i.V. m. §§ 263, 265a StGB, 828 Abs. 2 BGB) bejahen dürfen: Die Gesellschaft beförderte den Jugendlichen in dem Irrtum, einen (durch Zahlung bereits erfüllten) Anspruch auf die Gegenleistung erworben zu haben. Sie opferte mithin faktisch einen Vermögenswert, ohne von dem vermeintlich vorleistungspflichtigen Passagier das Äquivalent erhalten zu haben. Der faktische Verzicht auf die Vorleistung begründete ihren Vermögensschaden, den der Jugendliche, auf dessen Seite ein „stoffgleicher“ (wenn auch im strengen Sinne nicht mit der konkreten Gegenleistung zu bemessender) Vorteil eintrat, durch Zahlung des üblichen Beförderungsentgelts auszugleichen hatte (§ 251 Abs. 1 BGB). Die ausschließlich deliktische Haftung des Minderjährigen bejaht auch Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 549 Rdnr. 278. A. A. Larenz/Canaris, a. a. O., § 71 II 2c, Seite 260 und § 73 II 2a, Seite 312 f., der das Entstehen eines Schadens in Abrede stellt; im Ergebnis ebenso Wilhelm, Rechtsverletzung und Vermögensentscheidung, Seite 181 Fußnote 387.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

bereicherungsrechtlichen Anspruch ist er hier nur ausgesetzt, sofern der Einsatz des anderen Teils eine Erhöhung des Verkehrswertes seiner Sache bewirkt hat: Dieser Wertzuwachs stellt eben nicht das (vertragliche oder quasi-vertragliche) Äquivalent des von dem anderen Teil betriebenen Aufwandes dar. Besteht der Vorteil in der Verbesserung einer Sache, die im Eigentum des „Bereicherten“ steht, so scheidet dessen Anspruch auf Beseitigung des „Vorteils“ aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB in den hier behandelten Fällen aus, sofern die Einwilligung in die Beeinträchtigung seines Eigentums wirksam ist. Dies ist zu bejahen, wenn der beschränkt geschäftsfähige Berechtigte nach seiner geistigen und charakterlichen Reife die Bedeutung und Tragweite seiner Gestattung ermessen konnte.376

Erlangt er kraft eines Rechtsgeschäfts das Eigentum an einer Sache (§ 107 BGB), so ist dieser Vorteil folglich nicht mit der Ersparnis des Kaufpreises zu beziffern, sondern mit dem jeweiligen Verkehrswert der Sache, d.h. dem fiktiven Preis, der für sie im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielt werden könnte.377 c) Erhöht sich der Verkehrswert einer Sache, deren Eigentümer beschränkt geschäftsfähig oder gar geschäftsunfähig ist, kraft einer nicht notwendigen Verwendung des gutgläubigen, unverklagten Besitzers, so schuldet der Rechtsinhaber zwar nicht die Übernahme der Herstellungskosten, wohl aber den Ausgleich der objektiv messbaren Werterhöhung (§ 996 BGB): Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass er die damit verbundenen Chancen, tatsächlich oder – gesetzlich vertreten – rechtsgeschäftlich, beispielsweise kraft der Veräußerung der Sache, verwirklicht.

375

Zur Bemessung des Wertes eines nicht gegenständlichen Vorteils siehe oben III. 2. a) bb), Seite 87. 376 RGZ 131, Seite 335, 336. Kraft der Einwilligung ist eine rechtswidrige Beeinträchtigung fremden Eigentums zu verneinen. 377 Folglich könnte ein Minderjähriger, dem ein Flugticket geschenkt worden ist, die Inhaberschaft an dem verbrieften Recht mitsamt dem Eigentum an dem Papier erwerben. Nimmt er den Flug wahr und stellt sich danach die Unwirksamkeit der Schenkung heraus, so schuldet er – entgegen einer Aussage des Bundesgerichtshofs (BGHZ 55, Seite 128, 132) – keinen Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB: Das bloße Eigentum an dem Papier ist – sofern überhaupt noch vorhanden – wertlos, und die Flugreise ist nicht mit dem Wert einer Gegenleistung zu beziffern, die von dem Minderjährigen nicht hätte erbracht werden können.

4. Das Interesse des Bereicherten am Erwerb des Vorteils

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4. Das Interesse des Bereicherten am Erwerb des Vorteils – Ausschluss des Aufdrängungsschutzes in „Leistungsbeziehungen“? a) Die Versagung eines Ausgleichsanspruchs aus dem Gesichtspunkt des Aufdrängungsschutzes scheidet aus, wenn der Bereicherte – sei es verbindlich, sei es unverbindlich – sein Interesse am Erwerb des Vorteils geäußert hat.378 Damit stellen solche Vorteile keine „aufgedrängte“ Bereicherung dar, die ihm in Erfüllung einer entsprechenden – wirklichen oder vermeintlichen – Verpflichtung zukommen. b) Die exakte Bestimmung des Vorteils hängt in diesem Fall allerdings von der Wirksamkeit der getroffenen Abrede ab. Wird beispielsweise ein Vertrag wegen Irrtums über den Leistungsgegenstand angefochten und damit hinfällig (§§ 119, 142 Abs. 1 BGB), so wird man nicht behaupten können, der „Bereicherte“ habe etwas erlangt, was mit dem Wert der Gegenleistung zu beziffern sei; andernfalls behandelte man den im Hinblick auf den Leistungsgegenstand nicht wirksam zustande gekommenen Vertrag wie ein gültiges Rechtsgeschäft.379 Als Beispiel sei die Lackierung des Kraftfahrzeugs „X“ auf der Grundlage eines Werkvertrags angeführt, der wegen eines Irrtums des Bestellers über die Identität des Wagens angefochten wird (§§ 119, 142 Abs. 1 BGB): Der Besteller hatte die Reparatur des Fahrzeugs „X“ verlangt, aber den Wagen „Y“ gemeint. Er hat hier nicht den objektiven Wert der Lackierung des Fahrzeugs „X“, bemessen nach der üblichen Vergütung (§ 632 Abs. 2 BGB), zu ersetzen, weil die Anerkennung einer entsprechenden Pflicht die Grenze zwischen Vertrag und Kondiktionsrecht verwischte. Der auszugleichende Vorteil besteht nur in einer am Fahrzeug „X“ eingetretenen Wertsteigerung (§ 951 Abs. 1 Satz 1 BGB).380 Die vom Unternehmer erbrachte Arbeitsleistung bleibt – sofern sie nicht in die Wertsteigerung des Wa378 Vgl. RG JW 1931, Seite 1552, 1553. Manfred Wolf, JZ 1966, Seite 467, 471, fest, dass die Fälle der aufgedrängten Bereicherung „bei der Leistungskondiktion nicht allzu häufig“ seien. Die von ihm angeführte Ausnahme – der von A bestellte Handwerker verrichtet seine Arbeit versehentlich im Neubau des B – rechtfertigt m. E. jedoch keine Leistungskondiktion, weil der Handwerker im Verhältnis zu B und aus dessen Sicht, dem sog. Empfängerhorizont, nicht den Zweck verfolgt, eine diesem gegenüber bestehende Verbindlichkeit im Sinne des § 362 BGB zu tilgen. Der bereicherungsrechtliche Ausgleich des Handwerkers gegenüber B ist mithin aus dem Gesichtspunkt der Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB) zu vollziehen; sein Anspruch gegen A auf Zahlung des Werklohns ist dagegen nicht fällig, weil er die zugesagte Leistung noch nicht erbracht hat (§ 641 Abs. 1 BGB). 379 Das verkennt Lieb im Münchener Kommentar (3. Auflage, § 812 Rdnr. 299 bis 301), wenn er in einer zu allgemeinen Formulierung behauptet, dass auf der Grundlage von nichtigen Werk- oder Dienstverträgen die Werk- oder Dienstleistung selbst erlangt und dementsprechend ihr Wert zu vergüten sei.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

gens einfließt – bereicherungsrechtlich381 ohne Ausgleich, weil ihr Wert ausschließlich durch die (nichtige) vertragliche Vereinbarung fixiert worden ist.382

Anders verhält es sich, wenn sich der Irrtum nicht auf die Vornahme der Leistungshandlung und gegebenenfalls auf die Herbeiführung des Leistungserfolges383, sondern ausschließlich auf die Person des Vertragspartners bezieht: In dieser Gestaltung erlangt der „Bereicherte“ ein Gut, das er zum Gegenstand eines Vertrags hätte machen wollen und können.384 Der Wert dieses Vorteils (§ 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) ist – die Geschäftsfähigkeit des „Bereicherten“ vorausgesetzt385 – mit den „ersparten (üblichen oder angemessenen) Aufwendungen“ zu beziffern: Eine Leistung entspricht im Wert der Verbindlichkeit, die mit der Begründung des Anspruchs auf sie üblicherweise verbunden gewesen wäre. Die unverbindliche Erklärung einer Person, eine bestimmte Handlung und/oder einen bestimmten Erfolg in Anspruch nehmen zu wollen, gestattet lediglich den 380

Sollte der Besteller das vermeintlich aus § 631 BGB geschuldete Entgelt bereits an den Unternehmer entrichtet haben, so sind die wechselseitigen Ansprüche des Unternehmers auf die Wertsteigerung des Fahrzeugs und des Bestellers auf Rückzahlung des Werklohns von Amts wegen zu verrechnen (Saldotheorie) oder im Wege der Aufrechnung (§ 387 BGB) durch die Parteien miteinander zu verknüpfen (Zweikondiktionenlehre). Ein Anspruch des Bestellers und Eigentümers des Fahrzeugs auf Beseitigung der Lackierung aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB scheidet aus, weil die von ihm bekundete (wenn auch durch den Irrtum beeinflusste) Einwilligung die Rechtswidrigkeit der Eigentumsverletzung entfallen lässt. Unzutreffend Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1004 BGB Rdnr. 189 f., der das Einverständnis ohne sachlichen Grund auf die störende Handlung, nicht aber auf den durch diese Handlung geschaffenen Zustand bezieht: Warum sollte sich das Einverständnis des Eigentümers nicht auf den Zustand beziehen, den ein anderer durch Einwirkung auf seine Sache herbeigeführt hat? 381 Dem Unternehmer bleibt es unbenommen, von dem Besteller den Ersatz seines Vertrauensschadens zu verlangen, § 122 BGB. 382 Zu der Frage, ob die Regelungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses anzuwenden sind, siehe sogleich im Text III. 4. c), Seite 182. 383 Als „Leistung“ ist die vom anderen Teil kraft der Vereinbarung als vorteilhaft bewertete Vornahme der Leistungshandlung und gegebenfalls die Herbeiführung eines (mit der Handlung nicht identischen) Leistungserfolgs zu verstehen. 384 Eine Leistung, die er zum Gegenstand eines Werk- oder Dienstvertrags hätte machen müssen, erlangt der Bereicherte, wenn er sie bewusst und ohne Absprache mit dem anderen Teil, d.h. im Wege eines Eingriffs, in Anspruch nimmt (siehe dazu im Einzelnen oben III. 2. h) dd), Seite 133 ff.). Als Beispiel führe ich den Fall an, dass der Bauherr A den Mitarbeitern des Bauunternehmers B wahrheitswidrig vorspiegelt, sie hätten auf seiner Baustelle Arbeiten zu verrichten. Kommen die Mitarbeiter des B der Aufforderung des A in gutem Glauben nach, so hat A einen Einsatz des B veranlasst, den er zum Gegenstand eines Werkvertrags hätte machen müssen. Er hat den üblichen Werklohn zu zahlen (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB). 385 Zur Frage der Bereicherung in Höhe der ersparten Gegenleistung bei beschränkt Geschäftsfähigen und Geschäftsunfähigen siehe oben III. 3. a), Seite 175.

4. Das Interesse des Bereicherten am Erwerb des Vorteils

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Schluss, dass die Handlung bzw. der Erfolg als vorteilhaft (und nicht etwa als nachteilig im Sinne einer unerbetenen Einmischung) bewertet wird. Sie besagt indessen noch nichts über den geldlichen Wert des Vorteils; dieser ist nur dann mit der üblichen oder angemessenen Gegenleistung zu beziffern, wenn der „Begünstigte“ fähig ist, rechtsgeschäftliche Bindungen einzugehen, und eine entsprechende vertragliche Verpflichtung gegenüber dem Anspruchssteller hätte begründen wollen oder müssen.

Dementsprechend hat ein Vertragschließender ungeachtet der Nichtigkeit der Vereinbarung nach irrtumsbedingter Anfechtung eine mit dem Wert der ersparten Vergütung zu beziffernde Leistung erlangt, wenn sich der Irrtum nicht auf die konkrete Leistungshandlung und den durch sie bewirkten Erfolg, sondern lediglich auf die Person des Leistenden bezog. Man stelle sich vor, dass ein gewisser B den „Auftrag“, das Fahrzeug „X“ zu lackieren, versehentlich an W und nicht – wie geplant – an U vergeben hat. Der Irrtum über die Person des Werkunternehmers ändert nichts daran, dass B an W den üblichen Werklohn (gegebenenfalls gemindert um den Wert der hier fehlenden Gewährleistungsrechte) zu bezahlen hat: Der Irrtum war nur personen-, nicht aber leistungsbezogen.386 Dem Bedürfnis des B, seinen Vertragspartner frei zu wählen, kann nach Eintritt des erwünschten „Erfolgs“ durch die von ihm faktisch „beauftragte“ Person (!) nicht mehr Rechnung getragen werden; andernfalls vollzöge sich die zurechenbar veranlasste Inanspruchnahme fremden Material- und Arbeitseinsatzes unentgeltlich.387 386

Eine Beschränkung des Anspruchs des Unternehmers auf die von ihm getätigten Aufwendungen ist zu verneinen, weil er sich nicht in Kenntnis der mangelnden Berechtigung einer fremden Angelegenheit angenommen hat; hätte er dies getan, so wäre er allerdings nicht besser zu stellen als derjenige, welcher um der Wahrung fremder Belange willen fremdnützig tätig geworden ist und dementsprechend nur den Ersatz seiner Aufwendungen (§§ 683 Satz 1, 670 BGB) verlangen kann. Ein Ausschluss der Kondiktion des Unternehmers nach § 814 BGB ist zu verneinen: Diese Vorschrift schließt den Rückgriff aus, wenn der Bereicherte davon ausgeht, dass ihm der andere Teil etwas zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit zuwendet, während dem Zuwendenden das Fehlen einer solchen Verpflichtung bewusst ist. Zur Vorschrift des § 814 BGB siehe noch unten V. 2. d) ee), Seite 589 ff. 387 So verhält es sich im Ausgangspunkt auch bezogen auf Dienst- und Arbeitsleistungen. Der Wert einer Arbeitsleistung, die außerhalb eines wirksamen Arbeitsverhältnisses erbracht wurde, ist mit der üblichen Vergütung zu beziffern. Haben die Parteien allerdings übereinstimmend einen Arbeitsvertrag in Vollzug gesetzt, der sich zu einem späteren Zeitpunkt als nichtig oder anfechtbar erweist, sind die Grundsätze zum sog. faktischen Arbeitsverhältnis anzuwenden; das fehlerhafte Arbeitsverhältnis wird für die Vergangenheit wie ein fehlerfrei zustandegekommenes behandelt (dazu BAG NJW 1998, Seite 557, 558 sub I 2a m. w. N.). Den ungewöhnlichen Fall einer „aufgedrängten“, weil weder auf der Grundlage übereinstimmender Willenserklärungen bewirkten noch durch den vermeintlichen Arbeitgeber an sich gezogenen Arbeitsleistung behandelt ein nach meinem Wissen unveröffentlichtes Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21. September 1995 (Az.: 5 AZR 63/94).

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

c) Hat jemand – wie in dem soeben genannten Beispiel – als Besitzer eine fremde Sache auf der Grundlage eines nichtigen Werkvertrags verändert oder umgestaltet, so stellt sich die Frage, ob der Eigentümer seine kondiktionsrechtliche Inanspruchnahme aus dem Gesichtspunkt ersparter Aufwendungen nicht bereits mit der Begründung abwehren kann, er schulde dem Werkunternehmer nur den Ersatz notwendiger oder nützlicher Verwendungen nach Maßgabe des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses, §§ 994 Abs. 1, 996 BGB.388 Sie ist zu verneinen, weil die Bestimmungen der §§ 994 ff. BGB nicht anwendbar sind, sofern der Eigentümer seine Sache (im angeführten Beispielsfall: das Fahrzeug) dem anderen Teil um der Herstellung des (vermeintlich) geschuldeten Erfolges willen überlassen hat389: Zwar besteht wegen der Nichtigkeit des Vertrags zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer die Vindikationslage (§§ 985, 986 BGB). Die Anwendung der §§ 994 ff. BGB hätte aber zur Folge, dass ein systematisch unauflösbarer Widerspruch zwischen der Bestimmung des § 994 Abs. 2 BGB und der des § 814 BGB entstünde: Ist dem Werkunternehmer bewusst, dass er die Leistung auf der Grundlage eines nichtigen Vertrags bewirkt, so ist ihm der bereicherungsrechtliche Ausgleich versagt, § 814 BGB.390 Nach den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses stünde ihm dagegen ein Anspruch auf Ersatz der sachbezogenen und notwendigen Vermögensopfer, zumindest aber auf den an der Sache eingetretenen Wertzuwachs, nach Maßgabe der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag zu.391 Um diesen Widerspruch zu vermeiden, sind die §§ 994 ff. BGB auszuschließen, sofern es um den wertmäßigen Ausgleich einer vereinbarten Leistung des Besitzers an den Eigentümer geht, um derentwillen der Besitz im Rahmen eines nichtigen Vertragsverhältnisses begründet wurde. Der Ausschluss der Vorschriften über den Verwendungsersatz (§§ 994, 996 BGB) rechtfertigt sich darüber hinaus aus folgender Erwägung: Die §§ 994 ff. BGB zielen – anders als die sog. Leistungskondiktion – nicht auf den Ausgleich einer bewussten und zweckgerichteten Mehrung fremden Vermögens, sondern vermitteln zwischen dem Schutz des Besitzers vor einer „entschädigungslosen Entreicherung“ und dem Interesse des Eigentümers vor einem ihm aufgedrängten, d.h. durch den Besitzer eigenmächtig bewirkten Zuwachs.392 Das Gesetz stellt hier, mit anderen Worten ausge388 Zum Begriff „Verwendung“ siehe im Einzelnen unten V. 2. c) aa) (a), Seite 473 ff. und V. 2. c) aa) (b), Seite 478 ff. 389 Siehe dazu Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994– 1003, Rdnr. 45 m. w. N. 390 Zur Bestimmung des § 814 BGB siehe eingehend unten V. 2. d) ee), Seite 589 ff. 391 § 994 Abs. 2 i.V. m. §§ 683 Satz 1, 670 oder i.V. m. § 684 Satz 1 BGB. 392 Statt vieler: Wilhelm, Sachenrecht, Rdnr. 549. Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. c) aa), Seite 471 ff.

4. Das Interesse des Bereicherten am Erwerb des Vorteils

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drückt, Regelungen für den Fall zur Verfügung, dass zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer gerade keine Einigung über den Ausgleich eines Vermögenszuwachses getroffen wurde.393 Vor allem aber ist gegen die Anwendbarkeit der §§ 994 ff. BGB anzuführen, dass der Besitzer nach diesen Regelungen einen Ausgleich verlangen kann, weil er um der Erhaltung oder Verbesserung der fremden Sache willen tätig geworden ist, mithin – objektiv betrachtet – ein Geschäft des Eigentümers geführt hat. Der Wert dieser (bezogen auf die eingesetzte Arbeitsleistung ausgleichslosen394) Geschäftsbesorgung395, getätigt durch den Besitzer als Geschäftsführer und ausgedrückt durch die vom Eigentümer ersparten Aufwendungen, ist (unter bestimmten Voraussetzungen begrenzt durch die Wertsteigerung der Sache) zu ersetzen.396 Zielen die Bestimmungen der §§ 994 ff. BGB auf den Ersatz des Wertes einer Geschäftsbesorgung, so scheidet der vermeintliche Werkunternehmer aus ihrem Anwendungsbereich aus: Er verlangt keinen Ersatz dafür, dass er um der fremden Sache willen (!) eine erhaltende oder verbessernde Maßnahme durchgeführt hat, sondern weil er zur Erfüllung einer Verbindlichkeit und um des Erhalts der Gegenleistung willen tätig geworden ist.397 Das Handeln des WerkunRegeln die Vorschriften der §§ 994, 996 BGB den Ausgleich eines aufgedrängten Vorteils, sind sie schon aus diesem Grunde nicht anzuwenden, wenn der Besitzer Verwendungen zum Zwecke der Erfüllung eines (nichtigen) Vertrags vorgenommen hat. 393 Im Ergebnis ebenso Staudinger/Gursky, Neubarbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003, Rdnr. 45 m. w. N.; Jürgen Kohler, a. a. O., § 9 B IV, Seite 451 Fußnote 127; Verse, a. a. O., Seite 137 f.; sehr unbestimmt Feiler, a. a. O., Seite 92: „Man sollte die §§ 994 ff. BGB nicht anwenden, wenn die Verwendungen sich als Leistung an den Eigentümer zwecks Erfüllung eines mit diesem geschlossenen (nichtigen) Vertrags darstellen. Die §§ 994 ff. BGB sind dafür nicht gedacht.“ Die von Gursky angeführte Begründung, der Besitz des Werkunternehmers sei für die Frage der Rückabwicklung der vermeintlich geschuldeten Leistung ein „ganz zufälliger Umstand, der die Interessenlage in keiner Weise“ beeinflusse (ebenso Kohler, a. a. O.; Palandt/Bassenge, 62. Auflage, Vorb v § 994 Rdnr. 6), trifft m. E. nicht den Kern. Unzutreffend Wilhelm, Sachenrecht, Rdnr. 627: „Ist der Werkvertrag nichtig, so ändert das an der Tatsache, daß für einen anderen repariert worden ist, nichts; dennoch hat hier der Unternehmer Verwendungsersatzansprüche gegen den Auftraggeber, ist er also diesem gegenüber Verwender.“ 394 Siehe dazu näher unten V. 2. c) aa) (c), Seite 484 ff. und – bezogen auf die Geschäftsführung ohne Auftrag – V. 2. b) cc) (b), Seite 414. 395 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ siehe Fußnoten 192 und 190 dieses Abschnitts. 396 Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. c) bb), Seite 487 ff. 397 Ähnlich Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003 Rdnr. 20: „Die Leistungen des Werkunternehmers sind . . . nicht durch den Besitz der Sache veranlaßt, sondern werden um der vertraglich vereinbarten Gegenleistung des Bestellers willen erbracht; sie sind maW nicht sachbezogen, sondern entgelt-

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

ternehmers ist – um es schlagwortartig zu formulieren – obligatorisch-entgeltbezogen, nicht sachbezogen motiviert. Die Erhaltung oder Verbesserung der fremden Sache ist für ihn nur Mittel zum (vereinbarten) Zweck. Der Unternehmer nimmt dementsprechend auch dann keine „Verwendungen“ auf die Sache vor, wenn er auf der Grundlage eines nicht mit dem Eigentümer, sondern mit einem Besitzer der Sache geschlossenen Werkvertrags tätig wird.398 In dieser Gestaltung ist zu erwägen, ob der Werkunternehmer die Herausgabe der Sache an den Eigentümer (§§ 985, 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB) mit der (substantiierten und gegebenenfalls zu beweisenden) Begründung abzulehnen vermag, diese an den Besteller des Werkes zurückgeben zu wollen, um durch ihre Zurückhaltung die Durchsetzung von Gegenansprüchen zu erzwingen: Der Besteller stünde hier unter dem Druck, den Unternehmer zu befriedigen, weil er dem Eigentümer wegen der Vorenthaltung des Besitzes verantwortlich ist. Die Einwendung des Bestellers gegenüber dem Eigentümer scheidet allerdings aus, wenn der Anspruch des Unternehmers zu einem späteren Zeitpunkt fällig wird399; andernfalls würde entgegen der Regelung des § 986 Abs. 1 BGB ein Recht des Bestellers zum Besitz entstehen.400 bezogen.“ Zustimmend Palandt/Bassenge, 62. Auflage, Vorbem v § 994 Rdnr. 6 m. w. N. (abw. die 58. Auflage, a. a. O., Rdnr. 4). Im Ergebnis zutreffend auch Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 591: „U, der das Kraftfahrzeug aufgrund eines mit K geschlossenen Vertrags repariert, macht selbst keine Verwendungen. ,Verwender‘ im Sinne der §§ 994 ff. dürfte vielmehr nur sein, wer den Verwendungsvorgang auf eigene Rechnung veranlaßt und steuert.“ A. A. – ohne Begründung – Verse, a. a. O., Seite 4 sub II, der bezeichnenderweise den Werkvertrag als „Geschäftsbesorgungsvertrag i. w. S.“ qualifiziert. 398 A. A. BGHZ 34, Seite 122. Siehe zum Begriff der Verwendung bereits oben III. 2. h) dd) (d), Seite 141, III. 4. c), Seite 182 sowie im Einzelnen unten V. 2. c) aa) (a), Seite 473 ff. und V. 2. c) aa) (b), Seite 478 ff. 399 Die Vorschriften der §§ 546 Abs. 2, 604 Abs. 4 BGB erlauben dem Vermieter bzw. Verleiher, von dem Untermieter bzw. Unterentleiher die Herausgabe der vom Mieter bzw. Entleiher überlassenen Sache auch dann zu verlangen, wenn der Untermieter bzw. Unterentleiher im Verhältnis zum Mieter bzw. Entleiher kraft des fortbestehenden Vertragsverhältnisses zum Gebrauch berechtigt ist. In diesem Falle ist der Mieter dem Untermieter aus dem Gesichtspunkt der Rechtsmängelhaftung nach § 536 BGB (Palandt/Weidenkraff, 62. Auflage, § 546 Rdnr. 21), der Entleiher dem Unterentleiher wegen der Unmöglichkeit der weiteren Überlassung aus § 280 Abs. 1 BGB verantwortlich. 400 Das Wahlrecht des Herausgabeschuldners, hier des Werkunternehmers, verneint Müller-Laube, AcP 183, Seite 215, 242: Die „Preisgabe einer günstigen Abwicklungsposition“ des unmittelbaren Besitzers gegenüber seinem Vertragspartner resultiere aus der „zusätzlichen Pflichtenstellung im Verhältnis zur konkurrierenden Vindikationslage“. Auszugehen sei von der Gleichrangigkeit und Selbständigkeit der Gläubigerrechte („Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“); jeder Herausgabeanspruch sei allein nach dem Zuschnitt des Verhältnisses zwischen Anspruchssteller und Besitzer zu beurteilen. Dies soll gelten, obwohl – was Müller-Laube ausdrücklich hervorhebt – aus „der Sicht des Pflichtigen die entscheidenden Gründe erwachsen, welche die Abkehr vom Vorrang der Vindikation erzwingen.“ (a. a. O., Seite 223).

4. Das Interesse des Bereicherten am Erwerb des Vorteils

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d) Die Feststellung, dass eine Handlung oder ein Erfolg im Falle des verbindlich oder unverbindlich geäußerten Einverständnisses kein aufgedrängter Vorteil ist, rechtfertigt allerdings nicht den Schluss, dass dem Schutz gegen aufgedrängte Zuwendungen innerhalb von Vertragsbeziehungen oder den gesetzlichen Schuldverhältnissen, die mit der Bestellung von dinglichen Rechten einhergehen, keine Bedeutung zukommt. aa) Dies gilt zum einen für Verwendungen, die ein Mieter, Entleiher, Pächter oder Nießbraucher auf die an den Vertragspartner zurückzugewährende Sache tätigt, ohne hierzu verpflichtet zu sein. Die Erstattungsfähigkeit der Vermögensopfer oder einer Erhöhung des Verkehrswertes der Sache bestimmt sich nach spezialgesetzlichen Vorschriften.401 bb) Darüber hinaus ist die Frage der aufgedrängten Bereicherung im Zusammenhang mit einer wirksamen Vertragsbeziehung zu beantworten, wenn eine Vertragspartei dem anderen Teil einen über ihre (wirksame) Verpflichtung hinausreichenden – mithin nicht geschuldeten – objektiv messbaren Vorteil verschafft hat und hierfür einen geldlichen Ausgleich verlangt. Als Beispiel sei der Werkunternehmer angeführt, der außer der vereinbarten Reparaturleistung nicht, auch nicht vermeintlich geschuldete Verbesserungen an dem Kraftfahrzeug des Bestellers vorgenommen hat.402 Der Ausgleichsanspruch des Unternehmers, gerichtet auf Aufwendungsersatz oder den Ausgleich einer am Fahrzeug eingetretenen (objektiv messbare) Wertsteigerung, bestimmt sich hier in erster Linie nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag.403 Er kann bei fremdnützigem Handeln den Ersatz seiner Aufwendungen nur verlangen, wenn die eigenmächtig durchgeführte Reparatur dem Interesse und Willen des Bestellers entsprach, §§ 670, 683 Satz 1, 677 BGB.404 Hat er sich über dessen erkennbaren Willen hinweggesetzt, so ist ein finanzieller Ausgleich zu versagen. 401 Siehe dazu eingehend unten V. 1. a), Seite 355 ff. (Miete); V. 1. b), Seite 393 ff. (Leihe), V. 1. c), Seite 402 (Pacht) und V. 2. a), Seite 403 (Nießbrauch u. a.). 402 Als Beispiel aus dem französischen Recht sei auf das arrêt de la Cour de Cassation, Juris-Classeur Périodique 1969, Jurisprudence, no. 15724 verwiesen (siehe dazu unten IV. 2. d) bb) (e), Seite 286, Fußnote 266). 403 Hat der Unternehmer die Reparaturen als Besitzer der Kraftfahrzeugs vorgenommen, scheidet ein Anspruch gegen den Auftraggeber/Eigentümer nach den Bestimmungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses (§§ 994, 996 BGB) bereits deshalb aus, weil er kraft des wirksamen Werkvertrags zum Besitz an dem Fahrzeug berechtigt ist. 404 Die Aufwendungen entsprechen im Ausgangspunkt nicht dem fiktiven Werklohn; andernfalls würde kraft der Geschäftsführung ohne Auftrag ein fiktiver Werkvertrag anerkannt (siehe dazu Fußnote 190 dieses Abschnitts). Zu der Frage, ob der Geschäftsführer ausnahmsweise einen Ausgleich für die eingesetzte (im Ausgangs-

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Ist die Fremdnützigkeit seines Handelns zu verneinen, weil er – wovon in aller Regel auszugehen sein wird! – das Fahrzeug nicht reparierte, um dem Eigentümer einen Gefallen zu erweisen, sondern um dessen Bereitschaft zu erwecken, einen nicht geschuldeten Werklohn zu entrichten405, ist allenfalls ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt der angemaßten Eigengeschäftsführung (§§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB) zu erwägen.406 Vorausgesetzt ist hier, dass der Eigentümer des Fahrzeugs den durch die Reparatur bewirkten Zustand des Fahrzeugs als vorteilhaft akzeptiert: Der Anspruch des Geschäftsführers aus dem Gesichtspunkt der Aufwendungskondiktion entsteht nämlich nur, wenn der Geschäftsherr die Rechte aus § 687 Abs. 2 Satz 1 BGB geltend macht, insbesondere also das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ für sich in Anspruch nimmt (§§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 2, 667 BGB).407 Auf diese Erkenntnis gründet sich ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1987408, das den Kern des hier behandelten Aufdrängungsschutzes berührt. Das Gericht hatte zu entscheiden, ob die in den üblichen Kfz-Reparaturbedingungen enthaltene Klausel wirksam ist, nach der auch nicht vereinbarte Arbeiten ohne vorherige Zustimmung des Auftraggebers durchgeführt werden dürfen, wenn dieser nicht kurzfristig erreichbar ist, die Arbeiten „notwendig“ sind und sich der Auftragspreis um maximal 15 bis 20% erhöht. Das Gericht bejahte die Unwirksamkeit der Klausel, weil sie mit dem gesetzlichen Leitbild der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht im Einklang stehe, und führte in diesem Zusammenhang aus409: „Auf derartige vom . . . Auftragnehmer für notwendig gehaltene (ich ergänze: und bei objektiver Betrachtung sachlich gebotene) Arbeiten kann die Leistungspflicht nicht erstreckt werden. In diesem Bereich verdient die Freiheit des Bindungswillens der Vertragspartner den Vorrang vor rationellen Erwägungen . . . punkt als nicht vermögenswertes Gut bewertete) Arbeitskraft verlangen kann, siehe unten V. 2. b) cc) (b), Seite 414 und – bezogen auf Verwendungen des unrechtmäßigen Besitzers – unten V. 2. c) aa) (c), Seite 484 f. 405 Der Unternehmer bezweckt hier unmittelbar die Erhaltung oder Verbesserung des Fahrzeugs; sie ist Voraussetzung für die Bereitschaft des anderen Teils, eine Zahlung zu leisten. 406 Mangels einer rechtsgeschäftlichen Zweckvereinbarung im Hinblick auf das Bewirken der nicht geschuldeten Leistung scheidet ein bereicherungsrechtlicher Ausgleich auf der Grundlage des § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Fall BGB von vornherein aus. Wäre der Unternehmer auf der Grundlage einer vermeintlichen Verbindlichkeit tätig geworden, so hätte er die Reparatur nicht bewirkt, um das Fahrzeug zu erhalten bzw. zu verbessern, sondern um die Erfüllung seiner Obligation zu bewirken (§ 362 BGB). Sein Handeln wäre, mit anderen Worten ausgedrückt, schuldrechtlich motiviert gewesen; die Erhaltung oder Verbesserung des Fahrzeugs wäre lediglich die mittelbare Folge seines Tuns gewesen. Die Verfehlung des schuldrechtlich motivierten Zwecks begründet keinen geschäftsführungsrechtlichen, sondern einen kondiktionsrechtlichen Ausgleich (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB). 407 Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. b) ll) (c), Seite 458 ff. 408 BGHZ 101, Seite 307, 311 bis 314. 409 A. a. O., Seite 313.

4. Das Interesse des Bereicherten am Erwerb des Vorteils

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Die Klausel . . . läßt . . . die subjektiven Vorstellungen des Auftraggebers, die für Art und Umfang des erteilten Auftrags zunächst ausschließlich maßgeblich sind, bei der Änderung außer acht. Der nach außen hin sicher ohne große Schwierigkeiten feststellbare Sachverhalt und seine wirtschaftliche Bewertung durch den Auftragnehmer besagen nichts darüber, welche Interessen und welcher wirkliche oder mutmaßliche Wille des Auftraggebers dem gegenüberstehen. Dessen Dispositionsfreiheit über seinen eigenen Wirtschafts- und Vermögensbereich wird ausgeschaltet, er sieht sich einer aufgedrängten ,Fürsorge‘ durch den Auftragnehmer ausgesetzt. Das ist dem Werkvertragsrecht fremd . . .“.

Bedauerlicherweise lässt das Urteil die dogmatische Verankerung des Aufdrängungsschutzes im Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag vermissen. Hat die Reparatur den Verkehrswert des Fahrzeugs erhöht, ist insbesondere zu prüfen, ob der Kondiktionsanspruch des Geschäftsführers410 – die Fremdnützigkeit seines Handelns unterstellt (!) – aus § 684 Satz 1 BGB ausgeschlossen ist, wenn dieser gegen die Informationspflicht aus § 681 Satz 1 BGB verstoßen hat. Die Versagung des Anspruchs wegen Verletzung dieser Vorschrift setzt freilich voraus, dass sie nicht nur – wie allgemein angenommen – durch einen Schadensersatzanspruch sanktioniert ist, sondern auch eine den Erstattungsanspruch gegebenenfalls aufhebende Pflicht des Geschäftsführers begründet.411 Sollte der Unternehmer die Reparatur als angemaßter Eigengeschäftsführer durchgeführt haben412, hängt die Erstattung seiner Aufwendungen, begrenzt auf die bei dem Besteller eingetretene Bereicherung, von dessen Akzeptanz des Erfolgs ab, § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB.413 Des weiteren kommt ein Ausgleich aus dem Gesichtspunkt der Nichtleistungskondiktion (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2 BGB)414 in 410

Bezogen auf das Beispiel: des Unternehmers. Siehe dazu unten V. 2. b) ff) und gg), Seite 420 ff. 412 Dies ist der Fall, wenn der Unternehmer die Reparaturen vornimmt, um den Wagen selbst zu nutzen. 413 Die Frage, ob der Werkunternehmer nicht nur das Bestimmungsrecht des Eigentümers ( 903 BGB), sondern darüber hinaus eine vertragliche Unterlassungspflicht (§ 242 BGB) verletzt, ist zu verneinen: Wäre er kraft der getroffenen Vereinbarung verpflichtet, die Überschreitung der vertraglich gewährten Befugnisse zu unterlassen, würden die Grenzen zwischen vertraglicher und außervertraglicher Verantwortlichkeit aufgehoben! 414 Ein Anspruch des Unternehmers aus dem Gesichtspunkt der Leistungskondiktion (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) bleibt von vornherein außer Betracht, weil er zur Vornahme der zusätzlichen Reparatur allenfalls berechtigt, nicht aber verpflichtet ist. Er wird mithin nicht tätig, um eine vermeintliche Verbindlichkeit zu erfüllen. Dies gilt selbst dann, wenn er von der Wirksamkeit der im Text angesprochenen Klausel ausgeht. Die sog. condictio causa data causa non secuta (§ 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Fall BGB) ist in Ermangelung einer rechtsgeschäftlichen (auf die zusätzlichen Arbeiten 411

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Betracht, sofern die Reparatur den Verkehrswert des Fahrzeugs erhöht hat. Die Antwort bestimmt sich danach, ob der Zuwachs eines „rechtlichen Grundes“ entbehrt. Trägt man dem Aufdrängungsschutz konsequent Rechnung, ist der aufgedrängte Vorteil dem Auftraggeber in der Weise zugewiesen, dass er keinen geldlichen Ausgleich zu leisten hat, sofern dem Unternehmer – die Fremdnützigkeit seines Handelns unterstellt – bewusst war, dass er sich einer fremden Angelegenheit annahm: Die Wertungen des Geschäftsführungsrechts, insbesondere die Vorschrift des § 681 Satz 1 BGB, dürfen nicht durch Anerkennung eines Kondiktionsanspruchs „ausgehebelt“ werden.415 Ein weiterer Sachverhalt ist mir aus der anwaltlichen Praxis berichtet worden: Ein Bauunternehmer, der eine mit sog. Verbundsteinen versehene Stellfläche herstellen sollte, war von den mit dem Bauherrn vereinbarten Plänen infolge eines Versehens abgewichen und hatte die vereinbarte Fläche eigenmächtig um ca. 60 m erweitert.416 Da er die gesamte Arbeit in der Vorstellung durchführte, hierzu verpflichtet zu sein, schied ein Anspruch auf Ersatz seiner Vermögensopfer417 auf der Grundlage einer Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 670, 683 Satz 1, 677 BGB) von vornherein aus.418 Der Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen aus dem Gesichtspunkt der Leistungskondiktion kam gleichfalls nicht in Betracht, weil der Unternehmer aus der Sicht seines Vertragspartners419 dessen Vermögen nicht in der Absicht vermehrte, die werkvertragliche Verbindlichkeit zu erfüllen. Er bewirkte dementsprechend keine „Leistung“ im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB.

bezogenen) Zweckvereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Besteller gleichfalls zu verneinen. 415 Wäre der Unternehmer irrtümlich davon ausgegangen, eine vertragliche Verpflichtung zu erfüllen, scheitert der bereicherungsrechtliche Ausgleich aus dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung fremden Eigentums (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB). War der Vorteil nicht zu beseitigen, hätte sich dieser Umstand nicht zu Lasten des unfreiwillig Bereicherten auswirken dürfen. 416 Wäre dem Unternehmer das Fehlen seiner vertraglichen Verpflichtung bekannt gewesen und hätte er in Kenntnis dieses Umstandes die Leistung bewirkt, so wäre ein bereicherungsrechtlicher Ausgleich aus dem Gesichtspunkt der Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB) nach § 814 BGB zu versagen. 417 Das „Vermögensopfer“ im Sinne des § 670 BGB ist nicht mit dem üblichen Werklohn (§ 632 Abs. 2 BGB) gleichzusetzen; dieser steht dem Werkunternehmer mangels einer vertraglichen Abrede gerade nicht zu. 418 Bezogen auf die Veränderung des Grundstücks führte der Unternehmer, soweit er die Grenzen der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung überschritt, objektiv ein fremdes Geschäft (nämlich das des Eigentümers), zu dessen Vornahme er sich kraft eines vermeidbaren Irrtums berechtigt glaubte. Bezogen auf Vorstellung, eine werkvertragliche Verbindlichkeit zu erfüllen, ging er davon aus, eine eigene Angelegenheit wahrzunehmen. 419 Ich folge der „Lehre vom Empfängerhorizont“; siehe dazu etwa Reuter/Martinek, a. a. O., § 2 III, Seite 33 sowie § 4 II d, Seite 99 ff. mit zahlreichen weiteren Nachweisen.

5. „Vorteile‘‘ bei Geschäftsunfähigkeit/in Leistungsbeziehungen

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Hatte die nicht vereinbarte Pflasterung420 kraft der Verbindung des Materials mit dem Grundstück (§ 946 BGB) eine Wertsteigerung des Grundstücks zur Folge, vermochte der Eigentümer die Verpflichtung zum Ausgleich aus dem Gesichtspunkt der Nichtleistungskondiktion (§§ 951 Abs. 1 Satz 1, 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2 BGB) dadurch abzuwehren, dass er die Beseitigung der Pflasterung kraft seines Eigentums (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) verlangte.421

5. Der Erwerb von Vorteilen durch Geschäftsunfähige bzw. beschränkt Geschäftsfähige und die Aufdrängung von Vorteilen in Leistungsbeziehungen – eine Zusammenfassung in Thesen 1. Eine Person, die unfähig ist, sich rechtsgeschäftlich zu binden, erwirbt keinen Vorteil, um dessentwillen sie sich zu einer Leistung hätte verpflichten können oder müssen. Im Sinne des Bereicherungsrechts erlangt sie mithin nichts, wofür sie Aufwendungen im Umfang der vereinbarten oder üblichen Gegenleistung erspart hat. Sie ist aus diesem Grunde davor geschützt, einen Zuwachs geldlich ausgleichen zu müssen, den sie nicht zum Gegenstand einer wirksamen Vereinbarung hätte machen können. Da an einen Geschäftsunfähigen keine „Leistung“ im technischen Sinne erbracht werden kann, sind die beiderseitigen Zuwendungen aus dem Gesichtspunkt der Nichtleistungskondiktion zurückzuerstatten. Hatten die Parteien eine (rechtsgeschäftliche) Zweckvereinbarung getroffen, so ist sie nichtig und kann nicht Grundlage eines bereicherungsrechtlichen Ausgleichs sein.422 2. Dem beschränkt Geschäftsfähigen fällt, sofern sein gesetzlicher Vertreter die Genehmigung der von ihm abgegebenen Willenserklärung versagt, auf der Grundlage eines nichtigen Vertrags kein Vorteil an, um dessentwillen er sich zu einer Leistung hätte verpflichten können. Aus diesem Grunde hat er nicht den Wert einer ersparten Gegenleistung herauszugeben. Fließt ihm ein nicht in Natur herauszugebender Vorteil zu, so ist dieser, da der beschränkt Geschäftsfähige keine Gegenleistung erspart hat, geldlich nicht zu bemessen. Erlangt er kraft eines Rechtsgeschäfts das Eigentum an einer 420 Hierin liegt der wesentliche Unterschied zu dem unter III. 4. b), Seite 179 angeführten Fall der Lackierung eines Kraftfahrzeugs: Dort ist die Leistung im vereinbarten Umfang erbracht, hier dagegen einseitig erweitert worden. 421 Zur Anwendbarkeit des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB siehe im Einzelnen unten III. 6., Seite 191 ff. 422 Siehe oben III. 3. a), Seite 175.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Sache, ist dieser Vorteil nicht mit der Ersparnis des Kaufpreises, sondern mit dem jeweiligen Verkehrswert zu beziffern. Einem bereicherungsrechtlichen Anspruch ist der Geschäftsunfähige bzw. beschränkt Geschäftsfähige ausgesetzt, sofern der Einsatz des anderen Teils eine Erhöhung des Verkehrswerts einer ihm gehörenden Sache bewirkt hat.423 3. Erhöht sich der Verkehrswert einer Sache, deren Eigentümer geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig ist, durch die nützliche Verwendung eines gutgläubigen und unverklagten Besitzers, schuldet er den Ausgleich der Werterhöhung.424 4. Ausgleichsansprüche aus dem Gesichtspunkt des Aufdrängungsschutzes sind zu versagen, wenn der Bereicherte, verbindlich oder unverbindlich, sein Interesse am Erwerb des Vorteils zum Ausdruck gebracht hat. Vorteile, die ihm in Erfüllung einer wirklichen oder vermeintlichen Verpflichtung zukommen, stellen keine „aufgedrängte“ Bereicherung dar.425 5. Die exakte Bestimmung des Vorteils hängt in diesem Fall von der Wirksamkeit der getroffenen Abrede ab: Bezieht sich der Irrtum eines Vertragschließenden auf den Leistungsgegenstand und ficht er das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde an, hat der Empfänger der Leistung nichts erlangt, was mit dem Wert seiner Gegenleistung zu beziffern ist; andernfalls behandelte man den Vertrag wie ein gültiges Rechtsgeschäft. Der auszugleichende Vorteil besteht nur in dem (objektiven) Wert der ihm angefallenen „Bereicherung“. Betrifft der Irrtum dagegen die Person des Vertragspartners, erlangt der Bereicherte ein Gut, das er zum Gegenstand eines Vertrags hätte machen wollen und können. Der Wert dieses Vorteils ist mit den ersparten (üblichen, angemessenen oder in Aussicht genommenen) Aufwendungen zu beziffern.426 6. Die Bestimmungen über das Verhältnis des Eigentümers zum Besitzer sind nicht anwendbar, wenn der Eigentümer seine Sache dem Besitzer zur Vornahme von notwendigen oder nützlichen Verwendungen auf der Grundlage eines nichtigen Vertrages überlassen hatte. Der Ausgleich ist hier nach Bereicherungsrecht geschuldet.427 7. Innerhalb von wirksamen Vertragsbeziehungen oder den gesetzlichen Schuldverhältnissen, die beschränkt dinglichen Rechten zugrundeliegen, bestimmt sich der Schutz gegen nicht geschuldete Verwendungen nach spe423 424 425 426 427

Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe

oben oben oben oben oben

III. III. III. III. III.

3. 3. 4. 4. 4.

b), Seite 177. c), Seite 178. a), Seite 179. b), Seite 179. c), Seite 182.

6. Aufdrängungsschutz durch Beseitigung des Vorteils

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zialgesetzlichen Vorschriften, beispielsweise der Miete, der Pacht, der Leihe oder des Nießbrauchs.428 8. Hat eine Vertragspartei dem anderen Teil einen über ihre Verpflichtung hinausreichenden, mithin insoweit nicht geschuldeten Vorteil in Kenntnis der fehlenden Verpflichtung verschafft, bestimmt sich der Ausgleich nach dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag. Die Wertungen des Geschäftsführungsrechts, insbesondere die Erkundigungs- und Anzeigepflicht des Geschäftsführers, dürfen nicht durch Anerkennung eines Ausgleichsanspruchs des Geschäftsführers aus ungerechtfertigter Bereicherung unterlaufen werden.429

6. Aufdrängungsschutz durch Beseitigung des Vorteils – zum Anwendungsbereich des § 1004 BGB a) Die Geltendmachung eines Ausgleichsanspruchs als Ausdruck widersprüchlichen Verhaltens Ein Ausgleich für die aufgedrängte Wertsteigerung einer Sache entfällt zumindest dann, wenn derjenige, in dessen Eigentum – sei es bewusst, sei es unbewusst – eingegriffen wurde und der auf diese Weise einen zwar objektiv messbaren, aber ohne sein Einverständnis entstandenen Vorteil erlangt hat, die Beseitigung des gegenständlichen Zuwachses aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen kann und sich auf dieses Recht beruft430: Es widerspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben, den Eigentümer zur Zahlung eines Ausgleichs anzuhalten, den er nach der Erfüllung der Beseitigungspflicht durch den anderen Teil wieder herausverlangen könnte („dolo malo agit qui petit quod statim redditurus est“431). Die Abwehrmöglichkeit aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht auch dann, wenn die Einwirkung eine objektiv vorteilhafte Veränderung herbeiführt und damit einen Vermögensvorteil für den Eigentümer in sich birgt: Dieser kann im Aus428

Siehe oben III. 4. d) aa), Seite 185. Siehe oben III. 4. d) bb), Seite 185. 430 Vgl. dazu Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1004 Rdnr. 21 m. w. N.; Rudolf Schmidt, a. a. O., Seite 52 sub 5; Verse, a. a. O., Seite 125 sowie – bezogen auf die dem § 1004 BGB entsprechende schweizerische Regelung des Art. 641 ZGB – Aeby, a. a. O., Seite 14: „Jede Einwirkung, in die der Eigentümer nicht eingewilligt hat, ist schlechthin eine Rechtsverletzung. Es folgt daraus ganz klar, daß nicht die Sache als solche geschützt ist, sondern der Wille des Eigentümers, sein Verhältnis zur Sache. Was sich so aus dem Gesetze selber für das Eigentum ergibt, hat Geltung für alle Rechtsgüter des Einzelnen, Persönlichkeitsrechte wie Vermögensrechte.“ 431 Siehe dazu bereits Fußnote 79 des Abschnitts II. 429

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

gangspunkt, wie § 903 BGB es formuliert, mit der Sache „nach seinem Belieben“ verfahren.432 Der Eigentümer braucht also die ihm ohne sein Einverständnis aufgedrängten und nachträglich nicht gebilligten Verbesserungen nicht hinzunehmen.433

Gesetzt den Fall, der Besitzer eines Grundstücks hätte im Vertrauen auf die Wirksamkeit eines nichtigen Pachtvertrages ohne Rücksprache mit dem Eigentümer/vermeintlichen Verpächter ein massives Gebäude errichtet434 und verlangte nach Räumung der Immobilie den Ausgleich des Wertzuwachses (§§ 951 Abs. 1 Satz 1, 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB)435: Dieses Begehren könnte der Eigentümer abwehren, wenn er sich darauf beruft, den Abriss des Gebäudes verlangen zu können (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) und auf dieses Recht nicht um der Erhaltung des Gebäudes willen (d.h. im eigenen Interesse) verzichtet. Da der Besitzer im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes auf der Grundlage des vermeintlichen Pachtvertrags tätig wurde, kommt der Ausgleich der Wertsteigerung nur nach Maßgabe des Pacht- bzw. Mietrechts in Betracht: Der unrechtmäßige Fremdbesitzer darf grundsätzlich nicht besser als der rechtmäßige gestellt sein.436 Nach §§ 539 Abs. 1 i.V. m. 581 Abs. 2 BGB sind dem Pächter nicht notwendige Verwendungen nur nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag zu ersetzen. Handelte der vermeintliche Pächter als angemaßter Eigengeschäftsführer, stand ihm ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Ausgleich einer Wertsteigerung, die durch das Gebäude bewirkt worden ist, nur zu, sofern der Eigentümer/ Geschäftsherr das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ herausverlangte, d.h. die Veränderung der Sache als vorteilhaft akzeptierte, § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung. 432

Palandt/Bassenge, 62. Auflage, § 1004 Rdnr. 6 m. w. N. Martin Wolff, a. a. O., Seite 66; Baur/Stürner, a. a. O., § 53 C III 2, Rdnr. 33; Palandt/Heinrichs, 62. Auflage, § 242 Rdnr. 66 und – bezogen auf Miet- bzw. Pachtverhältnisse – Feiler, a. a. O., Seite 75 m. w. N., der freilich ein „berechtigtes Interesse“ des Eigentümers an der Beseitigung fordert. Wolff verwendet den Begriff der „negatorischen Einrede“, mit der das Zahlungsbegehren „lahm gelegt“ werden könne (a. a. O.). Nach der üblichen Terminologie handelt sich materiellrechtlich um eine rechtsvernichtende Einwendung (siehe dazu bereits oben Fußnote 78 des Abschnitts II). 434 Die Errichtung eines Gebäudes auf einem unbebauten Grundstück stellt nach der hier vertretenen Ansicht eine Verwendung dar, sofern der Errichtende um der Verbesserung der Immobilie willen tätig geworden ist; zum Begriff der Verwendung siehe oben III. 4. c), Seite 182 ff. sowie eingehend unten V. 2. c) aa) (a), Seite 473 ff. und V. 2. c) aa) (b), Seite 478 ff. 435 In Anlehnung an BGHZ 23, Seite 61. 436 Dass der unrechtmäßige Fremdbesitzer den Ersatz von Verwendungen grundsätzlich nach Maßgabe seines vermeintlichen Besitzrechts verlangen kann (§§ 581 Abs. 2, 539 Abs. 1, 677 ff. BGB), lege ich eingehend unten V. 2. c) aa) (b) (2), Seite 480 ff., dar. 433

6. Aufdrängungsschutz durch Beseitigung des Vorteils

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Errichtete der vermeintliche Pächter das Gebäude mit Fremdgeschäftsführungswillen, so ist ein Ausgleich nach § 684 Satz 1 BGB ausgeschlossen, weil er in vorwerfbarer Weise den entgegenstehenden Willen des Eigentümers/vermeintlichen Verpächters missachtete. Die Anerkennung eines Kondiktionsanspruchs (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) ist hier indessen aus folgender Überlegung geboten: Derjenige, der sich mit Fremdgeschäftsführungswillen in eine fremde Rechtssphäre eingemischt hat, ist nicht schlechter zu stellen als der angemaßte Eigengeschäftsführer, dessen bereicherungsrechtlicher Anspruch von der Akzeptanz des „aus der Geschäftsführung erlangten Vorteils“ seitens des Geschäftsherrn abhängt. Bewertet der Geschäftsherr/Eigentümer den vom anderen Teil geschaffenen Zuwachs als vorteilhaft, indem er auf seine Beseitigung im eigenen Interesse (also nicht um der Entlastung des Schuldners willen) verzichtet, so hat er die Wertsteigerung zu ersetzen – gleichgültig, ob die Sache durch einen angemaßten Eigengeschäftsführer oder einen unsorgsam handelnden Fremdgeschäftsführer verändert worden ist.

b) Der Ausschluss des Beseitigungsanspruchs bei unwiderlegbarer Vermutung der Vorteilhaftigkeit einer Handlung oder bei Anordnung des Ausgleichs eines ausdrücklich aufgedrängten Vorteils Der Eigentümer hat Vorteile, die gegen seinen Willen bewirkt bzw. getätigt worden sind, auszugleichen, wenn das Gesetz entweder die Vorteilhaftigkeit einer Handlung unwiderlegbar vermutet oder ihm die Zahlungspflicht ausdrücklich für den Fall auferlegt, dass der Vorteil gegen seinen Willen entstanden ist. In der zuerst angeführten Gestaltung ist dem „Bereicherten“ selbstredend das Recht genommen, die Vorteilhaftigkeit der Tätigkeit zu leugnen, in der zweiten wäre es widersprüchlich, die Verweigerung der Zahlung auf einen Umstand gründen zu dürfen, der ausdrücklich als Voraussetzung des Ausgleichsanspruchs formuliert ist.437 Die Anerkennung der Zahlungspflicht ist hier als Preisgabe des Schutzes des unfreiwillig „Bereicherten“ vor unerbetenen Eingriffen in seine Rechtssphäre und aus dem Blickwinkel des Zahlungspflichtigen als Ausschluss des Beseitigungsanspruchs des Eigentümers zu begreifen. Das Gesetz begründet, mit anderen Worten ausgedrückt, die Duldungspflicht des Eigentümers, um einen geldlichen Ausgleich zugunsten desjenigen stattfinden zu lassen, der in die fremde Rechtssphäre eingedrungen ist. In diesem Zusammenhang seien die Vorschriften über den Verwendungsersatz im Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer angeführt: Notwendige, aber aus der Sicht des Eigentümers aufgedrängte Verwendungen des unverklagten, gutgläubigen Besitzers sind in vollem Ausgleich zu erstatten (§ 994 Abs. 1 BGB); eine Beseitigungspflicht des Besitzers ist zu 437

Siehe dazu bereits oben III. 2. j), Seite 151.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

verneinen.438 Ebenso verhält es sich im Hinblick auf wertsteigernde Verbesserungen des gutgläubigen, unverklagten Besitzers: Der Eigentümer hat sie bis zur Höhe der getätigten Aufwendungen auszugleichen; er ist nicht berechtigt, ihre Entfernung zu verlangen (§ 996 BGB).439 Der Anspruch des Eigentümers auf Beseitigung des „Vorteils“ ist auch gegenüber dem verklagten oder bösgläubigen Besitzer ausgeschlossen, der eine zur Erhaltung der Sache zwar notwendige, dem Willen des Eigentümers aber zuwiderlaufende Verwendung vornimmt: Der Eigentümer hat die Steigerung des Verkehrswertes der Sache auszugleichen, obgleich die Maßnahme seinem Interesse oder Willen zuwiderlief (§§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB)440; die Anerkennung einer Beseitigungspflicht des Besitzers wäre hiermit nicht zu vereinbaren.441

Als weiteres Beispiel für die Verpflichtung des „Bereicherten“ zur Duldung eines ungebeten erlangten Vorteils sei das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag angeführt: Der Fremdgeschäftsführer kann den Ausgleich für die aufgedrängte Erhöhung des Verkehrswertes einer Sache, die im Eigentum des Geschäftsherrn steht, nach § 684 BGB bis zur Höhe seiner Aufwendungen ersetzt verlangen, sofern der entgegenstehenden Wille des Eigentümers nicht zu ermitteln war (§ 681 Satz 1 BGB).442 Unter diesen Voraussetzungen ist es dem Geschäftsherrn/Eigentümer versagt, die Beseitigung des gegenständlichen Zuwachses zu begehren. Akzeptiert der Geschäftsherr/Eigentümer den Vorteil, der gegen seinen erkennbaren Willen geschaffen worden ist, indem er sein Recht auf Beseitigung der Veränderung um ihrer Erhaltung willen nicht geltend macht, so kann der Geschäftsführer die Wertsteigerung kraft eines Kondiktionsanspruchs verlangen, weil der unberechtigt handelnde Fremdgeschäftsführer nicht schlechter als der angemaßte Eigengeschäftsführer gestellt sein darf.443

438

Insoweit zutreffend Jakobs, AcP 167, Seite 350, 373 f. Siehe dazu eingehend oben III. 2. j) aa), Seite 153 ff. 440 Dass die in § 994 Abs. 2 enthaltene Verweisung auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag auch die Vorschrift des § 684 BGB umfasst, wird im Einzelnen unten V. 2. c) aa) (a) (2), Seite 476 und V. 2. c) aa) (a) (3), Seite 477, dargelegt. 441 Siehe oben III. 2. j) aa) (a), Seite 153 f. 442 Siehe eingehend unten V. 2. b) ff) und V. 2. b) gg), Seite 420 ff. 443 Siehe oben III. 2. d) dd) a. E., Seite 102, und unten V. 2. b) hh), Seite 437. 439

6. Aufdrängungsschutz durch Beseitigung des Vorteils

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c) Der Vorrang des Beseitigungsanspruchs vor der Zahlungspflicht bei Vorteilen, deren Entstehung allein im Interesse des Bereicherten angeordnet ist Dem geldlichen Ausgleich eines Vermögenszuwachses kann das Recht des „Bereicherten“ aus § 1004 Abs. 1 BGB mit der Folge vorgehen, dass er die Beseitigung des „Vorteils“ verlangen und dementsprechend die Zahlung verweigern kann. Der Vorrang des Anspruchs aus § 1004 Abs. 1 BGB ist anzuerkennen, wenn das Gesetz die Ausgleichspflicht lediglich anordnet, weil es einen Vorteil zugunsten des Bereicherten als „erwünscht“ unterstellt, ihm mithin die Entscheidung anheimstellt, sich für oder gegen dessen Verbleib zu entscheiden. In diesem Sinne trägt der bereicherungsrechtliche Ausgleich im Falle des gesetzlichen Eigentumserwerbs nach § 951 Abs. 1 Satz 1 BGB dem Interesse des „Bereicherten“ Rechnung: Die durch eine Verbindung gewonnenen wirtschaftlichen Werte sollen nicht gesonderten Herrschaftsrechten unterliegen und gegen den Willen des Eigentümers der Hauptsache zerschlagen werden können.444 Die Intention der Regelung erschließt sich nicht zuletzt aus der Erwägung, dass der Verlust der Rechte an den Bestandteilen kraft der Verbindung oder Vermischung nicht im Interesse des Verlierenden angeordnet sein kann, wird ihm doch die Möglichkeit genommen, rechtsgeschäftlich über sein Eigentum zu verfügen. Von diesem Ausgangspunkt ist es nur konsequent, dem unfreiwillig „Bereicherten“ das Recht zu belassen, die Beseitigung des aufgedrängten Zuwachses aus § 1004 Abs. 1 BGB zu verlangen445: Da der Verlust des Eigentums an den Bestandteilen nicht im Interesse desjenigen angeordnet ist, dessen Recht erlischt, darf nicht zu seinen Gunsten die ausschließliche Vorteilhaftigkeit des Zuwachses auf der Seite des Erwerbers unterstellt werden. Dieses Vorgehen wäre, mit anderen Worten ausgedrückt, nur gerechtfertigt, müsste der Eigentümer den Eingriff in seine Dispositionsfreiheit um eines 444 BGHZ 23, Seite 61, 64; MünchKomm/Quack, 3. Auflage, § 951 Rdnr. 1 m. w. N.; Jakobs, AcP 167, Seite 350, 377; Tobias, AcP 94, Seite 371, 439; Tückmantel, a. a. O., Seite 92. 445 Im Ergebnis bereits Martin Wolff, a. a. O., Seite 66, insbesondere Fußnote 15. Die fortwirkende Störung verkennt etwa Tobias, AcP 94, Seite 371, 440 f. Nach der Deutung von Picker ist der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB im Falle des gesetzlichen Eigentumserwerbs zu verneinen, weil der „Bereicherte“ nicht aus rechtlichen, sondern nur aus „physischen“ Gründen gehindert sei, sein Eigentumsrecht nach Gutdünken auszuüben: Er könne die eingebauten oder sonst mit seinem Eigentum verbundenen Sachen entfernen, ohne selbst ein fremdes Recht zu verletzen. Siehe dazu Picker, Festschrift für Lange, Seite 625, 649 sub bb 1 und Seite 657 sub aa 1 sowie oben Fußnote 288).

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

geldlichen Ausgleichs willen (sic!) zugunsten desjenigen hinnehmen, der den Rechtsverlust zu beklagen hat.446 Anerkennt man das Recht des Bereicherten, die Beseitigung des Vorteils aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zu verlangen, so ist kein sachlicher Grund ersichtlich, ihm gleichzeitig die Befugnis einzuräumen, denjenigen auf das Wegnahmerecht zu verweisen, der das Eigentum an den Bestandteilen verloren hat447: Welchen eigenständigen Gehalt sollte die Verweisung auf das Wegnahmerecht neben dem Beseitigungsanspruch § 1004 Abs. 1 BGB haben?

d) Die Akzeptanz des Vorteils kraft des Verzichts auf den Beseitigungsanspruch Richtet man sein Augenmerk auf die Bestimmung des § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB, so macht das Gesetz den Ersatz des Zuwachses von dessen Akzeptanz durch den Bereicherten abhängig: Der Geschäftsherr schuldet dem angemaßten Eigengeschäftsführer Aufwendungsersatz im Umfang der bei ihm eingetretenen Bereicherung nur, wenn er das „aus der Geschäftsführung Erlangte herausverlangt“, d.h. als für sich vorteilhaft akzeptiert.448 Die Ausgleichspflicht knüpft mithin nicht an das Vorhandensein eines objektiven Vorteils (d.h. den Umstand, „etwas erlangt“ zu haben) an, sondern an die Entscheidung des Geschäftsherrn für diesen Vorteil, d.h. die Bewertung des objektiven Zuwachses als subjektiv erwünscht.449 Eine solche Akzeptanz lässt sich im Falle der Veränderung einer dem Geschäftsherrn gehörenden Sache nur annehmen, wenn er sich zwischen den Möglichkeiten, die Veränderung zu beseitigen oder sie zum eigenen Nutzen in seinem Vermögen zu belassen, für die zweite Alternative entscheidet. Der erlangte und akzeptierte Vorteil ist hier die Veränderung der Sache, nicht die damit verbundene Wertsteigerung.

Im Gegensatz zur angemaßten Eigengeschäftsführung ist der Ausgleich im Falle der irrtümlichen Eigengeschäftsführung (§ 687 Abs. 1 BGB) weder von der Akzeptanz des Geschäftsherrn abhängig noch den Einschränkungen der Fremdgeschäftsführung unterworfen: Er vollzieht sich auf der Grundlage des Bereicherungsrechts; dem „Bereicherten“ ist allerdings unter den Voraussetzungen des § 1004 BGB gestattet, die Beseitigung des aufgedrängten Zuwachses zu verlangen.

446

Siehe bereits oben III. 2. j) bb) (b), Seite 157. So aber Jakobs, AcP 167, Seite 350, 377. 448 Siehe dazu eingehend unten V. 2. b) ll), Seite 450 ff. 449 Das verkennt Reichard, AcP 193, Seite 567, 602, nach dessen Ansicht sich der Regelungshalt des § 687 Abs. 2 BGB – was den Anspruch auf das aus der Geschäftsführung Erlangte betrifft – mit demjenigen des § 819 BGB deckt. 447

6. Aufdrängungsschutz durch Beseitigung des Vorteils

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e) Der Begriff der „Beeinträchtigung“ im Sinne des § 1004 BGB Wegen des Einflusses, den der Beseitigungsanspruch auf die Ausgleichspflicht des Eigentümers ausübt, ist der Begriff der „Beeinträchtigung“ fremden Eigentums (bzw. eines sonstigen Rechts oder Rechtsgutes) im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB zu klären: Während nach überwiegender Ansicht – im Einklang mit einer umfangreichen Rechtsprechung – jede zurechenbare und fortdauernde Einwirkung auf eine fremde Sache, insbesondere auch deren objektiv vorteilhafte Umgestaltung450, die Haftung aus § 1004 BGB auslöst451, ist diese nach einer von Picker entwickelten Auffassung ausschließlich dazu bestimmt, die rechtliche Integrität des Eigentums zu schützen.452 Könne die Beeinträchtigung von dem „in seinem Gebrauchsbelieben beschränkten“ Eigentümer selbst beseitigt werden, ohne dass dieser gezwungen sei, fremde Rechte zu verletzen, scheide die Inanspruchnahme des „Störers“ aus § 1004 Abs. 1 BGB aus: Die Beeinträchtigung sei in diesem Falle „rein faktischer“ Natur. Die negatorische Verantwortlichkeit sei nur zu bejahen, wenn der in Anspruch Genommene das fremde Eigentumsrecht „usurpiert“ habe, d.h. durch sein Verhalten oder aber durch die Lage oder Ausstrahlung einer ihm gehörenden Sache eine Stellung einnehme, die ihm von Rechts wegen gegenüber dem betroffenen Gut nicht zukomme und die von dem betroffenen Rechtsinhaber nicht abgewehrt bzw. beseitigt werden könne, ohne dass dieser in ein fremdes Recht, insbesondere das des Störers, eingriffe.453 450 Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1004 Rdnr. 21 m. w. N.; Martin Wolff, a. a. O., Seite 66; Manfred Wolf, JZ 1966, Seite 467; Tückmantel, Seite 2. 451 Ich verweise auf die zahlreichen Nachweise bei Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1004 Rdnr. 3 und MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 1004 Rdnr. 21 f. 452 Grundlegend in seiner Habilitationsschrift „Der negatorische Beseitigungsanspruch“, Seite 49 ff.; mit derselben Konzeption in seinem Beitrag in der Festschrift für Gernhuber, Seite 315, 331 ff. Zustimmend Reimer in seiner von Picker betreuten Dissertation, a. a. O., Seite 164; Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1004 Rdnr. 5 bis 12, der allerdings den Anwendungsbereich des § 1004 BGB, etwa im Falle der „bereichernden Umgestaltung“ einer fremden Sache, weiter zieht als Picker. Widersprüchlich die Stellungnahmen von Gursky in Rdnr. 21 einerseits, wo dieser in bezug auf die „bereichernde Umgestaltung einer Sache“ den Beseitigungsanspruch bejaht, und in Rdnr. 43 andererseits, wo er bei einem Bau auf fremdem Boden diesen Anspruch verneint. 453 Picker, Der negatorische Beseitigungsanspruch, Seite 51 sub 2: „Die für § 1004 erhebliche Verletzung des Rechts des Eigentümers ist die Einschränkung seines rechtlichen Könnens, die infolge der Inanspruchnahme seines Eigentums durch einen Dritten besteht; sie trifft die Freiheit des Eigentümers, mit der Sache nach Belieben zu verfahren. Für § 823 dagegen genügt die Einschränkung des tatsächlichen Könnens, der realen Möglichkeit ihres Gebrauchs, wie sie mit jeder Beschädigung der Sache verbunden ist.“ Siehe auch Picker, Festschrift für Lange, Seite 625,

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Auf der Grundlage seiner Prämisse, dass die negatorische Haftung nur bei rechtlichen Beeinträchtigungen anzuerkennen sei, bewertet Picker die Beseitigungspflicht des Störers aus § 1004 Abs. 1 BGB als eine Zweckmäßigkeitsregelung, die „auch und gerade“ dem Schutz des Störers (sic!) diene: Dieser solle davor bewahrt werden, dass der gestörte Eigentümer im Rahmen der Selbsthilfe in den Rechtskreis des Störers eingreife. Mit anderen Worten ausgedrückt: Die Beseitigungspflicht des Störers solle diesen davor schützen, die Selbsthilfe des Gestörten dulden zu müssen, welcher „natürlicherweise“ darauf bedacht sei, die Beeinträchtigung mit dem geringsten Aufwand zu beheben. Die Selbsthilfe des Eigentümers sei für den Störer in der Regel der „empfindlichste Eingriff“.454 Dementsprechend solle der Störer entscheiden können, ob er dem Gestörten – soweit das Gesetz diese Möglichkeit anerkennt (wie etwa in § 910 BGB) – die Selbsthilfe gestatte oder aber selbst den rechtswidrigen Zustand beseitige.455 Die Bestimmung des § 1004 BGB als Schutzvorschrift zugunsten des Störers zu deuten, ist schwer nachvollziehbar, besteht doch Einvernehmen darüber, dass der Anspruch des Gestörten ebenso wie die Vindikation auf die Beseitigung einer dem Eigentumsrecht widerstreitenden tatsächlichen Situation gerichtet ist. Beide Ansprüche zielen auf die Herstellung eines rechtmäßigen Zustandes für die Zukunft, bezwecken mithin in erster Linie den Schutz des Eigentümers.456

Die von Picker verfochtene Beschränkung des § 1004 BGB auf die Beseitigung „rechtlicher“ Eingriffe hätte in etlichen Fällen der „aufgedrängten Bereicherung“ die Unanwendbarkeit des § 1004 BGB zur Folge. So soll der negatorische Anspruch zu versagen sein, wenn eine Sache mit einem fremden Gegenstand in der Weise verbunden wurde, dass sie deren wesentlicher Bestandteil geworden ist (§§ 946, 947 BGB): Der Eigentümer der Hauptsache, so Picker, sei hier „in seinem Gebrauchsbelieben“ nur faktisch gestört, weil die verbundene Substanz von dem Eigentümer nicht mehr als 657 sub aa 1. Zustimmend Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1004 Rdnr. 5 bis 12, ablehnend Herrmann, Der Störer, Seite 71 ff., insbesondere Seite 79 ff. Ausweichend Verse, a. a. O., Seite 126: Es sei „hier nicht der Ort, diesen Grundsatzstreit zur Dogmatik des § 1004 BGB zu entscheiden.“ 454 Picker, JuS 1974, Seite 357, 360 sub c und d, 362 sub b. 455 Picker, JuS 1974, Seite 357, 361 sub III 2; ähnlich bereits v. Tuhr, Allgemeiner Teil Band I, Seite 246 ff., Band II/2, Seite 471; gegen v. Tuhr: Rudolf Schmidt, a. a. O., Seite 4 f. Dogmatisch betrachtet müsste es sich um den Fall einer elektiven Konkurrenz mit Wahlrecht des eingreifenden Schuldners handeln. Im Prozess müsste der Gestörte beantragen, den Störer zu verurteilen, entweder die Selbsthilfe zu dulden oder den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Hätte der Gesetzgeber ein solches Wahlrecht bezweckt, hätte er das Selbsthilferecht des Gestörten und eine Abwendungsbefugnis des Störers angeordnet, nicht aber zum Schutz des Störers (!) dem Gestörten zwei Ansprüche, die Duldung seiner Selbsthilfe und die Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes, gegen den Störer eingeräumt. 456 Statt aller: Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1004 Rdnr. 2 a. E.; Herrmann, Der Störer, Seite 1. Die Vindikation weist dabei eine unverkennbare Nähe zur (Besitz-) Kondiktion auf (siehe dazu eingehend unten V. 2. d) aa) (d), Seite 540 ff.).

6. Aufdrängungsschutz durch Beseitigung des Vorteils

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Objekt fremder Herrschaft respektiert werden müsse.457 Da er rechtlich nicht gehindert sei, „nach Belieben“ mit seinem Eigentum zu verfahren, sondern die „ausschließlich physische“ Veränderung in eigener Macht beheben könne, sei die „Integrität der betroffenen Rechtssphäre“ gleichsam von selbst wiederhergestellt.458 Als Beispiel sei der eingangs angeführte Fall der Beseitigung eines von dem unrechtmäßigen Besitzer errichteten Gebäudes aufgegriffen. Hier hat der Eigentümer das Recht, den Besitzer – sei es auf Duldung des Abrisses durch ihn selbst459, sei es auf Abriss durch den Besitzer – in Anspruch zu nehmen.

Auch im Falle der Dereliktion einer Sache durch den Störer (§ 959 BGB) entfalle die negatorische Haftung, weil der „Gestörte“ die nunmehr eigentumslose Sache beseitigen könne, ohne in eine fremde Rechtssphäre eingreifen zu müssen.460 Jemand lagert seine Abfälle auf einem fremden Grundstück. Nach Ansicht von Picker hat – zivilrechtlich betrachtet – der Eigentümer der Immobilie die Entsorgung auf eigene Kosten zu veranlassen!

aa) Die Freiheit des Eigentümers (§ 903 BGB) als das durch § 1004 BGB geschützte Gut Die Ausklammerung „rein faktischer“ Beeinträchtigungen aus dem Anwendungsbereich des § 1004 BGB ist indessen nicht mit der Tatsache in Einklang zu bringen, dass die Bestimmung des § 903 BGB den Gebrauch 457

Picker, Der negatorische Beseitigungsanspruch, Seite 92, 116 ff. Festschrift für Lange, Seite 625, 649 f. und 659 f. Wörtlich heißt es (Seite 659 f. sub cc 2): „Um das eigentliche Ziel der §§ 946 ff., 93 ff. BGB zu erreichen, nimmt das geltende Recht den insoweit beschränkteren Erfolg der negatorischen Klage vorweg. Denn es stellt hier die Integrität und Einheit der betroffenen Rechtssphäre gleichsam schon selbst wieder her, indem es den ,erwerbenden‘ Eigentümer formalrechtlich in einer Weise begünstigt, die seine negatorische Abwehr erübrigt.“ 459 Die Pflicht zur Duldung des Abrisses durch den Grundstückseigentümer hängt davon ab, ob diesem ein Recht zur Selbsterfüllung zusteht. Siehe dazu Gursky, NJW 1971, Seite 782, 787. 460 Picker, Der negatorische Beseitigungsanspruch, Seite 92, 113 ff. Dagegen MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 1004 Rdnr. 23: Es sei „rechtspolitisch und dogmatisch (wegen der Kostenfrage)“ verfehlt, wenn sich der Eigentümer der störenden Sache schon durch deren Dereliktion von der Verantwortung nach § 1004 BGB befreien könne. Ebenso deutlich die Stellungnahme in der Festschrift für Hagen, Seite 157, 168: „Jedenfalls vermag ich ihr (gemeint ist die Ansicht von Picker) aber nicht zu folgen, weil sie letztlich den Bestand von Beseitigungsansprüchen in das Dereliktionsbelieben des Störers stellt.“ Im Ergebnis zustimmend Wetzel, a. a. O., Seite 116, 119: Der Begriff der „Störung“ bedeute die tatsächliche Inanspruchnahme von Befugnissen, die nach § 903 BGB einem anderen zugewiesen seien. Durch die „Lagerung“ von Sachen auf fremdem Boden werde „eine Art Herrschaft über das fremde Grundstück“ begründet. 458

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und die Nutzung einer Sache nach eigenem Belieben gestattet.461 Diese Freiheit ist dadurch, dass jemand – in welcher Weise auch immer – auf eine fremde Sache einwirkt, in folgender Weise betroffen462: (a) Zum einen vermag der Eigentümer die abstrakten Nutzungsbefugnisse und/oder seine konkreten Nutzungsentscheidungen (etwa den im Zeitpunkt des Eingriffs bereits gefällten Entschluss, einem Dritten den Gebrauch der Sache gegen Zahlung eines Mietzinses zu überlassen) nicht oder nicht in vollem Umfang zu verwirklichen. Er hat den vollständigen oder teilweisen, dauerhaften oder vorübergehenden Verlust von Nutzungsmöglichkeiten zu beklagen. Zu widersprechen ist der These, dass ein Beseitigungsanspruch nur anzuerkennen sei, wenn der Verwendungserfolg den konkreten Nutzungsabsichten des Eigentümers zuwiderlaufe463: Sofern das Verlangen des Eigentümers nicht als Schikane (§ 226 BGB) bzw. Rechtsmissbrauch (§ 242 BGB) zu bewerten ist, vermag er sich auf das Recht zu berufen, mit seiner Sache nach Gutdünken zu verfahren (§ 903 BGB).

Der Ausgleich dieses Nachteils mit dem Ziel, den ursprünglichen Zustand unter Berücksichtigung seiner hypothetischen Weiterentwicklung464 in Natur (Restitution, § 249 BGB) oder wenigstens nach einem wirtschaftlichem Maßstab (Kompensation, § 251 BGB) wiederherzustellen, ist Gegenstand des Schadensersatzrechts. Der Ersatzpflichtige hat nach Maßgabe der §§ 249 ff. BGB den Zustand des Eigentums herstellen, der bestünde, hätte er die rechtswidrige, das fremde Eigentumsrecht verletzende und ihm zurechenbare Handlung (hierbei handelt es sich um den „zum Ersatz verpflichtenden Umstand“ im Sinne des § 249 Abs. 1 BGB) nicht vorgenommen.465 Die faktisch eingebüßte Befugnis, mit der eigenen Sache nach Belieben zu verfahren (§ 903 BGB), lässt sich freilich rückwirkend nicht ungeschehen machen; sie erlischt unwiederbringlich mit dem Zeitablauf. Die in § 903 BGB ausgedrückte Befugnis, d.h. die ideelle Seite des Eigentums, lässt sich nur für den der Restitution nachfolgenden Zeitraum wiederherstellen. Dementsprechend wird dieser Aspekt der Eigentumsverletzung schadensersatzrechtlich ausgeklammert. Geschuldet sei nach § 249 BGB, so formuliert Helmut Heinrichs im Palandtschen Kommentar, die „Herstellung des gleichen wirtschaft461 Zur Entstehungsgeschichte des § 1004 BGB siehe Herrmann, Der Störer, Seite 142 ff. 462 Siehe dazu auch Lorenz, Festschrift für Medicus, Seite 367, 374 f. 463 Verse, a. a. O., Seite 126. 464 RGZ 143, Seite 267, 274. 465 Bezogen auf ein pflichtwidriges Unterlassen heißt das: Der Schädiger hat den Geschädigten so zu stellen, wie dieser stünde, wenn er pflichtgemäß gehandelt hätte.

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lichen Zustandes“, der ohne das schädigende Ereignis bestünde.466 Zwar sei die Naturalrestitution auch bei ideellen Schäden geschuldet, doch komme ihr in diesem Zusammenhang nur eine „geringe praktische Bedeutung“ zu, weil die „Herstellung meist unmöglich“ sei.467

Ist die einmal eingebüßte Eigentumsfreiheit im eigentlichen Sinne nicht ungeschehen zu machen, so beschränkt sich die Pflicht zur Wiederherstellung „in Natur“ aus § 249 BGB auf die Herbeiführung eines Zustandes, der – bezogen auf den Zeitpunkt vor der Verletzungshandlung – dem ursprünglichen (wenigstens wirtschaftlich) entspricht und insoweit die (wirtschaftliche) Integrität des Verletzten erneuert. Sollte im Anschluss an die Wiederherstellung die Eigentumsfreiheit im Sinne des § 903 BGB an der (beschädigten oder entzogenen) Sache „wiederaufleben“468, so handelt es sich hierbei um einen Reflex, nicht aber um den Gegenstand der schadensrechtlichen Restitution; diese bezweckt in erster Linie den Schutz der wirtschaftlich-gegenständlichen, nicht der ideellen Seite des Eigentums. In diesem Sinne gewährleistet das Schadensersatzrecht vornehmlich die tatsächliche Grundlage des Eigentums, d.h. sein „physisches Substrat“, und den wirtschaftlichen Ausgleich von Nachteilen, die mit dem Eingriff in das fremde Recht verbunden sind.469 Verlangt der an seinem Eigentumsrecht Verletzte die Reparatur der Sache, die Beschaffung eines Ersatzgegenstandes und/oder den geldlichen Ersatz für (dauerhaft oder vorübergehend) vereitelte Nutzungsmöglichkeiten, dann beinhaltet dieses Begehren stets, wenigstens wirtschaftlich so gestellt 466 62. Auflage, § 249 Rdnr. 2 unter zutreffender Bezugnahme auf BGH NJW 1985, Seite 793 (Hervorhebung durch Verf.). 467 62. Auflage, § 253 Rdnr. 3 (Hervorhebung durch Verf.). In der 61. Auflage, § 253 Rdnr. 2, verwendet Heinrichs anstelle der „Herstellung“ den Begriff der „Naturalbeseitigung“. 468 Als Beispiel führe ich den Gebrauch einer reparierten Sache an. 469 Dies sei anhand eines Urteils des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1975 (NJW 1975, Seite 778) erläutert: Das Gericht hatte über den Unterlassungsanspruch einer Klägerin zu entscheiden, auf deren Immobilie sich das Berliner Schloss Tegel befindet. Der Beklagte hatte sich auf den Besitz begeben, das Gebäude fotografiert und die Fotografien als Postkarten veräußert. Der Bundesgerichtshof sprach gegen den Beklagten das Verbot aus, fotografische Aufnahmen des Schlosses als Postkarten oder in Bildkalendern zu veröffentlichen oder zu vertreiben. Vor der Veräußerung der Postkarten konnte die Klägerin die Inanspruchnahme ihres Eigentumsrechts verhindern, d.h. die Veräußerung der Karten im Wege der vorbeugenden Unterlassungsklage verbieten, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung (weil auf die Verhinderung eines zu befürchtenden Schadens zielend). Nach der Veräußerung der Postkarten war diese Möglichkeit beseitigt. Folglich hätte die Klägerin nur noch einen auf die Vergangenheit bezogenenen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen können. Der Beklagte hätte sie in diesem Falle wirtschaftlich so zu stellen, als hätte sie – hypothetisch betrachtet – die Postkarten selbst erstellt und verkauft, § 251 Abs. 1 BGB.

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zu werden, wie er stünde, wäre die Handlung, die zur Substanzeinbuße bzw. zum Verlust von Nutzungsmöglichkeiten geführt hat, nicht vorgenommen worden.470 Er macht mithin einen Anspruch auf Schadensersatz geltend, dessen Bestehen von den jeweiligen Voraussetzungen der Anspruchsnorm, insbesondere vom Merkmal des Verschuldens, abhängt. (b) Die Einwirkung hat nicht nur die Aufhebung oder Einschränkung der abstrakten Befugnisse und konkreten Nutzungsentscheidungen des Rechtsinhabers zur Folge, sondern stellt sich auf der Seite des Eindringlings als Verwirklichung fremder Eigentumsbefugnisse (wie dies bei dem Bau auf fremdem Grund und Boden geschieht) oder Überdehnung eigener Rechte (wie dies bei der Verursachung von Immissionen der Fall ist) dar.471 Der Eigentümer hat in diesen Gestaltungen nicht nur den (kraft Zeitablaufs unwiederbringlich) vollständigen oder teilweisen Verlust seiner Befugnisse aus § 903 BGB zu beklagen, sondern ist, was den zukünftigen Gebrauch der Sache betrifft, durch die fremde Disposition in seiner Entschließungsfreiheit eingeschränkt.472 bb) Der eigenständige Anwendungsbereich des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB im Verhältnis zum Schadensersatzrecht Soll der Vorschrift des § 1004 BGB ein eigenständiger Anwendungsbereich zukommen, muss es sich bei der zu beseitigenden „Beeinträchtigung“ um einen Zustand handeln, der ungeachtet der Unversehrtheit der Substanz, des Ausgleichs unwiederbringlich eingebüßter Nutzungen und der Aus470 Der Beeinträchtigung oder Zerstörung der Sachsubstanz ist der Fall gleichzustellen, dass die bestimmungsgemäße Verwertung einer (in ihre Substanz unbeeinträchtigten) Sache unmöglich ist (in diesem Sinne BGHZ 105, Seite 346: Ein Fischzüchter, dem giftiges Fischfutter geliefert wurde, hat gegen den Hersteller des Futters einen Anspruch auf Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt der Eigentumsverletzung nach § 823 Abs. 1 BGB nicht nur insoweit, als Fische verendeten oder erkrankten, sondern auch insoweit, als sie zwar kein Futter aufnahmen und deshalb gesund blieben, aber wegen des Risikos einer Vergiftung nicht mehr verkauft werden durften). 471 Die Beeinträchtigung muss auf einer menschlichen Willensbetätigung beruhen oder von einer durch Menschenhand geschaffenen Anlage ausgehen, d.h. kausal auf ein menschliches Verhalten zurückgeführt werden können (zutreffend F. Baur, AcP 160, Seite 465, 480; vgl. zum Ganzen Herrmann, Der Störer, Seite 12 ff., 18 ff. mit zahlreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Schrifttum). Verzichtete man auf diese Kausalität, so gelänge es nicht, den zur Beseitigung eines störenden Zustandes Verpflichteten zu bestimmen. 472 Dies verkennen – wie Picker in seiner Habilitationsschrift „Der dingliche Beseitigungsanspruch“, Seite 23 sub 2, zutreffend hervorhebt – weite Teile der Rechtsprechung und Lehre: Sie sehen das Wesensmerkmal der „Beeinträchtigung“ ausschließlich in der physischen Eigenart der Verletzung.

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übung der Sachherrschaft durch den Rechtsinhaber als „Eigentumsverletzung“ zu qualifizieren ist: Die Zerstörung oder Beschädigung des physischen Substrats, die damit verbundene und bereits eingetretene Einbuße von Nutzungsmöglichkeiten und der Besitzverlust sind nach Maßgabe des Schadensersatzrechts zu „beseitigen“. Der Ausgleich dieser Nachteile ist – sieht man einmal von dem Anspruch des Eigentümers gegen den deliktischen Besitzer auf Herausgabe der Sache ab473 – von einem schuldhaften Handeln des Verpflichteten abhängig. Die Differenzierung des Eigentumsschutzes nach dem Kriterium der Sorgfaltswidrigkeit ist hierbei im vorliegenden Zusammenhang nicht in Frage zu stellen: Sie ist durch die Regelungen des §§ 823 ff., 249 ff. BGB einerseits und §§ 985, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zwingend vorgegeben!

Die nach § 1004 BGB zu beseitigende „Beeinträchtigung“ besteht dementsprechend nicht in der Beschädigung der fremden Sachsubstanz, sondern in der bloßen Veränderung von Nutzungsmöglichkeiten, mithin der idellen Seite des Eigentums.474 Zwar lassen sich auch die Entziehung, Beschädigung und Zerstörung bei wörtlicher Auslegung unter den Begriff der „Beeinträchtigung“ fassen.475 Dieses Verständnis verbietet sich jedoch, weil das Gesetz andernfalls widersprüchliche Regelungen enthielte 476: Nach §§ 823, 473 Dass derjenige, der sich den Besitz an einer fremden Sache durch unerlaubte Handlung verschafft hat, die Rückgabe an den Eigentümer aus §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB schuldet, ist streng genommen überflüssig: Diese Pflicht ergibt sich unabhängig vom Merkmal des Vertretenmüssens aus § 985 BGB und § 812 BGB. Da jedoch die angeführten Bestimmungen lediglich auf die Abschöpfung einer unrechtmäßig ausgeübten Sachherrschaft zielen, entfaltet die deliktsrechtliche Verantwortlichkeit ihre eigenständige Bedeutung, wenn die Herausgabepflicht nicht mehr erfüllt werden kann (vgl. § 848 BGB). 474 Das verkennt Rudolf Schmidt, a. a. O., Seite 41 ff., insbesondere Seite 55 sub 6, nach dessen Auffassung die (schuldlose) Beschädigung einer Sache uneingeschränkt den Anspruch des Eigentümers aus § 1004 Abs. 1 BGB rechtfertigt. Vgl. dazu – ablehnend – Picker, Der negatorische Beseitigungsanspruch, Seite 21 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; Planck/Brodmann, § 1004 Anm. 2b, wonach Schmidt zu dem „nicht gerade ermutigenden Ergebnis“ (?!) gelange, dass der schuldlos handelnde Täter zwar frei ausgehe, wenn er die Sache gänzlich zerstöre, dagegen, wenn er sie nur beschädige und dadurch ihre Gebrauchsmöglichkeit beeinträchtige oder aufhebe, die Reparatur bezahlen müsse. Die Unterscheidung zwischen dem Schutz der Eigentumsfreiheit im Sinne des § 903 BGB einerseits und ihrem physischen Substrat andererseits verkennt letztlich auch Herrmann, Der Störer, Seite 82 sub C sowie – die Frage der Substanzverletzung als „Beeinträchtigung“ im Sinne des § 1004 BGB ausdrücklich offenlassend – Seite 133 f. 475 Bezeichnend formuliert Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1004 Rdnr. 20: „. . . mit Hilfe des negatorischen Abwehranspruchs (kann) immer nur die Aufgabe der schädigenden Einwirkung für die Zukunft verlangt werden, nicht aber die Rückgängigmachung . . . der Verletzungsfolgen.“ (Hervorhebungen durch Verf.)

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249 Abs. 1 BGB würde die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes (die „Beseitigung der Beeinträchtigung“ im Sinne einer Naturalrestitution) ein schuldhaftes Verhalten des Schädigers voraussetzen, während sie nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB unabhängig von einer Sorgfaltswidrigkeit geschuldet wäre. Die Auffassung von Gursky, die hier vorgenommene Abgrenzung zwischen der Beseitigungs- und der Schadensersatzpflicht beruhe auf einer „zusätzlichen Dezision“, die Ausdruck „reiner Willkür“ sei, weil es an der „nötigen Wertungsvorgabe“ fehle477, vermag nicht zu überzeugen: Die gesetzliche Differenzierung des Eigentumsschutzes gebietet es, bestimmte „Folgenachteile“ verschuldensunabhängig, andere dagegen nur unter den engeren Voraussetzungen des Schadensersatzes zu beheben bzw. auszugleichen.

Die Ausgrenzung der schadensrechtlichen Naturalrestitution aus dem Anwendungsbereich des § 1004 BGB weist auf die ideelle Seite des § 903 BGB: die Befugnis des Eigentümers, mit der eigenen Sache nach Belieben und unabhängig von der Einwirkung Dritter zu verfahren. Diesen Ausgangspunkt betont zutreffend Picker, freilich ohne daraus Konsequenzen für die Abgrenzung des Schadensersatzanspruchs von dem Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung zu ziehen478: „Grundsätzlich anders als die Haftung auf Schadensersatz verfolgt die negatorische Haftung nicht die vermögensmäßige Integrität des Verletzten oder der ihm zugeordneten Güter. Nach zutreffender Deutung ist sie vielmehr dazu bestimmt, die Freiheit des Eigentums oder sonstiger gegenüber dem Gegner geschützter Rechtsgüter oder Rechte zu schützen . . .“ Eine Verletzung der in § 903 BGB umschriebenen Befugnis, die sich nicht notwendig mit einer Substanzverletzung oder der rechtswidrigen Innehabung der Sachherrschaft verbindet und also nicht auf den Ausgleich damit verbundener Nachteile zielt, ist zu bejahen, wenn die fremde Sache mit Zubehör bzw. mit Gegenständen versehen wird, denen die rechtliche Quali476 Im Ansatz unzutreffend BGHZ 135, Seite 235: Das Gericht hatte über den Anspruch eines Grundstückseigentümers gegen seinen Nachbarn auf Wiederherstellung von Tennisplätzen zu entscheiden, die durch die Wurzeln einiger Pappeln auf dem Nachbargrundstück „Verwerfungen und Verwölbungen“ erlitten hatten. Es führt aus, dass der Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB nicht nur die Beseitigung der Wurzeln, sondern auch die Reparatur der Plätze umfasse (a. a. O., Seite 238). Vgl. dazu Medicus, Festschrift für Hagen, Seite 157, 165 und 171: Die Annäherung des Anspruchs auf Beseitigung einer Beeinträchtigung an einen Schadensersatzanspruch sei verfehlt, weil sie die negatorische Inanspruchnahme zu einer unkontrollierten Gefährdungshaftung ausweite. Zum Gebot, die Rechtsordnung widerspruchsfrei zu interpretieren, oben II. 1., Seite 25. 477 Im Staudingerschen Kommentar, Neubearbeitung 1999, § 1004 Rdnr. 135. 478 Festschrift für Lange, Seite 625, 657 sub aa 1; siehe auch Festschrift für Gernhuber, Seite 315, 322 sub II 1.

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tät von Bestandteilen zuzumessen ist (§§ 94 bis 96 BGB). Darüber hinaus wird die Freiheit des Eigentümers faktisch in Anspruch genommen, wenn die Sache – sie es bewusst, sei es unbewusst – zu Lager- oder Entsorgungszwecken für Objekte benutzt wird, die weder als Zubehör noch als Bestandteile der Hauptsache zu qualifizieren sind.479 In all diesen Gestaltungen werden die Dispositionen des Eigentümers der Hauptsache von fremder Hand „gelenkt“: Er muss, ist er (wieder) im Besitz der Sache, die zugefügten Teile entfernen, um sein Recht zu wahren, mit der Sache nach eigenem Belieben zu verfahren. (a) Ist die Zufügung von Zubehör, Bestandteilen oder anderen Objekten mit einer Einwirkung auf die fremde Sachsubstanz verbunden, so ist derjenige, der sich die darin ausgedrückte fremde Nutzungsbefugnis anmaßt, nicht aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verpflichtet, die Substanzeinbuße auszugleichen; diese Rechtsfolge ist allein Gegenstand des Schadensersatzrechts. Geschuldet ist kraft des negatorischen Anspruchs lediglich die Beseitigung des gegenständlichen und von der vorausgegangenen Verletzung der fremden Sachsubstanz zu trennenden „Erfolgs“.480 Als Beispiel führe ich den mir aus der anwaltlichen Praxis berichteten Fall an, dass jemand in Verkennung der Grundstücksgrenze auf dem Nachbargrundstück eine (mit dem Erdboden nicht fest verbundene) Kompostanlage errichtet. Unabhängig von der Frage, ob ihm eine Sorgfaltspflichtverletzung zur Last fällt, ist er gegenüber dem Nachbarn im Ausgangspunkt aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB gehalten, dessen freie Disposition über die von der Anlage überdeckte Grundstücksfläche wiederherzustellen, d.h. die Anlage zu beseitigen. Sollte er hierbei die fremde Substanz verletzen, schuldet er deren Wiederherstellung aus dem Gesichtspunkt sowohl der Schlechterfüllung einer gesetzlichen Verbindlichkeit als auch der Eigentumsverletzung. Unterliegt der Störer als gutgläubiger Besitzer der in Anspruch genommenen Fläche keiner Schadensersatzpflicht (§§ 989, 990 Abs. 1 BGB), ist zugunsten des Störers allerdings ein Ausschluss der Beseitigungspflicht zu erwägen.481

479 Man denke an die bereits erwähnten Abfälle, die auf fremdem Grund und Boden „entsorgt“ werden. 480 Diese Erkenntnis verbirgt sich hinter der unbestimmten Formulierung des Bundesgerichtshofs, wonach der Anspruch auf Beseitigung „zumindest ein Stück weit dieselbe wiederherstellende Wirkung wie der Schadensersatzanspruch habe.“ 481 Die Pflicht des gutgläubigen Eigenbesitzers zur Beseitigung aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ist allerdings nicht zu bezweifeln, wenn es sich bei der Kompostanlage nicht um eine Verwendung handelt (unklar MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 1004 Rdnr. 64): Alle anderen Eingriffe in die Dispositionsfreiheit als sachbezogene Aufwendungen fallen (soweit sie nicht bereits nach den Vorschriften über den Verwendungsersatz geldlich auszugleichen sind!) unter den Eigentumsschutz des § 1004 BGB, wie gerade das Beispiel der Hinterlassung von Abfällen oder zurückgebliebenen Gegenständen erweist.

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Die von Fritz Baur482 verwendete Formulierung, der Störer483 habe nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB – sofern dies rechtlich und tatsächlich möglich sei484 – den „contrarius actus“ vorzunehmen, ist wenig hilfreich, ja sogar verwirrend485: Sie gestattet den Schluss, dass der Störer den Zustand herzustellen hat, der bestünde, wenn nicht in die fremde Sachsubstanz (sic!) eingegriffen, also eine Beschädigung der Sache verursacht worden wäre. Die unterschiedlichen Rechtsfolgen des Schadensersatz- und des Beseitigungsanspruchs seien anhand des Beispiels verdeutlicht, dass jemand auf fremdem Grund und Boden unbefugt ein fundamentiertes Gebäude errichtet.486 Als Schadensersatzschuldner hat der Erbauer die Einwirkungen auf 482

F. Baur, AcP 160, Seite 465, 489. Bei dem „Störer“ handelt es sich nach herkömmlichem Verständnis um denjenigen, der die Beeinträchtigung zurechenbar verursacht hat (sog. haftungsbegründende Kausalität), sie willentlich aufrechterhält oder als Rechtsnachfolger für sie verantwortlich ist (vgl. beispielsweise BGH NJW 1995, Seite 2633, 2634 sub 2; NJW 1996, Seite 845, 846 sub I. 2; BGHZ 122, Seite 283, 284; BGHZ 110, Seite 313; Taupitz, Festschrift für Hagen, Seite 469, 476 f. m. w. N.; RGRK-Pikart, 12. Auflage, § 1004 Rdnr. 58 f.). Abweichend Pleyer, AcP 156, Seite 291, 304 ff., 310, der die Haftung eines Eigentümers im Sinne einer sog. „Zustandshaftung“ an die der Sache innewohnenden Gefährlichkeit anknüpfen will. Dagegen Kübler, AcP 159, Seite 236, 280, sowie Picker, Der negatorische Beseitigungsanspruch, Seite 95 ff. Letzterer macht die Haftung eines Grundstückseigentümers für die von seiner Immobilie ausgehenden Störungen davon abhängig, ob die Beeinträchtigung durch eine „künstliche Veränderung“ der „störenden“ Liegenschaft bedingt ist (a. a. O., Seite 107). 484 Die Beseitigung einer Störung der Eigentümerbefugnisse an einem Grundstück ist aus rechtlichen Gründen beispielsweise unmöglich, sofern die Beeinträchtigung der Eigentümerbefugnisse durch ein kraft des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs wirksam erworbenes Nutzungsrecht (etwa eine Grunddienstbarkeit) gedeckt oder aus dem Gesichtspunkt des entschuldigten Überbaus zu dulden ist. Aus tatsächlichen Gründen scheitert die Beseitigung, wenn sie aus technischen Gründen nicht vorgenommen werden kann (BGH NJW 1996, Seite 845; dazu sogleich im Text). 485 Ablehnend Picker, Der negatorische Beseitigungsanspruch, Seite 23, der die bildhafte Formulierung verwendet, die Beeinträchtigung im Sinne des § 1004 BGB sei zu verneinen, wenn „der Gegner sich gleichsam hinter seine Grenzen zurückgezogen“ habe (a. a. O., Seite 87; ebenso Seite 103). Gegen Baur auch Picker in der Festschrift für Gernhuber, Seite 315, 328. 486 Dieses Beispiel entlehne ich dem mir von einem Berliner Rechtsanwalt berichteten Sachverhalt, dass eine Gruppe von Personen eine unbebautes Grundstück „besetzt“ und auf der Immobilie mehrere notdürftige Gebäude errichtet hat. Unterstellt, dem Eigentümer entgehen durch die Inbesitznahme des Grundstücks Gewinne aus Vermietung oder Verpachtung: Verlangt er hierfür Ersatz, so begehrt er den Zustand, der bestünde, wäre die Immobilie nicht „besetzt“ worden (§ 252 BGB). Verlangt er die Herstellung eines Zustandes, der demjeingen gleichwertig ist, in dem sich die Immobilie vor der Besetzung befand, so kann dieses Begehren nur Gegenstand des Schadensersatzanspruchs sein (§§ 989, 990 Abs. 1 BGB; 823 Abs. 1 i.V. m. 992 BGB). Verlangt er die Herstellung der freien Disposition über die be483

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die Sachsubstanz (Ausschachtungen etc) rückgängig zu machen, d.h. die Immobilie in den gleichwertigen Zustand zurückzuversetzen, in dem sie sich vor dem Beginn der Ausschachtungsarbeiten befand (§§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB). Die Beseitigung des Gebäudes und des Fundamentes schuldet er dagegen als Störer487; hierbei handelt es sich um den von der Einwirkung auf die Substanz (d.h. von einer Handlung, deren Rückgängigmachung bei schuldhaftem Handeln geschuldet ist!) zu trennenden störenden Zustand (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die beiden Ansprüche: der Beseitigungs- und der Schadensersatzanspruch, bestehen nebeneinander. Fasste man die Beseitigung des Gebäudes entgegen der hier vertretenen Ansicht unter den Schadensersatzanspruch, weil sie einen „Zwischenschritt“ zur Wiederherstellung der Unversehrtheit von Grund und Boden darstellt, so könnte der Geschädigte nach dem Wortlaut des Gesetzes anstelle des Abrisses des Gebäudes den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen (§ 249 Abs. 2 BGB). Dieses Begehren wäre indessen abzulehnen: Andernfalls bestünde die Gefahr, dass der Eigentümer einen bereits geleisteten Geldbetrag nicht für den Abriss verwendet, sondern sich stattdessen für die Nutzung des Gebäudes entscheidet. Dadurch würde er die Bebauung als vorteilhaft akzeptieren; der kraft des Geldbetrags auszugleichende „Schaden“ wäre entfallen. Um das greifbare Risiko dieser (kraft der objektiv festzustellenden Verkehrswertsteigerung jedenfalls nicht ganz fernliegenden!) „Umbewertung“ nicht dem Schädiger in der Weise aufzubürden, dass er gehalten ist, den bereits entrichteten Betrag aus ungerechtfertigter Bereicherung zurückzuverlangen (§ 812 Abs. 1 Satz 2, 1. Fall BGB), könnte der Geschädigte lediglich den Abriss des Gebäudes (d.h. die Vornahme einer vertretbaren Handlung im Sinne des § 887 ZPO) verlangen.

Ist die Beseitigung des Gebäudes selbst nicht Gegenstand des Schadensersatzanspruchs, so lässt sich doch immerhin behaupten, dass sie stets geschuldet ist, wenn es im Hinblick auf die Unversehrtheit der Sachsubstanz um die Herstellung des sog. status quo ante geht und das Gesetz keine Duldungspflicht des Eigentümers hinsichtlich des „Vorteils“ anordnet: Die Erfüllung der Schadensersatzpflicht setzt dann die Beseitigung des „Vorteils“ voraus. Beschädigt der Störer im Rahmen der Beseitigung die fremde Sachsubstanz über das erforderliche Maß hinaus, so haftet er hierfür aus unerlaubter Handlung. baute Grundstücksfläche, so ist er hierzu aus dem Gesichtspunkt der fortwirkenden Dispositionsbeschränkung, die auf die Nutzungsentscheidungen der „Besetzer“ zurückzuführen sind, berechtigt (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB). Da die Beseitigung der Gebäude nötig ist, um das Grundstück in den ursprünglichen Zustand zu versetzen, kumulieren die Rechte. 487 Der Ausschluss einer Nutzung der überbauten Fläche nach freiem Belieben ist zwar als Beeinträchtigung des Eigentumsrechts, die Errichtung des Gebäudes auf dem ausgeschachteten Gelände aber nicht als „Beschädigung der Sache“ zu bewerten.

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(b) Wirkt jemand auf die fremde Sache mittels eines Stoffes ein, der sich untrennbar mit ihr verbindet (etwa bei der Vergiftung des Bodens), so kann auch durch diese Sachbeschädigung die Befugnis des Eigentümers betroffen sein, mit seiner Sache nach Belieben zu verfahren. Freilich: Auf der Grundlage des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB kann er nicht die Wiederherstellung des Zustandes verlangen, in dem sich seine Sache vor der Verbindung befand (§ 249 Abs. 1 BGB).488 Er ist jedoch berechtigt, die Beseitigung des störenden Stoffes zu begehren. Der Bundesgerichtshof hatte sich in einem Urteil aus dem Jahre 1995489 mit der Frage zu beschäftigen, ob die Eigentümerinnen eines Grundstücks von dem früheren Betreiber eines Unternehmens auf dem Nachbargrundstück die Kosten für die Beseitigung von kontaminiertem Boden verlangen konnten. Das Gericht führt im Hinblick auf den Beseitigungsanspruch aus: Der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB könne nicht daran scheitern, dass die isolierte Entfernung der in das Erdreich eingedrungenen Schadstoffe technisch nicht durchführbar sei. Der Störer sei gehalten, eine erweiterte Leistung zu erbringen. Im konkreten Fall erstrecke sich der Beseitigungsanspruch auf die Entfernung des Erdreichs und dessen Entsorgung.490

Besteht die Beeinträchtigung ausschließlich in der Beschädigung fremder Sachsubstanz – als Beispiel sei der Bodenaushub auf einem fremdem Grundstück angeführt – so kann die Beseitigung dieser „Beeinträchtigung“ nicht aus § 1004 Abs. 1 BGB verlangt werden: Die Auffüllung des Grund488 Insoweit zutreffend Taupitz, Zivilrechtliche Instrumente des Bodenschutzes, These 7, wo es heißt: „Substanzverletzungen sind . . . nicht gemäß § 1004 Abs. 1 BGB zu beseitigen, sondern nur (verschuldensabhängig) über § 823 Abs. 1 bzw. 2 BGB.“ (Hervorhebungen durch Verf.); ebenso in der Festschrift für Hagen, Seite 469, 482 f. Taupitz versäumt allerdings, die „Beseitigung der Substanzverletzung“ als Herstellung des Zustandes zu qualifizieren, der demjeingen gleichwertig ist, in dem sich die Sache vor der Substanzverletzung befand. 489 BGH NJW 1996, Seite 845. Von der Anerkennung des Beseitigungsanspruchs aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Frage zu unterscheiden, ob die Eigentümerinnen des verseuchten Grundstücks berechtigt waren, ihren Anspruch im Wege der Selbsthilfe durchzusetzen und die Kosten der „Ersatzvornahme“ zu verlangen (dazu Gursky, JZ 1992, Seite 311, 313 ff. m. w. N.). Anerkennt man diese Befugnis, so hat dies zur Folge, dass der Gläubiger den Schuldner – möglicherweise ohne oder gegen dessen Willen – von einer Verbindlichkeit befreit. Siehe zur „aufgedrängten Befreiungswirkung“ oben III. 2. i) cc) (a), Seite 145 und unten V. 2. b) jj), Seite 440 ff. 490 A. a. O., Seite 846. – Die Beseitigung der eingedrungenen Chemikalien konnte sowohl aus dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung der Eigentümerfreiheit (§ 1004 BGB) als auch im Sinne eines „notwendigen Zwischenschrittes“ aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes (§§ 823 Abs. 1, 249 BGB) verlangt werden, weil die (auf die zukünftige Nutzung des Grundstücks bezogene) Lenkung der Eigentümerdisposition und die Sachbeschädigung ausnahmsweise in einem Akt zusammenfallen. Im Ergebnis ebenso, freilich auf die „Untrennbarkeit der Kosten“ abstellend: Medicus, Festschrift für Hagen, Seite 157, 162.

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stücks mit neuem Erdreich beinhaltet die wirtschaftlich gleichwertige Wiederherstellung der Sachsubstanz und ist lediglich als Schadensersatz in Natur geschuldet.491 (c) Nach alledem besteht das Recht des Eigentümers aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ungeachtet des Umstandes, ob die ihm gehörende Sache durch die Zufügung von Zubehör etc. in ihrer Substanz (sei es unmittelbar, sei es mittelbar durch Wertverlust) nachteilig verändert wurde. Ist dies allerdings der Fall, so scheidet der Beseitigungsanspruch aus, sofern der Eigentümer einen Ausgleich für die Substanzverletzung – sei es durch Wiederherstellung in Natur (§ 249 Abs. 1 BGB), sei es durch Zahlung einer Geldsumme – begehrt. Verlangt jemand den Ausgleich einer Substanzeinbuße, so fordert er nicht den Schutz seiner (bezogen auf die Vergangenheit unwiederbringlich eingebüßten!) Dispositionsfreiheit492; das Gesetz bezieht hier den Ausgleich des „Verletzten“ vielmehr auf sein Integritätsinteresse, d.h. auf das Recht, sein Vermögen (zumindest bei wirtschaftlicher Betrachtung) in seiner konkreten Zusammensetzung zu erhalten.493 Daraus folgt für das immer wieder herangezogene Beispiel494 desjenigen, der einen Stein durch ein geschlossenes Fenster in ein fremdes Gebäude geworfen hat: Er ist aus § 1004 Abs. 1 BGB verpflichtet, den Stein zu entfernen, um die Disposition des Eigentümer im Hinblick auf den durch den Fremdkörper eingenommenen Raum und die unter ihm befindliche Fläche wiederherzustellen495; die Reparatur des Fensters ist indessen Gegenstand der Schadensersatzpflicht. (d) Die Freiheit des Eigentümers, über Existenz und Nutzung seiner Sache unabhängig von einer Einwirkung Dritter zu entscheiden, ist – ungeach491

Dass der Schadensersatz auf die Wiederherstellung eines gleichwertigen Zustandes gerichtet ist, der ohne die Beeinträchtigung der Sachsubstanz bestünde, wird von Taupitz, Festschrift für Hagen, Seite 469, 481 ff. nicht gewürdigt. 492 Insoweit zutreffend Reimer, a. a. O., Seite 56 f.: „. . . die Dispositionsfreiheit ist zwar . . . auch bei der Bestimmung des Schadensersatzes zu berücksichtigen, ihr Schutz ist aber nicht Ziel des Schadensersatzes. . . . Sicher wird die Dispositionsfreiheit im Rahmen der Restitution mitgeschützt, aber das geschieht mehr oder weniger zwangsläufig.“ Unzutreffend insbesondere Rudolf Schmidt, a. a. O., Seite 53 mit der Gleichbehandlung der fortdauernden Beeinträchtigung und der Beschädigung. 493 Entgegen der Auffassung von Picker lassen sich mithin als geschützte Aspekte des Eigentums nicht „tatsächliche“ und „rechtliche“ Beeinträchtigungen, sondern die Freiheit im Sinne des § 903 BGB einerseits und die tatsächliche Grundlage dieser Freiheit andererseits unterscheiden. Die Definition des Integritätsinteresses findet sich bei Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 818. 494 Siehe etwa BGH NJW 1996, Seite 845, 846; Herrmann, JR 1998, Seite 240, 242, 243. 495 Siehe im Hinblick auf den Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB: RGZ 63, Seite 374, 378 f.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

tet einer Substanzverletzung – nicht nur durch die Zufügung von Zubehör, Bestandteilen und anderen Gegenständen bzw. Substanzen berührt. Sie kann auch dadurch betroffen sein, dass der Störer eigene Befugnisse überdehnt.496 Die Eigentümerbefugnisse werden durch zahlreiche Vorschriften des bürgerlichen, aber auch des öffentlichen Rechts beschränkt.497 Zu den wichtigsten Beschränkungen des Privatrechts zählen die das Eigentumsrecht begrenzend und erweiternd festlegenden Vorschriften der §§ 904, 905 und das Nachbarrecht im Sinne der §§ 906 ff.498

Die „Beseitigung der Beeinträchtigung“ vollzieht sich hier in der Weise, dass der Zustand hergestellt wird, der ohne die als „Überdehnung“ zu bewertende Handlung bestünde.499 Sie kann in einem bloßen Unterlassen bestehen, aber auch ein positives Tun erforderlich machen.500 Hat sich die „Überdehnung“ der Befugnisse mit einer Substanzverletzung verbunden, gelten die im Hinblick auf eine Zufügung von Zubehör etc. angestellten Erwägungen entsprechend: Der Beseitigungs- und der Schadensersatzanspruch bestehen nebeneinander.501 496 Insoweit ebenso Gursky, JZ 1992, Seite 312, 313: „Wenn Grundstücksbestandteile . . . körperlich in den Eigentumsraum eines Nachbargrundstücks hineinragen, so liegt allein darin regelmäßig eine Eigentumsbeeinträchtigung, weil der betroffene Nachbar unter diesen Umständen nicht in dem gesamten räumlichen Bereich seines Eigentums nach Belieben verfahren kann und der Eigentümer des ersteren Grundstücks durch die grenzüberschreitenden Bestandteile praktisch seinen Herrschaftsbereich in den Eigentumsraum des Nachbarn ausdehnt.“ 497 Bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Vorschriften beispielsweise grenzen die Eigentumssphären hinsichtlich spezieller Gebrauchs- und Nutzungsbefugnisse ab. Sie beschränken die Eigentumsfreiheit im Sinne einer Duldungspflicht (§ 1004 Abs. 2 BGB), welche – worauf Picker zutreffend hinweist – „die Gebrauchsfreiheit des einen Eigentümers auch innerhalb seines Grundstücks begrenzt und die entsprechend den Freiheitsraum seines Nachbarn über dessen Grundstücksgrenzen hinaus erweitert“ (Festschrift für Lange, Seite 682 sub bb; ders., AcP 176, Seite 28, 42). Im Ergebnis ebenso MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 1004 Rdnr. 29 und Rdnr. 52. 498 Palandt/Bassenge, 62. Auflage, § 903 Rdnr. 12. 499 Irreführend die Kommentierung von Palandt/Thomas, 62. Auflage, Einf v § 823 Rdnr. 25 im Hinblick auf die Klage eines Grundstückseigentümers, gerichtet auf Unterlassung eines Bordellbetriebs auf dem Nachbargrundstück, wo es wörtlich heißt: „Diese Klage ist ihrem Wesen nach Herstellungsanspruch gemäß § 249 und erfordert den subjektiven und objektiven Tatbestand einer unerlaubten Handlung . . .“. Sie verkennt, dass die Herstellung der kraft fremder Disposition beeinträchtigten Entschließungsfreiheit auch in den Bereich der – im konkreten Fall freilich unbegründeten – Klage aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB fällt. Der Bordellbetrieb für sich gesehen verletzt nicht die Eigentumsfreiheit des Nachbarn, begründet mithin aus der Sicht des Betreibers keine Überdehnung der eigenen Eigentumsbefugnisse (vgl. BGH NJW 1985, Seite 2823). 500 Ein bloßes Unterlassen kann beispielsweise im Hinblick auf Lärmimmissionen geschuldet sein.

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Diese Erkenntnis gilt beispielsweise bezogen auf den Fall, dass der Eigentümer einer Immobilie sein Grundstück vertieft, so dass der Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verliert und das darauf errichtete Gebäude erhebliche Risse erleidet502: Der sein Grundstück vertiefende Eigentümer überdehnt seine Eigentumsrecht im Hinblick auf nachbarliche Belange und schuldet aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Beseitigung der Vertiefung.503 Die Behebung der Schäden an dem Nachbargebäude schuldet er indessen nur, wenn ihm ein sorgfaltswidriges Verhalten vorzuwerfen ist; eine derartige Ersatzpflicht ist ausschließlich aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes zu rechtfertigen. Entsprechend ist ein Sachverhalt zu beurteilen, über den der Bundesgerichtshof im Jahre 1997 zu entscheiden hatte504: Pappeln, die auf dem Grundstück der Beklagten standen, waren auf Grundstücke des Klägers hinübergewachsen und hatten zu Verwerfungen und Wölbungen des Bodenbelags von Tennisplätzen geführt, die der Kläger auf seinem Grund und Boden angelegt hatte. Die Entfernung des Wurzelwerks schuldete die Beklagte in entsprechender Anwendung des § 910 BGB aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB.505 Die Wiederherstellung der Tennisplätze hingegen konnte nach der 501

Siehe oben unter III. 6. e) bb) (a), Seite 207. Der Sachverhalt ist dem Urteil BGHZ 101, Seite 290, entlehnt. 503 Vgl. RGZ 103, Seite 174, 175. Der Beseitigungsanspruch ist nicht aus § 909 BGB, sondern aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB gerechtfertigt: Nur die zuletzt genannte Vorschrift stellt die entsprechende Rechtsfolge zur Verfügung (a. A. – ohne Begründung – Palandt/Bassenge, 62. Auflage, § 909 Rdnr. 9). Die Auffassung des Reichsgerichts, der Beseitigungsanspruch sei zu verneinen, weil der Störer im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht mehr Eigentümer des vertieften Grundstücks war, ist nur eingeschränkt zu teilen: Sofern die Vornahme von „Vorkehrungen zur Beseitigung der Gefahr weiterer Nachrutsche“ in Rede stand, war der (Handlungs-)Störer aus dem Gesichtspunkt der Unmöglichkeit befreit; er vermochte auf der nunmehr fremden Immobilie keine entsprechenden Vorkehrungen zu treffen. Darüber hinaus lässt sich die vom Gericht vorgenommene Beschränkung der Verantwortlichkeit allenfalls mit dem Zweck der §§ 909 ff. BGB: dem Schutz nachbarlicher Belange, rechtfertigen (in diesem Sinne RG a. a. O., Seite 176). 504 BGHZ 135, Seite 235. Das Gericht hatte über die Erstattung der Kosten zu entscheiden, die der Kläger, d.h. der Eigentümer des Grundstücks, auf dem sich die Tennisplätze befanden, aufgewendet hatte, um die Plätze wieder in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen. Damit stellte sich für das Gericht die Frage, ob der Kläger als Gläubiger eines Beseitigungsanspruchs aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB befugt war, von dem beseitigungspflichtigen Beklagten die Erstattung der Selbsthilfeaufwendungen aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) zu verlangen: Dies war zu bejahen, wenn der Beklagte ohne rechtlichen Grund von seiner Verbindlichkeit befreit worden war. 505 Im Ergebnis ebenso wohl Medicus, Festschrift für Hagen, Seite 157, 161: „§ 1004 BGB kann auf das Fällen der Bäume (zur Vermeidung weiterer Beeinträchtigungen) und das Beseitigen der grenzüberschreitenden Wurzeln beschränkt werden.“ 502

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

hier vertretenen Auffassung nur auf der Grundlage eines Schadensersatzanspruchs verlangt werden. cc) Bürdete man dem durch die fremde Disposition in seiner Entschließungsfreiheit gestörten Eigentümer – was Picker befürwortet506 – die Beseitigung der „faktischen“ Beeinträchtigung auf, so verkürzte man den Schutz der in § 903 BGB umschriebenen Freiheit: Die rein tatsächliche Inanspruchnahme der Eigentümerbefugnis, mit der Sache nach Belieben zu verfahren (etwa das Lagern von Abfällen auf einem fremden Grundstück), hat eine Fremdbestimmung des Eigentümers zur Folge, ist mithin als fortwirkende Beschränkung seiner Dispositionsfreiheit zu bewerten.507 Die Vorschrift des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ist mithin wie folgt zu lesen: „Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes oder Zerstörung der Sachsubstanz beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Im Falle der Beschädigung der Sachsubstanz beinhaltet die Beseitigung nicht die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes.“ dd) Aus dem Schutzzweck des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB folgt, dass die Vorschrift nicht auf den Ersatz wirtschaftlicher Interessen, sondern ausschließlich auf die Herstellung ideeller Eigentümerbefugnisse gerichtet ist: Die schadensersatzrechtlichen Normen der §§ 249 Abs. 2, 250 bis 252 BGB sind hier grundsätzlich nicht anzuwenden.508 Der Beseitigungs506 Siehe dazu oben III. 6. e), Seite 197; der Ansicht von Picker folgend: Gursky, JZ 1996, Seite 683, 684, Buchholz/Radke, Jura 1997, Seite 454, 459 ff. 507 Zutreffend BGH NJW 1996, Seite 845, 846; Köbl, a. a. O., Seite 74 f.; ähnlich F. Baur, AcP 160, Seite 465, 488 f. Im Ergebnis ebenso MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 1004 Rdnr. 23: Die von Picker vorgenommene Beschränkung des Beseitigungsanspruchs auf rechtliche Beeinträchtigungen schränke den Schutz des Eigentums „in einer willkürlich erscheinenden Weise“ ein. Unzutreffend daher Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1004 Rdnr. 43. 508 Dazu Picker im Hinblick auf die Frage, ob die Bestimmung des § 251 Abs. 2 BGB auf den Beseitigungsanspruch anzuwenden ist (Festschrift für Lange, Seite 625, 662 f.): „Die Beseitigung eines Schadens wird nach den Wertungen des Gesetzes . . . dadurch erreicht, daß der Schädiger für den verletzungsbedingten vermögensmäßigen Nachteil Wiedergutmachung leistet. Es gilt hier folglich der Grundsatz, daß Naturalrestitution und Geldzahlung äquivalente Formen der Ersatzleistung sind. Der Übergang von der Naturalrestitution auf Geldersatz bedeutet in diesem Bereich also einen ganz gewöhnlichen Vorgang: Die Kompensation erfüllt hier . . . uneingeschränkt die Ordnungsfunktion dieser Haftung. Gerade entgegengesetzt wäre demgegenüber die Wirkung, würde auch der negatorisch haftende ,Störer‘ mit derselben Normalität und in derselben Weise zu Geldkompensation befugt sein. Die Ersetzungsbefugnis, die § 251 Abs. 2 BGB ziel- und funktionsgerecht für die Schadenshaftung eröffnet, wäre hier der Funktion und den Zielen der Haftung direkt konträr: Eben weil diese Norm den spezifischen Verletzungstatbestand des § 1004 BGB nicht erfaßt, würde das von ihm zu schützende spezifische Interesse des Gestörten weithin vereitelt.“ Ebenso bereits in AcP 176, Seite 28, 52 ff.; insoweit ähnlich

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anspruch ist insoweit, so lässt sich schlagwortartig formulieren, ausschließlich „zukunftsbezogen“509, der Schadensersatzanspruch hingegen auch und vor allem „vergangenheitsbezogen“.510 Da der (vorübergehende oder dauerhafte) Fortfall einer Nutzungsmöglichkeit nur wirtschaftlich auszugleichen ist, kann er nur Gegenstand des Schadensersatzes sein.

Der Beschränkung der Beseitigungspflicht aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB auf ideell-restitutorische Maßnahmen wird das Gesetz sprachlich nicht zuletzt dadurch gerecht, dass es zwischen der Verpflichtung zum „Schadensersatz“ und der Verpflichtung zur „Beseitigung einer Beeinträchtigung“ unterscheidet. ee) Die hier verfochtene Abgrenzung zwischen dem Delikts- und Schadensersatzrecht einerseits (§§ 823, 249 ff. BGB) und dem Eigentumsfreiheitsanspruch andererseits (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) entspricht in bestimmter Weise dem Verhältnis zwischen der deliktsrechtlichen Verantwortlichkeit aus §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB und dem Herausgabeanspruch aus § 985 BGB: Der dingliche Herausgabeanspruch knüpft – ebenso wie die Bestimmung des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB – nicht an eine unrechtmäßige Handlung, sondern an einen unrechtmäßigen Zustand (das unrechtmäßige Innehaben der Sachherrschaft) an.511 Auch er zielt ausschließlich auf Restitution im ideellen, nicht im wirtschaftlichen Sinne.512 Herrmann, JR 1998, Seite 240, 242, 243, die zutreffend hervorhebt, dass die Beseitigungspflicht aus § 1004 BGB nicht den Ersatz von Folgeschäden außerhalb des gestörten Eigentums umfasse. Die entsprechende Anwendung des § 251 Abs. 1 BGB ist freilich insoweit geboten, als dem gestörten Eigentümer das Recht zur sog. Selbsterfüllung zusteht (beispielsweise aus dem Gesichtspunkt der Besitzwehr bei Störung der Sachherrschaft durch verbotene Eigenmacht, §§ 859 Abs. 1 i.V. m. 858 BGB); die durch die Selbsterfüllung eintretende Unmöglichkeit der Störungsbeseitigung darf sich hier nicht zugunsten des Störers auswirken. Der Eigentümer muss folglich die Kosten für die Beseitigung auf den Störer abwälzen dürfen (in diesem Sinne bereits oben III. 2. i) cc) (b), Seite 146 ff.). 509 Um die Entschließungsfreiheit im Hinblick auf die künftige Nutzung seiner Sache umfassend zu gewährleisten, räumt das Gesetz dem Eigentümer nicht nur einen Beseitigungsanspruch, sondern auch das Recht ein, das Unterlassen einer Tätigkeit zu verlangen, die als Eigentumsbeeinträchtigung zu qualifizieren wäre (§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB). 510 Insoweit (!) zutreffend Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1004 Rdnr. 136. 511 Ebenso wie die Vorschrift des § 985 BGB beinhaltet § 1004 BGB keine Verpflichtung zur Folgenbeseitigung (insoweit zutreffend Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1004 Rdnr. 98 und 134; ebenso die Argumentation des OLG Hamm als Berufungsgericht in der Entscheidung RGZ 127, Seite 29, 33 sub 4.; unklar Hohloch, a. a. O., Seite 178 bis 181). Im Hinblick auf die durch § 823 BGB geschützten Rechtsgüter (beispielsweise die körperliche Unversehrtheit, das allge-

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Im Unterschied zum Schadensersatz soll der Beseitigungsanspruch mithin – ebenso wie der Herausgabeanspruch des Eigentümers gegen den unrechtmäßigen Besitzer aus § 985 BGB – lediglich gewährleisten, dass der Eigentümer mit der Sache nach eigenem Belieben verfahren kann. So wie der Eigentümer nicht gehalten ist, die Ausübung der Sachherrschaft durch einen Dritten mit Wirkung für die Zukunft zu dulden (§ 985 BGB), hat er sich auch nicht damit abzufinden, dass seine zukünftigen Dispositionen mittelbar durch die Folgen eines Fremdgebrauchs „gelenkt“ und auf diese Weise (mit-) bestimmt werden (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB). Beide Vorschriften zielen mithin nicht auf den Ausgleich materieller Einbußen. Darin sind die von Picker betonten „unterschiedlichen Ordnungsfunktionen“ des Schadensersatzes einerseits und der dinglichen Ansprüche aus §§ 1004, 985 BGB andererseits begründet. Das Gesagte sei an einem auf den Herausgabeanspruch aus § 985 BGB bezogenen Beispiel verdeutlicht: Der Eigentümer vermag die Rückgabe der gestohlenen Sache von dem Dieb sowohl aus § 985 BGB als auch aus unerlaubter Handlung (§§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB) zu verlangen. Trotz der identischen Rechtsfolge ist an der unterschiedlichen Funktion der Ansprüche nicht zu zweifeln: Während die Vindikation ausschließlich auf die Herstellung des Zustandes zielt, der nach dem Inhalt des konkreten Eigentumsrechts (§ 903 BGB) bestehen soll, bezweckt die deliktsrechtliche Haftung – ungeachtet der Verpflichtung des Schädigers zur Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB – letztlich die Herstellung eines der ursprünglichen Lage gleichwertigen Zustandes. Während die Vindikation auf die Herstellung eines dem Eigentumsrecht entsprechenden Zustandes für die Zukunft gerichtet ist, dient der Schadensersatz der Behebung eines in der Vergangenheit entstandenen Nachteils.

Die hier betonte Gemeinsamkeit der Rechte aus §§ 985 und 1004 BGB: der Schutz der Freiheit des Eigentümers, erschließt sich aus dem Blickwinkel des Eigentümers. Sie darf indessen nicht über einen gewichtigen Unterschied zwischen den Ansprüchen hinwegtäuschen, der aus der Perspektive des Besitzers zu erkennen ist: Während dem Besitzer mit der Vindikation ein Vorteil, nämlich die Sachherrschaft, entzogen wird, bezweckt der Anspruch aus § 1004 BGB die Beseitigung einer Störung unabhängig von der meine Persönlichkeitsrecht und die Fortbewegungsfreiheit) beschränkt sich der Schutz aus § 1004 BGB auf die Verpflichtung eines potentiellen Störers, eine (bereits eingetretene oder zu befürchtende) Beeinträchtigung mit Wirkung für die Zukunft zu unterlassen (§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung): Da eine bereits eingetretene Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder des Körpers im übertragenen Sinne stets als „Substanzverletzung“ zu bewerten ist, bestimmen sich die Naturalrestitution und der Ausgleich wirtschaftlicher Folgen ausschließlich nach schadensersatzrechtlichen Vorschriften. Zur vorbeugenden Unterlassungsklage siehe Palandt/Thomas, 62. Auflage, Einf v § 823 Rdnr. 18 f. m. w. N. 512 Auf den wirtschaftlichen Kompensationsgedanken verweisen die Vorschriften der §§ 989, 990 Abs. 1 BGB, die eine Schadensersatzpflicht des bösgläubigen Besitzers begründen.

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Frage, ob der Verpflichtete aus diesem Umstand einen (kondizierbaren) Nutzen gezogen hat. Die Vindikation hat mithin kondiktionsähnlichen, der negatorische Anspruch deliktsähnlichen Charakter.513 Diesen Unterschied verkennt Picker, nach dessen Auffassung die Bestimmung des § 1004 BGB auf den Entzug eines vom Störer usurpierten Vorteils zielt. Dementsprechend wäre der Beseitigungsanspruch des Eigentümers letztlich als eine bereicherungsrechtliche Haftung zu deuten – eine Konsequenz, die Picker ausdrücklich zieht514: „Denn grundsätzlich anders als bei der Haftung auf Schadensersatz, . . . im Prinzip aber gleich wie bei der Bereicherungshaftung, geht es hier ausschließlich darum, dem Gegner zu nehmen, was ihm rechtlich nicht zukommt. Immer anders als die schadensrechtliche Restitutionspflicht geht seine negatorische Haftung also nicht dahin, unter Einsatz eigener Mittel einen Nachteil des Gläubigers auszugleichen. Vielmehr hat der ,Störer‘ – wie besonders anschaulich der vindikatorisch belangte Besitzer beweist – lediglich die Position aufzugeben, die er in Widerspruch zum Inhalt des Rechts des ,Gestörten‘ tatsächlich einnimmt.“ Gegen diese von Picker vorgenommene Qualifikation spricht vor allem der Umstand, dass das Gesetz in der Vorschrift des § 1004 Abs. 1 BGB außer dem Beseitigungs- einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch des Eigentümers anerkennt: Sollte es sich um einen – der gesetzlichen Systematik gänzlich fremden – „vorbeugenden Bereicherungsanspruch“ handeln?515

ff) Ist die von Picker vertretene These, eine Beeinträchtigung im Sinne des § 1004 BGB beinhalte eine „Rechtsusurpation“ im Sinne der Anmaßung von Herrschaftsbefugnissen, abzulehnen, so ist – zum Ausgangspunkt zurückkehrend516 – festzustellen, dass der geldliche Ausgleich für einen Eigentumserwerb nach §§ 946 ff. BGB durch den negatorischen Anspruch im Grundsatz abgewehrt werden kann: Der Eigentümer der Hauptsache vermag kraft des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Beseitigung der Gegenstände zu verlangen, auf die sich sein Recht nunmehr erstreckt.517

513 Dem angeführten Unterschied werden die Motive nicht gerecht (Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite 236): „Der Entw. geht davon aus, daß der negatorische Anspruch der Vindikation in seinem Wesen gleichartig ist und von derselben nur durch die Art der Eigenthumsverletzung, deren Beseitigung erstrebt wird, sich unterscheidet.“ Siehe zum Ganzen Herrmann, Der Störer, Seite 144 ff.; dies., JuS 1994, Seite 273, 277 sub II 4. 514 Der negatorische Beseitigungsanspruch, Seite 51 f., 129; ders., Festschrift für Lange, Seite 625, 658 sub aa. 515 Gegen den kondiktionsrechtlichen Charakter des negatorischen Anspruchs – insbesondere im Hinblick auf Immissionen – Herrmann, Der Störer, Seite 94 f. sub b. 516 Siehe oben III. 6., Seite 191. 517 In diesem Sinne auch Köbl, a. a. O., Seite 80; Rudolf Schmidt, a. a. O., Seite 9 sub 3 aa.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

7. Der Aufdrängungsschutz kraft des Rechts auf Beseitigung angefallener Vorteile – eine Zusammenfassung in Thesen 1. Der Ausgleich für die Wertsteigerung einer Sache entfällt, wenn derjenige, in dessen Eigentum – sei es bewusst, sei es unbewusst – eingegriffen wurde und der auf diese Weise einen zwar objektiv messbaren, aber ohne sein Einverständnis entstandenen Vorteil erlangt hat, dessen Beseitigung zu verlangen vermag (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) und sich auf dieses Recht beruft: Es widerspricht Treu und Glauben, den Eigentümer zur Zahlung eines Ausgleichs anzuhalten, den er nach der Erfüllung der Beseitigungspflicht durch den Verwender wieder herausverlangen könnte. Es liegt hier in der Hand des „Bereicherten“, die Erstattung der Wertsteigerung abzuwenden.518 Versäumt er es im gerichtlichen Verfahren, sich auf den Einwand des treuwidrigen Verhaltens zu berufen, geht dies allerdings zu seinen Lasten.519 2. Der Eigentümer hat Vorteile, die gegen seinen Willen bewirkt bzw. getätigt worden sind, auszugleichen, sofern das Gesetz die Zahlungspflicht gerade im Interesse desjenigen anordnet, der den Zuwachs herbeigeführt oder das Opfer erbracht hat. Die Anerkennung der Ersatzpflicht ist als Preisgabe des Schutzes vor unerbetenen Eingriffen in die Sphäre des Berechtigten und aus dessen Blickwinkel als Ausschluss seines Beseitigungsanspruchs zu begreifen.520 3. Der Vorrang des Anspruchs aus § 1004 Abs. 1 BGB ist anzuerkennen, wenn das Gesetz die Ausgleichspflicht lediglich anordnet, weil es den Vermögenszuwachs zugunsten des Bereicherten als „erwünscht“ unterstellt. Von diesem Regelungsziel aus ist es nur konsequent, ihm im Ausgangspunkt das Recht der Beseitigung zu belassen.521 4. Im Falle einer angemaßten Eigengeschäftsführung schuldet der Geschäftsherr dem Geschäftsführer den Ersatz seiner Aufwendungen im Umfang der bei ihm eingetretenen Bereicherung nur, wenn er das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ herausverlangt, d.h. als für sich vorteilhaft akzeptiert. Die Ausgleichspflicht knüpft hier nicht an einen objektiven Vorteil des Geschäftsherrn, sondern an dessen subjektive Bewertung an. Hat der Ge518

Siehe oben III. 6. a), Seite 191. Akzeptiert der Eigentümer die Störung nachträglich als vorteilhaft, hat er die Wertsteigerung geldlich auszugleichen, § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung. 519 Siehe oben Fußnote 433 dieses Abschnitts. 520 Siehe oben III. 6. b), Seite 193. 521 Siehe oben III. 6. c), Seite 195.

7. Aufdrängungsschutz kraft Rechts auf Beseitigung angefallener Vorteile 217

schäftsführer eine Sache des Geschäftsherrn verändert, setzt die Billigung eines Vorteils voraus, dass sich der Geschäftsherr gegen die Beseitigung und dafür entscheidet, die Veränderung zum eigenen Nutzen in seinem Vermögen zu belassen.522 5. Die „Beeinträchtigung“ des Eigentums im Sinne des § 1004 BGB bedeutet jede zurechenbare und fortdauernde, tatsächliche oder rechtliche Einwirkung auf eine fremde Sache, auch deren objektiv vorteilhafte Umgestaltung.523 Die Beschränkung auf rein rechtliche Eingriffe ist nicht mit der Bestimmung des § 903 BGB in Einklang zu bringen, die den Gebrauch und die Nutzung einer Sache nach eigenem „Belieben“ gestattet.524 6. Wirkt jemand – in welcher Weise auch immer – auf eine fremde Sache ein, so hat dies zur Folge, dass der Eigentümer die abstrakten Nutzungsbefugnisse und/oder seine konkreten Nutzungsentscheidungen nicht oder nicht in vollem Umfang zu verwirklichen vermag. Er hat den vollständigen oder teilweisen, dauerhaften oder vorübergehenden Verlust von Nutzungsmöglichkeiten zu beklagen.525 Auf der Seite des Eindringlings stellt sich die Einwirkung als Verwirklichung fremder Eigentumsbefugnisse oder Überdehnung eigener Rechte dar.526 7. Die Zerstörung oder Beschädigung des physischen Substrats, die damit verbundene und bereits eingetretene Einbuße von Nutzungsmöglichkeiten und der Besitzverlust sind nach Maßgabe des Schadensersatzrechts zu „beseitigen“. Da die einmal eingebüßte Eigentumsfreiheit nicht restituiert werden kann, beschränkt sich die Pflicht zum Schadensersatz „in Natur“ auf den Zustand, welcher der ursprünglichen, vor der Verletzungshandlung bestehenden Lage wenigstens wirtschaftlich gleichkommt und insoweit die wirtschaftliche Integrität des Verletzten erneuert.527 Der Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB weist über die wirtschaftlichgegenständliche Seite des Eigentums hinaus auf die ideelle Seite des Rechts: Der Störer hat zu gewährleisten, dass das Selbstbestimmungsrecht des Eigentümers unabhängig von seiner Einwirkung ausgeübt werden kann.528 8. Kraft des Schadensersatzes ist die Herstellung des gleichen wirtschaftlichen Zustandes geschuldet, der ohne das schädigende Ereignis bestünde, d.h. die Wiederherstellung des sog. Integritätsinteresses als des Rechts, das 522 523 524 525 526 527 528

Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe

oben oben oben oben oben oben oben

III. III. III. III. III. III. III.

6. 6. 6. 6. 6. 6. 6.

d), Seite 196. e), Seite 197. e) aa), Seite 199. e) aa) (a), Seite 200. e) aa) (b), Seite 202. e) aa) (a), Seite 200. e) bb), Seite 202.

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III. Der Aufdrängungsschutz im BGB – die wesentlichen Leitlinien

Vermögen, wirtschaftlich betrachtet, in seiner konkreten Zusammensetzung zu erhalten.529 9. Die Vorschrift des § 1004 BGB verfolgt nicht die Kompensation wirtschaftlicher Interessen, sondern die Restitution der ideellen Eigentümerbefugnisse. In diesem Sinne ist der Beseitigungsanspruch zukunfts- und der Schadensersatzanspruch vergangenheitsbezogen.530 10. Die Abgrenzung zwischen dem Delikts- und dem Schadensersatzrecht einerseits und dem Anspruch, die Freiheit des Eigentums zu verteidigen andererseits, entspricht in bestimmter Weise dem Verhältnis zwischen der deliktsrechtlichen Verantwortlichkeit und dem dinglichen Herausgabeanspruch: Die deliktsrechtliche Schadensersatzpflicht soll die Unversehrtheit der Sachsubstanz, den Ausgleich für eingebüßte Nutzungen und die Sachherrschaft des Eigentümers wiederherstellen. Der Anspruch auf Herausgabe aus § 985 BGB knüpft dagegen nicht an eine unrechtmäßige Handlung, sondern einen unrechtmäßigen Zustand an; er zielt auf die Restitution des beeinträchtigten Rechts im ideellen Sinne, nicht auf die Kompensation eingetretener Schäden im wirtschaftlichen Sinne.531 11. Die Verwandtschaft der Ansprüche auf Herausgabe und Beseitigung einer Beeinträchtigung ist jedoch aus der Sicht des Besitzers mit verschiedenen Folgen verknüpft: Die Vindikation entzieht dem Besitzer die Sachherrschaft; der Anspruch, eine Beeinträchtigung des Eigentums zu beseitigen, besteht unabhängig davon, ob der Verpflichtete aus der Störung einen (kondizierbaren) Nutzen gezogen hat. Die Vindikation hat einen kondiktionsähnlichen, der negatorische Anspruch einen deliktsähnlichen Charakter.532 12. Die von Picker vertretene These, die „Beeinträchtigung“ des Eigentums im Sinne des § 1004 BGB beinhalte eine bereicherungsähnliche „Rechtsusurpation“ im Sinne der Anmaßung von Herrschaftsbefugnissen, ist nicht nur wegen ihrer einseitigen Ausrichtung auf die rechtliche Seite des Eigentums abzulehnen. Sie verträgt sich auch nicht mit der gesetzlichen Systematik, der ein „vorbeugender Bereicherungsanspruch“ fremd ist.533

529 530 531 532 533

Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe

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III. III. III. III. III.

6. 6. 6. 6. 6.

e) e) e) e) e)

bb) (c), Seite 209. dd), Seite 212. ee), Seite 213. ee), Seite 213. ee) a. E., Seite 215.

IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im anglo-amerikanischen, französischen, österreichischen und schweizerischen Recht Die vom Gegenstand dieser Arbeit vorgezeichnete dogmatische Rechtsvergleichung ist ihrem Begriff nach die Methode, das Institut des Aufdrängungsschutzes vergleichbarer Ordnungen mit dem Ziel zu prüfen, die Vorzüge und Schwächen der gesetzlichen Regelungen, der Rechtsprechung und der wissenschaftlichen Bearbeitung zu erschließen.1 Das Bemühen jeder Vergleichung, sich Ähnlichkeiten und Verschiedenheiten ihrer Gegenstände bewusst zu machen2, darf sich in einer dogmatischen Untersuchung nicht damit begnügen, Rechtssätze und Lehrmeinungen aus der Vogelperspektive zu sammeln und nebeneinander zu stellen: Sie wird erst dann greifbare Ergebnisse hervorbringen, wenn sie dem geschriebenen und nicht geschriebenen Recht gerade in den Sachverhalten und den dazu ergangenen Gerichtsentscheidungen nachgeht, die sich wegen der Scharfkantigkeit der zu entscheidenden Fragen das Ausweichen in unbestimmte Formulierungen nicht erlauben können.3 Da sich diese Sachverhalte in jeder der hier dargestellten Rechtsordnungen ereignen und die Arbeit des Juristen veranlassen können, sind die Resultate der Vergleichung, ungeachtet der verschieden ausfallenden, weil durch die Gesetze beeinflussten Lösungen, keineswegs zufällig.4 Die in den Fall eindringende Vergleichung kann einen überzeugenderen Zugang zu dem im geschriebenen Recht im wesentlichen unerschlossenen Gebiet der „aufgedrängten Bereicherung“ bereiten. 1 Zum Begriff und den Zielen der Rechtsvergleichung: Zweigert/Kötz, a. a. O., §§ 1 bis 3, insbesondere Seite 4, mit der treffenden Gegenüberstellung der „Makro“und der „Mikrovergleichung“; Großfeld, a. a. O., Seite 32 f.; Rabel, Aufgabe und Notwendigkeit der Rechtsvergleichung, Seite 1 ff. 2 Zum Begriff der „Vergleichung“: Eisler, a. a. O. 3 Zutreffend E.-H. Kaden in: Schlegelberger, Rechtsvergleichendes Handwörterbuch, zum Stichwort „Rechtsvergleichung“, Seite 9, 18, über die Handhabung der dogmatischen Rechtsvergleichung durch Erforschung der Praxis des täglichen Lebens, insbesondere der Judikatur. 4 Zutreffend Zweigert/Kötz, a. a. O., § 3 II, Seite 34: „Rechtsquelle im Sinne rechtsvergleichender Forschung ist alles, was das Rechtsleben der herangezogenen Ordnung gestaltet oder mitgestaltet. . . . In diesem Umfang und in diesen Grenzen sind Gesetzes- und Gewohnheitsrecht, Rechtsprechung (sic!) und Rechtswissenschaft, Typenverträge und Allgemeine Geschäftsbedingungen, Handelsbräuche und Sitten zu studieren.“

220

IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

Das beschriebene Vorgehen vermag die systematische Festlegung des Ausgleichs „aufgedrängter Bereicherungen“ im deutschen Recht in doppelter Hinsicht zu fördern: Zum einen können die gewonnenen Ergebnisse herangezogen werden, um den Ausgleich „aufgedrängter Bereicherungen“ auf der Grundlage des Bürgerlichen Gesetzbuchs vom Ausgangspunkt her entweder zurückhaltend oder großzügig festzulegen. Die Rechtsvergleichung erleichtert mithin die Entscheidung über die grundlegende Ausrichtung der Lösung des Konfliktes zwischen der Zurückweisung einer ungebetenen Einmischung in fremde Angelegenheiten einerseits und dem Ausgleich solcher Vorteile, die dem Bereicherten unabhängig von einer – wenn auch nichtigen – Abrede zugeflossen sind. Zum anderen können die ausländischen Rechtssätze und Judikate eine systematische Behandlung der „aufgedrängten Bereicherung“ im deutschen Recht erleichtern; lassen sie klare, über die einzelnen Rechtsinstitute hinausreichende Regeln des Ausgleichs erkennen, kann dieser Umstand für die widerspruchsfreie Deutung bürgerlich-rechtlicher Normen, ja die Entwicklung eines Systems des Aufdrängungsschutzes nutzbar gemacht werden. Im Folgenden sollen die Positionen des anglo-amerikanischen, des französischen, des schweizerischen und des österreichischen Rechts zu dem hier behandelten Thema der „aufgedrängten Bereicherung“ dargestellt werden. Aus methodischer Sicht ist anzumerken, dass der Begriff der „aufgedrängten Bereicherung“ kein Systembegriff des deutschen Zivilrechts ist, sondern lediglich ein Phänomen umschreibt, das keiner der genannten Rechtsordnungen fremd ist.5 Freilich wird sich erweisen, dass diese Ordnungen das vorliegende Thema – nicht anders als das Bürgerliche Gesetzbuch – als Gegenstand des Vertragsrechts, der Geschäftsführung ohne Auftrag, des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses und des Kondiktionsrechts behandeln. Selbst das anglo-amerikanische Recht, mit dem der rechtsvergleichende Abschnitt beginnen wird, entlehnt seine Lösungen diesen (römischrechtlichen) Instituten.

5 Zur Methode der Rechtsvergleichug heißt es bei Zweigert/Kötz, a. a. O., § 3 II, Seite 33: „Das methodische Grundprinzip der gesamten Rechtsvergleichung . . . ist das der Funktionalität. . . . vergleichbar ist im Recht nur, was dieselbe Aufgabe, dieselbe Funktion erfüllt. . . . Die Ausgangsfrage jeder rechtsvergleichenden Arbeit muß deshalb rein funktional gestellt, das zu untersuchende Problem frei von den Systembegriffen der eigenen Rechtsordnung formuliert werden.“

1. Der Aufdrängungsschutz im anglo-amerikanischen Recht

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1. Der Aufdrängungsschutz im anglo-amerikanischen Recht a) Die „individualistische Geisteshaltung“ im anglo-amerikanischen Rechtskreis – beispielhaft verdeutlicht aa) Nicht jede entwickelte Rechtsordnung anerkennt einen Ausgleichsanspruch desjenigen, der ungebeten im fremden Interesse tätig wird und damit in den Lebensbereich eines anderen, genauer gesagt: in dessen Entschließungsfreiheit, eingreift. Im Gegensatz zu den kontinental-europäischen Zivilgesetzbüchern, die das Institut der „negotiorum gestio“ aufgenommen haben, ist der anglo-amerikanische Rechtskreis im Kern vom römischen Recht unbeeinflusst geblieben.6 Das „officium“ der römischen Gesellschaft, das zum Beistand unter gleichgestellten römischen Bürgern verpflichtet7, kehrt sich hier nahezu in sein Gegenteil: Das Gebot, den privaten und rechtlichen Bereich des Freundes, des Nachbarn und jedes anderen Rechtsgenossen fast um jeden Preis zu respektieren. Wer, sei es auch in bester Absicht, diese ungeschriebene Norm verletzt, macht sich der „officiousness“8, einer im Prinzip ungebetenen Einmischung, schuldig, so dass ihm Ansprüche auf Ersatz seines Aufwands versagt sind. Diese Ablehnung, so wird vermutet, beruhe auf einer im anglo-amerikanischen Rechtskreis weit verbreiteten „individualistischen Geisteshaltung“.9 In ihr drücke sich die Abneigung aus, demjenigen Ersatzansprüche zu gewähren, der ungefragt zugunsten eines anderen handelt.10

6

Eine eindringende Darstellung des Verwendungsersatzes im englischen Recht gibt Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 2, Seite 53 ff., Rdnr. 100 ff. 7 Siehe dazu unten V. 2. b) aa), Seite 404 ff., insbesondere Fußnote 211. 8 Hope, Cornell Law Quarterly, vol. XV (1929–1930), page 27: „In these definitions there are four key-ideas of apparently equal importance: unrequested, forced, unbeneficial, unnecessary. In all there is the flavor of what is unwelcome, distasteful to the recipient.“ – „In den (aus Wörterbüchern der englischen Sprachen gewonnenen) Definitionen findet man vier Schlüsselworte gleicher Wichtigkeit: Nicht erbeten, aufgedrängt, unnütz, unnötig. Sie alle enthalten die Aura dessen, was der Addressat als ihm unwillkommen und unsympathisch empfindet.“ 9 Die hier angeführte „individualistische Geisteshaltung“ des englischen Rechts wird von Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 2, Seite 54 Fußnote 304, als „zeitgebunden“ in Frage gestellt. Ob allerdings das dort zitierte Buch von Atiyah „The rise and fall of freedom of contract“ mit dem launigen Bericht über einen Prozess gegen den Philosophen David Hume von 1774 diese soziologische Annahme zu widerlegen vermag, erscheint fraglich. 10 Möhrenschlager, a. a. O., Seite 69. Die „individualistische Tradition“ des angloamerikanischen Rechtskreises betonen unter Anführung „berühmt gewordener Aussprüche“ aus englischen Gerichtsentscheidungen Lorenz, Festschrift für Medicus, Seite 367, 369 und – bezogen auf das Deliktsrecht – Kötz, a. a. O., Rdnr. 29.

222

IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

In diesem Sinne führt Hans Hermann Seiler11, bezogen auf die Geschäftsführung ohne Auftrag, aus, manche vom römischen Recht unbeeinflussten Ordnungen hätten die Gefahr, dass ein Geschäftsherr aus der ihm ungebetenen Geschäftsführung verpflichtet werde, „hoch bewertet“ und daher der unauthorisierten Geschäftsführung die rechtliche Anerkennung versagt, so etwa das anglo-amerikanische Recht, in dem sich der „traditionelle angelsächsische Individualismus und die Scheu vor zu engen Kontakten mit der Umwelt“ widerspiegelten.

In den letzten Jahrzehnten hat sich allerdings, wie im Zusammenhang mit dem amerikanischen Recht zu zeigen ist, ein langsamer Wandel angekündigt.12 bb) Der hier berufene „angelsächsische Individualismus“13 scheint sich in den folgenden Aussagen zu bewahrheiten: (a) „No person can, by payment under a voluntary contract, acquire a right against a stranger which he had not before; the distinction is, if it be by compulsion.“14 Siehe dazu auch Hope, ibid., page 29: „Self-direction or personal autonomy is a mark of the English race. The Englishman, as opposed to one of the Latin lineage, does not so easily coalesce with the mass. He distinctly wishes to live his own life, make his own contacts, or as he frequently says, muddle through in his own way.“ – „Selbstbestimmung oder persönliche Autonomie ist ein Merkmal der englischen Bevölkerung. Der Engländer, im Gegensatz zum Angehörigen der lateinischen Kultur, ist nicht so leicht bereit, sich mit der Masse zu verschmelzen. Er legt betonten Wert sein Leben nach eigenen Vorstellungen zu führen und Kontakte nach eigenem Ermessen zu knüpfen, oder, wie er häufig sagt, sich auf seinem eigenem Wege ,durchzuwursteln‘.“ 11 Der Tatbestand der negotiorum gestio, Seite 1; ders., JuS 1987, Seite 368. 12 Dieser Wandel ist Gegenstand des Aufsatzes von Casad, The Hastings Law Journal, vol. 19 (1967/68), page 1039 pp. sowie der Abhandlung von Lorenz, Festschrift für Medicus, Seite 367, 373 und 375 („Erwachen des wissenschaftlichen Interesses am law of restitution“) und Seite 380 sub III („fortgeschrittener Stand der literarischen Diskussion in England“). 13 Vgl. auch Cornish, Modern Law Review 38 (1975), page 563: „The concept of unjust enrichment has yet to be received into the bosom of English law. Of various factors that have told against it, one has been the common law’s individualistic attachment to the view that no person should have to pay for benefits conferred upon him behind his back. This notion has been applied not only to benefits in the form of property and services but also to payments made on his behalf to another.“ – „Der Begriff der ungerechtfertigten Bereicherung harrt noch immer einer Einbettung in das englische Recht. Einer der Gründe, die gegen das Rechtsinstitut angeführt werden, ist die individualistisch geprägte Sichtweise des common law, wonach keine Person für Vorteile zahlen muss, die ihr hinter ihrem Rücken zuteil werden.“ Einen ertragreichen, insbesondere rechtsvergleichenden Einblick in die geschichtliche Entwicklung und die Handhabung der ungerechtfertigten Bereicherung („unjust enrichment“) im anglo-amerikanischen Recht geben Schrage und Nicholas, Unjust Enrichment, Seite 9 ff. 14 England: Cumming v. Forester (1813), 1 M. & S. (Maule & Seldwyn) 495, zitiert bei Wellmann, a. a. O., Seite 39.

1. Der Aufdrängungsschutz im anglo-amerikanischen Recht

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(b) „Liabilities are not to be forced upon people behind their backs any more that you can confer a benefit upon a man against his will.“15 (c) „The doctrine of subrogation is a pure unmixed equity having ist foundation in the principles of natural justice. . . . Anyone who will part with his money without being bound to do so and will demand to be relieved will subvert the rules of social order.“16 (d) „It is a well settled principle of law that one person cannot without authority pay the debt of another and charge the amount so paid against the party for whose benefit the payment was made.“17 In deutscher Übersetzung lautet die Aussage: „Niemand kann durch die Zahlung auf eine freiwillig eingegangene Verpflichtung Rechte gegen dritte Personen erwerben, die er zuvor nicht besaß; anders wäre, wenn es sich so verhielte, im Falle einer zwangsweise auferlegten Schuld zu entscheiden.“ 15 England: Falcke v. Scottish Imperial Insurance Company (1886), 34 Ch.D. (Law Reports Chancery Division) 234; zitiert auch bei Staudinger/Lorenz, Neubarbeitung 1999, Vorbem zu §§ 812 ff. Rdnr. 46. Siehe dazu Woodward, ibid., page 326 note 2 sowie Stoljar, Restitution – unjust enrichment and negotiorum gestio, page 33 f. note 54; page 5 note 6, page 63 note 106. In deutscher Übersetzung lautet die Aussage: „Verbindlichkeiten können anderen Personen nicht hinter ihrem Rücken in weiterem Umfang aufgezwungen werden als man jemand gegen seinen Willen einen Vorteil aufzudrängen vermag.“ 16 Vereinigte Staaten: Aetna Life Insurance Company v. Town of Middleport, 124 US (United States Supreme Court Reports) 537. In deutscher Übersetzung lautet die Aussage: „Die Lehre von der Surrogation als Eintritt in die Rechte eines Gläubigers ist reine und unvermischte Billigkeit. Sie hat ihre Grundlage in der natürlichen Gerechtigkeit. Jeder, der, ohne dazu verpflichtet zu sein, mit seinem Geld für einen anderen eintritt und alsdann Erstattung fordert, zerstört die Ordnung des menschlichen Zusammenlebens.“ 17 Vereinigte Staaten: Mc Gee v. City of San Jose (1885), 68 Cal. (California Reports) 91, 8 Pac. (Pacific) 641, zitiert bei Wellmann, a. a. O., Seite 44. Im Sinne des Zitats schildert die Rechtslage auch Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 2, Seite 381 ff., Rdnr. 202 ff. In deutscher Übersetzung lautet die Aussage: „Es ist ein wohlbegründeter Rechtsgrundsatz, dass keiner, ohne dazu ermächtigt zu sein, die Verbindlichkeit eines anderen zu tilgen und Rückgriff wegen seiner Aufwendungen gegen den von seiner Schuld Befreiten zu nehmen vermag.“ Ähnlich Restatement of the Law of Restitution, Quasi Contracts and Constructive Trusts, American Law Institute at Washington D.C., Volume 3, Chapter 5, Appendix § 114 (1988), Ariz. 1940: „A stranger who pays inheritance taxes for an estate is not thereby entitled to reimbursement.“ – „Bezahlt jemand fremde Erbschaftssteuern zugunsten eines Nachlasses, so erwirbt er dadurch keinen Erstattungsanspruch.“ Siehe auch Stoljar, Restitution – unjust enrichment and negotiorum gestio, page 55 note 93: „At COMMON LAW a stranger, paying another’s debt purely voluntarily and without (what is called) compulsion or coercion, has no legal recovery, while in the CIVIL LAW, payment of another’s debt has been one of the great instances of negotiorum gestio.“ – „Im Common Law hat ein Dritter, der die Verbindlichkeit eines anderen aus eigenem Antrieb und ohne (wie man es ausdrückt) Zwang oder Nötigung bezahlt, keinen Anspruch auf Erstattung, während im Römischen Recht

224

IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

(e) „A person who officiously confers a benefit upon another is not entitled to restitution therefor.“18 Um diese Rechtsgrundsätze19 zu veranschaulichen und zu überlegen, inwieweit sie auch vom Standpunkt der deutschen Rechtsordnung „wohl begründet“ sind, seien die Sachverhalte skizziert, die Anlass und Quelle solcher Äußerungen waren. zu (a) Versicherungsmakler übernehmen gegenüber dem Versicherten die Garantie für die Leistungsfähigkeit des Versicherers und erhalten vom Versicherten dafür eine Provision.20 Der Versicherer weiss davon nichts. Wegen des Vermögensverfalls des Versicherers befriedigen die Makler ihre Kunden und fordern in einem späteren Prozess mit dem Versicherer von diesem im Wege der Aufrechnung Erstattung ihrer Aufwendungen.21 Während der englische Richter den Anspruch verneinte, ohne viel Federlesens zu machen, hätte sich sein deutscher Kollege mit der Frage zu befassen, ob der Versicherer und die Makler im Verhältnis zu den Versicherten als Gesamtschuldner im Sinne des § 421 BGB zu behandeln waren oder ob die Bezahlung der Schuld eines anderen einen der wichtigsten Anwendungsfälle der negotiorum gestio darstellte.“ 18 So der Wortlaut des § 2 des Restatement of the Law of Restitution (1937). „Eine Person, die einer anderen ungebeten einen Vorteil zuwendet, kann dafür keinen Ersatz verlangen.“ Der entscheidende Grund der Regelung ist, wie Schindler, AcP 165, Seite 499, 509 m. w. N., ausführt, dass der Eigentümer vor einer Verwendung geschützt werden soll, die er nicht gewünscht hat und die er möglicherweise nicht bezahlen kann. 19 Den Grundsatz, dass sich niemand ungefragt in fremde Angelegenheiten einmischen darf, leitet Dawson, ibid., page 817, 820 note 2, aus der Digestenstelle 50. 17. 36. ab, von der er zutreffend behauptet, sie habe sich nicht in der Ausarbeitung der negotiorum gestio niedergeschlagen. Die angeführte Digestenstelle lautet: „Culpa est immiscere se rei ad se non pertinenti.“ – „Es ist ein Verschulden, wenn Jemand sich in eine Sache mischt, welche ihn nichts angeht.“ (zitiert nach Otto/ Schilling/Sintenis, a. a. O.). Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sind im englischen Recht noch keine gesicherten Rechtsgrundlagen. Das Handbuch von Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 64 Fn. 404 und Band 2, Seite 104 Rdnr. 39, zitiert zwar die von Goff/Jones (The Law of Restitution, 5 th edition 1998, page 12) geprägte Richtlinie: „Unjust enrichment is, simply, the name which is commonly given to the principle of justice which the law recognizes and gives effect to in a wide variety of claims of this kind.“ – „Die ungerechtfertigte Bereicherung ist einfach gesprochen der Name, unter dem ein Rechtsgrundsatz allgemein bekannt ist, den das Gesetz anerkennt und ihm in zahlreichen Ansprüchen der Rückerstattung zur Wirksamkeit verhilft.“ Aber Schlechtriem räumt auch ein, dass diese Aussage keineswegs eine gesicherte und praktisch anwendbare Rechtsregel darstellt (a. a. O., Seite 65 Rdnr. 109). 20 Die sog. Delkredereprovision des § 86b HGB. 21 Die Fundstelle der Entscheidung ist in Fußnote 14 dieses Abschnitts angegeben.

1. Der Aufdrängungsschutz im anglo-amerikanischen Recht

225

die Makler mit ihrer Leistung an die Versicherungsnehmer zumindest auch die „fremde“ Verbindlichkeit des Versicherers getilgt haben. Waren sie Gesamtschuldner, so hätten sie mit dem Eintritt in die Verbindlichkeit des Versicherers nur ein eigenes Geschäft mit dem Ziel der Sicherung der Gläubiger (d.h. der Versicherungsnehmer) geführt. Ein Rückgriffsrecht gegen den Versicherer ergäbe sich dann aus den Vorschriften der Gesamtschuld, §§ 426 Abs. 1 und 2 BGB. Im Unterschied zu dem englischen Richter hätte der deutsche Jurist in diesem Zusammenhang die Willensrichtung der Makler zu erforschen: Wollten sie mit der Interzession die Stellung der Gläubiger (also der Versicherten) verbessern22 oder den Schuldner (hier den Versicherer) entlasten? Letzterenfalls läge eine Erfüllungsübernahme durch Vertrag mit den Gläubigern zugunsten des Versicherers vor23, die ohne besondere Absprache mit dem Versicherer den Rückgriff gegen ihn nur auf eine Geschäftsführung im fremden Interese gründen könnte (§§ 683, 684 BGB). War eine Erfüllungsübernahme anzunehmen, welche sich zugunsten des Versicherers als des Schuldners auswirkt24, so führten die Makler im Verhältnis zum Versicherer ein fremdes Geschäft, von dessen Übernahme sie ihn hätten in Kenntnis setzen und seine Entschließung respektieren müssen, § 681 Satz 1 BGB: Sofern diese Vorschrift den Maklern als Geschäftsführern des Versicherers eine mit der Verwirkung von Rechten sanktionierte Pflicht auferlegt25, wären ihre Ansprüche gegenüber dem Versicherer als ihrem Geschäftsherrn möglicherweise ausgeschlossen. zu (b) Der Verpfänder einer Lebensversicherung zahlte in der Annahme einer eigenen Verpflichtung die fälligen Prämien, obwohl nicht er, sondern der Pfandgläubiger dazu verpflichtet war.26 Nach dem Tode des Pfandgläu22 Nach Auffassung des Reichsgerichts und der Kommentarliteratur handelt es sich bei der Delkrederehaftung um eine bürgschaftsähnliche Verbindlichkeit; RGZ 107, Seite 195; Schlegelberger/Schröder, a. a. O., § 86b Rdnr. 18 m. w. N. 23 Eine Gestaltung, die, von § 329 BGB abweichend, im Schrifttum nicht behandelt wird: Die Literatur befasst sich ausschließlich mit dem Vertrag zwischen dem Übernehmer und dem Schuldner (vgl. etwa Staudinger/Jagmann, 13. Bearbeitung, § 329 Rdnr. 10). 24 Larenz, Schuldrecht I, § 17 I a, Seite 221: „Der Sinn einer als ,Erfüllungsübernahme‘ bezeichneten Vereinbarung wird meist darin liegen, daß dem Versprechensempfänger, nicht aber, daß dem Dritten (dem Gläubiger) ein Vorteil verschafft werden soll. Das Versprechen geht dahin, den Versprechensempfänger vor der Inanspruchnahme durch seine Gläubiger zu bewahren . . .“ 25 Siehe dazu unten V. 2. b) ff) und gg), Seite 420 ff. und Seite 427 ff. 26 Fielen dem Pfandgläubiger die Zinsen der Lebensversicherung zu, wie es § 1289 BGB als Regel anordnet, so hatte er auch „für die Gewinnung der Nutzungen (als Früchte eines Rechts im Sinne der §§ 100, 99 Abs. 3 BGB) zu sorgen“, wie es in §§ 1214 Abs. 1 i.V. m. 1273 BGB formuliert ist. Nach englischem Recht dürfte nicht anders zu entscheiden sein.

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

bigers verlangte er von dessen Witwe die Erstattung der verauslagten Beträge.27 Der englische Richter, der die Zahlung „behind the back of another person“ und darauf gegründet den Aufwendungsersatz des Verpfänders nicht anerkannte, hätte sich bei Zugrundelegung deutschen Rechts mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob die Zahlungen des Verpfänders unter Verzicht auf seinen Anspruch gegen den Versicherer aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB nachträglich auf die Verbindlichkeiten des Pfandgläubigers bezogen werden konnten (sog. „nachträgliche Fremdtilgungsbestimmung“) und kraft der damit verbundenen Erfüllungswirkung (§ 267 Abs. 1 BGB) eine Rückgriffskondiktion gegen den Pfandgläubiger eröffnet war.28 zu (c) Die Witwe eines Grundstückseigentümers hatte den Hypothekengläubiger befriedigt, als dieser mit der Zwangsversteigerung der Immobilie 27

Die Fundstelle der Entscheidung ist in Fußnote 15 dieses Abschnitts angegeben. Die Möglichkeit einer „nachträglichen Fremdtilgungsbestimmung“ ist freilich äußerst umstritten; vgl. dazu etwa – bejahend – BGH NJW 1986, Seite 2700; BGH NJW 1964, Seite 1898 und – verneinend – Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 951; MünchKomm/Lieb, 3. Auflage, § 812 Rdnr. 76 ff. In dem angeführten Urteil aus dem Jahre 1986 hatte der Bundesgerichtshof über die Klage eines gesetzlichen Unfallversicherungsträgers zu entscheiden, der, ohne dazu verpflichtet zu sein, irrtümlich die Heilbehandlungskosten für ein elfjähriges Kind gezahlt hatte, das auf dem Wege zu einer privaten Musikschule in einen Unfall verwickelt worden war. Die Klage richtete sich gegen den Vater des Kindes, der die Heilbehandlungskosten aus dem Gesichtspunkt der gesetzlichen Unterhaltspflicht (§§ 1601, 1610 BGB) hätte tragen müssen. Der Bundesgerichtshof gab dem Kläger Recht, der auf seinen Bereicherungsanspruch gegenüber dem Kind als dem unmittelbar Begünstigten verzichtet hatte. Im Hinblick auf die „Einmischung“ des Versicherungsträgers in die Rechtssphäre des unterhaltspflichtigen Vaters führt das Gericht lapidar aus (a. a. O., Seite 2701): „Schutzwürdige Interessen des Beklagten stehen einer . . . nachträglichen Tilgungsbestimmung nicht entgegen. Der Bekl. war zur Zeit des Unfalls seiner Tochter gegenüber unterhaltspflichtig; für die Kosten der Heilbehandlung musste er aufkommen. Da er als Unterhaltspflichtiger die Übernahme der Kosten nicht hätte ablehnen können, wird ihm durch die Tilgungsbestimmung des Kl. keine Leistung aufgedrängt. Auch wird er durch die Inanspruchnahme seitens des Kl. nicht schlechter gestellt. Denn er hat bisher Leistungen an seine Tochter nicht erbracht. . . . Andererseits wäre es unbillig, durch die dem Wohl des Kindes dienende irrtümliche Leistung des Kl. gerade den unterhaltspflichtigen Bekl. ersatzlos zu stellen.“ Hätte nicht der Kläger die von ihm bewirkte Leistung von den behandelnden Ärzten zurückverlangen müssen, welche sich wiederum bei dem wahren Schuldner, dem verklagten Vater, hätten schadlos halten dürfen? Dagegen ist freilich die Vorschrift des § 679 BGB anzuführen, wonach es bei der Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht auf den Willen des Schuldners nicht ankommt. Diese Bestimmung ist, bezogen auf den vorliegenden Sachverhalt, zwar nicht unmittelbar (§ 687 Abs. 1 BGB), aber ihrem Gedanken nach anzuwenden: Der Unterhaltsschuldner kann seiner Verpflichtung gegenüber dem Dritten nicht mit der Begründung entgehen, dessen Handeln habe seinem Willen widersprochen. 28

1. Der Aufdrängungsschutz im anglo-amerikanischen Recht

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drohte. Bei der Nachlassteilung mit den Kindern machte sie den Eintritt in die Gläubigerrechte geltend.29 Der amerikanische Richter bejahte die „pure unmixed equity“ ihres Begehrens, zumal sie ihren Unterhalt aus dem Grundstück bestreiten musste. Er verneinte mithin die im Grundsatz erwähnte „Störung des zwischenmenschlichen Zusammenlebens“ durch die ungefragte Tilgung einer Verbindlichkeit, welche sich gegen alle Miterben richtete.30 Nicht anders hätte der deutsche Richter entschieden: Waren die Voraussetzungen einer Notgeschäftsführung nach §§ 2038, 744 Abs. 2 BGB nicht erfüllt, so hätte die Witwe mindestens das Ablösungsrecht des § 268 BGB mit der daraus folgenden Surrogation in die Rechte des Hypothekengläubigers in Anspruch nehmen können. zu (d) Die Verwaltung der kalifornischen Stadt San José hatte Straßenbauarbeiten zu einem Pauschalpreis an einen Generalunternehmer vergeben. Nach Beendigung der Arbeiten zahlte sie den Subunternehmern die auf diese ihrer Meinung nach entfallenden Anteile. Vom Generalunternehmer auf den gesamten Werklohn verklagt, berief sie sich auf dessen teilweise Befreiung.31 Das angerufene Gericht gab der Klage des Generalunternehmers statt, verneinte mithin ein Regressrecht der Stadt. Nach deutschem Recht wäre indessen zu erwägen gewesen, ob die Stadtverwaltung die Zahlung an die Subunternehmer geleistet hatte, weil sie sich irrtümlich dazu verpflichtet glaubte; in diesem Fall hätte sich wiederum die Frage nach der Zulässigkeit einer „nachträglichen Fremdtilgungsbestimmung“ gestellt. Zahlte die Stadt dagegen in Kenntnis des Umstandes, dass es sich um Verbindlichkeiten des Generalunternehmers handelte (§ 267 BGB), war ein Rückgriffsrecht der Stadt gegen ihn aus dem Gesichtspunkt der berechtigten oder unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683 Satz 1, 684 Satz 1 BGB) in Betracht zu ziehen. Gegen diesen Ausgleich könnten die Bestimmungen der §§ 681 Satz 1, 814 BGB anzuführen sein: Die Stadt „überfuhr“ mit ihrer Zahlung an die Subunternehmer den Generalunternehmer „wider Treu und Glauben“.

29 30 31

Die Fundstelle der Entscheidung ist in Fußnote 16 dieses Abschnitts angegeben. Das betreffende Grundstück gehörte zum Nachlass. Die Fundstelle der Entscheidung ist in Fußnote 17 dieses Abschnitts angegeben.

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

b) Der wirksame Schutz vor unerbetener Einmischung im Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag Die Gegenüberstellung lässt das anglo-amerikanische Recht im Vergleich zum deutschen Recht auf den ersten Blick von einer befremdlichen Härte erscheinen.32 Es anerkennt im Prinzip einen Ausgleichsanspruch des ungebetenen Helfers nur unter engen Voraussetzungen eines Notfalls33, sofern der Dritte eine fremde Verbindlichkeit befriedigt, der Schutz fremden Lebens in Rede steht34 oder fremdes Eigentums einer Rettung bedarf. In diesem Sinne formuliert der amerikanische Jurist F. C. Woodward35: „There are various cases, however, often regarded as divers in principle, in which something like negotiorum gestio is recognized. The following is believed to be a safe generalization: One who, through a dutiful intervention in another’s affairs, i. e. an intervention required by a sense of duty, though not by law, confers a benefit for which the recipient ought in justice to pay, is entitled to compensation. . . . Acts of benefical intervention which may result in quasi contractual obligation, however, fall . . . in the following cases: 32

Dieses Urteil aus der Feder von Dawson, ibid., page 817, 818, unterstreicht die hier getroffene Charakterisierung: „But it seems unlikely that our own terrain will be studied by europeans, for most of them find it bleak and repellant – not at all worth the time and trouble.“ – „Es erscheint aber unwahrscheinlich, dass unser Rechtsgebiet (ich ergänze: „the unrequested intervention“) von europäischen Juristen erschlossen wird, weil die Mehrzahl von ihnen seine Wertungen unfreundlich und abstoßend findet – nicht im entferntesten wert der aufgewandten Zeit und Mühe.“ 33 Bezogen auf das römische Recht betont Dawson, ibid., page 821, die Eigenschaft der negotiorum gestio als „Nothilfe“: „The person whose affair was managed was ordinarily absent or at least unaware.“ – „Die Person, deren Angelegenheit wahrgenommen wurde, war normalerweise abwesend oder nicht imstande, ihre Geschäfte zu überblicken.“ In diesem Sinne deutlich auch Stoljar, Restitution – unjust enrichment and negotiorum gestio, page 43 note 71: „The principal’s absence (absence in a large sense) is the first and fundamental condition to be met if G (= gestor) is to have any compensatory rights against P (= principal).“ – „Die Abwesenheit des Geschäftsherrn (Abwesenheit in einem weiten Sinne) ist die erste und grundlegende Voraussetzung dafür, dass der Geschäftsführer irgendwelche Ausgleichsansprüche gegen den Geschäftsherrn erwirbt.“ Den Gedanken der Nothilfe im englischen Recht („agency of necessity“) bei grundsätzlicher Ablehnung der römisch-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag betont auch im Sinne eines „vergleichbaren Lösungsansatzes“ Lorenz, Festschrift für Medicus, Seite 367, 370. 34 Als Beispiel führe ich den Fall an, dass jemand im Interesse einer hilfsbedürftigen Person, beispielsweise einer Jugendlichen, tätig wird, deren Verletzungen die Eltern gleichgültig lassen; vgl. Wellmann, a. a. O., Seite 98 f. Siehe auch Jones, Law Quarterly Review 93 (1977), page 273, 284 sowie Restatement of the Law of Restitution, Quasi Contracts and Constructive Trusts, American Law Institute at Washington D.C., Volume 3, Chapter 5, Appendix § 115, U.S. 1967. 35 ibid., page 309 p. Zur Entwicklung des „quasikontraktlichen Ausgleichs“ in England siehe Jones, The Role of Equity, page 149 pp.

1. Der Aufdrängungsschutz im anglo-amerikanischen Recht

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(1) The discharge of another’s legal obligation. (2) The preservation of anothers’s life or property.“36

Im Falle der Befriedigung einer fremden, durch Gesetz auferlegten Verbindlichkeit ist vorausgesetzt, dass ihre Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt.37 Geht es um den Schutz fremden Eigentums, so setzt der Ausgleichsanspruch stets voraus, dass der Eigentümer selbst keine Entscheidung zu treffen vermochte, der Dritte mithin als „Nothelfer“ tätig wurde.38 Dazu heißt es bei Woodward 39: „The preservation of another’s life is always dutiful. The preservation of another’s property may be regarded as dutiful if it appears that the danger to the property is so imminent that notice probably cannot be given to the owner in time to enable him to take the necessary steps to preserve it, or that probably he will be unable, without assistence, to preserve it. The fact that the owner neglects or is unwilling to take the necessary steps to protect his property is not enough.“40 36 „In mehreren Fällen, in denen man oft unterschiedliche Rechtsgrundsätze zu erkennen glaubte, war doch der Gedanke der negotiorum gestio zu erkennen. Die folgende Aussage kann wohl als sichere Leitlinie gelten: Wer pflichtgemäß, zwar nicht kraft der Rechtsordnung, wohl aber einer zwischenmenschlichen Verantwortung, fremde Angelegenheiten führt und dem dadurch Begünstigten einen Vorteil zuwendet, den dieser nach rechtlichen Maßstäben bezahlen müsste, hat Anspruch auf einen Ausgleich. . . . Es sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden, in denen fremdnützige Eingriffe eine vertragsähnliche Verbindlichkeit zu begründen vermögen: (1) Die Begleichung einer fremden gesetzlichen Verbindlichkeit. (2) Die Rettung fremden Lebens oder Eigentums.“ Siehe auch Stoljar, Restitution – unjust enrichment and negotiorum gestio, page 38 note 63; zur Rettung von Leben und Gesundheit siehe Dawson, ibid., page 1095 p. 37 Bei Woodward, ibid., page 310, heißt es: „The performance of another’s legal obligation may be regarded as dutiful, if it appears: (a) That the obligation is of such a nature that actual and prompt performance of it is of grave public concern . . .“ – „Die Erfüllung einer fremden Verbindlichkeit kann als geboten erachtet werden, wenn sich aus der Natur der Verbindlichkeit ergibt, dass ihre Erfüllung von gewichtigem öffentlichen Interesse ist . . .“. Als Beispiel führt Woodward die Unterhaltspflicht eines Ehemannes gegenüber seiner Frau an (ibid., page 311; vgl. dazu – bezogen auf das deutsche Recht – § 679 BGB und Fußnote 28); weitere Beispiele finden sich bei Kaehler, a. a. O., Seite 265. 38 Lorenz, Festschrift zum fünfzigjährigen Bestehen des Instituts für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht der Universität Heidelberg, Seite 267, 287 meint demgegenüber in den USA eine „weitgehende Bereitschaft“ feststellen zu können, Drittzahlungen ohne Zustimmung des Schuldners mit der Möglichkeit des Rückgriffs zu verbinden. 39 ibid., page 312; ähnlich Dawson, ibid., page 1073. 40 „Die Rettung fremden Lebens ist stets geboten. Die Rettung des Eigentums eines anderen kann als geboten angesehen werden, wenn die Gefahr für das fremde Gut so gewichtig ist, dass der Eigentümer nicht mehr rechtzeitig informiert werden kann, um selbst die notwendigen Schritte zu unternehmen, oder die Gefahr nicht allein abzuwenden vermag. Die Tatsache, dass der Eigentümer nachlässig oder

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

Diese Beschränkung gilt gerade dann, wenn der „Vorteil“ nicht restituierbar ist: „A man who cleans my shoes without my knowledge is presumptively without remedy.“41 Die Tatsache eines Vermögenszuwachses allein rechtfertigt grundsätzlich keinen Ausgleich42, zumindest muss der Zuwachs von dem Beklagten kraft freien Willensentschlusses angenommen worden sein („free acceptance“).43 Ein derartiger „freier Willensentschluss“ ist anzunehmen, wenn der Bereicherte den aufgedrängten Vorteil „genehmigt“ oder trotz der Möglichkeit der Zurückweisung behält, obwohl ihm bewusst ist, dass sein Vermögen nicht unentgeltlich vermehrt werden sollte.44 nicht gewillt ist, die nötigen Schritte zur Erhaltung seines Eigentums zu unternehmen, rechtfertigt den Eingriff nicht.“ Siehe dazu auch Stoljar, Restitution – unjust enrichment and negotiorum gestio, page 16 note 21; page 35 note 57–59; page 43 note 71, 72. Vgl. – bezogen auf das deutsche Recht – § 681 Satz 1 BGB: Der Geschäftsführer ist gehalten, den Geschäftsherrn von der Übernahme des Geschäfts zu unterrichten und dessen Entschließung abzuwarten. 41 Jones, Law Quarterly Review 93, 1977, page 273 unter Bezugnahme auf die Entscheidung Taylor v. Laird, Law Journal 25, 1856, page 329, 332, wo es heißt: „Suppose I clean your property without your knowledge, have I then a claim for payment? How can you help it? One cleans another shoes; what can the other do but put them on?“ – „Derjenige, der die Schuhe eines anderen ohne dessen Kenntnis reinigt, kann vermutlich keinen Ausgleichsanspruch geltend machen. Was kann der andere tun, als die Schuhe anzuziehen?“ 42 Jones, ibid., page 273, 274: „. . . it is not enough to show that the defendant had gained a material benefit from services rendered at the expense of another. The plaintiff must normally go further and show that the defendant had requested him to perform those services.“ – „Die Behauptung des Klägers, der Beklagte habe einen materiellen Vorteil auf seine Kosten erlangt, rechtfertigt keinen Ausgleich. Der Kläger muss in der Regel weitergehend darlegen, dass der Beklagte die Leistung nachgefragt hat.“ 43 Die englische Rechtsprechung hat die wissenschaftliche Diskussion zur „free acceptance“ bislang vollständig ignoriert; zutreffend Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 263 Rdnr. 308. Konstruierte Sachverhalte, etwa der von Birks (An introduction to the Law of Restitution, page 265 p) angeführte Fall, dass ein Fensterputzer ohne Auftrag tätig wird, der Hauseigentümer die Arbeit beobachtet und erst nach ihrer Verrichtung erklärt, er wolle sie nicht bezahlen, gehen nach Auffassung von Lorenz, Festschrift für Medicus, Seite 374, an dem „solchen Schulbeispielen abgeneigten Charakter des englischen Rechts glatt vorbei“. Der von Birks erörterte Bau einer Garage auf fremdem Grundbesitz in Abwesenheit des Eigentümers setzt sich über das Prinzip des englischen Rechts hinweg, dass der „mistaken improver“ keine Entschädigung für Verwendungen erhält (so zutreffend Lorenz, a. a. O., Seite 376 und 379). 44 Jones, ibid., page 273, 274 p: „It has been suggested that the real reason of the courts’ intervention is that the defendant has freely accepted the plaintiff ’s services, in the sense that he has accepted or retained them with an opportunity of rejecting them and in the actual or presumed knowledge that they were to be paid for.“ – „Es ist darauf hingewiesen worden, dass der wahre Grund der gerichtlichen Entschei-

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Die dargelegte Zurückhaltung der anglo-amerikanischen Gerichte im Hinblick auf den Ausgleich einer nicht geforderten Zuwendung45 gewährleistet einen effektiven Schutz des Individuums vor unerwünschter Einmischung; eine Erkenntnis, die anhand von zwei Beispielen46 vertieft werden soll: Erstens: Ein geschickter Unternehmer hatte unaufgefordert den fälligen Mietzins für die Wohnung des illiquiden späteren Beklagten bezahlt, um ihn für seine Geschäftsinteressen einzuspannen. Die Bezahlung der Schulden erschien ihm als der geeignete Weg, unter dem Schein einer „Gefälligkeit“ mit dem von seiner Verbindlichkeit Befreiten leichter „ins Geschäft zu kommen“.47 Das Gericht wies die Erstattungsklage des Konkursverwalters des „Geldgebers“ ab48: Er sei als „volunteer“ tätig geworden, eine dem andungen in folgendem lag: Der Beklagte hatte die Leistungen des Klägers kraft seines freien Willens in dem Sinne angenommen, dass er sie genehmigte oder trotz der Möglichkeit der Zurückweisung behielt, wobei ihm bewusst war, dass sie nicht unentgeltlich erbracht werden sollten.“ Zum Begriff der „free acceptance“ siehe auch Burrows, Law Quarterly Review 104 (1988), page 576 pp. Nimmt der Begünstigte den Vorteil in der berechtigten Erwartung entgegen, der andere Teil werde von ihm keine Zahlung verlangen, so ist ein Ausgleichsanspruch ausgeschlossen (in diesem Sinne: Merritt v. American Dock & Trust Company [1891] 13 NYS [New York Supplement Reporter], page 234; dazu Jones, ibid., page 278). Wellmann, a. a. O., Seite 122, Fußnote 15, verweist in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des OLG Hamburg, SeuffArch 50 (1894), Seite 25: Das Gericht hatte über die Klage mehrerer Fabrikarbeiter zu befinden, die eine ihnen von dem Repräsentanten des Arbeitgebers versprochene Belohnung für ihre Hilfe bei der Bekämpfung eines Feuers forderten. Die Klage richtete sich gegen die Feuerversicherung, obwohl die Löscharbeiten von dem erwähnten Repräsentanten geleitet worden waren. Das OLG Hamburg gab der Klage statt und hielt den Irrtum über die Person des Geschäftsherrn für unerheblich. Dagegen ist einzuwenden, dass die Feuerversicherung bereits deshalb nicht als Geschäftsherrin in Betracht kam, weil die Durchführung der Löscharbeiten nicht ihre Angelegenheit war – sie hätte nicht anstelle der Arbeiter handeln müssen! Vgl. auch Seiler, JuS 1987, Seite 368, 372. 45 Dawson, ibid., page 1075, spricht zutreffend von einer „erklärten Gegnerschaft gegen Einmischung“ („declared hostility to all intermeddlers“). 46 1. Beispiel: Vereinigte Staaten: Rosenbluth v. Kurash (1936), 248 App. Div. (Appellate Division) 504, 290 NYS (New York Supplement Reporter) page 576 pp. 47 Ibid., page 578. Einen ähnlichen Fall berichtet Lorenz, a. a. O., Seite 267, 286 Fußnote 75: Jemand hatte eine hypothekarisch gesicherte Forderung getilgt, um im Wege des Rückgriffs auf den ursprünglichen Schuldner Druck ausüben zu können. Der Supreme Court von Vermont versagte den Regress und beließ es bei dem „unearned benefit“ des befreiten Schuldners. 48 Die angeführte Entscheidung nimmt u. a. auf folgende Erkenntnis Bezug (ibid., page 579): „No one can . . . make himself a creditor of another by unsolicited payment of his debts.“ – „Niemand kann sich dadurch zum Gläubiger eines anderen machen, dass er ungefragt dessen Schulden bezahlt.“

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

glo-amerikanischen Recht suspekte Person, wenn sie angebliche Wohltaten mit Erstattungsansprüchen verbindet.49 Der deutsche Jurist hätte Schwierigkeiten, diesen klassischen Fall einer „aufgedrängten Bereicherung“ zu bewältigen. Denn selbst wenn die unlautere Absicht eine Geschäftsführung „im Interesse“ des Geschäftsherrn „mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen“ (§ 677 BGB) ausschließt, wäre – das fremdnützige Handeln des Unternehmers unterstellt50 – die dem illiquiden Mieter zugeflossene und von ihm „zwangsweise“ in Anspruch genommenen Bereicherung auszugleichen (§§ 684 Satz 1, 812 ff. BGB), sofern man nicht die Vorschrift des § 681 Satz 1 BGB als Pflicht versteht, deren Verletzung Erstattungsansprüche ausschließt.51 Zweitens52: Der spätere Kläger hatte bei einer Bank 350 Pfund deponiert, um einen von den Beklagten dort aufgenommenen Kredit zu tilgen. Sein Motiv war, eine frühere Arbeitnehmerin durch Rückzahlung des Darlehens von einer hypothekarischen Belastung ihres Grundstücks zur Sicherheit der von den Beklagten aufgenommenen Verbindlichkeit zu entlasten. Die Bank nahm die Drittzahlung des Klägers entgegen und entließ das Grundstück aus der Haftung. Der Rückgriff des Intervenienten gegen die Schuldner schlug fehl. 49 Hope, ibid., page 29: „Volunteer becomes like officiousness a sort of tag or a term of defeat.“ – „Der ungerufene Zahler wird wie die Zudringlichkeit zu einem Etikett oder einem Begriff der Abwehr.“ 50 Qualifizierte man die Motivation des Unternehmers als eigennützig, bestimmte sich sein Anspruch gegenüber dem befreiten Schuldner nach § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB: Der bereicherungsrechtliche Ausgleich hinge davon ab, dass der befreite Schuldner „das aus der Geschäftsführung Erlangte“ für sich in Anspruch nimmt, d.h. als vorteilhaft akzeptiert. Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. b) ll) (c), Seite 458. 51 Dazu näher unten V. 2. b) ff) und gg), Seite 420 ff. und Seite 427 ff. 52 Owen vs. Tate, The Law Reports (1976), Queen’s Bench Divison, page 402, 412 „H“. Das Urteil führt in der Form eines true principle of the matter“ aus: „If without an antecedent request a person assumes an obligation or makes a payment for the benefit of another the law will, as a general rule, refuse him a right of indemnity, but if he can show that in the particular circumstances of the case there was some necessity for the obligation to be assumed, then the law will grant him a right of reimbursement if in all the circumstances it is just and reasonable to do so.“ – „Wenn jemand ohne eine vorangehende Aufforderung eine Verbindlichkeit übernimmt oder eine Zahlung für einen anderen leistet, so verweigert ihm das Gesetz grundsätzlich das Recht auf eine Entschädigung, es sei denn, er vermag kraft der besonderen Umstände des Falles darzulegen, dass eine Notwendigkeit für sein Handeln bestand. In diesem Fall gewährt ihm das Gesetz das Recht auf Erstattung, falls es unter Berücksichtigung aller Gegebenheiten des Falles richtig und vernünftig ist, sich zu verpflichten.“

1. Der Aufdrängungsschutz im anglo-amerikanischen Recht

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c) Der Schutz vor unerbetener Einmischung im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis („the mistaken improver“) aa) Amerikanisches Recht Die Abneigung des amerikanischen Rechtskreises, für eine nicht vertragsmäßig gesicherte Zuwendung einen Ausgleich zu gewähren, setzt sich im Verhältnis des Eigentümers zum Besitzer fort.53 Ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis als dogmatisches oder gar durch Statuten anerkanntes Institut wie in den kontinental-europäischen Rechtsordnungen gibt es in den Vereinigten Staaten54 freilich nicht. Zudem beschäftigen sich das Common Law, die Statuten und das offiziöse amerikanische „Restatement of Law“, darf an den einschlägigen Veröffentlichungen trauen55, nur mit dem Ausgleich von Verwendungen auf ein Grundstück, sie lassen mithin die Erhaltung, Verbesserungen oder Bewirtschaftung, die der Besitzer auf eine fremde bewegliche Sache tätigt, außer Acht. Erörtert und entschieden wird allein die Rechtslage des „irrenden Verwenders“ („mistaken improver“), der im Vertrauen auf den Rechtstitel an einem Grundstück Investitionen tätigt und nach dem Fehlschlagen seines Erwerbs von dem ursprünglichen und „wahren“ Eigentümer den Ersatz seiner Verwendungen oder deren Wert für den Eigentümer verlangt. Ein anschaulicher und trotz seiner besonderen Gestaltung immer wieder besprochener Fall ist der Kauf von Grundbesitz, bei dem der Nachlassverwalter eines Verstorbenen als Verkäufer handelte. Der Käufer verbesserte die Immobilie und musste nun erleben, dass ein Erbe des Verstorbenen einen technischen Fehler in dem Kaufvertrag ausgrub und einen Anteil an dem verkauften Grundstück für sich reklamierte.56 Der Käufer verlangte daraufhin im Klagewege und gestützt auf die „Billigkeit“ Ausgleich für die Wertsteigerung des Besitzes infolge der eigenen Aufwendungen und der seiner Rechtsvorgänger.57 53

Die vorliegende Bearbeitung vermeidet es, die Abschöpfung einer ungerechtfertigten Bereicherung im anglo-amerikanischen Recht zu erörtern, weil das entsprechende Institut wenigstens nach englischer Auffassung noch nicht allseits anerkannt ist: Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 2, Seite 104 Rdnr. 39, nach dessen Bericht „die wissenschaftliche Klärung bei weitem noch nicht abgeschlossen ist“. 54 Die Rechtslage in England ist im Folgenden gesondert dargestellt. 55 Hier insbesondere die Abhandlung von Casad, ibid., page 1039. 56 Bright vs. Boyd, zitiert von Casad, ibid., page 1042. 57 Die Wiedergabe des Rechtsstreits durch Casad, ibid., lautet: „In that case a suit was brought by one who claimed title to the land through a sale made by an administrator. He and his predecessors had occupied the land and made improvements. Later one of the heirs of the decedent was able to prove a technical defect in the administrator’s sale and established his title to a share of the land. The disappointed purchaser then brought an independent action in equity to get an allowance

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

Unter dem Einfluss der römisch-rechtlichen Maxime über die Verbindung beweglicher Sachen mit einem Grundstück „quidquid plantatur solo, solo cedit“58 lautet ein Grundsatz des amerikanischen Common Law: Verbindet der Besitzer eines Grundstücks bewegliche Sachen mit dem ihm fremden Eigentum, verliert er seine Rechte ohne die Möglichkeit der Wegnahme der eingefügten Sachen. Es stehen ihm weder ein dingliches Recht am Grundstück noch der persönliche Anspruch auf Entschädigung gegen den Eigentümer zu.59 Ausnahmen von dieser einschneidenden Regelung haben sich in der Rechtsprechung, der Gesetzgebung und dem Restatement of Law nach und nach durchgesetzt. Sie gründen sich auf ein unredliches Verhalten des Eigentümers, der gegenüber dem Verwender die Rechtslage falsch darstellte oder nichts tat, um ihn über seinen Irrtum aufzuklären.60 Sind diese Vorausfor the enhancement in the value of the land attributable to the improvements.“ – „In diesem Fall wurde ein Rechtstreit durch den Käufer eines Grundstücks anhängig gemacht, der seinen Erwerbstitel auf den Verkauf durch einen Nachlassverwalter gründete. Er und seine Rechtsvorgänger hatten das Grundstück in Besitz genommen und Verwendungen darauf getätigt. Später gelang es dem Erben des verstorbenen Verkäufers, einen technischen Defekt in dem Kaufvertrag zu beweisen und darauf gestützt einen Anteil an dem Grundbesitz in Anspruch zu nehmen. Der enttäuschte Käufer erhob daraufhin eine von dem Vorgehen des Erben unabhängige Klage, mit der er nach Billigkeit Ersatz für die Wertsteigerung verlangte, die das Grundstück infolge der Verbesserungen erfahren hatte.“ 58 Eine den Ausdruck glättende Verallgemeinerung der Digestenstelle 41. 1. 9. pr.: „Gaius libro secundo rerum cottidianarum sive aureorum. Qua ratione autem plantae quae terra coalescunt solo cedunt, eadem ratione frumenta quoque quae sata sunt solo cedere intellegitur.“ – „Gaius im zweiten Buch der gewöhnlich auftretenden Rechtsfragen und der goldenen Rechtsregeln. Aus dem Grunde, weshalb Pflanzen, die mit dem Erdreich verwurzelt sind, wesentliche Bestandteile des Grundstücks werden, aus diesem Grunde ist auch anzunehmen, dass ausgesätes Getreide dem Boden rechtlich einverleibt wird.“ 59 Casad, ibid., page 1039, formuliert: „But in the absence of such special rule or exception or some agreement or statute, when material that becomes attached to land has been supplied by someone other than the landowner, the one supplying it loses his personal property rights in that material, and according to the conventional common law view he cannot remove it and he usually does not gain any compensating rights in the real estate nor any personal claim against the owner.“ – „Fehlt eine spezielle Regel oder ein Einwand gegen den Rechtsverlust oder eine Abrede mit dem Eigentümer oder eine entsprechende Satzung, verliert derjenige, der bewegliche Sachen mit einem Grundstück verbindet, seine Rechte daran. Nach der grundsätzlichen Auffassung des Common Law darf er die eingefügten Teile nicht wegnehmen, im Regelfall gewinnt er keine seine Einbuße ausgleichenden Rechte am Grundstück und er hat auch keinen persönlichen Anspruch auf Entschädigung gegen den Eigentümer.“ 60 Casad, ibid., page 1040: „In most states the improver has no common law or equitable right of action to recover either the improvement itself or its value to the owner, except where the owner was guilty of misleading the improver or at least

1. Der Aufdrängungsschutz im anglo-amerikanischen Recht

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setzungen gegeben, hat der Verwender dennoch keine Klage gegen den Eigentümer, sondern darf seine Rechte nur defensiv wahren, dann nämlich, wenn der Eigentümer unter Berufung auf die „Billigkeit“ oder auf gesetzliche Ansprüche gegen ihn vorgeht. Verklagt der Eigentümer den Besitzer beispielsweise wegen einer Beeinträchtigung seines Eigentums, auf Räumung oder auf Herausgabe gezogener Nutzungen, darf der Verwender widerklagend oder durch Zurückbehaltung den Wert seiner Verwendungen geltend machen; eine Klage auf Herausgabe des Überschusses über die von ihm verlangten Nutzungen steht ihm indessen nicht zu.61 Die in einer Entscheidung aus dem Jahre 1841 vertretene Mindermeinung, dass der Standpunkt des Common Law und der Statuten nicht vernünftig und nicht verbindlich sei, hat zwar Zustimmung erfahren, sich aber bis heute nicht gegen die traditonelle Haltung durchsetzen können, die dem irrenden Verwender den aktiven Rechtsschutz verweigert. Die hier berichtete Mindermeinung des Richters Story war allerdings nur der tastende Versuch, die Härte der bisherigen Anschauungen an dem eingangs geschilderten Fall zu mildern, aus dem sich durch Gegenüberstellung sehr persönlicher Eigenschaften der Parteien überzeugende Argumente für eine Rechtsfortbildung gewinnen ließen: Der klagende, also aktiv vorgehende Verwender war ein Käufer, der das Grundstück zu seinem vollen was aware of his mistake and did nothing to warn him.“ – „In den meisten Bundesstaaten hat der Verwender weder eine auf das Common Law noch auf die Billigkeit gegründete Klage auf Herausgabe der Verwendung in Natur noch auf die dem Eigentümer angefallene Wertsteigerung, es sei denn, der Eigentümer hätte den Verwender in die Irre geführt oder kannte seinen Irrtum und unterließ es, ihn aufzuklären.“ 61 Wörtlich heißt es bei Casad, ibid., page 1040, 1041: „If the owner should find it necessary to bring some sort of equitable action against the improver, the latter is permitted to counterclaim for restitution of the benefit accruing to the owner by reason of the improvement, and the owner’s equitable relief will be conditioned upon his making restitution in such form as the court shall decree. If the owner initiates an ordinary legal action for trespass or ejectment against the improver and seeks recovery of mesne profits, the improver is allowed to set off against his liability the value of the improvements, although he is not permitted a positive recovery in the event the value of the improvement exceeds the rents and profits.“ – „Hält der Eigentümer es für geboten, eine Klage aus dem Gesichtspunkt der equity gegen den Verwender anzustrengen, hat der Verwender das Recht der Widerklage, mit der er Entschädigung für den Wertzuwachs begehrt, der dem Eigentümer durch seine Verwendungen zugefallen ist, und die Ansprüche des Eigentümers werden auf Grund der equity miteinander verknüpft. Geht der Eigentümer dagegen mit der gesetzlich gewährten Klage wegen der Verletzung seines Rechts oder mit dem Begehren der Räumung gegen den Verwender vor und verlangt er im Zusammenhang damit Entschädigung wegen der vom Verwender gezogenen Nutzungen, so hat dieser das Recht, seiner Haftung den Wert der getätigten Verwendungen entgegenzusetzen; ein aktives Vorgehen ist ihm selbst dann versagt, wenn der Wert der Verwendungen die von ihm gezogenen Nutzungen übersteigt.“

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

Wert und in Unkenntnis von Mängeln des Erwerbsaktes erworben hatte, während auf der Seite des Beklagten nicht der ursprüngliche Eigentümer, sondern ein Erbe stand, der für den Erwerb des Landes vom Erblasser (naturgemäß) nichts bezahlt hatte.62 Story sprach dem Kläger den vollen Ausgleich für die gesteigerten Wert zu, den das Grundstück durch die Verwendungen erfahren hatte, und ein auf die „Billigkeit“ gegründetes Pfandrecht des Klägers, um die Bezahlung seiner Aufwendungen zu sichern.63 An dieser Stelle sei das Augenmerk auf die Methode der Rechtsfindung durch den Richter Story gelenkt. Story hat kein Institut des Ersatzes von Verwendungen auf ein fremdes Grundstück erarbeitet, seine Entscheidung ist tastende Billigkeitsjustiz ohne ein dogmatisches Fundament im heimischen Recht. Gerade wegen des Fehlens von Autoritäten im eigenen Recht darf man sein Suchen nach einer rationalen Lösung des Falles als vorbildlich anerkennen: Er bedient sich der Rechtsvergleichung und der Literatur und lässt als Teil der Rechtstatsachenforschung ein Gutachten über alle Gesichtspunkte des billigen Ausgleichs zwischen den Parteien, insbesondere des Verhältnisses zwischen dem Einsatz des gutgläubigen Besitzers und der Erhöhung des Wertes des Grundstücks, erstellen.64 62 Casad, ibid., page 1045, berichtet wörtlich: „He (i. e. Story J.) stressed the fact that the plaintiff was an innocent purchaser for value, and the defendant was not the original owner but an heir who, accordingly, paid no value for his interest.“ – „Er (Richter Story) betonte den Umstand, dass der Kläger ein gutgläubiger Käufer sei, der das Grundstück seinem Wert entsprechend bezahlt habe, während der Beklagte nicht der ursprüngliche Eigentümer, sondern ein Erbe sei, der dementsprechend für den Erwerb des Landes nichts aufgewendet habe.“ 63 Ich zitiere Casad, ibid., page 1044, wörtlich: „Story’s decision in Bright vs. Boyd was that the mistaken improver should be entitled to ,full remuneration‘ for the increase in the value of the land attributable to the improvement, and to an equitable lien to secure payment.“ – „In der Sache Bright gegen Boyd entschied Story, dass der irrende Verwender vollen Ausgleich für die Wertsteigerung des Grundstücks durch dessen Verwendungen sowie ein auf die equity gegründetes Pfandrecht geltend machen könne, das die Bezahlung der Verwendungen sichere.“ 64 Casad, ibid., page 1043: „Finding no direct authorities in Anglo-American law – only obiter opinions – for denying recovery to the improver als plaintiff, Story turned to other legal systems: He found support in the Roman law for allowing the improver full compensation . . . He also found that the French code, the laws of Scotland, and the laws of Spain, supported his position, as well as several noted civilian writers. . . . Tentatively deciding that the action would lie, he withheld a final decision „until all the equities between the parties – particularly the valuation figures – were before the court in a master’s report.“ – „Da Story – mit Ausnahme einiger beiläufig ausgesprochener Urteilsgründe – keine anglo-amerikanischen Rechtsautoritäten zu entdecken vermochte, die dem Verwender die Stellung des Klägers mit dem Anspruch auf den Ersatz seines Einsatzes absprachen, fand er für seinen (entgegengesetzten) Standpunkt Unterstützung im Römischen Recht, das dem Verwender den vollen Ausgleich gewährte. Er fand, dass der französische Code civil, die Rechte Schottlands und Spaniens, wie auch einige bekannte Schriftsteller seinen Standpunkt unterstützten. . . . Indem er versuchsweise befand, dass die Klage des Verwenders aussichtsreich sei, hielt er doch die endgültige Entscheidung zurück, bis alle Aspekte der Billigkeit im Verhältnis der Parteien, insbesondere die Wertver-

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Der amerikanische Autor Casad65 konkretisiert die Entscheidungsgrundlage des Richters: Die wesentliche Grundlage des zuerkannten Anspruchs sei die ungerechtfertigte Bereicherung des Eigentümers, die sich ihrerseits aus dem Irrtum des Käufers und dem Recht des Eigentumserwerbs kraft der Verbindung beweglicher Sachen mit einem Grundstück zusammensetze, nicht dagegen der Status des Verwenders als eines Käufers.66 Die Abhandlung gewinnt aus der Entscheidung einen neuen Grundsatz des Ersatzes von Verwendungen auf ein Grundstück67: „The unintended, unearned and unexpected benefit which the law of accession casts upon the landowner must generally be regarded as unjust unless some special circumstances are present, or unless extending relief to the improver would have some undesirable policy consequences.“

Casad drückt sein Befremden darüber aus, dass sich die Mehrzahl der amerikanischen Bundesstaaten der – sehr vorsichtigen68 – Rechtsfortbildung des Richters Story nicht angeschlossen hat: „It is curious that more states have not openly adopted the Story view“.69 Glaubt man der im Jahre 1968 verfassten Abhandlung, halten sie für den Ersatz von Verwendungen auf fremden Grundbesitz an zwei Einschränkungen fest: dem unredlichen Verhalten des Eigentümers und der nur defensiven Ausübung der Rechte des hältnisse, dem Gericht in dem Gutachten eines amtlichen Sachverständigen unterbreitet worden waren.“ 65 Vorgestellt eingangs seines Aufsatzes als Professor of Law, University of Kansas. 66 Casad, ibid., page 1045: „The substantive basis of the right of action he recognized in Bright vs. Boyd is the unjust enrichment of the landowner occasioned by the combination of the improver’s mistake and the law of accession, not the status of the improver as a purchaser.“ – „Die wesentliche Grundlage des zuerkannten Anspruchs in der Sache Bright gegen Boyd ist die ungerechtfertigte Bereicherung des Eigentümers des Grundstücks, herbeigeführt durch das Zusammentreffen des Irrtums des Verwenders und das Recht der Anwachsung bei Verbindung beweglicher Sachen mit einem Grundstück, und nicht etwa die Stellung des Verwender als eines Käufers.“ 67 Casad, ibid., page 1045. „Der nicht beabsichtigte, nicht durch eine Gegenleistung aufgewogene und unerwartete Vorteil, den die Regeln der Anwachsung dem Eigentümer eines Grundstücks zuweisen, ist in aller Regel nicht gerechtfertigt, es sei denn, dass besondere Umstände vorliegen oder die weitreichende Entschädigung des Verwenders unerwünschte grundsätzliche Folgen zeitigt.“ 68 Ibid., page 1045: „It would however be wrong to assume that he meant that every mistaken improver should always be entitled to that remedy, i. e. to full remuneration for the increase in the value of the land and to an equitable lien to secure payment.“ – „Es wäre falsch, Storys Entscheidung dahin zu deuten, dass jeder gutgläubige Verwender das Recht auf vollen Ausgleich für die Wertsteigerung des Grundstücks habe und sein Anspruch durch ein nach Billigkeit zu bestellendes Pfandrecht gesichert werden müsse.“ 69 Ibid., page 1046.

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

Verwenders, der eine Klage des Eigentümers auf Herausgabe des Grundstücks oder der gezogenen Nutzungen abwarten muss, um mit einer Widerklage den Ersatz seiner Verwendungen zu begehren.70 Immerhin ist festzustellen, dass dem Besitzer einer fremden Sache nicht jeder Ausgleich seiner Vermögensopfer zu versagen ist; er genießt gegenüber dem Nichtbesitzer eine gewisse Privilegierung. Diese Einschränkung eines im übrigen rigiden Aufdrängungsschutzes ändert indessen nichts an der grundsätzlichen Ablehnung einer als „Einmischung in fremde Angelegenheiten“ zu qualifizierenden Verhaltens. Casad zieht in diesem Zusammenhang den Schluss, das Common Law werfe einem Helfer, anstatt altruistisches Handeln anzuerkennen, nicht selten „aufdringliche Einmischung“ vor, und es sei der „Geist des Individualismus“, der, eingewurzelt im anglo-amerikanischen Charakter und übernommen von den Einrichtungen des Staates, in den die Gesellschaft prägenden Jahren die amerikanischen Anschauungen geschaffen habe.71 bb) Englisches Recht „A person who renders services to another, who has neither requested them nor freely accepted them, has generally no right to recover from the recipient remuneration for the work so done or recompense in respect of any benefits, however great, conferred thereby“, diese Aussage eröffnet die Darstellung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses in dem englischen Handbuch der Ausgleichsbeziehungen von Goff & Jones.72 Sie ist einmal mehr 70

Siehe den Bericht oben zu Fußnote 61 dieses Abschnitts. Casad, ibid., page 1047: „The notion that the traditional rule is unduly harsh on the improver shows that some very deeply rooted principles must be operative here. One such principle must surely be the common law’s traditional hostility to persons who confer unsolicited benefits on others. Instead of honoring the voluntary altruist, the common law has often upbraided him, calling him an ,officious intermeddler‘ . . . This tendency apparently reflects something fundamental in the AngloSaxon temperament which American institutions inherited along with the common law. It is an aspect of the spirit of individualism that dominated American attitudes during the formating years of our society.“ – „Die Meinung, dass die überkommene Regel den Verwender unbillig hart behandele, lässt auf die tief verwurzelte, diese Regel tragende Grundsätze schließen. Einer dieser Grundsätze ist ohne Zweifel die traditionelle Feindschaft des Common Law gegenüber denjenigen, die ihren Mitmenschen nicht erbetene Wohltaten zuteil werden lassen. Obwohl es geboten wäre, dem uneigennützigen Wohltäter Ehre zu erweisen, hat ihn das Common Law oft genug als einen sich aufdrängenden Weltverbesserer gescholten. Diese Neigung spiegelt einen Grundzug des angelsächsischen Charakters wieder, den auch die amerikanischen staatlichen Einrichtungen mit dem Common Law in sich aufgenommen haben. Es ist die Frucht des individualistischen Geistes, der die Haltung der Amerikaner in den ihre Gesellschaft prägenden Jahren bestimmte.“ 71

1. Der Aufdrängungsschutz im anglo-amerikanischen Recht

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ein Zeugnis für den wiederholt beschworenen, je konkreter, desto greifbarer sich offenbarenden „Individualismus“ des anglo-amerikanischen Rechtsdenkens, der bereits in den Abschnitten der „Geschäftsführung ohne Auftrag“ und der amerikanischen Auffassung des Verhältnisses des Eigentümers zum Besitzer73 zum Ausdruck gekommen ist. Hinter einer solchen These steht aber nicht nur das Misstrauen gegenüber dem „officious intermeddler“, sondern damit verbunden eine für den kontinental-europäischen Juristen nachvollziehbare Anerkennung der Willensund Entschließungsfreiheit des Bürgers in seinen privaten Rechtsbeziehungen. Führt man die nüchterne Darstellung des Handbuchs auf diese soziologischen und ethischen Vorgegebenheiten zurück, so steht eine speziell angloamerikanische Denkungsart dem Anspruch auf die Entschädigung des „mistaken improvers“ entgegen: „English law has denied the mistaken improver, whose improvements have become attached to the land, any remedy, if the landowner has not acted unconscionably.“74 Eine Entscheidung aus dem Jahr 197975 behandelt den Fall eines beiden Vertragspartnern unterlaufenen Rechtsirrtums: Sie waren beim Abschluss eines Mietvertrags über Räume für ein Bekleidungsgeschäft fälschlich davon ausgegangen, dass die Option, die Verlängerung der Miete zu verlangen, nicht als Vertrag über ein Grundstück registrierbar war76. In diesem Irrtum hatte der Mieter, Kläger in zweiter Instanz, erhebliche Verwendungen getätigt.77 Das Gericht versagte den verThe Law of Restitution, 5th edition, 1998, page 166: „Restitution in Respect of Services Rendered under a Mistake“ – „Der Ausgleich von Vorteilen, die irrtümlich geleistet wurden“. „Wer einem anderen einen Vorteil vermittelt, der ihn weder gefordert noch kraft freier Entschließung angenommen hat, erwirbt kein Recht, von dem Empfänger eine Vergütung für seinen Einsatz noch den Ausgleich von Vorteilen zu beanspruchen, die dieser erlangte, mögen sie noch so groß sein.“ Den Ersatz von Verwendungen auf Grundstücke und bewegliche Sachen im englischen Recht stellt Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 2, Seite 53 ff., Rdnr. 100 ff., eingehend, jedoch ohne prinzipielle Abweichungen von der hier vertretenen Auffassung, dar. 73 Oben IV. 1. c) aa), Seite 233. 74 Die deutsche Übersetzung lautet: „Das englische Recht versagt dem irrenden Verwender, der Verbesserungen auf ein Grundstück tätigte, jeglichen Rechtsbehelf, es sei denn, der Eigentümer handelte dem Verwender gegenüber gewissenlos.“ Zum gewissenlosen Handeln des Eigentümers gegenüber dem Verwender siehe auch Lorenz, Festschrift für Medicus, Seite 367, 376. Zum ausnahmsweise gewährten Ersatz von Verwendungen auf ein herauszugebendes Grundstück siehe Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 387 Rdnr. 530. 75 Taylors Fashions Ltd. v. Liverpool Trustees Co. (Ch. D.), The Law Reports Queen’s Bench Division 1979, page 135. 76 Das Urteil zitiert die „Provisions of the Land Charges Act 1925“ (page 138). 72

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klagten Vermietern den Einwand, der Mieter habe von seiner Überzeugung keinen Gebrauch machen dürfen.78 Es sei nicht erforderlich, dass die Beklagten die Verwendungen angeregt hätten; es sei mindestens in gleichem Maße gewissenlos, wenn sich der Eigentümer darauf berufe, ihm sei der Irrtum des Klägers unbekannt geblieben, obwohl er hätte wissen müssen, dass der Kläger die Verwendungen unter dem Einfluss seines Irrtums leistete, ein Recht an oder im Hinblick auf das Grundstück zu besitzen.79 Nach Auffassung des Handbuchs von Goff & Jones besteht der Vorteil des Eigentümers entweder in dem Verkehrswert der Verwendungen oder der durch sie herbeigeführten Wertsteigerung des Grundstücks. Handelte der Eigentümer/Vermieter wie hier gewissenlos, dürfe der Verwender den höheren Wert beanspruchen.80 77 Das Urteil (page 139) berichtet: „A new shopfront was installed.“ Weiter heißt es: „Of particular importance was the installation of the lift which, according to Mr. Taylor’s evidence, involved a total expenditure of over £ 5.000.“ – „Die Verwendungen betrafen, wie von dem Kläger Taylor nachgewiesen, eine neue Geschäftsfassade und insbesondere die Installation eines Fahrstuhls in die oberen Geschäftsräume mit Ausgaben von über 5.000 Pfund.“ 78 Die bei Goff & Jones, ibid., page 17, zitierten Argumente verschiedener Gerichte sind so uneinheitlich, dass das Handbuch von einer „semantic confusion“ spricht. 79 Goff & Jones, ibid., page 169, 170: „Both parties mistakenly thought that an option to renew a lease was not registrable as an estate contract and, in that belief, the tenants, the second plaintiffs, had made substantial improvements. Oliver J. held that the defendants, the landlords, were estopped from denying that the tenants had not effectively exercised their opinion. It is not then necessary for the defendant’s encouragement to be ,knowing‘ encouragement; a fortiori it should be unconscionable for the owner to deny that he did not know of the plaintiff ’s mistake if he ought to have known that the plaintiff was acting under a mistaken belief that he was acquiring some interest in, or over, land.“ – „Beide Parteien des Rechtsstreits gingen irrtümlich davon aus, dass die Option, den Mietvertrag zu erneuern, nicht als ein dem Grundstücksrecht unterliegender Vertrag registriert werden könne. Unter dem Einfluss dieses Irrtums tätigten die Mieter, die Zweitkläger, umfangreiche Verbesserungen. Richter Oliver befand, dass sich die verklagten Vermieter nicht mit dem Einwand verteidigen dürften, die Mieter hätten ihr Optionsrecht nicht wirksam ausgeübt. Da es nicht erforderlich sei, dass die Beklagten den Kläger in Kenntnis des Mangels zur Vornahme der Verwendungen ermutigt hätten, sollte der Eigentümer erst recht nicht mit dem Argument gehört werden, er habe von dem Irrtum des Klägers nichts gewusst, wenn er hätte wissen müssen, dass der Kläger in der irrtümlichen Annahme gehandelt hat, ein Recht an oder im Hinblick auf das Grundstück zu erwerben.“ 80 Ibid., page 171: „If the owner has been incontrovertibly benefited by the improvements, the benefit which he has gained should be the market value of the services or the increased value of the land. If he has encouraged the improver to act as he did, the improver should be entitled to the higher of those two figures.“ – „Hat der Grundstückseigentümer unzweifelhaft von den Verwendungen profitiert, so besteht der ihm angefallene Vorteil in dem Marktwert der Verwendungen oder der Wertsteigerung seines Eigentums. Hat er den Verwender zur Vornahme der Verbesserungen ermutigt, ist dieser berechtigt, unter den beiden Vorteilen den mit dem höheren Wert zu verlangen.“

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Die Frage, ob der Verwender seine Rechte auch offensiv geltend zu machen vermag, bejahte das Urteil indirekt: Der Verwender hatte die Klage auf Ersatz seiner Aufwendungen erhoben und war mit ihr durchgedrungen.

Die Übereinstimmung des englischen mit dem amerikanischen Recht des „mistaken improvers“ erstreckt sich nicht auf Verwendungen, die der Besitzer einer fremden beweglichen Sache angedeihen lässt. Auf diesem Gebiet hat sich das englische Recht dem in Deutschland geltenden Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer im Ausgangspunkt angenähert. Allerdings fällt dem an ein kodifiziertes System gewöhnten Juristen der Widerspruch in der Behandlung der Verwendungen „to land“ and „of chattels“ sogleich in den Blick, ein Widerspruch, den das Handbuch von Goff & Jones weder erwähnt noch rechtfertigt. Das Recht, den Ausgleich von Verwendungen auf eine bewegliche Sache geltend zu machen, ist in England gesetzlich, und zwar im Zusammenhang mit dem rechtswidrigen Eingriff in Rechte an beweglichen Sachen („Interference with goods“), geregelt.81 Ein Statut, bezeichnet „The Interference with Goods Act“ von 1977, gewährt in Section 6 dem auf Herausgabe oder Beeinträchtigung des Eigentums verklagten – redlichen82 – Verwender den Anspruch auf Herausgabe der durch seine Verbesserung herbeigeführten Wertsteigerung der Sache: „If in proceedings for wrongful interference against a person (the „improver“) who has improved the goods, it is shown that the improver acted in the mistaken but honest belief that he had good title to them, an allowance for the extent to which, at the time as which the goods fall to be valued in assessing damages, the value of the goods is attributable to the improvement.“83 Das Statut sei in der gebotenen Kürze an einem Fall erläutert, in dem der gutgläubige Käufer eines unterschlagenen und durch einen Unfall beschädigten Kraftfahrzeugs erhebliche Aufwendungen für dessen Reparatur vorgenommen hatte, die er nach der Herausgabe an den rechtmäßigen Eigentümer für sich in Anspruch nahm.84 81 Den Ausgleich von Verwendungen auf eine bewegliche Sache nach englischem Recht stellt auch Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 387 Rdnr. 530 f., dar. 82 Das Statut setzt den „honest belief“ des Verwenders voraus. 83 Torts (Interference with Goods) Act 1977, dated the 22nd July 1977: „Macht der Eigentümer Ansprüche wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in sein Eigentum gegen denjenigen (den „Verwender“) geltend, der Verwendungen auf die betreffende Sache tätigte, und wird bewiesen, dass der Verwender in der irrtümlichen, jedoch redlichen Annahme eines Rechts an der Sache handelte, hat er den Anspruch auf Ersatz des Wertes seiner Verwendungen in dem Umfang, in dem sich diese zum Zeitpunkt der Bemessung des Schadensersatzes im Wert der Sache niederschlagen“ (The Public General Acts and General Synod Measures 1977, chapter 32, page 352, 353).

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Der (komplizierte) Sachverhalt sei, um ihn durchsichtiger zu machen, unter Weglassung unerheblicher Einzelheiten nach dem Kurzbericht der Queen’s Bench Division referiert: „B, the manager of a garage for a company which owned a secondhand Jaguar car, handed it over on June 8, 1970, to S to do specific repairs at a cost of 85 Pounds. S did not do the repairs but used the car and smashed it up in an accident. On July 6 he sold it for 75 Pounds to H who honestly believed that S was the owner. H spent 226 Pounds on labour and materials to put it in good condition and sold it to a finance company for 450 Pounds; the company let it on hire purchase to one P. When the title came to be investigated the history came to light and the police took possession of the car in order to prosecute S, who was convicted of its theft in November 1970. The chief constable took out interpleader proceedings asking the county court judge to decide between the adverse claims to ownership, the effective rival claimants being B and H. H, while acknowledging that B had the legal title to the car, claimed that as a condition of B’s repossession of the car he should receive at least the 226 Pounds spent on making a virtually wrecked car into a car with the market value of 450 Pounds. Judge Chope held that B’s claim was valid and that H had no claim to anything; and he made an order which effected the unconditional specific delivery of the car to B. B repossessed it under the order of the court and sold it for 400 Pounds. Mr. Harper (H) appealed on the grounds that the judge was wrong in holding that in an action in detinue the true owner of goods was entitled to a return of them regardless of the fact that their value had increased by reason of the activities of persons through whose hands the goods had passed.“85 Das Gericht entschied: „Appeal allowed with costs in Court of Appeal. Order on Mr. Benett (B) to pay 226 Pounds.“ 84 Greenwood v. Benett and Others, The Law Reports Queen’s Bench Division 1973, page 195, 197, 203. 85 Die deutsche Übersetzung lautet: „B, Geschäftsführer eines Autohauses, übergab am 8. Juni 1970 einen gebrauchten Jaguar Personenwagen, dessen Halter ein geschäftliches Unternehmen war, einem gewissen S mit dem Auftrag, bestimmte Reparaturen zum Preis von 85 Pounds auszuführen. Anstatt den Wagen zu reparieren, benutzte dieser ihn für eigene Fahrten und beschädigte ihn erheblich in einem Unfall. Am 6. Juli verkaufte er ihn an H für 75 Pfund, der den Wagen im Vertrauen auf das Eigentum des S erwarb. H wandte einen Betrag von 226 Pfund an Arbeitszeit und Material auf, um das Fahrzeug wieder in einen guten Zustand zu versetzen. Alsdann überließ er ihn zum Preis von 450 Pfund an eine Finanzierungsgesellschaft, die ihn auf der Basis eines Ratenkaufs an P weitergab. Als B den Wagen von S zurückforderte, kam das Schicksal des Jaguar ans Licht und die Polizei nahm ihn in ihren Besitz, um S zu verfolgen, dieser wurde im November 1970 wegen Diebstahls verurteilt. Der Vorsteher der Polizeibehörde leitete beim County Court ein Verfahren zur Klärung kontroverser Ansprüche mehrerer Beteiligter („interpleader proceedings“)

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Richter Lord Denning formuliert seine Argumentation am ausführlichsten und klarsten; die Wiedergabe des Rechtsstreits und dessen Entscheidung seien aus diesem Grunde auf seine Begründung konzentriert: „One cleans another’s shoes, what can the other do but put them on? That is undoubtedly the law when the person who does the work knows, or ought to know, that the property does not belong to him. He takes the risk of not being paid for his work on it. But it is very different when he honestly believes himself to be the owner of the property and does the work in that belief . . . Here we have an innocent purchaser who bought the car in good faith and without notice of any defect in the title to it. He did work on it to the value of 226 Pounds. The law is hard enough on him when it makes him give up the car itself.86 It would be most unjust if the company could not only take the car from him, but also the value of the improvements he has done to it – without paying for them. There is a principle at hand to meet the case. It derives from the law of restitution. The plaintiffs should not be allowed unjustly to enrich themselves at his expense.“87 ein und bat, über die streitigen Eigentumsrechte, insbesondere zwischen den rivalisierenden Ansprüchen von B und H, zu entscheiden. H erkannte die Berechtigung des B an dem Wagen an, verlangte jedoch als Bedingung der Herausgabe an diesen den Ersatz von mindestens 226 Pfund, die er aufgewandt habe, um den eigentlich zu Schrott gefahrenen Wagen wieder in einen verkaufsfähigen Zustand mit einem Marktwert von 450 Pfund zu versetzen. Richter Chope entschied, dass der Herausgabeanspruch von B gegeben war, dass andererseits H keine Rechte an dem Fahrzeug habe. Er ordnete die Rückgabe an B ohne Bedingung an. Auf Grund dieser Entscheidung erhielt B das Fahrzeug, das er anschließend für 400 Pfund verkaufte. Die von H eingelegte Berufung machte geltend: Richter Chope habe fälschlich entschieden, dass die Klage des Eigentümers auf Herausgabe widerrechtlich vorenthaltener beweglicher Sachen diesen berechtige, den Besitz ohne Berücksichtigung einer Wertsteigerung durch zwischenzeitliche Verwendungen wieder zu erlangen. Das Berufungsgericht gab der Berufung unter Auferlegung der Kosten des Berufungsgerichts statt. Es ordnete an, dass B 226 Pfund zu zahlen habe.“ 86 H war nach englischem Recht „purchaser for value without notice“, d.h. gutgläubiger Käufer, der in der Erwartung, dass der Verkäufer den Vertrag erfüllen werde, den Kaufpreis bezahlt hat, ohne über Mängel in der Berechtigung des Verkäufers unterrichtet zu werden (Black’s Law Dictionary, ibid., zum Stichwort „Bona fide purchaser“; L. B. Curzon, Dictionary of Law, ibid., zum Stichwort „purchaser for value without notice“). Die Frage, ob H wegen seiner – angenommenen – Redlichkeit die Herausgabe des Fahrzeugs als gutgläubiger Käufer hätte verweigern dürfen, stand im Berufungsverfahren vor der Queen’s Bench Division nicht mehr zur Erörterung: Der Richter des County Court hatte in den „interpleader proceedings“ die Rückgabe an den Geschäftsführer der Eigentümerin B angeordnet. 87 Die deutsche Übersetzung lautet: „Jemand putzt einem anderen die Schuhe, was anders kann dieser tun, als sie anzuziehen? Dies ist zweifellos die Rechtslage, wenn jemand Verwendungen auf eine Sache leistet und weiss oder wissen müsste, dass er nicht deren Eigentümer ist. Dann trägt er das Risiko, für seine Arbeit nichts

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Zur Redlichkeit des Käufers und Verwenders H bemerkt Lord Denning: „Mr. Searle did not produce the logbook. He made some excuse or other for not producing it.“88 Die Lösung dieses Falles ist im deutschen Recht durch das Verhältnis des Eigentümers zum Besitzer so vorgezeichnet, dass sich die tastenden Erwägungen des Richters Lord Denning erübrigen: Da S den Gebrauchtwagen ohne Vorlage des Kraftfahrzeugbriefs veräußerte, ist der Erwerber H nicht redlich im Sinne des § 932 Abs. 2 BGB.89 S konnte ihm infolgedessen kein Eigentum übertragen. H war bösgläubiger Eigenbesitzer (§ 994 Abs. 2 BGB). Die nach dem Unfall „notwendigen Verwendungen“ zur Wiederherstellung des ruinierten Wagens geben ihm den Anspruch auf Ersatz seiner Auslagen nach dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 994 Abs. 2, 683, 670). Als Eigenbesitzer handelte H zwar nicht mit Rücksicht „im Interesse und mit Rücksicht auf den mutmaßlichen Willen“ des Eigentümers, d.h. der Gesellschaft, in deren Dienst B stand, sondern zum eigenen Nutzen. Die Verweisung des § 994 Abs. 2 BGB auf die Geschäftsführung ohne Auftrag ist aber nur eine sog. „beschränkte Rechtsgrundverweisung“ auf die aus dem Recht der Geschäftsführung entstehenden Folgen: die Ansprüche des Besitzers wegen seiner Verwendungen.90

Den Bericht über Verwendungen auf bewegliche Sachen im englischen Recht mag eine – sehr kritische – Stellungnahme von P. Matthew91 in einem 1981 verfassten Artikel „Freedom, Unrequested Improvements and Lord Denning“92 beschließen. Der Verfasser kann nicht umhin, den „Interference with Goods Act“ von 1977 als für die Gerichte verbindlich anzuerkennen. Da das Statut aber nur für den Fall eines „improvers“ anwendbar sein will, der Verwendungen „in the mistaken but honest belief that he had good title to the goods“ tätigt, bleibt offen, ob der hier anerkannte Ersatzanspruch auch dem „mala fide improver“, d.h. dem bösgläubigen Besitzer, gewährt ist. Matthew hält sich an die Rechtslage, die seiner Überzeugung nach vor dem Act galt und nicht geändert worden sei. Er unterscheidet zu erhalten. Ganz anders verhält es sich, wenn er redlich glaubt, Eigentümer zu sein und Verwendungen in dieser Überzeugung tätigt. Hier haben wir es mit einem redlichen Käufer zu tun, der den Wagen in guten Treuen und ohne Kenntnis eines Mangels in der Berechtigung des Verkäufers erwarb. Seine Aufwendungen hatten einen Wert von 226 Pfund. Es ist hart genug für ihn, das Fahrzeug wieder herausgeben zu müssen. Aber es wäre höchst ungerecht, könnte die Eigentümerin nicht nur den Wagen, sondern auch den Wert seiner Verwendungen zurückerhalten – und dies, ohne dafür zu bezahlen. Hier gibt es einen Grundsatz, um dem Fall gerecht zu werden. Er ergibt sich aus dem Recht der Rückerstattung. Die Kläger dürfen sich nicht ungerecht auf Kosten des Besitzers und gutgläubigen Käufers bereichern.“ 88 „Mr. S übergab nicht das Bordbuch. Er brachte Entschuldigungen dafür vor.“ 89 Palandt/Bassenge, 62. Auflage, § 932 Rdnr. 13a. 90 Dazu im Einzelnen unten V. 2. c) bb) (a) (2), Seite 490 ff. 91 P. Matthew stellt sich im Cambridge Law Journal 1981 als „Lecturer, Faculty of Laws, University College, London“ vor. 92 Cambridge Law Journal 1981, page 340.

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demzufolge zwischen den Verwendungen des bösgläubigen Besitzers und einer „zufälligen“ Erhöhung des Erlöses einer Sache, die der Bösgläubige, verklagt auf Schadensersatz wegen eines Eingriffs in das Eigentum, verkauft hat. Nur in diesem Fall dürfe der Bösgläubige die Wertsteigerung für sich in Anspruch nehmen, was bedeute, dass er den erzielten Mehrbetrag nicht an den Eigentümer abzuführen brauche.93 Das Ergebnis, dass nach Meinung des zitierten Autors der bösgläubige Besitzer keinen Anspruch auf Ersatz selbst notwendiger Verwendungen habe, beruht auf einer grundsätzlichen Einstellung, deren Fundament in einer anglo-amerikanischen geprägten Rechtsphilosophie, der „Freedom as justification“, der Freiheit des Eigentums als Rechtfertigung der Verneinung von Verwendungsansprüchen, zu finden ist. Matthew führt dazu aus94: „That philosophical basis (i. e. the owner-dominated point of view) is the maximisation of freedom of choice. Just as the doctrine of consideration would permit a philantropic landowner to sell huge tracts of land for a matter of pence if he pleased, or a thursty drinker to buy a pint of ale for many a thousands of pounds, so too the law of property would permit the owner of goods improved without his consent to cry that he did not want his goods enhanced in value, that he would have preferred them as they were, that he had other ends in view for the finite resources which he then possessed, and that, in any case, he could make a 93 Ibid., page 346: „It is therefore submitted that the accidental ,allowance‘ resulting from the plaintiff ’s suing on an early conversion is still available to mala fide defendants.“ – „Es wird aus diesem Grunde (i. e. „Since the 1977 Act does not claim to be a complete code“) die These vertreten, dass die während des Rechtsstreits wegen eines vorangegangenen Eingriffs in das Eigentum ,zufällig‘ eintretende Wertsteigerung auch von dem bösgläubigen verklagten Besitzer geltend gemacht werden kann.“ Dass ein über dem Sachwert liegender Erlös nach deutschem Recht bei zutreffender Bewertung dem Verfügenden im Sinne des § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB verbleibt, ist oben III. 2. f) cc) (c), Seite 112 ff., und in Fußnote 136 ausgeführt. 94 Ibid., page 355 and 357. – „Die philosophische Grundlage (d.h. der vom Eigentum beherrschten Sicht) ist die größtmögliche Freiheit der Wahl. So wie es die Lehre von der Vertragsbedingung der Gegenleistung dem philantrophen Grundeigentümer erlauben würde, weite Flächen für ein paar Pfennige zu verkaufen, oder es dem durstigen Trinker freistünde, für einen Schoppen Ale mehrere Tausend Pfund zu bezahlen, so erlaubt das Recht dem Eigentümer von Gütern, die ohne sein Einverständnis verbessert wurden, auszurufen, dass er die Wertsteigerung nicht wünsche, dass er es vorgezogen hätte, sie wären so geblieben wie sie waren, dass er seine begrenzten Mittel damals anderen Zielen gewidmet habe und dass er die streitigen Verwendungen besser als jeder andere tätigen könne. Bei der Gewährung von Verwendungsansprüchen scheint man von der Prämisse (ex hypothesi) auszugehen, der Eigentümer sei reich und müsse es sich leisten können, den bemitleidenswerten notleidenden Verwender zu bezahlen. Aber diese Annahme kann sich sehr leicht als falsch herausstellen.“

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

better bargain for carrying out of the work in question than could anyone in the world. . . . The assumption seems to be that the owner of property must ex hypothesi be rich, and must be able to afford to pay the poor starving improver who was so mistaken. But this assumption can be falsified.“ d) Zusammenfassende Würdigung des anglo-amerikanischen Rechts Der auffallende Gegensatz im Aufbau der hier dargestellten Ordnungen: die Einsicht, dass sich das anglo-amerikanische Recht vornehmlich in Gerichtsentscheidungen, das kontinental-europäische dagegen in den gesetzlich verfestigten Instituten der vertraglichen Schuldverhältnisse, der Geschäftsführung ohne Auftrag, der ungerechtfertigten Bereicherung und dem Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer ausdrückt, hat seinen Grund nicht zuletzt in einer verschiedenen Wertschätzung des Systems im Sinne einer vom Einzelfall gelösten, vom Allgemeinen zum Besonderen fortschreitenden wissenschaftlichen und damit möglichst berechenbaren Ordnung. Das von pragmatischen Juristen entwickelte anglo-amerikanische Recht ist der in einem gesetzlichen System steckenden Rationalisierung abhold95; vorherrschend ist hier die Auffassung, dass das Richter- und nicht das Gesetzesrecht die lebendigen Rechtsanschauungen am besten zum Ausdruck bringe. Das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch ist andererseits Schöpfung einer durch staatliche Autorität in eine gesetzliche Regelung gefassten Philosophie und Dogmatik des Rechts: Es verwirklicht die in den Begriffen enthaltene Rationalität der Rechtsanwendung mit dem Ziel, durch systematische Neuordnung des Stoffs einer aufgeklärten, d.h. von Bevormundung freien, Gesellschaft den Weg zu bahnen. Die unterschiedliche Einstellung zum Wert eines Systems zeigt sich exemplarisch in der Darstellung des hier behandelten Schutzes vor aufgedrängten Zuwendungen. Sie muss im anglo-amerikanischen Recht aus verstreuten Quellen, darunter den auch hier unentbehrlichen Bearbeitungen 95 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, § 26 II 1, Seite 496 f.: „Die angelsächsische Rechts- und Justizkultur hebt sich . . . trotz der Gemeinsamkeit der gesellschaftlichen, kulturellen und moralischen Prinzipien von der kontinentalen grundlegend durch die Abwesenheit einiger wesentlicher Faktoren ab, die alle kontinentalen Rechte gemeinsam geprägt haben . . . Kürzer ließe sich sagen, daß ihr die unbedingte Rationalisierung des Rechts fremd geblieben ist, die auf dem Festland die romanistische Wissenschaft im Bunde mit dem absolutistischen Staat durchgesetzt hat.“ Pointiert die abwertende Einstellung Friedrich Nietzsches gegenüber dem System: „Ich mißtraue allen Systematikern und gehe ihnen aus dem Weg. Der Wille zum System ist ein Mangel an Rechtschaffenheit.“ (Götzen-Dämmerung oder wie man mit dem Hammer philosophiert, Sprüche und Pfeile Nr. 26).

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(„restatement of law“)96, zusammengesucht und entwickelt werden, aber die einschlägigen Entscheidungen sprechen in der Schilderung des Sachverhalts und dessen Bewertung eine unmissverständliche, die Entscheidungsgründe nicht verhüllende Sprache.97 Ohne einen systematischen Ertrag ist in diesem Zusammenhang die jüngste Arbeit aus der Feder des australischen Common Law-Juristen R. J. Sutton. Die Betrachtung mit dem Titel: „What should be done for mistaken improvers?“98 wird in der zusammenfassenden Würdigung auf ihren wahren Gehalt zurückgeführt, den eines „Essays“99. Sutton verarbeitet zwar eine beeindruckende Fülle von Entscheidungen aus der Welt des Common Law, nicht nur Großbritanniens und den Vereinigten Staaten von Amerika, sondern auch Kanadas und Australiens. Aber seine Untersuchung gelangt über eine Topik, d.h. eine Zusammenstellung von Gesichtspunkten des Ausgleichs100 zwischen dem Verwender und dem durch Ver96 Da keine Rechtsordnung ohne ein System auskommen kann, nehmen im Common Law private und offiziöse Nachschlagewerke und literarische Bearbeitungen des Fallrechts die Stelle der Kodifikation ein (so das „Restatement of the Law, adopted and promulgated by the American Law Institute“, also die „Neuformulierung“ [i. e. in systematischem Aufbau] des Rechts, aufgenommen und veröffentlicht durch das Institut für Amerikanisches Recht“). Sie erzielen auf diesem Wege ein vergleichbares, wenngleich nicht mit der staatlichen Autorität bekleidetes Ergebnis: das der Zusammenstellung und Konzentration eines sonst nicht mehr zu überblickenden Stoffs. In diesen Bearbeitungen erscheint der Schutz vor aufgedrängten Zuwendungen in zweierlei Gestalt: wörtlich verstanden als Hindernis eines Ausgleichsanspruchs des Intervenienten („restitution“; unbefugte Zahlung fremder Schulden, oben IV. 1. a) bb) (b), Seite 223, Fußnote 17) und in positiver Abwandlung als Merkmal eines den Ausgleich tragenden Quasikontrakts („Quasi Contract“; Ausgleichsanspruch bei Eintritt in einem Notfall durch Leistung von Unterhalt, Schutz fremden Lebens oder Eigentums, oben IV. 1. b), Seite 228). 97 „Liabilities are not to be forced upon people behind their backs any more that you can confer a benefit upon a man against his will“ (siehe oben IV. 1. a) bb) (b), Seite 223). 98 In: Finn, Essays on Restitution, page 241. 99 Page 296: „This essay has explored what might be done to alleviate the plight of mistaken improvers. It has attempted an overview of this topic and a number of cognate areas of law and pointed to some matters of fundamental principle which, if they must now be regarded as settled, have been dealt with sub silentio; perhaps they remain unresolved to this day.“ – „Dieser Essay hat die Möglichkeiten erforscht, die ungünstige Situation des irrenden Verwenders zu verbessern. Die Untersuchung hat einen Überblick über den eigentlichen Problemkreis und eine Reihe verwandter Bereiche versucht, sie hat die Aufmerksamkeit auf rechtliche Grundsätze gelenkt, die, wenn man sie auch als unangreifbar betrachten muss, gleichwohl unter dem Mantel des Schweigens verhüllt geblieben und möglicherweise bis auf den heutigen Tag ungelöst sind.“ 100 Page 272: „Tracing“ – „Die Verfolgung von Rechten in Bezug auf Verwendungen und Einbauten an der Hauptsache“; page 279: „Doctrine of equitable tracing“ – „Die Lehre von der Verfolgung von Rechten kraft der Billigkeit“; page 285: „Good and bad faith“ – „Gut- und Bösgläubigkeit“; page 287: „Relationships between the parties“ – „Einfluss der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien auf

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

wendungen begünstigten Eigentümer, nicht hinaus. Sie beschränkt sich vor allem auf die sehr abstrakt angegangene Seite der aufgeworfenen Frage, wie ein irrender Verwender zu seinem Recht kommt. Die eigentlichen, sich bis auf diesen Tag auswirkenden psychologischen Hemmnisse der angelsächsischen Denkungsart fallen zum Schaden seines Anliegens, eine Lanze für den irrenden Verwender zu brechen, nicht in seinen Blick.

Der knappe Blick auf das anglo-amerikanische Recht anhand der angeführten Beispiele lässt erkennen: Es ist im Ausgangspunkt die strengere, einem „freiheitlichen Gerechtigkeitssinn“ folgende, freilich gesetzessystematisch nicht durchgebildete Ordnung; das deutsche, dogmatisch durchgebildete Recht scheint dagegen die Konstruktion von Rückgriffsansprüchen selbst zugunsten desjenigen zu erlauben, der unerwünscht in eine fremde Rechtssphäre eindringt. Dabei kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der konstruktive Begründungsaufwand die Frage in den Hintergrund treten lässt, ob ein Ausgleich überhaupt stattfinden soll. Das anglo-amerikanische Recht regt an, diese Frage neu zu stellen. In diese Richtung weist Möhrenschläger101: „Die Behandlung des Verwendungsproblems . . . zeigt für das anglo-amerikanische Recht eine im Vergleich mit dem deutschen Recht stärkere Betonung des Schutzes des Eigentümers gegen Einmischung seitens Dritter und der Belastung mit Ansprüchen ohne Zustimmung des Betroffenen. Dies gilt vor allem für das common law . . . Obwohl die Überbetonung des Eigentumsschutzes im common law im deutschen Recht keine Nachahmung finden kann, so ist die Betonung dieses Gesichtspunktes gleichwohl fruchtbar. Es rechtfertigt die Bestrebungen, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten, den Eigentümer, soweit wie möglich, vor einer ,aufgedrängten Bereicherung‘ zu schützen.“

Die Unterschiedlichkeiten sollten freilich nicht überbewertet werden: Wellmann hat in seiner Schrift „Der Aufwendungsersatz des Geschäftsführers ohne Auftrag in der Rechtsprechung der anglo-amerikanischen Gerichte“ den Nachweis geführt, dass die nordamerikanische Rechtsprechung nicht mehr streng mit den von den englischen Gerichten befolgten Common-Law-Regeln übereinstimmt, sondern hiervon „in Richtung auf unsere Rechtsauffassung“ abweicht.102 Dies gilt insbesondere für die Anerkennung eines Ausgleichsanspruchs bei der Erfüllung von Pflichten, die im allgemeinen Interesse liegen, etwa einen Verstorbenen zu beerdigen, einen Verunglückten ärztlich zu versorgen oder für den Unterhalt bedürftiger Personen anstelle des in erster Linie Verpflichteten in Vorlage zu treten.103 Der Sache Ausgleichsansprüche des Verwenders“; page 294: „Compulsary conveyance“ – „Durch das Gericht verfügte Übertragung des Grundstücks, auf dem Verwendungen getätigt wurden, von dem Eigentümer auf den Verwender“; page 294: „Compensation“ – „Entschädigung des Verwenders“. 101 A. a. O., Seite 170. 102 A. a. O., Seite 169.

2. Der Aufdrängungsschutz im französischen Recht

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nach ist in diesen Fällen die Initiative, ungefragt, eben „ohne Auftrag“, die Geschäfte eines anderen zu besorgen, als negotiorum gestio für die Erben, eine kommunale Körperschaft oder den Unterhaltspflichtigen aufzufassen, wenngleich sich das anglo-amerikanische Recht hier auf den Ausdruck des „quasi-contract“ zwischen der eintretenden und der von einer Verpflichtung entlasteten Person festgelegt hat.

2. Der Aufdrängungsschutz im französischen Recht Nicht anders als im deutschen bürgerlichen Recht hat der Fragenkreis der „aufgedrängten Bereicherung“ im französischen Recht seine Schwerpunkte in der Geschäftsführung ohne Auftrag („La gestion d’affaires“ – Art. 1372 s Cc), den Vorschriften über den Ersatz von Verwendungen im Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer („Du droit d’accession sur ce qui s’unit et s’incorpore à la chose“ – Art. 551 s Cc; „le remboursement des impenses“) und den Bestimmungen über den Ausgleich einer ungerechtfertigten Bereicherung („l’enrichessement illégitime“ – Art. 1376 Cc; „la répétition de l’indu“; „actio de in rem verso“). Darüber hinaus trägt der Code civil – ebenso wie das Bürgerliche Gesetzbuch – dem Aufdrängungsschutz innerhalb der rechtsgeschäftlich begründeten Schuldverhältnisse (etwa der Leihe – „Le Prêt“, Art. 1874 s Cc) Rechnung.104 Der Aufbau des französischen Code civil, beeinflusst von dem Pandektensystem des Romanisten Robert Joseph Pothier (1699–1772), geht zurück auf die Gliederung der Institutionen des Gaius105 „personae – res – actiones“106: 103

Siehe dazu Woodward, ibid., page 314 pp; Wellmann, a. a. O., Seite 77 bis

116. 104 Nicht unter den Begriff der „aufgedrängten Bereicherung“ fällt die gerichtlich gestattete Ersatzvornahme des Gläubigers im Falle des Schuldnerverzugs; vielmehr handelt es sich hierbei um eine Art der Zwangsvollstreckung, deren Ausführung in den Händen des Gläubigers liegt. Art. 1144 Cc lautet: „Le créancier peut aussi, en cas d’inexécution être autorisé à faire exécuter lui-même l’obligation aux dépens du débiteur. Celui-ci peut être condamné à faire l’avance des sommes nécessaires à cette exécution.“ – „Der Gläubiger kann auch, im Falle einer Nichterfüllung, ermächtigt werden, seinerseits auf Kosten des Schuldners die geschuldete Handlung vorzunehmen. Der Schuldner kann dazu verurteilt werden, für den erforderlichen Betrag in Vorlage zu treten.“ 105 Über die Institutionen des Gaius siehe Heilfron, a. a. O., Seite 113 Fußnote 2 und Seite 119 f.: Die Institutionen des Gaius – ein Kurzlehrbuch für Anfänger aus dem Jahre 161 v. Chr. Die systematisch zweifelhafte Erweiterung des dritten Buchs des Code civil durch Aufnahme des ganzes Erbrechts („Des successions“) und des ehelichen Güterrechts („Du contrat de mariage et des regimes matrimoniaux“ – „Über den Ehevertrag und die Güterstände“) bleibe, da ohne Einfluss auf die Darstellung, außer Betracht.

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

– „Livre premier: Des personnes. – Livre deuxième: Des biens et des différentes modifications de la propriété. – Livre troisième: Des différentes manières dont on acquiert la propriété.“107

a) Der Ersatz von Verwendungen („impenses“) innerhalb rechtsgeschäftlich begründeter Schuldverhältnisse Die im Code civil von 1804 enthaltenen Regelungen über den Verwendungsersatz innerhalb rechtsgeschäftlich begründeter Schuldverhältnissen stimmen mit dem deutschen bürgerlichen Recht weitgehend überein. Bemerkenswert ist allerdings, dass sich aus einer versteckten Vorschrift des Code civil über den Ersatz der von einem Entleiher getätigten Verwendungen eine der Verallgemeinerung zugängliche Lösung des hier behandelten Themas gewinnen lässt: Sie gibt einen Fingerzeig, auf welche Weise aufgedrängte Bereicherungen verhindern werden können. aa) Die Regelung des Verwendungsersatzes bei der Leihe stimmt, abgesehen von der Besonderheit des erwähnten Aufdrängungsschutzes, in beiden Rechten inhaltlich überein. Art. 1886 Cc lautet: „Si, pour user de la chose, l’emprunteur a fait quelque dépense, il ne peut pas la répéter.“108 Art. 1890 Cc lautet: „Si, pendant la durée du prêt, l’emprunteur a été obligé, pour la conservation de la chose, à quelque dépense extraordinaire, nécessaire, et tellement urgente qu’il n’ait pas pu en prévenir le prêteur, celui-ci sera tenu de la lui rembourser.“109 § 601 BGB lautet: „Der Entleiher hat die gewöhnlichen Kosten der Erhaltung der geliehenen Sache, bei der Leihe eines Tieres insbesondere die Fütterungskosten zu tragen. Die Verpflichtung des Verleihers zum Ersatz anderer Verwendungen bestimmt sich nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag. Der Ent106 Gaius I. 8.: „De iuris divisione: Omne autem ius, quo utimur, vel ad personas pertinet vel ad res vel ad actiones.“ – „Über die Einteilung der Rechte: Jedes Recht, das wir anwenden, bezieht sich entweder auf Personen oder auf Sachen oder auf Ansprüche.“ 107 „Erstes Buch: Das Recht der Personen. – Zweites Buch: Die Sachen, das Eigentum und die beschränkt dinglichen Rechte. – Drittes Buch: Über die Arten des Eigentumserwerbs.“ 108 Die deutsche Übersetzung lautet: „Wenn der Entleiher, um die entliehene Sache gebrauchen zu können, auf sie eine Verwendung macht, so kann er nicht deren Erstattung verlangen.“ 109 Die deutsche Übersetzung lautet „Wenn der Entleiher aber, während der Dauer der Leihe, für die entliehene Sache eine außerordentliche und notwendige Aufwendung tätigen musste, deren Dringlichkeit es nicht erlaubte, den Verleiher zuvor in Kenntnis zu setzen, soll dieser gehalten sein, die Verwendung zu ersetzen.“

2. Der Aufdrängungsschutz im französischen Recht

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leiher ist berechtigt, eine Einrichtung, mit der er die Sache versehen hat, wegzunehmen.“

Die französische Regelung hebt die Entschließungsfreiheit des Verleihers im Hinblick auf die Vornahme von Verwendungen ausdrücklich hervor. Aber auch die in der deutschen – abstrakter gefassten – Vorschrift des § 601 BGB enthaltene Verweisung auf die Geschäftsführung ohne Auftrag würde dem Entleiher – bei zutreffender Deutung des § 681 Satz 1 BGB110 – gegen den Verleiher/Eigentümer einen Wertersatzanspruch aus § 684 Satz 1 BGB nur gewähren, sofern er eine aufschiebbare Verwendung dem Vertragspartner vorher angezeigt und der Verleiher der „Ausführung“ der Verwendung nicht widersprochen hatte; den Ersatz seiner Aufwendungen (§ 683 Satz 1 BGB) vermag der Entleiher nur zu verlangen, wenn er im Interesse und im Einklang mit dem Willen des Verleihers tätig geworden ist. Nach beiden Rechtsordnungen ist der Entleiher mithin im Regelfall gehalten, kein „fait accompli“ zu schaffen. Dass die Verfasser der beiden Gesetzbücher diese einleuchtende, mithin der Verallgemeinerung fähige Voraussetzung jeder Geschäftsführung in so unauffälligen Vorschriften aufgestellt haben, kann nur mit ihrer fehlenden Erkenntnis der Zusammenhänge erklärt werden: Die Gefahr der „immixtion“ des „gérant“, wie sich Anmerkungen zu Urteilen der Cour de Cassation treffend ausdrücken111, kann ihnen nicht bewusst gewesen sein. bb) Der Ersatz von Verwendungen auf eine in Verwahrung gegebene Sache stimmt – wie eine bloße Gegenüberstellung der Vorschriften erweist – gleichfalls in beiden Ordnungen überein. Art. 1947 Cc lautet: „La personne qui a fait le dépôt est tenue de rembourser au dépositaire les dépenses qu’il a faites pour la conservation de la chose déposée . . .“112 § 693 BGB lautet: „Macht der Verwahrer zum Zwecke der Aufbewahrung113 Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Hinterleger zum Ersatze verpflichtet.“

Der Verwendungsersatzanspruch des Verwahrers ist jeweils gerechtfertigt durch sein Bemühen, die Sache für einen anderen, nämlich den Hinterleger/ Eigentümer zu erhalten; die damit verbundenen Kosten sind dem „Begünstigten“, dem Hinterleger, aufzuerlegen, und zwar unabhängig davon, ob er 110

Siehe dazu unten V. 2. b) ff) und gg), Seite 420 ff. Siehe unten Fußnoten 202 und 231 dieses Abschnitts. 112 „Der Hinterleger hat dem Verwahrer die Aufwendungen für die Erhaltung der Sache zu ersetzen . . .“ 113 Zutreffend – die zu enge Formulierung des BGB korrigierend – Larenz, Schuldrecht II/1, § 58, Seite 458: Der Verwahrer kann Ersatz der von ihm „zur Erhaltung oder zum Schutz der Sache gemachten Aufwendungen (wie z. B. Reparaturkosten, bei einem Tier Fütterungs- und gegebenenfalls Arztkosten . . .)“ verlangen. 111

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

sie selbst anstelle des Verwahrers getätigt hätte, mithin Aufwendungen erspart hat. cc) Eine deutliche Regelung im Sinne der Abwehr einer „aufgedrängten Bereicherung“ gilt für die Miete von Wohnraum und teilgewerblich genutzten Räumen114: Der Vermieter kann vom Mieter verlangen, dass er durchgreifende Veränderungen der Mietsache („transformations effectuées“), die ohne seine (schriftliche) Zustimmung vorgenommen wurden, bei Vertragsbeendigung wieder rückgängig macht; eine Entschädigung ist dem Mieter auch dann nicht geschuldet, wenn der Vermieter den Veränderungen zugestimmt hatte. Über Verwendungen des Mieters von beweglichen Sachen schweigt der Code115; zu verstehen aus dem Prinzip des Gesetzes, dass der Vermieter für 114 Loi no. 89–462 du 6. juillet 1989, (Journal officiel de la République Française, du 8. juillet 1989, page 8541), 1er titre, Des rapports entre bailleurs et locateurs, Art. 7 f., wo es heißt: „Le locataire est obligé: . . . De ne pas transformer les locaux et équipements loués sans l’accord écrit du proprietaire; à défaut de cet accord, ce dernier peut exiger du locataire, à son départ des lieux, leur remise en l’état ou conserver à son bénéfice les transformations effectuées sans que le locataire puisse réclamer une indemnisation des frais engagés; le bailleur a toutefois la faculté d’exiger aux frais du locataire la remise immédiate des lieux en l’état lorsque les transformations mettent en péril le bon fonctionnement des équipements ou la sécurite du local; . . .“ – „Der Mieter ist verpflichtet: . . . die Mieträume und deren in das Mietverhältnis einbezogenen Einrichtungen nicht ohne das schriftliche Einverständnis des Eigentümers durchgreifend zu verändern; widrigenfalls kann der Eigentümer vom Mieter bei Aufgabe der gemieteten Räume die Wiederherstellung des früheren Zustandes fordern oder die Veränderungen zum eigenen Nutzen in Anspruch nehmen, ohne dass der Mieter für die aufgewandten Kosten eine Entschädigung zu beanspruchen vermag. Sollten die Veränderungen den vertragsmäßigen Gebrauch der Einrichtungen oder die Sicherheit der Mieträume gefährden, hat der Vermieter ungeachtet der vorstehenden Bestimmungen das Recht, die sofortige Wiederherstellung des früheren Zustandes auf Kosten des Mieters zu verlangen.“ Das Gesetz zitieren die Textausgabe des Code civil von Dalloz, 101e édition (2002), page 1485, nach Art. 1778, sowie Mazeaud/Chabas, op.cit., tome II/2, no. 1599-2. 115 „Comme il n’existe pas de réglementation générale du bail portant sur les meubles, on doit se demander s’il convient d’appliquer à cette location les règles générales des contrats ou celles du bail d’immeuble“ (Mazeaud/Mazeaud, op.cit., tome III, no. 1304, page 1053). – „Da es keine allgemeine Regelung des Mietverhältnisses über bewegliche Sachen gibt, muss man sich fragen, ob auf eine derartige Miete die allgemeinen Regeln über den Vertrag oder die über die Miete von Immobilien anwendbar sein sollen.“ Hierzu Kremhelmer, a. a. O., Seite 133. Art. 1720, al. 2, legt dem Vermieter einer Immobilie und dem landwirtschaftlichen Verpächter („Baux des maisons et des biens ruraux“) im Prinzip alle notwendig werdenden Verwendungen auf: „Il (i. e. le bailleur) doit y faire, pendant la durée du bail, toutes les réparations qui peuvent devenir nécessaires, autres que les locatives.“ – „Der Vermieter und Verpächter hat während der Dauer der Miete und Pacht alle notwendigen Reparaturen mit Ausnahme kleinerer Instandsetzungen auszuführen.“

2. Der Aufdrängungsschutz im französischen Recht

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die Erhaltung der Mietsache zu sorgen hat. Übt der Mieter Selbsthilfe, etwa weil der Vermieter nicht gefragt werden kann oder säumig ist, kommt ein Ersatzanspruch des Mieters aus dem Gesichtspunkt der gestion d’affaires in Betracht. b) Die gestion d’affaires als Instrument gegen unerbetene Intervention? aa) Die gestion d’affaires im System der außervertraglichen Verbindlichkeiten (a) Der französische Code civil, der trotz seines revolutionären Ursprungs das römische Recht als eine seiner Quellen in sich aufnimmt116, behandelt die Geschäftsführung ohne Auftrag im System der außervertraglichen Verbindlichkeiten („Des engagements qui se forment sans convention“ – Art. 1370–1386 Cc) und dem Kapitel der Quasikontrakte („Des quasi-contrats“ – Art. 1371–1381 Cc). Zu den außervertraglichen Verbindlichkeiten zählt der Code – in diesem Punkte zwar nicht im Einklang mit dem deutschen gesetzlichen System, wohl aber in Übereinstimmung mit einem Teil der deutschen Doktrin117 – die „Quasikontrakte“ der Geschäftsführung ohne Auftrag und der Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung sowie die Pflicht zum deliktischen Schadensersatz kraft vorsätzlicher („délits“) und fahrlässiger („quasi-délits“) unerlaubter Handlung.118

(b) Der Ausdruck des „Quasikontrakts“ verweist, im Hinblick auf die Rechtsfolgen der Geschäftsführung ohne Auftrag, auf die mit dem Auftrag Art. 1754 Cc verpflichtet den Vermieter eines städtischen Wohngrundstücks („baux à loyer“ – dazu Mazeaud/Mazeaud, op.cit., tome III, no. 1094) den Erhaltungsaufwand der Sache zu tragen, soweit er durch den Gebrauch der Immobilie verursacht ist: „Les réparations locatives ou de menu entretient dont le locataire est tenu, s’il n’y a clause contraire, sont celles désignées comme telles par l’usage des lieux . . .“ – „Reparaturen und Instandhaltungen kleineren Umfangs, die mangels einer anderen Regelung den Mieter treffen, sind Maßnahmen, die mit dem Gebrauch der Mietsache zusammenhängen, und unter anderem die nachstehend aufgeführten Reparaturen . . .“ (es folgt die Aufzählung von Beispielsfällen, an deren erster Stelle die Unterhaltung der Kamine steht). 116 Dies außer den coutûmes, dem regionalen Gewohnheitsrecht, den königlichen Ordonnancen (Gesetze allgemeinen Inhalts über eine ganze Rechtsmaterie, z. B. das Testament, das Fideikommiss oder die Schenkung), und dem eigentlich revolutionären Recht, insbesondere mit Wirkung für die Verhältnisse der Ehe und Familie. Über die Quellen des Code civil im Einzelnen Ferid/Sonnenberger, a. a. O., Band I/1, 1 A 301. 117 Dazu MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, Vor § 677 Rdnr. 2 und 5. 118 Die Unterscheidung des „délit“ vom „quasi-délit“ ist eine wissenschaftliche Frucht (Ferid/Sonnenberger, Band II, 2 O 3; im Code civil erscheint sie nur in der Überschrift des Art. 1382: „Des délits et des quasi-délits“.

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

(„mandat“) dem Typus nach übereinstimmende Festlegung der Rechte und Pflichten des Geschäftsführers („gérant“) und des Geschäftsherrn („maître“ oder „géré“).119 Die der Kasuistik abholde Fassung des Code fällt in den sparsamen Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag in den Blick: Die ihrem Inhalt nach komplizierte Materie ist nur in vier Artikeln, verfasst in Generalklauseln120, geregelt. Art. 1372 Cc lautet: „Lorsque volontairement on gère l’affaire d’autrui, soit que le propriétaire connaisse la gestion, soit qu’il l’ignore, celui qui gère contracte l’engagement tacite de continuer la gestion qu’il a commencée, et de l’achever jusqu’à ce que le propriétaire soit en état d’y pourvoir lui même; il doit se charger également de toutes les dépendances de cette même affaire. Il se soumet à toutes les obligations qui résulteraient d’un mandat exprès que lui aurait donné le propriétaire.“121 Art. 1373 Cc lautet: „Il est obligé de continuer sa gestion, encore que le maître vienne à mourir avant que l’affaire soit consommée, jusqu’à ce que l’héritier ait pu en prendre la direction.“122 119 So m. E. eindeutig der Text des Art. 1372 al. 2 Cc, sowie Flour et Aubert, op.cit., chapitre 1er, La gestion d’affaires, No. 4 – obs. (observation = objection) Bout, op.cit., no. 6: „L’on s’accorde en effet à reconnaître aujourd’hui que la notion de quasi-contrat est d’abord historiquement fausse, pour être née d’une confusion des interprètes.“ – „Man stimmt heute darin überein, dass der Begriff des Quasikontrakts in erster Linie rechtshistorisch gesehen falsch ist, geboren aus einer Fehlleistung der Übersetzer“ (gemeint sind Justinian und die ihm folgenden Redakteure des Code civil). Siehe zum Begriff des „Quasikontrakts“ auch Thum, a. a. O., Seite 85. Zur Qualifizierung der Geschäftsführung ohne Auftrag als Quasikontrakt äußert sich kritisch Stoljar, Restitution – unjust enrichment and negotiorum gestio, page 10 note 12 pp. 120 Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt die Geschäftsführung ohne Auftrag in elf Paragraphen; rechnet man die Verweisungen in den Vorschriften der §§ 683, 684 und 687 Abs. 2 BGB hinzu, kommt man auf fast zwanzig Normen. 121 In die deutsche Sprache übersetzt lautet der Artikel: „Wenn jemand aus eigenem Entschluss das Geschäft eines anderes besorgt, sei es, dass der Eigentümer die Geschäftsbesorgung kennt oder nicht, so übernimmt er stillschweigend die Verpflichtung, die begonnene Tätigkeit fortzuführen und abzuschließen, bis der Eigentümer in der Lage ist, sich des Geschäfts selbst anzunehmen. Er übernimmt gleichermaßen die Verpflichtung, alle mit dem Geschäft in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Akte auszuführen“ (in diesem Sinne die Deutung des Begriffs „dépendances“ durch Dalloz, Répertoire de Droit Civil, tome V, „Gestion d’affaires“ [1972], no. 127: „. . . les choses qui doivent être considérées comme la suite immédiate, le complément nécessaire de la gestion entreprise . . .“. Das Repertoire nennt als Beispiel: Wer für den Geschäftsherrn die Zahlung von Zinsen einer Forderung übernimmt, muss zu gegebener Zeit die Erneuerung einer die Forderung sichernden Hypothek bewilligen). „Er unterwirft sich allen Verpflichtungen, wie sie aus einem ausdrücklich gegebenen Auftrag des Eigentümers entstünden.“

2. Der Aufdrängungsschutz im französischen Recht

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Art. 1374 Cc lautet: „Il est tenu d’apporter à la gestion tous les soins d’un bon père de famille. Néanmoins les circonstances qui l’ont conduit à se charger d’affaire, peuvent autoriser le juge à modérer les dommages et les intérêts qui résulteraient des fautes ou de la négligence du gérant.“123 Art. 1375 Cc lautet: „Le maître dont l’affaire a été bien administrée, doit remplir les engagements que le gérant a contractés en son nom, l’indemniser de tous les engagements personnels qu’il a pris, et lui rembourser toutes les dépenses utiles ou nécessaires qu’il a faites.“124

bb) Die Erscheinungsformen der gestion d’affaires (a) Die bildhaft-patriarchalische Ausdrucksweise des Code fällt dem deutschen Juristen nicht nur bei der Sorgfalt des „bon père de famille“ ins Auge, sondern auch in der Bezugsperson des „propriétaire“, dessen Angelegenheit ein Geschäftsführer ohne Auftrag besorgt (Art. 1372 al. 1 Cc). Mit diesem Bild konzentriert sich das französische Gesetzbuch auf den Ausgangspunkt und Kern der gestion d’affaires125: dem Beistand in zwischenmenschlichen Beziehungen, sei es der Familie, der Nachbarn oder hilfsbedürftiger Personen.126 Der uneigennützige Helfer verhindert etwa während der Abwesenheit des Grundstückseigentümers den drohenden Einsturz des benachbarten Gebäudes, indem er dort Reparaturen selbst vornimmt oder sie durch andere ausführen lässt.127 122 „Stirbt der Geschäftsherr vor der Erledigung des Geschäfts, so ist der Geschäftsführer gehalten, die Geschäftsbesorgung solange fortzusetzen, bis der Erbe des Geschäftsherrn in der Lage ist, die Leitung der Angelegenheit zu übernehmen.“ 123 „Der Geschäftsführer ist gehalten, sich dem übernommenen Geschäft mit der Sorgfalt des umsichtigen Famlienvaters zu widmen. Dessenungeachtet können die Umstände, die zur Übernahme des Geschäfts geführt haben, den Richter dazu anhalten, Schadensersatz- und Zinsansprüche herabzusetzen, welche die Folge von Fehlern oder der Verletzung der vom Geschäftsführer geschuldeten Sorgfalt sind.“ 124 „Der Geschäftsherr, dessen Angelegenheit mit der nötigen Sorgfalt geführt wurde, hat alle Verpflichtungen zu erfüllen, die der Geschäftsführer in seinem (des Geschäftsherrn) Namen eingegangen ist, er hat ihm alle im eigenen Namen übernommenen Verbindlichkeiten abzunehmen sowie alle nützlichen oder notwendigen Aufwendungen der Geschäftsführung zu ersetzen.“ 125 Über denselben Ausgangspunkt des römischen Rechts: Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio, Seite 2 f. 126 Siehe etwa Stoljar, Restitution – unjust enrichment and negotiorum gestio, page 13 note 18. Dass der Geschäftsführer auch nach französischem Recht „für einen anderen“, d.h. mit Fremdgeschäftsführungswillen, tätig werden muss, um einen geschäftsführungsrechtlichen Anspruch zu erwerben, legt überzeugend Thum, a. a. O., Seite 94 bis 104, dar.

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

(b) Die Unschärfe der Bestimmungen über die gestion d’affaires128 und eine zum überwiegenden Teil konziliante Literatur erlaubten es jedoch den Gerichten, aus der Geschäftsführung ein technisches Instrument zur Ausfüllung von Gesetzeslücken zu machen, mit deren Vorhandensein man sich aus Gründen der Billigkeit nicht abfinden wollte129: Derjenige, der für einen anderen uneigennützig tätig geworden ist, darf auf den Schutz des in seinem Sinne weit ausgelegten Gesetzes vertrauen, selbst wenn seine Handlungsweise eine deutliche Einmischung in den Rechtskreis und die Entschließungsfreiheit des anderen mit sich bringt. Das im deutschen Recht undeutlich empfundene Hindernis einer „aufgedrängten Bereicherung“ ist nach dem hier gewonnenen Eindruck für den französischen Juristen kein Thema. Aufbauend auf der römisch-rechtlichen negotiorum gestio bildet die gestion d’affaires mithin die wesentliche Grundlage für einen als „gerecht“ empfundenen Vermögensausgleich, zumal da die Prinzipien der ungerechtfertigten Bereicherung im Code civil nicht in allgemeiner Weise verankert sind.130

127 So die Deutung des Begriffs „propriétaire“ durch Flour et Aubert, op.cit., chapitre 1er, No. 3: Notion générale: „Exemple de toujours: une personne étant absente et son immeuble menaçant ruine, un voisin altruiste y fait, ou fait faire des réparations.“ note 2: „L’hypothèse est si classique que l’article 1371 emploie l’expression ,propriétaire‘ pour désigner le maître.“ – „Ein alltägliches Beispiel: Jemand ist abwesend, und sein Gebäude droht einzustürzen. Nunmehr nimmt ein uneigennütziger Nachbar dort selbst Reparaturen vor oder lässt sie ausführen. . . . Diese Annahme ist so klassisch, dass Art. 1371 den Ausdruck ,Eigentümer‘ verwendet, um den Geschäftsherrn zu bezeichnen.“ 128 Vgl. dazu etwa Thum, a. a. O., Seite 86 ff.: Die Formulierung des Gesetzes lässt keine sichere Erkenntnis darüber zu, ob der Geschäftsführer mit Fremdgeschäftsführungswillen gehandelt haben muss. 129 Flour et Aubert, op.cit., page 12, no. 7: „La gestion d’affaires devient alors un simple instrument technique permettant, de nouveau, de pallier certaines lacunes du droit positif. Le but poursuivi est de parvenir à accorder une indemnité au gérant là où l’équité paraît l’imposer . . .“ – „Die Geschäftsführung ohne Auftrag hat sich alsdann zu einem rein technischen Instrument entwickelt, um in einem neuen Ansatz Lücken des positiven Rechts auszufüllen. Das damit verfolgte Ziel besteht darin, dem Geschäftsführer eine Entschädigung dort zuzubilligen, wo die Billigkeit sie zu gebieten scheint.“ Bout, op.cit., page 249 no. 201 in fine: „L’intention de gérer l’affaire d’autrui, témoignant de l’altruisme du gérant, est seule à même de motiver leur anormale rigueur pour le maître, de faire admettre leur caractère réellement exorbitant.“ – „Die Absicht, das Geschäft eines anderen zu führen, als Beweis der Uneigennützigkeit des Geschäftsführers, kann schon allein die unangemessene Härte (ich ergänze: in Gestalt der ihn treffenden Haftung) für den Geschäftsherrn aufzeigen und ihren wirklich exorbitanten Charakter erkennen lassen.“ Thum, a. a. O., Seite 91, weist auf den Umstand hin, dass der Kassationshof im 19. Jahrhundert den Tatbestand der gestion d’affaires hinsichtlich der Ansprüche des Geschäftsführers als Bereicherungstatbestand deutete, wenn die zu entscheidenden Sachverhalte nicht mit der „actio indebiti“ erfasst werden konnten.

2. Der Aufdrängungsschutz im französischen Recht

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(c) Die begriffliche Festlegung dessen, was Inhalt der gestion d’affaires ist, lässt sich dem Code nur andeutungsweise entnehmen.131 Das Gesetzbuch konzentriert sich vielmehr auf das durch die Geschäftsführung geschaffene Rechtsverhältnis zwischen dem gérant und dem maître: „Lorsque volontairement on gère l’affaire d’autrui . . .“. Auch die Darstellung in der Literatur ist mehr beschreibender als begriffsbildender Natur132; die Biegsamkeit des Ausdrucks unter Verzicht auf zu viele einengende Merkmale eröffnet vor allem den Gerichten ein weites Anwendungsfeld: „Il y a gestion d’affaires lorsqu’une personne accomplit un acte ou une série d’actes dans l’intérêt d’une autre, sans avoir été chargée.“133 „La spontanéité de la gestion est nécessaire à l’existence de l’élément intentionnel.“134

(d) Der Wille, die Angelegenheit eines anderen an dessen Stelle zu besorgen, muss – dem deutschen Recht durchaus vergleichbar135 – von einer bestimmten Einstellung getragen sein: „das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen“ zu fördern, wie es die Vorschrift des § 677 BGB präziser als der Code civil formuliert, der die vorausgesetzte Uneigennützigkeit im Handeln des Geschäftsführers nur andeutungsweise, fast beiläufig, hervortreten lässt. Art. 1375 Cc lautet: „Le maître dont l’affaire a été bien administré, doit remplir les engagements que le gérant a contractés en son nom . . .“

130 Zutreffend Lischer, a. a. O., Seite 2 m. w. N. Zur Regelung der ungerechtfertigten Bereicherung im Code civil siehe unten IV. 2. d), Seite 277 ff. 131 Ebenso beispielsweise Thum, a. a. O., Seite 95 ff. 132 Nicht anders als im deutschen bürgerlichen Recht; siehe etwa Larenz, Schuldrecht II/1, § 57, Seite 436: „. . . Eine solche, gewissermaßen ,spontane‘, weder durch den Geschäftsherrn selbst noch durch eine gesetzliche oder vertragliche Pflicht des Geschäftsführers gegenüber dem Geschäftsherrn veranlaßte Geschäftsbesorgung wird häufig, wenn auch nicht immer, aus fürsorglicher Gesinnung, aus der Absicht, dem anderen einen Gefallen zu erweisen, ihm aus einer Verlegenheit zu helfen oder einen ihm drohenden Schaden von ihm abzuwenden, erwachsen, sie kann freilich auch mehr oder weniger eigennützige Motive haben.“ 133 Flour et Aubert, op.cit., chapitre 1er, no. 3, notion générale. – „Eine Geschäftsführung ohne Auftrag ist dann anzunehmen, wenn jemand eine Handlung oder eine Mehrzahl von Tätigkeiten im Interesse eines anderen vornimmt, ohne von diesem beauftragt zu sein.“ 134 Dalloz, Répertoire de Droit Civil, tome V, „Gestion d’affaires“ [1972], no. 24. – „Die Freiwilligkeit des Handelns des Geschäftsführers ist eine notwendige Bedingung in den subjektiven Voraussetzungen der Geschäftsführung.“ 135 Man beachte das wörtliche Zitat des § 683 BGB bei Bout, op.cit., page 321 no. 261, n.1.

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

Gleichwohl ist die „utilité“ der Geschäftsführung, in einer noch biegsameren Formulierung, welche auf ein Fehlschlagen der Bemühungen des Geschäftsführers Rücksicht nimmt136, deren „opportunité“, d.h. Zweckmäßigkeit, anerkanntes Merkmal der gestion d’affaires, von dessen Annahme das Rechtsverhältnis zwischen dem gérant und dem maître abhängt; ist es nicht erweisbar, kann der Geschäftsführer den Ausgleich eines bei dem Geschäftsherrn eingetretenen Vermögenszuwachses nur auf den Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung gründen.137 „La gestion . . . suppose une manifestation de volonté du gérant qui a voulu procurer un profit au maître de l’affaire, qui a eu une intention altruiste.“138 „L’intention de gérer l’affaire d’autrui n’est pas suffisante pour déterminer, à elle seule, l’existence de la gestion d’affaires. L’on ne saurait obliger un tiers par la seule manifestation d’une intention altruiste lors d’une immixtion dans ses affaires. Encore faut-il que cette intention se manifeste dans une entreprise d’une certaine utilité pour le maître. L’exigence de la condition fondamentale de l’utilité de la gestion résulte de l’article 1375 du code civil lui-même (,Le maître dont l’affaire a été bien administré . . .‘).“139

Die Nützlichkeit der Geschäftsführung wird, im deutlichen Unterschied zum Bürgerlichen Gesetzbuch140, durch die Brille des Geschäftsführers im Zeitpunkt der Übernahme seiner Verantwortung gesehen: „La jurisprudence envisage l’utilité d’une manière subjective en se plaçant surtout dans l’optique du gérant.“141 136 Missglückte Versuche, einen anderen zu retten, oder ihm in einer bedrängenden Situation Hilfe zu leisten, von Flour et Aubert, op.cit., page 13: „B – L’utilité ou l’opportunité de la gestion.“ 137 Ferid/Sonnenberger, a. a. O., Band II, 2 K 311. Im deutschen Recht ist die angeführte Regelung in § 684 BGB enthalten. 138 Dalloz, Répertoire de Droit Civil, tome V, „Gestion d’affaires“ [1972], no. 9. – „Die Geschäftsführung setzt die Willensäußerung des Geschäftsführers voraus, dem Geschäftsherrn einen Vorteil zu verschaffen, und zwar in uneigennütziger Absicht.“ 139 Dalloz, Répertoire de Droit Civil, „Gestion d’affaires“ [1972], no. 44. – „Die Absicht, das Geschäft eines anderen zu führen, ist allein nicht ausreichend, um eine Geschäftsführung ohne Auftrag anzunehmen. Man kann nicht Dritte allein durch Kundgabe eines uneigennützigen Willens verpflichten, wenn man sich in ihren Rechtskreis einmischt. Daher ist es nötig, dass sich die uneigennützige Handlungsweise in einer für den Geschäftsherrn nützlichen Vorgehensweise niederschlägt. Die grundlegende Bedingung der Geschäftsführung ergibt sich aus Artikel 1375 des Code selbst (,Der Geschäftsherr, dessen Angelegenheit wohl verwaltet worden ist . . .‘).“ 140 Larenz, Schuldrecht II/1, § 57 I a, Seite 444: „Dass der Geschäftsführer annehmen durfte, die Übernahme der Geschäftsführung entspreche dem Interesse und dem Willen des Geschäftsherrn, genügt nach h. L. durchaus nicht.“ 141 Dalloz, Répertoire de Droit Civil, tome V, „Gestion d’affaires“ [1972], no. 47; Bout, op.cit., page 328 s, no. 269 s: „L’appréciation subjective de l’utilité

2. Der Aufdrängungsschutz im französischen Recht

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(e) Die Unterschiede zwischen den beiden Rechtsordnungen vertiefen sich in der Verbindung der Geschäftsführungs- mit einer Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers für den Geschäftsherrn. Sie ist nach deutschem Recht wegen der Lösung der rechtsgeschäftlichen142 Vertretungsmacht von dem ihm zugrunde liegenden Rechtsverhältnis, etwa eines Geschäftsbesorgungsvertrags, eines Auftrags oder eines Gesellschaftsvertrags, auf keinen Fall mit den Befugnissen des Geschäftsführers ohne Auftrag verbunden: Wer im Namen des Geschäftsherrn rechtsgeschäftlich handelt, ist mithin, vorbehaltlich einer späteren Genehmigung, Vertreter ohne Vertretungsmacht im Sinne der §§ 177 ff. BGB.143 Anders die französische Auffassung: Die gestion d’affaires lehnt sich in dieser Hinsicht ganz an das „mandat“ an, das nach dem Recht des Code civil dem „mandataire“ die Vollmacht verschafft, Rechtsgeschäfte für den „mandant“ zu tätigen, wenn die Durchführung des Auftrags dies erfordert.144 Art. 1984 Cc lautet: „La mandat ou procuration est un acte par lequel une personne donne à une autre le pouvoir de faire quelque chose pour le mandant et en son nom. Le contrat ne se forme que par l’acceptation du mandataire.“145

Die Anlehnung der gestion d’affaires an den Auftrag und die unbefangene Annahme, sie erstrecke sich nicht nur auf Tathandlungen („actes matériels“), sondern in gleicher Weise auf Rechtsgeschäfte („actes juridiques“), schafft die beiden Arten der Geschäftsführung, sofern diese überde la gestion.“ – „Die Rechtsprechung bemisst die Nützlichkeit der Geschäftsführung nach einem subjektiven Maßstab; sie betrachtet dieses Merkmal vor allem aus der Sicht des Geschäftsführers.“ 142 Die gesetzliche Vertretungsmacht, etwa der Eltern, eines Nachlass- oder Konkursverwalters, ist auch im deutschen Recht im Prinzip kausal, d.h. mit dem übertragenen Amt verbunden. 143 Ebenso die Konzeption des schweizerischen Rechts: Die Stellvertretung (Art. 32 ff. OR) ist aus dem Recht des Auftrags (Art. 394 ff. OR) herausgelöst und wird als selbständiges Institut begriffen; vgl. Bucher, Das Obligationenrecht 1883– 1983, Seite 139, 157; Reichel, Schweiz. JZ 26 (1929/30), Seite 198 sowie Suter, a. a. O., Seite 24. Wie der Code civil dagegen das österreichische Recht: Art. 1002 bis 1034 ABGB. 144 Ferid/Sonnenberger, a. a. O., Band I/1, 1 F 1043; Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 146. 145 „Durch den Auftrag oder die Aushändigung einer Vollmachtsurkunde“ (so die zutreffende Deutung des Ausdrucks „procuration“ durch Ferid/Sonnenberger, a. a. O., Band I/1, 1 F 1043 mit Nachweisen aus der französischen Literatur) „erteilt eine Person einer anderen die Befugnis, eine Angelegenheit des Auftraggebers zu besorgen und in seinem Namen zu handeln. Der Vollmachtsvertrag bedarf der Zustimmung des Beauftragten.“

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

haupt die Abgabe von Willenserklärungen nötig macht146: „La gestion d’affaires avec ou sans représentation“.147 Sind im Verlauf der gestion d’affaires Rechtsgeschäfte vorzunehmen, so können sie wahlweise – mit Gebrauch der Vertretungsmacht – im Namen des Geschäftsherrn und – ohne dass die Vertretungsmacht ihre Wirkungen entfaltet – im Namen des Geschäftsführers getätigt werden148: „Gestion avec représentation. – Lorsque le gérant a agi avec représentation – c’est-à-dire lorsqu’il a conclu le contrat au nom du maître – on applique les principes ordinaires de cette institution et, plus précisement, ceux de la représentation dite parfaite.“ „Gestion sans représentation. – Lorsque le gérant a agi sans représentation – c’est-à-dire lorsqu’il a conclu le contrat en son nom personnel – le principe est, qu’il est à l’égard des tiers, seul en cause; le maître ne l’est pas“.149

cc) Die durch eine gestion d’affaires aufgedrängte Bereicherung Gerade die zulässige Verbindung der gestion d’affaires mit der Stellvertretung für den Geschäftsherr unterstreicht die oben vertretene Deutung150, dass die „aufgedrängte Bereicherung“, soweit ersichtlich, nicht in den Blick des französischen Zivilisten fällt, dass sie den Geschäftsherrn mithin nicht 146 Das Répertoire de Droit Civil von Dalloz, tome V, „Gestion d’affaires“ [1972], no. 74, verzeichnet unter den Tathandlungen die (eigenhändige) Reparatur eines Gebäudes, die Pflege eines Hilfsbedürftigen, das Aufhalten eines durchgegangenen Pferdes, das Löschen eines Brandes, und no. 112 das Verstecken eines Jagdgewehrs, um es vor der Beschlagnahme durch die damalige deutsche Besatzung zu bewahren. 147 So die Einteilung von Flour et Aubert, op.cit., page 12, no. 9. 148 Mit dem Anspruch des Geschäftsführers auf Abnahme der Verbindlichkeit oder Erstattung der aufgewandten Auslagen durch den Geschäftsherrn nach Art. 1375 Cc: „Le maître dont l’affaire a été bien administrée, doit l’indemniser de toutes les engagements personnels qu’il a pris . . .“ – „Der Geschäftsherr hat dem Geschäftsführer alle im eigenen Namen übernommenen Verbindlichkeiten abzunehmen . . .“ 149 Flour et Aubert, op.cit., page 19 s, nos. 16 et 17. „Geschäftsführung mit Vertretungsmacht. – Hat der Geschäftsführer von seiner Vertretungsmacht Gebrauch gemacht, hat er also einen Vertrag im Namen des Geschäftsherrn geschlossen, so gelten die Grundsätze dieses Instituts, genauer gesagt, die der echten Stellvertretung. Geschäftsführung ohne Vertretungsmacht. – Hat der Geschäftsführer ohne Inanspruchnahme seiner Vertretungsmacht gehandelt, hat er also im eigenen Namen kontrahiert, so ist er im Verhältnis zu Dritten prinzipiell allein verpflichtet, der Geschäftsherr ist es nicht.“ 150 Siehe oben IV. 2. b) bb) (b), Seite 255.

2. Der Aufdrängungsschutz im französischen Recht

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vor Dispositionen schützt, die ein Gericht als „utiles“, als nützlich, oder „opportunes“, den Umständen nach geboten, anerkennt. (a) Diese Erkenntnis mag durch ein Beispiel aus der Rechtsprechung der französischen Gerichte unterstrichen werden: Die 1914 verstorbene Erblasserin hatte ihren Ehemann mit dem Nießbrauch am Nachlass bedacht, ihre sechs minderjährigen Neffen dagegen zu Erben des hinterlassenen Vermögens eingesetzt.151 Im Jahre 1919 war die Erbschaftssteuer152 fällig, die nach der Anordnung der Erblasserin von ihrem Ehemann als Nießbraucher aufzubringen war. Auf den Rat zweier Notare, des Nießbrauchers und des Vormundes der minderjährigen Erben verkaufte der Nießbraucher einen Teil der ausländischen Wertpapiere des Nachlasses, deren Kursanstieg spekulativ erschien, zumal die französische Regierung versprochen hatte, den Wert des Franc auf seinem Goldstandard zu halten. Der Vormund anerkannte im Prinzip die Zweckmäßigkeit der Transaktion153, wurde aber nicht tätig, vermutlich weil er befürchtete, die Ermächtigung des Familienrats154 und des Vormundschaftsgerichts nicht rechtzeitig zu erhalten. Im Jahre 1920 veräußerte der Nießbraucher eine weitere Partie der ausländischen Werte, gleichfalls auf den Rat der beiden Notare und ohne Widerspruch des Vormundes der minderjährigen Erben. Der Erlös wurde teils in jungen Aktien einer Gesellschaft angelegt, deren Anteile die minderjährigen Erben hielten, teils in Schuldverschreibungen der französischen Eisenbahnen, deren Rendite zwar gering war, die aber wertbeständig erschienen. Als der Nießbraucher 1935 verstarb und der Nießbrauch demzufolge erlosch, legte sein Erbe den inzwischen volljährig gewordenen Erben der 1914 verstorbenen Inhaberin des Vermögens Rechnung. Es stellte sich heraus, dass die an die Stabilität der französischen Währung geknüpften Erwartungen falsch waren, die ausländischen Werte vielmehr einen kontinuierlichen Anstieg zu verzeichnen hatten. 151 Arrêt de la Cour de Cassation du 28. oct. 1942, Recueil Dalloz analytique et critique de Jurisprudence et de Législation 1943, page 29 s, note „P.L.“. 152 Nach der Terminologie des Urteils „Le droit de mutation“. 153 Sprechend der Sachverhaltsbericht („Note“) von P.L. (siehe Fußnote 151): „Le tuteur des nus propriétaires ne s’opposait pas à cette vente, dont il reconnaissait même en principe l’opportunité . . .“ – „Der Vormund der mit dem Nießbrauch belasteten Eigentümer widersetzte sich dem Verkauf nicht, dessen Zweckmäßigkeit er im Prinzip anerkannte.“ 154 Der Familienrat („conseil de famille“), geregelt in den §§ 1858 bis 1881 a. F. BGB, wurde in Deutschland durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge vom Jahre 1979 aufgehoben. In Frankreich dient er heute noch der Überwachung des Vormundes; er hat insbesondere die Befugnis, dessen Verfügungen über das Vermögen des Mündels zu genehmigen (Art. 457 Cc).

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

In der nun folgenden gerichtlichen Auseinandersetzung beanstandeten zwei der sechs Neffen die vom Nießbraucher vorgenommenen Transaktionen. Sie beantragten die Feststellung, dass der Verkauf der Wertpapiere rechtswidrig gewesen sei und ihnen bei der Rechenschaftslegung daher nicht entgegengehalten werden könne155. Der Nießbraucher sei verpflichtet gewesen, den Stamm des Vermögens zu erhalten. Insbesondere habe er nicht als Geschäftsführer ohne Auftrag handeln dürfen, weil die Notwendigkeit der Geschäftsführung gefehlt habe und die Vorschriften über die Veräußerung des Vermögens von Minderjährigen nicht eingehalten worden seien. Gleichwohl wurden die Dispositionen des Nießbrauchers vom Berufungsgericht und dem Kassationshof aus dem Gesichtspunkt der gestion d’affaires gutgeheißen: Der Nießbraucher habe zwar seine Befugnisse bewusst überschritten, er habe aber als uneigennütziger Geschäftsführer ohne Auftrag, gedeckt durch den Rat der beiden Notare, die Werte veräußern dürfen, weil die baren Mittel des Nachlasses zur Bezahlung der Erbschaftssteuer nicht ausgereicht hätten. Die Entscheidungsgründe der Cour de Cassation lauten in ihrem Kern: „Attendu que les juges du fait constatent qu’une vente était nécessaire, à défaut de disponibilités suffisantes pour payer le montant des droits de mutation par décès; qu’en anticipant le payement de ces droits, le sieur de Resnes avait fait bénéficier d’une remise de 3.000 fr.; qu’en ce qui concerne l’arbitrage de certaines valeurs étrangères déterminées et leur remploi, de Resnes n’avait eu aucun intérêt personnel; que ses revenus, loin de se trouver augmentés par les ventes réalisées, en étaient sensiblement diminués; que pour apprécier l’utilité de la gestion d’affaires il est nécessaire de se placer à l’époque où les opérations ont été entreprises . . . Attendu que la non-observation des formalités légales préscrites au tuteur pour la vente des valeurs mobilières des mineurs ne peut priver un gérant d’affaires du droit qu’il tient de l’Art. 1375 c.civ. d’imposer au maître dont l’affaire a été bien administrée les engagements contractés en son nom . . .“156 155 So die von der Cour de Cassation (allzu knapp) wiedergegebene Prozessgeschichte: „. . . Attendu que deux des susdits neveux ont demandé à la cour de Douai de décider que les ventes opérées pour leur compte ne leur étaient opposables . . .“ – „In Erwägung, dass die beiden obengenannten Neffen von dem Gericht von Douai die Feststellung verlangten, dass ihnen die auf ihre Rechnung getätigten Verkäufe nicht entgegengehalten werden könnten . . .“ 156 „In Erwägung, dass nach den Feststellungen der Tatrichter ein Verkauf geboten war, weil die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Bezahlung der Erbschaftssteuer ausreichten, dass Herr von Resnes durch die vorzeitige Bezahlung der Abgabe einen Nachlass von 3.000 Francs erreichte, dass er im Hinblick auf den Kurswert der zum Verkauf ausgewählten Werte und ihre Wiederanlage kein persön-

2. Der Aufdrängungsschutz im französischen Recht

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Das Thema der „aufgedrängten Bereicherung“ wird im dargestellten Sachverhalt dadurch berührt, dass die Erben nach Auffassung des Kassationshofs die ihnen nicht genehme Transaktion des Nießbrauchers hinnehmen mussten. Anstelle der wertbeständigen ausländischen Effekten157 waren sie nunmehr Eigentümer fast wertloser, ihnen „aufgedrängter“, Aktien und Anleihen.158 Die Bezahlung der Erbschaftssteuer durch den Nießbraucher vermag an der unerwünschten Belastung der Erben nichts zu ändern, war doch die Steuer nach der Anordnung der Erblasserin nicht aus dem Nachlass, sondern dem Vermögen des Nießbrauchers zu entrichten.159

Nach deutschem bürgerlichen Recht wäre die Veräußerung der Wertpapiere durch den Nießbraucher an dessen fehlender Vertretungsmacht gescheitert: Der Nießbraucher darf zwar die Nutzungen des Vermögens ziehen, an dem sein Recht besteht (§§ 1089, 1085, 1030 Abs. 1 BGB), er darf mithin auch die Erträgnisse der Papiere nach eigenem Gutdünken verwenden; die Verfügung über den Wertpapierbesitz insgesamt ist ihm jedoch schlechthin verwehrt, eine Einsicht, die im Ausgangspunkt auch der Kassationshof akzeptiert.160 Nach deutschem bürgerlichen Recht hatten die Erben gegen den Nießbraucher einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Eigentums (§ 823 Abs. 1 BGB), wenn die Papiere, wie zwanzig Jahre nach dem Verkauf nicht anders zu erwarten, nicht mehr in Natur zurückzuerlangen waren.

liches Interesse verfolgte, dass sich sein Einkommen aus diesem Besitz, weit von einer Steigerung entfernt, vielmehr spürbar verringerte, dass es zur Beurteilung der Nützlichkeit der Geschäftsführung nötig ist, sich an den Zeitpunkt der Vornahme der Transaktion zurückzuversetzen . . ., In Erwägung, dass die Nichtbeachtung der gesetzlichen Vorschriften für den Verkauf des beweglichen Vermögens von Minderjährigen den Geschäftsführer nicht des Rechts aus Artikel 1375 Cc beraubt, dem Geschäftsherrn, dessen Angelegenheit sorgfältig besorgt wurde, die in dessen Namen eingegangenen Verbindlichkeiten aufzuerlegen . . .“ 157 Lautend auf einen Dollarbetrag? 158 Man bedenke die politische Lage Frankreichs im Zeitpunkt des Urteils – dem Jahr 1942. Das Répertoire de Droit Civil von Dalloz, tome V, „Gestion d’affaires“ (1972), no. 77, bemerkt aus diesem Grunde zu Recht: „Il n’est pas certain qu’elle ne soit pas allée trop loin.“ – „Es ist nicht sicher, ob nicht die Cour de Cassation im angeführten Fall zu weit gegangen ist.“ 159 Eine Nuance des Sachverhalts, die der Kassationshof nicht berücksichtigt. 160 „Attendu que la cour d’appel a établi que le sieur de Resnes, vendant pour le compte des neveux de sa femme la nue propriété que leur appartenait, n’avait point agi dans le cadre des pouvoirs de l’usufruitier . . .“ – „In Erwägung, dass nach der Feststellung des Berufungsgerichts Herr v. Resnes bei der Veräußerung des belasteten Eigentums der Neffen seiner Frau und auf deren Rechnung in keiner Weise innerhalb der Befugnisse eines Nießbrauchers gehandelt hat . . .“

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

(b) Der Blick auf den weiten Umfang der gestion d’affaires – gerade durch die Vornahme von Rechtsgeschäften zu Lasten des Geschäftsherrn – sei in angemessener Kürze fortgeführt. Das Répertoire de Droit civil von Dalloz leitet die Anwendungsfälle der gestion d’affaires mit der folgenden Bemerkung ein161: „La jurisprudence admet qu’il peut y avoir gestion d’affaires pour des actes juridiques de disposition et même pour des actes matériels: une réparation urgente faite à une maison par exemple.“162

Die sich anschließenden der Rechtsprechung entnommenen Sachverhalte konkretisieren die Leitlinie163: „Il en résulte que la gestion d’affaires peut avoir pour objet des actes de toute nature accomplis au profit d’autrui“ – „Die aufgestellte These lässt erkennen, dass die Geschäftsführung ohne Auftrag Handlungen jeder Art umfasst, die zum Nutzen eines anderen ausgeführt werden“. (1) „paiement de la dette d’autrui“ – „Zahlung fremder Schulden“164 Der angeführte Fall165 betraf die Bezahlung von Nachlassverbindlichkeiten durch die Witwe des Erblassers, die zum Vormund der minderjährigen Erben, ihrer Kinder, nach damaligem166 französischem Recht berufene Mutter.167 Um die Haftung des wesentlichen Gegenstandes des überschuldeten Nachlasses, eines Grundstücks, für die Forderungen der Gläubiger abzuwenden, befriedigte sie die geltend gemachten Ansprüche aus eigenen Mitteln, ohne die damals (und heute) erforderliche Zustimmung des Familienrats168 und die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts169 einzuholen. 161

Dalloz, Répertoire de Droit Civil, tome V, „Gestion d’affaires“ (1972), no. 74. „Die Rechtsprechung anerkennt das Bestehen einer Geschäftsführung ohne Auftrag für Verfügungsakte und Tathandlungen: zum Beispiel für die dringende Reparatur eines Gebäudes.“ 163 Dalloz, Répertoire de Droit Civil, tome V, „Gestion d’affaires“ (1972), no 74. 164 Arrêt de la Chambre des Requêtes; Sirey, Recueil Général des Lois et des Arrêts, Paris 1912, 1re partie, page 337. 165 Ein ausführlicher Sachverhaltsbericht findet sich in der Urteilsanmerkung von H. Loubers, Chargé de cours à la faculté de l’université Rennes, loc.cit., page 337 s. 166 Nach der seit 1970 geltenden Umwandlung der „puissance paternelle“ in die „autorité paternale“ übt der überlebende Ehegatte die elterliche Autorität allein aus: Art. 373 al. 1 Cc. 167 Art. 389 al. 2 Cc: „L’administration légale est placée sous le contrôle du juge des tutelles lorsque l’un ou l’autre des deux parents est décédé . . .“ – „Die gesetzliche Treuhandschaft der Eltern unterfällt der Kontrolle des Vormundschaftsrichters, wenn einer der beiden Elternteile verstorben ist . . .“. 168 Art. 457 Cc: „Le tuteur ne peut, sans y être autorisé par le conseil de famille, faire des actes de disposition au nom du mineur. Sans cette autorisation, il ne peut, notamment, emprunter pour le pupil . . .“ – „Der Vormund kann ohne Ermächtigung 162

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Bei der Rechnungslegung am Ende der Vormundschaft verlangte die Mutter von den nunmehr erwachsenen Abkömmlingen den Ersatz der verauslagten Beträge nebst Zinsen.170 Eine Tochter verweigerte diesen mit Berufung auf den wahren Charakter der getätigten Zahlung als eines Kredits der Mutter zu Lasten ihrer Kinder, der nicht ohne die nötigen Ermächtigungen habe aufgenommen werden dürfen.171 Von diesem Ausgangspunkt aus bestritt sie auch die Zinsverbindlichkeit. Das Berufungsgericht und der Kassationshof verurteilten die Tochter aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag. Über den Standpunkt der verklagten Tochter, dass sich die Ablösung der Nachlassverbindlichkeiten aus den Mitteln der Vormünderin als formnichtige Kreditaufnahme zu Lasten der minderjährigen Erben darstelle, setzten sie sich mit dem Argument der „pure et bonne administration“, der sorgfältigen Amtsausübung der Vormünderin, hinweg. Den konzentriert formulierten172 Gründen des die Kassation zurückweisenden Urteils ist allerdings zu entnehmen, dass die Richter den Einwand der genehmigungspflichtigen Kreditaufnahme im Prinzip nicht widerlegen konnten, ihn vielmehr mit der Figur der gestion d’affaires überspielten: „Attendu qu’elle n’a fait ainsi que des actes de pure et bonne administration, puisque ces dettes portaient un intérêt plus élevé que ses avances q’en décidant, d’après ces constatations, que les avances faites par la dame

durch den Familienrat keine über die Verwaltung hinausgehenden Rechtsgeschäfte im Namen des Mündels vornehmen. Insbesondere kann er ohne diese Ermächtigung keine Kredite für das Mündel aufnehmen . . .“. 169 Art. 389-6 Cc: „Dans l’administration légale sous contrôle judiciaire, l’administrateur doit se pourvoir d’une autorisation du juge des tutelles pour accomplir les actes q’un tuteur ne pourrait faire qu’avec une autorisation.“ – „In Fällen der durch Gesetz vorgeschriebenen Verwaltung unter gerichtlicher Kontrolle muss sich der Verwalter der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts für Handlungen versichern, die er ohne Zustimmung nicht vollziehen kann.“ 170 Hätte die Mutter irrtümlich eine fremde Schuld bezahlt, so wäre über ihren Rückgriffsanspruch nach Maßgabe des Art. 1377 Cc zu entscheiden gewesen. Siehe dazu Thum, a. a. O., Seite 98. 171 „Les avances ainsi consenties par la tutrice, disait le pourvoi, constituent en réalité un emprunt fait au nom des mineurs. Ces formalités n’ayant pas été observées dans l’espèce, l’emprunt est nul . . .“ – „Die von der Vormünderin getätigten Auslagen waren nach dem Kassationsbegehren der Sache nach ein im Namen der Minderjährigen aufgenommener Kredit. Aus der Nichtbeachtung der Formvorschriften folgt die Nichtigkeit des Darlehensvertrages.“ 172 Den arrêt erließ die Vorprüfungskammer („Chambre des Requêtes“) des Kassationshofs!

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Champel devaient lui remboursées, malgré le défaut d’autorisation du conseil de famille . . . l’arrêt attaqué n’a violé . . .“.173 Folgt man bei der Beurteilung des Sachverhalts nach deutschem bürgerlichen Recht den nicht überprüfbaren tatsächlichen Feststellungen der beiden französischen Gerichte, so hat die Vormünderin durch die Kreditgewährung ihren minderjährigen Kindern eine Bereicherung durch Ablösung der Nachlassverbindlichkeiten aufgedrängt. Denn mangels der gesetzlich vorgeschriebene Ermächtigungen stellte sie die Schutzbefohlenen vor die vollendete Tatsache der Schuldtilgung174, verbunden mit einem Wechsel des Gläubigers, ohne zuvor selbst oder durch den Familienrat über eine Herabsetzung oder Stundung der Ansprüche der Gläubiger zu verhandeln. Ihrem Anspruch auf den Ausgleich der Bereicherung (§ 684 Satz 1 BGB) könnte das (bewusst?) gesetzeswidrige Vorgehen175 bei der Schuldtilgung und der Kreditaufnahme – einer Leistung im Sinne des § 812 BGB – entgegengehalten werden (§ 817 BGB). Vor allem ist grundsätzlich zu bezweifeln, ob Rechtsgeschäfte, die einer gesetzlich vorgeschriebenen Form ermangeln, aus Scheu vor einer „unbilligen“ Entscheidung durch die Annahme einer Geschäftsführung ohne Auftrag ersetzt werden können: Ist die Abwicklung nicht Aufgabe des Bereicherungsrechts?176 173 „In Erwägung, dass die Vormünderin ihr Amt sorgfältig ausgeübt hat, da die von ihr getilgten Forderungen höher verzinslich waren als die von ihr gewährte Vorlage, dass die auf diese tatsächlichen Feststellungen gegründete Entscheidung, wonach die von Madame Champel getätigten Auslagen ihr zu erstatten waren, und zwar trotz der fehlenden Ermächtigung des Familienrats, hat das angegriffene Urteil das Gesetz nicht verletzt . . .“ 174 Die zitierte Urteilsbesprechung durch Loubers (siehe Fußnote 165 dieses Abschnitts) bemerkt zutreffend, dass sich die Vormünderin über den durch das Gesetz geschützten Willen ihrer Kinder, der Geschäftsherrn im Sinne einer gestion d’affaires, hinweggesetzt habe: „Pour qu’il y ait gestion d’affaires, il faut, en effet, d’après un principe certain, que le gérant d’affaires ait géré sans l’opposition formelle du maître. Or, ici, en l’absence de volonté juridique du pupille, c’est la loi qui exprime sa volonté présumée; et la loi interdit formellement au tuteur de contracter seul un emprunt.“ – „Die Annahme einer Geschäftsführung ohne Auftrag setzt prinzipiell voraus, dass die Geschäftsführung nicht einer förmlichen Ablehnung des Geschäftsherrn begegnet. Nun aber ist es das Gesetz, das mangels eines rechtlich beachtlichen Willens des Mündels dessen Willen zum Ausdruck bringt, und das Gesetz verbietet dem Vormund in aller Form, aus eigener Machtvollkommenheit einen Kreditvertrag zu schließen.“ 175 Geht man mit der Cour d’Appel und der Cour de Cassation von einer Kreditaufnahme aus, so bedurfte sie auch nach deutschem Recht der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts: § 1822 Nr. 8 BGB. 176 Dieses Bedenken ist auch gegen die bei Dalloz, Répertoire de Droit Civil, tome V, „Gestion d’affaires“ (1972), no. 91, angeführten Urteile der Cour de Cassation zu erheben, die Verträge, geschlossen ohne die erforderliche Zustimmung öffentlicher Organe, mit der Unterstellung einer „gestion d’affaires de facto“ in gültige Rechtsgeschäfte verwandeln und der leistenden Partei den Anspruch auf Vergü-

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Stellt man sich auf den Standpunkt, dass die von den französischen Gerichten dem Sachverhalt entnommene Kreditgewährung dem Blick des deutschen Juristen nicht standhielte, so ist der leitende Gedanke dieses rechtsvergleichenden Berichts gleichwohl nicht widerlegt: dass die gestion d’affaires in ihrer praktizierten Gestalt den Ausschluss der Erstattung einer aufgedrängten Bereicherung nicht kennt. (2) „assurances des risques d’autrui“ – „Versicherung eines fremden Risikos“177 Ein Gastwirt betrieb sein Gewerbe auf dem Grundstück seiner Schwiegermutter, an das ein zweites Grundstück derselben Eigentümerin angrenzte. Das Mobiliar der Gaststätte war sein Eigentum. Das Berufungsgericht und die Cour de Cassation anerkannten sein legitimes Interesse, wegen des Schutzes der eigenen Einrichtung und der seiner Frau gehörenden Sachen auch die beiden Immobilien im eigenen Namen versichern zu lassen.178 tung statt auf Herausgabe der Bereicherung gewähren: Einrichtung und Betrieb einer Straßenbeleuchtung (Dalloz, Recueil périodique et critique 1873, 1re partie, page 457; Lieferung von Kleiderschränken für Polizisten, Recueil périodique et critique 1879, 1re partie, page 204; Erteilung von Unterrricht durch ein Erziehungsinstitut, Recueil périodique et critique 1882, 1re partie, page 131). Die fragwürdige Inanspruchnahme der Geschäftsführung ohne Auftrag für einen Ausgleich der Interessen bei unwirksamen Verträgen wird auch im deutschen Recht vertreten: Nachweise bei Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 677 Rdnr. 11 (aber sehr strittig!). 177 Arrêt de la Chambre des Requêtes, Dalloz, Recueil périodique et critique, 1874, 1re partie, page 172. 178 Aus dem angeführten arrêt: „Attendu que l’arrêt constate, en fait, que Blin habitait avec la dame Renault, sa belle-mère, la première maison assurée qui appartenait à cette dernière; – Qu’il y avait tout son mobilier et y exerçait son industrie d’aubergiste; – Que cette situation donnait à Blin un intérêt légitime et personnel à la conservation de l’immeuble, et rendait parfaitement valable l’assurance qu’il avait stipulée en payant, d’ailleurs, la prime de la première année ; – Attendu, relativement à la deuxième maison contigué à la première et comprise dans la même assurance, qu’il est encore constaté par l’arrêt: que, même avant la police, Blin était le negotiorum gestor de sa belle-mère et gérait les intérêt de ladite dame en commun avec les siens propres et ceux de sa femme . . .“ – „In Erwägung, dass nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils Blin mit seiner Schwiegermutter, Frau Renault, das erste versicherte Haus bewohnte, das ihr Eigentum war; – Dass sich dort das ihm gehörende Mobiliar befand und er sein Gewerbe als Gastwirt betrieb; – Dass er kraft dieser Lage ein legitimes und persönliches Interesse an der Erhaltung des Grundstücks hatte und den Versicherungsvertrag unzweifelhaft wirksam werden ließ, den er übrigens im Zusammenhang mit der Zahlung der ersten Jahresprämie abgeschlossen hatte. – In Erwägung, dass er hinsichtlich des zweiten angrenzenden, in den Versicherungsvertrag einbezogenen Grundstücks, wie das Berufungsurteil feststellt, schon vor der Ausstellung der Police Geschäftsführer ohne Auftrag seiner Schwiegermutter war und deren Interesse gemeinsam mit sei-

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Der knappe Sachverhaltsbericht des Kassationsurteils lässt nur erahnen, dass die Versicherung nach einem Schadensfall179 die Leistung wegen der in der Police nicht vermerkten Eigentumsverhältnisse an den Grundstücken verweigerte.180 Man denke den Fall weiter: Hätte der Schwiegersohn nach deutschem Recht Rückgriff gegen seine Schwiegermutter wegen der ersten, von ihm verauslagten Jahresprämie nehmen können? Durfte er ihr, in allgemeinerer Formulierung, ohne Abstimmung Rechte und Lasten des Vertrages aufdrängen? Dagegen spricht die Bestimmung des § 681 Satz 1 BGB, wonach der Geschäftsführer den Geschäftsherrn möglichst zügig von der Übernahme des Geschäfts zu unterrichten hat.181 (3) „travaux faits par un copropriétaire sur un immeuble indivis“ – „Arbeiten auf einem im Miteigentum stehenden Grundstück, vorgenommen durch einen Miteigentümer“ 182 Drei Miteigentümer, zwei Brüder und ihre verheiratete Schwester, bewohnten gemeinsam ein landwirtschaftlich genutztes183 Grundstück, das allerdings nur von der Schwester und ihrem Ehemann bewirtschaftet wurde.184 Das Grundstück geriet in die Zwangsversteigerung. Nach erteiltem Zuschlag wurde ein Verteilungstermin anberaumt, in dem die Gläubiger des Ehepaares wegen der Lieferung von Schwefel, Dünger, Getreide und Mehl und der Ausführung von Schmiede-, Sattler- und Klempnerarbeiten185 ihre urkundlich verbrieften Forderungen anmeldeten. nem Eigentum und den Rechten seiner Frau betreute . . .“ (Hervorhebung durch Verf.) 179 Page 173: „Le contrat comportait nécessairement une ratification antérieure au sinistre . . .“ – „Der Vertrag forderte mit Notwendigkeit eine Bestätigung vor dem Schadensfall . . .“ 180 Eine Ausflucht der Versicherung, den die Gerichte wegen der Kenntnis der Eigentumsverhältnisse in der Person des Repräsentanten und des örtlichen Agenten nicht gelten ließen. 181 Die Vorschrift des § 681 Satz 1 BGB lautet: „Der Geschäftsführer hat die Übernahme der Geschäftsführung, sobald es tunlich ist, dem Geschäftsherrn anzuzeigen und, wenn nicht mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist, dessen Entschließung abzuwarten.“ 182 Arrêt de la Chambre Civile, Sirey, Recueil Général des Lois et des Arrêts, 1905, partie 1re, page 510. 183 Das Berufungsurteil erwähnt Lieferungen von „soufre, engrais, grains et farines“ – „Schwefel, Dünger, Getreide und Mehl“. 184 Über die beiden Brüder und die Bewirtschaftung bemerkt das Berufungsurteil, sie seien „incapables de s’en occuper.“ 185 „Pour travaux de leur état, tels que maréchal-ferrant, bourrelier, ferblantier . . .“ – „Für Arbeiten, bezogen auf ihr Anwesen, wie Hufbeschlag, Sattler und Klempnerarbeiten . . .“

2. Der Aufdrängungsschutz im französischen Recht

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Wegen des Widerspruchs der Brüder gegen den Teilungsplan kam es zum Prozess, in dem sich der eine Bruder und die Schwester, diese beiden auch als Erben des einen inzwischen verstorbenen Bruders, gegen die Berücksichtigung der Forderungen der Lieferanten und Werkunternehmer wandten. Sie machten geltend: Die landwirtschaftlich nicht tätigen Brüder hätten mit diesen Ansprüchen nichts zu tun.186 Außerdem seien die behaupteten Lieferungen in Wahrheit ein Kredit, den der Ehemann der Schwester aufgenommen habe, dessen Summe er verspielt und verschwendet habe.187 Das Berufungsgericht und die Cour de Cassation schnitten die Einwendungen gegenüber den klagenden Gläubigern188 ab. Ich zitiere aus den knappen Gründen des Kassationsurteils: „Attendu que les époux Marsal s’occupaient seuls de l’exploitation de la propriété; qu’ils géraient ainsi les affaires des frères Camp, qu’il en conclut qu’ils les ont engagés, dans la limite de l’utilité de leur gestion, en même temps qu’ils s’engagaient eux-mêmes . . .“189 Die Entscheidung ist – sollte eine Übertragung der Verwaltungsbefugnisse durch die Miterben auf das Ehepaar auszuschließen sein – das Musterbeispiel einer bedenkenlos angenommenen aufgedrängten Bereicherung: Miteigentümer, die ein landwirtschaftliches Grundstück zum eigenen Nutzen bewirtschaften, sollen die auf dem Anwesen wohnenden Miteigentümer im Hinblick auf Lieferungen und Leistungen für die Landwirtschaft in der Weise verpflichten, dass die Lieferanten und Handwerker gegen sie Forderungen erwerben! 186 Das Berufungsurteil führt aus: „Attendu que les contestants alléguent qu’Eugene et Benjamin Camp n’ont pris aucun engagement envers les créanciers colloqués au centime le franc.“ – „In Erwägung, dass sich die widersprechenden Parteien Eugen und Benjamin Camp darauf berufen, keine Verpflichtung auf Mark und Pfennig gegenüber den in den Verteilungsplan aufgenommenen Gläubigern eingegangen zu sein.“ 187 „. . . Les créances contestées n’ont point leur sources dans des fournitures ayant tourné au profit du domaine, les fournitures alléguées déguisant des emprunts contractés par M. Marsal, qui en dissipait le produit par le jeu ou l’inconduite.“ – „Die bestrittenen Forderungen hätten ihre Grundlage nicht in Lieferungen zum Nutzen des Landbesitzes, sondern seien verschleierte Darlehen, aufgenommen von Herrn Marsal, der ihre Beträge im Spiel und schlechtem Lebenswandel durchgebracht habe.“ 188 Das Berufungsurteil erwähnt die „condamnations obtenues contre eux seuls“ – „die Verurteilung gegen das Ehepaar Marsal“ und die Erweiterung des gegen die Eheleute erwirkten Titels. 189 „In Erwägung, dass die Eheleute Marsal allein das Grundstück bewirtschafteten und damit auch ein Geschäft der Gebrüder Camp führten, dass sie infolgedessen die Brüder im Rahmen der Nützlichkeit ihrer Geschäftsführung verpflichteten, und zwar gleichzeitig mit den von ihnen eingegangenen Verbindlichkeiten . . .“

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

Die besprochenen Urteile konkretisieren, wie dem Zitat im Repertoire von Dalloz zu entnommen ist, noch heute den anerkannten Umfang der gestion d’affaires. Um diese Ansicht zu bestätigen, seien zwei in der Sache übereinstimmende Entscheidungen aus jüngerer Zeit berichtet.190 (4) Aliénation d’un propre de la femme par le mari“ – „Veräußerung eines Vermögensgegenstandes der Ehefrau durch ihren Mann“191 Ein Ehemann hatte sich durch privatschriftlichen Tauschvertrag192 verpflichtet, eine Grundstücksparzelle an eine Gesellschaft zu übertragen, die sich dem Betrieb von Feriendörfern widmete. Die Parzelle stand im Miteigentum seiner Frau und seiner Schwiegermutter. Ausgenommen vom Tausch waren die Bäume des Besitzes, für welche sich die Erwerberin 30.000 anciens francs193 zu zahlen verpflichtete. Als die Ehefrau nach dem Tode ihrer Mutter Alleineigentümerin der Parzelle wurde, machte sie die Unwirksamkeit des Tauschvertrages geltend und weigerte sich, den privatschriftlichen Vertrag durch einen Notar beurkunden zu lassen. Gestützt auf eine gestion d’affaires des Ehemannes für die Miteigentümerinnen verurteilte sie das Berufungsgericht, den privatschriftlichen Vertrag zu vollziehen.194 Ihr Kassationsantrag wurde zurückgewiesen: „Rejet – Mais attendu que la Cour d’appel retient tant motifs propres qu’adoptés que Jérémie Brun a agi en qualité de gérant d’affaires de sa femme et de sa belle-mère, que les conditions de la gestion d’affaires se trouvaient réunies en l’espèce, que Brun savait que la parcelle échangée ne lui appartenait pas et que l’échange se révélait utile et profitable qu’elle admet que, de ce fait, la veuve Brun devait remplir l’engagement contracté en son nom; qu’ainsi, sans dénaturation et écartant par là-même les conclusions prétendument délaissées, elle a justifié sa décision, abstraction faite des motifs critiqués par le pourvoi qui doivent être tenus pour surabondants . . .“195 190

Zitiert im Répertoire de droit civil von Dalloz, 2e édition (1995), tome V, „Gestion d’affaires“. 191 Arrêt de la Cour de Cassation du 15. mai 1974, Bulletin des arrêts de la Cour de Cassation, Chambres civiles, 1974, 1re partie, no. 147. 192 Das Urteil spricht von einem „titre d’échange“. Art. 1582 al. 2 Cc lautet: „La vente peut être fait par acte authentique ou sous seing privé.“ – „Der Kauf kann durch notariellen oder privatschriftlichen Vertrag vollzogen werden.“ Entsprechendes gilt nach Art. 1707 Cc für den Tausch. Sondervorschriften für Grundstücksgeschäfte gibt es außer – auf Grund nachwirkender deutscher Rechtsüberlieferung in Elsaß-Lothringen – im französischen Recht nicht (Ferid/Sonnenberger, a. a. O., Band II, 2 G 317). 193 Nach dem seit 1960 geltenden Umrechnungskurs 300 nouveau francs. 194 Nach Art. 1605 Cc geht das Eigentum an einem bebautem Grundstück mit Übergabe der Schlüssel, bei unbebautem Land mit Aushändigung der Grundstücksurkunden auf den Erwerber über.

2. Der Aufdrängungsschutz im französischen Recht

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In der Sicht des deutschen Recht war der geschlossene Vertrag nicht verbindlich und klagbar: Der Mangel der Vertretungsmacht des Ehemannes konnte nicht mit Berufung auf eine Geschäftsführung ohne Auftrag überspielt werden. (5) Eine Genossenschaftsbank196 betätigte sich als Helfer in der Not eines finanziell angeschlagenen Sohnes: Sie belastete das Konto seiner Eltern und schrieb den abgebuchten Betrag, ohne die Eltern zu verständigen, dem Konto des Sohnes gut. Bei ihrer Handlungsweise ging sie von der Annahme aus, dass die Hilfeleistung der Absicht der Eltern entsprach. Die Auszüge über ihr Konto wurden den Eltern übermittelt. Diese erhoben vierzehn Monate lang keine Beanstandung, bis es schließlich zur Auseinandersetzung zwischen der Genossenschaftsbank und den Eltern kam.197 Allerdings war die dem Sohn geleistete Hilfe im Endergebnis nutzlos: Der Sohn geriet in ein gerichtliches Vergleichsverfahren.198 Das Berufungsgericht verstand das Vorgehen des Kreditinstituts als „gestion d’affaires“ und stützte sein Urteil auch auf die Hinnahme der nach der Abbuchung übersandten Kontoauszüge. Die Kammer für Handelssachen der Cour de Cassation bestätigte das Berufungsurteil mit den folgenden Thesen: „Une cour d’appel peut retenir qu’une banque accompli un acte de gestion d’affaires tacitement ratifié par les gérés en débitant le compte de ses clients, sans instruction de leur part, et en créditant le compte de leur fils du même montant, dès lors qu’elle relève que les parents avaient l’intention de venir en aide à leur fils, qu’il y avait nécessité urgente pour celui-ci à 195 „Aber in Erwägung, dass der Berufungsrichter sowohl kraft eigener Auffassung als auch der Meinung der Klägerin („motifs adoptés“ kann sich nach dem Zusammenhang nur auf den Standpunkt der klagenden Gesellschaft beziehen) daran festhält: Jérémie Brun habe als Geschäftsführer ohne Auftrag seiner Frau und seiner Schwiegermutter gehandelt, dass die Merkmale der Geschäftsführung ohne Auftrag im vorliegenden Sachverhalt erfüllt sind, dass Brun wusste, die getauschte Parzelle habe ihm nicht gehört, dass sich aber der Tausch als nützlich und vorteilhaft erwies, dass der Berufungsrichter in Anbetracht dieser Umstände anerkennt, dass die verwitwete Mme Brun den in ihrem Namen geschlossenen Vertrag zu erfüllen verpflichtet ist. Dass mithin ohne Missdeutung des Sachverhalts und ohne auf die Schlussfolgerungen einzugehen, welche die Beklagte ersichtlich aufgegeben hat, das Berufungsgericht seine Entscheidung rechtfertigte, wobei von seinen im Kassationsbegehren kritisierten Erwägungen als nicht sachentscheidend abzusehen ist . . .“ 196 „Caisse de crédit mutuelle“ nach der Urteilsanmerkung in Recueil Dalloz Sirey (1991), 4e cahier, sommaires commentés, page 33. 197 Die Prozessgeschichte ist dem Urteilsauszug zwar nicht zu entnehmen, am nächsten liegt jedoch die Annahme, dass die Eltern den Zugriff auf ihr Konto als Verletzung des Girovertrages ansahen und aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes die Rückbuchung zu ihren Gunsten verlangten. 198 So wieder der Sachverhaltsbericht der Urteilsanmerkung, der ein „règlement judiciaire“ des Sohnes erwähnt.

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

disposer de la somme virée, que le virement était utile puisqu’il visait à renflouer la situation financière d’un fils par ses parents et que ceux-ci ont reçu leurs relevés bancaires pendant quatorze mois sans élever la moindre protestation.“199 Die Urteilsanmerkung nennt die Entscheidung – m. E. zutreffend – ein „Stück juristischer Folklore“200: Die gestion d’affaires wie auch die Geschäftsführung ohne Auftrag sind im Ausgangspunkt ein Akt selbstloser Hilfeleistung.201 Die Einmischung in den Rechtskreis eines Dritten steht – so auch die angeführte Besprechung – unter dem grundsätzlichen Gebot, die Entscheidungsfreiheit eines anderen zu respektieren.202 Der kommentierende Jurist hebt die Möglichkeit hervor, die Eltern als Kontoinhaber von dem beabsichtigten Zugriff auf ihr Guthaben in Kenntnis zu setzen203, eine Pflicht, die das deutsche Recht in der Vorschrift des § 681 Satz 1 BGB dem Geschäftsführer auferlegen könnte. Der Fall spitzt sich auf die Frage zu, ob das lange Schweigen der Kontoinhaber als Genehmigung einer ihnen aufgedrängten Geschäftsführung verstanden werden konnte.204 Dann – aber nur dann – konnte die Bank den erhobenen Schadensersatzanspruch wegen mangelnder Rechtswidrigkeit ihrer Handlungsweise abwehren. 199 „Ein Berufungsgericht darf sich dahingehend aussprechen, dass eine Bank ein stillschweigend durch die Geschäftsherren genehmigtes Geschäft führt, wenn sie das Konto ihrer Kunden, ohne diese davon zu unterrrichten, belastet und den abgebuchten Betrag dem Konto des Sohnes gutschreibt, indem sie sich davon leiten lässt, dass die Eltern beabsichtigten, ihrem Sohn zu Hilfe zu kommen, dass eine dringende Notwendigkeit für ihn bestand, über die gutgeschriebene Summe verfügen zu können, dass die Überweisung auch nützlich war, weil sie bezweckte, die finanzielle Situation des Sohnes durch die Eltern zu retten und diese vierzehn Monate lang die Kontoauszüge empfingen, ohne die geringste Einwendung zu erheben.“ 200 „On veut croire que cet arrêt est tout sauf un arrêt de principe et qu’il convient de considérer qu’il relèvera du folklore jurisprudientiel.“ – „Man möchte glauben, dass das besprochene Urteil alles außer einer grundsätzlichen Äußerung darstellt und es eher als ein Stück juristischer Folklore betrachtet werden darf.“ 201 Darauf weist der Ersatz von „Aufwendungen“ des Geschäftsführers hin (§ 683 BGB). Gleichwohl gestattet das französische Recht die Intervention eines Außenstehenden, auf eine ihm fremde Schuld zu leisten, eine Gestaltung, auf die Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 2, Seite 366 Rdnr. 169, aufmerksam macht (Art. 1236 al.2 Cc). 202 „Puisque immixtion il y a, le principe de non-ingérence doit conduire à marginaliser la gestion d’affaires par le banquier“ – „Da es sich um eine Einmischung handelt, muss das Verbot der Einmischung dazu führen, die Geschäftsführung ohne Auftrag durch den Bankier einzuengen“. 203 „N’avait pas la possibilité d’alerter les parents?“ 204 Nach deutschem Recht im Sinne des § 684 Satz 2 BGB.

2. Der Aufdrängungsschutz im französischen Recht

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c) Die „aufgedrängte Bereicherung“ im Verhältnis des Eigentümers zum Besitzer aa) Im sachenrechtlichen Bereich geht der Anspruch des Besitzers gegen den Eigentümer auf Ersatz der Verwendungen205 nach französischer und deutscher Regelung inhaltlich im Wesentlichen den gleichen Weg. Art. 547 Cc lautet: „Les fruits naturels ou industriels de la terre, Les fruits civils, Le croît des animaux, appartiennent au propriétaire par droit d’accession.“206 Art. 548 Cc lautet: „Les fruits produits par la chose n’appartiennent au propriétaire qu’à la charge de rembourser les frais des labours, travaux et semences faits par des tiers et dont la valeur est estimée à la date du remboursement.“207 § 102 BGB lautet: „Wer zur Herausgabe von Früchten verpflichtet ist, kann Ersatz der auf die Gewinnung der Früchte verwendeten Kosten insoweit verlangen, als sie einer ordnungsmäßigen Wirtschaft entsprechen und den Wert der Früchte nicht übersteigen.“ § 998 BGB lautet: „Ist ein landwirtschaftliches Grundstück herauszugeben, so hat der Eigentümer die Kosten, die der Besitzer auf die noch nicht getrennten208, jedoch nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft vor dem Ende des Wirtschaftsjahres zu trennenden Früchte verwendet hat, insoweit zu ersetzen, als sie einer ordnungsmäßigen Wirtschaft entsprechen und den Wert der Früchte nicht übersteigen.“

bb) Indessen gilt auch für die Abwehr einer „aufgedrängten Bereicherung“ im Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem nicht berechtigten Besitzer die Erkenntnis, dass es sich im französischen Recht um eine systematisch wenig durchgebildete Regelung handelt.209 205 Weitere sachenrechtliche Regelungen: Ersatz von Verwendungen auf die verpfändete Sache durch den Pfandgläubiger nach Art. 2080 al. 2 Cc, § 1216 BGB sowie auf das mit einer Hypothek belastete Grundstück durch den Eigentümer mit einem Anspruch gegen den Hypothekengläubiger nach Art. 2175 Cc. Eine ins Einzelne gehende Übersicht des Verwendungsersatzes im Verhältnis des Eigentümers zum Besitzer gibt Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 2, Seite 6 ff., Rdnr. 16 ff. 206 „Die natürlichen oder durch Ausbeute gewonnenen Früchte einer Sache, die Rechtsfrüchte und der Nachwuchs von Tieren gehören dem Eigentümer kraft seines Anfallsrechts.“ 207 „Die Früchte der Sache fallen dem Eigentümer nur gegen die Verpflichtung zu, die Kosten der Ackerbestellung, Bodenbebauung und Aussaat zu ersetzen, die ein Dritter aufgewendet hat. Die Wertbestimmung richtet sich nach dem Zeitpunkt der Erstattung.“ 208 Im Unterschied zu dieser Regelung bezieht sich § 102 BGB auf die bereits getrennten Früchte, die Ausbeute eines Grundstücks sowie die unmittelbaren und mittelbaren Rechtsfrüchte (Mietzins!).

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

Ein zusammenhängend geregeltes Eigentümer-Besitzer-Verhältnis nach dem Aufbau des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist dem Code civil fremd210: Die Herausgabeklage des Eigentümers gegen einen Besitzer normiert der Code in Artikel 2279211, einer Vorschrift im Dritten Buch unter dem Titel XX „De la prescription et de la possession“ – „Über Verjährung und Besitz“. Der Anspruch des Besitzers eines Grundstücks wegen getätigter Verwendungen (Art. 555 al. 1 und 4 Cc) steht dagegen im Zusammenhang mit dem Eigentumserwerb bei Verbindung mehrerer Sachen im Zweiten Buch unter dem Titel II „De la propriété“ und dem Zweiten Kapitel „Du droit d’accession sur ce qui s’unit et s’incorpore à la chose“. Die gedanklich-systematische Verbindung des Art. 555 Cc mit dem Eigentumserwerb ergibt sich aus der Erstreckung des Eigentums auf die mit einer Hauptsache verbundenen oder in sie eingefügten Bestandteile, Art. 551.212 Der Code civil, so darf man sagen, behandelt die Rechtsinstitute konkretbildhaft, das Bürgerliche Gesetzbuch nach dem abstrakten System der Pandektistik.

209 Auf die systematischen Mängel des Code civil macht auch Ferid/Sonnenberger, a. a. O., Band I/1, 1 A 332, aufmerksam: „Der Code hat das rechtliche System nicht zur vollen Klarheit durchentwickelt.“ Für nicht gelungen halte ich den Versuch von Petersen, a. a. O., Seite 69, eine „einheitliche gedankliche Grundlage des Verwendungsersatzes“ aus dem Code zu entwickeln. Petersen fügt dabei so disparate Materien zusammen wie das Wegnahmerecht des Nießbrauchers (Art. 599 al. 3 Cc) im Hinblick auf Luxusverwendungen bei Beendigung des Nießbrauchs und das Recht eines beschenkten Miterben, der Zuwendungen des Erblassers zu dessen Lebzeiten an die anderen Miterben herauszugeben hat, von diesen den Ersatz notwendiger und nützlicher Verwendungen (Artt. 861, 862 Cc) zu verlangen. Einen Überblick über den Ersatz von Verwendungen nach französischem Recht gibt Verse, a. a. O., Seite 65 ff. 210 Bei beweglichen Sachen konkurriert die Klage auf Herausgabe („revendication“) in der Hand des Gläubigers mit dessen Anspruch auf Ausgleich einer ungerechtfertigten Bereicherung („répétition de l’indu“): Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 290 bis 292 Rdnr. 348 ff. Der Ausgleich von Verwendungen auf eine herauszugebende Sache – sei sie beweglich, sei sie unbeweglich – ist eine Nebenfolge der Leistungskondiktion; siehe Schlechtriem, a. a. O., Seite 385 Rdnr. 523. 211 „En fait des meubles, la possession vaut titre. Néanmoins celui qui a perdu ou auquel il a été volé une chose peut la revendiquer pendant trois ans . . .“ – „Im Bezug auf bewegliche Sachen schafft der Besitz einen Besitztitel. Gleichwohl kann sie derjenige, der eine Sache verloren hat oder dem sie gestohlen worden ist, innerhalb von drei Jahren herausverlangen . . .“ 212 Art. 551: „Tout ce qui s’unit et s’incorpore à la chose appartient au propriétaire, suivant les reglès qui seront ci-après établies“ – „Alles, was mit einer Sache vereinigt oder in sie eingefügt wird, gehört dem Eigentümer nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.“

2. Der Aufdrängungsschutz im französischen Recht

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cc) Verwendungen auf eine Sache in Gestalt von Instandsetzungen und Verbesserungen, die keine Neubauten oder Neupflanzungen („ouvrages nouveaux“) darstellen, hängen vom Gesetz aus betrachtet, in der Luft, eine Lücke, die sich für Grundstücke wie für bewegliche Sachen bemerkbar macht.213 Gerichte wie Autoren füllen sie mit der römisch-rechtlichen Theorie des Ersatzes für sog. „Impensen“.214 Auf den guten oder bösen Glauben des Besitzers kommt es nicht an, sondern allein auf die Art und Weise der Verwendung: War sie notwendig, muss sie der Eigentümer ersetzen, war sie bloß nützlich, hat er die Wahl zwischen dem Ausgleich der Aufwendungen und dem des Mehrwerts. „Luxusverwendungen“ werden dagegen nicht ersetzt.215 213

Das französische Recht kennt keine Normierung der Folgen einer Vindikation, sondern regelt den Ersatz von Verwendungen auf eine herauszugebende Sache als Nebenfolgen der Leistungskondiktion (Art. 1381 Cc); so der treffende Hinweis von Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 385 Rdnr. 523. Zu ersetzen sind danach alle auch nur nützlichen Verwendungen („dépenses utiles“), unabhängig von der Gut- oder Bösgläubigkeit des Bereicherungsschuldners. Die Theorie des Ersatzes der „impenses“ stellt Schlechtriem auch in Band 2 seines Werks (Seite 10 Rdnr. 21) dar. 214 Die sachbezogenen Aufwendungen werden in Anlehnung an den lateinischen Begriff „impensae“ als „impenses“, in deutscher Sprache als „Impensen“ (Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite 229; Florey, a. a. O., Seite 11 f.), bezeichnet. Mazeaud/Chabas, op.cit., tome II/1, no. 667, tome II/2, no. 1605: „Faute de texte visant les réparations et améliorations proprement dites, la jurisprudence applique ici la théorie romaine des impenses, telle qu’elle apparaît dans les textes de Justinien, théorie inspirée des règles de l’enrichissement sans cause.“ – „Wegen des Fehlens eines sich auf Reparaturen und Verbesserungen beziehenden Textes wenden die Gerichte die römische Theorie des Ersatzes für Impensen an, die auf die Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung zurückgeht.“ Im gleichen Sinne Carbonnier, op.cit., no. 209. Die Übereinstimmung mit dem vorjustinianischen Recht (Fontes Iuris Antejustiniani, Pars altera, Gai Institutiones Epitome – kurzer Auszug –, II. 1. 6.) ist durch die Darstellung des Ersatzes von Impensen bei Kaser, a. a. O., 2. Abschnitt, a. a. O., §§ 244 III 3 und 245 II 4c, belegt. Die Stelle des vorjustinianischen Rechts lautet: „Sed in his omnibus superius comprehensis quicumque in terra aliena aliquid posuerit aut horum, quae dicta sunt, aliquid fecerit, illis, qui aliena praesumserint, hoc competit ut expensas vel impendia, quae in his fecerint, a dominis, qui rem factam vindicant, recipere possint“ – „Was aber weiter oben zusammengefasst wurde, dass nämlich derjenige, der auf fremdem Grund und Boden etwas errichtete, sei es ein Gebäude, sei es eines von den besprochenen Werken, von denjenigen, welche die Grundstücke für sich in Anspruch nehmen, den Ersatz der Auslagen und Verwendungen fordert, die sie auf die Grundstücke durch den Bau tätigten, mit der Folge, dass sie diese von den Eigentümern bei einer Herausgabeklage wiedererlangen können.“ 215 Zum Ersatz von „impenses“, zur richterrechtlichen Theorie dieses Instituts und zur Durchsetzung der Ansprüche auf den Ausgleich von Verwendungen siehe Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 2, Seite 11 f. Rdnr.

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

Die auch dem bösgläubigen Besitzer gewährte Entlastung gibt ihm die Möglichkeit, dem Eigentümer eine Bereicherung aufzudrängen. Diese Erkenntnis folgt aus einem weiter unten berichteten Sachverhalt: Ein Werkunternehmer macht sich ohne Absprache mit dem Besteller an die Nachrüstung eines ihm zur Reparatur gegebenen Lastkraftwagens.216

dd) Aufdrängende Veränderungen kann der Eigentümer eines Grundstücks abwehren, wenn ein bösgläubiger217 (mithin nicht berechtigter Besitzer) durch Neubauten oder Neupflanzungen in seine Entscheidungsfreiheit über die Anlage und Nutzung des Grund und Bodens eingreift: Der Eigentümer kann in einem solchen Falle auf Entfernung der Bauten oder Bepflanzungen bestehen, deren Kosten zu Lasten des Besitzers gehen218: Art. 555 al. 1 Cc lautet: „Lorsque les plantations, constructions et ouvrages ont été faits par un tiers et avec des matériaux appartenant à ce dernier, le propriétaire du fonds a le droit, sous réserve des dispositions de l’alinéa 4, soit d’en conserver la propriété, soit d’obliger le tiers à les enlever. Si le propriétaire du fonds exige la suppression des constructions, plantations et ouvrages, elle est executée aux frais du tiers, sans aucune indemnité pour lui; le tiers peut, en outre, être condamné à des dommages-intérêts pour le préjudice éventuellement subi par le propriétaire du fonds.“219

ee) Geht man davon aus, dass ein gutgläubiger Besitzer dem Eigentümer eine Bereicherung aufzudrängen vermag, weil dieser die Bebauung oder Bepflanzung seines Grundstücks ungefragt220 und gegen Erstattung der 22 f. sowie Seite 15 ff. Rdnr. 26 ff. Der Ausgleich geschieht eigenständig nach den allgemeinen Regeln oder durch ein Zurückbehaltungsrecht gegen die geforderte Herausgabe; dazu Schlechtriem, a. a. O., Seite 18 Rdnr. 30. 216 Siehe unten Fußnote 266 dieses Abschnitts. 217 Die Gut- oder Bösgläubigkeit definiert Art. 550 Cc: „Le possesseur est de bonne foi quand il possède comme propriétaire, en vertu d’un titre translatif de propriété dont il ignore les vices. Il cesse d’être de bonne foi du moment où ces vices lui sont connues.“ – „Der Besitzer ist gutgläubig, wenn er auf Grund eines das Eigentum übertragenden Titels, dessen Unwirksamkeit ihm unbekannt ist, den Eigenbesitz innehält. Seine Gutgläubigkeit endet in dem Augenblick, in dem ihm die Mangelhaftigkeit des Titels bekannt wird.“ 218 Diese Regelung des Code civil behandelt auch Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 2, Seite 6 ff. Rdnr. 16 ff. 219 „Sind die Bepflanzungen, Neubauten und Werke von einem Dritten mit dem ihm gehörenden Material bewirkt, so hat der Grundstückseigentümer, vorbehaltlich der Bestimmungen des Absatzes 4“ (sie beziehen sich auf den gutgläubigen Besitzer), „das Recht, entweder das Eigentum daran für sich in Anspruch zu nehmen“ (Gebäude und Bepflanzungen auf fremden Grund und Boden sind im französischen Recht sonderrechtsfähig; Art. 546 Cc und Ferid/Sonnenberger, a. a. O., Band II, 3 A 71 und 3 C 348) „oder von dem Dritten deren Entfernung zu verlangen. Verlangt der Eigentümer die Entfernung der Bauten, Bepflanzungen und Werke, so wird diese auf Kosten des Dritten vorgenommen; außerdem kann der Dritte zum Ersatz des Schadens verurteilt werden, den der Eigentümer durch die Entfernung erleidet.“

2. Der Aufdrängungsschutz im französischen Recht

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Kosten bzw. des Mehrwerts übernehmen muss, so ist auch in diesem Fall ein aufgedrängter Vermögenszuwachs zu entdecken. Art. 555 al. 4 Cc lautet: „Si les plantations, constructions et ouvrages ont été faits par un tiers évincé qui n’aurait pas été condamné, en raison de sa bonne foi, à la restitution des fruits, le propriétaire ne pourra exiger la suppression desdits ouvrages, constructions et plantations, mais il aura le choix de rembourser au tiers l’une ou l’autre des sommes visées221 à l’alinéa précédent.“222

d) Der Aufdrängungsschutz im Recht der ungerechtfertigten Bereicherung aa) Die unzureichende Systematik des Kondiktionsrechts im Code civil Die ungerechtfertigte Bereicherung („enrichissement illégitime“) tritt im Code civil nicht als ein „in sich geschlossenes Rechtsinstitut“ hervor.223 Vergleicht man seine Regelungen mit den zahlreichen Spielarten der Rückforderung wegen einer ungerechtfertigten Bereicherung, die das Bürgerliche Gesetzbuch aufzählt224, erscheint das französische System dürftig, begnügt sich doch der Code damit, eine einzige Spielart des Bereicherungsanspruchs zu benennen und deren Folgen aufzuführen: die „répétition de l’indu“225, die Rückforderung einer nicht geschuldeten Geld- oder Sachleistung.226 Der 220 Nach Wiedererlangung des Besitzes kann der Eigentümer selbstredend auf eigene Initiative tätig werden und das Grundstück in seinen früheren Zustand zurückversetzen. 221 Ersatz des Wertzuwachses des Grundstücks oder der für Arbeit und Material aufgewandten Kosten. 222 „Sind die Bepflanzung, Bebauung oder die errichteten Werke von einem aus dem Besitz gesetzten Dritten vorgenommen worden, der wegen seines guten Glaubens nicht zur Erstattung der gezogenen Früchte verurteilt werden könnte, so kann der Eigentümer die Entfernung der genannten Werke, Bauten oder Bepflanzungen nicht verlangen. Er hat nur die Wahl zwischen dem Ersatz einer der beiden im vorhergehenden Absatz genannten Beträge (ich ergänze: der Werterhöhung seines Grundstücks oder der Aufwendungen an Material und Arbeitskraft).“ 223 Zutreffend Lorenz im Staudingerschen Kommentar, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 812 ff. Rdnr. 12; Ferid/Sonnenberger, a. a. O., Band II, 2 N 1. 224 Das Lehrbuch des Schuldrechts von Larenz/Canaris, a. a. O., behandelt auf der Grundlage des Gesetzes sechs Typen der Leistungskondiktion und sieben Typen der sog. Nichtleistungskondiktion. 225 Art. 1376 Cc, Livre Troisième, Titre IV: „Des Engagements qui se forment sans convention: Celui qui reçoit par erreur ou sciemment ce qui ne lui est pas dû s’oblige à le restituer à celui de qui il l’a indûment reçu.“ – „Art. 1376, Drittes Buch, Titel IV: Über Verbindlichkeiten, die ohne vertragliche Einigung entstehen: Wer irrtümlich oder wissentlich eine ihm nicht geschuldete Leistung empfangen hat, verpflichtet sich (ich ergänze: kraft gesetzlicher Anordnung), sie demjenigen zu erstatten, von dem er sie ohne den Rechtsgrund einer Verbindlichkeit empfing.“

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

Code enthält keine Bestimmung über die Nichtleistungskondiktion, die gewohnheitsrechtlich unter der Bezeichnung der „actio de in rem verso“ gebildet ist.227 Immerhin ist die Leistungskondiktion in den Artikeln 1376 bis 1381 des Code civil zusammenhängend geregelt.228 Die „Bereicherung in sonstiger Weise“ hat bis in die Gegenwart weder in der französischen Rechtsprechung noch in der Literatur größere Beachtung gefunden.229 Die dürftige Ausformung des Kondiktionsrechts lässt vermuten, dass seine Regelungen wenig Auskunft über die Behandlung der „auf226 Dienstleistungen und Gebrauchsüberlassungen bilden dagegen den Gegenstand der „gestion d’affaires“ oder des „enrichissement sans cause“: Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 84 Rdnr. 13 und Seite 247 Rdnr. 285; Ferid/Sonnenberger, Band 2, 2 N 5. 227 Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 812 ff. Rdnr. 12; siehe auch Thum, a. a. O., Seite 138 bis 158. Zur actio de in rem verso siehe sogleich unter bb) 228 Die Unvollständigkeit des Code erklärt sich aus dem Stand der schuldrechtlichen Dogmatik in Frankreich zur Zeit seiner Entstehung im Jahre 1804: Das damals tonangebende Handbuch des Romanisten Robert Joseph Pothier (1699–1772), nach Ferid/Sonnenberger, a. a. O., Band I/1, 1 A 233, „eine Hauptquelle für die Redaktion des Code civil“, kennt nur die condictio indebiti, also die Rückforderung einer nicht geschuldeten Leistung (Œuvres Complètes, tome VIII, Nouvelle édition, Traités, 1821, 3e partie, article II, section II, page 221): „L’action qu’on appelle ,condictio indebiti‘ est celle qui a lieu toutes les fois que quelqu’un a payé par erreur à un autre, non seulement une certaine somme d’argent, ou une certaine quantité de choses fongibles, qui est le cas du promutuum, mais généralement quelque chose que ce soit, qu’il croyoit par erreur devoir.“ – „Die actio, die man condictio indebiti nennt, ist in allen Fällen gegeben, in denen jemand irrtümlich einem anderen gegenüber eine Schuld begleicht, und zwar nicht nur eine bestimmte Summe Geldes oder eine bestimmte Menge vertretbarer Sachen, ein Anwendungsfall der Darlehensrückerstattung (,promutuum‘), sondern allgemein irgendeine Sache, die er irrtümlich für geschuldet hält.“ Das ein halbes Jahrhundert später erschienene Handbuch des französischen Zivilrechts von Aubry et Rau (op.cit., tome 4, § 442, page 727) erweitert die condictio indebiti durch die Spielarten der condictio causa data causa vel non secuta, vel finita und die condictio ob turpem vel injustam causam (loc.cit., § 442, page 739) und fügt hinzu: „Il n’existe pas, au Code Napoléon, des textes spécialement applicables à la matière formant l’objet du présent paragraphe.“ – „Der Code Napoléon enthält keine speziellen Texte, die auf die Materie des hier dargestellten Abschnitts anwendbar wären.“ Auf die unzulängliche Systematik des Code civil im Recht der ungerechtfertigten Bereicherung weist auch Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 2, hin: Der Code kenne nur Einzelregelungen. 229 Thum, a. a. O., Seite 148 f. Die Herausgabe von Früchten und Gebrauchsvorteilen des gut- oder bösgläubigen Bereicherungsschuldners im französischen Recht behandelt Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 332 Rdnr. 422 f. Zum Wegfall der Bereicherung wegen Verwendungen auf eine herauszugebende Sache und der hierzu ergangenen französischen Rechtsprechung siehe Schlechtriem, a. a. O., Seite 367 Rdnr. 495.

2. Der Aufdrängungsschutz im französischen Recht

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gedrängten Bereicherung“ zu geben vermögen, zumal ein Kondiktionsanspruch nur anzuerkennen ist, wenn das Begehren des Gläubigers nicht auf eine vertragliche, quasivertragliche oder deliktische Grundlage gestützt werden kann (sog. Subsidiarität des Bereicherungsanspruchs).230 bb) Die „aufgedrängte Bereicherung“ als Versagungsgrund der „actio de in rem verso“? (a) Einen gedanklich noch tastenden, gleichwohl aufschlussreichen Lösungsansatz für die aufgedrängte Bereicherung („enrichissement imposé“)231 verrät der Ausschlussgrund der „faute de l’apprauvi“, des Verschuldens des Entreicherten, d.h. des Bereicherungsgläubigers232, bei Erhebung der französischen „actio de in rem verso“, wörtlich übersetzt der „Klage wegen der Verwendung auf eine Sache“233. Der gewohnheitsrecht230 Thum, a. a. O., Seite 155 f. unter Anführung von Urteilen der Cour de Cassation aus den Jahren 1914 bis 1972. Zur Subsidiarität der „actio de in rem verso“ im Verhältniss zu vertraglichen und deliktischen Ansprüchen siehe auch Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 7 bis 8, Rdnr. 8 bis 10, der von immer weiterreichenden Durchbrechungen des Grundsatzes ausgeht und somit die Fortgeltung einer strengen Abgrenzung bezweifelt. 231 So die Ausdrucksweise von Thuillier in der Erläuterung des arrêt de la Cour de Cassation, Juris-Classeur Périodique, La Semaine Juridique, 1980 I, vol. I, section II „Jurisprudence“, no. 19365 sub I A. 232 Nach französischem Recht setzt der Kondiktionsanspruch eine Vermögenseinbuße („Entreicherung“) beim Anspruchssteller voraus. Siehe dazu Thum, a. a. O., Seite 140 ff. 233 Die Geschichte des Gebildes zeichnen Bonet, op.cit., page 59, 60, Ferid/Sonnenberger, Band 2, 2 N 43 f. und Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 4 Rdnr. 6. Hier ist eine erweiterte Bedeutung gegenüber der römisch-rechtlichen „actio de in rem verso“ festzustellen: Diese bezog sich auf die Inanspruchnahme eines pater familias oder eines dominus wegen seiner Bereicherung durch ein Verpflichtungsgeschäft des Haussohnes oder eines Sklaven, der die von einem Dritten erlangte Leistung im Interesse des sog. Gewalthabers als des eigentlich Begünstigten verwendet, zum Beispiel, um dessen Schulden zu bezahlen oder seinen Unterhalt zu sichern (Kaser, a. a. O., 1. Abschnitt, § 141 II 2, Seite 607). Die nachklassische Zeit entnimmt aus dieser auf das Handeln unselbständiger Personen beschränkten Einrichtung den Ansatz einer „allgemeinen Verwendungsklage“. In der Wirkungsweise einer Generalklausel gründet sie sich auf die Verwendung von Vermögenswerten des späteren Klägers zum Nutzen eines anderen, des späteren Beklagten (Kaser, a. a. O., 2. Abschnitt, § 204 III, 3c, Seite 107). Das BGB hat – wie den Motiven zu entnehmen ist – die auch durch das Preußische Allgemeine Landrecht anerkannte Klage, genauer: den auf einen Vermögenszuwachs außerhalb einer „Leistung“ gegründeten Anspruch (I 13, §§ 262, 263 ALR), nicht aufgenommen, weil er die Zurechnung einer Vermögensverschiebung verwischt und so Unklarheiten entstehen lässt (Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 2, Recht der Schuldverhältnisse, Seite 487).

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lich geschaffene, hinter die „répétition de l’indu“ als der Leistungskondiktion tretende Anspruch234 deckt sich der Sache nach mit dem deutschen Bereicherungsanspruch „in sonstiger Weise“.235 Der den Ausschlussgrund tragende Gedanke lässt sich nach deutschem Recht236 auf das Prinzip von Treu und Glauben, in der lateinischen Anschauung und Rechtssprache auf den Grundsatz „Nemo auditur propriam turpitudinem allegans“ zurückführen: „Aus einem vorwerfbaren Verhalten kann man weder Ansprüche noch Gegenrechte herleiten“.237 Die Versagung der „actio de in rem verso“ wegen einer „faute“ der entreicherten Partei als der Bereicherungsgläubigerin erklärt die zitierte Urteilsanmerkung mit dem „principe de non-immixtion dans les affaires d’autrui“, also der Abwehr ungebetener Einmischung in die Angelegenheiten eines Dritten238: „Personne ne doit être enrichi contre son gré ou plutôt, si cela se produit, il ne doit pas y avoir lieu au remboursement de l’enrichissement. L’immixtion dans les affaires d’autrui n’ouvre droit à répétition que si, utile et opportune, la gestion d’affaire est admise et donc seulement dans le cadre de cette dernière institution et non pas dans celui de l’enrichissement sans cause. L’exemple topique, c’est ici 234 Die französische „einhellige Auffassung“ unterstellt Subsidiarität: Ferid/Sonnenberger, Band II, 2 N 60. 235 Das Werk von Ferid/Sonnenberger, Band II, 2 N 46, nennt für das französische Recht die Anwendungsfälle der Befreiung von einer geldwerten Verpflichtung und der Ersparnis eigener Aufwendungen, die oben (Fußnote 231 dieses Abschnitts) angeführte Erläuterung von Thuillier die Bezahlung fremder Schulden mit Eintritt des Zahlenden in die Forderung des Gläubigers („subrogation“), die Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung des nichtehelichen Vaters durch einen Dritten sowie den Eintritt in die Unterhaltsverpflichtung des Ehemannes gegenüber der Ehefrau durch Lieferung von Ware seitens eines Kaufmann, dem die Ehefrau die Bezahlung schuldig bleibt. Ein sprechendes Beispiel bietet das in Fußnote 231 zitierte Urteil der Cour de Cassation: Ein Kreditinstitut akzeptiert eine Reihe von Schecks einer Kundin, obwohl diese dem Institut mitgeteilt hatte, dass die Zeichungsbefugnis eines Angestellten von ihr widerrufen worden war. Die Einlösung der Schecks befreite die Kundin von Verpflichtungen gegenüber Geschäftspartnern. Das Kreditinstitut berief sich auf eine „Verwendung zugunsten der Kundin“ und erhielt Recht vor der Cour de Cassation. Die „imprudence ou négligence“ des Kreditinstituts, das den Widerruf unbeachtet gelassen hatte, wertet das Urteil nicht als Ausschlussgrund. 236 Die kontroversen französischen Deutungen sind unten, Fußnoten 242 ff. dieses Abschnitts, dargestellt. 237 Codex Justiniani 7. 8. 5. 238 Thuillier, in der Erläuterung des arrêt de la Cour de Cassation, Juris-Classeur Périodique, La Semaine Juridique, 1980 I, vol. I, section II „Jurisprudence“, no. 19365. Hervorzuheben ist, dass der Verfasser der Anmerkung die aufgedrängte Bereicherung als eine Frage der gestion d’affaires behandelt wissen will. „La faute de l’appauvri“, so beginnt seine Erläuterung, „ne doit pas le priver, par elle seule, de son recours fondé sur l’enrichissement sans cause . . .“ – „Ein Verschulden des Entreicherten allein darf ihm nicht den Rückgriff auf der Grundlage der Bereicherung ohne Rechtsgrund nehmen . . .“

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celui de l’amélioration apportée au bien d’autrui, là où celui-ci est atteint dans l’autonomie de son droit de propriété. L’auteur de l’amélioration peut alors l’enlever, à condition de pouvoir remettre le bien en son état antérieur, ou obtenir du propriétaire la possibilité de l’abandonner, mais ce dernier ne devra une indemnité que s’il exige cet abandon, appouvrant et faisant alors sien un enrichissement qui ne lui est pas imposé (voir une application de ces principes dans l’article 555 du Code civil)239. Ce principe de non-immixtion suffit à contenir la règle d’équité dans les justes limites et écarte l’inconvenient essentiel, celui d’enrichissement imposé.“240

(b) Der hier entwickelte Gedanke erscheint im Ansatz einleuchtend, freilich nicht nur innerhalb der gestion d’affaires241, aber seine Ausführung ist im französischen Recht eher tastend als gesichert. Das Handbuch von Mazeaud geht zwar wie selbstverständlich davon aus, dass die Abwesenheit eines Verschuldens des Entreicherten ein wesentliches Merkmal der Bereicherung ohne Rechtsgrund sei, und stützt diese Auffassung mit einer Vielzahl von Belegen aus der Judikatur242:

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Eine ausführlich gefasste Vorschrift über die Auseinandersetzung zwischen dem Eigentümer von Grund und Boden und demjenigen, der dort eine Bepflanzung oder Bebauung vornimmt. 240 „Niemand soll gegen seinen Willen eine Bereicherung empfangen oder besser gesagt, sofern die Sachlage darauf hinweist, sie darf kein Anlass der Rückforderung eines Vermögenszuwachses sein. Die Einmischung in fremde Angelegenheiten eröffnet das Rückforderungsrecht nur, wenn eine Geschäftsführung ohne Auftrag nützlich und zweckmäßig war, mithin allein im Rahmen dieser Figur und nicht kraft des Ausgleichs einer Bereicherung ohne Rechtsgrund. Ein sprechendes Beispiel ist die Werterhöhung zugunsten einer fremden Sache, welche die Eigentumsfreiheit („autonomie“) in Frage stellt. Der Urheber der Werterhöhung hat ein Wegnahmerecht unter der Voraussetzung, dass er den früheren Zustand der Sache wiederherstellt. Er kann aber auch die Gestattung des Eigentümers erlangen, die Sache so zu lassen wie sie kraft seiner Verbesserung geworden ist. Der Eigentümer schuldet den Verwendungsersatz nur, wenn er die Aufgabe der Verbesserung zu seinen Gunsten verlangt, weil er in diesem Fall die Verwendung genehmigt und sich damit eine Bereicherung zuführt, die ihm nicht aufgedrängt ist (siehe die Anwendung dieser Grundsätze in Artikel 555 Code civil [Anm.: Man beachte die fast inhaltsgleiche Regelung des § 1001 BGB]). Das Prinzip der Abwehr einer Einmischung ist ausreichend, um den Regeln der Billigkeit die angemessenen Begrenzungen zu geben und einen wesentlichen Nachteil zu verhindern: den der aufgedrängten Bereicherung.“ 241 Das von dem Verfasser der Urteilsanmerkung gebrauchte „exemple topique“ der Verwendungen auf eine fremde Sache ist nicht notwendig, ja nicht einmal regelmäßig eine gestion d’affaires (Verwendungen eines locataire im eigenen Interesse!). Der in Art. 555 Cc geregelte Ausgleich zwischen dem Eigentümer eines Grundstücks und dem Besitzer wegen der Bepflanzung oder Bebauung des Landes, den die Anmerkung als beispielhaft zitiert, gehört systematisch zum „enrichissement sans cause“ (Goré, a. a. O., no. 297, page 310. 242 op.cit., tome II/1, Enrichissement sans cause, no. 700, bearbeitet von Chabas.

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

„Deuxième condition maintenant très discutée: absence de faute de l’appauvri. – Il était jugé traditionellement que l’appauvrissement ne devait pas résulter de la faute de l’appauvri . . .“

Gleicher Ansicht ist das Handbuch von Aubry et Rau243: „Absence de cause de l’enrichissement et de l’appauvrissement L’action de in rem verso suppose que l’enrichissement et l’appauvrissement n’ont, ni l’un ni l’autre une cause légitime. L’appauvrissement a encore une cause légitime quand l’appauvri a agi dans son seul intérêt . . . Il en a également une quand l’appauvri a fait des frais contrairement à la volonté, de lui connue, de l’enrichi . . .“244

Weniger entschieden ist die Darstellung der Materie in dem Sammelwerk „Juris-Classeur Civil“245: „Erreur fautive L’erreur du solvens constitutive d’une faute doit-elle faire obstacle à la répétition? Cette question délicate est incontestablement l’une des plus actuelles de la matière. Le problème n’est pas cependant pas nouveau car, dès le XIX siècle, il fait l’objet de solutions jurisprudentielles opposées . . .“246

(c) Die erste von der französischen Rechtsprechung und Literatur in diesem Zusammenhang noch strittige Frage betrifft den Begriff der „faute“: Ist das „Verschulden“, wie im Bereich der Leistungsstörungen und der unerlaubten Handlung, „un fait illicite imputable à son auteur“247 – „ein dem Handelnden zurechenbares Versagen“?248 Hat die „faute“ etwa dem Mitver243

op.cit., tome 6, no. 318, page 478 s. „Fehlen des Rechtsgrundes der Bereicherung und der Entreicherung. Der Anspruch wegen Verwendungen setzt voraus, dass die Bereicherung und die Entreicherung, weder die eine noch die andere, eine sie rechtfertigende Grundlage (diese im Sinne des Behalten-Dürfens des Bereicherten: Bonet, Mélanges à Pierre Hébraud, page 59 s) haben. Die Entreicherung hat eine legitime causa, sofern der Entreicherte lediglich im eigenen Interesse handelte . . . Eine sie rechtfertigende Grundlage ist ebenfalls vorhanden, sofern der Entreicherte Aufwendungen gegen den ihm bekannten Willen des Bereicherten tätigt . . .“ 245 Art. 1271 à 1381 (1991), Quasi-Contrats, Paiement de l’indu. Der Vergleich des „Juris-Classeur“ mit einem deutschen Werk der Fachliteratur ist nicht einfach, weil der „Juris-Classeur“ die erläuternde mit der didaktischen Darstellung verbindet. Am nächsten kommt dem Werk die Einordnung als „Lehrkommentar“ mit sehr praktischer Ausrichtung. 246 „Soll der verschuldete Irrtum des Leistenden, der einen Fehler in der Vermögendisposition verursacht, die Rückforderung ausschließen? Diese heikle Frage ist unstreitig immer noch im Mittelpunkt der Materie. Das Problem ist gleichwohl nicht neu, denn seit dem 19. Jahrhundert ist es Gegenstand einander entgegengesetzter Lösungen der Judikatur . . .“ 247 Mazeaud/Chabas, op.cit., tome II/1, no. 443: „La définition classique . . .“ 244

2. Der Aufdrängungsschutz im französischen Recht

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schulden vergleichbare Wirkungen?249 Oder ist der Begriff nicht, weil er zur Versagung eines Anspruchs führt, als „grobes Verschulden“, nach deutscher Terminologie als „Verstoß wider Treu und Glauben“, zu verschärfen?250 Eine Abhandlung, die sich zum Ziel gesetzt hat, die gerade in dieser Hinsicht kontroverse Rechtsprechung der Cour de Cassation251 zu deuten und zu harmonisieren252, definiert die „faute“ als bewusste Übernahme eines Risikos253: „L’auteur d’une faute consciente est celui qui prend des risques en toute connaissance de cause tout en espérant que son attitude n’aura pas de résultat dommageable. En revanche, ne commet qu’une faute inconsciente, celui qui cause un dommage sans s’en rendre compte, par pure maladresse ou inattention . . . Une telle analyse permet d’ailleurs, en pratique, d’expliquer la plupart des arrêts que nous avons mentionnés . . .“254 Für das Thema der aufgedrängten Bereicherung ist diese Begriffsbildung allerdings noch zu wenig konkret255, gilt es doch, das bewusste Fehlverhal248 Die resignierende Auseinandersetzung von Ferid/Sonnenberger, a. a. O., Band II, 2 O 106, mit dem „Fehlen der letzten theoretischen Klärung im französischen Recht“ zieht sich, die Definition von Planiol zitierend, auf die weite Formel zurück: Die faute sei „schlechthin ein comportement défectueux“ – „ein fehlerhaftes Verhalten“. 249 So die in der Abhandlung von Perinet-Marquet, Juris-Classeur Périodique 1982, Doctrine, no. 3075, sous 27, angeführten Stimmen. 250 Anwendbar wäre dann auch im Bereich der Nichtleistungskondiktion das von Larenz/Canaris, a. a. O., § 68 III 1a, Seite 160 f., herausgearbeitete „Prinzip der Verhältnismäßigkeit“: „Wer sich der einfachen Möglichkeit des Selbstschutzes durch Verweigerung seiner Leistung begibt, setzt sich zu seinem Vorverhalten in einen untragbaren Widerspruch, wenn er anschließend dann doch den Schutz der Gerichte in Anspruch nimmt.“ 251 Perinet-Marquet, Juris-Classeur Périodique 1982, Doctrine, no. 3075 sous 16 s: „Le refus implicite et explicite de tenir compte de la faute.“ 252 Bei Thum, a. a. O., Seite 107, heißt es: „Der Code civil präzisiert den Begriff der ,faute‘ in keiner Weise, und auch in der Rechtswissenschaft besteht über Begriff und Inhalt der ,faute‘ ein lebhafter Streit.“ 253 Perinet-Marquet, Juris-Classeur Périodique 1982, Doctrine, no. 3075 sous 35. 254 „Ein bewusstes Fehlverhalten begeht derjenige, der Risiken in voller Kenntnis der Sachlage übernimmt, indem er gleichwohl hofft, dass sein Verhalten keinen Schaden zur Folge hat. Im Gegensatz dazu begeht derjenige ein unbewusstes Fehlverhalten, der einen Schaden anrichtet, ohne sich über sein Tun Rechenschaft zu geben, aus reinem Ungeschick oder Unaufmerksamkeit . . . Eine solche Analyse erlaubt, bezogen auf die Praxis, die Mehrzahl der angeführten Urteile zu deuten . . .“.

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

ten im Hinblick auf die ungebetene Einmischung in fremde Angelegenheiten zu definieren: Unter welchen Voraussetzungen ist die französische „actio de in rem verso“ zu versagen, weil der Kläger die Grenze, die sein Bereich von dem eines anderen trennt, bewusst überschritten hat und aus diesem Grunde seine spätere Entschädigungsklage rechtsmissbräuchlich, weil den angefallenen Vorteil aufdrängend, erscheint? Angesichts dieses noch unklaren Befundes gilt es, die Entscheidungen zu analysieren, die auf die Spur einer aufgedrängten Bereicherung führen. (d) Im Verlauf eines Ehescheidungsverfahrens vor einem französischen Gericht erhält die Mutter die Obhut256 über die vier aus der Ehe hervorgegangenen Kinder. Da sie während des anhängigen Prozesses verstirbt, nimmt ihre Mutter, also die Großmutter, die Kinder zu sich. Auf Antrag des Vaters ergeht eine einstweilige gerichtliche Anordnung, die sie verurteilt, die Kinder dem Vater zuzuführen, die jedoch nicht vollstreckt wird. Zehn Jahre später257 verlangt die Großmutter im Wege der Klage gegen den Vater die Zahlung von Unterhalt für eine noch minderjährige Enkelin und die Erstattung der Kosten des Unterhalts sowie der Erziehung aller vier Enkelkinder. Sie stützt ihr Begehren auf eine Bereicherung des Vaters ohne Rechtsgrund und führt zur Begründung an, der Vater habe die zu seinen Gunsten ergangene Anordnung nie vollstreckt. Das Berufungsgericht weist die Klage ab: Die Versuche des Vaters, die Kinder zu erhalten, seien erfolglos geblieben, er habe sich auch nicht dem Widerstand der Großmutter gegen die Rückführung und der Weigerung der Kinder gebeugt, zu ihrem Vater zurückzukehren, ein Faktum, das die Großmutter hingenommen, wenn nicht sogar provoziert habe. 255

Diese Beurteilung gilt auch für den Festschriftbeitrag von Bonet, Mélanges offerts à Pierre Hébraud, page 59 s, der sich mit einer zusammenfassenden Würdigung der arrêts der Cour de Cassation und Einzelner Cour d’Appel begnügt: „L’appauvri n’en mérite manifestement pas le bénéfice en raison de sa conduite: nul ne peut en quelque sorte se prévaloir de son égoïsme, de sa légèrté ou de sa faute.“ – „Der Enreicherte verdient offensichtlich nicht die Wohltat (ich ergänze: der actio de in rem verso) auf Grund seines Verhaltens; denn keiner kann Nutzen aus seinem Egoismus, seiner Leichtfertigkeit im Umgang mit beruflichen Regeln oder seiner Fahrlässigkeit ziehen.“ Die zusammenfassende Würdigung der Urteile zur faute de l’appauvri in der Schrift von Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, lautet (Band 1, Seite 6 Rdnr. 7 a. E.): „Insgesamt stellt sich die Rechtslage in diesem Punkt sehr verworren dar, und die einzelnen Entscheidungen scheinen von den Umständen des Einzelfalls geprägt zu sein.“ 256 Der Prozess spielte sich im Jahre 1934 ab. Das Urteil der Cour de Cassation, Recueil Dalloz 1953, Jurisprudence, page 609 s, spricht von der „garde des quatre enfants mineurs“. 257 Der Sachverhaltsbericht nennt die Zeit von 1935 – Erlass der einstweiligen Anordnung – und von 1945, der Klageerhebung durch die Großmutter.

2. Der Aufdrängungsschutz im französischen Recht

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Das Kassationsgericht, angerufen durch die Großmutter, billigt das Berufungsurteil aus einem individualistisch-subjektiven und einem überindividuell-ethischen Grund: „Attendu qu’il énonce, dès lors, à bon droit, que veuve Dupuis doit supporter toutes les responsabilités et les conséquences d’une situation qu’elle pouvait faire cesser; qu’en effet, par son refus de déférer à la décision de justice lui enjoignant de rendre les enfants à leur père, veuve Dupuis s’était interdit de réclamer pour eux à celui-ci des payements ou remboursements concernant les frais d’entretien ou d’éducation dont il dépendait d’elle d’être dispensée . . .“258 Das individualistische Argument ist ein rationales: Die Klägerin habe die Situation, aus der sie jetzt Rechte herleite, selbst gewollt, also könne sie sich wegen ihrer Aufwendungen „ohne Rechtsgrund“259 nicht bei dem Vater der Kinder beklagen.260 Das Urteil lässt daneben den überindividuell-ethischen Grund für die Versagung des Anspruchs „de in rem verso“ anklingen: „Par son refus de déférer à la décision de justice lui enjoignant de rendre les enfants à leur père, veuve Dupuis s’était interdit de réclamer pour eux à celui-ci des payements ou remboursements . . .“.261 Die vom Leser erwartete Feststellung, worin die „faute“ der klagenden Großmutter besteht, macht eine in den Sachverhalt eindringende Analyse nötig: Worin besteht die dem Vater durch die Großmutter (versuchsweise!) aufgedrängte Bereicherung?262 Um der genaueren Würdigung willen emp258 „In Erwägung nämlich, dass das Berufungsgericht mit vollem Recht hervorhebt: Die Witwe Dupuis habe sich die Verantwortung und die Folgen einer Situation zuzuschreiben, die sie ohne weiteres habe beenden können; dass sie sich in der Tat, durch ihre Weigerung, die gerichtliche Entscheidung zu befolgen, die ihr zur Pflicht gemacht hat, die Kinder ihrem Vater zuzuführen, den Weg versperrt habe, von dem Vater Zahlungen oder Erstattungen für Unterhalt und Erziehung zu fordern, Pflichten, von denen sie sich jederzeit hätte befreien können . . .“ 259 Das „appauvrissement fautif“, d.h. die durch ein Fehlverhalten herbeigeführte Entreicherung, schafft nach französischer Auffassung eine „cause légitime“, einen Grund, das Erlangte zu behalten (Aubry et Rau, op.cit., tome 6, no. 318: „Action exclue quand l’enrichissement a une cause légitime . . .“, mit Erwähnung der „frais qu’il les a faits contrairement à la volonté de l’enrichi . . .“). 260 Unterstrichen in der Anmerkung zum arrêt von Goré, op.cit., page 610: „. . . Il n’y a rien en soi d’immoral ou d’illicite“; „l’intéressée invoque non une situation immorale ou illicite, mais une situation voulue par elle . . .“ – „Im Verhalten der Klägerin liegt nichts Anstößiges oder Unerlaubtes“; „Das Vorbringen der Klägerin ist weder anstößig noch unerlaubt, sie beruft sich vielmehr auf eine von ihr selbst geschaffene Lage . . .“ 261 „Wegen ihrer Weigerung, der Entscheidung über die Rückgabe der Kinder an ihren Vater nachzukommen, hat die Witwe Dupuis das Recht verwirkt, für diese von ihrem Vater Zahlungen oder Erstattungen zu verlangen . . .“

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

fiehlt es sich, das streitige Rechtsverhältnis zwischen dem Vater der Kinder und ihrer Großmutter in die beiden hier relevanten Zeiträume zu zerlegen: Im anfänglichen und entscheidenden Stadium in die den Kindern gewährten Ausgaben für Unterhalt und Erziehung, die eine (vermutete)263 Schuldbefreiung des Vaters herbeiführten, und in die sehr viel später auf Erstattung dieser Kosten gerichtete Klage, welche die Aufdrängung zutage treten ließ.264 Für den deutschen Juristen hinterlässt die dem Fall zuteil gewordene Würdigung durch die Cour de Cassation einen zwiespältigen Eindruck265, weil das Argument, die Großmutter habe die sie belastende Situation jederzeit selbst beenden können, die „faute“ der Klägerin eher verhüllt, als sie klar zutage treten lässt: Durfte die Großmutter in Missachtung der gerichtlichen Entscheidung, die ihr ein auch nur faktisches Sorgerecht abstritt, und zehn Jahre nach der Übernahme der Kinder eine Erstattungsklage gegen den Vater anstrengen? Die Antwort ergibt sich für das deutsche Recht aus der Regelung des § 1607 Abs. 2 BGB: Ein Rückgriff der Großmutter gegen den Vater wäre nur gestattet, wenn die Rechtsverfolgung gegen ihn im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert war. Allein für diesen, hier nicht in Frage kommenden Fall wäre der Übergang des Unterhaltsansprüche der Kinder gegen den Vater auf die Großmutter vorgesehen.

(e) Der Eigentümer eines Lastwagens lässt das durch einen Unfall beschädigte Fahrzeug reparieren.266 Die Werkunternehmerin, bei der er den Wagen des Baujahres 1953 gekauft hatte, überschreitet den vertraglich fest262 Dies gerade wegen der Versuchung, die angemaßte Unterhaltung und Erziehung der Enkelkinder nur unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr zu werten, wie es die Anmerkung von Goré zum arrêt vorzieht: „Si l’enrichissement aux dépens d’autrui n’est pas injuste, c’est qu’il a sa source dans un fait qui a été voulu par l’appauvri . . .“ – „Wenn die Bereicherung auf Kosten eines anderen nicht ungerechtfertigt ist, dann, weil sie ihren Ursprung in einer willentlichen Handlung des Entreicherten hat . . .“ 263 „Les aliments ne s’arréragent pas“ – „Unterhaltsleistungen geraten nicht in Rückstand“, dazu Ferid/Sonnenberger, a. a. O., Band III, 4 A 136. 264 Denn hätte die Großmutter die Klage nicht angestrengt, wäre nach beiden Rechten an eine Schenkung der Unterhaltszahlungen zugunsten der Enkelkinder und einen Verzicht auf Erstattung zugunsten des Vaters des Kindes zu denken. 265 Allerdings nicht wegen des fehlenden Eingehens auf die Anspruchsgrundlage der gestion d’affaires, die wegen des Widerstandes des Vaters gegen die Erziehung der Kinder durch seine Schwiegermutter nicht in Frage kam. Wohl aber hätte die Cour de Cassation in der Sicht des deutschen Juristen die fehlende Vertretungsmacht der Großmutter für die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs der minderjährigen Enkelin gegen den Vater des Kindes rügen müssen („La veuve Dupuis assigné Ballagny en payement d’une pension alimentaire pour sa petite-fille Roberte, encore mineur, . . .“ – Die Witwe Dupuis zog Ballagny wegen der Zahlung von Unterhalt für ihre noch minderjährige Enkeltochter Roberte vor Gericht.“).

2. Der Aufdrängungsschutz im französischen Recht

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gelegten Umfang der Arbeiten und bringt die technische Ausrüstung des Wagens auf den Stand des Jahres 1956, ohne den Eigentümer und Auftraggeber wegen einer Erweiterung des Vertrages Nachricht zu geben, geschweige denn, seine Zustimmung zu erbitten. Wegen der Weigerung des Auftraggebers, die um 6.805 francs erhöhte Werklohnforderung zu bezahlen, bleibt das Fahrzeug 22 Monate in der Werkstatt. Nach Herausgabe fordert der Auftraggeber Schadensersatz wegen der Vorenthaltung des Wagens. Die Unternehmerin antwortet mit einer Widerklage in Höhe der angebrachten Verbesserungen, deren Berechtigung sie für sich in Anspruch nimmt.267 Der Kassationshof verneint in dem hier interessierenden Punkt268 die Gegenansprüche der Werkunternehmerin unter den Gesichtspunkten der gestion d’affaires und des enrichissement sans cause: Die gestion d’affaires scheitere an der fehlenden Unterrichtung des Bestellers269, das enrichissement sans cause gleichermaßen an der sich über den Vertrag hinwegsetzenden, voreiligen Initiative der Unternehmerin.270 Da eine Kondiktion des Besitzes an dem Fahrzeug ausschied, vermochte die Werkunternehmerin ihre Forderung auch nicht auf die Vorschrift des Art. 1381 Cc zu gründen.271

266 Arrêt de la Cour de Cassation, Juris-Classeur Périodique 1969, Jurisprudence, no. 15724. 267 „. . . celle-ci lui demanda reconventionellement la somme de 6 805 F représentant le coût de la transformation qu’elle avait cru devoir effectuer spontanément du véhicule en un car modèle 1956 . . .“ – „Diese (d.h. die Werkunternehmerin) verlangte widerklagend den Betrag von 6.805 Fr. für die Umwandlung des Fahrzeugs nach dem Stand des Jahres 1956, zu der sie sich spontan berechtigt glaubte . . .“ 268 Den mit der Widerklage zusammenhängenden Schadensersatzanspruch des Bestellers wegen der Vorenthaltung des Fahrzeugs hatte das Berufungsgericht zugesprochen; er wird im Kassationsurteil nicht erwähnt, vermutlich, um diese Entscheidung auf das Nötigste zu beschränken. 269 „. . . la Société pouvait, avant de l’entreprendre, solliciter les instructions de son clients . . .“ – „Die Gesellschaft konnte vor der Umwandlung des Fahrzeugs die Weisungen ihres Kunden einholen . . .“ 270 „. . . en faisant abstraction de la convention qui le liait à Gougeul, pour exiger de ce dernier le paiement de travaux non prévus, dont il a pris intempestivement l’initiative . . .“ – „Die Werkunternehmerin durfte nicht von dem Vertrag absehen, um von ihrem Auftraggeber Gougeul die Bezahlung von nicht vorgesehenen Arbeiten zu fordern, die sie voreilig in Angriff genommen hatte . . .“ 271 Art. 1381 Cc lautet: „Celui auquel la chose est restituée, doit tenir compte, même au possesseur de mauvaise foi, de toutes les dépenses nécessaires et utiles qui ont été faites pour la conservation de la chose.“ – „Derjenige, dem die (erlangte) Sache zurückzugeben ist, hat auch dem bösgläubigen Besitzer alle notwendigen und nützlichen Verwendungen für die Erhaltung der Sache zu erstatten.“

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

Der entschiedene Sachverhalt ist ein fast klassisches Beispiel aufgedrängter Bereicherung.272 Da das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis des deutschen Rechts dem Code civil im wesentlichen fremd ist, brauchte sich die Cour de Cassation nur mit den beschiedenen Anspruchsgrundlagen auseinanderzusetzen, die auch nach deutschem Recht nicht begründet waren.273 e) Zusammenfassende Würdigung des französischen Rechts Die Bestimmungen über den Schutz eines Empfängers von aufgedrängten Zuwendungen („des enrichissements imposés“) sind im Code civil bewusst unscharf gehalten274 und vermögen aus diesem Grunde das Bedürfnis, den Aufdrängungsschutz auf der Grundlage eines einheitlichen Systems zu erfassen, nicht zu befriedigen. Wegen dieses Zuschnitts des Code verwundert es nicht, dass Vorschriften über den Schutz vor aufgedrängten Zuwendungen zwar in der Regelung vertraglicher Schuldverhältnisse, nämlich der Leihe, der Verwahrung und der Miete, enthalten sind275, jedoch in den Zentren der außervertraglichen Zuwendungen und Eingriffe, nämlich der Geschäftsführung ohne Auftrag276, des Verhältnisses zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer277 und der ungerechtfertigten Bereicherung278, fehlen. Die Normen des Code civil, die ihn erläuternden Entscheidungen und Äußerungen im Schrifftum machen deutlich, dass die Abwehr einer aufgedrängten Bereicherung lediglich im Ansatz erkannt ist, wie dies insbesondere der Ausschlussgrund der „faute“ bei der gewohnheitsrechtlich geschaffenen „actio de in rem verso“ und die Pflicht zur Entfernung von Neubauten und Neupflanzungen des bösgläubigen Besitzers auf fremdem Grund und Boden nach Art. 555 al. 1 und 2 Cc verdeutlichen. Zu einer über die gestion d’affaires hinausgehenden, in sich geschlossenen Lösung der Frage ist das französische Recht indessen nicht gelangt. 272

„. . . dont il a pris intempestivement l’initiative . . .“ BGHZ 101, Seite 307, 311 bis 314 (siehe dazu oben III. 4. d) bb), Seite 185). 274 Portalis in seinem „Discours préliminaire“ zum Code, op.cit., Théorie du Code civil, no. 9: „L’office de la loi est de fixer par des grandes vues les notions générales du droit; d’établir des principes fécondes en conséquences et non de descendre dans le détail des questions que peuvent naître de chaque matière.“ – „Die Aufgabe des Gesetzes besteht darin, die allgemeinen Rechtsbegriffe in großen Zügen festzulegen und als Konsequenz dessen fruchtbare Generalklauseln zu entwerfen, nicht aber, sich in das Detail der Fragen hinabzubegeben, die jede Materie hervorbringen kann.“ 275 Siehe oben IV. 2. a), Seite 250 ff. 276 Siehe oben IV. 2. b), Seite 253 ff. 277 Siehe oben IV. 2. c), Seite 273 ff. 278 Siehe oben IV. 2. d), Seite 277 ff. 273

3. Der Aufdrängungsschutz im schweizerischen Recht

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3. Der Aufdrängungsschutz im schweizerischen Recht Wie das Bürgerliche Gesetzbuch, so enthält auch das schweizerische Privatrecht Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (Art. 419 bis 424 des Obligationenrechts279), die ungerechtfertigte Bereicherung (Art. 62 bis 67 OR)280 und das Verhältnis zwischen dem Besitzer und dem „Berechtigten“, d.h. dem Eigentümer (Art. 938 bis 940 des Zivilgesetzbuches281). Obgleich die betreffenden Rechtsverhältnisse – ähnlich dem französischen Recht282 – in nur wenigen Vorschriften ausgestaltet sind, ist eine weitgehende inhaltliche Übereinstimmung mit dem deutschen Recht festzustellen. Freilich hat, was im folgenden näher auszuführen sein wird, der Schutz vor aufgedrängten Vermögensvermehrungen zumindest nach dem Wortlaut der schweizerischen Gesetze eine deutlichere Regelung erfahren, als dies im Bürgerlichen Gesetzbuch geschehen ist. Im Kondiktionsrecht beispielsweise trägt das Obligationenrecht dem Aufdrängungsschutz dadurch Rechnung, dass es demjenigen, der eine Sache zurückzugewähren hat, Ersatzansprüche nur hinsichtlich der notwendigen und nützlichen Verwendungen gewährt, Art. 65 Abs. 1 OR. War der Besitzer bei dem Empfang der Sache nicht in gutem Glauben, so beschränkt sich der Ausgleich auf den zur Zeit der Rückerstattung noch vorhandenen Mehrwert. Wegen anderer Verwendungen („impensae voluptariae“, d.h. Luxus- oder Liebhaberaufwendungen), die der gutgläubige Besitzer – die Anwendbarkeit des Kondiktionsrechts unterstellt – nach Maßgabe der deutschen Doktrin und nach § 818 Abs. 3 BGB als „Entreicherung“ in vollem Umfang ersetzt verlangen könnte, gewährt das Obligationenrecht lediglich ein Wegnahmerecht, Art. 65 Abs. 2 OR. Die Vorschrift des Art. 65 OR lautet wörtlich: „(1) Der Empfänger hat Anspruch auf Ersatz der notwendigen und nützlichen Verwendungen, für letztere jedoch, wenn er beim Empfange nicht in gutem Glauben war, nur bis zum Betrage des zur Zeit der Rückerstattung noch vorhandenen Mehrwertes. 279 Als „Obligationenrecht“ wird das Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 30. März 1911, zuletzt geändert durch ein Bundesgesetz vom 16. Dezember 1994, bezeichnet. 280 Die Kondiktionstypen des schweizerischen Rechts sind in dem Handbuch von Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 93 Rdnr. 30, dargestellt. 281 Ich zitiere das Schweizerische Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907, zuletzt geändert durch ein Bundesgesetz vom 21. Juni 1996. 282 Siehe oben IV. 2. b), Seite 253 ff., IV. 2. c), Seite 273 ff. und IV. 2. d), Seite 277 ff.

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

(2) Für andere Verwendungen kann er keinen Ersatz verlangen, darf aber, wenn ihm ein solcher nicht angeboten wird, vor der Rückgabe der Sache, was er verwendet hat, wieder wegnehmen, soweit dies ohne Beschädigung der Sache selbst geschehen kann.“

Außer im Rahmen der soeben erwähnten, nicht rechtsgeschäftlich begründeten Schuldverhältnisse enthalten auch die Vorschriften über die verschiedenen Vertragstypen Bestimmungen über den Schutz vor aufgedrängter Bereicherung.283 a) Der Aufdrängungsschutz innerhalb der rechtsgeschäftlich begründeten Schuldverhältnisse Die im Obligationenrecht enthaltenen Vorschriften über den Verwendungsersatz innerhalb rechtsgeschäftlich begründeter Schuldverhältnisse stimmen mit dem deutschen bürgerlichen Recht weitgehend überein, betonen aber in besonderer Weise den Schutz des Verleihers, Vermieters, Verpächters etc. aa) Das Recht der Leihe bestimmt in Art. 307 Abs. 2 OR, dass der Entlehner284 von dem Verleiher für außerordentliche Verwendungen285 Ersatz verlangen kann, sofern er sie „im Interesse des Verleihers machen musste“. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Verleiher keine eigene Entscheidung zu treffen vermochte. Im Wortlaut abweichend, im Sinn dagegen übereinstimmend verweist die Bestimmung des § 601 Abs. 2 BGB hinsichtlich des Ersatzes von Verwendungen, die nicht als „gewöhnliche Erhaltungskosten“ zu bezeichnen sind286, in allgemeiner Form auf die Geschäftsführung ohne Auftrag. Danach ist dem Entleiher ein Anspruch bei einer aufschiebbaren Maßnahme nur zu gewähren, sofern er den Willen des Vertragspartners respektiert hatte, §§ 677, 670, 681 Satz 1 BGB.287 Wird man der Regelung des § 681 Satz 1 BGB gerecht, so vermag eine mit dem Willen oder dem Interesse des Verleihers nicht zu vereinbarende Maßnahme einen Wertersatzanspruch aus §§ 684 Satz 1, 812 BGB des Entleihers nur zu begründen, wenn er den Willen seines Vertragspartners nicht zu erkunden vermochte 283 Die Ansprüche wegen Verwendungen auf fremdes Gut aus den Gesichtspunkten der ungerechtfertigten Bereicherung und dem Verhältnis zwischen dem Eigentümer und Besitzer sind bei Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 2, Seite 45 f. Rdnr. 81 ff., knapp behandelt. 284 Nach den Begriffen des Bürgerlichen Gesetzbuches handelt es sich um den Entleiher. 285 Die gewöhnlichen Erhaltungskosten trägt der Entlehner, Art. 307 Abs. 1 OR. 286 Die gewöhnlichen Erhaltungskosten fallen nach § 601 Abs. 1 BGB dem Entleiher zur Last. 287 Vgl. dazu bereits meine Ausführungen zum französischen Recht oben IV. 2. a) aa), Seite 250.

3. Der Aufdrängungsschutz im schweizerischen Recht

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und seine Tätigkeit keinen Aufschub duldete.288 Um welche Art der Fürsorge aber sollte es sich hierbei – gewöhnliche Erhaltungsmaßnahmen ausgenommen (§ 601 Abs. 1 BGB) – handeln?

bb) Auch die Regelungen des Miet- und Pachtrechts tragen dem Schutz des Vermieters bzw. Verpächters vor Eingriffen in seine Dispositionsfreiheit in betonter Weise Rechnung: Der Mieter kann Erneuerungen und Änderungen an der Mietsache nur vornehmen, wenn der Vermieter schriftlich zugestimmt hat, Art. 260a Abs. 1 OR. Mängel der Mietsache kann der Miter nur beseitigen lassen, wenn der Vermieter einen Mangel kennt und ihn nicht in angemessener Frist behebt, Art. 259b OR. Entsprechendes gilt für den Pächter, Art. 289a OR.289 Das deutsche Recht ist auch in diesem Punkte weniger konkret: Der Ersatzanspruch des Mieters wegen anderer als notwendiger („nützlicher“) Verwendungen bestimmt sich wiederum kraft einer allgemeinen Verweisung nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag, § 539 Abs. 1 BGB. b) Die Geschäftsführung ohne Auftrag als Instrument gegen unerbetene Intervention? aa) Systematik und Erscheinungsformen der negotiorum gestio (a) Das Obligationenrecht behandelt die Geschäftsführung ohne Auftrag im System der vertraglichen Verbindlichkeiten („2. Abteilung: Die einzelnen Vertragsverhältnisse; 14. Titel: Die Geschäftsführung ohne Auftrag“) in einem äußerlich unterbrochenen, dem Sinne nach sich jedoch anschließenden Zusammenhang mit den Vorschriften über den Auftrag, die in den Artt. 394 bis 406 OR enthalten sind.290 Indessen besteht Einvernehmen darüber, dass die negotiorum gestio keineswegs vertraglicher, sondern „quasivertraglicher“ Natur ist; sie darf auf keiner vertraglichen oder gesetzlichen Befugnis beruhen.291 Der Ausdruck des „Quasivertrags“ verweist – nicht 288

Siehe dazu eingehend unten V. 2. b) ff) und gg), Seite 420 ff. Die Bestimmungen der Artt. 260a und 289a OR wurden durch Gesetz vom 15. Dezember 1989 in das Obligationenrecht eingefügt. 290 Den Vorschriften über den Auftrag folgen Bestimmungen über mandatähnliche Schuldverhältnisse, d.h. über den Kreditbrief und Kreditauftrag (Artt. 407 ff. OR), den Mäklervertrag (Artt. 412 ff. OR) und den Agenturvertrag (Artt. 418a ff. OR). Hieran schließen sich die Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag an. 291 Gautschi bezeichnet im Berner Kommentar (a. a. O., Art. 419 OR Rdnr. 1a sowie 2a) die Geschäftsführung ohne Auftrag zutreffend als „vertraglose Geschäftsführung“ oder als „Geschäftsführung ohne Rechtsgrund“. Von einem gesetzlichen Schuldverhältnis spricht Weber im Kommentar zum Schweiz. Privatrecht, Vorbem. zu Art. 419–424 OR Rdnr. 1; ebenso Suter, a. a. O., Seite 4. 289

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anders als nach französischem Verständnis292 – auf die Rechtsfolgen der Geschäftsführung ohne Auftrag, d.h. auf die mit dem Auftrag dem Typus nach übereinstimmende Festlegung der Rechte und Pflichten des Geschäftsführers und des Geschäftsherrn.293 Rolf H. Weber qualifiziert im Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht die unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag, die „Geschäftseinmischung“294 und die „Geschäftsanmassung“295 im Gegensatz zur echten berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag zutreffend als „quasi-deliktische Schuldverhältnisse“, weil der Geschäftsführer unerlaubterweise in die Rechtssphäre des Geschäftsherrn eingreife.296

Der soziale Sinn einer erlaubten Einmischung in fremde Angelegenheiten wird in dem Bemühen gesehen, Schaden von einem anderen abzuwenden, fremde Rechtsgüter zu erhalten oder sonstige gefährdete fremde Interessen zu wahren.297 292 Vgl. Hagenbüchli, a. a. O., Seite 26; Honsell, a. a. O., § 24 Anm. 1 und 2; Berner Kommentar/Gautschi, a. a. O., Art. 420 OR Rdnr. 6a sowie für das französische Recht oben IV. 2. b) aa) (a), Seite 253. 293 Thum, a. a. O., Seite 24. Insoweit ist zu betonen, dass nach schweizerischem Recht die vom Beauftragten zu bewirkende Arbeitsleistung – anders als nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch – von den Vertragsparteien als marktfähiges Gut bewertet werden kann (vgl. hierzu eine Entscheidung des Bundesgerichtes aus dem Jahre 1908, BGE 34 II, Seite 694, 698 und 700 sowie Bucher, Das Obligationenrecht 1883–1983, Seite 139, 158 f.). Ich zitiere Artt. 394 Abs. 2 und 3 OR: „(2) Verträge über Arbeitsleistung, die keiner besondern Vertragsart dieses Gesetzes unterstellt sind, stehen unter den Vorschriften über den Auftrag. (3) Eine Vergütung ist zu leisten, wenn sie verabredet oder üblich ist.“ Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass in das Obligationenrecht keine gesonderte Bestimmung über den Geschäftsbesorgungsvertrag (§§ 675 ff. BGB) aufgenommen worden ist. 294 Als „Geschäftseinmischung“ bezeichnet Weber im Kommentar zum Schweiz. Privatrecht, Vorbem. zu Art. 419–424 OR Rdnr. 10, die irrtümliche Eigengeschäftsführung im Sinne des § 687 Abs. 1 BGB. Die Terminologie ist freilich uneinheitlich: Thum (a. a. O., Seite 52, 56) und Suter (a. a. O., Seite 119) verwenden die Bezeichnung „gutgläubige Geschäftsanmaßung“. 295 Unter „Geschäftsanmassung“ ist nach deutschem Recht die angemaßte Eigengeschäftsführung im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB zu verstehen; zur schweizerischen Terminologie Weber im Kommentar zum Schweiz. Privatrecht, Vorbem. zu Art. 419–424 OR Rdnr. 11 (Thum, a. a. O., Seite 52, 56 sowie Suter, a. a. O., Seite 119: „bösgläubige Geschäftsanmaßung“). 296 Weber im Kommentar zum Schweiz. Privatrecht, Vorbem. zu Art. 419–424 OR, Rdnr. 2. Ähnlich Lischer, a. a. O., Seite 8. 297 Entscheid des Gerichtspräsidenten Biel I, Schweiz. JZ 46 (1950), Nr. 76, Seite 208, 209 sub 3. Bei Hofstetter, Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins, Band 100 (1964), Seite 221, 250 heißt es: „Jedermann ist selbst befugt zu entscheiden, ob und wie er Investitionen machen will. Das Recht ist dem Wohltäter freundlich gesinnt; wer auf Kosten anderer wohltätig sein will, verdient geringere Rücksicht.“

3. Der Aufdrängungsschutz im schweizerischen Recht

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(b) Hinsichtlich der verschiedenen Erscheinungsformen der Geschäftsführung ohne Auftrag ist anzumerken, dass das Obligationenrecht nicht explizit zwischen der fremdnützigen und der eigennützigen Geschäftsbesorgung298 unterscheidet; eine dem § 687 BGB vergleichbare Vorschrift, welche ausdrücklich auf die irrtümliche oder bewusste Führung eines fremden Geschäfts als eigenes bezogen ist (sog. unechte Geschäftsführung ohne Auftrag), existiert im Obligationenrecht nicht.299 Indessen wird in Rechtsprechung und Schrifttum – wenngleich nicht mit der begrifflichen Strenge der deutschen Dogmatik – zwischen dem Tätigwerden eines Geschäftsführers mit und ohne den sog. Fremdgeschäftsführungswillen unterschieden300; die zuletzt genannte Handlungsweise unterfällt der Vorschrift des Art. 423 OR.301 Der Sache nach unterstellt eine im Schrifttum vertretene Auffassung auch die sog. irrtümliche Eigengeschäftsführung – anders als nach § 687 Abs. 1 BGB – dem Recht der auftraglosen Geschäftsführung.302 So heißt es etwa bei Georg Gautschi im Berner Kommentar303: „Einen Willen zur vertraglosen Geschäftsführung zu fordern (BGE 75 II 226), andererseits aber diesen Willen zu vermuten, 298 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, insbesondere Fußnoten 190 und 192. 299 Deutlich Berner Kommentar/Gautschi, Art. 419 OR Rdnr. 1b; Weber im Kommentar zum Schweiz. Privatrecht, Vorbem. zu Art. 419–424 OR, Rdnr. 4: „. . . die systematische Differenzierung in die Stellung des Geschäftsführers (Art. 419–421) und des Geschäftsherrn (Art. 422–424) (ich ergänze: vermag) nicht zu befriedigen, weil dadurch der Blick auf die einzelnen Geschäftsführungstypen getrübt wird.“ Ähnlich Hofstetter, Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins, Band 100 (1964), Seite 221, 229 sowie Weber, Zeitschrift für Schweizerisches Recht 1992, Seite 333, 344 f. 300 Zur „Eigengeschäftsführung“ siehe beispielsweise Berner Kommentar/Gautschi, Art. 423 OR Rdnr. 2b sub 4, wo von der „bewusst oder fahrlässig (unentschuldbar) bösgläubigen Ausübung fremden Rechts durch Unberechtigte oder Unbefugte“ die Rede ist. Die deutsche Systematik übernimmt Weber im Kommentar zum Schweiz. Privatrecht, Vorbem. zu Art. 419–424 OR, Rdnr. 7 bis 11. Ähnlich, wenn auch unter Verwendung einer eigenen Terminologie: Lischer, a. a. O., Seite 13 ff. 301 Die angeführte Bestimmung lautet: „(1) Wenn die Geschäftsführung nicht mit Rücksicht auf das Interesse des Geschäftsherrn unternommen wurde, so ist dieser gleichwohl berechtigt, die aus der Führung seiner Geschäfte entspringenden Vorteile sich anzueignen. (2) Zur Ersatzleistung an den Geschäftsführer und zu dessen Entlastung ist der Geschäftsherr nur so weit verpflichtet, als er bereichert ist.“ Der Begriff „Interesse“ im Sinne des Art. 422 Abs. 1 OR bezeichnet den „wirklichen oder mutmaßlichen Willen“ im Sinne des BGB; vgl. Aeby, a. a. O., Seite 73 Fußnote 21; ähnlich Hagenbüchli, a. a. O., Seite 61; a. A. Suter, a. a. O., Seite 65, 68. 302 So ausdrücklich Berner Kommentar/Gautschi, Art. 419 OR Rdnr. 1d; Thum, a. a. O., Seite 57; Suter, a. a. O., Seite 130 f.; BGE 97 II, Seite 169, 177 f. (1971); a. A. – die irrtümliche Eigengeschäftsführung unterfalle ausschließlich dem Bereicherungsrecht – Lischer, a. a. O., Seite 47, 50 f. und 71. 303 A. a. O., Vorbem. Art. 419 OR Rdnr. 13a.

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sobald der Tatbestand der vertraglosen Geschäftsführung vorliegt (BGE 55 II 264/5 . . .), ist eine umständlichere Konstruktion als einfach auf die objektive Tatsache abzustellen, dass fremdes Recht ausgeübt oder fremde Schuld erfüllt wurde. . . . Subjektive Faktoren, insbesondere Gutgläubigkeit oder Bösgläubigkeit des Geschäftsführers, beeinflussen nicht die Entstehung und Existenz der vertraglosen Geschäftsführung, sondern nur ihre Rechtsfolgen. . . . Auch wenn ich eine Sache gekauft habe, die wegen eines Willensmangels in der Erwerbscausa fremdes Eigentum geblieben ist304 . . . und wenn ich die Sache wie ein Eigentümer gebrauche oder darüber . . . verfüge, greife ich als vertragloser Geschäftsführer in fremdes Eigentum ein.“305

(c) Richtet man das Augenmerk auf die Fälle fremdnützigen Handelns, so ist festzustellen, dass Art. 419 OR – nicht anders als die Bestimmungen der §§ 677, 683 Satz 1 BGB – das subjektive Kriterium des erkennbaren oder mutmaßlichen Willens („Absicht“) des Geschäftsherrn und das objektive Merkmal seines Interesses („Vorteils“) zu den Direktiven für das Handeln des Geschäftsführers erhebt.306 Hiervon ausgehend unterscheidet das schweizerische Recht zwischen der Geschäftsführung, die den Willen und das Interesse des Geschäftsherrn respektiert bzw. nicht sorgfaltswidrig missachtet („gutgläubige“ Geschäftsführung), und einer zweiten Spielart, die sich als ungebetene und unentschuldbare (d.h. bezogen auf die Missachtung des Interesses und/oder den erkennbaren bzw. mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn fahrlässige) Einmischung erweist („bösgläubige“ Geschäftsführung).307 Als „gutgläubig“ gilt auch der Geschäftsführer, der dem unbeachtlichen Willen des Geschäftsherrn zuwiderhandelt.308 304 Das schweizerische Zivilrecht hat das Abstraktionsprinzip für den Erwerb beweglicher Sachen seit einer Entscheidung des Bundesgerichts aus dem Jahre 1929 (BGE 55 II, Seite 302, 306) aufgegeben: Fehlt ein gültiger Rechtsgrund, so geht bei der Veräußerung beweglicher und unbeweglicher Sachen das Eigentum nicht auf den Erwerber über (v. Tuhr/Siegwart/Peter, a. a. O., § 52 II 2, Seite 475, insbesondere Fußnote 18c; Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 285 Rdnr. 339 f.). Das Urteil BGE 84 II, Seite 141, 154 erklärt dies für eine „ständige Rechtsprechung des Bundesgerichts, an der festzuhalten ist.“ 305 Die vom deutschen Recht abweichende Behandlung der irrtümlichen Eigengeschäftsführung erklärt Gautschi im Berner Kommentar (a. a. O., Art. 420 OR Rdnr. 15b) mit behaupteten „Besonderheiten des schweizerischen Sachenrechts“, die er in diesem Zusammenhang jedoch nicht einsichtig macht. 306 Art. 419 OR lautet: „Wer für einen anderen ein Geschäft besorgt, ohne von ihm beauftragt zu sein, ist verpflichtet, das unternommene Geschäft so zu führen, wie es dem Vorteile und der mutmasslichen Absicht des anderen entspricht.“ Die Bedeutung des Willens betont Aeby, a. a. O., Seite 73: „Wenn schon in einen fremden Geschäftskreis eingegriffen wird, dann soll zum Mindesten der Geist, der diesen Geschäftskreis beherrscht, geachtet werden, und es darf kein fremder Wille, am wenigsten der Wille eines Besserwissers, hineingetragen werden.“ In diesem Sinne auch Honsell, Schweizerisches Obligationenrecht, § 24 Anm. II. 3. 307 Zur Terminologie siehe Berner Kommentar/Gautschi, Art. 422 OR Rdnr. 7a sowie 2b und c sowie BGE 61 II, Seite 37, 38 (1935): „Il convient de distinguer

3. Der Aufdrängungsschutz im schweizerischen Recht

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In diesem Punkte entspricht das schweizerische Recht dem Bürgerlichen Gesetzbuch: Ist der Wille des Geschäftsherrn unbeachtlich (vgl. § 679 BGB), so ist eine sog. echte berechtigte Geschäftsführung auch dann zu bejahen, wenn der Geschäftsherr mit der Übernahme seiner Angelegenheit durch einen Dritten nicht einverstanden ist.

(d) Bezogen auf den Willen eines Geschäftsherrn, seine Angelegenheiten durch Dritte regeln zu lassen, wird in der Kommentarliteratur zutreffend hervorgehoben, dass eine Person angesichts der „Verbesserung der Kommunikationsmittel“ auch bei physischer Abwesenheit zumeist in der Lage sei, ihre Geschäfte selbst zu führen oder rasch einen vertraglichen Geschäftsführer zu bestellen.309 Dass ein Geschäftsherr die Wahrnehmung seiner Geschäfte durch einen nicht beauftragten Dritten wolle, könne keineswegs vermutet werden.310 Eine Geschäftsführung sei vielmehr nur geboten, wenn der Geschäftsherr sie nicht selbst besorgen könne. Auch ohne eine ausdrückliche Formulierung setze das Gesetz eine „gewisse Hilfsbedürftigkeit“ des Geschäftsherrn und die „Dringlichkeit der Besorgung der Angelegenheit“ voraus.311 Das Kriterium der „Hilfsbedürftigkeit“ bzw. „Dringlichkeit“ schütze vor übereilten und unbedachten Eingriffen in eine fremde Rechtssphäre.312

entre la gestion d’affaires parfaite et la gestion d’affaires imparfaite.“ – „Es besteht Einvernehmen darüber, dass zwischen der berechtigten und der unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag zu unterscheiden ist.“ 308 Berner Kommentar/Gautschi, Art. 420 OR Rdnr. 8c a. E. 309 Berner Kommentar/Gautschi, Art. 419 OR Rdnr. 2c. 310 Berner Kommentar/Gautschi, Art. 419 OR Rdnr. 7a. 311 BGE 95 II, Seite 93, 103 f. (1969). Das Gericht hatte sich mit der Frage zu befassen, ob ein Transportunternehmer, der – ohne dazu verpflichtet zu sein – beim Hineintragen der von ihm transportierten Möbel in ein Gebäude geholfen und sich hierbei schwere Verletzungen zugezogen hatte, Schadensersatz aus Art. 422 Abs. 1 OR verlangen konnte. Es verneinte den Anspruch unter besonderer Betonung der Entscheidungsfreiheit des Geschäftsherrn, d.h. desjenigen, der den Transport veranlasst und das Hineintragen der Möbel in das Gebäude bestimmten Mitarbeitern übertragen hatte. In der Entscheidung heißt es (a. a. O.): „Dass die Mitwirkung des Klägers wegen schmutzigen Umgeländes notwendig gewesen sei, ist nicht festgestellt . . . Die Hilfe des Klägers war somit nicht dringlich. . . . Übrigens ist nicht jede Geschäftsbesorgung, die nützlich ist, auch dringlich. Sie ist es namentlich dann nicht, wenn der Geschäftsherr . . . selber Anordnungen getroffen hat, wie er in seinem Interesse die Geschäfte abgewickelt wissen wolle. Unter solchen Umständen könnte von einer im Interesse des Geschäftsherrn gebotenen Geschäftsbesorgung nur die Rede sein, wenn die Lage an Ort und Stelle anders gewesen wäre, als der Geschäftsherr glaubte, und sein Interesse mit einer gewissen Dringlichkeit die Abweichung von seinen Anordnungen verlangt hätte.“ (Hervorhebungen durch Verf.) 312 Lischer, a. a. O., Seite 1 und 60 f. m. w. N.; Weber im Kommentar zum Schweiz. Privatrecht, Art. 419 OR Rdnr. 13 und 14.

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

bb) Das Recht auf Ersatz der Aufwendungen und das Wegnahmerecht des Geschäftsführers Angesichts der im Vergleich zum deutschen Recht wenig detaillierten Ausformung der Geschäftsführung ohne Auftrag313 mag es überraschen, dass das Obligationenrecht den Gesichtspunkt des Aufdrängungsschutzes mit vergleichsweise präzisen, wenn auch knappen Formulierungen behandelt. (a) So bestimmt Art. 422 OR über die Verpflichtung des Geschäftsherrn, dem Geschäftsführer die von diesem getätigten Verwendungen314 zu ersetzen: „(1) Wenn die Übernahme einer Geschäftsbesorgung durch das Interesse315 des Geschäftsherrn geboten war, so ist dieser verpflichtet, dem Geschäftsführer alle Verwendungen, die notwendig oder nützlich und den Verhältnissen angemessen waren, samt Zinsen zu ersetzen und ihn in demselben Masse von den übernommenen Verbindlichkeiten zu befreien . . . (2) Diesen Anspruch hat der Geschäftsführer, wenn er mit der gehörigen Sorgfalt handelte, auch in dem Falle, wo der beabsichtigte Erfolg nicht eintritt. (3) Sind die Verwendungen dem Geschäftsführer nicht zu ersetzen, so hat er das Recht der Wegnahme nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung.“316

(b) Die ersten beiden Absätze der angeführten Vorschrift entsprechen den Regelungen der §§ 683 Satz 1, 670 BGB; sie berechtigen den Geschäftsführer, dessen Handeln dem erkennbaren oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht, zum Ersatz der den Umständen nach erforderlichen, d.h. der notwendigen und nützlichen Aufwendungen. Dies ist nach Ansicht von Josef Hofstetter317 Ausdruck der Beschränkung der echten berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag auf dringliche Hilfe; Luxusaufwendungen widersprächen der geforderten Zurückhaltung des Geschäftsführers.

Der Ersatz der Aufwendungen ist auch geschuldet, wenn der Wille des Geschäftsherrn der Geschäftsführung zwar zuwiderläuft, der Geschäftsfüh313 Berner Kommentar/Gautschi, Art. 422 OR Rdnr. 1a und b, weist zutreffend darauf hin, dass bereits die anlässlich der Revision des Obligationenrechts von 1911 eingefügten Randtitel im Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag „nicht besonders glücklich“ und „wenig aufschlussreich“ geraten seien. 314 Mit dem Begriff „Verwendung“ bezeichnet das schweizerische Recht sowohl die sachbezogenen als auch die nicht sachbezogenen Aufwendungen („Auslagen“): Berner Kommentar/Gautschi, Art. 422 OR Rdnr. 6a und 7c. 315 Zur Bedeutung des Begriffs „Interesse“ siehe Fußnote 301 dieses Abschnitts. 316 Hervorhebung durch Verf. 317 Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins, Band 100 (1964), Seite 221, 245.

3. Der Aufdrängungsschutz im schweizerischen Recht

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rer dies aber nicht erkennen konnte, ihm mithin kein Übernahmeverschulden zur Last fällt.318 In diesem Punkt erweist sich das deutsche Recht als die strengere Ordnung: Der Geschäftsführer hat den Anspruch auf Aufwendungsersatz nach §§ 670, 683 Satz 1 BGB trotz sorgfältigen Handelns nur, wenn sein Tätigwerden dem Interesse und dem (mutmaßlichen) Willen des Geschäftsführers entsprach.319 Zum Begriff der ersatzfähigen notwendigen und nützlichen Aufwendungen liest man bei Gautschi320: „Durfte der Geschäftsführer in guten Treuen annehmen, der Geschäftsherr würde eine Verwendung machen, wenn er das Geschäft selbst führte, so darf sie auch der Geschäftsführer machen. Dann ist die Auslage oder Verwendung ,utiliter‘ gemacht. Die Vermutung gilt einmal für alle Auslagen, die objektiv notwendig sind. . . . ,Utiliter‘ gemacht sind für eine Geschäftsbesorgung aber auch Auslagen, die ,nützlich und den Verhältnissen angemessen‘ waren. Auch hier greift das subjektive Kriterium des mutmasslichen Willens des Geschäftsherrn ein. Es ist anzunehmen, dass der Geschäftsherr eine Sache nicht hätte reparieren lassen, wenn die Reparaturkosten in keinem vernünftigen Verhältnis zum Wert der Sache stehen. Andererseits ist eine Verwendung angemessen, wenn sie einem Dritten als im Interesse des Geschäftsherrn liegend erscheinen dürfte.“

(c) Der dritte Absatz des Art. 422 OR betrifft – soweit er die vorstehenden Regeln über den Ersatz von Verwendungen ergänzt – auf das deutsche Recht übertragen gleichfalls die sog. echte berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag; im übrigen findet er seine gesetzessystematische Entsprechung in der Vorschrift des § 684 Satz 1 BGB.321 Freilich bestimmt Art. 422 Abs. 3 OR im Unterschied zu § 684 Satz 1 BGB unmissverständlich, dass der Geschäftsführer, welcher den Interessen (und dem erkennbaren oder mutmaßlichen Willen) des Geschäftsherrn zuwider gehandelt hat, auf das Recht verwiesen wird, die von ihm vorgenommenen „Verbesserungen“ in natura wieder an sich zu nehmen. Ihm steht mithin nach dem Wortlaut des Gesetzes – abweichend von der überwiegenden Auffassung im deutschen Schrifttum322 – keine „Aufwendungskondiktion“, d.h. kein Anspruch auf Zahlung einer Geldsumme (begrenzt durch die objektive Vermögensmehrung des Geschäftsherrn) zu. Ein Zahlungsbegehren des Geschäftsführers ist ausschließlich auf die sog. notwendigen und nützlichen Auslagen bezogen.323 Dies betont Gautschi: „Hat der Geschäftsführer Verwendungen 318 Berner Kommentar/Gautschi, Art. 420 OR Rdnr. 9a. sowie Art. 422 OR Anm. 2b. 319 Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 683 Rdnr. 4 und 6 f. 320 Berner Kommentar, a. a. O., Art. 422 OR Rdnr. 7c und d. 321 Berner Kommentar/Gautschi, Art. 423 OR Rdnr. 9d. Der bösgläubige Geschäftsführer vermag das Wegnahmerecht freilich nicht gegen den Willen des Geschäftsherrn auszuüben (a. a. O., Art. 422 OR Rdnr. 7e a. E.). 322 Siehe unten V. 2. b) dd), Seite 416, dort insbesondere Fußnote 253. 323 Berner Kommentar/Gautschi, a. a. O., Art. 422 OR Rdnr. 7e.

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tatsächlich gemacht, die über das in Art. 422 OR festgesetzte Mass hinausgehen, so kann er für die Überschreitung keinen Ersatz verlangen. Solche Verwendungen hat er für eigene Rechnung gemacht.“ Dementsprechend gewährleistet das schweizerische Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, gemessen an der deutschen Doktrin, seinem Wortlaut nach einen greifbareren Schutz gegen aufgedrängte Zuwendungen: Der „bösgläubige“ Geschäftsführer, d.h. derjenige, der das Interesse und/oder den Willen des Geschäftsherrn in unentschuldbarer Weise missachtet hat, kann keinen Ausgleich beanspruchen; er ist unter den Voraussetzungen des Art. 422 Abs. 3 OR auf das Recht zur Wegnahme des „Verwendungserfolges“ verwiesen.324 Ist die Wegnahme der Verwendungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich325, wird freilich ein Ausgleich in Geld befürwortet: Selbst der „bösgläubige“ Geschäftsführer soll berechtigt sein, gegen den Geschäftsherrn die „subsidiäre Bereicherungsklage“ anzustrengen, wenn dieser durch die Intervention „aus irgendeinem Grunde bereichert“ sei.326 Nach der Auffassung von Weber327 vermag der „Geschäftsanmasser“ neben dem Anspruch aus Art. 423 Abs. 2 OR auf Ersatzleistung an den Geschäftsführer328 auch den allgemeinen Bereicherungsanspruch geltend zu machen, wenn die „Vorteile“ dem Geschäftsherrn „automatisch“ zufallen. (d) Im Unterschied zum deutschen Recht enthält das Obligationenrecht keine dem § 681 Satz 1 BGB entsprechende Vorschrift, wonach der Geschäftsführer verpflichtet ist, die Übernahme der Geschäftsführung dem Geschäftsherrn anzuzeigen, sobald es tunlich ist, und, wenn nicht mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist, dessen Entschließung abzuwarten und zu respektieren.

324 A. A. Honsell, Schweizerisches Obligationenrecht, § 24 Anm. III 5, wo es heißt: „Der sich in fremde Angelegenheiten einmischende Geschäftsführer hat gegenüber dem Geschäftsherrn lediglich Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (OR Art. 422 III). Die Vorschrift spricht, zu eng, nur von einem Recht auf Wegnahme.“ 325 Man denke etwa an die tatsächliche Unmöglichkeit, eine aufwendige, gemessen an den Verhältnissen des Geschäftsherrn nicht nützliche, Fahrzeuglackierung zu beseitigen. 326 Berner Kommentar/Gautschi, Art. 420 OR Rdnr. 15 a. E. sowie Vorbem. Art. 419 OR Rdnr. 20 a. E.; ebenso Hagenbüchli, a. a. O., Seite 87 sowie eine Entscheidung des Bundesgerichts aus dem Jahre 1921 (Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins 1958, Seite 332), wonach die Geschäftsführung ohne Auftrag auf „gewissen objektiven vermögensrechtlichen Voraussetzungen“ fuße (a. a. O., Seite 334). 327 Kommentar zum Schweiz. Privatrecht, Art. 423 OR Rdnr. 19; ebenso Hofstetter, a. a. O., Seite 249. 328 Der Wortlaut der Vorschrift ist in Fußnote 301 dieses Abschnitts wiedergegeben.

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Das unternommene Geschäft muss mithin so beschaffen sein, dass es nur „mit Nachteil auf den Zeitpunkt aufgeschoben werden könnte, in dem der Geschäftsherr wieder selbst den Anstoß in seinen eigenen Geschäften zu geben vermag“.329 Indessen besteht Einvernehmen darüber, dass die sog. Ausführungsanzeige, die dem Kommissionär durch Art. 426 Abs. 1 OR ausdrücklich auferlegt wird, auch für die vertraglose Geschäftsführung „eine Notwendigkeit“ darstellt.330 Die Verletzung dieser Pflicht soll allerdings – ebenso wie nach deutscher Auffassung331 – lediglich ein Schadensersatzbegehren des Geschäftsherrn rechtfertigen; der Ausschluss von Ansprüchen des Geschäftsführers wird als Sanktion nicht in Betracht gezogen. Der durch den Wortlaut des Gesetzes begründete Aufdrängungsschutz wird allerdings dadurch aufgehoben, dass der mit einem Übernahmeverschulden belastete („bösgläubige“) Geschäftsführer die „actio contraria“ (d.h. den Anspruch aus Art. 422 Abs. 1 und 2 OR332) soll erwerben können, wenn er alle Ansprüche des Geschäftsherrn aus dessen „actio directa“ (d.h. den Anspruch auf Rechnungslegung, Ablieferung des aus der Geschäftsführung Erlangten und Schadensersatz) erfüllt bzw. zu erfüllen bereit und fähig ist: Unter diesen Voraussetzungen präsentiere sich die Geschäftsführung als „utiliter gestum“.333 Da das Vermögen des Geschäftsherrn nicht mehr gemindert sei; müsse jener Verwendungsersatz leisten; andernfalls sei er – was nicht dem „Sinn des Gesetzes“ entspreche – im Vergleich mit der sorgfältigen („gutgläubigen“) Geschäftsführung ungerechtfertigt bereichert.334 Dementsprechend heißt es bei Gautschi335: „Die Unterlassung möglicher Information ist Sorgfaltsverletzung i. S. v. Art. 422 I OR. . . . Erwächst daraus ein Schaden, so ist er dem Geschäftsherrn zu ersetzen . . . Doch führt die Unterlassung der Information nicht ipso facto zum Verlust der quasivertraglichen actio contraria nach Art. 422 OR.“ Selbst die Versagung des Aufwendungsersatzes nach Art. 422 Abs. 1 und 2 OR bedeutet nach schweizerischer Doktrin nicht den Ausschluss jeglicher 329 So Aeby, a. a. O., Seite 77 f., der als Voraussetzung der Geschäftsführung zutreffend eine „gewisse Zwangslage“ fordert, die darin besteht, dass der Geschäftsherr sein Geschäft nicht selbst zu besorgen vermag, die Angelegenheit aber keinen Aufschub duldet (Seite 77). 330 Berner Kommentar/Gautschi, Art. 419 OR Rdnr. 7a; dezidiert auch Suter, a. a. O., Seite 43 f. 331 Siehe dazu – ablehnend – unten V. 2. b) ff) (b), Seite 421 ff. 332 Die wörtliche Wiedergabe der Vorschrift findet sich oben IV. 3. b) bb) (a), Seite 296. 333 Berner Kommentar/Gautschi, Art. 422 OR Rdnr. 3b. 334 Berner Kommentar/Gautschi, Art. 422 OR Rdnr. 5a. 335 Berner Kommentar, a. a. O., Art. 419 OR Rdnr. 7b. Zur Schadensersatzverpflichtung des Geschäftsführers siehe Rdnr. 7d.

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

Ansprüche des Geschäftsführers; er soll in jedem Falle den bereicherungsrechtlichen Ausgleich verlangen dürfen. Als Beispiel führt Gautschi den Fall an, dass der Mieter einen neuen Ofen anschafft, ohne den Vermieter zu benachrichtigen oder dessen Zustimmung einzuholen.336 Der Mieter als Geschäftsführer könne vom Vermieter/ Eigentümer als Geschäftsherrn die „Kosten“ unter dem Gesichtspunkt des Art. 423 OR nur verlangen, wenn sich der Vermieter/Eigentümer das Ergebnis der Geschäftsführung aneigne.337 Andernfalls sei er auf den „subsidiären Bereicherungsanspruch“ verwiesen, der unbegründet sei, wenn der Vermieter den Ofen nicht zu Eigentum erwerbe.338 Die Ausführungen Gautschis tragen aus diesem Grunde dem Aufdrängungsschutz keinerlei Rechnung und verlagern ihn in das Kondiktionsrecht.339 cc) Das Aneignungsrecht des Geschäftsherrn im Falle der „bösgläubigen“ Geschäftsführung (a) Der durch Art. 422 Abs. 3 OR verwirklichte Schutz des Geschäftsherrn vor Ausgleichsansprüchen des Geschäftsführers, der sich ungebeten in fremde Angelegenheiten einmischt340, erfährt eine – auch für das deutsche Recht aufschlussreiche – Ergänzung durch die Regelung des Art. 423 OR, wonach der Geschäftsherr berechtigt ist, sich diejenigen Vorteile „anzueignen“, die aus der „ohne Rücksicht auf sein Interesse unternommenen Geschäftsführung“ entsprungen sind. Wird die „Aneignung“ durch den Geschäftsherrn vollzogen, ist er dem Geschäftsführer zur Ersatzleistung „so weit verpflichtet, als er bereichert ist“, Art. 423 Abs. 2 OR.341 Zutreffend weist Gautschi342 darauf hin, dass die Formulierung des Art. 423 OR dennoch nicht hinreichend präzise sei, weil die „Aneignung“ der aus der Ge336

A. a. O., Art. 419 OR Rdnr. 7d; siehe dazu BGE 61 II, Seite 37 (1935). Entgegen der von Gautschi verwendeten Formulierung („Kosten“) begrenzt indessen Art. 423 Abs. 2 OR den Ersatzanspruch des Geschäftsführers dem Umfange nach auf die bei dem Geschäftsherr eingetretene und noch vorhandene Bereicherung. Zur Vorschrift des Art. 423 OR siehe sogleich unter cc). 338 Zur Beurteilung des eigenmächtigen Handelns eines Mieters nach deutschem Recht siehe ausführlich unten V. 1. a), Seite 355 ff. 339 Auch Hofstetter, der die Frage der aufgedrängten Bereicherung zumindest im Ansatz behandelt (a. a. O., Seite 245 f.), räumt ein, dass nach seinen eigenen Ausführungen „die schwer überblickbaren Fälle der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag ausgeklammert . . . und in das Sachenrecht bzw. das Bereicherungsrecht verwiesen“ würden (a. a. O., Seite 251). 340 Der Wortlaut des Art. 422 OR ist oben unter IV. 3. b) bb) (a), Seite 296, angeführt. 341 Den vollständigen Wortlaut des Art. 423 OR habe ich oben in Fußnote 301 wiedergegeben. 337

3. Der Aufdrängungsschutz im schweizerischen Recht

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schäftsführung entspringenden Vorteile lediglich als Recht des Geschäftsherrn, nicht aber als Voraussetzung des Anspruchs des Geschäftsführers auf Ersatz aus Art. 423 Abs. 2 OR umschrieben werde. Indessen bestätige Art. 423 Abs. 1 OR implizit die gemeinrechtliche Lehre, dass der Geschäftsherr die nicht „nützlich unternommene“ Geschäftsführung zurückweisen könne: Das Recht zur Zurückweisung sei das notwendige Korrelat des Aneignungsrechts. Die Zurückweisung einer Geschäftsführung durch den Geschäftsherrn sei die „Nichtaneignung ihres Resultats“.

Die angeführte Bestimmung des Art. 423 OR, die bezogen auf die sog. angemaßte Eigengeschäftsführung der Vorschrift des § 687 Abs. 2 BGB343 und hinsichtlich der sog. unberechtigten Fremdgeschäftsführung der des § 684 Satz 1 BGB entspricht344, bringt mit dem Begriff „Aneignung“ deutlicher und in einer weiteren Fassung345 als das Bürgerliche Gesetzbuch die Freiheit des Geschäftsherrn zum Ausdruck, einen ihm aufgedrängten „Vorteil“ zurückzuweisen.346 Der Aneignungswille muss sich darin äußern, dass der Geschäftsherr die aus der Geschäftsführung entspringenden Vorteile tat342

A. a. O., Art. 423 OR Rdnr. 8a. Vgl. hierzu BGE 45 II, Seite 202, 207 (1919); BGE 47 II, Seite 195, 198 (1921); BGE 86 II, Seite 18, 25 (1960). Nach einer verbreiteten Auffassung ist die Bestimmung des Art. 423 OR auch auf den irrtümlichen Eigengeschäftsführer im Sinne des § 687 Abs. 1 BGB anzuwenden (vgl. dazu Weber im Kommentar zum Schweiz. Privatrecht, a. a. O., Art. 423 OR Rdnr. 8 m. w. N.). Bei Suter, a. a. O., Seite 26, heißt es in diesem Zusammenhang: „Das BGB ist auch hier wieder ein Stück deutlicher und klarer gefasst als unser Gesetz.“ 344 Vgl. Berner Kommentar/Gautschi, Art. 423 OR Rdnr. 1a und b.; Thum, a. a. O., Seite 25 bis 27; Suter, a. a. O., Seite 63 (insbes. Fußnote 1) – aber streitig: Nach anderer Aufassung betrifft Art. 423 OR nicht die unberechtigte Fremd-, sondern ausschließlich die Eigengeschäftsführung; vgl. Hofstetter, Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins, Band 100 (1964), Seite 221, 230 f. sowie – ohne Begründung – Honsell, Schweizerisches Obligationenrecht, § 24 Anm. V. 1. 345 Nach § 687 Abs. 2 BGB muss der Geschäftsherr das aus der Geschäftsführung Erlangte „herausverlangen“. Darunter muss allerdings auch der bloße Gebrauch eines Vorteils fallen, den der Geschäftsherr zurückweisen könnte. 346 Das Recht des Geschäftsherrn, die unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag zurückzuweisen, wird in der deutschen Kommentarliteratur eher angedeutet als deutlich formuliert. So heißt es etwa bei Palandt/Sprau, 632. Auflage, Einf v § 677 Rdnr. 5, in bezug auf die dem Willen und Interesse des Geschäftsherrn widerstrebende (d.h. unberechtigte) Geschäftsführung: „Unberechtigte Geschäftsführung hat der Geschäftsführer zu unterlassen, Übernahme und Ausführung sind als unerwünschter Eingriff in die Rechte des Geschäftsherrn rechtswidrig und geschehen ohne rechtlichen Grund“ und in der Kommentierung zu § 678 BGB, Rdnr. 4: „Gegen die unberechtigte Übernahme, solange sie andauert, kann sich der Geschäftsherr mit der Unterlassungsklage wehren.“ Ähnlich Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, § 678 Rdnr. 1: Die unberechtigte Geschäftsführung „ist für den Geschäftsherrn unverbindlich, er kann sie zurückweisen.“ In welcher Weise dieses Recht des Geschäftsherrn, das dem negatorischen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB durchaus vergleichbar ist, mit seiner bereicherungsrechtlichen Haftung aus § 684 Satz 1 BGB in Einklang zu bringen ist, wird – soweit ersichtlich – nicht erörtert. 343

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

sächlich für sich beansprucht oder, wenn sie ihm ipso facto zufallen, tatsächlich für sich behält. Sein Verhalten darf an der Absicht, die Vorteile der Geschäftsführung anzunehmen, keinen Zweifel lassen. Dies kann nur dann angenommen werden, wenn er zumindest die Möglichkeit einer Zurückweisung hat und diese nicht nutzt. (b) In Anbetracht der unumstrittenen Bedeutung des Begriffs „Aneignung“ und der Erkenntnis, dass es dem Geschäftsherrn freistehe, eine seinem Willen und Interesse widerstrebende vertraglose Geschäftsführung zu akzeptieren347, überrascht es, dass der Gesichtspunkt des Aufdrängungsschutzes in der schweizerischen Kommentarliteratur unbeachtet bleibt; eine Vernachlässigung, die eher intuitiv zu geschehen scheint. So heißt es etwa bei Gautschi im Hinblick auf die Aneigung der aufgedrängten „Vorteile“ durch den Geschäftsherrn348: „Der bösgläubige Geschäftsführer kann einer Willensäußerung des Geschäftsherrn zuvorkommen (sic!), indem er alle begründeten Ansprüche aus dessen actio directa auf Ablieferung und Schadensersatz gehörig erfüllt und bei Annahmeverweigerung (sic!) hinterlegt.349 Dadurch erwirbt der Geschäftsführer nicht die (ich ergänze: auf die Bereicherung) beschränkte actio contraria aus Art. 423 OR, sondern die erweiterte auch gegen den Willen des Geschäftsherrn bestehende actio contraria aus Art. 422 I OR.“ Sollte damit zum Ausdruck gebracht sein, dass der Geschäftsführer dem Geschäftsherrn die „Vorteile“ mit noch weiterreichenden Folgen als im deutschen Recht350 aufzudrängen vermag? Gautschi bleibt eine exakte Antwort schuldig, weil er sein Augenmerk – wie den Ausführungen zu den Ansprüchen eines „bösgläubigen“ Geschäftsführers zu entnehmen ist351 – gar nicht auf die hier gestellte Frage des Aufdrängungsschutzes lenkt.352 So soll der bösgläubige Geschäftsführer, dessen Handeln dem erkennbaren oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn zuwiderläuft, die Ansprüche auf Verwendungsersatz und Entlastung erwerben, wenn er das aus der Geschäftsführung 347

Berner Kommentar/Gautschi, Vorbem. Art. 419 OR Rdnr. 7 a. E. m. w. N. Berner Kommentar, a. a. O., Art. 423 OR Rdnr. 7c, ebenso Art. 420 OR Rdnr. 5d; zustimmend: Lischer, a. a. O., Seite 66 sub C. 349 Dem schweizerischen Recht ist die Beschränkung der Hinterlegung auf Geld, Wertpapiere, Urkunden und Kostbarkeiten (vgl. § 372 BGB) fremd (vgl. Art. 92 OR). 350 Entspricht das Handeln des Geschäftsführers nicht dem Interesse oder Willen des Geschäftsherrn, so ist dieser, sofern er die Geschäftsführung nicht genehmigt (§ 684 Satz 2; vgl. im schweizerischen Recht Art. 424 OR), zur Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten lediglich nach kondiktionsrechtlichen Grundsätzen verpflichtet. 351 A. a. O., Art. 420 OR Anm. 5d; zustimmend Weber im Kommentar zum Schweiz. Privatrecht, a. a. O., Vorbem. zu Art. 419–424 OR Rdnr. 9. 352 Der gleiche Vorwurf ist Lischer, a. a. O., Seite 66 sub C, zu machen. 348

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Erlangte an den Geschäftsherrn herausgibt und die durch die Geschäftsführung eingetretenen Vermögensnachteile im Wege des Schadensersatzes behebt. Damit nehme der Geschäftsführer die aus der Geschäftsführung für den Geschäftsherrn entstandenen Nachteile auf sich.353

Im Gegensatz zu Gautschi erkennt Hofstetter, dass „sich der Aufwendungsersatz nicht aus der Tatsache der Geschäftsführung befriedigend begründen“ lasse, sollte sich der aufgedrängte Vorteil derart „unabtrennbar“ im Vermögen des Geschäftsherrn verwirklicht haben, dass eine Aneignungshandlung außer Betracht bleibe.354 Entschiede man anders, so „hiesse das zulassen, dass dem Geschäftsherrn Bereicherungen aufgedrängt werden, während er doch selber bestimmen darf, wie und wo er investiert.“355 Allerdings verlässt Hofstetter den Gedanken des Aufdrängungsschutzes sogleich wieder, indem er fortfährt: „Ist der Vorteil bereits ohne sein Zutun unabtrennbar im Vermögen (ich ergänze: des Geschäftsherrn) vorhanden, so ist der Geschäftsführer auf Ausgleichsansprüche des Sachenrechts und auf die Bereicherungshaftung angewiesen.“ dd) Die aufgedrängte Tilgung fremder Schulden als „bösgläubige“ Geschäftsführung (a) Nicht anders als im deutschen bürgerlichen Recht wird die unberufene Tilgung fremder Schulden in der Schweiz auch unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag erörtert.356 Zutreffend wird erkannt, dass dem Schuldner die Einmischung des Dritten in das zwischen ihm und seinem Gläubiger bestehende Verhältnis durchaus ungelegen sein kann; wie jede andere Geschäftsbesorgung könne der Geschäftsherr die Zahlung seiner Schuld durch einen anderen verbieten.357 Damit verhindere 353

A. a. O., Rdnr. 5d. An anderer Stelle der Kommentierung (Art. 419 OR Rdnr. 1c) heißt es: „Verlangt der Geschäftsherr weder Ablieferung noch Schadensersatz, so kann der bösgläubige Geschäftsführer nur den subsidiären Bereicherungsanspruch erheben, wenn und soweit der Geschäftsherr tatsächlich bereichert sein sollte.“ 354 Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins, Band 100 (1964), Seite 221, 245. 355 A. a. O., Seite 245 f. 356 Den Eintritt eines Dritten mit dem Ziel, eine fremde Schuld zu begleichen, behandelt für das schweizerische Recht kursorisch Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 2, Seite 364 Rdnr. 163. Zum bereicherungsrechtlichen Anspruch desjenigen, der eine fremde Verbindlichkeit erfüllt, siehe unten IV. 3. b) dd) (b), Seite 307. Zum deutschen Recht siehe oben III. 2. i., Seite 143 und eingehend unten V. 2. b) jj), Seite 440 ff. (Geschäftsführung ohne Auftrag) sowie V. 2. d) dd), Seite 586 ff. (Kondiktionsrecht). 357 Berner Kommentar/Gautschi, Vorbem. Art. 419 OR Rdnr. 28c.; BGE 72 III, Seite 6, 8; Lischer, a. a. O., Seite 154 f. A. A. Aeby, a. a. O., Seite 55, wonach es

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er allerdings nicht, dass der Gläubiger die gehörige Leistung des Dritten annehmen müsse.358 Stelle die Tilgung eine ungebetene Einmischung dar, so sei ein Anwendungsfall des Art. 423 Abs. 1 OR zu bejahen. Nach dieser bereits angeführten Vorschrift359 soll es im Belieben des Geschäftsherrn (hier also des Schuldners) stehen, sich die Vorteile aus der Geschäftsführung „anzueignen“. Wie aber sollte sich der Schuldner die Befreiung von einer Verbindlichkeit „aneignen“? Hierzu liest man bei Gautschi360: „Wurde . . . ein Schuldner durch die Leistung des vertraglosen Geschäftsführers gegen seinen Willen von einer Schuld wirksam befreit, und nimmt der Schuldner (Geschäftsherr) den Vorteil dieser Befreiung an, indem er seinerseits den Gläubiger nicht veranlasst, die Leistung dem Geschäftsführer zurückzugeben und seine, des Geschäftsherrn Leistung anzunehmen, so hat sich der Geschäftsherr den Vorteil der Geschäftsbesorgung angeeignet.“361

Das hier behauptete Recht der „Zurückweisung“ der Erfüllung durch eine am Schuldverhältnis nicht beteiligte Person seitens des Schuldners besteht nach deutschem Recht nicht: Der Schuldner kann zwar einer Drittleistung widersprechen (§ 267 Abs. 2 BGB), doch bleibt es in diesem Fall allein dem Gläubiger überlassen, die Leistung abzulehnen.362 Akzeptiert dieser die Erfüllung durch den Dritten, so kann sich der Schuldner diesen Erfolg nicht „aneignen“, weil die Entscheidung zwischen „Zurückweisung“ und „Aneignung“ nicht in seinen Händen liegt. Nach schweizerischem Recht ist eine „Zurückweisung“ durch den Schuldner in der von Gautschi beschriebenen Weise möglich: Sollte das Schweigen des Schuldners als Genehmigung einer an sich ungebetenen Geschäftsführung nach Art. 424 OR zu deuten sein?363 Gautschi bejaht diese „aus Zweckmäßigkeitgründen, im Interesse der Gläubiger“ jedermann freistehe, fremde Schulden zu tilgen. Immerhin räumt Aeby ein, dass der Kredit des Schuldners durch die Zahlung eines Dritten „vielleicht nicht immer gehoben wird“ (a. a. O., Seite 55 Fußnote 85). 358 Berner Kommentar/Gautschi, Vorbem. Art. 419 OR Rdnr. 28c. 359 Siehe oben Fußnote 301 dieses Abschnitts. 360 Berner Kommentar, Art. 423 OR Rdnr. 8b. 361 Hervorhebung durch Verf.; ähnlich wie Gautschi Lischer, a. a. O., Seite 155. 362 Im Obligationenrecht bestimmt Art. 68 OR lediglich: „Der Schuldner ist nur dann verpflichtet, persönlich zu erfüllen, wenn es bei der Leistung auf seine Persönlichkeit ankommt.“ Art. 110 OR ergänzt diese Vorschrift in Ziff. 2: „Soweit ein Dritter den Gläubiger befriedigt, gehen dessen Rechte von Gesetzes wegen auf ihn über: . . . 2. wenn der Schuldner dem Gläubiger anzeigt, dass der Zahlende an die Stelle des Gläubigers treten soll.“ Eine dem § 267 BGB vergleichbare Vorschrift existiert im Obligationenrecht nicht. 363 Art. 424 OR lautet: „Wenn die Geschäftsbesorgung nachträglich vom Geschäftsherrn gebilligt wird, so kommen die Vorschriften über den Auftrag zur Anwendung.“

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Frage und gelangt auf diese Weise zu der Erkenntnis, „in allen Fällen, in welchen dem Geschäftsherrn eine Bereicherung aus der bösgläubigen Geschäftsführung tatsächlich zukommt, anstelle des subsidiären Bereicherungsanspruches die quasivertragliche actio contraria bis zum Höchstbetrag der Bereicherung zu gewähren.“364 Allein durch das Schweigen des Schuldners wird nach dieser Meinung die Unterscheidung zwischen bösgläubiger und gutgläubiger Geschäftsführung, bezogen auf die Erfüllung fremder Verbindlichkeiten, aufgehoben: Der Schuldner hat die Befreiung im Verhältnis zum Gläubiger in jedem Falle durch Erstattung der von dem Dritten getätigten Aufwendungen auszugleichen. (1) Die Schutzwürdigkeit eines Schuldners vor einer „aufgedrängten Tilgungsleistung“ betont indessen ein Entscheid des Bundesgerichts aus dem Jahre 1946.365 Das Gericht hatte sich mit der Frage zu befassen, ob der Käufer eines Grundstücks, der das Eigentum an der Immobilie noch nicht erworben hatte, hypothekarisch gesicherte Verbindlichkeiten des Verkäufers gegenüber dem Gläubiger, dem Verband Schweizerischer Darlehnskassen, wirksam ablösen konnte366, obgleich sich der Verband im Einverständnis mit dem Verkäufer weigerte, die Zahlung entgegenzunehmen. Die Frage wird mit folgenden Erwägungen verneint367: Der Käufer habe sich mit seiner Zahlung an die Stelle des bisherigen Gläubigers setzen wollen. Die Voraussetzungen, unter denen das Gesetz außerhalb des Schuldverhältnisses stehenden Personen die Möglichkeit einräume, gegen den Willen des Schuldners beim Gläubiger Zahlung zu leisten und dann auf den Schuldner Rückgriff zu nehmen, seien jedoch nicht erfüllt. Insbesondere stehe dem Käufer weder das Eigentum noch sonst ein beschränktes dingliches Recht zu, so dass ein Ablösungsrecht aus Art. 110 Ziff. 1 OR ausscheide.368 Ebensowenig könne der Käufer „geltend machen, dass sich der Schuldner die Einmischung unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag gefallen lassen müsse, da dessen Verbot nicht etwa als unsittlich oder rechtswidrig erscheine (Art. 420 Abs. 2 OR). Namentlich stellt es keinen Rechtsmissbrauch dar, wenn sich der Schuldner einer Einmischung wider364

Berner Kommentar, Rdnr. 8b; siehe auch Vorbem. Art. 419 OR Rdnr. 28d. BGE 72 III, Seite 6. 366 Nach der Formulierung des Gerichtes hatte der Käufer („Rekurrent“) die „Betreibungsforderung samt Zinsen und Kosten“ beim „Betreibungsamt“ eingezahlt. 367 A. a. O., Seite 8. 368 Art. 110 Ziff. 1 OR lautet: „Soweit ein Dritter den Gläubiger befriedigt, gehen dessen Rechte von Gesetzes wegen auf ihn über: 1. wenn er eine für eine fremde Schuld verpfändete Sache einlöst, an der ihm das Eigentum oder ein beschränktes dingliches Recht zusteht; . . .“. Die Vorschrift entspricht den Regelungen der §§ 268 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 BGB. 365

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setzt, die ihn nach der Meinung des Intervenienten mit einer Regresspflicht belasten würde.“369 Diesen klaren Wendungen ist nichts hinzuzufügen; sie sollten bei der „Konstruktion“ eines Rückgriffs über die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag stets berücksichtigt werden. Im übrigen ist anzumerken, dass sie ihre Berechtigung auch bezogen auf Sachlagen haben, in denen der Gläubiger gegen den Willen des Schuldners eine Leistung des Dritten annimmt. Hofstetter schlägt unter dem Gesichtspunkt des Aufdrängungsschutzes vor, dem leistenden Dritten auch den bereicherungsrechtlichen Rückgriff zu versagen, wenn er nur zahlt, um gegen den Schuldner einen Ersatzanspruch zu bekommen und ihn zu schikanieren.370 Aber wie sollte der befreite Schuldner eine solche Motivation beweisen können?

(2) Im Jahre 1960 hatte das Bundesgericht darüber zu entscheiden, ob ein Gewerkschaftsverband („association des syndicats autonomes genevois et consorts“) einen Arbeitgeberverband („fédération des ouvriers du bois et du bâtiment et consorts“) in Regress zu nehmen vermochte, weil er tarifvertraglich vereinbarte Feiertagsentschädigungen ausgezahlt hatte, dies jedoch nicht im Interesse der Arbeitgeber, die ihre Leistungspflicht bestritten hatten, sondern im Interesse der Arbeitnehmer und um für die eigene Organisation Propaganda zu machen.371 Bei weitherziger, „geschäftsführerfreundlicher“ Ausweitung des Art. 423 OR ließ sich der Fall mühelos lösen372, sofern die Arbeitgeber die Entschädigungen hätten leisten müssen: Der befreite Schuldner wird als Geschäftsherr aufgefasst, der infolge der Schuldbefreiung bereichert ist und dem Geschäftsführer aus Art. 423 Abs. 2 OR Aufwendungsersatz nach Bereicherungsgrundsätzen zu leisten hat, wobei der Schuldner genau um das bereichert wäre, was der Geschäftsführer für ihn ausgelegt hatte. Gegen diese – vom Bundesgericht entwickelte – Lösung373 ist jedoch einzuwenden, dass die Zahlung fremder Schulden eine 369

A. a. O., Seite 8; Hervorhebung durch Verf. Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins, Band 100 (1964), Seite 221, 248. 371 BGE 86 II, Seite 18 (1960). 372 Die Anwendung des Art. 422 OR schied von vornherein aus, weil die Gewerkschaften nicht im Interesse der Arbeitgeber tätig geworden waren und letztere die Verpflichtung bestritten hatten (BGE a. a. O., Seite 25 sub 4). 373 A. a. O., Seite 26 sub 6: „Les conditions de l’art. 423 CO étant remplies et ces conditions étant identiques pour les deux alinéas qui visent la même hypothèse, les recourantes peuvent en principe, conformément à l’art. 423 al. 2 CO, exiger d’être indemnisées à concurrence de l’enrichissement des intimées, c’est-à-dire des versements qu’elles ont faits et qui ont éteint la dette de ces dernières . . .“ – „Da die Voraussetzungen des Art. 423 OR erfüllt sind und gleichlautend in dessen beiden Absätzen die gleiche Bedingung setzen, können die Berufungskläger im Prinzip und in Übereinstimmung mit Art. 423 Abs. 2 OR verlangen, bis zum Betrag („à concurrence“) einer Bereicherung der Berufungsbeklagten entschädigt zu werden, das heißt 370

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zessionsähnliche Wirkung entfaltet; die Zulässigkeit einer Subrogation374 bestimmt sich indessen abschließend nach Art. 110 OR.375 Um gegen die Arbeitgeber vorgehen zu können, hätten sich die Gewerkschaften die Ansprüche ihrer Mitglieder abtreten lassen müssen. (b) Deutet man das Schweigen des Schuldners nicht als Genehmigung im Sinne des Art. 424 OR, so wird die Verpflichtung des befreiten Schuldners gegenüber dem Dritten zumindest aus dem Gesichtspunkt des „subsidiären“ Bereicherungsanspruchs bejaht.376 Der Kondiktionsanspruch des Dritten soll freilich nach überlieferter römischer Rechtsauffassung377 nur durchdringen, wenn und soweit die bezahlte Schuld zu Recht bestand, also weder mit Einwendungen noch Einreden behaftet war. Diese Einschränkung dürfte indessen auch für einen Anspruch aus vertragloser Geschäftsführung gelten: Hätte der Schuldner die Erfüllung der Verbindlichkeit verweigern dürfen, stellt sich die Leistung des Dritten nicht als „notwendige“ oder „nützliche Verwendung“ im Sinne des Art. 422 Abs. 1 OR dar.

Der Schuldner kann den Ausgleichsanspruch des Dritten, der eine durchsetzbare Schuld für ihn tilgt, nur mit der von ihm zu beweisenden Behauptung verweigern, die Leistung sei ihm schenkungshalber zugewendet worden.378 Dieser Einwand soll ihm freilich abgeschnitten sein, wenn er dem für die von ihnen geleisteten Zahlungen, welche die Verbindlichkeit der Berufungsbeklagten tilgten . . .“. 374 Der Begriff „subrogare“ ist zu übersetzen mit „sich an jemandes Stelle setzen“; vgl. Heumann/Seckel, Handlexikon zu den Quellen des römischen Rechts, 9. Auflage (1907). 375 Zutreffend Hofstetter, Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins, Band 100 (1964), Seite 221, 247. Siehe dazu auch BGE 86 II, Seite 18, 24. 376 In diesem Sinne bereits BGE 19 II, Seite 843 (1893); siehe auch BGE 86 II, Seite 18, 26 f. (1960) sowie Berner Kommentar/Gautschi, Vorbem. Art. 419 OR Rdnr. 12a. 377 Berner Kommentar/Gautschi, Vorbem. Art. 423 Rdnr. 28e, verweist auf die Digestenstelle 3. 5. 42., die lautet (nach Behrend/Knütel/Kupisch/Seiler, a. a. O.): „Cum pecuniam eius nomine solveres, qui tibi nihil mandavarat, negotiorum gestorum actio tibi competit, cum ea solutione debitor a creditore liberatus sit: nisi si quid debitoris interfuit eam pecuniam non solvi.“ – „Wenn du Geld im Namen desjenigen gezahlt hast, der dir keinen Auftrag erteilt hatte, steht dir die Geschäftsführungsklage zu, weil durch diese Zahlung der Schuldner dem Gläubiger gegenüber befreit wurde, es sei denn, der Schuldner hatte irgendein Interesse daran, dass dieses Geld nicht gezahlt wurde.“ 378 Berner Kommentar/Gautschi, Vorbem. Art. 419 OR Rdnr. 28c (vgl. auch § 685 BGB). Eine unentgeltliche Zuwendung bejahte das Bundesgericht in einer Entscheidung aus dem Jahre 1929 (BGE 55 II, Seite 262): Der Kläger hatte seiner Nichte über viele Jahre hinweg Unterhalt gewährt, ohne von den Eltern des Kindes, den Beklagten, einen Ausgleich zu verlangen. Das Gericht versagte – bezogen auf einen bestimmten Zeitraum – den mit der Klage erhobenen und in der Berufungsinstanz aufrechterhaltenen Rückgriffsanspruch. Zur Begründung führte es aus, der Kläger und

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

Dritten beharrlich die Einmischung in das Schuldverhältnis untersage. In diesem Falle gebe er zu erkennen, dass er das ihm offerierte „Geschenk“ nicht annehmen wolle; demzufolge müsse er die bei ihm eingetretene Bereicherung ausgleichen (!).379 (c) Damit ist festzustellen: Im Falle der Tilgung fremder Verbindlichkeiten ist der Schuldner gegenüber dem Dritten stets zum Ausgleich der eingetretenen Befreiung verpflichtet, sei es aus dem Gesichtspunkt der vertraglosen Geschäftsführung, sei es kraft eines subsidiären Bereicherungsanspruchs. Die Erstattungspflicht entfällt nur, sofern ihm der Beweis gelingt, dass ihm der Dritte den Vorteil der Schuldbefreiung unentgeltlich zuwenden wollte. Sanktioniert das schweizerische Recht mithin keiner Weise den Umstand, dass sich jemand gegen den Willen des Verpflichteten in fremde Schuldverhältnisse eindrängt, so ist die knappe Behauptung gestattet: In dem hier behandelten Bereich gewährt das Obligationenrecht keinerlei Aufdrängungsschutz. Abschließend ist darauf aufmerksam zu machen, dass die Leistung durch einen Gesamtschuldner („Solidarschuldner“, Art. 143 ff. OR) als Tilgung einer (auch) fremden Schuld und damit als Sonderfall der vertraglosen Geschäftsführung gedeutet wird.380 Der leistende Solidarschuldner mischt sich indessen nicht in fremde Angelegenheiten ein, sondern erfüllt eine ihm auferlegte Verbindlichkeit. Die Vermögenssphäre des Mitschuldners wird lediglich „reflexartig“ berührt. Das Bestreben einer seine Frau hätten über mehrere Jahre hinweg ihre nächsten Verwandten, mithin auch den Eltern ihrer Nichte, unentgeltlich unterstützen wollen (vgl. § 685 Abs. 2 BGB). Wörtlich führt das Gericht aus (a. a. O., Seite 264): „Puis, s’étant attachés à l’enfant, ils l’ont élevée et instruite, sans réclamer ni pension, ni subsides aux parents. Le demandeur s’est comporté comme s’il était le père de sa nièce, prenant toutes décisions de son propre chef, sans en référer à son beau-frère. Dans ces circonstances, il y a lieu de se rallier à l’opinion de la Cour civile d’après laquelle, dans la première période, le demandeur a accompli une libéralité en entretenant, élevant et instruisant sa nièce, à ses propres frais . . . D’où il suit qu’il n’est pas fondé à réclamer après coup le remboursement de ses dépenses.“ – „Nachdem sie (ich ergänze: der Kläger und seine Frau) das Kind bei sich aufgenommen hatten, haben sie es erzogen und ihm eine Schulbildung angedeihen lassen, ohne von den Eltern ein Kostgeld oder einen Zuschuss zu verlangen. Der Kläger verhielt sich, als sei es der Vater seiner Nichte; er fällte alle Entscheidungen in eigener Verantwortung, ohne seinen Schwager zu benachrichtigen. Unter diesen Umständen ist es geboten, sich der Auffassung der Cour civile anzuschließen, wonach der Kläger in dieser ersten Zeit seine Nichte freigiebig und auf eigene Kosten unterstützte, erzog und ausbilden ließ . . . Daraus folgt, dass er nicht berechtigt ist, im nachhinein die Erstattung seiner Auslagen zu verlangen.“ Aus ähnlichen Erwägungen versagte das Bundesgericht einen Ausgleichsanspruch in der Entscheidung BGE 16, Seite 805 aus dem Jahre 1890. 379 Berner Kommentar/Gautschi, Vorbem. Art. 419 OR Rdnr. 28c. 380 In diesem Sinne ausdrücklich ein Urteil des Bundesgerichts aus dem Jahre 1940 (BGE 66 II, Seite 123, 127) sowie Berner Kommentar/Gautschi, Art. 419 OR Rdnr. 6b.

3. Der Aufdrängungsschutz im schweizerischen Recht

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gerechten Lastenverteilung unter mehreren Verpflichteten rechtfertigt den Rückgriff des leistenden Schuldners kraft des gesetzlichen Schuldverhältnisses aus Art. 148 Abs. 1 OR (im deutschen Recht aus § 426 Abs. 1 Satz 2 BGB).

c) Die Abwehr aufgedrängter Verwendungen im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis aa) Die Systematik des Interessenausgleichs zwischen dem Besitzer und dem Eigentümer (a) Das schweizerische Eigentümer-Besitzer-Verhältnis weist im Vergleich mit dem deutschen Recht zahlreiche Ähnlichkeiten, aber auch einige Besonderheiten auf.381 Der Herausgabeanspruch des Eigentümers gegen den Besitzer ist eingangs des Sachenrechts in Art. 641 Abs. 2 ZGB geregelt.382 Die Vorschriften über Nutzungs-, Verwendungs- und Schadensersatzansprüche sind in den Bestimmungen der Artt. 938 bis 940 ZGB enthalten, wobei das Gesetz zwischen Gut- und Bösgläubigkeit des Besitzers unterscheidet.383 Der gutgläubige Besitzer384 wird – nicht anders als nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch – hinsichtlich seiner Verantwortung gegenüber dem Eigentümer privilegiert385, wobei seine Entlastung in noch weiterem Umfang als nach deutschem Recht anerkannt ist.386 381 Zum Anspruch des Besitzers auf Ersatz von Verwendungen im schweizerischen Recht siehe auch Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 2, Seite 45 f. Rdnr. 81 ff. 382 Art. 641 ZGB lautet: „(1) Wer Eigentümer einer Sache ist, kann in den Schranken der Rechtsordnung über sie nach seinem Belieben verfügen. (2) Er hat das Recht, sie von jedem, der sie ihm vorenthält, herauszuverlangen und jede ungerechtfertigte Einwirkung abzuwehren.“ 383 Artt. 938 ff. ZGB sind sowohl auf den Herausgabeanspruch aus Besitzesrecht als auch auf die Vindikation anzuwenden; vgl. Schaufelberger, a. a. O., Seite 107 m. w. N. in Fußnote 214. 384 „Gutgläubig“ ist nach schweizerischem Recht derjenige, dessen Irrtum über das Bestehen seines Besitzrechts entschuldbar erscheint. Dies ist zu verneinen, wenn er bei der Aufmerksamkeit, wie sie den Umständen nach verlangt werden darf, den Mangel seines Besitzrechts nicht verkennen konnte (BGE 54 II, Seite 246, 248 [1929]). 385 Art. 938 ZGB lautet: „(1) Wer eine Sache in gutem Glauben besitzt, wird dadurch, dass er sie seinem vermuteten Rechte gemäss gebraucht und nutzt, dem Berechtigten nicht ersatzpflichtig. (2) Was hierbei untergeht oder Schaden leidet, braucht er nicht zu ersetzen.“ Siehe dazu im Einzelnen Berner Kommentar/Stark, Vorbem. Art. 938–940 ZGB Rdnr. 5f. 386 Vgl. dazu BGE 71 II, Seite 90, 97 (1945), wonach der gutgläubige (Zwischen-) Besitzer nach Art. 938 ZGB in allem zu schützen sei, was ihm „die Sachen

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

Gesonderte Bestimmungen enthält das Zivilgesetzbuch über den Bau auf fremdem Boden, Artt. 671 bis 673 ZGB. Diese Bestimmungen setzen indessen nicht voraus, dass derjenige, der die fremde Immobilie bebaut, auch die Sachherrschaft an ihr ausübt. Die angeführten Vorschriften sind insofern mit den Regelungen der §§ 946 ff. BGB zu vergleichen.387 Im Unterschied zum deutschen Recht enthält das Zivilgesetzbuch auch an dieser Stelle verschiedene Vorschriften, die den Aufdrängungsschutz behandeln. Ist beispielsweise der Bau gegen den Willen des Grundeigentümers errichtet worden, so kann dieser von dem Bauenden die Trennung des Materials verlangen, sofern sie ohne unverhältnismäßige Schädigung möglich ist, Art. 671 Abs. 2 ZGB.

(b) Bezogen auf den Ersatz von Verwendungen unterscheidet die schweizerische Doktrin – ebenso wie die deutsche – zwischen notwendigen, nützlichen und sonstigen („luxuriösen“) Verwendungen. Als „nützlich“ werden freiwilligen Leistungen verstanden, die, ohne notwendig zu sein, nach den Grundsätzen einer umsichtigen Bewirtschaftung zum Vorteil der Sache, insbesondere zur Steigerung ihres Wertes oder Ertrages, gemacht werden.388 Im Gegensatz zur Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofs389 und in Abweichung von zahlreichen Stimmen des deutschen Schrifttums390 können darunter auch solche Vermögensopfer verstanden werden, die zu einer grundlegenden Umgestaltung der Sache führen. (1) Nach Art. 939 Abs. 1 ZGB kann der gutgläubige Besitzer die notwendigen und nützlichen Verwendungen ersetzt verlangen, und zwar unabhängig davon, ob im Zeitpunkt der Rückgabe der Sache noch eine auf die Verwendung zurückzuführende Werterhöhung festzustellen ist. an Vorteil boten, sei es zufolge Gebrauchs, Vermietung oder anderer Nutzung oder auch ganzen oder teilweisen Verbrauchs. Es ist darnach gleichgültig, ob demzufolge beim Beklagten (d.h. beim ursprünglichen Besitzer) eine fortbestehende Bereicherung eingetreten ist.“ In diesem Sinne auch Schaufelberger, a. a. O., Seite 109 m. w. N. in Fußnote 229. Nach deutschem Verständnis kann die „Ausschlusswirkung“ der §§ 987 ff. BGB demgegenüber nur so weit reichen, wie diese Bestimmungen einen Regelungsgehalt aufweisen. In deutlicher Abweichung vom schweizerischen Recht kommen bereicherungsrechtliche Ansprüche gegen den gutgläubigen Besitzer in Betracht, wenn es um die Rechte des Eigentümers auf Wertersatz wegen Verbrauchs der Sache (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2 BGB) geht (Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 987–993 Rdnr. 39 m. w. N.). Zum schweizerischen Recht (kritisch) Stark im Berner Kommentar, Art. 938 ZGB Rdnr. 18 mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 387 Zu Ähnlichkeiten und Unterschieden vgl. etwa BGE 99 II, Seite 131, 136 ff. 388 Berner Kommentar/Stark, Art. 939 ZGB Rdnr. 10. 389 Grundlegend für das deutsche Recht BGHZ 41, Seite 157 (sog. Grindelhochhaus-Fall; siehe dazu oben II. 2. b., Seite 36). 390 Zum sog. engen Verwendungsbegriff siehe beispielsweise (ablehnend) Palandt/ Bassenge, 62. Auflage, § 994 Rdnr. 4 m. w. N. sowie im Einzelnen unten V. 2. c) aa) (b) (1) und (2), Seite 479 ff.

3. Der Aufdrängungsschutz im schweizerischen Recht

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Die angeführte Bestimmung lautet: „Verlangt der Berechtigte die Auslieferung der Sache, so kann der gutgläubige Besitzer für die notwendigen und nützlichen Verwendungen Ersatz beanspruchen und die Auslieferung bis zur Ersatzleistung verweigern.“

Wegen anderer als notwendiger oder nützlicher Verwendungen ist dem Besitzer ein Wegnahmerecht eingeräumt, sofern es ohne Beschädigung der Sache ausgeübt werden kann, Art. 939 Abs. 1 Satz 2 ZGB. Wegen des darüber hinausgehenden Ersatzanspruchs genießt der gutgläubige Besitzer eine im Vergleich zur Regelung des § 996 BGB großzügige Behandlung: Sein Anspruch auf Ersatz der nützlichen Verwendungen ist nicht auf den bei Wiedererlangung der Sache vorhandenen Wertzuwachs beschränkt.391 (2) Um den Interessenausgleich zwischen dem gutgläubigen Besitzer und dem Eigentümer nach schweizerischem Recht zu veranschaulichen, greife ich einen Sachverhalt auf, mit dem sich das Bundesgericht im Jahre 1928392 zu befassen hatte: Die Parteien des Rechtsstreits schlossen am 21. Januar 1924 einen Kaufvertrag über ein Grundstück, auf dem bis zu diesem Zeitpunkt eine Metzgerei betrieben wurde. Am 1. März desselben Jahres wurde die Immobilie an die Käufer übergeben. Bereits zwei Tage später stellte der Verkäufer unter Hinweis auf die Ungültigkeit des Kaufvertrags beim Kreisamt den Antrag, den Käufern durch „Amtsbefehl“ jegliche bauliche Änderung zu untersagen: Er behauptete, den Kaufvertrag unter einer Bedingung geschlossen zu haben, die nicht eingetreten sei. Der Antrag wurde umgehend zurückgewiesen. In der Folgezeit richteten die Käufer auf der Liegenschaft eine Schlosserwerkstatt ein und errichteten einen Schopf393, dessen Wert mit 2.500 SFr zu veranschlagen war. Der Verkäufer machte zwischenzeitlich die Ungültigkeit des Kaufvertrag gerichtlich geltend und bekam in der zweiten Instanz durch Urteil vom 3. April 1925 Recht. Zu diesem Zeitpunkt waren die Umbau- und Ausbauarbeiten auf dem Grundstück weitgehend abgeschlossen. Am 14. Oktober 1925 räumten die Käufer das Grundstück; das Bundesgericht hatte über etwaige Verwendungsansprüche der Käufer zu entscheiden. Da es von der Gutgläubigkeit der Käufer bis zum 3. April 1925 ausging394, bejahte es einen Ersatzanspruch auch im Hinblick auf den Schopf im Wert von 2.500 SFr: Es handele sich um eine nützliche Verwendung. 391 392 393

Berner Kommentar/Stark, Art. 939 ZGB Rdnr. 10 m. w. N. BGE 54 II, Seite 246 (1928). In hochdeutscher Ausdrucksweise einen Holzverschlag oder hölzernen Schup-

pen. 394 Zur Definition der Gutgläubigkeit siehe Fußnote 384. Im Gegensatz zum deutschen Recht löst die Rechtshängigkeit keine verschärfte Haftung des Besitzers aus; vgl. Stark im Berner Kommentar, a. a. O., Vorbem. Art. 938–940 ZGB Rdnr. 27.

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

Das Bundesgericht erörterte nicht die Frage, ob der Schopf – gemessen an der ursprünglichen Nutzung des Grundstücks für einen Metzgereibetrieb – eine „sachverändernde“ Verwendung darstellte, für die das deutsche Recht nach Auffassung des Bundesgerichtshofs395 keinen Wertausgleich nach § 996 BGB gewährt. Das Schweigen des Gerichts gestattet den Schluss, dass das schweizerische Recht kraft eines weit gefassten Verwendungsbegriffs den Schutz des Eigentümers vor einer aufgedrängten Bereicherung zurücktreten lässt, sofern Verwendungen eines gutgläubigen Besitzers in Rede stehen. (3) Der bösgläubige Besitzer ist demgenüber lediglich berechtigt, den Ausgleich notwendiger Verwendungen zu verlangen, Art. 940 Abs. 2 ZGB. Die Vorschrift lautet: „Für Verwendungen hat er (ich ergänze: der bösgläubige Besitzer) eine Forderung nur, wenn solche auch für den Berechtigten notwendig gewesen wären.“

Bemerkenswert ist insoweit, dass das Zivilgesetzbuch auf die feinsinnige Unterscheidung verzichtet, ob die Erhaltung bzw. ordnungsgemäße Bewirtschaftung dem Willen und Interesse des Eigentümers entsprach oder ob dies nicht der Fall war. Nach der Regelung des § 994 Abs. 2 BGB hängt von dieser Differenzierung ab, ob der Eigentümer die notwendigen Investitionen des Besitzers in vollem Umfang zu erstatten hat (§§ 994 Abs. 2, 683 Satz 1, 670 BGB) oder ob er nur gehalten ist, den (im Zeitpunkt der Herausgabe noch vorhandenen) Wertzuwachs auszugleichen (§§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1, 812 BGB). Das schweizerische Recht enthält in diesem Punkt eine kompromisslosere Regelung: Wären die Investitionen seitens des Eigentümers unterblieben, so kann der Besitzer weder den Ersatz der von ihm getätigten Aufwendungen begehren noch steht ihm ein Wegnahmerecht zu.396 Die Notwendigkeit einer Verwendung wird – abweichend von der deutschen Betrachtungsweise397 – nicht so sehr auf die Sache als vielmehr auf die Person des Berechtigten bezogen. Dementsprechend heißt es bei Emil W. Stark398: „Eine Verwendung kann für den bösgläubigen Besitzer notwendig gewesen sein, ohne dass dies auch für den Berechtigten zutrifft.“

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Siehe Fußnoten 389 und 390 dieses Abschnitts. Das Wegnahmerecht besteht zumindest nach überwiegender Ansicht nicht; siehe Berner Kommentar/Stark, Art. 940 ZGB Rdnr. 31 m. w. N. 397 Siehe dazu unten V. 2. c) aa) (a), Seite 473. 398 Berner Kommentar, Art. 940 ZGB Rdnr. 30. 396

3. Der Aufdrängungsschutz im schweizerischen Recht

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bb) Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis als „Sonderfall“ der „Geschäftsführung ohne Auftrag“? „Die in Art. 938 ZGB geregelte gutgläubige Ausübung eines vermuteten Rechts an einer fremden Sache bildet“, so liest man bei Gautschi399, „jedenfalls objektiv einen Eingriff in fremdes Vermögensrecht . . . Sie ist objektiv der vertraglosen Geschäftsführung zuzurechnen, auch wenn sie das positive Recht einer Sonderbehandlung unterwirft.“ Die hier vorgenommene Einordnung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses verblüfft insofern nicht, als nach der Auffassung von Gautschi die Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag keinen Fremdgeschäftsführungswillen voraussetzen und auch die irrtümliche Eigengeschäftsführung erfassen. Die Vorrangigkeit des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses erklärt Gautschi aus der „Besonderheit des schweizerischen Sachenrechts“, welches durch den ausgedehnten Schutz des guten Glaubens geprägt sei.400 Demzufolge sollen die Regeln des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses als leges speciales die Bestimmungen der Artt. 419 ff. OR verdrängen.401 Diese Sichtweise ist für das deutsche Recht abzulehnen, weil – lässt man einmal die Vorschrift des § 687 Abs. 2 BGB außer Betracht – alle Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag ein Handeln des Geschäftsführers mit Fremdgeschäftsführungswillen voraussetzen, während die Regeln des Eigentümer-BesitzerVerhältnisses demgegenüber auch und vor allem den Eigenbesitzer betreffen. Darüber hinaus gebieten die §§ 677 ff. BGB, dass der Geschäftsführer sein Handeln am Willen und Interesse des Geschäftsherrn ausrichtet (vgl. § 677, 681 Satz 1, 678 BGB), wohingegen die §§ 994 ff. BGB die Ersatzpflicht des Eigentümers – abgesehen von der Regelung über Verwendungen des bösgläubigen Besitzers (§§ 994 Abs. 2, 683 Satz 1, 670 BGB) – an eine unwiderlegbar vermutete Bereicherung des Eigentümers wegen einer Geschäftsführung (§ 994 Abs. 1 BGB) oder an einen objektiven Wertzuwachs als deren Ergebnis binden (§§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1; 996 BGB).402 Indessen sind die Ausführungen Gautschis nicht ohne Gewinn für das deutsche Recht: Sie weisen darauf hin, dass bei der Vornahme von Verwendungen durch den Besitzer die Bereicherung des Eigentümers darin besteht, in den Genuss einer Geschäftsbesorgung zu kommen, die der Eigentümer im Falle der Erteilung eines Auftrags (§§ 662 ff. BGB) an den Besitzer mit ihrem Wert, d.h. den ersparten Aufwendungen, hätte ausgleichen müssen (§ 818 Abs. 2, 1. Fall BGB).

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Berner Kommentar, Art. 420 OR Rdnr. 15a. Siehe die vorstehende Fußnote. 401 Berner Kommentar/Gautschi, Vorbem. Art. 419 OR Rdnr. 13a und b; ebenso – freilich ohne Begründung – Honsell, Schweizerisches Obligationenrecht, § 24 VI 2 (siehe bereits Fußnote 32 des Abschnitts I.). 402 Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. c) bb) (a), Seite 487 ff. und V. 2. c) bb) (b), Seite 505 ff. 400

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

d) Der Schutz vor „aufgedrängter Entreicherung“ durch das Kondiktionsrecht Das schweizerische Bereicherungsrecht, geregelt in Artt. 62 ff. OR, deckt sich im Wesentlichen mit dem deutschen Kondiktionsrecht, obgleich sich die angeführten Vorschriften fast ausschließlich an den gemeinrechtlichen Typen der Leistungskondiktion orientieren.403 Insbesondere ist die Haftung des gutgläubigen Kondiktionsschuldners nach Art. 64 OR auf die im Zeitpunkt der Rückforderung noch vorhandene Bereicherung beschränkt: Der gutgläubige Schuldner soll nach der Rückerstattung nicht schlechter gestellt sein, als er stünde, wäre ihm der Vorteil nie zugeflossen.404 aa) Die Vorschrift des Art. 65 OR regelt den Ersatzanspruch desjenigen, der Verwendungen für die rechtsgrundlos erworbene und demzufolge herauszugebende Sache gemacht hat.405 Da nach der Lehre von der „kausalen“ Eigentumsübertragung406 bei der Rückabwicklung nichtiger Schuldverträge die Herausgabe der Sache stets aus dem Gesichtspunkt der Vindikation verlangt werden kann, ist die Bestimmung des Art. 65 OR nahezu bedeutungslos.407 Nach schweizerischer Auffassung sind die Voraussetzungen für eine Bereicherungsklage neben der Vindikation als dem stärkeren Rechtsbehelf zu verneinen: Weder sei der Besitzer „bereichert“408 noch habe das Vermögen des herausgabeberechtigten Eigentümers durch den Verlust der Sach403 Siehe Aebli, a. a. O., Seite 3 ff.; Weber, Zeitschrift für Schweizerisches Recht 1992, Seite 333, 347. Einen knappen Überblick über das schweizerische Kondiktionsrecht vermitteln beispielsweise Guhl/Koller/Druey, a. a. O., §§ 27, 28 sowie Bucher, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil ohne Deliktsrecht, § 34 I, Seite 596 ff. Das römisch-rechtliche Vorbild der einzelnen Leistungskondiktionen im schweizerischen Obligationenrecht wird auch in dem Werk von Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 27 Rdnr. 39, bejaht. 404 Schulin im Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Art. 64 Rdnr. 1; BGE 82 II, Seite 430, 439 sub b (1956); BGE 106 II, Seite 36, 41 sub 4 (1980). 405 Die (bereits oben unter IV. 3., Seite 289 angeführte) Bestimmung lautet: „(1) Der Empfänger hat Anspruch auf Ersatz der notwendigen und nützlichen Verwendungen, für letztere jedoch, wenn er beim Empfange nicht in gutem Glauben war, nur bis zum Betrage des zur Zeit der Rückerstattung noch vorhandenen Mehrwertes. (2) Für andere Verwendungen kann er keinen Ersatz verlangen, darf aber, wenn ihm ein solcher nicht angeboten wird, vor der Rückgabe der Sache, was er verwendet hat, wieder wegnehmen, soweit dies ohne Beschädigung der Sache selbst geschehen kann.“ 406 Siehe dazu bereits oben Fußnote 304 dieses Abschnitts. 407 Bucher, a. a. O., § 34 VII 7. Eine Ausnahme bildet der Eigentumserwerb an fremden Sachen durch Vermischung, Art. 727 ZGB; v. Tuhr/Siegwart/Peter führen als Beispiel den fehlgeschlagenen Tauschvertrag an (a. a. O., Seite 513). Auf die geringe praktische Bedeutung des Art. 65 OR weist auch Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 381 Rdnr. 515, hin.

3. Der Aufdrängungsschutz im schweizerischen Recht

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herrschaft eine „grundlose Verminderung“ erfahren.409 Die Bereicherungsklage, sofern sie sich nur auf den Besitz bezieht, sei im Verhältnis zur Vindikation „subsidiär“.410

Die Vorschrift des Art. 65 OR steht mit Art. 939 ZGB insofern in Einklang, als der Bereicherungsschuldner – nicht anders als der unrechtmäßige Besitzer – dem Herausgabebegehren nicht die sog. „impensae voluptariae“ (die „luxuriösen“ Verwendungen) entgegenzuhalten vermag.411 Diese Regelung halten Teile des Schrifttums für kaum vereinbar mit dem in Art. 64 OR verankerten Grundsatz, dass dem Bereicherungsschuldner kraft seiner Pflicht zur Rückerstattung keine Vermögensnachteile entstehen dürfen.412 Im Detail weisen die angeführten Regelungen allerdings nicht unerhebliche Unterschiede auf413: Während der bösgläubige Besitzer vom Eigentümer lediglich notwendige Verwendungen erstattet verlangen kann (Art. 940 Abs. 2 ZGB), vermag der bösgläubige Kondiktionsschuldner nach Art. 65 OR für nützliche Verwendungen insoweit Ersatz zu beanspruchen, als im Zeitpunkt der Rückgabe der Sache noch ein Mehrwert vorhanden ist. Außerdem steht dem bösgläubigen Kondiktionsschuldner im Hinblick auf die sog. „impensae voluptariae“ ein Wegnahmerecht zu. Er ist also bei ungerechtfertiger Bereicherung besser gestellt als bei der Vindikation. Das Schrifttum hält diese Ungleichbehandlung gleichwohl für gerechtfertigt, weil der Kondiktionsschuldner aus sachenrechtlicher Sicht als Berechtigter handele.414 408 Guhl/Koller/Druey, a. a. O., § 28 I 3, Seite 210; a. A. – der bloße Besitz sei ein ökonomisches Gut – Aebli, a. a. O., Seite 14. 409 Guhl/Koller/Druey, a. a. O., § 28 I 3, Seite 204 und 210; Schulin im Kommentar zum Schweiz. Privatrecht, Art. 62 Rdnr. 75 i.V. m. Art. 64 Rdnr. 3; Schaufelberger, a. a. O., Seite 50 f., 58 f. sowie v. Tuhr/Siegwart/Peter, Seite 521 und 512. A. A. – wohl für den Vorrang der Kondiktion im Falle der Besitzübertragung – Aebli, a. a. O., Seite 13. 410 BGE 19 II, Seite 300, 302 (1893); Weber im Kommentar zum Schweiz. Privatrecht, Art. 421 Rdnr. 4; BGE 84 II, Seite 369, 378 (Artt. 938 ff. ZGB als „règlementation spéciale“ im Verhältnis zu Artt. 62 ff. OR) siehe auch Schaufelberger, a. a. O., Seite 16 m. w. N., der sich mit zutreffender Argumentation gegen den Begriff der „Subsidiarität“ wendet (Seite 17). 411 Vgl. dazu v. Tuhr/Siegwart/Peter, a. a. O., Seite 504 f. 412 v. Tuhr/Siegwart/Peter, a. a. O., Seite 505 Fußnote 28 m. w. N.; kritisch auch BGE 73 II, Seite 108, 110. 413 Die Einzelheiten des Ersatzes von Verwendungen sind auch bei Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 381 f. Rdnr. 516 bis 518, dargestellt. 414 Berner Kommentar/Stark, Art. 940 Rdnr. 32. Der Kommentator erklärt an dieser Stelle nicht die Unklarheit, in welchen Sachverhalten ein unrechtmäßiger Besitzer die Rückgabe aus ungerechtfertigter Bereicherung schuldet: Hier steht dem Eigentümer doch stets die „vorrangige“ Vindikation zur Verfügung!

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

Die Regelung des Art. 65 OR ist Ausdruck einer vom deutschen Bereicherungsrecht abweichenden Lastenverteilung: Das Risiko der Vornahme „luxuriöser“ Verwendungen trifft den Erwerber und Kondiktionsschuldner, weshalb dieser, auch wenn er „in guten Treuen“ war, dem Bereicherungsgläubiger die eigenen Vermögensopfer nur bei Notwendigkeit und Nützlichkeit des Aufwandes überbürden kann.415 Wie beim Hauptanspruch, so die Auffassung des Gesetzgebers, müsse auch beim Gegenanspruch die loyale Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen die Richtschnur für die Erstattung von Verwendungen bilden.416 bb) Sofern die Zahlung fremder Schulden nicht nur als auftraglose Geschäftsführung seitens des Dritten, sondern auch als ungerechtfertigte Bereicherung des Schuldners bewertet wird417, ist ein Ausgleichsanspruch des intervenierenden Dritten nicht zweifelhaft. Die mit der Tilgung verbundene – möglicherweise unerwünschte – Einmischung in die Angelegenheiten des Schuldners bleibt außer Betracht.418 e) Zusammenfassende Würdigung des schweizerischen Rechts Wer sich als deutscher Jurist in das schweizerische Zivilrecht, geregelt im Zivilgesetzbuch von 1907/1996 und dem Obligationenrecht von 1884/1994, vertieft, darf eine weitgehende systematische und inhaltliche Übereinstimmung mit den eigenen Institutionen feststellen. Auch diese sich auf die Pandektenwissenschaft aufbauenden Gesetzbücher verwirklichen durch möglichste Geschlossenheit ihres Aufbaus und die begriffliche Ausformung ihrer Institutionen das Ideal des wissenschaftlichen Gesetzespositivismus.419 Das will besagen: Die geschriebene Rechtsordnung ist, soweit tunlich, lückenlos und begrifflich fassbar420, sie hat daher die Autorität, die Rechtsprechung auf eine „wissenschaftliche“ Rechtsanwendung zu verpflichten, die sich durch Subsumtion der Sachverhalte unter die Rechtssätze vollzieht. Die in dieser Untersuchung zu beantwortende Frage der aufgedrängten Bereicherung behandelt das schweizerische Recht in der Regelung der 415

Berner Kommentar/Becker, Art. 65 Rdnr. 3. Berner Kommentar/Becker, a. a. O., Art. 65 Rdnr. 6. 417 Siehe dazu oben IV. 3. b) dd) (b), Seite 307. 418 v. Tuhr/Siegwart/Peter, a. a. O., Seite 474 Fußnote 13; Berner Kommentar/ Becker, Art. 63 OR Rdnr. 7; Schaufelberger, a. a. O., Seite 61 Fußnote 189. 419 Ich beziehe mich auf die treffende Würdigung durch Wieacker, a. a. O., § 26 I 3a, Seite 491. 420 Vgl. Art. 102 OR: „Ist eine Verbindlichkeit fällig, so wird der Schuldner durch Mahnung des Gläubigers in Verzug gesetzt“ mit § 284 Abs. 1 Satz 1 BGB: „Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritte der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug“. 416

3. Der Aufdrängungsschutz im schweizerischen Recht

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rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisse, beispielsweise der Miete (Art. 260a OR), sowie den kraft Gesetzes begründeten Institutionen der Geschäftsführung ohne Auftrag (Artt. 419 ff. OR), der Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (Artt. 62 ff. OR) und dem Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer (Artt. 938 ff. ZGB), allerdings mit einer nur auf den ersten Blick überraschenden Abweichung: der Regelung der schuldrechtlichen Verhältnisse in einem gesonderten „Fünften Teil des Zivilgesetzbuchs“, betitelt „Das Obligationenrecht“421. Im Hinblick auf den Schutz vor aufgedrängten Bereicherungen hinterlässt die Auseinandersetzung mit dem schweizerischen Recht einen zwiespältigen Eindruck: Nach dem Wortlaut seiner Normen trägt es der Dispositionsfreiheit des Vertragspartners, etwa des Vermieters oder Verleihers, des Geschäftsherrn einer unberufenen Geschäftsführung und des Gläubigers eines Bereicherungsanspruchs mit klaren Wendungen Rechnung: Beispielsweise werden Verwendungen des Mieters außerhalb der Beseitigung von Mängeln der Mietsache (Art. 259b Abs. 3 OR) nur erstattet, wenn ihnen der Vermieter schriftlich zugestimmt hatte (Art. 260a OR)422; ein bösgläubiger Geschäftsführer ohne Auftrag, der sich über das Interesse oder den Willen des Geschäftsherrn hinweggesetzte, hat nach dem Buchstaben des Gesetzes keinen Anspruch auf Entschädigung, sondern nur ein Recht auf Wegnahme des (trennbaren) Verwendungserfolges (Art. 422 Abs. 3 OR)423; Verwendungen eines Bereicherungsschuldners sind nur ausgleichsfähig, sofern sie notwendig oder für den Bereicherungsgläubiger nützlich waren (Art. 65 OR), und der bösgläubige Besitzer darf dem Herausgabeanspruch des Eigentümers nur notwendige Verwendungen auf die Sache (einredeweise) entgegensetzen (Art. 940 Abs. 2 ZGB). Die Regelungen des Zivilgesetzbuches und des Obligationenrechts, insbesondere die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag, tragen also der Dispositionsfreiheit des Geschäftsherrn, des Eigentümers und des Bereicherungsgläubigers mit klaren Wendungen Rechnung. Auf der anderen Seite schwächt die Literatur den Aufdrängungsschutz durch die unreflektierte Gewährung „subsidiärer“ Bereicherungsansprüche zugunsten des bösgläubigen Geschäftsführers ohne Auftrag.424 Dies zeigt 421 Die Behandlung des bürgerlichen Rechts in zwei Gesetzbüchern (siehe dazu oben Fußnoten 279 und 281) geht auf die verschiedenen Zeitpunkte der Entstehung und der späteren Novellierungen zurück: der des Obligationrechts zwischen 1884 bis 1994, der des Zivilgesetzbuchs zwischen 1907 bis 1996. 422 Mit einer entsprechenden Regelung für die Pacht (Art. 289a OR); siehe zum Ganzen oben IV. 3. a) bb), Seite 291. 423 Siehe oben IV. 3. b) bb) (c), Seite 297. 424 Siehe oben IV. 3. b) bb) (c), Seite 297 f. (a. E.); IV. 3. b) bb) (d), Seite 298 f. (a. E.) und IV. 3. b) cc) (b), Seite 300 ff. (a. E.).

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

sich in besonderer Deutlichkeit bei der Gewährung von Rückgriffsansprüchen des Herausgabeschuldners kraft ungerechtfertigter Bereicherung, welche die klaren Regelungen der Geschäftsführung ohne Auftrag und des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses anscheinend mühelos überspielen, und bei der ungefragten Tilgung fremder Schulden; ein Rechtsbehelf, der auch die Unterstützung des Schweizerischen Bundesgerichts gefunden hat.425

4. Der unbefriedigende Aufdrängungsschutz im anglo-amerikanischen, französischen und schweizerischen Recht – die wesentliche Erkenntnis Die bisher untersuchten ausländischen Regelungen sind die Frucht von Kodifikationen oder, wie im Fall des Common Law, von Gerichtsentscheidungen, die sich dem Schutz des Empfängers von aufgedrängten Zuwendungen nur tastend zu nähern vermochten, weil sich die klare Erkenntnis der Frage, ihrer systematischen Einordnung und erst recht ihrer Lösung noch nicht eingestellt hat. Diese Unsicherheit erklärt sich nicht zuletzt aus der Schwierigkeit einer klaren Abgrenzung der in Betracht kommenden Ansprüche: Ist es erlaubt, die Versagung des Ausgleichs beispielsweise für denjenigen, der als Geschäftsführer ohne Auftrag ihn nicht angehende Schulden tilgt, durch Gewährung eines „subsidiären“ Bereicherungsanspruchs zu kompensieren? Oder zählen die „liabilities forced upon people behind their backs“ zu den Ausschlussgründen der „restitution“ und nicht, ins Positive gewendet, zu den Merkmalen eines „Quasi Contracts“? Es wird zu prüfen sein, inwieweit sich aus dem österreichischen Recht eine überzeugendere Antwort gewinnen lässt.

5. Der Aufdrängungsschutz im österreichischen Recht a) Die Abwehr einer aufgedrängten Bereicherung als leitendes Prinzip des österreichischen Rechts Aufklärerisches Pathos in Gestalt des Appells, sich nicht zum Vormund seiner Mitmenschen zu machen, leitet das Institut der Geschäftsführung ohne Auftrag des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs vom Jahre 1811 ein.426 Der Referent der „Hofcommission in Gesetzessachen“, Franz 425 Siehe oben IV. 3. b) dd) (a) (2), Seite 306 und IV. 3. b) dd) (b), Seite 307, dort insbesondere Fußnoten 371 und 376. 426 Das Fundament des ABGB in dem Gedankenkreis der Aufklärung betont Swoboda, Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch im Lichte der Lehren Kants,

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v. Zeiller, unterstreicht die prinzipielle Abwehr der Einmischung in einen fremden Rechtskreis mit dem Argument427: „Für jeden Bürger, der die natürliche, allgemeine Fähigkeit, seine Geschäfte zu besorgen, besitzt, streitet die in dem Naturtriebe und der Vernunft begründete Vermutung, daß er das, was ihm nützlich ist, nicht außer acht lassen werde.“ Im Vergleich zu den undeutlichen Regelungen des französischen und des schweizerischen Rechts bringt das ABGB wegen seiner Entschiedenheit, die Ausdruck insbesondere in der Bestimmung des § 1035 ABGB findet, einen Erkenntnisfortschritt für das hier behandelte Thema mit sich. Die angeführte Vorschrift lautet: „Wer weder durch ausdrücklichen oder stillschweigenden Vertrag, noch vom Gerichte, noch aus dem Gesetz die Befugnis erhalten hat, darf der Regel nach sich in das Geschäft eines anderen nicht mengen. Hätte er sich dessen angemaßt, so ist er für alle Folgen verantwortlich.“

Der Grund dieser Aussage, die sich an eine sinngleiche Vorschrift des Preußischen Allgemeinen Landrechts von 1794 und weiter in die Vergangenheit weisend an eine Digestenstelle anlehnt428, ist die Einsicht in den zwiespältigen Charakter einer ungebetenen Hilfeleistung. Denn das Eindringen in den Bereich eines anderen Menschen, mag es auch in guter Absicht geschehen, ist eine Bevormundung, die sich der selbstverantwortliche Bürger – von Notlagen abgesehen – nicht gefallen zu lassen braucht. Sie schafft Abhängigkeiten und kann eine Quelle von Streitigkeiten sein, wenn der Altruismus des Helfers durch die Forderung auf Entschädigung einen berechnenden Zug animmt. In diesem Sinne deutet Franz-Stefan Meissel die Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag zutreffend als Ausdruck einer individualistisch-liberalen Geisteshaltung, die in besonderer Weise das Risiko aufgedrängter Einmischung in fremde Angelegenheiten betonen.429 Seite 14: „Es fußt – obgleich von der absoluten Herrschermacht mit Gesetzeskraft ausgestattet – in seinem ganzen Bau auf den Gedankengängen der Aufklärungszeit, welche die Verfasser als junge Männer durchlebt und deren Ideen sie mit der heißen Empfänglichkeit der Jugend in sich aufgenommen hatten.“ 427 Commentar über das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, Band III/1 (1812), § 316 f. Zur Geschichte des Zeillerschen Entwurfs siehe Meissel, a. a. O., Seite 22 ff. 428 Theil I, Buch 13, § 228: „In der Regel ist Niemand befugt, sich in die Geschäfte eines Andern ohne dessen Auftrag oder ein anderes besonders durch ausdrückliche Gesetze ihm beigelegtes Recht zu mischen.“ (Zitiert nach Koch, Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten, 1. Theil, 2. Band, 4. Auflage [1870]). Dig. 50. 17. 36. Pomp. 27 ad Sab.: „culpa est immiscere se rei ad se non pertinenti.“ – Pomponius im siebenundzwanzigsten Buch zum Edikt des Sabinus: „Es ist ein Verschulden, wenn Jemand sich in eine Sache mischt, welche ihn nichts angeht.“ (zitiert nach Otto/Schilling/Sintenis, a. a. O.; siehe bereits oben III. 1. a) bb), Seite 81 f., dort insbesondere Fußnote 14.

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Die in einer Einmischung liegende Störung der rechtlichen Beziehungen sei an einem Beispiel aus der jüngeren Praxis des österreichischen Obersten Gerichtshofs verdeutlicht: 430 Die siebzehnjährige Tochter des späteren Beklagten nahm im April 1977 an einem Skikurs ihrer Schule teil. „Ihre Eltern nützten“, wie es in dem Urteil heißt, „den Kurs als Gelegenheit zu einem Urlaub in Griechenland, weshalb sie nicht erreichbar waren“. Kurz vor dem Ende des Kurses zog sich die Tochter infolge eines Sturzes einen Drehbruch des rechten Unterschenkels zu. Sie wurde in die Praxis des späteren Klägers in den Ort „O.“ gebracht. Der Kläger war außerdem Leiter eines öffentlichen Krankenhauses und Inhaber einer Privatklinik, beide in „R“ gelegen. In seiner Praxis setzte der Kläger der Leiterin des Skikurses auseinander, dass der Bruch auf zwei Arten behandelt werden könne: Durch eine sog. Extension, d.h. einen auf das gebrochene Glied angesetzten Zug, und zwar während eines Krankenhausaufenthalts von drei bis vier Wochen, oder durch eine Operation, nach der die Patientin das Krankenhaus schon einige Tage später verlassen und mit ihrer Klasse nach Hause fahren könne. Die Operation könne nur in der Privatklinik ausgeführt werden; das Honorar für die Behandlung als Privatpatientin werde sich voraussichtlich auf 10.000 Schilling belaufen, es werde von der gesetzlichen Krankenkasse nicht erstattet. Über die Durchführung der Operation in einem nahegelegenen öffentlichen Krankenhaus wurde nicht gesprochen. Bestärkt durch den Wunsch der Schülerin, mit ihrer Klasse nach Hause zurückkehren zu können, entschied sich die Leiterin des Kurses für die Operation. Wegen der Weigerung der gesetzlichen Krankenkasse, neben den Kosten für die Unterbringung in der dritten Pflegeklasse das Honorar für die Behandlung als Privatpatientin zu erstatten, belangte der Chirurg den Vater der Schülerin auf einen Betrag von mehr als 11.000 Schilling.431 Der Oberste Gerichtshof verneinte in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht den geltend gemachten Anspruch432 aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag: Wegen der Möglichkeit der Extension 429

Meissel, a. a. O., Seite 27. Juristische Blätter 1981, Seite 151. 431 Der Chirurg verlangte vermutlich eine Summe, die dem Entgelt entsprach, das er auf der Grundlage eines wirksamen Behandlungsvertrags hätte verlangen können. 432 Das Gericht stellt eine Anscheinsvollmacht der Schülerin in Abrede: „Die geistige Reife des genannten Kindes mag noch so groß gewesen sein, keinesfalls kann 430

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des Bruchs in einem öffentlichen Krankenhaus könne sich der Kläger nur auf eine „nützliche Geschäftsführung“ im Sinne des § 1037 ABGB berufen.433 Diese müsse aber zu einem „klaren, überwiegenden Vorteil“ des Geschäftsherrn geführt haben. Dafür sei allein dessen Einschätzung maßgebend. „Selbst wenn nun dieser Standpunkt“, so heißt es in dem Urteil, „nach objektiven Gesichtspunkten uneinsichtig wäre, dürfen dem Beklagten nicht Vorteile aufgedrängt werden, die er nach seinen persönlichen Verhältnissen als Nachteil empfindet.“ Aus demselben Grunde war auch ein Anspruch des Klägers aus ungerechtfertigter Bereicherung zu verneinen: Die Eltern hätten als gesetzliche Vertreter einen entsprechenden Behandlungsvertrag zugunsten ihrer Tochter nicht geschlossen und dementsprechend keine Aufwendungen erspart. Unterstützend wirft das Gericht dem Kläger ein unredliches Verhalten vor: „Läßt der Leiter einer öffentlichen Krankenanstalt allfällige billigere Möglichkeiten434 unerwähnt und versucht er, Patienten, die sich ihm in dieser Eigenschaft und nicht etwa in seiner Eigenschaft als Leiter einer Privatklinik anvertraut haben, in seine Privatklinik zu bringen, dann handelt er geradezu gegen Treu und Glauben.“ Das Urteil gewinnt eine zusätzliche Überzeugungskraft durch den Hinweis auf die Vermögensverhältnisse des Beklagten. Dieser bezog als Angestellter ein monatliches Fixum von 6.000 Schilling und Provisionen in gleicher Höhe; die Behandlung seiner Tochter als Privatpatientin hätte mithin fast ein Monatseinkommen aufgezehrt. Ansprüche gegen die gesetzliche Krankenversicherung der Familie aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung kamen nicht in Betracht: Die Kasse hatte den von ihr geschuldeten Pflegesatz bezahlt.435

Ob ein französisches Gericht die Klage mit gleicher Entschiedenheit abgewiesen hätten, erscheint fraglich. Nach deutschem Recht wäre das Urteil dies dazu führen, daß Eva Maria P. für ihren Vater rechtsverbindliche Erklärungen abgeben konnte.“ 433 Die Vorschrift lautet: „Wer fremde Geschäfte bloß, um den Nutzen des anderen zu befördern, übernehmen will, soll sich um dessen Einwilligung bewerben. Hat der Geschäftsführer zwar diese Vorschrift unterlassen, aber das Geschäft auf seine Kosten zu des andern klarem, überwiegenden Vorteil geführt; so müssen ihm von diesem die darauf verwendeten Kosten ersetzt werden.“ 434 Hier die Operation in einem öffentlichen Krankenhaus. 435 Die Würdigung des Urteils durch Meissel, a. a. O., Seite 31, halte ich für verfehlt. Meissel kritisiert den Obersten Gerichtshof mit der Bemerkung, das Gericht dürfte in der Ablehnung der Ansprüche des Chirurgen „zu weit gegangen sein“ (Fußnote 12): Wegen der Abwesenheit der Eltern der Schülerin sei die Subsumtion unter das Merkmal der „Notlage“ im Sinne des § 1036 ABGB „wohl gerechtfertigt“ gewesen. Da sich die Behandlung der Schülerin auch in einem öffentlichen Krankenhaus anbot, ohne dass Nachteile zu befürchten waren, durfte der Chirurg indessen keine medizinische „Notlage“ unterstellen!

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freilich nicht anders ausgefallen: Das in § 677 BGB vorausgesetzte „Interesse“ der Eltern gebot nicht die Operation in der Privatklinik des Klägers. Auch wegen ihres entgegenstehenden (mutmaßlichen) Willens war der Aufwendungsersatzanspruch aus §§ 683 Satz 1, 670 BGB zu verneinen.436 Ihre Haftung aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 684 Satz 1 BGB) blieb außer Betracht, weil ihre gesetzliche Unterhaltspflicht keine Behandlung der Tochter in einer (teuren) Privatklinik gebot und sie insoweit nicht von einer Verbindlichkeit befreit wurden. b) Der Aufdrängungsschutz des österreichischen Rechts in den einzelnen Instituten des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs Verwirklicht sich die konsequente Absage gegen Einmischungen in einen fremden Rechtskreis, wie sie die einleitende Bestimmung des ABGB über die Geschäftsführung ohne Auftrag erklärt (§ 1035), in den Details seiner Institute? Oder schließt das Gesetzbuch hier, um des Ausgleichs der oft widerstreitenden Interessen willen, Kompromisse, die sich mit der Reinheit des Systems nur schwer vereinbaren lassen?437 aa) Der Schutz der Privatautonomie innerhalb der rechtsgeschäftlich begründeten Schuldverhältnisse Die Untersuchung beginne bei der Regelung der rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisse, und zwar des in erster Linie wichtigen sog. Bestandvertrages, nach deutschem Sprachgebrauch der Miete, im Sinne der §§ 1090 ff. ABGB, dem sich die Erörterung von Verwendungen im Rahmen eines Leih- (§§ 971 ff. ABGB) und eines Verwahrungsvertrages (§ 967 ABGB) anschließe. (a) Der Aufdrängungsschutz im Bestandvertrag Gegenstand des Bestandvertrages ist die Überlassung einer Sache438 auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zum Gebrauch (Miete) oder zum Ge436 Der Anspruch des Arztes gegen die Tochter war nach deutschem Recht gleichfalls abzulehnen: Wegen der beschränkten Geschäftsfähigkeit der Tochter war auf den Willen der Eltern abzustellen (vgl. Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 682 Rdnr. 3). 437 Den Ausgleich von Verwendungen im österreichischen Recht unter den Gesichtspunkten der ungerechtfertigten Bereicherung, des Verhältnisses zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer sowie der Geschäftsführung ohne Auftrag behandelt in großen Linien Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 2, Seite 46 ff. Rdnr. 84 ff.

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brauch und zur Überlassung des Fruchtgenusses gegen Entgelt (§ 1091 ABGB). Der Austausch des Gebrauchs (gegebenfalls auch der Nutzung) gegen Entgelt439 wird eingeleitet durch die Hingabe der Sache in „brauchbarem Stande“ (§ 1096 Abs. 1 ABGB) und die Rückgabe in gleichem Zustand (§ 1109)440. Während der Dauer des Bestandvertrages hat im Ausgangspunkt der Bestandgeber die Sache in brauchbarem Zustand zu erhalten und der Bestandnehmer sie schonend zu gebrauchen, mit Sorgfalt zu verwahren und das vereinbarte Entgelt zu leisten; diese Pflichten ergeben das Gerüst des Vertrages. (1) Die Erhaltung oder Verbesserung der Mietsache441 durch den Bestandnehmer fällt, je nach ihrem Anlass und Umfang, in die dem Mietrecht eigene Regelung des Erhaltungsaufwands442, d.h. der Verwendung, zu deren Vornahme der Bestandgeber verpflichtet ist443, und des nützlichen Aufwands (beide Alternativen geregelt in § 1097 Satz 2 ABGB).444 Der Erhaltungsaufwand, im praktischen Vollzug des Bestandsvertrages die wichtigste Fürsorge für die Mietsache, obliegt naturgemäß dem Bestandgeber (§ 1096 ABGB), und der Bestandnehmer als der tatsächliche Herr der Mietsache hat ihm von nötigen Ausbesserungen „ohne Verzug“ Anzeige zu machen (§ 1097 ABGB).445 In deutlicher Abweichung von der Regelung des deut438 „Sachen“ im Sinne des ABGB sind bewegliche und unbewegliche, körperliche und unkörperliche Gegenstände (§§ 285 ff., insbesondere § 292 ABGB). Aber die unkörperliche Sache, also ein Recht, kommt nur für den Pachtvertrag in Betracht (Lizenzvertrag). 439 § 1094 ABGB spricht in plastischer Formulierung vom „Kauf des Gebrauchs“. 440 Die Darstellung der Grundzüge des Bestandvertrages folgt hier dem Lehrbuch von Gschnitzer/Faistenberger/Barta/Eccher, a. a. O., Kapitel 47, C VII, bearbeitet von Call. 441 Die Vorschriften der §§ 1096 und 1097 ABGB sprechen vom „Bestandstück“. 442 Maßstab ist die Ortsüblichkeit (Swoboda, Die angewandte Geschäftsführung, Seite 87 und 90). Kleinere Ausbesserungen können dem Bestandnehmer aufgebürdet sein. 443 Die Vorschrift des § 1097 ABGB spricht in Satz 2 von einem „dem Bestandgeber obliegenden Aufwand“, ein weiter Begriff, der über den Erhaltungsaufwand hinausgeht. Swoboda, Die angewandte Geschäftsführung, Seite 80, erwähnt die vertragliche Verpflichtung des Bestandgebers, ein Badezimmer (neu) einrichten zu lassen. 444 Den Begriff der „Verwendungen“ auf eine Sache regelt die Vorschrift des § 331 ABGB für den (unrechtmäßigen) redlichen Besitzer und die des § 336 für den (unrechtmäßigen) unredlichen Besitzer. Der Wortlaut des § 331 ABGB ist unten IV. 5. b) aa) (b), Seite 330, wiedergegeben. 445 Die Pflicht des Bestandnehmers, einen Mangel anzuzeigen, werten Rechtsprechung und Literatur freilich nicht als Voraussetzung des Rechts auf Selbstvornahme

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schen Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 536c Abs. 1 i.V. m. 536a Abs. 2 BGB) braucht der österreichische Bestandnehmer aber die Entschließung seines Vertragspartners und dessen Verzug mit der Mängelbeseitigung nicht abzuwarten, sondern kann aufgetretene Mängel sogleich in eigener Verantwortung beseitigen.446 „Der Bestandnehmer wird“, wie die erste Alternative447 des § 1097 ABGB formuliert, „als ein Geschäftsführer ohne Auftrag betrachtet, wenn er auf das Bestandstück einen dem Bestandgeber obliegenden Aufwand (§ 1036 ABGB) . . . gemacht hat.“ Der Wortlaut der angeführten Vorschrift, wonach der Bestandnehmer als Geschäftsführer ohne Auftrag „betrachtet wird“, will klarstellen, dass der Bestandnehmer „Aufwendungen im allgemeinen nicht in der Absicht, ein Anliegen des Bestandgebers zu fördern, sondern im eigenen Interesse vornimmt, weshalb sich die im § 1097 ABGB enthaltene Verweisung auf die §§ 1036 f. ABGB (i. e. die Geschäftsführung ohne Auftrag) nur auf den Umfang des Ersatzanspruchs erstreckt“.448 Die Möglichkeit, dem Bestandgeber durch Reparaturen und den Anspruch auf Ersatz der Kosten für einen notwendigen (nicht aber für einen bloß nützlichen) Aufwand eine ihm unwillkommene Bereicherung aufzudrängen, verteidigt eine in die Frage eindringende Abhandlung mit den Rechten des Bestandnehmers449: „Der Bestandnehmer handelt in Ausübung eines Rechts. Er hat ein Recht auf den vertragsmäßigen Gebrauch des Bestandstücks (§ 1098). Er hat daher ein Recht darauf, daß der Bestandgeber die für diesen Gebrauch notwendigen Ausbesserungen und Herstellungen an der Bestandsache besorge, und wenn der Bestandgeber das verweigert, sie zur Wahrung seiner Vertragsrechte selbst vorzunehmen . . . Die besondere Vorzugsstellung des Bestandnehmers als notwendigen Geschäftsführers findet also ihre Begrenzung in seinem Recht aus dem Vertragsverhältnis . . . Die Schadenersatzpflicht (i. e. wegen einer versäumten Anzeige) wurde aber nur im Hinblick auf die Möglichkeit einer künftigen Vergrößerung des Schadens wegen Unterbleibens der rechtzeitigen Reparatur festgelegt. Wenn daher der Bestandnehmer eine notwendige Ausbesserung auf eigene Faust sachgemäß und rechtzeitig der Sacherhaltung und des damit verbundenen Anspruchs auf Ersatz von Aufwendungen (OGH Evidenzblatt Nr. 74 der Österreichischen Juristenzeitung 1974; Rummel/Würth, § 1097 Rdnr. 1; Klang/Gschnitzer, 2. Auflage, § 1097 Anm. III 1b). 446 Swoboda, Die angewandte Geschäftsführung, Seite 85, erwähnt die Scheu der Mieter, den Vermieter zu Herstellungen zu zwingen. Bei unterlassener Anzeige kann der Bestandnehmer wegen der Notwendigkeit des Aufwands beweisfällig werden, auch kann seine vorschnelle Aktivität den Ersatzanspruch mindern (Swoboda, a. a. O., Seite 80 bis 81: Der Bestandgeber hatte schon Vorsorge getroffen, um seine Verpflichtungen zu erfüllen. Nunmehr erweisen sich erteilte Aufträge als hinfällig). 447 Die zweite Alternative des bloß „nützlichen Aufwands“ wird um der systematischen Klarheit willen erst an späterer Stelle behandelt. 448 So mit überzeugender Begründung die Entscheidung des österreichischen Obersten Gerichtshofes in Zivilsachen, Band 57 (1985), Nr. 167, Seite 805. Im gleichen Sinne Swoboda, Die angewandte Geschäftsführung, Seite 88; Schwimann/Binder, § 1097 Rdnr. 1; Klang/Gschnitzer, 2. Auflage, § 1097Anm. III 1. 449 Swoboda, Die angewandte Geschäftsführung, Seite 72, 75 und 78.

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vornehmen läßt, ohne die Anzeige zu erstatten, wird er noch nicht schadensersatzpflichtig, er verliert auch nicht seinen Anspruch aus der Geschäftsführung ohne Auftrag, weil er ein Recht darauf hat, daß das Bestandstück in brauchbarem Zustand erhalten wird.“

Einen notwendigen Aufwand auf die Mietsache stellen beispielsweise Sanierungsarbeiten an Fenstern und einer Balkontür450, die Instandsetzung einer Gassteigeleitung451, behördlich angeordnete Arbeiten zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs eines verpachteten Unternehmens452 und die Kosten der Alarmierung der Feuerwehr dar, wenn sich ein Verputzstück von der Decke des vermieteten Gebäudes gelöst hatte und das Ausmaß des drohenden Deckenabsturzes nicht abzusehen war.453 (2) Da der Bestandnehmer, wenn er von der Befugnis der „angewandten Geschäftsführung“454 Gebrauch macht, in der Regel und in erster Linie eigene Interessen wahrnimmt, kommt es auf die Absicht, ein „Geschäft des Bestandgebers mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen zu führen“, nicht an455; er kann Arbeiten zur Erhaltung der Mietsache sogar gegen das Verbot seines Vertragspartners durchführen lassen.456 Sein Anspruch auf Ersatz bezieht sich auf den „notwendig und zweckmäßig gemachten Aufwand“ (§§ 1097 i.V. m. 1036 ABGB) und nicht auf nur Verwendungen, die einer drohenden Gefahr vorbeugen, wie es der Wortlaut des § 1036 aus dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag vorsieht.457 Hat also der Bestandnehmer das Recht, dem Bestandgeber eine Bereicherung „aufzudrängen“? Diese Frage ist nach der Regelung des Bestandvertra450 Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs, Band 57 (1984), 805; LGZ Wien, (Entscheidungen des Landesgerichts in Zivilsachen), Mietrechtliche Entscheidungen, Band XXIII (1972), Nr. 132. 451 LGZ Wien, Mietrechtliche Entscheidungen, Band XXXI (1980), Nr. 137. 452 LGZ Wien, Mietrechtliche Entscheidungen, Band XXII (1971), Nr. 133. 453 LGZ Wien, Mietrechtliche Entscheidungen, Band XXI (1970), Nr. 2171. 454 So die Formulierung von Rummel/Würth, § 1097 Rdnr. 2 und von Schwimann/Binder, § 1097 Rdnr. 1 sowie des OGH in Band 57, Nr. 71 der Amtlichen Sammlung. 455 So im Unterschied zur (echten) Geschäftsführung ohne Auftrag nach deutschem Recht (§ 677 BGB) und auch nach – weniger ausgeprägter – Formulierung die Geschäftsführung ohne Auftrag des österreichischen Rechts: Schwimann/Apathy, § 1035 Rdnr. 1: „Geschäftsführung ohne Auftrag ist die eigenmächtige Besorgung fremder Angelegenheiten in der Absicht, fremde Interessen zu wahren.“ 456 Swoboda, Die angewandte Geschäftsführung, Seite 88: „Deshalb (ich ergänze: weil der Bestandnehmer nur seine Rechte verteidigt) kann auch das Verbot des Bestandgebers den Mieter nicht zwingen, auf die Vornahme einer vom Hausherrn verweigerten Ausbesserung oder Herstellung zu verzichten“; in gleichem Sinne Rummel/Würth, § 1097 Rdnr. 3. 457 Swoboda, Die angewandte Geschäftsführung, Seite 71: „Jeder dem Bestandgeber obliegende Aufwand wird als notwendig angesehen.“

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ges in erster Linie aus dem Gesichtspunkt der Selbsthilfe des Bestandnehmers, weniger um der Erhaltung oder Verbesserung des Bestandstückes willen, zu bejahen.458 Nach der Auffassung des deutschen Juristen sind Einwände berechtigt: Müsste nicht der Bestandgeber wenigstens die Möglichkeit gehabt haben, selbst Dispositionen zu treffen und eine Reparatur durchzuführen? Ist aus diesem Grunde nicht eine Anzeige des Mangels vonnöten?459 Bei einem nur nützlichen Aufwand auf das Bestandstück im Sinne des § 1097 ABGB setzt sich dagegen das Prinzip des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches wieder durch, wonach die Einmengung in das Geschäft eines anderen nicht gestattet ist.460 Freilich ist hier doktrinäre Strenge unangebracht. Denn das Gesetzbuch nimmt auch auf Fälle Rücksicht, in denen Aufwendungen des Bestandnehmers „zu einem klaren, überwiegenden Vorteil“ des Bestandgebers geführt haben, und demzufolge der Ausgleich der auf das Bestandstück verwendeten Kosten nach Billigkeit und gesetzlicher Anordnung geboten ist, §§ 1097 i.V. m. 1037 ABGB. Allerdings verlangt das Verbot der Einmengung in die Geschäfte eines anderen und damit einhergehend die Abwehr einer aufgedrängten Bereicherung zwei Differenzierungen461: Einmal ist der „klare und überwiegende Vorteil“, der dem Bestandgeber durch eine Aufwendung des Bestandnehmers zufließt, nach dem Zeitpunkt der Aufhebung des Mietverhältnisses, also der noch vorhandenen Bereicherung, zu bemessen462, so dass die Vorteile des Bestandgebers, die ihm durch eine nützliche Investition des Bestandnehmers zufallen, im Laufe des Mietverhältnisses durch Abnutzung 458 Der Vergleich des österreichischen Bestandvertrages mit den Regelungen des deutschen Mietrechts offenbart im Hinblick auf die notwendigen Verwendungen die folgenden – zum Teil lediglich begrifflichen – Verschiedenheiten: Der Bestandnehmer darf einen dem Bestandgeber „obliegenden Aufwand“ selbst tätigen (§ 1097 Satz 2, 1. Alt. ABGB), während die Selbsthilfe des Mieters auf „Mängel der Mietsache“ begrenzt ist (§ 536 Abs. 2 BGB). Des weiteren ist das Recht des Eingriffs in einen an sich fremden Bereich nach der deutschen Regelung des Mietvertrags vom Verzug des Vermieters abhängig – ein Tatbestandsmerkmal, das im Recht des Bestandvertrages zumindest nicht ausdrücklich genannt ist. „Notwendige Verwendungen“ auf das vermietete Objekt, die nicht der (vom Bestandgeber bzw. Vermieter geschuldeten) Beseitigung von Mängeln dienen, dürfen jedoch der Bestandnehmer und der Mieter ohne einengende Kautelen tätigen: §§ 1097, 1036 ABGB, § 536 Abs. 2 Nr. 2 BGB. 459 So Meissel, a. a. O., Seite 56. 460 Vgl. die eingangs dieses Abschnitts (IV. 5. a), Seite 318 f.) zitierte Vorschrift des § 1035 ABGB. 461 Gewissermaßen die Gegenausnahme der Ausnahme. 462 Rummel/Würth, § 1097 Rdnr. 4; Schwimann/Binder, § 1097 Rdnr. 9. Genauer die Vorschrift des § 996 BGB: „. . . und der Wert der Sache noch zu der Zeit erhöht ist, zu welcher der Eigentümer die Sache wiedererlangt.“

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wieder aufgezehrt werden. Des weiteren bemisst sich der „klare und überwiegende Vorteil“ des Bestandgebers nach dem objektiven Wert der Verbesserung und ihrer subjektiven Brauchbarkeit für den Empfänger, mithin einer Verbindung der beiden Elemente, die eine Aufdrängung gegen die Dispositionen des Bestandgebers unterbindet.463 Die Pflicht des Bestandnehmers, sich bei nur nützlichen Aufwendungen um die Einwilligung des Bestandgebers „zu bewerben“ (§§ 1097, 1037 ABGB), ist keine Bedingung, mit welcher der Aufwandsersatz steht oder fällt. Ihre Unterlassung erschwert jedoch den Beweis des Bestandnehmers, dass sich seine Aufwendungen zum „klaren, überwiegenden Vorteil“ des Bestandgebers auswirken, weil sich der Eindruck des anfänglichen Zustandes einer verbesserten Sache verwischt. Luxuriöse Aufwendungen braucht der Bestandgeber nicht zu vergüten, es ist mithin seine Entscheidung, ob er sie als „nützlichen Aufwand“ im Sinne der §§ 1097 und 1037 ABGB gelten lässt. Kann oder will der Bestandnehmer einen Ausgleichsanspruch nicht geltend machen, hat er das Recht der Wegnahme seiner Verbesserungen und Einbauten.464 Die Voraussetzungen, nach denen der Bestandgeber einen Ausgleich „nützlicher“ Aufwendungen auf die Mietsache (das „Bestandstück“) schuldet, seien anhand einer Revisionsentscheidung des Obersten Gerichtshofs veranschaulicht465: „Die beiden Kläger“, so heißt es in dem Urteil, „hatten in einem Zweifamilienhaus der beiden Beklagten im Jahr 1982 eine Wohnung gemietet. Das Mietverhältnis wurde am 30.10.1985 durch Kündigung seitens der Kläger beendet. Mit einer am 16.12.1985 eingebrachten Klage begehren sie den Ersatz von Investitionen im jetzt noch strittigen Ausmaß von S 17.850,– ua mit der Begründung, die Beklagten seien in diesem Ausmaß offensichtlich bereichert. Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten ein, die Kläger hätten die Wohnung in Kenntnis vorhandener Mängel übernommen und auf Ersatz ihrer Aufwendungen verzichtet. Die Investitionen seien zum Groß463

OGH Juristische Blätter 1988, Seite 718, 719: „Bei der Beurteilung, ob der Aufwand des Geschäftsführers dem Geschäftsherrn zum klaren, überwiegenden Vorteil gereicht, ist von einer an der Verkehrsauffassung orientierten objektiven Bewertung auszugehen, die auf alle Interessen des Geschäftsherrn Bedacht nimmt.“ Auf die subjektive Brauchbarkeit der getätigten Maßnahme stellen Rummel/ Würth, § 1097 Rdnr. 4, ab. A. A. Klang/Gschnitzer, 2. Auflage, § 1097 Anm. III 1a, der sich für den „objektiv nützlichen Aufwand“ als Voraussetzung des Ersatzanspruchs ausspricht. 464 Näher dazu Klang/Gschnitzer, 2. Auflage, § 1097 Anm. III 3, mit dem Beispiel der Wegnahme der eingebrachten Luxusöfen bei Aufstellung der „alten einfachen Öfen“. – Ein gesetzlicher Beleg ist nicht vorhanden. 465 Juristische Blätter 1988, Seite 718.

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teil verlorene Aufwendungen, weil sie nur dem persönlichen Geschmack der Kläger entsprächen und es sich nicht um eine Werterhöhung des Hauses handle. In der Tagsatzung vom 7. 5. 1986 erklärten sie sich damit einverstanden, daß die Kläger alle Einrichtungsgegenstände, die Fernsehantenne, die Badewannne und die WC-Muschel entfernen.“ Nach den Feststellungen der beiden Tatsacheninstanzen befand sich bei Übernahme der gemieteten Wohnung in einigen Räumen noch kein Fußbodenbelag, sondern nur ein Estrich, die Wände waren nur teilweise verputzt, Bad und WC noch nicht eingerichtet, „und es gab auch sonst noch Mängel“. Die Kläger ließen vor allem Bodenbeläge herstellen, Wände und Decken „einfärbeln“ oder tapezieren und Bad und WC einrichten. Die Investitionen entsprachen nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs zwar der üblichen Wohnungsausstattung und seien für die Verwendung der Räume zum Wohnen erforderlich gewesen. Da die Kläger aber die Räume in Kenntnis ihrer mangelnden Gebrauchsfähigkeit übernommen hätten, stünde ihnen das Recht auf den sofortigen Ausgleich ihrer Aufwendungen nicht zu.466 Bestehen bleibe allerdings die Befugnis, nach dem Ende des Mietverhältnisses den Ersatz des „Restwertes“ nützlicher Aufwendungen zu begehren, soweit sie „bei Beendigung des Bestandverhältnisses zum klaren, überwiegenden Vorteil“ der Beklagten dienten. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang die Stellungnahme des Gerichtshofs zum Merkmal des „klaren, überwiegenden Vorteils“. Da sie den Schutz des Bestandgebers gegen ihm aufgedrängte Verbesserungen der Mietsache wenigstens für das österreichische Recht467 festlegt, ist eine wörtliche Wiedergabe angebracht: „Die festgestellte Erhöhung des objektiven Wertes der Liegenschaft um den Betrag von S 17.850,– reicht für sich allein nicht aus, um einen Anspruch nach § 1037 ABGB zu begründen, sondern es muß darüber hinaus auch der Vorteil des Geschäftsherrn außer Zweifel stehen (SZ 57, 71; SZ 57, 167).468 Bei der Beurteilung, ob der Aufwand des Geschäftsführers dem Geschäftsherrn zum klaren, überwiegenden Vorteil gereicht, ist von einer an der Verkehrsauffassung orientierten objektiven Bewertung auszugehen, die auf alle Interessen des Geschäftsherrn Bedacht nimmt (SZ 57, 71; SZ 57, 167; Vers Rdsch 1988/96). Es muß also untersucht werden, ob und in welchem Umfange die Beklagten trotz ihres Angebotes, die Kläger könnten Einrichtungsgegenstände entfernen, werterhöhende Investitionen endgültig übernommen haben469 oder solche mangels konkreter Ablehnungs466 Zustimmend Schwimann/Binder, § 1097 Rdnr. 24; Rummel/Würth, § 1097 Rdnr. 11. Vgl. die Vorschrift des § 536b BGB: „Kennt der Mieter bei dem Abschlusse des Vertrags den Mangel der gemieteten Sache, so stehen ihm die Rechte aus den §§ 536 und 536a (gerichtet u. a. auf den Ersatz von Aufwendungen für die Beseitigung eines Mangels nach § 536a Abs. 2 BGB) nicht zu.“ 467 M. E. auch mit Auswirkungen auf die im deutschen Recht gestellte Frage, ob die aufgedrängte Bereicherung nach dem objektiven oder subjektiven Maßstab zu beurteilen ist, also nach dem Verkehrswert und/oder möglichen Dispositionen des Empfängers. 468 Die zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes sind wenig aussagekräftig. 469 Ich verweise auf das Aneignungsrecht des Geschäftsherrn im schweizerischen Recht nach Art. 423 OR, erörtert oben unter IV. 3. b) cc) (a), Seite 300. Das deut-

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gründe nach vernünftiger Verkehrsauffassung behalten müssen, weil eine Entfernung untunlich ist. Wenn die Beklagten etwa die Wohnung weitervermietet hätten oder dies im derzeitigen Zustand beabsichtigten, so hätten sie sich wohl den Betrag von S 17.850,– erspart (wie dies der Erstbeklagte auch in seiner Parteiaussage anklingen läßt), und es läge dann der Vorteil auf der Hand. Wenn hingegen die Räumlichkeiten in vernünftiger Weise umgestaltet werden sollen, wenn ein Verkauf des Hauses geplant ist und die Investitionen der Kläger keinen Einfluß auf den Kaufpreis haben werden, oder ähnliche Umstände gegeben sind, diente der Aufwand der Kläger nicht mehr dem klaren, überwiegenden Vorteil der Beklagten. Bei vorher nicht vorhandenen Fußbodenbelägen läge der Vorteil nahe, bei einer schon gebrauchten Badewanne oder WC-Muschel weniger, und noch weniger bei eventuell im festgestellten Betrag enthaltenen Aufwendungen für Färbelung oder Tapezierung.“470

Vergleicht man, geleitet durch diese Entscheidung, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch mit dem deutschen BGB, wird die größere Prinzipienfestigkeit der österreichischen Regelung des Bestandvertrages offenbar471: Gewährt das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch nach herrschendem Verständnis für nützliche Verwendungen auf eine Mietsache letztendlich den Ausgleich der ungerechtfertigten Bereicherung des Vermieters, sofern der Mieter überhaupt als Geschäftsführer ohne Auftrag „Verwendungen auf die Mietsache“ vornahm und Arbeiten nicht nur in eigener Sache in Auftrag gab (§§ 539 Abs. 1, 677, 684 Satz 1 BGB)472, verlangt das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch Aufwendungen zum „klaren, überwiegenden Vorteil“ des Bestandgebers, eine Einschränkung, welche durch die Rücksicht auf „alle Interessen des Geschäftsherrn“ noch verschärft wird.473 Hinzu kommt, dass das Recht des Mietvertrages dem deutschen Mieter einen Anspruch auf Ausgleich schon während des laufenden Vertrages gewährt474, während der Anspruch des Bestandnehmers erst nach Beendigung des sche Recht stellt eine Regelung gleichen Inhalts für Wohnraum zur Verfügung, § 552 Abs. 1 BGB. 470 Die Sache wurde zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. 471 So auch Swoboda, Die angewandte Geschäftsführung, Seite 65, 82. Dort über die „nachsichtige“ Einstellung des BGB. 472 Es sei nochmals betont, dass nicht jede Veränderung der Mietsache durch den Mieter eine Geschäftsführung für den Vermieter beinhaltet: Nimmt der Mieter Umgestaltungen vor, die nur seinen eigenen Zwecken dienen, handelt er ohne den sog. Fremdgeschäftsführungswillen. Er ist mithin nicht „Geschäftsführer“ seines Vertragspartners. 473 Ich verweise auf die „an der Verkehrsauffassung orientierte objektive Bewertung“ des klaren, überwiegenden Vorteils, „die auf alle Interessen des Geschäftsherrn Bedacht nimmt“: OGH Juristische Blätter 1988, Seite 719. 474 Vgl. Damrau-Schröter, a. a. O., Seite 32, insbesondere Fußnote 35; im Hinblick auf den Anspruch aus §§ 539, 684 BGB abweichend, weil auf die Werterhöhung des Mietobjektes im Zeitpunkt seiner Rückgabe abstellend: Palandt/Weidenkaff, 62. Auflage, § 539 Rdnr. 8.

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

Bestandvertrages fällig wird, zu einem Zeitpunkt also, zu dem die Investitionen des Bestandnehmers einen Teil ihres Wertes verloren haben dürften.475 (b) Der Aufdrängungsschutz im Recht der Leihe Im Rahmen des Leihvertrages behandelt das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (§§ 971 ff. ABGB) den Aufdrängungsschutz, verglichen mit dem Bestandvertrag, deutlich abweichend: Die gewöhnlichen Erhaltungskosten belasten den sog. Entlehner (§ 981 ABGB), die außerordentlichen Kosten der Erhaltung dagegen den Verleiher in sinngleicher Regelung des Eigentümers im Verhältnis zu einem redlichen Besitzer (§§ 981, 331 ABGB); der sonstige Aufwand zum Nutzen der entliehenen Sache fällt mangels einer gesetzlichen Normierung unter die Geschäftsführung ohne Auftrag des Entlehners zugunsten des Verleihers.476 § 331 ABGB lautet: „Hat der redliche Besitzer an die Sache entweder zur fortwährenden Erhaltung der Substanz einen notwendigen, oder zur Vermehrung noch fortdauernder Nutzungen einen nützlichen Aufwand gemacht, so gebührt ihm der Ersatz nach dem gegenwärtigen Werte, insofern er den wirklich gemachten Aufwand nicht übersteigt.“

Vergleicht man den Ersatz von Aufwendungen des Entlehners mit dem des Entleihers, so erscheint das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch im Verhältnis zum Bürgerlichen Gesetzbuch einmal mehr als die prinzipientreuere Kodifikation: Der Entlehner kann im Ausgangspunkt nur den Ersatz „außerordentlicher Erhaltungskosten“477 beanspruchen478, eine Beschränkung, die das deutsche Recht nicht vorsieht. Denn die hier für „andere Verwendungen“ in Bezug genommenen Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag lassen nach vorherrschendem Verständnis auch den Ausgleich jeglichen Aufwandes nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zu, sofern der Entleiher ihn zwar als Geschäftsführer des Verleihers, aber weder in 475 Das Urteil des Obersten Gerichtshofs unterscheidet aus diesem Grunde zwischen dem bleibenden Vorteil bei den Fußbodenbelägen, der gebrauchten Badewanne sowie der WC-Muschel und den Aufwendungen für „Färbelung und Tapezierung“. 476 Klang/Stanzl, 2. Auflage, § 981 Anm. III. 477 Das sind außergewöhnlich hohe Kosten oder Aufwendungen infolge außergewöhnlicher Umstände (Klang/Stanzl, 2. Auflage, § 981 Anm. II 2). Ein Beispiel geben Schwimann/Apathy, § 981 Rdnr. 1: Heizungskosten, die wegen ungewöhnlichen Winterfrostes zur Temperierung eines Clublokals bestritten werden müssen, um die geborgten Zierpflanzen vor dem Absterben zu schützen. 478 Die Kommentierung von Klang/Stanzl, 2. Auflage, § 981 Anm. II 3, deutet die Stellung des Entlehners wegen seiner Pflicht, die außergewöhnlichen Erhaltungskosten notfalls vorzuschießen, als die eines beauftragten Geschäftsführers.

5. Der Aufdrängungsschutz im österreichischen Recht

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dessen „Interesse noch mit Rücksicht auf seinen wirklichen oder mutmaßlichen Willen“ getätigt hat (§§ 601 Abs. 2, 677, 684 Satz 1 BGB). (c) Der Schutz des Hinterlegers vor aufgedrängten Vorteilen In der Regelung des Verwahrungsvertrages hat das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch seinem Wortlaut nach479 den Aufdrängungsschutz des Hinterlegers in gleicher Weise verwirklicht wie das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch: Die Vorschrift des § 967 ABGB verpflichtet den Hinterleger, dem Verwahrer „die zur Erhaltung der verwahrten Sache oder zur Vermehrung der fortdauernden Nutzungen“ verwendeten Kosten zu ersetzen, sie setzt mithin sachbezogene Aufwendungen des Verwahrers voraus. Im Ergebnis ebenso die Regelung des § 693 BGB: Sie hält den Hinterleger an, Aufwendungen zu ersetzen, die der Verwahrer „zum Zwecke der Aufbewahrung den Umständen nach für erforderlich halten durfte“, ein Rahmen, der das pflichtmäßige Ermessen des Verwahrers zum objektiven Maßstab macht.

Aufschlussreich ist allerdings die Versagung eines Zurückbehaltungsrechts des Verwahrers nach österreichischem Recht (§ 1440 ABGB) einerseits, dessen Gewährung nach der deutschen Regelung andererseits.480 bb) Der Aufdrängungsschutz im Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag Das Institut der Geschäftsführung ohne Auftrag im Sinne der §§ 1035 bis 1040 ABGB481 setze – nunmehr in einem ganz allgemeinen Anwendungsbereich – die „angewandte Geschäftsführung ohne Auftrag“ des Bestandnehmers fort, der einen dem Bestandgeber „obliegenden“ oder ihm „nützlichen“ Aufwand getätigt hat (§ 1097 ABGB). Trotz dieser Verknüpfung sei der Unterschied zwischen der bloß „angewandten“ und der „reinen“ Geschäftsführung ohne Auftrag festgehalten: Der Bestandnehmer handelt bei Aufwendungen auf die Mietsache typischerweise mit der Absicht, im eigenen Interesse tätig zu werden, der Geschäftsführer ohne Auftrag handelt „für einen anderen“.482 479 Die genauere Deutung hinge von gerichtlichen Entscheidungen ab, die zum Verwahrungsvertrag meines Wissens nicht vorliegen. 480 Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 693 Rdnr. 1. 481 Die Vorschrift des § 1041 ABGB über die Verwendung einer Sache zum Nutzen eines anderen deutet die österreichische Lehre als Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung „in sonstiger Weise“; Schwimann/Apathy, § 1041 Rdnr. 1; wenig deutlich Meissel, a. a. O., Seite 210 ff. 482 Das im deutschen Recht anerkannte Gebilde des „Auch-fremden-Geschäfts“, in dem sich die beiden Willensrichtungen des Handelns zu fremdem und zu eige-

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

In welcher Entschiedenheit verwirklicht die Institution der Geschäftsführung ohne Auftrag den leitenden Gedanken des § 1035 ABGB, dass die Einmengung in das Geschäft eines anderen ohne eine besonders verliehene Befugnis unzulässig sei?483 (a) Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch behandelt die Geschäftsführung ohne Auftrag in vier normativen Typen484, die im Unterschied zur Regelung des BGB485 die Tatbestandsmerkmale und die jeweils für sie geltenden Rechtsfolgen auch im Hinblick auf den Schutz des Empfängers vor einer ihm aufgedrängten Bereicherung zusammenfassen.486 Über den Ausgangspunkt des Instituts in der Vorschrift des § 1035 ABGB ist das Nötige bereits gesagt: Die Einmengung in den Bereich einer anderen Person ist im Ausgangspunkt eine Bevormundung, die sich der selbstverantwortliche Mensch nicht gefallen zu lassen braucht.487 Die unerwünschte Geschäftsführung macht, wie in § 1035 Satz 2 ABGB angeordnet, „für alle Folgen“ in der Weise verantwortlich, dass der Geschäftsführer auch für einen bei der Ausführung zufällig eintretenden Schaden eintreten muss (§ 1311 Satz 2, 3. Fall ABGB).488 Der Geschäftsführer schuldet dem nem Nutzen (untrennbar?) mischen (Larenz, Schuldrecht II/1, § 57 I a, Seite 439, mit Einschränkungen allerdings Seite 443), wird im österreichischen Recht „von der weit überwiegenden Rechtsprechung mit Recht bejaht“, soweit die Verfolgung fremder Interessen und der dafür gemachte Aufwand von der eigenen Sphäre des Geschäftsführers abtrennbar sind; sei das nicht der Fall, ließe sich eine Geschäftsführung in fremdem Interesse nicht beweisen: Rummel/Rummel, § 1035 Rdnr. 5. Schwimann/Apathy, § 1035 Rdnr. 5, bezeichnet die Geschäftsführung ohne Auftrag in dieser Mischform als „grundsätzlich anwendbar“. Unbestimmt dagegen Meissel, a. a. O., Seite 68: Es stelle jeweils eine Wertungsfrage dar, ob ein Eigeninteresse des Geschäftsführers im konkreten Fall das Vorliegen eines fremden Geschäfts ausschließe. 483 Swoboda, Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch im Lichte der Lehren Kants, Seite 236, rechtfertigt den ablehnenden Standpunkt des Gesetzbuchs zur Geschäftsführung ohne Auftrag mit dem „Urrecht der Freiheit“. Zu den von Swoboda verfochtenen Thesen siehe Meissel, a. a. O., Seite 24 f. 484 Meissel, a. a. O., Seite 29. 485 Ich verweise auf die getrennte Regelung der Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag in § 677 BGB und der Rechtsfolgen in § 683 BGB, ebenso bei der angemaßten Eigengeschäftsführung in § 687 Abs. 2 (Voraussetzungen) und der dort enthaltenen Verweisung auf die Vorschriften der §§ 677, 678, 681 und 684 BGB (Rechtsfolgen). 486 Im ABGB fehlt eine dem § 687 Abs. 2 BGB entsprechende Regelung der sog. angemaßten Eigengeschäftsführung. Siehe dazu Meissel, a. a. O., Seite 57 m. w.N.; Suter, a. a. O., Seite 132. 487 Siehe oben III. 1. a) bb), Seite 81 f. 488 Meissel, a. a. O., Seite 28, 111, spricht von einer „casus mixtus-Haftung“ spricht, einer Verantwortlichkeit, bei der sich das Verschulden des Eingriffs in einen fremden Rechtskreis, in deutscher Terminologie ein Übernahmeverschulden, mit der Zufallshaftung verbindet (vgl. § 678 BGB).

5. Der Aufdrängungsschutz im österreichischen Recht

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Geschäftsherrn Rechnungslegung (§ 1039 ABGB), Herausgabe des Erlangten (§ 1009 ABGB) und Benachrichtigung. Der Unterrichtung des Geschäftsherrn wird bei der Geschäftsführung ohne Auftrag „eine besondere Rolle“ zuerkannt, soll sie doch den Geschäftsherrn in die Lage versetzen, die Geschäftsführung zu genehmigen oder zu verbieten.489 Die Aufdrängung, d.h. die Zuwendung eines materiellen oder immateriellen Vorteils gegen oder ohne den Willen des Geschäftsherrn, zieht bei der Anwendung allein des § 1035 ABGB keinen Ausgleich nach sich: Denn der Geschäftsherr ist nach dieser Vorschrift zu keinem Ersatz von Aufwendungen verpflichtet, und es steht in seinem Ermessen, ob er die durch die Geschäftsführung erlangten Vorteile an sich zieht. Freilich wird in dem Verlangen, solche Vorteile herauszugeben, die Genehmigung der Geschäftsführung mit der Folge zu sehen sein, dass der Geschäftsherr einen Ausgleich dessen schuldet, was der Geschäftsführer in seine Tätigkeit investiert hat (§§ 1016 i.V. m. 1014 ABGB).490 Suggeriert der Inhaber einer Privatklinik – um den eingangs vorgestellten Sachverhalt aufzunehmen491 – einer siebzehnjährigen Schülerin, der Bruch ihres Unterschenkels könne auf operativem Wege nur in seiner Klinik ausgeführt werden und verschweigt er medizinisch gleichwertige Möglichkeiten der Heilung, enthält die operative Behandlung als Privatpatientin492 den Versuch, den unterhaltspflichtigen Eltern materielle Vorteile aufzudrängen. Die vom Obersten Gerichtshof verneinte Erstattung des privatärztlichen Honorars schützt ihre Freiheit, über die Behandlung nach eigener Entschließung und mit Rücksicht auf ihren finanziellen Spielraum zu befinden.

(b) In der Anwendung seines die Geschäftsführung ohne Auftrag einleitenden und begrenzenden Grundsatzes (§ 1035 ABGB) versagt das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch den Ausgleich von Aufwendungen, wenn sich der Geschäftsführer über die Entschließungsfreiheit des Geschäftsherrn hinwegsetzt. Es ahndet also, wie der vorliegende Sachverhalt zeigt, entschieden das Eindringen in einen fremden Bereich: Mag eine Operation die Kräfte des Chirurgen körperlich und seelisch noch so sehr in Anspruch genommen haben, das erwartete privatärztliche 493 Honorar wird ihm gleichwohl von Gesetzes wegen gestrichen – gewissermaßen als „Warnung“ für ihn und andere.494 489

Klang/Stanzl, 2. Auflage, § 1035 Anm. IV 1 und § 1039 Anm. III bis V. Klang/Stanzl, 2. Auflage, § 1035 Anm. III 1, mit dem Hinweis auf die zitierten Vorschriften der §§ 1016, 1014 ABGB. 491 Siehe oben IV. 5. a), Seite 318 ff., dort Fußnote 430. 492 Sofern die Unterbringung in einem öffentlichen Krankenhaus möglich ist. 493 Über die unzweifelhafte Vergütung als Kassenarzt war in dem anhängigen Rechtsstreit nicht zu befinden. 494 Der Oberste Gerichtshof beurteilt die Suggestion des Klinikchefs, eine Operation lasse sich nur in der von ihm geleiteten Privatklinik durchführen, als ein Han490

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

Die vermittelnde Regelung der Geschäftsführung ohne Auftrag nach deutschem bürgerlichen Recht, die selbst bei einer Verletzung der Entschließungsfreiheit eines anderen dem Geschäftsführer die Bereicherung des Geschäftsherrn zuführt (§ 684 BGB)495, ist dem ABGB unbekannt, so dass die hier verfügte Versagung eines Ersatzanspruchs gewissermaßen „das letzte Wort in der Sache“ darstellt.496

(c) Der erste Kerntatbestand einer Geschäftsführung ohne Auftrag in der Sicht des österreichischen Rechts497 ist das „unberufene Handeln zur Abwendung eines bevorstehenden Schadens“ im Sinne des § 1036 ABGB. Die Vorschrift des § 1036 ABGB lautet: „Wer, obgleich unberufen, ein fremdes Geschäft zur Abwendung eines bevorstehenden Schadens besorgt, dem ist derjenige, dessen Geschäft er besorgt hat, den notwendigen und zweckmäßig gemachten Aufwand zu ersetzen schuldig; wenngleich die Bemühung ohne Verschulden fruchtlos geblieben ist (§ 403).“

Auch eine selbstverantwortliche Person, wie sie das Prinzip des § 1035 ABGB den Regeln der unberufenen Geschäftsführung voranstellt, kann in eine außerordentliche Lage geraten, in der sie dringend auf fremde, unaufgefordert geleistete Hilfe angewiesen ist.498 In der „außerordentlichen Lage“ als Umschreibung des gesetzlichen Merkmals des „bevorstehenden Schadens“ muss die Geschäftsführung ferner so dringlich sein, dass der Handelnde eine Weisung des Geschäftsherrn nicht einholen kann.499 Der deln „geradezu gegen Treu und Glauben“: Ziehe man den Unfallort in Betracht, war das öffentliche Krankenhaus in T. nicht wesentlich weiter entfernt als das Krankenhaus in R. (dessen Inhaber der Kläger war). Meissel, a. a. O., Seite 180, hält die Versagung des Ausgleichs bei einem Handeln gegen den „gültig erklärten“ Willen des Geschäftsherrn nach § 1040 ABGB für „den singulären Fall einer privatrechtlichen Buße“, eine Deutung, die auch das Verständnis der Grundnorm des § 1035 ABGB fördert. 495 Ein Anspruch, der in dem dargestellten Sachverhalt allerdings zu verneinen war, weil die Eltern der Schülerin Versicherungsschutz durch die „Gebietskrankenkasse“ genossen und auf diese Weise ihrer Unterhaltspflicht genügten. Das österreichische Recht verfügt in § 1042 ABGB nichts anderes: Der privatärztliche „Aufwand“ des Chirurgen war von den unterhaltspflichtigen Eltern der Schülerin nicht geschuldet. 496 Schwimann/Apathy, § 1040 Rdnr. 14: „Bei unnützer und bewußt verbotener GoA besteht kein Anspruch auf Aufwandersatz in Geld, auch wenn ein objektiver Vorteil eingetreten ist; der Geschäftsführer kann lediglich seinen Aufwand in Natur zurücknehmen.“ Sehr unklar in dieser Hinsicht Meissel, a. a. O., Seite 205 ff.: „GoA und Aufdrängungsschutz“. 497 So die Systematik bei Meissel, a. a. O., Seite 29. 498 So die treffende Erläuterung des § 1036 durch v. Zeiller in dem „Commentar über das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch“, Band III/1 (1812), § 318; zitiert bei Meissel, a. a. O., Seite 30. 499 Meissel, a. a. O., Seite 30. Im Unterschied zur Pflicht des Geschäftsführers, die Entschließung des Geschäftsherrn abzuwarten, wie sie § 681 BGB vorsieht, ist der „bevorstehende Schaden“ nach der Vorschrift des § 1036 ABGB Tatbestandsmerkmal, das die ungebetene Hilfe rechtfertigt oder verbietet. Das Allgemeine Bür-

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Geschäftsherr trägt zwar das Risiko einer erfolglosen Hilfe, aber die restriktiv, in der Sicht eines „redlichen, objektiven Beobachters“500 auszulegenden Merkmale des „bevorstehenden Schadens“ sowie eines im Verhältnis zum Grad der Gefahr „angemessenen Aufwandes“501 schützen ihn gegen eine aufgedrängte Hilfe. Das ABGB bewertet nach alledem nicht den Fremdgeschäftsführungswillen als solchen positiv, sondern spezifisch den Willen, in einem Notfall für einen anderen Menschen ungefragt tätig zu werden.502 (d) Der Wortlaut der in diesem Zusammenhang praktisch wichtigsten Vorschrift des § 1037 ABGB503 bringt die skeptische Einstellung der Verfasser des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs gegenüber der Einmengung in den Bereich eines anderen noch deutlicher zum Ausdruck als die Geschäftsführung in einer außerordentlichen Lage.504 Denn wenn es der Geschäftsführer schuldhaft oder unter dem Druck der Umstände unterließ, „sich um die Einwilligung dessen zu bewerben, dessen Geschäfte er übernehmen wollte“505, so entscheidet über den Ersatz der auf ein fremdes Geschäft verwendeten Kosten, ob er die Angelegenheit „zu des andern klarem, überwiegenden Vorteile geführt hat“. Die abwehrende Gesetzesfassung unterwirft den Anspruch des Geschäftsführers zwei wesentlichen Beschränkungen: Der herbeigeführte Vorteil muss für den Geschäftsherrn nicht nur eindeutig („klar und überwiegend“) sein, was zur Beweislast des Geschäftsführers steht, er wird auch an dessen persönlichen Verhältnissen gemessen („zu des andern Vorteil“), was besagen will, dass ihm keine Bereicherung aufgedrängt werden darf, die er bei einer vernünftigen, von Willkür und Launen freien Erwägung als Nachteil empfindet.506 Ob die Geschäftsführung einen „klaren und überwiegenden Vorteil“ des Geschäftsherrn mit sich brachte, ist nachträglich („ex post“) zu beurteigerliche Gesetzbuch verfolgt in diesem Punkte eine strengere Linie als das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch. 500 Meissel, a. a. O., Seite 103; Klang/Stanzl, 2. Auflage, § 1036 Anm. I. 501 „. . . so ist derjenige, dessen Geschäft er besorgt hat, den notwendigen und zweckmäßig gemachten Aufwand zu ersetzen schuldig . . .“. 502 Das betont zutreffend Meissel, a. a. O., Seite 85. 503 Die wörtliche Wiedergabe des § 1037 ABGB findet sich oben in Fußnote 433 dieses Abschnitts. Die Bedeutung der Geschäftsführung zum Nutzen eines anderen gerade in der Rechtsprechung, die größer ist als die Menschenhilfe im Notfall, hebt Meissel, a. a. O., Seite 42, hervor. 504 Auf die abwehrende Einstellung der Gesetzesverfasser weist Meissel, a. a. O., Seite 42, zutreffend hin. 505 Mit dem Ziel einer vertraglichen Abrede oder der Klarstellung, dass sich der Geschäftsherr die beabsichtigte Einmischung verbietet. 506 Meissel, a. a. O., Seite 43, 173; Schwimann/Apathy, § 1037 ff. Rdnr. 3, beide mit Nachweisen aus Literatur und Rechtsprechung.

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

len.507 Ist der Beweis nicht zu erbringen, wird die Geschäftsführung als „unnütz“ zurückgewiesen508: Der Geschäftsherr ist dem Geschäftsführer nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 1038 ABGB509 „zu keinem Ersatze verbunden“, er kann die Entfernung von Verwendungen auf eine Sache sowie die Wiederherstellung des früheren Zustands verlangen und, falls die Schadensersatzleistung in Natur nicht möglich ist, „volle Genugtuung“ in Geld (§ 1323 ABGB). Kraft der strengen Anwendung des § 1037 ABGB musste der Oberste Gerichtshof in der eingangs dieses Abschnitts angeführten Entscheidung den Anspruch des Chefs der Privatklinik auf sein Honorar mit dem Argument verneinen: „Der Vorteil (ich ergänze: der unterhaltspflichtigen Eltern) muß außer Zweifel stehen, dh die grundsätzlich ablehnende Stellung des Gesetzes erfordert eine strenge Auslegung der Bestimmungen der §§ 1037 f. ABGB.“ Ein weiterer sehr anschaulicher Sachverhalt gelangte im Jahr 1884 zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofs510: Ein Wiener Klavierfabrikant schickte im Jahr 1880 ein Instrument zur Weltausstellung nach Melbourne, um mit der Aufstellung für seine Instrumente zu werben. Der österreichische Ausstellungsbeauftragte besorgte ohne einen dahingehenden Auftrag den Bahntransport vom Hafen zum Ausstellungsgelände und die passende Dekoration des Klaviers auf einem Podium, das er sieben Monate lang mit Blumen schmückte. Er organisierte in dieser Zeit auch Konzerte und intervenierte bei der Ausstellungsjury mit dem Ergebnis, dass das Instrument eine Goldmedaille erhielt. Seine Klage auf Ersatz aller Kosten war nur wegen des Bahntransports erfolgreich. Die anderen Auslagen beschied der Oberste Gerichtshof mit einer knappen Verwerfung: „Da nun der Beklagte jeden Vortheil, der ihm aus jenen Veranstaltungen erwachsen sei, in Abrede stellt, der Kläger aber einen solchen darzuthun nicht vermag, indem die von ihm erbotenen Beweise durch Sachverständige nur den Nachweis liefern sollen, daß jene Veranstaltungen im Interesse des Beklagten geschehen seien, muß das Klagebegehren insoweit abgewiesen werden.“ Wie hätte der rührige Kläger auch einen „klaren, überwiegenden Vorteil“ dartun und beweisen können, wo ihm jede Einsicht in die geschäftliche Verhältnisse des Beklagten und in eine Förderung des Umsatzes infolge der Bemühungen des Klägers fehlte? 507

Meissel, a. a. O., Seite 43. Meissel, a. a. O., Seite 43; Schwimann/Apathy, § 1040 Rdnr. 4. 509 Die Vorschrift lautet: „Ist aber der überwiegende Vorteil nicht klar; oder hat der Geschäftsführer eigenmächtig so wichtige Veränderungen in einer fremden Sache vorgenommen, daß die Sache dem andern zu dem Zwecke, wozu er sie bisher benützte, unbrauchbar wird, so ist dieser zu keinem Ersatz verbunden; er kann vielmehr verlangen, daß der Geschäftsführer auf eigene Kosten die Sache in den vorigen Stand zurücksetze, oder, wenn das nicht möglich ist, ihm volle Genugtuung leiste.“ 510 Unger/v. Walther/Pfaff, Sammlung von Civilrechtlichen Entscheidungen des k.k. obersten Gerichtshofes, Band 22 (1887), Nr. 10039, Seite 268; dargestellt und besprochen von Meissel, a. a. O., Seite 42 und 178 f. 508

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(e) Am entschiedensten stellt sich das Gesetzbuch gegen die Einmengung in fremde Angelegenheiten, verbunden mit einer Aufdrängung von Vorteilen (§ 1035 ABGB) dort, wo der Eingriff gegen den nach außen, sei es ausdrücklich oder nur schlüssig (§ 863 ABGB)511 erklärten Willen des Geschäftsherrn unternommen wurde (§ 1040 ABGB).512 Die hier klar zutage tretende Rechtswidrigkeit des Eingriffs verpflichtet den Geschäftsführer nicht nur zu vollem Schadensersatz im Sinne des § 1323 ABGB, „er verliert auch“ – kraft eines „bußartigen Elements der Vorschrift“ – „den gemachten Aufwand“, weil bei einem wissentlich unerlaubten Eingriff selbst die Grundlage eines Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung fehle.513 Da die Vorschrift des § 1040 ABGB die „Anmaßung“ eines fremden Geschäftes voraussetzt, muss dem Geschäftsführer die Fremdheit der übernommenen Angelegenheit bekannt sein. Die herrschende Lehre hält darüber hinaus die wissentliche Verbotsübertretung („gegen den Willen“) für erforderlich514; immerhin gibt es aber im österreichischen Schrifttum Stimmen, die auch die fahrlässige Missachtung des Willens des Geschäftsherrn durch den Geschäftsführer unter § 1040 ABGB subsumieren.515 In dieselbe Richtung weist auch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahre 1982516, in der das Gericht den Aufwendungsersatzanspruch des klagenden Abschleppunternehmers gegen den Eigentümer eines Kraftfahrzeugs verneinte, dessen unfallbedingt beschädigter und nicht mehr fahrbereiter Wagen von dem Kläger ohne eine entsprechende Absprache abtransportiert und auf dem firmeneigenen Abstellplatz abgestellt worden war: Diese Geschäftsführung sei für den Eigentümer „nicht nützlich“ gewesen, weil der entgegengesetzte Wille des Geschäftsherrn zumindest erkennbar (sic!) gewesen sei. Dieses Ergebnis entspricht der hier für das deutsche Recht vertretenen Deutung des § 681 Satz 1 BGB als Pflicht, deren Verletzung den Ausschluss jeglichen Ausgleichs zur Folge hat.517

Der Geschäftsführer ist auf ein Wegnahmerecht beschränkt, denn die bloße Zurücknahme in Natur, wo sie möglich ist und das Vermögen des 511 Die angeführte Vorschrift lautet: „Man kann seinen Willen nicht nur ausdrücklich durch Worte und allgemein angenommene Zeichen; sondern auch stillschweigend durch solche Handlungen erklären, welche mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übrig lassen.“ 512 So das treffend geschilderte Prinzip des § 1040 durch Klang/Swoboda, 1. Auflage, Band II/2 (1934), in der Einleitung der Vorschrift. 513 Klang/Swoboda, 1. Auflage, § 1040 Anm. I. 514 Meissel, a. a. O., Seite 79. 515 Karollus, a. a. O., Seite 330 Fußnote 35. 516 Juristische Blätter 1984, Seite 256. Siehe dazu auch Meissel, a. a. O., Seite 81 sub 3, insbesondere Fußnote 110. 517 Siehe unten V. 2. b) ff) und gg), Seite 420 ff.

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

Geschäftsherrn nicht in Mitleidenschaft zieht, darf nicht als Eingriff in die Freiheit des Geschäftsherrn betrachtet werden.518 Die praktische Bedeutung der Geschäftsführung gegen den Willen eines anderen erscheint nach den in der Literatur zitierten Entscheidungen eher gering.519 Sie erweist sich beispielsweise, wenn eine Werkstatt Reparaturen an einem Kraftfahrzeug auf Verlangen des Fahrers vornimmt, obwohl sich der Eigentümer gegenüber dem Unternehmer die schriftliche Zustimmung zu allen Instandsetzungen ausbedungen hatte.520 Die Reparatur des fremden Wagens wirft nach deutschem Recht die Frage auf, ob dem Unternehmer als Geschäftsführer ohne Auftrag ein Ausgleichsanspruch aus §§ 684 Satz 1, 812 BGB zusteht. Sie ist m. E. zu verneinen: Das Handeln des Werkunternehmers mit Fremdgeschäftsführungswillen unterstellt (!), genießt er nach der hier vertretenen Auffassung wegen der Verletzung der Erkundigungspflicht aus § 681 Satz 1 BGB keinerlei rechtlichen Schutz; die Bestimmung des § 684 Satz 1 BGB gewährt nur dann einen Anspruch, wenn dem Geschäftsführer nicht der Vorwurf gemacht werden kann, er habe den entgegenstehenden Willen des Geschäftsherrn schuldhaft verkannt.521 Sollte er eigene Materialien in der Weise mit dem Fahrzeug verbunden haben, dass diese wesentliche Bestandteile des Pkw geworden sind (§ 946 BGB), ist ein bereicherungsrechtlicher Ausgleich nach § 951 BGB gleichfalls zu versagen, weil die unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag bei Verletzung des § 681 Satz 1 BGB einen „rechtlichen Grund“ im Sinne des § 812 BGB für den Rechtsverlust bildet.522 Die Auswertung der gerichtlichen Stellungnahmen lässt erkennen, dass das Verbot des Geschäftsherrn, für ihn tätig zu werden, regelmäßig in ein Vertragsverhältnis eingebettet ist. In einer vertraglichen Beziehung ist indessen die Konstruktion einer „Geschäftsführung ohne Auftrag gegen den Willen des Geschäftsherrn“ im Sinne des § 1040 ABGB zumindest nicht naheliegend, sofern es um den Ausgleich von Nachteilen geht, die bei dem Geschäftsherrn eingetreten sind: Die angemaßte Tätigkeit stellte sich hier als Verletzung einer Nebenpflicht zu loyalem Verhalten nach § 920 ABGB523 518 So zutreffend die Argumentation von Klang/Swoboda, 1. Auflage, Anm. II zu § 1040. 519 Ausgewertet sind die Kommentierungen zum ABGB von Schwimann/Apathy, § 1040 Rdnr. 5; Klang/Stanzl, 2. Auflage, § 1040 Anm. I und die Monographie von Meissel, a. a. O., Seite 47 und 208. 520 So eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, Rechtsprechung 1931, Nr. 135. 521 Siehe dazu bereits oben III. 4. d) bb), Seite 185. 522 Siehe dazu – bezogen auf die Tilgung einer fremden Verbindlichkeit – unten V. 2. b) jj) (d), Seite 448, und – bezogen auf die Verbeserung einer fremden Sache durch einen Nichtbesitzer – V. 2. d) cc) (b) (3), Seite 583.

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dar, die den sich als „Geschäftsführer“ aufspielenden Schuldner schadensersatzpflichtig macht; der Anspruch auf Ersatz etwaiger Auslagen ist ihm selbstredend verwehrt.524 (f) Welche Wirkung hat im Zusammenhang mit der Geschäftsführung gegen den Willen eines anderen die Äußerung eines Schuldners, er verbitte sich die „Einmengung“ in seine Verbindlichkeiten und insbesondere deren Tilgung? Ist sie nach § 1040 ABGB beachtlich oder geht dieser Vorschrift die Norm des § 1042 ABGB über „einen Aufwand“ vor, den jemand „nach dem Gesetz selbst hätte machen müssen“ und der ihm durch den Eintritt eines Außenstehenden abgenommen wird? (1) Die Frage beantwortet sich nach dem verschiedenen Charakter der Intervention in den beiden Fällen: der Geschäftsführung ohne Auftrag „für einen anderen“ nach den Regeln der §§ 1035 ff. ABGB einerseits und der objektiven, dem Bereicherten zufließenden „Verwendung“ im Sinne des 523 Ich gebe den Wortlaut der Vorschrift wieder: „Wird die Erfüllung durch Verschulden des Verpflichteten oder einen von ihm zu vertretenden Zufall vereitelt, so kann der andere Teil entweder Schadenersatz wegen Nichterfüllung fordern oder von dem Vertrage zurücktreten.“ Die Lehre von der „Schlechterfüllung“ oder „positiven Forderungsverletzung“ ist in der österreichischen Literatur umstritten. Deutlich ablehnend als „schlechthin denkunmöglich“: Klang/Stanzl, 2. Auflage, Anm. II E zu § 918 ABGB. Die Haftung des „Geschäftsführers“ aus dem Gesichtspunkt der Vertragsverletzung betont indessen Meissel, a. a. O., Seite 76. 524 Ein im Jahre 1887 gefälltes Urteil des Obersten Gerichtshofs berichtet: „A hat dem B Holzschnittwaaren zur Verfrachtung nach X übergeben, ihm zugleich den Auftrag ertheilt, bei dieser Gelegenheit eine für den Kläger bei dem C ausstehende Forderung von 219 fl. einzucassieren, und das ausdrückliche Verbot beigefügt, dem C von den Holzschnittwaaren etwas käuflich zu überlassen, wenn C nicht die alte Schuld und den Kaufpreis für die Waare sofort bezahlt. B verkaufte dem C Holzschnittwaaren für 207 fl., ohne den ihm ertheilten Aufträgen nachzukommen, und wurde von dem A deshalb auf Zahlung dieser Summe belangt.“. Das Oberlandesgericht verurteilte den Transporteur und Inkassobeauftragten B nach § 1040 ABGB, und der Oberste Gerichtshof billigte diese Entscheidung (Unger/v. Walther/Pfaff, Sammlung von civilrechtlichen Entscheidungen des k.k. obersten Gerichtshofes, Band 25 [1891], Nr. 11658). Die Haftung des A wegen der Verletzung einer vertraglichen Pflicht blieb außer Betracht. Die gleiche Frage stellt sich in dem Sachverhalt eines 1954 ergangenen Urteils des Obersten Gerichtshofs (Entscheidungen Band XXVII [1957, Nr. 90]: Ein mit dem Transport von zwei Maschinenleitern beauftragter Spediteur stellte das Gut ungeachtet eines ausdrücklichen Verbots des Auftraggebers den Empfängern zu. Auf dem Wege vom Bahnhof zum Lagerplatz der Empfänger erlitten die Leitern durch unsachgemäßen Transport einen Schaden, was zur Folge hatte, dass die Empfänger die Annahme verweigerten. Da die Allgemeinen Österreichischen Spediteurbedingungen die willkürliche Abweichung von Weisungen des Auftraggebers nicht regelten, meinte der Oberste Gerichtshof, es handele sich um ein „Verschulden außerhalb der Vertragsverbindlichkeit“. Der Spediteur haftete aber wegen einer mangelhaften Ausführung des Werkvertrages im Sinne der §§ 1167, 920 ABGB.

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

§ 1042 ABGB andererseits.525 Der Rückgriff des Dritten, der eine fremde Verbindlichkeit tilgt, wird überwiegend ausschließlich auf die Bestimmung des § 1042 ABGB gegründet.526 Zur Frage der Anwendbarkeit des Geschäftsführungsrechts (§ 1040 ABGB) heißt es beispielsweise bei Meissel527: „Fraglich ist nun, inwiefern bei der Zahlung einer fremden Schuld gegen den erklärten Willen des Schuldners ein Anwendungsbereich für § 1040 ABGB gegeben ist . . . man (könnte) aus § 1040 ABGB eine allgemeine Möglichkeit des Geschäftsherrn ableiten, den Regreßanspruch des Zahlers . . . unter Hinweis auf die Sanktion des § 1040 ABGB (Verlust des Aufwandersatzes) abzulehnen. . . . schon aufgrund der systematischen Stellung des § 1042 BGB erscheint die Anwendbarkeit des § 1040 ABGB bei . . . Erfüllung einer fremden Verbindlichkeit fraglich.“

Der Regress aus dem Gesichtspunkt der „Verwendung“ (§ 1042 ABGB) soll dabei nicht nur bei Tilgung gesetzlicher528, sondern auch rechtsgeschäftlich begründeter Verbindlichkeiten eröffnet sein.529 (2) Ist der Schuldner eines Verwendungsanspruchs (d.h. eines Bereicherungsanspruchs) gegen die Aufdrängung unerbetener Vermögensvorteile in gleich wirksamer Weise geschützt wie der Geschäftsherr gegen eine ihm unerwünschte Geschäftsführung ohne Auftrag? Die Merkmale des § 1042 ABGB, gedeutet aus dem Zusammenhang mit der Vorschrift des § 1041 ABGB530, geben eine klare, bejahende Antwort: 525 Meissel, a. a. O., Seite 49, 51, 212; den Unterschied betont auch: Klang/ Stanzl, 2. Auflage, § 1042 Anm. III 1: „Daß . . . im Falle des § 1042 . . . keine Geschäftsführungsabsicht zu bestehen braucht, ist unbestritten; liegt sie vor, so ist Geschäftsführung ohne Auftrag anzunehmen.“ Der Verwendungsersatzanspruch im Sinne des § 1042 ABGB ist mithin als bereicherungsrechtlicher Anspruch zu qualifizieren. 526 Zum Rückgriff eines Intervenienten, der eine fremde Schuld berichtigt, nach österreichischem Recht siehe Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 2, Seite 364 Rdnr. 163. 527 A. a. O., Seite 48. Abweichend aber auf Seite 52 f.: „Unter stärker systematischem Gesichtspunkt bietet es sich freilich an, so wie beim Verhältnis zwischen GoA und § 1041 ABGB auch beim Verhältnis GoA zu § 1042 ABGB eine Subsidiarität des (reinen) Bereicherungsanspruchs anzunehmen.“ 528 Dazu zählen insbesondere die Unterhaltspflicht (das Gros der Judikatur zum § 1042 ABGB im 19. Jahrhundert betrifft nach der Darstellung von Meissel den Rückgriff der nichtehelichen Mutter gegen den Kindesvater) und öffentlich-rechtliche Verbindlichkeiten (a. a. O., Seite 49 Fußnote 75 und Seite 50). 529 Meissel, a. a. O., Seite 49 Fußnote 75 m. w. N. 530 Die Tilgung einer fremden Verbindlichkeit bezeichnet Klang/Swoboda, 1. Auflage, § 1042 Anm. I Fußnote 5, als „Unterart“ einer Verwendung. Diese stelle sich in § 1041 als „Nutzung entgegen dem Zuweisungsgehalt eines Rechts“, dar, in § 1042 als „Abnahme der einen anderen treffenden Verbindlichkeit“, freilich ohne das Auftreten für den Schuldner (definiert bei Rummel/Rummel, § 1041 Rdnr. 3 und § 1042 Rdnr. 1; ebenso Meissel, a. a. O., Seite 37).

5. Der Aufdrängungsschutz im österreichischen Recht

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Die Verwendung muss „zum Nutzen eines andern“ getätigt worden sein.531 Das Gesetz schützt also auch in diesem Zusammenhang den Gläubiger gegen eine ihm unwillkommene, aufgedrängte Zuwendung, eine Begrenzung, die das Erläuterungswerk von Klang/Stanzl der zitierten Norm überzeugend entnimmt532: „Die Verwendung zum Nutzen eines andern (§ 1041 ABGB) muß wie die Geschäftsführung zum Nutzen des andern diesem einen Vorteil gebracht haben . . . Daraus, daß das Geschäft zu des anderen ,klarem, überwiegenden‘ Vorteil geführt sein muß (§ 1037), folgt – wie auch die Gleichförmigkeit der Randschriften vor §§ 1037 und 1041 ergibt533 – kein verschiedener Begriff des Nutzens (Vorteils) in beiden Bestimmungen . . .“

In dieselbe Richtung weisen die Ausführungen von Meissel, nach dessen Ansicht der Schuldner dem Dritten „individuelle Nachteile unter dem Gesichtspunkt des Schutzes vor aufgedrängter Bereicherung (§§ 1037 f. ABGB)“ soll entgegenhalten können.534 Als Beipiel für solche „individuellen Nachteile“ führt er den Fall an, dass der Dritte durch seine Leistung gegen einen vom Schuldner entworfenen Tilgungsplan verstößt, dem der Gläubiger ohne das Dazwischentreten des Dritten zugestimmt hätte. Die Befreiung von einer Verbindlichkeit durch den Eintritt eines Dritten (§ 1423 ABGB) bringt für den Schuldner nur auf den ersten Blick einen „klaren, überwiegenden Vorteil“, beeinträchtigt sie doch die Freiheit, nach eigenem Ermessen über die Erfüllung seiner Verpflichtungen zu befinden; sie kann ihn sogar im Urteil seiner Umgebung als „unzuverlässig“, weil angewiesen auf die Hilfe eines Dritten, herabsetzen. Der Eingriff des Dritten in die Dispostionsfreiheit des Schuldners wird auch vom österreichischen Schrifttum im Ansatz durchaus erkannt535: „Ein Eingriff in die Dispositionsfreiheit eines anderen kann ja nicht nur darin liegen, daß jemand eine fremde Sache iSd § 1038 ABGB umgestaltet, sondern auch darin, daß ihm die Entscheidung, wann und wie er seine Verpflichtungen erfüllt, abgenommen wird.“ 531

Die Vorschrift des § 1042 ABGB lautet: „Wenn ohne Geschäftsführung eine Sache zum Nutzen eines andern verwendet worden ist; kann der Eigentümer sie in Natur, oder, wenn dies nicht mehr geschehen kann, den Wert verlangen, den sie zur Zeit der Verwendung gehabt hat, obgleich der Nutzen in der Folge vereitelt worden ist.“ 532 § 1041 Anm. C. 533 Der Verfasser meint die Überschriften des heutigen Gesetzestextes, beispielsweise § 1041: „Verwendung einer Sache zum Nutzen des anderen“. 534 A. a. O., Seite 52, insbesondere Fußnote 88. 535 Meissel, a. a. O. Seite 51. Nicht klar genug die Stellungnahme von Klang/Swoboda, 1. Auflage, § 1042 Anm. I, der einerseits den Leitgedanken des Schutzes der Willensfreiheit auch für die unter § 1042 fallenden Sachverhalte bekräftigt („mit diesem Leitgedanken muß auch die Vorschrift des § 1042 in Einklang gebracht werden“), andererseits in der „Besorgung des Aufwandes durch einen anderen als den Verpflichteten“ keine Verletzung seiner Freiheit erkennt.

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

Die Verpflichtung, sich vor einer Geschäftsführung zum Nutzen eines anderen, also auch vor einer Verwendung durch Abnahme von Verpflichtungen, um die „Einwilligung des anderen zu bewerben“, wie es die Vorschrift des § 1037 ABGB dem unberufenen Geschäftsführer auferlegt, wird indessen von der österreichischen Literatur536 in diesem Zusammenhang ebensowenig wie vom deutschen Schrifttum537 in ihrer Bedeutung gewürdigt: der Abwehr von unberufener Einmischung.538 Erfüllt dagegen die Käuferin eines Kraftfahrzeugs eine Verbindlichkeit der Verkäuferin, um den Wagen bei einem Dritten abholen und auf diese Weise dessen Zurückbehaltungsrecht überwinden zu können, ist die Invention selbst dann gerechtfertigt, wenn die Verkäuferin die Zahlung ausdrücklich verboten hatte, gründet sie sich doch auf das eigene Interesse der Käuferin, in den Genuss des Kaufgegenstands zu gelangen, den ihr die Verkäuferin auf direktem Wege nicht hatte verschaffen können.539

Eine deutlichere Stellungnahme zugunsten des Aufdrängungsschutzes findet sich dagegen bei der Erörterung des allgemeinen Anspruchs auf Ersatz von Verwendungen aus § 1041 ABGB: Hier soll der Schuldner des Ausgleichsanspruchs durch die Anlegung eines auf ihn zugeschnittenen, individuellen Maßstabs vor der Aufdrängung ihm nutzloser Vorteile geschützt werden.540 536 Die der Geschäftsführung ohne Auftrag gewidmete Monographie von Meissel schweigt; Rummel/Rummel, a. a. O., § 1037 Rdnr. 2: „Wird er (d.h. der Versuch, die Einwilligung des Geschäftsherrn zu erlangen) trotz Tunlichkeit unterlassen oder die Einwilligung verweigert, so ist die Geschäftsführung unrechtmäßig. Im ersten Fall ist aber nachträgliche Privilegierung durch das Ergebnis möglich.“ 537 Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 681 Rdnr. 4: „Verstoß verpflichtet bei Verschulden den Geschäftsführer zu Schadensersatz.“ 538 Undifferenziert Klang/Stanzl, 2. Auflage, §§ 1037, 1038 Anm. II: „Der Zahler einer fremden Schuld kann daher grundsätzlich gegen den Schuldner Rückgriff nehmen. Desgleichen handelt der Gläubiger (ich ergänze: des Aufwendungsersatzanspruchs), der eine dem Schuldner obliegende Leistung besorgt, zu dessen klarem, überwiegendem Vorteil.“ Ebenso Meissel, a. a. O., Seite 51: „Freilich geht der Gesetzgeber (?) davon aus, daß bei Bestehen einer Verpflichtung nicht eigens zu prüfen ist, ob die Erfüllung dieser Verpflichtung als nützlich iSd § 1037 ABGB zu qualifizieren ist. Als Regelfall sah man wohl einen – zumindest objektiven – Verzug des Schuldners an; das allgemeine Interesse an der Erfüllung rechtswirksamer Verpflichtungen und das individuelle Interesse des Gläubigers überwiegen hier ein allfälliges Interesse des Schuldners, selbst die Verpflichtung zu erfüllen.“ 539 So ein Urteil des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahre 1934, in: Die Rechtsprechung 1935, Nr. 4, Seite 6 f. 540 Klang/Swoboda, 1. Auflage, § 1041 Anm. III e: „Nur wenn und soweit die Verwendung nicht überflüssig gewesen ist, begründet sie einen Entschädigungsanspruch im Sinne des § 1041. Dabei ist ein individueller Maßstab anzulegen, der die Verhältnisse des Beklagten, nicht aber sein Gutdünken berücksichtigt. Darin liegt auch schon die Anerkennung eines gewissen Verhältnisses zwischen dem Wert der

5. Der Aufdrängungsschutz im österreichischen Recht

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Wenn beispielsweise der Besitzer eines Hauses nützliche Aufwendungen auf die Immobilie tätigt, ohne die sie überhaupt nicht bewohn- und benutzbar wäre, soll sich der Ausgleich nach der Brauchbarkeit der Investitionen für den Eigentümer – und nicht für jedermann (nach dem „gemeinen Wert“) – bemessen.541

cc) Der Aufdrängungsschutz im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis Nicht anders als das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch macht das ABGB den Ersatz von Verwendungen, die ein unrechtmäßiger Besitzer ohne das Einverständnis des Eigentümers auf eine Sache getätigt hat, von dessen Gut- oder Bösgläubigkeit abhängig. Es regelt die Rechte und Pflichten des Besitzers (§§ 304 ff. ABGB) getrennt von denen des Eigentümers (§§ 353 ff. ABGB). (a) Der redliche Besitzer hat Anspruch auf Ersatz des notwendigen und nützlichen Aufwandes, § 331 ABGB.542 Aufwendungen, die den Wert der Sache nicht erhöhen, sind ihm nicht zu vergüten, er darf sie aber wegnehmen, soweit dies ohne Nachteil für den herauszugebenden Gegenstand geschehen kann, § 332 ABGB. § 332 ABGB lautet: „Von dem Aufwande, welcher nur zum Vergnügen und zur Verschönerung gemacht worden ist, wird nur so viel ersetzt, als die Sache dem gemeinen Werte nach wirklich dadurch gewonnen hat; doch hat der vorige Besitzer die Wahl, alles für sich wegzunehmen, was davon ohne Schaden der Substanz weggenommen werden kann.“

(1) Der redliche Besitzer hat mithin Anspruch auf Ersatz für den zur fortdauernden Erhaltung der Substanz notwendig oder zur fortdauernden Erhaltung des Ertrags nützlich gewesenen Aufwand, beides nach dem gegenwärtigen Werte, „insofern dieser den wirklich gemachten Aufwand nicht übersteigt“. Sein Anspruch ist in zweifacher Hinsicht begrenzt: durch das „Ergebnis“ des Aufwandes, sofern es noch vorhanden und nicht wieder aufgehoben ist543, und durch den Aufwand selbst, kurz gesagt durch die Kosverwendeten Sache und dem Nutzen, weil bei einem zu großen Wert der ersteren der Nutzen illusorisch werden kann.“ 541 Herangezogen ist hier die von Klang/Stanzl, 2. Auflage, § 1041 Anm. G, Fußnote 101, zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, Band 32 (1959), Nr. 41, und die Stellungnahme von Stanzl, a. a. O., §§ 1037, 1038 Anm. II (Seite 902). 542 Die bereits wörtlich angeführte Vorschrift des § 331 ABGB (IV. 5. b) aa) (b), Seite 330) sei wiederholt: „Hat der redliche Besitzer an die Sache entweder zur fortwährenden Erhaltung der Substanz einen notwendigen, oder zur Vermehrung nach fortdauernder Nutzungen einen nützlichen Aufwand gemacht; so gebührt ihm der Ersatz nach dem gegenwärtigen Werte, insofern er den wirklich gemachten Aufwand nicht übersteigt.“ 543 „. . . so gebührt ihm der Ersatz nach dem gegenwärtigen Werte.“

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

ten und den gegenwärtigen Wert ihrer Wirkung.544 Er trägt summa summarum das Risiko, dass sich das Ergebnis seiner Investitionen wieder verflüchtigt.545 Ein Urteil des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahre 1993 gibt ein sprechendes Beispiel der Rückabwicklung eines Grundstücksgeschäfts im Hinblick auf die von redlichen Besitzern getätigten Verwendungen546: Der Übergabevertrag eines landwirtschaftlichen Besitzes erstreckte sich auf ein Wohnhaus mit Stallgebäude. Das schuldrechtliche und dingliche Geschäft scheiterten indessen an der Geschäftsunfähigkeit eines übergebenden Miteigentümers.547 Die Erwerber investierten in die Sanierung und einen teilweisen Neubau des Wohngebäudes Eigenleistungen von rund 600.000 Schillingen und Fremdmittel von rund 1.302.000 Schillingen. Da sie nur über geringe Eigenmittel verfügten, belasteten sie das Grundstück mit Hypotheken von rund 1.475.000 Schillingen. Der Verkehrswert des Grundstücks erhöhte sich durch die Sanierungsmaßnahmen von 450.000 auf 1.500.000, also um 1.050.000 Schillinge. Dem Anspruch der Kläger auf Räumung des Anwesens aus den Gesichtspunkten des Eigentums und der ungerechtfertigten Bereicherung548 setzten die Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht wegen ihrer Aufwendungen von insgesamt 1.900.000 Schillingen entgegen. Der Oberste Gerichtshof befand: Der Anspruch der Beklagten wegen ihres notwendigen und nützlichen Aufwandes sei durch dessen „gegenwärtigen Wert“, d.h. den Erfolg der Investitionen in Höhe von 1.050.000 Schillingen, begrenzt. „In diesem Sinne“, so lautet der Angelpunkt des Urteils, „haben aber die Aufwendungen der Beklagten auf das Wohnhaus der Kläger derzeit (noch) nicht zu einer Wertsteigerung der Liegenschaft geführt, steht ihnen doch deren forderungsbekleidete Pfandbelastung in der fast eineinhalbfachen Höhe549 des nach § 331 ABGB überhaupt in Betracht kom544

Klang/v. Schey, 2. Auflage, 2. Band, §§ 331–333 Fußnote 5. v. Schey, Festschrift für Unger, Seite 473: „Der redliche Besitzer trägt die Gefahr sowohl der nothwendigen wie der nützlichen Verwendungen. Hat er, um an das bekannte Pandektenbeispiel zu erinnern (L. 9 § 1 D. neg. gest. 3, 5), die Kosten dringend nothwendiger Arbeiten bestritten, um ein Haus vor dem Einsturze zu retten, welches nach vollendeter Arbeit vom Blitz getroffen in Flammen aufgeht, so erhält er keinen Ersatz.“ 546 Juristische Blätter 1994, Seite 171. 547 Die Teilnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts ergreift nach § 878 Satz 2 ABGB die Gesamtheit der Abreden, wenn – wie hier – zwischen den Teilen ein Sinnzusammenhang gegeben ist und sie zwischen denselben Parteien geschlossen sind (Rummel/Rummel, § 878 Rdnr. 4). 548 Der Oberste Gerichtshof bejaht die Konkurrenz der beiden Anspruchsgrundlagen (a. a. O., Seite 172). 549 Im Verhältnis von 1.050.000 zu 1.475.000 Schillingen. 545

5. Der Aufdrängungsschutz im österreichischen Recht

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menden Aufwandersatzes gegenüber.“ Dem Räumungsbegehren der Kläger sei mithin uneingeschränkt stattzugeben. Damit sei aber über die Rückabwicklung zwischen den Parteien noch nicht endgültig und erschöpfend „abgesprochen“: Es komme darauf an, ob die Beklagten ihre Verbindlichkeiten gegenüber den Hypothekargläubigern abdeckten und so die Liegenschaft der Kläger von den darauf ruhenden Lasten befreiten. Der Oberste Gerichtshof verbindet die Würdigung des Verwendungsersatzes mit dem Begriff der „aufgedrängten Bereicherung“: „Die in Rede stehenden Aufwendungen sind jedenfalls von den Klägern auch nicht veranlaßt worden. Es liegt daher ein Fall der ,aufgedrängten Bereicherung‘ (Koziol/Welser, a. a. O. 93) vor.“ (2) Umstritten ist die Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse des Eigentümers und seine Dispositionen, wie sie in der Geschäftsführung ohne Auftrag zum Nutzen eines anderen angelegt ist.550 Nach der einen am Wortlaut des Gesetzes orientierten Auffassung soll nämlich die „Werteinschätzung eine objektive, dem gemeinen Werte nach sein (§ 332), ohne Rücksicht darauf, ob die Art der Werterhaltung oder Werterhöhung dem herausgabeberechtigten Gegner nach seinen Verhältnissen als Luxusaufwand erschienen wäre“.551 Die – streitige – Bemessung des Aufwendungsersatzes nach dem „gemeinen“ Wert, den eine herauszugebende Sache in der Hand des Bereicherungsschuldners gewonnen hat, könnte allerdings in einem Gegensatz zur Beurteilung des „klaren und überwiegenden Vorteils“ stehen, den die Geschäftsführung ohne Auftrag für den Geschäftsherrn erzielte. Denn in diesem letzteren Fall sollen ihm keine Vorteile aufgedrängt werden, die er bei vernünftiger Erwägung als Nachteil empfindet.552

Gegen den Einwand, dass eine derartige – objektive – Auslegung dem Eigentümer den Schutz gegen eine ihm aufgedrängte Bereicherung verweigere, wird geltend gemacht553: „Zwar ist nicht ganz mit Unrecht darauf hin550 § 1037 ABGB: „. . . aber das Geschäft auf seine Kosten zu des andern klarem, überwiegenden Vorteil geführt.“ Näher dazu oben IV. 5. b) bb) (d), Seite 335; der vollständige Wortlaut des § 1037 ABGB ist in Fußnote 433 dieses Abschnitts wiedergegeben. 551 Klang/v. Schey, 2. Auflage, 2. Band, §§ 331–333 Anm. I; Rummel/Spielbüchler, § 331 Rdnr. 1. 552 Siehe dazu oben IV. 5. b) bb) (d), Seite 335. 553 Klang/v. Schey, 1. Auflage, 1. Band, 1. Halbband, § 333 Fußnote 7. Noch weitergehend in umgekehrter Richtung, d.h. mit dem Blick auf den Schuldner des Bereicherungsanspruchs, Klang/Swoboda, 1. Auflage, 4. Band, § 1437 Anm. X: „Jeder Aufwand, sei er nun notwendig und nützlich oder überflüssig und erfolglos, setzt die Vermögensvermehrung des Empfängers herab, schmälert also seine Bereicherung. Der redliche Empfänger darf daher jeden Aufwand zur Anrechnung bringen, den er bis zur Klagszustellung gemacht hat, daher auch jenen, der bloß zur Verschönerung geschah . . .“

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

gewiesen worden, daß die Verpflichtung zum unbedingten Ersatze derart objektiv nützlicher Verwendungen eine gewisse Gefahr in sich berge (Petrazycki a. a. O., S. 331 f.)554, weil sie gegen den nur über bescheidene Wirtschaftsmittel verfügenden Eigentümer wie eine Enteignung wirke (WGGB II, § 55555, hatte dieser Gefahr ausdrücklich vorbeugen zu müssen geglaubt). Allein bei einem Besitzer, der, sei es auch aus unentschuldbarem Irrtum, die Sache als ihm gehörig betrachtet, wird solcher Mißbrauch des Aufwandes als Pressionsmittel gegen den wahren Eigentümer doch wohl kaum zu fürchten sein . . .“ Eine sich vom Buchstaben des § 332 ABGB lösende Meinung befürwortet dagegen einen objektiven Maßstab mit subjektiven Elementen, um eine dem Eigentümer aufgedrängte Bereicherung zu unterbinden556: „Die Nützlichkeit des Aufwandes ist analog zu § 1037 nach den subjektiven Umständen des Eigentümers zu beurteilen, weil es sich um einen Fall der ,aufgedrängten Bereicherung‘ handelt (vgl. Bd I S 320). Der Ersatz ist nur bis zur Höhe des gegenwärtigen Wertes zu leisten. Er ist begrenzt mit der Höhe des wirklich Aufgewendeten, auch wenn die Wertsteigerung höher ist. Das Risiko des Wegfalles des Vorteils trägt also der Besitzer.“ (b) Der unredliche Besitzer557 hat im Hinblick auf getätigte Verwendungen die Stellung eines Geschäftsführers ohne Auftrag, § 336 ABGB. 554

Lehre vom Einkommen, Band I, Seite 332: „. . . schlägt der Verfasser vor, dem Wiederverkäufer den Ersatz der imp. utiles und voluptariae zu gewähren, ohne daran zu denken, dass der eigennützige und rechtskundige Wiederverkäufer durch das Gesetz zur Vereitelung des Wiederkaufes und zur wucherischen und sonstigen Ausbeutung seines in kapitalistischer Hinsicht schwächeren Opfers verleitet wird, indem das Gesetz ihm hilfreiche Hand dazu bietet.“ Nach deutschem Recht kann der Wiederverkäufer vom Wiederkäufer den Ersatz der nützlichen Verwendungen ersetzt verlangen: § 459 BGB. 555 Gemeint ist das Bürgerliche Gesetzbuch für Westgalizien vom Jahr 1797, das den Eigentümer gegen eine ihm aufgezwungene Versteigerung seiner Sache, vor allem einer Immobilie, mit der folgenden Kautel schützt: „Doch kann der Eigentümer dieses Ersatzes wegen nicht gezwungen werden, die Sache selbst zu veräußern“ (zitiert nach v. Schey, Festschrift für Unger, a. a. O., Seite 415, 476 Fußnote 1). 556 Koziol/Welser, a. a. O., 4. Kapitel, VI A 3a, Seite 94. In diesem Sinne, allerdings mit Beschränkung auf den unredlichen Besitzer, auch v. Schey, in: Festschrift für Unger (1898), Seite 481, für den „nützlichen Aufwand“ im Sinne des § 1037 ABGB: „Nicht, ob eine Melioration nach abstracter Beurtheilung an sich zweckmäßig erscheint, sondern ob sie den concreten persönlichen Bedürfnissen des dominus entspricht, darauf soll es ankommen.“ Der redliche Besitzer genießt seiner Meinung nach den Vorteil eines „objectiven Maßstabes, einer Schätzung nach allgemeinen wirthschaftlichen Gesichtspunkten“ (a. a. O., Seite 481 f.). 557 v. Schey, Festschrift für Unger, Seite 447 f., definiert: „Der unredliche Besitzer ist sich bewußt, daß ein besser Berechtigter ihm das Gut entziehen kann; er rechnet mit dieser Möglichkeit und – aus egoistischer Vorsicht – hütet er sich aber, eine allzu enge Verbindung zwischen dem fremden Gute und seinem eigenem Wirthschaftsorganismus ins Werk zu setzen.“

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Die Vorschrift des § 336 ABGB lautet: „Hat der unredliche Besitzer einen Aufwand auf die Sache gemacht, so ist dasjenige anzuwenden, was in Rücksicht des von einem Geschäftsführer ohne Auftrag gemachten Aufwandes in dem Hauptstücke von der Bevollmächtigung verordnet ist.“

Für den „notwendigen Aufwand“ im Sinne des § 1036 ABGB kann er auch dann vollen Ersatz begehren, wenn „die Bemühung ohne Verschulden fruchtlos geblieben ist“. Die auffallende Besserstellung im Vergleich zum redlichen Bereicherungsschuldner, der nach § 331 ABGB das Risiko des Verlustes seiner Aufwendungen trägt558, bringt das Schrifttum in Verlegenheit. Ein Versuch der Rechtfertigung lautet: Der unredliche Besitzer solle zu den notwendigen Aufwendungen durch die Gewissheit angespornt werden, dass er sie nicht auf eigene Gefahr tätige.559 Ein anderer Erklärungsversuch betont, dass der hier berufene „Ansporn“ irreal sei, weil der Unredliche die ihn angeblich begünstigende Vorschrift kaum kennen dürfte und damit rechne, die Sache herausgeben zu müssen.560 Nach richtiger Deutung des § 336 ABGB dürfe der unredliche Besitzer aus seiner Einstellung keinen Vorteil im Vergleich zum redlichen Inhaber der Sachherschaft ziehen, daher könne er auch nur den Ersatz notwendiger Aufwendungen verlangen, deren Ergebnis noch fortwirke. (c) Vergleicht man die Stellung des redlichen Besitzers nach österreichischem und deutschem Recht, ergeben sich auf den ersten Blick dem Sinne Nach Auffassung von Swoboda, Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch im Lichte der Lehren Kants, Seite 225, ist der Maßstab der Unredlichkeit ein individueller: „Es müssen stets Umstände vorliegen, die in concreto nach der individuellen Persönlichkeit des Besitzers, nach seinem Einsichtsvermögen die Vermutung, daß sein Besitz unberechtigt sei, hätten herbeiführen müssen.“ 558 Siehe oben IV. 5. b) cc) (a) (1), Seite 343, insbesondere Fußnote 543 mit Hinweis auf den Wortlaut des § 331 ABGB: „. . . so gebührt ihm (d.h. dem redlichen Besitzer) der Ersatz nach dem gegenwärtigen Werte . . .“. 559 Klang/v. Schey, 2. Auflage, 2. Band, §§ 335–336 Anm. II, Fußnote 15 (Seite 100). Sinngleich v. Schey, Festschrift für Unger, Seite 483 f.: Das Gesetz wolle den unredlichen Besitzer „gleichsam mit sanfter Gewalt“ praktisch zum Verwalter fremden Gutes machen. „Damit also nicht durch übel angebrachte Sparsamkeit das eigene Interesse des Eigenthümers und die volkswirtschaftliche magna utilitas der Gütererhaltung gefährdet werde, gilt der Rechtssatz, dass dem unredlichen Besitzer der nothwendige Aufwand unbedingt zu vergüten ist. Den redlichen Besitzer, der das Bewusstsein hat, eigenes Gut zu verwalten, treibt schon das eigene Interesse und die eigene wirthschaftliche Berechnung dazu, das zur Erhaltung des Gutes Nothwendige vorzukehren . . .“ Halte sich der Besitzer dagegen unentschuldbar, ja sogar grob fahrlässig für berechtigt, dürfe er nicht als Geschäftsführer ohne Auftrag behandelt werden. „Für diesen Unredlichen bliebe wirklich nur die nackte Thatsache übrig, dass er besser behandelt würde als der redliche . . .“ (?). 560 Koziol/Welser, a. a. O., 4. Kapitel, VI A 3a, Seite 93 f.

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

nach weitreichende Übereinstimmungen561: Das deutsche Recht billigt wie das österreichische dem redlichen Besitzer den Ersatz der notwendigen und nützlichen Verwendungen zu (§§ 994, 996 BGB). Auch das Recht der Wegnahme einer eingefügten Sache ist nach deutschem Recht prinzipiell gegeben (§ 997 BGB), der Eigentümer kann es allerdings durch Zahlung562 abwenden, eine Befugnis, die dem ABGB unbekannt ist.563 Der unredliche Besitzer ist nach der österreichischen Regelung ein Geschäftsführer ohne Auftrag des Eigentümers (§ 336 ABGB), eine Stellung die ihm das deutsche Recht nur für notwendige Verwendungen einräumt (§ 994 Abs. 2 BGB). dd) Der Aufdrängungsschutz im Recht der ungerechtfertigten Bereicherung Das Bereicherungsrecht des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs ist von seinen römischen Vorbildern564 geprägt; der Gedanke, die Spielarten des Bereicherungsanspruchs und insbesondere die Leistungs- und die Nichtleistungskondiktion in einem Grundtatbestand wie dem des § 812 BGB zu vereinigen, ist im österreichischen Recht nicht fruchtbar geworden.565 561 Allerdings bei unterschiedlicher Auffassung der „Redlichkeit“: Nach heute im österreichischen Recht herrschender Auffassung schadet dem Besitzer wie dem Bereicherungsschuldner schon die fahrlässige Unkenntnis (Schwimann/Honsell/Mader, § 1437 Rdnr. 5, anders dagegen v. Schey, oben Fußnote 557 und unten Fußnote 573). Nach herkömmlichem deutschen Verständnis beginnt die Unredlichkeit des Besitzers erst bei grobfahrlässiger Annahme eines fehlenden Besitzrechts: §§ 990 i.V. m. 932 Abs. 2 BGB. Palandt/Bassenge, 62. Auflage, § 990 Rdnr. 4 (siehe da- zu – für die entsprechende Anwendung des § 819 BGB plädierend – oben II. 3. d) bb) (b), Seite 57 ff.). 562 Die Kommentierung von Palandt/Bassenge, 62. Auflage, § 997 Rdnr. 8, weist darauf hin, dass auch ein Liebhaberinteresse des Besitzers zu ersetzen ist, wenn der Eigentümer dessen Wegnahmerecht ausräumen will. 563 Um den Besitzer das gesetzlich verbriefte Wegnahmerecht „abzukaufen“, bedarf es nach österreichischem Recht eines dahingehenden Vertrags. 564 Kaser, a. a. O., 1. Abschnitt, § 139 III, und 2. Abschnitt, § 270 III 1: Von der Gliederung der klassischen Juristen ausgehend, hat die spätere Lehre die condictio in eine Reihe von selbständigen Ansprüchen aufgespalten. 565 Überzeugend die kritische Kommentierung von Schwimann/Honsell/Mader, Vorbemerkungen vor §§ 1431 ff., Titel I 1: „Grundlagen des Bereicherungsanspruchs“, und II 1: „Das Bereicherungsrecht im ABGB“; weniger ausgeprägt die Darstellung im Lehrbuch des Schuldrechts, Besonderer Teil, von Gschnitzer/Faistenberger/Barta/Eccher, a. a. O., § 67 A, Seite 392 f. Das Fehlen einer geschlossenen Regelung der Bereicherungsansprüche im ABGB betont auch Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 25 Rdnr. 34. Er hebt jedoch die gegenseitige Beeinflussung der österreichischen und deutschen zivilistischen Literatur in der Systematisierung der Kondiktionen hervor (a. a. O., Seite 27 Rdnr. 34).

5. Der Aufdrängungsschutz im österreichischen Recht

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Das Urteil eines österreichischen Kommentars zum ABGB566: „Die gemeinrechtlichen Leistungskondiktionen sind an verstreuter Stelle kodifiziert; die Abgrenzungen sind unsicher“567, ist im Hinblick auf das Gesetz568 auch für den deutschen Juristen eine bemühende Erkenntnis. (a) Die Spielarten der condictio indebiti, die Rückforderung der Leistung auf eine in Wahrheit nicht bestehende Schuld, und der condictio sine causa, der Herausgabe der Leistung auf einen unwirksamen Vertrag569, sind in den Vorschriften der §§ 1431 und 877 ABGB normiert: § 1431 ABGB lautet: „Wenn jemandem aus einem Irrtume, wäre es auch ein Rechtsirrtum, eine Sache oder eine Handlung geleistet worden, wozu er gegen den Leistenden kein Recht hat; so kann in der Regel im ersten Falle die Sache zurückgefordert, im zweiten aber ein dem verschafften Nutzen angemessener Lohn verlangt werden.“ § 877 ABGB lautet: „Wer die Aufhebung eines Vertrages aus Mangel der Einwilligung verlangt, muß dagegen auch alles zurückstellen, was er aus einem solchen Vertrage zu seinem Vorteil erhalten hat.“

Die Verwendungskondiktionen haben ihren Platz als Anhang der Geschäftsführung ohne Auftrag. Die hier geltenden Vorschriften (§§ 1041, 1042 ABGB) verfügen auch den Schutz des Gläubigers eines Bereicherungsanspruchs gegen eine ihm aufgedrängte Zuwendung.570 Die condictio ob rem, in anderer Ausdrucksweise die condictio causa data causa non secuta, die Rückforderung wegen Nichteintritts des mit einer Leistung bezweckten Erfolgs, und die condictio ob causam finitam wegen späteren Wegfalls des Rechtsgrundes werden beide aus § 1435 ABGB571 hergeleitet. Die condictio ob turpem vel iniustam causam, der Anspruch auf Herausgabe wegen Verstoßes einer Leistung gegen die guten Sitten oder das Gesetz, ist schließlich im Werkvertragsrecht zu suchen: § 1174 ABGB (2. Teil, 26. Hauptstück, „Von Verträgen über Dienstleistungen“). 566

Schwimann/Honsell/Mader, Vorbemerkungen vor §§ 1431 ff. Rdnr. 6. Dies gilt für die von Schwimann/Honsell/Mader, Vorbemerkungen vor §§ 1431 ff. Rdnr. 10 und 12, dargestellten Überschneidungen der Typen der condictio indebiti, sine causa und ob causam finitam, von denen die Kommentatoren sagen, sie ließen sich begrifflich ohne weiteres einer allgemeinen condictio sine causa unterordnen (a. a. O., Rdnr. 12). 568 Im Unterschied zu den Leistungen der Wissenschaft im System und der Darstellung! 569 Klang/Wilburg, 2. Auflage, 6. Band, §§ 1431 bis 1437 Anm. V B c, nennt die Zahlung einer nicht fälligen (?) Schuld durch einen Geschäftsunfähigen. 570 Siehe dazu bereits – bezogen auf die Tilgung einer fremden Schuld – oben IV. 5. b) bb) (f) (1) und (2), Seite 339 ff. 571 Die Vorschrift lautet: „Auch Sachen, die als eine wahre Schuldigkeit gegeben worden sind, kann der Geber von dem Empfänger zurückfordern, wenn der rechtliche Grund, sie zu behalten, aufgehört hat.“ 567

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

(b) Der Schutz des Bereicherungsgläubigers vor dem Ersatz etwaiger Verwendungen, die der Bereicherungsschuldners auf den herauszugebenden Gegenstand getätigt hat („aufgedrängte Entreicherung“), bestimmt sich im Hinblick auf die sog. conditio indebiti nach dem Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer, wobei die Übereignung nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung kausal ist.572 § 1437 ABGB lautet: „Der Empfänger einer bezahlten Nichtschuld wird als ein redlicher oder unredlicher Besitzer angesehen, je nachdem er den Irrtum des Gebers gewußt hat, oder aus den Umständen vermuten mußte, oder nicht.“

Die Verweisung des § 1437 ABGB auf das Verhältnis des Eigentümers zum Besitzer gewährleistet im Ausgangspunkt den Gleichklang der Institute: Der gutgläubige Bereicherungsschuldner wird wie der gutgläubige Besitzer, der unredliche Bereicherungsschuldner wie der unredliche Besitzer behandelt.573 (c) Bestimmt sich die Pflicht des Bereicherungsgläubigers zum Ersatz von Verwendungen nach den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses, bleibt aus dem Gesichtspunkt der „aufgedrängten Bereicherung“ nur noch der Anspruch des sog. Bauführers zu erörtern, d.h. desjenigen, der auf fremdem Grund und Boden ein Gebäude mit eigenen Materialien errichtet hat. Das österreichische Recht ist in diesem Punkte wesentlich komplizier572 § 380 ABGB: „Ohne Titel und ohne rechtliche Erwerbsart kann kein Eigentum erlangt werden.“ Die kausale, von einem gültigen Rechtsgrund abhängige Eigentumsübertragung stellen Koziol/Welser, a. a. O., 4. Kapitel III D, Seite 53, und IV D 5, Seite 67, dar: „Ist also der Kaufvertrag von vornherein (zB wegen mangelnder Geschäftsfähigkeit) nichtig, so geht das Eigentum nicht über.“ Aus der deutschen rechtsvergleichenden Literatur Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 287 Rdnr. 342, sowie Seite 383 Rdnr. 520, hier aber konzentriert auf den Ersatz von Verwendungen. Die Darstellung Schlechtriems auf Seite 383 ist von den Meinungsverschiedenheiten der österreichischen Literatur beeinflusst und liefert demgemäß keine sicheren Ergebnisse. 573 Die Übereinstimmung der Bereicherungshaftung mit den Ansprüchen des Eigentümers gegen den Besitzer stört allerdings die abweichende Festlegung des redlichen und unredlichen Besitzes durch die Vorschrift des § 326 ABGB, wo definiert ist: „Wer aus wahrscheinlichen Gründen die Sache, die er besitzt, für die seinige hält, ist ein redlicher Besitzer. Ein unredlicher Besitzer ist derjenige, welcher weiß oder aus den Umständen vermuten muß, daß die in seinem Besitze befindlichen Sache einem andern zugehöre . . .“. (Hervorhebung durch Verf.) Bei v. Schey, Festschrift für Unger, Seite 415, 433, heißt es: „Im Sinne des allg. B.G.B. bedeutet ,redlicher Besitz‘, soweit ihm spezifische Rechtsfolgen beigelegt sind, eine irrtümliche Meinung, einen Fehler desjenigen, der besitzt. Der redliche Besitzer legt sich also (irrtümlich) eine nicht vorhandene Legitimation zu.“ An späterer Stelle setzt v. Schey dem redlichen Besitz schon dort eine Grenze, wo der Zweifel an dem rechtmäßigen Haben beginnt, mag darin ein entschuldbarer oder ein unentschuldbarer Irrtum gelegen sein (a. a. O., Seite 476, 487). Praktische Auswirkungen auf die hier zur Erörterung stehende Frage der aufgedrängten Bereicherung kommt den aufgezeigten Nuancen nicht zu.

5. Der Aufdrängungsschutz im österreichischen Recht

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ter als die deutsche Regelung, die das Gebäude ohne Rücksicht auf eine etwaige Untersagung des Baues, d.h. die Verschweigung des Grundstückseigentümers gegenüber dem Bauenden, dem Eigentümer des Grundstücks zuweist.574 Die Vorschrift des § 418 ABGB lautet: „Hat im entgegengesetzten Falle (d.h. anders als bei einem Bau mit fremdem Material auf eigenem Grund und Boden) jemand mit eigenen Materialien, ohne Wissen und Willen des Eigentümers auf fremdem Grunde gebaut, so fällt das Gebäude dem Grundeigentümer zu. Der redliche Bauführer kann den Ersatz der notwendigen und nützlichen Kosten fordern; der unredliche wird gleich einem Geschäftsführer ohne Auftrag behandelt. Hat der Eigentümer des Grundes die Bauführung gewußt, und sie nicht sogleich dem redlichen Bauführer untersagt, so kann er nur den gemeinen Wert für den Grund fordern.“

Die Spielarten der sog. Bauführung seien im folgenden knapp analysiert: (1) Der Bauführer ist redlich, der Eigentümer ist ebenfalls redlich, d.h. er hat die Bauführung, wie es im Gesetz heißt, „nicht gewußt“: In diesem Falle erwirbt der Eigentümer das Eigentum an dem Gebäude, sofern es für die Dauer errichtet wurde (§ 297 ABGB). Der Bauführer hat Anspruch auf den Ersatz der notwendigen und nützlichen Kosten seiner Tätigkeit.575 Ein Aufdrängungsschutz ist in diesem Fall nicht ersichtlich, obgleich die Gefahr einer übermäßigen Inanspruchnahme des Eigentümers nicht auszuschließen ist: Die Kosten des Baues müssen sich nur als „notwendig“ oder „nützlich“ erweisen und eine entsprechende Wertsteigerung des Grundstücks bewirken.576 (2) Der Bauführer ist unredlich, der Eigentümer dagegen redlich: Auch hier erwirbt der Eigentümer das Eigentum an dem Gebäude. Der Bauführer wird als Geschäftsführer ohne Auftrag behandelt, was insbesondere eine Berücksichtigung der Dispositionen des Eigentümers bei einer nur „nützlichen“ Errichtung des Gebäudes bedeutet (§ 1037 ABGB).577 (3) Der Bauführer ist redlich, der Eigentümer unredlich: Das Eigentum an dem Grundstück fällt dem Bauführer zu578, der Verlust wird durch einen Anspruch des Eigentümers auf Ersatz des „gemeinen Wertes“ für den 574

§§ 946, 94 BGB. Der Maßstab ist wie in § 331 ABGB ein objektiver: Rummel/Spielbüchler, § 418 Rdnr. 3. 576 Das deutsche Recht berücksichtigt entschiedener das Interesse des Grundeigentümers: Der Vergütungsanspruch des § 951 BGB kann durch das Verlangen, den Bau zu entfernen, abgewehrt werden, sofern er das Eigentum verletzt oder beeinträchtigt (BGH WM 1965, Seite 652, 653, und 1966, Seite 765, 766 a. E.; Palandt/Bassenge, 62. Auflage, § 951 Rdnr. 19; siehe dazu eingehend oben III. 6., Seite 191 ff.); für einen „angemessenen Interessenausgleich nach Maßgabe der Situation und des Anspruchsumfangs“ MünchKomm/Quack, 3. Auflage, § 951 Rdnr. 21. 577 Siehe oben IV. 5. b) bb) (d), Seite 335. 575

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

Grund und Boden (dem Buchstaben nach) aufgewogen. Der immer wieder zur Erwägung stehende Schutz vor aufgedrängten Zuwendungen wird hier nicht gewährt. (4) Der Bauführer und der Grundeigentümer sind unredlich, was bedeutet: Der Bauführer wusste oder musste wissen, dass ihm ein Recht zur Errichtung des Baues nicht zustand (§§ 418 i.V. m. 326 ABGB), der Eigentümer „wusste die Bauführung“ und hatte sie nicht sogleich dem Bauführer untersagt: Die Eigentumsverhältnisse an dem Grundstück ändern sich nicht, das Gebäude verbindet sich also mit dem Grund und Boden579, und der Bauführer wird als Geschäftsführer ohne Auftrag entschädigt, was einschneidende Folgen für ihn in dem Falle hat, dass der Bau nicht zum „klaren und überwiegenden Vorteil“ des Eigentümers errichtet wurde (§§ 418 i.V. m. 1037 ABGB). Der Überblick über die Vorschrift des § 418 ABGB vermittelt den Gleichklang der Verhältnisse zwischen dem (redlichen) Eigentümer und dem Besitzer und dem (redlichen) Eigentümer und Bauführer: Verbindet sich das Bauwerk mit dem Eigentum am Grundstück, behandelt das Gesetz den Bauführer wegen seines Einsatzes an Material und Arbeitsleistung wie den – redlichen oder unredlichen – Besitzer, der Verwendungen auf eine herauszugebende Sache tätigte. Als Beispiel für die Redlichkeit des Bauführers und die Unredlichkeit des Eigentümers im Sinne der Alternative (3) sei folgender Fall angeführt580: Ein gewisser B ermächtigte seinen Bruder A, in seinem, des B, Namen ein Grundstück zu kaufen und es mit einem Haus für sich und seine Familie zu bebauen. Er beabsichtigte mit dieser Geste, den Schicksalsschlag wiedergutzumachen, den sein Bru578 Klang/Klang, 2. Auflage, § 418 Anm. 2: „Dadurch, daß der Grundeigentümer gegen die Bauführung nicht einschreitet, verschweigt er sich seines Eigentumes.“ Als Vorbild diente die Vorschrift des Preußischen Allgemeinen Landrechts (Buch I, Titel 9, § 332: „Hat der Eigenthümer des Grundes und Bodens um den Bau gewußt, und nicht sogleich, als er davon Nachricht erhalten, zur Fortsetzung desselben auf eine solche Art, daß es zur Wissenschaft des Bauenden gelangt ist, widersprochen, so muß er sich mit der bloßen Entschädigung für Grund und Boden begnügen.“ E. Swoboda; Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch im Lichte der Lehren Kants, Seite 249, nennt den Schutz des Bauführers ein „Postulat der praktischen Vernunft“. 579 Herrschende Lehre; siehe Klang/Klang, 2. Auflage, § 418 Anm. 2b. A. A. Swoboda, Das ABGB im Lichte der Lehren Kants, Seite 251, der sich unter Berufung auf § 415 ABGB für die Entstehung von Miteigentum des Bauführers und des Grundeigentümers ausspricht. Diese Lösung führt zu einem Anspruch auf Auseinandersetzung der Gemeinschaft in Analogie zu § 830 ABGB. 580 So ein Urteil des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 1894 (Pfaff/v. Schey/ Krupsky, Sammlung von Civilrechtlichen Entscheidungen des k.k. obersten Gerichtshofes, Band 32 [1898] Nr. 15116, Seite 241).

5. Der Aufdrängungsschutz im österreichischen Recht

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der A erlitten hatte: Eine Überschwemmung hatte dessen Haus zerstört und weggerissen. B wurde zwar als Eigentümer des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen. Da er aber als unredlicher Eigentümer die Bauführung seines Bruders gebilligt und durch Geldzahlungen gefördert hatte, sprach der Oberste Gerichtshof das Eigentum am Grundstück dem Bruder A zu: Der Bau hatte die Eintragung überholt, „weil die Auslegung des Schlußsatzes des § 418 ABGB, es sei unter dem Ausdrucke redlicher Bauführer nur ein solcher Bauführer zu verstehen, welcher auf fremdem Grunde baut in dem Glauben, Eigenthümer des Grundes zu sein, weder im Wortlaute, noch im Sinne der bezogenen Gesetzesstelle eine Bestätigung finde, weil vielmehr die Redlichkeit des Bauführers auch dann nicht auszuschließen sei, wenn er mit Grund annehmen konnte, es sei der Grundeigenthümer mit der Bauführung einverstanden.“ Der Gerichtshof verpflichtete den Bauführer A „zur Zahlung des von den Sachverständigen bestimmten gemeinen Werthes des Grundes“.

(d) Ich halte fest: Kraft der Verweisung des § 1437 ABGB auf das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis gelangt das österreichische Recht im Hinblick auf den Ersatz von Verwendungen, die der „Empfänger einer bezahlten Nichtschuld“ auf den Kondiktionsgegenstand getätigt hat, zu einer Gleichbehandlung des unrechtmäßigen Besitzers und des Kondiktionsschuldners. Steht aber der Ausgleich für eine rechtsgrundlos vollzogene Verbindung von Baumaterialien mit einem fremden Grundstück in Rede, lässt die differenzierte Regelung des § 418 ABGB den Schutz des Grundstückeigentümers vor einer „aufgedrängter Bereicherung“ zugunsten des eigenmächtig handelnden Bauführers deutlich zurücktreten: Zum einen gewährt die angeführte Vorschrift dem „redlichen“ Bauführer einen Anspruch auf Erstattung seiner Kosten, beschränkt mithin den vom Eigentümer zu gewährenden Ausgleich nicht auf den Wertzuwachs der Immobilie. Zum anderen ist dem Eigentümer das Recht genommen, die Beseitigung des aufgedrängten Vorteils zu verlangen. Ist er „unredlich“, kann er sogar – wie in dem berichteten Sachverhalt – das Eigentum am Grundstück verlieren. c) Zusammenfassende Würdigung des österreichischen Rechts Verglichen mit dem anglo-amerikanischen, dem französischen und dem schweizerischen Recht ist der Ertrag des österreichischen Rechts für das Thema der „aufgedrängten Bereicherung“ in mindestens einer Beziehung erheblich: den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag, denen das ABGB das Prinzip voranstellt, dass die „Einmengung“ in die Geschäfte eines anderen unstatthaft ist (§ 1035 ABGB). Diese klare Stellungnahme prägt den praktisch wichtigsten Fall der Geschäftsführung ohne Auftrag „zum Nutzen“ eines anderen (§ 1037 ABGB); hier ist der Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen des Geschäftsführes von einem „klaren, überwie-

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IV. Der Ausgleich von aufgedrängten Zuwendungen im Ausland

genden Vorteil“ des Geschäftsherrn abhängig. Diese Beschränkung wird durch die Anlegung eines subjektiven Maßstabs noch wirksamer: Der „klare, überwiegende Vorteil“ wird an den persönlichen Verhältnissen des Geschäftsherrn gemessen, damit ihm keine Bereicherung aufgedrängt werden kann, die er bei einer vernünftigen, von Willkür und Launen freien Erwägung als Nachteil empfindet.581 Auch in der Ausgestaltung des sog. Bestand-, d.h. Mietvertrages ist die österreichische Regelung prinzipienfester als die des deutschen Bürgerlichen Rechts, weil Aufwendungen des Bestandnehmers nur vergütet werden, wenn sie entweder als Selbsthilfe des Mieters gerechtfertigt waren oder mindestens bei Beendigung des Vertrages zum „klaren, überwiegenden Vorteil“ des Bestandgebers ausschlagen (§§ 1097, 1036 bis 1037 ABGB). Diese Beurteilung steht weiter unter einem gemischten Maßstab, der sich aus dem objektiven Wert der Verbesserung und ihrer subjektiven Brauchbarkeit für den Bestandgeber zusammensetzt.582 Nach deutschem Recht verbleibt dem Mieter wegen seiner Verwendungen allemal ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 539 Abs. 1 i.V. m. 677, 684, 812 BGB), sofern der Mieter überhaupt als Geschäftsführer des Vermieters „Verwendungen auf die Mietsache“ vornahm und nicht nur in eigener Sache tätig wurde.583 Systematisch überlegen im Vergleich zum deutschen Gesetz ist das ABGB in der praktischen Verknüpfung des Bereicherungsanspruchs mit den Rechtsverhältnis zwischen dem Eigentümer und dem redlichen bzw. unredlichen Besitzer (§§ 1037 i.V. m. 331, 336 ABGB). Diese Verbindung vermeidet die Frage, ob der Kondiktionsschuldner den Ersatz seiner Verwendungen in einem größeren Umfang zu verlangen vermag als der unrechtmäßige Besitzer. Dementsprechend entsteht kein Streit darüber, welches der beiden Institute, das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis oder das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung, den Vorrang genießen soll.

581 582 583

Siehe oben IV. 5. b) bb) (d), Seite 335. Siehe oben IV. 5. b) aa) (a) (2), Seite 325 ff. Siehe oben IV. 5. b) aa) (a) (2) a. E., Seite 329.

V. Die systematische Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs 1. Der Aufdrängungsschutz innerhalb bestehender Vertragsverhältnisse – eine exemplarische Darstellung des Miet-, Leih- und Pachtvertrags a) Der Aufdrängungsschutz im Recht der Miete1 Im Recht der Miete ist der Vermieter vor dem unbeschränkten Ausgleich von Vermögensopfern zu schützen, die sein Vertragspartner zur Erhaltung, Wiederherstellung oder ordnungsgemäßen Bewirtschaftung sowie zur Verbesserung der Mietsache tätigt: Der Mieter ist lediglich zum vertragsgemäßen, zeitlich begrenzten Gebrauch der ihm überlassenen Sache berechtigt, § 535 BGB. Eine Einwirkung auf das Mietobjekt, die über den vertraglich vereinbarten Gebrauch hinausreicht, ist ihm daher im Ausgangspunkt versagt. Vor diesem Hintergrund schafft die Vorschrift des § 536a Abs. 2 Nr. 2 BGB einen Ausgleich zwischen dem Schutz der Entschließungsfreiheit des Vermieters und dem Interesse des Mieters an einem geldlichen Ausgleich getätigter Investitionen. Sie gewährt dem Mieter den Anspruch auf Ersatz notwendiger Verwendungen, sofern er sich nicht durch unberechtigte Selbsthilfe an die Stelle des Vermieters setzt.2 1 Dazu eingehend Damrau-Schröter, Zivilrechtliche Aspekte der „Mieter-Modernisierung“ (1994). Im folgenden Abschnitt wird das Mietrecht in der Fassung des Mietrechtsreformgesetzes vom 19. Juni 2001 (BGBl I, Seite 1149) dargestellt. Die zitierte Rechtsprechung und Literatur bezieht sich indessen – mit Ausnahme des Palandtschen Kommentars – auf die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes geltende Gesetzesfassung. Bezogen auf die hier angeführten Vorschriften hat das Mietrechtsreformgesetz keine inhaltlichen Änderungen herbeigeführt. 2 Die Beseitigung von Mängeln hat der Mieter vom Vermieter zu fordern, § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nur wenn sich der Vermieter mit der Erfüllung seiner Verpflichtung im Verzug befindet oder umgehendes Handeln geboten ist, geht die Initiative auf den Mieter über (§ 536a Abs. 2 BGB – Schutz vor aufgedrängten Verbesserungen!). Bis zu diesem Zeitpunkt ist ein Anspruch des Mieters aus § 536a Abs. 2 BGB ausgeschlossen; vgl. etwa – bezogen auf § 547 Abs. 1 BGB a. F. – BGH

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Hat der Mieter Aufwendungen getätigt, so schuldet der Vermieter deren Ersatz nicht nach § 536a Abs. 2 BGB, wenn sie lediglich für „eigene Sonderzwecke“ vorgenommen wurden.3 Entscheidend ist, dass die Notwendigkeit von Investitionen im Sinne des § 536a Abs. 2 BGB, d.h. von Aufwendungen zur Erhaltung, Wiederherstellung oder ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Mietsache objektiv, mithin nicht nach den persönlichen Anschauungen des Mieters, sondern nur sachbezogen zu beurteilen ist.4

Erweist sich eine vom Mieter durchgeführte Aufwendung als nicht zur Erhaltung, Wiederherstellung oder ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Mietsache notwendig („sonstige Verwendungen“), so richtet sich der Ersatzanspruch nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag, § 539 Abs. 1 BGB.5 „Verwendungen“ des Mieters sind Vermögensopfer, getätigt zu dem Zweck, das Mietobjekt zu erhalten, wiederherzustellen, zu bewirtschaften oder zu verbessern. Kein Einvernehmen besteht darüber, ob auch solche Maßnahmen unter den BeNJW-RR 1993, Seite 522, 523 sub b; LG Mannheim, WuM 1996, Seite 143, 144 sub b.bb.; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1992, Seite 716; OLG Hamburg, WuM 1986, Seite 82, 84; Emmerich, Die Verwendungen des Vermieters, NZM 1998, Seite 49, 51; MünchKomm/Voelskow, 3. Auflage, § 547 Rdnr. 3; Beißner, a. a. O., Seite 39 bis 44; Olivet, ZMR 1979, Seite 321 und – bezogen auf § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB n. F. – Palandt/Weidenkaff, 62. Auflage, § 536a Rdnr. 15 m. w. N. Etwas anderes gilt ausnahmsweise, wenn der Mieter eine unmittelbare, erhebliche Gefahr für die Mietsache abwendet (Emmerich, NZM 1998, Seite 49, 52 sub II 4; MünchKomm/Voelskow, a. a. O., Rdnr. 6 m. w. N.). 3 Überwiegend wird der Standpunkt vertreten, Verwendungen des Mieters auf die Mietsache seien zu verneinen, wenn er Investitionen lediglich für eigene „Sonderzwecke“ vorgenommen habe (Palandt/Weidenkaff, 62. Auflage, § 539 Rdnr. 5 i.V. m. Palandt/Bassenge, a. a. O., § 994 Rdnr. 5 m. w. N.). Darüber, dass der Begriff der „Verwendung“ nach der hier vertretenen Auffassung keinen Eigentumsübergang an eingebauten Materialien nach §§ 946 ff. BGB voraussetzt, siehe unten V. 2. c) aa) (a), Seite 473 f. A. A. – freilich ohne Begründung – Damrau-Schröter, a. a. O., Seite 84; Olivet, ZMR 1979, Seite 321. 4 Beispiele für notwendige Verwendungen benennt – allerdings nur bezogen auf die Raummiete – Damrau-Schröter, a. a. O., Seite 65 (mit zahlreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Schrifttum). 5 Die Vorschrift des § 547 Abs. 2 BGB a. F. (heute des § 539 Abs. 1 BGB) soll nach verbreiteter Ansicht auch auf jene notwendigen Verwendungen anzuwenden sein, deren Ersatz nach § 547 Abs. 1 BGB a. F. (heute nach § 536 Abs. 2 BGB) scheitert, weil sie lediglich den vertragsgemäßen Zustand herstellen (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1992, Seite 716 f. m. w. N.). Siehe dazu sogleich im Text. Nach Staudinger/Emmerich, 13. Bearbeitung, § 547 Rdnr. 28, soll der Mieter „grundsätzlich“ nicht den Ersatz solcher Verwendungen verlangen können, die den Wert der Mietsache nicht erhöhen (ihm folgend etwa Beißner, a. a. O., Seite 11). Diese Einschränkung leuchtet nicht ein: Entspricht der Einsatz des Vermögensopfers des Mieters dem Interesse und Willen des Vermieters (!), so besteht kein Grund, den Ersatzanspruch des Mieters kraft einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683 Satz 1, 670 BGB) zu versagen.

1. Der Aufdrängungsschutz innerhalb bestehender Vertragsverhältnisse

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griff der Verwendung fallen, welche die Sache – gemessen an ihrer bisherigen Nutzung – grundlegend verändern.6 Mittels seines Vermögensopfers kann der Mieter „Einrichtungen“ im Sinne des § 539 Abs. 2 BGB schaffen. Das sind bewegliche Sachen, die von ihm mit dem Mietobjekt verbunden werden und dessen bestimmungsmäßigem Zweck dienen.7 Sie können durch die Verbindung wesentliche Bestandteile der Mietsache werden. Beschränkt man den Begriff der „Verwendung“ auf das sachbezogene Vermögensopfer des Mieters8, sind Einrichtungen ein „Ergebnis von Verwendungen“. Keine Einrichtungen sind beispielsweise im Bad eines gemieteten Hauses oder einer Mietwohnung nachträglich angebrachte Fliesen; auch vom Mieter errichtete Gebäude oder Gebäudeteile fallen nicht darunter.9 Um dem persönlichen Interesse des Mieters an den von ihm angebrachten Einrichtungen gerecht zu werden, ist er jederzeit, auch vor dem Ende des Mietverhältnisses, zu ihrer Wegnahme befugt, § 539 Abs. 2 BGB.10 Einrichtungen können gleichzeitig (nützliche) Verwendungen sein.11 Sollte der Mieter für die von ihm getätigte Verwendung, deren Ergebnis als „Einrichtung“ zu qualifizieren ist, einen geldlichen Ausgleich aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen können, bestehen der Zahlungsanspruch und das Wegnahmerecht nebeneinander: Während die Zahlung des Vermieters ein wirtschaftliches Interesse befriedigt, schützt das Wegnahmerecht die individuellgegenständliche Beziehung des Mieters zu seiner „Einrichtung“.12 6

Staudinger/Emmerich, § 547 Rdnr. 12; Beißner, a. a. O., Seite 18 bis 29 – jeweils m. w. N. Zum Begriff der Verwendung siehe bereits oben III. 4. c), Seite 182 sowie eingehend unten V. 2. c) aa) (a), Seite 473 ff. und V. 2. c) aa) (b), Seite 478 ff. 7 BGHZ 101, Seite 37, 41 (zu § 547a BGB a. F.); Staudinger/Emmerich, 13. Bearbeitung, § 547a Rdnr. 4; Weimar, Grundprobleme und Zweifelsfragen zum Wegnahmerecht des Mieters, ZMR 1964, Seite 69 bis 71; Palandt/Weidenkaff, 62. Auflage, § 539 Rdnr. 9. 8 Zutreffend hebt Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994– 1003 Rdnr. 11, hervor, dass der Begriff „Verwendung“ zum einen die konkrete Maßnahme bezeichnet, die zur Erhaltung oder Verbesserung einer Sache ergriffen wird, und zum anderen das darin liegende freiwillige Vermögensopfer. 9 MünchKomm/Voelskow, 3. Auflage, § 547a Rdnr. 3; Staudinger/Emmerich, 13. Bearbeitung (1995), § 547a Rdnr. 9 f.; Horst, DWW 1996, Seite 180, 183 sub IV 1 – jeweils m. w. N. 10 Die Wegnahme von Sachen, die keine „Einrichtungen“ sind, ist Ausübung des Eigentumsrechts des Mieters. 11 Staudinger/Emmerich, 13. Bearbeitung, § 547a Rdnr. 4; a. A. – auf eine unterschiedliche subjektive Willensrichtung des Mieters abstellend – Schopp, ZMR 1969, Seite 257 bis 259. 12 Im Ergebnis ebenso Staudinger/Emmerich, 13. Bearbeitung, § 547a Rdnr. 4 (elektive Konkurrenz zugunsten des Mieters). Das auf „Einrichtungen“ bezogene Wegnahmerecht erstreckt sich auch auf solche Gegenstände, die wesentliche Bestandteile der Mietsache geworden sind (§ 951 Abs. 2 BGB). In diesem Fall beinhaltet es ein Aneignungsrecht des Mieters (J. Eckert, MDR 1989, Seite 135, 136 m. w. N.).

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

aa) Der Schutz der Dispositionsfreiheit des Vermieters beim Ausgleich von Verwendungen, deren Ersatz nicht nach § 536a Abs. 2 BGB geschuldet ist Nach überwiegender Ansicht beinhaltet die Vorschrift des § 539 Abs. 1 BGB eine vollständige Rechtsgrundverweisung bzw. – in anderer Ausdrucksweise – eine „Rechtsvoraussetzungsverweisung“ auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag.13 Dieser Auffassung ist zuzustimmen: Der Mieter hat als Fremdbesitzer, dessen Gebrauchsrecht zeitlich begrenzt ist, auf die Belange seines Vertragspartners Rücksicht zu nehmen; er ist kein Hüter eines „objektiven“ Interesses. Für Verwendungen, deren Ersatz nicht nach § 536a Abs. 2 BGB verlangt werden kann, weil sie nicht notwendig waren, hat diese Verweisung einschneidende Folgen zu Lasten des Mieters: Selbst wenn er zumindest auch (und zwar überwiegend) für den Vermieter tätig wurde, so bestimmen dessen (nach § 681 Satz 1 BGB vom Mieter zu ermittelnde und zu respektierende)14 Wille und Interesse über Entstehen und Umfang eines Ersatzanspruchs, sofern die Parteien keine Abrede über einen Ausgleich getroffen haben.15 Die Erstattung seiner Ausgaben kann der Mieter dementsprechend nur verlangen, wenn die von ihm vorgenommene Fürsorge für die Mietsache die Billigung des Vermieters findet.16 13 Für eine vollständige Rechtsgrundverweisung: Emmerich, NZM 1998, Seite 49, 53 sub III. 1; MünchKomm/Voelskow, 3. Auflage, § 547 Rdnr. 2 m. w. N.; Damrau-Schröter, a. a. O., Seite 225; Palandt/Weidenkaff, 62. Auflage, § 539 Rdnr. 6; Beißner, a. a. O., Seite 50 bis 53 – jeweils m. w. N.; abweichend Feiler, a. a. O., Seite 25 f. m. w. N.; Greiner, a. a. O., Seite 276 ff. sub III 1 sowie Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, Vorbem zu §§ 677 ff. Rdnr. 61, nach deren Auffassung ein Fremdgeschäftsführungswille des Mieters oder Pächters nicht erforderlich sei (sog. angewandte Geschäftsführung ohne Auftrag). Wittmann begründet seine Ansicht mit dem unklaren Argument, dass andernfalls „die die Ersatzansprüche des Mieters einschränkende Funktion des § 683 S. 1 über § 684 S. 1 weitgehend verloren“ ginge. 14 Obgleich er die Vorschrift des § 681 BGB nicht würdigt, stellt Olivet (a. a. O., Seite 322) zutreffend fest, dass eine echte berechtigte Geschäftsführung des Mieters – abgesehen von den Fällen des § 679 BGB – nur anzunehmen sei, wenn es dringend geboten erscheint, von dem „normalen Weg der Selbsterledigung des Geschäfts“ durch den Vermieter oder dessen Besorgung durch einen Beauftragten abzuweichen (dagegen – unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1967 – Damrau-Schröter, a. a. O., Seite 232 mit der Begründung, der Tatbestand der Geschäftsführung werde „zu sehr eingeengt“). 15 Siehe dazu Damrau-Schröter, a. a. O., Seite 23 bis 30. 16 Schopp, ZMR 1969, Seite 257, 260. Widersprach die Maßnahme dem Interesse oder Willen des Vermieters/Eigentümers, so kann der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses über eine bewegliche Sache deren Rückgabe nicht kraft des Zurückbehaltungsrechts aus § 273 BGB von der Kostenerstattung abhängig machen.

1. Der Aufdrängungsschutz innerhalb bestehender Vertragsverhältnisse

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Zutreffend formuliert Beißner in diesem Zusammenhang17: „Durch das Erfordernis der Interesse- und Willensgemäßheit soll der Geschäftsherr vor einer einseitigen Aufdrängung einer nicht erwünschten Rechtsbeziehung bewahrt werden. Sinn und Zweck der Vorschrift des § 683 ist also insbesondere auch der Schutz der privatautonomen Entscheidungsfreiheit des Geschäftsherrn. Deshalb verlangt § 683 nicht nur, daß die Übernahme der konkreten Geschäftsführung, d.h. die konkrete Art der Besorgung, interesse- und willensgemäß ist. Darüber hinaus muß auch die Übernahme der Geschäftsbesorgung ,gerade durch diesen unbeauftragt handelnden Geschäftsführer‘ dem Interesse und Willen des Geschäftsherrn entsprechen. . . . Handelt der Geschäftsführer mit Fremdgeschäftsführungswillen und erfüllt er zudem die Geschäftsübernahme die Merkmale des § 683, berechtigt dies zu der Annahme, daß der Geschäftsherr das Tätigwerden des Geschäftsführers für ihn und auf seine Rechnung gebilligt hätte . . .“

(a) Die Bezugnahme des Gesetzes auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag rechtfertigt sich aus dem übereinstimmenden Willen der Parteien, dass die Sache nach Beendigung des Gebrauchsrechts an den Vermieter zurückgegeben werden soll (§ 546 Abs. 1 BGB). Sie enthält daher keine angemessene Regelung für den Fall, dass die Sache im Anschluss an die mietweise Überlassung kraft eines käuflichen Erwerbs18 oder der Einräumung eines Erbbaurechts an den Mieter fallen soll, dieser der Verwendung mithin eine vollständige Eigennutzung zugrundelegen darf: Hier tritt im Hinblick auf sachbezogene Maßnahmen das Eigeninteresse des Mieters berechtigterweise in den Vordergrund; der Ausgleich seiner Vermögensopfer ist, sollte der in Aussicht gestellte Rechtserwerb aus Gründen scheitern, die er nicht zu verantworten hat, kraft einer ergänzenden Vertragsauslegung oder nach dem Recht der ungerechtfertigten Bereicherung zu bewerkstelligen.19 Insoweit gründet der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahre 196020 den Ausgleich eines Mieters, zu dessen Gunsten das vom Vermieter in Aussicht gestellte Erbbaurecht nicht bestellt worden war, zu Recht auf die bereicherungsrechtliche Vorschrift des § 951 Satz 1 BGB: Der Vermieter, der den Verbleib des „Vorteils“ zu dulden hatte, seine Beseitigung mithin nicht aus dem Gesichtspunkt einer rechtwidrigen Eigentumsverletzung (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu verlangen vermochte21, war verpflichtet, den Wertzuwachs des Grundstücks an Eine Zurückhaltung unbeweglicher Sachen wegen der Gegenansprüche des Mieters versagt das Gesetz ausdrücklich, §§ 570, 581 Abs. 2 BGB. 17 A. a. O., Seite 57 f. 18 BGH NJW 1996, Seite 52 (siehe dazu eingehend oben II. 1. d), Seite 28). 19 Die Vorschrift des § 539 Abs. 1 BGB ist anzuwenden, wenn dem Mieter die Nichtigkeit der Kaufoption bekannt ist: In diesem Fall weiss er, dass er das Mietobjekt an den Vermieter zurückzugeben hat. 20 WM 1960, Seite 700. 21 Dass der Mieter hier nicht zur Beseitigung (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) verpflichtet ist, ergibt sich aus folgender Erwägung: Wäre der Mietvertrag nichtig, hätte der vermeintliche Mieter als unrechtmäßiger Besitzer die Wertsteigerung des

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

den Mieter auszukehren. Der Wertausgleich war auf den Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses zu beziehen.

(b) Umstritten ist, ob der Mieter nach § 539 Abs. 1 BGB als Geschäftsführer ohne Auftrag auch Verwendungen ersetzt verlangen kann, die zwar der Herstellung des vertragsgemäßen Gebrauchs dienen, deren Ersatz nach § 536a Abs. 2 BGB jedoch daran scheitert, dass im Zeitpunkt ihrer Vornahme weder der Vermieter mit der Mängelbeseitigung im Verzug noch ein umgehendes Handeln des Mieters geboten war.22 Gegen die Gewährung eines solchen Anspruchs sprechen die Bezugnahme des § 539 Abs. 1 BGB auf Verwendungen, „die der Vermieter ihm (d.h. dem Mieter) nicht nach § 536a Abs. 2 BGB zu ersetzen hat“23, sowie die Gefahr, dass andernfalls das Recht des Vermieters, Mängel der Mietsache selbst zu beseitigen, durch die Selbsthilfe des Mieters zunichte gemacht würde.24 Hält man dessenungeachtet das Geschäftsführungsrecht auch im Hinblick auf notwendige Verwendungen für anwendbar25, weil der Vermieter für alle Investitionen Ersatz zu leisten hat, die der Mieter (überwiegend) für ihn tätigte und die seinem Interesse und Willen entsprechen, so muss der Mieter im Zeitpunkt der Vornahme der Verwendung seiner Pflicht genügt haben, auf die Entschließungsfreiheit des Vermieters Rücksicht zu nehmen (§ 681 Satz 1 BGB).26 Sollte er sich über diese Pflicht hinweggesetzt haben, könnte ein Ausgleich zu versagen sein, sofern nicht der Vermieter das Grundstücks für sich beanspruchen können (§ 996 BGB); dieses Recht wäre, da beide Vertragsparteien von der späteren Begründung des Eigenbesitzes durch den Mieter ausgegangen wären, nicht nach Maßgabe des § 539 BGB einzuschränken gewesen (siehe dazu oben II. 1. d) bb), Seite 30, insbesondere Fußnote 45). Hätte der Mieter aber als unrechtmäßiger Besitzer den Ausgleich der Wertsteigerung der Immobilie verlangen dürfen, so ist dieser Anspruch dem rechtmäßigen Besitzer nicht zu versagen. In dieser Gestaltung tritt der Schutz des Vermieters/Eigentümers vor dem Ausgleich aufgedrängter „Vorteile“ deutlich zurück. 22 Siehe dazu LG Mannheim, WuM 1996, Seite 143; Beißner, a. a. O., Seite 45 bis 48. 23 In § 547 Abs. 2 BGB a. F. hieß es: „Die Verpflichtung des Vermieters zum Ersatz sonstiger (d.h. nicht notwendiger) Verwendungen bestimmt sich nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag.“ (Hervorhebung durch Verf.) 24 Vgl. LG Hamburg, WuM 1988, Seite 87 (bezogen auf die Erneuerung eines Warmwasserboilers durch den klagenden Mieter, der gegen seinen Vermieter einen Anspruch auf Kostenerstattung geltend machte): „Die Voraussetzungen des § 538 II BGB liegen nicht vor. . . . Ein Anspruch aus GoA kommt ebenfalls nicht in Betracht, da § 538 BGB lex specialis gegenüber den Vorschriften der GoA ist.“ Die hier angeführte Vorschrift des § 538 BGB entspricht heute § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB. 25 LG Mannheim, a. a. O. 26 Das verkennt Beißner, a. a. O., Seite 48, die ihr Augenmerk ausschließlich auf den beim Vermieter eintretenden Vermögenszuwachs, nicht aber auf den Schutz seiner Entschließungsfreiheit lenkt: Es könne „nicht rechtens“ sein, dass der Vermieter

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rechtswidrige und schuldhafte Eindringen in seine Sphäre nachträglich gutheißt, §§ 684 Satz 2, 670 BGB.27 Diese einschneidende Folge setzt allerdings eine Pflicht des Mieters voraus, deren Verletzung die Verwirkung von Rechten auslöst.28 (c) Die fremdnützige Motivation (der „Fremdgeschäftsführungswille“) des Mieters kann sich aus dem Bewusstsein des Fremdbesitzes ergeben, darf aber wegen der naheliegenden Möglichkeit eigennützigen Handelns nicht vermutet werden.29 Zutreffend heißt es in einem unveröffentlichten Berufungsurteil des Landgerichts Flensburg aus dem Jahre 199930, in dem das Gericht über den Anspruch einer Mieterin gegen ihre Vermieterin auf Erstattung der Kosten für einen Carport zu befinden hatte: Der „Klägerin (ich ergänze: stünde) Verwendungsersatz nur zu, wenn die Errichtung des Carports dem Interesse und wirklichen Willen der Beklagten entsprach, §§ 683, 547 Abs. 2 BGB. Die Klägerin konnte sich hierzu . . . auf die Vereinbarung in § 1 Ziffer 3 des Mietvertrages berufen, nach der der Carport bei Kündigung des Mietvertrages durch den Vermieter in dessen Eigentum übergehen soll. Diese Regelung kann nach Auffassung der Kammer aber letztlich nicht zwingend für die Annahme, daß die Errichtung des Carports durch die Klägerin und ihren Ehemann auch fremdnützig gewesen sei, herangezogen werden.“31 (d) Die Gestattung einer Verwendung seitens des Vermieters rechtfertigt für sich genommen nicht den Schluss, das (auch fremdnützig motivierte) Handeln des Mieters liege im Interesse seines Vertragspartners und sei Ausdruck dessen Willens: Hat der Mieter nicht zu erkennen gegeben, dass er auch „für den anderen Teil“ tätig werden wollte, so verzichtet der Vermie„plötzlich umsonst bedient werde“. In die richtige Richtung weisend: AG Wedding, WuM 1989, Seite 15, 16. 27 Bei notwendigen Verwendungen wird das (anhand eines objektiven Maßstabs zu bestimmende) Interesse des Vermieters an der Erhaltung, Wiederherstellung oder ordnungsmäßiger Bewirtschaftung seiner Sache zwar regelmäßig zu vermuten sein. Sein Wille kann jedoch in eine andere Richtung gehen; ihn hat der Mieter zu ermitteln. 28 Siehe dazu unten V. 1. a) bb) (f), Seite 370 und eingehend V. 2. b) gg), Seite 427 ff. 29 Der Fremdgeschäftsführungswille des Mieters kann angesichts seines Bewusstseins, eine fremde Sache zu verbessern, zu bejahen sein. Nach Ansicht von Damrau-Schröter (a. a. O., Seite 229) ist er „regelmäßig“ anzunehmen; Staudinger/Wittmann (13. Bearbeitung, § 684 Rdnr. 1) halten ihn für „kaum jemals gegeben“. Zumindest ist der Fremdgeschäftsführungswille des Mieters nicht zu vermuten, weil die von ihm ergriffenen Maßnahmen häufig nur der eigenen Nutzung der Mietsache dienen (in diesem Sinne bereits Josef Kohler, JherJb 25 [1887], Seite 1, 116; siehe auch Beißner, a. a. O., Seite 54, 69). 30 Az.: 1 S 9/99 31 Hervorhebung durch Verf.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

ter/Eigentümer, der in Ermangelung anderer Anhaltspunkte von einem eigennützigen Handeln des Mieters ausgehen darf, im Zweifel für die Dauer des Mietverhältnisses in dessen Interesse auf die Ausübung seines Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruchs aus § 541 BGB bzw. aus § 1004 BGB.32 Dies gilt insbesondere, sofern er sein Desinteresse an den Verwendungen zum Ausdruck gebracht hat.33 Der Mieter hat in diesem Fall soweit als möglich die Einbauten nach Vertragsbeendigung zu beseitigen.34 Hat der Mieter gegenüber dem Vermieter den Willen zur Fremdgeschäftsführungswillen erkennen lassen, drückt die Gestattung des Vermieters die Übereinstimmung der geplanten Maßnahme mit seinem Willen aus (§ 683 Satz 1 BGB).

Verpflichtet sich der Vermieter zur „Übernahme“35 der Einrichtung bei Beendigung des Mietverhältnisses, so kann allein daraus gleichfalls nicht gefolgert werden, dass die Aufwendungen im Zeitpunkt ihrer Vornahme seinem Interesse und Willen entsprachen. Er hat jedoch die Werterhöhung des Mietobjekts, bezogen auf die Beendigung des Mietverhältnisses36, zu erstat32

BGHZ 81, Seite 147, 150; BGH NJW 1959, Seite 2163, 2164; OLG Karlsruhe NJW 1972, Seite 2224, 2225; OLG Hamburg WuM 1986, Seite 82, 84; Emmerich, NZM 1998, Seite 49, 53 sub III 1, Damrau-Schröter, a. a. O., Seite 238 f.; LG Aachen, DWW 1989, Seite 136. 33 Gibt der Vermieter gegenüber dem Mieter zu erkennen, dass ihm an den geplanten Maßnahmen nicht gelegen sei, so ist in aller Regel der Fremdgeschäftsführungswille des Mieters zu verneinen (OLG Braunschweig, OLGE 41 [1920], Seite 113 m. w. N.; ebenso BGH LM Nr. 3 zu § 683 [v. 12. 1. 1955]). 34 Die Gestattung der Verwendung seitens des Vermieters/Eigentümers beseitigt lediglich die Rechtswidrigkeit des Eingriffs in sein Eigentum. Sie begründet für sich allein genommen keinen Ausgleichsanspruch des Mieters (insoweit zutreffend Wollschläger, a. a. O., Seite 199). Die Behauptung Wollschlägers, das Verhalten des Mieters, der den Vermieter um die Erlaubnis zur Vornahme der Verwendungen bitte und zur Kostenfrage schweige, sei nach § 157 BGB dahingehend zu interpretieren, dass er einen „Bereicherungsausgleich nach dem Restwert der vorhandenen Verbesserungen erst bei Mietende“ erstrebe, darf freilich nicht dazu verführen, eine entsprechende Abrede zwischen den Vertragsparteien anzunehmen: Das Interesse des Vermieters wird in aller Regel darauf gerichtet sein, die Mietsache unabhängig von einer entsprechenden Ersatzpflicht zurückzuerhalten. 35 Unter der „Übernahme“ ist die (von beiden Vertragsparteien) „gewollte Überführung in das Vermögen des Vermieters“ zu verstehen, die ihrerseits eine Ersatzpflicht des Vermieters zumindest im Umfang der Werterhöhung des Mietobjektes, bezogen auf den Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses, auslöst (vgl. Damrau-Schröter, a. a. O., Seite 219 f. m. w. N.; MünchKomm/Voelskow, 3. Auflage, § 547a Rdnr. 17). Sie beinhaltet – bezogen auf den Zeitpunkt der Vertragsbeendigung – die Akzeptanz des Ergebnisses der Geschäftsbesorgung des Mieters durch den Vermieter/Eigentümer. Eine Übernahmeverpflichtung soll nach der Auffassung von Damrau-Schröter konkludent bereits dann begründet sein, wenn sich der Vermieter mit der Durchführung von vergleichsweise aufwendigen Maßnahmen einverstanden erklärt (a. a. O., Seite 221 f.).

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ten (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall37, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB): Die Anerkennung einer Übernahmepflicht durch den Vermieter/Eigentümer, die zugleich das Recht des Mieters zur Wegnahme einer Einrichtung aufheben kann (§ 539 Abs. 2 BGB), schließt die Aufdrängung der Sachveränderung, mithin des (zu diesem Zeitpunkt immer noch messbar erhöhten!) Ertragsbzw. Verkehrswertes der Sache aus. Ähnlich verhält es sich beispielsweise bei vorzeitiger Beendigung eines Mietverhältnisses, wenn der Mieter eines Geschäftslokals kraft vertraglicher Vereinbarung Material- und Arbeitsleistungen zur Wiederherstellung, Instandsetzung oder für den Umbau der gemieteten Räumlichkeiten erbracht hat, ohne dass der Vermieter/ Eigentümer, der auch im eigenen Interesse auf sein Recht zur Beseitigung der vorgenommenen Veränderungen bei Vertragsende verzichtet hatte, zur vollen oder anteiligen Übernahme der damit verbundenen Kosten verpflichtet sein sollte38: Ist dem Vermieter/Eigentümer durch die vorzeitige Beendigung des Vertrags die Chance eröffnet, das betreffende Lokal einem neuen Mieter gegen Zahlung eines Zinses zu überlassen, der ohne die vom Vormieter erbrachte Sachleistung nicht zu erzielen wäre, so hat er einen erhöhten Ertragswert und dementsprechend eine Werterhöhung der Immobilie erlangt.39 Dieser Vorteil ist insofern auf Kosten des Mieters und ohne rechtfertigenden Grund entstanden, als dieser den Baukostenzuschuss noch nicht „abgewohnt“ hat.

(e) Der Anspruch des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen (§§ 539 Abs. 1, 683 Satz 1 BGB) entsteht nicht erst bei Beendigung des Mietverhältnisses, sondern bereits im Zeitpunkt ihrer Vornahme.40 Er besteht nach Beendigung des Vertrags weiter. Sind ihm diese Vermögensopfer zu erstatten, so ist er bei Beendigung des Mietverhältnisses nicht zur Beseitigung 36

Die Erhöhung des Verkehrswertes ist auf den Zeitpunkt der Entstehung des bereicherungsrechtlichen Anspruchs, d.h. der Beendigung des Mietverhältnisses, festzulegen. Die bis zu diesem Zeitpunkt festzustellende Wertsteigerung ist aufgrund der zwischen Mieter und Vermieter getroffenen Abrede „mit rechtlichem Grund“ erlangt; dieser fällt mit der Beendigung des Mietverhältnisses hinweg. 37 Zu erwägen ist anstelle der allgemeinen Nichtleistungskondikion ein Anspruch wegen späteren Wegfalls des rechtlichen Grundes (§ 812 Abs. 1 Satz 2, 1. Fall BGB). Dieser setzt voraus, dass die zwischen Mieter und Vermieter getroffene Vereinbarung als gesonderte mietvertragliche Rechtsgrundabrede hinsichtlich des vom Mieter geschaffenen Wertzuwachses zu qualifizieren ist und die „condictio ob causam finitam“ nicht ausschließlich einen Anwendungsfall der Leistungskondiktion regelt (dazu Larenz/Canaris, a. a. O., § 68 I 2d, Seite 150). 38 Sog. verlorener Baukostenzuschuss; zum Begriff siehe Palandt/Weidenkaff, 62. Auflage, Einf v § 535 Rdnr. 109. Für die Wohnraummiete gelten besondere Regelungen. 39 Ähnlich BGH NJW 1985, Seite 313, 315: „Ein etwaige Bereicherung des Vermieters bestimmt sich . . . danach, inwieweit es ihm gelingt, die Räume anderweit zu einem höheren Mietzins zu vermieten bzw. sonst gewinnbringend zu nutzen.“ 40 BGH JZ 1988, Seite 105 m. w. N.; Staudinger/Emmerich, 13. Bearbeitung, § 547 Rdnr. 35; MünchKomm/Voelskow, 3. Auflage, § 547 Rdnr. 9; Schopp, ZMR 1969, Seite 257, 259.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

des „Verwendungserfolgs“ kraft Rückgabe der Mietsache (§ 546 Abs. 1 BGB), gegebenenfalls auch wegen der Beeinträchtigung des Eigentums des Vermieters aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, verpflichtet.41 Der Mieter hat die gemietete Sache bei Vertragsende an den Vermieter zurückzugeben, § 546 Abs. 1 BGB. Einrichtungen, mit denen er die Sache versehen hat, sind in Ermangelung einer Ersatzpflicht des Vermieters wegen getätigter Verwendungen zu entfernen.42 Dies gilt auch dann, wenn der Mieter sie mit Zustimmung des Vermieters installiert hat und die Gegenstände in dessen Eigentum übergegangen sind. Darüber hinaus sind bauliche Änderungen ohne Rücksicht auf die dadurch entstehenden Kosten zu beseitigen.43 Die Pflicht des Mieters, Einrichtungen zu entfernen, kann freilich aus dem Gesichtspunkt des Schikaneverbotes (§ 226 BGB) aufgehoben sein.44

Schuldet der Vermieter seinem Vertragspartner den Ersatz von Aufwendungen und wird dieser Anspruch gegen ihn geltend gemacht45, so ist auf seiner Seite ein Recht auf Ausgleich der verwendungsbedingten Gebrauchsvorteile des Mieters kraft ergänzender Vertragsauslegung zu erwägen.46 Die Anpassung des Mietzinses könnte aus der Erwägung geboten sein, dass dem Mieter/Geschäftsführer aus seiner fremdnützigen und erwünschten Tätigkeit zwar 41 In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass der Anspruch des Vermieters auf Rückgabe des Mietobjektes (§ 546 Abs. 1 BGB) weiter reicht als der Anspruch auf Beseitigung einer Eigentumsstörung: Während der Mieter nach § 546 Abs. 1 BGB die Mietsache im vertragsgemäßen Zustand an den Vermieter zurückzugeben, gegebenenfalls den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen hat (Palandt/Weidenkaff, 62. Auflage, § 546 Rdnr. 5), ist er nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB nur gehalten, störende Einrichtungen zu entfernen, nicht aber den status quo ante herzustellen. Zur Rechtsfolge des § 1004 BGB siehe eingehend oben III. 6., Seite 191 ff. 42 Staudinger/Emmerich, 13. Bearbeitung, § 556 Rdnr. 20 m. w. N.; Horst, DWW 1996, Seite 180 sub II 2 – jeweils m. w. N. 43 Vgl. BGHZ 10, Seite 171, 175 f.; Damrau-Schröter, a. a. O., Seite 208 ff.; Palandt/Weidenkaff, 62. Auflage, § 546 Rdnr. 6; Staudinger/Emmerich, 13. Bearbeitung, § 556 Rdnr. 21 m. w. N. 44 Palandt/Weidenkaff, 62. Auflage, § 546 Rdnr. 4 – für die Entfernung von Heizöl aus dem Tank. 45 In diesem Falle nimmt der Mieter von einer späteren Ausübung seines Wegnahmerechts (§§ 539 Abs. 2, 951 Abs. 2 BGB) Abstand (zur elektiven Konkurrenz zwischen dem Zahlungsanspruch und dem Wegnahmerecht des Mieters siehe Fußnote 12 dieses Abschnitts). Die von ihm getroffene Wahl zwischen den verschiedenen Rechten ist allerdings erst im Zeitpunkt der Erfüllung des Aufwendungsersatzanspruchs durch den Vermieter (§ 362 BGB) bindend. 46 Der Anspruch des Vermieters, der im Ergebnis einer Erhöhung des Mietzinses gleichkommt (vgl. dazu – bezogen auf die Vermietung von Wohnraum – § 3 MHG), ist wohl auf die vom Vermieter auszugleichende Wertsteigerung zu begrenzen: Durch die Initiative des Mieters sollen dem Vermieter im Verhältnis zum Vertragspartner keine wirtschaftliche Vorteile zufließen, die den Umfang seiner Ausgleichsverbindlichkeit übersteigen.

1. Der Aufdrängungsschutz innerhalb bestehender Vertragsverhältnisse

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keine Nachteile entstehen dürfen. Er soll aber auch nicht auf Kosten des Vermieters/Geschäftsherrn dadurch bereichert werden soll, dass er die Erstattung seiner Opfer verlangt und die verwendungsbedingten (kraft des Mietvertrags nicht geschuldeten!) Gebrauchsvorteile unentgeltlich zieht.

bb) Die Pflicht des Vermieters zur „Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten“, §§ 539 Abs. 1, 684 Satz 1 BGB Widersprach die vom Mieter durchgeführte Investition47 dem Interesse und/oder dem (wirklichen oder mutmaßlichen) Willen des Vermieters48 und scheidet eine (auf die Vornahme der Verwendungen bezogene) Genehmigung49 des Vermieters im Sinne des § 684 Satz 2 BGB aus, so hat dieser allenfalls „das aus der Geschäftsführung Erlangte“ herauszugeben bzw. dessen Wert zu ersetzen, nicht aber das (möglicherweise höhere) Vermögensopfer des Mieters auszugleichen (§§ 684 Satz 1, 818 Abs. 2 i.V. m. 539 Abs. 1 BGB). (a) Bereits an dieser Stelle sei hervorgehoben, dass die Bestimmung des § 684 Satz 1 BGB im unmittelbaren Anwendungsbereich der echten unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag entgegen einer verbreiteten Formulierung („Aufwendungsersatz nach Maßgabe der §§ 812 ff“)50 nicht auf die Schadloshaltung des Geschäftsführers, mithin den Ersatz seines Vermögensopfers, sondern allein auf die Abschöpfung einer bei dem Geschäftsherrn gegen seinen Willen eingetretenen „Bereicherung“ zielt.51 Dessen Herausgabepflicht aus § 684 Satz 1 BGB, die eine Beseitigungspflicht des 47

Beispiele für nützliche Verwendungen gibt – gleichfalls nur für die Raummiete – Damrau-Schröter, a. a. O., Seite 68 m. w. N. 48 Ob eine Maßnahme dem mutmaßlichen Willen des Vermieters/Eigentümers entspricht, ist anhand strenger Voraussetzungen zu prüfen (BGH NJW-RR 1993, Seite 522, 524; LG Aachen, DWW 1989, Seite 136). Gegen die Übereinstimmung des Handelns mit dem mutmaßlichen Willen des Vermieters/Eigentümers kann beispielsweise sprechen, dass der Mieter den Umfang der Arbeiten selbst bestimmte und die hierfür erforderlichen Kosten nicht voraussehbar waren (BGH, a. a. O.) oder dass die Maßnahmen überwiegend von den Geschmacksvorstellungen des Mieters beeinflusst waren (vgl. LG Aachen, a. a. O.). 49 Die Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag sind auf den Zeitpunkt der Vornahme der Verwendung zu beziehen. In diesem Zeitpunkt – nicht erst bei Beendigung des Mietverhältnisses! – entsteht der Anspruch des Mieters. Demgegenüber bestimmt sich der Anspruch aus dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigter Bereicherung des Vermieters auf dessen Vermögenszuwachs im Zeitpunkt der Beendigung des Vertrags (siehe dazu oben Fußnote 36 dieses Abschnitts). 50 So Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 684 Rdnr. 1. 51 Zur „Schadloshaltungsfunktion“ und zur „Abwehrfunktion“ der Geschäftsführung ohne Auftrag siehe Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 1 f.; zur „Schadloshaltungsfunktion“ treffend bereits die schweizerische Arbeit von Hagenbüchli, a. a. O., Seite 73 und 75 m. w. N. und unten V. 2. b) cc) (a), Seite 412.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Geschäftsführers ausschließt52, folgt mittelbar aus der Funktion des Geschäftsführungsrechts, die unerbetene Einmischung in fremde Angelegenheiten abzuwehren: Hat der Geschäftsherr einerseits die Opfer des Geschäftsführers nicht auszugleichen, so darf er andererseits – zumindest im Umfang der beim Geschäftsführer eingetretenen Nachteile – die ihm angefallenen Vorteile nicht behalten; andernfalls profitierte er bei gleichzeitiger Belastung des Geschäftsführers von dessen missbilligter Einmischung.53 Die ihm angefallenen Vorteile sind dementsprechend „abzuschöpfen“, d.h. von dem Geschäftsherrn an den Geschäftsführer herauszugeben, obgleich sie durch dessen unbefugten Eingriff in die fremde Rechts-und Vermögenssphäre entstanden sind. Der bereicherungsrechtliche Charakter der Vorschrift legt es nahe, den § 684 Satz 1 BGB als Rechtsgrundverweisung zu deuten54, wobei allerdings der herauszugebende Vorteil stets eines rechtlichen Grundes im Sinne des § 812 BGB entbehrt, so dass die Verweisung auf den Rechtsgrund überflüssig wäre. Qualifiziert man demgegenüber die Bestimmung des § 684 Satz 1 BGB als Rechtsfolgenverweisung55, so dient die Verweisung auf das Bereicherungsrecht nur dem Zweck, den Umfang der als vorhanden angenommenen Herausgabepflicht zu begrenzen (§§ 818 ff. BGB). Praktische Konsequenzen dieser Kontroverse, die sich ausschließlich auf die Anwendbarkeit der Kondiktionssperren nach § 814, 815, 817 Satz 2 BGB BGB beziehen könnten56, vermag ich in dem angesprochenen Zusammenhang nicht zu erkennen: Unabhängig von der Qualifizierung als Rechtsgrund- oder Rechtsfolgenverweisung hat der Geschäftsherr das durch eine unberechtigte Geschäftsführung Erlangte an den Geschäftsführer herauszugeben. (b) Sollte dem Vermieter als Geschäftsherrn die Herausgabe des „durch die unberechtigte Geschäftsführung Erlangten“ aus § 684 Satz 1 BGB unmöglich sein oder sich aus wirtschaftlichen Erwägungen als unzumutbar darstellen (beispielsweise die Rückgewähr eines nach § 946 BGB eingetretenen Eigentumszuwachses), so hat er gegebenenfalls die Steigerung des Ertrags- bzw. Verkehrswertes des Mietobjektes57 in Geld auszugleichen 52

Allgemein zum Verhältnis der Vorschriften § 684 Satz 1 BGB und § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB (bzw. § 546 Abs. 1 BGB n. F.) siehe unten V. 2. b) ee), Seite 419. 53 Die Herausgabepflicht rechtfertigt sich letztlich aus einem andernfalls nicht erträglichen Ungleichgewicht der Rechte der beiden Teile. 54 So MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, § 684 Rdnr. 4; Fikentscher, Schuldrecht, 9. Auflage, Rdnr. 1136. 55 Siehe dazu Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, § 684 Rdnr. 1 m. w. N. 56 Zutreffend MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, § 684 Rdnr. 4. 57 Zu den Begriffen des „Ertragswertes“ und des „Verkehrswertes“ siehe Feiler, Aufgedrängte Bereicherung bei den Verwendungen des Mieters und Pächters, Seite 98 ff.

1. Der Aufdrängungsschutz innerhalb bestehender Vertragsverhältnisse

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(§ 818 Abs. 2, 1. Fall BGB).58 Die Festsetzung der Werterhöhung erfasst in einer Prognose alle neu geschaffenen (abstrakten) Nutzungschancen. Fließt der Umstand, dass der Mieter den Nutzen der Verbesserung selbst zieht (etwa auf der Grundlage eines langfristigen Vertrags), in die Festsetzung der erlangten Werterhöhung ein59, scheidet die Steigerung des Mietzinses wegen verwendungsbedingter Gebrauchsvorteile durch den Mieter aus. Lässt man diesen Umstand indessen außer Betracht, so dürfte grundsätzlich ein Anspruch des Vermieters auf Zahlung eines erhöhten Mietzinses aus dem Gesichtspunkt der ergänzenden Vertragsauslegung anzuerkennen sein: Er muss die von ihm kraft der Wertersatzpflicht geldlich auszugleichende Chance – auch im Verhältnis zu seinem Vertragspartner – verwirklichen können.60

Hat sich der Wert der Sache über die getätigten Aufwendungen hinaus erhöht, so ist der Anspruch des fremdnützig handelnden Mieters (§§ 684 Satz 1, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) auf den Betrag des erstattungsfähigen Aufwandes (§§ 670, 683 Satz 1 BGB) zu begrenzen.61 Auf die Stellung des Geschäftsführers bezogen, will dieser Satz besagen: Der unberechtigt handelnde Geschäftsführer darf im Falle eines geldlichen Ausgleichs nicht besser als derjenige gestellt sein, der dem Interesse und Willen des Geschäftsherrn gerecht geworden ist oder gar von diesem beauftragt (§ 662 BGB) wurde.62 Der Verkehrswert ist auszugleichen, wenn der Vermieter Eigentümer des Objektes ist (BGH WM 1961, Seite 700, 702 f.; a. A. Feiler, a. a. O., Seite 99 für den Fall, dass der Eigentümer „verkaufsunwillig“ ist); ausschließlich auf den Ertragswert ist abzustellen, wenn der Vermieter (als „Nichteigentümer“) zur Weitervermietung berechtigt ist und kraft der Verwendung höhere Mietzinsen zu erzielen vermag. 58 Siehe die insoweit treffende Formulierung bei MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, § 684 Rdnr. 9: „Es ist nicht, wie nach §§ 683, 670, die Angemessenheit der Aufwendungen des Geschäftsführers maßgeblich, sondern es ist zu prüfen, ob die Aufwendungen eine Vermögensmehrung beim Geschäftsherrn bewirkt haben. Dieser Zuwachs ist nach den Maßstäben des § 818 herauszugeben. Bei – wie häufig – Unmöglichkeit der Herausgabe . . . ist also Wertersatz in Höhe der noch bestehenden Bereicherung zu leisten . . . (Hervorhebung durch Verf.). Damit stellt sich die Verpflichtung des Geschäftsherrn im Hinblick auf die Rechtsfolge des Wertersatzes (§ 818 Abs. 2 BGB) als Anwendungsfall der sog. „Verwendungskondiktion“ dar. 59 So – bezogen auf die Errichtung eines Gebäudes auf einem fremden Grundstück durch den Entleiher der Immobilie – BGH WM 1963, Seite 135, 137 sub 4. 60 Siehe dazu – bezogen auf den vom Vermieter geschuldeten Aufwendungsersatz aus §§ 539 Abs. 1, 683 Satz 1 BGB – oben V. 1. a) aa) (e) a. E., Seite 363 f. und – bezogen auf die Wertersatzpflicht – unten V. 1. a) bb) (e), Seite 369. 61 Siehe dazu unten V. 2. b) dd) (c), Seite 417. Qualifiziert man die Vorschrift des § 684 Satz 1 BGB als Rechtsgrundverweisung (Fikentscher, 9. Auflage, Rdnr. 1136; MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, § 684 Rdnr. 2), hat der Geschäftsherr die Wertsteigerung der Sache nur insoweit „auf Kosten“ des Geschäftsführers erlangt, als dieser Aufwendungen getätigt hat. 62 Vgl. Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, § 684 Rdnr. 1 m. w. N.; a. A. MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, § 684 Rdnr. 9 und Damrau-Schröter, a. a. O., Seite

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Der Mieter eines Einfamilienhauses hat beispielsweise wegen seiner persönlichen Beziehungen zu einem Handwerker sanitäre Anlagen zu einem besonders günstigen Preis, aber ohne den Willen des für längere Zeit nicht erreichbaren Vermieters austauschen lassen. Der Werklohn belaufe sich auf 10.000 Euro, die Wertsteigerung des Grundstücks dagegen auf 13.000 Euro: Können die Anlagen selbst nicht herausgegeben werden, so beschränkt sich der gegen den Vermieter/Eigentümer gerichtete Wertersatzanspruch des Mieters auf den mit dem Handwerker vereinbarten Werklohn (10.000 Euro).

(c) Der Anspruch des Mieters auf „Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten“ entsteht – ebenso wie das Recht auf Ersatz seiner Aufwendungen (§§ 539 Abs. 1, 683 Satz 1 BGB) – im Zeitpunkt der Vornahme der Verwendung; der Mieter kann seine Erfüllung bereits während des laufenden Vertrags und nicht erst bei dessen Beendigung verlangen.63 Die dem Vermieter bei unberechtigter Geschäftsführung obliegende Verbindlichkeit ist allerdings kraft der Verweisung auf die Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 684 Satz 1 BGB) veränderlich: Die Bereicherung des Vermieters besteht solchenfalls nur in dem (durch eine Geschäftsbesorgung64 des Mieters!) bewirkten Wertzuwachs des Mietobjektes; dieser Zuwachs ist nicht nur den üblichen Marktschwankungen unterlegen, sondern sinkt – sollten die bei der Wertberechnung in Ansatz gebrachten Chancen durch den ausgleichspflichtigen Vermieter nicht verwirklicht werden können65 – durch Verschleiß, wegen Alterung sogar durch bloßen Zeitablauf. (d) Der Umfang des klageweise geltend gemachten Wertersatzanspruchs, der sich auf eine unerbetene Handlung des Bereicherungsgläubigers (hier des Mieters), zurückführen lässt, wird im Ausgangspunkt im Zeitpunkt der Klageerhebung, endgültig jedoch erst im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung fixiert. Außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens vollzieht sich 246, letztere mit dem Hinweis, dass die Beschränkung der Kondiktion auf den Aufwendungsersatz von dem Gedanken der Abwehr einer aufgedrängter Bereicherung getragen sei und daher nicht den „Grundsätzen normaler bereicherungsrechtlicher Rückabwicklung“ entspreche. Diese Argumentation überzeugt bereits deshalb nicht, weil das Bereicherungsrecht selbst keine Aussage über den Aufdrängungsschutz enthält, insoweit also lückenhaft ist. Im übrigen ist die Abschöpfungsfunktion des Bereicherungsrechts durch das (im neueren Schrifttum weitgehend vernachlässigte) Merkmal des § 812 BGB „auf Kosten“ begrenzt. 63 Begehrt der Mieter Wertersatz, nimmt er von einer späteren Ausübung seines Wegnahmerechts (§§ 539 Abs. 2, 951 Abs. 2 BGB) Abstand (zur elektiven Konkurrenz zwischen dem Zahlungsanspruch und dem Wegnahmerecht des Mieters siehe oben Fußnoten 45 und 12 dieses Abschnitts. 64 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 65 Gibt der Mieter das Mietobjekt an den ausgleichspflichtigen Vermieter heraus, so steht es in dessen Belieben, die geldlich ausgedrückten Chancen zu verwirklichen. Lässt er sie allerdings verfallen, schmälert diese Entscheidung nicht mehr den Ersatzanspruch des (ehemaligen) Mieters.

1. Der Aufdrängungsschutz innerhalb bestehender Vertragsverhältnisse

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seine Festlegung im Zeitpunkt der Erfüllung durch den Vermieter (§ 362 BGB) oder der Rückgabe des Mietobjektes durch den Mieter (§ 546 Abs. 1 BGB): Die Wiedererlangung der unmittelbaren Sachherrschaft verschafft dem Vermieter alle in den Ausgleich einbezogenen abstrakten Chancen; die Entscheidung über die Verwirklichung dieser Chancen vermag den Anspruch des Mieters nicht mehr zu beeinflussen. Da die Verantwortlichkeit eines bereicherungsrechtlich haftenden Schuldners, hier des Vermieters, aus dem Gesichtspunkt des Verzugs (§§ 286 ff. BGB) nur im Falle seiner Bösgläubigkeit66 oder bei Rechtshängigkeit der Verbindlichkeit in Betracht kommt67, lässt die an den Vermieter gerichtete Aufforderung des Mieters, den geschuldeten Wertersatz zu leisten, keine Zinsverbindlichkeit aus dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens (§§ 280 Abs. 2, 288 Abs. 1 BGB) entstehen. Erhebt der Mieter Klage auf Ausgleich der Werterhöhung (beispielsweise in Höhe von 5.000 Euro) und sinkt der Zuwachs in der Folgezeit (beispielsweise auf den Betrag von 3.000 Euro), so kann der Mieter den Rechtsstreit teilweise für erledigt erklären und die Verurteilung zur Zahlung des ursprünglichen Betrags abzüglich des inzwischen eingetretenen Wertverlustes beantragen.68 Im Falle des vollständigen Wertverfalls ist der Rechtsstreit in vollem Umfang für erledigt zu erklären.69 66 Im Falle des Wertersatzes nach §§ 539 Abs. 1, 684 Satz 1 BGB wird man die Kenntnis des Vermieters vom Mangel des rechtlichen Grundes für den (unerwünschten!) Wertzuwachs kaum annehmen können: Er muss als Bereicherungsschuldner auch die Rechtsfolgen des fehlenden rechtlichen Grundes (d.h. der unerwünschten Geschäftsführung des Mieters) kennen (zu den Voraussetzungen der „Bösgläubigkeit“ siehe BGHZ 118, Seite 383, 392; Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 819 Rdnr. 2 und 3). 67 Larenz/Canaris, a. a. O., § 73 II 4, Seite 317 f.; Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, § 818 Rdnr. 51; Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 818 Rdnr. 54 – jeweils m. w. N. Die Angemessenheit dieser Auffassung ist im Hinblick auf die Wertersatzpflicht durchaus zweifelhaft: Der Wertverlust mindert die Verbindlichkeit des säumigen Schuldners. Um diesen Vorteil „auszugleichen“, ist ihm die Beweisführung für den Wertverlust aufzubürden – dies entspricht im Ergebnis der Ansicht, die den Wertverlust unter die vom Schuldner zu beweisende „Entreicherung“ fasst, § 818 Abs. 3 BGB (Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 818 Rdnr. 55; Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, § 818 Rdnr. 48; BGH NJW 1995, Seite 2627). Sollte man demgegenüber die Darlegungs- und Beweislast für den anspruchsbegründenden Zuwachs beim Gläubiger der Wertersatzes belassen, sind zumindest erhöhte Anforderungen an das substantiierte Bestreiten des Fortbestandes der ursprünglichen Werterhöhung durch den säumigen Schuldner (hier den Vermieter) zu stellen. Zur Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB siehe eingehend V. 2. d) aa) (d) (2) (aa) und (bb), Seite 547 ff. 68 Die während des Verfahrens festzustellende Werteinbuße stellt ein erledigendes Ereignis dar, weil sie zur (teilweisen) Unbegründetheit der Klage führt. Zum Begriff des „erledigenden Ereignisses“ siehe Zöller/Vollkommer, 23. Auflage, § 91a Rdnr. 3 m. w. N.); zu Besonderheiten der teilweisen einseitigen Erledigungserklärung, insbesondere zur Wendung „abzüglich“, siehe Anders/Gehle, a. a. O., Rdnr. 609.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

(e) Erfüllt der Vermieter den Wertersatzanspruch des Mieters freiwillig (§ 362 BGB)70 oder verwirklicht dieser sein Recht im Wege der Zwangsvollstreckung, so ist ein Recht des Vermieters auf Ausgleich der verwendungsbedingten Gebrauchsvorteile gegen den Mieter kraft ergänzender Vertragsauslegung zu erwägen.71 Dieses Recht ist zwar im Ausgangspunkt auf den Zeitpunkt der Vornahme der Verwendungen zu beziehen, weil der unberechtigt handelnde Mieter nicht besser gestellt sein darf als derjenige, der als berechtigter Fremdgeschäftsführer von seinem Vertragspartner den Ersatz seiner Aufwendungen zu verlangen vermag.72 Sinkt aber die einmal bewirkte Werterhöhung – was häufig der Fall sein wird – durch die Nutzung seitens des Mieters, scheidet ein Anspruch des Vermieters auf die verwendungsbedingten Gebrauchsvorteile bis zum Ausgleich der verbleibenden Wertsteigerung bzw. rechtskräftiger Feststellung der Verpflichtung des Vermieters aus: Der Mieter wäre doppelt belastet, müsste er die verwendungsbedingten Gebrauchsvorteile bei gleichzeitiger Minderung seines eigenen Wertersatzanspruchs aus §§ 539 Abs. 1, 684 Satz 1 BGB (!) ersetzen.73 (f) Die Pflicht des Geschäftsherrn, hier des Vermieters, zur „Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten“ nach § 684 Satz 1 BGB könnte – wie schon mehrfach angedeutet – von vornherein zu versagen sein, sofern es der Mieter in vorwerfbarer Weise versäumt hat, den Vertragspartner über die in Aussicht genommenen Verwendungen zu unterrichten und dessen Entschließung zu respektieren (§ 681 Satz 1 BGB).74 (1) Dies setzt voraus, dass die Bestimmung des § 681 Satz 1 BGB eine Pflicht des Geschäftsführers begründet, deren Verletzung den Ausschluss seines Anspruchs auf „Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten“ (§ 684 Satz 1 BGB) rechtfertigt. Da ein solcher Ausschluss – wie im Ein69 Sollte der durch die Verwendung erhöhte Verkehrswert nach Erhebung der Klage weiter steigen (etwa wegen einer drastischen Verknappung von Baumaterialien), so ist der Klagantrag entsprechend zu ändern (§ 264 Nr. 2 ZPO). Eine Begrenzung des Ausgleichs einer Verkehrswertsteigerung „nach oben“ ist abzulehnen: Dem Mieter ist die gesamte von ihm bewirkte Wertsteigerung – zumindest bis zur Höhe seiner Aufwendungen – zugewiesen. 70 Bis zu diesem Zeitpunkt ist dem Mieter die Ausübung seines Wegnahmerechts (§§ 539 Abs. 2, 951 Abs. 2 BGB) zu gestatten; insoweit trägt der Vermieter das Risiko, dass die Wertsteigerung gewissermaßen wieder „rückgängig“ gemacht wird. 71 Der Anspruch des Vermieters, der im Ergebnis einer Erhöhung des Mietzinses gleichkommt, ist auf die vom Vermieter auszugleichende Wertsteigerung zu begrenzen; siehe dazu bereits Fußnote 46 dieses Abschnitts. 72 Siehe dazu oben V. 1. a) bb) (b), Seite 366. 73 Die Darlegungs- und Beweislast für das nutzungsbedingte Absinken der ursprünglich durch die Verwendung eingetretenen Wertsteigerung trägt der Mieter. 74 Die Pflicht des Vermieters/Eigentümers aus §§ 684 Satz 1, 539 Abs. 1 BGB entstünde also nur, wenn der Mieter den entgegenstehenden Willen seines Vertragspartners nicht in Erfahrung zu bringen vermochte.

1. Der Aufdrängungsschutz innerhalb bestehender Vertragsverhältnisse

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zelnen darzulegen sein wird75 – anzuerkennen ist, wird der Vermieter/Eigentümer weitreichend vor dem Ausgleich eines aufgedrängten Zuwachses geschützt. Auf eine „Subjektivierung“ des auszugleichenden Vorteils ist daher zu verzichten.76 Steht der Ausgleich einer Verwendung nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 539 Abs. 1 BGB) in Rede, so wird dem Mieter in aller Regel – gerade im Hinblick auf die Durchführung nicht notwendiger Maßnahmen – vorzuwerfen sein, den Vermieter von seinem Vorhaben nicht benachrichtigt und dessen Entscheidung abgewartet zu haben (§ 681 Satz 1 BGB). Ist der Ausgleich des Vermieters als Geschäftsherrn bei einem Verstoß des Mieters/Geschäftsführers gegen dessen Anzeige- und Wartepflicht (§ 681 Satz 1 BGB) zu verneinen, so ist ein Anspruch auf Beseitigung des Vorteils gegen den Mieter/Geschäftsführer aus §§ 546 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zu bejahen: Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Geschäftsherr/Vermieter den ihm aufgedrängten Erfolg – gewissermaßen über die Grenzen des § 684 Satz 1 BGB hinaus – sollte hinnehmen müssen. Der von Roland Wittmann77 vertretenen, allerdings nicht begründeten These, wonach der gegen den Geschäftsherrn gerichtete Anspruch auf Herausgabe des Erlangten aus § 684 Satz 1 BGB ausscheide, sofern dieser dessen Beseitigung kraft seines Eigentums verlangen könne (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB), ist freilich zu widersprechen: Das Gesetz entscheidet den Interessenkonflikt zwischen dem Geschäftsführer, der fremdnützig gehandelt hat, und dem Geschäftsherrn, dem ein Vorteil gegen seinen Willen zugeflossen ist, schon seinem Wortlaut nach zugunsten des Geschäftsführers, § 684 Satz 1 BGB. Auch der Sinn des Ausgleichs des durch die Geschäftsführung „Erlangten“ spricht dagegen: Der Anspruch, einen auf der Seite des Schuldners unerwünscht eingetretenen Zuwachs zu erstatten, darf nicht durch dessen Berufung auf sein Eigentum aus der Welt geschafft, gewissermaßen „ausgehebelt“ werden. Den Schutz des Vermieters/Geschäftsherrn besorgt die Anzeige- und Wartepflicht des Vertragspartners als Geschäftsführer (§ 681 Satz 1 BGB). Die mit der Auskehr des Vorteils verbundenen Kosten hat – anders als bei Anwendung des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB (bzw. des § 546 Abs. 1 BGB) – der Vermieter/Eigentümer als Geschäftsherr und Schuldner zu tragen.78

(2) Eine Wertsteigerung der Mietsache, die nicht nach den Regeln der auftraglosen Geschäftsführung an den Geschäftsführer auszukehren ist, weil 75

Siehe unten V. 2. b) ff) und gg), Seite 420 ff. So aber Feiler, a. a. O., Seite 101: „Es ergibt sich in den Fällen aufgedrängter Bereicherung bei der Ermittlung des zu ersetzenden Werts ein Zusammenspiel objektiver und subjektiver Gesichtspunkte . . . Auch die Verpflichtung zum Ersatz des Ertragswerts kann für den Vermieter eine unbillige Belastung darstellen, wenn er im Augenblick nicht genügend Geld auf der Hand hat. Das wird vor allem bei der Errichtung eines ganzen Gebäudes durch den Mieter häufig der Fall sein.“ Zur Subjektivierung des Wertbegriffs im Hinblick auf einen Ausgleich, der sich nicht nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag vollzieht, siehe bereits oben III. 2. j), Seite 151 ff. sowie unten V. 2. c) bb) (b) (3), Seite 508 ff. 77 In dem von v. Staudinger begründeten Werk, 13. Bearbeitung, § 684 Rdnr. 1. 78 Die Kosten der Erfüllung trägt mangels einer anderweitigen Abrede immer der Schuldner. Siehe im Einzelnen oben III. 2 f) aa), Seite 106. 76

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

der (überwiegend) fremdnützig handelnde Mieter den entgegenstehenden Willen des Vermieters/Eigentümers schuldhaft verkannt hat, begründet keine bereicherungsrechtliche Verbindlichkeit aus dem Gesichtspunkt der Nichtleistungskondiktion (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB). Der durch das Geschäftsführungsrecht angeordnete Verbleib des Zuwachses im Vermögen des Geschäftsherrn bildet, mit anderen Worten ausgedrückt, den „rechtlichen Grund“ im Sinne des Kondiktionsrechts.79 (3) Von einer Genehmigung der auch in seinem Interesse durchgeführten „Verbesserungsmaßnahme“ durch den Vermieter (§§ 539 Abs. 1, 684 Satz 2, 670 BGB) ist auszugehen, wenn dieser bekundet, dass er sie zwar nicht im Zeitpunkt ihrer Durchführung80, wohl aber nachträglich gutheiße. Als Beispiel sei der Fall angeführt, dass sich ein Vermieter, der eine Wohnung nach Beendigung des Mietverhältnisses wieder in Besitz nimmt, über die Neuversiegelung des Dielenbodens dahingehend äußert, er hätte diese zwar nicht notwendige, aber nützliche Maßnahme gleichfalls ergreifen wollen. Der Vermieter hat hier die Aufwendungen des Mieters für die Versiegelung allerdings nur zu ersetzen, sofern deren Wert nicht bereits durch den Mieter „verbraucht“ worden ist (§§ 684 Satz 2, 670 BGB). Diese Einschränkung des Aufwendungsersatzes ist aus der Erwägung gerechtfertigt, dass der Geschäftsführer durch die Übernahme des fremden Geschäfts zwar keine Nachteile erleiden, aber auch keine über die Schadloshaltung hinausreichenden Vorteile ziehen soll.81

Demgegenüber kann eine Genehmigung nicht allein dem Umstand entnommen werden, dass der Vermieter den einmal vorhandenen Vorteil nutzt: Sein Verhalten gestattet nicht den Schluss, dass er die Investition (!) billigte.82 Die Genehmigung im Sinne des § 684 Satz 2 BGB erstreckt sich 79 Siehe dazu – bezogen auf die unerwünschte Tilgung fremder Schulden – V. 2. b) jj) (d), Seite 448 und – bezogen auf die Verbesserung einer fremden Sache durch einen Nichtbesitzer – V. 2. d) cc) (b) (3), Seite 583. 80 In diesem Fall sind die Voraussetzungen einer echten, berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag zu bejahen (§§ 683 Satz 1, 670 BGB). 81 Zur Schadloshaltungsfunktion der echten berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag siehe Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 1 sowie oben Fußnote 233 des Abschnitts III. und unten V. 2. b) cc) (a), Seite 412. 82 Dies entspricht auch einer Auffassung im englischen Recht, so Friedmann, The Law Quarterly Review 99 (1983), page 534: „The fact that the defendants wealth was increased does not amount to free acceptance nor is there free acceptance merely because the defendant takes advantage of the situation created by the plaintiff ’s act. Thus, in cases of unrequested salvage . . . the salvor, who acted without request, is not entitled to restitution . . . the use of property by the owner does not constitute ,acceptance‘ of the salvage services.“ – „Allein die Tatsache, dass das Vermögen des Beklagten (= Eigentümers) vermehrt wurde, bewirkt keine Billigung der Vorteile; ebenso verhält es sich, wenn der Beklagte aus den durch den Kläger geschaffenen Vorteilen lediglich Nutzen zieht. Dementsprechend ist derjenige, der ungebeten fremdes Eigentum gerettet hat, nicht berechtigt, einen Ausgleich zu verlangen . . . Die Nutzung des Eigentums beinhaltet keine Billigung der Rettungshandlung.“

1. Der Aufdrängungsschutz innerhalb bestehender Vertragsverhältnisse

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mithin nicht nur auf den herbeigeführten Erfolg, sondern auch auf die vom Geschäftsführer vorgenommene Handlung. Sie bezieht sich also, obwohl später erklärt, auf den Zeitpunkt der Vornahme der Verwendung. Damrau-Schröter nimmt weitergehend eine konkludente Genehmigung der von dem fremdnützig handelnden Mieter getätigten Aufwendungen durch den Vermieter nach § 684 Satz 2 BGB an, wenn dieser bei Vertragsbeendigung nicht die Beseitigung der vom Mieter durchgeführten Maßnahmen verlangt. Sie bejaht in diesem Fall mithin den Aufwendungsersatzanspruch des Mieters aus § 670 BGB.83 Indessen kommt dem bloßen Versäumnis, ein bestehendes Recht geltend zu machen, kein Erklärungswert zu.84 Darüber hinaus bewertet der Vermieter – verzichtet er auf seinen Beseitigungsanspruch – lediglich den veränderten Zustand seiner Sache, gegebenenfalls eine damit verbundene Erhöhung ihres Wertes (mit anderen Worten ausgedrückt: den Erfolg der Geschäftsführung), als positiv. Von einer Genehmigung der Geschäftsführung – den Fremdgeschäftsführungswillen des Mieters unterstellt – ist dagegen erst auszugehen, wenn der Vermieter erklärt, er hätte die Aufwendungen, wären sie nicht eigenmächtig durch den Mieter getätigt worden, selbst vorgenommen oder den Mieter mit ihrer Vornahme beauftragt. cc) Der bereicherungsrechtliche Ausgleich nach Vertragsbeendigung kraft des Verzichts des Vermieters auf die Beseitigung des Vorteils Unabhängig von den Vorausetzungen des § 539 Abs. 1 BGB ist ein bereicherungsrechtlicher Ausgleichsanspruch in Höhe einer noch messbaren Wertsteigerung der Sache nur in Betracht zu ziehen, sofern der Vermieter nach Beendigung des Vertrags wegen seines eigenen Interesses am Verbleib der Verwendung85 von der Geltendmachung des Rechts auf deren Beseitigung ausdrücklich oder schlüssig absieht oder aus demselben Beweggrund die Ausübung des (noch nicht verjährten) Wegnahmerechts durch den Mieter verhindert, ohne bei der Miete von Wohnraum und anderen Räumen (§ 578 Abs. 2 BGB) von seiner Abwendungsbefugnis (§ 552 Abs. 1 BGB) Gebrauch zu machen86: In diesen Gestaltungen geht es nicht darum, den Für das deutsche Recht anderer Ansicht – ohne an dieser Stelle der Unterschiedung zwischen § 684 Satz 2 BGB und § 684 Satz 1 BGB Bedeutung beizumessen – Emmerich, NZM 1998, Seite 53 sub III. 1. a. E. 83 A. a. O., Seite 238. 84 Siehe dazu unten Fußnote 419 dieses Abschnitts. 85 Also nicht nur, um den Mieter zu schonen oder um das Vermieterpfandrecht (§ 559 BGB) auszuüben! 86 Der Vermieter kann die Ausübung des Wegnahmerechts nicht mit dem Argument ablehnen, dass damit zwangsläufig eine Schädigung der Mietsache verbunden

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Vermieter/Eigentümer vor einem aufgedrängten Zuwachs zu schützen (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB).87 Der Mieter könnte hier kraft der Akzeptanz des Vermieters selbst als angemaßter Eigengeschäftsführer einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich verlangen; als Fremdgeschäftsführer darf er nicht schlechter gestellt sein (§§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB in entsprechender Anwendung).88 Ist der Mieter nicht in der Lage oder willens, das auf „Einrichtungen“ bezogene Wegnahmerecht aus § 539 Abs. 2 BGB auszuüben, verfallen sie ersatzlos dem Vermieter, sofern dieser ihren Verbleib nicht nachträglich als für sich vorteilhaft akzeptiert. Sieht der Mieter von der Ausübung des Wegnahmerechts ab, weil er an der betreffenden Einrichtung kein Interesse mehr hat, erklärt er sich aber gegenüber dem Vermieter zur Beseitigung bereit, so hat der Vermieter einen finanziellen Ausgleich zu leisten, wenn er die ihm geschuldete Beseitigung (§ 546 Abs. 1, gegebenenfalls § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) ablehnt, weil er nun selbst am Verbleib der Einrichtung interessiert ist.89 Ein Zahlungsanspruch des Mieters gegen den Vermieter, gegebenenfalls Zug um Zug gegen Verschaffung des Eigentums an der Einrichtung, ist aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB) anzuerkennen. Er bezieht sich – sollte die sei, auf der er „sitzen“ bleibe: Wer – so der Wortlaut des § 258 Satz 1 BGB – berechtigt ist, von einer Sache, die er einem anderen herauszugeben hat, eine Einrichtung wegzunehmen, hat die Sache in den früheren Stand zu setzen. Diese Formulierung des Gesetzes wird in der Kommentarliteratur (MünchKomm/Krüger, 4. Auflage, § 258 Rdnr. 4; Palandt/Heinrichs, 62. Auflage, § 258 Rdnr. 3) zugunsten des Eigentümers dahingehend ausgelegt, dass die Sache nach der Wegnahme durch den Berechtigten in den Stand zu versetzen ist, in dem sie sich befände, wenn die Einrichtungen/wesentlichen Bestandteile nicht mit ihr verbunden worden wären („Naturalrestitution“). Damit wird eine verschuldensunabhängige Schadensersatzpflicht des Wegnahmeberechtigten anerkannt. 87 Ist das Wegnahmerecht des Mieters verjährt (§ 548 Abs. 2 BGB), so kann er nach Auffassung des Bundesgerichtshofs die Herausgabe der noch in seinem Eigentum stehenden Einrichtungen nicht mehr aus dem Gesichtpunkt der Vindikation (§ 985 BGB) verlangen: Der Vermieter habe ein dauerndes Recht zum Besitz im Sinne des § 986 BGB erlangt (BGHZ 81, Seite 146, 150 f., 101, Seite 37, 48; dagegen J. Eckert, MDR 1989, Seite 135, 136 m. w. N.). Ist auch der Beseitigungsanspruch des Vermieters/Eigentümers aus §§ 546 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verjährt (§ 548 Abs. 1 Satz 3 BGB; siehe dazu – bezogen auf § 558 BGB a. F. – BGHZ 104, Seite 6, 17), so hat dies zur Folge, dass der Mieter, beruft er sich auf die Einrede, mangels einer objektiv feststellbaren Akzeptanz durch den anderen Teil auch keinen finanziellen Ausgleich für die „verlorenen“ Einrichtungen beanspruchen kann. Dass dieses Ergebnis nicht zu befriedigen vermag, liegt an der kurzen Verjährungsfrist des § 548 BGB, die auch die dinglichen Ansprüche der Vertragspartner erfassen soll. 88 Siehe dazu bereits oben II. 2. b) bb), Seite 37 und unten V. 2. b) hh), Seite 437. 89 Also nicht von der Beseitigung absieht, um dem Mieter als Schuldner einen Gefallen zu tun oder um sein Vermieterpfandrecht (§ 562 BGB) auszuüben!

1. Der Aufdrängungsschutz innerhalb bestehender Vertragsverhältnisse

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Einrichtung wesentlicher Bestandteil der Mietsache geworden sein – auf die eingetretene Steigerung des Ertrags- oder Verkehrswertes (§ 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) oder – sollte der Vermieter einräumen, dass er seinen Vertragspartner habe beauftragen wollen, eine derartige Einrichtung anzubringen – auf die Ersparnis von Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB.90

dd) Der eigentümerähnliche Gebrauch einer zurückgelassenen Einrichtung durch den Vermieter Schließlich fällt dem Vermieter unabhängig von den Voraussetzungen des § 539 Abs. 1 BGB ein ausgleichsfähiger Vorteil zu, wenn er – nachdem er die Mietsache zurückerhalten hat – die Beseitigung einer Einrichtung, die im Eigentum des Mieters steht, nicht nur ablehnt, sondern sich für einen eigentümerähnlichen Gebrauch entscheidet. Nutzt er beispielsweise die vom Mieter zurückgelassene Einbauküche, deren Beseitigung der Mieter erfolglos angeboten hatte, im eigenen Haushalt, so hat er im Ausgangspunkt den Nutzungswert, gegebenenfalls den Wertverzehr des Mobiliars, zu entrichten. Diese Ausgleichspflicht entfällt freilich, sofern sich der frühere Vermieter auf den Einwand der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) zu berufen vermag, weil er darauf vertrauen durfte, dass der Mieter sein Eigentum an der Einrichtung aufgegeben (§ 959 BGB) und er sie kraft einer Aneignung (§ 958 BGB) dem eigenen Vermögen einverleibt hat.91

ee) Die „Verwendung“ durch den Mieter als Eigengeschäftsführung, § 687 BGB Da sich die in § 539 Abs. 1 BGB enthaltene Verweisung uneingeschränkt auf die „Geschäftsführung ohne Auftrag“ erstreckt, ist bei fehlendem Fremdgeschäftsführungswillen die Vorschrift des § 687 BGB anzuwenden.92 Diesen Schluss gebieten nicht zuletzt die Gesetzesmaterialien, auch die des Mietrechtsreformgesetzes vom 19. Juni 2001, nach denen die Rege90 Vgl. dazu BGH NJW 1959, Seite 2163, 2164. Das Gericht unterscheidet nicht hinreichend zwischen der Akzeptanz der vom Mieter getätigten Aufwendungen (Ersparnis von Aufwendungen auf der Seite des Vermieters) und der Akzeptanz des veränderten Zustandes der Mietsache (Erhöhung des Ertrags- oder Verkehrswertes auf der Seite des Vermieters/Eigentümers). Bezogen auf das Beseitigungsverlangen seitens des Vermieters bei Vertragsbeendigung lässt das Urteil OLG Nürnberg, ZMR 1960, Seite 300, die nötige Klarheit vermissen. 91 Zur Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB siehe im Einzelnen unten unten V. 2. d) aa) (d) (2) (aa) und (bb), Seite 547 ff. 92 A. A. OLG Köln, VersR 1997, Seite 500: „. . . Daraus kann man . . . den Schluß ziehen, daß es sich in der Regel um eine Eigengeschäftsführung handelt. Damit scheidet der Anspruch aus § 547 Abs. 2 BGB (jetzt § 539 Abs. 1 BGB) aus . . .“

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

lung über die Eigengeschäftsführung (§ 761 BGB des ersten Entwurfes)93 ausdrücklich Eingang in das Mietrecht finden sollte.94 (a) Handelte der Mieter als angemaßter Eigengeschäftsführer, d.h. im eigenen Interesse und in Kenntnis seiner fehlenden Berechtigung, die Angelegenheiten des Vermieters zu besorgen, so ist ein Anspruch gegen den Vermieter auf die Abschöpfung der Wertsteigerung der Sache (§§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB) anzuerkennen, sofern dieser die Beseitigung wertsteigernder „Verbesserungen“ um ihrer Erhaltung willen und also zum eigenen Nutzen (nicht nur zwecks Schonung seines Vertragspartners oder zum Zwecke der Ausübung seines Vermieterpfandrechts!) untersagt, obwohl er sie verlangen könnte (§§ 541a, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder aus dem gleichen Beweggrund die Ausübung des Wegnahmerechts seitens des Mieters aus § 539 Abs. 2 BGB verhindert, ohne von seiner Abwendungsbefugnis bei der Miete von Wohnraum (§ 552 Abs. 1 BGB) Gebrauch zu machen. Auf diese Weise nimmt er die Steigerung des Ertragswertes/Verkehrswertes für sich in Anspruch95 und akzeptiert sie als einen ihm kraft der Eigengeschäftsführung des Mieters zugefallenen Vorteil.96 Die hierfür vom Mieter erbrachten Vermögensopfer hat er bis zur Höhe der Wertsteigerung nach §§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB in entsprechender Anwendung auszugleichen.97 93

Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen der Regelung des § 687 BGB. Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 2, Recht der Schuldverhältnisse, Seite 219 (Motive): „In Ansehung der Ansprüche des Miethers auf den Ersatz sonstiger Verwendungen verweist der § 514 auf die Rechtsnormen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 749 bis 761).“ Sinngleich der Entwurf eines Gesetzes zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts vom 9. November 2000 (Drucksache Nr. 14/4553 des Deutschen Bundestages, Seite 42 zu § 539). Dementsprechend ist die These, dass bei fehlendem Fremdgeschäftsführungswillen ein bereicherungsrechtlicher Anspruch des eigennützig handelnden Mieters von vornherein ausscheide, weil die mietrechtliche Bestimmung über den Verwendungsersatz (§ 539 Abs. 1 BGB) als „abschließende Sonderregelung“ zu qualifizieren sei, zumindest schief formuliert (so aber Beißner, a. a. O., Seite 70 f. m. w. N.). 95 Es handelt sich um einen Anwendungsfall der sog. Verwendungskondiktion. 96 Vgl. BGHZ 23, Seite 61, 65: Zieht der Verpächter nach der Rückgabe der Pachtsache keinen Ertrag aus einer vom Pächter durchgeführten Baumaßnahme, so besteht nach der im Ergebnis zutreffenden Auffassung des Gerichts kein Zahlungsanspruch des Pächters, wenn der Verpächter die Beseitigung des Gebäudes begehrt. Ähnlich Feiler, a. a. O., Seite 72 bis 75. 97 Die angeführte Vorschrift ist entsprechend anzuwenden, weil die Akzeptanz des Vorteils durch den Geschäftsherrn der Geltendmachung seines Anspruchs auf das aus der Geschäftsführung Erlangte (§§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 2, 667 BGB) gleichgestellt wird. Siehe dazu bereits oben II. 2. b) bb), Seite 37, und unten V. 2. b) hh), Seite 437 ff., sowie V. 2. b) ll) (c) (3), Seite 462 ff. Sollte der Vermieter darüber hinausgehend erklären, dass er die von dem Eigengeschäftsführer getätigten Aufwendungen selbst eingesetzt hätte, so kann der Eigen94

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Sofern der Mieter die Verwendung erst bei Beendigung des Mietverhältnisses zu beseitigen hat (§ 546 Abs. 1 BGB), kann der hier in Rede stehende bereicherungsrechtliche Ausgleichsanspruch erst zu diesem Zeitpunkt entstehen. Sollte der Mieter dagegen bereits während des laufenden Vertrags zur Beseitigung verpflichtet sein (§ 541 BGB, beispielsweise bei baulichen Veränderungen98), ist die Akzeptanz der vertragswidrigen Verwendung durch den Vermieter während des laufenden Mietverhältnisses zwar theoretisch möglich, aber praktisch kaum vorzustellen: Welchem Verhalten des Vermieters sollte ein entsprechender Erklärungswert beigelegt werden?

Unabhängig von der Wertsteigerung kann der Mieter die Ersparnis von Aufwendungen aus dem Gesichtspunkt der Akzeptanz seiner Tätigkeit geltend machen, wenn der Vermieter – was praktisch wohl ausgeschlossen sein dürfte – erklärt, ihm seien, bezogen auf den Zeitpunkt der Durchführung der Maßnahme, durch die objektiv als Geschäftsbesorgung99 zu qualifizierende Tätigkeit des Mieters Kosten im Sinne des § 670 BGB erspart geblieben (§§ 812 Abs. 1 Satz 2, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB).100 Schließlich fällt dem Vermieter ein erstattungsfähiger Vorteil zu, wenn er nach Rückgabe der Mietsache die Beseitigung einer im Eigentum des Mieters verbliebenen Einrichtung nicht nur ablehnt, sondern sich für einen eigentümerähnlichen Gebrauch entscheidet.101 (b) Qualifiziert man den ausschließlich oder zumindest überwiegend im eigenen Interesse handelnden Mieter nicht als „angemaßten Eigengeschäftsführer“ im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB, weil ihm die Vornahme der Verwendung gestattet wurde, so ist anstelle des Anspruchs aus einer Geschäftsführung (§§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 BGB) ein rein bereicherungsrechtlicher Ausgleich zu erwägen (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB).102 In diesen Gestaltungen verzichtet der Eigentümer/Vermieter zugeschäftsführer den Vorteil der Ersparnis von Aufwendungen kraft der unmittelbaren Anwendung des Kondiktionsrechts verlangen (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB). 98 Palandt/Weidenkaff, 62. Auflage, § 541 Rdnr. 3 m. w. N. 99 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 100 Siehe dazu noch unten V. 2. b) ll) (a) (5), Seite 454 und V. 2. b) ll) (c), Seite 458. 101 Ich verweise auf das oben V. 1. a) dd), Seite 375 angeführte Beispiel der Nutzung einer vom Mieter zurückgelassenen Einbauküche. 102 Es handelt sich hierbei um eine Fallgestaltung, die von Beißner, a. a. O., Seite 70 ff., nicht behandelt wird. Die Möglichkeit des bereicherungsrechtlichen Ausgleichs anerkennt – allerdings zu allgemein formulierend – der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahre 1993 (NJW-RR 1993, Seite 522, 524): „Sollten die Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht vorliegen, kommt ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung in Be-

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mindest für die Dauer des Mietverhältnisses auf sein Recht, die Beseitigung der Verwendung zu verlangen (§§ 541, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB).103 Im Hinblick auf nicht beseitigungsfähige Verwendungen ist ungeachtet des fehlenden Fremdgeschäftsführungswillens des Mieters davon auszugehen, dass etwaige Ausgleichsansprüche zumindest während der Dauer des Vertrags ausgeschlossen sein sollen.104 Dementsprechend ist die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung, dass Ansprüche während des laufenden Vertrags ausgeschlossen sein sollen, als sog. Rechtsgrundabrede zu qualifizieren. Dass dem Mieter, der eine Verwendung im eigenen Interesse und in Unkenntnis seiner fehlenden Berechtigung durchgeführt hat105, der Anspruch auf „Herausgabe“ einer bei dem Geschäftsherrn/Vermieter vorhandenen tracht, sofern durch die Verwendungen ein Wertzuwachs, insbesondere eine Erhöhung des Verkehrswertes des Gebäudes eingetreten ist.“ 103 Zur „Gestattung“ der Verwendung durch den Vermieter/Eigentümer siehe bereits oben V. 1. a) aa) (d), Seite 361 f., dort insbesondere Fußnote 34. Verpflichtet sich der Vermieter/Eigentümer zur „Übernahme“ der Verwendung nach Vertragsbeendigung, so verzichtet er dauerhaft auf seinen Beseitigungsanspruch (siehe Fußnote 34). 104 Bei vorzeitiger Beendigung des Vertragsverhältnisses kann ein Ausgleichsanspruch des Mieters nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung zu bejahen sein, weil es dem Mieter hier versagt ist, den Wert der Investition „abzunutzen“ (vgl. OLG Nürnberg, ZMR 1960, Seite 300 a. E.; OLG München, ZMR 1995, Seite 406, 407 f. – verneinend). Feiler (a. a. O., Seite 76 ff. und 115) befürwortet in dieser Gestaltung einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich (ebenso Emmerich, NZM 1998, Seite 49, 55 sub III 2d und – bezogen auf das schweizerische Recht – BGE 105 II, Seite 92, 94 m. w. N.); eine Lösung, die angesichts der (vorzeitigen) Beendigung des Vertragsverhältnisses zwar vertretbar erscheint, aber ausschließlich auf die Abschöpfung eines im Vermögen des Vermieters vorhandenen Vorteils zielt. Als Anspruchsgrundlage dürfte § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB heranzuziehen sein; in diesem Sinne Feiler, a. a. O., Seite 76 ff., der den Anspruch des Mieters allerdings entweder auf § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB (Seite 78 f.) oder auf § 812 Abs. 1 Satz 2, 1. Fall BGB (Seite 79 f.) gründet, wobei die Bereicherung des Vermieters darin bestehen soll, dass dieser vorzeitig den Nutzen aus dem geschaffenen Mehrwert ziehen kann (a. a. O., Seite 76). M. E. kann von einem „Vorteil“ des Vermieters/Eigentümers indessen nur die Rede sein, wenn entweder die Verwendung den Ertrags-/Verkehrswert der Mietsache erhöht hat und der Vermieter/Eigentümer ihre Beseitigung nicht verlangen kann bzw. auf die Beseitigung im eigenen Interesse verzichtet oder er sich – sollte die betreffende Einrichtung noch im Eigentum des Mieters stehen (zum Begriff der Verwendung siehe oben III. 4. c), Seite 182 sowie unten V. 2. c) aa) (a), Seite 473 ff. und V. 2. c) aa) (b), Seite 478 ff.) – für ihre Nutzung entscheidet; die bloße Möglichkeit der Nutzung begründet dagegen keinen in Geld auszudrückenden Vorteil. 105 Auf der Seite des Vermieters hat beispielsweise ein Vertreter ohne Vertretungsmacht erklärt, der Vermieter sei mit der Vornahme bestimmter Veränderungen der Mietsache einverstanden.

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Wertsteigerung im Ausgangspunkt unabhängig von der Akzeptanz des anderen Teils zusteht, ergibt der Umkehrschluss aus § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB: Der Mieter handelte in diesem Fall nicht als angemaßter Eigengeschäftsführer.106 Freilich schuldet der „bereicherte“ Vermieter keinen Ausgleich, wenn er von dem anderen Teil die Beseitigung des „Vorteils“ kraft des Vertrags oder seines Eigentums aus §§ 546 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen kann und dieses Recht geltend macht: Es widerspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben, den Bereicherten, hier den Vermieter, zur Zahlung eines Ausgleichs anzuhalten, den er nach der Erfüllung der Beseitigungspflicht durch den Mieter wieder herausverlangen könnte („dolo malo agit qui petit quod statim redditurus est“).107 Sollte der „Vorteil“ aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen (beispielsweise aus dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit) nicht zu beseitigen sein, so darf sich dieser Umstand nicht zu Lasten des Vermieters auswirken.108 Er vermag sich in diesem Fall darauf zu berufen, dass er – die Beseitigungsfähigkeit des Vorteils unterstellt – dessen Entfernung verlangt hätte.109 (1) Die bereicherungsrechtliche Ausgleichspflicht des Vermieters ist zum einen anzuerkennen, wenn er nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einräumt, dass er seinen Vertragspartner – wäre dieser nicht eigenmächtig tätig geworden – zum Zeitpunkt der geschehenen Verwendung gegen Zahlung eines Entgelts oder gegen Erstattung der Aufwendungen mit der Schaffung dieses „Vorteils“ betraut hätte: In dieser praktisch wohl ausgeschlossenen Gestaltung geht es nicht um die Abwehr eines aufgedrängten Zuwachses.110 Die Ersparnis des Vermieters, ausgedrückt durch den Wert 106

Insoweit zutreffend Willoweit, Festschrift für Wahl, Seite 285, 288. Willoweit gründet den bereicherungsrechtlichen Anspruch freilich auf § 684 BGB, wendet diese Vorschrift mithin unmittelbar auf den eigennützig handelnden Geschäftsführer an. 107 Den Beseitigungsanspruch des Vermieters/Eigentümers behandelt zutreffend das Urteil des LG Mannheim, WuM 1996, Seite 143, 144 sub dd. 108 Etwas anderes gilt nur, sollte der Vermieter zur Duldung des Vorteils um des geldlichen Ausgleichs willen verpflichtet sein, wovon im Falle der hier erörterten angemaßten Eigengeschäftsführung eines Mieters jedoch nicht auszugehen ist. Dass sich die fehlende Beseitigungsfähigkeit nicht zu Lasten des unfreiwillig bereicherten Vermieters auswirkt, lege ich im Einzelnen unten V. 2. b) ii), Seite 438, dar. 109 Siehe dazu noch unten V. 2. b) ii), Seite 438 und V. 2. d) cc) (d), Seite 585. 110 Weiterreichend Schindler, AcP 165, Seite 499, 516: „Auch dort, wo der Eigentümer die Aufwendungen aus eigenem Antrieb gemacht hätte, ist ein bereicherungsrechtlicher Ausgleich zuzubilligen . . . Die Kosten, die der Eigentümer . . . hätte aufwenden müssen, können vom Mieter . . . nach § 812 BGB herausverlangt werden.“. Demgegenüber zieht Jakobs, AcP 167, Seite 350, 373, die Grenzen des Aufdrängungschutzes aus dem Gesichtspunkt des Selbstbestimmungsrechts des „Bereicherten“ eng: „. . . selbst wenn diesem (d.h. dem Sacheigentümer) . . . eine eigene Ausgabe erspart worden wäre, muß seine Ersatzpflicht ausscheiden, weil man ande-

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der Verbindlichkeit, die um der Tätigkeit des Mieters willen hätte begründet werden müssen (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB), ist an den Mieter auszukehren.111 (2) Zum anderen kann der Mieter einen Ausgleich verlangen, falls die von ihm ergriffene Maßnahme – bezogen auf den Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses – eine Steigerung des Ertrags- bzw. Verkehrswertes des Objektes bewirkt hat (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 951 Abs. 1 Satz 1 BGB) und der Vermieter/Eigentümer von der Beseitigung des „Vorteils“ (§§ 1004 Abs. 1 Satz 1, 546 Abs. 1 BGB) im eigenen Interesse Abstand nimmt. Schließlich fällt dem Vermieter ein erstattungsfähiger Vorteil zu, wenn er sich für einen eigentümerähnlichen Gebrauch einer weiterhin dem Mieter gehörenden Sache entscheidet. (3) Mit einer knappen Wendung ausgedrückt bedeutet dies: Der vom Vermieter kondiktionsrechtlich auszugleichende Vermögensvorteil ist entweder mit ersparten Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB, der Erhöhung des Ertrags- bzw. Verkehrswertes des Mietobjektes oder der eigentümerähnlichen Nutzung einer noch dem Mieter gehörenden Sache in Kenntnis ihrer Fremdheit zu begründen. (4) Der hier erörterte bereicherungsrechtliche Anspruch des eigennützig, aber kraft einer Berechtigung oder in der Annahme einer solchen handelnden Mieters unterscheidet sich in zwei gewichtigen Punkten von den Ansprüchen aus fremdnützigem Handeln (§§ 539 Abs. 1 i.V. m. 670, 683 Satz 1 oder 684, 812 BGB). Erstens: Soweit es um die vom Mieter getätigten Vermögensopfer geht, ist der Ausgleich an die (kondiktionsrechtliche) Ersparnis von Aufwendungen auf der Seite des Vermieters für eine objektive Geschäftsbesorgung (§ 670 BGB)112 gebunden. Zweitens: Begehrt der renfalls dem Unredlichen gestatten würde, dem Eigentümer eine Leistung aus seinem Vermögen gegen Entgelt aufzudrängen, weil sonst der Unredliche oder der Fremdbesitzer dem Eigentümer die Entscheidung darüber nehmen könnte, ob er die Ausgabe überhaupt, ob er sie selbst oder oder durch einen anderen als den Besitzer vornehmen will.“ Zu der Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang ein Ausgleichsanspruch des Besitzers (Mieters) anzuerkennen ist, wenn der Eigentümer (Vermieter) erklärt, dass er sich – wäre er gefragt worden – mit der Tätigkeit des Besitzers einverstanden erklärt hätte, äußert sich Jakobs nicht. 111 Hätte der Vermieter mit dem Mieter einen Werkvertrag (§ 631 BGB) schließen wollen und sich dieser auf einen solche Abrede eingelassen, so bezieht sich die Ausgabenersparnis auf den üblichen oder angemessenen Werklohn abzüglich eines Abschlags für das Fehlen von Gewährleistungsrechten in einem fiktiven Vertragsverhältnis; insoweit ist der hier behandelte Sachverhalt mit den Fällen zu vergleichen, in denen jemand in den Genuss von „Schwarzarbeit“ gelangt (dazu Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, § 817 Rdnr. 10). 112 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192.

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eigennützig handelnde Mieter den Ausgleich, weil er den Ertrags- bzw. Verkehrswert des Mietgegenstandes erhöht hat, so ist er – anders als bei fremdnützigem Handeln im Rahmen des Ausgleichs nach § 684 Satz 1 BGB – der Gefahr ausgesetzt, dass der Vermieter die Beseitigung des Erfolgs verlangt, §§ 546 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB.113 Insoweit begünstigt das Gesetz den fremdnützig handelnden im Verhältnis zum eigennützig handelnden Mieter, der irrtümlich eine entsprechende Berechtigung annimmt.114 Daher hätte der Bundesgerichtshof in einem Urteil aus dem Jahre 1953115 nicht nur den Ausgleich einer Verkehrswertsteigerung, sondern auch die Erstattung ersparter Aufwendungen erwägen können. Das Gericht hatte über den im Wege der Widerklage geltend gemachten Anspruch einer Mieterin zu entscheiden, der ein ursprünglich militärisch genutztes Grundstück zur Benutzung für einen Tischlereiund Holzbearbeitungsbetrieb überlassen worden war. Nachdem sie mit dem Bau eines „massiven Fabrikgebäudes“ begonnen hatte, endete das Vertragsverhältnis. Die widerbeklagte Eigentümerin führte die Bauarbeiten an der Fabrikhalle fort; insbesondere versah sie das Gebäude mit einem Dach.116 Die Widerklägerin verlangte für das von ihr teilweise errichtete Gebäude einen Wertausgleich. Der Bundesgerichtshof gab der Widerklage aus dem Gesichtspunkt des rechtsgrundlosen Eigentumserwerbs kraft Gesetzes statt (§§ 946, 951, 812 BGB) und verurteilte die Widerbeklagte zum Ausgleich der Erhöhung des Verkehrswertes, die durch das Gebäude herbeigeführt worden war.117 Den Anspruch aus § 547 Abs. 2 BGB (jetzt § 539 Abs. 1 BGB) verneinte das Gericht, weil das aufgeführte Gebäude keine „Verwendung“ sei; ob die Mieterin nach seiner Auffassung zumindest auch mit Fremdgeschäftsführungswillen gehandelt hatte, lässt sich den Ausführungen nicht entnehmen.118 113

Der Ausgleich der Ertrags- bzw. Verkehrswertsteigerung ist hier – anders als der Anspruch desjenigen, der in Kenntnis seiner fehlenden Berechtigung in eine fremde Rechtssphäre eindringt (§ 687 Abs. 2 BGB) – nicht von der Akzeptanz des Vorteils durch den „Bereicherten“ (Vermieter/Geschäftsherrn) abhängig. Dieser kann jedoch gegebenenfalls die Beseitigung des „Vorteils“ aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen (siehe dazu im Einzelnen oben III. 6., Seite 191 ff.). 114 Dieser Vorteil wird freilich in gewisser Weise dadurch aufgewogen, dass der Mieter als Fremdgeschäftsführer das Risiko trägt, den Willen des Vermieters/Geschäftsherrn schuldhaft falsch zu bewerten: In diesem Fall ist sein Anspruch auf „Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten“ (§§ 684 Satz 1, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) ausgeschlossen. Zum Ausschluss des Anspruchs des Geschäftsführers auf „das aus der Geschäftsführung Erlangte“ (§ 684 Satz 1 BGB) bei schuldhafter Verkennung des Willens des Geschäftsherrn siehe eingehend unten V. 2. b) ff) und gg), Seite 420 ff. 115 BGHZ 10, Seite 171 ff. 116 A. a. O., Seite 172. 117 Sollte die Mieterin in Kenntnis ihrer fehlenden Berechtigung gehandelt haben, war die Steigerung des Verkehrswertes als das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ nur auszugleichen, wenn die Vermieterin den Zuwachs als vorteilhaft akzeptierte, mithin im eigenen Interesse auf die Beseitigung des unvollendeten Bauwerks verzichtete (§§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB).

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Diese Darlegungen vermögen nur im Ergebnis, nicht aber in der Begründung zu überzeugen. Zum einen hätte man die Baumaßnahmen bei Zugrundelegung des „weiten“ Begriffs als „Verwendung“ qualifizieren sollen, weil sie den Wert der Immobilie objektiv erhöhten.119 Ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag schied freilich aus, sofern – wovon in der Regel auszugehen ist – die Mieterin das Gebäude (überwiegend) im eigenen Interesse errichten wollte. Hiervon ausgehend, hätte das Gericht aber auf der Grundlage der §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB nicht nur den Ausgleich der Verkehrswerterhöhung kraft des Eigentumszuwachses, sondern eine Verpflichtung der Widerbeklagten (Eigentümerin und Vermieterin) zum Ersatz der Baukosten aus dem Gesichtspunkt der ersparten Aufwendungen in Betracht ziehen können: Immerhin hatte sie das begonnene Gebäude selbst vollendet und anschließend vermietet.120 Aus diesem Umstand war indessen nicht zu schließen, dass sie das Gebäude auf eigene Rechnung von der Mieterin hätte errichten lassen und ihr dementsprechend gegenüber der Mieterin die Begründung einer Verbindlichkeit erspart worden war. Sie nutzte vielmehr die eingetretene Veränderung des Eigentumsobjektes aus, konkretisierte – mit anderen Worten ausgedrückt – lediglich den aus dem Eigentumsrecht fließenden abstrakten Nutzungsvorteil. Dieser Vorteil wurde mit dem Ausgleich der Erhöhung des Verkehrswertes der Immobilie abgegolten.121

ff) Der Ausgleich von „gebilligten“ und „nicht gebilligten“ Verwendungen des Mieters – eine Zusammenschau (a) Scheitert der Ersatzanspruch des Mieters an den Voraussetzungen des § 536a Abs. 2 BGB, weil er keine notwendigen Verwendungen getätigt hat, so ist ein geschäftsführungsrechtlicher Anspruch aus §§ 539 Abs. 1, 683 Satz 1 BGB anzuerkennen, wenn eine Verwendung zumindest auch für den Vermieter vorgenommen und die Übernahme der Geschäftsführung dessen Willen und Interesse entsprach. Genehmigt der Vermieter die Verwendung (§ 684 Satz 2 BGB), so hat er die Aufwendungen des Mieters zu ersetzen; in diesem Fall kann er von seinem Vertragspartner allerdings einen geldlichen Ausgleich für die verwendungsbedingten Gebrauchsvorteile verlangen.122 Der Ausgleich einer „aufgedrängten“ Bereicherung ist hier nicht zu 118

A. a. O., Seite 175. Siehe dazu unten V. 2. c) aa) (b) (1) und (2), Seite 479 ff. 120 Der Vorteil bestand mangels der Akzeptanz des konkreten Herstellungsaufwandes nicht in dem Erlangen eines Gutes, das zum Gegenstand eines mit der Mieterin zu schließenden Werkvertrags hätte gemacht werden können. Zur Bewertung fremden Herstellungsaufwandes als vorteilhaft siehe oben III. 2. h), Seite 127 ff. 121 Das verkennt Willoweit, Festschrift für Wahl, Seite 285, 298, der den Ausgleichsanspruch der Mieterin auf § 684 Satz 1 BGB gründen will. 122 Dem Geschäftsführer sollen aus der fremdnützigen und erwünschten Tätigkeit keine Nachteile entstehen. Er soll sich aber umgekehrt nicht auf Kosten des Geschäftsherrn bereichern, indem er die Erstattung seiner Opfer verlangt und die verwendungsbedingten (nicht kraft des Mietvertrags geschuldeten!) Gebrauchsvorteile 119

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erwägen. Die geschäftsführungsrechtlichen Ansprüche enstehen im Zeitpunkt der Vornahme der Verwendung durch den Mieter. (b) Der Vermieter/Eigentümer hat den Wertzuwachs der Sache nach § 684 Satz 1 BGB auszugleichen, sofern die Verwendung seinem Willen (und Interesse) zuwiderlief und er die Maßnahme nicht genehmigte. Dieser Anspruch ist allerdings von vornherein ausgeschlossen, wenn es der Mieter in vorwerfbarer Weise versäumt hat, den Vertragspartner über seine Pläne zu informieren und dessen Entschließung zu respektieren (§ 681 Satz 1 BGB). Der Vermieter genießt mithin weitreichenden Schutz vor „aufgedrängter Bereicherung“. Ein kondiktionsrechtlicher Ausgleich zugunsten des Mieters kommt nur in Betracht, wenn der Vermieter bei Vertragsbeendigung wegen seines eigenen Interesses an der Verwendung von der Geltendmachung des Rechts auf deren Beseitigung ausdrücklich oder schlüssig absieht oder aus demselben Beweggrund die Ausübung des (noch nicht verjährten) Wegnahmerechts durch den Mieter verhindert, ohne von seiner Abwendungsbefugnis (§ 552 Abs. 1 BGB) Gebrauch zu machen. (c) Die Anerkennung eines Anspruchs des Mieters, der als angemaßter Eigengeschäftsführer tätig geworden ist, hängt von der Akzeptanz des „aus der Geschäftsführung erlangten Vorteils“, d.h. des vom Mieter geschaffenen „Erfolgs“ durch den Vermieter/Eigentümer ab (§§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB in entsprechender Anwendung); im Falle einer Billigung steht wiederum der Ausgleich einer „aufgedrängten“ Bereicherung nicht in Frage. Darüber hinausreichend ist ein Kondiktionsanspruch des Mieters anzuerkennen, sofern der Vermieter die vom Mieter eigennützig vorgenommene Veränderung des Mietobjektes von diesem hätte durchführen lassen wollen.123 In diesem Falle hat der Vermieter Aufwendungen auf Kosten des Mieters erspart. unentgeltlich zieht; dies ist im weiteren Sinne Ausdruck des Grundsatzes der „compensatio lucri cum damno“. 123 Die Anwendbarkeit des Kondiktionsrechts neben den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag ist unklar. Darauf weist zutreffend Staudinger/Emmerich, 13. Bearbeitung, § 547 Rdnr. 3, hin: „Die Konkurrenzfragen, die durch die sich vielfältig überschneidenden Anspruchsgrundlagen für Verwendungsersatzansprüche aufgeworfen werden, sind noch nicht in jeder Hinsicht befriedigend gelöst, zumal dabei stets auch sorgfältig das Problem des Schutzes des Vermieters gegen aufgedrängte Bereicherungen im Auge behalten werden muß.“ (Hervorhebung durch Verf.). Hinsichtlich des Ausgleichs einer aus der Sicht des Vermieters erwünschten Tätigkeit des eigennützig handelnden Mieters hilft die Kommentierung von Palandt/Weidenkaff, 62. Auflage, § 539 Rdnr. 8, nicht weiter: „Sind die Voraussetzungen des § 539 Abs. II nicht erfüllt, verbleiben Ansprüche aus § 683 . . . sowie § 951 I und

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

(d) Entstand der „Vorteil“ durch ein eigennütziges Handeln des Mieters, zu dem dieser kraft des Mietvertrags berechtigt war oder sich infolge eines unvermeidbaren Rechtsirrtums berechtigt glaubte, so ist eine etwaige (auf den Zeitpunkt der Vertragsbeendigung bezogene) Wertsteigerung der vermieteten Sache auf der Grundlage des §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB auszugleichen.124 Fehlt es an einer Berechtigung des Mieters, so vermag der Vermieter den bereicherungsrechtlichen Ausgleich mit dem Einwand abzuwehren, keinen Ersatz für einen Vorteil zahlen zu müssen, dessen Beseitigung er aus dem Gesichtspunkt einer Eigentumsbeeinträchtigung (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) verlangen kann. Ist der störende Vorteil nicht mehr rückgängig zu machen, so darf sich dieser Umstand nicht zu Lasten des in seinen Rechten beeinträchtigten Vermieters auswirken. Der Ersatz der getätigten Investitionen hängt in Ermangelung besonderer Parteivereinbarungen davon ab, dass der Vermieter erklärt, er hätte den geschaffenen Vorteil – bezogen auf den Zeitpunkt der Vornahme der Verwendung – zum Gegenstand eines Vertrags machen wollen. In diesem Fall hat er auf Kosten des Mieters einen Vorteil erlangt, der mit den ersparten Aufwendungen (§ 670 BGB) zu beziffern ist. Der finanzielle Ausgleich eines „aufgedrängten Vorteils“ steht hier nicht in Rede. gg) Exkurs: Der Ausgleich von Verwendungen bei nichtigem Mietvertrag Ist der Mietvertrag etwa wegen Dissenses nichtig und der Besitzer dementsprechend nicht berechtigt, die Herrschaft über die fremde Sache auszuüben, hat der Besitzer das Mietobjekt an den Eigentümer zurückzugeben (§ 985 BGB). „Störende“ Einrichtungen sind zu entfernen (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB), sofern der Besitzer nicht die Erstattung seiner Aufwendungen oder den Ausgleich einer mit der Einrichtung verbundenen Wertsteigerung des Objektes verlangen kann. Die Verpflichtung des Besitzers zur Entfernung von Einrichtungen aus dem Gesichtspunkt der Eigentumsstörung umfasst – anders als die Verbindlichkeit zur

§ 684 S 1, die auf ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 812 ff.) verweisen . . . § 684 gilt nicht bei Eigengeschäftsführung.“ 124 Irrt sich der Mieter in vorwerfbarer Weise über seine Berechtigung, kommt ein Ausgleich nur in Betracht, sofern der Vermieter die Verwendung – was vom Mieter im Streitfall darzulegen und zu beweisen ist! – gutheißt, § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung: Der Eigengeschäftsführer darf in diesem Fall nicht besser gestellt sein als der Fremdgeschäftsführer, dessen Anspruch bei restriktivem Verständnis des § 684 Satz 1 BGB (siehe dazu unten V. 2. b) ff) und gg), Seite 420 ff. und 427 ff.) ausgeschlossen ist.

1. Der Aufdrängungsschutz innerhalb bestehender Vertragsverhältnisse

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Rückgabe der Mietsache aus § 546 Abs. 1 BGB – nicht das Gebot, den ursprünglichen Zustand der überlassenen Sache wiederherzustellen.125

Der Anspruch auf Ersatz von Verwendungen gründet sich auf das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer (§§ 994, 996 BGB), die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag und das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall, gegebenenfalls i.V. m. § 292 Abs. 2 BGB). Darüber hinaus kann der gutgläubige Besitzer die Rückgabe des vermeintlichen Mietgegenstandes von solchen Verwendungen abhängig machen, die er im Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit der (zeitweisen) Gebrauchsüberlassung getätigt hat, § 818 Abs. 3 BGB.126 (a) Die Ansprüche des Besitzers/vermeintlichen Mieters nach dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis sind wesentlich davon abhängig, ob er im Zeitpunkt der Vornahme der Verwendungen gut- oder bösgläubig war. Handelte er redlich, ist der Anspruch auf Ersatz der Verwendungen kraft des § 996 BGB nach Maßgabe des § 539 Abs. 1 BGB mit der Begründung einzuschränken, der unrechtmäßige Besitzer dürfe nicht besser als der vertraglich berechtigte gestellt sein.127 Entsprechendes gilt für den bösgläubigen Besitzer hinsichtlich des Ersatzes notwendiger Verwendungen, § 994 Abs. 2 BGB. Da den vermeintlichen Vermieter keine Verpflichtung zur Mängelbeseitigung trifft, unterliegt der Anspruch des Besitzers auf Ersatz notwendiger Verwendungen nach § 994 BGB nicht den Einschränkungen des Mietrechts (§§ 536a Abs. 2 i.V. m. 536c Abs. 1 BGB).128 Hat der „Mieter“ in Kenntnis seines fehlenden Besitzrechts gehandelt, erhält er den Ersatz notwendiger Verwendungen zumindest in Höhe der Wertsteigerung der Sache ersetzt, §§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB.129

125 Zur Rechtsfolge des Beseitigungsanspruchs aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB siehe eingehend oben III. 6., Seite 191 ff. 126 Zum Ineinandergreifen von bereicherungsrechtlichen Regelungen und den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses siehe bereits oben oben Fußnote 102 des Abschnitts II. und eingehend unten V. 2. d) aa) (d) (3), Seite 562 ff. 127 Siehe dazu unten dazu eingehend unten V. 2. c) aa) (b) (2), Seite 480 ff. 128 Zur Pflicht des Vermieters, Mängel der Mietsache zu beseitigen, siehe oben Fußnote 2 dieses Abschnitts. 129 Da die Vorschrift des § 994 Abs. 2 BGB kein Tätigwerden mit Fremdgeschäftsführungswillen voraussetzt (siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. c) bb) (a) (2), Seite 490 ff. und dort insbesondere Fußnote 560), trifft den Besitzer kraft dieser Norm nicht die Pflicht, den Willen des Geschäftsherrn zu ermitteln (§ 681 Satz 1 BGB). Die Erkundigungspflicht ist freilich zu bejahen, wenn sie dem rechtmäßigen (Fremd-)Besitzer aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag auferlegt wird (beispielsweise aus § 539 Abs. 1 BGB). Dass sich die in der Vorschrift des § 994 Abs. 2 BGB enthaltene Verweisung auch auf die Bestimmung des § 684 Satz 1 BGB erstreckt, ist oben Fußnote 19 des Abschnitts III. und unten V. 2. c) aa) (a) (3), Seite 477 dargelegt.

386

V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

(b) Beruft sich der vermeintliche Mieter gegenüber dem Eigentümer darauf, durch die Vornahme von Verwendungen dessen „Geschäft“ im Sinne des § 677 BGB besorgt zu haben, weil er mit dem Bewusstsein handelte, die ihm überlassene Sache zumindest auch in dessen Interesse zu verändern, so könnte diese Einstellung die unmittelbare Anwendung der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag rechtfertigen und einen Ausgleichsanspruch des Besitzers gegen den Eigentümer aus § 683 Satz 1 oder aus § 684 Satz 1 BGB begründen. Dementsprechend könnte auch der bösgläubige (d.h. in Kenntnis seines fehlenden Besitzrechts handelnde) Besitzer seine Vermögensopfer ersetzt verlangen, sofern sein Handeln dem Interesse und Willen des Eigentümers entsprach. Begehrt der bösgläubige Besitzer einen Ausgleich für notwendige Verwendungen, muss er sich bewusst sein, dass er als Fremdgeschäftsführer leer ausgeht, wenn er den wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn/Eigentümers nicht sorgfältig ermittelt hatte (§ 681 Satz 1 BGB). Im Hinblick auf nützliche Verwendungen öffnet ihm dagegen die Geschäftsführung ohne Auftrag – im Unterschied zu den Vorschriften über das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer – das Tor zum Aufwendungsersatz (§§ 683 Satz 1, 670 BGB). Diese Feststellung rechtfertigt nicht die These, das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag verdränge das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis oder umgekehrt.130 Allerdings darf in Anbetracht des naheliegenden Eigeninteresses ein fremdnütziges Handeln des Besitzers nicht vermutet werden. Im Hinblick auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast werden Ansprüche des Besitzers gegen den Eigentümer aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag nur selten in Betracht kommen.

(c) Schließlich ist ein Anspruch des eigennützig handelnden Besitzers, dem die mangelnde Besitzberechtigung (und damit auch seine fehlende Berechtigung, auf die fremde Sache einzuwirken) bewusst war, aus dem Gesichtspunkt der angemaßten Eigengeschäftsführung (§§ 687 Abs. 2 Satz 2 i.V. m. 684 Satz 1 BGB) zu erwägen.131 Diese Berechtigung wäre daran gebunden, dass der vermeintliche Vermieter als Eigentümer von dem vermeintlichen Mieter als Geschäftsführer „das aus der Geschäftsführung Erlangte“ für sich in Anspruch nimmt, d.h. den veränderten Zustand der Mietsache als vorteilhaft akzeptiert. Der Eigentümer/Vermieter würde die Veränderung als vorteilhaft bewerten, wenn er gegenüber dem Ausgleichsverlangen des Besitzers ausdrücklich oder schlüssig im eigenen Interesse auf die Beseitigung des Zuwachses verzichtet oder die Wegnahme einer Einrichtung durch den Mieter verhindert.132 130

Zur Frage der Anspruchskonkurrenz siehe oben II. 1., Seite 25 ff. War der vermeintliche Mieter – beispielsweise aufgrund einer entsprechenden Klausel des nichtigen Vertrags – davon überzeugt, die Verwendung im eigenen Interesse vornehmen zu dürfen, bestimmt sich der Ausgleich eines Wertzuwachses als Folge einer Geschäftsbesorgung ausschließlich nach dem Kondiktionsrecht: Er handelte weder als Fremd- noch als angemaßter Eigengeschäftsführer. 131

1. Der Aufdrängungsschutz innerhalb bestehender Vertragsverhältnisse

387

Die angeführte Vorschrift des § 687 Abs. 2 BGB ist indessen nach den Buchstaben des Gesetzes auf notwendige Verwendungen nicht anzuwenden, weil der bösgläubige Besitzer deren Ersatz nach Maßgabe der §§ 994 Abs. 2, 683 Satz 1, 684 Satz 1 BGB zu verlangen vermag. Erstreckt sich die Verweisung des § 994 Abs. 2 auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht auf das Merkmal des Fremdgeschäftsführungswillens133, so ist nach diesen Vorschriften auch der bösgläubige Besitzer anspruchsberechtigt, der als angemaßter Eigengeschäftsführer die zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Sache erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat. Demgemäß ist der Anspruch des unrechtmäßigen und bösgläubigen Besitzers auf Wertersatz (§§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB) im Ausgangspunkt unabhängig von der Akzeptanz des Eigentümers zu bejahen. Die Vorschrift des § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB ist allerdings unzweifelhaft entsprechend anzuwenden, wenn der vermeintliche Mieter, der vom Mangel des Mietvertrags Kenntnis hat, nützliche Verwendungen als angemaßter Eigengeschäftsführer tätigte: Den Ersatz seiner Vermögensopfer kann er – im Gegensatz zum gutgläubigen Eigenbesitzer (§ 996 BGB) – nur bei einer Akzeptanz des Eigentümers begehren. Man wende nicht ein, die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB sei im Hinblick auf nützliche Verwendungen des bösgläubigen Besitzers zu verneinen, weil die Vorschriften der §§ 994, 996 BGB abschließende Regelungen über den Ersatz von Verwendungen des unrechtmäßigen Besitzers enthielten. Die angeführten Bestimmungen legen zwar den Ausgleich solcher Vorteile fest, die dem Eigentümer ohne oder sogar gegen seinen Willen zufallen.134 Sie treffen aber keine Regelung über den Ausgleich akzeptierter Vermögensvorteile, die auf einer Geschäftsbesorgung beruhen. Im Hinblick auf diese Vorteile wäre der Ausschluss von Ansprüchen mit dem Hinweis auf eine „abschließende Sonderregelung“ willkürlich.135 132 Siehe dazu oben II. 2. b) cc), Seite 38, III. 6. d), Seite 196 ff. und unten V. 2. b) ll) (c), Seite 458 ff. 133 Es handelt sich um eine beschränkte Rechtsgrundverweisung; siehe dazu unten V. 2. c) bb) (a) (2), Seite 490. Das Verbot der Besserstellung des unrechtmäßigen Besitzers im Verhältnis zum rechtmäßigen Besitzer wird unter V. 2. c) (aa) (b) (2), Seite 480 ff. behandelt. 134 Siehe dazu oben III. 6. b), Seite 193. 135 Insoweit zutreffend Erman/Hefermehl, 10. Auflage, Vor §§ 994–1003, Rdnr. 13: Ob ein Bereicherungsausgleich durch die Bestimmungen der §§ 994 ff. BGB schlechthin ausgeschlossen sei, beurteile „sich nach dem Zweck dieser Vorschriften, die den Eigentümer gegen eine ihm gegen seinen Willen aufgedrängte Bereicherung zu schützen . . . Der Eigentümer braucht sich vor allem von einem bösgläubigen Besitzer gegen seinen Willen keine Leistungen aufdrängen zu lassen. Anders liegt es aber, wenn der Eigentümer die ihm zugeflossenen Vorteile nicht zurückweist, sondern für sich nutzbar macht . . . Die vom Eigentümer akzeptierte und realisierte Bereicherung ist nach §§ 812 ff. ausgleichspflichtig.“ (Hervorhebungen durch Verf.). Abweichend Jakobs, AcP 167, Seite 350, 373, nach dessen Ansicht der Eigentümer gegenüber dem bösgläubigen Besitzer selbst dann nicht aus-

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

(d) Der Ausgleich für Verwendungen des vermeintlichen Mieters hängt im Wesentlichen davon ab, ob sie dem Eigentümer gelegen kommen und dementsprechend zu einer Ersparnis von Aufwendungen geführt haben oder ob sie ihm gegen seinen Willen aufgedrängt werden. Letzterenfalls bestimmt sich der Ausgleich danach, ob ein Anspruch des vermeintlichen Mieters auf der Grundlage des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses oder der Geschäftsführung ohne Auftrag scheitert: Die Wertungen dieser beiden Rechtsinstitute dürfen nicht mittels des Kondiktionsrechts „ausgehebelt“ werden.136 Mit einer anderen Wendung formuliert: Ist der Ausgleich nach den Regeln des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses und der Geschäftsführung ohne Auftrag ausgeschlossen, hat sich der betreffende Zuwachs „mit rechtlichem Grund“ im Sinne des Kondiktionsrechts vollzogen. hh) Der Aufdrängungsschutz im Bereich der Miete – dargestellt in Thesen 1. Im Recht der Miete ist der Vermieter vor dem unbeschränkten Ausgleich von Verwendungen, d.h. solchen Vermögensopfern zu schützen, die sein Vertragspartner zur Erhaltung, Wiederherstellung, ordnungsmäßiger Bewirtschaftung oder Verbesserung der Mietsache tätigt. Die „Notwendigkeit“ ist nicht nach den Anschauungen des Mieters, sondern objektiv, d.h. sachbezogen, zu beurteilen.137 2. Der Mieter hat Anspruch auf Ersatz notwendiger Verwendungen, sofern er sich nicht durch unerlaubte Selbsthilfe an die Stelle des Vermieters gesetzt hat. „Sonstige“, d.h. nicht zur Erhaltung, Wiederherstellung oder Bewirtschaftung der Sache notwendige und nicht vom Vermieter geschuldete, Verwendungen sind nach dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag auszugleichen.138 3. Mittels eines Vermögensopfers kann der Mieter „Einrichtungen“ schaffen; das sind bewegliche Sachen, die von ihm mit dem Mietobjekt verbunden wurden und dessen bestimmungsmäßigem Zweck dienen. Einrichtungen können das Ergebnis sachbezogener Verwendungen sein. Sie können gleichspflichtig ist, wenn ihm eigene Ausgaben erspart geblieben sind, weil man „andernfalls dem Unredlichen gestatten würde, dem Eigentümer eine Leistung aus seinem Vermögen gegen Entgelt aufzudrängen . . .“ Hätte der Eigentümer die betreffende Maßnahme durchführen lassen, besteht m. E. kein zureichender Grund für die Gewährung eines uneingeschränkten „Aufdrängungsschutzes“. 136 Siehe dazu – bezogen auf die unerwünschte Tilgung fremder Schulden – V. 2. b) jj) (d), Seite 448 und – bezogen auf die Verbesserung einer fremden Sache durch einen Nichtbesitzer – V. 2. d) cc) (b) (3), Seite 583. 137 Siehe oben V. 1. a), Seite 355. 138 Siehe oben V. 1. a), Seite 355.

1. Der Aufdrängungsschutz innerhalb bestehender Vertragsverhältnisse

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durch Verbindung wesentliche Bestandteile der Mietsache werden. Um den Mieter vor einem Verlust der von ihm angebrachten Einrichtungen zu schützen, hat er ein auf sie bezogenes, jederzeit wirksames Wegnahmerecht. Hat der Mieter wegen einer nützlichen Verwendung, die eine „Einrichtung“ entstehen lässt, einen geldlichen Anspruch auf Ausgleich aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag, bestehen sein Zahlungsanspruch und das Wegnahmerecht nebeneinander. Während die Zahlung des Vermieters ein wirtschaftliches Interesse des Mieters befriedigt, schützt dessen Wegnahmerecht die individuell-gegenständliche Beziehung zu der „Einrichtung“.139 4. Für nicht notwendige Verwendungen auf die Mietsache hat die gesetzliche Verweisung auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag einschneidende Folgen zu Lasten des Mieters: Über das Entstehen eines Anspruchs auf Ersatz der getätigten Aufwendungen entscheiden mangels einer dahingehenden Abrede Wille und Interesse des Vermieters.140 5. Der Ersatzanspruch des Mieters wegen einer sonstigen Verwendung auf die Mietsache aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag kommt nur in Betracht, wenn der Mieter die Verwendung nicht ausschließlich zum eigenen Nutzen, sondern auch mit dem Willen getätigt hat, sie für den Vermieter vorzunehmen. Ein solcher Fremdgeschäftsführungswille kann sich aus dem Bewusstsein des bloßen Fremdbesitzes ergeben, darf aber wegen der naheliegenden Möglichkeit eigennützigen Handelns nicht vermutet werden.141 6. Die Ansprüche des Mieters auf Ersatz sachbezogener Vermögensopfer entstehen nicht erst bei Vertragsende, sondern bereits im Zeitpunkt der Vornahme.142 Sie bestehen auch nach Beendigung des Vertrages fort. Ist ein Ersatzanspruch gegeben, so befreit er den Mieter von der Pflicht, die getätigten Verwendungen bei Vertragsende wieder entfernen zu müssen. Ist andererseits der Anspruch des Mieters auf Ersatz von Verwendungen zu verneinen, beinhaltet das Recht des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache bei Vertragsende auch die Entfernung von Einrichtungen und baulichen Änderungen. 7. Hat der Mieter die Pflicht verletzt, den Vermieter von einer beabsichtigten nützlichen oder – hält man das Geschäftsführungsrecht in diesem Fall für anwendbar – auch notwendigen Verwendung in Kenntnis zu setzen und dessen Entschließung abzuwarten (vgl. § 681 Satz 1 BGB), so ist der Ausgleich aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag 139 140 141 142

Siehe Siehe Siehe Siehe

oben oben oben oben

V. V. V. V.

1. 1. 1. 1.

a), Seite 355. a) aa), Seite 358. a) aa) (c), Seite 361. a) aa) (e), Seite 363 und V. 1. a) bb) (c), Seite 368.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

(§ 684 Satz 1 BGB) zu versagen sein, sofern der Vermieter nicht das rechtswidrige Eindringen in seine Dispositionsfreiheit nachträglich gutheißt.143 Gerade im Hinblick auf nur nützliche Investitionen wird dem Mieter in aller Regel vorzuwerfen sein, dass er den Vermieter/Geschäftsherrn nicht von seinem Vorhaben benachrichtigt und dessen Entscheidung abgewartet habe. 8. Gestattet der Vermieter dem Mieter die Vornahme einer Verwendung, so rechtfertigt dies für sich genommen nicht den Schluss, der (auch fremdnützig motivierte) Mieter handele im Interesse und mit Willen seines Vertragspartners: Hat der Mieter nicht zu erkennen gegeben, dass er auch „für den anderen Teil“ tätig werden wolle, so verzichtet der Vermieter/Eigentümer, der in Ermangelung anderer Anhaltspunkte von einem eigennützigen Handeln des Mieters ausgehen darf, für die Dauer des Mietverhältnisses lediglich auf die Ausübung seines Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruchs aus § 541 BGB bzw. aus § 1004 BGB. Dies gilt insbesondere, wenn er sein Desinteresse an den Verwendungen zum Ausdruck gebracht hat.144 Hat sich der Vermieter zur „Übernahme“ einer Einrichtung bei Vertragsende verpflichtet, bedeutet dies gleichfalls nicht, dass die Aufwendungen des Mieters seinem Interesse und Willen entsprechen. Der Vermieter hat jedoch die Werterhöhung der Mietsache zur Zeit der Vertragsbeendigung zu erstatten. Die Anerkennung der Übernahmepflicht schließt eine Aufdrängung des (zu diesem Zeitpunkt noch) erhöhten Verkehrswerts der Mietsache aus.145 9. Der Ausgleich nach § 684 Satz 1 BGB wird durch die Aufwendungen des Mieters begrenzt, auch wenn die Verwendungen den Wert der Mietsache über den Einsatz des Mieters hinaus gesteigert haben: Der Mieter darf als nichtberechtigter Geschäftsführer nicht besser als ein Auftragnehmer oder als ein berechtigter Geschäftsführer gestellt sein, der dem Interesse und Willen des Vermieters/Geschäftsherrn gerecht geworden ist und auch nur den Ersatz seiner Aufwendungen verlangen kann.146 10. Ist der Anspruch des Mieters auf das vom Vermieter „aus der Geschäftsführung Erlangte“ (§ 684 Satz 1 BGB) zu bejahen, so ist – scheidet die Herausgabe in Natur aus – die Steigerung des Ertrags- bzw. Verkehrswerts der Mietsache geldlich auszugleichen (§ 684 Satz 1 BGB). Die dem Vermieter obliegende Verbindlichkeit ist kraft der Verweisung auf die Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 684 Satz 1 BGB) veränderlich: Die Bereicherung des Vermieters besteht in dem (durch eine Geschäftsbesorgung des Mieters) bewirkten Wertzuwachs des Mietob143 144 145 146

Siehe Siehe Siehe Siehe

oben oben oben oben

V. V. V. V.

1. 1. 1. 1.

a) a) a) a)

aa) (b), Seite 360 und V. 1. a) bb) (f) (3), Seite 372. aa) (d), Seite 361. aa) (d), Seite 361. bb) (b), Seite 366.

1. Der Aufdrängungsschutz innerhalb bestehender Vertragsverhältnisse

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jekts; dieser Zuwachs unterliegt nicht nur den üblichen Marktschwankungen, sondern sinkt durch nutzungsbedingten Verschleiß wegen Alterung sogar durch bloßen Zeitablauf.147 11. Von einer Genehmigung der auch im Interesse des Vertragspartners durchgeführten Verbesserung ist auszugehen, wenn der Vermieter ausdrücklich oder schlüssig bekundet, er heiße sie nachträglich gut. Die Genehmigung kann jedoch nicht allein dem Umstand entnommen werden, dass der Vermieter den verbesserten Zustand ausnutzt, weil dieses Verhalten nicht den Schluss rechtfertigt, dass der Vermieter die Verbesserung selbst geschaffen hätte. Die Genehmigung bezieht sich ihrem Sinne nach nicht nur auf den Erfolg einer Investition, sondern auch auf die vom Mieter als Geschäftsführer vorgenommene Handlung.148 12. Investitionen des Mieters/Geschäftsführers, die weder aus dem Gesichtspunkt der berechtigten noch der unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag auszugleichen sind, bleiben während des laufenden Vertrags ohne finanziellen Ausgleich. Bei Beendigung des Vertrags ist dagegen ein Bereicherungsanspruch anzuerkennen, wenn der Vermieter im eigenen Interesse – sei es ausdrücklich, sei es schlüssig – von seinem Anspruch auf Beseitigung durch den Mieter absieht oder die Wegnahme durch den Mieter verhindert.149 Entsprechendes gilt, wenn er einräumt, die Initiative des Mieters habe ihm Aufwendungen erspart, oder wenn er nach Rückgabe der Mietsache eine vom Mieter geschaffene Einrichtung wie ein Eigentümer in Gebrauch nimmt.150 13. Tätigte der Mieter Verwendungen als angemaßter Eigengeschäftsführer, d.h. im eigenen Interesse und in Kenntnis seiner fehlenden Berechtigung, die Angelegenheiten des Vermieters zu besorgen, kann er eine eventuelle Wertsteigerung der Mietsache für sich in Anspruch nehmen, wenn der Vermieter den ihm dadurch angefallenen Vorteil akzeptiert. Der Vermieter hat in diesem Fall die vom Mieter erbrachten Aufwendungen, begrenzt auf die Wertsteigerung der Mietsache, auszugleichen. Es handelt sich hier um eine Spielart der sog. Verwendungskondiktion.151 Erklärt der Vermieter, der Eingriff des Mieters in seine Belange habe ihm Ausgaben erspart, weil er seinen Vertragspartner mit der Vornahme der Verbesserung habe beauftragen wollen, so kann der Mieter diese Ersparnis für sich in Anspruch nehmen.152 147

Siehe Siehe 149 Siehe trag – oben 150 Siehe 151 Siehe 148

oben V. 1. a) bb) (c), Seite 368. oben V. 1. a) bb) (f) (3), Seite 372. oben V. 1. a) cc), Seite 373 und – bezogen auf den nichtigen MietverV. 1. a) gg) (c), Seite 386. oben V. 1. a) dd), Seite 375. oben V. 1. a) ee) (a), Seite 376.

392

V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

14. Handelte der Mieter nicht als angemaßter Eigengeschäftsführer, weil er zur Vornahme der Verwendung berechtigt war oder infolge eines unvermeidbaren Rechtsirrtums an seine vertragliche Berechtigung glauben durfte, kommt statt des Ausgleichs kraft einer Geschäftsführung ohne Auftrag ein Ersatz auf der Grundlage des Bereicherungsrechts in Betracht. Die mietrechtliche Bestimmung über den Ersatz von Verwendungen des Mieters beinhaltet insoweit keine abschließende Sonderregelung, weil sie auf den Ersatz von Verwendungen durch den Vermieter während des laufenden Vertrags bezogen ist. Der Vermieter vermag den geldlichen Ausgleich jedoch aus dem Gesichtspunkt einer Eigentumsstörung (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) abzuwehren, wobei sich die fehlende Beseitigungsfähigkeit des störenden Zustandes nicht zu seinen Lasten auswirkt.153 15. Der kondiktionsrechtliche Anspruch des eigennützig, jedoch kraft einer Berechtigung oder in der Annahme einer Berechtigung handelnden Mieters unterscheidet sich von den Ansprüchen des fremdnützig tätigen Mieters in zwei Punkten: Zum einen setzt die Erstattung von Investitionen zugunsten des eigennützig handelnden Mieters die Ersparnis von Aufwendungen auf der Seite des Vermieters voraus. Zum anderen ist die Herausgabe eines im Zeitpunkt der Beendigung des Vertrags noch gesteigerten Verkehrs- oder Ertragswerts der Mietsache stets der Gefahr ausgesetzt, dass der Vermieter den Ausgleich aus dem Gesichtspunkt der Eigentumsstörung (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) verweigert.154 16. Gegen eine ihm aufgedrängte Bereicherung ist der Vermieter fast vollständig geschützt: Nur wenn der Vermieter im Verzug mit der Beseitigung von Mängeln der Mietsache ist, hat der Mieter unabhängig vom Willen und Interesse des Vermieters das Recht der Selbsthilfe und einen Anspruch auf Ersatz seiner Verwendungen (§ 536 Abs. 2 BGB). Die Verpflichtung des Vermieters zum Ersatz anderer als notwendiger Verwendungen während des laufenden Vertrags ist zu verneinen, sofern die unterlassene Anzeige durch den Mieter (§ 681 Satz 1 BGB) und die fehlende Einwilligung den Ausschluss des Rechts aus § 684 Satz 1 BGB nach sich ziehen. Ist der Mieter als angemaßter Eigengeschäftsführer tätig geworden, hängt der Ausgleich von Verwendungen, die den Wert des Mietobjektes noch im Zeitpunkt der Beendigung des Vertrags messbar erhöhen, von der Akzeptanz des Vorteils durch den Vermieter ab.155 In allen übrigen Gestaltungen vermag er den geldlichen Ausgleich der Wertsteigerung mit dem Einwand abzulehnen, der andere Teil schulde die Entfernung des Vorteils 152

Siehe oben V. 1. a) ee) (b) (1), Seite 379 und V. 1. a) ff) (c), Seite 383. Siehe oben V. 1. a) ee) (b), Seite 377 ff., dort insbesondere Fußnote 108. 154 Siehe oben V. 1. a) ee) (b) (4), Seite 380. 155 Siehe oben V. 1. a) ee) (a), Seite 376 und – bezogen auf den nichtigen Mietvertrag – V. 1. a) gg) (c), Seite 386. 153

1. Der Aufdrängungsschutz innerhalb bestehender Vertragsverhältnisse

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kraft der vertraglichen Rückgabepflicht (§ 546 Abs. 1 BGB) und/oder aus dem Gesichtspunkt einer Eigentumsstörung (§ 1004 BGB). b) Der Aufdrängungsschutz im Recht der Leihe Ebenso wie der Mieter (§ 539 Abs. 1 BGB) ist auch der Entleiher im Ausgangspunkt berechtigt, die ihm überlassene Sache zu erhalten; die damit verbundenen gewöhnlichen Kosten hat er freilich selbst zu tragen. Der Aufwand für andere als erhaltende Verwendungen ist nach dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag auszugleichen. Die dies bestimmende Vorschrift des § 601 BGB spielt in der Praxis eine nicht unerhebliche Rolle bei der unentgeltlichen Überlassung von Wohnraum, den der Entleiher – sei es mit, sei es ohne das Einverständnis des Verleihers/Eigentümers – umbaut oder renoviert, um die Räumlichkeiten seinen Wohnbedürfnissen anzupassen.156 Handelt es sich hierbei um Investitionen, die nicht als „gewöhnliche Kosten der Erhaltung“ zu qualifizieren sind, kann der Entleiher ihre Erstattung nur verlangen, wenn er die Maßnahmen nicht nur im eigenen, sondern zumindest überwiegend im fremden Interesse getätigt hat, wovon in aller Regel nicht auszugehen sein wird: Der Entleiher wird die entliehene Räumlichkeit zumeist im eigenen Interesse verändern oder verbessern.157 Bejaht man indessen die Fremdnützigkeit seines Handelns, so kann ein Erstattungsanspruch des Entleihers daran scheitern, dass er – was im Rahmen familiärer Bindungen häufig der Fall sein dürfte – im Zeitpunkt der Investitionen nicht die Absicht hatte, von dem Verleiher Ersatz zu verlangen (§ 685 BGB).158 Ist ein Anspruch des Entleihers für Einrichtungen, die er mit der entliehenen Sache verbunden hat, auf der Grundlage des § 601 BGB zu verneinen, so sind diese bei der Rückgabe zu entfernen, § 604 Abs. 1, gegebenenfalls auch § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB.159 Entsprechendes gilt, wenn er ein entliehenes Gebäude oder Grundstück baulich verändert hat. 156 Mit dieser Gestaltung beschäftigt sich beispielsweise das Urteil OLG Hamm, FamRZ 1997, Seite 1474; siehe dazu im Einzelnen unten V. 1. b) bb), Seite 398. 157 Siehe dazu die entsprechenden Ausführungen zum Mietrecht oben V. 1. a) aa) (c), Seite 361. 158 Die angeführte Entscheidung des OLG Hamm (Fußnote 156) vermengt die Gesichtspunkte des fremdnützigen Handelns und der fehlenden Absicht, Ersatz für die Verwendungen zu erlangen (a. a. O., Seite 1475 sub 1): „Die Ansprüche (gemeint sind die Ansprüche aus §§ 670, 683 Satz 1 BGB oder §§ 684, 812 BGB) greifen jedoch nicht durch, weil der Kläger (d.h. der Entleiher) bei Vornahme der Verwendungen nicht die Absicht hatte, von seinem Vater (d.h. dem Verleiher) dafür Ersatz zu verlangen. Nach dem erstinstanzlichen Vortrag des Klägers . . . betrachtete der Kläger sich aufgrund einer Zusage des Vaters quasi wie ein Eigentümer . . .“ 159 Vgl. dazu Palandt/Weidenkaff, 62. Auflage, § 604 Rdnr. 2.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

aa) Die Frage der Ausgleichspflicht für Verwendungen des Entleihers stellt sich typischerweise in den Fällen, in denen Eheleute in dem Haus der Eltern oder Schwiegereltern unentgeltlich eine Wohnung nutzen, die Räumlichkeiten um- oder ausbauen und die Ehe zu einem späteren Zeitpunkt scheitert. Einen so gelagerten Sachverhalt hatte der Bundesgerichtshof im Jahr 1990 zu entscheiden.160 Die Beklagte und ihr (im Zeitpunkt des Rechtsstreits verstorbener) Ehemann hatten ihrer Tochter und deren Ehemann, dem Kläger, im Jahre 1963 die in ihrem Haus belegene Erdgeschosswohnung überlassen. Zunächst hatten die Tochter und der Schwiegersohn für die Überlassung des Wohnraums ein monatliches Entgelt von 50 DM gezahlt. In den Jahren 1964 und 1965 hatte das Ehepaar die Wohnung erweitert und modernisiert. Die Mietzinszahlungen waren mit Beginn der Bauarbeiten einvernehmlich eingestellt und später nicht mehr aufgenommen worden.161 Im Jahre 1966 hatten die Beklagte und ihr Ehemann durch gemeinschaftliches Testament verfügt, dass ihre Tochter als sog. Schlusserbin dem Kläger, ihrem damaligen Schwiegersohn, ein lebenslanges Wohnrecht einräumen sollte. In den Jahren 1977 und 1978 hatte der Kläger in einem zweiten Bauabschnitt unter anderem eine Garage sowie weitere Außenanlagen errichtet und einen Teil der Decken und den Balkon renoviert. Im Februar 1982 hatte der Kläger die eheliche Wohnung verlassen und war zu einer anderen Frau gezogen; die Ehe wurde 1986 geschieden. Die Beklagte hatte mit Wirkung zum 1. September 1983 mit ihrer Tochter einen Mietvertrag über die bisherige Familienwohnung geschlossen, als monatlicher Mietzins waren 250 DM sowie die Zahlung von weiteren 150 DM für Nebenkosten vereinbart worden. Mit der Klage begehrte der Kläger wegen seiner auf das Anwesen getätigten Aufwendungen von der verklagten früheren Schwiegermutter Zahlung von rund 71.000 DM. Die durch seine Ausbaumaßnahmen eingetretene Wertsteigerung des Hausgrundstücks hat er mit 162.140,83 DM (!) beziffert und von diesem Betrag einen „fiktiven Mietabzug“ von 20.300 DM vorgenommen; der geltend gemachte Anspruch bezog sich auf die Hälfte des Restbetrags.162 160 BGHZ 111, Seite 125 (= WM 1990, Seite 1580 = NJW 1990, Seite 1789). Siehe auch BGH NJW 1985, Seite 313. 161 Das ursprünglich bestehende Mietverhältnis war in einen Leihvertrag umgewandelt worden; siehe dazu die vom Bundesgerichtshof wiedergegebenen Ausführungen des Berufungsgerichts, a. a. O., Seite 126 f. 162 Zur Ermittlung des Verkehrswertes von bebauten Grundstücken siehe Simon/ Kleiber, a. a. O., Seite 30 bis 37. Da es sich im angeführten Sachverhalt offensichtlich um ein Grundstück handelt, bei dem die Eigennutzung im Vordergrund steht, ist das sog. Sachwertverfahren anzuwenden (a. a. O., Seite 35 f. Randzeichen

1. Der Aufdrängungsschutz innerhalb bestehender Vertragsverhältnisse

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Die Bezifferung des Verkehrswertes mit einem „bis auf den Pfennig“ ausgerechneten Betrag lässt vermuten, dass der Kläger irrig die Investitionen mit der Wertsteigerung gleichgesetzt hat. Nach dem Vorbringen des Klägers berechnete sich die Werterhöhung im Ausgangspunkt mit der Vollendung der Baumaßnahmen (1. Bauabschnitt: 1964; 2. Bauabschnitt: 1978). Wegen der Abnutzung der Investitionen nahm er einen „fiktiven Mietabzug“ in Höhe von 20.300 DM vor, so dass er im Zeitpunkt der Beendigung des Leihvertrags eine Wertsteigerung von 141.840 DM (162.140, 83 DM – 20.300 DM) errechnete.

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen; dieses Urteil war vom Oberlandesgericht aufgehoben worden. Nach Ansicht des Berufungsgerichts stand dem Kläger zwar kein Anspruch auf Verwendungsersatz aus §§ 601 Abs. 2, 683 Satz 1, 670 BGB163 zu, weil er bei Vornahme der Aus- und Umbauarbeiten nicht die Absicht gehabt habe, dafür Ersatz zu verlangen, § 685 BGB.164 Der erhobene Anspruch sei aber aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung zu bejahen, § 812 Abs. 1 Satz 2, 1. Fall BGB.165 Die Beklagte habe „vorzeitig die Möglichkeit der entgeltlichen Nutzung der Wohnung durch Vermietung“ erlangt; dies sei wegen der vorzeitigen Aufhebung des Leihverhältnisses ohne rechtlichen Grund geschehen.166 Der Vorteil sei, so die Formulierung der endgültigen Entscheidung des Revisionsgerichts, durch die Zahlung einer Geldrente auszugleichen.167 Die Ausführungen des Berufungsgerichts vermögen kaum zu befriedigen, was allerdings im wesentlichen auf einen lückenhaften Vortrag der Beklagten zurückzuführen sein dürfte: (a) Zum einen unterscheidet weder die Berufungsinstanz noch der Bundesgerichtshof exakt zwischen dem Ausgleich der getätigten Investitionen einerseits und der Steigerung des Verkehrswertes der Immobilie andererseits. Dieser Unterschied scheint freilich durch das klägerische Vorbringen eingeebnet worden zu sein: Die Bezifferung des Verkehrswertes mit einem „bis auf den Pfennig“ ausgerechneten Betrag lässt, wie bereits ausgeführt, vermuten, dass der Kläger die Investitionen mit der Steigerung des Verkehrswertes gleichgesetzt und die Beklagte diesem Vorgehen nicht widersprochen hat.168 1.137 f. und eingehend Seite 253 ff.; zur Berechnung einer Alterswertminderung bei Gebäuden mit An- und Aufbauten siehe Seite 370 ff.). 163 Im Rahmen des § 601 Abs. 2 BGB sind die Voraussetzungen der §§ 677 ff. BGB zu prüfen; MünchKomm/Kollhosser, 3. Auflage, § 601 Rdnr. 6; Palandt/Weidenkaff, 62. Auflage, § 601 Rdnr. 2. 164 A. a. O., Seite 127. 165 A. a. O., Seite 127 f. 166 A. a. O., Seite 128. 167 A. a. O., Seite 131 sub 6. m. w. N. 168 Siehe dazu bereits Fußnote 162 dieses Abschnitts.

396

V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

(b) Sofern das Gericht den Ausgleich der Investitionen des Klägers in Betracht zog, schied der leihvertragliche Anspruch aus §§ 601 Abs. 2, 683 Satz 1, 670 BGB bereits deshalb aus, weil der Kläger die Arbeiten nicht „für“ seine Schwiegereltern, sondern im eigenen und im Interesse seiner damaligen Ehefrau durchgeführt hatte.169 Da er eigennützig handelte, war das Zahlungsverlangen nicht als „nachträgliche Kommerzialisierung altruistischen Handelns“ im Sinne des § 685 BGB zu bewerten.170 (c) Den Ausgleich der (hier unterstellten) Wertsteigerung der Immobilie aus dem Gesichtspunkt des nachträglichen Wegfalls des Rechtsgrundes (§ 812 Abs. 1 Satz 2, 1. Fall BGB) hätte das Gericht aus dem Gesichtspunkt der sog. Leistungskondiktion versagen müssen, weil der Kläger mit den Baumaßnahmen das Vermögen der Schwiegereltern nicht zweckgerichtet vermehrt hat: Er hatte, wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhebt, „großzügigeren und besseren Wohnraum für seine Familie“171 schaffen wollen. Die Werterhöhung des Grundstücks seiner Schwiegereltern war von 169 In diese Richtung weisen auch die Ausführungen des Bundesgerichtshofs (a. a. O., Seite 128): „Ausschlaggebendes Motiv des Klägers, die Wohnung im Anwesen der Beklagten auszubauen und zu modernisieren, war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die dabei vereinbarte Möglichkeit, die ausgebauten Räume auf unbeschränkte Dauer als Familienwohnung zu nutzen . . .“ Auf der anderen Seite heißt es in dem Urteil allerdings (WM 1990, Seite 1582 sub 5; insoweit nicht abgedruckt in der Amtlichen Sammlung): „Mit Recht hat . . . das Berufungsgericht . . . (ich ergänze: dem Vortrag der Beklagten) entnommen, daß der Kläger in der damaligen Situation als Partner des Leihvertrages nicht die Absicht gehabt habe, Ersatz für sein Investitionen zu verlangen (§§ 601 Abs. 2, 670, 685 BGB).“ 170 Die Vorschrift des § 685 BGB gewährt keinen Aufdrängungsschutz zugunsten des Geschäftsherrn, sondern verfolgt den Zweck, einen rein sittlichen Vorgang einer ihm entsprechenden vermögensrechtlichen Betrachtung zu entziehen. Siehe dazu BGHZ 38, Seite 302 bezogen auf die Frage, ob ein Sohn, der seinen Vater vor dem Angriff eines weiteren Sohnes schützt und dabei verletzt wird, einen Ersatzanspruch (§ 670 BGB) gegen den Vater aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag erwirbt. Das Gericht verneint den Anspruch (a. a. O., Seite 305) und führt in diesem Zusammenhang (Seite 304) aus: „Bei einem so nahen Verhältnis, wie es zwischen Eltern und Kindern besteht, kann die Frage aufgeworfen werden, ob die vom Sohn dem Vater geleistete Hilfe überhaupt als vermögensrechtlich bedeutsamer Vorgang angesehen werden darf mit der Folge, daß aus einer solchen durch die Kindespflicht gebotenen und veranlaßten Hilfeleistung vermögensrechtliche Ansprüche entstehen, die wie jeder andere Anspruch im Rechtsverkehr behandelt, also abgetreten, gepfändet und gerichtlich verfolgt werden können. Es könnte erwogen werden, ob es sich nicht um einen solcher vermögensrechtlichen Betrachtung entzogenen Vorgang handelt, der nur nach den Geboten der Sittlichkeit zu beurteilen ist.“ 171 A. a. O., Seite 127. Das Gericht setzt sich in der Entscheidung nicht mit dem Leistungsbegriff im Sinne des § 812 BGB auseinander, kennzeichnet den Kondiktionsanspruch des Klägers mithin auch nicht als „Leistungskondiktion“. Es behauptet allerdings, der Beklagten sei „durch die Leistungen“ des Klägers ein Vermögensvorteil zugewachsen (a. a. O., Seite 131 sub 6).

1. Der Aufdrängungsschutz innerhalb bestehender Vertragsverhältnisse

397

ihm nicht erstrebt, so dass er keine Leistung an sie als Eigentümer der Immobilie bewirkte.172 Dementsprechend war lediglich ein Ausgleich aus dem Gesichtspunkt der sog. Verwendungskondiktion zu erwägen (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall oder § 812 Abs. 1 Satz 2, 1. Fall BGB).173 Die Schwiegereltern hatten jedoch die während des laufenden Vertrags eingetretene Mehrung ihres Vermögens nicht rechtsgrundlos erlangt: Da ihre Erstattungspflicht nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 601 BGB) zu verneinen war, hatten sie den betreffenden Zuwachs „mit rechtlichem Grund“ erlangt. Bei lebensnahem Verständnis hatten der Kläger auf sein Recht zur Wegnahme (§§ 601 i.V. m. 539 Abs. 2; 951 Abs. 2 BGB)174 und die Schwiegereltern über die Beendigung des Leihvertrages hinaus im eigenen Interesse auf ihr Recht zur Beseitigung des Verwendungserfolgs (§§ 604 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) verzichtet. Die Kondiktion war mithin im Ausgangspunkt auf die im Zeitpunkt der Beendigung des Leihverhältnisses noch vorhandene Erhöhung des Ertrags-/ Verkehrswertes zu beziehen.175 Mit der Frage, ob der Wertersatzanspruch endgültig erst im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung fixiert werden konnte, hatte sich die Instanzgerichte offenbar nicht zu befassen, weil keine der Parteien einen zwischenzeitlichen Wertverfall (über den „fiktiven Mietabzug“ hinaus176) vorgetragen hatte.177 (d) Die Beklagte schuldete entgegen der Auffassung des Bundesgerichtshofs in keinem Falle die Zahlung einer „Geldrente“.178 Die Anerkennung 172 In der allgemeinen Wertung zutreffend Larenz/Canaris, a. a. O., § 68 I 2d, Seite 150. 173 Larenz/Canaris, a. a. O., § 68 I 2d, Seite 150, wendet sich gegen die Beschränkung der Kondiktion aus § 812 Abs. 1 Satz 2, 1. Fall auf Leistungsbeziehungen. Die Richtigkeit dieser These kann im vorliegenden Zusammenhang dahingestellt bleiben. 174 Zum Wegnahmerecht des Entleihers siehe Palandt/Weidenkaff, 62. Auflage, § 601 Rdnr. 3. 175 Zu demselben Ergebnis gelangt Canaris in dem von Larenz begründeten Lehrbuch des Schuldrechts (a. a. O., § 68 I 2, Seite 149), der im Hinblick auf die Durchführung der Baumaßnahmen eine gesonderte Rechtsgrundabrede bejaht. 176 In dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Sachverhalt hat der Kläger den ihm zugeflossenen Vorteil mit einem „Mietabschlag“ von 20.300 DM beziffert. 177 Dass der bereicherungsrechtliche Anspruch auf Ausgleich einer Werterhöhung, herbeigeführt durch ein Handeln des Bereicherungsgläubigers, erst im Zeitpunkt der Erhebung der Klage „fixiert“ ist, habe ich (bezogen auf den Anspruch eines Mieters) oben V. 1. a) bb) (d), Seite 368, dargelegt. 178 So aber BGH a. a. O., Seite 131 sub 6.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

einer solchen Pflicht erweckt die fehlerhafte Vorstellung, der erzielte bzw. erzielbare Mietzins stünde dem Kläger zu. Indessen war der durch den Mietzins begründete Vorteil ausschließlich der Vermieterin, d.h. der Beklagten, zugewiesen.179 Sie hatte vielmehr die ihr bei Beendigung des Leihverhältnisses zugefallenen Chancen, ausgedrückt durch die Wertsteigerung der Immobilie, auszugleichen. Eine Stundung dieses Betrags war allein aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu erwägen.180 bb) Ein ähnlich gelagerter Sachverhalt lag einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm aus dem Jahre 1996 zugrunde181: Der Vater des Klägers hatte seinem Sohn die Räumlichkeiten im Erdgeschoss seines Hauses als zukünftige Ehewohnung unentgeltlich zur Verfügung gestellt und deren Renovierung bzw. Umbau gestattet. Die Bau- und Renovierungsmaßnahmen wurden, wie es in dem Urteil heißt, „teilweise durch Handwerker, teilweise in Nachbarschaftshilfe und teilweise im Eigeneinsatz“ durchgeführt. Der Kläger hatte die Räumlichkeiten im Erdgeschoss gemeinsam mit seiner Familie zehn Jahre lang (1979 bis 1989) bewohnt. Im Juni 1989 war er mitsamt der Familie ausgezogen, nachdem es zu Unstimmigkeiten mit seinen Eltern gekommen war und sein Vater gegen ihn Klage auf Räumung der Wohnung erhoben hatte. Die Beklagte, die Mutter des Klägers, war nach dem Tode ihres Mannes kraft Erbvertrags im Jahre 1992 Eigentümerin des Grundstücks geworden. Der Kläger verlangte von ihr einen finanziellen Ausgleich für den Aus- und Umbau des Erdgeschosses in Höhe von 75.000 DM. In der Berufungsinstanz gründete er den erhobenen Anspruch in erster Linie auf ein Leihverhältnis. Das Oberlandesgericht Hamm verneinte leihvertragliche Ansprüche aus §§ 601 Abs. 2 i.V. m. 683, 684 Satz 1 BGB, weil der Kläger bei der Vornahme der Verwendungen nicht die Absicht gehabt habe, von seinem Vater Ersatz zu verlangen, § 685 BGB.182 M. E. scheiterte der leihvertragliche Ausgleich bereits an der fehlenden Absicht des Klägers, die Umbau- und Renovierungsarbeiten „für seinen Vater“ vorzunehmen. Er handelte nicht im fremden, sondern im eigenen Interesse.183 179 In Betracht kam allenfalls eine Stundung der klägerischen Forderung, gerichtet auf den Ausgleich der Erhöhung des Verkehrswertes, aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. 180 Die Vorschrift des § 242 BGB kommt ausnahmsweise als Grundlage für eine Stundung in Betracht: BGH NJW 1977, Seite 2358, 2359 sub III.; Palandt/Heinrichs, 62. Auflage, § 271 Rdnr. 12. 181 FamRZ 1997, Seite 1474. 182 A. a. O., Seite 1475 sub 1. 183 Siehe dazu oben V. 1. b), Seite 393.

1. Der Aufdrängungsschutz innerhalb bestehender Vertragsverhältnisse

399

Ein bereicherungsrechtlicher Ausgleich des Klägers aus §§ 812 Abs. 1 Satz 2, 1. Fall, 818 Abs. 2 BGB kam nach Ansicht des Gerichts zwar in Betracht, sofern die Verwendungen „in der auf die Existenz des Leihvertrages gestützten Erwartung der Dauernutzung vorgenommen worden sind und ohne diese vertragliche Absicherung nicht vorgenommen worden wären.“184 Indessen sei, wie das Gericht ausführt, ein etwaiger Anspruch „durch das mietfreie Wohnen verbraucht“. Setze man die finanziellen Aufwendungen zu der Nutzungsdauer der renovierten Wohnung in Bezug, ergebe sich im konkreten Fall, dass die anrechenbaren finanziellen Aufwendungen des Klägers während der tatsächlichen Nutzungsdauer von rund 116 Monaten „abgewohnt“ seien.185 Das Gericht verneint damit die Schlüssigkeit des klägerischen Vorbringens: Der durch die Aufwendungen begrenzte Wertersatzanspruch des Sohnes gegen seinen Vater (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2 BGB)186 setzte eine im Zeitpunkt der Erhebung der Klage187 noch messbare Erhöhung des Grundstückswertes voraus. Nach dem Vortrag des Klägers entsprach die im Zeitpunkt der Vornahme der Verwendungen eingetretene Wertsteigerung seinen Aufwendungen. Dieser (vom Gericht unterstellte) Zuwachs war allerdings durch die vom Sohn gezogenen Gebrauchsvorteile bereits im Zeitpunkt der Beendigung des Leihverhältnisses „aufgezehrt“.188 Wörtlich heißt es hierzu in dem Urteil189: „Die finanziellen Aufwendungen sind zu der Nutzungsdauer der renovierten Wohnung durch den Kl. und seine Familie in Bezug zu setzen. Der Kl. hat die Wohnung im Herbst 1979 bezogen und im Juni 1989 geräumt, also nach fast zehn Jahren. Der aktuelle, laut Mietspiegel erzielbare Mietzins wird vom Kl. mit etwa 700 DM angegeben, er räumt eine erzielbare Miete für die Wohnung im unrenovierten Zustand von 100 DM ein. In Anbetracht der Entwicklung der Mietpreise kann in entsprechender Anwendung des § 287 ZPO für die Zeit von 1979 bis 1989 von einem erzielbaren Mietzins von 500 bis 600 DM ausgegangen werden, also von einem Mittelbetrag von 550 DM, so daß der auf die Investitionen entfallende Anteil durchschnittlich 450 DM/Monat betragen würde. Der Betrag von 50.000 DM war also bereits nach einer Nut184

A. a. O., Seite 1475 sub 3a. A. a. O., Seite 1475 f. sub 3b. 186 Ein Anspruch aus § 684 Satz 1 BGB, entstanden im Zeitpunkt der Vornahme der Verwendungen, ist zu verneinen, weil der Sohn die Wohnung im eigenen Interesse ausbaute. 187 Die Erhebung der Klage fixiert den bereicherungsrechtlichen Anspruch des Kondiktionsgläubigers (siehe dazu oben V. 1. a) bb) (d), Seite 368). 188 Bei den vom Kläger gezogenen Gebrauchsvorteilen handelt es sich aus der Sicht des Vaters um „verfallene“ – und dementsprechend nicht mehr in die aktuelle Wertberechnung einzubeziehende – Chancen. 189 A. a. O., Seite 1476 sub 3b (Hervorhebungen durch Verf.). 185

400

V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

zungszeit von 111 Monaten aufgebraucht, so daß die anrechenbaren finanziellen Aufwendungen des Klägers während der tatsächlichen Nutzungsdauer von rd. 116 Monaten insgesamt abgewohnt sind.“ Der Argumentation des Gerichts ist zuzustimmen. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch war weder im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung noch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage anzuerkennen. Er schied auch auf der Grundlage des Kondiktionsrechts190 aus: Die Beklagte hatte weder eine (im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorhandene!) Wertsteigerung des Grundstücks auszugleichen noch eine Geschäftsbesorgung erlangt, die sie bzw. ihr verstorbener Mann zum Gegenstand eines Auftrags (§§ 662, 670 BGB) hätte machen wollen oder müssen.191 Der erstgenannte Vorteil – sollte er denn überhaupt eingetreten sein (sic!) – war durch die Nutzung der Wohnung seitens des Klägers aufgezehrt, der zweite war wegen des Umbaus durch die Familie des Sohnes und für deren Bedürfnisse gar nicht entstanden. cc) Im Falle der Nichtigkeit des Leihvertrags bestimmt sich der Ersatz von Verwendungen im Ausgangspunkt nach den Bestimmungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses (§§ 994, 996 BGB), der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683 Satz 1, 684 Satz 1, 687 Abs. 2 BGB) und der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall, gegebenenfalls i.V. m. § 292 Abs. 2 BGB). Unabhängig von möglichen Ansprüchen auf Verwendungsersatz kann der gutgläubige Besitzer die Rückgabe des vermeintlichen Leihobjektes (§§ 985, 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB) von dem Ausgleich solcher Opfer abhängig machen, die er im Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit der Gebrauchsüberlassung getätigt hatte, §§ 818 Abs. 3, 1000 BGB.192 (a) Die Ansprüche des Besitzers/vermeintlichen Entleihers auf der Grundlage des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses sind – nicht anders als bei der vermeintlichen Miete – wesentlich davon abhängig, ob er bei der Vornahme der Verwendungen gut- oder bösgläubig war. Sind die Voraussetzungen der Redlichkeit (§§ 994, 996 BGB) zu bejahen, ist zu erwägen, ob der Ersatzanspruch des Besitzers nach dem Recht des Leihvertrages (§ 601 190

Als Anspruchsgrundlage war – entgegen der Ansicht des OLG Hamm – nicht die Vorschrift des § 812 Abs. 1 Satz 2, 1. Fall BGB heranzuziehen, weil der Kläger das Vermögen seines Vaters nicht auf diesen bezogen zweckgerichtet vermehrt hatte. Verfolgte er gegenüber seinem Vater keinen Zweck, kam nur eine Nichtleistungskondiktion in Betracht (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB). 191 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 192 Zum Ineinandergreifen von bereicherungsrechtlichen Regelungen und den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses siehe bereits oben Fußnote 102 des Abschnitts II. sowie eingehend unten V. 2. d) aa) (d) (3), Seite 562 ff.

1. Der Aufdrängungsschutz innerhalb bestehender Vertragsverhältnisse

401

BGB) einzuschränken ist, weil der unrechtmäßige Besitzer in aller Regel nicht besser als der rechtmäßige gestellt sein darf.193 (b) Der vermeintliche Entleiher könnte darüber hinaus durch Vornahme von Verwendungen ein „Geschäft“ des Eigentümers im Sinne des § 677 BGB geführt hat, indem er auch mit dem Bewusstsein handelte, eine fremde Sache zu verändern. Diese Einstellung könnte die unmittelbare Anwendung der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag rechtfertigen und einen Ausgleichsanspruch des Besitzers gegen den Eigentümer aus § 683 Satz 1 BGB oder aus § 684 Satz 1 BGB begründen. Schließlich ist ein Anspruch des eigennützig handelnden Besitzers, der seine mangelnde Besitzberechtigung (und damit auch seine fehlende Berechtigung, auf die fremde Sache einzuwirken) kennt, aus dem Gesichtspunkt der angemaßten Eigengeschäftsführung (§§ 687 Abs. 2 Satz 2 i.V. m. 684 Satz 1 BGB) zu erwägen. Dies gilt aber nur unter der Voraussetzung einer Akzeptanz der Geschäftsführung, die sich dadurch ausdrückt, dass ihn der Verleiher als Geschäftsführer behandelt und auf die Beseitigung des geschaffenen Vorteils im eigenen Interesse verzichtet.

(c) Im Hinblick auf mögliche bereicherungsrechtliche Ansprüche des vermeintlichen Entleihers gelten die Ausführungen zum nichtigen Mietvertrag entsprechend.194 dd) Ich fasse zusammen: 1. Der Anspruch des Entleihers wegen der auf die entliehene Sache getätigten Verwendungen unterliegt noch stärkeren Einschränkungen als der entsprechende Anspruch des Mieters: Während der Mieter den Ersatz notwendiger Verwendungen stets verlangen kann, sofern nicht der Vermieter die von ihm geschuldete Beseitigung von Mängeln vorgenommen hat, bestimmt sich der Anspruch des Entleihers ausschließlich nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag.195 2. Im Hinblick auf die auftraglose Geschäftsführung gelten die Ausführungen zum Recht der Miete entsprechend: Wird der Entleiher zumindest auch für den Verleiher und im Einklang mit dessen Interesse und Willen tätig, schuldet der Verleiher den Ersatz der notwendigen Vermögensopfer (§§ 601 Abs. 2, 683 Satz 1, 670 BGB).196 Gestattet der Verleiher die Verwendung, ist hieraus nicht zu schließen, dass sie seinem Interesse und Willen entspricht; vielmehr verzichtet er für die Dauer der Gebrauchsüberlassung nur auf ihre Beseitigung (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB).197 Widerspricht die Maßnahme dem Willen des Verleihers, hat er die bei ihm eingetretene 193 194 195 196 197

Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe

dazu unten V. 2. c) aa) (b) (2), Seite 480 ff. dazu oben V. 1. a) gg), Seite 384 ff. oben V. 1. b), Seite 393. – bezogen auf die Miete – oben V. 1. a) aa), Seite 358 f. – bezogen auf die Miete – oben V. 1. a) aa) (d), Seite 361.

402

V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Bereicherung herauszugeben, sofern dem Entleiher nicht die mangelnde Unterrichtung des Verleihers vorzuwerfen ist.198 3. Darüber hinaus ist der (bezogen auf den Zeitpunkt seiner Entstehung) aufgedrängte Vorteil aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung auszugleichen, wenn der Verleiher ihn nachträglich akzeptiert, d.h. im eigenen Interesse auf seine Beseitigung verzichtet.199 Andernfalls fällt dem Verleiher der aufgedrängte Vermögenszuwachs ersatzlos zu; der Entleiher mag von seinem Wegnahmerecht (§ 601 Abs. 2 Satz 2 BGB) Gebrauch machen. 4. Ist der Entleiher nicht für den Verleiher, sondern (überwiegend) im eigenen Interesse tätig geworden, kommt allenfalls ein kondiktionsrechtlicher Ausgleich in Betracht: Im Falle der angemaßten Eigengeschäftsführung ist die Auskehr der Bereicherung von der – im Streitfalle vom Entleiher dazulegenden und zu beweisenden – Akzeptanz des Verleihers abhängig.200 Nahm der Entleiher irrtümlich an, zur Vornahme der Verwendung berechtigt zu sein, vollzieht sich der Ausgleich auf der Grundlage des § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB (sog. Verwendungskondiktion).201 Die mangelnde Beseitigungsfähigkeit wirkt sich jeweils nicht zu Lasten des unfreiwillig bereicherten Verleihers aus.202 c) Der Aufdrängungsschutz im Recht des Pachtvertrags Für die Pachtverhältnisse gilt das zur Miete Ausgeführte im Ausgangspunkt entsprechend, § 581 Abs. 2 BGB. Im Rahmen der Landpacht ist der Verpächter verpflichtet, dem Pächter die notwendigen Verwendungen zu ersetzen (§ 590b BGB); andere als notwendige Investitionen, denen der Verpächter zugestimmt hat (sic!), sind dem Pächter bei Beendigung des Pachtverhältnisses zu erstatten, soweit sie den Wert der Pachtsache über die Pachtzeit hinaus erhöhen (§§ 591 Abs. 1 und 2 BGB). Die angeführte Bestimmung des § 591 Abs. 1 und 2 BGB rechtfertigt einen Wertausgleich bereits kraft der vom Verpächter erteilten Zustimmung, die nicht nur – anders als im Mietrecht203 und im allgemeinen Pachtrecht – die Rechtswidrigkeit des Eingriffs in einen fremden Rechtskreis beseitigt, sondern auch den Ausgleichsanspruch begründet. Der Unterschied rechtfertigt sich aus dem Zweck des § 591 BGB: Dem Pächter eines landwirtschaftlichen Betriebes soll angesichts des 198

Siehe – bezogen auf die Miete – oben V. 1. a) bb) (f), Seite 370 ff. Siehe – bezogen auf die Miete – oben V. 1. a) cc), Seite 373. 200 Siehe – bezogen auf die Miete – oben V. 1. a) ee) (a), Seite 376. 201 Siehe – bezogen auf die Miete – oben V. 1. a) ee) (b), Seite 377. 202 Siehe dazu V. 1. a) ee) (b), Seite 377 insbesondere Fußnote 108; dazu auch bereits oben Fußnote 80 des Abschnitts II. 203 Siehe oben Fußnote 34 dieses Abschnitts. 199

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

403

Strukturwandels in der Landwirtschaft der Investitionsentschluss erleichtert werden. Auf der anderen Seite sollen dem Verpächter keine riskobehafteten Investitionen aufgezwungen werden. Seine Erlaubnis und ihre Ersetzung sollen den Interessenkonflikt ausgleichen.204

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen Im Bereich der gesetzlichen Schuldverhältnisse ist der Ausgleich einer „aufgedrängten Bereicherung“ in unterschiedlicher Weise geregelt. Die Vermutung liegt nahe, dass der Ersatz an besonders strenge Voraussetzungen gebunden oder gar auszuschließen ist, wenn der Zuwachs auf ein Verhalten zurückzuführen ist, das als zielgerichtetes, unbefugtes Eindringen in eine fremde Rechtssphäre zu bewerten ist. Ein Ausgleich wird, so ist weiter anzunehmen, großzügiger gewährt, wenn der Anspruchsteller irrtümlich annahm, auf eigenes Vermögen einzuwirken oder sich für befugt halten durfte, eine fremde Angelegenheit wahrzunehmen. Dies wird im folgenden zu untersuchen sein. a) Der Aufdrängungsschutz im Nießbrauch, im Pfandrecht, in der Vor-und Nacherbschaft und im Fund aa) Unabhängig von der schuldrechtlichen Grundlage der Bestellung des Nießbrauchs oder des Pfandrechts bindet den Besteller einerseits, den Nießbraucher und den Pfandgläubiger andererseits ein gesetzliches Schuldverhältnis. Ein Schuldverhältnis dieser Art entsteht auch zwischen dem Finder und dem Verlierer sowie dem Vor- und dem Nacherben. In allen genannten Schuldverhältnissen finden sich Regelungen über den Aufdrängungsschutz: Im Recht des Nießbrauchs (§ 1049 BGB), in den Vorschriften über das Pfandrecht an beweglichen Sachen (§ 1216 BGB), dem Fund (§ 970 BGB) und in den Vorschriften über die Vor- und Nacherbschaft (§ 2125 Abs. 1 BGB). bb) Während sich der Aufdrängungsschutz im Pfandrecht der Verwahrung annähert205, sind der Nießbraucher und der Vorerbe – soweit sie nicht zur Erhaltung der Sache bzw. der Erbschaft verpflichtet sind (§§ 1041, 2124 i.V. m. 2130 Abs. 1 Satz 1 BGB) – in demselben Umfang, nämlich 204

Palandt/Weidenkaff, 62. Auflage, § 591 Rdnr. 1. Den Pfandgläubiger trifft zwar eine Verwahrungs-, aber keine Erhaltungspflicht (§ 1215 BGB), er ist daher uneingeschränkt nach den Regelungen der Geschäftsführung ohne Auftrag ersatzberechtigt (§ 1216 BGB). Der Anspruch des Verwahrers auf Ersatz von Aufwendungen ist in § 693 BGB geregelt. 205

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

als Geschäftsführer ohne Auftrag, ersatzberechtigt wie der Entleiher.206 Nießbraucher, Pfandgläubiger und Vorerbe haben überdies das Recht der Wegnahme von Einrichtungen, mit denen sie die fremde bzw. zur Erbschaft gehörende Sache versehen haben (§§ 1049 Abs. 2, 1216 Satz 2, 2125 Abs. 2 BGB). Für die hiermit verbundenen Fragen gelten die Ausführungen zum Wegnahmerecht des Mieters entsprechend. cc) Der Anspruch auf Aufwendungsersatz des Finders bestimmt sich nach § 970 BGB: Der Finder kann von dem Empfangsberechtigten die den Umständen nach erforderlichen Aufwendungen ersetzt verlangen, welche er zum Zwecke der Verwahrung, der Erhaltung der Sache oder zur Ermittlung des Empfangsberechtigten gemacht hat.207 Dass der Finder den Ausgleich für notwendige Verwendungen nur insoweit beanspruchen kann, als ihre Vornahme die Verschlechterung der Sache abzuwenden geeignet ist oder aber ihrer Erhaltung in dem Zustand dient, in dem man sie in Besitz genommen hat, rechtfertigt sich aus dem beschränkten Zweck der Sachherrschaft: der Aufbewahrung des Gegenstandes für den Berechtigten. Zu Maßnahmen, die über diesen Zweck hinausreichen, sind der Finder bzw. der Verwahrer – im Gegensatz zu dem Besitzer, der die fremde Sache zu eigenen Zwecken nutzt – weder verpflichtet noch berechtigt. b) Der Aufdrängungsschutz im Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag aa) Hilfeleistung oder Einmischung – eine Einführung in das Fundament der Geschäftsführung ohne Auftrag Die ungebetene Fürsorge für fremde Vermögensinteressen oder immaterielle Güter wie die körperliche Unversehrheit ist eine zweischneidige Sache, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie in Kenntnis einer mangelnden Berechtigung oder in deren irrtümlicher Annahme getätigt wurde, lässt sie doch ein zwischenmenschliches Verhältnis entstehen, das in seinem Beginn nicht auf Gegenseitigkeit beruht und aus diesem Grunde notwendig mit dem Eindringen in einen fremden Bereich, d.h. die Rechte und die Rechtsgüter wie die erwähnte körperliche Unversehrtheit oder das Persönlichkeitsrecht eines anderen, verbunden ist. Eine nicht erbetene Hilfe kann zwar dem Empfänger in einer Lage willkommen sein, aus der er sich aus eigener 206 Zutreffend hebt Willoweit, Festschrift für Wahl, Seite 285, 286 hervor, dass die einzelnen Verweisungen auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes sind. Zum Anspruch des Nießbrauchers auf Ersatz von Verwendungen auf die ihm überlassene Sache siehe im Einzelnen Greiner, a. a. O., Seite 242 ff. sub 13. 207 Siehe dazu im Einzelnen Greiner, a. a. O., Seite 240 ff. sub 11.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Kraft nicht zu befreien vermag. Sie kann aber auch seine Abwehr gegen Bevormundung und unziemliche Neugier sowie die Befürchtung hervorrufen, den ungebetenen Helfer für seinen Einsatz entschädigen zu müssen. Die „Aufdrängung“208, von der im Zusammenhang mit der Geschäftsführung ohne Auftrag die Rede sein wird, lässt sich auf der Seite der handelnden Person als bewusste oder irrtümlich vorgenommene Förderung der Rechte und Rechtsgüter eines anderen und auf der des Empfängers als eine diesem willkommene oder unwillkommene Zuwendung beschreiben. Dementsprechend hat die sog. echte Geschäftsführung ohne Auftrag, d.h. die Übernahme einer fremden Angelegenheit mit dem Willen, für einen anderen tätig zu werden209, zwei soziale Phänomene zum Gegenstand: zum einen die freiwilliguneigennützige und aus der Sicht des betroffenen Geschäftsherrn durchaus erwünschte Tätigkeit (sog. berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag), zum anderen die unerbetene Einmischung in eine fremde Rechtssphäre (sog. unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag).210

Die Motive, die jemand veranlassen, sich für die Belange eines anderen einzusetzen, sind so vielgestaltig, wie es menschliche Handlungsweisen überhaupt sein können. Neben der Uneigennützigkeit des Wohltäters ist die berechnende Vorgehensweise desjenigen zu nennen, der danach trachtet, sich durch eine anscheinend selbstlose Zuwendung, beispielsweise die Bezahlung von Schulden, den Empfänger zu verpflichten oder ihn bloßzustellen. Dem bisweilen unschuldigen Übereifer eines Helfers steht als das andere Extrem die Person des bevormundenden und belehrenden Eindringlings gegenüber, der meint, ihn störende Unvollkommenheiten seiner Umgebung durch sein Eingreifen abstellen zu sollen. Richtet man den Blick auf die Person, der eine uneigennützige oder berechnende, eine bewusste oder irrtümliche Förderung ihrer Belange gilt, so kann deren Reaktion, der Einstellung des Handelnden vergleichbar, von zahlreichen Empfindungen geprägt sein: von Anerkennung und Dankbarkeit für erfahrene Hilfe, von einem noch zögernden Abwarten, wie sich eine von anderen getroffene Handlungsweise auswirkt, bis hin zur Ablehnung der fremden „Einmischung“. Die ablehnende bzw. abwartende Verhaltensweise kann ihren Grund auch in der Besorgnis haben, für eine erfahrene 208

In englischer bzw. französischer Ausdrucksweise „officiousness“ bzw. „immixtion dans les affaires d’autrui“. 209 Als „unechte Geschäftsführung ohne Auftrag“ bezeichne ich die Tatbestände der Eigengeschäftsführung (§ 687 BGB). Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, Vorbem zu §§ 677 ff. Rdnr. 5) lehnt diese gebräuchliche Bezeichnung ab, weil es sich um Fälle der „Nichtgeschäftsführung“ handele. Indessen stellt sich auch das Handeln des „Eigengeschäftsführers“ als – bewusstes oder unbewusstes – Eindringen in eine fremde Rechts- und Interessensphäre dar. 210 Oppermann, AcP 193, Seite 497, 500; Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 1 f.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Mehrung der eigenen Rechte oder Güter den Handelnden, sei es für seinen Aufwand, sei es für die Wertsteigerung der eigenen verbesserten Sache, bezahlen zu müssen, und so die Freiheit der wirtschaftlichen Verfügung über sie einzubüßen. In welcher Weise die bürgerliche Rechtsordnung die bewusste oder unbewusste Förderung fremder Belange belohnt oder als rechtswidrig verurteilt, ob sie den Handelnden durch die Gewährung von Rechten auf Entschädigung schützt oder seine Initiative verwirft, ja, ihn für diese schadensersatzpflichtig werden lässt, ist nicht ein für alle Mal festgelegt: Der Charakter einer Bevölkerung, die äußeren Verhältnisse, unter denen sie lebt, und die wechselvolle Geschichte der rechtlichen Institutionen gehören hier, wie auch sonst, zu den rechtsbildenden Faktoren. Das römische Recht belohnt durch Gewährung eines Ersatzes für die Aufwendungen des Helfers die Fürsorge für die Vermögensangelegenheit eines anderen, des heute sogenannten Geschäftsherrn („dominus“), während die Abwehr gegen Einmischungen Fremder aus dem quasivertraglichen Verhältnis der „negotiorum gestio“ Schadensersatzansprüche gegen den Geschäftsführer entstehen lässt; hierbei handelt es sich gewissermaßen um die von der Regel abweichende Gestaltung einer an sich willkommenen Initiative. Die bejahende Einstellung des römischen Rechts gründet sich auf die sittlichen, zum Beistand verpflichtenden Bindungen in der oberen Schicht der römischen Gesellschaft, das sogenannte „officium“.211 Diese bewähren sich in der Schwierigkeit, mit einem Abwesenden in Kontakt zu treten, und der Gefahr, dass der Abwesende im privaten Bereich und vor Gericht der Rechte verlustig geht, die er nicht zu verteidigen vermag.212 211 Darüber mehrfach Cicero, De officiis, e. g. liber secundus, 65: „Quae autem opera, non largitione beneficia dantur, haec tum in universam rem publicam tum in singulos cives conferentur. Nam in iure cavere atque hoc scientiae genere prodesse quam plurimis vehementer et ad opes augendas pertinet et ad gratiam.“ – Über das pflichtgemäße Handeln, beispielsweise Zweites Buch, Abschnitt 65: „Wohltaten aber, die nicht durch überreichliches Schenken, sondern durch eine Hingabe gegeben werden, erweist man, sei es dem Gemeinwesen, sei es den einzelnen Bürgern. Denn einem anderen vor Gericht Beistand zu leisten, durch einen Rat zu helfen, und durch ein derartiges Wissen möglichst viele tatkräftig zu unterstützen, trägt zur Mehrung des Reichtums und des Ansehens bei.“ Auf die Freundschaft (amicitia) und die Zuneigung (affectio) als Motive einer Geschäftsführung ohne Auftrag weist Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio, Seite 38, hin. 212 Dig. 3. 5. 1.: „De negotiis gestis. Ulpianus libro decimo ad edictum. Hoc edictum necessarium est, quoniam magna utilitas absentium versatur, ne indefensi rerum possessionem aut venditionem patiantur vel pignoris distractionem vel committendae actionem, vel iniuria rem suam amittant.“ – „Über die Führung fremder Geschäfte. Ulpian im zehnten Buch zum prätorischen Edikt. Dieses Edikt ist notwendig, weil es im Falle der Abwesenheit eines Bürgers eine große Hilfe bietet, dass nicht diejenigen, die sich vor Gericht nicht verteidigen können, nicht die Weg-

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Das Bürgerliche Gesetzbuch steht zwar auf der Grundlage des römischen Rechts; indessen ist die Abwehr einer unberufenen Fürsorge für fremde Belange eine in ihrem Ausmaß und ihrer Rechtfertigung noch nicht beantwortete Frage. bb) Das „fremde“ und das „eigene“ Geschäft – die Bestimmung der Begriffe (a) Als „fremdes Geschäft“ wird eine Angelegenheit bezeichnet, die einem „fremden Rechts- oder Interessenkreis“ zuzuordnen ist.213 Diese unbestimmt gefasste Formel ist zu präzisieren: Unter „eigenen Geschäften“ sind die Ausübung eigener Rechte, die Disposition über Rechtsgüter, deren Träger man selbst ist, und die Erfüllung eigener Verbindlichkeiten zu verstehen.214 Eine tatsächliche Handlung (beispielsweise die Weitergabe von Informationen) ist als eigenes Geschäft zu qualifizieren, wenn ihre Vornahme die persönlichen oder geschäftlichen Interessen der handelnden Person unmittelbar berührt.215 (1) Dementsprechend besteht die Übernahme eines „fremden Geschäfts“ in erster Linie in der Ausübung eines fremden Rechts216 oder in der Disposition über ein fremdes Rechtsgut bzw. dessen Erhaltung. nahme des Besitzes und den Verkauf ihrer Sachen hinnehmen müssen, sei es, dass es zu einem Pfandverkauf kommt, sei es zu einer Strafklage auf Schadensersatz, sei es, dass sie ihr Eigentum durch ein ihnen zugefügtes Unrecht einbüßen.“ 213 MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, § 677 Rdnr. 3; BGH NJW 2000, Seite 72 sub II 2a, jeweils m. w. N. 214 Zu den Rechten des Geschäftsherrn, die der Geschäftsführer als angemaßter Eigengeschäftsführer für sich in Anspruch zu nehmen vermag, gehören auch schuldrechtliche Befugnisse (beispielsweise solche, die aus einem Miet- oder Pachtverhältnis erwachsen), sofern sie dem Berechtigten bereits eingeräumt worden sind. Die Vereitelung eines (noch nicht erfüllten) Anspruchs ist indessen nicht als Eigengeschäftsführung zu Lasten des Anspruchsinhabers zu bewerten: Nutzt A eine Sache, deren Gebrauch der Eigentümer E einem Dritten D zwar vertraglich zugesagt, aber noch nicht eingeräumt hatte, so stellt sich das Handeln des A nicht als Anmaßung von Handlungsbefugnissen des Mieters dar. Siehe dazu Ebert, a. a. O., Seite 489 ff. 215 Die im Schrifttum vorgenommene Beschränkung der Vorschrift auf Eingriffe in fremde Vermögensrechte (Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, § 687 Rdnr. 7) ist weder durch den Zweck noch den Wortlaut des Gesetzes geboten. 216 Die Einwirkung auf eine fremde Sache ist zwar stets als Ausübung der Eigentümerbefugnisse, aber nicht als „Geschäftsbesorgung“ zu qualifizieren. Der Begriff der Geschäftsbesorgung ist nur dann zu verwenden, wenn der Eingreifer unabhängig von einer rechtsgeschäftlichen Abrede oder auf der Grundlage eines (wirksamen oder nichtigen) Auftrags tätig wird. Siehe dazu die Fußnoten 190 und 192 des Abschnitts III. Werden die fremden Befugnisse ausgeübt, um ein vom anderen Teil geschuldetes Entgelt zu erhalten, ist ein „Geschäftsbesorgungsvertrag“ i. S. d. §§ 675 ff. BGB zu

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Die Anmaßung eines fremden Geschäfts besteht in der Inanspruchnahme fremder Handlungsbefugnisse: Während der Geschäftsführer bei der vertraglichen oder auftraglosen Geschäftsbesorgung an Stelle eines anderen dessen Interessen wahrnimmt, übt er als Eigengeschäftsführer an Stelle eines anderen dessen Befugnisse aus.217

Darüber hinaus kann die Besorgung eines fremden Geschäfts darin bestehen, dass Maßnahmen zur Erhaltung eines fremden Rechts oder Rechtsgutes ergriffen werden, ohne direkt auf das gefährdete Recht oder Rechtsgut einzuwirken: Diese Sorge fällt in die Zuständigkeit des Rechtsinhabers bzw. Rechtsgutträgers. (aa) Die Überlassung des Besitzes an einer Sache beispielsweise ist Angelegenheit des Eigentümers (§ 903 BGB). Hat er einem Mieter die Sachherrschaft eingeräumt und ist dieser befugt, den Gebrauch der Sache einem Dritten zu überlassen (vgl. § 540 BGB), so führt der Hauptmieter, bezogen auf die Überlassung des Objekts, ein fremdes Geschäft, zu dessen Vornahme er allerdings berechtigt ist – eine Gestaltung, die nicht von § 687 Abs. 1 BGB umfasst wird, aber nicht anders als die sog. irrtümliche Eigengeschäftsführung nach den Regeln des Bereicherungsrechts zu beurteilen ist.218 Das will besagen, dass die vom Eigentümer erteilte Berechtigung den „rechtlichen Grund“ für das Behalten des Untermietzinses darstellt. Ist der Mieter dagegen zur Überlassung des Besitzes an einen Dritten nicht befugt und kennt er diesen Umstand, so handelt er als angemaßter Eigengeschäftsführer im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB.219 Dem Vermieter sind freilich nicht der Hauptmietzins und der Untermietzins zugewiesen, weil er für ein und dieselbe Sache keinen doppelten Mietverneinen, soweit die Einwirkung auf eine Sache keine besondere Treuepflicht des „Geschäftsbesorgers“ im Hinblick auf die Interessen des Geschäftsherrn zu begründen vermag. 217 Treffend Ebert, a. a. O., Seite 84 und 87. 218 Entsprechendes gilt für den Fall, dass ein Mieter von seinem Recht zur Untervermietung, das ihm vom Eigentümer eingeräumt wurde, Gebrauch macht, dem Untermieter aber seinerseits die Überlassung an Dritte untersagt: Überlässt der Untermieter gleichwohl das Mietobjekt einem Dritten, so handelt er im Verhältnis zum Mieter als angemaßter Eigengeschäftsführer; diesem stand die vom Eigentümer abgeleitete Befugnis über die Weitergabe des Mietobjektes an Dritte zu. Siehe im Einzelnen Ebert, a. a. O., Seite 429 ff. 219 Sehr streitig; wie hier Herschel, JuS 1968, Seite 562; Ebert, a. a. O., Seite 478 ff.; a. A. BGHZ 131, Seite 297, 306 f. m. w. N.; H.-G. Eckert, EWiR 1996, Seite 253 f. Die Vorschrift des § 687 Abs. 2 BGB sanktioniert auch Vertragsverletzungen, soweit sie sich gleichzeitig als Inanspruchnahme fremder Rechte oder Wahrnehmung fremder Interessen darstellen. Die – vertragswidrige – Ausübung eigener Rechte oder Interessen ist indessen nie als angemaßte Eigengeschäftsführung zu qualifizieren. Im Ergebnis zutreffend Ebert, a. a. O., Seite 464 ff.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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zins erzielen darf.220 Im Falle einer Parallelvermietung entfiele nämlich die Zinspflicht derjenigen Partei, die nicht in den Genuss der Sache käme (§ 326 Abs. 1 BGB). Daher kumulieren der Anspruch auf Entrichtung des Hauptmietzinses aus dem Gesichtspunkt einer vom Hauptmieter zu vertretenden Unmöglichkeit der eigenen Nutzung aus §§ 535, 326 Abs. 2 BGB und der Anspruch auf Auskehr der Untermietzinses bei unberechtigter Untervermietung aus §§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 2, 667 BGB nur bis zum Höchstbetrag des Haupt- bzw. des Untermietzinses. Dieses Ergebnis vermag auch im Hinblick auf die Stellung des Hauptmieters zu befriedigen: Für den Zeitraum des Gebrauchs des Mietobjektes durch den Untermieter vermochte er dieses nicht selbst zu nutzen, muss dafür aber auch keinen Mietzins aus seinem eigenen Vermögen an den Vermieter entrichten. Die Argumentation des Bundesgerichtshofs, dass die Untervermietung auch dann, wenn sie unberechtigt erfolgt, ein dem Mieter zugewiesenes Geschäft sei, weil sich der Vermieter der Verwertungs- oder Gebrauchsmöglichkeiten durch den Abschluss des Hauptmietvertrags entäußert habe, stellt demgegenüber auf die Überlassung des unmittelbaren Besitzes an den Mieter ab. Wäre diese Ansicht zutreffend, verbliebe ein rechtswidrig erzielter Gewinn nur deshalb beim Mieter, weil er selbst nicht ohne Besitzrecht handelt, wegen der Untervermietung jedoch dessen Grenzen überschreitet.221 (bb) Die Übernahme eines fremden Geschäftes kraft Erhaltung eines fremden Rechtsgutes ist beispielsweise im Hinblick auf die Rettung fremder Gesundheit oder fremden Lebens anzunehmen. Da die Hilfeleistung in den meisten Fällen erbeten sein wird, geht es hier freilich in aller Regel nicht um den Schutz des Geretteten vor einer ihm aufgedrängten Zuwendung.222 Der Retter greift – abgesehen von den Fällen der Selbsttötung – nicht in die freie Entschließung des Geretteten ein. 220

Insoweit zutreffend BGH a. a. O., Seite 306 sub bb zum Anspruch aus dem Gesichtspunkt der sog. Eingriffskondiktion. Unbestimmt Ebert, a. a. O., Seite 483 f. 221 Sollte der Hauptmieter die Untervermietung in der Annahme vorgenommen haben, hierzu berechtigt zu sein, kommt ein bereicherungsrechtlicher Anspruch des Vermieters aus dem Gesichtspunkt der Nichtleistungskondiktion wegen gezogener Nutzungen (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) in Betracht. Der Anspruch zielt – anders als im Falle der angemaßten Eigengeschäftsführung – nicht auf die Abschöpfung eines Gewinns, sondern lediglich auf die Bereicherung des Hauptmieters, die darin besteht, dass er – was im gerichtlichen Verfahren vom Vermieter darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen wäre – bei Einräumung der Befugnis zur Untervermietung einen höheren Mietzins hätte entrichten müssen (dazu MünchKomm/Lieb, 3. Auflage, § 812 Rdnr. 221 m. w. N.; Theuffel, JuS 1997, Seite 886; vgl. § 549 Abs. 2 Satz 2 BGB für die Wohnraummiete). 222 Die Möglichkeit einer „aufgedrängten Geschäftsführung“ erwähnen zutreffend Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 16 sub II und 130 sub V, BGH NJW 1968, Seite 1201 sub 2 sowie Lischer, a. a. O., Seite 59 sub III.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

(2) Hinter die Ausübung fremder Rechte tritt in tatsächlicher Hinsicht, weniger im Hinblick auf das dogmatische Interesse, die Erfüllung einer fremden Verbindlichkeit oder eine tatsächliche Handlung, deren Vornahme die persönliche bzw. geschäftliche Interessensphäre einer anderen Person unmittelbar berührt (beispielsweise die Verteilung von Werbeprospekten). Da sich in den angeführten Gestaltungen, insbesondere bei der Erfüllung einer fremden Verbindlichkeit, der Bezug der Handlung auf die fremde Rechts- und Interessensphäre aus der Sicht eines unbeteiligten Dritten ermitteln lässt, bezeichnet man die übernommene Angelegenheit üblicherweise als „objektiv fremdes“ Geschäft. Für die Tätigkeit in einem fremden Interessenkreis sei beispielhaft die Tätigkeit eines gewerblich handelnden „Erbensuchers“ erwähnt223: Die Ermittlung verwandtschaftlicher Beziehungen, die zu einem Verstorbenen bestanden, sind eindeutig und ausschließlich dem Interessenkreis224 der vom Nachlassgericht zur Anmeldung ihrer Rechte aufgeforderten Erben zuzuordnen. Dass der Erbensucher eine eigene Angelegenheit für sich in Anspruch nimmt, ist gleichermaßen zu verneinen: Welches Interesse des „Erbensuchers“ sollte es rechtfertigen, seine Aktivitäten als das Führen eines eigenen Geschäfts zu qualifizieren?225 Seine eigenen 223 Die hier erwähnte Gestaltung behandelt eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1999 (NJW 2000, Seite 72). 224 Der Begriff des „fremden“ Geschäft setzt nach der angeführten Definition nicht voraus, dass der Geschäftsführer in Rechte oder Rechtsgüter des Geschäftsherrn eingreift; die Wahrnehmung fremder Interessen ist ausreichend. Daher kommt es für die Qualifizierung der Tätigkeit eines Erbensuchers nicht darauf an, ob er durch sein Verhalten das/die Persönlichkeitsrecht/e des/r Erben verletzt. In diesem Punkte äußert sich der Bundesgerichtshof (a. a. O., Seite 73 sub II 2b) unklar: „Die zur Ermittlung der gesetzlichen Erbfolge erforderliche Feststellung der Verwandtschaftsverhältnisse ist nicht derart allein dem Rechts- und Interessenkreis der Verwandten des Erblassers zugewiesen, daß ein Dritter mit eigenen Nachforschungen unberechtigt (vgl. § 687 Abs. 2 BGB) in deren Persönlichkeitsrechte eingreifen würde. . . . Das gilt jedenfalls insoweit, als die Erbenermittlung nicht Einsicht in die Personenstandsbücher bedingt, die § 61 Abs. 1 Satz 3 PStG aus Datenschutzgründen von einem rechtlichen Interesse abhängig macht. Hiernach käme es darauf an, ob die bei auch-fremden Geschäften gleichfalls geltende tatsächliche Vermutung für eine Fremdgeschäftsführung im Streitfall widerlegt wäre. . . .“ (Hervorhebungen durch Verf.). Nicht überzeugend auch Gutbrod, ZEV 1994, Seite 337, 338, nach dessen Ansicht der Erbenermittler kein Geschäft der Erben führt, weil nur eine „mittelbare Beziehung“ zwischen den Parteien bestünde. 225 In der angeführten Entscheidung hält der Bundesgerichtshof die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag aus dem Gesichtspunkt der „Risikozuordnung des Privatrechts“ für unanwendbar, weil das Institut bei „denkbarer Bejahung eines Fremdgeschäftsführungswillens Ergebnisse zuließe, die weder sach- noch interessengerecht wären“ (a. a. O., Seite 73 sub II 2b; ebenso Gutbrod, ZEV 1994, Seite 337, 338 sub 2.2.3.). M. E. ist ein fremdnütziges Tätigwerden professioneller Erbensucher praktisch ausgeschlossen; die Vermutung fremdnützigen Handelns ist widerlegt. Sollte eine nicht gewerblich handelnde Person „für die Erben“, d.h. mit Fremdgeschäftsführungswillen, tätig werden, ist nicht zu ersehen, weshalb die An-

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Interessen wären nur berührt, bezweckte er die Erfüllung einer ihn treffenden rechtsgeschäftlich begründeten Verbindlichkeit; in diesem Falle wäre seine Tätigkeit im Verhältnis zu seinen (vermeintlichen) Vertragspartnern als Erledigung einer eigenen Angelegenheit zu qualifizieren.226 Fehlt es an einer derartigen Abrede, so führt der „Erbensucher“ das objektiv fremde Geschäft höchst eigennützig, nämlich um ein ihm nicht geschuldetes Honorar zu erhalten; sein Vorbringen, „für die Erben“ tätig geworden zu sein, ist nur eine vorgeschobene Rechtfertigung.227 Als angemaßter Eigengeschäftsführer vermag er einen Anspruch aus dem Gesichtspunkt der Aufwendungskondiktion (§§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB)228 nur geltend zu machen, sollten die Erben die von ihm gesammelten Informationen als das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ für sich beanspruchen (§§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 2, 667 BGB); sein Anspruch auf ein „Honorar“ wäre auf die Vermögensopfer beschränkt, welche die Erben ersparten, weil sie sich nicht persönlich um die Ermittlung ihrer Erbenstellung kümmern mussten.229

(3) Schließlich sind „objektiv neutrale“ Tätigkeiten, wie der Ankauf einer Sache, kraft des Willens des Geschäftsführers, für einen anderen zu handeln, auf dessen Interessensphäre zu beziehen (sog. subjektiv fremde Geschäfte). (b) Als „Geschäftsbesorgung“ ist die Einwirkung auf eine fremde Rechtsoder Interessensphäre zu bezeichnen, die entweder als eine nicht marktfähige Arbeitsleistung zum Gegenstand einer rechtsgeschäftlichen Abrede gemacht (§§ 662 ff. BGB) oder eigenmächtig, d.h. unabhängig von der Vereinbarung einer Handlungspflicht, vorgenommen wird (§§ 677 ff. BGB).230 Hat sich also jemand kraft Rechtsgeschäfts – zumeist um einer Gegenleistung willen – zur Vornahme einer marktfähigen Tätigkeit verpflichtet, führt er bei der Erfüllung dieser Pflicht ein eigenes Geschäft, obgleich er auf fremde Rechte231 oder Rechtsgüter232 einwirkt oder sein Handeln fremden persönlichen bzw. geschäftlichen Interessen unmittelbar förderlich ist.233 wendung der Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag „sach- und interessewidrige“ Ergebnisse zur Folge hätte. Die Ausführungen des Gerichts sind daher nichts als als leere Worthülsen. 226 Zu dieser Gestaltung sogleich im Text. 227 Zutreffend der Bundesgerichtshof in einem Urteil aus dem Jahre 1990 (BGHR BGB § 677 Erbensucher 1). 228 Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. b) ll) (c), Seite 458 ff. 229 Hierzu zählen beispielweise Fahrtkosten zum Standesamt! 230 Siehe dazu eingehend oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 231 Man denke etwa an die Reparatur einer fremden Sache durch einen Werkunternehmer. 232 Die Einwirkung auf ein fremdes Rechtsgut ist beispielsweise mit der „Vermarktung“ eines fremden Persönlichkeitsrechts verbunden.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

cc) Die Schadloshaltung des Geschäftsführers bei Rücksichtnahme auf den Willen des Geschäftsherrn Ist der Geschäftsführer mit Rücksicht auf den wirklichen oder mutmaßlichen Willen und im Interesse des Geschäftsherrn tätig geworden, so kann er die Erstattung seiner Aufwendungen, d.h. den Ausgleich der von ihm freiwillig erbrachten Vermögensopfer, verlangen (§ 683 Satz 1 BGB).234 In dieser Gestaltung stellt sich sein Wirken nicht als unerwünschte Einmischung in fremde Belange, sondern als Akt der „Menschenhilfe“ dar235, so dass er sich bei dem Geschäftsherrn für diese Opfer schadlos zu halten vermag.236 Begründet er gegenüber einem Dritten eine Verbindlichkeit und entspricht dies dem Willen und dem Interesse des Geschäftsherrn, etwa weil diesem an professioneller Arbeit gelegen ist, trifft den Geschäftsherrn die Pflicht zur Freistellung (§ 257 BGB). Entspricht die Übernahme der Angelegenheit durch den Geschäftsführer dem Willen des Geschäftsherrn, so ist das entgegenstehende objektive Interesse irrelevant: Der Wille der Geschäftsherrn geht dem („wohlverstandenen“) Interesse vor, weil es dem Geschäftsherrn überlassen bleiben muss, ob und wie er seine Angelegenheiten regelt.237 Die Übereinstimmung der Geschäftsführung mit dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn bedeutet, dass dieser das fremdnützige Tätigwerden des Geschäftsführers unter Berücksichtigung der erforderlichen Aufwendungen gebilligt hätte, wäre er im Augenblick der Übernahme („ex ante“) befragt worden.238 233 Bei nichtiger Vereinbarung ist die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung zu erwägen; die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag sind nicht anzuwenden (sehr str.; a. A. BGHZ 37, Seite 258, 262; 101, Seite 393, 399 m. w. N.; siehe zum Ganzen Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 677 Rdnr. 11 m. w. N.). 234 Zur Ersatzfähigkeit sog. risikotypischer Begleitschäden aus § 683 Satz 1 BGB siehe MünchKomm/Seiler, 3. Auflage 1997, § 683 Rdnr. 18 ff. 235 Die Regeln über der Geschäftsführung ohne Auftrag sind in erster Linie auf das soziale Phänomen freiwillig-uneigennützigen Handelns („Menschenhilfe“) zugeschnitten. Grundlegend Josef Kohler, JherJb 25 (1887), Seite 1, 42 ff.; Mellulis, a. a. O., Seite 3, ablehnend Wollschläger, a. a. O., Seite 38 ff. 236 Willoweit, Festschrift für Wahl, Seite 285, 294, weist allerdings zutreffend darauf hin, dass es auch im Rahmen des § 683 BGB ein Problem der Aufdrängung gibt: Entspreche ein Handeln dem objektiven Interesse und dem mutmaßlichen (d.h. dem nicht geäußerten und von dem Geschäftsführer nicht zu ermittelnden) Willen des Geschäftsherrn, so müsse dieser auch dann Aufwendungsersatz leisten, wenn er – ohne sich geäußert zu haben – die Geschäftsführung in Wirklichkeit ablehne. Ebenso verhält es sich, wenn der entgegenstehende Wille des Geschäftsherrn rechtlich unerheblich ist (§ 679 BGB). 237 Zutreffend Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, Vorbem zu §§ 677 ff. Rdnr. 49, Einsele, JuS 1998, Seite 401, 402 sub II.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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(a) Freilich begründet der Anspruch des Geschäftsführers auf Ersatz seiner Vermögensopfer (§ 670 BGB) keinen Ausgleich für eine in Geldwert auszudrückende „Bereicherung“ des Geschäftsherrn; er zielt vielmehr auf die Schadloshaltung desjenigen, der sich selbstlos als „Hüter fremder Interessen“ betätigt hat.239 Sein Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen aus § 670 BGB bezweckt nicht die Abschöpfung eines dem anderen Teil zugefallenen Vorteils, sondern den Ausgleich einer Vermögenseinbuße. Damit wird nicht behauptet, dass die Tätigkeit des Geschäftsführers keinen – bereicherungsrechtlich relevanten – Vorteil des Geschäftsherrn zu begründen vermag. Ein solcher Vorteil ist zu bejahen, wenn der Geschäftsherr bekundet, er hätte – wäre der Geschäftsführer nicht eigenmächtig tätig geworden – diesen mit der Übernahme der Angelegenheit beauftragt (§ 662 BGB), so dass ihm die Begründung einer Verbindlichkeit, gerichtet auf Aufwendungsersatz (§ 670 BGB) des Geschäftsführers, erspart geblieben ist (§ 818 Abs. 2, 1. Fall BGB).240 Diese Anspruchsgrundlage ist zu erwägen, sollte der Geschäftsführer auf der Grundlage eines (beispielsweise wegen Dissenses) nichtigen Auftrags tätig geworden sein; der Wert der (nicht marktfähigen) Tätigkeit ist hier mit den Aufwendungen zu beziffern, deren Ausgleich der Auftraggeber bei Wirksamkeit der Abrede geschuldet hätte (§ 670 BGB). War dem Auftragnehmer der Mangel des rechtlichen Grundes bewusst, scheidet eine Ersatzpflicht aus dem Gesichtspunkt der Bereicherung allerdings aus (§ 814 BGB). Zu erwägen ist hier eine Verbindlichkeit des Auftraggebers aus § 683 Satz 1 BGB, sofern das nicht geschuldete Handeln seinem Interesse und Willen entsprach und eine fremdnützige (nicht marktfähige)

238 Insoweit zutreffend Gursky, AcP 185, Seite 13, 27, bei dem es hierzu heißt: „Insofern war die vielgeschmähte Quasikontraktstheorie der gemeinrechtlichen Spezialliteratur . . . durchaus im Recht, wenn sie in dem präsumtiven Konsensus, dem ,materiellen nichtvertraglichen Zusammentritt der beiderseitigen voluntas‘, den tieferen Rechtsgrund der negotiorum gestio sah.“ Die echte berechtigte Geschäfstführung ohne Auftrag setzt freilich nicht voraus, dass der Geschäftsherr den Geschäftsführer, wäre er befragt worden, mit der in Rede stehenden Tätigkeit beauftragt (§ 662 BGB) hätte und dementsprechend Aufwendungen erspart hat. Siehe dazu sogleich im Text. 239 Zur Schadloshaltungsfunktion Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 1 sowie – bereits den Begriff treffend – Hagenbüchli, a. a. O., Seite 73 und 75 m. w. N. Siehe dazu bereits oben Fußnoten 233 des Abschnitts III. und 51 dieses Abschnitts. Der Wille, „für einen anderen“ tätig zu werden, ist zu verneinen, wenn der „Geschäftsführer“ mit dem Ziel handelt, den „Geschäftsherrn“ zum Abschluss einer Entgeltvereinbarung zu bewegen: Das Handeln des „Geschäftsführers“ ist hier nicht selbstlos, sondern eigennützig motiviert (unklar BGH NJW 2000, Seite 72, 73 sub II 2b; zutreffend dagegen die Berufungsinstanz, a. a. O., Seite 72 sub I). 240 Im Ausgangspunkt ähnlich Melullis, a. a. O., Seite 63 f., der die „Ausführungshandlung“ des Geschäftsführers als bereicherungsrechtlich relevanten Vorteil auf der Seite des Geschäftsherrn qualifiziert. Nach Ansicht von Mellulis soll dieser Vorteil freilich aus dem Gesichtspunkt einer ersparten „Gegenleistung“ kraft der Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB) abgeschöpft werden können (a. a. O., Seite 66).

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Tätigkeit des Auftragnehmers zu bejahen ist: Der erwünschte Einsatz für fremde Interessen soll für den Geschäftsführers keine Einbußen zur Folge haben.

Der vom Geschäftsführer geschaffene Erfolg ist dem Geschäftsherrn zugewiesen, §§ 681 Satz 2, 667 BGB.241 Stand die Tätigkeit des Geschäftsführers im Einklang mit dem Interesse und Willen des Geschäftsherrn, so kann keine Rede davon sein, dass dem Geschäftsherrn das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ aufgedrängt wird. Eine Ausnahme ist freilich anzuerkennen, wenn ihm der Erfolg der Geschäftsführung gewissermaßen „automatisch“ zugefallen ist und sein wirklicher, aber unmaßgeblicher Wille (§ 679 BGB) der Übernahme der Geschäftsführung zuwiderlief.242 Auch hier geht es freilich nicht um die Abschöpfung einer bei dem Geschäftsherrn eingetretenen „Bereicherung“, sondern um den Ausgleich eines Nachteils auf der Seite des Geschäftsführers. Als Beispiel sei die Rettung einer Person angeführt, die aus dem Leben scheiden wollte: Sie vermag einen Ausgleichsanspruch des Retters nicht mit der Begründung abzuwehren, sie hänge nicht an ihrem Leben und habe daher nicht gerettet werden wollen.243 Der Retter kann im Ausgangspunkt die Erstattung seiner Aufwendungen nach §§ 670, 683 Satz 1 BGB verlangen.244

(b) Fraglich ist, ob der Geschäftsführer für den Einsatz der eigenen Arbeitskraft einen Ausgleich nach §§ 683 Satz 1, 670 BGB zu verlangen vermag. Dies ist zu erwägen, wenn der Geschäftsführer – hätte er anstelle der Eigenleistung einen Dritten mit der Arbeit beauftragt – von dem Geschäftsherrn die Freistellung von dieser Verbindlichkeit hätte verlangen können (§ 257 BGB): Aus der Sicht des Geschäftsherrn stellt sich der Einsatz der Arbeitskraft des Geschäftsführers als zufälliger Umstand dar, der ihn, den Geschäftsherrn, nicht zu entlasten vermag.245 Die Befreiung des Geschäfts241 Sog. Korrelat der Schadloshaltung; siehe Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 1 m. w. N. Das Ergebnis der Geschäftsführungstätigkeit gebührt dem Geschäftsherrn – anders als im Falle der sog unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag – auch bereicherungsrechtlich (vgl. § 684 Satz 1 BGB; siehe dazu noch unten V. 2. d) cc) (b) (3), Seite 583 ff.). 242 Siehe dazu bereits Fußnote 236 dieses Abschnitts. 243 Von einer „aufgedrängten“ Geschäftsführung kann freilich nicht gesprochen werden, wenn eine „Rettungsaktion“ dem wirklichen Willen und Interesse des Geschäftsherrn zuwiderläuft, weil trotz entsprechender Indizien keine Gefahr für Leib oder Leben bestand: In diesem Falle hat der Geschäftsherr keinerlei „Vorteile“ erlangt, die eine Ausgleichspflicht rechtfertigen könnten. Siehe dazu Stoll, Festgabe für Weitnauer, Seite 411 f. Mit dem angeführten Beispiel beschäftigt sich – bezogen auf das österreichische Recht – Meissel, a. a. O., Seite 102. Eine vergleichbare „Rettungsaktion“ liegt einer schweizerischen Entscheidung aus dem Jahre 1948 zugrunde (Schweiz. JZ 46, Seite 208 ff.). Siehe auch dazu Stoll, a. a. O., Seite 415. 244 Siehe dazu bereits oben III. 1. a), Seite 79. 245 Siehe dazu – bezogen auf die Verwendungen eines Besitzers – unten V. 2. c) aa) (c), Seite 484 ff.; zu der Frage, ob eine erbrachte Arbeitsleistung (nicht die

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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führers von einer Verbindlichkeit schuldet der Geschäftsherr aus §§ 683 Satz 1, 670 BGB freilich nur, wenn sie „objektiv erforderlich“ war. Dies ist anzunehmen, wenn bei objektiv-wirtschaftlicher Betrachtung und ohne Rücksicht auf besondere Fähigkeiten des Geschäftsführers (sic!), eine professionelle Erledigung der Angelegenheit geboten war und in der konkreten Situation eine Delegation auch möglich gewesen wäre.246 Ist in einer solchen Gestaltung der Geschäftsführer selbst tätig geworden, so sind seine Bemühungen in dem Umfang zu vergüten, in dem auch ein vom Geschäftsführer „beauftragter“ Dritter die Zahlung eines Entgelts hätte verlangen können; gegebenenfalls ist wegen fehlender Gewährleistungsrechte des Geschäftsherrn ein Abschlag vorzunehmen. Insoweit ist die Anerkennung einer Verpflichtung zur Zahlung des „üblichen oder angemessenen Entgelts“247 deutlich einzuschränken. Die generelle Vergütung der Arbeitsleistung des Geschäftsführers ist indessen abzulehnen: Das Gesetz hat den Auftrag gerade nicht als gegenseitigen Vertrag konzipiert. Auf diese Weise verneint es den Marktwert des bloßen Tätigwerdens des Geschäftsführers.

Im Schrifttum wird freilich befürchtet, dass die hier vorgestellte Sichtweise den altruistischen Charakter der Geschäftsführung ohne Auftrag gefährde.248 Arbeitskraft als solche) als „Vermögensopfer“ zu bewerten ist, siehe oben III. 2. h) bb) und cc), Seite 129 ff., dort insbesondere Fußnoten 190 und 196. 246 Die Pflicht zur Vergütung der vom Geschäftsführer erbrachten Arbeitsleistung ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass der Geschäftsherr eine andere Person mit der Angelegenheit hätte betrauen wollen und entsprechende Ausgaben hätte tätigen müssen (so aber Mellulis, a. a. O., Seite 10 m. w. N.): Hätte der Geschäftsherr eine andere Person mit der Aufgabe betrauen wollen, so bedeutete es einen nicht hinzunehmenden Eingriff in die Privatautonomie, setzte man an die Stelle des in Aussicht genommenen Vertragspartners den Geschäftsführer. 247 In diesem Sinne MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, § 683 Rdnr. 24 f. m. w. N. Abweichend H. Köhler, JZ 1985, Seite 359, der darauf abstellt, was Geschäftsherr und Geschäftsführer wohl vereinbart hätten, wenn ein Vertragsschluss möglich gewesen wäre (a. a. O., 363 sub 2. c.): Köhler fingiert eine Verhandlungssituation unabhängig davon, ob der Geschäftsherr den Geschäftsführer als Vertragspartner gewählt hätte. 248 Vor einer „Kommerzialisierung der Geschäftsführung ohne Auftrag“ warnt Schubert, JR 1996, Seite 457, 458 sub III. Diese Gefahr soll allerdings nach verbreiteter Ansicht (Wollschläger, a. a. O., Seite 311 ff. m. w. N.; Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 28) zurücktreten, wenn der Geschäftsführer eine zu seinem Beruf gehörende Tätigkeit übernommen hat. In diesem Zusammenhang heißt es bei Wittmann (a. a. O.): „Die Versagung eines Vergütungsanspruchs wäre mit dem Gedanken der Anknüpfung des Rechtsinstituts der Geschäftsführung ohne Auftrag an das soziale Phänomen freiwillig-uneigennütziger Wahrnehmung fremder Interessen unvereinbar. Die Uneigennützigkeit erschöpft sich, wenn es sich um eine in den Beruf des Geschäftsführers einschlagende Tätigkeit handelt . . .“ Eine vordringende An-

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

dd) Die Abschöpfung aufgedrängter Vorteile durch den Geschäftsführer Hat der Geschäftsführer den Willen des Geschäftsherrn verkannt, ist ihm der Ersatz seiner Aufwendungen zwar versagt. Er ist aber berechtigt, den bei dem Geschäftsherrn eingetretenen Vermögenszuwachs (das „aus der Geschäftsführung Erlangte“, d.h. das Ergebnis der Geschäftsbesorgung249) nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung zu beanspruchen, § 684 Satz 1 BGB.250 Dem Geschäftsherrn ist mithin die Pflicht auferlegt, einen ihm unwillkommenen Vermögenszuwachs an den Geschäftsführer herauszugeben oder – sollte ihm dies nicht möglich sein – dafür Wertersatz zu leisten (§ 818 Abs. 2, 1. Fall BGB). (a) Die einsichtige Regelung des § 684 Satz 1 BGB ist nicht mit der Tatsache in Einklang zu bringen, dass dem Geschäftsherrn im Falle der unberechtigten Geschäftsführung ebenfalls ein Anspruch auf das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ zustehen soll, und zwar entweder kraft der entsprechenden Anwendung des Auftragsrechts (§§ 667, 681 Satz 2, 677 BGB)251 oder – hält man mit einem Teil des Schrifttums die Bestimmung des § 681 Satz 2 BGB nur bei einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag für anwendbar – aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung.252 Teile des Schrifttums räumen dem Anspruch des Geschäftsherrn auf Herausgabe des Erlangten aus §§ 667, 681 Satz 2, 677 BGB den Vorrang ein und deuten den Anspruch des unberechtigten Geschäftsführers aus § 684 Satz 1 BGB in einen Aufwendungsersatzanspruch um, der jedoch im Gegensatz zur berechtigten Geschäftsführung dem Umfang nach auf das sicht will die Begrenzung der Vergütung auf berufsbezogene Tätigkeiten nicht mehr gelten lassen: MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, § 683 Rdnr. 24 m. w. N. Allen genannten Autoren ist vorzuwerfen, dass sie die Arbeitsleistung des Geschäftsführers als marktfähiges Gut bewerten. 249 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 250 Die Qualifizierung der Vorschrift als Rechtsgrund- oder Rechtsfolgenverweisung ist ohne praktische Bedeutung (siehe oben V. 1. a) bb) (a), Seite 365 f.). Abweichend von den Vorstellungen der Gesetzesverfasser (Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 2, Recht der Schuldverhältnisse, Seite 484 zu § 758 des ersten Entwurfs) ist die Bereicherung allerdings nicht nach den Grundsätzen über die sog. condictio ob rem (§ 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Fall BGB), sondern der Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB) herauszugeben: Zwischen dem Geschäftsherrn und dem Geschäftsführer wird kein Zweck vereinbart, der durch den Geschäftsführer verfehlt werden könnte (zum Erfordernis einer „Willenseinigung“ im Rahmen der condictio ob rem siehe MünchKomm/Lieb, 3. Auflage, § 812 Rdnr. 162 bis 164). 251 In diesem Sinne MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, § 681 Rdnr. 2 und 3; Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 684 Rdnr. 1. 252 Fikentscher, Schuldrecht, 9. Auflage, Rdz. 943, 947 und 948.

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durch den Geschäftsherrn Erlangte beschränkt sei.253 Gegen diese Betrachtungsweise ist einzuwenden, dass durch die Annäherung der Rechtsfolgen die Unterschiede zwischen der berechtigten und unberechtigten Geschäftsführung verwischt werden: Der Geschäftsführer hätte in jedem Falle das Recht, Ersatz seiner Auslagen zu fordern. Dementsprechend wäre § 684 Satz 2 BGB praktisch häufig überflüssig, da sich der Geschäftsherr nicht entschließen müsste, die Geschäftsführung zu genehmigen. Die Vorschrift des § 684 Satz 1 BGB ist mithin wörtlich zu verstehen: Dem Geschäftsführer, nicht aber dem Geschäftsherrn steht das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ zu.254 (b) Die angeführte Bestimmung ist zum einen Ausdruck der Abwehr einer unerwünschten Einmischung: Der Geschäftsführer kann nicht den Ersatz seiner Opfer für ein gutgeheißenes Handeln, sondern lediglich das Ergebnis der dem Geschäftsherrn nicht genehmen Geschäftsführung beanspruchen.255 Zum anderen wird sie dem Interesse des Geschäftsführers an einem geldlichen Ausgleich gerecht, sofern „das Erlangte“ nicht in Natur ausgekehrt werden kann (§§ 684 Satz 1, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB). Diese Zahlungsverpflichtung entsteht beispielsweise, wenn der Verkehrswert einer dem Geschäftsherrn gehörenden Sache erhöht worden ist und der Zuwachs nicht durch die Entfernung der eingefügten Bestandteile etc. rückgängig gemacht werden kann. (c) Bei dem „aus der Geschäftsführung Erlangten“ handelt es sich um einen Vorteil, dessen geldliche Bewertung – lässt man die unerbetene Tilgung einer Verbindlichkeit des Geschäftsherrn durch den Geschäftsführer außer Acht256 – davon abhängt, ob ein beliebiger Dritter für seinen Erwerb 253 Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 684 Rdnr. 1; ebenfalls für die Anerkennung einer Aufwendungskondiktion: Fikentscher, Schuldrecht, 9. Auflage, Rdnr. 943; Mellulis, a. a. O., Seite 6; dagegen MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, § 684 Rdnr. 9 (abweichend aber in Rdnr. 2). 254 In diese Richtung deuten die Ausführungen von MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, § 684 Rdnr. 9: Es sei zu prüfen, „ob die Aufwendungen eine Vermögensmehrung beim Geschäftsherrn bewirkt haben. Dieser Zuwachs ist nach den Maßstäben des § 818 herauszugeben. Bei – wie häufig – Unmöglichkeit der Herausgabe ist also Wertersatz in Höhe der noch bestehenden Bereicherung zu leisten.“ (Hervorhebungen teilweise durch Verf.). Siehe dazu bereits oben V. 1. a) bb) (a), Seite 365. Im Falle der Wertersatzpflicht des Geschäftsherrn wegen der objektiven Verbesserung seines Eigentums sollte nicht – wie üblich – der Begriff „Aufwendungskondiktion“ gebraucht werden, weil der Begriff der „Aufwendung“ die irrige Vorstellung nahelegt, es gehe im Rahmen des § 684 Satz 1 BGB um den Ausgleich eines Vermögensopfers des Geschäftsführers. Vorzugswürdig erscheint mir die Bezeichnung „Verwendungskondiktion“, weil der Begriff „Verwendung“ hier auf den abzuschöpfenden Zuwachs im Vermögen des Geschäftsherrn weist. 255 Zur sog. Abwehrfunktion des Geschäftsführungsrechts siehe Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 2.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

ein (anteiliges) Entgelt zu entrichten bereit wäre. Die „Chance der Veräußerung“ legt den Wert der auf das Ergebnis der Geschäftsführung zu beziehenden Bereicherung fest. Besteht sie nicht, wie beispielsweise im Hinblick auf Informationen über die Erbenstellung des Geschäftsherrn, scheidet eine Verpflichtung zum Wertersatz (§ 684 Satz 1 BGB) von vornherein aus.257 (d) Die Verpflichtung, das aus der Geschäftsführung Erlangte an den Geschäftsführer herauszugeben oder seinen Wert auszugleichen, gewährleistet, dass ein im Vermögen des Geschäftsherrn eingetretener Zuwachs an den Geschäftsführer zurückfließt. Als Beispiel sei der Fall angeführt, dass jemand in Abwesenheit des Eigentümers das durch einen Sturm beschädigte Dach eines Schuppens reparieren lässt, der sich auf einem Kleingartengrundstück befindet. Dies geschieht, um das Eindringen von Regenwasser in den Schuppen zu verhindern und dessen Benutzbarkeit zu sichern. Stellt sich nach der Rückkehr des Eigentümers heraus, dass er den Schuppen abreißen und an seiner Stelle einen Pavillon errichten wollte, hat er die durch die Dachreparatur eingetretene Wertsteigerung des Grundstücks (nicht den finanziellen Aufwand des Geschäftsführers) zu ersetzen (§§ 684 Satz 1, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB).

Übersteigt der Wert einer Sachveränderung, allgemein gesagt das auf der Seite des Eigentümers „aus der Geschäftsführung Erlangte“, die Aufwendungen des Geschäftsführers, so ist dessen Anspruch freilich auf die Vermögensopfer zu begrenzen: Der unberechtigte Geschäftsführer soll im Ergebnis nicht besser als derjenige gestellt sein, der sich in Übereinstimmung mit dem Willen des Geschäftsherrn betätigt hat.258 Deutet man die Vorschrift als sog. Rechtsgrund- oder Rechtsvoraussetzungsverweisung259, ergibt sich diese Beschränkung unmittelbar aus dem Kondiktionsrecht: Die Wertsteigerung ist nach §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB nur im Umfang der Aufwendungen „auf Kosten“ des Geschäftsführers bzw. – um die gängige kondiktionsrechtliche Terminologie zu verwenden260 – „im Widerspruch zum Zuweisungsgehalt der von der 256 Der Wert der Befreiung des Schuldners ist – die uneingeschränkte Durchsetzbarkeit der gegen ihn gerichteten Forderung vorausgesetzt – im Ausgangspunkt mit dem Nominalwert der Verbindlichkeit festzusetzen (siehe oben III. 2. b) bb) (a), Seite 90). Zur aufgedrängten Befreiung von Verbindlichkeiten siehe oben III. 2. i) cc) (a), Seite 145 und unten V. 2. d) dd), Seite 586 ff. 257 Im Ergebnis zutreffend – bezogen auf die im Text erwähnte Gestaltung, dass ein professioneller „Erbensucher“ von dem ermittelten Erben einen Ausgleich für seine eigenmächtige Tätigkeit begehrt – BGH NJW 2000, Seite 72. 258 Ebenso Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, § 684 Rdnr. 1; Manfred Wolf, JZ 1966, Seite 467, 470; a. A. Verse, a. a. O., Seite 47. Abweichend auch Schildt, JuS 1995, Seite 953, 958 mit der Bemerkung, dass der Anspruch aus § 684 Satz 1 BGB „nicht in jedem Fall“ weiter reiche als der aus §§ 670, 683 Satz 1 BGB. 259 MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, § 684 Rdnr. 4 m. w. N.; Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 812 Rdnr. 46.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Rechtsordnung geschützten Vermögenssphäre“ erlangt, weil die Geschäftsführung ohne Auftrag einen Eingriff in eine fremde Rechts-und Vermögenssphäre darstellt, der für den Geschäftsführer im günstigsten Fall (!) den Ersatz seiner Aufwendungen zur Folge hat.261 Verneint man demgegenüber die Beschränkung des Anspruchs des Geschäftsführers aus § 684 Satz 1 BGB auf die getätigten Aufwendungen, so ist dem Geschäftsherrn anzuraten, die (an sich unerwünschte) Geschäftsführung zu genehmigen, um auf diese Weise nur die (objektiv angemessenen) Vermögensopfer des Geschäftsführers erstatten zu müssen, §§ 684 Satz 2, 683 Satz 1 BGB. ee) Der Ausschluss des Rechts des Geschäftsherrn auf Beseitigung des „Vorteils“ kraft der Ausgleichspflicht des § 684 Satz 1 BGB Hat der Geschäftsführer eine fremde Sache mit Bestandteilen oder Zubehör versehen, so kann der Eigentümer/Geschäftsherr als derjenige, der das aus der Geschäftsführung Erlangte herauszugeben bzw. dafür Wertersatz zu leisten hat, seinerseits vom Geschäftsführer nicht die Beseitigung des Vorteils aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen: Da der Anspruch des Geschäftsführers aus § 684 Satz 1 BGB voraussetzt, dass die Übernahme der fremden Angelegenheit mit dem Interesse und/oder dem Willen des Geschäftsherrn nicht im Einklang stand, wäre es widerprüchlich, könnte der Geschäftsherr die Pflicht zur Herausgabe bzw. zum Wertersatz mit exakt dieser Begründung abwehren.262 Bestimmte sich der Anspruch des Geschäftsführers unmittelbar nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung, wäre eine andere Bewertung geboten, weil das Kondiktionsrecht die Pflicht zur Herausgabe eines Vorteils unabhängig davon anordnet, ob er durch den Eingriff in die Rechts- und Vermögenssphäre des „Bereicherten“ entstanden ist. Dementsprechend wäre der Geschäftsherr berechtigt, seine Inanspruchnahme durch den Geschäftsführer kraft seines Anspruchs auf Beseitigung des Vorteils (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) aus dem Gesichtspunkt treuwidrigen Verhaltens abzwehren.263 260 Reuter/Martinek, a. a. O., § 9 I, Seite 374. Die Autoren sind der Ansicht, dass das Kriterium des Zuweisungsgehaltes zur „theoretischen Fundierung“ nicht nur der Eingriffs-, sondern aller Nichtleistungskondiktionen geeignet sei. 261 A. A. Reuter/Martinek, a. a. O., § 15 III 3, Seite 548 f., nach deren Auffassung die Erhöhung des Verkehrswertes dem Geschäftsführer auch insoweit zugewiesen ist, als sie die Aufwendungen übersteigt: Der Verwender handele auf eigenes Risiko; „infolgedessen (?) entfällt jeder Anknüpfungspunkt dafür, es zu rechtfertigen, dass der „Verwendungsempfänger“ . . . u. U. einen Teil der Vorteile behält.“ 262 Anderer Ansicht – ohne Begründung – Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, § 684 Rdnr. 1. 263 Siehe dazu eingehend oben III. 6., Seite 191 ff.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Der Geschäftsherr/Eigentümer ist, so lässt sich mit einer knappen Wendung formulieren, gegenüber dem Geschäftsführer zur Duldung, weil selbst zur Herausgabe bzw. zum Wertersatz des ihm aufgedrängten Vorteils verpflichtet.264 Der Anspruch des Geschäftsführers auf das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ weicht freilich dem Eigentumsrecht des Geschäftsherrn, wenn das „Erlangte“ der Besitz an einer dem Geschäftsherrn gehörenden, nicht verlorenen oder sonstwie abhanden gekommenen Sache ist.265 Als Beispiel nenne ich den Fall, dass jemand eine fremde Sache gegen den Willen des Eigentümers in Besitz genommen hat, beispielsweise ein Gartengerät, das der Eigentümer an einen Dritten verliehen hatte und das ein Nachbar an sich nimmt, weil er in Unkenntnis der Leihe von einem Diebstahl des Gerätes ausgeht. Da sich diese Inbesitznahme als eine unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag darstellt, kann der Geschäftsführer die unmittelbare Sachherrschaft nicht auf Dauer mit der Begründung für sich in Anspruch nehmen, er brauche nichts an den Eigentümer herauszugeben, was er nach Rückgabe sogleich aus § 684 Satz 1 BGB als das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ (das ist der unmittelbare Besitz an dem Gerät) wieder herausverlangen könne (sog. dolo-facit-Einwand). Vielmehr kann der Eigentümer die Herausgabe des Gerätes aus dem Gesichtspunkt des unrechtmäßigen Besitzes des Geschäftsführers begehren, §§ 985, 986 Abs. 1 Satz 2 BGB. ff) Die Verpflichtung des Geschäftsherrn zur Herausgabe des durch den Geschäftsführer geschaffenen Vorteils und der Anspruch des Geschäftsherrn auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes – ein unauflösbarer Widerspruch? Gegen die Anerkennung einer aus § 684 Satz 1 BGB abgeleiteten Verpflichtung des Geschäftsherrn zur Herausgabe des aus der Geschäftsführung erlangten Vorteils könnte angeführt werden, dass dieser bei einem sog. Übernahmeverschulden des Geschäftsführers berechtigt ist, Schadensersatz zu verlangen, d.h. dass er so zu stellen ist, als sei das Geschäft durch den Geschäftsführer nicht begonnen worden (§§ 678, 249 Abs. 1 BGB). Die Unvereinbarkeit der Regelungen ist nicht dadurch zu überwinden, dass man dem Geschäftsherrn das Recht einräumt, die Erfüllung seiner Pflicht aus § 684 264 Die mit der Erfüllung des Anspruchs aus § 684 Satz 1 BGB entstehenden Kosten fallen dem Geschäftsherrn als Schuldner zur Last. Der Bestimmung des § 269 Abs. 1 BGB entsprechend handelt es sich um eine sog. Holschuld. 265 Ist die Sache dem Eigentümer abhanden gekommen, sind die Vorschriften über den Fund anzuwenden, §§ 965 ff. BGB.

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Satz 1 BGB mit dem Einwand eines treuwidrigen Verhaltens266 zu verweigern: Eine solche Verknüpfung verbietet sich, weil das Verhältnis von geschäftsführungsrechtlichen Ansprüchen festzulegen ist, deren Rechtsfolge an dasselbe Verhalten des Geschäftsführers, nämlich die Übernahme des fremden Geschäfts gegen das Interesse und/oder den Willen des Geschäftsherrn, anknüpft.

(a) Der Geschäftsführer hat unter Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt zu prüfen, ob die Übernahme der Angelegenheit seitens des Geschäftsherrn als „unerwünschte Einmischung“ in einen fremden Rechtskreis zu bewerten ist. Versäumt er es, den wirklichen Willen des Geschäftsherrn zu ermitteln oder legt er in vorwerfbarer Verkennung äußerer Umstände den mutmaßlichen Willen unzutreffend fest, schuldet er den Ersatz des daraus entstehenden Schadens, § 678 BGB. Entsprach andererseits das Handeln des Geschäftsführers dem Willen und Interesse des Geschäftsherrn, ist ein Anspruch auf Aufwendungsersatz aus §§ 670, 683 Satz 1 BGB trotz einer versäumten Prüfung anzuerkennen, weil diese als bloße Förmlichkeit zu bewerten wäre.

Die Pflicht des Geschäftsführers, den wirklichen Willen des Geschäftsherrn zu ermitteln, ergibt sich nicht nur mittelbar aus der Anordnung des Schadensersatzes kraft des § 678 BGB, sondern wird durch die Vorschrift des § 681 Satz 1 BGB konkretisiert: Danach ist der Geschäftsführer verpflichtet, die Übernahme der Geschäftsführung, sobald es tunlich ist, dem Geschäftsherrn anzuzeigen und dessen Entscheidung abzuwarten.267 Diese Pflicht verletzt der Geschäftsführer, indem er in vorwerfbarer Weise die Möglichkeit der Unterrichtung, auch im Hinblick auf die Person des Geschäftsherrn, vernachlässigt. Erst recht hat sich der Geschäftsführer einer Tätigkeit in der fremden Rechts- und Vermögenssphäre zu enthalten, wenn ihm der Geschäftsherr auf Nachfrage die Ausführung des Geschäftes untersagt hat (argumentum a maiore ad minus).268 266

Zu erwägen ist der Einwand „dolo malo agit qui petit quod statim redditurus est“; siehe dazu Fußnote 79 des Abschnitts I. Der Geschäftsherr könnte sich darauf berufen, keinen „Vorteil“ herausgeben zu müssen, dessen Beseitigung er umgehend nach § 678 BGB verlangen könnte. 267 Ist der Geschäftsherr nicht in der Lage, einen natürlichen Willen zu bilden, hat der Geschäftsführer die Willensäußerung seines gesetzlichen Vertreter abzuwarten. 268 Entgegen einer beiläufig geäußerten These des Bundesgerichtshofs (WM 1983, Seite 679, 680 sub 3) ist in diesen Fällen nicht ohne weiteres der Fremdgeschäftsführungswille des Geschäftsführers zu verneinen: Dieser kann sich zur Geschäftsführung kraft eines „vernünftigeren Willens“ berufen fühlen. Erklärt der Geschäftsherr gegenüber dem Geschäftsführer, dass er mit der Übernahme der Angelegenheit durch den Geschäftsführer einverstanden sei, ist zu erwägen, ob ein Auftragsverhältnis begründet wird. Dies ist freilich nur zu bejahen, wenn dem Geschäftsherrn ein Anspruch auf die Durchführung der Geschäftsführung eingeräumt werden soll.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

(b) Die betreffende Pflicht entsteht in aller Regel vor der Übernahme der fremden Angelegenheit, weil die Übernahme des Geschäfts als Beginn der Ausführung zu definieren ist.269 Zu welchem anderen Zeitpunkt sollte beispielsweise derjenige, der ungebeten fremde Schulden zu tilgen beabsichtigt, den Schuldner hiervon unterrichten, um dem Zweck des § 681 Satz 1 BGB: der Erforschung des Willens des Geschäftsherrn, gerecht zu werden? Schwankend, weil von dem Wortlaut der Vorschrift ausgehend, der Kommentar von Staudinger/Nipperdey270: „Nach dem Wortlaut des § 681 kann . . . nur der Wille des Geschäftsherrn für die Durchführung des Geschäftes (§ 677) ermittelt werden, da die Übernahme schon erfolgt ist. Jedoch kann § 681 auch dazu führen, den nach § 683 für die Berechtigung der Übernahme der Geschäftsführung erheblichen Willen noch festzustellen und so eine Abstandnahme des Geschäftsführers von der ,im Beginn der Übernahme stehenden‘ Geschäftsführung herbeizuführen.“

Wollte man in diesem Fall zwischen der Übernahme und der Ausführung des Geschäfts unterscheiden, so verlöre die Vorschrift jeden Sinn, weil bereits die „Übernahme“ ein Fait accompli schafft, und zwar auch im Hinblick auf die Schadensersatzverpflichtung des Geschäftsführers: Dem Geschäftsherrn ist in dem angeführten Beispiel der Tilgung einer (fälligen und durchsetzbaren) Verbindlichkeiten kein messbarer Schaden entstanden271; er ist vielmehr einer Schuld entledigt worden. Der unliebsame Eingriff in seinen Rechtskreis bliebe ohne Sanktion.272 269 Zutreffend Larenz, Schuldrecht II/1, § 57 I a, Seite 443. Für das – in diesem Punkte gleichgelagerte – schweizerische Recht formuliert Suter, a. a. O., Seite 47: „Die Übernahme kann . . . nichts anderes sein als der Augenblick, in welchem das Eingreifen beginnt, wo der Entschluß sich in die Tat umsetzt.“ Unklar dagegen Isay, a. a. O., Seite 127: „. . . der Gestor (ich ergänze: hat) dem Dominus stets dann unaufgefordert Nachricht zu geben . . ., wenn für die Geschäftsführung mehrere Wege offen stehen, welche in ihrem Ergebnisse nicht gerade ganz unerheblich voneinander abweichen; in diesem Falle muß der Gestor grundsätzlich dem dominus, wenn irgend thunlich, die Wahl überlassen, welchen Weg er einschlagen will.“ 270 11. Auflage, § 681 Rdnr. 5. 271 Dies gilt zumindest dann, wenn die Forderung des Gläubigers im Zeitpunkt der Tilgung fällig und durchsetzbar war. Sollte der Anspruch des Gläubigers im Zeitpunkt seiner Befriedigung mit Einwendungen oder Einreden des Schuldners behaftet gewesen sein, ist auf den Rückgriffsanspruch des Dritten nach nunmehr herrschender Auffassung die Regelung des § 404 BGB entsprechend anzuwenden (vgl. Larenz/Canaris, a. a. O., § 69 III 2, Seite 191 f. m. w. N.): Der Schuldner darf dem Regressanspruch des Geschäftsführers die ihm gegen den Gläubiger zustehenden Rechte entgegenhalten. 272 Wollschläger, der dem Ausgleich einer ungerechtfertigten Vermögenslage grundsätzlich den Vorrang vor dem Schutz gegen aufgedrängte Bereicherung einräumt und die Vorschrift des § 684 Satz 1 BGB als einen „Erfolg des Vernunftrechts“ bezeichnet (a. a. O., Seite 79), lässt im Zusammenhang mit dem Schutz des Schuldners vor unerwünschter Einmischung die Vorschrift des § 681 Satz 1 BGB unbeachtet (a. a. O., Seite 63 f.). Sein Hinweis, dass Verbindlichkeiten nach § 267

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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In der gängigen Literatur findet sich demgegenüber der lapidare Hinweis, die Anzeige- und Wartepflicht des auftraglos handelnden Geschäftsführers aus § 681 Satz 1 BGB entstehe nach der Übernahme der fremden Angelegenheit; verletze er sie in vorwerfbarer Weise, sei er (aus dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung) gegenüber dem Geschäftsherrn zum Ersatz der dadurch entstandenen Schäden gehalten. In diesem Sinne, vermutlich in Anlehnung an die römischrechtliche Sentenz: „culpa est immiscere se rei ad se non pertinenti“273, führt beispielsweise Steffen im Reichsgerichtsräte-Kommentar aus274: „Anzuzeigen ist erst die erfolgte Übernahme der Geschäftsführung. Vorher besteht das Schuldverhältnis nicht, welches die Anzeigeverpflichtung erst begründet. Der Geschäftsführer ist jedoch berechtigt, die geplante Übernahme der Geschäftsführung anzuzeigen und sie von der Entschließung des Geschäftsherrn abhängig zu machen. . . . Nichtbefolgung seiner Pflichten macht den Geschäftsführer wie einen Beauftragten schadensersatzpflichtig, jedoch mit der möglichen Haftungsmilderung nach § 680.“275 BGB ohne Wissen und selbst gegen den Willen des Schuldners getilgt werden dürfen, vermag seine These nicht zu untermauern, weil die angeführte Vorschrift lediglich Ausdruck des Gläubigerschutzes ist, aber keine Aussage über das Verhältnis zwischen dem intervenierenden Dritten und dem Schuldner beinhaltet. Zum Ausgleich bei aufgedrängter Tilgung fremder Verbindlichkeiten siehe oben III. 2. i) cc) (a), Seite 145 und eingehend unten V. 2. b) jj), Seite 440 ff. 273 Dig. 50. 17. 36. Pomp. 27 ad Sab. (siehe dazu bereits oben III. 1. a) bb), Seite 81 f., dort insbesondere Fußnote 14). 274 12. Auflage, § 681 Rdnr. 3 und 11. 275 Ebenso etwa Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 681 Rdnr. 4; Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, § 681 Rdnr. 3 und 8 sowie RGZ 63, Seite 280, 284 ff. Im Ausgangspunkt ebenso Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 132 f., wo es heißt: „Die Anzeigepflicht des § 681 Satz 1 kann der Geschäftsführer . . . nur verletzen, wenn das Schuldverhältnis der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag bereits entstanden ist. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut dieser Vorschrift, der als Gegenstand der Anzeige eine bereits übernommene Geschäftsführung voraussetzt. Es ist daher im Ausgangspunkt dem BGH zuzustimmen, der hervorhebt, daß die Verletzung der Anzeigepflicht lediglich eine Schadensersatzverpflichtung des Geschäftsführers zur Folge haben kann, seinen Aufwendungsersatzanspruch jedoch nicht ausschließt. Die Erfüllung der Anzeigepflicht gehört nicht zu den Entstehungsvoraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag. . . . Dennoch läßt sich der Anzeigepflicht des § 681 Satz 1 BGB für die Frage, ob eine Geschäftsführung vorliegt, eine heuristische Funktion nicht absprechen. Wenn die sich aus der Bejahung einer Geschäftsführung ergebende Anzeigepflicht ins Leere geht oder befremdlich wirken würde, spricht das – soweit es nicht um Hilfeleistung, sondern um Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen geht – gegen die Annahme einer Geschäftsführung. Dieses Argument hat der BGH zur Verneinung einer Geschäftsführung im Falle der Insassen-Unfallversicherung selbst (Verweis auf BGHZ 64, Seite 260, 263) verwendet. Trotz der Tatsache, daß die Anzeigepflicht ein bereits entstandenes Schuldverhältnis der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag voraussetzt, ist der aus der Anzeigepflicht gegen die Lehre von der Auchgestion abgeleitete Einwand daher nicht schlechthin bedeutungslos. Es ist nicht vorstellbar, wie ein Geschäftsführer, dessen Geschäftsführungswille fingiert wird, der Anzeigepflicht jemals genügen könnte.“

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Da die Übernahme und der Beginn der Ausführung des Geschäfts denknotwendig in einem Akt zusammenfallen, hat der Geschäftsführer den Geschäftsherrn vor der Übernahme zu informieren und dessen Entscheidung abzuwarten.276 Die Bedeutung der angeführten Vorschrift des § 681 Satz 1 BGB ist bisher – soweit ersichtlich – nicht aus dem Gesichtspunkt des Aufdrängungsschutzes erschlossen worden. Bezeichnend etwa Lorenz in der Staudingerschen Kommentierung, der versäumt, die zutreffende Erkenntnis mit Hilfe der gesetzlichen Wertung des § 681 Satz 1 BGB zu begründen, und ausführt: „. . . auch für eine Rechtsordnung, die – anders als der anglo-amerikanische Rechtskreis – das Rechtsinstitut der GoA kennt, die jedoch einen Fremdgeschäftsführerwillen voraussetzt, an dem es in den typischen Fällen der aufgedrängten Bereicherung gerade fehlt, bleibt als Ausgangspunkt der Satz richtig: ,Liabilities are not to be forced upon people behind their backs‘ . . . Demgegenüber muß der Gedanke zurücktreten, dem Empfänger sei es zumutbar, eine infolge der ungebetenen Einmischung eingetretene objektive Wertsteigerung seines Vermögens entsprechend zu vergüten . . .“.277 In dieselbe Richtung weist bereits Ruhstrat278: „Müßte man jede nützliche Geschäftsführung anerkennen, so würde man genöthigt sein, sich in alle mögliche Rechtsverhältnisse einzulassen, alle nützlichen, irgend einen Nutzen mit sich bringenden Umgestaltungen des Vermögens zu dulden, an welche man ohne die Einmischung des Gestor niemals gedacht haben würde. Der Eigenthümer würde den Zustand seines Vermögens nicht selbst zu bestimmen im Stande sein, er müßte jeden Augenblick befürchten, daß irgend ein kluger Freund ihn mit irgend einer Umgestaltung zu beglücken beabsichtige. . . . Es wird in der Tat wohl keines Beweises bedürfen, daß die freien Römer sich eine so unnatürliche Beschränkung der Willensfreiheit nicht werden aufgelegt haben.“ (c) Verletzt der Geschäftsführer die Pflicht, den Willen des Geschäftsherrn sorgfältig zu ermitteln, so kann der Geschäftsherr die Beseitigung des 276 Der innere Entschluss des Geschäftsführers, eine fremde Angelegenheit zu erledigen, ist noch nicht als „Übernahme“ zu bewerten. Zumindest vermag der Entschluss allein keine Schadensersatzpflicht auszulösen. Gegen die hier vertretene Ansicht, dass der Geschäftsführer den Geschäftsherrn vor der Übernahme des Geschäfts von seinem Entschluss zu unterrichten habe, könnte das Bedenken erhoben werden, die Regeln über die echte berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag würden überflüssig, weil durch die „Absprache“ zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn stets ein Auftragsverhältnis geschaffen würde. Der Einwand ist jedoch unbegründet: Mit der Unterichtung des Geschäftsherrn (§ 681 Satz 1 BGB) wird ihm kein Anspruch auf Ausführung im Sinne des § 662 BGB eingeräumt. 277 13. Bearbeitung, Vorbem zu §§ 812 ff. Rdnr. 46. 278 AcP 32 (1849), Seite 173, 179 f.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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aufgedrängten Vorteils im Wege der Naturalrestitution verlangen (§§ 678, 249 Abs. 1 BGB).279 Nach dem Wortlaut des § 684 BGB ist er indessen gegenüber dem Geschäftsführer verpflichtet, das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ herauszugeben, und zwar unabhängig davon, ob dieser seinen entgegenstehenden Willen zu erkennen vermochte. Das Gesetz scheint hier eine widersprüchliche Regelung zu treffen: Der Geschäftsherr ist zur Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten verpflichtet (§ 684 Satz 1 BGB), aber gleichzeitig berechtigt, Schadensersatz im Wege der Naturalrestitution, mithin die Beseitigung des Vorteils, zu verlangen, wenn sich der Geschäftsführer über seinen (wirklichen oder mutmaßlichen) Willen280 schuldhaft hinwegsetzte (§ 678 BGB). Sofern man die objektive Verbesserung einer Sache nicht als einen nach §§ 249 ff. BGB auszugleichenden Schaden, wohl aber als Beeinträchtigung der Eigentumsfreiheit im Sinne des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB qualifiziert281, steht der Schutz des Eigentums im Vordergrund: Hat der Geschäftsherr gegen den Geschäftsführer einen Anspruch auf Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt des Übernahmeverschuldens (§ 678 BGB), so kann er erst recht die Beseitigung des „Vorteils“ aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen, weil der Schutz der Freiheit, mit einer eigenen Sache nach Belieben zu verfahren (§ 903 BGB), an geringere Voraussetzungen geknüpft ist als der auf den Ausgleich von Substanzverletzungen und unwiederbringlich verlorenen Nutzungsmöglichkeiten gerichtete Schadensersatzanspruch: Er verzichtet auf das Merkmal des Verschuldens. Die Anerkennung einer Beseitigungspflicht des aus §§ 678, 823 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtigen Geschäftsführers gegenüber dem Geschäftsherrn/Eigentümer kraft des § 1004 BGB ändert indessen nichts an der scheinbaren Widersprüchlichkeit des Gesetzes: Der Geschäftsherr ist berechtigt, von dem Geschäftsführer die Beseitigung des Vorteils zu verlangen, den er nach dem Wortlaut des § 684 Satz 1 BGB an jenen herauszugeben hat. Er befindet sich mithin gleichzeitig in der Rolle des Gläubigers und des Schuldners.282

279 Die Pflicht des Geschäftsführers zur Naturalrestitution wird ausdrücklich bejaht von Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, § 678 Rdnr. 10. 280 In einer Entscheidung des OLG München aus dem Jahre 1987 (NJW-RR 1988, Seite 1013, 1015 sub 2) und wortgleich in der Palandtschen Kommentierung von Sprau (62. Auflage, § 683 Rdnr. 7) heißt es: „Mutmaßlicher Wille ist nicht der, den der Geschäftsführer subjektiv, sei es auch schuldlos irrtümlich annimmt, sondern derjenige, den der Geschäftsherr bei objektiver Beurteilung aller Umstände im Zeitpunkt der Übernahme geäußert haben würde.“ Es handelt sich mithin um den nicht ermittelbaren, nach objektiven Gesichtspunkten festzulegenden hypothetischen Willen (Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, Vorbem zu §§ 677 ff. Rdnr. 50). 281 Siehe dazu bereits oben II. 3., Seite 65 ff., dort insbesondere Fußnote 182, und III. 6. e) bb), Seite 202 ff. 282 Lorenz, Festschrift für Medicus, Seite 367, 368, zitiert den Jubilar mit dem Bild des „juristischen Karussels“: Der Forderung des Geschäftsherrn auf Herausgabe des vom Geschäftsführer „Erlangten“ stehe eine inhaltsgleiche Forderung des Geschäftsführers auf das „Erlangte“ gegenüber. Medicus und Lorenz lösen den Wi-

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

(d) Die unvereinbaren Regelungen über die Schadensersatz- bzw. Beseitigungspflicht des Geschäftsführers (§ 678 BGB, gegebenenfalls § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) auf der einen und die Verpflichtung des Geschäftsherrn zur Herausgabe von aufgedrängten Vorteilen auf der anderen Seite (§ 684 Satz 1 BGB) haben zur Folge, dass der Anwendungsbereich der Bestimmungen mit unklaren Wendungen umschrieben wird. So behauptet Wittmann, der Schadensersatzanspruch des Geschäftsherrn sei auf die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes gerichtet (§§ 678, 249 Abs. 1 BGB).283 Dies hätte zur Folge, dass der „Vorteil“ des Geschäftsherrn durch den Geschäftsführer zu beseitigen ist. Von dieser Aussage abweichend führt Wittmann dann allerdings aus, dass bei der Schadensberechnung die Verpflichtung des Geschäftsherrn, das Erlangte an den Geschäftsführer herauszugeben (§ 684 Satz 1 BGB), „zu beachten“ sei. Daraus folge, „daß der Geschäftsherr, der die Bereicherung nicht herausgibt, die Vorteile, die das Geschäft für ihn hatte, bei der Schadensberechnung berücksichtigen“ müsse. Dementsprechend sei „für die Frage, ob ein Schaden entstanden ist, das Ergebnis der gesamten Geschäftsführung maßgebend.“ Freilich könne der Geschäftsherr, so heißt es wiederum an anderer Stelle284, keinen Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt des Übernahmeverschuldens (§ 678 BGB) verlangen und trotzdem „einzelne sich aus der Geschäftsführung ergebende Vorteile beanspruchen.“ Vielmehr müsse er „das Gesamtergebnis der Geschäftsführung entweder genehmigen oder zurückweisen“. Wittmann verkennt die hier als richtig erkannte Alternativität der Ansprüche: Ist der Geschäftsherr zur Herausgabe bzw. zum Wertersatz des aus der Geschäftsführung Erlangten verpflichtet, so kann er nicht gleichzeitig von dem Geschäftsführer die Herstellung des Zustandes verlangen, der ohne die Übernahme des Geschäftes bestünde (§§ 678, 249 Abs. 1; gegebenenfalls § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB).285 Die Pflicht des Geschäftsführers zur Leistung von Schadensersatz (§ 678 BGB) bzw. zur Beseitigung einer Sachinvestition (§ 1004 BGB) entsteht mithin nur, wenn ihm das Recht auf das aus der Geschäftsführung Erlangte zu versagen ist. Bedenkenswert ist allein, im Rahmen des Schadensersatzanspruchs (§§ 678, 823 BGB) bestimmte Vorteile, die dem Geschäftsherrn/Eigentümer trotz des Schaderspruch durch Anerkennung der Forderung des Geschäftsführers auf Ersatz seiner Aufwendungen. 283 Im Kommentar von Staudinger, 13. Bearbeitung, § 678 Rdnr. 10. 284 Im Kommentar von Staudinger, 13. Bearbeitung, § 678 Rdnr. 2. 285 Gedacht ist hier an den Fall, dass ein Nachbar in Abwesenheit des Grundstückseigentümers wertsteigernde Anpflanzungen vorgenommen hat. Hat der Eigentümer den Wert des Zuwachses auszugleichen, so kann er nicht gleichzeitig die Beseitigung der Bäume und Sträucher verlangen.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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densersatzes verbleiben, anzurechnen.286 Von der Berücksichtigung „ersparter Aufwendungen“ ist freilich abzusehen: Da die Übernahme der Angelegenheit dem Willen und Interesse des Geschäftsherrn zuwiderlief, sind Ersparnisse auf seiner Seite zu verneinen.

gg) Die Anerkennung des Anspruchs des Geschäftsführers auf das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ bei nicht vorwerfbarer Fehleinschätzung des Willens des Geschäftsherrn Die aufgezeigte Widersprüchlichkeit im Hinblick auf die Anerkennung eines Schadens- oder Beseitigungsanspruch des Geschäftsherrn/Eigentümers einerseits und seiner Verpflichtung zur Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten andererseits ist befriedigend allein durch eine sog. teleologische Reduktion des § 684 Satz 1 BGB (d.h. die Einschränkung dieser nach ihrem Wortlaut zu weit gefassten Vorschrift im Hinblick auf ihren vernünftigen Regelungszweck) zu beheben: Die Pflicht des Geschäftsherrn zur Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten, gegebenenfalls zum Wertersatz, ist lediglich anzuerkennen, sofern dem Geschäftsführer weder eine Verletzung seiner Informationspflicht aus § 681 Satz 1 BGB noch eine schuldhaft fehlerhafte Einschätzung des mutmaßlichen Willens des Geschäftsherrn zur Last fallen. Hat der Geschäftsführer jedoch den entgegenstehenden (wirklichen oder mutmaßlichen) Willen des Geschäftsherrn in vorwerfbarer Weise verkannt, ist er mit dem Rang vor dem Anspruch auf Herausgabe des Erlangten gehalten, den aufgedrängten Zuwachs zu beseitigen.287 Mit anderen Worten ausgedrückt: Die Vorschriften der §§ 678, 681 Satz 1, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB einerseits und des § 684 Satz 1 BGB andererseits sind alternativ anzuwenden.288 286

Siehe dazu unten V. 2. b) hh), Seite 437 ff. Allgemein zur Anrechnung von Vorteilen, die der Schadensersatzpflichtige dem Gläubiger aufdrängt, siehe unten V. 2. e), Seite 597 ff. 287 Im Ergebnis ebenso – freilich mit anderer Begründung – Willoweit, Festschrift für Wahl, Seite 285, 297. In die richtige Richtung weisen die Motive (zitiert nach Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 2, Recht der Schuldverhältnisse, Seite 484 sub § 758): „. . . dem Geschäftsherrn, welcher die den Erfordernissen des § 753 (d.h. des § 683 BGB) nicht entsprechende Geschäftsführung nicht genehmigt, (steht) gegen den Geschäftsführer das Recht zu, Wiederherstellung des früheren Zustandes zu verlangen, falls den Geschäftsführer ein Verschulden trifft. Dieses Recht liegt aber schon in dem diesfalls zustehenden Schadensersatzanspruche (§§ 749, 219 – d.h. §§ 687, 249 Abs. 1 BGB), braucht deshalb nicht besonders erwähnt zu werden.“ (Hervorhebung durch Verf.) 288 Im Ergebnis zutreffend – freilich ohne das Verhältnis zwischen dem Beseitigungsanspruch des Geschäftsherrn aus § 1004 BGB und dem Anspruch des Geschäftsführers auf Ausgleich der Bereicherung aus § 684 BGB festzulegen und daher nicht exakt formulierend – Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, § 684 Rdnr. 1 („Sofern der Geschäftsherr nach §§ 678, 249 S 1 oder nach § 1004 einen

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Der Vorrang des Schadensersatzanspruchs des Geschäftsherrn gegenüber dem Recht des Geschäftsführers auf das aus der Geschäftsführung Erlangte (§ 684 Satz 1 BGB) ist nicht aus dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs („dolo malo agit qui petit quod statim redditurus est“) begründet, weil sich dieser Einwand – wäre der Anspruch aus § 684 Satz 1 BGB bei schuldhafter Verkennung des Willens des Geschäftsherrn nicht von vornherein ausgeschlossen – ebenso aus der Sicht des Geschäftsführers formulieren ließe: Es verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, ihn, den Geschäftsführer, zur Beseitigung eines Vorteils zu verpflichten, dessen Herausgabe bzw. Ausgleich er verlangen könne.

Die Vorschrift des § 684 Satz 1 BGB müsste folglich lauten: „Liegen die Voraussetzungen des § 683 nicht vor, so ist der Geschäftsherr verpflichtet, dem Geschäftsführer alles, was er durch die Geschäftsführung erlangt, nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben. Dieser Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Geschäftsführer den entgegenstehenden Willen des Geschäftsherrn im Zeitpunkt der Übernahme des Geschäfts schuldhaft verkannt hat.“289 Beseitigungsanspruch hat, scheidet ein Anspruch aus § 684 S 1 aus.“; Hervorhebung durch Verf.) und Beißner, a. a. O., Seite 70 sowie das Landgericht Flensburg in einem bereits angeführten (siehe Fußnote 30 dieses Abschnitts) unveröffentlichten Urteil aus dem Jahre 1999: „Besteht eine durchsetzbare Wegnahmeverpflichtung des Mieters, kann nicht zugleich ein Bereicherungsanspruch gegen den Vermieter aus § 684 BGB gegeben sein.“ Hat der Geschäftsherr kraft der Geschäftsführung den ihm unwillkommenen Besitz an einer Sache erlangt, die sich noch im Eigentum des Geschäftsführers befindet, so kann er bei schuldhafter Verkennung seines Willens ihre Entfernung verlangen, falls sie ihn in der Ausübung seines Eigentumsrechts stört (§§ 678, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB); ist eine solche Beeinträchtigung nicht gegeben, kann der Geschäftsführer die Sache wegnehmen. Zum Wegnahmerecht des Geschäftsführers siehe unten V. 2. b) kk), Seite 449. 289 Im Ergebnis ebenso Willoweit, Festschrift für Wahl, Seite 285, 297: „. . . in den Fällen der gewollten Fremdgeschäftsführung (ich ergänze: ist) also nur dann der Bereicherungsanspruch gegeben, wenn das objektive Interesse gewahrt ist, der wirkliche Wille des Empfängers den Vermögensvorteil zum Zeitpunkt des Aufwandes jedoch nicht billigt und dieser Umstand dem Aufwendenden in entschuldbarer Weise unbekannt geblieben ist.“ (Hervorhebung durch Verf.). In dieselbe Richtung weisen die Ausführungen von Stoljar, Restitution – unjust enrichment and negotiorum gestio, page 60 note 101, wo es u. a. heißt: „The real question under § 684, 812 rather is whether the principal has been unjustly enriched. . . . Wollschläger . . . seems to be wrong to insist that § 812 can apply completely outside the ambit of § 677, 683 because an unsolicited service cannot ever be regarded as an unjust enrichment where it violates the basic condition on which negotiorum gestio rests. Of course, this means . . . that § 684, 812 have to be read restrictively, or at least in a way which attends not only to P’s enrichment but, more especially, to his unjust enrichment.“ – „Die wirkliche Frage der § 684, 812 ist vielmehr, ob der Geschäftsherr unrechtmäßig bereichert worden ist. Wollschläger scheint sich zu irren, wenn er darauf beharrt, dass § 812 außerhalb der § 677, 683 uneingeschränkt anzuwenden ist: Eine unerbetene Unterstützung kann nicht als unrechtmäßige Bereicherung bezeichnet werden, wenn sie die Grundprinzipien der negotiorum gestio verletzt. Dies hat

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Zur Verdeutlichung des Gesagten sei der Fall angeführt, dass jemand Bäume, die auf einer fremden Immobilie (etwa dem Nachbargrundstück) stehen, in Abwesenheit des Eigentümers und in der Annahme fällen lässt, sie würden durch einen vorausgesagten Sturm entwurzelt und ein auf demselben Grundstück befindliches Gebäude beschädigen. Hat es der Geschäftsführer sorgfaltswidrig versäumt, eine fachkundige Person über deren Zustand zu befragen, und stellt sich heraus, dass sie dem Sturm vermutlich standgehalten hätten, so kann der Eigentümer das Anpflanzen neuer Bäume aus dem Gesichtspunkt der Naturalrestitution (§§ 678, 249 Abs. 1 BGB) oder die Zahlung einer entsprechenden Geldsumme aus dem Gesichtspunkt der Ersetzungsbefugnis des Gläubigers (§ 249 Abs. 2 BGB) verlangen. Ein möglicher Anspruch des Nachbarn auf Ausgleich einer Wertsteigerung der Immobilie (§ 684 Satz 1 BGB) ist zu verneinen: Der schadensersatzpflichtige Geschäftsführer darf nicht besser als derjenige gestellt sein, der bei schuldhafter Verkennung des Willens des Geschäftsherrn einer Beseitigungspflicht unterläge. Die im Beispiel fehlende Beseitigungsmöglichkeit wirkt sich nicht zugunsten des Geschäftsführers aus. Hat der Geschäftsführer den mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn falsch eingeschätzt, ohne dass ihm ein sorgfaltswidriges Handeln vorzuwerfen ist, so kann der Geschäftsherr zwar nicht die Anpflanzung neuer Bäume, wohl aber die Beseitigung der abgesägten Holzstämme, Äste etc. von seinem Grundstück verlangen: Diese stören ihn in der Ausübung seiner Eigentumsfreiheit an der überdeckten Fläche (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dessenungeachtet schuldet der Eigentümer/ Geschäftsherr den Ausgleich einer etwaigen Erhöhung des Grundstückswertes: Die Beseitigungspflicht des Geschäftsführers bezüglich der „Abfälle“ bezieht sich nicht auf den geschaffenen Vorteil, d.h. die mögliche Steigerung des Wertes der Immobilie kraft der Beseitigung eines störenden Baumbestandes.

(a) Der Ausschluss des Anspruchs aus § 684 Satz 1 BGB als Ausdruck der „Verwirkung kraft pflichtwidrigen Handelns“ Die hier vertretene Alternativität der Ansprüche des Geschäftsherrn auf Beseitigung des aufgedrängten Vorteils (§§ 678, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) einerseits und des Geschäftsführers auf das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ (§ 684 Satz 1 BGB) andererseits weist der (durch die Bestimmung des § 681 BGB konkretisierten) Pflicht des Geschäftsführers, den wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt zu ermitteln, eine doppelte Funktion zu: Zum einen begründet ihre Verletzung durch den Geschäftsführer den Schaeine restriktive Deutung der § 684, 812 zur Folge, zumindest in dem Sinne, dass nicht allein auf den Vermögenszuwachs, sondern auf die ungerechtfertigte Bereicherung des P (d.h. des Geschäftsherrn) abzustellen ist.“

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

densersatz- und Beseitigungsanspruch des Geschäftsherrn, zum anderen hindert das pflichtwidrige Handeln des Geschäftsführers seinen auf § 684 Satz 1 BGB gegründeten Anspruch auf den Vermögensvorteil des anderen Teils. Die Versagung dieses Ausgleichs ist mit einem Schlagwort als „Verwirkung kraft pflichtwidrigen Verhaltens“ zu bezeichnen.290 Diese einschneidende Sanktion rechtfertigt sich aus dem im Prinzip ungebetenen Eindringen in einen fremden Bereich bzw. – im Hinblick auf Anzeigepflichten – aus der Verletzung einer treuhandähnlichen Stellung.291 (1) Den Ausschluss eines Anspruchs kraft pflichtwidrigen Verhaltens ordnet das Bürgerliche Gesetzbuch beispielsweise in der Bestimmung des § 971 Abs. 2 BGB an, wonach der Finder sein Recht auf den Finderlohn einbüßt, sofern er seine Pflicht zur Anzeige des Fundes (§ 965 BGB) in vorwerfbarer Weise verletzt.292 Unabhängig von diesem Ausschluss hat er dem Berechtigten den aus der Unterlassung entstandenen Schaden zu ersetzen.293 Diese Regelung rechtfertigt sich vor allem daraus, dass die Anzeigepflicht, welche der zügigen Wiederherstellung der Sachherrschaft durch den Berechtigten dient, nicht mittels einer Klage durchgesetzt werden kann. Ein solches Vorgehen setzte nämlich voraus, dass der Berechtigte von dem Tatbestand Kenntnis hat, zu dessen Anzeige der Schuldner verpflichtet ist: dem Auffinden der verlorenen Sache durch den Finder.294 Erlangt der Eigentümer hiervon Kenntnis, so ist die Leistungsklage unbegründet295; ver290 Palandt/Heinrichs, 62. Auflage, § 242 Rdnr. 88; MünchKomm/Roth, 4. Auflage, § 242 Rdnr. 407; Dette, a. a. O., Seite 32; Riezler, a. a. O., Seite 3 f. 291 Wegen des hier nicht in Frage kommenden Ausschlusses von Rechten kraft eines ehrlosen Verhaltens verweise ich auf die Erbunwürdigkeit (§ 2339 BGB). Der angesprochene Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung ist nicht mit der Verwirkung von Rechten infolge Zeitablaufs zu verwechseln (MünchKomm/ Roth, 4. Auflage, § 242 Rdnr. 407, 465). 292 Der Ausschluss des Anspruchs auf Finderlohn soll ausweislich der Gesetzesmaterialien gerechtfertigt sein, weil durch die Verletzung der Anzeigepflicht die Ermittlung des Eigentümers vereitelt werden kann (Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite 214 sub 8 zu § 920 [Motive]). 293 Ausdrücklich Soergel/Mühl, 12. Auflage, § 971 Rdnr. 5; Wendt, AcP 92 (1902), Seite 1, 128 ff., insbesondere Seite 130. 294 Dass die Anzeigepflicht gerichtlich nicht durchgesetzt werden kann, ändert nichts an ihrer Qualifizierung als Pflicht. Siehe dazu Reimer Schmidt, a. a. O., Seite 38 sub II 1. 295 Kennt der Gläubiger den anzuzeigenden Umstand, so ist die Anzeigepflicht aus dem Gesichtspunkt der bislang sog. nachträglichen Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB) erloschen: Die Wirkung der Anzeige erschöpft sich „in der Erzeugung von psychischen Effekten beim Anzeigeempfänger“ (Klein, a. a. O., Seite 27 Fußnote 56, Seite 48, 55). Nach Ansicht von Reimer Schmidt, a. a. O., Seite 38 sub II 1, ist die Klage in diesen Gestaltungen „sinnlos“.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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fügt er nicht über das entsprechende Wissen, vermag er sein (ihm unbekanntes) Recht nicht gerichtlich geltend zu machen. Fehlt es an der Möglichkeit des Eigentümers, das Recht auf Anzeige des Fundes klageweise durchzusetzen, so ist die Erfüllung dieser Pflicht auf andere Weise zu sichern. Der Ausschluss des Rechts auf Finderlohn kompensiert den Umstand, dass die Anzeigepflicht gerichtlich nicht durchgesetzt werden kann. Darüber hinaus ist der Nachteil des Berechtigten: die Vorenthaltung der Sache, nicht allein durch die Anerkennung eines Schadensersatzanspruchs auszugleichen, denn fehlt es an einer messbaren materiellen Einbuße, entfällt diese Sanktion. (2) Ähnlich verhält es sich mit dem Ausschluss von Gewährleistungsansprüchen des Mieters, sofern dieser dem Vermieter einen Mangel der Mietsache nicht unverzüglich anzeigt, § 536c Abs. 2 BGB.296 Hier wird der anzuzeigende Umstand zum Nachteil des Mieters als nicht vorhanden behandelt.297 Die Pflichtverletzung kann sowohl den Ausschluss der mietrechtlichen Gewährleistung als auch einen Schadensersatzanspruch des Vermieters zur Folge haben. Als Beispiel für den Ausschluss von Gewährleistungsansprüchen führe ich einen Sachverhalt an, den ich der Schrift „Anzeigepflicht im Schuldrecht“ von Peter Klein aus dem Jahre 1908 entlehne.298 Dort heißt es wörtlich: „Ein alleinstehender Mieter war auf einige Wochen verreist, hatte den Wohnungsschlüssel mitgenommen und die Wohnung ohne Aufsicht gelassen. Inzwischen war von der auf dem Boden befindlichen Waschküche Feuchtigkeit in die Mietwohnung gedrungen, so daß, als der Mieter zurückkehrte, die Wohnung wegen Gesundheitsgefährlichkeit unbewohnbar geworden war.“ Die schuldhafte Versäumnis des Mieters, der die Wohnung längere Zeit ohne Aufsicht ließ, begründet den Schadensersatzanspruch des Vermieters aus dem Gesichtspunkt der verletzten Obhuts- oder (sofern dem Mieter die Feuchtigkeit auf dem Boden der Waschküche im Zeitpunkt des Verlassens der Wohnung bekannt war !) Anzeigepflicht; das Recht des Mieters zur Einbehaltung des Mietzinses aus § 536 BGB ist zu verneinen, § 536c Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Die Regelung des § 536c Abs. 2 Nr. 1 BGB erklärt sich – insoweit der angeführten fundrechtlichen Vorschrift des § 971 Abs. 2 BGB vergleichbar – aus der fehlenden Möglichkeit, den Anzeigepflichtigen im Wege der Klage zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit anzuhalten: Hat der Vermieter von dem Kennt der Eigentümer von Anfang an die Person, bei der sich seine Sache befindet, ist ein „Fund“ zu verneinen. 296 Eine ähnliche Anzeigepflicht ist dem Nießbraucher im Verhältnis zum Eigentümer (§ 1042 Satz 1 BGB) und dem Pfandgläubiger im Verhältnis zum Verpfänder (§ 1218 Abs. 2 BGB) auferlegt. 297 Siehe dazu Klein, a. a. O., Seite 87. 298 A. a. O., Seite 99. Der Sachverhalt liegt einer unveröffentlichten Entscheidung des Kammergerichts aus dem Jahre 1905 zugrunde.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Mangel Kenntnis, so ist die Klage unbegründet299; ist ihm der Mangel unbekannt, kann er nicht „auf Verdacht“ gegen seinen Vertragspartner vorgehen. Wollte man die Folgen einer unterbliebenen oder verspäteten Information auf die Anerkennung eines Schadensersatzanspruchs beschränken, würde man dem Interesse des Vermieters nicht in vollem Umfang gerecht: Er wäre beispielsweise nicht davor gefeit, Mietzinsen, die ihm wegen der gesetzlichen Minderung des Entgelts ohne rechtlichen Grund zugeflossen wären, zurückerstatten zu müssen. Die Vermeidung solcher Zahlungspflichten rechtfertigt den Ausschluss von Gewährleistungsrechten des Mieters. (3) Dass der Verpflichtung des Geschäftsführers zur sorgfältigen Ermittlung des wirklichen oder mutmaßlichen Willens des Geschäftsherrn eine (bezogen auf dessen Schadensersatzanspruch) anspruchsbegründende und (bezogen auf den Anspruch des Geschäftsführers auf Herausgabe des aufgedrängten Zuwachses) eine anspruchsausschließende Funktion zukommt, lässt sich nicht dem Argument abweisen, eine solche Gestaltung sei dem geltenden Recht fremd. Besondere Überzeugungskraft gewönne die Annahme indessen, wenn die hier behandelte Pflichtverletzung des Geschäftsführers den Versäumnissen des Finders oder Mieters in wesentlichen Zügen vergleichbar ist. Dies ist aus folgenden Erwägungen zu bejahen: Die Anzeigepflichten des Finders und des Mieters dienen dem Zweck, dem Gläubiger Handlungsmöglichkeiten bei Beeinträchtigung seiner Interessen zu eröffnen. Dieser soll, mit anderen Worten ausgedrückt, durch die Anzeige eine für sein künftiges Handeln notwendige Aufklärung erhalten, um „für sich richtig sorgen zu können“.300 Die erwähnten Pflichten dienen mithin der Sicherung der Eigenverantwortlichkeit desjenigen, dem gegenüber die Anzeige zu erstatten ist. Nicht anders verhält es sich mit der Verpflichtung des Geschäftsführers zur sorgsamen Ermittlung des Willens des Geschäftsherrn; durch sie soll der leitende Grundsatz des Privatrechts, nämlich die eigenverantwortliche Gestaltung eigener Angelegenheiten, gewahrt werden. Ich verweise auf die bereits erwähnte Erkenntnis301, dass jedes eigenmächtige Einwirken auf fremde Rechte oder Rechtsgüter – um einen bildhaften Ausdruck zu gebrauchen – einen „Hausfriedensbruch in der Willenssphäre des Mitmenschen darstellt“. 299 Der Anspruch des Vermieters ist in dieser Gestaltung wegen bislang sog. objektiver Unmöglichkeit erloschen (§ 275 Abs. 1 BGB): Ihm ist der Umstand bekannt, von dessen Vorhandensein der Mieter ihm Kenntnis verschaffen soll (siehe dazu Klein, a. a. O., Seite 85 und Palandt/Weidenkaff, 62. Auflage, § 536c Rdnr. 8 m. w. N. 300 Klein, a. a. O., Seite 102. 301 Siehe oben III. 1. a) bb), Seite 81, dort Fußnote 11.

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Der Sicherung eines eigenverantwortlichen Handelns des Geschäftsherrn dient insbesondere die Pflicht des Geschäftsführers, dem wirklichen Willen des Geschäftsherrn gerecht zu werden, § 681 Satz 1 BGB. Da freilich – im Unterschied zu den Anzeigepflichten aus dem Recht des Fundes und der Miete – die anzuzeigende Beeinträchtigung der fremden Rechtssphäre von dem Geschäftsführer selbst ausgeht, obliegt es ihm, dem Geschäftsherrn nicht nur vollendete Tatsachen anzuzeigen, sondern schon vor der Übernahme der Angelegenheit dessen wirklichen Willen zu ermitteln oder – sollte ihm dies nicht möglich sein – anhand objektiver Indizien den mutmaßlichen Willen festzustellen.302 Die Verletzung dieser Pflicht ist – unterstellt man als Rechtsfolge einer Geschäftsführung ohne Rücksicht auf den Willen des Geschäftsherrn den bereicherungsrechtlichen (Wert-)Ausgleichs nach § 684 Satz 1 BGB – zu bewerten als „Provokation einer begünstigenden Rechtslage durch mißbilligenswerte Herbeiführung eines Sachverhaltsumstandes, der als Merkmal im Entstehungstatbestand eines subjektiven Rechts relevant wird.“303 Hervorzuheben ist insoweit, dass das ausgeschlossene Recht allein durch das missbilligenswerte Verhalten hätte entstehen können304: Hätte der Geschäftsführer den wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn sorgfältig ermittelt, hätte er von der Geschäftsführung Abstand nehmen müssen. Da sich die Informationspflicht des Geschäftsführers aus § 681 Satz 1 BGB nicht auf die Mitteilung bereits eingetretener Tatsachen, sondern auf ein bevorstehendes Verhalten des Erklärenden bezieht, könnte man sie in gewisser Weise einer „Androhung“ gleichsetzen. Diese Qualifikation rechtfertigt allerdings keine andere Behandlung als die Anzeigepflichten.305

Die angeführten Pflichten des Finders und des Mieters weisen über die Wahrung der Eigenverantwortlichkeit hinaus eine weitere Gemeinsamkeit mit der Verpflichtung des Geschäftsführers zur sorgfältigen Ermittlung des Willens des Geschäftsherrn auf: Der Geschäftsherr vermag sein Recht auf Respektierung seines Willens bei abgeschlossenen Geschäftsbesorgungen nicht im Wege der Klage durchzusetzen.306 Erfährt er von der Übernahme

302 Bei der Verwirkung kraft missbilligten Verhaltens verhält es sich typischerweise so, dass das entsprechende Recht zunächst begründet war und nachträglich entfällt; doch kann auch dieselbe Handlung gleichzeitig den Tatbestand des Rechtserwerbs und der Verwirkung erfüllen, oder die Verwirkung kann bereits im „Anwartschaftsstadium“ des Rechts stattfinden (MünchKomm/Roth, 4. Auflage, § 242 Rdnr. 407). 303 So die – freilich nicht auf die Verpflichtung des Geschäftsführers bezogene – Formulierung Staudinger/J. Schmidt, 13. Bearbeitung, § 242 Rdnr. 660. 304 Staudinger/J. Schmidt, 13. Bearbeitung, § 242 Rdnr. 652 i.V. m. 661. 305 Vgl. Wendt, AcP 92 (1902), Seite 1, 130. 306 Vgl. dazu Siber, Der Rechtszwang, Seite 38 f.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

des Geschäfts durch den Geschäftsführer, so ist sein Anspruch auf Unterlassung eines abgeschlossenen Eingriffs erloschen, § 275 Abs. 1 BGB. Schließlich sei eine letzte Ähnlichkeit hervorgehoben: Das Erlöschen des Rechts auf Untersagung eines bereits vollzogenen Eingriffs wird – ebenso wie im Falle der verspäteten Anzeige des Fundes oder eines Mangels der Mietsache – nicht hinreichend durch Anerkennung eines Schadensersatzanspruchs des Geschäftsherrn (§ 678 BGB) ausgeglichen. Die Folgen einer unerwünschten Einmischung sind nur zu beseitigen, wenn die Möglichkeit der Beseitigung besteht; andernfalls bleibt dem Geschäftsherrn nichts anderes übrig, als die Resultate der gutgemeinten, aber unerbetenen Tätigkeit des Geschäftsführers hinzunehmen. Dieser aus der Sicht des Geschäftsherrn missliche Umstand ist nur dadurch zu kompensieren, dass das Gesetz den bereicherungsrechtlichen Ausgleich zugunsten des Geschäftsführers (§ 684 Satz 1 BGB) versagt. Allein auf diese Weise wird der Geschäftsführer in jedem Falle dazu angehalten, die Entscheidungsfreiheit des Geschäftsherrn zu achten. (b) Die schuldhafte Verkennung des wirklichen oder mutmaßlichen Willens des Geschäftsherrn als Obliegenheitsverletzung des Geschäftsführers? Hat die Fehleinschätzung des Willens des Geschäftsherrn den Ausschluss des Rechts auf das aus der Geschäftsführung Erlangte (§ 684 Satz 1 BGB) zur Folge, so könnte es sich – richtet man sein Augenmerk auf die „Leistungsfreiheit“ des Geschäftsherrn – bei der bezeichneten „Pflicht“ um eine Obliegenheit handeln. In diesem Falle wäre die Bestimmung des § 681 BGB als Anzeigeobliegenheit zu qualifizieren. (1) Als „Obliegenheiten“ bezeichnet man „Pflichten minderer Zwangsintensität“, die dem Belasteten im (überwiegend) eigenen Interesse auferlegt sind.307 Dementsprechend ist dem Belasteten im Falle einer Obliegenheitsverletzung kein rechtswidriges Verhalten vorzuwerfen.308 Für die Unterscheidung von Obliegenheiten und Pflichten spielt die Wortwahl in Gesetzen oder Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur eine untergeordnete Rolle.309 307 Zahlreiche Nachweise dazu bei Staudinger/J. Schmidt, 13. Bearbeitung, Einl zu §§ 241 ff., Rdnr. 277. Abweichend Reimer Schmidt, a. a. O., Seite 314 f. sub 10: „Pflichten im fremden und im eigenen Interesse“. 308 MünchKomm/Kramer, 3. Auflage, Einleitung zu § 241 Rdnr. 44: „Insofern handelt der Belastete, wenn er der Obliegenheit nachkommt, in eigenem Interesse, ohne daß ihm der Vorwurf der Rechtswidrigkeit gemacht werden könnte, wenn er sich anders entscheidet.“ 309 Vgl. Sieg, ZVersWiss 1993, Seite 325, 326.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Obliegenheiten sind dadurch gekennzeichnet, dass an ein tatbestandlich bestimmtes Verhalten des Belasteten eine nachteilige Rechtsfolge geknüpft ist, die nicht in einem Schadensersatzanspruch des Gläubigers besteht.310 Ihre Verletzung wirkt sich vielmehr auf Rechte des Belasteten aus; die Folge kann insbesondere sein, dass ein Recht nicht entsteht oder nachträglich entfällt.311 Als „rechtstheoretische Wurzel“ der Obliegenheiten wird das Verbot bezeichnet, sich zum eigenen Verhalten in Widerspruch zu setzen („venire contra factum proprium“).312 Als Beispiele für die Rechtsfolge von Obliegenheitsverletzungen ist der (gesetzliche oder vertragliche) Ausschluss von Ansprüchen auf Versicherungsleistungen für den Fall zu nennen, dass der Versicherungsnehmer dem Versicherer den Eintritt des Versicherungsfalls nicht unverzüglich anzeigt (§ 33 VVG) oder ihm nicht solche Auskünfte erteilt, die zur Feststellung des Versicherungsfalls oder des Umfanges der Leistungspflicht erforderlich sind (§ 34 VVG).313 Dass die Anzeige des Versicherungsfalles im Interesse des Versicherungsnehmers liege, dem an einer reibungslosen Schadensregulierung gelegen sei, wird im versicherungsrechtlichen Schrifttum allerdings mehr behauptet als begründet.314 Bejaht man im Unterschied dazu das überwiegende Interesse des Versicherers am Erlangen der Kenntnis vom Versicherungsfall, so ist die Anzeige als echte Pflicht des Versicherungsnehmers und der Verlust 310 Reimer Schmidt, a. a. O., Seite 315 sub 12. Die Möglichkeit eines Schadensersatzanspruchs bejahen dagegen – ohne nähere Begründung – Staudinger/J. Schmidt, 13. Bearbeitung, Einl zu §§ 241 ff. Rdnr. 274; RG WarnRspr. 1913, Nr. 270, Seite 315, 316; OLG Kiel VA 1927, Nr. 1711, Seite 64, 65; Prölss/Martin/Prölss, VVG, § 6 Rdnr. 115 m. w. N. mit dem Hinweis auf die Gesetzesmaterialien zum VVG (Begr.), Seite 23 zu § 6. 311 Siehe im Einzelnen Reimer Schmidt, a. a. O., Seite 264 sub E: „Rechtsfolgen von Obliegenheitsverletzungen“; Gesetzesmaterialien zum VVG (Begr.), Seite 22 zu § 6. 312 Reimer Schmidt, a. a. O., Seite 317 sub 16; Bruck/Möller/Sieg, VVG, § 6 Anm. 10 sub bbb; Wieling, AcP 176, Seite 334, 352. 313 Sieg, ZVersWiss 1993, Seite 325, 335, bezeichnet diese „Pflichten“ des Versicherungsnehmers als „materiellrechtliche Auskunftsobliegenheiten, die als Voraussetzung eines Anspruchs des Versicherungsnehmers“ verstanden werden müssen. Siehe dazu – bezogen auf vorvertragliche Pflichten des zukünftigen Versicherungsnehmers – Reimer Schmidt, a. a. O., Seite 139 f. sub VII. Prölss/Martin/Prölss, VVG, § 33 Rdnr. 9 m. w. N. betonen, dass die Verletzung der Anzeigeobliegenheit einen Schadensersatzanspruch des Versicherers zur Folge haben könne. 314 Reimer Schmidt, Seite 225. Abgeschwächt heißt es auf Seite 229 sub C I: „Es handelt sich um eine zur Vertragspflicht schwächerer Wirkung erhobene antizipierte besondere Substantiierungslast, die nicht nur im Interesse des Versicherungsnehmers auferlegt ist.“ (Hervorhebung durch Verf.)

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

seines Leistungsanspruchs als (gesetzlich angeordnete oder vertraglich vereinbarte) Sanktion einer Pflichtverletzung zu deuten. Aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch sind die Schadensabwendungs- und -minderungs„pflicht“ kraft der Vorschrift des § 254 Abs. 2 BGB315 und die nicht erteilte Genehmigung von Verwendungen des Besitzers durch den Eigentümer anzuführen (§ 1003 Abs. 1 Satz 2 BGB): Der Besitzer kann den Eigentümer zwar nicht zwingen, die Genehmigung zu erteilen. Wohl aber muss der Eigentümer, will er die Verwertung seiner Sache durch den Besitzer zur Befriedigung von Verwendungsersatzansprüchen vermeiden, innerhalb einer bestimmten Frist erklären, ob er die Verwendungen genehmige.316 Ein abschließendes Beispiel bildet die Verpflichtung, einen unentschuldigten Überbau zu dulden, wenn es der Nachbar versäumte, rechtzeitig Widerspruch zu erheben (§ 912 Abs. 1 letzter Halbsatz BGB).317 (2) Legt man die angeführte Begriffsbestimmung zugrunde, so scheidet die Qualifizierung der „Pflicht“ des Geschäftsführers, den wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn zu ermitteln, als Obliegenheit aus: Die Feststellung dient zuvörderst dem Interesse des Geschäftsherrn, eine unerbetene Einmischung in seine Angelegenheiten zu unterbinden. Das Interesse des Geschäftsführers an der Ermittlung seines Willens beschränkt sich demgegenüber auf das Entstehen eines Anspruchs auf Ersatz seiner Aufwendungen (§ 670 BGB). Bezweckt die Pflicht in erster Linie den Schutz des Geschäftsherrn, so ist auch dessen Schadensersatzanspruch im Falle ihrer Verletzung (§ 678 BGB) die angemessene Folge. Ebenso wie die Folge der Obliegenheitsverletzung ist freilich die Verwirkung eines Anspruchs kraft einer Pflichtverletzung Ausdruck des Gebotes von Treu und Glauben, denn die Geltendmachung eines „an sich“ begründeten Rechts ist missbräuchlich, wenn die Voraussetzungen dafür in missbilligenswerter Weise geschaffen worden sind (sog. exceptio doli praeteriti).318 Auch die fehlende Klagbarkeit der Pflicht zur Ermittlung des 315 Näher dazu Larenz, Schuldrecht I, § 31 I c, Seite 543, mit Darstellung des Streitstandes zur Qualifizierung dieser „Pflichten“. 316 Es handelt sich hierbei um eine sog. Erklärungsobliegenheit (Reimer Schmidt, a. a. O., Seite 303). 317 Weitere Beispiele für Obliegenheiten benennt etwa MünchKomm/Kramer, 4. Auflage, Einleitung zu § 241 Rdnr. 50. 318 MünchKomm/Roth, 4. Auflage, § 242 Rdnr. 386, 397; Staudinger/J.Schmidt, 13. Bearbeitung, § 242 Rdnr. 653 (letzterer freilich kritisch im Hinblick auf die dogmatische Verankerung; vgl. Rdnr. 662 und 629). Die „exceptio“ wird auch mit der Parömie „turpitudinem suam allegans nemo auditur“ – „Niemand wird mit Berufung auf sein eigenes Unrecht gehört“ hervorgegangen aus dem Rechtssatz „fraudem suam nemo debet allegare“ – „Niemand darf sich auf eigenes Unrecht berufen“ umschrieben (Rietzler, a. a. O., Seite 3 f. m. w. N.; Dette, a. a. O., Seite 32).

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Willens des Geschäftsherrn rückt diese Pflicht in die Nähe der Obliegenheiten.319 Nicht zufällig bezeichnet Reimer Schmidt die Pflicht des Geschäftsführers aus § 681 Satz 1 BGB als „Grenzfall“.320 Auch Josef Wieling betont in einer Abhandlung aus dem Jahre 1976321 die Ähnlichkeiten zwischen der Pflicht aus § 681 BGB und einer Obliegenheit: „So bedeutet etwa das ,unverzüglich‘ bei den Erklärungsobliegenheiten, daß auf die persönlichen Umstände des Belasteten Rücksicht zu nehmen sei; das ,unverzüglich‘ entspricht etwa dem ,sobald als tunlich‘ des § 681.“

In Anbetracht des überwiegenden Interesses des Geschäftsherrn an der Ermittlung seines Willens halte ich jedoch an der Qualifizierung des Gebotes als „echte“ Pflicht fest.322 hh) Herausgabepflicht des schadensersatzberechtigten Geschäftsherrn bei Verzicht auf die Beseitigung des „Vorteils“? Verlangt der Geschäftsherr/Eigentümer von dem nicht berechtigten Geschäftsführer den Ausgleich von Nachteilen, die ihm durch eine unerwünschte Einmischung entstanden sind (§ 678 BGB), erklärt er aber gleichzeitig, auf die Beseitigung des zunächst aufgedrängten „Vorteils“ durch den Geschäftsführer (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) im eigenen Interesse zu verzichten, so mindert eine durch den Geschäftsführer bewirkte Werterhöhung seiner Sache den Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung: Der Eigentümer/Geschäftsherr akzeptiert den Wertzuwachs, so dass der Ausgleich nicht aufgedrängter Vorteile wieder in sein Recht tritt. Er ist in entsprechender Anwendung der §§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB zu vollziehen, weil der unberechtigte Geschäftsführer im Falle der Akzeptanz des Vorteils nicht schlechter als der angemaßte Eigengeschäftsführer gestellt sein darf, der – billigt der andere Teil den geschaffenen Zustand – den Ersatz seiner Aufwendungen bis zur Höhe des Wertzuwachses einer bearbeiteten Sache verlangen kann.323 Darf der Geschäftsführer/Schadensersatzschuldner den Ausgleich eines zwar unerbeten geschaffenen, aber im Ergebnis akzeptierten Vorteils verlangen, so ist dieser Posten mit dem Schadensersatzanspruch des anderen Teils zu verrechnen. 319 Zur fehlenden Klagemöglichkeit im Hinblick auf die Erfüllung von Obliegenheiten siehe Staudinger/J. Schmidt, Einl zu §§ 241 ff. Rdnr. 273, 279. 320 Die Obliegenheiten, Seite 38 sub II 2b. Leider untersucht Schmidt entgegen seiner Ankündigung diesen „Grenzfall“ nicht näher. 321 AcP 176, Seite 334, 351. 322 So auch Klein, a. a. O., Seite 68 f. i.V. m. Seite 64. 323 Siehe dazu – bezogen auf die Miete – oben V. 1. a) cc), Seite 373 und – bezogen auf den Geschäftsführer – unten V. 2. b) ll) (c) (3), Seite 462 ff.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Diese Saldierung bedarf keiner Aufrechnung mit einem selbständigen Anspruch des Geschäftsführers auf Herausgabe einer Bereicherung des Geschäftsherrn aus § 684 Satz 1 BGB; sie ist als Vorteilsanrechnung Ausdruck des Bereicherungsverbots, in anderer Ausdrucksweise der Gewinnabwehr. Wendet man – wie Wittmann324 vorschlägt – die angeführte Vorschrift dennoch an, hat man sich vor Augen zu halten, dass der ersatzberechtigte Geschäftsherr/Eigentümer nicht außerdem zur „Herausgabe des durch die Geschäftsführung Erlangten“ verpflichtet ist. Die Verrechnung der beiderseitigen „Ansprüche“ sei an dem Beispiel verdeutlicht, dass ein Entleiher das Fahrzeug des Eigentümers/Geschäftsherrn mit Sportsitzen versieht, obwohl der Wagen zu diesem Zeitpunkt bereits verkauft war. Wegen der ihm nicht genehmen Sitze macht der Käufer gegenüber dem Eigentümer/Verkäufer von einem vereinbarten Rücktrittsrecht Gebrauch. Dadurch entgeht dem Eigentümer/Geschäftsherrn ein Reingewinn in Höhe von 500 Euro. Die Sitze, deren Herausgabe der Eigentümer/Geschäftsherr verweigert, erhöhen dagegen den Wert des Fahrzeugs um 400 Euro. Es verbleibt nach Verrechnung der beiderseitigen Posten ein Schadensersatzanspruch des Verleihers in Höhe von 100 Euro.

ii) Die Gleichbehandlung des beseitigungspflichtigen und des nicht beseitigungspflichtigen Geschäftsführers Vermag der Geschäftsführer, wie bereits ausgeführt, das vom Geschäftsherrn Erlangte nicht zu beanspruchen, weil er den aufgedrängten „Vorteil“ aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes oder der Eigentumsbeeinträchtigung zu beseitigen hat, so steht ihm auch kein Ausgleich zu, wenn diese Pflicht wegen der Unmöglichkeit ihrer Ausführung aufgehoben ist: Es besteht kein Grund, den beseitigungspflichtigen Geschäftsführer im Hinblick auf das vom Geschäftsherrn „Erlangte“ schlechter zu stellen als den Geschäftsführer, dem diese Last nicht aufgebürdet ist. Entsprechendes gilt, sollte die Beseitigungspflicht mit Rücksicht auf die Belange des Geschäftsführers, etwa aus dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit (§ 251 Abs. 2 Satz 1 BGB in entsprechender Anwendung325), entfallen. Hat beispielsweise der Geschäftsführer eine Sache gegen den erkennbaren Willen des Eigentümers/Geschäftsherrn im eigenen Namen in Verwahrung gegeben, um sie vor Witterungseinflüssen zu schützen, so kommt dem Eigentümer/Geschäftsherrn zwar das Ausbleiben einer Wertminderung zugute. Der Anspruch des Geschäftsführers auf den Ausgleich des ausgebliebenen Wertverlustes (§§ 684 Satz 1, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) ist jedoch wegen seiner Eigenmacht zu verneinen: Hätte er den Wert der fremden Sache kraft der Zufügung von (wesentlichen oder 324

Siehe dazu V. 2. b) ff) (d), Seite 425, dort insbesondere Fußnote 283 f. Zu der Frage, ob die angeführte schadensrechtliche Bestimmung auf den Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechend anzuwenden ist, siehe oben III. 2. i) cc) (b), Seite 146, dort insbesondere Fußnote 261. 325

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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unwesentlichen) Bestandteilen eigenmächtig erhöht, wäre er zu deren Beseitigung verpflichtet (§§ 678, 681 Satz 1 bzw. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB). In den beiden Spielarten der unberechtigten Geschäftsführung gilt der Grundsatz: Der beseitigungspflichtige und der nicht beseitigungspflichtige Geschäftsführer sind im Hinblick auf das vom Geschäftsherrn „Erlangte“ gleich zu behandeln.

Der Umstand allein, dass der Geschäftsführer einen nicht in Natur zu beseitigenden „Vorteil“ geschaffen hat, rechtfertigt keine Besserstellung im Verhältnis zum schadensersatz- und beseitigungspflichtigen Schuldner: Die Unmöglichkeit der Beseitigung beinhaltet aus der Sicht des Geschäftsherrn den Ausschluss seines Rechts, das unbefugte Eindringen eines Dritten in seine Sphäre wieder ungeschehen zu machen. Diese Verkürzung seiner Position gegenüber dem „Eindringling“ vermag eine weitere Belastung: die Erstattung des aufgedrängten Zuwachses, nicht zu rechtfertigen. Ein Ausgleich aus dem Gesichtspunkt der Akzeptanz eines nicht beseitigungsfähigen „Vorteils“ durch den Geschäftsherrn ist allenfalls zu erwägen, wenn dieser ausdrücklich erklärt, dass er – die Beseitigungsfähigkeit des Vorteils unterstellt – im eigenen Interesse davon abgesehen hätte, dessen Beseitigung zu verlangen; eine praktisch wohl ausgeschlossene Gestaltung.

Der Ausgleich für einen Zuwachs, der gegen den Willen des Geschäftsherrn bewirkt worden ist, ist mithin versagt, wenn dessen Wille nicht sorgfältig ermittelt worden ist. Dies ist eine Konsequenz der Erkenntnis, dass der Geschäftsführer das Risiko der schuldhaft unrichtigen Beurteilung der Verhältnisse des Geschäftsherrn zu tragen hat.326 326 Vgl. BGH LM Nr. 17 zu § 683 (Urteil vom 20. Juni 1963). Das Gericht hatte zu entscheiden, ob der Eigentümer eines an einer Bahnstrecke gelegenen Weidelandes berechtigt war, von der Bundesbahn die Aufwendungen für einen Zaun ersetzt zu verlangen, den er errichtet hatte, um sein Vieh vom Betreten des Bahnkörpers abzuhalten. Der Bundesgerichtshof verneinte einen Anspruch des Eigentümers der Weide und führte aus (a. a. O., sub 2): „Dem Kläger (d.h. dem Eigentümer des Weidelandes) steht ein Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 684 Satz 1, 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht zu. Die Beklagte (d.h. die Bundesbahn) ist nicht bereichert, weil sie nichts erspart hat. Sie ist nämlich nicht verpflichtet, ihre Bahnanlagen auf freier Strecke einzufriedigen, um Tiere am Betreten der Schienen zu hindern.“ (Hervorhebung durch Verf.). M. E. war ein Anspruch des Landwirtes aus § 684 Satz 1 BGB wegen einer Verletzung seiner Informationspflicht aus § 681 Satz 1 BGB von vornherein zu verneinen. Bei Akzeptanz des Zaunes durch die Bahn kraft eines eigennützig motivierten Verzichts auf seine Beseitigung aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB wäre – die Fremdnützigkeit des Handelns des Landwirtes unterstellt(!) – im Falle der Werterhöhung des Bahngrundstücks durch den Zaun (sic!) ein kondiktionsrechtlicher Anspruch in entsprechender Anwendung der §§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB in Betracht zu ziehen gewesen, weil der unberechtigte Fremdgeschäftsführer nicht schlechter gestellt sein darf als der angemaßte Eigengeschäftsführer, wenn der von ihm herbeigeführte Erfolg seitens des unfreiwillig Bereicherten gebilligt wird (siehe dazu oben

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

jj) Die aufgedrängte Tilgung einer fremden Verbindlichkeit als ausgleichslose „Gefälligkeit“? Die Leistung eines Dritten im Sinne des § 267 BGB mag sich in Ausnahmefällen ohne Absprache mit dem Schuldner vollziehen, mithin eine unerwünschte Einmischung in dessen Sphäre darstellen und darüber hinaus sein geschäftliches oder persönliches Ansehen berühren.327 In diesem Falle ist der Rückgriff des Dritten durchaus nicht selbstverständlich – auch wenn er mit Fremdgeschäftsführungswillen tätig geworden sein sollte328: Bewertet man die Tilgung fremder Schulden im Sinne des § 267 BGB als „Übernahme eines fremden Geschäfts“ im Sinne des § 677 BGB, so soll das Erfordernis der Interesse- und Willensgemäßheit bei Übernahme der Geschäftsführung „die privatautonome Entscheidungsfreiheit des Geschäftsherrn soweit als möglich sichern, diesen also vor einer einseitigen Aufdrängung einer unerwünschten Rechtsbeziehung bewahren.“329 Das betont zutreffend – leider ohne die Vorschrift des § 681 Satz 1 BGB anzuführen – Eugen Josef im Hinblick auf die Leistung für einen abwesenIII. 2. d) dd) a. E., Seite 102, V. 1. a) cc), Seite 373 [bezogen auf Verwendungen des Mieters] und unten V. 2. b) hh), Seite 437). 327 Die Leistung auf eine fremde Schuld behandelt ausführlich und rechtsvergleichend Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 2, Seite 359 ff., Rdnr. 153 ff. Zur Anwendung der Geschäftsführung ohne Auftrag a. a. O., Seite 361 Rdnr. 155. 328 Ob allein aus der Fremdheit der Verbindlichkeit auf eine Geschäftsführung des Dritten im Sinne der §§ 677 ff. BGB zu schließen ist oder ob darüber hinaus die Uneigennützigkeit seines Handelns festgestellt werden muss (dazu Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 99 f.), kann m. E. in aller Regel dahinstehen. Ein eigennütziges Handeln des Dritten wäre dann anzunehmen, wenn er in der Absicht tätig wurde, eine Rückgriffsforderung gegen den Schuldner zu erwerben. Diese Motivation gäbe bei Zahlungsverbindlichkeiten allerdings keinen vernünftigen Sinn: Warum sollte der Dritte eine Geldsumme an den Gläubiger zahlen, um sich diese bei dem Schuldner zurückzuholen? Unzutreffend daher Wittmann, a. a. O., Seite 99: „Wenn jemand eine fremde Schuld bezahlt, läßt sich hieraus allein eine fremdnützige Absicht nicht entnehmen. Mangels besonderer Umstände ist vielmehr grundsätzlich davon auszugehen, daß der Zahlende an den Gläubiger in der Absicht leistet, gegen den Schuldner Regreß zu nehmen.“ Freilich kommen – wie die oben in Fußnote 46 des Abschnitts IV. angeführte amerikanische Entscheidung Rosenbluth v. Kurash erweist – eigennützige Motive in Betracht: Der Dritte zahlt, um den Schuldner für seine Geschäftsinteressen einzuspannen. Ein (ausschließlich) eigennütziges Handeln des Dritten ist in den Fällen des drohenden Verlustes seiner Rechte nach § 268 Abs. 3 BGB zu bejahen; hier billigt das Gesetz den Eingriff in die Rechtssphäre des Schuldners, und zwar nicht zum Vorteil des Gläubigers (wie in § 267 BGB), sondern zum Schutze des Dritten. Daher ordnet es konsequent den Übergang der Gläubigerrechte auf den Dritten an. 329 Gursky, AcP 185, Seite 13, 43 – freilich ohne speziellen Bezug zur Tilgung einer fremden Schuld.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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den Schuldner330: „. . . selbst in solchen Fällen wird meine Erstattungspflicht (gemeint ist die des Schuldners) . . . abzulehnen sein, wenn . . . meine Abwesenheit etwa gar eine Einmischung des Zahlenden mit Rücksicht auf meine alsbald zu erwartende Heimkehr unangebracht erscheinen lassen . . . mußte.“ An früherer Stelle331 hebt Josef hervor, dass ein Wechsel des Gläubigers dem Interesse des Schuldners widerspreche, „der andernfalls jeder aufdringlichen Gefälligkeit fortgesetzt preisgegeben wäre.“ (a) Den Sinn des Verbots, sich durch die Tilgung fremder Verbindlichkeiten in Angelegenheiten des Schuldners einzumischen, erhellt eine Entscheidung des Handelsappellationsgerichtes Nürnberg aus dem Jahre 1866332: Jemand rechnete gegen eine Zahlungsklage auf und behauptete, er habe für den Kläger den fraglichen Betrag an dessen Gläubiger bezahlt. Das erstinstanzliche Gericht gab der Klage statt, weil der Beklagte einen entsprechenden Auftrag nicht nachzuweisen vermochte. Gegen dieses Urteil legte der Beklagte Berufung mit der Begründung ein, dass ihm gegen den Kläger der geltend gemachte Anspruch auch ohne einen Auftrag „ex negotiorum gestione“ zustehe. Das Handelsappellationsgericht bestätigte die erstinstanzliche Erkenntnis, und zwar – so die Anmerkung des Herausgebers – aus Gründen, welche von den „kaufmännischen Mitgliedern“333 des Spruchkörpers geltend gemacht worden seien: Die Zahlung fremder kaufmännischer Schulden könne regelmäßig nicht als „nützliche negotiorum gestio“ angesehen werden, weil es für einen Kaufmann von größter Bedeutung sei, beständig über die ihm zur Disposition stehenden Beträge nach eigenem Ermessen zu verfügen, und es müsse „die übelsten Folgen“ haben, wenn es gestattet sei, dass sich ein Dritter ohne Auftrag mit eigenmächtigen Verfügungen zwischen den einen und den anderen Kaufmann eindränge. Das Rückgriffsrecht des Dritten aus dem Gesichtspunkt einer echten berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683 Satz 1, 670 BGB) ist im Ausgangspunkt selbst dann zu verneinen, wenn der Schuldner geplant hatte, die Pflicht zur Tilgung der Verbindlichkeit zum Gegenstand eines mit einer weiteren Person zu schließenden Auftrags (§ 662 BGB) oder Geschäftsbesorgungsvertrags (§ 675 Abs. 1 BGB) zu machen: In dieser Gestaltung hätte der Anspruchssteller das Selbstbestimmungsrecht des Geschäftsherrn verletzt und in diesem Sinne durchaus zu dessen Nachteil gehandelt. Der Einwand des Geschäftsherrn wäre freilich aus dem Gesichtspunkt rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) unbeachtlich gewesen, wenn er keine nachvollziehbaren Gründe (etwa eine langjährige Freundschaft oder Geschäftsbeziehung) hätte anführen können, die für die Til330

GruchB 50 (1906), Seite 215, 226. A. a. O., Seite 224. 332 SeuffArch 20, Nr. 161. Siehe dazu auch Wollschläger, a. a. O., Seite 77 sub II. 333 Die erläuternde Anmerkung zu dem angeführten Urteil verwendet den Begriff der „technischen Beisitzer“. Nach dem heute geltenden Recht handelte es sich um ehrenamtliche Richter im Sinne des § 105 GVG. 331

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

gung der Verbindlichkeit durch einen anderen als den intervenierenden Dritten sprachen.334

Dass der Schutz vor einem „aufgedrängten Rückgriff“335 auch außerhalb des kaufmännischen Verkehrs geboten sein kann, ist einer aufschlussreichen Entscheidung des Oberlandesgerichts Kiel aus dem Jahre 1890336 zu entnehmen: Das Gericht hatte über den Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung des Kaufpreises für ein Grundstück zu entscheiden, das ihr ehemaliger Bräutigam erworben hatte. Die Klägerin hatte die geschuldete Summe an den Beklagten, den Verkäufer der Immobilie, gezahlt, um ihre Verheiratung zu beschleunigen; sie begehrte die Rückzahlung, weil sich ihr Plan nicht verwirklichte. Das Gericht, das die Voraussetzungen einer Kondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Fall BGB) verneinte, qualifizierte das Verhalten der Klägerin gegenüber ihrem Bräutigam (d.h. dem Schuldner des Kaufpreises) als Geschäftsführung ohne Auftrag337: „Das Verhalten der Klägerin, welche ohne Wissen und Willen ihres Bräutigams gehandelt zu haben behauptet, stellt sich als eine negotiorum gestio dar, deren Charakter auch nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß die Klägerin ihrer Angabe zufolge dabei zugleich . . . die Beschleunigung ihrer Verheirathung durch Herbeiführung einer früheren Räumung des ihrem Bräutigam verkauften Grundstücks im Auge gehabt habe.“ Unterstellt, die Klägerin wäre gerichtlich gegen ihren Bräutigam vorgegangen: Wäre dieser zum Ausgleich der Zahlung aus § 684 Satz 1 BGB338 verpflichtet gewesen, obgleich seine Braut ungefragt die ihm obliegende Verbindlichkeit getilgt hatte?339 334 Der Einwand eines Geschäftsherrn, ihm wäre die Übernahme des Geschäft durch einen anderen unbeauftragten Geschäftsführer lieber gewesen, ist indessen in aller Regel (zu Ausnahmen siehe Fußnote 338) unbeachtlich: Hier ist seine Befugnis, rechtliche Beziehungen zu anderen Personen kraft eigenverantwortlicher Entscheidung zu begründen, nicht berührt, so dass insoweit ein Nachteil zu verneinen ist. In diesem Punkte zu allgemein MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, § 678 Rdnr. 4: „Der Widerspruch (ich ergänze: zum wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn) kann sich auf Inhalt, Umfang, Ausführungszeitpunkt, und sonstige Modalitäten des Geschäfts als auch auf die Person des Geschäftsführers beziehen.“ (Hervorhebung durch Verf.) 335 Diese Bezeichnung verwendet Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 952. 336 SeuffArch 46 (1891), Nr. 23, Seite 37. 337 A. a. O., Seite 37. 338 Gursky, AcP 185, Seite 13, 44, weist zutreffend darauf hin, dass in der Person des Geschäftsführers keine nachvollziehbaren Umstände gegeben sein dürfen, die gerade sein Eingreifen als unzweckmäßig und deshalb als unwillkommen erscheinen lassen. Im angeführten Beispiel hätte dies wohl zur Folge, dass von einer echten unberechtigten Geschäftsführung auszugehen gewesen wäre. 339 Der Wille der Braut, die Zahlung des Kaufpreises „für ihren Bräutigam“ (d.h. mit Fremdgeschäftsführungswillen) zu bewirken, war wegen ihrer Motivation zweifelhaft. Die unmittelbare Folge ihres Handelns: die Befreiung von einer Verbindlichkeit kraft des § 267 BGB, kam zwar dem Bräutigam zugute. Das überwiegende

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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(b) Der Rückgriff im Falle der unerwünschten Einmischung ist nicht etwa schon deshalb anzuerkennen, weil jemand eine fremde Forderung durch Abtretung zu erwerben vermag und es damit gleichermaßen zu einer „Auswechselung des Gläubigers“ kommt, sofern nicht das in § 399 BGB enthaltene rechtsgeschäftliche Abtretungsverbot oder die Änderung des Leistungsinhalts dem entgegenstehen.340 Nach bürgerlichem Recht ist eine Forderung im Ausgangspunkt ein fungibler, d.h. ohne Einschränkungen verwertbarer Vermögensbestandteil. Auf einen Wechsel der Person des Forderungsinhabers, sei es durch Rechtsgeschäft, sei es im Wege der Gesamtnachfolge, der Zwangsvollstreckung oder der Legalzession, muss sich der Schuldner nach heutigem Rechtsverständnis – anders als im römischen Recht – jederzeit einstellen. Der Gesichtspunkt des Datenschutzes weist freilich auf die Grenzen der Abtretung hin, die sich beispielsweise bei der Zession der Honoraransprüche von Ärzten oder Rechtsanwälten durchsetzen.341

Die Sinnesrichtung des Dritten, der den Gläubiger als Geschäftsführer ohne Auftrag und Intervenient im Sinne des § 267 BGB befriedigt, ist nämlich eine andere als die des Zessionars: Ihm ist nicht an dem Erwerb des Gläubigerrechts gelegen, sondern er will eine Angelegenheit des Schuldners regeln mit der Folge, von diesem gegebenenfalls den Ersatz seiner Aufwendungen verlangen zu können.342 Demzufolge handelt es sich bei der ZesInteresse an der schleunigen Verheiratung ließ aber die Bewertung ihres Handelns als „altruistisch“ kaum zu. Siehe dazu auch die in Fußnote 46 des Abschnitts IV. angeführte amerikanische Entscheidung Rosenbluth v. Kurash sowie meine Ausführungen in Fußnote 328 dieses Abschnitts. 340 Ebenso Jakobs, Eingriffserwerb und Vermögensverschiebung, Seite 170 Fußnote 54; Gursky, JZ 1992, Seite 315. Abweichend Larenz/Canaris, a. a. O., § 69 III 2b, Seite 192, der insoweit zwischen der Regelung des § 399 Satz 1 und der des § 399 Satz 2 BGB unterscheidet: „Nimmt der Dritte z. B. für den Schuldner eine Handlung vor, so verändert sich bei der Rückgriffskondiktion zwar der Inhalt der Schuld, weil dieser nunmehr in der Pflicht zu einer Geldzahlung statt zu der Handlung besteht, doch wird der Schuldner durch das Bereicherungsrecht ausreichend geschützt. . . . Soweit er selbst hätte Geld aufwenden müssen, wäre es mit der Abschöpfungsfunktion des Bereicherungsrechts unvereinbar, die Rückgriffskondiktion an § 399 S. 1 BGB scheitern zu lassen. Ein vertragliches Abtretungsverbot i. S. von § 399 S. 2 BGB dürfte dagegen seinem Sinn und Zweck nach auch hier zu beachten sein mit der Folge, daß die Leistung des Dritten keine Erfüllungswirkung hat und dieser sie folglich von deren Empfänger kondizieren kann.“ In diesem Sinne auch Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 952; ebenso Tückmantel, a. a. O., Seite 85 sub „Ergebnis“. 341 BGHZ 115, Seite 123; angeführt im Kommentar von Palandt/Heinrichs, 62. Auflage, § 134 Rdnr. 16 unter „Ärzte“, nicht jedoch in den Erläuterungen zu § 399 BGB. 342 Auf den Erwerb des Gläubigerrechts zielt der Forderungskauf; bei einer Leistung nach § 267 BGB erlischt dagegen die Verbindlichkeit. Zutreffend stellt Selb im Staudingerschen Kommentar, 13. Bearbeitung, § 267 Rdnr. 13, fest: „Die dem Dritten fremde Schuld erlischt. Eben deshalb geht die Forderung ohne besondere

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

sion und der Befriedigung des Gläubigers nach § 267 BGB um verschiedene soziale Phänomene.343 Aus dem Blickwinkel des Gebotes, nicht in fremde Rechtsverhältnisse einzudringen, folgt, dass eine Dritterfüllung im Sinne des § 267 BGB unwirksam ist, sofern die Abtretung der Forderung nach § 399 BGB i.V. m. § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG ausgeschlossen oder nach § 134 BGB i.V. m. § 203 StGB nichtig wäre344: In diesen Fällen ist es dem Dritten untersagt, sich unabhängig von dem Willen des Schuldners in das fremde Rechtsverhältnis einzumischen, indem er sich etwa nach dem Umfang der bestehenden Schuld bei dem Gläubiger erkundigt.

Die Erfüllung einer Verbindlichkeit durch einen außerhalb des Schuldbandes stehenden Dritten ist dementsprechend zu versagen, wenn die „Zweckbestimmung“ des Vertragsverhältnisses mit dem Schuldner einen solchen Eintritt unterbindet, weil er personenbezogenen Daten dem Dritten als „Unberufenen“ zugänglich machen würde. Eine Wahrung der berechtigten Interessen des Gläubigers im Sinne des § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG wäre bei Liquidität des Schuldners, d.h. seiner Leistungsfähigkeit und -bereitschaft, zu verneinen. Die Bestimmung des § 267 BGB ist demzufolge mit § 28 BDSG zu verbinden: Die befreiende Wirkung tritt nicht ein, wenn der Gläubiger die Leistung des Dritten unter Verstoß gegen die „Geheimhaltungspflicht“ des Datenschutzgesetzes entgegennimmt, § 134 BGB. In diesen Fällen stellt sich die Frage des Rückgriffs nicht. Mangels einer Erfüllungswirkung kann der Dritte den Leistungsversuch mittels eines Bereicherungsanspruchs gegen den Gläubiger nach § 817 Satz 1 BGB rückgängig machen.345 Regelung weder auf den Dritten über (RGZ 96, 136; 167, 298, 301) noch steht dem Dritten ein Anspruch auf Abtretung der Forderung gegen Bewirkung der Leistung zu.“ 343 In diesem Sinne – bezogen auf das anglo-amerikanische Recht – zutreffend Stoljar, Restitution – unjust enrichment and negotiorum gestio, page 66, note 110: „. . . a person who discharges another’s obligation in an officious way is not entitled to subrogation, while an assignee can enforce his debt without regard to any question of officiousness. The explanation for this is that an assignment is mainly an arrangement between the assignee and the creditor . . .“ – „Erfüllt jemand die Verbindlichkeit eines anderen im Wege der Einmischung in dessen Angelegenheiten, so ist er nicht kraft einer Legalzession zum Rückgriff berechtigt, während der Zessionar seine rechtsgeschäftlich erworbene Forderung ohne Rücksicht auf den Vorwurf der Einmischung gegen den Schuldner durchsetzen kann. Der Grund für die unterschiedliche Behandlung von Drittzahlung und Abtretung liegt darin, daß die Abtretung hauptsächlich eine Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar darstellt . . .“ Der hier betonten Unterschiedlichkeit der Sachverhalte tragen beispielsweise die Ausführungen von Jakobs, Eingriffserwerb und Vermögensverschiebung, Seite 170, Tückmantel, a. a. O., Seite 84, und Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 952, keine Rechnung. 344 Zur Nichtigkeit der Abtretung ärztlicher Honorarforderungen vgl. BGHZ 115, Seite 123.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

445

Verstößt der Gläubiger nicht gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen, beispielsweise weil der Dritte über seine Verbindlichkeiten vom Schuldner unterrichtet wurde, tritt § 267 BGB in sein Recht: Die Drittleistung befreit den Schuldner. (c) Die Beschränkung des § 684 Satz 1 BGB auf Sachverhalte, in denen der Geschäftsführer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt aufgewendet hat, um den wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn zu ermitteln, hat zur Folge, das in den Fällen einer aufgedrängten Schuldtilgung durch einen außerhalb des Schuldverhältnisses stehenden Dritten nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag kein uneingeschränktes Regressrecht gegen den Schuldner als Geschäftsherrn anzuerkennen ist: Mischt sich jemand in ein fremdes Schuldverhältnis ein, indem er es ohne eine mögliche Rücksprache mit dem Schuldner tilgt, so kann er von dem nicht mehr Verpflichteten keine „Herausgabe des erlangten Etwas“ (§§ 684 Satz 1, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) verlangen. Die Befreiung des Schuldners durch einen Dritten setzt in Anlehnung an das römische Recht voraus, dass dieser bewusst auf die fremde Verbindlichkeit leistet. Die Fremdbezogenheit seines Handelns rechtfertigt mithin die sog. Liberation.346 In aller Regel wird der Dritte – bezogen auf das Verhältnis zum Schuldner – mit Fremdgeschäftsführungswillen tätig werden; eine entsprechende Motivation ist wegen der objektiven Fremdheit des Geschäftes zumindest zu vermuten. Sollte er jedoch überwiegend im eigenen Interesse tätig geworden sein, so bestimmt sich der Rückgriff nach der Vorschrift des § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB; der Ausgleichsanspruch ist hier von der nachträglichen Akzeptanz des eingetretenen Erfolgs durch den Geschäftsherrn (d.h. den Schuldner) abhängig.347

Gesetzt den Fall, die Vorschrift des § 684 Satz 1 BGB wäre uneingeschränkt anwendbar, so bliebe es – vorbehaltlich der Tilgung einer einredehafteten Forderung (§ 404 BGB in entsprechenden Anwendung)348 – ohne 345 Die Kondiktion aus § 817 Satz 1 BGB ist nicht nach § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil nicht der Dritte, sondern der Gläubiger gegen § 28 BDSG verstößt. 346 Reichard, AcP 193, Seite 567, 573 Fußnote 21 m. w. N. Wollte man (so Reichard a. a. O.) die Grundlage des Rückgriffs „auch außerhalb des Geschäftsführungsrechts“, d.h. im Kondiktionsrecht (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2 Satz 1 BGB) finden, so darf der Dritte, der sich in Kenntnis seiner fehlenden Berechtigung einer fremden Angelegenheit (der Schuldtilgung) angenommen hat, kraft eines vom Fremdgeschäftsführungswillen unabhängigen Ausgleichs nicht besser gestellt sein als er bei Anwendung der Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag stünde. Das gilt unabhängig davon, ob man den Wert der objektiven Geschäftsbesorgung mit den ersparten Aufwendungen (also eher tätigkeitsbezogen) oder der Befreiungswirkung (also eher erfolgsbezogen) beziffert (§ 818 Abs. 2, 1. Fall BGB): Die Ersparnis der Aufwendungen und die Erfüllung der Verbindlichkeit sind „zwei Seiten derselben Medaille“. 347 Siehe dazu oben II. 2. b) bb), Seite 37, III. 2. h) dd) (d) (1), Seite 142 und III. 6. d), Seite 196.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Belang, ob die Tilgung mit Rücksicht auf den Willen des Schuldners geschah: Der Schuldner hätte ohne Rücksicht auf die Pflicht des Dritten, seine Entschließung abzuwarten (§ 681 Satz 1 BGB), stets den Wert der Befreiung zu erstatten, §§ 684 Satz 1, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB.349 Durch die mit Blick auf § 681 Satz 1 gebotene Restriktion des § 684 Satz 1 BGB350 genießt der Schutz des Geschäftsherrn vor aufgedrängter Bereicherung allerdings den Vorrang vor dem Ausgleich einer Vermögensverschiebung, die nicht auf der Grundlage einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung vollzogen worden ist.351 Ein Anspruch des Dritten gegen den Schuldner, gerichtet auf „Herausgabe der Befreiungswirkung“ (§§ 684 Satz 1, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB), ist mithin nach den Regeln des Geschäftsführungsrechts nur anzuerkennen, wenn er unterstellen durfte, in Übereinstimmung mit dem mutmaßlichen Willen des Schuldners zu handeln.352 Diese Erkenntnis ist durchaus mit dem Umstand zu vereinbaren, dass nach den Digesten der Zahlungsrückgriff wegen der Befreiung des Schuldners anzuerkennen war, sofern der Schuldner kein Interesse am Unterbleiben der Zahlung hatte353: Dass der Dritte dem mutmaßlichen Willen des 348

Siehe dazu Larenz/Canaris, a. a. O., § 69 III 2b, Seite 191 f. m. w. N. Um eine Gleichbehandlung der Gestaltungen zu vermeiden, darf nicht auf die Vorschriften der Geschäftsführung zurückgegriffen werden, wenn zwischen den Parteien streitig ist, ob ein Auftrag zustandekam. So allerdings OAG Jena, SeuffArch Nr. 3 (1837), Nr. 51: Zwei Söhne eines verstorbenen Schuldners hatten dessen Steuern und Zinsen getilgt und bei der Auseinandersetzung über den Nachlass von den übrigen Erben Ersatz verlangt. Die beiden (zahlenden) Söhne „bemerken“, wie es in dem Urteil heißt, der Erblasser habe die Vergütung dieser auf sein Verlangen „verlegten Gefälle“ ohnehin zugesichert. Nach Auffassung der dritten Instanz, also des OAG, kam es auf diesen Vortrag nicht an: Das Gericht stellte der Einfachheit halber auf eine Geschäftsführung ohne Auftrag ab. 350 Siehe dazu oben V. 2. b) gg) (a), Seite 429 ff., und V. 2. b) gg) (b), Seite 434 ff. 351 A. A. Wollschläger, a. a. O., Seite 79, der die gegenteilige Ansicht auf den Wortlaut der (von ihm nicht teleologisch reduzierten) Vorschrift des § 684 Satz 1 BGB stützt. Der nach dieser Bestimmung gewährte Ausgleich wird von Wollschläger ohne nähere Begründung als „Erfolg des Vernunftrechts“ bezeichnet. 352 Der Rückgriff des Dritten ist nur im Falle der unerwünschten Einmischung zu versagen. Schon aus diesem Grunde ist die entsprechende Anwendung des § 814 BGB abzulehnen: Nach dieser Bestimmung entfällt ein bereicherungsrechtlicher Anspruch aus dem Gesichtspunkt der Leistungskondiktion, wenn der Bereicherungsgläubiger eine Leistung in Kenntnis seiner fehlenden Verpflichtung erbracht hat. Sie schützt denjenigen, der darauf vertraut hat, die vermeintlich geschuldete Leistung behalten zu dürfen, zielt aber nicht auf die Abwehr eines aufgedrängten Zuwachses. Zur Regelung des § 814 BGB siehe noch unten V. 2. d) ee), Seite 589 ff. 353 Dig. 3. 5. 42.: „Labeo libro sexto posteriorum epitomatorum a Iavoleno – Cum pecuniam eius nomine solveres, qui tibi nihil mandaverat, negotiorum gesto349

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Schuldners zuwiderhandelte, konnte in früher Zeit ausgeschlossen werden, weil dem Vollstreckungsschuldner ursprünglich kraft der „legis actio per manus iniectionem“, einer Haftungsklage mit dem Ziel des Zugriffs auf die Person des verurteilten Schuldners, Tod oder Versklavung drohten.354 Selbst zur Zeit der klassischen Juristen bedeutete die Zwangsvollstreckung im Regelfall „Zerschlagung“ des Gesamtvermögens („missio in bona“) und Infamie.355

Schließlich sei dem Einwand entgegengetreten, das restriktive Verständnis des § 684 Satz 1 BGB widerspreche der durch § 267 BGB fortgeführten Regel des römischen Rechts, dass Verbindlichkeiten ohne Wissen und selbst gegen den Willen des Schuldners getilgt werden können356: Die Tilgungswirkung schützt das Interesse des Gläubigers an der Leistung, trifft aber keine Regelung über das Rückgriffsrecht des Dritten gegenüber dem Schuldner.357 rum actio tibi competit, cum ea solutione debitor a creditore liberatus sit: nisi si quid debitoris interfuit eam pecuniam non solvi“ – „Labeo im 6. Buch der von Javolen ausgewählten Nachgelassenen Schriften – Wenn du Geld im Namen desjenigen gezahlt hast, der dir keinen Auftrag erteilt hatte, steht dir die Geschäftsführungsklage zu, weil durch diese Zahlung der Schuldner dem Gläubiger gegenüber befreit wurde, es sei denn, der Schuldner hatte irgendein Interesse daran, daß dieses Geld nicht gezahlt wurde.“ (nach Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler, a. a. O.). 354 Immerhin betonen Windscheid/Kipp (Pandekten Band 2, § 430 N. 23) die theoretische Möglichkeit einer interessewidrigen Drittleistung, welche keinen Ausgleichsanspruch gegen den befreiten Schuldner begründet: „Hat daher z. B. der Geschäftsführer eine Schuld des Geschäftsherrn getilgt, an deren Nichttilgung der Geschäftsherr Interesse hatte . . ., so kann er nicht etwa unter dem Titel der Bereicherung den Betrag dennoch zurückfordern; sondern der Geschäftsherr tut ihm vollkommen genug, wenn er sich erbietet, seinem früheren Gläubiger gegenüber die Schuld wiederherzustellen, und falls der Geschäftsführer, was freilich sehr nahe liegt, dieses Erbieten nicht verwerten kann, so bekommt er eben gar nichts ersetzt.“ (Hervorhebung durch Verf.). 355 Zur Zwangsvollstreckung im römischen Zivilprozess Kaser/Hackl, a. a. O., § 20 I und VII sowie § 56 und § 58 I 1. 356 Dig. 3. 5. 38.: „Gaius libro tertio de verborum obligationibus – Solvendo quisque pro alio licet invito et ignorante liberat eum: quod autem alicui debetur, alius sine voluntate eius non potest iure exigere.“ – „Gaius im 3. Buch über die Konsensualkontrakte – Jeder, der für einen anderen zahlt, selbst gegen dessen Willen oder ohne dessen Wissen, befreit ihn. Was aber jemandem geschuldet wird, kann ein anderer ohne dessen Willen nicht rechtswirksam einfordern.“ (nach Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler, a. a. O.). In ähnlicher Weise auch Dig. 46. 3. 53.: „Gaius libro quinto ad edictum provinciale: Solvere pro ignorante et invito cuique licet cum sit iure civili constitutum licere etiam ignorantis invitique meliorem conditionem facere.“ – „Gaius im 5. Buch zum Edikt der Provinzialstatthalter: Es ist gestattet, auch denjenigen von einer Schuld zu befreien, der davon nichts weiß und es auch nicht veranlasst hat, erlaubt doch das Zivilrecht, die Lage auch desjenigen zu verbessern, der von einem solchen Eingriff keine Kenntnis hat oder ihn nicht will.“ 357 Siehe dazu unten in diesem Abschnitt Fußnote 925.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Die Leistung durch eine außerhalb des Schuldbandes stehende Person ist zu unterscheiden von der Befreiung eines Schuldners durch die Erfüllung einer gesamtschuldnerischen Verbindlichkeit, § 422 BGB358: Selbstredend ist jeder Schuldner berechtigt, eine gegen ihn gerichtete Forderung zu tilgen, so dass ein entsprechendes Vorgehen nicht als unerwünschte Einmischung zu bewerten ist. Der den Gläubiger befriedigende Schuldner ist dementsprechend uneingeschränkt regressberechtigt, § 426 BGB.359

(d) Hat der Dritte mit seiner Zahlung den Zweck verfolgt, eine eigene Verbindlichkeit zum Erlöschen zu bringen, so soll er kraft einer „nachträglichen Fremdtilgungsbestimmung“360 nicht nachträglich die Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag schaffen können.361 Ein bereicherungsrechtlicher Rückgriff (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) scheidet aus, sofern das Befreitsein von der Verbindlichkeit aus der Sicht des Schuldners eines „rechtlichen Grundes“ nicht entbehrt; dies bestimmt sich nach den geschäftsführungsrechtlichen Vorschriften, weil andernfalls das an den Dritten gerichtete Gebot, sich vor der Übernahme einer fremden Angelegenheit mit dem Schuldner ins Benehmen zu setzen, „ausgehöhlt“ würde.362 Sollte ein Rückgriff auf der Grundlage der Vor358

Zur Vorschrift des § 422 BGB siehe Wernecke, a. a. O., Seite 72. Siehe dazu oben III. 2. i) cc) (c), Seite 148. 360 Der Bundesgerichtshof bejaht die Zulässigkeit einer solchen Bestimmung: BGH NJW 1986, Seite 2700; NJW 1964, Seite 1898. Ebenso bereits Oertmann, AcP 82 (1894), Seite 367 ff., 465. Siehe zum Ganzen Lorenz, Festschrift zum fünfzigjährigen Bestehen des Instituts für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht der Universität Heidelberg, Seite 267; Larenz/Canaris, a. a. O., § 69 III 2c, Seite 192 f. mit zahlreichen weiteren Nachweisen und oben Fußnote 28. Für das deutsche Recht bejahend Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 2, Seite 386 Rdnr. 214 ff. Im franzöischen Recht soll nach der Darstellung von Schlechtriem, a. a. O., Band 1, Seite 116 f. Rdnr. 75, der Zahlende die Befugnis haben, seine Leistung als solche des Schuldners gelten zu lassen, und von diesem einen Ausgleich kraft der „répétition de l’indu“ verlangen können. Schlechtriem weist aber auch auf „widersprüchliche Entscheidungen“ und eine „kontrovers diskutierende Literatur“ hin. Die Möglichkeit einer geänderten Tilgungsbestimmung werde in Frankreich nicht erörtert, dafür werde aber auf der Grundlage der Artt. 1249 und 1250 Cc ein vertraglicher Forderungsübergang als „subrogation personelle“, also ein Ersatz des ursprünglichen Gläubigers, durch den Intervenienten auf dem Wege der Abtretung befürwortet. 361 Gegen die Anwendbarkeit der Geschäftsführung ohne Auftrag bei Anerkennung der nachträglichen Fremdtilgungsbestimmung wenden sich – freilich mit bloßen Behauptungen „argumentierend“ – Sinn, NJW 1968, Seite 1857, 1859 und G.H. Maier, AcP 152 (1952/53), Seite 97, 99. Gursky, AcP 185, Seite 13, 34 bezeichnet die Annahme einer nicht rechtsgeschäftlichen Willensäußerung, die rückwirkend ein gesetzliches Schuldverhältnis entstehen lässt, als „monströse Konstruktion“. 362 A. A. – das Problem der unberechtigten Einmischung nicht erkennend – Thomä, JZ 1962, Seite 623, 627 f. sub V; v. Caemmerer Festschrift für Dölle, Seite 135, 147 ff. 359

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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schrift des § 684 Satz 1 BGB zu verneinen sein, ist das Befreitsein des Schuldners folglich mit rechtlichem Grund erlangt, sofern dieser die Tilgung nicht nachträglich akzeptiert. Dem Dritten im Sinne des § 267 BGB ist nach alledem zu empfehlen, die von ihm bewirkte Leistung nicht auf die fremde Schuld zu beziehen und sie bei dem Gläubiger zu kondizieren (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB).363 (e) Ebenso scheidet ein Rückgriff im Falle der sog. Selbsterfüllung regelmäßig aus, weil der Gläubiger nicht für den Schuldner an dessen Stelle die geschuldete Handlung vornimmt, sondern im eigenen Interesse tätig wird.364 Sollte ausnahmsweise ein fremdnütziges Handeln zu bejahen sein, hätte der Gläubiger das Einvernehmen mit dem Pflichtigen herzustellen, § 681 Satz 1 BGB. kk) Das Wegnahmerecht des Geschäftsführers Ist der finanzielle Ausgleich aus §§ 684 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB zu versagen, so kann der Geschäftsherr/Eigentümer die Beseitigung des ihm angefallenen Vorteils verlangen, § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB. Macht er diesen Anspruch nicht geltend, so steht es dem Geschäftsführer frei, die mit einer fremden Sache verbundenen Bestandteile oder Zubehör wegzunehmen. Dieses Wegnahmerecht besteht für Sachen, die in das Eigentum des Geschäftsherrn übergegangen sind, §§ 951 Abs. 2 i.V. m. 946, 947, 997 BGB.365 Es ist erst recht für Gegenstände anzuerkennen, an denen der Geschäftsherr kein Eigentum erlangt hat.366 Zur Frage des „rechtlichen Grundes“ siehe – bezogen auf die Verbesserung einer fremden Sache durch einen Nichtbesitzer – unten V. 2. d) cc) (b) (3), Seite 583. 363 Ebenso verhält es sich im englischen und amerikanischen Recht: „payments made under mistake“ können vom vermeintlichen Gläubiger zurückgefordert werden. Siehe dazu v. Caemmerer, Festschrift für Dölle, Seite 135, 138 m. w. N. 364 Siehe dazu bereits oben III. 2. i) cc) (b), Seite 146. 365 Der Zweck des § 951 Abs. 2 Satz 2 BGB ist unabhängig von der Frage zu bestimmen, ob die Vorschrift ein selbständiges Wegnahmerecht (auch zugunsten eines Nichtbesitzers) begründet oder das Wegnahmerecht des Besitzers aus § 997 BGB lediglich erweitert. Zu dieser umstrittenen Frage siehe Staudinger/Gursky, 13. Bearbeitung, § 951 Rdnr. 55 m. w. N.; Palandt/Bassenge, 62. Auflage, § 951 Rdnr. 25 m. w. N. 366 Besteht ein Wegnahmerecht des Geschäftsführers, so ist sein Anspruch gegen den Geschäftsherrn auf Herausgabe seines Eigentums aus § 985 BGB zu verneinen: Der Geschäftsherr hat die Wegnahme zu dulden, ist aber nicht gehalten, dem Geschäftsführer den Besitz zu verschaffen und die eventuell damit verbundenen Kosten zu tragen. Diesen Aspekt der Schuldnerstellung lässt Palandt/Bassenge außer Acht, wenn er formuliert (58. Auflage, § 997 Rdnr. 1, inhaltlich unverändert in der 59. Auflage, Rdnr. 3): „Verbindet ein Besitzer eine eigene Sache mit der fremden zu deren unwesentlichen Bestandteil, bleibt er deren Eigentümer; er kann sie jeder-

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

In der Zweiten Kommission wurde erwogen, dem Geschäftsführer das Recht zur Wegnahme ausdrücklich einzuräumen. Der entsprechende Antrag wurde indessen abgelehnt, da „die allgemeinen Vorschriften über die Kondiktionen in dieser Beziehung ausreichten; . . . dagegen bedürfe es einer besonderen Bestimmung, wenn man dem Geschäftsherrn die Befugniß einräumen wolle, das jus tollendi des Geschäftsführers durch Ersatz des Werthes der Sache abzuwenden; ein Bedürfniß für eine derartige Sondervorschrift bestehe indessen nicht, denn durch die Ausübung des Wegnahmerechtes seitens des Geschäftsführers werde der Geschäftsherr in der Regel nicht geschädigt.“367 Diese Argumentation lässt die Verweisung des § 951 Abs. 2 Satz 2 BGB auf das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis außer Betracht, kraft dessen die Abwendungsbefugnis des Eigentümers ausdrücklich anerkannt ist: § 997 Abs. 2 BGB.

ll) Der Anspruch des Eigengeschäftsführers gegen den Geschäftsherrn kraft der Akzeptanz des Vorteils (a) Der Anspruch des Geschäftsherrn auf „Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten“, §§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 1, 667 BGB Wird ein Geschäft in Kenntnis seines fremden Charakters und in eigennütziger Absicht besorgt (sog. angemaßte Eigengeschäftsführung), so schuldet der Geschäftsherr dem Geschäftsführer den Ersatz ersparter Aufwendungen nach Bereicherungsrecht (§§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB), sofern er das „aus der Geschäftsführung Erlangte“, d.h. den Erfolg der Geschäftsführung, für sich beansprucht (§§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 2, 667 BGB).368 Er schuldet mithin nicht – worauf die übliche Wendung schließen lassen könnte, dem Eigengeschäftsführer stehe eine „Aufwendungskondiktion“ zu369 – die Erstattung eines fremden Vermögensopfers, sondern nur einen Ausgleich dafür, dass ihm ohne Einsatz eigener finanzieller Mittel der Erfolg einer Geschäftsbesorgung370 zufließt. Mit anzeit wegnehmen oder herausverlangen, § 985 BGB.“ (Hervorhebung durch Verf.). Siehe dazu noch unten Fußnote 463 dieses Abschnitts. 367 Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 2, Recht der Schuldverhältnisse, Seite 1201. Siehe dazu auch Ruge, a. a. O., Seite 76. 368 Begehrt der Geschäftsherr vom Geschäftsführer nicht die Herausgabe des „aus der Geschäftsführung Erlangten“, ist auch ein unmittelbar auf die Vorschrift des § 812 BGB gestützter Anspruch des „böswilligen Eingreifers“ wegen seiner Aufwendungen ausgeschlossen; Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, § 687 Rdnr. 20 a. E. sowie BGHZ 39, Seite 186, 189; a. A. – die Frage des Aufdrängungsschutzes beiseite schiebend – Ebert, a. a. O., Seite 252 f. Zur Frage des „rechtlichen Grundes“ siehe – bezogen auf die Verbesserung einer fremden Sache durch einen Nichtbesitzer – unten V. 2. d) cc) (b) (3), Seite 583. 369 In diesem Sinne etwa Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 419; Fikentscher, Schuldrecht, 9. Auflage, Rdnr. 946 sub b.; Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, § 687 Rdnr. 20.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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deren Worten ausgedrückt: Die ausgebliebene Schmälerung des Vermögens des Geschäftsherrn begründet den Anspruch des Geschäftsführers.371 (1) Nach dem Wortlaut des § 684 Satz 1 BGB kann der Eigengeschäftsführer seinerseits vom Geschäftsherrn „das aus der Geschäftsführung Erlangte“ beanspruchen. Damit stellt sich die Frage, wie der Anspruch des Geschäftsführers auf „Herausgabe des Erlangten“ mit dem des Geschäftsherrn auf „Herausgabe des Erlangten“ (§§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 2, 667 BGB) in Einklang zu bringen ist.372 Sie ist im Falle der angemaßten Eigengeschäftsführung anders zu beantworten als im Fall der echten unberechtigten Geschäftsführung: Bei echter unberechtigter Geschäftsführung soll dem Geschäftsherrn das vom Geschäftsführer aus der Geschäftsführung Erlangte nicht „aufgedrängt“ werden. Der Geschäftsherr ist in diesem Fall gegenüber dem Geschäftsführer nicht zum Aufwendungsersatz, sondern zur Herausgabe des „aus der Geschäftsführung Erlangten“ verpflichtet, § 684 Satz 1 BGB.373 Grundlegend verschieden stellt sich die Interessenlage im Fall der angemaßten Eigengeschäftsführung dar: Entschließt sich der Geschäftsherr, das von dem Geschäftsführer Erlangte zu beanspruchen, so bringt er sein Interesse daran zum Ausdruck; der mit dem Eingriff in seine Rechtssphäre verbundene Erfolg wird ihm nicht „aufgedrängt“. Freilich erstreckt sich die Akzeptanz des Geschäftsherrn nicht auf das Handeln des Geschäftsführers, sondern auf das Ergebnis der Geschäftsführung. Dieser Vorteil ist bereicherungsrechtlich auszugleichen.374 Wegen der fehlenden Fremdnützigkeit seines Handelns kann der Geschäftsführer zwar nicht den Ersatz seiner Vermögensopfer verlangen, wohl aber den Wert einer vom Handeln her unerbetenen, vom Ergebnis jedoch akzeptierten Geschäftsführung. Dieser ist im Ausgangspunkt mit den Aufwendungen zu beziffern, die der Geschäftsherr bei Erteilung eines Auftrags (§§ 662, 670 BGB) hätte erstatten müssen; der Wertersatz ist allerdings im Umfang auf den Erfolg der Geschäftsbesorgung zu beschränken.375 370

Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 371 Deutlich – bezogen auf das Schweizerische Recht – Weber im Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Art. 423 OR Rdnr. 18: „Zu ersetzen sind dem Geschäftsanmaßer die effektiven Verwendungen . . ., soweit der Geschäftsherr, hätte er selbst gehandelt, entsprechende Auslagen erleiden würde.“ (Hervorhebung durch Verf.). 372 Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 150 Fußnote 1: „Bei wörtlicher Auslegung hätte der Geschäftsherr einerseits nach §§ 687 Abs. 2, 681 Satz 2, 667 einen Herausgabeanspruch, bei dessen Geltendmachung wäre er aber selbst nach §§ 687, 684 Satz 1 zur Herausgabe verpflichtet.“ 373 Im Falle der echten unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag ist die Vorschrift des § 684 Satz 1 BGB mithin wörtlich zu verstehen. Siehe dazu oben V. 2. b) dd), Seite 416. 374 Zur misslungenen Verweisung des § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB auf die Vorschrift des § 684 Satz 1 BGB siehe jüngst Ebert, a. a. O., Seite 250 f. m. w. N.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

(2) Dem Geschäftsherrn wird kraft der in § 687 Abs. 2 Satz 1 BGB enthaltenen Verweisung auf die Vorschriften der §§ 681 Satz 2, 667 BGB das Recht eingeräumt, von dem Geschäftsführer das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ für sich zu beanspruchen, d.h. insbesondere den Gewinn abzuschöpfen, den dieser aus der Verwertung von Sachen und Rechten des Geschäftsherrn erzielt hat.376 In diesem Sinne heißt es bei Wittmann377: „§ 687 Abs. 2 BGB ergänzt für den Fall der Wissentlichkeit den bei Eingriff in fremde Vermögensrechte vorhandenen deliktischen Schutz über einen bloßen Wertersatzanspruch hinausgehend durch einen Gewinnabschöpfungsanspruch: der böswillige Eingreifer soll nicht unter Verwendung fremder Vermögensgegenstände einen Gewinn machen. . . . Die Fiktion, wonach der böswillige Eingreifer so angesehen wird, als habe er – wie ein auftragloser Geschäftsführer – für Rechnung des Rechtsinhabers gehandelt, ist . . . das rechtstechnische Mittel der Verwirklichung der Gewinnhaftung.“ Die über den bloßen Wertausgleich hinausreichende „Gewinnabschöpfungsfunktion“ ist der Grund dafür, dass in den Motiven378 die deliktsrechtsähnliche Verantwortlichkeit des angemaßten Eigengeschäftsführers betont wird. Nach Ansicht der Gesetzesverfasser ist die Verpflichtung des Geschäftsführers zur Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten „fast ausnahmslos durch die Verpflichtung zum Schadensersatze gedeckt“.379 (3) Freilich darf die „Gewinnabschöpfungsfunktion“ nicht zu der Annahme verleiten, die Bestimmung des § 687 Abs. 2 BGB umfasse nur die vorsätzliche Verfügung eines Nichtberechtigten über ein fremdes Recht. Vielmehr kann der Geschäftsherr auch dasjenige für sich beanspruchen, was der angemaßte Eigengeschäftsführer durch Nutzung eines Rechts oder kraft eines obligatorischen Rechtsgeschäfts über eine fremde Sache erlangt hat.380 375 Der kondiktionsrechtlichen Beschränkung des Anspruchs auf den bei dem Geschäftsherrn eingetretenen Erfolg trägt die Formulierung von Weber (oben Fußnote 371) keine Rechnung. Sie ist durch der Erkenntnis gerechtfertigt, dass sich die Akzeptanz des Geschäftsherrn nur auf den vom „Geschäftsanmaßer“ bewirkten Erfolg, nicht aber auf dessen Handlung bezieht. 376 Siehe dazu die Veräußerung eines Altargemäldes nach Anfechtung des Verkaufs durch den Verkäufer (RGZ 138, Seite 45) und die eingehende Auseinandersetzung mit diesem Urteil oben II. 2. d) aa), Seite 48 ff.; Niewiarra, a. a. O., Seite 55; Krautwig, a. a. O., Seite 134. 377 A. a. O., Seite 3 f. (Hervorhebung durch Verf.). 378 Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 2, Recht der Schuldverhältnisse, Seite 486 f. 379 Zitiert nach Mugdan, a. a. O. 380 Nach allgemeiner Ansicht können auch Nutzungen das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ darstellen (statt aller: Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 687 Rdnr. 3

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Dementsprechend bejaht das Reichsgericht in einer Entscheidung aus dem Jahre 1922381 die Verpflichtung eines Vermieters zur Herausgabe des Mietzinses, den dieser dadurch erzielt hatte, dass er einem Dritten Möbel des Mieters, auf die sich sein Vermieterpfandrecht (§ 562 BGB) erstreckte, gegen Zahlung eines Entgelts zum Gebrauch überlassen hatte.

Auch die Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung einer fremden Sache in eigennütziger Absicht kann als angemaßte Eigengeschäftsführung zu qualifizieren sein.382 Hierzu führt Seiler im Münchener Kommentar aus383: „Begrifflich mag sich der objektive Tatbestand einer Fremdgeschäftsführung nach § 687 Abs. 2 BGB mit dem nach § 677 decken, faktisch sind jedoch wegen der eigennützigen Absicht des Geschäftsführers wichtige typische Anwendungsfälle aus dem Anwendungsbereich des § 687 Abs. 2 BGB auszuscheiden wie zum Beispiel . . . meist (?) die Verwendungen auf fremde Sachen.“ Die Veränderung einer fremden Sache kann – nach der Auffassung von Seiler freilich nur ausnahmsweise – unter den Begriff der „angemaßten Eigengeschäftsführung“ zu fassen sein.384 Der Eigengeschäftsführer ist freilich solange nicht zur Herausgabe des „Erlangten“ verpflichtet, als ihm das Recht zusteht, das Ergebnis der Geschäftsführung wegzunehmen (§§ 951 Abs. 2, 997 BGB).385 Schließlich können nicht sachbezogene Vermögensopfer, getätigt beispielsweise zum Zwecke der Tilgung einer fremden Verbindlichkeit, überwiegend im eigenen Interesse erbacht werden.

i.V. m. § 667 Rdnr. 3). Verlangt der Geschäftsherr vom Eigengeschäftsführer die gezogenen Nutzungen heraus, so kann dieser – beschränkt auf den Wert der Nutzungen – die Gewinnungskosten ersetzt verlangen, §§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB. Im Falle der Nutzung eines fremden Immaterialgüterrechts trifft die Verpflichtung zur Auskehr des Gewinns kraft besonderer gesetzlicher Anordnung (!) nicht nur den vorsätzlich, sondern auch den fahrlässig handelnden Eingreifer (vgl. beispielsweise § 14a Abs. 1 Satz 2 GeschmG, § 97 Abs. 2 Satz 2 UrhG). 381 RGZ 105, Seite 408, 409 f. 382 Vgl. Niewiarra, a. a. O., Seite 6: Nach Auffassung der Rechtswissenschaft und Rechtsprechung sei jede Besorgung der Angelegenheiten eines anderen als „Geschäft“ im Sinne der §§ 677 ff. BGB zu bewerten, möge sie „rechtlicher oder tatsächlicher, wirtschaftlicher oder nichtwirtschaftlicher Art“ sein. 383 3. Auflage, § 687 Rdnr. 14 (Hervorhebung durch Verf.). 384 Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, § 687 Rdnr. 8 beschränkt sich auf die Feststellung, ein fremdes Geschäft könne dadurch als eigenes geführt werden, dass jemand böswillig eine fremde Sache veräußere oder über ein fremdes Recht verfüge. Damit vernachlässigt er – ebenso wie die Gesetzesverfasser (vgl. Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 2, Recht der Schuldverhältnisse, Seite 1203 [Protokolle]) – den Schutz des Geschäftsherrn vor aufgedrängter Bereicherung durch „Verbesserung“ einer fremden Sache. 385 Zum Wegnahmerecht des Geschäftsführers siehe oben V. 2. b) kk), Seite 449.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

(4) Mit einer allgemeinen Wendung lässt sich formulieren: Derjenige, der über ein fremdes Recht in Kenntnis seiner fehlenden Berechtigung und zum eigenen Nutzen rechtsgeschäftlich oder tatsächlich disponiert, hat die sich daraus ergebenden Vorteile an den Berechtigten auszukehren.386 Diese Pflicht entfällt selbstredend im Falle der Tilgung einer fremden Schuld: Die Befreiungswirkung des § 267 BGB tritt kraft Gesetzes ein und ist demzufolge nicht an den Schuldner „herauszugeben“.

Damit ist der über den bloßen (bereicherungsrechtlichen) Wertausgleich hinausreichende Gehalt des § 687 Abs. 2 Satz 1 BGB gekennzeichnet: Der vom angemaßten Eigengeschäftsführer geschaffene Vorteil ist dem Berechtigten in vollem Umfang, d.h. einschließlich eines erzielten Gewinns, zugewiesen.387 Eine rein kondiktionsrechtliche Aussage beinhaltet die Vorschrift des § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB: Die ausschließlich im Hinblick auf den Erfolg gutgeheißene Geschäftsbesorgung388 ist im Umfang der ersparten Aufwendungen des Geschäftsherrn, begrenzt auf das Ergebnis der Geschäftsbesorgung, zu erstatten.389 (5) Fraglich ist, ob der angemaßte Eigengeschäftsführer, der sachbezogene Aufwendungen tätigt, unter bestimmten Voraussetzungen mehr als den 386

Freilich beansprucht der Eigentümer/Geschäftsherr, der von dem Besitzer/angemaßten Eigengeschäftsführer die Herausgabe einer Sache verlangt (§ 985 BGB), nicht die daran vorgenommenen Veränderungen als das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ (§§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 2, 667 BGB): Er macht hier lediglich sein Eigentumsrecht geltend. Er kann sie aber, hat er die Sache wieder in seinem Besitz, als vorteilhaft akzeptieren, indem er im eigenen Interesse auf ihre Beseitigung (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) verzichtet. Siehe dazu oben II. 2. b), Seite 36 ff., II. 2. d), Seite 47 ff. und III. 6. d), Seite 196. 387 Zutreffend Reichard, AcP 193, Seite 567, 600. Der Ansicht von Wittmann (Begriff und Funktionen, Seite 151, 158 f.), dass die Norm des § 687 Abs. 2 BGB deliktsrechtlicher Natur sei, ist nicht zu folgen: Die Verpflichtung eines Schuldners zur Herausgabe eines von ihm erzielten Gewinns ist dem Schadensersatzrecht fremd. Dies räumt Wittmann in der Kommentierung des Erläuterungswerkes von v. Staudinger auch ein: „De lege ferenda ist die Einordnung (ich ergänze: des § 687 Abs. 2 BGB) in das Deliktsrecht zu erwägen . . . Freilich müßte der entsprechende Deliktstatbestand dann mit der besonderen Rechtsfolge der Gewinnherausgabe versehen werden; ferner müßte die Auskunfts- und Rechenschaftpflicht des böswilligen Eingreifers eigens geregelt werden.“ Richtigerweise ist die „Gewinnhaftung“ als Ergänzung sowohl des Deliktsrechts (so König, Gutachten und Vorschläge, Seite 1515, 1558) als auch des Kondiktionsrechts zu verstehen. Dass der Bereicherungsschuldner keiner „Gewinnhaftung“ unterliegt, ist oben III. 2. f) cc) (c) (2), Seite 113 ff., und in Fußnote 136 des Abschnitts II. ausgeführt. 388 Zur anspruchsbegründenden Akzeptanz des vom Geschäftsführer geschaffenen Erfolgs durch den Geschäftsherrn siehe sogleich unten V. 2. b) ll) (c), Seite 458 ff. 389 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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auf die Wertsteigerung beschränkten Aufwendungsersatz gegenüber dem Geschäftsherrn geltend machen kann. Dies ist aus dem Gesichtspunkt des Kondiktionsrechts zu bejahen, wenn der Geschäftsherr nicht nur den Erfolg, sondern auch die Handlung des Eigengeschäftsführers als vorteilhaft akzeptiert. Eine solche Billigung ist beispielsweise zu bejahen, wenn – um einen bereits angeführten Sachverhalt in abgewandelter Form aufzunehmen390 – der Eigentümer einer Immobilie erklärt, er hätte, wäre der Nachbar nicht eigenmächtig tätig geworden, diesen mit der Enttrümmerung beauftragen wollen (§ 631 BGB oder § 662 BGB). Hätte sich der Nachbar – eine allerdings schwer vorstellbare Gestaltung – auf diese Bitte zu den entsprechenden Konditionen eingelassen, wäre dem Eigentümer durch die Eigenmacht des Nachbarn die Begründung einer Verbindlichkeit erspart geblieben.391 Der Wert der Geschäftsbesorgung, im Beispielsfall der Enttrümmerung durch den Nachbarn, ist keinesfalls den getätigten Aufwendungen gleichzusetzen: Dieses Vorgehen führte zu einer willkürlichen Gleichsetzung des Vorteils auf der Seite des Eigentümers mit dem Nachteil auf der Seite des Geschäftsführers, hier des Enttrümmerers. Die getätigten Aufwendungen stellen dessen Vermögensopfer dar, begründen jedoch für sich genommen keinen bezifferbaren Vorteil des „Geschäftsherrn“. Erklärt der Geschäftsherr, dass er einen Vertragsschluss mit dem Eigengeschäftsführer abgelehnt hätte, und ist dieses Vorbringen nicht aus dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) unbeachtlich392, so mangelt es an der Akzeptanz der Person, die untrennbar mit der vorgenommenen Handlung verbunden ist. Die Verletzung des Selbstbestimmungsrechts des Geschäftsherrn verbietet hier einen Ausgleich, der über die Abschöpfung der eingetretenen Wertsteigerung (§§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB) hinausgeht.

Die Folgen einer „erwünschten Eigengeschäftsführung“ seien an dem Sachverhalt der Enttrümmerung eines Grundstücks durch einen Nachbarn393 im Einzelnen dargestellt: (aa) Hätte der Grundstückseigentümer – in Erweiterung des erwähnten Sachverhalts – bekundet, dass durch die Tätigkeit des Nachbarn seine Entscheidung, die Immobilie in einen nutzbaren Zustand zu versetzen, gegenstandslos geworden sei, so hätte er nicht nur den veränderten Zustand der 390

BGHZ 39, Seite 186; siehe dazu eingehend oben II. 2. d) bb), Seite 54 ff. Ein Abschlag vom üblichen oder angemessenen Werklohn wegen der fehlenden Gewährleistungsrechte hätte im vorliegenden Fall unterbleiben müssen, weil keine Anhaltspunkte für eine „mangelhafte“ Enttrümmerung vorlagen. 392 Die Rechtsmissbräuchlichkeit des Vorbringens setzt im Sinne einer notwendigen (nicht hinreichenden) Bedingung voraus, dass die Tätigkeit des Eigengeschäftsführers zu demselben Erfolg geführt hat, den die unterbliebene Handlung des Geschäftsherrn gezeitigt hätte. Von einer solchen Identität wird nur in seltenen Fällen – wie hier bei der Enttrümmerung einer Immobilie – ausgegangen werden können! 393 Siehe Fußnote 390. 391

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Sache, sondern die Handlung des Nachbarn, d.h. dessen Geschäftsbesorgung selbst, als vorteilhaft bewertet, sofern er den anderen Teil – wäre ein entsprechendes Angebot unterbreitet worden – als potentiellen Vertragspartner akzeptiert hätte.394 Der Vorteil der Geschäftsbesorgung hätte beispielsweise auch einem Mieter zufallen können, der das Grundstück auf eigene Kosten hätte enttrümmern wollen. Er ist also keinesfalls an die Eigentümerstellung gebunden.

(bb) Bezieht sich die Billigung des Geschäftsherrn auf die Handlung des Eigengeschäftsführers, so ist fraglich, ob der Grundstückseigentümer, der den Geschäftsführer rechtsgeschäftlich hätte verpflichten wollen, die als vorteilhaft bewertete Tätigkeit ohne rechtlichen Grund erlangt hat. Diese Frage ist im Ausgangspunkt zu bejahen: Entsprach die Veränderung der Immobilie durch den Nachbarn dem Willen des Eigentümers/Geschäftsherrn, so ist nicht ersichtlich, weshalb dem Enttrümmerer/Geschäftsführer die Abschöpfung der ersparten Gegenleistung (§ 631 BGB) oder der Ersatz seiner Aufwendungen (§ 670 BGB) kraft einer „Kondiktionssperre“, gegründet auf die Wertungen der Geschäftsführung ohne Auftrag, versagt sein sollte (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB). (b) Der Anspruch des Eigengeschäftsführers als Schadensersatzschuldner Erhebt der Geschäftsherr den Anspruch auf „das aus der Geschäftsführung Erlangte“, so hat er dem Eigengeschäftsführer die von ihm ersparten Aufwendungen bis zur Höhe seiner Bereicherung zu ersetzen, §§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB. Der Geschäftsherr hat die Aufwendungen erspart, die aus der Sicht des Eigengeschäftsführers nach objektiv-vernünftigem Maßstab erforderlich waren, um den herauszugebenden Vorteil zu schaffen. Die kondiktionsrechtliche Verbindlichkeit des Geschäftsherrn ist freilich strikt „erfolgsgebunden“; d.h. begrenzt durch seinen aus der Geschäftsführung erlangten Vorteil.

Nach dem Wortlaut des § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB entsteht diese Verpflichtung auch dann, wenn der Geschäftsherr Schadensersatz begehrt, d.h. verlangt, so gestellt zu werden, wie er stünde, hätte der Eigengeschäftsführer die fremde Angelegenheit nicht übernommen (§§ 678, 249 Abs. 1 BGB). Einvernehmen besteht darüber, dass dem Geschäftsführer die „Aufwendungskondiktion“ nicht bereits dann zusteht, wenn der Geschäftsherr Auskunft und Rechen394

In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Sachverhalt trug der Kläger (auf den hier vorliegenden Zusammenhang bezogen: der Geschäftsherr) vor, dass die Stadt Frankfurt die Enttrümmerung unentgeltlich durchgeführt hätte. Die Wahrheit dieses Vorbringens unterstellt, hätte er den Abschluss eines Vertrags mit dem privaten Kläger aus nachvollziehbarem Grund abgelehnt.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

457

schaft (§§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 2, 666 BGB) von ihm verlangt: Durch die Ausübung dieser Rechte wird die Inanspruchnahme des Eingreifers auf Schadensersatz und Herausgabe des Erlangten nur vorbereitet.395

Trotz der Formulierung des § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB rechtfertigt jedoch die Inanspruchnahme des Eigengeschäftsführers auf Schadensersatz durch den Geschäftsherrn kaum dessen Anspruch auf Abschöpfung der vom Geschäftsherrn ersparten Aufwendungen: Zwar kann die „Wiederherstellung“ des ursprünglichen Zustandes dazu führen, dass der Ersatzgläubiger besser als vor dem Eintritt des zum Schadensersatz verpflichtenden Umstandes gestellt ist. Diese Besserstellung tritt dann jedoch nicht aufgrund der Geschäftsbesorgung ein, deren akzeptierter Erfolg die Herausgabepflicht des Geschäftsherrn begrenzt. Als Beispiel sei die unbefugte Lackierung eines Fahrzeugs durch den Eigengeschäftsführer angeführt: Verlangt der Eigentümer/Geschäftsherr die „Wiederherstellung“ des ursprünglichen Farbtons (§§ 687 Abs. 2 Satz 1, 678, 249 Abs. 1 BGB), so kann dies nur durch eine erneute Lackierung bewirkt werden, welche (gemessen am status quo ante) eine Werterhöhung des Fahrzeugs mit sich bringen kann.

Die „Besserstellung“ des Gläubigers mittels der Naturalrestitution ist dementsprechend kraft des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots396 den Grundsätzen der Vorteilsanrechnung unterworfen.397 Die Anerkennung eines Kondiktionsanspruchs des Schädigers, gerichtet auf den Wertausgleich seiner Geschäftsführung, deren akzeptierte Vorteile die Ausgleichspflicht begrenzen, ist allerdings systemfremd. Erwägt man in einem Schadensfall die Kürzung des Ersatzanspruchs des Geschädigten aus dem Gesichtspunkt ersparter Aufwendungen398, so geht es darum, eine „Überkompensation“ des Gläubigers zu verhindern, nicht aber um die Abschöpfung ersparter Aufwendungen für die vom Schädiger geschaffenen und vom Geschädigten akzeptierten Vorteile. Ist jemand deliktsrechtlich zur Herausgabe einer fremden Sache verpflichtet, so kann er freilich den Ausgleich der auf die Sache getätigten Verwendungen nach den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses verlangen, §§ 850, 994, 395 MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, § 687 Rdnr. 13 m. w. N.; Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, § 687 Rdnr. 20. 396 Das schadensrechtliche Bereicherungsverbot ist aus dem Prinzip der ausgleichenden Gerechtigkeit („iustitia commutativa“) abzuleiten: Im Vertragsrecht sollen – bei freier Einschätzung des Wertes durch die Partner – Leistung und Gegenleistung, wo es dagegen um den Ausgleich eines Vermögensnachteils geht, Nachteil und Wiedergutmachung einander entsprechen. Dazu Henkel, a. a. O., § 32 VIII, Seite 410 f.; Coing, a. a. O., Seite 193. 397 Dazu Palandt/Heinrichs, 62. Auflage, Vorbem v § 249 Rdnr. 119 ff. 398 Zur Anrechnung „ersparter Aufwendungen“ siehe Palandt/Heinrichs, 62. Auflage, Vorbem v § 249 Rdnr. 141.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

996 BGB.399 Bezogen auf den angemaßten Eigengeschäftsführer bedeutet dies, dass ihm der Ausgleich notwendiger Verwendungen nach Maßgabe des § 994 Abs. 2 BGB zusteht, wenn die bloße Inbesitznahme der Sache nicht nur als angemaßte Eigengeschäftsführung, sondern auch als deliktisches Handeln zu bewerten ist, wenn er mithin die Herausgabe der Sache an den Eigentümer nicht nur aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 687 Abs. 2 Satz 1, 678 BGB), sondern auch aus unerlaubter Handlung schuldet.

Den Wert einer Geschäftsbesorgung, ausgedrückt in der Ersparnis von Aufwendungen400, kann mithin im Ausgangspunkt nur derjenige begehren, der einen von dem Geschäftsherrn im Ergebnis gebilligten Vorteil geschaffen hat. In diesem Sinne heißt es bei Wittmann401: „Sinn dieser in der Formulierung verunglückten Verweisung (ich ergänze: des § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB) ist es, die Verpflichtung des vom Eingriff betroffenen Rechtsinhabers, der den Anspruch auf das aus der Geschäftsführung Erlangte geltend macht, zum Aufwendungsersatz davon abhängig zu machen, daß der Rechtsinhaber noch bereichert ist.“ Damit beschränkt Wittmann den Anspruch des Eigengeschäftsführers intuitiv auf den Fall, dass der Geschäftsherr den Anspruch auf das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ (§§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 2, 667 BGB) erhebt.402 (c) Die Beschränkung des Aufwendungsersatzes auf die bei dem „Geschäftsherrn“ eingetretene Bereicherung – eine Folge der Billigung des Ergebnisses der Geschäftsbesorgung durch den Geschäftsherrn bei Missbilligung der Eingriffshandlung Der in der Vorschrift des § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB verwendeten Formulierung: „Macht er (gemeint ist der Geschäftsherr) sie geltend . . .“ ist wegen 399 Als Beispiel führe ich den Fall an, dass ein Dieb das gestohlene Fahrrad repariert und dadurch seinen Wert erhöht: Verlangt der Eigentümer das Rad heraus (§§ 985, 823 Abs. 1 BGB), so hat er dem Dieb die notwendigen Verwendungen im Umfang der noch vorhandenen Werterhöhung zu ersetzen, §§ 850, 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB. 400 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 401 Begriff und Funktionen, Seite 150 (Hervorhebung durch Verf.). 402 Anders MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, § 687 Rdnr. 13: „Mit dem Verlangen nach Herausgabe des Erlangten (§§ 681, 667) oder Schadensersatz (§ 678 ) wird er demgemäß dem Geschäftsführer gegenüber gem. §§ 687 Abs. 2 S. 2, 684 zum Aufwendungsersatz verpflichtet.“ (Hervorhebung durch Verf.) Inwieweit ein zum Schadensersatz verpflichtender Umstand Aufwendungen des Geschäftsführers erforderlich gemacht haben sollte, die der Ersatzgläubiger ihm zu erstatten hat, erläutert Seiler indessen nicht; insbesondere führt er kein Beispiel an. Der Formulierung von Seiler nähert sich Wittmann im Staudingerschen Kommentar (13. Bearbeitung, § 687 Rdnr. 20) an.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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ihrer Verbindung mit § 681 Satz 2 und § 667 BGB zu entnehmen, dass der Anspruch des Eigengeschäftsführers auf Herausgabe einer Bereicherung des Geschäftsherrn von dessen Entscheidung abhängt, seinerseits das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ im Sinne des § 684 Satz 1 BGB zu beanspruchen. Das Recht desjenigen, der in Kenntnis seiner fehlenden Berechtigung und zum eigenen Nutzen in fremde Rechte eindringt, ist mithin „aufschiebend bedingt“; Bedingung ist die Geltendmachung des Rechts des Geschäftsherrn auf das vom Geschäftsführer „aus der Geschäftsführung Erlangte“.403 Entschließt sich der Geschäftsherr, das von dem Geschäftsführer Erlangte zu beanspruchen, so bringt er sein Interesse daran zum Ausdruck. Das Erlangte wird ihm daher, mit anderen Worten ausgedrückt, nicht „aufgedrängt“. Insoweit verhält es sich bei der angemaßten Eigengeschäftsführung wie bei der echten berechtigten oder der unberechtigten, aber genehmigten Geschäftsführung ohne Auftrag; freilich bezieht sich die Billigung des Geschäftsherrn im Sinne des § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB, wie bereits gesagt, nicht auf die Übernahme, sondern nur auf das Ergebnis der Geschäftsbesorgung. Erstreckt sich die Akzeptanz des Geschäftsherrn dagegen auch auf die vom Eigengeschäftsführer vorgenommenen Handlungen, schuldet der Geschäftsherr den Ersatz aller erforderlichen Aufwendungen des Geschäftsführers aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB): Er hat den Wert einer Geschäftsbesorgung, d.h. etwas erlangt, was er zum Gegenstand eines Auftragsverhältnisses (§ 662 BGB) hätte machen müssen.404 Dementsprechend sind ihm Aufwendungen (§ 667 BGB) erspart geblieben.405 403 In diesem Sinne formuliert Dernburg, a. a. O., § 123, 1: „. . . der Gerent (d.h. der Geschäftsführer) kann mit der actio contraria Erstattung seiner Auslagen bis zum Betrage der Bereicherung des Vermögensherrn fordern, wenn sich dieser das Produkt des Geschäftes aneignet.“ (Hervorhebung durch Verf.); ebenso Greiner, a. a. O., Seite 385 sub c cc) Unzutreffend Ebert, a. a. O., Seite 252 f., der die Abhängigkeit der Aufwendungskondiktion des Geschäftsführers vom Herausgabeverlangen des Geschäftsherrn als „höchst unsinnige“ und „rein willkürliche“ Regelung bezeichnet, ohne den Schutz des Geschäftsherrn vor einer ihm aufgedrängten Bereicherung ernsthaft in seine Darstellung einzubeziehen. 404 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 405 Die Frage, ob der Geschäftsherr die von dem Eigengeschäftsführer erbrachten Arbeitsleistungen als Aufwendungen zu ersetzen hat, weil es sich um ein marktfähiges Gut, mithin um ein Vermögensopfer, handelt (BGHZ 131, Seite 220, 224 f.), ist zu verneinen: Ein finanzieller Ausgleich liefe dem fiktiv vereinbarten Auftragsverhältnis zuwider, in dessen Rahmen der Arbeitseinsatz des Beauftragten als nicht marktfähiges Gut bewertet wird. Die Gewährung des Aufwendungsersatzes darf dementsprechend grundsätzlich nicht darauf hinauslaufen, dass der Geschäftsherr den Bindungen eines Werk-, Dienst- oder Geschäftsbesorgungsvertrags unterworfen wird. Siehe dazu unten V. 2. c) aa) (c), Seite 484 ff. und H. Köhler, JZ 1985, Seite 359.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Die ungewöhnliche gesetzliche Anordnung der Herausgabe einer Bereicherung des Geschäftsherrn kraft der Billigung des Erfolgs der Geschäftsführung gestattet drei Feststellungen: (1) Erstens steht dem angemaßten Eigengeschäftsführer kein Anspruch zu, wenn bei dem Geschäftsherrn keine Bereicherung eingetreten ist. Diese Bereicherung muss darauf zurückzuführen sein, dass der Geschäftsherr den Erfolg der Geschäftsführung für sich in Anspruch nimmt und auf diese Weise an sich zieht; andernfalls machte es keinen Sinn, den Anspruch des Geschäftsführers mit der Geltendmachung des Anspruchs auf das aus der Geschäftsführung Erlangte durch den Geschäftsherrn zu verknüpfen.406 Mit anderen Worten ausgedrückt: Der Anspruch des Eigengeschäftsführers ist von einer Bereicherung des Geschäftsherrn abhängig, welche bei diesem dadurch eintritt, dass er die „Auskehr des Ergebnisses“ der Geschäftsführung verlangt, mithin diese an sich zieht. Weder den Motiven noch den Protokollen ist das gesetzgeberische Motiv für diese Verknüpfung zu entnehmen407, und auch das Schrifttum schweigt hierzu.408 Dementsprechend ist die Bedeutung des § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB unter dem Gesichtspunkt des Schutzes vor aufgedrängter Bereicherung bisher nicht deutlich genug herausgestellt worden, obwohl sie geradezu augenfällig ist: Der Geschäftsherr schuldet demjenigen, der bewusst und zum eigenen Nutzen in seine Kompetenzen eingegriffen hat, nur dann den Ersatz seiner Aufwendungen nach Bereicherungsrecht, wenn er selbst den Anspruch auf Auskehr des „aus der Geschäftsführung Erlangten“ geltend macht und auf diese Weise deren Ergebnis als vorteilhaft bewertet.

(2) Zweitens rechtfertigt die Verknüpfung des Kondiktionsanspruchs des angemaßten Eigengeschäftsführers mit der Akzeptanz des von ihm geschaffenen Ergebnisses durch den Geschäftsherrn den Gegenschluss, dass der Anspruch des Geschäftsführers nicht entsteht, wenn der Vorteil dem Berechtigten gewissermaßen „automatisch“, also unabhängig von seiner Billigung, zufällt und in seinem Vermögen verbleibt.409 Andernfalls würde das Gesetz den Geschäftsherrn uneingeschränkt zum „Aufwendungsersatz“ nach Kondiktionsrecht verpflichten.410 406

Zutreffend Niewiarra, a. a. O., Seite 49 bis 51. Vgl. Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 2, Recht der Schuldverhältnisse, Seite 486 f. (Motive) und 1202 f. (Protokolle). 408 Vgl. Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 150 ff. 409 Stellt die Veränderung der fremden Sachsubstanz das objektiv fremde Geschäft dar, so erhebt der Eigentümer/Geschäftsherr nicht den Anspruch auf das „aus der Geschäftsführung Erlangte“, wenn er lediglich die Herausgabe der Sache begehrt. Siehe dazu bereits oben II. 2. d) aa), Seite 48 ff. 410 Zutreffend Niewiarra, a. a. O., Seite 50. Die Vorschrift des § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB wäre gegebenenfalls bei Aufrechterhaltung der missverständlichen Verweisung auf das Bereicherungsrecht (siehe dazu oben V. 2. b) ll) (a) (1), Seite 451) wie 407

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Gegen einen Bereicherungsanspruch des Geschäftsführers ohne Akzeptanz durch den Geschäftsherrn nimmt ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1963411 Stellung. Das Gericht hatte u. a. über den Aufwendungsersatzanspruch einer Bauunternehmerin zu entscheiden, die ein Grundstück gegen den ausdrücklich erklärten Willen des Eigentümers enttrümmert und danach als Abstellplatz für Baubuden und Baustoffe verwendet hatte412: „Wie . . . ausgeführt, ist es der Beklagten (d.h. der Bauunternehmerin) bei der gegebenen Sachlage durch . . . § 687 Abs. 2 BGB ausdrücklich verwehrt, vom Kläger Erstattung der von ihr aufgewandten Enttrümmerungskosten zu fordern. Dann kann sie dieses vom Gesetz mißbilligte Ziel auch nicht auf dem Wege über § 812 BGB erreichen. Das würde auf eine Umgehung des Gesetzeszwecks hinauslaufen. Danach braucht sich . . . der Geschäftsherr vom bösgläubigen unechten Geschäftsführer gegen seinen Willen keine Leistungen aufdrängen zu lassen. Solchergestalt gemachte Aufwendungen sind nicht zu erstatten; vielmehr kann der Eigentümer die ihm daraus zugeflossenen Vorteile ersatzlos behalten.“ Auf der Grundlage dieser Entscheidung ist der angemaßte Eigengeschäftsführer schlechter gestellt als der Besitzer, der in Kenntnis seines fehlenden Besitzrechts eine fremde Sache zum eigenen Nutzen repariert und durch eine notwendige Verwendung ihren Wert erhöht: Dieser kann als Eigenbesitzer den Wert der Geschäftsbesorgung413 im Umfang der Erhöhung des Verkehrswertes unabhängig von der Akzeptanz des Eigentümers verlangen (§§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB). Als Fremdbesitzer steht ihm immerhin ein Ausgleichsanspruch zu, wenn er ihn nach Maßgabe des vermeintlichen Besitzrechts414 hätte geltend machen können.415 folgt zu fassen: „Der Geschäftsherr ist dem Geschäftsführer nach § 684 Satz 1 BGB verpflichtet.“ 411 BGHZ 39, Seite 186. Zu diesem Urteil siehe bereits meine Ausführungen oben II. 2 d) bb), Seite 54 ff. 412 A. a. O., Seite 189 (Hervorhebung durch Verf.). 413 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 414 Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. c) aa) (b) (2), Seite 480 ff. Das vermeintliche Besitzrecht kann sich aus dem Umstand ergeben, dass der Besitzer die Sachherrschaft als Geschäftsführer ohne Auftrag begründet hat. In diesem Falle werden die Vorschriften der §§ 994 ff. BGB durch die Regelungen der §§ 677 ff. BGB modifiziert (mit abweichender Begründung im Ergebnis ebenso Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003 Rdnr. 50). Der Ausgleich für Verwendungen des Geschäftsführers/Besitzers bestimmt sich letztlich danach, ob er sie für den Eigentümer/Geschäftsherrn (§§ 683 Satz 1, 684 BGB) oder zum eigenen Nutzen (§ 687 Abs. 2 Satz 2 BGB) vorgenommen hat. 415 Nicht jeder Fremdbesitzer ist befugt, Reparaturmaßnahmen durchzuführen: Man denke etwa an den Verwahrer, der vom Hinterleger nur den Ersatz solcher Aufwendungen verlangen kann, die er zum Zwecke der Aufbewahrung für erforderlich halten durfte, § 693 BGB.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Als Beispiel sei der Fall angeführt, dass der arglistig täuschende Käufer eines Grundstücks das darauf stehende Gebäude restauriert. Ist diese Maßnahme als notwendig zu bewerten und erhöht sie den Wert der Liegenschaft, schuldet der (ursprüngliche) Eigentümer im Falle der Anfechtung des Erwerbsgeschäfts durch den Verkäufer Ausgleich zumindest in Höhe des durch die Reparatur eingetretenen Wertzuwachses, §§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB. Nach der Vorschrift des § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB scheidet ein Ausgleich zugunsten des Käufers indessen in aller Regel aus, wenn das Ergebnis der Reparaturarbeiten nicht beseitigt werden kann und dementsprechend eine Akzeptanz seitens des Eigentümers praktisch ausgeschlossen erscheint. Die von den Gesetzesverfassern nicht erkannte Begünstigung des (Eigen-)Besitzers im Verhältnis zum angemaßten Eigengeschäftsführer durch den Ausgleich auch eines aufgedrängten (d.h. nicht akzeptierten) Vermögenszuwachses lässt sich – wie die Privilegierung des (Eigen-)Besitzers überhaupt – nur damit rechtfertigen, dass das Gesetz dem Interesse des (Eigen-)Besitzers Rechnung trägt, für die Dauer seiner Sachherrschaft die Nutzungsmöglichkeit der Sache nach Gutdünken zu erhalten oder zu verbessern.416 Ist der angemaßte Eigengeschäftsführer zugleich als bösgläubiger Eigenbesitzer zu qualifizieren, welcher den Mangel seines Besitzrechts kennt, so verdrängt die insoweit speziellere Vorschrift des § 994 Abs. 2 BGB jene des § 687 Abs. 2 BGB.417

(3) Drittens: Bildlich gesprochen „auf der Grenze“ zwischen der Akzeptanz des Vorteils durch den Geschäftsherrn kraft der Geltendmachung seines Anspruchs auf Herausgabe des „aus der Geschäftsführung Erlangten“ (§§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 2, 667 BGB) und dem unabhängig von einer Billigung eingetretenen Vermögenszuwachs liegt die Gestaltung, dass der Geschäftsherr davon absieht, die Beseitigung des ohne sein Zutun zugefallenen Erfolgs aus dem Gesichtspunkt der Eigentumsstörung (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu verlangen, weil er das Ergebnis des Eingriffs als vorteilhaft bewertet.418

416 Zur Privilegierung des Besitzers im Verhältnis zum Nichtbesitzer siehe bereits oben II. 2. d) cc), Seite 61 und unten V. 2. d) cc), Seite 581 ff., insbesondere V. 2. d) cc) (d), Seite 585. 417 Heißt der Eigentümer sowohl die vom Besitzer vorgenommene Handlung als auch deren Ergebnis gut, so schuldet er dem Besitzer den vollen Wert der Geschäftsbesorgung, ausgedrückt durch die Ersparnis der vom Besitzer getätigten Aufwendungen seitens des Eigentümers, aus §§ 994 Abs. 2, 684 Satz 2, 683 Satz 1, 670 BGB. Dem nichtbesitzenden angemaßten Eigengeschäftsführer gegenüber ist der Eigentümer als Geschäftsherr hierzu nur aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung, § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB verpflichtet. 418 Hat der Geschäftsführer eine Sache des Geschäftsherrn verändert (etwa ein Gebäude auf dessen Grund und Boden abgerissen) und damit deren Wert erhöht, so kann die Akzeptanz des Geschäftsherrn ausnahmsweise auch durch den im eigenen Interesse erklärten Verzicht auf den Schadensersatzanspruch (§ 823 Abs. 1 BGB) erklärt werden.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Da das bloße Unterlassen der Geltendmachung des Beseitigungsanspruchs nicht als Billigung des Zuwachses zu deuten ist419, lässt die bloße Untätigkeit des Eigentümers/Geschäftsherrn im Verhältnis zum angemaßten Eigengeschäftsführer keine Verbindlichkeit entstehen. Ebenso verhält es sich mit der konkreten Nutzung des geschaffenen „Vorteils“, beispielsweise des Gebrauchs einer auf fremden Boden errichteten Garage durch den Eigentümer der Immobilie: Der „Bereicherte“ nutzt hier eine bestehende Lage aus, gibt aber nicht unmissverständlich zu erkennen, dass ihm an dem Zuwachs wirklich gelegen ist.420 Die anspruchsbegründende Akzeptanz der Geschäftsbesorgung ist in doppelter Weise möglich: Sollte einem Eigentümer, inzwischen wieder im Besitz seiner Sache, gegen den (ehemaligen) Besitzer ein Anspruch auf Beseitigung des Verwendungserfolges aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zustehen421, so billigt er das Ergebnis der angemaßten Eigengeschäftsführung, wenn er einerseits die Zahlung eines Ausgleichs an den Besitzer ablehnt und andererseits – konfrontiert mit dessen Angebot, den Vorteil zu entfernen – erklärt, der zunächst aufgedrängte Zuwachs solle nicht beseitigt werden, sondern erhalten bleiben. Er sieht hier im eigenen Interesse ausdrücklich oder zumindest schlüssig von der Geltendmachung seines Beseitigungsanspruchs ab422; das, was aus seiner Sicht zunächst als „störende Veränderung“ zu bewerten war, wird nunmehr zum (ausgleichsfähigen und ausgleichspflichtigen) Vorteil. Das Verhalten des Eigentümers ist zu deuten als ein im eigenen Interesse (d.h. nicht aus dem Gesichtspunkt der Schonung des Schuldners), auf die Beseitigungspflicht des Eigengeschäftsführers (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) bezogenes Angebot zum Abschluss eines Erlassvertrags (§ 397 BGB), gegebenenfalls verbunden mit dem Antrag, das Eigentum an den zu beseitigenden Sachen zu erwerben. Der 419 „Qui tacet consentire videtur“ (corpus iuris canonici, liber sextus decretalium domini Bonifacii, de regulis iuris, regula XLIII) – „Wer schweigt, wird als Zustimmender angesehen.“ Diese Regel wird in der Praxis durch den notwendigen Zusatz eingeschränkt: „ubi loqui potuit et debuit“ – „sofern er sich äußern konnte und mußte“. Abweichend das von König erarbeitete Gutachten zur Überarbeitung des Schuldrechts im Hinblick auf die Aufwendungskondiktion: König schlägt vor, die Aufwendungskondiktion u. a. auszuschließen, „wenn der Anspruchsgegner die Wegnahme des durch die Verwendungen Geschaffenen verlangen kann und verlangt“ (Gutachten und Vorschläge, § 3.2 des Gesetzesvorschlags, Seite 1524). 420 Nutzt der Geschäftsherr/Eigentümer die vom Geschäftsführer geschaffene Veränderung, so ist dieses Verhalten immerhin als deutliches Indiz seines eigenen Interesses an dem „aus der Geschäftsführung Erlangten“ zu deuten. 421 Zur Abwehr eines unerwünschten Zuwachses auf der Grundlage des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB siehe eingehend oben III. 6., Seite 191 ff. 422 Die unterlassene Geltendmachung des Beseitigungsanspruchs kann – worauf Waltjen, AcP 175, Seite 109, 141 hinweist – allein den Zweck haben, den Besitzer nicht mit weiteren Aufwendungen für die Beseitigung der Sachveränderung zu belasten.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

ausdrückliche oder konkludente Verzicht des Eigentümers auf die Beseitigung ist als Akzeptanz des Zuwachses zu interpretieren. Diese kann bereits im gerichtlichen Verfahren, angestrengt durch den Eigentümer gegen den unrechtmäßigen Eigenbesitzer und gerichtet auf Herausgabe seiner Sache (§ 985 BGB), eintreten: Macht der Besitzer, der eine nützliche Verwendung als angemaßter Eigengeschäftsführer getätigt hat, die Herausgabe von dem geldlichen Ausgleich der Wertsteigerung abhängig und sieht der Eigentümer im eigenen Interesse ausdrücklich oder schlüssig davon ab, die Beseitigung der Vorteils zu verlangen, so ist der Klage nur eingeschränkt stattzugeben, weil dem Besitzer kraft einer Aufwendungskondiktion ein Zurückbehaltungsrecht zusteht: §§ 273 Abs. 2 i.V. m. 684 Satz 1, 687 Abs. 2 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung. Die Voraussetzungen des Verzichts hat der Besitzer freilich darzulegen und nötigenfalls zu beweisen, weil die „Akzeptanz“ des Vorteils durch den Eigentümer eine Voraussetzung des Anspruchs des Besitzers auf Herausgabe einer Bereicherung des Eigentümers darstellt. Hat er eine nützliche Verwendung in Kenntnis seiner mangelnden Berechtigung getätigt und macht er die Herausgabe der Sache von dem Ausgleich einer Wertsteigerung abhängig, so ist der Klage unter Berücksichtigung des Zurückbehaltungsrechtes des Besitzers stattzugeben, wenn der Eigentümer ausdrücklich oder schlüssig davon absieht, die Beseitigung der Vorteils zu verlangen.

Dasselbe gilt, verhindert er wegen seines nachträglichen Interesses an der „Verbesserung“ der Sache gegenüber dem angemaßten Eigengeschäftsführer die Ausübung eines Wegnahmerechts, ohne von seiner Ablösungsbefugnis Gebrauch zu machen (§§ 951 Abs. 2, 997 Abs. 2 BGB).423 Die Verhinderung der Wegnahme eines Vorteils hat im Rahmen der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag keine Regelung erfahren, ein Umstand, der aber nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass es hier ebenso wie bei Anwendung des § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB um den geldlichen Ausgleich einer Geschäftsbesorgung geht, deren Ergebnis gebilligt wird. Dementsprechend sind die Sachverhalte gleich zu behandeln: Ein Anspruch des „böswilligen“ Eingreifers gegen den Geschäftsherrn ist in entsprechender Anwendung des §§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB zu bejahen, wenn der Geschäftsherr die Veränderung seiner Sache akzeptiert und damit ein Verhalten zeigt, das der Geltendmachung des Anspruchs des Geschäftsherrn „auf das aus der Geschäftsführung Erlangte“ vergleichbar ist.424 423 Befindet sich die Sache wieder bei dem Eigentümer, so ist die Vorschrift des § 1002 BGB auf das Recht zur Wegnahme entsprechend anzuwenden: MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 997 Rdnr. 19 m. w. N. Der Besitzer kann hier wählen, ob er den Anspruch auf Duldung der Wegnahme gerichtlich durchsetzt oder unter Aufgabe dieses Rechts den Anspruch auf Wertersatz (§§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB in entsprechender Anwendung) erhebt (elektive Konkurrenz mit Wahlrecht des Gläubigers). 424 Ein voreiliger Rückgriff auf das allgemeine Kondiktionsrecht verbietet sich.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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(aa) Die Akzeptanz einer Veränderung als Ergebnis einer Geschäftsbesorgung ist Ausdruck einer Entscheidung des Bereicherten, setzt mithin eine Handlungsalternative voraus. Diese ist eröffnet, wenn der unfreiwillig Bereicherte die Beseitigung des objektiv vorteilhaften Zustandes aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB oder aus einer vertraglichen Verbindung mit dem Geschäftsführer (beispielsweise eines Mietvertrages, § 546 Abs. 1 BGB) verlangen kann; solchenfalls ist es ihm möglich, sich für oder gegen den Verbleib eines Vermögenszuwachses zu entscheiden. Entsprechendes gilt für die Entscheidung, die Wegnahme des Zuwachses durch den Geschäftsführer zu unterbinden, ohne von seiner Ablösungsbefugnis Gebrauch zu machen. Verwirklicht der „Bereicherte“ dagegen keine Entscheidungsmöglichkeit, kann von der „Akzeptanz“ einer Sachveränderung kaum gesprochen werden. Von der Akzeptanz eines nicht beseitigungsfähigen Vorteils durch den Geschäftsherrn ist allenfalls auszugehen, wenn feststeht, dass er – die Beseitigungsfähigkeit des Vorteils unterstellt – im eigenen Interesse davon abgesehen hätte, die Beseitigung zu verlangen.425 Eine solche „hypothetische Akzeptanz“ ist insbesondere auch im Hinblick auf nicht sachbezogene Aufwendungen, getätigt beispielsweise zum Zwecke der Tilgung einer fremden Schuld, zu erwägen.426

(bb) Sollte dem Geschäftsherrn gegen den angemaßten Eigengeschäftsführer ein Anspruch auf Beseitigung des Verwendungserfolges427 zustehen, so heißt er das Ergebnis der angemaßten Eigengeschäftsführung gut, wenn er – auf dessen Angebot, den Vorteil zu entfernen – erklärt, der zunächst aufgedrängte Zuwachs solle nicht beseitigt werden, sondern zum eigenen Nutzen in seinem Vermögen verbleiben. Als Beispiel sei der Fall angeführt, dass ein Nachbar auf dem fremden Grundstück eine Mauer errichtet, um das Eindringen von Tieren auf sein eigenes Gelände abzuwehren. Die Mauer erhöht den Verkehrswert der fremden Immobilie. Ihr Eigentümer untersagt die vom Nachbarn angebotene Beseitigung der Mauer im eigenen Interesse (§ 1004 Abs. 1 BGB), verweigert aber jede Ausgleichszahlung. Er akzeptiert damit die Einwirkung auf sein Eigentum, weil er auf sein Recht zur Beseitigung verzichtet. Dementsprechend schuldet er auch den Ausgleich der bei ihm eingetretenen Bereicherung, §§ 687 Abs. 2 Satz 2 BGB, 684 Satz 1 BGB. Ein Anspruch des Nachbarn aus dem Gesichtspunkt des Eigentumsverlustes an den verwendeten Materialien (§§ 951 Abs. 1 Satz 1, 946 BGB) tritt demgegenüber zurück: Die eingesetzten Materialien stellen „Aufwendungen“ dar, so dass der Rechtsverlust von der Geschäftsbesorgung umfasst ist. 425 Siehe (bezogen auf das Tätigwerden des Geschäftsführers mit Fremdgeschäftsführungwillen) oben V. 2. b) ii), Seite 438. 426 Erklärt der Schuldner mithin, dass er die Erfüllungswirkung des § 267 BGB, stünde sie zu seiner Disposition, bestehen ließe, so ist der Rückgriff des Eigengeschäftsführers aus §§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 BGB gegen ihn eröffnet. 427 Zur Abwehr eines unerwünschten Zuwachses auf der Grundlage des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB siehe eingehend oben III. 6., Seite 191 ff.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Dasselbe gilt, verhindert er die Ausübung des Wegnahmerechts oder die Erfüllung des Beseitigungsanspruchs durch den Besitzer, der im Rahmen einer angemaßten Eigengeschäftsführung tätig geworden ist (§ 997 BGB).428 Demgegenüber ist keine Akzeptanz einer Erhaltungs- oder Verbesserungsmaßnahme durch den Eigentümer/Geschäftsherrn anzunehmen, wenn er es lediglich unterlässt, die Beseitigung zu verlangen, und sodann die mit ihr verbundene Steigerung des Verkehrswertes durch eine Veräußerung der Sache verwirklicht. (4) Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Vorschrift des § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB die Inanspruchnahme des Geschäftsherrn bei aufgedrängten Vorteilen grundsätzlich ausschließt. Der Geschäftsherr schuldet dem angemaßten Eigengeschäftsführer einen Ausgleich für ersparte Aufwendungen bis zur Höhe seiner Bereicherung nur, wenn er das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ für sich in Anspruch nimmt oder den geschaffenen Vorteil in vergleichbarer Weise akzeptiert. Billigt er nicht nur das Ergebnis, sondern auch die Tätigkeit des Geschäftsführers, so bestimmt sich der Ausgleich nach allgemeinem Bereicherungsrecht.429 mm) Zusammenfassende Thesen zum Aufdrängungsschutz in der Geschäftsführung ohne Auftrag 1. Die echte Geschäftsführung ohne Auftrag, d.h. die Übernahme einer fremden Angelegenheit mit dem Willen, für einen anderen tätig zu werden, hat zwei soziale Erscheinungen zum Gegenstand: zum einen die freiwilliguneigennützige und aus der Sicht des betroffenen Geschäftsherrn durchaus erwünschte Tätigkeit (sog. berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag), zum anderen die unerbetene Einmischung in eine fremde Rechtssphäre (sog. unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag).430 Als „fremdes Geschäft“ sind die Ausübung fremder Rechte, die Inanspruchnahme fremder Rechtsgüter, die Erfüllung einer Verbindlichkeit oder das tatsächliche Handeln im fremden Interessenkreis zu verstehen (sog. objektiv fremde Geschäfte). Darüber hinaus werden an sich neutrale Tätigkeiten kraft des Wil428 Befindet sich die Sache wieder bei dem Eigentümer, so ist die Vorschrift des § 1002 BGB auf das Recht zur Wegnahme entsprechend anzuwenden: MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 997 Rdnr. 19 m. w. N. Der Besitzer kann hier wählen, ob er den Anspruch auf Duldung der Wegnahme gerichtlich durchsetzt oder unter Aufgabe dieses Rechts den Anspruch auf Wertersatz (§§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB) erhebt (Ersetzungsbefugnis des Gläubigers). 429 Siehe dazu oben V. 2. b) ll) (a) (5), Seite 454 und V. 2. b) ll) (c), Seite 458. 430 Siehe oben V. 2. b) aa), Seite 404.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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lens des Geschäftsführers, für einen anderen zu handeln, auf die Rechtssphäre des anderen bezogen (sog. subjektiv fremde Geschäfte). 2. Ist der Geschäftsführer mit Rücksicht auf den wirklichen oder mutmaßlichen Willen und im Interesse des Geschäftsherrn tätig geworden, kann er die Erstattung seiner Aufwendungen, d.h. den Ausgleich der von ihm freiwillig erbrachten Vermögensopfer, verlangen. In dieser Gestaltung stellt sich sein Wirken nicht als unerwünschte Einmischung dar, so dass er sich bei dem Geschäftsherrn wegen dieser Opfer schadlos zu halten vermag. Der Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen des berechtigten Geschäftsführers ist nicht bereicherungsrechtlicher Natur; er zielt nicht auf die Abschöpfung eines dem Geschäftsherrn zugefallenen Vorteils, sondern auf den Ausgleich einer Vermögenseinbuße des Geschäftsführers.431 3. Hat der Geschäftsführer den Willen des Geschäftsherrn schuldlos verkannt, ist ihm zwar der Ersatz seiner Aufwendungen versagt, er ist aber berechtigt, den bei dem Geschäftsherrn eingetretenen Vermögenszuwachs (das „aus der Geschäftsführung Erlangte“, d.h. deren Ergebnis) nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung zu beanspruchen. Sollte der Geschäftsherr nicht in der Lage sein, den ihm unwillkommenen Vermögenszuwachs in Natur herauszugeben, hat er dafür Wertersatz zu leisten.432 4. Die bei unberechtigter Geschäftsführung zugunsten des Geschäftsführers anwendbare Vorschrift des § 684 Satz 1 BGB ist nicht durch einen Gegenanspruch des Geschäftsherrn auf das vom Geschäftsführer Erlangte zu ergänzen. Sie ist vielmehr wörtlich zu verstehen: Ist die Geschäftsführung unberechtigt, steht nur dem Geschäftsführer, nicht aber dem Geschäftsherrn das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ zu.433 5. Die Vorschrift des § 684 Satz 1 BGB ist zum einen Ausdruck der Abwehr einer unerwünschten Einmischung: Der Geschäftsführer kann nicht den Ersatz seiner Opfer, sondern lediglich die Bereicherung des Geschäftsherrn beanspruchen. Zum anderen wird sie dem Interesse des Geschäftsführers an einem geldlichen Ausgleich gerecht, sofern „das Erlangte“ nicht in Natur ausgekehrt werden kann. Die Verpflichtung, das Erlangte herauszugeben, gewährleistet, dass der im Vermögen des Geschäftsherrn eingetretene Zuwachs an den Geschäftsführer zurückfließt. Übersteigt das vom Geschäftsherrn „aus der Geschäftsführung Erlangte“ die Aufwendungen des Geschäftsführers, so ist dessen Anspruch auf die von ihm erbrachten Vermögensopfer zu begrenzen: Der unberechtigte Ge431 432 433

Siehe oben V. 2. b) cc), Seite 412. Siehe oben V. 2. b) dd), Seite 416. Siehe oben V. 2. b) dd), Seite 416 f.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

schäftsführer soll nicht besser als derjenige gestellt sein, der sich als berechtigter Geschäftsführer der Angelegenheiten des Geschäftsherrn fürsorgend annimmt.434 6. Die Pflicht des Geschäftsherrn, das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ seiner Natur oder seinem Werte nach an den Geschäftsführer herauszugeben, darf nicht durch den Anspruch eines Geschäftsherrn/Eigentümers, Verbesserungen einer Sache zu beseitigen, wieder aufgehoben werden: Ein solches Verlangen wäre eine in sich widersprüchliche Anwendung des Gesetzes. In einer derartigen Sachlage ist der Geschäftsherr/Eigentümer zur Duldung der Einwirkungen, weil zur Herausgabe bzw. zum Wertersatz des ihm aufgedrängten Vorteils verpflichtet.435 7. Der Geschäftsführer hat unter Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt zu prüfen, ob die Übernahme einer fremden Angelegenheit als „unerwünschte Einmischung“ in einen fremden Rechtskreis bewertet werden kann. Versäumt er es, den wirklichen Willen des Geschäftsherrn zu ermitteln, oder legt er in vorwerfbarer Verkennung der Sachlage dessen mutmaßlichen Willen unzutreffend fest, schuldet er dem Geschäftsherrn den Ersatz eines etwaigen Schadens. Die Pflicht, den wirklichen Willen des Geschäftsherrn zu ermitteln, verletzt der Geschäftsführer, sofern er es versäumt, die Übernahme der Geschäftsführung, sobald es tunlich ist, dem Geschäftsherrn anzuzeigen und dessen Entscheidung abzuwarten. Da die „Übernahme der Geschäftsführung“ und der Beginn der Ausführung des Geschäfts in einem Akt zusammenfallen, hat der Geschäftsführer den Geschäftsherrn vor der Übernahme von der in Aussicht genommenen Geschäftsführung zu informieren und dessen Entschließung abzuwarten.436 8. Ist der Geschäftsherr zur Herausgabe bzw. zum Ersatz des Wertes des von ihm Erlangten verpflichtet, kann er nicht gleichzeitig von dem Geschäftsführer Schadensersatz oder Beseitigung der Geschäftsergebnisse verlangen. Die Unvereinbarkeit der Rechte ist durch Gewährung des einen oder des anderen Anspruchs zu beheben. Die Alternativität richtet sich nach der Sachlage: Trifft den Geschäftsführer kein Übernahmeverschulden, hat er den Anspruch gegen den Geschäftsherrn auf das aus seiner Tätigkeit Erlangte; der Schadensersatz- bzw. Beseitigungsanspruch des Geschäftsherrn ist in dieser Sachlage nicht gegeben. Hat sich der Geschäftsführer dagegen über den Willen des Geschäftsherrn hinweggesetzt, ist er zum Schadensersatz bzw. zur Beseitigung der Ergebnisse seiner Tätigkeit aus dem Gesichts434 435 436

Siehe oben V. 2. b) dd) (d), Seite 418. Siehe oben V. 2. b) ee), Seite 419. Siehe oben V. 2. b) ff) (b), Seite 421.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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punkt des Übernahmeverschuldens verpflichtet; er hat keinen Anspruch auf das vom Geschäftsherrn Erlangte.437 9. Die Alternativität der beiderseitigen Rechte auf Schadensersatz bzw. auf Beseitigung eines störenden Zustandes auf der Seite des Geschäftsherrn oder der Herausgabe des vom Geschäftsherrn aus der Geschäftsführung Erlangten verbindet die verletzte Pflicht des Geschäftsführers, den Willen des Geschäftsherrn zu ermitteln, mit einer doppelten Folge: Ihre Verletzung begründet einmal den Schadensersatz- bzw. Beseitigungsanspruch des Geschäftsherrn, und sie verhindert zum anderen das Entstehen des Anspruchs des Geschäftsführers gegen den Geschäftsherrn auf das von diesem Erlangte. Die Versagung des Ausgleichs ist eine „Verwirkung kraft pflichtwidrigen Verhaltens“. Diese Sanktion rechtfertigt sich aus dem im Prinzip unerbetenen Eindringen in einen fremden Bereich bzw. – bei Verletzung von Anzeigepflichten – aus der Verletzung einer treuhandähnlichen Stellung.438 10. Die Pflicht des Geschäftsführers, den Willen des Geschäftsherrn sorgfältig zu ermitteln, dient nicht dem eigenen Interesse, sondern dem des anderen Teils. Sie unterscheidet sich dadurch von den im eigenen Interesse zu beachtenden Obliegenheiten. Sie ist außerdem durch den Anspruch auf Schadensersatz sanktioniert. Auch aus diesem Grunde ist sie keine bloße Obliegenheit, sondern als echte Rechtspflicht einzuordnen. Freilich wird sie durch die fehlende Klagbarkeit in die Nähe der Obliegenheiten gerückt.439 11. Verlangt der Geschäftsherr/Eigentümer von dem nicht berechtigten Geschäftsführer den Ausgleich von Nachteilen, die ihm durch die unerwünschte Einmischung entstanden sind, erklärt er aber gleichzeitig, auf die Beseitigung des aufgedrängten „Vorteils“ durch den Geschäftsführer im eigenen Interesse zu verzichten, mindert diese Akzeptanz den Schadensersatzanspruch des Geschäftsherrn aus dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung.440 12. Vermag der Geschäftsführer das vom Geschäftsherrn Erlangte wegen eines gegen ihn gerichteten Schadensersatz- bzw. Beseitigungsanspruchs nicht zu fordern, steht ihm der Bereicherungsanspruch auch dann nicht zu, wenn die Beseitigung unmöglich und die dahingehende Verpflichtung somit aufgehoben ist: Der nicht beseitigungspflichtige Geschäftsführer darf in diesem Fall nicht besser als der beseitigungspflichtige gestellt sein.441

437 438 439 440 441

Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe

oben oben oben oben oben

V. V. V. V. V.

2. 2. 2. 2. 2.

b) b) b) b) b)

ff) (c), Seite 424, und V. 2. b) gg), Seite 427. gg) (a), Seite 429 ff. gg) (b), Seite 434. hh), Seite 437. ii), Seite 438.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

13. Die aufgedrängte Tilgung von Verbindlichkeiten durch einen außerhalb des Schuldverhältnisses stehenden Dritten gewährt an sich keinen Regress gegen den Schuldner auf Herausgabe des aus einer Geschäftsführung Erlangten. Die „Herausgabe der Befreiungswirkung“ ist nur anzuerkennen, wenn der Dritte in Übereinstimmung mit dem mutmaßlichen Willen des Schuldners als des Geschäftsherrn handelte.442 14. Macht der Geschäftsherr seinen Anspruch auf Beseitigung eines ihm aufgedrängten Vorteils nicht geltend, so steht es dem Geschäftsführer frei, die mit einer fremden Sache verbundenen Bestandteile oder Zubehör wegzunehmen. Dieses Wegnahmerecht besteht für Sachen, die in das Eigentum des Geschäftsherrn übergegangen sind, §§ 951 Abs. 2 i.V. m. 946, 947; § 997 BGB. Es ist erst recht für Gegenstände anzuerkennen, an denen der Geschäftsherr kein Eigentum erlangt hat.443 15. Bei angemaßter Eigengeschäftsführung hat der Geschäftsherr das Recht, deren Ergebnisse für sich in Anspruch zu nehmen: Der vom Geschäftsführer geschaffene Vorteil (das „Erlangte“) ist dem Berechtigten, mithin dem Geschäftsherrn, zugewiesen. Beansprucht der Geschäftsherr diesen Vorteil, so akzeptiert er damit das Ergebnis der Geschäftsführung. Seinerseits schuldet er einen Ausgleich dafür, dass ihm ohne den Einsatz eigener Mittel ein „Erfolg“ zugeflossen ist. Der Anspruch des Geschäftsführers gründet sich in diesem Fall auf die ausgebliebene Schmälerung des Vermögens des Geschäftsherrn, nicht aber auf die von ihm erbrachten Vermögensopfer. Die Ansprüche des Geschäftsherrn und des Geschäftsführers richten sich auf das vom anderen Teil jeweils „Erlangte“, sie sind ihrem Inhalt nach gegeneinander aufrechenbare Bereicherungsansprüche.444 16. Der Geschäftsherr kann den angemaßten Eigengeschäftsführer wegen seines Eingriffs auf Schadensersatz, also auch auf Wiederherstellung in Natur, in Anspruch nehmen. Etwaige Vorteile des Geschäftsherrn, welche die Schadensersatzleistung in dieser Form mit sich bringt, sind durch Vorteilsausgleichung zu kompensieren. Die Anerkennung eines eigenen Bereicherungsanspruchs des Geschäftsführers auf den Wertausgleich seines Eingriffs ist dagegen systemfremd.445 17. Entschließt sich der Geschäftsherr, das von dem angemaßten Eigengeschäftsführer Erlangte für sich zu beanspruchen, bringt er damit sein Interesse am Ergebnis der Geschäftsführung zum Ausdruck; mithin wird ihm 442 443 444 445

Siehe Siehe Siehe Siehe

oben oben oben oben

V. V. V. V.

2. 2. 2. 2.

b) b) b) b)

jj), Seite 440. kk), Seite 449. ll) (a), Seite 450 ff. ll) (b), Seite 456.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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das vom Geschäftsführer Erlangte nicht aufgedrängt. Der Gegenanspruch des Geschäftsführers auf den Vorteil des Geschäftsherrn hängt von der Entscheidung des Geschäftsherrn ab, er ist daher aufschiebend bedingt. Erstreckt sich die Akzeptanz des Geschäftsherrn über das Ergebnis der Eigenschäftsführung hinausgehend auf die Tätigkeit des Geschäftsführers, schuldet er diesem aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung den Ersatz aller erforderlichen Aufwendungen (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB). Da die Voraussetzung des Bereicherungsanspruchs des Eigenschäftsführers in der Akzeptanz des von ihm geschaffenen Ergebnisses durch den Geschäftsherrn besteht, ist dieser Anspruch zu verneinen, wenn ein Vorteil dem Berechtigten „automatisch“, also unabhängig von seiner Billigung, zufällt.446 18. Sieht der Geschäftsherr davon ab, von dem Eigengeschäftsführer die Beseitigung eines ihm zugefallenen Erfolgs kraft seines Eigentums zu verlangen, weil er das Ergebnis eines Eingriffs als für ihn vorteilhaft bewertet, wird die Veränderung zu einem ausgleichsfähigen und -pflichtigen Vorteil. Diese Akzeptanz ist der Geltendmachung des Anspruchs „auf das aus der Geschäftsführung Erlangte“ durch den Geschäftsherrn vergleichbar. Er hat den Eigengeschäftsführer für die auf seiner Seite ersparten Aufwendungen bis zur Höhe seiner Bereicherung zu entschädigen, § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung.447 c) Der Aufdrängungsschutz im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis aa) Der Anspruch des Besitzers auf Verwendungsersatz: Ein angemessener Ausgleich zwischen dem Interesse des Besitzers an dem Ersatz seiner Opfer und dem Schutz des Eigentümers? Das in den einschlägigen Monographien und Kommentaren so bezeichnete „Eigentümer-Besitzer-Verhältnis“ des Bürgerlichen Gesetzbuches448 umfasst die Regelung des dinglichen Herausgabeanspruchs des Eigentümers (§ 985 BGB) und des gesetzlichen Schuldverhältnisses zwischen dem Eigentümer und dem herausgabepflichtigen Besitzer (§§ 987 bis 1003 BGB). Es hat eine Entsprechung in dem Recht des Nießbrauchers (§§ 1030, 1036 BGB) und dem gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen dem Nießbraucher 446

Siehe oben V. 2. b) ll) (c), Seite 458 ff. Siehe oben V. 2. b) ll) (c) (3), Seite 462 ff. 448 Das Gesetz befleißigt sich eines weniger bestimmten Ausdrucks: „Vierter Titel. Ansprüche aus dem Eigentume.“ 447

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

und dem Eigentümer der belasteten Sache (§§ 1037 ff. BGB) sowie dem Recht des Pfandgläubigers an einer beweglichen Sache (§§ 1204, 1227 BGB) und dem Schuldverhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Pfandgläubiger (§§ 1214 bis 1217 BGB). In den Normen des „Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses“ über den Ersatz von Verwendungen unterscheidet das Bürgerliche Gesetzbuch im Hinblick auf sachbezogene Aufwendungen449 zwischen den Ausgleichsansprüchen des redlichen, unverklagten Besitzers einerseits (§§ 994 Abs. 1, 996 BGB) und desjenigen andererseits, der hinsichtlich seines Besitzrechts bösgläubig bzw. von dem Eigentümer auf Herausgabe der Sache verklagt worden ist (§ 994 Abs. 2 BGB).450 Dass die angeführten Vorschriften dazu bestimmt sein sollen, einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Interesse des Besitzers an dem Ersatz seiner Verwendungen auf eine herauszugebende Sache und dem Schutz des Eigentümers vor einer aufgedrängten Bereicherung zu gewährleisten, sei mit drei Stimmen aus der Kommentarliteratur belegt. So formuliert etwa Gursky im Staudingerschen Erläuterungswerk451: „Die §§ 994 ff. regeln den Interessenkonflikt zwischen dem unrechtmäßigen Besitzer, der eigene Vermögenswerte für die Erhaltung oder Verbesserung der herauszugebenden Sache aufgeopfert hat und diese nun ersetzt haben möchte, und dem vindizierenden Eigentümer, der nicht zur Vergütung von Maßnahmen gezwungen sein möchte, die er nicht selbst in Auftrag gegeben hat und die für ihn vielleicht völlig nutzlos sind. Das BGB versucht hier einen angemessenen Interessenausgleich herbeizuführen, indem es die Ersatzansprüche nach der Art der Verwendungen und dem Grad der Schutzwürdigkeit des Besitzers abstuft.“ Im Kommentar von Erman/Hefermehl452 heißt es in vergleichbarer Formulierung: „Alles in allem eine verwickelte Regelung, die der Interessenlage gerecht zu werden sucht. Der Grundgedanke ist, den Eigentümer vor ihm gegen seinen Willen aufgedrängten Leistungen möglichst zu schützen.“ Ähnlich, mit dem Blick auf die Entstehungsgeschichte des Bürgerlichen Gesetzbuches sowie auf das französische und anglo-amerikanische Recht, liest sich die Darstellung von Mühl im Soergelschen Kommentar453: „Der Gesetzgeber stand vor der Frage, ob er in dem Interessenkonflikt zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer den letzteren dadurch begünstigen sollte, daß Verwendungen als un449 Bereits im römischen Recht unterschied man zwischen notwendigen (impensae necessariae), nützlichen (impensae utiles) und sonstigen Verwendungen (impensae voluptariae); so in Dig. 5. 3. 38. und Dig. 3. 5. 26. pr.; siehe dazu Rosenlöcher, Seite 47 ff.; Verse, a. a. O., Seite 13 ff.; Jakobs, AcP 167, Seite 350, 351 m. w. N.; Florey, a. a. O., Seite 24 m. w. N. 450 Zur geschichtlichen Entwicklung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses siehe Rosenlöcher, a. a. O., Seite 3 ff., 59 ff., 103 ff.; zum Verwendungsersatz siehe insbesondere Seite 45 ff., 53 f., 64 f., 83 ff., 156 ff.; Knackstedt, a. a. O., Seite 24 ff. 451 Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003, Rdnr. 25. 452 10. Auflage, Vor §§ 994–1003, Rdnr. 1. 453 12. Auflage, Vor § 994 Rdnr. 2.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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gerechtfertigte Bereicherung grundsätzlich zu erstatten waren. Hiervon ging der 1. Entw. in Anlehnung an das französische Recht aus. In den Motiven wird sogar betont, daß von dem Standpunkt des Entwurfs aus eine Versagung oder Beschränkung für den Besitzer eine Privatstrafe enthalten würde. Die gegenteilige Ansicht, die im gemeinen Recht vorherrschte, trägt dem Gesichtspunkt Rechnung, daß im Falle einer Erstattungspflicht dem Eigentümer die Folgen der Handlungen des Besitzers aufgebürdet würden, ihm insbes. eine Bereicherung ,aufgedrängt‘ werden könnte. Die zweite Kommission wich von der Konzeption des 1. Entw. ab und entschied sich auf der Grundlage des gemeinen Rechts für eine differenzierende Lösung, die in § 996 (,nur insoweit‘) dazu führte, daß der Ersatzanspruch eines bösgläubigen und verklagten Besitzers für Verwendungen, die nicht notwendig waren, ausgeschlossen wurde. Jakobs hält die ,rigorose Versagung‘ jeden Ersatzes der Verwendungen des bösgläubigen Besitzers für zu hart . . ., während umgekehrt im anglo-amerikanischen Recht der Schutz des Eigentümers gegen Einmischung seitens Dritter stärker als im deutschen Recht betont wird.“ 454

Ob die Vorschriften über den Verwendungsersatz – wie in den angeführten Zitaten betont – den Schutz des Eigentümers vor „aufgedrängter Bereicherung“ bezwecken, ist allerdings zu bezweifeln: Der Eigentümer ist gegenüber dem gutgläubigen Besitzer zum Ersatz bestimmter Aufwendungen unabhängig davon verpflichtet, ob er sie selbst getätigt oder den anderen Teil mit ihrer Vornahme beauftragt hätte (§ 994 Abs. 1 BGB). Auch vermag er den Ausgleich einer Wertsteigerung (§§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1; 996 BGB) nicht mit dem Verlangen abzuwehren, der Besitzer möge die von ihm bewirkten Veränderungen der herauszugebenden Sache wieder beseitigen (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Eigentümer wird mithin – was im Einzelnen darzulegen sein wird – nicht vor einer Bereicherung geschützt, sondern ihm wird – ganz im Gegenteil – kraft Gesetzes ein Vorteil aufgedrängt, den er um der schutzwürdigen Belange des Besitzers willen geldlich auszugleichen hat. Die von Dagmar Waltjen455 vertretene Auffassung, bei den Vorschriften über den Verwendungsersatz handele es sich zumindest auch um „Schutzvorschriften zugunsten des Eigentümers“, träfe nur zu, wenn der Eigentümer nach den bereicherungsrechtlichen Vorschriften strenger haftete als nach den Bestimmungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses. Dies ist jedoch zu verneinen: Zum einen enthalten die bereicherungsrechtlichen Normen keine Vermutung für das Vorhandensein eines Vorteils; zum anderen könnte der Eigentümer den Ausgleich einer der Sache anhaftenden Wertsteigerung (§ 951 Abs. 1 Satz 1 BGB) mit dem Beseitigungsverlangen (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) abwehren.456 454 Siehe die Darlegungen zum anglo-amerikanischen Recht siehe oben IV. 1. c), Seite 233 ff. 455 AcP 175, Seite 109, 115. 456 Siehe dazu im Einzelnen III. 6., Seite 191 ff., insbesondere III. 6. c), Seite 195.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

(a) Sowohl der redliche und unverklagte als auch der bösgläubige bzw. verklagte Besitzer sind berechtigt, von dem Eigentümer den Ersatz der notwendigen Verwendungen, d.h. solcher Vermögensopfer zu verlangen, die nach einem wirtschaftlich-vernünftigen („objektiven“) Maßstab im Zeitpunkt ihres Einsatzes erforderlich waren, um die Sache zu erhalten, wiederherzustellen oder ordnungsmäßig zu bewirtschaften.457 Der Begriff der „Verwendung“ setzt, entgegen einer verbreiteten Definition458, nicht voraus, dass der Berechtigte einer herauszugebenden Sache auch das Eigentum an dem „Ergebnis“ der Investition erlangt hat, knüpft doch die Ausgleichspflicht des Eigentümers nach § 994 BGB in erster Linie an die (zugunsten des unverklagten oder gutgläubigen Besitzers unwiderlegbar vermutete) Ersparnis von Aufwendungen459 an und nicht etwa an einen Rechtserwerb des Eigentümers nach §§ 946 ff. BGB.460 Dementsprechend bezieht sich die „Verwendung“ nicht nur auf Gegenstände, die wesentliche Bestandteile der herauszugebenden Sache werden, sondern auch auf Zubehör im Sinne des § 97 BGB461: Zubehörteile sichern häufig die „ordnungsmäßige Bewirtschaftung“ einer Sache und vermögen – da an ihnen kraft guten Glaubens Eigentum erworben werden kann (§§ 929, 932 BGB) – ihren Verkehrswert zu erhöhen.462 Ist dem Besitzer am hinzugefüg457 Die Definition der notwendigen Verwendungen ist nahezu allgemein anerkannt (BGHZ 131, Seite 220, 223; BGH NJW-RR 1996, Seite 336, 337 sub III; Palandt/Bassenge, 62. Auflage, § 994 Rdnr. 5; MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 994 Rdnr 16; abweichend Knackstedt, a. a. O., Seite 49: Unter „notwendigen Verwendungen“ seien substanz-, nicht funktionserhaltende Maßnahmen zu verstehen). Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 994 Rdnr. 2 bezeichnet notwendige Verwendungen – ohne sachliche Abweichung von der im Text gegebenen üblichen Definition – als Aufwendungen, die „objektiv erforderlich sind, um die Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand einschließlich ihrer Nutzungsfähigkeit zu erhalten.“ Maßgeblich ist, was der Eigentümer boni viri arbitratu (d.h. nach dem Urteil eines vernünftigen Beobachters) auf die Sache hätte verwenden müssen, nicht, was er hätte aufwenden können oder wollen. 458 Vgl. etwa – ohne Begründung – Palandt/Bassenge, 62. Auflage, § 994 Rdnr. 3; Wilhelm, Sachenrecht, Rdnr. 654. Ebenso Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite 229 sub § 936 (Motive); einschränkend Staudinger/ Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003 Rdnr. 11 mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 459 Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. c) bb), Seite 487 ff. 460 Im Ergebnis ebenso H.D. Schmid, JuS 1988, Seite 289, 292 m. w. N. und bereits Florey, a. a. O., Seite 15 f. 461 Die Kommentierung von Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003 Rdnr. 11, führt insoweit zutreffend den Erwerb einer Regenhülle für ein Fahrzeug an. Als weiteres Beispiel kommt die Ausrüstung mit Außenspiegeln in Betracht, die keine wesentlichen Bestandteile des Wagens sind. 462 Letzteres lassen die Gesetzesmaterialien unberücksichtigt, nach denen die Möglichkeit einer Vermögensvermehrung des Eigentümers durch Zufügung unwesentlicher Bestandteile oder von Zubehör zu verneinen ist (Mugdan, Die gesamten

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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ten Zubehör gelegen, so kann er vor der Rückgabe der Sache die Verbindung mit der Hauptsache aufheben. Ist er seiner Pflicht zur Herausgabe gegenüber dem Eigentümer der Hauptsache bereits nachgekommen, so hat der Eigentümer die Wegnahme des Zubehörs in entsprechender Anwendung des § 997 BGB zu dulden.463 In diesem Falle kann der Eigentümer (der vom Besitzer herauszugebenden Sache) von der Befugnis Gebrauch machen, die Wegnahme durch Ersatz des Wertes des Zubehörs abzuwenden (§ 997 Abs. 2 BGB).464 Verlangt der Besitzer (als Eigentümer des Zubehörs) stattdessen von dem Eigentümer der Hauptsache geldlichen Ersatz für seine Verwendung465, so schuldet dieser nur Zahlung Zug um Zug gegen Übereignung des Zubehörs, damit nicht Eigentum und Besitz dauerhaft auseinanderfallen.466 Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite 229 sub § 936 [Motive]: „Die Verbindung eigener Sachen mit der fremden Sache wird als Verwendung dann nicht zu gelten haben, wenn die verbundenen Sachen wesentliche Bestandtheile der Hauptsache nicht geworden sind, und ebensowenig, wenn sie nur zum Zubehöre der fremden Sachen gemacht sind, weil das Recht des Verwendenden an solchen Sachen beharrt und das Vermögen des Eigenthümers nicht vermehrt wird.“ Unzutreffend auch Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003 Rdnr. 11). 463 Der Eigentümer der Hauptsache schuldet dem ehemaligen Besitzer nicht etwa die Herausgabe des Zubehörs aus § 985 BGB: Als Schuldner trüge er nicht nur die mit der Erfüllung dieses Anspruchs verbundenen Kosten und wäre im Falle des Annahmeverzugs des Besitzers gehalten, sich seiner Verbindlichkeit durch Versteigerung des Zubehörs (§ 383 BGB) zu entledigen; es entstünde sogar ein „umgekehrtes“ Eigentümer-Besitzer-Verhältnis! Die entsprechende Anwendung des § 997 BGB auf Zubehörteile rechtfertigt sich aus einem „argumentum a maiore ad minus“: Ist dem Besitzer die Wegnahme wesentlicher Bestandteile gestattet, so gilt dies erst recht im Hinblick auf Zubehörteile. Im Ergebnis ebenso, wenn auch unklar formulierend, Siber, JherJb 89 (1941), Seite 1, 55: „Einrichtungen, die nicht zu ,wesentlichen Bestandteilen‘ geworden sind, kann der Besitzer natürlich gleichfalls wegnehmen und, wenn er sie bei der Herausgabe mit übergeben hat, als grundlos besessene zurückfordern; nur ist er dann auch verpflichtet, die Sache wieder instandzusetzen (§ 258)“. Dass das Eigentum des Besitzers an nichtwesentlichen Bestandteilen fortbesteht, heben zutreffend Palandt/Bassenge, 62. Auflage, § 997 Rdnr. 2, und H. D. Schmid, JuS 1988, Seite 289, 292 sub 1b a. E., hervor. 464 Das Wegnahmerecht besteht ausschließlich im Interesse des Besitzers und kann durch Erfüllung nach § 362 BGB nur erlöschen, wenn es vom Berechtigten ausgeübt wird. Es kann aber auch durch Zahlung des Wertes abgewendet werden, den der Bestandteil nach Abtrennung für den Besitzer haben würde. Dass das Wegnahmerecht das Interesse des Besitzers an den eingefügten Bestandteilen schützt, verkennt Jakobs, AcP 167, Seite 350, 382, in der einseitigen Sicht auf die Belange des Eigentümers; er meint, es könne „nicht richtig“ sein, dass ein Grundstückseigentümer ein auf seinem Grundstück errichtetes Gebäude in Ausübung der Abwendungsbefugnis nach § 997 Abs. 2 BGB „zum Abbruchswert“ bekomme. 465 Der Verwendungsersatzanspruch des Besitzers und sein Wegnahmerecht stehen im Verhältnis der elektiven Konkurrenz, d.h. der Wahl zwischen verschiedenen Rechten.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

(1) Für den gutgläubigen und unverklagten Besitzer besteht der Anspruch auf Ausgleich seiner Vermögensopfer unabhängig von dem Beweis des Umstandes, dass die notwendigen Maßnahmen im Zeitpunkt ihrer Vornahme dem Willen und Interesse des Eigentümers entsprachen, § 994 Abs. 1 BGB.467 (2) Der Ersatzanspruch des bösgläubigen bzw. verklagten Besitzers bestimmt sich demgegenüber danach, ob die Erhaltung, Wiederherstellung oder Bewirtschaftung der Sache dem Willen und Interesse des Eigentümers gerecht wurde, §§ 994 Abs. 2 i.V. m. 683 Satz 1, 684 Satz 1 BGB. Nach überwiegender Ansicht erstreckt sich die in der Vorschrift des § 994 Abs. 2 BGB enthaltenen Verweisung auch auf die Bestimmung des § 684 Satz 1 BGB.468 Andernfalls hätte der Gesetzgeber den Anspruch des Besitzers ausdrücklich davon abhängig machen müssen, dass die Investition dem Interesse und mutmaßlichen Willen des Eigentümers entsprach. Die gegenteilige, von Gursky vertretene Ansicht469 beruft sich unter anderem auf den Schutz des Eigentümers vor „aufgedrängter Bereicherung“. Diese Argumentation überzeugt bereits deshalb nicht, weil die Vorschriften der §§ 994, 996 BGB dem Eigentümer die Pflicht zum Ausgleich eines „aufgedrängten“ Zuwachses gerade auferlegen: Eine kraft dieser Bestimmungen begründete Zahlungspflicht schließt dessen Recht auf Beseitigung des „Verwendungserfolges“ (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) aus.470

Ist dies – wofür im gerichtlichen Verfahren der Besitzer darlegungs- und beweispflichtig ist471 – der Fall, schuldet der Eigentümer den Ersatz der eingesetzten Vermögensopfer (§ 683 Satz 1 BGB); entsprach das Vorgehen des Besitzers nicht dem Willen dem Interesse des Eigentümers, ist lediglich die Wertsteigerung der Sache auszugleichen (§ 684 Satz 1 BGB).472 Diese ist im Ausgangspunkt auf den Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs, d.h. der Wiederlangung des Besitzes oder der Genehmigung der Verwendung durch den Eigentümer (§ 1001 BGB473), zu beziehen.474 466 Da der Besitzer die Eigentumsverschaffung schuldet, ist bei der Feststellung einer durch nicht wesentliche Bestandteile oder Zubehör eingetretenen Wertsteigerung der Sache zu unterstellen, dass der Eigentümer der Hauptsache auch Eigentümer der unwesentlichen Bestandteile bzw. des Zubehörs wird. 467 Siehe dazu im Einzelnen unten V. 2. c) bb) (a) (1), Seite 489. 468 MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 994 Rdnr. 19 m. w. N.; Verse, a. a. O., Seite 50; Siber, JherJb 89 (1941), Seite 1, 54. Siehe dazu oben Fußnote 19 und sogleich unter V. 2. c) aa) (a) (3), Seite 477. 469 Staudinger, Neubarbeitung 1999, § 994 Rdnr. 26. 470 Siehe dazu oben III. 6. b), Seite 193. 471 Entsprach die Verwendung nach einem wirtschaftlich-vernünftigen Maßstab dem Interesse des Eigentümers, so ist ein entsprechender Wille auf seiner Seite (widerlegbar!) zu vermuten. 472 Die Unterscheidung zwischen dem Ausgleich der Aufwendungen und der bloßen Wertsteigerung verkennt Verse, a. a. O., Seite 50 Fußnote 43.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Die Anerkennung einer Verpflichtung zum Wertersatz im Zeitpunkt der Wiedererlangung der Sache oder der Genehmigung der Verwendung gestattet – unabhängig von dem Recht des Besitzers, die Verwendung nach § 997 BGB wegzunehmen und also den Vorteil aus dem Vermögen des Eigentümers wieder „auszugliedern“!475 – den Schluss, dass der Eigentümer von dem bösgläubigen Besitzer entgegen dem Wortlaut des § 987 Abs. 1 BGB keinen Ersatz solcher Nutzungen verlangen kann, die erst durch dessen notwendige Verwendungen ermöglicht wurden, sofern er ihm die sachbezogenen Aufwendungen nicht in vollem Umfang ersetzt. Wollte man nämlich dem Eigentümer dieses Recht zubilligen, so müsste er im Hinblick auf die an den Besitzer auszukehrende Wertsteigerung so gestellt werden, als sei die Sache bereits vor der Nutzung durch den Besitzer im veränderten Zustand an ihn herausgegeben worden: Kraft der Forderung eines verwendungsbedingten Nutzungsersatzes würde er die vom Besitzer geschaffenen Chancen verwirklichen und sich damit gerieren, als habe er dem Besitzer die in ihrem Wert gesteigerte Sache überlassen.476 Dies hätte nur geschehen können, wäre die Sache unmittelbar nach Vornahme der Verwendungen an ihn zurückgegeben worden; in dieser Gestaltung hätte der Besitzer aber einen Ausgleich für die zu diesem Zeitpunkt durch die Verwendung eröffneten Nutzungschancen verlangen können. Daraus folgt im Gegenschluss: Schuldet der Eigentümer nach dem Wortlaut der §§ 994 Abs. 2, 1001 BGB einen Ausgleich nur für die im Zeitpunkt der Wiedererlangung der Sachherrschaft noch vorhandenen Nutzungschancen, so ist es ihm versagt, „rückwirkend“ die vom Besitzer verwirklichten Nutzungsmöglichkeiten an sich zu ziehen.477 473 Zur Vorschrift des § 1001 BGB siehe oben Fußnoten 38 des Abschnitts I. und 224 des Abschnitts III. 474 Eine endgültige „Fixierung“ des Wertersatzes tritt allerdings erst durch die freiwillige Herausgabe der Sache (im Ergebnis ebenso MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 994 Rdnr. 19) an den Eigentümer oder – im Falle der gerichtlichen Auseinandersetzung – im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung ein: Von diesem Zeitpunkt an ist das Risiko eines Wertverlustes dem Eigentümer zuzuweisen. Siehe dazu – bezogen auf den Ausgleich einer vom Mieter herbeigeführten Wertsteigerung des Mietobjektes – oben V. 1. a) bb) (d), Seite 368. 475 Zum Wegnahmerecht des Besitzers siehe oben Fußnote 464 dieses Abschnitts, unten V. 2. c) bb) (b) (3) (d), Seite 511 ff. (dort insbesondere die Fußnoten 626 bis 629) sowie Fußnote 902 dieses Abschnitts. 476 Zu der Frage, ob ein bösgläubiger Besitzer solche Nutzungen an den Eigentümer herauszugeben hat, die durch nicht notwendige Verwendungen ermöglicht wurden, siehe noch unten V. 2. c) bb) (b) (4), Seite 516 ff. und bereits oben Fußnote 144 des Abschnitts II. 477 Sind die notwendigen Verwendungen nicht wegnahmefähig, so wirkt sich dieser Umstand im Rahmen des Wertersatzes nach §§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB zu Lasten des Eigentümers aus: Die Wertsteigerung ist ihrem Betrage nach unabhängig von der Akzeptanz des Eigentümers auszugleichen.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

(3) Darf der bösgläubige Besitzer dem Eigentümer eine notwendige Verbesserung mit der Folge eines finanziellen Ausgleichs aufdrängen, beispielsweise ein Gebäude reparieren lassen, während sich der Eigentümer hierzu nicht entschieden hätte? Die Abschöpfung einer durch die Wertsteigerung der Sache eingetretenen „Bereicherung“ des Eigentümers nach §§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB könnte einen „Wertungswiderspruch“ zur Vorschrift des § 996 BGB begründen, ist doch nach dieser Norm nur der gutgläubige Besitzer berechtigt, eine Werterhöhung für sich in Anspruch zu nehmen und die Rückgewähr von ihrem Ersatz abhängig zu machen.478 Diese Argumentation ist jedoch nicht stichhaltig, weil die Bestimmungen des § 994 BGB einerseits und des § 996 BGB andererseits auf verschiedene Verwendungen ausgerichtet sind.479 Der Rückschluss aus einer Vorschrift über den Ersatz nicht notwendiger Verwendungen (§ 996 BGB) auf den Ausgleich notwendiger Maßnahmen ist nicht folgerichtig, weil er die verschiedenen Merkmale der „Notwendigkeit“ und „Nützlichkeit“ miteinander vermengt.480 Bildlich gesprochen springt dieses Argument zwischen den Vorschriften der § 996 BGB und § 994 BGB hin und her. Ist der Eigentümer gegenüber dem Besitzer zum geldlichen Ersatz nach § 994 BGB verpflichtet, hat er die an seiner Sache vorgenommenen notwendigen Veränderungen zu dulden; er kann, mit anderen Worten ausgedrückt, nicht ihre Beseitigung wegen einer „Beeinträchtigung“ seines Eigentums verlangen, § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB.481 (b) Entsprechendes gilt im Hinblick auf die Verpflichtung des Eigentümers, dem gutgläubigen und unverklagten Besitzer andere als notwendige Verwendungen zu ersetzen, soweit sie den Wert der Sache482 noch im Zeitpunkt ihrer Wiedererlangung erhöhen: Der gutgläubige Besitzer ist auch in diesem Fall nicht verpflichtet, den von ihm bewirkten „Erfolg“ zu beseitigen. Die Frage, ob der gutgläubige Besitzer eine nicht notwendige, den Wert der Sache auch nicht erhöhende Verwendung aus dem Gesichtspunkt der rechtswidrigen Beeinträchtigung fremden Eigentums (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu entfernen hat, wird im Schrifttum mit dem Hinweis auf die fehlende Schadensersatzpflicht des gutgläubigen Besitzers (§ 993 Abs. 1 letzter Halbsatz BGB) verneint: Schulde der Besitzer keinen Ersatz des Schadens, der dadurch entsteht, dass die Sache 478

So Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 994 Rdnr. 26. Siehe dazu bereits oben Fußnote 19 des Abschnitts III. 480 Dass keine weiteren Argumente dagegen sprechen, die in § 994 Abs. 2 BGB enthaltene Verweisung auf die Vorschrift des § 684 Satz 1 BGB zu erstrecken, ist bereits oben V. 2. c) aa) (a) (2), Seite 476 und in Fußnote 129 dieses Abschnitts dargelegt worden. 481 Siehe dazu bereits oben III. 6. b), Seite 193. 482 Zu der Frage, ob es sich hierbei um den gemeinen oder einen subjektiven Wert handelt, siehe unten V. 2. c) bb) (b) (3), Seite 508 ff.; zur Subjektivierung des Wertbegriffs siehe (ablehnend) bereits oben III. 2. j), Seite 151 ff. 479

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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verschlechtert werde, untergehe oder aus einem anderen Grunde nicht herausgegeben werden könne, so schulde er auch nicht die Beseitigung von sog. „Luxusverwendungen“, die ihm ein „ähnliches Opfer“ auferlege.483 Nach dieser Auffassung hat der gutgläubige Besitzer – über den Regelungsbereich des § 989 BGB hinausgehend – wegen vergleichbarer wirtschaftlicher Folgen objektiv wertlose Verwendungen nicht zu beseitigen, auch wenn sie den Eigentümer seiner Dispositionsfreiheit berauben.484 Die hier vorgeschlagene „Gleichbehandlung“ erscheint trotz der rechtspolitisch angreifbaren Unterscheidung zwischen der Verpflichtung zum „Schadensersatz“ einerseits und zur „Beseitigung einer Eigentumsbeeinträchtigung“ andererseits zumindest vertretbar.

Der Umstand, dass die auszugleichende Wertsteigerung auf den Zeitpunkt der Wiederlangung der Sachherrschaft zu beziehen ist, gestattet den Schluss, dass in der Regel485 der Besitzer – beispielsweise auf der Grundlage des § 988 BGB – keine verwendungsbedingten Nutzungen an den Eigentümer auszukehren hat.486 (1) Nicht notwendige Verwendungen, die den Wert der Sache erhöhen, werden implizit als „nützlich“ bezeichnet. Dieser Begriff wird freilich durch den Bundesgerichtshof dahingehend eingeschränkt, dass trotz einer Werterhöhung der Sache solche Vermögensopfer keine „Verwendungen“ seien, die ihren Zustand grundlegend veränderten (sog. „sachändernde Verwendungen“ oder „Umgestaltungsaufwendungen“).487 Dementsprechend sei 483 In diesem Sinne MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 1004 Rdnr. 64 m. w. N.; Knackstedt, a. a. O., Seite 56 f.; Picker, Der negatorische Beseitigungsanspruch, Seite 31 f.; ähnlich in der Festschrift für Gernhuber, Seite 315, 329. 484 Aus dogmatischer Sicht ist indessen eine unterschiedliche Behandlung der Substanzverletzung oder des Besitzverlustes einerseits und der sonstigen Beeinträchtigung der Eigentümerbefugnisse andererseits geboten (siehe dazu eingehend oben III. 6. e), Seite 197 ff.). Dies gilt unabhängig von einer auf das Schadensrecht bezogenen Feststellung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 102, Seite 322, 325 f.), wonach im Fall der Zerstörung eines Hauses Naturalrestitution im Sinne des § 249 BGB geschuldet sei, wenn ein „wirtschaftlich-funktional gleichwertiger Zustand“ hergestellt werden könne. Zur schadensrechtlichen Problematik siehe beispielsweise E. Schmidt, JuS 1986, Seite 517, 520. 485 D.h. für den Fall, dass die Nutzung eine Minderung des geschaffenen Wertes bewirkt hat. 486 Siehe dazu – bezogen auf den Wertersatzanspruch des bösgläubigen Besitzers aus §§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB – oben V. 2. c) aa) (a) (2), Seite 476. 487 Grundlegend BGHZ 41, Seite 157 (siehe dazu oben II. 2. b), Seite 36); a. A. RGZ 152, Seite 100, 101. Die angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs behandelt expressis verbis nur den Begriff der „Verwendung“ durch Errichtung eines Gebäudes auf fremdem Boden. Ihre Tragweite bezieht sich aber auf die „Nützlichkeit“ derartiger Investitionen, weil die Notwendigkeit von Umgestaltungen eines Grundstücks durch Errichtung von Bauten kaum vorstellbar ist. Siehe zum Ganzen MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 994 Rdnr. 8 m. w. N.; Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003 Rdnr. 8 m. w. N.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

die Errichtung eines Gebäudes auf fremdem Boden ungeachtet einer Wertsteigerung der Immobilie keine „Verwendung“, sofern das Grundstück dadurch einer von der bisherigen Nutzung abweichenden Zweckbestimmung zugeführt wird. (2) Die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Einschränkung ist in Übereinstimmung mit dem überwiegenden Schrifttum488 abzulehnen: Zum einen widerspricht sie dem aus dem gemeinen Recht in das heutige bürgerliche Recht eingegangenen und hier verfestigten Begriffsverständnis.489 Zum anderen tritt das Bedürfnis, den Eigentümer vor aufgedrängten Bereicherungen zu schützen, gegenüber dem gutgläubigen Eigenbesitzer in den Hintergrund. Pointiert formuliert Erich v. Moßner490: „Soll der Besitzer . . . leer ausgehen, auch wenn dem Eigentümer die Verwendungen zugute kommen? Das muß schon der primitive Mensch instinktiv als ungerecht empfinden. . . . Der Schutz des Eigentümers ist . . . umgekehrt proportional zu dem Schutze, welche die jeweilige Rechtsordnung dem Eigenbesitzer gewährt.“491 In der eingangs der vorliegenden Untersuchung angeführten Grindelhochhaus-Entscheidung des Bundesgerichtshofs492 hätte sich das Gericht mit der Frage befassen müssen, ob die städtische Wohnungsbaugesellschaft das betreffende Gebäude als gutgläubige Besitzerin errichtet hatte493: Immerhin hatte die Freie und Hansestadt Hamburg versucht, die Immobilie käuflich zu erwerben und ein – ein im Ergebnis erfolgloses – Enteignungsverfahren durchgeführt!

Vor dem finanziellen Ausgleich von Umgestaltungen durch den gutgläubigen Fremdbesitzer ist der Eigentümer dadurch geschützt, dass der unrechtmäßige Besitzer in aller Regel etwaige Ansprüche gegen den Eigen488 MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 994 Rdnr. 10; Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003 Rdnr. 8; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung (1983), § 20 III 3b bb, Seite 703; U. Köbl, Seite 306 f.; M. Wolf, AcP 166, Seite 190, 193 bis 196; Wilhelm, Sachenrecht, Rdnr. 653; Baur/ Stürner, a. a. O., § 11 C IV 2, Rdnr. 55; Haas, AcP 176, Seite 1, 16. Die Auffassung des Bundesgerichtshofs teilt dagegen Waltjen, AcP 175, Seite 109, 135 f. 489 Dazu Knackstedt, a. a. O., Seite 32 f.; Manfred Wolf, AcP 166, Seite 190, 194 f.; v. Moßner, a. a. O., Seite 7; Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003 Rdnr. 8 m. w. N. 490 Der Verwendungsersatzanspruch des gutgläubigen Eigenbesitzers (1909), Seite 2 f. 491 Bezogen auf den Bau auf fremdem Boden durch einen gutgläubigen, unverklagten Eigenbesitzer heißt es bei v. Moßner (a. a. O., Seite 99): „Man wird . . . dazu neigen können, den bauenden Eigenbesitzer zu schützen . . .“. 492 BGHZ 41, Seite 157; siehe dazu bereits oben II. 2. b), Seite 36 ff. 493 Zweifelnd Jakobs, AcP 167, Seite 350, 353 Fußnote 10 m. w. N. Handelte die Wohnungsbaugesellschaft in gutem Glauben, hätte die Eigentümerin des überbauten Grundstücks wegen der ihr kraft Gesetzes auferlegten Beschränkung: der Pflicht zur Duldung des Überbaus (§ 912 Abs. 1 BGB), die Zahlung einer Geldrente verlangen können (§ 912 Abs. 2 BGB).

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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tümer nicht in weiterem Umfang geltend machen kann, als ihm dies nach Maßgabe des vermeintlichen Besitzrechts gestattet wäre.494 Abweichendes gilt freilich für den Fall, dass der (redliche) Fremdbesitzer nach dem Willen der Parteien zu einem späteren Zeitpunkt nahtlos den Eigenbesitz an der Sache begründen sollte: Tätigt er im Hinblick auf den zu erwerbenden Eigenbesitz Verwendungen auf die Sache, so bestimmt sich deren Ausgleich, da er mit einer Rückgabe der Sache an den Eigentümer nicht zu rechnen braucht, nicht nach den Regelungen vermeintlichen Besitzrechts.495

So kann beispielsweise derjenige, der eine fremde Sache aufgrund eines nichtigen Mietvertrags besitzt, von dem Eigentümer die Auskehr einer Wertsteigerung nur verlangen, wenn ihm dieses Recht auch auf der Grundlage eines wirksamen Vertrags zustünde. Der Ausgleich bestimmte sich bei dieser Sachlage nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 539 Abs. 1, 684 Satz 1 BGB)496 oder – sollte der vermeintliche Mieter die Verwendung in der Überzeugung getätigt haben, hierzu kraft einer mit dem Vermieter getroffenen Abrede berechtigt zu sein – nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB).497 Es sei an dieser Stelle daran erinnert, dass dem Mieter, der eine Verwendung im eigenen Interesse, aber in Unkenntnis seiner fehlenden Berechtigung durchgeführt hat, der Anspruch auf Herausgabe einer bei dem Geschäftsherrn/Vermieter vorhandenen Bereicherung im Ausgangspunkt unabhängig von der Akzeptanz des anderen Teils zusteht. Dies ergibt sich aus dem Umkehrschluss aus § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB: Der Mieter handelte in diesem Fall nicht als angemaßter Eigengeschäftsführer. Freilich schuldet der „Bereicherte“ keinen Ausgleich, wenn er von dem anderen Teil die Beseitigung des „Vorteils“ kraft seines Eigentums aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangt: Es widerspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben, den Bereicherten zur Zahlung eines Ausgleichs anzuhalten, den er nach der Erfüllung der Beseitigungspflicht durch den anderen Teil auf der Stelle wieder herausverlangen könnte („dolo malo agit qui petit quod statim redditurus est“498). 494 Siehe dazu Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994– 1003 Rdnr. 36 f. und MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 994 Rdnr. 31 – jeweils m. w. N. 495 Siehe dazu oben Fußnoten 45 des Abschnitts II. und 21 dieses Abschnitts. 496 Im Ausgangspunkt ebenso Jakobs, AcP 167, Seite 350, 373. Jakobs verkennt freilich, dass der Schutz vor einer „aufgedrängten Bereicherung“ nicht in Rede steht, sofern der Eigentümer tatsächlich eigene Ausgaben erspart hat, weil er – wäre er gefragt worden – die Maßnahme vom Besitzer hätte durchführen lassen. Sollte der Besitzer in diesem Zusammenhang den Willen des Eigentümers schuldhaft verkannt haben, ist sein bereicherungsrechtlicher Anspruch aus § 684 Satz 1 BGB nach der hier vertretenen Ansicht zu verneinen (zum Ausschluss des Anspruchs aus § 684 Satz 1 BGB bei schuldhafter Verkennung des Willens des Geschäftsherrn siehe oben V. 2. b) gg), Seite 427 ff.). 497 Zum Ausgleichsanspruch des Mieters, der in Annahme seiner Berechtigung handelt, siehe bereits V. 1. a) ee) (b), Seite 377.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

(aa) Die von Medicus499 vertretene Ansicht, dass die Beschränkung des Verwendungsersatzes nach dem Maßstab des angenommenen Besitzrechts nicht anzuerkennen sei, weil der Fremdbesitzer Verwendungen „häufig“ nur vornehme, um sie auf der Grundlage dieser Berechtigung selbst zu nutzen, vermag im Ausgangspunkt nicht zu überzeugen: Die (dispositiven) Vorschriften über den Verwendungersatz innerhalb bestehender Rechtsverhältnisse erklären sich in aller Regel nicht aus einer vertraglich abgesicherten Amortisationsmöglichkeit des Besitzers.500 So entstehen etwa die Ansprüche des Mieters oder Entleihers auf Ersatz nicht notwendiger Verwendungen (§§ 539 Abs. 1, 601 Abs. 2 BGB) unabhängig von der Dauer des Miet- bzw. Leihverhältnisses, und zwar bezogen auf den Zeitpunkt ihrer Vornahme (sic!). Eine Besonderheit ergibt sich für den Fall, dass jemand eine fremde Sache als berechtigter Geschäftsführer ohne Auftrag in Besitz genommen hat und sie zu einem späteren Zeitpunkt repariert: Bei der Reparatur handelt er als berechtigter Besitzer, jedoch im Rahmen einer erneuten Geschäftsführung ohne Auftrag. Entsprechendes gilt für für denjenigen, der eine fremde Sache gegen den Willen und das Interesse des Eigentümers in Besitz genommen, mithin als unberechtigter Geschäftsführer gehandelt hat.

Die Beschränkung von Verwendungsersatzansprüchen des unrechtmäßigen Besitzers auf den Umfang der Rechte, die ihm als rechtmäßigem Besitzer zustünden, ist freilich unangemessen, wenn die betreffende Ersatzregelung die Amortisation einer Verwendung während der Vertragsdauer unterstellt und aus diesem Grunde einen Ausgleich versagt. Als Beispiel nenne ich die Pflicht des Nießbrauchers, die gewöhnlichen Unterhaltungskosten selbst zu tragen, §§ 1041 i.V. m. 1049 BGB.501 In diesen Gestaltungen ist dem unverklagten bzw. gutgläubigen (unrechtmäßigen) Fremdbesitzer unabhängig vom Vertragsrecht der Anspruch auf den Ersatz notwendiger Verwendungen nach § 994 Abs. 1 BGB zuzuerkennen502: Ist die Bestellung 498

Siehe oben Fußnote 79 des Abschnitts I. MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 994 Rdnr. 31. Ähnlich Verse, a. a. O., Seite 5 f. 500 Medicus (a. a. O.) verkennt, dass der rechtmäßige Besitzer nicht stets auf die Amortisation seiner Verwendungen hoffen darf. Eine abweichende Beurteilung wird allerdings häufig im Hinblick auf Vereinbarungen über den Verwendungsersatz geboten sein, die vom dispositiven Recht abweichen. Siehe dazu – bezogen auf den Verwendungsersatz des Nießbrauchers – sogleich im Text. 501 Eine vergleichbare Regelung enthält beispielsweise das Recht der Leihe: Nach § 601 Abs. 1 BGB hat der Entleiher die gewöhnlichen Kosten der Erhaltung der geliehenen Sache zu tragen. Ähnliche Regelungen finden sich im Recht des Pachtvertrags (vgl. §§ 582, 586 Abs. 1 Satz 2 BGB). 502 Abweichend Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994– 1003 Rdnr. 37, nach dessen Ansicht stets der „Wert der berechtigterweise erwarte499

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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des Nießbrauchs unwirksam, so läge es neben der Sache, dem sofort zur Herausgabe beispielsweise eines Grundstücks verpflichteten Besitzer die Erstattung der notwendigen Verwendungen (§ 994 Abs. 1 BGB) mit der Begründung zu versagen, er hätte die Kosten auch als (nutzungsberechtigter!) Nießbraucher zu tragen gehabt. Mit einer knappen Wendung ausgedrückt: Das Vertragsrecht kann dort nicht maßgeblich sein, wo es eine Amortisationsmöglichkeit des Besitzers unterstellt, die tatsächlich nicht eröffnet war. Hier trifft vielmehr das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer den angemessenen Ausgleich: Der herausgabepflichtige Besitzer trägt die gewöhnlichen Erhaltungskosten nur für den Zeitraum, für den ihm nach Maßgabe der §§ 987 ff. BGB die Nutzungen verbleiben, § 994 Abs. 1 Satz 2 BGB. Haben die Parteien mit Rücksicht auf die geplante Amortisation der Verwendung eine vom dispositiven Recht abweichende Regelung über den Verwendungsersatz getroffen, so bestimmt sich der Ausgleich zwischen dem Eigentümer und dem unrechtmäßigen Besitzer bei Nichtigkeit des Vertrags letztlich nach den dispositiven Bestimmungen des Vertragsrechts, die sich nicht auf den Gesichtspunkt der Amortisation gründen, und auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag: Ohne die Rückkehr zum dispositiven Recht und zur Geschäftsführung ohne Auftrag entließe man den Fremdbesitzer im Hinblick auf den Ersatz nützlicher Verwendungen ohne sachlichen Grund aus seiner Bindung an das Interesse und den Willen des Eigentümers.503 Darüber hinaus würde derjenige Besitzer begünstigt, dessen Verwendungsersatzanspruch kraft der zu erwartenden Amortisation ausgeschlossen werden sollte: Hat er die Verwendung nicht selbst nutzen können, so wäre ihm – verzichtete man auf den Maßstab des § 539 Abs. 1 BGB – die Wertsteigerung der Sache zugewiesen, § 996 BGB. Demgegenüber könnte ein Besitzer, dessen Verwendungsersatz sich vereinbarungsgemäß nach § 539 Abs. 1 BGB bestimmen sollte, seinen Ersatzanspruch lediglich auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag gründen. Diese Ungleichbehandlung ist sachlich nicht zu rechtfertigen: In beiden Fällen, der vermeintlichen Geltung und der vermeintlichen Abbedingung des dispositiven Rechts, geht es um den Ausgleich eines aus der Sicht des Eigentümers aufgedrängten Zuwachses.

(bb) Der unrechtmäßige gutgläubige Fremdbesitzer kann die Herausgabe der Sache von dem Ersatz ihrer Wertsteigerung abhängig machen (§ 1000 BGB), sofern ihm dieser Zuwachs auch bei Wirksamkeit des Vertragsverhältnisses zugewiesen wäre. Verweist das Besitzrecht, wie im Falle der Miete oder Leihe, auf die Geschäftsführung ohne Auftrag, so ist seine Zurückbehaltung nur anzuerkennen, wenn er schuldlos meinte, im Einklang ten Nutzungsmöglichkeit“ neben den „bei Wirksamkeit des Vertrages geltenden Verwendungsersatz“ zu stellen ist. Auf diese Weise sei der „wirtschaftliche Gesamtnutzen“ festzustellen, den die vorgenommene Investition dem Fremdbesitzer bei Wirksamkeit seines Besitzrechts gebracht hätte. Dabei handele es sich um den Betrag, der sich als „Obergrenze des Verwendungsersatzes“ für unberechtigte Fremdbesitzer empfehle. Dieser Vorschlag ist wegen mangelnder Praktikabilität abzulehnen. 503 Vgl. etwa §§ 539 Abs. 1, 601 Abs. 2 BGB.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

mit dem Willen und Interesse des Eigentümers gehandelt zu haben (§§ 684 i.V. m. 681 Satz 1 BGB).504 Gegebenenfalls ist die Auskehr der Wertsteigerung durch die getätigten Aufwendungen begrenzt: Der Besitzer greift objektiv in fremde Dispositionsbefugnisse ein und kann nicht besser gestellt sein als derjenige, der hierzu legitimiert ist.505 Den Ersatz seiner Aufwendungen könnte er nur in unmittelbarer Anwendung der §§ 683 Satz 1, 670 BGB verlangen.506 (c) Ist die Arbeitsleistung des Besitzers ein geldwertes Opfer und also die „Verwendung“ auf eine Sache? Der Bundesgerichtshof bejaht dies in einer Entscheidung aus dem Jahre 1995507, in der es wörtlich heißt508: „Entscheidend ist . . ., ob die der Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung der Sache dienende Arbeitsleistung einen Vermögenswert darstellt, den der Besitzer ,geopfert‘ hat. Insoweit besteht kein Unterschied zum Schadensersatzrecht; dort geht es um unfreiwillige Vermögensnachteile, beim Verwendungsbegriff um freiwillige. Im Schadensrecht hat die Rechtsprechung . . . danach entschieden, ob sich für sie (d.h. die Arbeitsleistung) ein geldlicher Wert ,nach der Verkehrsauffassung . . . objektiv nach dem Maß der Arbeitskraft‘, d.h. ein ,Marktwert‘, ermitteln läßt. . . . Entsprechendes muß für die Verwendungen des Besitzers gelten. Wenn schon die verhinderte geldwerte Arbeitsleistung einen Vermögensschaden . . . bedeutet, kann für eine geldwerte Arbeitsleistung, die tatsächlich erbracht worden ist, nichts anderes gelten.“ Unabhängig von der These, die Vorschriften über den Verwendungsersatz zielten auf den Ausgleich eines vom Besitzer erbrachten Vermögensopfers509, ist der Argumentation des Gerichts entschieden zu widersprechen: Zwar ist der Wert einer Arbeitsleistung mit dem Betrag zu beziffern, der üblicherweise für sie bezahlt wird. Hieraus folgt aber keineswegs, dass eine 504 Der Anspruch des rechtmäßigen Besitzers aus § 684 Satz 1 BGB dürfte bei nützlichen Verwendungen in aller Regel ausgeschlossen sein: Der Besitzer hätte die Entscheidung des Eigentümers abwarten können (§ 681 Satz 1 BGB), weil die von ihm ergriffene Maßnahme nicht dringlich war. Sollten die Voraussetzungen des § 684 Satz 1 BGB ausnahmsweise zu bejahen sein, ist der Ausgleich durch die Höhe der Aufwendungen begrenzt. 505 Siehe dazu – bezogen auf den unberechtigten Geschäftsführer – oben V. 2. b) dd) (c), Seite 417. 506 Ob der Besitzer im klassischen römischen Recht wie ein Geschäftsführer behandelt wurde, ist zweifelhaft; vgl. Rosenlöcher, a. a. O., Seite 31. Zur Anwendbarkeit der Geschäftsführung ohne Auftrag neben den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses siehe unten V. 2. c) cc) (d), Seite 524. 507 BGHZ 131, Seite 220 = NJW 1996, Seite 921. 508 A. a. O., Seite 224 bis 226. 509 Dazu sogleich unter V. 2. c) bb), Seite 487 ff.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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konkrete Tätigkeit, die zum Gegenstand eines Werk-, Dienst- oder Geschäftsbesorgungsvertrags gemacht werden könnte, auf der Seite des nicht vertraglich Tätigen stets ein Vermögensopfer und auf der Seite desjenigen, dem die Tätigkeit zugute kommt, stets einen entsprechenden Vermögenszuwachs bewirkt.510 Diese Feststellung ist nur gestattet, wenn die Tätigkeit im Einvernehmen mit dem anderen Teil um einer Gegenleistung willen erbracht wurde oder derjenige, dem der Ertrag zugute kommt, die entsprechenden Aufwendungen erspart hat, d.h. eine entsprechende Verbindlichkeit hätte begründen wollen oder müssen; in diesen Gestaltungen ist es möglich, den Wert der „Arbeitsleistung“ in einem Geldbetrag auszudrücken.511 Der Wert eines ungegenständlichen Gutes ist folglich in anderer Weise festzulegen als der einer verkehrsfähigen Sache: Während einer Sache ihr Verkehrswert anhaftet, ist der Wert eines ungegenständlichen Gutes nicht aus dem konkreten Austauschverhältnis herauszulösen. Dieser Unterschied beruht darauf, dass ungegenständliche Güter nur einem einmaligen Austausch zugänglich sind: Der Empfänger einer (marktfähigen) Arbeitsleistung kann diese nicht „weiterveräußern“!512

Da der Besitzer die Sache nicht um eines Entgelts, sondern um ihrer selbst willen erhält, wiederherstellt oder verbessert513, würde die von ihm eingesetzte Arbeitsleistung einen Vermögensvorteil des Eigentümers nur dann begründen, wenn sich dieser im Gegenzug zur Zahlung eines Geldbetrags hätte verpflichten wollen oder müssen. Hierfür werden in aller Regel keinen Anhaltspunkte bestehen. Will man dessenungeachtet dem Besitzer einen geldlichen Ausgleich für die von ihm erbrachte Arbeitsleistung zubilligen, so beruht das auf einer Billigkeitserwägung, die ihre Entsprechung im Schadensersatzrecht findet: Dort soll der Schädiger keine Entlastung dadurch erfahren, dass der Geschädigte Aufwendungen, die er zur Behebung des Schadens hätte tätigen können, durch eigenen Einsatz erspart hat. In einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1988514 heißt es dazu, „daß es dem Schädiger entsprechend dem Rechtsgedanken des § 843 Abs. 4 BGB nicht zugute kommen kann, wenn dem Verletzten verletzungsbedingt erforderliche Pflegeleistungen statt von einer fremden Pflegekraft von Angehörigen, sei es auch ihm gegenüber unentgeltlich, erbracht werden . . .“.515 510 Insoweit betont Gursky, EWiR § 994 1/96, Seite 504, zu Recht, dass „sowohl im Schadensersatzrecht als auch beim Verwendungsersatz nach wie vor nicht jede Arbeitsleistung erstattungsfähig ist“. 511 Zum Begriff des Vermögens siehe oben III. 2. a), Seite 85. 512 Darauf weist zutreffend Ingo Koller, Symposion für Canaris, Seite 151, 162 hin: „Eine unmittelbare rechtsgeschäftliche Übertragung des Gutes ,Arbeitsleistung‘ ist schlechterdings unvorstellbar.“ 513 Siehe oben III. 2. h) dd) (d), Seite 141 und III. 4. c), Seite 182. 514 BGHZ 106, Seite 28.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

In vergleichbarer Weise – so lässt sich argumentieren – soll dem Eigentümer der Umstand nicht zugute kommen, dass der Besitzer Verbindlichkeiten, die er mit der Folge eines Befreiungsanspruchs (§ 257 BGB)516 hätte eingehen können, nicht begründet hat. Aus der Sicht des Eigentümers stellt der Einsatz der eigenen Arbeitskraft des Besitzers einen zufälligen Umstand dar, der ihn nicht zu entlasten vermag.517 Gegebenenfalls ist bei der geldlichen Bewertung der persönlichen Arbeitskraft des Besitzers zu berücksichtigen, dass diese oft erheblich weniger wert sein dürfte als der Einsatz von professionellen Handwerkern.518 Hält man die hier vorgestellte Sichtweise für überzeugend519, so ist sie bei konsequenter Fortführung auch für den Ersatz von nicht sachbezogenen Aufwendungen maßgebend (§§ 670, 683 Satz 1 BGB).520

515

A. a. O., Seite 30 f. (Hervorhebung durch Verf.). Nur, wenn aus verobjektivierter Sicht erforderlich! 517 Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003, Rdnr. 12 f. m. w. N., nach dessen Auffassung die Bestimmung des § 994 auf den Ausgleich eines Vermögensnachteils des Besitzers zielt, qualifiziert demgegenüber – aus seiner Sicht konsequent – die Arbeitsleistung nur unter der Voraussetzung als Verwendung, dass „dem Besitzer durch diese Arbeitsleistung ein anderweitiger Verdienst entgangen“ (d.h.: ein Vermögensnachteil entstanden) ist. Zur Begründung seiner – vom Bundesgerichtshof in der angeführten Entscheidung ausdrücklich nicht geteilten – Ansicht führt Gursky aus (a. a. O., Rdnr. 13): „Daß der Eigentümer . . . u. U. ohne jede Erstattungspflicht von den Arbeitsleistungen des Besitzers profitiert, ergibt sich einfach daraus, daß das Gesetz nur die Vermögenseinbuße des Besitzers ausgleichen will.“ In seiner Anmerkung zu dem angeführten Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1995 (EWiR § 994 1/96, Seite 503) bewertet Gursky die Qualifizierung der „geldwerten Arbeitsleistung“ des Besitzers demgegenüber als „wertungsmäßig einleuchtend“. 518 Schubert, JR 1996, Seite 457, 458 sub I. Zutreffend weist Gursky, EWiR § 994 1/96, Seite 503, 504 darauf hin, dass insbesondere hypothetische Gewährleistungsrechte „durchschlügen“: Soweit die Arbeiten des Besitzers fehlerbehaftet seien, müsse „er sich Gewährleistungsrechte anrechnen lassen, die bei Beauftragung eines Dritten bestehen würden, wenn dessen Arbeit dieselben Mängel aufweisen würde.“ 519 Schubert, JR 1996, Seite 457, 458 hält die volle Anerkennung der eigenen Arbeitsleistung als Verwendung für eine „mit Recht für notwendig gehaltene Anpassung des Verwendungsersatzrechts an das Schadensersatzrecht“. 520 Darauf macht Kindl, JA 1996, Seite 617, 620 zu Recht aufmerksam. Siehe bereits oben V. 2. b) cc) (b), Seite 414. 516

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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bb) Der bereicherungsrechtliche Charakter des Verwendungsersatzes (a) Die Bereicherung des Eigentümers kraft der Ersparnis von Aufwendungen für eine auftragsähnliche Tätigkeit des Besitzers, §§ 994 Abs. 1, 994 Abs. 2 i.V. m. 683 Satz 1 BGB Der Begriff „Verwendung“ im Verhältnis des Eigentümers zum Besitzer bezeichnet zum einen die Vermögenseinbuße auf der Seite des Besitzers und zum anderen das Ergebnis einer Maßnahme, die dieser zur Erhaltung, Wiederherstellung, ordnungsmäßigen Bewirtschaftung oder Verbesserung der Sache ergriffen hat.521 Diese Erkenntnis rechtfertigt allerdings nicht den Schluss, die Bestimmungen der §§ 994, 996 BGB zielten im Kern auf den Ersatz der Vermögensopfer des Besitzers, nicht aber auf die Abschöpfung einer beim Eigentümer eingetretenen Bereicherung. Nach Ansicht von Gursky ist der Verwendungsersatz indessen durch den Ausgleich der erlittenen Einbuße geprägt. In der Kommentierung der zitierten Vorschriften führt Gursky aus522: „Der Begriff ,Verwendungen‘ wird für zwei verschiedene, wenn auch eng zusammenhängende Phänomene gebraucht: einmal für die konkrete Maßnahme, die der Besitzer zur Erhaltung oder Verbesserung der Sache ergreift, zum anderen für das darin liegende freiwillige Vermögensopfer. Dieser Umstand hat manches Mißverständnis ausgelöst. Für die Ersatzansprüche aus §§ 994 ff. ist die zweite Bedeutung maßgeblich. Diese Ansprüche betrachten die Verwendungen (im Gegensatz zum Bereicherungsrecht) nämlich nicht unter dem Blickwinkel des dem Sacheigentümer verschafften Vorteils – dieser Faktor wird nur im Rahmen des § 996 als zusätzliche Anspruchsbegrenzung eingesetzt –, sondern unter dem Gesichtspunkt, welches Vermögensopfer der Besitzer zum Zwecke der Durchführung der betreffenden Erhaltungs- oder Verbesserungsmaßnahme auf sich genommen hat. Das zeigt sich schon daran, daß § 994 Abs. 1 den Ersatz für Erhaltungsmaßnahmen nicht davon abhängig macht, daß diese im Ergebnis erfolgreich waren.“ 521 Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003, Rdnr. 11. Zu Einzelheiten des Verwendungsbegriff siehe oben V. 2. c) aa) (a), Seite 473 und des weiteren V. 2. c) aa) (b), Seite 478. 522 Staudinger, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003, Rdnr. 11; ähnlich Pinger, a. a. O., Seite 163 f.; Helm, AcP 168, Seite 71, 73. Wie Gursky auch Reimer, Aufgedrängte Bereicherung, Seite 155: „Der Anspruch auf Verwendungsersatz orientiert sich anders als der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung ähnlich dem Aufwendungsersatz aus Geschäftsführung ohne Auftrag an der Entreicherung des Besitzers. Die Ansprüche sind auf Verwendungsersatz gerichtet, so daß nicht wie bei der ungerechtfertigten Bereicherung das effektive Vermögensplus des Bereicherungsschuldners, sondern die Vermögenseinbuße des Anspruchsstellers haftungsbegründend wirkt.“ Siehe dort auch Seite 156 f.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Der Auffassung von Gursky folgt unreflektiert und unter Bezugnahme auf die angeführte Kommentarstelle der Bundesgerichtshof in einem Urteil aus dem Jahre 1996523, wo es wörtlich heißt524: „. . .die Regelungen der §§ 994 ff. BGB betrachten die Verwendungen – im Gegensatz zum Bereicherungsrecht – nicht unter dem Blickwinkel des dem Sacheigentümer verschafften Vorteils – dieser ergibt nur im Rahmen des § 996 BGB eine zusätzliche Anspruchsbegrenzung –, sondern unter dem Gesichtspunkt, welches Vermögensopfer der Besitzer zum Zwecke der Durchführung einer Erhaltungs- oder Verbesserungsmaßnahme auf sich genommen hat . . . Es handelt sich also nicht um einen Bereicherungsausgleich, sondern um eine Verlustabwälzung auf den Eigentümer (Staudinger/Gursky, Vorb. §§ 994– 1003 Rdnr. 22).“ Um es vorwegzunehmen: Die von dem Gericht in der angeführten Entscheidung geteilte Ansicht von Gursky verdient keine Zustimmung, weil sie verkennt, dass die Aufwendungen des Besitzers unmittelbar einen Vorteil des Eigentümers begründen, sofern auf seiner Seite eine dem Opfer entsprechende Vermögensminderung ausbleibt.525 Dies ist der Fall, wenn der Eigentümer die Maßnahme durch den Besitzer – wäre dieser nicht von sich aus um der Erhaltung oder Verbesserung der Sache willen tätig geworden – gegen Erstattung der Aufwendungen hätte durchführen lassen. Dem Eigentümer kommt, mit anderen Worten ausgedrückt, die Geschäftsbesorgung526 des Besitzers zugute527; ein Vorteil, den er sich im Verhältnis zum Besitzer gegen Zahlung eines Aufwendungsersatzes (§§ 662, 670 BGB) hätte verschaffen müssen.528 Der Wert der Geschäftsbesorgung ist unter dieser 523 BGHZ 131, Seite 220 = NJW 1996, Seite 921, 922. Ebenso Haas, AcP 176, Seite 1, 4: „. . . die Verwendungsersatzansprüche nach den §§ 994 ff. sind nicht auf eine Bereicherung des Eigentümers beschränkt, sondern gewähren dem Besitzer einen Ersatzanspruch in Höhe der vorgenommenen Aufwendungen.“ (Hervorhebung durch Verf.) 524 NJW 1996, Seite 922. 525 Siehe dazu die folgenden Ausführungen. 526 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 527 Die hier vorgenommene Qualifizierung entspricht einer verbreiteten Ansicht über den gemeinrechtlichen Verwendungsersatz. Dazu heißt es bei v. Moßner, Seite 54: „Im gemeinen Recht . . . neigte die Praxis . . . zu einer actio utilis gegen den durch die Verwendung Bereicherten. In der Theorie hat Martinus zuerst eine solche Klage vertreten, nach ihm Godaeus u. a.m., alle von dem Gedanken geleitet, daß der, welcher nützliche Verwendungen auf eine fremde Sache macht, damit die Geschäfte des Eigentümers führt, auch ohne sich dessen bewußt zu sein.“ (Hervorhebung durch Verf.) 528 Dass der Eigentümer die (mit den ersparten Aufwendungen wertmäßig zu beziffernde) Geschäftsbesorgung des Besitzers erlangt, verkennt Verse, a. a. O., Seite 48.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Voraussetzung mit den ersparten Aufwendungen des Eigentümers zu beziffern.529 Bei exakter Betrachtung dient die Erkenntnis, dass dem Bereicherten die Begründung einer Verbindlichkeit erspart geblieben ist, lediglich der geldlichen Festlegung einer als vorteilhaft bewerteten Handlung. (1) Sofern der Besitzer berechtigt ist, den vollen Ersatz seiner Aufwendungen zu verlangen (§§ 994 Abs. 1, 994 Abs. 2 i.V. m. 683 Satz 1 BGB), wird er mithin behandelt, als sei er von dem Eigentümer damit beauftragt worden, sich an dessen Stelle um die Erhaltung oder Wiederherstellung der Sache zu kümmern. Der Ausgleich vollzieht sich auf der Grundlage eines fiktiven Auftrags530; hierbei handelt es sich um den Vertragstyp, in dessen Rahmen eine Person im fremden Interesse (hier: im Interesse des Eigentümers) gegen Erstattung ihrer freiwillig erlittenen Einbußen tätig wird.531 Die Erforderlichkeit der von dem Besitzer durchgeführten Maßnahme einschließlich der Begründung von Verbindlichkeiten ist anhand objektiver Kriterien festzustellen.532 Zu ermitteln ist, ob ein wirtschaftlich handelnder Eigentümer die Investitionsentscheidung des Besitzers gebilligt hätte.533 Geht es um die Frage, ob eine 529

Dass das Nichtentstehen einer Verbindlichkeit als „Vermögensvorteil“ zu qualifizieren ist, behaupten – ohne nähere Begründung – Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 812 Rdnr. 27 a. E.; Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, § 812 Rdnr. 71. Andeutungsweise auch Becker im Berner Kommentar, 2. Auflage, (1941), Art. 62 OR (die Bestimmung entspricht § 812 BGB) Rdnr. 2: „Bereicherung ist Vermögensmehrung. Sie besteht positiv im Erwerb von Rechten . . . oder negativ in der Abwendung einer bevorstehenden Vermögensminderung, z. B. der Ersparung von Auslagen.“ Ähnlich v. Tuhr/Siegwart/Peter, a. a. O., § 52 II 2, Seite 474; Schulin im Kommentar zum Schweiz. Privatrecht, Art. 62 Rdnr. 10 sowie Aeby, a. a. O., Seite 87. 530 Im Ergebnis zutreffend meint Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 591, dass ein Werkunternehmer, der eine fremde Sache (beispielsweise ein Kraftfahrzeug) auf der Grundlage eines mit dem Besitzer geschlossenen Vertrags repariert, im Verhältnis zum Eigentümer keine Verwendungen tätige; Verwender dürfte nur sein, „wer den Verwendungsvorgang auf eigene Rechnung veranlaßt und ihn steuert“ (siehe dazu bereits oben Seite III. 4. c), Seite 182 ff., insbesondere Fußnote 397). Diese (auch von Gursky im Staudingerschen Kommentar, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003 Rdnr. 20 m. w. N. vertretene) Sichtweise unterstützt die auftragnehmerähnliche Stellung des Besitzers im Verhältnis zum Eigentümer. Die von Gursky (a. a. O.) ergänzend vorgetragene Argumentation, ein Werkunternehmer sei kein Verwender im Sinne des § 994 BGB, weil seine Leistung entgeltund nicht sachbezogen sei (siehe dazu bereits oben Fußnote 397), deutet in dieselbe Richtung: Der Besitzer, der um der Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung der Sache willen tätig wird, handelt bei objektiver Betrachtung nicht anders als ein vom Eigentümer Beauftragter. 531 Zum Begriff des „Auftrags“ siehe MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, § 662 Rdnr. 1 und 2. 532 Vgl. zuletzt BGH NJW 1996, Seite 921, 922: „Die Notwendigkeit der Verwendungen ist . . . nach einem objektiven Maßstab ex ante zu beurteilen.“

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

von dem Besitzer an einen Handwerker gezahlte Vergütung oder die Vereinbarung eines Entgelts für die Reparatur „objektiv erforderlich“ war, wird man in entsprechender Anwendung des § 632 BGB die Entscheidung davon abhängig machen, ob es sich um den üblichen oder mindestens um einen angemessenen Werklohn handelt.534 Ist dies zu bejahen, so ist die Bereicherung des Eigentümers selbst dann eingetreten, wenn die Maßnahme des Besitzers „fehlgeschlagen“ ist, etwa die Reparatur durch eine von ihm beauftragte Werkstatt nicht den gewünschten Erfolg hatte. In solchen Gestaltungen ist freilich zu untersuchen, ob der Anspruch des Besitzers entfällt, wenn er es versäumt hat, gegenüber dem Werkunternehmer Gewährleistungsrechte geltend zu machen (§ 254 BGB in entsprechender Anwendung).535 Das Risiko unwirtschaftlichen Handelns trägt stets der Besitzer. Er wird in diesem Punkt wie der Auftragnehmer behandelt, dem § 670 BGB das Recht einräumt, diejenigen Vermögensopfer ersetzt zu verlangen, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte; nur diese Aufwendungen sind dem Eigentümer erspart geblieben.

Nimmt ein redlicher und unverklagter Besitzer notwendige Verwendungen vor, so erstreckt sich die nicht widerlegbare Vermutung des Gesetzes darauf, dass der Eigentümer sowohl die Maßnahme als auch ihr Ergebnis durch den Besitzer akzeptiert; auf diese Weise schafft das Gesetz unabhängig von der Fremdnützigkeit des Handelns im Vergleich zur reinen Bereicherungshaftung einen besonderen Anreiz zur Sacherhaltung. Dem bösgläubigen bzw. verklagten Besitzer536 obliegt wegen der Verweisung auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 994 Abs. 2 BGB) indessen der Beweis, dass die Verwendung dem Willen des Eigentümers entsprach; gelingt er, so ist davon auszugehen, dass dieser den Besitzer als Auftragnehmer akzeptiert hätte. 533 Insoweit ist auf die Geschäftsbesorgung durch den Besitzer abzustellen, also nicht darauf, ob der Eigentümer die Sache selbst verbessert hätte (so aber RGZ 139, Seite 353, 357; dagegen Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 994 Rdnr. 9). 534 Zu den Begriffen der „Üblichkeit“ und „Angemessenheit“ siehe Palandt/ Sprau, 62. Auflage, § 632 Rdnr. 15 bis 17. Die Begründung einer Verbindlichkeit in Höhe des üblichen oder angemessenen Werklohns darf auch ein Auftragnehmer den Umständen nach für erforderlich halten (vgl. auch §§ 669, 670 BGB und dazu MünchKomm/Seiler, 3. Auflage 1997, § 670 Rdnr. 9 sowie § 669 Rdnr. 3 und 5). 535 Dass die Anwendung des § 254 BGB nicht auf Schadensersatzansprüche beschränkt ist, entspricht allgemeiner Ansicht; vgl. Palandt/Heinrichs, 62. Auflage, § 254 Rdnr. 6 und 9. Die Berücksichtigung eines Mitverschuldens im Rahmen des Aufwendungsersatzanspruchs aus § 670 BGB wird allerdings abgelehnt (Palandt/ Sprau, 62. Auflage, § 670 Rdnr. 6 m. w. N.). Eine Kürzung oder gar ein Ausschluss des Verwendungsersatzes nach § 994 Abs. 1 BGB aus dem Gesichtspunkt eines „Mitverschuldens“ ist bisher weder durch die Rechtsprechung noch durch das Schrifttum erwogen worden. 536 Bösgläubiger Besitzer und Prozessbesitzer sind gleichzubehandeln, § 990 Abs. 1 BGB.

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(2) Knüpft der Ersatz notwendiger Verwendungen an eine auftragsähnliche Tätigkeit des Besitzers an, so löst sich das Gesetz von einem strikt auf die herauszugebende Sache bezogenen Ausgleich; die Regelungen der §§ 994 Abs. 1, 994 Abs. 2 i.V. m. 683 Satz 1 BGB beziehen den Anspruch des Besitzers auf ein tätigkeitsbezogenes und in diesem Sinne schuldrechtliches Merkmal. Dementsprechend sind nach § 994 Abs. 1 BGB und §§ 994 Abs. 2, 683 Satz 1 BGB Verwendungen, die zur Erhaltung, Wiederherstellung oder ordnungsmäßigen Bewirtschaftung der Sache objektiv erforderlich waren537, vom Eigentümer auch dann zu ersetzen, wenn durch sie der Wert der Sache im Zeitpunkt der Wiedererlangung des Besitzes – verglichen mit dem Wert im Zeitpunkt des Verlustes der unmittelbaren Sachherrschaft – nicht oder zumindest nicht mehr in vollem Umfang der Vermögensopfer erhöht ist: Die tätigkeitsbezogene Ausgleichspflicht des Eigentümers hängt nicht von der bleibenden Steigerung des Sachwertes ab.538 Im Hinblick auf den Fremdbesitz ist freilich zu fragen, ob die Verweisung des § 994 Abs. 2 BGB auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag dahingehend zu deuten ist, dass ein Ausgleichsanspruch nur besteht, wenn der Besitzer die fremde Sache mit dem Willen erhalten oder verbessert hat, für den Eigentümer tätig zu werden. Dies ist m. E. zu verneinen: Zwar ist dem Fremdbesitzer stets bewusst539, dass er auf einen ihm nicht gehörenden Gegenstand einwirkt. Auf erste Sicht scheint kein Grund gegeben zu sein, die Vorschrift des § 994 Abs. 2 BGB nur als „beschränkte Rechtsgrundverweisung“ zu deuten, d.h. auf das Erfordernis des Fremdgeschäftsführungswillens zu verzichten.540 Verstünde man aber die Bestimmung als vollständige Rechtsgrundverweisung, so hätte dies bei konsequenter Gedankenführung für den Eigenbesitzer zur Folge, dass er einen berei537 Zum Begriff der notwendigen Verwendung siehe oben V. 2. c) aa) (a), Seite 473 ff., dort insbesondere Fußnote 457. 538 Diese Erkenntnis ist freilich kaum mit dem Umstand in Einklang zu bringen, dass der Anspruch des Besitzers erst fällig wird, wenn der Eigentümer die Sache wiedererlangt oder die Verwendungen genehmigt, § 1001 BGB. Das Gesetz vermengt hier tätigkeitsbezogene und sachbezogene Elemente des Ausgleichs (dazu unten V. 2. c) bb) (a) (3) (ff), Seite 503 ff.; kritisch auch Verse, a. a. O., Seite 49 m. w. N.). 539 Dies gilt unabhängig davon, ob er den Mangel seines Besitzrechts infolge grober Fahrlässigkeit verkennt oder ob ihm – wovon auszugehen ist – die fehlende Berechtigung bewusst ist (§ 932 BGB in entsprechender Anwendung). Zu der Frage, ob im Rahmen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses die entsprechende Anwendung des § 819 BGB geboten ist, siehe oben II. 2. d) bb) (b), Seite 57 ff. 540 Zur beschränkten Rechtsgrundverweisung des § 994 Abs. 2 BGB siehe etwa MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 994 Rdnr. 19; Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 994 Rdnr. 22 m. w. N.; Köbl, a. a. O., Seite 188 sowie unten Fußnote 560.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

cherungsrechtlichen Ausgleich lediglich bei Kenntnis seiner Nichtberechtigung und dann auch nur unter den engen Voraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB verlangen könnte.541 Das heißt: Sein Anspruch auf Herausgabe einer Bereicherung des Eigentümers aus §§ 684 Satz 1, 687 Abs. 2 Satz 2 BGB, gedeutet als Aufwendungskondiktion542, wäre nur zu bejahen, wenn der Geschäftsherr (hier: der Eigentümer) „das aus der Geschäftsführung Erlangte“ begehrt, §§ 687 Abs. 2, 681, 667 BGB. Dies geschähe nicht dadurch, dass er die Herausgabe der ihm gehörenden Sache aus § 985 BGB verlangt: Der Besitz stellt nicht das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ dar.543 Von einer Akzeptanz der Verwendung im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB seitens des Eigentümers wäre vielmehr nur auszugehen, wenn er trotz der Möglichkeit ihrer Beseitigung diese im eigenen Interesse nicht verlangt.544 Besteht die 541 Da der Eigenbesitzer stets zum eigenen Nutzen und ohne Fremdgeschäftsführungswillen tätig wird, käme als Anspruchsgrundlage ausschließlich die Bestimmung des § 687 Abs. 2 BGB in Betracht. Dazu heißt es bei MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 994 Rdnr. 19: „. . . insbesondere bleibt § 687 unanwendbar.“ A. A. – für ein Wahlrecht des Eigentümers zwischen den Verpflichtungen aus §§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1 und aus § 687 Abs. 2 Satz 2 BGB – Wilhelm, Sachenrecht, Rdnr. 657 und (unklar, weil dort von einem „Ausschluss“ des Bereicherungsanspruchs im Falle der angemaßten Eigengeschäftsführung die Rede ist) Rdnr. 551. 542 Im Falle einer sog. echten Geschäftsführung ohne Auftrag, die jedoch dem Willen des Geschäftsherrn zuwiderläuft, steht dem Geschäftsführer das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ zu, § 684 Satz 1 BGB. Hierbei handelt es sich entgegen verbreiteter Ansicht (vgl. beispielsweise Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 684 Rdnr. 1 m. w. N.) nicht um einen Aufwendungsersatzanspruch nach Bereicherungsrecht; vielmehr darf der Geschäftsführer das, was ihm aus der Geschäftsführung zugeflossen ist, behalten und darüber hinaus nach Maßgabe des § 684 Satz 1 BGB von dem Geschäftsherrn das verlangen, was infolge der Geschäftsführung bereits in dessen Vermögen übergegangen ist (z. B. den Besitz an einer Sache). Dem Anspruch des Geschäftsherrn auf das aus der Geschäftsführung Erlangte aus §§ 681 Satz 2, 667 BGB bzw. aus §§ 812 ff. BGB (so Fikentscher, Schuldrecht, 9. Auflage, Rz. 943 und 948) steht freilich der „dolo-agit-Einwand“ aus § 242 BGB entgegen: Er darf von dem Geschäftsführer nichts verlangen, was er sogleich wieder an diesen herausgeben müsste. Zum Verhältnis zwischen § 684 Satz 1 BGB einerseits und §§ 1004 Abs. 1 Satz 1, 985 BGB andererseits siehe oben V. 2. b) ee), Seite 419. 543 Das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ ist die Verwendung auf die Sache. Im Ergebnis zutreffend Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, § 687 Rdnr. 20; BGHZ 39, Seite 186, 188. Unklar Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 812 ff. Rdnr. 45 a. E., nach dessen Ansicht der Eigentümer einer Sache das Recht aus §§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 2, 667 BGB geltend macht, wenn er „die Sache mit den Verwendungen“ herausverlangt. 544 Insoweit stellt Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994– 1003 Rdnr. 52, zutreffend fest, dass der Geschäftsführer kraft Anmaßung die Aufwendungskondiktion aus §§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB nur zu erheben vermag, wenn ihn der Geschäftsherr gerade als „konstruktiven negotiorum gestor“ haftbar macht, nicht aber, wenn ihm das Ergebnis des Eingriffs „ipso iure mit der unberechtigten Geschäftsbesorgung als Erweiterung seiner Rechtssphäre zufällt“.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Entscheidungsalternative nicht, wäre der Anspruch des Besitzers auf Verwendungsersatz zu versagen! Bezogen auf denjenigen Eigenbesitzer, der seine fehlende Berechtigung bei Erwerb der Sachherrschaft infolge grober Fahrlässigkeit verkannt hat, wäre die Verweisung auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag sogar sinnlos: Er hätte die Verwendung im Rahmen einer irrtümlichen Eigengeschäftsführung getätigt, auf die die Regeln der §§ 677 ff. BGB ausdrücklich nicht anzuwenden sind, § 687 Abs. 1 BGB. Eine solche Verweisung kann aber vom Gesetz nicht gewollt sein.545 Die Bestimmung des § 994 Abs. 2 BGB ist folglich als „beschränkte Rechtsgrundverweisung“ zu verstehen; der Anspruch des Besitzers entsteht unabhängig davon, ob er die Verwendungen (auch) für den Eigentümer oder ausschließlich zu eigenen Zwecken vornahm. Die Beschränkung führt im Ausgangspunkt zu einer Gleichbehandlung des bösgläubigen bzw. verklagten Fremd- und Eigenbesitzers nach § 994 Abs. 2 BGB: Beiden Besitzern ist ein Anspruch gegen den Eigentümer unabhängig von einem Fremdgeschäftsführungswillen zuzuweisen.

Der Anspruch des unrechtmäßigen Fremdbesitzers unterliegt freilich regelmäßig in vollem Umfang den Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag, sofern der Ersatz von Verwendungen im Falle der rechtmäßigen Sachherrschaft von der Fremdnützigkeit seines Handelns abhinge: Der unrechtmäßige Fremdbesitzer darf in aller Regel nicht besser als der rechtmäßige gestellt sein.546 (3) Dass der Eigentümer das Tätigwerden des Besitzers als vorteilhaft bewertet, wird freilich durch die gesetzliche Regelung des § 994 Abs. 1 BGB zu Lasten des Eigentümers unwiderlegbar vermutet.547 Die Abschöpfung dieses – vom Eigentümer nicht in Zweifel zu ziehenden – „Vorteils“ bezweckt die Bestimmung des § 994 Abs. 1 BGB.548 Sie zielt in erster Linie nicht auf den Ausgleich eines Vermögensopfers auf der Seite des Besitzers, sondern – bezogen auf den Zeitpunkt der Vornahme der Verwen545 Es handelt sich um einen Fall der sog. angewandten Geschäftsführung ohne Auftrag; vgl. Köbl, a. a. O., Seite 187. 546 Siehe dazu eingehend unten V. 2. c) aa) (b) (2), Seite 480 ff. 547 Vgl. hierzu die Darstellung des römischen Rechts bei Florey, a. a. O., Seite 58, wo es heißt: „Als Grund für die umfassende Ersatzpflicht des Eigentümers für necessariae impensae sieht das römische Recht die necessitas und die Vornahme der Verwendung in ihrem Zusammentreffen . . . Es wird ohne weiteres präsumiert, dass auch der Eigentümer sie gemacht haben würde.“ (Hervorhebung durch Verf.). Im Ergebnis zutreffend Dimopoulos-Vosikis, Die bereicherungs- und deliktsrechtlichen Elemente der §§ 987 bis 1003 BGB (1966), Seite 204 sub 3. Die gesetzliche Vermutung mag „in rechtspolitischer Hinsicht fragwürdig“ sein (in diesem Sinne Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 994 Rdnr. 10). 548 Im Ausgangspunkt ebenso Greiner, a. a. O., Seite 313 ff. sub 3 und Seite 265 sub 2: „Haftungsgrund ist . . . die durch die Verwendungen bewirkte ungerechtfertigte Bereicherung des Eigentümers; die §§ 994 I, 996 sind als bereicherungsrechtliche Sondertatbestände konzipiert.“

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

dungen – eines Zuwachses auf der Seite des Eigentümers in Form einer Geschäftsbesorgung seitens des Besitzers. Wenn Gursky im Staudingerschen Kommentar549 die Ausgabenersparnis im Anschluss an Heck550 als „irreale Prämisse“ bezeichnet 551, weil man darauf abstellen müsse, welche Verwendungen der Eigentümer gemacht haben würde, wenn die Sache in seinem Besitz geblieben wäre552, so wählt er bereits den falschen Ausgangspunkt: Zu fragen ist, welche Aufwendungen der Eigentümer dem Besitzer hätte ersetzen müssen, wäre dieser nicht eigenmächtig, sondern auf seine Veranlassung tätig geworden.553 Darüber hinaus ist auch Gursky gehalten, den Aufwendungsersatz an die unwiderlegbar vermutete Akzeptanz des Eigentümers (!) zu knüpfen554; andernfalls wäre der systematische Zusammenhang zwischen der Regelung des § 994 Abs. 1 BGB und der des § 994 Abs. 2 BGB, die den Aufwendungsersatz des Besitzers von dem (im Streitfalle vom Anspruchssteller zu beweisenden) Interesse und Willen des Eigentümers abhängig macht, aufgehoben. (aa) Im Verhältnis zum gutgläubigen Besitzer trifft den Eigentümer die Verpflichtung zum Ersatz notwendiger Verwendungen dementsprechend im Ausgangspunkt unabhängig davon, ob ihm – bezogen auf den Zeitpunkt ihrer Vornahme – tatsächlich an der Erhaltung oder Wiederherstellung seiner Sache gelegen war.555 Da die Ersparnis von Aufwendungen unabhängig 549

Neubearbeitung 1999, § 994 Rdnr. 9. Grundriß des Sachenrechts, § 70 III, Seite 292. 551 Zustimmend Verse, a. a. O., Seite 48 f. 552 In seiner unveröffentlichten Habilitationsschrift heißt es auf Seite 30: „Daß der Eigentümer überhaupt Aufwendungen gemacht haben würde, um die Sache bzw. deren gefährdeten Teil zu erhalten, ist zwar eine naheliegende Annahme, aber keineswegs zwingend. Der Eigentümer kann ganz andere Zwecke mit der Sache verfolgen, die nicht einmal unvernünftig zu sein brauchen . . . Selbst wenn der Eigentümer aber wirklich geeignete Maßnahmen zur Erhaltung der Sache ergriffen haben würde, so ist doch nicht gesagt, daß sie ihn genauso viel gekostet haben würden, wie den Besitzer . . .“. Ebenso bereits Helm, AcP 168 (1968), Seite 71, 73. 553 Zudem ist Gursky entgegenzuhalten, dass mehrere Vorschriften des bürgerlichen Rechts beispielsweise an einen hypothetischen Kausalverlauf anknüpfen und ihn aus prozessualen Erwägungen zugunsten eines Anspruchsinhabers unwiderleglich vermuten (beispielsweise § 252 Satz 2 BGB): Wie sollte – bezogen auf die Regelung des § 994 Abs. 1 BGB – der Besitzer angesichts der Behauptung des Eigentümers, er sei mit der vom Besitzer ergriffenen, zur Erhaltung der Sache notwendigen, Maßnahme nicht einverstanden und habe mit der Sache ganz anders verfahren wollen, dessen Akzeptanz beweisen können? 554 In der Neubearbeitung des von v. Staudinger begründeten Erläuterungswerks räumt Gursky ein, dass das Gesetz bei Erhaltungsmaßnahmen „den Erhaltungswillen des Eigentümers gleichsam unwiderleglich vermutet“ (§ 994 Rdnr. 9 a. E.). 555 Zutreffend MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 994 Rdnr. 15, mit dem Hinweis, dass Wille und Interesse des Eigentümers, d.h. der von ihm mit dem Ge550

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von seinen Dispositionen unwiderlegbar vermutet wird, ist sie als aufgedrängter Vermögensvorteil zu qualifizieren. Ist der Aufwand des Besitzers mit einem niedrigeren Betrag zu beziffern als die durch ihn bewirkte Verkehrswertsteigerung, so ist die Frage aufgeworfen, ob der redliche und unverklagte Besitzer, der den Ersatz seiner Vermögensopfer nach § 994 Abs. 1 BGB verlangen kann, die Differenz zwischen dem Aufwand und der Werterhöhung aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB zu kondizieren vermag. Die Anspruchskonkurrenz zwischen dem Kondiktionsrecht und dem EigentümerBesitzer-Verhältnis unterstellt, ist die Erhöhung des Verkehrswertes nur in Höhe der eingesetzten Vermögensopfer auf Kosten des Besitzers und ohne rechtlichen Grund erlangt. Insoweit ist maßgebend, dass sich der Besitzer – sei es bewusst, sei es unbewusst – ungefragt einer fremden Angelegenheit angenommen hat. Eine solche „Einmischung“ kann aus der Sicht des Eindringlings im günstigsten Falle einen Anspruch auf Aufwendungsersatz begründen, nämlich dann, wenn er fremdnützig und mit Rücksicht auf den Willen und das Interesse des Berechtigten gehandelt hat (§§ 683 Satz 1, 670 BGB). Dringt der Besitzer objektiv in die Befugnis des Eigentümers (§ 903 BGB) ein, so darf er über die bereicherungsrechtliche Abschöpfung keinesfalls besser als der fremdnützig handelnde „Helfer“ oder ein Auftragnehmer gestellt sein.556 Wertsteigerungen, die über den Betrag der Verwendungen hinausgehen, fallen dem Eigentümer mithin ausgleichslos zu. Die Festlegung der §§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB, wonach die (das Vermögen des Eigentümers mehrende) Erhöhung des Verkehrswertes auszugleichen ist, erklärt sich aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber offenbar davon ausging, die Steigerung des Verkehrswertes werde den Betrag der Aufwendungen unter- und nicht überschreiten. Sollte ein von diesem „Regelfall“ abweichender Sachverhalt zu entscheiden sein, ist der Ausgleich des bösgläubigen bzw. verklagten Besitzers auf seine Vermögensopfer zu begrenzen. Zu demselben Ergebnis gelangt man, wenn man die Vorschrift § 684 Satz 1 BGB als Rechtsgrundverweisung auf das Bereicherungsrecht versteht: Der Eigentümer hat die Erhöhung des Verkehrswertes nur insoweit ohne rechtlichen Grund „auf Kosten“ des Besitzers erlangt, als dieser Vermögensopfer erbracht hat.

Im Unterschied zum gutgläubigen Besitzer kann der bösgläubige bzw. verklagte Besitzer den Ersatz der Investitionen nicht unabhängig davon verlangen, ob die durchgeführte Maßnahme dem Interesse und Willen des Eigentümers entsprach. Vielmehr ist im Streitfall festzustellen, ob sich der Eigentümer – wäre er im Zeitpunkt der Vornahme der Maßnahme befragt worden – tatsächlich für die Erhaltung bzw. Wiederherstellung seiner Sache entschieden hätte.557 Ist ein solcher Wille zu bejahen, hat dieser brauch der Sache verfolgte Zweck, für den Fall der Bösgläubigkeit des Besitzers erst im Rahmen des § 994 Abs. 2 BGB maßgebend seien. 556 Siehe dazu bereits oben V. 2. b) dd) (c), Seite 417 und – bezogen auf das Recht der Miete – V. 1. a) bb) (b), Seite 366.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

kraft der unterstellten Geschäftsbesorgung558 des Besitzers Aufwendungen erspart. Die Vorschrift des § 994 Abs. 2 BGB begründet, sofern die notwendige, aber eigenmächtig vorgenommene Maßnahme dem Willen und Interesse des Eigentümers entsprach, einen Anspruch des Besitzers auf Aufwendungsersatz unabhängig davon, ob er als angemaßter oder irrtümlicher Eigengeschäftsführer handelte. Dies entspricht im Ergebnis der Rechtslage, wie sie sich nach Maßgabe des Kondiktionsrechts darstellt (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB): Nach der Vorschrift des § 687 Abs. 2 BGB steht dem angemaßten Eigengeschäftsführer zwar lediglich ein Anspruch auf Aufwendungsersatz im Umfang der bei dem Geschäftsherrn eingetretenen Bereicherung zu (§§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB). Die Begrenzung ist indessen nicht zu rechtfertigen, wenn der Geschäftsherr die Tätigkeit des Geschäftsführers billigt; in diesem Falle akzeptiert er die Geschäftsbesorgung als solche und nicht nur deren Ergebnis, so dass er die Aufwendungen des Geschäftsherrn in vollem Umfang zu ersetzen hat.

Sollte der Wille des Eigentümers zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung seiner Sache zu verneinen sein, ist er berechtigt, die Erstattung der Aufwendungen mit der Begründung abzulehnen, er bewerte die Geschäftsbesorgung des Besitzers als für ihn nicht vorteilhaft. Weder die in § 994 Abs. 2 BGB enthaltene Verweisung auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag noch die Vorschrift des § 994 Abs. 1 BGB gestatten den Schluss, dass sie vorrangig auf den Ausgleich des von dem Besitzer erbrachten Vermögensopfers zielen: Sie bezwecken den Ausgleich für Aufwendungen des Eigentümers, die dieser kraft eines Auftragsverhältnisses hätte erstatten müssen. Die Bestimmungen aus dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag gewährleisten nämlich nur, dass derjenige, der im Interesse und mit dem Willen des Geschäftsherrn entsprechend für diesen tätig geworden ist, aus der fremdnützigen Tätigkeit keine Nachteile erleidet (§§ 670, 683 Satz 1 BGB; sog. Schadloshaltungsfunktion der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag).559 Der Ersatzanspruch des bös557

Bezogen auf den Ersatz der Vermögensopfer des Besitzers zutreffend Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 994 Rdnr. 26: „Der Eigentümer braucht . . . die notwendigen Verwendungen des bösgläubigen oder verklagten Besitzers nur dann zu ersetzen, wenn ihre Vornahme durch den Besitzer selbst bei Berücksichtigung der daraus entstehenden Kostentragungspflicht seinem Interesse und zumindest mutmaßlichen Willen entsprach (§§ 683 S 1, 670) oder wenn er sie genehmigt hat (§ 684 S 2) oder wenn die Verwendungsvornahme zur rechtzeitigen Erfüllung einer dem Eigentümer im öffentlichen Interesse auferlegten Rechtspflicht erforderlich war (§§ 683 S 2, 679, 670).“ 558 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 559 Zum Prinzip der sog. Schadloshaltung im Falle der echten berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag überzeugend Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 1. Siehe dazu bereits oben V. 2. b) cc), Seite 412 ff.

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gläubigen Eigenbesitzers aus § 994 Abs. 2 BGB, der ohne Fremdgeschäftsführungswillen Verwendungen auf die fremde Sache vornimmt, rechtfertigt sich mithin nicht aus dem Gesichtspunkt der Schadloshaltung kraft „fremdnützig motivierten“ Handelns.560 (bb) Das auftragsähnliche Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem gutgläubigen Besitzer (§ 994 Abs. 1 BGB) entsteht unabhängig davon, ob der Eigentümer die Erhaltung, Wiederherstellung oder Bewirtschaftung der Sache gerade diesem anvertraut hätte; diese Entscheidung ist von der gesetzlichen Fiktion eines Auftragsverhältnisses umfasst.561 Dementsprechend ist dem Eigentümer beispielsweise der Einwand verwehrt, er hätte die vom Besitzer durchgeführten Arbeiten einer ihm nahestehenden Person übertragen wollen, dessen Tätigkeit niedrigere Kosten verursacht hätte. Anders verhält es sich hinsichtlich des bösgläubigen oder verklagten Besitzers: Die Feststellung, ob die von ihm ergriffene Maßnahme dem Interesse und Willen des Eigentümers entsprach, erstreckt sich auch auf die Person des „Geschäftsbesorgers“.562 (cc) Besteht der nach §§ 994 Abs. 1, 994 Abs. 2 i.V. m. 683 Satz 1 BGB auszugleichende Vorteil darin, dass sich der Besitzer anstelle des Eigentümers und mit dessen unwiderlegbar vermuteter Billigung für die Erhaltung, Wiederherstellung oder Bewirtschaftung der Sache eingesetzt hat, liegt es freilich nahe, dessen Anspruch mit dem eines Geschäftsführers ohne Auftrag (§ 683 Satz 1 BGB) zu vergleichen. Dieser Vergleich drängt sich umso mehr auf, als der verklagte oder bösgläubige Besitzer – nicht anders als der auftraglose Geschäftsführer – den Ersatz seiner Vermögensopfer soll verlangen können, sofern die Aufwendung dem Willen und Interesse des Eigentümers entsprach (§§ 994 Abs. 2, 683 Satz 1 BGB).563 560 Da die Vorschrift des § 994 Abs. 2 BGB insbesondere auf den bösgläubigen Eigenbesitzer anzuwenden ist, setzt sie nicht voraus, dass der Besitzer „für den Eigentümer“, d.h. mit Fremdgeschäftsführungswillen, tätig geworden ist. Zum beschränkten Umfang der Rechtsgrundverweisung des § 994 Abs. 2 BGB vgl. Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 994 Rdnr. 22 m. w.N.; Köbl, a. a. O., Seite 187 f.; MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 994 Rdnr. 19; Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 93 sowie bereits oben V. 2. c) bb) (a) (2), Seite 490 sowie Fußnote 540 dieses Abschnitts. 561 Nicht anders vermag Gursky zu argumentieren, nach dessen Ansicht die Bestimmungen der §§ 994 ff. BGB auf den Ausgleich des beim Besitzer eingetretenen Vermögensopfers gerichtet sind (siehe oben V. 2. c) bb) (a), Seite 487, insbesondere Fußnote 522): Der Einwand des Eigentümers, dass ihm an der Tätigkeit eines anderen „Geschäftsbesorgers“ gelegen gewesen sei, bleibt unberücksichtigt. 562 Vgl. MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, § 678 Rdnr. 4; Staudinger/Wittmann, 13. Bearbeitung, § 678 Rdnr. 3. 563 In diesem Sinne Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 92 f. Die Bestimmung des § 994 Abs. 2 BGB sehe „eine Schadloshaltung nach Geschäftsführungsgrundsätzen trotz Fehlens einer Geschäftsführungsabsicht“ vor. Ebenso Staudinger/

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Indessen ist die Annahme, bei dem Verwendungsersatz handele es sich um einen geschäftsführungsrechtlichen Anspruch, kurzschlüssig: Sie lässt unberücksichtigt, dass der Ausgleich eines vom Geschäftsführer erbrachten Vermögensopfers (§§ 683 Satz 1 BGB) allein durch die Fremdnützigkeit seines Handelns gerechtfertigt ist; andernfalls ließe sich nicht erklären, warum sowohl der irrtümliche als auch der angemaßte Eigengeschäftsführer (§ 687 Abs. 1 und 2 BGB) selbst dann keinen Anspruch auf Erstattung ihrer Vermögensopfer aus § 670 BGB (sic!) zu erheben vermögen, wenn ihre (eigennützige) Tätigkeit dem Interesse und Willen des Geschäftsherrn entsprach.564 Die sog. „Schadloshaltungsfunktion“ der Geschäftsführung ohne Auftrag, ausgedrückt in dem Anspruch des Geschäftsführers auf Ersatz der Aufwendungen aus §§ 683 Satz 1, 670 BGB, ist mithin ausschließlich durch dessen (im Schwerpunkt) fremdnützige Motivation gerechtfertigt.565 Die Vorschriften der §§ 994 ff. BGB sind demgegenüber (auch) auf den Eigenbesitzer (§ 872 BGB) anzuwenden; führt dieser ein Geschäft des Eigentümers irrtümlich oder bewusst als eigenes, so ist er gerade nicht berechtigt, den Ersatz seiner Auslagen aus dem Gesichtspunkt der auftraglosen Geschäftsführung zu verlangen.566 Der Ausgleich zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer einer Sache ist unabhängig von der FremdGursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003 Rdnr. 11 und Reimer, a. a. O., Seite 155: „Der Anspruch auf Verwendungsersatz orientiert sich anders als der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung ähnlich dem Aufwendungsersatz aus Geschäftsführung ohne Auftrag an der Entreicherung des Besitzers.“ 564 Ebenso Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 21 f. und Seite 91, wo es heißt: „Das Vorliegen einer Geschäftsführung folgt . . . nicht schon daraus, daß sich die Tätigkeit des Geschäftsführers auf fremde Sachen oder Rechte bezieht, entscheidend ist vielmehr die Willensrichtung dessen, der sich mit den Vermögensinteressen eines anderen befaßt.“ 565 Zur Schadloshaltungsfunktion der echten berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag siehe Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 1 f., 21 f. 566 In diesem Sinne bereits Dig. 10. 3. 14. 1.: „Paulus libro tertio ad Plautium . . . diversum est enim, cum quasi in rem meam impendo, quae sit aliena aut communis: hoc enim casu, ubi quasi in rem meam impendo, tantum retentionem habeo, quia neminem mihi obligare volui, at cum puto rem Titii esse, quae sit Maevii, aut esse mihi communem cum alio quam est, id ago, ut alium mihi obligem, et sicut negotiorum gestorum actio datur adversus eum cuius negotia curavi, cum putarem alterius ea esse, ita et in proposito.“ – „Paulus im 3. Buch zu Plautius . . . Anders ist es allerdings, wenn ich Verwendungen auf eine Sache wie auf meine eigene gemacht habe, die in Wahrheit fremd oder gemeinschaftlich ist. In diesem Fall habe ich, da ich gleichsam auf meine eigene Sache Verwendungen gemacht habe, lediglich ein Zurückbehaltungsrecht, weil ich mir niemanden verpflichten wollte. Wenn ich dagegen annehme, daß die Sache Titius gehört, obwohl sie Maevius gehört, oder daß sie mir mit einem anderen gemeinsam gehört als dem, der wirklich Miteigentümer ist, dann bewirke ich, daß ich mir einen anderen verpflichte; und wie die Geschäftsführungsklage gegen denjenigen gegeben wird, dessen Geschäfte ich besorgt habe, obwohl ich glaubte, daß sie die Geschäfte eines Dritten waren, so geschieht es auch

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nützigkeit einer Investition zu beurteilen; er bestimmt sich vielmehr danach, ob – bezogen auf das Eigentumsobjekt – die bei dem Rechtsinhaber eingetretene Vermögensmehrung ohne einen sie rechtfertigenden Grund stattgefunden hat. Obgleich Wittmann anerkennt, dass der ausgleichsberechtigte Besitzer nicht fremdnützig handeln muss, um den Ersatz von Verwendungen verlangen zu können, bejaht er – ohne in diesem Zusammenhang die Bestimmung des § 687 BGB zu würdigen – die Vergleichbarkeit des Ersatzanspruchs des Geschäftsführers mit dem des Besitzers, weil im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis die Notwendigkeit der Verwendungen das Erfordernis der Geschäftsführungsabsicht „ersetze“.567 Diese ohne Begründung aufgestellte Behauptung ist mit dem Regelungsgehalt des § 687 BGB nicht zu vereinbaren. Die objektive Notwendigkeit einer Verwendung „ersetzt“ nicht den Fremdgeschäftsführungswillen, sondern im Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem gutgläubigen und unverklagten Besitzer lediglich den Nachweis, dem Interesse und Willen des Berechtigten entsprochen zu haben; im Verhältnis zum bösgläubigen bzw. verklagten Besitzer gestattet sie eine dahingehende Beweisführung.

(dd) Der Wert der Geschäftsbesorgung als Vermögenszuwachs auf der Seite des Eigentümers, ausgedrückt durch die Ersparnis von Ausgaben für die Erhaltung, Wiederherstellung oder Bewirtschaftung einer Sache, und das Vermögensopfer auf der Seite des Besitzers sind – bildhaft gesprochen – „zwei Seiten derselben Medaille“. Während das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag dem uneigennützig handelnden Geschäftsführer den Ersatz seiner Aufwendungen zuspricht (§ 683 Satz 1 BGB), weist es dem eigennützig handelnden Besitzer/Eigengeschäftsführer das Recht zu, den beim Eigentümer/Geschäftsherrn eingetretenen Vorteil, die Ersparnis von Ausgaben im Sinne des § 670 BGB (gegebenenfalls beschränkt auf die Wertsteigerung), abzuschöpfen.568 im vorliegenden Fall.“ (nach Behrends, Knütel, Kupisch/Seiler, a. a. O.). Siehe dazu Verse, a. a. O., Seite 22. 567 Begriff und Funktionen, Seite 93. 568 Im Ergebnis ebenso: MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 994 Rdnr. 5; Wilhelm, Sachenrecht, Rdnr. 551; Greiner, a. a. O., Seite 314 f. sub c (1), a. A. Knackstedt, a. a. O., Seite 47. Dass die Geschäftsbesorgung selbst den Vermögenszuwachs auf der Seite des Eigentümers bewirkt, deutet Hedemann, Sachenrecht (1924), Seite 103 an, der formuliert: „Während bezüglich der Nutzungen . . . wenigstens grundsätzlich an dem Gedanken festgehalten werden konnte, daß der Eigentümer auch Herr über diese Nebenprodukte sei, muß bei den Verwendungen, die der Beklagte während der Zeit seines Besitzes gemacht hat, etwas anderes gelten. Denn diese Verwendungen entspringen der Arbeitskraft und Intelligenz des Beklagten (d.h. des Besitzers), vielleicht auch seinen stofflichen Vorräten, und über diese Güter ist und war der Kläger (d.h. der Eigentümer) niemals Herr. Darum kann er nicht ohne weiteres verlangen, daß die auf diese Weise vollzogene Bereicherung (sic!) in seine Tasche fließt.“ (Hervorhebung durch Verf.)

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Es sei ausdrücklich betont, dass nicht das vom Besitzer geschaffene Ergebnis, sondern die von ihm entfaltete Tätigkeit Gegenstand des bereicherungsrechtlichen Ausgleichs ist: Sollte der Wert der Sache durch die Maßnahme des Besitzers gestiegen sein, ist dieser Vorteil kondiktionsrechtlich betrachtet dem Vermögen des Eigentümers zugewiesen. (ee) Auch die Gesetzesmaterialien bestimmen den Zweck der Normen über den Verwendungsersatz dahingehend, eine bei dem Eigentümer eingetretene Bereicherung aufzuheben. So heißt es in den Motiven569: „Unter Verwendungen auf die Sache sind solche Geschäfte zu verstehen, deren wirthschaftlicher Erfolg dem dinglich Berechtigten in irgend einer Weise zu Gute kommt. . . . Die Verbindung eigener Sachen mit der fremden Sache wird als Verwendung dann nicht zu gelten haben, wenn die verbundenen Sachen wesentliche Bestandtheile der Hauptsache nicht geworden, und ebensowenig, wenn sie nur zum Zubehöre der fremden Sache gemacht sind, weil das Recht des Verwendenden an solchen Sachen beharrt und das Vermögen des Eigenthümers nicht vermehrt wird. . . . In der franz. Rechtswissenschaft wird die Verwendung aus dem Gesichtspunkte der ungerechtfertigten Bereicherung betrachtet . . . Der Entwurf folgt dem Prinzipe des franz. Rechtes.“ Die angeführte Äußerung in den Motiven bezieht sich auf die Vorschrift des § 936 des ersten Entwurfs570, wonach der Eigentümer dem Besitzer wegen der Verwendungen einen Ausgleich im Umfang der bei ihm eingetretenen „Bereicherung“ zu leisten hatte.571 Die Motive geben freilich keine ex569 Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite 229 (Hervorhebung durch Verf.). 570 § 936 Abs. 1 des Entwurfs lautete: „Der Besitzer . . . kann wegen der Verwendungen, welche er auf die Sache gemacht hat, von dem Eigentümer insoweit Ersatz verlangen, als der letztere in Folge der Wiedererlangung der Sache durch die Verwendung aus dem Vermögen des ersteren bereichert wird.“ Die geltende Fassung des § 994 BGB entspricht der Bestimmung des § 979 der Bundesratsvorlage (abgedruckt bei Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite XXXIV). 571 In diesem Sinne bereits, wenn auch ausschließlich auf den Wertzuwachs (nicht auf das Ausbleiben einer Wertminderung) abstellend, Dig. 6. 1. 38.: „In fundo alieno, quem imprudens emeras, aedificasti aut conseruisti, deinde evincitur: bonus iudex varie ex personis causisque constituet. finge et dominum eadem facturum fuisse: reddat impensam, ut fundum recipiat, usque eo dumtaxat, quo pretiosior factus est, et si plus pretio fundi accessit, solum quod impensum est.“ – „Du hast auf einem fremden Grundstück, das du in Unkenntnis seiner Fremdheit gekauft hast, gebaut oder ausgesät; dann wird es evinziert. Hier wird ein guter Richter nach Person und Sachlage verschieden entscheiden. Angenommen, der Eigentümer hatte vor, das gleiche zu tun; dann soll er die Aufwendungen erstatten, um das Grundstück wiederzubekommen, allerdings nur bis zu der Höhe, in der das Grundstück wertvoller geworden ist, und, falls das Grundstück mehr an Wert gewonnen hat, nur in Höhe der Aufwendungen.“ (Übersetzung nach Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler, a. a. O.)

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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akte Auskunft über den genauen Gegenstand der bei dem Eigentümer eingetretenen Bereicherung; sie beziehen sich in ungenauer Formulierung auf das Objekt der Verwendung, nicht auf die Geschäftsbesorgung des Besitzers572: „Die Verwendung auf eine fremde Sache, welche den Werth derselben erhöht oder eine Wertminderung abwendet, führt zu einer Bereicherung des Eigenthümers.“573 Immerhin wird auch das Ausbleiben einer Wertminderung als Bereicherung des Eigentümers gedeutet; insoweit gründet sich die Ausgleichspflicht darauf, dass jemand anstelle des Eigentümers die Sache erhaltende Investitionen getätigt, d.h. die Besorgung einer fremden Angelegenheit übernommen, hat. Die Motive ergänzend ist den Protokollen indessen deutlich zu entnehmen, dass die Bereicherung des Eigentümers nicht notwendig in dem Wertzuwachs der Sache gesehen wird, sondern in der „Ersparnis von Aufwendungen“ bestehen kann, d.h. in dem Wert einer Geschäftsbesorgung, welche der Besitzer anstelle des Eigentümers tätigt. Der in den Protokollen zu § 936 des ersten Entwurfs vermerkte Antrag, die Ersatzpflicht des Eigentümers im Hinblick auf notwendige Verwendungen nur eintreten zu lassen, „wenn der Werth der Sache im Zeitpunkte der Herausgabe noch erhöht ist“574, wurde abgelehnt. Diese Entscheidung wurde mit folgenden Wendungen begründet575: „Erwogen wurde: . . . Wenn der Entw. den Eigenthümer insoweit zum Ersatze verpflichte, als er durch die Verwendungen bereichert sei, so folge hieraus, daß der Eigenthümer stets die nothwendigen Verwendungen ersetzen müsse, weil er dadurch, daß der Besitzer sie an seiner Stelle vorgenommen, Ausgaben erspart habe, also bereichert sei. . . . Eine Bereicherung liege auch in dem . . . Beispiele vor, trotzdem das Haus zur Zeit der Herausgabe des Grundstücks nicht mehr vorhanden sei, weil die nothwendige Verwendung, welche der Eigenthümer sonst hätte machen müssen, durch den Besitzer bewirkt worden sei.“ 572 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 573 Mugdan, a. a. O., Seite 230. Wie die Motive und unter Bezugnahme auf die römischrechtlichen Quellen v. Moßner, a. a. O., Seite 11 bis 13. 574 Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite 681. Ausweislich der Protokolle wurde der Antrag auf folgende Erwägungen gestützt: „Zur Begründung des Antrags wurde geltend gemacht, es sei unbillig, den Eigenthümer z. B. zum Ersatze der für die Erhaltung eines Hauses nothwendigen Verwendungen auch dann zu verpflichten, wenn das Haus zur Zeit der Herausgabe des Grundstücks bereits eingestürzt oder abgebrochen worden sei. Der redliche Besitzer behalte die Nutzungen der Sache, er müsse deswegen auch als Aequivalent die Gefahr tragen, Verwendungen, die er auf die Sache gemacht habe, nicht ersetzt zu erhalten, weil der Werth der Sache zur Zeit der Herausgabe durch sie nicht mehr erhöht sei.“ 575 Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite 681 (Hervorhebung durch Verf.).

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Diese Formulierungen gestatten den Schluss, dass die zweite Kommission im Anwendungsbereich des § 908 Abs. 1 des zweiten Entwurfs576 von dem Ausgleich einer bei dem Eigentümer eingetretenen Bereicherung ausging, deren Wegfall sie konsequenterweise für ausgeschlossen hielt: War die von dem Besitzer veranlasste Wertsteigerung im Zeitpunkt der Wiedererlangung der Sache durch den Eigentümer nicht mehr vorhanden oder waren seine Bemühungen erfolglos, so knüpfte der durch § 908 Abs. 1 – einer Vorschrift, die der Bestimmung des § 994 Abs. 1 BGB entsprach577 – angeordnete Ausgleich zugunsten des Besitzers immer noch an einen Vermögenszuwachs des Eigentümers an, nämlich die Ersparnis von Ausgaben, die der redliche Besitzer „an Stelle des Eigentümers“ getätigt hatte.578 Gegenstand des Ausgleichs sollte hier mithin allein die von dem Besitzer vorgenommene Tätigkeit, nicht der von ihm herbeigeführte Erfolg sein.579 Hat der unrechtmäßige gutgläubige Besitzer zum Zwecke der Erhaltung oder Wiederherstellung der Sache eine Verbindlichkeit begründet, etwa einen Handwerker mit der Durchführung notwendiger Reparaturen beauftragt, so kann er von dem Eigentümer verlangen, von der Verbindlichkeit freigestellt zu werden, § 257 BGB. Dieser Befreiungsanspruch ist anzuerkennen, soweit es sich um eine unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vernünftige Obligation handelt; er ist, mit ande576

§ 908 Abs. 1 des zweiten Entwurfs lautete (zitiert nach Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite XXXIV): „Der Besitzer kann für die auf die Sache gemachten nothwendigen Verwendungen von dem Eigenthümer Ersatz verlangen. Die gewöhnlichen Erhaltungskosten sind ihm jedoch für die Zeit, für welche ihm die Nutzungen verbleiben, nicht zu ersetzen. Für andere Verwendungen kann der Besitzer Ersatz nur insoweit verlangen, als sie vor dem Eintritte der Rechtshängigkeit gemacht worden sind und der Werth der Sache durch sie noch zu der Zeit erhöht ist, zu welcher der Eigenthümer die Sache wiedererlangt. Haftet der Besitzer nach § 904 (die Vorschrift entsprach § 990 BGB), so steht ihm dieser Anspruch nicht zu.“ In zweiter Lesung des Entwurfs wurde dem Absatz 1 hinzugefügt: „Für nothwendige Aufwendungen, die der Besitzer nach dem Eintritte der Rechtshängigkeit oder nach dem Beginne der im § 904 (d.h. des § 990 Abs. 1 BGB) bestimmten Haftung gemacht hat, bestimmt sich sein Ersatzanspruch nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag.“ (gleichfalls zitiert nach Mugdan, a. a. O., Seite 682). 577 Vgl. zu der Unterscheidung zwischen dem redlichen einerseits und dem verklagten bzw. unredlichen Besitzer andererseits: Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite 682. 578 Der unredliche bzw. verklagte Besitzer trägt abweichend davon die Beweislast dafür, dass der Eigentümer Ausgaben erspart hat. Liegt die Bereicherung des Eigentümers in der Ersparnis von Aufwendungen, die der redliche Besitzer „an seiner Stelle“ getätigt hat, so ist deren Wegfall ausgeschlossen (in diesem Punkte unklar: OLG Marienwerder, OLGZ 15, Seite 358 [Urteil vom 28. Mai 1907]). Die Fälligkeit des Anspruchs bestimmt sich freilich nach § 1001 BGB (siehe dazu bereits oben Fußnote 538 dieses Abschnitts und sogleich im Text). 579 Insoweit verwirrend Jakobs, AcP 167, Seite 350, 351, 359, der die Bereicherung des Eigentümers stets in einem „Erfolg“ sieht, der im Vermögen des Eigentümers durch die Verwendung eintritt.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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ren Worten ausgedrückt, nach denselben Kriterien zu bemessen wie der gegen den Eigentümer gerichtete Zahlungsanspruch des Besitzers.580

Die Sichtweise der zweiten Kommission liegt der Bestimmung des § 994 Abs. 1 BGB zugrunde. Die Vorstellung, der Besitzer handele „anstelle des Eigentümers“ und erspare diesem den Einsatz eigener finanzieller Mittel, gestattet es, den Anspruch des redlichen, aber auch des bösgläubigen Besitzers wegen notwendiger Verwendungen als einen „geschäftsführungsrechtlichen Bereicherungsausgleich“ zu bezeichnen.581 (ff) Der Anspruch des Besitzers auf Ersatz seiner Verwendungen wird nach § 1001 BGB allerdings erst fällig, wenn der Eigentümer die Sache wiedererlangt oder die Vermögensopfer des Besitzers gebilligt, d.h. – rechtstechnisch ausgedrückt – genehmigt hat.582 Diese Regelung vermag – bestimmt man die Geschäftsbesorgung des Besitzers und also die Ersparnis von Aufwendungen als den auszugleichenden Vermögensvorteil des Eigentümers – im Hinblick auf notwendige Verwendungen nur eingeschränkt zu befriedigen: Der Vorteil der Kostenersparnis ist dem Eigentümer bezogen auf den Zeitpunkt der Vornahme der Verwendungen und also unabhängig davon erwachsen, ob die Sache zu einem späteren Zeitpunkt noch vorhanden ist oder nicht. Die Unstimmigkeit des Gesetzes erhellt eine rechtshistorische Betrachtung. Die Mitglieder der ersten Kommission glaubten die Bereicherung des Eigentümers letztlich darin zu erkennen, dass dieser eine im Wert erhöhte oder jedenfalls im Wert nicht verminderte Sache zurückerhält. Sie knüpften den Anspruch des Besitzers folgerichtig an die Wiedererlangung der Sachherrschaft durch den Eigentümer. Dementsprechend heißt es in den Motiven583: „Wenn nach der Vorschrift des § 936 Abs. 1 (ich er580

Siehe oben V. 2. c) aa) (a), Seite 473. Diesen Begriff bilde ich in Anlehnung an die Schrift von Wittmann (Begriff und Funktionen, Seite 92), der freilich im Zusammenhang mit dem Verwendungsersatz von einer „Schadloshaltung nach Geschäftsführungsgrundsätzen“ spricht und damit das Recht des herausgabepflichtigen Besitzers auf Verwendungsersatz im Ausgangspunkt als „geschäftsführungsähnlichen“ Anspruch charakterisiert. Siehe dazu meine Ausführungen oben V. 2. c) bb) (a) (3) (cc), Seite 497). Zum Ausgleich wegen nicht notwendiger Verwendungen (§ 996 BGB) siehe unten V. 2. c) bb) (b), Seite 505 ff., insbesondere V. 2. c) bb) (b) (3), Seite 508 ff. 582 Die Bedeutung der gesetzlichen Wendung, dass der Besitzer den Anspruch zu einem früheren Zeitpunkt nicht geltend machen könne, ist umstritten; wie hier MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 1001 Rdnr. 17 m. w. N. Eine „condicio iuris“ bejaht Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1001 Rdnr. 1. Die Frage ist weder praktisch noch dogmatisch von Bedeutung. 583 Zitiert nach Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite 231 sub §§ 937, 938 (Hervorhebung durch Verf.). Im erwähnten Sinne heißt es in den Motiven an anderer Stelle (zitiert nach Mugdan, a. a. O., Seite 230): „Eingetreten ist die Bereicherung zwar in dem Augenblicke der Verwendung; wirthschaftliche 581

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

gänze: des ersten Entwurfs584) der Gegenstand des Verwendungsanspruches als die dem Eigenthümer in Folge der Wiedererlangung der verbesserten oder erhaltenen Sache zugehende Bereicherung bestimmt wird, so ist vor der Wiedererlangung der Sache ein Gegenstand der Kondiktion überall noch nicht gegeben, die Annahme eines früheren mit der Thatsache der Verwendung beginnenden Bestandes des Bereicherungsanspruches mithin ohne materielle Bedeutung. Im § 938 Abs. 1 (ich ergänze: des ersten Entwurfs585) wird deshalb der Verwendungsanspruch als ein bedingter bezeichnet und damit . . . die Entstehung des Anspruches bis zu dem Eintritte der (ich ergänze: gesetzlichen) Bedingung, nämlich der Wiedererlangung durch den Eigenthümer, hinausgeschoben.“ Die Mitglieder der zweiten Kommission haben unmissverständlich die Ersparnis von Aufwendungen als Bereicherung des Eigentümers qualifiziert586, den Anspruch des Besitzers indessen von der Wiedererlangung der Sachherrschaft durch den Eigentümer abhängig gemacht, ohne sich mit der Frage zu beschäftigen, inwieweit die Ersparnis des Eigentümers mit dieser Legalbedingung zu vereinbaren ist.587 Die gesetzliche Regelung vermengt hier bei strikt beBedeutung für den Eigenthümer gewinnt dieselbe indessen erst, wenn letzterer die Sache wiedererlangt. Besteht zu dieser Zeit der Effect der Verwendung nicht mehr, so ist die Bereicherung wieder weggefallen.“ Von dem Fortbestand der Bereicherung gehen indessen die Protokolle aus, wenn die Sache an den Eigentümer zurückgelangt oder er die Verwendung genehmigt (siehe oben Fußnote 575 dieses Abschnitts). 584 Die angeführte Vorschrift des § 936 Abs. 1 des Entwurfs lautete: „Der Besitzer oder der Inhaber kann wegen der Verwendungen, welche er auf die Sache gemacht hat, von dem Eigentümer insoweit Ersatz verlangen, als der letztere in Folge der Wiedererlangung der Sache durch die Verwendung aus dem Vermögen des ersteren bereichert wird.“ Die geltende Fassung des § 994 BGB entspricht der Bestimmung des § 979 der Bundesratsvorlage (abgedruckt bei Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite XXXIV). 585 § 938 Abs. 1 des Entwurfs lautete: „Die dem Besitzer oder dem Inhaber nach den Vorschriften der §§ 936, 937 zustehenden Ansprüche sind dadurch bedingt, daß der Eigenthümer die Sache wiedererlangt.“ 586 Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite 681. 587 Vgl. Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite 685 ff., insbesondere Seite 688 f. und 691. Die Regelung des § 1001 BGB vermag folgenden Fall nicht zu erfassen: Der gutgläubige unrechtmäßige Besitzer tätigt eine notwendige Verwendung auf die fremde Sache, erfährt danach vom Fehlen seines Besitzrechts und verursacht den Untergang der Sache infolge leichter Fahrlässigkeit. Der Besitzer ist zum Ersatz des Wertes verpflichtet, den die Sache im Zeitpunkt ihrer Zerstörung hatte, §§ 989, 990 Abs. 1 BGB. Von dem zu zahlenden Geldbetrag darf er – entgegen dem Wortlaut der Bestimmung des § 1001 BGB – den Wert seiner Verwendungen abziehen, weil der ehemalige Eigentümer durch den Schadensfall wirtschaftlich nicht besser gestellt werden darf, als er ohne ihn stünde (schadensrechtliches Bereicherungsverbot). Ebenso – freilich ohne Begründung – Florey, a. a. O., Seite 64 sub 3b.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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grifflicher Betrachtung tätigkeits- und sachbezogene Elemente des Ausgleichs.588 Begehrt der Besitzer von dem Eigentümer den Ersatz notwendiger oder nützlicher Verwendungen, stellt sich die Frage, ob dieser im Gegenzug die Herausgabe der verwendungsbedingten Nutzungen verlangen kann, etwa weil der Besitzer die Sachherrschaft unentgeltlich erlangt hat (§ 988 BGB).589 Als Beispiel führe ich den Fall an, dass ein Besitzer die ihm kraft nichtiger Schenkung und Übereignung überlassene Sache repariert und sie einem Dritten gegen Zahlung eines angemessenen Mietzinses überlässt. Der Mietzins ist als mittelbare Sachfrucht (§ 99 Abs. 3 BGB) dem Eigentümer zugewiesen, weil der Eingriff in die Eigentümerbefugnisse durch Vornahme der Verwendung keineswegs die weitere Inanspruchnahme des fremden Rechts kraft Nutzung der Sache rechtfertigt. Solange der Besitzer freilich sein Wegnahmerecht auszuüben und also den geschaffenen Vorteil aus dem Vermögen des Eigentümers wieder „auszugliedern“ vermag oder ersatzlos darauf verzichtet, schuldet er keinen Nutzungsersatz. Sein Wegnahmerecht erlischt mit der Erfüllung des Anspruchs auf Aufwendungsersatz durch den Eigentümer; von diesem Zeitpunkt an ist der Eigentümer so zu stellen, als hätte er die vom Besitzer ergriffene Maßnahme durchführen lassen. Wäre dies geschehen, hätte er ein Entgelt für die Überlassung und Nutzung der Sache verlangen können.590 (b) Die Wertsteigerung der Sache als der in Geld auszudrückende Erfolg einer aufgedrängten Geschäftsbesorgung, §§ 994 Abs. 2 i.V. m. 684 Satz 1, 996 BGB Die Erhaltung, Wiederherstellung, Bewirtschaftung oder Verbesserung einer fremden Sache durch den Besitzer stellt unabhängig von dessen Gutoder Bösgläubigkeit eine Geschäftsbesorgung591 für den Eigentümer dar; 588

Siehe bereits oben Fußnote 538 dieses Abschnitts. Zur Frage, ob sich die Verpflichtung der Besitzers zum Nutzungsersatz auf den durch Verwendungen gestiegenen Gebrauchswert bezieht, siehe Staudinger/ Gursky, Neubearbeitung 1999, § 987 Rdnr. 23 a. E.: Der Eigentümer würde „zu schlecht“ gestellt, wenn die vom Besitzer selbst bewirkte Erhöhung des Gebrauchswertes der Sache von vornherein außer Betracht bliebe. 590 Der Anspruch des Eigentümers auf verwendungsbedingten Nutzungsersatz ist auf die Aufwendungen des Besitzers zu begrenzen: Durch die Initiative des Besitzers sollen dem Eigentümer keine wirtschaftliche Vorteile zufließen, die den Umfang seiner Ausgleichsverbindlichkeit übersteigen. 591 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 589

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

der Besitzer nimmt sich – sei es bewusst, sei es irrtümlich – einer fremden Angelegenheit an. Der Wert dieser Geschäftsbesorgung ist nach der gesetzlichen Regelung jedoch nicht einheitlich zu bemessen: Während die notwendigen Verwendungen des gutgläubigen und unverklagten Besitzers uneingeschränkt und die des bösgläubigen bzw. verklagten Besitzers dann mit den vom Eigentümer ersparten Aufwendungen zu beziffern sind, wenn sie dessen Interesse und Willen entsprachen, legt das Gesetz den geldwerten Vorteil des Eigentümers in Höhe der Wertsteigerung fest, wenn ein bösgläubiger Besitzer die Sache gegen das Interesse oder den Willen des Eigentümers erhielt, wiederherstellte bzw. für sie im Sinne der Bewirtschaftung sorgte (§§ 994 Abs. 2 i.V. m. 684 Satz 1 BGB) oder der gutgläubige und unverklagte Besitzer nützliche, weil werterhöhende Maßnahmen ergriff (§ 996 BGB).592 Kraft der Ansprüche aus §§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB und § 996 BGB ist der Eigentümer gegenüber dem Besitzer mithin unabhängig von der Akzeptanz der Sachveränderung zum Ausgleich der (noch vorhandenen) Wertsteigerung verpflichtet. Widersprach die Entscheidung des Besitzers, die Sache zu erhalten, wiederherzustellen, zu bewirtschaften oder zu verbessern, bezogen auf den Zeitpunkt ihrer Vornahme dem Interesse oder Willen des Eigentümers, so bildet nicht die fremde Tätigkeit (die Geschäftsbesorgung selbst), sondern lediglich deren strikt sachbezogenes Ergebnis der Bemühungen (das aus der Geschäftsführung „Erlangte“) den Gegenstand des Ausgleichs. Die Vorschrift des § 996 BGB reduziert den Ausgleich der (im Ausgangspunkt für den Eigentümer als vorteilhaft unterstellten!) Geschäftsbesorgung593 auf das Ergebnis der Verwendung, um eine zu weitreichende Belastung des Eigentümers zu vermeiden. Der Formulierung des Gesetzes, wonach der gutgläubige, unverklagte Besitzer Ersatz für andere als notwendige Verwendungen „nur insoweit“ verlangen kann, als der Wert der Sache im Zeitpunkt der Wiedererlangung durch den Eigentümer noch erhöht ist, lässt sich entnehmen, dass die Ersparnis von Aufwendungen zwar den Ausgangspunkt des Ausgleichs bildet, diesen jedoch auf das geschaffene Ergebnis beschränkt. Die in der Bestimmung des § 996 BGB für andere als notwendige Verwendungen angeordnete Beschränkung der Ersatzpflicht des Eigentümers 592 Zur Anwendbarkeit des § 684 Satz 1 BGB im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis siehe siehe oben V. 2. c) aa) (a) (3), Seite 477 und V. 2. c) aa) (a) (2), Seite 476. Die Notwendigkeit der Maßnahme ist anhand eines objektiven Maßstabs festzulegen; ob der konkrete Eigentümer sie für erforderlich hielt, ist nicht entscheidend (Verse, a. a. O., Seite 48 sub 3.a. m. w. N.). 593 Kraft der unwiderlegbar vermuteten Vorteilhaftigkeit der Geschäftsbesorgung des gutgläubigen Besitzers vermag der Eigentümer vom Besitzer nicht die Beseitigung des aus der Geschäftsbesorgung hervorgegangenen Erfolgs aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 zu verlangen. Siehe dazu oben III. 6. b), Seite 193 f.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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auf den noch vorhandenen Wertzuwachs kombiniert mithin nicht den Gedanken des Bereicherungsausgleichs mit dem der „Verlustabnahme“ auf der Seite des Verwenders.594 (1) Hat der bösgläubige bzw. verklagte Besitzer notwendige Verwendungen gegen den Willen oder das Interesse des Eigentümers getätigt, drängt sich ein Vergleich mit der Regelung über die angemaßte Eigengeschäftsführung (§ 687 Abs. 2 BGB) auf: Der Geschäftsherr, der zwar nicht das eigenmächtige Handeln des Eigengeschäftsführers, wohl aber den dadurch bewirkten Erfolg gutheißt, weil er „das aus der Geschäftsführung Erlangte“ für sich beansprucht (§§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 2, 667 BGB), hat die Aufwendungen des Geschäftsführers im Umfang seiner Bereicherung zu erstatten (§§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB).595 Im Gegensatz zur Regelung des §§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB setzt der Anspruch des Eigengeschäftsführers mithin die Akzeptanz des Erfolgs der Geschäftsbesorgung durch den Geschäftsherrn voraus. Aus der Sicht des Besitzers ist die Vorschrift des § 994 Abs. 2 BGB erheblich günstiger als die Bestimmung des § 687 Abs. 2 BGB, weil sie ihm nicht die Darlegungs- und Beweislast dafür aufbürdet, dass der Eigentümer die Erhaltung seiner Sache im eigenen Interesse akzeptiert. Auf diese Weise wird nicht der (möglicherweise unvernünftige) Wille des Eigentümers in den Mittelpunkt des Ausgleichs gerückt, sondern ein – im Vergleich zur Regelung des § 994 Abs. 1 BGB allerdings deutlich schwächerer – Anreiz zur Erhaltung von Sachwerten geschaffen. Das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer gestaltet sich demgemäß grundlegend anders als das zwischen dem Geschäftsherrn und dem Fremdgeschäftsführer: Während im Recht der echten Geschäftsführung ohne Auftrag nur die unberechtigte Geschäftsführung auf den Ausgleich einer bei dem Geschäftsherrn eingetretenen Bereicherung zielt (§ 684 Satz 1 BGB), geht es im Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem unredlichen bzw. verklagten Besitzer stets um den Ausgleich einer bei dem Eigentümer eingetretenen Bereicherung, wobei diese unterschiedliche Anknüpfungspunkte, nämlich die getätigten Aufwendungen oder die Wertsteigerung der Sache, hat.

Befriedigt der Eigentümer den Wertersatzanspruch des bösgläubigen bzw. verklagten Besitzers, so steht ihm im Ausgangspunkt das Recht zu, die Herausgabe der verwendungsbedingten Nutzungen zu verlangen. Dieses Recht ist allerdings auszuschließen, wenn die ursprüngliche Werterhöhung bedingt durch die anschließende Nutzung seitens des Besitzers gesunken ist und sich damit dessen Anspruch aus §§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB gemindert hat: Der Besitzer wäre doppelt belastet, müsste er die verwen594 So aber Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003 Rdnr. 25. 595 Siehe dazu oben V. 2. b) ll), Seite 450 ff., insbesondere V. 2. b) ll) (c), Seite 458 ff.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

dungsbedingten Gebrauchsvorteile bei gleichzeitiger Minderung seines eigenen Wertersatzanspruchs ersetzen.596 (2) Hat das (dem Willen des Eigentümers zuwiderlaufende) Handeln des bösgläubigen oder die nicht notwendige Verwendung des gutgläubigen Besitzers einen die Aufwendungen übersteigenden Wertzuwachs der Sache bewirkt, so ist der Ausgleich durch den Umfang der Aufwendungen des Besitzers begrenzt: Andernfalls reichte der Anspruch des bösgläubigen Besitzers, dessen Handeln dem Interesse oder Willen des Eigentümers widersprach, weiter als der des gutgläubigen Besitzers oder des Besitzers, der eine dem Willen und Interesse des Eigentümers entsprechende Maßnahme durchgeführt hat und demzufolge nur die Erstattung seiner Aufwendungen verlangen kann (§ 994 Abs. 1 oder §§ 994 Abs. 2, 683 Satz 1, 670 BGB).597 Eine solche Besserstellung des verklagten oder bösgläubigen Besitzer wäre hinsichtlich des Ersatzes notwendiger Verwendungen sinnwidrig.598 Darüber hinaus darf der Besitzer, der ohne den Willen des Berechtigten in fremde Dispositionen (§ 903 BGB) eingegriffen hat, nicht besser gestellt sein als derjenige, der kraft eines Auftrags (§§ 662, 670 BGB) oder fremdnützig und mit Rücksicht auf den Willen und das Interesse des Berechtigten handelte und dafür nur den Ersatz seiner Vermögensopfer zu verlangen vermag (§§ 683 Satz 1, 670 BGB). Wertsteigerungen, die über den Betrag der Verwendungen hinausgehen, fallen dem Eigentümer mithin ausgleichslos zu. Im Hinblick auf den gutgläubigen Besitzer findet sich das kaum überzeugende Argument, dass der Ausgleichsanspruch des Besitzers für nützliche Verwendungen nicht weiter reichen dürfe als der für notwendige.599

(3) Nach dem Wortlaut des § 996 BGB hat der Eigentümer dem gutgläubigen und unverklagten Besitzer andere als notwendige Verwendungen inso596 Siehe dazu – bezogen auf die Pflicht des Mieters zum Ersatz verwendungsbedingter Gebrauchsvorteile – oben V. 1. a) bb) (e), Seite 369. 597 Man beachte den Wortlaut des § 994 Abs. 1 BGB: „Der Besitzer kann für die auf die Sache gemachten notwendigen Verwendungen Ersatz verlangen.“ 598 Zutreffend MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 994 Rdnr. 20 m. w. N. sowie bereits – unter zutreffender Anführung der Dig. 6. 1. 38. – Florey, a. a. O., Seite 36. Die Beschränkung der Haftung des Eigentümers auf die von dem Besitzer getätigten Aufwendungen lässt sich in dieser Gestaltung noch überzeugender durch die Annahme einer Genehmigung in entsprechender Anwendung des § 684 Satz 2 BGB erreichen: Der Eigentümer, der den Ausgleich des Wertzuwachses verweigert, indessen bereit ist, die (niedrigeren) Aufwendungen des Besitzers zu erstatten, genehmigt dessen Geschäftsführung und ist demzufolge nach § 670 BGB lediglich zum Ersatz der tatsächlich angefallenen Kosten verpflichtet. 599 MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 996 Rdnr. 6 m. w. N.; BGH NJW 1980, Seite 833; RGZ 106, Seite 147, 149.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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weit zu ersetzen, als „der Wert der Sache durch sie noch zu der Zeit erhöht ist, zu welcher der Eigentümer die Sache wiedererlangt.“ (aa) Diese Formulierung wirft die – im Schrifttum oft behandelte600 – Frage auf, ob der durch einen gutgläubigen Besitzer abzuschöpfende „Wert der Sache“ anhand objektiver Kriterien601, gegebenenfalls auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens602, zu ermitteln sei, oder ob er sich subjektiv nach den Vorstellungen des Eigentümers bestimme, weil vermieden werden müsse, dass der Eigentümer „mit dem Ersatz objektiv werterhöhender, aber für ihn nutzloser Verwendungen belastet wird“.603 (bb) Ein Teil des Schrifttums hält die Verpflichtung des Eigentümers zum Ausgleich eines objektiven Wertzuwachses für unangemessen.604 Die Maßnahme des Besitzers dürfe keinen „enteignenden Effekt“ in der Weise haben, dass die Sache „fortan für einen Zweck dient, dem sie bis dahin nicht diente“.605 Die Ausgleichspflicht sei nur anzuerkennen, wenn die Verwendung, gemessen an den Vermögensverhältnissen des Eigentümers, nützlich sei606 oder ihm die Änderung seiner sachbezogenen Dispositionen zugemutet werden könne.607 600 Goetzke, AcP 173, Seite 289; Haas, AcP 176, Seite 1 ff., Larenz, Festschrift für v. Caemmerer 1978, Seite 209; Koller, DB 1974, Seite 2385; Jakobs, AcP 167, Seite 350. 601 In diesem Sinne beispielsweise Florey, a. a. O., Seite 31, 67 Fußnote 3 und jüngst Greiner, a. a. O., Seite 322 sub c (1). 602 Zum Begriff des Verkehrswertes siehe oben III. 2. c), Seite 91. 603 So MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 996 Rdnr. 12. Eine durch notwendige Verwendungen herbeigeführte, nach §§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB auszugleichende Wertsteigerung ist demgegenüber nach einhelliger Ansicht anhand eines objektivierten, wirtschaftlich-vernünftigen Maßstabs zu bestimmen. 604 Jakobs AcP 167, Seite 350, 359 f. 605 Jakobs, a. a. O., Seite 358 f. 606 Jakobs, a. a. O., Seite 359; Haas, AcP 176, Seite 1, 24 ff.; ähnlich bereits – bezogen auf das klassische römische Recht – v. Moßner, a. a. O., Seite 1: „. . . der Ersatz wird darum versagt, . . . weil im konkreten Fall die Verwendung für den Eigentümer innerhalb seiner Wirtschaft keinen Gebrauchswert hat, seinen Zwecken nicht direkt förderlich, seinen Verhältnissen nicht angemessen ist. . . . Der subjektive Nutzen entscheidet.“ Eine knappe Darstellung des römischen Rechts findet sich bei Verse, a. a. O., Seite 15 ff. Nach Ansicht von Haas (a. a. O., Seite 25 f.) hat der Eigentümer die Erhöhung des Verkehrswertes auszugleichen, wenn er die Sache „in absehbarer Zeit zu veräußern gedenkt“ – wie sollte ein solcher Wille im Prozess je nachzuweisen sein? 607 In diesem Sinne insbesondere Reimer, a. a. O., Seite 53, 97 ff. kraft entsprechender Anwendung des § 254 BGB. Dass die angeführte Vorschrift aus dem Schadensrecht indessen nicht geeignet ist, Verpflichtungen des unfreiwillig Bereicherten entstehen zu lassen, habe ich bereits oben II. 2. c) cc), Seite 46 dargelegt.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

(cc) Eine solche Ausrichtung der „Bereicherung“ auf die individuellen Vermögensverhältnisse des Eigentümers, die im Streitfall eine Beweisaufnahme über die ihm zumutbaren oder nützlichen Vermögensplanungen erforderte608, ist – wie Gursky in dem Erläuterungswerk von v. Staudinger überzeugend darlegt609 – weder auf eine historische Betrachtung noch auf systematische Erwägungen zu gründen. Auch die „Schutzbedürftigkeit“ des Eigentümers vermag einen subjektivierten Wertbegriff nicht zu rechtfertigen: Die Bestimmung des § 996 BGB regelt einen Interessenkonflikt zwischen dem Eigentümer und dem – ebenfalls schutzwürdigen – gutgläubigen Besitzer, der kraft der Rückgabe der Sache auf die Amortisation seiner Aufwendung verzichten muss.610 Eine Subjektivierung des Wertbegriffs liefe schließlich der Intention des Gesetzes zuwider: Dem Eigentümer wird um der Ausgleichsberechtigung des Besitzers willen ein Vorteil aufgedrängt, dessen Beseitigung er nicht zu verlangen vermag; konsequenterweise ist es ihm versagt, sich auf die „Nutzlosigkeit“ der Veränderung berufen.611 Treffend heißt es hierzu bei Gursky612: „Es geht ja nicht allein um den optimalen Schutz des Eigentümers, . . . sondern um eine sinnvolle Abwägung seines Interesses, sein Vermögen ausschließlich zur Verfolgung autonom gesetzter Ziele verwenden zu können, gegen die Entschädigungs- und Bereicherungsentzugsinteressen des Besitzers. Diesen Interessenkonflikt hat der Gesetzgeber gesehen und im Sinne einer Ausrichtung der Erstattungspflicht an der Erhöhung des Verkehrswertes der verbesserten Sache entschieden. Auch wenn man diese Entscheidung nicht für die rechtspolitisch sinnvollste und interessengerechteste Lösungsmöglichkeiten hält, kann dies an ihrer Verbindlichkeit nichts ändern.“ Formuliert man das hier angesprochene rechtspolitische Bedenken dahingehend, dass die Verpflichtung des Eigentümers zum Ausgleich einer aufgedrängten Werterhöhung im äußersten Falle den Verlust der Sache durch Verkauf oder Versteigerung zur Folge haben könne, so ist zu betonen, dass dem Eigentümer dieser Verzicht hinsichtlich notwendiger Verwendungen zugemutet wird, ohne eine „Subjektivierung“ des Wertbegriffs zu erwägen. Der „subjektive“ Maßstab hat seine Berechtigung nur im Verhältnis des Eigentümers zum bösgläubigen (Eigen- oder Fremd-)Besitzer im Hinblick auf die Frage, ob die vom Besitzer getätigten notwendigen Opfer in vollem Umfang zu 608 Nach der Auffassung von Jakobs (a. a. O., Seite 356) hat das angerufene Gericht die „Verhältnisse“, die „Anlage“ und die „Struktur“ des Gesamtvermögens eines Eigentümers festzustellen – wie sollte diese Aufgabe praktisch erfüllt werden? 609 13. Bearbeitung, § 996 Rdnr. 5 bis 10 mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 610 Die Schutzwürdigkeit des Besitzers vernachlässigt Jakobs, AcP 167, Seite 350, 356; er betont ausschließlich den „enteignenden Effekt“, der die „Problematik der Ersatzpflicht“ ausmache. 611 Ebenso Greiner, a. a. O., Seite 322 sub c (1). 612 A. a. O., Rdnr. 9.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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ersetzen sind; §§ 994 Abs. 2, 683 Satz 1 BGB. Er ist indessen auch in diesem Verhältnis unmaßgeblich, wenn es um den Ausgleich einer der Sache anhaftenden Wertsteigerung geht (§§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB).

Darüber hinaus besteht die Pflicht des Eigentümers zum Ausgleich einer aufgedrängten nützlichen Verwendung nur gegenüber dem gutgläubigen Eigenbesitzer; der Fremdbesitzer ist bezogen auf die Erstattung seiner Verwendungen den Bestimmungen seines vermeintlichen Besitzrechts unterworfen.613 Dementsprechend vollzieht sich der Ausgleich von Verwendungen nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag, sofern diese auch im Falle der rechtmäßigen Sachherrschaft anzuwenden wären.614 Nach der hier vertretenen Ansicht ist er ausgeschlossen, sofern der Besitzer es versäumt hat, den Willen des Eigentümers zu ermitteln.615 Dadurch genießt der Eigentümer weitestgehend Schutz davor, eine aufgedrängte Verbesserung seiner Sache geldlich ausgleichen zu müssen. Eine entsprechende „Subjektivierung“ des Anspruchs eines gutgläubigen Eigenbesitzers ist abzulehnen, weil dieser nicht gehalten ist, seine Investitionen mit Blick auf die Belange des Eigentümers vorzunehmen. (dd) Legt man zugunsten des gutgläubigen Eigenbesitzers den objektiven Maßstab zugrunde, werden dem Eigentümer unter Umständen Verbindlichkeiten auferlegt, die seine wirtschaftlichen Möglichkeiten ausschöpfen oder überfordern, wie beispielsweise in dem Fall der Aufstockung eines doppelgeschossigen Wohnhauses.616 Um dies zu verhindern, ist der Anspruch auf Ersatz wegen nützlicher Verwendungen aus § 996 BGB (wie auch der Anspruch auf Erstattung der notwendigen Ausgaben aus § 994 BGB) maximal auf den Erlös zu beschränken, der sich aus der Verwertung der Sache ergibt. Weitergehende Einbußen kann der Eigentümer dadurch vermeiden, dass er die Sache an den Besitzer zurückzugibt (§ 1001 Satz 2 BGB) und diesen auf sein Verwertungsrecht aus § 1003 BGB verweist.617 Im Zusammenhang mit der Verwertungsbefugnis des Besitzers618 wurde der zweiten Kommission der Vorschlag unterbreitet, dem Eigentümer das Recht einzuräumen, den Verkauf der mit dem Verwendungsanspruch belasteten Sache verlangen 613

Siehe dazu oben V. 2. c) aa) (b) (2), Seite 480 ff. Vgl. beispielsweise § 539 Abs. 1 BGB und § 601 Abs. 2 BGB. Tätigt ein Verwahrer notwendige Verwendungen, die über den Zweck der Aufbewahrung hinausgehen, ist auch der Ersatz notwendiger Verwendungen den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag unterworfen (vgl. § 693 BGB). 615 Zur teleologischen Reduktion des § 684 Satz 1 BGB siehe oben V. 2. b) ff) und gg), Seite 420 ff. und 427 ff. 616 Darauf weist zutreffend Jakobs, AcP 167, Seite 350, Seite 356 hin. 617 Zutreffend Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1001 Rdnr. 13. Hervorzuheben ist, dass es sich bei dem Verwertungsrecht des (ehemaligen) Besitzers aus § 1003 BGB lediglich um ein persönliches, nicht etwa um ein dingliches Recht handelt. Dementsprechend ist es nicht in § 10 ZVG erwähnt. 614

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

zu können619: „Es komme bei der Durchführung des Eigenthumsanspruchs in erster Linie darauf an, dem Eigenthümer zu seinem Rechte zu verhelfen und jedenfalls müsse derselbe die Möglichkeit haben, auch seinerseits eine Lösung des Verhältnisses dem Besitzer gegenüber herbeizuführen.“ Dagegen wurden zwei Bedenken erhoben: Zum einen widerspreche eine solche Erweiterung den für das Pfandrecht geltenden Grundsätzen (der Verpfänder könne nicht die Veräußerung des Pfandes erzwingen), zum anderen sei das Interesse des Eigentümers durch das ihm zugestandene Recht der Rückgabe (§ 1001 Satz 2 BGB) ausreichend gewahrt. Während der erste Einwand nicht zu überzeugen vermag, weil es im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis anders als im Pfandrecht prinzipiell um die Wahrung der Eigentümerinteressen geht (so auch der Antragsteller vor der Kommission a. a. O.), ist der zweite Einwand begründet: Die Rückgabe der Sache an den Besitzer durch den Eigentümer zum Zwecke der Verwertung620 schützt den Eigentümer hinreichend davor, zur Befriedigung des Besitzers auf sein gesamtes Vermögen zurückgreifen zu müssen. Die Verpflichtung des Besitzers zur zügigen Verwertung der Sache ergibt sich aus dem zwischen ihm und dem Eigentümer bestehenden auftragsähnlichen Verhältnis i.V. m. mit dem Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB.

Die Möglichkeit der Verwertung der Sache durch den Besitzer ist Ausdruck der Rücksichtnahme auf die Vermögensverhältnisse des Eigentümers.621 Bereits das römische Recht verwies den Besitzer auf das Recht zur Wegnahme der Verwendungen, wenn der Eigentümer als „armer Mann“ die „Hausgötter und Gräber der Vorfahren“ hätte aufgeben müssen, um die Aufwendungen des Besitzers zu erstatten.622 618 Dem römischen Recht war die Befugnis der Selbstbefriedigung aus dem Gegenstand der Verwendungen (§ 1003 BGB) fremd (dazu v. Moßner, a. a. O., Seite 86: „Das Selbsthilferecht hat . . . seine Wurzeln im germanischen Recht“). Daher war der Ersatz von Verwendungen ausgeschlossen, wenn die Befriedigung des Besitzers den „wirtschaftlichen Ruin“ des Eigentümers zur Folge gehabt hätte; siehe dazu sogleich im Text unter (dd). 619 Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite 690. 620 Hierauf zielt die „Rückgabe“ nach allgemeiner Ansicht; vgl. Staudinger/ Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1001 Rdnr. 13 m. w. N. 621 In den Protokollen (zitiert nach Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite 689) heißt es treffend, es sei „sehr bedenklich, daß der Eigenthümer unbedingt für die nothwendigen Verwendungen haften solle, wenn er die Sache zurückgenommen habe. Es könne sich dabei um sehr bedeutende Summen handeln und namentlich im Hinblicke darauf, daß nicht nur der unmittelbare Besitzer, sondern auch der mittelbare Besitzer, von dessen Besitz der Eigenthümer vielleicht gar keine Kenntniß gehabt habe, mit derartigen Ansprüchen hervortreten könne, erscheine es nicht gerechtfertigt, den Eigenthümer in dieser Weise zu belasten.“ 622 In den Digesten heißt es (6. 1. 38.): „finge pauperem, qui, si reddere id cogatur, laribus sepulchris avitis carendum habeat: sufficit tibi permitti tollere ex his rebus quae possis, dum ita ne deterior sit fundus, quam si innito non foret aedificatum.“ – „Angenommen, der Eigentümer ist ein armer Mann, der die väterlichen Hausgötter und die Gräber der Vorfahren aufgeben muß, wenn er die Aufwendun-

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Für das geltende Recht wird vorgeschlagen, einen geldlichen Ausgleich für andere als notwendige Verwendungen kraft der Verweisung des Besitzers auf sein Recht zur Wegnahme des „Verwendungserfolges“ auszuschließen.623 Dieser Vorschlag ist indessen abzulehnen, weil das Wegnahmerecht das Interesse des Besitzers an den eingebauten (wesentlichen oder unwesentlichen) Bestandteilen nebst Zubehör schützt; es handelt sich eben um ein Recht und nicht um eine im Interesse des Eigentümers geschaffene Pflicht oder Obliegenheit des Besitzers.624 Das Motiv für seine Einführung war nur das Bedürfnis, Nachteile des „Verlierenden“ durch Rückgewähr in Natur auszugleichen. Dementsprechend ist es nur anzuerkennen, wenn es dem „Verlierenden“ einen Nutzen bringt, also nicht, wenn es ohne Vorteil für ihn lediglich den Zuwachs des „Bereicherten“ beseitigen würde (§ 997 Abs. 2 BGB).625 Es steht – sollte es im Falle mit einem Zahlungsanspruch aus §§ 994, 996 BGB konkurrieren626 – zu diesem in einem Verhältnis der sog. elektiven Konkurrenz; das Wahlrecht zwischen den beiden Berechtigungen ist hier, weil sein Interesse berührt ist, dem Besitzer zugewiesen.627 gen zu erstatten gezwungen wird; dann genügt es, dir (d.h. dem Besitzer) zu erlauben, von diesen Sachen wegzunehmen, was du kannst, solange nur das Grundstück dadurch nicht weniger wert wird, als wenn es von Anfang an nicht bebaut worden wäre.“ (nach Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler, a. a. O.). Dem römischen Recht war die Befugnis des Besitzers, die Sache zum Zwecke der Befriedigung seiner Ansprüche zu versteigern (§ 1003 BGB), unbekannt (v. Moßner, a. a. O., Seite 86). 623 Tobias, AcP 94 (1903), Seite 371 f., 456; MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 996 Rdnr. 12. 624 Das verkennt Jakobs, AcP 167, Seite 350, 380 (ähnlich Eingriffserwerb und Vermögensverschieung, Seite 174 f.), der dem Eigentümer das Recht zuspricht, den Besitzer auf die „Rücknahme von verbundenen Sachen“ zu verweisen, um einem bereicherungsrechtlichem Ausgleich zu entgehen. Bei dieser „Rücknahme“ soll es sich allerdings nicht um die Ausübung des Wegnahmerechts handeln (a. a. O., Seite 381 f.). 625 Treffend Ruge, a. a. O., Seite 32. 626 Bezogen auf das Wegnahmerecht des Besitzers im römischen Recht bejaht Florey, a. a. O., Seite 36 f., eine „Subsidiarität“ des Wegnahmerechts. Für das geltende Recht geht etwa Jakobs (AcP 167, Seite 350) davon aus, dass die Wegnahme von wesentlichen Bestandteilen nach § 951 Abs. 2 Satz 2 BGB nur gestattet ist, wenn der Vergütungsanspruch hinter dem Wert der abgetrennten Bestandteile zurückbleibt (a. a. O., Seite 388 ff.). Dagegen zutreffend Staudinger/Gursky, 13. Bearbeitung, § 951 Rdnr. 57 m. w. N. und bereits Biermann, a. a. O., § 997 Anm. 1a. 627 Zutreffend Lungstras-Hochstein, a. a. O., Seite 10 ff. und – bezogen auf das Wegnahmerecht aus § 951 Abs. 2 Satz 1 BGB – BGH LM § 946 Nr. 6. Wie hier bereits Florey, a. a. O., Seite 70; bezogen auf das römische Recht: Ruge, a. a. O., Seite 34 sub c. Den Ausschluss des Wertersatzes im Falle einer Verpflichtung zur Wegnahme des durch die Verwendung Geschaffenen bejaht – bezogen auf das Bereicherungsrecht – König, Gutachten und Vorschläge, Seite 1515, 1524 (§ 3.2.a.). Eine solche Verpflichtung lässt sich dem geltenden Recht nicht entnehmen; geschuldet ist allein die Beseitigung einer Eigentumsbeeinträchtigung etc. aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Entscheidet er sich für die Wegnahme, so kann der Duldungspflichtige freilich von seiner Abwendungsbefugnis Gebrauch machen (§ 997 Abs. 2 BGB).628 Andernfalls hat er die Abtrennung und Aneignung des Wegnahmeberechtigten zu dulden, § 258 BGB.629 Kommt es aus Gründen, die den Annahmeverzug des Besitzers begründen, nicht zu der vom Eigentümer angebotenen Rückgabe der Sache, so erhält der Besitzer zumindest dann keinerlei Ausgleich für seine Vermögensopfer, wenn die Sache in der Folgezeit zerstört wird, ohne dass dem Eigentümer vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen ist (§ 300 Abs. 1 BGB).630 Die Möglichkeit einer Beschränkung der Haftung auf den Sachwert seitens des Eigentümers entfällt freilich, wenn er die Verwendungen des Besitzers ausdrücklich, konkludent oder stillschweigend genehmigt hat: Von diesem Zeitpunkt an scheidet die Rückgabe der Sache an den Besitzer aus, der den Ausgleich seiner Vermögensopfer begehrt, § 1001 Satz 2 BGB. Die Vorschrift des § 1001 Satz 3 BGB, nach der die Genehmigung des Eigentümers als erteilt gilt, wenn der Eigentümer die ihm von dem Besitzer unter Vorbehalt des Verwendungsersatzanspruchs angebotene Sache annimmt, beinhaltet eine unwiderlegbare Vermutung zugunsten des Besitzers.631 Das Bedürfnis, die Genehmigung des Eigentümers zu unterstellen, ist m. E. allerdings – entgegen der wohl einhellig vertretenen, aber nicht begründeten und durch den Wortlaut der Vorschrift keineswegs zwingend vorgegebenen Auffassung632 – aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nur anzuerkennen, wenn es der Eigentümer seinerseits unterlässt, den Vorbehalt des Besitzers bei der Annahme der Sache zurückzuweisen: Teilt der Eigentümer dem Besitzer bei der Annahme ausdrücklich mit, 628 Beruft sich der Besitzer auf ein nachvollziehbares Affektionsinteresse an den verbundenen Materialien, so ist die Abwendungsbefugnis des Eigentümers ausnahmsweise zu verneinen. 629 Zur Duldungspflicht siehe – bezogen auf das römische Recht – Ruge, a. a. O., Seite 41; ders. – bezogen auf das geltende Recht – Seite 93 ff. Zu den Bestandteilen des Wegnahmerechts, der „Abtrennung“ und „Aneignung“, siehe a. a. O., Seite 80 ff. Hat der Eigentümer der Hauptsache, nachdem er den Besitz erlangt hat, den wesentlichen Bestandteil selbst abgetrennt, so entfällt der Anspruch des Wegnahmeberechtigten auf Abtrennung. Bestehen bleibt dagegen der Anspruch auf Duldung der Aneignung. Das Wegnahmerecht verwandelt sich mithin in einen Anspruch auf Herausgabe und Rückübereignung des abgetrennten Bestandteils. Zutreffend Tobias, AcP 94 (1903), Seite 371, 452. 630 Planck/Brodmann, a. a. O., § 1002 Anm. 2. Im Ergebnis ebenso Staudinger/ Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1001 Rdnr. 18. 631 Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1001 Rdnr. 21; RG Gruchot 66 (1923), Seite 481, 485. Zu den Begriffen der „Fiktion“ und der „unwiderlegbaren Vermutung“ siehe – knapp zusammenfassend – Diederichsen, NJW 1965, Seite 671, 673 m. w. N. 632 RG Gruchot 66 (1923), Seite 481, 485; Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1001 Rdnr. 21 m. w. N.; MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 1001 Rdnr. 14.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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dass er mit den Verwendungen nicht einverstanden sei, so hat der Besitzer von einer Rückgabe der Sache an den Eigentümer Abstand zu nehmen.633 Nimmt der Eigentümer sie jedoch unter beiderseitigem Vorbehalt an und veräußert er sie zu einem späteren Zeitpunkt, so scheidet eine Beschränkung der Haftung auf die zurückgegebene Sache m. E. aus, sofern er den Wertzuwachs realisiert: In diesem Falle genehmigt der Eigentümer die Verwendungen nachträglich.634 Die aufgezeigte Haftungsbeschränkung auf den Wert der Sache lässt sich durch deren Rückgabe an den Besitzer bewerkstelligen.635

Ist die Sache an den Eigentümer zurückgelangt, ohne dass von einer Genehmigung der Verwendungen auszugehen ist, so steht diesem das Recht zu, zwischen der Befriedigung des Zahlungsanspruchs und der Rückgabe an den Besitzer als Gläubiger des Anspruchs auf Ersatz seiner Verwendungen zum Zwecke der Verwertung zu wählen (sog. elektive Konkurrenz mit Wahlrecht des Schuldners).636 Kommt es zu einer Klage gegen den Eigentümer, hat der Besitzer den Antrag zu stellen, entweder den (genau zu be633 Sind sich Eigentümer und Besitzer darüber einig, dass durch die Rückgabe die derzeitigen Rechtspositionen nicht verändert werden sollen, haben die Parteien die Genehmigungsfiktion des § 1003 Satz 3 BGB abbedungen (BGH NJW 1955, Seite 340, 342 [dass der angeführten Entscheidung eine privat- und keine öffentlichrechtliche Streitigkeit zugunde lag, soll im vorliegenden Zusammenhang unterstellt werden]; MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 1001 Rdnr. 14). Demgemäß wird § 1003 Satz 3 BGB nicht anzuwenden sein, wenn die Annahme der Sache durch den Eigentümer unter beiderseitigem Vorbehalt geschieht. Die einhellig aufgestellte Behauptung, dass die Genehmigungsfiktion auch dann eintrete, wenn der Eigentümer den Vorbehalt des Besitzers als unbegründet zurückweist (Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1001 Rdnr. 21 m. w. N.), dürfte angesichts der abdingbaren Natur der Vorschrift praktisch bedeutungslos sein. 634 Hat sich der Wertzuwachs der Sache im Erlös niedergeschlagen, so kann die Veräußerung als Genehmigung gedeutet werden, weil der Eigentümer den Preis auch ohne Berücksichtigung der von ihm nicht veranlassten und bis zu diesem Zeitpunkt nicht erstatteten Verwendungen hätte kalkulieren können. Ihm war mithin eine Verhaltensalternative eröffnet, die den Schluss auf eine Willensentscheidung gestattet (zur Genehmigung von Verwendungen, die der Eigentümer nicht nach §§ 994 ff. BGB zu erstatten verpflichtet ist, siehe oben Fußnote 38 des Abschnitts II.). Steht der Ausgleich nützlicher Verwendungen (§ 996 BGB) in Rede, so ist für die Ermittlung der noch vorhandenen Wertsteigerung der Zeitpunkt der Veräußerung (= Genehmigung im Sinne des § 1001 BGB) maßgeblich. Mit anderen Worten ausgedrückt tritt die Veräußerung durch den Eigentümer an die Stelle der Herausgabe an ihn. 635 A. A. BGH NJW 1955, Seite 340, 342 sub 2, wo es heißt: „Da beide Teile (d.h. die Eigentümerin und die frühere Besitzerin eines Schiffswracks) ihre derzeitigen Rechtspositionen wahren wollten, kann die Veräußerung der Wrackteile weder zum Vorteil noch zum Nachteil der einen oder anderen Partei ausschlagen. Die Beklagte (d.h. die Bundesrepublik Deutschland als ehemalige Besitzerin) muß sich deshalb wegen ihrer Ansprüche mit dem Reinerlös zufrieden geben, den die Klägerin aus der Veräußerung der Wrackteile erzielt hat.“ Das Gericht übersieht, dass der Vorbehalt der Eigentümerin bei Annahme des Wracks lediglich den Fortbestand des Rückgaberechts nach § 1001 Satz 2 BGB zu sichern vermag.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

ziffernden) Verwendungsersatz zu zahlen oder die Sache zur Befriedigung in Höhe dieses Anspruchs an ihn herauszugeben und – handelt es sich um eine Immobilie – die Zwangsversteigerung bzw. – ist die Sache beweglich – die Verwertung der Sache nach den Vorschriften über den Pfandverkauf zu dulden.637 (ee) Nach alledem ist festzuhalten, dass die Regelung des § 996 BGB den Ausgleich einer Erhöhung des objektiven Wertes der herauszugebenden Sache bewerkstelligt. Sollte der Eigentümer zur Auskehr dieser Bereicherung nicht bereit oder in der Lage sein, so vermag er sich von seiner Verbindlichkeit dadurch zu lösen, dass er die Sache dem Besitzer – sei es zum Zwecke der Verwertung, sei es zum Zwecke des Eigentumserwerbs – überlässt.638 (ff) Auszugleichen ist die Werterhöhung, die der Sache im Zeitpunkt der Wiedererlangung des Besitzes durch den Eigentümer noch anhaftet. Diese Regelung ist bei näherer Betrachtung Ausdruck einer allgemeinen Erwägung im Hinblick auf Ansprüche, die auf den bereicherungsrechtlichen Ausgleich einer Steigerung des Verkehrswertes zielen: Da dieser (d.h. der Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer freien Veräußerung üblicherweise für eine Sache unter Ausschaltung ungewöhnlicher und persönlicher Verhältnisse zu erzielen wäre639) veränderlich ist, unterliegt er Schwankungen; eine endgültige Fixierung tritt erst im Zeitpunkt der Herausgabe der Sache an den Berechtigten oder – sollte über diesen Anspruch im gerichtlichen Verfahren zu entscheiden sein – der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung ein. Spätestens bezogen auf diesen Zeitpunkt hat das Gericht auch den nach § 996 BGB zu leistenden Wertersatz festzulegen, wenn der Eigentümer Klage auf Herausgabe der Sache erhoben hat und der Besitzer sie vom Ersatz seiner Verwendungen abhängig macht (§ 1000 BGB).

(4) Der bösgläubige oder verklagte Besitzer kann den Ersatz nicht notwendiger Verwendungen – knüpft man die „Bösgläubigkeit“ an die Kennt636 Zur elektiven Konkurrenz siehe Palandt/Heinrichs, 62. Auflage, § 262 Rdnr. 6. Ein „selbständiger“ Herausgabeanspruch des (ehemaligen) Besitzers gegen den Eigentümer ist zu verneinen; vgl. Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 1003 Rdnr. 8. 637 Die Frage, ob die Bestimmungen der §§ 1001, 1003 BGB in entsprechender Anwendung auch die Haftung des Kondiktionsschuldners im Verhältnis zum nichtbesitzenden Verwender zu beschränken vermögen, bedarf im vorliegenden Zusammenhang keiner Vertiefung. Siehe dazu oben II. 2. c) aa) (b), Seite 42 und unten V. 2. d) aa) (d) (3), Seite 562 ff. 638 Welche Variante gewollt ist, bestimmt der Eigentümer: Er wird sich für die Verwertung entscheiden, wenn er selbst ein Interesse an einem den Betrag der geforderten Verwendung übersteigenden Erlös hat, weil er dessen Auskehrung verlangen kann. 639 Zum Begriff des Verkehrswertes siehe oben III. 2. c), Seite 91.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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nis vom Mangel des Rechts (§ 819 BGB in entsprechender Anwendung)640 – nur nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag in unmittelbarer Anwendung verlangen. Ist er als Eigenbesitzer tätig geworden, der den Mangel seines Besitzrechts grob fahrlässig verkannt hat und demzufolge nach bisher einhelliger (freilich unzutreffender) Ansicht „bösgläubig“ im Sinne des § 990 Abs. 1 BGB ist641, so scheidet – bejaht man seine Bösgläubigkeit – ein Anspruch auf den Ausgleich einer Wertsteigerung aus, wenn zugunsten des Eigentümers der Einwand treuwidrigen Verhaltens anzuführen ist, weil dieser im Gegenzug die Beseitigung einer Verwendung verlangen kann.642 Der grob fahrlässig handelnde Eigenbesitzer hat mithin im Streitfall nicht die Akzeptanz der Sachveränderung durch den Eigentümer zu beweisen; das unterscheidet ihn vom angemaßten Eigengeschäftsführer.643

Das bedeutet: Wird der bösgläubige Fremdbesitzer für den Eigentümer (d.h. mit Fremdgeschäftsführungwillen) tätig, bestimmt sich der Ersatz seiner Vermögensopfer nach den Vorschriften der § 683 Satz 1 bzw. § 684 Satz 1 BGB.644 Verbessert der bösgläubige (Eigen- oder Fremd-)Besitzer die fremde Sache zum eigenen Nutzen, so hängt der Ausgleich einer von ihm bewirkten Wertsteigerung von der Akzeptanz des Erfolgs durch den Eigentümer ab (§ 687 Abs. 2 Satz 2 BGB). Dieser bewertet das Ergebnis der Tätigkeit des Besitzers als „vorteilhaft“, wenn er einerseits die Zahlung eines Ausgleichs an den Besitzers ablehnt und andererseits – gegenüber dessen Angebot, den Vorteil zu entfernen – erklärt, der zunächst unerbetene Zuwachs solle nicht beseitigt werden, sondern erhalten bleiben. Hier sieht der Eigentümer im eigenen Interesse (sic!) ausdrücklich oder zumindest schlüssig von der Geltendmachung seines Beseitigungsanspruchs ab; das, was aus seiner Sicht zunächst als „störende Veränderung“ zu bewerten war, wird nunmehr zum (ausgleichsfähigen und ausgleichspflichtigen) Vorteil.645 640 Nach der hier vertretenen Auffassung ist für die Bösgläubigkeit des Besitzers (§ 990 Abs. 1 BGB) der Maßstab des § 819 BGB, nicht des § 932 BGB zugrundezulegen. Siehe dazu oben II. 2. d) bb) (b) (1), Seite 58. 641 Siehe die vorstehende Fußnote. 642 Siehe dazu Fußnote 79 des Abschnitts II. Die fehlende Beseitigungsfähigkeit des Vorteils wirkt sich nicht zu Lasten des Eigentümers aus (siehe oben V. 2. b) ii), Seite 438). 643 Ebenso verhält es sich bei dem Fremdbesitzer, dem der Mangel seines Besitzrechts infolge grober Fahrlässigkeit verborgen geblieben ist und der sich zur Vornahme der Verwendung im berechtigt glaubte. Siehe dazu – bezogen auf Verwendungen des vermeintlichen Mieters – Fußnote 131 dieses Abschnitts. 644 Der Ersatz von Verwendungen nach den Bestimmungen der §§ 683 Satz 1 bzw. 684 Satz 1 BGB kommt nur bei einem Fremdbesitzer in Betracht; ein Eigenbesitzer wird nicht „für den Eigentümer“ tätig. 645 Siehe dazu bereits oben V. 2. b) hh), Seite 437. Die Voraussetzungen des Verzichts hat der Besitzer darzulegen und nötigenfalls zu beweisen, weil die „Akzeptanz“ des Vorteils durch den Eigentümer eine Voraus-

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Dasselbe gilt, verhindert er wegen seines nachträglichen Interesses an der „Verbesserung“ der Sache gegenüber dem angemaßten Eigengeschäftsführer die Ausübung eines Wegnahmerechts, ohne von seiner Ablösungsbefugnis Gebrauch zu machen (§§ 951 Abs. 2, 997 Abs. 2 BGB).646 Verlangt der Eigentümer von dem bösgläubigen bzw. verklagten Besitzer den Ersatz solcher Nutzungen, die durch nützliche Verwendungen erst ermöglicht worden sind (§§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 2, 667 BGB), so ist dieser Anspruch zu verneinen, wenn dem Besitzer ein Wegnahmerecht zusteht (§§ 997, 951 Abs. 2 BGB): Darf der Besitzer den geschaffenen Vorteil aus dem Vermögen des Eigentümers wieder „ausgliedern“, so schuldet er für dessen Nutzung auch keinen Ersatz. Ist das Wegnahmerecht indessen zu verneinen, so geht dieser Umstand zu Lasten des Besitzers. Sind ihm allerdings durch die Gewinnung der Nutzungen (sic!) Kosten entstanden, kann er deren Ersatz nach §§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB verlangen. Der Ausgleich der vom bösgläubigen Besitzer getätigten nützlichen Verwendungen aus §§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB hängt demgegenüber davon ab, ob der Eigentümer mit dem Verlangen auf Herausgabe der verwendungsbedingten Nutzungen die wertsteigernde Veränderung selbst akzeptiert. An einer solchen Billigung fehlt es, sollte er lediglich eine Berechtigung ausüben, die ihm gewissermaßen „automatisch“ zugefallen ist. Sie ist also nur anzunehmen, könnte der Eigentümer die Beseitigung der wertsteigernden Veränderung verlangen (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB); hier ist sein Begehren auf Herausgabe der verwendungsbedingten Nutzungen zugleich als Verzicht auf die Entfernung des „Vorteils“ und Billigung der Verwendungen zu bewerten, und zwar bezogen auf den Zeitpunkt, von dem an Nutzungsersatz verlangt wird.647

Hat der bösgläubige Besitzer im Rahmen der Geschäftsbesorgung eigene Sachen mit dem fremden Eigentum verbunden und wegen dieser Verbinsetzung des Anspruchs des Besitzers auf Herausgabe einer Bereicherung des Eigentümers darstellt. Hat er eine nützliche Verwendung in Kenntnis seiner mangelnden Berechtigung getätigt und macht er die Herausgabe der Sache von dem Ausgleich einer Wertsteigerung abhängig, so ist der Klage unter Berücksichtigung des Zurückbehaltungsrechts des Besitzers stattzugeben, wenn der Eigentümer ausdrücklich oder schlüssig davon absieht, die Beseitigung der Vorteils zu verlangen. 646 Befindet sich die Sache wieder bei dem Eigentümer, so ist die Vorschrift des § 1002 BGB auf das Recht zur Wegnahme entsprechend anzuwenden: MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 997 Rdnr. 19 m. w. N. Der Besitzer kann hier wählen, ob er den Anspruch auf Duldung der Wegnahme gerichtlich durchsetzt oder unter Aufgabe dieses Rechts den Anspruch auf Wertersatz (§§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB in entsprechender Anwendung) erhebt (elektive Konkurrenz mit Wahlrecht des Gläubigers). 647 Hinsichtlich des Ausgleichs der Investitionen, die zum Zweck der Schaffung (nicht der Nutzung) der Verwendung getätigt wurden, trägt der Besitzer das Risiko der fehlenden Beseitigungsfähigkeit des „Vorteils“ (siehe – bezogen auf die angemaßte Eigengeschäftsführung – oben V. 2. b) ii), Seite 438 und – bezogen auf das Recht der Miete – oben V. 1. a) ee) (b), Seite 377 ff., insbesondere V. 1. a) ee) (b) (4), Seite 380.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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dung das Eigentum an ihnen verloren (§§ 946, 947 BGB), so ist die Frage, ob der Verlust eines rechtlichen Grundes entbehrt (§ 951 Abs. 1 Satz 1 BGB), nach den Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag zu beantworten: Verbleibt der vom Besitzer geschaffene Wertzuwachs nach diesen Vorschriften ausgleichslos im Vermögen des Eigentümers, so schließt dies auch einen bereicherungsrechtlichen Ersatz aus, weil die Bestandteile, ursprünglich Eigentum des Besitzers, „Aufwendungen“ im Sinne des §§ 677 ff. BGB darstellen, so dass der Rechtsverlust von der Geschäftsbesorgung umfasst ist. (c) Die Sichtweise der Rechtsprechung: Abschöpfung eines im Vermögen des Eigentümers eingetretenen Vorteils kraft der §§ 994, 996 BGB (1) Dass die Vorschriften der §§ 994, 996 BGB – zumindest in erster Linie – auf den Ausgleich einer dem Eigentümer angefallenen Bereicherung und nicht auf die Erstattung etwaiger bei dem Besitzer eingetretener Vermögensnachteile zielen, lässt sich den Formulierungen des Bundesgerichtshofs in einer Entscheidung über die Herausgabe von Gebäudeteilen aus dem Jahre 1975 entnehmen.648 Dem Urteil lag folgender – vereinfachter – Sachverhalt zugrunde: Ein Grundstück wurde in der Weise geteilt, dass zwei darauf errichtete Gebäude von der Grenze der beiden neu gebildeten Grundstücke „durchschnitten“ wurden. Zu einem späteren Zeitpunkt befanden sich die Grundstücke in den Händen verschiedener Eigentümerinnen. Die Eigentümerin des einen Grundstücks (die Beklagte) nahm die beiden Gebäude, die mit einer Tiefe von 1,50 m bis 2 m in ihr Grundstück hineinragten, in Besitz und nutzte sie etwa 40 Jahre lang. Als die Eigentümerin des anderen Grundstücks (des sog. Stammgrundstücks) die Herausgabe beider Gebäude verlangte, war die Nachbarin hierzu nur Zug um Zug gegen Erstattung von Aufwendungen bereit, die sie in beide Gebäude investiert hatte. Die Klägerin verweigerte den Ersatz der Aufwendungen mit der Begründung, sie wolle die Gebäude abreissen und habe dementsprechend keine Ausgaben erspart. Der Bundesgerichtshof gab der Herausgabeklage aus § 985 BGB statt, weil sich der weitaus größere Teil der Gebäude auf dem Grundstück der Klägerin befand.649 Das von der Beklagten geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht wegen durchgeführter Erhaltungsmaßnahmen veranlasste das Gericht, sich mit dem Begriff der „Verwendung“ an den herauszugebenden Gebäuden auseinan648 649

BGHZ 64, Seite 333. Zustimmend OLG Hamburg, WuM 1986, Seite 82, 84. A. a. O., Seite 336 ff. unter entsprechender Anwendung des § 912 BGB.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

derzusetzen. Wörtlich führt es aus650: „§ 994 Abs. 1 Satz 1 BGB beruht auf dem Gedanken, daß durch notwendige Aufwendungen des Besitzers dem Eigentümer die entsprechenden eigenen Auslagen erspart werden und er deshalb auf alle Fälle bereichert ist. Maßgebendes Kriterium wird . . . im allgemeinen sein, was zur Erhaltung und ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Sache erforderlich ist.“ Im konkreten Fall verneinte der Bundesgerichtshof die Ausgleichspflicht der Klägerin, weil sie die Gebäude habe abreissen wollen und dementsprechend keine Auslagen erspart habe.651 Indessen war die Anerkennung des Anspruchs auf Erstattung der Auslagen allein davon abhängig, ob die Beklagte als redliche oder unredliche Besitzerin der Gebäude handelte: Während die Bestimmung des § 994 Abs. 1 BGB zugunsten des redlichen Besitzers die Vermögensmehrung des Eigentümers durch die bloße Vornahme von Investitionen, mithin dessen Ersparnis von Aufwendungen, unwiderlegbar vermutet, hat der unredliche Inhaber der Sachherrschaft nach § 994 Abs. 2 BGB – bezogen auf den Ersatz der von ihm getätigten (nicht notwendigerweise erfolgreichen) Aufwendungen – den Willen und das Interesse des Eigentümers an der Erhaltung seiner Sache, mithin den mit den Ausgaben verbundenen Vermögenszuwachs in Form der Ersparnis von Aufwendungen, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.652 Eine Ersatzpflicht der Klägerin nach § 994 Abs. 1 BGB bestand freilich nur, wenn es sich bei den Investitionen in die Gebäude um notwendige Verwendungen und hier nicht um „gewöhnliche Erhaltungskosten“ handelte, welche die Klägerin bezogen auf den Zeitraum, für welchen der Beklagten die Nutzungen der Gebäude verblieben, nicht zu ersetzen hatte, § 994 Abs. 1 Satz 2 BGB. (2) Die Bereicherung des Eigentümers in Form der Kostenersparnis wird bereits in einem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1954 in aller 650

A. a. O., Seite 339 sub 3 (Hervorhebung durch Verf.). Dazu heißt es in dem erwähnten Urteil (a. a. O., Seite 339): „. . . es ist . . . davon auszugehen, daß alle Verwendungen auf die beiden Gebäude nur unter dem Gesichtspunkt der weiteren Nutzung dieser Gebäude erfolgten, damit aber – nach dem unstreitigen Sachverhalt – nur den Belangen der Beklagten dienten, während die Klägerin im Hinblick auf den beabsichtigten Abbruch der Gebäude an ihrer Erhaltung nicht interessiert war. . . . bei der im vorliegenden Fall gegebenen Situation hat die Klägerin durch die Aufwendungen der Beklagten jedoch keine eigenen Aufwendungen erspart. Es handelt sich vielmehr um Aufwendungen, die die Beklagte für ihre eigenen Sonderzwecke vorgenommen hat; derartige Aufwendungen sind aber keine notwendigen Verwendungen im Sinne von § 994 BGB (RG JW 1930, Seite 2655).“ 652 Entsprach die Verwendung (objektiv) dem Interesse des Eigentümers, ist widerlegbar zu vermuten, dass auch sein („vernünftiger“) Wille auf die Erhaltung, Wiederherstellung oder ordnungsgemäße Bewirtschaftung gerichtet war. 651

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht.653 Die Hebung eines Wracks aus einem Strombett durch die Wasserstraßenbehörde sei, so heißt es dort, nötig, um wenigstens den Schrottwert des Schiffes zu erhalten.654 Sie stelle mithin eine Maßnahme zur „ordnungsgemäßen Bewirtschaftung“ dar, die auch der Eigentümer hätte treffen müssen, sofern er das Schiff überhaupt noch hätte verwerten wollen. Er habe also die Kosten für die Hebung erspart. Bei exakter Betrachtung stellt hier nicht die Ersparnis von Aufwendungen, sondern die (in Natur nicht herauszugebende und daher geldlich auszugleichende) Geschäftsbesorgung seitens des Besitzers den abzuschöpfenden Vorteil des Eigentümers dar.655 Indessen ist diese Unterscheidung im Ergebnis ohne Bedeutung, weil der Vermögenswert der Geschäftsbesorgung durch den Besitzer in der Vornahme der (den Umständen nach erforderlichen) Aufwendungen selbst besteht, das „Erlangte“ also mit der „Bereicherung“ identisch ist. Hätte ein privater Bergungsunternehmer den Besitz an dem Wrack als angemaßter Eigengeschäftsführer (§ 687 Abs. 2 BGB) begründet, so hätte er gegen den Eigentümer im Falle der Dereliktion (§ 959 BGB) mangels Akzeptanz des „Erfolgs“ durch den Eigentümer/Geschäftsherrn keinen Ausgleich seiner Aufwendungen, begrenzt auf den noch vorhandenen Wert des Schiffes, verlangen können, §§ 687 Abs. 2 Satz 2, 684 Satz 1 BGB. Hätte er den Besitz als Fremdgeschäftsführer (§ 677 BGB) begründet und hätte der Eigentümer/Geschäftsherr die Herausgabe des Wracks verlangt, so hätte er den Ersatz seiner Aufwendungen aus §§ 670, ggf. i.V. m. 684 Satz 2 BGB begehren können. Da es sich bei der Bergung um eine zum Gewerbe des Geschäftsführers gehörende Tätigkeit gehandelt hätte, wäre nach überwiegend vertretener Ansicht die übliche Vergütung „unter Ausschluss dessen, was der Geschäftsführer sonst als Entgelt für seine Tätigkeit vereinbart hätte“, zu zahlen gewesen.656

(3) Angesichts der Deutlichkeit der angeführten Urteile überrascht es, dass sich der fünfte Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in dem bereits erwähnten Urteil aus dem Jahre 1996657 der von Gursky vertretenen These anschließt, dass die Regelungen der §§ 994, 996 BGB keinen Bereicherungsausgleich, sondern die „Verlustabwälzung auf den Eigentümer“ be653

NJW 1955, Seite 340, 341. Dass der angeführten Entscheidung eine privat- und keine öffentlichrechtliche Streitigkeit zugunde lag, soll im vorliegenden Zusammenhang unterstellt werden. Des weiteren soll angenommen werden, dass die Behörde ihren Besitz an dem Wrack nicht kraft einer echten berechtigten Geschäftsführung begründete: Dieses Vorgehen hätte ein Recht zum Besitz im Sinne des § 986 BGB entstehen lassen, die Vindikationslage mithin ausgeschlossen. 655 Siehe oben V. 2. c) bb), Seite 487 ff. 656 Hierzu und zu dem Bedürfnis, den Aufwendungsersatzanspruch auf die „übliche Vergütung“ zu erstrecken, wenn es sich um eine berufsbezogene Tätigkeit handelt: Wittmann, Begriff und Funktionen, Seite 28 f.; Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 683 Rdnr. 8; MünchKomm/Seiler, 3. Auflage, § 683 Rdnr. 24 f. sowie oben V. 2. c) aa) (c), Seite 484 ff.). 657 BGHZ 131, Seite 220. Siehe oben Fußnote 523 dieses Abschnitts. 654

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zweckten. Der Verdacht, dass das herkömmliche Verständnis, das in einer etwa zwei Wochen älteren Entscheidung des neunten Senats noch deutlich zum Ausdruck kommt (!)658, eher zufällig aufgegeben wurde, liegt umso näher, als das Gericht auf eine Begründung seines Standpunktes verzichtet und sich stattdessen auf die bloße Wiedergabe der Erläuterung von Gursky in der Staudingerschen Kommentierung659 beschränkt. (d) Der Ausgleich einer dem Eigentümer durch den Besitzer aufgedrängten Bereicherung – eine Zusammenschau Ich halte die bisher gewonnenen Erkenntnisse fest: Die Bestimmung des § 994 Abs. 1 BGB bezweckt in erster Linie nicht den Ausgleich eines Vermögensopfers auf der Seite des gutgläubigen, unverklagten Besitzers, sondern – bezogen auf den Zeitpunkt der Vornahme der Verwendungen – eines Zuwachses auf der Seite des Eigentümers in Form einer als erwünscht unterstellten (objektiven) Geschäftsbesorgung660, wobei das Interesse des Eigentümers an der Erhaltung der Sache und ein entsprechender Wille unwiderlegbar zu vermuten sind. Der Wert dieser Geschäftsbesorgung ist mit den ersparten Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB zu beziffern. Dem Eigentümer ist es – bereicherungsrechtlich betrachtet – auf diese Weise versagt, sich auf den „Wegfall der Bereicherung“ zu berufen. Die Fälligkeit des Anspruchs ist allerdings dadurch bedingt, dass er die Sache wiedererlangt oder die Verwendung genehmigt, § 1001 BGB. Anders verhält es sich im Hinblick auf den bösgläubigen Besitzer, § 994 Abs. 2 BGB: Den Ersatz der von ihm aufgewendeten Kosten kann der Eigentümer mit der Begründung abwehren, dass ihre Vornahme seinem Interesse und Willen nicht entsprach, er mithin keine Aufwendungen erspart habe. In diesem Fall hat er nicht den Wert der fremden Tätigkeit, sondern lediglich – bezogen auf den Zeitpunkt der Wiedererlangung des Besitzes – das Ergebnis der unerwünschten Geschäftsbesorgung auszugleichen (§§ 994 Abs. 2 i.V. m. 684 Satz 1 BGB).661 Hat der gutgläubige, unverklagte Besitzer andere als notwendige Verwendungen getätigt, so kann er – wiederum bezogen auf den Zeitpunkt der Wiedererlangung des Besitzes – nur die Steigerung des gemeinen Wertes der Sache für sich beanspruchen, § 996 BGB. 658

NJW-RR 1996, Seite 336, 337 sub III: Notwendig seien solche Verwendungen, die „der Besitzer dem Eigentümer – der sie sonst hätte machen müssen – erspart hat . . .“. 659 A. a. O., Vorb. §§ 994–1003 Rdnr. 22. 660 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 661 Zur Darlegungs- und Beweislast siehe Fußnote 652 dieses Abschnitts.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Ist der Eigentümer nicht bereit oder in der Lage, die Ersatzansprüche des Besitzers zu befriedigen, kann dieser die Sache versteigern, um sich aus dem Erlös zu befriedigen, § 1003 BGB. cc) Die Stellung des zur Herausgabe verpflichteten Besitzers nach den Regelungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses und der Geschäftsführung ohne Auftrag – ein Vergleich Vergleicht man die Stellung eines Besitzers gegenüber dem Eigentümer mit der eines Verwenders im Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, so ist eine Begünstigung des Besitzers gegenüber demjenigen festzustellen, der als Geschäftsführer eine fremde Sache erhält, wiederherstellt oder verbessert662: (a) Hat ein gutgläubiger, zur Herausgabe der Sache verpflichteter Fremdbesitzer notwendige Verwendungen vorgenommen, ist er kraft der Ausgleichspflicht des Eigentümers nach § 994 Abs. 1 BGB nicht zur Beseitigung des Verwendungserfolges verpflichtet. Dies gilt selbst dann, wenn die von dem Besitzer ergriffene Maßnahme dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Eigentümers zuwiderlief: Dieser ist unabhängig von seinen eigenen Nutzungsvorstellungen zur Erstattung des eingesetzten Opfers verpflichtet, sofern nicht das vermeintliche Besitzrecht eine Rücksichtnahme auf seine Belange geboten hätte. Bestimmte sich der Ausgleich demgegenüber von vornherein nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag, hinge der Ersatz der Vermögensopfer des Besitzers (und umgekehrt seine Beseitigungspflicht) davon ab, ob die mit Fremdgeschäftsführungswillen (!) übernommene Maßnahme663 dem Willen und Interesse des Eigentümers entsprach (§ 670 BGB)664 oder ob – sollte dies nicht der Fall sein – der entgegenstehende Wille der Eigentümer zumindest nicht erkennbar war; letzterenfalls beschränkte sich der Anspruch des Besitzers auf die Abschöpfung der Wertsteigerung (§ 684 Satz 1 BGB). Der geschäftsführungsrechtliche Ausgleich ist mithin durch die Rücksichtnahme auf das Interesse und den Willen des 662

Siehe dazu bereits oben II. 2. d) cc), Seite 61. Im Ergebnis ebenso Pinger, a. a. O., Seite 95 im Anschluss an eine detaillierte „Gesamtübersicht“, deren Aussagen nicht durchweg zu billigen sind. 663 Nicht jeder Fremdbesitzer handelt mit Fremdgeschäftsführungswillen. Die Möglichkeit einer Fremdgeschäftsführung verkennt Jakobs, AcP 167, Seite 350, 360 unter Berufung auf Johow. Knapp lässt sich formulieren: Der Eigenbesitzer kann nicht Fremdgeschäftsführer, aber der Fremdbesitzer (irrtümlicher oder angemaßter) Eigengeschäftsführer sein. 664 Etwas anderes gilt nur, wenn der entgegenstehende Wille des Geschäftsherrn unbeachtlich ist, § 679 BGB.

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Geschäftsherrn gekennzeichnet; er bewahrt den Geschäftsherrn weitreichend vor unerbetener Einmischung und gewährt damit einen Schutz, den die Vorschrift des § 994 Abs. 1 BGB versagt. (b) Ähnlich verhält es sich, hat ein Fremdbesitzer die Sache in Kenntnis seiner fehlenden Besitzberechtigung erhalten, wiederhergestellt oder ordnungsgemäß bewirtschaftet: Nach der Vorschrift des § 994 Abs. 2 BGB kann er – vorbehaltlich der Regelungen über ein vermeintliches Besitzrecht – die Wertsteigerung für sich beanspruchen, obgleich sein Handeln nicht mit dem Interesse und Willen des Eigentümers in Einklang stand. Als Geschäftsführer wäre ihm der Zugriff auf die Wertsteigerung indessen nur eröffnet, wenn er fremdnützig gehandelt hätte und den entgegenstehenden Willen des Eigentümers nicht zu erkennen vermochte (§§ 684 Satz 1 i.V. m. 681 Satz 1 BGB).665 (c) Hat ein zur Herausgabe der Sache verpflichteter Eigenbesitzer in Kenntnis seines fehlenden Rechts und zum eigenen Nutzen eine notwendige Verwendung vorgenommen, kann er die dadurch bewirkte Wertsteigerung unabhängig von der Akzeptanz des Verwendungserfolgs durch den Eigentümer verlangen, § 994 Abs. 2 BGB. Diese Regelung weist einen deutlichen Unterschied zur angemaßten Eigengeschäftsführung (§ 687 Abs. 2 BGB) auf: Hier kann der Eigengeschäftsführer die Wertsteigerung nur bei Akzeptanz des Ergebnisses der Geschäftsführung durch den Geschäftsherrn beanspruchen.666 (d) Die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag gewähren nach alledem einen deutlich stärkeren Schutz gegen einen aufgedrängten Zuwachs als die Bestimmungen über den Verwendungsersatz im EigentümerBesitzer-Verhältnis.667 Für den Besitzer begründen letztere den Vorteil, einen aus der Sicht des Eigentümers aufgedrängten Vorteil abzuschöpfen. Hieraus ist freilich nicht zu folgern, dass die Vorschriften der Geschäftsführung bezogen auf das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und Besitzer gänzlich ausgeschlossen sind: Entspricht die Vornahme einer sachbezogenen Investition, deren Ausgleich nach §§ 994, 996 BGB zu versagen ist, dem Willen und Interesse des Eigentümers, so bleibt es dem Besitzer unbenommen, den Ausgleich der mit seiner – dem anderen Teil nicht aufgedrängten, weil als vorteilhaft bewerteten – Tätigkeit verbundenen Aufwendungen ersetzt zu verlangen, §§ 683 Satz 1, 670 BGB.668 665 Zur teleologischen Reduktion des § 684 Satz 1 BGB siehe oben V. 2. b) ff), Seite 420 ff. und V. 2. b) gg), Seite 427 ff. 666 Siehe dazu oben V. 2. b) ll), Seite 450. 667 Im Hinblick auf den irrtümlichen Eigengeschäftsführer ist das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht anzuwenden (§ 687 Abs. 1 BGB); seine Stellung nach dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis erlaubt nur einen Vergleich mit seiner bereicherungsrechtlichen Position.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Entsprechendes gilt hinsichtlich einer Wertsteigerung für den Fall, dass der Eigentümer im eigenen Interesse auf die Beseitigung eines Verwendungserfolgs verzichtet, der nicht nach §§ 994, 996 BGB auszugleichen war (§ 687 Abs. 2 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung)669: Im Falle der Akzeptanz einer Sachveränderung durch den Eigentümer besteht aus dem Gesichtspunkt des Aufdrängungsschutzes kein Bedürfnis, einen Ausgleich der eingetretenen Wertsteigerung zu versagen. Behauptet ein Besitzer, ein nach den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses nicht ersatzfähiges Vermögensopfer in fremdnütziger Absicht erbracht zu haben, so muss er sein Verhalten im Hinblick auf mögliche Ansprüche des Eigentümers, beispielsweise einen Schadensersatzanspruch aus § 678 BGB, an den Vorschriften der §§ 677 ff. BGB messen lassen.

dd) Zusammenfassung des Aufdrängungsschutzes im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis in Thesen 1. Die Vorschriften des Verhältnisses zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer haben die Aufgabe, einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Interesse des Besitzers an dem Ersatz seiner Verwendungen auf eine herauszugebende Sache und dem Schutz des Eigentümers vor einer ihm aufgedrängten Bereicherung zu gewährleisten. Sie unterscheiden im Hinblick auf sachbezogene Aufwendungen zwischen den Ausgleichsansprüchen des redlichen und unverklagten Besitzers einerseits und desjenigen andererseits, der hinsichtlich seines Besitzrechts bösgläubig bzw. von dem Eigentümer auf Herausgabe der Sache verklagt worden ist.670 2. Der Begriff der „Verwendung“ setzt nicht den Erwerb des Eigentums der verwendeten Sache durch den Eigentümer der Hauptsache voraus: Die Pflicht des Eigentümers zum Ausgleich ist das Ergebnis der Ersparnis von Aufwendungen, nicht seines Eigentumserwerbs. Demzufolge können auch eingefügte Zubehörteile „Verwendungen“ sein. Der Besitzer hat nicht nur im Hinblick auf von ihm eingefügten wesentlichen Bestandteile, sondern auch auf das Zubehör ein Wegnahmerecht, das der Eigentümer durch Zahlung des Wertes abzuwenden vermag.671 3. Der gutgläubige und unverklagte Besitzer hat Anspruch auf Ersatz notwendiger Verwendungen, ohne den Beweis führen zu müssen, dass ihre Vornahme dem Interesse und Willen des Eigentümers entsprach.672 668

Zutreffend Siber, JherJb 89 (1941), Seite 1, 58; Haas, AcP 176. Seite 1, 24. Siehe oben V. 2. b) hh), Seite 437, V. 2. b) ll) (c) (3), Seite 462 und – bezogen auf das Recht der Miete – V. 1. a) cc), Seite 373. 670 Siehe oben V. 2. c) aa), Seite 471. 671 Siehe oben V. 2. c) aa) (a), Seite 473. 669

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4. Der Ersatzanspruch des bösgläubigen bzw. auf Herausgabe der Sache verklagten Besitzers gegen den Eigentümer bestimmt sich bei notwendigen Verwendungen danach, ob die Erhaltung, Wiederherstellung oder Bewirtschaftung der Sache dessen Interesse und Willen gerecht wurde. Sind diese Voraussetzungen gegeben, schuldet der Eigentümer den Ersatz der vom Besitzer erbrachten Vermögensopfer. Ist dies nicht der Fall, hat der Eigentümer wenigstens die Wertsteigerung der Sache infolge der Verwendungen auszugleichen.673 5. Andere als notwendige Verwendungen hat der Eigentümer dem gutgläubigen und unverklagten Besitzer zu ersetzen, soweit sie den Wert der Sache noch im Zeitpunkt ihrer Wiedererlangung durch den Eigentümer erhöhen; der gutgläubige und unverklagte Besitzer ist nicht gehalten, sie wegen einer „Beeinträchtigung“ des Eigentums zu beseitigen.674 6. Auch die „sachändernde“ oder „umgestaltende“ Tätigkeit des Besitzers unterfällt dem Begriff der „Verwendung“. Sie ist eine „nützliche“ Verwendung, sofern sie den objektiven Verkehrswert der Sache erhöht.675 7. Vor dem finanziellen Ausgleich von Umgestaltungen der Sache durch einen gutgläubigen, aber unberechtigten Fremdbesitzer ist der Eigentümer dadurch geschützt, dass ein Besitzer ohne Besitzrecht Ansprüche gegen den Eigentümer in der Regel nicht in weiterem Umfang geltend machen kann, als ihm dies nach Maßgabe des vermeintlichen Besitzrechts gestattet wäre. Die Beschränkung von Ersatzansprüchen des unrechtmäßigen Besitzers auf den Umfang der Rechte, die ihm als rechtmäßigen Besitzer zustünden, ist unangemessen, wenn die Ersatzregelung die Amortisation einer Verwendung durch den Besitzer unterstellt, diese aber wegen der Unwirksamkeit des Vertragsverhältnisses nicht eintritt: Das Vertragsrecht kann dort nicht maßgebend sein, wo es eine Amortisation zwar unterstellt, diese aber nicht verwirklicht wird. In diesem Fall trifft das Verhältnis des Eigentümers zum Besitzer den angemessenen Ausgleich.676 8. Der unrechtmäßige gutgläubige Fremdbesitzer kann die Herausgabe einer Sache von dem Ersatz ihrer Wertsteigerung abhängig machen, wenn ihm dieser Vorteil auch durch das wirksame Vertragsverhältnis zugewiesen wäre. Verweist das Vertragsrecht auf die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag, so ist die Zurückbehaltung wegen einer Verwendung jedoch 672 Siehe oben V. 2. c) aa) (a) (1), Seite 476 und eingehend V. 2. c) bb) (a) (1), Seite 489. 673 Siehe oben V. 2. c) aa) (a) (2), Seite 476. 674 Siehe oben V. 2. c) aa) (b), Seite 478. 675 Siehe oben V. 2. c) aa) (b) (1) und (2), Seite 479 ff., und V. 2. c) bb) (b) (3) (cc), Seite 509. 676 Siehe oben V. 2. c) aa) (b) (2) (aa), Seite 481.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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nur anzuerkennen, wenn er schuldlos meinte, im Einklang mit dem Interesse und Willen des Eigentümers gehandelt zu haben.677 9. Der Wert einer Arbeitsleistung ist nur dann eine „Verwendung“ auf eine Sache, wenn der Besitzer eine Verbindlichkeit, gerichtet auf die Zahlung eines Entgelts für den Einsatz von Arbeitskraft, hätte begründen dürfen (§ 257 BGB). Der Unterschied von Sachen und Arbeitsleistungen folgt aus ihrer Verkehrsfähigkeit: Der Wert einer Sache wird durch den Verkehr bestimmt, ungegenständliche Güter wie die Arbeitsleistung sind dagegen nur einem einmaligen Austausch zugänglich und können nicht veräußert werden. Die Zubilligung eines Ersatzes für eine vom Besitzer erbrachte Arbeitsleistung lässt sich nur mit der „Billigkeit“ und der Entsprechung zum (fortgebildeten) Schadensersatzrecht begründen.678 10. Der Begriff der „Verwendung“ bezeichnet im Verhältnis des Eigentümers zum Besitzer zum einen die Vermögenseinbuße des Besitzers, beziffert durch seine Aufwendungen, zum anderen das Ergebnis einer Maßnahme, die der Besitzer zur Erhaltung, Wiederherstellung, Verbesserung oder Bewirtschaftung der herauszugebenden Sache ergriffen hat. Die Aufwendungen des Besitzers lassen einen Vermögensvorteil des Eigentümers eintreten, wenn der Eigentümer die Verwendung durch den Besitzer gegen Erstattung seiner Aufwendungen hätte durchführen lassen (§§ 662, 670 BGB). Dem Eigentümer kommt in einem solchen Fall die Geschäftsbesorgung679 des Besitzers zugute, ein Vorteil, den er sich in diesem Verhältnis gegen Zahlung des Aufwendungsersatzes hätte verschaffen müssen. Der Wert der Geschäftsbesorgung ist hier mit den ersparten Aufwendungen des Eigentümers zu beziffern.680 11. Hat der gutgläubige, unverklagte Besitzer wegen notwendiger Verwendungen den Anspruch auf vollen Ersatz seiner Aufwendungen, behandelt ihn das Gesetz, als sei er von dem Eigentümer damit beauftragt worden, sich an dessen Stelle um die Erhaltung, Wiederherstellung oder Bewirtschaftung der herauszugebenden Sache zu bemühen. Der Ausgleich vollzieht sich auf Grund eines fiktiven Auftrags, d.h. eines Vertragstyps, in dessen Rahmen eine Person im fremden Interesse gegen Erstattung ihrer freiwillig erlittenen Einbußen tätig wird.681 12. Dem bösgläubigen bzw. auf Herausgabe verklagten Besitzer obliegt wegen der Verweisung des Gesetzes auf das Recht der Geschäftsführung 677

Siehe oben V. 2. c) aa) (b) (2) (bb), Seite 483. Siehe oben V. 2. c) aa) (c), Seite 484. 679 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 680 Siehe oben V. 2. c) bb) (a) (1), Seite 489. 681 Siehe oben V. 2. c) bb) (a) (1), Seite 489. 678

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

ohne Auftrag der Beweis, dass die Tätigkeit des Besitzers in der Sicht des Eigentümers erwünscht war; gelingt er, ist festgestellt, dass der Eigentümer den Besitzer als Auftragnehmer akzeptiert hätte.682 13. Knüpft der Ersatz notwendiger Verwendungen an eine auftragsähnliche Tätigkeit des Besitzers an, so löst sich die gesetzliche Regelung von einem strikt auf die Sache bezogenen Ausgleich, sie legt tätigkeits- und nicht sachbezogene Merkmale zugrunde. Dementsprechend sind notwendige Verwendungen, die objektiv erforderlich waren, vom Eigentümer auch dann zu ersetzen, wenn der Wert der Sache zur Zeit der Rückgabe der Höhe der Verwendungen nicht mehr entspricht: Die tätigkeitsbezogene Ausgleichsberechtigung des Besitzers hängt nicht von einer bleibenden Steigerung des Sachwerts ab.683 14. Die durch die Vorschrift des § 994 Abs. 2 BGB ausgesprochene Verweisung auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag ist nur als sog. beschränkte Rechtsgrundverweisung, d.h. als Hinweis auf den Rahmen der Institution ohne Einhaltung jedes einzelnen Merkmals, zu verstehen: Der Anspruch des bösgläubigen bzw. auf Herausgabe verklagten Eigen- oder Fremdbesitzers entsteht daher im Ausgangspunkt unabhängig davon, ob er eine notwendige Verwendung (auch) für den Eigentümer oder nur zum eigenen Nutzen vornahm. Der Anspruch zielt auf den Ersatz von Aufwendungen, wenn der Besitzer die Verwendung für den Eigentümer tätigte, oder auf die Herausgabe einer Wertsteigerung der Sache, diese allerdings begrenzt durch die Vermögensopfer des Besitzers.684 15. Die Normen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses über den Ersatz von Verwendungen des Besitzers sind bereicherungsrechtlicher Natur: Sie bezwecken die Abschöpfung eines bei dem Eigentümer angefallenen Vermögensvorteils, haben den Charakter eines „geschäftsführungsrechtlichen Bereicherungsausgleichs“.685 Kraft dieses Verständnisses sind der Zuwachs auf der Seite des Eigentümers in Gestalt der Ersparnis von Ausgaben oder einer Wertsteigerung seiner Sache und das Opfer eines gutgläubigen Besitzers, bildhaft gesprochen, „zwei Seiten derselben Medaille“: Dem Zuwachs auf der Seite des Eigentümers entspricht die Einbuße auf der Seite des Besitzers.686 16. Da die unwiderlegbare Vermutung des § 994 Abs. 1 BGB die Vornahme einer notwendigen Verwendung als für den Eigentümer vorteilhaft 682 683 684 685 686

Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe

oben oben oben oben oben

V. V. V. V. V.

2. 2. 2. 2. 2.

c) c) c) c) c)

bb) bb) bb) bb) bb)

(a) (a) (a) (a) (a)

(1), Seite 489. (2), Seite 490. (2), Seite 490. (3) (ee), Seite 500. (3) (dd), Seite 499.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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bewertet, stellt die hier unterstellte Ersparnis von Aufwendungen eine aufgedrängte Bereicherung dar.687 17. Übersteigt die Werterhöhung einer Sache den mit der notwendigen Verwendung verbundenen Aufwand des gutgläubigen Besitzers, hat der Eigentümer nur die Geschäftsbesorgung, d.h. beziffert die eingesetzten Vermögensopfer, „ohne rechtlichen Grund“ im Sinne des Bereicherungsrechts erlangt. Eine darüber hinausgehende Wertsteigerung fällt ihm „mit rechtlichem Grund“ zu, weil der Besitzer, welcher um der Erhaltung, Wiederherstellung, ordnungsgemäßen Bewirtschaftung oder Verbesserung einer Sache tätig geworden ist, nicht besser gestellt sein darf als ein echter berechtigter Geschäftsführer ohne Auftrag (§§ 683 Satz 1, 670 BGB) oder ein Auftragnehmer (§ 670 BGB).688 18. Im Unterschied zum gutgläubigen Besitzer kann der unredliche bzw. auf Herausgabe verklagte Besitzer den Ausgleich seiner Vermögensopfer nicht unabhängig von dem Interesse und Willen des Eigentümers verlangen. Ist dies streitig, so ist festzustellen, ob sich der Eigentümer, wäre er im Zeitpunkt der Verwendung befragt worden, für die Erhaltung oder Wiederherstellung seiner Sache entschieden hätte. Ist ein solcher Wille zu bejahen, hat der Eigentümer kraft der unterstellten Geschäftsbesorgung des Besitzers Aufwendungen erspart; andernfalls ist deren Ausgleich abzulehnen, weil der Eigentümer die streitigen Ausgaben nicht getätigt hätte.689 19. Der Ausgleich zwischen dem gut- oder bösgläubigen Besitzer und dem Eigentümer wegen einer notwendigen Verwendung hat seinen Grund nicht in der sog. Schadloshaltungsfunktion des auftraglosen Geschäftsführers, weil er nicht von der Fremdnützigkeit der Verwendung, d.h. dem Willen des Besitzers abhängt, „für“ den Eigentümer tätig zu werden. Er bestimmt sich vielmehr danach, ob die bei dem Eigentümer eingetretene Vermögensmehrung ohne einen sie rechtfertigenden Grund eingetreten ist. Die Notwendigkeit einer Verwendung ersetzt nicht den Willen, ein fremdes Geschäft zu führen, sondern im Verhältnis des Eigentümers zum gutgläubigen Besitzer den Nachweis, dem Interesse und Willen des Eigentümers entsprochen zu haben; im Verhältnis zum bösgläubigen Besitzer gestattet sie eine dahingehende Beweisführung.690 20. Der Anspruch auf Ersatz von Verwendungen wird nach gesetzlicher Vorschrift erst fällig, wenn der Eigentümer die Sache wiedererlangt oder die Vermögensopfer des Besitzers genehmigt. Diese Regelung befriedigt 687 688 689 690

497.

Siehe Siehe Siehe Siehe

oben V. 2. c) bb) (a) (3) (aa), Seite 494. oben V. 2. c) bb) (a) (3) (aa), Seite 494. oben V. 2. c) bb) (a) (3) (aa), Seite 494. oben V. 2. c) bb) (a) (3) (aa) a. E. und V. 2. c) bb) (a) (3) (cc), Seite

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

nicht, wenn man die Ersparnis von Aufwendungen als den auszugleichenden Vermögensvorteil des Eigentümers bestimmt: Das Gesetz vermengt hier tätigkeits- und sachbezogene Elemente des Ausgleichs.691 21. Unabhängig von der Gut- oder Bösgläubigkeit des Besitzers stellt die Erhaltung, Verbesserung oder Bewirtschaftung einer fremden Sache eine Geschäftsbesorgung für den Eigentümer dar. Ihr Ausgleich ist jedoch nicht einheitlich zu bemessen: – Notwendige Verwendungen eines gutgläubigen und unverklagten Besitzers können uneingeschränkt geltend gemacht werden, – notwendige Verwendungen eines bösgläubigen bzw. auf Herausgabe verklagten Besitzers, die dem Interesse und Willen des Eigentümers entsprachen, sind mit den vom Eigentümer ersparten Aufwendungen zu beziffern, – widersprach die Entscheidung des bösgläubigen bzw. auf Herausgabe der Sache verklagten Besitzers, die Sache zu erhalten, wiederherzustellen oder zu bewirtschaften, dem Interesse und Willen des Eigentümers, bildet nicht die Tätigkeit des Besitzers, sondern nur deren Ergebnis, das vom Eigentümer aus der Geschäftsbesorgung „Erlangte“, den Gegenstand des Ausgleichs; auszugleichen ist mithin die Wertsteigerung der Sache, – nützliche Verwendungen eines gutgläubigen und unverklagten Besitzers sind ebenfalls nur mit der Wertsteigerung der Sache zu veranschlagen. Auf die Akzeptanz des Eigentümers kommt es in allen diesen Spielarten nicht an.692 22. Hat der bösgläubige bzw. auf Herausgabe der Sache verklagte Besitzer notwendige Verwendungen gegen das Interesse und den Willen des Eigentümers getätigt, drängt sich ein Vergleich mit der angemaßten Eigengeschäftsführung auf. Allerdings ist der Ausgleich im Verhältnis des Eigentümers zum Besitzer für den bösgläubig Handelnden günstiger als der des angemaßten Eigenschäftsführers, weil der Ausgleichsanspruch des Besitzers nicht auf einen möglicherweise unvernünftigen Willen des Geschäftsherrn, sondern auf das objektive wirtschaftliche Interesse an der Erhaltung von Sachwerten abstellt.693 23. Hat das Handeln des bösgläubigen bzw. verklagten oder die nützliche Verwendung eines gutgläubigen und und unverklagten Besitzers einen die Aufwendungen übersteigenden Wertzuwachs der herauszugebenden Sache bewirkt, ist der Ausgleich gleichwohl auf die Aufwendungen des Besitzers 691 692 693

Siehe oben V. 2. c) bb) (a) (3) (ff), Seite 503. Siehe oben V. 2. c) bb) (b), Seite 505. Siehe oben V. 2. c) bb) (b) (1), Seite 507.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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beschränkt: Da dieser in beiden Fällen, objektiv gesehen, in fremde Dispositionen eingreift, darf er nicht besser als ein Geschäftsführer ohne Auftrag gestellt werden, der mit Rücksicht auf das Interesse und den Willen des Geschäftsherrn, also fremdnützig, tätig gewesen ist, kann doch auch dieser nur den Ersatz seiner Vermögensopfer verlangen. Wertsteigerungen, die über den Ersatz seiner Verwendungen hinausgehen, fallen dem Eigentümer ohne die Verpflichtung zum Ausgleich zu.694 24. Der Ausgleich nützlicher Verwendungen zugunsten des gutgläubigen und unverklagten Besitzers wird nach gesetzlicher Vorschrift (§ 996 BGB) durch den – erhöhten – Wert der Sache bei Wiedererlangung des Besitzes auf der Seite des Eigentümers begrenzt. Dieser Wert ist nach einem objektiven Maßstab und nicht nach der Einschätzung des Eigentümers zu bestimmen, weil in dem Widerstreit der Interessen auf die Lage des – gutgläubigen – Eigenbesitzers Rücksicht zu nehmen ist, der wegen der Rückgabe der Sache auf den Genuss und die Amortisation seiner Investitionen verzichten muss.695 25. Um die Belastung des Eigentümers mit Schulden zu verhindern, die über seinen finanziellen Spielraum hinausgehen, ist der Anspruch notwendiger wie nützlicher Verwendungen auf den Erlös aus der Verwertung der herauszugebenden Sache zu beschränken. Weitergehende Einbußen durch den Zugriff auf sein persönliches Vermögen kann der Eigentümer dadurch vermeiden, dass er die wiedererlangte Sache, etwa zum Zweck der Verwertung, an den Besitzer zurückgibt.696 26. Ist die Sache an den Eigentümer zurückgelangt, ohne dass von einer Genehmigung der Verwendungen auszugehen ist, hat der Eigentümer das Recht, zwischen der Befriedigung des Ersatzanspruchs des Besitzers und der Rückgabe an diesen als den Gläubiger des Ersatzanspruchs zu wählen. Kommt es zu einer Klage gegen den Eigentümer, hat der Besitzer seinen Antrag darauf zu richten, den Eigentümer zur Zahlung eines (genau zu beziffernden) Betrags des Verwendungsersatzes zu verurteilen oder die Sache zur Befriedigung dieses Anspruchs an ihn herauszugeben und deren zwangsweise Verwertung zu dulden.697 27. Bestimmt man die „aufgedrängte Bereicherung“ als einen objektiv messbaren, vom Berechtigten jedoch als nutzlos empfundenen Zuwachs mit der Folge eines Kosten- oder Wertersatzes, so ist der Ausgleich von Ver694

Siehe Siehe (cc) a. E. 696 Siehe 697 Siehe 695

oben V. 2. c) bb) (b) (2), Seite 508. oben V. 2. c) bb) (b) (3), Seite 508 ff., insbesondere V. 2. c) bb) (b) (3) oben V. 2. c) bb) (b) (3) (dd), Seite 511. oben V. 2. c) bb) (b) (3) (dd) a. E.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

wendungen des Besitzers auf eine von ihm herauszugebende Sache durch zahlreiche „Aufdrängungen“ zu Lasten des Eigentümers gekennzeichnet. Die Möglichkeiten des Besitzers, dem Eigentümer Verwendungen aufzudrängen, erklären sich aus dem gesetzlich gebilligten Interesse des Besitzers, die ihm überlassene Sache während eines vertraglich nicht geregelten Schwebezustandes zwischen Überlassung und Herausgabe zum Zwecke ihrer Nutzung zu erhalten, wiederherzustellen oder zu verbessern. Um diesen Zustand mit Inhalt zu erfüllen, werden die Befugnisse des rechtmäßigen Besitzers in gewissem Umfang in das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis übertragen.698 Die Berechtigung zeigt sich selbst an der Lage des bösgläubigen bzw. verklagten Eigenbesitzers699: Ihm sollen aus seiner Fürsorge, gerichtet auf den Fortbestand der Sache, keine Verluste erwachsen, sofern deren Erhaltung, Wiederherstellung oder ordnungsgemäße Bewirtschaftung dem Interesse und Willen auch des Rechtsinhabers entsprach. d) Der Aufdrängungsschutz im Recht der ungerechtfertigten Bereicherung Die Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigte Bereicherung enthalten keine ausdrückliche Regelung des Schutzes gegen einen aufgedrängten Vorteil, obgleich dieser Frage eine nicht unerhebliche Bedeutung zukommt: Die aufgedrängte Vermögensmehrung kann beispielsweise zu Lasten desjenigen, der den Anspruch auf Herausgabe einer Sache hat, Gegenstand einer selbständigen sog. Verwendungskondiktion seines Schuldners bilden (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB), aber auch den Entreicherungseinwand des § 818 Abs. 3 BGB zugunsten des Schuldners rechtfertigen.700

698 Der Fremdbesitzer wird im Ausgangspunkt nach dem Besitzverhältnis behandelt, das der Überlassung der Sache zugrundelag („vermeintliches Besitzrecht“), siehe oben V. 2. c) aa) (b) (2), Seite 480 ff. 699 Sogar der Dieb kann den Ersatz notwendiger Verwendungen nach § 994 Abs. 2 BGB verlangen: § 850 BGB. 700 A. A. Greiner, a. a. O., Seite 214 bis 216 sub III 1: Der Anwendungsbereich des § 818 Abs. 3 BGB sei auf den Wegfall oder die wertmäßige Verschlechterung des Erlangten zu beschränken. Dass der Wegfall des Erlangten indessen den Einwand der Unmöglichkeit der Leistung (§ 275 BGB) begründet, lege ich unten V. 2. d) aa) (d) (2) (aa), Seite 547 ff., dar. Den grundsätzlichen Gegensatz im Aufbau des deutschen Bereicherungsrechts zwischen dem allgemeinen Restitutionsanspruch („condictio sine causa: Wer sich ohne Grund bereichert“) und den aus dem römischen Recht abgeleiteten Einzeltatbeständen („condictio indebiti“, „condictio ob causam finitam“ etc.) behandelt Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 29 ff., Rdnr. 42 f. und 45.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Das Augenmerk auf die Verwendungskondiktion gerichtet, stellt Lieb im Münchener Kommentar zutreffend701 fest: „Es mag . . . sein, daß ein Dispositionsschutz des Schuldners in dem Sinn, bei aufgedrängter Bereicherung nicht zu baren Zahlungen bzw. sogar zu Veräußerungen gezwungen zu sein, jedenfalls ursprünglich kein Grundanliegen des Bereicherungsrechts war und infolgedessen dort vom Normenbestand her schwer unterzubringen ist. Andererseits dürfte es unstreitig sein, daß heute . . . ein Dispositionsschutz zumindest in gewissem, noch genauer zu bestimmendem Umfang für angemessen gehalten wird. Insoweit hat sich gegenüber der Ausgangslage bei Erlaß des BGB ein verfeinertes Problembewußtsein ergeben und damit eine Regelungslücke entwickelt, die es in angemessener Weise rechtsfortbildend zu schließen gilt, mag das Bereicherungsrecht auf diese Weise auch in diesem Teilbereich um einen zusätzlichen, dem bisherigen System eher fremden Aspekt ergänzt werden.“ Auf welche Weise aber soll die hier vorgeschlagene „Ergänzung“ vorgenommen werden? Zu erwägen ist – im Hinblick auf sachbezogene Aufwendungen – die „Übertragung“ von Wertungen aus dem Bereich der Geschäftsführung ohne Auftrag und des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses in das Kondiktionsrecht702 oder – im Hinblick auf den Ausgleich nicht sachbezogener Opfer wie der Tilgung fremder Schulden – die entsprechende Anwendung der bereicherungsrechtlichen Bestimmung des § 814 BGB.703 Nach Ansicht von Reuter/Martinek704 erzeugt „die Rede von der aufgedrängten Bereicherung“ bezogen auf das Kondiktionsrecht „Problemstandorte, die es gar nicht gibt. Was als Problem der aufgedrängten Bereicherung firmiert, ist in Wirklichkeit ein Problem des Maßstabs bei der Bestimmung des von dem Erwerber Erlangten. Und dieses Problem wird dadurch gelöst, daß man das Erlangte auf dem Hintergrund der speziellen wirtschaftlichen Verhältnisse (einschließlich Planungen) des Erwerbers ermittelt . . .“.705

Die Sichtweise von Reuter/Martinek, Ausdruck der sog. vermögensorientierten Betrachtungsweise des Bereicherungsrechts706, ist indessen abzu701

Münchener Kommentar, a. a. O., § 812 Rdnr. 259. Die Lückenhaftigkeit des Bereicherungsrechts zwingt möglicherweise dazu, die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB in der Weise einschränkend auszulegen, dass der gutgläubige Kondiktionsschuldner dem Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung nur die notwendigen oder nützlichen Verwendungen auf die geschuldete Sache entgegenhalten kann. Dazu im Einzelnen unten V. 2. d) aa) (d) (3), Seite 562. 703 Siehe dazu unten V. 2. d) ee), Seite 589 ff. 704 A. a. O., § 15 III 2b, Seite 546; in demselben Sinne § 3 III 2, Seite 57. 705 Kritisch hierzu Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 812 ff. Rdnr. 46: „Es läßt sich . . . bezweifeln, ob allein eine vermögensorientierte . . . Bestimmung dessen, was im bereicherungsrechtlichen Sinne als ,erlangt‘ zu gelten hat, in der Lage sein soll, das Problem der aufgedrängten Bereicherung adäquat zu lösen.“ 702

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

lehnen: Das Gesetz, das zwischen den Begriffen des „erlangten Etwas“ und der „Bereicherung“ unterscheidet707, verpflichtet den Kondiktionsschuldner zum Wertersatz, sofern er das „Erlangte“ (sic!) wegen seiner Beschaffenheit oder aus einem anderen Grunde nicht herauszugeben vermag. Die Pflicht zum geldlichen Ersatz tritt mithin an die Stelle der (in Natur nicht zu vollziehenden) Restitution; die Höhe des zu zahlenden Betrags bemisst sich nach dem ursprünglich zugefallenen – gegenständlichen oder nicht gegenständlichen – marktfähigen Vorteil.708 Ausgangspunkt des Wertersatzes ist mithin nicht ein „Gesamtvermögensplus“709, sondern ein einzelner Vorteil auf der Seite des Kondiktionsschuldners.710 aa) Die Besitzkondiktion des Eigentümers – der bereicherungsrechtliche Verwendungsersatz des Besitzers und der Schutz vor „aufgedrängter Entreicherung“ Inwieweit derjenige, der eine Sache nach Übertragung des Besitzes an den Eigentümer wieder herauszugeben hat („Besitzkondiktion“711), den Er706

Ähnlich v. Mayr, a. a. O., Seite 620 (Bereicherung als „Wertsteigerung des Gesamtvermögenszustandes“); Fischer, Festschrift für Zitelmann, Seite 8 f.: „Bei der Bereicherung sind lediglich die subjektiven Vermögensverhältnisse des Beklagten (gemeint ist der Kondiktionsschuldner) maßgebend. Nicht auf das Erlangte, sondern auf die Bereicherung haftet der Schuldner.“ Ebenso Wilhelm, Rechtsverletzung und Vermögensentscheidung, Seite 62 ff.; Reimer, a. a. O., Seite 47 bis 52. Zur „vermögensorientierten Sicht“ Flume, Festschrift für Niedermeyer, Seite 103, 147: Es sei erst im 19. Jahrhundert zur „herrschenden Meinung“ geworden, dass die Bemessung der noch vorhandenen Bereicherung in abstrakter Vermögensrechnung vorzunehmen sei. 707 Darauf weisen zutreffend Larenz/Canaris, a. a. O., § 71 I 1, Seite 254 hin. 708 Zum Begriff des Vermögensvorteils siehe oben III. 2., Seite 84 ff. Den Restitutionscharakter der bereicherungsrechtlichen Haftung betonen Larenz/ Canaris, a. a. O., § 71 I 1, Seite 254 f., Frieser, a. a. O., Seite 56 ff., insbesondere Seite 62 ff.; Hagen, a. a. O., Seite 867, 872; Roth, a. a. O., Seite 371, 380. 709 Der Begriff ist dem Werk von Reuter/Martinek, a. a. O., § 3 III 2, Seite 57 entnommen. 710 Die Vorschrift des § 818 Abs. 2, 2. Fall BGB ist freilich teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass ein Wertersatzanspruch nicht entsteht, wenn weder der ursprüngliche Vorteil noch ein an seine Stelle getretenes (rechtsgeschäftliches) Surrogat das Vermögen des potentiellen Schuldners vermehren: Eine bereicherungsunabhängige Wertersatzhaftung wäre mit der sog. Abschöpfungsfunktion der Kondiktion nicht zu vereinbaren. Siehe dazu noch unten V. 2. d) aa) (d) (2) (aa), Seite 547. 711 Zur Besitzkondiktion siehe Klinkhammer, a. a. O., der unter diesen Begriff freilich nur den Anspruch des früheren Besitzers (nicht etwa des gegenwärtigen Eigentümers) erörtert (a. a. O., Seite 1). Zur condictio possessiones im römischen und gemeinen Recht siehe v. Moßner, a. a. O., Seite 48 ff. Die Möglichkeit einer Besitzkondiktion des Eigentümers anerkennen beispielsweise Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 812 ff. Rdnr. 39

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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satz von Aufwendungen oder den Ausgleich einer – aus der Sicht des Kondiktionsgläubigers/Eigentümers aufgedrängten – Wertsteigerung verlangen kann, ist gesetzlich nicht bestimmt712: Die Vorschriften der §§ 812 bis 822 BGB schweigen.713 Die Kondiktion eines früheren Besitzers, etwa eines Vermieters oder Verleihers, sei in diesem Zusammenhang ausgeklammert, weil sie wegen der Anwendung des Vertragsrechts den Vergleich mit dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis nicht trägt.

Hat ein gutgläubiger Besitzer sachbezogene Vermögensopfer erbracht, soll der Schutz des Eigentümers vor einem finanziellen Ausgleich dieser Opfer weitgehend aufgehoben sein. Der gutgläubige Besitzer sei aus dem Gesichtspunkt der „Entreicherung“ befugt, die Herausgabe der Sache von der Erstattung aller im Vertrauen auf den Fortbestand seines Rechts getätigten Investitionen714 abhängig zu machen, § 818 Abs. 3 BGB.715 Die Abzugsfähigkeit aller vom Schuldner getätigten Aufwendungen soll aus der Erwägung gerechtfertigt sein, dass er durch den Bereicherungsausm. w. N.; Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003 Rdnr. 46 und § 985 Rdnr. 31, 33; Köbl, a. a. O., Seite 211 m. w. N.; Reuter/Martinek, a. a. O., § 20 III 1, Seite 696 f. Zweideutig ist der von Gursky, JR 1998, Seite 7 verwendete Begriff der „Sachkondiktion“: Er umfasst sowohl die Kondiktion des Eigentums als auch des Besitzes. 712 An dieser Stelle wird bewusst noch nicht zwischen Leistungs- und Nichtleistungskondiktion unterschieden. Die Abzugsfähigkeit von Verwendungen, die der Bereicherungsschuldner auf eine von ihm herauszugebende Sache tätigte, behandelt kursorisch Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 380 Rdnr. 514. 713 Siehe dazu oben Fußnote 94 des Abschnitts II. 714 Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 818 Rdnr. 41 m. w. N. 715 In diesem Sinne heißt es bei v. Mayr, a. a. O., Seite 627: „Der Empfänger (ich ergänze: der Sache) bleibt . . . zwar zur Herausgabe der Sache verpflichtet, er kann aber ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen.“ Für die Abzugsfähigkeit aller Investitionen, die im Vertrauen auf einen sicheren Erwerb vorgenommen wurden, auch Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 818 Rdnr. 45 m. w. N. sowie Ordemann, a. a. O., Seite 6. Im äußersten Falle soll der Empfänger einer Sache als Kondiktionsschuldner sogar seiner Herausgabepflicht ledig sein, also „gewissermaßen so angesehen“ werden, „wie wenn er nicht mehr bereichert wäre“ (v. Mayr, a. a. O.); ebenso Fischer, Festschrift für Zitelmann: „Auch wenn das ,Erlangte‘ selbst sich noch im Vermögen des Empfängers findet, besteht keine Herausgabepflicht, wenn der Empfänger infolge des Empfanges ebenso hohe Ausgaben hatte.“ (Seite 11); „Erreichen . . . die Minderungsposten dieselbe Werthöhe wie der zu ersetzende Schaden oder die herauszugebende Bereicherung, so werden Schadensersatz- und Bereicherungsanspruch inhaltlos und damit hinfällig“ (Seite 37 sub V.; ähnlich Seite 43). A. A. jüngst Greiner, a. a. O., Seite 214 bis 216 sub III 1, nach dessen Auffassung der Anwendungsbereich des § 818 Abs. 3 BGB auf den Wegfall oder die wertmäßige Verschlechterung des Erlangten zu beschränken ist.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

gleich keine Vermögenseinbuße erleiden dürfe.716 Demzufolge verbiete sich der Zugriff auf das „Stammvermögen“ des Kondiktionsschuldners.717 Dieses Ergebnis rechtfertigen die Protokolle mit den folgenden Erwägungen718: „Die Billigkeit erfordere und gestatte . . . (ich ergänze: demjenigen, der eine rechtsgrundlos bewirkte Leistung zurückverlangen darf) insoweit einen Anspruch einzuräumen, als der gutgläubige Empfänger nicht dadurch Schaden erleide; dieser würde aber Schaden leiden, wenn er mehr herausgeben müßte, als die Bereicherung. . . . Etwas anders wie im Falle der gültigen Leistung liege die Sache, wenn der Empfänger ohne eine solche Leistung etwas ohne rechtlichen Grund erlangt habe. Hier treffe der Gesichtspunkt nicht zu, daß die Vermögensverschiebung auf dem Willen des Verlierenden beruhe und dieser sich daher nicht beschweren könne, wenn ihm der Rückforderungsanspruch nur mit denjenigen Beschränkungen gewährt werde, welche die Billigkeit erheische. . . . Es möchten sich einige Fälle denken lassen, in welchen es zweifelhaft erscheinen könne, ob die Billigkeit diese Beschränkung fordere. Im Großen und Ganzen aber werde sich der hervorgehobene Gesichtspunkt als zutreffend darstellen und müsse der Gesetzgeber sich hierdurch leiten lassen.“ Hat der Besitzer die Verwendungen zu einem Zeitpunkt getätigt, zu dem er den Mangel seines Rechts kannte (§ 819 BGB), ist der Eigentümer nur zum Ersatz notwendiger Opfer nach Maßgabe des § 994 Abs. 2 BGB verpflichtet (§§ 818 Abs. 4, 292 Abs. 2, 994 Abs. 2 BGB). Verweigert er den finanziellen Ausgleich, kann der Besitzer die Verwertung der herauszugebenden Sache nach den Vorschriften über den Pfandverkauf betreiben, § 1003 BGB.719 Die hier vollzogene Übereinstimmung des Bereicherungsrechts mit den Regelungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses ergibt sich aus der Anwendung der „allgemeinen Vorschriften“, hier des § 292 Abs. 2 BGB.720 Nach dieser Bestimmung, auf die § 818 Abs. 4 BGB ver716 In diesem Sinne deutlich Larenz/Canaris, a. a. O., § 73 I 1b, Seite 297; zu den Ursprüngen der „milden“ Bereicherungshaftung Flessner, a. a. O., Seite 7: „Mit der Lehre von der Beschränkung der Haftung auf die Bereicherung hatte die gemeinrechtliche Doktrin es in der Hand, dem Empfänger alle nachteiligen Veränderungen, die das Erlangte oder sein sonstiges Vermögen im Zusammenhang mit dem grundlosen Erwerb betroffen hatten, anzurechnen, wenn es angebracht erschien.“ (Hervorhebung durch Verf.) 717 Vgl. – bezogen auf die Bereicherungshaftung bei der Verletzung eines Gebrauchsmusters – BGHZ 68, Seite 90, 94. Der vom Bundesgerichtshof gebrauchte Begriff des „Stammvermögens“ bezieht sich auf das Vermögen vor Eintritt der Bereicherung. 718 Zitiert nach Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 2, Schuldrecht, Seite 1183 f.; siehe dazu Flessner, a. a. O., Seite 8 f. 719 Die Vorschriften der §§ 1000 bis 1003 BGB sind entsprechend anzuwenden; Palandt/Heinrichs, 62. Auflage § 292 Rdnr. 6.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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weist, kann derjenige, der einen Gegenstand herauszugeben hat, Verwendungsersatz auf der Grundlage des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses (§§ 994 ff. BGB) verlangen.721 Die Anerkennung eines selbständigen Kondiktionsanspruchs des Besitzers gegen den Eigentümer (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB) hängt davon ab, ob dieser die Geschäftsbesorgung des Besitzers (deren Wert gegebenenfalls nach § 818 Abs. 2, 1. Fall BGB zu ersetzen ist) „ohne rechtlichen Grund“ erlangt hat. (a) Die Benachteiligung des Vindikationsschuldners im Vergleich zum Bereicherungsschuldner Die Gegenüberstellung des Bereicherungsrechts und des Verhältnisses des Eigentümers zum Besitzer erweist, dass die sachenrechtlichen Regelungen den gutgläubigen Herausgabeschuldner im Hinblick auf die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen benachteiligen: Er vermag sich nicht auf den „Einwand der Entreicherung“ zu berufen, sondern kann die Rückgewähr der Sache nur von dem Ersatz seiner Vermögensopfer nach Maßgabe der §§ 994, 996 BGB abhängig machen.722 Die angeführten Vorschriften gewähren allerdings sowohl dem gutgläubigen als auch dem bösgläubigen Besitzer selbständige Ansprüche und stellen auf diese Weise klar, welche Vermögensvorteile dem Eigentümer rechtsgrundlos zufließen; die kraft einer notwendigen Verwendung eintretende Bereicherung des Eigentümers wird nach der Bestimmung des § 994 Abs. 1 BGB zugunsten des gutgläubigen Besitzers unwiderlegbar vermutet.723 Die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB verfolgt im Vergleich dazu einen deutlich abweichenden Zweck: Sie zielt 720 Dass der Maßstab der Bösgläubigkeit im Kondiktionsrecht und im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis einheitlich festzulegen ist, habe ich bereits oben II. 2. d) bb) (b), Seite 57, dargelegt. 721 Unzutreffend Reimer, a. a. O., Seite 156: „Weiter ist festzuhalten, daß . . . die Verwendungsersatzregeln der §§ 994 ff. BGB tatbestandlich zwischen . . . Gut- und Bösgläubigkeit unterscheiden und daß derartige Differenzierungen dem Recht der ungerechtfertigten Bereicherung fremd sind.“ Reimer würdigt an dieser Stelle nicht die Bestimmungen der §§ 819, 818 Abs. 4, 292 Abs. 2 BGB. Pinger, a. a. O., Seite 164, behauptet, dass das Kondiktionsrecht zwischen Gutund Bösgläubigkeit „gemäß § 819 nur hinsichtlich des Haftungsverpflichteten, nicht aber des Anspruchsberechtigten“ unterscheide. Welche weitreichenden Folgerungen daraus gezogen werden sollen, ist nicht zu ersehen, zumal der Besitzer die Sache an den Eigentümer herauszugeben hat und dementsprechend – wie der Kondiktionsschuldner überhaupt – unabhängig von seiner Gut- oder Bösgläubigkeit Schuldner ist (§ 812 BGB). 722 Das verkennt Pinger, a. a. O., Seite 90 f.; wie hier Larenz/Canaris, a. a. O., § 74 I 1c, Seite 341. 723 Siehe dazu oben V. 2. c) bb) (a) (1), Seite 489.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

nicht auf die Abschöpfung eines beim (herausgabeberechtigten) Kondiktionsgläubiger eingetretenen Vorteils, sondern will den Bereicherungsschuldner davor bewahren, über seinen eigenen Zuwachs hinaus für die „Herausgabe des Erlangten“ haftbar gemacht zu werden. Nach der hier vertretenen Auffassung724 sind auch die Bestimmungen der §§ 994, 996 BGB bereicherungsrechtlicher Natur: Sie bezwecken die Abschöpfung eines bei dem Eigentümer angefallenen Vermögensvorteils. Dabei sind der Zuwachs auf der Seite des Eigentümers, ausgedrückt durch seine Ausgabenersparnis oder zumindest die Wertsteigerung der Sache, und das auszugleichende Opfer auf der Seite des Besitzers bildhaft gesprochen „zwei Seiten derselben Medaille“: Es gibt keinen Zuwachs in Form der Geschäftsbesorgung auf der Seite des Eigentümers ohne eine entsprechende Einbuße auf der Seite des Besitzers.725 Die Bestimmungen über den Verwendungsersatz legen in diesem Zusammenhang fest, inwieweit der Besitzer die Herausgabe der Sache von der Erstattung seiner Opfer abhängig zu machen vermag.726 (b) Die Notwendigkeit einheitlicher Regelungen über den Verwendungsersatz Als Beispiel für die erforderliche Abstimmung des Bereicherungsrechts mit dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis sei der Fall angeführt, dass einem Käufer die Sache zwar übergeben, aber noch nicht übereignet wurde und er als gutgläubiger Eigenbesitzer Verwendungen vornimmt: Kann er bei Nichtigkeit des Vertrags die Rückgabe der Kaufsache an den Verkäufer/Eigentümer (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) von der Erstattung seiner gesamten Investitionen (also auch der Aufwendungen, die den Wert der Sache nicht erhöht haben) oder nur der notwendigen bzw. nützlichen (d.h. werterhöhenden) Vermögensopfer abhängig machen? Unabhängig von der Regelung des § 818 Abs. 3 BGB bzw. der Anerkennung einer selbständigen Verwendungskondiktion des Käufers/Besitzers kann die Abzugsfähigkeit aller von ihm getätigten Investitionen aus dem Gesichtspunkt des 724

Zum bereicherungsrechtlichen Charakter der §§ 994, 996 BGB siehe oben V. 2. c) bb), Seite 487 ff. 725 Siehe dazu oben V. 2. c) bb) (a) (3) (dd), Seite 499. 726 Die Entsprechung des Zuwachses auf der Seite des Eigentümers und des Opfers auf der Seite des Besitzers verkennt Ordemann, a. a. O., der die entsprechende Anwendung des § 996 BGB im Bereicherungsrecht mit der Behauptung verwirft, auf diese Weise werde ein „sachfremder Gesichtspunkt“ in das Bereicherungsrecht hineingetragen, weil die Vermögenslage des Bereicherungsgläubigers (d.h. desjenigen, der die Herausgabe einer Sache verlangen kann) ohne Einfluss auf die Haftung des Schuldners sei (a. a. O., Seite 74).

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Schadensersatzes (§§ 122, 311a BGB, culpa in contrahendo) zu bejahen sein.727 Die Abwehr einer „aufgedrängten Entreicherung“ ist mithin nur in den Fällen von Bedeutung, in denen die Herausgabe bzw. Rückübereignung der Sache aufgrund eines nicht in die Risikosphäre des Bereicherungsgläubigers fallenden Umstandes zu vollziehen ist. Hierzu zählt beispielsweise die Beseitigung der Folgen eines wegen Formmangels oder Dissenses nichtigen Vertragsverhältnisses.728

Im Schrifttum wird zu der im Beispiel gestellten Frage die Ansicht vertreten, der Anspruch des Eigentümers aus dem Gesichtspunkt der Leistungskondiktion stehe grundsätzlich uneingeschränkt neben der Vindikation.729 Dies gelte insbesondere für die Anwendung des § 818 Abs. 3 BGB: Der Eigentümer, der kraft der Kondiktion – anders als bei der Vindikation – von dem gutgläubigen Besitzer die Herausgabe der gezogenen Nutzungen verlangen könne (§ 818 Abs. 1 BGB), müsse auf der anderen Seite die bessere Position des Kondiktionsschuldners hinsichtlich seiner Verwendungen hinnehmen.730 Diese Argumentation vermag bereits aus prozessrechtlicher Sicht nicht zu überzeugen: Man stelle sich vor, der Verkäufer/Eigentümer verklagt den Käufer ohne wirksamen Vertrag auf Herausgabe der Sache. Der Käufer erklärt sich hierzu nur Zug um Zug gegen Erstattung seiner Investitionen bereit. Wenn der Kläger keinen Anspruch auf Nutzungsersatz geltend macht, bedeutet die Beschränkung seines Antrags auf die Herausgabe der Sache nicht, dass er auf das Recht verzichtet, später den Ersatz von Nutzungen des Käufers zu verlangen, besteht doch keine „Obliegenheit zur Klage“. Das Gericht hat mithin unabhängig von der Frage des Nutzungsersatzes über den Umfang des Zurückbehaltungsrechts, mithin über 727 So kann etwa – um ein von König (Gutachten und Vorschläge, Seite 1515, 1547) angeführtes Beispiel aufzunehmen – ein körperbehinderter Gebrauchtwagenkäufer, der den Kaufvertrag wegen arglistiger Vorspiegelung der Unfallfreiheit des Fahrzeugs angefochten hat (§ 123 BGB), die Rückgabe des Wagens vom Ersatz der Kosten abhängig machen, die ihm infolge der Umrüstung der Bedienungshebel entstanden sind (§ 273 Abs. 1 BGB i.V. m. einem Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo). König hebt zutreffend hervor, dass die Aufwendungen für die Umrüstung des Fahrzeugs „im Schutzbereich des § 123 BGB“ liegen, hält sie jedoch auch kraft des Entreicherungseinwandes (§ 818 Abs. 3 BGB) für abzugsfähig. 728 Dazu im Einzelnen Rengier, a. a. O., Seite 433 f. 729 Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003 Rdnr. 46; Larenz/Canaris, a. a. O., § 74 I 1 d, Seite 343 f. A. A. etwa Reuter/Martinek, a. a. O., § 20 I 2c bb, Seite 679 ff. 730 Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 994–1003 Rdnr. 46; Larenz/Canaris, a. a. O., § 74 I 1d, Seite 344. In diesem Sinne auch Reuter/Martinek, a. a. O., § 20 I 2a, Seite 675: „Immerhin liegt es in der Konsequenz des Plädoyers für die Anwendung des § 818 I BGB auf die mit der Vindikation konkurrierende Leistungskondiktion, dem Bereicherungsschuldner wenigstens gegenüber dem darauf gestützten Verlangen nach Nutzungsherausgabe die Gegenposition des § 818 Abs. 3 BGB zuzugestehen.“

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

die Anwendbarkeit sowohl des § 818 Abs. 3 als auch des § 1000 BGB, zu entscheiden.731 (c) Die unterschiedliche Verteilung der Beweislast – ein Argument gegen die Harmonisierung der Institute? Gegen die Vereinheitlichung der beiden Institute im Hinblick auf den Ersatz von Verwendungen könnte die unterschiedliche Verteilung der Beweislast anzuführen sein: Während der Eigentümer bei einem Vorgehen aus § 985 BGB beweisen muss, dass der Besitzer die Herrschaft über die herauszugebende Sache ausübt, hat er im Rahmen des Anspruchs aus § 812 BGB das Gericht lediglich davon zu überzeugen, dass der Anspruchsgegner zu irgendeinem (auch früheren) Zeitpunkt den Besitz erlangte. Behauptet der Kondiktionsschuldner, ihn aufgegeben oder verloren zu haben, macht er die Unmöglichkeit der Herausgabe geltend (§ 275 BGB)732; für diesen Umstand trägt er die Beweislast. Diese ist auch im Hinblick auf das Recht zum Besitz verschieden verteilt: Sie trifft im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis den Besitzer (§ 986 BGB), im Bereicherungsrecht den Gläubiger („ohne Rechtsgrund“). Sieht man auf die noch darzulegenden sachlichen Übereinstimmungen, sind indessen die prozessualen Verschiedenheiten, wie auch die Konkurrenz zwischen den Ansprüchen auf Herausgabe einer Sache kraft des Eigentums (§ 985 BGB) und des Schadensersatzes in Natur (§§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB)733 beweist, nicht durchschlagend. (d) Die Deutung der Vindikation als Besitzkondiktion? Ist eine Angleichung von Vindikation und Besitzkondiktion des Eigentümers möglich und geboten?734 Die Frage ist zu bejahen, sollte die Vindi731 Zutreffend Reuter/Martinek, a. a. O., § 20 I 2c, Seite 677 f.: Der Schuldner könne „den Wegfall der Bereicherung nicht nur dem Nutzungsherausgabeanspruch, sondern auch dem Hauptanspruch entgegensetzen.“ 732 Der Schuldner beruft sich hier entgegen einer verbreiteten Auffassung nicht auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB); zum Anwendungsbereich des § 818 Abs. 3 BGB und der fehlerhaften Formulierung des § 818 Abs. 2, 2. Fall BGB siehe des näheren unten V. 2. d) aa) (d) (2) (bb), Seite 550 ff. (zu § 818 Abs. 3 BGB) und V. 2. d) aa) (d) (2) (aa), Seite 547 ff. sowie bereits Fußnote 710 dieses Abschnitts (zu § 818 Abs. 2, 2. Fall BGB). 733 MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 985 Rdnr. 26. Nach römischem Recht konnte der Eigentümer – hatte der Besitzer die Sache durch Diebstahl („furtum“) an sich gebracht – die actio furti neben der rei vindicatio erheben; siehe Rosenlöcher, a. a. O., Seite 56 m. w. N. 734 Larenz/Canaris, a. a. O., § 74 I 1c, Seite 341 spricht im Hinblick auf die unterschiedliche Ersatz- bzw. Abzugsfähigkeit der Vermögensopfer des Besitzers von „krassen Wertungswiderspüchen“ und „Ungereimtheiten“.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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kation im Ausgangspunkt als Besitzkondiktion zu deuten735 und ein Verhältnis der Spezialität eines der beiden Institute nicht zu rechtfertigen sein.736 Die Einbettung der §§ 994 ff. BGB in das Kondiktionsrecht mittels einer Analogie der Normen ist bisher allenfalls in Ansätzen entwickelt worden.737 Volker Emmerich plädiert „angesichts der engen Verwandtschaft zwischen der Regelung der §§ 994 ff. BGB und dem Bereicherungsrecht“ für eine „Einschränkung“ des § 818 Abs. 3 BGB nach Maßgabe der §§ 994, 996 BGB.738 Nach seiner Ansicht sollen die notwendigen Verwendungen stets bereicherungsmindernd in Ansatz gebracht werden dürfen, alle übrigen dagegen nur, sofern der Wert der herauszugebenden Sache durch sie noch bei Rückgabe erhöht sei.739 Diese These hätte allerdings – worauf Emmerich verzichtet – einer eingehenden Begründung bedurft: Zum einen ist die „enge Verwandtschaft“ zweifelhaft, weil die Regelungen der §§ 985 ff. BGB im Gegensatz zum Bereicherungsrecht das Eigentum des Sachgläubigers voraussetzen und der kondiktionsrechtlicher Charakter der §§ 994 ff. BGB740 umstritten ist. Zum anderen wäre zu untersuchen, ob den bereicherungsrechtlichen Vorschriften die Aussage zu entnehmen ist, dass die Kondiktion gewissermaßen um jeden Preis allein auf die Abschöpfung eines noch im Gesamtvermögen des Bereicherungsschuldners vorhandenen Vorteils zielt. Da sich Emmerich dieser Frage nicht widmet, vermag es nicht zu verwundern, dass seine – im Ergebnis möglicherweise zutreffende – These keinen Widerhall gefunden hat. Neben Emmerich treten auch Dießelhorst741, Wieling742, Fikentscher743 und Rengier744 – zum Teil allerdings nur andeutungsweise745 – für die Beschränkung des Einwandes der Entreicherung ein; dafür spreche insbe735 In diesem Sinne Klauser, NJW 1965, Seite 513, 515 Fußnote 33; Firsching, AcP 162, Seite 440, 447 mit dem Hinweis auf eine entsprechende Ausrichtung des Verwendungsersatzanspruchs im österreichischen Recht. 736 Dass das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis im klassischen römischen Recht kein geschlossenes Anspruchssystem bildete, sondern an erster Stelle immer der Rückgriff auf solche actiones stand, die eine persönliche Verantwortlichkeit des Besitzers begründeten, legt Rosenlöcher, a. a. O., Seite 57 f., dar. 737 Siehe die nachstehenden Fußnoten sowie Gursky, JR 1971, Seite 361 und Tückmantel, a. a. O., Seite 77, wo es heißt: „Spezifische Wertentscheidungen der §§ 994 ff. . . . müssen . . . auch innerhalb des Bereicherungsrechts Berücksichtigung finden, sofern es sich bei dem Anspruchsteller um einen gutgläubigen unrechtmäßigen Besitzer handelt.“ 738 Das Verhältnis der Nebenfolgen, Seite 42 bis 44 und 150 bis 154. 739 A. a. O., Seite 150. In diesem Sinne bereits K. Schneider, JherJb 61 (1912), Seite 179, 190. 740 Siehe dazu oben V. 2. c) bb), Seite 487 ff.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

sondere die Erwägung, dass dem Schuldner nicht gestattet werden dürfe, Folgen seiner „persönlichen Aufwandsentscheidung“ als Entreicherung auf den Gläubiger abzuwälzen. Josef Wieling stützt seine Behauptung, dass der Sachschuldner bei der Rückabwicklung unwirksamer Verträge keinesfalls alle von ihm auf die Sache getätigten, sondern nur die notwendigen und nützlichen Verwendungen als Entreicherung geltend machen dürfe, auf die Erwägung, dass die vermeintlichen Vertragsparteien „für die Sachen solange verantwortlich sind und die Risiken tragen, wie sie sie in Besitz haben.“746 Seine Ausführungen leiden indessen an derselben Schwäche wie die von Emmerich: Er versäumt es, sich mit den Bedenken gegen die einschränkende Auslegung des § 818 Abs. 3 BGB auseinanderzusetzen, liegt doch die „enge Verwandtschaft“ der Institute nicht auf der Hand. Von dem Beispielsfall ausgehend, dass ein Eigentümer E sein bebautes Grundstück an den Käufer B übereignet hat747 und dieser das Gebäude in seiner Lieblingsfarbe anstreichen lässt, obwohl E es erst kurz zuvor mit Farbe versehen hatte, heißt es bei Wieling lapidar: „Es wäre höchst merkwürdig, wenn B dem Kondiktionsanspruch des E die Entreicherung entgegenhalten könnte, die in den Kosten für den Anstrich liegt. E müßte die Kosten der Verwendung tragen, obwohl er kein Interesse daran hat, vielleicht sogar Wert darauf legt, den Anstrich wieder zu beseitigen. Die Entreicherung des B beruht auf seiner persönlichen Entscheidung, deren Folgen auf E abzuwälzen man ihm nicht gestatten kann.“748 741 Die Natur der Sache als außergesetzliche Rechtsquelle verfolgt an der Rechtsprechung zur Saldotheorie (1968), Seite 112. 742 AcP 169, Seite 137, 151 f. Nach Ansicht von Wieling (a. a. O., Seite 151) kann „der Bereicherte Verwendungen im gleichen Maße wie ein Besitzer nach den §§ 994 ff. BGB geltend machen . . .: Er kann als Entreicherung notwendige und nützliche Verwendungen der Kondiktion entgegenhalten, d.h. solche, die der Kondizierende auch hätte vornehmen müssen und durch die er bereichert ist.“ 743 A. a. O., § 99 II 4 Rdnr. 1145. 744 AcP 177, Seite 418, 437. 745 So heißt es bei Fikentscher, Schuldrecht, 7. Auflage, § 100 IV, Seite 705: „Soweit zwischen Gläubiger und Schuldner des Bereicherungsanspruchs das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis der §§ 985 ff. besteht, gelten die §§ 994 ff. für Aufwendungen des Besitzers. Die danach zu ersetzenden Verwendungen wirken also bereicherungsmindernd. Abgesehen von den §§ 994 ff. handelt es sich hier um das Problem einer ,aufgedrängten Entreicherung‘. Man verwendet zweckmäßig die gleichen Grundsätze wie bei der ,aufgedrängten Bereicherung‘. Danach sind Aufwendungen des Bereicherungsschuldners dann als Wegfall der Bereicherung anzusehen, wenn auch der Gläubiger sie nach verkehrsüblicher Wirtschaftsplanung gemacht hätte.“ Ähnlich, aber deutlich unbestimmter in der 9. Auflage, § 99 II 4, Rdnr. 1145 und § 100 VI 4, Rdnr. 1171. 746 A. a. O., Seite 151. 747 Zur bereicherungsrechtlichen Pflicht, das Eigentum an einer Sache zurückzuübertragen, siehe unten V. 2. d) bb), Seite 576 ff.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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(1) Die gemeinsame rechtshistorische Wurzel von Vindikation und Kondiktion Der Gedanke, die Wertungen der §§ 994 ff. BGB auf die „condictio possessionis“ zu übertragen, darf eine rechtshistorische Wurzel für sich beanspruchen: Die klassische condictio hatte ihren Ursprung in der legis actio per condictionem, eingeführt durch eine lex Silia für Ansprüche auf Zahlung eines bestimmten Geldbetrages („certa pecunia“) und eine lex Calpurnia für Ansprüche auf Rückübereignung einer bestimmten Sache („certa res“).749 Beide Gesetze werden der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts v. Chr. zugeschrieben. Hiernach hatte der Kondiktionsberechtigte dem Kondiktionsschuldner ein certum, d.h. die empfangene Sache oder das empfangene Geld, übereignet (dare) und damit die rei vindicatio verloren, jedoch fehlte es trotz gültiger datio an einem Grund für ein dauerndes Behalten des certum, das deshalb ohne die Beschränkung auf die noch vorhandene Bereicherung zurückgefordert werden konnte.750 Die condictio rechtfertigte sich mithin aus dem Verlust der Vindikation und setzte damit das Recht des Eigentümers fort.751 748

A. a. O., Seite 151. Dazu heißt es bei Gaius (Gai Institutionum, Commentarii quattuor, commentarius quartus, 17b): „condicere autem denuntiare est prisca lingua.“ – „Condicere meint nach altem Sprachgebrauch die Aufforderung, sich der gerichtlichen Auseinandersetzung zu stellen.“ Zu Einzelheiten siehe v. Lübtow, a. a. O., Seite 105 f., 110 bis 116; F. Schwarz, a. a. O., Seite 280, Flessner, a. a. O., Seite 5 f. sowie Rabel, Grundzüge des römischen Privatrechts, Seite 399, Seite 470 f. 750 v. Lübtow, a. a. O., Seite 59; v. Tuhr, Zur Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung, Seite 293, 297 f.; v. Moßner, a. a. O., Seite 43 bis 47. Bei der im klassischen römischen Recht entwickelten condicto ex furtiva causa handelte es sich um eine Klage aus dem Eigentum wegen einer gestohlenen Sache, die im späteren Recht (d.h. zu einem Zeitpunkt, als dare oportere die Bedeutung von „übereignen“ gewonnen hatte) eine im Vergleich zur Vindikation beschleunigte und verschärfte Eigentumsverfolgungsklage darstellte (vgl. v. Lübtow, a. a. O., Seite 114 sowie Reuter/Martinek, a. a. O., § 1 I, Seite 7). 751 Reuter/Martinek, a. a. O., § 1 I b, Seite 6 f.; v. Lübtow, a. a. O., Seite 59. Die Ähnlichkeit zwischen Vindikation und Kondiktion betont auch Wilhelm, Rechtsverletzung und Vermögensentscheidung, Seite 80: „Daß die Sachherrschaft des Besitzers ohne Besitzrecht dem Recht des Eigentümers widerspricht und deshalb als widerrechtlich bezeichnet werden kann, ist gar nicht zu leugnen. Dasselbe gilt aber für die Vermögensherrschaft des kausalosen Eigentümers. . . . Eigentums- und Bereicherungsansprüche stehen im Gegensatz zum Deliktsanspruch, sie sind ,negatorisch‘ und nicht deliktisch . . .“. Bucher, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Seite 604: „Zum Verständnis des Bereicherungsrechtes ist im übrigen die Feststellung wichtig, dass Kondiktion und Vindikation gleiche Funktionen haben und sachlogisch soweit als möglich einheitlichen Grundsätzen unterstellt sein sollen und dass sie sich in der Rechtstradition in enger Verbindung entwickelt haben.“ Zur Deliktsähnlichkeit des Unterlassungs- und Beseitigungsanspruchs aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB siehe oben III. 6. e) bb), Seite 202 ff. 749

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

In seiner Schrift „System des heutigen römischen Rechts“ untersucht Friedrich Carl v. Savigny die verschiedenen Fallgruppen der condictio im römischen Recht und führt sie auf ein übergreifendes Prinzip zurück: Die Kondiktionen seien Ansprüche, die an die Stelle der Vindikation träten.752 Die Richtigkeit dieser Behauptung sei anhand der Quellen für das Darlehen753, aber auch für die Verwahrung und ähnliche Gestaltungen zu erweisen. Im Hinblick auf das Depositum führt Savigny aus: „Wer eine Sache in Verwahrung giebt, hat zunächst noch die Vindication, weshalb er einer Condiction weder bedarf noch bekommt. Wenn aber der Empfänger das deponirte Geld ausgiebt, den deponirten Weizen aufzehrt oder verkauft, so hat er des Gebers Vindication zerstört, und nun tritt an ihre Stelle die Condiction. Dasselbe, nur in weniger bestimmten Ausdrücken, wird in vielen ähnlichen Fällen anerkannt . . .“.754 Im Rahmen einer Zusammenfassung der von ihm behandelten Gestaltungen stellt Savigny fest, die Kondiktion setze voraus, dass „der Eigenthümer durch anvertrautes Eigenthum das Vermögen des Empfängers“ erweitere.755 Ihnen seien die Fälle gleichgestellt worden, in denen der Empfänger (d.h. der Bereicherungsschuldner) das Eigentum an einer Sache infolge eines Irrtums oder „zufällig“ erlangt habe. Des weiteren anerkenne man die Kondiktion, sofern dem Empfänger zwar nur der Besitz an einer Sache anvertraut worden sei, dieser aber die „Erweiterung seines Vermögens“ durch eigenmächtige Handlung bewirkt habe.756 Schließlich führt Savigny zur sog. condictio furtiva, der Bereicherungsklage des Eigentümers gegen den Dieb, aus: „Das Bedürfniß und die Möglichkeit der Condiction ist nach allgemeinen Regeln dadurch bedingt, daß der Beklagte nicht mehr die Sache selbst besitzt, weil außerdem die Vindication ausreicht, und das dare, als Gegenstand der Condiction, unmöglich ist. . . . Eigentlich müßte also der Bestohlene zuerst genau untersuchen, ob das gestohlene Geld noch unvermischt vorhanden ist, und wenn er es hierin ver752 Band V (1841), Seite 515, wo es, bezogen auf die Rückgewähr eines Darlehens (a. a. O., Seite 511), heißt: „Überall also erscheint die condictio als der Ersatz, der anstatt der verlornen Vindication eintritt, und dasselbe ausschließende, alternative Verhältniß zwischen diesen beiden Klagen findet sich auch in anderen Rechtsverhältnissen, außer dem Darlehen, wieder. Dieser Zusammenhang der Rechtsverhältnisse wird auch noch bestätigt durch die Ausdrücke in der formula. Bey dem Darlehen lautet die Intentio auf dare oportere, das heißt die Übertragung des Eigenthums; so lange aber der Geber aus irgend einem Grunde das Eigenthum noch nicht verloren hat, ist es unmöglich, ihm Dieses zu verschaffen, weshalb er in dieser Situation auch nicht auf das dare oportere klagen, das heißt keine Condiction haben kann.“ Vgl. dazu Wilhelm, Rechtsverletzung und Vermögensentscheidung, Seite 19 ff., insbesondere Seite 22 f. 753 Siehe die vorstehende Fußnote. 754 A. a. O., Seite 518 f. 755 A. a. O., Seite 525. 756 A. a. O., Seite 525.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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sieht, so wird er wegen der unrichtig gewählten Klage abgewiesen werden; ja die größte Vorsicht kann ihn hierin nicht sichern, da es in der Willkühr des Diebes steht, das Geld noch jetzt augenblicklich auszugeben oder mit anderem Geld zu vermischen. Da es nun sehr billig ist, den Bestohlenen, dem Diebe gegenüber, von dieser Verlegenheit und Gefahr zu befreyen, so ist für diesen Fall, ausnahmsweise, die Condiction gestattet worden, auch wenn die Sache noch vorhanden ist, so daß deshalb auch die Vindication möglich gewesen wäre. In dieser Anwendung allein ist also jene Klage als eine von der allgemeinen Regel der Condictionen abweichende anzusehen, und die Abweichung ist nur darin zu setzen, daß in diesem Fall das außerdem geltende alternative Verhältniß der Condiction zur Vindication . . . zum Vortheil des Klägers aufgegeben wird.“757 (2) Die behauptete „Wesensverschiedenheit“ von Vindikation und Kondiktion Gegen die kondiktionsrechtliche Natur der Vindikation könnte freilich die „Wesensverschiedenheit“ der Regelungen eingewendet werden: „Eigentumsund Kaufansprüche sind Gegenstandsansprüche, Kondiktion ist Vermögensanspruch“ – mit dieser knappen Wendung kennzeichnet Fischer im Jahre 1913 den vermeintlichen Gegensatz von Vindikation und Bereicherungshaftung.758 Die rei vindicatio, so fährt er fort, verneine die Zugehörigkeit des geforderten Gegenstandes zum Vermögen des Schuldners, während die Kondiktion gerade eine solche Zugehörigkeit voraussetze und stets einen Vermögenswert zum Inhalt habe.759 Dieser polarisierenden Betrachtung ist entgegenzuhalten, dass der Bereicherungsgläubiger nach heute allgemein geteilter Ansicht ein legitimes Interesse daran hat, den Kondiktionsgegenstand „in Natur“ zu erhalten.760 757

A. a. O., Seite 553 f. Festschrift für Zitelmann, Seite 1, 11. Siehe dazu Flessner, a. a. O., Seite 10 f. 759 Dass das geltende Kondiktionsrecht vermögensorientiert sei, behaupten Flume, Festschrift für Niedermeyer, Seite 103, 151, 175; Jakobs, Eingriffserwerb und Vermögensverschiebung, Seite 50 ff.; wohl auch Pinger, a. a. O., nach dessen Ansicht es im Rahmen der §§ 812 ff. BGB auf eine „Bereicherung des Gesamtvermögens“ ankommt (Seite 94 f.). 760 v. Caemmerer, Festschrift für Rabel (1954), Seite 333, 368; MünchKomm/ Lieb, 3. Auflage, § 812 Rdnr. 284 ff.; Larenz/Canaris, a. a. O., § 71 I, Seite 254 f.; Frieser, a. a. O., Seite 61; Rengier, AcP 177, Seite 418, 431; Linke JR 1982, Seite 91, 93 sub IV; Verse, a. a. O., Seite 45; Greiner, a. a. O., Seite 212 bis 214 sub 2. Die gegenständliche Ausrichtung der condictio indebiti nach römischem Recht betont v. Tuhr, Festschrift für Bekker, Seite 293, 297 ff. Das Rangverhältnis zwischen dem Anspruch auf gegenständliche Rückgewähr (§ 812 BGB) und Wertersatz (§ 812 Abs. 1 BGB) ist nach höchstricherlicher Auffassung aufgehoben, wenn „das Erlangte“ (etwa das Eigentum an einem Grund758

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Dies gilt unabhängig davon, ob er die Herausgabe des Besitzes aus dem Gesichtspunkt der Eingriffs-761 oder der Leistungskondiktion762 verlangt. Deutlich formulieren Reuter/Martinek763: „Auch wer den Stellenwert der Materialien für die Gesetzesauslegung sehr hoch veranschlagt, kann sich schwerlich dagegen verschließen, daß das heutige Verständnis des Bereicherungsrechts nicht die Prämisse der Kommissionsmehrheit (gemeint ist die Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs) – Billigkeitshaftung –, sondern die der Kommissonsminderheit – Restitutionshaftung – unterstützt. Und damit rückt die systematische Komponente entscheidend in den Vordergrund: Wenn die Bereicherungshaftung nicht (nur) Billigkeitshaftung, sondern eine Erscheinungsform der Restitutionshaftung ist, dann darf sie nicht mehr ausschließlich aus sich selbst heraus bestimmt, sondern muß auf die jeweils verwandten Institutionen der Restitutionshaftung – Rücktrittsrecht, Rechtsgüterschutz gegen ,Eingriffe‘, Vindikation – abgestimmt werden. Zumindest im Zweifel duldet die Rechtsordnung keine Wertungswidersprüche. Solche Wertungswidersprüche nach Möglichkeit zu eliminieren, gehört seit jeher zu den Aufgaben der Rechtswissenschaft.“764

Indessen soll die „Vermögensorientierung“ des Kondiktionsrechts ihren Niederschlag weniger in der Vorschrift des § 812 BGB als vielmehr im Einwand der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) finden. Sollte die Vorschrift 818 Abs. 3 BGB – was im Folgenden zu untersuchen ist – allein auf die stück) so stark verändert worden ist, dass seine Herausgabe aus „wirtschaftlichen Erwägungen“ nicht mehr verlangt werden könne (BGH NJW 1981, Seite 2687, 2688 sub II 2c aa und Seite 2689 sub II 2c cc m. w. N.; vgl. dazu Larenz/Canaris, a. a. O., § 72 III 1a, Seite 274 sowie Linke, JR 1982, Seite 91, 93). Dass diese Ansicht abzulehnen ist, habe ich bereits oben II. 2. c) aa) (a), Seite 40 f. (dort insbesondere Fußnote 95), dargelegt. 761 Das Schrifttum deutet nahezu allgemein die Eingriffskondiktion als „Rechtsfortwirkungsanspruch“. Bezeichnend etwa Reuter/Martinek, a. a. O., § 3 III 1, Seite 55, § 15 II 2, Seite 536 und § 3 IV 2, Seite 69 f. sowie – etwas abweichend – Schlechtriem, Güterschutz durch Eingriffskondiktionen Seite 59 f., 70 (dort insbesondere Fußnote 47a). 762 Die Leistungskondiktion wird zumindest von den Vertretern der sog. Trennungstheorie, die strikt zwischen der Leistungs- und der Nichtleistungskondiktion unterscheiden, als Ausdruck des Schutzes eines Leistenden gegen sein unbegründetes, verfehltes Handeln verstanden (zur „Einheits-“ und zur „Trennungstheorie“ vgl. statt vieler Larenz/Canaris, a. a. O., § 67 I 2, Seite 129 f.). Wilburg, auf den die Unterscheidung von Leistungs- und Nichtleistungskondiktion maßgeblich zurückgeht (Die Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung nach österreichischem und deutschem Recht, Seite 12 ff.), betont allerdings zutreffend, dass „in der Regel . . . der Schutz gegen fehlgeschlagene Leistung mit der Kraft der Rechtsfortwirkung, die eine grundlos geleistete Sache zurückholt“, zusammentreffe (AcP 163, Seite 346, 349). Man denke an die Rückgabe einer Sache durch den vermeintlichen Käufer, Mieter, Pächter, Entleiher oder Verwahrer. 763 A. a. O., § 17 II 1, Seite 583 f. 764 Zum Anspruch der Dogmatik, die Rechtsordnung widerspruchsfrei zu interpretieren, siehe oben II. 1., Seite 25.

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Besitzkondiktion, nicht aber auf die Vindikation zu beziehen sein, wäre die Übertragbarkeit der §§ 994, 996 BGB in das Bereicherungsrecht zu verneinen. Nach verbreiteter Ansicht rechtfertigt die „Vermögensorientierung“ des Bereicherungsrechts darüber hinaus die Pflicht desjenigen, der als Nichtberechtigter wirksam über einen Gegenstand verfügt, zur Herausgabe auch eines den Verkehrswert übersteigenden Gewinns (§ 816 Abs. 1 Satz 1 BGB).765 Wie bereits dargelegt766, trifft diese Verbindlichkeit indessen nur den bösgläubigen oder verklagten Kondiktionsschuldner kraft seiner Haftung als angemaßter Eigengeschäftsführer (§§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 2, 667 BGB).

(aa) Der ersatzlose Wegfall des „erlangten Etwas“: Unmöglichkeit der Leistung (§ 275 BGB) oder Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB)? In der vermögensorientierten Sicht des Bereicherungsrechts beschränkt die Bestimmung des § 818 Abs. 3 BGB den Herausgabeanspruch und – sollte das Erlangte nicht mehr in Natur an den Gläubiger zurückgeführt werden können – den Anspruch auf eine noch vorhandene „Bereicherung“ in Gestalt des Wertersatzes.767 Der Bereicherungsschuldner ist nach dieser Deutung berechtigt, alle Aufwendungen, Ausgaben und Vermögensnachteile geltend zu machen, die er im Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit seines Erwerbs getätigt bzw. erlitten hat.768 Auch der ersatzlose Wegfall des er765 Dazu Wilhelm, Rechtsverletzung und Vermögensentscheidung, Seite 57 f.; Jakobs, Eingriffserwerb und Vermögensverschiebung, Seite 64 f.; Frieser, a. a. O., Seite 61 f. 766 Siehe dazu oben III. 2. f) cc) (c), Seite 112, und Fußnote 136. 767 Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 818 Rdnr. 28. Bei ungleichartigen Leistungen ist der Kondiktionsschuldner zur Leistung Zug um Zug verpflichtet; siehe dazu bereits oben Fußnote 200. 768 Dazu bereits v. Tuhr, Festschrift für Bekker, Seite 293, 313 bis 320, der die Abzugsfähigkeit von Vermögensopfern des Bereicherungsschuldners als eine Pflicht des Gläubigers zum Ersatz eines Vertrauensinteresses deutet (Seite 319): „Hätte man bemerkt, daß der durch Erwerb und Herausgabe der Bereicherung entstehende Schaden ein Anwendungsfall des negativen Interesses ist, so hätte man den Grundgedanken des § 122 auch hier angesprochen. Dies nachzuholen und demgemäß bei der cond. indebiti und ähnlichen Fällen die Anrechnung eines Schadens zu gestatten, nicht als Minderung der Bereicherung, sondern als ein dem Kläger (gemeint ist der Bereicherungsgläubiger) wegen seines Irrtums zur Last fallendes negatives Interesse, scheint mir nicht über das zulässige Maß der Auslegungsfreiheit hinauszugehen.“ v. Tuhr lässt unberücksichtigt, dass die Verpflichtung zum Ersatz des Vertrauensschadens nach § 122 BGB mit der Irrtumsanfechtung an einen Umstand anknüpft, der in die Risikosphäre des Schadensersatzschuldners fällt; das Begehren einer bereicherungsrechtlichen Rückgewähr ist indessen als risikoneutraler Umstand zu bewerten (a. a. O., Seite 319 f.). Die Grundthese v. Tuhrs, dass die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB die Abzugsfähigkeit eines negativen Interesses betreffe, hat aller-

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langten Etwas soll die Befreiung des Schuldners kraft „Entreicherung“ zur Folge haben.769 Der Kondiktionsschuldner hat – entgegen der wörtlichen Fassung des § 818 Abs. 2, 2. Fall BGB – nicht allein deshalb Wertersatz zu leisten, weil er „zur Herausgabe außerstande ist“; diese Verpflichtung besteht vielmehr nur dann, wenn ein Vermögensbestandteil an die Stelle des nicht mehr herauszugebenden Gegenstandes getreten ist, der nicht bereits nach § 818 Abs. 1 BGB an den Gläubiger ausgekehrt werden muss.770 Dementsprechend heißt es in den Motiven771: „Der Empfänger ist . . . haftfrei, wenn und soweit er zur entscheidenden Zeit das Empfangene resp. den Werth nicht mehr hat . . . Bei der Vorschrift, daß der Leistende an Stelle des Geleisteten, wenn der Empfänger es herauszugeben außerstande ist, den Werth des Geleisteten zu vergüten habe, geht der Entw. von der Unterstellung aus, daß regelmäßig der Werth des Geleisteten in das Vermögen des Empfängers übergegangen ist und zur Zeit der Rechtshängigkeit sich noch voll in seinem Vermögen befindet, vorbehaltlich des dem Empfänger offenstehenden Beweises, daß eine wirkliche Bereicherung nicht eingetreten oder eine eingetretene wieder weggefallen ist.“

Das Erlöschen der Kondiktionsverbindlichkeit bei ersatzlosem Wegfall des „erlangten Etwas“ (etwa durch Zerstörung des Kondiktionsgegenstandes) beruht indessen nicht auf der Vorschrift § 818 Abs. 3 BGB, sondern ist auf den Gesichtspunkt der vollständigen oder teilweisen (gegebenenfalls qualitativen) Unmöglichkeit der Leistung (§ 275 BGB) zu gründen: Die auf § 818 Abs. 3 BGB gestützte Annahme einer Entreicherung hätte zur Folge, dass man dem Anwendungsbereich der Vorschrift ohne Not eine Bedeutung beimisst, die mit ihrem spezifischen Zweck: dem Schutz des Vertrauens auf die Rechtsbeständigkeit des Erwerbs, gedanklich nicht zu verbinden ist. Zutreffend heißt es bei Larenz/Canaris772: „. . . § 818 III BGB greift nach seidings die Zustimmung von Rabel, ZSchwR n. F. 27 (1908), Seite 291, 320, gefunden. 769 MünchKomm/Lieb, 3. Auflage, § 818 Rdnr. 70; Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 818 Rdnr. 34 bis 37; BGH NJW 1984, Seite 2095, 2096 sub 1c. 770 A. A. – bezogen auf die Rückabwicklung gegenseitiger Verträge – Larenz/Canaris, a. a. O., § 73 III 2c: „Ist bei einem unwirksamen Kaufvertrag die Kaufsache durch ein zurechenbares Verhalten des Käufers untergegangen, so hat dieser einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus § 812 I 1 BGB und der Verkäufer einen Anspruch auf Wertersatz aus § 818 II Alt. 2 BGB . . .“ Damit anerkennt Canaris einen bereicherungsunabhängigen, von ihm (a. a. O., § 71 III 1, Seite 262) als „Spezifikum“ bezeichneten Wertersatzanspruch (siehe dazu Staudinger/Lorenz, Neubearbeitung 1999, § 818 Rdnr. 42 a. E.)! M. E. erlischt die Verpflichtung des Käufers zur „Herausgabe des Erlangten“ vorbehaltlich einer Schadensersatzverbindlichkeit wegen verschuldeten Untergangs oder Beschädigung (§§ 818 Abs. 4, 819, 292 Abs. 1, 989, 990 Abs. 1 BGB); zu erwägen ist ein Erlöschen des Anspruchs des Käufers auf Rückzahlung des Kaufpreises in entsprechender Anwendung des § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB (siehe dazu unten V. 2. d) aa) (d) (2) (bb) (a), Seite 555). 771 Zitiert nach Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 2, Recht der Schuldverhältnisse, Seite 467 (Hervorhebung durch Verf.).

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nem Wortlaut freilich auch dann ein, wenn der Wegfall der Bereicherung auf Zufall beruht. Darin liegt indessen kein Spezifikum gerade der Bereicherungshaftung, da der Schuldner in derartigen Fällen schon nach der Fundamentalnorm des § 275 BGB von seiner Herausgabe- bzw. einer an deren Stelle tretenden Ersatzpflicht frei wird; dem entspricht es, daß grundsätzlich nicht einmal der bösgläubige und verklagte Bereicherungsschuldner für Zufall haften, wie sich aus der Verweisung von §§ 819, 818 IV, 292 auf § 989 BGB und damit auch auf das in dieser Norm ausdrücklich aufgestellte Verschuldenserfordernis ergibt. Demgemäß sollte man auf zufallsbedingte Entreicherungen (schon) § 275 BGB anwenden; hält man stattdessen § 818 III BGB für einschlägig, muß man sich wenigstens bewußt bleiben, daß es dabei dann insoweit nicht um eine materielle, sondern nur um eine rechtstechnische Funktion von § 818 III BGB geht und hieraus somit für den Schutzzweck der Vorschrift nichts hergeleitet werden kann.“ Entgegen der Stellungnahme von Canaris ist die Unmöglichkeit der Leistung allerdings unabhängig von der etwaigen Vorwerfbarkeit des Umgangs mit der erlangten Sache anzunehmen: Die Bestimmung des § 275 Abs. 1 BGB a. F. – auf die sich die betreffende Äußerung bezieht – machte das Erlöschen der Leistungspflicht von dem Merkmal des „Nicht-Vertretenmüssens“ nur deshalb abhängig, weil der Gesetzgeber nicht nur die Voraussetzungen für den Wegfall der sog. Primärpflicht festlegen, sondern darüber hinaus zum Ausdruck bringen wollte, dass den Schuldner bei zufälligem Untergang des Leistungsobjekts auch keine Schadensersatzpflicht trifft.773 Die geltende Fassung des § 275 Abs. 1 BGB ist allein auf die sog. Primärpflicht bezogen und ordnet deren Erlöschen unabhängig von dem Gesichtspunkt des Vertretenmüssens an.774 Die Anwendbarkeit des § 275 Abs. 1 BGB im Bereicherungsrecht lässt sich nicht mit dem Hinweis verneinen, es handele sich um eine „allgemeine Vorschrift“ im Sinne des § 818 Abs. 4 BGB, nach der ein Bereicherungsschuldner vom Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet: Die Regelung des § 275 BGB begründet keine Haftung des Bereicherungsschuldners, sondern das Erlöschen der kondiktionsrechtlichen Verbindlichkeit. Obgleich die Befreiung des Herausgabeschuldners aus dem Gesichtspunkt der Unmöglichkeit auf der Hand liegt, wird sie nach nahezu allgemeiner Auffassung auf die Entreicherung im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB gegründet. 772 A. a. O., § 73 I 1a, Seite 295 f. (Hervorhebungen teilweise von Verf.). Wie Canaris auch MünchKomm/Lieb, 3. Auflage, § 818 Rdnr. 70. 773 Palandt/Heinrichs, 59. Auflage, § 275 Rdnr. 1 und 23; Staudinger/Löwisch, 13. Bearbeitung, § 275 Rdnr. 56. 774 Siehe dazu die Begründung des Schuldrechtsreformgesetzes, BundestagsDrucksache 14/6014, Seite 127: „Was der Schuldner nicht leisten kann, das schuldet er auch nicht, und zwar unabhängig von dem Grad seiner Unfähigkeit.“

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Bezeichnend heißt es bei Lorenz in der Kommentierung von v. Staudinger775: „. . . wenn z. B. die auf Grund nichtigen Kaufvertrags übereignete Sache beim (gutgläubigen) Käufer untergegangen oder verschlechtert ist, so (ist) dieser nach herkömmlichem Verständnis des § 818 Abs. 3 BGB frei geworden . . .“ und bei Flessner776: „Im einzelnen hat man . . . in den folgenden Fällen Nachteile als Minderungsposten im Rahmen von § 818 III berücksichtigt: . . . Der Bereicherte wird frei, wenn das ursprünglich Erlangte oder sein nach § 818 I herauszugebendes Surrogat bei ihm – gleichgültig, ob durch Zufall oder durch sein eigenes Verschulden – ersatzlos untergeht oder abhanden kommt.“ (bb) Der Einwand der „Entreicherung“ als Ausdruck eines kondiktionsrechtlich gewährten Vertrauensschutzes Bedarf es der Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB nicht, um das Erlöschen der Kondiktionsverbindlichkeit bei ersatzlosem Wegfall des „erlangten Etwas“ anzuordnen777, ist ihr Gehalt aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes festzulegen778: Sie soll gewährleisten, dass sich die wirtschaftli775

Neubearbeitung 1999, § 818 Rdnr. 34 und – im Folgenden wörtlich angeführt – Rdnr. 41. 776 A. a. O., Seite 13. 777 Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen im Lehrbuch des Schuldrechts behandelt Canaris das „Verschenken, Verprassen und unvorsätzliche Zerstören“ des „erlangten Etwas“ als Anwendungsfall des § 818 Abs. 3 BGB (a. a. O., § 73 I 2b, Seite 298); damit legt er in diese Vorschrift ohne sachlichen Grund neben den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes den der Unmöglichkeit der Leistung. Wie Canaris auch MünchKomm/Lieb, 3. Auflage, § 818 Rdnr. 70: „Darüber hinaus entfällt die Herausgabepflicht erst recht bei zufallsbedingtem Wegfall des Erlangten; dies ergibt sich freilich schon aus § 275 BGB und stellt infolgedessen keine Besonderheit des Bereicherungsrechts dar; insbesondere kann sich daher insoweit auch der bösgläubige Bereicherungsschuldner auf § 818 Abs. 3 (!?) berufen, soweit er nicht ausnahmsweise für Zufall haftet.“ Sowohl nach der hier befürworteten Anwendung des § 275 BGB als auch nach den Darlegungen von Canaris bzw. Lieb bestimmt sich die (Schadens-) Ersatzpflicht des bösgläubigen bzw. verklagten Bereicherungsschuldner nach den Vorschriften der §§ 818 Abs. 4, 819, 292 Abs. 1, 989, 990 Abs. 1 BGB. Die Anwendbarkeit des § 275 BGB wird von Greiner, a. a. O., Seite 191 f. sub (2) aa, überhaupt nicht erwogen, so dass seine Argumentation gegen die „Vertrauenstheorie“ nicht überzeugt. 778 Insoweit gewährleistet das Kondiktionsrecht Dispositionsschutz zugunsten des Schuldners. Zutreffend Jürgen Kohler, a. a. O., § 3 A I 2, Seite 129; ähnlich, wenn auch unbestimmt formulierend, Goetzke, AcP 173, Seite 289, 301. Zur Privilegierung des Empfängers von Geldleistungen und deren Begrenzung nach dem Gesichtspunkt des „Entreicherungsrisikos“ des Gläubigers in verschiedenen europäischen Rechten siehe Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 348 ff., Rdnr. 454 ff.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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chen Dispositionen des auf seinen Erwerb vertrauenden Kondiktionsschuldners nicht kraft der Rückgewähr des „erlangten Etwas“ zu seinen Ungunsten verschieben.779 Dementsprechend kann er nach § 818 Abs. 3 BGB die Erfüllung seiner Pflicht vom Ersatz solcher Vermögensopfer abhängig machen, die sich – bezogen auf den Zeitpunkt der Kondiktion – als wirtschaftlich sinnlos erweisen, weil sie (auch) im Vertrauen auch auf die Zugehörigkeit des Kondiktionsgegenstandes zum eigenen Vermögen über den Zeitpunkt der Herausgabe hinaus getätigt wurden: Kraft der Beschränkung der Kondiktion auf die im Zeitpunkt der Restitution vorhandene Bereicherung soll das verfehlte (weil im Vertrauen auf die über den Zeitpunkt der Herausgabe hinausreichende Zugehörigkeit des „erlangten Etwas“ zum eigenen Vermögen bewirkte) Opfer nicht zu einer Belastung des „Stammvermögens“ führen. Bewahrt die Bestimmung des § 818 Abs. 3 BGB den Bereicherungsschuldner davor, im Wege der Rückabwicklung Vermögensdispositionen vorzunehmen, die er unter Berücksichtigung seiner Kondiktionsverbindlichkeit nicht getätigt hätte, so hat er des weiteren keinen Wertersatz für den Verbrauch, Gebrauch oder die sonstige Inanspruchnahme von (gegenständlichen oder nichtgegenständlichen) Gütern zu leisten, deren „Nutzung“ er sich nicht unter Einsatz seines „ureigenen“ Vermögens verschafft hätte. Aus demselben Grunde schuldet er auch keinen Wertersatz nach § 818 Abs. 2, 2. Fall BGB, sollte er durch die Weitergabe des erlangten Gegenstandes im Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit des Erwerbs die Befreiung von einer Schenkungsverbindlichkeit erlangt haben.780 Ohne Einfluss auf den Umfang der Kondiktion ist der Umstand, dass sich der Herausgabeschuldner im Anschluss an die Rückabwicklung für den Kondiktionsgegenstand einen Ersatz – möglicherweise zu einem wesentlich höheren Preis – beschaffen muss. Hierzu sei ein Beispiel angeführt, das v. Tuhr781 nach eigenem 779

In diesem Sinne Jürgen Kohler, a. a. O., § 3 A I, Seite 123: „Für die Abzugsfähigkeit von Vermögensnachteilen kommt es nicht allein darauf an, ob diese Nachteile durch das Erlangen des kondizierbaren Etwas verursacht sind; sondern darauf, ob sie durch die als Folge des rechtsgrundlosen Erlangens vom Bereicherungsrecht angeordnete Durchführung des Herausgabeanspruchs verursacht werden.“ Ebenso § 6 II 2, Seite 311; beiläufig auch Koppensteiner, NJW 1971, Seite 1769, 1773: Die „Durchführung der Kondiktion“ dürfe „keinesfalls zu einer Verminderung des Beklagtenvermögens über die infolge der Bereicherung eingetretene Vermögensmehrung hinaus führen“. Abweichend Flessner, a. a. O., Seite 162, der die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB aus dem Gesichtspunkt der Schadensanlastung deutet; entscheidend sei, „welcher der Parteien die vermögensmindernden Ereignisse im schadensrechtlichen Sinne zugerechnet werden müssen.“ Flessner vernachlässigt hier, dass die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB nicht nur die Abzugsfähigkeit unfreiwillig erlittener Vermögenseinbußen des Bereicherungsschuldners umfasst. 780 Dazu Flessner, a. a. O., Seite 14 m. w. N. 781 Festschrift für Bekker, Seite 293, 313.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Bekunden aus der schweizerischen Praxis berichtet worden ist: Ein Bauer hatte im Frühsommer des Jahres 1893 seinen Bedarf an Heu gekauft. Der Vertrag erwies sich später als ungültig, und der Verkäufer hatte die Herausgabe des noch vorhandenen Vorrats verlangt. Durch die außergewöhnliche Trockenheit des Sommers waren die Preise für Heu rasch gesteigen. Für den Bauern bedeutete die Herausgabe des Heus einen beträchtlichen Schaden: Er musste jetzt für den nötigen Vorrat einen höheren Preis zahlen, als er ihn gezahlt hätte, wenn er sich – nicht auf die Rechtsbeständigkeit des Erwerbs vertrauend – einen gesonderten Vorrat angelegt hätte. Abgesehen von der Frage, ob es sich bei der unterlassenen Vorratsbeschaffung wirklich um eine konkrete Vermögensdisposition handelt (!), ist der Schaden des Bauern nicht allein auf die Rückabwicklung, sondern einen weiteren Umstand: das von allen zu tragende wirtschaftliche Risiko, zurückzuführen; die Preise wären bei unveränderten äußeren Bedingungen und gewöhnlichem Wetter stabil geblieben.

Der gutgläubige und unverklagte Bereicherungsschuldner soll – um den Zweck des § 818 Abs. 3 BGB auf eine Formel zu bringen – durch die Rückabwicklung keine Störung seiner Dispositionen782 hinnehmen müssen, die sich auf die rechtsbeständige Zugehörigkeit des Kondiktionsgegenstandes zu seinem Vermögen gründen783: Er soll erstens nicht an solchen Planungen festgehalten werden, die sich allein deshalb bei objektiver Betrachtung als sinnlos erweisen, weil er das erlangte Etwas nicht behalten darf784, 782 Da der Schutz des § 818 Abs. 3 BGB vermögensbezogen ist, vermag sich der Bereicherungsschuldner nicht darauf zu berufen, dass durch die Rückabwicklung ein in seinem Vermögen befindlicher Gegenstand für ihn nicht mehr zu verwenden sei. Frustrierte Aufwendungen für die Nutzung einer erlangten und herauszugebenden Sache sind dementsprechend nicht absetzbar (siehe dazu sogleich Fußnote 784). 783 Larenz/Canaris, a. a. O., § 73 I 1b, Seite 296 f. Ähnlich auch Jürgen Kohler, a. a. O., § 3 A I, Seite 123: „Für die Abzugsfähigkeit von Vermögensnachteilen kommt es . . . darauf an, ob diese Nachteile . . . durch die als Folge des rechtsgrundlosen Erlangens vom Bereicherungsrecht angeordnete Durchführung des Herausgabeanspruchs verursacht werden.“ In gleichem Sinne § 6 II 2, Seite 311; beiläufig auch Koppensteiner, NJW 1971, Seite 1769, 1773: Die „Durchführung der Kondiktion“ dürfe „keinesfalls zu einer Verminderung des Beklagtenvermögens über die infolge der Bereicherung eingetretene Vermögensmehrung hinaus führen“. So auch Gursky, JZ 1972, Seite 279, 281. 784 Hat der Kondiktionsschuldner Aufwendungen für die Nutzung des rechtsgrundlos erlangten Gegenstandes getätigt – nach einem Beispiel von Reuter/Martinek, a. a. O., § 17 II 2, Seite 585, für einen herauszugebenden Hund eine Hütte erworben –, so tritt keine Entreicherung ein, weil der Gegenwert des Opfers, hier die Hütte, nicht von der Rückabwicklung erfasst wird und dementsprechend in seinem Vermögen verbleibt. Der Fortfall der subjektiven Verwendungsmöglichkeit ist im übrigen keine Folge der Rückabwicklung, sondern der Entscheidung des Bereicherungsschuldners, die Anschaffung eines gleichwertigen Objektes, im Beispielsfall eines neuen Hundes, zu unterlassen. A. A. – ohne Begründung – Reuter/Martinek, a. a. O.: Wenn der Erwerber eines Hundes mit Rücksicht auf den Erwerb eine „sonst nutzlose“ Hundehütte anschaffe, entstehe „selbstverständlich ein abzugsfähiger Entreicherungsposten im Sinne des § 818 III BGB“.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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und zweitens soll die Rückabwicklung über den Ersatz einer ersparten Gegenleistung bzw. ersparter Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB (§ 818 Abs. 2, 1. Fall BGB) hinaus nicht mit dem Einsatz seines „eigenen“ Vermögens verbunden sein, weil diese Folgerung bedeutete, dass er zur Minderung seines „Stammvermögens“ gezwungen würde.785 Der bösgläubige bzw. verklagte Bereicherungsschuldner vermag sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung zu berufen: Er durfte nicht auf die Beständigkeit seines Erwerbs und seine damit zusammenhängenden Dispositionen vertrauen. Dieser Schutz ist nur demjenigen zu gewähren, der den Mangel des rechtlichen Grundes weder kennt noch im Wege der Klage auf die Herausgabe des erlangten Etwas in Anspruch genommen worden ist. In diesem Sinne heißt es bei Lieb786: „Mit Eintritt der Bösgläubigkeit entfallen die mit § 818 Abs. 3 BGB für den Gutgläubigen verbundenen Vergünstigungen . . .“. Diese im Ergebnis weitgehend geteilte Erkenntnis787 folgt indessen nicht – wie zumeist angenommen wird788 – aus dem Umstand, dass der bösgläubige Bereicherungsschuldner einer besonderen Haftung unterworfen ist (§ 818 Abs. 4 BGB): Die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB trifft keine Aussage über die Haftung des Schuldners für den Fall, dass er die ihm auferlegte Verbindlichkeit nicht zu erfüllen vermag, sondern sie begründet eine Einwendung gegen den Herausgabe- bzw. Wertersatzanspruch (§ 818 Abs. 2 BGB).789

Unbestimmt Larenz/Canaris, a. a. O., § 73 I, Seite 299: Der für ein rechtsgrundlos erworbenes Gemälde angefertigte (!) Rahmen sei abzugsfähig, die für ein rechtsgrundlos erworbenes Fahrzeug errichtete Garage nicht, weil sie nicht „nutzlos“ werde. Canaris hätte hier untersuchen müssen, ob der Rahmen für das Gemälde als „Verwendung“ zu qualifizieren ist (und also kraft der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung in das Vermögen des Bereicherungsgläubigers fließt). Im Hinblick auf die Errichtung der Garage scheint Canaris die Anschaffung eines anderen Fahrzeugs durch den Herausgabeschuldner zu unterstellen. 785 Zutreffend, aber zu unbestimmt Larenz/Canaris, a. a. O., § 73 I 2a und b, Seite 297 f.: „Untersucht man im einzelnen, welche Vermögensminderungen den Einwand des § 818 III BGB begründen, so geht die . . . Testfrage grundsätzlich dahin, wie der Bereicherungsschuldner bei (rechtzeitiger) Kenntnis von der Rechtsgrundlosigkeit seines Erwerbs stünde. Nicht maßgeblich ist dagegen, wie er ohne den (rechtsgrundlosen) Erwerb stünde. . . . Es kommt – wie auch sonst in den Fällen des Vertrauensschutzes – nicht darauf an, ob das Verhalten des Gutgläubigen psychologisch gesehen durch seinen guten Glauben motiviert war, sondern darauf, wie er sich bei Kenntnis der wahren Lage verhalten hätte.“ 786 Im Münchener Kommentar, § 818 Rdnr. 111b. 787 Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 818 Rdnr. 53; BGHZ 55, Seite 128, 135. 788 BGHZ 55, Seite 128, Seite 135; Gursky, JR 1972, Seite 279, 282. 789 MünchKomm/Lieb, 3. Auflage, § 818 Rdnr. 54 und 54a.; OLG Hamm FamRZ 1996, Seite 1406.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

(a) Der Verzicht auf Eingriffe in die Vermögensdisposition des Herausgabepflichtigen kraft der Rückgewährverbindlichkeit erstreckt sich freilich nicht auf den Schutz vor illiquiden oder nicht leistungswilligen Schuldnern, die dem Kondiktionsverpflichteten ihrerseits die Rückgewähr einer Leistung schulden, welche er um des Erwerbs des Kondiktionsgegenstandes willen erbracht hat.790 Hierbei handelt es sich um ein allgemeines Risiko, das kraft der Relativität der Schuldverhältnisse jeder Gläubiger selbst zu tragen hat; es kann nicht mittels der Bestimmung des § 818 Abs. 3 BGB auf den Kondiktionsberechtigten übergewälzt werden791, eine Feststellung, welche die These rechtfertigt, dass sich der Herausgabepflichtige gegenüber dem Berechtigten nicht auf den Abzug solcher „Opfer“ nach § 818 Abs. 3 BGB berufen kann, die auf seiner Seite Gegenstand eines eigenständigen Anspruchs sind.792 Diese Einschränkung hat selbst dann zu gelten, wenn sich der Anspruch des Herausgabepflichtigen gegen den Herausgabeberechtigten selbst (mithin nicht gegen einen außerhalb der Kondiktionsbeziehung stehenden Dritten) richtet, weswegen insbesondere ein „Abzug“ der rechtsgrundlos erbrachten Gegenleistung nach § 818 Abs. 3 BGB auszuscheiden hat793: Dem Herausgabepflichtigen steht vielmehr ein eigenständiger Anspruch auf Rückgewähr aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB zu, den er in entsprechender Anwendung des § 320 BGB durchzusetzen vermag.794 Bezogen auf auf die Darlegungs- und Beweislast unterstellt auch der Bundesgerichtshof bei der Rückabwicklung synallagmatischer Verhältnisse zwei einander 790 Gedacht ist hier an den Erwerb einer gestohlenen Sache: Der gutgläubige Käufer kann dem Herausgabeanspruch des Eigentümers nicht den an seinen Verkäufer gezahlten Preis als Wegfall der Bereicherung entgegenhalten. 791 Zu Recht wird daher die an einen Dritten für den Erwerb des Kondiktionsgegenstandes erbrachte Gegenleistung nicht als bereicherungsmindernd anerkannt (Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 818 Rdnr. 43 mit zahlreichen Nachweisen; BGH MDR 1954, Seite 470, 471): Dem Herausgabepflichtigen stehen gegen den Dritten Ansprüche aus dem Gesichtspunkt der Nichterfüllung zu; das Risiko ihrer Durchsetzbarkeit trägt der Herausgabepflichtige, nicht aber der Kondiktionsberechtigte. 792 A. A. – ohne Begründung und mit Wendungen, die eine gewisse Unsicherheit verraten – Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 988 Rdnr. 12: „Soweit . . . Verwendungen auf die Hauptsache im Rahmen von §§ 988, 818 Abs 3 abzugsfähig sind, stellt sich die Frage, ob der Vindikationsgegner auch solche Verwendungen absetzen kann, für die ihm ein eigener Verwendungsersatzanspruch nach §§ 994 ff. zusteht. Man sollte das zulassen; für den Besitzer hätte das den Vorteil, daß es auf die Fälligkeitsvoraussetzungen des Verwendungsersatzanspruchs nicht ankommt. Daß die Verwendungen nicht doppelt . . . geltend gemacht werden dürfen, versteht sich von selbst.“ 793 A. A. Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 818 Rdnr. 42 und 46 ff. 794 Zutreffend v. Tuhr, Festschrift für Bekker, Seite 309: „Vielmehr entsteht aus der Erfüllung eines ungültigen zweiseitigen Vertrags für jeden Kontrahenten eine Rückforderung der von ihm vorgenommenen Leistung: zwischen beiden Ansprüchen besteht Retention bezw. Aufrechnung.“ Im Ergebnis ebenso Wieling, AcP 169, Seite 137, 157; Larenz/Canaris, a. a. O., § 73 III 2c, Seite 325.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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gegenüberstehende Ansprüche: Derjenige, der die von ihm rechtsgrundlos bewirkte Leistung zurückverlange, müsse keinen „Saldo“, sondern lediglich den eigenen „positiven Rechnungsposten“ beweisen.795 Dies soll sich daraus ergeben, dass „die Saldotheorie nur die folgerichtige Anwendung des in § 818 Abs. 3 BGB zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedankens auf gegenseitige Verträge“ sei.

Mit der Annahme wechselseitiger Ansprüche bei der Rückabwicklung gegenseitiger Verträge ist freilich noch nicht darüber entschieden, ob um der Aufrechterhaltung eines sog. faktischen Synallagmas willen der Anspruch der einen Seite im Ausgangspunkt um den Wert des Anspruchs der anderen Seite zu kürzen ist.796 Diese Frage ist indessen nicht unter dem Gesichtspunkt des Dispositionsschutzes (§ 818 Abs. 3 BGB), sondern der Unmöglichkeit der Leistung zu lösen: Erlischt die Pflicht zur bereicherungsrechtlichen Rückgewähr in entsprechender Anwendung des § 326 Abs. 1 BGB, wenn dem anderen Teil die Herausgabe der erlangten Leistung797 ganz oder teilweise unmöglich (§ 275 BGB) und Wertersatz nicht geschuldet ist?798 Nach der sog. Lehre von der Gegenleistungskondiktion799 soll bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung synallagmatischer Vertragspflichten derjenige, der das Erlangte nicht mehr herauszugeben vermag, unabhängig vom Fortbestand einer Bereicherung Wertersatz leisten müssen.800 Damit würde etwa vermieden, dass eine verkaufte Sache beim Käufer verbleibt, sofern der Verkäufer aus dem Gesichtspunkt der „zurechenbaren Entreicherung“ zur Rückgewähr des Kaufpreises nicht mehr verpflichtet ist, beispielsweise weil ihm die vom Käufer zur Erfüllung der Zahlungspflicht übereigneten Banknoten trotz sorgfältiger Verwahrung gestohlen worden sind. Der Verbleib des rechtsgrundlos erworbenen Kaufobjekts beim Käufer ist indessen auch bei der Anwendung der Vorschriften über den gegenseitigen Vertrag zu vermeiden: Sollte der nach § 275 Abs. 1 BGB befreite Verkäufer ein besonderes Interesse an der Rückgewähr des von ihm rechtsgrundlos übertragenen Gegenstandes haben, ist dieses nach dem Grundsatz von Treu und Glauben anzuerkennen, sofern er dem vermeintlichen Vertragspartner Zug um Zug Wertersatz im Umfang der von ihm erhaltenen Leistung anbietet.801 795

BGH NJW 1999, Seite 1181. So die „Saldotheorie“ (std. Rechtsprechung seit RGZ 54, Seite 137 aus dem Jahre 1903; zuletzt BGH NJW 1999, Seite 1181, 1182). Zu weitgehend denselben Ergebnissen gelangt die „Lehre von der Gegenleistungskondiktion“, nach der den Rückgewährschuldner – sollte ihm die Herausgabe des erlangten Etwas gegenständlich nicht möglich sein – eine bereicherungsunabhängige Wertersatzpflicht trifft (dazu Larenz/Canaris, a. a. O., § 73, Seite 321 ff., insbesondere Seite 325 sub 2c). 797 Bezogen auf eine Sache kann die Kondiktion auf die Rückübertragung der Sachherrschaft oder des Eigentums gerichtet sein. 798 Siehe dazu Jürgen Kohler, a. a. O., § 4 B I, Seite 183 bis 185 m. w. N. 799 Dazu eingehend Larenz/Canaris, a. a. O., § 73 III 7, 321 ff., insbesondere Seite 334 ff. 800 Larenz/Canaris, a. a. O., Seite 336. 801 Für die entsprechende Anwendung des § 323 Abs. 1 BGB a. F. (= § 326 Abs. 1 BGB) sprechen sich Wieling, AcP 169, Seite 137, 154 und Leser, a. a. O., Seite 52 ff., insbesondere 55 sub 4 und Seite 175 f., aus. 796

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Bejaht man bezogen auf die Rückabwicklung seines gegenseitigen Vertrags im Ausgangspunkt die entsprechende Anwendbarkeit der Vorschriften der §§ 320 ff. BGB, so kann der Herausgabeberechtigte zur Rückgabe der von ihm empfangenen Gegenleistung kraft der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts (§ 320 BGB in entsprechender Anwendung) angehalten werden.802 Freilich darf die entsprechende Anwendung der Bestimmungen über die Unmöglichkeit der Leistung nicht die dauerhafte Verfestigung einer ungerechtfertigten Vermögensmehrung zur Folge haben: Sofern der Wert des dem einen Teil verbleibenden Kondiktionsgegenstandes den der nach § 275 Abs. 1 BGB erloschenenen Pflicht des anderen Teils übersteigt, ist die Differenz an den nach § 275 BGB befreiten Schuldner auszukehren. Insoweit ist eine „Vermögensorientierung“ des Bereicherungsrechts anzuerkennen.803

(b) Aus dem Gesagten folgt, dass der jeweilige Herausgabeschuldner den Einwand der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) nur auf endgültige Vermögensopfer zu gründen vermag, beispielsweise auf Frachtkosten, Zölle oder Aufwendungen für die Beurkundung des Erwerbsgeschäftes: Sie haben für ihn bei wirtschaftlicher Betrachtung jeden Sinn verloren. Wenn er sie nicht auf Dritte abzuwälzen vermag, darf er sie wegen seiner Nutzlosigkeit dem Gegner aufbürden.804 Im Hinblick auf diese Verluste ist der Herausgabe802 Im Ergebnis zutreffend Wieling, AcP 169, Seite 137, 154. Nach verbreiteter Auffassung soll dagegen der Einwand der Entreicherung auch die an den Kondiktionsgläubiger entrichtete Gegenleistung umfassen, weil sie zu den Kosten des Erwerbs gehöre (siehe Köbl, a. a. O., Seite 217 m. w. N.). Anderer Ansicht ist v. Tuhr (Festschrift für Bekker, Seite 293, 307), allerdings mit der kaum überzeugenden Begründung, dass es am Kausalzusammenhang zwischen dem anzurechnenden „Nachteil“ (d.h. dem Erbringen der Gegenleistung) und der Bereicherung fehle: der „Nachteil“ müsse infolge der Bereicherung oder durch denselben Umstand eingetreten sein, der die Bereicherung herbeigeführt hat (a. a. O., Seite 306 und 309). Ist vom ursprünglichen Besitzer nur der Besitz geleistet worden, so richtet sich dessen Anspruch lediglich auf die Rückübertragung der Sachherrschaft; im Gegenzug kann er die Rückzahlung des gesamten Kaufpreises verlangen (sog. faktisches Synallagma). Entsprechendes gilt für den Erwerb des rechtsgrundlos verschafften Eigentums an einer Sache: Der ursprüngliche Eigentümer vermag die Rückübertragung der dem anderen Teil eingeräumten Nutzungschancen Zug um Zug gegen Rückzahlung des gesamten Kaufpreises verlangen. Ist derjenige, der das Eigentum an den ursprünglichen Rechtsinhaber zurückübertragen muss, nicht imstande, alle ihm eingeräumten Nutzungschancen zurückzugewähren (beispielsweise weil die Sache beschädigt ist), so kann der Gläubiger in entsprechender Anwendung des § 326 Abs. 1 BGB die anteilige Rückzahlung des Kaufpreises verweigern. Ist der Schuldner zum Ersatz „verbrauchter“ Nutzungschancen nach § 818 Abs. 1 BGB zum geldlichen Ersatz verpflichtet, entsteht eine Aufrechnungslage (§ 387 BGB). 803 Dazu Reimer, a. a. O., Seite 35 ff. m. w. N. 804 Larenz/Canaris, a. a. O., § 73 I 2c, Seite 298; a. A. Wieling, AcP 169, Seite 137, 150, der die Abzugsfähigkeit von Beurkundungs- und Eintragungskosten bei einem unwirksamen Grundstückserwerb verneint. Wieling bezeichnet den Umstand, dass derjenige, der die Aufwendungen getätigt hat, zum Abzug berechtigt sei, als „unverständlichen“ Zufall. Er verkennt damit den Vertrauensschutz, der nach § 818

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schuldner wirtschaftlich mithin so zu stellen, als habe er nicht auf den rechtsgültigen Erwerb vertraut. Sind Nachteile im Vermögen des Schuldners zwar kraft seiner Herrschaft über den herauszugebenden Gegenstand, nicht aber durch die Restitution selbst bedingt (etwa weil ein von ihm erbrachtes Vermögensopfer im Zeitpunkt der Restitution durch die Nutzung des geschaffenen Vorteils bereits „verbraucht“ ist oder weil unfreiwillig erlittene Nachteile sein Vermögen auch belastet hätten, wenn die zu restituierende Sache bei ihm verblieben wäre), können sie die Kondiktionsverbindlichkeit weder schmälern noch entfallen lassen: Die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB soll lediglich gewährleisten, dass die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung die Dispositionsfreiheit des Schuldners auf der Grundlage eines schützenswerten Vertrauens unangetastet lässt.805

Mit einer allgemeinen Wendung ausgedrückt darf der Kondiktionsschuldner die Erfüllung seiner Pflicht vom Ersatz solcher Vermögensopfer abhängig machen, die sich – bezogen auf den Zeitpunkt der Kondiktion – als wirtschaftlich sinnlos erweisen, weil sie im Vertrauen auf die Zugehörigkeit des Kondiktionsgegenstandes zum eigenen Vermögen über die Herausgabe hinaus erbracht wurden. Auf diese Weise wird das Risiko der Amortisation dem jeweiligen Bereicherungsgläubiger überbürdet. Als Beispiel nenne ich die Lackierung eines Fahrzeugs durch denjenigen, der rechtsgrundlos das Eigentum erworben und den Wagen unmittelbar nach der Lackierung an den Veräußerer zurückzuübereignen hat (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB): Er kann nach § 818 Abs. 3 BGB die Erfüllung des Anspruchs auf Rückübereignung von dem Ersatz der Kosten für die Lackierung abhängig machen, sofern er diese Maßnahme im Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit des Erwerbs durchführen ließ.806 Abs. 3 BGB nur demjenigen gewährt wird, der die betreffende nicht restitutionsbedingte Einbuße erlitten hat. 805 Ähnlich Larenz/Canaris, a. a. O., § 73 I 2a und b, Seite 297 f.: „Untersucht man im einzelnen, welche Vermögensminderungen den Einwand des § 818 III BGB begründen, so geht die . . . Testfrage grundsätzlich dahin, wie der Bereicherungsschuldner bei (rechtzeitiger) Kenntnis von der Rechtsgrundlosigkeit seines Erwerbs stünde. Nicht maßgeblich ist dagegen, wie er ohne den (rechtsgrundlosen) Erwerb stünde . . . Es kommt – wie auch sonst in den Fällen des Vertrauensschutzes – nicht darauf an, ob das Verhalten des Gutgläubigen psychologisch gesehen durch seinen guten Glauben motiviert war, sondern darauf, wie er sich bei Kenntnis der wahren Lage verhalten hätte.“ 806 Ein weiteres Beispiel bildet das Verjährenlassen einer Forderung gegen den Schuldner im Vertrauen auf die Zahlung eines Dritten kraft eines (unwirksamen) Garantieversprechens. In beiden Gestaltungen stellt sich die Frage der „aufgedrängten Entreicherung“: Gewährte man den Schutz des § 818 Abs. 3 BGB im Hinblick auf sachbezogene Aufwendungen uneingeschränkt, so könnten – gewissermaßen als „Kehrseite der Medaille“ – erhebliche Beschränkungen der Dispositionsfreiheit des Gläubigers die Folge sein: Diese Konsequenz ist – wie der kondiktionsrechtliche Aufdrängungs-

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

(g) Bewahrt die Bestimmung des § 818 Abs. 3 BGB den gutgläubigen und unverklagten Bereicherungsschuldner davor, durch die Rückabwicklung Aufwendungen entschädigungslos zu verlieren, die er unter Berücksichtigung der Kondiktionsverbindlichkeit nicht getätigt hätte, so hat er des weiteren keinen geldlichen Ersatz für die rechtsgrundlose Inanspruchnahme von gegenständlichen oder nichtgegenständlichen Gütern zu leisten (§ 812 Abs. 2, 1. Fall BGB), die er im Vertrauen auf die unentgeltliche Zuwendung seitens des Anspruchstellers oder eines Dritten erlangt hat. Zu denken ist beispielsweise an die Nutzung eines im Eigentum des E stehenden Kraftfahrzeugs durch B, dem zwar das Eigentum des E bekannt ist, der den Gebrauch aber auf einen mit D, dem Entleiher des E, geschlossenen wirksamen Unterleihvertrag gründet: Hat B davon auszugehen, dass ihm E, der Verleiher des D, das Fahrzeug nicht unentgeltlich überlassen hätte, so schuldet er – sollte D zur Unterleihe nicht berechtigt sein – im Ausgangspunkt den fiktiven Mietzins (§ 818 Abs. 2, 1. Fall BGB). Diese Pflicht entfällt indessen nach § 818 Abs. 3 BGB, wenn er auf die Berechtigung des D zur Unterleihe vertraut hat und sich die Gebrauchsmöglichkeit nicht gegen Zahlung eines Entgelts verschafft hätte.807 Die Möglichkeit des unentgeltlichen Erwerbs verkennt Canaris, der formuliert808: „Wenn der Bereicherungsschuldner Gebrauchsvorteile . . . in Anspruch nimmt, tut er das . . . in dem Bewußtsein, daß er sie zum einen bezahlen muß und zum anderen die vermögensmäßigen Folgen seines Verhaltens selbst trägt.“

Hier ist der Bereicherungsschuldner kraft des § 818 Abs. 3 BGB so zu stellen, als sei der rechtsbeständige Erwerb eingetreten.809 In dieser Gestaltung entfällt ausnahmsweise die Pflicht zum Wertersatz aus dem Gesichtspunkt des Dispositionsschutzes, obgleich der Empfänger etwas erlangt hat, wofür er üblicherweise ein Entgelt hätte entrichten müsschutz überhaupt – nicht in das Blickfeld des Gesetzgebers geraten (siehe oben V. 2. d), Seite 532, und Fußnote 94 des Abschnitts II.). Zur Vernachlässigung des Aufdrängungsschutzes im Recht der ungerechtfertigten Bereicherung siehe MünchKomm/Lieb, 3. Auflage, § 812 Rdnr. 259. 807 Wie eine unentgeltliche Zuwendung ist die rechtgrundlose Leistung von Unterhalt (BGHZ 118, 383, 386) oder die Überzahlung von Gehalts- und Versorgungsbezügen zu behandeln, die nach ihrem Wesen und Zweck einer Unterhaltsrente gleichkommen (OLG Hamm FamRZ 1996, Seite 1406); hier entfällt die Erstattungspflicht, sofern keine Rücklagen etc. (§ 818 Abs. 2, 2. Fall BGB) gebildet worden sind. 808 In dem von Larenz begründeten Lehrbuch, § 73 III 2e, Seite 326. 809 Beim entgeltlichen, aber rechtsgrundlosen Erwerb einer Sache darf der Bereicherte nicht auf die unentgeltliche Nutzung vertrauen; er ist aber davor zu bewahren, nicht zweifach, nämlich durch Entrichtung der Gegenleistung und Herausgabe der gezogenen Nutzungen (§§ 818 Abs. 1, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB), belastet zu werden. Die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme des Bereicherten besteht nicht, sofern die bereits erbrachte Gegenleistung an ihn zurückfließt (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB). Gegebenenfalls kann er seinen Anspruch auf Rückgewähr der Gegenleistung mit der Verpflichtung zum Nutzungsersatz verrechnen (§ 387 BGB).

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sen: Derjenige, der auf die unentgeltliche Zuwendung eines Vorteils vertraut, darf nicht zum Wertersatz angehalten werden, weil dies den Einsatz „ureigener“ Mittel, d.h. des bereits erwähnten810 „Stammvermögens“, erforderte (§ 818 Abs. 2, 1. Fall BGB).811 Als Beispiel sei folgender, mir vor einigen Jahren berichteter Sachverhalt angeführt: Ein 22-jähriger Student (S) aus Passau schenkte seiner in Hamburg wohnhaften 18-jährigen Freundin (F) eine Fahrkarte für eine Fahrt mit der Deutschen Bahn AG von Hamburg nach Passau. Die Karte war – was F nicht zu erkennen vermochte – gefälscht: Es handelte sich um die qualitativ gute Kopie einer echten Fahrkarte, die S käuflich erworben hatte. Die DB hatte ihm jedoch das gezahlte Entgelt Zug um Zug gegen Rückgabe der (von S zuvor kopierten!) Originalfahrkarte nahezu vollständig erstattet. F, die sich die Fahrt aus eigener Tasche nicht hätte erlauben können, begab sich mit dem gefälschten Ticket nach Passau. Kurz vor ihrer Ankunft wurde ein Kontrolleur angesichts der Papierqualität misstrauisch und behielt die Karte ein, deren Unechtheit später festgestellt wurde. Die DB verlangte von F Zahlung des Fahrpreises – zu Unrecht: F schuldete zwar im Ausgangspunkt das übliche Beförderungsentgelt aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB, weil sie ein der DB zugewiesenes „Tauschgut“ in Anspruch nahm.812 Die Verbindlichkeit erlosch aber nach § 818 Abs. 3 BGB, weil sie als unverklagte, gutgläubige Empfängerin (!) der Beförderungsleistung darauf vertrauen durfte, dass ihre eigene Vermögensdisposition durch die DB (sie hätte die Kosten für die Fahrt nicht investiert) unberührt bleibt.813 810

Siehe oben Fußnote 717 dieses Abschnitts. Diese Gestaltung lässt Gursky, JR 1972, Seite 279, 280 sub 2, außer acht. 812 Sowohl aus der Sicht der F als auch aus der Sicht der DB bewirkte die DB eine Leistung im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB an F: Sie wollte sich durch die Beförderung von ihrer gegenüber der „Fahrkarteninhaberin“ vermeintlich bestehenden Pflicht im Sinne des § 362 BGB befreien. Ein vertraglicher Anspruch der DB gegen F schied aus, weil das Einsteigen in den Zug nicht als Willenserklärung, gerichtet auf den Abschluss eines Beförderungsvertrages, bewertet werden kann: Wegen der Möglichkeit des Erwerbs einer Fahrkarte sowohl vor Fahrtantritt als auch während der Fahrt beim Begleitpersonal kam dem Einsteigen in den Zug kein eindeutiger Erklärungswert zu (§§ 133, 157 BGB). 813 Ebenso verhält es sich, wenn jemand auf der Grundlage eines nichtigen Schenkungsvertrags eine Flugreise unternimmt und danach von dem vermeintlichen (beispielsweise arglistig getäuschten) Schenker auf Erstattung des üblichen Beförderungsentgelts in Anspruch genommen wird: Das Vertrauen des Reisenden auf den unentgeltlichen Erwerb unterstellt, vermag er die Erstattungspflicht nach § 818 Abs. 3 BGB abzuwehren. Die Anwendung des § 818 Abs. 3 BGB ist auch dann eröffnet, wenn der Bereicherungsschuldner darauf vertrauen durfte, den in Natur nicht restituierbaren Vorteil nur zu einem wesentlich günstigeren Preis in Anspruch nehmen zu können. Hat beispielsweise ein Fluggast den von einem Angestellten der Fluggesellschaft falsch errechneten und auf dem Flugschein angegebenen Flugpreis bezahlt, so kann er dem Verlangen der Fluggesellschaft, gerichtet auf Nachzahlung bis zur Höhe des üblichen Beförderungsentgelts, entgegenhalten, dass er sich bei Kenntnis des wahren Preises zu einem anderen Unternehmen begeben und mit diesem eine Beförde811

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Ein zweites Beispiel sei angeführt: A bestellt bei R, dem Inhaber eines Restaurants, als Vertreter ohne Vertretungsmacht (§§ 177, 179 BGB) im Namen des B ein Essen für zwei Personen. Sodann spricht er gegenüber B (dem die Erklärung des A gegenüber R nicht kraft einer Anscheinsvollmacht zuzurechnen ist) eine Einladung zum Essen im Restaurant des R aus. Nach dem Verzehr der Speisen und Getränke verlangt R von B Zahlung der ihm servierten Mahlzeit. Dieser wendet ein, von A eingeladen worden zu sein – zu Recht: Zwar hat B ein Gut verbraucht, für dessen Erwerb er gegenüber R eine Verpflichtung zur Gegenleistung hätte begründen müssen (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB).814 Er hat jedoch darauf vertraut, die Mahlzeit kraft einer Schenkung des A unentgeltlich zu erlangen, so dass ein Zahlungsanspruch des R gegen B zu verneinen ist, § 818 Abs. 3 BGB. Die Zahlung der verzehrten Speisen und Getränke schuldet ausschließlich A als Vertreter ohne Vertretungsmacht kraft seiner Haftung auf Erfüllung des Vertrags (§ 179 Abs. 1 BGB).

Ebenso verhält es sich, wenn der gutgläubige und unverklagte Kondiktionsschuldner kondizierbare Gegenstände für den Erwerb von Vorteilen verwendet hat, die einer Veräußerung zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers nicht zugänglich sind815 und die er sich unter Einsatz seines „Stammvermögens“ nicht verschafft hätte (§ 812 Abs. 2, 2. Fall BGB).816 rung zum tatsächlich entrichteten Preis vereinbart hätte (BGH NJW 1979, Seite 555; das Gericht stützt die Argumentation allerdings – zu Unrecht – auf § 818 Abs. 2 BGB). Entgegen der Darstellung von Jürgen Kohler, a. a. O., § 6 C II 2, Seite 310, ist die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB nach der hier vertretenen Ansicht im Hinblick auf den gutgläubigen Bereicherungsschuldner, der einen nichtgegenständlichen Vorteil in Anspruch nimmt, nicht „funktionslos“. 814 B hat das Eigentum an den Speisen erlangt, § 929 Satz 1 BGB: R wollte seine vermeintlich gegenüber B bestehende Verbindlichkeit erfüllen, während B die Einigungserklärung als vermeintlich Begünstigter eines Vertrags zugunsten Dritter (§ 328 BGB) abgab. Das Eigentum an den Gerichten und Getränken kann nach ihrem Verzehr nicht mehr herausgegeben werden (§ 275 BGB; siehe dazu oben V. 2. d) aa) (d) (2) (aa), Seite 547 ff.). Durch den Verzehr hat B das erlangte Eigentum verbraucht. Dieser Verbrauch, der einem Gebrauch gleich zu behandeln ist (siehe dazu oben III. 2. g) bb) (b), Seite 116, und unten V. 2. d) aa) (d) (4) (aa), Seite 565), entbehrt eines rechtlichen Grundes (§ 818 Abs. 1 BGB): Der Genuss von Speisen steht in einem Restaurant nur demjenigen zu, der sich die rechtlich verbürgte Chance des Genusses „erkauft“ hat oder zu dessen Gunsten sie erworben wurde. 815 Ist an die Stelle des erlangten Etwas ein verkehrsfähiges Gut getreten, so ist dessen Verkehrswert bis zur Höhe des Wertes des ursprünglichen Kondiktionsgegenstandes an den Gläubiger herauszugeben: Der Schuldner hat das Surrogat gegebenenfalls zu veräußern (zutreffend Jakobs, Eingriffserwerb und Vermögensverschiebung, Seite 59 m. w. N.). Insoweit ist die „Vermögensorientierung“ des Bereicherungsrechts (dazu Reimer, a. a. O., Seite 35 ff. m. w. N.) anzuerkennen. 816 Als Beispiel führe ich in Anlehnung an Koppensteiner, NJW 1971, Seite 1769, 1773 den Fall an, dass jemand einen kondizierbaren Geldbetrag für einen „Luxusurlaub“ verwendet.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Bei nicht gegenständlichen Surrogaten, die vom Bereicherungsschuldner ausschließlich im Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit des Erwerbs erlangt wurden und einer Veräußerung nicht zugänglich sind, handelt es sich nach landläufiger Definiton um sog. „Luxusausgaben“.817

(cc) Der Zweck des § 818 Abs. 3 BGB: die Gewährung einer durch die Herausgabe des „erlangten Etwas“ unbeeinträchtigten Vermögensdisposition des gutgläubigen und unverklagten Schuldners818, gestattet den Umkehrschluss, dass der Verpflichtete – nicht anders als der bösgläubige bzw. verklagte Schuldner, der stets mit der Rückgewähr des Erlangten zu rechnen hat – an solchen Vermögensplanungen festzuhalten ist, die durch die Rückabwicklung nicht berührt werden. Die Disposition eines Bereicherten würde kraft der Rückabwicklung sachwidrig zu seinen Gunsten „korrigiert“, wenn er einen ihm nicht gehörenden Gegenstand in dem Irrtum verbraucht, es handele sich um eine eigene Sache: Der Betrag, den der Bereicherte für die eigene (nicht verbrauchte) Sache aufgewandt hat, beziffert die fortbestehende Bereicherung. Als Beispiel führe ich den Fall an, dass B eine Flasche Champagner in dem Irrtum leert, es handele sich um das eigene, zum Sonderpreis von 20 Euro erworbene Getränk. In Wahrheit trinkt B eine Flasche des E, der sie zum Preis von 24 Euro gekauft hatte. Durch den Genuss wird der konkrete Nutzwert vollständig gezogen; diese Möglichkeit hätte B zum Gegenstand eines Kaufvertrags machen müssen.819. Der von B gezogene Vorteil des Verbrauchs ist mit 24 Euro zu beziffern.820 B vermag sich jedoch in Höhe von 4 Euro auf den Einwand der Entreicherung zu berufen, sofern er für den Genuss maximal 20 Euro investiert hätte.821 Der von B veranschlagte Nutzwert in Höhe von 20 Euro gestattet nicht den Einwand, er hätte sich nur eine einzige, nämlich die irrtümlich geleerte Flasche des E gegönnt: Andernfalls bewirkte das Kondiktionsrecht eine Mehrung des 817

MünchKomm/Lieb, 3. Auflage, § 818 Rdnr. 74. Insoweit gewährleistet das Kondiktionsrecht Dispositionsschutz zugunsten des gutgläubigen und unverklagten Schuldners. Zutreffend Jürgen Kohler, a. a. O., § 3 A I 2, Seite 129. 819 Die Wertersatzpflicht gründet sich auf die Vorschriften der §§ 818 Abs. 1, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB: Unmöglichkeit der Herausgabe des Erlangten, hier des Genusses. Der Verbrauch einer Sachsubstanz steht ihrem Gebrauch gleich (siehe dazu oben III. 2. g) bb) (b), Seite 116, und eingehend unten V. 2. d) aa) (d) (4) (aa), Seite 565 ff.). 820 Durch den Genuss des Champagners wird sein Nutzwert vollständig gezogen; das Recht hierzu hätte B zum Gegenstand eines Kaufvertrags machen müssen (§§ 818 Abs. 1, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB). 821 Hätte im angeführten Beispiel B geglaubt, eine ihm geschenkte Flasche zu leeren, so wäre die ihn im Ausgangspunkt treffende Ersatzpflicht aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2 BGB nach § 818 Abs. 3 BGB entfallen. Wie hier Gursky, JR 1972, Seite 279, 284, der bezogen auf einen vergleichbaren Sachverhalt die Entreicherung unter dem Begriff der „Reserveursache“, nicht der zu schützenden Dispositionsfreiheit des Bereicherungsschuldners, erörtert. 818

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

„ureigenen“ Schuldnervermögens um den Verkehrswert der noch vorhandenen Flasche.822

(3) Die wechselseitige Ergänzung von Vindikation und Kondiktion Bewahrt der Einwand der Entreicherung den gutgläubigen und unverklagten Sachschuldner vor Dispositionsänderungen, so handelt es sich um eine Verteidigung, die keine Entsprechung in den Regelungen des EigentümerBesitzer-Verhältnisses findet (§§ 994, 996 BGB): Kraft der Bestimmungen über den Verwendungsersatz werden Vermögensopfer des Besitzers ausgeglichen, deren Ersatzfähigkeit sich ausschließlich nach sach- und tätigkeitsbezogenen, dagegen nicht nach vertrauensschutzbezogenen Gesichtspunkten richtet. Der Ersatz von Aufwendungen, die ein Besitzer getätigt hat, vollzieht sich mithin auch unter verschiedenen Aspekten: Während das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis den Ausgleich als sachenrechtliches System strikt an die Bereicherung des Eigentümers knüpft, schützt die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB das Vertrauen des Besitzers auf den Fortbestand seiner Berechtigung, das ihn zu bestimmten Ausgaben etc. veranlasst hat.823 Die Normen beider Institute stehen wegen ihrer verschiedenen Ausrichtung im Ausgangspunkt unverbunden nebeneinander.824 Mit einer knappen Formulierung lässt sich sagen: Das Bereicherungsrecht erlaubt eine „aufgedrängte Entreicherung“ zu Lasten des Eigentümers als Kondiktionsgläubiger aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes des Besitzers, das EigentümerBesitzer-Verhältnis verpflichtet ihn aus dem Gesichtspunkt der eigenen Be822 Hätte B den Irrtum vermeiden können, schuldet er die Zahlung von 24 Euro aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung, §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 2 BGB. 823 Zutreffend betont bereits v. Tuhr, Festschrift für Bekker, Seite 293, 313, dass die „impensae necessariae und utiles allen andern Posten gegenüber eine Sonderstellung einnehmen: sie müssen vom Restiduendum abgezogen werden, nicht nur weil der Bereicherungsschuldner sein Vermögen um diese Ausgaben vermindert hat, sondern vor allem deshalb, weil er den Wert der herauszugebenden Gegenstände um diesen Wert erhöht bez. dem Bereicherungskläger Ausgaben erspart hat, welche dieser hätte machen müssen. Für die imp. voluptariae und alle übrigen Passivposten der Bereicherung gilt diese Erwägung nicht; wenn der Abzug erlaubt wird, so geschieht es nur deshalb, um den Bereicherungsschuldner vor einem Schaden zu bewahren.“ 824 Bei Pinger, a. a. O., Seite 42 heißt es: „Infolge des Gestaltungsanspruchs eines jeden Gesetzes ist . . . die Vermutung für Anspruchskonkurrenz gegeben. (Sie) wird ausgeräumt durch die Feststellung eines Wertungswiderspruchs zu einer anderen Norm. Ein solcher Wertungswiderspruch bedingt den Vorrang einer der beiden Normen.“ Im vorliegenden Zusammenhang ist es unrichtig, von „Wertungswidersprüchen“ zu sprechen: Die Regelung des § 818 Abs. 3 BGB auf der einen und die Vorschriften der §§ 994 ff. BGB auf der anderen Seite stehen nicht in einem unvereinbaren Gegensatz!

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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reicherung, Maßnahmen zur Erhaltung, Wiederherstellung, ordnungsgemäßen Bewirtschaftung oder Verbesserung der Sache zu bezahlen.825 Wegen ihrer teilweise unterschiedlichen Ausrichtung sind Vindikation und Kondiktion jedoch einer wechselseitigen Ergänzung zugänglich.826 Steht der Ausgleich sachbezogener Aufwendungen des (gutgläubigen und unverklagten) Besitzers in Rede, so ist die Belastung des Eigentümers auf notwendige und nützliche Verwendungen (§§ 994, 996 BGB) zu begrenzen, auf den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes für weitergehende Verwendungen vermag sich der Besitzer in diesem Rahmen nicht zu berufen. Die Abzugsfähigkeit anderer als sachbezogener Vermögensopfer bei der Vindikation und der Kondiktion des Besitzes bestimmt sich nach § 818 Abs. 3 BGB. Diese Ergänzung verwirklicht die Erkenntnis, dass die Vindikation der Sache nach eine Kondiktion ist.827 825 Der unterschiedlichen Ausrichtung beider Regelungssysteme werden die Ausführungen von Wieling, AcP 169, Seite 137, 145 ff., nicht gerecht. 826 Dagegen – ohne die Frage der „aufgedrängten Entreicherung“ an dieser Stelle mit einem Wort zu behandeln – apodiktisch Larenz/Canaris, a. a. O., § 74 I 2d, Seite 344: „Freilich kann . . . (ich ergänze: der Herausgabeberechtigte) selbstverständlich nicht bereicherungs- und vindikationsrechtliche Folgen beliebig zu seinen Gunsten kombinieren . . .“ Ähnlich Waltjen, AcP 175, Seite 109, 112. Im Ergebnis wie hier, ohne allerdings in die Einzelheiten zu dringen, C. Peters, AcP 153, Seite 454, 464: „. . . Daraus ergibt sich dann die Unterscheidung der Pflichten des Besitzers je nachdem, ob auf seiner Seite ein Verschulden im Spiel ist oder nicht. Im ersteren Falle besitzt er auf Grund Delikts, im anderen auf Grund einer Bereicherung.“ (Hervorhebung durch Verf.). 827 Überraschenderweise lässt Dimopoulos-Vosikis bei seinem Versuch, die bereicherungsrechtliche Prägung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses herauszustellen (a. a. O., Seite 100), den Anspruch des Eigentümers gegen den Besitzer auf Herausgabe der Sache (§§ 985, 986 BGB) gänzlich außer Betracht. Die hier vorgenommene wechselseitige Ergänzung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses und des Kondiktionsrechts wird auch von Verse, a. a. O., Seite 49, nicht erwogen. Verse belässt es vielmehr bei der Feststellung (a. a. O., Seite 51): „Die für das Bereicherungsrecht so bedeutende Vorschrift des § 818 III BGB findet in § 994 I BGB keine Entsprechung. . . . Ferner kann auch die Regelung des § 996 BGB zu Abweichungen von § 818 III BGB führen.“ Eine solche „Abweichung“ nimmt Verse im folgenden, von ihm angeführten Beispiel an (a. a. O., Seite 51): A verziert ein herauszugebendes Möbelstück des B, so dass zwar dieses Einzelexemplar im Wert steigt, es sich aber nicht in die einheitliche Möbelausstattung des B einfügt und diese daher insgesamt im Wert sinkt. Die Minderung des Wertes der Sachgesamtheit begründe, so Verse, eine Entreicherung des Herausgabegläubigers nach § 818 Abs. 3 BGB, diesen Einwand könne der nach § 996 BGB ersatzpflichtige Eigentümer nicht geltend machen. Insoweit enthalte die Regelung des § 996 BGB also eine Vergünstigung für den redlichen Besitzer. Diese Ausführungen gehen von vornherein fehl: Verse verkennt, dass sowohl im Rahmen des § 996 BGB als auch bei der Verwendungskondiktion (§§ 818 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2 BGB) zu entscheiden ist, ob auf den Wert der Sachgesamtheit oder des zu einer Sachgesamtheit gehörenden Einzelstücks abzustellen ist. Der Maßstab für die Wert-

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Ist der Eigentümer zum Ersatz von Vermögensopfern des Besitzers, die keine Verwendungen im Sinne der §§ 994 ff. BGB darstellen828, nicht willens oder in der Lage, so ist zu fragen, ob die Sache im Besitz des Kondiktionsschuldner verbleiben soll oder ob er lediglich zu ihrer Verwertung befugt ist, um sich aus dem Erlös zu befriedigen (§ 1003 BGB in entsprechender Anwendung).829 M. E. ist die analoge Anwendung des § 1003 BGB geboten, weil der Kondiktionsgegenstand selbst nach wie vor dem Eigentümer, nicht dem Besitzer zugewiesen ist.830

(4) Die Unvereinbarkeit des Bereicherungsrechts mit den Regelungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses wegen der „inneren Geschlossenheit“ der Nebenfolgen? Gegen die hier vorgenommene Abstimmung des Bereicherungsrechts mit dem Verwendungsersatz des Besitzers einerseits (§§ 994, 996 BGB) und die Erweiterung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses um den Einwand der Entreicherung andererseits (§ 818 Abs. 3 BGB in entsprechender Anwendung) könnte freilich angeführt werden, dass die Regelung des Verwendungsersatzes ihren „präsumtiven Gerechtigkeitswert als Teil des jeweiligen Rechtsinstituts“ habe, das man „entweder nur ganz oder gar nicht heranziehen könne“.831 So könnte die eingeschränkte Ersatzfähigkeit der Verwendungen des gutgläubigen und unverklagten Besitzers nach §§ 994 Abs. 1, 996 BGB als „Äquivalent“ des Umstandes zu bewerten sein, dass dieser – lässt man seine Pflicht zur Herausgabe sog. Übermaßfrüchte (§ 993 Abs. 1 BGB) und den unentgeltlichen Erwerb der Sachherrschaft (§ 988 BGB) außer Betracht – keinen Nutzungsersatz schuldet, § 993 bestimmung lässt sich weder dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis noch dem Kondiktionsrecht entnehmen; beide Institute behandeln keine Sachgesamtheiten. 828 Beispielsweise die Kosten des Erwerbs (Frachtkosten, Vermittlungsprovisionen etc.); siehe dazu Palandt/Sprau, 62. Auflage, § 818 Rdnr. 42 m. w. N. 829 Im Ergebnis ebenso Greiner, a. a. O., Seite 401 sub III. 830 Siehe dazu oben Fußnote 95 des Abschnitts II. Zur Regelung des § 1003 BGB siehe eingehend oben V. 2. c) bb) (b) (3) (d), Seite 511 ff. 831 Reuter/Martinek, a. a. O., § 20 I 2c, Seite 678 m. w. N.; Köbl, a. a. O., Seite 236 spricht zurückhaltend von der „jeweiligen Wechselbezogenheit der Neben- und Gegenansprüche“. Den Vorrang des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses vor den Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung – bezogen auf den Fall, dass der Besitzer die Sachherrschaft aufgrund eines unwirksamen Vertrages erlangt hat – betont Wieling, AcP 169, Seite 137, 148: „Wenn der gutgläubige Besitzer nach dem Willen des Gesetzes die Nutzungen behalten soll, so ist § 818 I dahin einzuschränken, daß er wegen der Nutzungen gegenüber einem solchen Bereicherten nicht anwendbar ist, der wegen der Hauptsache der Vindikation ausgesetzt ist. Das ist der allgemeine Grundgedanke, der in § 993 I für den Fall ausgesprochen ist, daß Eigentums- und Bereicherungsklage in einer Hand sind.“

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Abs. 1, letzter Halbsatz BGB.832 Indessen ist die Geschlossenheit der Institute abzulehnen, weil das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis gerade hinsichtlich des Nutzungsersatzes – wie im folgenden zu erweisen ist – keine überzeugenden Regelungen enthält. (aa) Die gebotene Gleichbehandlung des Ge- und Verbrauchs beim Ersatz von Nutzungen Die Vorschriften der §§ 987 ff. BGB behandeln lediglich den Ausgleich von Gebrauchsvorteilen (vgl. § 100 BGB); der Ersatzanspruch des Eigentümers wegen des Verbrauchs seiner Sache durch den unrechtmäßigen Besitzer soll sich demgegenüber kraft des Kondiktionsrechts vollziehen.833 Diese Beurteilung, die sich auf den Willen des Gesetzgebers gründet834, hat zur Folge, dass ein gutgläubiger rechtsgrundloser Besitzer, der sich die Sachherrschaft gegen Zahlung eines Entgelts verschafft hat, im Kondiktionsverhältnis Wertersatz zwar wegen ihres Verbrauchs (§§ 812, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB), im Eigentumsverhältnis dagegen nicht wegen ihres Gebrauchs zu leisten hätte (§§ 988 i.V. m. 993 Abs. 1, letzter Halbsatz BGB). Nun aber stellt der Gebrauch bei marktfähigen und dem Verschleiß unterworfenen Sachen835 einen fortschreitenden Verbrauch dar, weil und sofern durch ihn der Verkehrswert sinkt.836 Entfällt dieser Wert bei Fortbestand 832

Siehe dazu Wieling, AcP 169, Seite 137, 146 f. MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 993 Rdnr. 10 m. w. N.; Köbl, a. a. O., Seite 281 (den „Verbrauch“ der Sache als Gegenstand der sog. Eingriffskondiktion, nicht als Folge einer bewussten und zweckgerichteten Überlassung des Besitzes qualifizierend); Larenz/Canaris, a. a. O., § 74 I 2a, Seite 345 (wie Köbl); Reuter/Martinek, a. a. O., Seite 694 (wie Köbl); Rosenlöcher, a. a. O., Seite 124. 834 Die Kondiktion als Fortwirkung der erloschenen Vindikation bei Verbrauch und Veräußerung der Sache hielten schon die Gesetzesverfasser für so zweifelsfrei, dass sie diese einer Verdeutlichung durch gesetzliche Vorschrift nicht mehr für bedürftig erachteten. In den Motiven (zitiert nach Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 3, Sachenrecht, Seite 223) heißt es hierzu: „In Ansehung der Bereicherung durch Verbrauch der Substanz der fremden Sache läßt es der Entwurf bei der Regel des § 748 (diese Vorschrift aus dem Entwurf entsprach im wesentlichen der Bestimmung des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB), deren Anwendbarkeit so zweifellos ist, daß dieselbe einer Verdeutlichung nicht bedarf.“ (Hervorhebung durch Verf.) 835 Bei strenger Betrachtung sind alle beweglichen Sachen und Gebäude dem Verschleiß unterworfen. Ausgenommen ist nur der Grund und Boden. In diesem Sinne besteht teilweise eine begriffliche Übereinstimmung mit der Richtlinie 1999/ 44/EG zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantie für Verbrauchsgüter, erlassen vom Europäischen Parlament und dem Rat vom 25. Mai 1999 (Amtsblatt Nr. L 171 vom 7.7.1999, Seite 0012 bis 0016): Nach Art. 1 Nr. 2b der Richtlinie sind „Verbrauchsgüter bewegliche körperliche Gegenstände, mit Ausnahme von Gütern, die aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen verkauft werden . . .“. 833

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

einer (reduzierten) Substanz vollständig, so ist die Sache „aufgebraucht“.837 Zwischen dem Gebrauch und dem Verbrauch einer dem Verschleiß unterworfenen Sache besteht mithin nur ein quantitativer, kein qualitativer Unterschied.838 Dementsprechend ist im Falle der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines Kaufvertrags der Wert der durch den Gebrauch der Kaufsache gezogenen Nutzungen durch Schätzung der zeitanteiligen Wertminderung im Vergleich zwischen tatsächlichem Gebrauch und voraussichtlicher Gesamtnutzungsdauer zu ermitteln.839 In einer Entscheidung aus dem Jahre 1996840 führt der Bundesgerichtshof zutreffend aus: „Mit dem Entschluß, die Anlagen käuflich zu erwerben und als eigene zu nutzen, hat die Beklagte (d.h. die herausgabepflichtige Kondiktionsschuldnerin) eine Investitionsentscheidung getroffen, die auch im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung des gescheiterten Vertrages zu respektieren ist. . . . Mehr als den vereinbarten Kaufpreis, der bei der Ermittlung der zeitanteiligen linearen Wertminderung regelmäßig als Ausgangswert der Kaufsache zugrunde zu legen ist . . ., kann die Klägerin (d.h. die Eigentümerin) daher auch dann nicht erwarten, wenn ihr die Anlagen nicht oder erst nach dem Ende ihrer voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer zurückgegeben werden. Dem entspricht es, daß die Beklagte sich im Falle der Wirksamkeit des Kaufvertrages mit der Zahlung des (vollständigen) Kaufpreises die Möglichkeit erkauft haben würde, die Anlagen bis zum Eintritt ihrer Gebrauchsuntauglichkeit zu nutzen.“841 836

Jahr, AcP 183, Seite 725, 740; Kleinheyer, JZ 1961, Seite 473, 474. Nach allgemeiner, freilich nicht näher begründeter Ansicht soll der Verbrauch einer Sache nicht als Gebrauchsvorteil zu bewerten sein; siehe dazu oben Fußnote 141 des Abschnitts III. 838 Bezeichnend formuliert Jahr, AcP 183, Seite 725, 740 Fußnote 88: „In der Seminarbibliothek meines Fachbereichs werden bei jeder Übungs-Hausarbeit jeweils mehrere Exemplare der gängigen Kommentare und Lehrbücher durch intensiven Gebrauch verbraucht.“ (Hervorhebung durch Verf.) 839 In diesem Punkte grundlegend BGHZ 115, Seite 47, 53 ff. aus dem Jahre 1991 (bezogen auf die Wandelung eines Kaufvertrags über Betten, die von der Käuferin genutzt worden waren). Nichts anderes gilt im Ausgangspunkt für die Bemessung der vom Eigenbesitzer gezogenen, nach § 987 Abs. 1 BGB zu ersetzenden Gebrauchsvorteile, sofern er irrtümlicherweise davon ausgeht, das Eigentum an der herauszugebenden Sache erworben zu haben. Gebraucht er die Sache indessen – wie beispielsweise der Dieb – in Kenntnis ihrer Fremdheit, so schuldet er sowohl nach § 818 Abs. 1 BGB als auch nach § 987 Abs. 1 BGB den üblichen Mietzins (in diesem Sinne – allerdings unklar formulierend – BGH NJW 1996, Seite 250, 252 f. sub B II 2 a cc; unzutreffend Gursky, JR 1998, Seite 7, 9 sub II 2; siehe zum Ganzen noch unten V. 2. d) aa) (d) (7) (aa), Seite 574 ff.). 840 BGH NJW 1996, Seite 250, 252 sub B II 2a aa (Hervorhebungen durch Verf.); eine zustimmende Anmerkung zu dieser Entscheidung aus der Feder von Martinek ist in EwiR § 818 BGB 1/96, Seite 61 f. abgedruckt. 841 Siehe dazu – kritisch – Gursky, JR 1998, Seite 7, 8: „Die Rechtsordnung hat . . . durchaus Anlaß, den bösgläubigen Kondiktionsschuldner durch eine scharfe Nutzungsherausgaberegelung dazu anzuhalten, von einem Einsatz der rechtsgrundlos erlangten Sache für eigene wirtschaftliche Zwecke abzusehen und sie statt dessen alsbald zurückzugeben.“ Gursky, dessen Aussage sich ausschließlich auf den bösgläu837

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Die Erkenntnis, dass sich Ge- und Verbrauch nur quantitativ, nicht aber qualitativ unterscheiden, entlarvt die Entscheidung des Gesetzes, den (gutgläubigen) Besitzer im Kondiktionsverhältnis wegen des Verbrauchs einer fremden Sache uneingeschränkt nach §§ 812, 818 Abs. 2 BGB, wegen ihres Gebrauchs im Eigentumsverhältnis aber nur bei unentgeltlich erlangter Sachherrschaft (§ 988 BGB) oder einer übermäßigen Nutzung (§ 993 Abs. 1 BGB) haftbar zu machen, als systematisch verfehlt842: Sollte derjenige, der eine fremde (dem Verschleiß unterworfene) Sache als gutgläubiger Eigenbesitzer gebraucht, nach dem Wortlaut des Gesetzes für ihren „Gebrauch“ nichts, im Falle des „Verbrauchs“ aber ihren ursprünglichen Wert843 ersetzen müssen?844 Sollte derjenige, der eine fremde Sache durch ihren Gebrauch verbraucht und also haftbar ist, anders zu behandeln als derjenige, der eine nicht verbrauchbare Sache (beispielsweise eine Immobilie) nutzt?845 Als Beispiel sei der Fall angeführt, dass der Besitzer B eine dem Eigentümer E gehörende, vom Dieb D gestohlene Sache von V käuflich erworben hat, wobei er gutgläubig von dessen Eigentum ausging. Hat B die Sache aufgrund des ihm von V geleisteten Besitzes nur „gebraucht“, so schuldet er dem Eigentümer nach dem Wortlaut des Eigentumsverhältnisses keinen Nutzungsersatz (§§ 988, 993 Abs. 1 BGB)846; hat er sie dagegen „verbraucht“, soll er gegenüber E zum bereichebigen (bzw. verklagten) Kondiktionsschuldner bezieht (§ 819 BGB), verkennt, dass auch dessen Haftung lediglich auf die Abschöpfung vorhandener Vorteile und den Ersatz entstandener Schäden (§§ 818 Abs. 4 i.V. m. 292 Abs. 1, 989, 990 Abs. 1 BGB) zielt, nicht jedoch durch einen „scharfen Nutzungsersatz“ einen Anreiz zur Herausgabe der Sache geben, mithin von einem weiteren Gebrauch abschrecken soll: Dieser Anreiz wird durch die Verzugsfolgen gesetzt (§§ 286, 288 BGB). 842 Das verkennt beispielsweise Wieling, AcP 169, Seite 137, 140 bis 142. 843 Wollte der Eigentümer mit der Überlassung der Sachherrschaft an den Besitzer seine Pflicht aus einem (nichtigen) Kaufvertrag erfüllen, so ist der Wertersatz auf den Zeitpunkt des Besitzerwerbs zu beziehen, sofern das Synallagma in der bereicherungsrechtlichen Rückgewähr erhalten bleiben soll. 844 Bezeichnend die verengte Sichtweise von Pulasli, a. a. O., Seite 72: „Zwar hat das Gesetz zwischen ,Verbrauch‘ im rechtlichen Sinne und ,Konsum‘ im wirtschaftlichen Sinne keinen Trennstrich gezogen, aber man ist sich darüber einig, daß der ,Verbrauch‘ im Hinblick auf die Nutzungsherausgabe des E-B-V nur im engeren ,Rechtssinne‘ zu verstehen ist, da der Verbrauch einer fremden Sache einen Eingriff in ihre Substanz darstellt; daher ist er nicht zu den Vermögensvorteilen zu zählen, welche durch die gewöhnliche Abnutzung einer Sache . . . gezogen werden.“ 845 Die hier aufgezeigte Unstimmigkeit der Regelungen über den Nutzungsersatz im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis lässt Wieling, AcP 169, Seite 137, 142 unberücksichtigt: „§ 993 I schließt die Anwendung der Bereicherungsvorschriften nur bezüglich der Nutzungen aus. Der Wert der Sache selbst soll dem Eigentümer erhalten bleiben.“ 846 Larenz/Canaris, a. a. O., § 74 I 2b, Seite 345 mit dem – zutreffenden – Hinweis, dass die Vorschrift des § 993 Abs. 1, 2. Halbsatz BGB „praktisch funktionslos würde, wenn man ihr auch bei der Eingriffskondiktion die Einschlägigkeit absprä-

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

rungsrechtlichen Wertersatz verpflichtet sein (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB).847

Man wende nicht ein, die Uneinsichtigkeit der Unterscheidung lasse sich durch die entsprechende Anwendung des § 988 BGB oder innerhalb einer unwirksamen Vertragsbeziehung zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer durch die Anerkennung einer Leistungskondiktion848 überwinden: Auf diese Weise würde einer Harmonisierung der Haftungstatbestände nur ausgewichen. Das Reichsgericht bejaht in einer Entscheidung aus dem Jahre 1940849 die entsprechende Anwendung des § 988 BGB für den Fall, daß der Eigenbesitzer die Sachherrschaft rechtsgrundlos erlangt und Früchte gezogen hat; dies ergebe „überzeugend der Vergleich mit der Rechtslage in den Fällen, wo nicht nur der Besitz, sondern auch das Eigentum an den Besitzer gekommen ist“.850 Der überwiegende Teil des Schrifttums851 folgt dieser Bewertung nicht: Der rechtsgrundlose Erwerb des Eigenbesitzes sei dem unentgeltlichen Erwerb schon deshalb nicht gleichzustellen, weil der unrechtmäßige Besitzer möglicherweise bereits die Gegenleistung an den Veräußerer bewirkt habe und daher kein dem unentgeltlichen Erwerb vergleichbarer Tatbestand gegeben sei. Vor allem führe die entsprechende Anwendung des § 988 BGB zu unbefriedigenden Ergebnissen, wenn Eigentümer und Veräußerer verschiedene Personen seien; in dieser Gestaltung sei che“. Die Funktionslosigkeit der Norm ist m. E. um der Vermeidung von Wertungswidersprüchen hinzunehmen. 847 Auf den „Vorrang“ einer zu V bestehenden Leistungsbeziehung vermag sich B im Verhältnis zu E wegen des Verbrauchs der Sache nicht zu berufen: Zum einen war dem Eigentümer die Sache abhanden gekommen (§ 935 Abs. 2 BGB). Zum anderen und vor allem hat B Wertersatz für den Verlust des Eigentums, nicht des ihm von V geleisteten Besitzes zu leisten (vgl. dazu – bezogen auf den sog. Jungbullen-Fall BGHZ 55, Seite 176 ff. – Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 727): Da der Wertverlust nur an den Eigentümer zu zahlen ist, kann B gegenüber E nicht einwenden, den Wert der Sache an den Verkäufer V auskehren zu wollen. 848 Zum Vorrang der Leistungskondiktion siehe Reuter/Martinek, a. a. O., § 20 I 3, Seite 686 ff., insbesondere § 20 I 3c, Seite 689 ff.; Köbl, a. a. O., Seite 250 ff.; Flessner, a. a. O., Seite 147 bis 149; im Ergebnis auch Wieling, AcP 169, Seite 137, 152. G. Hager, JuS 1987, Seite 877, 879, verficht den Vorrang der §§ 987 ff. außerhalb einer Leistungsbeziehung zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer mit der kaum überzeugenden Begründung, dass für den Besitzer, der den Besitz von einem Dritten erlangt habe, der Erwerbspreis möglicherweise verloren sei; das Behaltendürfen der Nutzungen schaffe hierfür „als Trostpflaster“ einen gewissen Ausgleich. 849 RGZ 163, Seite 348. 850 A. a. O. Seite 357. 851 Siehe dazu die Nachweise bei MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 988 Rdnr. 9 Fußnote 10; Wieling, AcP 169, Seite 137, 142 Fußnote 30. Nach der Darstellung von Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 1, Seite 330 Fußnote 1498, wird „die dogmatische Streitfrage (i. e. der Gleichstellung des rechtsgrundlosen mit dem unentgeltlichen Besitzer) von der Rechtsprechung nicht mehr thematisiert.“

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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ein „Durchgriff“ des Eigentümers gegen den Besitzer möglich, ohne dass dieser dem Anspruch auf Nutzungsersatz seinen eigenen (gegen den Veräußerer gerichteten) Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises entgegenhalten könne. Die Pflicht zur Herausgabe der Sachfrüchte bzw. die Auskehr ihres noch vorhandenen Wertes sei dementsprechend unmittelbar aus dem Kondiktionsrecht (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 1 und 2 BGB) herzuleiten.852 M. E. ist die entsprechende Anwendung des § 988 BGB auf den gutgläubigen Eigenbesitzer, der die Sachherrschaft rechtsgrundlos erlangt hat, zumindest dann abzulehnen, wenn der Eigentümer den Ersatz von Gebrauchsvorteilen begehrt: Die Pflicht zum Ersatz dieser Vorteile ist kraft der §§ 988, 818 Abs. 2, 1. Fall, 818 Abs. 3 BGB nicht zu Lasten desjenigen anzuerkennen, der den Besitz unentgeltlich erlangt hat.853

(bb) Die Aufhebung der Privilegierung des gutgläubigen Besitzers im Hinblick auf den Ersatz von Nutzungen Angesichts der aufgezeigten gesetzgeberischen Inkonsequenz ist die Bevorzugung des gutgläubigen (entgeltlichen) Besitzers durch seine Befreiung zum Nutzungsersatz (§ 993 Abs. 1, letzter Halbsatz BGB) nicht anzuerkennen: Auch der gutgläubige (entgeltliche) Besitzer schuldet ihren Ausgleich.854 Insoweit ist Medicus zu widersprechen, nach dessen Ansicht die §§ 987 bis 993 „zumindest als allgemeine Abwicklungsregeln nützen“.855 Wegen der fehlenden inneren Geschlossenheit der Regelungen ist die These, es handele sich bei dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis um ein Institut, das entweder ganz oder gar nicht anzuwenden sei, abzulehnen856: Im Hinblick auf die sachbezogenen Aufwendungen des Besitzers als Bereicherungsschuldner ist die „aufgedrängte Entreicherung“ als Interessenkon852

MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 988 Rdnr. 7 bis 9. Siehe dazu noch unten V. 2. d) aa) (d) (7) (aa), Seite 574. 854 Schränkt man die bereicherungsrechtliche Pflicht zur Herausgabe von Nutzungen (§ 818 Abs. 1 BGB) im Hinblick auf mittelbare Sach- und Rechtsfrüchte (beispielsweise einen erzielten Mietzins) in der Weise ein, dass der gutgläubige Bereicherungsschuldner nur den üblicherweise zu erzielenden „Erlös“ an den Bereicherungsgläubiger auszukehren hat (siehe dazu oben III. 2. f) cc) (c) (2), Seite 113), so hat diese Einschränkung auch für den gutgläubigen Besitzer im Verhältnis zum Eigentümer zu gelten. 855 MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, Vor §§ 987–1003 Rdnr. 20 a. E. („Gesamtwürdigung“). 856 Die „innere Geschlossenheit“ des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses ist auch in Bezug auf den (gutgläubigen) Fremdbesitzer zu verneinen, der sein vermeintliches Recht überschritten hat: Dieser ist entgegen § 993 Abs. 1 letzter Halbsatz gegenüber dem Eigentümer zum Schadensersatz aus §§ 823 ff. BGB verpflichtet, wenn eine solche Verbindlichkeit nach Maßgabe des vermeintlichen Besitzrechts begründet wäre (dazu eingehend Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, Vorbem zu §§ 987–993 Rdnr. 28 m. w. N.). 853

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

flikt zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer nach Maßgabe der in das Kondiktionsrecht zu übertragenden Regelungen der §§ 994, 996 BGB zu behandeln. (5) Die Ergänzung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses durch die sog. Kondiktionssperren Die hier befürwortete wechselseitige Ergänzung des Bereicherungsrechts und des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses ist auch auf die sog. Kondiktionssperren (§§ 814, 815, 817 Satz 2 BGB)857 zu beziehen. Hat beispielsweise der Eigentümer dem Besitzer die Sachherrschaft zur Erfüllung einer unwirksamen leih-, miet- oder pachtvertraglichen Verbindlichkeit überlassen, obgleich ihm der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt war, so kann er sie für die Dauer der vereinbarten Nutzungsmöglichkeit nicht herausverlangen: Seine vorzeitige Rückforderung wegen des Fehlens eines Rechtsgrundes ist als Widerspruch zum eigenen Verhalten („venire contra factum proprium“) zu bewerten. Aus diesem Grunde858 ordnet § 814 BGB den Ausschluss der Kondiktion an, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war.859 Der Gesichtspunkt des treuwidrigen 857 Zu beachten ist, dass der Empfänger kraft der Kondiktionssperre nicht etwas behalten darf, was von der Leistung nicht umfasst ist (zutreffend Reuter/Martinek, a. a. O., § 20 I 1c, Seite 671). Hat der Eigentümer dem Besitzer die Sachherrschaft in Kenntnis der fehlenden Leihe, Miete oder Pacht übertragen, so ist er nur gehindert, diese und die damit verbundene Nutzungsmöglichkeit zurückzufordern (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB). Zieht der Besitzer Nutzungen, so sind diese in der Leistung des Besitzes nicht enthalten und also einer Kondiktion nach §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall, 818 Abs. 1 und 2 BGB zugänglich. Ebenso kann der Eigentümer seine Sache vom Eigenbesitzer zurückverlangen, wenn er sie in Kenntnis eines nichtigen Kaufvertrags oder einer nichtigen Schenkung übergeben hat: Die Verschaffung des Eigenbesitzes ist keine vollständige Erfüllung der auf die Eigentumsübertragung gerichteten Verbindlichkeit (dazu Reuter/ Martinek, a. a. O., § 20 I 1c, Seite 671 f.). 858 MünchKomm/Lieb, 3. Auflage, § 814 Rdnr. 2 m. w. N. 859 Nach gemeinem Recht musste der Kondiktionsgläubiger dartun und beweisen, dass er den fehlenden Rechtsgrund irrtümlich angenommen hatte; nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch obliegt demgegenüber dem Kondiktionsschuldner die Beweislast für das Fehlen eines Irrtums und damit der wissentlichen Leistung auf eine Nichtschuld (König, Gutachten und Vorschläge, Seite 1515, 1526, 1528 f.). Gehen beide Parteien übereinstimmend davon aus, dass sich der Leistungsaustausch auf der Grundlage einer nichtigen Vereinbarung vollzieht, sollen die dem jeweils anderen Teil eingeräumten Vorteile kraft der „condictio ob rem“ (§ 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Fall BGB) zurückzugewähren sein: Hier wird fremdes Vermögen nicht zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit, sondern um des Erlangens einer nicht geschuldeten Gegenleistung willen vermehrt (so – bezogen auf die Rückabwicklung eines formnichtigen Grundstückskaufs – BGH NJW 1976, Seite 237; 1980, Seite 151; dazu König, Gutachten und Vorschläge, Seite 1515, 1529 f.).

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Verhaltens rechtfertigt nicht nur den Ausschluss der Kondiktion, sondern – für die Dauer des vermeintlich vereinbarten Nutzungsrechts – auch den der Vindikation.860 Entsprechendes gilt für den – rechtspolitisch umstrittenen – Ausschlußtatbestand des § 817 Satz 2 BGB.861 (6) Der Eigentumserwerb an Materialien (§ 946 BGB) als Folge der Verwendung des Besitzers Verliert der Besitzer durch Verwendungen auf die fremde Sache das Eigentum an Materialien, die er eingebaut oder mit ihr verbunden hat, so kann er nach dem Wortlaut des § 951 Abs. 1 Satz 1 BGB „Vergütung in Geld nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern“.862 Dieser Ausgleich ist nach dem Zusammenhang der Vorschrift mit der Verbindung von Sachen (§ 946 BGB) auf die Erweiterung des Eigentumsrechts und also auf den Wertzuwachs der Hauptsache zu beziehen.863 Insoweit weist die Vorschrift des § 951 BGB einen anderen Regelungsgehalt auf als die Bestimmungen über den Verwendungsersatz nach §§ 994, 996 BGB: Während § 951 BGB auf die Vermehrung des Eigentums bezogen ist, haben die Bestimmungen über den Verwendungsersatz nach §§ 994, 996 BGB ihre Grundlage in der Tätigkeit des Besitzers und damit verbunden in den ersparten Aufwendungen des Eigentümers.864 Die unterschiedliche Ausrichtung der Institute gestattet gleichwohl nicht den Schluss, dass sie unverbunden nebeneinanderstehen: Der Eigentumszuwachs kann auf der Seite des Begünstigten – bezogen auf die Verwendungen des 860

Reuter/Martinek, a. a. O., § 20 I 1c, Seite 671, hält die entsprechende Anwendung des § 814 BGB offenbar für entbehrlich, weil der Kondiktionsausschluss ein Recht zum Besitz im Sinne des § 986 BGB begründe. Diese Ansicht ist wegen der damit verbundenen Folgen nicht überzeugend: Sollte der Besitzer, der die Sachherrschaft bei konsequenter Anwendung des § 814 BGB „mit rechtlichen Grund“ ausübt, hinsichtlich der Nutzungen und Verwendungen den Regeln des (nichtigen) Vertrags unterworfen sein? 861 Siehe dazu Larenz/Canaris, a. a. O., § 68 III 3e, Seite 165 f. m. w. N. 862 Den Ausgleichsanspruch des (früher) Berechtigten bei Verbindung, Vermischung und Verarbeitung seiner Sache mit einer fremden Sache in den verschiedenen Rechtsordnungen stellt Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 2, Seite 133 ff., Rdnr. 81 ff., dar. 863 Sofern der bereicherungsrechtliche Ausgleich sich auf andere Vorteile als den bloßen Rechtserwerb bezieht, beispielsweise die Ersparnis des Kaufpreises, den der Eigentümer der Hauptsache für den Erwerb der von ihm eingebauten Materialien hätte aufbringen müssen, sind die Vorschriften der §§ 812 ff. BGB unmittelbar anzuwenden. Siehe dazu bereits oben III. 2. d) aa), Seite 96, III. 2. h) dd) (d) (1), Seite 142 und unten V. 2. d) cc) (c), Seite 584. 864 Siehe oben V. 2. c) bb) (a), Seite 487.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Besitzers – das Ergebnis einer Geschäftsbesorgung865 sein und mit der Ersparnis von Aufwendungen einhergehen.866 In diesem Falle kann der Besitzer – verbindet er eigene Materialien mit der fremden Sache um ihrer Erhaltung, Wiederherstellung, ordnungsmäßigen Bewirtschaftung oder Verbesserung willen – den Wertzuwachs der Sache, dessen Ausgleich ihm nach Maßgabe der §§ 994, 996 BGB zusteht, unabhängig von der Billigung des gewinnenden Eigentümers für sich beanspruchen. Der Eigentümer vermag den Ausgleich nicht mit dem Einwand treuwidrigen Verhaltens, gegründet auf sein Begehren, die verbundenen Materialien zu beseitigen, abzuwehren.867 Das bedeutet im Einzelnen: Der bösgläubige oder verklagte Besitzer kann einen Ausgleich für den Rechtsverlust begehren, den er bei Vornahme einer notwendigen Verwendung erlitten hat, §§ 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB.868 Sollte der Rechtsverlust indessen das Ergebnis einer nur nützlichen Verwendung sein, schuldet der Eigentümer ohne seine Billigung keinen Wertersatz für den Zuwachs an Rechten; die Tätigkeit des bögläubigen oder verklagten Besitzers vollzieht sich also – ungeachtet des damit verbundenen Erfolges – ausgleichslos. Der (Eigen- oder Fremd-)Besitzer, der die fremde Sache in Kenntnis ihrer Fremdheit zum eigenen Nutzen verbessert und dadurch ihren Wert erhöht, vermag den Wertzuwachs freilich abzuschöpfen, wenn der Eigentümer die Sachveränderung nachträglich akzeptiert (§ 687 Abs. 2 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung).

Für den gutgläubigen Besitzer gilt dies darüber hinaus auch im Hinblick auf nützliche, die Sache möglicherweise umgestaltende Verwendungen, § 996 BGB.869 Die Ansprüche des Besitzers sind stets durch seine Aufwendungen (wozu auch der durch Verbindung etc. eintretende Rechtsverlust gehört) begrenzt: Der Besitzer ist durch die Erhaltung, Wiederherstellung, ordnungsmäßige Bewirtschaftung oder Verbesserung der fremden Sache in

865 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 866 Siehe dazu oben V. 2. c) aa) (a), Seite 473. 867 Für die Berechnung der durch eine nicht notwendige Verwendung bewirkten Wertsteigerung ist mithin der Zeitpunkt der maßgebend, in dem der Eigentümer die Sache wiedererlangt (§ 996 BGB). 868 Da der Ausgleich des Wertzuwachses ausdrücklich angeordnet ist, obgleich die Verwendung dem Interessse oder Willen des Eigentümers widersprach, ist sein Recht auf Beseitigung des objektiv messbaren Vorteils zu verneinen. 869 Zum sog. weiten Verwendungsbegriff siehe oben V. 2. c) aa) (b) (1) und (2), Seite 479 ff. Der Fremdbesitzer ist im Hinblick auf den Wertersatz grundsätzlich dem vermeintlichen Besitzrecht unterworfen; siehe oben V. 2. c) aa) (b) (2), Seite 480 f.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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eine fremde Rechtssphäre eingedrungen und darf nicht besser als derjenige gestellt sein, der hierzu kraft eines Auftrags verpflichtet war (§§ 662, 670 BGB) oder zwar ohne Auftrag gehandelt, aber das Interesse und den Willen des Berechtigten gewahrt hat (§§ 683 Satz 1, 670 BGB).870 Der bereicherte Eigentümer ist kraft der unwiderlegbaren Vermutung, dass er – wäre er gefragt worden – ein Auftragsverhältnis mit dem Besitzer begründet hätte, nicht berechtigt, die Beseitigung einer Veränderung aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zu verlangen.871 Bei dieser Betrachtung ist die Vorschrift des § 951 BGB im Hinblick auf Ersatzansprüche des sachbezogen handelnden Besitzers wegen einer Verbindung seiner Sache mit der Hauptsache überflüssig872; sie hat Bedeutung nur für den Nichtbesitzer und denjenigen Besitzer, der nicht um der Sache, sondern zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit tätig geworden ist, ohne einen Ausgleich aus dem Gesichtspunkt der sog. Leistungskondiktion verlangen zu können.873 Die Pflicht des gutgläubigen Besitzers zur Beseitigung sog. Luxusverwendungen aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB könnte mit dem Hinweis auf seine fehlende Schadensersatzpflicht für Substanzverletzungen zu verneinen sein.874 Die Annahme einer Duldungspflicht des Eigentümers begründet hier freilich kein Recht des Besitzers, einen Ausgleich für seine (den Wert der Sache nicht erhöhenden!) Opfer zu verlangen.

870

Siehe dazu oben V. 2. c) bb) (a) (3) (aa), Seite 494. Zur Anwendung des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB siehe eingehend oben III. 6., Seite 191 ff. 872 Insoweit zutreffend MünchKomm/Quack, 3. Auflage, § 951 Rdnr. 4 m. w. N.; Staudinger/Gursky, 13. Bearbeitung, § 951 Rdnr. 53; Reuter/Martinek, a. a. O., § 20 III 3, Seite 698 bis 705; der Sache nach Palandt/Bassenge, 62. Auflage, § 951 Rdnr. 3; ähnlich Jakobs, AcP 167, Seite 350, 381. Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 2, Seite 44 Rdnr. 80, lehnt den Ausgleichsanspruch des Bereicherungsgläubigers wegen der Verwendung eigenen Materials (§ 951 BGB) ab: Der sich über die Rechtsverhältnisse irrende Inhaber eines Rechts werde nicht gegen sich selbst geschützt. 873 Gemeint ist hier in Anlehnung an Staudinger/Gursky, 13. Bearbeitung, § 951 Rdnr. 9 beispielsweise der Fall einer „abgeirrten Werkleistung“: Ein Werkunternehmer soll Arbeiten an einer Sache des A ausführen, nimmt sie aber irrtümlich an einer Sache des B vor. Siehe dazu III. 2. d) aa), Seite 96, und unten V. 2. d) cc) (c), Seite 584. 874 Siehe dazu oben III. 6. e) bb) (a), Seite 205, dort insbesondere Fußnote 481. 871

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

(7) Das verfehlte Verständnis der „aufgedrängten Entreicherung“ – dargestellt an einem Urteil des Bundesgerichtshofs Das richtige Verständnis eines Falles der „aufgedrängten Entreicherung“ verfehlt der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahre 1997.875 Das Gericht hatte sich mit der Verteidigung des unrechtmäßigen Besitzers eines mit einer Villa und einem Stallgebäude bebauten, ihm von dritter Seite unentgeltlich 876 überlassenen Grundstücks zu befassen. Der Beklagte lehnte die Zahlung eines Ersatzes für die gezogenen Gebrauchsvorteile an die klagende Eigentümerin aus § 988 BGB in Höhe von rund 27.000 DM ab, weil er bzw. der Vorbesitzer Investitionen auf das Grundstück im Umfang von rund 210.000 DM877 getätigt habe. Der Bundesgerichtshof bejahte einerseits die Pflicht des Beklagten zum Ersatz der gezogenen Gebrauchsvorteile aus § 988 BGB und andererseits die Abzugsfähigkeit aller Vermögensopfer, die in einem „inneren Zusammenhang“ mit den gezogenen Vorteilen stünden. Dies sei bei Aufwendungen auf die Sache grundsätzlich der Fall. Hierzu heißt es: „Aufwendungen des Besitzers auf die Sache sind unabhängig von der Frage, ob sie Verwendungen i. S. von § 994 BGB bedeuten, gemäß § 818 III BGB geeignet, den Anspruch auf Nutzungsersatz aus § 988 BGB zu mindern. . . . Die Beschränkung der Ansprüche des Besitzers (ich ergänze: nach §§ 994 ff. BGB) dient dem Schutz des Eigentümers. Bei der Bestimmung des Umfangs der Herausgabepflicht aus § 988 BGB kommt diesem Ziel dagegen keine Bedeutung zu. Die Beschränkung der Verpflichtung des Besitzers durch § 818 III BGB soll verhindern, daß er trotz guten Glaubens an sein Recht zum Besitz Nutzungen zu erstatten hat, die in seinem Vermögen nicht mehr vorhanden sind.“ Diese Ausführungen sind aus mehreren Gründen angreifbar: (aa) Die Anerkennung eines Anspruchs des Eigentümers gegen den gutgläubigen Besitzer, der die Sachherrschaft unentgeltlich erworben hat, auf Wertersatz für gezogene Gebrauchsvorteile kraft der §§ 988, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB begegnet erheblichen Bedenken: Die Haftung des gutgläubigen, unverklagten Besitzers aus § 988 BGB ist ausweislich der Protokolle nur auf die Verpflichtung zur Herausgabe von Sachfrüchten zu beziehen.878 Dehnt man die Ersatzpflicht in Übereinstimmung mit dem Wortlaut der 875 NJW 1998, Seite 989 = JR 1999, Seite 23 mit Anm. Reischl = LM § 988 Nr. 10 mit Anm. Wilhelm. 876 Dem Sachverhalt ist nicht zu entnehmen, wie die zwischen dem Besitzer und dem Dritten gteroffenen Abrede zu qualifizieren ist; im folgenden wird von einer Schenkung ausgegangen. 877 Im Einzelnen handelte es sich um die Erneuerung eines Daches, den Einbau einer Heizungsanlage, den Bau eines Schornsteines, das Auswechseln von Fenstern und Elektroarbeiten sowie die Errichtung von Garagen.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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Vorschrift („Nutzungen“) auf den Ersatz gezogener Gebrauchsvorteile aus, so vermag sich der gutgläubige Besitzer, bezogen auf die Wertersatzpflicht nach § 818 Abs. 2, 1. Fall BGB, im Verhältnis zum Eigentümer stets auf die Bestimmung des § 818 Abs. 3 BGB zu berufen: Er ist im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes davor zu bewahren, eigene finanzielle Mittel zu opfern.879 Der gutgläubige Eigenbesitzer genießt jedoch nicht den Schutz des § 993 Abs. 1 BGB, sofern er die Herrschaft über die Sache auf der Grundlage eines nichtigen Kaufvertrags erworben hat: Er hat dem Eigentümer – Zug um Zug gegen Erstattung des von ihm entrichteten Kaufpreises – den durch die Nutzung der Sache eingetretenen „Wertverzehr“ zu ersetzen; dieser ist ihm nicht kraft des Vertrauens auf einen unentgeltlichen Erwerb ausgleichslos zugewiesen. (bb) Bejaht man in Übereinstimmung mit dem Gericht den Ersatzanspruch des Eigentümers aus § 988 BGB, gerichtet auf den Wert der gezogenen Nutzung, so hätte der Besitzer nach § 818 Abs. 3 BGB nur solche Investitionen absetzen können, die er tätigte, um in den Genuss der in Rede stehenden Gebrauchsvorteile zu kommen. Die Entreicherung ist mithin auf den Kondiktionsgegenstand der gezogenen Nutzungen (nicht des Besitzes!) zu beziehen.880 Verwendungen im Sinne der §§ 994 ff. BGB begründen den Einwand der Entreicherung des Besitzers lediglich im Hinblick auf die (Rück-)Übertragung des Besitzes an den Eigentümer881; nur insoweit besteht der vom Bundesgerichtshof berufene „innere Zusammenhang“. Dies ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 1000 und 1001 BGB: Der Besitzer kann die Herausgabe der Sache verweigern, bis er wegen der ihm zu ersetzenden Verwendungen befriedigt ist, und er kann diesen Anspruch im Wege der Klage nur geltend machen, wenn der Eigentümer die Verwendungen genehmigt oder den Besitz an der Sache wiedererlangt hat.882

878 Mugdan, a. a. O., Band 3, Sachenrecht, Seite 679. Diese Beschränkung des Ausgleichs wird verkannt von Wieling, AcP 169, Seite 137, 158 f. 879 Siehe dazu oben V. 2. d) aa) (d) (2) (bb), Seite 550 ff.; verkannt in BGHZ 137, Seite 314, 316 sub II = NJW 1998, Seite 989, 990 sub III. Wollte man dem gutgläubigen Besitzer die im Text dargelegte Beschränkung versagen, wäre er ebenso wie der bösgläubige Besitzer (letzterer nach § 987 Abs. 1 BGB) zum Ersatz der Gebrauchsvorteile verpflichtet. 880 Zutreffend Wilhelm in einer Anmerkung zu dem in Rede stehenden Urteil, LM § 988 Nr. 10. Dass der Besitz und die Nutzung einer Sache nicht ineinander übergehen, zeigt beispielsweise der Verwahrungsvertrag: Der Verwahrer besitzt die Sache, ohne sie gebrauchen zu dürfen. 881 Zutreffend Staudinger/Gursky, Neubearbeitung 1999, § 988 Rdnr. 12 m. w. N. 882 Ähnlich Reischl, JR 1999, Seite 25 sub I.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

bb) Gleichbehandlung von unrechtmäßigem Besitz und rechtsgrundlos erworbenem Eigentum? Die objektiv vorteilhafte, aber unerbetene Veränderung einer Sache kann die Selbstbestimmung eines Eigentümers in unterschiedlichem Maße berühren. Zum einen kann die Einwirkung auf die Sache selbst das Recht des Eigentümers beeinträchtigen, mit ihr nach Gutdünken zu verfahren (§ 903 BGB); diese Berechtigung kann allein durch die Beseitigung der (objektiv vorteilhaften) Veränderung wieder hergestellt werden.883 Die Verpflichtung des Eigentümers zum finanziellen Ausgleich einer Verwendung berührt demgegenüber sein Recht, in eigener Verantwortung zu bestimmen, ob und in welchem Umfang er sich um der Verschaffung eines objektiv messbaren Vorteils willen zur Zahlung eines Geldbetrags verpflichtet. Beide Ausprägungen der Privatautonomie haben – wie die Ausführungen zum Mietrecht mit der Gestattung und der Akzeptanz einer Verwendung des Mieters durch den Vermieter erweisen884 – nicht notwendig etwas miteinander zu tun: Der Eigentümer kann vorübergehend oder dauerhaft auf sein Recht zur Beseitigung verzichten, ohne die geduldete Einwirkung für sich selbst als vorteilhaft zu bewerten und dementsprechend zum finanziellen Ausgleich verpflichtet zu sein. Die Freiheit der Vermögensplanung ist darüber hinaus betroffen, wenn die veränderte Sache nach dem Eingriff an den ursprünglich Berechtigten zurückübereignet werden muss: Derjenige, der die Rückübereignung einer in ihrer Substanz erhaltenen oder veränderten Sache verlangen kann, ist um des Rückerwerbs willen in seiner Disposition eingeschränkt, wenn sich der Kondiktionsschuldner885 wegen der von ihm vorgenommenen Verwendungen auf den Einwand der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) zu berufen vermag. 883

Nach Ansicht von Picker ist die Dispositionsfreiheit eines Eigentümers nur „rein faktisch“, nicht aber „rechtlich“ betroffen, wenn durch Verbindung oder Vermischung (§§ 946, 947 BGB) ein Rechtserwerb „zu seinen Gunsten“ stattfindet: Zwar bewirke dieser Zuwachs, dass der Eigentümer der Hauptsache in seinen Gebrauchsmöglichkeiten eingeschränkt sei, aber diese Beeinträchtigung bestehe allein in „tatsächlicher“ Hinsicht. Da die störenden Substanzen nicht mehr im fremden Eigentum stünden, also nicht mehr als fremdes Recht respektiert werden müssten, sei der Eigentümer weder faktisch noch rechtlich gehindert, „nach Belieben“ mit seinem Eigentum zu verfahren (Festschrift für Lange 1992, Seite 625, 649 sub bb 1). Picker vermag nicht darzulegen, warum eine „rein tatsächliche“ Beeinträchtigung die (auch in „tatsächlicher Hinsicht“ gewährleistete!) Dispositionsfreiheit aus § 903 BGB unberührt lassen sollte. Zur Deutung der Verantwortlichkeit aus § 1004 BGB durch Picker siehe im Einzelnen oben III. 6. e), Seite 197 ff. 884 Zur Miete siehe oben V. 1. a) aa) (d), Seite 361. 885 Bezogen auf diesen Zeitpunkt handelt der Kondiktionsschuldner als „Berechtigter“.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

577

Der Kondiktionsschuldner wirkt mit den Verwendungen auf ein fremdes subjektives Recht ein: Er hindert die Durchsetzbarkeit des gegen ihn gerichteten Rückübertragungsanspruchs, sofern er dem Herausgabeverlangen des Bereicherungsgläubigers die getätigten Verwendungen als „Entreicherung“ nach § 818 Abs. 3 BGB oder – sollte er „bösgläubig“ im Sinne des § 819 BGB sein – nach den Vorschriften der §§ 292 Abs. 2, 994 Abs. 2 BGB entgegenzuhalten vermag.

Die damit aufgeworfene Frage des Aufdrängungsschutzes im Rahmen einer Rückübertragung des rechtsgrundlos erlangten Eigentums führt zu der Überlegung, ob der Kondiktionsschuldner – ebenso wie der rechtsgrundlose Besitzer – auf den Abzug notwendiger und nützlicher Verwendungen zu beschränken ist. Dies ist zu bejahen, wenn eine unterschiedliche Behandlung der Besitzkondiktion des Eigentümers einerseits und der Eigentumskondiktion des früher Berechtigten886 andererseits nicht gerechtfertigt ist.887 (a) Die Wirkungen der formalen Berechtigung des Kondiktionsschuldners Derjenige, der ohne rechtlichen Grund das Eigentum am Kondiktionsgegenstand erlangt hat, vermag mit der Sache bis zur Rückabwicklung nach Belieben zu verfahren (§ 903 BGB). Der Kondiktionsgläubiger kann dementsprechend keine Beseitigung der Verbesserung aus dem Gesichtspunkt der Eigentumsverletzung (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) verlangen.

886

Hat ein Nichtberechtigter einem anderen rechtsgrundlos das Eigentum an einer Sache verschafft, so scheidet die entsprechende Anwendung der Vorschriften der §§ 994, 996 BGB zugunsten des Sachschuldners im Verhältnis zum Nichtberechtigten aus, weil dieser kraft der Kondiktion nicht das Eigentum, sondern lediglich den Besitz an der Sache wiedererlangt (Wilhelm, Sachenrecht, Rdnr. 452 m. w. N.). Dementsprechend hat der Sachschuldner mit der Vornahme der Verwendung nicht das Geschäft des Nichtberechtigten, sondern das des ursprünglichen Eigentümers geführt. Die Rückübereignung kann er von dem Ausgleich der Verwendungen durch den Eigentümer, die Übertragung der Sachherrschaft an den Nichtberechtigten von der Rückzahlung eines eventuell entrichteten Kaufpreises abhängig machen. Der Sachschuldner ist demnach zwei Ansprüchen verschiedener Personen ausgesetzt: Dem Anspruch des Nichtberechtigten auf Herausgabe des (von diesem geleisteten!) Besitzes und dem Anspruch des ursprünglichen Rechtsinhabers auf Rückübereignung. Die zuletzt genannte Verbindlichkeit ist durch Abgabe der Einigungserklärung erfüllt; die Vollziehung der Einigung ist im Hinblick auf die Fälligkeit des Verwendungsersatzanspruchs (§§ 994, 996 BGB in entsprechender Anwendung) der Wiedererlangung der Sachherrschaft gleichzustellen (§ 1001 BGB in entsprechender Anwendung). 887 Die Gleichstellung von Kondiktions- und Vindikationsschuldner befürwortet Greiner, a. a. O., Seite 208 ff. sub I und II. Greiner beschränkt zu diesem Zweck die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB auf den Wegfall oder die Verschlechterung des Erlangten (siehe dazu – ablehnend – oben V. 2. d) aa) (d) (2) (aa), Seite 547 ff., dort insbesondere Fußnote 777 a. E.).

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Eine gewisse „Ausnahme“ ist nur anzuerkennen, sollte der Kondiktionsschuldner in Kenntnis des fehlenden Rechtsgrundes auf die zurückzugewährende Sachsubstanz eingewirkt haben und hierfür schadensersatzpflichtig sein (§§ 818 Abs. 4, 819, 292 Abs. 1, 989, 990 Abs. 1 BGB): Vermag der Kondiktionsberechtigte die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes zu verlangen, so beinhaltet dies auch die Beseitigung von „Vorteilen“, die der Eingriff in die Sachsubstanz herbeiführte.

Auch sind Ansprüche kraft einer angemaßten Eigengeschäftsführung zu verneinen, weil der Kondiktionsschuldner kraft seines Eigentums als formal Berechtigter handelte. Dementsprechend ist sein Recht auf Verwendungsersatz nicht von der Akzeptanz des „Vorteils“ durch den Kondiktionsgläubiger abhängig; dessen Billigung im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB ist entbehrlich. Versäumt es der Schuldner, vor der (Rück-)Übertragung des Eigentums die von ihm bewirkten (abtrennbaren) Veränderungen zu entfernen888, so kann er sie anschließend nur auf eigene Kosten wegnehmen.889

Der rechtsgrundlose Erwerb des Eigentums erweist sich mithin aus der Sicht des Kondiktionsschuldners im Vergleich zum rechtsgrundlosen Erwerb der bloßen Sachherrschaft als vorteilhaft: Der Schuldner ist – vorbehaltlich der soeben erwähnten Verpflichtung zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes der Sache aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes – selbst dann nicht zur Beseitigung der geschaffenen „Vorteile“ verpflichtet, wenn er von der Rechtsgrundlosigkeit seines Erwerbs wusste.890 Darüber hinaus ist deren Ausgleich im Ausgangspunkt nicht von der Akzeptanz des Sachgläubigers abhängig – eine Erkenntnis, die freilich nicht den Schluss gestattet, jeder vom Kondiktionsschuldner geschaffene Vorteil sei auszugleichen. (b) Die entsprechende Anwendbarkeit der §§ 994, 996 BGB auf denjenigen, der das Eigentum ohne rechtlichen Grund erlangt hat Die Beschränkung des Ersatzes von notwendigen und wertsteigernden Verwendungen auf der Grundlage des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses 888 Dass die Qualifikation eines Vorteils als „Verwendung“ nicht zwingend den Übergang des Eigentums auf den potentiell Ausgleichspflichtigen voraussetzt, habe ich oben V. 2. c) aa) (a), Seite 473, dargelegt. 889 Dies gilt auch, wenn der befriedigte Kondiktionsgläubiger kein Eigentum an den Verwendungen erlangt hat: Das Versäumnis des Schuldners, Veränderungen der Sache rückgängig zu machen, begründet keine Verpflichtung des Gläubigers zur Herausgabe aus § 985 BGB. 890 Zur Beseitigungspflicht des bösgläubigen Besitzers siehe oben III. 6. a) und b), Seite 191 ff.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

579

(§§ 994, 996 BGB) ist nicht bereits deshalb auszuschließen, weil der Zweck der Regelungen, der Ausgleich einer Geschäftsbesorgung des Besitzers für den Eigentümer891, bei einem rechtsgrundlosen Erwerb des Eigentums nicht erreicht werden kann. Zwar trifft es zu, dass der rechtsgrundlos erwerbende Eigentümer kein Geschäft des früheren Rechtsinhabers führt. Die entsprechende Anwendbarkeit der Regelungen ergibt sich jedoch bereits aus dem Umstand, dass der verklagte oder bösgläubige Kondiktionsschuldner nach §§ 292 Abs. 2, 994 Abs. 2 BGB wie der bösgläubige oder verklagte Besitzer den Ersatz notwendiger Verwendungen verlangen kann.892 Unterstellt das Gesetz hier eine Geschäftsbesorgung des rechtsgrundlos erwerbenden Eigentümers, der den fehlenden Rechtsgrund seines Erwerbs kennt oder bereits auf Rückübereignung verklagt worden ist, zugunsten des früheren Rechtsinhabers, so darf dies auch im Hinblick auf den gutgläubigen, unverklagten Kondiktionsschuldner angenommen werden. (1) War dem Kondiktionsberechtigten (d.h. dem früheren Rechtsinhaber) an der Erhaltung, Wiederherstellung oder ordnungsmäßigen Bewirtschaftung der Sache gelegen, hat er dem Kondiktionsschuldner (d.h. dem im Zeitpunkt der Verwendung formal Berechtigten) die erforderlichen Investitionen zu ersetzen. Dieser Wille wird zugunsten des gutgläubigen und unverklagten Kondiktionsschuldners fingiert (§ 994 Abs. 1 BGB in entsprechender Anwendung). Im Hinblick auf nützliche Verwendungen ist die Wertsteigerung der Sache auszugleichen (§ 996 BGB in entsprechender Anwendung). (2) Die Frage des Aufdrängungsschutzes stellt sich unabhängig davon, ob das Eigentum auf der Grundlage einer Leistungs- oder einer Nichtleistungskondiktion zurückzugewähren ist. Entscheidend ist vielmehr, ob der Schuldner die Verwendungen in der Annahme eines rechtsbeständigen Erwerbs der Sache oder in Kenntnis des mangelnden rechtlichen Grundes vorgenommen hat. (aa) Eine Leistungskondiktion ist beispielsweise zu bejahen, wenn dem Schuldner das Eigentum zur Erfüllung einer Verbindlichkeit übereignet worden war. Nimmt er auf die ihm gehörende Sache Verwendungen vor, obgleich er weiss, dass die Eigentumsverschaffung nicht geschuldet war, so kann er die Rückübereignung lediglich von der Erstattung notwendiger Verwendungen893 abhängig machen (§§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292 Abs. 2, 994 Abs. 2 BGB). Sollte der Sachgläubiger zur Leistung des Ersatzes nicht 891

Siehe eingehend oben V. 2. c) bb), Seite 487 ff. Allgemeine Ansicht: MünchKomm/Lieb, 3. Auflage, § 819 Rdnr. 115 m. w. N. 893 Zum Begriff der Verwendung siehe oben III. 4. c), Seite 182 ff. sowie eingehend V. 2. c) aa) (a), Seite 473 ff. und V. 2. c) aa) (b), Seite 478 ff. 892

580

V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

bereit oder in der Lage sein, steht dem Schuldner das Recht zu, die Sache zum Zwecke der Befriedigung zu verwerten, § 1003 BGB. Hatte der Schuldner im Zeitpunkt seiner Investition keine Kenntnis vom Mangel des rechtlichen Grundes, ist die Abzugsfähigkeit solcher Vermögensopfer, die nicht Gegenstand eines selbständigen Ersatzanspruchs sind (§§ 994, 996 BGB in entsprechender Anwendung), nach § 818 Abs. 3 BGB aus dem Gesichtspunkt der „aufgedrängten Entreicherung“ zu verneinen. Der Rechtsübergang rechtfertigt im Vergleich zum gutgläubigen Eigenbesitz keine Ausweitung des durch § 818 Abs. 3 BGB anerkannten Vertrauensschutzes. (bb) Nichts anderes gilt, hat der Bereicherungsschuldner das Eigentum „in sonstiger Weise“, also nicht durch Leistung des Gläubigers, erlangt. Als Beispiel für eine derartige Konstellation sei das sog. „Menzel-Urteil“ des Reichsgerichts aus dem Jahre 1930894 angeführt: Die unerkannt geisteskranke Nichte des Malers hatte der Münchener Pinakothek mehrere Zeichnungen von Adolph Menzel geschenkt. Nach 15 Jahren forderte sie, gesetzlich vertreten durch ihren Vormund, die Rückgabe der Zeichnungen, an denen die Pinakothek inzwischen gemäß § 937 BGB Eigentum durch Ersitzung erworben hatte. Das Reichsgericht bejahte einen Anspruch der Klägerin auf Rückübereignung aus dem Gesichtspunkt der Nichtleistungskondiktion895 mit der Erwägung, dass die Pinakothek, wäre sie im Zeitpunkt der Übergabe Eigentümerin geworden, dreißig Jahre lang einem Bereicherungsanspruch der Nichte des Malers ausgesetzt gewesen wäre. Ihre Geschäftsunfähigkeit dürfe sich nicht zum Vorteil der Pinakothek auswirken, so dass die Zeichnungen an sie zurückübereignet werden müssten. Unterstellt, die Pinakothek hätte als Eigentümerin die Zeichnungen restauriert und mit Passepartouts versehen: Hätte deren Rückgabe vom Ersatz der Kosten für die Restaurierung oder die Passepartouts abhängig gemacht werden können? Die Antwort hängt von der entsprechenden Anwendung der §§ 994, 996 BGB ab: War eine Wertsteigerung der Zeichnungen zu verneinen, hätte die Eigentümerin keinen ausgleichsfähigen Vorteil erlangt, es sei denn, sie (bzw. ihr gesetzlicher Vertreter) hätte erklärt, dass sie die von der Pinakothek ergriffenen Maßnahmen – wäre sie (bzw. ihr Vormund) gefragt worden – hätte durchführen lassen. In diesem Fall war die Geschäftsbesorgung der Pinakothek aus der Sicht der Eigentümerin mit den ersparten Vermögensopfern zu beziffern; von einer „aufgedrängten“ Bereicherung wäre keine Rede gewesen (§§ 812 Abs. 1 Satz 2, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB).896 Auch im Falle des Eigentumserwerbs „in sonstiger Weise“ rechtfertigt der Rechtsübergang im Vergleich zum gutgläubigen Eigenbesitz keine Ausweitung des durch § 818 Abs. 3 BGB anerkannten Vertrauensschutzes.

894

RGZ 130, Seite 69. Die geschäftsunfähige Nichte des Malers hatte allenfalls den Besitz, nicht aber das Eigentum an den Zeichnungen „geleistet“. Zu der Frage, ob Geschäftsunfähige den Besitz an einer Sache zu leisten vermögen, siehe oben III. 3. a), Seite 175. 896 Siehe dazu bereits oben III. 2. h) dd) (b), Seite 135. 895

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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(cc) Dass der Kondiktionsberechtigte erklärt, er hätte die sachbezogenen Aufwendungen – wäre er Berechtigter geblieben – durch den Kondiktionsschuldner vornehmen lassen und dementsprechend Ausgaben erspart, dürfte jedoch praktisch ausgeschlossen sein. Insoweit scheidet seine Haftung kraft Akzeptanz der Vorteile aus. Seine fehlende Ausgleichspflicht gleicht in gewisser Weise den Nachteil aus, dass er keine Beseitigung der vom Kondiktionsschuldner als dem Eigentümer geschaffenen Veränderungen aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen kann.897 cc) Der Schutz des „Bereicherten“ vor dem geldlichen Ausgleich eines vom Nichtbesitzer aufgedrängten gegenständlichen Vorteils Nach den vorstehenden Ausführungen ist derjenige, der die Einräumung des Besitzes oder die Rückübereignung einer Sache verlangen kann, vor einer „aufgedrängten Entreicherung“ insoweit geschützt, als er den Ersatz von Verwendungen nur nach Maßgabe der §§ 994, 996 BGB schuldet. Nunmehr ist zu untersuchen, welche Grenzen des Ausgleichs für den Nichtbesitzer zu ziehen sind, der – ohne vom Eigentümer darum gebeten worden zu sein – um der Erhaltung, Wiederherstellung, ordnungsgemäßen Bewirtschaftung oder Verbesserung einer Sache willen ein Vermögensopfer erbringt.898 (a) Die entsprechende Anwendung der Vorschriften über den Verwendungsersatz des Besitzers ist zu verneinen, weil dem Nichtbesitzer wegen des Fehlens einer besonderen Nähe zur Sache, wie sie sich in der tatsächlichen Herrschaft ausdrückt, keine Berechtigung zur Sorge um fremdes Eigentum zuerkannt werden kann. Dementsprechend begründen die Bestimmungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses auch keine Duldungspflicht des Eigentümers im Hinblick auf beseitigungsfähige „Vorteile“: Der Nichtbesitzer schuldet ihre Entfernung – vorbehaltlich eines Wertersatzanspruchs kraft einer echten unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 684 Satz 1 BGB)899 – aus dem Gesichtspunkt der Eigentumsstörung (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB).900 Der Eigentümer einer Immobilie lässt beispielsweise aus ästhetischen Gründen den schadhaften Zaun auf dem Nachbargrundstück durch einen neuen ersetzen. 897 Zum Recht des Eigentümers, die Beseitigung von Sachveränderungen zu verlangen, siehe III. 6., Seite 191 ff. 898 Zum Begriff „Verwendung“ siehe oben oben III. 4. c), Seite 182 ff., V. 2. c) aa) (a), Seite 473 ff. und V. 2. c) aa) (b), Seite 478 ff. 899 Siehe dazu oben II. 2. d) cc), Seite 61 und sogleich unter V. 2. d) cc) (b) (2), Seite 582. 900 Zum Anwendungsbereich des § 1004 BGB siehe im Einzelnen III. 6., Seite 191 ff.

582

V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Der Nachbar plante indessen das Anpflanzen einer die Grundstücke trennenden Hecke; er kann die Beseitigung des Zaunes aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen.

Verzichtet der Eigentümer auf die Durchsetzung seines Rechts, um sich den geschaffenen Vorteil zu erhalten901, so akzeptiert er den Zuwachs. In diesem Fall lässt sich das Ergebnis des fremden Handelns nicht mehr als „aufgedrängte Bereicherung“ qualifizieren; die Kondiktionsverbindlichkeit zielt auf die Auskehr der Werterhöhung der Sache (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB). Dies gilt auch dann, wenn die Werterhöhung das Ergebnis einer Verbindung fremder Sachen mit einer Sache des Bereicherten (§ 946 BGB) ist. Der Eigentümer der Hauptsache kann hier die Beseitigung der durch den Nichtbesitzer zugefügten Bestandteile verlangen (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB).902 (b) Wird ein Nichtbesitzer zur Erhaltung, Wiederherstellung, ordnungsgemäßen Bewirtschaftung oder Verbesserung einer fremden Sache tätig, so bestimmt sich der Ausgleich der Verwendungen nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 677 ff. BGB.903 (1) Hat er mit Fremdgeschäftsführungswillen im Interesse des Eigentümers und im Einklang mit dessen Willen gehandelt, vermag er den Ersatz seiner Aufwendungen zu verlangen, §§ 683 Satz 1, 670 BGB. Im Hinblick auf Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen spricht das objektive Interesse des Eigentümers für seinen entsprechenden Willen. Darüber hinaus ist ein bereicherungsrechtlicher Ausgleich zu erwägen: Hätte der Eigentümer – wäre der Nichtbesitzer nicht eigenmächtig tätig geworden – mit diesem ein Auftragsverhältnis begründet, ist er um die Geschäftsbesorgung rechtsgrundlos bereichert; deren Wert ist mit den ersparten Aufwendungen (§ 670 BGB) zu beziffern.904 Der geschäftsführungsrechtliche Anspruch zielt auf Erstattung der vom Geschäftsführer erbrachten Vermögensopfer, der bereicherungsrechtliche auf Abschöpfung des bei dem Eigentümer/Geschäftsherrn spiegelbildlich bewirkten Zuwachses. 901 Zu den Voraussetzungen eines „Verzichts“ auf den Beseitigungsanspruch durch den Eigentümer im eigenen Interesse (also nicht etwa um der Schonung des Schuldners willen) siehe oben V. 2. b) hh), Seite 437 und V. 2. c) bb) (b) (4), Seite 516 sowie bereits II. 2. d) aa), Seite 52. 902 Auf der Seite des Eigentümers genügt es nicht, denjenigen, der sein Eigentum an den Bestandteilen verloren hat, auf die Ausübung des Wegnahmerechts (§§ 951 Abs. 2 Satz 2 i.V. m. 997 BGB) zu verweisen: Die Wegnahmebefugnis begründet auf Seiten des Bereicherten keine Berechtigung, sondern nur eine Duldungspflicht (zutreffend Ruge, a. a. O., Seite 93 ff.). Siehe dazu oben Fußnote 464 dieses Abschnitts. 903 Ich gehe davon aus, dass dem Nichtbesitzer die Fremdheit der Sache bekannt ist: Wie sollte jemand eine fremde Sache für seine eigene halten und Verwendungen an ihr vornehmen, ohne sie (wenigstens mittelbar) zu besitzen? 904 Siehe oben III. 2. h) dd) (b), Seite 135 f.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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(2) Sollte die Vermutung eines Handelns im Einklang mit dem Interesse und Willen des Eigentümers widerlegt werden, ist ein Anspruch des Nichtbesitzers auf Ausgleich der Wertsteigerung der Sache zu erwägen, §§ 684 Satz 1, 812 BGB. Er kommt freilich nur in Betracht, sofern der entgegenstehende Wille des Eigentümers nicht zu ermitteln war (§ 681 Satz 1 BGB).905 Im Zustand der Beweislosigkeit gilt dies auch im Hinblick auf einen nicht beseitigungsfähigen Vorteil: Die fehlende Beseitigungsfähigkeit rechtfertigt für sich allein keinen Ausgleich.906 (3) Hat der Nichtbesitzer es in vorwerfbarer Weise unterlassen, den Willen des Eigentümers zu ergründen, ist ein Ausgleich aus dem Gesichtspunkt der sog. Verwendungskondiktion (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall) zwar in Betracht zu ziehen, im Ergebnis aber zu verneinen: Sollte dem Eigentümer kraft der Verkehrswertsteigerung ein geldlich messbarer Vorteil zugeflossen sein, so hat er ihn nicht „ohne rechtlichen Grund“ erlangt. Ist nämlich ein Ausgleich nach den Vorschriften der §§ 677 ff. BGB zu verneinen, hat der rechtswidrig aufgedrängte Zuwachs einen „rechtlichen Grund“ im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB; andernfalls würde der geschäftsführungsrechtlich gewährte Aufdrängungsschutz gewissermaßen „durch die Hintertür“ aufgehoben.907 Das bedeutet im Einzelnen: Entsprach eine Verwendung dem Interesse und Willen des Eigentümers, so gebührt diesem das vom Geschäftsführer „aus der Geschäftsführung Erlangte“ (§§ 681 Satz 2, 667 BGB) auch nach Maßgabe des Bereicherungsrechts. Widersprach sie erkennbar dem Interesse oder dem Willen des Eigentümers/Geschäftsherrn, so ist ein Ausgleich nach der Bestimmung des § 684 Satz 1 BGB zu versagen. Entfällt aber der Ausgleich nach § 684 Satz 1 BGB und mangelt es an einer anspruchsbegründenden Akzeptanz des Geschäftsherrn im Hinblick auf den geschaffenen Zustand (§ 687 Abs. 2 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung), so ist konsequenterweise ein rein bereicherungsrechtlicher Anspruch des Nichtbesitzers/Geschäftsführers auf Wertersatz gleichfalls zu verneinen: Der Zuwachs ist dem Eigentümer/Geschäftsherrn, nicht aber dem Nichtbesitzer/ Geschäftsführer zugewiesen. Ein Kondiktionsanspruch des Nichtbesitzers kommt hier nur in Betracht, sofern der entgegenstehende Wille des Eigen905

Zur teleologischen Reduktion der Vorschrift des § 684 Satz 1 BGB siehe oben V. 2. b) ff), Seite 420 ff. und V. 2. b) gg), Seite 427 ff. 906 Siehe oben V. 2. b) ii), Seite 438. 907 Das Verhältnis zwischen Geschäftsführung ohne Auftrag und ungerechtfertigter Bereicherung legt Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung, Seite 237, zu unbestimmt fest: „. . . Außerdem bleibt der Bereicherungsanspruch grundsätzlich außer Betracht, wo sich der erforderliche Ausgleich von Vermögensvorteilen über das vertragsähnliche Institut der Geschäftsführung ohne Auftrag vollzieht. Deren Grenzen sind allerdings fließend, so daß auch hier Bereicherungsrecht relevant werden kann.“

584

V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

tümers/Geschäftsherrn nicht zu ermitteln war; er konkurriert – versteht man die Vorschrift des § 684 Satz 1 BGB nur als Rechtsfolgen-, nicht als Rechtsgrundverweisung908 – mit dem geschäftsführungsrechtlichen Anspruch nach eben dieser Vorschrift. (4) Wird ein Nichtbesitzer in Kenntnis der fehlenden Berechtigung zum eigenen Nutzen (d.h. ohne Fremdgeschäftsführungswillen) um der Erhaltung, Wiederherstellung, ordnungsgemäßen Bewirtschaftung oder Verbesserung der Sache tätig, so nimmt er Verwendungen als angemaßter Eigengeschäftsführer vor, § 687 Abs. 2 BGB. Sein Anspruch auf Aufwendungsersatz, begrenzt auf die Erhöhung des Wertes der Sache (§ 687 Abs. 2 Satz 2 BGB), hängt von der Akzeptanz des Erfolges durch den Eigentümer ab. Ein vom Wertzuwachs unabhängiges Recht auf Aufwendungsersatz ist ausschließlich aus dem Gesichtspunkt ersparter Aufwendungen seitens des Eigentümers/Geschäftsherrn zu erwägen.909 (c) Wird der Nichtbesitzer tätig, um eine (wirkliche oder vermeintliche) auf die Sache bezogene Verbindlichkeit zu erfüllen (handelt er mithin nicht um der fremden Sache willen), so drängt er dem Eigentümer einen mit der Werterhöhung der Sache zu beziffernden „Vorteil“ auf, wenn aus dessen Sicht keine Verbindlichkeit bestand, deren Erfüllung bezweckt war, und der Nichtbesitzer auch nicht als Erfüllungsgehilfe eines Dritten (eines wirklichen oder vermeintlichen Schuldners) tätig wurde.910 War die Tätigkeit als eine von dritter Seite auf eine Sache vorgenommene Verwendung zu bewerten, ist der Ausgleich im Verhältnis zu dem Verwender durchzuführen.911 Der Nichtbesitzer wird demzufolge demzufolge nur in den seltensten Fällen den gesteigerten Verkehrswert für sich in Anspruch nehmen können, §§ 951 Abs. 1 Satz 1, 812 BGB. Als Beispiel für die Inanspruchnahme eines gesteigerten Verkehrswertes sei die „abgeirrte Werkleistung“ erwähnt, die der Unternehmer nicht an der dem Besteller gehörenden, sondern versehentlich an einer im Eigentum eines Dritten stehenden Sache vornimmt.912 Hier vermag der Dritte allerdings die Beseitigung des Erfolges vom Unternehmer aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zu verlangen, sofern er die Einwirkung auf die Sachsubstanz als Störung seines Rechts bewertet.913 Eine Pflicht des Eigentümers zur Erstattung der Werterhöhung ist mithin nur anzuerkennen, sofern er nicht den Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens („dolo malo agit qui petit quod statim redditurus est“)914 gegen den Unternehmer erhebt.915 908

Siehe dazu oben V. 1. a) bb) (a), Seite 365, dort insbesondere die Fußnoten 54 und 55. 909 Siehe oben V. 2. d) cc) (b) (1), Seite 582. 910 Siehe dazu die Ausführungen zum „Vorteil“ oben III. 2. d) aa), Seite 96 ff. 911 Siehe oben III. 2. d) dd), Seite 100. 912 Siehe dazu bereits oben III. 2. d) aa), Seite 96. 913 Zur Anwendbarkeit des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB siehe im Einzelnen oben III. 6., Seite 191 ff.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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(d) Der Nichtbesitzer ist – sollte er nicht als Fremdgeschäftsführer nach § 684 Satz 1 BGB ersatzberechtigt sein – stets zur Beseitigung des geschaffenen Vorteils aus dem Gesichtspunkt der Eigentumsstörung verpflichtet; eine Duldungspflicht des Eigentümers, wie sie kraft seiner Verpflichtung zum Verwendungsersatz gegenüber dem Besitzer begründet ist, besteht hier nicht. Dementsprechend ist der Nichtbesitzer schlechter gestellt als der Besitzer, welcher den Ersatz von Verwendungen nach Maßgabe der §§ 994, 996 BGB verlangen kann.916 Der Ausgleich für die Umgestaltung einer Sache ist auf den Verlust des Entreicherten, d.h. den Verkehrswert der von ihm eingefügten Materialien, zu beschränken: Der Eigentümer als Kondiktionsschuldner erlangt durch den Bereicherungsvorgang nur dasjenige auf Kosten des Kondiktionsgläubigers, was diesem entzogen wird, nämlich das Eigentum an den eingefügten Materialien.917 (e) Fraglich ist, wie es sich bei Anwendbarkeit des § 951 BGB zugunsten des Nichtbesitzers auswirkt, wenn der geschaffene Vorteil nicht in Natur zu beseitigen ist: Rechtfertigt die fehlende Beseitigungsfähigkeit einen Ausgleichsanspruch desjenigen, der den Rechtsverlust erlitten hat? Dies ist zu bejahen, sofern man sein Augenmerk allein auf die Erhöhung des Verkehrswertes richtet. Indessen stellt die Zufügung wesentlicher Bestandteile auch in dieser Gestaltung eine Verletzung der Befugnisse des Eigentümers der Hauptsache dar (§ 903 BGB). Die fehlende Beseitigungsfähigkeit begünstigt mithin nicht nur den Eigentümer, sondern entlastet (!) gleichzeitig den Störer. Bei dieser Betrachtung erscheint es angemessen, dem Eigentümer das Recht zuzugestehen, den Ausgleich nach § 951 BGB mit dem Einwand abzuwehren, dass er – unterstellt man die Beseitigungsfähigkeit des aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht zu entfernenden Vorteils – auf dessen Wegnahme bestanden hätte.918

914 Zu diesem Einwand des Eigentümers siehe bereits oben Fußnote 79 des Abschnitts II. 915 Die mangelnde Beseitigungsfähigkeit des „Vorteils“ wirkt sich nicht zu Lasten des „Bereicherten“ aus; siehe – bezogen auf den unfreiwillig bereicherten Geschäftsherrn – oben V. 2. b) ii), Seite 438. 916 Das fehlende Abwehrrecht des Eigentümers im Verhältnis zum Besitzer lässt Medicus, Bürgerliches Recht, Rdnr. 897 unberücksichtigt, wenn er ausführt, dass der Besitzer bei einer Beschränkung des Verwendungsersatzes nach §§ 994, 996 BGB wesentlich schlechter stehe als der nichtbesitzende Verwender: „Denn dieser (d.h. der nichtbesitzende Verwender) kann ja Verwendungsersatz nach Bereicherungsrecht verlangen, ohne durch die §§ 994 ff. BGB beschränkt zu werden.“ 917 Zutreffend Staudinger/Gursky, 13. Bearbeitung, § 951 Rdnr. 30 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; a. A. Wilhelm, Rechtsverletzung und Vermögensentscheidung, Seite 53 i.V. m. Seite 61.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Dieses Vorbringen des Eigentümers ist nicht mit der Akzeptanz eines Vorteils durch den Bereicherten zu verwechseln, die vom Anspruchssteller darzulegen und zu beweisen ist, sollte er als angemaßter Eigengeschäftsführer fremdes Recht verletzt haben. Es ist vielmehr zu verstehen als „Fortsetzung“ des Einwandes rechtsmissbräuchlichen Verhaltens auf der Seite des Störers („dolo malo agit qui petit quod statim redditurus est“), erhoben durch den Eigentümer, um eine bereicherungsrechtliche Verbindlichkeit abzuwehren.

dd) Der Schutz vor dem Ausgleich eines aufgedrängten nicht-sachbezogenen Vorteils – die bereicherungsrechtliche Behandlung der Tilgung fremder Schulden Kann einer Person allein durch die Vornahme einer Handlung ein geldwerter Vorteil aufgedrängt werden?919 Die Frage ist – wie bereits dargelegt – im Hinblick auf den gutgläubigen und unverklagten Eigenbesitzer einer fremden Sache zu bejahen, der eine Maßnahme zu ihrer Erhaltung, Wiederherstellung oder ordnungsgemäßen Bewirtschaftung ergreift: Der Eigentümer schuldet hier den Ausgleich einer Geschäftsbesorgung, das Gesetz unterstellt die Billigung der Tätigkeit des Besitzers durch den Rechtsinhaber (§ 994 Abs. 1 BGB).920 Wie aber verhält es sich bei einer nicht-sachbezogenen Handlung, beispielsweise der Tilgung fremder Schulden oder einer Beförderung? Soweit der Wert einer solchen Handlung von demjenigen, den sie unmittelbar betrifft (also dem Schuldner oder dem Beförderten), als vorteilhaft bewertet wird, entspricht ihr Wert den vereinbarten oder ersparten Ausgaben.921 Die Billigung der Handlung als vorteilhaft verbietet es, von einem „aufgedrängten“ Vorteil zu sprechen. Lässt sich dem Bürgerlichen Gesetzbuch – der Regelung des § 994 Abs. 1 BGB vergleichbar – eine „zwar nicht erklärte, aber hypothetische Akzeptanz“ nicht entnehmen, kann sich 918 Zur Gleichbehandlung von beseitigungsfähigem und nicht beseitigungsfähigem Vorteil siehe die Ausführungen zur Ausgleichspflicht des Geschäftsherrn aus § 684 Satz 1 BGB, oben V. 2. b) ii), Seite 438. 919 Die Tilgung einer fremden Schuld durch Intervention seitens eines Dritten und die daraus etwa entstehenden Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag und einer Rückgriffskondiktion behandelt Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich, Band 2, Seite 360 ff., Rdnr. 154 ff. 920 Siehe oben V. 2. c) bb) (a) (1), Seite 489. Der Ausgleichsanspruch des unrechtmäßigen Fremdbesitzers ist im Ausgangspunkt den Grenzen des vermeintlichen Vertrags unterworfen. 921 Bei den vereinbarten bzw. ersparten Ausgaben kann es sich handeln um Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB (d.h. bezogen auf die Tilgung einer fremden Verbindlichkeit: die eingesetzten Mittel des Dritten) oder die Gegenleistung (d.h. bezogen auf die beispielhaft angeführte Beförderung: das Beförderungsentgelt aus § 631 BGB). Siehe dazu oben III. 2. h) dd) (a), Seite 133.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

587

die „Aufdrängung“ nur auf den objektiv meßbaren Erfolg einer (nicht gebilligten) Handlung beziehen. Um einen in diesem Sinne aufgedrängten Vorteil handelt es sich bei der – aus der Sicht des Schuldners aufgedrängten – Tilgung einer fremden Verbindlichkeit: Der Schuldner vermag der Erfüllung durch den Dritten und dementsprechend seiner Befreiung nicht zu widersprechen, § 267 BGB. Die unerwünschte Einmischung, d.h. die vom Schuldner nicht als positiv bewertete Handlung des Dritten, zeitigt mithin ein objektiv günstiges Ergebnis. Die Vornahme der Leistungshandlung durch den Dritten und der von ihm bewirkte Erfolg: das Befreitsein des Schuldners, begründen zwei voneinander zu scheidende Vorteile: der Wert der Handlung ist im Falle ihrer Billigung mit den Aufwendungen zu beziffern, die der Schuldner im Falle der Beauftragung des intervenierenden Dritten hätte tätigen müssen (§ 670 BGB); der Wert des Erfolgs entspricht dem Wert des erloschenen Gläubigerrechts.

Nach gegenwärtig wohl einhelliger Ansicht soll der Dritte uneingeschränkt berechtigt sein, diesen Vorteil kraft der sog. Rückgriffskondiktion abzuschöpfen (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB); der Schuldner soll den Ausgleich lediglich abwehren können, wenn er die Erfüllung der Verbindlichkeit hätte verweigern können (§ 404 BGB in entsprechender Anwendung).922 Die Anerkennung dieser Kondiktion steht indessen im deutlichen Gegensatz zu der Erkenntnis, dass der Dritte im Verhältnis zum Schuldner als Geschäftsführer ohne Auftrag tätig geworden ist: Als solcher vermag er die Erstattung seiner Aufwendungen – vorbehaltlich der Vorschrift des § 679 BGB – nur zu verlangen, sofern die Schuldtilgung dem Interesse und Willen des Verpflichteten entsprach (§ 683 Satz 1, 670 BGB); das „aus der Geschäftsführung Erlangte“, d.h. das Befreitsein von der Verbindlichkeit, hat der Schuldner an den Dritten nur „herauszugeben“, sofern dieser den entgegenstehenden Willen des Schuldners nicht zu ermitteln vermochte (§ 684 Satz 1 BGB).923 Der bereicherungsrechtliche Ausgleich rechtfertigt sich auch nicht aus der Vorschrift des § 267 BGB: Die Möglichkeit der Drittleistung ist zugunsten des Gläubigers angeordnet; sie besagt mithin nichts über das Verhältnis zwischen dem Dritten und dem Schuldner.924 In den Motiven heißt es hierzu925: „Auch darüber, ob und welche Regreßansprüche dem Dritten aus der solvendi causa erfolgten Leistung gegen den Schuldner erwachsen, falls 922 Larenz/Canaris, a. a. O., § 69 III 2a, Seite 191; König, Gutachten und Vorschläge, Seite 1515, 1566. 923 Siehe oben V. 2. b) ff), Seite 420 und V. 2. b) gg), Seite 427 ff. 924 Siehe dazu bereits oben V. 2. b) jj) (c), Seite 445 ff. 925 Zitiert nach Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 2, Recht der Schuldverhältnisse, Seite 18.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Letztere nicht schenkungshalber erfolgte . . ., läßt sich keine allgemeine Regel geben und an diesem Orte nichts bestimmen.“ Die Nähe der Rückgriffskondiktion zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag verbietet den bereicherungsrechtlichen Rückgriff in den Fällen, in denen das aus der Geschäftsführung Erlangte dem Geschäftsherrn verbleiben soll; andernfalls würde der geschäftsführungsrechtlich gewährte Aufdrängungsschutz gewissermaßen „durch die Hintertür“ aufgehoben.926 Bezogen auf die Tilgung fremder Schulden hat dies zur Folge, dass der Schuldner den vom Dritten geschaffenen Zustand: das Befreitsein von der Verbindlichkeit, bereicherungsrechtlich nicht auszugleichen hat, soll das „aus der Geschäftsführung Erlangte“ in sein Vermögen gelangen bzw. dort verbleiben. Eine solche Zuweisung ist im Falle der sog. echten berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag zu bejahen; hier kann der Geschäftsherr das aus der Geschäftsführung Erlangte bleibend für sich in Anspruch nehmen (§§ 681 Satz 2, 667 BGB). Sie ist jedoch auch bei einer unberechtigten Geschäftsführung anzuerkennen, sofern der Anspruch des Geschäftsführers auf das aus der Geschäftsführung Erlangte (§ 684 Satz 1 BGB) auszuschließen ist, weil er es versäumt hat, den entgegenstehenden Willen des Geschäftsherrn zu ermitteln. Der Erfolg aus der Geschäftsführung steht dem Geschäftsherrn schließlich auch im Fall der angemaßten Eigengeschäftsführung zu (§§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Satz 2, 667 BGB). Wenn König927 betont, dass die Aufwendungs- oder Rückgriffskondiktion das „Recht auf Aufwendungsersatz“ nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag „ergänze“, so ist diese Formulierung eher verwirrend: Das Kondiktionsrecht zielt nicht auf den Ersatz von Vermögensopfern, sondern auf die Abschöpfung von Vorteilen.928 Solche Vorteile können zum einen in der Geschäftsbesorgung selbst liegen, deren Wert gegebenenfalls mit den ersparten Aufwendungen zu beziffern ist, die kraft eines Auftrags hätten entrichtet werden müssen929, und zum anderen in dem Erlöschen der Verbindlichkeit selbst. Immerhin lässt König den in den geschäftsführungsrechtlichen Vorschriften enthaltenen Aufdrängungsschutz in das Kondiktionsrecht einfließen: Er führt aus, dass die bereicherungsrechtliche Aufwendungskondiktion den Anspruch auf Aufwendungsersatz (§§ 670, 683 Satz 1 BGB) nicht übersteigen dürfe, der Anspruchsteller gewissen Informationspflichten nachkommen müsse (§ 681 Satz 1 BGB) und der Anspruchsinhalt sich am Interesse „und den subjektiven Absichten des Bereicherten“ zu orientieren habe.930 König beschränkt seine Gedankenführung allerdings auf sachbezogene Aufwendungen. Im Hinblick auf nicht-sachbezogene Aufwendungen heißt es 926 In diese Richtung deuten bereits die Ausführungen von Windscheid/Kipp, a. a. O., § 430 N. 23; siehe dazu oben Fußnote 354 dieses Abschnitts. 927 Gutachten und Vorschläge, Seite 1515, 1564. 928 Zutreffend Mellulis, a. a. O., Seite 67. 929 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 930 Gutachten und Vorschläge, Seite 1515, 1565.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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bei ihm nur lapidar931: „Wo die Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht gegeben waren, half schon das gemeine Recht mit dem Bereicherungsrückgriff. . . . Bei dieser Rechtslage ist es im wesentlichen bis heute geblieben.“

ee) Die Abwehr einer aufgedrängten Bereicherung kraft des Ausschlusses der Kondiktion nach § 814 BGB? Ausgehend von dem Fall der Tilgung einer fremden Schuld könnte der soeben erörterte Rückgriff des Dritten gegen den Schuldner nach der Vorschrift des § 814 BGB zu versagen sein, sofern ihm im Verhältnis zum Schuldner das Fehlen einer Pflicht zur Leistung bewusst war: Die angeführte Bestimmung versagt einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich, wenn jemand eine nicht geschuldete Leistung in Kenntnis ihrer mangelnden Verbindlichkeit bewirkt.932 Gegen die entsprechende Anwendung des § 814 BGB wendet sich indessen der Bundesgerichtshof mit der apodiktischen Formulierung933: „Tilgt ein Dritter gemäß § 267 BGB durch Zahlung an den Gläubiger eine fremde Schuld bewußt ohne Rechtsgrund, dann ist er nicht durch § 814 BGB daran gehindert, die durch diese Leistung eingetretene Bereicherung des Schuldners herauszuverlangen.“ Eine Begründung für die Auffassung, dass die bereicherungsrechtliche Vorschrift nicht herangezogen werden dürfe, um den Rückgriff gegen den Schuldner auszuschließen, formulieren Reuter/Martinek934: „Zu Recht weist . . . die Kritik darauf hin, daß § 814, 1. Fall BGB eine wohl zu weit gehende Sperrwirkung entfaltet, wenn er alle Fälle ohne Ausgleich läßt, in denen der Dritte genau weiß, daß er zur Zahlung nicht verpflichtet ist. . . . Die eine Lösung der Aufdrängungsproblematik über eine Analogie zu § 814, 1. Fall BGB ablehnenden Stimmen weisen aber vor allem zutreffend darauf hin, daß diese Kondiktionssperre nach ihrem histori931

Gutachten und Vorschläge, Seite 1515, 1566. Die Anwendung des § 814 BGB befürwortet etwa Reeb, JuS 1973, Seite 624, 626; dagegen Tückmantel, a. a. O., Seite 84. Weitere Nachweise bei Reuter/Martinek, a. a. O., § 6 I 3, Seite 189, Fußnote 46. Die unmittelbare Anwendung der Norm ist zu erwägen, sofern man die Zahlung des Dritten als eine Leistung (auch) an den Schuldner im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall BGB bewertet. Sie wäre analog heranzuziehen, wollte man die Zahlung des Dritten als Leistung an den Gläubiger qualifizieren (einen möglichen Rückgriff des Dritten gegen den Schuldner also auf die Bereicherung „in sonstiger Weise“ aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Fall BGB gründet) oder den vom Dritten verfolgten (freilich nicht vereinbarten!) Zweck darin erkennen, den Betrag für den Schuldner nur „vorzuschießen“, ihn mithin nicht zu befreien, sondern eine Rückgriffsverbindlichkeit aus einem auftrags- oder darlehensähnlichen Verhältnis gegen ihn zu begründen (§ 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Fall BGB, sog. condictio ob rem). 933 BGH MDR 1976, Seite 220. 934 A. a. O., § 6 I, Seite 189 bis 192. 932

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

schen Hintergrund in der bereicherungsrechtlichen Irrtumslehre, nach ihrem Wortlaut und nach ihrem heutigen Verständnis als spezieller Ausdruck des venire contra factum proprium ganz auf die condictio indebiti zugeschnitten ist . . . Die ratio des § 814, 1. Fall BGB läßt sich nicht darauf verkürzen, daß ein Bereicherungsanspruch eines Kondiktionsgläubigers ausgeschlossen sei, wenn er dem Berechtigten wissentlich einen unerwünschten Vermögensvorteil zugewendet habe. . . . Die Rechtsordnung kann nach der Wertung des Abtretungsrechts, das ein entgegenstehendes Interesse grundsätzlich ignoriert, auch bei der Drittleistung einem dem Quasi-Gläubigerwechsel durch eine Rückgriffskondiktion entgegenstehenden Interesse keinen so weit gehenden Schutz einräumen, wie er in der Konsequenz der analogen Anwendung des § 814, 1. Fall BGB liegen müßte. Daher paßt der Aufdrängungsschutz über § 814, 1. Fall BGB nicht in die Systematik.“ Diesen Ausführungen ist – sieht man einmal von der Gleichsetzung des Rückgriffs im Falle der Drittleistung im Sinne des § 267 BGB mit dem Forderungserwerb kraft Abtretung ab935 – im Ergebnis zuzustimmen: Nach der Vorschrift des § 814 BGB soll eine Kondiktion ausgeschlossen sein, wenn der Anspruchssteller, der das Vermögen des anderen Teils zur Erfüllung einer Verbindlichkeit vermehrte, dem Anspruchsgegner erkennbar gemacht hat, dass die Leistung auch für den Fall des Nichtbestehens einer Verbindlichkeit erbracht worden ist.936 Die angeführte Vorschrift schützt, mit anderen Worten ausgedrückt, das Vertrauen des Empfängers937, d.h. desjenigen, der aus dem Verhalten des Anspruchsstellers im Zeitpunkt der Leistung den Schluss ziehen durfte, „der Leistende wolle die Leistung, einerlei wie der Schuldgrund beschaffen sei, gegen sich gelten lassen.“938 Wird das Vertrauen des Anspruchsgegners in der Weise geschützt, dass die rechtsgrundlos erbrachte Leistung in seinem Vermögen verbleibt, so betrifft die Regelung des § 814 BGB keinen Fall der „aufgedrängten“ Bereicherung.939 Der Grundsatz des „venire contra factum proprium“ ist mithin 935 Dass es sich um zwei verschiedene soziale Phänomene handelt, habe ich oben V. 2. b) jj) (b), Seite 442 f., dargelegt. 936 Erdmann, a. a. O., Seite 44. 937 Zu der Frage, ob die Vorschrift des § 814 BGB das Vertrauen des Empfängers schützt, siehe Reuter/Martinek, a. a. O., § 6 I 2, Seite 187. Martinek meint unter Berufung auf Heck, soweit werde man „nicht gehen zu können“, weil der Bestimmung „daneben“ (?) die „ratio einer Rechtsschutzverweigerung zu Lasten des Leistenden“ zugrunde liege; die Rechtsordnung habe kein Interesse, die Änderung des Willens des Leistenden zu schützen. Dieser Aspekt mag ergänzend zu dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes hinzutreten. 938 Erdmann, a. a. O., betont zutreffend, dass sich der Gesichtspunkt des „venire contra factum proprium“ mit der Annahme eines Verzichts auf die Rückforderung durch den Kondiktionsgläubiger „verquickt“. Zu den Versuchen, die Vorschrift des § 814 BGB durch die Annahme eines entsprechenden Parteiwillens zu erklären, siehe Erdmann, a. a. O., Seite 28 ff.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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– stellt man nicht nur auf den Leistenden, sondern auch auf den Empfänger ab – nicht geeignet, um den Ausgleich eines aus der Sicht des Bereicherten unfreiwilligen Vermögenszuwachses zu versagen. Die Vorschrift des § 814 BGB ist beispielsweise anzuwenden, wenn der Schuldner und der Dritte im Sinne des § 267 BGB die Tilgungsleistung des Dritten zum Gegenstand eines Darlehens oder Auftrags gemacht hatten und der Dritte die Nichtigkeit dieser Abrede kannte.

ff) Zusammenfassung des Aufdrängungsschutzes im Recht der ungerechtfertigten Bereicherung in Thesen 1. Die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung enthalten keine ausdrückliche Regelung über den Schutz desjenigen, der die Herausgabe einer Sache kraft einer sog. Besitzkondiktion zu verlangen vermag. Der Schutz des Eigentümers vor einem finanziellen Ausgleich dieser Opfer soll weitgehend zurücktreten: Der gutgläubige Kondiktionsschuldner/Besitzer sei aus dem Gesichtspunkt der Entreicherung befugt, die Herausgabe der Sache von der Erstattung aller Investitionen abhängig zu machen, die er im Vertrauen auf den Fortbestand seines Besitzrechts getätigt hat.940 2. Hat der Kondiktionsschuldner dagegen Verwendungen zu einem Zeitpunkt vorgenommen, zu dem er den Mangel seines Rechts kannte, ist der Kondiktionsgläubiger, wie der Eigentümer gegenüber dem bösgläubigen Besitzer, nur zum Ersatz notwendiger Opfer verpflichtet (§§ 292 Abs. 2 i.V. m. 818 Abs. 4, 819 BGB); verweigert der Kondiktionsberechtigte den Ersatz, kann der Besitzer die Verwertung der herauszugebenden Sache nach den Vorschriften über den Pfandverkauf betreiben. Die hier vollzogene Übereinstimmung des Bereicherungsrechts mit den Regelungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses ergibt sich aus den „allgemeinen Vorschriften“, auf die das Bereicherungsrecht für den Fall der Bösgläubigkeit des Bereicherungsschuldners verweist.941 3. Verglichen mit dem Bereicherungsrecht benachteiligt die Regelung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses den gutgläubigen Herausgabeschuldner: Er vermag sich nicht auf den „Einwand der Entreicherung“ zu berufen, sondern kann den Ersatz seiner Vermögensopfer nur im beschränkten Umfang, nämlich bei Notwendigkeit oder Nützlichkeit einer Investition, geltend machen. Auf der anderen Seite haben sowohl der gut- als auch der bösgläubige Besitzer selbständige Ansprüche gegen den Eigentümer auf den Ausgleich 939 Unzutreffend Greiner, a. a. O., Seite 372 ff. sub (2), dessen Erwägungen dem schutzwürdigen Vertrauen des Empfängers keine Rechnung tragen. 940 Siehe oben V. 2. d) aa), Seite 534. 941 Siehe oben V. 2. d) aa), Seite 536.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

ihrer Verwendungen. Die einschlägigen Vorschriften des Verhältnisses zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer stellen klar, welche Vermögensvorteile dem Eigentümer rechtsgrundlos zufließen. Die kraft einer notwendigen Verwendung eintretende Bereicherung des Eigentümers wird zugunsten des gutgläubigen Besitzers unwiderlegbar vermutet. Die bereicherungsrechtliche Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB, wonach die Verpflichtung zur Herausgabe des Erlangten oder zum Ersatz seines Wertes ausgeschlossen ist, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist, verfolgt einen deutlich abweichenden Zweck: Der Bereicherungsschuldner soll nicht über seinen Zuwachs hinaus haftbar gemacht werden.942 4. Die Vindikation des Eigentümers ist im Ausgangspunkt als Besitzkondiktion zu deuten; die ausschließliche Geltung der Ansprüche auf Herausgabe kraft des Eigentums oder der ungerechtfertigten Bereicherung ist demzufolge nicht zu rechtfertigen.943 5. Überträgt man die Wertungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses auf die Kondiktion wegen der Herausgabe des Besitzes („condictio possessionis“), darf man sich auf die Rechtsgeschichte berufen: Die condictio des klassischen römischen Rechts trat an die Stelle einer nach der Übereignung einer Geldsumme oder einer bestimmten Sache an den Schuldner nicht mehr möglichen Herausgabeklage des früheren Berechtigten (seiner Vindikation) und setzte in dieser Gestalt das ursprüngliche Recht des Eigentümers fort.944 Im heutigen Recht ist die Besitzkondiktion gegenstands- und nicht vermögensorientiert: Der Bereicherungsgläubiger hat ein legitimes Interesse daran, den Kondiktionsgegenstand möglichst „in Natur“ zurückzuerhalten.945 6. Das Erlöschen der Kondiktionsverbindlichkeit bei ersatzlosem Wegfall des „erlangten Etwas“ beruht nicht auf der Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB, sondern ist auf den Gesichtspunkt der (vollständigen oder teilweisen) Unmöglichkeit der Leistung nach § 275 BGB zurückzuführen. Bedarf es mithin der Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB nicht, um das Erlöschen der Kondiktionsverbindlichkeit bei ersatzlosem Wegfall des „erlangten Etwas“ festzulegen, so ist ihr Gehalt in anderer Weise zu bestimmen: Sie soll aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes gewährleisten, dass sich die wirtschaftlichen und rechtlichen Dispositionen des gutgläubigen Kondiktionsschuldners nicht wegen der Pflicht zur Rückgewähr einer erlangten Sache zu seinen Ungunsten verschieben; er soll keine Investition einbüßen 942 943 944 945

Siehe Siehe Siehe Siehe

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2. 2. 2. 2.

d) d) d) d)

aa) aa) aa) aa)

(a), Seite 537 ff. (d), Seite 540 ff. (d) (1), Seite 543. (d) (2), Seite 545.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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müssen, die sich als unwirtschaftlich erweist, weil er die erlangte Sache nicht behalten darf, und die Rückabwicklung eines Rechtsverhältnisses soll nicht mit einer Minderung seines ursprünglichen Vermögens wegen verlorener Verwendungen einhergehen.946 7. Der Verzicht auf Eingriffe in die Dispositionen des Bereicherungsschuldners erstreckt sich nicht auf den Schutz vor illiquiden oder nicht leistungswilligen Schuldnern in selbständigen Rechtsverhältnissen des Bereicherungsschuldners zu Dritten. Der Bereicherungsschuldner kann sich infolgedessen nicht auf den Abzug von „Opfern“ berufen, die auf seiner Seite Gegenstand eines selbständigen Anspruchs sind.947 8. Der Bereicherungsschuldner ist kraft der Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB dagegen geschützt, bei der Rückabwicklung eines Rechtsverhältnisses Aufwendungen entschädigungslos zu verlieren, die er bei Kenntnis seiner Verbindlichkeit nicht getätigt hätte. Kraft seines Vertrauens hat er keinen Ersatz für die rechtsgrundlose Inanspruchnahme von gegenständlichen oder nichtgegenständlichen Gütern zu leisten, die er von einem Dritten unentgeltlich erlangte: In einem derartigen Fall ist der Bereicherungsschuldner so zu stellen, als sei sein Erwerb rechtsbeständig.948 9. Der Zweck des § 818 Abs. 3 BGB, dem gutgläubigen und unverklagten Schuldner eine bereicherungsfeste Position zu verschaffen, wenn er darauf vertraute, das „erlangte Etwas“ nicht herausgeben zu müssen, gestattet den Umkehrschluss, dass er an Dispositionen festgehalten wird, welche durch die Rückabwicklung nicht berührt werden.949 10. Die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB findet keine Entsprechung in der Regelung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses über den Ersatz von Verwendungen, denn die einschlägigen Bestimmungen der §§ 994 und 996 BGB gleichen Vermögensopfer des Besitzers aus, deren Ersatzfähigkeit sich ausschließlich nach sach- und tätigkeitsbezogenen Gesichtspunkten richtet und an eine Bereicherung des Eigentümers anknüpfen. Die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB schützt dagegen das Vertrauen des Besitzers als des Bereicherungsschuldners auf den Fortbestand seiner Berechtigung, das ihn zu bestimmten Ausgaben veranlasst. Wegen ihrer verschiedenen Ausrichtung stehen die Normen beider Institute in ihren Grundgedanken unverbunden nebeneinander: Das Bereicherungsrecht erlaubt eine „aufgedrängte Entreicherung“ des Bereicherungsschuldners zu Lasten des Berechtigten, das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis verpflichtet den Eigentümer lediglich, die Erhaltung oder Verbesserung sei946 947 948 949

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V. V. V. V.

2. 2. 2. 2.

d) d) d) d)

aa) aa) aa) aa)

(d) (d) (d) (d)

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(aa), Seite 547 ff. (bb) (a), Seite 553. (bb) (g), Seite 557 ff. (cc), Seite 561.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

ner Sache durch den Besitzer auszugleichen. Das Bereicherungsrecht ist mithin vertrauens-, das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis sachbezogen.950 11. Wegen ihrer teilweise unterschiedlichen Ausrichtung sind Vindikation und Kondiktion einer wechselseitigen Ergänzung zugänglich. Steht der Ausgleich sachbezogener Aufwendungen eines gutgläubigen und unverklagten Besitzers in Rede, ist die Belastung des Eigentümers auf die notwendigen und nützlichen Aufwendungen zu begrenzen. Auf den Vertrauensschutz für weitergehende, nicht sachbezogene Verwendungen vermag sich der Besitzer in diesem Rahmen nicht zu berufen. Die Abzugsfähigkeit anderer als sachbezogener Vermögensopfer bestimmt sich bei der Vindikation und der Kondiktion nach der Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB in entsprechender bzw. direkter Anwendung. Die Ergänzung des Verhältnisses zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer durch den Einwand der Entreicherung verwirklicht die Erkenntnis, dass die Vindikation der Sache nach eine Kondiktion ist.951 12. Der Abstimmung des Bereicherungsrechts mit den Vorschriften über den Verwendungsersatz des Besitzers und die Erweiterung des Verhältnisses zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer um den Einwand der Entreicherung steht nicht die Geschlossenheit der beiderseitigen Institute entgegen. Dies zeigt gerade die fehlende Folgerichtigkeit des Verhältnisses zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer im Hinblick auf den Ersatz von Nutzungen. Nach der Vorschrift § 993 Absatz 1, letzter Halbsatz BGB soll der gutgläubige, rechtsgrundlose (Eigen-)Besitzer, der sich die Sachherrschaft entgeltlich verschafft hat, die gezogenen Nutzungen einer Sache, d.h. auch ihren Gebrauch, nicht auszugleichen haben, während er für ihren Verbrauch Wertersatz nach Bereicherungsrecht leisten soll (§§ 812, 818 Abs. 2, 1. Fall BGB – Unmöglichkeit der Herausgabe wegen der „Beschaffenheit des Erlangten“). Da aber der Gebrauch bei marktfähigen, dem Verschleiß unterworfenen Sachen einen fortschreitenden Verbrauch darstellt, besteht zwischen dem Gebrauch und dem Verbrauch einer solchen Sache nur ein quantitativer, kein qualitativer Unterschied. Die Erkenntnis, dass sich Gebrauch und Verbrauch bei Sachen, die dem Verschleiß unterworfen sind, nur quantitativ unterscheiden, zeigt, dass die Entscheidung des Gesetzes, den gutgläubigen, entgeltlichen Eigenbesitzer wegen ihres Verbrauchs uneingeschränkt, wegen ihres Gebrauchs aber nur bei einer übermäßigen Nutzung haftbar zu machen, systematisch verfehlt ist.952 950 951 952

Siehe oben V. 2. d) aa) (d) (3), Seite 562 f. Siehe oben V. 2. d) aa) (d) (3), Seite 562 f. Siehe oben V. 2. d) aa) (d) (4) (aa), Seite 565 ff.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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13. Die nach dem Wortlaut des § 993 Abs. 1, letzter Halbsatz BGB geltende Befreiung des gutgläubigen Eigenbesitzers von der Pflicht, für gezogene Nutzungen Ersatz zu leisten, beruht auf einem systematischen Fehlgriff des Gesetzgebers: Auch der gutgläubige (entgeltliche) Eigenbesitzer schuldet den Ausgleich für gezogene Nutzungen. Wegen der fehlenden inneren Geschlossenheit der Regelungen ist die These, das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer stelle ein Institut dar, das „ganz oder gar nicht“ anzuwenden sei, abzulehnen. Im Hinblick auf die sachbezogenen Aufwendungen des Besitzers ist dessen „aufgedrängte Entreicherung“ nach den Regeln des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses zu behandeln.953 14. Die wechselseitige Ergänzung des Bereicherungsrechts und des Verhältnisses zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer bezieht sich auch auf die Kondiktionssperren der untersagten Rückforderung wegen des Widerspruchs zum eigenen Verhalten (§ 814 BGB), wegen des dem Leistenden bewussten Nichteintritts des bezweckten Erfolges (§ 815 BGB) und einer für beide Teile auf der Hand liegenden gesetzlichen oder unsittlichen Leistung (§ 817 Satz 2 BGB). Diese Bestimmungen sind im Verhältnis des Eigentümers zum Besitzer entsprechend anwendbar.954 15. Verliert ein Besitzer durch Verwendungen auf eine fremde Sache das Eigentum an Materialien, die er eingebaut oder mit der Sache verbunden hat, steht ihm nach gesetzlicher Vorschrift das Recht auf einen Ausgleich kraft ungerechtfertigter Bereicherung zu (§ 951 Abs. 1 BGB). Dieser bezieht sich auf die Erweiterung des Eigentumsrechts, d.h. den Wertzuwachs der fremden Sache, während die Bestimmungen über den Ersatz von Verwendungen im Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer ihre Grundlage in ersparten Aufwendungen des Eigentümers haben. Die unterschiedliche Ausrichtung der Institute der Verbindung von Sachen und der Verwendung auf eine fremde Sache gestattet gleichwohl nicht den Schluss, dass sie unverbunden nebeneinander stehen: Der Eigentumszuwachs auf der Seite des Begünstigten durch Verwendungen kann dem Eigentümer Aufwendungen ersparen. Verbindet der Besitzer eigene Materialien mit der fremden Sache im Sinne einer „Verwendung“, d.h. um ihrer Erhaltung, Wiederherstellung, ordnungsmäßigen Bewirtschaftung oder Verbesserung willen, so kann er unabhängig von einer Billigung des Eigentümers den Wertzuwachs der Sache nach Maßgabe des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses für sich beanspruchen.

953 954

Siehe oben V. 2. d) aa) (d) (4) (bb), Seite 569 f. Siehe oben V. 2. d) aa) (d) (5), Seite 570.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Die Vorschrift des § 951 Abs. 1 BGB ist im Hinblick auf Ersatzansprüche des Besitzers wegen sachbezogener Verwendungen überflüssig; sie behält ihre Bedeutung für Einbauten und Verbindungen des Nichtbesitzers und des Besitzer, der nicht um der Sache, sondern um einer Gegenleistung willen tätig geworden ist, ohne einen Ausgleich aus dem Gesichtspunkt der sog. Leistungskondiktion verlangen zu können.955 16. Die unterschiedliche Regelung des Verwendungsersatzes im Verhältnis des Eigentümers zum Besitzer und im Bereicherungsverhältnis zwischen dem früheren und dem jetzigen Eigentümer, der das Eigentum ohne Rechtsgrund erworben hat, ist nicht gerechtfertigt, behandelt doch das Gesetz den bösgläubigen oder verklagten Bereicherungsschuldner im Hinblick auf notwendige Verwendungen nicht anders als den bösgläubigen oder verklagten Besitzer. Diese Übereinstimmung der Rechtsfolgen darf auch im Hinblick auf den gutgläubigen und unverklagten Kondiktionsschuldner angenommen werden.956 17. Die Vorschriften über den Verwendungsersatz des Besitzers gelten nicht in entsprechender Anwendung für und gegen den Nichtbesitzer, weil ihm wegen fehlender Nähe zur Sache, die sich in der tatsächlichen Herrschaft ausdrückt, keine Berechtigung zur Sorge um fremdes bzw. rechtsgrundlos erworbenes Eigentum zugebilligt werden kann. Bei dieser Sachlage begründet das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis auch keine Pflicht des Eigentümers, beseitigungsfähige „Vorteile“ zu dulden: Der Nichtbesitzer schuldet ihre Entfernung aus dem Gesichtspunkt der Störung fremden Eigentums, vorbehaltlich eines Anspruchs des Nichtbesitzers auf Auskehr einer Werterhöhung der Sache kraft einer Geschäftsführung ohne Auftrag. Wird ein Nichtbesitzer zur Erhaltung, Wiederherstellung, ordnungsmäßigen Bewirtschaftung oder Verbesserung einer fremden Sache tätig, bestimmt sich der Ausgleich seiner Verwendungen nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag.957 18. Die Vorschrift des § 814 BGB schützt das Vertrauen des Anspruchsgegners darauf, dass die von dem anderen Teil zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit bewirkte Leistung in seinem Vermögen verbleibt. Sie betrifft mithin keinen Fall der „aufgedrängten“ Bereicherung.958

955 956 957 958

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2. 2. 2. 2.

d) d) d) d)

aa) (d) (6), Seite 571 ff. bb), Seite 576 ff. cc), Seite 581 ff. dd), Seite 586 ff.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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e) Die Anrechnung von aufgedrängten Vorteilen bei der Rückabwicklung von Verträgen aus den Gesichtspunkten des Schadensersatzes und des Rücktritts Die Frage nach dem Schutz vor aufgedrängten Verwendungen stellt sich – wie eingangs dieser Untersuchung dargelegt959 – nicht zuletzt im Schadensersatzrecht, anerkennt man neben der Anfechtung eines Vertrags wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) das Begehren einer falsch informierten Partei, Schadensersatz wegen eines Verschuldens beim Vertragsschluss zu beanspruchen960: Der nicht ausreichend aufgeklärte Teil fordert kraft des sog. negativen Interesses, so gestellt zu werden, als hätte er den Vertrag nicht geschlossen.961 Die Naturalrestitution im Sinne des § 249 Abs. 1 BGB ist hier auf die Rückgewähr bereits ausgetauschter Leistungen gerichtet. Sie gründet sich freilich – anders als die Pflicht zur Herausgabe der empfangenen Leistung beim Rücktritt – auf das vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform gewohnheitsrechtlich anerkannte, heute gesetzlich geregelte Institut der „culpa in contrahendo“ (§§ 311 Abs. 2 i.V. m. 280 Abs. 1 BGB).962 aa) Der Ersatz von Verwendungen als „Vorteilsausgleichung“ Bezogen auf die Pflicht, bereits erbrachte Leistungen im Austausch einander zurückzugewähren, ist die Verbindlichkeit des Schadensersatzgläubigers zum Ausgleich von Verwendungen des Schadensersatzschuldners unter dem Gesichtspunkt der „Vorteilsausgleichung“963 zu behandeln. Hierunter ist die den Ersatzanspruch mindernde Anrechnung von Vorteilen zu verstehen, die ein mit dem Schaden sachlich zusammenhängendes Ereignis dem Geschädigten hat zufallen lassen.964 959

Siehe oben II. 3., Seite 65 ff. So insbesondere BGH NJW 1998, Seite 302, 303 f.: Ein Vorrang des Anfechtungsrechts vor der auf Schadensersatz gerichteten Haftung sei zu verneinen. Siehe auch Staudinger/Schiemann, 13. Bearbeitung, § 249 Rdnr. 195 m. w. N. 961 Dieses Recht soll auch dann bestehen, wenn eine Anfechtung des Vertrags wegen Fristablaufs nach § 124 BGB ausgeschlossen ist (Palandt/Heinrichs, 62. Auflage, § 124 Rdnr. 1 m. w. N.). Das Institut des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen ist durch die Schuldrechtsreform unberührt geblieben; vgl Palandt/Heinrichs, 62. Auflage, § 311 Rdnr. 24. 962 Palandt/Heinrichs, 62. Auflage, § 123 Rdnr. 27 und (bezogen auf die fahrlässige Irrtumserregung) § 311 Rdnr. 24 m. w. N. 963 Im römischen, französischen und anglo-amerikanischen Recht anerkannt unter den Bezeichnungen „compensatio lucri cum damno“, „incidence du profit au damno“, „mitigation of damages by benefits received“, „deductibility of collateral benefits“. 964 MünchKomm/Oetker, 4. Auflage, § 249 Rdnr. 221, 264. 960

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

Zu erinnern ist hier an das Beispiel des Käufers einer bebauten Immobilie, der das Gebäude nach der Übergabe mit einem Fahrstuhl versieht, wegen seiner arglistigen Täuschung aber dem Verkäufer aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss zur Rückgewähr des Grundstücks (§ 249 Abs. 1 BGB) verpflichtet ist: Hat der (getäuschte) Verkäufer die Wertsteigerung auszukehren, die das Grundstück durch den Einbau des Fahrstuhls in das Gebäude erfahren hat?965

Hat indessen der Schadensersatzpflichtige dem -gläubiger Verwendungen zu ersetzen, die dieser auf die zurückgewährende Sache getätigt hat, greift die Frage des Ausgleichs von Verwendungen im Rückgewährschuldverhältnis über die „Vorteilsanrechnung“ hinaus. Man wandele das angeführte Beispiel dahin ab, dass der investierende Käufer, also der Schadensersatzgläubiger, vom Verkäufer getäuscht wurde und die Rückabwicklung des Vertrags aus dem Gesichtspunkt der Schadensersatzes begehrt: Vermag er dem Verlangen des Verkäufers auf Rückgewähr des Grundstücks (gegebenenfalls Zug um Zug gegen Erstattung des Kaufpreises) einen Anspruch auf Erstattung der von ihm erbrachten sachbezogenen Vermögensopfer entgegenzuhalten? Die Frage ist uneingeschränkt zu bejahen, sofern er die Verwendungen in Unkenntnis der Tatsachen tätigte, welche ihn zur Rückabwicklung des Vertrags berechtigen: Der Geschädigte ist so zu stellen, als wäre der zum Ersatz verpflichtende Umstand, der Vertragsabschluss unter dem Einfluss einer Täuschung, nicht eingetreten (§ 249 Abs. 1 BGB); dann aber hätte der Geschädigte die Investitionen unterlassen. Insoweit steht freilich nicht der Ausgleich von Vorteilen in Rede, die kraft der Rückabwicklung in das Vermögen des Schadensersatzschuldners überführt werden, sondern der Ersatz aller beim Schadensersatzgläubiger eingetretenen Nachteile. Wie aber ist über den Anspruch auf Ersatz von Verwendungen zu entscheiden, wenn der Geschädigte sie zu einem Zeitpunkt vornahm, in dem er die anspruchsbegründenden Tatsachen kannte? Da solchenfalls die Pflicht des Schädigers zum Ersatz der damit verbundenen Nachteile entfällt966, zielt der Ausgleich nunmehr auf die Abschöpfung von Vorteilen, 965 Unterstellt, der Verkäufer hat den Kaufvertrag angefochten (§§ 123 Abs. 1, 142 Abs. 1 BGB): Der Käufer ginge hier kondiktionsrechtlich betrachtet leer aus, weil es sich bei dem Einbau des Fahrstuhls um eine allenfalls nützliche Verwendung handelt, die dem bösgläubigen Bereicherungsschuldner nicht zu erstatten ist (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Fall, 818 Abs. 4, 819, 292 Abs. 2, 994 Abs. 2 BGB). Lässt sich diese Wertung aber auf die schadensersatzrechtliche, von der Anfechtung des Vertrags unabhängige Rückabwicklung des Vertrags übertragen? 966 Ein Schadensersatzanspruch des verwendenden Käufers scheidet hier wegen seines Mitverschuldens aus, § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB. Die Bereicherung des Schadensersatzschuldners, im Beispielsfall des Verkäufers, kraft der Vornahme von Verwendungen durch den anderen Teil ist hier – nicht anders als im Recht der ungerechtfertigten Bereicherung und des Eigentümer-BesitzerVerhältnisses – zu fingieren.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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deren Entstehung auf der Seite des Schädigers kraft der Rückgewähr der Sache durch den Geschädigten anzunehmen ist. Auf der Seite des Schadensersatzgläubigers ist mithin gedanklich zwischen den vom Schädiger zu ersetzenden Nachteilen und einem Ausgleich für die ihm zufallenden Vorteile zu differenzieren. bb) Der Ersatz von Verwendungen als Folge des Rücktritts Da die kraft der Naturalrestitution zu vollziehende Rückgewähr der Leistungen auf der Grundlage eines wirksamen Vertrags im Ausgangspunkt den Folgen des Rücktritts (§§ 346 ff. BGB) – nach neuem Recht auch wegen eines Mangels der Kaufsache (§ 437 Nr. 2 BGB) oder einer mangelhaften Werkleistung (§ 634 Nr. 3 BGB) – entspricht, bietet es sich an, die auf Verwendungsersatz gerichteten Ansprüche des Schadensersatzschuldners oder -gläubigers in dem Umfang anzuerkennen, in dem sie als Parteien dieser gesetzlich geregelten Rückgewährschuldverhältnisse den Ausgleich von sachbezogenen Vermögensopfern verlangen können. Die „gesetzesfreie Schöpfung“ einer vertraglichen Rückabwicklung durch Herstellung in Natur ist, wenn man sie als eine angemessene Lösung anerkennt, durch den gleichermaßen „gesetzesfreien“ Rückgriff auf bereits geregelte Schuldverhältnisse der Rückgewähr zu vervollständigen. Um dieser Vervollständigung willen ist der Umfang des Verwendungsersatzes bei der Rückabwicklung im Ausgangspunkt wirksamer Verträge967 zu bestimmen: Hat der Rücktrittsgegner bzw. der Rücktrittsberechtigte gegenüber dem anderen Teil einen Anspruch auf Ersatz von Verwendungen, die er auf die herauszugebende Sache tätigte?968 Die Verpflichtungen des Schadensersatzgläubigers, der vom Schuldner im Wege der Naturalrestitution die Rückgabe einer aufgrund eines nichtigen Kauf- oder Schenkungsvertrags übereigneten Sache verlangen darf, bestimmen sich nach den in das Bereicherungsrecht übertragenen Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses über den Verwendungsersatz (§§ 994, 996, 1000 ff. BGB).969 Als Beispiel sei folgender Fall angeführt: A weiss, dass der Handel mit der Ware X einem gesetzlichen Verbot im Sinne des § 134 BGB zuwiderläuft. B, der die Ware X besitzt, bekommt von Rechtsanwalt R die Auskunft, der Handel sei erlaubt. B schließt daraufhin mit A einen Kaufvertrag. Er übergibt die Ware an A, der anschließend Verwendungen vornimmt. Als B erfährt, dass der mit A ge967 Steht die schadensersatzrechtliche Rückabwicklung von wirksamen (also nicht angefochtenen oder aus sonstigen Gründen nichtigen) Verträgen in Rede, kann das Bereicherungsrecht nicht maßgeblich sein. 968 Die Person des Rücktrittsberechtigten braucht nicht mit der des Gläubigers des Anspruchs auf Rückgabe bzw. -übereignung identisch zu sein! 969 Siehe dazu oben V. 2. d) bb) (b), Seite 578 ff.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

schlossene Vertrag nichtig ist (§ 134 BGB), verlangt er von A die Herausgabe der Ware. A hat die Ware an B aus schadensersatz- und kondiktionsrechtlichen Gesichtspunkten zurückzugeben; im Gegenzug kann er den Ersatz notwendiger Verwendungen nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen, §§ 994 Abs. 2 i.V. m. 684 Satz 1, 818 Abs. 4, 819, 292 Abs. 2 BGB.

(a) Die Belastung des Gläubigers des Herausgabeanspruchs mit dem Anspruch des anderen Teils auf Ersatz getätigter Verwendungen hat, bezogen auf die Ausübung eines vertraglich oder gesetzlich begründeten Rücktrittsrechts, in der Regelung des § 347 Abs. 2 BGB eine klare gesetzliche Grundlage: Der einschränkend gewährte Ersatz der notwendigen, allenfalls nützlichen (sachbezogenen) Aufwendungen erklärt sich aus der vom Gesetz geforderten Zurückhaltung im Umgang mit einer Sache, auf deren Rückgewähr sich innerhalb einer übersehbaren Zeitspanne (§ 350 BGB) der jeweilige Gläubiger oder Schuldner des Herausgabeanspruchs einzustellen hat.970 Indessen reicht der Schutz vor aufgedrängter Bereicherung nach der neuen Rücktrittsregelung weniger weit als nach der früheren Verweisung auf die Vorschriften über das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer: Der Ersatz notwendiger Verwendungen bestimmt sich nunmehr unabhängig davon, ob die Erhaltung der zurückzugewährenden Sache dem Interesse bzw. Willen des Rücktrittsberechtigten entsprach971, und „Aufwendungen“, die keine notwendigen Verwendungen zu darstellen972, sind dem Rücktrittsgegner stets zu erstatten, soweit der Gläubiger (i. e. des Anspruchs auf Herausgabe) „durch diese bereichert wird“, § 347 Abs. 2 Satz 2 BGB. Damit stellt sich „in aller Schärfe das Problem der aufgedrängten Bereicherung“.973 Der Gesetzgeber hätte hier – wie im Verhältnis des Eigentümers zum Besitzer – darauf abstellen sollen, ob der Rücktrittsgegner im Zeitpunkt der Vornahme des Vermögensopfers vom Rücktrittsgrund Kennt970 So deutlich – bezogen auf das vertraglich begründete Rücktrittsrecht – die Denkschrift zum „Rechte der Schuldverhältnisse“ bei Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 2, Recht der Schuldverhältnisse, Seite 1240: „Dieser Auffassung zu Folge“ (d.h. dass jeder Teil in die Lage versetzt werden soll, wie wenn der Vertrag nicht geschlossen wäre) „muß der eine wie der andere Teil von Anfang an mit der Möglichkeit rechnen, daß er in Folge des Rücktritts verpflichtet wird, die empfangenen Leistungen zurückzugewähren.“ 971 Das Schuldrechtsreformgesetz hat die Verweisung des bis zum 31. Dezember 2001 geltenden § 347 BGB auf das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer, die auch den Ersatz von Verwendungen umfasste, gestrichen. Siehe dazu sogleich Fußnote 978. 972 Der Begriff der „Aufwendung“ ist im Schuldrechtsreformgesetz nicht definiert, er wird nur als „sachgerechte Ausgleichsregelung“ verteidigt. „Aufwendungen“ dürften nicht nur Verwendungen auf die herauszugebende Sache, sondern alle Vermögensopfer sein, die dem Rückgabeschuldner entstanden sind, beispielsweise im Zusammenhang mit einem Vertragsschluss. 973 So wörtlich J. Hager, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, Seite 429, 452 sub 3.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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nis hatte oder nicht.974 Auf diese Weise wären die Rechtsfolgen des Rücktritts mit denen der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 818 Abs. 4, 292 BGB) und des Verhältnisses zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer in Einklang gebracht worden. Freilich verwirklicht sich nach den jetzigen Regeln des Rücktritts in der Anerkennung der Pflicht zur Erstattung von Verwendungen Zug um Zug gegen Herausgabe der gezogenen Nutzungen (§ 348 Abs. 1 BGB) greifbar die Einsicht, dass zwischen dem Anspruch der einen Rücktrittspartei auf Herausgabe von Nutzungen und dem Recht der anderen auf den Ersatz von Verwendungen ein wirtschaftlicher Zusammenhang besteht.975 Den Aufdrängungsschutz des Rücktrittsgegners, aber auch den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Herausgabe von Nutzungen und dem Anspruch auf Ersatz von Verwendungen mag ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1966976 verdeutlichen: Ein Fahrzeughändler verkaufte einem Fuhrunternehmer einen gebrauchten Lastkraftwagen zum Preise von 10.000 DM unter Eigentumsvorbehalt. Der Kaufpreis sollte durch Wechsel getilgt werden. Einundeinhalb Jahre nach dem Abschluss des Vertrages trat der Verkäufer vom Vertrag zurück (§ 449 Abs. 1 BGB), weil der Käufer die Raten nicht gezahlt hatte. Der Käufer verlangte nunmehr vom Verkäufer die Bezahlung notwendiger Reparaturen an dem verkauften Fahrzeug in Höhe von rund 7.500 DM, ein Begehren, dem der Verkäufer entgegenhielt, diese seien durch den Betrieb des Lastkraftwagens entstanden, mithin vom Käufer zu tragen. Der Rechtsstreit konzentrierte sich nach damaligem Recht auf die „Notwendigkeit“ der Reparaturen, weil der Rücktrittsgegner, spätestens seit Kenntnis des Rücktrittsgrundes, dem bösgläubigen Besitzer gesetzlich gleichgestellt war. Er würde heute durch den Zusammenhang zwischen einer für einundeinhalb Jahre geschuldeten Nutzungsvergütung977, die an den Verkäufer zu entrichten war, und dem Gegenrecht des Käufers auf den Ersatz der (notwendigen?) Reparaturen rechtstechnisch vereinfacht: §§ 346 Abs. 1 und 2 sowie § 347 Abs. 2 BGB.

(b) Das durch die Schuldrechtsreform anstelle der Wandelung gewährte Rücktrittsrecht wegen eines Mangels der gekauften Sache (§ 437 Nr. 2 BGB) oder der Werkleistung (§ 634 Nr. 3 BGB) und der hier in Betracht kommende Ersatz von Verwendungen des Käufers bzw. des Bestellers ist 974

J. Hager, a. a. O. Auf diesen Zusammenhang macht D. Kaiser, JZ 2001, Seite 1057, 1069 zu Recht aufmerksam. 976 BGHZ 44, Seite 237; der Preis von 10.000 DM ist erwähnt in der Urteilswiedergabe NJW 1966, Seite 446. 977 Die vom Käufer gezogenen Nutzungen umfassen nicht den Gewinn aus dem Betrieb des Fahrzeugs, der dem Käufer wegen seines Einsatzes und der aus dem Umsatz zu bestreitenden Kosten des Unternehmens verbleiben muss. Zu ersetzen ist mithin nur der Marktwert der Sachnutzung, d.h. der übliche oder geschätzte Mietzins (BGHZ 44, Seite 239, MünchKomm/Medicus, 3. Auflage, § 987 Rdnr. 13). 975

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

gleichfalls von der Bindung an das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer befreit978: Die jetzt eigenständige Regelung der Rücktrittsfolgen sieht den Ersatz nicht nur der „notwendigen Verwendungen“ auf eine zurückzugebende Sache, sondern aller der „Aufwendungen“ vor, durch die der Gläubiger (i. e. des Anspruchs auf Herausgabe) „bereichert“ wird, § 347 Abs. 2 Satz 2 BGB. Auch insoweit ist dem Gesetzesgeber kritisch entgegenzuhalten, die Abwehr einer aufgedrängten Bereicherung nicht differenziert genug behandelt und die innere Geschlossenheit der Regelungen über den Verwendungsersatz im Bürgerlichen Gesetzbuch aus dem Blick verloren zu haben.979 Jemand gibt, um die Problematik anhand einschlägiger Sachverhalte zu erläutern, die Erd-, Maurer- und Zementarbeiten beim Bau einer Mineralwasserfabrik980, den Einbau einer Küche in sein Haus bzw. seine Wohnung oder die Herstellung eines Motors für ein Boot981, in Auftrag. Alsdann wird das hergestellte Werk dem Besteller übergeben und durch eine zusätzliche Einrichtung verbessert. Kommt es jetzt zu einer Umgestaltung des Vertragsverhältnisses durch Rücktritt, so fallen dem Unternehmer die Verbesserungen nicht ausgleichslos zu: Der Besteller hat Anspruch auf den Ausgleich von Verwendungen bis zur Grenze einer „Bereicherung“ seines Vertragspartners, § 347 Abs. 2 Satz 2 BGB.

cc) Die Maßgeblichkeit des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses für die schadensersatzrechtliche Rückabwicklung von Verträgen Die gewonnenen Einsichten sind auf die wegen eines Verschuldens bei Vertragsschluss geschuldete Rückabwicklung kraft Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB) zu übertragen: Die Frage, ob der Ersatz von Verwendungen 978 Das Schuldrechtsreformgesetz hält die frühere Verweisung für „wenig transparent“ (Bundestags-Drucksache Nr. 14/6040 zu § 347 n. F., Seite 197). Die Geltung der Vorschriften über das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und Besitzer auch für die Rücktrittsfolgen lässt sich jedoch über die Materialien zum BGB (Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 2, Recht der Schuldverhältnisse, Seite 156) und von dort aus auf das Partikularrecht vor dem BGB zurückverfolgen (§ 1109 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Königreich Sachsen für den „Kauf mit Vorbehalt der Reue“ sowie Artt. 172 Abs. 2, 173, 22, 23 des Titels III vom Eigenthume eines bürgerlichen Gesetzbuchs für das Großherzogthum hessen für die Wandelung). Sie könnte damit zu tun haben, dass die römische Wandelungsklage, die actio redhibitoria, auf die restitutio in integrum der Parteien, also die vollständige Wiederherstellung des früheren Zustandes, gerichtet war. 979 Siehe dazu bereits unter (a) 980 So der Sachverhalt des Urteils RGZ 147, 390 aus dem Jahre 1935. Der Besteller verlangte 7.000 RM für den bereits gezahlten Werklohn zurück und rund 22.000 RM als Ersatz von Verwendungen auf das Bauwerk „durch Zahlungen an die übrigen Unternehmer für deren Lieferungen und Arbeitsleistungen“. 981 In Anlehnung an den Fall KG OLGZ 28 (1914), Seite 138, wo der Motor allerdings nicht für den Besteller hergestellt, sondern als Serienprodukt geliefert wurde.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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auf die notwendigen Investitionen des Schadensersatzgläubigers bzw. -schuldners zu begrenzen ist, muss auf der Grundlage der Vorschriften über das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer beantwortet werden: Sofern der Schadensersatzschuldner von vornherein mit der Rückabwicklung rechnen musste, weil er die den Ersatzanspruch begründenden Umstände kannte (so im Falle der arglistigen Täuschung), sind ihm nur die notwendigen Verwendungen nach den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag zu ersetzen, § 994 Abs. 2 BGB. War ihm indessen sein schädigendes Verhalten nicht bewusst (hatte er beispielsweise den Irrtum des anderen Teils, der diesen zum Vertragsschluß bewog, nur fahrlässig erregt982), darf er den Ersatz der notwendigen Verwendungen und darüber hinaus die mit nützlichen Investitionen verbundene Wertsteigerung der Sache für sich in Anspruch nehmen, §§ 994 Abs. 1, 996 BGB. Aus dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung können mithin auch die bloß nützlichen Verwendungen in einem „inneren“, d.h. hier wirtschaftlichen, Zusammenhang mit dem Erwerb der Sache stehen und aus diesem Grunde im Rahmen der Vorteilsausgleichung dem Schadensersatzgläubiger entgegengehalten werden.983

Ebenso wie der Schadensersatzschuldner vermag auch der Schadensersatzgläubiger, sofern er sich wegen der Kenntnis der entsprechenden Umstände auf die Rückgängigmachung des Vertrags einzustellen hatte, nur den Ersatz notwendiger Verwendungen (§ 994 Abs. 2 BGB sowie § 254 Abs. 2 BGB984) zu verlangen. War er dagegen gutgläubig, ist ihm wegen der Schadensersatzpflicht des anderen Teils jegliche, insbesondere eine nützliche Investition, abzunehmen, § 249 Abs. 1 BGB. Ein sprechendes Beispiel für die Tauglichkeit des Schadensersatzanspruchs wegen eines Verschuldens beim Vertragsabschluss, der die Aufhebung der Vereinbarung nach Art eines Rücktritts zum Ziele hat, ist einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln aus dem Jahre 2000 zu entnehmen985: Der Verkäufer einer amerikanischen Caravan-Limousine des Typs „Chrysler Voyager“ hatte den Käufer nicht darauf hingewiesen, dass die Leistungsfähigkeit des Katalysators des Neuwagens hinter den deutschen steuerlichen Bestimmungen zurückblieb und das Fahrzeug aus diesem Grunde keine Steuerbegünstigung erhalten konnte. Das in zweiter Instanz angerufene Oberlandesgericht Köln gab dem Begehren des Käufers, der Verkäufer möge das Fahrzeug zurücknehmen, aus 982

Nach ständiger, aber vielfach kritisierter Rechtsprechung kann auch der fahrlässig Getäuschte die Rückgängigmachung des Vertrags aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss i.V. m. § 249 Abs. 1 BGB geltend machen. Siehe dazu Palandt/Heinrichs, 62. Auflage, § 311 Rdnr. 11, 24. 983 Dazu näher Henke, Festschrift für Hagen, Seite 372, 391 ff. 984 Siehe oben Fußnote 966. 985 OLG Köln, OLG Report Köln 2000, Seite 191.

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V. Die Festlegung des Ausgleichs aufgedrängter Bereicherungen

dem Gesichtspunkt der „stillschweigenden Zusicherung“ einer „Eigenschaft“ statt. Da das Argument einer „stillschweigenden“ Zusicherung gekünstelt ist, hätte sich die Entscheidung überzeugender mit der fahrlässigen Verletzung einer Aufklärungspflicht durch den Verkäufer begründen lassen. Gesetzt den Fall, der Käufer hätte vor der Entdeckung der fehlenden Steuerbefreiung „nützliche Verbesserungen“ am Fahrzeug getätigt: Zum einen müsste der Verkäufer die Investitionen des Käufers aus dem Gesichtspunkt adäquat-kausal entstandener Einbußen ersetzen (§ 249 Abs. 1 BGB); zum anderen hat er eine Erhöhung des Verkehrswertes des Wagens aus dem Gesichtspunkt eines auf seiner Seite eingetretenen Vermögenszuwachses auszugleichen, § 996 BGB in entsprechender Anwendung.986 dd) Die Anrechnung von aufgedrängten Vorteilen bei der Rückabwicklung von Verträgen aus den Gesichtspunkten des Schadensersatzes und des Rücktritts – eine Zusammenfassung in Thesen 1. Der Schutz vor aufgedrängten Verwendungen stellt sich auch im Zusammenhang mit dem Schadensersatz wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten: Der nicht ausreichend aufgeklärte Teil fordert kraft des sog. negativen Interesses, so gestellt zu werden, als hätte er den Vertrag nicht geschlossen. In diesem Fall ist die Wiederherstellung in Natur auf die Rückgewähr der ausgetauschten Leistungen gerichtet; sie gründet sich auf das Institut der „culpa in contrahendo“.987 2. Die Verpflichtung des Schadensersatzgläubigers, Verwendungen des Schadensersatzschuldners auf eine von diesem zurückzugebende Sache zu ersetzen, fällt unter den Gesichtspunkt der „Vorteilsausgleichung“, d.h. die den Ersatzanspruch mindernde Anrechnung von Vorteilen, die ein mit dem Schaden sachlich zusammenhängendes Ereignis hat entstehen lassen.988 3. Da die Rückgewähr von vertraglich geschuldeten Leistungen kraft der Herstellung in Natur im Ausgangspunkt den Folgen des Rücktritts auch von einem Kauf- oder Werkvertrag entspricht, bietet es sich an, die auf Verwendungsersatz gerichteten Ansprüche des Schadensersatzschuldners oder -gläubigers in dem Umfang anzuerkennen, in dem sie als Parteien dieses gesetzlich geregelten Rückgewährschuldverhältnisses den Ausgleich von 986 Der Anspruch des Schadensersatzgläubigers auf Ersatz seiner Verwendungen gewinnt praktische Bedeutung, wenn die Verpflichtung des Schuldners zum Ausgleich der Vermögensopfer aus dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens (§ 254 Abs. 2 BGB) entfällt. 987 Siehe oben V. 2. e), Seite 597. 988 Siehe oben V. 2. e) aa), Seite 597.

2. Der Aufdrängungsschutz in gesetzlichen Schuldverhältnissen

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sachbezogenen Vermögensopfern verlangen können: Die „gesetzesfreie Schöpfung“ einer vertraglichen Rückabwicklung durch Herstellung in Natur ist, wenn man sie als eine angemessene Lösung anerkennt, durch den gleichermaßen „gesetzesfreien“ Rückgriff auf bereits geregelte Schuldverhältnisse der Rückgewähr zu vervollständigen.989 4. Die Belastung des Gläubigers eines Herausgabeanspruchs mit dem Anspruch des anderen Teils auf Ersatz getätigter Verwendungen hat, bezogen auf die Ausübung eines Rücktrittsrechts, eine klare gesetzliche, vom Verhältnis des Eigentümers zum Besitzer heute getrennte Grundlage: Der Ersatz der notwendigen, allenfalls der nützlichen Verwendungen erklärt sich aus der vom Gesetz geforderten Zurückhaltung im Umgang mit einer Sache, auf deren Rückgewähr sich innerhalb einer übersehbaren Zeitspanne der jeweilige Gläubiger oder Schuldner des Herausgabeanspruchs einzustellen hat. Indessen reicht der Schutz vor aufgedrängter Bereicherung nach der neuen Rücktrittsregelung weniger weit als nach der früheren Verweisung auf die Vorschriften über das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer, so dass sich „das Problem der aufgedrängten Bereicherung in aller Schärfe“ stellt. Der Gesetzgeber hat es hier versäumt, die Rechtsfolgen des Rücktritts mit denen der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 818 Abs. 4, 292 BGB) und des Verhältnisses zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer in Einklang zu bringen.990 5. Sofern der aus dem Gesichtspunkt der Verschuldens bei Vertragsschluss haftende Schadensersatzschuldner von vornherein mit der Rückabwicklung rechnen musste, weil er die den Ersatzanspruch begründenden Umstände kannte, sind ihm nur die notwendigen Verwendungen nach den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag zu ersetzen. War ihm andererseits sein schädigendes Verhalten nicht bewusst, darf er den Ersatz der notwendigen Verwendungen und die mit nützlichen Investitionen verbundene Wertsteigerung der Sache in Anspruch nehmen. Ebenso wie der Schadensersatzschuldner vermag auch der Schadensersatzgläubiger, sofern er sich wegen der Kenntnis der Umstände auf die Rückgängigmachung des Vertrags einzustellen hatte, nur den Ersatz der notwendigen Verwendungen zu verlangen. War er dagegen gutgläubig, ist ihm wegen der Schadensersatzpflicht des anderen Teils jegliche, insbesondere eine nützliche Investition abzunehmen.991

989 990 991

Siehe oben V. 2. e) bb), Seite 599. Siehe oben V. 2. e) bb) (a) und (b) Seite 600 ff. Siehe oben V. 2. e) cc), Seite 602.

VI. Die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung 1. Zur Rechtfertigung einer dogmatischen Arbeit a) Die Dogmatik ist ein unverzichtbarer Teil der Rechtswissenschaft, weil Rechtsfragen in den entscheidungserheblichen Einzelheiten nicht durch andere Methoden, insbesondere nicht durch soziologische Theorien oder eine empirische Sozialforschung, beantwortet werden können. Die Dogmatik hat Gerechtigkeitsfragen für eine Vielzahl von Sachverhalten entscheidbar zu machen und Wertungswidersprüche der Rechtsordnung zu vermeiden.1 b) Über die Voraussetzungen und Grenzen des geldlichen Ausgleichs von aufgedrängten Bereicherungen, d.h. von Vermögensvorteilen2, die ohne oder gegen den Willen des Bereicherten angefallen und nicht nachträglich gebilligt worden sind, herrscht trotz zahlreicher Veröffentlichungen keine einheitliche und überzeugende Auffassung. Diese unbefriedigende Situation ist auf die zu enge Blickrichtung der einschlägigen Untersuchungen zurückzuführen: Sie verbinden das Thema nur mit den einzelnen Instituten des bürgerlichen Rechts, ohne sie in einen Zusammenhang zu stellen und so ein übergreifendes System des Ausgleichs zu entwickeln.3

2. Zur Entstehung und geldlichen Bewertung von Vorteilen a) Eine Handlung kann nur dann als „vorteilhaft“ bezeichnet werden, wenn sie von der Person, auf die sie sich bezieht, gebilligt wird. Andernfalls ist sie als Eingriff in eine fremde Rechtssphäre, mithin als nachteilig, zu bewerten. Die Billigung des Eingriffs ist in aller Regel Gegenstand einer – wirksamen oder unwirksamen – rechtsgeschäftlichen Vereinbarung. Sie kann allerdings auch durch eine gesetzliche Regelung ausgesprochen werden; dies geschieht dadurch, dass das Gesetz die Einwirkung auf eine fremde Sache durch ihren Besitzer nicht als Verletzung des fremden Herrschaftsrechts, sondern als Geschäftsbesorgung4 zugunsten des Eigentümers bewertet. 1 2 3

Siehe oben I. a. E., Seite 18. Zum Begriff des Vermögensvorteils siehe oben III. 2., Seite 84 ff. Siehe oben II., Seite 20 ff.

2. Zur Entstehung und geldlichen Bewertung von Vorteilen

607

b) Der Wert einer als vorteilhaft zu qualifizierenden Handlung, etwa einer Dienstleistung, Werkleistung oder Geschäftsbesorgung, ist – hat man sie zum Gegenstand einer wirksamen Vereinbarung gemacht – durch die Abrede selbst festgelegt.5 Im Falle ihrer Nichtigkeit ist der Wert mit dem üblichen Entgelt bzw. Aufwand zu beziffern. Entsprechendes gilt, ist dem Bereicherten die Begründung einer Verbindlichkeit erspart geblieben, welche die betreffende Handlung zum Gegenstand gehabt hätte; seine nachträgliche Billigung macht den unbefugten Eingriff zu einer vorteilhaften Tätigkeit. Veranlasst jemand durch Hervorrufen oder Aufrechterhalten eines Irrtums, dass ein anderer für ihn tätig wird, so hat er wegen des Eingriffs in die fremde Dispositionsbefugnis das Entgelt zu entrichten, das dieser rechtsgeschäftlich vereinbart hätte.6 c) Bewirkt eine nicht vereinbarte und auch nicht nachträglich gebilligte Handlung die Erhöhung des Verkehrswertes einer Sache, so liegt in diesem „Erfolg“ ein objektiver Vorteil, der freilich nicht den Wert der Handlung, sondern lediglich die Chance ausdrückt, im Falle der Veräußerung der Sache einen erhöhten Erlös zu erzielen.7 d) Wird ein übertragbares Recht (insbesondere das Eigentum) erworben, so ist dessen objektiver Wert durch den Erlös festgelegt, der sich im Falle einer Veräußerung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse erzielen ließe.8 Verschafft sich jemand eigenmächtig ein solches Recht, so hat er an denjenigen, dem er es entzieht, wegen des Eingriffs in dessen Dispositionsbefugnis den Preis zu entrichten, der im Falle des rechtsgeschäftlichen Erwerbs hätte gezahlt werden müssen.9 e) Die Sachherrschaft als solche ist – anders als das kraft vertraglicher Abrede gewährte Recht zur Nutzung – geldlich nicht zu bemessen.10 Die Sachnutzung ist demgegenüber einem finanziellen Ausgleich zugänglich; ihr Wert bemisst sich bei Fremdbesitz nach dem vereinbarten Entgelt oder – bei eigenmächtiger Nutzung – nach dem Miet- oder Pachtzins, der im 4 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, dort insbesondere Fußnoten 190 und 192. 5 Siehe oben III. 2. a) bb), Seite 87. 6 Siehe oben III. 2. a) bb), Seite 87, dort insbesondere Fußnote 35. 7 Siehe oben III. 2. c), Seite 91 ff. und III. 2. d) aa), Seite 96. 8 Siehe oben III. 2. a) aa), Seite 86 sowie – bezogen auf das Eigentum – III. 2. c), Seite 91. 9 Siehe oben III. 2. g) bb) (f) (4), Seite 125, III. 2. h) dd) (a), Seite 133 und III. 2. h) dd) (b), Seite 135. 10 Siehe oben III. 2. f) bb) und cc), Seite 107 f.

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VI. Die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung

Falle einer rechtsgeschäftlich veranlassten Überlassung hätte entrichtet werden müssen, bei Eigenbesitz nach dem Wertverzehr, den eine bewegliche Sache im Laufe ihrer Nutzung erleidet.11 f) Die auftraglose Geschäftsbesorgung im fremden Rechts- oder Interessenkreis begründet nicht notwendig einen Vorteil des Geschäftsherrn; sie kann, mit anderen Worten ausgedrückt, ohne messbares Ergebnis bleiben. Sie zielt in erster Linie auf den Ersatz von Aufwendungen des Geschäftsführers und nicht auf die Erstattung einer Bereicherung, beziffert durch die ersparten Investitionen auf der Seite des Geschäftsherrn.12

3. Die Aufdrängung von Vorteilen a) Der Verkehrswert einer Sache kann durch die Zufügung von wesentlichen Bestandteilen, aber auch durch die Vornahme sonstiger Handlungen, wie beispielsweise Reparaturen, erhöht werden. In beiden Gestaltungen kann dem Eigentümer die Chance, für die Sache einen erhöhten Veräußerungserlös zu erzielen, unabhängig von seinem Willen zufallen. Beruht dieser Vorteil auf einer vom gewinnenden Eigentümer nicht veranlassten und auch nicht nachträglich gebilligten Tätigkeit eines Dritten, handelt es sich um einen ihm „aufgedrängten Zuwachs“. Allein das Ergebnis der Handlung, nicht die Tätigkeit als solche – sei sie als eine Geschäftsbesorgung, sei sie als eine von dritter Seite veranlasste Werkleistung zu qualifizieren – begründet den Vorteil. Dies gilt unabhängig davon, ob dieser Vorteil mit dem Erwerb des Eigentums an wesentlichen Bestandteilen verbunden ist (§ 946 BGB) oder nicht.13 b) Der Schuldner kann ohne oder gegen seinen Willen von einer Verbindlichkeit befreit werden, und zwar entweder aus dem Gesichtspunkt der Tilgung einer Gesamtschuld durch einen Mitschuldner, der Unmöglichkeit (§ 275 BGB) wegen „Selbsterfüllung“ oder kraft der Geschäftsbesorgung eines für ihn eintretenden Intervenienten (§ 267 BGB).14 Im zuletzt angeführten Fall wird der Dritte als Geschäftsführer ohne Auftrag tätig; das Ergebnis seines Handelns stellt den aufgedrängten Vorteil dar.15 c) Die Vornahme von notwendigen oder nützlichen Verwendungen auf eine Sache, deren Herausgabe aufgrund des Eigentums oder eines vertraglichen Anspruchs verlangt werden kann, stellt sich kraft der Anordnung eines 11

Siehe oben III. 2. f) cc) (b), Seite 111 und III. 2. g) bb) (f), Seite 120 ff. Siehe oben V. 2. b) cc), Seite 412 ff. 13 Siehe oben III. 2. d) aa), Seite 96 ff. und V. 2. d) aa) (d) (6), Seite 571 ff. 14 Siehe oben III. 2. i) cc), Seite 144. 15 Siehe oben III. 2. i) cc) (a), Seite 145, V. 2. b) jj), Seite 440 ff. und V. 2. d) dd), Seite 586 ff. 12

3. Die Aufdrängung von Vorteilen

609

geldlichen Ausgleichs unabhängig vom Willen des Herausgabeberechtigten als Geschäftsbesorgung in einem fremden Rechtskreis dar.16 Werden das Interesse des Eigentümers an der Erhaltung der Sache und ein entsprechender Wille unwiderlegbar vermutet, ist der Wert dieser Geschäftsbesorgung mit den ersparten Aufwendungen des Eigentümers im Sinne der §§ 662, 670 BGB zu beziffern.17 Erstreckt sich die Vermutung nicht auf die Tätigkeit des Geschäftsführers, sondern nur auf das von ihm herbeigeführte Ergebnis, ist die Ersatzpflicht durch den Wertzuwachs der Sache begrenzt (§§ 994 Abs. 2 i.V. m. 684 Satz 1, § 996 BGB).18 d) Die Vorteilhaftigkeit von Verwendungen wird in den Grenzen der §§ 994, 996 BGB auch zugunsten desjenigen unwiderlegbar vermutet, der die Herausgabe einer Sache auf der Grundlage des Kondiktionsrechts schuldet. Für den bösgläubigen oder verklagten Schuldner ergibt sich dies unmittelbar aus den Vorschriften der §§ 819, 818 Abs. 4, 292 Abs. 2 BGB. Im Hinblick auf den gutgläubigen und unverklagten Besitzer ist die Gleichbehandlung des Kondiktions- mit dem Vindikationsschuldner gerechtfertigt, weil die Vindikation im Ausgangspunkt als Besitzkondiktion zu deuten und ein Verhältnis der Spezialität eines der beiden Institute nicht zu rechtfertigen ist: Der bereicherungsrechtliche Anspruch tritt neben die Vindikation und verwirklicht wie diese die Rechte des Eigentümers.19 e) Ist die Rückübertragung des Eigentums geschuldet, so sind die Vorschriften über den Ersatz von notwendigen und nützlichen Verwendungen (§§ 994, 996 BGB) auch zugunsten des Kondiktionsschuldners anzuwenden, weil die Herausgabe des unrechtmäßigen Besitzes und des rechtsgrundlos erworbenen Eigentums gleich zu behandeln ist.20 Gleichzeitig beschränken diese Regeln das Recht des gutgläubigen und unverklagten Schuldners, die Erfüllung seiner Pflicht kraft der Bestimmung des § 818 Abs. 3 BGB von der Erstattung aller sachbezogenen Aufwendungen abhängig zu machen; insoweit ist der Gläubiger vor „aufgedrängter Entreicherung“ geschützt.21 f) Wegen des weitreichenden Schutzes vor aufgedrängten Vorteilen ist ein auf den Bereicherten bezogener, subjektiver Wertbegriff abzulehnen; der Wertmaßstab ist durchgängig ein objektiver.22 16 Zum Begriff der „Geschäftsbesorgung“ im hier verwendeten Sinne siehe oben III. 2. h) bb), Seite 129, insbesondere Fußnoten 190 und 192. 17 Siehe oben V. 2. c) bb) (a), Seite 487 ff. 18 Siehe oben V. 2. c) bb) (b), Seite 505 ff. 19 Siehe oben V. 2. d) aa) (d), Seite 540 ff. 20 Siehe oben V. 2. d) bb), Seite 576 ff. 21 Siehe oben V. 2. d) aa) (d) (3), Seite 562 ff. 22 Siehe oben III. 2. j), Seite 151 ff.

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VI. Die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung

4. Die Abwehr aufgedrängter Vorteile a) Die Abwehr einer aufgedrängten Bereicherung ist Ausdruck der Anerkennung der Willensfreiheit. Diese Freiheit anerkennt das Bürgerliche Gesetzbuch ausdrücklich im Hinblick auf den Eigentümer. Sie besteht im Ausgangspunkt auch für die Verwendung geldlicher Mittel. Die freie Verfügung ist Ausdruck der Privatautonomie, die jedem geschäftsfähigen Menschen das Recht gewährt, seine Rechtsverhältnisse nach eigenem Willen zu gestalten, und diesen Willen um seiner selbst willen anerkennt.23 b) Der Eigentümer oder Inhaber anderer dinglicher Rechte kann den Anfall von Vorteilen abwehren, wenn sie sich als das Ergebnis rechtswidriger Eingriffe in seine Dispositionsbefugnis darstellen, § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB.24 Dieses Recht ist ihm jedoch versagt, wird die Vorteilhaftigkeit einer Geschäftsbesorgung des unrechtmäßigen Besitzers oder des Mieters vom Gesetz unwiderlegbar vermutet (§§ 994 Abs. 1; 996; 536a Abs. 2 Nr. 2 BGB)25 oder der geldliche Ausgleich ausdrücklich für den Fall angeordnet, dass der objektiv messbare Zuwachs gegen den Willen des Bereicherten eingetreten ist (§ 684 Satz 1 BGB in unmittelbarer Anwendung; §§ 994 Abs. 2 i.V. m. 684 Satz 1 BGB)26: In diesen Gestaltungen ist dem Eigentümer und dem Geschäftsherrn der Geschäftsführung ohne Auftrag wegen ihrer Bereicherung der Einwand versagt, es handele sich um eine Einmischung in ihre Rechtssphäre, die sie nicht hinnehmen müssten. c) Das Kondiktionsrecht ordnet den Ausgleich von Vorteilen an, ohne darauf abzustellen, ob diese ohne oder gar gegen den Willen des Bereicherten eingetreten sind. Dementsprechend begründet die Möglichkeit, einen rechtswidrigen Eingriff in die Dispositionsbefugnis abzuwehren, im Ausgangspunkt eine Einwendung gegen den bereicherungsrechtlichen Ausgleich: Der Rechtsinhaber schuldet keine Zahlung für ihm angefallene „Vorteile“, deren Beseitigung er auf der Stelle zu verlangen vermag.27 Gleiches gilt, wenn der Vorteil aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht mehr rückgängig gemacht werden kann; dieser Umstand darf sich nicht zu Lasten des unfreiwíllig Bereicherten auswirken.28 Das Recht der Abwehr auf der Grundlage des Kondiktionsrechts ist freilich zu verneinen, wenn der Ausgleich des nicht gebilligten Zuwachses nach anderen Instituten des Bürgerlichen Rechts, nämlich der Geschäftsführung ohne Auftrag und dem 23

Siehe oben III. 1., Seite 79 ff. Siehe oben III. 6., Seite 191 ff. 25 Siehe oben III. 2. j) aa) (a), Seite 153 f., III. 6. b), Seite 193 ff. 26 Siehe oben III. 6. b), Seite 193 ff. 27 Siehe oben II. 2. b) bb), Seite 37 (insbesondere Fußnote 79), III. 2. h) dd) (c) (1), Seite 136 und V. 2. c) aa) (b) (2), Seite 480 ff. 28 Siehe insbesondere oben V. 2. b) ii), Seite 438 f. 24

5. Aufgedrängte Vorteile, deren Ausgleich nicht abzuwenden ist

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Rechtsverhältnis zwischen dem Eigentümer und dem unrechtmäßigen Besitzer, zu vollziehen ist.29 d) Hat jemand in Kenntnis seiner fehlenden Berechtigung und zum eigenen Nutzen ein fremdes Geschäft besorgt (§ 687 Abs. 2 BGB), so ist der Ausgleich durch die (vom Anspruchssteller nötigenfalls zu beweisende) Billigung des Bereicherten bedingt (§ 687 Abs. 2 Satz 2 BGB).30 Daraus folgt als allgemeiner Grundsatz: Verzichtet der unfreiwillig Bereicherte im eigenen Interesse auf die Beseitigung eines objektiv messbaren Vorteils und akzeptiert er auf diese Weise das Ergebnis einer Geschäftsbesorgung, schuldet er Wertersatz nach Maßgabe des Kondiktionsrechts (§ 687 Abs. 2 Satz 2 in entsprechender Anwendung).31

5. Aufgedrängte Vorteile, deren Ausgleich der Bereicherte nicht abzuwenden vermag a) Wird die Vorteilhaftigkeit einer Handlung vom Gesetz unwiderlegbar vermutet (§§ 994 Abs. 1; 996; 536a Abs. 2 Nr. 2BGB)32 oder der geldliche Ausgleich ausdrücklich für den Fall angeordnet, dass der objektiv messbare Zuwachs gegen den Willen des unfreiwillig Bereicherten eingetreten ist (§§ 684 Satz 1; 994 Abs. 2, 684 Satz 1 BGB)33, so ist das Recht auf Beseitigung eines gegenständlichen Vorteils zu verneinen; dieser ist von dem unfreiwillig Bereicherten hinzunehmen.34 b) Der Ausgleich eines aufgedrängten Vorteils aus dem Gesichtspunkt der unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 684 Satz 1 BGB) scheidet freilich aus, sollte es der fremdnützig handelnde Geschäftsführer in vorwerfbarer Weise versäumt haben, den Geschäftsherrn von der Übernahme des Geschäfts in Kenntnis zu setzen und seine Entschließung abzuwarten (§ 681 Satz 1 BGB).35 c) Sofern sich der Ausgleichsanspruch eines rechtmäßigen Fremdbesitzers für Verwendungen auf die überlassene Sache nach den Vorschriften 29 Siehe dazu oben V. 2. b) ee), Seite 419 f. und V. 2. d) cc) (b) (3), Seite 583 f. (bezogen auf den Anspruch des Geschäftsführers auf das aus der Geschäftsführung Erlangte aus § 684 Satz 1 BGB) und V. 2. d) aa) (d) (6), Seite 571 ff. (bezogen auf den Verwendungsersatz des Besitzers nach §§ 994, 996 BGB). 30 Siehe oben V. 2. b) ll) (c), Seite 458 ff. 31 Siehe oben II. 2. b) bb), Seite 37, II. 2. b) cc), Seite 38, V. 1. a) cc), Seite 373, V. 2. b) hh), Seite 437 und V. 2. d) cc) (a), Seite 581. 32 Siehe oben III. 2. j) aa) (a), Seite 153 f., III. 6. b), Seite 193 ff. 33 Siehe oben III. 6. b), Seite 193 ff. 34 Siehe oben II. 2. d) cc), Seite 61 und III. 6. b), Seite 193. 35 Siehe oben V. 2. b) ff) und gg), Seite 420 ff.

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VI. Die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung

über die Geschäftsführung ohne Auftrag bestimmt (§§ 539 Abs. 1, 601 Abs. 2 BGB), schuldet der Vertragspartner für eine Maßnahme, die seinem Interesse oder Willen zuwiderlief, den Ersatz einer damit verbundenen Werterhöhung nur nach Maßgabe des Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 684 Satz 1 BGB). Der Vertragspartner ist mithin in weitem Umfange vor dem Ausgleich einer ihm aufgedrängten Bereicherung geschützt.36 d) Verwendungen durch den unrechtmäßigen Fremdbesitzer unterliegen grundsätzlich den Einschränkungen, die das Vertragsverhältnis, seine Wirksamkeit unterstellt, vorsähe. Das Vertragsrecht kann allerdings nicht maßgebend sein, wo es eine Amortisation der getätigten Verwendungen zwar unterstellt, diese aber, wie bei unwirksamer Bestellung des Nießbrauchs, nicht verwirklicht werden kann. Der Ausgleich wegen Verwendungen auf eine Sache nach dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis ist mithin, von der erwähnten Ausnahme abgesehen, auf den Eigenbesitzer beschränkt.37 e) Schuldet der unfreiwillig Bereicherte die Herausgabe oder den geldlichen Ausgleich des erlangten Vorteils nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 684 Satz 1 BGB) oder des Eigentümer-BesitzerVerhältnisses (§§ 994, 996 BGB), vermag er seine kondiktionsrechtliche Inanspruchnahme nicht mit der Begründung abzuwehren, der andere Teil sei rechtswidrig in seine Sphäre eingedrungen. Andernfalls würden die gesetzgeberischen Entscheidungen über den Ersatz aufgedrängter Bereicherungen „ausgehebelt“.38 Auf der anderen Seite ist die kondiktionsrechtliche Pflicht zum Ausgleich aufgedrängter Bereicherungen durch diese Institute beschränkt; insbesondere sind die Vorschriften über den Ersatz von Verwendungen im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis in das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung zu übertragen. Dementsprechend kann derjenige, der zur Herausgabe einer Sache auf der Grundlage des Kondiktionsrechts verpflichtet ist, den Ersatz notwendiger und nützlicher Verwendungen nur nach Maßgabe der §§ 994, 996 BGB unabhängig von ihrer Billigung durch den Gläubiger verlangen.39 Der Herausgabeberechtigte ist hier vor einer ihm „aufgedrängten Entreicherung“ dadurch geschützt, dass der gutgläubige und 36 Siehe dazu oben V. 1. a) hh), 16. These, Seite 392 (Miete), V. 1. b), Seite 393 (Leihe), V. 1. c), Seite 402 (Pacht) und V. 2., Seite 403 (Nießbrauch, Pfandrecht, Vor- und Nacherbschaft, Fund). 37 Siehe oben V. 2. c) aa) (b) (2), Seite 480 ff. 38 Siehe dazu oben V. 2. b) ee), Seite 419 f. (bezogen auf den Anspruch des Geschäftsführers auf das aus der Geschäftsführung Erlangte aus § 684 Satz 1 BGB) und V. 2. d) aa) (d) (6), Seite 571 ff. (bezogen auf den Verwendungsersatz des Besitzers nach §§ 994, 996 BGB). Siehe oben V. 2. d) cc) (b) (3), Seite 583. 39 Siehe oben V. 2. d) aa), Seite 534 ff. und V. 2. d) bb), Seite 576 ff.

6. Der Ertrag ausländischer Rechtsordnungen

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unverklagte Herausgabeschuldner die Erfüllung seiner Pflicht nicht nach § 818 Abs. 3 BGB vom Ersatz aller sachbezogenen Aufwendungen abhängig machen darf.40 f) Der eingeschränkte Ausgleich einer aufgedrängten Bereicherung auf der Grundlage des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses ist Maßstab für die Anrechnung von Vorteilen bei der schadensersatzrechtlichen Rückabwicklung von Verträgen.41

6. Der Ertrag ausländischer Rechtsordnungen für die Abwehr und den Ausgleich aufgedrängter Vorteile a) Das anglo-amerikanische Recht besticht durch seine klare Linienführung: Der privatautonomen Entscheidung wird der nur durch wenige Ausnahmen durchbrochene Vorrang vor dem Ausgleich von ungebetenen Vorteilen eingeräumt.42 b) Im österreichischen Recht findet der Aufdrängungsschutz seinen überzeugenden Ausdruck in dem ausdrücklichen Verbot, sich in die Angelegenheiten eines anderen unbefugt einzumengen.43 c) Das französische und das schweizerische Recht behandeln die aufgedrängte Bereicherung nur in einigen detaillierten Regelungen. Während das französische Recht in letzter Konsequenz der systematischen Behandlung des Themas ausweicht44, schwächt die schweizerische Literatur den Aufdrängungsschutz durch die unreflektierte Gewährung „subsidiärer“ Bereicherungsansprüche auch zugunsten des bösgläubigen Geschäftsführers ohne Auftrag ab.45

40 41 42 43 44 45

Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe

oben oben oben oben oben oben

V. 2. d) aa) (d) (2) (cc), Seite 561. V. 2. e) cc), Seite 602. IV. 1. d), Seite 246. IV. 5. a), Seite 318 und IV. 5. c), Seite 353. IV. 2. e), Seite 288. IV. 3. e), Seite 316.

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Sachverzeichnis Abschöpfungsfunktion der Kondiktion 40, 63, 588 Abtretung 443 Akzeptanz – Darlegungs- und Beweislast 464 – der Veräußerung einer Sache 49 – des Ergebnisses einer Geschäftsbesorgung 451, 459, 462 – einer Sachveränderung 34, 35, 38, 52, 63, 142, 196, 373, 374, 376, 386, 437, 465, 506, 507, 517, 518, 572 – einer Tätigkeit 87, 128, 133, 135, 142, 153, 377, 455, 459, 493, 496 – eines nicht beseitigungsfähigen „Vorteils“ 439 – unwiderlegbar vermutete 493, 495 allgemeine Handlungsfreiheit Siehe Dispositionsfreiheit Aneigungsrecht des Geschäftsherrn (schweiz. Recht) 300 Anzeigepflicht – als Obliegenheit 434 – des Finders 430 – des Geschäftsführers 433 – des Geschäftsführers Siehe Unterrichtungspflicht i. S. d. § 681 Satz 1 BGB – des Mieters 431 – Funktion 432 Arbeitsleistung – als Verwendung 484 – Vermögenswert 414, 485 assurances des risques d’autrui 267 „aufgedrängte Bereicherung“, Fragestellung 20 Aufwendungskondiktion Siehe Rückgriffskondiktion Baumaßnahmen 33 Beseitigungsanspruch i. S. d. § 1004 BGB 38, 191, 478

– Abgrenzung zum Schadensersatz 213 – bei Usurpation fremder Befugnisse 197 – bezogen auf sog. Luxusverwendungen 573 – und Dereliktion 199 – und Schadensersatz 201 – und Verwendungsersatz 193 – Verhältnis zu § 684 Satz 1 BGB 371, 419, 429 – Verzicht 373, 378, 397, 437, 518 Besitz – als das aus der Geschäftsführung Erlangte 420 – als faktische Nutzungschance 108, 112, 126 – als nicht geldwerte Position 105 – als rechtlich verbürgte Nutzungschance 107 – Erwerb durch Geschäftsunfähige 175 Besitzkondiktion 43, 534 – und Vindikation 540 Billigung Siehe Akzeptanz Bösgläubigkeit – des Besitzers 36, 57, 64 – des Kondiktionsschuldners 36, 57, 64 Dereliktion 199 Dispositionsfreiheit 67, 70, 79, 80, 151, 156, 192, 200, 440, 455, 576 – Grenzen 80 – Sicherung durch Anzeigepflicht 432 Dogmatik 15, 17, 18 Drittleistung – als aufgedrängte Schuldtilgung 445, 586 – engl. Recht 226

Sachverzeichnis – – – – –

franz. Recht 264 i. S. d. § 267 BGB 144, 440, 587 österr. Recht 339, 350 schweiz. Recht 303, 308 Verhältnis zu § 684 Satz 1 BGB 445

Eigengeschäftsführung – angemaßte – § 687 Abs. 2 BGB 35, 142, 186, 192, 376 – (schweiz. Recht) 301 – irrtümliche – § 687 Abs. 1 BGB 196 – (schweiz. Recht) 293 Eigentum – als Gegenstand der Kondiktion 577 – Beseitigungsanspruch 107 – Erwerb durch Verbindung 94, 571, 585 – Festlegung des Wertes 86, 113 – ideelle Seite 200, 203 – Nutzungschancen 102 – wirtschaftlich-gegenständliche Seite 201, 203 Eigentumsfreiheit Siehe Dispositionsfreiheit Eigentumsstörung 107 Einrichtungen des Mieters, Begriff 357 Entreicherung 66, 74, 114, 117, 121, 123, 131, 134, 532 – als Ausdruck des Vertrauensschutzes 550, 551, 552, 557, 561 – aufgedrängte 41, 315, 350, 563, 570, 574, 580 – bei unentgeltlichem Erwerb 558 – im EBV 562, 564 – schweiz. Recht 314 – und Unmöglichkeit der Herausgabe, § 275 BGB 548 – wegen getätigter Verwendungen 41, 315, 350, 532, 537, 538, 541, 563, 570, 577, 579 Erfüllungsübernahme 225

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faute 282, 286 faute de l’apprauvi 279 Forderung, Inhaberschaft 89 free acceptance 230 fremdes Geschäft – Begriff 407 – objektive Fremdheit 410 – subjektive Fremdheit 411 – Untervermietung als 408 Fremdtilgungsbestimmung Siehe nachträgliche Fremdtilgungsbestimmung Gebrauchsvorteil, verwendungsbedingter 367 Gegenleistungskondiktion 555 Genehmigung i. S. d. § 1001 Satz 3 BGB 514 Gesamtschuld 145, 148, 149, 224, 448 Geschäftsbesorgung – als aufgedrängter Vermögensvorteil 495, 506, 524 – Begriff 129, 411 – im EBV 183, 488 Geschäftsfähigkeit, beschränkte 177 Geschäftsunfähigkeit – und Erwerb des Besitzes 175 – und Erwerb von Vermögensvorteilen 175 gestion d’affaires 254, 255 Gewinnabschöpfung 50, 53, 113, 115 Gewinnabschöpfungsfunktion der GoA 452, 454 Grindelhochaus-Urteil (BGHZ 41, 157) 36 Herstellungsaufwand 97, 101, 128, 131, 135 – und Verkehrswerterhöhung 139 Idealheim-Urteil (BGHZ 36, 30) 99 Impensen Siehe Verwendungen Informationspflicht des Geschäftsführers Siehe Unterrichtungspflicht i. S. d. § 681 Satz 1 BGB

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Sachverzeichnis

Irrtum – über den Leistungsgegenstand 179 – über die Person des Leistenden 180 Kondiktion – „Wesensverschiedenheit“ der Vindikation 545 – Vermögensorientierung 533, 545, 546, 556 Kondiktionssperre 34, 63, 366 – des § 814 BGB 589 Konkurrenzlösung 23, 26, 28, 387 Menzel-Urteil (RGZ 130, 69) 580 mistaken improver 233, 239, 241, 244 nachträgliche Fremdtilgungsbestimmung 151, 226, 227, 448 Nutzung – Begriff 115 – Privilegierung des gutgläubigen Besitzers 565 – rechtgrundlos = unentgeltlich? 568 – und Verbrauch 116, 119, 565 – verwendungsbedingte 479, 505, 507, 518 – Wertfestlegung 103 Nutzungschancen 102, 118 Obliegenheit – Begriff 434 – Unterrichtungspflicht i. S. d. § 681 Satz 1 BGB 434 Ökonomische Analyse des Rechts 16 officiousness 221, 239 paiement de la dette d’autrui 264 principe de non-immixtion 280 Privatautonomie Siehe Dispositionsfreiheit Quasi-contrats 253 Rechtsgrund i. S. d. Kondiktion 188, 372, 449, 583, 588

Rechtsgrundverweisung – beschränkte 387, 493 – vollständige 358, 418, 491 Rechtsmissbrauch 89, 97, 137, 142, 191, 379, 428, 441, 455, 481, 584, 586 Rechtsnachfolger 30 Rechtsvergleichung 16, 219 Rechtsverletzung, und Vorteil 191 Rechtsvoraussetzungsverweisung Siehe Rechtsgrundverweisung répétition de l’indu 277 Rückgaberecht i. S. d. § 1001 Satz 2 BGB 511 Rückgriffskondiktion 587, 588 Rücktritt, und Verwendungsersatz 599 Schaden, trotz Wertsteigerung einer Sache 67 Schadensersatz 65, 200 – bei Substanzeinbuße 201, 203, 205, 207 – und Beseitigungsanspruch i. S. d. § 1004 BGB 201 – Vorteilsausgleichung Siehe Vorteilsausgleichung Schadloshaltungsfunktion der GoA 412, 497, 498 Schikaneverbot 364 Selbstbestimmungsrecht Siehe Dispositionsfreiheit Selbsterfüllung 144, 146, 147 Störer i. S. d. § 1004 BGB 206 Tilgung fremder Verbindlichkeit Siehe Drittleistung travaux faits par un copropriétaire 268 Übernahmeverschulden i. S. d. § 678 BGB 420 Umgestaltungsaufwendungen Siehe Verwendungen Unterrichtungspflicht i. S. d. § 681 Satz 1 BGB 44, 64, 146, 187, 193, 298, 360, 370, 421, 427

Sachverzeichnis – als „echte“ Rechtspflicht 437 – als Obliegenheit 434 – Doppelfunktion 429 – Unmöglichkeit der Erfüllung 434 Untervermietung, als fremdes Geschäft 408 Verbrauch Siehe Nutzung Verkehrswert – Begriff 92, 516 – Eigentum 91 – Erhöhung 34, 56, 95, 97, 142, 367 – Pflicht zur Realisierung des Zuwachses 39, 46 Verwendungen – als unwiderlegbar vermutete Vorteile 193, 490, 494 – Arbeitsleistungen 484 – Begriff 37, 356, 474, 479 – EBV Siehe Verwendungsersatz des unrechtmäßigen Besitzers – Eigentumserwerb durch V. 571 – entgegenstehender Wille des Eigentümers 193 – Fund Siehe Verwendungsersatz des Finders – Gestattung durch Vermieter 361 – Leihe Siehe Verwendungsersatz des Entleihers – Miete Siehe Verwendungsersatz des Mieters – Nießbrauch Siehe Verwendungsersatz des Nießbrauchers – notwendige 474, 491 – objektiver Maßstab 489 – Umgestaltung einer Sache 37, 479 – und subjektivierter Wertbegriff 509 – Vorerbschaft Siehe Verwendungsersatz des Vorerben – Vorrang der Beseitigung 195 Verwendungsersatz – als Anreiz zur Sacherhaltung 490, 507 – als tätigkeitsbezogener Ausgleich 491

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– amerik. Recht 233 – Begrenzung durch Aufwendungen 508, 573 – Begünstigung des Besitzers im Vergleich zum Geschäftsführer 523 – bei Kondiktion des Eigentums 579 – bei Rücktritt 599 – des Entleihers – (dt. Recht) 393 – (franz. Recht) 250 – (österr. Recht) 330 – (schweiz. Recht) 290 – des Finders 404 – des Mieters – (dt. Recht) 355, 358 – (franz. Recht) 252 – (österr. Recht) 323 – (schweiz. Recht) 291 – des Nichtbesitzers 581 – des Nießbrauchers 404 – des Pächters (dt. Recht) 402 – des Pfandgläubigers 404 – des unrechtmäßigen Besitzers – (dt. Recht) 384, 400 – (franz. Recht) 273 – (österr. Recht) 343 – (schweiz. Recht) 309 – des Verwahrers – (franz. Recht) 251 – (österr. Recht) 331 – des Vorerben 404 – engl. Recht 238 – Fälligkeit des Anspruchs, § 1001 BGB 503 – geschäftsführungsrechtlicher Charakter 498 – kondiktionsrechtlicher Charakter 487, 496, 500, 503, 519, 520 – nach Maßgabe des vermeintlichen Besitzverhältnisses 482 – und Entreicherung 537, 538, 541 – und Kondiktion nach § 951 BGB 571, 585

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Sachverzeichnis

– Zweck der §§ 994, 996 BGB 182, 522 Verwendungskondiktion 76, 367, 376, 397, 495, 532, 583 – österr. Recht 349 Verwertungsrecht i. S. d. § 1003 BGB 42, 63, 511 – analoge Anwendung 564 Vindikation – „Wesensverschiedenheit“ der Kondiktion 545 – und Besitzkondiktion 540 Vorrang der Leistungsbeziehung 99, 102 Vorteil – Befreitsein von Verbindlichkeit 143, 145, 149, 155, 588 – bei Geschäftsunfähigkeit 175 – Besitz 105, 126 – Eigentum 100 – Erhöhung des Verkehrswertes 95, 97, 142, 196, 418 – Forderung 89 – gegenständlicher 85, 88 – Geschäftsbesorgung 141, 146, 413, 455, 459, 488 – Herstellungsaufwand 97, 100, 128, 131, 135, 485 – Inhaberschaft einer Forderung 89 – nicht beseitigungsfähiger 439 – nicht gegenständlicher 85, 88, 485, 586 – Recht zum Besitz 107 – und Nachteil 463, 517 – und Rechtsverletzung 87, 94, 107, 128, 157, 191

Vorteilsausgleichung 65, 66, 71, 74, 78, 437, 457, 597, 603 Wegfall der Bereicherung Siehe Entreicherung Wegnahmerecht – des Besitzers – (dt. Recht) 505, 513, 518 – (schweiz. Recht) 311 – des Geschäftsführers – (dt. Recht) 449 – (österr. Recht) 337 – (schweiz. Recht) 298 – des Mieters 374 Wert – des Eigentums 93, 113, 516 – einer Geldforderung 90 – einer Geschäftsbesorgung 488, 496, 499, 506 – einer gezogenen Nutzung 103, 109, 121, 125 – eines Herstellungsaufwandes 131, 485 Wertbegriff, Subjektivierung 88, 152, 154, 346, 371, 509, 510 Wertersatz, für gezogene Nutzungen 103, 109, 119, 121, 125 Willensfreiheit Siehe Dispositionsfreiheit Zubehör – als Verwendung 474 – Wegnahmerecht 475 Zurückbehaltungsrecht i. S. d. § 1000 BGB 43, 54, 483