Zwangskontrakt und Güterdefinition: Zur Klärung der Begriffe »Enteignung« und »Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums« [1 ed.] 9783428484010, 9783428084012

Das BVerfG hat mit dem Naßauskiesungsbeschluß von 1981 die Dogmatik zu Art. 14 GG gleichsam auf den Kopf gestellt. Es ha

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Zwangskontrakt und Güterdefinition: Zur Klärung der Begriffe »Enteignung« und »Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums« [1 ed.]
 9783428484010, 9783428084012

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JOACHIM LEGE

Zwangskontrakt und Güterdefinition

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 679

Zwangskontrakt und Güterdefinition Zur Klärung der Begriffe „Enteignung" und .Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums"

Von

Joachim Lege

Duncker & Humblot * Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Lege, Joachim: Zwangskontrakt und Güterdefinition : zur Klärung der Begriffe „Enteignung" und „Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums" / von Joachim Lege. - Berlin : Duncker und Humblot, 1995 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 679) Zugl.: Erlangen-Nürnberg, Univ., Diss., 1994 ISBN 3-428-08401-2 NE: GT

D 29 Alle Rechte vorbehalten © 1995 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-08401-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ©

Vorwort

Vor bald vierzehn Jahren hat das BVerfG die Dogmatik zu Art. 14 GG gleichsam auf den Kopf gestellt, und dies mit Recht. Insbesondere hat es neue Definitionen dessen vorgelegt, was Enteignung und was Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums sei. Nahezu unbemerkt ist freilich geblieben, daß das BVerfG diese Definitionen seit einigen Jahren gerade nicht mehr verwendet. Es ist somit zu befürchten, daß das Gericht auch in der Sache von seiner Konzeption wieder abrücken will, zumal sich in der Literatur die Zweifel an deren Tragfähigkeit gemehrt haben. Eine solche Um- oder gar Rückorientierung wäre jedoch äußerst mißlich: Denn die Rechtsprechung von BGH und BVerwG hat soeben die größten Widerstände und Anpassungsschwierigkeiten überwunden und befindet sich nun grundsätzlich in Übereinstimmung mit den Vorgaben des BVerfG. Angesichts dieser Situation möchte die vorliegende Untersuchung die ursprüngliche Konzeption des BVerfG entschieden verteidigen, freilich in einer eigenen und vielleicht nur etwas konsequenteren Interpretation. Die Arbeit wurde von der Juristischen Fakultät der Universität ErlangenNürnberg im Wintersemester 1994/95 als Dissertation angenommen. Mein Dank gilt zuvörderst meinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Reinhold Zippelius, für die vielen Jahre großzügiger Förderung und insbesondere für die Freiheit, eine andere Meinung haben zu dürfen; nicht zuletzt ihm verdanke ich auch den Mut, ein kurzes Buch zu schreiben ("longa non leguntur"). Herrn Professor Dr. Matthias Schmidt-Preuß danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtensund für manchen guten Rat. Besonderen Dank schulde ich des weiteren Herrn Professor Dr. Jürgen Schwabe, Hamburg; er hat mich durch engagierte briefliche Kritik immer wieder dazu gezwungen, meine Positionen zu überdenken. Für Hilfe und Ermutigung möchte ich schließlich meinen Freunden danken: denen aus Freiburg, nämlich Nicou und Werner Bachmann, Claudia Bittner, Christoph Enders und Matthias Schollen, ebenso wie denen aus Erlangen, also Christoph Ann, Anja Beyer, Irmgard Gleußner, Wolfgang Kerber, Sabine Kick, Georg Lorenz und Hermann Reichold. Besonderer Dank gilt Bertraud Bößl für Unterstützung und endlose Geduld bei den Schreib- und Computerar-

6

Vorwort

beiten, schließlich meinen Kolleginnen Claudia Dirnberger und Ute Rosenbusch-Winkler, die fast alle Fassungen der Arbeit gelesen und kritisiert haben. Das Manuskript wurde Anfang Juni 1994 abgeschlossen. Später erschienene Literatur und Rechtsprechung konnte nur noch vereinzelt eingearbeitet werden. Ich widme das Buch Hilde Lege und dem Gedenken an Käte und Gerhard Lege.

Erlangen, im Februar 1995

Joachim Lege

Inhaltsverzeichnis Einleitung

13

§ 1. Die Dogmatik des BVerfG

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I.

Die Schwellentheorien derfrüher ganz h.M

18

II.

Die Grundzüge der Trennungstheorie des BVerfG 1. Die grundlegenden Entscheidungen 2. Die wichtigsten systematischen Grundsätze a) Inhalts- und Schrankenbestimmung bleibt Inhalts- und Schrankenbestimmung . . . b) Entschädigungspflicht u.U. auch bei Inhalts- und Schrankenbestimmung c) Gesetzmäßigkeit der Entschädigung und Abwehr vor Entschädigung 3. Die Funktion der Begriffe Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung: Bindung des Gesetzgebers an die Verfassung

20 20 22 22 23 24 25

ΠΙ. Schwierigkeiten mit den Begriffen Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung . 27 1. Problemfälle 27 a) Sonderbelastung durch gesetzliche Neubestimmung des Eigentumsinhalts 27 b) Konkrete Gestaltungsakte mit genereller Wirkung 28 c) Extreme Belastung durch den Vollzug inhalts- und schrankenbestimmender Gesetze 28 2. Die Hauptfrage: Gibt es (noch) Bereiche mit gleitenden Übergängen zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung? 29 IV. Die hier vertretene Interpretation des BVerfG ("konsequente Trennungstheorie") . . . . 30 1. Inhalts- und Schrankenbestimmung bleibt immer Inhalts- und Schrankenbestimmung (und Enteignung stets Enteignung) 30 2. Keine Zäsur zwischen - generellem - Gesetz und - konkreter - Anwendung (berichtigende Auslegung des Art. 14 I 2 GG) 31 V. Der Haupteinwand gegen die Trennungstheorie(n): fehlende Trennschärfe ihrer Grundbegriffe 34

§ 2. Kritik der Lehre des BVerfG zur Abgrenzung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung 36 I.

Überprüfung der Abgrenzungskriterien in den "klassischen" Definitionen 1. Inhalts- und Schrankenbestimmung (1) generelle und abstrakte Festlegung (2) von Rechten und Pflichten (3) durch den Gesetzgeber (4) hinsichtlich solcher Rechtsgüter, die als Eigentum i.S.d.

36 37

8

Inhaltsverzeichnis Verfassung zu verstehen sind (5) auf der Ebene des objektiven Rechts (6) fraglich: für die Zukunft 2. Enteignung (1) Zugriff auf das Eigentum des Einzelnen (2) Entziehung (3) konkreter subjektiver Rechtspositionen (4) die durch Art. 14 I 1 GG gewährleistet sind (5) vollständig oder teilweise (6) fraglich: zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben 3. Kritische Würdigung a) Die Unzulänglichkeit der bisher verwendeten Kriterien b) Das praktische Problem: Enteignung "unter dem Etikett" der Inhalts- und Schrankenbestimmung c) Resümee: eine gewisse Ratlosigkeit

Π.

Überprüfung weiterer Aussagen des Gerichts und der ihm folgenden Lehre 1. Enteignung als "Entzug und nur Entzug" (Düng); "Entzugsakte" und "Definitionsakte" (Schmitt-Kammler) 2. "Umgestalten" versus "Überwinden" (Jarass); Enteignung als "Durchbrechung der Eigentumsordnung" (Wendt, Ehlers) 3. Änderungsgesetze: "zugleich" Inhalts- und Schrankenbestimmung und (Legislativ-) Enteignung (BVerfGE 58, 300, 331 f.)? 4. Allgemeiner: "Überschneidungen" von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung (Pieroth/Schlink, Steinberg/Lubberger)? 5. "Aufopferungsenteignung" (W. Weber, BVerfGE 45, 297, 332)? 6. DerrichtigeAnsatz: Enteignung als "Zwangskauf" (Rittstieg) bzw. "Güterbeschaffungsvorgang" (Osterloh)

41

48 49 50 52 52 52 53 54 57 57 59

ΠΙ. Ergebnis

60

§ 3. Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung als Eingriffe unter verschiedenen "Marktkonstellationen"

61

I.

Π.

Die Hintergrundvorstellung: Das Verhältnis von Eigentum, Markt und Staat 1. Die Bedeutung der Eigentumsgarantie für Freiheit und Sicherheit 2. Eigentum und Freiheit: Privatautonomie oder hoheitliche Regulierung 3. Der Markt als zentrale Kategorie aller Konflikte um das Eigentum 4. Konflikte in drei "Marktkonstellationen": Zwangskontrakt - Güterdefinition - Wirtschaftslenkung i.e.S 5. Die Bedeutung der Eigentumsgarantie in den drei "Marktkonstellationen"

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Definition der Begriffe "Enteignung" und "Inhalts- und Schrankenbestimmung" 1. Enteignung als Zwangskontrakt a) Die Tatbestandsmerkmale (1) marktintern (2) Zwangsgeschäft (3) zur Güterbeschaffimg (Entzug, Übertragung, Bereicherung) (4) aufgrund (behaupteten) Sonderzugriffsrechts zu Gunsten einzelner Nachfrager b) Was nicht (notwendig) zum Enteignungsbegriff gehört (1) hoheitlicher Zugriff (2) Rechtsakt (3) rechtmäßig (4) fremdnützig (5) zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben (6) Veränderung der Situation (7) Intensität der Beeinträchtigung 2. Inhalts- und Schrankenbestimmung als Güterdefinition

72 73 73 73 74 75 80 82

69 71

88

Inhaltsverzeichnis a) Die Abgrenzung von "Abkaufenmüssen" und "Fortdefinierendürfen" (Problem des "Etikettenschwindels") 91 b) Die Tatbestandsmerkmale 97 (1) einseitige Regelung 97 (2) durch die öffentliche Gewalt als "Marktveranstalter" 98 (3) unter Anknüpfung an das Eigentumsobjekt ("abstrakt") 99 (4) Festlegung der Rechte und Pflichten aller Eigentümer und Nicht-Eigentümer als potentieller Kontrahenten (nicht Konkurrenten) 101 c) Was nicht zum Begriff der Inhalts- und Schrankenbestimmung gehört: generelle Regelung 103 d) Die Abgrenzung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung - eine Frage der tatbestandlichen Erfassung oder der Formenwahl hoheitlichen Handelns? 103 3. Kein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 GG durch Wirtschaftslenkung i.e.S 106 a) Kein Schutz von Konkurrenten 107 b) Kein Schutz von "Chancen" und "Vorteilen" 108 c) Kein Schutz vor Schicksal 109 ΙΠ. Überprüfung der Definitionen 1. Standardfälle 2. Zweifelsfälle a) Inhalts-und Schrankenbestimmung "auf Null" b) Definition staatlich monopolisierter Güter c) Definition öffentlich-rechtlicher Ansprüche, insb. in der Sozialversicherung . . . d) Eingriffe unter Anknüpfung an die Person des Eigentümers e) Urheberrecht: Sonderzugriffsrechte, Gemeingebrauch und Sondernutzung . . . . f) Eigentumsbeeinträchtigungen im Nachbarrecht (i.w.S.)

111 112 115 115 117 118 125 130 132

§ 4. Ergebnisse und Ausblick

140

I. Π.

Klare tatbestandliche Trennung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung

140

Lösung der eingangs (§ 1 ΠΙ 1) genannten Problemfalle

141

ΠΙ. Konsequenzen für das System der öffentlich-rechtlichen Ersatzleistungen bei Beeinträchtigung des Eigentums

142

IV. Zur Rechtfertigung der Trennungstheorie

144

Schlußbetrachtung

146

Zusammenfassende Thesen

148

Verzeichnis der Beispielsfälle

151

Literaturverzeichnis

152

Sachverzeichnis

164

Abkürzungen abl. al lg. M. AK-GG-Bearb. ALR Bay Bearb. Bf., Bf.'in BK-Bearb. BTStenB DenkmSch ΈΜ -Bearb. f.a.S. FN FS G GSZ HdbStR HdbVerfR Hg. Hmb insb. i.R.d. i.S.d. l.cit. Lfg. Lit. Ls. m.a.W. MD -Bearb. m.E. Nachw. NatSch Nds 0. RhPf RN rw. Saarl

ablehnend allgemeine Meinung Alternativ-Kommentar zum Grundgesetz Allgemeines Landrecht fur die Preußischen Staaten von 1794 Bayern, bayerisch Bearbeiter Beschwerdeführerin) Kommentar zum Bonner Grundgesetz ("Bonner Kommentar"), Loseblattsammlung Deutscher Bundestag, Stenographische Berichte (römische Ziffer = Wahlperiode, arabische Ziffer = Seitenzahl) Denkmalschutz (in Abkürzungen) H.-U.Erichsen/W.Martens (Hgg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 1992 für die amtliche Sammlung bestimmt Fußnote(n) Festschrift (für) Gesetz (in Abkürzungen) Großer Senat für Zivilsachen Handbuch des Staatsrechts Handbuch des Verfassungsrechts, 1983 Herausgeber Hamburg, hamburgisch insbesondere im Rahmen des (bzw. der) im Sinne des (oder der) zitiert bei Lieferung Literatur Leitsatz mit anderen Worten Th. Maunz/G. Dürig u.a.: Grundgesetz. Kommentar, Loseblattsammlung meines Erachtens Nachweise Naturschutz (in Abkürzungen) Niedersachsen, niedersächsisch oben Rheinland-Pfalz, rheinland-pfälzisch Randnummer(n) rechtswidrig Saarland, saarländisch

11

Abkürzungen sog. u. u.a. unbestr. verfm. verfw. vM -Bearb.

VO ZfphilForschung zit. zutr.

sogenannt unten und andere, unter anderem unbestritten verfassungsmäßig verfassungswidrig I. von Münch/Ph. Kunig (Hgg.): Grundgesetz-Kommentar, Band 1 (Präambel bis Art. 20), 4. Aufl. 1992; oder (mit Angabe der Auflage): von I. von Münch (Hg.): Grundgesetz-Kommentar, Band 1 (Präambel bis Art. 20), 3. Aufl. 1985 Verordnung Zeitschrift für philosophische Forschung zitiert als zutreffend zweifelhaft

Im übrigenrichtensich die Abkürzungen nach Kirchner, Rechtssprache, 4. Aufl., Berlin/New York 1993.

Hildebert,

Abkürzungsverzeichnis der

Einleitung 1. Die Dogmatik zur Eigentumsgarantie des Art. 14 GG befindet sich spätestens seit dem Naßauskiesungsbeschluß des BVerfG 1 im Umbruch. Es gibt eine Fülle von Einzelproblemen, die ungelöst und teilweise stark umstritten sind. Im wesentlichen lassen sie sich in drei Hauptfragen zusammenfassen: Die erste Frage lautet, was genau unter einerseits Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (Art. 14 I 2 GG), andererseits Enteignung (Art. 14 III GG) zu verstehen ist. Die zweite Frage lautet, wie das System der öffentlich-rechtlichen Ersatzleistungen bei Beeinträchtigung des Eigentums nach den Vorgaben des BVerfG neu zu ordnen ist2; grob gesagt geht es um das Schicksal des sog. enteignenden und enteignungsgleichen Eingriffs. Diese Frage hat im Schrifttum am meisten Aufmerksamkeit gefunden3. Die dritte Frage würde schließlich lauten, ob die neue Theorie des BVerfG die Probleme wirklich besser und richtiger löst als die zuvor ganz h.M. und insbesondere die Rspr. des BGH. Diese Frage liefe letztlich auf die offene Frage nach der Gerechtigkeit hinaus; sie wird, soweit ersichtlich, nur vereinzelt explizit gestellt4. 2. Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist die erste Frage, also die nach den richtigen Begriffen von einerseits Enteignung, andererseits Inhaltsund Schrankenbestimmung5. Für die Beantwortung dieser Frage bieten sich im wesentlichen drei Wege an. Man kann zum einen mit der ehedem ganz herrschenden Lehre und Rspr., insbesondere des BGH, die beiden Begriffe quantitativ-wertend verstehen, d.h. 1

BVerfGE 58, 300 (Beschl. v. 15.7.1981 - 1 BvL 77/78). Nach der Formulierung Ossenbühls, StHR, § 22, 5 (S.185) muß gewissermaßen "umgeräumt" werden, und zwar vom "Obergeschoß der Verfassung" aus; vgl. zur Metapher des Aufräumens auch Kuhn, Revolutionen, 38, 160-3. 3 Dazu die Monographien von Kempen, Eingriff des Staates; Sass, Entschädigungserfordernis; aus der Lehrbuchliteratur zum neuesten Stand der Dinge Bull, AllgVerwR, RN 1171-1194; Maurer, AllgVerwR, § 26; EM-Rüfher, insb. RN 15-19, 53 ff.; aus der Sicht der BGH-Richterschaft: Nüßgens/Boujong, Eigentum etc. ; Krohn, Enteignung etc. ; daneben gibt es eine umfangreiche Aufsatzliteratur. 4 Z.B. Osterloh, DVB1. 1991, 907, 912 f. 5 Die Arbeit schließt insoweit an meinen Beitrag in der JZ 1994, 438 (ΙΠ 1) an. 2

14

Einleitung

Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung nach der Intensität abgrenzen, mit der eine Maßnahme den Eigentümer trifft. Zum andern kann man mit dem BVerfG die Abgrenzung qualitativ-beschreibend vornehmen, also mit Hilfe von Merkmalen, die nicht auf die faktische "Wirkung" beim Eigentümer abstellen6. Drittens schließlich könnte man versuchen, beide Theorien zu kombinieren. Nach hier vertretener Auffassung scheidet die letzte Möglichkeit aus, weil die Theorien der früher h.M. einerseits und des BVerfG andererseits letztlich inkommensurabel7 sind, d.h. daß sie ebensowenig harmonisiert werden können wie z.B. das ptolemäische und das kopernikanische Weltbild. Folglich muß man sich zwischen den beiden Extrempositionen entscheiden. Dabei spricht für die alte Theorie nicht zuletzt, daß sie über die bei weitem größere praktische Erfahrung verfügt, denn es ist eine große Vielfalt von Fällen, die mit Hilfe der zu bestimmenden Begriffe klassifiziert werden muß8. Zudem scheint die alte Lehre relativ einfach zu sein9 - was sie in Wahrheit aber nur für den ist, der das case law insbesondere des BGH souverän überblickt10.

6 Die Unterscheidung zwischen qualitativer Abgrenzung (bei der "klassischen") und quantitativer Abgrenzung (bei der "Aufopferungsenteignung") sehr klar bei Schwerdtfeger, Dogmatische Struktur, 25 f., und zwar bereits mit der Tendenz, die letztere "am liebsten ... aus Art. 14 III GG herauszunehmen" (a.a.O. 30); s. auch dens., JuS 1983, 108: "Die Enteignung ist kein quantitatives Mehr gegenüber der Inhaltsbestimmung, sondern ein qualitatives aliud." - In Anlehnung an Böhmer, Staat 24 (1985), 190, könnte man auch formulieren: Der Theorie des BVerfG gehe es um "die Anwendung eines subsumtionsfähigen Rechtsbegriffsder des BGH um die "richterliche Wertung eines Sachverhalts" ; ähnlich bereits Schulze-Osterloh, Eigentumsopferentschädigung, 226: der BGH suche nicht Subsumtion, sondern offene Abwägung. 7 Im Sinne von Kuhn, Revolutionen, 159 ff., 209 ff. (s. auch die Abschnitte IX und X); in etwas weiterem Zusammenhang, nämlich hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Entschädigungsproblematik überhaupt, fand sich auch Bull, AllgVerwR, RN 1147, an Kuhn erinnert. 8 Dazu etwa die Übersichten bei Sass, Entschädigungserfordernis, 166 f.; Ossenbühl, StHR, § 18, 1, und Schwabe, FS W.Thieme, 251-254. - Man vergegenwärtige sich etwa: Von der Umgestaltung des Fischereirechts durch den Gesetzgeber über die Ausweisung eines Naturschutzgebietes bis hin zur Baugenehmigung, vom Nutzungsverbot bis zur Betonierung eines Grundstücks für die Autobahn, vom privaten Notstandsrecht über die Zwangsvollstreckung bis zur hoheitlichen Gefahrenabwehr, von der Ermessensentscheidung über gestalterische Planentscheidungen bis zum gebundenen Verwaltungsakt usw. usf. - in all diesen Fällen fragt es sich, ob bzw. wann es sich um Enteignungen, um Inhalts- und Schrankenbestimmungen oder vielleicht auch um keines von beidem handelt. 9 Deshalb beklagt etwa Ossenbühl, StHR, 143, daß die Rspr. des BVerfG die Problematik keineswegs vereinfacht, sondern eher noch verkompliziert hat. 10 S. etwa die Warnung von Ossenbühl, StHR, § 3, 1. - Es dürfte unbestritten sein, daß sich dieses case-law keineswegs bruchlos und auch nicht immer einleuchtend zu einer Art Billigkeitsrechtsprechung fortentwickelt hat (Schoch y Jura 1990, 148), die letztlich auf eine "wertende Betrachtung des Einzelfalles" hinauslief und die der Regeln (rules) weitgehend entbehrte.

Einleitung

Für die neue Theorie sprechen hingegen folgende Gründe: Sie vermeidet eine Doppeldeutigkeit (Äquivokation) des Wortes Enteignung und damit eine Quelle fortwährender Mißverständnisse11. Zudem harmoniert sie wohl besser mit der Systematik des Verfassungstextes, insbesondere mit der Junktimklausel des Art. 14 III 2 GG12 (der Gegenbeweis mag allerdings geführt werden). Aus der Sicht des BVerfG dürften, wie noch näher darzustellen ist, vor allem kompetenzielle Erwägungen den Ausschlag gegeben haben: Die Fachgerichte sollen den Gesetzgeber achten, und dieser soll allein von der Verfassungsgerichtsbarkeit korrigiert werden können13. Nach der hier vertretenen Auffasung spricht für die neue Theorie schließlich gerade ihre scheinbare Kompliziertheit - denn es sind, wie gesagt, komplexe Verhältnisse, denen sie gerecht werden muß14. 3. Die vorliegende Untersuchung folgt daher im Ansatz dem BVerfG, also einer qualitativ-deskriptiven Unterscheidung der Begriffe Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung15. Sie schlägt jedoch, auf der Grundlage eines neuen Modells, andere Abgrenzungskriterien vor als das Gericht. Im Ergebnis wird ein "enger" Begriff von Enteignung vertreten und somit die Mindermeinung verstärkt, daß Enteignung "eine Art von Zwangskauf" 16 oder "Güterbeschaffungsvorgang" 17 nach dem Vorbild der "klassischen Enteignung"18 sei.

11

Dazu Hannappel/Melenk, Alltagssprache, 227 ff. und bereits Lege, NJW 1990, 872. Dazu bereits Dürig, JZ 1954, 7 ff., und ihm zustimmend W.Jellinek, JZ 1955, 148: Die Junktimklausel sei eine "Crux für den Juristen"; krit. zur "verkorksten" Vorschrift des Art. 14 ΠΙ GG zuletzt Schwabe, FS W.Thieme, 255 ff., 268. 13 Dazu besonders eindringlich Bryde, Kampf, insb. 393: letztlich sei es um eine "Verschiebung der Kompetenzen" gegangen; ferner Schoch, Jura 1989, 113: das BVerfG habe "grundrechtliche Normalität herbeigeführt"; nicht unkritisch zum "Verfassungspurismus" des BVerfG Faber, VerwR, § 25 (S. 391 f.). 14 "Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden, aber nicht einfacher" (Albert Einstein, l.cit. ZippeliuSy RPh, S.l). - Auch Wahl, FS K.Redeker, 257 verteidigt das "notwendigerweise kompliziertere Denken" nach dem Modell des BVerfG. 15 Überspitzt: Die Abgrenzung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung gleicht nicht der Frage "Wie viele Bäume machen einen Wald?" sondern der andern: "Ist es eine Katze oder ein Hund?". 16 AK-GG-Rittstieg, RN 187. 17 So namentlich Rittstieg, Eigentum als Verfassungsproblem, 411 ff.; Schulze-Osterloh, Eigentumsopferentschädigung, 267 f.; zuletzt Osterloh, DVB1. 1991, 911 ff.; s. auch Lege, NJW 1993, 2567 m.w.N. 18 Diese wurde definiert als "Entziehung oder Belastung von Grundstücken oder dinglichen Rechten an ihnen, soweit die Maßnahme für ein bestimmtes öffentliches Unternehmen nötig ist, durch Verwaltungsakt gegen Entschädigung" (W.Jellinek, Verwaltungsrecht, 402; s. auch etwa O.Mayer, DtVerwR Bd.2, §§ 33 f.; zu Fällen im geltenden Recht Bull, AllgVerwR, RN 1163). Die hier vertretene Auffassung weicht davon in mehreren Punkten ab: Enteignet werden kann nicht allein Grundeigentum und nicht nur durch Verwaltungsakt; ferner sind die Bestimmung für ein öffentliches Unternehmen sowie die Entschädigungspflichtigkeit nicht Tatbestandsmerkmale, sondern Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der Enteignung (Genaueres s.u. § 3 II 1). 12

16

Einleitung

Im folgenden soll zunächst in aller Kürze die Dogmatik des BVerfG in Erinnerung gerufen und die hier vertretene These zu ihrer Interpretation entwikkelt werden (§ 1). Sodann ist zu zeigen, daß die Grundbegriffe dieser Dogmatik, nämlich "Enteignung" und "Inhalts- und Schrankenbestimmung", vom Gericht selbst bislang nicht befriedigend geklärt sind (§ 2). Schließlich gilt es, die eigene Position zu entwickeln, und zwar in der Art des experimentierenden Denkens19: Es werden zunächst bestimmte Definitionen beider Begriffe vorgeschlagen und erläutert; sodann werden diese Definitionen an der Wirklichkeit überprüft - hier vornehmlich anhand des gesamten Fallmaterials, das die Rechtsprechung des BVerfG bietet (§ 3). An diesem Experiment muß sich erweisen, ob die vorgeschlagene Ansicht wirklich leistet, was sie beansprucht: ob sie also wirklich eine klare tatbestandliche Trennung von Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums ermöglicht.

19

Dazu Zippelius, Die experimentierende Methode im Recht; ders., RPh, § 11 ΙΠ; Näheres unten § 3 III vor 1.

§ 1. Die Dogmatik des BVerfG Die Dogmatik des BVerfG - und damit auch die Bedeutung ihrer beiden Grundbegriffe Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung - ist voll und ganz nur zu erfassen, wenn man sie vor dem Hintergrund der früher ganz h.M. in Rspr. und Literatur betrachtet. Diese "alte Lehre", insbesondere die Entschädigungsrechtsprechung des BGH, ist nämlich der Gegner, gegen den sie sich wendet. Der grundlegende Unterschied zwischen beiden Positionen besteht, leicht vereinfacht, in folgendem (es ist gewissermaßen ein Perspektivenproblem): Die alte Lehre stellt bei der Abgrenzung der Begriffe Enteignung und Inhaltsund Schrankenbestimmung auf den Einzelfall ab, genauer: auf die faktische "Wirkung", mit der eine Maßnahme den Eigentümer im Einzelfall trifft. Die neue Doktrin des BVerfG, die sich mehr und mehr durchsetzt und jetzt insbesondere vom BVerwG übernommen wurde1, will hingegen aus der Sicht des Gesetzes bestimmen, ob eine Maßnahme Enteignung oder Inhalts- und Schrankenbestimmung ist2. Man kann das auch so formulieren, daß der BGH "ex post" entscheidet, wann eine Enteignung vorgelegen habe, während das BVerfG dies "ex ante" oder "a priori" wissen will 3 ; das erste ist die Perspektive des Richters, das zweite die des Gesetzgebers bzw. derer, die ihn kontrollieren dürfen 4. Die praktische Bedeutung dieses Perspektivenproblems zeigt sich nun, wenn man danach fragt, welche Funktion die Begriffe Enteignung und In-

1 Zuletzt BVerwGE 94, 1 - Herrschinger Moos/BayNatSchG - m. Anm. Götz, DVB1.: 1993, 1356. Zum neuen Stand der Rezeption bei BGH und BVerwG s. Lege, JZ 1994, 431 ff.; Schwabe, Jura 1994, 529 ff., sowie die BGH-Richter Engelhardt, NVwZ 1994, 337 ff., Krohn, Enteignung etc., insb. RN 2, und, zu einem Einzelproblem auch Rinne, DVB1. 1994, 23 ff. (Krohn ist der ehemalige, Rinne seit März 1994 der neue Vorsitzende des III. Zivilsenats). Ein gewisser Abschluß ist jetzt erreicht durch BGH (f.a.S.), Urt. v. 7.7.1994 - III ZR 5/93 - , NJW 1994, 3283 = DVB1. 1995, 104 m. Anm. de Witt. 2 Diese Gegenüberstellung auch bei Götz, AgrarR 1994, 1; zur Einzelfallorientierung der Fachgerichte Bierlein, 144-8. 3 Vgl. etwa Ipsen, DVB1. 1983, 1030; Maurer, AUgVerwR, § 26 RN 2; Kraft, BayVBl. 1994, 99 f. 4 Böhmer, Staat 24 (1985), 160 f., auch 195 f.; Osterloh, DVB1. 1991, 910.

2 Lege

18

§ 1. Die Dogmatik des BVerfG

halts- und Schrankenbestimmung in den beiden Theorien jeweils erfüllen (sogleich unter I, sodann unter II 3).

I. Die Schwellentheorien der früher ganz h.M. Nach der alten Lehre des BGH war es Aufgabe des Begriffs Enteignung, die entschädigungsPflichtigen Fälle hoheitlicher Eigentumsbeeinträchtigung von den entschädigungs/os zu duldenden abzugrenzen5. Infolgedessen konzentrierte man sich ganz auf die Bestimmung des Begriffs Enteignung, verwendete aber, genau besehen, unter einer Bezeichnung zwei Begriffe: Enteignung meinte zum einen die "klassische" Enteigung als Beschaffung von Gütern, insbesondere Grundstücken, durch die öffentliche Hand für ein bestimmtes Unternehmen, z.B. eine Eisenbahn; Enteignungen dieser Art wurden als relativ unproblematisch angesehen, und sie waren traditionell auch durch Gesetze normiert, die - wie es Art. 14 III 2 GG fordert - Art und Ausmaß der Entschädigung regelten. Zum andern sollte Enteignung (oder "enteignend") in einem "weiten" Sinn grundsätzlich jede hoheitliche Maßnahme sein, die den Eigentümer im Einzelfall, ihrer Wirkung nach, derart intensiv beeinträchtigte, daß die "Enteignungsschwelle" überschritten wurde; dabei gab es zur Verortung dieser Schwelle eine ganze Reihe von - hier so bezeichneten - "Schwellentheorien"6. Alles, was diese Intensität nicht erreichte, wurde weitgehend synonym als (entschädigungslose) " Inhaltsbestimmung ", " Sozialbindung " oder " Eigentumsbindung" bezeichnet, und man faßte dabei Art. 14 I 2 und Art. 14 II GG als eine Art Einheit auf. Die Problematik dieser Auslegung bestand und besteht nun darin, daß nach Ansicht der Zivilgerichte auch der Vollzug eines Gesetzes, das im allgemeinen "nur" die Sozialbindung konkretisierte und somit "bloß" Inhaltsbestimmung i.S.d. Art. 14 I 2 GG war - daß dieser Vollzug sich in einem Einzelfall doch als "enteignend" auswirken konnte, beispielsweise wenn aufgrund des Wasserrechts oder des Natur- und Denkmalschutzrechts eine Nutzung untersagt wurde und diese Untersagung den Eigentümer unzumutbar traf. Dadurch schlug dann aber nicht nur der Einzelfall sozusagen in eine Enteignung um 5 Prägnant Schulze-Osterloh, Eigentumsopferentschädigung, 247: "Während ... aus Art. 14 III GG unmittelbar nur folgt, daß eine Eigentumsbeeinträchtigung entschädigungspflichtig ist, weil und soweit sie eine Enteignung darstellt, nennt der BGH umgekehrt eine Maßnahme Enteignung, weil und soweit sie entschädigungspflichtig ist"; s. ferner Böhmer, Staat 24 (1985), 190. 6 Dazu etwa Achterberg, AllgVerwR, § 25 RN 49-56; May er/Kopp, AllgVerwR, 449-453; Maurer, AllgVerwG, § 26 RN 16 ff. m.w.N.

I. Die Schwellentheorien der früher ganz h.M.

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( "Umschlagtheorie"7), sondern auch das Gesetz, das zu dem Eingriff ermächtigte, in ein Enteignungsgesetz - mit der Folge, daß es nun an der sog. Junktimklausel des Art. 14 III 2 GG zu messen war und folglich bei Fehlen einer Entschädigungsregelung nichtig8. Der BGH hat dann allerdings das ermächtigende Gesetz in der Regel nicht dem BVerfG nach Art. 100 I GG zur Prüfung vorgelegt9 - wohl auch aus der Befürchtung heraus, dies sei nicht zulässig10. Er hat den Betroffenen vielmehr kraft selbstgeschöpften Richterrechts (dessen Begründung schwankte) Entschädigung zugesprochen. Anspruchsgrundlagen waren dabei erstens der sog. "enteignungsgleiche Eingriff" in den Fällen rechts widrigen hoheitlichen Handelns, zweitens der sog. "enteignende Eingriff", wenn das Handeln rechtmäßig war 11. Infolgedessen ließ die Rspr. es am Ende oft dahinstehen, ob der Eingriff rechtmäßig oder rechtswidrig gewesen war - wenn nur ein Sonderopfer vorlag 12. Im Ergebnis stand dem Eigentümer damit das "Wahlrecht"13 zu, eine Beeinträchtigung abzuwehren (vor den Verwaltungsgerichten) oder sie zwar hinzunehmen, aber vor den Zivilgerichten Entschädigung einzuklagen. Gegen diese Rechtsprechung war und ist einzuwenden, daß sie den Gesetzgeber nicht genügend achtet und daher wegen Art. 20 III Hs. 2, Art. 97 II GG fragwürdig ist14. Denn entweder handelt es sich bei den Maßnahmen, die der BGH gesetzesfrei entschädigt, wirklich um Enteignungen i.S.d. Art. 14 III GG - dann sind diese wegen mangelnder Entschädigungsregelung rechtswidrig, können und müssen also abgewehrt werden - aber nicht ohne gesetzliche Grundlage entschädigt. Oder es handelt sich um inhalts- und schranken7 So die Bezeichnung des Bundesverfassungsrichters Böhmer, AgrarR Beil. 1/1984, 3,10; ders., Staat 24 (1985), 158 f.; 178, 181, 196; ders., NJW 1988, 2567. 8 Das nannte schon Dürig, JZ 1954, 7, einen "circulus vitiosus". 9 Ausnahme: Die Vorlage, die zur Naßauskiesungsentscheidung BVerfGE 58, 300 führte (BGH, NJW 1978, 2290). 10 Denn: In den Verfahren vor den Zivilgerichten geht es nicht mehr um die Zulässigkeit der beeinträchtigenden Maßnahme, sondern um Entschädigung. Folglich muß, wenn das Gesetz keine Entschädigungsregelung enthält, die Klage in jedem Fall abgewiesen werden, weil weder bei Gültigkeit noch bei Ungültigkeit des Gesetzes eine Anspruchsgrundlage besteht. BVerfGE 58, 300 (324 f.) hat denn auch nur ausnahmsweise die Zuständigkeit des BVerfG bejahen können. 11 Damit waren die Entschädigung s " tatbestände " freilich keineswegs hinreichend umschrieben, es gab vielmehr eine ganze Fülle von Ausnahmen und Einschränkungen, die sich erst aus einem intensiven Studium des "case law" erschlossen (s. etwa Mayer/Kopp, AllgVerwR, §§ 52 f.; Schoch, Jura 1989, 529 ff.; 1990, 140 ff.; Ossenbühl, StHR, §§ 22-24, 29-32; ). Letztlich kam es darauf an, ob der BGH den konkreten Einzelfall für entschädigungswürdig hielt. 12 Etwa BGHZ 60, 126 (138) - Ur-Naßauskiesung - ; 91, 20 (25) - Kläranlage - ; 117, 240 (252 ff.) - Überschwemmungen/"Immenhof". Krit. dazu etwa Schoch, Jura 1990, 148 m.w.N. 13 So z.B. Ossenbühl, StHR, 3.Aufl., §§ 18, 3 b, 22 m.w.N. 14 So auch Böhmer, Staat 24 (1985), 162-164.

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§ 1. Die Dogmatik des BVerfG

bestimmende Maßnahmen, die der Gesetzgeber freilich nicht entschädigen will - dann liegt es ebenfalls nicht in der Kompetenz der Zivilgerichte, ihn im Einzelfall zu korrigieren. Vielmehr müßte auch hier der beeinträchtigte Eigentümer den Eingriff abwehren, u.U. gerade weil es an einer erforderlichen Entschädigungsregelung im Gesetze fehlt. Festzustellen, ob dies der Fall ist, liegt aber - wegen Art. 100 I GG - allein in der Kompetenz des BVerfG.

Π. Die Grundzüge der Trennungstheorie des BVerfG Gegen die geschilderte Praxis der Fachgerichte, gesetzesfrei Entschädigung zuzusprechen und dadurch die drohende Verfassungswidrigkeit von Gesetzen "zu 'heilen'", hatte das BVerfG bereits in einer Entscheidung von 1955 ausdrücklich Stellung bezogen15. Es hatte den Begriff Enteignung anfangs jedoch noch ganz ebenso wie die h.M. nach den Schwellentheorien bestimmen wollen16. Erst später entwickelte sich nach und nach die hier so bezeichnete "Trennungstheorie", die These also, daß Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung qualitativ zu unterscheidende Eingriffstatbestände sind, nicht hingegen verschiedene Intensitätsgrade der Beeinträchtigung des Eigentums.

1. Die grundlegenden Entscheidungen

Eine eigene Konzeption des BVerfG zur "inneren Struktur" des Eigentumsgrundrechts deutete sich zuerst in einem Beschluß von 1967 an17, freilich so schwach, daß sie kaum bemerkt wurde. Im Jahre 1968 ließ das Gericht erstmals erkennen, daß es die Begriffe Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung nach eigenen Kriterien unterscheiden wolle, und zwar in der berühmten Entscheidung

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BVerfGE 4, 219 (230 ff., 231) - Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst/Entnazifizierung - . 16 Z.B. BVerfGE 10, 89 (114) - Erftverband - . - Dies spricht dafür, daß zumindest ein Hauptziel des BVerfG, nämlich die Aufhebung des "Wahlrechts" zwischen Anfechtung und Entschädigung (Stichwort "Primärrechtsweg"), auch dann hätte erreicht werden können, wenn man bei den Schwellentheorien geblieben wäre. Und das wiederum spricht dafür, daß dies eine Hauptziel nicht das einzige Ziel des BVerfG war: Es ging ihm vielmehr offenbar auch um die Klarstellung, daß Maßnahmen i.S.d. Art. 14 I 2 GG und solche nach Art. 14 ΠΙ GG ganz verschiedenen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen unterworfen sind (näher dazu unten 3). 17 So der beim BVerfG zuständige Berichterstatter Böhmer, NJW 1988, 2567 mit Hinweis auf BVerfGE 21, 73 - Grundstücksverkehrsgesetz I - .

II. Die Grundzüge der Trennungstheorie des BVerfG

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BVerfGE 24, 367 - Hamburger Deichordnung - : Das Hamburgische Deichordnungsgesetz (DOG) führte nach der Flutkatastrophe von 1962 durch § 4a HmbWasserG das Institut des "öffentlichen Eigentums an Hochwasserschutzanlagen" ein; dieses begründete eine "hoheitliche Sachherrschaft" und entzog die betroffenen Grundstücke dem Privatrechtsverkehr. § 2 DOG erklärte sodann diejenigen Flurstücke, die im Liegenschaftskataster als "Deichgrund" nachgewiesen oder in einer Anlage aufgeführt waren, zu öffentlichem Eigentum i.S.d. § 4a HmbWasserG.

Das BVerfG qualifizierte den ersten Akt des Gesetzgebers (die Schaffung öffentlichen Eigentums auf der Ebene des objektiven Rechts) als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums, den zweiten (der konkret auf die einzelnen Grundstücke Zugriff) als Enteignung18. Dabei verzichtete es zwar auf die Intensitätskriterien der Schwellentheorien (Sonderopfer, Schwere, Zumutbarkeit), doch fiel das wohl schon deshalb nicht weiter auf, weil es in diesem Fall auf sie nicht ankam. Es lag vielmehr, wegen der Übertragung des Grundeigentums auf einen "Unternehmer", eine "klassische Enteignung" vor 19 , und diese hatte ja auch der BGH stets als Enteignung qualifiziert, genauer: unter den einen seiner beiden Begriffe von Enteignung subsumiert. Dort, wo die "Enteignung" nach Intensitätskriterien bemessen wurde, nämlich vornehmlich in Entschädigungssachen, kam das BVerfG hingegen zunächst überhaupt nicht in die Lage, einmal mitzureden. Denn wenn die Zivilgerichte Entschädigung zusprachen, hatten die Eigentümer keinen Anlaß, Verfassungsbeschwerde zu erheben, und die öffentliche Hand konnte sie nicht erheben, weil sie nicht Grundrechtsträger ist20 - wie das BVerfG in einem frühen Naßauskiesungsbeschluß mit gewissem Bedauern entscheiden mußte21. Erst in zwei Entscheidungen von 1979 und 1981 hatte das BVerfG Gelegenheit, in aller Deutlichkeit klarzumachen, daß es hinsichtlich der Abgrenzung von Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums eine eigene, von der ganz h.L. abweichende Konzeption vertrat (hier so bezeichnete "Trennungstheorie"). Es waren dies die Fälle BVerfGE 52, 1 - Kleingartenrecht - : Nach dem Kleingartenrecht von 1969 (das die im Kriege getroffene Regelung von 1944 im wesentlichen fortschrieb) hatte der Verpächter von Kleingartengelände praktisch kaum mehr die Befugnis, seinen Pächtern zu kündigen und die Vertragsverhältnisse zu beenden. Es bestand 18

BVerfGE 24, 367 (388 ff., 392 ff.). BVerfGE 24, 367 (393); zu den Hintergründen der Ablehnung des Tatbestandsmerkmals "Güterbeschaffungsvorganges" (a.a.O. S.395) s. Böhmer, Staat 24 (1985), 185 FN 83. 20 Der BGH hatte dadurch faktisch eine Art "Monopol über die Definition der Eigentumsgewährleistung", und dieses konnte vom BVerfG kaum gebrochen werden {Bryde, Kampf, 386 f., 391 f.). 21 BVerfGE 45, 63 (74 ff., 80 f.) - Naßauskiesung/Stadtwerke Hameln u.a. - . 19

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§ 1. Die Dogmatik des BVerfG

zudem eine Pachtpreisbindung, und die Kündigung bedurfte der behördlichen Genehmigung. Diese war im Ausgangsverfahren versagt worden; BVerfGE 58, 300 - Naßauskiesung (vereinfacht) - : Das Wasserhaushaltsgesetz vom 27.7.1957 entzog den Grundstückseigentümern u.U. das Recht, ohne Erlaubnis auf das Grundwasser zuzugreifen. Mittelbar wurde ihnen dadurch unmöglich gemacht, erlaubnisfrei Kiesvorkommen auszubeuten, die sich im Grundwasserbereich befanden. Nach einer durch und auf Grund des Gesetzes gewährten (langen) Übergangszeit mußte der Kläger des Ausgangsverfahrens die Ausbeutung seiner Kiesgrube mangels Erlaubnis im Jahre 1974 einstellen. Er klagte deshalb auf Entschädigung.

Das BVerfG qualifizierte die Maßnahmen des Gesetzgebers in beiden Fällen als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums, wobei es diese im ersten Fall wegen Berührung der Substanz22 für verfassungswidrig hielt, im zweiten für verfassungsmäßig. Dabei definierte es die Inhalts- und Schrankenbestimmung als abstrakt-generelle Festlegung von Rechten und Pflichten des Eigentümers auf der Ebene des objektiven Rechts, die Enteignung als den Entzug einer konkreten subjektiven Eigentumsposition - es wird sich zeigen, daß dies Fragen offen läßt. Wichtiger als die Definitionen ist aber ohnehin die Feststellung des BVerfG, Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung seien "eigenständige Rechtsinstitute, die das Grundgesetz deutlich voneinander absetzt"23 - und nicht, wie nach der alten Lehre, nur unterschiedliche Werte auf einer Skala, welche die Intensität von Eigentumsbeeinträchtigungen, und zwar unter dem Gesichtspunkt der Entschädigungsbedürftigkeit, mißt. Diese Feststellung des BVerfG macht nämlich deutlich, daß hinter seinen Begriffen von "Enteignung" und "Inhalts- und Schrankenbestimmung" eine ganz andere Systematik steht als hinter denen der Schwellentheorien. 2. Die wichtigsten systematischen Grundsätze

Die Systematik des BVerfG läßt sich im wesentlichen auf vier Grundsätze bringen24. a) Inhalts- und Schrankenbestimmung bleibt Inhalts- und Schrankenbestimmung Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung sind voneinander zu trennen, es gibt also grundsätzlich keine gleitenden Übergänge zwischen 22

BVerfGE 58, 1 (31); daraus folgt, daß auch die "Substanz" kein Abgrenzungskriterium zur Enteignung liefert. 23 BVerfGE 58, 300 (331). 24 S. auch bereits Lege, NJW 1990, 864 f.

. Die Grundzüge der Trennungstheorie des BVerfG

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ihnen (deshalb "Trennungstheorie" 25). Insbesondere bleibt, wie das BVerfG ausdrücklich sagt, ein inhalts- und schrankenbestimmendes Gesetz i.S.d. Art. 14 I 2 GG auch dann Inhalts- und Schrankenbestimmung, wenn es verfassungswidrig ist26. Diese Aussage ist nun gerade auf die Fälle gemünzt, in denen das Gesetz selbst oder auch sein Vollzug27 im Einzelfall zu Wirkungen führt, die den Eigentümer im Sinne der Schwellentheorien "enteignend" belasten. In diesen Fällen kann das inhalts- und schrankenbestimmende Gesetz nach Ansicht des BVerfG nicht in eine Enteignung "umgedeutet" und die Verfassungswidrigkeit nicht durch Zubilligung einer Entschädigung "geheilt" werden, für die es keine gesetzliche Grundlage gibt28. b) Entschädigungspflicht u.U. auch bei Inhalts- und Schrankenbestimmung Entschädigungsrechtlich wird diese Trennungsthese freilich dadurch entschärft, daß mit der Qualifikation als Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Ansicht des BVerfG nicht bereits die Frage der Entschädigungsbedürftigkeit präjudiziell ist. "Leading case" ist insoweit BVerfGE 58, 137 - Pflichtexemplare - : Um der Mit- und Nachwelt ein möglichst vollständiges Bild des geistigen Schaffens im Lande zu vermitteln, ermächtigte das hessische Pressegesetz den Kultusminister, durch Verordnung zu bestimmen, daß von jedem in Hessen erscheinenden Druckwerk ein Belegstück kostenlos an eine von ihm näher zu bestimmende Bibliothek abgeliefert werde; der Minister machte von der Ermächtigung in genau diesem Sinne Gebrauch. Die statuierte Ablieferungspflicht traf die Hersteller kleiner, kostspieliger Auflagen - darunter den Kläger des Ausgangsverfahrens - naturgemäß härter als die Verleger von Massenprodukten. Der Kläger wehrte sich deshalb gegen den feststellenden Bescheid der für ihn zuständigen Bibliothek, daß sie die von ihm abgelieferten Bücher unentgeltlich einbehalte.

Nach Ansicht des BVerfG handelte es sich bei der fraglichen Regelung um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung, die jedoch verfassungswidrig war,

25 Diese ist besonders deutlich formuliert in BVerfGE 58, 137 (144 f.) - Pflichtexemplar - : Ein inhalts- und schrankenbestimmendes Gesetz wird auch dann nicht zur Enteignung, wenn es den Einzelnen unzumutbar belastet. 26 BVerfGE 52, 1 (28). 27 So insb. in der Kleingartenentscheidung BVerfGE 52, 1. 28 BVerfGE 52, 1 (28); zur "Heilung" bereits BVerfGE 4, 219 (233) - s.o. unter Π - ; BVerfGE 46, 268 (285) - Bayerische Bodenreform - .

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§ 1. Die Dogmatik des BVerfG

gerade weil eine erforderliche Entschädigungsregelung zugunsten der Kleinverleger nicht bestand29. c) Gesetzmäßigkeit der Entschädigung und Abwehr vor Entschädigung Im Unterschied zu den Schwellentheorien darf nach Ansicht des BVerfG die erforderliche Entschädigung jedoch nicht ohne gesetzliche Grundlage, m.a.W.: nicht aufgrund Richterrechts zugesprochen werden. Wie weit dieser "Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Entschädigimg"30 reicht, ist streitig. Nach richtiger Ansicht gilt er, wie gerade die Pflichtexemplarsentscheidung zeigt, sowohl fur Enteignungen als auch für Inhalts- und Schrankenbestimmungen31, und zwar jedenfalls dann, wenn das Gesetz selbst oder sein gesetzmäßiger Vollzug das Eigentum beeinträchtigen. Handelt es sich hingegen um den gesetzwidrigen Vollzug von Inhalts- und Schrankenbestimmungen, so scheint das BVerfG eine richterrechtliche Entschädigung zwar nicht auszuschließen32. Der Eigentümer muß jedoch grundsätzlich den Eingriff in sein Eigentum abzuwehren versuchen33 ("Anfechtungslast"34, Vorrang des "Primärrechtsschutzes" 35). Nur wenn das nicht

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In der Literatur wird die daraus folgende einfachrechtliche Problematik, meist unter dem Stichwort "ausgleichspflichtige Inhaltsbestimmung", seit langem lebhaft diskutiert (zur älteren Diskussion Sass, Entschädigungserfordernis, 315 ff. m.w.N; zuletzt etwa Maiwald, BayVBl. 1991, 101 ff.; Kleinlein, DVB1. 1991, 365 ff.; Maurer DVB1. 1991, 781 ff.; ders., AllgVerwR, § 26 RN 79-86; Kimminich, NuR 1994, 261 ff.). Im Vordergrund stehen die Konsequenzen für den sog. Primärrechtsschutz und die salvatorischen Entschädigungsklauseln (Götz y DVB1.1984,396 f.; Knauher, NVwZ 1984, 756ff.;Hermes, NNwZ 1990, 733 f.; Schink, DVB1. 1990, 1375 ff.;Melchinger, NJW 1991, 2524 ff.; Pietzcker, JuS 1991, 369 ff.; ders., NVwZ 1991, 426 f.; Heinz/Schmitt, NVwZ 1992, 513 ff.; Götz, DVB1. 1993, 1356 f; Detterbeck, DÖV 1994, 273 ff.). 30 BVerfGE 58, 300 (319). 31 Die wohl h.M. und der BGH wollen den Grundsatz nur auf die Enteignung "im technischen Sinne des Art. 14 III GG" anwenden (s. nur Ossenbühl, StHR, § 29, 2, auch §§ 22, 4 b; 23, 1 b). Dabei wird aber übersehen, daß es in der Naßauskiesungsentscheidung, die den Grundsatz erstmals formulierte, der Sache nach gerade um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums ging (das verkennt etwa Scherzberg, DVB1. 1991, 85 f.). Wie hier auch BVerwGE 94, 1 (8) Herrschinger Moos - . 32 BVerfG (3. Kammer des Ersten Senats), Beschl. v. 29.7.1991 - 1 BvR 868/90 - Puffreis/Kakao VO - , NJW 1992, 36/37: Der sog. "enteignungsgleiche Eingriff" sei ein Rechtsinstitut des einfachen Rechts; s. auch bereits BVerfGE 8, 229 (239) - Kfz-Zuweisungen - , wo die Entschädigung für rechtswidrige Eingriffe in das Eigentum als "gemeindeutscher Rechtsgrundsatz" anerkannt wird. 33 Vgl. die wohl bewußt weite Formulierung in BVerfGE 58, 300 (324). 34 So der Terminus von Böhmer, NJW 1988, 2564. 35 So die Terminologie der wohl h.M., s. nur Maurer, AllgVerwR, § 26 RN 95-99.

. Die Grundzüge der Trennungstheorie des BVerfG

25

möglich oder unzumutbar ist (der BGH zieht § 254 BGB analog heran36), kann wegen "Eigentumsunrechtshaftung" 37 entschädigt werden. Im einzelnen müßte hier vieles noch genauer untersucht und begründet werden (s. auch unten § 4 III); für die vorliegende Untersuchung kann es jedoch mit der vorstehenden Skizze sein Bewenden haben.

3. Die Funktion der Begriffe Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung: Bindung des Gesetzgebers an die Verfassung

Betrachtet man die Systematik des BVerfG insgesamt, so zeigt sich, daß die Begriffe Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung in ihr einen ganz anderen Stellenwert haben als in den Schwellentheorien: Ihre Aufgabe ist nicht die einzelfallbezogene Abgrenzung der entschädigungspflichtigen von den entschädigungsfreien Eigentumsbeeinträchtigungen, sondern offenbar etwas anderes. Um dies zu erschließen - das BVerfG selbst wird insoweit nicht sehr deutlich - , bedarf es einer Unterscheidung zwischen Tatbestand und Rechtsfolgen des Art. 14 I 2 bzw. Art. 14 III GG. Nach Auffassung des BVerfG meint das Grundgesetz, wie gezeigt, mit Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung zwei völlig verschiedene Arten von "Eingriff" 38 in das Eigentum - das sind die Tatbestände. Diese Eingriffe unterliegen - das sind die Rechtsfolgen - nach der Verfassung unter39 schiedlichen Zulässigkeits- oder besser: Rechtmäßigkeitserfordernissen (es wird nicht verkannt, daß diese bei der Inhalts- und Schrankenbestimmung nicht aus Art. 14 I 2 GG selbst folgen, sondern aus einer systematischen Verfassungsinterpretation, insbesondere aus Art. 14 I 1, II GG und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz40). Was nun die Rechtsfolgen betrifft, so gilt vor allem: Die Enteignung nach Art. 14 III 2 GG muß stets entschädigt werden, während das bei der Inhalts-

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Z.B. BGHZ 90, 17 (31 ff.). So der Terminus von Schmitt-Kammler, FS E.Wolf, 610; ders., NJW 1990, 2518 f.; s. auch Scherzberg, DVB1. 1991, 86, 87. 38 Es ist streitig, ob es sich bei der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums überhaupt um einen "Eingriff" handelt (dagegen vor allem Böhmer, Staat 24 [1985], 164, 197 f.; ferner Schoch, Jura 1989, 115); mit Pieroth/Schlink, RN 1013, ist davon auszugehen, daß es sich jedenfalls bei solchen Inhalts- und Schrankenbestimmungen, die Eigentümerbefugnisse verkürzen, um "Eingriffe" handelt; s. auch v.Heinegg/Haltern, JuS 1993, 123 f. 39 So etwa BVerfGE 58, 300 (331). - Noch genauer müßte von "Verfassungsmäßigkeitsvoraussetzungen" die Rede sein; der Terminologiestreit sollte jedoch nicht übertrieben werden. 40 Siehe nur Jarass/Pieroth, RN 29-36; vM-Bryde, RN 59-65; Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 226 ff. 37

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§ 1. Die Dogmatik des BVerfG

und Schrankenbestimmung nur ausnahmsweise einmal der Fall sein kann. Man wird auch das "Wohl der Allgemeinheit" in Art. 14 III 1 GG in einem anderen, nämlich strengeren Sinn verstehen müssen als in Art. 14 II GG (der den inhaltsbestimmenden Gesetzgeber bindet)41. Insgesamt hat der Gesetzgeber im Rahmen des Art. 14 I 2 GG eine erheblich größere Gestaltungsfreiheit als im Rahmen des Art. 14 III GG42. Diese Gestaltungsfreiheit betrifft jedoch nur die Rechtsfolgenseite. Hingegen ist der Gesetzgeber - selbstverständlich - nicht frei darin zu entscheiden, was tatbestandlich eine Enteignung und was eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums ist bzw. wann ein Eingriff unter diesen oder jenen Begriff fallt 43; er ist vielmehr daran gebunden, was die Verfassung insofern meint. Daraus folgt: Die Begriffe Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung haben in der Konzeption des BVerfG primär die Funktion, den Gesetzgeber zu kontrollieren oder, anders gewendet, ihm "ex ante" klar zu machen, welcher Art ein Eingriff ist, den er vornehmen oder zu dem er ermächtigen will - aus der Sicht des Verfassungsgebers (dem er unterworfen ist) bzw. des BVerfG (das jenen verbindlich interpretiert 44). Denn erst wenn der Gesetzgeber insoweit Klarheit hat, kann er auch "ex ante" wissen, welche verfassungsrechtlichen Anforderungen er zu erfüllen hat45.

41

So Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 240; nicht ganz unproblematisch BVerfGE 74, 264 (286 ff.) - Boxberg - (dazu Grabe, DÖV 1990, 806; Ehlers, a.a.O., 241); s. auch Schwabe, JZ 1983, 275 FN 19. 42 Vgl. BVerfGE 21, 73 (82 ff.); ferner Osterloh, DVB1. 1991, 909-911; Wahl, FS K.Redeker, 249 ff. Es ist unbestritten, daß dem Gesetzgeber diese "Freiheit des ersten Schrittes" (s. v.Zezschwitz, FS H.Ridder, 202, 209) nicht schrankenlos zusteht. 43 Von vornherein verfehlt sind deshalb alle Versuche, die den Enteignungsbegriff durch Rückgriff auf den Willen des Gesetzgebers bestimmen wollen (z.B. Peter, Grundeigentum, 89); und besonders verfehlt ist es, auf diesen "Willen zur Enteignung" nur dann schließen zu wollen, wenn der Gesetzgeber für eine Entschädigungsregelung gesorgt hat (so aber Ipsen, DVB1. 1983, 1030; Kleinlein, DVB1. 1991, 370 ff.; mißverständlich Böhmer, Staat 1985,196). Auf diese Weise gäbe man die Normativität der Verfassung auf (so auch Kraft, BayVBl. 1994, 102). 44 Dazu bereits Bryde, Kampf, 388 f., 393: Beim Kampf um die Dogmatik des Art. 14 GG geht es "vor allem um die Verteilung von Interpretationsmacht", und dabei soll nach der Konzeption des BVerfG "nicht mehr der BGH, sondern der Gesetzgeber ... Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmen und dabei nur vom BVerfG kontrolliert werden". 45 So deutlich jetzt auch Kraft, BayVBl. 1994, 100.

ΙΠ. Schwierigkeiten mit den Begriffen Enteignung und ISB

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ΙΠ. Schwierigkeiten mit den Begriffen Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung Fraglich ist nun allerdings, ob die Begriffe Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung tatsächlich das leisten, was sie sollen, ob sie also dem Gesetzgeber wirklich klar vorgeben, welcher Art eine Regelung ist, die er treffen will 46 . 1. Problemfalle

Die Abgrenzungskriterien des BVerfG laufen im wesentlichen hinaus auf die Unterscheidung von einerseits generellen Regelungen durch den Gesetzgeber (Art. 14 I 2 GG), andererseits dem Zugriff auf konkrete Eigentumsrechte (Art. 14 III GG)47. Zuordnungsprobleme entstehen deshalb etwa in folgenden Fällen: a) Sonderbelastung durch gesetzliche Neubestimmung des Eigentumsinhalts Es ist möglich, daß im Rahmen einer "generellen" Neuregelung des Eigentumsinhalts auch "konkrete" Rechtspositionen entzogen werden, die nach dem bisher geltenden Recht erworben wurden. Beispiele: Aufgrund einer Neuregelung des niedersächsischen Fischereirechts traten Genossenschaften an die Stelle der bisherigen Verpächter von Fischereiberechtigungen; sie erhielten das Recht, die Pachtverträge vorzeitig zu kündigen {BVerfGE 71, 137). - Durch Novellierung des BundesbergG wurden bestimmte Vorkaufsrechte vollständig, ersatzlos und entschädigungslos beseitigt; das galt auch, wenn der Vorkaufsfall bereits zur Geltungszeit des alten Rechts eingetreten war (BVerfGE 83, 201).

Bei einem solchen Entzug durchaus konkreter Rechtspositionen durch generelle Akte ist fraglich, ob er stets als Enteignung oder stets als Inhalts- und Schrankenbestimmung zu qualifizieren ist - oder ob er vielleicht auch, etwa je nach Größe des Sonderopfers, mal das eine, mal das andere oder gar beides zugleich48 sein kann.

46

Insoweit zweifelnd etwa: Battis , AllgVerwR, RN 448; Papier, NWVB1. 1990, 398, und insb. Pietzcker, JuS 1991, 371; zuletzt Detterbeck, DÖV 1994, 275 f.; Schwabe, Jura 1994, 531. 47 Maunz/Zippelius, § 28 Π 6. 48 So die Formulierung zuletzt in BVerfGE 58, 300 (331 f.); s. ferner unten § 2 II 3.

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§ 1. Die Dogmatik des BVerfG

b) Konkrete Gestaltungsakte mit genereller Wirkung Während in der ersten Fallgruppe ein genereller Akt in konkrete Positionen des Eigentümers eingreift, liegen die Dinge in der zweiten Konstellation gewissermaßen umgekehrt: Ein hoheitlicher Akt trifft eine konkrete, gestaltende Regelung, wendet sich aber generell an einen unbestimmten Adressatenkreis vergleichbar den Organisationsakten49 oder auch den Allgemeinverfügungen i.S.d. § 35 S. 2 VwVfG (und dort insb. den "dinglichen Verwaltungsakten,,5° der 2. Alternative). Beispiele: Die Nutzung eines Seegrundstücks wird infolge der Ausweisung des Naturschutzgebietes "Herrschinger Moos" erheblich eingeschränkt (BVerwGE 94, 1). - Die Stadt Κ betreibt im Barockgebäude des E in drei gemieteten Räumen ein "Blüchermuseum". Als E wegen Eigenbedarfs kündigt, wird das Haus unter Denkmalschutz gestellt - "mit der Maßgabe, daß das Blüchermuseum in den jetzigen Räumen belassen werden muß" (BGHZ 99, 24). - Ein Bebauungsplan sieht unmittelbar neben der bereits vorhandenen Wohnbebauung eine neue, vierspurige Gemeindestraße vor. Die Eigentümer erwarten von der Lärmbelastung eine "enteignende Wirkung" (BVerfGE 79, 174).

In all diesen Fällen wird ein konkreter Sachverhalt geregelt, freilich mit einer mehr oder weniger generellen Wirkung, weil die Maßnahme für einen ganzen Kreis von (u.U. nur potentiell) betroffenen Eigentümern gilt. Auch hier ist fraglich, ob solche Maßnahmen immer unter Art. 14 I 2 bzw. Art. 14 III GG fallen - oder ob es einefließende Grenze gibt zwischen dem Entzug konkreter Positionen und der generellen Regelung, die im Einzelfall bloß angewendet wird. c) Extreme Belastung durch den Vollzug inhalts- und schrankenbestimmender Gesetze Das Problem läßt sich verallgemeinern: Es gibt eine Fülle von Gesetzen, die grundsätzlich "nur" 51 eine generelle Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums treffen oder zu einer "Konkretisierung" 52 (!) dieser Bestimmung ermächtigen, sei es durch untergesetzliche Norm oder durch Einzelakt - man denke etwa an das Baurecht, an den Natur- und Denkmalschutz oder an das Immissionsschutzrecht. In all diesen Fällen kann jedoch 49

Zippelius, AStL § 14 II 4. Zu deren Problematik Maurer, AllgVerwR, § 9 RN 56 f. 51 Nach der hier vertretenen Auffasung weist ein solches "nur" immer schon auf die falsche (Schwellen-) Theorie hin; s. auch Knauber, NVwZ 1984, 755 f. 52 So ausdrücklich BVerwGE 94, 1 (4 f.) - Herrschinger Moos - ; BVerfGE 70, 35 (53) - Hamburger Bebauungspläne - (2. Senat!). 50

III. Schwierigkeiten mit den Begriffen Enteignung und ISB

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die Anwendung des Gesetzes im Einzelfall, insbesondere sein Vollzug durch die Verwaltung (z.B. in Form einer Naturschutzverordnung oder einer Denkmalschutzverfügung), den konkret betroffenen Eigentümer schwer oder gar unerträglich belasten ("Zufallsenteignung" 53). Letztlich kann ihm sogar durch Nutzungsbeschränkungen und Nutzungsverbote die Privatnützigkeit seines Eigentumsobjekts völlig entzogen werden. Es fragt sich, ob nicht wenigstens solche Extremfälle, in denen dem Eigentümer nur noch das "ius nudum" bleibt54, doch der Sache nach eine Enteignung darstellen - eben weil dem Eigentümer der konkrete Gegenstand seines Rechtes "der Sache nach" entzogen wird. Der BGH hat dies kürzlich wohl bejaht, freilich nur in einem obiter dictum55.

2. Die Hauptfrage: Gibt es (noch) Bereiche mit gleitenden Übergängen zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung?

Den dargestellten Problemfällen ist, abgesehen von allen sonstigen Unterschieden, die Frage gemeinsam, ob es doch (noch) Bereiche gibt, in denen zwischen Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung ein gleitender Übergang im Sinne der alten Schwellentheorien (Sonderopfer, Schwere, Sozialbindung, Zumutbarkeit) stattfindet. M.a.W.: Es ist ungeklärt, ob es nach wie vor einen zweiten Begriff von Enteignung gibt, der sich nach der Intensität bemißt, mit welcher eine Beeinträchtigung des Eigentums den Eigentümer trifft, und wenn ja, welches seine Anwendungsbereiche sind. Oder um auf die systematische Grundannahme des BVerfG (oben II 2 a) zurückzukommen: Gilt der Satz, daß eine Inhalts- und Schrankenbestimmung ihrer Art bzw. Qualität nach auch dann Inhalts- und Schrankenbestimmung bleibe, wenn sie (oder ihr Vollzug) den Eigentümer intensiv belastet - gilt dieser Satz ausnahmslos oder nur grundsätzlich? Nach der hier vertretenen Auffassung kennzeichnen diese Fragen das Kernproblem der bundesverfassungsgerichtlichen Dogmatik. Erst wenn sie beantwortet sind, weiß man genau, was die Begriffe "Enteignung" und "Inhaltsund Schrankenbestimmung" wirklich leisten müssen. Und erst wenn man das weiß, hat man gewissermaßen den Rücken frei für die Untersuchung, ob die

53

Leisner, DVB1. 1981, 78; Kimminich, NuR 1985, 1 ff.; Ossenbühl, JZ 1991, 90. Formulierung z.B. bei Leisner, HdbStR, RN 51; AK-GG-Rittstieg, RN 65. 55 BGHZ 121, 328 (337) - SaarlNatSchG/Übernahme gegen Entschädigung - ; abl. dazu Lege, JZ 1994, 432 f.; Schwabe, Jura 1994, 533 f. - Der BGH formuliert: Es werde beim vollständigen Entzug der Privatnützigkeit "der Bereich der zulässigen Inhaltsbestimmung überschritten", so daß "der Interessenkonflikt nur im Enteignungswege ... lösbar ist". 54

30

§ 1. Die Dogmatik des BVerfG

bisher gefundenen Abgrenzungskriterien überzeugen und, falls das zu verneinen ist, ob es vielleicht bessere gibt.

IV. Die hier vertretene Interpretation des BVerfG ("konsequente Trennungstheorie") Wie bereits in der Einleitung bemerkt, sind die alten Schwellentheorien und die neue Konzeption des BVerfG letztlich inkommensurabel, d.h. logisch unvereinbar: Entweder grenzt man quantitativ ab oder qualitativ - beides gemeinsam geht nicht. Infolgedessen kann die neue Theorie des BVerfG auch nicht hoffen, daß ihr in Fällen, mit deren Lösung sie noch Schwierigkeiten hat, Hilfe durch den Rückgriff auf "alte" Kriterien erwachsen könnte. Ebensowenig konnten die Probleme des kopernikanischen Systems durch einen Rückgriff auf das ptolemäische gelöst werden, sondern allein durch Korrekturen am neuen "Paradigma"56. Es hilft vielmehr nur eine konsequente Trennung der beiden Eingriffstatbestände "Enteignung" und "Inhalts- und Schrankenbestimmung", so daß die erste und wichtigste hier vertretene These lautet:

1. Inhalts- und Schrankenbestimmung bleibt immer Inhalts- und Schrankenbestimmung (und Enteignung stets Enteignung)

Eine Inhalts- und Schrankenbestimmung - sei es durch Gesetz oder auch durch seinen Vollzug - schlägt niemals in eine Enteignung um und ist auch niemals "zugleich" eine solche. Sie bleibt also nicht nur dann Inhalts- und Schrankenbestimmung, wenn das inhalts- und schrankenbestimmende Gesetz verfassungswidrig ist57. Sondern sie bleibt es auch dann, wenn das Gesetz angewendet wird, insbesondere durch Vollzugsakte der Verwaltung; und sie bleibt es selbst dann, wenn die Anwendung des Gesetzes den Eigentümer im Einzelfall in einer Intensität belastet, die nach der alten Terminologie "enteignend" wirkt 58 . (Ganz ebenso bleibt ja auch eine "klassische" Enteignung stets Enteignung, ganz ohne Rücksicht auf die faktische Wirkung, mit der sie den Eigentümer trifft: Wenn einem Waldeigentümer zehn Quadratmeter seines Grundstücks

56 Kopernikus hatte bekanntlich angenommen, daß die Planeten auf Kreisbahnen um die Sonne liefen; erst Kepler korrigierte das dahingehend, daß es sich um Ellipsen handele. - Zum Begriff "Paradigma" Kuhn, Revolutionen, z.B. 10, 25, 37, 133 f. et passim. 37 So ausdrücklich BVerfGE 52, 1 (27 f.). 5H So bereits Lege, NJW 1990, 864 f., und jetzt in der Sache auch BVerwGE 94, 1 (3-6) - Herrschinger Moos - (dazu Lege, JZ 1994, 436 f.).

IV. Hier vertretene Interpretation: "strenge Trennungstheorie"

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entzogen werden, weil diese für den Autobahnbau gebraucht werden, so trifft ihn das möglicherweise weniger hart als die Anweisung der Naturschutzbehörde, auf den Einsatz von Gift bei der Bekämpfung des Schwammspinners zu verzichten; trotzdem bleibt das erste Enteignung, das zweite Inhalts- und Schrankenbestimmung). Aus dem vorstehenden geht bereits hervor, daß nach hier vertretener Auffassung die bundesverfassungsgerichtliche Differenzierung zwischen "genereller" Festlegung durch den Gesetzgeber (Inhalts- und Schrankenbestimmung) und dem Zugriff auf "konkrete" Eigentumspositionen (Enteignung) den Kern der Dinge noch nicht völlig trifft. Demgemäß lautet die zweite, ergänzende These:

2. Keine Zäsur zwischen - generellem - Gesetz und - konkreter - Anwendung (berichtigende Auslegung des Art. 14 I 2 GG)

Obwohl Art. 14 I 2 GG lautet: "Inhalt und Schranken (sc. des Eigentums) werden durch die Gesetze bestimmt", kann damit nicht nur der Fall gemeint sein, daß das Gesetz selbst "self-executing" diese Bestimmung vornimmt. Das zeigt sich etwa am öffentlichen Baurecht: Die Bebaubarkeit eines Grundstücks, als ein sehr wesentlicher Teil von Inhalt und Schranken des an ihm bestehenden Eigentums, ergibt sich nicht nur aus den abstrakt-generellen Vorschriften des BauGB oder der Landesbauordnungen. Sondern sie ergibt sich auch etwa aus den Festsetzungen der Bauleitpläne und schließlich aus der Baugenehmigung selbst, insbesondere wenn diese ausnahmsweise aufgrund behördlichen Ermessens erteilt wird (weil sie Dispense enthält)59. Wollte man nun den Begriff "Inhalts- und Schrankenbestimmung" allein auf abstrakt-generelle Festlegungen anwenden, so könnten lediglich die Akte des parlamentarischen Gesetzgebers und vielleicht gerade noch die der untergesetzlichen Normgeber 60 (s. § 10 BauGB) unter ihn subsumiert werden, nicht jedoch die Baugenehmigung. Was mag diese aber dann, in den Begrif-

59

Instruktiv dazu BGHZ 120, 38 - Arkaden-Dienstbarkeit; s. auch BVerwGE 88, 191 RhPfBauO-Abstandsflächenrecht/Alte Gerberei - . 60 Nach wohl unbestr. Ansicht meint Art. 14 I 2 GG mit "Gesetz" auch Gesetze im materiellen Sinne, s. bereits BVerfGE 8, 71 (79); möglicherweise kommen auch Verwaltungsvorschriften in Betracht (abl. Ehlers, VVDStRL 51 [1992], 224 m.N.). - Nach BVerfGE 58, 137 (146) ist der parlamentarische Gesetzgeber freilich gehalten, "die Voraussetzungen, unter denen der Gebrauch des Eigentums beschränkt werden darf, durch eine nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmte Ermächtigung selbst festzulegen"; solche Ermächtigungen enthalten z.B. § 1 V 2 oder § 9 BauGB (Grabe, DÖV 1990, 813 f.).

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§ 1. Die Dogmatik des BVerfG

fen des Art. 14 GG, ihrer Art nach sein? Ein Neutrum61? Oder ihre Versagung stets eine Enteignung? Richtigerweise hängt, das ist die hier vertretene These, die rechtliche Qualifikation einer Maßnahme i.S.d. Art. 14 I 2 GG nicht davon ab, ob es sich um ein Gesetz handelt oder um eine Anwendung dieses Gesetzes - sei es durch eine Behörde, durch einen untergesetzlichen Normgeber 62 oder auch durch den Richter, sei es mit oder ohne Gestaltungsspielraum (der natürlich gesetzlich eingeräumt sein muß63). Anwendung und Vollzug eines inhaltsund schrankenbestimmenden Gesetzes sind - und bleiben - vielmehr selbst Inhalts· und Schrankenbestimmung64. Oder m.a.W.: Bei der Qualifizierung einer Maßnahme als Enteignung oder Inhalts- und Schrankenbestimmung gibt es keine Zäsur - niemals - zwischen Gesetz und Anwendungsakt. Es gibt vielmehr zwei Arten von Eingriffen in das Eigentum, die jedoch auf verschiedenen Ebenen hoheitlichen Handelns und in verschiedenen Rechtsformen erfolgen können: Inhalts- und Schrankenbestimmungen

Enteignungen

durch (Parlaments-)Gesetz

durch Gesetz (Legislativenteignung)

oder auf Grund Gesetzes - durch untergesetzliche Norm - durch Einzelakt

oder auf Grund Gesetzes durch Einzelakt (Administrativenteignung)

Was also im Allgemeinen, d.h. auf Gesetzesebene, Inhalts- und Schrankenbestimmung ist (oder Enteignung), bleibt es auch bei seiner Umsetzung ins Besondere65; es schlägt bei dieser Individualisierung nicht gewissermaßen "aus der Art" und die andere Art "um" (s.o. I bei FN 7). Nur mit dieser Hintergrundvorstellung ist es möglich, die Idee des BVerfG zu verwirklichen: nämlich dem Gesetzgeber "ex ante" klarzumachen, ob das, was er selbst regelt oder wozu er ermächtigt, auch im Einzelfall unter Art. 14 I 2 61

So wohl Pieroth/Schlink, RN 1019, 1041: Die Anwendungs- und Vollzugsakte inhaltsbestimmender Gesetze seien "sonstige Eingriffe". 62 Zum Bebauungsplan als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums eingehend Grabe, DÖV 1990, 805 ff. 63 Insofern sollte die Formel aus BVerfGE 58, 137 (146) - s.o. FN 60 - verallgemeinert, d.h. nicht nur auf Verordnungsermächtigungen angewendet werden. 64 So auch Kempen, Der Eingriff des Staates, RN 139-141, 161 f. (mit dem zutr. Hinweis, daß dies meist wenig beachtet oder gar verkannt wird); Schwabe, Jura 1994, 530; nicht völlig konsequent z.B. Pieroth/Schlink, RN 1019, 1041; vgl. auch bereits Lege, NJW 1990, 865. 65 Philosophisch betrachtet, hält es die hier vertretene These also mit dem Universalienrealismus: Das Allgemeine und das Besondere sind Ausprägungen derselben Realität - weshalb denn auch die Subsumtion des letzteren unter das erste möglich ist (dazu Zippelius, ML, § 16 I); vgl. auch unten § 2 I 3 FN 70.

IV. Hier vertretene Interpretation: "strenge Trennungstheorie"

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oder Art. 14 III GG zu subsumieren ist. Vor diesem Hintergrund muß dann allerdings Art. 14 I 2 GG wie folgt berichtigend ausgelegt werden: "Inhalt und Schranken des Eigentums werden durch die Gesetze bestimmt - und natürlich auch durch deren Anwendung im Einzelfall". Diese Konzeption ist bei näherer Betrachtung auch keineswegs unnötig kompliziert, etwa im Vergleich zu der Abgrenzung nach einerseits "genereller Regelung" (Art. 14 I 2 GG) und andererseits "Entzug konkreter Positionen" (Art. 14 III GG). Diese letztere Abgrenzung ist nämlich nur scheinbar einfach: Sie rückt zwar, indem sie die Dinge gewissermaßen "quer" betrachtet, die typischen Fälle in den Vordergrund. Dadurch werden aber die Problemfalle (oben 1 III 1) gleichsam ausgeblendet. Besonders kompliziert wird die Angelegenheit schließlich dadurch, daß die Abgrenzung in diesen Problemfallen immer wieder, je nach Intensität der Eigentumsbeeinträchtigung, "auf der Kippe"66 stehen kann. Schematisch: Inhalts- und Schrankenbestimmung: generelle Normierung durch den Gesetzgeber problematisch: Einordnung individueller Vollzugsakte, insb. konkreter Akte mit genereller Wirkung - "sonstiger Eingriff"? - Möglichkeit des "Umschlagens" zur "Enteignung"? >

abstrakt ermächtigendes Gesetz i.S.d. Art. 14 m GG < u.U. "zugleich" Inhaltsbestimmung und Legislativenteignung?

Enteignung: Entzug konkreter Positionen i.d.R. durch Einzelakt, ausnahmsweise unmittelbar durch Gesetz

Demgegenüber wäre es überaus einfach, wenn man ein für allemal "ex ante" wüßte, was Enteignung und was Inhalts- und Schrankenbestimmung ist. Man brauchte dann nämlich nur noch den Einzelfall unter diese Rechtsbegriffe zu subsumieren67. Um zusammenzufassen: Für die Qualifizierung einer hoheitlichen Maßnahme als Enteignung oder als Inhalts- und Schrankenbestimmung ist es unerheblich, auf welcher Ebene hoheitlicher Gewalt sie erfolgt (Gesetzgeber, untergesetzliche Normgeber, Behörden) und in welcher Rechtsform (generelle Norm, konkreter Einzelakt oder auch Zwischenformen nach Art des Organi66 Böhmer, Staat 24 (1985), 161, formuliert: "Lotteriespiel"; oder mit noch anderen Worten: Es droht stets die Gefahr des "qualitativen Sprunges" CKoch/Rubel, AllgVerwR, IX RN 26), sobald die quantitative Beeinträchtigung groß genug wird. 67 S. nochmals Böhmer, Staat 24 (1985), 190, der dieser Subsumtion die nachträgliche "richterliche Wertung" des Sachverhalts entgegensetzt - die natürlich besonders mißlich ist, wenn sie in verschiedenen Gerichtszweigen unterschiedlich ausfällt (a.a.O. 162 f.).

3 Lege

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§ 1. Die Dogmatik des BVerfG

sationsaktes oder der Allgemeinverfiigung). Auf Formalitäten dieser Art kann es nicht ankommen; die Abgrenzung muß vielmehr nach inhaltlichen Kriterien erfolgen, die freilich nicht quantitativer Art sein dürfen. Solche Kriterien zu entwickeln, ist Aufgabe der vorliegenden Untersuchung.

V. Der Haupteinwand gegen die Trennungstheorie(n): fehlende Trennschärfe ihrer Grundbegriffe Der schärfste Einwand gegen die Trennungstheorie - sei es eine gemäßigtinkonsequente oder die hier vertretene "konsequente" - besteht nämlich in dem Vorwurf, daß die Begriffe von Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung, die sie verwendet, ihrer Aufgabe (oben II 3) zumindest bislang nicht gewachsen seien. Anders gewendet: Die Grundprämisse der Trennungstheorie lasse sich letztlich nicht halten, es sei also nicht möglich, Enteignungen und Inhalts- und Schrankenbestimmungen "ex ante" derart streng voneinander abzugrenzen, daß man schon beim Erlaß des jeweils eingreifenden oder zum Eingriff ermächtigenden Gesetzes wissen kann, ob es ein Gesetz i.S.d. Art. 14 I 2 oder des Art. 14 III GG ist. Insofern bestünde die grundsätzlichste Kritik an der Trennungstheorie darin zu bezweifeln, daß eine trennscharf-deskriptive Abgrenzung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung, die alle denkbaren Fälle erfaßte, auf der Ebene des Gesetzes ("ex ante", "a priori") überhaupt möglich sei68. Diese Kritik müßte freilich, wenn sie konsequent sein wollte, eine Änderung des Art. 14 III GG fordern - was aber, so weit ersichtlich, nur vereinzelt geschieht69. Die h.M. operiert vielmehr nach wie vor mit zwei Enteignungsbegriffen: der "klassischen" Enteignung im Sinne der "Güterbeschaffung" und der, wenn man so will, "material enteignenden" Enteignung im Sinne der "Schwellentheorien" - ohne beider Verhältnis endgültig zu klären70. Ihre 68

So ausdrücklich jetzt Wilhelm, Sachenrecht, RN 148 f.; Schwabe, Jura 1994, 531. Schwabe, FS W.Thieme, 268, 255: Art. 14 m GG sei eine "dogmatisch verkorkste Vorschrift"; sie sollte wie folgt neu gefaßt werden: "Beeinträchtigungen und Entziehungen von Eigentum sind zugunsten übergeordneter Interessen anderer oder höherwertiger Belange des Allgemeinwohls erlaubt. Sofern sie ein schweres Opfer bedeuten, das nur gegen Entschädigung zugemutet werden kann, muß das erlaubende Gesetz eine Entschädigung nach Art und Maß bestimmen." Ähnlich schon Schwabe, Drittwirkung, 132, 137 ff. 70 Besonders deutlich P.M.Huber, AllgVerwR, 224 ff.; Wallerath, AllgVerwR, § 16 II 1 c; Ossenbühl, StHR, § 18, 3 b; s. auch Bull, AllgVerwR, RN 1162-1170; EM-Rüftier, RN 24-39; Koch/Rubel , IX RN 27. - Aus der staatsrechtlichen Lehr- und Handbuchliteratur: Badura, HdbVerfR, 674 f.; ders., Staatsrecht, RN 82; Bleckmann, Grundrechte, 939 ff.; Hesse, RN 450; Katz, RN 823, 828; Mössner, 229 f.; Pieroth/Schlink, RN 1016 f., 1019 a, 1030, 1041 ff.; Schramm, 69

V. Fehlende Trennschärfe der Grundbegriffe der Trennungstheorie?

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Kritik am BVerfG ist deshalb auch eher eine Art "Tu Quoque": Auch dem BVerfG sei es bislang noch nicht gelungen, Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung trennscharf voneinander abzugrenzen. Auch seine Definitionen (also Abgrenzungsversuche) könnten nicht verhindern, daß bisweilen doch auf die "Schwellentheorien" zurückgegriffen werden müsse71. Richtig an dieser Kritik ist, daß die Definitionen (und sonstigen Aussagen) des BVerfG in der Tat noch Unklarheiten bergen und Unsicherheiten zeigen (§ 2). Nichtsdestoweniger lassen sich die Begriffe, die gemeint sind, so weit schärfen, daß die Trennungsthese konsequent durchgehalten werden kann (§ 3).

Staatsrecht Π, § 36 J, K; Stein, § 41 ΙΠ 3 a, 4, insb. 4 d, f.; eine deuüiche Trennung zwischen Enteignung i.S.d. Art. 14 ΙΠ GG und "tatsächlich enteignend wirkenden Eingriffen" jedoch bei Maunz/Zippelius, § 28 II 7, 9; s. auch bereits Doehring, 348 f. - Die Kommentare sind meist extremer. So stellen die beiden größten immer noch ganz auf den "weiten" Enteignungsbegriff ab und behandeln die "klassische" Enteignung als quantité negligeâble: BK-Kimminich, RN 167, 178 ff. (181), 349 ff.; MD -Papier, RN 283-317; s. auch Schmidt-Bleibtreu/Klein, RN 8-11, ferner Leisner, HdbStR RN 148, 168 f. Für den "engen" Enteignungsbegriff des BVerfG plädieren (naturgemäß) Leibholz/Rinck, RN 1081 ff., ferner (mit eigener Fortentwicklung) vM-Bryde, RN 58. Den ganz engen, auch hier vertretenen Begriff von Enteignung als "Zwangskauf" oder "Güterbeschaffungsvorgang" vertritt in der Kommentarliteratur allein AK-GG-Rittstieg, RN 182, 187. Skeptisch vermittelnd Jarass/Pieroth, RN 54 f. (mit besonders klarer Unterscheidung zwischen "klassischerEnteignung" und "weiteren Fällen der 'Entziehung'" des Eigentums). - Die Dokumentation des gegenwärtigen Meinungsstandes zum Begriff der Enteignung wäre ein eigenes Forschungsvorhaben, aber wohl kein besonders lohnendes, denn die Dogmatik ist immer noch im Umbruch (zumindest das dürfte allg.M. sein, s. nur \M-Bryde, RN 5). 71 Sehr eingängig die Darstellung etwa von Battis , AllgVerwR, RN 448 ff. (448, 452). - Zur Weitergeltung der vom BGH entwickelten Abgrenzungskriterien auch Nüßgens/Boujong, RN 345 (wohl teilweise überholt, s.u. § 2 II 3, 4).

§ 2. Kritik der Lehre des BVerfG zur Abgrenzung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung Im folgenden soll das, was oben erst als Problem aufgeworfen wurde (§ 1 III, V), im Detail diskutiert werden: die Behauptung nämlich, daß die Kriterien, mit deren Hilfe das BVerfG die Abgrenzung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung vornimmt, eine saubere Trennimg beider noch nicht ermöglichen. Zu diesem Zweck müssen zunächst die vom Gericht verwendeten Definitionen beider Begriffe (I) und sodann seine weiteren Äußerungen zur Abgrenzungsfrage (II) Stück für Stück überprüft werden. Es wird sich dabei zeigen, daß die Unterscheidung zwischen abstrakt-genereller Normierung einerseits und der Entziehung konkreter Rechtspositionen andererseits in vielen Fällen nicht recht greift. Mehr Erfolg versprechen nach hier vertretener Auffassung dagegen Abgrenzungskriterien, die das Gericht selbst weniger betont (unten I 1 [4]) oder gar in manchen Entscheidungen ablehnt (unten I 2 [6]) - und die auch in den Lehrbüchern und Kommentaren meist übergangen werden.

I. Überprüfung der Abgrenzungskriterien in den "klassischen" Definitionen Das BVerfG hat bereits 1968 begonnen, die Enteignung bzw. Inhalts- und Schrankenbestimmung anders zu definieren, als es die damals noch ganz herrschenden Schwellentheorien taten1. Es hat jedoch erst 1979 im Kleingartenbeschluß und 1981 in der Naßauskiesungsentscheidung die Definitionen beider Begriffe "klassisch" gefaßt und einander antithetisch gegenüberge1 BVerfGE 24, 367 (393 f.) - Hamburger Deichordnung - : erstmaliges Auftauchen des Gegensatzes "individuelles subjektives Recht/objektive Rechtsetzung"; BVerfGE 31, 270 (274 f.) Urheberrecht IV/Schulfünk - : erstmalige Verwendung der Formel "generell, abstrakt und für die Zukunft" im Gegensatz zum "konkreten Besitzstand"; BVerfGE 45, 297 (325 f.) - Hamburger UBahnbau - : Gegenüberstellung "generell und abstrakt/konkret und individuell"; BVerfGE 49, 382 (393) - Urheberrecht VI/Kirchenmusik - "konkrete subjektive Rechte" gegenüber "generell/abstrakt/objektivrechtlich"; s. auch BVerfGE 51, 193 (211) - WeinG/Lagenamen I - ("konkrete subjektive Rechte"). - In BVerfGE 20, 351 (358) - Tollwutverdächtige Hunde - war noch behauptet worden, der Auffassung von BVerwG und BGH beizutreten; in BVerfGE 21, 73 (79) GrdstVG I - wird eine Definition nicht gegeben.

I 1. Definition der Inhalts- und Schrankenbestimmung

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stellt2. Seither gab es gewisse Umakzentuierungen und Schwankungen, die Grundlinien blieben aber im wesentlichen gleich3. Bemerkenswert ist freilich, daß die neueste Rechtsprechung des Gerichts die klassischen Definitionen nicht fortgeschrieben hat4.

1. Inhalts- und Schrankenbestimmung

Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.d. Art. 14 I 2 GG ist nach dem BVerfG die (1) abstrakt-generelle Festlegung (2) von Rechten und Pflichten (3) durch den Gesetzgeber (4) hinsichtlich dessen, was Eigentum i.S.d. Verfassung ist (5) auf der Ebene des objektiven Rechts; fraglich ist, ob nur solche Regelungen gemeint sind, die (6) für die Zukunft erfolgen. Im einzelnen: (1) "generelle und abstrakte Festlegung" 5. - Dieses Merkmal ist bei näherem Hinsehen überaus problematisch. Es scheint nämlich auf die Kriterien anzuspielen, mit denen Normen von Einzelakten, insbesondere Verwaltungsakten, abgegrenzt werden6 - "generell" bezieht sich dabei auf die Zahl der Adressaten des Aktes, "abstrakt" auf die Zahl der geregelten Sachverhalte7 -, und somit für die Abgrenzung der Enteignung von der Inhalts- und Schrankenbestimmung auf eine Neuauflage der "Einzelakttheorie"8 hinauszulaufen. Das aber wäre kaum hilfreich, weil, wie gezeigt, beides - Enteignungsgesetz oder Gesetz i.S.d. Art. 14 I 2 GG - im Einzelfall vollzogen werden kann oder gar muß. Inhalts- und schrankenbestimmende Gesetze bleiben aber auch dann, wenn sie individuell konkretisiert 9 werden, Inhalts- und Schrankenbe2

BVerfGE 52, 1 (27); 58, 300 (330 f.); s. aus dieser Zeit auch BVerfGE 56, 249 (260) - Bad Dürkheimer Gondelbahn - ; BVerfGE 58, 137 (144) - Pflichtexemplar - . 3 BVerfGE 70, 191 (199 f.) - NRWFischereiG; BVerfGE 71, 137 (143) - NdsFischereiG - ; BVerfGE 72, 66 (76) - Flughafen Salzburg - ; BVerfGE 74, 264 (280) - Testgelände Boxberg - ; BVerfGE 79, 174 (191 f.) - Verkehrslärm - ; s. aber auch BVerfGE 66, 248 (257) - Energieversorgungsunternehmen - . 4 BVerfGE 83, 201 (211 f.) - Bergrechtliches Vorkaufsrecht - ; BVerfGE 87, 114 (138) Kleingartenrecht III - ; BVerfGE 88, 366 (378) - TierzuchtG/Körung - . 5 BVerfGE 52, 1 (27), ebenso 72, 66 (76); nur in der Formulierung anders BVerfGE 58, 300 (330): "legen generell und abstrakt... fest". 6 So insb. vM-Bryde, Art. 14 RN 54; krit. dazu Schwabe, JZ 1991, 777. 7 S. nur Maurer, AllgVerwR, § 9 RN 14-20. 8 RGZ 124, Anh. 19 (33); 128, 165 (171 f.); 129, 146 (149) und öfter; dazu etwa W.Weber, GR II, 1954, 372 ff. 9 Sehr bezeichnend der Ausrutscher (?) des zweiten Senats in BVerfGE 70, 35 (53) - Hamburger Baurecht - : Bebauungspläne "bestimmen individuell und konkret (!!) die Art und das Maß der baulichen Nutzung", bleiben aber doch sicher wohl Inhalts- und Schrankenbestimmung! Bisweilen wird, wohl um den Selbstwiderspruch zu vermeiden, auch formuliert: die Inhalts- und Schrankenbestimmung werde "aktualisiert- (so etwa BVerfGE 49, 220 [232] - Zwangsvoll-

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§ 2. Kritik der Abgrenzungsversuche des BVerfG

Stimmungen (s.o. § 1 IV 2) - wie jüngst namentlich das BVerwG erkannt hat10. Es bedarf also weiterer Abgrenzungskriterien. (2) Festlegung "von Rechten und Pflichten" n. - Gegenüber der Enteignimg soll Kennzeichen der Inhalts- und Schrankenbestimmung offenbar sein, daß Rechte und Pflichten (man könnte wohl auch sagen: Rechtsverhältnisse) abstrakt und generell (man könnte wohl auch sagen: der Gattung nach12) - definiert werden. Eine solche Festlegung von Rechten und Pflichten ist nun allerdings Kennzeichen fast jeder Rechtsnorm, so daß sich die Frage erhebt, worin das Spezifikum gerade der Normen i.S.d. Art. 14 I 2 GG besteht. Insofern hat das BVerfG in der berühmtesten seiner Definitionen auf den Adressatenkreis abgestellt und hinzugefügt: Rechte und Pflichten "des Eigentümers" 13. Dieser Zusatz ist jedoch etwas irreführend, denn Inhalts- und Schrankenbestimmungen legen die Rechte und Pflichten auch der NichtEigentümer fest 14 - für den Fall, daß sie mit einem fremden Eigentumsobjekt in Berührung kommen (s. nur §§ 228, 904 BGB) oder es erwerben wollen (z.B. § 433 I BGB). Richtiger ist deshalb - nach hier vertretener Ansicht ein anderes Abgrenzungskriterium, das weniger an die Adressaten anknüpft als an die zu regelnden Sachverhalte (unten [4]). (3) Festlegung "von Rechten und Pflichten durch den Gesetzgeber" 15. Schon nach h.M. meint dieses Kriterium nicht nur den parlamentarischen Gesetzgeber, sondern auch die "Gesetzgeber" von Normen im Rang unterhalb formeller Gesetze16. Nach der hier vertretenen berichtigenden Auslegung des Art. 14 I 2 GG (s.o. § 1 IV 2) gehören zur Inhalts- und Schrankenbestimmung darüberhinaus jedoch auch die konkretisierenden Anwendungs- und Vollzugsakte insb. durch die Verwaltung; diese sind also nicht etwa "sonstige streckung/Sondervotum Böhmer); einen praktischen Unterschied gegenüber dem "Individualisieren" oder "Konkretisieren" macht dies freilich nicht - und damit auch nicht einen semantischen (vgl. Peirce, CP 5.402 am Ende = Schriften, 195; dazu aus juristischer Sicht Schulz, Das rechtliche Moment, 57 ff.). 10 BVerwGE 94, 1 (4 f.) - Herrschinger Moos - : "Zwar definiert das BVerfG die Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums als die generelle und abstrakte Festlegung von Rechten und Pflichten. ... Diese Definition schließt aber nicht aus, daß die gesetzlichen Anordnungen der Konkretisierung [!] durch weitere Rechtsakte bedürfen (vgl. BVerfGE 79, 174 [191 f.], BVerfG, NJW 1990, 1229; NVwZ 1991, 358)." 11 BVerfGE 52, 1 (27); ebenso BVerfGE 72, 66 (76). 12 Vgl. BGHZ 6, 270 (280) - WohnungsG - : Unterscheidung zwischen Opfern, die "den Inhalt und die Grenzen der betroffenen Rechtsgattung allgemein und einheitlich festleg(en)", und Sonderopfern (Hervorh. d. Verf.). 13 BVerfGE 58, 300 (330). 14 Dazu BVerfGE 70,191 (201); s. auch Badura, HdbVerfR, 672; Gallwas, Grundrechte, 95 f. (besonders pointiert). 15 BVerfGE 52, 1 (27); ebenso BVerfGE 72, 66 (76). 16 S.o. § 1 IV 2 FN 60.

I 1. Definition der Inhalts- und Schrankenbestimmung

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Eingriffe" 17, die weder unter Art. 14 I 2 noch unter Art. 14 III GG fielen. Auf der anderen Seite bedürfen natürlich auch Enteignungen i.S.d. Art. 14 III GG der Ermächtigung "durch den Gesetzgeber". Der formale Hinweis auf den Gesetzgeber fuhrt also bei der Abgrenzung zur Enteignung nicht weiter, sondern es kommt, wie schon gesagt (oben § 1 IV 2 a.E.), auf inhaltliche Kriterien an. Damit zum nächsten Punkt: (4) Rechte und Pflichten "hinsichtlich solcher Rechtsgüter, die als Eigentum im Sinne der Verfassung zu verstehen sind" 1*. - Dieses Merkmal fehlt in jener Entscheidung, die auf die Rechte und Pflichten "des Eigentümers" abstellt (s.o. [2]) - wohl ein Zeichen dafür, daß das BVerfG beide Formulierungen für gleichwertig hält. In Wahrheit ist die hier genannte Formel jedoch genauer, ja sie verspricht sogar am meisten Erfolg bei der Charakterisierung der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums: Zunächst wird sie nämlich dem Umstand gerecht, daß es auch Rechtsgüter "des Eigentümers" gibt, die nicht in den Schutzbereich des Art. 14 GG fallen, sondern etwa in den des Art. 12 oder des Art. 2 I GG (s. dazu unten § 3 II 3). Vor diesem Hintergrund macht sie deutlich (auch wenn das zunächst trivial klingen mag), daß es sich bei Maßnahmen i.S.d. Art. 14 I 2 GG um die Festlegung von Rechten und Pflichten hinsichtlich der Rechtsgüter gerade des Art. 14 GG I 1 handeln muß. Ebenso wie eine Regelung im Rahmen des Art. 12 GG "berufsregelnde Tendenz" haben muß19, ebenso muß - nach hier vertretener Auffassimg - eine Inhalts- und Schrankenbestimmung "des Eigentums" an eben diesem "Gut", d.h. letztlich an den Eigentümsobjekten, ansetzen20, genauer: Sie muß an bestimmte Merkmale oder Eigenschaften des Gutes/Objekts anknüpfen - nicht an Eigenschaften seines Eigentümers und auch nicht dessen, der das Objekt erwerben will. Der letzte Aspekt wird entscheidend sein für die Abgrenzung zur Enteignung. Mit der Formel "Rechte und Pflichten hinsichtlich der Rechtsgüter des Art. 14 GG" ist im übrigen natürlich nicht gemeint, daß eine Rechtsbeziehung zwischen dem Eigentümer und seinem Eigentumsobjekt bestünde ("Sachherrschaft"), denn /tecAtebeziehungen gibt es immer nur zwischen Personen21; aber es muß sich doch um die Beziehungen zwischen dem Eigentümer und anderen Personen gerade im Hinblick auf ein Eigentumsobjekt handeln. 17

So aber Pieroth/Schlink, RN 1019, 1041. BVerfGE 52, 1 (27); 72, 66 (76); s. auch BVerfGE 56, 249 (260): "Pflichten und Beschränkungen des Eigentums"; 70, 191 (200): "eigentumsrechtliche Positionen". 19 S. nur vM-Gubelt, Art. 12 RN 43. 20 Genauer dazu unten § 3 Π 2 b (3). 21 Hadding, JZ 1986, 926 ff; Hecker, Eigentum als Sachherrschaft, 260 f. 18

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§ 2. Kritik der Abgrenzungsversuche des BVerfG

(5) Normierung "auf der Ebene des objektiven Rechts" 21. - Das vorletzte hier zu erörternde Kriterium verfugt wieder über eine eher geringe Abgrenzungskraft - ebenso wie das erste (oben [1]): Das objektive Recht besteht im allgemeinen aus abstrakt-generellen Normen, die (subjektive) Rechte und Pflichten definieren, ohne sie konkret-individuell zu begründen oder aufzuheben. Die Änderung des (abstrakt-generellen) objektiven Rechts hat jedoch in aller Regel Folgen auch für die (konkret-individuellen) subjektiven Rechtspositionen der betroffenen Eigentümer23: Sie kann diese erweitern, aber auch schmälern und damit zumindest teilweise "entziehen" (wobei es keinen Unterschied macht, ob dies unmittelbar durch das Gesetz oder erst durch seinen Vollzug im Einzelfall geschieht). Im Fall der "Entziehung" stellt sich dann aber die Frage, ob eine derart nachteilige Neubestimmung des Eigentumsinhalts nicht doch, eben wegen ihrer Auswirkung auf konkrete subjektive Rechtspositionen, (Teil-)Enteignung oder wenigstens zugleich Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung sein kann (s.o. § 1 III 1 a) - und falls ja, aufgrund welcher Kriterien. Darauf ist zurückzukommen (s.u. II 3 und 4). (6) Fraglich: Regelung "für die Zukunft" 2*. - Hinsichtlich der zuletzt aufgeworfenen Frage findet sich in einigen Entscheidungen die Formulierung: Inhalts- und Schrankenbestimmung sei eine Änderung des objektiven Rechts, die den Eigentumsinhalt "für die Zukunft" neu bestimme. Daraus könnte man schließen, das Gericht wolle nur solche Änderungen des objektiven Rechts, die "für die Zukunft" erfolgen, unter Art. 14 I 2 GG subsumieren. Und daraus wiederum würde im Umkehrschluß folgen, daß eine rückwirkende Änderung des Eigentumsinhalts jedenfalls nicht Inhalts- und Schrankenbestimmung, sondern wohl Enteignung sei25. Diese Schlüsse hat das BVerfG freilich, als es einmal darauf ankam, gerade nicht gezogen: Obwohl die Novellierung des BBergG auch konkrete, subjektive Rechtspositionen beseitigte, die nach der alten Rechtslage entstanden waren (nämlich Vorkaufsrechte, s.o. § 1 III 1 a), wendete das Gericht dennoch Art. 14 III GG "nicht unmittelbar" (?) an, sondern hielt die Regelung - wohl26 - für eine Inhalts-

22

BVerfGE 58, 300 (330). \M-Bryde, Art. 14 RN 56; s. auch die schöne Formulierung in BVerfGE 51, 193 (207) WeinG/Lagenamen I -. 24 BVerfGE 52, 1 (27): "Normierung objektiv-rechtlicher Vorschriften ..., die den 'Inhalt' des Eigentumsrechts vom Inkrafttreten des Gesetzes an für die Zukunft bestimmen"; BVerfGE 72, 66 (76) ergänzt: "für die Zukunft in allgemeiner Form bestimmen". - Krit. dazu bereits Schwerdtfeger, Dogmatische Struktur, 23 f. 25 So offenbar Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 235 f. 26 Die Formulierung des Gerichts ist gar nicht so ganz eindeutig, s. Lege, NJW 1993, 2566 FN 23

26.

I 2. Definition der Enteignung

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und Schrankenbestimmung des Eigentums27, die freilich verfassungswidrig war. Damit dürfte zumindest praktisch (und damit letztlich auch semantisch28) feststehen, daß die Frage der Rückwirkung einer Maßnahme für ihre Qualifizierung als Enteignung oder Inhalts- und Schrankenbestimmung keine Rolle spielt. Insgesamt gesehen, lassen die Kriterien, die das BVerfG zur Kennzeichnung bzw. Abgrenzung der Inhalts- und Schrankenbestimmung verwendet, also noch Fragen offen. Es wird sich zeigen, daß dies auch bei den Merkmalen der Enteignung der Fall ist.

2. Enteignung

Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist Enteignung (1) der Zugriff auf das Eigentum des Einzelnen, m.a.W. die (2) Entziehung (3) konkreter subjektiver Rechtspositionen, die (4) durch Art. 14 I 1 GG geschützt sind; diese Entziehung kann (5) vollständig oder teilweise erfolgen; fraglich ist, ob sie (6) der Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben dienen muß. (1) "Zugriff auf das Eigentum des Einzelnen" 29. - Es fällt auf, daß das BVerfG zwar bei der Definition der Inhalts- und Schrankenbestimmung das Merkmal "generell" verwendet, nicht mehr aber, soweit ersichtlich, bei der Definition der Enteignung das Merkmal "individuell"30 - weder hinsichtlich des hoheitlichen Handelns ("Einzelakt"31) noch hinsichtlich seiner Adressaten. Seinen Grund hat das wohl darin, daß bei der Legislativenteignung 32 (die Art. 14 III 1 GG ja ausdrücklich zuläßt) meist nicht nur "einzelne" betroffen sein werden33, sondern i.d.R. gerade eine Vielzahl von Eigentümern. In der Naßauskiesungsentscheidung wird daher auch differenziert zwischen der Admini27

BVerfGE 83, 201 (211 f.). S. nochmals Peirce , CP 5.402 = Schriften, 195: "Consider what effects, that might conceivably have practical bearings, we conceive the object of our conception to have. Then, our conception of these effects is the whole of our conception of the object." M.a.W.: Ein Begriff ist der Inbegriff der praktischen Folgen, die sich ergeben, wenn man sich nach ihm richtet. 29 BVerfGE 52, 1 (27); ebenso BVerfGE 74, 264 (280); 79, 174 (191); s. auch BVerfGE 66, 248 (257). 30 Erstmals genannt in BVerfGE 24, 367 (393 f.); letztmals, soweit ersichtlich, in BVerfGE 45, 297 (325 f.). 31 Das Stichwort "Einzelakt" fällt allerdings in BVerfGE 58, 137 (144). 32 Zur Terminologie: Das BVerfG (und ihm folgend nahezu die gesamte Lit. und Rspr.) nennt die Enteignung durch Gesetz "Legalenteignung" - was zumindest mißverständlich ist CMaurer, AllgVerwR, § 26 RN 51). 33 Richtig betrachtet handelt es sich bei Legislativenteignungen entgegen BVerfGE 24, 367 (395 f.) um Einzelfallgesetze i.S.d. Art. 19 I 1 GG, jedoch ist Art. 14 III GG insoweit lex specialis (Maunz/Zippelius, § 28 II 7; s. aber auch ΜΌ-Papier, RN 483). 28

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§ 2. Kritik der Abgrenzungsversuche des BVerfG

strativenteignung ("Eigentum Einzelner") und der Legislativenteignung ("bestimmte[r] oder bestimmbare[r] Personenkreis")34. Wenn aber die Singularität des Eingriffs bzw. die Individualität des Betroffenen bei näherem Hinsehen doch nicht wesentliches Merkmal der Enteignung ist, erheben sich Zweifel daran, daß die Abgrenzung zur "generellen" Inhalts- und Schrankenbestimmungen tatsächlich "ex ante" gelingen kann. (2) Zugriff bzw. "Entziehung" 35. - Der Akzent könnte daher eher auf dem Wort "Zugriff" oder, wie es auch heißt, auf der "Entziehung" des Eigentums des Einzelnen liegen, im Gegensatz zur "Festlegung" von Rechten und Pflichten (s.o. 1 [2]). Im Schrifttum wird denn auch die Enteignung plakativ als Entzugsakt bezeichnet, im Gegensatz zum "Definitionsakt" der Inhaltsund Schrankenbestimmung36. Stellt man aber auf die "Entziehung" ab, dann taucht wieder das Problem auf, daß eine für den Eigentümer nachteilige "Umdefmition" oder "Umgestaltung"37 des objektiven Rechts in aller Regel gerade auch sein subjektives Recht "entzieht"38 - wobei es nicht darauf ankommen darf, ob dies unmittelbar durch Gesetz geschieht oder erst durch den Vollzug im Einzelfall, ob also m.a.W. die Abgrenzung zur Legislativ- oder zur Administrativenteignung zum Problem wird. Dasselbe Bild zeigt sich, gewissermaßen umgekehrt, auch "von unten": Eine jede "Entziehung" subjektiver Berechtigungen geschieht letztlich (wenn sie nicht von vornherein rechtswidrig sein soll) in Anwendung der generellen Normen des objektiven Rechts - und ob diese unter Art. 14 I 2 oder Art. 14 III GG zu subsumieren sind, ist gerade die Frage39. Damit erweist sich auch das nächste Kriterium als problematisch: (3) "Entziehung konkreter subjektiver Rechtspositionen ,,4°. - Dieses Merkmal bildet gewissermaßen den Gegenpol zu den Merkmalen (1) und (5) der Inhalts- und Schrankenbestimmung.

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BVerfGE 58, 300 (330 f.). BVerfGE 52, 1 (27); ebenso BVerfGE 56, 249 (260); 70, 191 (198); 72, 66 (76); 74, 264 (280); 79, 144 (191); nur in der Formulierung abweichend BVerfGE 58, 300 (330 f.); 71, 137 (143). 36 So die Antithese von Schmitt-Kammler, FS E. Wolf, 598 ff.; de ms., FS 600 Jahre Universität Köln, 823 ff.; dems., NJW 1990, 2516 ff. 37 Zu dieser Wendung unten Π 2. 38 S. bereits oben 1 (5); ferner Steinberg/Lubberger, § 2 ΠΙ 2 b aa (S. 160). 39 Osterloh, DVB1. 1991, 912, spricht insoweit treffend von einer "logischen Falle"; im Lichte der Logik betrachtet, dürfte es sich um eine Ausprägung des Universalienproblems handeln, s.o. § 1 IV 2 FN 64; § 2 I 3 vor a FN 70. Auch Schmitt-Kammler, FS 600 Jahre Köln, 828, konstatiert mit Recht "unlösbare logische Probleme". 40 BVerfGE 52, 1 (27); 79, 174 (191); s. auch BVerfGE 56, 249 (260); 70, 171 (199 f.); 71, 137 (143); 72, 66 (76); 74, 264 (280). BVerfGE 58, 300 (330 f.) spricht bei der Legislativenteig35

I 2. Definition der Enteignung

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Daß die Bezugnahme auf das subjektive Recht wenig Abgrenzungswert hat, wurde soeben bereits bemerkt (unter [2]). Etwas ergiebiger könnte der Hinweis auf die Konkretheit der Rechtsposition sein, die entzogen wird: Im öffentlich-rechtlichen Sprachgebrauch bezieht sich das Begriffspaar "abstraktkonkret" auf die Zahl der betroffenen Sachverhalte, also nicht auf die Zahl der Adressaten eines Hoheitsaktes (für diese gilt das Paar "generell-individuell") 41 . "Konkretheit" könnte also mehr bedeuten, als daß das Eigentum Einzelner betroffen ist (s.o. [1]), und zwar vielleicht: daß die Zuordnung der einzelnen "Sache" (genauer: des Eigentumsobjekts) zum Eigentümer Gegenstand der Art von "Entziehung" ist, die bei der Enteignung gemeint ist42. Enteignung wäre dann vielleicht der Zugriff auf die Zuordnung einzelner Eigentumsobjekte43, Inhalts- und Schrankenbestimmung der Zugriff auf die Zuordnung einer Gattung von Objekten insgesamt. Dieser Gedanke führt zwar in die richtige Richtung (s.o. 1 [2, 4]), er stößt aber bald an seine Grenzen. Man denke etwa an die Denkmalschutzgesetze: Sie regeln grundsätzlich "der Gattung nach" z.B., welche Nutzungen dem Eigentümer eines Denkmals zugeordnet sind. Wird das Gesetz dann aber im Einzelfall vollzogen und z.B. eine bisher ausgeübte Nutzung untersagt, so wird offenbar auf die konkrete Zuordnung dieser Nutzung zugegriffen. Die Grenze zwischen "abstraktem Fortdefinieren" und dem "Zugriff auf konkrete Rechtspositionen" bleibt also fließend. (Freilich mißt die Skala in diesem Modell nicht die Intensität der Eigentumsbeeinträchtigung, sondern gewissermaßen ihre Abstraktionshöhe). Man könnte nun erwägen, daß es darauf ankomme, ob die entzogene "konkrete Rechtsposition" dem Eigentümer mit Recht zustand (dann Enteignung) oder nicht (dann "bloß" Inhalts- und Schrankenbestimmung). Dem ist jedoch nicht so: Auch Inhalts- und Schrankenbestimmungen können dem Eigentümer Rechtspositionen "entziehen", die ihm mit Recht, nämlich von Verfassungs wegen zustehen; sie sind dann freilich verfassungswidrig. Damit zum nächsten Punkt: (4) Rechtspositionen, "die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet sind" u; man spricht auch von einer "enteignungsfähigen Rechtsposition"45 nung davon, daß "konkrete Eigentumsrechte" entzogen würden, bei der Administrativenteignung "konkretes Eigentum Einzelner"; eine praktische Konsequenz dieser Differenzierung ist nicht ersichtlich. 41 S. bereits oben 1 (1) FN 7. 42 BVerfGE 24, 367 (393); 31, 275 (185) - Urheberrecht Verkürzung der Schutzfrist - ; 42, 263 (295, 299) - Conterganstiftung - ; s. aber auch BVerfGE 50, 290 (341) - MitbestimmungsG (dort zur Inhalts- und Schrankenbestimmung!). 43 In diese Richtung wohl BVerfGE 58, 137 (144 f.): "bestimmtes ... Vermögensobjekt"; BVerfGE 66, 248 (257): "sein Eigentumsobjekt".

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§ 2. Kritik der Abgrenzungsversuche des BVerfG

oder davon, daß eine Rechtsposition "von vornherein" nicht zum verfassungsmäßig geschützten Eigentum gehöre46. - In diesem Merkmal steckt, mit ein wenig Übertreibung, der Schlüssel zum Verständnis des gesamten Paradigmenstreites um Art. 14 GG - und zwar in Gestalt einer entscheidenden Ungenauigkeit: Es muß richtig "Art. 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2" heißen. Aber auch, wenn man diese Korrektur vornimmt, hilft das in der Frage nach der Abgrenzung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung noch nicht weiter. Der Reihe nach: Das hier zu diskutierende Abgrenzungskriterium hat seinen Platz in dem folgenden Argument: Was gewissermaßen "a priori", d.h. schon von Verfassungs wegen nicht als Eigentum gewährleistet ist (Art. 14 I 1 GG), das kann auch nicht Gegenstand einer Rechtsposition sein, die "enteignet" werden könnte. Das ist zwar richtig, es gilt aber nicht ebenso die konträre Aussage: daß ein jeder Entzug einer Rechtsposition, die durch Art. 14 I 1 GG garantiert oder "geschützt"47 ist, eine Enteignung sei. Andernfalls gäbe es keine verfassungswidrigen Inhaltsbestimmungen (s. bereits soeben [3] a.E.). Wo liegt dann aber die Grenze zur Enteignung? Die Antwort könnte in etwa lauten: Enteignet werden kann nur, enteignet wird aber auch immer, wenn eine Rechtsposition entzogen wird, die zum Inhalt des Eigentums (i.S.d. Verfassung 48) gehört. Was Inhalt des Eigentums ist, ergibt sich jedoch nicht unmittelbar49 aus der Verfassung (Art. 14 I 1 GG), sondern es hängt davon ab, wie der Gesetzgeber, gebunden an die Verfassung, Inhalt und Schranken des Eigentums "bestimmt" hat (Art. 14 I 1 i.V.m. 2 GG)50. Der Gesetzgeber kann bei dieser Bestimmung zwar, wie im Fall der Kleingärten oder der Pflichtexemplare, gegen die Verfassung verstoßen, indem er dem Eigentümer nicht genügend Befugnisse "zuordnet" bzw. auf zu viele von ihnen "zugreift" (beide Formulierungen sind gleich44

BVerfGE 52, 1 (27); 74, 264 (280); s. auch 79, 174 (191 f.) BVerfGE 58, 300 (332) unter Hinweis auf BVerfGE 25, 112 (121) - NdsDeichG - ; 29, 348 (360) - Deutsch-Niederländischer Finanzvertrag - . 46 Z.B. BVerfGE 10, 89 (114); 14, 105 (120); 15, 167 (200); 19, 202 (206); 20, 351 (356 f.); 28, 119 (142); 31, 212 (220 f.); 58, 137 (144: "im vorhinein"); 58, 300 (336); 70, 115 (122). 47 So die Formulierung in BVerfGE 79, 174 (191). 48 D.i. bekanntlich jedes Vermögenswerte private Recht, das dem Einzelnen zur privaten Nutzung und Verfügung zugeordnet ist. 49 So bereits Schwerdtfeger, Dogmatische Struktur, 15 f.; jüngst etwa Wahl, FS K.Redeker, 268: "Was Inhalt des Eigentums ist, kann man an keiner Stelle der Rechtsordnung ... von vornherein wissen"; speziell zum Verhältnis Eigentum-Umweltschutz Sendler, UPR 1983, 36, 44, 76. 50 S. nur BVerfGE 58, 300 (336): "Welche Befugnisse einem Eigentümer in einem bestimmten Zeitpunkt konkret zustehen, ergibt sich vielmehr aus der Zusammenschau aller in diesem Zeitpunkt geltenden, die Eigentümerstellung regelnden Vorschriften. Ergibt sich dabei, daß der Eigentümer eine bestimmte Befugnis nicht hat, so gehört diese nicht zu seinem Eigentumsrecht. " S. auch etwa Grabe, DÖV 1990, 807. 45

2. Definition der Enteignung

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wertig). In diesem Fall wird der Sache nach dann zwar eine "Rechtsposition" entzogen, die dem Eigentümer kraft Verfassung zusteht (Art. 14 I 1 GG) nur eben nicht im Wege der Enteignung. Im Wege der Enteignung wird dem Eigentümer allein eine solche "Rechtsposition" entzogen, die ihm nach Auslegung des einfachen, inhalts- und schrankenbestimmenden Rechts zusteht (Art. 14 I 1 i.V.m. 2 GG)51. Was hingegen der inhalts- und schrankenbestimmende Gesetzgeber bereits - zulässigerweise52 - "wegdefiniert" hat, kann nicht nochmals "enteignet" werden53. Zusammenfassend: Es gibt, bei näherer Untersuchung, zwei Arten von "Rechtspositionen, die durch Art. 14 I 1 GG gewährleistet" sind: Die ersten ergeben sich aus der Verfassung selbst, die zweiten erst aus den (verfassungsmäßigen) inhalts- und schrankenbestimmenden Gesetzen54. Die Rechtspositionen der ersten Art werden durch verfassungswidrige Inhalts- und Schrankenbestimmung entzogen, die der zweiten Art durch Enteignung. Nur: Wann liegt das eine, wann das andere vor? In dieser Frage hilft das vorliegende Kriterium durchaus nicht weiter. (Die Rechtsprechung, insbesondere die des BGH, verwendet die "Rechtsposition" wohl gerade aufgrund ihrer 51

Man könnte auch formulieren: Was nicht Inhalt des Eigentums ist, kann nicht enteignet werden. Daß etwas nicht Inhalt des Eigentums ist, kann aber gegen Art. 14 I 1 GG verstoßen. In der Tendenz wie hier wohl auch Schoch, Jura 1989, 115; ferner Hendler, DVB1. 1983, 876. 52 Zu den Anforderungen bereits etwa BVerfGE 21, 73 (82); 31, 275 (289 ff.). - Unbegründet deshalb der Vorwurf von Fr.Baur, NJW 1982, 1735: "Wenn sich der Inhalt des Eigentums ('die Befugnisse') aus den Normen der einfachen Gesetze ergeben, wie kann die Verfassungsmäßigkeit des einfachen Gesetzes an den Normen der einfachen Gesetze gemessen werden? Ist das nicht - mit Verlaub gesagt - ein Zirkelschluß?" (Es ist derselbe "Zirkelschluß" wie in BVerfGE 6, 32 [37 f.] Elfes - : Einschränkung der Allgemeinen Handlungsfreiheit durch die "verfassungsmäßige Ordnung", d.h. die gesamte Rechtsordnung, die "formell und materiell der Verfassung gemäß" ist (Ls. 3); auch gegen diese Konstruktion wurde bekanntlich der Vorwurf des "Leerlaufens" erhoben, s. a.a.O. 40.) 53 Mißverständlich BVerfGE 58, 300 (331) - das WHG war gerade nicht "Legalenteignung", sondern Inhalts- und Schrankenbestimmung; s. auch etwa BGHZ 120, 38 (43 ff.) - ArkadenDienstbarkeit - ; dazu bereits Lege, NJW 1993, 2568; s. auch Gallwas, Grundrechte, 101; Böhmer, Staat 1985, 198; Grabe, DÖV 1990, 807. 54 Möglicherweise besteht hier ein Berührungspunkt mit der Unterscheidung von "prinzipiellen" und "definitiven" Rechten (i.S.v. Alexy) aus Art. 14 GG, dazu Sieckmann, Homo oeconomicus 1993, 464 ff.: Es könnte durchaus sein, daß die "Ausgangsverteilung" der Rechte (a.a.O. 472 f.) gerade das ist, was Art. 14 I 2 GG mit der Inhalts- und Schrankenbestimmung meint. Es könnte vielleicht auch sein, daß Art. 14 I 1 GG zweierlei garantiert bzw. gewährleistet: erstens, verfassungsunmittelbar, die sog. "prinzipiellen Rechte" als Optimierungsgebote (das entspräche in etwa der Institutsgarantie); zweitens, in Verbindung mit Art. 14 I 2 GG, die vom Gesetzgeber unter Bindung an die Prinzipien der Verfassung geschaffenen "definitiven Rechte" (Bestandsgarantie) in ihrer Ausgangverteilung. Es könnte schließlich so sein, daß der Entzug "definitiver" Rechte genau das ist, was Art. 14 III GG meint - während der Entzug des bloß "prinzipiellen" Rechts, möglichst viel von seinem Eigentum zu haben, stets Inhalts- und Schrankenbestimmung ist.

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§ 2. Kritik der Abgrenzungsversuche des BVerfG

Mehrdeutigkeit als eine Art Mehrzweckformel zur Bewältigung ganz heterogener Fallgestaltungen55.) (5) "vollständige oder teilweise Entziehung" 56. - Diese Einschränkung - sie enthält weniger ein Abgrenzungskriterium als eine Variantenbeschreibung macht in der Praxis in einer Reihe von Standardfallen überhaupt keine Schwierigkeiten57. Oftmals wird ein Grundstück, räumlich betrachtet, nicht zur Gänze entzogen, sondern nur ein Teil davon (sog. quantitative Teilenteignung). Möglich ist auch, daß nicht das sog. "Vollrecht" entzogen, sondern nur eine bestimmte Beschränkung auferlegt wird, etwa indem Dienstbarkeiten die Duldung einer U-Bahn auferlegen oder Überfahrungsrechte für eine Gondelbahn begründen58 (sog. qualitative Teilenteignung). Problematisch würde die Formel nur dann, wenn man in irgendeinem Bereich zur Abgrenzung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung doch wieder auf die Intensität der Beeinträchtigung des Eigentümers abstellen wollte59. Dann nämlich wäre kaum möglich zu entscheiden, ob der Entzug eines "Teils" in seiner Schwere gewissermaßen "an sich" und "isoliert" betrachtet werden muß oder ob die Intensität des Rechtsentzugs im Hinblick auf das Gesamtobjekt bzw. auf das Vb/Zrecht zu bewerten ist60. Man denke an Nutzungsbeschränkungen: Könnte man sukzessive, durch mehrere aufeinander folgende und je für sich maßvolle "Inhaltsbestimmungen" klammheimlich am Ende doch die "Enteignungsschwelle" überschreiten? Diese Schwierigkeiten sind in der Tat unlösbar; das spricht aber nur um so mehr dafür, auf jederlei Intensitätskriterium bei der Abgrenzung von Inhaltsund Schrankenbestimmung und Enteignung zu verzichten61. Tut man das -

55

S. die Beiträge der Vorsitzenden Richter am BGH Krohn, FS W.Geiger, 417 ff., und Rinne, JA 1993, 193; krit. etwa Schulte, Dogmatik, 22 ff. 56 BVerfGE 52, 1 (27); s. auch BVerfGE 56, 249 (260); 70, 191 (199); 72, 66 (76); 74, 264 (280); 79, 174 (191). 57 Zum folgenden vM-Bryde, RN 95; Rinne, JA 1993, 194 f. 58 BVerfGE 45, 297 (301); 56, 249 (252); vgl. auch BayVGH, BayVBl. 1993, 53 mit Anm. Funk, BayVBl. 1993, 279: Gesetzliche Leitungsrechte, die zur Duldung von z.B. Abwasserleitungen verpflichten, bewirken eine Enteignung (zust. Kraft, BayVBl. 1994, 104 f.). 59 Vgl. Schwabe, DVB1. 1993, 841; dens., FS W.Thieme, 1993, 257 f. 60 Bleckmann, Grundrechte, 940. Die Rede von der "rechtlichen Verselbständigung" des entzogenen Teils CMaurer, FS G.Dürig, 304; Pieroth/Schlink, RN 1016; Ehlers, VVDStRL 51 [1992], 236 f.) ist überaus vage und kaum praktikabel (wenig überzeugend jüngst Burgi, NVwZ 1994, 533: Warum soll ein Nutzungsverbot kraft Baurechts [Teil-]Enteignung sein, ein Verbot kraft Naturschutzrechts "bloß" Beschränkung?). - Nach welchen Kriterien Götz, DVB1. 1993, 1356 f., die (Teil)"Enteignung" von Nutzungen gegenüber der Nicht-Enteignung abgrenzen will, bleibt ebenfalls unklar. 61 A.A. Schwabe, FS W.Thieme, 257 f. m.w.N. zum Streitstand; Schwabes Forderung, die Enteignung weiterhin mit Hilfe von Intensitätskriterien zu bestimmen, überzeugt schon deshalb

I 2. Definition der Enteignung

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wie hier vorgeschlagen wird - , dann macht auch die Formel von der "vollständigen oder teilweisen" Enteignung keine Schwierigkeiten mehr. (6) Fraglich: "zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben" 62 ("Übertragung", "Güterbeschaffiingsvorgang"). - Fraglich ist, ob bereits zur Definition des Begriffs Enteignung der Zweck gehört, dem die "Entziehung" der subjektiven Rechtsposition dient, ob also Enteignung nur ist, was "zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben" entzogen wird (man könnte auch sagen: für ein "konkretes Gemeinwohlprojekt", und das Ganze einen "Güterbeschaffungsvorgang" nennen63). In diese Richtung schienen drei neuere Entscheidungen des BVerfG in der Tat zu weisen64. Dagegen ließe sich allerdings einwenden, daß der Enteignungszweck ("zum Wohl der Allgemeinheit") gem. Art. 14 III 1 GG erst für die Frage relevant ist, ob die Enteignung "zulässig", genauer: rechtmäßig ist 65 , und in diesem Sinne formulieren denn auch andere Entscheidungen des BVerfG. 66 In einem jüngeren Beschluß hat das BVerfG es schließlich sogar ausdrücklich abgelehnt, die Enteignung in irgendeiner Weise dadurch zu definieren, daß das enteignete Objekt "übertragen" werde, so daß es nicht darauf ankomme, ob ein "Güterbeschaffungsvorgang" vorliege. Das "entscheidende Merkmal" sei vielmehr "der Entzug des Eigentums und der dadurch bewirkte Rechts- und Vermögensverlust" des Eigentümers67. Mit dieser Formel lassen sich nun allerdings weder die Fälle des Entzugs konkreter Rechtspositionen wenig, weil er den Enteignungsbegriff am liebsten zu Gunsten einer salvatorischen Generalklausel aufgeben würde (s.o. § 1 V FN 69). 62 BVerfGE 70, 191 (199 f.); 71, 137 (143); 72, 66 (76); s. auch BVerfGE 66, 248 (257) und bereits BVerfGE 38, 175 (180); 42, 263 (299). 63 Der Begriff stammt von W.Weber, GR II, 370 f.; die Forderung, die Enteignung wieder auf diesen engen Bereich zu beschränken, haben vor allem begründet: Rittstieg, Eigentum als Verfassungsproblem, 411 ff.; AK-GG-Rittstieg, RN 180 ff.; Schulze-Osterloh, Eigentumsopferentschädigung, 1980, 267 f. (s. auch Osterloh, DVB1. 1991, 911); ihnen folgend Lege, NJW 1993, 2567 m.w.N. in FN 32; s. auch BVerfGE 24, 367 (394); 45, 297 (332). - Ähnlich Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 239 f.: Die "Indienstnahme für Staatsaufgaben" sei Begriffsmerkmal der Enteignung. 64 BVerfGE 70, 191 (199 f.); 71, 137 (143); 72, 66 (76); auch Maurer, AllgVerwR, § 26 RN 53, zählt diese "Zweckrichtung" zum Tatbestand der Enteignung. 65 Schwabe, FS W.Thieme, 261 (s. auch 263, 268). 66 BVerfGE 66, 248 (257): "Das Opfer, das der Enteignete zu bringen hat, wird allein dadurch gerechtfertigt, daß sein Eigentumsobjekt zur Erfüllung einer bestimmten öffentlichen Aufgabe benötigt wird. Der Zugriff auf das Eigentum ist nur dann zulässig, wenn er einem besonderen, im öffentlichen Nutzen liegenden Zweck dient" (Hervorh. d.Verf.); s. auch BVerfGE 38, 175 (180). 67 BVerfGE 83, 201 (211); zust. Schwabe, DVB1 1993, 842; ders., FS W.Thieme, 263; krit. Lege, NJW 1993,2566 f. In BVerfGE 74, 264 (280) - Boxberg - hieß es demgegenüber noch: Der Zweck einer Unternehmensflurbereinigung bestehe darin, "dem Unternehmensträger die für das Vorhaben benötigten Grundstücke zu beschaffen. Dies aber ist für die Enteignung typisch" (Hervorh. d. Verf.).

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§ 2. Kritik der Abgrenzungsversuche des BVerfG

aufgrund schrankenbestimmenden Gesetzesvollzuges (Tötung tollwutverdächtiger Hunde68) noch die des Entzugs konkreter Nutzungsrechte durch inhaltsbestimmende Normen (Betretungsverbote aufgrund Naturschutzrechts69) von der Enteignung abgrenzen (s. auch bereits oben [2, 3]). Infolgedessen sollte man die "typologische" Betrachtimg, die auf "Güterbeschaffung" abstellt, zumindest ergänzend als Abgrenzungstopos heranziehen dürfen - jedenfalls so lange, bis eine trennschärfere Definition gefunden ist. (Die vorliegende Untersuchung erhebt diesen Anspruch, dazu unten § 3).

3. Kritische Würdigung

Daß die Definitionen des BVerfG zur Abgrenzung von Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung bei näherem Hinsehen70 eher die grobe Richtung erkennen lassen als daß sie praktikable, subsumtionsfahige Tatbestandsmerkmale angäben, dürfte unbestritten sein71, und auch das Gericht selbst hat bisweilen Zuordnungsprobleme72. Im folgenden soll nun, nach einer kurzen Zusammenfassung, der Blick auf das praktische Problem gelenkt werden, das aus den definitorischen Schwierigkeiten folgt. Angesichts dieses Problems soll abschließend der Stand der verfassungsgerichtlichen Dogmatik bewertet werden.

68 BVerfGE 20, 351; dort heißt es auf S. 359 noch ganz im Sinne der Güterbeschafftingstheorie: Bei der Enteignung "liegt es so, daß die öffentliche Gewalt aus eigenem Interesse aktiv, offensiv gegen den Privateigentümer vorgeht, weil sie sein Eigentum für einen öffentlichen Zweck 'braucht', d.h. in irgendeiner Weise nutzen will". Bei der Inhalts- und Schrankenbestimmung hingegen ist der Staat "nicht primär am Eigentum interessiert; er bedarf seiner nicht, er will es nicht wirtschaftlich oder sonstwie nutzen. Er verhält sich defensiv ...". 69 BVerwGE 94, 1 - Herrschinger Moos - . 70 Es verhält sich dabei ähnlich wie in der Philosophie mit dem Universalienproblem (zur Einführung: Russell, Probleme, 81 ff.), d.h. mit der Frage, ob das Allgemeine ebenso real ist wie das Besondere, der Begriff "Mensch" z.B. ebenso real wie das Individuum "Sokrates". Von diesem Problem soll Duns Scotus gesagt haben, es werde um so rätselhafter, je intensiver man sich mit ihm beschäftige (zur hier vertretenen Überzeugung bereits oben § 1 IV 2 FN 65). Vielleicht beruht die "Misere" (Schwabe) der Begriffe Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung genau darauf, daß in unzulässiger Verkürzung das eine als "Zugriff auf Einzelnes", das andere als "Regelung des Allgemeinen" erscheint - während beide in Wahrheit verschiedene Arten von "Eingriff in das Eigentum" sind, die beide in genereller und in individueller Ausprägung vorkommen: nämlich als Tatbestand und als Sachverhalt. 71 S. nur Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 234 f.: "bis heute äußerst unklar". 72 In BVerfGE 78, 58 (75) - Weingesetz/Lagenamen II - und 83, 201 (211 f.) - Bergrechtliches Vorkaufsrecht - wurde nicht eindeutig gesagt, ob eine Enteignung oder eine Inhalts- und Schrankenbestimmung vorlag.

I 3. Kritische Würdigung

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a) Die Unzulänglichkeit der bisher verwendeten Kriterien Ein Teil der Begriffsmerkmale, die das BVerfG verwendet, ist überaus vage, mehrdeutig oder unspezifisch ("Entziehung" bzw. "Zugriff", "Rechtsposition", "Festlegung von Rechten und Pflichten") und läßt deshalb die entscheidenden Fragen offen. Von den beiden Merkmalen, die nach hier vertretener Ansicht mehr Erfolg versprechen könnten (oben 1 [4], 2 [6]), wird das erste vom BVerfG kaum ausgeführt und das zweite sogar, zumindest verbal 73, abgelehnt. Die übrigen Abgrenzungskriterien lassen sich im wesentlichen auf die drei Gegensatzpaare "abstrakt/konkret", "generell/individuell" und "objektives/subjektives Recht" reduzieren. Sie sind, um es zu rekapitulieren, nicht geeignet, die Problematik abschließend zu lösen. Am wenigsten tauglich dürfte der Gegensatz "subjektiv-rechtlich/objektivrechtlich" sein, weil sich die Änderung des objektiven Rechts zwangsläufig auf die nach ihm zu bemessenden subjektiven Rechtspositionen auswirkt und weil, anders herum, der Entzug einer subjektiven Rechtsposition regelmäßig in Anwendung objektiven Rechts erfolgt (s.o. 1 [5], 2 [2, 3]). Aber auch das Begriffspaar "generell/individuell" ist jedenfalls in dem Sinne, wie es im öffentlichen Recht verwendet wird - nämlich bezogen auf die Zahl der Adressaten eines Hoheitsaktes - , nicht sehr ergiebig: Nach der hier vertretenen "konsequenten Trennungstheorie" (oben § 1 IV 2) bleibt ein Naturschutzgesetz auch dann Inhalts- und Schrankenbestimmung, wenn es gegenüber einem Einzelnen vollzogen wird, und ein Gesetz, das alle Eigentümer roter Autos zu deren Ablieferung an die Feuerwehr verpflichtete, wäre doch eine Legislativenteignung. Am passendsten, aber auch am schwierigsten, scheint immer noch der Gegensatz "abstrakt/konkret" zu sein, und zwar gerade deshalb, weil er sich im öffentlich-rechtlichen Sprachgebrauch auf die Regelung von Sachverhalten bezieht. Im Rahmen des Art. 14 GG geht es aber gerade um Regelungen, die das Verhältnis des Eigentümers zu anderen im Hinblick auf eine "Sache" oder, allgemeiner, auf ein Eigentumsobjekt betreffen (s.o. 1 [4]). Dies kann, nun freilich im Sinne der Logik, "abstrahierend" geschehen (Inhalts- und Schrankenbestimmung), d.h. nur auf einzelne Merkmale des Objektes abstellend (wie z.B. seine naturschutz- oder viehseuchenrechtliche Eigenart) - und dann übrigens generell (durch die "allgemeinen Merkmale" im Gesetz) oder individualisierend (in deren Anwendung). Es kann aber auch im Hinblick auf ein einzelnes Objekt "konkret" das Zuordnungsverhältnis des Eigentümers zur Sache beendet und stattdessen anderen der Zugriff auf es erlaubt werden (Enteignung) - sei es ganz oder teilweise (worin, wie oben

73

Dazu bereits Lege, JZ 1994, 438 bei und in FN 91.

4 Lege

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§ 2. Kritik der Abgrenzungsversuche des BVerfG

unter 2 [5] gezeigt, kein Problem stecken muß). Auch das sind jedoch erst Annäherungen (s.o. 2 [3]). Unschärfen bleiben auch, wenn man die Abgrenzung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung gewissermaßen "quer" zu den genannten Begriffspaaren in der Weise trifft, daß erstere die generelle Normierung des Eigentumsinhalts sei, letztere der Zugriff auf konkrete Eigentumsrechte (s.o. § 1 III 1, IV 2 mit Schema). Auch dann bleibt offen: Wann enthält ein generell formuliertes Gesetz "bloß" inhalts- und schrankenbestimmende Normen (bzw. ermächtigt zu ihrem Vollzug), wann ermächtigt es abstrakt zu Enteignungen (oder bewirkt sie gar "self-executing"-konkret)? Wann entzieht ein individuell belastender Akt "konkrete Eigentumspositionen", wann vollzieht er "bloß" ein inhalts- und schrankenbestimmendes Gesetz? Es ist keineswegs klar, wie die Kriterien des BVerfG hier weiterhelfen sollen. Es scheint somit, als müsse es auch nach der Rechtsprechung des BVerfG in gewissen Bereichen weiterhin bei fließenden Grenzen zwischen Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung bleiben74. Eine fließende Grenze würde jedoch den praktischen Anforderungen, die das Gericht selbst an seine Begriffe stellt, nicht gerecht. b) Das praktische Problem: Enteignung "unter dem Etikett" der Inhalts- und Schrankenbestimmung Das wichtigste praktische Problem, dem jegliche Abgrenzung zwischen Art. 14 I 2 und Art. 14 III GG gerecht werden muß, besteht nämlich darin, daß es dem Staat nach der Rspr. des BVerfG und wohl einhelliger Meinung verwehrt ist, gewissermaßen unter dem "Etikett" einer Inhalts- und Schrankenbestimmung in Wahrheit eine Enteignung durchzuführen 75 ("Etikettenschwindel"76). Der Grund liegt darin, daß sich an beide Arten von "Eingriff" unterschiedliche Rechtsfolgen knüpfen; insbesondere muß die Enteignung stets entschädigt werden, bei der Inhalts- und Schrankenbestimmung kann dies lediglich der Fall sein (s.o. § 1 II 3). Angesichts dieses Verbotes ist es nun äußerst bedenklich, daß die bisherigen Definitionen des Gerichts, wie gezeigt, recht bald an den Grenzen ihrer 74

Dabei ist es letztlich zweitrangig, ob die Skala, auf der diese Grenze "fließt", die Beeinträchtigungsintensität des staatlichen Handelns unmittelbar mißt oder nur mittelbar über dessen Abstraktionshöhe (vgl.o. 2 [3]). 73 BVerfGE 24, 367 (395); 42, 264 (295); weitere Formulierungen: unter dem "Deckmantel" von Inhalts- und Schrankenbestimmungen (BVerfGE 46, 268 [287] - Bayerische Bodenreform - ); "verkappte Enteignung" (Dörr, NJW 1988, 1052). 76 Götz, AgrarR 1994, 3; Kraft, BayVBl. 1994, 102.

I 3. Kritische Würdigung

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Abgrenzungskraft sind: Jede auf das Eigentum bezogene abstrakt-generell-objektivrechtliche Regelung "greift", spätestens in ihrem Vollzug, "auf das Eigentum des Einzelnen zu" - und trifft ihn dadurch konkret-individuell in seinem subjektiven Recht. Was soll aber dann verhindern, daß ein Gesetz trotz genereller Formulierung ein ganz konkretes Objekt meint77 oder trotz abstrakter Formulierung einen ganz bestimmten, individualisierbaren Adressatenkreis78? Oder man denke an das Naturschutzrecht: Dort ist die Heranziehung eines Grundstücks für einen Uferweg Enteignung, für ein Naturschutzgebiet Inhalts- und Schrankenbestimmung79. Wäre der erste Fall anders zu beurteilen, wenn das Gesetz generell lautete: "Alle Eigentümer haben Uferwege entschädigungslos zu dulden"? Und warum sollte es im zweiten Fall keine Enteignung sein, wenn das konkrete Eigentumsrecht mit Nutzungsverboten belegt wird, die den Eigentümer erheblich schwerer treffen als der Entzug eines kleinen Stücks Uferweg? Was soll verhindern, daß in diesen und vielen anderen Fällen "Formenmißbrauch" getrieben wird? An dieser Stelle liegt ein Rückfall in die alten Vorstellungen der Schwellentheorien sehr nahe. Man könnte etwa erwägen, ob der Schwerpunkt des hoheitlichen Handelns bei wertender Betrachtung80 mehr auf der abstraktgenerellen Regelung des objektiven Rechts liegt (und der Vollzug bloß notwendige Konsequenz ihrer Verwirklichung ist) oder aber mehr auf dem konkret-individuellen Entzug der subjektiven Rechtsposition (zu einem Zweck, der ihr nicht gleichsam objektiv-rechtlich "innewohnt"81). Bei einer solchen Formulierung würde aber wieder die Frage auftauchen, nach welchen Kriterien dieser "Schwerpunkt" zu setzen ist, und vermutlich würde man dann auf die Sonderopfertheorie zurückgreifen müssen82. Damit aber wäre die Lehre des BVerfG ganz unversehens gescheitert. 77

Beispiel: "Alle Eigentümer des Grundstücks X haben es für den Autobahnbau herauszugeben"; s. auch die Legislativenteignung oben im Text unter a. 78 Beispiel: BVerfGE 25, 371 - Lex Rheinstahl - ; wenn man so will, handelte es sich um eine abstrakt-individuelle Regelung, so daß diese doch mehr sein könnte als die "bloße Arabeske theoretischen Durchdeklinierens" (Maurer, AllgVerwR, § 9 RN 20). 79 Einerseits Art. 7, andererseits Art. 35 Ziff. 1 BayNatSchG, s. dazu BVerwGE 94, 1 (4 f.) Herrschinger Moos - . Man denke auch an das Recht der Allgemeinheit, Wald und Flur zu betreten. Es wird wohl allgemein als "Eigentumsbindung" qualifiziert (so Art. 22 ff., 32 BayNatSchG), d.h. als Inhalts- und Schrankenbestimmung (so Peter, Grundeigentum, 181). Aber warum liegt hier eigentlich keine Legislativenteignung vor, zumal die entzogene Nutzungsmöglichkeit (der Eigentümer könnte sonst Eintritt verlangen!) sogar auf die Allgemeinheit "übertragen" wird (s.o. 2 [6] und unten § 3 II 2 a [3a])? Nur weil das Gesetz generell gefaßt ist? - Zur Lösung s.u. § 3 III 2 e: Wird ein bestimmtes Gut dem Gemeingebrauch unterstellt, so handelt es sich mangels Sortiferzugriffsrechts um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung. 80 So etwa vM-Bryde, RN 58; genauer s.u. II 2. 81 S. BVerwGE 94, 1 (4) - Herrschinger Moos - : "eine Art immanenter ... Beschränkung". 82 S. auch oben 1 (2) FN 12.

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§ 2. Kritik der Abgrenzungsversuche des BVerfG

c) Resümee: eine gewisse Ratlosigkeit Damit bleibt am Ende - und das dürfte wohl der einhelligen Ansicht selbst derer entsprechen, die dem BVerfG grundsätzlich zu folgen bereit sind - eine gewisse Ratlosigkeit: Man ahnt zwar vage, was mit Inhalts- und Schrankenbestimmung bzw. Enteignung gemeint ist, aber man weiß es nach wie vor nicht ganz genau. Man weiß nur, daß die bisher gegebenen Definitionen wichtige Fragen offen lassen und scheinbar der Ergänzung durch "wertende" Kriterien bedürfen; letzteres aber würde die gesamte Konzeption des Gerichts in Frage stellen83. Die vorliegende Untersuchung wird deshalb die gängigen Kriterien ganz verlassen und einen anderen - nicht wertenden, sondern deskriptiven - Weg gehen. Sie stützt sich dabei auf die Vermutung, daß ein zentrales Phänomen, dem das Eigentum seinen lebensweltlichen84 Inhalt verdankt, bislang nicht ausreichend gewürdigt wurde.

Π. Überprüfung weiterer Aussagen des Gerichts und der ihm folgenden Lehre Der Befund der Ratlosigkeit bestätigt sich, wenn man weitere Aussagen des Gerichts und der ihm folgenden Lehre zur Abgrenzung von Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung betrachtet. Diese Äußerungen enthalten im wesentlichen lediglich andere Formulierungen der bereits erörterten Problematik (sogleich unter 1 - 5 ) . Sie seien hier dennoch eigens erörtert, um das Feld möglicher MißVerständnisse möglichst gründlich zu bereinigen.

1. Enteignung als "Entzug und nur Entzug" (Dürig); "Entzugsakte" und "Definitionsakte" (Schmitt-Kammler)

Die bereits erwähnte Behauptung des BVerfG, entscheidendes Merkmal der Enteignung sei die Entziehung des Objektes, nicht seine Übertragung (mit den Worten Dürigs: Enteignung sei "Entzug - und nur Entzug"85) hält näherer Prüfung nicht stand. Abgesehen davon, daß manch eindeutiger Entzugsakt dennoch nicht Enteignung sein soll (s.o. I 2 [6]), ist "Entzug" ein viel zu blasses Wort, um auch nur annähernd genaue Abgrenzungen zu erlauben. 83

S. die berühmten Formulierungen von vM-Bryde, 3. Aufl., RN 54 ("offene Flanke"); Schmidt-Aßmann, JuS 1986, 836 ("Achillesferse"). 84 Zum Begriff Schopp, Hauptprobleme, 15 ff.; Gröschner, JZ 1983, 944. 85 Dürig, JZ 1954, 10.

. Weitere Aussagen des Gerichts und der ihm folgenden Lehre

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Das zeigt sich etwa daran, daß in einer früheren Entscheidung des BVerfG zunächst verneint wird, daß ein "Entzug" im Sinne der Eigentumsgarantie vorliege - und sodann, noch auf derselben Seite, ergänzt wird, daß die fragliche Vorschrift "im übrigen" die Eigentumsposition auch nicht ersatzlos "entzieht"86. In einer anderen Entscheidung heißt es, daß Enteigung nicht der einzige Titel sei, "auf Grund dessen Eigentum entzogen werden kann"87. Gibt es also doch wieder zwei Begriffe unter einem Terminus: Entziehung und "Entziehung"? Auch im Schrifttum muß diejenige Position, die der Inhalts- und Schrankenbestimmung, als "Definitionsakt", die "Entzugsakte" gegenüberstellt, innerhalb dieser bezeichnenderweise weiter differenzieren zwischen "sozialbindenden Entzugsakten" und den wirklichen Enteignungen - unter Rückgriff doch wieder auf Intensitätskriterien 88 (was sehr bedenklich ist89). Kurz: Jede Enteigung sei Entzugsakt - aber nicht jeder Entzugsakt eine Enteigung. Wenn aber, andererseits, nicht auch jeder Entzugsakt, der die Sozialbindung überschreitet, Enteignung sein soll - und das dürfte unbestritten der Tenor des BVerfG sein - , dann gibt es wohl doch weiterhin zwei Arten von Enteignung - und sogar drei Arten von "Entzug": Enteignungen "im klassischen Sinne" (eigentliche Entzugsakte) - Entzugsakte (i.w.S.) mit "enteignender", d.h. die Sozialbindung überschreitender Wirkung - und sozialbindende Entzugsakte. Wie soll dann aber "Entziehung und nur Entziehung" die Enteignung kennzeichnen? 2. "Umgestalten11 versus "Überwinden" (Jarass); Enteignung als "Durchbrechung der Eigentumsordnung" (Wendt, Ehlers)

Das Problem läßt sich freilich auch anders formulieren: Jede Entziehung ist Enteignung - aber nicht alles, was Entziehung zu sein scheint, ist es auch wirklich. Wenn man nun unter dieser Prämisse ebenfalls annimmt, es gebe neben der sog. "klassischen Enteignung" (bei der die entzogene Eigentumsposition auf einen Begünstigten übergeht, "Güterbeschaffung") noch weitere Fälle der Entziehung, dann stellt sich das Problem, die Entziehung von der 86

BVerfGE 31, 212 (220) - Wehrdienstbeschädigung - (zum Sachverhalt s.u. § 3 ffl 2 c [4]). BVerfGE 22, 387 (422) - G 131/NS-Täter - ; so gehöre etwa die Einziehung der instrumenta et producta sceleris traditionell zu den "'Schranken des Eigentums', die der Gesetzgeber konkretisieren [!] kann". 88 Schmitt-Kammler, FS E.Wolf, 599 f.; ders., FS 600 Jahre Universität zu Köln, 825 f.; ders., NJW 1990, 2517. 89 Schmitt-Kammler, FS 600 Jahre Universität zu Köln, 844, weist selbst darauf hin, daß stets die Gefahr besteht, daß sich "in den unausgefüllten Mauerfugen des verfassungsgerichtlichen dogmatischen Gebäudes ... neuer eigentumsrechtlicher Wildwuchs ansiedeln wird" (a.a.O., 844). 87

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§ 2. Kritik der Abgrenzungsversuche des BVerfG

Nicht-Entziehung abzugrenzen90, in großer Schärfe. In diesem Zusammenhang könnte man mit dem BVerfG etwa darauf abstellen, ob "die Neugestaltung eigentumsrechtlicher Positionen generell-abstrakt gesetzgeberische Ziele ... verwirklichen" wolle, z.B. nach dem Modell der "Verfügungsbeschränkungen im landwirtschaftlichen Grundstücksverkehr ... oder im sozialen Mietrecht" - oder aber "entgegenstehende Rechtspositionen überwinden"91. Ahnlich wird im Schrifttum formuliert, bei der Enteignung werde die Eigentumsordnung "durchbrochen" 92. Wie dann aber die Grenze zwischen "Umgestalten"93 und "Überwinden" bzw. "Durchbrechen" zu ziehen sei, ist zweifelhaft 94, zumal das BVerfG auch die Enteignung als "Umgestaltung" von Rechtsverhältnissen bezeichnet95. Man wird letztlich danach entscheiden müssen, ob auf dem einen oder dem anderen der "Schwerpunkt" des hoheitlichen Handelns liegt - aber nach welchem Kriterium (s. bereits oben I 3 b)?

3. Änderungsgesetze: "zugleich11 Inhalts- und Schrankenbestimmung und (Legislativ-)Enteignung (BVerfGE 58, 300, 331 f.)?

Das BVerfG hat in weiteren Formulierungen gemeint, daß die Umgestaltung des objektiven Rechts für die nach altem Recht begründeten und nun 90

So der Ansatz von Jarass/Pieroth, RN 55 f. BVerfGE 70, 191 (200); s. ferner BVerfGE 71, 137 (143) und bereits BVerfGE 31, 275 (285). In diese Richtung jetzt auch BVerwGE 94, 1 (5) - Herrschinger Moos - ("Durchbrechung", "überwinden"). 92 Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, 323 ff. ("Bestandsdurchbrechung"); Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 238. 93 Auf die "Umgestaltung" als Kriterium für die Inhalts- und Schrankenbestimmung setzen Steinberg/Lubberger, § 2 III 2 b (S. 158 ff.), ihre Hoffnung; ebenso jetzt wohl auch BVerwGE 94, 1 (5 f.) - Herrschinger Moos - . 94 S. Jarass/Pieroth, RN 56 mit Hinweis auf Ipsen, DVB1 1983, 1030, und vM-Bryde, 3. Aufl. RN 55, die vorschlagen, auf die Absicht des Gesetzgebers abzustellen. Nach vM-Bryde, 4. Aufl. RN 58 ist eine "wertende Auslegung des Gesetzes daraufhin, ob es seinem Sinn nach eine generelle Inhaltsbestimmung vornimmt (die sich im Einzelfall konkretisiert [!]) oder zu Enteignungen ermächtigt", nicht zu vermeiden; Kriterien für diese Wertung werden freilich nicht angegeben. Ipsen will darauf abstellen, ob der Gesetzgeber Entschädigung gewährt; wenn ja, dann "wolle" er enteignen (so auch Kleinlein, DVB1. 1991, 370 f.); das ist jedenfalls dann wenig plausibel, wenn man mit BVerfGE 58, 137 entschädigungspflichtige Inhaltsbestimmungen anerkennt; krit. zu Ipsen \M-Bryde t 3. Aufl. RN 55, zu Kleinlein Schwabe, FS W.Thieme, 258 FN 11); s. auch bereits oben § 1 II 3 FN 43. Zur Problematik der "(Um-)Gestaltung" zuletzt die berechtigte Kritik von Schwabe, Jura 1994, 532 ("nichtssagende Floskel"). Zur Brisanz der Frage treffend Kraft, BayVBl. 1994, 101: "Mit der Praktikabilität der Differenzierung zwischen Entzug und Umgestaltung steht und fallt das dogmatische Gebäude des BVerfG. " 95 BVerfGE 45, 297 (319, 326) - Hamburger U-Bahn - ; 74, 264 (281) - Boxberg - ; s. auch BVerfGE 14, 263 (277) - Feldmühle AG - (nach hier vertretener Ansicht ein Fall der Enteignung, s.u. § 3 II 1 b [1]). 91

II. Weitere Aussagen des Gerichts und der ihm folgenden Lehre

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"entzogenen" Rechtspositionen auch einmal zugleich (Legislativ-) Enteignung sein könne (s.o. § 1 III 1 a): Inhalts- und Schrankenbestimmung für die Zukunft, für die Vergangenheit Enteignung (mit der Folge, daß stets zu entschädigen ist)96. Historisch betrachtet, ist dies das Problem der sog. wohlerworbenen Rechte 71. Darunter wurden in der Zeit des Übergangs von der feudalen Ordnung zur bürgerlichen Gesellschaft Privilegien verstanden, die zu Gunsten der neuen bürgerlichen Rechtsgleichheit erst aufgehoben werden mußten: also insb. die Leibeigenschaft, die Verpflichtung zu Frondiensten, das Obereigentum etc. Eine solche Aufhebung, die übrigens in Frankreich ohne Entschädigung, in Deutschland weitgehend nur gegen Entschädigung erfolgte, wurde bis hin zur preußischen Zeit eindeutig nicht als Enteignung angesehen (Enteignung war bis dahin eben nur "Güterbeschaffung") 98. Erst mit der Weimarer Reichverfassung und der Angst vor "konfiskationslüsteraen" Gesetzgebern (M.Wolff 99 ) wandelte sich das Verständnis und sollte auch das Fortdefinieren wohlerworbener Rechte als Enteignung gelten - mit der Folge, daß nun gem. Art. 153 II 2, 3 WRV, in der Auslegung des RG 100 , Entschädigung zugesprochen werden konnte. Das BVerfG hat in drei neueren Entscheidungen Gelegenheit gehabt, konkret zu entscheiden, ob eine derart "entziehende" Änderungsgesetzgebung "zugleich" Enteignung sei, und es hat diese Frage in allen Fällen nicht bejaht - obwohl im dritten Fall die fragliche Rechtsposition (ein bereits entstandenes Vorkaufsrecht, s.o. § 1 III 1 a) sogar vollständig und rückwirkend "fortdefiniert" wurde 101. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Letztlich ist nämlich

96 BVerfGE 58, 300 (331 f.) sowie 52, 1 (28) unter Hinweis auf BVerfGE 25, 112 (121) und 31, 275 (284, 292 f.) - wenig überzeugend, denn im ersten Fall wird das Vorliegen einer Enteignung ausdrücklich verneint, im zweiten nicht diskutiert - sowie 45, 297 (330) - besser wäre: (332). Entgegen Detterbeck, DÖV 1994, 274 f. ist eine solche "Doppelzuordnung" in BVerfGE 83, 201 (211 ff.) nicht ausgeschlossen worden, es heißt dort vielmehr (S. 211): "Die gesetzliche Beseitigung eines nach Art. 14 I 1 GG geschützten Rechts ist nicht in jedem Fall eine (Legal-)Enteignung." 97 Der Terminus fällt explizit in BVerfGE 58, 300 (351). 98 Aufschlußreich zur Theorie der (wohl-)erworbenen Rechte Rittstieg, Eigentum als Verfassungsproblem, 207 ff.; AK-GG-Rittstieg, RN 4, 6-11; jetzt auch ders., FS W.Thieme, 190-192. 99 M. Wolff, Festgabe W.Kahl (1923), 21; diese Schrift war der "entscheidende Schritt" zur Aufweichung des Enteignungsbegriffs (AK-GG-Rittstieg, RN 13). 100 Dazu etwa Böhmer, Staat 24 (1985), 184 f., 189 f. 101 Die Entscheidungen sind freilich angreifbar. In BVerfGE 70, 191 (200 ff.); 71, 137 (143) Fischereirechte - hätte genauer begründet werden müssen, warum trotz "Übertragung" der subjektiven Fischereirechte auf Genossenschaften kein Entzug, vielleicht sogar in Form der Güterbeschaffung, vorlag (Antwort: weil das "Gut" insgesamt neu definiert wurde). An BVerfGE 83, 201 (211 f.) - Bergrechtliches Vorkaufsrecht - ist vor allem zu bemängeln, daß sich das BVerfG

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§ 2. Kritik der Abgrenzungsversuche des BVerfG

(die Argumentation wiederholt sich) jedes dem Eigentümer nachteilige Änderungsgesetz i.S.d. Art. 14 I 2 GG auch ein Akt der "Entziehung", es kann aber nicht jedes auch ein Enteignungsgesetz sein. Andernfalls stünde der Gesetzgeber nämlich stets vor der Alternative, entweder die Rechtslage bestehen zu lassen oder sie nur gegen Entschädigung abändern zu dürfen; das aber ist anerkanntermaßen nicht der Fall 102 . Hielte man nun aber für möglich, daß manche Änderungsgesetze für die Vergangenheit "Enteignung" seien, andere aber nicht, dann müßte man für beide ein Abgrenzungskriterium finden. Da die drei Begriffspaare des BVerfG und auch die Formel "für die Zukunft" (oben I 1 [6]) insoweit versagen, bliebe nur ein Rückgriff auf die Intensitätskriterien der Schwellentheorien - die aber vermieden werden müssen, wenn das BVerfG seiner Trennungstheorie treu bleiben will (zumal es kaum möglich ist, sich eine intensivere Beeinträchtigung als den vollständigen [!] Entzug eines Rechts vorzustellen). Damit bleibt nur übrig, den "gordischen Problemknoten" konsequent zu zerschlagen103: Der Entzug "erworbener Rechte" durch Änderung des objektiven Rechts (Änderungsgesetz, man sagt bisweilen auch: Reformgesetz 104) ist niemals "zugleich" Enteignung 105. (Das bedeutet natürlich nicht, daß die "entziehende" Inhalts- und Schrankenbestimmung nicht entschädigungspflichtig sein kann oder ggf. sogar muß.)

nicht dazu durchringen konnte, das Änderungsgesetz eindeutig als Inhalts- und Schrankenbestimmung zu qualifizieren; vielleicht hat sein "neuerlicher enteignungsrechtlicher Paukenschlag" {Osterloh, JuS 1991, 1058) deshalb relativ wenig Aufsehen erregt (s. aber Schwabe, JZ 1991, III ff.; Lege, NJW 1993, 2566 f.). 102 So schon BVerfGE 31, 275 (285); 36, 281 (293) - Patentrecht -; daran anknüpfend BVerfGE, 58, 300 (351); s. auch bereits BVerfGE 2, 380 (402) - NS-Haftentschädigung - . 103 So Ossenbühl, JuS 1993, 202 m.w.N.; a.A. offenbar Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 235 f. 104 Auch in BVerfGE 45, 297 (332) ist einmal von der "Reform des geltenden Rechts" die Rede. 105 So auch AK-GG-Rittstieg, RN 175 ff., 254 (s. auch RN 33, 35, 111, 157); ferner jetzt der BGH-Richter Engelhardt, NVwZ 1994, 338: "Auch die vollständige Aufhebung eines als Eigentum geschützten Rechts mit der Folge, daß die Rechtsordnung es nicht mehr kennt, ist keine Enteignung im eigentlichen Sinne, sondern eine Neubestimmung des Eigentumsinhalts; unter welchen Bedingungen sie zulässig ist, insbesondere ob sie regelmäßig einen finanziellen Ausgleich fordert, ist eine andere Frage." - A.A. etwa Gallwas, Grundrechte, 105 f.; Pieroth/Schlink, RN 1016, 1031; Steinberg/Lubberger, § 2 III 2 c (164 ff.), insb. bb (S.166 f.) - trotz offensichtlicher Ratlosigkeit hinsichtlich der Abgrenzung von "Umgestaltung" und "zugleich enteignender Inhaltsund Schrankenbestimmung". - Unentschieden Richter/Schuppert, Verfassungsrecht, 316; tendenziell wie hier Schoch, Jura 1989, 121; nicht ganz konsequent Kraft, BayVBl. 1994, 97 ff.: einerseits S. 100 (mit interessantem Vorschlag zur Abgrenzung der Legislativenteignung), andererseits S. 103. - S. auch unten 3 III 2 a.

II. Weitere Aussagen des Gerichts und der ihm folgenden Lehre

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4. Allgemeiner: "Überschneidungen" von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung (Pieroth/Schlink, Steinberg/Lubberger)?

Das Problem des "Änderungsgesetzes" (das sozusagen gleich bei seinem Erlaß "eingreift") läßt sich verallgemeinern: Ein jedes Gesetz i.S.d. Art. 14 I 2 GG, das zu nachteiligen Eingriffen in das Eigentum ermächtigt - man denke an den Natur- oder Denkmalschutz - ist (irgendwann einmal) gegenüber der vorherigen Rechtslage ÄnderungsgzstXzgtbung (gewesen). Wird es (irgendwann einmal) angewendet oder vollzogen, so entzieht es folglich Positionen, die dem Eigentümer (irgendwann einmal) rechtmäßig zugestanden haben. Kann das inhalts- und schrankenbestimmende Gesetz sich dann auch noch nach 20 Jahren, anläßlich eines konkreten Vollzugsaktes - man denke an eine Nutzungsbeschränkung - als "zugleich Enteignungsgesetz" erweisen? Wollte man das bejahen, wäre man zurück bei der "Umschlagtheorie" - und hätte die Position des BVerfG verlassen. Auch hier hilft also nur Konsequenz: Es darf keine "Überschneidungen" von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung geben106, keine "offenen Flanken"107, in denen jene doch wieder in diese "umschlagen" könnte. Inhalts- und Schrankenbestimmung bleibt vielmehr Inhalts- und Schrankenbestimmung, und sie ist auch niemals "zugleich" Enteignung. Beschneidet sie "Positionen" des Eigentümers, so ist das, im Rahmen der Prüfung ihrer Rechtmäßigkeit, ein Problem etwa des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit108, und es kann dabei auch einmal eine Inhalts- und Schrankenbestimmung entschädigungspflichtig sein (sie ist es freilich, anders als die Enteignung, nicht immer). Die Intensität, mit der die "Positionen" des Eigentümers beschnitten werden, hat aber keine Bedeutung für die tatbestandliche Erfassung des Eingriffs als Inhalts- und Schrankenbestimmung.

5. "Aufopferungsenteignung" (W.Weber, BVerfGE 45, 297, 332)?

Folgt man in dieser Weise, wie hier vorgeschlagen, konsequent der Trennungstheorie, dürfte sich auch das Problem der sog. "Aufopferungsenteignung" erledigt haben - insbesondere im Hinblick auf die fragwürdige Rolle, 106

A.A. ausdrücklich Pieroth/Schlink, RN 1031; Steinberg/Lubberger, § 2 III 2 (S. 157 ff.); ferner Peter, Grundeigentum, 86 f.; eine explizite Meinung zu diesem Punkt ist im übrigen oft schwer festzustellen, die noch h.M. wird aber wohl nicht der hier vertretenen Ansicht sein. 107 So die vielzitierte Formulierung bei vM-Bryde, 3. Aufl. RN 54 (in der Neuauflage [RN 56] gestrichen); vielzitiert auch Schmidt-Aßmann, JuS 1986, 836 ("Achillesferse"). 108 So auch Maurer, FS G.Dürig, 308 (der freilich von "unechter Legalenteignung" spricht); ebenso der Sache nach die Lösung in BVerfGE 58, 300 (348 ff.); 83, 201 (211 ff., 214 ff.).

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§ 2. Kritik der Abgrenzungsversuche des BVerfG

die sie in der Rspr. des BVerfG gespielt hat. Dieser Begriff, geprägt von Werner Weber, stammt aus der Zeit, als man noch offen zwei Formen der Enteignung unterschied: die klassische Enteignung als "Güterbeschaffungsvorgang " (auch dies eine Prägung Webers) und eben die "Aufopferungsenteignung" als "andere Beeinträchtigung" des Eigentümers109. Das BVerfG hat den Begriff letztmals 1977 verwendet, also vor der "Eigentumswende"110 durch die hier so genannten "klassischen Definitionen" (oben I). Es hat damals gemeint: Ein Änderungsgesetz könne "bisher allgemein eingeräumte rechtliche Befugnisse für die Zukunft ... beseitigen oder ... beschränken. Werden dadurch nach altem Recht rechtmäßig erworbene subjektive Rechtspositionen betroffen, ... kann hierin eine Enteignung im Sinne des Art. 14 III GG liegen ... In diesem Bereich der sog. Aufopferungsenteignung hat die Enteignung durch Gesetz in erster Linie ihren Platz"111. Daran läßt sich nicht mehr festhalten. Erstens ist das, was die frühere Lehre noch unbefangen "Aufopferungsenteignung" nennen konnte, nach der neuen Begrifflichkeit des BVerfG durchweg Inhalts- und Schrankenbestimmung112 (bzw. Vollzug inhalts- und schrankenbestimmender Gesetze) oder gar nur "sonstige Beeinträchtigung"; aus diesem Grund sollte zumindest der Terminus "Aufopferungsenteignung" gestrichen werden. Zum anderen kann aber auch der Sache nach eine den Eigentümer nachteilig treffende Inhaltsund Schrankenbestimmung niemals "zugleich" Enteignung sein (s.o. 3) - auch nicht "Aufopferungs"enteignung. Man sollte den Begriff daher endgültig aufgeben 113. 109

W.Weber y GR II, 350 f., 371: Bei der Aufopferungsenteignung "werden nicht Sachgüterund Rechte für ein bestimmtes Unternehmen des öffentlichen Wohles in Anspruch genommen und auf dieses übertragen, sondern wird die vermögensrechtliche Rechtsstellung des Eigentümers oder sonst vermögensrechtlich Berechtigten in anderer Weise beeinträchtigt, etwa indem ihm verwehrt wird, sein Grundstück nach Belieben zu bebauen und zu nutzen (Fluchtlinien, Freiflächenausweitung, Beschränkungen in Schutzbereichen) oder sein Basaltvorkommen auszunutzen (Naturschutz) oder seinen Gewerbebetrieb weiterzuführen (§51 GewO), oder indem ihm Bezugsrechte, Renten und dgl. durch Aufhebung entzogen werden oder sein von einer Viehseuche befallenes Vieh getötet, sein Haus zur Abriegelung eines Großbrandes abgerissen wird u. dgl. m."; siehe auch Forsthoff y VerwR, 338 f.; Schmidt-Aßmann, JuS 1986, 835 f.; ders., FS 600 Jahre Universität Heidelberg, 121. 110 Formulierung von Leisner, DVB1. 1983, 61 (der allerdings bestreitet, daß eine Wende vorlag). 111 BVerfGE 45,297 (332, s. auch 306 unten); es folgt sodann ein sehr bemerkenswerter Absatz zur Enteignung als "Vorgang der Güterbeschaffung". Krit. dazu Schwabe, JZ 1983, 273 f.; zust. BattiSy NVwZ 1982, 588 f. 112 So auch Bierleiny Vorhabenzulassung, 206 f., 364. 113 So auch AK-GG-Rittstieg t RN 187. Steinberg/Lubberger halten an dem Begriff trotz zugegebener Schwierigkeiten noch fest (z.B. S. 97, 103, 112, 156, 165, 206; s. aber auch S. 237 FN 139 den seismographischen Hinweis darauf, daß bei Hesse, Grundzüge, die "Aufopferungsenteignung" seit der 17. Aufl. gestrichen wurde).

II. Weitere Aussagen des Gerichts und der ihm folgenden Lehre

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6. Der richtige Ansatz: Enteignung als "Zwangskauf 1 (Rittstieg) bzw. "Güterbeschaffungsvorgang" (Osterloh)

Von den beiden letzten hier zu erörternden Stimmen aus der Literatur kann man strenggenommen nicht sagen, daß sie dem BVerfG "folgten". Sie gingen und gehen ihm vielmehr, nach hier vertretener Ansicht, voraus. Rittstieg hat aufgrund einer umfassenden historischen und rechtsvergleichenden Analyse bereits vor nahezu zwanzig Jahren gefordert, den Begriff Enteignung im wesentlichen wieder in dem "engen" Sinn zu verstehen, wie er im 19. Jahrhundert üblich war 114 - nämlich als "eine Art Zwangskauf" 115. Seine Untersuchung stieß jedoch auf Feindschaft, weil man vermutete, sie wolle die Grundlagen unserer Eigentumsordnung aushöhlen - deshalb wurde sie auch nicht als Habilitationsleistung anerkannt116. Letztlich vertrat Rittstieg freilich nur dasselbe Argument, das auch die Rechtsprechung des BVerfG die sich kurz darauf durchsetzte117 - beherrschte: Die Fachgerichte sind nicht dazu legitimiert, Entscheidungen des Gesetzgebers, die den Inhalt und die Schranken des Eigentums festlegen, zu korrigieren - auch nicht durch die richterrechtliche Zuerkennung von Entschädigungen, die dieser nicht vorgesehen hat118. Für einen "engen" Enteignungsbegriff i.S.v. "GüterbeschaffungsVorgang" plädierte kurz darauf auch Schulze-Osterloh 119. Ihre Untersuchung, die ursprünglich von der zivilrechtlichen "Eigentumsaufopferung 1,120 ihren Ausgang nahm, war bahnbrechend jedoch weniger in dieser semantischen Frage. Sie warf vielmehr ein systematisches Dogma um, das bis dahin nahezu zweifelsfrei gegolten hatte: daß nämlich nur die Enteignung zu entschädigen sei, Inhalts- und Schrankenbestimmungen hingegen stets entschädigungslos geduldet werden müßten121. 114

Rittstieg, Eigentum als Verfassungsproblem, 411 ff. AK-GG -Rittstieg, RN 187; s. auch dens., NJW 1982, 724; dem., JZ 1983, 166. - Zur ursprünglichen Funktion der "Zwangskauftheorie", nämlich: als Sonderfall der Fiskustheorie Rechtsschutzmöglichkeiten überhaupt erst zu eröffnen, s. Böhmer, Staat 24 (1985), 173 f. 116 Dazu jetzt Rittstieg, FS W.Thieme, 185 f. 117 Ein unmittelbarer Einfluß läßt sich nicht nachweisen, wohl aber zeigte Werner Böhmer, damals Berichterstatter beim BVerfG, jedenfalls nach der Naßauskiesungsentscheidung Interesse an Rittstiegs Position (Rittstieg, FS W.Thieme, 191). 118 Rittstieg, Eigentum als Verfassungsproblem, insb. 299 ff., 305, 387 ff., 397 f.; noch deutlicher weist Schulze-Osterloh, Eigentumsopferentschädigung, 245,265, auf die Legitimationsfrage hin; s. ferner Osterloh, DVB1. 1991, 910; vgl. auch v. Zezschwitz, FS H.Ridder, 208: "Schleppnetzrichterrechtlich zugefügter Sonderopfertatbestände". 119 Schulze-Osterloh, Das Prinzip der Eigentumsopferentschädigung etc. (1980), 267 f. 120 Mit Beschämung muß d. Verf. hier eingestehen, daß er in seinem Beitrag NJW 1990, 869 bei FN 62 diesen Terminus (in einem anderen Sinn) als seine Prägung ausgegeben hat. 121 Sehr deutlich auch Schulze-Osterloh, NJW 1981, 2537 ff. 113

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§ 2. Kritik der Abgrenzungsversuche des BVerfG

Die vorliegende Untersuchung möchte die Tradition dieser beiden Positionen fortfuhren 122. Allein ein "enger" Enteignungsbegriff läßt nämlich hoffen, die begrifflichen und damit letztlich auch praktischen Probleme zu lösen, die seit je die Auslegung und Anwendung des Art. 14 GG beherrscht haben.

ΠΙ. Ergebnis Als Ergebnis der bisherigen Überlegungen wird man festhalten können: Was die Unterscheidung von Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung angeht, so reichen die Abgrenzungskriterien des BVerfG, wie man es auch dreht und wendet, für eine trennscharfe Unterscheidung nicht hin. Jedoch wäre es voreilig, daraus zu schließen, daß die Grundthese des Gerichts ("Trennungstheorie") gescheitert (falsifiziert) sei123. Im folgenden soll vielmehr ein Vorschlag unterbreitet werden, der den Anspruch erhebt, die beiden Begriffe besser zu bestimmen (er wird über einen früher unternommenen Versuch, der für "Enteignung als Güterbeschaffungsvorgang" plädierte 124, ein wenig hinausgehen). Im wesentlichen wird es sich darum handeln, die verschiedenen "Beziehungen", die im Rechtsverhältnis Eigentum eine Rolle spielen - etwa die Beziehungen "Eigentümer-Staat", "EigentümerObjekt", "Staat-Objekt" und "Eigentümer-Nichteigentümer" - unter einem neuen Aspekt neu zu ordnen.

122 Siehe auch bereits oben § 2 12 (6) m.w.N. Für einen engen Enteignungsbegriff ferner etwa Hammann, Eigentum in der Zeit, 50-58; wohl auch Bierlein, Vorhabenzulassung, 168 ff., 212 f., 337 f.; vM-Bryde, RN 58. 123 Grund: Universelle Es-gibt-Sätze (hier: "Es gibt Kriterien, die eine trennscharfe Abgrenzung von Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung ermöglichen"), sind nicht falsifizierbar (Popper, Logik der Forschung, 40 [Abschnitt 15]). 124 Lege, NJW 1993, 2565.

§ 3. Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung als Eingriffe unter verschiedenen "Marktkonstellationen'1 Nach hier vertretener Auffassung lassen sich die Begriffe "Enteignung" und "Inhalts- und Schrankenbestimmung" voneinander abgrenzen, ohne daß es eines Rekurses auf die quantitativ- " wertenden " Kriterien der alten Schwellentheorien bedürfte, die auf die Intensität der "tatsächlichen Wirkung" für den Eigentümer abstellen1 und sich letztlich an der Entschädigungswürdigkeit des Eingriffs orientieren 2. Entgegen der wohl noch h.M. kommt es insoweit also auf Schwere, Situation, Sonderopfer, Sozialbindung o.ä. überhaupt nicht an3, 1 Ehlers, WDStRL 51 (1992), 235 formuliert: Die Abgrenzung müsse "primär handlungsbezogen und nicht folgenorientiert" erfolgen. 2 Eine andere, auch wissenschaftstheoretisch interessante Frage ist, welches Problem einem als bedeutsamer (s. Kuhn, Revolutionen, 122) und deshalb als vorrangig zu lösen erscheint: die Qualifikation des staatlichen Handelns (Inhalts- und Schrankenbestimmung oder Enteignung?) oder die Frage nach der Entschädigungsbedürftigkeit. So unterscheidet Maunz/Zippelius, § 28 II 6-11, primär zwischen "entschädigungsfreier Inhaltsbestimmung" und "entschädigungsbedürftigen Eigentumseingriffen", innerhalb der letzteren sodann sekundär zwischen: entschädigungsbedingter Inhaltsbestimmung, Enteignung, enteignungsgleichem Eingriff, tatsächlich enteignend wirkenden Eingriffen (auf die Art. 14 III GG nicht anwendbar ist) sowie den Fällen der Amtshaftung und der Aufopferung. Nach hier vertretener Auffassung sind die Prioritäten genau anders herum zu setzen: erst Subsumtion unter Art. 14 I 2 bzw. Art. 14 III GG, sodann die Frage nach der Rechtsfolge (und zwar gerade deshalb, weil der Gleichheitsgrundsatz, den Zippelius ins Zentrum stellt [§ 28 II 6], sich je nach Tatbestand in ganz verschiedenen Konstellationen bewähren muß - nämlich als iustitia distributiva oder commutativa, s. bereits Lege, NJW 1993, 2567 FN 37). Das dürfte auch den Prioritäten des BVerfG entsprechen: Ist eine Maßnahme einmal als Enteignung qualifiziert, so ist die Entschädigungspflicht nur "eine selbstverständliche Folge" (BVerfGE 24, 367 [401]; 45, 297 [322]); liegt hingegen eine Inhalts- und Schrankenbestimmung vor, so kann zwar ebenfalls Entschädigung geboten sein (BVerfGE 58, 137 [144 ff.]; 79,174 [192]), ist es jedoch in der Regel nicht - eben weil die Inhalts- und Schrankenbestimmung per se "objektiv" ist (s.u. II 2 b [3]), also "jacÄangemessene Differenzierungen" (Zippelius) trifft. 3 Explizit wie hier wohl nur AK-GG -Rittstieg, RN 182 (Enteignung als "Aliud"), 189 f. (s. auch dens., Eigentum als Verfassungsproblem, 411; dens., NJW 1982, 723; dens., JZ 1983, 166); Schmalz, Grundrechte, RN 808 (zu weitgehend aber RN 798, denn wenn ein Grundstück "zubetoniert" wird, handelt es sich um Enteignung); sehr weit in die hier vertretene Richtung auch Arndt/Rudolf, 118 f., sowie Ehlers, WDStRL 51 (1992), 235, der ebenfalls von einem "aliud" spricht. - Grundsätzlich wie hier etwa vM-Bryde, RN 54 ff.; Maunz/Zippelius, § 28 II 7; Schunck/DeClerck, 211 f.; unentschieden Battis/ Gusy, RN 519 f., wohl auch W.Schmidt, Staatsrecht, RN 73. - A.A. z.B. Pieroth/Schlink, RN 1016 f.; P.M.Huber, AllgVerwR, 224 ff.; Wallerath, AllgVerwR, § 16 II 1 c. - Ganz im Sinne der Schwellentheorien nach wie vor BK-Kimmi-

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

und zwar auch nicht in Zweifelsfällen. Damit ist zwar bereits angedeutet, daß die neuen Begriffe nicht von jeglichen Mühen und Abgrenzungsschwierigkeiten befreien werden. Sie erheben jedoch den Anspruch, die für eine solche Abgrenzung sachgerechteren, nämlich deskriptive Kriterien zu bieten; "Enteignung" ist m.a.W. kein Synonym mehr für den Wertungsbegriff "Entschädigungswürdigkeit"4. Daß auch deskriptive Begriffe an den Rändern ihre Unschärfen haben5 und deshalb Zuordnungsprobleme auftauchen können6, läßt sich freilich nicht vermeiden. Zur Klärung der Begriffe "Inhalts- und Schrankenbestimmung"7 und "Enteignung" muß zunächst der, wenn man so will, lebensweltliche Rahmen abgesteckt werden, innerhalb dessen die beiden Phänomene ihre Bedeutimg erhalten (I). Sodann gilt es, die Kriterien für ihre juristische Qualifikation m.a.W.: die Tatbestandsmerkmale - zu entwickeln (II). Schließlich sollen die Begriffe noch an einer Reihe von Fällen überprüft werden (III).

I. Die Hintergrundvorstellung: Das Verhältnis von Eigentum, Markt und Staat Das Hauptaugenmerk der Staatsrechtslehre liegt im Bereich des Grundrechts aus Art. 14 GG auf der Freiheit8, und zwar im Hinblick auf das Staat-

nich, MD-Papier sowie Leisner, HdbStR (s.o. § 1 V FN 70); ferner etwa V.Münch, Grundbegriffe, RN 464, 469 f.; Schwabe, Grundkurs, 97-100 (mit offen eingestandenen Abgrenzungsproblemen); letztlich wohl auch Faber, VerwR, §§ 35, 37 (insb. S. 402: Sozialbindungstheorie). 4 So aber nach wie vor BK-Kimminich, RN 28, 41, 124, 151, 167, 177, 198, der folglich mit der "entschädigungspflichtigen Inhaltsbestimmung" nichts anfangen kann (RN 200-202); ebenso MD-Papier, RN 283-287; Leisner, HdbStR, RN 148; s. auch etwa v.Münch, Grundbegriffe, RN 465; Model/Müller, RN 18 (unter krasser Mißdeutung des Naßauskiesungsbeschlusses); wohl auch Berg, 180. - Es ist das große Verdienst von Schulze-Osterloh (Eigentumsopferentschädigung, 235 ff. [247], 266, 274, 276 ff.; dies., NJW 1981, 2537), das Dogma "Entschädigungspflicht nur bei Enteignung, keine Entschädigung bei Inhaltsbestimmung/Sozialbindung)" aus den Angeln gehoben zu haben; s. ferner auch bereits Schulte, Dogmatik, 33 ff. 5 Zippelius, ML, § 9 II. 6 In gewisser Weise könnte man auch das ein "Wertungsproblem" nennen (s. vM-Bryde, RN 58), es wäre aber ein anderes als das ergebnisorientierte Werten der Schwellentheorien. 7 Zur Terminologie: Es ist irreführend, die Inhalts- und Schrankenbestimmung insgesamt oder teilweise als "Eigentumsbindung" oder "Sozialbindung" zu bezeichnen (so aber Jarass/Pieroth, RN 28; Arndt/Rudolf, 118; Battis/Gusy, RN 517-520; Hesse, RN 448 f., 454; Schunck/DeClerck, Stein, § 41 III 1, 2), denn "Sozialbindung" war nach alter Terminologie der Gegensatz zur Entschädigungspflicht (Leisner, Sozialbindung, 43; Doehring, 346). Es gibt spätestens seit BVerfGE 58, 137 aber eben auch entschädigungspflichtige Inhaltsbestimmungen. Der Terminus "Sozialbindung" sollte deshalb der Regelung des Art. 14 II GG vorbehalten werden (s. etwa Leisner, HdbStR, RN 133 f.; v.Münch, Grundbegriffe, RN 458; Maunz/Zippelius, § 28 II 5).

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I. Der Hintergrund: Eigentum, Markt und Staat

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Bürger-Verhältnis: Man betont die Bedeutung des Eigentums ßr die Freiheit, als Freiheit und als sozusagen wohlerworbene Freiheit. Das ist nicht falsch, aber doch etwas zu "hoheitlich" (oder anti-hoheitlich) gedacht: Der Blick verengt sich auf die Abwehr von "Eingriffen in das Eigentum" durch "den Staat"9 - ganz so, als gäbe es keine Gesellschaft, in der Freiheit und Eigentum "staatsfrei" zum gemeinen Besten zusammenwirken sollten10. Dadurch wird das zentrale gesellschaftliche Phänomen, das insoweit für einen nach unserem Verständnis gerechten Ausgleich der Interessen sorgt, häufig übersehen: der Markt 11. Folglich wird auch übersehen, daß die Rolle, die der Staat dem Eigentümer gegenüber einnimmt, je nach der Art, wie beide sich "am Markt" in wirtschaftlichen Konfliktsituationen begegnen, unterschiedlich zu bestimmen ist.

1. Die Bedeutung der Eigentumsgarantie für Freiheit und Sicherheit

Das Eigentum erfüllt verschiedene Funktionen12. Im wesentlichen vermittelt es wohl zweierlei: (Entfaltungs-) Freiheit (was von der h.L. betont wird) und Sicherheit (was nach wohl h.L. nicht überbetont werden sollte13).

8 S. neben der staatsrechtlichen Literatur auch etwa Ossenbühl, StHR, § 17, 3 (S. 126): beide "gehören zusammen", und besonders pointiert Düng, FS W. Apelt, 31: "Eigentum ist Freiheit". 9 Insoweit übereinstimmend Leisner, HdbStR, RN 8, 11, 18 ff. und Stein, § 41 ΠΙ 1. Bezeichnend auch, wenn Ossenbühl, StHR, § 12, 1 seine Darstellung von "Aufopferung und Enteignung" vor der absolutistischen Hintergrundvorstellung von "iura quaesita und ius eminens" entwickelt. - Möglicherweise ist diese Staatsgerichtetheit des eigentumsrechtlichen Denkens eine historisch gewachsene deutsche Besonderheit (Böhmer, Staat 24 [1985], insb. 166 ff.; s. auch Grimm, Entwicklung, 283) . 10 Vgl. auch Hegel, RPh, §§ 182 ff., 188, 199 ff. 11 Andeutungsweise bemerkt von Stein, § 41 II 2 d; bei MD-Papier ist der Markt immerhin im Hintergrund erahnbar, wenn es heißt, daß Art. 14 GG jedenfalls nicht immer den Tauschwert "oder Marktwert" schützt (RN 8-10, 153-155). Auch Rittstieg, der in historischer Sicht die Bedeutung der "Marktgesellschaft" klar herausstellt (Eigentum als Verfassungsproblem, 21 ff., 191 ff., 296 ff., 377), erwähnt den Markt bei seinen dogmatischen Analysen nur am Rande (AK-GGRittstieg, RN 62, 68, 105, 125 f.). Allein im Zusammenhang mit der Enteignungsentschädigung ist es üblich, auf den Marktwert zu rekurrieren (z.B. MD-Papier, RN 513; Leisner, HdbStR, RN 182), wobei allerdings der Terminus "Verkehrswert" vorgezogen wird (s. etwa BK-Kimminich, RN 445 gegenüber RN 471 ff.). 12 S. etwa Badura, HdbVerfR, 653 ff.; Bleckmann, Grundrechte, 903 ff.; Hesse, RN 442 ff.; Maunz/Zippelius, § 28 II 1, 5; gegen eine funktionale Betrachtung Leisner, HdbStR, RN 39-45; s. auch den Ökonomen Binswanger, Eigentumspolitik, 167 f. 13 MD-Papier, RN 2; prägnant zur Versöhnung von Freiheit und Sicherheit im Eigentum Düng, FS W. Apelt, 56.

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

Mit der Freiheit ist natürlich nicht eine Freiheit "gegenüber der Sache" (den Eigentums Objekten) gemeint, weil es /tecftttverhältnisse - und damit Freiheit - nur zwischen RechtsSubjekten geben kann14, seien es Mitbürger oder der Staat. Das BVerfG betont, wohl in Anlehnung an die Formel Hegels15, die irtüieitssichernde Funktion des Eigentums: Es sichere einen "Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich", der dem Grundrechtsträger "eine eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens" ermögliche16. Damit ist aber nicht gemeint, das Eigentum sei nur ein Mittel, das die Entfaltung "der Freiheit", genauer: anderer Freiheiten, sichere17. Geschützt ist vielmehr offenbar auch eine eigentumsspezifische Freiheit, die Freiheit nämlich, mit seinen Eigentums Objekten - das sind im Rahmen des Art. 14 GG bekanntlich fast alle Vermögenswerten Rechte - nach eigenem Gutdünken zu verfahren, insb. in wirtschaftlicher Hinsicht18. Zum Inhalt eines Eigentums, das seinen Namen verdient19, gehört deshalb seine Privatnützigkeit und die Verfiigungsbefugnis des Eigentümers20, und es ist zumindest grundsätzlich auch eine Markteirtschaft durch Art 14 GG garantiert 21. Im übrigen aber kann der Eigentümer hinsichtlich des Inhalts seines Eigentums - also auch der Freiheit, die es vermittelt - nur bedingt sicher sein: Nach Art. 14 I 2 GG hat der Gesetzgeber die Befugnis, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen22, und er kann dabei auch, wenngleich nicht in beliebigem Maße, "erworbene Freiheiten" - etwa Nutzungsmöglichkeiten23 - beschneiden oder gar beseitigen (zu den sog. "wohlerworbenen Rechten"24 bereits oben § 2 II

14

S.o. § 2 I 1 (4) mit FN 21; mißverständlich Stein, § 41 II d. Hegel, RPh, § 41: "Die Person muß sich eine äußere Sphäre ihrer Freiheit geben, um als Idee zu sein"; s. aber auch § 170. 16 BVerfGE 24, 367 (389); 50, 290 (339); s. auch BVerfGE 89, 1 (6) -Besitzrecht des Mieters-: "Freiraum". 17 In diese Richtung aber Stein, § 41 II d. 18 So zuletzt BVerfGE 88, 366 (377) - Zuchtbücher - ; s. auch Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, 106 f.; Bleckmann, Grundrechte, 904 f. - Die ökonomische Freiheit insgesamt ist allerdings nicht nur durch Art. 14, sondern auch durch Art. 12 und (subsidiär) durch Art. 2 I GG geschützt (yM-Kunig, Art. 2RN 16m.w.N.). - Zum Verhältnis von Recht, Eigentum und Wirtschaft in historisch-soziologischer Perspektive Luhmann, Rechtstheorie Beiheft 11, 43 ff.; zur "Enteignung des Geldes" Binswanger, Eigentumspolitik, 160 f. 19 BVerfGE 24, 367 (389) in nicht offengelegter Anlehnung an M. Wolff, Reichsverfassung und Eigentum, 6. 20 BVerfGE 24, 367 (389 f.); 26, 215 (222); 31, 229 (241), st. Rspr. 21 Wohl unbestritten, s. Badura, HdbVerfR, 655, 662; vgl. auch MD-Papier, RN 33 f. 22 Prägnant Maunz/Zippelius, § 28 II 2 b: "Gegenstand der Grundrechtsgarantie ist das Eigentum mit dem Inhalt und Umfang, den der Gesetzgeber dem Rechtsinstitut verliehen hat". 23 Dazu sehr eindringlich Leisner, BB 1992, 73 ff. 24 AK-GG-Rittstieg, RN 8 weist darauf hin, daß in dem "wohl" schon die Wertung steckt; s. auch BVerfGE 31, 275 (293). 15

I. Der Hintergrund: Eigentum, Markt und Staat

65

3). Es ist die Besonderheit des Freiheitsobjektes "Eigentum", sehr viel stärker als andere25 ein Produkt der Rechtsordnung zu sein26. Im Verhältnis des Eigentümers zum Staat stellt sich nun die Frage: Inwieweit muß jener darauf vertrauen können, daß dieser ihm die Sicherheit oder auch die Chancen, die das Eigentum verkörpert, "gewährleistet"27 (Art. 14 I 1 GG)? Diese Frage wird seit jeher differenziert beantwortet, insbesondere im Hinblick darauf, ob ein konkretes Eigentumsobjekt entzogen oder aber umgestaltend in "wohlerworbene Rechte" eingegriffen wird. Auf die bekannten Formeln (Institutsgarantie28 und Grundrechtsgarantie, Bestandsgarantie und Wertgarantie 29) braucht hier nicht näher eingegangen zu werden30. Erwähnenswert ist, daß nach Ansicht des BVerfG im Rahmen des Art. 14 GG ein besonderer, also nicht der allgemein-rechtsstaatliche Vertrauensschutzgedanke herrscht 31.

2. Eigentum und Freiheit: Privatautonomie oder hoheitliche Regulierung

Nach hier vertretener Ansicht ist die Frage nach der Gewährleistung des Eigentums - und damit auch nach dem (Vertrauens-) Schutz gegen Eingriffe erst dann angemessen zu beantworten, wenn man den Blick über das StaatEigentümer-Verhältnis hinaus weitet: Eigentum ist "von vornherein" kein bloß zweiseitiges Rechtsverhältnis wie etwa das Beamtenverhältnis, sondern 25

Man denke aber daran, daß Eigentum an Leib und Leben anderer, d.h. Sklaverei und Leibeigenschaft, ohne weiteres möglich sind, daß also auch insoweit die Freiheit nicht selbstverständlich ist. 26 Z.B. Hesse, RN 448; Maunz/Zippelius, § 28 II 2 a; Pieroth/Schlink, RN 987 ("besonders intensive Normprägung"); krit. und differenzierend Leisner, HdbStR, RN 54-71 (66-69) - mit der These, der Gesetzgeber sei zwar verpflichtet, Güter "eigentumsfähig" zu machen, er dürfe ihnen die Eigentumsfahigkeit aber nur in engsten Grenzen absprechen (RN 70 f.). 27 Man beachte dabei: "Gewährleistung ist etwas anderes als Freiheit, Gewährleistung des Eigentums etwas anderes als Eigentûmerfreïheil" (Gallwas, Grundrechte, 95 [Hervorh. ggü. dem Original verändert]; zu den dogmatisch-begrifflichen Konsequenzen s.u. II 2 b [3, 4]; III 2 d). S. auch BVerfGE 42, 64 (76): "Die Gewährleistung des Eigentums ist ebenso wie die Freiheit ein elementares Grundrecht..." (Hervorh. des Verf.). 28 Krit. dazu vM-Bryde, RN 32; zur Deutung der Institutsgarantie als Schranken-Schranke Pieroth/Schlink, RN 1047 f.; als Untermaßverbot Ehlers, WDStRL 51 (1992), 216, 219 f., 222; s. auch AK-GG-iRittstieg, RN 164. 29 S. nur Badura, Staatsrecht, RN 81; Maunz/Zippelius, § 28 II 2; Stein, § 41 II 2 a, b. 30 S. aber auch oben § 2 I 2 (4): Man könnte überlegen, ob die Institutsgarantie nicht ausschließlich die Bindung des Gesetzgebers bei seinem Regelungsauftrag aus Art. 14 12 GG meint, hingegen die Bestandsgarantie allein den Schutz vor Enteignung der auf diese Weise definitiv geschaffenen einfachrechtlichen Positionen (anders aber wohl die ganz h.M., s. etwa Schwerdtfeger, JuS 1983, 107; weniger deutlich Hendler, DVB1. 1983, 876). 31 St. Rspr., erstmals BVerfGE 36, 281 (293) - Patentrecht - . 5 Lege

66

§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

es findet seinen Inhalt vor allem in den Beziehungen des Eigentümers zu seinen Rechtsgenossen, seien sie ebenfalls Eigentümer oder Nicht-Eigentümer 32. Gerade auch in dieser Hinsicht ist es, wie jedes Recht, ein Regulativ menschlicher Freiheit 33. Von größter Bedeutung ist nun, daß der Staat die Regelungskompetenzen im Hinblick auf die Freiheit der Eigentumsverwendung in prinzipiell zwei Arten verteilen kann: Er kann entweder selbst einseitig "bestimmen" (vgl. den Wortlaut des Art. 14 I 2 GG), in welcher Weise die eigentumsspezifische Freiheit des einen Bürgers von der des andern abzugrenzen ist - beispielsweise selbst festlegen, wie viele Emissionen jemand seinem Nachbarn zumuten oder welchen Preis er bei der Veräußerung seines Grundstücks verlangen darf. Oder aber er kann die Regelung solcher Freiheitskonflikte den Bürgern selbst überlassen, genauer: ihrer gewaltfreien, eigenverantwortlichen Einzelübereinkunft 34; in diesem Fall wird also die Frage gerechter Gestaltung der Lebensverhältnisse, z.B. des pretium iustum, der Autonomie eines Teilsystems überlassen35. Kurz: Der Staat kann über die (Eigentums-) Rechte seiner Bürger entweder hoheitlich verfügen - oder aber die Verfügung über sie der Privatautonomie überlassen36. Im letzten Fall sind Vertrag und Markt die Regelungsmuster des autonomen Subsystems37. Nach der Konzeption, wie sie im folgenden entworfen werden soll, ist nun der Markt gewissermaßen Dreh- und Angelpunkt aller Streitigkeiten, die zwischen Bürger und Staat hinsichtlich des Eigentums entstehen können. Diese Streitigkeiten können zum einen die Frage betreffen, welche Bereiche der Staat dem Markt bzw. der Privatautonomie überlassen muß (oder darf 38). Zum andern kann, wenn ein solcher Markt existiert, Streit etwa darüber entstehen, inwieweit der Staat auf die Marktprozesse Einfluß nehmen darf, inwieweit er selbst am Markt teilzunehmen befugt ist und welchen Bindungen er dann unterliegt. Es ist die Hoffnung der vorliegenden Untersuchung, mit 32 Badura, HdbVerfR, 672; Gallwas, Grundrechte, 96: "Eigentum ist... anders als Freiheit (!) primär drittgerichtet." Treffend auch Parodi , Eigentumsbindung, 132: Regelungen i.R.d. Art. 14 I 2 GG beträfen das "nichtstaaüiche GleichordnungsVerhältnis" Bürger zu Bürger; deshalb seien weder Art. 19 II GG (zu ergänzen wäre: und Art. 191 GG) noch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz anzuwenden;richtigauch, daß nicht nur bürgerlich-rechüiche Vorschriften das Bürger-BürgerVerhältnis regeln. 33 Zippelius, RPh, § 35 I 1; s. auch a.a.O. §§ 26 II 2, III 1; 30 II 3. 34 Einen Mittelweg würde die Schaffung autonomer Teilsysteme bilden, die nach dem Modell der Selbstverwaltung arbeiteten. 35 Zippelius, RPh, § 31 II 4, auch § 16 II 2 (zum Markt als sozusagen Ermitüer des gerechten Preises); ders. t AStL, § 29 II 1. 36 Zippelius, RPh, § 35 I 1. 37 Zippelius, AStL, § 29 II 1; ders., RPh, §§ 31 II 4, 33. 38 Das ist die aktuelle Frage nach den rechtlichen Grenzen der Privatisierung.

I. Der Hintergrund: Eigentum, Markt und Staat

67

Hilfe einer genaueren Beschreibung dieser ökonomischen "Konfliktsituationen" letztlich Kriterien für die juristische Qualifikation von Beeinträchtigungen des Eigentums zu gewinnen - Kriterien nicht quantitativer, sondern qualitativer Art.

3. Der Markt als zentrale Kategorie aller Konflikte um das Eigentum

Markt ist der Ort des Tausches - was natürlich nicht räumlich gemeint ist. Er setzt voraus, daß es bestimmte Güter gibt, die gehandelt werden können (genauer: Waren oder Dienstleistungen; im folgenden soll nur noch von "Gütern" die Rede sein39); ferner bedarf es der Anbieter, die Güter feilhalten, und der Nachfrager, die sie erwerben wollen40. Schließlich muß noch, was häufig übersehen wird 41 , etwas weiteres hinzukommen, damit die "invisible hand" des Marktmechanismus wirken kann42: ein Marktveranstalter (andernfalls gilt das Recht des Stärkeren). Dessen Aufgabe ist nicht erst die Überwachung des Marktes, des Schutzes seiner Teilnehmer vor Gefahren 43 und voreinander sowie ggf. die Schlichtung von Streitigkeiten, sondern vorher bereits die Auswahl der Teilnehmer44 und auch der Güter, die überhaupt auf dem Markt gehandelt werden dürfen. Die zentrale Größe, die den Markt sachlich definiert, also von anderen Märkten abgrenzt, ist denn auch das jeweilige Gut, und zwar von der Nachfragerseite her: Wo immer man die "gleiche Ware" bekommen kann, liegt ihr Markt 45, und so gibt es einen Markt etwa für Milch oder Branntwein, für Grundstücke oder Urheberrechte. Wichtig ist nun, daß ein "Gut" nicht nur "an sich" bestimmte Qualitäten hat, sondern auch gewissermaßen "rechtliche Eigenschaften"; zu ihnen zählen etwa Vorschriften über die Art und Weise des Erwerbs und insbesondere darüber, wie

39

Verfassungsrechtlich betrachtet, fallen Dienstleistungen unter Art 12 GG; Art. 14 GG umfaßt freilich mehr als das, was nach herkömmlichem Verständnis "Ware" ( = Handelsgut i.e.S.) heißt. 40 Zu Funktion und Begriff des Marktes etwa Bartling/Luzius, Volkswirtschaftslehre, 51 ff. (53); Fezer, JuS 1991, 889-892. Daß Merkmal des Marktes der freiwillige Austausch von Gütern ist, wird eher von den Juristen betont, s. etwa Posner, Recht und Ökonomie, 85 f.; Weimar/Schimikowski, Grundzüge des Wirtschaftsrechts, RN 25; Fezer, a.a.O.; Zippelius, RPh, § 29 II 1. 41 Freilich nicht von Adam Smith, Der Wohlstand der Nationen, IV 9 am Ende und V 1; Zippelius, RPh § 29 II 1. 42 M.a.W.: Der Markt funktioniert nicht allein "aufgrund von Freiwilligkeit und eigener Verantwortlichkeit" (sc. der Marktteilnehmer für das Gemeinwohl), denn gewisse notwendige Zwänge können "nicht vom Markt selbst hervorgebracht werden" {Murswiek, JZ 1988, 991). Siehe demgegenüber noch den Optimismus des Verfassungsvaters Dehler, BTStenB III/6853 f. 43 Vgl. auch § 69a I Nr. 3 GewO. 44 Vgl. § 70 GewO. 45 Weimar/Schimikowski, RN 205.

68

§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

man es nutzen und verwerten darf. Diese "rechtlichen Eigenschaften" legt der Marktveranstalter fest. Man kann nun ein Gemeinwesen 46 - etwa das der Bundesrepublik Deutschland - insgesamt als Markt (bzw. als Ort verschiedener Märkte) betrachten. Juristisch betrachtet, wäre dann das, was wirtschaftlich betrachtet ein "Gut" ist, das Objekt dessen, was man "Eigentum" nennt (anders gewendet: Eigentum ist die rechtliche Zuordnung ökonomischer Güter). "Anbieter" wäre der Inhaber dieses Rechts, also der Eigentümer, "Nachfrager" jeder andere, der es erwerben könnte - beides höchst potentiell gemeint, also ohne jede Rücksicht auf tatsächlich bestehende Tauschabsichten. "Marktveranstalter" wäre schließlich die öffentliche Gewalt ("der Staat") als Garant der Rechts- und Eigentumsordnung (oder gar als für die Volkswirtschaft insgesamt Verantwortlicher, vgl. jetzt - seit 1967 - Art. 109 II, IV GG, § 1 StabilitätsG). Schematisch läßt sich das in etwa wie folgt darstellen: Öffentliche Gewalt (Staat), insb. als Gesetzgeber ("Marktveranstalter") Eigentumsobjekte ("Güter") Eigentümer ("Anbieter")

Nicht-Eigentümer ("Nachfrager").

Was nun, innerhalb des Gemeinwesens, das Verhältnis "des Staates" zum Markt insgesamt angeht, so ist dies ein vornehmlich ökonomisches und wirtschaftsverfassungsrechtliches Problem. Für unser Gemeinwesen wird man sagen können, daß ein Mischsystem von Verkehrswirtschaft und Zentralverwaltungswirtschaft herrsche47 und daß die Vorgaben des Grundgesetzes dem nicht entgegenstehen48. Was hingegen das Verhältnis des Staates zu den Marktteilnehmern angeht - d.h. insbesondere zu den Eigentümern - , so können Konflikte in genau drei Situationen auftreten 49. 46

Zum Begriff Hesse, Grundzüge, RN 11. Siehe nur Papier, HdbVerfR, 612-614. 48 Zur sog. wirtschaftspolitischen Neutralität des GG etwa MD-Papier, RN 30 ffMaunz/Zippelius, § 281. Zur Rechtfertigung der "dezentralen" Zuordnung von Eigentumsgütern - einer solchen also, die der Privatautomomie die Verfügung über sie erlaubt - s. auch v.Zezschwitz, FS H.Ridder, 205 f., 209 f. 49 Bereits bei Breuer, Bodenordnung, 65 f., findet sich der Ansatz, Enteignung bzw. Eigentumsbindung aus den je "falltypischen Konfliktsituationen" heraus zu erkennen. - Um einem Mißverständnis vorzubeugen: Es geht im folgenden nicht um eine "Ökonomische Analyse des Rechts" in dem Sinne, wie sie seit 1961 in den USA entwickelt wurde (Calabresi, Coase, Posner, s. den Reader von Assmann/Kirchner/Schanze, ferner Schäfer/Ott, Teil I - ΙΠ). Es wird also nicht ge47

I. Der Hintergrund: Eigentum, Markt und Staat

69

4. Konflikte in drei MMarktkonstellationenM: Zwangskontrakt - Güterdefinition - Wirtschaftslenkung i.e.S.

Die erste Konstellation betrifft den sozusagen marktinternen Entzug von Gütern gegen den Willen des Eigentümers: Es muß sich um Güter handeln, die regulär nur auf dem Markt durch freiwilligen Tausch zu haben wären, bei denen also nur die freie, privatautonome Übereinkunft von Anbieter und Nachfrager den Rechtsgrund für den Verlust des Gutes abgeben könnte. Die Entziehung solcher Güter kann durch "schlicht faktische" Wegnahme oder gar durch Gewalt geschehen - was meist rechtswidrig sein wird (Diebstahl, Raub). Möglich ist aber auch, daß ein rechtlicher Zwang ausgeübt wird, und zwar derart, daß ein Nachfrager berechtigt ist, einem Anbieter den Abschluß eines Geschäftes abzunötigen, das er sonst nicht - oder nicht mit gerade diesem Nachfrager - abgeschlossen hätte, kurz: Der Entzug kann auf einem Kontrahierungszwang beruhen, auf einem "Zwangskontrakt ", der den Rechtsgrund für den Verlust des Eigentums abgibt (und übrigens nicht, sozusagen begriffsnotwendig, entgeltlich sein müßte50). In der zweiten Konfliktsituation geht es um die Definition der marktfähigen Güter durch den Marktveranstalter. Er kann etwa festlegen, welche Befugnisse aus dem Grundeigentum folgen (vgl. § 905 BGB) und welche nicht (§ la III WHG, § 3 II 2 BBergG, §§ 29 ff. BauGB). Er kann auch bestimmen, daß manche Güter von vornherein nicht gehandelt werden dürfen (z.B. Sklaven, Rauschgifte 51, in früheren Zeiten auch: Grundstücke52) und unter welchen fragt, ob eine konkrete Verteilung von "property rights"wirtschaftlich "richtig" ist, insbesondere unter dem Gesichtspunkt effizienter Ressourcenallokation. Vielmehr sollen eher umgekehrt gewisse wirtschaftliche Phänomene rechtlich qualifiziert werden, d.h. unter dem Aspekt, in welcher Weise bezüglich vermögenswerter Güter die Willkür des einen mit der Willkür des (oder der) anderen vereinigt werden kann (s. dazu Fezer, JuS 1991, 892 sub IV 1; allgemein zum Verhältnis der Property Rights zum verfassungsrechtlichen Eigentum Häberle, AöR 109 (1984), 36 ff.). - Die Rezeption der ökonomischen Analyse des Rechts steckt in Deutschland (unter Juristen) immer noch eher in den Anfängen (s. auch Lehmann, Bürgerliches Recht und Handelsrecht, Teil IV und V; vor allem Behrens, Die ökonomischen Grundlagen des Rechts); immerhin gibt es einen Beitrag speziell zu Fragen des Staatshaftungsrechts CMötsch, JZ 1986, 1082), und auch eine Untersuchung zur Begründung von Entschädigungspflichten bei Eigentumsbeeinträchtigung ist von der ökonomischen Analyse des Rechts beeinflußt (Sieckmann, Homo oeconomicus 1993, 461 ff.). Die praktischen Erträge jener Lehre haben jedoch Verbreitung vor allem in Grundfragen des Umweltrechts gefunden (Bender/Sparwasser, RN 83-97; Kloepfer, Umweltrecht, § 4 RN 190-203, 218-231). Kritisch zur ökonomischen Analyse des Rechts Fezer, a.a.O., 892-894. 50 Es gibt für eine "Zwangsschenkung" sogar ein Beispiel in der Rspr. des BVerfG: BVerfGE 31, 229 - Urheberrecht I/Schulbücher - (Sachverhalt s.u. II 1 b [1]). 51 Zur Diskussion um die Legalisierung "neuer Drogen" Adams, ZRP 1994, 109 ff. 52 Dazu ΜΌ-Papier, RN 25 f.; AK-GG -Rittstieg, RN 4 f. - Auch heute noch bestehen beispielsweise bezüglich land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke erhebliche "Handelsbeschränkungen" im Grundstücksverkehrsgesetz; s. dazu unten Π 2 b (4). Zur (verfassungsrechtlichen

70

§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

Umständen sie ihre Marktfähigkeit verlieren (seuchenbefallenes Vieh). Er kann schließlich sogar Güter, die bislang auf dem Markt waren, insgesamt der Gattung nach - dem Verkehr entziehen53, also etwa bestimmte Urheberrechte beseitigen. Die Güterdefinition wird im allgemeinen abstrakt-generell erfolgen; der Marktveranstalter kann sich aber durchaus vorbehalten, im Einzelfall zu entscheiden, ob ein Gut über diese oder jene "rechtliche Eigenschaft" - etwa Bebaubarkeit54 - verfügt. In jedem Fall muß eine Regelung, die man Güterdefinition nennen will, aber in ganz spezifischer Weise "objektiv" sein: Sie muß an das Eigentumsobjekt anknüpfen und insofern ohne Ansehen der Person gelten. (Das schließt nicht aus, daß dadurch gezielt bestimmte Personengruppen, nämlich die Anbieter oder die Nachfrager, bevorzugt oder benachteiligt werden können, Beispiel: Mietrecht 55.) Die dritte Konstellation schließlich soll hier Wirtschaftslenkung i.e.S. genannt werden, und gemeint sind damit sonstige Einflußnahmen des Marktveranstalters auf den Marktprozeß. Dazu zählt etwa die Geld-, Wirtschafts- und Finanzpolitik insgesamt, vor allem aber die Einflußnahme auf den Wettbewerb (innerhalb der Anbieter- oder Nachfragerseite): sei es durch die Öffnung oder Schließung des Marktes für Konkurrenten (z.B. durch Aufhebung oder Einfuhrung von Schutzzöllen56), durch die interne Förderung von Konkurrenz (Kartellrecht, GWB) bzw. ihre Verhinderung (Monopole57), sei es schließlich durch ein Sonderdeliktsrecht (UWG)58. Ganz besonders gehören auch Subventionen aller Art hierher, also die Begünstigung bestimmter Konkurrenten oder Gruppen von Konkurrenten auf dem Markt - sei es auf der Anbieterseite (z.B. Förderung des Mietwohnungsbaus) oder auf der Nachfragerseite (z.B. Wohngeld).

Entwicklung des Grundeigentums seit Beginn des 19. Jahrhunderts eingehend Rittstieg, JZ 1983, 161 ff. 53 In juristischer Sprache: Es können gewisse "Sachbereiche der Privatrechtsordnung entzogen werden" (BVerfGE 24, 367 [389]; s. auch die beiden anderen Hamburger Fälle BVerfGE 42, 20 [28 ff.] - Wegerecht - ; 45, 297 [339 f.] - U-Bahnbau - ; ferner BVerfGE 42, 263 [291, 298, auch 305] - Contergan - ; 58, 300 [339]). - Zu den res extra commercium im Römischen Recht Wieling, Sachenrecht I, § 2 II 1 a. 54 Zur sog. Baufreiheit einerseits AK-GG-Rittstieg, RN 92; andererseits Leisner, HdbStR, RN 104; ders., DVB1. 1992,1065 ff.; s. auch Böckenförde, Eigentum, 323, 325 ff., der den Terminus freilich vermeidet. - Inzwischen dürfte es h.M. sein, daß es eine "abstrakte" Baufreiheit nicht gibt (\M-Bryde, RN 14; s. auch Ehlers, VVDStRL 51 [1992], 217 f. sowie Breuer, Bodennutzung, 178 ff.). 55 Mit Recht krit. zum "Mietrecht des BVerfG" gerade aus wirtschaftspolitischen Gründen jetzt Roellecke, JZ 1995, 75 f. 56 BGHZ 45, 83 - Knäckebrot. 57 S. dazu auch unten III 2 b. 58 Dazu Reichold, AcP 193 (1993), 204 ff.

I. Der Hintergrund: Eigentum, Markt und Staat

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5. Die Bedeutung der Eigentumsgarantie in den drei "Marktkonstellationen"

Die Frage des Vertrauensschutzes des Eigentümers - und damit die Frage nach der Eigentumsgewährleistung - ist nun in allen drei Konstellationen sehr unterschiedlich zu beantworten. Das Vertrauen wird im allgemeinen dort den größten Schutz verdienen, wo ein Nachfrager das Gut des Eigentümers sozusagen bloß zufällig benötigt (es liegt nicht in der Natur eines Grundstücks, daß der Marktveranstalter gerade dort die Straße anlegen möchte), wo der Eigentümer also als einer unter vielen "Anbietern" herangezogen wird, während man den übrigen ihr Gut beläßt (das ist der richtige Ansatz der Sonderopfertheorie). In diesem Fall - d.h. in der ersten Konstellation - wird der Zugriff auf das Eigentum nur unter besonderen Voraussetzungen zu rechtfertigen sein und auch nur gegen Entschädigung. In der zweiten Konstellation hat der Vertrauensschutz (bzw. die Eigentumsgewährleistung) schon deshalb eine andere Dimension, weil eine gewisse Gleichbehandlung der betroffenen Anbieter "von vornherein" dadurch gewährleistet ist, daß die Regelung am Eigentumsoft/efe ansetzt: Die Güterdefinition ist generell, weil abstrakt (das ist der richtige Ansatz der Lehre von der Situationsgebundenheit). Infolgedessen wird man hier stets positiv feststellen müssen, inwieweit überhaupt schützenswertes Vertrauen des Eigentümers vorlag, sein Gut wirtschaftlich so zu verwerten, wie es nun, nach einem Definitionsakt des Marktveranstalters, nicht mehr möglich ist. Am geringsten ist der Vertrauensschutz des Eigentümers schließlich im Hinblick darauf, daß die Rahmenbedingungen seines Wirtschaftens erhalten bleiben, insbesondere eine günstige Marktsituation, die Freiheit von Konkurrenz und Abgaben oder gar eine Förderung; insofern nimmt er sozusagen am Gesamtrisiko des Gemeinwesens teil, das - unter Lenkung des Marktveranstalters - doch auch noch dem Schicksal ausgesetzt ist. In diesem Bereich darf er somit zwar gegen Maßnahmen des Marktveranstalters nicht völlig ungeschützt sein, insbesondere nicht reiner Willkür ausgeliefert werden aber genau genommen ist er dann nicht mehr in spezifischer Weise als Eigentümer geschützt. Juristisch drückt die Staatsrechtslehre das u.a. so aus: Bloße "Chancen" fallen nicht in den Schutzbereich des Art. 14 GG59. *

*

*

Natürlich kann es im Einzelfall Zweifel geben, ob ein bestimmter Konflikt zu dieser oder jener Konstellation gehört. Wie ist es etwa, wenn der Marktveranstalter alle Güter einer bestimmten Gattung zuerst zwangsweise "auf-

59

Die Formel erstmals in BVerfGE 28, 119 (142) - Spielbanken/'Tronc"

72

§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

kauft" und sie dann überhaupt nicht mehr zum Marktverkehr zuläßt60? Wie, wenn die Anbieter bestimmter Güter derart besteuert werden, daß sie gezwungen sind, die Ware vom Markt zu nehmen? Diese Zuordnungsschwierigkeiten gewinnen, juristisch betrachtet, ihre praktische Bedeutung dadurch, daß in den drei möglichen Konfliktsituationen die Beeinträchtigung des Eigentums jeweils unter spezifisch anderen Voraussetzungen zulässig ist: In der ersten Konstellation greift Art. 14 III GG ein, in der zweiten61 Art. 14 I 2, und in der dritten ist die Eigentumsgarantie überhaupt nicht berührt (wohl aber sind es u.U. andere Grundrechte, insbesondere die aus Art. 3 I und Art. 2 I GG). Damit ist nun der kritische Punkt der vorliegenden Untersuchung erreicht: Es muß versucht werden, die soeben entwickelten "Hintergrundvorstellungen" in juristisch handhabbare Begriffe umzusetzen. Weil diese noch nicht fest eingeführt sind, werden sich gewisse Wiederholungen und Überschneidungen nicht ganz vermeiden lassen.

Π. Definition der Begriffe "Enteignung" und "Inhalts- und Schrankenbestimmung" Im folgenden sei definiert: Enteignung als "Zwangskontrakt" (1), Inhaltsund Schrankenbestimmung als "Güterdefinition" (2); ergänzend sei die "Wirtschaftlenkung i.e.S." betrachtet, als eine dritte Art von Beeinträchtigung des Eigentums, die nicht den Tatbeständen des Art. 14 I 2 bzw. III GG unterfällt (3). Vorweg ist, als wichtigster Punkt, nochmals zu betonen, daß die Qualifizierung einer Maßnahme als Enteignung oder Inhalts- und Schrankenbestimmung nicht bereits die Frage präjudiziell, ob entschädigt werden muß oder nicht (s.o. § 1 II 2 b). Denn zwar müssen alle Enteignungen entschädigt werden, es ist aber nicht alles, was entschädigt werden muß, deshalb eine

60 Die Reihenfolge kann auch umgekehrt werden: BVerfGE 24, 367 - Hamburger Deichordnung - (s.o. § 1 II). 61 Hinsichtlich dieser Konstellation meint Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, 157, daß nur "Schrankennormen" es mit einer "Konfliktregelung" zu tun hätten, nicht aber auch die "Befugniszuteilung" durch "Inhaltsnormen" (welche er von den ersteren streng unterscheiden will, um die materielle Schutzfunktion der Eigentumsgarantie besser zu erfassen, a.a.O. 152). Demgegenüber weist etwa Posner, Recht und Ökonomie, 92, daraufhin, daß schon im simplen Fall des Schutzes gegen Diebstahl die Zuteilung von Eigentumsrechten einen "Wertkonflikt" entscheidet; klar und richtig auch Wey reuther, Situationsgebundenheit, 55: "Inhaltsneubestimmung ist Konfliktneuentscheidung."

II 1. Definition: Enteignung als Zwangskontrakt

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Enteignung. Oder m.a.W.: Es können nicht nur Enteignungen entschädigt werden.

1. Enteignung als Zwangskontrakt

Die folgende Definition des Begriffs Enteignung wird in einigen Punkten durchaus von den herkömmlichen Auffassungen abweichen62. (Freilich handelt es sich auch nicht um eine völlige Rückkehr zum "klassischen" Enteignungsbegriff des 19. Jahrhunderts63.) Nach Erläuterung der hier vorgeschlagenen Tatbestandsmerkmale (a) soll deshalb auch aufgelistet werden, was nicht zum hier vertretenen Enteignungsbegriff gehört (b). a) Die Tatbestandsmerkmale Enteignung ist ein (1) marktinternes (2) Zwangsgeschäft, ist die zwangsweise (3) Beschaffung einer Eigentumsposition aufgrund eines (4) Sonderzugriffsrechts auf der Nachfrageseite des Marktes. (Im Rahmen des Art. 12 GG entspräche dem die - gem. Abs. 2 verbotene - Zwangsarbeit64.) Im einzelnen: (1) Marktintern. - "Marktintern" bedeutet, daß der Enteignende bzw. der durch die Enteignung Begünstigte (beide müssen nicht identisch sein) sich prinzipiell in der Rolle des Marktteilnehmers befinden. Maßnahmen des Markt Veranstalters, also etwa solche der Gefahrenabwehr und Verbrechensbekämpfung (wenn man so will: Marktpolizei, Marktaufsicht) können daher von vornherein nicht Enteignung sein - auch nicht, wenn sie ein Eigentumsobjekt vollständig entziehen (s. bereits oben § 2 I 2 [6]). Kein Fall der Enteignung65 war daher BVerfGE 20, 351 - Tötung tollwutverdächtiger Hunde - : Der Kl. des Ausgangsverfahrens war Eigentümer zweier Schäferhunde, von denen einer mit einem tollwütigen Fuchs in Berührung gekommen war. Die Hunde wurden, nachdem anfangs mildere Mittel versucht worden waren, von der Polizei erschossen. Nach Landesrecht i.V.m. dem ViehseuchenG des Bundes war für die Fälle der Tötung tollwutverdächtiger Hunde eine Entschädigung ausgeschlossen.

62 63

Zu den Positionen, die der hier vertretenen Auffassung nahestehen, s. bereits oben § 2 II 6. Dazu bereits oben Einl. FN 18; zu den rechtstatsächlichen Hintergründen Grimm, Entwick-

lung. 64

65

Bierlein, Vorhabenzulassung, 193 FN 490. A.A. wohl nur Schwabe, FS W.Thieme, 260 f., 266.

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

Dasselbe gilt für die Einziehung der instrumenta et producta sceleris66. Keine Enteignung sind, weil Aufgabe des Marktveranstalters, auch Akte der Jurisdiktion unter den Marktteilnehmern - einschließlich des Zwangsvollstrekungsverfahrens 67; es handelt sich dabei also nicht etwa um eine "privatnützige Enteignung" oder "Enteignung zu Gunsten Privater". "Marktintern" bedeutet schließlich auch, daß das "Gut", auf das der Marktteilnehmer zugreift, regulär nur auf dem Markt zu haben ist. Das leitet über zum nächsten Kriterium. (2) Zwangsgeschäft. - Zwangsgeschäft bedeutet, daß dem Eigentümer bei der Enteignung sein Eigentumsobjekt gegen oder ohne seinen Willen entzogen wird, es findet also kein "freihändiger Erwerb" statt68. (Nach manchen Vorschriften muß ein solcher vor der Einleitung des Enteignungsverfahren ernsthaft versucht werden, s. z.B. § 87 II BauGB). Zwmgsgeschäft bedeutet, daß es sich um einen Vorgang handelt, der normalerweise privatautonom durch Rechtsgeschäft zu regeln ist, also nicht durch einseitigen Rechtsakt geregelt werden darf 69. Rechtsetzung auf der Ebene des objektiven Rechts, die eine ganze Gattung von Gütern betrifft - sei es, indem sie deren rechtliche Eigenschaften festlegt oder sie im Extremfall gar ganz vom Markt nimmt70 - ist daher keine Enteignung; das gilt auch, wenn dieses objektive Recht im Einzelfall - einseitig - vollzogen wird. (Dieses Kriterium überschneidet sich in gewisser Weise mit dem Kriterium "marktintern" und auch mit dem sogleich folgenden). 66

So BVerfGE 22, 387 (422) - G 131/NS-Täter - , freilich nur in einem obiter dictum; ebenso die allg.M. 67 Dazu BVerfGE 15, 219; 40, 294 und 42, 64 (derselbe Fall); 46, 325; 49, 220; 49, 252; 51, 150; 51, 405; auch 67, 80 (Konkursrecht, hinsichtlich Art. 14 GG unzulässig). In diesen Fällen ging es zumeist um den Schutz im Verfahren. Daß Art. 14 betroffen sei, wurde erstmals in BVerfGE 46, 325 (333) ausdrücklich festgestellt (s. aber vorher schon BVerfGE 42, 64 [84] Sondervotum Geiger - ). Daß das Zwangsvollstreckungsrecht eine Regelung i.S.d. Art. 1412 GG sei, konstatiert nur ein Sondervotum Böhmers (BVerfGE 49, 220 [232]); BVerfGE 51, 405 (408) qualifiziert § 6 I KO explizit als Inhalts- und Schrankenbestimmung. - Auch die wohl h.M. charakterisiert Maßnahmen der Zwangsvollstreckung nicht als Enteignung, so AK-GG -Rittstieg, RN 89, 188, 257; MD-Papier, RN 572; a.A. aber Richter/Schuppert, 323 f.; Schwabe, FS W.Thieme, 262 f., 266. 68 Eine Einigung schließt deshalb die Enteignung aus CEngelhardt, NVwZ 1994, 342). 69 BVerfGE 45, 297 (339) formuliert: "Im Wege der Enteignung können nur solche ... Rechte begründet werden, die einer privatrechtlichen Vereinbarung zugänglich sind. Das Enteignungsrecht ist kein Instrument zur Änderung der Privatrechtsordnung ..."; das Enteignungsrecht habe "die Aufgabe, die privatrechtliche Vereinbarung zu ersetzen, die zur Begründung eines nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch möglichen ... Rechts an einer Sache an sich erforderlich ist. " Ähnlich wie hier jetzt auch Kraft, BayVBl. 1994, 102. - Dasselbe dürfte gemeint sein, wenn von der "Überwindung" entgegenstehender Rechtspositionen die Rede ist (s.o. § 2 II 2). 70 BVerfGE 83, 201 - Bergrechtliches Vorkaufsrecht - ; s. bereits oben II 3.

II 1. Definition: Enteignung als Zwangskontrakt

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(3) zur Güterbeschaffung (Entzug, Übertragung, Bereicherung). - Fraglich ist, ob die Enteignung notwendig einen "Güterbeschaffungs Vorgang" voraussetzt. Diesen habe ich kürzlich durch dreierlei gekennzeichnet71: (1) Entzug einer Rechtsposition, (2) ihre Übertragung auf einen begünstigten neuen Träger, der sie (3) für ein konkretes Gemeinwohlprojekt benötigt; dabei sind "Entzug" und "Übertragimg" wirtschaftlich zu verstehen, meinen also im wesentlichen, daß durch den Wechsel der rechtlichen Zuordnung des Objekts ("Rechtsträgerwechsel"72) auf der einen Seite eine Entreicherung entsteht, die der anderen als Bereicherung zuwächst73, insbesondere dadurch, daß Nutzungen gezogen werden. Gegen diese Bestimmung spricht, außer der ausdrücklichen Ablehnung von "Übertragung" und "Güterbeschaffung" durch das BVerfG (s.o. § 2 I 2 [6]), freilich zweierlei: Erstens wird mit dem "konkreten Gemeinwohlprojekt" ein Zulässigkeits- oder besser Rechtmäßigkeitskriterium der Enteignung (vgl. Art. 14 III 1 GG) in ihren Tatbestand hineingenommen74. Zum anderen ist zu überlegen, warum irgendjemandes Bereicherung von Bedeutung sein soll, wenn den Eigentümer schon die Entreicherung allein hinreichend schmerzt. Warum sollte nicht auch die bloße Zerstörung einer Sache Enteignung sein? Warum nur das, was in strafrechtlicher Betrachtung Raub oder Diebstahl wäre, und nicht auch das, was nur Sachbeschädigung? Diese Bedenken haben Gewicht, greifen aber nur zum Teil durch. [1] Nicht: Gemeinwohl projekt. - Richtig ist zunächst, daß es nicht zum Tatbestand der Enteignung gehören darf, daß sie dem Gemeinwohl tatsächlich dient oder, nach der Absicht des Enteignenden (das wäre dann ein subjektives Tatbestandsmerkmal), dienen soll. Andernfalls wären gerade die schlimmsten Fälle, etwa die Beschaffung einer Villa zu Wohnzwecken eines habgierigen Herrschers, keine Enteignung, unterstünden folglich nicht den strengen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des Art. 14 III GG. Die Enteignung mag zwar "typischerweise" für die Realisierung konkreter Gemeinwohlprojekte verwendet werden; sie kann aber auch zu ganz anderen Zwekken und aus ganz anderen Motiven erfolgen. [2] Wohl aber: Güterbeschaffungsvorgang. - Nicht verzichtet werden kann freilich auf das Kriterium des "konkreten Projekts", zu dessen Gunsten die 71

Lege, NJW 1993, 2567. So AK-GG-Rittstieg, RN 185, 187; krit. dazu jüngst wieder Schwabe, FS W.Thieme, 258 f. 73 AK-GG -Rittstieg, RN 186, spricht von der Identität des erlöschenden und des neu entstehenden Rechts; dagegen Schwabe, FS W.Thieme, 258 f. 74 So Schwabe, FS W.Thieme, 261 f.; das ist auch der schlagende Einwand gegen den Vorschlag von Schulte, Öffenüiches Interesse, 98-101, die "Enteignung" von "privaten Eingriffsrechten" (im Nachbarrecht) dadurch abzugrenzen, daß jene einem "konkreten", diese einem "abstrakten öffentlichen Interesse" dienten. 72

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

Übertragung des entzogenen Eigentumsobjektes erfolgt und das - bzw. dessen Träger - durch die Übertragung bereichert wird (Güterbeschaffungsvorgang). Dieses Kriterium bleibt notwendig, um die Enteignung von einigen Arten "sonstiger Entziehung"75 des Eigentums zu unterscheiden, genauer gesagt: in einer, aber der wichtigsten von vier Fallgruppen. [a] "Fortdefinition" eines Gutes und Gefahrenabwehr. - Zunächst ist freilich zuzugeben, daß das Merkmal der "Übertragung" des Eigentumsobjektes in zwei Fallgruppen "sonstiger Entziehung" nicht unbedingt als erforderlich erscheint, um diese von der Enteignung abzugrenzen: nämlich im Fall der Entziehung aufgrund "Fortdefinition" eines Gutes vom Markt überhaupt sowie im Fall der Entziehung - bis hin zur Zerstörung - durch Maßnahmen der Gefahrenabwehr (sie erfolge privat [§ 228 BGB76] oder durch die "Marktpolizei"). Gegenüber diesen Phänomenen könnte nämlich bereits das hier neu vorgeschlagene Kriterium "marktintern" genügend Abgrenzungskraft haben: Enteignung wäre dann zwar "Entzug und nur Entzug" (nicht auch Übertragung), aber doch nur ein marktinterner Entzug von Eigentum, das hieße: ein Vorgang, der seinen Rechtsgrund, weil marktintern, normalerweise nur in einem Rechtsgeschäft finden könnte (einem freiwilligen Kontrakt, einer privatautonom gestalteten Übereinkunft), nicht in einer einseitigen Regelungsbefugnis. Maßnahmen der Güterdefinition oder Gefahrenabwehr, deren Ziel nicht ein Tausch(-geschäft) ist, bedürfen einer solch rechtsgeschäftlichen Rechtfertigung aber gerade nicht. (Fragte man nach dem Warum, würde sich die Antwort aufdrängen: gerade weil keine Vermögensverschiebung, keine Übertragung, kein Zwangstausch, keine marktinterne 77 Bereicherung stattfindet.) [b] Nutzungsverbote. - Das Kriterium "marktintern" allein dürfte freilich in der praktisch bedeutsamsten Fallgestaltung versagen, nämlich beim "Entzug" von Nutzungen/Nutzungsmöglichkeiten, etwa zugunsten des Natur- oder

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Zur Unschärfe des Begriffs "Entziehung" bereits oben § 2 I 2 (2), II 1. Aufgaben der "Marktaufsicht" oder "Marktpolizei" können nach hier vertretener Ansicht also durchaus, insb. für den Notfall, Privaten übertragen werden (s. auch unten 2 b [3]). 77 Auch bei der "Fortdefinition" eines Gutes vom Markt kann es zwar u.U. zu einer Bereicherung anderer kommen, wenn das "Gut" in einem Anspruch gegen sie bestand. So waren etwa im Fall BVerfGE 83, 201 - Vorkaufsrecht - die Drittkäufer durch den Wegfall des gegen sie gerichteten Anspruchs bereichert (Kollusion; für den Einwand danke ich Herrn Vors. Richter am BGH Dr. Günter Krohn). Diese Bereicherung beruht aber eben nicht auf einem marktinternen Sonderzugriff - dazu sogleich unter (4) - , sondern auf einer Umgestaltung des gesamten Marktes (dazu auch unten 2 a [3]). Um eine Enteignung hätte es sich im Fall BVerfGE 83,201 nur gehandelt, wenn die Aufhebung des (subjektiven) Vorkaufsrechts zu Gunsten eines einzelnen Drittkäufers erfolgt wäre - konkret etwa mit dem Ziel, den Wanderweg zu erhalten, den die Stadt Recklinghausen auf den Grundstücken der ehemaligen Zechenbahn angelegt hatte. 76

II 1. Definition: Enteignung als Zwangskontrakt

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Denkmalschutzes, durch schlichtes Verbot. Hier könnte man sich natürlich auf den Standpunkt stellen, dies sei selbstverständlich kein "marktinterner" Vorgang, sondern, als konkrete Güterdefinition, ein Vorrecht des Marktveranstalters. Dabei würde aber übersehen, daß auch ein Privater dem Eigentümer die Nutzung verbieten könnte - wenn er ihm das Recht dazu, z.B. in Gestalt einer Dienstbarkeit (s. § 1018 2. Var. BGB), vorher "abgekauft" hat78. Damit aber stellt sich die entscheidende Frage: Muß der Staat dem Eigentümer die verbotene Nutzung "marktintern abkaufen" (dann Enteignung) oder nicht (dann Inhalts- und Schrankenbestimmung)? Will man diese Frage nun nicht - wegen der bekannten Schwierigkeiten - letztlich doch wieder mit Hilfe der Schwellentheorien (Intensität, Schwere) entscheiden, bleibt nur übrig, die Übertragung der "entzogenen" Nutzung79 auf einen anderen, der sie an Eigentümers Statt verwertet, sowie dessen Bereicherung durch sie für entscheidend zu halten. M.a.W: Die Nutzung muß nur dann "abgekauft" werden, wenn sie selbst (d.h. ihre Realisierung für ein konkretes Unternehmen) - und nicht etwa bloß ihre Unterlassung das "Objekt" des Zwangskontraktes ist. Daß nur diese Fälle Enteignung und deshalb stets zu entschädigen sind, hätte seinen sachlich einleuchtenden Grund denn auch gerade in der Vermögensverschiebung. Wohl nicht unbedingt erforderlich, aber doch nützlich zur Abgrenzung der Enteignung ist das Kriterium der "Übertragung auf ein konkretes Projekt zu dessen Bereicherung" schließlich in einer vierten Fallgruppe "sonstiger Entziehung", die, weil weiterführend, einer besonders differenzierten Betrachtung bedarf: [c] Problematisch: "bloße" Beschädigung und Zerstörung. - Es wurde oben pauschal eingewendet (vor [1]), warum nicht auch die bloße Beschädigung oder gar Zerstörung des Eigentums (außer in den Fällen der Gefahrenabwehr) Enteignung sein sollte: Ein Beamter wirft mutwillig eine Fensterscheibe ein; Vandalen zerstören einen sichergestellten Pkw80; durch ein Manöver werden Äcker und Wälder zerstört; ein Schützenpanzer rammt obendrein ungewollt ein Gasthaus, Schießübungen setzen ungewollt ein Waldstück in Brand81. Auf den Einwand ist zu erwidern: [aa] Beschädigung kann Enteignung sein. - Erstens kann die Beschädigung oder Zerstörung des Eigentums (im folgenden sei abkürzend nur noch 78 Darauf weist hin: Schwabe, FS W.Thieme, 258, 263; ausführlicher zu diesem Gedanken unten 2 a. 79 Um es zu wiederholen: Auf die Rechtsform des Entzugs und der Übertragung darf es natürlich nicht ankommen, s. eingangs vor [1]; s. auch bereits M. Wolff, Festgabe W.Kahl, IV 25 ff. 80 BGHZ 100, 335. 81 BGH, NJW 1964, 104; BGHZ 37, 44.

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

von Beschädigung die Rede) durchaus einmal eine Enteignung darstellen. Denn das Recht, die Sache zu beschädigen, hat - wenn überhaupt82 - nur der Eigentümer, und weil dieses Recht ihm "marktintern" abgekauft werden müßte, ist derjenige, der es zwangsweise "entzieht", indem er die Sache beschädigt, auch durchaus "bereichert". Voraussetzung für die Enteignung muß jedoch sein, daß diese Entziehung, als ein marktinternes Zwangsgeschäft, gewissermaßen mit "Kaufabsicht" geschieht (zur Rechtfertigung dieser These s.u. [cc]). Das bedeutet zweierlei: Zum einen muß der Enteignende die "Absicht" haben, das Eigentumsobjekt zu beschädigen, genauer: Er muß es vorsätzlich oder jedenfalls bewußt fahrlässig83 beschädigen (die h.M. spricht insoweit von "gezielt"84) - man denke an vorhersehbare, in Kauf genommene Manöverschäden85. Keine Enteignungen sind deshalb die unvorsätzlichen Beschädigungen oder Zerstörungen des Eigentums (Panzer im Gasthaus, mißlungene Schießübung): Es handelt sich nicht um Zwangsgeschäfte, sondern um Unfälle 86. Zudem kommt es auch nicht zu einer Übertragung des zerstörten Objekts auf den Schädiger zu dessen Bereicherung. Zum andern muß der Enteignende die Absicht haben, das Recht zur Beschädigung87 gewissermaßen zu "kaufen", d.h. mit Rechtsgrund zu erwerben - sei es mittels privatautonomer Einigung oder aber zwangsweise unter Berufung auf ein besseres Recht. (Ob dieses Recht tatsächlich besteht, ist eine zweite Frage, s.u. 1 b [3]). Enteignung setzt also, wie sogleich näher zu zeigen ist, die Behauptung eines Sonderrechts voraus. Keine Enteignung liegt

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Zu der Formel "ius utendi et abutendi" Hecker, Sachherrschaft, 99 ff.; s. auch Leisner, BB 1992, 79. 83 Ob es "bewußte Fahrlässigkeit" überhaupt gibt oder ob diese nicht eine contradictio in adiecto ist, muß hier nicht entschieden werden (s. nur Samson, in: Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch Bd. I, Anh zu § 16 RN 2; Cramer , in: Schönke-Schröder, § 15 RN 203). 84 S. nur Maurer, AllgVerwR, § 26 RN 49. 85 Siehe § 77 BLG. - Um ein noch plakativeres Beispiel zu bilden: Ein korruptes Regime beschlagnahmt Kraftfahrzeuge, nur um sie sinnlos zu zerstören - das muß Enteignung sein. 86 Für die Haftung in diesen Fällen verwendet Schmitt-Kammler den treffenden Begriff "Unfallhaftung" (FS E.Wolf, 602 f., 614 f.; NJW 1990, 2519 f.); der Begriff freilich auch schon bei Leisner, WDStRL 20 (1963), 236, 244 f. 87 Das "Recht zur Zerstörung" ist also bei genauer Betrachtung das "Eigentumsobjekt", das zwangsweise entzogen und auf den Begünstigten zu dessen Bereicherung übertragen wird. Die "Zerstörung des Eigentumsobjekts (i.S.d. dinglichen Substrats)" ist hingegen als solche nicht bereits Enteignung. Folglich sind auch Schäden durch wildlebende Tiere - etwa Kormorane - , die der Eigentümer kraft Naturschutzrechts zu dulden hat, nicht Enteignung, sondern Folge einer Schrankenbestimmung (so auch Heidenreich/Tausch, NuR 1992, 214). Eine andere Frage ist, ob der Gesetzgeber hier nicht Ausgleichsansprüche vorsehen müßte (abl. Heidenreich/Tausch, m.E. zumindest fur Härtefälle zu bejahen).

II 1. Definition: Enteignung als Zwangskontrakt

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demnach vor, wenn eine (vorsätzliche) Zerstörung oder Beschädigung eigenmächtig erfolgt - wie im Fall der mutwillig eingeworfenen Fensterscheibe oder der "Vandalen": Eigennlacht ist kein Zwangsgeschäft, sondern bloßer Zwang, ist nicht erzwungenes Rechtsgeschäft, sondern Rechtsbruch. (Nur auf diese Fälle sollte man daher auch die Rede von der "Durchbrechung" der Eigentumsordnung anwenden88; auf die Enteignung paßt eher das Bild von deren "Übertrumpfen" 89.) [bb] Aber: Delikt keine Enteignung. - Aus all dem läßt sich, zweitens, verallgemeinernd schließen: Die Gesetze, die den Nicht-Eigentümern grundsätzlich die Beschädigung, Zerstörung oder auch Wegnahme fremden Eigentums verbieten und einen Verstoß ggf. sanktionieren - also insb. das Strafrecht (§§ 242 ff., 249 ff., 303 ff. StGB) und das Deliktsrecht (§§ 823 ff. mit insb. auch § 839 BGB) - sind Inhalts- und Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14 I 2 GG. Sie legen die Pflichten der Nicht-Eigentümer im Hinblick auf fremdes Eigentum fest (s.o. § 2 I 1 [4]), und zwar gewissermaßen als Spiegelbild des (Ausschließungs-)Rechts90 der Eigentümer. Der Verstoß gegen diese Pflichten ist Unrecht und zieht ggf. Schadensersatzpflichten nach sich, die - wiederum spiegelbildlich - als Recht zum Inhalt des Eigentums gehören. Umecht aber ist, selbst wenn es zu Bereicherungen führt, keine Enteignung - was nicht ausschließt, daß es rechtswidrige Enteignungen geben kann (s.u. 1 b [3]). [cc] Man könnte zum Abschluß erwägen (s. eingangs unter [aa]), ob der Ausschluß der eigenmächtigen und der ungewollten Beschädigungen/Zerstörungen aus dem Begriff der Enteignung nicht zu unerträglichen Folgen führt. Das ist jedoch zu verneinen: Die praktische Folge der Qualifizierung als Enteignung wäre eine verschuldensunabhängige Entschädigungspflicht (Art. 14 III 2 GG) - also eine Privilegierung gegenüber dem normalen Deliktsrecht. Diese Privilegierung ist bei der Enteignung auch gerechtfertigt - und zwar deshalb, weil es sich gerade nicht um die Haftung für Unrecht handelt, sondern um den Ausgleich einer Bereicherung. Fehlt es an der Bereicherung - wie im Fall unvorsätzlicher Beschädigung - , so fehlt auch der Grund für eine haftungsrechtliche Privilegierung. Im Fall vorsätzlich-deliktischer Beschädigung hingegen fehlt es schon am Bedürfnis für sie (weil Verschulden definitionsgemäß vorliegt). [3] Um noch einmal zusammenzufassen: Enteignung ist ein Güterbeschaffungsvorgang - das ist wichtig für die Abgrenzung gegenüber bloßen (Nut88

Zu dieser Formel s.o. § 2 II 2. Zur Deutung von Rechten als Trümpfen, wie sie der amerikanische Rechtstheoretiker Dworkin vornimmt, s. Bittner, Recht als interpretative Praxis, 94 ff. 90 Zur Exklusivität als wesenüiches Kennzeichen von Eigentumsrechten z.B. Leisner, HdbStR, RN 8; Sieckmann, Homo oeconomicus 1993, 463. 89

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

zungs-)Verboten, insb. im Natur- und Denkmalschutzrecht. Es ist aber nicht jeder Güterbeschaffungsvorgang - man denke an Raub oder Diebstahl Enteignung. Damit zum nächsten, wohl entscheidenden Kriterium der Enteignung (es ist bereits angeklungen):

(4) aufgrund (behaupteten) Sonderzugriffsrechts zu Gunsten einzelner Nac frager. - Nach hier vertretener Auffassung ist die Enteignung dadurch gekennzeichnet, daß der Begünstigte ("Nachfrager") den Eigentümer ("Anbieter") durch rechtlichen Zwang zum Verkauf seines Eigentumsobjekts nötigen kann (oben I 4, II 1 a [3 (2c aa a.E.)]) - wobei es eine zweite Frage ist, ob dieser Zwang rechtmäßig oder rechtswidrig ausgeübt wird. Kurz: Die Enteignung erfolgt aufgrund eines behaupteten Sonderzugriffsrechts 91 auf der Nachfrageseite des Marktes. Dieses letzte Merkmal enthält in gewisser Weise die Quintessenz aller bisherigen Überlegungen: Liest man nämlich in den "Nachfrager" das Tatbestandsmerkmal "marktintern" sowie die "Bereicherungsabsicht" bereits hinein, dann könnte man die Enteignung am allerkürzesten als "Zwangszugriff eines Nachfragers aufgrund behaupteten Sonderrechts" b 92 zeichnen . Von der Enteignung zu unterscheiden sind somit Zwangsrechte eines Anbieters, also ein Kontrahierungszwang, der zum Erwerb bestimmter Güter ("Rechtspositionen") verpflichtet. Diese Fallgestaltung ist einem freiheitlichmarktwirtschaftlichen System weitgehend fremd - prägnantes Beispiel wäre

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Ähnlich ehemals das preußische ALR I 11 : § 3: "Der Eigenthümer einer Sache kann zum Verkauf derselben wider seinen Willen nur alsdann gezwungen werden, wenn ein Dritter ein besonderes Recht zu deren Ankaufe durch ausdrückliche Gesetze, Verträge, oder den Eigenthümer verpflichtende letztwillige Anordnungen erlangt hat" (Hervorh. d. Verf). § 4: "Auch der Staat ist Jemanden zum Verkaufe seiner Sache zu zwingen nur alsdann berechtigt, wenn es zum Wohl des gemeinen Wesens nothwendig ist. " Als lex specialis dieser Regelung wurde nach allgemeiner Ansicht insb. das Gesetz über die Enteignung von Grundeigentum vom 11.6.1874 (GS 221) angesehen. Klar unterschieden wurde davon die Ausnahme gewisser Sachen vom allgemeinen Verkehr, siehe a.a.O. den § 28: "Alle Sachen, die dem freien Verkehr nicht entzogen sind, können Gegenstand der Kaufhandlung sein. (Tit. 4 § 14-19)" (Hervorh. d.Verf.). Aus § 29 ging sodann hervor, daß der Entzug aus dem Verkehr auch nachträglich erfolgen konnte. Die Entziehung aus dem freien (Privat-)Rechtsverkehr (dazu bereits oben I 4) wird in der vorliegenden Untersuchung "Inhaltsbestimmung auf Null" genannt werden (III 2 a mit weiterem ALR-Zitat in FN 237). 92 Dasselbe scheint mir gemeint zu sein, wenn die Rspr. und manche Stimmen im Schrifttum von "Überwindung" entgegenstehender Positionen oder "Durchbrechung" der Eigentumsordnung sprechen; s. dazu oben § 2 II 2. Es ist vielleicht kein Zufall, daß Ehlers in diesem Zusammenhang "vornehmlich" an die "Aufhebung rechtsgeschäftlich eingeräumter vermögenswerter Rechte des öffentlichen Rechts" denkt (WDStRL 51 [1992], 238, Hervorh. d.Verf.).

1. Definition: Enteignung als Zwangskontrakt

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das Recht auf Arbeit 93 - , kommt aber auch hier vor 94 , allerdings wohl nur in Verbindung mit Anbietermonopolen: Beispiele sind der Anschluß- und Benutzungszwang, das Erschließungs(beitrags)recht oder öffentlichrechtliche Zwangsversicherungen (zu denen auch die Sozialversicherung gehört).

In diesen Fällen ist der Erwerbszwang (oder Zwangserwerb) als solcher keine Enteignung95 (s. auch unten III 2 b). Insbesondere im Fall der Sozialversicherung ist freilich zu überlegen, ob nicht dann, wenn einmal erworbene Rechte durch den ursprünglichen Anbieter wieder entzogen werden - sei es ganz oder teilweise (salopp: wenn die Renten gekappt werden) - , ob dann nicht doch eine (Legislativ-) Enteignung vorliegen könnte96. (Daß jedenfalls "Eigentum" i.S.d. Art. 14 GG betroffen ist, dürfte mittlerweile, mit gewissen Einschränkungen, anerkannt sein97). Wollte man hier auf die Kriterien der Schwellentheorien rekurrieren, müßte man wohl mindestens die vollständige Entziehung einer sozialversicherungsrechtlichen Position als Enteignung betrachten; warum ist dann aber nicht die Kürzung der Leistung TWfenteignung? Die Antwort auf diese Frage sei dem Abschnitt "hard cases" überlassen (unten III 2 c). Unproblematisch keine Enteignung, weil Zwangsrecht eines Anbieters (nicht Nachfragers), liegt im Falle des sog. Übernahmeanspruchs vor, den viele Natur- und Denkmalschutzgesetze vorsehen98. Aufgrund dieses Anspruchs kann der Eigentümer z.B. eines Grundstücks, wenn ihn die inhaltsund schrankenbestimmenden Maßnahmen des Gesetzes (oder seines Vollzuges) hart und unzumutbar treffen, verlangen, daß die öffentliche Hand sein Eigentumsobjekt gegen Entschädigung übernimmt (zumindest mißverständlich neuerdings sog. "Enteignung mit vertauschten Rollen"99). Denn in diesem Falle zwingt der Eigentümer, als Anbieter, die öffentliche Hand, als Nach-

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Ein solches ist grundrechtlich nicht gewährleistet, s. nur Breuer, HdbStR VI, § 147 RN 10. Ein Beispiel, in dem Private dem Staat gegenüber ein Zwangsverkaufsrecht hatten, bietet BVerfGE 45, 142 - Getreidehandel/EWG-Intervention. - Kurios OLG Oldenburg, NVwZ 1994, 1040: Versuch der Bundesrepublik, einen Bürger mit Hilfe des Enteignungsrechts zum Erwerb des Miteigentumsanteils an einem Weg zu zwingen. 95 Eine andere Frage ist, ob durch ihn andere Eigentumsrechte verletzt sein können (zum Anschluß- und Benutzungszwang: BK-Kimmimch, RN 271-275; \M-Bryde, RN 20). 96 So die Argumentation der Beschwerdeführer in BVerfGE 58, 81 (93); auch Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 236 FN 131, würde eine Enteignung bejahen. 97 Seit BVerfGE 53, 257 (289 ff.) wohl ganz h.M. 98 So z.B. Art. 36 II BayNatSchG (dazu BVerwGE 94, 1 - Herrschinger Moos -); § 37 III SaarlNatSchG (dazu BGHZ 121, 328); § 31 NRWDenkmalSchG (dazu BGHZ 121, 73 - Bodendenkmal c.u.t.). 99 So der BGH-Richter Rinne, DVB1. 1994, 24. 94

6 Lege

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

fragerin, zum "Kauf" seines Eigentumsobjekts. Wirtschaftlich betrachtet mag dieser Vorgang zwar einer Enteignung gleichen, und es mag insbesondere Entschädigung nach dem Verkehrswert zu zahlen sein. Rechtlich betrachtet, d.h. unter dem Gesichtspunkt der Freiheit 100, besteht aber ein großer Unterschied in der Frage, wer wen zwingen darf. b) Was nicht (notwendig) zum Enteignungsbegriff gehört Im allgemeinen werden zum Begriff der Enteignung eine Reihe von Merkmalen gezählt, die bei näherer Betrachtung nicht notwendig zu ihm gehören. (1) Hoheitlicher Zugriff. - Es ist letztlich, außer der Gewohnheit, kein sachlicher Grund dafür ei sichtlich, daß nur ein hoheitlicher Zwangszugriff auf das Eigentum "Enteignung" sein kann, sondern es sind auch "Enteignungen durch Private" möglich101. (Davon zu unterscheiden ist die Enteignung zugunsten Privater 102.) Sie liegen vor, wenn sich jemand aufgrund Sonderrechts das Eigentumsobjekt eines anderen beschaffen darf. Keine Enteignung sind daher zwar solche Fälle, in denen es an einem hoheitlich eingeräumten Sonderzugriffsrec/tf des Privaten fehlt; diese sind schlicht rechtswidrig 103 oder gar kriminell. (M.a.W.: Delikte sind keine Enteignung104.) Es gab aber auch Fälle, in denen ein solches Sonderzugriffsrecht auf der Nachfragerseite legal bestanden hatte, so etwa in

100

Vgl. Kant, MdS, Einl. Rechtslehre, §§ B, C; s. auch Albert, Rationale Praxis, 138 ff. A.A. - gerade auch im Hinblick auf die sogleich zu erörternden Fälle - Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, 335, der dann freilich eine "sozialpflichtüberschreitende Schrankenziehung" erfinden muß (339, 343 f.), die zwar nicht Enteignung ist, aber doch entschädigungspflichtig (ebd.) obwohl entschädigungspflichtig grundsätzlich nur Enteignungen sind (329). Kurz: Es wird eine Kategorie eingeführt, die es eigentlich nicht geben darf, um ein Ergebnis zu erreichen, das es sonst nicht geben kann (krit. insoweit auch Schwabe, Staat 27 [1985], 102). - Zweifelhaft ist auch, ob es "eine privatrechtliche Enteignung nicht gibt und auch nie gegeben hat" (a.a.O., 335); zumindest ALR I 11 §§ 3, 4 sah Zwangskäufe nicht nur durch den Staat, sondern auch durch "Dritte" vor. - Das Problem der Enteignung durch Private hat erstmals Schwabe, Drittwirkung, 118 ff., ausführlich diskutiert, jedoch nicht lösen können, weil er die Enteignung durch die Intensität des Eingriffs definiert (123, 129); s. auch bereits oben § 1 V FN 69. 102 Umfassend dazu Schmidbauer, Enteignung zugunsten Privater; klassischer Fall: BVerfGE 74, 264 - Teststrecke Boxberg - (dazu Gerhardt, FS W. Zeidler, 1663 ff.; Grämlich, DÖV 1987, 596 f.; Papier, JZ 1987, 619 ff.; Schmidt-Aßmann, NJW 1987, 1587 ff.; zum vorangegangenen BVerwG-Urteil v.Brünneck, NVwZ 1986, 425 ff.; Grämlich, JZ 1986, 269 ff.). 103 Das gilt auch dann, wenn der Eingreifende selbst oder ein Dritter durch die unerlaubte Handlung Eigentum erwirbt, etwa nach §§ 932, 946 ff. BGB (zu letzterem sehr instruktiv, gerade unter dem Enteignungsaspekt, Marotzke, ZIP 1993, 885 f.); s. auch Schulze-Osterloh, Eigentumsopferentschädigung, 30 f., 293. 104 S.o. 1 a (3 [2 c bb]). 101

II 1. Definition: Enteignung als Zwangskontrakt

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BVerfGE 31, 229 - Urheberrecht I/Schulbücher - : Nach § 15 I UrhG von 1965 stand dem Urheber das ausschließliche Recht zu, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten. Gemäß § 46 I mußte er jedoch die Vervielfältigung und Verbreitung seines Werkes in Sammlungen dulden, die für den Kirchen-, Schuloder Unterrichtsgebrauch bestimmt waren. Er konnte dies allenfalls verbieten, wenn das Werk seiner Überzeugung nicht mehr entsprach (§ 46 IV UrhG). Ein Vergütungsanspruch stand ihm nicht zu. Dieser Ausschluß der Vergütung war auf Betreiben der Länder durch den Bundesrat durchgesetzt worden; man argumentierte u.a., der Urheber müsse "als Dank für das überkommene Kulturgut" mit der unentgeltlichen Weitergabe seines Werkes einverstanden sein.

Das BVerfG qualifizierte diese "Zwangsschenkung" an die Verleger von Schulbüchern und ähnlichen Sammelwerken als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums, die allerdings nicht ohne Entschädigung hingenommen werden müsse (!), so daß der Ausschluß der Vergütung verfassungswidrig war 105. In Wahrheit handelte es sich hingegen um die Ermächtigung einiger Privater, sich auf dem Markt bestimmte "Güter" auch ohne Zustimmung des Eigentümers zwangsweise zu beschaffen und sie zur eigenen Bereicherung zu nutzen106 - mithin um eine Enteignung. (Das BVerfG entschied sich wohl deshalb für Inhalts- und Schrankenbestimmung, weil das UrhG Privatrecht ist. 107 ) Zumindest einige Fälle der "Enteignung durch Private" gibt es noch heute, nämlich im Umwandlungsgesetz; dieses war bereits Gegenstand von BVerfGE 14, 263 - Feldmühle - : § 15 des UmwandlungsG ließ es zu, das Vermögen einer Aktiengesellschaft insgesamt auf den Hauptgesellschafter zu übertragen, wenn dieser mehr als 3/4 des Grundkapitals in Händen hielt. M.a.W.: Die Minderheitsaktionäre konnten - gegen "angemessene" Abfindung (§ 12) herausgedrängt werden, wobei ihr Anteil an der Substanz der Gesellschaft dem Hauptgesellschafter zuwuchs (dazu S. 276, 285). Im Falle der Papierwerke Feldmühle AG hatten zwei Großaktionäre ihre Anteile von insgesamt 79 % in eine neu gegründete AG eingebracht; auf diese AG wurde nun die Feldmühle AG "umgewandelt", d.h. ihr Vermögen wurde auf jene übertragen. Den Minderheitsaktionären wurde eine Abfindung von 770 % angeboten; der Börsenkurs der Aktien betrug damals 840%.

Diese Regelung des UmwG enthält - entgegen dem BVerfG und der wohl allgemeinen Meinung - nicht eine Inhalts- und Schrankenbestimmung, weil sie (wie man argumentieren könnte) die Rechte aus der Aktie "von vornher105

BVerfGE 31, 229 (240, 243). S. BVerfGE 31, 229 (241, auch 246). - Ebenfalls um Enteignung würde es sich nach hier vertretener Auffassung daher in dem von Schwabe, Drittwirkung, 129, ersonnenen Beispiel der Grundstücksbelastung zugunsten weidender Reitpferde handeln - ungeachtet der rechtlichen Konstruktion. 107 Dazu auch Schwabe, JZ 1983, 275. 106

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

ein" festlegte. Eine solche Festlegung "von vornherein" müßte nämlich nach der hier vertretenen Meinung an eine Eigenschaft des Eigentumsobjekts anknüpfen, nicht an die Eigenschaft eines Nachfragers nach dem Gut (s.o. § 2 I 1 [4] und unten § 3 II 2 b [3]). So aber liegt es hier: Das UmwG verschafft bestimmten Nachfragern (den Mehrheitsaktionären) ein Zwangszugriffsrecht - ermächtigt sie also dazu, die Mitgesellschafter zu enteignen. Es liegt hingegen nicht "objekt-bezogen" im "Wesen" der Aktie, enteignet werden zu können. "Enteignungen durch Private" richten sich, was ihre Rechtfertigung angeht, nach Art. 14 III GG; sie sind also "nur zum Wohl der Allgemeinheit zulässig". Dienen sie allein dem privaten Nutzen des Enteignenden108 - wie im Fall der gesellschaftsrechtlichen Umwandlung109 - so sind sie verfassungswidrig. Dienen sie jedenfalls auch dem Gemeinwohl - wie im Fall "Urheberrecht I/Schulbücher" - so sind sie dennoch nur gegen Entschädigung zulässig110. (2) Rechtsakt. - Ebenfalls ist nicht ersichtlich, warum nicht auch durch Realakte soll enteignet werden können111 - wenn nur, unter Berufung auf Sonderrecht, "faktisch" ein Eigentumsobjekt entzogen und einem Begünstigten zu dessen Bereicherung übertragen wird. Fehlt eine gesetzliche Grundlage, könnte man sogar von einer "Enteignung ohne Gesetz" sprechen; dazu als Beispiel BGH, NJW 1984, 1878: Für den Autobahnbau wurde aus einem Grundstück, über das die Trasse lief, Kies entnommen und in den Straßenkörper eingebaut. Der BGH entschädigte aus enteignungsgleichem Eingriff 112.

Geschieht die "faktische Enteignung" durch die öffentliche Gewalt, so liegt darin zugleich immer die Inanspruchnahme eines Sonderzugriffsrechts. Be-

108 Verfolgt dieser darüberhinaus ein Projekt, das dem Gemeinwohl mittelbar zu Gute kommt (Stichwort: Arbeitsplätze), so muß die Erreichung dieses Zweckes in besonderer Weise gesichert werden, s. BVerfGE 74, 264 (286 ff.) - Boxberg - . 109 A.A. BVerfGE 14, 263 (282): "Der Gesetzgeber konnte es aus gewichtigen Gründen des gemeinen Wohls für angebracht halten, den Schutz des Eigentums der Minderheitsaktionäre hinter den Interessen der Allgemeinheit [!?] an einer freien Entfaltung der unternehmerischen Initiative im Konzern zurücktreten zu lassen. " 110 Auch im Fall BVerfGE 31, 270 - Urheberrecht IV/Schulfunk - könnte man überlegen, ob nicht eine Enteignung vorlag (Sonderzugriffsrecht der Schulen zum Aufnehmen von Schulfunksendungen); jedoch hätte hier eine Entschädigungsregelung bestanden (Vergütung für die Aufnahme des Werkes in die Sendung). 111 Die wohl allg.M. schließt das ohne Begründung aus, s. etwa Jarass/Pieroth, RN 52; Schunck/DeClerck, 211 ; zur "faktischen Enteignung" zählt BK-Kimminich den Fall BGHZ 87, 321 - Schießübungen der belgischen Armee - . 112 Nach hier vertretener Auffasung handelt es sich um eine "echte", freilich rechtswidrige Enteignung, die "erst recht" zu entschädigen ist - im Ergebnis also keine Differenz.

II 1. Definition: Enteignung als Zwangskontrakt

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steht dieses freilich in Wahrheit nicht, so ist die Enteignung, wie im vorstehenden Fall, rechtswidrig. (3) Rechtmäßig. - Daraus ersieht man zugleich, daß auch die Rechtmäßigkeit nicht zu den Begriffsmerkmalen der Enteignung gehört 113. M.a.W.: Es gibt, ohne daß dies eine contradictio in adiecto wäre, durchaus "rechtswidrige Enteignungen" (der für sie vorgeschlagene Terminus "fehlgeschlagene Enteignung"114 ist besonders unglücklich, eben weil sie ja "faktisch" gelungen sind.) Fälle rechtswidriger Enteignung lagen gerade auch der klassischen Leitentscheidung zum "enteignungsgleichen Eingriff" zu Grunde, BGHZ 6, 270 (GSZ) - Kontrollratsgesetz Nr.l8/Wohnungszuweisungen - : Das KRG Nr. 18 (Wohnungsgesetz) erlaubte den Behörden, Wohnraum zu erfassen und, offenbar nach Bedarf (S. 284), Mieter einzuweisen. Diesen gegenüber bestand für den Vermieter ein Kontrahierungszwang. In den zu entscheidenden Fällen war das Gesetz schuldlos fehlerhaft vollzogen worden. Im ersten Fall stand dadurch zeitweise Wohnraum leer, im zweiten blieb der Mieter die Miete schuldig; im dritten Fall war eine Einweisung rechtswidrigerweise rückgängig gemacht worden, so daß der "enteignete Mieter"115 weiterhin Kosten für eine doppelte Haushaltsführung aufwenden mußte. Alle Entschädigungsklagen hatten Erfolg.

Bestimmten Eigentümern (den Vermietern und dem "entmieteten" Mieter im dritten Fall) wurde ihr Objekt entzogen und seine Nutzung auf bestimmte Nachfrager (Mieter) übertragen, denen das Gesetz ein Sonderzugriffsrecht einräumte. Deshalb war, anders als der BGH meinte (und auch ich vor vier Jahren116) das KRG 18 bereits ein Enteignungsgesetz, nicht erst sein rechtswidriger Vollzug - wegen Sonderopfers - "enteignungsgleich". (4) Fremdnützig. - Einige Fälle werden nach fast einhelliger Meinung aus dem Bereich der Enteignung ausgeschieden, weil sie angeblich nicht im fremden (Gemeinwohl-) Interesse erfolgen, sondern vor allem im (wohlverstandenen) eigenen Interesse des Enteigneten. Beispiele sind Flurbereinigung und die städtebauliche Umlegung. Beides sind Umverteilungsverfahren: Es werden zunächst in einem bestimmten Gebiet alle Grundstücke den Eigentümern genommen, "zu einer Masse vereinigt" (§ 55 I 113

So auch Jarass/Pieroth, RN 53; Maurer, AllgVerwR, § 26 RN 54; a.A. wohl die ganz h.M. Schmitt-Kammler, FS E.Wolf, 602; aufgegriffen von Ossenbühl, StHR, § 23, 1 b bb. 115 Der BGH betrachtete die Rechtsposition des Mieters also bereits 1952 als "Eigentum", allerdings nur gegenüber der öffenüichen Gewalt; zum Problem, das Besitzrecht des Mieters auch gegenüber dem Vermieter als "Eigentum" zu qualifizieren, jetzt BVerfGE 89,1 und das Echo von Depenheuer, NJW 1993, 2561; Rüthers, NJW 1993, 2587; Sendler, NJW 1994, 709. 116 Lege, NJW 1990, 866 f. 114

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

BauGB), neu geschnitten und sodann auf die ursprünglichen Eigentümer entsprechend ihren Anteilen verteilt (§§ 55 ff. BauGB, 37 ff., 44 FlurbG [dort "Abfindung" genannt]). Ist es bei der Umlegung nicht möglich, "die ... errechneten Anteile tatsächlich zuzuteilen, findet ein Ausgleich in Geld statt" (§ 59 Π 1 BauGB [s. dort auch die folgenden Absätze]). Bei der Flurbereinigung ist die sog. Abfindung nur höchst ausnahmweise oder mit Einverständnis des Eigentümers in Geld möglich (§§ 51 ff. FlurbG). - Der Sinn beider Verfahren liegt darin, die Zersplitterung von Grundeigentum zu beseitigen und Parzellen zu schaffen, die für die städtebauliche oder landwirtschaftliche Nutzung zweckmäßig geschnitten sind.

Wer meint, daß dies keine Enteignung sei117, verkennt die Bedeutung der Privatautonomie (d.h. Freiheit): Niemand muß sich von anderen vorschreiben lassen, wie er von seinem Eigentum im eigenen Interesse am vorteilhaftesten Gebrauch machen sollte. Jeder hat sogar das Recht, es unvernünftig zu gebrauchen. Wird es ihm gegen seinen Willen entzogen - auch zu seinem "eigenen Besten" - handelt es sich um Enteignung. Das bedeutet natürlich nicht, daß Flurbereinigung und Umlegung niemals zulässig sein dürften; ihre Rechtfertigung muß sich aber nach Art. 14 III GG richten, d.h. es muß ein konkreter Gemeinwohlzweck angeführt werden, zu dessen Verwirklichung die Umlegung/Flurbereinigung erforderlich ist. Als ein solch übergeordneter Gemeinwohlzweck dürfte das wohlverstandene (Eigen-) Interesse aller beteiligten Eigentümer allein jedoch nicht ausreichen, denn darüber müßten diese - marktintern - selbst entscheiden. Man könnte auch überlegen, ob die §§ 45 I BauGB, 1 FlurbG das "Wohl der Allgemeinheit" i.S.d. Art. 14 III GG hinreichend genau bestimmen, denn insoweit sollten strenge Maßstäbe gelten118. An der Junktimklausel würden die Regelungen freilich nicht scheitern: Die Entschädigung i.S.d. Art. 14 III GG braucht nicht in Geld zu erfolgen. Einen besonders krassen Fall von Mißachtung der Privatautonomie aus angeblich recht verstandenem Eigeninteresse119 der Betroffenen enthielt BVerfGE 42, 264 - Conterganstiftung - : Die Beschwerdeführer gehörten zu den wohl etwa 2.500 Kindern, die mit der Chemiefirma Grünenthal wegen erlittener 117 So die ganz h.M., s. nur vM-Bryde, RN 79; a.A. für die Flurbereinigung Jarass/Pieroth, RN 54; Kraft, BayVBl. 1994, 104; für die Umlegung Nürnberger, BayVBl. 1988, 739 f.; Labbé, AnwBl. 1989, 532 ff., sowie aus früherer Zeit Siegl, DVB1. 1956, 287; Bertram, DÖV 1957, 135 ff. - Das BVerfG hat immerhin eine städtebauliche Unternehmensflurbereinigung gem. § 144f BBauG/§ 190 BauGB i.V.m. § 87 FlurbG eindeutig als Enteignung qualifiziert, dabei freilich offengelassen, wie eine Regelflurbereinigung oder ein Umlegungsverfahren verfassungsrechtlich zu beurteilen wären (BVerfGE 74, 264 [279 ff.] - Boxberg - ; s. auch die Andeutung in BVerfGE 11, 294 [297] - RhPfAufbauG - ). 118 BVerfGE 56, 249 (272 ff., 278 f.) - Sondervotum Böhmer - ; müder vM -Bryde, RN 82. 119 So ausdrücklich BVerfGE 42, 264 (299).

II 1. Definition: Enteignung als Zwangskontrakt

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Mißbildungen einen Vergleich über 100 Mio. DM abgeschlossen hatten; diese Summe lag auf einem Treuhandkonto fest. Der Gesetzgeber sah sich sozial gefordert und errichtete per Gesetz eine öffentlich-rechtliche "Stiftung behindertes Kind". Sie sollte die Erbringung von Leistungen an die Contergankinder in die Hand nehmen - an Stelle der Betroffenen; das Gesetz sah insofern eine einmalige Kapitalabfindung und eine lebenslange, nicht dynamisierte Rente vor. Das Vermögen der Stiftung bestand nach dem Gesetz aus 50 Mio. DM, die der Bund zuschoß, und aus den 100 Mio. DM, zu deren Zahlung die Fa. Grünenthal den Contergankindern gegenüber verpflichtet gewesen war (und die nun auf dem Treuhandkonto lagen). Der Bf. und weitere rund 150 Betroffene erklärten sich mit der Übertragung der Vergleichssumme (oder zumindest ihres Anteils daran) auf die Stiftung nicht einverstanden. Das BVerfG gab ihnen nicht Recht.

Dieser Vorgang erfüllt, entgegen der Ansicht des BVerfG, alle Merkmale der Enteignung: Entzug einer Rechtsposition durch Aufhebung des bisherigen Zuordnungsverhältnisses120, Übertragung auf ein anderes Rechtssubjekt, Entund Bereicherung durch die Übertragung. Wenn das BVerfG meint, eine Enteignung liege deshalb nicht vor, weil der Rechtsentzug nicht zugunsten fremder Belange erfolgte 121, so verkennt es, daß die Wahrnehmung der eigenen Belange Sache des Einzelnen ist (Privatautonomie122) - den man deshalb nicht zugunsten eines Vormundes enteignen darf. Zumindest hätte den Betroffenen also ihr Anteil ausgezahlt werden müssen. (5) zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben. - Daß es nicht zum Tatbestand, sondern zur Rechtfertigung der Enteignung gehört, daß sie einem "konkreten Gemeinwohlprojéki" dienen soll oder tatsächlich dient, wurde bereits erwähnt. Soweit eine Meinung, die ich andernorts geäußert habe, im gegenteiligen Sinne verstanden werden könnte, gebe ich sie auf - Genaueres s.o. unter a (3 [1]). (6) Veränderung der Situation. - Nicht notwendig zur Enteignung gehört auch - wie es in einem jüngeren BGH-Urteil angedeutet wird 123 - , daß die

120

Das BVerfG verneint das, m.E. unhaltbar, unter Hinweis darauf, daß hier eine "Novation" vorliege (BVerfGE 42, 264 [299]); ein Schuldnerwechsel ist aber keine Novation und darf nach §§ 414, 415 BGB auch nicht ohne Einwilligung des Gläubigers geschehen. Krit. zur ConterganEntscheidung jüngst auch Kraft, BayVBl. 1994, 101. 121 BVerfGE 42, 264 (299). 122 Wenn BVerfGE 42, 264 (305) formuliert, es komme "der mehr theoretischen Überlegung, daß für diesen Regelungsbereich die generell geltende ... Privatautonomie durchbrochen [!!, s.o. 12] sei", so steckt darin eine doch bemerkenswerte Geringschätzung juristischer Dogmatik. Denn die Anerkennung des angeblich so theoretischen Konzepts "Privatautonomie" hätte hier zur äusserst praktischen Konsequenz die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes gehabt; zumindest hätte seine Rechtfertigung angesichts der strengen Voraussetzungen für Legislativenteignungen (BVerfGE 24, 367 [402 f.]) erheblich schwerer fallen müssen. 123 BGHZ 123, 242 (255) - Flugsanddüne - .

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

Situation des entzogenen Objekts verändert wird. Wenn der neu eingewiesene Eigentümer das Grundstück in genau derselben Weise nutzt wie sein Vorgänger, so ist dieser doch enteignet worden. (Im übrigen gibt es auch inhaltsund schrankenbestimmende Maßnahmen, die das Objekt verändern: Man denke erneut an die Tötung tollwütiger Hunde). (7) Intensität der Beeinträchtigung. - Nur der Vollständigkeit halber sei schließlich wiederholt, daß es für die Abgrenzung der Enteignung von der Inhalts· und Schrankenbestimmung sowie von weiteren Beeinträchtigungen des Eigentums niemals auf die Intensitätskriterien der alten Schwellentheorien ankommt124. Dies zu erhärten, ist letztlich Aufgabe der gesamten hier vorgelegten Untersuchung. *

*

*

Gewissermaßen "zwischen den Definitionen" sei erlaubt, rückblickend und vorausschauend zwei Antithesen zu formulieren: Enteignung ist, als marktinterner Vorgang, eine zwangsweise zweiseitige Angelegenheit zur Güterbeschaffung; Inhalts- und Schrankenbestimmung ist eine Einflußnahme auf den Markt insgesamt, und zwar in Form der Güterdefmition durch einseitig regelnden Akt. Enteignung beruht auf dem Sonderrecht eines Marktteilnehmers, genauer: Nachfragers; die Inhalts- und Schrankenbestimmung ist ein Sonderrecht des Marktveranstalters. (Wenn man will, mag man die hier vorgeschlagene Konzeption eine "Sonderrechtstheorie" nennen.)

2. Inhalts- und Schrankenbestimmung als Güterdefinition

Der hier unterbreitete Vorschlag, Regelungen nach Art. 14 I 2 GG als Güterdefinition zu begreifen, enthält letztlich vielleicht nur eine Akzentverschiebung. Daß nämlich die Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums die "Gwterordnung" betrifft, wird in der Rechtsprechung des BVerfG explizit vermerkt; es wird näherhin auch etwa gesagt, daß nicht jedes "Rechtsgut" einer privatrechtlichen Herrschaft unterworfen sein müsse, und man fragt insbesondere, was insoweit bei einem "knappen Gut", das für die Gemeinschaft große Bedeutung habe, gelte125. Diese Aussagen bezeichnen die derzeit wohl größten Gerechtigkeitsprobleme hinsichtlich des Eigentums als der "ökonomischen Komponente"126 der Freiheit. 124

Anders wohl die h.M., Nachweise s.o. vor I mit FN 3 und 4; nach Hendler, DVB1. 1983, 879, soll sogar jede Enteignung voraussetzen, daß "eine bestimmte Intensitätsschwelle erreicht" wird; das ist jedoch nichtrichtig(s. oben § 1 IV 1). 125 BVerfGE 58, 300 (339, 347) - Naßauskiesung - .

2. Dfinition: ISB als Güterdefinition

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So stellt sich etwa die Frage, wie es unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit zu bewerten ist, wenn einige der knappen Güter, die bislang "freie Güter" (Allmende127) waren oder noch sind - z.B. Wasser und Luft - , nun einer Bewirtschaftung zugeführt werden - wobei es eine zweite Frage ist, ob diese Bewirtschaftung hoheitlich durch eine "öffentlich-rechtliche Benutzungsordnung"128 erfolgt oder dadurch, daß man die Nutzung oder auch den Mißbrauch dieser Güter (Stichwort Umweltverschmutzung) "marktfähig" macht129. Im Gefolge dieser Bewirtschaftung werden nämlich zwangsläufig die bisher bestehenden Rechte zum unentgeltlichen Zugriff auf das knappe Gut "entzogen" - was im Hinblick auf Art. 14 GG jedenfalls dann problematisch ist, wenn diese Zugriffsrechte bislang als fester Bestandteil "des Eigentums", insb. des Grundeigentums, angesehen wurden130. In diesem Fall erscheint der Entzug der bestehenden Befugnisse als "Beschränkung" des Eigentums, die es zu rechtfertigen gilt. Damit stellt sich die weitere Frage, ob der Staat aus dem "Bündel von Rechten"131, welche das Eigentum gewährt132, gewissermaßen beliebig herausdefinieren darf, was immer er mag - zu Gunsten des Schutzes von "Rechtsgütern der Allgemeinheit", die er ebenfalls beliebig definieren kann: vom

126

Zippelius, RPh, § 35 m; zu den ökonomischen Lasten von Freiheitsgebrauch und Freiheitsbeschränkung Osterloh, DVB1. 1991, 907 ff. 127 Zur Renaissance des Allmendegedankens Hardin , Die Tragik der Allmende; Gramm, ZRP 1990,185. Demgegenüber konnte der Verfassungsvater Dehler auf die Frage, welche Rolle früher eigentlich die Allmende gepielt habe, noch antworten (BTStenB ΙΠ/ 6854d): "Das waren rührende Zeiten ... Wenn Sie die lyrischen Zustände der Allmende auf unser hochzivüisiertes Zeitalter übertragen wollen, dann sind Sie um vier Jahrhunderte zu spät auf die Welt gekommen. " Zum Knappwerden freier Güter und zur Wiederaufnahme etwa der Allmende auch Binswanger, Eigentumspolitik, 89 ff., 170. 128 BVerfGE 58, 300 (350). 129 Diskutiert wurde z.B. die Einführung von Umweltnutzungs- und -Verschmutzungszertifikaten, die, weil veräußerlich, auf dem Markt gehandelt werden könnten CMurswiek, JZ 1988, 990 m.w.N.). 130 Wohl aufgrund des zivilrechtlich-weiten Verständnisses von § 903 BGB (s. nur Böhmer, Staat 24 [1985], 184-188; Rittstieg, JZ 1983, 162-164) meinte man früher, "das Eigentum" berechtige ohne weiteres zum Zugriff auf das Wasser, zur Verschmutzung der Luft etc. (Sendler, UPR 1983, 40 f.). 131 Zu dieser - anglo-amerikanischen - Theorie des Eigentums AK-GG-Rittstieg, RN 65; ders., NJW 1982, 722; ders., JZ 1983, 163 f.; ders., FS W.Thieme, 188. 132 Ob das Eigentum darüber hinaus noch mehr ist, ist eine sinnlose Frage: "Ob wir ... sagen, daß Kraft eine Beschleunigung ist oder daß sie eine Beschleunigung verursacht, ist eine bloße Frage des Sprachgebrauchs, die mit der wirklichen Bedeutung nicht mehr zu tun hat als der Unterschied zwischen dem französischen Idiom 'Π fait froid' und seiner englischen Entsprechung 'It is cold'" CPeirce, CP 5.404 = Schriften, 200).

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

knappen Gut Luft bis zu den knappen Gütern Boden oder Raum (u.a. im Baurecht)133, vom Allgemeingut "Natur" bis zum Allgemeingut "Kultur" (im Natur- und Denkmalschutzrecht). Letztlich geht es dabei um die Frage, inwieweit der Staat die privatautonome Verfugungsbefugnis über bestimmte Güter entziehen bzw. beschränken darf, um diese Güter stattdessen der hoheitlichen Disposition oder Lenkung zu unterstellen134. (Die Frage danach, ob eine Eigentumsbeeinträchtigung nur gegen Entschädigung zulässig ist, ist demgegenüber zweitrangig geworden: Anders als zu Zeiten der WRV besteht unter dem Grundgesetz Rechtsschutz auch gegenüber "Definitionsakten" [Art. 19 IV GG], es gibt also keinen Zwang mehr zum "dulden und - lediglich liquidieren" 135; zudem können auch Inhalts- und Schrankenbestimmungen "ausgleichs-" oder "entschädigungspflichtig" sein [s.o. § 1 II 2 b].) Angesichts der genannten realen Probleme könnte man der hier vorgeschlagenen Begriffsbildung nun möglicherweise vorwerfen, sie stelle allzu sehr auf Äußerlichkeiten ab und sei allzu "formal". So stoße die Kennzeichnung der Inhalts- und Schrankenbestimmung als "einseitiger Regelung durch die öffentliche Gewalt zur Güterdefinition" spätestens dann an ihre Grenzen, wenn in der Sache die Frage auftauche, ob die hoheitliche Gewalt gewisse Rechtspositionen des Eigentümers (man denke an Nutzungsbeschränkungen) "einseitig fortdefinieren" 136 dürfe - oder ob sie dem Bürger sein "wohlerworbenes Recht" quasi "abkaufen" 137 müsse. In diesem Fall helfe auch der Hinweis nicht weiter, daß der Staat als Maiktveranstalter handele und nicht als Marktteilnehmer, daß er also nicht ein Geschäft tätige, das grundsätzlich marktintern-"freihändig" abzuwickeln wäre; denn ob das der Fall ist, sei gerade die Frage. Die folgende Untersuchung wird mit der Prüfung dieses Einwandes beginnen (a). Danach sollen die Tatbestandsmerkmale der Inhalts- und Schrankenbestimmung im einzelnen erörtert werden (b). Nach einem kurzen Hinweis darauf, was entgegen wohl allgemeiner Meinung nicht zum Begriff der In133

Einerseits Böckenförde, Eigentum, insb. 323 ff., und Sendler, UPR 1983, 40; andererseits Leisner, DVB1. 1992, 1072 ("Was 'knapp' ist, definiert der Staat"). 134 Zippelius, RPh, § 35 I 1, II; wirtschaftlich betrachtet steht dahinter die weitere Frage, ob sich die Allgemeinheit auf Kosten des Einzelnen endasten darf - wer also z.B. den Umweltschutz bezahlen soll 0Leisner, DÖV 1991, 782, 787). 135 S. die berühmte, gar nicht nur auf Beeinträchtigungen des Eigentums zugeschnittene Formel von O.Mayer, DtVerwR Bd.l, l.Aufl., 52 FN 22 (3.Aufl.: 53 FN 27): "Da man gegen den Staat selbst nichts ausrichtet und der Fiskus nicht mehr tun kann als zahlen, so läuft alle Garantie der bürgerlichen Freiheit im Polizeistaate auf den Satz hinaus: dulde und liquidiere." 136 Abi. zum "Wegdefinieren" überhaupt: Leisner, HdbStR, RN 137. 137 Zu diesem Gedanken schon Rittstieg, Eigentum als Verfassungsproblem, 413 f.; ferner Schwabe, FS W.Thieme, 263; vM-Bryde, 3. Aufl. RN 55; zur konkreten Problematik des Agrarrechts Leisner, Umweltschutz, 118-126.

2. Definition: ISB als Güterdefinition

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halts- und Schrankenbestimmung gehört (c), soll abschließend gewissermaßen die Frage nach dem "Wesen" oder der "Rechtsnatur" von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung aufgeworfen werden (d). Insoweit besteht nämlich, nach hier vertretener Ansicht, eine weit verbreitete Fehlvorstellung - mit unmittelbar greifbaren Folgen fur die gesamte Eigentumsdogmatik. Aber zunächst zum geschilderten Einwand: a) Die Abgrenzung von "Abkaufenmüssen" und "Fortdefinierendürfen" (Problem des "Etikettenschwindels") Der erwähnte Einwand enthält im wesentlichen zwei Thesen. Erstens seien Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung, zumindest in Teilbereichen, austauschbare "Formen", "Mittel" 138 oder "Wege" der Eigentumsbeeinträchtigung ([1]). Deshalb bedürfe es, zweitens, letztlich doch quantitativwertender Kriterien, um festzustellen, wann das eine, wann das andere "gewählt" 139 werden darf ([2]). Beides trifft nicht zu. Vielmehr gibt es qualitativdeskriptive Kriterien, die genau zu unterscheiden erlauben, wann das eine, wann das andere vorliegt ([3]). [1] Zunächst ist freilich richtig, daß bei einer rein "formalen" Betrachtung die beiden "Handlungsformen" Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung in fast erschreckendem Maß austauschbar zu sein scheinen 14°: Es scheint grundsätzlich möglich, alle einseitigen Gebote oder Verbote auch "zwangsweise zweiseitig" zu konstruieren (Beispiel: Zwangsbestellung einer Dienstbarkeit i.S.d. § 1018 2. Fall BGB, s. dazu aber auch bereits oben 1 a

138

So BVerfGE 24, 367 (404). So meint etwa Schmidt-Aßmarui, JuS 1986, 836, der Gesetzgeber habe im Bereich der sog. Aufopferungsenteignung (s.o. § 2 II 5) "eine Art 'Wahlrecht'"; bei der Regelung "enteignender" Enigriffe scheint auch Schwerdtfeger, Dogmatische Struktur, 29, eine solche Wahlfreiheit vorauszusetzen ("verfassungspo/ifwcAe Frage"). 140 Sie scheinen es nur zu sein, weü die "Austauschbarkeit " in Wahrheit nur dann besteht, wenn man den Schwellentheorien folgt, wenn man also auf die Wirkung beim Eigentümer abstell (ungleiche Belastung, Intensität der Beeinträchtigung). Nur dann erscheint es als wirtschaftlich gleichwertig und damit "austauschbar", wie ein Eingriff "konstruiert" wird - und auch etwa, ob er im Rahmen des Art. 14 m oder des Art. 14 I 2 GG entschädigt wird (deshalb scheint der Anspruch auf Übernahme gegen Entschädigung den Anhängern der Schwellentheorien denn auch eine Enteignung "mit vertauschten Rollen" zu sein [so Rinne, DVB1. 1994, 24]). Folgt man hingegen der hier vertretenen Trennungstheorie, so entfällt auch die "Austauschbarkeit" v Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteigung: Der bloße Entzug von Nutzungen bleibt selbst dann Inhalts- und Schrankenbestimmung, wenn er "zwangsweise zweiseitig" konstruiert würde, und die Übertragung eines Objektes (das natürlich auch ein Nutzungsrecht sein kann) auf einen andern zu dessen Nutzung bleibt Enteignung (genauer s.u. [3a]). - Zur damit offenbar werdenden Zirkularität von Problem und Lösung s. sogleich FN 145. 139

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

[3 (2b)] zum Nutzungsverbot im Naturschutz)141. Es scheint von der anderen Seite her ebenso möglich zu sein, den Zweck einer Enteignung durch die "Definition von Eigentümerrechten" zu erreichen: Man kann alle Eigentümer von Grundstücken, die sich "zufällig" dort befinden, wo eine Autobahn oder ein Uferweg angelegt werden sollen, per Gesetz zur Duldung dieser Einrichtung verpflichten 142 und diese Regelung dann im Einzelfall "bloß" vollziehen. Man könnte den Eigentümern sogar noch Unterhaltungspflichten auferlegen (ähnlich den Aufforstungspflichten von Waldeigentümern143 oder den Erhaltungspflichten im - inhalts- und schrankenbestimmenden - Denkmalrecht144). Was soll also verhindern, daß hier "unter dem Etikett" einer Inhalts- und Schrankenbestimmung in Wahrheit eine Enteignung stattfinde (dazu bereits oben § 2 I 3 b) - et vice versa? Scheint sich das Handeln des Staates nicht je nach Perspektive und gewünschtem Ergebnis (Anwendung des Art. 14 I 2 oder III GG) ganz willkürlich entweder als eher "zwangsweise zweiseitig" oder "einseitig regelnd" darstellen zu können? Oder wie soll präzis das eine (Enteignung, "Abkaufenmüssen") vom andern (Inhalts- und Schrankenbestimmung, "Fortdefinierendürfen") abgegrenzt werden? [2] Es gibt im Grunde wohl nur drei Möglichkeiten einer Antwort; die ersten beiden verfahren quantitativ 1* 5. 141

Vgl. etwa Osterloh, DVB1. 1991, 912; Schwabe, FS W.Thieme, 258 f.; besonders plakativ Laband, AcP 52 (1869), 172: Gefängnisstrafe als Zwangsmiete einer Wohnung nebst Beköstigung, Konfiskation als Zwangsschenkung an den Fiskus - hinsichtlich des ersten wird übersehen, daß hier nicht der "Nachfrager/Mieter" den Zwang ausübt, hinsichtlich des zweiten, daß hier gerade nicht eine "wohl erworbene" (so a.a.O. 178) Eigentumsposition besteht (s. genauer unten § 3 III 2 d [1]). 142 Man denke auch an die Hamburger Deichordnung (BVerfGE 24, 367 ff., zum Sachverhalt s.o. § 1 II 1): Dort wurde den Eigentümern ihr Eigentum entzogen (genauer: zunächst wurde das Gut "Deichgrundstücke" vom Markt "fortdefiniert" und sodann der Markt gewissermaßen "leergekauft"), sie durften es aber dennoch weiter nutzen; ebensogut hätte man es ihnen belassen, aber die Nutzung beschränken sowie Duldungspflichten auferlegen können. Ebenso Mössner, 221, 229 f. (Fälle 4 und 5). 143 § 11 Ziff. 1 BundeswaldG. 144 S. etwa Art. 4 BayDenkmSchG; dazu jüngst Körner, Denkmalschutz und Eigentumsschutz, der die Erhaltungspflichten grundsätzlich ebenfalls an Art. 1412 GG mißt; ebenso Moench, BauR 1993, 422, 424 ff. 145 Die Pointe der Problematik liegt dabei darin: Die Frage (nach den Kriterien der Unterscheidung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung, wenn beide als "formal" grundsätzlich austauschbar erscheinen) setzt schon eine gewisse - allerdings nach hier vertretener Ansicht falsche - Antwort voraus, nämlich daß beide in "materialer" Hinsicht nach den Schwellentheorien unterschieden werden müßten. Hingegen entfällt mit der richtigen Antwort die Prämisse der Frage: Wenn sich Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung deskriptiv unterscheiden lassen, sind beide nicht mehr "austauschbar", und man muß deshalb nicht mehr wertend abgrenzen, wann das eine oder das andere gewählt werden "muß" oder "darf". Diese Zirkularität der Fragen nach Austauschbarkeit und Abgrenzung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung ist einmal mehr ein Zeichen dafür, daß es sich bei Trennungstheorie und Schwellen-

II 2. Definition: ISB als Güterdefinition

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[a] Die herkömmliche Antwort der Schwellentheorien lautet, daß die Unterscheidung zwischen "Abkaufenmüssen" und "Fortdefinierendürfen" von der Wirkung der Maßnahme beim Eigentümer abhänge: Fordere diese ihm im Einzelfall im Vergleich mit anderen ein Sonderopfer ab, belaste sie ihn schwer und unzumutbar über die Sozialbindung hinaus, beeinträchtige sie ihn besonders intensiv, so handele es sich um Enteignung146. Das entzogene Gut müsse dann zu den Bedingungen, und d.h. insbesondere: zum Preis des Marktes "abgekauft" werden. Die öffentliche Hand müsse also z.B. so viel zahlen, wie ein Privater für die Einräumung einer entsprechenden Dienstbarkeit entrichten müßte oder wie er an Pacht für die Realisierung der verbotenen Nutzung zahlen würde 147. Letztlich ist der BGH bis heute der Meinung, daß es, von der Wirkung auf den Eigentümer her betrachtet, "Interessenkonflikt(e)" gebe, die "nur im Enteignungswege zugunsten der öffentlichen Belange lösbar" seien148. Allerdings hat er die Grenze oder "Schwelle" mittlerweile weit zurückgesteckt: Erst wenn Maßnahmen aufgrund inhalts- und schrankenbestimmenden Gesetzes dem Eigentümer jede rechtlich zulässige private Verwendungsmöglichkeit nehmen, soll eine Enteignung (ein "Abkaufenmüssen") vorliegen. Daß die Kriterien dieser (hier so bezeichneten) Schwellentheorien unscharf und vage sind und daher für die Wertung des Einzelfalles Raum lassen, ist bekannt - und von ihren Verwendern wohl auch gewollt (s. dazu auch unten § 4 IV FN 12). Deshalb ist diese Vagheit aus deren eigener Sicht im Grunde gar kein Nachteil, sondern nur aus der des BVerfG - dem die vorliegende Untersuchung folgt. Folgt man freilich dem BVerfG, so muß man möglichst wertungsfreie Kriterien suchen; ob das sogleich zu erörternde insoweit genügt, ist zu bezweifeln. [b] Die zweite Möglichkeit quantitativer Abgrenzung bestünde darin, auf die Zahl der Begünstigten abzustellen. So könnte man die Formulierung verstehen, daß die Enteignung einem "konkreten Projekt" 149 zu Gute kommen theorien um - inkommensurable - "Paradigmen" handelt (dazu Kuhn, Revolutionen, 103, 106, 122). 146 So die von mir so bezeichneten "Schwellentheorien". Vgl. etwa Leisner, Sozialbindung, der hinsichtlich der Wirkung näherhin unterscheidet zwischen der "Zahl der Betroffenen" und der "Tiefe des Eingriffs" (132 ff., 147 ff.), bevor er am Ende alle "Großformeln" verwirft (188, 191) und die Grenze zwischen Sozialbindung und Enteignung durch "Induktion aus der Judikatur" (194) gewinnen wül - um beim "allgemeinen Schwerekriterium", also einer quantitativen Betrachtung, zu enden (234). 147 So etwa die Berechnung in BGHZ 60, 126 - Ur-Naßauskiesung - , dazu BVerfGE 45, 63 (85) - Stadtwerke Hameln - . 148 BGHZ 121, 328 (337) - SaarlNatSchG - . 149 Daß es sich um ein konkretes Gemeinwohlpro]ekt handeln müsse (so Lege, NJW 1993, 2567), ist abzulehnen, s.o. 1 a (3 [1]).

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

müsse (s.o. 1 a [3]), nicht nur der "abstrakten Allgemeinheit"150. Es stellte sich dann aber die Frage, wie man beides voneinander abgrenzen solle: Warum ist z.B. der Entzug eines Grundstücks für die Autobahn Enteignung, der Entzug des Rechts auf Naßauskiesung zu Gunsten eines konkreten Wasserwerkes Inhalts- und Schrankenbestimmung - obwohl dieses aus der Sicht des Eigentümers (!) dort ebenso "zufällig" eingerichtet wird 151 wie jene? Oder im Naturschutzrecht: Warum ist die Heranziehung eines Seegrundstücks für ein konkretes Naturschutzgebiet Inhalts- und Schrankenbestimmung, für einen Uferweg hingegen Enteignung152? Das BVerwG hat im Hinblick auf die letzte Frage kürzlich folgendes angedeutet: Ein konkretes Projekt ("bestimmtes Vorhaben") liege dann vor, wenn das entzogene Eigentumsobjekt zur "Schaffung von Ufer- und Wanderwegen, Erholungsparken und Spielflächen oder zur Anlegung eines Biotops" herangezogen wird 153 . Es scheint also darauf anzukommen, ob mit dem entzogenen Objekt eine Veränderung vorgenommen wird (Ufer- und Wanderweg, Anlegung eines Biotops) oder nicht154. Warum sollte aber nicht auch die Erhaltung eines Biotops ein "bestimmtes, im Interesse der Allgemeinheit liegendes Vorhaben" sein155? Und warum sollte dieses Vorhaben nicht - um an die oben gegebene Definition der Enteignung anzuknüpfen - durch das Verbot einer anderen Nutzung des Grundstücks "bereichert" sein, insbesondere dann, wenn diese andere Nutzung sich jedem "vernünftigen Eigentümer" wegen ihres Wertes und ihrer leichten Realisierbarkeit aufdrängte 156? Warum sollte 150

So meine Formulierung in NJW 1993, 2567. - S. auch bereits Schulte, Öffentliches Interesse, 98-101. 151 So die Argumentation in BGHZ 60, 126 (134), referiert in BVerfGE 45, 63 (66) - Stadtwerke Hameln - . 152 Siehe Art. 7, 35 Ziff. 1 BayNatSchG. 153 BVerwGE 94, 1 (5) - Herrschinger Moos - unter Hinweis auf BVerfGE 20, 351 (359) - Tollwutverdächtige Hunde - und BVerfGE 74, 264 (280 f.) - Boxberg 154 In diese Richtung wohl auch BGHZ 123, 242 (255) - Flugsanddüne - . - Zur Stützung dieser Sichtweise ließe sich etwa anführen: Wenn der status quo einer Sache erhalten werden soll - aus Gründen, die zwar nicht in ihrer "Natur" liegen, wohl aber in der a-priorisch-abstrakten "Bestimmung" ihrer rechdichen Eigenschaften durch den Gesetzgeber - , dann ist das etwas anderes, als wenn das Grundstück zu einem Zweck herangezogen wird, der ihm nicht in jener Weise "von vornherein innewohnt", sondern für den es erst, nach einer "von außen" herangetragenen Zielsetzung, verändert werden muß. M.a.W.: Deijenige, der ein Eigentumsobjekt erwerben und verändern möchte, ist stets Marktteilnehmer, er hat es daher grundsätzlich rechtsgeschäftlich erwerben. Deshalb handelt es sich im Falle des Uferweges um Enteignung, im Falle des Naturschutzgebietes um Inhalts- und Schrankenbestimmung. 155 So die Formulierung von BVerwGE 94, 1 (5) - Herrschinger Moos -; mit Recht krit. Schwabe, Jura 1994, 532. 136 An diesem Kriterium hält der BGH weiterhin fest, freilich nun im Rahmen von Ausgleichsregelungen im Sinne des Art. 1412 GG, siehe BGHZ 123, 242 (252) - Flugsanddüne - ; kritisch dazu bereits Rittstieg, Verfassungsproblem, 305 ff.; aus letzter Zeit Schink, DVB1. 1990, 1382;

zu

2. Definition: ISB als Güterdefinition

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"Nachfrager" hier nur die "abstrakte" Allgemeinheit sein, im Falle der Autobahn aber eine "konkrete"? Und selbst wenn man so differenzieren wollte: Warum sollte eine Vermögens Verschiebung nicht auch dann Enteigung sein, wenn Nachfrager allein die "abstrakte Allgemeinheit" ist? Warum sollte nicht auch sie dem Eigentümer ein derart lohnendes Objekt "abkaufen müssen"? [c] Um Fragen dieser Art einleuchtend beantworten zu können, wird man nicht umhinkönnen, eine jegliche quantitative Sicht der Dinge157 aufzugeben, eine Sicht also, die auf die Zahl der betroffenen Eigentümer158 bzw. der begünstigten Nichteigentümer abstellt oder auf das Maß der Beeinträchtigung jener. Stattdessen gilt es, qualitativ zu unterscheiden, was in Rechtsbeziehungen welcher Art durch den "Eingriff des Staates in das Eigentum" nach Art. 14 I 2 oder aber Art. 14 III GG verändert wird 159 . Zu diesem Zweck sei daran erinnert, daß sich die Beziehungen der Beteiligten zueinander - wenn man will: das "Rechtsverhältnis Eigentum" wie folgt darstellen lassen: Öffentliche Gewalt (Staat), insb. als Gesetzgeber ("Marktveranstalter") Eigentumsobjekte ("Güter") Eigentümer ("Anbieter")

Nicht-Eigentümer ("Nachfrager").

Es wird dann deutlich, daß im Mittelpunkt aller Überlegungen das "Objekt" des Eigentums (die "Sache") stehen sollte, und insofern sei behauptet: Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung unterscheiden sich primär hinsichtlich ihres Gegenstandes (Objekts). Damit wird zugleich behauptet, daß es ein nicht nur formales, sondern sachlich-materiales Kriterium

Lege, JZ 1994, 438 f., de Witt, DVB1. 1995, 108, und auch der BGH-Richter Engelhardt, NVwZ 1994, 338. 157 Für sie am deutlichsten Leisner, Sozialbindung, 234 ff. - mit dem Ergebnis: "Hier muß vieles versteckte Büligkeit bleiben - gerade daraus aber wird dann Rechtssicherheit. Ein Paradox vielleicht: Rechtsstaatlichkeit durch Büligkeit..." (238). 138 Insofern stellt sich, unlösbar seit Erfindung der Sonderopfertheorie, das Problem des "Gruppenopfers": Wann ist eine Anzahl betroffener Eigentümer klein genug, um "ungleich, besonders" getroffen zu sein, wann ist sie groß genug, um "Allgemeinheit" zu sein (BGHZ 6, 270 [280 f.])? Dazu bereits Leisner, Sozialbindung, 136 ff. 139 In diese Richtung schon Schulte, Dogmatik, 38 ff., der auf die verschiedenen Zwecke der Eingriffe abstellen wül; solange dann aber von Zweck zu Zweck Konsens gesucht werden soll, dürfte gegenüber der Einzelfallrechtsprechung nicht viel gewonnen sein.

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

zur Abgrenzung der beiden Eingriffe in das Eigentum gibt, das dennoch nicht ein quantitativ-wertendes Intensitätskriterium 160 ist. [3] Die dritte, qualitativ-deskriptive, hier vertretene Antwort auf die Frage, wie "Abkaufenmüssen" (Enteignung) und "Definierendürfen" (Inhalts- und Schrankenbestimmung) abzugrenzen sind, lautet pointiert wie folgt: Gegenstand der Enteignung ist ein Gut (das Exemplar eines Gutes), Gegenstand der Inhalts- und Schrankenbestimmung ist der Markt (eines Gutes161). [a] Daß die Enteignung ein "Abkaufenmüssen" nach sich zieht162, liegt deshalb daran, daß sie eine maiYtinterne Bereicherung herbeiführt. Um es zu wiederholen: Bei der Enteignung wird ein einzelnes, konkretes Objekt auf einen begünstigten Nicht-Eigentümer übertragen; die rechtliche Zuordnung wird aufgehoben und an demselben Objekt 163 bei einem anderen Marktteilnehmer neu begründet. Genau diese synallagmatische Vermögensverschiebung rechtfertigt es, grundsätzlich eine Einigung zwischen Ent- und Bereichertem zu fordern, m.a.W. ein Rechtsgeschäft ("Abkaufenmüssen"); ist ein solches freihändig nicht zu erlangen, muß enteignet werden. Fehlt es hingegen an der Vermögens Verschiebung, wie im Fall des "schlichten Verbots" einer Nutzung, so handelt es sich nicht um Enteignung: Der "Entziehung" des Eigentumsobjektes - der Nutzung - entspricht nicht auf der anderen Seite ihre "Ziehung" durch einen anderen. Es wird also nicht die "Nutzung selbst" ("dasselbe Objekt") übertragen, sondern deren Unterlassung "durch alle" angeordnet - wenn man so will: Sie wird der Privatrechtsord-

160

Die Hintergrundvorstellung der Schwellentheorien sieht demgegenüber etwa so aus: Eingriffsintensität Staat

> Eigentümer " Enteignungsschwelle "

Inhalts- und Schrankenbestimmung ("Sozialbindung", "Eigentumsbindung")

Enteignung ("Kernbereich")

Vgl. z.B. Leisner, Sozialbindung, 43, 147 ff., 234 ff.; v.Brünneck, Eigentumsgarantie, 401405; auch Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, der unterscheidet: Inhaltsbestimmung (176 ff.), sozialbindende Schrankenziehung (344 ff.) sowie - intensitätsmäßig gleichrangig - Enteignung (323 ff., hoheitlich) und "sozialpflichtüberschreitende Schrankenziehung" (334 ff., privatrechtlich). 161 Oder auch: ein Gut "seiner Gattung nach". 162 Daß sie es - als Rechtsfolge - "nach sich zieht", unterscheidet die hier vertretene Auffassung von den Schwellentheorien; denn diese wollen gewissermaßen umgekehrt nach der Formel "Enteignung falls Abkaufenmüssen" entscheiden. 163 Ähnlich AK-GG-Rittstieg, RN 186 f.: Die erlöschenden und die neu entstehenden Rechte müssen identisch sein, und es muß zu einem Wechsel des Subjekts inhaltlich fortbestehender Rechte kommen.

2. Definition: ISB als Güterdefinition

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nung ingesamt (dem Markt) entzogen164. Deshalb ist auch niemand anders durch das entzogene "Eigentumsobjekt selbst" bereichert - nicht einmal die abstrakte Allgemeinheit (denn auch sie zieht die Nutzung nicht, sondern unterläßt das ebenso wie der Eigentümer). Die Autobahn oder der Uferweg nutzen das Grundstück tatsächlich an Stelle des Eigentümers; das Wasserwerk beutet aber nicht die Kiesvorkommen aus, sondern unterläßt es, und das Naturschutzgebiet darf auch von anderen nicht in einer Weise genutzt werden, die dem Eigentümer untersagt wird. [b] Im folgenden wird es nun darum gehen, genauer zu beschreiben, was eine Inhalts- und Schrankenbestimmung ist - und dadurch zugleich plausibel zu machen, warum es gerechtfertigt ist, daß Rechte an Gütern, die Eigentums i.S.d. Verfassung sind, überhaupt und i.d.R. sogar entschädigungslos "fortdefiniert" werden dürfen (sei es durch Gesetz oder durch seinen Vollzug im Einzelfall): Es liegt im wesentlichen wohl daran, daß Maßnahmen nach Art. 14 I 2 GG dem Gleichheitssatz165 schon dadurch Rechnung tragen, daß sie nicht an Personen, sondern an Objekte "anknüpfen" und deren rechtliche Eigenschaften "für jedermann" - auf der Eigentümer- und Nicht-Eigentümerseite - festlegen. b) Die Tatbestandsmerkmale Inhalts- und Schrankenbestimmung ist somit eine (1) einseitige Regelung (2) durch die öffentliche Hand als Marktveranstalter (3) unter Anknüpfung an das Eigentumsobjekt, so daß hinsichtlich seiner (4) die Rechte und Pflichten aller Eigentümer und Nicht-Eigentümer als potentieller Kontrahenten (nicht also: Konkurrenten) festgelegt werden. (1) einseitige Regelung. - Maßnahmen nach Art. 14 I 2 GG bestimmen die Rechte und Pflichten anderer. Es sind also einseitige Regelungen166, nicht wie die Enteignung - zwangsweise durchgesetzte "Kontrakte". Oder m.a.W.: Die Enteignung ist erzwungenes Rechtsgeschäft, die Inhalts- und Schrankenbestimmung Rechtsetzung, sei es durch Norm oder durch vollziehenden Einzelakt. 164

Das BVerfG spricht von "Entziehung aus der Privatrechtsordnung" nur bei, wenn man so will, "größeren Objekten", also etwa bei der Begründung öffentiichen Eigentums an Deichanlagen (BVerfGE 24, 367 [389]). Im Grunde ist aber bereits jede Beschränkung einer Nutzung durch das öffenüiche Recht eine Herausnahme dieser Nutzung aus dem Privatrechtsverkehr. - S. auch bereits oben I 4 mit FN 53. 165 Zum Gleichheitssatz als "Schlüsselbegriff" (;Zippelius, VVDStRL 47 [1989], 23) auch der Eigentumsproblematik: Maunz/Zippelius, § 28 Π 6. 166 Diese können auch nur höchst bedingt durch "normvertretende Absprachen" ersetzt werden (Murswiek, JZ 1988, 988). 7 Lege

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

(2) durch die öffentliche Gewalt als "Marktveranstalter \ - Anders als die Enteignung kann eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nur hoheitlich erfolgen: Im Bereich der Eigentumsordnung hat der Staat, genauer der Gesetzgeber, gem. Art. 14 I 2 GG das Definitionsmonopol; er ist - alleiniger - "Mzrktveranstalter". Als solcher bestimmt er allgemeinverbindlich die Regeln, nach denen sich alle Marktteilnehmer zu richten haben - einschließlich seiner selbst, wenn er sich "marktintern" ein Gut zu beschaffen gedenkt. Diese Regeln bedürfen natürlich häufig noch der Ausführung, so daß Inhalt und Schranken des Eigentums, genau genommen, nicht nur "durch die Gesetze", sondern auch durch deren individualisierenden Vollzug "bestimmt" werden (§ 1 IV 2); dabei könnte der Staat übrigens auch Private heranziehen, und er tut es ja auch etwa dann, wenn er Private ermächtigt, einen Eigentümer selbst "in seine Schranken" zu verweisen, wenn von dessen Sache Gefahr ausgeht (§ 228 BGB). Wenn der Staat allerdings Private bei der "Bestimmung" von von Inhalt und Schranken des Eigentums hinzuzieht, dann darf er ihnen keinen Raum zu willkürlichen Entscheidungen lassen. Einen solchen Fall betraf jüngst BVerfGE 88, 366 - Zuchtbücher - : Nach dem TierzuchtG 1976 durfte ein männliches Tier zum Decken nur verwendet werden, wenn es - durch staatlichen Akt gekört war. Voraussetzung dafür war u.a., daß beide Elternteile in das Zuchtbuch eingetragen waren. Zuchtbücher wurden bei staatlich anerkannten Züchtervereinigungen geführt. Diese trugen freilich nicht jedes gekörte Tier ein, sondern wählten nach eigenen Vorstellungen aus. Die Kriterien waren in einer Zuchtbuchordnung niederzulegen, welche beim Antrag auf Zulassung der Vereinigung vorzulegen war; gesetzliche Anhaltspunkte für deren Fassung gab es nicht. - Im Fall des gekörten Hengstes "Sir X" verweigerten sowohl der Verband der Araber als auch der der Hannoveraner die Eintragung ins Zuchtbuch; im Ergebnis konnte der Hengst deshalb nicht zur Zucht verwendet werden, weil seine Nachkommen nicht hätten gekört werden können. An bestimmten Eintragungskriterien fehlte es bei beiden Verbänden.

Das BVerfG hat die grundsätzliche Frage, ob der Gesetzgeber die Inhaltsund Schrankenbestimmung des Eigentums167 teilweise auch den "Regelungen" Privater überlassen kann168, offengelassen. Es hat nur festgestellt, daß die Regelungen dann dem Bestimmtheitsgrundsatz, so wie er als Kriterium staat-

167

Bereits in BVerfGE 10, 55 (59) - TierzuchtG - war die Körung als "Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums" qualifiziert worden. 168 Das Gericht formuliert: "ob und unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber Entscheidungen, die Private aufgrund eigener Regelungen treffen (gemeint sind die Zuchtbuchordnungen, d. Verf.), zur Voraussetzung hoheitiicher Maßnahmen machen" darf (BVerfGE 88, 366 [379]).

2. Definition: ISB als Güterdefinition

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licher Normen verwendet wird, genügen müssen; daran fehlte es im vorliegenden Fall. (3) unter Anknüpfung an das Eigentumsobjekt ("abstrakt"). - Das entscheidende Charakteristikum der Inhalts- und Schrankenbestimmung liegt nach hier vertretener Auffassung darin, daß sie Rechte und Pflichten hinsichtlich der "Rechtsgüter" festlegt, die Eigentum i.S.d. Verfassung sind, daß sie also (im logischen Sinne) "abstrakt" an Eigenschaften des Eigentumsobjektes selbst anknüpft (was generell und, im Vollzugsfall, individuell geschehen kann, s. bereits oben § 2 I 1 [4], 3 a), nicht hingegen an die konkreten Zwecke eines Nachfragers nach dem Objekt169. So legt etwa § 903 i.V.m. § 90 BGB die Rechte hinsichtlich aller "körperlichen Gegenstände" im Grundsatz fest - vorbehaltlich mannigfacher Ausnahmen, sei es im BGB selbst (§§ 904 ff.) oder in anderen Gesetzen, insb. auch solchen des öffentlichen Rechts170. Auf diese Weise wird gewissermaßen "von vornherein" 171 bestimmt, was in rechtlich zulässiger Weise "marktintern"-privatautonom mit dem Objekt geschehen darf und was nicht. Nicht zur Inhalts- und Schrankenbestimmung gehören demgemäß Regelungen, die an die Person des Eigentümers (dazu auch unten III 2 d) oder des Nicht-Eigentümers anknüpfen 172. (Wird dem letzteren ein Sonderzugriffsrecht eingeräumt, so handelt es sich um eine Enteignung.) Durch diese "Anknüpfung an das Objekt" erhalten die inhalts- und schrankenbestimmenden Maßnahmen bereits eine gewisse "objektive" Rechtfertigung, eben weil sie ohne Ansehen der Person erfolgen (das ist der richtige Ansatz der Lehre von der Situationsgebundenheit); sie sind aber noch nicht allein dadurch gerechtfertigt, sondern erst nach einer umfassenden Abwägung der Interessen aller Beteiligten einschließlich der Allgemeinheit - wie sie nur dem Gesetzgeber zusteht173. Die Abgrenzung von Regelungen, die an das Objekt anknüpfen, von solchen, die auf eine Person abstellen, wird nicht immer ganz leicht sein. So ist die Inanspruchnahme eines "Zustandsstörers" (z.B. § 228 BGB, Art. 8 BayPAG) sicherlich Inhalts- und Schrankenbestimmung, weil sie an eine Gefahr 169

S. auch die Formulierung von Battis/Gusy, RN 520 a.E. BVerfGE 58, 300 (335 f.) und Ls.3 hat sehr deutlich herausgestellt, daß i.R.d. Art. 14 I 2 GG "bürgerliches Recht und öffentlich-rechtliche Gesetze gleichrangig zusammen(wirken)". 171 Zu dieser Formel des BVerfG bereits oben § 2 I 2 (4). - Der Sinn dieses "von vornherein" ist natürlich nicht zeitlich zu verstehen (denn es kann etwa ein Änderungsgesetz bislang bestehende Nutzungen nachträglich "fortdefinieren"), sondern er liegt darin, daß die Inhalts- und Schrankenbestimmung ohne Ansehen der Person des Eigentümers geschieht. 172 Diese sind also nicht Beschränkungen des Eigentums, sondern der Freiheit. Dazu nochmals Gallwas, Grundrechte, 95: "Gewährleistung ist etwas anderes als Freiheit, Gewährleistung des Eigentums etwas anderes als Eigentümerfreiheit" (im Orig. mit Hervorhebungen). 173 Zu den mannigfachen Aspekten der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung von Inhalts- und Schrankenbestimmungen statt aller Pieroth/Schlink, RN 1021 ff. 170

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

"anknüpft", die vom Eigentumsobjekt selbst ausgeht. Wie liegt es aber im Fall des "Nichtstörers" (z.B. § 904 BGB, Art. 10 BayPAG)? In seinem Fall könnte man in Erwägung ziehen, daß demjenigen, der zum Eingriff ermächtigt wird (sei es ein anderer Privater oder die Polizei), ein "Sonderzugriffsrecht" eingeräumt werde, so daß eine Enteignung vorliege. Dieses Sonderzugriffsrecht knüpfe auch an seine Person an (an seine gefährdeten Interessen bzw. sein Amt), keineswegs aber an das "Objekt" des Eigentümers. Entgegen dem ersten Anschein ist aber doch das letztere der Fall: § 904 BGB und die Vorschriften über die Nichtstörerhaftung beziehen sich auf das Objekt, weil sie es für den Fall gegenwärtiger Not und Gefahr "dem Markt" und seiner "Privatrechtsordnung" entziehen und dem Gemeinwesen - vertreten durch die amtliche "Marktaufsicht" (Polizei) oder auch durch einen Privaten - die Verfügung über es erlauben: "in necessitate sunt omnia communia " m ist eine tfè/efcfbezogene Formel. (Übrigens handelt es sich bei § 904 BGB und der polizeilichen Nichtstörerhaftung dann um das Beispiel einer entschädigungspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung). Einen recht schwierigen Fall betraf auch BVerfGE 42, 229 - Kleidung eines Sicherungsverwahrten - : Der 72jährige Bf. befand sich - vor Inkrafttreten des StVollzG - in Sicherungsverwahrung. Er beantragte beim Vollzugsleiter, ihm aus seiner Habe von fünf Anzügen und fünf Paar Schuhen einen neuwertigen Anzug im Werte von 600 DM und ein Paar Schuhe im Wert von 150 DM herauszugeben; er wollte beides veräußern oder verpfänden, um mit dem Erlös seine Korrespondenz mit der Außenwelt zu finanzieren. Der Antrag wurde in allen Instanzen zurückgewiesen: Das Veräußerungsverbot sei zur Durchführung eines geordneten Vollzugs unerläßlich gewesen; es diene auch dem Zweck, daß der Sicherungsverwahrte bei seiner Entlassung nicht ohne alles dastehe.

In diesem Fall scheint es auf den ersten Blick, als knüpfe das Veräußerungsverbot eindeutig an die Person des Eigentümers an, nämlich an seine Eigenschaft als Sicherungsverwahrter. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich aber, daß dem nicht so ist: Die Anstaltsleitung - als der Hoheitsträger, um dessen Regelung es hier geht - hat es nämlich auf Seiten der Normadressaten nur mit Sicherungsverwahrten zu tun. Sie differenziert demnach nicht zwischen dem Eigentum von Sicherungsverwahrten und anderen Menschen, sondern sie knüpft innerhalb ihres Hoheitsbereichs an die Objekte an, die ihren Rechtsunterworfenen gehören, und definiert sie als nicht veräußerungs-

174 Thomas v. Aquin, Summa Theologica, IMI, qu. 66, 7; sehr instruktiv dazu Renzikowski, Notstand, 178 ff. (191 f.). Zu Notstandsbefiignissen auch bereits oben § 2 I 2 (6) mit FN 68, § 3 II 1 a (1); ferner etwa Schwabe, Jura 1994, 530.

II 2. Definition: ISB als Güterdefinition

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fähig 175. Folglich handelt es sich um einen Akt der Inhalts- und Schrankenbestimmung. (Ein anderes Thema ist, daß dieser Akt in mehrfacher Weise bedenklich war: Erstens fehlte es damals an einer gesetzlichen Grundlage gänzlich176. Zweitens ist sehr fraglich, ob die Regeiungsbefugnis der Anstaltsleitung über den "Markt" innerhalb der Anstalt hinaus auch die allgemeine Verfügungsbefugnis des Sicherungsverwahrten außerhalb dieses Bereiches umfaßt, m.a.W. seine Eigentumsfreiheit im allgemeinen Privatrechtsverkehr [wohl zu verneinen]. Drittens schließlich war die Beschränkung nicht erforderlich, weil dem Verwahrten noch vier Anzüge und vier Paar Schuhe blieben. Seine Verfassungsbeschwerde hatte denn auch Erfolg. Das BVerfG hat allerdings die Frage, ob hier Enteignung oder Inhalts- und Schrankenbestimmung vorliege, bezeichnenderweise offengelassen und schlicht die Verletzung des Art. 14 I 1 GG festgestellt 177.) Der Formulierung, daß die Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums "an das Objekt selbst anknüpft", könnte man einen gewissen Argwohn entgegenbringen, weil sie nach "Natur der Sache", nach "Wesensargument" oder gar nach der Unterscheidung von essentiellen und akzidentiellen Beschränkungen178 des Eigentums klingt. Dies ist jedoch, wie bereits deutlich geworden sein sollte, nicht gemeint. Nichtsdestoweniger wäre es zu begrüßen, wenn eine handhabbarere, weniger metaphorische Formulierung möglich wäre, die "Anknüpfung an das Objekt" also verzichtbar. Ob das völlig gelingen kann, sei hier nicht entschieden; vielleicht ist aber das folgende Merkmal der Inhalts- und Schrankenbestimmung tatsächlich nur ein klarere Fassung des gerade erörterten. Es erfüllt darüber hinaus noch eine zweite Funktion, nämlich die Inhalts- und Schrankenbestimmung von Beeinträchtigungen des Eigentums abzugrenzen, die noch nicht einmal den Schutzbereich des Art. 14 GG berühren (dazu unten III 3). (4) Festlegung der Rechte und Pflichten aller Eigentümer und NichtEigentümer als potentieller Kon trahenten (nicht Kon kurrente η). - Die Inhalts- und Schrankenbestimmung legt hinsichtlich eines Gutes, das Eigentum im Sinne der Verfassung ist, die Rechte und Pflichten fìr alle Eigentümer und Nicht-Eigentümer, als potentielle Kontrahenten (nicht also: Konkurrenten), fest. Sie begründet niemals ein Sonderrecht für einzelne 175

Insofern besteht eine Parallele zum Grundrecht aus Art. 3 I GG: Es gewährt das Recht auf Gleichbehandlung immer nur innerhalb des Hoheitsbereiches ("Marktes") eines bestimmten Hoheitsträgers ("Marktveranstalters"). Es schützt aber z.B. nicht davor, nach Hamburger Landesrecht schlechter zu stehen als beispielsweise nach bayerischem (BVerfGE 42, 20 [27] Hamburger Wegerecht/öffentliches Eigentum). 176 S. heute § 83 StVollzG. 177 BVerfGE 42, 229 (232). 178 So der Ansatz von Wolff/Bachof, VerwR I, § 60 I b 3 a.E.

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

Eigentümer oder Nicht-Eigentümer, und deshalb könnte man wohl auch formulieren: Sie begründe (oder entziehe) hinsichtlich des Gutes absolute Rechte, d.s. solche, die für jeden Eigentümer und Nicht-Eigentümer gelten, insbesondere auch für den Staat, wenn er sich in deren Rolle befindet. Nicht Inhalts- und Schrankenbestimmung ist folglich die Bevorzugung oder Benachteiligung von Konkurrenten, sei es auf der Nachfrager- oder auf der Anbieterseite (Beispiele sogleich unter 3). Eine solche Bevorzugung ist ausnahmsweise, nämlich bei Einräumung eines Sondtrzugrijfsrechts auf der Nachfrageseite, Enteignung. Im übrigen aber fallen Maßnahmen der Konkurrenzsteuerung überhaupt nicht in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie179. Am Charakter einer Inhalts- und Schrankenbestimmung ändert sich allerdings nichts, wenn die ("objektbezogene") Regelung gezielt die Anbieter- oder die Nachfragerseite insgesamt bevorzugt oder benachteiligt (und damit in gewisser Weise eine "bestimmte Personengruppe") - etwa im sozialen Mietrecht. (Erhalten bestimmte Mieter hingegen ein Sonderzwgnjfjfrrecht, so liegt eine Enteignung vor, Beispiel: BGHZ 6, 270 [GSZ], s.o. 1 b [3].) Problematisch wird es, wenn durch objektbezogene Regelungen faktisch bestimmte Personengruppen auf der Nachfragerseite bevorzugt werden: BVerfGE 21, 73; 21, 87; 21, 92; 21, 94; 21, 100; 21, 102; 21, 306 - Grundstücksverkehrsgesetz - : Nach dem GrdstVG bedurften rechtsgeschäftliche Veräußerungen eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücks der Genehmigung. Diese war u.a. dann zu versagen, wenn die Veräußerung eine "ungesunde Verteilung des Grund und Bodens" bedeutete. Dadurch wurden faktisch die am Erwerb interessierten (ortsansässigen) Land- oder Forstwirte bevorzugt180. (Zum GrdstVG s. auch BVerfGE 26, 215 - Veräußerungsverbot - .)

Gegenüber dem veräußernden Eigentümer m liegt hierin eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums. Enteignung scheidet aus, weil er nicht zum Verkauf gezwungen wird 182 , es werden ihm lediglich hinsichtlich des 179 So im Ergebnis auch P.M.Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, 507 ff.: Für ihn handelt es sich primär um ein Gleichheitsproblem, sekundär um Fragen der Freiheiten aus Art. 12 und 2 I GG; Art. 14 GG kommt nur ganz am Rande (S. 515, 532 f.) in Betracht. 180 BVerfGE 21, 100 (101); s. aber auch 21, 306 (309 ff.): keine Bevorzugung von Land- oder Forstwirten als solchen (sonst käme Enteignung in Betracht), sondern Vorrecht fur sie nur dann, wenn ein Bedarf am angebotenen Grundstück besteht; nur dann führt eine anderweitige Veräußerung zu "ungesunder Verteilung" von Grund und Boden. 181 Eine Verfassungsbeschwerde des Eigentümers lag allein in BVerfGE 21, 87 und 26, 215 GrdstVG II und VIII - vor; alle anderen Verfahren betrafen Verfassungsbeschwerden benachteiligter Erwerbswilliger. 182 S. aber auch den Fall BVerfGE 21, 94 - GrdstVG IV/Erbengemeinschaft: Dort hatte das AG den Auseinandersetzungsvertrag unter der Auflage genehmigt, der Bf. müsse seinen Grundbesitz binnen drei Jahren an hauptberufliche Landwirte veräußern; weü der Bf. dies nicht angefochten hatte, überprüfte das BVerfG diese Regelung freilich nicht mehr.

2. Definition: ISB als Güterdefinition

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"Inhalts" der Veräußerung Vorschriften gemacht - nicht nur, was den Preis, sondern auch, was die Auswahl unter den Kontrahenten betrifft. Es liegt ferner keine Benachteiligung gegenüber konkurrierenden "Anbietern" von Grundstücken "gleicher Art" vor. Das GrdstVG wurde vom BVerfG denn auch ausnahmslos als Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.d. Art. 14 I 2 GG (bzw. "Eigentumsbindung") angesehen183. Gegenüber den Konkurrenten der Land- bzw. Forstwirte (also: den übrigen Nachfragern) sah das BVerfG hingegen den Tatbestand des Art. 14 GG offenbar gar nicht als erfüllt an: Es ließ diese Frage dahinstehen (prüfte aber im Rahmen des Art. 2 I GG dann doch, ob das GrdstVG bzw. seine Anwendung gegen Art. 14 GG verstoße)184. c) Was nicht zum Begriff der Inhalts- und Schrankenbestimmung gehört: generelle Regelung Entgegen der Formulierung des BVerfG ist Kennzeichen der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nicht, daß sie abstrakt-generell erfolgt. Es kommt also nicht darauf an, ob schon das Gesetz selbst eine Eigentumsposition "entzieht" oder ob dies erst durch einen Vollzugsakt erfolgt. Insofern ist, wie schon erwähnt, Art. 14 I 2 GG mißverständlich formuliert (§ 1 IV 2): Die Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums erfolgt zwar primär "durch die Gesetze" - aber auch durch ihren Vollzug. d) Die Abgrenzung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung - eine Frage der tatbestandlichen Erfassung oder der Formenwahl hoheitlichen Handelns? Zum Abschluß sei noch ein Einwand bedacht, der sich im Anschluß an die Überlegungen ergeben könnte, die eingangs vor Erörterung der Tatbestandmerkmale angestellt wurden (unter a). Er würde in etwa lauten, daß durch die Abgrenzung des Abkaufenmiissens (Enteignung) vom Oefmierendürfen (Inhalts- und Schrankenbestimmung) in die scheinbar deskriptive Erfassung der beiden Eingriffstatbestände in Wahrheit doch Kriterien eingeflossen seien, die letztlich zur Rechtfertigung des hoheitlichen Handelns gehören, m.a.W.: Die Frage laute in Wahrheit gar nicht, ob in einem bestimmten Fall eine Enteignung bzw. Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums vorliege, 183 BVerfGE 21, 73 (79); 21, 87 (90); 21, 92 (93); 21, 100 (101); 21, 102 (105); 21, 306 (309); 26, 215 (222). 184 BVerfGE 21, 73 (76: Rekurs auf die "verfassungsmäßige Ordnung" und BVerfGE 10, 89 [99] - Erftverband - ); 21, 92 (93); 21, 100 (101); 21, 102 (104 f.); 21, 306 (310 f.).

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

sondern: ob der Staat "in Form" der Enteignung oder aber der Inhalts- und Schrankenbestimmung handeln müsse bzw. dürfe. Der Einwand führt letztlich zu einer Art Besinnung auf das "Wesen" oder die Rechtsnatur - unverfänglicher formuliert: auf die rechtstheoretische Qualifizierung - von Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung: Handelt es sich bei diesen um abgrenzbare (Eingriffs-)Tatbestände oder aber um prinzipiell austauschbare "Handlungsformen " der öffentlichen Gewalt185, die freilich nicht frei gewählt werden dürfen 186? Rechtslehre und Rechtsprechung scheinen meist eher vom letzteren auszugehen187. Dafür spricht schon die Formulierung, daß nicht unter dem "Etikett" oder "Deckmantel" der Inhalts- und Schrankenbestimmung in Wahrheit eine Enteignung durchgeführt werden dürfe (§ 2 I 3 b). Auch die weitere Vorgabe, daß die Enteignung nur bei strikter Beachtung des Grundsatzes der Erforderlicheit, als ultima ratio, angewendet werden dürfe 188, spricht eher für ihre Qualifizierung als besonders zu rechtfertigende "Handlungsform". Insbesondere der BGH betrachtet die Abgrenzungsfrage offenbar bis heute als ein Problem des "Rechtsformenmißbrauchs": Wie bereits erwähnt, meint er, daß es Interessenkonflikte gebe, die "nur im Enteignungswege ... lösbar" seien189. (Natürlich liegt das daran, daß er die Grenze zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung zumindest in einem letzten Kernbereich weiterhin nach Intensitätskriterien ziehen möchte.) Gegen diese Betrachtungsweise ist einzuwenden, daß die soeben referierten Anforderungen an die "Formenwahl" bei näherer Betrachtung schlecht aufeinander abgestimmt sind. Konsequenterweise müßte man nach der ultimaratio-Formel nämlich verlangen, daß dem Eigentümer wenigstens die Inhaberschaft seines Rechts zu belassen ist, wenn man durch das mildere Mittel einer "bloßen" Beschränkung denselben Effekt erreichen kann190 - etwa durch 185

... wie auf anderem Gebiet etwa Verwaltungsakt und öffentlich-rechtlicher Vertrag, s. § 54 VwVfG. 186 Zur Wahl zwischen öffentlich-rechtlichem und privat-rechtlichem Handeln krit. Kempen, Die Formenwahlfreiheit der Verwaltung. Kempen lehnt im Anschluß an Pestalozza diese Wahlfreiheit ab, weil es nicht darauf ankommt, was die Verwaltung will, sondern wie das, was sie tut, juristisch zu qualifizieren ist (insb. 121,126,129); dieser methodische Ansatz entspricht dem auch hier verfolgten (s. sogleich im Text). 187 S. etwa Schulte, Öffentliches Interesse, 99: Darf der Gesetzgeber "beliebig hantieren"?; zuletzt Götz, AgrarR 1994, 3 ("Etikettenschwindel?"). 188 BVerfGE 24, 367 (404 f.); s. auch BVerfGE 45, 297 (322). 189 BGHZ 121, 328 (337) - SaarlNatSchG - (s.o. unter a [2a]). 190 Anders zwar BVerfGE 24, 367 (395>: "Der Gesetzgeber kann zwar nicht mit dem Etikett einer (entschädigungslosen) Inhaltsbestimmung nach Art. 14 I 2 GG eine Regelung treffen, die nach ihrem materiellen Gehalt eine entschädigungspflichtige Enteignung ist; er kann aber umgekehrt Belastungen der Eigentümer, die sachlich keine Enteignungen darstellen, den strengeren

2. Definition: ISB als Güterdefinition

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eine "Inhaltsbestimmung auf Null". Andererseits könnte man behaupten, daß dann unter falschem Etikett eben doch eine Enteignung vorliege, so daß die "bloße" Beschränkung nicht zulässig sei, der Konflikt vielmehr "nur im Enteignungswege" lösbar. Mit dieser Argumentation könnte eine Inhalts- und Schrankenbestimmung unzulässig sein, weil eine Enteignung nötig ist, diese aber unzulässig, weil die Inhalts- und Schrankenbestimmung möglich. In Wahrheit gibt es also für die Rechtfertigung einer "Formenwahl" zwischen Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung gar keine handhabbaren Kriterien 191. Dennoch ist zuzugeben (und vielleicht auch gemeint), daß beides von der Rechtsform her auf die unterschiedlichste Weise "konstruiert" oder "formuliert" werden könnte (s.o. a [1]). Dadurch werden aber nicht die Enteignung oder die Inhalts- und Schrankenbestimmung selbst zu "Handlungsformen", zwischen denen "gewählt" werden müßte oder könnte192. Beide sind vielmehr Tatbestände, deren Erfüllung nicht davon abhängt, wie der Staat eine Maßnahme, die in das Eigentum eingreift, bezeichnet193. Oder m.a.W.: Bei der Unterscheidung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung kommt es nicht darauf an, was die öffentliche Hand darf oder muß, sondern was sie wirklich tut (unabhängig davon, wie sie es nennt). Welcher Art aber das ist, was sie tut - das ist qualitativ nach deskriptiven Kriterien zu entscheiden. Diese zu entwickeln, war Zweck der vorstehenden Ausführungen unter 1 und 2.

Erfordernissen des Enteignungsrechts unterstellen." Daß das heute noch so gilt, ist freilich zu bezweifeln: Die Entgegensetzung "entschädigungslose Inhaltsbestimmung - entschädigungspflichtige Enteignung" ist überholt. 191 Zumindest aus der Rechtsprechung des BVerfG ist kein Fall bekannt, in dem eine Inhaltsund Schrankenbestimmung verfassungswidrig gewesen wäre, weil sie "in Wahrheit" eine Enteignung war. Ebenso gibt es keinen Fall, in dem eine Enteignung rechtswidrig gewesen wäre, weil als "milderes Mittel" eine Inhalts- und Schrankenbestimmung in Betracht kam. - Konkret: Es bleibt wirtschafdich völlig gleich, ob das Seegrundstück enteignet wird oder ob der Eigentümer einen Anspruch auf Übernahme gegen Entschädigung geltend macht. Wonach sollte sich dann aber bemessen, ob das eine oder andere "gewählt" weiden muß - wenn nicht danach, daß der Eingriff im einen Fall der Sache nach eben Enteignung ist, im andern Inhalts- und Schrankenbestimmung? 192 Bezeichnend das Mißverständnis von BVerfGE 58, 300 (331) durch Erbguth, JuS 1988, 699: Zwar sind Legislativ- und Administrativenteignung zwei Formen der Enteignung - aber deshalb sind nicht auch Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung austauschbare "Formen" hoheidichen Handelns. 193 So in der Sache jetzt auch die Rspr. von BGH und BVerwG zu salvatorischen Entschädigungsklauseln im Rahmen des Art. 1412 GG (dazu Lege, JZ 1994, 433: "falsa demonstratio non nocet").

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

3. Kein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 GG durch Wirtschaftslenkung i.e.S.

Eine Reihe von Beeinträchtigungen der Vermögenssphäre des Einzelnen berührt von vornherein nicht die Eigentumsgarantie des Art. 14 I 1 GG. Dabei gibt es eine Art fließenden Übergang von der Frage, ob ein bestimmtes "Gut" wie z.B. ein Urheberrecht, wie der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb 194 oder das Vermögen als solches195 überhaupt Eigentums"objekt" sein kann, über die weitere, ob bestimmte, an ein Objekt geknüpfte "Rechtspositionen" angesichts einer gesetzlichen Inhalts- und Schrankenbestimmung überhaupt (noch) bestehen196, bis zu der letzten, ob eine bestimmte Beeinträchtigung, z.B. die Auferlegung von Geldleistungspflichten (insb. von Steuern)197, überhaupt einen "Eingriff" in das Grundrecht darstelle. Insofern erscheint es manchmal als eine bloße Formulierungsfrage, ob man z.B. sagt, daß "Chancen" nicht unter den Tatbestand des Art. 14 I 1 GG fielen oder daß ihre Beeinflussung durch den Staat "kein Eingriff" in eigentumsrechtlich geschützte Positionen sei. Ein praktischer Unterschied dürfte damit jedenfalls kaum verbunden sein (die verfassungsprozessuale Antragsbefugnis ergibt sich leicht aus anderen [Auffang-] Grundrechten). Maßnahmen des Staates, die Vermögenswerte Güter des Einzelnen beeinträchtigen, dabei jedoch weder Inhalts- und Schrankenbestimmung noch Enteignung sind, sondern den Schutzbereich des Art. 14 GG nicht einmal berühren, werden in der vorliegenden Untersuchung unter dem Begriff "Wirtschaftslenkung i.e.S." zusammengefaßt. Näherhin lassen sich, ohne großen systematischen Anspruch, folgende Fallgruppen unterscheiden:

194 Nach wie vor sehr schwierig abzugrenzen, s. nur vM-Bryde, RN 18 ff.; zu seinem Schutz unter dem Gesichtspunkt des Art. 14 GG umfassend Engel, AöR 118 (1993), 208 ff. 195 Nach der Rspr. des BVerfG und der ganz h.M. ist das Vermögen als solches durch Art. 14 GG nicht geschützt. 196 Beispiele: BVerfGE 58, 300 (332 ff.) - Naßauskiesung - : Gehört der Zugriff aufs Grundwasser zum Grundstückseigentum?; BGHZ 120, 38 (43) - Arkaden-Dienstbarkeit - : Gehört die Bebaubarkeit einer Teilfläche zum Inhalt des Eigentums (der Fall betraf ein "Extremgrandstück")? 197 Nach der Rspr. schützt Art. 14 GG hiervor i.d.R. nicht, s. z.B. BVerfGE 4, 7 (16 f.) - InvestitionshüfeG - ; 16, 147 (187) - Sonderbesteuerung des Werkverkehrs - ; 37, 121 (131) - Mutterschutz/Differenzzahlung der Arbeitgeber; 38, 61 (102) - Straßengüterverkehr/Leberpfennig - ; 50, 57 (104 ff.) - Zinsbesteuerung/Inflation - ; 75, 108 (154) - KünsdersozialVersicherung - ; s. aber auch 87, 153 (169) - EStG/ Existenzminimum - . Ausführlich und kritisch dazu BK-Kimminich, RN 50 ff.; MD-Papier, RN 156 ff.; vM-Bryde, RN 23. - Naturalabgaben werden freilich ohne weiteres dem Art. 14 I 2 GG zugeordnet, s. BVerfGE 58, 137 (144) - Pflichtexemplar - .

II 3. Wirtschaftslenkung i.e.S.: kein Problem des Art. 14 GG

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a) Kein Schutz vor Konkurrenten Die erste Fallgruppe besteht, wie bereits erwähnt, in der Einflußnahme auf den Wettbewerb durch Förderung von Konkurrenz überhaupt oder durch die Bevorzugung bzw. Benachteiligung bestimmter Konkurrenten. Was die Konkurrenz auf der Nachfragerseite betrifft, so wurde ein Beispiel schon genannt (s.o. 2 b [4] - GrdstVG). Auf der Anbieter-(Eigentiimer-)Seite war die Zulassung von Konkurrenten Gegenstand von BVerfGE 11, 192 - Notare und Ortsgerichte - : Nach hessischem Landesrecht war die Beurkundung gewisser Geschäfte nicht nur den Notaren, sondern auch den Ortsgerichten möglich.

Insoweit entschied das BVerfG eindeutig (sogar per Leitsatz), Art. 14 GG gewährleiste nicht, "daß dem Träger eines öffentlichen Amtes, auch wenn sich aus diesem privatrechtliche Ansprüche ergeben sollten, 'Konkurrenten' ferngehalten werden müßten"198. Für die Bevorzugung konkurrierender Anbieter eines zwar nicht "genau gleichen", aber doch sehr ähnlichen "Gutes" findet sich ein Beispiel in BVerfGE 31, 33 - Heizöltransporte/Binnenschiffahrt und Eisenbahn - : Der Bundesminister für Verkehr genehmigte der Bundesbahn 1962 einen billigeren Ausnahmetarif für Heizöltransporte. 38 konkurrierende Binnenschiffahrtsunternehmen sahen sich dadurch hauptsächlich in ihrem Recht auf Verhinderung unbilligen Wettbewerbs gem. § 8 Π des Allgemeinen Eisenbahngesetzes199, aber auch in ihrem Grundrecht aus Art. 14 GG verletzt.

Das BVerfG verneinte schon ein subjektives öffentliches Recht der Binnenschiffer gegenüber dem Minister, denn dieser habe allein im Allgemeinwohlinteresse gehandelt200. Art. 14 GG wurde gar nicht erst geprüft. Es dürfte unbestritten sein, daß in Fällen dieser Art 201 die Betroffenheit des Grundrechts aus Art. 14 GG zu verneinen ist - was natürlich nicht heißt,

198

BVerfGE 11, 192 (Ls. 3). Nach dieser Vorschrift hat die Bundesregierung darauf hinzuwirken, daß die Wettbewerbsbedingungen der Verkehrsträger angeglichen werden und daß eine volkswirtschaftlich sinnvolle Aufgabenteilung ermöglicht wird. Die Leistungen und Entgelte der Verkehrsträger hat der Bundesminister fiir Verkehr insoweit aufeinander abzustimmen, als unbilliger Wettbewerb zu verhindern ist (gleichlautend: §§ 7 GüKG, 33 BinnenSchVG). 200 BVerfGE 31, 33 (40-42). 201 Weitere Konkurrenz-Fälle: BVerfGE 16,25 - Niederbayerische Besamungsstelle/Umsatzsteuerbefreiung der Konkurrenz - ; 32, 311 - § 1 UWG/Vertreter für Grabsteine - ; 34, 252 - Steuerberater und Steuerbevollmächtigte. 199

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

einen Schutz durch andere Grundrechte, insbesondere Art. 3 I GG, ebenfalls auszuschließen202. b) Kein Schutz von "Chancen" und "Vorteilen" Nach wohl ebenfalls allgemeiner Meinung sind auch bloße "Interessen, Chancen, Verdienstmöglichkeiten"203 und sonstige zufallig günstige Gegebenheiten nicht durch Art. 14 GG gegen nachteilige Auswirkungen staatlichen Handelns geschützt. Beispiele sind die "Lagevorteile" eines Grundstücks im Hinblick auf seine Verkehrsanbindung204 (wobei freilich die Abgrenzung zu "Lagevorteilen", die etwas mehr als bloß "zufällig" bestehen, problematisch ist 205 ) oder besonders günstige Absatzsituationen206. Der Eigentümer hat insbesondere auch kein Recht darauf, gerade diejenige Verwertungsmöglichkeit zu verwirklichen, die ihm den größtmöglichen wirtschaftlichen Vorteil verspricht 207 - was jetzt auch der BGH anerkannt hat208. In all diesen Fällen muß der Marktveranstalter dem Eigentümer also nicht "gewährleisten", daß alles zu seinem Vorteil - beim alten bleibt. Im Einzelfall kann es freilich schwierig sein zu unterscheiden, ob eine rechtlich geschützte Vermögenswerte Position vorliegt oder bloß eine "Chance" 209 . Einen solchen Fall betraf BVerfGE 45, 142 - Getreidehandel/EWG-Interventionen - : Nach EWG-Recht stand den Getreidehändlern ein Anspruch auf "Intervention" durch die zuständigen staatlichen Stellen zu, d.h. auf die Abnahme von Getreide aus EWG-Beständen zu Mindestpreisen (Interventionspreis). Durch die Abwertung des französischen Franc wurde es ein lohnendes Geschäft, in Frankreich Getreide einzukaufen und es in der Bundesrepublik an die Interventionsstellen weiterzuverkaufen. Nach Ermächtigung durch die Kommission beschränkte die Bundesrepublik die

202

Dazu P.M.Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, 507 ff. Erstmals BVerfGE 28, 119 (142) - Spielbanken/"Tronc" - . 204 BGHZ 48, 58 - Rheinuferstraße - ; s. auch BGHZ 94, 373 - Rheinfähre/Verringerung des Fährbetriebs durch neue Brücke - . 205 BVerwGE 94, 1 (14) - Herrschinger Moos - nimmt etwa an, daß die Möglichkeit, von einem Seegrundstück aus Zugang zur freien Wasserfläche zu haben, ein irrelevanter Lagevorteil sei, sofern das Ufer aus Morast oder Schüfbewuchs besteht. 206 BGHZ 55, 261 - Soldatengaststätte - . 207 BVerfGE 38, 348 (351) - Zweckentfremdung von Wohnraum/Umwandlung in ein Bordell; 58, 300 (345) - Naßauskiesung - ; 84, 382 (385) - Mietrecht - . 208 BGHZ 223, 242 (253 f.) - Flugsanddüne - . 209 Maunz/Zippelius, § 28 II 3: "Die Grenze zwischen eigentumsrechtlich geschützten Gütern und nicht geschützten Chancen wurde bisher nicht zweifelsfrei bestimmt" (mit Hinweis auf BVerfGE 51, 193 (221 f.) - WeinG/Lagenamen I - ; 68, 193 (222 f.) - KostendämpfungsG/Zahntechniker - ); vgl. auch BVerfGE 78, 205 (211) - Uracher Hortfund/Schatzregal - . 203

II 3. Wirtschaftslenkung i.e.S.: kein Problem des Art. 14 GG

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Interventionen auf in Deutschland geerntetes Getreide. Einige wenige Händler boten den Interventionsstellen auch noch danach - vergeblich - französisches Getreide an.

Die Senatsmehrheit meinte, Art. 14 GG sei nicht berührt, weil die den Anspruch gewährenden Vorschriften nur (!) etwas verrechtlichten, was ohne sie bloße Erwerbschance wäre 210. Nach dem zutreffenden Sondervotum Geigers ist aber gerade das der Grund dafür, daß eine Rechtsposition und damit ein durch Art. 14 GG geschütztes subjektives Recht bestand211. (Im Ergebnis folgte Geiger freilich der Mehrheit, weil ein Vertrauen der Eigentümer auf den Fortbestand der Regelung nicht mehr bestanden hatte.) Im Falle der Kürzung oder Streichung von Subventionen sieht das BVerfG Art. 14 GG grundsätzlich nicht als berührt an212. Das gleiche soll auch bei der rückwirkenden Streichung von besonderen Vorteilen gelten, die an die Person des Begünstigten anknüpfen, und zwar selbst dann, wenn im Vertrauen auf sie nicht unerhebliche Vermögensdispositionen getroffen wurden 213. Ob das immer richtig ist, läßt sich bezweifeln, muß hier aber nicht entschieden werden. c) Kein Schutz vor Schicksal Der Staat als "Marktveranstalter" muß spätestens dann mit seiner "Gewährleistungspflicht" zugunsten der Eigentümer am Ende sein, wenn sich bei diesen Verluste aufgrund schicksalhafter Abläufe einstellen, deren Verlauf der Marktveranstalter nicht steuern kann oder konnte. In diesem Fall haftet er nicht für ein "Risiko", das außerhalb seines Bereiches liegt, das vielmehr die Allgemeinheit insgesamt - und den Einzelnen als Teil von ihr - trifft 214 . Im Staatshaftungsrecht hat der BGH dies sowohl im kleinen anerkannt, etwa wenn ein sichergestelltes Fahrzeug durch Vandalismus zerstört wird 215 , als auch im großen: keine Haftung für Waldschäden infolge sauren Regens216.

210

BVerfGE 45, 142 (171). BVerfGE 45, 142 (182-186). 212 BVerfGE 48, 403 - Wohnungsbau-PrämienG - ; 72, 175 - Darlehen aus Wohnungsfürsorgemitteln - ; 78, 249 - Fehlbelegungsabgabe - ; 88, 384 - DDR-Baukredite/"rückwirkende Anpassung an die Marktbedingungen". 213 BVerfGE 77, 370 - Schwerbehinderter/Kürzung des Übergangsgeldes - ; der Betroffene hatte im Vertrauen auf ein gegenüber Nicht-Behinderten erhöhtes Übergangsgeld vorzeitig gekündigt (s. auch unten III 2 c vor [1] FN 253). 214 Eine andere Frage ist, daß der Staat als Sozialstaat möglicherweise verpflichtet sein kann, solche Risiken abzugleichen, s. Zippelius, RPh § 34 ΠΙ. 215 BGHZ 100, 335. 2,6 BGHZ 102, 350. 211

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

Ebenso berühren auch Maßnahmen der "Wirtschaftslenkung i.e.S.", mit denen der Staat besondere Herausforderungen des Schicksals außerhalb des normalen Ganges der Dinge bewältigt, nicht das Grundrecht aus Art. 14 GG. Das BVerfG hat demgemäß mehrfach betont, daß Eigentumsverluste aufgrund des "Staatsbankrotts" des Deutschen Reiches nicht mit dem normalen Maß des Eigentumsgrundrechts gemessen werden können217. Dieselbe Betrachtungsweise, also "mehr insolvenzrechtliches Denken"218, wäre wohl auch bei der kürzlich erfolgten Ausdehnung des Gemeinwesens auf einen Markt angebracht gewesen, der dem Einfluß des Marktveranstalters bislang entzogen war, m.a.W.: beim Beitritt der ehemaligen DDR zum Bundesgebiet219. Es ist keineswegs selbstverständlich, das eigentumxediÛ\Qh& Unrecht 220, das dort geschehen war, im Ergebnis bevorzugt zu kompensieren221. (Eine andere Frage ist natürlich, daß die Bewältigung des "Schicksals" an den Gleichheitssatz gebunden ist; die Herausnahme mancher Objekte aus einer Entschädigungsregelung ohne sachlichen Grund verstieße gegen Art. 3 I GG222). *

*

*

Es bleibt nun zu prüfen, ob die Begriffe von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung, so wie sie oben definiert wurden, sich auch über die bereits erörterten Fälle hinaus bewähren oder ob nicht auch sie in manchen 217

BVerfGE 15, 126 (145 f.); 19, 150 (163); 24, 203 (214) - Allgemeines KriegsfolgenG - ; 29, 413 (425) - Forderung gegen Reichsnährstand - ; 41, 126 (150 ff.) - Reparationsschäden - mit besonders deuüichem Ls.l; s. auch 53, 164 (176) - Fremdrenten - . Zur "Bankrottlage" der ehemaligen DDR BVerfGE 84, 90 (131). - Auch der Aufopferungsanspruch des preußischen ALR galt übrigens unbestritten nur für "normale Zeiten". 218 Marotzke, ZIP 1993, 885. 219 S. auch Maunz/Zippelius, § 28 II 12. 220 Das BVerfG hat nur zur Detailfrage der Enteignungen auf besatzungsrechtlicher Grundlage (1945-1949) Stellung genommen und insoweit die durch den Einigungsvertrag getroffene Regelung für zulässig erklärt (BVerfGE 83, 162; 84, 90 [einstweilige Anordnung und Hauptsache]; s. auch die Nachzüglerin BVerfGE 85, 117); siehe ferner zu Einzelheiten des VermögensG BVerfGE 84, 286; 86, 133 [einstweüige Anordnung und Hauptsache]; 85, 130; 86, 15). 221 So Marotzke, ZIP 1993, 890 ff., 895 f.; s. auch zu den Besatzungsschäden BVerfGE 27, 253 (285): "Die Auffassung, daß im Hinblick auf Art. 14 III GG Schäden an Eigentum oder anderen Sachwerten unter allen Umständen voll entschädigt werden müßten, würde zu dem mit dem Wertsystem des Grundgesetzes unvereinbaren Ergebnis führen, daß angesichts der nicht in unbegrenzter Höhe zur Verfügung stehenden Mittel der Ausgleich solcher meßbaren materiellen Schäden den Vorrang vor dem Ausgleich nicht meßbarer immaterieller Schäden (an Leben, Gesundheit, Freiheit usw.) beanspruchen könnte." - Allgemein zum Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz Schmidt-Preuß, NJW 1994, 3249; Budde, NJ 1995, 74; zum Entwurf P.M. Huber, FS OLG Jena, insb. 278 f., 281 ff., 284 f., 286 f. zu den Anforderungen von Art. 14 und Art. 3 GG. 222 In diesem Sinne nochmals zu den Enteignungen auf besatzungsrechtlicher Grundlage Wasmuth, NJW 1993, 2476; ders., DÖV 1994, 986. Sehr umstritten ist weiterhin die Behandlung der sog. Mauergrundstücke, s. nur Wassermann, NJW 1995, 109.

III. Überprüfung der Definitionen

111

Fällen auf unüberwindbare Subsumtions- und Abgrenzungschwierigkeiten treffen.

ΙΠ. Überprüfung der Definitionen Man unterscheidet in der Methodenlehre (genauer: in der Logik, und dort in der Lehre vom Begriff) zwischen dem BegriffswAa/i (auch Intension genannt) und dem Bcgrìifsumfang (auch Extension)223. Unter ersterem versteht man die Angabe seiner Merkmale, insbesondere in einer Definition, unter letzterem die Fälle, die unter ihn "fallen". Beides hängt eng zusammen, und man bestimmt beides wechselseitig unter stetem "Hin- und Herwandern des Blickes"224. Hierzu gilt folgendes: Die Intension eines Begriffs, also die Vorstellung, die man sich von bestimmten Phänomenen macht, ist eine Art Erwartung an die Welt, eine Hypothese, wie sich die Dinge wirklich verhalten könnten, überspitzt: Begriffe sind Wünsche225 (wobei hinter deskriptiven Begriffen der Wunsch nach Ordnung steht). Da nun Wunsch (Hypothese) und Wirklichkeit auseinanderfallen können, fragt es sich zunächst einmal, wem der Vorrang gebührt nach realistischer Auffassung muß das die Wirklichkeit sein. Es fragt sich sodann, wie man die Übereinstimmung von Wunsch (Begriff) und Wirklichkeit überprüfen kann, und insofern bleibt letztlich nur die Überprüfung am Experiment 226. Was dieses betrifft, so gibt es gewisse Grundregeln, was ein "fairer Test" ist. Die wohl wichtigste dieser Regeln lautet, daß er unvoreingenommen sein muß, d.h.: Man darf die Auswahl der Tatsachen (die Wahrnehmung der Wirklichkeit) nicht davon abhängig machen, ob sie die zu prüfende Theorie (die zu prüfenden Begriffe, Hypothesen, Vorurteile) bestätigen. Das Experimentierfeld muß vielmehr nach Kriterien abgesteckt werden, die gegenüber denen der Theorie ein Moment der Zufälligkeit, des Unerwar-

223

Genauer Zippelius, ML, § 12 I c (S.69 f.); Hannappel/Melenk, Alltagssprache, 105 ff.; Koch/Rußmann, Juristische Begründungslehre, 129 ff. 224 So die berühmte Formulierung von Engisch, Logische Studien, 15 - dort freilich bezogen auf die Lehre vom Schluß und daher auf das "Wandern" zwischen Ober- und Untersatz. Da man Begriffe aber in Schlüsse umformulieren kann und umgekehrt (vgl. die treffende Pe/rce-Interpretation von Habermas, Erkenntnis und Interesse, 155), macht das in der Sache keinen Unterschied. - Zu Engisch jüngst Maschke, Gerechtigkeit durch Methode. 225 Hogrebe, ZfjphilForschung 1980, 18, 20; gemeint ist damit natürlich nicht der subjektivpsychische Wunsch- oder Denkvorgang, sondern der objektive Sinn- oder Bedeutungsgehalt der Vorstellung (Zippelius, RPh, § 4 III; ders., ML, § 4 I); oder mit den Worten Poppers: nicht die Welt 2, sondern die Welt 3 (Objektive Erkenntnis, 74 ff., 109 ff. et passim). 226 Zippelius, RPh, § 11 m, auch 18 II, 39 IV, 40 I; ders., ML, § 12 I; ders., Die experimentierende Methode im Recht.

112

§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

teten - Peirce würde sagen: der Zweitheit227 - ins Spiel bringen. Nur auf diese Weise bestellt die Chance, Fälle zu finden, welche die eigene Konzeption nicht nur illustrieren, sondern an denen sie sich bewähren muß. Das Experimentierfeld, an dem die hier vorgelegte Konzeption überprüft wurde, war vor allem die Rechtsprechung des BVerfG, so wie sie in die amtliche Sammlung Eingang gefunden hat; sie wurde "aufs Geratewohl systematisch", d.h. so wie die Fälle kamen (also vollständig), untersucht. Im folgenden werden zunächst die unschwierigen Fälle zusammengestellt (1) und sodann einige "hard cases" diskutiert (2), m.a.W.: Es geht darum, sich in mühevoller Kleinarbeit vom Begriffsferrc zum Begriffshof von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung voranzutasten228.

1. Standardfälle

a) Fälle der Enteignung sind in der Rechtsprechung des BVerfG relativ selten. Vom Gericht selbst wurden - richtigerweise - für Enteignungen gehalten229: vollständiger Entzug des Eigentums an Deichgrundstücken durch das Hamburger DOG (Legislativenteignung), BVerfGE 24, 367; Enteignung zum Zweck des Straßenbaus, BVerfGE "Rückenteignung" - ;

38, 175 - Fall der sog.

Eintragung von öffentlich-rechtlichen Lasten zu Gunsten des Baus der Hamburger U-Bahn230, BVerfGE 45, 297; Enteignungen nach dem Bayerischen Bodenreformgesetz, BVerfGE

46, 268;

Eintragung von Dienstbarkeiten zu Gunsten einer Seilbahn (Fahrrechte) auf den Teufelsstein in Bad Dürkheim, BVerfGE 56, 249 (einstweilige Anordnung: BVerfGE 31, 87); Enteignung zu Gunsten von Energieversorgungsunternehmen, BVerfGE

66, 248;

Unternehmensflurbereinigung zu Gunsten der Teststrecke Boxberg der DaimlerBenz-AG, BVerfGE 74, 264.

227

Peirce, CP 5.66, 5.45 ff. = Schriften S.358, 347 ff. Zu diesem Vorgehen Zippelius, ML, § 12 I a. - Mit dem Terminus "hard cases" ist auf den amerikanischen, auch in Oxford lehrenden Rechtstheoretiker Ronald Dworkin angespielt, zu ihm Bittner, Das Recht als interpretative Praxis. 229 S. auch die unproblematischen Fälle BVerfGE 35, 348; 56, 296; zu den Enteignungen in der ehemaligen DDR s.o. unter Π 3 c. 230 Nach dem BVerfG eine unzulässige Mischform von Legal- und Administrativenteignung, nachrichtiger Auffassung schlicht Administrativenteignung. 228

. Überprüfung der Definitionen:

fälle

113

In zwei Fällen "echter" Enteignung wurde die Frage, ob eine solche vorliege, offengelassen, nämlich in BVerfGE 8, 229 und 8, 240 - Kfe-Zuweisungen (hoheitliche Inanspruchnahme privater Kraftfahrzeuge zu Gunsten anderer Privater nach dem Krieg). In folgenden Fällen hat das BVerfG hingegen das Vorliegen einer Enteignung falschlich verneint: BVerfGE 14, 263 - Feldmühle - : Entzug von Aktien durch die Mehrheitsgesellschafter aufgrund des UmwG (s. oben Π 1 b [1]); ••f

BVerfGE 18, 121 - Mietrecht/Fiskusprivileg - : Nach dem Mieterschutzgesetz von 1923 wurden manche Mietverhältnisse vom Mieterschutz ausgenommen, wenn die öffentliche Hand die Wohnung zur Unterbringung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes benötigte (also: ein Sonderzugriffsrecht auf der Nachfragerseite); BVerfGE 31, 229 - Urheberrecht I/Schulbücher - : unentgeltlicher Zugriff von Schulbuchverlegem auf geschützte Werke (s.o. Π 1 b [l]) 231 ; BVerfGE 42, 264 - Conterganstiftung - : Entzug eines auf einem Treuhandkonto liegenden Guthabens "im eigenen Interesse der Enteigneten" zu Gunsten einer Stiftung des öffentlichen Rechts (s. oben Π 1 b [4]). b) Die Fälle der Inhalts- und Schrankenbestimmung sind in der Rspr. des BVerfG erheblich zahlreicher als die der Enteignung. Es finden sich beispielsweise232: preisrechtliche Vorschriften, etwa nach dem PreisG von 1948 (BVerfGE 8, 274), im Kleingartenrecht (BVerfGE 10, 221; 52, 1; 87, 114) oder im Gesundheitswesen (BVerfGE 68, 193; 70, 1 - KostendämpfungsG - ); Veräußerungsverbote und sonstige Verfugungsbeschränkungen nach dem GrdstVG (s.o. Π 2 b [4]); mietrechtliche Vorschriften (BVerfGE 37, 132; 49, 244; 50, 108; 53, 352; 71, 230; 79, 80 - Mieterhöhung - ; BVerfGE 38, 348; 55, 249; 86, 59 - Zweckentfremdung - ; BVerfGE 68, 361; 79, 283; 79, 292; 81, 29 mit Sondervotum Dieterich, Grimm und Kühling; 83, 82; 84 197; 84, 366; 84, 382; 85, 219; 89, l 2 3 3

231 Möglicherweise auch BVerfGE 31, 270 - Urheberrecht IV/ Schulfunk - (Sonderrecht zum Aufnehmen von Sendungen). 232 Das BVerfG hat nicht alle der folgenden Fälle als Inhalts- und Schrankenbestimmung qualifiziert, sondern gelegentlich schon verneint, daß der Schutzbereich betroffen sei oder ein Eingriff vorliege. 233 Anerkennung des Besitzrechts des Mieters als Eigentum i.S.d. Art. 14 I 1 GG, und zwar auch gegenüber dem Vermieter-Eigentümer; dazu die teils heftigen Reaktionen von Depenheuer, NJW 1993, 2561; Rüthers, NJW 1993, 2587; Sendler, NJW 1994, 709; Roellecke, JZ 1995, 74; s. auch Schmidt-Preuß, NJW 1995, 27, zu den Folgeningen für das Baunachbarrecht.

8 Lege

§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

114

- Kündigungsschutz - ; s. auch BVerfGE benspartners in das Mietverhältnis);

82, 7 - Eintritt des nichtehelichen Le-

Regelungen des Immaterialgüterrechts, insb. des Urheberrechts (BVerfGE 31, 248; 31, 255; 31, 275; 49, 382; 77, 263; 79, 1; 79, 29; 81, 12; 81, 208; s. bereits oben Π 1 b [1] und ferner unten 2 e), ferner des Warenzeichenrechts (BVerfGE 51, 193; 78, 58 - WeinG/Lagenamen - ), des Patentrechts (BVerfGE 18, 85; 36, 281); sonstige privatrechtliche Vorschriften (BVerfGE 25, 371 - Montanmitbestimmung/lex Rheinstahl; BVerfGE 50, 290 - MitbestimmungsG - ; BVerfGE 53, 257; 87, 348 - Versorgungsausgleich - ); Maßnahmen der Gefahrenabwehr (BVerfGE 11, 330 und 20, 351 - Tötung tollwutverdächtiger Hunde - ) und des Nebenstrafrechts (BVerfGE 44, 308 - Einziehung nach dem WaffenG - ); Nutzungsbeschränkungen (BVerfGE 8, 71; 21, 150 - Weinanbau - ; BVerfGE 10, 55; 88, 366 - Tierzucht/Körung - ; BVerfGE 10, 89; 45, 63; 58, 300 - Grundwasser - ; BVerfGE 26, 259 - Verkehrsverbot für Lkw an Wochenenden - ); Vorschriften aus dem Fischereirecht (BVerfGE 70, 191; 71, 137)234, aus dem Deichrecht (BVerfGE 25, 112 - NdsDeichG - ), aus dem Baurecht (BVerfGE 11, 294 - Bausperre - ; BVerfGE 34, 139 - Erschließungsbeiträge - ; 70, 35 - Hamburger Bebauungspläne - ). Die Fälle, in denen das BVerfG eine Enteignung fälschlich als Inhalts- und Schrankenbestimmung qualifiziert hat, wurden bereits oben unter (1) benannt; der umgekehrte Fall - Qualifizierung einer Inhalts- und Schrankenbestimmung als Enteignung - ist nur einmal vorgekommen, nämlich in BVerfGE 53, 336 - EisenbahnkreuzungsG (EKrG) - : Die Firmen Krupp AG und Gelsenberg AG betrieben im Ruhrgebiet eine Zechenbahn (ehemalige Zeche "Carolinenglück"). Durch Verlegung der Bundesstraße 1 - Ruhrschnellweg - entstand 234

Hinsichtiich des Falles BVerfGE 71, 137 - NdsFischereiG - könnte man zweifeln, ob nicht doch eine Enteignung vorlag: Durch das neue Fischereirecht wurden die bisherigen Fischereiberechtigten in Fischereigenossenschaften zusammengefaßt. Diese traten auch, in der Rolle des Verpächters, in bisher bestehende Pachtverhältnisse ein und konnten den Pächtern sodann vorzeitig kündigen. Lediglich Aufwendungen, die diese im Vertrauen auf die vereinbarte Pachtdauer gemacht hatten, wurden ersetzt. Im Gegensatz zum Fall BVerfGE 70, 191 - NRWFischereiG - , in dem alle Fischereiberechtigten in Genossenschaften zusammengefaßt wurden und blieben, konnten hier also einzelne Pächter vorzeitig hinausgedrängt werden. Bei der Enteignung kommt es jedoch nicht darauf an, ob einzelne Gruppen von "Eigentümern" (hier: die Pächter) im Vergleich zu andern ungleich getroffen werden, sondern darauf, ob einzelnen "Nachfragern" ein SonderzugùffsTecht eingeräumt wird. Nachdem die Fischereigenossenschaften in alle Pachtverhältnise eingetreten waren (sozusagen als neuer Anbieter-Monopolist, s.u. 2 b) und in allen die neue Kündigungsregelung galt, war das nicht der Fall, sondern es lag eine objektbezogene, die Rechte aller Pächter (und des einzigen Verpächters) betreffende Inhalts- und Schrankenbestimmung vor.

III 2. Überprüfung der Definitionen: Zweifelsfälle

115

1958-59 eine Kreuzung; die erforderlich gewordene Bahnbrücke wurde auf Kosten der Bundesrepublik errichtet. Nach dem EKrG 1939 hatte der Unternehmer des neu hinzukomenden Verkehrsweges dem des schon vorhandenen zudem die Unterhaltungskosten zu erstatten. Durch das EKrG 1963 erloschen diese Erstattungspflichten ersatzlos.

Das BVerfG sah darin -eine (Legislativ?-) Enteignung235. Bei richtiger Betrachtung handelte es sich jedoch nicht um ein marktinternes Zwangsgeschäft, sondern um die gänzliche Fortdefinition des Unterhaltungsanspruchs durch den Marktveranstalter mit Wirkung "für alle" Eigentümer und Nichteigentümer - also um eine "Inhaltsbestimmung auf Null".

2. Zweifelsfälle Besondere Schwierigkeiten bieten die folgenden Fälle - teils nur den "alten" Vorstellungen, teils aber auch der hier vertretenen Konzeption. a) Inhalts- und Schrankenbestimmung "auf Null" Vergleichsweise unproblematisch zu lösen sind nach der hier vertretenen "strengen" oder "konsequenten Trennungstheorie" die (von mir so bezeichneten) Fälle der Inhalts- und Schrankenbestimmung "auf Null". Sie können in zweierlei Gestalt auftreten. Zum einen kann der Vollzug eines inhalts- und schrankenbestimmenden Gesetzes dem Eigentümer im Einzelfall jegliche private Nutzung entziehen und ihm letztlich nur noch die rechtliche Zuordnung belassen, das "ius nudum". (Beispiel: völliges Betretungsverbot eines wertvollen Biotops). Ist diese Maßnahme wirklich Inhalts- und Schrankenbestimmung, überträgt sie also nicht das, was dem Eigentümer entzogen wird, einem anderen, sondern knüpft sie an das Eigentumsöö/efö selbst an (z.B. an seine natur- oder denkmalschutzrechtliche Eigenart) und bestimmt von daher die Rechte und Pflichten aller Eigentümer und Nicht-Eigentümer hinsichtlich dieses Objekts - dann bleibt sie Inhalts- und Schrankenbestimmung, und zwar selbst dann, wenn sie die privatnützigen Verwendungsmöglichkeiten des Objekts "auf Null" reduziert 236. Der Grund liegt gerade darin, daß hierfür eine Rechtfertigung be235

BVerfGE 53, 336 (347-9); a.A. mit Recht vM-Bryde, 3. Aufl., Art. 14 RN 55 mit Hinweis auf Krause, Eigentum an subjektiven öffentiichen Rechten, 53 FN 124. 236 A.A. insb. BGHZ 121, 328 (337 f.) - SaarlNatSchG - ; Engelhardt, NVwZ 1994, 338; ferner etwa Pieroth/Schlink, RN 1016; Maurer, AllgVerwR, § 26 RN 48, und wohl die ganz h.M.; offengelassen in BVerfGE 79, 174 (192); ausdrücklich wie hier Arndt/Rudolf, 119; i.E. wie hier wohl auch Paetow, VB1BW 1985, 6.

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

steht, die, nach der Bestimmung des Gesetzgebers (welche natürlich verfassungsgerichtlich überprüft werden kann) in der Sache selbst liegt (nicht also etwa in einem von einzelnen Nachfragern gesetzten Zweck). Und eine andere Frage ist, daß dem Eigentümer grundsätzlich ein Anspruch auf Übernahme gegen Entschädigung wird eingeräumt werden müssen. Was aber wirtschaftlich "enteignungsgleich" wirkt, ist deshalb rechtlich noch lange nicht Enteignung. Die zweite Fallgestaltung betrifft die völlige Aufhebung von bestehenden Rechtspositionen durch ein Änderungsgesetz, welches ein Gut insgesamt "vom Markt nimmt". Auch hier gilt: Enthält das Gesetz wirklich eine Inhaltsund Schrankenbestimmung des Eigentums, so bleibt es Inhalts- und Schrankenbestimmung. Es schlägt nicht in eine Enteignung um und ist auch niemals "zugleich" eine solche (s. bereits oben § 2 II 3, 4) 237 . (Den sozusagen umgekehrten Grenzfall bildet die Schaffung bestimmter Güter durch das Recht: Historisch gesehen macht erst das Urheberrecht ein Werk vom Gemeingut zum Privatgut, begründet es erst die "Marktfähigkeit" geistigen Eigentums; und ebenso macht auch erst die bürgerliche Rechtsordnung das Grundstückseigentum "marktfähig" 238. Während also die Inhaltsbestimmung "auf Null" die Eigentumsfähigkeit bestimmter Objekte gänzlich aufhebt, so daß diese "der Privatrechtsordnung entzogen werden" 239, kann eine Inhaltsbestimmung der Privatrechtsordnung auch gleichsam "ex nihilo" andere Objekte als neuerdings "eigentumsfahig" zuführen. [Ein aktuelles Beispiel wären Lizenzen zur Verschmutzung der Umwelt240.] Beide Grenzfälle - die Kreation neuer Eigentumsrechte und die gänzliche Beseitigung alter - gehören nach hier vertretener Auffassung schon bzw. noch zur Inhaltsbestimmung "des" Eigentums i.S.d. Art. 14 I 1 GG. Oder m.a.W.: Art. 14 I 2 GG ermächtigt den Gesetzgeber nicht nur, den Inhalt bereits vorhandenen

237 So in der Sache auch bereits das preußische ALR, wenn es zwischen Zwangskauf, insb. Enteignung, und Ausnahme vom gemeinen Verkehr unterschied; s.o. II 1 a (4) mit FN 91, ferner ALR 18 § 3: "Sachen, von deren Benutzung, ihrer Natur nach, Niemand ausgeschlossen werden kann, können kein Eigenthum einzelner Personen sein. " § 4: "Ein Gleiches gilt von Sachen, welche durch die Gesetze des Staats vom gemeinen Verkehr ausgenommen sind." Auch der Kampf um die "wohlerworbenen Rechte" (s.o. § 2 II 3 m.w.N.) wurde demgemäß nicht als ein Kampf um "Enteignungen" gefühlt. 238 Dazu bereits oben 14; s. auch nochmals die konservative These Leisners, HdbStR, RN 70 f. 239 BVerfGE 24, 367 (389); s.auch BVerfGE 58, 300 (339). 240 Dazu bereits oben § 3 Π 2 vor a FN 129.

III 2. Überprüfung der Definitionen: Zweifelsflle

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Eigentums zu modifizieren, sondern auch dazu, Eigentumsrechte zu schaffen und zu beseitigen241 - selbstverständlich nicht nach freiem Belieben242.) b) Definition staatlich monopolisierter Güter Wenig diskutiert ist die Qualifikation von Eingriffen in das Eigentum, wenn der Staat als Marktveranstalter über bestimmte Güter ein Monopol ausübt und in diesem Rahmen von seiner Definitionsmacht Gebrauch macht. Besteht das Monopol auf der Nachfrageseite, könnte man daran denken, daß der Monopolist ein Recht zum Zwangskauf habe. Einen solchen Fall betraf BVerfGE 14, 105 - Branntweinmonopol/Überbrandabzug - : Nach dem Branntweinmonopole hatten die privatwirtschaftlich betriebenen sog. Eigenbrennereien ihre Produkte an die Bundesmonopolverwaltung abzuliefern; diese war zur Übernahme verpflichtet. Der sog. Übernahmepreis wurde unterschiedlich festgesetzt: Für die Menge innerhalb des sog. Jahresbrennrechts wurde ein "regelmäßiger" Übernahmepreis errechnet; für den außerhalb des Brennrechts hergestellten Branntwein wurden Abzüge von diesem Preis festgesetzt (Grund: Steuerung der Erzeugung). Die Bf. sahen in der Festsetzung dieses sog. Überbrandabzuges u.a. eine entschädigungslose Enteignung.

Während das RG gemeint hatte, es handle sich hier zwar um einen Zwangs(ver)kauf, jedoch nicht um eine Enteignung243, hielt das BVerfG offenbar eine enteignungsfahige Rechtsposition nicht für gegeben. Es bestehe nicht zunächst ein Anspruch auf den regulären Übernahmepreis, der durch den Überbrandabzug (teil-)enteignet werde; vielmehr sei der Anspruch auf Übernahmegeld "von vornherein" nur in bestimmter Höhe gegeben, nämlich so, wie er sich - auch gestaffelt - aus den einschlägigen Vorschriften ergebe244. Nach hier vertretener Ansicht handelt es sich um eine Inhalts- und 241

So wohl auch, trotz nicht ganz korrekter Formulierung, BVerfGE 83, 201 (212), dazu bereits Lege, NJW 1993, 2566 FN 26. In der Sache haben bereits BVerfGE 51, 193 (219 f.) und 78, 59 (74 f.) - Weingesetz/Lagenamen - den vollständigen Entzug alter Rechte jedenfalls nicht als Enteignung qualifiziert; dazu jetzt auch Kraft, BayVBl. 1994, 101. - Daß mit diesem Verständnis von "Inhaltsbestimmung" die Grenze des Wortlautes überschritten sei, wird man verneinen können: "Das" Eigentum wird durch Art. 14 I 1 GG zwar als Institut geschützt, es obliegt aber dem Gesetzgeber zu bestimmen, was im einzelnen Gegenstand des Eigentums ist - und was nicht (s. auch oben § 2 I 2 [4]). 242 S. bereits BVerfGE 24, 367 (389): "Die Institutsgarantie verbietet ... , daß solche Sachbereiche der Privatrechtsordnung entzogen werden, die zum elementaren Bestand grundrechtlich geschützter Betätigung im vermögensrechtlichen Bereich gehören, und damit der durch das Grundrecht geschützte Freiheitsbereich aufgehoben oder wesentlich geschmälert wird." 243 RGZ 113, 327 (333 f.). 244 BVerfGE 14, 105 (120).

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

Schrankenbestimmung: Die Bedingungen, unter denen das Gut "Branntwein" gehandelt werden darf, werden durch das Monopolgesetz für alle Anbieter und Nachfrager bestimmt. Insbesondere besteht kein SöAwferzugriffsrecht zu Gunsten einzelner Nachfrager, eben weil es auf dieser Seite nur den einen Monopolisten gibt. Anbietermonopole führen, wie bereits gesagt, nicht zu einer Enteignung, und zwar auch dann nicht, wenn ein rechtlicher Erwerbszwang besteht (Beispiel: Anschluß- und Benutzungszwang, s.o. II 1 a [4]). Es liegt aber - hinsichtlich der zu erwerbenden Rechtsposition - auch keine Inhalts- und Schrankenbestimmung vor, eben weil das Eigentum, in das eingegriffen werden könnte, erst erworben werden muß, kurz: Art. 14 GG ist durch den Erwerbszwang als solchen (noch) nicht berührt 245. (Eine andere Frage ist, ob der Anschluß- und Benutzungszwang hinsichtlich des Grundstückstigentums einen Eingriff nach Art. 14 I 2 GG darstellt; das BVerfG hat insoweit das Erschließungs- und Erschließungsbeitragsrecht mit Recht als Inhalts- und Schrankenbestimmung qualifiziert 246.) c) Definition öffentlich-rechtlicher Ansprüche, insb. in der Sozialversicherung Um ein Anbietermonopol handelt es sich in gewisser Weise auch bei öffentlich-rechtlichen Zwangsversicherungen247, insbesondere bei der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten248. Ansprüche in deren Rahmen haben wiederum mit sonstigen Vermögenswerten öffentlich-rechtlichen Ansprüchen gemeinsam, daß die öffentliche Hand einseitig auf ihren Inhalt Einfluß nehmen kann. In dieser Hinsicht gleichen sich sonst so unterschiedliche Rechtsgebiete wie der öffentliche Dienst249, die Förderung nach dem 245

Es gibt insoweit also keine "negative Eigentümerfreiheit", so wie es eine negative Vereinigungsfreiheit (s. dazu BVerfGE 10, 89 [102] - Erftverband - ) oder negative Religionsfreiheit (BVerfGE 41, 29 [49] - Chrisdiche Gemeinschaftsschule - ) gibt (a.A. Hellermann, Die sogenannte negative Seite der Freiheitsrechte, 164 ["wohl auch"]). 246 BVerfGE 34, 139 (145) - Ortsdurchfahrten - . 247 BVerfGE 10, 141 - Badische Gebäudebrandversicherung - ; 10, 354 - Bayerische Ärzteversorgung - ; 12, 319 - Berliner Ärzteversorgung - . 248 Zum Unterschied zwischen privater Versicherung und Sozialversicherung aber BVerfGE 70, 101 (110): Bei letzterer komme der Gedanke der Solidarität und des sozialen Ausgleichs hinzu. 249 Die Besoldung und Versorgung der Beamten ist dabei durch Art. 33 V GG "ebenso gesichert wie das Eigentum durch Art. 14 GG" (BVerfGE 21, 329 [344 f.]; 39, 196 [200]; 61, 43 [56 f.]; s. auch bereits BVerfGE 3, 58 [153]); die Ansprüche der sonstigen Bediensteten (dazu bereits BVerfGE 3, 162 [185 f.]) sowie der Berufssoldaten (BVerfGE 16, 94 [111] mit fragwürdigem Verweis auf BVerfGE 3, 288) fallen hingegen unmittelbar unter Art. 14 GG; einen praktischen Unterschied macht das nicht.

III 2. Überprüfung der Definitionen: Zweifelsfälle

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BAFöG, das Sozialhilferecht, der Lastenausgleich250 oder die Entschädigung für andere Kriegsfolgen 251 und nationalsozialistisches Unrecht 252. Nach der Formel des BVerfG genießen öffentlich-rechtliche Ansprüche dann den Schutz der Eigentumsgarantie, wenn sie nicht nur auf staatlicher "Gewährung" beruhen253, sondern das "Äquivalent eigener Leistung" sind254. Letzteres wurde für die Versorgungsansprüche des öffentlichen Dienstes bereits sehr früh angenommen255; hinsichtlich der Rentenversicherung blieb es lange offen 256 und wurde erst 1980 im Urteil zum Versorgungsausgleich zwischen geschiedenen Ehegatten anerkannt257. Im folgenden ist exemplarisch zu prüfen, wie nach der hier vertretenen Auffassung einige Eingriffe des Gesetzgebers in öffentlich-rechtliche Rechtspositionen zu qualifizieren sind. [1] Im Hinblick auf sozialversicherungsrechtliche Ansprüche wurde bereits oben die Frage aufgeworfen (II 1 a [4]), wie es sich verhält, wenn die zwangsweise erworbene Rechtsposition durch eine Maßnahme des AnbieterMonopolisten "Staat" nachträglich wieder entzogen oder gekürzt wird. Sie stellt sich in gleicher Weise, ggf. unter dem Titel des Art. 33 V GG, auch für die Versorgungsansprüche 258 im öffentlichen Dienst. Nach wohl einhelliger Meinung handelt es sich, wenn überhaupt um einen "Eingriff" in das 250

BVerfGE 11, 50; 11, 64; 17, 67; 18, 441; 19, 354; 21, 209; 23, 288; 32, 111; 32, 249. BVerfGE 3, 4; 15, 126; 19, 150; 23, 153; 23, 229; 24, 203; 27, 253; 27, 326; 41, 126; 41, 193; 45, 83; 84, 90. 232 BVerfGE 2, 380; 13, 39; 13, 46; 17, 122; 18, 196; 23, 85; 30, 367; 32, 111; 32, 249; 38, 128. 233 S. auch bereits BVerfGE 2, 380 (402): "Fürsorge". - Fragwürdig BVerfGE 4, 219 (241 f.): Der Anspruch der Mitarbeiter der Entnazifizierungsbehörden auf Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst sei "eine zusätzliche Schutz- oder Fürsorgemaßnahme des Staates", nicht eine "Gegenleistung" für die geleisteten Dienste (i.E. verstieß seine nachträgliche "Wegdefinition" immerhin gegen Art. 3 GG, a.a.O. 243 ff.). - Fragwürdig auch, wenn mit Hinweis auf staatliche Fürsorge betätigtes Vertrauen (Vermögensdispositionen) schutzlos gestellt wird (s.o. II 3 b FN 213). 254 Diese Formulierung erstmals in BVerfGE 14, 288 (294) - Ausschluß der Selbstversicherung in der Rentenversicherung der Arbeiter - ; hinzukommen soll bei sozialversicherungsrechtlichen Positionen, daß sie der Existenzsicherung dienen, so BVerfGE 69, 272 (303) - Krankenversicherung der Rentner/ "Halbbelegung" - . Stein, § 14 η 1, will unter Rückgriff auf Dürig, FS W. Apelt, 28, 48 ff., auch Ausgleichsansprüche, die durch ein besonderes Opfer an Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum erworben wurden, durch Art. 14 GG schützen; folgte man dem, wären etwa BVerfGE 2, 380 - NS-Haftentschädigung - ; 32, 111 - Österreichfälle (s.u. d [3]) - fragwürdig entschieden worden; noch weitergehend Schramm, Staatsrecht II, 239; krit. SchmidtDeCaluwe, JA 1992, 133 ff. 233 BVerfGE 16, 94 (113) - Unbelasteter Wehrmachtsoffizier - : "durch seine Dienstleistung erworbenes Recht" (im Original hervorgehoben). 236 S. etwa BVerfGE 22, 241 (253) - Heraufsetzung der Altersgrenze - ; ferner die Zwischenbilanz BVerfGE 40, 65 (82-84) - Knappschaftsrente - . 237 BVerfGE 53, 257 (291 f.). 238 Z.B. BVerfGE 3, 58; 3, 288; 16, 94; 16, 254; 21, 329; 22, 387; 28, 163; 39, 196; 61, 43; 68, 287; 85, 176; siehe auch bereits oben FN 249. 251

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

Grundrecht aus Art. 14 GG 259 , dann nicht um Enteignung, sondern stets um Inhaltsbestimmung des Eigentums260. Dem ist zuzustimmen: Man könnte und müßte zwar an Enteignung denken, wenn man mit dem BVerfG als deren hinreichendes Kriterium bereits die "Entziehung" der Rechtsposition ansähe denn eine solche läge sicherlich vor 261 . Nach hier vertretener Ansicht reicht die Entziehung allein aber gerade nicht hin (s.o. § 2 II 1), sondern es muß die Übertragung auf einen andern "Marktteilnehmer" zu dessen Bereicherung hinzukommen (was hier fehlt), und zudem müßte dieser auf der Nachfrageseite stehen (was hier ebenfalls nicht der Fall ist). Die Kürzung, Aufhebung oder sonst nachteilige Veränderung sozialversicherungsrechtlicher Positionen262 ist somit stets Inhalts- und Schrankenbestimmung: Das entsprechende "Gut" 263 wird durch den "Marktveranstalter", der zugleich alleiniger Anbieter ist, für alle Anbieter und Nachfrager definiert. [2] Fraglich ist, ob dann, wenn beim Zusammentreffen mehrerer öffentlichrechtlicher Positionen die "Summe" dessen, was dem Anspruchsinhaber zusteht, gekürzt wird, nicht doch eine Enteignung vorliegen könnte. Möglich sind etwa Anrechnungsfälle: die Anrechnung sozialversicherungsrechtlicher Ansprüche auf andere sozialversicherungsrechtliche Ansprüche (BVerfGE 31, 185 - Arbeitslosengeld auf Altersrente; 79, 87 - Verletztengeld/Übergangsgeld auf Krankengeld -); die Anrechung sozialversicherungsrechtlicher Ansprüche auf die Versorgung im öffentlichen Dienst (BVerfGE 17, 337; 76, 256; 79, 223 - jeweils Anrechnung von Renten); die Anrechnung freiwillig erworbener Ansprüche auf Ansprüche aus der Pflichtversicherung (BVerfGE 11, 221 - Zusatzsterbegeld - ; s. dazu auch unter [3]);

259

Das blieb offen etwa in BVerfGE 64, 87 (97 f.) - Rentenanpassung - . S. nur BVerfGE 53, 257 (293 f.); 76, 220 (238); aus dem Schrifttum etwa Krause, Eigentum an subjektiven öffentiichen Rechten, 77 f. (der Art. 14 GG allerdings nur analog anwenden will, 47 ff.); Ossenbühl, FS W.Zeidler, 636 ff.; Katzenstein, FS W.Zeidler, 667 f. (noch zweifelnd, aber überholt durch BVerfGE 75, 78 [97]); Söllner, FS W.Geiger, 265 f.; v. Brünneck, JZ 1990, 994. 261 Besonders instruktiv: BVerfGE 16, 94 (104, 110, 118) - Versorgungsansprüche eines unbelasteten - Berufssoldaten der Wehrmacht. 262 Z.B. BVerfGE 20, 52 - Art der Rentenberechnung - ; 22, 241 - Heraufsetzung der Altersgrenze - ; 36, 73 - Abschmelzung des Knappschaftsmhegeldes - ; 64, 87 - Rentenanpassung/Senkung des Zuwachses - ; 66, 234 - Berücksichtigung von Ausfallzeiten (i.E. sehr fraglich); 69, 272 - Krankenversicherung der Rentner/kein Anspruch auf beitrag/o je/i Schutz; 72, 9 - Arbeitslosengeld/Verdoppelung der Anwartschaftszeit - ; 74,203 - Arbeitslosengeld/Meldeversäumnisse - ; 75, 78 - Erwerbsunfähigkeitsrente/Erhaltung der Anwartschaft nur durch Weiterzahlung (im Ergebnis fraglich). 263 Zur sozialen Sicherheit als "Gut", und zwar als ebenso öffenüiches wie knappes, s. Hase, FS H.Ridder, 265. 260

2. Überprüfung der Definitionen: Zweifelsfälle

121

Verschärfungsfälle: die Beseitigung günstiger Berechnungen beim Zusammentreffen mehrerer Ansprüche, insb. einer "Doppelanrechung" von Ausbildungsund Ausfallzeiten (BVerfGE 70, 101; s. dazu auch sogleich unter [3]); die nachträgliche Begründung einer doppelten Beitragspflicht (BVerfGE 78, 232 Rentenversicherung und landwirtschaftliche Altershilfe - ); Ausschlußfälle: der Wegfall sozialversicherungsrechtlicher Positionen beim Zusammentreffen mit anderen öffentlichrechtlichen Ansprüchen (BVerfGE 74, 9 kein Arbeitslosengeld bei gleichzeitigem Bezug von BAFöG264 - ; s. dazu auch unten d [2]); die Vorenthaltung sozialversicherungsrechtlicher Leistungen bei gleichzeitiger beamtenrechtlicher Versorgung (BVerfGE 63, 152 -Rehabilitationsmaßnahmen-); der nachträgliche Ausschluß beitragsfreier Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner bei gleichzeitiger Versicherung in der neu geschaffenen Krankenversicherung der Landwirte (BVerfGE 51, 257).

Wenn man den "Entzug" für das entscheidende Kriterium der Enteignung hielte, dürfte es zumindest in manchen der genannten Fälle schwierig werden zu begründen, warum eine solche nicht vorliegen sollte. Man könnte in den "Anrechnungsfällen" obendrein erwägen, ob nicht dem Schuldner des "entzogenen" Anspruchs (also etwa dem Sozialversicherungsträger oder dem Dienstherrn) die Forderung des Gläubigers durch Zwangskontrakt gänzlich erlassen werde - so daß eine Enteignung vorliege. Richtigerweise wird man aber dennoch in all diesen Fällen Inhalts- und Schrankenbestimmungen sehen müssen - wenn, weil und soweit die öffentliche Hand hinsichtlich aller zu berücksichtigenden Ansprüche das "Anbietermonopol" hat. Denn dann - aber auch nur dann - kann sie nicht aufgrund Sonderrechts auf die Ansprüche der Gläubiger zugreifen. Problematisch sind demnach eine Reihe von Konstellationen, in denen zu Gunsten der öffentlichen Hand Ansprüche beschränkt oder entzogen wurden, die nicht einem öffentlich-rechtlichen Anbietermonopol unterlagen (sogleich [3] bis [5]). [3] Zu denken ist zunächst an die Fälle, in denen das Rechtsverhältnis von den Inhabern der öffentlich-rechtlichen Ansprüche freiwillig begründet wurde 265 - denn in diesem Fall ist die öffentliche Hand letztlich nur einer unter vielen "Anbietern" auf dem Markt der Geldanlagen zur ZukunftsVorsorge:

264

Dazu auch unten d [2]. S. aber auch BVerfGE 67, 1 (21-24) - Herabsetzung des Emeritierungsalters/Sondervotum Böckenförde und Steinberger - : kein geringerer Schutz von Rechtspositionen, die in einem statusregelnden generellen Gesetz enthalten sind, gegenüber solchen, die auf individueller Vereinbarung beruhen. 265

122

§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

BVerfGE 11, 221 - Zusatzsterbegeldversicherung - : Eine sehr günstige freiwillige Zusatzversicherung in der Krankenversicherung der Rentner wurde dadurch entwertet, daß das Pflichtsterbegeld erhöht und die Erhöhung vollständig auf das aus der Zusatzversicherung zu zahlende Sterbegeld angerechnet wurde; BVerfGE 14, 288 und 306 - Selbstversicherung in der Rentenversicherung der Arbeiter bzw. Angestellten - : Im Jahre 1957 wurde der freiwillige Beitritt zur Rentenversicherung in Form der sog. Selbstversicherung abgeschafft. Wer vor dem 1.1.1956 Beiträge geleistet hatte, konnte die Versicherung fortsetzen; wer erst danach damit begonnen hatte, erhielt lediglich die Beiträge ersetzt; BVerfGE 29, 283 - "Halbbelegung" - : Für die in der Angestelltenversicherung freiwillig Weiterversicherten wurde die Anrechnung beitragsloser Ausfall- und Zurechnungszeiten verschlechtert; BVerfGE 58, 81 (119 ff.); 70, 101; 71, 1 - Angestelltenversicherung/"freiwillige Pflichtversicherung" - : Im Jahre 1972 wurde die Möglichkeit geschaffen, sich in der gesetzlichen Rentenversicherung "freiwillig pflichtversichern" zu lassen. Diese Versicherung bot insbesondere bei der Anrechnung von Ausfallzeiten (Ausbildung, Kriegsdienst, Gefangenschaft) große Vorteile und wurde von einigen auch gerade um dieser Vorteile willen abgeschlossen (s. bereits oben unter [2]). Der Gesetzgeber beseitigte die günstigen Regelungen jedoch schon 1977; eine Möglichkeit zum Austritt wurde den Versicherten nicht gegeben.

Das BVerfG sah im ersten Fall keine Enteignung, sondern eine "neue Inhaltsbestimmung", weil die Abänderbarkeit von vornherein zur sozialversicherungsrechtlichen Anwartschaft gehöre; auch sei die Zusatzversicherung eine "Wohltat" gewesen266. Im zweiten und dritten Fall hielt das Gericht die Rechtsposition der Selbstversicherten schon nicht für geschütztes Eigentum, weil sie überwiegend auf "staatlicher Gewährung" beruhe267. Auch in den zuletzt genannten drei Fällen hatte die Berufung der Eigentümer auf Art. 14 GG keinen Erfolg: die "besondere Vergünstigung", der keine eigene Leistung entsprochen hätte, das "ungerechtfertigte Privileg" habe den Versicherten nicht erhalten werden müssen268. All das ist durchaus fraglich. Denn wer sich freiwillig-privatautonom auf ein Geschäft mit der öffentlichen Hand einläßt, handelt im Grunde "marktintern", und er verpflichtet sich dabei auch sehr wohl zu einer "eigenen Leistung"269. Ob diese der Gegenleistung angemessen ist, zu der sich die öffentliche Hand verpflichtet, darüber muß diese sich, als Anbieter, vor Abschluß 266

BVerfGE 11, 221 (226, 230 f.). BVerfGE 14, 288 (295); 29, 283 (302). 268 BVerfGE 58, 81 (111 f.); 70, 101 (113). 269 ... jedenfalls dann, wenn man unter "Leistung" die Beitragsicistung versteht, vgl. Söllner, FS W.Geiger, 224; dazu einerseits BVerfGE 58, 81 (112 f.); 69, 272 (301); andererseits BVerfGE 76, 220 (236 f.). 267

III 2. Überprüfung der Definitionen: Zweifelsflle

123

des Geschäfts klar werden. Nach Abschluß des Geschäfts muß sie sich hingegen nach der allgemeinen Marktregel "pacta sunt servanda" an dem festhalten lassen, was sie versprochen hat, und zwar selbst dann, wenn es eine Art Geschenk wäre ("auch vorteilhafte Rechtspositionen haben Anspruch auf Vertrauensschutz" 270). Zumindest dürfte, wenn die Begründung des Geschäftes Einvernehmen voraussetzte, auch eine Abänderung ("actus contrarius") nur einvernehmlich erfolgen 271. Kürzt somit die öffentliche Hand ihre Leistung später, so spricht einiges dafür, darin eine Enteignung zu sehen: nämlich einen im Grunde marktinternen Vorgang, einen "zwangsweise zweiseitigen" Erlaßvertrag. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn die Möglichkeit späterer, nachteiliger, einseitiger Änderung "von vornherein" vereinbart worden wäre 272; man müßte dann aber wohl verlangen, daß dies offen und eindeutig geschah. Es ist wohl kein Zufall, daß in den Entscheidungen zur "freiwilligen Pflichtversicherung" zumindest am Rande ein durchaus marktinternes Kriterium auftaucht, nämlich die Frage, ob ein "ehrbarer Kaufmann" so handeln könne273. Es liegt wohl an der Voreingenommenheit gegenüber öffentlichrechtlichen Ansprüchen, daß es nicht genügend bedacht wurde. [4] Sehr wohl könnte es ferner auch dann eine Enteignung darstellen, wenn dem Inhaber einer sozialversicherungsrechtlichen Position oder eines Versorgungsanspruchs zu Gunsten des Schuldners dieser Ansprüche andere, insbesondere privatrechtliche Ansprüche entzogen werden - solche also, die nicht einem öffentlich-rechtlichen Anbietermonopol unterworfen sind. Man bedenke etwa die Fälle BVerfGE 31, 212 - Wehrdienstbeschädigung - : Das SoldatenversorgungsG (SVG) gewährte Soldaten sowie ihren Hinterbliebenen im Falle einer Wehrdienstbeschädigung Versorgungsansprüche. § 91a SVG schnitt alle weiteren Ansprüche gegen den Bund oder die in seinem Dienst stehenden Personen ab, sofern nicht eine vorsätzliche unerlaubte Handlung vorlag. (Im Ergebnis war das eine Befreiung von der Haftung für fahrlässiges Handeln274.) Der Sohn der Klä270

BVerfGE 58, 81 (132 - Sondervotum Benda und Katzenstein); sie haben sogar erhöhten Anspruch auf Vertrauensschutz, wenn sie durch eine besondere, freiwillige Disposition des Betroffenen ("Vertnuiensbetätigung") begründet werden (dazu Ossenbühl, FS W.Zeidler, 642 ff.). 271 Ausnahmsweise könnte man an den Wegfall der Geschäftsgrundlage denken; vgl. dazu die Rspr. zur Kürzung der Betriebsrenten nach der Rentenreform von 1957 (,Söllner, FS W.Geiger, 264 m.w.N.). 272 Darauf läuft offenbar das Sondervotum von Niemeyer und Heußner in BVerfGE 71, 1, 17 (21) hinaus. 273 BVerfGE 58, 81, 129 (133 f. - Sondervotum Benda/Katzenstein); 71, 1, 17 (22 f. - Sondervotum Niemeyer/Heußner). 274 Dazu auch BVerfGE 49, 304: Die Rspr. hatte die aus § 823 BGB folgende Haftung psychologischer Sachverständiger wegen Verletzung des Rechts der persönlichen Freiheit selbst bei

124

§3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

ger des Ausgangsverfahrens - ein Gefreiter - war durch Starkstrom getötet worden, weil seine Kameraden eine Fernsprechleitung vorschriftswidrig an einem Hochspannungsmast befestigt hatten. Die Kl. erhoben gegen den Bund weitere, über die Versorgung hinausgehende Ansprüche; sie hatten keinen Erfolg; BVerfGE 42, 176 - Anrechnung einer Abfindung auf das Arbeitslosengeld - : Nach § 117 AFG 1969 ruhte der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit, in der der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhielt oder zu beanspruchen hatte. Erhielt er wegen vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, so wurde diese i.E. vollständig auf das Arbeitslosengeld angerechnet.

Während das BVerfG im zweiten Fall der Verfassungsbeschwerde stattgab, aber offenließ, ob Art. 14 GG überhaupt berührt sei275, qualifizierte es im ersten Fall die Norm des § 91a SVG als Schrankenbestimmung des Eigentums, hielt sie aber für verfassungsmäßig 276. Mit Ausnahme des Ergebnisses im zweiten Fall erscheint all das als fraglich. Im zweiten Fall läßt sich der Schuldner des eigentumsrechtlich geschützten, von ihm selbst definierten Anspruchs nämlich zwangsweise einen anderen, privatrechtlichen Anspruch des Gläubigers abtreten, um mit diesem dann gegen dessen Forderung aufzurechnen. Im ersten Fall wird ebenfalls nicht eigentlich das Gut "Entschädigungsanspruch" umdefiniert, sondern es werden andere (insb. Schadensersatz-) Ansprüche des Gläubigers, die sich zufällig gegen denselben Schuldner richten (oder gem. Art. 34 GG auf ihn übergeleitet werden), diesem zwangsweise erlassen, um ihn zu entlasten. Hinsichtlich des jeweils anderen Anspruchs erscheint der Schuldner des sozialversicherungs- bzw. versorgungsrechtlichen Anspruchs nun freilich in beiden Fällen als ein "Nachfrager" wie jeder andere auch, so daß die Einräumung eines Sö/wferzugriffsrechts zu seinen Gunsten sehr dafür spricht, daß in Wahrheit enteignet wurde. [5] Besonders interessant ist schließlich der Fall, daß dem Inhaber eines öffentlich-rechtlichen "Versicherungs"-Anspruchs (i.w.S.) ein privatrechtlicher Versicherungsanspruch, der dasselbe Risiko betrifft, teilweise "entzogen" wird, um den ersten zu mindern. BVerfGE 83, 89 - Beihilferecht - : Beamten obliegt bekanntlich bezüglich des Krankheitsrisikos die Eigenvorsorge; der Dienstherr gewährt lediglich eine Beihilfe. Der Beihilfesatz wird, je nach Familienstand, prozentual bemessen. Durch

grober Fahrlässigkeit verneint. Das BVerfG sah darin einen Verstoß gegen Art. 21 GG. Nicht entschieden wurde die Frage, ob derrichterrechdiche Ausschluß der Haftung für nur leichte Fahrlässigkeit ebenfalls die Grundrechte verletzte. Vier Richter meinten, dies sei nicht der Fall, die Rspr. vielmehr "unter Anwendung moderner, die Folgen einbeziehender Auslegungsmethoden" gerechtfertigt (bedenklich). Die vier unterlegenen Richter (§ 15 ΠΙ 3 BVerfGG) hielten den Haftungsausschluß für verfassungswidrig - unter Rückgriff auch auf Art. 14 GG (S.323 f.). 275 BVerfGE 42, 176 (190 f.). 276 BVerfGE 31, 212 (220 f.).

2. Überprüfung der Definitionen: Zweifelsfälle

125

Vereinbarung mit den privaten Krankenversicherungen konnte das "Restrisiko" nun derart überversichert werden, daß im Krankheitsfall "Übererstattungen" zu erzielen waren, die über die Deckung der Krankheitskosten hinausgingen. (Man konnte m.a.W. am Kranksein verdienen.) Das Land Nordrhein-Westfalen führte daraufhin eine sog. 100%-Erstattungsgrenze ein, strich also Beihilfeleistungen, die gemeinsam mit den Leistungen aus der privaten Versicherung über die Ersetzung der Aufwendungen hinausgingen.

Während das BVerwG die Regelung für verfassungswidrig hielt, hatte das BVerfG gegen sie keine Bedenken. Hinsichtlich des Grundrechts aus Art. 14 GG meinte es, die neue BeihilfeVO kürze die Beihilfe, nicht aber die versicherungsvertraglichen Ansprüche; sie treffe diese "auch nicht mittelbar in einer die Eigentumsgarantie verletzenden Weise"277. Der durch Art. 33 V GG geschützte Beihilfeanspruch aber sei von vornherein "nur eine Ergänzung" der Eigenvorsorge (Subsidiarität)278. Dem ist nur im Ergebnis zuzustimmen. Man könnte zwar meinen, daß bei wirtschaftlicher Betrachtung der privatrechtliche Anspruch durchaus (teilweise) entzogen wurde, um mit ihm dann gegen den Anspruch auf Beihilfe aufzurechnen, so daß ein "Sonderzugriffsrecht" des Dienstherrn vorliege. Das Gut "privatrechtlicher Schadensversicherungsanspruch" ist jedoch "durch die Gesetze" von vornherein so definiert, daß man sich zwar über- bzw. doppelversichern darf, 119 den versicherten Schaden jedoch nur einmal ersetzt bekommt, sog. Bereicherungsverbot (§§ 55, 59 I VVG). Den Betroffenen wurde somit nichts entzogen, was ihnen aufgrund inhalts- und schrankenbestimmenden Gesetzes zugestanden hätte280. (Was den Ausgleich unter mehreren Versicherern betrifft [§ 59 II VVG], so berührt er das Eigentum des Versicherungsnehmers nicht; also muß es auch irrelevant sein, wenn sich der Dienstherr, als "Versicherer" im untechnischen Sinne, insoweit privilegiert.) d) Eingriffe unter Anknüpfung an die Person des Eigentümers Die vielleicht schwierigsten Einordnungsprobleme bieten der hier vertretenen Konzeption die Fälle, in denen nicht eigentlich das Eigentumsobjekt, son277 BVerfGE 83, 89 (109) unter Hinweis auf BVerfGE 76, 256 (293 f.) - Anrechnung von Rente auf Versorgungsbezüge - . 278 BVerfGE 83, 89 (108). 279 Nur bei böser Absicht des Versicherungsnehmers ist der Vertrag nichtig (§§ 51 IU, 59 ΙΠ W G ) ; sonst besteht die Möglichkeit zur Herabsetzung der Prämie ex nunc für beide Teile (§51 I VVG, Überversicherung) oder, auf Verlangen des Versicherungsnehmers, zur Aufhebung des Vertrags oder Minderung der Prämie nach Ablauf der Versicherungsperiode (§ 60 VVG, Doppelversicherung). 280 Anders vor Einführung der 100%-Erstattungsklausel die überwiegende Ansicht: keine Berücksichtigung der Beihilfe im Rahmen des § 55 VVG {Pröls s/Martin, VVG, Teil III H, § 5 MBKK Anm. 12: "was zw. ist").

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

dem der Eigentümer das Ziel von Maßnahmen ist oder zu sein scheint, die das Eigentum beeinträchtigen, beschränken oder gar völlig entziehen. Zu denken ist dabei, erstens, an "Konfiskationen". Mit diesem Begriff, der in unserer Rechtsordnung kein terminus technicus i.S. eines Rechtsinstitutes oder gar Eingriffstatbestandes ist, kann man zum einen, i.w.S., alle vollständigen Entziehungen des Eigentums zugunsten des Fiskus meinen, die nicht "marktintern" geschehen (s.o. II 1 a [1]) - also etwa Verfall und Einziehung als Sanktion des Strafrechts (§§ 73 ff. StGB) oder des öffentlichen Vereinsrechts (§§ 11 f. VereinsG). Unter Konfiskation i.e.S. ließe sich freilich auch allein der Entzug des Eigentums aus Gründen verstehen, die in der Person des Eigentümers liegen - insb. aus politischen Gründen281. Das BVerfG hat in einer recht frühen Entscheidung einmal obiter dictum bemerkt, daß "Konfiskationen", verstanden als "Eigentumsverlust im Zusammenhang mit einer Straftat", nicht als Enteignung anzusehen seien, sondern, ebenso wie die Einziehung der instrumenta et producta sceleris und die Verwirkung (Art. 18 GG), als "traditionelle Beschränkung(.) des Eigentums"282. Auch im Schrifttum werden Konfiskationen jedenfalls nicht als Enteignung qualifiziert, sondern wohl meist als Eigentumseingriff eigener Art 283 . Zweitens gibt es Verßgungsbeschränkungen aus persönlichen Gründen 284; dazu zählen etwa die allgemeinen bürgerlichrechtlichen Vorschriften über die Geschäftsfähigkeit (§§ 104 ff. BGB), aber auch politisch motiverte Diskriminierungen bestimmter Personenkreise. Einen solchen Fall betraf BVerfGE 62, 169 - Guthaben von DDR-Bürgern - : Die Verfügungsbefugnis von DDR-Bürgern über in der Bundesrepublik befindliche Guthaben unterlag Beschränkungen, die noch auf das Devisenbewirtschaftungsgesetz der amerikanischen und britischen Militärregierung von 1949 (MRG 53) gestützt wurden. Dieses hatte ursprünglich den Zweck gehabt, alle Devisenwerte zu erfassen und zur Leistung von Reparationen sicherzustellen; demgemäß verbot Art. 1 MRG mit Erlaubnisvorbehalt alle Geschäfte im Gebiet der drei westlichen Zonen, die sich auf Vermögenswerte bezogen, die im Eigentum "von Personen außerhalb des Gebietes" standen. Später wurde das MRG 53 vornehmlich zur Kontrolle des Außenhandels angewendet (das war ursprünglich der sekundäre Zweck), sodann -

281

Dazu etwa BVerfGE 16, 220; 24, 33; 29, 348; 45, 83 - Konfiskation deutschen Aktienbesitzes in den Niederlanden während des Krieges; BVerfGE 43, 83 - Konfiskationen sudetendeutschen Vermögens in der Tschechoslowakei - . 282 BVerfGE 22, 387 (422). 283 W.Weber, GR II, 348, 365 f.; Forsthoff,\ VerwR, 337 (der unter Konfiskationen nur die politisch diskriminierenden versteht); MD-Papier, RN 577; BK-Kimminich, RN 207; AK-GGRittstieg, RN 258 (Inhaltsbestimmung). 284 Siehe dazu auch bereits oben (unter II 2 b [3]) den Fall BVerfGE 42, 229 - Sicherungsverwahrter - .

2. Überprüfung der Definitionen: Zweifelsfälle

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nach Inkrafttreten des Außenwirtschaftsgesetzes - zur Kontrolle des innerdeutschen Wirtschafts- und Zahlungsverkehrs. Als weiterer Zweck des MRG 53 galt dabei der Schutz der in der DDR lebenden Konteninhaber vor Eingriffen der dortigen Behörden. Schließlich sollte die Regelung als Druckmittel zur Durchsetzung des sog. Gegenseitigkeitsprinzips dienen, d.h. dazu, daß Bürger der Bundesrepublik über ihre Guthaben in der DDR verfügen könnten. - Die Bf in war Bürgerin der DDR. Sie beantragte die Auszahlung eines in Niedersachsen geführten Sparguthabens zwecks Anschaffung eines in der DDR gebauten Pkw's (die Abwicklung erfolgte über den DDR-eigenen GENEX-Geschenkdienst). Die zuständige Deutsche Bundesbank versagte die Erlaubnis, vor allem zum Zweck der Durchsetzung des Gegenseitigkeitsprinzips.

Das BVerfG sah durch diese Maßnahme das Grundrecht aus Art. 14 GG das Bürgern der DDR zustand285 - verletzt. Es qualifizierte die Versagung ohne Begründung - als Inhalts- und Schrankenbestimmung, hielt aber im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung die Durchsetzung der Gegenseitigkeit nicht für einen legitimen Zweck: Das Eigentum des einen dürfe nicht als "Faustpfand" für die berechtigten Anliegen anderer verwendet werden286. Die Fälle bereiten, zugegebenermaßen, Schwierigkeiten - freilich nicht nur der hier vertretenen Konzeption. [1] Was die Konfiskationen (i.w.S. und i.e.S.) betrifft, so scheint man sie mit guten Gründen in jede der drei Kategorien "Enteignung", "Inhalts- und Schrankenbestimmung" und "Wirtschaftslenkung i.e.S./Nichtbetroffenheit des Art. 14 GG" einordnen zu können. Für die Qualifizierung als Enteignung spricht, daß es sich um sehr konkrete subjektive Rechtspositionen handelt, die auch gänzlich entzogen werden. Eher als Schrankenbestimmung erscheinen die Konfiskationen, wenn man den Staat dabei in der Rolle der "Marktaufsicht" sieht (s. auch bereits oben II 1 a [1]). Stellte man hingegen mit den hier gegebenen Definitionen (s.o. II 2 b [3, 4]) darauf ab, ob an das Eigentumsobjekt oder an eine Eigenschaft seines Inhabers angeknüpft wird, so könnte es scheinen, als ob Art. 14 GG überhaupt nicht berührt sei, sondern bloß die allgemeine, nicht eigentumsspezifische Freiheit. Richtigerweise dürften "Konfiskationen i.w.S." (Einziehung und Verfall) teils den Schutzbereich des Art. 14 GG überhaupt nicht betreffen, teils Inhalts- und Schrankenbestimmung sein. Wenn der Täter durch eine Straftat etwas erlangt (§ 73 StGB: Verfall) oder etwas für einen verboteten Zweck verwendet (§§ 74, 84-86a, 101a StGB, §§3 12, 11, 12 VereinsG: Einziehung), so ist Anknüpfungspunkt für die Sanktion sein Handeln und damit seine Per-

283 286

BVerfGE 36, 1 (31) - Grundlagenvertrag BVerfGE 62, 169 (182, 184-6).

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

son, nicht aber eine Eigenschaft "des Objekts"287. Anders liegt es, wenn er durch die Straftat verbotenes Gut hervorbringt, z.B. Falschgeld. In diesem Fall handelt es sich bei der Einziehung (gem. § 74 StGB) um eine "objektbezogene" Regelung: Denn ähnlich, wie Eigentum an einem Druckwerk "von vornherein" nur mit der Belastung entsteht, ein Pflichtexemplar abliefern zu müssen288, ebenso entsteht Eigentum am Objekt Falschgeld "von vornherein" überhaupt nicht289. Maßnahmen, die dies Objekt wegen seiner Eigenschaft, verboten zu sein, dem (legalen) Markt entziehen, sind folglich Inhalts- und Schrankenbestimmung. Was die "Konfiskationen i.e.S." betrifft (persönlich, insb. politisch oder religiös diskriminierender Eigentumsentzug) so wird man differenzieren müssen: Wird durch die Konfiskation wirklich eine (insb. politisch) mißbilligte Tätigkeit oder auch nur Haltung sanktioniert, so liegt wiederum nicht ein Eingriff in das Eigentum vor. Vielmehr handelt es sich um eine Beschränkung der (sonstigen, insb. politischen oder religiösen) Freiheit - womit über die Rechtfertigung dieses Eingriffs natürlich noch nichts gesagt ist - oder auch gleich, wie es häufig vorgeschlagen wird, um ein Problem des Art. 18 GG (Verwirkung) 290. Etwas anderes muß freilich gelten, wenn die politischen Gründe nur vorgeschoben sind und es in Wahrheit um die Beschaffung von Vermögen oder gar von bestimmten Gütern zu Gunsten des korrupten Polizeichefs oder sonst einer Machtclique geht, die den Staat als Instrument ihrer partikularen ("marktinternen") Interessen mißbraucht. In solchen Fällen lägen "entschädigungslose Enteignungen"291 vor, die natürlich verfassungswidrig wären (s. auch bereits oben II 1 a (3 [1])). [2] Was die personenbezogenen Verfugungsbeschränkungen betrifft (Geschäftsfähigkeit, Ausländerdiskriminierung), so scheidet die Einordnung als Enteignung aus (zwar Eingriff in eine konkrete Rechtsposition, aber keine Übertragung auf einen andern). Jedoch stellt sich hier besonders deutlich die Frage, ob die Maßnahme des Staates eher objektbezogene "Güterdefinition"

287 A.A. Schulte, Dogmatik, 45: ein "der Sache immanente(r) Makel(.)"; mißverständlich W. Weber, GR II, 366: "Immer aber bezieht sich die Verwirkung gerade auf die Vermögensgegenstände, hinsichdich deren ein gemeinschädlicher Mißbrauch gegeben ist." 288 BVerfGE 58, 137 (144): "bei seiner Entstehung" (das heben mit Recht hervor Koch/Rubel, IX RN 28 f.); zum Sachverhalt s.o. § 1 II 2 b. 289 Ähnlich entsteht u.U. auch beim Schatzfund - entgegen § 984 BGB - kein privates Eigentum, wenn das Denkmalrecht dies verhindert ("Schatzregal"), dazu BVerfGE 78, 205 - Uracher Hortfund - . 290 So bereits W.Weber, GR II, 366; s. auch Fürst/Günther, RN 308; Maunz/Zippelius, § 28 Π 6 a.E.; vM-Bryde, RN 78. 291 So denn auch die Formulierung bei BK-Kimminich, RN 207 (in Anführungszeichen); v.Münch, Grundbegriffe, RN 465 (ohne Anfuhrungszeichen).

2. Überprüfung der Definitionen: Zweifelsfälle

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ist, also Inhalts- und Schrankenbestimmung, oder ein personenbezogener Eingriff, der nicht in den Schutzbereich des Art. 14 GG fallt. Nach hier vertretener Ansicht trifft letzteres zu. Es werden bestimmte Eigentümer zum Markt von vornherein nicht oder nur unter besonderen Erschwernissen zugelassen, und zwar aus Gründen, die nicht an das Eigentumsobjekt selbst anknüpfen; die Beschränkungen gelten also nicht für alle Eigentümer (und Nichteigentümer), sondern nur für einige. Damit scheidet eine Bestimmung von Inhalt und Schranken "des Eigentums" (Art. 14 I 2 GG) aus, es wird vielmehr "nur" in die allgemeine Wirtschaftsfreiheit einzelner Eigentümer (Art. 2 I GG) eingegriffen. Dafür spricht insbesondere auch die Argumentation des BVerfG im Fall der Guthaben von DDR-Bürgern: Geprüft wird allein der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - gerade so, als wenn nur Art. 2 I GG zur Debatte stünde. In ähnlichen Fällen, nämlich bei der Nichtauszahlung von Renten an im Ausland lebende Ausländer bzw. in der DDR lebende Deutsche292, ferner beim Ruhen von Arbeitslosengeld, wenn der Betroffene Student war 293 , hat das BVerfG auf Art. 14 GG sogar völlig verzichtet und allein Art. 3 I GG geprüft 294. [3] Nicht um ein Anknüpfen an die Person des Eigentümers handelt es sich freilich, wenn persönliche Eigenschaften den sachlichen Grund für das Entstehen oder den Umfang eines Anspruchs bilden - bzw. für dessen Minderung oder gar Aufhebung. Zu denken ist dabei erneut an die bereits diskutierten Positionen im Sozialversicherungs- bzw. Versorgungsrecht (oben c) oder auch an BVerfGE 32, 111 - Lastenausgleich/Österreichfälle - : Die Bf in war als Wiener Jüdin zunächst unter dem Nationalsozialismus verfolgt worden. Nach dem Krieg wurde sie als Deutsche von den Russen vertrieben; ihr Vermögen in Czernowitz (dorthin war sie nach dem "Anschluß" Österreichs geflohen) ging verloren. Nachdem sie von 1949 bis 1962 in Österreich gelebt hatte, beantragte sie im August 1962 als verfolgte Vertriebene Entschädigung nach dem Lastenausgleichsgesetz (LAG). Eine solche hätte ihr ursprünglich auch zugestanden, jedoch hatte die Bundesrepublik im Jahre 1961 mit der Republik Österreich einen Vertrag "zur Regelung der Schäden der Vertriebenen, Umsiedler und Verfolgten" geschlossen. Aufgrund dieses Vertrages wurden Personen, die am 31.12.1952 in Österreich gelebt hatten, vom Lastenausgleich ausgenommen; die Bf in ging allerdings auch nach österreichischem Recht leer aus. Im November 1962 erließ

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BVerfGE 51, 1 (16, 30); 71, 66 (76, 80). - Der Fall BVerfGE 53, 164 - keine Rente an Deutsche in den Oder-Neiße-Gebieten - fällt aus dem Rahmen, weil es hier nicht um in der Bundesrepublik erworbene, sondern unter dem Deutschen Reich begründete Ansprüche ging (s. S. 175-177). 293 BVerfGE 74, 9 (24). 294 S. aber auch das Sondervotum Katzenstein, BVerfGE 74, 9 (28). 9 Lege

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

die Bundesregierung die entsprechenden Durchfuhrungsvorschriften. Der Anspruch der Bf in wurde wegen der geänderten Rechtslage abgewiesen.

Die Senatsmehrheit des BVerfG zog Art. 14 GG zur Prüfung nicht heran 295 , sie stellte aber auch einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip oder den Gleichheitssatz nicht fest 296. Demgegenüber hielt das Sondervotum RuppV.Brünnecks Art. 14 GG für betroffen und wohl auch für verletzt 297. Vorausgesetzt, man könnte dem ersten folgen 298, so wäre auch dem zweiten zuzustimmen: Anders als im Fall der DDR-Guthaben, in dem das Eigentumsobjekt als solches (das Bankguthaben) unangetastet blieb, bildete hier eine "persönliche" Eigenschaft des Anspruchsinhabers den sachlichen Grund für eine Veränderung (nämlich die "Fortdefinition") des Anspruchs selbst; es handelte sich also um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung, die freilich für verfassungswidrig hätte erkannt werden sollen. e) Urheberrecht: Sonderzugriffsrechte, Gemeingebrauch und Sondernutzung Das Urheberrecht ist grundsätzlich Inhalts- und Schrankenbestimmung299 des "geistigen Eigentums", und an ihm wird überdies besonders deutlich, daß erst das Recht die geschützten Werke "marktfähig" macht (s.o. a). Wie bereits erörtert, kann es aber auch auf dem Gebiet des Urheberrechts zu Enteignungen kommen, wenn bestimmten "Nachfragern" ein Sonderzugriffsrecht eingeräumt wird 300 (s.o. II 1 b [1], BVerfGE 31, 229 - Urheberrecht I/Schulbücher - ). Fraglich ist, wie der folgende Fall einzuordnen ist. BVerfGE 49, 382 - Urheberrecht VI/Kirchenmusik - : § 52 I Nr. 1 UrhG erlaubte die öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes auch ohne Zustimmung des Urhebers bei "unentgeltlichen Veranstaltungen"; eine Vergütung war

295 BVerfGE 32, 111 (128) mit der fragwürdigen Erwägung, die Ansprüche aus dem Lastenausgleich fielen, als freiwillige Gewährung, nicht unter Art. 14 GG; dagegen zutr. Rupp-v.Brünneck, Sondervotum, a.a.O. 141-144. 296 BVerfGE 32, 111 (122). 297 BVerfGE 32, 111 (141 ff.). 298 Dafür spräche: Obwohl das LAG anfangs eine Maßnahme der "Wirtschaftslenkung i.e.S." war (nämlich Schicksalsbewältigung), so daß Art. 14 GG keinen Anspruch auf die Schaffung bestimmter Ansprüche gewährte, so standen doch die einmal begründeten Rechtspositionen unter dem Schutz des Art. 14 GG. 299 BVerfGE 31, 229 (240 f.) - Urheberrecht I/Schulbücher - (freilich war das gerade ein Fall der Enteignung). 300 So auch BVerfGE 79, 29 (42) - Urheberrecht X/Musik im Strafvollzug - : "Eine Pflicht zur unentgeltiichen Leistungserbringung wäre der Sache nach ein unmittelbarer Zugriff des Staates auf das Eigentum Privater und zielte somit auf die vollständige und [?] teilweise Entziehung einer bereits vorhandenen Rechtsposition. Sie wäre daher nur unter den Voraussetzungen des Art. 14 III GG zulässig."

III 2. Überprüfung der Definitionen: Zweifelsfälle

131

nur zu zahlen, wenn die Veranstaltung dem Erwerbszweck eines Dritten diente (das war vor allem auf Gastwirte gemünzt). Bei kirchlichen Veranstaltungen entfiel das Zustimmungsrecht des Urhebers ebenfalls; eine Vergütungspflicht bestand grundsätzlich, wurde aber ausgeschlossen, wenn die Veranstaltung "unentgeltlich" war (wodurch die Ausnahme zur Regel wurde). Die Bf er - Komponisten von Kirchenmusik, aber auch von weltlicher Blasmusik - sahen darin eine Enteignung.

Für die Qualifizierung als Enteignung konnte sprechen, daß bei der Verwertung von Musikwerken den Kirchen, also bestimmten Nachfragern, ein Recht zum unentgeltlichen Zugriff gewährt wurde. Jedoch handelte es sich dabei, genau besehen, nicht um ein &wwferzugriffsrecht: Der Sache nach bestand nämlich bei veröffentlichten Werken hinsichtlich der Aufführungsrechte grundsätzlich eine Art Gemeingebrauch 301 (Grund: Es sollte nicht jede Wandergruppe oder Schüleraufführung die Erlaubnis des Urhebers benötigen302). Jedoch waren die Fälle einer sozusagen Sondernutzung - nämlich die Verwendung zu kommerziellen Zwecken303 - teils erlaubnispflichtig, teils entstand ein Vergütungsanspruch. Wenn aber der Gesetzgeber den "Zugriff" der Kirchen nicht ebenfalls als Sondernutzung qualifizierte, sondern sie im Ergebnis dem Gemeingebrauch gleichstellte, so gewährte er ihnen jedenfalls nicht ein Sonderzugrijfsvecht, ermächtigte sie also nicht zur Enteignung. Eine andere Frage ist, daß diese Inhalts- und Schrankenbestimmung verfassungswidrig sein konnte und es nach Auffassung des BVerfG auch war. Das Gericht hielt zwar den weitgehenden Ausschluß des Verbotsrechtes (nach hier gegebener Interpretation: die Unterstellung unter den Gemeingebrauch) für gerechtfertigt, nicht aber den weitgehenden Ausschluß des Vergütungsrechts. Insoweit erschien es schon als fraglich, ob die Freistellung aller unentgeltlichen Veranstaltungen (Platzkonzerte, Empfänge, Staatsakte) verfassungsrechtlich zu billigen sei. Jedenfalls war die Regelung zu Gunsten der Kirchen nicht zu rechtfertigen: Die Urheber konnten von ihrer Arbeit nicht leben304, 301

BVerfGE 31, 248 (251) - Urheberrecht II/Bibliotheksgroschen - hatte hinsichtiich der Vermietung von Druckwerken formuliert, das Urheberrecht an ihnen habe sich mit der Veräußerung des Exemplars "verbraucht"; ähnlich BVerfGE 77, 263 (271) - Urheberrecht VII/Zeitschriften in Wartezimmern - ; 81, 12 (17) - Urheberrecht Xl/Schallplattenvermietung ("Erschöpfung") - . 302 BVerfGE 49, 382 (386 f.). 303 Auch im Straßenrecht begründet der kommerzielle Zweck einer Tätigkeit ihren Charakter als Sondernutzung, s. etwa Steiner, in: Steiner (Hg.), BesVerwR, V RN 116. 304 Vgl. BVerfGE 49, 382 (388, 399 ff.). - S. auch die Nachfolgeentscheidung BVerfGE 79, 29 - Urheberrecht X/Musik im Strafvollzug - : § 52 UrhG 1985 sah bei der öffenüichen Wiedergabe weiterhin den genehmigungsfreien (hier sog.) "Gemeingebrauch" vor, sofern kein Erwerbszweck verfolgt wurde, jedoch war eine Vergütung zu zahlen; diese entfiel für Veranstaltungen u.a. der Jugendhilfe, der Gefangenenbetreuung und für Schulveranstaltungen. Die genehmigungsfreie Wiedergabe war auch bei kirchlichen Veranstaltungen gestattet, jedoch nur gegen Vergütung.

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

der Vermögenswert der schöpferischen Leistung wurde ihnen also nicht zugeordnet 3 0 5 .

f) Eigentumsbeeinträchtigungen i m Nachbarrecht ( i . w . S . ) E i n besonders wichtiger K o m p l e x v o n "hard cases" soll schließlich i m folgenden unter der Bezeichnung "Nachbarrecht i . w . S . " diskutiert werden. Gemeint sind damit alle Vorschriften privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher A r t , die Rechtsverhältnisse zwischen Nachbarn regeln - i m engeren oder weiteren U m k r e i s 3 0 6 - oder die auch die Verwaltung zu einer solchen Regelung ermächtigen. Z u nennen sind etwa immissionsschutzrechtliche Vorschriften, z.B.: - § 906 BGB (wobei die Rspr. von sich aus den Abwehranspruch aus § 1004 BGB gegen Beeinträchtigungen durch "gemeinwichtige Betriebe" - die i.d.R. hoheitlich betrieben werden - einschränkt 307); - §§ 14, 41 ff. BImSchG; §§ 74 Π, 75 I, Π VwVfG 3 0 8 ; §§ 9, 10 FluglärmG 1971

309.

das Abstandsflächenrecht der Landesbauordnungen, sei es zu Gunsten der privaten Nachbarn 310, sei es zu Gunsten der öffentlichen Straßen 311; ferner Nachbarrecht besonderer Art wie das Bergrecht 312 oder das Luftverkehrsrecht 313 , das Straßenrecht oder das Wasserrecht. Was die erste Fallgruppe

betrifft, so hatte das B V e r f G bisher i n zwei Ent-

scheidungen Gelegenheit, zu ihr Stellung zu nehmen.

305

Dazu bereits BVerfGE 31, 229 (243) - Urheberrecht I/Schulbücher - . Für das Umweltrecht spricht Serieller, UPR 1983, 41, auch von sozusagen mikro- und makroökologischen Bereich. 307 Soergel-7.F.Baur, § 903 RN 113 ff., 121 ff. mit Nachweis der kritischen Stimmen in RN 119, 123. 308 Dazu (und zu §§ 17 IV FStrG a.F., 41 ff. BImSchG) Bierlein, Vorhabenzulassung, 214 ff., 323 ff. 309 BGBl. I 282; dazu jetzt BGHZ 122, 76 - Müitärflughafen - . 310 S. etwa BVerwGE 88, 191 - Alte Zinngießerei - zu §§ 8, 67 III Nr. 2 RhPfBauO 1986. 311 S. etwa BGHZ 120, 38 - Arkaden-Dienstbarkeit - zur Einhaltung der Straßenmitte (Art. 6 I und 8 BayBauO). 312 BVerfGE 77, 130; 80, 360 - Schloß Cappenberg - und dazu das Gutachten von Hoppe/Beckmann, Heranrückender Bergbau; zur neueren Rspr. insb. des BVerwG s. Hoppe, DVB1. 1993, 221 ff. sowie Gaentzsch, DVB1. 1993, 527 ff., 531, der eine Enteignung in Betracht zieht, wenn der Gewinnungsberechtigte das Oberflächeneigentum schwer schädigen darf (s. dazu oben II 1 a (3) [2 c aa]). 313 Siehe etwa die Regelung von Überflughöhen in LuftVG und LuftVO (dazu BVerfGE 72, 66 [68]). 306

2. Überprüfung der Definitionen: Zweifelsfälle

133

BVerfGE 72, 66 - Flughafen Salzburg - : Die Bundesrepublik regelte durch Vertrag mit der Republik Österreich die Rechtsverhältnisse zwischen dem Flughafen Salzburg und den Eigentümern von in Deutschland gelegenen Grundstücken, die durch Emissionen beeinträchtigt wurden, und zwar im wesentlichen so, wie es deutschem Nachbarrecht entsprach: Entzug der bürgerlichrechtlichen Abwehransprüche gegen den Betrieb des Flughafens sowie deren Ersatz durch Ansprüche auf Schutzvorkehrungen oder, sekundär, auf Entschädigung. BVerfGE 79, 174 - Verkehrslärm - : Die Bf er bewohnten als Inhaber eines Erbbaurechts eine Doppelhaushälfte am Rande Münchens. Die Stadt erließ einen Bebauungsplan, der unmittelbar neben ihrem Grundstück eine vierspurige Gemeindestraße vorsah. Im Plan war ein Lärmschutzwall vorgesehen, und es sollten den Grundstückseigentümern auch die Aufwendungen für Schallschutzmaßnahmen ersetzt werden. Die Bf.'er meinten, daß die Lärmbelastung dennoch die Schwelle zur "enteignenden Wirkung" überschreiten werde. Nach erfolgloser verwaltungsgerichtlicher Normenkontrolle wandten sie sich an das BVerfG.

Das BVerfG qualifizierte richtigerweise sowohl das Zustimmungsgesetz (im ersten Fall) als auch den Bebauungsplan als Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums314. Es stellte im zweiten, wichtigeren Fall zudem fest, daß diese Inhalts- und Schrankenbestimmung, selbst wenn sie verfassungswidrig sein sollte, "nicht zugleich einen 'enteignenden Eingriff im verfassungsrechtlichen Sinne" darstellen oder gar in einen solchen "umgedeutet" werden könne315. (Der BGH hält freilich trotzdem, zumindest in Altfällen, am "enteignenden Eingriff" fest 316.) Die zweite Fallgruppe (Abstandsflächenrecht) war noch nicht Gegenstand der Rspr. des BVerfG. Wohl aber hat sich, und zwar ganz im Sinne des BVerfG, das BVerwG in einer neueren Entscheidung damit beschäftigt; es hat dabei insbesondere das (im Fall: rheinland-pfälzische) Abstandsflächenrecht ausdrücklich als Inhalts- und Schrankenbestimmung qualifiziert 317. [1] Die Einordnung der Regelungen und Handlungen im Bereich des Nachbarrechts i.w.S. ist schwierig und umstritten318 - was nicht zuletzt daran lie314

BVerfGE 72, 66 (76 f.); 79, 174 (191). BVerfGE 79, 174 (192); es ließ dabei jedoch die Frage, ob das auch beim Entzug bis auf das ius nudum gelte, offen. - Die Stellungnahmen des III. Zivilsenats des BGH sowie des BVerwG finden sich a.a.O. 185. 316 BGHZ 122, 76 - Fluglärm/Müitärflughafen - ; dazu Ossenbühl, JZ 1994, 263 f.; Lege, JZ 1994, 43. 317 BVerwGE 88, 191 (195) - Alte Zinngießerei - ; zust. Wahl, FS K.Redeker, 248 ff. 318 Umfassend zum Verhältnis Nachbarrecht - Art. 14 GG erstmals der Zivilrechder Schulte, Eigentum und öffentiiches Interesse (1970); auch die für die Eigentumsdogmatik bahnbrechende Studie von Schulze-Osterloh, Eigentumsopferentschädigung (1980), nahm ihren Ausgang vom privaten Nachbarrecht. Eine abschließende Untersuchung aus spezifisch öffendich-rechdicher Sicht fehlt, soweit ersichdich, bislang (hins. Art. 14 GG überholt Kleinlein, System des Nachbarrechts; sehr instruk315

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

gen dürfte, daß oftmals nach wie vor eher vom Einzelfall als von der Norm her überlegt wird, was "Enteignung" oder "enteignend" und was Inhalts- und Schrankenbestimmung sein könnte, unter Nachwirkung der Schwellentheorien. Bei einer an der Trennungstheorie des BVerfG orientierten Betrachtungsweise wird man jedoch primär "von oben", d.h. von der Norm auszugehen haben und unterhalb ihrer weiterhin genau unterscheiden müssen zwischen Rechtsakten, die diese Normen vollziehen (z.B. Planfeststellungsbeschlüssen), und Realdkten, die im Rahmen des Nachbarschaftsrechts schlicht stattfinden (der Verkehrs- oder Fluglärm, der Betrieb der Kläranlage, der Mülldeponie, des Bolz- oder Tennisplatzes). Anknüpfend an diese Unterscheidung ließen sich in etwa folgende Grundsätze finden: Erstens. Nachbarrechtliche Gesetze sind grundsätzlich immer Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums, sie ermächtigen nicht zur Enteignung319. Der Grund liegt darin, daß die Regelungen - wenn sie wirklich Nachbarrecht sind - an die Eigentums Objekte anknüpfen, die sich im Nachbarschaftsverhältnis befinden, und hinsichtlich ihrer die Rechte und Pflichten aller Eigentümer und Nicht-Eigentümer festlegen 320 - wobei hier die Besonderheit besteht, daß jeder Eigentümer zugleich hinsichtlich der Nachbarn auch Nicht-Eigentümer ("Nachfrager") ist. Würde einem einzelnen Eigentümer freilich aus Gründen, die allein in seiner Person liegen, das Sondern cht tiv für einen Teilbereich Bierlein, Vorhabenzulassung; vgl. auch Ehlers, WDStRL 51 [1992], 222 f., 247). Hingegen gibt es eine Fülle von praktischen Anwendungen (s. auch Enders, AöR 115 [1990], 620 ff.): Schon die Rspr. und Lit. zum baurechtlichen Nachbarschutz ist nur noch schwer überschaubar (s. Finkelnburg/Ortloff, Öffentliches Baurecht II, § 16). Was dabei den öffentlich-rechtlichen Nachbarschutz betrifft, sofindet gegenwärtig im Hinblick auf Art. 14 GG ein Umbruch statt (s. bereits Wasmuth, NVwZ 1988, 322; jetzt Wahl, FS K.Redeker, 245; Battis, FS F. Wey reuther, 305; Bönker, DVB1. 1994, 506 ff.; Mampel, DVB1. 1994, 1054 f.; sehr konsequent bereits Dürr, DÖV 1994, 844 f.), und zwar insbesondere fort vom "enteignungsrechtlichen" Denken (zur alten Lage Schwerdtfeger, NVwZ 1982, 7-9). Zum privaten und öffenüichen Nachbarrecht s. im übrigen den Zivürechtler Schopp, Nachbarrecht (zu Art. 14 GG S. 195-198); zum aktuellen Stand Soergel-J.F.Baur, § 903 RN 44-140; Palandt-Bassenge, §§ 905, 906; auch Steinberg, Fachplanung, § 2; zur Rspr. des BGH z.B. G.Wagner, NJW 1991, 3247 ff.; Vieweg, NJW 1993, 2570 ff.; mit eigenem Ansatz Schwabe, Öffentliches und privates Nachbarrecht, in: Vielfalt des Rechts, 99 ff. 319 So auch für die bergrechtlichen Duldungspflichten Hoppe/Beckmann, Heranrückender Bergbau, 60 f. - Nach früher h.M. wurde ein und dieselbe Beeinträchtigung, wenn sie von der öffentlichen Hand ausging, als Enteignung (oder "enteignend") qualifiziert, wenn von einem Privaten, dann als Inhalts- und Schrankenbestimmung. Im letzten Fall ließ sich dann, trotz gleicher Beeinträchtigung, kaum begründen, daß entschädigt werden müsse - denn die allg.M. hielt nur die Enteigung für entschädigungspflichtig, die "Sozialbindung" des Art. 14 I 2 GG aber für entschädigungsfrei. Nicht zuletzt von dieser Ungereimtheit her nahm die Untersuchung von SchulzeOsterloh, Eigentumsopferentschädigung, 43 ff., 53-61, ihren Ausgang. 320 Man könnte vielleicht formulieren, daß hier das Objekt des einen vom Objekt des andern hinsichtlich der Befugnisse, die beide vermitteln, abgegrenzt wird.

III 2. Überprüfung der Definitionen: Zweifelsfälle

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eingeräumt, die Nachbarn zu belästigen, ohne daß diese sich dagegen wehren könnten, so wäre das eine Enteignung: Es würde ihm dann nämlich ein Zwangszwgnjfjfrrecht auf deren Abwehr- oder Unterlassungsansprüche gegeben. Zweitens. Wird das Nachbarrecht einseitig vollzogen, etwa durch einen Planfeststellungsbeschluß (§§ 74, 75 VwVfG), durch die planerischen Festlegungen im Bebauungsplan oder schließlich durch die Erteilung bzw. Versagung einer Baugenehmigung - so ist dieser Vollzugsakt ebenfalls Inhaltsund Schrankenbestimmung321: Es werden die Rechte und Pflichten (Rechtsverhältnisse) hinsichtlich einzelner benachbarter Objekte durch den sozusagen verlängerten Arm des Marktveranstalters verbindlich festgelegt. Drittens. Die realen Handlungen im Nachbarschaftsverhältnis sind, als schlichter Rechtsverkehr bzw. schlicht-hoheitliches Handeln, nicht Inhaltsund Schrankenbestimmung, sondern Nicht-Vollzugsfälle - die dem objektiven Recht gemäß sein können oder aber auch nicht. (Auch der Abschluß eines Kaufvertrages ist nicht "Vollzug" des BGB, sondern schlichtes rechtsgeschäftliches Handeln.) Die "faktischen Beeinträchtigungen" des Eigentums322, die durch Emisssionen der Kläranlage, der Straße oder des Flugplatzes entstehen, sind demgemäß keine gezielten "Eingriffe" in das Grundrecht aus Art. 14 GG 323 , sondern "Beeinträchtigungen sonstiger Art" 324 . [2] Angenommen, man könnte diesen Grundsätzen folgen, so müßte man sich alsbald der entscheidenden Frage stellen: Wenn z.B. eine Fernstraße (eine Kläranlage, ein Flugplatz) angelegt wird, sei es mit Planfeststellung oder auch ohne - warum sollte dann der Entzug eines Grundstücks für dieses Projekt Enteignung sein, die Entziehung von Abwehransprüchen (§ 1004 BGB) der (künftigen) Nachbarn aber nicht? Kommt nicht beides demselben "Nachfrager" zu Gute - aufgrund "Sonderzugriffsrechts"? Und müßten nicht "marktintern" auch diese Abwehransprüche rechtsgeschäftlich "abgekauft" werden? Liegt somit nicht eindeutig eine Enteignung vor 325? Die praktische Konsequenz wäre, daß der "Entzug" der Abwehransprüche einer Art. 14 III GG entsprechenden gesetzlichen Grundlage bedürfte, die insbesondere mit einer Entschädigungsregelung ausgestattet sein müßte (was etwa bei §§74, 321

So auch Enders, AöR 115 (1990), 623 FN 67; zweifelnd Schwabe, FS W.Thieme, 260. Vgl. dazu allgemein auch Ramsauer, Die faktischen Beeinträchtigungen, 128 ff. (verfassungsrechdiche Würdigung letzdich im Einzelfall nach dem Normzweck). 323 Ähnlich Schwabe, Drittwirkung, 126 ff. 324 Zum Begriff Lege, JZ 1994, 435 f. 325 Zu dieser Frage wohl erstmals (verneinend) Schulte, Öffentiiches Interesse, 15-17, 46 f. et passim; s. auch Schulze-Osterloh, Eigentumsopferentschädigung, 17 ff., sowie bereits Schwabe, Drittwirkung, 124 mit Hinweis auf BVerwG, DÖV 1969, 283 (enteignender Charakter einer Flughafenerweiterung?). 322

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

75 VwVfG der Fall ist). Zum praktischen Problem würde die Qualifizierung als Enteigung denn auch erst dann, wenn es an einer gesetzlichen Grundlage fehlte: also bei "faktischen" Beeinträchtigungen des Eigentums durch schlicht-hoheitlich betriebene Kläranlagen, Mülldeponien, Flugplätze. Wollte man nun, wie es die Rspr. in Auslegung des § 906 BGB tut, zu Gunsten dieser "gemeinwichtigen Betriebe" die Abwehrrechte der Nachbarn "entziehen", so wäre das eine zwar "echte", aber - mangels gesetzlicher Grundlage - verfassungswidrige "Enteignung ohne Gesetz"326. Folge: Der Betrieb müßte eingestellt werden327, und seine Verfassungswidrigkeit könnte insbesondere nicht durch die Zuerkennung einer gesetzlich nicht vorgesehenen Entschädigung "geheilt" werden (sog. Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Entschädigung)328. Es spricht also einiges dafür, die "faktische", schlicht-hoheitlich-nachbarschaftliche Beeinträchtigimg des Eigentums nicht unter den Begriff der Enteignung zu subsumieren. Der Unterschied zwischen dem Zwangserwerb des für die Autobahn benötigten Grundstücks (Enteignung) und der Zwangsentziehung von Abwehransprüchen der Nachbarn (Inhalts- und Schrankenbestimmung) besteht denn auch in folgendem: Der erste Akt begründet das Nachbarschaftsverhältnis, der zweite bestimmt innerhalb seiner die Rechtsverhältnisse der Nachbarn. Der erste geschieht aufgrund SonderzwgnjQfrrechts zugunsten der Pläne eines einzelnen Nachfragers, der das Grundstück für sein konkretes Projekt benötigt; der zweite knüpft aufgrund Definitionsrechts des Marktveranstalters an das verwirklichte Vorhaben an und regelt objektbezogen die Rechte und Pflichten aller Nachbarn329. Man kann das eine "Zweistufentheorie" nennen: Die Begründung des Nachbarschaftsverhältnisses geschieht ggf. durch Enteignung, die Ausgestaltung ist immer Inhalts- und Schrankenbestimmung. Daß beides in einem Akt, etwa im Planfeststellungsbeschluß, zusammenfallen kann, dürfte kein Einwand sein; es ist nicht ungewöhnlich, einheitliche Lebensvorgänge juristisch zu zerlegen - man denke nur an das Abstraktionsprinzip. [3] Daß die "Entziehung" nachbarrechtlicher Abwehransprüche Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums ist 330 , bedeutet natürlich nicht, daß sie 326

Dazu oben II 1 b (2). Pointiert W.Schmidt, Staats- und Verwaltungsrecht, 262: "der Knackpunkt ist hier nicht die Entschädigung, sondern die ihr vorausgehende Duldungspflicht des Geschädigten". 328 Dazu auch bereits oben § 1 II vor 1 und insb. 2 a, c. 329 Folglich ist dann auch die Auslegung des Nachbarrechts durch die Rspr. Inhalts- und Schrankenbestimmung (nicht Enteignung). 330 Sie ist auch deshalb keine Enteignung (kein "Erwerb"), weil das entzogene Recht nicht auf den Begünstigten zu dessen Nutzung "übertragen" wird: Der Betreiber des Klärwerkes macht nicht an Eigentümers Statt den Abwehranspruch geltend - sondern er unterläßt es (s.o. Π 2 a [3a]). 327

2. Überprüfung der Definitionen: Zweifelsfälle

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nicht entschädigt werden dürfte. In dieser Hinsicht ist dann wie folgt zu unterscheiden: Handelt es sich um einen gezielten, einseitigen, "bestimmenden" Rechtsakt wie z.B. einen Planfeststellungbeschluß (Vollzugsfall), so liegt ggf. eine sog. "entschädigungspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung" vor. Wird hingegen schlicht-hoheitlich gehandelt (Nicht-Vollzugsfall), wie etwa beim Betrieb der Kläranlage, der Mülldeponie, des Flugplatzes, so besteht im Grunde ein Rechtsverhältnis des bürgerlichen Rechts, das seine Entschädigungsregelung in § 906 II 2 BGB findet. Dieses verwandelt sich freilich in ein Rechtsverhältnis des öffentlichen Rechts, sobald für die hohe Hand ein Sonderrecht in Anspruch genommen wird; genau das aber ist der Fall, wenn die Zivilgerichte eine besondere Duldungspflicht des Nachbarn gegenüber "gemeinwichtigen Betrieben"331 begründen332. In diesem öffentlich-rechtlichen Nachbarschaftsverhältnis ließe sich dann fur die Entschädigung entweder § 906 II 2 BGB analog heranziehen333 - sozusagen als salvatorische Klausel für alle, d.h. privat- und öffentlich-rechtlichen Nachbarverhältnisse. Oder aber man müßte eine besondere gesetzliche Grundlage sowohl für den Betrieb der lebenswichtigen Anlage als auch für die Entschädigung verlangen (entschädigungspflichtige Inhaltsbestimmung)334. Für den Rechtsweg würde aus alledem folgen: In den Vollzugsfällen sind gem. § 40 I VwGO die Verwaltungsgerichte zuständig335. In den Nicht-Vollzugsfällen muß man sich entscheiden: Entweder gleiches (bürgerliches) Nachbarrecht für alle - dann § 13 GVG, aber ggf. auch den Abwehranspruch aus § 1004 BGB; oder ein "öffentliches Nachbarrecht" - dann aber gem. § 40 I VwGO den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten 336. Diese müssen dann entscheiden, ob der privilegierte Betrieb gemeinwichtiger Anlagen (und ggf. 331

Dabei sollte es keinen Unterschied machen, ob diese "hoheitlich" betrieben werden oder

nicht.

332

Nochmals Soergel-Z.F.Bawr, § 903 RN 113 ff.; Valmdt-Bassenge, § 906 RN 44, auch 41. Dies erwägt auch Maurer, AllgVerwR, § 26 RN 82. 334 In diesem Fall würde sich der Nicht-Vollzugsfall gewissermaßen in einen Vollzugsfall verwandeln. - Das BVerfG hat sich im Hinblick auf etwaige Regelungspflichten des Gesetzgebers bisher "allerdings äußerst bedeckt gehalten" (Osterloh, DVB1. 1991, 913 FN 69 mit Hinweis auf BVerfGE 79, 174 [193 ff.]). 335 So jetzt auch BVerwGE 94, 1 (6 ff.) - Herrschinger Moos - ; abl. Rinne, DVB1. 1994, 23. 336 Die Zivilgerichte entziehen ihrer Jurisdiktionsgewalt sozusagen selbst den Boden, wenn sie durch Richterrecht öffentlich-KcMichc Privilegien (hier: "Entzug" des Abwehranspruchs gem. § 1004 BGB) begründen. - Eine Zuständigkeit nach § 40 Π 1 VwGO ist abzulehnen: Unter "Aufopferung" sollten nur noch Ersatzansprüche für Schäden wegen Eingriffs in nicht-vermögenswerte Rechte verstanden werden, nicht aber der sog. enteignende oder enteignungsgleiche Eingriff (a.A. die h.M., vgl. Kopp, VwGO, § 40 RN 61 m.w.N.; vorsichtig abwägend Maurer, AllgVerwR, § 26 RN 115-117 m.w.N.). 333

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§ 3. Die hier vorgeschlagene Abgrenzung von Enteignung und ISB

eine Entschädigungsregelung) der s/?ez/û/gesetzlichen Grundlage bedarf (und bei deren Fehlen unzulässig ist) oder ob die Vorschriften des § 906 BGB analog herangezogen werden können. [4] Das Thema "Nachbarrecht (i.w.S.) im Hinblick auf Art. 14 GG" ist, so weit ersichtlich, bislang noch wenig durchdrungen 337. Die vorstehenden Ausführungen sind sich deshalb einer erhöhten Fallibilitätsgefahr überaus bewußt. Immerhin vermeiden sie aber eine Konstruktion, die nach der neuen eigentumsrechtlichen Konzeption des BVerfG mit Sicherheit falsch ist 338 . Gemeint ist die Auffassung des BGH, daß Beeinträchtigungen, die ein Nachbar einem anderen zumutet, eine "enteignungsrechtliche" Zumutbarkeitsschwelle dann überschreiten könnten, wenn sie das Nachbareigentum "schwer und unerträglich" treffen - mit der Folge, daß aus sog. "enteignendem Eingriff" zu entschädigen sei339. Ebenso falsch ist die damit zusammenhängende Redeweise von einer "einfachgesetzlichen Billigkeitsentschädigung 'im Vorfeld' der Enteignung" (bzw. enteignender Eingriffe), die bei Überschreiten der - niedrigeren - "fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle" soll gewährt werden müssen340. Es gibt - auch im Nachbarrecht - keine "Schwelle" mehr, die Enteignung von Inhalts- und Schrankenbestimmung oder gar Sozialbindung trennte; und auch im Nachbarrecht könnte eine Enteignung nicht durch die Zubilligung einer gesetzlich nicht vorgesehenen Entschädigung geheilt werden. Die Rede vom "Vorfeld" der Enteignung ist zudem aus einem weiteren Grund mißlich: Es besteht die Gefahr, sie mit der sog. enteignungsrechtlichen Vorwirkung von Planentscheidungen zu verwechseln, also mit der Bestimmung der "für die Ausführung des Vorhabens notwendigen und für eine etwaige Enteignung (sc. 'im technischen Sinne') in Frage kommenden Grundstücke"341. Diese Vorwirkung ist, weil sie über die Zulässigkeit der Enteignung dem Grunde nach verbindlich entscheidet ("Grundverwaltungsakt"), an Art. 14 III GG zu messen; das liegt aber nicht etwa daran, daß eine "Intensitätsschwelle" zwischen Fachplanungsrecht und Enteignungsrecht überschritten würde. *

337

*

*

Nach Battis , FS F.Weyreuther, 314, ist sogar zu befürchten, daß infolge der Neuorientierung am BVerfG "kein Stein auf dem andern bleiben könnte"; zur Neuorientierung des BVerwG jetzt Bönker, DVB1. 1994, 506 ff. 338 Nach BVerfGE 79, 174 (192) "verfehl(t)" die Rede vom enteignenden Eingriff "den zutreffenden verfassungsrechtlichen Ansatz". 339 Zuletzt BGHZ 122, 76 - Fluglärm - . 340 Nachweise bei Nüßgens/Boujong, RN 245 ff. 341 BVerfGE 45, 297 (320) - Hamburger U-Bahn - ; s. auch BVerfGE 56, 249 (264 f.) Dürkheimer Gondelbahn - ; BVerfGE 74, 264 (279, 282 f.) - Boxberg - .

2. Überprüfung der Definitionen: Zweifelsflle

139

Die "hard cases" ließen sich wohl noch vermehren - insbesondere um solche, in denen die Abgrenzung zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmung und Nichtbetroffenheit des Art. 14 GG problematisch ist (was nicht mehr Thema dieser Arbeit ist). Im wesentlichen dürfte der Überprüfung der hier vorgeschlagenen Konzeption "am Fall" jedoch nunmehr Genüge getan sein. Es sei auch daran erinnert, daß zumindest einige weitere Problemfälle bereits anläßlich des Definierens der Begriffe Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung diskutiert wurden, so etwa die Frage, warum die Heranziehung eines Seegrundstücks für ein Naturschutzgebiet Inhalts- und Schrankenbestimmung ist, für eine Straße oder einen Uferweg hingegen Enteignung.

§ 4. Ergebnisse und Ausblick Aufgabe der vorliegenden Untersuchung war die Klärung der Begriffe "Enteignung" und "Inhalts- und Schrankenbestimmung" i.S.d. Art. 14 III bzw. I 2 GG. Zugrundegelegt wurde der hier vorgeschlagenen Auslegung dabei die neue Lehre des BVerfG, nach der beide Begriffe qualitativ zu unterscheiden sind (Trennungstheorie), nicht also quantitativ abzugrenzen gemäß der Intensität der Eigentumsbeeinträchtigung (so die alten Schwellentheorien). Diese Lehre des BVerfG galt es, unbescheiden gesagt, zu verbessern, um sie gegen den Haupteinwand zu verteidigen, daß sie nicht leisten könne, was sie verspricht (dazu sogleich I, II). Eine andere Frage ist freilich, ob sich die Mühe dieser Verteidigung gewissermaßen lohnen wird, ob also die "konsequente Trennungstheorie" gegenüber den alten Lehren wirklich Vorteile bringt (III, IV).

I. Klare tatbestandliche Trennung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung Der Einwand, den zu widerlegen das Ziel der vorangegangenen Ausführungen war, hatte gelautet: Die Trennungstheorie des BVerfG lasse sich letztlich nicht konsequent durchführen, weil die Begriffe "Enteignung" und "Inhaltsund Schrankenbestimmung" nicht völlig trennscharf voneinander abzugrenzen seien. Es gebe weiterhin Bereiche, in denen diese in jene "umschlage" oder in denen sich beide tatbestandlich "überschnitten". In diesen Bereichen sei deshalb zu ihrer Abgrenzung weiterhin ein Rückgriff auf die "alten" Schwellentheorien nötig. Demgegenüber hat sich erwiesen: Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung können, als zwei unterschiedliche Eingriffe in das Eigentum, tatbestandlich klar und ohne Überschneidungen voneinander abgegrenzt werden: Enteignung ist ein marktinterner "Zwangskontrakt", Inhalts- und Schrankenbestimmung ist "Güterdefinition" durch den Marktveranstalter (sei es durch Gesetz oder seinen Vollzug), und ein jeder hoheitliche Eingriff in das Eigentum ist entweder das eine oder das andere. (Als dritte Möglichkeit bleibt nur, daß er den Schutzbereich des Art. 14 I 1 GG überhaupt nicht berührt - wobei man dann darüber streiten kann, ob überhaupt noch ein "Eingriff" vorliegt).

Π. Lösung der Problemfälle

141

Π. Lösung der eingangs (§ 1 Π Ι 1) genannten Problemfälle Legt man die hier vorgeschlagenen Definitionen zu Grunde, so sind die eingangs genannten Problemfälle eindeutig und ohne den Vorbehalt wertender Betrachtung des Einzelfalles wie folgt zu lösen: 1. Die gesetzliche Neubestimmung des Eigentumsinhalts (BVerfGE 71, 137 - Niedersächsisches Fischereirecht - ; BVerfGE 83, 201 - Bergrechtliches Vorkaufsrecht - ) ist, sofern sie wirklich an den Eigentumsobjekten anknüpft, immer Inhalts- und Schrankenbestimmung. Das gilt auch dann, wenn der Inhalt des Eigentums "auf Null reduziert", das Gut also m.a.W. völlig "vom Markt genommen" wird. 2. Die konkretisierenden Gestaltungsakte inhalts- und schrankenbestimmender Gesetze sind und bleiben ebenfalls Inhalts- und Schrankenbestimmung. Die Untersagung von Nutzungen als Folge der Ausweisung eines Naturschutzgebietes unterfällt somit immer, d.h. ungeachtet der Eingriffsintensität oder der Adressatenzahl, dem Tatbestand des Art. 14 I 2 GG (BVerwGE 94, 1 - Herrschinger Moos - ). Das gleiche gilt bei Nutzungsverboten im Denkmalschutzrecht. Anders liegt es freilich, wenn die entzogene Nutzung durch jemand anderen gezogen wird, wenn sie, als Eigentumsobjekt, ihm also übertragen wird. So lag es im Fall des Blüchermuseums (BGHZ 99, 24) hinsichtlich der "Maßgabe", daß das Museum in den vermieteten Räumen verbleiben müsse. Insofern wurde das Mietverhältnis durch Zwangskontrakt verlängert, und zwar unter Berufung auf ein SöAwferzugriffsrecht zu Gunsten der Stadt. Es handelte sich somit um eine echte Enteignung - nicht nur, wie der BGH meinte, um eine Maßnahme mit "enteignender Wirkung". Gestaltende Hoheitsakte, die im Nachbarschaftsverhältnis "objektbezogen" die Rechte und Pflichten der Eigentümer festlegen, sind und bleiben stets Inhalts- und Schrankenbestimmung - ungeachtet ihrer faktischen Wirkung und der Zahl ihrer Adressaten (BVerfGE 79, 174 - Verkehrslärm - ). Unerheblich ist auch, ob die Festlegung durch Einzelakt oder Norm, z.B. Bebauungsplan, erfolgt. 3. Auch eine unzumutbare Belastung durch inhalts- und schrankenbestimmende Gesetze (oder ihren Vollzug) - im Extremfall: Entzug der Eigentümerbefugnisse bis auf das "nudum ius" - ist und bleibt Inhalts- und Schrankenbestimmung, eben weil es auf die Intensität der Beeinträchtigung niemals ankommt. Daß diese Inhalts- und Schrankenbestimmung verfassungswidrig oder entschädigungspflichtig sein wird, ist eine andere Frage.

142

§ 4. Ergebnisse und Ausblick

Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung sind nach hier vertretener Auffassung also, um es nochmals zu wiederholen, deskriptiv zu bestimmende Tatbestände, ihre Qualifizierung erfolgt somit nicht vorbehaltlich einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles, insbesondere nicht im Hinblick auf seine Entschädigungsbedürftigkeit.

ΙΠ. Konsequenzen für das System der öffentlich-rechtlichen Ersatzleistungen bei Beeinträchtigung des Eigentums Vorausgesetzt, man könnte die hier vorgeschlagene Neubestimmung der Begriffe Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung wenigstens für plausibel und schlüssig halten, so ließe sich immer noch fragen, was damit gewonnen sei. Insoweit kann hier lediglich angedeutet werden, daß sich der Ertrag der Neubestimmung vor allem auch auf dem Gebiet der öffentlich rechtlichen Ersatzleistungen bei Beeinträchtigung des Eigentums zeigen wird (bisher sog. "enteignender und enteignungsgleicher Eingriff") - also auf einem Gebiet, das sich derzeit, jedenfalls nach dem Urteil seiner besten Kenner1, im Zustand des Chaos befindet. Für dieses Gebiet besteht der größte Vorteil der "konsequenten Trennungstheorie" darin, daß man gewissermaßen den Rücken frei bekommt für den Aufbau einer neuen Ordnung: Man muß nicht mehr fürchten, daß die Grundbegriffe des Systems je nach Wertung gewissermaßen ineinander fließen können (s.o. § 1 IV 2) - mit der Folge, daß man die Tragweite von Aussagen über sie gar nicht genau wissen kann. Vielmehr könnte man die Begriffe Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung gleichsam zu Fixpunkten eines Systems etwa der folgenden Gestalt machen: A. Gezielte Eingriffe

in das Eigentum

I. Enteignungen, Art. 14 m GG

1. Legislativenteignungen BVerfGE 24, 367 - Hamburger Deichordnung a) Rechtmäßige (verfm.) Legislativenteignung b) Rechtswidrige (verfw.) Legislativenteignung ("legislatives Unrecht 1")

2. Administrativenteignungen

("Vollzugsfälle 1")

a) Formell-gesetzliche Grundlage vorhanden? BGH, NJW 1984, 1878 - "faktische" Kiesentnahme - ("enteignungsgleicher Eingriff 1 ") aa) Rechtmäßige (verfm.) gesetzl. Grundlage bb) Rechtswidrige (verfw.) gesetzl. Grundlage ("legislatives Unrecht 2", sog. "Beruhensfälle") 1

Ossenbühl, StHR, § 2.

ΠΙ. Konsequenzen für die Ersatzleistungsdogmatik

143

b) Ordnungsgemäße Anwendung des Gesetzes? aa) Rechtmäßiger Vollzugsakt bb) Rechtswidriger (insb. rw.-schuldloser) Vollzugsakt (sog. "fehlgeschlagene Enteignung", "enteignungsgleicher Eingriff 2") BGHZ 6, 270 - KRG Nr.l8/Wohnraumzuweisung Π. Inhalts- und Schrankenbestimmungen, Art. 14 I 2 GG 1. Inhalts- und Schrankenbestimmungen durch Gesetz (sog. "Unmittelbarkeitsfalle") a) Rechtmäßige (verfm.) Inhalts- und Schrankenbestimmung b) Rechtswidrige (verfw.) Inhalts- und Schrankenbestimmung ("legislatives Unrecht 3") aa) Gesetzgeberisches Handeln bb) Gesetzgeberisches Unterlassen 2. Inhalts- und Schrankenbestimmungen durch untergesetzliche Norm ("Vollzugsfälle 2") BVerfGE 58, 137 - Pflichtexemplare a) Formell-gesetzliche Grundlage (Ermächtigungsnorm) vorhanden? aa) Rechtmäßige (verfm.) gesetzl. Grundlage bb) Rechtswidrige (verfw.) gesetzl. Grundlage ("legislatives Unrecht 4", sog. "Beruhensfälle") b) Ordnungsgemäße Rechtsanwendung durch die untergesetzliche Norm? aa) Rechtmäßige untergesetzliche Norm bb) Rechtswidrige untergesetzliche Norm ("normatives Unrecht 1", "enteignungsgleicher Eingriff 3") 3. Inhalts- und Schrankenbestimmungen durch Einzelakt ("Vollzugsfälle 3") BVerfGE 52, 1 - Kleingartenrecht BVerfGE 58, 300 - Naßauskiesung a) Formell-gesetzliche Grundlage vorhanden? aa) Rechtmäßige (verfm.) gesetzl. Grundlage bb) Rechtswidrige (verfw.) gesetzl. Grundlage ("legislatives Unrecht 5", sog. "Beruhensfälle") b) Gegebenenfalls: Untergesetzliche Norm rechtmäßig oder rechtswidrig? (s.o. unter 2; ggf. "normatives Unrecht 2"; "enteignungsgleicher Eingriff 4") c) Ordnungsgemäße Rechtsanwendung durch den Einzelakt? aa) Rechtmäßiger Vollzugsakt bb) Rechtswidriger (insb. rw.-schuldloser) Vollzugsakt ("enteignungsgleicher Eingriff 5")

B. Beeinträchtigungen

sonstiger Art ("Nicht-Vollzugsßlle")

I. Realakte (?) Π. ungezielte (Rechts- oder Real-) Akte Beispiel: Beeinträchtigungen im Nachbarschaftsverhältnis (U-Bahn-Bau, Kläranlage, Lärmimmissionen [sog. "enteignender Eingriff'])

144

§ 4. Ergebnisse und Ausblick

Dieses System kann im Rahmen der vorliegenden Untersuchung freilich nicht im einzelnen diskutiert werden.

IV. Zur Rechtfertigung der Trennungstheorie Man wirft der Trennungstheorie des BVerfG bisweilen vor, sie mache alles, was bisher schon schwierig war, nur noch komplizierter. Nach hier vertretener Ansicht wird sie freilich gerade durch ihre im Ansatz größere Differenziertheit der komplexen Materie besser gerecht - und macht sie dadurch im Ergebnis sogar leichter durchschaubar 2. Ferner läßt sich zu ihrer Rechtfertigung etwa folgendes anfuhren: Was den Gleichheitssatz angeht, als einen der wichtigsten Bestandteile der Gerechtigkeit3, so macht die Trennungstheorie klar, daß es sich bei der Inhalts- und Schrankenbestimmung von vornherein um eine ganz andere Konstellation handelt als bei der Enteignung: im ersten Fall um die iustitia distributiva (auch als Lastengleichheit), im zweiten um die Austauschgerechtigkeit (iustitia commutativa)4. Weil es dann aber schwer ist, den abstrakten Gleichheitssatz konkret mit dem "richtigen" Inhalt zu füllen, d.h. die richtigen Gruppen von Menschen zu bevorzugen oder zu benachteiligen, deshalb stellt sich die Frage nach der Legitimation für die wesentlichen Entscheidungen5 ("quis iudicabit?"6). Nach der Idee unseres Gemeinwesens liegt sie, wie ja auch in Art. 14 I 2 und III GG zum Ausdruck kommt, grundsätzlich beim - freilich nicht bindungslosen - Gesetzgeber7, und gerade das ist es, was die Trennungstheorie betont. Nur der Gesetzgeber darf also die Rahmenbedingungen des Marktes festsetzen, 2

A.A. etwa Hendler, DVB1. 1983, 883; s. auch bereits Einl. 2 m.w.N. - Bisweilen scheinen mir die Anhänger der alten Schwellentheorien etwas widersprüchlich zu argumentieren: Da wird einerseits beklagt, wie unübersichtiich und kompliziert die Materie sei - so unübersichtiich, daß letztiich nur eine typologisch-topische Einzelfallbetrachtung den Dingen gerecht werden könne. Aber kaum versucht das BVerfG, eine etwas differenziertere Theorie zu entwickeln, um diese Komplexität in den Griff zu bekommen, da beginnt man, die "gute alte Zeit des weiten Enteignungsbegriffs " zurückzusehnen - die es so nie gegeben hat, weil ein einheitiiches Entschädigungskriterium keineswegs vorhanden war (Sass, Entschädigungserfordernis, 117, 168). 3 Man kann den Gleichheitssatz geradezu als den "Schlüsselbegriff" zur Erschließung von Gerechtigkeitsfragen bezeichnen, s. Zippelius, WDStRL 47 (1989), 23; ders., RPh, § 16 II (S. 112). 4 Zu diesen beiden Aspekten (und zu ihren Grenzen) Zippelius, RPh, § 16 II (mit Hinweis auch auf die Bedeutung des Marktes als, wenn man so will, Wertermittier); s. ferner a.a.O. § 29 II und III; zum Nachteilsausgleich im öffentiichen Recht a.a.O. § 34 III. 5 Zippelius, RPh, §§ 16 II (S.112), 11 Π. 6 E.Kaufmann, WDStRL 3 (1927), 10, auch 18 ff. mit Ls. 8. 7 Zippelius, RPh, § 11 Π 4; ders., WDStRL 47 (1989), 26.

IV. Rechtfertigung der Trennungstheorie

145

nur er darf etwa auch das Problem der sozialen Kosten und der öffentlichen Güter lösen, und nur er darf erlauben, innerhalb des Marktes ausnahmsweise jemand anderem seinen Willen aufzuzwingen. Schließlich spricht, und das ist der vielleicht handhabbarste Aspekt der Gleichheit8, für die Trennungstheorie die Rechtssicherheit und damit Orientierungsgewißheit, die sie vermittelt9. Die Schwellentheorien arbeiten nämlich primär mit Wertungsbegriffen ("Sonderopfer", "Rechtsposition", "Substanz", "Situationsgebundenheit", "Schwere und Intensität", "Zumutbarkeit", "Bestandsschutz"10, "Sozialbindung"), die es dem Richter erlauben, von der gewünschten Rechtsfolge her (Entschädigung ja oder nein?) den Tatbestand der Beeinträchtigung zu bestimmen. Damit aber wird es schwierig, die Wertung des Richters "von Fall zu Fall" zu erschließen, zumal die Grundsätze, nach denen entschieden wird, angesichts des Entscheidungsdrucks oft eher ad hoc entworfen werden müssen. Demgegenüber besteht der Wert klarer Tatbestände (als Teil von Rechtssätzen, die konditional programmiert 11 sind) darin, das Entscheiden des Richters vorhersehbar zu machen12. Genau das aber ist das Bestreben der Trennungstheorie: solche Tatbestände teils selbst durch Auslegung zu ermitteln (auf Verfassungsebene), teils durch den Gesetzgeber schaffen zu lassen (im Rahmen seiner Aufgabe und Befugnis gem. Art. 14 I 2 und III GG). *

*

*

8 Vgl. Zippelius, WDStRL 47 (1989), 26; demgegenüber erscheint etwa der Grundsatz "Jedem das Seine" eher als "Luftblase" (ders., RPh, § 16 Π [ S. 110]). 9 Zu den beiden Aspekten der Rechtssicherheit - Orientierungsgewißheit und Realisienmgsgewißheit, certitudo und securitas - s. Zippelius, RPh, § 23 Π (S. 163 f.). 10 Der Bestandsschutz als verfassungsunmittelbare Kategorie ist jetzt insb. durch die Rspr. des BVerwG (E 88, 191) ins Wanken geraten: Sarnighausen, DÖV 1993, 758 ff.; Wahl, FS K.Redeker, 248 ff., 254, 258. 11 Zur Unterscheidung von Konditionalprogramm und Zweckprogramm Luhmann, Rechtssoziologie, 88, 227 ff. 12 Zippelius, RPh, § 23 ffl - der freüich daraufhinweist, daß ein gewisser "Bedeutungsspielraum der Gesetzesworte" auch seine Vorteile hat. Letztlich ist damit, methodologisch betrachtet, die Pointe der gesamten hier erörterten Problematik bezeichnet: Sie liegt in der Frage, welche Auslegung des Art. 14 GG den (Fach-)Gerichten den angemessenen semantischen (und damit letztlich auch praktischen, s. § 2 FN 28) Spielraum vermittelt (s. auch oben § 3 II 2 a [2a] a.E.).

10 Lege

Schlußbetrachtung Es wird gelegentlich bezweifelt, daß die Konzeption des BVerfG zu Art. 14 GG wirklich zu einem Fortschritt geführt habe. Man fragt auch bisweilen, ob sich im Ergebnis so sehr viel geändert habe und ob der geringe praktische Ertrag den großen theoretische Umorientierungsaufwand überhaupt lohne. Darauf ist zunächst zu erwidern, daß es so wenig nicht ist, was sich geändert hat, man denke nur an den Verlust des "Wahlrechts" zwischen Anfechtung und Entschädigung. Dennoch hat sich die juristische Welt im Bereich der Eigentumsgarantie natürlich nicht völlig verändert - wohl aber die Art und Weise, sie zu betrachten. Was das BVerfG mit der Naßauskiesungsentscheidung in Gang gesetzt hat, hat man denn auch immer wieder mit Recht als eine Art kopernikanische Wende, als eine (rechts-) wissenschaftliche Revolution empfunden (diejenigen, die das leugnen, sind zugleich die, die ihr nicht folgen). Das Wesen einer wissenschaftlichen Revolution aber besteht, jedenfalls nach dem berühmten Buch von Thomas S. Kuhn, in einem sog. Paradigmenwechsel: Es wird, grob gesprochen, ein Weltbild durch ein anderes ersetzt, ohne daß das alte jedoch im strengen Sinne falsifiziert würde; das neue Weltbild stellt lediglich andere Gesichtspunkte in den Vordergrund, die für eine neue Lebensweise wichtiger oder angemessener zu sein scheinen. M.a.W.: Es gibt keinen objektiven Maßstab für Fortschritt, sondern nur einen Wandel von "Paradigmen", wobei ein Paradigma gerade nicht nur Theorie ist, sondern eine soziale Erscheinung. Ob sich ein "Paradigma" durchsetzt, hängt deshalb letztlich vom Glauben bestimmter Gruppen von Menschen an eben dieses Paradigma ab, vom Glauben daran, daß es die Orientierungsprobleme einer neuen Lebensweise besser, eleganter, in gewissem Sinne sogar: ästhetischer löst. Es muß hier dahinstehen, ob Kuhns Beschreibung für die Naturwissenschaften, an denen sie entwickelt wurde, zutrifft. Was den Streit um den richtigen Enteignungsbegriff angeht, so hat sie einiges für sich. Während der BGH die Enteignung gewissermaßen "von unten", d.h. von Einzelfall und seiner Entschädigungsbedürftigkeit her bestimmen wollte, will das BVerfG die Qualifizierung gleichsam "von oben" her vornehmen, aus der abstrahierenden Sicht des Gesetzgebers. Dieser Unterschied in der Perspektive beruht letztlich wohl auf einem Wandel der juristischen Lebensverhältnisse: Die

Schlußbetrachtung

147

Gesetzgebungstätigkeit und vor allem die Aufsicht der Verfassungsgerichtsbarkeit über sie hat sich seit den Zeiten des RG, an die der BGH mit seiner "Sonderopfertheorie" anknüpfte, erheblich verändert1. Es hat eine große Verrechtlichung2 oder vielleicht eher: Verrechtsstaatlichung stattgefunden, und es ist eine neue Generation herangewachsen, die damit groß geworden ist. Man kann letztlich nur hoffen, daß ihre Ästhetik (d.h. Wahrnehmungsweise) den Gerechtigkeitsproblemen, die sich heute stellen, wirklich gerecht wird.

1 Mit Recht konstatiert Böhmer, Staat 24 (1985), 192, daß die Prämissen dieser Rechtsprechung entfallen sind, eben weil das GG durch Art. 14 GG ein subjektives Abwehrrecht und durch Art. 19IV GG umfassenden Rechtsschutz geschaffen hat (a.a.O., 178 f., 186,193); respektlos-pointiert Schröer, NJW 1984, 1865: "Aber seit der Entscheidung des RG ist etwas geschehen. Es ist das Grundgesetz in Kraft getreten." 2 Darauf weist hin: Hendler, DVB1. 1983, 883.

Zusammenfassende Thesen § 1. Das Problem: Lassen sich Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung streng voneinander trennen? 1. Nach der Trennungstheorie des BVerfG sind Enteignung und Inhaltsund Schrankenbestimmung zwei Arten von Eingriff in das Eigentum, die sich qualitativ voneinander abgrenzen lassen. 2. Ungeklärt ist bislang, ob es Bereiche gibt, in denen sich beide Arten von Eingriff überschneiden oder in denen es zwischen ihnen nach wie vor einen graduellen Übergang i.S.d. alten Schwellentheorien gibt. Problematisch sind insofern drei Fallgruppen: die Beschneidung bisher bestehender Rechte durch ein Änderungsgesetz; konkret-objektbezogene Gestaltungsakte mit genereller Wirkung (z.B. Naturschutzverordnungen); Nutzungs- oder Verfügungsbeschränkungen, die den Eigentümer übermäßig oder gar extrem belasten. 3. Nach hier vertretener Auffassung gibt es keine derartigen Unschärfen, also nicht Fälle, in denen eine Inhalts- und Schrankenbestimmung zugleich Enteignung wäre oder in eine solche umschlüge ("strenge Trennungstheorie"). 4. Diese Auffassung setzt voraus, daß sich die Begriffe "Enteignung" und "Inhalts- und Schrankenbestimmung" trennscharf voneinander abgrenzen lassen. Das ist den bisherigen Abgrenzungsversuchen, insb. dem BVerfG, jedoch noch nicht gelungen (dazu § 2). Aufgabe der vorliegenden Untersuchung ist es daher, die Begriffe "Enteignung" und "Inhalts- und Schrankenbestimmung" präziser als bisher voneinander abzugrenzen (dazu § 3). § 2. Die bisherigen Aussagen des BVerfG (und der ihm folgenden Lehre) reichen für eine strenge Trennung nicht hin. 5. Die vom BVerfG gegebenen "klassischen" Definitionen im Kleingartenund Naßauskiesungsbeschluß unterscheiden im wesentlichen zwischen dem Entzug einer konkreten Rechtsposition und der generellen Normierung des objektiven Rechts, kommen also der Einzelakttheorie nahe. Sie versagen schon deshalb, weil bestehende subjektive Rechte auch durch den Vollzug

Thesen

149

oder die Änderung objektiv-inhaltsbestimmender Normen entzogen werden können. 6. Weitere Abgrenzungsversuche des BVerfG und des Teils der Lehre, der ihm grundsätzlich folgt, überzeugen ebenfalls nicht völlig. § 3. Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung unterscheiden sich im Hinblick auf die "Marktkonstellation11. 7. Nach hier vertretener Auffassung lassen sich die Begriffe Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung ausnahmslos anhand qualitativ-deskriptiver Merkmale bestimmen, d.h. ohne quantitativ-"wertende" Kriterien. I. 8. Zentraler Bezugspunkt für die rechtliche Qualifizierung von Eingriffen in das Eigentum ist der Markt. 9. Im Hinblick auf den Markt können die Beteiligten in verschiedenen Rollen aufeinandertreffen: öffentl. Gewalt, insb. Gesetzgeber ("Marktveranstalter") Eigentumsobjekte ("Güter") Eigentümer ("Anbieter")

Nicht-Eigentümer ("Nachfrager").

10. Beeinträchtigungen des Eigentums können demgemäß in drei Konstellationen erfolgen: als Zwangskontrakt zwischen Anbieter und Nachfrager, als Definition der rechtlichen Eigenschaften eines Gutes durch den Marktveranstalter, als wirtschaftslenkende Maßnahme i.e.S. (z.B. Wettbewerbssteuerung durch Subventionen). II. 11. Enteignung ist Zwangskontrakt (z.B. Zwangskauf, Zwangsmiete oder gar Zwangsschenkung). Sie läßt sich definieren als marktinternes Zwangsgeschäft zur Güterbeschaffung aufgrund eines Sonderzugriffsrechts auf der Nachfragerseite ("Sonderrechtstheorie"). In der Rolle des privilegierten Nachfragers kann auch, muß aber nicht immer die öffentliche Gewalt stehen. 12. Inhalts- und Schrankenbestimmung ist Güterdefinition. Sie kann definiert werden als einseitige Regelung durch den Marktveranstalter, die an das Eigentumsobjekt anknüpft und hinsichtlich seiner die Rechte und Pflichten

150

Thesen

aller Eigentümer und Nicht-Eigentümer, als potentieller Kontrahenten (nicht: Konkurrenten), festlegt. 13. Keinen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 GG stellen wirtschaftslenkende Maßnahmen i.e.S. dar, insbesondere nicht die Bevorzugung oder Benachteiligung von Konkurrenten oder die Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. III. 14. Standardfall der Enteignung ist die Heranziehung eines Objekts durch die öffentliche Gewalt für ein konkretes Gemeinwohlprojekt; es können jedoch Enteignungen auch z.B. durch Private erfolgen oder im Interesse des Enteigneten. Standardfalle der Inhalts- und Schrankenbestimmung sind Verfügungs- und Nutzungsbeschränkungen, etwa im Miet- und Pachtrecht oder im Natur- und Denkmalschutz; nach hier vertretener Auffassung bleibt auch eine Inhaltsbestimmung "auf Null" stets Inhaltsbestimmung. 15. Schwierig einzuordnen sind Beschneidungen der Eigentümerrechte auf staatlich monopolisierten Märkten, Eingriffe, die an die Person des Eigentümers anknüpfen, sowie manche Fallgestaltungen im Urheberrecht und im Nachbarrecht. § 4. Ergebnis 16. Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung lassen sich ohne Überschneidungen und ohne fließende Übergänge voneinander abgrenzen. Das bedeutet freilich nicht, daß damit jegliche Abgrenzungsschwierigkeit entfiele.

Verzeichnis der Beispielsfalle Die Zahlen bezeichnen die Seiten. Entscheidungen des BVerfG BVerfGE 11,192 11,221 14,105 14.263 14, 288, 306 18,121 20, 351 21, 73 u.a. 24, 367 29,283 31,33 31,212 31, 229 32,111 42, 176 42, 229 42.264 45, 142 49, 382 52, 1 53,336 58, 81 58, 137 58, 300 62, 169 70, 101 71,1 71,137 72, 66 79, 174 83, 89 83,201 88, 366

- Beurkundungen/Notare und Ortsgerichte -Zusatzsterbegeldversicherung - Branntweinmonopol/Überbrandabzug - Feldmühle/Umwandlung einer Aktiengesellschaft - Selbstversicherung in der Rentenversicherung - Mietrecht/Fiskusprivileg - Tötung tollwutverdächtiger Hunde - Grundstücksverkehrsgesetz I - VII - Hamburger Deichordnung - Rentenversicherung/Halbbelegung - Heizöltransporte/Binnenschiffahrt und Eisenbahn - Wehrdienstbeschädigung - Urheberrecht I/Schulbücher - Lastenausgleich/Österreichfälle - Anrechnung einer Abfindung auf das Arbeitslosengeld - Kleidung eines Sicherungsverwahrten - Conterganstiftung - Getreidehandel/EWG-Interventionen - Urheberrecht VI/Kirchenmusik - Kleingartenrecht -Eisenbahnkreuzungsgesetz - Angestelltenversicherung/freiwillige Pflichtversicherung - Pflichtexemplare - Naßauskiesung - Guthaben von DDR-Bürgern/Verfügungsbeschränkung - Angestelltenversicherung/freiwillige Pflichtversichemng - Angestelltenversicherung/freiwillige Pflichtversicherung - Niedersächsisches Fischereirecht - Flughafen Salzburg/Immissionen - Verkehrslärm - Beihilfe rrecht/100 % -Erstattungsgrenze - Bergrechdiches Vorkaufsrecht - Körung/Zuchtbücher

107 122 117 83 122 113 73 102 21 122 107 123 83 129 124 100 86 108 130 21 114 122 23 22 126 122 122 27 133 28, 133 124 27 98

Entscheidungen von BGH und BVerwG BGHZ 6,270 (GSZ) BGH NJW 1984, 1878 BGHZ 99,24 BVerwGE 94, 1

- Wohnungszuweisungen - Kiesentnahme - Blüchermuseum - Herrschinger Moos

85 84 28 28

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averzeichnis

Die Zahlen bezeichnen die Seiten und ggf. die Fußnoten.

Abgaben s. Naturalabgaben; Steuern Abgrenzung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung - als Kompetenzproblem 15, 19 f., 26 FN 44, 59, 144 f. - als Perspektivenproblem (Richter oder Gesetzgeber, Einzelfall oder Gesetz) 17, 145; s. auch "von oben/von unten" - "auf der Kippe" 33 - Definitionen 35, 36 ff., 37, 41, 72 ff., 73, 97 - eigenständige Rechtsinstitute 22 - Funktion s. dort - praktische Bedeutung s. dort - "quer" 33, 50 - Schemata s. Hintergrundvorstellung - Tatbestand und Rechtsfolge 25 f. s. auch Austauschbarkeit; circulus vitiosus; fließende Übergänge; Legitimation; Rechtsnatur; Trennungstheorie; Schwellentheorie; Überschneidungen; Umschlagtheorie; zugleich Abgrenzungskriterien (zwischen und Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung) - Abstraktionshöhe 43 - deskriptiv oder weitend 13-15, 51 f., 61 f., 91-97, 105, 142 - Entschädigungsbedürftigkeit, -pflichtigkeit, -regelung s. jeweils dort - fließende Übergänge s. dort - formal oder material 33 f., 90, 91 f., 95 f. - inhaltlich 34 - Intensität der Beeinträchtigung 13 f., 18, 20-22, 29, 30 f., 33, 46, 50 FN 74, 56, 57, 61, 77, 88, 93, 96, 138 - nach dem Objekt 95 f.

- offensiv/defensiv 48 FN 68 - qualitativ oder quantitativ 13-15, 20, 30-34, 61f., 67, 91-97, 105 - Schwerpunkt (auf genereller Regelung oder konkretem Zugriff) 51, 54 - typologische Betrachtung 48, 75 - wertend 54 FN 94; s. auch deskriptiv oder wertend - Wille des Gesetzgebers 26 FN 43, 54 FN 94 abkaufen, Abkaufenmüssen 77, 90, 91-97, 103 ff. Absprachen s. normvertretende Absprachen Abstandsflächen 132 f. abstrakt, abstrahierend (im Sinne der Logik) 49 f., 99 ff. abstrakt-generell 37, 38, 40, 70, 71 abstrakt-individuell 51 FN 78 abstrakt/konkret 49 f., 51 s. auch Allgemeinheit Abwehr vor Entschädigung 19 f., 24 f. Abwehransprüche des Eigentümers, Entziehung von 135-138 Administrativenteignung 32, 41, 42 Adressaten(kreis) 28. 37, 38, 41 f. Aktie 83 f. aktualisieren 37 FN 9 akzidentielle Beschränkung 101 Änderungsgesetz(gebung) 54-56, 58,116 f. s. auch Alternative; Rückwirkung Aliud (Enteignung als) 61 FN 3 Allgemeinheit - abstrakte und konkrete 93-95, 97 Allgemeinverfügung 28, 33 f Allgemeinwohl 26, 47 - abstraktes und konkretes 94 f. - in Art. 14 Π und ΠΙ 1 GG 26 - i.S.d. Art. 14 ΠΙ GG 84, 86

Sachverzeichnis - und Markt 67 FN 42 s. auch Gemeinwohlprojekt Allgemeines Landrecht, preußisches s. ALR Allmende 89 ALR 80 FN 91, 110 FN 217, 116 FN 237 Alternative: Bestehenlassen alter Rechte oder Änderung nur gegen Entschädigung? 56 Anbieter, Eigentümer als 68 Anfechtungslast 24 Anknüpfen - an das Eigentumsobjekt 39, 70, 71, 97, 99-101, 115 f., 134, 136 - an die Person des Eigentümers 125130 - an die Person des Eigentümers als "sachlicher Grund" 129 f. - an die Person des Eigentümers oder Nicht-Eigentümers 99 f. Anschluß- und Benutzungszwang 81, 118 Anwendung s. Vollzug a priori s. ex ante/ex post Arbeitslosengeld 120 f., 124 Art. 14 I 1 GG 43 ff. - i.V.m. Art. 14 I 2 GG 44 ff. Art. 14 I 2 GG 31 ff. Art. 14 II GG 26 Art. 100 GG s. Normenkontrolle "auf der Kippe" s. Abgrenzung von Inhaltsund Schrankenbestimmung und Enteignung Art. 153 WRV 55 Aufforstungspflicht 92 aufkaufen (alle Güter einer Gattung) 71 f. s. auch leerkaufen Aufopferung 110 FN 217, 137 FN 336 Aufopferungsenteignung 57 f. Ausbildungs- und Ausfallzeiten 121, 122 f. Ausgangsverteilung der Eigentumsrechte 45 FN 54 Auslegung des Art. 14 GG 31 ff., 43 ff., 145 FN 12 Austauschbarkeit von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung? 91 ff., 103 ff. Ausschließungsrecht s. Exklusivität Autobahn 30 f., 92, 94 f., 97 Autonomie 66 f. BAFöG 121

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Baufreiheit 70 FN 54; s. im übrigen Bebaubarkeit Baugenehmigung 31 f., 135 Baurecht 28 f., 31 ff., 90, 114, 132 ff. -licher Nachbarschutz 134 FN 318 Beamte, Besoldung und Versorgung 118 FN 249 Bebaubarkeit 31 ff., 70, 106 FN 196 Bebauungsplan 28, 31 ff., 37 FN 9, 133 ff. Beeinträchtigungen sonstiger Art 135 Begriffsbildung 41 FN 28, 60, 89 FN 132, 111 f. s. auch Funktion Beihilfe 124 f. Belange, fremde und eigene (des Enteigneten) 85-87 Bereicherung (als Merkmal der Enteignung) 75 ff., 79, 80, 83, 87, 96 - marktinterne 76 FN 77, 96 berufsregelnde Tendenz 39 Bergrecht 27, 132 berichtigende Auslegung (des Art. 14 I 2 GG) 31 ff., 38 Bemhensfälle 142 f. Besatzungsschäden 110 FN 221 Beschädigung 77 ff. Beschränkung s. akzidentiell, essentiell, immanent Bestandsgarantie 65 Bestandsschutz 145 bestimmte öffentiiche Aufgaben 15 FN 18, 47 f., 87 bestimmtes Vorhaben, bestimmtes Unternehmen 15 FN 18, 18, 94 "Bestimmung" von Inhalt und Schranken 44, 66, 97 Betretungsrecht (Naturschutz) 51 FN 79 Betretungsverbot (Naturschutz) 48, 115 Betriebsrenten 123 FN 271 Billigkeit 14 FN 10, 95 FN 157 Billigkeitsentschädigung s. Vorfeld der Enteignung Binnenschiffahrt 107 Biotop 94, 115 Boden 90 Bodenreform 112 Bolzplatz 134 Bündel von Rechten, Eigentum als 89 bürgerliches Recht 99 FN 170

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case law (insb. des BGH) 14 FN 10, 19 FN 11 Chancen 71, 106, 108 f. circulus vidosus (der Schwellentheorien) 19 FN 8 Conterganstiftung 86 f. DDR - Unrecht in der damaligen 110 - Enteignungen in der ehemaligen 110 - Sparguthaben von DDR-Bürgern in der Bundesrepublik 126 ff. Deckmantel s. Etikett definitive und prinzipielle Rechte 45 FN 54 Definitionsakt 42, 52 f., 71 Deichrecht 21, 112, 114 Delikt(srecht) 79, 82 Denkmalschutz 18,28 f., 43, 57,76 f., 80, 81 f., 90, 92, 141 s. auch Erhaltungspflicht deskriptive Tatbestandsmerkmale s. Abgrenzungskriterien Diebstahl 69, 75, 79 Dienstbarkeit 77, 91 f. dinglicher Verwaltungsakt 28 Dogmatik des BVerfG - Kernproblem 29 - Vorteile 15, 142, 144 f. Doppeldeutigkeit des Begriffs Enteignung 15, 18, 21, 29, 34 f., 58 Doppelversicherung s. Versicherungsanspruch Dürkheimer Gondelbahn 112 dulde und liquidiere 90 Duldungspflicht 136 FN 327 Durchbrechung der Eigentumsordnung 53 f., 79, 80 FN 92 - der Privatautonomie 87 FN 122 ehrbarer Kaufmann 123 Eigeninteresse des Enteigneten 85 ff. Eigenmacht 79 Eigenschaften - des Eigentümers oder Nicht-Eigentümers 39, 99, 125 ff., 128-130 - des Eigentumsobjekts s. dort - rechtliche Eigenschaften 67 f., 70, 74 eigenständige Rechtsinstitute, Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung als 22 Eigentümer - als Anbieter 68

- Rechte und Pflichten des -s 38 - vernünftiger 94 mit FN 156 Eigentum - als Ausschließungsrecht s. Exklusivität - als Bündel von Rechten 89 - als Rechtsverhältnis 60, 65 f., 95 - als Regulativ menschlicher Freiheit 66 - das seinen Namen verdient 64 - drittgerichtet 66 FN 32 - Inhalt 44 f., 64 f., 79 - i.S.d. Verfassung 44 - nach bürgerlichem Recht 89 FN 130 - Produkt der Rechtsordnung 65 - property rightss. dort Eigentumsaufopferung 59 Eigentumsbindung 18, 51 FN 79, 62 FN 7 Eigentumsfähigkeit 65 FN 26 s. auch Marktfähigkeit Eigentumsobjekt - Eigenschaften 39, 49 s. auch Anknüpfen; "hinsichtlich"; "objektiv"; Sachherrschaft Eigentumsrechte - Ausschließlichkeit (Exklusivität) 79 s. auch Bündel von Rechten; definitive und prinzipielle Rechte; property rights Eigentumsunrechtshaftung 25 einfaches Recht und Verfassungsrecht 44 f. Eingriff -Begriff25 FN 38 s. auch sonstiger Eingriff einseitiger Akt 74, 88, 90, 91 f., 97 Einzelfall (Wertung des -s) 17, 18, 25, 93, 133 f., 141 f. s. auch Abgrenzung ... als Perspektivenproblem Einzelakt, Einzelakttheorie 37, 41 f., 141 Einziehung 74, 126, 127 f. Emissionen 66 Energieversorgungsunternehmen 112 enteignende Wirkung 18, 23, 28, 30, 35 FN 70, 53, 133, 134, 141 enteignender Eingriff 13, 19, 133, 137 FN 336, 138, 142 f. s. auch Eigentumsunrechtshaftung Enteignung - als Aliud s. dort - als "Mittel"? 91 ff., 104 f. - Definitionen 41, 73, 80 - durch Private 82 ff.

Sachverzeichnis - Entschädigungsbedürftigkeit, -pflichtigkeit, -regelung s. jeweils dort - "entschädigungslose" 128 - Erforderlichkeit 104 - faktische 84 f. - fehlgeschlagene 85 - Fremdnützigkeit kein Tatbestandsmerkmal der Enteignung 85 ff. - klassische 15 FN 18, 18, 21, 30, 34, 53, 58, 73 - mit vertauschten Rollen s. Übernahme gegen Entschädigung - ohne Gesetz 84, 136 - preußisches Gesetz über die s. dort - privatnützige 82 - Rechtmäßigkeit kein Tatbestandsmerkmal 85 - rechtswidrige 85 - Rechtsnatur s. dort -szweck 47 f. - Übertragung des Eigentumsobjekts s. dort - ultima ratio 104 - verkappte 50 FN 75 - zu Gunsten Privater 74, 82 - zwei Begriffe von Enteignung s. Doppeldeutigkeit s. auch Abgrenzung(skriterien); abstrakt/konkret; Bereicherung; Durchbrechung; Entziehung (Entzug); Entzugsakt; generell/konkret; Güterbeschaffungsvorgang; Übertrumpfen; Überwindung; Veränderung der Situation; Zugriff; Zwangskauf; Zwangskontrakt Enteignungsgleicher Eingriff 13, 19, 24 FN 32, 84, 85, 137 FN 336, 142 f. s. auch Eigentumsunrechtshaftung enteignungsrechd. Zumutbarkeitsschwelle s. Zumutbarkeitsschwelle Enteignungsschwelle 18, 46, 93 Entreicherung (als Merkmal der Enteignung) s. Bereicherung Entschädigung 72 f. s. auch Gesetzmäßigkeit der Entschädigung Entschädigungsbedürftigkeit, -Würdigkeit 22, 23, 61 f. insb. FN 2, 141 f. Entschädigungspflichtigkeit - als Merkmal der Enteignung? 15 FN 18, 18, 25, 59, 62 FN 4 - als zweitrangige Frage 90

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- bei Enteignung eine selbstverständliche Folge 61 FN 2 - bei Inhalts- und Schrankenbestimmung s. dort - verschuldensunabhängig 79 Entschädigungsregelung als Tatbestandsmerkmal der Enteignung? 26 FN 43 Entziehung (Entzug) 40, 42, 46, 47 f., 52 f., 53 f., 75-79, 96 f., 120 f. - "sonstige Entziehung" 76-79 - von Zugriffsrechten 89 Entzugsakt 42, 52 f. Erforderlichkeit s. unter Enteignung Erhaltungspflicht (Denkmalrecht) 92 Erschöpfung (des Urheberrechts) 131 FN 301 Erwerbschance 108 f. Erwerbszwang 80 f., 118 erworbene Rechte 81 s. auch wohlerworbene Rechte Erschließungs(beitrags)recht 81, 118 essentielle Beschränkung 101 Etikett, Etikettenschwindel (Enteignung unter dem Etikett einer Inhalts- und Schrankenbestimmung) 50 f., 91 ff., 104 f. ex ante/ex post 17, 26, 32 f., 34, 42 Existenzsicherung 119 FN 254 Exklusivität 79 FN 90 Experiment, experimentierende Methode 16, 111 f. Extremfalle s. Vollzug fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle s. Zumutbarkeitsschwelle faktische Wirkung s. Wirkung faktische Beeinträchtigungen des Eigentums 135, 136 Falsifikation 60, 146 Faustpfand, Eigentum nicht als 127 Festiegung von Rechten und Pflichten 38, 42, 101 ff. Fischereirecht 27, 55 FN 101, 114 Fiskus(theorie) 59 FN 115, 90 FN 135 fließende bzw. gleitende Übergänge (zwischen Inhalts und Schrankenbestimmung und Enteignung) 22 f., 28, 29 ff., 50 Fluglärm 132 f., 134 ff. Flurbereinigung 85 f., 112 formal oder material s. Abgrenzungskriterien

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Formenmißbrauch 51 Formenwahl(freiheit) 103 ff. fortdefinieren, Fortdefinierendürfen43,45, 55 f., 76, 89 f., 91 ff., 103 ff., 130 freier Verkehr, Entziehung aus dem 80 FN 91 freihändiger Erwerb 74, 90, 96 Freiheit 62 ff., 82, 86, 99 Fn 172 - Eigentum als Regulativ menschlicher 66 - eigentumsspezifische 64 - erworbene 64 - etwas anderes als Gewährleistung 65 FN 27, 99 FN 172 - ökonomische 64 FN 18, 129 Frondienste 55 "für alle" (Eigentümer und Nicht-Eigentümer) 101 ff Fürsorge, staatliche 119 FN 253 Funktionen - der Begriffe Enteignung und Inhaltsund Schrankenbestimmung 17 f., 25 f. - des Eigentums 63 Gattung - Festlegung von Rechtsverhältnissen der Gattung nach 38 - von Gütern 69 f., 74, 96 FN 161 - Zugriff auf die Zuordnung einer Gattung von Objekten 43 s. auch Rechtsgattung Gefahrenabwehr 47 f., 73, 76, 114 s. auch Zustandsstörer; Nichtstörer Gegenstand s. Objekt Geld 64 FN 18 Geldleistungspflichten s. Steuern gemeiner Verkehr, Ausnahme vom 116 FN 237 Gemeingebrauch 51 FN 79, 130 ff. Gemeinwesen 68 gemeinwichtige Betriebe 132, 136, 137 Gemeinwohl s. Allgemeinwohl Gemeinwohlprojekt 47, 75, 93 FN 149 - bei Enteignung zu Gunsten Privater 84 FN 108 - konkretes 47, 75, 87 s. auch bestimmte öffentliche Aufgaben; bestimmtes Vorhaben generell (als Begriffsmerkmal der Inhaltsund Schrankenbestimmung) 103 generell-abstrakt s. abstrakt-generell

generell/individuell 37 f., 41 f., 49, 51 generell/konkret 27, 31, 33 generelle Wirkung konkreter Akte 28 Geschäftsfähigkeit 126 Geschäftsgrundlage, Wegfall 123 FN 271 Gesellschaft, bürgerliche 55, 63 Gesetz - im formellen und im materiellen Sinn 31 ff., 38, 143 - self-executing 31 s. auch Abgrenzung ... als Perspektivenproblem Gesetzgeber 38 f., 44 f. - Bindung an die Verfassung 25 f - Kontrolle des -s 1 Π 3 - Wille des -s 26 FN 43 s. auch Abgrenzung ... als Kompetenzproblem und als Perspektivenproblem; Gestaltungsfreiheit Gesetzmäßigkeit der Entschädigung 24,136 Gestaltungsakte, konkrete 28 Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers 26 Gestaltungsspielraum (der Verwaltung) 32 Gewährleistung (des Eigentums) 43 ff., 65, 108, 109 f. - etwas anderes als Freiheit 65 FN 27, 99 fN 172 Gewerbebetrieb 106 gezielter Akt, Enteignung als 78 Gleichbehandlung 71, 101 FN 175 Gleichheitssatz 61 FN 2, 97, 144 f. gleitende Übergänge s. fließende Übergänge Großformeln 93 FN 146 größtmöglicher wirtschaftlicher Vorteil s.u. Vorteil Grundeigentum 69 Gmndrechtsgarantie 65 Grundstücke 69, 116 Grundstücksverkehr(sgesetz) 54, 102 f. Grundwasser 22 Gruppenopfer 95 FN 158 Güter 67 - aus dem Verkehr ziehen 70 - freie (Allmende) 89 - insgesamt vom Markt nehmen 74, 116 - knappe 89 f. - öffentliche 145 -Ordnung 88 s. auch Gattung; Ware

Sachverzeichnis Güterbeschaffungsvorgang 15, 21 FN 19, 47 f., 55, 58, 59 f., 75 ff. Güterdefinition 69 f., 76 1

Handlungsformen s. Rechtsnatur Heilung (verfassungswidriger Enteignungen/Enteignungsgesetze durch Entschädigung?) 20, 23, 136, 138 "hinsichtlich" (der Rechtsgüter des Art. 14 GG) 39, 49, 79, 99 ff. Hintergrundvorstellung - der konsequenten und der weniger konsequenten Trennungstheorie 32 f. - der Schwellentheorien 96 FN 160 - zum Verhältnis von Eigentum, Markt und Staat 62 ff., 68 Hin- und Herwandern des Blickes 111 Hypothese 111 hoheitlich 98 -e Disposition über Eigentumsrechte 66, 90 -er Zugriff 82 - schlicht-hoheitlich s. dort Identität (des erlöschenden und neu entstehenden Rechts im Falle der Enteignung) 75 FN 73, 96 FN 163 immanente Beschränkung ("innewohnen") 51 FN 81, 94 FN 154 Immaterialgüterrecht 114 Immissionen, Immissionsschutz 28, 132 ff. s. auch Emissionen individuell 37 f., 41 f. s. auch generell/individuell Inkommensurabilität (von Theorien) 14,30, 92 FN 145 Inhalts- und Schrankenbestimmung -"auf Null" 80 FN 91, 115 ff. - ausgleichspflichtige s. entschädigungspflichtige - Definitionen 37, 97 - durch Private 98 f. - Eingriff? 25 FN 38 - entschädigungspflichtige 23 f. mit FN 29, 56, 57, 62 FN 4, 83, 90, 100, 137 - generelle Regelung? 103 - Rechtmäßigkeit(serfordernisse) s. dort - Rechtsnatur s. dort - durch untergesetzliche Normen 31 f. - sog. unzulässige 29 FN 55 - verfassungswidrige 43, 44, 45

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s. auch Abgrenzung(skriterien); Definitionsakt; Gattung; Umgestaltung in necessitate sunt omnia communia 100 Institutsgarantie 65 - als Untermaßverbot 65 FN 28 - und Privatrechtsordnung 117 FN 242 Intensität s. Abgrenzungskriterien Interesse (Eigen- oder Fremd-) 85 ff. Interessenkonflikte 93, 104 Interpretationsmacht 26 FN 44 iura quaesita 63 FN 9 ius eminens 63 FN 9 ius nudum 29, 115, 133 FN 315 ius utendi et abutendi 78 FN 82 iustitia distributiva und commutativa 61 FN 2, 144 iustum pretium 66 Junktimklausel 15, 18 f., 86 Jurisdiktionsakte 74 "Kaufabsicht" 78 f. Kaufmann, ehrbarer 123 Kiesgewinnung 22, 94, 97 Kläranlage 134 ff. Kleingartenrecht 21 f., 113 Körung 98 Kompetenzstreit zwischen BGH u. BVerfG s. Abgrenzung ... als Kompetenzproblem Kompliziertheit, Komplexität 15, 144 Konfiskationen 126, 127 f. Konfliktsituationen, wirtschaftliche 67 ff., insb. 69 f. s. auch Interessenkonflikte konkret, Konkretheit 22, 43, 49 s. auch abstrakt/konkret; generell/konkret; konkrete Rechtsposition konkret-individuell 40 konkrete Gestaltungsakte s. Gestaltungsakte konkrete Normenkontrolle s. Normenkontrolle konkretes Projekt 75 f., 93 f. s. auch Gemeinwohlprojekt Konkretisierung 28 f., 37 f. Konkurrenten 70, 101 ff., 107 f. Konkurs 74 FN 67 Kontrahenten (potentielle) 101 ff. Kontrahierungszwang 80 ff., 85 Kormoran 78 FN 87 Kriegsfolgen 110, 119 Kultur 90

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Lärm 28, 132, 134 ff. Lagevorteile 108 Lastenausgleich 119, 129 f. Lastengleichheit 144 lebensweltlich 52 FN 84 lebenswichtige Anlage s. gemeinwichtige Betriebe leerkaufen (des Marktes) 92 FN 142 Legalenteignung s. Legislativenteignung Legislativenteignung 32 (Schema), 41 f., 42, 45 FN 53, 49, 54 ff., 58, 81, 115 - als Einzelfallgesetz 41 FN 33 - zum Terminus 41 FN 32 legislatives Unrecht 142 f. Legitimation 59, 144 s. auch Abgrenzung ... als Kompetenzproblem Leibeigenschaft 55, 65 FN 25 Leistung, Äquivalent eigener 119, 122 Leitungsrechte 46 FN 58 Logik, "logische Falle" 42 FN 39 Luft 89 Luftverkehr 132 ff. Manöverschäden 77 f. Markt 62 ff., insb. 67 f. - dem - entziehen 96 f., 100 -fähigkeit 69 f., 89, 116, 130; s. auch Eigentumsfahigkeit -konstellationen 69-72 -intern 69, 73 f., 76 f., 78 f., 80, 90, 96, 99, 122 -Veranstalter, Staat als 68, 73 f., 90, 98 - "vom - nehmen" s. Güter -teilnehmer 68, 73, 90 -wert 63 FN 11 -Wirtschaft 64, 80 f. Maß der Beeinträchtigung (des Eigentümers) 93 s. auch Abgrenzungskriterien; Intensität; Tiefe des Eingriffs Mauergrundstücke 110 FN 222 Mietrecht 54, 70, 85. 102, 113, 113 f. Mischsystem (Wirtschaftsverfassung) 68 Mitbestimmungsrecht 114 Monopole 70, 117 - Anbietermonopole 81, 118 - staatiiche 81, 117 f., 118 ff. Mülldeponie 134 ff. Nachbarrecht 132 ff. Nachfrager, Nicht-Eigentümer als 68

nationalsozialistisches Unrecht, Haftung für 119 Naturalabgaben 106 FN 119 Naturschutz 18, 28 f., 49, 51, 57, 76 f., * 80, 81 f., 90, 92, 94, 97 -gebiet 28, 141 -gebiet und Uferweg 51, 92, 94, 97 s. auch Betretungsrecht; Betretungsverbot; Kormoran; Schwammspinner; Uferweg negative Eigentümerfreiheit 118 FN 245 Neugestaltung s. Umgestaltung Nicht-Eigentümer 38, 66, 79, 134 - als Nachfrager 68 Nicht-Entziehung 53 f. Nichtstörer 100 Nicht-Vollzugsfälle 135, 137, 143 normatives Unrecht 143 Normenkontrolle, konkrete (Art. 100 GG) 19 normvertretende Absprachen 97 FN 166 Notstand 100 Fn 174 Novation 87 FN 120 nudum ius s. ius nudum Nutzung(smöglichkeit)en 43, 46, 76 f. - Übertragung auf einen andern Nachfrager 85 Nutzungsbeschränkung,Nutzungsverbot29, 46, 57, 76 f., 79 f., 91-97, 114, 115 f. Obereigentum 55 Objekt (des Eigentums, der Enteignung und der Inhalts- und Schrankenbestimmung) 95, 96 f., 99 ff. s. auch Anknüpfen; Eigentumsobjekt "objektiv", weil unter Anknüpfung an das Eigentumsobjekt 70 objektives Recht 21 f., 40, 74 - Änderung 40, 54 ff. s. auch subjektives/objektives Recht Ökonomie 88 ff. Ökonomische Analyse des Rechts 68 FN 49 öffendicher Dienst 118 ff. öffendiches Eigentum 21 öffentiiches Recht 99 FN 170 öffendich-rechtiiche Ansprüche, Vermögenswerte 118 ff. - freiwillig begründete 121 ff. s. auch Arbeitslosengeld; BAFöG; Beihilfe öffendich-rechdiche Benutzungsordnung 89

Sachverzeichnis öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen bei Beeinträchtigung des Eigentums 142 f. Organisationsakt 28, 33 f. Orientierungsgewißheit 145 pacta sunt servanda 123 Paradigma 30, 92 FN 145, 146 § 254 BGB analog 25 Patentrecht 114 Person s. Anknüpfen Perspektivenproblem s. Abgrenzung ... als Perspektivenproblem Planfeststellungsbeschluß 134 ff., 136 f. praktische Bedeutung (der Abgrenzung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung) 25 f., 50 f., 72 praktische Folgen 41 FN 28 s. auch Theorie und Praxis Preis 66 -recht 113 pretium iustum 66 preußisches Allgemeines Landrecht s. ALR preußisches Gesetz über die Enteignung von Grundeigentum 80 FN 91 Primärrechtsschutz, Primärrechtsweg 20 FN 16, 24 f. prinzipielle und definitive Rechte 45 FN 54 Privatautonomie 65 f., 69, 74, 76, 78, 86 f. mit FN 122, 90, 99, 122 f. Privatisierung 66 FN 38 Privatnützigkeit 64 - völlige Entziehung der 29, 115 f. Privatrecht 83 privatrechtliche Vereinbarung, Ersetzung 74 FN 69 Privatrechtsordnung, Zuordnung zur bzw. Entziehung aus der 21, 70 FN 53, 96 f., 100, 116 f. - und Institutsgarantie 117 FN 242 s. auch freier Verkehr Privatrechtsverkehr s. Privatrechtsordnung Privatversicherungsrecht 124 f. - und Sozialversicherung 118 FN 248 Projekt, konkretes s. konkretes Projekt property rights68 f. FN 49 psychologischer Sachverständiger, Haftung 123 f. FN 274 qualitativ und quantitativ s. Abgrenzungskriterien, Teilenteignung quis iudicabit? 144

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Raub 69, 75, 79 Raum 89 f. Rauschgift 69 Realakte 84 f., 143 - im Nachbarschaftsverhältnis 134 ff. Recht auf Arbeit 80 f. Rechte und Pflichten s. Festlegung von Rechten und Pflichten Rechtsbruch 79 Rechtsform 77 FN 79, 104 -enmißbrauch 104 Rechtsgattung 38 FN 12 Rechtsgeschäft 74, 76, 80 FN 92, 96, 97 Rechtsgrund 69, 76, 78 rechtmäßig oder rechtswidrig (beim enteignenden und enteignungsgleichen Eingriff) 19 Rechtmäßigkeit - der Enteignung 85 - der Inhalts- und Schrankenbestimmung 57 Rechtmäßigkeitserfordernisse (von Inhaltsund Schrankenbestimmung und Enteignung) 15 FN 18, 25, 99 s. auch Verfassungsmäßigkeitserfordernisse Rechtsetzung 74, 97 Rechtsnatur von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung 91, 104 f. - eigenständige Rechtsinstitute 22 - Handlungsformen oder Tatbestände? 104 f. - zwei Arten von Eingriff 32 Rechtsposition40 f., 42 f., 43-46, 58, 106, 108 f., 117, 119 f., 122 f. - enteignungsfähige 43 ff. - konkrete 42 f. - i.S.d. Art. 14 I 1 GG 43 ff. - zwei Arten 45 s. auch Überwindung Rechtssicherheit 145 Rechtsschutz 90 rechtstheoretische Qualifizierung s. Rechtsnatur Rechtsträgerwechsel 75, 96 Rechtsverhältnis 60, 95 - Enteignung als Umgestaltung von Rechtsverhältnissen 54 - Festlegung der Gattung nach 38 Rechtsverkehr s. schlichter Rechtsverkehr

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Rechtsweg (im Nachbarrecht beim sog. enteignenden Eingriff) 137 f. Reformgesetz(gebung) s. Änderungsgesetz Regulativ menschlicher Freiheit, Eigentum als 66 Reichsgericht, Auslegung des Art. 153 WRV durch das 55 Reichsverfassung, Weimarer s. WRV Rentenreform 1957 123 FN 271 res extra commercium 70 FN 53 Richter s. Abgrenzung ... als Perspektivenproblem und als Kompetenzproblem Richterrecht 19, 24, 59 Risiko 71, 109 f. - im Versicherungsrecht 124 f. Rückgriff, Rückfall s. Schwellentheorien Rückwirkung (von inhalts- und schrankenbestimmenden Gesetzen) 40 f. s. auch Vergangenheit Sachherrschaft 39, 64 Sachbeschädigung 75, 77 ff. Sachverhalte 37 salvatorische Entschädigungsklauseln 24 FN 29, 105 FN 193 - im Nachbarrecht 137 Schadensersatzpflichten (als Inhalt des Eigentums) 79 Schatzfund, Schatzregal 128 FN 289 Schemata (zur Abgrenzung von Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung) s. Hintergrundvorstellung Schießübungen setzen Waldstück in Brand 77 Schicksal 71, 109 f. schlichter Rechtsverkehr 135 schlicht-hoheitiiches Handeln 135 ff. Schützenpanzer rammt Gasthaus 77 Schwammspinner 31 Schwellentheorien 18 ff., 21, 28 FN 51, 29 f., 51, 88, 91 FN 140, 93, 133 f., 138 - Rückgriff auf die Schwellentheorien? 30, 35, 51, 56, 61, 77, 81 s. auch Hintergrundvorstellung; Tiefe; Zahl Schwerbehinderter, Kürzung des Übergangsgeldes 109 FN 213 Schwere 21, 29, 61, 77, 93 FN 146 s. auch Schwellentheorien Schwerpunkt s. Abgrenzungskriterien

Seegrundstück 28, 94, 105 FN 191, 108 FN 205 self-executing 31, 50 Sicherheit 63 Sicherungsverwahrung 100 f. Situation(sgebundenheit) 61, 71, 99 Sklaverei 65 FN 25, 69 Sondernutzung 131 Sonderopfer(theorie) 21, 27, 29, 38 FN 12, 51,61,71,93 s. auch Gruppenopfer; Rechtsgattung; Schwellentheorien Sonderrecht 78 f., 80, 88, 121, 134 f. " Sonderrechtstheorie " 88 Sonderzugriffsrecht 76 FN 77, 80 ff., 85, 99, 102, 114 FN 234, 118, 124, 130 f. mit FN 300, 135 - bei faktischer Enteignung 84 f. - für Private 82 ff. - auf der Nachfragerseite 80 sonstige Beeinträchtigung 58, 143 sonstiger Eingriff 38 f., 61 Sozialbindung 18, 29, 53, 61, 93 s. auch Schwellentheorien soziale Kosten 145 Sozialhilfe 119 Sozialstaat 109 FN 214 Sozialversicherung 81, 118 ff., 129 Staat - als Marktveranstalter 68 -Eigentümer-Verhältnis 62 f., 65 f. Staatsbankrott HO Staatshaftung s. öffentiich-rechtiiche Ersatzleistungen Steuern 71 f., 106 Störer s. Gefahrenabwehr; Nichtstörer; Zustandsstörer Strafrecht 75, 79, 82, 114 s. auch Einziehung; Verfall subjektives/objektives Recht 40, 42, 43, 49, 51 Substanz 22, 83 Subventionen 70, 109 Systematik des BVerfG 22 ff. Tatbestände s. Rechtsnatur Tauschwert s. Marktwert Tausch(geschäft) 76 Teilenteignung 40, 46 f., 81, 117 - quantitative und qualitative 46 Teilsystem, autonomes 66

Sachverzeichnis Tennisplatz 134 Theorie und Praxis 87 FN 122 Tiefe des Eingriffs 93 FN 146 Tötung tollwutverdächtiger Hunde 47 f., 73, 88 Trennungstheorie 20 ff., 91 FN 140 - Achillesferse der 52 FN 83, 57 FN 107 - des BVerfG 20 ff., insb. 22 f. - Hintergrundvorstellung s. dort - Grundprämisse 34 - Kernproblem 29 f. - Kompliziertheit? 15, 144 - konsequente 30 ff. - offene Flanke der 52 FN 83, 57 typologische Betrachtung s. Abgrenzungskriterien Übernahme gegen Entschädigung (sog. Übernahmeanspruch) 81 f., 91 FN 140, 116 Übertragung des Eigentumsobjekts 21, 47, 55 FN 101, 75 ff., 85, 87, 96 Übertrumpfen der Eigentumsordnung 79 Überschneidungen (von Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung) 57 Überversicherung s. Versicherungsanspruch Überwindung(entgegenstehenderRechtspositionen) 53 f., 80 FN 92 U-Bahn 112 Uferweg s. Naturschutzgebiet und Uferweg umdefinieren 42 s. auch fortdefinieren Umdeutung (von Inhalts- und Schrankenbestimmung in Enteignung) 23, 133 Umgestaltung 42, 53 f., 54 f., 56 FN 105 Umlegung 85 f. Umschlagtheorie 18 f., 30 f., 32 f., 57, 116 Umwandlungsgesetz 83 f. Umwelt - Lizenzen zur Verschmutzung der 89 FN 129, 116 -recht 69 FN 49 -Verschmutzung 89 s. auch Waldschäden Unerlaubte Handlung, Eigentumserwerb durch 82; s. auch Deliktsrecht Unfallhaftung 78 FN 86 Universalienproblem 32 FN 65, 42 FN 39, 48 FN 70

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Unmittelbarkeitsfälle 143 Unrecht 79, 82 Untermaßverbot s. Institutsgarantie Urheberrecht 70, 83, 113, 114, 116, 130 ff. Vandalismus 77, 109 Veränderung der Situation (als Merkmal der Enteignung?) 87 f., 94 Veräußerungsverbot 100, 102 f., 113 Verbot s. Nutzungsverbot "Verbrauch" (des Urheberrechts) 131 FN 301 Verbrechensbekämpfung 73 Verdienstmöglichkeiten 108 Vereinsrecht, öffentliches 126, 127 f. Verfall 126, 127 f. Verfassungsmäßigkeitserfordernisse 25 FN 39 s. auch Rechtmäßigkeitserfordernisse Verfassungsrecht und einfaches Recht 44 ff. Verfügungsbefugnis 64, 101 Verfügungsbeschränkungen 54, 113 - aus persönlichen Gründen 126, 128 f. Vergangenheit (Enteignung bei Änderung der Rechtslage für die - ?) 55 s. auch Zukunft Verhältnismäßigkeit 57, 129 Verkehr s. freier Verkehr; gemeiner Verkehr; Privatrechtsordnung Verkehrslärm 133 ff. Verkehrswert s. Marktwert Vermögen 106 vernünftiger Eigentümer 94 Versicherungsanspruch 124 f. Versicherungen s. Beihüfe; Privatversicherungsrecht; Sozialversicherung; Zwangsversicherung Versorgung (im öffentlichen Dienst) 119 f., 129 Versorgungsausgleich 114, 119 Vertrag (als Regelungsmuster) 66 Veitrauensbetätigung 123 FN 270 Vertrauensschutz 57, 65, 71 Verwertungsmöglichkeit s. Vorteil Verwirkung 126, 128 Viehseuchenrecht 48, 69 f., 73 Vollrecht 46 Vollzug - gesetzmäßiger und gesetzwidriger 24 f.

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- inhalts- und schrankenbestimmender Gesetze 18 f., 23, 28 f., 30, 32, 37, 38 f., 40, 42, 43, 49, 57, 58, 74, 81 f., 92, 98, 103, 135 ff. - als sonstiger Eingriff? 32 FN 61, 38 f. - Extremfalle 28 f. - nachbarrechdicher Vorschriften 134 f., 137 - von Enteignungsgesetzen 32, 37 s. auch ius nudum Vollzugsfälle 137, 143 "vom Markt nehmen" s. Güter "von oben/von unten" 133 f., 146 f. s. auch Abgrenzung ... als Perspektivenproblem "von vornherein" 43 f., 71, 83 f., 99, 117, 123 Vorfeld der Enteignung 138 Vorhaben, bestimmtes 94 Vorhersehbarkeit von Schäden 78 Vorkaufsrecht, bergrechtiiches 27, 40 f., 55, 76 FN 77 Vorsatz (bei Beschädigung oder Zerstörung) 78 Vorteil, größtmöglicher wirtschaftlicher 108 Vorwirkung, enteignungsrechdiche 138 Wahlrecht - des Eigentümers zwischen Anfechtung und Entschädigung 19, 20 FN 16 - des Gesetzgebers zwischen Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung? 91 FN 139, 104 f. Wald 30 f. -Schäden 109 s. auch Aufforstungspflicht Wanderweg 76 FN 77 Ware 67 Warenzeichenrecht 114 Wasser(recht) 18, 22, 89 s. auch Grundwasser Wasserwerk 94, 97 wegdefinieren s. fortdefinieren Wegnahme fremden Eigentums 79 Weimarer Reichsverfassung s. WRV wertende Betrachtung 14 FN 6 und 10, 51, 54 FN 94, 61 f., 141 f. s. auch Abgrenzungskriterien; Einzelfall Wertgarantie 65

Wertsystem des Grundgesetzes 110 FN 221 "Wesen" s. Rechtsnatur Wettbewerb 70 Wirkung, faktische (beim Eigentümer) 14, 18, 30 f., 61, 91 FN 140, 93, 141 s. auch enteignende Wirkung; generelle Wirkung Wirtschaft -liehe Konfliktsituationen 69 ff. -licher Vorteil, größtmöglicher 108 -slenkung i.e.S. 70, 106 ff. -sverfassung 68 -spolitische Neutralität des GG 68 FN 48 Wohl der Allgemeinheit s. Allgemeinwohl wohlerworbene Rechte 55, 64 f. Wohnungszuweisungen 85 WRV 90 Zahl - der Betroffenen (Eigentümer) 93 FN 146, 95 - der Begünstigten 93 f., 95 Zerstörung 77 ff. Zirkelschluß 45 FN 52 Zirkularität (Trennungs- und Schwellentheorien) 91 FN 140, 92 FN 145 zubetonieren 61 FN 3 Zufallsenteignung 29 zufallig (Betroffenheit des Eigentümers) 71, 92, 94 zugleich (Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung) 27, 30, 40, 54 ff., 57, 58, 116, 133 Zugriff 4 M 3 , 130 FN 300 Zugriffsrechte (auf freie Güter) 89 Zukunft, Regelung für die 40 f. s. auch Vergangenheit Zulässigkeit(serfordernisse) s. Rechtmäßigkeitserfordernisse Zumutbarkeit 21, 29 s. auch Schwellentheorien Zumutbarkeitsschwelle, enteignungsrechdiche und fachplanungsrechdiche 138 Zuordnung 43, 49 f., 75, 87 Zustandsstörer 99 f. Zwangserwerb 81 Zwangsgeschäft 74 Zwangskauftheorie (als Sonderfall der Fiskustheorie) 59 FN 115 Zwangskontrakt 69, 73 ff.

Sachverzeichnis - aufgrund Anbieterzwangs 80 ff. - Zwangsabtretung 124 - Zwangsarbeit 73 - Zwangserlaßvertrag 121, 123, 124 - Zwangskauf, Zwangsverkauf 15, 59, 117 - Zwangsmiete 85, 141 - Zwangsschenkung 69 FN 50

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- Zwangstausch 76 s. auch privatrechtliche Vereinbarung Zwangsversicherung 81, 118 ff. Zwangsvollstreckung 74 zwangsweise zweiseitig 88, 91 f., 123 "Zweistufentheorie" (im Nachbarrecht) 136 Zweitheit 112