Transparenz und AGB-Gesetz: Eine Untersuchung des Inhalts und der Schranken des Transparenzgebotes [1 ed.] 9783428493388, 9783428093380

Das Transparenzgebot wurde ursprünglich nur als weiteres Argument bei der Begründung der Unangemessenheit einer AGB-Klau

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Transparenz und AGB-Gesetz: Eine Untersuchung des Inhalts und der Schranken des Transparenzgebotes [1 ed.]
 9783428493388, 9783428093380

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Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft

Band 119

Transparenz und AGB-Gesetz Eine Untersuchung des Inhalts und der Schranken des Transparenzgebotes Von

Birgit Kreienbaum

Duncker & Humblot · Berlin

BIRGIT KREIENBAUM

Transparenz und AGB-Gesetz

Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Herausgegeben im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster durch die Professoren Dro Hans-Uwe Erichsen Dro Helmut Kollhosser Dro Jürgen Welp

Band 119

Transparenz und AGB-Gesetz Eine Untersuchung des Inhalts und der Schranken des Transparenzgebotes

Von

Birgit Kreienbaum

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Kreienbaum, Birgit: Transparenz und AGB-Gesetz : eine Untersuchung des Inhalts und der Schranken des Transparenzgebotes / von Birgit Kreienbaum. Berlin : Duncker und Humblot, 1998 (Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft; Bd. 119) Zug!. : Münster (Westfalen), Univ., Diss., 1997 ISBN 3-428-09338-0

06 Alle Rechte vorbehalten

© 1998 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-5383 ISBN 3-428-09338-0 Gedruckt auf aIterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 §

in memoriam Anton Burghoff

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 1997 von der RechtswissenschaftlichenFakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster als Dissertation angenommen. Sie befindet sich auf dem Stand von Mai 1997. Meinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Helmut Kollhosser, der dieses Thema angeregt hat, möchte ich herzlich für die stete fachliche und persönliche Betreuung danken. Die Grundlagen der vorliegenden Arbeit wurden in den wertvollen und lehrreichen Jahren geschaffen, die ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin an seinem Lehrstuhl verbringen durfte. Ferner danke ich Herrn Professor Dr. Dr. h.c. (F) Wilfried Schlüter für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Für die Aufnahme der Dissertation in die Fakultätsschriftenreihe "Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft" und für den gewährten Druckkostenzuschuß bedanke ich mich bei den Herausgebern und der Westfälischen WilhelmsUniversität Münster. Dank gilt auch den Mitarbeitern am Institut für Arbeits- und Wirschaftrecht der Universität Münster für die zahlreichen anregenden Gespräche. Mein ganz besonderer Dank gilt meinen Eltern, Frau Ursula Kreienbaum, Herrn Ralf Bathel und Frau Dr. Renate Bockwoldt, die mich mit ihrer tatkräftigen Hilfe durch die Höhen und Tiefen der Promotionszeit begleitet haben.

Hamburg, im August 1997

Birgit Kreienbaum

Inhaltsverzeichnis Einleitung

19

A. Problemstellung

19

B. Gang der Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

22

Erstes Kapitel Der Begriff Transparenz A. Definitionen in Rechtsprechung und Literatur. ....................

24

24

B. Fallgruppen der Intransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 I. Wahrnehmbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 25 1. Unzugänglichkeit der AGB ................ '.' . . . . . . . . . . .. 25 2. Unlesbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 26 3. Unvollständigkeit .................................... 26 4. Verweisungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 26 5. Unverhältnismäßiger Umfang ............................ 27 II. Verständlichkeit ....................................... 27 1. Fehlende oder mangelhafte Gliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 28 2. Unbestimmtheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 28 3. Unverständlichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 29 a) Fachsprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 29 b) Vorverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 29 c) Komplizierte Regelungen ............................. 29 4. Unverständlichkeit ohne formale Anhaltspunkte . . . . . . . . . . . . . . .. 30 III. Zusammenfassung ..................................... . 30 Zweites Kapitel Die Beurteilung intransparenter AGB-Klauseln vor Inkrafttreten des AGBG

31

A. Überblick über die Entwicklung

31

B. Die Behandlung intransparenter Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Die Rechtsprechung zu intransparenten Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . ..

34 34

10

Inhaltsverzeichnis

I. Auslegung ......................................... a) Die Rechtsprechung des RG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Die Rechtsprechung des BGH .......................... 2. Überraschungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Die Rechtsprechung des RG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Die Rechtsprechung des BGH .......................... aa) Auslegung der Unterwerfungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Unangemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. cc) Trennung von Einbezi.ehungs- und Inhaltskontrolle . . . . . . . . .. dd) Ergebnis ...................................... 3. Die Rechtsprechung der Untergerichte ...................... 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. H. Die Literatur zu intransparenten Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Intransparenz als generelles Problem ....................... a) Die Ansicht Wolfs .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Die Ansicht Klieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Weitere Autoren ................................... 2. Die Intransparenz einzelner Klauseln ...... . ................

35 35 36 37 37 38 38 38 40 41 42 43 43 44 44 45 46 46

C. Zusammenfassung ...................... . ................

48

Drittes Kapitel Auslegung und Tranzparenzgebot

50

A. Problemstellung

50

B. AGB-spezifische Auslegungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Abgrenzung objektive Auslegung - individualvertragskonforme Auslegung I. Objektive Auslegung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Individualvertragskonforme Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Stellungnahme ...................................... H. Weitere Auslegungsgrundsätze ............ :................ I. Die Meinung Ulmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Stellungnahme ...................................... III. Auswirkungen auf die Transparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Die Auslegung von Fachausdrücken ....................... a) Besonderheiten in bezug auf juristische Fachausdrücke ......... b) Die Rechtsprechung ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Die Übernahme von Gesetzeswortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. IV. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

50 51 51 52 53 53 54 54 55 56 56 57 58 60 61

C. Die Unklarheitenregelung .......................... . ....... I. Anwendung der Unklarheitenregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. II. Unklarheitenregelung und Transparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

61 62 63

Inhaltsverzeichnis

II

D. Das Restriktionsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

64

E. Unwirksamkeit von AGB-Klauseln wegen mangelnder Auslegungsfähigkeit . 1. Anforderungen an den Empfanger im Zivilrecht ..... . . . . . . . . . . . .. H. Besonderheiten bei AGB ................................. III. Verhältnis zur Transparenz .............. . .......... . ... . .

65 66 68 69

Viertes Kapitel Einbeziehungskontrolle und Transparenz

71

A. § 2 und das Transparenzgebot ................................ 1. Der Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Die herrschende Meinung in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Inhalt des Verständlichkeitsgebotes in § 2 I Nr. 2 ......... . . .. b) Dogmatische Begründung ............................. 2. Die Mindermeinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Die Rechtsprechung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. H. Stellungnahme ........................................ 1. Wörtliche Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Übergang von der Einzelfall- zur Gesamtbetrachtung . . . . . . . . . .. b) Anwendungsbereich des § 2 .............. '.' . . . . . . . . . . .. c) Zusammenfassung ............................. . .... 3. Die historische Auslegung .............................. 4. Teleologische Auslegung ............................... a) Vermeidung "fahrlässiger Willenserklärungen" ............... b) Herbeiführung privatautonomer Willenserklärungen. . . . . . . . . . .. c) Die Berücksichtigung der Verwenderinteressen . . . . . . . . . . . . . .. 5. Ergebnis der Auslegung des § 2 I Nr. 2 ..................... III. Folgerungen ......................................... 1. Vollständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Verweisung auf andere AGB ........................ . .. b) Verweisung auf Gesetze .............................. c) Ausnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Lesbarkeit ......................................... 3. Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 4. Gliederung ................................... '. . . . .. 5. Fachbegriffe, sprachliche Probleme, sonstige Intransparenzen . . . . . .. IV. Verhältnis zum Transparenzgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

71 72 72 72 73 73 74 76 76 77 77 77 80 81 82 82 83 83 85 85 85 85 86 87 87 88 90 91 91

B. Intransparente Klauseln als Überraschungsklauseln i.S.d. § 3 . . . . . . . . . .. 1. Die Ungewöhnlichkeit intransparenter Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Die versteckte Klausel ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Ansicht Schmidt-Salzers ........................... b) Die Ungewöhnlichkeit versteckter Klauseln .................

91 92 92 94 94

12

Inhaltsverzeichnis

aa) Die Meinung Schlossers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) § 3 als Deutlichkeitskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das äußere Erscheinungsbild als Irreführungstatbestand ......... d) Stellungnahme und Auswirkungen für Transparenzforderungen . . .. 2. Die unverständliche Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abgrenzung zur versteckten Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die unverständliche Klausel als ungewöhnliche Klausel . . . . . . . .. 11. Der Überraschungseffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Verhinderung des Überraschungseffekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die versteckte Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Inhaltlich ungewöhnliche Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. IV. Transparenz und § 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

Fünftes Kapitel Inhaltskontrolle und Transparenz

95 95 96 97 100 100 100 101 102 103 103 104

106

A. Problemstellung

106

B. Transparenzanforderungen in den §§ 10, 11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. §§ 10 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Die herrschende Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Einschränkende Ansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme .......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. § 10 Nr. 4 ........................................... III. § 11 Nr. 13, § 11 Nr. 14 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. § 11 Nr. 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 11 Nr. 13 a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 11 Nr. 13 b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. § 11 Nr. 14 a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. § 11 Nr. 5 b, § 11 Nr. 10 b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. § 11 Nr. lOb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . .. a) Ausdrücklicher Hinweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) "Wandelung und Minderung" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) "Fehlschlagen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. d) Gesamtwürdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 11 Nr. 5 b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. V. Zusammenfassung und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

106 107 109 109 110 110 113 114 114 116 117 117 119 119 119 120 122 123 125 127

C. Inhaltskontrolle gem. § 9 und Transparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 129

I. Die Verknüpfung der Normen der Einbeziehungskontrolle mit § 9 . . . . .. 1. Die Verbandsklage und die §§ 2 ff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... a) Der Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aa) Abbedingungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

130 130 131 132 133

Inhaltsverzeichnis

(I) Bestätigungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Einbeziehungsklauseln .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Nichteinbeziehungsfähige Klauseln ....... . . . . . . . . . . . . . (1) Die abstrakte Beurteilbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (2) Die Überprütbarkeit im Verbandsprozeß . . . . . . . . . . . . . .. (3) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bedeutung für die Transparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..... 11. Transparenz verwirklichende Gebote und Verbote in § 9 . . . . . . . . . . .. 1. Das Bestimmtheits- und Konkretisierungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . a) Auslegungsunfahigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verstoß gegen Bestimmtheitserfordernisse des Zivilrechts. . . . . . .. aa) Bestimmtheitserfordernisse im Zivilrecht .......... : . . . . .. bb) Behandlung im Rahmen des § 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) AGB-rechtliche Bestimmtheitserfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Leistungsänderungsvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Rechtsprechung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (2) Die Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Die Meinung Wolfs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (b) Die Meinung von Paulusch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (3) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Salvatorische Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Irreführungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . .......... . ....... aa) Materiell unangemessene Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Überraschende Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Unangemessene Benachteiligung ...... . ...... . .......... c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. d) Verhältnis zum Transparenzgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Sonstige Gebote des § 9 I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Das Differenzierungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Das Vollständigkeitsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 4. Unklarheit/Undurchschaubarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Die Rechtsprechung zur Undurchschaubarkeit von Abschlußzahlungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Literatur zu kündbaren Teilamortisationsverträgen . . . . . . . . .. c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sechstes Kapitel Rechtsfolgen und Transparenz

13 133 136 138 138 139 140 142 142 143 144 144 144 145 147 147 147 150 151 151 152 153 155 155 156 156 157 159 161 162 163 163 163 165 165 167 168 170

172

A. Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 172 B. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 174

14

Inhaltsverzeichnis

I. Rechtsfolgentransparenz ............................... . .. H. Förderung materieller Transparenz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. III. Förderung formeller Transparenz ........................... l. Teilnichtigkeit von AGB-Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Überschneidung der Fallgruppen .......................... 3. Folgerungen für die geltungserhaltende Reduktion ..............

Siebtes Kapitel Das Transparenzgebot

175 176 177 177 178 179

181

A. Ergebnis der bisherigen Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 181

B. Der Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 182 I. Rechtsprechung und Literatur vor dem ersten Annuitäten-Urteil des BGH. 183 l. Die Rechtsprechung .................................. 183 a) Unwirksamkeit der Klauseln nach § 9 ...... . . . . . . . . . . . . . .. 184 b) § 3 ............................ . ............... 184 c) § 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 185 d) Aussagen zur Transparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 185 2. Die Literatur vor dem ersten Annuitätenurteil ................. 186 a) Die materiell-rechtliche Beurteilung ...................... 187 b) Der Verheimlichungseffekt ............................ 189 aa) Verstoß gegen § 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 190 bb) Verstoß gegen das Transparenzgebot, § 9 I . . . . . . . . . . . . . .. 191 (1) Die Meinung Köndgens .......................... 191 (2) Die Meinung Bruchners .......................... 192 (3) Die Meinung Baums' . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 193 (4) Die Meinung Canaris' ........................... 193 cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 194 H. Die Rechtsprechung des BGH ............................. 194 1. Der Inhalt des Transparenzgebotes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 195 2. Dogmatische Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 195 III. Die Rechtsprechung und Literatur nach dem ersten BGH-Urteil zur Transparenz .............................................. 196 l. Die Rechtsprechung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 196 2. Die Literatur nach dem ersten Annuitäten-Urteil des BGH . . . . . . . .. 198 a) Rechtsfortbildung des BGH ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 199 b) Kritik an der Rechtsprechung .......................... 199 c) Die Befürworter des Transparenzgebotes ................... 201

C. Das Transparenzgebot als grundlegendes Prinzip des AGBG . . . . . . . . . .. 203 I. Der Schutzzweck des AGBG ............................... l. Das Vertragsmodell des BGB ............................ a) Vertragsfunktion und Vertragsfreiheit ..................... b) Grenzen der Vertragsfreiheit ...........................

204 204 205 207

Inhaltsverzeichnis

15

2. Der Gedanke der fehlenden Richtigkeitsgewähr .. . . . . . . . . . . . . .. 3. Vertragsfreiheit und AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Das Wesen Allgemeiner Geschäftsbedingungen ............... b) Störung der Vertragsparität ............................ aa) Wirtschaftliche Ungleichgewichtlage ................... bb) Organisatorische und intellektuelle Ungleichgewichtlage ...... 11. Wiederherstellung von Vertragsgerechtigkeit im AGBG ............ 1. Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Verwirklichung im AGBG .......... . ......... . ......... a) Die Inhaltskontrolle ................................. b) Das Informationsmodell im AGBG ....................... c) Verhältnis Inhaltskontrolle und Informationsmodell . . . . . . . . . . .. aa) Kritik der Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Kritik des Informationsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (1) Grenzen des Informationsmodells .................... (2) Keine Wiedererlangung der Gestaltungsfreiheit .......... (3) Stärkung der Abschlußfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (4) Einwände gegen das Informationsmodell ............... (a) Kein Informationsbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (b) Gegenläufige Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (5) Zwischenergebnis .............................. 3. Zusammenfassung ....................................

208 209 209 210 211 212 215 215 216 216 216 220 220 221 221 222 223 224 224 227 228 229

D. Die Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 I . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Betroffene Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Keine Regelungslücke ................................. a) Das Verständlichkeitsgebot in § 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Die Meinung Hansens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Die Meinung Kollers ................................ ............................ d) Die Ansicht von Roussos e) § 9 I ........................................... aa) Bisherige Analyse ................................ bb) Bisheriges Verständnis des § 9 I ...................... f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Planwidrigkeit ...................................... a) Historische Betrachtung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Teleologische Sicht ................................. 11. Die Einfügung des Transparenzgebotes in § 9 I . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Historische Einwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Systematische Bedenken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Systematische Einfügung ............................... 4. Zwischenergebnis .................................... III. Das Transparenzgebot als eigenständige Kategorie des § 9 I . . . . . . . .. 1. Gefahr der inhaltlichen Benachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Die Ansicht des BGH .................................

229 230 230 231 232 233 234 237 239 239 240 242 242 243 243 244 245 247 248 250 250 250 251

16

Inhaltsverzeichnis 3. Die Ansicht Baums' ............. . ...... . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Ansicht Köndgens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 5. Eigene Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . , . .. a) Kritik der marktbezogenen Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . b) Die intransparente Klausel als unangemessene Benachteiligung .... aa) Aufspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Transparenz als Interesse i.S.d. § 9 I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Materiell-rechtlicher Nachteil ........ . . . . . . . . . . . . . . (2) Weitere Interessen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. cc) Das Transparenzgebot als eigenständige Kategorie .......... IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

Achtes Kapitel Inhalt und Schranken des Transparenzgebotes

252 253 253 254 255 255 256 256 258 258 259

260

A. Transparenzgebot als Formkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260

B. Kriterien der Intransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Der Durchschnittskunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Berücksichtigung von Sonderwissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Differenzierung nach Kundengruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Das Verständnisvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Grad der Verständlichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Problematik bei den Annuitätendarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Generelle Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Erwartungshaltung des Durchschnittskunden . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anforderungen an die Deutungsdiligenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Interesse an der Verwendung intransparenter AGB . . . . . . . . . . . . .. 2. Mangelnde DarsteIlbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ........ a) Kompensationsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aa) Der Meinungsstand beim Annuitätendarlehen . . . . . . . . . . . . . bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Probleme bei individuellen Hinweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Diskussion einiger Darstellungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aa) Sensibilisierung durch drucktechnische Änderungen ......... bb) Tilgungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Effektivzinsangabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Interessen der Vertragspartner der Verwender . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

262 263 263 263 265 267 267 268 268 271 273 273 275 277 277 277 278 278 280 281 284 284 285 286 287 288 289

Inhaltsverzeichnis Neuntes Kapitel Der Verbandsprozeß

17

291

292

A.§17III

B. Berücksichtigung individueller Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 293 Zehntes Kapitel EG-Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln

296

A. Auswirkungen der Richtlinie

297

B. Der Inhalt der EG-Richtlinie

299

C. Das Transparenzgebot in der EG-Richtlinie ................... . .. I. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. II. Bewertungsmaßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. III. Kontrolle der Hauptleistungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. IV. Verständlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Umsetzungsbedarf .............. . ......... . ............. VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . : . . . . . . . .. D. § 24 a und das Transparenzgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

300 301 302 306 308

310 311 311

Literaturverzeichnis ...................... . ................ 313 Sachregister

2 Kreienbaum

328

Einleitung A. Problemstellung Gegenstand der folgenden Untersuchung ist das Transparenzgebot. Der BGH definiert das Transparenzgebot mit folgenden Worten: "Treu und Glauben verpflichten den Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Ein Verstoß gegen dieses Transparenzgebot kann zur Unwirksamkeit gern. § 9 Abs. 1 AGBG führen."1

Ursprünglich diente das Transparenzgebotnur als zusätzliches Argument, die Unangemessenheiteiner AGB-Bestimmung i.S.v. § 9 I AGBG 2 zu begründen. 3 Mit dem Urteil vom 24.11.1988 4 - dem sogenannten Annuitäten- oder Hypothekenzinsurteil - entschied der BGH, daß allein ein Verstoß gegen dieses Transparenzgebot ausreichen könne, um die Unangemessenheit einer Klausel nach § 9 herbeizufiihren. Diese Rechtsprechung bekräftigte und vertiefte der BGH in den nachfolgenden Urteilen. 5 In den genannten Urteilen begründete der BGH nicht näher die Prämisse, daß eine Verletzung des Transparenzgebotes ein Fall des § 9 I sein könne, sondern er berief sich auf die vorgehende Rechtsprechung und Literatur. Damit vermittelte er den Eindruck, daß die genannten Urteile sich problemlos in die bisherige Rechtsprechung einfiigen. 6

I

BGHZ 106, 42 (49).

2

Paragraphen ohne Gesetzesangabe sind solche des AGBG.

Wörtlich erwähnt wird das Transparenzgebot in BGHZ 97, 65 (73 f); BGH, WM 1987, 755 (756); BGH, NJW 1988, 1726 (1728); vgl. auch Brandner, FS f Locher, 317. 3

4 BGHZ 106,42 ff; das gleichzeitig ergangene Urteil des BGH, Az.: III ZR 156/87, blieb wegen der weitgehend identischen Entscheidungsgründe unveröffentlicht. 5 Vgl. nur BGHZ 106, 259 ff.; BGHZ 112, 115 ff.; BGH, ZIP 1991, 791 ff; BGH, ZIP 1991, 1054 ff; BGH, ZIP 1991, 1474 ff; BGH, BB 1991, 2468 ff; BGH, ZIP 1992, 24 ff.; BGH, ZIP 1992, 105 ff.; BGH, ZIP 1992, 469 ff; BGH, NJW 1992, 1751 ff

6

2*

Ebenso Köndgen, NJW 1989, 943 (944).

20

Einleitung

Daß dem nicht so ist, 7 läßt sich bereits an der vor diesen Entscheidungen geführten Diskussion in Literatur8 und Rechtsprechung9 über die Wirksamkeit der Zins- und Tilgungsverrechnungsklauseln ablesen. Nur von einem geringen Teil der Autoren und der Gerichte wurde ein Verstoß gegen das Transparenzgebot als Unwirksamkeitsgrund angeführt bzw. erörtert. 10 Dabei herrschte völlige Unklarheit über die dogmatische Einordnung des Transparenzgebotes in das Gefüge des AGBG. lI In späteren unterinstanzlichen Urteilen wurden die Zins- und Tilgungsberechnungsklauseln in Anlehnung an die Entscheidungen des BGH nur noch auf eine Verletzung des Transparenzgebotes geprüft. 12 Die Relevanz des Transparenzgebotes und dessen Verankerung in § 9 I wird damit in der Rechtsprechung allgemein anerkannt. Erhebliche Uneinigkeit besteht aber hinsichtlich der Anforderungen, die an eine Klausel zu stellen sind, um sie als transparent zu bezeichnen. 13 In der Literatur wurden die BGH-Entscheidungen kontrovers aufgenommen. Sowohl die Ergebnisse wie der Lösungsweg fanden neben gänzlicher oder ein-

7

(45).

So auch Hellner, FS f. Steindorff, 573 (582 f.); Wagner-Wieduwilt, WM 1989,37

8 Diese Diskussion wurde ausgelöst von Bader, BB 1986, 553 ff. Aus der Vielzahl der Beiträge seien an dieser Stelle nur genannt: Kollhosser, ZIP 1986, 1429 ff.; Köndgen, NJW 1987, 160 ff.; Baums, WM 1987, Sonderbeilage 2, 3 ff.; Canaris, NJW 1987, 609 ff.; Bruchner, WM 1987,449 ff.; Löwe, BB 1988, 1902 ff. Bereits vor dem Beitrag Baders wiesen schon Schlosser in Schlosser/Graba/Coester-Waltjen § 3 Rdn. 10, 27 und AKfWinter § 1115 Rdn. 8 auf einen Verstoß dieser Klauseln gegen § 3 hin. 9 Vgl. nur OLG Stuttgart, WM 1987, 838 ff.; LG Stuttgart, ZIP 1986, 1315 ff.; LG Stuttgart, ZIP 1987, 27 ff.; LG Mainz, WM 1987, 809 ff.; LG Frankfurt, WM 1987, 840 ff.; LG Berlin, ZIP 1988, 1311 ff. 10 LG Berlin, ZIP 1988, 1311 (1316) im Zusammenhang mit anderen Klauseln; Köndgen, NJW 1987, 160 (164 f.); Löwe, NJW 1987, 937 (940); Löwe, BB 1988, 1903 (1904); Wolf, OLG Stuttgart, EWiR § 9 AGBG 11/87,635 (636); Baums, WM 1987, Sonderbeilage 2, 3 (17 ff.); Canaris, NJW 1987, 609 (615 f.); Bruchner, WM 1987,449 (461 f.). 11 Vgl. nur Löwe, BB 1988, 1903 (1904). 12 Vgl. nur OLG Celle, ZIP 1989, 291 ff.; OLG Düsseldorf, WM 1989, 1370 ff.; OLG Düsseldorf, ZIP 1989,910 ff.; OLG Koblenz, ZIP 1989,909 ff.; OLG Frankfurt, NJW 1989, 2264 ff.; OLG München, WM 1989, 1413 ff.; OLG Köln, WM 1990, 1327 ff.; OLG Hamburg, ZIP 1990, 982 ff. 13 Beispielhaft für die unterschiedlichen Auffassungen OLG Frankfurt, NJW 1989, 2264 ff. und OLG Düsseldorf, ZIP 1989, 910 ff.

A. Problemstellung

21

geschränkter Zustimmung 14 auch völlige Ablehnungis. Kernpunkt der Kritik ist das vom BGH neu geschaffene Merkmal der Unangemessenheit durch Unklarheit in § 9 I. 16 Des weiteren ist auch in der Literatur streitig, nach welchen Kriterien die Transparenz einer Klausel bemessen werden soll. Schon dieser knappe Abriß der Diskussion zur Hypothekenzinsberechnung, die in eine Diskussion zum Transparenzgebot mündet, verdeutlicht die Brisanz der BGH-Entscheidungen. Neben der immensen wirtschaftlichen Bedeutung, die diese Entscheidungen für die Kreditwirtschaft aufweisen, gründet sich die dogmatische Bedeutung der Entscheidungen darauf, daß die Einordnung des Transparenzgebotes in § 9 I eine Abkehr des BGH von dem bisherigen Verständnis des AGBG einzuleiten scheint. I? § 9 ist die Generalklausel der Inhaltskontrolle. Mit dem Begriff Inhaltskontrolle wird die Überprüfung von Klauseln in Hinsicht auf ihre inhaltliche Angemessenheit gekennzeichnet. 18 Das Transparenzgebot aber erfaßt Verstöße gegen die Verständlichkeit von Klauseln. Die inhaltliche Angemessenheit scheint in diesem Zusammenhang keine Rolle zu spielen. 19 Vielmehr soll die Klausel in anderer Form aber mit demselben Inhalt uneingeschränkt wirksam sein können. 20 Der BGH selbst hat für diese Form der Unangemessenheit den Begriff formelle Unangemessenheit kreiert. 21 Durch die Verankerung eines Transparenzgebotes in § 9 I könnte die Trennung von Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle aufgehoben und der Begriff der Inhaltskontrolle mit neuer Bedeutung

14 Aus der Vielzahl der Stellungnahmen siehe nur Köndgen, NJW 1989, 943 ff.; Baums, ZIP 1989, 7 ff.; Westermann, ZBB 1989, 36 ff.

IS

Bruchner, WM 1988, 1873 ff.; Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37 ff.

Westermann,FS f. Steindorff, 817 (819); Bruchner, WM 1988, 1873 (1875); Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37 (43). 17 Vgl. dazu Schäfer, S. 2. 16

18 Vgl. nur Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 9 Rdn. 2; Schlosser in Schlosser/GrabaiCoester-Waltjen Vorbem. zu §§ 9 - 11 Rdn. I; Palandt/HeinrichsVorbem. v. § 8 Rdn. 1. 19 Im ersten Annuitäten-Urteil lehnt der BGH ausdrücklich alle vorherigen Erwägungen zur inhaltlichen Unangemessenheit der Zinsberechnungsklausel ab, BGHZ 106, 42 (47 f.). 20

Vgl. dazu die Vorschläge des BGH in BGHZ 106, 42 (51).

21

BGHZ 106, 259 (264).

22

Einleitung

gefiillt werden. 22 Dieses wäre auch fiir Versuche, außerhalb des AGBG eine Inhaltskontrolle zu begründen, von Belang. 23 Auf eine detaillierte Untersuchung dieses Komplexes könnte allenfalls dann verzichtet werden, wenn das Transparenzgebotnur Bedeutung fiir die Fälle der Zins- und Tilgungsverrechnungsklauseln hätte. Für diesen Bereich nimmt die herrschende Meinung an, daß mit der Pflicht zur Angabe des Effektivzinssatzes, die seit Inkrafttreten der PangVO besteht, die Transparenz der fraglichen Klauseln gewährleistet sei. 24 Unabhängig davon, ob man dieser Auffassung zustimmen kann, zeigt aber bereits das Wertstellungsurteil25 , daß die Zinsberechnung beim Annuitätendarlehen nicht der einzige Bereich ist, in dem die Wirksamkeit der Klauseln im Zusammenhang mit dem Transparenzgebot stehen kann. Vielmehr deuten die Urteile darauf hin, daß gerade der Bereich der Finanzdienstleistungen "anfällig" fiir intransparente Klauselgestaltungen sein könnte. 26 Entsprechend wird fiir den Versicherungsmarkt nach Wegfall der Bedingungskontrolle durch das Bundesaufsichtamtfiir das Versicherungswesen im Zuge der Einrichtung eines gemeinsamen europäischen Marktes mit einer Vielzahl neuer und unterschiedlicher Bedingungswerke gerechnet, die nicht alle den Anforderungen eines Transparenzgebotes genügen werden. 27

22

Derartige Bedenken äußert explizit Westermann, FS f. Steindorff, 817 (819, 821).

Vgl. dazu Coester-Waltjen, AcP 190 (1990), 1 ff. m.w.N.; Fastrich, S. 9 ff.; siehe auch BGH, NJW 1995, 2282 f. m.w.N.; BVerfGE 89, 214 ff. m.w.N. 24 Vgl. z.B. BGH, ZIP 1988, 1530 (1533); OLG Frankfurt, NJW 1989,2264 (2265 f.); OLG Koblenz, NJW 1989, 2268 (2269); KG, NJW-RR 1990, 544 (548); AG Köln, WM 1989, 1563 (1566); AG Halle, WM 1990,65 (66); AG Bielefeld, WM 1990,470 (472); Kollhosser,ZIP 1986, 1429 (1431); Köndgen, NJW 1987,160 (164); Baums, WM 1987, Sonderbeilage 2, 3 (4); Canaris, NJW 1987, 609 (615); Löwe, BB 1988, 1902 (1902, 1904). 25 BGHZ 106, 259 ff. 23

26 Siehe dazu die als problematisch aufgeführten Fälle bei Hansen, WM 1990, 1521 (1527 f.); siehe auch Kohte, BB 1989, 2257 (2258); Köndgen, NJW 1989, 943 (944); Kohte, ZBB 1989, 130 (132, 136 f.); Kilimann, NJW 1990, 1154 (1159).

27 Köndgen, NJW 1989, 943 (944); Bundschuh, Vortrag vom 9.11.1991; vgl. auch Adams, BB 1987, Beilage 20, S. 19 Fn. 75; Hippel, JZ 1989,663 (667).

B. Gang der Untersuchung

23

B. Gang der Untersuchung Aus der Problem darstellung gehen drei maßgebliche Fragenkomplexe hervor: Enthält das AGBG ein Transparenzgebot? Kann ein Verstoß gegen das Transparenzgebot eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 9 I sein? Welche Anforderungen müssen AGB-Klauseln erfiillen, um transparent zu sein? Diese drei Komplexe stehen nicht beziehungslos nebeneinander. Die Antwort auf die Frage, ob das AGBG ein Transparenzgebot enthält, hängt maßgeblich davon ab, welchen Inhalt der Begriff Transparenz hat. Der Begriff Transparenz ist seinerseits aber vage und bedarf der Konkretisierung. Diese muß in Beziehung zu deIl Normen und dem Schutzzweck des AGBG vorgenommen werden. Letzterer weist auch darauf hin, ob die Normen des AGBG Transparenzforderungen in ausreichendem Maß verwirklichen oder ob auf die Generalklausel zurückgegriffen werden muß. Es wird daher folgender Weg gewählt: Zu Beginn der Untersuchung soll der Begriff der Transparenz erläutert werden. Um nicht von vorneherein durch Einengung dieses Begriffes den Untersuchungsgegenstand zu beschränken, sollen zunächst alle denkbaren Bedeutungen aufgezeigt werden. Dies geschiehtu.a. durch Bildung von Fallgruppen typischer Intransparenzen. In einem zweiten Schritt wird die Rechtsprechung und Literatur vor Inkrafttreten des AGBG mit Blick auf die Behandlung intransparenter Klauseln dargestellt. Daran anschließend werden die Auslegung von AGB und die Normen der Einbeziehungskontrolle daraufhin geprüft, ob sie bestimmte Fallgruppen der Intransparenz erfassen. Unter demselben Gesichtspunkt und bei Beachtung der bisherigen Dogmatik werden die Normen der Inhaltskontrolle behandelt. Ein weiteres Kapitel beschäftigt sich mit der Verwirklichung von Transparenz auf der Rechtsfolgenseite. Auf der Grundlage der somit gewonnenen Erkenntnisse ist dann die Frage zu beantworten, ob § 9 I ein Transparenzgebot enthält. Gleichzeitig muß der Versuch unternommen werden, Wertungsmaßstäbe fiir die Transparenz zu entwickeln. Erst dann ist der Begriff Transparenz auch inhaltlich bestimmt. In einem letzten Schritt sind die Auswirkungen der EG-Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen auf das Transparenzgebot zu untersuchen.

Erstes Kapitel

Der Begriff Transparenz A. Definitionen in Rechtsprechung und Literatur Der III. Zivisenat des BGH definiert im ersten Annuitäten-Urteil vom 24.11. 1988 das Transparenzgebot mit folgenden Worten: "Treu und Glauben verpflichten den Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen." I Ähnlich formuliert der XI. Zivilsenat im Wertstellungsurteil vom 17.01. 1989: "Treu und Glauben verpflichten die Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner eindeutig und verständlich darzustellen, damit diese sich bei Vertrags schluß hinreichend über die rechtliche Tragweite der Vertragsbedingungen klar werden können."2 Vergleichbare Formulierungen werden auch von Seiten der Literatur bei der Beschreibung des Begriffes Transparenz gewählt. 3 Die den Begriff Transparenz erläuternden Adjektive wie Z.B. klar, durchschaubar, eindeutig, verständlich und bestimmt stellen jedoch nur den Versuch dar, diesen Begriff begreifbar und anschaulich zu machen. Sie sind nicht in der Weise faßbar, daß Klauseln unter sie subsumiert werden könnten. Dies leisten die Begriffe erst dann, wenn feststeht, welche Anforderungen errullt sein müssen, um eine Klausel als klar, durchschaubar und verständlich zu bezeichnen. Der Untersuchung soll deshalb erst ein vorläufiger, insbesondere hinsichtlich

BGHZ 106, 42 (49). BGHZ 106, 259 (264). 3 Vgl. nur Brandnerin Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 87; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 9 Rdl). 143; Kohte, BB 1989,2257 (2258); Köndgen, NJW 1989, 943 (947); Soergel/Stein § 9 Rdn. 21; Brandner, FS f. Locher, 317; ausführlich Schäfer, S. 5 ff. I

2

B. Fallgruppen der Intransparenz

25

seiner Grenzen noch konkretisierungsbedürftiger Begriff der Transparenz vorangestellt werden. Das Transparenzgebotwird verstanden als die Forderung nach klaren, durchschaubaren, für den Durchschnittskunden verständlichen AGB-Klauseln.

B. Fallgruppen der Intransparenz Um jedoch für die weitere Untersuchung eine Vorstellung zu vermitteln, was konkret unter dem Begriff der Transparenz zu verstehen sein könnte, soll ohne Anspruch auf Vollständigkeit versucht werden, Fallgruppen aufzuführen, in denen die Durchschaubarkeit, Verständlichkeit oder Klarheit von AGB eingeschränkt-oder aufgehoben ist. 4

I. Wahrnehmbarkeit

Die Verständlichkeit von AGB setzt die Wahrnehmbarkeit derselben voraus. Man kann diese Grundvoraussetzung noch deutlich von anderen Möglichkeiten, Verständnisschwierigkeiten zu erzeugen, trennen. Sie soll mit in die Betrachtung einbezogen werden, um alle Möglichkeiten aufzuführen und zu behandeln, welche dem Vertragspartner die Fähigkeit, seine Rechte und Pflichten zu erkennen, nehmen.

1. Unzugänglichkeit der AGB

Als erstes kommt in Betracht, bereits die Fälle als intransparent zu bezeichnen, in denen die AGB dem Kunden nicht zugänglich sind. Die Möglichkeit, den Text wahrzunehmen, ist Grundvoraussetzung für eine Erschließung des Inhaltes.

4

Vgl. auch Schäfer, S. 8 ff.; Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 83 ff.

26

1. Kapitel: Der Begriff Transparenz 2. Unlesbarkeit

Dem Entzug des Textes kommt die Zurverfügungstellung eines unlesbaren Textes gleich. Allerdings muß anders als die Unzugänglichkeit die Unlesbarkeit noch näher definiert werden. Dabei spielen Faktoren wie Schriftgröße, Papierqualität, Druckfarbe etc. eine Rolle. 5

3. Unvollständigkeit

Als Unterpunkt der Zugänglichkeit kann auch die Zurverfügungstellung unvollständiger AGB aufgeführt werden. Nur teilweise übermittelte Klauselwerke sind hinsichtlich der fehlenden Teile unverständlich. Aber auch die vorliegenden Klauseln sind nur eingeschränkt verständlich, solange sie nicht im Gesamtzusammenhang des Regelungswerkes wahrgenommen werden können.

4. Verweisungen

Eine andere Art der Unvollständigkeit haftet Klauselwerken an, die Verweisungen enthalten. Die Verweisungen können sich aufweitereAGB des Verwenders, auf Gesetze oder Abkommen beziehen. Mittels der Verweisung wird der Anschein der Vollständigkeit erweckt. Die Verweisung verhindert aber, daß alle Regelungen in ihrem Wortlaut abgedruckt werden. Der Kunde kann durch bloßes Lesen der AGB deren Inhalt nicht wahrnehmen. Die Verständlichkeit kann dadurch ähnlich eingeschränkt sein wie im Falle des Fehlens einzelner Klauseln. Der Vorteil, der dem Kunden dabei eingeräumt wird, beschränkt sich darauf, daß ihm die Kenntnis vom Vorhandensein weiterer Regelungen vermittelt wird.

5 Vgl. dazu BGH, NJW 1983,2773; BGH, NJW-RR 1986, 1311; OLG Hamburg, BB 1987, 1703; OLG Saarbrücken, NJW-RR 1988, 858.

B. Fallgruppen der Intransparenz

27

5. Unverhältnismäßiger Umfang

Die Verständlichkeit und Klarheit von AGB kann auch durch ihren Umfang beeinträchtigt werden. 6 Apriori bestehen keine Beschränkungen hinsichtlich Zahl und Umfang der in AGB zu treffenden Regelungen. Von daher können AGB alle denkbaren Konstellationen im Zusammenhang mit dem abzuschließenden Vertrag regeln. Möglich wären AGBs von mehreren Seiten Länge über Broschüren- bis zum Buchumfang. Ein solcher Umfang schränkt die Wahrnehmbarkeit zwar nicht in der Weise ein, daß der Kunde nicht fähig wäre, auch derartige Werke zu lesen. Fraglich ist aber, ob die Verständlichkeit, Klarheit und Durchschaubarkeit nicht mit zunehmendem Umfang abnimmt. Je ausdifferenzierter die Regelungen werden, desto schwerer wird es sein herauszufinden, welche Regelungen im konkreten Fall gelten. Gleichzeitig wird durch das Nebeneinander von wichtigen und unwichtigen Regelungen dem Kunden das Auffinden der wesentlichen Klauseln erschwert. Auch tatsächliche Verhältnisse könnten bei der Transparenz einer Klausel eine Rolle spielen. In die Beurteilung müßte dann die Bereitschaft des Verbrauchers, den AGB Zeit zu widmen, einfließen. Bei Geschäften des täglichen Lebens wird der Verbraucher nur wenig Zeit und Mühe aufwenden wollen, um AGB wahrzunehmen. Bei Zugrundelegung solcher Verhaltensweisen, die der Verwender der AGB aufgrund eigener Erfahrung abzuschätzen vermag, ist die Verwendung umfangreicher AGB ein geeignetes Mittel, den Vertragspartner von vomeherein von der Kenntnisnahme abzuhalten und damit ein Verständnis erst gar nicht zu ermöglichen.

11. Verständlichkeit Die folgenden Fallgruppen betreffen Fälle, in denen dem Kunden formale und sprachliche Mängel der AGB Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Inhalts bereiten können.

6

Siehe dazu Schäfer, S. 10.

28

1. Kapitel: Der Begriff Transparenz

1. Fehlende oder mangelhafte Gliederung 7

Die Strukturierung von AGB ist ein wichtiges Mittel, diese klar und durchschaubar zu gestalten. Dafür ist erforderlich, zusammengehörige Regelungen im Zusammenhang darzustellen und nicht Zusammengehöriges zu trennen. Ohne einen strukturierten Aufbau wird der Leser gezwungen, die gesamten AGB zu lesen, um einen einzelnen Regelungskomplex vollständig zu erfassen. Sind Grundregelung, Modifikationen und Ausnahmen im gesamten AGB-Text verstreut angeordnet, ist es sehr fraglich, ob ein unbefangener Leser in der Lage ist, den Inhalt der Regelung ohne intensives Studium der AGB zu erkennen. Diese Problematik kann mit dem Stichwort der "versteckten Regelung" belegt werden. Zu einer Gliederung gehört die Einteilung in Gliederungspunkte und die Versehung der Gliederungspunkte mit Überschriften. Soweit eine derartige Einteilung fehlt, werden die AGB unübersichtlich. Wird die Einteilung falsch getroffen, ergeben sich Verständnisschwierigkeiten. Dasselbe gilt bei fehlenden oder falschen Überschriften. 8

2. Unbestimmtheit

Eine weitete Fallgruppe der Intransparenz ist die Verwendung unbestimmter Klauseln. 9 Dabei können zwei Arten von Unbestimmtheit unterschieden werden. Eine Form der Unbestimmtheit ist die Allgemeinheit oder Abstraktheit eines Begriffs oder einer Regelung, welche eine zutreffende Ermittlung der geregelten Sachverhalte zu verhindern mag. Unbestimmtheit kann aber auch durch die Mehrdeutigkeit eines Begriffes oder einer Regelung erzeugt werden. 10 Bei unterschiedlichen Bedeutungsalternativen ist für den Vertragspartnernicht erkennbar, welche Alternative Geltung haben soll. Ebenso kann Unbestimmtheit bzw. Mehrdeutigkeit dadurch herge-

7

Vgl. dazu Schäfer, S. 9.

8

Schäfer, S. 10.

Anders Schäfer, S. 5 ff., der streng zwischen Unbestimmtheit und Intransparenz unterscheidet; so wohl auch Koller, FS f. Steindorff, S. 671 f. 9

10

Vgl. Schäfer, S. 13 f. m.w.N.

B. Fallgruppen der Intransparenz

29

stellt werden, daß für einen Regelungskomplex verschiedene Regelungen in die AGB eingefügt werden.

3. Unverständlichkeit

AGB können auch unklar oder undurchsichtig sein, weil dem Kunden die Regelungen aufgrund der verwendeten Sprache oder wegen des geregelten Sachverhalts schwer verständlich sind.

a) Fachsprachen!!

Dem Vertragspartnerkann die fachsprachlicheBedeutung eines in den AGB benutzten Begriffes nicht bekannt sein. Existiert der Begriff nicht im allgemeinen Sprachgebrauch, so bleibt ihm der Sinn der Regelung verborgen.

b) Vorverständnis!2

Das Verständnis einer Regelung kann auch davon abhängen, ob beim Leser ein bestimmtes Vorverständnis vorhanden ist. Ohne dieses ist er nicht in der Lage, Sinn und Zweck der Regelung zu erfassen und ihre Auswirkungen zu erkennen.

c) Komplizierte Regelungen

Regelungen komplexer Sachverhalte bedingen oft auch eine komplizierte Darstellung. Jedoch können auch Regelungen einfachen Inhalts durch die Ausnutzung sprachlicher oder grammatikalischer Mittel kompliziert gestaltet werden. Auch inhaltlich kann eine vom Inhalt einfache Regelung z.B. dadurch schwer verständlich gestaltet werden, daß eine Regelung anderen Inhalts zum Ausgangspunkt gemacht wird, und mit Hilfe von Ausnahmen und Abweichungen im Ergebnis die angestrebte Regelung erzielt wird. Dieses Mittel "bietet"

II

V gl. Schäfer. S. 1l.

12

Vgl. Schäfer. S. 12.

30

1. Kapitel: Der Begriff Transparenz

sich zur Verheimlichung nachteiliger Regelungen an. Der Kunde wird regelmäßig die Grundregelung als Regelfall ansehen, und in der Annahme, die Ausnahmen seien von weniger Relevanz,jenen weniger Aufinerksamkeit schenken.

4. Unverständlichkeit ohne formale Anhaltspunkte

AGB können auch dann unverständlich oder schwer verständlich sein, wenn an der formalen und sprachlichen Gestaltung der einzelnen Klausel nichts zu beanstanden ist. 13 Das mag der Fall sein, wenn die Rechtsfolgen einer Regelung, die in ihren tatbestandlichen Voraussetzungen klar und bestimmt ist, nur schwer erkennbar sind. Es können auch aus dem Zusammenwirken verschiedener, je für sich nicht zu beanstandener Klauseln für den Vertragspartner des Verwenders schwer durchschaubare Tatbestände entstehen, deren eigentlichen Regelungsgehalt er nicht zu ermitteln in der Lage ist.

IH. Zusammenfassung

Mit der hier gewählten Form der Darstellung wurde der Versuch unternommen, unterschiedliche Arten intransparenter Klauselgestaltung isoliert aufzuzeigen. Eine klare Trennung dieser Fallgruppen wird sich aber bei der Beurteilung intransparenter Klauseln oftmals verbieten. Denn es ist zu beachten, daß sich die aufgezeigten Fallgruppen in Randbereichen zu überschneiden vermögen, so daß eine Klausel verschiedenenFallgruppen zuzuordnen ist. Gleichzeitig können in einer Klausel verschiedene der aufgezeigten Intransparenzen verwirklicht sein.

13

Vgl. Schäfer. S. 14 ff. m.w.N.

Zweites Kapitel

Die Beurteilung intransparenter AGB-Klauseln vor Inkrafttreten des AGBG A. Überblick über die Entwicklung Lange vor Inkrafttreten des AGBG waren AGB Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen und rechtswissenschaftlicher Untersuchungen gewesen. I Sehr früh wurde erkannt, daß AGB potentiell dazu geeignet sind, das Geftige der Rechte und Pflichten innerhalb eines Vertrages zugunsten des Verwenders der AGB zu verschieben, und von Verwenderseite auch dazu benutzt wurden. Dieser Entwicklung versuchte man in Rechtsprechung und Literatur entgegenzusteuern. Zu Anfang sah sich das RG jedoch außerstande, eine offene inhaltliche Überprüfung von AGB-Klauseln auf ihre Angemessenheit durchzuftihren. Es mangele an einer gesetzlichen Einschränkung der Vertragsfreiheit, die es erlaube, einer unbilligen Bestimmung die Gültigkeit zu versagen. 2 Wenig später entwickelte das RG basierend auf § 138 BGB die Lehre vom Monopolmißbrauch. Danach konnten unbillige und unverhältnismäßige Bedingungen keine rechtliche Anerkennung finden, wenn der Einzelne ein ihm tatsächlich zustehendes Monopol oder den Ausschluß einer Konkurrenzmöglichkeit dazu mißbraucht, unbillige Bedingungen dem allgemeinen Verkehr vorzuschreiben. 3 4

I Die erste Entscheidung des RG zu AGB erging am 16.6.1883, RGZ 11, 100 ff. Bis heute herausragend fiir die wissenschaftliche Erarbeitung ist die Monographie von Raiser aus dem Jahre 1935. Eine Zusammenstellung der bis zur Mitte der 60ziger Jahre veröffentlichten Literatur versucht Weber im Staudinger Kommentar, 10. A., Einl. N 1 ff. Eine ausführliche Darstellung der Entwicklung der Rechtsprechung findet sich bei Koch/Stübing, Einleitung Rdn. 17 ff.; Stein Rdn. 24 ff.

2

RGZ 11, 100 (110).

3 Dieser Gedanke klingt bereits in RGZ 20, 115 (117) an, wird aber in dieser Prägnanz erst in RGZ 62, 264 (266) formuliert und angewandt; vgl. auch RGZ 103,82 (84); RGZ 106, 386 (388).

32

2. Kapitel: Intransparenz vor Inkrafttreten des AGBG

Neben dieser Inhaltskontrolle entwickelte das RG auf die speziellen AGBProblematiken zugeschnittene Auslegungsregeln 5 wie den Grundsatz der objektiven Auslegung,6 die Unklarheitenregelung7 und das Restriktionsprinzip.8 Daneben legte es die Verweisungserklärung9 , zumindest in den Fällen, in denen der Vertragspartner die AGB nicht ausdrücklich billigte, dahingehend aus, daß sie ungewöhnliche und unangemessene Klauseln nicht erfasse. 10 Sowohl die Lehre vom Monopolmißbrauch als auch die verschiedenen Auslegungsregeln stießen in der Literatur auf Kritik. Die Voraussetzungen der Lehre vom Monopolmißbrauch wurden als zu eng für eine erfolgreiche Abwehr unbilliger Klauseln empfunden. I I Den Auslegungsregeln wurde im Grundsatz zugestimmt. Der Rechtsprechung wurde jedoch vorgeworfen, die Auslegung weniger zur Verfolgung ihres eigentlichen Ziels, der Sinnermittlung, als zur Entschärfung unangemessener Regelungen benutzt. 12 Das Wort von der verdeckten Inhaltskontrolle sollte diese Vorgehensweise charakterisieren. Die Literatur entwickelte verschiedene Ansätze, um eine offene Inhaltskontrolle zu legitimieren. Entscheidend für diese Entwicklung war die Erkenntnis, daß die Berufung auf die Vertragsfreiheit ein rein formales Argument bedeutete, das der sozialen Wirklichkeit nicht gerecht wurde. Grundlegend war dabei Raisers Vorschlag vom Mißbrauch der Vertragsfreiheit. 13 Auf diesen Erkenntnissen fußte auch der Wandel in der Rechtsprechung, der bereits vom RG I4 vorbereitet, entscheidend aber vom BGW 5 betrieben wur-

4 Einen Überblick über die Rechtsprechung des RG zur Lehre vom Monopolmißbrauch versucht RGZ 143, 24 (28); zur Entwicklung der Rechtsprechung siehe auch Raiser, S. 302 ff; Grunsky, BB 1971, 1113.

5

Die verschiedenen Auslegungsregeln werden in Kapitel 3 erläutert.

Grundlegend RGZ 81,117 (119); vgl. auch RGZ 149,96 (100); RGZ 155,26 (28). 7 Vgl. nur RGZ, 86, 162 (165); RGZ 94, 26 (29); RGZ 124, 330 (333). 8 Vgl. nur RGZ 103, 414 (415); RGZ 142, 353 (355). 6

9 Die Begriffe "Verweisung", "Einbeziehungserklärung" und "Unterwerfungserklärung" werden synonym verwendet. 10 Vgl. nur RGZ 103, 84 ff; RG, Warn 1922, Nr. 93; RGZ 112, 253 ff; RG, LZ 1933,443; siehe auch Haus, S. 19 m.w.N. 11 Vgl. nur Raiser, S. 282; Grunsky, BB 1971, 1113; Staudinger/Weber, 10. A, § 242 BGB D 97; Haus, S. 30 ff

12 Vgl. nur Weber, WM 1968, Sonderbeilage 2, 1 (13, 15); Raiser, S. 260 ff; Stein Einl. Rdn. 45; Haus, S. 38 ff; Brandner, AcP 162 (1963), 237 (245 f). 13 Raiser, S. 281 ff; vgl. auch Brandner, AcP 162 (1963), 237 (247 f).

A. Überblick über die Entwicklung

33

deo § l38 BGB und die Lehre vom Monopolmißbrauch wurden abgelöst von § 242 BGB. 16 Damit wurden im Bereich der AGB-Verwendung die Grenzen der Vertragsfreiheit neu definiert worden. Nicht erst die Sittenwidrigkeit i.S.d. § l38 BGB, sondern bereits die Unangemessenheit einer Klausel soll zur Nichtigkeit derselben fuhren. Der BGH behielt die vom RG entwickelten Grundsätze zur Auslegung von AGB bei l7 • Eine Änderung vollzog sich jedoch bei der Auslegung der Unterwerfungserklärung. Die Anforderungen an sie sanken kontinuierlich, so daß unter bestimmten Voraussetzungen die fahrlässige Unkenntnis des Vertragspartners des Verwenders von der Verwendung von AGB ausreichte, diese zum Vertragsbestandteil werden zu lassen. 18 Dabei wurde die Verwendung überraschender Klauseln als Verstoß gegen § 242 BGB gewertet. 19 Dogmatisch löste der BGH damit allmählich die Einbeziehungskontrolle zugunsten der offen Inhaltskontrolle auf.2° Die Rechtsprechung des BGH wurde in der Literatur weitgehend unterstützt. 21 Kritische Anmerkungen löste die Rechtsprechung nur angesichts der niedrigen Anforderungen an die Einbeziehungsvoraussetzungender AGB aus. 22 14 Vgl. RG, DR 1941, 1726; RGZ 168,321 (326); dort sah das RG die Berufung auf unangemessene AGB als unzulässige Rechtsausübung nach § 242 BGB an.

15 Anfänglich stützte der BGH seine Rechtsprechung auch auf § 138 BGB, vgl. BGH, WM 1956, 826. Später sah der BGH ähnlich wie das RG das Berufen auf unangemessene AGB als unzulässige Rechtsausübung i.S.d. § 242 BGB an, vgl. BGHZ 20, 164 (167); BGHZ 33, 216 (218). 16 Grundlegend BGHZ 22, 90 (97 ff.); vgl. ,auch BGHZ 33, 216 (218); BGHZ 38, 183 (185); siehe auch Heinrichs, 10 Jahre AGB-Gesetz, 23 (24); Staudinger/Schmidt § 242 BGB Rdn. 414 ff; Erman/Hejermehl § I Rdn. 4.

17 Vgl. nur zur objektiven Auslegung: BGHZ 33, 216 (218); BGHZ 49, 84 (88); BGHZ 62, 251 (254); zur Unklarheitenregelung: BGHZ 5,111 (115); BGHZ 24,39 (45); BGHZ 60,174 (177); zum Restriktionsprinzip: BGHZ 22, 90 (96); BGHZ 24, 39 (44); BGHZ 40, 65 (69).

18

Vgl. nur BGHZ 22, 90 (97 ff); BGHZ 33, 216 (218); BGHZ 38, 183 (185).

19 BGHZ 17, 1 (3); BGHZ 33, 216 (219); BGHZ 38, 183 (185); BGHZ 54, 106 (110); vgl. zur Rechtsprechung des RG, Haus, S. 5 ff 20 Vgl. Trinkner in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 3 Rdn 7 m.w.N., die einen Überblick über die BGH-Rechtsprechung geben und die damalige Rechtsprechung als uneinheitlich, unklar und verfehlt charakterisieren. 21 Vgl. nur Löwe, BB 1972, 185 (188); Grunsky, BB 1972, 189; Staudinger/Weber, 10. A., § 242 BGB D 97 mit umfassenden Nachweisen. 22

Vgl. dazu nur Schreiber, NJW 1967, 1441 ff. m.w.N.; Raiser, S. 148; Mroch, S. 10.

3 Kreienbaum

34

2. Kapitel: Intransparenz vor Inkrafttreten des AGBG

Dennoch fand man den gesamten Zustand unbefriedigend. Die Rechtsprechung zu den AGB nahm einen immer größeren Umfang an; sie wurde differenzierter und war kaum noch zu übersehen. 23 Das Bedürfnis nach einer gesetzlichen Regelung veranlaßte schließlich den Gesetzgeber, aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit das AGBG zu verabschieden. 24

B. Die Behandlung intransparenter Klauseln Intransparente Klauseln sind nie als Hauptproblern der AGB-Verwendung betrachtet worden. Das Bestreben galt vordringlich der Beseitigung inhaltlich unangemessener Klauseln. Gerade aber das RG auf seiner Suche nach einem Weg, zwar unbilligen Klauseln die Wirksamkeit zu versagen, nicht aber eine offene Kontrolle dieser Klauseln zu betreiben, griff häufig die Intransparenz als Ansatzpunkt auf. I. Die Rechtsprechung zu intransparenten Klauseln

Sowohl in früheren 25 wie auch in späteren26 Entscheidungen findet sich die Forderung, AGB müßten klar und deutlich und rur den angesprochenen Kundenkreis verständlich sein. Dieser Forderung stand aber kein einheitlicher Lösungsansatz gegenüber.

23 Vg\. Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, S. 53; Steuer, BB 1975,82; Hellner, FS Steindorff, 573 (576 f); Löwe, BB 1972, 185 (187); Grunsky, BB 1971, 1113 (1114); Trinknerin Löwe/von WestphalenlTrinkner § 3 Rdn. 7; Löwe in Löwe/von WestphalenlTrinkner §§ 8-11 Rdn. 6. 24 Vg\. dazu nur Hellner, FS f Steindorff, 573 (577); Wolfin Wolf/HornlLindacher Ein\. Anm. 7; Löwe, BB 1972, 185 (187 f); Brandner, JZ 1973,613; Löwe in Löwe/von WestphalenlTrinkner §§ 8-11 Rdn. 7; MKlKötz Ein\. Rdn. 7; Soergel/Stein Ein\. Rdn. 6. 25 RG, Gruchot, Bd. 67, 1925, S. 650 (652); OLG München, L.Z. 1925, 272 (273); RGZ 144, 311 (313). 26 Vg\. nur BGH, NJW 1971, 1034 (1036); OLG Düsseldorf, NJW 1972, 1816 (1818); BGH, NJW 1972, 1227 (1228); BGHZ 70, 304 (309 f); BGH, NJW 1983, 159 (162).

B. Die Behandlung intransparenter Klauseln

35

1. Auslegung

a) Die Rechtsprechung des RG Das RG setzte sich mit intransparenten Klauseln häufig im Rahmen der Auslegung auseinander. Das Bestreben des RG ist in diesen Urteilen klar erkennbar. Allen Klauseln haftet eine nach heutiger Dogmatik materielle Unangemessenheit an. Diese konnte das RG aber nicht überprüfen. Statt dessen bediente es sich der Auslegung und schränkte den Anwendungsbereich der Klauseln ein. Diese Art der engen Auslegung insbesondere von Freizeichnungsklauseln wurde als restriktive Auslegung oder Restriktionsprinzip fester Bestandteil der speziellen Auslegungregeln für AGB. 27 So führte das RG zu einer vom Wortlaut eindeutigen Haftungsbeschränkung28 aus, daß es nicht genüge, wenn der Wortlaut der Bestimmung bei rechtlicher Betrachtung klar und zweifelsfrei sei und man bei genauer Überlegung im Wege der Schlußfolgerung den Inhalt der Bestimmung ermitteln könne. 29 Vielmehr müsse von den Verständnismöglichkeiten des angesprochenen Kundenkreises ausgegangen werden. Dies erfordere, daß der Haftungsausschluß in seinem ganzen Ausmaß klar und deutlich abgefaßt werde, wobei auch ein deutlicher Hinweis auf die Wirkungen der Klausel zumutbar sei. 30 Gleichermaßen formulierte das RG in einem anderen Fall betreffend Lagerbedingungen: "Es kann nicht geduldet werden, daß die Spediteurvereinigungen in solcher für das Publikum nicht erkennbarer Weise sich für zahlreiche Fälle von ihrer Haftung freizeichnen. Wenn sie das beabsichtigen, dann müssen sie ihre Bedingungen so abfassen, daß jedermann sofort erkennen kann, welche Gefahr droht."31

27

Vgl. dazu Sambuc, NJW 1981, 313 (315).

RG, Gruchot, Bd. 67, 1925, 650 ff.; die Klausel lautete: "Der Lagerhalter haftet fiir den Inhalt der Kisten usw. nur, wenn Ein- und Auspacken durch seine Leute besorgt wird." 29 RG, Gruchot, Bd. 67, 1925, 650 (652). 28

30 RG, Gruchot, Bd. 67, 1925, 650 (652). 31 RG, Seufferts Archiv, Bd. 79, 1925, Nr. 189, S. 306 (309). Gegenstand der Entscheidung war eine Bestimmung in Lagerbedingungen, die eine einjährige Verjährungsfrist seit Entstehen des Anspruchs anordnete. Damit zeichnete sich der Lagerhalter bei Gütern, die mehrere Jahre eingelagert werden sollten, von allen Schadensersatzansprüchen frei, die während der Lagerzeit an den eingelagerten Gegenständen entstanden und von denen der Einlagerer erst nach Ablauf der Lagerzeit Kenntnis erlangen konnte. 3*

36

2. Kapitel: Intransparenz vor Inkrafttreten des'AGBG

In einem Urteil zu einer Saldoanerkenntnisklausel in Bankbedingungen erklärte das RG, daß die Abweichung von den gewöhnlichen Regeln des Kontokorrents "ganz besonders deutlich" gemacht werden müsse und daß dieses durch einen deutlichen Hinweis hätte erfolgen können. 32 Ansonsten habe der Durchschnittskunde nur kraft tieferer Überlegung, die ihm nicht zumutbar sei, erkennen können, daß auch unwirksame Forderungen vom Saldoanerkenntnis erfaßt werden sollten. 33 Alle genannten Urteile betrafen Klauseln mit klarem und eindeutigem Wortlaut. Daher hätte es grundsätzlich keiner Auslegung bedurft. Das RG stellte jedoch maßgeblich auf die Erkennbarkeit der Rechtsfolgen der betreffenden Klauseln ab. Diese waren in den dargestellten Fällen für den Durchschnittskunden selbst innerhalb des gewöhnlichen Anwendungsbereiches der Klauseln unverständlich. In anderen Fällen,34 in denen das RG im Rahmen der restriktiven Auslegung die mangelnde Klarheit und Deutlichkeit der Klauseln beanstandete, war der Inhalt der Klausel selbst aufgrund ihrer Stellung im Gefüge der AGB 35 oder ihrer unklaren Fassung36 zweifelhaft. Hierbei handelte es sich um typische Fälle der Auslegung, bei denen neben der restriktiven Auslegung auch die Unklarheitenregel Anwendung fand. 37

b) Die Rechtsprechung des BGH

Auch der BGH nutzte die restriktive Auslegung, um speziell Freizeichnungsklauseln in ihrer Wirkung einzuschränken. 38 Anknüpfungspunkt war immer die inhaltliche Unklarheit der Klausel, die durch die Plazierung im Texe 9 , aus der

32

RGZ 144, 311 (313).

33

RGZ 144, 311 (313).

34

Vgl. RGZ 87, 335 ff.; RGZ 96, 266 ff.; RGZ 102, 227 ff.; RGZ 142, 353 ff.

35

Vgl. dazu RGZ 87, 335 (336); RGZ 142, 353 (355).

36

Vgl. dazu RGZ 102, 227 (228 f.).

RGZ 94, 26 (29); RGZ 117, 102 (107); RGZ 120, 18 (20). BGHZ 24,39 ff.; BGH, NJW 1960, 1661; BGHZ 40, 65 ff.; BGH, NJW 1969, 1708 ff.; BGHZ 62, 251 ff. 37 38

39

BGHZ 24,39 (43); BGH, NJW 1960, 1661 (1662); BGH, NJW 1969, 1708 (1710).

B. Die Behandlung intransparenter Klauseln

37

Verknüpfung mit Überschriften und Stichworten40 oder aus der Beziehung zu anderen Satzteilen41 hervorgerufen wurde. Insofern war im Gegensatz zum RG die mangelnde Verständlichkeit einer inhaltlich eindeutigen Klausel für den BGH kein Anwendungsbereich der Auslegung.

2. Überraschungsklausel

Intransparente Klauseln wurden auch als überraschende Klauseln eingeordnet.

a) Die Rechtsprechung des RG Nach dem RG wurden AGB nur Vertrags inhalt, wenn eine freiwillige Unterwerfung des Kunden nicht von vorneherein als ausgeschlossen erschien. Dieses sei der Fall bei unüblichen und ungewöhnlichen Bestimmungen,42 43 wie auch bei unangemessenen Klauseln44 . Die Kriterien, nach denen das RG die Unüblichkeit oder Ungewöhnlichkeit einer Klausel bestimmte, sind nicht eindeutig definierbar. Die Deutlichkeit und Erkennbarkeit des Inhalts einer Regelung hatten eine nicht unerhebliche Bedeutung. So wurde bemängelt, daß ein Hinweis oder eine Erläuterung der betreffenden Klausel dem Kunden die erforderliche Kenntnis verschafft hätte, aufgrund derer die Klausel Vertragsbestandteil geworden wäre. 45 Daneben wurde.zur Begründung der Überraschungswirkung

40 BGHZ 24, 39 (43 f.); BGH, NJW 1960, 1661 (1662). 41 BGHZ 40, 65 (69 f). 42 RGZ 103,84 (86); RG, Warn 1922, Nr. 93, 112 (113); RGZ 112,253 (259); RG,

L.Z. 1929, 1031; RG, JW 1931, 1958; RG, L.Z. 1933,443; vgl. auch OLG Kassel, Seuff Archiv, Band 76, Nr. 147, 238 (240). 43 Diese Rechtsprechung führte der BGH fort, vgl. BGHZ 7, 187 (192 f.); BGHZ 17, 1 (3 f). 44 Vgl. nur RG, L.Z. 1933,443 (445).

45 RG, Warn, 1922, Nr. 93, S. 112 (113 f); OLG Hamburg, Seuff Archiv, Bd. 64, Nr. 142; OLG Kassel, Bd. 76, Nr. 147, S. 238 (240).

38

2. Kapitel: Intransparenz vor Inkrafttreten des AGBG

auch die Stellung der Bestimmung im Text der AGB 46 oder die Verwendung schwer erkennbarer Verweisungen47 herangezogen.

b) Die Rechtsprechung des BGH aa) Auslegung der Unterwerfungserklärung Auch der BGH, der die Rechtsprechung des RG zunächst ohne Änderung fortfiihrte, schränkte die Unterwerfungserklärung insoweit ein, daß sich das Einverständnis des Kunden nur auf solche Bedingungen beziehe, "mit deren Aufstellung er billiger- und gerechterweise rechnen kann".48 Dogmatisch stützte der BGH diese Einschränkung der Unterwerfungserklärung auf § 242 BGB. 49

bb) Unangemessenheit Später löste sich der BGH von der dogmatischen Ableitung, die Unwirksamkeit der ungewöhnlichen Klauseln sei Ergebnis der Auslegung der Unterwerfungserklärung. Vielmehr sei der Verwender schon bei der Abfassung der AGB verpflichtet, die Interessen seiner künftigen Vertragspartner angemessen zu berücksichtigen. Seine Vertragsfreiheit sei insoweit gern. § 242 BGB eingeschränkt. 50 Deshalb entbehrten AGB der Rechtswirksamkeit, soweit sie unangemessene, überraschende Klauseln enthielten, in denen sich die Verfolgung einseitiger Interessen auf Kosten der Geschäftspartner verkörpere und die daher bei Abwägung der Interessen der normalerweise an solchen Geschäften beteiligten Kreise der Billigkeit widersprächen. 51 Damit stellte der BGH überraschende und unangemessene Klauseln gleich und wandte aufbeide die offene Inhalts-

46

RG, Seuff. Archiv, Bd. 76, Nr. 147, 238 (240).

41

Vgl. dazu OLG Hamburg, Hans. RGZ 1928 B, 630 (638 f.).

48 Vgl. nur BGHZ 17, 1 (3); BGHZ 33, 216 (219); BGHZ 38, 183 (185); BGHZ 41, 151 (154); BGH, NJW 1967, 1225 (1226); BGHZ 54, 106 (110); vgl. dazu auch Schreiber, NJW 1967, 1441 (1444 f.). 49 BGHZ 33, 216 (219).

50

BGH, NJW 1965, 246.

51

BGH, NJW 1965, 246; BGH, NJW 1969, 230.

B. Die Behandlung intransparenter Klauseln

39

kontrolle an. 52 Diese Ausweitung der Inhaltskontrolle erstreckte sich auch auf intransparente Klauseln. In einem Urteil vom 11.11.1968 hatte der BGH über die Wirksamkeit von Bestimmungen in einem Automatenaufstellvertrag zu befinden. 53 Die dort zusammenhanglos in einzelnen Komplexen geregelten Fragen, die Vermischung wichtiger und nebensächlicher Regeln, die unübersichtliche inhaltliche und drucktechnische Gestaltung bewirkten, daß dem Kunden die Bedeutung der Bedingungen ohne genaueres Studium nicht bewußt wurde. Das Berufungsgericht bezeichnete diese Formularbedingungen als ein in so krasser Form selten anzutreffendes Beispiel bewußt unklar gehaltener Fassung von Vertragsbedingungen. Der BGH begründete die Gesamtnichtigkeit des Vertrages nicht nur mit der Unangemessenheit vieler einzelner Bestimmungen, sondern auch mit den Umständen des Zustandekommens des Vertrages. Er fiihrte dazu aus: "Die allgemeinen Geschäftsbedingungen entbehren danach der Rechtswirksamkeit, soweit sie unangemessene, überraschende Klauseln enthalten, in denen sich die mißbräuchliche Verfolgung einseitiger Interessen auf Kosten des Geschäftspartners verkörpert und die daher bei Abwägung der Interessen der normalerweise an solchen Geschäften beteiligten Kreise der Billigkeit widersprechen. Dieser Grundsatz gilt auch für Formularverträge mindestens dann, wenn sie wie im vorliegenden Fall einen Komplex umfangreicher vorformulierter Klauseln enthalten, über deren uneingeschränkte Annahme sich der Vertragsgegner entscheiden muß, ohne sich wegen des Umfangs und des schwer zu verstehenden Inhalts über die Tragweite der Klauseln klar werden zu können. ,,54

Aus diesem Urteil geht zwar hervor, daß die Transparenz eines Bedingungswerkes nicht unwesentlich war. Zwei Jahre später aber betonte der BGH, daß die Frage, ob die unklare und unübersichtliche Fassung von AGB allein die Feststellung der Nichtigkeit gern. § 138 BGB rechtfertigen könne oder ob dazu die Bedingungen auch inhaltlich zu beanstanden sein müßten, noch offen sei. 55 Wenn die letztgenannten Urteile auch die Gesamtnichtigkeit eines Formularvertrages betreffen und damit nicht auf die Auswirkungen einer einzelnen unklaren Klauselgestaltung eingehen, liegen a majore ad minus Erwägungen jedoch nicht fern. So formulierte der BGH auch wenig später:

52 Vgl. dazu Hel/ner, FS f. Steindorff, 573 (577); Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, S. 47; Weber, WM 1968, Sonderbeilage 2, 1(18 f.); Koch/Stübing § 3 Rdn. I; Trinkner in Löwe/von Westphalenl Trinkner § 3 Rdn. 2, 7. 53

Vgl. zum folgenden BGH, NJW 1969, 230 ff.; vgl. auch Schäfer, S. 148.

54

BGH, NJW 1969,230 (232); vgl. dazu auch BGH, NJW 1983, 159 (162).

55

BGH, NJW 1971, 1034 (1036); siehe auch BGH, NJW 1972, 1227 (1229).

40

2. Kapitel: Intransparenz vor Inkrafttreten des AGBG

"Unabhängig davon muß eine Vertragspartei, die ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Vertragsinhalt erheben will, durch eine zumindest lesbare, logisch aufgebaute und verständliche Fassung der Klauseln ihrem Gegner die Möglichkeit geben, die auf ihn entfallenden Rechte und Pflichten zu erkennen und danach sein Vertragsrisiko abzuschätzen. Wer daher belastende Klauseln an versteckter Stelle unterbringt oder bewußt schwer verständlich abfaßt, muß es ebenfalls hinnehmen, daß die Klauseln gern. § 242 BGB als rechtsunwirksam angesehen werden. Erweisen sich derartige Klauseln, weil entweder unangemessen oder in ihrer Tragweite schwer erkennbar, als unwirksam, so tritt das nur scheinbar dispositive Recht - soweit vorhanden - an ihre Stelle. ,,56

Mit diesem Urteil wurde erstmals die Intransparenz von Klauseln der inhaltlichen Unangemessenheit gleichgestellt. 57 Dogmatisch wurde die Unwirksamkeit intransparenter Klauseln mit der Einschränkung der Vertragsfreiheit des Verwenders auf § 242 BGB begründet.

cc) Trennung von Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle In der weiteren Entwicklung, die teilweise nach Inkrafttreten des AGBG datiert, schränkte der BGH hinsichtlich überraschender Klauseln den Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle wieder ein und kehrte zum Ausgangspunkt des RG, der Trennung von Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle, zurück. 58 Der BGH vertrat nun, daß die vertragliche Einbeziehung solche Klauseln nicht erfasse, die überraschend seien, d.h. mit denen die Vertragspartei bei Billigung der vom Gegner aufgestellten Bedingungen redlicherweise nicht zu rechnen brauche. 59 Es sei zu berücksichtigen, daß der Geschäftspartner bei Vertragsschluß kaum in der Lage sei, umfangreiche und abstrakt ge faßte Klauseln unterschiedlicher Bedeutung zu lesen, ihren Zusammenhang zu erfassen und ihre Ausweitungen sachgerecht einzuschätzen. Daher müsse er darauf vertrauen dürfen, daß die von ihm gebilligten Vertragsbedingungen in etwa mit dem bei Rechtsgeschäften dieser Art üblichen und für sie vorstellbaren Bedingungen übereinstimmten. Die Überraschungswirkung einer Klausel bemesse sich nach dem in dem betreffenden Geschäftskreis Üblichen, nach der Abweichung

56 BGH, NJW 1972, 1227 (1228); vgl. auch Soergel/Hefermehl, 10. A. § 138 BGB Anm. 71 ff.; Soergel/Lange, 10.A, vor § 145 BGB Anm. 97 ff.; Schmidt-Salzer, AGB, 1971, 124 ff.; Schäfer, S. 151 f. 57

A.A. Schäfer, S. 151.

58

Vgl. etwa BGH, BB 1976, 157 ff.

59

BGH, BB 1976, 157 (158).

B. Die Behandlung intransparenter Klauseln

41

vom Leitbild des Vertrages, der Ausgestaltung der einzelnen Klausel wie den AGB in ihrer Gesamtheit und den Umständen bei Vertragsschluß. In der genannten Entscheidung trafen mehrere dieser Kriterien zu und ergänzten sich in ihrer Wirkung. Dazu zählte auch das Verstecktsein der Klausel in den kaum lesbaren Geschäftsbedingungen und das Fehlen eines diese Klausel hervorhebenden Hinweises bzw. einer dementsprechenden Überschrift. Im Ergebnis wurde damit auch die Problematik der intransparentenKlauseln wieder der Einbeziehungskontrolle zugewiesen. Die in den vorherigen Urteilen anklingende Tendenz, Klauseln aufgrund ihrer Intransparenz die Wirksamkeit zu versagen, wurde ebenfalls zurückgenommen. Intransparenz sollte nur noch Kriterium für die Überraschungswirkung, nicht aber alleiniger Grund der Unwirksamkeit sein. Diese Rechtsprechung wurde in nachfolgenden Urteilen bestätigt. 60 Auch dort wurde gleichermaßen auf die inhaltliche Unüblichkeit und auf die äußere Gestaltung der Klausel zur Begründung der Überraschungswirkung abgestellt. 61 Deutlich wurde dabei herausgestellt, daß durch einen eindeutigen Hinweis der Klausel der Überraschungseffekt genommen werden könne. 62 Die formale Gestaltung wurde unter den Gesichtspunkten der falsch g~wählten Überschrift,63 der Aufstellung zusammengehöriger Klauseln64 und des Verweises auf außerhalb des eigentlichen Vertrages liegender Vereinbarungen6S bemängelt.

dd) Ergebnis Vor der Zeit der Diskussionen um die Schaffung des AGBG war die Rechtsprechung des BGH zu überraschenden und intransparenten Klauseln dogmatisch nicht verfestigt. Zeitweise bestand eine Tendenz, Intransparenz mit Über-

60 Vgl. nur BGHZ 70, 304 (309); BGH, NJW 1978, 1519 ff; BGH, BB 1978, 636 ff; BGHZ 75, 15 ff; BGHZ 83, 56 ff; zeitlich liegen diese Urteile bereits nach Inkrafttreten des AGBG, die Vorschriften des AGBG waren jedoch nicht anwendbar. 61 BGH, NJW 1978, 1519 (1520); BGHZ 75, 15 (21 f); BGHZ 83, 56 (59). 62 BGH, NJW 1978, 1519 (1520); BGHZ 75, 15 (21 f). 63 BGH, NJW 1978, 1519 (1520). 64 BGH, BB 1978,636 (638). 65 BGHZ 75, 15 (22).

42

2. Kapitel: Intransparenz vor Inkrafttreten des AGBG

raschungswirkung und diese wiederum mit Unangemessenheitgleichzusetzen. 66 Dogmatisch galt damit auch die Verwendung intransparenter Klauseln als ein unangemessenes Ausnutzen der Vertragsfreiheit des Verwenders und ruhrte zur Unwirksamkeit der Klauseln nach § 242 BGB. Unter dem Einfluß der Diskussionen zur Schaffung des AGB-Gesetzes wurden diese Zusammenhänge wieder aufgelöst. Intransparenz wurde zu einem Kriterium rur die Überraschungswirkung einer Klausel, die ihrerseits nur noch bei der Einbeziehungskontrolle von Bedeutung war.

3. Die Rechtsprechung der Untergerichte

Auch Untergerichte versagten häufig intransparenten Klauseln die Wirksamkeit, wobei sie sich maßgeblich an den durch die Obergerichte vorgegebenen Lösungsansätzen orientierten. 67 Gesonderte Erwähnung sollen daher nur zwei über die obergerichtliehe Rechtsprechung hinausgehende Ansätze finden. Das OLG München dehnte in einer Entscheidung aus dem Jahr 1924 die Rechtsprechung des RG zur Einbeziehungserklärung dahin aus, daß nicht nur überraschende, sondern auch unklare, zweideutige oder dem Kundenkreis unverständliche Klauseln davon nicht erfaßt seien. 68 Ebenso hätte ein vereinzelt gebliebener Ansatz des OLG Düsseldorf in seiner Konsequenz für erhebliche Klarheit und Deutlichkeit der AGB zugunsten der Kunden gesorgt. 69 Das OLG vertrat die Ansicht, daß Formularverträge, soweit sie vom dispositiven Recht abweichen, zu ihrer Wirksamkeit der ErläuterunlO vor Vertragsschluß bedürfen. Um dem Geschäftspartner den Überblick über Inhalt und Umfang der einzugehenden Verpflichtungen zu verschaffen, müßten die Vereinbarungen so klar formuliert sein, daß sie rur den Partner durchschaubar seien. Dabei seien die Anforderungen, die an Inhalt und Klarheit der zu for-

66

Lindacher in WolflHornlLindacher § 3 Rdn. 5.

67 Vgl. nur beispielhaft OLG Darmstadt JW 1927, 723 f.; OLG München, LZ 1925, 272; LG Essen, NJW 1957, 1560; OLG Stuttgart, BB 1961,67; OLG Nürnberg, NJW 1977, 1402. 68

OLG München, LZ 1925,272.

69 OLG Düsseldorf NJW 1972, 1816 ff; kritisch Löbbecke, NJW 1972, 2128 f.; gänzlich ablehnend Prost, NJW 1973, 743 f. 70 Die Hervorhebung entspricht dem Originaltext; vgl. OLG DüsseldorfNJW 1972, 1816 ff.

B. Die Behandlung intransparenter Klauseln

43

dernden "Erklärung" gestellt werden müßten, um so strenger, je größer die Wahrscheinlichkeit sei, daß der Vertragspartner die Bedeutung und Tragweite seiner Erklärung nicht erfasse, oder der Inhalt des Vertrages von seinem gesetzlichen Leitbild abweiche. Damit forderte das OLG vollständige Transparenz. Allerdings leitete das OLG diese Ansicht unrichtigerweise von der Prämisse ab, daß hinsichtlich Allgemeiner Geschäftsbedingungen diese Grundsätze bereits anerkannt seien. 71

4. Zusammenfassung

Vor Inkrafttreten des AGBG begegnete die Rechtsprechung intransparenten Klauseln primär mit Auslegung. Dabei entwickelte sie die verschiedenen Auslegungsregeln wie das Restriktionsprinzip und die Unklarheitenregelung. Darüberhinaus wurde die Unterwerfungserklärung dahingehend ausgelegt, daß nur eindeutige und durchschaubare Regelungen Vertragsinhalt werden sollen. Dabei wurde oft nicht zwischen Intransparenz und überraschenden Klauseln differenziert, sondern Intransparenz wurde als Indiz rur den Überraschungscharakter gewertet. Zeitweilig konnte insbesondere der Rechtsprechung des BGH die Tendenz entnommen werden, intransparente Klauseln als unangemessen und unwirksam i.S.d. § 242 BGB anzusehen.

11. Die Literatur zu intransparenten Klauseln Die Forderung nach klaren, deutlichen und verständlichen AGB ist auch in der Literatur vor Inkrafttreten des AGBG zu finden. 72

71

OLG DüsseldorfNJW 1972, 1816.

72

Vgl. nur Weber, WM 1968, Sonderbeilage 2, 1 (6).

44

2. Kapitel: Intransparenz vor Inkrafttreten des AGBG 1. Intransparenz als generelles Problem

a) Die Ansicht Wolfs73 Wolf hält jede Sonderbehandlung Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Vergleich zu sonstigen Verträgen rur unzulässig. Dies bedeutet vor allem, daß AGB nur dann Vertragsbestandteil werden, wenn sie individuell rechtsgeschäftlieh vereinbart werden. Wolf geht davon aus, daß AGB häufig umfangreich und nach ihrem Inhalt wie nach der Menge, der Vielfalt der Auslegungsmöglichkeiten und der Kompliziertheit aller denkbaren Anwendungsmöglichkeiten so wenig erfaßbar seien, daß ihre inhaltliche Kenntnisnahme dem Adressaten unmöglich sei. Der Zugang einer Erklärung hänge jedoch von der Möglichkeit des Adressaten ab, unter regelmäßigen Umständen von deren GeschäftsinhaltKenntnis zu nehmen. Daher müsse die Erklärung sprachlich und inhaltlich so gefaßt sein, daß der Adressat ihren Inhalt in der ihm unter normalen Umständen zur Verrugung stehenden Zeit und mit den ihm zur Verrugung stehenden Hilfsmitteln verstehen kann. Dieses sei bei umfangreichen und schwierigen juristischen Texten nicht gegeben. Damit seien AGB regelmäßig als nicht zugegangen zu bewerten und mithin nicht Vertragsinhalt geworden. Diese Ansicht hinsichtlich intransparenter AGB findet abgeschwächt auch Anhänger unter den Kommentatoren des § 2. 74 Im Gegensatz zu WolfS beschränken diese aber das Problem der Intransparenz auf die einzelne Klausel, so daß regelmäßig nur diese Klausel von der Einbeziehung in den Vertrag ausgenommen wird.

73 Siehe zum folgenden Wolf, AT, S. 402 ff.; die Ausführungen Wolfs datieren nach Inkrafttreten des AGBG, seine Ansicht ist aber unabhängig vom AGBG und wurde von ihm auch vorher vertreten. 74

Ausführliche Darstellung dieser Ansichten in Kapitel 4.

Wolfs Ansicht blieb vereinzelt. Nach seiner Ansicht ist das AGBG rechtwidrig und verfassungswidrig; vgl. Wolf, AT, S. 409 ff. 75

B. Die Behandlung intransparenter Klauseln

45

b) Die Ansicht Klieges Stärker als andere Autoren rügte Kliege die den AGB anhaftenden Verheimlichungseffekte. 76 Seiner Ansicht nach hätte schon allein die drucktechnische Aufmachung der AGB (kleine, eng bedruckte Formulare, sinnwidrige Hervorhebungen) auf die Problematik aufmerksam machen müssen, daß "der Kampf um die bessere rechtliche Position nicht mit offenem Visier ausgetragen wird".77 Neben diesen drucktechnischen Mitteln förderten auch Verweisungen und Verklausulierungen die Verheimlichung. Verklausulierungseffekteentständen durch die umfangreiche, generelle, abstrakte und komplizierte Fassung der AGB, welche die Tragweite einzelner Bestimmungen nicht deutlich werden lasse. Die Verklausulierung beinhalte das versteckte Zusammenspiel verschiedener Klauseln, die Weiterverweisung in den AGB auf andere Bedingungswerke und die Abweichung vom allgemeinen Sprach- oder Handelsbrauch. 78 Kliege bemängelte, daß diese Verheimlichungswirkung trotz ihrer zentralen Bedeutung nirgends klar herausgearbeitet worden sei. Einzelfragen bezüglich spezieller Verheimlichungseffekte seien zwar angesprochen worden, jedoch ohne die Typizität des Problems zu erkennen. Im Ergebnis habe die Rechtsprechung diese Effekte nicht wirksam bekämpft. Die Rechtsprechung zur Einbeziehung der AGB in den Vertrag kennzeichnete er unter diesem Aspekt als Fehlentwicklung. Der von der Rechtsprechung zugelassenen Erleichterung der Einbeziehung, die von der Anerkennung der stillschweigenden Unterwerfungserklärung bis zum Kennenmüssen des Bestehens von AGB reiche, sprach er die Notwendigkeit ab. Er hielt es rur keine nennenswerte Erschwerung des Wirtschaftsverkehrs, wenn die Verwender verpflichtet worden wären, die AGB in deutlichem Druck und übersichtlicher Aufmachung dem Kunden vor Vertragsschluß zu überreichen. Mehr Zustimmung fand bei ihm die von der Rechtsprechung betriebene Auslegung von AGB, insbesondere die Anwendung der Unklarheitenregelung. Bei der konkreten Kontrolle einer Klausel schenkte Kliege der Intransparenz derselben keine weitere Beachtung. Vielmehr sah er die Intransparenz als Voraussetzung rur die in AGB vorgenommene und seiner Meinung nach nicht

76 77

78

Vgl. zum folgenden Kliege, S. 19 ff. Formulierung von Raiser, S. 21. Zustimmend Nicklisch, BB 1974, 941 (944) m.w.N.

2. Kapitel: Intransparenz vor Inkrafttreten des AGBG

46

gerechtfertigte Risikoabwälzung auf den Adherenten. 79 Die Inhaltskontrolle eliminiere diese Klauseln. Einen eigenen, direkten Weg zur Verhinderung der Verheimlichungseffekte schlug Kliege nicht vor. Damit unterschied er sich von anderen Autoren nur in der Genauigkeit der Analyse der Verheimlichungseffekte, nicht aber in den zu verfolgenden Lösungsansätzen.

c) Weitere Autoren

Nachdem zunächst auch unter dem Einfluß des RG und seiner Monopolrechtsprechung die wirtschaftliche Übermacht des AGB-Verwenders als Grund und Anlaß verstärkter Kontrolle der AGB angesehen wurde, stellten später auch weitere Autoren 80 als zusätzlichen Grund die intellektuelle Übermacht des AGB-Verwenders daneben. So fiihrte Raiser aus: 81 "Der juristisch nicht gründlich geschulte Kunde wird selten alle Beeinträchtigungen seiner Rechtsstellung durchschauen, die ihm das Formular des Unternehmers zumutet."

Die auf diese Weise begründete Schutzbedürftigkeiteröffnete den Weg zur Inhaltskontrolle. Nicht erörtert wurde demgegenüber die Frage, ob und auf welchem Weg die Transparenz von AGB gesteigert werden könnte. Damit wurde das Problem der Intransparenz der AGB von der Literatur ausschließlich als Anlaß und Rechtfertigung der offenen Inhaltskontrolle herangezogen.

2. Die Intransparenz einzelner Klauseln

In der Literatur sind eigene, von der Rechtsprechung unabhängige Lösungsansätze zur Bewältigung der Intransparenz einzelner Klauseln nicht ersichtlich.

79

Kliege, S. 139.

Raiser, S. 21; Habersack, AcP 189 (1989), 403 (414 f.); Trinkner, BB 1972, 1114 (1115); Nicklisch, BB 1974,941 (944); Brandner, JZ 1973,613 (614 f); Brandner, AcP 162 (1963), 237 (259 ff.). 81 Raiser, S. 21. 80

B. Die Behandlung intransparenter Klauseln

47

Die Einschränkung der Unterwerfungserklärung auf die Einbeziehung verständlicher und deutlicher AGB, wie es das OLG München82 vollzogen hat, fand auch Anhänger in der Literatur83 Von anderen wurde dieser Ansatz als verfehlt bezeichnet84 • Die Berufung auf einen Unterwerfungswillen sei nichts als eine blendende Konstruktion um eines vorgefaßten Ergebnisses willen und damit eine reine Fiktion. 85 Der Kunde, der keine Kenntnis vom Inhalt der AGB habe, könne nicht gleichzeitig bestimmte Klauseln, von deren Existenz er ebenfalls keine Kenntnis habe, bei Abgabe der Unterwerfungserklärung ausschließen. 86 Die Annahme eines stillschweigenden Vorbehalts sei auch überflüssig. Denn es sei Sache der Auslegung des Inhalts der AGB, den für die Parteien verbindlichen Sinn schwer verständlicher Erklärungen festzustellen. Sei eine sichere Deutung unmöglich, so sei im Einzelfall Dissens anzunehmen. Raiser lehnte diesen Lösungsansatz aber noch aus einem weiteren Grund ab. Soweit sich die Einschränkung der Verweisung nämlich auf alle schwer verständlichen Klauseln beziehe und nicht nur auf die, die objektiv mehrdeutig seien, so sei ihr entschieden zu widersprechen. Es könne nämlich dem Unternehmer nicht verwehrt sein, sich wie der Gesetzgeber aller Mittel zu bedienen, um schwierige Vertragsverhältnisse zu regeln. 87 Raiser verknüpfte diese Ansicht mit der Erwartung, AGB-Verwender würden sich schon aus eigenem Interesse dabei zurückhalten und den Kunden werde eine gesunde Auslegung schützen. Größere Zustimmung fand die Rechtsprechung bei der Entwicklung spezieller Auslegungsregeln zu AGB-Bestimmungen. Die Literatur stimmte der Rechtsprechung zu, daß Maßstab der Auslegung das Verständnisvermögen der diese Art von Verträgen abschließende Durchschnittskunde sei. 88 Das führe da-

82

OLG München, L.Z. 1925, 272.

83 Michel, S. 34; Grunsky, BB 1971, 1113 (1114); Trinkner, BB 1972, 1114 (1115); unklar Staudinger/Weber, 10. A., Einl. N 289 und N 291; Preyer, BB 1951, 597. 84 Raiser, S. 176; insgesamt jegliche Einschränkung der Unterwerfungserklärung ablehnend Mroch, S. 13 ff.; vgl. auch Brandner, JZ 1973,613 (614 f.); Schreiber, JuS 1967, 1441 (1443); Weber, WM 1968, Sonderbeilage 2, 1 (12). 85 Vgl. zum folgenden Raiser, S. 176 m.w.N. 86 Mroch, S. 15. 87

Raiser, S. 176.

Vgl. nur Raiser, S. 253; Schmidt-Salzer, AGB und Versicherungsbedingungen, S. 186; Weber, WM 1968, Sonderbeilage 2, 1 (14). 88

48

2. Kapitel: Intransparenz vor Inkrafttreten des AGBG

zu, daß dem allgemeinen Sprachgebrauch bei der Auslegung der Vorrang einzuräumen sei. 89 Allerdings bemerkte Raiser,9° daß es dem Unternehmer nicht verwehrt sei, juristisch oder technisch schwierige Fragen sachgemäß zu regeln, auch wenn die Verständlichkeit fur den Kunden dadurch erschwert werde. Er müsse es sich aber gefallen lassen, daß allzu komplizierte Bestimmungen in der Auslegung stark vereinfacht oder gestrichen würden. 91 Raiser warf der Rechtsprechungjedoch vor, sie "gehe darin zum Schutz der Denkfaulheit des Durchschnittspublikums mitunter recht weit".92 Überwiegend stimmte die Literatur der Anwendung der Unklarheitenregelung auf AGB ZU. 93 Das Restriktionsprinzip hingegen fand zwar zu Zeiten des RG insoweit Akzeptanz, als die Ergebnisse fur richtig erachtet wurden und eine offene Inhaltskontrolle in der Mehrheit der Fälle nicht möglich gewesen war. Je mehr die Rechtsprechungjedoch das Anwendungsfeld der offenen Inhaltskontrolle erweiterte, je weniger wurde das Restriktionsprinzip als dogmatisch vertretbare Auslegungsregel hingenommen. 94

C. Zusammenfassung Der Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeiten lag eindeutig auf der Suche nach Lösungsansätzen zur Eliminierung materiell unangemessener Klauseln aus AGB. Die Unverständlichkeit einer Klausel galt nur als Waffe des Verwenders, noch einfacher sich begünstigende Regelungen in den Vertrag aufzunehmen. Der Kampf gegen materiell unangemessene AGB verschloß damit die Sicht auf dieses weitere, den AGB grundsätzlich anhaftende Problem.

89

Raiser, S. 254, 258; Schmidt-Salzer, AGB und Versicherungsbedingungen, S. 187 f.

90

Raiser, S. 254, 258.

91

Raiser, S. 254, 258.

92

Raiser, S. 254 Fn. 4 m.w.N.

93 Vgl. nur Mroch, S. 16 ff.; Raiser, S. 262 ff; Staudinger/Weber, 10. A., § 242 BGB D 102; Michel, S. 40; Schmidt-Salzer, VersR 1966, 910 ff. 94 Vgl. nur Weber, WM 1968, Sonderbeilage 2, 1 (13); Raiser, S. 260 ff.; Sambuc, NJW 1981, 313 (315); Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 5 Rdn. 6; MKI Kötz § 5 Rdn. 8.

C. Zusammenfassung

49

Soweit die Rechtsprechung sich der Problematik annahm, sind ihre Ergebnisse nur beschränkt verwertbar. Die Urteile des RG stehen sämtlich unter dem Vorbehalt, daß über den Weg der offenen Inhaltskontrolle noch nicht verfügt wurde. Der interessante Ansatz des BGH, auch intransparente Klauseln als unangemessen anzusehen, muß ebenfalls im Zusammenhang mit der sonstigen Rechtsprechung gesehen werden. Zu derselben Zeit nahmen die Anforderungen an die Einbeziehungserklärungen kontinuierlich ab; zum Teil wurde in der Literatur versucht, AGB Gesetzesqualität zuzumessen. 95 Damit war der Weg über die Einschränkung der Einbeziehungserklärung verschlossen. Dennoch kann die Rechtsprechung dieser Zeit als Beleg dienen, daß intransparente Klauseln kein neues Problem darstellen und daß unterschiedlichste Lösungsansätze bereits existieren.

95

Vgl. dazu RG, DR 1941, 1210 (1212).

4 Krejenbaum

Drittes Kapitel

Auslegung und Transparenzgebot A. Problemstellung Das Transparenzgebot fordert klare, deutliche und verständliche AGB. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot soll zur Unwirksamkeit der betreffenden Klausel nach § 9 I führen. Demgegenüber zielt Auslegung auf die Ermittlung des für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Sinnes einer Willenserklärung. 1 Dabei befaßt sich Auslegung ebenfalls mit unklaren, mehrdeutigen und unverständlichen Erklärungen. 2 Zwischen Auslegung und dem Tranzparenzgebot scheint ein systematischer Widerspruch zu bestehen. Es ist daher notwendig, das Verhältnis von Auslegung und Transparenzgebot genauer zu untersuchen.

B. AGB-spezifische Auslegungsregeln Hierfür sollen die AGB-spezifischen Auslegungsregeln näher betrachtet werden.

1 Siehe nur MKI Kö!z § 5 Rdn. 1; PalandtlHeinrichs § 133 BGB Rdn. 1; Staudinger/ Schlosser § 5 Rdn. 5; Larenz, AT, § 25 11 a, S. 340; Flume, AT, § 16 I 1 b), 3 b); Lüderitz, S. 25.

2 Der Streit darüber, ob die Auslegung die Auslegungsbedürftigkeit einer Erklärung voraussetzt, vgl. RG 59, 217 (219); BGHZ 25, 319; PalandtiHeinrichs, § 133 BGB Rdn. 6 oder bereits die Feststellung der Eindeutigkeit einer Erklärung ein interpretatorischer Vorgang ist, so MKlMayer-Maly § 133 BGB Rdn. 42 m.w.N.; ErmaniBrox § 133 BGB Rdn. 10 ff.; Sambuc, NJW 1981, 313 (314); soll hier dahingestellt bleiben.

B. AGB-spezifische Auslegungsregeln

51

I. Abgrenzung objektive Auslegung individual-vertragskonforme Auslegung 1. Objektive Auslegung

Nach herrschender Meinung3 werden AGB objektiv ausgelegt. Objektive Auslegung besagt, daß alle individuellen Besonderheiten des einzelnen Vertragsschlusses bei der Auslegung außer Betracht zu bleiben haben. Die Verständlichkeit einer Regelung richtet sich nicht nach der persönlichen Auffassungsfähigkeit des Empfängers, sondern nach dem typischen Verständnis redlicher Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der an Geschäften der betreffenden Art gewöhnlich beteiligten Kreise. 4 Individuelle Besonderheiten finden nur dann Berücksichtigung, wenn sie den Rang einer Individualabrede erreichen. s Die Vertreter der objektiven Auslegung nehmen fiir sich in Anspruch, der Besonderheit von AGB als massenhafte Regelung durch eine in jedem Fall einheitliche Auslegung gerecht zu werden. 6 Die einheitliche Auslegung entspre-

3 Ständige Rechtsprechung, vgl. nur: RGZ 81, 117 (118 f); RGZ 149, 96 (100); RGZ 155,26 (28); BGHZ 7, 365 (368); BGHZ 17, 1 (3); BGHZ 22, 109 (113); BGHZ 33,216 (218); BGH, NJW 1981, 867 (868); BGH, WM 1990, 1389 (1390); BGH, NJW 1992,2629; BGH, NJW 1993, 1381; Vertreter der objektiven Auslegung sind Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 5 Rdn. 13 ff; Raiser, S. 252 ff.; MKJKötz § 5 Rdn. 2 f; PalandtiHeinrichs§ 5 Rdn. 7; Soergel/Stein § 5 Rdn. 6; Dreher, AcP 89 (1989),342 (360); Schmidt, ZIP 1987, 1505 (1507); Sambuc, NJW 1981, 313; Roth, WM 1991, 2085 (2086); einschränkend Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner, § 5 Rdn. 3 ff; Ermanl Hefermehl § 5 Rdn. 7; vgl. auch Helm, FS Schnorr von Carolsfeld, 125 (137 f.). 4 Vgl. etwa BGHZ 22, 90 (98); BGHZ 33, 216 (218); BGHZ 84, 268 (272); BGH, NJW 1982,2313 (2314); BGH, NJW 1984,1184 (1185); BGHZ 95,375 (390); BGH, NJW 1985,320 (321); BGH, NJW 1988, 1261; BGH, WM 1990, 1389 (1390); (1262); BGH, NJW 1992,2629; BGH, NJW 1993, 1381 jeweils m.w.N.; Ulmer in UlmerlBrandner/Hensen § 5 Rdn. 14; Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 5 Rdn. 5; Soergel/ Stein § 5 Rdn. 6 f; MKJKötz § 5 Rdn. 2; ErmaniHefermehl § 5 Rdn. 7, 9; Rüßmann, BB 1987,844 (845); Dreher, AcP 89 (1989),342 (361); Brandner, AcP 162 (1963),237 (241); PalandtiHeinrichs § 5 Rdn. 7; Heinrichs, NJW 1994, 1380 (1382); Roth, WM 1991,2085 (2086); Roth, WM 1991,2125; kritisch Schmidt, ZIP 1987, 1505 (1508).

5 BGH, NJW 1983,2638; PalandtiHeinrichs § 5 Rdn. 7; Soergel/Stein § 5 Rdn. 7; MKJKötz § 5 Rdn. 4; Ulmer in UlmerlBrandner/Hensen § 5 Rdn. 13,24; ErmaniHefermehl § 5 Rdn. 11; Rüßmann, BB 1987, 844 (845); Roth, WM 1991, 2125 (2126); einschränkend Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 5 Rdn. 5. 6 BGHZ 17, 1 (3); BGHZ 22, 109 (113); BGHZ, 33, 216 (218); BGHZ 77, 116 (118 f); Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 5 Rdn. 15; Sambuc, NJW 1981, 313;

4*

52

3. Kapitel: Auslegung und Transparenzgebot

che den Interessen der Verwender, die mit den AGB eine gleichartige Gestaltung aller Verträge anstrebten. 7 Dieses Streben könne auch der Kunde erkennen. 8

2. Individualvertragskonforme Auslegung

Die von der Gegenmeinung9 vertretene individualvertragskonforme Auslegung berücksichtigt alle dem Empfanger erkennbaren Umstände bei Vertragsschluß für die Auslegung der AGB. Nur im Verbandsklageverfahren sind ihre Vertreter mangels individuellem Vertragsschluß gezwungen, ebenfalls objektiv auszulegen. 10 Diese Ansicht sieht sich durch den rechtsgeschäftlichen Charakter der AGB bestätigt. Ferner seien die Unterschiede zwischen diesen Meinungen auch ansonsten gering. Auch bei der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB sei nicht das Verständnis des jeweiligen Einzelkunden entscheidend, sondern das des vernünftigen Empfangers. 11 Niemand könne sich daher auf seine verminderte Auffassungsgabe im Vergleich zum regelmäßigen Empfanger berufen. Zudem seien bei der typischen Verwendung von AGB besondere Umstände, die eine von der objektiven Auslegung abweichende Auslegung rechtfertigen, selten. 12

Schmidt, ZIP 1987, 1505 (1508); ErmaniHefermehl § 5 Rdn. 7; MKlKötz § 5 Rdn. 1; kritisch Brandner, AcP 162 (1963), 237 (153). 7 Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 5 Rdn. 15; Roth, WM 1991, 2125 ( 2126); MKlKötz § 5 Rdn. 1; ErmaniHefermehl § 5 Rdn. 7. 8 RGZ 81, 117 (119); Ulmer in UlmerlBrandnerlHensen § 5 Rdn. 15. 9 Staudinger/Schlosser§ 5 Rdn. 17 ff., 23 ff.; Lindacherin WolflHornILindacher § 5 Rdn. 6,11 ff.; Schlosserin Schlosser/Coester-WaltjeniGraba§ 5 Rdn. 14, 16; Brandner, AcP 162 (1963), 237 (253 ff.); Stein Rdn. 6; MKlMayer-Maly§ 133 BGB Rdn. 29. 10 Schlosser in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 5 Rdn. 15; Staudinger/Schlosser § 5 Rdn. 19. 11 Lindacher in Wolf/HornlLindacher § 5 Rdn. 6; Schlosser in Schlosser/CoesterWaltjeniGraba § 5 Rdn. 16; Staudinger/Schlosser§ 5 Rdn. 19. 12 Schlosser in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 5 Rdn. 16; Staudinger/Schlosser § 5 Rdn. 18,20; Brandner, AcP 162 (1963), 237 (254); so auch Ulmer in Ulmer/BrandnerlHensen § 5 Rdn. 15 m.w.N.; Roth, WM 1991, 2125 (2126).

B. AGB-spezifische Auslegungsregeln

53

3. Stellungnahme

Der herrschenden Meinung ist zuzustimmen. Für die objektive Auslegung von AGB-Regelungen spricht neben den bereits genannten Argumenten, daß eine allgemeingültige Beurteilung der inhaltlichen Angemessenheit einer AGBKlausel nur dann erfolgen kann, wenn ihr grundsätzlich derselbe Sinn beigelegt ist. Dies ist von erheblicher Bedeutung für die Verbandsverfahren, aber auch Urteile in Individualverfahren entfalten oftmals eine Breitenwirkung, die bei der individualvertragskonformen Auslegung nicht möglich wäre. Die objektive Auslegung führt daher zu mehr Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. 13

11. Weitere Auslegungsgrundsätze Bei der Auslegung sind neben dem Wortlaut l4 der Bedingungen auch die systematische Stellung der Klausel l5 und der mit den AGB verfolgte Sinn und Zweck l6 zu berücksichtigen. Als maßgebend wird jeweils das Verständnis des Durchschnittskunden angesehen. 17

13 Ähnlich Dreher, AcP 89 (1989), 342 (371 ff.) für besondere Auslegungsregeln bei juristischer Fachsprache. 14 Gegen eine zu enge Anlehnung an den Wortlaut Roth, AcP 190 (1990), 292 (306). 15 BGH, NJW 1981, 870 (872); BGH, NJW 1984, 1184 (1185); BGHZ 96, 182 (191); BGH, NJW 1985, 320 (324 ff.); BGH, NJW 1985, 623 (627); BGH, WM 1990, 1389 (1390); Dreher, AcP 89 (1989), 342 (379); Roth, WM 1991, 2125 (2127); vgl. auch Bunte, NJW 1985, 600 (601); Sambuc, NJW 1981, 313; Soergel/Stein § 5 Rdn. 7. 16 Vgl. etwa BGHZ 22,109 (113); BGH, BB 1981,442; BGH, NJW 1984, 1184 (1185); BGHZ 98, 256 (260); BGH, BB 1987, 176; Soergel/Stein § 5 Rdn. 7; Dreher, AcP 89 (1989),342 (378); Roth, WM 1991,2125 (2127); Lindacherin Wolf/HornlLindacher § 5 Rdn. 7; Soergel/Stein § 5 Rdn. 7; ErmanlHejermehl § 5 Rdn. 8. 17 Vgl. etwa BGHZ 60, 174 (177); BGH, BB 1984, 1511 (1512); BGHZ 104, 82 (88); BGHZ 110, 108 (113); OLG Hamburg, NJW-RR 1990, 1484 (1485); Lindacherin Wolf/HornlLindacher § 5 Rdn. 12.

54

3. Kapitel: Auslegung und Transparenzgebot

1. Die Meinung U1mers

Ulmer lB will hingegen bei der Auslegung von AGB nur den Wortlaut der einzelnen Klausel berücksichtigen. Sowohl die systematische Stellung als auch Sinn und Zweck der auszulegenden Regelung sollen außer Betracht bleiben. 19 Die letzteren Auslegungsmittel verhülfen nämlich dazu, den vom Verwender gewollten, aber nicht deutlich zum Ausdruck gebrachten Gehalt einer Klausel aufrecht zu erhalten. 20 Damit stünde die Auslegung im Gegensatz zu dem seiner Meinung nach in §§ 2, 3 und 5 anklingenden Transparenzgebot. 21 Dieses ziele darauf ab, im Interesse der Kunden fUr Verständlichkeit der AGB zu sorgen und den Verwender die Nachteile unklarer oder undurchsichtiger Klauselformulierungen tragen zu lassen. Die auf den Wortlaut beschränkte Auslegung fuhrt seiner Meinung nach in den Fällen, in denen der eigentliche Inhalt erst aufgrund systematischer Auslegung unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck deutlich wird, zur Nichteinbeziehung der Klausel nach § 2 I Nr. 2. 22

2. Stellungnahme

Angenommen Ulmer sei hinsichtlich des von ihm in §§ 2, 3 und 5 lokalisierten Transparenzgebotes zuzustimmen, so kann daraus nicht unmittelbar abgeleitet werden, wann Verständlichkeit vorliegt, bzw. welche Maßstäbe an die Bemühungen der Kunden zu stellen sind, den Sinn von AGB zu erfassen. Aus §§ 3 und 5 ergibt sich nicht ohne weiteres, daß die Erwartungen an die Verständnisbemühungen der Kunden auf die reine Wahrnehmung des Wortlauts einer Klausel beschränkt sind.

18

Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 5 Rdn. 21.

Gegen die Berücksichtigung der systematischen Stellung einer AGB-Klausel bei der Auslegung auch Bunte, NJW 1985, 600 (601); kritisch auch Roth, WM 1991, 2125 (2128). 19

20 Hinsichtlich der systematischen Auslegung ähnlich Bunte, NJW 1985, 600 (601); Dreher, AcP 89 (1989), 342 (378 f.); siehe auch Roth, AcP 190 (1990), 292 (307); Schäfer, S. 113 ff.; ErmaniHefermehl § 5 Rdn. 8.

21 So auch Bunte, NJW 1985,600 (601), soweit er sich gegen die systematische Auslegung wendet; vgl. auch Roth, WM 1991, 2125 (2128); ErmaniHefermehl § 5 Rdn. 8. 22

Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 5 Rdn. 21, 23.

B. AGB-spezifische Auslegungsregeln

55

Grundsätzlich spricht gegen Ulmers Ansicht, daß eine Reduzierung der Auslegung auf den Wortlaut einer Klausel jeder natürlichen Erfassung eines Textes widerspricht. Der Kunde sieht die Klausel im Zusammenhang mit vor- und nachstehenden Regelungen und sein Verständnis des Wortlauts wird von den anderen Regelungen mit geprägt. Ebenso berücksichtigt er, wenn vielleicht auch unbewußt, den Sinn der Klausel bei der Ermittlung ihres Inhalts. Selbstverständlich ist die Auslegung nach Systematik und Sinn und Zweck von Fall zu Fall unterschiedlich schwierig. Möglicherweise gilt es da, die Deutungsdiligenz zu berücksichtigen und ab einem gewissen Grad, die Erkennbarkeit rur den Durchschnittskunden abzulehnen. Die Schwierigkeit, darur praktikable Kriterien zu finden, darf aber nicht dazu verleiten, die systematische und teleologische Auslegung grundsätzlich als unzulässig zu betrachten.

IH. Auswirkungen auf die Transparenz

Die Frage, ob die objektive Auslegung Transparenzforderungen verwirklicht, soll an Hand der Problematik der Auslegung von Fachausdrücken untersucht werden. Fachausdrücke werden in ihrem fachspezifischen Sinn Vertragsinhalt, wenn der jeweils angesprochene Kundenkreis den Begriff inhaltlich verstehen kann, weil er die erforderliche Sachkunde besitzt. 23 Spricht der Verwender mit seinen AGB hingegen keinen speziellen Kundenkreis an, so muß von einem Durchschnittskundenkreis und einem Durchschnittsverständnisvermögen ausgegangen werden. 24 Regelmäßig werden diese Kunden ohne besondere Erfahrung den Begriff in seinem fachspezifischen Sinn nicht verstehen. Teilweise werden diese Kundenkreise nicht einmal zu erkennen vermögen, daß dem Begriff eine ihnen unbekannte spezielle fachliche Bedeutung zugemessen wird.

23 Allg. Meinung, vgl. nur Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 5 Rdn. 22 f.; Soergel/ Stein § 5 Rdn. 8; MKJKötz § 5 Rdn. 3; Dreher, AcP 89 (1989),342 (362), m.w.N. aus der Rechtsprechung 24

So auch Roth, WM 1991, 2125 (2130).

56

3. Kapitel: Auslegung und Transparenzgebot 1. Die Auslegung von Fachausdrücken

Nach der herrschenden Meinung werden auch Fachausdrücke nach dem Empfangerhorizont ausgelegt. Hat der Fachbegriff eine allgemeinsprachliche Bedeutung, so wird diese Bedeutung Vertragsinhalt. 25 Ist der Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch unbekannt, wird vertreten, in derartigen Fällen gelte der Begriff in seinem fachsprachlichen Sinn?6 Jedoch soll in derartigen Fällen die Einbeziehung solcher Klauseln an § 2 I Nr. 2 scheitern können. 27 Dieser Bruch mit den Grundsätzen der objektiven Auslegung wird selbst nicht hinterfragt. 28

a) Besonderheiten in bezug au/juristische Fachausdrücke Innerhalb der herrschenden Meinung ist die Behandlung der juristischen Fachsprache29 streitig. Einige Vertrete~O halten an der oben genannten grundsätzlichen Auslegung vom Empfangerhorizont und damit dem allgemeinsprachlichen Verständnis fest. Ebenso soll aber für den Fall, daß der Begriff keinen allgemeinsprachlichenInhalt besitzt, die juristische Bedeutung ausschlaggebend sein. Dann aber könne wiederum die Einbeziehung derartiger Klauseln an § 2 I Nr. 2 scheitern. Diese Meinung stützt sich auf das sofortige Verständnis des Kunden, der einen ihm umgangssprachlich bekannten Begriff in diesem Sinn

25 Ulmer in UlmerlBrandnerlHensen § 5 Rdn. 23; Schlosser in Schlosser/CoesterWaltjeniGraba § 5 Rdn. 16; SoergellStein § 5 Rdn. 8; MklKötz § 5 Rdn. 3; Ermanl Hefermehl § 5 Rdn. 10; a.A. StaudingerlSchlosser § 5 Rdn. 20; Lindacher in Wolfl HornlLindacher § 5 Rdn. 13, es gelte jeweils die günstigere Bedeutungsalternative. 26 Lindacherin Wolf/HorniLindacher § 5 Rdn. 13; StaudingerlSchlosser§ 5 Rdn. 20; PalandtiHeinrichs § 5 Anm. 3; MKlKötz § 5 Rdn. 3; Schlosser in Schlosser/CoesterWaltjeniGraba § 5 Rdn. 16; Dreher, AcP 89 (1989), 342 (362) m.w.N. 27 Lindacherin WolflHorniLindacher § 5 Rdn. 13; StaudingerlSchlosser§ 5 Rdn. 20; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 52, § 5 Rdn. 23; vgl. auch PalandtlHeinrichs § 2 Rdn. 13. 28 So sieht beispielsweise Dreher, AcP 89 (1989), 342 (344), hierin keinen Aus1egungskonflikt. 29 Vgl. zu der Frage der Feststellung des juristisch-technischen Sprachgebrauchs Dreher, AcP 89 (1989), 342 (364 ff.).

30 Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 5 Rdn. 23; Schlosser in Schlosser/CoesterWaltjeniGraba § 5 Rdn. 16; StaudingerlSchlosser§ 5 Rdn. 20; Roth, WM 1991, 2125 (2130); Heinrichs, NJW 1994, 1380 (1382); ErmaniHefermehl § 5 Rdn. 10.

B. AGB-spezifische Auslegungsregeln

57

auffassen wird. Damit ist diese Meinung am kundenfreundlichsten und überbürdet dem Verwender eine hohe Formulierungsverantwortung. Andere 3 ! relativieren dahingehend, daß sie auf die Erkennbarkeit der fachsprachlichen Benutzung abstellen. Sei diese gegeben, so sei auch der Fachbegriff in seinem juristischen Sinn auszulegen. Dabei reiche es aus, daß der Kunde aus dem Zusammenhang erkennen könne, daß er diesem Ausdruck nicht die allgemeinsprachliche Bedeutung beilegen dürfe. Darauf, ob er in der Lage ist, die fachspezifische Bedeutung zu erkennen, soll es offensichtlich nicht ankommen. Davon wiederum abweichend besteht die Meinung, daß Rechtsbegriffe in jedem Fall in ihrer juristischen Bedeutung Vertrags inhalt werden. 32 Der durchschnittliche Kunde müsse aufgrund der Tatsache, daß AGB rechtliche Fragen regeln, damit rechnen, daß auch rechtliche Begriffe vorkämen und diese in ihrer rechtlichen Bedeutung zu verstehen seien. 33 Es könne nicht mehr darauf ankommen, ob sie im Einzelfall fiir ihn erkennbar sind. 34 Diese weitere Einschränkung sei gerechtferigt, da es bereits nach vorstehend genannter Auffassung dahingestellt bleiben könne, ob der Kunde den Inhalt der Klausel erfassen könne. Es gelte zudem, die Interessen der Verwender insoweit zu berücksichtigen, als diese auf feststehende Termini der Rechtssprache zurückzugreifen gedächten. Überschaubare Klauselkataloge lägen im Interesse beider Parteien. Rechtssicherheit und Rechtsklarheit seien bei einheitlicher Auslegung juristischer Ausdrücke ebenfalls besser verwirklicht. b) Die Rechtsprechung Die Rechtsprechung bietet ein uneinheitliches Bild. 3s Es lassen sich sowohl Urteile finden, welche die Maßgeblichkeit des allgemeinen Sprachgebrauchs be-

31 MKJKötz § 5 Rdn. 3; Raiser S. 257; Lindacher in WolflHornlLindacher § 5 Rdn. 13. 32 PalandtlHeinrichs § 5 Rdn. 7; Fehl, BB 1983, 223 ff.; Dreher, AcP 89 (1989), 342 (371 ff., 384); Staudinger/Schlosser § 5 Rdn. 2, 20. 33

Dreher AcP 189 (1989), 342 (371 ff., 384).

34

Dreher, AcP 189 (1989), 342 (371 ff.).

Vgl. die ausführliche Darstellung bei Dreher, AcP 189 (1989), 342 (346 ff.) mit umfangreichen Nachweisen. 35

58

3. Kapitel: Auslegung und Transparenzgebot

tonen,36 als auch solche, die für juristische Begriffe die rechtliche Bedeutung als verbindlich erklären. 37 Ein Regel-Ausnahme-Verhältnis ist ebensowenig erkennbar wie eine zu einem Grundsatz sich bewegende Entwicklung. 38 So kann sich auch jede in der Literatur vertretene Auffassung auf ausreichend Belege aus der Rechtsprechung stützen. 39

c) Stellungnahme Es ist unstreitig, daß der Empfiinger einer Willenserklärung nicht einfach auf den Wortlaut vertrauen darf, sondern versuchen muß, den Willen des Erklärenden zu ermitteln. Insofern kann es auch darauf ankommen, ob der Durchschnittskunde die Verwendung des Fachausdruckes in seiner fachsprachlichen Bedeutung zu erkennen vermag. Daraus folgt aber nicht zwingend die Maßgeblichkeit der fachsprachlichenBedeutung. Diese kann nur Auslegungsergebnis sein, wenn der Kunde den fachspezifischeninhalt zu erkennen vermag. In den übrigen Fällen ist der fachsprachliche Begriff in seinem allgemeinsprachlichen Gebrauch auszulegen. 4o Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, ein Kunde, der sich seiner Unkenntnis bewußt sei und dennoch in die Geltung von AGB einwillige, gebe ein Art "Risikoerklärung" ab. Er lasse die Klauseln in dem vom Verwender gewollten Sinn gelten. Damit würde der Einbeziehungserklärung ein rechtsgeschäftlicher Geltungswille unterstellt, den sie nicht einmal annimmt, wenn dem Kunden die Bedeutung der AGB bekannt ist. Die dritte Meinung ist gänzlich abzulehnen. Nach ihr kommt es bei der Auslegung von Rechtsbegriffen in keiner Weise auf das Verständnis des Vertragspartners an. Sie behandelt damit die Auslegung von Rechtsbegriffen wie die Auslegung von Gesetzen. 41 Zwar ähneln AGB-Regelungen Gesetzestexten,42 36 BGHZ 18, 311 (317 f.); BGH, NJW 1981, 867 (868); BGH, NJW 1982, 231 (234); BGH, NJW 1983,2088 (2089); BGH, NJW 1983, 2368; BGH, NJW 1988, 1726 (1727); BGH, NJW 1993,2369. 37 BGHZ 5, 365 (367); BGH, DB 1969, 1146; BGH, NJW 1982, 2313 (2314); siehe auch RGZ 101, 224 ff.; RG, JW 1932, 2521 (2522). 38 So auch Dreher, AcP 89 (1989), 342 (352, 357). 39 So auch Dreher, AcP 89 (1989), 342 (356). 40

So auch Roth, WM 1991, 2125 (2130); SoergellStein § 5 Rdn. 8.

41

Vgl. dazu Flume, AT, § 16 I 1 c, d; Medicus, AT, Rdn. 307.

B. AGB-spezifische Auslegungsregeln

59

da sie genau diese abändern oder ergänzen. Dies verleitet zu der Annahme, sie dürften sich der gleichen Sprache bedienen, oder seien gleich auszulegen. 43 Dabei wird aber verkannt, daß AGB-Regelungen nicht demselben Zweck dienen wie das von ihnen verdrängte dispositive Recht und nicht als Normen, unabhängig von der Einbeziehung in einen konkreten Vertrag, existieren. 44 Das dispositive Recht ist letztlich dem Gerechtigkeitsgedankenverpflichtetund sucht einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Vertragspartner. Eine AGB-Regelung dient in erster Linie den Interessen des Verwenders. Verfolgt dieser Interessen, die über das vom Gesetz Gebilligte hinausgehen, so muß er dieses seinem Vertragspartner deutlich machen. Dann ist es nicht zu beanstanden, wenn er sich verständlicher ausdrücken muß als das Gesetz. 45 Es gilt festzuhalten, daß juristische und andere Fachausdrücke nur dann ihre fachspezifische Bedeutung in AGB entfalten, wenn der angesprochene Adressatenkreis diese Bedeutung erkennen kann. Damit wird auch nicht die Aufstellung von AGB unzumutbar erschwert, oder der Verwender verpflichtet, übermäßig lange, erläuternde AGB zu formulieren. Die meisten Fachbegriffe haben auch eine allgemeinsprachliche Bedeutung,46 so daß sie mit diesem Inhalt Bestandteil der AGB werden. Diese allgemeinsprachlicheBedeutung wird sich im großen und ganzen mit der fachsprachlichen Bedeutung decken. Der Verwender ist daher nur gehalten, wenn er den fachspezifischen Inhalt verwirklichen möchte, die Abweichungen allgemeinsprachlich kenntlich zu machen. 47 48 Für die Transparenz von AGB bedeutet diese Analyse, daß es in den Fällen, in denen die Auffassungen vom Inhalt eines Begriffs divergieren, zu der Bevorzugung der Auffassung der Empfänger und damit zur Bevorzugung der Vertragspartner des Verwenders von AGB kommt. Dem Verwender obliegt es, bereits bei der Wortwahl auf die Verständnismöglichkeiten des Adressaten Rücksicht zu nehmen, soweit er den von ihm gewollten Inhalt verwirklichen will.

42

Vgl. dazu Roth, WM 1991, 2125 (2127).

43 Vgl. dazu auch BGH, NJW 1983, 2638; Brandner, AcP 162 (1963), 237 (238). 44 Vgl. dazu nur Flume, AT, § 163 b); Medicus, AT, Rdn. 309 f.; Roth, WM 1991,

2125 (2126); ErmanJHejermehl § 5 Rdn. 12. 45 Ebenso Wolfin Wolf/HornJLindacher § 9 Rdn. 145.

46 So auch Dreher, AcP 89 (1989), 342 (365). 47 So auch Roth, WM 1991, 2125 (2130). 48 Auf die Frage, wie Fachausdrücke ausgelegt werden sollen, die keine umgangs-

sprachliche Bedeutung haben und deren Inhalt vom Durchschnittskunden nicht verstanden wird, wird im Abschnitt "Auslegungsunflihigkeit" eingegangen.

60

3. Kapitel: Auslegung und Transparenzgebot 2. Die Übernahme von Gesetzeswortlaut

Die oben geschilderten Auslegungsprobleme wiederholen sich bei der Übernahme von Gesetzestext in AGB. Die Stimmen in der Literatur, die schon bei einzelnen Rechtsbegriffen die fachsprachliche Bedeutung favorisieren, wollen auch Gesetzestext nach dem juristischen Verständnis auslegen. 49 Überwiegend wird der Standpunkt vertreten,50 bei der textgleichen oder nahezu textgleichen Übernahme von Gesetzestexten treffe den Verwender keine Formuierungsverantwortung. Derartige Vorschriften dienten nur der Information des Vertragspartners. Es bedürfte auch keines Hinweises auf die Identität der Klausel mit dem Gesetzestext. 5I Ausdrückliche Stellungnahmen anderer Art liegen - soweit ersichtlich - nicht vor. Es kann aber davon ausgegangen werden, daß diejenigen, die bei der Auslegung von Fachtermini auf das allgemeinsprachliche Verständnis abstellen, ebenso bei der Übernahme von Gesetzestext verfahren. 52 Der überwiegenden Ansicht kann zugestimmt werden, daß das juristische Verständnis maßgeblich ist, wenn die übernommenen Vorschriften aus dem Gesetz auch dann die Vertragsbeziehungen zwischen Verwender und Kunden regeln, wenn sie nicht in den AGB erwähnt sind. 53 Dann handelt es sich in der Tat um eine reine Information. Diese muß als solche auch nicht erkennbar sein. 54 Der Abdruck von Gesetzestext kann aber auch davon abweichend die Inanspruchnahme von Erlaubnisnormen darstellen. In einem solchen Fall obliegt es dem Verwender, der sich damit bestimmte Rechte ausbedingt, diese in einer Form zu präsentieren, die dem Durchschnittskunden verständlich ist.

49 Dreher, AcP 89 (1989), 342 (376 f.); vgl. auch RGZ 84, 409 (410); RGZ 118, 57 (58); BGH, BB 1988, 658. 50 Ulmerin UlmerlBrandnerlHensen § 5 Rdn. 23; Lindacherin WolflHorniLindacher § 5 Rdn. 27; Roth, WM 1991, 2125 (2130); Schlosser in Schlosser/Coester-Waltjenl Graba § 5 Rdn. 2; Staudinger/Schlosser § 5 Rdn. 4. 51

Lindacher in WolflHorniLindacher § 5 Rdn. 27; a.A. Raiser, S. 259.

52 So Raiser, S. 257, der als einziger die Problematik anspricht; vgl. auch Dreher, AcP 89 (1989), 342 (375). 53 Vgl. auch Roth, WM 1991, 2125 (2130). 54

So auch Staudinger/Schlosser § 5 Rdn. 4; a.A. Raiser, S. 259.

C. Die Unklarheitenregelung

61

IV. Ergebnis Auslegung zielt auf die Ermittlung des Sinns einer AGB-Regelung ab. Sie erfolgt objektiv vom Verständnisvermögender durchschnittlich mit denjeweiligen AGB konfrontierten Kundenkreise her. Aus der Maßgeblichkeit dieses Verständnisvermögens folgt, daß der Verwender gehalten ist, sich bei seinen Formulierungen auf diesen Horizont einzustellen. Ansonsten geht er das Risiko ein, daß Klauseln aufgrund der Auslegung einen anderen als den von ihm beabsichtigten Inhalt zugesprochen bekommen. Damit wirkt die objektive Auslegung mittelbar auf die Verständlichkeit von AGB ein. Da Auslegung aber in der Regel nicht zur Unwirksamkeit einer Klausel führt, sondern eine Bedeutungsverschiebung verursacht, ist der dadurch ausgeübte Druck auf die Verwenderseite, verständlich zu formulieren, als gering zu veranschlagen.

C. Die Unklarheitenregelung55 Die Unklarheitenregelung ist in § 5 normiert. Sie legt fest, daß Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders gehen. Damit gilt bei Mehrdeutigkeit einer Klausel die dem Kunden günstigere Alternative. Ihrem Inhalt nach ist damit die Unklarheitenregelungweniger Auslegungsregel als Entscheidungsanweisung. 56 Sie ist der Auslegung nach oben angeführten Grundsätzen nachrangig, da sie erst angewendet werden kann, wenn sich nach Ausschöpfung aller anderen Auslegungsregeln kein eindeutiger Inhalt feststellen läßt. 57 Jedoch bleiben

55 Die Unklarheitenregel geht als AuslegungsregeI zurück auf römische Quellen, "ambiguitas contra stipulatorum, quia cIarius loqui potui esset" (Zweideutigkeiten gegen den Gläubiger, denn er konnte klarer reden); vgl. dazu ausführlich Wacke, JA 1981, 666 f.

56 Koch/Stübing § 5 Rdn. 6; Wacke, JA 1981, 666 (668); Roth, WM 1991, 2085 (2086); ausführlich Schäfer, S. 104 ff. 57 Herrschende Meinung vgl. nur BGH, WM 1978, 10 (11); BGH, NJW 1983, 1854; BGHZ 91,98 (103); Koch/Stübing§ 5 Rdn. 6; Soergel/Stein § 5 Rdn. 2 f., 12; MKlKötz § 5 Rdn. 7; Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 5 Rdn. 8; Erman/Hefermehl § 5 Rdn. 1; Canaris, NJW 1987, 2407; Wacke, JA 1981, 666 (668); Sambuc, NJW 1981, 313 (314); Bunte, NJW 1986, 600; Ulmer in UlmerlBrandnerlHensen § 5 Rdn. 25 ff.; Staudinger/Schlosser§ 5 Rdn. 5; Wagner, ZVerWiss, 119 (122); Roth, WM 1991, 2085 (2086); Lindacher in Wolf/HornlLindacher § 5 Rdn. 28; kritisch Schmidt, ZIP 1987, 1505 (1508).

62

3. Kapitel: Auslegung und Transparenzgebot

ganz entfernt liegende Ausnahmefalle, die weder vom Klauselverwender bedacht worden sind, noch vom Kunden als erfaßt angesehen werden, bei der Feststellung der Mehrdeutigkeit außer Betracht. 58

I. Anwendung der Unklarheitenregelung

Bei der Anwendung des § 5 wird zwischen Individual- und Verbandsprozeß unterschieden. Im Individualprozeß wird nach früher herrschender Meinung bei Mehrdeutigkeit einer Klausel die dem Kunden günstigere Alternative Vertragsinhalt. 59 Dagegen soll im Verbandsprozeß die kundenungünstigste Alternative gewählt werden, um diese an den §§ 9 ff. einer Inhaltskontrolle zu unterziehen. 60 Die im Vordringen befmdliche Meinung 61 vertritt allerdings, auch im Individualprozeß sei die ungünstige Alternative zu wählen, wenn diese nach den §§ 9 ff. unwirksam wäre. Das dann zur Anwendung kommende dispositive Recht sei dem Kunden noch günstiger als die zunächst kundenfreundlichste Auslegungsalternative. Hierfiir spricht, daß aufgrund der Unwirksamkeit der Verwender gezwungen wird, neu und deutlicher zu formulieren. 62 Eine weite-

58 Allg. Meinung; vgl. nur BGH, ZIP 1984, 1485 (1486); BGHZ 93, 252 (261); BGH, NJW 1985, 320 (321) m.w.N.; BGH, WM 1991, 1452 (1454); BGH, WM 1992, 395 (397); BGH, NJW 1994, 1798 (1799); BGH, NJW 1994, 1798 (1799); Ulmer in UlmerlBrandnerlHensen § 5 Rdn. 26; Soergel/Stein § 5 Rdn. 7; Staudinger/Schlosser§ 5 Rdn. 7; Bunte, NJW 1985, 600; ErmaniHefermehl § 5 Rdn. 8, 19.

59 Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 5 Rdn. 2; Larenz, AT, § 29 a 11, S. 558; ErmaniHefermehl § 5 Rdn. 12; Ulmer in UlmerlBrandnerlHensen § 5 Rdn. 30 f.; Roth. WM 1991, 2085 (2088); StaudingerlSchlosser§ 5 Rdn. 7. 60 Vgl. nur BGHZ 91, 55 (61) m.w.N.; BGH, NJW 1993, 657; BGH, NJW 1993, 1133; BGH, NJW 1993,2369; BGH, NJW 1994, 1798 (1799); BGHZ 124, 351 (358); Schlosser in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 5 Rdn. 4; Ulmer in Ulmer/Brandnerl Hensen § 5 Rdn. 33; StaudingerlSchlosser§ 5 Rdn. 7; Roth, WM 1991,2085 (2088); einschränkend Soergel/Stein § 5 Rdn. 17; Medicus, 10 Jahre AGB-Gestz, 83 (85). 61 BGH, NJW 1985,2258 (2261); BGH, NJW 1992, 1097 (1099); LG München, BB 1988,237; BGH, NJW 1994, 1798 (1799); ErmaniHefermehl§ 5 Rdn. 22; Lindacherin WolflHornlLindacher § 5 Rdn. 31, 33; Soergel/Stein § 5 Rdn. 16; Schlosser in Schi osser/Coester-WaltjeniGraba § 5 Rdn. 4; KochlStübing § 5 Rdn. 12; Ulmer in Ulmerl BrandnerlHensen §§ 5 Rdn. 5, 31; PalandtlHeinrichs§ 5 Rdn. 9.

62

Soergel/Stein § 5 Rdn. 16.

C. Die Unklarheitenregelung

63

res Argument ist der Gleichlaufvon Individual- und Verbandsprozeß. 63 Schließlich hat diese Auslegungsmethode den Vorteil, dem Normzweck des § 5 am stärksten zur Wirksamkeit zu verhelfen und einer ungewollten Verkürzung der Inhaltskontrolle vorzubeugen. 64

11. Unklarheitenregelung und Transparenz Die Unklarheitenregelung verwirklicht Transparenzanforderungen, indem sie die Verwendung mehrdeutiger Klauseln dahingehend "sanktioniert", daß diese in ihrem kundengünstigsten Sinn Geltung erhalten. 65 Auch im Verbandsprozeß sanktioniert sie indirekt die Formulierungsschwäche, wenn die Klausel aufgrund der kundenungünstigsten Auslegung der Inhaltskontrolle anheim f,illt. In diesem Sinne erwartete der Gesetzgeber auch von der ausdrücklichen Normierung der Unklarheitenregel eine klarere und deutlichere Ausdrucksweise bei der Abfassung von AGB. 66 Die Unklarheitenregelungreagiert aufmehrdeutige Klauseln und verwirklicht damit Transparenz. Dennoch sind die Rechtsfolgen der Unklarheitenregel und des Tranzparenzgebotes verschieden. Abgesehen von den Fallkonstellationen, bei denen die Klausel aufgrund einer Bedeutungsvariante ihrem Inhalt nach unwirksam ist, bleibt die Klausel bei Anwendung der Unklarheitenregelung, wenn auch mit kundengünstigerem Inhalt; bestehen. 67 Bei Anwendung des Transparenzgebotes wäre Unwirksamkeit eingetreten, so daß das dispositive Recht auf das Vertragsverhältnis Anwendung fände. Diese unterschiedlichen Rechtsfolgen von Unklarheitenregelung und Transparenzgebot stehen jedoch nicht in Widerspruch. Da § 5 die Auslegung nach

63 Ulmer in Ulmer/BrandnerlHensen § 5 Rdn. 31; Schlosser in Schlosser/CoesterWaltjeniGraba § 5 Rdn. 31; ErmanlHefermehl § 5 Rdn. 22. 64 Ulmerin Ulmer/Brandner/Hensen § 5 Rdn. 5, 31; vgl. auchSambuc, NJW 1981, 313 (314). 6S

SO auch Schäfer, S. lll; ErmaniHefermehl § 5 Rdn. I; Soergel/Stein § 5 Rdn. 16.

66 BT-Drucks. 7/5422, S. 5; vgl. auch Soergel/Stein § 5 Rdn. I; Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 5 Rdn. I; Wacke, JA 1981, 666 (668); Willenbruch, BB 1981, 1976 (1977).

67 Vgl. dazu Roth, WM 1991,2085 f., der in dieser Hinsicht von geltungserhaltender Reduktion zugunsten des Kunden spricht; a.A. Willenbruch, BB 1981, 1976 (1977); LG München, BB 1979, 702.

64

3. Kapitel: Auslegung und Transparenzgebot

allgemeinen Regeln voraussetzt, ist die Unklarheitenregelungnur dort anzuwenden, wo auch dem Durchschnittskunden die mehreren Bedeutungsalternativen erkennbar sind. 68 Anders liegen die Fälle der Intransparenz, bei denen dem Kunden der Sinn einer Regel völlig verborgen bleibt, bzw. ihm die Sinnermittlung unzumutbare Schwierigkeiten bereitet. 69 In diesen Fällen gibt es keine Wahl zwischen mehreren Bedeutungsalternativen, die dem Kunden erkennbar sind. Vielmehr besteht die Wahl zwischen Gültigkeit der Klausel in einem dem Kunden unverständlichen Sinn oder ihrer Nichtigkeit. Die Unklarheitenregelung ist damit eine besondere Regelung für einen bestimmten Fall der Intransparenz. Sie ist zugleich gesetzlicher Beleg für die Formulierungsverantwortung des Verwenders. 70

D. Das Restriktionsprinzip Nach dem Restriktionsprinzip werden Klauseln, die zum Nachteil des Kunden vom dispositiven Recht abweichen, eng ausgelegt. 71 Diese Art der Auslegung kennzeichnet den Umgang der Rechtsprechung mit Freizeichnungs- und Haftungsbeschränkungsklauselnvor Ausbildung des Instituts der Inhaltskontrolle. 72 Nach herrschender Meinung kommt dem Restriktionsprinzip neben der Unklarheitenregelung und der Inhaltskontrolle keine eigenständige Bedeutung mehr zu. 73 Nach zutreffender Ansicht ist das Restriktionsprinzip zumindest bei mehrdeutigen Klauseln ein Unterfall der Unklarheitenregelung. 74 Soweit ihm

68

Vgl. Ulmer in UlmerlBrandnerlHensen § 5 Rdn. 30.

69

Vgl. dazu Roth, WM 1991, 2085 (2088).

70

Vgl. nur MKlKötz § 5 Rdn. 6; Staudinger/Schlosser § 5 Rdn. 2.

Vgl. nur KochlStübing§ 5 Rdn. 8; Sambuc, NJW 1981,313 (314 f); Ulmerin UImerlBrandnerlHensen § 5 Rdn. 37 ff.; Lindacher in WoltIHornlLindacher § 5 Rdn. 37 t1; PalandtlHeinrichs § 5 Rdn. 12; MKlKötz § 5 Rdn. 5; Staudinger/Schlosser§ 5 Rdn. 17. 71

72

Vgl. Kapitel 2 und die dortigen Nachweise; vgl. auch Bunte, NJW 1985, 600.

KochlStübing § 5 Rdn. 8; Sambuc, NJW 1981,313 (315 f.); Ulmer in Ulmer/ Brandner/Hensen § 5 Rdn. 40; Schlosser in Schlosser/Coester-WaltjenlGraba § 5 Rdn. 4 ff. m.w.N.; Staudinger/Schlosser§ 5 Rdn. 17; Ulmer, NJW 1981, 2025 (2026); ErmanlHefermehl § 5 Rdn. 13 f; Wagner, ZVerWiss 1977, 119 (125); Lindacher, BB 1983, 154 (156); Soergel/Stein § 5 Rdn. 9; Roth, WM 1991,2125 (2133); a.A.: Wacke, JA 1981, 666 (668); siehe aber Wolfin WolflHornlLindacher § 9 Rdn. 38 f 73

74

Schlosser in Schlosser/Coester-WaltjenlGraba§ 5 Rn. 4 ff m.w.N.; KochlStübing

E. Unwirksamkeit wegen mangelnder Auslegungsflihigkeit

65

früher darüber hinaus noch ein Anwendungsbereich zugesprochen wurde, handelt es sich um Fälle, die heute über die Inhaltskontrolle gelöst werden. 75 Trotz der geringen Bedeutung des Restriktionsprinzips soll das Verhältnis zum Transparenzgebot kurz angesprochen werden. Ältere Entscheidungen enthalten häufig die Aufforderung an den Verwender, klarer und deutlicher zu formulieren,76 obwohl der Klauselwortlaut eindeutig erscheint. 77 Man muß diese Aussagen wohl dahin verstehen, daß damit eine größere Differenzierung der Regelung erwartet wurde, statt verallgemeinernde und damit auf den ersten Blick sehr übersichtliche und verständliche Klauseln zu verwenden. Hierin liegt die Forderung nach größerer Transparenz. Auch der Bezug auf den Inhalt der Regelung als eines der Kriterien, in welchen Fällen größere Offenheit der Verwender erwartet werden kann, scheint in engem Bezug zu einem Transparenzgebot zu stehen. Diese Hypothese kann sich aber erst im weiteren Fortgang der Untersuchung verifizieren. Grundsätzlich führt die Anwendung des Restriktionsprinzipesjedoch zu Einbußen an Transparenz, da eine einschränkende Interpretation bei vom Wortlaut her eindeutigen Klauseln dem Kunden die Möglichkeit sachgerechter Information über seine Rechtsposition nimmt. 78

E. Unwirksamkeit von AGB-K1auseln wegen mangelnder Auslegungsfähigkeit Die mangelnde Auslegungsfahigkeie 9 einer Willenserklärung führt zu deren Nichtigkeit. 80 Für nicht auslegungsflihig werden Erklärungen angesehen, deren

§ 5 Rdn. 18; Staudinger/Schlosser § 5 Rdn. 7, 17; Soergel/Stein § 5 Rdn. 9; Erman/ Hefermehl § 5 Rdn. 14; Sambuc, NJW 1981, 313 (315). 75 MKJKötz § 5 Rdn. 8; Soergel/Stein § 5 Rdn. 3, 9; Staudinger/Schlosser§ 5 Rdn. 8; Löwe in Löwe/von WestphalenlTrinkner § 5 Rdn. 2, 6 f.; Ulmer in U1merlBrandner/ Hensen § 5 Rdn. 40; Erman/Hefermehl § 5 Rdn. 5, 14; Roth, WM 1991, 2125 (2133).

76 Vgl. dazu die Darstellung in Kapitel 2. 77

Vgl. Roth, WM 1991, 2125 (2133).

78 So auch Bunte, NJW 1985, 600; vgl. auch Kapitel 6; zum Verhältnis zur geltungserhaltenden Reduktion siehe Lindacher in Wolf/HornlLindacher § 5 Rdn. 42. 79 Vgl. zu den Begriffen "Auslegungsflihigkeit" und "Auslegungsbedürftigkeit" MKJ Mayer-Maly § 133 BGB Rdn. 41.

80 RG, NW 1910, 801 NT. 7; MKJMayer-Maly§ 133 BGB Rdn. 41; Enneccerus/Nip5 Kreienbaum

66

3. Kapitel: Auslegung und Transparenzgebot

Sinn sich wegen ihrer Widersprüchlichkeit, Mehrdeutigkeit oder Unverständlichkeit nicht ermitteln läßt. 8l Grundsätzlich ist aber mit dem BGH davon auszugehen, "daß die Vertragsschließenden auch bei einem unzulänglichen oder widerspruchsvollen Wortlaut mit dem Vertragsschluß einen bestimmten wirtschaftlichen Zweck ins Auge gefaßt und verfolgt haben und mit der von ihnen gewählten Formulierung zum Ausdruck haben bringen wollen. Es kann daher nur in einem besonders gelagerten Ausnahmefall die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, daß die Auslegung eines Vertrages wegen seines absolut widerspruchsvollen oder widersinnigen Inhalts unmöglich ist.,,82

AGB-Klauseln können ebenso unverständlich, vieldeutig oder widersprüchlich sein wie andere Willenserklärungen. Ihnen kann dann kein geltungsfahiger Sinn zugesprochen werden. 83 Fraglich ist damit, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit eine Regelung als unverständlich charakterisiert werden darf.

I. Anforderungen an den Empfänger im Zivilrecht Bei der Auslegung von empfangs bedürftigen Willenserklärungen wird das Verständnis eines verständigen Dritten in der Situation des Erklärungsempfangers zugrunde gelegt. 84 Dabei kann nach Heck85 zwischen Empfangerhorizont und Deutungsdiligenz getrennt werden. Unter Empfangerhorizont ist die Gesamtheit des Materials zu verstehen, das dem Auslegenden zur Verfiigung steht. Dazu gehört das Umstandswissen, das in der Kenntnis der vorausgegangenen Verhandlungen und der begleitenden Umstände liegt, als auch das Regelwissen,

perdey, S. 1258; PalandtiHeinrichs § 133 BGB Rdn. 6; Flume, AT, § 16 I e; Ermanl Brox § 133 BGB Rdn. 12; Larenz, AT, § 19 II S. 340. 81 RGZ 59,217 (219); RG, JW 1910, 801; Flume, AT, § 16,3 e; ErmaniBrox § 133 BGB Rdn. 12; Soergel/Hejermehl § 133 BGB Rdn. 23. 82 BGHZ 20, 109 (110); zustimmend MKJMayer-Maly§ 133 BGB BGB Rdn. 41. 83 Ohne besondere Erörterung geht auch der BGH davon aus, vgl. BGH, NJW 1985, 53 (56); BGH, NJW 1986,924 (925); unklar LG Braunschweig, NJW-RR 1986, 639 (640), dort wird einerseits behauptet, die Auslegungsfähigkeit einer Klausel führe zur Nichtgeltung (S. 639 a. E.), andererseits ein Vorrang des § 2 vor der Anwendung von Auslegungsregeln postuliert, da diese zu einem anderen Ergebnis führten (S. 640 a. E.). 84 Vgl. etwa Flume, AT, § 16 I 1 c, 3 c; Larenz, AT, § 19 II S. 338; Medicus, AT, Rdn. 323; Koch/Stübing § 5 Rdn. 2; einschränkend MKJMayer-Maly § 133 BGB Rdn.27. 85

Heck, AcP 112 (1914), 1 (43).

E. Unwirksamkeit wegen mangelnder Auslegungsfähigkeit

67

das die Kenntnis der Sprache und der Verkehrssitte voraussetzt. 86 Die Deutungsdiligenz bezieht sich auf die Anforderungen, die an die Auslegungsarbeit gestellt werden, auf den Grad der Aufmerksamkeit, dasjenige Verhalten, das erwartet oder gefordert wird. 87 Die Auslegung vom Empfängerhorizont ermittelt damit nicht, was der konkrete Vertragspartner verstanden hat, sondern was er bei Anwendung der im konkreten Fall maßgeblichen Erkenntnismöglichkeiten verstehen konnte. 88 Generell wird ihm zugemutet, sich um das Verständnis der an ihn gerichteten Willenserklärung zu bemühen. 89 Allgemein vorausgesetzt wird dabei die Beherrschung der Sprache wie die Fähigkeit zu logischem Denken. Der Grad dieser ihm zumutbaren Bemühungen kann aber differieren90 und zwar sowohl hinsichtlich des Maßes der Umstände, die in seine Verständnisbemühungen einfließen müssen, als auch hinsichtlich des Maßes der Deutungsdiligenz. Lüderitz91 zeigt Kriterien auf, welche die vom Empfanger zu fordernde Sorgfalt beeinflussen. Dazu zählen der Grad der Deutlichkeit der Erklärung, der Geschäftstyp, die persönlichen Eigenschaften und vorhandene ungleiche Macht. Die Anforderungen an die Sinnermittlungsversuche des Empfängers sind das Korrelat zur Erklärungsverantwortung des Verwenders. 92 Grundsätzlich ist es Sache des Erklärenden, sich so deutlich auszudrücken, daß der Empfanger das Gemeinte normalerweise verstehen kann. 93 Je höher die Anforderungen an den Empfanger gesetzt werden, desto schwieriger, komplexer und undurchschaubarer kann der Erklärende formulieren. Sinken die Anforderungen an den Empfanger, so steigen die Anforderungen an den Erklärenden, sich einfach, deutlich und verständlich auszudrücken. Tut er dies nicht, so läuft er Gefahr, daß seine Erklärung wegen des berechtigten divergierenden Verständnisses des Em-

86

Heck, AcP 112 (1914), 1 (43); vgl. auch Flume, AT, § 16 I 3 c; Larenz, AT,

87

Heck, AcP 112 (1914) 1, (43); vgl. auch Larenz, AT, § 19 II, S. 339 f.

§ 19 II, S. 342 f.

88 Herrschende Meinung, vgl. nur Flume, AT, § 16 I 3 c; Lüderitz, S. 286; Medicus, AT, Rdn. 323.

S*

89

Larenz, AT, § 19 II, S. 339 ff.; Medicus, AT, Rdn. 323.

90

Larenz, AT, § 19 II, S. 341.

91

Lüderitz, S. 287 ff.

92

Vgl. dazu Lüderitz, S. 286 f.; Larenz, AT, § 19 II, S. 339 ff.

93

Larenz, AT, § 19 II, S. 339.

68

3. Kapitel: Auslegung und Transparenzgebot

pfängers einen von ihm nicht gewollten Inhalt bekommt oder im Extremfall für auslegungsunfähig erklärt wird.

11. Besonderheiten bei AGB

Die Verwendung von AGB könnte ein Grund sein, die Formulierungsverantwortung der Verwender stärker zu betonen und an das Verständnisvermögen der Kunden geringere Anforderungen zu stellen. Rechtsprechung und Literatur betonen immer wieder die Formulierungsverantwortung der Verwender. 94 Die wesentlichen Besonderheiten bei der Auslegung von AGB wurden bereits vorgestellt. Bei der objektiven Auslegung wird vom Empfängerhorizont eines Durchschnittskunden ausgegangen. Hieraus folgt, daß Umstände, die allein den konkreten Vertragspartnern bekannt sind oder den besonderen Einzelfall kennzeichnen, bei der Auslegung von AGB grundsätzlich keine Berücksichtigung finden können. 95 Zum andem gestattet die objektive Auslegung nur die Heranziehung derjenigen allgemeinen Auslegungsmittel, die dem typischen Kunden des jeweiligen Geschäftskreises zugänglich sind. 96 Damit scheidet namentlich die Entstehungsgeschichte von AGB bei deren Auslegung regelmäßig aus. 97 Ebenso können Rechtskenntnisse für die Auslegung von AGB nur berücksichtigt werden, wenn sie für die angesprochenen Verkehrskreise typisch sind. Aus diesen Maximen resuliert, wie oben ausftlhrlich dargelegt, eine erhöhte Formulierungsverantwortung des Verwenders von AGB. Diese anerkannten Besonderheiten beschränken sich jedoch auf den zugrunde zu legenden Empfängerhorizont. Bei der Deutungsdiligenz scheint es zwischen

94 Vgl. nur BGHZ 5, 111 (115); BGH, WM 1978, 10 (11); Schlosser in Schlosser/ Coester-WaltjeniGraba § 5 Rdn. 2; Rüßmann. BB 1987,844 (845); Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 6 Rdn. 1; Staudinger/Schlosser§ 5 Rdn. 3; MKlKötz § 5 Rdn 6; Schmidt. ZIP 1987, 1505 (1508).

9S Vgl. BGB, BB 1978,629; Soergel/Stein § 5 Rdn. 7; PalandtiHeinrichs§ 5 Rdn. 3; Staudinger/Schlosser § 5 Rdn. 5.

96 Brandner. AcP 162 (1963), 237 (240), m.w.N.; Schäfer. S. 115; Staudinger/Schlosser § 5 Rdn. 5, 21. 97 Schlosser in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 5 Rdn. 16; Soergel/Stein § 5 Rdn. 7; Lindacher in Wolf/BornlLindacher § 5 Rdn. 15; Dreher. AcP 89 (1989), 342 (361); Roth. WM 1991, 2125 (2128); Staudinger/Schlosser§ 5 Rdn. 21; ErmaniHefermehl § 5 Rdn. 8.

E. Unwirksamkeit wegen mangelnder Auslegungsfähigkeit

69

der Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen und AGB keine Unterschiede zu geben. 111. Verhältnis zur Transparenz Die Rechtsprechunghat gelegentlichAGB-Klauseln wegen der Vielzahl von Auslegungsmöglichkeiten für auslegungsunfahig erklärt, jedoch ohne diese Problematik näher zu vertiefen. 98 In der Literatur wird die Tatsache, daß auch AGB-Klauseln auslegungsunfähig sein können, ebenfalls nicht gesondert thematisiert. Im Anschluß an die Rechtsprechung wird - soweit ersichtlich - lediglich unter dem Gesichtspunkt der Vieldeutigkeit Klauseln dann jegliche Relevanz abgesprochen, wenn diese so vieldeutig sind, daß sich nicht einmal eingrenzbare Bedeutungsalternativen durch Auslegung ermitteln lassen. 99 Dieses mangelnde Problembewußtsein von Rechtsprechung und Literatur hinsichtlich der Auslegungsunfahigkeit von AGB-Klauseln erwies sich bereits bei der Erörterung der Auslegung allgemeiner und juristischer Fachausdrücken in AGB. IOO Gerade dort besteht die Lage, daß die Klauseln für den Durchschnittskunden vollkommen unverständlich sind, wenn der verwendete Fachausdruck keine allgemeinsprachliche Bedeutung besitzt. Der Fachmann oder ein entsprechend instruiertes Gericht können hingegen derartigen Klauseln einen eindeutigen und in der Fachsprache klar und deutlich ausgedrückten Inhalt entnehmen. Wie dargestellt, nehmen Teile von Rechtsprechung und Literatur in diesen Fällen ohne nähere Begründung einen Wechsel der Auslegungsgrundsätze vor und erklären die fachsprachliche Bedeutung für ausschlaggebend. 101 Andere sind hingegen der Meinung, daß derartige Klauseln nicht verständlich sind, bezeichnen dies jedoch nicht als Auslegungsunfahigkeit, sondern halten diese Klauseln für nicht einbeziehungsfahig gern. § 2. 102 98 Ygl. BGH, NJW 1985, 53 (56); BGH, NJW 1986, 924 (925); siehe auch OLG Düsseldorf, NJW-RR 1990, 821 (822). 99 Soergel/Stein § 5 Rdn. 12 a.E.; Erman/Hejermehl § 5 Rdn. 2; KochJStübing § 5 Rdn. 9; Ulmerin Ulmer/Brandner/Hensen § 5 Rdn. 29; Lindacherin Wolf/Horn/Lindaeher § 5 Rdn. 24; Roth, WM 1991, 2085 (2087); vgl. auch Staudinger/Schlosser § 9 Rdn. 14.

100

Siehe dazu Kapitel 3 A III 1.

101

Ygl. Kapitel 3 A III 1.

102Ygl. Schlosserin Schlosser/Coester-Waltjen/Graba§ 5 Rdn. 16; Ulmerin Ulmer/

70

3. Kapitel: Auslegung und Transparenzgebot

Hält man jedoch an den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen fest,so fUhrt die Auslegung vom Empfangerhorizont des Durchschnittskunden in diesen wie weiteren Fällen zwangsläufig zu dem Ergebnis, daß die Klauseln auslegungsunfahig und damit unwirksam sind. Einer besonderen Begründung ihrer Unwirksamkeit aufgrund AGB-spezifischer Regelungen bedürfte es danach nicht. Diese Problematik kennzeichnet die Nahtstelle, welche zwischen Auslegung und Transparenzgebot bestehen könnte. Ist Auslegung auch in erster Linie auf Sinnermittlung gerichtet, und nicht dazu bestimmt, über die Wirksamkeit von Klauseln zu entscheiden, so wird mit der Kategorie Auslegungsunfahigkeit diese Grenze überschritten. Auch das Transparenzgebot soll am Maßstab der Verständlichkeit über die Wirksamkeit von Klauseln entscheiden. Das Transparenzgebot könnte mithin AGB-spezifisch die Voraussetzungen und Kriterien fUr die Auslegungsunfahigkeit von AGB-Klauseln unter der Berücksichtigung der Besonderheiten bei der Verwendung von AGB festlegen. Um dieses zu verifizieren, ist es erforderlich, daß AGBG daraufhin zu untersuchen, ob und in welcher Weise es Transparenz f6rdert. Auf dieser Grundlage muß eine nähere Auseinandersetzung mit dem Transparenzgebot und seiner Lokalisierung in § 9 erfolgen.

Brandner/Hensen § 5 Rdn. 29; Lindacher in W olf/HorniLindacher § 5 Rdn. 24; Roth, WM 1991, 2085 (2087); Schäfer, S. 110.

Viertes Kapitel

Einbeziehungskontrolle und Transparenz Im folgenden wird das Verhältnis der Einbeziehungskontrolle zur Transparenz untersucht.

A. § 2 und das Transparenzgebot Nach § 2 ist rur die Einbeziehung von AGB in einen Vertrag erforderlich, daß der Verwender ausdrücklich auf diese hinweist, I dem Vertragspartner die Möglichkeit der Kenntnisnahme verschafft und dieser sich mit der Geltung der AGB einverstanden erklärt. Anknüpfungspunkt fiir Überlegungen zum Transparenzgebot ist die Pflicht des Verwenders, der anderen Vertragspartei die Möglichkeit zu verschaffen, in zumutbarer Weise vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen. Diese Obliegenheitl verpflichtet den Verwender, dem Kunden den Text der AGB verrugbar zu machen. 3 Umstritten ist, ob die Kenntnisverschaffungsobliegenheit darüberhinaus ein Verständlichkeitsgebot enthält.

I

So schon für die Zeit vor dem AGBG Staudinger/Weber, 10. A., Ein!. N 243.

2 Ob

die Kenntnisverschaffungspflicht als Obliegenheit charakterisiert werden kann, ist strittig. Für diese Einordnung BGH, NJW 1983, 1388 (1389); AGB-Klauselwerke/von Westphalen, Vertragsabschlußklauseln Rdn. 1; Palandt/Heinrichs § 2 Rdn. 9; Wolfin Wolf/HornlLindacher § 2 Rdn. 32; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 45; Soergel/Stein § 2 Rdn. 18,25; MKlKötz § 2 Rdn. 11; für die Einordnung als Formvorschrift Koch/Stübing § 2 Rdn. 15, 28; uneinheitlich Schlosser in Schlosser/Coester-Waltjen/ Graba, Formvorschrift § 2 Rdn. 27, Informationspflicht § 2 Rdn. 53; siehe auch Staudinger/Schlosser § 2 Rdn. 2. 3 Allg. Ansicht, vg!. nur Wolfin Wolf/Horn/Lindacher § 2 Rdn. 24; MKlKöfz § 2 Rdn. 11; Soergel/Stein § 2 Rdn. 18; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 47 ff.; Palandt/Heinrichs § 2 Rdn. 9.

72

4. Kapitel: Einbeziehungskontrolle und Transparenz

I. Der Meinungsstand 1. Die herrschende Meinung in der Literatur

Nach der herrschenden Meinung in der Literatur hat § 2 I Nr. 2 auch eine inhaltliche Komponente. 4 Kenntnis verschaffen bedeute, dem Kunden einen Text vorzulegen, aus dem dieser seine Rechte und Pflichten entnehmen könne. 5 § 2 I Nr. 2 enthalte damit ein Transparenz-6 bzw. ein Verständlichkeitsgebot.

a) Inhalt des Verständlichkeitsgebotes in § 2 I Nr. 2 Nach dem Verständlichkeitsgebot sollen AGB leicht lesbar, gegliedert und übersichtlich sein, einen im Verhältnis zur Bedeutung des Vertrages angemessenen Umfang besitzen, keine unbestimmten Regelungen enthalten, keine Verweise auf weitere AGB oder gesetzliche Regelungen enthalten, sich nicht einer unnötigen Fachsprache bedienen und sprachliche Klarheit aufweisen. 7 Entscheidend sei das Verständnis vermögen der regelmäßig Verträge dieser Art abschließenden Durchschnittskunden. 8 Ob ein Verstoß zur Nichteinbeziehung der AGB 4 Wolfin WolflHorniLindacher § 2 Rdn. 23, § 9 Rdn. 144; Lindacherin WolflHorni Lindacher § 3 Rdn. 9; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 50; Brandner in UImer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 88; Stein § 2 Rdn. 22; PalandtiHeinrichs§ 2 Rdn. 13 ff; Schlosser in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 2 Rdn. 57, 59; StaudingerlSchlosser § 2 Rdn. 27, § 11 Nr. 7 Rdn. 28; MKlKötz § 2 Rdn. 14 a; ErmaniHefermehl § 2 Rdn. 15; MedicusRdn. 412; Brandner, FS f Locher, 317; Willenbruch,BB 1981, 1976; Garn, JA 1981, 141 ff; Heinrichs, NJW 1995, 1395 (1396); Schäfer, S. 44 ff

5

SoergellStein § 2 Rdn. 17.

6 So wörtlich ErmaniHefermehl § 2 Rdn. 15 f; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 50; Hensen, EWiR § 2 AGBG 1/88, 417 (418); Bunte, NJW 1981, 2657 (2661); PalandtlHeinrichs § 2 Rdn. 14; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 2 Rdn. 33; ausdrücklich gegen die Verwendung des Begriffes "Transparenzgebot" Thamm/Detzer, BB 1989, 1133 (1135 Fn. 34).

7 Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 52 ff; Wolf in Wolf/HorniLindacher § 2 Rdn. 27; SoergellStein § 2 Rdn. 19; ErmaniHefermehl § 2 Rdn. 15 a; Schlosser in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 2 Rdn. 57; MKlKötz § 2 Rdn. 14 f; Staudingerl Schlosser § 2 Rdn. 27 ff.; Thamm/Detzer, BB 1989, 1133 (1135) m.w.N.; Hensen, EWiR § 2 AGBG 1/88,417 (418); Fehl, ZIP 1987,690 (692); Lindacher, BB 1983, 154 (157); die Zuordnung einzelner Fallgruppen ist innerhalb der herrschenden Meinung uneinheitlich. 8

Wolfin Wolf/HorniLindacher § 2 Rdn. 27, 30; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen

A. § 2 und das Transparenzgebot

73

fuhrt, soll zusätzlich davon abhängen, ob dem Verwender berechtigte Interessen zur Seite stehen, welche die Einbeziehung intransparenter AGB rechtfertigen. 9

b) Dogmatische Begründung Der überwiegende Teil der Autoren leitet ohne weitergehende Begründung das Verständlichkeitsgebot aus der Verpflichtung ab, der anderen Partei die inhaltliche Kenntnisnahme in zumutbarer Weise zu ermöglichen. lo Demgegenüber betreffe die Verpflichtung zur Textverschaffung nur die Kenntnisnahmemöglichkeit. 11 Nur Stein l2 erläutert knapp, daß das Verständlichkeitsgebot ursprünglich nicht in § 2 I Nr. 2 enthalten gewesen sei. Das AGBG enthalte jedoch hinsichtlich der Transparenzforderungen eine Regelungslücke. Die Fälle mangelnder Verständlichkeit seien weder durch die §§ 3 und 5 noch durch die Inhaltskontrolle abgedeckt. Diese Lücke könne durch die erweiternde Auslegung des § 2 I Nr. 2 auf die Fälle inhaltlicher Unverständlichkeit geschlossen werden. Hierauf wird noch zurückzukommen sein.

2. Die Mindermeinung

Die Gegenmeinung 13 versteht § 2 I Nr. 2 als Obliegenheit zur Textübermittlung, wobei zusätzlich die Lesbarkeit des Textes gefordert wird. Im Regel§ 2 Rdn. 51; Soergel/Stein § 2 Rdn. 18; Stein § 2 Rdn. 22; MKlKötz, § 2 Rdn. 14; Stau dinger/Schlosser § 2 Rdn. 29; Schlosser in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 2 Rdn. 57 ff.; PalandtiHeinrichs § 2 Rdn. 13. 9 Staudinger/Schlosser § 2 Rdn. 31; Schlosser in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 2 Rdn. 59; Lindacher, BB 1983, 154 (157).

10 Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 50; PalandtiHeinrichs § 2 Rdn. 13; MKlKötz § 2 Rdn. 14 a; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 2 Rdn. 27; Soergel/Stein § 2 Rdn. 19; ErmanlHefermehl § 2 Rdn. 15 a; Schlosser in Schlosser/Coester-Waltjenl Graba § 2 Rdn. 57; Thamm/Detzer, BB 1989, 1133.

11 MKlKölz § 2 Rdn. 14 f; ErmaniHefermehl § 2 Rdn. 15; PalandtiHeinrichs § 2 Rdn.9. 12

Stein § 2 Rdn. 22; so auch für das Transparenzgebot Pflug, AG 1992, 1 (18 f).

13 Koch/Stübing § 2 Rdn. 32; DittmanniStahl Rdn. 241; DietleiniRebmann § 2 Rdn. 4, 5; Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 2 Rdn. 14 ff; widersprüchlich MKlKötz § 2 Rdn. 11, der darauf verweist, daß § 2 I Nr. 2 für Formularverträge keine

74

4. Kapitel: Einbeziehungskontrolle und Transparenz

fall reicht es nach dieser Meinung aus, wenn dem Kunden der Text übergeben wird. 14 Die Zumutbarkeit der Kenntnisnahme beziehe sich ausschließlich auf die Art und Weise der Textverschaffung. ls Die Mühe, die das Lesen des Textes und die Erfassung des Inhalts bereite, spiele für die Beurteilung der Zumutbarkeit keine Rolle. 16 § 2 I Nr. 2 reagiere damit weder auf die inhaltliche Komplexität der AGB noch auf die abstrakte Sprache. I? Beides verhindere zwar beim Kunden das Erfassen der Tragweite der AGB, so daß er weder befahigt werde, über die AGB zu verhandeln, noch sie abzulehnen. Unklare, unverständliche AGB-Klauseln unterlägen jedoch der Kontrolle nach §§ 3 und 5. 18 Es bedürfe daher keiner Ausdehnung des Anwendungsbereichesdes § 2 I Nr. 2.

3. Die Rechtsprechung

Die Rechtsprechung bietet ein uneinheitliches Bild. Eine ausdrückliche Stellungnahme des BGH zum Verständlichkeitsgebot liegt nicht vor. In den von der Literatur im Zusammenhang mit dem Verständlichkeitsgebot zitierten Urteilen stützt der BGH seine Entscheidungen nicht auf § 2 I Nr. 2, sondern auf die §§ 3,19 5,1° 9,11 11 Nr. 10 b. 22 23 Die Entscheidungen des BGH, die sich

Bedeutung habe, da der Text dem Kunden sicher vorliege, andererseits aus § 2 I Nr. 2 folgert, daß die verwendeten Klauseln ein Mindestmaß an Verständlichkeit aufweisen müßten; wohl auch Reifner. NJW 1989,952 (959); Bruchner. WM 1988, 1873 (1875). 14 In ihrer weitesten Ausprägung erklärt sie die Beachtung der Obliegenheit des § 2 I Nr. 2 für nicht erforderlich, wenn der Kunde Kenntnis von den AGB des Verwenders hat; vgl. dazu Koch/Stübing § 2 Rdn. 30. 15 Koch/Stübing § 2 Rdn. 32; Löwe in Löwe/von WestphalenlTrinkner § 2 Rdn. 14 ff. 16 Koch/Stübing § 2 Rdn. 32. 17

DietleiniRebmann § 2 Rdn. 5.

18 DietleiniRebmann § 2 Rdn. 5; Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 2 Rdn. 14 ff. 19 Vgl. dazu BGH, NJW 1985, 850 (851) wg. Gliederung; BGHZ 85, 15 ff.; BGHZ 111, 388 (390) wg. Verweisung auf anderes Regelwerk. 20 Vgl. dazu BGH, NJW 1986, 924 (925).

21

Vgl. dazu BGHZ 82, 21 (26) wg. Unbestimmtheit.

22

Vgl. dazu BGH, NJW 1982,331 (333); BGH, NJW 1982, 2380 (2381).

Vgl. BGHZ 51, 55 (59), zitiert von Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 51, Entscheidungsgrundlage war § 242 BGB. 23

A. § 2 und das Transparenzgebot

75

mit den Voraussetzungen des § 2 I Nr. 2 befassen, setzen sich überwiegend mit der Frage der Lesbarkeit auseinander. 24 In einer einzelnen Entscheidung erörtert der BGH die Zulässigkeit von Verweisen in AGB auf andere Regelungswerke. 25 Dort subsumiert der BGH aber nicht unter ein Verständlichkeits- oder Klarheitsgebot, sondern unter die Voraussetzung der zumutbaren Möglichkeit der Kenntnisnahme. Unter der Möglichkeit zur Kenntnisnahme versteht der BGH die Zugänglichmachung der AGB in der Weise, daß der Kunde Gelegenheit hat, diese grundsätzlich zurückzuweisen, sie ohne weiteres hinzunehmen, oder sie im einzelnen zu lesen und sich auch Einzelheiten erläutern zu lassen. 26 Der BGH steht damit einer Verankerung eines Verständlichkeitsgebots in § 2 I Nr. 2 ablehnend gegenüber. Demgegenüber geht die Entscheidungspraxis der Oberlandesgerichte von einem Verständlichkeitsgebot in § 2 I Nr. 2 aus. 27 Allerdings befassen sich die zitierten Entscheidungen mit der Zulässigkeit von Verweisen in AGB und damit mit derselben Fallgruppe, die auch der BGH neben der Lesbarkeit der AGB im Rahmen des § 2 I Nr. 2 erörtert. Verweisungen in AGB sind unter zwei Gesichtspunkten bedenklich im Sinn des § 2 I Nr. 2. Sie machen den Abdruck aller zum Vertragswerk gehörenden Regelungen entbehrlich und beeinträchtigenauf diese We'ise die Vollständigkeit des AGB-Textes. 28 Auf dieser Linie argumentiert der BGH. Gleichzeitig mindert diese Vorgehensweise die Verständlichkeit der AGB. 29 Unter diesem Blickwinkel erörtern die Oberlandesgerichte die Problematik. Da diese das Verständlichkeitsgebot - soweit ersichtlich - nicht auf weitere Fallgruppen der Intransparenz erstrecken, befinden sie sich im Ergebnis im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH.

24

678.

BGH, WM 1978,978 (979); BGH, NJW 1983,2772 (2773); BGH, VersR 1986,

25

BGH, NJW 1983, 816.

26

Vgl. BGH, NJW 1982, 1388 (1389).

27 Vgl. OLG Stuttgart, NJW 1981, 1105 (1106); OLG Hamburg, NJW-RR 1986, 1440; OLG Hamm, NJW-RR 1987, 311 (313); OLG Stuttgart, NJW-RR 1988, 786 (787); OLG Schleswig, NJW 1995, 2858 (2859); siehe auch LG Braunschweig, NJWRR 1986, 639 (640); LG KarIsruhe, NJW-RR 1986, 152; AG Memmingen, NJW-RR 1988, 380; vgl. auch Schäfer, S. 43 m.w.N. 28

29

So auch Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 52 a. So auch Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 52 a.

76

4. Kapitel: Einbeziehungskontrolle und Transparenz

11. Stellungnahme Die einzelnenAnsichten stehen unbegründet nebeneinander. Eine argumentative Auseinandersetzung findet zwischen ihnen nicht statt. Eine Stellungnahme muß daher'aus der Auslegung des § 2 I Nr. 2 gewonnen werden.

1. Wörtliche Auslegung

Für ein Verständlichkeitsgebotkönnte der Wortlaut des § 2 I Nr. 2 insofern sprechen, als er besagt, daß der Verwender der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschaffen muß, in zumutbarer Weise vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen. 30 Andererseits erinnert die Formulierung an die Definition des Zugangs empfangsbedürftiger Willenserklärungen unter Abwesenden. Eine Erklärung ist danach zugegangen, sobald sie derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt, daß dieser sich bei normaler Gestaltung seiner Verhältnisse die Kenntnis des Erklärungsinhalts verschaffen kann und die Kenntnisnahme nach den Gepflogenheiten des Verkehrs von ihm erwartet werden muß. 31 Die Erklärung ist vollendet, wenn zur tatsächlichen Kenntnisnahme nur noch die von dem Empfänger zu erwartende Tätigkeit fehlt. 32 Die Verständlichkeit der Erklärung ist für die Beurteilung des Zugangs nach allgemeiner Ansicht unerheblich. 33 34

30

So Stein § 2 Rdn. 22.

Vgl. nur RGZ 144, 289 (292); RGZ 170,285 (288); BGH, NJW 1975, 382; BGHZ 67,217 (275); BGH, NJW 1980,990; BGH, NJW 1983,929; Enneccerus/Nipperdey, S. 975; Soergel/Hejermeht§ 130 BGB Rdn. 8; Ftume, AT, § 141II; StaudingerlDilcher § 130 BGB Rdn. 21; PalandtiHeinrichs§ 130 BGB Rdn. 5; MKJFörschter§ 130 BGB Rdn. 10. 31

32

Enneccerus/Nipperdey, S. 976.

33

Vgl. nur Soergel/Hejermehl § 130 BGB Rdn. 8; Ermann/Brox § 130 BGB Rdn. 7.

34 Im Bereich des Arbeitsrechts wird vertreten, daß bei sprachunkundigen Empfängern der Zugang sich um die für eine Übersetzung erforderliche Zeit verzögern solle, vgl. LAG Hamm NJW 1979, 2488; Hohn, BB 1963, 275; Brilt, BB 1976, 1278. Dem kann nicht zugestimmt werden. Soweit dem Empfänger die Übersetzung obliegt, also dem Abgebenden gestattet ist, eine zunächst unverständliche Erklärung abzugeben, so gehört die Übersetzung wie in anderen Fällen das bloße Lesen in den Risikobereich des Empfängers. Die dafür erforderliche Zeit kann nicht den Zugang verzögern; vgl. Ftume, AT, § 15 I; Erman/Brox § 130 BGB Rdn. 7; differenzierend Soergel/Hejermehl § 130 BGB Rdn. 8; vgl. zur Sprachproblematik bei AGB Wolfin Wolf/Horn/Lindacher § 2

A. § 2 und das Transparenzgebot

77

Da § 2 die Einbeziehung von AGB in einen Vertrag regelt, läßt diese Ähnlichkeit der Formulierung mit der Zugangsdefinition den Schluß zu, daß § 2 I Nr. 2 entsprechend auszulegen ist. Die "Möglichkeit der inhaltlichen Kenntnisnahme auf zumutbare Weise" in § 2 I Nr. 2 soll daher nach dem Wortlaut nur die abstrakte Wahrnehmbarkeit der AGB sichern.

2. Systematische Auslegung

a) Übergang von der EinzelJall- zur Gesamtbetrachtung

§ 2 ist grundsätzlich auf die Beurteilung des individuellen Vertragsschlusses angelegt. Sowohl die Erfüllung der Hinweispflicht wie die Einverständniserklärung des Kunden sind individuell auf den Einzelfall bezogen zu prüfen. Versteht man § 2 I Nr. 2 als Verpflichtung zur Verschaffung der AGB im Sinne reiner Wahrnehmbarkeit, so ist auch dabei eine Einzelfallbeurteilung angezeigt. Demgegenüber verläuft die Bewertung der Verständlichkeit auf der Grundlage der objektiven Auslegung abstrakt-generell. 35 Hierin liegt eine Abkehr vom Verständnis des § 2 als einer einzelfallbezogenenEinbeziehungskontrolle, welches Zweifel an der Systemgerechtigkeit eines Verständlichkeitsgebotes in § 2 I Nr. 2 auslöst.

b) Anwendungsbereich des § 2 Weitere Bedenken gegen die Verankerung eines Verständlichkeitsgebotes in § 2 I Nr. 2 ergeben sich bei Berücksichtigung des Anwendungsbereiches der Norm. 36 In §§ 23 und 24 sind zahlreiche Ausnahmen vom Anwendungsbereich des § 2 I Nr. 2 angeordnet, welche einen nicht geringen Teil der unter Einbeziehung von AGB geschlossenen Verträge betreffen. Die Begründungen für die Herausnahme aus dem Anwendungsbereich sind unterschiedlicher Art.

Rdn. 28; Ulmer in U1merlBrandner/Hensen § 2 Rdn. SI; Schmidt in U1mer/Brandnerl Hensen Anh. § 2 Rdn. 17 ff. 35 Vgl. Kapitel 3 und die dortigen Nachweise. 36

Vgl. Haas, S. 275 ff.

4. Kapitel: Einbeziehungskontrolle und Transparenz

78

Bei der Herausnahme der Kaufleute gern. § 24 I wird auf die geringere Schutzbedürftigkeit dieser Personengruppe37 und auf das Erfordernis höherer Flexibilitäe g verwiesen. Die Einbeziehung von AGB bemesse sich bei ihrer Beteiligung als Vertragspartner noch an den von der Rechtsprechung vor Inkrafttreten des AGBG entwickelten Regeln, wobei § 2 allerdings eine gewisse Ausstrahlungswirkung zukomme. 39 Bei den Verkehrsbetrieben i.S.d. § 23 11 Nr. 1 dagegen sei schon durch gesetzliche Vorschriften gewährleistet, daß die Tarife, Beförderungsbedingungen etc. in bestimmter Form veröffentlicht werden. 40 Nur insoweit halte es der Gesetzgeber für zulässig, daß die genannten Regelungen auch ohne den nach § 2 erforderlichen Hinweis sowie ohne die Verschaffung einer Möglichkeit zur Kenntnisnahme Vertragsinhalt werden sollten. 41 Mit der Herausnahme von Bausparverträgen, Versicherungsverträgen und Verträgen mit Kapitalanlagegesellschaftengern. § 23 III aus dem Anwendungsbereich des § 2 I NT. 2 sollte vermieden werden, daß in den Fällen, in denen die Erfordernisse des § 2 I Nr. 1, 2 nicht erfüllt sind, sich der Vertragsinhalt nach dispositivem Recht richtet bzw., soweit Vorschriften fehlen, mittels ergänzender Vertragsauslegung bestimmt wird. 42 Das sei sachwidrig, weil das für die genannten Vertragstypen "maßgebliche Prinzip des kollektiv ausgerichteten Geschäftsbetriebs eine gleichmäßige und erschöpfende Regelung aller Verträge verlangt und die gleichmäßige Anwendung der behördlich genehmigten AGB gesetzlich vorgeschrieben ist". 43

37 Wolfin Wolf/Horn!Lindacher § 2 Rdn. 57; Soergel/Stein § 2 Rdn. 32; Erman/ Hefermehl § 2 Rdn. 29; Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 24 Rdn. 2, 13. 38

Wolfin WolflHorn/Lindacher § 2 Rdn. 57; Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen

§ 24 Rdn. 2, 13.

39 Soergel/Stein § 2 Rdn. 32; MKlKötz § 2 Rdn. 2, 22; Erman/Hejermehl § 2 Rdn. 29 f.; PalandtiHeinrichs § 2 Rdn. 22; Staudinger/Schlosser § 2 Rdn. 35; Wolfin Wolf/Horn! Lindacher § 2 Rdn. 60; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 79 ff.

40

Vgl. z.B. §§ 6 Abs. 6 EVa, 39 Abs. 7 PBefG.

Vgl. BGH, NJW 1981, 569; Palandt/Heinrichs § 24 Rdn. 5 ff.; Ulmer in Ulmer/ Brandner/Hensen § 23 Rdn. 34; MKiBasedow § 23 Rdn. 15; Soergel/Stein § 23 Rdn. 11. 41

42 Vgl. nur Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 23 Rdn. 52 f.; MKiBasedow § 23 Rdn. 15; Soergel/Stein § 23 Rdn. 19.

43 BT-Drucks. 7/3919 S. 43; vgl. auch MKiBasedow § 23 Rdn. 15; Ulmer in Ulmer/ Brandner/Hensen § 23 Rdn. 52 f.

A. § 2 und das Transparenzgebot

79

Sollte § 2 I Nr. 2 außer der Pflicht, dem Vertragspartner die abstrakte Möglichkeit der Kenntnisnahme zu bieten, ein Verständlichkeitsgebot enthalten, so wäre dieses ebenfalls für die verschiedenen Ausnahmen abbedungen. Die genannten Begründungen für die Abbedingung des § 2 I Nr. 2 bei bestimmten Vertragsarten beziehen sich jedoch nur auf die Textverschaffungsobliegenheit. Die Verankerung eines Verständlichkeitsgebotes in § 2 I Nr. 2 führt nur dann zu keinen systematischen Widersprüchen, wenn sich Gründe finden lassen, die bei den von § 2 I Nr. 2 ausgenommenen Vertragsarten einen Verzicht auf Verständlichkeit rechtfertigen. Bei den Kaufleuten, die durch ihre ständige Teilnahme am Geschäftsverkehr über ein größeres Erfahrungswissen verfügen, könnte die geringere Schutzbedürftigkeit auch für verminderte Anforderungen bei der Verständlichkeit der AGB sprechen. Für sie könnte deshalb eine Überprüfung intransparenter AGB an den §§ 3 und 5 ausreichen. Allerdings wird in Literatur und Rechtsprechung auch die Verständlichkeit von AGB, die Kaufleuten gegenüber verwendet werden, thematisiert. Auch unter Kaufleuten sei es erforderlich, daß die dem Vertrag zugrunde gelegten AGB lesbar44 und verständlich seien. 45 Die Anforderungen könnten im Vergleich zu denen des § 2 I Nr. 2 zwar abgesenkt werden, ein totaler Verzicht sei aber nicht möglich. Dabei wird die Verwendung unklarer und unverständlicher AGB als Verstoß gegen Treu und Glauben angesehen. 46 Für die hier in Frage stehende Problematik gilt es festzuhalten, daß es nach herrschenden Meinung auch außerhalb des § 2 I Nr. 2 ein Verständlichkeitsgebot gibt, daß sich aus § 242 BGB herleiten läßt. Dieses wirft die Frage auf, inwieweit es sinnvoll sein kann, in § 2 I Nr. 2 ein Verständlichkeits ge bot zu installieren, das sich ebenfalls aus § 242 BGB herleiten läßt.

44 Vgl. dazu BGB, WM 1978, 978 (979); BGH, NJW 1983, 2772 (2773); BGH, VersR 1986, 678 (679); OLG Hamm, NJW-RR 1988, 944; Woifin WolflHornlLindacher § 2 Rdn. 68; Thamm/Detzer, BB 1989, 1133 m.w.N; SoergellStein § 2 Rdn. 37; a.A. OLG Hamburg, VersR 1986, 1022 (1024). 45 BGH, ZIP 1981, 1220; BGH, NJW 1988, 1210 (1212); OLG Hamm, NJW-RR 1988, 944; Wolfin WolflHornlLindacher § 2 Rdn. 68; PalandtiHeinrichs § 2 Rdn. 26; ErmanlHefermehl § 2 Rdn. 34; ThammlDetzer, BB 1989, 1133; Medicus, AT, Rdn. 414; Ulmer in UlmerlBrandner/Hensen § 2 Rdn. 79; Soergel/Stein § 2 Rdn. 37. 46 BGH, WM 1978,978 (979); BGH, NJW 1983, 2772 (2773); BGH, VerR 1986, 678 (679); PalandtlHeinrichs § 2 Rdn. 26; Wolfin Wolf/HornlLindacher § 2 Rdn. 68; Thamm/Detzer, BB 1988, 1I33.

80

4. Kapitel: Einbeziehungskontrolle und Transparenz

Dieselben Überlegungen sind hinsichtlich der anderen Ausnahmefalle anzustellen. Die Verankerung eines Transparenzgebotesin § 2 I Nr. 2 wäre systematisch richtig, wenn bei der behördlichen Genehmigung von AGB auf deren Verständlichkeit verzichtet werden könnte. 47 Man könnte argumentieren, § 2 sichere die Kenntnisnahmemöglichkeit, um den Kunden die Gelegenheit zu geben, sich selbst vor unangemessenen AGB zu schützen. Diese Funktion des § 2 werde in den Fällen behördlicher Kontrolle überflüssig. Deshalb könne in diesen Fällen nicht nur auf die reine Textverschaffung verzichtet werden, sondern auch auf die inhaltliche Verständlichkeit. Bei einer solchen Argumentation wird die Funktion des § 2 nur zum Teil erfaßt. Die allgemeine Informationsmöglichkeit soll dem Kunden nicht nur die Chance verschaffen, unbillige AGB abzulehnen, sondern er soll sich generell über seine Rechte und Pflichten informieren können. 48 Selbst wenn diese einen angemessenen Ausgleich von Verwender- und Kundeninteressen enthalten, können sie von Bedeutung für den Kunden sein. Er muß z.B. feststellen können, welche Obliegenheiten bestehen, oder ob sich sein Vertragspartner vertragsgemäß verhält. Obige Argumentation greift demnach zu kurz. Die behördliche Kontrolle ersetzt in keiner Weise das Bedürfnis nach verständlichen AGB. Insgesamt ist nicht ersichtlich, daß in den Ausnahmebereichen vom Anwendungsfeld des § 2 I Nr. 2 ein geringeres Bedürfnis nach Verständlichkeit existiert, das es erlaubte, auf Transparenz dieser Bedingungen zu verzichten.

c) Zusammenfassung

Die systematische Auslegung spricht damit überwiegend gegen ein Transparenzgebot in § 2 I Nr. 2. 49 Eine nachträglich erweiternde Auslegung erzeugt systematische Schwierigkeiten, da für die von § 2 I Nr. 2 nicht erfaßten Fallgruppen eigene Lösungen entwickelt werden müßten. 50

47 Eine Auseinandersetzung der herrschenden Meinung mit dieser Problematik findet - soweit ersichtlich - nicht statt. 48 Soergel/Stein § 2 Rdn. 19; ErmanJHefermehl § 2 Rdn. 11.

49

A.A. Schäfer, S. 48 ff.

50

So auch Haas, S. 276.

A. § 2 und das Transparenzgebot

81

3. Die historische Auslegung

Der Gesetzgeber sah die Kenntnisverschaffungsobliegenheit rein fonnal. Dies geht aus der Gesetzesbegründung hervor, in der es heißt: "Seine Obliegenheit zur Kundbarmachung der Bedingungen wird der Verwender in jedem Fall genügen, wenn er dem anderen Vertragsteil den Wortlaut der Bedingungen zuleitet oder übergibt. ,,51

Desweiteren sollen die AGB mühelos lesbar sein. 52 Die Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz differenzierte zwar zusätzlich danach, ob es sich um einen mündlichen oder schriftlichen Vertragsschluß handelt. Bei letzterem solle die Zuleitung des mühelos lesbaren Wortlauts aller maßgebenden Bedingungen ausreichen, während der mündliche Vertragsschluß die heute in § 2 I enthaltenen Anforderungen der Hinweisobliegenheit und der Verschaffung der Möglichkeit, in zumutbarer Weise vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen, erfordere. 53 Da vorausgesetzt werden kann, daß die Anforderungen bei mündlichem wie schriftlichem Vertrags schluß die gleiche Qualität aufweisen sollten, muß der Möglichkeit der inhaltlichen Kenntnisnahme mit Verschaffung eines mühelos lesbaren Textes Genüge getan sein. Dies geht auch aus der Begründung hervor, wenn betont wird, daß diese Bestimmung verhindern solle, daß die Vertragspartnerdaraufverwiesen würden, sich die Bedingungen selbst zu verschaffen. Vielmehr solle am Ort des Vertragsschlusses die Einsichtnahme in die AGB möglich sein. 54 Daß durch die Verpflichtung, dem anderen Vertragspartner die Möglichkeit der inhaltlichen Kenntnisnahme zu verschaffen, nicht im mindesten an die Statuierung eines Verständlichkeitsgebotes bzw. Transparenzgebotes gedacht war, ergibt sich ferner aus der Bemerkung, daß andere fonnale Mängel, wie ein wirrer Aufbau oder ein übennäßiger Umfang nicht praktikabel einer Nonnierung zugefilhrt werden könnten. 55 Die

51 52

BT-Drucks. 7/3919, S. 18. BT-Drucks. 7/3919, S. 18.

53 § 2 I des Entwurfes eines Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, S. 25. 54 Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, S. 43. 55 Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, S. 47. 6 Kreienbaum

82

4. Kapitel: Einbeziehungskontrolle und Transparenz

Arbeitsgruppe sah die Lösung derartiger Fallgruppen in den Vorschriften über überraschende Klauseln, § 3, oder der Unklarheitenregelung, § 5. 56 Diese Vorstellungen sind grundlegend für den späteren Gesetzesentwurf und auch in diesen eingegangen. Der Gesetzgeber beabsichtigte demnach nicht, in § 2 ein Transparenzgebot zu statuieren. 57

4. Teleologische Auslegung

a) Vermeidung "fahrlässiger Willenserklärungen" § 2 ist als Antwort des Gesetzgebers auf die Rechtsprechung zur Einbeziehung von AGB in Verträge zu verstehen. 58 Es sollte vermieden werden, daß AGB aufgrund "fahrlässiger Willenserklärungen" Vertragsinhalt werden. Die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von der Verwendung von AGB in der jeweiligen Branche sollte keine ausreichende Grundlage für die Geltung von AGB im Einzelvertrag sein. Diesem Zweck unterliegt zunächst die in § 2 I Nr. 1 statuierte Verpflichtung des Verwenders, auf seine AGB hinzuweisen. AGB können damit nicht mehr Vertrags inhalt werden, ohne daß dies dem Vertragspartner des Verwenders bewußt ist. Allerdings reicht es zur Abgabe einer Geltungserklärung nicht aus, daß sie im Bewußtsein abgegeben wird, AGB unbekannten Inhalts seien einbezogen. Vielmehr muß der Interessierte auch Gelegenheit haben, deren Inhalt aufzunehmen. Daraus leitete der Gesetzgeberdie Folgerung ab, der Verwendermüsse die AGB in ihrer jeweils geltenden Fassung dem Kunden zur Kenntnisnahme verschaffen. Diesem Sinn genügt die Übergabe des AGB-Textes.

56

Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, S. 47.

A.A. Schäfer, S. 44 ff., nach dessen Ansicht der Gesetzgeber die Frage bewußt offengelassen habe. 57

58 Vgl. dazu Kapitel 2 A; ferner BGH, NJW 1982, 1388 (1389); Ulmer in Ulmer/ Brandner/Hensen § 2 Rdn. 8; PalandtiHeinrichs § 2 Rdn. 2; Soergel/Stein § 2 Rdn. 2; MKlKötz § 2 Rdn. 1; Koller, FS f. Steindorff, 667 (679 f.); DietleiniRebmann § 2 Rdn. 8; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 2 Rdn. 1; ErmaniHefermehl § 2 Rdn. 1; Staudinger/Schlosser § 2 Rdn. 1.

A. § 2 und das Transparenzgebot

83

b) Herbeiführung privatautonomer Willenserklärungen

Betrachtet man § 2 jedoch im Licht der allgemeinen Zielsetzung des AGBG, so ist die Weiterentwicklung durch die herrschende Meinung in der Literatur zunächst folgerichtig. Das AGBG will die Vertragspartei schützen, die selbst keinen Einfluß auf die Gestaltung der AGB hat. Primär vollzieht sich dieser Schutz über die Inhaltskontrolle. Aber auch die Einbeziehungskontrolle ist diesem Ziel unterstellt. So kommt § 2 eine Warn- und Aufklärungsfunktion zu, die rur die Abschlußfreiheit Gewinn bringt. 59 Allgemein anerkannt ist gleichermaßen, daß ein Mittel, den AGB-Kunden zu benachteiligen, die Verwendung unklarer, irreruhrender, unverständlicher AGB ist. Wenn die herrschende Meinung in der Literatur vertritt, daß § 2 I Nr. 2 nicht nur die Wahmehmbarkeit der AGB betreffe, sondern auch deren Verständlichkeit fordere, so steht dies im Einklang mit den Schutzzwecken des AGBG. 60

c) Die Berücksichtigung der Verwenderinteressen

Bei der teleologischen Auslegung ist zu berücksichtigen, ob die Verwenderinteressen beachtet und wenn ja, in welchem Maß sie beachtet werden sollen. Nach der herrschenden Meinung erfolgt auch im Rahmen des § 2 eine Interessenabwägung. Besonders deutlich wird dies, wenn die Zulässigkeit salvatorischer Klauseln diskutiert wird. 61 Der Wortlaut dieser Klauseln ist eindeutig,62 ihr Inhalt indes unverständlich. Aus diesem Grund werden sie von der herrschenden Mei-

59 SoergellStein § 2 Rdn. 2, 17; ErmaniHefermehl § 2 Rdn. 7; ; Ulmer in Ulmerl Brandner/Hensen § 2 Rdn. 2; PalandtiHeinrichs § 2 Rdn. 8.; ausführlich Schäfer, S. 48 f.; kritisch Schlosser in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 2 Rdn. 51.

60

Vgl. dazu Stein § 2 Rdn. 22; Schäfer, S. 48 ff.; siehe ausführlich Kapitel 7.

61 Unter salvatorischen Klauseln werden hier einschränkend nur solche Klauseln ver-

standen, die den Verweis enthalten "... , soweit gesetzlich zulässig".

62 Vgl. nur Ulmer in UlmerlBrandnerlHensen § 5 Rdn. 35 m.w.N.; StaudingerlSchlosser § 5 Rdn. 7; MklKötz § 5 Rdn. 7; ErmaniHefermehl § 2 Rdn. 15 a; a.A. LG München, BB 1979, 702; DittmanniStahlRdn. 243. 6'

4. Kapitel: Einbeziehungskontrolle und Transparenz

84

nung wegen Verstoßes gegen das Verständlichkeitsgebot des § 2 I Nr. 2 für nicht einbeziehungsfahig gehalten. 63 Jedoch soll nach einer Ansicht der Verwender in den Fällen, in denen er aufgrund der unklaren Rechtslage keine Möglichkeit habe, sich deutlicher auszudrücken, diese Klauseln verwenden dürfen.64 6S Diese Berücksichtigung der Verwenderinteressen im Rahmen des § 2 wird zumeist nicht thematisiert, sondern als unstreitig vorausgesetzt. 66 Nur einige Autoren berufen sich darauf, daß im Rahmen der "Zumutbarkeit" der Kenntnisnahme eine Interessenabwägung vorgenommen werden müsse. 67 Dabei verkennen sie, daß sich die Prüfung der Zumutbarkeit auf die Kenntnisnahme durch den Kunden bezieht. 68 Diese kann von der Art und Weise des Vertragsschlusses abhängen, wie auch von der Bedeutung und dem Inhalt des Vertrages. Eine Berücksichtigung der Interessen der Verwender insbesondere auch hinsichtlich des Inhalts der AGB ist ausgeschlossen. Hält man es für wesentlich, die Frage der Verständlichkeit auch unter Berücksichtigung der Möglichkeiten des Verwenders, diese herbeizuführen, zu entscheiden, so spricht dies wiederum gegen die Lokalisierung eines Transparenzgebotes in § 2.

630LG Stuttgart, NJW 1981, 1105 (1106); OLG Karlsruhe AGBE VI § 2 Nr. 4,66 (67); Garn, JA 1981, 151 (156); Bunte, NJW 1991,2657 (2661); Wolfin Wolf/Horni Lindacher § 2 Rdn. 27; Lindaeherin Wolf/HorniLindacher § 6 Rdn. 38; Lindaeher, BB 1983, 154 (157); MKlKötz § 2 Rdn. 14 a; SoergellStein § 2 Rdn. 19; StaudingerlSehlosser § 11 Nr. 7 Rdn. 28; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 53; ErmaniHefermehl § 2 Rdn. 14; Roth, WM 1991, 2085 (2087); ausdrücklich für die Wirksamkeit salvatorischer Klauseln Willenbrueh, BB 1981, 1976 ff. 640LG Stuttgart, NJW 1981, 1105 (1106); Bunte, NJW 1981, 2657 (2661 f.); Lindaeher, BB 1983, 154 (157); Lindaeher in Wolf/HorniLindacher § 6 Rdn. 39; Wolfin Wolf/HornILindacher § 2 Rdn. 27; StaudingerlSehlosser § 11 Nr. 7 Rdn. 29. 6S Überwiegend wird die Wirksamkeit salvatorischer Klauseln strikt abgeleht, vgl. nur BGHZ 93, 29 (48); OLG Hamm, BB 1983, 1304 (1307); OLG Frankfurt, BB 1983, 1435 (1437); Garn, JA 1981, 151 (156); Ulmerin Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 53; Schäfer, S. 91 ff.; ErmaniHefermehl § 2 Rdn. 15 a; SoergellStein § 2 Rdn. 19; MKlKötz § 2 Rdn. 14. 66 Vgl. Wolfin Wolf/HorniLindacher § 2 Rdn. 27; StaudingerlSehlosser§ 2 Rdn. 29; siehe auch Hensen, ZIP 1984, 145; Lindaeher, BB 1983, 154 (157); Lindaeherin Wolfl HorniLindacher § 6 Rdn. 39. 67

MKI Kötz § 2 Rdn. 14 a.

68

So auch MKlKötz § 2 Rdn. 14; SoergellStein § 2 Rdn. 19.

A. § 2 und das Transparenzgebot

85

5. Ergebnis der Auslegung des § 2 I Nr. 2

Als Ergebnis der Auslegung des § 2 I Nr. 2 muß entgegen der herrschenden Meinung in der Literatur und wohl in Übereinstimmung mit dem BGH festgehalten werden, daß § 2 I Nr. 2 kein Verständlichkeitsgebot enthält, sondern als reine Textverschaffungsobliegenheitaufzufassen ist. Letztere zielt natürlich darauf ab, dem Kunden die Gelegenheit zu geben, sich über den Inhalt der AGB zu informieren. § 2 I Nr. 2 will aber nur die Grundvoraussetzungen schaffen, die für ein Verständnis der AGB erforderlich sind. 69

III. Folgerungen Es bleibt zu klären, welche Fallgruppen intransparenter AGB § 2 I Nr. 2 bei einem Verständnis dieser Norm als Textverschaffungsobliegenheit zuzuordnen sind.

1. Vollständigkeit

AGB müssen vollständig zur Verfügung gestellt werden. 70 Dies wird zwar hinsichtlich des eigentlichen AGB-Textes seltener problematisch sein. Fraglich ist aber, ob nicht Verweisungen innerhalb des Textes auf andere AGB oder auf Gesetzestexte dieses Vollständigkeitserfordernis verletzen.

a) Verweisung auf andere AGB71 Eine Verweisung auf die Geltung weiterer Regelungswerke läßt zwar die AGB vollständig erscheinen, da alle Regelungen direkt oder indirekt im AGBText enthalten sind. Die inhaltliche Wahrnehmung der von der Verweisung be-

69 Im Ergebnis ebenso Koller, FS f. Steindorff, 667 (679 ff.); Haas, S. 275 ff.; dezidiert a.A. Schäfer, S. 44 ff. 70 Vgl. nur LG Frankfurt, NJW-RR 1987, 745 (746); Wolfin WolflHorniLindacher § 2 Rdn. 24; Schlosser in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 2 Rdn. 46, 54; Ulmer in U1mer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 48 a; Palandt/Heinrichs§ 2 Rdn. 9; Staudinger/Schlosser § 2 Rdn. 29; ErmaniHefermehl § 2 Rdn. 11.

71

Vgl. ausführlich zu der Gesamtproblematik Fehl, ZIP 1987, 690 (691 ff.).

86

4. Kapitel: Einbeziehungskontrolle und Transparenz

zeichneten Regelung ist an Hand des präsentierten AGB-Textes jedOch nicht möglich. Vergleichbar wäre es, wenn der Verwender den Kunden auf die Einbeziehung zweier sich ergänzender AGB-Texte hinweisen würde, und nur einen dieser Texte aushändigte. Dann wäre der andere AGB-Text wegen Verstoßes gegen § 2 I Nr. 2 nicht einbezogen. Nichts anderes kann gelten, wenn der Verwender einen Hinweis auf weitere Bestimmungen in den AGB-Text selbst aufnimmt. 72 Der Verweis auf andere AGB ist demnach nicht geeignet, diese einzubeziehen, da dies gegen das Erfordernis inhaltlicher Vollständigkeit verstoßen würde. 73 74

b) Verweisung au/Gesetze Verweisungen auf Gesetze verstoßen ebenso gegen das Gebot der Vollständigkeit. Die leichtere Zugänglichkeit von Gesetzen kann nicht dazu führen, daß es dem Kunden zuzumuten ist, die für seinen Vertrag maßgeblichen Regelung herauszufinden. 75 Eine spezielle, bereits angesprochene Fallgruppe der Verweisung auf Gesetze sind salvatorische Klauseln. Diese Klauseln verstoßen nach der hier vertretenen Ansicht gegen das Vollständigkeitsgebot. 76

72 V gl. dazu Wolf in W olflHorniLindacher § 2 Rdn. 24; PalandtlHeinrichs § 2 Rdn. 10; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 52 a.

73 So auch LG Braunschweig, NJW-RR 1986, 144; LG Frankfurt, NJW-RR 1987, 745 (746); MKlKöfz § 2 Rdn. 11; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 52 a; PalandtlHeinrichs § 2 Rdn. 10; nur im Ergebnis, nicht in der Begründung zustimmend LG Essen, NJW 1957,1560; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1988, 884; OLG Hamm, NJW-RR 1988,1366; ErmanJHejermehl§ 2 Rdn. 11,14; StaudingerlSchlosser§ 2 Rdn. 29 f.; Schlosser in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 2 Rdn. 60; Fehl, ZIP 1987,690 (692); einschränkend Wolfin Wolf/HorniLindacher § 2 Rdn. 24. 74 An dieser Stelle soll nicht die Frage erörtert werden, ob bei Staffel verweisungen, bei denen dem Kunden alle AGB zur Kenntnis gebracht werden, wegen des schwer zu durchschauenden Verhältnisses der einzelnen Regelungswerke zueinander ein Verstoß gegen § 9 vorliegt, vgl. dazu BGH, WM 1990, 1785 ff. m.w.N.; Wolf in WolflHomlLindacher § 2 Rdn. 27; Lindacher in Wolf/HorniLindacher § 6 Rdn. 23 ff. 75 Im Ergebnis zustimmend LG Essen, NJW 1957, 1560; LG Karlsruhe, NJW-RR 1986, 152; Soergel/Stein § 2 Rdn. 19; ErmanlHejermehl § 2 Rdn. 15 a; Schlosser in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba§ 2 Rdn. 59; StaudingerlSchlosser§ 2 Rdn. 29; Ulmer in UlmerlBrandnerlHensen § 2 Rdn. 52; einschränkend Wolfin Wolfi'HomlLindacher § 2 Rdn. 27; a.A. Willenbruch, BB 1981, 1976.

A. § 2 und das Transparenzgebot

87

c) Ausnahmen

Dennoch können in bestimmten Fällen Ausnahmen vom Vollständigkeitsgebot gemacht werden. Sinn und Zweck des Vollständigkeitsgebotes ist es, dem Leser den gesamten Regelungsgehalt der AGB zu präsentieren. Verweist der Verwender auf Regelungen, die den diese Art Verträge abschließenden Durchschnittskunden bekannt sind, so wäre es eine überflüssige Förmelei, einen gesonderten Abdruck dieser Regelungen zu verlangen. 77 Diese Ausnahme wird aber nur vorliegen, wenn ein homogener Kundenkreis bezüglich einer speziellen Art von Verträgen gegeben ist. 78 Soweit der Kundenkreis sich aus verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen zusammensetzt, ist eine derartige Kenntnis regelmäßig abzulehnen. Es ist zudem zu beachten, daß dabei diesem Kundenkreis nicht nur die Existenz der weiteren Regelungen bekannt sein muß, sondern daß von den Durchschnittsbeteiligtenauch die inhaltliche Kenntnis vorausgesetzt werden kann. Eine weitere Ausnahme gilt für den Fall, daß sich die Verweisung auf gesetzliche Regelungen bezieht, die unabhängig von der Verweisung Geltung beanspruchen. Dann handelt es sich bei der Verweisung um eine zusätzliche Information des Kunden, die keine Vertragsbedingung i.S.d. § 1 darstellt und daher § 2 nicht unterfcillt. 79

2. Lesbarkeit

Neben der Verfügbarkeit ist die Lesbarkeit des Textes unabdingbare Voraussetzung der Wahrnehmbarkeit. 80 Die Übergabe eines nicht lesbaren Textes 76 So auch Soergel/Stein § 2 Rdn. 19; vgl. auch Willenbruch, BB 1981, 1976; im Ergebnis ebenso Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 53. 77

BGHZ 86, 135 (138); BGH, NJW 1990, 715 (716); Walfin Wolf/HorniLindacher

§ 2 Rdn. 24; PalandtlHeinrichs§ 2 Rdn. 9; SoergellStein § 2 Rdn. 18; ErmanlHefermehl § 2 Rdn. 11; MKlKötz § 2 Rdn. 11; noch weitergehend Kach/Stübing § 2 Rdn. 30, bei

Kenntnis der AGB beim Vertragspartner soll die Obliegenheit zur Kenntnisverschaffung ganz entfallen. 78 So auch BGH, NJW 1983, 816 (817); Walfin Wolf/Horn/Lindacher § 2 Rdn. 24. 79

Ebenso StaudingerlSchlasser § 2 Rdn. 29 a.E.

Allg. Meinung, vgl. nur BGH, NJW 1983, 2772 (2773); BGH, BB 1983, 2074; BGH, NJW-RR 1986, 1311; OIG Hamburg, BB 1987, 1703; OLG Saarbrücken, NJWRR 1988, 858; Hensen, EWiR § 2 AGBG 1/88,417; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen 80

4. Kapitel: Einbeziehungskontrolle und Transparenz

88

kann der Vorenthaltung dieses Textes gleichgesetzt werden. Hinsichtlich der Anforderungen an die Lesbarkeit kommt es auf die für den Vertragsschluß typischen Umstände an. 81

3. Umfang

Näherer Betrachtung bedarf die Frage, ob ein Regelwerk unverhältnismäßigen Umfangs nicht nur die inhaltliche Verständlichkeit erschwert oder verhindert, sondern möglicherweise bereits die Wahmehmbarkeit einschränkt und deswegen gegen § 2 I Nr. 2 verstößt. Ein Klauselwerk hat dann einen unverhältnismäßigen Umfang, wenn die zur Kenntnisnahme erforderliche Zeit in keinem Verhältnis zur Art des Vertrages steht. 82 Dies hängt von Umständen wie z.B. der wirtschaftlichen Bedeutung des Vertrages, der Dauer des Vertragsverhältnisses und der Regelungsintensität der zugrundeliegenden Vertragsart ab. 83 Daneben kommt es zur Bestimmung des zumutbaren Zeitaufwandes entscheidend darauf an, zu welchem Zeitpunkt die Kenntnisnahme zu erfolgen hat. Der Wortlaut des § 2 I Nr. 2 deutet darauf hin, daß die Kenntnisnahme vor Vertragsschluß möglich sein muß. 84 Das steht in Einklang mit dem Sinn und Zweck des § 2 I Nr. 2, dem Kunden die Möglichkeit zu verschaffen, einzelne Klauseln zu besprechen, die AGB abzulehnen und insgesamt eine fundierte Geltungserklärung abzugeben. 8s

§ 2 Rdn. 54; Wolfin Wolf/HornlLindacher § 2 Rdn. 27; ErmanJHejermehl§ 2 Rdn. 15; StaudingerlSchlosser§ 2 Rdn. 28; Soergel/Stein § 2 Rdn. 19; Koch/Stübing § 2 Rdn. 32; Schlosser in Schlosser/Coester-WaltjenlGraba § 2 Rdn. 46, 58; PalandtlHeinrichs § 2 Rdn. 13; MKlKötz § 2 Rdn. 14; ausführlich Thamm/Detzer, BB 1989, 1133 ff. 81 Vgl. dazu BGH, BB 1983,2074; BGH, NJW-RR 1986,1311; Wolfin Wolf/Hornl Lindacher § 2 Rdn. 27 m.w.N.; Soergel/Stein § 2 Rdn. 19; Ulmer in Ulmer/Brandnerl Hensen § 2 Rdn. 54; ausführiich: Thamm/Detzer, BB 1989, 1133 ff.; siehe auch BGH, MDR 1990, 982. 82

Wolfin Wolf/HornlLindacher § 2 Rdn. 29 m.w.N.

BGH, NJW 1983, 816; Wolfin Wolf/HornlLindacher § 2 Rdn. 29; PalandtlHeinrichs § 2 Rdn. 13; Soergel/Stein § 2 Rdn. 19; Thamm/Detzer, BB 1989, 1133 (1136). 83

84

Vgl. Ulmer in UlmerlBrandnerlHensen § 2 Rdn. 55; ErmanlHefermehl § 2 Rdn. 17.

Vgl. BGH, NJW 1990, 715 (716); Wolfin Wolf/HornlLindacher § 2 Rdn. 35; Ulmer in UlmerlBrandnerlHensen § 2 Rdn. 48; ErmanlHejermehl § 2 Rdn. 16. 8S

A. § 2 und das Transparenzgebot

89

Gegen dieses Verständnis wird eingewendet, daß es dem tatsächlichen Verhalten der Kunden nicht entspreche. 86 Diese läsen den AGB-Text vor Abschluß des Vertrages in den seltensten Fällen. Er werde rur sie erst in dem Moment interessant, in dem sie wegen entstehender Schwierigkeiten bei der Vertragsdurchruhrung sich über ihre Rechtsstellung zu informieren gedächten. 8? Sollte letztere Meinung zutreffen, so könnte die Grenze des Zumutbaren sehr hoch angesetzt werden. Denn die Entnahme einzelner Informationen ist in kürzerer Zeit zu vollziehen. Findet sie nach Vertragsschluß statt, besteht auch keinerlei Zeitdruck. Dieser Meinung widerspricht, daß das tatsächliche Verhalten der Vertragsparteien nicht ausschlaggebend rur die Bestimmung des Schutzzweckes einer Norm sein kann. 88 Der Schutzzweck des § 2 I Nr. 2 zielt darauf ab, dem informationswilligen Kunden die zur Entscheidung über den Vertragsschluß erforderlichen Informationen zukommen zu lassen. Die Kenntnisnahmemöglichkeit muß also zeitlich vor Abschluß des Vertrages gegeben sein. 89 Außerdem muß der Zeitraum so bemessen sein, daß die Kenntnisnahme der gesamten AGB möglich ist. 90 Ein Text, der aufgrund seiner Länge vom Kunden vor Vertragsschluß nicht durchgelesen werden kann, wird regelmäßig nicht einmal angelesen. Dem Kunden erscheint die Lektüre, die er, wenn er das zumutbare Zeitpensum ausschöpfen würde, vorzeitig abbrechen müßte, überflüssig. Faktisch verhindert damit die Übergabe eines überlangen Textes die Kenntnisnahme. Die Länge eines AGB-Textes schlägt sich damit nicht nur in Hinsicht auf die Verständlichkeit nieder, sondern verhindert generell die Wahrnehmung. Damit ist der Umfang

86 StaudingerlSchlosser § 2 Rdn. 26, 33; Schlosser in Schlosser/Coester-Waltjeni Graba § 2 Rdn. 47, 52; in der Analyse des Kundenverhaltens zustimmend, aber ausdrücklich gegen das Verwerten dieser Erkenntnis rur die Auslegung von Sinn und Zweck des § 2, Soergel/Stein § 2 Rdn. 17; so auch BGH, NJW 1990, 715 (716). 87 StaudingerlSchlosser Ein!. zum AGBG Rdn. 13, § 2 Rdn. 26, 33; Schlosser in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 2 Rdn. 52. 88 So auch Soergel/Stein § 2 Rdn. 17. 89 So auch BGH, NJW 1990, 715 (716); Wolfin Wolf/HorniLindacher § 2 Rdn. 29, 35; SoergeIlStein § 2 Rdn. 17; MK-Kötz § 2 Rdn. 12; U/mer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 1, 48 a, 56; ErmaniHefermehl § 2 Rdn. 16. 90

ErmaniHefermehl § 2 Rdn. 15; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 2 Rdn. 29.

90

4. Kapitel: Einbeziehungskontrolle und Transparenz

der AGB eine bei der Prüfung des § 2 I Nr. 2 zu berücksichtigende Tatsache. 91 4. Gliederung

Ebenso fraglich ist, ob die Gliederung, der Aufbau der AGB, ihre Einteilung in Unterpunkte und die Versehung mit Überschriften, also alle Mittel, welche die Erfassung eines Textes erleichtern, im Rahmen des § 2 I Nr. 2 zu berücksichtigen sind. Hier ist nicht von vornherein dasselbe Ergebnis vorgezeichnet, welches hinsichtlich der Frage des Umfangs erzielt wurde. Ausschlaggebendes Kriterium für die Relevanz des Umfangs bei der Frage der zumutbaren Kenntnisnahme war der unzumutbare Zeitaufwand für die Kenntnisnahme des Textes. Ein ungegliederter Text kann aber ebenso schnell gelesen werden wie ein gegliederter. Unterschiede ergeben sich erst bei der Überprüfung des nach der Kenntnisnahme vorhandenen Verständnisses vom Inhalt. Ein ungegliederter Text erfordert eine erhebliche Leistung des Lesenden, die im Kombinieren, Schlußfolgern und Zusammensetzen der Regelungen besteht. Dieser Vorgang erfordert auch erhebliche Zeit. Nach hier vertretener Ansicht beschränkt sich die Funktion des § 2 I Nr. 2 jedoch darauf, die Kenntnisnahme sicherzustellen. Damit kann nur der Zeitaufwand für die Kenntnisnahme selbst zur Beurteilung der Zumutbarkeit relevant sein. Der Zeitaufwand, den die Erarbeitung des rechten Verständnisses erfordert, ist daher für die Bewertung nach § 2 I Nr. 2 ohne Belang. 92 Damit fallen Intransparenzen, welche durch die Gliederung, den Aufbau, die Überschriften etc. hervorgerufen werden, nicht zu den von § 2 I Nr. 2 erfaßten Fallgruppen. 93

91 Im Ergebnis ebenso MKlKötz § 2 Rdn. 14, Erman/Hefermehl § 2 Rdn. 15; Staudinger/Schlosser § 2 Rdn. 28; SoergeVStein § 2 Rdn. 19; Ulmer in UlmerlBrandner/ Hensen § 2 Rdn. 52; Thamm/Detzer, BB 1989, 1133 (1135); Wolfin Wolf/Horn/Lindacher § 2 Rdn. 29; PalandtiHeinrichs § 2 Rdn. 13. 92 So auch Koch/Stübing § 2 Rdn. 32; vgl. auch Erman/Hefermehl § 2 Rdn. 15; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 49 a.

93 A.A. Erman/Hefermehl § 2 Rdn. 15; PalandtiHeinrichs § 2 Rdn. 13; Staudinger/ Schlosser § 2 Rdn. 28; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 52; Thamm/Detzer, BB 1989, 1133 (1135); Soergel/Stein § 2 Rdn. 19; Schäfer, S. 54 ff.

B. Intransparente Klauseln als Überraschungsklauseln i.S.d. § 3

91

5. Fachbegriffe, sprachliche Probleme, sonstige Intransparenzen

Dasselbe gilt für Intransparenzen, die durch die gewählte Sprache entstehen. Fachbegriffe, unklare oder mehrdeutige Ausdrücke oder auch grammatische Schwierigkeiten verhindern möglicherweise das Verständnis des Textes oder erschweren es so, daß der Inhalt nur mit einem erheblichen Zeitaufwand erschlossen werden kann. Diese Problematik erfaßt § 2 I Nr. 2 nach der hier vertretenen Auffassung nicht. 94 Entsprechend gilt diese Aufteilung für sonstige Fälle, in denen die Verständlichkeit des Textes oder seiner Rechtsfolgen erschwert ist.

IV. Verhältnis zum Transparenzgebot Die Analyse des § 2 I Nr. 2 hat ergeben, daß die Norm Intransparenzen erfaßt, die auf der mangelnden abstrakten Wahmehmbarkeit von AGB beruhen. Letztere erschweren auch die Verständlichkeit des Textes. Durch § 2 I Nr. 2 werden damit bestimmte Fallgruppen intransparenter Klauseln aus den AGB der Verwender entfernt. § 2 I Nr. 2 enthält jedoch kein allgemeines Verständlichkeits- oder Transparenzgebot.

B. Intransparente Klauseln als Überraschungsklauseln i.S.d. § 3 In der Diskussion zum Transparenzgebot wird häufig auf § 3 verwiesen und geltend gemacht, das Transparenzgeboterfasse im wesentlichen die Fallgruppen, die bislang § 3 zugeordnet wurden. 95 Dies gelte sicher für den Fall der versteckten Klausel. 96 Aber auch bei einer bewußt schwer verständlichen Abfassung von Klauseln handele es sich um eine Fallgruppe des § 3, da § 3 Klauseln

94 A.A. ErmaniHefermehl § 2 Rdn. 15 a; StaudingerlSchlosser§ 2 Rdn. 28 f; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 52; Schlosser in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 2 Rdn. 59; SoergellStein § 2 Rdn. 19; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 2 Rdn. 27.

95 Wagner-Widuwilt, WM 1989, 37 (41 f); ebenso Canaris, WuB I E 4. - 2.89, 165 (168); Hansen, WM 1990, 1521 ff; Koller, FS. f. Steindorff, 667 ff 96 Wagner-Wieduwilt, WM 1989,37 (42); vgl. auch Schlosser in Schlosser/CoesterWaltjeniGraba § 3 Rdn. 27; Brandner, FS f Locher, 317 (319 f).

92

4. Kapitel: EinbeziehungskontroIIe und Transparenz

die Einbeziehung versage, deren Inhalt der Kunde nicht erkennen könne. 97 Für die Erfassung des Inhalts sei aber die Erschließung der Bedeutung maßgeblich. 98 Diese Kritik meldet zunächst nur systematische Bedenken an. Erheblicher sind aber die Vorwürfe, die Verlagerung dieser Fallgruppen aus § 3 in § 9 bezwecke die Umgehung der weiteren Voraussetzungen des § 3, nämlich des Überrumpelungs- bzw. des Übertölpelungseffektes. 99 Gegenstand der folgenden Untersuchung ist die in der Kritik enthaltene Aussage, § 3 erfasse alle Fallgruppen der Intransparenz und sei diesbezüglich eine abschließende Regelung.

I. Die Ungewöhnlichkeit intransparenter Klauseln

Erste Voraussetzung für die Nichteinbeziehung einer Klausel nach § 3 ist ihre Ungewöhnlichkeit. 100 Intransparente Klauseln müßten daher ungewöhnlich sein. Für diese Fragestellung wird der bereits von Wagner-Wieduwilt getroffenen Unterteilung in versteckte und unverständliche Klauseln gefolgt. 101

1. Die versteckte Klausel

Für die Beurteilung der Ungewöhnlichkeit einer AGB-Klausel spielt nach herrschender Meinung das äußere Erscheinungsbild des Vertrages eine entschei-

97 Wagner-Wieduwilt. WM 1989,37 (41); vgl. auch Schlosser in Schlosser/CoesterWaItjenJGraba § 3 Rdn. 27. 9B Wagner- Wieduwilt. WM 1989, 37 (41); so auch Trinknerin Löwe/von WestphalenJ Trinkner § 3 Rdn. 14; ähnlich BGH, WM 1984, 1056 (1058).

99 Canaris. WuB I E 4. - 2.89, 165 (168); gleiche Bedenken äußert Westermann. ZBB 1989, 36 (38); anders jedoch Hansen. WM 1990, 1521 (1525); Ulmer in Ulmer/ Brandner/Hensen § 3 Rdn. 5; vgI. auch ErmanJHejermehl § 9 Rdn. 19. 100 VgI. Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 3 Rdn. 11; Koch/Stübing § 3 Rdn. 27; SoergeIlStein § 3 Rdn. 6; ErmanJHejermehl § 3 Rdn. 5. 101 Der Begriff unverständlich wird hier und im folgenden nicht i.S.v. auslegungsunfähig verwendet, sondern steht für die Klauseln, die zwar auslegungsfähig sind, jedoch ein erhebliches Maß an Deutungsdiligenz erfordern.

B. Intransparente Klauseln als Überraschungsklauseln i.S.d. § 3

93

dende Rolle. 102 Dieses könne bewirken, daß AGB-KlauseIn fiir den unbefangenen Durchschnittskunden ungewöhnlich sind. 103 Das äußere Erscheinurigsbild wird von vielen Faktoren bestimmt. Unter anderem werden dazu auch der Aufbau und die Gliederung des Textes, die drucktechnische Gestaltung, die Anordnung und Reihenfolge der einzelnen Klauseln und die Anordnung von Überschriften gezählt. 104 Allen diesen Gestaltungsmitteln ist gemein, daß sie das Auffinden einzelner Klauseln erschweren oder unmöglich machen können. Deshalb kann die Problematik unter dem Begriff der "versteckten Klausel" zusammengefaßt werden. Die dargestellten formalen Gestaltungsmittel verhindern neben dem Auffinden der Klausel auch das inhaltliche Erfassen und das Erkennen ihrer Bedeutung. Sie sind damit auch Anhaltspunkte, die auf mangelnde Transparenz der betreffenden Klausel hinweisen. Fraglich ist jedoch, ob jede versteckte Klausel ungewöhnlich und überraschend ist, so daß sie gern. § 3 nicht einbezogen wird. Dann wären die Fallgruppen der Unverständlichkeit aufgrund formaler Fehler eindeutig § 3 zuzuordnen, soweit sie nicht bereits § 2 I Nr. 2 unterfallen. 105 Das zusätzliche Er-

102 Vgl. BGHZ 84, 109 (112 f.); BGH, NJW 1986, 1805 (1806); BGHZ 102, 152 (159); OLG Hamm, NJW-RR 1990, 566; ErmanJHejermehl § 3 Rdn. 6, 18; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 3 Rdn. 12, 17; Soergel/Stein § 3 Rdn. 7, 13; Schlosser in Schlosser/Coester-Waltjen/Graba § 3 Rdn. 10,27; Trinkner in Löwe/von Westphalenl Trinkner § 3 Rdn. 12; Staudinger/Schlosser § 3 Rdn. 12; Koch/Stübing § 3 Rdn. 7; Wagner, ZVerWiss 1977,119 (129); van de Loo, S. 25; Hansen, BB 1989,2418 (2421).

103 Allg. Meinung, vgl. nur BGH, NJW 1981, 117 (118); BGH, NJW 1985, 850 (851); BGH, NJW 1986, 1805 (1806); BGHZ 101,29 (33); Ulmer in Ulmer/Brandner/ Hensen § 3 Rdn. 12,17; Lindacherin Wolf/HorniLindacher § 3 Rdn. 20; MKlKötz § 3 Rdn. 4; ErmanJHejermehl § 3 Rdn. 6, 18; Schünemann, NJW 1988, 1943 (1946); Wagner, ZVerWiss 1977, 119 (132); Soergel/Stein § 3 Rdn. 7, 13; a.A., auf den Erkenntnisstand des konkreten Kunden abstellend Koch/Stübing § 3 Rdn. 3; Trinkner in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 3 Rdn. 13; Staudinger/Schlosser § 3 Rdn. 12. 104 BGH, NJW 1978,1519 f.; BGH, NJW 1981,117 (118); BGHZ 84,109 (113); BGHZ 99, 274 (282); BGH, NJW 1988, 558 (560); OLG Nürnberg, NJW 1991, 232 (234); Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 3 Rdn. 17, 19; Trinknerin Löwe/von WestphaleniTrinkner § 3 Rdn. 12; Schlosser in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba§ 3 Rdn. 10; SoergellStein § 3 Rdn. 13; MK-Kötz § 3 Rdn. 4; ErmanJHejermehl§ 2 Rdn. 6, 18; Staudinger/Schlosser § 3 Rdn. 12. 105

Vgl. dazu Kapitel 4 A III.

94

4. Kapitel: Einbeziehungskontrolle und Transparenz

fassen derselben Fälle durch ein in § 9 angesiedeltes Transparenzgebot sähe sich der oben angeführten Kritik zu Recht ausgesetzt.

a) Die Ansicht Schmidt-Salzers Schmidt-Salzer hält das Problem der "versteckten Klausel" weder für einen Anwendungsfall des § 3 noch für eine Problematik, auf die sich das AGBG überhaupt bezieht. 106 Überraschungsklauseln nach § 3 sind seiner Ansicht nach ausschließlich unübliche Klauseln, wobei Unüblichkeit als quantitatives Moment zu verstehen sei. 107 Die Üblichkeit einer Klausel ergebe sich rein aus ihrem Inhalt. Das AGBG stelle für die Einbeziehung von Klauseln auf den Nichtleser ab. Es könne daher nicht darauf ankommen, ob ein aufmerksamer Leser von einer an unauffalliger Stelle plazierten Klausel überrascht werden könne. Einzige Bedeutung, die der Stellung einer Klausel im AGB-Text zugemessen werden könne, sei im Einzelfall eine gewisse Relevanz bei der Auslegung dieser AGB. I08

b) Die Ungewähnlichkeit versteckter Klauseln Nach anderer Ansicht kann eine Klausel aufgrund ihrer Art, ihres Inhalts und ihrer Form ungewöhnlich sein. l09 • Danach können vom Inhalt gewöhnliche und in jedem Vertrag dieser Art vorzufindende Klauseln aus formalen Aspekten von der Einbeziehung ausgeschlossen sein.

106

(136).

Vgl. zum folgenden Schmidt-SalzerF 23 a.E.; Schmidt-Salzer, NJW 1977, 129

107 Schmidt-SalzerF 23 a.E.; Schmidt-Salzer,NJW 1977,129 (136); ebenso insoweit als übliche Klauseln nicht überprüft werden können, Canaris, NJW 1987, 609 (610); KaI/hasser, ZIP 1986, 1429 f.; vgl. auch BGH, NJW 1985, 848 (849); BGH, NJW 1981, 117 (118); Staudinger/Schlasser§ 3 Rdn. 6 ff.; Schlasserin Schlosser/Coester-Waltjen/ Graba § 3 Rdn. 7; kritisch Lindacher in Wolf/Horn/Lindacher § 3 Rdn. 22, 24. 108

Schmidt-Salzer F 23.

Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 3 Rdn. 17, 19; Schmidt, JuS 1987, 929 (933); Erman/Hejermehl § 3 Rdn. 6, 9; Soergel/Stein § 3 Rdn. 7; MKlKötz § 3 Rdn. 9. 109

B. Intransparente Klauseln als Überraschungsklauseln i.S.d. § 3

95

aa) Die Meinung Schlossers Nach Ansicht Schlossers zwingt der Wortlaut des § 3 "nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild ungewöhnlich" dazu, neben der inhaltlichen Ungewöhnlichkeit eine formale Ungewöhnlichkeit anzuerkennen. llo Offen bleibt hierbei, nach welchem Maßstab die formale Ungewöhnlichkeit bestimmt werden soll.

bb) § 3 als Deutlichkeitskontrolle Einschränkender sehen einige Autoren § 3 ausschließlich in der Funktion einer Deutlichkeitskontrolle, 111 welche die darstellerische Klarheit der AGB im Sinne ihrer Verständlichkeit rur den durchschnittlichen Vertragspartner beurteilt. l12 Eine überraschende Klausel liege nur vor, wenn sie innerhalb des sonstigen AGB-Textes versteckt sei, d.h. an einer Stelle vorzufinden sei, an der sie der durchschnittlich aufmerksame Leser nicht vermute und nicht zu vermuten brauche. 113 Mit dieser Beschränkung des Anwendungsbereiches werde eine Anwendung des § 3 auf Fälle, die auch der Inhaltskontrolle unterliegen, verhindert und die Rechtsprechung gezwungen, den unbequemen Weg der Begründung inhaltlicher Unangemessenheit zu gehen. 114 Dies entspreche dem Schutzzweck des AGBG, den Wirtschaftsverkehr von unangemessenen Klauseln zu bereinigen und ruhre zu einer effizienteren Arbeitsweise der Gerichte. 115

110 Schlosser in Schlosser/Coester-WaltjenlGraba § 3 Rdn. 7, 10, 27: Staudinger/ Schlosser§ 3 Rdn. 12,35; ähnlich TaupitzNJW 1989, 520 (523); Trinknerin Löwe/von WestphalenlTrinkner § 3 Rdn. 12; siehe auch ErmanlHefermehl § 3 Rdn. 3, 18; Soergel/Stein § 3 Rdn. 13; LG Bremen, NJW-RR 1989, 1522 (1523). III

Begriff von Wagner, ZVersWiss 1977,119 (131).

Wagner, ZVerWiss 1977, 119 (131); van de Loo, S. 25; Werber, VersR 1986, 1 (6); Hansen, BB 1989, 2418 (2421); Hansen, WM 1990, 1521 ff. 112

113 Hansen, BB 1989, 2418 (2421); Wagner, ZVersWiss 1977, 119 (132); Hansen, WM 1990, 1521 ff. 114 Werber, VersR 1986, 1 (6); Hansen, BB 1989,2418 (2421); grundsätzlich auch für einen Vorrang der Inhaltskontrolle MKlKötz § 3 Rdn. 2. 115 Hansen, WM 1990, 1521 (1524).

96

4. Kapitel: Einbeziehungskontrolle und Transparenz

c) Das äußere Erscheinungsbild als Irreführungstatbestand Nach einer dritten Ansicht ist das Problem der "versteckten Klausel" weder typischer oder einziger Anwendungsfall des § 3 noch grundsätzlich vom Anwendungsbereich ausgeschlossen. Entscheidend sei vielmehr, ob zwischen der Vorstellung des durchschnittlichen Kunden vom Inhalt der AGB und dem Inhalt der AGB nach Anwendung aller Auslegungsregeln eine Abweichung bestehe. 116 Dabei sind nach dieser Ansicht mehrere Komponenten zu berücksichtigen. Grundsätzlich erwarte der Kunde eine vertragstypkonforme Regelung. 117 Sein Vorstellungsbild werde von den allgemeinen wie auch den für diese Vertragsart speziellen Normen des dispositiven Rechts geprägt. Aber auch die von der Rechtspraxis entwickelten, gesetzlich nicht geregelten Vertragstypen seien in das Vorstellungsbild des Kunden eingeflossen. 118 In diesem Zusammenhang könne dann die Verbreitung einer Klausel entscheidende Bedeutung haben, wobei der Vergleichsmaßstab für das Häufigkeitsurteil unterschiedlichen Abstraktionsebenen zu entnehmen sei. 119 Diese generelle Erwartungshaltung des Durchschnittskunden hinsichtlich des Inhalts der AGB könne durch individuelle Umstände bei Vertragsschluß bestärkt oder geändert werden, und in letzterem Fall einen neuen Vertrauenstatbestand begründen. 120 Zu diesen individuellen Umständen zählten die Vorverhandlungen, die Werbung des Verwenders, besondere Hinweise und auch das äußere Er-

116 Ulmer in Ulmer/BrandnerlHensen § 3 Rdn. 12, 14, 17; Koller, FS f. Steindorff, 667 (682); ErmaniHejermehl § 3 Rdn. 7; MKlKötz § 3 Rdn. 3 ff.; Lindacher in Wolf/ HorniLindacher § 3 Rdn. 1, 18 ff., 76 ff.

117 BGH, NJW 1981, 117 (118); BGH, NJW 1990, 576 (577); Ulmer in Ulmer/ BrandnerlHensen § 3 Rdn. 14, 18; Lindacher in WolflHorniLindacher § 3 Rdn. 20, 23 ff.; Trinkner in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 3 Rdn. 12.

m

Staudinger/Schlosser § 3 Rdn. 15; Lindacher in WolfiHomILindacher § 3 Rdn. 25.

Ulmerin UlmerlBrandnerlHensen § 3 Rdn. 20; ErmaniHejermehl§ 3 Rdn. 8; Lindacher in Wolf/HorniLindacher § 3 Rdn. 24. 119

120 BGH, NJW 1981, 117 (118); BGHZ 102, 152 (159); Soergel/Stein § 3 Rdn. 6; Ulmer in UlmerlBrandner/Hensen § 3 Rdn. 13 a, 19; PalandtiHeinrichs § 3 Rdn. 2; Koch/Stübing§ 3 Rdn. 8; Lindacherin WolflHornILindacher § 3 Rdn. 19,75; Trinkner in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 3 Rdn. 12; MKlKötz § 3 Rdn. 4; SoergellStein § 3 Rdn.23.

B. Intransparente Klauseln als Überraschungsklauseln i.S.d. § 3

97

scheinungsbild des Vertrages. 12l Danach können Klauseln ungewöhnlich sein, wenn sie im AGB-Text versteckt sind. 122 Eine versteckte Klausel ist danach ungewöhnlich, wenn ihr Inhalt vom generellen Vorstellungsbild abweicht und keine weiteren individuellen Umstände hinzukommen. In einem derartigen Fall komme es jedoch auf das zusätzliche Verstecktsein nicht mehr an. Dieses könne nur dann von Bedeutung sein, wenn die Klausel inhaltlich mit dem generellen Vorstellungsbild übereinstimmt, ihr Verborgensein aber den Kunden zu der Annahme veranlasse, sie sei gerade nicht Bestandteil des Vertrages; oder wenn durch den übrigen AGB-Text oder individuelle Umstände die Vorstellung geweckt werde, zu dem Punkt enthielten die AGB eine andere Regelung. Nur in einem solchen Fall sei die Gestaltung des AGB-Textes ursächlich für die Diskrepanz zwischen der Vorstellung des Kunden vom Inhalt der AGB und deren tatsächlichem Inhalt. 123 Es reiche somit nicht aus, daß ein AGB-Text eine Regelung durch seine formale Gestaltung verbirgt. 124 Er müsse vielmehr die Qualität aufweisen, den Kunden über seinen Inhalt irrezuführen und einen falschen Eindruck vom Vertragsinhalt zu erwecken.

d) Stellungnahme und Auswirkungen für Transparenzforderungen

Der letztgenannten Ansicht ist zuzustimmen. Um eine Klausel unter den Begriff "ungewöhnlich" zu subsumieren, ist denknotwendig ein Vergleich zu ziehen. Ungewöhnlich kann nur etwas sein, was von dem Gewöhnlichen abweicht.

121

BGH, NJW 1981, 117 (118); BGHZ 102, 152 (159); BGH, NJW 1990, 576 (577);

Ulmer in UlmerlBrandner/Hensen § 3 Rdn. 19; Lindacher in Wolf/HorniLindacher § 3 Rdn. 76 ff.; Trinknerin Löwe/von WestphaleniTrinkner § 3 Rdn. 12; Soergel/Stein § 3 Rdn. 14; vgl. auch ErmaniHefermehl § 3 Rdn. 3, 7 f., 18; MKlKötz § 3 Rdn. 4. 122 BGH, BB 1978, 637 (638); BGHZ 84, 109 (112 f.); BGH, NJW 1986, 1805 (1806); Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 3 Rdn. 14, 19; Soergel/Stein § 3 Rdn. 13. 123 ErmaniHefermehl§ 3 Rdn. 3, 7, 18; für eine Überschneidung der Anwendungsbereiche des § 2 I Nr. 2 und des § 3 in diesen Fällen Lindacher in WolflHorniLindacher § 3 Rdn. 9. 124 BGH, NJW 1979, 105 (106); Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 3 Rdn. 17, 19; Lindacherin Wolf/HornlLindacher § 3 Rdn. 9; ErmaniHefermehl§ 3 Rdn. 7; Koch/Stübing § 3 Rdn. 10; a.A. Trinkner in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 3 Rdn. 12; Stein § 3 Rdn. 4; DietleiniRebmann § 3 Rdn. 2.

7 Kreienbaum

98

4. Kapitel: Einbeziehungskontrolle und Transparenz

Daher ist es notwendig, einen Vergleichsmaßstab zu definieren. Dieser Vergleichsmaßstab ist in § 3 ausdrücklich nicht vorgegeben. Schmidt-Salzers Auffassung basiert auf der Annahme, ungewöhnlich bedeute dasselbe wie selten, so daß die Häufigkeit und Verbreitung einer Klausel einzige Bewertungsgrundlage tUr ihre Ungewöhnlichkeit böten. 125 Diese Reduktion des Vergleichsmaßstabes fUhrt bei der Einfiihrung neuer Klauseln zu Schwierigkeiten. 126 Diese wären solange als ungewöhnlich zu klassifizieren, bis die Klausel Eingang in eine erhebliche Anzahl von Verträgen derselben Art gefunden hätte. Daher ist diese Ansicht abzulehnen. 127 Auch die ordnungsgemäße formale Gestaltung ist kein geeigneter Vergleichsmaßstab zur Ermittlung der Ungewöhnlichkeit. 128 Der Wortlaut des § 3 wird als mißglückt angesehen. 129 Dies gilt besonders tUr die Formulierung "nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages ungewöhnlich". Teilweise wird dies als Hinweis auf die Gestaltung der AGB verstanden. 130 Aus der Begründung zum Gesetzentwurf geht aber der Wille des Gesetzgebers eindeutig hervor: Das äußere Erscheinungsbild eines Vertrages meint den Vertragstyp, mit dem der Kunde aufgrund aller Umstände bei Vertragsschluß rechnet oder rechnen konnte. 1Jl Damit ist zwar nicht ausgeschlossen, daß dessen Vorstellung im Einzelfall von der Gestaltung der AGB beeinflußt wird. Daraufzielte der Gesetzgeberjedoch nicht ab. Ihm war wichtig, insbesondere die Verankerung atypischer Vertragspflichten als Fallgruppe des § 3

125

So auch Grunsky, BB 1971, 1113 (1114).

So auch Ulmer in Ulmer/BrandnerlHensen § 3 Rdn. 20; Soergel-Stein § 3 Rdn. 8; DietleiniRebmann§ 3 Rdn. 2; KochlStübing § 3 Rdn. 8; vgl. auch Grunsky, BB 1971, 1113 (1114); Lindacher in WolflHornlLindacher § 3 Rdn. 16; Staudinger-Schlosser§ 3 Rdn. 13. 126

127 BGH, WM 1992, 1897; Schlosser in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 3 Rdn. 11; Trinkner in Löwe/von WestphalenITrinkner § 3 Rdn. 10; Ulmer in UlmerlBrandnerlHensen § 3 Rdn. 20; Lindacherin Wolf/HornlLindacher § 3 Rdn. 16; Staudinger/Schlosser § 3 Rdn. 13; Koch/Stübing § 3 Rdn. 8; SoergeVStein § 3 Rdn. 8; ErmaniHeformehl § 3 Rdn. 6. 128

So auch Lindacher in WolflHorniLindacher § 3 Rdn. 9.

Staudinger/Schlosser§ 3 Rdn. 12 f.; Schlosserin Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 3 Rdn. 10 f. 129

130 Vgl. nur Soergel/Stein § 3 Rdn. 7; van de Loo, S. 25; Werber, VersR 1986, 1 (6); Staudinger/Schlosser § 3 Rdn. 12. 131 BT-Drucks 7/3919, S. 19; vgl. auch Ulmer in UlmerlBrandnerlHensen § 3 Rdn. 18; Lindacher in WolflHornlLindacher § 3 Rdn. 20.

B. Intransparente Klauseln als Überraschungsklauseln i.S.d. § 3

99

zu kennzeichnen. Atypische Vertragspflichten sind aber ungewöhnlich, weil sie gegen das äußere Erscheinungsbild des Vertrages, den Vertragstyp wie er dem Kunden erscheint, verstoßen. Der Gesetzgeber verfaßte mithin die Regelung des § 3 als Ergänzung des § 2. 132 § 2 erfordert fiir die Einbeziehung von AGB in einen Vertrag nur die Geltungserklärung des Vertragspartners. Dieser könne aber nicht dieselbe strikte Bindungswirkung zugemessen werden, wie einer Erklärung, die auf den Abschluß eines ausgehandelden Vertrages gerichtet sei. Denn damit sei der Vertragspartnerdes Verwenders in seinerrechtsgeschäftlichenVerantwortungsfähigkeit überfordert. Die Anforderungen, die § 2 an die Einbeziehung der AGB stelle, seien nur dann als ausreichend anzusehen, wenn der Vertragspartner des Verwenders darauf vertrauen dürfe, daß sich die einzelnen Regelungen im großen und ganzen im Rahmen dessen halten, was nach den Umständen bei Abschluß des Vertrages erwartet werden kann. 133 Seien die AGB unter diesen Umständen ganz ungewöhnlich, solle der Vertragspartner des Verwenders auf Grund der Geltungserklärung nicht an diese gebunden sein. Damit kompensierte der Gesetzgeber durch die Gewährleistung eines höheren Vertrauensschutzes die Beeinträchtigungen, die der Kunde durch die reduzierten Anforderungen an die Einbeziehung der AGB erleidet. 134 Der Gesetzgeber sah damit als Vergleichsmaßstab zur Beurteilung der Ungewöhnlichkeit das Vorstellungsbild des Kunden vom Inhalt des Vertrages an. Zweck des § 3 soll nach Ansicht des Gesetzgebers daher sein, eine Täuschung des Vertragspartners des Verwenders durch versteckte Modifizierungen des Vertrages, die mit dessen begründeten Erwartungen deutlich in Widerspruch stehen, zu verhindern. 135 Die durch formale Gestaltungsmittel irgendeiner Art versteckten Klauseln sollten damit nicht grundsätzlich durch § 3 verhindert werden, sondern nur in den Fällen, in denen mit dem Verstecken gleichzeitig eine Irrefiihrung des Vertragspartners des Verwenders verbunden ist. 136

132 Vgl. zum folgenden BT-Drucks 7/3919, S. 19; siehe auch Ulmer in U1mer/Brandner/Hensen § 3 Rdn. 3; PalandtiHeinrichs§ 3 Rdn. I; Trinknerin Löwe/von WestphaleniTrinkner § 3 Rdn. 1,4; Soergel/Stein § 3 Rdn. 1 f.; ErmaniHefermehl § 3 Rdn. 1; Lindacher in Wolf/HorniLindacher § 3 Rdn. 9; MKlKötz § 3 Rdn. 1. 133 V gl. nur Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 3 Rdn. 2; SoergellStein § 3 Rdn. 1; MKlKötz § 3 Rdn. 1; ErmaniHefermehl § 3 Rdn. 1. 134 So auch Ulmerin Ulmer/Brandner/Hensen § 3 Rdn. 2; Lindacher, JR 1981,158; Soergel/Stein § 3 Rdn. 1. 135

7*

BT-Drucks 7/3919, S. 19.

100

4. Kapitel: Einbeziehungskontrolle und Transparenz

Diese vom Gesetzgeber verfolgte Intention wird von den Meinungen, die ausschließlich auf die Häufigkeit der Verwendung oder nur auf formale Mängel abstellen, vernachlässigt. Festzuhalten ist daher, daß es tUr die Ungewöhnlichkeit einer Klausel allein darauf ankommt, ob ihr Inhalt vom Vorstellungsbild des Kunden abweicht. 137 Das Verstecktsein einer Klausel ist nur von Bedeutung, wenn die Gestaltung des AGB-Textes ursächlich tUr die Diskrepanz zwischen Vorstellungsbild des Kunden und Inhalt einer Klausel ist. 138

2. Die unverständliche Klausel

§ 3 könnte weitere Fälle von Unverständlichkeit erfassen.

a) Abgrenzung zur versteckten Klausel

Die versteckte Klausel steht als Oberbegriff tUr das erschwerte Auffinden und Erkennen einer Klausel bedingt durch mangelhafte Gestaltung des AGBTextes. Klauseln können aber sehr wohl formal richtig angeordnet und mit passenden Überschriften versehen sein und dennoch, sei es aufgrund ihrer komplexen Struktur, der komplizierten sprachlichen Ausgestaltung oder ihres komplizierten Regelungsgehaltes schwer verständlich sein. 139

b) Die unverständliche Klausel als ungewöhnliche Klausel

Die unverständliche Klausel ist nach der hier vertretenen Ansicht wie jede andere Klausel ungewöhnlich, wenn ihr Regelungsgehalt vom generellen Vorstellungsbild des Durchschnittskunden abweicht. Für die Frage, ob § 3 auch auf die Fallgruppe der sonstigen unverständlichen Klauseln reagiert, muß es aber darauf ankommen, ob gerade die Unverständlichkeit bzw. Schwerverständlichkeit die Ungewöhnlichkeit bedingen kann. 136 So auch Lindacher in WolflHornlLindacher § 3 Rdn. 9; vgl. auch Soergel/Stein § 3 Rdn. 13 ffi.w.N. aus der Rechtsprechung ll7 So auch Schäfer, S. 94. 138 So ausdrücklich auch Soergel/Stein § 3 Rdn. 6, 13; Koch/Stübing § 3 Rdn. 10; Schäfer, S. 95. 139 Schäfer, S. 96 f.

B. Intransparente Klauseln als Überraschungsklauseln i.S.d. § 3

101

Wagner-Wieduwilt vertritt hierzu, daß auch bewußt schwer verständlich abgefaßte Klauseln ein Fall der unzulässigen Überraschung seien. 140 Er geht davon aus, daß § 3 voraussetzt, daß der Kunde den Inhalt der Klausel kennen oder zumindest mit ihr angesichts des Regelungswerkes rechnen muß. Eine bewußt schwer verständlich abgeflißte Klausel verhindere die Erschließung ihrer Bedeutung und damit ihres Inhalts. Diese Auffassung basiert auf der Prämisse, § 3 fordere die inhaltliche Verständlichkeit von Klauseln. Dieses läßt sich weder aus dem Wortlaut, noch aus einer anderen Form der Auslegung des § 3 ableiten. Ungewöhnlich sind Klauseln, deren Inhalt vom Vorstellungsbild der angesprochenen Verkehrskreise abweicht. 141 Das ist zum einen der Fall, wenn ihr Inhalt von dem generellen Vorstellungsbild abweicht. Zum anderen können die Umstände beim Vertragsschluß Vorstellungen erwecken, die im Widerspruch zu den in den AGB getroffenen Regelungen stehen. Zu diesen Umständen zählt auch der AGB-Text. Dieser kann wie im Fall der versteckten Klausel geeignet sein, den flüchtigen Leser zu falschen Erwartungshaltungen zu veranlassen. Die schwer verständliche Abfassung einer Klausel ist nicht geeignet, einen Vertrauenstatbestandbeim unbefangenen Leser zu erzeugen. Der flüchtige Leser wird erkennen, daß die AGB eine Regelung zu einem bestimmten Punkt enthalten. Aufgrund der Schwerverständlichkeit wird er sich nicht näher damit auseinandersetzen. Er wird daher nicht veranlaßt, seine generellen Erwartungen vom Inhalt der AGB zu verändern. Eine schwer verständliche Regelung ist damit aufgrund ihrer Beschaffenheit generell kein Anwendungsfall des § 3. 142

11. Der Überraschungseffekt Für die Nichteinbeziehung einer Klausel nach § 3 reicht es nicht aus, daß diese ungewöhnlich ist. Ihr muß vielmehr als subjektives Moment ein Überrumpelungseffekt anhaften. 143 Ob die Überraschungswirkung ein derartiges Aus-

140 Vgl. zum folgenden Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37 (41); ähnlich Staudinger/ Schlosser § 3 Rdn. 12, 35. 141 Vgl. dazu die obigen Ausführungen. 142 So auch KochlStübing § 3 Rdn. 10; Schäfer. S. 97 ff.; Lindacher in Wolf/Horn! Lindacher § 3 Rdn. 9. 143 BGHZ 91, 139 (144); BGH, NJW 1986, 1805 (1806); BGHZ 100, 82 (85); BGHZ 102,152 (158 f.); BGH, NJW 1988, 558 (559); BGH, NJW 1990, 576 (577); Ulmerin

102

4. Kapitel: Einbeziehungskontrolle und Transparenz

maß annimmt, bestimmt sich nach dem Grad der Abweichung der berechtigten Kundenerwartungen vom Inhalt des Vertrages. Diese Diskrepanz muß erheblich sein. 144 Eine versteckte Klausel ist demnach nur überraschend, wenn die mit ihr verbundene Täuschung des Vertragspartners erheblich ist. Unerheblich dafür ist es, wie geschickt sie verborgen ist und welchen Aufwand der Vertragspartner aufbringen muß, um an Hand des AGB-Textes von dem Inhalt der Klausel Kenntnis zu erlangen.

III. Die Verhinderung des Überraschungseffekts

Der Überrumpelungseffekt kann vom Verwender der AGB vermieden werden, wenn er dem Kunden vor oder bei Vertragsschluß Kenntnis von der ungewöhnlichen Klausel verschafft oder zumindest die Voraussetzungen dafür schafft, daß der Kunde mit ihr rechnen muß. 145 Dies kann durch besondere Hinweise de~ Verwenders auf die ungewöhnlichen Klauseln geschehen. 146 Der Verwender kann aber auch durch drucktechnische Gestaltung des AGB-Textes den Kunden auf die ungewöhnliche Klausel hinweisen. 147

UlmerlBrandnerlHensen § 3 Rdn. 11, 13, 22 ff.; Schünemann, NJW 1988, 1948; Taupitz, JuS 1989, 520 (522); PalandtlHeinrichs § 3 Rdn. 2; Koch/Stübing § 3 Rdn. 10; Ermanl Hefermehl § 3 Rdn. 5; MKJKötz § 3 Rdn. 8; Staudinger/Schlosser § 3 Rdn. 5. 144 BGHZ 84, 109 (112 f.); BGH, NJW 1986, 1805 (1806); Staudinger/Schlosser§ 3 Rdn. 5, 13; ErmaniHefermehl § 3 Rdn. 11; Soergel/Stein § 3 Rdn. 6, 8; Ulmer in UImer/Brandner/Hensen § 3 Rdn. 22; Koller, FS. f. Steindorff, 667 (683); Palandt/Heinrichs § 3 Rdn. 2; Lindacher in Wolf/HorniLindacher § 3 Rdn. 18; Trinkner in Löwe/ von WestphaleniTrinkner § 3 Rdn. 14; MKJKötz § 3 Rdn. 8. 145 Herrschende Meinung, vgl. nur: BGH, NJW 1981, 117 (118 f.); BGH, NJW 1985, 848 (849); BGH, NJW 1991, 1822 (1823); MKJKötz § 3 Rdn. 6; Koch/Stübing§ 3 Rdn. 10; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 3 Rdn. 23; ErmanlHefermehl § 3 Rdn. 10; Lindacher, JR 1981,158; PalandtlHeinrichs§ 3 Rdn. 3; Lindacherin Wolf/HorniLindacher § 3 Rdn. 79,81; Staudinger/Schlosser§ 3 Rdn. 5, 36; a.A. Soergel/Stein§ 3 Rdn. 5,15. 146 Ulmer in UlmerlBrandner/Hensen § 3 Rdn. 23; Schmidt, JuS 1987,929 (933); ErmaniHefermehl § 3 Rdn. 10; Staudinger/Schlosser § 3 Rdn. 5.

147 BGH, NJW 1981, 117 (\ 18); LG Köln, WM 1986, 787 (788); Ulmer in Ulmer/ Brandner/Hensen § 3 Rdn. 23; PalandtlHeinrichs § 3 Rdn. 3; Staudinger/Schlosser § 3 Rdn. 5, 36; ErmaniHefermehl § 3 Rdn. 11; a.A. Soergel-Stein § 3 Rdn. 15.

B. Intransparente Klauseln als Überraschungsklauseln LS.d. § 3

103

1. Die versteckte Klausel

Ein systematischer Aufbau und die Beachtung aller formalen Anforderungen an die redliche AGB-Textgestaltung reichen gewöhnlich nicht aus, um einer inhaltlich ungewöhnlichen Klausel den überraschenden Charakter zu nehmen. 148 Die Beachtung derartiger Gestaltungsregeln vermag nur versteckten Klauseln den Ungewöhnlichkeitscharakter zu nehmen. 149 Denn damit verlieren sie ihre Eignung, beim Kunden ein falsches Vorstellungsbild über den Inhalt der AGB zu erzeugen.

2. Inhaltlich ungewöhnliche Klauseln

Bei inhaltlich ungewöhnlichen Klauseln muß vielmehr ein spezieller Hinweis erfolgen, sei es ausdrücklich, sei es durch die drucktechnische Hervorhebung 150 dieser Klausel, um diesen Klauseln das Merkmal der Ungewöhnlichkeit zu nehmen. Die verstärkte sinnliche Wahrnehmung soll jedoch nicht ausreichen. Die ungewöhnliche Klausel muß zusätzlich so verfaßt sein, daß der typische Kunde die inhaltliche Bedeutung und Tragweite der Klausel erkennen kann. 151 Sie soll um so verständlicher sein müssen, je ungewöhnlicher sie iSt. 152 Diese Anforderungen, die im Sinne eines Transparenzgebotes liegen, bedürfen näherer Betrachtung. Oben ist festgestellt worden, die Unverständlichkeit einer Klausel habe keine Bedeutung für ihre Ungewöhnlichkeit. Jetzt soll der

148 BGH, NIW 1986, 1805 (1806); OLG Hamm, NIW-RR 1988, 687; Ulmer in Ulmer/ BrandnerlHensen § 3 Rdn. 23; Lindacherin WolflHorniLindacher § 3 Rdn. 81; Trinkner in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 3 Rdn. 14; Lindacher, IR 1981, 158. 149

So auch Schäfer, S. 100.

150 Z.B. Fett- oder Kursivdruck, Großdruck, besondere Überschrift, besondere Plazierung zu Anfang des Textes oder direkt über die Unterschrift; vgl. dazu Ulmer in UImer/Brandner/Hensen § 3 Rdn. 23; Lindacher in Wolf/HorniLindacher § 3 Rdn. 81. 151 BGH, NIW 1981, 117 (119); OLG Oldenburg, WM 1991, 221; Schlosser in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 3 Rdn. 15; Trinknerin Löwe/von WestphaleniTrinkner § 3 Rdn. 14; Lindacherin Wolf/HorniLindacher § 3 Rdn. 79, 81; Erman-Hefermehl § 3 Rdn. 11; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 3 Rdn. 24; ähnlich BGH, WM 1984, 1056 (1058). 152 Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 3 Rdn. 24; ErmaniHefermehl § 23 Rdn. 12; Soergel/Stein § 3 Rdn. 15.

104

4. Kapitel: Einbeziehungskontrolle und Transparenz

Wegfall der Überraschungswirkung von der Verständlichkeit der Klausel abhängen. Jedoch sind diese Anforderungen ohne Widerspruch. Entscheidend ist das Vorstellungsbild des Kunden. Stimmt sein Vorstellungsbild mit dem Inhalt der Klausel überein, so ist es im Rahmen des § 3 ohne Bedeutung, wenn die Klausel unverständlich ist. Handelt es sich aber um eine inhaltlich ungewöhnliche Klausel, m.a.W. hat der Kunde ein vom Inhalt abweichendes Vorstellungsbild, so ist der Verwender der Klausel gehalten, diese Diskrepanz durch Hinweise etc. zu beseitigen. Dafür muß er die Klausel so gestalten oder durch Hinweise erläutern, daß dem Kunden ihr Inhalt erkennbar wird und er dieses in sein Vorstellungsbild aufnehmen kann.

IV. Transparenz und § 3 Die Analyse des § 3 hat ergeben, daß § 3 ein generelles Transparenzgebot nicht enthält. 153 § 3 erfaßt weder umfassend die Problematik der versteckten Klausel noch der unverständlichen bzw. schwer verständlichen Klausel. Allein in zwei speziellen Anwendungsbereichen ergeben sich Verknüpfungen mit Transparenzforderungen. Versteckte Klauseln sind dann als überraschend einzustufen, wenn gerade die Gestaltung des AGB-Textes ursächlich für eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem Vorstellungsbild des Kunden und dem AGB-Inhalt ist. Da nicht jede formal "versteckte Klausel" auch inhaltlich ungewöhnlich ist, ist der Schluß unzulässig, § 3 fordere eine formal redliche Gestaltung der AGB. Insofern ist § 3 keine Deutlichkeitskontrollvorschrift, sondern führt nur in Einzelfällen zu mittelbaren Anreizen an den Verwender, seine AGB formal ordnungsgemäß zu gestalten. Wesentlicher sind die Transparenzwirkungen, wenn es um inhaltlich ungewöhnliche Klauseln geht. Um diesen die Überraschungswirkung zu nehmen, ist der Verwender gehalten, dem Kunden die Kenntnis von der Klausel in einer Weise zu verschaffen, daß dieser ihre inhaltliche Bedeutung und Tragweite zu erkennen vermag. Hieran wird insbesondere deutlich, daß Transparenzforderun-

153

Vgl. dazu Köndgen. NJW 1989, 943 (945); ErmaniHefermehl § 3 Rdn. 3.

B. Intransparente Klauseln als Überraschungsklauseln i.S.d. § 3

lOS

gen über formale Gestaltungsanforderungen hinausgehen. 154 Allerdings werden auch damit Transparenzforderungen wiederum nur mittelbar verwirklicht. 155 Bemerkenswert ist, daß § 3 kein Mindestmaß an Transparenz statuiert, sondern die Transparenzanforderungen jeweils in Abhängigkeit vom Inhalt der Klausel zu bestimmen sind. Abschließend ist festzuhalten, daß § 3 zwar kein generelles Transparenzgebot enthält, sich aber in Abkehr vom allgemeinen Vertragsrecht zu einer verschärften Offenbarungs- und Durchsichtigkeitslast des Verwenders bekennt.

154 Vgl. dazu auch Lindacherin Wolf/HorniLindacher § 3 Rdn. 16 f.; ErmanJHefermehl § 3 Rdn. 3. 155 So auch Schäfer, S. 103.

Fünftes Kapitel

Inhaltskontrolle und Transparenz A. Problemstellung Von Kritikern des Transparenzgeboteswird betont, das AGBG trenne strikt zwischen Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle, wobei Transparenzfragen ausschließlich der Einbeziehungskontrolle zuzuordnen seien. Im folgenden wird hingegen an Hand ausgewählter Vorschriften nachgewiesen werden, daß auch im Rahmen der Inhaltskontrolle eine Vermischung formaler und inhaltlicher Kriterien Platz greift. Gleichzeitig wird versucht werden, das Verhältnis des Transparenzgedankens zur inhaltlichen Unangemessenheit herauszufiltern.

B. Transparenzanforderungen in den §§ 10, 11 Aus den Klauselkatalogen der §§ 10 und 11 bieten sich fiir eine nähere Untersuchung unter Transparenzgesichtspunkteninsbesondere die §§ 10 Nr. 1, 2, 3, 4 und die §§ 11 Nr. 5 b, 10 b, 13, 14 an. Die §§ 10 Nr. 1, 2 und 3 stellen normativ auf die Bestimmtheit der zu prüfenden Klausel ab. Letztere steht in engem Zusammenhang mit Transparenzforderungen, 1 hat aber bei den Normen der Einbeziehungskontrolle nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Weiteren Aufschluß verspricht ein Vergleich dieser Regelungen mit § 10 Nr. 4, der eine ähnliche Materie regelt, jedoch nicht das Bestimmheitserfordernis enthält.

1

Vgl. Kapitel I B 11 3.

B. Transparenzanforderungen in den §§ 10, 11

107

Die §§ 11 Nr. 13 und 14 werden in der Literatur als Ausformungen des § 3 angesehen. 2 Der Zusammenhang von § 3 und dem Transparenzgebot wurde bereits dargestellt. 3 Die §§ 11 Nr. 5 bund Nr. 10 b sind wegen der zu ihnen ergangenen Rechtsprechung, die besondere Anforderungen an die Darstellung von Gewährleistungsrechten bzw. von pauschalierten Schadensersatzansprüchen entwickelte, von Interesse.

I. §§ 10 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3 Die Nr. 1, 2 und 3 des § 10 erklären AGB-Klauseln, die übermäßig lange Fristen bzw. sachlich ungerechtfertigte Rücktrittsgründe enthalten, fur materiell unangemessen und damit unwirksam. Dabei werden den unangemessenen Fristen bzw. Rücktrittsgründen unbestimmte gleichgesetzt. Bei unbestimmten Regelungen 4 nimmt der Verwender je nach Formulierung der Klausel das mehr oder weniger uneingeschränkte Recht in Anspruch, eigenmächtig die Fristen bzw. Rücktrittsgründe festzusetzen. Damit erlangt er im Vergleich zu unangemessenen langen, aber feststehenden Fristen, bzw. zu unangemessenen, aber bestimmten Rücktrittsgründen einen weiteren Vorteil. Der Kunde weiß aufgrund einer unbestimmten Regelung der Fristen nicht, wie lange er an sein Angebot gebunden ist, wann er mit Leistungserfullung rechnen darf bzw. ab wann er berechtigt ist, z.B. Schadensersatzansprüchewegen Verzuges oder Nichterfullung geltend zu machen. 5 Bei unbestimmten Rücktrittsvorbehalten kann er nicht ermitteln, unter welchen Umständen dem Verwender ein derartiges Recht zustehen soll. 6

2 Vgl. nur Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 11 Nr. 13 Rdn. 1, § 11 Nr. 14 Rdn. 1; PalandtlHeinrichs § 11 Rdn. 87; ErmaniHefermehl § 3 Rdn. 3.

3

Vgl. Kapitel 4 B IV.

4

Vgl. nur BGH, NJW 1983, 1320 (1321); BGH, ZIP 1984, 1485 (1491).

MKlKötz § 10 Nr. 1 Rdn. 9, 11; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 10 Nr. 1 Rdn. 1; Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 10 Nr. I Rdn. 12, § 10 Nr. 2 Rdn. 7; Soergel/ Stein § 10 Rdn. 14. 5

6 BGH, NJW 1983, 1320 (1321); BGH, NJW 1983, 1322 (1325); Brandner in UImer/Brandner/Hensen § 10 Nr. 3 Rdn. 10; ErmaniHefermehl § 10 Nr. 1 Rdn. 9; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 10 Nr. 3 Rdn. 1 f.; Coester-Waltjenin Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 10 Nr. 3 Rdn. 9; Soergel/Stein § 10 Rdn. 28.

108

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

Mithin ist die Intention der genannten Paragraphen, dem Kunden zu ermöglichen, das mit diesen Klauseln verbundene Risiko abzuschätzen und seine Erwartungen darauf abzustellen. 7 Daher müssen nach allgemeiner Ansicht Rücktrittsgründe in AGB-Klauseln so angegeben sein, daß der Durchschnittskunde ohne Schwierigkeiten feststellen kann, wann sich der Verwender vom Vertrag lösen darf. 8 9 Ähnlich gilt rur Fristbestimmungen, daß der Kunde ohne Schwierigkeiten und ohne rechtliche Beratung feststellen können soll, wie es um seine Position bestellt ist. lO 11 Fraglich ist, ob allein Unbestimmtheit ausreicht, um eine Klausel nach den §§ 10 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 rur unwirksam zu erklären.

7 So schon die Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, Erster Teilbericht, zu § 7 Nr. 3, S. 62; so auch Brandner in Ulmer/BrandnerlHensen § 10 Nr. 3 Rdn. 10; Coester-Waltjenin Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 10 Nr. 3 Rdn. 19, 44, die von der dadurch angestrebten Transparenz der AGB sprechen; so auch Wolfin Wolf/Horn/ Lindacher § 10 Nr. 1 Rdn. I, § 10 Nr. 3 Rdn. I; SoergellStein § 10 Rdn. 28. 8 BGH, NJW 1983, 1320 (1321); BGH, NJW 1983, 1322 (1325); OLG Koblenz, WM 1983, 1272; PalandtlHeinrichs § 10 Rdn. 14; Coester- Waltjen in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 10 Nr. 3 Rdn. 44; Koch/Stübing § 10 Nr. 3 Rdn. 14; MKlKötz § 10 Rdn. 36; Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 10 Nr. 3 Rdn. 10 m.w.N., 12; Wolfin WolflHornlLindacher § 10 Nr. 3 Rdn. 42; von Westphalen in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 10 Nr. 3 Rdn. 60 m.w.N.; Soergel/Stein § 10 Rdn. 28; Staudinger/ Schlosser § 10 Nr. 3 Rdn. 22.

9 Allerdings soll die Verwendung von Rechtsbegriffen wie z.B. Unmöglichkeit, Verzug und pVV ebenso zulässig sein, wie die Verwendung der Begriffe "höhere Gewalt", "Streik" oder "Naturkatastrophe"; vgl. dazu PalandtiHeinrichs § 10 Rdn. 14; Wolfin WolflHornlLindacher § 10 Nr. 3 Rdn. 44. 10 BGH, NJW 1985, 855 (856); OLG Köln, BB 1982, 638; OLG Hamm, OLGZ 1984, 124; Brandner in Ulmer/BrandnerlHensen § 10 Nr. 1 Rdn. 8, 18 ff.; MKlKötz § 10 Nr. 1 Rdn. 12; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 10 Nr. 1 Rdn. 17 f., 46, § 10 Nr. 2 Rdn. 13; PalandtiHeinrichs § 10 Rdn. 5; Staudinger/Schlosser§ 10 Nr. 1 Rdn.12; Coester-Waltjen in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 10 Nr. 1 Rdn. 16; von Westphalen in Löwe/von WestphalenITrinkner § 10 Nr. 1 Rdn. 24; Soergel/Stein § 10 Rdn. 7, 14, 22.

11 Um eine nicht hinreichend bestimmte Frist handelt es sich, wenn sie für den Vertragspartner des Verwenders nicht berechenbar ist. Das ist u.a. der Fall, wenn entweder der Fristbeginn, die Fristdauer oder das Fristende nicht sicher oder nur mit Schwierigkeiten, z.B. einem unzumutbaren zeitlichen und kostenmäßigen Aufwand oder nur mit rechtlicher Beratung, festgestellt werden können. Vgl. dazu BGH, NJW 1985, 855 (856); BGH, NJW 1988, 2106; PalandtiHeinrichs § 10 Rdn. 5, 8, 12; Wolf in Wolf/HorniLindacher § 10 Nr. 1 Rdn. 18 m.w.N.; Brandner in Ulmer/Brandner/ Hensen § 10 Nr. 1 Rdn. 8, 18 ff.; ErmaniHefermehl § 10 Nr. 1 Rdn. 9; Soergel/Stein § 10 Rdn. 7.

B. Transparenzanforderungen in den §§ 10, 11

109

1. Die herrschende Meinung

Nach herrschender Meinung ist eine nach den §§ 10 Nr. 1, Nr. 2 oder Nr. 3 unbestimmte Klausel ohne Rücksicht auf ihre sachliche Rechtfertigung unwirksam. 12 Zwar gehe das AGBG grundsätzlich vom Nichtleser aus, so daß die Verpflichtung zur Angabe der zum Rücktritt berechtigenden Gründe eher überflüssig erscheine. 13 Gerade in den Fällen der Leistungsstörung sei es aber wahrscheinlicher als in der Situation des Vertragsschlusses, daß der Kunde seine AGB zur Hand nehme und seine Rechtsposition überprüfen wolle. Dieses werde ihm durch eine unbestimmte Klausel verwehrt. Einige sehen daher in § 10 Nr. 3 das Transparenzgebot verwirklicht. 14

2. Einschränkende Ansichten

Nach anderer Ansicht kann indes trotz fehlender Berechenbarkeitder Annahmefrist hinreichende Bestimmtheit angenommen werden, wenn ein sachlicher Grund fiir die Unbestimmtheit vorliegt. 15 Der Begriff der hinreichenden Bestimmtheit verlange keine starre Regelung, sondern lasse notwendigen Bedürfnissen und damit berechtigten Interessen der Verwender Raum. Zudem solle das Verbot unbestimmter Fristen allein eine Umgehung des Verbots zu langer Fristen verhindern. 16

12 BGH, BB 1983, 524 (526); Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 10 Nr. 1 Rdn. 8, § 10 Nr. 2 Rdn. 7, § 10 Nr. 3 Rdn. 10 ff.; Staudinger/Schlosser § 10 Nr. 3 Rdn. 41; Wolf in Wolf/HornlLindacher § 10 Nr. 3 Rdn. 47.

13 Vgl. StaudingerlSchlosser§ 10 Nr. 3 Rdn. 1; Coester-Waltjen in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 10 Nr. 3 Rn. 44; Wolfin WolflHornlLindacher § 10 Nr. 3 Rdn. 41. 14 Staudinger/Schlosser§ 10 Nr. 3 Rdn. 1; von Westphalenin Löwe/von Westphalenl Trinkner § 10 Nr. 3 Rd. 64 f. 15 Wolfin WolflHorniLindacher § 10 Nr. 1 Rdn. 21; Coester-Waltjen in Schlosserl Coester-WaltjeniGraba § 10 Nr. 1 Rdn. 14, 20, § 10 Nr. 2 Rdn. 12.

16 Coester-Waltjen in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 10 Nr. 2 Rdn. 11 unter Bezug auf BT-Drucks 7/5422 S. 7; vgl. auch ErmaniHefermehl § 10 Nr. 1 Rdn. 9, § 10 Nr. 2 Rdn. 4; Soergel/Stein § 10 Rdn. 7; StaudingerlSchlosser § 10 Nr. 1 Rdn. 17.

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

110

3. Stellungnahme

Aumillig ist zunächst, daß unbestimmte Klauseln keiner der Normen der Einbeziehungskontrolle unterfallen. Die Auslegung erfaßt unbestimmte Begriffe nur dann, wenn sie zugleich mehrdeutigen Charakter haben. Als Fallgruppe des § 2 wird die Unbestimmtheit nicht einmal von den Befürwortern eines dort verankerten Verständlichkeitsgebotes angeführt. I7 Zwar ist denkbar, daß eine Klausel mit unbestimmten Begriffen auch überraschend i.S.d. § 3 ist. 18 Unbestimmtheit allein läßt jedoch eine grundsätzliche Einordnung als überraschende Klausel nicht ZU. 19 Insofern handelt es sich hier um eine Fallgruppe, die trotz ihrer erkennbaren Intransparenz die Einbeziehungskontrolle passieren würde. Der Wortlaut der §§ 10 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 spricht eindeutig für die Unwirksamkeit nicht hinreichend bestimmter Fristen bzw. Rücktrittsvorbehalte. Bei genauer Analyse der geregelten Fallgruppen zeigt sich jedoch, daß bei mangelnder Bestimmtheit einer Frist bzw. einer Rücktrittsberechtigung immer Fallgestaltungen eingeschlossen sind, bei denen die Fristen unangemessen lang sein können, bzw. die Rücktrittsgründe sachlich nicht gerechtfertigt sind. 20 Insoweit ist der Ansicht Coester-Waltjens zuzustimmen, daß es sich bei der Normierung des Bestimmtheitsgedankens in den §§ 10 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 nur um die Verhinderung der Umgehung unangemessen langer Fristbestimmungen bzw. unangemessener Rücktrittsvorbehalte handelt. Zielsetzung dieses Bestimmtheitsgebotes ist mithin die Herbeiführung materiell angemessener Klauseln.

11. § 10 Nr. 4 § 10 Nr. 4 begrenzt die Möglichkeit des Verwenders, die Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, und ergänzt damit § 10 NT. 3. 21 Nach seinem Wort-

Vgl. Kapitel 4 All a. Vgl. Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 10 Nr. 3 Rdn. 16; StaudingerlSchlosser § 10 Nr. 3 Rdn. 6; . 19 Vgl. dazu Kapitel 4 B I. 20 Vgl. Woijin Wolf/HorniLindacher § 10 Nr. 1 Rdn. 23, der andersartige Fallgestaltungen nur theoretisch für denkbar hält. 21 Unter Änderungsvorbehalten sind auch verdeckte Änderungsvorbehalte zu subsumieren. Diese können in Irrtumsklauseln, Gewährleistungsausschlüssen oder einer 17 18

B. Transparenzanforderungen in den §§ 10, 11

111

laut ist jedoch die Angabe der die Abweichung oder Änderung rechtfertigenden Gründe nicht erforderlich. 22 Darin unterscheidet sich dieser Paragraph von den §§ 10 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3. Die Transparenz eines Änderungsvorbehaltes könnte aber innerhalb der Interessenabwägungunter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit2 3 Bedeutung gewinnen. 24 Bei der Beurteilung eines Änderungsvorbehaltes ist nach herrschender Meinung auf Seiten des Kunden das Interesse an der ordnungsgemäßen Erfüllung zusammen mit den Nachteilen der abgeänderten Leistung in Rechnung zu stellen. 25 Diesem Interesse muß das Interesse des Verwenders an der Änderung oder Abweichung gegenüber gestellt werden. Der Änderungsvorbehalt gilt als zumutbar, wenn die Interessen des Verwenders die seiner Vertragspartner überwiegen oder ihnen zumindest gleichstehen. 26 Einige Autoren halten es im Interesse der Wirksamkeit eines Änderungsvorbehaltes für notwendig, daß die Gründe für diesen im einzelnen konkret anzugeben sind. 27 Ein freies Abwägungs- und Änderungsrecht nach Belieben des Verwenders sei auf jeden Fall

Fiktion, die Abweichung gelte nicht als Mangel, enthalten sein; vgl. nur OLG Bamberg AGBE IV Nr. 4; PalandUHeinrichs § 10 Rdn. 22; Coester-Waltjenin Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 10 Nr. 4 Rdn. 12 ff.; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 10 Nr. 4 Rdn. 13 mit dem Hinweis, daß in diesen Fällen zugleich die Voraussetzungen des § 4 vorliegen können; so auch Brandner in Ulmer/BrandnerlHensen § 10 Nr. 4 Rdn. 1. 22 Vgl. dazu Wolfin Wolf/HorniLindacher § 10 Nr. 4 Rdn. 20; ErmaniHefermehl § 10 Nr. 4 Rdn. 3. 23 Vgl. nur Wolf in Wolf/HorniLindacher § 10 Nr. 4 Rdn. 14; Brandner in Ulmer/ Brandner/Hensen § 10 Nr. 4 Rdn. 9; SoergellStein § 10 Rdn. 42 f.; Staudinger/Schlosser § 10 Nr. 4 Rdn. 6.

24 Eine ähnliche Problematik enthält § 11 Nr. 1, das Verbot kurzfristiger Preiserhöhungen. 25 Vgl. nur Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 10 Nr. 4 Rdn. 9; Wolfin Wolf/ HorniLindacher § 10 Nr. 4 Rdn. 14; Staudinger/Schlosser § 10 Nr. 4 Rdn. 7. 26 Paulusch, 10 Jahre AGB-Gesetz, 55 (57); Wolfin Wolf/HornlLindacher § 10 Nr. 4 Rdn. 14; restriktiver ErmaniHefermehl § 10 Nr. 4 Rdn. 3; MKlKötz § 10 Nr. 4 Rdn. 48; Brandner in UlmerlBrandner/Hensen § 10 Nr. 4 Rdn. 9; von Westphalen in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 10 Nr. 4 Rdn. 14; Soergel/Stein § 10 Nr. 4 Rdn. 42, die jeweils ein überwiegendes Interesse des Verwenders verlangen. 27 Wolfin Wolf/HorniLindacher § 10 Nr. 4 Rdn. 16,20; Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 10 Nr. 4 Rdn. 9; ErmaniHefermehl § 10 Nr. 4 Rdn. 4; Soergel/Stein § 10 Rdn. 43; a.A. von Westphalenin Löwe/von WestphaleniTrinkner § 10 Nr. 4 Rdn. 22 ff.; nach dem BGH muß die Klausel zumindest die Gesichtspunkte enthalten, nach denen die Zumutbarkeit zu beurteilen ist, vgl. BGHZ 86, 284 (295); BGH, NJW 1983, 1322.

112

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

unwirksam. 28 Der Änderungsvorbehalt unterliege dem Grundsatz der Klarheit und Bestimmtheit. 29 Jedoch begründen diese Autoren ihre Ansicht ausschließlich mit der Gefahr, unbestimmte Änderungsvorbehalte enthielten unangemessene Änderungsvorbehalte. 30 Demgegenüber differenziert der BGH zwischen der Frage der Bestimmtheit eines Änderungsvorbehaltes und seiner inhaltlichen Angemessenheit. 31 Ein Änderungsvorbehalt, welcher Änderungen im Rahmen des "handelsüblichen" vorsieht, ist seiner Ansicht nach nicht unzumutbar i.S.d. § 10 Nr. 4. 32 Die Verwendung Begriffes "handelsüblich" zur Bezeichnung der zulässigen Abweichung prüfte der BGH an Hand des § 9 und formulierte: "Sie (die Klausel) genügt in ausreichendem Maße den Anforderungen an die Transparenz formulannäßiger Bestimmungen. Die Bezugnahme auf das Merkmal der Handelsüblichkeit ist zum einen Teil der sachverständigen Ermittlung, zum anderen einer wertenden Betrachtung zugänglich und erschöpft sich nicht in einer Wiederholung des Begriffs der Zumutbarkeit (§ 10 Nr. 4 AGBG), wobei offen bleiben kann, ob die Verwendung des letzteren Begriffs dem Bestimmtheitserfordernis nicht genügen würde 33 oder ob es geradezu geboten ist, diesen Begriff bei der Formulierung eines Änderungsvorbehaltes zu verwenden 34 ". 35 28 Wolfin Wolf/HornlLindacher § 10 Nr. 4 Rdn. 16,20; Coester-Waltjen in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 10 Nr. 4 Rdn. 9; Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 10 Nr. 4 Rdn. 9; PalandtlHeinrichs § 10 Rdn. 23; SoergellStein § 10 Rdn. 43; Ermanl Hefermehl § 10 Nr. 4 Rdn. 4; siehe auch OLG Hamburg, NJW-RR 1986, 1440.

29 SoergellStein § 10 Rdn. 43; Wolfin Wolf/HornlLindacher § 10 Nr. 4 Rdn. 16; Paulusch, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55 (58) spricht vom Konkretisierungs- und Transparenzgebot, dem ein Änderungsvorbehalt unterliege; einschränkend StaudingerlSchlosser § 10 Nr. 4 Rdn. 6. 30 Vgl. PalandtlHeinrichs§ 10 Rdn. 23; StaudingerlSchlosser§ 10 Nr. 4 Rdn. 6; Wolf in W olf/HorniLindacher § 10 Nr. 4 Rdn. 16 f., 20; Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 10 Nr. 4 Rdn. 9; anders SoergellStein § 10 Rdn. 43, die allein auf die Erkennbarkeit der Interessen abstellt. 31

Vgl. BGH, NJW 1987, 755 (756).

BGH, NJW 1987, 755 (756); vgl. auch OLG Düsseldorf, DB 1984, 1291; OLG Hamm, NJW 1986, 2581; zustimmend MKlKötz § 10 Nr. 4 Rdn. 48; Wolfin Wolfl HorniLindacher § 10 Nr. 4 Rdn. 14, 17; kritisch Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 10 Nr. 4 Rdn. 10, § 9 Rdn. 98; a.A. OLG Köln, NJW 1985, 501; OLG Frankfurt, NJW 1988, 1489; PalandtiHeinrichs § 10 Rdn. 24. 32

33 So BGHZ 86, 284 (294,296); ErmanlHefermehl § 10 Nr. 4 Rdn. 4; SoergellStein § 10 Rdn. 43. 34 So von Westphalenin Löwe/von Westphalen/Trinkner § 10 Nr. 4 Rdn. 22 f., 31; PalandtlHeinrichs § 10 Rdn. 24. 35

BGH, NJW 1987, 755 (756); zustimmend Wolf, EWiR § 10 Nr. 4 AGBG 1/87,

B. Transparenzanforderungen in den §§ 10, 11

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Dem ist zu entnehmen, daß der BGH Transparenzkriterien nicht in die Interessenabwägungnach § 10 Nr. 4 einzubeziehen gedenkt, sondern die Bestimmtheit eines Änderungsvorbehaltes einer Prüfung nach § 9 unterstellt. 36 Diesem Ansatz ist zuzustimmen. Anders als die §§ 10 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 enthält § 10 Nr. 4 kein wörtliches Bestimmtheitserfordernis. Diesen zusätzlichen Schutz in § 9 zu verankern, statt ihn als Bestandteil der einzelnen Regelungen der §§ 10 und 11 anzusehen, ist in den Fällen, in denen die speziellen Paragraphen nicht ausdrücklich auf die Verwirklichung dieses zusätzlichen Schutzes angelegt sind, methodisch zutreffend. Allerdings ist damit noch nicht die Frage beantwortet, ob das Bestimmtheitsgebot in § 9 einen eigenen Anwendungsbereich hat oder ob ein dort angesiedeltes, für alle AGB-Klauseln geltendes Bestimmtheitsgebot wiederum nur in Abhängigkeit materiell-rechtlicher Vorgaben steht. Bereits die Analyse der §§ 10 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 widersprach einem eigenständigen Bestimmtheitsgrundsatz für AGB. Einer Analyse in Bezug auf § 9 soll hier aber noch nicht vorgegriffen werden. 37

IH. § 11 Nr. 13, § 11 Nr. 14 Grundsätzlich ist jede AGB-Klausel geeignet, unter bestimmten Umständen eine Überraschungsklausel i.S.d. § 3 darzustellen. Die §§ 11 Nr. 13 und 14 betreffen allerdings Klauseln, deren Einbeziehung nach herrschender Meinung ohnehin regelmäßig an § 3 scheitern würde/ 8 so daß die Kontrolle der inhaltlichen Angemessenheit an sich überflüssig wäre.

423 (424); Wolfin WolflHornILindacher § 10 Nr. 4 Rdn. 17; kritisch Brandner in UImer/ Brandner/Hensen § 10 Nr. 4 Rdn. 10. 36 Vgl. auch Wolfin Wolf/HorniLindacher § 10 Nr. 4 Rdn. 16; Wolf, EWiR § 10 Nr. 4 AGBG 1/87, 423 (424). 37

V gl. dazu Kapitel 5 C 11 1.

Vgl. Palandt/Heinrichs § 11 Rdn. 87; Coester-Waltjenin Schlosser/Coester-Waltjen/Graba § 11 Nr. 14 Rdn. 8; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 11 Nr. 13 Rdn. 1, § 11 Nr. 14 Rdn. 1; ErmanlHejermehl § 3 Rdn. 3; Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 11 Nr. 13 Rdn. 1, § 11 Nr. 14 Rdn. 1.; Soergel/Stein § 3 Rdn. 3; Staudinger/Schlosser§ 11 Nr. 13 Rdn. 1. 38

8 Kreienbaum

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5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz 1. § 11 Nr. 13

§ 11 Nr. 13 soll verhindern, daß den Vertragspartnern des Verwenders ein neuer Vertragspartner aufgedrängt wird. 39 § 11 Nr. 13 erklärt Klauseln, die eine Vertragsübernahme ennöglichen, grundsätzlich für unwirksam, es sei denn, der Dritte ist namentlich bezeichnet40 oder dem anderen Vertragsteil ist ein Rücktrittsrecht eingeräumt.

a) § 11 Nr. 13 a Die herrschende Meinung sieht in § 11 Nr. 13 eine spezielle Ausfonnung des Verbots der überraschenden Klausel i.S.v. § 3. 41 Diese Auffassung ist abzulehnen. Als überraschende Klausel müßte eine Klausel, welche die Vertragsübernahmezuläßt, zunächst ungewöhnlich sein. Die Ungewöhnlichkeit kann auf ihrem speziellen Inhalt beruhen, oder sie kann auf ihrer Stellung im Vertragsgefüge begründet sein. 42 Letzteres hängt jedoch immer von der Gestaltung des AGB-Textes im Einzelfall ab, und kann daher nicht ein generelles Verbot derartiger Klauseln begründen. Sollte man derartige Klauseln generell als inhaltlich überraschend angesehen haben, steht die in § 11 Nr. 13 gefundene Lösung nicht in Einklang mit den zu § 3 entwickelten Ansichten. Denn dann hätte man die Klauseln nur für zulässig

39 Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, § 8 NT. 13, S. 29, 85, dort war noch ein grundsätzliches Verbot von Klauseln, die eine Vertragsübernahme gestatteten, vorgesehen; vgl. auch PalandtiHeinrichs § 11 Rdn. 84; Brandner in UlmerlBrandner/Hensen § 11 NT. 13 Rdn. 2; Wolfin WolflHorniLindacher § 13 Rdn. 8. 40 Die Benennung des Dritten muß so vollständig sein, daß dem Kunden die Identifikation und die Überprüfung seiner Leistungsfähigkeit und Bonität möglich ist. Dazu ist die Angabe von Namen und Anschrift des Dritten erforderlich, vgl. BGH, NJW 1980, 2518, MKlKötz § 11 Rdn. 223; PalandtiHeinrichs § 11 Rdn. 86; Hensen in Ulmer/ BrandnerlHensen § 11 Nr. 13 Rdn. 6; Soergel/Stein § 11 Rdn. 154; einschränkend Wolf in Wolf/HorniLindacher § 11 NT. 13 Rdn. 1. 41 Trinknerin Löwe/von WestphaleniTrinkner § 3 Rdn. 2: Soergel/Stein § 3 Rdn. 3; ErmaniHefermehl § 3 Rdn. 3; Hensen in Ulmer/BrandnerlHensen § 11 NT. 13 Rdn. 1; Staudinger/Schlosser§ 11 Nr. 13 Rdn. 1; einschränkend Wolfin Wolf/HornlLindacher § 11 NT. 13 Rdn. 1. 42 V gl. Kapitel 4 B I.

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ansehen dürfen, wenn derart auf sie hingewiesen wird, daß dem Vertragspartner des Verwenders die Klausel nicht verborgen bleiben kann. 43

§ 11 Nr. 13 sieht aber demgegenüber vor, daß für die Wirksamkeit einer Vertragsübernahmeklausel die Nennung des potentiellen Vertragspartners ausreicht. Damit wird nicht erreicht, daß der Kunde die Regelung im Vertragstext auffindet. Sie kann für ihn daher weiterhin ungewöhnlich sein, so daß ungeachtet des § 11 Nr. 13 die Klausel nach § 3 für überraschend zu erklären wäre. 44 Daher kann § 11 Nr. 13 nicht als spezielle Ausformung des § 3 betrachtet werden. Fügt man § 11 Nr. 13 in das System des AGBG, so kann die Regelung nur noch als spezielle Ausformung des § 9 und damit als Norm der Inhaltskontrolle verstanden werden. Die Inhaltskontrolle versucht AGB-Regelungen zu unterbinden, die den Vertragspartnerdes Verwenders unangemessen benachteiligen. Eine Regelung, welche die Vertragsübernahme gestattet, ist insofern eine unangemessene Benachteiligung des Kunden, als ihm ein Vertragspartner aufgenötigt werden kann, dessen LeistungsHihigkeit und Zuverlässigkeit er bei Vertragsabschluß nicht beurteilen und damit bei seiner Entscheidung auch nicht berücksichtigen kann. 45 Damit verlieren Verbraucherinformation und kritisches Konsumverhalten ihren Sinn. 46 Zudem besteht die Gefahr, daß dem Kunden unklar bleibt, wer sein konkreter Vertragspartner ist. Damit ist er in Ausübung seiner Rechte erheblich behindert. 47 Die Anforderungen, die § 11 Nr. 13 a an die Deutlichkeit und Klarheit der Vertragsübernahmeklausel stellt, sollen diese Nachteile eindämmen. Schutzzweck des § 11 Nr. 13 a ist es daher, dem Kunden vor Abschluß des Vertrages

43 Vgl. Kapitel 4 B I1I; vgl. auch von Westphalenin Löwe/von WestphaleniTrinkner § 11 Nr. 13 Rdn. 20. 44 So auch Wolfin Wolf/HorniLindacher § 11 Nr. 13 Rdn. 1; Hensen in Ulmer/ Brandner/Hensen § 11 Nr. 13 Rdn. 1. 45 BGH, NJW 1980, 2518; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 11 Nr. 13 Rdn. 1; Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, S. 85; Hensen in Ulmer/ BrandnerlHensen § 11 Nr. 13 Rdn. 5; Staudinger/Schlosser § 11 Nr. 13 Rdn. 1. 46 BT-Drucks. 7/3919 S. 38; Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, S. 85; vgl. auch ErmaniHefermehl § 11 Nr. 13 Rdn. 4; CoesterWalljen inSchlosser/Coester-Waltjen/Graba § 11 Nr. 14 Rdn. 4; kritisch Hensen in UImer/Brandner/Hensen § 11 Nr. 13 Rdn. 7. 47 Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, S. 85; BGH, NJW 1980, 2518; vgl. auch Coester-Walljenin Schlosser/Coester-Waltjen/Graba § 11 Nr. 13 Rdn. 4.

8*

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

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eine Risikoeinschätzung zu ennöglichen. Primäres Schutzgut ist die Abschlußfreiheit, die dadurch gesichert werden soll, daß der Kunde aufgrund der für den Vertragsschluß notwendigen Infonnationen eine vernünftige Entscheidung treffen kann. § 11 Nr. 13 wirkt damit nicht auf eine inhaltliche Angemessenheit der Vertragsübernahmeklausel hin. 48 Eine solche wäre nur gegeben, wenn wie bei § 10 Nr. 3, Nr. 4 zumindest das Vorliegen eines sachlichen Grundes für den Eintritt des Dritten und die Zumutbarkeit für den Vertragspartner als Bewertungskriterium für die Wirksamkeit derartiger Klauseln angeordnet wären. Hervorzuheben ist hier, daß eine Nonn der Inhaltskontrolle die Konkretisierung und Verdeutlichung bestimmter AGB-Klauseln zum Schutz der Abschlußfreiheit anordnet. Dies steht in Widerspruch zu dem gängigen Verständnis der Inhaltskontrolle. Ist eine Regelung inhaltlich unangemessen, so wird sie grundsätzlich nicht dadurch angemessen, daß die mit ihr verbundenen Gefahren und Nachteile verdeutlicht werden. 49 § 11 Nr. 13 verwirklicht damit Transparenzanforderungen. Er zwingt den Verwender im Rahmen der Inhaltskontrolle zu klaren und deutlichen Regelungen, wo dem Kunden allein durch die Unklarheit ein Nachteil zugefügt wird.

b) § 11 Nr. 13 b

Nach § 11 Nr. 13 b ist eine Vertragseintrittsklausel auch bei Einräumung eines Rücktrittsrechts wirksam. Dieses gleicht die mit der Vertragsübernahmeklausel verbundenen Nachteile insoweit aus, als der Kunde sich nicht einen neuen Vertragspartner aufdrängen lassen muß. Er kann sich statt dessen vom Vertrag lösen. Ein vollständiger Ausgleich ist damit nicht erreicht, denn die Ausübung des Rücktrittsrechts bedeutet für den Kunden den Verlust des Anspruchs auf die vertragsmäßige Leistung. Hier kommt zum einen der Gedanke der Kompensation zum Ausdruck. Im Rahmen der Interessenabwägung sind nämlich nicht nur die durch die fragliche Klausel betroffenen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien gegeneinander aufzuwiegen, sondern es sind auch damit zusammenhängende Klauseln und deren Einfluß auf die Rechtsstellung der Parteien zu berücksichtigen. 50 Von

48

So auch Soergel/Stein § 11 Rdn. 150.

Daher kritisch bezüglich des tatsächlichen Schutzes des Kunden Soergel/Stein § 11 Rdn. 150. 49

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Bedeutung ist es, daß die Einräumung eines materiell-rechtlichen Vorteils die in der Intransparenz einer Klausel liegende Benachteiligung im Rahmen der Interessenabwägung auszugleichen vermag. Auch hieran wird die Verwebung formeller und materieller Aspekte innerhalb der Inhaltskontrolle deutlich.

c) Zwischenergebnis § 11 Nr. 13 erfaßt weder den klassischen Fall der überraschenden Klausel noch den der inhaltlichen Unangemessenheit. § 11 Nr. 13 stellt vielmehr eine Ausformung des Transparenzgedankens dar, welcher mit seiner Verflechtung von formalen und inhaltlichen Anforderungen die Systematik des AGBG verläßt.

2. § 11 Nr. 14 a

Durch § 11 Nr. 14 a sollen Klauseln verhindert werden, die dem Abschlußvertreter eine eigene Haftung oder Einstandspflicht auferlegen. § 11 Nr. 14 a wird wie § 11 Nr. 13 als Regelung zur Vermeidung überraschender Klauseln angesehen. 51 Die in § 11 Nr. 14 a getroffene Regelung stimmt systematisch mit § 3 überein. Klauseln dieser Art sind inhaltlich ungewöhnlich. 52 Kein Vertreter erwar50 Vgl. BGHZ 82, 238 (240); BGH, NJW 1991, 1888; PalandtfHeinrichs § 9 Rdn. 10; Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 85; ErmaniHefermehl § 9 Rdn. 14. 51 Trinknerin Löwe/von WestphaleniTrinkner § 3 Rdn. 2; Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 11 Nr. 14 Rdn. 1; Wolfin WolflHorniLindacher § 11 Nr. 14 Rdn. 1; Coester-Waltjenin Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 11 Nr. 14 Rdn. 4, 8; Palandtl Heinrichs § 11 Rdn. 87; Staudinger/Schlosser § 11 Nr. 14 Rdn. 4; Soergel/Stein § 11 Rdn. 158; ErmaniHefermehl § 3 Rdn. 3, § 11 Nr. 14 Rdn. 1; Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, S. 86; BT-Drucks. 7/3919 S. 38; vgl. auch von Westphalen in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 11 Nr. 14 Rdn. 2, 11.

52 Der Erste Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz bezeichnet derartige Klauseln als versteckte Bestimmungen, vgl. S. 85 f. Die Kritik an der Verwendung solcher Klauseln kann aber nicht allein die formale Anordnung im Text betreffen, da dann nur im Einzelfall § 3 einschlägig wäre (vgl. Kapitel 4). Aus dem Zusammenhang ergibt sich aber, daß dem Teilbericht nicht ein derart eingeschränktes Verständnis zugrunde liegt. Für eine Einordnung als überraschende Klauseln für die Zeit vor dem AGBG vgl. OLG Karlsruhe, OLGZ 1969, 146; LG Essen, NJW 1972, 1813; LG Bielefeld, NJW 1973, 1797.

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tet bei Abschluß eines Vertrages, als Schuldner fiir die Pflichten des Vertretenen einstehen zu müssen. Für eine solche Regelung gibt es kein gesetzliches oder im Rechtsverkehr geprägtes Leitbild. § 11 Nr. 14 a sieht in Übereinstimmung mit der Dogmatik zu § 3 vor, daß die gesonderte Haftung oder Einstandspflicht durch eine darauf gerichtete ausdrückliche und gesonderte Erklärung begründet werden kann. Dies geht zwar über entsprechende Anforderungen des § 3 hinaus,53 wonach regelmäßig deutliche Hinweise und drucktechnische Hervorhebungen als ausreichend angesehen werden, um die Überraschungswirkung zu zerstören. In dieser besonderen Konstellation, in der ein eigentlich Unbeteiligter mit in die Haftung einbezogen wird, würden sich aber auch aus § 3 verstärkte Anforderungen ableiten lassen, um den Vertreter auf die ihm drohenden Verpflichtungen aufmerksam zu machen.

In seiner Konzeption entspricht § 11 Nr. 14 adamit § 3. Zu § 3 wurde bemerkt, daß durch ihn mittelbar Transparenzforderungen herbeigeführt werden. In diesem Sinne verwirklicht § 11 Nr. 14 a ebenfalls Transparenzforderungen. 54 So wird an Hand dieser Norm deutlich, daß das AGBG keine strikte Trennung zwischen den Normen der Einbeziehungs- und der Inhaltskontrolle vornimmt. Anders als § 11 Nr. 13 transportiert § 11 Nr. 14 a aber nur die Transparenzforderungen der Einbeziehungskontrolle in die Normen der Inhalts kontrolle, ohne neue Fallgruppen zu erfassen.

53 Die Anforderungen, die an diese gesonderte Erklärung gestellt werden, sind unterschiedlich. Als besondere vertragliche Abrede zwischen Vertreter und Verwender ordnet sie MKJKötz § 11 Nr. 14 Rdn. 229 fein. Vgl. auch von Westphalen in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 11 Nr. 14 Rdn. 30. Nach dem BGH bedarf es weder einer völligen Trennung dieser Erklärung vom Vertragsformular, noch einer drucktechnischen Hervorhebung. Auch eine besondere Einzelvereinbarung sei nicht erforderlich, vgl. BGH, NJW 1988, 2466 m.w.N. Allerdings müsse für den Vertreter auf den ersten Blick erkennbar sein, daß er eine Eigenhaftung übernehme, so Hensen in UlrnerlBrandnerlHensen § 11 Nr. 14 Rdn. 9; vgl. auch Coester-Waltjen in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 11 Nr. 14 Rdn. 12 f; Wolfin WolflHornlLindacher § 11 Nr. 14 Rdn. 6 ff; nach PalandtiHeinrichs § 11 Rdn. 88 ist eine besondere Unterschrift erforderlich. 54

Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 11 Nr. 14 Rdn. 1.

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IV. § 11 Nr. 5 b, § 11 Nr. 10 b Der Wortlaut der §§ 11 Nr. 5 bund Nr. 10 b gibt keinen Hinweis darauf, daß diese Nonnen in einer Beziehung zu Transparenzforderungen stehen. Allein die zu ihnen vertretenen Ansichten gebieten es, sie in die Untersuchung einzubeziehen.

1. § 11 Nr. 10 b

§ 11 Nr. lOb regelt den Fall, daß Gewährleistungsansprüche gegen den Verwender auf das Recht zur Nachbesserung oder Ersatzlieferung beschränkt werden. Eine derartige Gewährleistungsregelung ist nach § 11 Nr. 10 b nur wirksam, wenn dem anderen Vertragsteil das Recht vorbehalten bleibt, bei Fehlschlagen der Nachbesserung oder Ersatzlieferung wahlweise Herabsetzung der Vergütung oder Rückgängigmachung des Vertrages zu verlangen. 55 Dieser Regelung über das Verhältnis und die Ausschließbarkeit einzelner Gewährleistungansprüche entnehmen Rechtsprechung und Literatur Anforderungen an die Darstellung dieser Ansprüche.

a) Ausdrücklicher Hinweis

Zur Wirksamkeit einer Klausel, welche die Gewährleistungsansprüche des Kunden zunächst auf ein Nachbesserungsrecht oder das Recht auf Ersatzlieferung beschränkt, ist es nach allgeiner Ansicht erforderlich, daß die subsidiären Wandelungs- und Minderungsansprüche dem Kunden ausdrücklich vorbehalten werden. 56

55 Auf die Einschränkung des Wandelungsrechtes bei Bauleistungen gern. § 11 Nr. 10 b soll hier nicht näher eingegangen werden. 56 BGH, NJW 1981, 867 (868); BGH, NJW 1982, 331 (333); BGH, NJW 1982, 2380; BGH, BB 1990, 850 (851); BGH, BB 1990, 1927; Hensen in Ulrner/Brandner/ Hensen § Nr. 10 b Rdn. 33; Coester-Waltjenin Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 11 Nr. 10 b Rdn. 48; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 11 Nr. 10 b Rdn. 33; MKlKötz § 11 Nr. 10 Rdn. 156; Palandt/Heinrichs§ 11 Rdn. 58; Fehl, BB 1983, 223; von Westphalen in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 11 Nr. 10 b Rdn. 17; ErrnaniHefermehl§ 11 Nr. 10 Rdn. 19; Soergel/Stein § 11 Rdn. 112.

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5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

Ob dazu ein ausdrücklicher Hinweis erforderlich istS7 oder ob es ausreicht, daß die Klausel selbst einen entsprechenden Vorbehalt enthälts8 , ist strittig. Einigkeit besteht jedoch dahingehend, daß dem Kunden mittels des AGB-Texte ermöglicht werden muß, seine Rechte zu erkennen, ohne daß er rechtliche Beratung in Anspruch nehmen oder einen Prozeß anstrengen muß. S9

b) "Wandelung und Minderung" Auch die Ausgestaltung des ausdrücklichen Vorbehalts der Gewährleistungsrechte unterliegt besonderen Anforderungen. Die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur fordert, daß dieser Vorbehalt selbst erkennbar und verständlich ist. 60 Die Erkennbarkeit setze voraus, daß der Hinweis im Zusammenhang mit der Beschränkung der Gewährleistungsrechte stehe und nicht im AGB-Text verborgen sei. 61 Die Verständlichkeit sei gewahrt, wenn entweder der Wortlaut des § 11 Nr. lOb gebraucht werde, oder eine ebenso verständliche Formulierung benutzt werde. 62 Nach der herrschenden Meinung schließen diese Anforderungen den Gebrauch der Begriffe "Wande1ung" und "Minderung" aus. 63 Da diese Begriffe im Umgangsdeutsch ungebräuchlich seien und von

57 So Wolfin Wolf/HornILindacher § 11 Nr. 10 b Rdn. 33, Wolfcharakterisiert diese Hinweispflicht als rechtliche Belehrung des Kunden; vgl. auch BGH, NJW 1982, 331 (333); BGH, BB 1990, 950 (951); Fehl, BB 1983, 223. 58

So Coester-Waltjenin Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 11 Nr. 10 b Rdn. 48.

59 BGH, BB 1990,950 (951); BGH, BB 1990, 1927 m.w.N.; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 11 Nr. 10 b Rdn. 33; Soergel/Stein § 11 Rdn. 112; Coester-Waltjenin Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 11 Nr. 10 b Rdn. 48; BT-Drucks. 7/3919, S. 34; ErmanlHefermehl § 11 Nr. 10 Rdn. 23; Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 11 Nr. 10 b Rdn. 34.

6°BGH, NJW-RR 1990, 886 (888); BGH, NJW-RR 1990,1141 f.; ErmaniHefermehl § 11 Nr. 10 Rdn. 23; Soergel/Stein § 11 Rdn. 112; von Westphalen in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 11 Nr. 10 b Rdn. 15 ff.; Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 11 Nr. 10 b Rdn. 34; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 52; MKlKötz § 11 Rdn. 94; Wolf in WolflHorniLindacher § 11 Nr. 10 b Rdn. 33. 61 Wolf in WolflHornlLindacher § 11 Nr. 10 b Rdn. 33. 62 So Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 11 Nr. 10 b Rdn. 34, MKlKötz § 11 Nr. 10 Rdn. 155; Wolf in Wolf/HorniLindacher § 11 Nr. 10 b Rdn. 33; Soergel/Stein § 11 Rdn. 112. 63 BGH, NJW 1981, 867 (868); BGH, NJW 1982, 331 (333); BGH, NJW 1982, 2380; BGH, NJW 1994, 1004 (1005); OLG Koblenz, ZIP 1981, 509; OLG Hamm, NJW 1982, 187; MKlKötz § 11 Nr. 10 Rdn. 155; Staudinger/Schlosser § 11 Nr. 10

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Nichtjuristen nicht verstanden werden könnten, bedürfe es der Umschreibung dieser Begriffe, wie sie auch in § 11 Nr. lOb selbst vorgenommen sei. 64 Andere stützen die Nichtverwendbarkeit dieser Begriffe auf den Willen des Gesetzgebers, der im Wortlaut des § 11 Nr. lOb seinen Ausdruck gefunden habe. 65 Da dort ausdrücklich von "Herabsetzung der Vergütung" und "Rückgängigmachung des Vertrages" die Rede sei,66 ergebe sich die Pflicht rur die Verwender von AGB, diese oder ähnlich deutliche und verständliche Umschreibungen fiir die Gewährleistungsrechte zu benutzen. 67 Zudem spreche § 11 Nr. lOb von einem "ausdrücklichen Vorbehalt".68 Demgegenüber wird insbesondere von Fehl69 die Auffassung vertreten, eine derartige Einengung der Formulierungsfreiheit des Verwenders lasse sich weder aus der Belehrungsfunktion des § 11 Nr. lOb zum Zwecke des Kundenschutzes noch aus der vom Gesetzgeber benutzten Formulierung herleiten. Vielmehr müsse aus Gründen der Rechtssicherheit die Verwendung der Fachausdrücke des BGB stets zulässig sein. Dieses vermeide die mit der Benutzung der Umgangssprache verbundenen Unklarheiten und Mehrdeutigkeiten. Es komme daher auch nicht darauf an, ob die juristischen Fachausdrücke Eingang in die Umgangssprache gefunden hätten, obwohl dies hinsichtlich der Begriffe "Wandelung" und "Minderung" aufgrund der langjährigen Geltung und zentralen rechtlichen Bedeutung wohl angenommen werden könne. Fehl stellt das Problem der Verwendung der Begriffe "Wandelung" und "Minderung" in Zusammenhang mit der grundsätzlichen Zulässigkeit der Verwendung juristischer Fachausdrücke und argumentiert entsprechend einer dort

Rdn. 52; Trinkner Rdn. 34; Nr. 10 b

Palandt/Heinrichs § 11 Rdn. 58; von Westphalen in Löwe/von Westphalenl § 11 Nr. 10 b Rdn. 17; Hensen in Ulmer/BrandnerlHensen § 11 Nr. 10 b ErmaniHefermehl § 11 Nr. 10 Rdn. 23; Wolfin Wolf/HornILindacher § 11 Rdn. 33; Soergel/Stein § 11 Rdn. 112 m.w.N.

64 BGH, NJW 1981, 867; BGH, NJW 1982, 331 (333); BGH, NJW 1982,2380; Hensen in Ulmer/BrandnerlHensen § 11 Nr. 10 b Rdn. 34; ErmaniHefermehl § 11 Nr. 10 Rdn. 23; SoergellStein § 11 Rdn. 112.

65 BGH, NJW 1982, 331 (333), Wolfin WolflHornILindacher § 11 Nr. 10 b Rdn. 33; vgl. auch BT-Drucks. 7/3919 S. 34. 66

Der Gesetzgeber benutzt damit die Legaldefinition des § 462 BGB.

PalandtiHeinrichs § 11 Rdn. 58; MKlKötz § 11 Nr. 10 Rdn. 155; Wolf in Wolf/ HorniLindacher § 11 Nr. 10 b Rdn. 33. 67

68

Von Westphalenin Löwe/von WestphaleniTrinkner § 11 Nr. 10 b Rdn. 17.

69

Vgl. zum folgenden Fehl, BB 1983, 223 (225).

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5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

stark vertretenen Meinung. 7o Ihm ist zuzugeben, daß, wenn man grundsätzlich die Verwendung juristischer Fachausdrücke nicht nur zuläßt, sondern sie auch entsprechend der juristischen Bedeutung auslegt, die gegenteilige Ansicht hinsichtlich zweier spezieller Ausdrücke schwer zu vertreten ist. In dem Fall ist die Frage berechtigt, ob allein der Wortlaut des § 11 Nr. lOb zur Begründung einer abweichenden Ansicht ausreicht. Ein Rückgriff auf das Argument des Kundenschutzes und der daraus erwachsenden Notwendigkeit, umgangssprachlich bzw. verständlich zu formulieren, verbietet sich, da dieses Argument hinsichtlich aller weiteren juristischen Begriffe mit dem Hinweis auf bedeutendere Rechtsgüter wie Rechtssicherheit abgelehnt wird. Ein Teil der herrschenden Meinung sieht sich damit berechtigter Kritik ausgesetzt. Folgt manjedoch der hier vertretenen Auffassung hinsichtlich der Auslegung juristischer Fachtermini,71 so steht die herrschende Meinung zu § 11 Nr. 10 b damit in Einklang.

c) "Fehlschlagen" Desweiteren wird für die Wirksamkeit einer Klausel nach § 11 Nr. 10 b gefordert, daß der Verwender die Fälle aufzuzählen habe, in denen aufgrund eines Fehlschlagens der Nachbesserung oder Ersatzlieferung die sekundären Gewährleistungsansprüche dem Kunden zur Verfügung stünden. 72 Dafür spreche, daß der ausdrücklichen Hinweispflicht zwecks Information des Kunden nur dann Genüge getan sei, wenn dem Kunden die Rechtsvoraussetzungen ebenso transparent gemacht werden wie die Rechtsfolgen. 73 Dem Kunden sei die festgefügte Judikatur zu den Fallgruppen des Fehlschlagens noch weniger bekannt als die Bedeutung der Begriffe "Wandelung" und "Minderung".74

70

Vgl. die Darstellung in Kapitel 3 B 111.

71 Vgl. Kapitel 3 B 111. n Von Westphalenin Löwe/von WestphaleniTrinkner § 11 Nr. 10 b Rdn. 15, 17; für die Nennung der Hauptfälle OLG Frankfurt, BB 1983, 1435 (1438); siehe auch AGBKlauselwerke/von Westphalen. Transparenzgebot Rdn. 4.

73 Von Westphalen in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 11 Nr. 10 b Rdn. 16; vgl. auch Fehl. BB 1983, 223 (224). 74

Von Westphalen in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 11 NT. 10 b Rdn. 17.

B. Transparenzanforderungen in den §§ 10, 11

123

Dieser Meinung wird von der herrschenden Meinung widersprochen. 75 Die Auflistung aller denkbaren Fälle des Fehlschlagens, die z. T. selbst noch erläuterungsbedürftig sein könnten, überspanne wegen der Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen die Anforderungen an den Verwender und hebe den Vorteil an Deutlichkeit durch den Umfang, den die Klausel annehmen müßte, wieder auf. 76 Der herrschenden Meinung ist zu folgen. Die Begriffe "Fehlschlagen" und "Wandelung bzw. Minderung" sind hinsichtlich der Verständlichkeit nicht gleichzusetzen. Der Begriff des Fehlschlagens ist aus sich selbst heraus auch rur Nichtjuristen insoweit verständlich, als daß der Durchschnittskunde sich die Hauptanwendungsfalle selbst erschließen kann. Ebensowenig liegt eine Vergleichbarkeit mit den §§ 10 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 vor. Beim Rücktrittsvorbehalt fordert das AGBG ausdrücklich die Benennung der zum Rücktritt berechtigenden Gründe. Das ist bei § 11 Nr. 10 b nicht der Fall. Damit ist auch der Vorwurf der willkürlichen Gesetzesanwendung, welcher der herrschenden Meinung gemacht wird,77 entkräftet.

d) Gesamtwürdigung § 11 Nr. lOb wird als der Paragraph im AGBG bezeichnet, der die strengsten Anforderungen an die Klauselgestaltung stelle. 78 Ihm komme daher singulärer Charakter ZU. 79 Bei näherer dogmatischer Betrachtung unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung kann diese Einschätzung nicht geteilt werden. Singuläre Bedeutung kann § 10 Nr. 11 b insbesondere unter Transparenzgesichtspunkten nur zugeschrieben werden, wenn man § 10 Nr. 11 b in Hinsicht

75 BGH, BB 1990,950 (951); BGH, NJW 1994, 1004 (1005); OLG Köln, NJW-RR 1986, 151; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1991, 1464; Wolfin WolflHorniLindacher § II Nr. 10 b Rdn. 33; MKJKö(z § II Nr. 10 Rdn. 155; Soergel/Stein § II Rdn. 112; Staudinger/Schlosser§ II Nr. 10 Rdn. 52; Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § II Nr. 10 b Rdn. 35; Palandt/Heinrichs§ II Rdn. 58; Coester- Waltjen in Schlosser/Co ester-Waltjenl Graba § II Nr. 10 b Rdn. 52; ErmaniHefermehl § II Nr. 10 Rdn. 23. 76 BGH, BB 1990, 950 (952). 77

So Fehl, BB 1983, 223 (224).

78

Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § II Nr. 10 b Rdn. 33.

79

MKJKötz § II Nr. 10 Rdn. 155.

124

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

auf die subsidiären Rechte als gesetzliche Aufklärungspflicht mit besonderen gestalterischen Anforderungen versteht. 80 Denn eine allgemeine Aufklärungspflicht vor Vertragsschluß besteht schon wegen des natürlichen Interessenwiderstreits der Parteien nicht. 81 Vor allem besteht grundsätzlich keine Pflicht, den Vertragspartner über die Rechtslage aufzuklären. 82 Dieses Verständnis des § 11 Nr. lOb resuliert jedoch aus der vorhergehenden Rechtsprechung. 83 Das RG begegnete Freizeichnungsklauseln u.a. mit restriktiver Auslegung,84 hielt jedoch die vollständige Abbedingung von Gewährleistungsrechten bei Sachmängeln grundsätzlich für zulässig, soweit dem Käufer statt der Gewährleistungsrechte ein Nachbesserungsrecht eingeräumt wurde. 85 Zudem ging das RG davon aus, das im Falle des Fehlschlagens der Nachbesserung der Käufer auf die Gewährleistungsrechte zurückgreifen könne. 86 Dieser Meinung schloß sich der BGH in der Folgezeit an. 87 Damit entstand der Eindruck, die Gewährleistungsrechte bestünden als sekundäre Ansprüche unabhängig von der Art der Klauselgestaltung in jedem Fal1. 88 An dieser, aufrestriktiver Auslegung beruhenden Rechtsprechung sollte nicht weiter festgehalten werden, da sie mittels Auslegung Ergebnisse der Inhaltskontrolle zu erzielen versucht. Eine Klausel, welche die Rechte des Kunden auf

80 So allerdings die herrschende Meinung, vgl. nur BGH, NJW 1982, 331 (333); BGH, BB 1990, 950 (951); Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 11 Nr. lOb Rdn. 29; Wolfin WolflHornlLindacher § 11 Nr. 10 b Rdn. 33; von Westphalen in Löwe/von WestphalenITrinkner § 11 Nr. 10 b Rdn. 17; MKlKöfz § 11 Nr. 10 Rdn. 155; ErmanlHefermehl § 11 Nr. 10 Rdn. 19. 81 Vgl. nur BGH, WM 1970, 132 (133); BGH, WM 1976, 51; BGH, NJW 1983, 2493; MKlRoth § 242 BGB Rdn. 215; StaudingerlDilcher § 123 BGB Rdn. 7 ff.; PalandtlHeinrichs § 242 BGB Rdn. 37. 82 Vgl. nur BGH, NJW 1981, 867 (869). 83 Vgl. Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 11 Nr. 10 b Rdn. 29; Fehl. BB 1983, 223; von Westphalen in Löwe/von WestphalenlTrinkner § 11 Nr. 10 b Rd. 2 ff.; MKI Kötz § 11 Nr. 10 Rdn. 152. 84 RGZ 142, 353 (355), RG, JW 1934, 2395. 85 RG, LZ 1931, 1379; RGZ 142,353 (354); RG, DR 1941, 1726. 86 RGZ 87, 335 (336 f.); RGZ 96, 266 (268); RG, LZ 1931, 1379. 87 BGHZ 22,90 (97 ff.); vgl. auch Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 11 Nr. 10 b Rdn.29.

88 Vgl. nur Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, S. 75; StaudingerlWeber. 10 A., Einl. N 420; die Rechtsprechung arbeitete stets mit ergänzender Vertragsauslegung, vgl. StaudingerlSchlosser § 11 Nr. 10 Rdn. 41.

B. Transparenzanforderungen in den §§ 10, 11

125

Nachbesserung oder Ersatzlieferung beschränkt, ist bei Anwendung allgemeiner Auslegungsregeln als Ausschlußklausel bezüglich der weiteren gesetzlichen GewährleistungsanspTÜche zu verstehen. 89 Eine derartige Klausel verstößt wegen der darin liegenden unangemessenen Benachteiligung stets gegen § 11 Nr. 10 b. 90 Insofern ist der Verwender allein zur Vermeidung inhaltlicher Unangemessenheit gehalten, im Wege der Kompensation subsidiäre Wandelungs- und MinderungsanspTÜche einzuräumen. 91 Daher ist das Ausdrücklichkeitserfordernis, das der Gesetzgeber in § 11 Nr. 10 b aufstellt, nicht als besondere Aufklärungspflicht aufzufassen. Vorrangig sichert dieses Ausdrücklichkeitserfordernis die materiell-rechtliche Angemessenheit der Klausel. Unter diesem Blickwinkel sind dann auch die Anforderungen an die Art und Weise der Darstellung einer Gewährleistungsregelung zu bestimmen. Es besteht dann kein Anlaß mehr, im Bereich des § 11 Nr. lOb Besonderheiten hinsichtlich der Formulierungsverantwortung des Verwenders aufzustellen. Daraus folgt allerdings nicht, daß die Anforderungen der Rechtsprechung, die in ein Verbot der Verwendung der Begriffe Wandelung und Minderung münden, abzulehnen sind. Die Ergebnisse der Rechtsprechung sind vielmehr auch dann zutreffend, wenn der hier vertretenen Meinung zur Auslegung juristischer Fachbegriffe gefolgt wird. 92 In § 11 Nr. lOb ist mithin nur gesetzlich ausgesprochen, was als Folge materiell-rechtlicher Abwägungen und im Rahmen der Auslegung ermittelter Transparenzanforderungen in AGB-Texten allgemeine Geltung beansprucht.

2. § 11 Nr. 5 b

11 Nr. 5 a erklärt Klauseln rur unwirksam, die eine Schadenspauschalierung oberhalb des Betrages, der durchschnittlich schadenstypisch ist, anstreben. Ergänzend regelt § 11 Nr. 5 b, daß dem anderen Vertragsteil nicht der Nachweis abgeschnitten werden darf, ein Schaden sei überhaupt nicht oder nur in

89

So auch BGH, NJW 1981,867 (869); Staudinger/Schlosser§ 11 Nr. 10 Rdn. 4l.

90 Vgl. von Westphalen in Löwe/von Westphalenffrinkner § 11 Nr. 10 b Rdn. 5; Soergel/Stein § 11 Rdn. 106.

91

Vgl. zur Kompensation Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 85 m.w.N.

92

V gl. dazu ausführlich Kapitel 3 B III.

126

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

wesentlich geringerer Höhe als von der Schadenspauschale vorgesehen entstanden. In welchen Fällen angenommen werden kann, daß dem Kunden des Verwenders dieser Nachweis abgeschnitten wird, ist strittig. Nach einer früher stark vertretenen Ansicht ist § 11 Nr. 5 b bereits dann verwirklicht, wenn die AGBKlausel nicht ausdrücklich auf die Möglichkeit des Gegenbeweises hinweist. 93 Dies sei erforderlich, da die Möglichkeit, den Nachweis eines geringeren Schadens zu fUhren, im vorprozessualen Bereich wenig bekannt sei. 94 Die heute herrschende Meinung ist von dieser Forderung abgerückt. 95 § 11 Nr. 5 b enthalte kein Transparenzgebot. 96 Vielmehr sei die jeweilige Klausel daraufhin zu untersuchen, inwieweit sie bei den Vertragspartnern des Verwenders die Vorstellung wecke, daß er sich nicht auf einen im Einzelfall niedrigeren Schaden berufen könne. 97 Dabei werden Klauseln, die durch Verwendung von Begriffen wie "mindestens" oder "auf jeden Fall" darauf abzielen, beim Kunden die Vorstellung hervorzurufen, die genannten Beträge seien auf jeden Fall zu bezahlen, einhellig als unwirksam angesehen. 98 Ansonsten fallen aber

930LG Stuttgart, BB 1979, 1468; OLG Stuttgart, NJW 1981, 1105 (1106); CoesterWalljen in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 11 Nr. 5 Rdn. 39; Staudinger/Schlosser § 11 Nr. 5 Rdn. 19; Stein § 11 Rdn. 37; so auch die Forderung der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, vgl. § 8 Nr. 5 b des Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Ersten Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, S. 28, 69 f.; siehe auch von Westphalen in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 11 Nr. 5 Rdn. 33. 94

Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, S. 70.

95 BGH, NJW 1982,2316; BGH, ZIP 1982, 1092 (1093 f.); BGH, ZIP 1983,452 (455); BGH, ZIP 1984, 1485 (1486); BGH, NJW 1985,321; BGH, NJW 1986,376; Wolfin WolflHorniLindacher § 11 Nr. 5 Rdn. 33; PalandtiHeinrichs § 11 Rdn. 26; von von Westphalen in Löwe/von WestphaleniTrinkner § II Nr. 5 Rdn. 34; Hensen in UImerlBrandnerlHensen § II Nr. 5 Rdn. 18; MKlKötz § II Nr. 5 Rdn. 74; ErmaniHejermehl § II Nr. 5 Rdn. 14; . 96 Von Westphalen in Löwe/von WestphaleniTrinkner § II Nr. 5 Rdn. 34. 97 BGH, ZIP 1982, 1092 (1094); BGH, NJW 1982, 2317; BGH, NJW 1983, 1320 (1322); BGH, ZIP 1984, 1485 (1486); BGH, NJW 1986, 376; OLG Hamm, NJW-RR 1986, 927 (929); OLG Hamm, NJW-RR 1986, 929; PalandtiHeinrichs § II Rdn. 26; Hensen in Ulmer/BrandnerlHensen § II Nr. 5 Rdn. 18; von Westphalen in Löwe/von WestphaleniTrinkner § II Nr. 5 Rdn. 35; ErmaniHejermehl § II Nr. 5 Rdn. 14; a.A. Wolfin WolflHornlLindacher § II Nr. 5 Rdn. 28, der darauf abstellt, ob das Abschnei-

den des Gegenbeweises Inhalt der Klausel ist.

98 BGH, NJW 1982,2317; BGH, NJW 1985,632; BGH, NJW 1988, 1373 (1374);

B. Transparenzanforderungen in den §§ 10, 11

127

die Bewertungen auch innerhalb der herrschenden Meinung im Einzelfall unterschiedlich aus. 99 Damit unterscheidet sich § 11 Nr. 5 b deutlich von § 11 Nr. lOb. Im letzteren Fall ist es erforderlich, daß der Vertragspartner des Verwenders an Hand der Klausel deutlich die ihm zustehenden Gewährleistungsrechteerkennen kann. Im Fall des § 11 Nr. 5 b muß sich der Verwender demgegenüber nur bemühen, einen aus der Klauselfassung sich ergebenden falschen Eindruck zu verhindern. Entscheidend tUr diese unterschiedlichen Anforderungen ist, daß § 11 Nr. lOb nicht über die bestehende Rechtslage aufklärt, sondern eine zulässige Rechtslage gestaltet. Demgegenüber besteht das Recht des Kunden, im Fall einer Schadenspauschalierung einen wesentlich geringeren Schaden nachzuweisen, bereits aus Treu und Glauben. loo Insoweit ist es nicht erforderlich, daß dieses Recht ausdrücklich eingeräumt wird. Allerdings, und insoweit verkörpert § 11 Nr. 5 b Transparenzgedanken, darf die Schadenspauschalierung nicht dergestalt formuliert sein, daß der Kunde abgehalten wird, sein Recht wahrzunehmen. 101 Mithin ver~ietet § 11 Nr. 5 beine IrretUhrung des Kunden l02 und verwirklicht damit mittelbar Transparenzforderungen.

V. Zusammenfassung und Ergebnis Die vorangegangene Untersuchung einzelner Bestimmungen der §§ 10 und 11 hat gezeigt, daß die Verständlichkeit von AGB-Klauseln auch innerhalb der Inhaltskontrolle von Bedeutung ist.

BGH, NJW 1991, 976 (978); Wolfin Wolf/HorniLindacher § 11 Nr. 5 Rdn. 29 m.w.N.; Palandt/Heinrichs§ 11 Rdn. 26; Hensenin Ulmer/Brandner/Hensen § 11 Nr. 5 Rdn. 20; von Westphalen in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 11 Nr. 5 Rdn. 35; MKlKötz § 11 Nr. 5 Rdn. 74; ErmanJHejermehl § 11 Nr. 5 Rdn. 14. 99 Vgl. die Beispiele bei Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 11 Nr. 5 Rdn. 19 ff.; PalandtiHeinrichs § 11 Rdn. 26; ErmanJHejermehl § 11 Nr. 5 Rdn. 14; Soergel/Stein § 11 Rdn. 45.

100 Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 11 Nr. 5 Rdn. 17; von Westphalenin Löwe/ von WestphaleniTrinkner § 11 Nr. 5 Rdn. 35. 101

A.A. Wolf in WolflHornlLindacher § 11 Nr. 5 Rdn. 28.

So auch BGH, ZIP 1982, 1092; von Westphalenin Löwe/von WestphaleniTrinkner § 11 Nr. 5 Rdn. 35. 102

128

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

Zunächst zeigt sich an Hand der §§ 10 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3, daß die Inhaltskontrolle mit dem Bestimmtheitserfordernis eine Fallgruppe intransparenter Gestaltung aufgreift, welche den Normen der Einbeziehungskontrolle nicht unterfällt. Allerdings hat sich an dieser Fallgruppe auch eine fast unauflösliche Verbindung formeller Intransparenz und materieller Unangemessenheit herausgestellt. Aus den §§ 10 Nr. 1, 2 und 3 kann daher nicht gefolgert werden, daß mangelnde Transparenz im Rahmen der Inhaltskontrolle zwingend die Unwirksamkeit einer Klausel nach sich zieht. Der Vergleich dieser Normen mit § 10 Nr. 4 hat erhellt, daß das Bestimmtheitserfordernis nicht auf die genannten Vorschriften begrenzt ist, sondern subsidiär auch in der Generalklausel anzusiedeln ist, wobei eine nähere Analyse der weiteren Untersuchung vorbehalten bleibt. Andere Normen der Inhaltskontrolle erzwingen eine transparente Gestaltung der AGB-Klauseln. Jedoch hat die nähere Untersuchung der §§ 11 Nr. 14, 11 Nr. 10 b und 11 Nr. 5 b erwiesen, daß dort die bereits im Rahmen der Einbeziehungskontrolle gewonnenen Erkenntnisse systemgerechtumgesetztworden sind. § 11 Nr. 14 ist eine spezielle Ausformung des Verbots derÜb~rraschungs­ klausel. § 11 Nr. lOb beruht, wie dargelegt, auf einer im Ansatz verfehlten Rechtsprechung. Ihm kann daher nicht der Sinn entnommen werden, innerhalb von AGB seien die Vertragspartner der Verwender über ihre Rechtspositionen aufzuklären. Die von der Rechtsprechung und Literatur aus § 11 Nr. 10 b gefolgerten erhöhten Transparenzanforderungen entsprechen nach der hier vertretenen Ansicht allgemeinen Prinzipien. Dies gilt insbesondere für die in § 11 Nr. 10 b normierte Regelung, daß in den Fällen, in denen eine Umschreibung von Fachausdrücken ohne einen nennenswerten Verlust an Bestimmtheit möglich ist, von den Verwendern deren Umschreibung verlangt werden kann. Insoweit wird die hier bereits im Rahmen der Auslegung vertretene Ansicht unterstützt, daß juristische Fachausdrücke wegen ihrer Unverständlichkeit für das regelmäßig damit konfrontierte Durchschnittspublikum zu vermeiden sind uI1d im Rahmen der AGB den Verwendern eine erhöhte Formulierungsverantwortung obliegt. Ähnlich hat sich § 11 Nr. 5 a in dieses Spannungsverhältnis zwischen materieller Angemessenheit und formaler Klarheit einordnen lassen. Im Ergebnis kann diesen Normen kein die Anforderungen der Einbeziehungskontrolle übersteigendes Transparenzgebot entnommen werden. Die Ansiedelung dieser Fallgruppen in die Inhaltskontrolle weist jedoch auf eine Verknüpfung inhaltlicher Aspekte mit formalen Fragen hin, welche einer Beschränkung von Transparenzforderungen auf die Normen der Einbeziehungskontrolle widerspricht. Zudem wird in den genannten Fallgruppen die mangelnde Erkenn-

c.

Inhaltskontrolle gern. § 9 und Transparenz

129

barkeit der eigenen Rechtsposition als selbständiger Nachteil definiert. Dieser Gesichtspunkt ist daher nicht nur als mittelbare Folge unangemessener Regelungen zu begreifen, sondern er gewinnt eine eigenständige Bedeutung. Insoweit zeichnet sich hier der Ansatz zu einem selbständigen Transparenzgebot ab. Dieses ist für Vertragsübernahmeklauselnin § 11 Nr. 13 verwirklicht. Entgegen der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur stellt § 11 Nr. 13 nicht eine Ausformung des in § 3 enthalten Schutzes vor Überraschungsklauseln dar. Verbotskern ist auch nicht eine materiell-rechtlich unangemessene Benachteiligung des Kunden. Allein die mangelnde Transparenz führt zur Unwirksamkeit der Vertragseintrittsklausel. Der Sinn des § 11 Nr. 13 liegt darin, dem Vertragspartner des Verwenders die Entscheidung über den Abschluß des Vertrages zumindest in Hinsicht auf die Hauptbestandteile als da sind, Leistungsgegenstand, Gegenleistung und Vertragspartner auf gesicherter Grundlage zu ermöglichen. Es geht mithin um die Sicherung der Abschlußfreiheit.

§ 11 Nr. 13 kann der allgemeine Gedanke entnommen werden, daß besonders wichtige, die essentialia negotii des Vertrages betreffende AGB-Klauseln eines höheren Maßes an Deutlichkeit und Konkretheit bedürfen. Daraus wiederum folgt, daß es für die Transparenz einer AGB-Klausel keinen gleichen Standard gibt, der unabhängig vom Inhalt der Regelung gewahrt werden muß. § 11 Nr. 13 zeigt aber auch, daß neben der erhöhten Transparenz ein Ausgleich der Benachteiligung dadurch gewährt werden kann, daß dem Kunden zusätzliche Rechte eingeräumt werden. Ein Mangel auf der formellen Seite kann durch ein "Mehr" auf der materiell-rechtlichen Seite ausgeglichen werden. Insgesamt zeigt die Betrachtung der §§ 10 und 11, daß auch die Inhaltskontrolle Normen enthält, die in unterschiedlicher Weise Transparenz fördern, und daß das Transparenzgebot im Ansatz in den Normen der Inhaltskontrolle verwirklicht ist. Eine strikte Beschränkung von Transparenzforderungen auf die Normen der Einbeziehungskontrolle läßt sich daher nicht begründen.

C. Inhaltskontrolle gern. § 9 und Transparenz Die Betrachtung der Normen des AGBG in Hinsicht auf eine durch sie direkt oder indirekt herbeigeführte Transparenz endet mit der Untersuchung des § 9. Hier soll wie auch in den vorgehenden Kapiteln gefragt werden, inwieweit die bisherige Anwendung des § 9 bereits auf intransparente AGB-Klauseln reagiert. 9 Kreienbaum

130

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

I. Die Verknüpfung der Normen der Einbeziehungskontrolle mit § 9 Einen Ansatzpunkt für diese Fragestellung bietet das Zusammenspiel der Normen der Einbeziehungskontrolle mit § 9. Zu § 9 wird vertreten, daß unter gewissen Voraussetzungen die Normen der Einbeziehungskontrolle mit § 9 konkurrieren. 103 Die Normen der Einbeziehungskontrolle fordern direkt oder indirekt Transparenz. 104 Daher könnte dieses Konkurrenzverhältnis zu einem "Einfallstor" für Transparenzforderungen im Rahmen der Inhaltskontrolle werden. los Die strikte Trennung von Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle würde auf diesem Wege aufgehoben und die Einbeziehungskontrolle müßte, soweit sie nicht die individuellen Umstände bei Vertragsschluß erfaßt, nur als besondere Form der Inhaltskontrolle aufgefaßt werden. 106

1. Die Verbandsklage und die §§ 2 ff.

Das Verhältnis der Einbeziehungs- zur Inhaltskontrolle hat praktische Relevanz bei der Bestimmung des Anwendungsbereiches der Verbandsklage. Nach dem Wortlaut des § 13 beschränkt sich der Anwendungsbereich der Verbandsklage auf die Überprüfung von Klauseln auf ihre Vereinbarkeit mit den §§ 9 ff. Der gesamte Komplex der Verstöße gegen die Normen der Einbeziehungskontrolle ist damit einer rechtlichen Würdigung im Verbandsverfahren entzogen. Dieser vom Wortlaut vorgegebene Anwendungsbereich wird allgemein als zu eng empfunden und die Überprüfbarkeit von Klauseln, die gegen zwingendes

103 Brandner in Ulmer/BrandnerlHensen § 9 Rdn. 30; Hensen in UlmerlBrandner/ Hensen § 13 Rdn. 7; Soergel/Stein Vor § 8 Rdn. 7, § 13 Rdn. 4; Löwe in Löwe/von Westphalen/Trinkner § 13 Rdn. 22; ReineI, S. 40 ff.; PalandtiHeinrichs § 13 Rdn. 4; Staudinger/Schlosser § 13 Rdn. 24; Erman/Hejermehl Vor §§ 8 - 9 Rdn. 3; wohl a.A. Koch/Stübing § 13 Rdn. 5 f.; a.A. Fehl, BB 1985, 1559 (1560).

104

Vg!. Kapitel 4 A IV, B IV.

105 Zur

Verdeutlichung sei gesagt, daß nicht die Fallkonstellationen diskutiert werden sollen, in denen aus unterschiedlichen Gründen sowohl die Vorschriften der Einbeziehungskontrolle als auch die der Inhaltskontrolle auf eine Klausel Anwendung finden. Es wird ausschließlich der Frage nachgegangen, ob gerade die Unvereinbarkeit einer Klausel mit den Normen der Einbeziehungskontrolle auch die Unwirksamkeit derselben nach § 9 begründen kann. 106

So bereits Staudinger/Schlosser Ein!. zum AGBG Rdn. 17.

c.

Inhaltskontrolle gern. § 9 und Transparenz

131

Recht verstoßen oder die bei abstrakter Beurteilung die Einbeziehungsvoraussetzungen nicht erfüllen, mit unterschiedlichen Akzentuierungen bejaht. 107 Dabei bleibt die dogmatische Begründung der Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 13 oft unklar.

a) Der Meinungsstand Sowohl Teile der Rechtsprechung l08 wie auch der Literatur l09 folgern aus dem Sinn und Zweck des § 13, daß das Anwendungsfeld der Verbandsklage im Wege der erweiternden Auslegung oder Analogie auszudehnen sei. Zweck des § 13 sei es, den Rechtsverkehr vor Klauseln zu schützen, die über den Einzelfall hinaus geeignet seien, diesen zu beeinträchtigen. llo Die jeweiligen Vertragspartner der Verwende sollten erst gar nicht mit unwirksamen Klauseln konfrontiert werden, von denen sie sich oft so beeindrucken ließen, daß sie die ihnen zustehenden Rechte nicht hinreichend wahrnehmen und durchsetzen. III Diese Auswirkungen hafteten aber nicht nur den nach §§ 9 ff. unwirksamen Klauseln an, sondern beständen ebenso, wenn Klauseln gegen zwingendes Recht verstoßen oder bei abstrakter Beurteilung die Einbeziehungsvoraussetzungen nicht erfüllen.

107 Vgl. nur StaudingerlSchlosser§ 13 Rdn. 24; Becker, S. 110 f.; Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 13 Rdn. 21; Lindacher in Wolf/HorniLindacher § 13 Rdn. 38; Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § § 13 Rdn. 5 ff.; Reinei, S. 45; PalandtiHeinrichs § 13 Rdn. 4; Soergel/Stein Vor § 8 Rdn. 7, § 13 Rdn. 4; ErmanlWerner § 13 Rdn. 25; Schäfer, S. 175 ff.; a.A. Fehl, BB 1985, 1559 (1560). 108 OLG Karlsruhe, NJW 1981,405 (406); OLG Stuttgart, NJW 1981, 1105 (1106); OLG Hamm, NJW-RR 1986, 927 (930); OLG Hamm, NJW-RR 1987, 311 (313); OLG Stuttgart, NJW-RR 1988, 785 (787). 109 Schäfer, S. 175 ff.; PalandtiHeinrichs § 13 Rdn. 4; Becker, S. 111; Lindacher in Wolf/HorniLindacher § 13 Rdn. 38 ff.; Hansen, WM 1990, 1521 (1526); Staudingerl Schlosser § 13 Rdn. 24; MKiGerlach § 13 Rdn. 26; wohl auch Westermann, FS f. Steindorff, 817 (830); Koller, FS f. Steindorff, 667 (685).

110 Vgl. nur BGH, NJW 1981,979 (980); BGH, NJW 1989,582 (583); BGH, NJW 1990, 317; Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 13 Rdn. 1; PalandtlHeinrichs § 13 Rdn. 1; Lindacher in Wolf/HorniLindacher § 13 Rdn. 7. 111 Vgl. nur BGRZ 82, 21 (26); BGHZ 100, 157 (178); BGH, NJW 1987,2867; MKI Gerlach § 13 Rdn. 11; Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 13 Rdn. 1; Lindacher in W olf/HorniLindacher § 13 Rdn. 1.

9*

132

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

Eine andere, u.a. vom BGH vertretene Auffassung versucht, generelle Verstöße gegen die §§ 2 ff. als unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 9 zu erfassen. 112 Ausgangspunkt dafür ist die Klassifizierung der §§ 2 ff. als gesetzliche Regelungen i.S.d. § 911 Nr. 1. AGB-Klauseln, welche gegen die in den §§ 2 ff. verankerten wesentlichen Grundgedanken verstoßen, seien daher auch nach § 9 11 Nr. 1 unwirksam. Denn wenn § 9 Abweichungen vom dispositiven Recht für unwirksam erkläre, dann müsse er erst recht bei Abweichungen vom zwingenden Recht zum Tragen kommen, da die Masse der zwingenden Normen, insbesondere die §§ 2 ff., dieselbe Schutzrichtung hätten wie § 9. 11J Eine dritte Meinung sieht in Klauseln, die bei abstrakter Betrachtungsweise immer an den Normen der Einbeziehungskontrolle scheitern, gleichzeitig eine unangemessene Benachteiligung des Kunden i.S.d. § 9 1. 114 Dabei ist der Gedanke ausschlaggebend, daß der Verwender dem Vertragspartner AGB-Klauseln vorhalten könne, die nach den §§ 2 ff. nicht Vertrags inhalt geworden seien, und der Kunde sich daraufhin von der Verfolgung seiner Rechte abhalten lasse. 115 Die unangemessene Benachteiligung besteht demgemäß in der Beeinträchtigung der Rechtsdurchsetzungsfahigkeit, die durch den Schein der Gültigkeit der AGB-Klauseln hervorgerufen wird.

b) Stellungnahme Für die hier aufgeworfene Problematik ist folgendes herauszustellen. Die Vertreter der ersten Ansicht, die mittels Auslegung oder Analogie den Anwendungsbereich des § 13 erweitern wollen, beharren auf der strikten Trennung von Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle. Demgegenüberist nach den beiden letztgenannten Ansichten eine den Wortlaut des § 13 überspielende Analogie oder 112BGH, NJW 1983,1853 (1854); OLG Stuttgart, ZIP 1981,875 (876); OLG Frankfurt, DB 1981,884; OLG München, AGBE 11 § 9 Nr. 23; Brandner in UlmerlBrandner/ Hensen § 9 Rdn. 136; Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 13 Rdn. 21 f.; Palandt/Heinrichs § 13 Rdn. 4; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 2 Rdn. 40; vgl. auch Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 13 Rdn. 5, 7; MKiGerlach § 13 Rdn. 23. Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 13 Rdn. 21; Soergel/Stein § 9 Rdn. 33. 114 OLG Hamburg, NJW-RR 1986, 1440; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1988, 884 (886); Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 13 Rdn. 5, 8 f.; Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 30; Soerge1/Stein Vor § 8 Rdn. 7, § 13 Rdn. 4. 115 OLG Hamburg, NJW-RR 1986, 1440; Hensen, ZIP 1984, 145 (146); SoergeVStein § 13 Rdn. 4; vgl. auch BGHZ 92, 24 (28). 113

C. Inhaltskontrolle gern. § 9 und Transparenz

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Auslegung nicht erforderlich, da die in den Normen der Einbeziehungskontrolle getroffenen Wertungen bereits "Bestandteil" der Inhaltskontrolle sind. Ohne es explizit auszusprechen, stände nach diesen Ansichten bereits fest, daß § 9 im Verbandsverfahrendie Überprüfung von Klauseln auf bestimmte, in den Normen der Einbeziehungskontrolle normierte Transparenzforderungen zuläßt. An Hand typischer Fallgruppen soll nachfolgend das Verhältnis der Normen der Einbeziehungskontrolle zu § 9 näher bestimmt werden.

aa) Abbedingungsklauseln Klauseln, die ausdrücklich die Anwendbarkeit der Einbeziehungsvoraussetzungen abbedingen, sind - soweit ersichtlich - noch nicht Gegenstand eines Verfahrens gewesen. Dagegen können bestimmte Kausein als der Versuch angesehen werden, indirekt eine Abbedingung vorzunelunen oder zumindest die Beweislast fiir das Vorliegen der Einbeziehungsvoraussetzungen zu verändern. Dazu zählen primär Bestätigungs- und Einbeziehungsklauseln.

(1) Bestätigungsklauseln

Bestätigungsklauseln l16 sind Klauseln, die das Einverständnis mit der Einbeziehung von AGB bestätigen. ll ? Zum Teil 1l8 wird zusätzlich bestätigt, daß auf die AGB hingewiesen worden sei und/oder die Möglichkeit der Kenntnis-

116 Zum Teil wird auch der Terminus "Einbeziehungsklauseln" verwendet, vgl. Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 13 Rdn. 8. 117 V gl. Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 66; Hensen in Ulmer/Brandnerl Hensen § 13 Rdn. 8.

118 Vgl. z.B. BGH, NJW 1982, 1388 (1389), "Aufgrund der umstehenden Allgemeinen Geschäfts- und Lieferungsbedingungen, von denen ich Kenntnis genommen habe und mit deren Geltung ich einverstanden bin, obenstehende Zahlungsvereinbarung und der vorgelegten z.Z. gültigen Typen- und Preisliste kaufe ich die oben aufgeführten Gegenstände"; KG, ZIP 1982, 188, "Ich bin auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen hingewiesen worden und erkläre mich damit einverstanden"; siehe auch OLG Frankfurt, DB 1981,884; OLG Hamm, NJW-RR 1986,927; AGB-Klauselwerke/von Westphalen. Vertragsabschlußklauseln, Rdn. 26.

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5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

nahme bestanden habe. Die Wirksamkeit dieser Bestätigungsklauseln wird unterschiedlich beurteilt. Nach überwiegender Ansicht sind Bestätigungsklauseln wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 15 b unwirksam. 1l9 Im Individualprozeß habe der Verwender darzulegen und zu beweisen, daß die AGB LS.d. § 2 Vertragsbestandteil geworden seien. Bei Verwendung einer Bestätigungsklausellasse er sich die Tatsachen vom Kunden bestätigen, aus denen sich die ErfUllung der Einbeziehungsvoraussetzungen ergebe. Das habe in einem Prozeß die Umkehr der Beweis last zur Folge. Insofern seien bei den Bestätigungsklauseln unschwer die Voraussetzungen des § 11 Nr. 15 b erfUllt. Andere beurteilen diese Klauseln als Verstoß gegen § 9 1120 oder als Verstoß gegen § 9 I i.V.m. § 9 11 Nr. 1. 121 Zum Teil wird eine Unwirksamkeit derartiger Klauseln nur fUr den Fall bejaht, daß sie im übrigen AGB-Text verborgen sind. 122 Der BGH hat Bestätigungsklauseln, soweit sie inhaltlich nicht mehr als eine Bestätigung über das Vorliegen der zur Einbeziehung in den Vertrag erforderlichen Voraussetzungen enthalten, fUr nicht nach den §§ 9 ff. überprüfbar und

119 BGH, LM § 10 Ziff. 1 AGBG Nr. 7; BGH, WM 1988, 607 (610); BGH, NJW 1990, 761 (765); BGH, NJW 1991, 1750; OLG Stuttgart, WM 1991, 64 (66); OLG Zweibrücken, AGBE II § 11 Nr. 15, Nr. 144; LG Saarbrücken, AGBE III, § 11 Nr. 15, Nr. 63 a; LG München, AGBE III, § 11 Nr. 15, Nr. 64; LG Frankfurt, AGBE III, § 11 Nr. 15, Nr. 64 a; Hensen, ZIP 1984, 145 (147); Lindacher, JZ 1991, 131 (133); Wolfin Wolf/HornlLindacher § 2 Rdn. 30, 44, 47; ErmaniHefermehl § 2 Rdn. 25; Bohle, BB 1983,15 (18); Brandnerin UlmerlBrandnerlHensen § 11 Nr. 15 Rdn. 18; unklar Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 66. 120 So OLG Hamburg, WM 1984, 2504 (2505); Bohle, BB 1983, 17; Hensen in UImer/BrandnerlHensen § 13 Rdn. 8; Brandner in UlmerlBrandnerlHensen § 9 Rdn. 29, 136; Wolfin Wolf/HornlLindacher § 2 Rdn. 47; Hensen, ZIP 1984, 145 (147), die Täuschung betreffe die Beweislastverteilung. Ein weiterer Nachteil liege aber darin, daß der juristisch nicht vorgebildete Kunde glaube, er habe mit seiner Einverständniserklärung auch die Wirksamkeit des gesamten Klauselwerkes bestätigt, und er somit diese, ohne sich zur Wehr zu setzen, inhaltlich gegen sich gelten lasse; ablehnend Ulmer in Ulmerl Brandner/Hensen § 2 Rdn. 66. 121 OLG München, AGBE II § 9 Nr. 23; OLG Frankfurt, DB 1981, 884; Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 126; Ulmer in UlmerlBrandner/Hensen § 2 Rdn. 5; Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 136; MKiGerlach § 13 Rdn. 23 f. 122

Vgl. OLG Hamm, NJW -RR 1986, 927 (930); Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen

§ 2 Rdn. 66.

C. Inhaltskontrolle gern. § 9 und Transparenz

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damit für wirksam erachtet. 123 Die Ansicht des BGH im zitierten Urteil ist einzelfallbezogen und wird in neueren Urteilen relativiert. 124 Zu demselben Ergebnis gelangte das KG mittels einer teleologischen Reduktion des § 11 Nr. 15 b. 125 Der Bestätigungsvermerk enthalte den Hinweis auf die AGB. 126 Damit stelle die Klausel die Verwirklichung der Einbeziehungsvereinbarung dar. 127 § 11 Nr. 15 b könne aber nicht das für unwirksam erklären, was § 2 gerade vorschreibe. Zur Erfüllung des § 2 sei zwar weniger, und schon gar keine Schriftform erforderlich. Die Übererfüllung der Anforderungen des § 2 könne aber nicht zur Unwirkamkeit nach § 11 Nr. 15 b führen. Dem ist nicht zu folgen. Eine Bestätigungsklausel verkörpert nicht gleichzeitig die zumutbare Möglichkeit der inhaltlichen Kenntnisnahme i.S.d. § 2 I Nr. 2. 128 Vielmehr bestätigt der Kunde damit Tatsachen, die außerhalb der Klausel liegen und für die regelmäßig der Verwender die Beweislast trägt. § 11 Nr. 15 b ist damit für derartige Klauseln einschlägig. 129 Es kann daher offen bleiben, ob diese Klauseln auch gegen § 9 I wegen der mit ihnen verbundenen Täuschung oder gegen § 9 II Nr. 1 wegen eines gravierenden Verstoßes gegen die Regeln des AGBG verstoßen. Für das Grundproblem, wie sich Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle zueinander verhalten, geht aus diesen Erörterungen hervor, daß die §§ 9 ff. zumindest dann einschlägig sind, wenn der Versuch unternommen wird, die Beweislage hinsichtlich der Einbeziehungsvoraussetzungen zu Lasten der Kunden zu verändern. Hinter dem Versuch, die Beweislage zu verschlechtern, kann aber

123 BGH, NJW 1982, 1388 (1389); siehe auch Wolfin Wolf/HorniLindacher § 2 Rdn. 44; AGB-Klauselwerke/von Westphalen, Vertragsabschlußklauseln, Rdn. 27; ablehnend Hensen, ZIP 1984, 145 (147); Bohle, BB 1983, 16 (17); Grunewald, ZIP 1987, 353 (356). 124 BGH, LM § 10 Ziff. 1 AGBG Nr. 7; BGH, NJW 1990, 761 (765); vgl. auch BGH, NJW 1988, 2465. 125 KG, ZIP 1982, 188 f.; ablehnend Grunewald, ZIP 1987, 353 (356). 126 KG, ZIP 1982, 188 (189). 127 So auch Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 66; anders Hensen in Ulmer/ Brandner/Hensen § 13 Rdn. 8. 128 So auch Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 66; Bohle, BB 1983, 15 (16); Hensen, ZIP 1984, 145 (147). 129 So auch BGH, ZIP 1988,559; Bohle, BB 1983, 15 (18); Hensen, ZIP 1984, 145 (147); ErmaniHefermehl§ 2 Rdn. 11,25; differenzierend AGB-Klauselwerke/von Westphalen, Vertragsabschlußklauseln, Rdn. 28.

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5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

unter Umständen das Bestreben stehen, die Anforderungen der Einbeziehungsvoraussetzungen zu vernachlässigen und dem Kunden im Konfliktfall die Berufung auf das Nichtvorliegen wirksamer Einbeziehung zu erschweren. Derartige Umgehungsversuche werden durch die Inhaltskontrolle verhindert. Sie sichert auf diese Weise den von der Einbeziehungskontrolle angestrebten Schutzzweck und damit auch die dort enthaltenen Transparenzforderungen. Allerdings setzt die Inhaltskontrolle hier noch an der Art und Weise der Umgehung der Einbeziehungsvoraussetzungen an. Jedoch kann aus der Tatsache, daß die Inhaltskontrolle bereits eine Verschlechterung der Beweislage sanktioniert, geschlossen werden, daß eine offene Abbedingung der Einbeziehungsvoraussetzungen erst Recht mittels der Inhaltskontrolle erfaßt werden kann.

(2) Einbeziehungsklauseln Einbeziehungsklauseln schreiben vor, daß weitere, außerhalb des AGBTextes liegende Regelungen Vertragsinhalt werden. 13o Sie entsprechen damit den bereits erörterten Verweisungstatbeständen. 131 Im Individualprozeß scheitern diese Klauseln an § 2 I Nr. 2. Die Regelungen, auf die sie verweisen, werden nicht Vertrags bestandteil, da dem Kunden nicht die in § 2 I Nr. 2 angeordnete Möglichkeit der Kenntnisnahme verschafft wird. Der BGH sieht bei den Einbeziehungsklauseln keine Möglichkeit, diese im Verbandsprozeß an Hand der §§ 9 ff. zu überprüfen, da die Frage der Einbeziehung immer nur unter Zuhilfenahme der Einzelumstände entschieden werden könne. 132 Nach anderer Ansicht verstoßen derartige Klauseln gegen § 9 I. Sie enthielten die Gefahr, daß der Vertragspartner des Verwenders diesen Versuch der Einbeziehung rur wirksam halte und dadurch von der Durchsetzung bestehender

130 Vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1988, 884 (886), dort wird die Klausel geprüft: "Die Benutzer sind an die Hausordnung gebunden. Ein Entwurf der Hausordnung ist nicht Bestandteil der AVB." 131 Siehe dazu Kapitel 4 A III I. 132 BGH, NJW 1983, 2026 (2029); siehe auch BGH, NJW 1990, 3197; Bohle. BB 1983, 15 (17).

c.

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Rechte abgehalten werden könnte. l3J Diese Gefahr stelle eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 9 I dar. Eine dritte Meinung hält Einbeziehungsklauseln, soweit sie gegen § 2 verstoßen, für unwirksam nach § 9 11 Nr. 1. 134 Die Abbedingung oder die Abweichung von zwingenden Recht könne keine andere Behandlung erfahren als die Abweichung vom dispositiven Recht. 135 Die Ansicht des BGH ist abzulehnen. Einzige Schranke für die Überprütbarkeit von AGB-Klauseln ist § 8. Eine Einbeziehungsklausel ist weder Leistungsbeschreibung noch Wiedergabe gesetzlicher Regelungen. Daher kann sie grundsätzlich an den §§ 9 ff. gemessen werden. 136 Die Ansicht, Verweisungsklauseln verstießen wegen der mit ihnen verbundenen Täuschung gegen § 9 I, erfaßt nicht die eigentliche Problematik. Denn bereits der Inhalt der Klauseln stellt eine unangemessene Benachteiligung dar, die sich nicht in der Täuschung über eine Rechtsposition erschöpft. Kennzeichnend für diese Art von Klauseln ist, daß sie selbst den Voraussetzungen der Einbeziehungskontrolle entsprechen, also dem Kunden zur Kenntnis gebracht werden, weder überraschend noch mehrdeutig sind. Ihre Anstößigkeit entspringt dem Versuch, für andere Klauseln eine Abbedingung der zwingenden Einbeziehungsvoraussetzungen anzuordnen. Insofern setzten sie sich über zwingendes Recht hinweg, so daß der Ansicht zuzustimmen ist, welche die Lösung dieser Konstellationen in § 9 11 Nr. 1 sucht. Auch hier erweist sich wiederum die Verknüpfung der Normen der Einbeziehungskontrolle und der Inhaltskontrolle. Der Versuch des Verwenders, sich von den Zwängen der Einbeziehungskontrolle durch AGB-Regelungen zu befreien, stellt eine unangemessne Benachteiligung des Kunden nach § 9 dar. Insoweit verfolgt § 9 die Ziele der Einbeziehungskontrolle und setzt damit auch die dort angesiedelten Transparenzforderungen im Verbandsverfahren durch.

133 OLG Harnburg, NJW-RR 1986, 1440; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1988, 884 (886); Brandner in Ulrner/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 30; Hensen, ZIP 1984, 145 (146). 134 OLG München, AGBE II § 9 Nr. 23; Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 13 Rdn. 21, 22; Soergel/Stein Vor § 8 Rdn. 7; Lindacher in WolfIHornlLindacher § 13 Rdn. 40; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 2 Rdn. 23, 47; Brandner in Ulrner/Brandner/ Hensen § 9 Rdn. 136. 135 OLG München, AGBE II § 9 Nr. 23; Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 13 Rdn. 21; vgl. auch Hensen, ZIP 1984, 145 (146). 136 So auch Grunewald, ZIP 1987, 353 (356).

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5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

bb) Nichteinbeziehungsfähige Klauseln Abschließend soll die Behandlung der Klauseln im Verbandsprozeß betrachtet werden, welche einen völlig beliebigen Inhalt haben und im Individualprozeß den Einbeziehungsvoraussetzungen nicht genügen.

(1) Die abstrakte Beurteilbarkeit

Nach herrschender Meinung in der Literatur unterliegen derartige Klauseln einer Kontrolle im Verbandsprozeß, wenn sie abstrakt beurteilbar sind, d.h. unabhängig von den Umständen des Einzelfalls gegen die Normen der Einbeziehungskontrolle verstoßen. 137 Hinsichtlich der Einbeziehungsvoraussetzungendes § 2 können die Erfiillung der Hinweisobliegenheit wie auch das Einverständnis des Kunden nur unter Zuhilfenahme der individuellen Umstände geprüft werden. Auch die Erfiillung der Kenntnisverschaffungsobliegenheit hängt oft von den Einzelfallumständen ab. Dennoch gibt es AGB-Klausein, die so konzipiert sind, daß sie dieses Erfordernis nie erfiillen. 138 So kann z.B. die Lesbarkeit einer Klausel abstrakt beurteilt werden. Bei den Überraschungsklauseln LS.d. § 3 ist es strittig, ob sie ohne Rücksicht auf die individuellen Umstände abstrakt als ungewöhnlich und überraschend beurteilt werden können. Gänzlich ablehnend äußert sich der BGH mit dem Argument, es sei nie auszuschließen, daß auf die Klausel hingewiesen worden sei oder die Vertragspartner des Verwenders diese Klausel gekannt hätten. 139 Demgegenüber halten andere grundsätzlich eine abstrakte Beurteil137 OLG Stuttgart, NJW 1981, 1105 (1106); OLG Hamm, NJW-RR 1987, 311 (313); Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 13 Rdn. 7 ff.; Becker, S. 108 f.; Lindacher in Wolf/HornlLindacher § 13 Rdn. 40 f.; Soergel/Stein Vor § 8 Rdn. 7; Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 13 Rdn. 22; Brandner in Ulmer/BrandnerlHensen § 9 Rdn. 30; a.A. Koch/Stübing § 13 Rdn. 5 ff.; MKiGerlach § 13 Rdn. 22 m.w.N.

138 Herrschende Meinung, vgl. nur OLG Hamburg, NJW-RR 1986, 1440; OLG Hamm, NJW-RR 1987, 311 (313); OLG Stuttgart, NJW-RR 1988,786 (787, 788); Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 13 Rdn. 22; Lindacher in Wolf/HorniLindacher § 13 Rdn. 40; Soergel/Stein Vor § 8 Rdn. 7. 139 BGH, WM 1986, 1253 (1254); BGH, NJW-RR 1987, 45 (46); BGH, WM 1987, 755 (756); BGH, NJW 1987,2818 (2819); BGH, NJW-RR 1989, 625 (626); BGH, ZIP 1991,1474; BGH, NJW 1992,179; zustimmend OLG Frankfurt, NJW 1981,130; OLG

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barkeit der Überraschungswirkung einer Klausel rur möglich. 140 Daß der Überraschungsklausel durch Individualhinweis ihr Überraschungscharakter genommen werden könne oder der Vertragspartner des Verwenders aus anderen Gründen die betreffende Klausel kenne, rechtfertige nicht den Kontrollverzicht. 141 Letzterer Argumentation kann nicht zugestimmt werden. Gerade bei Überraschungsklauseln spielen die individuellen Umstände eine erhebliche Rolle, so daß eine abstrakte Beurteilung des Überraschungseffektes nicht möglich ist. Im Bereich des § 4, der den Vorrang der Individualabrede sichern will, werden überwiegend Klauseln ftlr möglich gehalten, die tendenziell in Widerspruch zu den Individualabreden stehen und daher einer abstrakt generellen Beurteilung zugänglich sind. 142

(2) Die Überprüjbarkeit im Verbandsprozeß

Speziell zu den Fällen des generellen Verstoßes gegen die Kenntnisverschaffungsobliegenheit des § 2 wird vertreten, es liege gleichzeitig ein Verstoß gegen § 9 vor, da dieser in gleicher Weise das Verständlichkeitsgebot beinhalte. 143

Karlsruhe, NJW 1988,74 (75); OLG Koblenz, NJW 1989, 2950 (2951 f.); Brandner in UlmerlBrandnerlHensen § 9 Rdn. 136; Koch/Stübing § 3 Rdn. 2, § 13 Rdn. 6; MKJGerlach § 13 Rdn. 22 f.; Reinel, S. 41; unklar Soergel/Stein § 3 Rdn. 3 und Vor § 8 Rdn. 7. 1400LG Stuttgart, NJW 1981, 1105 (1106); OLG Hamm, NJW-RR 1986, 927 (930); Lindacher in WolflHornILindacher § 13 Rdn. 42; Hensen in Ulmer/BrandnerlHensen § 13 Rdn. 8 m.w.N.; Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 13 Rdn. 22; Koller in FS für Steindorff, 667 (685 f.); Staudinger/Schlosser § 3 Rdn. 2; Hensen, EWiR § 13 AGBG 2/91, 1145 (1146); PalandtiHeinrichs§ 13 Rdn. 4; ErmaniHefermehl § 3 Rdn. 3; offen ErmanlWerner § 13 Rdn. 25. 141 Lindacher in Wolf/HornILindacher § 13 Rdn. 42; Staudinger/Schlosser § 3 Rdn. 2; Hansen, WM 1990, 1521 (1526). 142 BGH, NJW 1982, 1389 (1390); BGH, NJW 1983, 1853 (1854); BGHZ 92, 24 (26); BGH, NJW 1985, 320 (322); OLG Stuttgart, ZIP 1981, 875 (876); OLG Karlsruhe, NJW 1981,405 (406); Lindacherin Wolf/HorniLindacher § 13 Rdn. 40; Wolf in Wolf/HorniLindacher § 9 Rdn. 35; PalandtiHeinrichs § 13 Rdn. 4; Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 13 Rdn. 22; Staudinger/Schlosser§ 13 Rdn. 24; Brandnerin UlmerlBrandnerlHensen § 9 Rdn. 30, 136; Hensen in UlmerlBrandnerlHensen § 13 Rdn. 9; Soergel/Stein vor § 8 Rdn. 7, § 13 Rdn. 4; a.A. Fehl, BB 1985, 1559 (1560). 143 OLG Stuttgart, NJW 1981, 1105 (1106); OLG Hamburg, NJW-RR 1986, 1440; OLG Hamm, NJW-RR 1987,311 (313); OLG Stuttgart, NJW-RR 1988, 786 (787); Lin-

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Diese Argumentation setzt eine Überschneidung der Anwendungsbereiche von § 2 und § 9 voraus und fuhrt bei der Klärung des Verhältnisses Einbeziehungsund Inhaltskontrolle nicht weiter. Im übrigen werden hier dieselben Meinungen wie zu den Bestätigungs- und Einbeziehungsklauseln vertreten. So wird der oben favorisierte Weg über § 9 II Nr. I befürwortet,144 wie auch die direkte Anwendung des § 9 I infolge der mit den nicht wirksam einbezogenen Klauseln verbundenen Täuschung 145 und die Lösung über die erweiternde Auslegung des § 13. 146

(3) Stellungnahme Die Vertreter der Meinung, daß § 9 I infolge der mit den Klauseln verbundenen Täuschung anwendbar sei, stellen ihre Argumentation nur in Bezug auf den Gegenstand der Täuschung um. Während Bestätigungs- und Einbeziehungsklauseln in erster Linie deswegen als unangemessene Benachteiligung bewertet werden sollten, weil sie über die wirksame Einbeziehung anderer AGB-Klauseln täuschten, sollen diese Klauseln unwirksam sein, weil sie über ihre eigene Einbeziehung täuschen. 147 Die Täuschung ist aber nur die Kehrseite der eigenen Unwirksamkeit der Klausel. Jede unwirksame oder nicht einbezogene Klausel, die sich in einem AGB-Text befindet, täuscht notwendigerweise über ihre eigene Wirksamkeit, da sie mit dem Geltungsanspruch, wirksam zu sein, auftritt. Das stellt keinen von § 9 aufzunehmenden, eigenen Nachteil dar. Vielmehr ist dieser Gedanke die ratio des § 13. Das Verbandsverfahrensoll den Rechtsverkehr von unwirksamen

dacher in W olflHornlLindacher § 13 Rdn. 40 f.; Hensen. ZIP 1984, 145 (146); Palandt/ Heinrichs § 13 Rdn. 4; Soergel/Stein Vor § 8 Rdn. 7. 144 BGH, NJW 1983, 1853; BGHZ 92, 24 (26); OLG Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 136; Löwe Trinkner § 13 Rdn. 21 f. 145 OIG Hamburg, NJW-RR 1986, 1440; OLG Frankfurt, Hensen in UlmerlBrandner/Hensen § 13 Rdn. 11; Wolfin Rdn. 35; Soergel/Stein Vor § 8 Rdn. 7.

Stuttgart, ZIP 1981, 876; in Löwe/von Westphalenl NJW-RR 1989, 957 (958); Wolf/HorniLindacher § 9

1460LG Stuttgart, NJW 1981, 1105 (1106); OLG Hamm, NJW-RR 1986, 927 (930); OLG Hamm, NJW-RR 1987, 311 (313); OLG Stuttgart, NJW-RR 1988, 786; Lindacher in WolflHorniLindacher § 13 Rdn. 42; Koller. FS f. Steindorff, 667 (685). 147 V gl. Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 13 Rdn. 11.

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Klauseln befreien, weil der einzelne Vertragspartner des Verwenders sich häufig von diesen Klauseln beeindrucken läßt und damit auf Grund der daraus resultierenden Falschinformiertheitseine Rechtsposition nicht einschätzen kann und die Durchsetzung ihm zustehender Rechte unterläßt. 148 Der die Anwendbarkeit des § 9 begründene Nachteil muß daher außerhalb der durch die Unwirksamkeit begründeten Täuschung gesucht werden. Insofern ist diese Ansicht abzulehnen. Die Vertreter einer Lösung über § 9 11 Nr. 1149 vertreten zu Klauseln, die inhaltlich eine Abbedingung der Normen der Einbeziehungskontrolle anstrebten, daß auf diese Weise Regelungen in Geltung gesetzt würden, die von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichen. Hier sind aber Klauseln zu beurteilen, die nur tatsächlich nicht erfullen, was nach den Normen der Einbeziehungskontrolle gefordert ist. An diesem Punkt setzt die Kritik Hensens an, wenn er darauf hinweist, daß die bloße Nichterfiillung der Anforderungen der § 2 ff. nicht zur Unwirksamkeit einer Klausel fuhre, daher die Argumentation mit § 9 11 Nr. 1 fehl gehe und die Unangemessenheit dieser Klauseln in jedem Einzelfall nachzuweisen sei. 150 Jedoch kann der Versuch, die Normen der Einbeziehungskontrolle durch tatsächliche Mißachtung zu unterlaufen, nicht anders beurteilt werden, als eine Klausel, die dieses inhaltlich ausspricht. Zwar kann in einem solchen Fall der Inhalt der Klausel nicht mit den Regelungen der §§ 2 ff. daraufhin verglichen, ob eine unzulässige Umgehung oder Abbedingung angeordnet wird. Gegenstand des Vergleiches kann vielmehr nur sein, ob tatsächlich von den Normen der Einbeziehungskontrolle abgewichen wird. Ist das der Fall, und zwar wie hier vorausgesetzt bei abstrakter Betrachtungsweise, so muß die Klausel dahin bewertet werden, daß sie tatsächlich in Bezug auf sich selbst die Normen der Einbeziehungskontrollezu verdrängenbzw. auszuhöhlen sucht. Insofern verstößt sie gegen zwingendes Recht, so daß derartige Klauseln nach § 9 I i.V.m. § 9 11 Nr. 1 unwirksam sind.

148BGHZ 92,24 (26); Hensenin Ulmer/BrandnerlHensen § 13 Rdn. 1; PalandtiHeinrichs Vorbem. v. § 13 Rdn. 3; Soergel/Stein Vor § 8 Rdn. 7; Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 13 Rdn. 22. 149 Brandner in UlmerlBrandner/Hensen § 9 Rdn. 139; OLG München AGBE 11 § 9 Nr.23. ISO Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 13 Rdn. 7; trotz anderen Lösungsansatzes geht aus der Gliederung bei Lindacherin Wolf/Horn/Lindacher § 13 Rdn. 39 ff. hervor, daß auch er diesen Unterschied bei der Beurteilung der Überprüfbarkeit von Klauseln macht.

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5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

Hieraus resultiert, daß die Normen der Einbeziehungskontrolle letztlich auch Ausprägungen des in § 9 I verankerten Grundgedankens von Treu und Glauben sind, und darauf ausgerichtet sind, einen angemessenen Interessenausgleichherbeizufiihren. 151 Umgekehrt erweist sich aber auch, daß § 9 die Transparenzforderungen der Normen der Einbeziehungskontrolle dann erfaßt, wenn es sich um abstrakt zu beurteilende Tatbestände handelt.

2. Bedeutung für die Transparenz

Die vorstehende Analyse des Verhältnisses der Einbeziehungs- zur Inhaltskontrolle hat erwiesen, daß eine enge Verflechtung vorliegt, die sich im Verbandsverfahren offenbart. Die Normen der Einbeziehungskontrolle sind als zwingendes Recht ebenso auf einen angemessenenlnteressenausgleichausgerichtetwie die Inhaltskontrolle. Insoweit sind sie eine Ausprägung der Generalklausel des § 9. Soweit die Normen der Einbeziehungskontrolle Transparenz direkt oder indirekt verwirklichen, umfaßt folglich auch § 9 diese Anforderungen. Eine strikte Beschränkung des § 9 auf eine inhaltliche Kontrolle und eine Zuweisung formaler Fragen an die Einbeziehungskontrolle verkennt daher die hier analysierten und dargestellten Zusammenhänge.

11. Transparenz verwirklichende Gebote und Verbote in § 9 In der Rechtsprechung und Literatur wird § 9 I dahin konkretisiert, daß er bestimmte "Verbote" und "Gebote" enthalte. 152 Mehrere dieser Ver- und Gebote scheinen auf die Durchsetzung von transparenten AGB angelegt zu sein. In Betracht kommen u.a. das "Bestimmtheits-" bzw. "Konkretisierungsgebot", das "Irrefiihrungsverbot" und "Hinweisgebote".153

151 Schlosser bezeichnet die §§ 2 - 4 als legis speciales im Verhältnis zu den Vorschriften über die Inhaltskontrolle, vg!. StaudingerlSchlosser. Ein!. zum AGBG Rdn. 17.

152 Vg!. insbesondere Wolfin Wolf/HornlLindacher § 9 Rdn. 150 ff. 153 Dabei ist weder die Terminologie noch die Zuordnung bestimmter Fallgestaltun-

gen zu diesen Geboten einheitlich.

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1. Das Bestimmtheits- und Konkretisierungsgebot

In Rechtsprechung und Literatur wird einhellig die Meinung vertreten, daß AGB-Klauseln bestimmt sein müssen. 1S4 Soweit nicht in den §§ 10 und 11 schon das Bestimmtheitserfordernis aufgestellt sei, ISS seien Klauseln hinsichtlich ihrer Bestimmtheit an § 9 zu messen. Uneinigkeit herrscht jedoch, wenn Inhalt und Ausmaß des Bestimmtheitsgebotes angegeben werden sollen. Nach einer Ansiche s6 beinhaltet das Bestimmtheitsgebot die Pflicht des Verwenders, Inhalt und Umfang der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien so konkret wie möglich in den AGB darzustellen. Ziel des Bestimmtheitsgebotes sei, dem Vertragspartner des Verwenders Gewißheit über seine Rechtsstellung zu verschaffen. Eine andere Ansiche s7 definiert den Inhalt des Bestimmtheitsgebotes mit Blick auf den Verwender. Das Bestimmtheitsgebot verlange, daß die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, daß für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Im Ergebnis ist nach letzterer Auffassung nicht die Bestimmtheit der Klausel entscheidend, sondern es wird der Inhalt der Klausel dahin geprüft, inwieweit auch für die Zukunft ein angemessener Interessenausgleichgewährleistet ist. Ein eigenständiges Bestimmtheitsgebot besteht aber nur dann, wenn dieses nicht nur als Reflex materiell-rechtlicher Benachteiligungen existiert. Diese Frage soll an Hand einzelner Fallgruppen näher untersucht werden.

154 Vgl. nur BGH, NJW 1986,924 ff.; BGH, NJW 1986, 3134 ff.; BGHZ 100, 157 ff.; BGH, WM 1987, 755 ff.; BGH, NJW-RR 1988, 1077 ff.; BGH, ZIP 1989, 968 ff.; BGH, NJW 1990, 115 ff.; BGH, NJW 1990, 1909 ff.; PalandtiHeinrichs § 9 Rdn. 15; Brandner in Ulrner/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 97; Brandner, 10 Jahre AGBGesetz, 39 (46); KöndgenJKönig, ZIP 1984, 129 (132); Wolf, ZIP 1987, 341 (352); Wolf in Wolf/HorniLindacher § 9 Rdn. 150; Brandner, FS f. Locher, 317 (320 f.). ISS

Vgl. dazu Kapitel 5 B; Wolfin Wolf/HornlLindacher § 9 Rdn. 150.

Brandner in Ulrner/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 97, Anh. §§ 9 - 11 Rdn. 471 rn.w.N.; Paulusch. 10 Jahre AGB-Gesetz, 55 (73 ff.). 156

157

Wolfin WolflHorniLindacher § 9 Rdn. 150.

144

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

a) Auslegungsunfähigkeit Klauseln, deren Unbestimmtheit zur Auslegungsunfähigkeit ruhrt,158 können rur eine nähere Betrachtung des Bestimmtheitserfordernisses in § 9 unbeachtet bleiben. Ihre Unwirksamkeit gründet nicht auf § 9, sondern beruht bereits auf der Auslegungsunfhigkeit.

b) Verstoß gegen Bestimmtheitserfordernisse des Zivilrechts Aufschluß über Wesen und Inhalt des Bestimmtheitsgebotes verspricht die Betrachtung der Bestimmtheitserfordernisse des allgemeinen Zivilrechtes und ihre Behandlung im Rahmen des § 9.

aa) Bestimmtheitserfordernisse im Zivilrecht Im Zivilrecht ist die Bestimmtheit im Rahmen der Auslegung von Willenserklärungen von Bedeutung. 159 Hinsichtlich bestimmter Arten von Willenserklärungen werden die Anforderungen an die Bestimmtheit aber über den Maßstab der Auslegungsfähigkeit hinaus gesteigert. Es ist dabei z.B. an den sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz zu denken,160 dessen Sinn und Zweck darin liegt, Rechtssicherheit über die Zuordnung von Sachen und Rechten zu gewährleisten und damit den Rechtsverkehr zu schützen. 161 Erhöhte Bestimmtheitserfordernisse bestehen zudem hinsichtlich bestimmter Vertragstypen. So wird beispielsweise in Bezug auf Bürgschaftserklärungen gefordert, diese müßten das übernommene Haftungsrisiko erkennen lassen. 162 Grund rur diese erhöhte Konkretisierungsptlicht ist der Schutz des Bürgen. Eine beliebige und

158 Siehe dazu die näheren Erläuterungen in Kapitel 3. 159 Siehe dazu nur KöndgenlKönig, ZIP 1984, 129 (132); EsserlSchmidt § 14 I;

Flume § 34 6 b.

160 Vgl. dazu nur MKJRoth § 398 BGB Rdn. 49; PalandtlHeinrichs § 398 BGB Rdn. 14; PalandtlBassenge Überbl. vor § 873 BGB Rdn. 14; siehe auch BGH, NJW 1995, 2289. 161 Vgl. nur Baur § 4 III. 162 Vgl. nur MKJRoth § 765 BGB Rdn. 12.

C. Inhaltskontrolle gern. § 9 und Transparenz

145

unübersehbare Belastung des Bürgen ist mit den Grundgedanken des Bürgschaftsrechts unvereinbar und daher unwirksam. 163 Bereits an diesen Beispielen wird deutlich, daß im allgemeinen Zivilrecht erhöhte Bestimmtheitserfordernisse von besonderen Schutzzwecken getragen werden.

bb) Behandlung im Rahmen des § 9 Daß A GB-Klauseln denselbenBestimmtheitserfordernissenwie Individualabreden unterliegen, kann nicht zweifelhaft sein. Zur Begründung mag genügen, darauf hinzuweisen, daß die Bestimmtheitserfordernisse den Charakter zwingenden Rechts haben. Im Individualprozeß ist in derartigen Fällen das Abstellen auf § 9 entbehrlich. Dementsprechend erklärte der BGH eine Bürgschaftsklausel in einem Formularvertrag wegen inhaltlicher Unbestimmtheit für unwirksam, ohne § 9 auch nur zu erwähnen. 164 § 9 rückt erst dann in den Blickpunkt, wenn Klauseln, die diesen zivilrechtlichen Bestimmtheitsgrundsätzen widersprechen, in einem Verbandsprozeß zur Überprüfung gestellt werden. 165 Der BGH 166 führte in einem Verbandsprozeß zu einer Lohnabtretungsklausel folgendes aus: Abtretungsklauseln hielten nur dann der Inhaltskontrolle 167

163 BGH, WM 1982, 62 (63); BGH, NJW 1990, 1909; BGH, NJW 1992, 896; MKJ Pecher § 765 BGB Rdn. 12; ErmanJSeiler § 765 BGB Rdn. 4; AGB-Klauselwerke/von Westphalen. Bürgschaft, Rdn. 2; PalandtiThomas § 765 BGB Rdn. 2. 164 BGH, NJW 1990, 1909 (1910), der die Unwirksamkeit vielmehr auf das den §§ 765, 766 BGB zu entnehmende Bestimmtheitserfordernis für Bürgschaften stützt.

165 Vgl. dazu die obigen Ausführungen zur Überprüfung zwingenden Rechts im Verbands verfahren, Kapitel 5 C I. 166 Vgl. zum folgenden BGH, NJW 1989, 2383 (2384 f.); siehe auch BGH, NJW 1995,2289. 167 Die Klausel hatte folgenden Wortlaut: "Ich/Wir trete(n) hiermit zur Sicherung der Ansprüche der N-Bank dieser den jeweils pfändbaren Teil meiner/unserer Lohn-, Gehalts-, Provisions- und sonstiger Ansprüche sowie die gern. §§ 53 IIl, 54 III Nr. 2 SGB -Erstes Buch- abtretbaren Teile etwaiger Ansprüche auf Arbeitslosen-, Kurzarbeiter- und Schlechtwettergeld sowie auf Arbeitslosenhilfe, Erwerbsunfähigkeits- und Hinterbliebenenrente, gegen die jeweiligen Arbeitgeber, Dritte oder den jeweiligen Leistungsträger ab. Die N-Bank wird auf Verlangen -sofern alle ihre Forderungen ausgeglichen sind- die Ansprüche zurückübertragen. ,,167

10 Kreienbaum

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

146

nach § 9 stand, wenn sie Zweck und Umfang der Zession sowie die Voraussetzungen, unter denen der Verwender von ihr Gebrauch machen darf, hinreichend eindeutig bestimmten und zu einem vernünftigen, die schutzwürdigen Belange beider Vertragsparteien angemessen berücksichtigenden Interessenausgleich fiihrten. Vorausabtretungen seien nur zulässig, wenn die abgetretene Forderung genügend bestimmt oder bestimmbar sei. Dieser Rechtsgrundsatz finde auch in die Inhaltskontrolle nach § 9 I Eingang. Der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz bezweckt den Schutz des Abtretenden, weil er den Vorgriff in das Vermögen des Verfügenden eingrenzen soll.168 Insoweit ist der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz auf Schutzzwecke zurückzuführen, die innerhalb der Interessenabwägung unmittelbar berücksichtigt werden können. Daher kann, statt die Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes zu prüfen, direkt die materiell-rechtliche Angemessenheit eruiert werden. Dies entspricht dem Wesen der Inhaltskontrolle und ist besser geeignet, die wahren Gründe der Unwirksamkeit herauszustellen. In dem hier besprochenen Urteil war es denn auch so, daß neben der Verletzung der Bestimmtheitserfordernisse die Eignung der Klausel zur unverhältnismäßigen Übersicherung gerügt wurde. 169 Damit hatte der BGH scheinbar zwei Gründe gefunden, die Klausel anzugreifen, während tatsächlich ein- und derselbe Interessenkonflikt doppelt einer Prüfung unterzogen wurde. Bei der Verletzung allgemeiner zivilrechtlicher Bestimmtheitserfordernisse spielt es mithin bei der Interessenabwägung keine Rolle, inwieweit der Vertragspartner des Verwenders in die Lage versetzt wird, seine Rechte und Pflichten zu durchschauen. Erhöhten zivilrechtlichen Bestimmtheitserfordernissen liegt vielmehr stets ein bestimmter Schutzgedanke zugrunde, der in der Inhaltskontrolle des § 9 uneingeschränkt und ohne den Umweg über das Bestimmtheitserfordernis in die Interessenabwägung hineingezogen werden kann. 170

168 Westermann, S. 19; Kohte, ZIP 1988, 1225 (1234); Staudinger/Wiegand § 929 BGB Rdn. 11; vgl. auch Reich/Schmitz, NJW 1995,2533. 169 BGH, NJW 1989, 2383 (2385). 170

Vgl. BGH, NJW 1994, 1278; Kohte, BB 1989,2257 (2258).

C. Inhaltskontrolle gern. § 9 und Transparenz

147

c) AGB-rechtliche Bestimmtheitserfordernisse Fraglich bleibt, ob es noch einen spezifischen AGB-rechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz gibt. Dieser müßte sich auf die Verwendung von AGB an sich stützen und dürfte nicht auf inhaltliche Erwägungen gestützt sein.

aa) Leistungsänderungsvorbehalte Die Mehrzahl der Entscheidungen, in denen die mangelnde Bestimmtheit einer Klausel gerügt wird, ist zu Leistungsbestimmungsrechten und Änderungsvorbehalten ergangen. l7l Dabei spielen Preisänderungsklauseln eine besondere Rolle. 172

(1) Die Rechtsprechung Zu Beginn der Rechtsprechung zu Preisänderungsklauseln steht ein Urteil des BGH 173 , das sich mit Preiserhöhungsklauseln beim Zeitschriftenabonnement befaßt. Dort fiihrte der BGH aus: "Entscheidend für die Wirksamkeit einer Erhöhungsklausel ist vielmehr, daß der Kunde bereits bei Vertragsabschluß aus der Formulierung der Klausel erkennen kann, in welchem Umfang Preiserhöhungen auf ihn zukommen können, und daß er in der Lage ist, die Berechtigung vorgenommener Preiserhöhungen an der Ermächtigungsklausel zu messen." 174

Daneben kritisierte der BGH, die Klausel lasse jede beliebige Erhöhung des Bezugspreises und damit auch Gewinnerhöhungen ZU. 175 Grundsätzlich er-

171 Vgl. nur BGH, NJW 1980,2518 ff.; BGHZ 82, 21 ff.; BGHZ 94,335 ff.; BGH, NJW 1986, 3134 ff.; BGH, ZIP 1989,697 ff.; BGH, NJW 1990, 115 ff.; OLG Düsseldorf, ZIP 1984, 719 ff.; siehe auch Paulusch, 10 Jahre AGB-Gesetz, 55 (60 ff. m.w.N., 68). 172 Vgl. Paulusch, 10Jahre AGB-Gesetz, 55 (63); Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen Anh. §§ 9-11 Rdn. 470 ff.

173

Vgl. zum folgenden BGH, NJW 1980,2518 f.

So auch BGHZ 94, 335 (340); BGH, NJW 1985, 855; BGH, NJW 1986, 3134 (3135). 174

175 So auch BGHZ 82, 21 (25); BGHZ 94, 335 (340); BGH, NJW 1985, 855; BGH, NJW 1986, 3134 (3135); BGH, NJW-RR 1988, 819 (821); BGH, NJW 1990, 115 (116).

10*

148

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

kannte der BGH jedoch das Bedürfnis der Verwender an, sich Preiserhöhungsklauseln zu bedienen. 176 Die mit der Unbestimmtheit verbundene Unangemessenheit werde aber weder durch den Wettbewerb, 177 noch durch die Befugnis des Kunden, nach § 315 BGB die Preiserhöhung zur richterlichen Überprüfung auf ihre Angemessenheit zu stellen,178 kompensiert. Der BGH stellte daher die Überlegung an, ob ein angemessener Ausgleich nicht durch die Zubilligung eines Lösungsrechtes vom Vertrag fiir den Fall einer Preiserhöhung geschaffen werden könne. Diese Überlegungen der VIII. Senats sind im Ansatz bereits in der Begründung des Regierungsentwurfs l79 und auch schon im Ersten Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz zu finden. 180 Sie stecken den Rahmen ab, in dem sich die folgende Rechtsprechung und die Literatur bewegen. Das nächste wichtige Urteil des BGH betrifft Tagespreisklauseln im Kraftfahrzeughandel. 181 In diesem Urteil wurde nur die Störung des Äquivalenzprinzips und die Möglichkeit zur verdeckten Gewinnsteigerung erörtert. 182 Ausfiihrungen zur Bestimmtheit betrafen nur das Vorbringen des Verwenders, eine genaue Präzisierung aller in Frage kommenden Faktoren fiir eine Preisänderung sei in einer verständlichen und nachvollziehbaren Form nicht möglich. 183 Unter Anerkennung dieser tatsächlichen Schwierigkeit und unter Konstatierung, daß eine komplizierte Klausel denselben Bedenken ausgesetzt sei, wie eine unbestimmte, verwies der BGH wiederum auf die Einräumung eines Lösungsrechts. 184 176 Vgl. auch BGHZ 82, 21 (24); BGHZ 94, 335 (338 f.); BGH, NJW 1990, 115 f 177

Vgl. auch BGHZ 82, 21 (25); BGH, NJW 1986,3134 (3135).

Vgl. auch BGHZ 82, 21 (26); BGHZ 89, 206 (213); BGHZ 93, 29 (34); BGH, NJW 1986, 3134 (3136). 179 BT-Druck. 7/3919, S. 28. 178

181

Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, S. 66. BGHZ 82, 21 ff

182

BGHZ 82, 21 (25); ähnlich BGH, NJW 1990, 115 (116).

180

183 BGHZ 82, 21 (26 f). 184 BGHZ 82, 21 (26 f); ebenso BGHZ 93, 252 (256); BGH, NJW 1986, 3134 (3135); BGH, ZIP 1989, 697 (698); vgl. zur Gestaltung des Lösungsrechts BGH, ZIP 1989,697; OLG Hamm, NJW-RR 1988, 431; siehe auch Wolfin WolflHornlLindacher § 11 Nr. 1 Rdn. 49; Brandner, 10 Jahre AGB-Gesetz, 39 (42); Paulusch, 10 Jahre AGBGesetz, 55 (76 ff.); kritisch Wolf, ZIP 1987,341 (350); Köndgen/König, ZIP 1984, 129 (134); siehe auch Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 11 Nr. 1 Rdn. 14.

C. Inhaltskontrolle gern. § 9 und Transparenz

149

In den nachfolgenden Urteilen 185 wurde mehrheitlich nur die Störung des Äquivalenzprinzips, 186 gelegentlich auch die Einschränkung der Abschluß- und Rechtsdurchsetzungsfreiheit 187 zur Begründung der Unwirksamkeit der Klausel angefiihrt. Eine Ausnahme bildet das Urteil des VIII. Senats vom 25.6.1985, welches sich ausschließlich auf die mangelnde Bestimmtheit der Klausel stützte. 188 Der Verwender hatte in der Klausel keine Kriterien fiir die Preiserhöhungen angegeben, er hatte sich aber auf "angemessene" Erhöhungen des Abonnementpreises, die entsprechend einer Erhöhung des gebundenen Einzelverkaufspreiseserfolgen sollten, beschränkt. 189 Zu der Einfiigung des Begriffs "angemessen" in den Wortlaut der Klausel bemerkte der BGH, dieses konkretisiere die maßgeblichen Faktoren, die zu einer Preiserhöhung berechtigten nicht in der Weise, daß ein Kunde in der Lage sei, die Ausübung des Erhöhungsvorbehaltes auf seine Zulässigkeit zu überprüfen. 190 In anderen Urteilen billigte der BGH aus verschiedenen Gründen unbestimmte Preiserhöhungsvorbehalte. 191 Teilweise gelang durch Auslegung eine Konkretisierung,192 teilweise wurde zugestanden, daß eine weitergehende Präzisierung nicht möglich sei. 193 Es wurden die Besonderheiten des kaufmännischen Geschäftsverkehrs 194 ebenso berücksichtigt wie die gemeinsame Interessenlage der Parteien hinsichtlich der Preisgestaltung, 195 die Weitergabemöglich-

185 Ausführliche Darstellung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Preisanpassungsklauseln bei Brandner, 10 Jahre AGB-Gesetz, 39 (41 ff.) und Paulusch, 10 Jahre AGB-Gesetz, 55 (66 ff); vgl. auch Hansen, WM 1987, 1029 ff. 186 BGHZ 82, 21 (25); BGHZ 94, 335 (340); BGH, NJW 1985, 855; BGH, NJW 1986,3134 (3135); BGH, NJW-RR 1988, 819 (821); BGH, NJW 1990, 115 (116). 181 BGHZ 94, 335 (340); BGH, NJW 1985, 855; BGH, NJW 1986, 3134 (3135); OLG Düsseldorf, ZIP 1984, 719 (722). 188 BGH, NJW 1986, 3134 ff 189 BGH, NJW 1986, 3134. 190BGH, NJW 1986, 3134 (3136). 191 BGHZ 92, 200 ff; BGHZ 93, 252 ff.; BGHZ 97, 212 ff. 192 BGHZ 97, 212 (217); vgl. dazu auch BGH, ZIP 1989,697 (698). 193 BGHZ 93, 252 (260, 262 f); BGHZ 97, 212 (219). 194 BGHZ 92, 200 (205 f.); BGHZ 93, 252 (260). 195 BGHZ 93, 252 (259).

150

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

keit der Preiserhöhung an den Endabnehmer 196 und die Vorleistungen eines Vertragspartners. 197 Diese Entscheidungen mit ihrem Konglomerat an Gründen lassen zumindest die Aussage zu, daß nach Ansicht der Rechtsprechung die Unbestimmtheit einer Klausel nicht zwangsläufig ihre Unwirksamkeit nach sich zieht. Ein Bestimmtheitsgebot, das sich nur abstrakt auf die Beurteilung der Klauselformulierungen bezieht, existiert demnach nicht. Nach der Rechtsprechung führt die Feststellung der Unbestimmtheit einer Klausel erst zu dem auch ansonsten vorzunehmenden Wertungsvorgang zwischen den verschiedenen Interessen der Vertragsparteien. Die dogmatische Grundlage für das Bestimmtheitsgebot bleibt aber nach wie vor im Dunkeln. Eine einheitliche Argumentationslinie ist bislang nicht erkennbar. Auch in anderen Entscheidungen 198 zu Leistungsänderungsvorbehalten hat. die Rechtsprechung keine einheitliche Linie gefunden. 199

(2) Die Literatur

Auch die Literatur vertritt mehrheitlich, daß Leistungsbestimmungsvorbehalte dem Bestimmtheitsgebot unterliegen,200 ohne in der Regel eine Begründung anzuführen.

196 197

BGHZ 92, 200 (206); BGHZ 93, 252 (260). BGHZ 93, 252 (260).

198 Vgl. z.B. zum Gebietsänderungsvorbehalt in Kfz-Vertragshändlerverträgen BGHZ 89, 206 ff.; BGHZ 93, 29 ff.; BGH, NJW 1985, 623 (624 f.; 627); BGH, NJW-RR 1988, 1077 (l080); zu Sicherungsabreden BGH, NJW 1989, 2283 ff; zu Reiseverträgen BGHZ 100, 157 (175 ff); vgl. auch BGH, NJW 1985, 53 (55 f.); BGH, WM 1987, 755 (756); BGH, ZIP 1989, 697 ff; BGH, ZIP 1990, 1406 (1409). 199 So auch Brandner, 10 Jahre AGB-Gesetz, 39 (41, 46); Paulusch, 10 Jahre AGB-Gesetz, 55 (69 f). 200 Woifin WolfIHomILindacher, § 9 Rdn. 150, § 11 Nr. 1 Rdn. 36; Brandner in Ulmer/ Brandner/Hensen § 9 Rdn. 90; ErmaniHefermehl§ 11 Nr. 1 Rdn. 14; Brandner, 10 Jahre AGB-Gesetz, 39 (46 f); Paulusch, 10 Jahre AGB-Gesetz, 55 (68, 73); Wolf, ZIP 1987, 341 (352); Köndgen/König, ZIP 1984, 129 (137 f); Hermann, WM 1987, 1029 (1033); Brandner, FS f Locher, 317 (321).

c. Inhaltskontrolle gern.

§ 9 und Transparenz

151

(a) Die Meinung Wolfs 201 Nach Wolf ist eine Klausel dann bestimmt, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, daß für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungspielräume entstehen. "Da sich der Verwender nicht beliebig ein Bestimmungsrecht über die anzuwendenden Rechtsfolgen einräumen kann, kann ihm auch nicht gestattet werden, durch einen ungenauen Tatbestand oder eine ungenaue Rechtsfolge sich Beurteilungspielräume zu verschaffen, die einem Bestimmungsrecht gleichkommen. ,,202 Das Bestimmtheitsgebot ist damit für Wolf ausschließlich Mittel zur Herstellung materieller Angemessenheit.

(b) Die Meinung von Paulusch203 Nach der Ansicht von Paulusch muß der Kunde bei Anpassungsklauseln die auf ihn zukommenden Belastungen bei Vertragsschluß erkennen, eine Risikoabschätzung vornehmen und spätere Preisänderungen auf ihre Berechtigung überprüfen können. Hieraus ergebe sich für den Verwender die Pflicht zu einer überprüfbarenKonkretisierung der Änderungsfaktoren. Das Konkretisierungsgebot sei das im Prinzip unverzichtbare Gegenstück zum Anpassungsinteresse des Klauselverwenders. 204 Diese Forderung stoße jedoch auf Grenzen der Planbarkeit und DarsteIlbarkeit. 205 Es seien weder alle Faktoren abzusehen, die Anlaß zu der Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts sein könnten, noch führe die Angabe einer Vielzahl von Faktoren zu einer besseren Verständlichkeit, die aber ihrerseits Voraussetzung für die Erkennbarkeit von Rechten und Pflichten sei. 206 Paulusch zieht daraus den Schluß, daß dort, wo eine Konkretisierung

201 Vgl. zum folgenden Wolfin Wolf/HorniLindacher § 9 Rdn. 150, § 11 Nr. 1 Rdn. 36,41,46; Wolf, ZIP 1987, 341 (352); siehe auch KöngenlKönig, ZIP 1984, 129 (134 f.); MKlKöfz § 9 Rdn. 116. 202 Wolf in Wolf/HorniLindacher § 9 Rdn. 150. 203 Vgl. zum folgenden Paulusch, 10 Jahre AGB-Gesetz, 55 (68 ff.); siehe auch Brandner in Ulmer/BrandnerlHensen § 9 Rdn. 97 ff.; Anh. §§ 9 - 11 Rdn. 470 ff. 204 Paulusch, 10 Jahre AGB-Gesetz, 55 (73). 205 So auch KöndgenlKönig, ZIP 1984, 129 (132); ähnlich Brandner in Ulmerl BrandnerlHensen § 9 Rdn. 98, 100; ErmaniHefermehl § 11 Nr. 1 Rdn. 14. 206 Paulusch, 10 Jahre AGB-Gesetz, 55 (74 m.w.N.).

152

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

möglich sei, sie vorgenommen werden müsse. 207 Dort, wo eine Konkretisierung nicht möglich sei, könne eine Leistungsbestimmungsklausel nur dann Bestand haben, wenn dem Kunden zum Ausgleich ein Vertragsauflösungrecht eingeräumt werde.

(3) Stellungnahme Geht man davon aus, daß Änderungsvorbehalte unabhängig von der Bestimmtheit materiell-rechtlich einen angemessenen Interessenausgleich enthalten müssen, so sind diese Interessen näher zu konkretisieren. Der Verwender will bei längerfristigen Verträgen künftige Entwicklungen bei der Preisgestaltung berücksichtigen, um nicht seine Gewinnspanne zu schmälern. 208 Der Kunde ist an einem festen Preis interessiert. Andererseits kann er bei einem langfristigen Vertrag nicht das Interesse des Verwenders verkennen, Preissteigerungen aufzufangen. Der Verwender muß daher allein, um die Klausel inhaltlich angemessen zu halten, so formulieren, daß willkürliche Preissteigerungen ausgeschlossen sind und das Äquivalenzprinzip erhalten bleibt. 209 Damit ist er zur Angabe von Art und Umfang des Leistungsänderungsvorbehalts gezwungen. Dies bedeutet, und insoweit ist der Ansicht Wolfs zuzustimmen, daß allein aus Gründen materieller Angemessenheit die Bestimmtheit bei Änderungsvorbehalten erforderlich ist. Das Interesse an der Erkennbarkeit einer Klausel rur den Kunden wird bei Beachtung der aus materiellen Gründen erforderlichen Bestimmtheit zwangsläufig miterrullt. Daher ist es nicht erforderlich, diesem Interesse einen eigenen Stellenwert einzuräumen und damit im Bereich der Änderungsvorbehalte ein eigenständiges Bestimmtheitsgebot zu begründen.

207

(321).

So auch ErmanJHejermehl § 11 Nr. 1 Rdn. 44; Brandner, FS f. Locher, 317

208 So auch Paulusch, 10 Jahre AGB-Gesetz, 55 (66 f.); KöndgenlKönig, ZIP 1984, 129 (132); Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen Anh. §§ 9 - 11 Rdn. 472. 209 So auch Paulusch, 10 Jahre AGB-Gesetz, 55 (66 f.); KöndgenlKönig, ZIP 1984, 129 (132).

C. Inhaltskontrolle gern. § 9 und Transparenz

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bb) Salvatorische Klauseln210 Salvatorische Klauseln werden in Rechtsprechung und Literatur mehrheitlich an § 2 gemessen 211 und von der herrschenden Meinung grundsätzlich tUr unwirksam erachtet. 212 Es wird aber auch darauf verwiesen, daß salvatorische Klauseln sich einer unbestimmten Formulierung bedienen, die dazu fiihre, daß der Vertragspartner sich aus den AGB nicht über seine Rechte informieren könne. Daher seien diese Klauseln wegen Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz unwirksam. 213 214 Anders als bei den Leistungsänderungsvorbehalten eröffnen salvatorische Klauseln dem Verwender keine Beurteilungsspielräume. 21S Insofern kann eine materiell-rechtliche Unangemessenheit nur im Einzelfall daraus resultieren, daß die Inanspruchnahme des gesetzlich noch eben Zulässigen im konkreten Vertrag zu einer unausgewogenen Interessengewichtung fUhrt und dadurch den Vertrags-

210 Der Begriff salvatorische Klausel wird hier nur im Sin'ne gesetzesverweisender Klauseln benutzt. 211 MKlKötz § 2 Rdn. 14 a; für die vorrangige Anwendbarkeit des § 2 Lindacher. BB 1983, 154 (157); Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 2 Rdn. 53. 212 Vgl. nur BGH, NJW 1985,623 (627); BGHZ 100, 117 (124); OLG München, NJW-RR 1988, 786; Heinrichs. NJW 1995, 1395 (1398); Ulmer in Ulmer/Brandner/ Hensen § 2 Rdn. 53; Wolfin WolflHornlLindacher § 9 Rdn. 151; Brandner in UImerlBrandnerlHensen § 9 Rdn. 94; Kasselmann. S. 158 f.; differenzierend Lindacher in Wolf/HornlLindacher § 6 Rdn. 38 f.; vgl. auch Kapitel 4 A II 4. 213 Wolfin WolflHornlLindacher § 9 Rdn. 151; Kasselmann. S. 105 ff.; Lindacher. BB 1983, 154 (157); Staudinger/Schlosser§ 11 Nr. 7 Rdn. 28; Brandner. FS f. Locher, 317 (320f.); ErmanlHefermehl § 6 Rdn. 14; differenzierend Lindacher in WolfiHornlLindacher § 6 Rdn. 38 f.; Lindacher. BB 1983, 154 (157); vgl. auch Brandner in Ulmer/ Brandner/Hensen § 9 Rdn. 101. 214 Es soll hier nicht darauf eingegangen werden, ob salvatorische Klauseln zudem gegen § 9 verstoßen, weil sie die in § 6 11 vorgesehene Geltung dispositiven Rechts verdrängen, vgl. dazu Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen § 6 Rdn. 14 ff. m.w.N.; Lindacher in Wolf/HornlLindacher § 6 Rdn. 41 ff. m.w.N.; ErmanlHefermehl § 6 Rdn. 14.

215 So auch Kasselmann. S. 105, Thümmel/Oldenburg. BB 1979, 1070; Willenbruch. BB 1981, 1977; Lindacher. BB 1983, 154 (157); Ulmerin Ulmer/Brandner/ Hensen § 5 Rdn. 35 m.w.N.; MKlKötz § 5 Rdn. 7; Soergel/Stein § 5 Rdn. 14; Roth. WM 1991, 2085 (2087).

154

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

partner unangemessen benachteiligt. 216 Grundsätzlich haftet diesen Klauseln aber immer der Makel an, daß der Kunde aus den AGB seine eigene Rechtsstellung nicht erkennen kann. 217 Die mangelnde Bestimmtheit betrifft mithin nicht den Inhalt, sondern ausschließlich die Wahmehmbarkeit der vertraglichen Rechte und Pflichten. Da damit die abstrakte Erkennbarkeit betroffen ist und nicht die inhaltliche Erfaßbarkeit,218 ist im Ergebnis der herrschenden Meinung zuzustimmen, welche § 2 für einschlägig erklärt. 219 Salvatorische Klauseln verstoßen gegen den in § 2 enthaltenen Grundsatz der Vollständigkeit des Klauselwerkes. Das schließt jedoch nicht aus, daß auch § 9 diese Fallgruppen erfaßt. 220 Hier kann auf die Darstellung des Verhältnisses von Inhalts- und Einbeziehungskontrolle bei der Verbandsklage zurückgegriffen werden. 221 Dort ist herausgestellt worden, daß § 9 hinsichtlich abstrakt beurteilbarer Klauseln auch als Grundtatbestand der Einbeziehungskontrolle aufzufassen ist. 222 Die Beeinträchtigungen, die salvatorische Klauseln verursachen, haften den AGB-Klauseln als solche an und hängen weder von der Situation bei Vertragsschluß noch von der Person des Vertragspartners ab. Daher sind salvatorische Klauseln wegen Verstoßes gegen das Vollständigkeitsgeboe23 des § 2 auch nach § 9 unwirksam. Als Ergebnis bleibt festzuhalten, daß für ein darüber hinausgehendes, nur in § 9 angelegtes Bestimmtheitsgebot auch bei salvatorischen Klauseln kein Bedürfuis besteht.

216 Eine grundsätzliche Unwirksamkeit salvatorischer Klauseln wegen der ihnen anhaftenden Meistbegünstigung vertritt Kasselmann, S. 107 ff. 217 So auch Kasselmann, S. 105 f.; Ulmer in UlmerlBrandnerlHensen § 2 Rdn. 53; Lindacher, BB 1983, 154 (157). 218 Vgl. dazu Kapitel 4 A 11 4, A III 1. 219 Vgl. Kapitel 4 A 11 4. 220 So auch Kasse/mann, S. 106 f.; Staudinger/Schlosser § 11 Nr. 7 Rdn. 28; Schlosser, WM 1978, 569; Wolfin WolflHornlLindacher § 2 Rdn. 27; Lindacher in Wolf/ HorniLindacher § 6 Rdn. 38. 221 Vgl. Kapitel 5 C I.

222

Vgl. Kapitel 5 C I.

223 Zum Gebot der Vollständigkeit hinsichtlich der Wiedergabe der tatbestandlichen Voraussetzungen und der abzuleitenden Rechtsfolgen siehe auch Wolfin WolflHornl Lindacher § 9 Rdn. 146; vgl. auch BGH, NJW 1985, 320 (323).

c.

Inhaltskontrolle gern. § 9 und Transparenz

155

d) Zusammenfassung

Das Bestimmtheitsgebot hat in § 9 keine eigenständige Bedeutung. Im Regelfall ist die Unbestimmtheit Indikator für eine materiell-rechtliche Verschlechterung der Rechtsstellung des Kunden. Soweit in gewissen Konstellationen von einem Bestimmtheitsgebot gesprochen wird, zeigt sich, daß der Konkretisierungszwang in erster Linie verhindern soll, daß hinter unbestimmten Formulierungen unangemessene Inhalte verborgen werden. Das Maß der notwendigen Konkretisierung reicht dann auch nur soweit, wie es die Selbstbeschränkung des Verwenders zur Erzielung eines angemessenen Interessenausgleichs erfordert. Dabei soll nicht verkannt werden, daß natürlich auf diese Weise auch Transparenz erzeugt wird. 224 Diese ist aber nur Reflex der materiell-rechtlichen Angemessenheit.

2. Das Irreführungsverbot

Auch das Irreführungsverbot gilt als besondere Ausformung des § 9 1. 225 Nach überwiegender Ansicht werden Klauseln als irreführend charakterisiert, welche die Rechtslage unzutreffend darstellen bzw. die ihrer Formulierung nach geeignet sind, den Vertragspartner von der Durchsetzung bestehender Rechte abzuhalten. 226 Eine Minderansicht will hingegen das Irreführungsverbot nur 224 Kritisch gegen die Einordnung des Bestimmtheitserfordemisses unter den Transparenzgedanken Schäfer, S. 5 ff. 225 Vgl. nur BGHZ 93, 29 (48); BGH, NJW 1984, 171 (172 f.); BGH, NJW 1985, 320 (322); BGH, NJW 1986,1809 (1810 f.); BGH, NJW 1988,1726 (1727 f.); BGHZ 108,61 ff.; BGHZ 119, 152 (170); BGH, NJW 1993, 263; OLG Frankfurt, WM 1981, 598 (599); OLG Düsseldorf, ZIP 1984,719 (721 f.); OLG Hamm, NJW-RR 1988, 431 (433); Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 89, 95; Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § Anh. §§ 9 - 11 Rdn. 371; Wolfin WolflHorniLindacher § 9 Rdn. 153; Brandner, FS f. Locher, 317 (319); PalandtlHeinrichs § 9 Rdn 16 a; Soergel/Stein § 9 Rdn. 21; Paulusch, EWiR § 9 AGBG 7/88, 420; Baums, ZIP 1989, 7 ff. setzt das Irreführungsverbot dem Transparenzgebot gleich, ähnlich bereits ders. in WM 1987, Sonderbeilage 2, S. 13 ff. 226 BGH, NJW 1984, 171 (172); BGH, NJW 1985, 320 (322); BGH, NJW 1986, 1809 (1810 f.); BGH, NJW 1988, 1726 (1727 f.); OLG Düsseldorf, ZIP 1984, 719 (721 f.); Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 95; Wolfin WolflHorniLindacher § 9 Rdn. 147.

156

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

dann als einschlägig ansehen, wenn neben der Täuschung selbst zusätzlich die der Täuschung entsprechende Rechtslage den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt. 227 Diese sehr weiten Definitionen erfordern eine nähere Untersuchung, in welchen Fällen das Irrefiihrungsverbot eigenständige Bedeutung hat. Zudem ist fraglich, welche Umstände zur Bewertung der Irrefiihrung als unangemessene Benachteiligung LS.d. § 9 fiihren.

a) Anwendungsbereich aa) Materiell unangemessene Klauseln Die Rechtsprechung wendet das Irrefiihrungsverbot u.a. auf Klauseln an, denen bereits aus anderen Gesichtspunkten die Wirksamkeit zu versagen ist. 228 In diesen Fällen beruht die Irrefiihrung allein darauf, daß einer materiell-rechtlich unangemessenen Klausel der Schein der Wirksamkeit anhaftet. 229 Die Anwendung des Irrefiihrungsverbotes auf diese Fallgruppen ist abzulehnen. 230 Bei materiell-unangemessenen Klauseln besteht keine Notwendigkeit, ihre Unwirksamkeit auf ein ihnen anhaftendes Täuschungselement zu stützen. Diese Vorgehensweise birgt vielmehr die Gefahr, die eigentliche Benachteiligung des Kunden nicht zu erkennen und den Verwender zu ermutigen, ähnliche Inhalte in deutlicher Weise weiterhin in seinen AGB zu verwenden. Zudem hat der Gesetzgeber die Gefahr gesehen, daß die Vertragspartner der Verwender in vielen Fällen die Unwirksamkeit einer Klausel nicht zu erkennen vermögen und sich daher den Regelungen unterwerfen. Aus diesem Grund hat er die Verbandsklage geschaffen, die bereits im Vorfeld einen präventiven Schutz dafür

227

Wolf, JZ 1988, 719.

Vgl. BGH, NJW 1985, 320 (322); BGH, NJW 1986, 1809 (1810); BGHZ 100, 157 (184); BGH, NJW 1987, 2818; BGH, NJW 1988, 2264; BGH, BB 1990, 1154 (1157); OLG Frankfurt, WM 1981, 598 (599); wohl auch OLG Hamm, NJW-RR 1988, 431 (433). 229 Deutlich in dieser Hinsicht BGHZ 100, 157 (184); vgl. auch BGH, NJW 1993, 263; dazu Heinrichs, NJW 1994, 1380 (1384). 230 So auch Heinrichs, NJW 1994, 1380 (1384); PalandtiHeinrichs § 9 Rdn. 16 a; Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 92, 95; Soergel/Stein § 9 Rdn. 21. 228

c.

Inhaltskontrolle gern. § 9 und Transparenz

157

bieten soll, daß unwirksame AGB-Klauseln aus den AGB eliminiert werden. 231 Daraus folgt im Umkehrschluß, daß im Verhältnis der Vertragsparteien der Kunde das Risiko trägt, die Unwirksamkeit einer AGB-Klausel zu verkennen.

bb) Überraschende Klauseln Ein weithin ungeklärtes Spannungsfeld eröffnet sich bei der Betrachtung des Irreführungsverbotes und des Verbotes überraschender Klauseln nach § 3. Der BGH erklärte in einer Entscheidung aus dem Jahr 1984 eine Klausel wegen Verstoßes gegen das Irreführungsverbot für unwirksam nach § 9 und sah gleichzeitig in dieser Klausel einen Verstoß gegen § 3. 232 In dem zu beurteilenden Fall hatte der Verwender in einer Klausel einen Pauschalpreis für einen Hausbau festgelegt und in einer weiteren Klausel mit der Überschrift "Aufschließungskosten" eine gesonderte Zahlung für Erdarbeiten vorgesehen. Letztgenannte Klausel hielt der BGH für überraschend und irreführend. An diesem Beispiel läßt sich das Verhältnis von Irrefiihrungsverbot und Überraschungsklausel ablesen. Entgegen der Ansicht des BGH kann eine Klausel in der Regel nicht gegen beide Verbote verstoßen. Die vom BGH für unwirksam erklärte Klausel über die Aufschließungskosten ist eine überraschende Klausel i.S.d. § 3. Die Vorstellung des Durchschnittskunden geht dahin, daß der Pauschalpreis alle vom Unternehmer zu erhebenden Kosten abdeckt. Behält der Unternehmer sich in seinen AGB für bestimmte Arbeiten das Recht vor, gesonderte Vergütung zu verlangen, so weicht das erheblich vom Vorstellungsbild des Durchschnittskunden ab. Die Überraschungsklausel kann jedoch nicht als irreführend bezeichnet werden. 233 Täuschungseffekte sind vielmehr mit der Klausel verbunden, die

231 Vgl. Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, S. 109 f.; siehe auch BGHZ 79, 117 (119); BGH, NJW 1980, 831 (832); BGH, NJW 1982, 331 (332); BGH, NJW 1988, 1726 (1728); OLG Düsseldorf, ZIP 1984,719 (721); MKJGerlach § 13 Rdn. 11; PalandtiHeinrichs Vorbem. v. § 13 Rdn. 3; Brandner in Ulmer/ Brandner/Hensen § 13 Rdn. 1.

232

BGH, NJW 1984, 171 (172); vgl. auch Köndgen. NJW 1989, 943 (944).

Eine andere Frage ist es, ob diese Klausel unter dem Gesichtspunkt eines Transparenzgebotes unwirksam ist; vgl. dazu die Kritik bei Wagner-Wieduwilt. WM 1989,37 (38). 233

158

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

den Pauschalpreis angibt. Allein diese Klausel ruft beim Kunden ein falsches Vorstellungbild vom Inhalt der AGB hervor. Nach § 3 wird die überraschende, weil verborgene Klausel nicht Vertragsbestandteil, wohl aber die Klauseln, die den Eindruck erwecken, eine abschließende Regelung eines bestimmten Punktes darzustellen und damit den Verheimlichungseffekt hervorrufen oder unterstützen. Das Irreführungsverbot zielt demgegenüber darauf ab, die den täuschenden Eindruck hervorrufende Klausel für unwirksam zu erklären. 234 Das Irrefiihrungsverbot ist nach dieser Abgrenzung gegenläufig zu § 3. Wegen der gesetzlichen Regelung der Überraschungsklausel scheint ihm kein Anwendungsbereich zu verbleiben, da eine kombinierte Anwendung beider Verbote dazu führen würde, daß die täuschende Regelung und die überraschende Regelung entfielen. Damit träte ein sinnwidriges Ergebnis ein. Es gilt mithin die Fälle näher herauszuarbeiten, in denen die Anwendung eines Irreführungsverbotes sinnvoll erscheint. § 3 differenziert nach seinem Wortlaut nicht danach, welchen Inhalt die überraschende Klausel besetzt. Grundsätzlich wäre § 3 auch dann anzuwenden, wenn die überraschende Klausel dem Kunden Rechte einräumt. 235 Dies widerspräche jedoch dem Schutzzweck des AGBG, der darauf gerichtet ist, die Position des Vertragspartners des Verwenders zu stärken. 236 Diesem Ziel sind auch die Normen der Einbeziehungskontrolle unterstellt. Die Anwendung der Normen der Einbeziehungskontrolle in der Weise, daß dem Vertragspartnerdes Verwenders Rechte entzogen werden, steht nicht in Einklang mit deren Schutzzweck. 237

Allerdings entsteht durch diese Einschränkung des Anwendungsbereiches des § 3 eine Lücke. 238 Die Verheimlichung von Rechten wird durch die Einbeziehungskontrolle nicht verhindert. Damit eröffnet sich ein Anwendungsfeld für das Irreführungsverbot. Bei der Verheimlichung von Rechten entspricht es

234

Vgl. Brandner in UlmerlBrandnerlHensen § 9 Rdn. 95.

235 Für eine derartige Anwendung des § 3 sind weder Beispiele in der Rechtsprechung noch Belege in der Literatur zu finden. 236

Vgl. nur PalandtiHeinrichsEinf. v. § 1 Rdn. 7.

237

Vgl. Staudinger/Schlosser § 3 Rdn. 2, 4 a.E.

Dies verdeutlicht nochmals, daß § 3 nicht sämtliche Fälle von Intransparenz abdeckt, vgl. in diesem Sinne auch Köndgen. NJW 1989, 943 (944 f.). 238

C. Inhaltskontrolle gern. § 9 und Transparenz

159

dem Schutzzweck des AGBG, statt der Klauseln, welche die Rechte zum Ausdruck bringen, diejenigen, welche die Täuschung verursachen bzw. zu verursachen geeignet sind, zu untersagen. 239 b) Unangemessene Benachteiligung

Eine Verankerung des Irreführungsverbotes in § 9 setzt voraus, daß die Irreführung eine unangemessene Benachteiligung darstellt. Dies ist angesichts der Tatsache, daß § 9 grundsätzlich auf den Inhalt einer Klausel abstellt, bedenklich. Die Mindermeinung fordert dementsprechend, daß die dem Täuschungstatbestand entsprechende Rechtslage eine unangemessene Benachteiligung des Kunden beinhalten müsse. 240 Das Abhalten von der Rechtsdurchsetzung infolge einer täuschenden Regelung könne als ein Weniger kaum unwirksam sein, wenn durch eine klare und eindeutige Regelung dieselben Rechte sogar völlig ausgeschlossen werden könnten. 241 Die hiermit geforderte inhaltliche Überprüfung einer täuschenden Klausel nahm der BGH in seiner ersten Garantiekartenentscheidung242 vor. Gegenstand der Beurteilung waren Garantiebedingungen, 243 die ein Händler gegenüber den Letztverbrauchem verwandte. Der Hersteller berief sich auf die Kontrollfreiheit der Garantiebedingungen, da die Garantieleistung dem Käufer neben den gesetzlich bestehenden Gewährleistungsansprüchen zustehe. 244 Der BGH legte die Klauseln dahin aus, daß der Durchschnittskunde die Garantiebedingungen als Beschränkung seiner Gewährleistungsrechte verstehe. 245 In-

239 So im Ergebnis, jedoch ohne nähere Begründung auch die herrschende Meinung, vgl. BOH, NJW 1985, 320 (322); BOH, NJW 1986, 1809 (1811); BOHZ 100, 157' (184 f.); BOH, NJW 1988,1726 (1728); OLO Frankfurt, ZIP 1984, 719 (720 f.); Paulusch, EWiR § 9 AOBO 7/88, 419 (420); Wolf in WolflHornlLindacher § 9 Rdn. 153; Brandner in UlmerlBrandnerlHensen § 9 Rdn. 95; einschränkend Brandner. FS f. Locher, 317 (319), der bei reiner Doppeldeutigkeit einer Klausel § 5 Vorrang einräumt. 240 Wolf, JZ 1988, 719; vgl. auch Kornmeier. NJW 1982, 793 (795). 241

Wolf, JZ 1988, 719; ähnlich Wolfin Wolf/HornlLindacher § 9 Rdn. 146.

BOHZ 79, 119 ff.; ähnlich BOHZ 93, 29 ff.; BOHZ 100, 157 ff. 243 Vgl. BOHZ 79, 117 (118); siehe auch BOHZ 93,29 (63); BOHZ 100, 157 (178 ff.). 244 BOHZ 79, 117 (118). 242

245 BOHZ 79, 117 (120); zustimmend Kornmeier. NJW 1982, 793 (794); AOBKlauselwerke/von Westphalen. Oarantieklauseln, Rdn. 5 ff.

160

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

folgedessen stellte er Verstöße gegen § 11 Nr. 10 f, § 11 Nr. 10 bund § 11 Nr. 10 c fest. 246 Auf den Täuschungscharakter der Garantiebedingungen ging der BGH nur in Hinsicht auf eine kontrollfeste Fassung der Bedingungen ein. Dazu bemerkte der BGH, daß ein ausdrücklicher Hinweis auf der Vorderseite der Garantieurkunde des Inhalts, daß dem Käufer nach seiner Wahl zusätzlich zu den gesetzlichen Gewährleistungsansprüchen durch die Garantie ein Recht auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung eingeräumt werde, fur die Wirksamkeit der Klauseln ausreiche. 247 Dies zeigt, daß letztlich die mit den Garantieklauseln verbundene Irrefuhrung untersagt werden sollte und nicht eine materiell-rechtliche Verbesserung der Garantiebedingungen angestrebt war. 248 Der damit angedeutete Lösungsansatz gelangte in dem zweiten Garantiekarten_Fall 249 zur Anwendung. Der BGH erklärte die Garantieklauseln wegen der mit ihnen verbundene Irrefuhrungswirkung fur unwirksam nach § 9 1. 250 Ausdrücklich stellte er heraus, daß es nicht zur Wirksamkeit der Klauseln fuhre, wenn die der Täuschung entsprechende Rechtslage den Anforderungen des AGBG genüge.25\ Der Kunde werde bereits allein dadurch unangemessen benachteiligt, daß er durch die Täuschung an der Realisierung seiner gesetzlichen Ansprüche gegen den Verwender gehindert werde. 252 Der BGH stützte sich dabei ohne weitere Ausfuhrungen auf das fiir AGB geltende Transparenzgebot. 253

246

BGHZ 79, 117 (121 f.); kritisch Kornmeier, NJW 1982, 793 (795).

247 BGHZ 79, 117 (124); zustimmend Kornmeier, NJW 1982, 793 (794); Hensen in Ulmer/BrandnerlHensen Anh. §§ 9 - 11 Rdn. 371. 248 So auch Kornmeier, NJW 1982, 793 (794); Hensen in UlmerlBrandner/Hensen Anh. §§ 9 - 11 Rdn. 371. 249 BGH, NJW 1988, 1726 ff. Dort war der Hersteller, der dem Kunden die Garantieleistungen versprach, vom Verkäufer personenverschieden. Die Täuschung wirkte sich dahingehend aus, daß bei dem Kunden der Eindruck erweckt werden konnte, seine Ansprüche gegen den Verkäufer reichten nicht weiter als die in der Garantiekarte beschriebenen Rechte. 250 BGH, NJW 1988, 1726 (1728). 251

BGH, NJW 1988, 1726 (1728) m.w.N.

BGH, NJW 1988, 1726 (1728); siehe auch BGH, NJW 1985, 320 (322); BGH, NJW 1986, 1809 (1811); OLG Düsseldorf, ZIP 1984,719 (721,722); zustimmendPaulusch, EWiR § 9 AGBG 7/88, 419 (420); Brandner in U1merlBrandner/Hensen Anh. §§ 9 - 11 Rdn. 371; AGB-Klauselwerke/von Westphalen, Garantieklauseln, Rdn. 15 ff. 252

C. Inhaltskontrolle gern. § 9 und Transparenz

161

c) Stellungnahme

Festzuhalten ist zunächst, daß beide Ansichten dann zu demselben Ergebnis fuhren, wenn der Verwender über zwingende gesetzliche Rechte des Kunden oder über Rechte gegenüber Dritten täuscht. In diesen Fällen ist die der Täuschung entsprechende Rechtslage auch materiell unangemessen. 254 255 In den anderen Fällen kommt es aber darauf an, ob die Täuschung allein als unangemessene Benachteiligung i.S. d. § 9 gewertet werden kann. Für die Unangemessenheit einer Klausel ist ausschlaggebend, ob der Verwender die schutzwürdigen Interessen seines Vertragspartners angemessen berücksichtigt hat. 256 An einem angemessenen Interessensausgleich fehlt es, wenn rechtlich anerkennenswerte Interessen des Vertragspartners beeinträchtigt werden, ohne daß höher zu bewertende Interessen des Verwenders diese Benachteiligung rechtfertigen. 257 Im Zivilrecht ist der Schutz der Vertragsparteien vor Täuschungen durch die andere Vertragspartei umfassend angelegt. Soweit jemand arglistig getäuscht wird, kann er sich durch Anfechtung gern. §§ 142 I, 123 BGB vom Vertrag lösen oder Schadensersatz aus § 823 II BGB i.V.m. § 263 StGB258 oder § 826 BGB 259 verlangen. Bei sonstiger pflichtwidriger Einwirkung auf die Willensbildung des anderen Teils, die zum Vertragsabschluß fuhrt, kommen Ansprüche aus c.i.c. in Betracht. 260 253 BGH, NJW 1988, 1726 (1728); vgl. auch Köndgen. NJW 1989, 943 (944); AGBKlauselwerke/von Westphalen. Garantieklauseln, Rdn. 17.

254 V gl. zur Täuschung über zwingende gesetzliche Ansprüche BGH, ZIP 1984, 1485 (1489); OLG Frankfurt, ZIP 1984, 719 (721); ausführlich AGB-Klauselwerkelvon Westphahlen. Garantieklauseln, Rdn. 20 ff. 255 Vgl. zur Täuschung über Rechte gegenüber Dritten BGH, NJW 1984, 2816; Wolf, JZ 1988, 719; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 9 Rdn. 100 ff.; SoergeIlStein § 9 Rdn. 14; PalandtlHeinrichs § 9 Rdn. 7; ausführlich AGB-Klauselwerke/von Westphalen. Garantieklauseln, Rdn. 20 ff. 256 BGHZ 89, 206 (211); BGHZ 90, 280 (284); SoergeIlStein § 9 Rdn. 6; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 9 Rdn. 50; PalandtlHeinrichs § 9 Rdn. 7 f.; Brandner in UIrner/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 70 f. 257

Siehe nur OLG Frankfurt, NJW 1983, 1681 (1682).

258

Vgl. nur PalandtlHeinrichs § 823 BGB Rdn. 149.

259

Vgl. nur PalandtiThomas § 826 BGB Rdn. 22 ff.

BGH, NJW 1985, 1771; BGH, NJW 1993,2107; PalandtlHeinrichs § 276 BGB Rdn. 68, 78; MKiRoth § 242 BGB Rdn. 231. 260

11 Kreienbaum

162

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

Täuschungen sind daher grundsätzlich als Verstoß gegen Treu und Glauben zu werten. Zweifel, ob dieser Verstoß gegen Treu und Glauben als Kriterium in § 9 eingefiihrt werden sollte, ergeben sich jedoch daraus, daß Täuschungen regelmäßig die Willensbildung bei Vertragsschluß beeinflussen. Insofern scheint es sich bei Täuschungen um eine Problematik der Einbeziehungskontrolle zu handeln. Vorstehend ist aber dargelegt worden, daß § 3 gerade Täuschungen dieser Art nicht erfaßt. Auch die hier vertretene Auffassung zu § 2 erlaubt es nicht, irrefiihrende Klauseln dort einzuordnen. 261 Die Einbeziehungskontrolle bietet damit keinen Lösungsweg.

§ 9 ist die Generalklausel des AGBG. Es wurde bereits dargelegt, daß sie zumindest dann fiir Problematiken der Einbeziehungskontrolle offen ist, wenn die Klauseln einer abstrakt-generellen Beurteilung zugänglich sind. 262 Dies ist hinsichtlich irrefiihrender Klauseln in AGB regelmäßig zu bejahen. Damit müssen Nachteile, die in der Minderung der Rechtsdurchsetzungsfähigkeit liegen und die dem Vertragspartner des Verwenders durch irrefiihrende Klauseln zugefiigt werden, als unangemessene Benachteiligungen i.S.d. § 9 I aufgefaßt werden.

d) Verhältnis zum Transparenzgebot Die Ausfiihrungen zum Irrefiihrungverbot geben über mehrere Fragen Aufschluß, die auch hinsichtlich eines Transparenzgebotes zu stellen sind. Zunächst fiihrt die Anwendung des Irrefiihrungsverbotes zur Erzeugung höherer Transparenz. Das Verbot von Klauseln, die ob ihrer formalen Gestaltung oder ob ihres Inhaltes beim Kunden falsche Vorstellungen über die ihm zustehenden Rechte hervorrufen, erzwingt eine Gestaltung der AGB dahingehend, daß Täuschungen unterbleiben. Dies hat positive Auswirkungen fiir die Verständlichkeit derselben. Insoweit verwirklicht § 9 I direkt Transparenzforderungen. Maßgeblich fiir das Transparenzgebot wird sich die Feststellung auswirken, daß mit dem Irrefiihrungsgebot auch die Beeinträchtigung der Rechtsdurchsetzungsfähigkeit als Nachteil i.S.d. § 9 I bewertet wird. Denn diese Benachtei-

261 V gl. Kapitel 4 A 11 5; anders möglicherweise die herrschende Meinung, soweit sie in § 2 ein Verständlichkeitsgebot verankert sieht. 262 V gl. Kapitel 5 C I.

c.

Inhaltskontrolle gern. § 9 und Transparenz

163

ligungen können nicht nur aufgrund der irreftihrenden Wirkung einer Klausel entstehen, sondern liegen stets vor, wenn dem Kunden der Regelungsgehalt einer Klausel verborgen bleibt.

3. Sonstige Gebote des § 9 I

§ 9 I soll desweiteren ein Differenzierungsgebotund ein Gebot der Vollständigkeit enthalten. 263

a) Das Difjerenzierungsgebot Das Differenzierungsgebot beinhaltet die Pflicht, verschiedenartige Sachverhalte dann unterschiedlichen Regelungen zuzuftihren, wenn sie ein unterschiedliches Angemessenheitsurteil erfordern. 264 Nur völlig atypische Sachverhalte werden bei der Beurteilung nicht berücksichtigt. 265 Damit ist das Differenzierungsgebot nur die Bezeichnung eines Gesichtspunktes, der bei der Erstellung von AGB zu beachten ist, um sie vor dem Unangemessenheitsurteil zu bewahren. Ihm kommt keine eigenständige Bedeutung zu. Zur Verwirklichung von Transparenz verhilft es lediglich mittelbar, da es zur Konkretisierung und Bestimmtheit des AGB-Inhalts beiträgt.

b) Das Vollständigkeitsgebot Nach dem Gebot der Vollständigkeit sind die tatbestandlichen Voraussetzungen und die abzuleitenden Rechtsfolgen einer Regelung vollständig wiederzugeben. 266

263 Wolfin WolflHorniLindacher § 9 Rdn. 152, 154; vgl. auch Soergel/Stein § 9 Rdn. 21; Brandner. FS f. Locher, 317 (322). 264

Wolfin Wolf/HorniLindacher § 9 Rdn. 152.

265 Herrschende Meinung, vgl. nur Wolfin WolflHorniLindacher § 9 Rdn. 152; Brandner in Ulrner/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 99. 266 Wolfin WolflHornILindacher § 9 Rdn. 154; ErrnaniHefermehl § 9 Rdn. 196; anders als das Vollständigkeitsgebot i.S.d. § 2 bezieht es sich auf die einzelne AGBKlausel.

11*

164

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

Soweit sich dieses Vollständigkeitsgebot auf die Wiedergabe aller Voraussetzungen einer Regelung bezieht, bezeichnet es eine Selbstverständlichkeit. Es ist zwar denkbar, daß eine Regelung nur dann angemessen ist, wenn sie weitere, nicht genannte Voraussetzungen enthält. Diese weiteren Voraussetzungen "fehlen" aber nicht im AGB-Text in dem Sinne, daß ihre Nichtnennung der Grund der Unwirksamkeit ist. Vielmehr ist die "unvollständige" Klausel materiellrechtlich unangemessen. Damit fUhren nicht formale, sondern materiell-rechtliche Erwägungen zur Unwirksamkeit. Möglicherweise greift aber dieses Vollständigkeitsgebot als eigenständige Fallgruppe die mangelnde Kenntlichmachung der Rechtsfolgen einer Regelung auf. Soweit eine Regelung vom Gesetz abweichende Rechtsfolgen statuieren will, müssen diese notwendig benannt werden. Rechtsfolgen, die nicht angeordnet werden, können auch nicht eintreten. Die Forderung nach vollständiger Wiedergabe der Rechtsfolgen bekommt demnach nur Sinn, wenn auch die mittelbaren Auswirkungen einer Regelung benannt werden müßten. Unter mittelbaren Auswirkungen soll hier z.B. das Zusammenwirken mit weiteren Regelungen verstanden werden. Gegen eine derartige Forderung spricht grundsätzlich, daß damit eine umfassende Aufklärung des Vertragspartners über die rechtlichen Folgen des Vertragsschlusses verbunden wäre. Eine derart weitgehende Aufklärungspflicht wird im Zivilrecht generell und zu Recht abgelehnt. 267 Die Aufstellung von Aufklärungspflichten bedarf der besonderen Begründung im Einzelfa1l 268 und kann daher nicht über die Statuierung eines Vollständigkeitsgebotes hergeleitet werden. 269

267

Vgl. BGH, NJW 1983, 1491 (1492); PalandtlHeinrichs § 242 BGB Rdn. 37.

268

Vgl. nur BGH, NJW 1984, 764; PalandtlHeinrichs § 242 BGB Rdn. 37.

Insofern ist die Ansicht Wolfs in WolflHorniLindacher § 9 Rdn. 154 abzulehnen, eine Einschränkung erfolge über den Grundsatz der Zumutbarkeit. Dies verkehrt das Regel-Ausnahme-Verhältnis in sein Gegenteil. 269

C. Inhaltskontrolle gern. § 9 und Transparenz

165

4. Unklarheit/Undurchschaubarkeit

Vereinzelt wurde auch vor den Transparenzentscheidungen des BGH270 eine Anwendbarkeit des § 9 I auf unklare Klauseln und undurchschaubare Klauseln bejaht. 27I Voraussetzung fiir die Unangemessenheit sei, daß die Klausel durchgehend unklar und diese Unklarheit gezielt und von der Sache her unmotiviert sei. 272 Komplizierte Darstellungen seien nur dann gerechtfertigt, wenn sie die Folge notwendiger, aus den Normen des AGBG erzwungener Differenzierungen seien. 273 Graba ordnet unklare Klauseln § 5 zu, hält aber § 9 fur anwendbar auf Klauseln, bei denen die Auslegung zu einem eindeutigen Ergebnis fuhrt, die aber durch ihre verheimlichende Art und Weise den Kunden benachteiligen.274 275 Diese Ansichten blieben vereinzelt und zunächst ohne Widerhall in Rechtsprechung und Literatur. Ähnliche Ansätze bestimmten aber die spätere Rechtsprechung zu kündbaren Teilamortisationsverträgen,276

a) Die Rechtsprechung zur Undurchschaubarkeit von Abschlußzahlungsklauseln Beim kündbaren Teilamortisationsvertrag verpflichtet sich der Leasingnehmer, bei Beendigung des Vertrages durch ordentliche Kündigung eine Ab-

270 Siehe nur BGHZ 106, 42 ff; BGHZ 106, 259 f; BGHZ 112, 115 ff 271 StaudingerlSchlosser§ 9 Rdn. 14; Graba in Schlosser/Coester-WaltjenlGraba § 9

Rdn.55. 272

StaudingerlSchlosser § 9 Rdn. 14.

213

StaudingerlSchlosser § 9 Rdn. 14.

274

Graba in Schlosser/Coester-WaltjenlGraba § 9 Rdn. 55.

275 Als Beispiel nennt Graba die Vermeidung der Nennung des effektiven Jahreszinses oder sonstige Klauseln, deren Regelungsgehalt erst durch unzumutbare Berechnungen oder sonstige Schlußfolgerungen aufgedeckt werden könnten, vgl. Graba in Schlosser/Coester-WaltjenlGraba § 9 Rdn. 55, 144. 276 Zu sonstigen vereinzelten Ansätzen in diese Richtung vgl. BGH, NJW 1986, 924

(925).

166

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

schlußzahlung zu leisten, welche die Vollamortisation sichert. 277 An diese Abschlußklauseln stellt die Rechtsprechung hohe Anforderungen hinsichtlich ihrer Deutlichkeitkeit und Verständlichkeit. 278 Schon im Urteil vom 28.10.1981 forderte der BGH, daß dem Leasingnehmer erkennbar sein müsse, welche Ausfälle und Nachteile in die Berechnung der Abschlußzahlung einbezogen seien und ob die durch die Kündigung dem Leasinggeber entstehenden Vorteile in ausreichendem Maß Berücksichtigung gefunden hätten. 279 Insbesondere müsse die Klausel verdeutlichen, ob die Berechnung der Abschlußzahlung Zinsvorteile des Leasinggebers und den Restwert des Leasinggutes enthalte. 28o In einer späteren Entscheidung konkretisierte der BGH seine Anforderungen an die Deutlichkeit und den Inhalt einer derartigen Klausel. 281 Die Abschlußzahlungsregelung müsse die Gesamtkosten einschließlich der Gewinnerwartung, die Amortisationsdauer bei Zahlung der vereinbarten Leasingraten und die Abzinsungsmodalitäten angegeben, sowie eine Erklärung enthalten, daß 90 % des Erlöses aus der Verwertung des Leasingobjekts auf die Ausgleichszahlung angerechnet werden. 282

277 Ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH, NJW 1985, 2253 (2256); BGH, ZIP 1986, 439 (441); BGH, ZIP 1986, 576 (578); BGHZ 107, 123 (127); BGH, BB 1989, 1501 (1502); OLG Hamburg, NJW-RR 1987, 51; siehe auch Wolfin Wolf/HorniLindacher § 9 Rdn. L 23, L 87; Schmidt in UlmerlBrandner/Hensen Anh. §§ 9 - 11 Rdn. 466 f.; MKlVoelskowVor § 535 BGB Rdn. 63; Lieb, DB 1986,2167; von Westphalen, ZIP 1985, 1033 (1038); Roth, AcP 190 (1990), 292 (297); von Westphalen Rdn. 13, 96 ff.; ErmaniJendrich Anh. zu § 536 Rdn. 38. 278 Vgl. nur BGH, NJW 1985, 2253 (2256); BGH, ZIP 1986,439 (441); BGH, ZIP 1986, 576 (578). 279 BGH, NJW 1982, 870 (872), die Höhe der Abschlußzahlung stand in einem prozentualen Verhältnis zum Anschaffungswert des Leasinggutes und sank mit zunehmender Vertragsdauer; vgl. auch OLG Hamm, WM 1986, 13662 (1366). 280 BGH, NJW 1982, 870 (872). 281

BGH, NJW 1985, 2253 (2255 ff.).

BGH, NJW 1985, 2253 (2257). Ob als alternatives Berechnungsverfahren, das ebenfalls Transparenz gewährleiste, die nachträgliche Erhöhung der bereits gezahlten Leasingraten in Betracht komme, läßt der BGH offen; anerkannt als wirksame Berechnungsmethode in BGH, WM 1987, 38 (40), soweit Durchschaubarkeit gegeben ist. Das ist nicht der Fall, wenn die Klausel nur die Neufestsetzung der Leasingraten vorsieht, nicht aber deren Höhe oder zumindest Berechnungsweise und Berechungsmaßstab offenlegt. Zustimmend Wolfin Wolfl HorniLindacher § 9 Rdn. L 87. 282

C. Inhaltskontrolle gern. § 9 und Transparenz

167

In weiteren Urteilen verfestigte der BGH die Ansicht, daß Abschlußzahlungskauseln in Leasingverträgen bei mangelnder Durchschaubarkeitunwirksam nach § 9 seien. 283 In der Entscheidung vom 19.3 .1986 konkretisierte er die Undurchschaubarkeit einer Klausel als Verstoß gegen § 9 1. 284 Gleichzeitig macht er deutlich, daß die Undurchschaubarkeit die Gefahr in sich berge, daß die nach der Klausel berechnete Leistung dem Berechnungssystem der ursprünglichen Verbindlichkeit nicht entspreche. Dem Leasinggeber obliege es jedoch, und dieses sei aus der Typizität des Finanzierungsleasing herzuleiten, "für jeden denkbaren Fall sicherzustellen, daß den Leasingnehmer infolge der vertragsmäßigen Kündigung verhältnismäßig keine höhere Belastung treffen kann, als bei der Vertragsdurchführung bis zum Ende der Amortisationszeit" .

Die Verwendung einer Klausel, die nicht erkennen lasse, ob der Verwender diesem Erfordernis genüge, verletze die Bindung an diese Verpflichtung in unangemessener Weise. 285

b) Die Literatur zu kündbaren Teilamortisationsverträgen

Teile der Literatur befilrworten die Rechtsprechung des BGH und schließen sich seiner Argumentation vollständig an. 286 Die Kritik287 pflichtet dem BGH bei, daß die Abschlußzahlung Entgeltpflicht des Leasingnehmers ist. 288 Damit verschließe sich jedoch jede weitere Überprüfbarkeit dieser die Abschlußzahlung regelnden Klauseln aufgrund

283 BGHZ 97, 65 (73 f.); BGH, NJW 1986, 1335 (1336); BGH, NJW 1986, 1746 (1747); BGH, NJW 1987, 842 (843); BGH, WM 1987,38 (40); BGH, WM 1990,23 (24); vgl. auch OLG Hamm, WM 1986, 1362 (1366); OLG Oldenburg, NJW-RR 1987, 1003 (1005); LG Frankfurt, BB 1985,2072 (2073); LG Rottweil, NJW-RR 1987, 121 (122); LG Bochum, NJW-RR 1987, 123. 284

Siehe zum folgenden BGH, NJW 1986, 1746 (1747).

285

So auch OLG Hamm, WM 1986, 1362 (1366).

Wolfin WolflHorniLindacher § 9 Rdn. L 87; Sternberg, BB 1987, 12 (13 f.); Schmidt in UlmerlBrandner/Hensen Anh. §§ 9 - 11 Rdn. 466 a; MKI Habersack, Leasing, Rdn. 97 ff. 287 Lieb, DB 1986, 2167 ff.; Eckstein, BB 1986, 2144 ff.; Roth. AcP 190 (1990), 292 ff. 288 Roth, AcP 190 (1990), 292 (297,313); Eckstein, BB 1986,2144 (2145); Lieb, DB 1986,2167 (2168). 286

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

168

§ 8. 289 Daneben seien die Anforderungen des BGH an die Offenlegungspflicht des Leasinggebers rechtlich nicht herleitbar und praktisch nicht durchzuführen. 290 Die Rechtsprechung überstrapaziere das Äquivalenzprinzip. 291 Intransparenz könne zur Unwirksamkeit bzw. Nichteinbeziehungder Klauseln nur dann beitragen, wenn die Voraussetzungen der § 3292 oder § 5 erfüllt seien. 293 Eine vermittelnde Ansicht vertritt von Westphalen. 294 Ein Teilamortisationsvertrag, der letztlich auf Vollamortisation gerichtet sei, müsse dies auf transparente Weise zum Ausdruck bringen. 295 Eine nur aus den Kündigungsbestimmungen herzuleitende Vollamortisationspflicht reiche nicht aus. Jede weitere Inhaltskontrolle scheide wegen § 8 aus, da die getroffenen Vereinbarungen Entgeltcharakter besäßen. Damit komme auch eine Überprüfung der einzelnen Berechnungsfaktoren nicht in Betracht. Dies münde in eine Kontrolle der Berechtigung der Höhe einzelner Berechnungsposten. Damit verschiebe der BGB das Transparenzerfordernis von der garantiemäßig abzusichernden Vollamortisationspflicht, als Rechtspflicht verstanden, auf die Verpflichtung des Leasinggebers, schon auf Erfüllungsebene seine Kostenberechnung offenzulegen. Indirekt erhebe der BGH damit die Offenlegung der Kalkulation zur Rechtspflicht. Dieses könne dem Leasinggeber jedoch nicht abverlangt werden.

c) Stellungnahme

Die Diskussion um die Abschlußzahlung bei Teilamortisationsverträgen belegt, daß Transparenzfragen nicht erst mit den Annuitätenurteilen des BGH für

289 Roth, AcP 190 (1990),292 (314 ff); EcksteinBB 1986,2144 (2148); ausführlich Lieb, DB 1986, 2167 (2168 ff.).

290 Ausführlich zu den Beurteilungsmaßstäben Eckstein, BB 1986, 2144 (2147); deutlich gegen Pflicht zur Aufdeckung der Kostenelemente Lieb, DB 1986, 2167

(2169 ff.). 291 Lieb, DB 1986, 2167 (2169). 292

Vgl. dazu BGH, NJW 1987, 377 (379).

293

Roth, AcP 190 (1990), 292 (316 f.).

294

Vgl. zum folgenden von WestfalenRdn. 165 ff; vgl. auch von Westphalen, ZIP

295

So auch OLG Oldenburg, NJW-RR 1987, 1003 (1005); LG Frankfurt a.M., BB

1985, 1033 ff

1985, 2072 (2073).

C. Inhaltskontrolle gern. § 9 und Transparenz

169

die Beurteilung von Klauseln relevant sind. 296 Im nachhinein wird daher diese Rechtsprechung von Teilen der Literatur dem Transparenzgebot zugeordnet. 297 Die von der Rechtsprechung zu beurteilenden Abschlußzahlungsklauseln waren weder mehrdeutig noch unbestimmt noch von der Art der Darstellung zu beanstanden. Insoweit unterfielen sie keiner der bislang erörterten Fallgruppen des § 9 noch den Normen der Einbeziehungskontrolle. Der BGH ordnete sie ob ihrer Undurchschaubarkeit § 9 I unter, ohne jedoch auch nur in einer der Entscheidungen die Problematik anzusprechen, ob Undurchschaubarkeit überhaupt ein Fall unangemessener Benachteiligung ist. 298 Eine dogmatische Beurteilung der Fallgruppe der Undurchschaubarkeit setzt die eingehende Auseinandersetzung mit dem Transparenzgebot voraus. 299 Dem soll hier nicht vorgegriffen werden. Die Rechtsprechung des BGH bedarf aber dennoch einer kritischen Würdigung hinsichtlich der Handhabung des Transparenzgebotes in diesen Fällen. Zu Recht wird seitens der Literatur dem BGH dahin zugestimmt, daß der Leasingnehmer bereits bei Vertragsschluß die Höhe einer künftigen Abschlußzahlung erkennen können muß. Die Abschlußklausel darf nicht durch Unbestimmtheit zu einem Leistungsbestimmungsrecht des Leasinggebers werden. JOO Dem BGH ist auch in der materiell-rechtliche'n Wertung zu folgen, daß nicht das ursprünglich vereinbarte Äquivalenzverhältnis durch die Abschlußklausel zum Nachteil des Leasingsnehmres verändert werden darf. JOl Soweit der BGH aber daraus die Folgerung zieht, der Leasingnehmer müsse alle Parameter rur die Berechnung der Abschlußzahlung in überschaubarer Weise in die Abschlußklausel aufnehmen, überzieht er die Anforderungen an die Formulierungsverantwortung der Leasinggeber. Das Interesse der Leasingneh-

296 Ebenso mit Hinblick auf diese Fallgruppe Koller, FS f. Steindorff, 667 (671); Köndgen, NJW 1989, 943 (944) ..

297 Brandnerin

Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 105; Wolfin Wolf/HornlLindacher

§ 9 L 89; kritisch Roth, AcP 190 (1990),292 (317); vgl. auch OLG Köln, NJW 1995, 2044 f.

298 An dieser dogmatischen Einordnung entzündete sich kaum Kritik seitens der Literatur. Jedoch bleibt zu bedenken, daß die Fülle weiterer Kritikpunkte den Blick flir diese Problematik verstellt haben könnte. 299

Vgl. nur Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 105.

JOO

SO auch Eckstein, BB 1986,2144 (2148).

301

A.A. Lieb, BB 1986, 2167 (2169).

170

5. Kapitel: Inhaltskontrolle und Transparenz

mer an transparenter Darstellung geht dahin, die eigene Rechtsstellung dem Vertrag entnehmen zu können. Diesem Interesse ist Genüge getan, wenn die Pflicht zur Vollamortisation deutlich erkennbar ist und die Höhe der eventuell entstehenden Abschlußzahlung mittels der vorhandenen Angaben ohne Schwierigkeiten berechnet werden kann. Ein berechtigtes Interesse der Leasingnehmer an der Bekanntgabe der einzelnen Berechnungsfaktoren ist abzulehnen. Es gibt keinen Rechtssatz des Inhalts, daß AGB-Klauseln die Angemessenheit ihrer Rechtsfolgen durch Angabe der dahinter verborgenen Überlegungen mittels transparenter Darstellung belegen sollen. Die Situation des Leasingnehmers leitet auch keinerlei Besonderheiten, die zur Begründung derartiger Offenlegungspflichten des Leasinggebers führen können. Die Begründung des BGH überzeugt damit nicht.

5. Zusammenfassung

Die weiteren Transparenz verwirklichenden Ge- und Verbote des § 9 I sind dogmatisch nicht auf ein einheitliches Prinzip zurückzuführen. Das Bestimmtheitsgebot zeigt durch seine enge Anbindung an inhaltliche Erwägungen die dichte Verknüpfung formeller und materieller Aspekte. Noch deutlicher tritt diese Verknüpfung beim Differenzierungsgebot und beim Vollständigkeitsgebot zu Tage. Grund und Grenzen dieser Gebote bestimmen sich nach inhaltlichen Erwägungen. So erscheint die Tatsache, daß durch diese Gebote zugleich die Transparenz der betroffenen AGB-Klauseln gefördert wird, als bloßer Reflex inhaltlicher Vorgaben. Eine derartige Sicht würde aber das Wesen dieser Verbindung verkennen. Die Förderung der Transparenz ist nicht, was mit dem Begriff Reflex induziert sein könnte, eine unbeabsichtigte Nebenerscheinung ohne eigenes Gewicht. Vielmehr verwirklichen sich inhaltliche Anforderungen nur in bestimmten formalen Gestaltungsformen. Die Transparenz ist bei diesen Geboten die notwendige Kehrseite der inhaltlichen Angemessenheit. Hier prägt der Inhalt die Form, wie umgekehrt die Form den Inhalt prägt. Eine Auflösung dieses inneren Zusammenhangs zwischen Inhalt und Form ist nicht möglich. Demgegenüber lassen sich das Verbot unklarer und undurchschaubarer Klauseln und das Irreführungsverbot nicht in diesen unauflöslichen Zusammenhang mit inhaltlichen Erwägungen stellen. Sie unterscheiden sich von den zuvor genannten Geboten bereits dadurch, daß sie nicht eine bestimmte Gestaltung von AGB-Klauseln implizieren, wie "bestimmt", "vollständig" oder "differenziert".

C. Inhaltskontrolle gern. § 9 und Transparenz

171

Das Verbot "unklarer" Klauseln weist wohl noch eine Nähe zu diesen Gestaltungsgeboten auf, ist jedoch inhaltlich weitaus unbestimmter, da nicht definiert ist, wie die Unklarheit bzw. Klarheit realisiert werden soll. Das Irrefiihrungsverbot hat jeden Bezug zu bestimmten gestalterischen Forderungen verloren. Dieser Unterschied läßt sich auch an der Formulierung ablesen. Gebote befehlen ein bestimmtes Tun. Verbote sind demgegenüberin der Regel auf die Verhinderung bestimmter Erfolge gerichtet. Das Verbot unklarer Klauseln und insbesondere das Irrefiihrungsverbot zielen mithin auf einen bestimmten Erfolg ab, nämlich die Herstellung transparenter Klauselgestaltungen auch dort, wo bestimmte aus inhaltlichen Erwägungen abgeleitete Gestaltungsgebote nicht gre.ifen und andererseits die Verwirklichung der Erkennbarkeit der Rechtslage fiir den Vertragspartner des Verwenders als unabdingbar erachtet wird. Zwangsläufig ist in diesen Fällen der Bezug zum Inhalt der betroffenen Klausel ein anderer. Hinsichtlich des Irrefiihrungsgebotes kann noch darauf abgestellt werden, daß eine Täuschung auch als inhaltliche Benachteiligung eingeordnet werden kann, wobei allerdings der Bezug zum konkreten Inhalt der täuschenden Klausel bereits aufgehoben wird. Beim Verbot unklarer Klauseln, welches allein in der Fallgruppe der Teilamortisationsverträge eine gewisse Verfestigung erfuhr, bleibt der Bezug zum Inhalt der Klausel offen. Ob überhaupt noch ein Bezug zum Inhalt besteht und wie ein solcher beschaffen sein könnte, muß im Rahmen der späteren Untersuchung des Transparenzgebotes einer Klärung zugefiihrt werden. Dort wird auch zu erörtern sein, ob und wie derartige Gebote in § 9 eingefiigt werden können. Das Irrefiihrungsverbot und das Verbot unklarer Klauseln weisen aber dem Grunde nach auf ein Transparenzgebot hin, welches als ein diesen Verboten übergeordnetes Gebot ihre Charakteristika aufgreift.

Sechstes Kapitel

Rechtsfolgen und Transparenz Zur Vervollständigung der Analyse, ob und inwieweit das AGBG transparente Bedingungen erzwingt oder fördert, sollen auch die Rechtsfolgen bei der Unwirksamkeit einer Klausel betrachtet werden. In den Mittelpunkt der Untersuchung rückt dabei das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion.

A. Das Verbot der geltungserhaItenden Reduktion Die herrschende Meinung in Rechtsprechung l und Literatui hält die geltungserhaltende Reduktion für unzulässig. Zur Begründung wird u.a. 3 darauf

1 Ständige Rechtsprechung seit dem grundlegenden Urteil des BGH vom 17.5.1982 in BGHZ 84, 109 (115); vgl. auch BGHZ 86, 284 (297); BGHZ 96, 18 (25); BGHZ 120, 108 (122); BGHZ 124, 380 (386); BGH, ZIP 1984, 1485 (1493) m.w.N.; BGH, ZIP 1986,32 (34 f.) m.w.N.; BGH, NJW 1987, 2506 (2507) m.w.N.; BGH, ZIP 1987, 297 (300); BGH, NJW 1988,2664 (2665);BGH, WM 1989, 1544 (1545); BGH, NJW 1993,335 (336); BGH, NJW 1993, 1786; BGH, NJW 1994; 318 (319); BGH, NJW 1994, 657 (658); BGH, NJW 1994,2693 (2695); OLG Koblenz, WM 1984, 1259 (1261); weitere Nachweise bei Brandner, 10 Jahre AGB-Gesetz, 39 (44 Fn. 14); Schmidt, S. 109 Fn. 5; siehe aber auch BGH, NJW 1995, 2553.

2 Brandner, 10 Jahre AGB-Gesetz, 39 (44 ff.); Schmidt, JA 1980, 401 (404 f.); Ulmer, NJW 1981, 2025 (2028 f.); Lindacher, BB 1983, 154 (155 ff.); Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen § 6 Rdn. 14 ff.; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 5 Rdn. 42; Soergel/Stein § 6 Rdn. 13; Lindacher in Wolf/HorniLindacher § 6 Rdn. 29 ff.; CoesterWaltjen, Jura 1988,113 (116); StaudingerlSchlosser§ 6 Rdn. 15 ff.; Knütel, JR 1981, 222; Palandt/Heinrichs, Vorm. v. § 8 Rdn. 9; Fehl, ZIP 1987,690 f.; Bunte, NJW 1982, 2298; Bunte, JA 1988, 311 (317); ErmaniHefermehl § 6 Rdn. 9; Soergel/Stein § 6 Rdn. 13; eingeschränkt auch Canaris, FS f. Steindorff, 519 (547). 3 Zu weiteren Begrülldungsansätzen, auf die hier nicht eingegangen werden soll, weil sie in keinem Zusammenhang mit Transparenzüberlegungen stehen, siehe nur Schmidt, JA 1980, 401 (404 ff.); Roth, JZ 1990, 411 (418 f.); Lindacher, BB 1983, 154 (156); Lindacher in WolflHornlLindacher § 6 Rdn. 30 f.; StaudingerlSchlosser § 6 Rdn. 16; Ulmer, NJW 1981, 2025 (2029).

A. Das Verbot der geltungs erhaltenden Reduktion

173

hingewiesen, daß ansonsten das Transparenzgebot des AGBG unterlaufen werde. 4 Ziel des AGBG sei es, auf einen angemessenen Inhalt der in der Praxis verwendeten oder empfohlenen AGB hinzuwirken und dem Kunden die Möglichkeit sachgerechter Information über die ihnen aus dem vorformulierten Vertrag erwachsenden Rechte und Pflichten zu verschaffen. 5 Mit diesem Ziel lasse es sich nicht vereinbaren, wenn durch Zulassung der geltungserhaltenden Reduktion dem Verwender das mit unangemessenen AGB verbundene Risiko der Gesamtunwirksamkeit genommen und dadurch ihm gegenüber auf den Anreiz verzichtet werde, selbst rur die vom Gesetz angestrebte Bereinigung der AGB-Praxis zu sorgen. 6 Zudem werde bei der geltungserhaltenden Reduktion der Richter zum Sachwalter des Verwenders. Denn dieser habe den gesetzlich gerade noch zulässigen Teil der Klausel herauszufiltern und damit die dem Verwender obliegende Formulierungsverantwortung zu übernehmen. 7

4 BGH, ZIP 1986, 32 (34); OLO Koblenz, WM 1984, 1259 (1261); Bunte, NJW 1982,2298; Bunte, JA 1988, 311 (317); Schmidt in UlmerlBrandnerlHensen § 6 Rdn. 14; PalandtlHeinrichsVorb. v. § 8 Rdn. 9; Ulmer, NJW 1981, 2025 (2028); Canaris, NJW 1988, 1243 (1244); ErmaniHefermehl § 6 Rdn. 9; StaudingerlSchlosser § 6 Rdn. 16; Coester-Walljen,Jura 1988, 113 (116); vgl. auch Lindacherin Wolf/HornlLindacher § 6 Rdn. 28 a.E.; kritisch Canaris, FS Steindorff, 519 (547).

5 BOHZ 84,109 (116); BOH, ZIP 1986,32 (35); OLG Koblenz, WM 1984,1259 (1261); Ulmer, NJW 1981,2025 (2028); Coester-Walljen, Jura 1988,113 (1l6); PalandtiHeinrichsVorb. v. § 8 Rdn. 9; Fehl, ZIP 1987,690; Schmidtin UlmerlBrandnerl Hensen § 6 Rdn. 14; StaudingerlSchlosser § 6 Rdn. 16. 6 BOHZ 84, 109 (116); BOH, ZIP 1982, 969; OLG Koblenz, WM 1984, 1259 (1261); Ulmer, NJW 1981, 2025 (2028); Lindacher, BB 1983, 154 (159); PalandtlHeinrichs Vorb. v. § 8 Rdn. 9; Bunte, Jura 1988, 311 (317); Fell, ZIP 1987,690; Bunte, NJW 1982,2298; Schmidtin Ulmer/Brandner/Hensen § 6 Rdn. 14; StaudingerlSchlosser § 6 Rdn. 16; ErmaniHefermehl § 6 Rdn. 9; SoergellStein § 6 Rdn. 13. 7 BGHZ 90, 69, (81 ff); BOH, NJW 1984,48 (49); BGH, ZIP 1986,32 (35); OLG Koblenz, WM 1984, 1259 (1261); Ulmer, NJW 1981,2025 (2028 f); Coester-Walljen, Jura 1988, 114 (116); Soerge1/Stein § 6 Rdn. 13; ErmaniHefermehl § 6 Rdn. 9; Palandtl HeinrichsVorb. v. § 8 Rdn. 9. Demgegenüber gehen die Beflirworter der geltungserhaltenden Reduktion davon aus, daß die Zurückführung auf einen angemessenen und nicht den noch eben zulässigen Inhalt Aufgabe der geltungserhaltenden Reduktion sei, vgl. Roth, JZ 1989, 411 (417 f); Hager, S. 199 ff; Wilte, S. 268; Canaris, FS f Steindorff, 519 (549 f); Schmidt, S. 119 m.w.N; MKlKötz § 6 Rdn. 8; Medicus, 10 Jahre AGBGesetz, 83 (94).

174

6. Kapitel: Rechtsfolgen und Transparenz

Die Befürworter der geltungserhaltenden Reduktion8 versuchen diese Argumentation zu entkräften,9 indem sie darauf verweisen, daß die herrschende Meinung Methoden wie die Teilnichtigkeit textlich gegliederter Klauseln und die ergänzende Vertragsauslegung anwendet. 10 Diese Methoden führten zu demselben Ziel, nämlich der Teilaufrechterhaltung des Inhalts einer AGBKlausel. 11 Ihnen könne ebenfalls vorgeworfen werden, daß sie dem Ziel, Transparenz in AGB herzustellen, entgegenwirkten. 12 Da die Methoden weitgehend austauschbar seien,13 könne die herrschende Meinung somit an dem Transparenzargument nicht weiter festhalten. Weiter wird der herrschenden Meinung vorgehalten, die in Rede stehenden Klauseln ließen an Klarheit, Verständlichkeit und "Transparenz" nichts zu wünschen übrig. 14 Die zusätzliche Transparenz, welche die herrschende Meinung fordere, führe zu einer Hinweisobliegenheit des Verwenders auf die Unangemessenheit der Klausel oder auf die von ihr nicht wirksam geregelten Fälle. 15 Das Bestehen einer derartigen Hinweisobliegenheit sei jedoch ebenso zweifelhaft wie die daraus abgeleitete Rechtsfolge der Totalnichtigkeit der Klausel.

B. Stellungnahme Im folgenden sollen die Zusammenhänge zwischen den Rechtsfolgen der Klauselunwirksamkeit und Transparenzforderungen erörtert und festgestellt 8 Kötz, NJW 1979, 785 (787 ff.); einschränkend Witte, S. 265 ff; Roth, JZ 1989, 411 (418); MKlKötz § 6 Rdn. 8 f; Medicus, 10 Jahre AGB-Gesetz, 83 ff; Bunte, NJW 1987, 921 (927). 9 Auf die flir die geltungserhaltende Reduktion vorgebrachten Argumente soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden, vgl. dazu Roth, JZ 1989, 411 (418 ff.); Kötz, NJW 1979, 785 (788); Bunte, NJW 1987, 921 (927); MKlKötz § 6 Rdn. 8 f. 10 Roth, JZ 1989, 411 (414 f.); Roth, WM 1991, 2125 (2133 f.); Medicus, 10 Jahre AGB-Gesetz, 83 (96); MKlKötz § 6 Rdn. 9 f.

11 Roth, JZ 1989,411 (414); Medicus, 10 Jahre AGB-Gesetz, 83 (89, 95 f); CoesterWaltjen, Jura 1988, 113 (115); MKlKötz § 6 Rdn. 10; vgl. auch BGH, NJW 1995, 2553; Reich/Schmitz, NJW 1996, 2633 (2534). 12 Roth, JZ 1989, 411 (418); Medicus, 10 Jahre AGB-Gesetz, 83 (89 Fn. 18, 96). 13 Roth, JZ 1989,411 (415,418); Hager, S. 31 ff, 125 ff., 154 ff; Canaris, FS f Steindorff, 519 (551); Schmidt, S. 116 ff 14 Kötz, NJW 1979,785 (788); kritisch zu dieser Argumentation Staudinger/Schlosser § 6 Rdn. 16; Witte, S. 231. 15 Kötz, NJW 1979, 785 (788); kritisch zu dieser Argumentation Staudinger/Schlosser § 6 Rdn. 16; Witte, S. 231.

B. Stellungnahme

175

werden, ob sich daraus das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion begründen läßt.

I. Rechtsfolgentransparenz Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion könnte seine Rechtfertigung in der damit erreichbaren Transparenz auf der Rechtsfolgenseite finden. 16 Dem liegt folgende Überlegung zugrunde. Wenn der Kunden sich über seine Rechtsstellung und somit auch über die Rechtsfolgen einer Regelung bewußt sein soll, dann folgt bei unwirksamen Klauseln hieraus, daß dem Kunden auch die Folgen einer unwirksamen Klausel erkennbar sein müssen. Der Kunde versteht die Klauseln als Abänderung des dispositiven Rechts. Daher kann er bei Nichtigkeit der AGB ein Wiederaufleben der verdrängten Regelungen erwarten, § 6 11. Im Fall der geltungserhaltenden Reduktion entsteht jedoch eine dritte Art von Regelungen, deren Inhalt der Kunde mangels der diese Abänderung begründenden Wertungsgesichtspunkte nicht voraussehen kann. 17 Die geltungserhaltende Reduktion tangiert deswegen die Klarheit der Rechtsfolgen. 18 Voraussetzung für diesen Begründungsansatz ist jedoch, daß dem Kunden das dispositive Recht als verdrängte Regelungsmaterie tatsächlich als Leitbild gegenwärtig ist und er begründetes Vertrauen in die subsidiäre Geltung dieser Ordnung setzt. Regelmäßig wird diese Voraussetzung nicht erfüllt sein. Die Vorstellungen der Vertragspartner des Verwenders sind bereits von den Vertragstypen, die sich unter Verwendung von AGB gebildet haben, und von atypischen Vertragsbildem geprägt. 19 Daher wird eine Erwartungshaltung der eben beschriebenen Art nicht vorhanden sein. Aus dem Gedanken der Transparenz der Rechtsfolgen läßt sich mithin nicht das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion ableiten. 2o

16 Vgl. zu diesem Ansatz Wilte. S. 228 ff.; ähnlich Bunte. NJW 1982, 2298, der es als Verstoß gegen das Transparenzgebot ansieht, wenn der Kunde wegen der Zurückführung der Klauseln auf einen angemessenen Teil erst im Prozeß zuverlässig über die Rechtslage aufgeklärt wird, so auch BGHZ 84, 109 (116). 17 Wilte. S. 229. 18 19

Wilte. S. 229. Genauere Darstellung an Beispielen bei Wilte. S. 229 f.

20 So auch Witte. S. 230; vgl. auch Staudinger/Schlosser§ 6 Rdn. 16; Canaris. FS f. Steindorff, 519 (548).

176

6. Kapitel: Rechtsfolgen und Transparenz

11. Förderung materieller Transparenz

Zielrichtung eines die geltungserhaltende Reduktion begründenden Transparenzgebotes kann daher nicht die Erkennbarkeit der Rechtsfolgen rur den Kunden sein, sondern die Einwirkung auf den Verwender, transparente AGB aufzustellen. Die herrschende Meinung insistiert daher auf materieller Transparenz21 , auch Wirksamkeitstransparenz22 genannt. Formelle Transparenz bezieht sich ausschließlich auf die Verständlichkeit der einzelnen Klausel. Materiell transparent ist eine Klausel hingegen, wenn sie auch tatsächlich die zwischen Kunden und Verwender geltende Regelung wiedergibt. Unangemessene und damit unwirksame AGB vermitteln dem Kunden gerade keinen Einblick in seine Rechtsstellung, selbst wenn sie nach formellen Kriterien mühelos verständlich sind. 23 Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion soll in generalpräventiver Weise die Verwender motivieren, materielle Klauseltransparenz zu verwirklichen, d.h. von sich aus angemessene Klauseln zu verwenden. 24 Zweifelhaft ist jedoch, ob sich der Anspruch, den die herrschende Meinung an die Gesamtnichtigkeit knüpft, in der Rechtspraxis niederschlägt. Wäre dies der Fall, so dürften immer weniger unangemessene Klauseln Eingang in AGB finden. Die herrschende Meinung mildert jedoch die Folgen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion, wie von der Mindermeinung zu Recht betont, dadurch ab, daß sie Methoden wie die ergänzende Auslegung 25 und die Teil-

21 Die Unterteilung in materielle und formelle Klauseltransparenz geht zurück auf Lindacher, BB 1983, 154 (159). 22

Ausdruck von Witte, S. 226.

Insoweit gehen die Argumente der Mindermeinung in die falsche Richtung, wenn sie auf die transparente Gestaltung der Klauseln verweisen, vgl. dazu Kötz, NJW 1979, 785 (788). 23

24 Canaris, NJW 1988, 12443 (1244); Lindacher, BB 1983, 154 (159); Staudinger/ Schlosser § 6 Rdn. 16; Medicus, 10 Jahre AGB-Gesetz, 83 (89); Schmidt in Ulmer/ Brandner/Hensen § 6 Rdn. 14; kritisch Medicus, 10 Jahre AGB-Gesetz, 83 (96); Kötz, NJW 1979, 785 (789); Schmidt, JA 1980, 401 (402 f.); Canaris, FS f. Steindorff, 519 (547); den Präventionsgedanken im Individualprozeß ablehnend Bunte, JA 1988, 311 (317); Bunte, NJW 1987, 921 (927); insgesamt ablehnend Hager, S. 71; Götz, NJW 1978, 2223 (2225).

25 BGHZ 90, 69 (73 ff.); BGHZ 96, 18 (26) m.w.N.; BGH, ZIP 1986, 32 (35); BGHZ 117,92 (97); BGHZ 120, 108 (122); BGH, NJW 1985, 621 (622); Lindacherin Wolf/HorniLindacher § 6 Rdn. 15 ff.; Wolf in WolflHornlLindacher § 9 Rdn. 30;

B. Stellungnahme

177

nichtigkeit26 zuläßt. Damit wird dem Präventionsgedanken die Überzeugungskraft genommen. 27 Zum anderen zeigen die in der Praxis immer wieder vorkommenden Verstöße gegen § 11, der die Verbotstatbestände eindeutig beschreibt, daß nicht einmal das sichere Wissen um die Nichtigkeit der Klausel die Verwender von deren Einführung in den Vertrag abhält. 28 Vor diesem Hintergrund ist es zweifelhaft, ob die Berufung auf die mit dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion verbundene Förderung materieller Transparenz als Begründungsansatz ausreichen kann.

IH. Förderung formeller Transparenz Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion könnte jedoch positive Auswirkungen auf die formelle Transparenz von Bedingungswerken haben. Dieser positiver Einfluß auf die formelle Ausgestaltung von AGB könnte in einer Wechselwirkung des Verbots der geltungserhaitenden Reduktion und der Teilnichtigkeit liegen.

1. Teilnichtigkeit von AGB-Klauseln

Der geltungserhaltenden Reduktion vorgelagert ist die Frage, was eine "Bedingung" i. S. d. §§ 9 ff. ist. Allgemein abgelehnt2 9 wird die Orientierung an der vom Verwender gewählten Gliederung seiner AGB. Das optische Erscheinungsbild soll nicht den Ausschlag geben, ob eine Regelung selbständig weiterbestehen kann. Die herrschende Meinung stellt darauf ab, ob die verbleibenden Teile gegenüber dem unwirksamen Teil der Klausel eine aus sich heraus inhaltlich und

Soerge1/Stein § 6 Rdn. 15 f; ErmaniHefermehl § 6 Rdn. 16; Schmidt, S. 180 ff; StaudingerlSchlosser§ 6 Rdn. 12; Coester-Waltjen,Jura 1988, 113 (115), a.A. Schmidt, ZIP 1987, 1505 (1508 f.); kritisch in Hinsicht auf Transparenzforderungen Brandner, FS f Locher, 317 (321). 26

V gl. dazu nachfolgend III.

27

Vgl. dazu Bunte, JA 1988, 311 (317).

28

Vgl. Bunte, JA 1988, 311 (312 f); MKiGerlachVor § 13 Rdn. 2, 21 ff, 29 ff.

29 BGH, WM 1981, 1354; BGH, WM 1984, 986; BGH, WM 1985, 24; Schmidt, JA 1980, 401 (402 f.); Schmidt, S. 108; Witte, S. 98 f.; Ulmer, NJW 1981, 2025 (2032); Coester-Waltjen, Jura 1988, 113 (114); Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen § 6 Rdn. 12; Lindacher in Wolf/HornlLindacher § 6 Rdn. 34; ErmaniHefermehl § 6 Rdn. 12.

12 Krcicnbaum

178

6. Kapitel: Rechtsfolgen und Transparenz

sprachlich verständliche und sinnvolle Fassung hehalten. 30 Auch soweit die verschiedenen Teile zu einem einheitlichen Regelungskomplex gehören, sollen isolierbare Regelungen, wenn angemessen, weitergelten. Die Rechtsprechung hat in einigen Urteilen durch Streichung einzelner Worte innerhalb einer Klausel dem verbleibenden Teil den Charakter einer von der ursprünglichen Klausel differenzierbaren, selbständigen und angemessenen Regelung zugebilligt. 3 !

2. Überschneidung der Fallgruppen

Gerade die letztgenannten Fälle machen deutlich, worin der Unterschied, aber auch die enge Verwandtschaft zur geltungserhaltenden Reduktion liegt. 32 Die Teilnichtigkeitserklärungist dort zulässig, wo der VerwenderverschiedeneFallgruppen unterschieden hat oder zumindest textlich der unangemessene Bestandteil einer Regelung vom angemessenen Teil zu unterscheiden ist. In diesen Fällen hat der Verwender dem Richter eine "Sekundärlösung" an die Hand gegeben. Der Richter ist nicht gezwungen, den eventuell angemessenen Teil der Regelung herauszufiltem und eine neue angemessene Regelung zu formulieren. Seine Aufgabe beschränkt sich darauf, die Klausel auf abgrenzbare Regelungen zu untersuchen und jede dieser Regelungen einer Angemessenheitsprüfung zu unterziehen. Ob die Teilnichtigkeitserklärung als Rechtsfolge in Betracht kommt, hängt damit allein von der Formulierungskunst des Verwenders ab. 33

30 BGH, NJW 1982, 179; BGH, NJW 1982,2312; BGH, NJW 1983,1220; BGHZ 93,29 (48); BGH, ZIP 1984, 1485 (1493); BGH, NJW 1984,2816 (2817); BGHZ 95, 362 (374); BGH, NJW 1985, 53 (56); BGH, NJW 1993, 1133 (1135); BGHZ 124,380 (389); OLG Düsseldorf, NJW-RR 1994, 1298; Brandner, 10 Jahre AGB~Gesetz, 39 (44); Staudinger/Schlosser § 6 Rdn. 15; Lindacher in WolflHornlLindacher § 6 Rdn. 34 f.; Roth, JZ 1989, 411 (415); Schmidt in UlmerlBrandnerlHensen § 6 Rdn. 17; SoergeVStein § 6 Rdn. 11; ErmaniHefermehl § 6 Rdn. 12; Coester-Waltjen,Jura 1988, 113 (114); Bunte, NJW 1982, 2298 (2299); Ulmer, NJW 1981, 2025 (2032); Schmidt, JA 1980, 401 (403); Heinrichs, NJW 1995, 1395 (1398); Coester-Walyen, Jura 1988, 113 (114); kritisch Medicus, 10 Jahre AGB-Gesetz, 83 (90). 31 BGHZ 95, 362 (374); BGH, NJW 1984,2816 (2817); BGH, ZIP 1984, 1198; BGH, ZIP 1984, 1485 (1494); BGH, ZIP 1985, 1253; BGH, ZIP 1989, 697 (699); BGH, NJW 1993, 1133 (1135); sogenannter "blue-penciltest", vgl. PalandtiHeinrichs Vorb. v. § 8 Rdn. 11. 32 Siehe auch Medicus, 10 Jahre AGB-Gesetz, 83 (90 f.); Ulmer, NJW 1981, 2025 (2027); ErmaniHefermehl § 6 Rdn. 13. 33

Kritisch Lindacher in Wolf/Horn/Lindacher § 6 Rdn. 34.

B. Stellungnahme

179

Zwar gibt es einige Fallgruppen, bei denen eine derartige differenzierte Handhabung und damit die "Rettung" der angemessenen Teile der Regelung naturgemäß nicht in Betracht kommt. 34 Dazu zählen die Festlegung von Schadensersatzpauschalen, Fristen, Zinssätzen, d.h. jede prinzipiell quantitative Festlegung. 35 Andere Bereiche jedoch lassen sich pauschal oder differenziert regeln. 36 Bei der unangemessenen pauschalen Regelung stellt sich damit die Frage der geltungserhaltenden Reduktion. Differenzierende Regelungen lassen sich in ihren angemessenen Bestandteilen aufrechterhalten.

3. Folgerungen für die geItungserhaltende Reduktion

Dieser Vergleich wirft ein neues Licht auf die Transparenz als Rechtfertigungsgrund des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion. Das Verbot der geltungserhaltendenReduktion, isoliert betrachtet, erzwingt nicht die transparente Gestaltung von AGB. Im Verbund mit der Möglichkeit der Teilnichtigkeitserklärung entsteht für die Verwender jedoch ein Anreiz, sich über die Wirksamkeit ihrer AGB Gedanken zu machen und zu versuchen, für verschiedene Situatione'n angemessene Regelungen vorzubereiten. Die Möglichkeit und "Honorierung" der Differenzierung wird bei ihnen dazu führen, daß sie versuchen, die für sie unverzichtbaren Teile einer Regelung von den wünschenswerten weiteren Bestandteilen zu trennen. 37 Gerade auch der redliche Verwender kann seine AGB so gestalten, daß er Regelungsteile, deren Wirksamkeit möglicherweise auch in der Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Beurteilung findet, von den sicher angemessenen Bestandteilen des Regelungskomplexes isoliert. Die Vorteile für alle Beteiligten liegen auf der Hand. Die Unwirksamkeit einer Teilregelung macht den Richter nicht zum Gehilfen des Verwenders, da die getrennte Beurteilung einer Regelung ihn nicht nötigt, den angemessenen Ausgleich zu finden. 38 Dem Verwender steht bei Teilunwirksamkeit zumindest

34 Ulmer, NJW 1981, 2025 (2032); Schmidt, JA 1980, 401 (404); vgl. auch Lindacher in WolflHorn/Lindacher § 6 Rdn. 37 m.w.N.

35

Weitere Beispiele siehe Schmidt, JA 1980, 401, (404).

So auch Schmidt, JA 1980, 401 (404); Lindacher in Wolf/Horn/Lindacher § 6 Rdn.34. 37 Derartige Empfehlungen gibt z.B. Bunte, NJW 1982, 2298 (2299); kritisch Lindacher in Wolf/Horn/Lindacher § 6 Rdn. 34. 38 So auch Ulmer, NJW 1981, 2025 (2031); Hager, S. 73. 36

12*

180

6. Kapitel: Rechtsfolgen und Transparenz

noch eine Grundregelung zur VerfUgung, die auch seine Interessen verwirklicht. Der Kunde erhält durch die Teilnichtigkeitserklärung keine unangemessenen Vergünstigungen. 39 Wesentlich ist zudem, daß die Ausdifferenzierung der AGB nicht nur im Prozeß zu zufrieden stellenden Lösungen fuhrt, sondern auch im Vorfeld positive Auswirkungen hat. Differenzierte AGB stellen die Rechtslage genauer und oft auch verständlicher dar. Die Zahl der Streitigkeiten reduziert sich, da die Klauseln nicht pauschal auf jeden in ihrem Regelungsbereich liegenden Fall anzuwenden sind, sondern oft die angemessene Teilregelung Anwendung findet. Gegen die Teilnichtigkeit teilbarer Klauseln wird eingewendet, es bestehe die Gefahr, die Verwender könnten ein kompliziertes Geflecht von Einzelfallregelungen aufstellen, dessen Umfang wiederum zur Intransparenz der AGB fUhre. 40 Derartige Auswüchse lassen sich jedoch über § 2 auffangen. 41 Bedenken werden auch erhoben, als mit der Teilunwirksamkeit der Umfang der Einzelteile eines Regelungskomplexes in das Belieben der Verwender gestellt wird. 42 Dem ist zu entgegnen, daß hierin nicht ein Gestaltungsverlust der Rechtsprechung im Bereich der Inhaltskontrolle liegt, sondern daß die Formulierung der AGB ureigenste Aufgabe der Verwender ist. Nutzen sie ihre Gestaltungsmöglichkeiten in dieser Weise, so liegt darin kein Mißbrauch, sondern verantwortungsvolle Ausübung. 43 Das Zusammenspiel des Verbotes der geltungserhaltendenReduktion und der Teilunwirksamkeit von AGB-Klauseln bevorzugt mithin ausdifferenzierte Regelungen gegenüber pauschalierenden Klauseln. Diese Bevorzugung ist eine Motivation, formelle Transparenz in AGB zu steigern. Diese Auswirkungen können sicher als Argument fUr das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion dienen. Eine abschließende Entscheidung über das Verbot geltungserhaltender Reduktion ist hier nicht angestrebt und kann auch wegen der Außerachtlassung der nicht die Transparenz betreffenden Argumente nicht getroffen werden.

39

Hierzu kritisch Medicus. 10 Jahre AGB-Gesetz, 83 (97).

40

Schmidt. S. 80; vgl. auch Ulmer. NJW 1981, 2028 (2032).

41

So auch Ulmer. NJW 1981, 2025 (2032); Schmidt. JA 1980, 401 (403).

Medicus. 10 Jahre AGB-Gesetz, 83 (90); Kötz. NJW 1979, 785 (788); Lindacher in Wolf/Horn/Lindacher § 6 Rdn. 34. 42

43

Schmidt. JA 1980, 401 (404); Ulmer. NJW 1981,2025 (2032).

Siebtes Kapitel

Das Transparenzgebot A. Ergebnis der bisherigen Analyse Die bisherige Analyse des AGBG hat erwiesen, daß das AGBG und Transparenzforderungen in vielfältiger Weise miteinander verflochten sind. Im Ergebnis läßt sich daher feststellen, daß das AGBG in vielfältiger Weise bereits Transparenzgesichtspunkte berücksichtigt. I Diese finden sich aber entweder nur hinsichtlich einzelner Fallgruppen oder in Bezug auf einzelne Formen von Intransparenz in ausreichender Form konkretisiert. Damit hat die bisherige Analyse nur einzelne Erscheinungsformen eines Transparenzgebotes aufzeigen können. Die dogmatische Rechtfertigung liegt - so die bisherige Analyse - jeweils im Transparenzgedanken, ohne daß bislang dieser Transparenzgedanke als ein allgemeines Prinzip des AGBG und die verschiedenen Fallgruppen als unterschiedliche Ausprägungen dieses Prinzipes verstanden worden wären. 2 Darüberhinaus ist eine der als intransparent gekennzeichneten Fallgruppen noch keiner der erörterten Vorschriften zuzuordnen gewesen. Dabei handelt es sich um die Fälle, bei denen eine präzise durchfiihrbare Regelung, die bei richtiger Anwendung auch keinerlei Entscheidungsermessen einräumt, für den Kunden wegen ihrer Schwierigkeit, z.T. einfach wegen der für das Verständnis notwendigen finanzmathematischen oder sonstigen ein Spezialgebiet betreffenden Kenntnisse, schwer durchschaubar ist. Es stellt sich daher die Frage, wie die klar und unmißverständlich formulierte, aber dennoch für den Durchschnittskunden nicht nachvollziehbare Regelungsanweisung, deren Anwendung für den Fachmann keine Rechtsunsicherheit aufkommen läßt, zu behandeln ist.) 4 I 2

So auch Köndgen, NJW 1989, 943 (944). Vgl. dazu Westermann, FS f. Steindorff, 817 (822).

Vgl. Westermann, FS f. Steindorff, 817 (820). Unter diese Fallgruppe lassen sich möglicherweise die in Kapitel 5 C 11 4 erörterten Kündigungsklauseln in Leasingverträgen einordnen, bei denen die Rechtsprechung einen Verstoß gegen § 9 angenommen hat, ohne deutlich von einem Transparenzgebot zu sprechen. 3

4

182

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

Soweit der Transparenzgedanke sich als ein dem AGBG innewohnender Rechtsgrundsatz erweist, ist zu untersuchen, ob und in welcher Weise dieser für neue, bisher nicht erfaßte Fallgruppen der Intransparenz handhabbar sein kann. Im folgenden soll zunächst die Entwicklung der Diskussion zum Transparenzgebot und der Meinungsstand referiert werden. Es folgt der Versuch, für die verschiedenen Ausprägungen des Transparenzgedankens im AGBG durch eine Analyse des Schutzzweckes des AGBG und des Willen des Gesetzgebers eine gemeinsame dogmatische Grundlage zu finden. Danach wird erörtert werden, ob für die bisher nicht vom AGBG erfaßte Fallgruppe intransparenter Klauseln eine planwidrige Regelungslücke vorliegt, die durch Einfügung eines Transparenzgebotes in den Anwendungsbereich der Generalklausel des § 9 I geschlossen werden kann. Schließlich wird in einem weiteren Kapitel der Versuch einer inhaltlichen Konkretisierung des Transparenzgebotes unternommen.

B. Der Meinungsstand Die Diskussion zum Transparenzgebot entzündete sich an dem ersten Annuitäten-Urteil des BOR. 5 Die Besonderheit der dort zu beurteilenden Klauseln lag darin, daß die Zins- und Tilgungsberechnungsklauseln eine Berechnung der Zins- und Tilgungsleistungen vorsahen, die zu einer Effektivzinserhöhung führt. Diese Klauseln waren in der vorangegangenen unterinstanzlichen Rechtsprechung 6 und Literatur7 unter allen in Frage kommenden Aspekten auf eine in-

5

BGHZ 106, 42 ff

6 Vgl. nur OLG Frankfurt, OB 1987, 42; OLG Stuttgart, WM 1987, 838 ff; OLG Hamm, WM 1988, 527; LG Stuttgart, ZIP 1986, 1315 ff; LG Stuttgart, ZIP 1987, 27 ff; LG Essen, WM 1987, 1391 f; LG Mainz, WM 1987, 809 f.; LG Frankfurt, WM 1987,840; LG Frankfurt, WM 1988, 613 ff; LG Berlin, ZIP 1988,1311 ff; AG Hamburg, NJW 1987, 1775; AG Wiesbaden, WM 1988, 530 f 7 Vgl. nur Bader, BB 1986,543 ff; Schmuck, BB 1986, 1794 ff; Bader, BB 1986, 1797 ff; Löwe, ZIP 1986, 1363 ff; Köndgen, EWiR § 9 AGBG 21186,1053 f; Kollhosser, ZIP 1986, 1429 ff; Stepp/er, Sparkasse 1986, 556 ff.; Köndgen, NJW 1987,160 ff.; Bader, BB 1987, 348 ff.; Baums, WM 1987, Sonderbeilage 2, 3 ff.; Löwe, BB 1987, 571 ff; Canaris, NJW 1987, 609 ff; TrinkneriWolf.BB 1987, 571 ff; Bruchner, WM 1987,449 ff; Löwe, NJW 1987,937 ff; Canaris, NJW 1987, 2407 ff; Niebeling, ZIP 1987, 1433 ff; Löwe, BB 1988, 1902 ff; Stellungnahme der Bundesregierung, BTDrucks. 10/5660 S. 21 ff; Stellungnahme des Finanzministeriums Baden-Württemberg, BB 1987, 571.

B. Der Meinungsstand

183

haltliche Unangemessenheitgewürdigt worden, wobei die herrschende Meinung eine unangemessene Benachteiligung der Kreditnehmer durch diese Klauseln verneinte. Dieser Bewertung schloß sich der BGH an. 8 Jedoch griff er einen anderen in der vorangegangen Diskussion vernachlässigten Aspekt dieser Klauseln auf. Kennzeichnend filr die Tilgungs- und Zinsberechnungsklauseln war nämlich, daß der durch sie verursachte Zinserhöhungseffekt nicht unmittelbar erkennbar war. Dieses lag nicht an einem "Verstecktsein" der Klauseln oder an einer vieldeutigen Formulierung, denn die Verrechnungsmethode war in sich klar und eindeutig beschrieben. Daß diese Verrechnungsmethode aber zinssteigernde Wirkung hatte, erforderte seitens des Kreditnehmers eine eigene Schlußfolgerung. Aufgrund dieser Tatsache ließ der BGH die Klauseln wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot an § 9 I scheitern.

I. Rechtsprechung und Literatur vor dem ersten Annuitäten-Urteil des BGH9 1. Die Rechtsprechung

Dem ersten Annuitäten-Urteil des BGH waren eine Fülle unterinstanzlicher Entscheidungen zu Tilgungsverrechnungs- JO , Zinsberechnungs) 1 und Wertstellungsklauseln 12 vorausgegangen. Vorrangig befaßten sich diese Urteile mit der materiell-rechtlichen Wirksamkeit der Klauseln. Soweit die Unwirksamkeit der Klauseln bejaht wurde, stützten sich die Bedenken dennoch zum größten Teil auf die sich dem ersten Verständnis verschließende Darstellung der Berech-

8 BGHZ 106,42 (47 ff.); vgl. auch BGHZ, 112, 115 (120); BGH, ZIP 1991, 1474 (1475). 9 BGHZ 106, 42 ff. 10 OLG Köln, ZIP 1987, 25 ff. 11 OLG Frankfurt, DB 1987,42; OLG Stuttgart, WM 1987, 838 ff.; OLG Hamm, WM 1988, 527; LG Stuttgart, ZIP 1986, 1315 ff.; LG Stuttgart, ZIP 1987,27 ff.; LG Mainz, WM 1987, 809 f.; LG Essen, WM 1987, 1391 f.; LG Frankfurt, WM 1987, 840; LG Frankfurt, WM 1988, 613 ff.; LG Berlin, ZIP 1988, 1311 ff.; AG Hamburg, NJW 1987, 1775; AG Wiesbaden, WM 1988, 530 f. 12 OLG Karlsruhe, ZIP 1987, 1443 ff.; LG Heidelberg, ZIP 1987, 629 ff.

184

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

nungsmethoden. Richtungweisende Ansätze in Hinsicht auf ein Transparenzgebot enthalten aber nur wenige dieser Urteile.

a) Unwirksamkeit der Klauseln nach § 9 Nach Ansicht einiger weniger Gerichte schied eine Inhaltskontrolle der Zinsberechnungsklauseln bereits wegen deren unmittelbaren Einflusses auf die Höhe des Zinssatzes nach § 8 aus. 13 Demgegenüber stufte die Mehrzahl der Gerichte diese Klauseln als Preisnebenabreden ein, die von § 8 nicht erfaßt würden, 14 jedoch materiell angemessen i.S.d. § 9 seien. ls Nur in Einzelfällen argumentierten die Gerichte, daß die ZinsberechnllI'gsklausel gegen wesentliche Grundgedanken des § 362 BGB verstießen,16 daß die verdeckte Preiserhöhung unwirksam sei, weil sie durch keinerlei Interesse des Verwenders gerechtfertigt sei,17 oder daß die wirtschaftlichen Auswirkungen der Klausel einen Nachteil darstellten, der durch die verdeckte Darstellung mangels eines berechtigten Interesses des Verwenders an dieser Form der Preiserhöhung unangemessen sei. 18 b) § 3

Soweit die Klauseln an den Normen der Einbeziehungskontrolle gemessen wurden, stand § 3 im Vordergrund. Jedoch hielt keines der Gerichte die Zinsberechnungsklausel für ungewöhnlich oder überraschend. 19

13

LG Stuttgart, WM 1987, 1391 (1392); LG Frankfurt, WM 1987, 840 (841).

14 LG Berlin, ZIP 1988, 1312 (1313 f.); LG Frankfurt, WM 1988, 613 (615); OLG

Stuttgart, WM 1987, 838 (839); LG Mainz, WM 1987, 809 (810); LG Stuttgart, ZIP 1987,27 (28); LG Stuttgart, ZIP 1986, 1315 (1316 f.); OLG Karlsruhe, ZIP 1987, 1443 (1444); LG Heidelberg, ZIP 1987,629 (631). IS OLG Stuttgart, WM 1987,838 (839 f.); OLG Hamm, WM 1988, 527; LG Mainz, WM 1987, 809 (810); LG Stuttgart, ZIP 1987,27 (28 f.); AG Wiesbaden, WM 1988, 530 (531).

16 LG Stuttgart, ZIP 1986, 1315 (1317). 17 LG Frankfurt, WM 1988, 613 (619). 18

LG Berlin, ZIP 1988, 1312 (1319).

19 OLG Stuftgart, WM 1987, 838 f.; LG Stuttgart, ZIP 1987,27 (28); LG Essen, WM

1987, 1391 (1392); LG Berlin, ZIP 1988, 1312 (1318); AG Wiesbaden, WM 1988, 530.

B. Der Meinungsstand

185

Die durch die Zinsberechnungsklausel hervorgerufene Effektivzinserhöhung sei rur Kreditverträge nichts Ungewöhnliches und dem Durchschnittskunden sei regelmäßig bewußt, daß der Effektivzins über dem Nominalzinssatz liege. 20 Zudem seien diese Klauseln üblich, was auch in § 20 11 HBG zum Ausdruck komme. 21 Auch ein eventuelles Verstecktsein der Klausel aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes wurde vemeint. 22 Die Überraschungswirkung wurde jedenfalls rur die Fälle abgelehnt, in denen der effektive lahreszins angegeben war, weil nach § 4 11 PAngVO dort die Auswirkungen der Klausel eingearbeitet seien. 23

c) § 5 Gelegentlich wurden die Zinsberechnungsklauseln auch nach § 5 geprüft. 24 Mehrheitlich wurde dabei die Eindeutigkeit der Zinsberechnungsklausel festgestellt. 25

d) Aussagen zur Transparenz Nur in wenigen Fällen lassen sich diesen Urteilen Aussagen zur Transparenz entnehmen. Das LG Berlin26 sah die Preistransparenz durch § 4 11 PangVO gewahrt. 27 Dennoch flossen Transparenzgesichtspunkte bei der Interessenabwägung im Rahmen der materiell-rechtlichen Prüfung des § 9 I mit ein, wenn das LG Berlin ausruhrt, daß die durch die Gestaltung der AGB hervorgerufene ver-

20 OLG Stuttgart, WM 1987, 838. 21 LG Essen, WM 1987, 1391 (1392); LG Stuttgart, ZIP 1987,27 (29). 220LG Stuttgart, WM 1987, 838; LG Stuttgart, ZIP 1987, 27 (29). 23 LG Berlin, ZIP 1988, 1312 (1318). 240LG Stuttgart, WM 1987, 838 (839); LG Stuttgart, ZIP 1987,27 (29); AG Harnburg, NJW 1987, 1775; AG Wiesbaden, WM 1988, 530. 25 LG Stuttgart, ZIP 1987,27 (29); OLG Stuttgart, WM 1987, 838 (839); a.A. AG Harnburg, NJW 1987, 1775. 26 LG Berlin, ZIP 1988, 1311. 27 LG Berlin, ZIP 1988, 1311 (1318); ähnlich AG Wiesbaden, WM 1988, 530 (531); LG Essen, WM 1987, 1391 (1392).

186

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

deckte Erhöhung des Zinssatzes fiir eine unangemessene Benachteiligung des Kunden spreche. 28 Ähnlich zog das OLG Stuttgart ein in § 9 I zu verankerndes Transparenzgebot bei der Prüfung der Zinsberechnungsklausel in Erwägung, lehnte aber einen Verstoß dagegen wegen der leichten Verständlichkeit der Klausel für den durchschnittlichen Kreditnehmer ab. 29 Die Klausel sei weder vom Erscheinungsbild noch von der Plazierung her ungewöhnlich und mache unter Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten der Kundenkreise hinreichend deutlich, wie die Zinsen für das laufende Jahr zu berechnen seien. Auch das LG Heidelberg ließ in sein Urteil zu WertsteIlungsklauseln Transparenzgesichtspunkte einfließen. 3o Als Nachteil kennzeichnete es neben den auch im Einzelfall erheblichen Beträgen, welche durch die WertsteIlung anfallen, die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen, die Millionengewinne pro Jahr für die Kreditinstitute hervorbringen. Diese Preisberechnung sei unangemessen, weil die Äquivalenz im Einzelfall nicht gewahrt sei. Die Wertstellungsklausel bewirke eine nicht abschätzbare Erhöhung des bezifferten Grundpreises, so daß die Belastung durch einen einzelnen Auftrag im vorhinein nicht absehbar sei. Daher entsprächen feste Preise dem vorrangigen Interesse des Kunden an einer im Detail nachvollziehbaren Preisgestaltung und dem Gebot, diese nach den Regeln der Transparenz auszurichten. Nur dann bestände eine Preisvergleichsmöglichkeit der Leistungen der verschiedenen Kreditinstitute.

2. Die Literatur vor dem ersten Annuitätenurteil

Ebenso wie die Rechtsprechung beschäftigte sich die Literatur vor dem ersten Annuitäten-Urteil des BGH mit der materiell-rechtlichen Wirksamkeit der Zins- und Tilgungsverrechnungsklauseln. 31 32 Zu Fragen der Transparenz wurde nur vereinzelt und nur spezifisch fallbezogen Stellung genommen. 33 28

LG Berlin, ZIP 1988, 1311 (1318).

290LG Stuttgart, WM 1987, 838 (840). 30

Vgl. zum folgenden LG Heide1berg, ZIP 1987, 629 (634).

31 Die Diskussion setzte ein mit dem Aufsatz Baders, BB 1986, 543 ff; vgl. zu diesen Fragen ohne Anspruch auf Vollständigkeit Schmuck, BB 1986, 1794 f; Bader, BB 1986, 1797 f; Löwe, ZIP 1986, 1363 ff; Köndgen, EWiR § 9 AGBG 21/86, 1053 f; Kollhosser, ZIP 1986, 1429 ff; Stepp/er, Sparkasse 1986, 556 ff; Köndgen, NJW 1987, 160 ff; Bader, BB 1987,348 ff.; Baums, WM 1987, Sonderbeilage 2,3 ff; Löwe, BB 1987,571 ff; Canaris, NJW 1987, 609 ff; TrinkneriWolf,BB 1987, 571 ff;

B. Der Meinungsstand

187

a) Die materiell-rechtliche Beurteilung

Nur eine Minderheit in der Literatur versagte den Zins- und Tilgungsverrechnungsklauseln die Wirksamkeit. 34 Einige Autoren hielten die Klauseln wegen des mit ihnen verbundenen Überraschungs- und Überrumpelungseffektes rur nicht wirksam einbezogen gern. § 3. 35 Andere sahen in ihnen einen Verstoß gegen § 9 11 Nr. 1. 36 Dabei wurden als wesentliche gesetzliche Regelungen, von denen diese Klauseln in erheblicher Weise abweichen sollten, das Prinzip der Zinsakzessorietät,37 wie auch § 362 BGB bei den typischen Tilgungsverrechnungsklauseln38 angefiihrt. Diese Ansätze wurden mit den unterschiedlichsten Argumenten als verfehlt angegriffen. 39 Die Zins- und Tilgungsbestimmungen wurden wegen ihrer di-

Bruchner, WM 1987, 449 ff.; Löwe, NJW 1987,937 ff; Canaris, NJW 1987,2407 ff; Niebeling, ZIP 1987, 1433 ff; Löwe, BB 1988, 1902 ff; Löwe,.EWiR § 9 AGBG 11187, 635 f; Stellungnahme der Bundesregierung, BT-Drucks. 10/5660 S. 21; Stellungnahme des Finanzministeriums Baden-Württemberg, BB 1987, 571. 32 Ausführliche Darstellung der Auswirkungen dieser Klauseln am Beispiel der §§ 20 und 6 11 ABB bei Laux, BB 1987, 1547 ff. 33 Ausführliche Beiträge finden sich bei Köndgen, NJW 1987, 160 (164 f); Baums, WM 1987, Sonderbeilage 2, 3 (13 ff); Canaris, NJW 1987,609 (615 f); Canaris, NJW 1987, 2407 (2409); Bruchner, WM 1987, 449 (461 f.). 34 Bader, BB 1986, 543 (545); Bader, BB 1986, 1797 (1798); Bader, BB 1987, 348 ff.; Löwe, ZIP 1986, 1363; Löwe, BB 1987, 571; Löwe, NJW 1987, 937 (940); Löwe, BB 1988, 1902; Köndgen, EWiR § 9 AGBG 2l/86, 1053 (1054); Köndgen, NJW 1987, 160 (164); Trinkner/Woljer,BB 1987,425 (428); Wolf, EWiR § 9 11187,635 f; Niebeling, ZIP 1987, 1433 (1436); für Einzelfalle Baums, WM 1987, Sonderbeilage 2, 3 (20).

35 Köndgen, NJW 1987, 160 (163 f); Löwe, BB 1987, 571; Löwe, NJW 1987, 937 (940); Löwe, BB 1988, 1902 (1903); Trinkner/Woljer,BB 1987,425 (426). 36 Bader, BB 1986, 543 (545); Bader, BB 1987,348 (349); Löwe, ZIP 1986, 1363; Trinkner/Woljer,BB 1987, 425 (428); Löwe, NJW 1987, 937 (939). 37 Bader, BB 1987,348 (349); Trinkner/Woljer,BB 1987,425 (428); Löwe, NJW 1987, 937 (939). 38 Bader, BB 1986,543 (544 0; Bader, BB 1986, 1797 (1798); Bader, BB 1987, 348 (349); Löwe, ZIP 1986, 1363; Löwe, NJW 1987, 937 (939). 39 Gegen

die Einsch1ägigkeit von § 3: Schmuck, BB 1986, 1794 (1796 f.); Kollhosser,

188

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

rekten Auswirkung auf den Effektivzinssatz als nicht kontrollfahige Preisabreden angesehen. 40 Eine inhaltlich Überprüfung sollte aber auch wegen § 20 II HBG ausscheiden. 41 Jener sollte als Erlaubnisnorm die inhaltliche Überprüfung der Zins- und Tilgungsverrechnungsklauseln in analoger Anwendung des § 8 unterbinden. 42 Zumindest sollte § 20 II HBG im Rahmen der Inhaltskontrolle den Ausschlag für die Wirksamkeit der Klauseln geben. 43 Andere entZIP 1986, 1429, (1433 f); Baums, WM 1987, Sonderbeilage 2, 3 (16 ff.); Canaris, NJW 1987,609 (610); Bruchner, WM 1987,449 (455); Wolf. EWiR § 9 AGBG 11/87,635; Hadding/Welter, WuB I E 4. - 4.87, 923 (926 f); Canaris, NJW 1987, 2407; Fischer, WuB I E 4. - 2.88, 277 (278). Gegen die Anwendbarkeit des § 4: Häuser, EWiR § 9 AGBG 2/87, 7 (8); Kollhosser, ZIP 1986, 1429 (1432 f); Baums, WM 1987, Sonderbeilage 2, 3 (15); Canaris, NJW 1987, 609 (610); Wolf. EWiR § 9 AGBG 11/87, 635. Gegen die Anwendbarkeit der Unklarheitenregelung § 5: Kollhosser, ZIP 1986, 1429 (1432); Bruchner, WM 1987, 449 (456); Canaris, NJW 1987, 2407; SoergellHäuser, Anhang zu §§ 607, 608 BGB Rdn. 1; zweifelnd Wolf. EWiR § 9 AGBG 11/87, 635. Gegen einen Verstoß gegen § 9 I i.V.m. § 9 II Nr. 1 i.V.m. § 362 BGB: Schmuck, BB 1986, 1794 (1796); Köndgen, EWiR § 9 AGBG 21/86,1053 (1054); Kollhosser,ZIP 1986, 1429 (1434 f, 1437); Steppler, Sparkasse 1986, 556 (557); Köndgen, NJW 1987, 160 (163); Fischer, WuB I E 4. - 1.87, 7 (9); Baums, WM 1987, Sonderbeilage 2, 3 (7 f.); Canaris, NJW 1987, 609 (610); Bruchner, WM 1987,449 (458 f); Wolf. EWiR § 9 AGBG 11/87,635; Bruchner, WuB I E 4. - 6.87, 1201 (1202); Häuser, EWiR § 9 AGBG 2/87, 7 (8); Löwe, EWiR § 9 AGBG 11/87, 635. Gegen einen Verstoß gegen § 9 I i.V.m. § 9 II Nr. 1 i.V.m. dem Grundsatz der Zinsakzessorietät: Schmuck, BB 1986, 1794 (1796); Steppler, Sparkasse 1986,556 (557); Baums, WM 1987, Sonderbeilage 2, 3 (8 f); Häuser, EWiR § 9 AGBG 2/87, 7 (8); Canaris, NJW 1987, 609 (615); Bruchner, WM 1987, 449 (460); Wolf. EWiR § 9 AGBG 11/87, 635; Hadding/Welter, WuB I E 4. - 4.87, 923 (927); Bruchner, WuB I E 4. - 6/87, 1201 (1202); Löwe, NJW 1987, 937 ff; Wolf. EWiR § 9 AGBG 11/87,635 f; Niebeling, ZIP 1987, 1433. 40 Canaris, NJW 1987, 609 (613 f); Canaris, NJW 1987, 2407; Muth, EWiR § 9 AGBG 9/87, 531 (532); Hadding/Welter, WuB I E 4. - 4.87, 923 (927); Fischer, WuB I E 4. - 5.87, 1199 (1200); Fischer, WuB I E 4. - 2.88, 277 (278); unklar Bruchner, WM 1987, 449 (458). 41 Kollhosser, ZIP 1986, 1429 (1437 ff.); Steppler, Sparkasse 1986, 556 (557); Fischer, WuB I E 4. - 1 187, 7 (9 f.); Bruchner, WuB I E 4. - 2.87, 145 (146 ff); Baums, WM 1987, Sonderbeilage 2, 3 (11 f); Canaris, NJW 1987,609 (611 f., 614); Bruchner, WM 1987, 449 (456 f.); Muth, EWiR § 9 AGBG, 531 (532); Bruchner, WuB I E 4. - 6.87, 1201 (1202); Canaris, NJW 1987, 2407 (2408 f).

42 Canaris, NJW 1987, 609 (611 f.); Canaris, NJW 1987, 2407 f.; ihm folgend Bruchner, WM 1987,449 (456); Muth, EWiR § 9 AGBG 9/87, 531 (532). 43

Kollhosser, ZIP 1986, 1429 (1437 ff); Bruchner, WM 1987,449 (456); Fischer,

B. Der Meinungsstand

189

wickelten aus § 20 11 HBG und weiteren Nonnen, in denen das Annuitätenprinzip seinen Niederschlag gefunden hat, eine gewohnheitsrechtlich anerkannte Fonn des Annuitätendarlehens, welcher nicht mittels richterlicher Inhaltskontrolle die Wirksamkeit abgesprochen werden könne. 44

b) Der Verheimlichungseffekt Bereits zu Beginn der Diskussion erklärte Bader jedoch die verheimlichende Wirkung der Zins- und Tilgungsverrechnungsklauseln zum eigentlich Anstößigen der Klauseln. 45 Insofern sei ein Verstoß gegen § 242 BGB, bzw. gegen § 9 I i.V.m. § 9 11 Nr. 1 i.V.m. §§ l38, 242, 362 BGB gegeben. 46 Damit war die Frage nach der Verständlichkeit und Durchschaubarkeit der Klauseln aufgeworfen, sowie nach den Anstrengungen und Bemühungen, die dem Durchschnittskunden bei der Erschließung des Bedeutungsgehaltes zuzumuten sind. Die Stellungnahmen zu dieser Frage gingen weit auseinander. 47 Nach einem Teil der Literatur handelte es sich bei den Zins- und Tilgungsverrechnungsklauseln um eine deutliche und fur den Durchschnittskunden erkennbare Berechnungsweise, der er bei geringem Nachdenken die Effektivzinserhöhung entnehmen könne. 48 Andere hielten die Klauseln fur den Nonnalverbraucher fur undurchschaubar. 49

WuB I E 4. - 1.87, 7 (9 f.); Bruchner, WuB I E 4. - 2.87, 145 (146 f.); Baums, WM 1987, Sonderbeilage 2, 3 (Il); Muth, EWiR § 9 AGBG 9/87,531 (532). 44

Bruchner, WuB I E 4. - 2/87, 145 (146 ff.); Bruchner, WM 1987, 449 (455).

45 Bader, BB 1986, 543 (544); Bader, BB 1986, 1797 (1798); zustimmend Köndgen, NJW 1987, 160 (163); Löwe, BB 1987, 571; vgl. auch Graba in Schlosser/CoestinWaltjenlGraba § 9 Rdn. 55, 142 ff. 46

Bader, BB 1986, 543 (545).

47 Im folgenden soll nur die grundsätzliche Haltung der Autoren zu der Verständlichkeit wiedergegeben werden. Zumeist weisen sie selbst darauf hin, daß durch die Stellung der Klauseln im Text im Einzelfall eine andere Entscheidung getroffen werden müsse, vgl. Canaris, NJW 1987, 609 (610); Baums, WM-Sonderbeilage 2, 3 (16 f.).

48 Canaris, NJW 1987,609 (610); Canaris, NJW 1987, 2407; Bruchner, WM 1987, 449 (456). 49 Trinkner/Woljer,BB Il987, 425 (427); Löwe, NJW 1987, 937 (946); Löwe, BB 1988, 1902 (1903); Bader, BB 1986, 542 (545); Bader, BB 1986, 1797 (1798); Köndgen, NJW 1987, 160 (163); Köndgen, EWiR § 9 AGBG 21/86, 1053 (1054); Löwe, EWiR § 9 AGBG ll/87, 635 (636).

190

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

Einigkeit bestand jedoch über die Auswirkungen der Angabe des Effektivzinssatzes. Durch diesen seien die Klauseln in jedem Fall in ausreichender Weise kenntlich gemacht, so daß eine eventuelle Anstößigkeit aus dem Gesichtspunkt des Verheimlichens entfalle. 50 Hinsichtlich der dogmatischen Einordnung dieses Verheimlichungseffekts gingen die Ansichten ebenfalls auseinander.

aa) Verstoß gegen § 3 Einige Autoren hielten die Zins- und Tilgungsverrechnungsklauseln für überraschend und überrumpelnd. 51 Die Erwartungen des Kunden gingen dahin, daß sich der Zins jeweils am aktuellen Schuldenstand orientiere. 52 Er rechne nicht damit, daß trotz zwischenzeitlicher Tilgungsleistungen ein anderer Kapitalstand für die Zinsberechnung maßgeblich sei. 53 Die daraus resultierende Effektivzinserhöhung sei für den Kunden überraschend, weil die Klauseln für ihn undurchschaubar seien. 54 Diese "Vernebelung" der Auswirkungen der Klauseln verschaffe ihnen auch den für § 3 erforderlichen Übertölpelungscharakter. 55

50 Schmuck, BB 1986, 1794 (1797); Köndgen, EWiR § 9 AGBG 21/86, 1053 (1054); Kollhosser, ZIP 1986, 1429 (1431); Stepp/er, Sparkasse 1986, 556 (558); Köndgen, NJW 1987, 160 (164); Häuser, EWiR § 9 AGBG 2/87, 7 (8); Fischer, WuB I E 4. - 1.87, 7 (10); Baums, WM 1987, Sonderbeilage 2, 3 (4); Canaris, NJW 1987,609 (615); Löwe, NJW 1987, 937 (940); Wolf, EWiR § 9 AGBG 11/87, 635 (636); Löwe, BB 1988, 1902 (1902, 1904); Bundesregierung, BT-Drucks. 10/5660 S. 21; Finanzministerium BadenWürttemberg, BB 1987, 571; a.A. Bruchner, WM 1987, 449 (462).

51 Löwe, NJW 1987,937 (940); Löwe, BB 1987,571; Löwe, BB 1988, 1902 (1903); TrinknerlWolfer,BB 1987,425 (427); Köndgen, NJW 1987, 160 (163 f.); AKlWinter § 1115 BGB Rdn. 8, § 1141 BGB Rdn. 6. 52

Löwe, BB 1988, 1902 (1903); Köndgen, NJW 1987, 160 (164).

53

Löwe, BB 1988, 1902 (1903); Köndgen, NJW 1987, 160 (164).

Löwe, NJW 1987, 937 (940); Köndgen, NJW 1987, 160 (164); TrinknerlWolfer, BB 1987, 425 (426). 54

55

Löwe, BB 1988, 1902 (1903).

B. Der Meinungsstand

191

Demgegenüber bestritt die Gegenansicht die Undurchschaubarkeit der Klauseln 56 und verwies auf die Üblichkeit, begründet durch die jahrzehntelang unangefochtene Verwendung derselben. 57

bb) Verstoß gegen das Transparenzgebot, § 9 I Ersten Eingang in die Diskussion fand das Transparenzgebotdurch Köndgen, der in den Zins- und Tilgungsverrechnungsklauseln einen Verstoß gegen das in § 9 I zu verankernde Gebot der Preistransparenz sieht. 58

(1) Die Meinung Köndgens 59

Nach Ansicht Köndgens beeinträchtigt die durch die Zins- und Tilgungsverrechnungsklauseln verursachte, verschleierte Effektivzinserhöhung das Interesse der Kunden an der Transparenz der Preisangaben. Das AGBG, das bewußt auf die Überprüfung der Angemessenheit der Preisbildung und Preishöhe verzichte, müsse den Kunden zumindest in die Lage versetzen, sich ohne unzumutbaren Aufwand über den Endpreis des nachgefragten Produktes klar zu werden und auf dieser Basis Preisvergleiche vorzunehmen. Dieses Interesse stehe unter dem Schutz der Generalklausel des § 9 I. Eine Wirtschaftsordnung, die auf funktionsfahigen Wettbewerb und informierte Nachfrageentscheidungen setze, könne nicht umhin, Preistransparenz auch mit den Mitteln des Rechts zu fördern. Das AGBG sei aber nicht nur auf Individualschutz des Kunden angelegt, sondern ziele auch auf eine Effektuierung ordnungspolitischer Leitvorstellungen. Damit deckten sich seine Ziele in diesem Bereich mit dem des Preisangabengesetzes von 1984. 60

56 Canaris, NJW 1987, 609 (610); Canaris, NJW 1987, 2409; Bruchner, WM 1987, 449 (456). 57 Schmuck, BB 1986, 1794 (1797); Kollhosser. ZIP 1986, 1429 (1434); Canaris, NJW 1987, 609 (610); Bruchner, WM 1987, 937 (940). 58 Köndgen, NJW 1987, 160 (164); Köndgen. EWiR § 9 AGBG 21/86, 1053 (1054). 59

Zum folgenden vgl. Köndgen. NJW 1987, 160 (164 f.).

60

Zustimmend Wolf, EWiR § 9 AGBG 11/87, 635 (636).

192

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

Allerdings ruhre die bloße Intransparenz nur dann zu einer unangemessenen Benachteiligung gern. § 9 I, wenn nicht berechtigte Interessen des Verwenders bzw. der Kunden eine derartige Regelung erforderten. Spätestens mit dem Einsatz elektronischer Datenverarbeitung in der Kreditwirtschaft stelle die taggenaue Kontenverrechnung kein organisatorisches und technisches sowie Kosten verursachendes Problem mehr dar. Für die Verwendung der Tilgungsverrechnungsklausel könnten die Kreditinstitute damit keinen triftigen Grund mehr vorweisen. Daher verstoße die weitere Verwendung der Klauseln in unangemessener Weise gegen die Gebote von Treu und Glauben. Etwas anderes gelte nur dann, wenn der Effektivzinssatz angegeben sei. Die Information über den Endpreis mindere den Stellenwert der Tilgungsverrechnungsklausel. Der Kunde könne ein berechtigtes Interesse nur an dem Endpreis, nicht aber an der Berechnungsmethode vorweisen. Köndgen fand sofort einige Berurworter, die auf ein das gesamte AGBG durchziehendes Transparenzgebot verwiesen. 61 Seine Überlegungen stießen jedoch auch auf kritische und gänzlich ablehnende Stellungnahmen. 62

(2) Die Meinung Bruchners63 Nach Meinung Bruchners enthält § 9 I kein Gebot der Preistransparenz des Inhalts, daß Zins- und Tilgungsverrechnungsklauseln ohne Angabe des Effektivzinssatzes unwirksam seien. Zum einen werde sonst über § 9 I eine Regelung der alten PAngVO wieder eingefiihrt, die das BVerfG fiir verfassungswidrig erklärt habe. 64 Zum anderen habe ein Verstoß gegen die Vorschriften der alten PAngVO nur straf- oder bußgeldrechtliche Relevanz besessen. Der BGH habe ausdrücklich darauf verwiesen, daß vom Gesetzgebernur rur das Abzahlungsgesetz die Sanktion der Nichtigkeit der Zinsabrede bei fehlender Effektivzinsangabe vorgesehen sei. 65

61 Trinkner/Woljer,BB 1987,425 (428); Löwe, NJW 1987, 937 (940); Löwe, BB 1988, 1903 (1904); Löwe, EWiR § 9 AGBG 11/87,635 (636); Wolf, EWiR § 9 AGBG 11/87, 635 (636).

62 Bruchner, WM 1987, 449 ff.; Baums, WM 1987, Sonderbeilage 2, 3 (17 ff.); Canaris, NJW 1987, 609 ff. 63

Vgl. zum folgenden Bruchner, WM 1987, 449 (461 f.).

64

BVerfG, NJW 1984, 861.

65

BGH, WM 1974,342; BGH, WM 1979, 541.

B. Der Meinungsstand

193

(3) Die Meinung Baums' 66 Anders als Köndgen differenzierte Baums zwischen dem Schutzzweck der PAngVO und dem des AGBG. Ersteres ziele aufInformation des Kunden über die Endpreise, auf die Sicherung von Preisvergleichsmöglichkeiten und damit auf die Herstellung der Voraussetzungen filr einen funktionsfähigen Wettbewerb. Dieses seinen jedoch keine Schutzzwecke des AGBG. 67 Das AGBG bezwecke den Schutz der Vertragspartei vor demjenigen, der einseitig formulierte Bedingungen stelle. Aus diesem Schutzzweck heraus ergäben sich zwei Fallgruppen, bei denen Intransparenz in der Preisgestaltung zu einer unangemessenen Benachteiligung filhren könne. Dies seien die Fallgruppen der unbestimmten und der irrefilhrenden Klauseln. Eine Irrefilhrung seijedoch bei den Zins- und Tilgungsverrechnungsklauseln dann sicher ausgeschlossen, wenn der Effektivzins angegeben sei. Bei mangelnder Effektivzinsangabe komme es auf die Gestaltung der Klauseln im Einzelfall an.

(4) Die Meinung Canaris'

68

Grundsätzlich stimmte Canaris der These Köndgens zu, daß der Verstoß gegen das Transparenzgebot Anlaß filr eine Kassation der Klausel nach § 9 I sein könne. Jedoch wiege bei den Zins- und Tilgungsverrechnungsklauseln die Intransparenz nicht so schwer, um einen Verstoß gegen § 9 I zu tragen. Sie entfalle von vorne herein, wenn der Effektivzinssatz richtig ausgewiesen sei. Sei dieser nicht angegeben, so treffe den Klauselverwender dennoch kein Vorwurf, da der Kreditnehmer bereits bei geringfilgigem Nachdenken erkennen könne, daß es filr ihn finanziell nachteilig sei, wenn die Zinsen trotz zwischenzeitlicher Ratenzahlung vom Kapitalstand am Jahresende berechnet werden. Hinzu trete, daß die Erhöhung des Effektivzinses durch die Berechnungsmethode vergleichsweise gering ausfalle, wenn die ebenfalls vorzufindenden Klauseln über die von § 608 BGB abweichende unterjährige Fälligkeit betrachtet wür-

66

Vgl. zum folgenden Baums, WM 1987, Sonderbeilage 2, 3 (17 ff.).

67

Zustimmend Häuser, EWiR § 9 AGBG 2/87, 7 (8).

68

Vgl. zum folgenden Canaris, NJW 1987, 609 (615 f.).

13 Kreienbaum

194

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

den. 69 Endlich trage auch die weite Verbreitung der Klausel dazu bei, daß der Eingriff in die Entscheidungsfreiheit der Kunden gering zu bewerten sei, da eine Konditionenvergleichsmöglichkeit nur in peripheren Fällen beeinträchtigt werde, in denen ein Kunde Angebote bei Instituten einhole, welche die Klauseln nicht verwendeten.

ce) Zusammenfassung Obwohl in den meisten Urteilen und Stellungnahmen die Verständlichkeit der Klauseln als Problem erkannt wurde, gelangte erst durch Köndgen der Begriff der Transparenz in die Diskussion. Köndgen versucht diesem Begriff, der ja auch schon vorher mit unterschiedlichsten Inhalten verknüpft war,1° Konturen rur diese Problematik zu verleihen, indem er den Schutzzweck des AGBG auf ordnungspolitische Ziele ausweitet. Innerhalb der Gesamtdiskussion war die Frage der Transparenz jedoch von untergeordneter Bedeutung.

11. Die Rechtsprechung des BGH Dem Transparenzgebot kommt selbständige Bedeutung erst mit dem Urteil des BGH vom 24.11.1988 ZU. 71 In diesem Urteil begründete der III. Senat die Unwirksamkeit einer Zinsberechnungsklausel ausschließlich mit dem Verstoß gegen das in § 9 I anzusiedelnde Transparenzgebot. Wenig später bekräftigte der XI. Senat diese Rechtsprechung bei der Überprüfung der Wirksamkeit einer WertsteIlungsklausel in den AGB einer Sparkasse. 72 In weiteren Urteilen zu Zinsberechnungsklauseln vertiefte der BGH73 nach erneuter Überprüfung der vorgehenden Rechtsprechung seine Ansicht. Weitere Erwähnung fand das Transparenzgebot in einem Urteil des VIII. Senats vom 20.9.1989 zum Fi-

69 Zustimmend Schmuck, BB 1986, 1794; Kollhosser, ZIP 1986, 1429 (1437); Hadding/Weiter, WuB I E 4. - 4.87, 923 (927). 70

Vgl. dazu die vorgehende Untersuchung, insbesondere Kapitel 4 und 5.

71

BGHZ 106, 42 ff.

72

BGHZ 106, 259 ff.

BGHZ 112, 115 ff.; vgl. auch BGH, ZIP 1991 ff.; BGH, ZIP 1991, 1054 ff.; BGH, ZIP 1992,469 ff.; BGH, ZIP 1992,24 ff.; BGH, ZIP 1992, 105 ff.; BGH, NJW 1997, VI. 73

B. Der Meinungsstand

195

nanzierungsleasing. 74 Ebenso stützte sich der III. Senat in einer Entscheidung zu Lohnabtretungsklauseln75 u.a. auf die in § 9 I verankerte Pflicht, in den AGB die Rechte und Pflichten der Vertragspartner klar, bestimmt und für den Kunden durchschaubar zu beschreiben.

1. Der Inhalt des Transparenzgebotes

Inhalt des Transparenzgebotes ist nach Ansicht des BGH die Pflicht des Verwenders, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. 76 Dabei stellte er zunächst noch darauf ab, daß ein "Verschleiern" der preiserhöhenden Wirkung der fraglichen Klauseln als Verstoß gegen § 9 I zu werten sein könne,77 während spätere Urteile dieses nicht weiter als Voraussetzung anführen. 78

2. Dogmatische Begründung

Im ersten Annuitäten-Urteil stützte sich der BGH auf die vorgehende Rechtsprechung,79 ohne seine Feststellung, ein Verstoß gegen das Transparenzgebot könne zur Unwirksamkeit nach § 9 I führen, näher zu begründen. 80 Die vom BGH zitierten Urteile sind bei der Untersuchung der Normen des AGBG besprochen worden,81 ohne daß sich an dortiger Stelle eine zwingende Schlußfolgerung zur Verankerung eines Transparenzgebotes in § 9 I ergeben hat. 82

74 BGH, ZIP 1989, 1461 (1465). 7S

BGH, ZIP 1989, 968 (970, f.).

76 BGHZ 106, 42 (49 f.); BGHZ 106, 259 (264 f.); BGHZ 112, 115 (117 ff.); BGHZ 115, 185; vgl. auch BAG, BB 1993, 1659. 77 BGHZ 106, 42 (49); BGHZ 106, 259 (265). 78 BGHZ 112, 115 ff.; BGH, ZIP 1991, 1474 ff.; BGH, ZIP 1992, 469 (470). 79 BGHZ 106, 42 (49). 80 Vgl. dazu Hansen, WM 1990, 1521 (1522); Köndgen, NJW 1989, 943 (944). 81 BGH, NJW 1984, 171, vgl. Kapitel 4 (Überraschungsklausel); BGH, WM 1987,

755, vgl. Kapitel 5 B 11 (§ 10 Nr. 4); BGHZ 97, 65, vgl. Kapitel 5 C 11 4 (unklare Klausel).

82 Hierzu auch kritisch Hel/ner, FS f. Steindorff, 573 (582 f.); Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37, (38 ff.); Bruchner, WM 1988, 1873 (1875); Pflug, AG 1992, 1 (14 f.); vgl. auch Köndgen, NJW 1989, 943 (944). 13*

196

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

Auch die weiteren Urteile zum Transparenzgebot83 enthalten keine tiefergehenden Begründungen. Der BGH verwies allerdings darauf, daß nach seiner Ansicht dem Transparenzgebot gerade im Bereich der Preisnebenabreden besondere Bedeutung zukomme. 84 Der Preis selbst sei der materiellen Inhaltskontrolle entzogen. Das Gesetz gehe davon aus, daß der Kunde der Preisvereinbarung besondere Aufmerksamkeit widme und sein Interesse an einem gerechten Preis selbst wahre. 85 Dafiir müsse der Vertragsinhalt jedoch ein vollständiges und wahres Bild über Art und Höhe des Preises vermitteln, da nur so sichergestellt werde, daß der Kunde seine Verhandlungsmöglichkeiten und Marktchancen interessengerecht wahrnehme. 86 Insofern sieht der BGH eine Regelungslücke im AGBG, welche nach dem Sinn und Zweck des AGBG durch das Transparenzgebot zu schließen ist. Es mangelt jedoch an einer Aussage zu der Frage, ob es im Rahmen der Inhaltskontrolle statthaft ist, formelle Fehler einer Klausel zu überprüfen. Dieses war um so erforderlicher, als der III. Senat noch im Urteil vom 19.9.1985 formulierte: "Formelle Mängel, die ohne inhaltliche Änderung durch eine andere äußere Gestaltung der AGB behoben werden könnten, rechtfertigen nicht das inhaltsbezogene uneingeschränkte Klauselverbot nach § 17 Nr. 3 AGBG. ,,87

III. Die Rechtsprechung und Literatur nach dem ersten BGH-Urteil zur Transparenz 1. Die Rechtsprechung

Die Untergerichte haben nach dem ersten Annuitäten-Urteil des BGW 8 das Transparenzgebot in die Mitte ihrer Betrachtungen zur Wirksamkeit der Til-

83 Siehe BGHZ 106, 259 ff.; BGH, ZIP 1989, 1461 ff.; BGHZ 112, 115 ff.; BGH, ZIP 1991,791 ff.; BGH, ZIP 1991, 1054 ff.; BGH, ZIP 1991, 1474 ff.; BGH, ZIP 1992, 469 ff.; BGH, NJW 1992, 180 ff.; BGH, ZIP 1992, 24 ff.; BGH, ZIP 1992, 105 ff.; BGH, NJW 1992, 1751 ff.; BGH, NJW 1992, 1753; BGH, NJW 1993, 57 ff.; BGHZ 128, 54 ff.; BGH, NJW 1995, 2286 ff. 84 BGHZ 112, 115 (117).

8S 86

87 88

BGHZ 112, 115 (117). BGHZ 112, 115 (118). BGH, ZIP 1985, 1253 (1254). BGHZ 106, 42 ff.

B. Der Meinungsstand

197

gungs- bzw. Zinsberechnungsklauseln gestellt. 89 Sie greifen wie der BGH aber auch auf das Transparenzgebot zurück, wenn die Beurteilung von Zinsberechnungsklauseln bei Spareinlagen90 , Überziehungsklauseln91 , die Verzinsung von Kosten und Gebühren 92 , Gewährleistungsregelungen93 , Time-SharingVerträgen,94 Kaufverträgen mit Arbeitnehmern 95 , Bürgschaftsklauseln96 , V ollamortisationsklauseln97 , Abrechnungsklauseln in Leasingverträgen98 oder Verlags-AGB 99 im Raum steht. Einen Verstoß gegen das Transparenzgebot haben jedoch zunächst nur wenige Gerichte festgestellt. loo Die Mehrzahl der Gerichte verneint aus unterschiedlichsten Gründen die Intransparenz der ihnen zur Beurteilung vorgeleg-

89 Die Zahl der ergangen Urteile ist unübersehbar. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit ein Überblick über die veröffentlichten Urteile: OLG Celle, ZIP 1989, 291 ff.; OLG Düsseldorf, WM 1989, 1370 ff.; OLG Düsseldorf, ZIP 1989, 910 ff.; OLG Koblenz, ZIP 1989,909 ff.; OLG Frankfurt, NJW 1989, 2264 ff.; OLG Nürnburg, WM 1990, 976 ff.; OLG München, WM 1990, 1413 ff.; OLG Köln, WM 1990, 1327 ff.; OLG Hamburg, ZIP 1990,982 ff.; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1991, 625 ff.; LG Mönchengladbach, WM 1989,1563 ff.; LG Bielefeld, WM 1989,1019 ff.;LG Dortmund, ZIP 1990,984 ff.; LG Köln, ZIP 1992, 1380 ff.; LG Stuttgart, NJW 1993,208 ff.; LG Stuttgart, NJW 1993, 208 ff.; AG Hannover, WM 1989, 814 ff.; AG München, WM 1989, 572 ff.; AG Köln, ZIP 1989, 565 ff.; AG Köln, WM 1989, 1563 ff.; AG Schwabach, WM 1989, 1566 ff.; AG Halle, WM 1990, 460 ff.; AG Bielefeld, WM 1990, 470 ff.; AG Essen, WM 1990, 472 ff.; AG Lüneburg, WM 1990, 473 ff.; AG Lünen, WM 1990, 474 ff.; AG München, WM 1990, 1332 ff.; Schäfer. S. 120 f., spricht in diesem Zusammenhang von einer völlig unkritischen Übernahme durch die instanzgerichtliche Rechtsprechung 90 OLG Karlsruhe, WM 1990, 1867; LG Karlsruhe, ZIP 1989, 1540; KG, NJW-RR 1990, 544. 91 LG Düsseldorf, WM 1990, 1535. 92 KG, NJW-RR 1990, 544 (549). 93 BGH, WM 1991, 1591 (1594). 94 OLG Köln, NJW 1994, 59 f.; LG Köln, BB 1993, 1975. 95 BAG, NJW 1994, 213 ff. 96BGHZ 115, 177(185). 97 Vgl. LG Mönchengladbach, NJW-RR 1994, 1479 (1480). 98 OLG Köln, NJW 1995, 2044 f. 99 BGH, NJW 1993, 2052 ff. 100 OLG Celle, ZIP 1989,291 ff.; OLG Frankfurt, NJW 1989, 2264 ff.; OLG Hamburg, ZIP 1990, 982 ff.; OLG Karlsruhe, WM 1990, 1867 ff.; OLG Köln, NJW-RR 1990, 499 f.; OLG Köln, NJW-RR 1991, 636; OLG Celle, NJW-RR 1991,634 f; AG Köln, ZIP 1989, 565 ff.

198

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

ten Klauseln. Der Einigkeit im Grundsätzlichen stehen unterschiedlichste Auffassung zum Inhalt des Transparenzgebotes und dessen Anforderungen im Einzelfall entgegen. 101

2. Die Literatur nach dem ersten Annuitäten-Urteil des BGH

Die Diskussion nach dem ersten Annuitäten-Urteil des BGH hat sich von der Frage der materiellen Angemessenheit der Zins- und Tilgungsberechnungsklauseln gelöst und sich den dogmatischen Grundlagen sowie Inhalt und Schranken des Transparenzgebotes zugewendet. 102 103

101 Diese Fragen werden im folgenden Kapitel 8 "Inhalt und Schranken des Transparenzgebotes" behandelt. 102 Siehe dazu Köndgen, EWiR § 9 AGBG 2/89, 3 f; Löwe, EWiR § 9 AGBG 1189, 1 f.; Bruchner, WM 1988, 1873 ff; Baums, ZIP 1989, 7 ff; Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37 ff; Theisen-Wackert, Sparkasse 1989, 83 ff.; Canaris, WuB I E 4.-2.89, 165 ff; Lauer, EWiR § 9 AGBG 6/89, 213 f; Reifner, NJW 1989, 952 ff; Taupitz, NJW 1989, 2242 ff.; Theisen-Wackert, Sparkasse 1989, 420 ff.; Taupitz, JuS 1989, 520 ff; Kohte, EWiR § 9 AGBG 13/89,631 f; Kohte, BB 1989,2257 (2258); Sturm, WuB I E 4. - 3.89, 839 ff; Westermann, ZBB 1989, 36 ff; Westermann, ZIP 1989, 912 ff.; Wissmann, EWiR § 9 AGBG 16/89, 735 f; Löwe, EWiR § 13 AGBG 1189, 841 f; Wagner-Wieduwilt, WuB I E 4.3 - 4.89, 1101 ff; Theisen-Wackert,WuB I E 4. 7.89, 1247 ff.; Winkelmann, Sparkasse 1989, 50 ff.; Wissmann, EWiR § 9 AGBG 2/90, 2 f; von Rottenburg, WuB I E 4. - 2.90,289 ff; Wagner-Wieduwilt, WuB I E 4. - 4.90, 623 ff; Schlosser, EWiR § 13 AGBG 1190, 525 f; Ringseisen, WuB I E 4. - 6.90, 899 ff; Gößmann, WuB I E 4. - 7.90, 1007 f; Koller, EWiR § 9 AGBG 11190,841 f; Pues, WuB I E 4. - 11190, 1197 ff; He liner, FS f Steindorff, 573 ff; Koller, FS f Steindorff, 667 ff; Westermann, FS f Steindorff, 817, Hansen, WM 1990, 1521 ff; Metz, NJW 1991,668 ff.; Köndgen, NJW 1989,943 ff; Hunecke, WM 1989, 553 ff; ErmaniHefermehl § 9 Rdn. 19; Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 87 ff.; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 9 D 16 ff 103 Allerdings finden sich vereinzelt auch Stellungnahmen, die nachgerade die materiell-rechtliche Unangemessenheit der Zinsberechnungsklauseln ansprechen, vgl. nur Hensen, EWiR § 13 AGBG 2/91, 1145 (1146); Hensen, EWiR § 9 AGBG 21191, 841 (842); OLG Bremen, ZIP 1991,436; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1991,625 (626); vgl. dazu Köndgen, JZ 1991,839 f; Wehrt, BB 1991, 1645ff; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 9 D 16 m.w.N.; MKlKötz § 9 Rdn. 11 a.

B. Der Meinungsstand

199

a) Rechts/ortbildung des BGH

Nach überwiegender Ansicht bewegt sich der BGH mit der Errichtung des Transparenzgebotes im Bereich der Rechtsfortbildung. l04 Dabei wird die Schaffung der neuen Fallgruppe der Unangemessenheit durch Unklarheit von einer Ansicht als Fortsetzung einer bereits bestehenden Entwicklung begrüßt, lOS nach anderer Ansicht liegt darin jedoch ein vollständiger Bruch mit der bisherigen Dogmatik zu § 9. 106

b) Kritik an der Rechtsprechungl07

Westermann warnt vor einer Fehlentwicklung. 108 Das Transparenzgebot drohe zum alles überragenden Prinzip des AGBG zu erwachsen, das formelle wie materielle Kriterien in der UnangemessenheitspTÜfung vereine. 109 Dieser plakative Begriff, unter dem mangels Bestimmbarkeit jeder fasse, was er wolle, fuhre zur totalen Rechtsunsicherheit. 110 Mit dem Transparenzgebot entstehe

104 Köndgen, NJW 1989,943 (944, 950); Reifner, NJW 1989,952 (959); Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37 (45); Bruchner, WM 1988, 1873 (1875); Westermann, ZBB 1989, 36 (39); Koller, FS f Steindorff, 667 (673); Westermann, FS f Steindorff, 817 (819); Hellner, FS f. Steindorff, 573 (583 f); a.A. Metz, NJW 1991, 558 (669), der im Transparenzgebot eine Übertragung der Rechtsprechung des BGH aus anderen Bereichen in den Sektor der Kreditwirtschaft sieht.

105 Metz, NJW 1991,668 (669); Köndgen, NJW 1989,943 (944); Baums, ZIP 1989, 7; Brandner, ZHR 153 (1989),147 (152,160); Bundschuh, Vortrag vom 9.11.1991. 106 Westermann, FS f Steindorff, 817 (823,831); Hansen, WM 1990, 1521 (1521, 1524); Hellner, FS f Steindorff, 573 (583 f); Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37 (45); Wagner-Wieduwilt, WuB I E 4. - 4.89, 1101 (1103, 1104 a.E.); Westermann, ZBB 1989, 36 (38 f.); Bruchner, WM 1988, 1873 (1875); vgl. auch Pflug, AG 1992, 1 (14 ff). 107 Vgl. dazu insbesondere Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37 (45); Wagner-Wieduwilt, WuB I E 4. - 4/89, 1101 ff; Bruchner, WM 1988, 1873 (1875); Hellner, FS f. Steindorff, 573 (585); Westermann, FS f Steindorff, 817 (823); Hansen, WM 1990, 1521 ff; MKlKötz § 9 Rdn. 11 b.

108 Westermann, FS f Steindorff, 817 (832); siehe auch Brandner in Ulmer/Brandner/ Hensen § 9 Rdn. 103. 109 Westermann, FS f Steindorff, 817 (818 f.); WestermannZBB 1989,36 (37); Hellner, FS f Steindorff, 573 (585); Hansen, WM 1990, 1521 (1522); kritisch Köndgen, NJW 1989, 943 (944). 110 Westermann, FS f Steindorff, 817 (823, 831); Hellner, FS f. Steindorff 573

200

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

auch ein Mittel, die materielle Unangemessenheitsprüfung zu umgehen. Klauseln, die materiell-rechtlich nicht zu beanstanden, allgemein jedoch ungeliebt seien, könnten durch Steigerung der Transparenzanforderungen bis zu der Schwelle, an der nur noch Entmündigungsreife derartige Klauseln akzeptierten, aus dem Verkehr entfernt werden. 111 Der Umgehungsvorwurf wird dem BGH auch noch in weiterer Hinsicht entgegengehalten. Die Schaffung des Transparenzgebotes diene nur dazu, über das AGBG die Regelungen der vom BVerfG für unwirksam erklärten alten PAngVO wieder ins Leben zu rufen. ll2 Andere betrachten das Transparenzgebot als Versuch, die Eingriffsschwelle des § 3 herabzusetzen. 113 Im übrigen wird geltend gemacht, Transparenzgesichtspunkte seien nur im Rahmen der Einbeziehungskontrolle und dort auch nur im anerkannten Maße zu berücksichtigen. I 14 Dies wird mit der Unvereinbarkeit einer Formkontrolle im Rahmen der Inhaltskontrolle begründet. 115 Der Gesetzgeber habe durch die Trennung der Einbeziehungs- von der Inhaltskontrolle bei Schaffung des AGBG seinen Willen dargetan, eine Vermischung unterschiedlicher Kriterien in § 9 zu vermeiden. Die Einführung einer Fallgruppe Unangemessenheit durch Unklarheit widerspreche dessen Willen. 116

(575); Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37 (45); Wagner-Wieduwilt, WuB I E 4. - 4.89, 1101 (1102); Wagner-Wieduwilt, WuB I E 4. - 2.92, 351; Bruchner, WM 1988, 1873 (1875); Theisen-Wackert, Sparkasse 1989, 83 (84); Wolf, WuB I E 4. - 16.91, 1405 (1407); vgl. auch Brandner, FS f. Locher, 317 (323 f.). 111 Westermann, FS f. Steindorff, 817 (824); Westermann, ZBB 1989, 36 (38); ähnlich Bruchner, WM 1988, 1873 (1975); Hellner, FS f. Steindorff, 573 (585). 112 So vor allem Bruchner, WM 1988, 1873 (1875); Bruchner, WM 1987, 449 (461); Wagner-Wieduwilt, WM 1989,37 (43); vgl. auch Taupitz, JuS 1989, 520 (525); a.A. Westermann, ZIP 1989, 36 (41). 113 Canaris, WuB I E 4. - 2/89, 165 (168); ebenso Westermann, ZIP 1989,36 (38); Bruchner, WM 1988, 1873 (1875).

114 So insbesondere Bruchner, WM 1988, 1873 (1875); Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37 (38, 43); Hansen, WM 1990, 1521 (1525); Hellner, FS f. Steindorff, 573 (584); vgl. auch Pflug, AG 1992, 1 (14 ff.); MKlKötz § 9 Rdn 11 b. 115 Bruchner, WM 1988, 1873 (1875); Wagner-Wieduwilt, WM 1989,37 (42); Pflug, AG 1992, 1 (15, 17); kritisch auch Brandner, FS f. Locher, 317 (318). 116 Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37 (43 f.); Wagner-Wieduwilt, WuB I E 4. - 4.89, 1101 ff.; Brucliner, WM 1988, 1875 ff.; Hellner, FS f. Steindorff, 573 (584); Koller, FS f. Steindorff, 667 (675).

B. Der Meinungsstand

201

Darüber hinaus wird ein Bedürfnis zur Rechtsfortbildung geleugnet, da die Einbeziehungskontrolle bereits die entscheidenden Fallgruppen aufgreife. 117 Andere stimmen dem BGH zwar grundsätzlich zu und halten die Verankerung eines Transparenzgebotes in § 9 I für richtig. Sie schränken aber den Inhalt des Transparenzgebotes dahin ein, daß ergänzend zur Intransparenz die Gefahr der inhaltlichen Benachteiligung treten müsse. 118

c) Die Befürworter des Transparenzgebotes Die Befürworter des Transparenzgebotes ll9 stimmen mit dem BGH überein, daß die Undurchschaubarkeit einer Klausel dazu führen kann, diese nach § 9 I für unwirksam zu erklären. Einige Autoren sehen das Transparenzgebot als Fortschreibung des Irreführungsverbotes. 120 Andere l2l berufen sich zur dogmatischen Begründung des Transparenzgebotes auf die Regelungen des

117 Bruchner, WM 1988, 1873 (1875); Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37 (42); Westermann, FS f. Steindorff, 817 (832); Hansen, WM 1990, 1521 (1524 ff); Wolf, WuB I A. Nr. 14 - 2.89, 287 (289); Pflug, AG 1992, 1 (17); MKlKötz § 9 Rdn. 11 b. 118 Wolfin WolflHornILindacher § 9 Rdn. 143; Brandner in UlmerlBrandnerlHensen § 9 Rdn. 89; Bunte, JR 1989, 375; Wolf, JZ 1988, 719; Heinrichs, Verbraucherkreditrecht, 101 ff.; Westermann, FS f. Steindorff, 817 (830); WestermannZBB 1989,36 (38); Westermann, ZIP 1989, 913; ErmaniHefermehl § 9 Rdn. 19; Wolf, WuB IA. Nr.

14 - 2.89, 287 (289);

119 Metz, NJW 1991, 668 ff.; Köndgen, NJW 1989,943 ff.; Baums, ZIP 1989,7 ff.; Köndgen, EWiR § 9 AGBG, 2/89, 3 (4); Löwe, EWiR § 9 AGBG 1/89, 1 (2); Canaris, WuB I E 4. - 2.89, 165 (167); Reifner, NJW 1989,952 (959); Taupitz, JuS 1989, 520 (525 f); Taupitz, NJW 1989, 2242 (2243); Kohle, EWiR § 9 AGBG 13/89,631; Kohte, BB 1989, 2257 (2258); Koller, FS f. Steindorff, 667 ff.; Soergel/Slein § 9 Rdn. 21; AGB-Klauselwerke/von Westphalen, Transparenzgebot, Rdn. 1, 15; Hoyningen-Heune Rdn. 199 ff.; einschränkend Wolfin WolflHornlLindacher § 9 Rdn. 143; Lindacher in Wolf! HomILindacher § 3 Rdn. 11 ff.; Brandner in UlmerlBrandnerlHensen § 9 Rdn. 83 ff.; Ulmer in UlmerlBrandnerlHensen Einl. Rdn. 37 ff; Bunte, JR 1989, 375; Wolf, JZ 1988, 719; Kilimann, NJW 1990, 1154 (1159). 120 Vgl. Baums, ZIP 1989, 7; zustimmend Hellner, FS für Steindorff, 573 (585 f.); vgl. auch Brandner in UlmerlBrandnerlHensen § 9 Rdn. 89. 121 So insbesondere Heinrichs, Verbraucherkreditrecht, 101 ff; vgl. auch Wolf, WuB IA - 2.89, 287 (289); Wolf, JZ 1988, 719; Wolfin WolflHornlLindacher § 9 Rdn. 144; PalandtiHeinrichs § 9 Rdn. 15; Ulmer in UlmerlBrandner/Hensen Einl. Rdn. 37; vgl. auch Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 88; ErmanlHefermehl § 9 Rdn. 19; Soergel/Slein § 9 Rdn. 21; vgl. auch Brandner, FS f. Locher, 317 (318).

202

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

AGBG, denen zu entnehmen sei, daß das Transparenzgebot ein tragendes Prinzip des AGBG darstelle. Die entsprechenden Wertungen ergäben sich aus den §§ 2,3,5, dem aus § 6 herleitbaren Verbot der geltungserhaltendenReduktion und verschiedenen Tatbeständen der §§ 10 und 11 (§ 10 Nr. 1,2,3; § 11 Nr. lOb, 13 a). Diese Einzelregelungen seien Konkretisierungen des § 9. Damit sei auch der Schluß erlaubt, daß die Generalklausel selbst es vorsehe, AGB wegen mangelnder Transparenz im Wege der Inhaltskontrolle tUr unwirksam zu erklären. Allerdings, so wird teilweise wieder eingeschränkt, müsse die Intransparenz die Gefahr der inhaltlichen Benachteiligung beinhalten. 122 Dabei liege die inhaltliche Benachteiligung auch in der mangelnden Wahrnehmbarkeit von Marktchancen. 123 Diese wirtschafts ordnende Funktion sei auch Schutzzweck des § 9. 124 Ebenfalls diesen Ausgangspunkt wählend, vertieft Köndgen seine bereits vor dem ersten Annuitäten-Urteil des BGH entwickelte Auffassung. 125 Das AGB sei nicht nur individualschützend, sondern solle auch das auf mangelndem Wettbewerb auf dem Konditionensektor beruhende Marktversagen kompensieren bzw. diesen Wettbewerb stimulieren. 126 Größte Auswirkungen zum Nachteil der Verbraucher habe der mangelnde Wettbewerb bei den Preis- und Preisnebenabreden, da dort die Inhaltskontrolle nicht greife und die Verbraucher ihrerseits diese Klauseln bei der Entscheidungsfindung vor Vertrags schluß nicht berücksichtigten. Sie könnten sie allerdings auch nicht berücksichtigen, wenn diese Klauseln ihre preissteigernde Wirkung nicht offenbarten. Köndgen begreift die Preisintransparenz als unangemessene Benachteiligung materiellrechtlicher Art. Die Benachteiligung des einzelnen Kunden liege im Verlust der Marktchance verursacht durch die Intransparenz der Klausel. Die Unangemes-

122 Heinrichs, Verbraucherkreditrecht, 101 ff.; PalandtiHeinrichs § 9 Rdn. 15; Wolf in Wolt7HornlLindacher § 9 Rdn. 146; Brandner in UlmerlBrandnerlHensen § 9 Rdn. 89; Erman/Hejermehl § 9 Rdn. 19. 123 Köngdgen, NJW 1989, 943 ff.; Koller, FS f. Steindorff, 667 ff.; vgl. dazu auch Brandnerin UlmerlBrandner/Hensen § 9 Rdn. 90 m.w.N.; Woljin WolflHornILindacher § 9 Rdn. 143; ErmanJHejermehl § 9 Rdn. 19.

124 So Heinrichs, Verbraucherkreditrecht, 101 ff.; Wolf, WuB I A - 2.89, 287 (289); vgl. auch Wolf in WolflHornlLindacher § 9 Rdn. 143 m.w.N. 125

Vgl. zum folgenden Köndgen, NJW 1987, 160 ff; Köndgen, NJW 1989, 943 ff.

Zustimmend Metz, NJW 1991, 668 (669); Koller, EWiR § 9 AGBG 11/90, 841 (842); Kohte, EWiR § 9 AGBG 13/89, 631 (632); Kohte, BB 1989,2257 (2258); vgl. auch Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen Einl. Rdn. 38; Lindacher in Wolf/Horn/Lindaeher § 3 Rdn. II ff.; kritisch Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 86. 126

C. Das Transparenzgebot als grundlegendes Prinzip des AGBG

203

senheit dieser Benachteiligung ergebe sich aus dem Wechsel von der individuellen zur marktbezogenen Betrachtungsweise. Unangemessen seien die intransparenten Klauseln, weil sie die Integrität der Nachfrageentscheidung beeinträchtigten und damit zur Verfalschung des Wettbewerbs beitrügen. 127

c. Das Transparenzgebot als grundlegendes Prinzip des AGBG Bevor unter Auseinandersetzung mit den vorgestellten Ansichten der Frage nachgegangen werden soll, ob ein Transparenzgebot rur noch nicht erfaßte Fallgruppen von Intransparenz Eingang in das AGBG fmden kann, soll zunächst dargelegt werden, daß der Transparenzgedanke als solcher ein grundlegendes Prinzip des AGBG bildet. Schon die bisherige Analyse der Normen des AGBG hat ergeben, daß die Forderung nach klaren, verständlichen, eindeutigen, zugänglichen AGB-KlauseIn sowohl in den Normen der Einbeziehungskontrolle als auch in einzelnen Regelungen der Inhaltskontrolle ihren Ausdruck gefunden hat. Es sind weitere Fallgruppen intransparenter Klauseln aufgezeigt worden, die durch die Rechtsprechung auch oder allein unter Bezugnahme auf Transparenzgesichtspunkte über die Generalklausel einer Lösung zugeruhrt werden. Hierbei mangelt es jedoch bislang an einer dogmatischen Absicherung. Diese verschiedenen Ausformungen des Transparenzgedankens sollen hier auf ein gemeinsames Prinzip zurückgefiihrt werden. Dazu werden ausgehend vom Vertragsmodell des BGB die spezifischen Störungen der Vertragsparität bei der Verwendung von AGB untersucht, um aus diesem Blickwinkel die SchutzbedÜTftigkeit der Vertragspartner der Verwender näher zu beleuchten und den Schutzzweck des AGBG klar zu konturieren. Anschließend wird dargelegt werden, daß der Gesetzgeber zur Durchsetzung dieses Schutzzweckesneben der Inhaltskontrolle dem Transparenzgedankengroße Bedeutung zugemessen und bewußt entsprechende Normierungen im AGBG getroffen hat. Vorgreiflich rur die weitere Untersuchung, die zum Inhalt haben wird, ob dieser Transparenzgedanke über die gesetzlichen normierten Anwendungsfalle hinweg ausgedehnt werden kann, ist schließlich das Verhältnis zwischen Inhaltskontrolle und dem Transparenzgedanken zu klären.

127

Dezidiert ablehnend Pflug, AG 1992, 1 (15 f.).

204

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

I. Der Schutzzweck des AGBG Die herrschende Meinung sieht den Schutzzweck des AGBG in dem Schutz des Kunden vor der einseitigen Ausnutzung der Vertragsgestaltungsfreiheit durch den Verwender. 128 Sinn und Zweck des AGBG sei, den mit der Verwendung von AGB typischerweise und unabhängig von der Marktstellung des Verwenders verbundenen Gefahren entgegenzutreten. 129 130 In Abgrenzung hierzu ist nach anderer Ansicht maßgeblich der Schutz des wirtschaftlich schwächem Partners mit dem AGB-Gesetz angestrebt. Die Intention des AGBG sei der Ausgleich des wirtschaftlichen Machtgefälles und der Unterlegenheit des AGB-Kunden. l3l Diese Ansichten bedürfen einer vertiefenden Analyse, die ausgehend vom Vertragsmodell des Zivilrechts eruiert, welchen Schutzzweck das AGBG verfolgt. 1. Das Vertragsmodell des BGB J32 Das für das Zivilrecht wesentliche Strukturprinzip ist die Privatautonomie, die dem einzelnen Rechtssubjekt die selbstverantwortliche Gestaltung seiner Lebensverhältnisse überläßt. 133 Dieses Prinzip ist anerkanntermaßen ein durch 128 Vgl. dazu Ulmer in Ulmer/BrandnerlHensen Einl. Rdn. 9, 29 m.w.N.; Wolfin WolflHornlLindacher Einl. Rdn. 3 f; Lieb, AcP 178 (1978), 200 ff; Lieb, AcP 183 (1983),358 f.; ErmaniHefermehlVor § 1 Rdn. 7. 129 BGH, NJW 1976, 2345 (2346) m.w.N.; StaudingerlSchlosser § 1 Rdn. 29; MKlKötz § 1 Rdn. 2; Heinrichs, NJW 1977, 1505; Roth, BB 1987, 977 (981 f); Wolf in WolflHornlLindacher Einl. Rdn. 3 f, 14; Lieb, AcP 178 (1978), 196 (200 ff); Lieb, AcP 183 (1983), 358 f; Hönn, S. 142 ff.; Bunte, ZIP 1984, l3l3 (l315); Köndgen, NJW 1989, 943 (946 f); Adams, BB 1989, 781 (783); Schmidt-Salzer, NJW 1977, 129 (l30); ErmaniHefermehl Vor § 1 Rdn. 7; Soergel/Stein Einl. Rdn. 8. 130 Innerhalb der herrschenden Meinung werden dabei verschiedene Wertungsgrundlagen genannt; vgl. dazu Frey, ZIP 1993, 572 (573), der insgesamt 15 unterschiedliche Wertungen aus der Literatur aufführt. 131 Damm, JZ 1978, 173 (178); Fehl S. 90 ff; Pflug, S. 24 ff, 219; Schmidt, JuS 1987, 929 (931); vgl. auch Nicklisch, BB 1974, 941 (944); kritisch Brandner, JZ 1973, 613 (614).

Vgl. hierzu EsserlWeyers§ 2 11 1 d, S. 8; Schumacher, S. 70 ff Vgl. nur Flume, FS DJT, S. l36 m.w.N.; Raiser, FS DJT, S. 101; Raiser, JZ 1958, 1 ff; Schäfer, S. 19; StaudingerlSchlosser Einl. zum AGBG Rdn. 1; Schmidt, DRiZ 1991, 81 (82). 132 133

C. Das Transparenzgebot als grundlegendes Prinzip des AGBG

205

die Grundrechte der Rechtsordnung vorgegebener und zu verwirklichender Wert. Ein wesentliches Teilstück dieser Autonomie ist die Vertragsfreiheit, die dem einzelnen Rechtssubjekt die Ausgestaltung der Beziehungen zu anderen Rechtssubjekten ennöglicht. 134 Dabei verzichtet die Rechtsordnung innerhalb gewisser Grenzen darauf, durch eigene Gebote in den Raum privater Beziehungen einzudringen. 135 Diese Inhalts- und Gestaltungsfreiheit findet sich nonniert in § 305 BGB. Die Rechtsordnung garantiert die Vertragsfreiheit, indem sie die getroffenen Vereinbarungen als rechtsverbindlich anerkennt und mit gerichtlichem Rechtsschutz ausstattet. 136

a) Vertragsfunktion und Vertragsfreiheit

Der weitgehende Verzicht der Rechtsordnung auf Regelung der privaten Beziehungen und die Anerkennung der Vertragsfreiheit als Institution wird aus unterschiedlichen rechtsphilosophischen Ansätzen begründet. lJ7 Historisch betrachtet gewann die Vertragsfreiheit besonderen Vorschub durch den wirtschaftlichen Liberalismus, der die Erstarkung des Bürgertums gegen den Staat und die Verwirklichung der individuellen Freiheiten zum Ziel hatte. 138 Für den Einzelnen bedeutet die Vertragsfreiheit das Recht, die ihm im Wettbewerb mit anderen zufallenden Chancen voll auszuschöpfen und sich von sittlichen, politischen und wirtschaftlichen Kräften loszusagen. Das Prinzip der Vertragsfreiheit besteht nach diesem Ansatz nicht um der Richtigkeit willen,

134Vgl. dazu nur BVerfG, NJW 1990, 1469 (1470); Habersack, AcP 189 (1989), 403 (405) m.w.N.; Nicklisch, BB 1974,941 (942); Raiser, FS DJT, 101 (104); Raiser, JZ 1958, 1; Coester-Waltjen,AcP 190 (1990),1 (3); Koch/StübingEinl. Rdn. 1; Pflug, AG 1992, 1 (4); Schäfer, S. 19; Fastrich, S. 29, 36 f. 135 BVerfG, NJW 1990, 1469 (1470), zu den durch die Wertordnung des Grundgesetzes getroffenen Grenzen; vgl. auch Schmidt, JuS 1987, 929 (930); Schäfer, S. 19.

136Vgl. BVerfG, NJW 1990,1469 (1470); Schmidt, JuS 1987, 929 (930); Raiser, FS DJT, 101 (115); Raiser, JZ 1958, 1. 137

Vgl. Coester-Waltjen,AcP 190 (1990), 1 (17 ff) m.w.N.

Vgl. dazu Raiser, JZ 1958, 1 (2); Schumacher, S. 71 ff m.w.N.; Esser/Weyers § 2 II 1, S. 8; Esser/Schmidt§ 1 I; Damm, JZ 1978, 173 f; Knieper, ZRP 1970,60 (61 f.); Raiser, FS DJT, 101 (116); Schmidt, DRiZ 1991, 81 (82). 138

206

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

sondern die Rechtsordnung stellt den Vertrag zur Verwirklichung der Selbstbestimmung zur Verfiigung, die eine Frage nach der "Richtigkeit" der Vertragsregelung verbietet. 139 "Die willentliche Entscheidung gilt, weil sie gewollt ist und der Wille des einzelnen als solcher respektiert wird." 140

Für den Staat entsteht damit das Gebot, sich aus dem Spiel der wirtschaftlichen Kräfte weitgehend herauszuhalten und nur als Garant der Rechtssicherheit nach Maßgabe der Rechtsordnung die von den Rechtssubjekten geschlossenen Geschäfte vorbehaltlos zu sanktionieren. 141 Von dieser Befreiung des Individuums und dessen Möglichkeiten, seine Interessen zu verfolgen und durchzusetzen, wird eine Steigerung des wirtschaftlichen Wohlstandes erwartet. Das freie Spiel der Kräfte soll gesamtgesellschaftlichden Markt bestimmen und dort über eine Potenzierung der jeweiligen Einzelnutzen zu einer erfolgreichen Wirtschaftsordnung fiihren. 142 Ein auf Schmidt-Rimpler l43 zurückgehender Ansatz legt demgegenüber die Betonung auf den Staat und seine Verpflichtung, eine Rechtsordnung zu schaffen, in der Gerechtigkeit, Zweckmäßigkeit, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit verwirklicht werden. 144 Im Rechtsverkehr zwischen den einzelnen Rechtssubjekten biete das Vertragsmodell den erfolgversprechensten Ansatz. Die Vertragsfreiheit gewährleiste die Richtigkeit der erzielten Rechtsfolgen, da ein Vertrag die Willensübereinstimmung der grundsätzlich mit entgegengesetzten Interessen ausgestatteten Vertragspartner voraussetze. 145

139 Habersack, AcP 189 (1989), 403 (408); Flume, FS DJT, 135 (141); Raiser, FS DJT, 101 (119). 140 Flume, FS DJT, 135 (141). 141

Flume, FS DJT, 135 (141 f); Raiser, FS DJT, 101 (116); Raiser, JZ 1958, 1 (2).

EsserlWeyers§ 2 II 1, S. 8; Knieper, ZRP 1970, 60 (62); Schmidt, DRiZ 1991, 81 (82). 143 Vgl. zum folgenden Schmidt-Rimpler, FS für Raiser, S. 1 ff; Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 ff; Habersack, AcP 189 (1989), 403 (407) m.w.N.; Larenz § 6 I; Fastrich, S. 51 ff 142

144 Vgl. dazu Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit, S. 72 ff m.w.N.; Brandner/Ulmer, BB 1991, 701 (704). 145 Vgl. dazu Habersack, AcP 189 (1989), 403 (405); Schmidt-Rimpler, FS f. Raiser, 1 (3 f); Coester-Waltjen,AcP 190 (1990), 1 (17 f); Pflug, AG 1992, 1 (4); Schmidt, DRiZ 1991, 81 (82); Fastrich, S. 37.

C. Das Transparenzgebot als grundlegendes Prinzip des AGBG

207

"Der Sinn des Vertrages ist es nicht, dem einzelnen Rechtsgenossen die Gestaltung seiner Rechtsverhältnisse derart zu überlassen, daß er beliebig darüber bestimmen kann, auch nicht mit der Einschränkung, daß er sich dabei nur selbst an die Gemeinschaftsordnung zu binden habe; sein Sinn ist nicht Willensherrschaft, nicht Ermächtigung zur Selbstrechtsetzung; sondern der Vertrag ist ein Mechanismus, um ohne hoheitliche Gestaltung in begrenztem Rahmen eine richtige Regelung auch gegen unrichtigen Willen herbeizuführen, weil immer der durch die Unrichtigkeit Betroffene zustimmen muß. (00') Diese einzig mögliche Begründung des Vertrages ist alles andere als liberal oder gar liberalistisch, (00')' da sie dem Willen so wenig Freiheit wie möglich gibt, daß sie ihn vielmehr an die Zustimmung des in entgegengesetzter Richtung Interessierten bindet." 146

Die damit gefundene Einigung verwirkliche sowohl im Einzelfall wie auch gesamtgesellschaftlich den jeweils angemessenen Ausgleich der Interessen und fUhre - wie auch nach der reinen liberalen Auffassung - dadurch zu größter Wohlfahrt und Gerechtigkeit. Dieses wiederum sei im Interesse der Gemeinschaft und des Staates als Garant der Rechtsordnung. Es soll hier nicht entschieden werden, welcher dieser Auffassungen zu folgen iSt. 147 Festzuhalten ist, daß nach beiden Auffassung das Vertragsmodell eine feststehende Institution der Rechtsordnung ist, auf der die gesamte Rechtsgeschäftslehre beruht.

b) Grenzen der Vertragsfreiheit

Gültigkeit gesteht die Rechtsordnung Verträgen dann zu, wenn sie auf dem übereinstimmenden Willen der Beteiligten beruhen. 148 Die Rechtsgeschäftslehre begnügt sich insoweit mit einer Kontrolle der Art und Weise des Zustandekommens des Vertrages. 149 Der "Neutralität" der Rechtsordnung entspricht es, daß bis auf die Ausnahmefalle der §§ 134, l38 BGB eine inhaltliche Kontrolle der Einigung auf die "Richtigkeit" der angestrebten Rechtsfolgen nicht stattfin-

146 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (156); kritisch Raiser, FS DJT, 101 (118 f.); Flume, AT, 135 (141 ff.). 147 Vgl. zu der Frage der Vereinbarkeit bei der Ansätze Habersack, AcP 189 (1989), 403 (409) m.w.N.; siehe auch Schmidt-Rimpler, FS f. Raiser, 1 (6 f.). 148

Vgl. etwa Habersack, AcP 189 (1989),403 (405); Nicklisch, BB 1974,941 (942). BB 1974,941 (942); vgl. auch Coester-Waltjen,AcP 190 (1990), 1 (4).

149 Nicklisch,

208

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

det. 150 Es kommt mithin nicht entscheidend darauf an, ob durch den Vertragsmechanismus im Einzelfall ein im allgemeinen Sinne gerechtes Ergebnis erzielt wird. In den Grenzen der Vertragsfreiheit ist allein entscheidend, daß die Parteien die Möglichkeit hatten, im Wege der beiderseitigen Selbstbestimmung einen gerechten Interessenausgleich zu erzielen. 151 Insofern enthält die Rechtsgeschäftslehrevom Grundsatz her nur eine formale Kontrolle des Zustandekommens von Verträgen, wobei hierin ein paradigmatischer Fall der Legitimation durch Verfahren zu sehen iSt. 152

2. Der Gedanke der fehlenden Richtigkeitsgewähr

Die Rechtsgeschäftslehre geht von idealtypischen Konstellationen aus, zu denen als ein wichtiges Kriterium die Adäquanz der Verhandlungsmacht zählt. Eine "gerechte" Einigung durch Ausgleich der entgegengesetzten Interessen ist nur bei gleich starker Verhandlungsmacht zu erwarten. 153 Ungleichgewichtlagen können wirtschaftlich, sozial oder intellektuell bedingt sein. 154 Sie fUhren zu einer Übermacht einzelner Personen oder Gruppen, die einseitig ihre Interessen verfolgen können. 155 Durch diese Störung der Vertragsparität wird der dem Vertragsmechanismus vorausgesetzte Interessenausgleich aufgehoben.

150 Vg!. nur Habersack. AcP 189 (1989),403 (410 f); Flume. FS DJT, 135 (141 ff.); Coester-Waltjen. AcP 190 (1990), 1 (18 f); Staudinger/Schlosser Ein!. zum AGBG Rdn. 2; Fastrich. S. 37 f; Schmidt. DRiZ 1991, 81 (87). 151

Vg!. dazu Nicklisch. BB 1974, 941 (942 f) m.w.N.; Flume. AT, 8.

152

Vg!. Schmidt. DRiZ 1991, 81 (82) m.w.N.

153 Allgemeine Ansicht, vg!. etwa BVerfG, NJW 1990, 1469 (1470); Schmidt-Rimpler. AcP 147 (1941), 130 (157); Wolf. Rechtsgeschäftliehe Entscheidungsfreiheit, S. 72, 74; Löwe. BB 1972, 185; Grunsky. BB 1971, 1113; Habersack, AcP 189 (1989) 403 (405,410); Nicklisch. BB 1974, 941 (942 f.); Brandner. JZ 1973, 613 (616); Knieper. ZRP 1970,60 (62); Schmidt-Rimpler. FS f. Raiser, 1 (4 f.); Flume. FS DJT, 135 (143); Raiser. FS DJT, 101 (106); Raiser. JZ 1958, 1 (3); Schäfer. S. 20 f.; Wolfin Wolf/ HomlLindacher Ein!. Rdn. 4; Soergel/Stein Ein!. Rdn. 3; Fastrich, S. 216 ff 154 Siehe nur Nicklisch. BB 1974,941 (944); Coester-Waltjen.AcP 190 (1990), 1 (19) m.w.N. 155 BVerfG, NJW 1990, 1469 (1470).

C. Das Transparenzgebot als grundlegendes Prinzip des AGBG

209

3. Vertragsfreiheit und AGB

Durch die Einruhrung von AGB in den geschäftlichen Verkehr und in den Rechtsverkehr mit Verbrauchern findet eine entscheidende Abkehr vom Vertragsmodell des BGB statt. 156

a) Das Wesen Allgemeiner Geschäftsbedingungen

AGB sind darauf angelegt, den Vertragsschluß ohne erhebliche Verhandlungen herbeizuruhren und gleichzeitig die vom Verwender gewünschte inhaltliche Gestaltung aufzuweisen. 157 Damit wird bei Vertragsabschluß unter Verwendung von AGB daraufverzichtet,jede einzelne Vertragsbestimmung zu verhandeln und eine, wenn auch aufgrund unterschiedlicher Verhandlungsmacht nicht notwendig "richtige", so doch zumindest erörterte und im Gespräch erzielte Einigung zu finden. Die Reduzierung der Vertragsverhandlung auf wesentliche Fragen und die inhaltlich identische Gestaltung einer Vielzahl von Verträgen erbringt erhebliche Rationalisierungseffekte. 158 AGB vermögen den Geschäftsablauf zu vereinfachen, die Kalkulierbarkeit der Geschäftsrisiken zu erhöhen und durch Nivellierung von Sondergestaltungen zu einem Durchschnittsvertragstyp die reibungslose Abwicklung von Massengeschäften zu erleichtern. Sie können rur Sachbereiche, die im Gesetz nicht hinreichend geregelt sind, größere Rechtsklarheit schaffen, komplizierte internationale Rechtslagen vereinfachen und neue technische sowie wirtschaftliche Entwicklungen rasch berücksichtigen. 159

156 Vg!. nur Löwe, BB 1972, 185 (188); Raiser, JZ 1958, I ff.; Raiser, FS DJT, S. JOI ff.; Knieper, ZRP 1970,60 (62); Wolfin Wolf/HornlLindacher Ein!. Rdn. 3 ff. 157 Vg!. dazu Knieper, ZRP 1970, 60 (67); ErmanlHefermehlVor § I Rdn. I; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen Ein!. Rdn. 3. 158 Vg!. dazu Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 7/3919, S. 9; Hellner, FS. f. Steindorff, 573 (584); Köndgen, NJW 1989, 943 (947) m.w.N.; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen Ein!. Rdn. 3; Nicklisch, BB 1974, 941; kritisch Schmidt, JuS 1987, 929 (931); Schreiber, NJW 1967, 1441 (1442); Koch/Stübing Ein!. Rdn. 14; Wolf in Wolf/HornlLindacher Ein!. Rdn. I; MKlKötzEin!. Rdn. I; SoergeIlSteinEin!. Rdn. I f.; ErmanlHefermehl Vor § I Rdn. l. 159 Vg!. nur Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, S. 9; Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 7/3919, S. I ff.; Löwe in Löwe/von WestphalenlTrinkner Vorbem. vor §§ 8 - II Rdn. 5; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen

14 Kreienbaum

210

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

Diese Vorteile bestehen unabhängig vom jeweiligen Inhalt der AGB und sind grundsätzlich zu begrüßen. Neben diesen unbestreitbaren Vorteilen auf Seiten der Verwender birgt die Verwendung von AGB erhebliche Gefahren für den anderen Vertragspartner. 160 Die Rechtspraxis hat gezeigt, daß die Verwender von Beginn an mittels AGB versucht haben, einseitig ihre Interessen zum Nachteil der anderen Vertragspartei durchzusetzen. 161

b) Störung der Vertragsparität

Vor dem Hintergrund des Vertragsmodells und des BGB, welches eine Inhaltskontrolle nur in Fällen absoluter Ungleichgewichtlagen zuließ, waren Verträge unter Verwendung von AGB noch vom Richtigkeitsgedanken getragen. 162 Nach der modellhaften Vorstellung hätte der Vertragspartner des Verwenders theoretisch die Möglichkeit gehabt, sich über den Inhalt der AGB zu informieren und von seiner Abschluß- und Gestaltungsfreiheit Gebrauch zu machen. 163 Jedoch mußte die Praxis feststellen, daß sich die Rechtswirklichkeit immer weiter von dem Modell der Vertragsgerechtigkeit entfernte. 164

Ein!. Rdn. 3; Wolfin Wolf/HorniLindacher Ein!. Rdn. 3; MKlKötz Ein!. Rdn. 1; ErmaniHefermehlvor § 1 Rdn. 1. 160 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 7/3919, S. 9, dort heißt es wörtlich: "Die einseitige Sicherung und Verfolgung der Interessen der Verwender der AGB äußert sich in einer oft schwer erträglichen, bisweilen sogar elementaren Mißachtung der Grundsätze der Vertragsfreiheit und Vertragsgerechtigkeit zu Lasten derjenigen Vertragsteile, die solchen vorformulierten Bestimmungen unterworfen sind."; vg!. auch Grunsky, BB 1971, 1113; Ulmer in Ulmer/BrandnerlHensen Ein!. Rdn. 4; Koch/Stübing Ein!. Rdn. 15; Wolfin WolflHorniLindacher Ein!. Rdn 3; ErmaniHefermehl vor § 1 Rdn. 2; MKlKötz Ein!. Rdn. 2; Soergel/Stein Ein!. Rdn. 3. 161 V g!. dazu Schmidt, JuS 1987, 929 (931); Nicklisch, BB 1974, 941; Schreiber, NJW 1967, 1441 (1442); MKlKötz Ein!. Rdn. 2; Soergel/Stein Ein!. Rdn. 3. 162 Siehe dazu auch Hel/ner, FS. f. Steindorff, 573 (576); Löwe, BB 1972, 185; Medicus Rdn. 397; Koch/Stübing Ein!. Rdn. 4; ErmanJHefermehlVor § 1 Rdn. 2; MKI Kötz Ein!. Rdn. 3. 163 Vg!. dazu Nicklisch, BB 1974, 941; Coester-Waltjen, AcP 190 (1990), 1 (24); MKlKötz Ein!. Rdn. 3. 164 Vg!. dazu MKlKötz Ein!. Rdn. 3.

c. Das Transparenzgebot als grundlegendes Prinzip des AGBG

211

aa) Wirtschaftliche Ungleichgewichtlage Die Rechtsprechung 165 setzte zunächst bei der wirtschaftlichen Überlegenheit des Verwenders an, um eine Inhaltskontrolle bei AGB zu rechtfertigen. Deutlich tritt dieser Ansatzpunkt in der Monopolrechtsprechung des RG hervor. 166 Auch in der Literatur wurde und wird die Kontrolle von AGB mit dem Schutz des wirtschaftlich schwächern Partners begründet. 167 168 Dieser Ansatzpunkt erfaßt jedoch die grundsätzliche Problematik der Verwendung von AGB nicht. 169 Wirtschaftliche Ungleichgewichtlagen kennzeichnen auch frei ausgehandelte Verträge, wobei dort regelmäßig eine Inhaltskontrolle ausgeschlossen ist. 170 Auch der Gesetzgeber hat bei der Schaffung des AGBG diesen Ansatzpunkt ausdrücklich abgelehnt, indem er den persönlichen Anwendungsbereich des AGBG umfassend und nicht beschränkt auf Verbraucher ausgestaltet hat (§ 24).171 Insofern ist die Ansicht, das AGB-Gesetz verfolge vornehmlich den Schutz des wirtschaftlich schwächeren ·Partners, abzulehnen. Obgleich dieses wirtschaftliche Machtgefälle in der sozialen Wirklichkeit bei der Verwendung von AGB häufig anzutreffen sein wird, liegt darin nicht das entscheidende Moment, welches die Störung der Richtigkeitsgewähr bei Vertragsschlüssen unter Einbeziehung von AGB bewirkt.

165Vg!. Kapite12; siehe auch BAG, NJW 1994,213 (214); ErmanlHejermehlvor § I Rdn. 2; Soergel/Stein Ein!. Rdn. 4. 166 Vg!. Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit, S. 73; Grunsky, BB 1971, II 13; Nicklisch, BB 1974, 941; Wolfin Wolf/HornlLindacher Ein!. Rdn. 6. 167 Vg!. dazu Damm, JZ 1978, 174 ff; Fehl, S. 90 ff.; Raiser, JZ 1958, I ff.; Löwe, BB 1972, 185 (188) m.w.N.; Pflug, S. 24 ff; Schmidt, JuS 1987, 929. (932). 168 Ein möglicher Grund rur das vorrangige Abstellen auf wirtschaftliche Ungleichgewichtlagen mag darin liegen, daß Informationsbedürfnisse erst im Zuge der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung erkennbar wurden, als auch die Verbraucher in einem über die Befriedigung elementarer Bedürfnisse hinausgehenden Maß in vielfältigster Weise am Rechtsverkehr teilnahmen, vg!. dazu Schumacher, S. 74 ff m.w.N. 169 Vg!. dazu Hönn, JZ 1983, 677 (682); Brandner, JZ 1973, 613 (616); MKlKötz Ein!. Rdn. 3. 170 Vg!. dazu Lieb, AcP 178 (1978), 196 (202); Habersack, AcP 189 (1989), 403 (414); Raiser, JZ 1958, I (7); Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen Ein!. Rdn. 4, 29; Coester-Waltjen,AcP 190 (1990), I (22 f); MKlKötz Ein!. Rdn. 3. 171 So auch Habersack, AcP 189 (1989),403 (414); Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen Ein!. Rdn. 29; Erman/Hejermehl Vor § I Rdn. 7. 14*

212

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

bb) Organisatorische und intellektuelle Ungleichgewichtlage Die besondere Gefahrlichkeitvon AGB im Vergleich zu frei ausgehandelten Verträgen ist vielmehr aus den Aspekten abzuleiten, die für AGB besonders charakteristisch sind. Insofern ist an die Vorformulierung der Bedingungen anzuknüpfen, in der sich der intellektuelle und organisatorische Vorsprung des Verwenders verkörpert. 172 Der Verwender verfaßt im vorhinein ein Klauselwerk, das er in möglichst vielen Fällen zu verwenden gedenkt. Zu diesem Zeitpunkt ist er in der Lage, umfassend alle Konstellationen zu durchdenken und jeweils eine seinen Interessen entsprechende Regelung aufzunehmen. 173 Er kann sich zu diesem Zeitpunkt jede Art von Beratung verschaffen. Da er die AGB in möglichst vielen Fällen zu benutzen gedenkt, und die Kosten der Aufstellung regelmäßig über die Preisgestaltung auf den Kunden abgewälzt werden können, ist dieses Vorgehen für ihn höchst ökonomisch. 174 Anders ist jedoch die Situation des Vertragspartners des Verwenders. 175 Dieser kann sich die AGB erst im Zeitpunkt des Vertragsschlusses verschaffen. Will er sie lesen und verstehen, muß er eine gewisse Zeit dafür veranschlagen und zunächst von dem Vertragsschluß Abstand nehmen. 176 Die Einholung rechtlicher Beratung würde zusätzlich Zeit und Kosten einfordern. 177 Ein derartiges Verhalten ist für den Vertragspartner des Verwenders unökonomisch, da es den Vertragsschluß verzögern und verteuern würde. l7B Geht er davon aus, 172 Lieb, AcP 178 (1978), 196 (202); Brandner, JZ 1973,613 (616); Raiser, JZ 1958, 1 (7); Coester-Waltjen,AcP 190 (1990), 1 (23 f.) m.w.N.; Fastrich, S. 229; Soergel/ Stein Ein!. Rdn. 3. 173 Vg!. dazu Nicklisch, BB 1974,941 (944); Staudinger/SchlosserEin!. zum AGBG Rdn.3. 174 Lindacher, JZ 1981, 131 (132); Wolfin WolflHorniLindacher Ein!. Rdn. 3; Habersack, AcP 189 (1989), 403 (415) m.w.N.; Staudinger/SchlosserEin!. zum AGBG Rdn.4. 175 Zum folgenden kritisch Brandner, JZ 1973, 613 (616). 176 Vg!. Adams, BB 1989, 781 (783); Löwe, BB 1972, 185 (186); Nicklisch, BB 1974,941 (944); MedicusRdn. 397; Schäfer, S. 21 ff.; Wolfin Wolf/Horn/Lindacher Ein!. Rdn. 3; Soergel/Stein Ein!. Rdn. 3. m Vg!. Adams, BB 1989, 781 (783); Schäfer, S. 23; Wolfin Wolf/Horn/Lindacher Ein!. Rdn. 3. 178 Vg!. Lindacher, JZ 1981, 131 (132); KÖlz, Gutachten, 1 (33 ff.); Adams, BB

C. Das Transparenzgebot als grundlegendes Prinzip des AGBG

213

daß AGB in der Hauptsache Fälle von Vertragsstörungen behandeln, so hofft er zudem, daß keiner dieser Fälle eintritt, es vielmehr zu einer reibungslosen Vertragsdurchfiihrung kommt. 179 Psychologisch ist in Betracht zu ziehen, daß ein fertig vorliegendes und allgemein verwendetes Vertragswerk den Anschein der Rechtmäßigkeit, Vollständigkeit und Ausgewogenheit bietet. 180 Die einseitige Vorformulierung bedingt zudem den Wegfall des Aushandeins, des Gespräches, in dem sich die gegenseitigen Interessen artikulieren können und in dem zumindest theoretisch auf einen Ausgleich der entgegengerichteten Interessen hingewirkt wird. l8l Verhandlungen haben nicht nur den Zweck, die Einigung herbeizuführen. Ein ebenso wesentliches Charakteristikum ist die Verdeutlichung des Vertragsinhaltes durch Artikulierung der Interessen. Der Wegfall dieses Diskurses führt zu einem Wegfall von Klärung, Belehrung, Verdeutlichung. 182 Eine wahre Einigung, die auch die Richtigkeitsgewähr in sich trägt, kann aber nur vor einem derartigen Hintergrund stattfinden. Dieses Versagen des Vertragsmechanismus, der für AGB wesenstypisch ist, verhindert das Abschleifen der gegenseitigen Interessen und damit das Zustandekommen eines gerechten Vertragsinhaltes. 183

1989,781 (783); Habersack, AcP 189 (1989),403 (415); Lindacher in Wolf/HorniLindacher § 3 Rdn. I; Ulmerin Ulmer/Brandner/Hensen Ein!. Rdn. 6; Frey, ZIP 1993,572 (576); MKlKötz Ein!. Rdn. 3 m.w.N., § 9 Rdn. 6 b; Soergel/Stein Ein!. Rdn. 3. 179 So auch Koller, FS für Steindorff, 667 (670); Adams, BB 1989,781 (784); Grunsky, BB 1971, 1113 (1117); Löwe, BB 1972, 185 (186); Habersack, AcP 189 (1989), 403 (415); NickZisch,BB 1974,941 (944); Schreiber, NJW 1967,1441; Lindacherin Wolf/ HorniLindacher § 3 Rdn. I; Frey, ZIP 1993, 572 (576); MKlKötzEinl Rdn. 3; Staudinger/Schlosser Ein!. zum AGBG Rdn. 4. 180 Wiedemann, FS f. Kummer, 175 (180); Lindacher, JZ 1981, 158; Lindacher, JZ 1981, 131; Lindacher, BB 1972, 296 (297); vgl. auch Habersack, AcP 189 (1989), 403 (418); Lindacher in Wolf/HorniLindacher § 3 Rdn. I m.w.N.; Knieper, ZRP 1970, 60 (66); ErmaniHefermehl Vor § I Rdn. 2; Soergel/Stein Ein!. Rdn. 2.

181 So auch Hönn, JZ 1983, 677 (685); Habersack, AcP 189 (1989), 403 (417); NickZisch, BB 1974, 941 (943); Schmidt, JuS 1987, 929 (930); Ulmer in Ulmer/Brandner/ Hensen Ein!. Rdn. 29; vg!. Pflug, AG 1992, I (4); Wolf, WuB I E 4. - 16.91, 1405 (1408); Schmidt, DRiZ 1991, 81 (82). 182

Frey, ZIP 1993, 572 (576); vg!. auch ErmaniHefermehlVor § I Rdn. 2.

183 Habersack, AcP 189 (1989), 403 (417); Brandner, JZ 1973, 613 (616); vgl. auch Coester-Waltjen, AcP 190 (1990), I (28 f.); Frey, ZIP 1993, 571 (572 f.); Schmidt, DRiZ 1991, 81 (82).

214

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund ständig steigender Informationsbedürfnisse der am Rechtsverkehr Teilnehmenden. 184 Seit Inkrafttreten des BGB hat sich die soziale Realität in mannigfacher Weise verändert. 185 Die Gestaltung des privaten Lebensraumes erfordert eine Teilnahme am Rechtsverkehr, die weit über die Befriedigung elementarer Lebensbedürfnisse hinausgeht. Dabei läßt die Vielfalt der angebotenen Waren und Dienstleistungen die Marktübersicht immer schwieriger werden. Daneben haben sich Vertragsformen entwickelt, die von den Schuldvertragstypen des BGB abweichen und deren Bestimmungen oftmals schwer zu durchschauen sind. 186 Bei der Verwendung von AGB findet mithin eine Verschiebung der Vertragsfreiheit zum Verwender statt. 187 Da dieser den Inhalt der AGB bestimmt, nimmt er faktisch die Gestaltungsfreiheit allein in Anspruch. 188 Zwar hat der Vertragspartner des Verwenders theoretisch die Möglichkeit, sich vor Abgabe der Einbeziehungserklärung über den Inhalt der AGB zu informieren und seine Gestaltungswünsche anzubringen. Gerade dieses Verhalten ist jedoch nicht gewünscht, da damit ein Großteil der Rationalisierungseffekte der AGB entfiele. 189 Da weiterhin aufgrund der intellektuellen Unterlegenheit bzw. der einseitigen Verlagerung von Informationskosten auf den Kunden zugunsten der Rationalisierungsinteressen der Verwender ein Konditionenwettbewerb als Regula-

184 Vg!. zum folgenden Schumacher S. 74 f. m.w.N.; Schmidt, JuS 1987, 929 (930); Braun, BB 1979, 689 (690). 185 EsserlWeyers, § 2 11 1, S. 6 ff. 186

Vg!. dazu auch Adams, BB 1989, 781.

187 Daher gegen die Weiterverwendung der Vertragskategorie im Recht der AGB, Schmidt, JuS 1987,929 (931), der AGB sachlich Normcharakter zuschreibt; vg!. dazu auch Pflug, AG 1992, 1 ff.; zu normtheoretischen Konzeptionen vg!. Ulmer in Ulmer/ Brandner/Hensen Ein!. Rdn. 22 ff. m.w.N.; Wolfin Wolf/Horn/Lindacher Ein!. Rdn. 13; Fastrich, S. 30 f.

188 Hönn, S. 147 ff., 150; Niedenführ, S. 15 m.w.N.; Wolfin Wolf/HornlLindacher § 3 Rdn. 1, § 9 Rdn. 1; Löwe, BB 1972, 185; BGH, NJW 1994, 2825 (2826); Ulmerin UlmerlBrandner/Hensen Ein!. Rdn. 4; Schmidt, ZIP 1987, 1505 (1506); BGH, NJW 1976, 2345 f.; Schäfer, S. 23; ErmanlHefermehl Vor § 1 Rdn .2; Soergel/Stein Ein!. Rdn. 3; MKiGerlach Vor § 13 Rdn. 1. 189 Vg!. Lindacher, JZ 1981, 131 m.w.N.; Wagner-Wieduwilt, WM 1989,37 (44); Habersack, AcP 189 (1989), 403 (414); Löwe in Löwe/von WestphalenlTrinkner Vorbem. vor §§ 8 - 11 Rdn. 3; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen Ein!. Rdn. 32.

c.

Das Transparenzgebot als grundlegendes Prinzip des AGBG

215

tiv der gestörten Vertragsparität erschwert ist, ist auch die Abschlußfreiheit des Kunden beeinträchtigt. 190 Diese faktische Verminderung der Vertragsfreiheit auf Seiten des Vertragspartners des Verwenders widerspricht den Bedingungen des Vertragsmodells. Von daher ist die dem Vertragsmodell indizierte Richtigkeitsgewähr bei der Verwendung von AGB nicht mehr gegeben. Dies erlaubt und gebietet, AGB besonderen gesetzlichen Regelungen zu unterstellen, welche der Herbeiführung von Vertragsgerechtigkeit bei der Verwendung von AGB dienen. l9l Der Schutzzweck des AGB-Gesetzes ist daher mit der herrschenden Meinung darin zu sehen, den Vertragspartner des Verwenders vor der einseitigen Inanspruchnahme der Vertragsgestaltungsfreiheit des Verwenders zu schützen.

11. Wiederherstellung von Vertragsgerechtigkeit im AGBG

Für die Wiederherstellung von Vertragsgerechtigkeit stehen in der zivilrechtlichen Dogmatik zwei Modelle zur Verfügung.

1. Modelle

Das eine Modell kann als Informationsmodell 192 bezeichnet werden. Ihm liegt die Annahme zugrunde, daß eine ausreichende Information und Aufklärung dazu führe, daß die Vertragspartner auf Wettbewerbsmärkten ihre Marktchancen selbst ausreichend wahrnehmen, sei es durch Verhandlung über die Konditionen bei Vertragsschluß, sei es durch Abwanderung zu anderen Anbietem. 193

190 Vg!. nur Habersack, AcP 189 (1989), 403 (415); Pflug, AG 1992, 1 (4, 13); Frey, ZIP 1993,571 (572 f.); Schäfer, S. 23 ff m.w.N.; MKJKötzEin!. Rdn. 4 m.w.N.; Staudinger/Schlosser Ein!. zum AGBG Rdn. 4. 191 Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, S. 17; Lieb, AcP 178 (1978), 196 (202); Habersack, AcP 189 (1989), 403 (410, 415 f); Löwe in Löwe/von Westphalen/Trinkner Vorbem. vor §§ 8 - 11 Rdn. 4; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher § 9 Rdn. I; Ein!. Rdn. 4; ErmaniHefermehl Vor § 1 Rdn. 2; Soergel/Stein Ein!. Rdn. 3; Schmidt, DRiZ 1991, 81 (82 f.).

192

Vg!. dazu Koller, FS f Steindorff, 667 (674); Kohte, ZBB 1989, 130 (134).

193

Vg!. dazu Grunsky, BB 1971, 1113 (1116 ff).

216

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

Das andere Modell der Inhaltskontrolle zeichnet sich dadurch aus, daß es den Verlust an Abschluß- und Gestaltungsfreiheit in den Fällen gestörter Vertragsparität nicht durch Stärkung des Selbstschutzes, sondern durch heteronome Kontrolle, d.h. hoheitliche Kontrolle über den Inhalt des Vertragsschlusses aufzufangen sucht. 194 Gerichte als neutrale Dritte übernehmen die Festsetzung eines für beide Parteien angemessenen Inhalts, wobei nicht mehr die konkreten Interessen der Parteien in Übereinstimmung gebracht werden, sondern die Richtigkeitsvorstellungen der Kontrollinstanz Verbindlichkeit erlangen.

2. Verwirklichung im AGBG

Im AGB-Gesetz finden sich beide Modelle wieder.

a) Die Inhaltskontrolle Rechtsprechung und Literatur hatten bereits vor Schaffung des AGBG den Weg der Inhaltskontrolle zur Eliminierung unangemessener AGB beschritten. 195 Im AGBG ist die Inhaltskontrolle vom Gesetzgeber durch Schaffung der Klauselkataloge in §§ 10 und 11 sowie durch die Generalklausel des § 9 gesetzlich normiert worden. Gerade mit der Schaffung der Generalklausel gab der Gesetzgeber ein klares Bekenntnis zu einer umfassenden Inhaltskontrolle im Bereich der AGB ab. b) Das Informationsmodell im AGBG Das Informationsmodell war hingegen in der dem AGBG vorhergehenden Rechtsprechung und Literatur kaum herangezogen worden, um einer übermäßigen Ausnutzung der Vertragsgestaltungsfreiheit durch die Verwender von AGB zu begegnen. Wie vorstehend geschildert, sanken selbst die Anforderungen an die Einbeziehung von AGB kontinuierlich ab. Transparenzgedanken spielten lediglich im Zusammenhang mit Überraschungsklauseln eine Rolle.

194 Vg!. Hönn, JZ 1983,677 (679); Schmidt, ZIP 1987, 1505 (1506); Wolfin Wolf/ HorniLindachet Ein!. Rdn. 4; Fastrich, S. 45 f. 195

Vg!. Kapitel 2; siehe auch MKlKötz Ein!. Rdn. 6; Soergel/Stein Ein!. Rdn. 4 ff.

c.

Das Transparenzgebot als grundlegendes Prinzip des AGBG

217

Dieser Entwicklung stellte sich der Gesetzgeber bei Schaffung des AGBG deutlich entgegen. Er fonnulierte sein vorrangiges Ziel selbst wie folgt: "Das vorrangige rechtspolitsche Ziel dieses Gesetzentwurfs liegt darin, bei der Verwendung von AGB im rechtsgeschäftlichen Wirtschaftsverkehr dem Prinzip des angemessenen Ausgleichs der beiderseitigen Interessen Geltung zu verschaffen, das nach den Grundvorstellungen des Bürgerlichen Gesetzbuches die Vertragsfreiheit legitimiert; denn deren Funktion besteht darin, durch freies Aushandeln von Verträgen zwischen freien end zur rechtsgeschäftlichen Selbstbestimmung fähigen Partnern Vertragsgerechtigkeit zu schaffen. Der Gesetzentwurf beabsichtigt demzufolge nichts anderes als die durch eine ungehemmmte Entwicklung im Bereich der AGB gestörte Funktion des privaten Vertragsrechts wiederherzustellen."196

Dabei wandte sich der Gesetzentwurfin einem Punkt deutlich gegen die bisherige Rechtsprechung zu AGB. Soweit die vorgehende Rechtsprechung die Anforderungen an die Einbeziehung der AGB in den Einzelvertrag sehr gering gehalten hatte und diese sich zum Teil erheblich unterhalb der Schwelle, welche die §§ 145 ff. BGB ansonsten für das Zustandekommen vertraglicher Vereinbarungen voraussetzen, bewegten,197 so sollte mittels der Einbeziehungskontrolle nunmehr sichergestellt werden, daß die Einbeziehung in den Einzelvertrag wieder fest auf dem Boden des nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch maßgeblichen rechtsgeschäftlichen Vertragswillens verankert wird. 198 Der Vertragspartner sollte in die Lage versetzt werden, die Tragweite seiner eigenen Erklärung zu ennessen und sich gegebenenfalls gegen unerwünschte oder sogar unbillige Bedingungen zu wehren. 199 Hiennit nahm der Gesetzgeber deutlich Bezug auf das Infonnationsmodell, welches in der vorhergehenden Rechtsprechung weitgehend vernachlässigt wurde, und versuchte, diesem insbesondere durch die Nonnen der Einbeziehungskontrolle auch im Recht der AGB wieder einen Stellenwert zu vennitteln. 2oo Dies wird besonders deutlich in der Fonnulierung des Referentenentwurfes, wo es heißt: "Wenn auch die Wiederherstellung der Vertragsgerechtigkeit im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen die energische Intervention des Gesetzgebers erfor-

196 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 7/3919, 1 (13). 197 Vg!. dazu BGHZ 9, 1 ff; BGHZ 12, 136 ff.; BGHZ 52, 61 ff. 198 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 7/3919, 1 (13); Referentenentwurf, DB 1974, Beilage 18174, 1 (4,6); von einer Fehlentwicklung spricht der Referentenentwurf, DB 1974, Beilage 18174, 1 (7); vg!. auch Adams, BB 1989, 781 (782). 199 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 7/3919, 1 (17). 200

So auch Braun, BB 1979, 689 (690); KochlStübing Ein!. Rdn. 6.

218

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

dert, so strebt der Entwurf gleichwohl an, auch das Prinzip der Selbsthilfe wirksam werden zu lassen. In § 2 wird deshalb die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Einzelvertrag davon abhängig gemacht, daß der Kunde in zumutbarer Weise positive Kenntnis von ihnen nehmen kann und ihrer Geltung für den Vertrag grundsätzlich zustimmt. Nur so erhält er die Möglichkeit, sich rechtzeitig gegen unerwünschte Vertragsklauseln zu wehren. Wenn die Intervention des Gesetzgebers zum Schutze der Verbraucher vor unangemessenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen dazu führt, bei diesen die Bereitschaft zu kritischer Aufmerksamkeit und Einflußnahme auf ihre vertraglichen Rechtsbeziehungen zu wecken oder zu stärken, so kann dadurch schließlich auch die Idee der Vertragsfreiheit mit neuem Inhalt erfüllt werden."201 Weiter heißt es in der Einzelerläuterung zu § 2: "Das Gebot der Transparenz soll außerdem die Aufstellung unseriöser Klauseln und ihre Verheimlichung vor dem Kunden verhindern helfen. ,,202 und ''Nimmt man dem Kunden die Möglichkeit, sich über den Inhalt der AGB im Einzelfall zu informieren, so müssen alle Appelle und Bemühungen im Hinblick auf eine verschärfte Wachsamkeit gegenüber AGB unglaubhaft bleiben."203 Im Referentenentwurf wurde sogar auf die Frage der Lesbarkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen eingegangen. Nach dem Referentenentwurf enthielt § 2 AGBG die Forderung nach einem mühelos lesbaren Wortlaut. 204 Damit sollte die Verwendung von AGB, die infolge äußerlicher Mängel, insbesondere aus drucktechnischen Gründen oder wegen der Kleinheit der verwendeten Buchstaben, schwer oder mit bloßem Auge überhaupt nicht lesbar seien, bei der Folge der rechlichen Unbeachtlichkeit unterbunden werden. 20s In diesem Zusammenhang stellte der Referentenentwurfneben die Unleserlichkeit andere mehr oder weniger formale Mängel von Klauselwerken, insbesondere wirrer Aufbau oder Widersprüchlichkeiten. In solchen Fällen werde häufig mit den Vorschriften des § 3 (Überraschende Klausel) oder des § 5 (Unklarheitenregelung) geholfen werden können. 206 Damit hat der Referentenentwurf das Problem der intransparenten Klausel nicht abschließend erfaßt.

201 Referentenentwurf, 202 Referentenentwurf, 203 Referentenentwurf, 204 Referentenentwurf, 205 Referentenentwurf, 206 Referentenentwurf,

DB DB DB DB DB DB

1974, Beilage 18/74, 1 (5). 1974, Beilage 18/74, 1 (6). 1974, Beilage 18/74, 1 (6). 1974, Beilage 18/74, 1 (2). 1974, Beilage 18/74, 1 (8). 1974, Beilage 18/74, 1 (8).

c.

Das Transparenzgebot als grundlegendes Prinzip des AGBG

219

Unverkennbar ist jedoch, daß über die umfassende Information eine Stärkung der Stellung des Verbrauchers erzielt werden sollte. Dies erweist auch die Kommentierung zu der Unklarheitenregelung des § 5. Von der Normierung der Unklarheitenregel wurde erhofft, daß sie dazu führen werde, daß die Aufsteller von AGB bei der Abfassung eine klare und deutliche Ausdrucksweise wählen. 207 Dafür sollte ebenso wie für die Erfüllung der sonstigen Einbeziehungsvorausssetzungen der Verwender die Verantwortung und das Risiko tragen. 208 Ähnlich merkte der Gesetzgeber hinsichtlich der Klauselkataloge in den §§ 8 und 9209 an, daß dort Klauseln erfaßt sind, die für den AGB-unterworfenen Vertragsteil eine besondere Gefahr darstellen, weil sie ihn überraschen oder unangemessen benachteiligen. 2lo Noch deutlicher heißt es im Referentenentwurf: "Einzelne Verbotsvorschriften des § 8211 sollen den Kunden auch vor überraschenden sowie solchen Bestimmungen schützen, die die Wahrnehmung oder Durchsetzung von Rechten erschweren.,,212

Hier wird zudem deutlich, daß eine strenge Altemativität zwischen den Normen der Einbeziehungs- und der Inhaltskontrolle vom Gesetzgeber nicht angestrebt war. Vielmehr geht aus der Begründung zum Gesetzentwurf deutlich hervor, daß in den Klauselkatalogen systematisch nicht zwischen Verstößen gegen die Einbeziehungs- und gegen die Inhaltskontrolle unterschieden wurde. Der Transparenzgedanke ist daher nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf die Normen der Einbeziehungskontrolle beschränkt. Der Gesetzgeber wollte mithin im AGBG überaus deutlich nicht nur die Inhaltskontrolle gesetzlich legitimieren. Vielmehr griff er in Abkehr von der vorgehenden Rechtsprechung auch das Informationsmodell auf, um dem Vertragspartner des Verwenders einen zusätzlichen Schutz angedeihen zu lassen. Dieses im AGBG verwirklichte Informationsmodellliegt den verschiedenen Ausformungen des Transparenzgedankens, wie sie in der vorstehenden Analyse

207 Referentenentwurf, DB 1974, Beilage 18174, 1 (8). 208 Referentenentwurf, DB 1974, Beilage 18174, 1 (9). 209 Die §§ 8 und 9 des Entwurfes entsprechen weitgehend §§ 10 und 11 AGBG. 210 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 7/3919, 1 (23). 211 § 8 des Entwurfes entspricht weitgehend dem heutigen § 11 AGBG. 212 Referentenentwurf, DB 1974, Beilage 18174, 1 (11).

220

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

aufgezeigt wurden, zugrunde. Insofern beruhen die dargestellten, gesetzlich normierten Anwendungsfälle des Transparenzgedankens letztlich auf einem einheitlichen Prinzip. Dieses kann jedoch nicht ohne weiteres auf andere, gesetzlich nicht geregelte Fallgruppen der Intransparenz ausgedehnt werden. An dieser Stelle soll daher zunächst eine Bewertung der Inhaltskontrolle und des Transparenzgedankens dahingehend erfolgen, inweit sie zur Behebung der gestörten Vertragsparität bei der Verwendung von AGB geeignet sind.

c) Verhältnis Inhaltskontrolle und Informationsmodell aa) Kritik der Inhaltskontrolle Die Inhaltskontrolle widerspricht im Ansatz der dem Zivilrecht eigentümlichen Neutralität der Rechtsordnung. Inhaltskontrolle greift daher im BGB erst ein, wenn an sich die Bedingungen für den Vertragsschluß und die freie Willensentfaltung vorhanden waren, die vereinbarten Rechtsfolgen aber von der Rechtsordnung unter keinem Gesichtspunkt geduldet werden können. Oben ist herausgestellt worden, daß die speziellen Gefahren bei der Verwendung von AGB in der intellektuellen und organisatorischen Unterlegenheit der Vertragspartner der Verwender bei Vertragsschluß zu sehen sind. Die Verwendung von AGB beeinträchtigt mithin die Bedingungen, welche für einen gerechten Vertragsschluß auf wirksamen Märkten vorhanden sein müssen. Wie bereits beschrieben, greift die Inhaltskontrolle ihrem Wesen nach in die Rechtsfolgen des Vertragsschlusses ein und wirkt dort korrigierend. Inhaltskontrolle gleicht mithin den Verlust an Privatautonomie des unterlegenen Teils nicht aus, sondern mildert die Folgen des Verlustes an Privatautonomie für den Einzelnen. 213 Auf lange Sicht entstehen damit durch Richterrecht verbindliche Vertragsgestaltungen, die sich letztlich auch auf die Beurteilung von Individualvereinbarungen durchschlagen. 214 Inhaltskontrolle ist damit zwar auf der einen Seite eine wesentliche Errungenschaft des AGBG, welche die unangemessenen Folgen von AGB-Klauseln

213

Vgl. dazu Grunsky, BB 1971, 1113 (1117); Nicklisch, BB 1974, 941 (942).

214

Vgl. zur Inhaltskontrolle außerhalb des AGBG Hönn, JZ 1983, 677 ff.

C. Das Transparenzgebot als grundlegendes Prinzip des AGBG

221

abwendet und damit im Einzelfall zur Richtigkeit des Vertrages beiträgt. Im Verhältnis zum Vertragsmodell des BGB und der zugrundeliegenden Vorstellung von Privatautonomie ist sie jedoch der nachhaltigere Eingriff, da sie der Privatautonomie enge Grenzen setzt. 215 In Hinsicht auf die Ursachen der Störungen der Vertragsparität bei der Verwendung von AGB hat die Inhaltskontrolle bestenfalls mittelbare Auswirkungen. Da sie die Verhandlungsmacht der Vertragspartner der Verwender zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in keiner Weise stärkt, bleibt die Grundsituation der gestörten Vertragsparität vorhanden.

bb) Kritik des Informationsmodells Das Informationsmodell steht demgegenüber in Einklang mit den Anforderungen der Rechtsgeschäftslehre. 216 Denn mit der Betonung des Wertes der Selbstbestimmung schieben sich notwendig die Umstände und Voraussetzungen des vertraglichen Zustandekommens wieder in den Vordergrund. 217 So wurde auch vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes teilweise die Ansicht vertreten, daß allein der Wettbewerb bei einer Verstärkung der Verbraucheraufklärung rur angemessene AGB sorgen werde. 218

(1) Grenzen des Informationsmodells

Dem Informationsmodell sind geradezu natürliche Grenzen gesetzt. Angesichts der generellen Informationsasymetrie kann eine Verstärkung von Informationsrechten nur punktuelle Abhilfe leisten, nicht jedoch eine umfassende Korrektur unangemessener Risikoverteilung bewirken. 219 Ein solcher Einsatz der Aufklärungspflicht wäre auch wenig effizient; angesichts hoher Suchkosten fiir die jeweiligen Informationen rur den einzelnen Vertragsabschluß

215

Vg\. dazu Nicklisch, BB 1974, 941 (942).

216

Brandner, ZHR 153 (1989), 147 (150).

Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit, S. 73. Vg\. dazu Grunsky, BB 1971, 1113 (1116 ff.); Grunsky, BB 1972, 189 (190 f.); a.A. Löwe, BB 1972, 185 (186 f.); Ulmer in UlmerlBrandnerlHensen Ein\. Rdn. 6 m.w.N. 217 218

219 Vg\. dazu Kohle, ZBB 1989, 130 (134); Brandner, ZHR 153 (1989),147 (160); siehe auch Hoyningen-Heune Rdn. 178.

222

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

ist die Vorstellung einer umfassenden Aufklärung rur jede Transaktion nicht nur irreal, sondern auch wirtschaftlich ineffizient. 220 Inhaltskontrolle und Aufklärungspflichten haben schwerpunktmäßig einen unterschiedlichen Gerechtigkeitsgehalt. Die Inhaltskontrolle soll eine unzulässige Risikoverteilung wieder korrigieren, während die Aufklärungspflicht eine freie Wahl des Vertragspartners zwischen verschiedenen Risiken ermöglichen soll.221 Da rur eine derartige Auswahl es notwendige Voraussetzung ist, daß alle zur Verrugung stehenden Risiken je rur sich zulässig sind, erreicht das Informationsmodell dort eine notwendige Grenze, wo dem Vertragspartner unangemessene und unzulässige Risiken aufgeladen werden. 222 Dem Informationsmodells sind bei der Verwendung von AGB darüber hinaus weitere Grenzen gesetzt. Eine vollkommene Verwirklichung des Informationsmodells bedeutete, daß der Wille des Kunden stärker betont wird und nur Regelungen Bestand haben, die von beiden Vertragsparteien gewollt sind. Eine derartige Forderung liefe im Extrem darauf hinaus, daß AGB nicht verwendet werden könnten. Eine pauschale Einbeziehungserklärung des Verbrauchers könnte nämlich der Forderung, er müsse den Inhalt der AGB in seinen Willen aufgenommen haben, nicht genügen. 223 Vielmehr müßte jede Klausel zumindest erläutert, wenn nicht speziell ausgehandelt werden. Eine derartige Forderung würde sämtliche Rationalisierungsvorteile, die AGB anhaften, vernichten. 224 Angesichts der sozialen Wirklichkeit und bei Berücksichtigung der Vorteile, welche die Verwendung von AGB auch rur den Kunden besitzen, muß das Informationsmodell im AGBG dort seine Grenze finden, wo es die Verwendung von AGB in ihrer rechtlichen und sozialen Realität ernsthaft in Frage stellt.

(2) Keine Wiedererlangung der Gestaltungsfreiheit

Die Einbindung des Informationsmodells im Recht der AGB trägt zudem nicht zu einer Wiederherstellung der Gestaltungsfreiheit der Vertragspartner der

220

Kohte, ZBB 1989, 130 (134) m.w.N.

221

Kohte, ZBB 1989, 130 (134); vgl. auch Reich, NJW 1995, 1857 (1866).

222

Kohte, ZBB 1989, 130 (134) m.w.N.

223

Vgl. dazu Schreiber, NJW 1967, 1441 ff.; MKlKötz § 2 Rdn. 1.

224

Vgl. nur Köndgen, NJW 1989,943 (947); Koch/StübingEinl. Rdn. 16.

C. Das Transparenzgebot als grundlegendes Prinzip des AGBG

223

Verwender bei. Selbst wenn durch weitgehende Information des Kunden erreicht werden könnte, daß dieser einen Wissensgleichstandmit dem Verwender erreicht, ist es ausgeschlossen, daß der AGB-Verwender in jedem Einzelfall bereit ist, über seine Bedingungen zu verhandeln und individuelle Regelungen an die Stelle abstrakt-genereller Klauseln zu setzen. 225 Denn dabei verzichtete er automatisch auf die mit dem Einsatz von AGB angestrebten Rationalisierungseffekte .

(3) Stärkung der Abschlußfreiheit Das Informationsmodell fördert jedoch die Abschlußfreiheit des Kunden. 226 Der Kunde wird durch verständliche AGB in die Lage versetzt, unterschiedliche Vertragsentwürfe zu vergleichen und gegebenenfalls zu anderen Anbietern abzuwandern. 227 Die Kenntnis der unterschiedlichen Bedingungswerke ist unabdingbare Voraussetzung für einen Konditionenwettbewerb, welcher seinerseits auf einem funktionierenden Markt zu angemessenen Vertragsinhalten führt. Eine derartige Wiederherstellung der Abschlußfreiheit ist als ausreichend anzusehen. Einbußen an Gestaltungsfreiheit entsprechen in weiten Teilen der sozialen Wirlichkeit auch bei individuell ausgehandelten Verträgen. 228 Die Marktwirtschaft funktioniert nur in bestimmten Bereichen nach dem "BazarPrinzip". Gerade im Bereich der alltäglichen Lebensgestaltung werden von der Anbieterseite in allen Punkten bestimmte Angebote gemacht, bei denen dem Kunden nur die Wahl bleibt, zuzustimmen oder zu einem anderen Anbieter abzuwandern. Insofern übernimmt der Wettbewerb in der Marktwirtschaft eine überragende Aufgabe zur Erzielung "gerechter Ergebnisse".229

225 Vgl. Lindacher in W olf/Horn/Lindacher § 3 Rdn. 1; MKI Kötz § 2 Rdn. 1; Soergel/Stein § 2 Rdn. 2; letztere sehen darin zugleich die Gefahr, daß der Kunde den Schutz des AGBG verliert. 226 Siehe Köndgen, NJW 1989, 943 (946 f.); vgl. auch Schäfer, S. 24 ff. m.w.N.; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 9 Rdn. 143; SoergellStein § 2 Rdn. 2.

227

Vgl. Köndgen, NJW 1989, 943 (946); Wolfin Wolf/Hom/Lindacher § 9 Rdn. 143.

Vgl. dazu Braun, JZ 1979, 689; Knieper, ZRP 1970, 60 (62); Canaris, FS f. Steindorff, 519 (548); Coester-Waltjen, AcP 190 (1990), 1 (24); Koch/Stübing Einl. Rdn. 8; Frey, ZIP 1993, 571 (572). 229 Vgl. Braun, BB 1979, 689 (690). 228

224

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

Die Wiederherstellung der Abschlußfreiheit stärkt mithin die Privatautonomie der Vertragspartner der Verwender. Gleichzeitig ermöglicht erst das Vorhandensein einer tatsächlich ausübbaren Abschlußfreiheit aufgrund rationaler Entscheidungen die Ordnungsfunktionen des Wettbewerbs, der seinerseits wiederum zu angemessenen Inhalten der AGB fUhren kann. Die Stärkung der Abschlußfreiheit ist nur über das Informationsmodell zu erzielen. An die Stelle des im Vertragsmodell vorhandenen Diskurses über die jeweiligen Interessen und die dabei selbständig sich ergebende Klärung des Vertragsinhalts 230 tritt beim Informationsmodell die Verpflichtung des Verwenders, den Verlust dieses Verständigungs- und Klärungsverfahrens dadurch zu kompensieren, daß er dessen Funktion durch die Formulierung und gegebenenfalls weitergehende Aufklärung seiner Vertragspartner ersetzt. 231 An ihn richtet sich daher die Verpflichtung, die AGB so zu formulieren, daß sein Vertragspartner sich über ihm erwachsenden Rechte und Pflichten unterrichten kann, um auf dieser Grundlage rational und verständig über einen Vertragsschluß entscheiden zu können. Dem Verwender wird mithin als Gegengewicht zu seiner weitgehenden Gestaltungsfreiheit die Formulierungsverantwortung übertragen. 232

(4) Einwände gegen das Informationsmodell

(a) Kein Informationsbedürfnis Dem Transparenzgedanken im Recht der AGB und Überlegungen zu seiner Ausweitung über das normierte Maß hinaus könnte der Einwand entgegengebracht werden, die Verständlichkeit der AGB habe fUr den Vertragsschluß und die VertragsdurchfUhrung keine Bedeutung. Angesichts der empirischen Erfahrung, daß Kunden typischerweise sich vor Vertragsschluß nicht die Mühe ma-

230

So auch Knieper, ZRP 1970, 60 (66 ff.).

Vgl. auch Frey, ZIP 1993, 572 (574); Fastrich, S. 322, der von einer Garantenpflicht des AGB-Verwenders spricht. 232 Vgl. Koch/Stübing § 9 Rdn. 3. 231

C. Das Transparenzgebot als grundlegendes Prinzip des AGBG

225

ehen, auch nur einen Blick in die AGB zu werfen,233 könnte auf die Forderung nach klaren und deutlichen AGB-Klauseln verzichtet werden. 234 Wie oben bereits angesprochen, sind die Kosten der Infonnationsgewinnung und Infonnationsverarbeitung bei der Beurteilung von AGB für den Kunden als hoch zu veranschlagen. 23S Stellt man dazu in Rechnung, daß AGB erfahrungsgemäß Regelungen für Ereignisse wie Leistungstörungen enthalten, deren Eintrittswahrscheinlichkeit als gering veranschlagt wird, so minimieren Kunden typischerweise ihre Kosten wirtschaftlich effizient, indem sie auf eine Überprüfung der AGB bei Vertragsschluß verzichten oder diese nur ganz oberflächlich überfliegen. 236 Nach Inkrafttreten des AGBG erweist sich dieses Verhalten im erhöhten Maß als wirtschaftlich vernünftig und effizient. Der Kunde kann darauf vertrauen, daß die AGB keine materiell unangemessenen Klauseln enthalten, bzw. daß diese bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung nicht zum Tragen kommen. 237 Bei Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte erscheint es also wirtschaftlich wenig vernünftig, die Verständlichkeit von AGB zu fordern. 2JS Diesem Ansatz ist jedoch entgegenzutreten. Unbestritten besteht ein Interesse des Kunden am Inhalt von AGB im Rahmen der Vertragsdurchführung, wenn es zu Streitigkeiten kommt bzw. solche bevorstehen. In einer derartigen Situation muß und will der Kunde an Hand der AGB schnell und eigenständig die Rechtslage zuverlässig ennitteln können. 2J9

233 Siehe dazu Lindacher, JZ 1981, 131; Lindacher, JR 1981, 158; Brandner, JZ 1973, 613 (616), der von der Schar der "dummen und faulen" Adhärenten spricht; Schmidt-SalzerRdn. B 25; Köndgen, NJW 1989, 943 (947); Schäfer, S. 27; Pflug, AG 1992, I (15). 234 So Fastrich, S. 323. 235 So auch Koller, FS f. Steindorff, 667 (669); Adams, BB 1989, 781 (783 f.); Köndgen, NJW 1989, 943 (947); vgl. dazu ausführlich Schäfer, S. 27 ff. 236 So auch Koller, FS f. Steindorff, 667 (670); Schäfer, S. 30.; Adams, BB 1989, 781 (784). 237 So auch Köndgen, NJW 1989, 943 (947); Grunsky, BB 1972, 189 (190); a.A. Löwe, BB 1971, 185 (186); Schäfer, S. 30. 238 So Koller, FS f. Steindorff, 667 (670); Löwe, BB 1972, 185 (186); Pflug, AG 1992, I (15); Schäfer, S. 31; vgl. auch MKlKötz § 9 Rdn. II b. 239 Koller, FS f. Steindorff, 667 (670); Köndgen, NJW 1989, 943 (947); Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 89; ausführlich Schäfer, S. 32 ff. m. w.N. und Beispielen aus der Rechtsprechung

15 Kreienbaum

226

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

Darüber hinaus entspricht das Verhalten der Kunden vor Vertragsschluß nicht uneingeschränkt der obigen Darstellung. Es ist in Betracht zu ziehen, daß zumindest bei bestimmten Kundengruppen eine Sensibilisierung gegenüber den Gefahren, die aus "dem Kleingedruckten" drohen, stattgefunden hat. 240 Insbesondere durch Verbraucherautklärunggibt es informierte Kundenkreise, die bei bestimmten Vertragsformen durchaus die Gefilhrlichkeit bestimmter Klauseln zu erkennen vermögen und zumindest in Hinsicht auf diese Klauseln auch vor Vertragsschluß die AGB sichten. 241 Aber auch hinsichtlich des Personenkreises der Kaufleute ist zu berücksichtigen, daß diese oftmals ein höheres Interesse am Inhalt der AGB aufweisen, da ihnen nicht der umfassende Schutz der Inhaltskontrolle zuteil wird. Letztlich ist der Verweis darauf, daß angesichts der Inhaltskontrolle jede Überprüfung der AGB vor Vertragsschluß ökonomisch falsch wäre, auch nicht zutreffend. Bei dieser Annahme wird verkannt, daß es neben unangemessenen Regelungen auch angemessene Regelungen gibt, die rur den Vertragspartner des Verwenders nachteilig sind. Die richterliche Kontrolle bietet nur einen Minimalschutz, da sie nicht in der Lage ist, denjenigen Interessenausgleichherzustellen, der bei einem Individualvertrag von den Beteiligten selbst beim Aushandeln der einzelnen Vertragsbedingungen vorgenommen wird. 242 In diesem Bereich kann es daher durchaus noch einen Konditionenwettbewerb geben. 243 Als Beispiel mögen Versicherungsverträge dienen. 244 Da in diesem Bereich das Produkt, die Versicherungsleistung, weitgehend durch die AGB-Regelung bestimmt wird, ist hier ein Wettbewerb nur auf Konditionenebene denkbar. Desweiteren gelten diese Überlegungen rur jegliche Art von preisbestimmenden Nebenabreden, einen Sektor, dem die Kunden ein erhebliches Interesse entgegenbringen und bei dem der Konditionenwettbewerb als Regulativ Erfolg verspricht. 245

240

Vgl. Köndgen, NJW 1989,943 (947); Grunsky, BB 1972, 189 (190).

Vgl. Adams, BB 1989, 781 (785 0; Köndgen, NJW 1989, 943 (948). 242 Löwe, BB 1972, 185; Wolfin WolflHornlLindacher § 9 Rdn. 1; BGH, NJW 1996, 2369. 243 Vgl. dazu Grunsky, BB 1971, 1113 (1117 f). 241

244

Vgl. dazu Hippel, JZ 1989, 663 (666 ff); Adams, BB 1987, Beilage 20, 1 (19).

Vgl. Köndgen, JZ 1992,643; Koller, FS f Steindorff, 667 (678); Wolfin Wolf/ HornlLindacher § 9 Rdn. 143; ErmanlHefermehl § 9 Rdn. 19. 245

C. Das Transparenzgebot als grundlegendes Prinzip des AGBG

227

Ein Verzicht auf verständliche Regelungen bedingt unmittelbar den Verzicht auf den Konditionenwettbewerb. 246 Dem Kunden wird nämlich die Chance genommen, sich zu informieren und zu besseren Anbietern abzuwandern. Um diese sowohl im Einzelfall wie auch gesamtgesellschaftlich negativen Auswüchse bei der Verwendung von AGB zu verhindern, ist daher ein Verzicht auf die Verständlichkeit von AGB abzulehnen. 247

(b) Gegenläufige Effekte Desweiteren wird vertreten, daß ein über das bisher angelegte Maß an Information und Deutlichkeit im AGBG hinausgehendes Maß an Verständlichkeit den positiven Effekten des AGBG widerspreche. 248 Nach Ansicht Rellners befindet sich der Verwender von AGB in der Rolle eines Gesetzgebers, soweit er angemessene und AGBG-konforme Vertragsklauseln gestalte. 249 Bei Gesetzen allerdings komme es auf die Verständlichkeit rur den Durchschnittsbürger nicht an; man begnüge sich damit, daß sie rur einen gerechten Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen der unterschiedlichen Interessengruppen sorgten. Daher sei nicht einzusehen, warum der Pflichtenmaßstab des Verwenders von AGB weit über denjenigen des parlamentarischen Gesetzgebers hinausgehen solle. 250 Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Unabhängig von den oben als berechtigt erkannten Informationsbedürfnissen der Vertragspartner der Verwender überzeugt diese Ansicht auch nicht mit der Gleichstellung von Gesetzgeberund Verwender, bzw. von Gesetzestexten mit AGB. 251 Der Gesetzgeber strebt mit seinen Regelungen einen angemessenen Interessenausgleich zwischen den verschiedenen betroffenen Gruppen an. Demgegenüber obliegt dem Verwender von

246Ygl. dazu Grunsky, BB 1971, 1113 (1116); BrandnerlUlmer,BB 1991,701 (704). 247 Im Ergebnis ebenso Köndgen, NJW 1989, 943 (948); ErmanJHefermehl § 9 Rdn. 19; vgl. auch Adams, BB 1989, 781 (782). 248 Hellner, FS f. Steindorff, 573 (584); Westermann, FS f. Steindorff, 817 (821); vgl. auch Köndgen, NJW 1989, 943 (947). 249 Ygl. zum folgenden Hellner, FS f. Steindorff, 573 (584 ff.); ähnlich Köndgen, NJW 1989, 943 (947); vgl. auch Raiser, S. 176; siehe auch Schäfer, S. 83 ff. 250 So wohl auch Ringseisen, WuB I E 4. - 6.90,899 ff.; Westermann, ZBB 1989,36 (39).

251 So auch Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 91; Schäfer, S. 84 f. 15*

228

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

AGB nur, keine unangemessenen Regelungen in die AGB aufzunehmen. Er ist gesetzlich nicht verpflichtet, einen angemessenen Interessenausgleich anzustreben. Da davon auszugehen ist, daß AGB in erster Linie von den Interessen der Verwender bestimmt werden, enthalten sie notwendig nicht die "gerechte" Lösung, sondern eine noch hinnehmbare. Insofern kann eine Gleichstellung von AGB-Verwender und Gesetzgeber nicht überzeugen. 252 Zudem spricht gegen diese Ansicht, daß Gesetzestexte und AGB-Klauseln unterschiedlichen Auslegungsregeln unterliegen/ 53 so daß auch aus diesem Grund eine Vergleichbarkeit hinsichtlich der Verständlichkeit nicht besteht.

(5) Zwischenergebnis Der Transparenzgedankeerfüllt eine wesentliche Funktion bei der Durchsetzung des Schutzzweckes des AGBG. Gerade die Intention des Transparenzgedankens, die Bedingungen herzustellen, unter denen eigenverantwortliche und selbstbestimmte Entscheidungen möglich sind, entspricht der Konzeption des Vertragsrechtes. Ein Verzicht auf diese Stärkung der Stellung der Vertragspartner der Verwender mit dem Hinweis auf die Effektivität der Inhaltskontrolle gibt ohne vernünftigen Grund wesentliche Regelungsmechanismendes Vertragsrechtes auf. Allerdings sind dem Transparenzgedankendie aufgezeigten Grenzen gesetzt. Er kann weder angesichts der sozialen Realität die Bedingungen für einen gerechten Vertragsschluß vollkommen wiederherstellen,noch wird seine Schutzintention dort wirksam, wo lediglich die Wahl zwischen unangemessenen Risiken verbleibt. Diese aufgezeigten Grenzen beschränken den Transparenzgedanken jedoch nicht in der Weise, daß ihm lediglich in dem bereits gesetzlich normierten Umfang eine Bedeutung zuzuerkennen ist. Vielmehr steht dieses Transparenzprinzip einer Ausweitung auf gesetzlich nicht geregelte Fallgruppen offen gegenüber.

252 253

So auch Schäfer. S. 84. Vgl. dazu Kapitel 3.

D. Die Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 I

229

3. Zusammenfassung

Das AGBG versucht die Störung der Vertragsparität bei der Verwendung von AGB auf zwei Wegen zu beheben. Der Schwerpunkt liegt eindeutig im Bereich der Inhaltskontrolle. Dieses hat zeitweise dazu gefilhrt, daß das ebenfalls im AGBG in vielen Ansätzen bereits verwirklichte Informationsmodell nicht ausreichend erkannt und in die Rechtspraxis umgesetzt wurde. 254 Die Analyse hat ergeben, daß das Informationsmodell in besonderer Weise geeignet ist, den speziellen Gefahren bei der Verwendung von AGB zu begegnen, weil es an den Ursachen der gestörten Vertragsparität ansetzt. Allein das Informationsmodell ermöglicht den Konditionenwettbewerb. Dieser ist notwendig, um das Ziel des Vertragsmodells, einen gerechten Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen, auch bei der Verwendung von AGB zu erreichen, und dabei die hoheitliche Einflußnahme auf den Inhalt der Verträge gering zu halten. Gleichzeitig wurdenjedoch die Grenzen des Informationsmodells aufgezeigt. Ein alleiniges Vertrauen auf den Konditionenwettbewerb zur Behebung der Störungen der Vertragsparität bei der Verwendung von AGB ist nicht angezeigt. Die Inhaltskontrolle ist daneben unerläßlich, um einem Mißbrauch der Vertragsfreiheit im Bereich der AGB wirksam begegnen zu können. Der Transparenzgedanke ist als übergreifendes Prinzip des AGBG filr die Verwirklichung des Informationsmodells aufzufassen,255 welches einer Ausdehnung auf weitere, nicht gesetzlich geregelte Fallgruppen intransparenter Klauseln nicht entgegensteht, sondern vielmehr von seinem Sinn und Zweck her dies geradezu erfordert.

D. Die Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 I Nach der Darstellung, welche herausragende Bedeutung dem Transparenzgedanken im Recht der AGB zukommt, wird nunmehr der Frage nachgegangen, ob über die bisherigen gesetzlichenAusformungen dieses Transparenzgedankens ein Transparenzgebot in das AGBG einzufilgen ist. Dieses Transparenzgebot

254 Vg!. MKJKötz Ein!. Rdn. 15. 255 Vg!. auch Köndgen. NJW 1989, 943 (945, 949); von Westphalen. Transparenzgebot, Rdn. l.

230

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

wird in Anlehnung an die Definition des BGH als die Verpflichtung der Verwender verstanden, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar zu gestalten, wobei ein Verstoß gegen dieses Verbot zur Unwirksamkeit der Klausel gern. § 9 I fuhren kann.

I. Planwidrige Regelungslücke Die Einfugung eines derartigen Transparenzgebotes in § 9 I setzt eine planwidrige Regelungslücke im AGBG voraus. Hierzu kann zunächst festgestellt werden, daß eine dem Wortlaut dieses Gebotes entsprechende Normierung im AGBG nicht enthalten ist. Fraglich ist jedoch, ob die von einem Transparenzgebot erfaßten Fallgruppen nicht bereits vorhandenen AGB-Paragraphen unterfallen, so daß keinerlei Bedarf fur eine Fortentwicklung des Transparenzgedankens vorliegt.

1. Betroffene Fallgruppen

Nach den Ergebnissen der bisherigen Untersuchung ist die Fallgruppe der eindeutigen und fur den Fachmann verständlichen Klauseln, die jedoch aufgrund ihrer tatsächlichen und/oder rechtlichen Komplexität von den Durchschnittskunden ohne Vorkenntnisse nicht durchschaut werden können, von den Normen des AGBG nicht erfaßt. Exemplarisches Beispiel sind die dargestellten Zins- und Tilgungsverrechnungsklauseln. Zu den einem Transparenzgebot zuzuordnenden intransparenten Klauseln zählen jedoch auch die bereits angesprochenen Abschlußzahlungsklauseln in Leasingverträgen, die von der Rechtsprechung als Verstoß gegen das Verbot undurchschaubarer Klauseln nach § 9 I fur unwirksam erklärt wurden. 256 Ebenso ist das von der Rechtsprechung in § 9 I angesiedelte Irrefuhrungsverbot eine Ausformung des Transparenzgedankens. 257 Diese Ansätze einer Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 9 I auf Transparenzgesichtspunkte sind seinerzeit ohne Diskussion geblieben und bedürfen gleichermaßen einer dogmatischen Absicherung.

256

Vgl. dazu Kapitel 5 C II 4.

257

Vgl. dazu Kapitel 5 C II 2.

D. Die Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 I

231

2. Keine Regelungslücke

Die Mehrzahl der ablehnenden Stimmen in der Literatur zu einer Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 I vertritt die Ansicht, daß keine Regelungslücke bestehe. 258 Überwiegend wird dabei pauschal den Normen der Einbeziehungskontrolle eine abschließende Regelungsfunktion zugewiesen mit dem Hinweis, daß mehrdeutige Klauseln über § 5, versteckte und unverständliche über § 3 gelöst werden könnten. 259 Gegenüber dieser pauschalen Argumentation genügt aber bereits der Verweis auf die vorhergehende Analyse des AGBG, die zwar zum einen erwiesen hat, daß Transparenzgesichtspunktein viel faltiger Hinsicht auch bei den Normen der Einbeziehungskontrolle von Bedeutung sind. 260 Jedoch sind die Anwendungsbereiche dieser Normen und damit ihre Grenzen aufgezeigt worden. 261 Bestimmte Formen mangelnder Transparenz bewirken die Nichteinbeziehung der betroffenen Klauseln. 262 § 2 garantiert dabei ein Mindestmaß an Transparenz, indem sichergestellt wird, daß AGB-Texte zugänglich gemacht werden und bestimmte Anforderungen an die Gestaltung eines derartigen Textes erfUllt sein müssen. Ein Verständlichkeitsgebot enthält § 2 jedoch nicht. 263 Durch § 3, so das bisherige Ergebnis, wird bei dem hier vertretenen Verständnis lediglich mittelbar Transparenz erzeugt. 264 Primär schließt § 3 inhaltlich überraschende Klauseln von der Einbeziehung aus. Ein inhaltlicher Überraschungseffekt kann jedoch aus der formalen Gestaltung des AGB-Textes entstehen. In diesen Fällen fUhrt die Anwendung des § 3 zu einer Bereinigung dieser formalen Fehler und damit zu mehr Transparenz. Bei anderen Klauseln, deren Inhalt unabhängig von der textlichen Gestaltung ungewöhnlich ist, fUhrt § 3 zu

258 Vgl. dazu Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 9 Rdn. 8; Pflug, AG 1992, 1 (17). 259 Hellner, FS f. Steindorff, 573 (584); Westermann, FS f Steindorff, 817 (826 f.); Koller, FS f Steindorff, 667 ff; Hansen, WM 1990, 1521 (1525); Wagner-Wieduwi/t, WM 1989, 37 (41 f); Canaris, WuB I E 4. - 2.89, 165 (168); Westermann, ZIP 1989, 36 (38); MKlKötz § 9 Rdn. 11 b; a.A. Köndgen, EWiR § 9 AGBG 3/89, 111 (112).

260

So auch Köndgen, NJW 1989, 943 (949).

261

Vgl. Kapitel 4.

262 Vgl. Kapitel 4; so auch Lindacher in Wolf/HorniLindacher § 3 Rdn. 15; Brandner, FS f Locher, 317 (318). 263 V gl. Kapitel 4 A. 264

V gl. Kapitel 4 B.

232

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

einem erhöhten Maß an Transparenz, da über Hinweise etc. auch diese Ungewöhnlichkeit überbrückt werden kann. 265 Bestimmte Fonnen der Intransparenz, wie sie exemplarisch bei den Zinsund Tilgungsverrechnungsklauselnaufgetreten sind, unterfallen den Nonnen der Einbeziehungskontrolle nicht. Die damit bestehende Regelungslücke läßt sich mithin nicht durch eine pauschale Verweisung auf die Nonnen der Einbeziehungskontrolle schließen. 266 Einige Autoren versuchen jedoch dezidiert nachzuweisen, daß insbesondere § 2 bzw. § 3 als gegenüber § 9 vorrangige Nonn die genannten Fonnen intransparenter Klauseln aufgreifen. 267

a) Das Verständlichkeitsgebot in § 2 Insbesondere Pflug vertritt, daß § 2 ein Transparenzgebot enthalte und eine Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 I nicht nur systemwidrig, sondern auch überflüssig sei. 268 Insofern befindet sich Pflug in Einklang mit zahlreichen Stimmen in der Literatur, die ein Verständlichkeitsgebot in § 2 verankert sehen, und greift die bereits rur ein Verständlichkeitsgebot vorgebrachten Argumente auf. 269 Die Auslegung des § 2 hat jedoch ergeben, daß dieser ein Verständlichkeitsgebot nicht enthält. 270 Sowohl systematische Bedenken als auch der Wille des Gesetzgebers sprechen gegen eine Verankerung eines Verständlichkeitsbzw. Transparenzgebotes in § 2.

265 266

So auch Köndgen, NJW 1989, 943 (949). So auch Köndgen, NJW 1989, 943 (949) m.w.N.

267 Hansen, WM 1990, 1521 ff.; Koller, FS f. Steindorff, 667 ff., Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37 (41 0; Pfug, AG 1992, 1 ff.; Schäfer, S. 159. 268 Pflug, AG 1992, 1 (17 0; ebenso Schäfer, S. 159; vgl. auch Wolfin WolflHorni Lindacher § 9 Rdn. 148; ablehnend Köndgen, JZ 1992, 643; AGB-Klauselwerke/von Westphalen, Transparenzgebot, Rdn. 14 f. 269 Vgl. hierzu ausführlich Kapitel 4 A und die dortigen Nachweise. 270

Insoweit wird auf die Ausführungen in Kapitel 4 A verwiesen.

D. Die Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 I

233

b) Die Meinung Hansens 271 Nach Hansen erstreckt sich der Anwendungsbereich des § 3 auf die fonnal überraschende Klausel, mithin die Klausel, welche nach der Einteilung und äußereren Gestaltung an ungewöhnlicher Stelle plaziert sei. § 3 brauche in seinem Anwendungsbereich nicht ausgedehnt zu werden, da er schon von Natur aus die vollständige Überprüfung aller fonnalen Gesichtspunkte ennögliche. Für die Beurteilung des Überraschungscharakters einer Klausel komme es allein darauf an, ob der Kunde mit entsprechenden Klauseln rechnen müsse. Klauseln mit ungewöhnlichem äußerem Erscheinungsbild müsse der Kunde nicht erwarten. Bei strikter Trennung der Anwendungsbereiche hätten folgerichtig fonnale Elemente bei § 9 als Kriterium außer Betracht zu bleiben. Dieser Gesichtspunkt sei bei der Diskussion um die Tilgungsverrechnungsklauseln ins Hintertreffen geraten. Im Rahmen des § 9 gebe es mithin kein Transparenzgebot, weder als eigenständigen Unwirksamkeitsgrund noch als Bewertungsrichtlinie. Hansen ist weder in seiner Analyse des § 3 noch in seinen Schlußfolgerungen zuzustimmen. Ihm ist zunächst entgegenzuhalten, daß die von ihm strikt vorgenommene Trennung von fonnalen und inhaltlichen Aspekten 272 bei der Beurteilung einer Klausel nicht vollzogen werden kann. Die Anforderungen an die fonnale Gestaltung sind unauflöslich mit dem darzustellenden Inhalt und der Bedeutung desselben verbunden. 273 Schon aus diesem Gesichtspunkt verbietet sich die von Hansen befürwortete Reduzierung des § 3 auf die abstrakte Prüfung fonnaler Gesichtspunkte. Zudem - dies hat die Analyse des § 3 ergeben - ist maßgebliches Kriterium für die Ungewöhnlichkeit einer Klausel deren inhaltliche Abweichung vom Vorstellungsbild des Kunden. 274 Eine eigenständige Fallkategorie der fonnal überraschenden bzw. "versteckten" Klauseln existiert daneben nicht. 275 Die

271

Vgl. zum folgenden Hansen. WM 1990, 1521 ff.

Ähnlich Westermann, ZBB 1989,38 f.; Westermann. FS f. Steindorff, 826; Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 43; Bruchner, WM 1988, 1875. 272

273

950.

So auch Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 91; Köndgen, NJW 1989,

274

Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel 4 B.

275

Vgl. Kapitel 4 B.

234

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

Untersuchung des § 3 hat ebenso gezeigt, daß intransparente Klauselgestaltungen gleich welcher Art nicht notwendig eine inhaltliche Ungewöhnlichkeit bedingen. Insofern erfaßt § 3 von seiner Struktur her intransparente Klauselgestaltungen nur mittelbar und keineswegs abschließend.

c) Die Meinung Kollers 276 Auch Koller sieht - allerdings in differenzierender Weise - keine Regelungslücke, da § 3 die angesprochenen Fallgruppen aufgreife. Mit dem Annuitäten-Urteil sei der Transparenzgedankeauf Angebotstransparenz erstreckt worden277 und damit dem Transparenzgedanken erstmals eindeutig eine Funktion bei Vertragsschluß zugewiesen worden. Die bisherige Anwendung des Transparenzgedankens, die als Fallgruppe des § 9 anerkannt sei, habe sich auf das Bedürfnis nach Klarheit über die in den AGB geregelten Rechte und Pflichten nach Vertragsschluß bezogen, wenn es zu Streitigkeiten komme. 278 Erst in dem Moment solle der Kunde bei genauer Überprüfung seiner AGB die maßgeblichen Regelungen ausfmdig machen und überprüfen können. Ziel der Transparenz auf dieser Vertragsdurchfiihrungsstufe sei die Vermeidung von Prozessen und der Schutz vor faktischen Rechtsverlusten aus Unkenntnis. 279 Nach Kollers Ansicht ist § 9 seinem Wortlaut nach offen für das Informationsmodell. Dagegen sprächen jedoch die Gesetzesmaterialien, sowie § 8, der die Kontrolle von Preisen und Hauptleistungen verhindern solle. 280 Letztere Beschränkung richterlicher Kontrollbefugnisse sei nicht nachvollziehbar, wenn § 9 das Informationsmodell auch für die vor Vertragsschluß entscheidenden Klauseln enthalten solle. 281

276

Vgl. zum folgenden Koller, FS f. Steindorff, 667 ff.

Zustimmend Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37; Fastrich, S. 320; a.A. Köndgen, NJW 1989, 943 (944f.). 278 Siehe dazu ausführlich Schäfer, S. 32 ff. 277

279

Zustimmend Fastrich, S. 321 ff.

280

Ähnlich Schäfer, S. 142 f.

281

So auch Fastrich, S. 323; Schäfer, S. 142 f.

D. Die Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 I

235

Dieses Infonnationsbedürfnis zu sichern, sei vielmehr Aufgabe der §§ 2, 3. 282 Zu diesem Zeitpunkt müßten Nachteile ohne intensive Beschäftigung mit dem AGB erkennbar sein. § 3 ordne an, daß in Hinblick auf Klauseln, mit denen der Vertragspartner bei weitem nicht zu rechnen brauche, für den Verwender eine Obliegenheit bestehe, dem Kunden die benachteiligende Wirkung einer Klausel so zu verdeutlichen, daß sie bei Vertrags schluß ohne intensive Beschäftigung mit den AGB durchschaut werden könne. Zu diesen überraschenden Klauseln zählen nach Koller nicht die Regelungen über die Modalitäten der Vertragsdurchführung und die Risikoverteilung. Mit derartigen Klauseln rechneten die Vertragspartner schon aufgrund der Tatsache, daß sie auf die Einbeziehung von AGB gern. § 2 aufinerksam gemacht worden seien. Die Kunden rechneten jedoch nicht damit, daß die AGB Regelungen enthielten, die unmittelbar den Gegenstand der Leistung oder die Vergütung betreffen. Hier herrsche die Vorstellung, daß bei Vertragsschluß alle diesbezüglichen Regelungen "auf den Tisch gelegt werden".283 Falls der Verwender derartige Regelungen in seine AGB einfügen wolle, müsse er sie so verdeutlichen, daß die Kunden sie ohne intensive Beschäftigung in ihrer Tragweite zu durchschauen vennögen. Koller sieht im Ergebnis das AGBG als ein Gesetz, daß dem Infonnationsmodell verpflichtet ist. Insoweit ist ihm zuzustimmen. Seine Ausführungen zu den unterschiedlichen Anwendungsbereichen der §§ 3 und 9 je nach Informationszeitpunkt und Gegenstand der Kenntnisnahme vennögen jedoch nicht überzeugen. Koller ist bereits insofern nicht zu folgen, als nach seiner Auffassung das Transparenzgebot lediglich die Frage der "Angebotstransparenz" betrifft, hingegen bezüglich anderer Klauseln Transparenzkriterien in § 9 durch die Rechtsprechung entwickelt und anerkannt seien. Letzterem ist nicht zuzustimmen. Soweit die Rechtsprechung beispielsweise bei den Teilamortisationsverträgen die Abschlußzahlungsklauseln wegen Unklarheit als unwirksam i.S.d. § 9 angesehen hat, mangelt es bislang an der dogmatischen Begründung. Richtig ist allein, daß diese Rechtsprechung nicht zu der von den Zins- und Tilgungsklauseln ausgelösten Diskussion geführt hat. Dies besagt aber nicht, daß dieser Lösungsansatz der Rechtsprechung unkritisch übernommen werden kann. Insofern kann die Frage nach der Regelungslücke nicht auf den Bereich angebotsrelevanter intransparenter Klauseln begrenzt werden.

282

Koller. FS f. Steindorff, 667 (679); dazu kritisch Schäfer. S. 74.

283

Zustimmend Köndgen. JZ 1992, 643.

236

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

Die Abschlußzahlungsklauseln in Leasingverträgen sind des weiteren ein geeignetes Gegenbeispiel zu der These Kollers, die Transparenzanforderungen bei angebotsrelevanten Klauseln seien grundsätzlich höher anzusetzen als bei Klauseln, die erst nach Vertragsschluß zum Tragen kommen können. Diese Differenzierung der Informationsbedürfnisse der Kunden kann nicht nachvollzogen werden. Kunden ziehen durchaus auch andere Bestimmungen vor Vertragsschluß in ihre Überlegungen mit ein. So können Kündigungsmöglichkeiten, Lieferfristen, Rücktrittsrechte etc. je nach Art des Vertrages in vergleichbarer Weise auf Seiten des Kunden fiir den Vertragsschluß bestimmend sein. 284 Die von Koller statuierte Annahme, vor Vertragsschluß beständen Informationsbedürfnisse lediglich in Bezug auf Preisnebenabreden ist daher abzulehnen. 285 Damit entfällt gleichzeitig der innere Grund rur die von Koller vorgenommene Differenzierung zwischen angebotsrelevanten und anderen Klauseln in Hinsicht auf Transparenzanforderungen und die daraus gefolgerte unterschiedliche Zuordnung zu den Anwendungsbereichen von § 3 bzw. § 9. Auch die These Kollers, gerade Regelungen zu den Hauptleistungspflichten seien in besonderem Maß ungewöhnlich, findet keinerlei Stütze in der empirischen Erfahrung. AGB enthalten regelmäßig Preisnebenabreden und Klauseln, die im näheren die Gegenleistungspflicht bestimmen. Gerade bei den Zins- und TilgungsberechnungsklauseInhat sichja gezeigt, daß diese seit Jahrzehnten bei Annuitätendarlehen verwendet werden. Insofern ist allein die Tatsache, daß AGB Klauseln dieser Art enthalten, noch kein Argument, ihnen Überraschungswirkung zuzusprechen. Ebenso sind Kollers Ausruhrungen zum Anwendungsbereich des § 9 zu kritisieren. Obgleich nach Koller § 9 auf intransparente Klauseln anwendbar ist, will er preis- und leistungsrelevante Klauseln vom Anwendungsbereich ausnehmen. Sein Hauptargument ist dabei § 8, den er entgegen der herrschenden Meinung nicht restriktiv auslegen will. 286 Bereits im ersten Annuitätenurteil hat der BGH deutlich daraufhingewiesen, daß § 8 kein Hindernis rur die Überprüfung von Preisnebenabreden darstelle. 287 Zwar lasse § 8 u.a. keine Inhaltskontrolle über Art und Umfang der ver-

284

Vgl. auch Schäfer, S. 78.

So auch Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 90, Fn. 235; Schäfer, S. 74, 78. 285

286

Koller, FS f. Steindorff, 667 (676).

287

BGHZ 106,42 (45 f.); zustimmend Löwe, EWiR § 9 AGBG, 1/89 I (2); Taupitz,

D. Die Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 I

237

traglichen Hauptleistung und den darur zu zahlenden Preis zu. Soweit aber Nebenabreden, die zwar mittelbare Auswirkungen auf Preis oder Leistung hätten, die aber auch durch dispositives Gesetzesrecht ersetzt werden könnten, zur Überprüfung Anlaß böten, hindere § 8 deren Überprüfung nicht. 288 Diesen Überlegungen ist zuzustimmen. Preis- und leistungsbestimmende Nebenabreden stellen nicht die Hauptleistungspflichten selbst dar und müssen daher der Inhaltskontrolle der §§ 9 ff. zugänglich sein. Die restriktive Auslegung des § 8 ist daher zu berurworten. Damit entfällt auch dieses Argument Kollers rur eine Zuordnung intransparenter preis- und leistungsrelevanter Klauseln in den Anwendungsbereich des § 3. Mithin ist der Ansatz Kollers, das Transparenzgebot in § 3 anzusiedeln, abzulehnen.

d) Die Ansicht von RoUSSOS289

Roussos vertritt einen eigenständigen Ansatz zu § 9 AGBG, der in direktem Zusammenhang mit Transparenzfragen steht und daher hier diskutiert werden soll. Auch nach seinem Verständnis besteht in Bezug auf intransparente Klauseln keine Regelungslücke im AGBG. Dies folgt aus dem speziellen Verständnis des § 9 I, welches Roussos unter Heranziehung der Rechtsprechung vor dem AGBG entwickelt. Nach seiner Ansicht hat die Rechtsprechung vor Inkrafttreten des AGBG den in § 242 BGB verankerten Grundsatz von Treu und Glauben zur Beurteilung des Verfahren der Ingeltungsetzung der AGB verwendet. Zum anderen habe man die inhaltliche Angemessenheit von AGB ebenfalls an Treu und Glauben gemessen. Das Kriterium der unangemessenen Benachteiligung in § 9 I beziehe

JuS 1989,520 (524); Wolf, WuB I A. - 2.87,287 (289); Eckert, EWiR § 9 AGBG 7/92, 525 m.w.N.; Westermann, FS f Steindorff, 817 (824); Brandner in Ulmer/Brandner/ Hensen § 9 Rdn. 104; kritisch Westermann, ZBB 1989,36 (39); siehe auch BGHZ 124, 350 (364). 288 BGHZ 106,42 (45 f); BGHZ 106,259 (263 f); so auch Taupitz, JuS 1989,520 (524); Köndgen, NJW 1989,943 (948); Koller, EWiR 24 BDSG 2/85, 837 (838); Wolf in WolflHorniLindacher § 9 Rdn. 143. 289 Vgl. zum folgenden Roussos, JZ 1988, 997 (1001 ff.).

238

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

sich unstreitig auf die inhaltliche Beurteilung der beanstandeten AGB-Klausel und übernehme so eine der beiden Funktionen, die früher § 242 BGB zugekommen sei. Der Hinweis in § 9 I auf Treu und Glauben könne dann nur die Bedeutung haben, daß er die andere von § 242 BGB ausgeübte Funktion übernehme, sich nämlich auf das Verfahren der Ingeltungsetzung der AGB beziehe und die Eröffnung der Inhaltskontrolle davon abhängig mache. Demnach entfällt nach Ansicht Roussos die Inhaltskontrolle, wenn das Verfahren der Ingeltungsetzung der AGB Transparenzerfordernisse errullt, die dem Kunden reale Reaktionsmöglichkeiteneröffnen. Wenn der Kunde in vollem Bewußtsein der wirtschaftlich-rechtlichen Bedeutung und der Reichweite der AGB-Klauseln die Einbeziehungserklärung abgegeben habe, so sei, selbst wenn es am Aushandeln LS.d. § 1 I fehle, der direkte und unkritische Rückgriff auf die Inhaltskontrolle nicht gerechtfertigt. 290 Im Umkehrschluß folgt aus dieser Argumentation, daß erst die intransparente Klauselgestaltung den Weg zur Inhaltskontrolle öffnet. Roussos weist damit der intransparentenKlauselgestaltung eine bestimmte Funktion zu, die es gleichzeitig ausschließt, daß die Klauselgestaltung selbst Prüfungsgegenstand und Grund rur die Unwirksamkeit sein kann. Nach diesem Verständnis besteht auch folglich keine Regelungslücke bezüglich bestimmter Formen von Intransparenz. Dieser Ansicht ist zu widersprechen. Nach der herrschenden Meinung kommt der gesonderten Erwähnung von Treu und Glauben in § 9 I keine eigenständige Bedeutung ZU. 291 Eine unangemessenen Klausel enthalte immer auch einen Verstoß gegen Treu und Glauben. Damit könne das Gebot von Treu und Glauben bei der Interpretation des § 9 I außer Acht gelassen werden. Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Nach dem oben dargelegten Schutzzweck des AGBG kann es nicht zweifelhaft sein, daß das AGBG kumulativ die transparente und die angemessene Ausgestaltung von Klauseln verlangt. 292 Insofern entspricht ein Verständnis des § 9, welches bei ausreichender Transparenz einer Klausel

290

Ähnlich Fastrich, S. 323 f.

291 StaudingerlSchlosser§ 9 Rdn. 12; Schlosser in Schlosser/Coestin-Waltjen/Graba § 9 Rdn. 15; MKlKötz § 9 Rdn. 2; Larenz, AT, § 29 a III c Rdn. 47; PalandtlHeinrichs § 9 Anm. 2 a; KochlStübing § 9 Rdn. 11; Köndgen, NJW 1989,943 (949); Pflug, AG 1992, 1 (5); ErmanlHefermehl § 9 Rdn. 10 f.; nicht eindeutig Brandner in UlmerlBrandner/Hensen § 9 Rdn. 71, 73; siehe auch Wolfin Wolf/HorniLindacher § 9 Rdn. 112 ff.; a.A. Hoyningen-Heune Rdn. l39. 292 Vgl. dazu Kapitel 7 C; siehe auch BGH, BB 1987, 222 (224); Kohte, BB 1989, 2257 (2258).

D. Die Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 I

239

keine Inhaltskontrolle zuläßt, nicht den Schutzzweckendes AGBG. Die Ansicht von Roussos ist daher abzulehnen.

e) § 9 I Schließlich bleibt zur Begründung einer Regelungslücke darzulegen, daß § 9 I nicht bereits den Transparenzgedanken enthält und die jetzige Diskussion nicht lediglich einem bislang vernachlässigten Aspekt der Generalklausel Aufmerksamkeit schenkt.

aa) Bisherige Analyse Die Analyse der Vorschriften der Inhaltskontrolle hat das Zusammenspiel von formalen Anforderungen und inhaltlichen Aspekten gezeigt. 293 In der Mehrzahl der untersuchten Normen spielt Transparenz insofern eine Rolle, als durch mangelnde Transparenz die materielle Unangemessenheit der Klausel indiziert wird. 294 Dies trifft insbesondere bei der Fallgruppe der Unbestimmtheit zu, wo die in der Unbestimmtheit liegende mangelnde Transparenz unweigerlich unangemessene Beurteilungsspielräume auf Seiten des Verwenders nach sich zieht. Insofern wird durch diese Bestimmungen lediglich nachgewiesen, daß Transparenzgesichtspunktebei bestimmten Normen der Inhaltskontrolle von Bedeutung sind; ein Transparenzgebot dergestalt, daß inhaltliche Erwägungen keine Bedeutung haben, läßt sich daraus nicht ableiten. Nur wenigen Normen ist der Transparenzgedanke als alleiniger Verbotsgrund bestimmter Klauselfassungen entnommen worden. 295 Diese Vorschriften haben jedoch Ausnahmecharakter. Sie sind allein betrachtet nicht geeignet, für § 9 I ein Transparenzgebot zu begründen. Auch die Untersuchung des § 9296 selbst hat die bisher gewonnenen Erkenntnisse bestätigt. Zu § 9 zählen eine Reihe von Fallgruppen, deren mangelnde Transparenz Indikator für eine materiell-unangemessene Regelung ist. Aller-

293

Vgl. Kapitel 5.

294

Vgl. Kapitel 5 B.

295

Vgl. Kapitel 5 B III.

296

V gl. dazu Kapitel 5 C.

240

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

dings weichen auch hier einige Fallgruppen von diesem Grundmuster ab und deuten auf ein selbständiges Transparenzgebot hin. Hierzu zählt das Verhältnis der Normen der Einbeziehungskontrolle zu § 9 im Rahmen der Verbandsklage. 297 Die Abbedingung der Normen der Einbeziehungskontrolle in AGB hat sich als Verstoß gegen § 9 erwiesen. Damit ist das Verhältnis zwischen § 9 und den Normen der Einbeziehungskontrolle aus der strikten Trennung gelöst worden. Soweit nämlich im Rahmen der Inhaltskontrolle Verstöße gegen die Normen der Einbeziehungskontrolle als unangemessene Benachteiligung gewertet werden, nimmt § 9 die in diesen Normen enthaltenen Transparenzforderungen auf. Dieser Aspekt ist jedoch von der bisherigen Dogmatik unberücksichtigt geblieben. Auch dem Irrefiihrungsverbot liegt ein verändertes Verständnis des § 9 zugrunde. 298 Ebenso erweist sich das Verbot der Unklarheit als bereits in der Rechtsprechung zu Teilamortisationsverträgen realisiert. 299 Gerade die letztgenannten, von der Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen dürfen aber nicht zu der Feststellung verleiten, § 9 enthalte ein Transparenzgebot. Denn diese Fallgruppen sind lediglich ein Beleg dafiir, daß die Rechtsprechung auch vor der Diskussion zu den Zins- und Tilgungsverrechnungsklauseln Transparenzwertungen im Rahmen des § 9 I verwendet hat. Es ist jedoch aufgezeigt worden, daß dieses ohne tiefergehende dogmatische Absicherung geschah, so daß diese Fallgruppen und die dazugehörige Rechtsprechung hier gleichermaßen auf dem Prüfstand stehen.

bb) Bisheriges Verständnis des § 9 I Die Frage, inwiefern § 9 bereits das Transparenzgebot enthält, ist vielmehr an Hand der Norm selbst zu beantworten. Aus historischer Sicht ist § 9 das Verbot der unangemessenen Benachteiligung in AGB. Bei der Schaffung der Generalklausel knüpfte der Gesetzgeber damit an die vorgehende Rechtsprechung an, welche die Inhaltskontrolle auf § 242 BGB gestützt hatte. Der Gesetzgeber konzipierte § 9 damit ausdrücklich als Generalklausel der Inhaltskontrolle. 300

Vgl. dazu Kapitel 5 C 1. Vgl. Kapitel 5 C 11 2. 299 Vgl. Kapitel 5 C 11 4. 297 298

300

BT-Drucks. 7/3919, 1 (22); vgl. auch BT-Drucks. 7/5422, 1 (9).

D. Die Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 I

241

Dies folgt auch aus § 9 11, der eine Konkretisierung des Verbotes der unangemessenen Benachteiliung enthält. Damit werden Regelbeispieleunangemessener Benachteiligung des Vertragspartners festgelegt und der Praxis zum Zwecke der Konkretisierung der Generalklausel gesetzliche Orientierungskriterien an die Hand gegeben. 301 Dabei geht § 9 11 Nr. 1 zurück auf die Lehre von der Leitbildfunktion des dispositiven Gesetzesrechtesund knüpft mit dem Merkmal der wesentlichen Grundgedanken an die Vorstellung vom unterschiedlichen Gerechtigkeits- und Schutzgehalt der Normen des dispositiven Rechts an. 302 § 9 11 NT. 2 enthält demgegenüber das Verbot der Aushöhlung vertragswesentlicher Rechte und Pflichten. Hier richtet sich die Inhaltskontrolle nach einem vertragsimmanenten, aus dem Inhalt und Zweck des Vertrages abgeleiteten Maßstab. 303 Beide Kontrollkriterien sind rein inhaltlicher Natur, so daß sich auch hierin bestätigt, daß der Gesetzgeber § 9 I als Generalklausel der Inhaltskontrolle schuf. Des weiteren kann auf die grobe Systematik des AGBG verwiesen werden. Dem "1. Unterabschnitt. Allgemeine Vorschriften" folgt der "2. Unterabschnitt. Unwirksame Klauseln". Dieser beginnt mit § 8, der seinerseits überschrieben ist mit "Schranken der Inhaltskontrolle". Auch dies ist Indiz dafilr, daß der Gesetzgeber in den folgenden Paragraphen die Inhaltskontrolle normiert wissen wollte. Schließlich ist auf § 17 Nr. 3 hinzuweisen, der im Verbandsverfahren tUr den Urteilstenor das Verbot "inhaltsgleicher" Klauseln vorsieht. Vergegenwärtigt man sich, daß im Verbandsverfahren lediglich eine Überprüfung der Klauseln nach den §§ 9 bis 11 vorgesehen ist (§ 13 I), so wird deutlich, daß der Gesetzgeber bei Schaffung der Generalklausel nur eine inhaltliche Kontrolle von AGB-Klauseln vor Augen hatte, nicht jedoch eine Überprüfung der Transparenz. Sowohl der gesetzgeberische Wille als auch die grobe Systematik des AGBG weisen § 9 I als Norm der Inhaltskontrolle aus. Einzuräumen ist allerdings, daß der Wortlaut des § 9 I dieses Verständnis nicht erzwingt. Eine unangemessene Benachteiligung kann dem reinen Wortlaut nachjeder Art sein. Sie könnte auch darin begründet sein, daß mittels intransparenter Klauseln die Rechtsdurchsetzung erschwert oder die Entscheidungsfin-

301 Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 121; DietleiniRebmann§ 9 Rdn. 15; Becker, S. 24, 48. 302

Brandner in UlmerlBrandner/Hensen § 9 Rdn. 124; Raiser, S. 295.

303

Staudinger/Schlosser § 9 Rdn 27.

16 Kleienb.um

242

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

dung bei Vertragsschluß beeinträchtigt wird. 304 Insofern könnte § 9 im Wege der erweiternden Auslegung das Transparenzgebot aufnehmen, so daß eine Rechtsfortbildung mangels Gesetzeslücke entbehrlich bliebe. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, daß § 9 als Generalklausel einen derart weiten Wortlaut aufweist, daß dieser allein die äußerste Grenze des Anwendungsbereiches des § 9 nicht festzulegen vermag. Vielmehr ist in diesem Fall an das bisherige Verständnis anzuknüpfen, welches vor der Diskussion zu den Zins- und Tilgungsverrechnungsklauselnjedenfalls in dogmatischer Sicht § 9 als Norm der Inhaltskontrolle nicht in Frage gestellt hat. Vor diesem Hintergrund ist das Transparenzgebot als etwas gänzlich Neues anzusehen, welches den Sinngehalt des § 9 radikal um einen Anwendungsbereich ergänzt, der in offenem Gegensatz zu dem sich historisch entwickelten Verständnis steht. Die Ausweitung des Anwendungsbereiches des § 9 I auf formale Verstöße kann daher nur durch Ausbildung eines neuen Rechtsgrundsatzes, nicht durch einfache Subsumtion unter den schrankenlosen Wortlaut der "unangemessenen Benachteiligung" erfolgen. j) Zwischenergebnis

Festzuhalten bleibt mithin, daß die No~en des AGB den Typus intransparenter Klauseln nicht erfassen, dessen Inhalt trotz klarer und eindeutiger Gestaltung dem Durchschnittskunden verborgen bleibt. Insofern besteht eine Regelungslücke, die durch Anwendung der Normen der Einbeziehungskontrollenicht geschlossen werden kann.

3. Planwidrigkeit

Voraussetzung für eine Ausweitung des Anwendungsbereiches der Generalklausei durch Einfügung eines Transparenzgebotes ist die Planwidrigkeit der festgestellten Regelungslücke.

304 Daher kann nach Meinung einiger Autoren die Fallgruppe der "Unangemessenheit durch Unklarheit" dem Wortlaut nach in den Tatbestand des § 9 I eingefügt werden, ohne daß diese Frage im einzelnen problematisiert wird. So Graba in Schlosser/CoesterWaltjen/Graba § 9 Rdn. 4; Canaris. NJW 1987, 609 (6166); Taupitz. NJW 1989, 2242; wohl auch Hellner. FS f. Steindorff, 573 (583, 586); ausführlich Schäfer. S. 125 ff.; Wolfin Wolf/Horn/Lindacher § 9 Rdn. 143 ff.

D. Die Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 I

243

a) Historische Betrachtung

In der Analyse des Schutzzweckes des AGBG ist dargelegt worden, daß der Gesetzgeber sehr bewußt den Transparenzgedanken im AGBG verankerte. 305 Andererseits verwies der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 2 ausdrücklich darauf, daß formale Mängel, wie ein wirrer Aufbau oder ein übermäßiger Umfang nicht praktikabel einer Normierung zugeführt werden könnten. 306 Die Arbeitsgruppe sah die Lösung derartiger Fallgruppen in den Vorschriften über überraschende Klauseln, § 3, oder der Unklarheitenregelung, § 5. 307 Eine weitergehende Überlegung, ob diese Paragraphen jedoch alle denkbaren Fälle von Intransparenz erfassen, fehlt. Dem Gesetzgebermuß allerdings bewußt gewesen sein, daß nach seiner Konzeption § 3 keineswegs eine Deutlichkeitskontrollvorschrift darstellt, sondern Ausdruck des Vertrauensschutzes ist und damit intransparente Regelungen nur mittelbar erfaßt. Aus diesem Grund kann dem Hinweis der Arbeitsgruppe nicht der Wille des Gesetzgebers entnommen werden, intransparente Klauselgestaltung nur insofern einer Regelung zuführen zu wollen, als sie von den §§ 3 und 5 erfaßt werden. Vielmehr sind diese Ausführungen Ausdruck einer Hoffnung, daß der Problemkomplex der intransparenten Klauselgestaltung, die der Gesetzgeber an sich für nicht reglementierbar gehalten hat, mittelbar vom AGBG aufgegriffen wird. Insoweit ist hier von einer unbewußten planwidrigen Regelungslücke auszugehen.

b) Teleologische Sicht

Auch aus teleologischer Sicht liegt eine planwidrige Regelungslücke vor. Nach dem Schutzzweck des AGBG ist neben der Inhaltskontrolle der Transparenzgedanke wesentlicher Ansatzpunkt, den Schutz der Vertragspartner der Verwender zu ermöglichen. 308 Es ist mehrfach dargelegt worden, in wie vielschichtiger Weise dieser Gedanke seinen Ausdruck im AGBG gefunden hat.

305

Vgl. dazu Kapitel 7 C.

306

Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, S. 47.

307

308

16*

Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, S. 47. Vgl. dazu Kapitel 7 C.

244

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

Allerdings haben nur einige Formen intransparenter Klauselgestaltungen eine dirkete Normierung erfahren. Andere Fallgruppen wie die unbestimmte Klausel werden mittelbar von den Normen der Inhaltskontrolle erfaßt. Wieder andere Fallgruppen wie die aufgrund der Komplexität des Regelungsgegenstandes unverständlichen Klauseln haben keine Regelung erfahren. Der Sinn und Zweck des Transparenzprinzips erlaubt jedoch keine Differenzierung dieser unterschiedlichen Fallgruppen. Vom Schutzgedanken her unterscheiden sich die Beeinträchtigungen, die durch die verschiedenen Arten intransparenter Klauselgestaltungen dem Vertragspartner des Verwenders zugefügt werden, ihrer Natur nach nicht. Grundsätzlich wird bei jeder intransparenten Klauselgestaltung der Zugang zum Inhalt einer Klausel erschwert oder gänzlich unterbunden. Diese Identität der Interessenlage der Vertragspartner der Verwender in Bezug auf die Verständlichkeit einer Klausel führt dazu, daß Differenzierungen nach der Art der Erzeugung dieser Verständnisschwierigkeiten nicht zu begründen sind. Insofern ist auch nach dem Schutzzweck des AGBG eine planwidrige Regelungslücke gegeben.

11. Die Einfügung des Transparenzgebotes in § 9 I Die planwidrige Regelungslücke könnte durch die Einfügung des Transparenzgebotes in § 9 I geschlossen werden: Die Verankerung des Transparenzgebotes, also der Forderung nach klaren und verständlichen Klauseln, in § 9 I entspricht der Funktion der Generalklausel309 in Fällen gestörter Vertragsparität korrigierend einzuwirken. 31O Wie oben ausführlich dargelegt,311 sucht das AGBG den Fällen gestörter Vertragsparitätaufzwei Wegen zu begegnen, nämlich durch die Inhaltskontrolle und durch das Informationsmodell. Die Funktion der Generalklausel ist darauf beschränkt gewesen, die Inhaltskontrolle zu verwirklichen. Als Generalklausel kann § 9 I in seiner Funktion aber dahin ausgeweitet werden, auch das Informa-

309 So auch Köndgen, NJW 1989, 943 (946); Wolf in WolflHorniLindacher § 9 Rdn. 5 f.; Soergel/Stein § 9 Rdn. 2; Graba in Schlosser/Coester-WaltjeniGraba § 9 Rdn. 2; Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 9 Rdn. 1; a.A. Schäfer, S. 154 ff.. 310 Vgl. dazu BVerFG, NJW 1990, 1469 (1470); Hönn, JZ 1983, 677 (687); Köndgen, NJW 1989, 943 (946). 311 Vgl. Kapitel 7 C.

D. Die Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 I

245

tionsmodell in Form des Transparenzgebotesaufzunehmen. Dies entspricht dem Schutzzweckdes AGBG, kumulativ auf die inhaltliche Angemessenheitund auf die transparente Gestaltung der Klauseln hinzuwirken. Das Interesse der Vertragspartner der Verwender, Klarheit über den Vertragsinhalt zu gewinnen, um vemunftbestimmt über den Abschluß eines Vertrages entscheiden und bei der VertragsdurchfUhrung die jeweiligen Interessen wahrnehmen zu können, ist daher von gleicher Gewichtigkeit wie das Interesse, nicht unbilligen Regelungen zu unterliegen. Soweit das Interesse an transparenter Klauselgestaltung daher nicht von den Normen des AGBG erfaßt ist, gebietet es der Schutzzweck des AGBG den Anwendungsbereich der Generalklausel des § 9 I durch Einfiigung des Transparenzgebotes zu öffnen. Demgegenüber verweisen die Kritiker eines Transparenzgebotes auf das bisherige Verständnis der Generalklausel in Rechtsprechung und Literatur. Insbesondere Wagner-Wieduwile l2 versucht, dem BGH nachzuweisen, daß in der bisherigen Rechtsprechung das Transparenzargument entweder falsch angewendet worden sei oder nur der Vereinfachung der Subsumtion gedient habe. 313 Dieser Meinung ist entgegenzuhalten, daß ein hergebrachtes Verständnis einer Norm eine Rechtsfortbildung nicht ausschließt. 314 Dies gilt insbesondere fiir Generalklauseln. Denn damit würde die Funktion von Generalklauseln verkannt werden, die wesentlich darin besteht, auf neue Entwicklungen dynamisch mit der Schaffung neuer Ordnungsnormen reagieren zu können. 315 Bedenken gegen die Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 I können daher lediglich auf historische und systematische Erwägungen gestützt werden.

1. Historische Einwände

Nach Auffassung der Kritiker des Transparenzgebotes sprechen die Gesetzesmaterialien eindeutig fiir § 9 als Norm der Inhaltskontrolle. 316 Im Regie312 Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37 (38 ff.); Wagner-Wieduwilt, WuB I E 4. - 4.89; siehe auch Bruchner, WM 1988, 1873 (1875). JI3 Zustimmend Hellner, FS f. Steindorff, 573 (583); Reifner, NJW 1989,952 (959); vgl. auch Köndgen, NJW 1989, 943 (944); Westermann, FS f. Steindorff, 817 (830); MKJKötz § 9 Rdn. 11 b. 314 So auch Köndgen, NJW 1989, 943 (946); Westermann, ZIP 1989, 912 (913).

315

Vgl. dazu Ulmer, 10-Jahre-AGBG, 1987, 1 (10 f).

316

Koller, FS f Steindorff, 667 (675); Hellner, FS f Steindorff, 573 (576 ff,

246

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

rungsentwurf zum AGBG 317 sei an keiner Stelle die Rede von Information des Vertragspartners, sondern ausschließlich von der Verpflichtung des Verwenders, einen angemessenen Interessenausgleich herbeizuftihren. 318 Den gleichen Standpunkt habe der Rechtsausschuß eingenommen. 319 Deweiteren habe der Gesetzgeber mit der Schaffung des AGBG in erster Linie das Ziel verfolgt, mehr Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu schaffen. 320 Er habe damit auf die vorhergehende Rechtsprechung reagiert, die insgesamt nur in geringem Umfang systematische Konturen aufwies und insbesondere die Fallgruppen der überraschenden und der unangemessenen Klauseln nicht klar unterschieden habe. 321 Ein wesentlicher Punkt in dem Konzept des Gesetzgebers sei es daher gewesen, daß dem Überraschungsaspekt nicht nur unter rechtlichem Blickwinkel, sondern auch von den tatsächlichen Gegebenheiten her eine eigenständige Bedeutung zukomme. Das AGBG sei damit bewußt auf eine Trennung "ungewöhnlicher" von "unbilligen" Klauseln angelegt worden. 322 Der Gesetzgeber habe es sich mithin zum Ziel gemacht, die unübersichtliche Vermischung formeller und materieller Beurteilungskriterien durch eine normative Trennung zu entflechten. 323 Ein Transparenzgebot, soweit es unabhängig von einer materiell-rechtlichen Benachteiligung in § 9 Verankerung finden sollte, sei daher nicht gesetzeskonform. Dieser Analyse der Gesetzesmaterialien ist nur bedingt zuzustimmen. 324 Zutreffend ist - wie bereits oben dargelegt - daß der Gesetzgeber § 9 als Norm der Inhaltskontrolle ausgebildet hat.

584); Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37 (40); Bruchner, WM 1988, 1873 (1875); Schäfer, S. 153 f. 317 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 7/3919, 1 (22). 319

Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37 (43 f.); Koller, FS f. Steindorff, 667 (675). BT-Drucks. 7/5422, 1 (9).

320

Hellner, FS f. Steindorff, 573 (577).

321

Hellner, FS f. Steindorff, 573 (576); vgl. auch Köndgen, NJW 1989, 943 (949).

318

Hellner, FS f. Steindorff, 573 (578); Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37 (44); vgl. auch Köndgen, NJW 1989, 943 (949). 322

323

Hellner, fS f. Steindorff, 573 (578).

324

So auch Köndgen, NJW 1989, 943 (949).

D. Die Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 I

247

Vorstehend ist jedoch bei der Darlegung des Schutzzweckesdes AGBG hinreichend dargestellt worden, daß der Gesetzgeber gleichzeitig dem Informationsmodell im AGBG zur Geltung verholfen hat. m Zudem ist im Rahmen der Erörterung der Regelungslücke nachgewiesen worden, daß dem Gesetzgeber das Problem der intransparenten Klausel als nicht dirket regelungsfahig erschienen ist, er aber darauf vertraute, daß die betroffenen Regelungslücken mittelbar erfaßt werden. 326 Daß diesem nicht so ist, sondern hinsichtlich bestimmter intransparenter Klauseln eine Regelungslücke besteht, ist dem Gesetzgebernicht bewußt gewesen. Gerade aus der Tatsache, daß die Zielvorstellung des Gesetzgebers und die Verwirklichung im AGBG auseinanderklaffen, ist aber zu folgern, daß der Wille des Gesetzgeber einer Rechtsfortbildung, die seiner Zielvorstellung entspricht, gerade nicht entgegensteht.

2. Systematische Bedenken

Systematische Erwägungen bilden den Schwerpunkt der Kritik an einem eigenständigen, in § 9 I verankerten Transparenzgebot. Nach überwiegender Ansicht ist das Transparenzgebot bestimmten Normen der Einbeziehungskontrolle zuzuweisen. Diesen Auffassungen ist im Rahmen der Erörterung der Regelungslücke ausfiihrlieh entgegengetreten worden. Es wird jedoch auch geltend gemacht, es sei nicht möglich, die Generalklausel des AGBG aufformelle Verstöße auszuweiten, weil dies ihrem Sinn als Auffangtatbestand der Inhaltskontrolle widerspreche. 327 Dabei wird pauschal auf die grundlegende systematische Trennung zwischen Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle im AGBG verwiesen. Dem ist zu entgegnen, daß diese systematische Trennung, so hat die vorstehende Analyse des AGBG ergeben, in den §§ 10 und 11 in einzelnen Regelungen vom Gesetzgeber insofern durchbrochen worden ist, als dort Transpa-

325

Vgl. Kapitel 7 C.

326

Vgl. Kapitel 7 D.

Schäfer, S. 141 f; Hellner,FSf. Steindorff, 573 ff; Bruchner, WM 1988, 1873 (1875); vgl. auch Hönn, JZ 1983, 677 (681), der insoweit trennt zwischen der Inhaltskontrolle nach den §§ 9 ff und der Kontrolle des Rechtsgeschäfts schlechthin nach den §§ 134, 138 BGB. 327

248

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

renzgesichtspunkte den ausschließlichen Angriffspunkt für die Unangemessenheit einer Regelung bilden. 328 Bestätigt wird diese kritische Sicht hinsichtlich der strikten Trennung von Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle, wenn an die Argumentation der herrschenden Meinung zur Überprüfbarkeit der Normen der Einbeziehungskontrolle mittels der Verbandsklage gedacht wird. Dort hat die nähere Analyse der Argumentation ergeben, daß die Trennung aufgehoben wird, um die Überprüfbarkeit sicherzustellen. 329 Die Einfügung des Transparenzgebotes in § 9 I stellt damit nur eine weitere Ausnahme von der groben Systematik des § 9 I dar, die sich aus dem Schutzzweck des AGBG rechtfertigt.

3. Systematische Einfügung

Bereits im Rahmen der Erörterung der Regelungslücke ist gezeigt worden, daß die Normen der Einbeziehungskontrolle das Transparenzgebot nicht erfassen. Hier soll ergänzend dargelegt werden, daß die Einfügung des Transparenzgebotes in § 9 I auch keine systematischen Widersprüche zu den Normen der Einbeziehungskontrolle auslöst.

§ 2 statuiert nach der hier vertretenen Ansicht eine Wahmehmbarkeitskontrolle, enthält jedoch kein Verständlichkeitsverbot. Die Einfügung eines solchen wäre, wie im vierten Kapitel ausgeführt, mit erheblichen systematischen Bedenken behaftet. Die Einfügung des Transparenzgebotes in § 9 I steht auch nicht in Konflikt mit § 2. Das in § 9 einzufügende Transparenzgebot ist von seinem Anwendungsbereich klar abzugrenzen gegenüber den von § 2 aufgestellten Voraussetzungen. § 2 ist logisch vorrangig zu prüfen. Erst danach können einzelne Klauseln auf ihre Verständlichkeit im engeren Sinne an § 9 I gemessen werden. Problematischer gestaltet sich das Verhältnis zu § 3. 330 Nach der hier vertretenen Ansicht ist § 3 auf inhaltlich überraschende Klauseln anzuwenden. Dabei, so ist herausgearbeitet worden, können formale Aspekte bei der Herbeiführung eines Überraschungseffektes eine erhebliche Rolle spielen. Ein in § 9 anzusiedelndes Transparenzgebot könnte die Anforderungen des § 3 unter-

328

Vgl. Kapitel 5 B.

329

Vgl. da2!u Kapitel 5 C I.

330

Vgl. dazu insbesondere Köndgen, NJW 1989, 943 (949).

D. Die Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 I

249

laufen. 331 Nicht die inhaltliche Überraschung, sondern die Intransparenz wäre Ausgangspunkt der Überprüfung. Der Verzicht auf die inhaltliche Überraschung bzw. den Überrumpelungseffekt könnte die Eingriffsschwelle herabsetzen und § 3 seinen Anwendungsbereich entziehen. Damit würde aber offensichtlich die gesetzgeberische Wertung unterlaufen. Zwischen § 3 und § 9 I bestehen indes bei näherer Betrachtung erhebliche Unterschiede im Anwendungsbereich. § 3 stellt auf den Nichtleser der AGB ab. 332 Er soll zumindest vor Klauseln des Inhalts geschützt werden, mit denen er absolut nicht rechnen kann. Der Verwender soll damit angehalten werden, nicht die Tatsache auszunutzen, daß die Mehrheit der Vertragspartner die AGB überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen. Ausgehend von diesem Punkt sind daher an den Überraschungseffekt hohe Anforderungen zu stellen. Zudem setzt die Annahme eines Überraschungseffektes voraus, daß sich der Vertragspartner des Verwenders überhaupt ein Vorstellungsbild über den Inhalt der AGB machen kann. Dies ist z.B. in den Fällen ausgeschlossen, in denen neue Vertragsformen am Markt auftauchen. Das Transparenzgebot will demgegenüber die Verständlichkeit der Klauseln absichern. Bei der Bewertung der Verständlichkeit ist f!lithin auf einen Leser der AGB abzustellen, der sich von dem Inhalt der AGB Kenntnis verschaffen will. Es leuchtet unmittelbar ein, daß nicht jede inhaltlich überraschende Klausel gleichzeitig unverständlich sein muß. Insofern verbleibt § 3 auf jeden Fall ein eigenständiger Anwendungsbereich. Daß nicht jede unverständliche Klausel gleichzeitig inhaltlich überraschend ist, wurde in Kapitel 4 ausfiihrlieh nachgewiesen. 333 Insoweit ist festzuhalten, daß bei der hier vertretenen Ansicht § 3 und § 9 I verschiedene Anwendungsbereiche haben. Daß gelegentlich oder auch häufig die Anwendungsbereiche übereinstimmen, spricht nicht gegen die Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 1. 334 In derartigen Fällen sind die Klauseln sowohl inhaltlich überraschend als auch unverständlich.

331 Canaris, WuB I E 4. - 2.89, 168; Westermann, ZBB 1989, 36 (38); siehe auch Brandner in UlmerlBrandner/Hensen § 9 Rdn. 93; ErmaniHefermehl § 9 Rdn. 19. 332

So auch ausdrücklich Lindacher, JR 1981, 158; Soergel/Stein § 3 Rdn. l.

333

Siehe Kapitel 4 B I 2.

334

So auch Köndgen, NJW 1989, 943 (949); Köndgen, JZ 1992, 643.

250

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

Auch § 5 spricht nicht gegen ein in § 9 I zu verankerndes Transparenzgebot. 33S § 5 als Unklarheitenregelung betrifft AGB-Klauseln, die verschiedener Auslegung zugänglich sind. § 9 I bzw. ein Transparenzgebotgreifen diejenigen Klauseln auf, deren Auslegung zu einem eindeutigen Ergebnis führt, wobei der Auslegungsvorgang jedoch erhebliche Schwierigkeiten aufweist. Insofern ergeben sich keine Abgrenzungsschwierigkeiten. Somit ist festzuhalten, daß die Einfügung eines Transparenzgebotes in § 9 I nicht in systematischem Widerspruch zu den Normen der Einbeziehungskontrolle steht, sondern diese sinnvoll ergänzt.

4. Zwischenergebnis

Die Verwirklichung des Schutzzweckesdes AGBG erfordert es, das Transparenzgebot im Wege der Rechtsfortbildung in § 9 I anzusiedeln.

III. Das Transparenzgebot als eigenständige Kategorie des § 9 I Nachfolgend soll in Auseinandersetzungmit den Ansätzen in Rechtsprechung und Literatur dargelegt werden, daß die Einfügung des Transparenzgebotes in § 9 I nicht lediglich eine Erweiterung des § 9 I um ein weiteres, im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigendes Interesse bedeutet, sondern das damit eine vollständig neue Kategorie der formellen Unangemessenheitgeschaffen wird, die gleichberechtigt neben der materiellen Unangemessenheit steht.

1. Gefahr der inhaltlichen Benachteiligung

An dieser SteIie sind zunächst die Auffassungen zu diskutieren, die das Transparenzgebot in § 9 verorten, jedoch gleichzeitig fordern, daß die intransparente Klausel mit einem inhaltlichen Nachteil behaftet sein muß. 336 Daher 335

Vgl. dazu auch Hoyningen-Heune Rdn. 201 a.

So wohl Wolfin WolflHorniLindacher § 9 Rdn. 100, 146; vgl. auch Brandner in Ulmer/BrandnerlHensen § 9 Rdn. 89; Bunte, JR 1989, 375; Wolf, JZ 1988, 719; Hellner, FS f. Steindorff, 573 (583); Heinrichs, Verbraucherkreditrecht, 101 ff.; PalandtiHeinrichs § 9 Rdn. 15; Koller, FS f. Steindorff, 674 ff.; Schäfer, S. 166 ff.; ErmanJHefermehl § 9 Rdn. 19. 336

D. Die Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 I

251

soll das Transparenzgebot nur Anwendung auf unbestimmte und irreführende Klauseln fmden,337 für die Lösung beispielsweise der Zins- und Tilgungsberechnungsklauseln jedoch nicht greifen. 338 Nur in diesem Rahmen spiele die Transparenz als Indikator für die materiell-unangemessene Regelung eine Rolle. Daher sei es nicht richtig, materiell-angemessene Regelungen, die formell zu beanstanden seien, an § 9 zu überprüfen. Diese Ansicht ist abzulehnen. 339 Soweit sie dahin zu verstehen sein soll, daß mit der inhaltlichen Benachteiligung inhaltliche Unangemessenheit verbunden ist, ist die Anwendung des Transparenzgebotes ohnehin nicht erforderlich. 340 Sollte mit inhaltlicher Benachteiligung allerdings eine Abweichung zu Lasten der Kunden unterhalb der Schwelle der Unangemessenheit gemeint sein, entspricht diese Ansicht der des BGH, auf die im folgenden eingegangen wird.

2. Die Ansicht des BGH

Im ersten Annuitätenurteil 341 trennte der BGH zwischen Nachteil und Unangemessenheit der Tilgungsverrechnungsklauseln. 342 Den Nachteil sah er in der Effektivzinserhöhung durch die fingierten Zinsberechnungsfaktoren. 343 Die Unangemessenheit dieser Benachteiligung begründete der BGH mit der intransparenten Darstellung. Im Rahmen der Unangemessenheit stellte der BGH das Interesse der Kunden an transparenten Bedingungen dem Interesse der Verwender an der Klausel in der vorhandenen Form gegenüber. Der BGH ist damit dem herkömmlichen Verständnis der Generalklausel verhaftet, wonach eine inhaltliche Benachteiligung den Weg zur Prüfung einer

337 Vgl. PalandtlHeinrichs § 9 Rdn. 16 m.w.N.; Schäfer, S. 166 ff. 338 Anders Heinrich, Vortrag vom 20.06.1990, der diese Fallgruppe zu den irrefüh-

renden Klauseln zählt, mithin das Transparenzgebot Anwendung finden läßt.

339 So auch Hansen, WM 1990, 1521 (1524). 340 So auch Hansen, WM 1990, 1521 (1524); Brandner in UlmerlBrandner/Hensen § 9 Rdn. 80; vgl. auch Kapitel 5.

341 BGHZ 106, 42 (49 f.); ebenso AG Köln, ZIP 1989, 565 (566); OLG Frankfurt, NJW 1989, 2264 (2265); AG Bielefeld, WM 1990,470 (471); OLG Köln, WM 1990, 1327 (1329). 342

A.A. Westermann, FS f. Steindorff, 817 (823); Köndgen, NJW 1989, 943 (945).

343

Vgl. dazu Bruchner, WM 1989, 1873 (1874).

252

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

Klausel eröffnet, die in einer Abwägung der gegenseitigen Interessen besteht. Dies wird auch in weiteren Urteilen bestätigt, wenn der BGH betont, Sinn des Transparenzgebotes sei es, der Gefahr vorzubeugen, daß der Kunde von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werde. 344 Erst in der Gefahr, daß der Kunde wegen unklar abgefaßter AGB seine Rechte nicht wahrnehme, liege eine unangemessene Benachteiligung von § 9 1. 345 Neu ist an der Auffassung des BGH, das er das Interesse an transparenter Klauselgestaltung als zu berücksichtigendes Interesse in den Kriterienkatalog aufnimmt, wobei darin ein wesentlicher Bruch mit der bisherigen Dogmatik zu sehen ist. Denn das Interesse an der Klauselgestaltung ist zunächst völlig unabhängig vom Inhalt der Klausel, so daß nicht mehr der konkrete inhaltliche Nachteil abgewogen wird, sondern dieser nur die Voraussetzung darstellt, die eine Prüfung der Klausel auf ihre Transparenz ermöglicht. In den folgenden Entscheidungen346 bemühte sich der BGH nicht weiter, den Nachteil konkret zu bezeichnen, sondern berief sich sofort auf das Transparenzgebot und nahm direkt die Interessenabwägung vor.

3. Die Ansicht Baums'

Nach Baums,347 der im Transparenzgebot eine Fortschreibung des IrretUhrungsverbotes sieht, reicht die bloße Irrefilhrung nicht filr die Unwirksamkeit der Klausel aus. Sie stelle eine Benachteiligung des Kunden dar, müsse aber zusätzlich unangemessen sein. Dies sei sie nicht, wenn die Irrefiihrung durch ein Rationalisierungsinteresse des Verwenders gedeckt sei. Zudem müsse die Benachteiligung erheblich sein. Das sei nur dann anzunehmen, wenn der Vertragspartner mutmaßlich auf einer Änderung bestanden oder vom Vertrag Abstand genommen hätte. Dies bedürfe einer Beurteilung in jedem Einzelfall.

344 Siehe dazu BGHZ 128, 54 (60 f.) m.w.N. 345 Vgl. BGHZ 128, 54 (61). 346 Vgl. nur BGH, ZIP 1989, 1461 f.; BGHZ 112, 115 ff.; BGH, ZIP 1991, 791 ff;

BGH, ZIP 1991, 1054 ff; BGH, ZIP 1991, 1474 ff; BGH, NJW 1992, 180 ff; BGH, ZIP 1992,24 ff; BGH, ZIP 1992, 105 ff.; BGH, ZIP 1992,469 ff; BGH, NJW 1992, 1751 ff 347 Baums, WM 1987, Sonderbeilage 2, 3 (17 ff); Baums, ZIP 1989, 7; ähnlich ErmanJHejermehl § 9 Rdn. 19.

D. Die Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 I

253

Auch Baums ist bemüht, das Transparenzgebot unter das bisherige Verständnis des Begriffs "unangemessene Benachteiligung" einzuordnen. Im Gegensatz zur Ansicht des BGH sieht Baums allerdings in der Intransparenz der Klausel den Nachteil LS.d. § 9 I.

4. Die Ansicht Köndgens

Auch Köndgen versucht, das Transparenzgebot in Einklang mit dem Begriff der unangemessenen Benachteiligung zu sehen. Anders als der BGH sieht Köndgen nicht den inhaltlichen Nachteil, den die Klausel bewirkt, als das Entscheidende an. 348 Er will den Verlust der Marktchance, der durch die Intransparenz der Klausel bewirkt wird, als Nachteil begreifen. 349 Die Unangemessenheit dieser Benachteiligung bemißt Köndgen dann nicht nach dem Ausmaß der Intransparenz, sondern seiner Ansicht nach ist die Unangemessenheitmittels eines Perspektivenwechselsvon der am Einzelkunden orientierten Betrachtungsweise zu einer marktbezogenen Betrachtungsweise festzustellen. 350 Unangemessen seien solche Klauseln, die generell, d.h. gegenüber dem gesamten angesprochenen Kundenkreis die Tendenz haben, irrefiihrend zu wirken. Geschützt werde die Integrität der Nachfrageentscheidung. 35J Eine Interessenabwägung hält er in diesem Zusammenhang augenscheinlich nicht fiir angebracht.

5. Eigene Ansicht

Allen vorgestellten Auffassungen ist gemein, daß in irgendeiner Weise noch ein Anknüpfungspunkt zu dem Inhalt der Klausel und damit eine inhaltliche Benachteiligung gesucht wird. Dabei löst sich Köndgen am weitesten von dem konkreten Inhalt der Klausel und abstrahiert auf die Wahmehmbarkeit von Marktchancen. Nachfolgend soll dargelegt werden, daß diese Anbindung an inhaltliche Kriterien dem Sinngehalt des Transparenzgebotes nicht entspricht.

348

Köndgen. NJW 1989, 943 (945 f.).

349

Köndgen. NJW 1989, 943 (950); ähnlich Reifner. NJW 1989, 952 (959).

350

Vgl. auch Schäfer. S. 160 f.

351

Köndgen. NJW 1989, 943 (950).

254

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

a) Kritik der marktbezogenen Betrachtungsweise Köndgen sieht das Ziel des Transparenzgebotes richtig, die Marktchancen der Vertragspartner der Verwender zu wahren, und damit einen Konditionenwettbewerb zu ermöglichen. Köndgen ist aber entgegenzuhalten, daß Sinn und Zweck des Transparenzgebotes nicht zugleich Bewertungskriterium fiir eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 9 I sein kann. 352 Ansonsten müßte in jedem Einzelfall der Vergleichsmarkt herangezogen werden, um festzustellen, ob tatsächlich "eine Marktchance" verlustig gegangen ist. Eine intransparente, aber auf dem Vergleichsmarkt inhaltlich vorteilhafte Klausel müßte dann zumindest solange als wirksam betrachtet werden, wie sie auf dem Markt ihren inhaltlich günstigen Charakter behielte. 353 Es stände jedem Verwender auch der Gegenbeweis offen darzulegen, daß die Integrität der Nachfrageentscheidungnicht beeinträchtigt sei, sei es, weil fiir ihn als Monopolisten keine Wettbewerber und damit fiir seine Kunden keine Ausweichmöglichkeit gebe, sei es, daß alle Verwender genau die gleichen Klauseln verwenden,354 sei es, daß er als kleiner Anbieter auf einem großen Markt als einziger eine derartige Klausel benutzte und damit die Gesamtheit aller Nachfrageentscheidungenin ihrer Integrität kaum tangiert sei. J55 Gerade im letzten Fall liefe die richterliche Überprüfung auf die Einschätzung der Auswirkung genau dieser Klausel im Wettbewerb hinaus. Dieses ist jedoch tatsächlich nicht zu bestimmen und damit auch nicht bewertungsfahig. Zudem können sich derartige Verhältnisse jederzeit ändern, somit auch die Beurteilung der Klausel. Entsprechend ist es zu beurteilen, wenn Köndgen die Kriterien fiir die Unangemessenheit in einermarktbezogenenBetrachtungsweise sucht. Dieser Wechsel auf eine marktbezogene Betrachtungsweise ist den oben genannten Einwänden in gleicher Weise ausgesetzt. Zudem ist zumindest im Individualprozeß vom Ge-

352 So auch Westermann, FS f. Steindorff, 817 (826). 353 In diese Richtung gingen auch bei den Zins- und Tilgungsverrechnungsklauseln die Einwände von Banken, die auf ihre vorteilhaften Zinsen und den deshalb fehlenden Wettbewerb verwiesen, vgl. Metz, NJW 1991, 668 (670). 354 Vgl. zu den Vereinheitlichungstendenzen und den wettbewerbspolitischen Auswirkungen MkJGerlach Vor § 13 Rdn. 24 ff. 355 Vgl. dazu auch Wolf, WuB I A. - 2.89, 287 (289).

D. Die Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 I

255

richt im einzelnen Rechtverhältnis die Ausgewogenheit herzustellen, die im Wettbewerb nicht hergestellt wurde. 356 Köndgen ist daher von seinem Ansatz her zuzustimmen. Die Umsetzung in eine für § 9 praktikable Prüfungsanordnung ist ihm aber nicht gelungen. Köndgens Ansatz bleibt daher nur praktikabel, wenn die Erhaltung der Marktchance wertfrei und vom Inhalt der Klausel abgekoppelt betrachtet wird. Damit verbleibt als Kriterium für die unangemessene Benachteiligung nur die Intransparenz als solche.

b) Die intransparente Klausel als unangemessene Benachteiligung Weder der BGH noch Baums sehen die Intransparenz als solche als unangemessene Benachteiligung, sondern der BGH betrachtet die Intransparenz als Kriterium der Unangemessenheit und Baums definiert sie als Nachteil i.S.d. §91.

aa) Aufspaltung Fraglich ist jedoch, ob eine derartige Aufspaltung des unbestimmten Rechtsbegriffs "unangemessene Benachteiligung"357 in Einzelkomponenten und eine Subsumtion der Intransparenz unter eine dieser Voraussetzungen angängig ist. Regelmäßig unterscheiden Rechtsprechung und Literatur nicht zwischen dem Nachteil und der Unangemessenheit einer Klausel. 358 Dies liegt im Sinn und Zweck dieses Rechtsbegriffes begründet, der sich aus seiner gesetzesgeschichtlichen Erstehung erschließt. 359 Mit "unangemessener Benachteiligung" sollte

356 So auch Westermann. FS f Steindorff, 817 (826); Schäfer. S. 162. 357 Vgl. dazu Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 9 Rdn. 10. 358 SoergellStein § 9 Rdn. 6; Graba in Schlosser/Coester-Waltjenl/Graba § 9 Rdn. 40 f; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 9 Rdn. 50, 100 ff; PalandtiHeinrichs § 9 Rdn. 6 ff.; Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 9 Rdn. 10 ff; MKlKötz § 9 Rdn. 2; Ermanl Hefermehl § 9 Rdn. 10 f

359 Vgl. Reg.E. Begr., BT-Drucks. 7/3919, 1 (22); BT-Rechtsausschuß BT-Drucks. 7/5422, 1 (6); Graba in Schlosser/Coestin-WaltjeniGraba § 9 Rdn. 41; Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 9 Rdn. 13; Palandt/Heinrichs § 9 Rdn. 6; Schäfer. S. 25 ff.; MKlKötz § 9 Rdn. 2.

256

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

ausgedrückt werden, daß kein angemessener Interessenausgleich vorliegt, wobei durch die Verwendung des Begriffs "unangemessen" zum Ausdruck gebracht werden sollte, daß eine Benachteiligung des Kunden von erheblichem Gewicht vorliegen müsse, um die Unwirksamkeitsfolge auszulösen. 36o Im Rahmen der Inhaltskontrolle sollte mithin im Anschluß an die Rechtsprechung vor Inkrafttreten des AGBG eine Interessenabwägung vorgenommen werden. Mit der Formulierung "unangemessener Benachteiligung" ist daher nicht eine Prüfungsreihenfolge verbunden, nach der zunächt eine Benachteiligung festzustellen ist, welche dann durch Gegenüberstellung der jeweiligen Interessen ihre Bewertung findet. Insofern ist auch bei der Beurteilung intransparenter Klauseln eine derartige Prüfungsreihenfolge abzulehnen.

bb) Transparenz als Interesse LS.d. § 9 I Hieran schließt sich die Frage an, ob Transparenz als ein Interesse der Vertragspartner der Verwender definiert werden muß, welches als eines von mehreren Kriterien in die Interessenabwägung einzubringen ist, oder ob das Transparenzgebot eine eigenständige Kategorie bildet, welche gleichberechtigt neben der inhaltlichen Interessenabwägung steht und einem eigenständigen Abwägungsprozeß unterliegt.

(1) Materiell-rechtlicher Nachteil

Nach Auffassung des BGH hat eine intransparente Klausel zusätzlich materiell-rechtlich nachteilig zu sein, um dem Transparenzgebot zu unterfallen. 361 Diese Anbindung des Transparenzgedankens an einen inhaltlichen Nachteil knüpft an dem bisherigen Verständnis des § 9 I an und scheint dem Schutzzweck des AGBG, nämlich die Kunden des Verwenders von unangemessenen

360 Vgl. Graba in Schlosser/Coestin-WaltjeniGraba § 9 Rdn. 41; SoergellStein § 9 Rdn. 6, 13; Löwe in Löwe/von WestphaleniTrinkner § 9 Rdn. 2,13; Wolfin WolflHornl Lindacher § 9 Rdn. 7, 50, 100; Reg.E., BT-Drucks. 7/3919, 1 (23); BT-Rechtsausschuß, BT-Drucks. 7/5422, 1 (6); Köndgen, NJW 1989, 943 (949 f.); PalandtiHeinrichs § 9 Rdn. 7; Hoyningen-Heune Rdn. 133 ff.

361 So auch Wolf in WolflHornlLindacher § 9 Rdn. 146; vgl. auch Wolf, WuB I A. Nr. 14 - 2.89, 287 (289); Wolf, 1Z 1988, 719, kritisch Köndgen, NJW 1989, 943 (945).

D. Die Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 I

257

AGB zu schützen, zu entsprechen. 362 Diese Sicht erfaßt aber nicht die volle Tragkraft des Transparenzgedankens. 363 Begreift man den Schutzzweck des AGBG dahingehend, den besonderen Gefahren der Verwendung von AGB entgegenzutreten, so muß man, wie oben dargestellt, sowohl die Inhaltskontrolle bejahen, wie auch die Formulierungsverantwortung des Verwenders betonen. 364 Inhaltskontrolle soll materiell-rechtlich unangemessene Klauseln eliminieren. Transparenzforderungensollen die Eigenverantwortlichkeit der Kunden des Verwenders stärken und dem Verlust an Verhandlungsmacht durch Stärkung des Wettbewerbes begegnen. Insofern ist dem Transparenzgebot daran gelegen, dem Kunden Aufschluß über den tatsächlichen Inhalt jedweder Klausel zu vermitteln. Dieses Interesse des Kunden besteht grundsätzlich auch bei angemessenen oder sogar vorteilhaften Klauseln. Denn das Transparenzgebot soll dem Kunden nicht nur ermöglichen, inhaltlich nachteilige oder unangemessene Klauseln aufzufmden, um diese im Verhandlungsweg zu beseitigen oder von dem Vertragsschluß Abstand zu nehmen. Sondern der Kunde soll, soweit er sich der Mühe unterzieht, von den AGB inhaltlich Kenntnis zu nehmen, aufgrund der vollen Kenntnis des Vertragsinhaltes eine vernünftige Entscheidung hinsichtlich des Vertrags schlusses treffen und bei der Vertragsdurchfiihrung die ihm zustehenden Rechte ausüben können. Schon von diesem Ansatzpunkt aus ist daher eine Einschränkung des Transparenzgebotes auf materiell-rechtlich nachteilige Klauseln ausgeschlossen. 365 Dieses Verständnis des Transparenzgebotes findet sich bestätigt in den Normen der Einbeziehungskontrolle, insbesondere in § 2. § 2, der dem Kunden die Wahmehmbarkeit der AGB sichern will, entzieht auch materiell-rechtlich vorteilhaften Klauseln bei Verletzung der Einbeziehungsvoraussetzungen die Geltung. 366 Die Auffassung des BGH, eine Anwendung des Transparenzgebotes im Anwendungsbereich des § 9 I sei nur inhaltlich nachteiligen Klauseln denkbar, ist daher abzulehnen. 367

362

So Hansen, WM 1990, 1521 (1525); Wolfin WolflHornlLindacher § 9 Rdn. 146.

363

Im Ergebnis ebenso Brandner in Ulmer/BrandnerlHensen § 9 Rdn. 102.

364

Vgl. dazu die Ausführungen in Kapitel 7 C.

365 Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 102; a.A. Wolfin Wolf/HornlLindacher § 9 Rdn. 146. 366

Zu § 3 und dem Verhältnis zum Irreführungsverbot vgl. Kapitel 5 C 11 2.

367

So auch AGB-Klauselwerke/von Westphalen, Transparenzgebot, Rdn. 12.

17 Kreienbaum

258

7. Kapitel: Das Transparenzgebot

(2) Weitere Interessen Insbesondere Baums sieht in Übereinstimmung mit der grundsätzlichen Dogmatik zu § 9 1368 die Notwendigkeit, die jeweiligen Interessen bei der Verwendung einer intransparenten Klausel gegeneinander abzuwägen. Aus den obigen Ausführungen zum Sinn und Zweck des Transparenzgebotes folgt jedoch, daß Interessen, die am Inhalt der Klausel anknüpfen, nicht geeignet sind, die Intransparenz einer Klausel zu rechtfertigen. Derartige inhaltliche Interessen will Baums aber einbeziehen, wenn er darauf abstellt, ob der Kunde bei Kenntnis des Inhalts der Klausel vom Vertrag Abstand genommen hätte. Insofern ist auch seine Auffassung abzulehnen.

cc) Das Transparenzgebot als eigenständige Kategorie Die vorherstehende Analyse der zum Transparenzgebot vertretenen Ansichten hat insbesondere unter Bezugnahme auf den Sinn und Zweck eines Transparenzgebotes ergeben, daß eine Verknüpfung des Transparenzgedankens mit inhaltlichen Erwägungen abzulehnen ist. Das Transparenzgebot kann mithin nicht lediglich als zusätzliches Kriterium iIl} Rahmen der Interessenabwägung verstanden werden. Das Transparenzgebotstellt vielmehr eine eigenständige Kategorie des § 9 I dar, die selbständig neben der inhaltlichen unangemessenen Benachteiligung steht und als formale unangemessene Benachteiligung charakterisiert werden kann. 369 Das Transparenzgebot bzw. der Begriff der Intransparenz ist dabei ein ebenso unbestimmter Rechtsbegriffwie der Ausdruck "unangemessene Benachteiligung". Es bedarf daher der Konkretisierung. Es sind Maßstäbe aufzustellen, an denen die Transparenz einer Klausel gemessen werden kann. 370 Ebenso wie bei der Frage der Auslegungsflihigkeit bestimmen bei der Festlegung dieser Maßstäbe generell und bei der Prüfung im Einzelfall die Interessen der Vertragsparteien an der Klausel das Maß der Transparenz. Dabei sind das

368 Vgl. nur Brandner in UlmerlBrandnerlHensen § 9 Rdn. 70 ff.; Wolf in WolfIHornl Lindacher § 9 Rdn. 100 ff.; PalandtiHeinrichs § 9 Rdn. 6 ff. 369 So auch AGB-Klauselwerke/von Westphalen, Transparenzgebot, Rdn. 12; ähnlich Köndgen, NJW 1989, 943 (950); vgl. auch Soergel/Stein § 9 Rdn. 21.

370

Vgl. dazu im einzelnen Kapitel 8.

D. Die Verankerung des Transparenzgebotes in § 9 I

259

Verständnisvennögen der Durchschnittskunden, die Fonnulierungsschwierigkeiten der Verwender, der Inhalt und die Bedeutung der Klausel sowie Kompensationseinwände zu berücksichtigen. Das Urteil, eine Klausel sei intransparent, ist mithin das Ergebnis einer Abwägung der Interessen der Vertragsparteien an der Deutlichkeit und Verständlichkeit einer Klausel. Diese grobe Charakterisierung des erforderlichen Abwägungsprozesses beim Transparenzgebot soll an dieser Stelle genügen. Hier gilt es lediglich herauszustellen, daß das Transparenzgebot einen gänzlich eigenen, in der bisherigen Dogmatik zu § 9 I nicht vorzufindenden Abwägungsprozeß erfordert, in den grundätzliche neue Kriterien einfließen. 371

V. Ergebnis Das Transparenzgebot ist eine im Rahmen der Rechtsfortbildung entwickelte Ausfonnung des Transparenzgedankens, das als eigenständige Kategorie in den Anwendungsbereich des § 9 I als Generalklausel des AGBG einzugliedern ist.

371 17*

Detaillierte Ausführungen zu diesem Abwägungsprozeß folgen in Kapitel 8.

Achtes Kapitel

Inhalt und Schranken des Transparenzgebotes Das Transparenzgebot bedarf weiterer Konkretisierungen hinsichtlich seines Inhalts und seiner Schranken.

A. Transparenzgebot als Formkontrolle Der Begriff "formelle Unangemessenheit"l legt es nahe, die Intransparenz einer Klausel an formalen Kriterien wie der Art und Weise der Gestaltung und des Aufbaus zu messen. Dieser Beurteilungsmaßstab liegt vermeintlich dem ersten Annuitäten-Urteil des BGW zugrunde. Für die damalige Fallgestaltung war kennzeichnend, daß die Tilgungsverrechnungsklausel und die Fälligkeitsregelung durch eine weitere Klausel räumlich voneinander getrennt waren. 3 Der BGH führte dazu u.a. aus, daß die räumlich Trennung dieser Klauseln das Erkennen ihres Zusammenspiels und der daraus folgenden Wirkung erschwere. 4 Möglicherweise hätte eine Einarbeitung des einen in den anderen Absatz die dem Kunden nachteilige Bedeutung durchschaubar machen können. 5 Die hier angedeutete Reduzierung des Transparenzgebotes auf ein rein formales Kontrollinstrument wird verstärkt durch die Differenzierungen des BGH im sogenannten Wertstellungsurteil6 zwischen formellem Verstoß gegen das Transparenzgebot und materieller Unangemessenheit.

3

Vgl. dazu BGHZ 106, 259 (264). BGHZ 106, 42 ff. BGHZ 106, 42 f.

4

BGHZ 106, 42 (50 0; vgl. auch BGH, NJW 1995, 2286 (2287).

1

2

5

6

BGHZ 106,42 (51); zustimmend Metz, NJW 1991, 669 mit Klauselbeispiel. Vgl. BGHZ 106, 259 (264 ff.).

A. Transparenzgebot als Formkontrolle

261

In der Folgezeit stellte die Mehrzahl der Gerichte 7 unter Zustimmung der Literatur8 ausschließlich auf die räumliche Trennung der Klauseln ab und zog trotz der vorsichtigen Formulierung des BGH den Gegenschluß, daß die Zusammenfassung der verschiedenen Regelungen in einer Klausel für eine transparente Gestaltung ausreichend sei. Demgegenüber ist nach anderer Ansicht durch die bloße Vereinigung beider Klauseln in einer Regelung dem Verständlichkeitsgebot nicht Genüge getan. 9 Auch der BGH neigt zu dieser Auffassung. Im zweiten Annuitäten-Urteil präzisierte er seine AusfUhrungen dahin, daß eine Einarbeitung des einen Absatzes in den anderen Absatz nicht durch eine unveränderte Zusammenstellung bewirkt sei, sondern daß diese auch einer in der Formulierung zum Ausdruck kommenden Verzahnung bedürfe. 10 Nach dieser Auffassung, der zu folgen ist, ist das Transparenzgebotnicht auf eine bloße formale Kontrolle von Gestaltungsformen in AGB-Texten zu redu-

7 OLG Koblenz, ZIP 1989,909; OLG Frankfurt; ZIP 1989, 1116 (1119); OLG Düsseldorf, WM 1989, l370 (l373); OLG Düsseldorf, ZIP 1989, 910 (911); OLG Hamm, WM 1990, 466 (468); OLG Nürnberg, WM 1990, 976 (977); OLG Köln, WM 1990, l327 (l330); LG Bielefeld, WM 1989, 1019 (1021); LG Mönchengladbach, WM 1989, 1563; LG Karlsruhe, ZIP 1989, 1540; LG Nürnberg-Fürth, WM 1990,221 (222); KG, NJW-RR 1990, 544 (545); AG Hannover, WM 1989, 814 (815); AG Köln, WM 1989, 1563 (1566); AG Schwabach, WM 1989, 1566 (1567); AG Halle, WM 1990, 65 (66); AG Bielefeld, WM 1990, 470 (472); AG Essen, WM 1990, 472 (473); AG Lünen, WM 1990, 474 (475). 8 Alisch, EWiR § 607, 2/89, 1077 (1078); Baums, ZIP 1989, 7; Ringseisen, WuB E 4. - 6.90,899 (901); von Rottenburg, WuB I E 4.- 2.90, 289 (291); Hunecke, WM 1989, 553 (554 f.); Wissmann, EWiR § 9 AGBG 16/89, 735 (736); Lauer, EWiR § 9 AGBG 6/89, 213 (214); Canaris, WuB I E 4. - 2.89, 165 (168); Kilimann, NJW 1990, 1154 (1159); Canaris, NJW 1987, 609 (616); Westermann, ZBB 1989,36 (40); Westermann, ZIP 1989, 912 (9l3); kritisch Sturm, WuB I E 4. - 3.89, 839 (840); Kohte, EWiR § 9 AGBG l3/89, 631 (632); Kohte, BB 1989, 2257 (2258); Taupitz, NJW 1989, 2242 (2244); Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 97; vgl. auch AGB-Klauselwerke/von Westphalen, Transparenzgebot, Rdn. 12; Erman/Hejermehl § 3 Rdn. 3, § 9 Rdn. 19. 9 OLG Frankfurt, NJW 1989, 2264 (2266); OLG Hamburg, ZIP 1990, 982 (983); OLG Karlsruhe, WM 1990, 1867 (1870); OLG Celle, NJW-RR 1991, 634 (635); LG Karlsruhe, ZIP 1989, 1540 (1541); AG Köln, ZIP 1989, 565 (567); Metz, NJW 1991, 668 (669). 10 BGHZ 112, 115 (120 f.); vgl. auch BGH, ZIP 1992, 105 (106).

262

8. Kapitel: Inhalt und Schranken des Transparenzgebotes

zieren. 11 Das Transparenzgebot will auf Fallgestaltungen reagieren, bei denen es trotz der Einhaltung der im AGBG aufgestellten Standards an der Verständlichkeit der Regelungen fehlt. Die Verständlichkeit einer Regelung bemißt sich jedoch nicht primär nach grammatikalischen oder logischen Vorgaben, sondern ist, wie auch ansonsten in der Rechtsgeschäftslehre, davon abhängig, ob der Inhalt der Regelung vom Empfänger verstanden wird. Ausgangspunkt bei der Beurteilung der Intransparenz ist somit die Verständlichkeit einer Regelung an sich. Es gilt daher, diejenigen Kriterien auszuarbeiten, die rur die Beurteilung der Verständlichkeit einer Klausel wesentlich sind. Daruberhinaus ist zu untersuchen, ob Interessen gegeben sein können, aufgrund derer eine intransparente Klausel dennoch als wirksam angesehen werden kann. Dies soll vornehmlich an Hand der Diskussion zu den Tilgungs- und Zinsberechnungsklauselngeschehen.

B. Kriterien der Intransparenz Maßstab der Transparenz ist das Verständnisvermögen der typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden. 12

II

Siehe auch ErmanJHefermehl § 3 Rdn. 3.

Vgl. nur BGHZ 106, 42 (49 f.); BGHZ 106, 259 (265); BGHZ 112, 115 (118); BGH, ZIP 1991, 1054 (1056); BGH, ZIP 1992,469 (470); BGH, NJW 1993, 57 (58); BGH, NJW 1995, 2286; BAG, NJW 1994, 213 (214); OLG Düsseldorf, ZIP 1989,910 (911); OLG Koblenz, NJW 1989, 2268 (2269); OLG Frankfurt, NJW 1989, 2264 (2266); OLG Celle, ZIP 1989, 291 (292); OLG Hamm, WM 1990, 460 (468); OLG Nümberg, WM 1990, 976 (977); OLG Köln, WM 1990, 1327 (1329 f); OLG Hamburg, ZIP 1990,982 (983); OLG Karlsruhe, WM 1990, 1867 (1869); OLG Karlsruhe, NJWRR 1991, 625 (626); OLG Köln, NJW 1995, 2044; LG Bielefeld, WM 1989, 1019 (1021); LG Mönchengladbach, WM 1989, 1563; LG Karlsruhe, ZIP 1989, 1540; LG Nürnberg-Führt, WM 1990,221; KG, NJW-RR 1990, 544 (548); LG Stuttgart, NJW 1993, 208 (209); AG Köln, ZIP 1989, 565 (566); AG Schwabach, WM 1989, 1566 (1567); AG Halle, WM 1990, 65 (66); AG Essen, WM 1990,472 (473); Taupitz, JuS 1989, 520 (525 f); Brandner in Ulmer/BrandnerlHensen § 9 Rdn. 106; AGB-Klauselwerke/von Westphalen, Transparenzgebot, Rdn. 2; vgl. auch Schäfer, S. 57 ff; Wolfin WolflHorniLinöacher § 9 Rdn. 148, D 17; ErmaniHefermehl § 9 Rdn. 19; Soergel/Stein § 9 Rdn. ll, 21; Hoyningen-Heune Rdn. 200. 12

B. Kriterien der Intransparenz

263

I. Der Durchschnittskunde Die Anknüpfung an das Verständnisvennögen des Verträge der geregelten Art abschließenden Durchschnittskunden entspricht dem allgemein bei der Beurteilung von AGB zu verwendenden abstrakt objektiven Beurteilungsmaßstab. 13 Dieser gilt nach herrschender Meinung insbesondere bei der Auslegung von AGB. Dennoch entzündet sich an diesem Maßstaß Kritik.

1. Kritik

Nach einer Ansicht ist der Ausgang eines Rechtsstreits für beide Seiten nicht mehr vorhersehbar, wenn bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer Klausel ausschließlich auf deren Verständlichkeit aus der Sicht eines Durchschnittskunden abgestellt wird. 14 Diesbezüglich enthalte das AGBG keine einheitlichen Wertkriterien und es fehle an einschlägiger Rechtsprechung. 15 Dieser Argumentation ist entgegenzuhalten, daß in vielen Rechtsgebietenals Beurteilungsgrundlage der objektive Empfangerhorizont oder das Rechtsgeftihl aller billig und gerecht Denkenden herangezogen wird. Die Rechtspraxis hat daher ausreichend Erfahrung, mit einem solchen Beurteilungsmaßstab umzugehen. Im übrigen kann bei der Rechtsfortbildung mangelnde Orientierungshilfe durch einschlägige vorherige Rechtsprechung und eine daraus resultierende Rechtsunsicherheit nicht als Gegenargument vorgebracht werden, da mit dieser Argumentation jegliche Entwicklung im Recht ausgeschlossen wäre.

2. Berücksichtigung von Sonderwissen

Nach anderer Ansicht soll zwar grundsätzlich vom Verständnisvennögen des Durchschnittskunden ausgegangen werden,jedoch sei eventuelles Sonderwissen des Vertragspartners des Verwenders bei der Beurteilung der Transparenz einer

Vgl. dazu Kapitel 3; siehe auch Schäfer. S. 59. Wagner-Wieduwilt. WuB I E 4. - 4.89, 1101 (ll02 f.). 15 Wagner-Wieduwilt. WuB I E 4. - 4.89, 1101 (1103); Wagner-Wieduwilt. WuB I E 4. - 2.92, 351 (352 f.). 13

14

264

8. Kapitel: Inhalt und Schranken des Transparenzgebotes

Klausel zu berücksichtigen. 16 Dabei wird auf die Vorbildung des Kunden ebenso abgestellt,17 wie auf gewonnene Erfahrungen durch mehrfachen Abschluß entsprechender Verträge. 18 Aufgrund der in diesen Fällen herabgesetzten individuellen Schutzbedürftigkeit seien die Anforderungen an die Verständlichkeit der Klausel zu mindern, mit der Folge, daß die Klauseln jedenfalls im konkreten Einzelfall nicht wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam seien. 19 Dieser Meinung ist zuzugeben, daß ihr Ansatz als Versuch zur Verwirklichung größerer Einzelfallgerechtigkeit anzusehen ist. 20 Jedoch sind auch bei der Beurteilung inhaltlich unangemessener Klauseln individuelle Umstände denkbar, bei denen die individuelle Schutzbedürftigkeit des Kunden fehlt. In diesen Fällen wird in Kauf genommen, daß im Einzelfall der Kunde mangels individueller Schutzbedürftigkeit von der Unwirksamkeit einzelner Klauseln profitiert. Die Anwendung abstrakter und objektiver Wertungskriterien fUhrt damit immer zu einem Verlust an Einzelfallgerechtigkeit. Im Bereich des AGBG ist aber die abstrakt objektive Beurteilung aus mehreren Gründen gerechtfertigt. AGB zielen gerade darauf ab, individuelle Regelungen zu vermeiden und Vertragsgestaltungen zu standardisieren. Diese alle individuellen Besonderheiten ausschaltende Gleichbehandlung der Kunden findet dann ihr Spiegelbild, wenn die Wirksamkeit einer Klausel fUr alle Beteiligten gleichermaßen abstrakt beurteilt wird. 21

16 OLG Hamm, WM 1990,466; AG Köln, WM 1989, 1563 (1566); wohl auch Wagner-Wieduwilt. WuB I E 4. - 4.89, 1101 (1104); Theisen-Wackert. Sparkasse 1989, 83 (85); Taupitz. NJW 1989, 2242 (2243); Ringseisen. WuB I E 4. - 6.90, 899 (902); Wagner-Wieduwilt. WuB I E 4. - 5.92, 1021 (1022 f.); vgL dazu auch Schäfer. S. 62 ff., jedoch in Hinsicht auf ein in § 2 zu verankerndes Transparenzgebot. 17 AG Köln, WM 1989, 1563 (1566), bzgl. eines Prokuristen als Vertragspartner des Verwenders; a.A. AG Köln, ZIP 1989, 565 (566), hinsichtlich eines Rechtsanwaltes.

13 OLG Hamm, WM 1990,466 (470), bzgl. einer Wohnungsbaugesellschaft; siehe auch Wolfin WolflHorniLindacher § 9 D 17; a.A. AGB-Klauselwerke/von Westphalen. Transparenzgebot, Rdn. 2. 19

Vgl. auch Westermann. ZIP 1989,912 (913).

20

Vgl. dazu insbesondere Schäfer. S. 62 ff.

Vgl. BGH, ZIP 1988, 1126 (1128); Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 78 m.w.N. 21

B. Kriterien der Intransparenz

265

Zudem ermöglicht nur diese abstrakte Beurteilungsweise das Verbandsverfahren, da bei diesem die Berücksichtigung individueller Umstände von vorneherein ausgeschlossen ist. 22 Ständige Diskrepanzen zwischen den im Verbandsverfahren und im Individualverfahren erzielten Ergebnissen stießen auf Unverständnis bei allen betroffenen Verkehrskreisen. Auf Dauer löste dieses eine erhebliche Rechtsunsicherheit aus. In Hinsicht auf die Wahl der Beurteilungskriterien beim Transparenzgebot ist nun kein spezifischer Grund erkennbar, von der abstrakt objektiven Beurteilung abzuweichen und der Einzelfallgerechtigkeit den Vorrang vor der Rechtssicherheit einzuräumen. Mit dem BGH23 ist daher eine Differenzierung der Transparenzanforderungen je nach Erkenntnisstand und Auffassungsgabe des einzelnen Vertragspartners nicht zuzulassen. Die Transparenz einer Klausel ist vielmehr abstrakt in Hinblick auf den betroffen Durchschnittskunden zu beurteilen. 24

3. Differenzierung nach Kundengruppen

Desweiteren wird vertreten, daß bei der Beurteilung.der Transparenz einer Klausel zumindest nach verschiedenen Kundengruppen zu differenzieren sei. Werde eine AGB-Klausel gegenüber unterschiedlichen Verkehrskreisen mit unterschiedlichen Interessen, Verhältnissen und Schutzbedürfnissen verwendet, so verlange das Gebot materieller Gerechtigkeit, daß diesen Unterschieden, jedenfalls soweit sie generell, d.h. gruppenweise gegeben seien, im Rahmen der AGB-rechtlichen Prüfung Rechnung getragen werde. 2s

22

BGH, ZIP 1982, 64 (66); Brandner in UlmerlBrandnerlHensen § 9 Rdn. 79 m.w.N.

BGHZ 112, 115 (118 f); zustimmend Bundschuh, Vortrag vom 9.11.1991; Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 100; AGB-Klauselwerke/von Westphalen, Transparenzgebot, Rdn. 2; ErmaniHefermehl § 9 Rdn. 19. 24 Inwieweit individuelle Umstände dennoch bei der Frage der Wirksamkeit der Klausel einbezogen werden können, wird im folgenden gesondert erörtert. 2S OLG Hamm, WM 1990,466 (470); KG, WM 1991, 1250 (1252); Kohte, EWiR § 9 AGBG 13/89,631 (632); Taupitz, JuS 1989, 520 (526); Brandnerin UlmerlBrandner/Hensen § 9 Rdn. 72; Theisen-Wackert, Sparkasse 1989, 83 (85); Westermann, FS f Steindorff, 817 (822,829); Bruchner, WM 1988,1873 (1876); Westermann,ZIP 1989, 36 (41); Ringseisen, WuB I E 4. - 7.90, 899 (901 f.); KG, WM 1991, 553 (555); Beckers, WuB I F 3. - 8.90, 647 (651); Ringseisen, WuB I E 4. - 14.91, 1241 (1243); vgl. auch Schäfer, S. 59 ff 23

266

8. Kapitel: Inhalt und Schranken des Transparenzgebotes

Dabei sei nicht nur an die in § 24 getroffene Unterscheidung zwischen Kaufleuten und Nichtkaufleuten zu denken. Für eine andere Behandlung nichtkaufmännischer Gewerbetreibender oder Gemeinden bilde die PAnGVO den gesetzlichen Anhaltspunkt. 26 Dieses sei gegenüber dem AGBG das neuere und speziellere Gesetz mit dem Ziel verbesserter Preistransparenz. Die Herausnahme bestimmter Kundengruppen zeige die Wertung des Gesetzgebers, diesen die Fähigkeit zur Würdigung preisbestimmender Elemente eines Vertragswerkes zuzusprechen. 27 Diese Ausdifferenzierung der Beurteilungsmaßstäbe nach verschiedenen Gruppen ähnelt dem Versuch individuelle Umstände in die Beurteilung nach § 9 einzubeziehen28 und ist daher aus den oben genannten Gründen abzulehnen. Sie birgt desweiteren die Gefahr der Rechtsunsicherheit, da rur die Einteilung der Vertragspartner des Verwenders in Gruppen mit unterschiedlichen Schutzbedürfnissen im AGBG keine Kriterien zur Verrugung stehen29 und damit willkürlichen Differenzierungen Tür und Tor geöffnet würde. 30 Es verbietet sich in diesem Zusammenhang auch ein Rückgriff auf außerhalb des AGBG stehende Gesetze wie die PAnGVO. 31 Die PAngVO ist weder vom gesetzgeberischen Willen noch von ihrem Sinn und Zweck ein das AGBG modifizierendes Gesetz. Dortige Differenzierungen hinsichtlich des Anwendungsbereiches sind daher weder allgemein noch bezüglich der Fragen der Transparenz auf das AGBG zu übertragen. 32 Dies gilt auch bei einer Beschränkung auf Fragen der Preistransparenz. Denn Schutzzweck des AGBG ist nicht die Preistransparenz, sondern die Angemessenheit und Verständlichkeit von AGB-Klauseln. 33

26 OLG Hamm, WM 1990,466; KG, WM 1991, 1250 (1252); Westermann. ZBB 1989, 36 (41); Theisen-Wackert. Sparkasse 1989, 83 (85); Bruchner. WM 1988, 1873 (1875); Hunecke. WM 1989, 553 (556).

27 Hunecke. WM 1989, 553 (556); KG, WM 1991, 1250 (1252); Ringseisen. WuB I E 4. - 14.91, 1241 (1243); vgl. auch Wolf in WolflHornlLindacher § 9 Rdn. 147. 28

A.A. Westermann. FS f. Steindorff, 817 (828).

29

So auch BGH, ZIP 1992, 469 (470).

30

So auch Brandner in UlmerlBrandnerlHensen § 9 Rdn. 106.

31

BGH, ZIP 1991, 1474 (1476 f.).

32

BGH, ZIP 1991, 1474 (1477).

33

Vgl. Kapitel 7 C.

B. Kriterien der Intransparenz

267

Bewertungsmaßstab kann im Rahmen des § 9 daher nur der typischerweise Verträge der geregelten Art abschließende Durchschnittskunde sein. 34 Eine Ausnahme gilt nur hinsichtlich der im AGBG selbst vorgenommenen Differenzierung zwischen dem kaufinännischen und dem nichtkaufinännischen Verkehr. 35

11. Das Verständnisvermögen Mit der Festlegung, daß die Transparenz einer Klausel nach dem Verständnisvermögen des Verträge dieser Art typischerweise schließenden Durchschnittskunden beurteilt wird, ist nur der Ausgangspunkt bestimmt. Das Verständnisvermögen bedarf weiterer Konkretisierung. Dabei sind die entscheidenden Fragen, in welchem Umfang sich der Inhalt einer Regelung dem Durchschnittskunden erschließen muß, von welchen Umständen dieses Verständnisvermögen beeinflußt wird, und wieweit sich der Durchschnittskunde um das Verständnis der Bedeutung einer Regelung bemühen. muß.

1. Grad der Verständlichkeit

Eine AGB-Klausel setzt sich zusammen aus Voraussetzungen und Rechtsfolgen. Bei der Bewertung der Transparenz ist fraglich, wie genau dem Durchschnittskunden die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen klar und deutlich werden müssen. Dies führt zu der weiteren Frage, in welchem Maß dem Durchschnittskunden die Folgen des Zusammenwirkens verschiedener Klauseln erkennbar werden müssen.

34

BGHZ 106, 42 (49); BGHZ 112, 115 (118).

So auch BGHZ 112, 115 (118 f.); BGH, ZIP 1991, 1474 (1476 f.); BGH, ZIP 1992, 469 (470); BGH, NJW 1995, 2286 (2287) m.w.N.; Köndgen, NJW 1989, 943 (952); vgl. auch Brandner in UlmerlBrandnerlHensen § 9 Rdn. 77, 107; AGB-Klauselwerke/von Westphalen, Transparenzgebot, Rdn. 2.; Schäfer, S. 184 ff.; Wolfin Wolf/ HornlLindacher § 9 Rdn. 147 f. 35

268

8. Kapitel: Inhalt und Schranken des Transparenzgebotes

a) Problematik bei den Annuitätendarlehen Bei den Annuitätendarlehen sind in der Regel die streitigen Fälligkeits- und Tilgungsverrechnungsklauselnjeweils rur sich genommen klar und eindeutig. 36 Entscheidend ist jedoch, daß durch das Zusammenwirken dieser Klauseln eine Effektivzinserhöhung herbeigeruhrt wird. Nach überwiegender Ansicht reicht es nicht aus, wenn dem Kunden zwar der Sinn der jeweiligen Einzeiregelungen deutlich wird, er aber nicht die Wechselwirkungen der verschiedenen Regelungen zu erkennen vermag. Ihm müsse vielmehr die preissteigernde Wirkung des Zusammenwirkens der Klauseln deutlich werden. 37 Dafiir wiederum genüge jedoch die pauschale Erkenntnis, daß diese nachteilige Wirkung mit der besonderen Berechnungsmethode verbunden ist. Es sei weder erforderlich, daß diese vom Kunden betragsmäßig eingeschätzt werden könne, noch müsse deutlich werden, in welcher Weise sich die Gesamtlaufzeit des Darlehens in Folge verminderter Tilgung verlängert. 38

b) Generelle Anforderungen Den obigen Ausruhrungen ist in Hinsicht auf die Problematik bei den Annuitätendarlehen als auch in einer verallgemeinernden Weise in Hinsicht auf den Inhalt des Transparenzgebotes beizupflichten.

36 Vgl. nur BGHZ 106, 42 ff.; OLG Celle, NJW-RR 1991, 634 (635); OLG Köln, NJW-RR 1991, 636. 37 BGH, ZIP 1992, 105 (106); BGH, NJW 1995, 2286 (2287); OLG Koblenz, ZIP 1989,909; OLG Koblenz, NJW 1989,2268 (2269); OLG Düsseldorf, WM 1989, 1209; OLG Nümberg, WM 1990,976 (977); OLG Celle, NJW-RR 1991, 634 (635); OLG Köln, NJW-RR 1991, 636; LG Bielefeld, WM 1989, 1019; KG, NJW-RR 1990, 544 (549); KG, WM 1991, 1250 (1251); LG Karlsruhe, ZIP 1989, 1540 (1541); AG Essen, WM 1990,472 (473); AG Halle, WM 1990,65 (66); AG Halle, WM 1990, 65; Lauer, EWiR § 9 AGBG 6/89, 213 (214); Taupitz, NJW 1989, 2242 (2244); Baums, ZIP 1989, 7; Wissmann, EWiR § 9 AGBG 16/89, 735 (736); Ringseisen, WuB I E 4. - 7.90, 899 (901); Gößmann, WuB I E 4. -7.90,1007 (1008); Köndgen, NJW 1989, 943 (948); Wolfin WolflHomILindacher § 9 D 17; a.A. Wagner-Wieduwilt, WM 1989,37 (40); Reifner, NJW 1989, 952 (960, 962); Pleyer/Huber, DB 1989, 1857 (1861); PleyerlHuber, ZIP 1987, 424 (430 f.). 380LG Düsseldorf, WM 1989, 1370 (1373); OLG Koblenz, NJW 1989,2269; KG, NJW-RR 1990, 544 (549); Wolfin Wolf/HornlLindacher § 9 D 17.

B. Kriterien der Intransparenz

269

Auszugehen ist von der Frage, was unter "Inhalt" einer Klausel zu verstehen ist. Dieser kann rur die Beurteilung der Transparenz grundsätzlich nicht anders bestimmt werden, als bei der generell bei ABG vorgenommenen Auslegung. Dies bedeutet, daß eine Klausel abstrakt objektiv nach ihrem Wortlaut, ihrer systematischen Stellung und dem Sinn und Zweck des Vertrages ausgelegt wird. 39 Weitere Umstände, die außerhalb des eigentlichen AGB-Textes liegen, wie beispielsweise die Werbung des Verwenders, sind bei der abstrakten Beurteilung einer Klausel außer Acht zu lassen. 4o Der auf diese Weise ermittelte Inhalt muß hinsichtlich seiner Voraussetzungen und Rechtsfolgen nach dem Transparenzgebot auch dem Durchschnittskunden deutlich werden. 41 Damit wird bereits deutlich, daß der Inhalt einer Klausel nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern daß er im Zusammenhang des Klauselwerkes gesehen werden muß. 42 Daher ist es erforderlich, daß bei der Prüfung nach § 9 I auch der Inhalt anderer, mit der beanstandeten Klausel zu einer Einheit verbundenen Formularbedingungen und ihr Zusammenwirken berücksichtigt werden muß. 43 Andererseits ist hier aber zu berücksichtigen, daß AGB-Klauseln oftmals tatsächlich oder rechtlich schwierige Inhalte aufweisen. Schon im ersten Annuitäten-Urteil 44 klang an, daß es in bestimmten Rechtsbereichen außerordentliche, wenn nicht unüberwindbare Schwierigkeiten bereiten kann, alle Auswirkungen einer Klausel rur den Durchschnittskunden verständlich darzustellen. 45 Das AGBG verlange jedoch nicht vom Verwender, jede Klausel mit

39

Vgl. hierzu Kapitel 3 B.

So BGHZ 112, 204 (212); BGH, ZIP 1991, 1474 (1476); BGH, BB 1991, 2468 (2469); OLG Hamburg, ZIP 1990,982 (983); Taupitz, EWiR § 9 AGBG - 14/90, 1043 (1044); AGB-Klauselwerke/von Westphalen, Transparenzgebot, Rdn. 15; a.A. OLG Frankfurt, NJW 1989, 2264 (2266); OLG Karlsruhe, ZIP 1990, 1321; vgl. auch Köndgen, JZ 1992, 643 (644). 41 Vgl. AGB-Klauselwerke/von Westphalen, Transparenzgebot, Rdn. 5. 40

42 BGH, ZIP 1991,1474 (1476); BGH, ZIP 1992,469 (471); Köndgen, NJW 1989, 943 (951); Wolfin WolflHorniLindacher § 9 Rdn. 148. 43 BGHZ 106, 259 (263); BGH, ZIP 1991, 1474 (1476); BGH, BB 1991, 2468 (2469); BGH, ZIP 1992, 469 (471); Wolf in Wolf/HornlLindacher § 9 Rdn. 148. 44 BGHZ 106, 43 (52 f.). 45 Vgl. auch BGH, WM 1990, 1785 (1786); BGHZ 112, 115 (119); zustimmend Kohte, EWiR § 9 AGBG 13/89,631 (632); Bundschuh, Vortrag vom 9.11.1991; Wolfin Wolf/HorniLindacher § 9 Rdn. 148.

270

8. Kapitel: Inhalt und Schranken des Transparenzgebotes

einem Kommentar zu versehen, sondern verpflichte ihn nur, soweit dies ohne unangemessene Ausweitung des Textumfanges möglich sei, von mehreren möglichen Klauselfassungen diejenige auszuwählen, bei der die den Kunden belastenden Wirkungen nicht unterdrückt, sondern deutlich gemacht werden. 46 Diesen Ausführungen ist zuzustimmen. Bei der Bestimmung des erforderlichen Grades der Verständlichkeit einer Regelung muß der Sinn und Zweck des Transparenzgebotes beachtet werden. 47 Dem Durchschnittskunden soll der AGB-Text insofern verständlich werden, daß er seine Rechtsstellung im Kern erkennen kann und in Kenntnis dieser Rechtsstellung eine vernünftige Entscheidung zu treffen vermag48 • Dazu ist es nicht erforderlich, daß er jede Rechtsfolge im Detail erkennt oder jeden Einzelfall ohne Schwierigkeiten unter die AGB-Regelungen subsumieren kann. 49 Verhindert werden soll auf jeden Fall, daß durch eine geschickte AGB-Gestaltung scheinbar unverfängliche Klauseln präsentiert werden, die aber in ihrem Zusammenwirken mit anderen Klauseln einen den Kunden belastenden Regelungsgehalt haben. Im übrigen wäre der Effekt von durch Kommentierungen, Erläuterungen etc. aufgeblähtenAGB geradezu gegenläufig zum Transparenzgebot, da durch einen erhöhten Textumfang die Kenntnisnahme durch den Kunden wieder eingeschränkt wird. 50 Vor diesem Hintergrund ist auch der Ansicht zuzustimmen, daß im Fall der Annuitätendarlehen zwar die Effektivzinserhöhung erkennbar sein muß, nicht aber ihr betragsmäßiges Ausmaß. Das Transparenzgebot sichert nämlich nicht die Preisvergleichsmöglichkeit,51 sondern will nur erreichen, daß eine auf den

46 BGHZ 112, 115 (119); Bundschuh. Vortrag vom 9.11.1991; Köndgen. NJW 1989, 943 (947); vgl. auch Wol/in WolflHornlLindacher § 9 Rdn. 31 m.w.N., Rdn. 148; Brandner in Ulmer/BrandnerlHensen § 9 Rdn. 98 ff. 47 Ygl. dazu auch Schäfer. S. 65 ff., in Hinsicht auf ein in § 2 enthaltenes Transparenzgebot. 48

Siehe auch Schäfer. S. 66.

BGH, NJW 1992,1751 (1753); BGH, NJW 1993,2052 (2054); vgl. auch BAG, NJW 1994, 213 (214); Wol/in Wolf/HorniLindacher § 9 Rdn. 145, 148; Brandner in Ulmer/ BrandnerlHensen § 9 Rdn. 93, 96; AGB-Klauselwerke/von Westphalen. Transparenzgebot, Rdn. 11; wohl a.A. OLG Köln, ZIP 1989, A 60 Nr. 227; vgl. auch OLG Köln, NJW 1995, 2044 (2045). 49

50Ygl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 1991, 625 (626); Köndgen. NJW 1989,943 (947); Adams. BB 1989,781 (783), der daher z.B. die Yerwendungjuristischer Fachausdrücke für unerläßlich hält; Schäfer. S. 67; Wol/in WolflHorniLindacher § 9 Rdn. 148.

B. Kriterien der Intransparenz

271

ersten Blick preisneutral wirkende Regelung ihre preiserhöhende Wirkung aufdeckt. 52 Dies erhellt sich auch bei der Betrachtung anderer, mittelbar auf den Preis wirkenden Klauseln, bei denen derartige Angaben bislang nicht erforderlich waren, bzw. auch nicht gemacht werden konnten. 53 Im Ergebnis ist damit festzuhalten, daß nach dem Transparenzgebot der Kunde in die Lage versetzt werden muß, den Kemgehalt einer AGB-Regelung zu verstehen. 54 Dabei müssen die benachteiligenden Wirkungen einer Klausel auch im Zusammenwirken mit anderen Klauseln deutlich werden. Dies bedeutet jedoch nicht, daß jede Rechtsfolge explizit angegeben werden muß. 55

2. Die Erwartungshaltung des Durchschnittskunden

Die Anforderungen an das Verständnisvermögen des Durchschnittskunden bzw. die Anforderungen an die Transparenz der Klausel hängen desweiteren von der Erwartungshaltung des Durchschnittskunden in Bezug auf die geregelten Inhalte und die Bedeutung des Klauselinhaltes für die vertraglichen Regelungen ab. 56 Das Verständnisvermögen des Durchschnittskunden wird maßgeblich von seinen Erwartungen an den Inhalt der AGB geprägt. 57 Je eher der Klauselinhalt seiner Erwartungshaltung entspricht, desto leichter fällt ihm das Verständnis. Im umgekehrten Fall, daß nämlich andere, dem Kunden unbekannte Regelungen an diese Stelle treten, ist es für ihn nicht nur erforderlich, diese 51 BGH, NJW 1992, 1751 (1753); Baums. ZIP 1989, 7 (8); Köndgen. NJW 1989,943 (948); Taupitz. JuS 1989, 520 (525); Hellner. FS für Steindorff, 573 (586). 52

LG Stuttgart, NJW 1993, 208 (209); Köndgen. NJW 1989, 943 (948).

Vgl. z.B. das WertsteIlungsurteil, BGHZ 106,259 (2650, die konkrete Belastung kann bei WertsteIlungsklauseln nicht angegeben werden, da sie vom Verhalten des Vertragspartners abhängt; siehe auch BGH, NJW 1992, 1751 (1753) zu Überziehungszinsklauseln bei Kontokorrentkrediten; vgl. auch Köndgen. NJW 1989, 943 (948). 53

54

Vgl. Schäfer. S. 66.

55

Im Ergebnis ebenso BGHZ 112, 115 (119); OLG Nürnberg, WM 1990, 976 (977).

56 BGHZ 106, 42 (49 f.); BGHZ 112, 115 (118); BGH, NJW 1995, 2286 (2287); OLG Frankfurt, NJW 1989, 2265 (2266); OLG Karlsruhe, WM 1990, 1867 (1870); AG Köln, ZIP 1989,565 (566); Koller. EWiR § 9 AGBG 11/90, 841; AGB-Klauselwerkel von Westphalen. Transparenzgebot, Rdn. 11; Wolfin WolflHornlLindacher § 9 Rdn. 148 D 17. 57 BGHZ 112, 115 (118).

272

8. Kapitel: Inhalt und Schranken des Transparenzgebotes

Abweichung zu erkennen, vielmehr muß er sich einen ihm bislang fremden Inhalt zueignen. Dieses Erkennen einer nicht erwarteten Regelung der gegenseitigen Rechte und Pflichten sowie die Erschließung der rur ihn nun bestehenden rechtlichen Stellung erfordert ein erheblich höheres Maß an intellektueller Leistung. Dies hat zur Konsequenz, daß die Anforderungen an die Transparenz einer Klausel umso höher sind, als deren Inhalt von der Erwartungshaltung des Durchschnittskunden abweicht. 58 Dies hat insbesondere Bedeutung fiir gesetzlich nicht geregelte Vertragstypen wie z.B. Bank- und Leasing-AGB. 59 Die Erwartungshaltung des Kunden wird daneben von der Bedeutung der Klausel rur das Geruge der Rechte und Pflichten eines Vertrages bestimmt. 60 Diesen Aspekt hob auch der BGH im zweiten Urteil zur Zinsberechnungsklausel hervor. 61 Dem Transparenzgebot komme gerade bei Preisnebenabreden eine besondere Bedeutung ZU. 62 Da der Preis der Inhaltskontrolle gern. § 8 entzogen sei und das AGBG davon ausgehe, daß der Kunde sein Interesse an einem angemessenen Preis selbst wahre, müßten die AGB so gestaltet sein, daß dem Kunden ein vollständiges und wahres Bild über Art und Höhe des Preises vermittelt werde. 63 Preiserhöhende Nebenabreden bedürften daher in erhöhtem Maße der Klarheit und Durchschaubarkeit, um dem Kunden die Verhandlungsmöglichkeiten und Abschlußchancen zu sichern. 64 Ähnlich betonte der III. Senat in der Entscheidung zu den Lohnabtretungsklauseln, daß die existentielle Tragweite solcher Voraus abtretungen der Klarheit und Durchschaubarkeit der Beschreibung der Rechte und Pflichten besondere Bedeutung verleihe. 65

58 BGHZ 112, 115 (118); BGH, ZIP 1991, 1054 (1056); Brandner in Ulmer/BrandnerlHensen § 9 Rdn. 93; Bundschuh. Vortrag vom 9.11.1991; Koller, FS f Steindorff, 667 (684); AGB-Klauselwerke/von Westphalen, Transparenzgebot, Rdn. 11; wohl a.A. Schäfer, S. 77 f 59 So auch OLG Karlsruhe, NJW-RR 1991, 625 (626); Brandnerin UlmerlBrandnerl Hensen § 9 Rdn. 93; van de Loo, S. 71 ff 60 Vgl. dazu BGH, ZIP 1991, 1054 (1057); OLG Köln, NJW 1995,2044 (2045); LG Stuttgart, NJW 1993, 208 (209); Wolfin Wolf/HorniLindacher § 9 Rdn. 145. 61 BGHZ 112, 115 (117 f); siehe auch OLG Karlsruhe, NJW-RR 1991, 625 (626). 62 BGHZ 112, 115 (117); Wolf in Wolf/HornILindacher § 9 D 17. 63 BGHZ 112, 115 (118); Eckert, EWiR § 9 AGBG 4/92,217 (218); Koller, FS f Steindorff, 667 (684). 64 BGH, WM 1990, 1367; zustimmend Koller, EWiR § 9 AGBG 11190, 841; Bundschuh, Vortrag vom 9.1l.l991; Eckert, EWiR § 9 AGBG 4/92, 217 (218); Wolfin Wolf/HorniLindacher § 9 D 17.

B. Kriterien der Intransparenz

273

Je wesentlicher der Inhalt einer Klausel rur die Rechtsstellung des Kunden ist, desto konkreter wird im Regelfall die Erwartungshaltung sein. Dies gilt insbesondere rur preisbestimmende Faktoren. Der Preis ist regelmäßig nicht in den AGB geregelt, sondern wesentlicher Bestandteil der Individualvereinbarung. Diese Erfahrung bestimmt die Erwartungshaltung der Kunden. Deshalb gilt insbesondere in Hinsicht aufpreisbestimmende Regelungen, daß sie eine besondere Transparenz aufzuweisen haben. 66 An dieser Stelle wird einer der Zusammenhänge des Transparenzgebotesmit § 3 deutlich. Bei einer erheblichen Diskrepanz zwischen der Erwartungshaltung des Kunden und dem geregelten Inhalt kommt einer Klausel Überraschungscharakter zu. In diesen Fällen genügt es dann nicht mehr, wenn die Klausel aus sich selbst heraus verständlich ist. Damit wäre zwar den Anforderungen des Transparenzgebotes i.S.d. § 9 entsprochen. Nach § 3 ist es zum Schutz des Kunden jedoch erforderlich, daß die Auswirkungen der Klausel seitens des Verwenders dem Kunden derart deutlich gemacht werden, daß der Überraschungscharakter entfallt. Das erfordert aber besondere Vorkehrungen, welche die Aufmerksamkeit des Kunden auf die Klausel lenken und ihn zur Wahrnehmung des Inhalts zwingen. 3. Anforderungen an die Deutungsdiligenz

Abschließend ist zu klären, welche Forderungen an die Deutungsdiligenz gestellt werden, d.h. welche Anstrengungen dem Vertragspartner des Verwenders zugemutet werden, um sich den Inhalt der AGB zu erschließen.

a) Der Meinungsstand

Nach Ansicht des BGH darf sich die benachteiligende Wirkung der Klausel dem Vertragspartner des Verwenders nicht erst nach intensiver Beschäftigung oder aufgrund ergänzender Auskünfte zu erkennen geben. 67 Bei der formalen Ausgestaltung sei darauf zu achten, daß der Kunde die Bedeutung der Klausel 65 BGH, ZIP 1989, 968 (970); vgl. auch BGH, NJW 1990, 2388 (2389) zur Leistungsfreiheit bei Obliegenheitsverletzungen in Versicherungsverträgen. 66 Vgl. nur AGB-Klauselwerke/von Westphalen, Transparenzgebot, Rdn. 7 ff.; wohl a.A. Schäfer, S. 76 f. 67

BGHZ 106, 43 (50); zustimmend Taupitz, JuS 1989, 520 (526).

18 Kreienbaum

274

8. Kapitel: Inhalt und Schranken des Transparenzgebotes

nicht verkennt, sondern möglichst mühelos und ohne weitere Erläuterung versteht. 68 Hierunter wird zum Teil verstanden, daß eine sofortige und mühelose Durchschaubarkeit der Klauseln hergestellt werden müsse. 69 Es könne kein aufmerksames Studium der Bedingungen verlangt werden. Es müsse eine leichte Durchschaubarkeit bei geringem Nachdenken vorliegen. 7o Demgegenüber fordern andere den aufmerksamen Durchschnittskunden, der sich sich redlich bemüht, Inhalt und Sinn der einzelnen Klauseln zu erfassen. 71 Allerdings soll dieses aufmerksame Bemühen nicht den Grad der intensiven Beschäftigung erreichen. 72 Keinesfalls jedoch müsse der Verwender dem Kunden die erforderlichen Schlußfolgerungen abnehmen. 73 Zwar dürfe das Vertragsrisiko nicht erst nach umfangreichen, unzumutbaren Berechnungen und Schlußfolgerungen oder nicht naheliegenden Überlegungen offenbar werden. 74 Jedoch brauche nicht jede Einschränkung herausgestellt und jede Rechtsfolge explizit ausgesprochen zu werden. 75 Ebenso sei es nicht erforderlich, daß jeder Durchschnittskunde in der Lage sei, die erforderlichen und gedanklichen Überlegungen und Schlußfolgerungen zu ziehen, die ihm den Inhalt der betreffenden Klauseln offenbare. 76 Diese unterschiedlichen Auffassungen spiegeln sich auch in der Beurteilung der Transparenz von Zins- und Tilgungsverrechnungsklauseln wieder. Nach einem Teil der Literatur handelt es sich bej den Zins- und Tilgungsverrechnungsklauseln um eine deutliche und für den Durchschnittskunden erkennbare Berechnungsweise, der er schon bei geringem Nachdenken die Effektivzinser-

68

BGHZ 112, 115 (118).

OLG Frankfurt, NJW 1989,2264 (2266); LG Karlsruhe, ZIP 1989, 1540; ähnlich, aber schon abgeschwächter OLG Ramburg, ZIP 1990, 982 (983). 70 LG Karlsruhe, ZIP 1989, 1540. 71 OLG Ramm, WM 1990, 466 (469); OLG Düsseldorf, ZIP 1989, 910 (912); OLG Köln, WM 1990, 1327 (1330); Koller, FS f. Steindorff, 667 (677); Kollhosser, ZIP 1986,1429 (1432); Westermann,ZIP 1989,912 (913); Köndgen, NJW 1989, 943 (947); Wagner-Wieduwilt, WuB I E 4. - 3.91, 501 (503); ausführlich Schäfer, S. 68 ff. n OLG Köln, WM 1990, 1327 (1330). 73 OLG Düsseldorf, ZIP 1989, 910 (912); OLG Nürnberg, WM 1990, 976 (977); OLG Ramm, WM 1990,466 (469); AG Ralle, WM 1990, 65 (66). 74 OLG Nürnberg, WM 1990, 976 (977). 75 OLG Köln, WM 1990, 1327 (1330). 69

76 OLG Düsseldorf, ZIP 1989,910 (912); OLG Ramm, WM 1990,466 (469); a.A. Kohle, EWiR § 9 AGBG 13/89,631 (632).

B. Kriterien der Intransparenz

275

höhung entnehmen könne. 77 Andere halten die Klauseln rur den Nonnalverbraucher fiir undurchschaubar. 78

b) Stellungnahme

Die Anforderungen an die von dem Durchschnittskunden aufzuwendende Sorgfalt sind aus dem Transparenzgebot selbst abzuleiten. Nach dem AGBG ist die Fonnulierungsverantwortung einseitig dem Verwender auferlegt. 79 Infonnationskosten und Lasten sind in signifikanter Weise vom Kunden auf den Verwender verlagert worden. Wählt dieser schwer verständliche vertragliche Konstruktionen im Rahmen der ihm faktisch einseitig zustehenden Gestaltungsmacht, so ist er daraus verpflichtet, diese dem Vertragspartner in einer verständlichen Weise zu unterbreiten. 80 Bereits hieraus folgt, daß die Anforderungen an die Infonnationsbemühungen des Vertragspartners des Verwenders nicht hoch zu veranschlagen sind. Ein weiteres kommt hinzu. Sinn und Zweck des Transparenzgebotes ist es, dem Vertragspartner des Verwenders die Möglichkeit zu verschaffen, sich über die im Vertrag geregelten Rechte und Pflichten zu unterrichten. Dabei ist in diesem Zusammenhang besonders bedeutsam, daß dieses dem Vertragspartner des Verwenders bereits bei Vertragsschluß möglich sein soll. Da in diesem Zeitpunkt aber eine intensive Beschäftigung mit den AGB aus ökonomischen Gesichtspunkten ausgeschlossen ist, folgt aus dem Sinn und Zweck des Transparenzgebotes, daß zum Verständnis des AGB-Textes nicht eine intensive Beschäftigung des Kunden mit den Klauseln gefordert werden kann. 81 Aber auch die Forderung nach müheloser und sofortiger Durchschaubarkeit der Klauseln ist abzulehnen, da damit zumindest der Anschein erweckt wird, 77 Canaris, NJW 1987, 609 (610); Canaris, NJW 1987,2407; Bruchner, WM 1987, 449 (456). 78 Trinkner/Woljer,BB 11987,425 (427); Löwe, NJW 1987, 937 (946); Löwe, BB 1988, 1902 (1903); Bader, BB 1986, 542 (545); Bader, BB 1986,1797 (1798); Köndgen, NJW 1987, 160 (163); Köndgen, EWiR § 9 AGBG 21/86, 1053 (1054). 79 So auch Metz, NJW 1991, 668 (669). 80 Ebenso Metz, NJW 1991, 668 (669); vgl. dazu auch BGH, NJW 1990, 1844 zur Koppelung von Konsumentenkrediten mit Kapitallebensversicherungen. 81 So auch, Metz, NJW 1991, 668 (669); Koller, EWiR § 9 AGBG 11190, 841; Kohte, EWiR § 9 AGBG 13/879, 631 (632).

18*

276

8. Kapitel: Inhalt und Schranken des Transparenzgebotes

daß dem Kunden keinerlei gedankliche Überlegung zugemutet werden dürfe. 82 Dem Transparenzgebot liegt der Gedanke zugrunde, daß der Vertragspartner des Verwenders Kenntnis von dem Inhalt der AGB erlangen will, um eine vernünftige Entscheidung über den Vertragsabschluß treffen zu können oder bei der Vertragsdurchfuhrung seine Rechtsstellung beurteilen zu können. 83 Ihm ist daher - wie bei jedem anderen Vertragsabschluß - zuzumuten, sich um den Inhalt der AGB und dessen Verständnis zu bemühen. Dies setzt voraus, daß er die AGB im einzelnen zur Kenntnis nimmt, mithin sie liest. Er muß - wie bei jeder Rezeption von Texten - auch versuchen, ihren Sinn zu ermitteln. Dabei darf er sich naheliegenden Schlußfolgerungen nicht verschließen. So sind dem Kunden einfache Multiplikationen durchaus zumutbar. 84 Ebenso ist dem BGH zuzustimmen, daß die Nachteiligkeit einer in vierteljährlichen Teilbeträgen zu entrichtenden Iahresleistung aus Zins- und Tilgungsbeträgen dem Kunden erkennbar ist. 85 Andererseits sind die wirtschaftlichen Folgen bei der Berechnung der Vergütung nicht verbrauchter Kreditzinsen nach der Zinsstaffelmethode, auch wenn deren Formel in den AGB abgedruckt ist, dem Vertragspartner des Verwenders nicht ohne komplizierte Berechnungen verständlich. 86 Von einfachen Berechnungen kann auch dann nicht mehr die Rede sein, wenn sich die Rechtsfolge einer Klausel erst mit Hilfe umfangreichen, nicht alltäglichen Fachwissens erschließt. 87 So kann die Kenntnis der vorschüssigen Rentenbarwertformel ebensowenig beim Durchschnittskunden vorausgesetzt werden wie ein "leasingtypisches" Abrechnungsverfahren, welches nur mit Hilfe eines Computerprogramms nachvollzogen werden kann. 88 Zudem ist auch bei den Verständnisbemühungen des Kunden entsprechend zur Formulierungsverantwortung des Verwenders nach Inhalt und Bedeutung der Klausel bzw. des Vertrages zu differenzieren. Bei Geschäften des täglichen Lebens sind die Anforderungen an die Verständnisbemühungen zu senken, sollen sie doch in einem ökonomischen Verhältnis zur Bedeutung des Rechtsgeschäfts stehen. Bei Rechtsgeschäften, die eine dauerhafte Bindung anstreben

82 83

So auch Köndgen, NJW 1989, 943 (947). Vgl. Schäfer, S. 70 f.

84 Vgl. dazu BGH, NJW 1993,2052 (2054); OLG Köln, NJW 1995, 2044; Schäfer, S. 72; Woifin WolflHorn/Lindacher § 9 Rdn. 148. 85 Vgl. BGH, NJW 1993, 3261 (3262). 86 Vgl. LG Stuttgart, NJW 1993, 208 (209). 87 88

OLG Köln, NJW 1995, 2044. OLG Köln, NJW 1995, 2044.

B. Kriterien der Intransparenz

277

oder erhebliches finanzielles Gewicht aufweisen oder aus anderen Gründen von besonderer Bedeutung rur den Durchschnittskunden sind, darf an die Verständnisbemühungen der Kunden ein höherer Maßstab angelegt werden. Dies bedeutet, daß insbesondere hinsichtlich der Zeit und des Aufwandes, sich den Inhalt der AGB zu erschließen, ein stärkeres Bemühen erwartet werden darf.

III. Interessenabwägung Vorstehend sind die einzelnen Aspekte des Abwägungsprozesses herausgearbeitet worden, die über die Transparenz einer Klausel entscheiden. Fraglich ist jedoch, ob weitere Interessen in diesen Abwägungsprozeß einfließen können, die bei einer als nach den obigen Kriterien als intransparent zu beurteilenden Klausel das Unwirksamkeitsurteil ausschließen.

1. Interesse an der Verwendung intransparenter AGB

Ein berechtigtes Interesse des Verwenders an der Verwendung intransparenter Klauselgestaltungen ist nicht erkennbar. 89 Als alleiniger Grund käme die Verheimlichung von Regelungen und die Täuschung des Vertragspartners in Betracht. Derartige Interessen werden in der Rechtsordnung jedoch in keiner Weise anerkannt.

2. Mangelnde DarsteIlbarkeit

Ein Interesse an der Verwendung intransparenter AGB könnte jedoch dann bestehen, wenn eine deutliche und verständliche Darstellung aufgrund der tatsächlichen oder rechtlichen Komplexität des geregelten Sachverhaltes nicht möglich erscheint. 90 Hierbei handelt es sich nur um Ausnahmefälle. Denn bereits bei der Erörterung, in welchem Umfang der Inhalt einer Klausel dem Durchschnittskunden verständlich sein muß, ist ausgearbeitet worden, daß nicht jede Rechtsfolge explizit auszuruhren und jede Regelung in ihren einzelnen Konsequenzen nachvollziehbar zu gestalten ist. Daher wird im Regelfall eine

89 90

So auch Soergel/Stein § 9 Rdn. 21. Vgl. dazu Schäfer. S. 79.

278

8. Kapitel: Inhalt und Schranken des Transparenzgebotes

klare und deutliche Darstellung des Klauselinhaltes den Anforderungen des Transparenzgebotes genügen. Allerdings sind wie im Fall der Annuitätendarlehen auch Konstellationen denkbar, bei denen eine klare und verständliche Fassung der einzelnen Klauseln nicht ausreicht, um dem Durchschnittskunden die Konsequenzen des Zusammenwirkens der verschiedenen Klauseln zu verdeutlichen. Für diese Fallgruppen stellt sich die Frage, ob überwiegende Interessen der Verwender dennoch zur Wirksamkeit dieser intransparenten Klauseln führen können. 91

a) Kompensationsmöglichkeiten92

Derartige intransparente Regelungen könnten hingenommen werden, wenn das Interesse der Vertrags partner der Verwender an der Durchschaubarkeit ihrer Rechtsstellung auf andere Weise erfüllt wird. Im Rahmen der Diskussion zu den Annuitätendarlehen wurde neben der Frage der deutlicheren Darstellung der Klauseln selbst eine Vielzahl von Möglichkeiten erörtert, die Transparenz der streitigen Klauseln zu erhöhen. Dies wirft die Frage auf, ob der Verwender in Folge des Transparenzgebotes verpflichtet ist, in Fällen, in denen eine transparente Klauselgestaltung wegen der Schwierigkeit des darzustellenden Inhalts nicht möglich ist, Zusatzinformationen zu geben.

aa) Der Meinungsstand beim Annuitätendarlehen Nach einer Ansicht muß der Verwender dem Kunden die Konsequenzen seiner Zinsberechnung eindeutig offenlegen. 93 Wenn dieses nicht durch die Angabe des Effektivzinssatzes oder der Aushändigung eines Tilgungsplans geschehe, sei jedenfalls ein unmißverständlicher und offen gegebener Hinweis in

91

Vgl. dazu Schäfer, S. 79 ff.

92 V gl. dazu Wolf in Wolf/HorniLindacher § 9 Rdn. 134; Palandtl Heinrichs § 9 Rdn. 10; Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 81; ErmaniHefermehl § 9 Rdn. 14; Hoyningen-Heune Rdn. 172 ff.

93 OLG Frwikfurt, NJW 1989,2264 (2266); OLG Celle, WM 1989,435; OLG Karlsruhe, WM 1990, 1867 (1871); Baums, ZIP 1989, 7.

B. Kriterien der Intransparenz

279

den AGB auf die zinserhöhende Wirkung der Zinsberechnung erforderlich. 94 Denn nur in einem solchen Fall könne der Durchschnittskunde die rur ihn nachteilige Regelung mühelos durchschauen, ohne zu weiteren Überlegungen genötigt zu sein. 95 Eine derartige Pflicht zur Verdeutlichung überfordere auch nicht die Verwender. 96 Nach anderer Ansicht kann vom Verwender ein ausdrücklicher Hinweis auf die Wirkungen seiner Klauseln nicht gefordert werden. 97 Den Verwender treffe nicht die Pflicht, dem Kunden die gedanklichen Schlußfolgerungen abzunehmen, die sich aus dem Zusammenspiel der Klauseln ergeben, indem er diesen Klauseln einen erläuternden Hinweis hinzuruge. 98 Eine so weitgehende Aufklärungspflicht sei weder dem AGBG noch den Grundsätzen von Treu und Glauben zu entnehmen. 99 Zudem überschreite es die Grenzen der richterlichen Kontrollbefugnis, weil eine Unwirksamkeitserklärung der betreffenden Klausel nicht aufgrund der Intransparenz der Klausel selbst, sondern aufgrund fehlender Hinweise ergehe. 10o Auf diese Weise würden zusätzliche Angaben des Verwenders und damit neue Klauseln erzwungen. 101 Damit werde der Rahmen des AGB-Rechts als Instrument der Mißbrauchskontrolle vorhandener Klauseln gesprengt. 102

94 BGRZ 112, 115 (121); OLG Frankfurt, NJW 1989, 2264 (2266); OLG Karlsruhe, WM 1990, 1867 (1871); OLG Karlsruhe, NJW-RR 1991, 625 (627); OLG Celle, NJWRR 1991, 634 (635); KG, WM 1991, 1250 (1251); Wolf in Wolf/RorniLindacher § 9 Rdn. 149. 95 BGHZ 112, 115 (121); OLG Frankfurt, NJW 1989, 2264 (2266).

BGHZ 112, 115 (121 f.); OLG Karlsruhe, WM 1990, 1867 (1871). OLG Düsseldorf, ZIP 1989, 910 (912); OLG Koblenz, NJW 1989, 2269; OLG Ramm, WM 1990,466 (469); OLG Nürnberg, WM 1990,976 (977); LG Karlsruhe, ZIP 1989, 1540 (1541); AG Köln, WM 1989, 1563 (1566); AG Ralle, WM 1990,65 (66); AG Bielefeld, WM 1990, 470 (472); Ringseisen. WuB I E 4. - 6.90, 899 ff.; Taupitz. NJW 1989, 2242 (2244); zweifelnd Westermann. ZIP 1989, 912. 98 OLG DüsseIdorf, ZIP 1989,910 (912); OLG Ramm, WM 1990,466 (469); OLG Nürnberg, WM 1990, 976, (977); AG Bielefeld, WM 1990, 470 (472); Taupitz. JuS 1989, 520 (526); Westermann. ZIP 1989, 912; Taupitz. NJW 1989, 2242 (2244). 96 97

99 OLG Düsseldorf, ZIP 1989, 910 (912); OLG Ramm, WM 1990,466 (469); AG Bielefeld, WM 1990, 470 (472). 100 LG Karlsruhe, ZIP 1989, 1540 (1541); LG Köln, ZIP 1990,984. 101

LG Karlsruhe, ZIP 1989, 1540 (1541); LG Köln, ZIP 1990, 984.

102

LG Karlsruhe, ZIP 1989, 1540 (1541); LG Köln, ZIP 1990, 984.

280

8. Kapitel: Inhalt und Schranken des Transparenzgebotes

bb) Stellungnahme Der Verwender trägt die Fonnulierungsverantwortung. Er ist mithin verpflichtet, den Klauselinhalt klar und deutlich abzufassen. Das Transparenzgebot beschränkt sich aber, wie oben ausgefiihrt, nicht darauf, eine fonnal einwandfreie Klauselgestaltung durchzusetzen. Ausgangspunkt des Transparenzgebotes ist die Verständlichkeit des jeweiligen Inhalts einer Klausel. Bei komplexeren Sachverhalten oder bei zusammenwirkenden Klauseln kann die Verständlichkeit gegebenenfalls nur durch zusätzliche erläuternde Hinweise hergestellt werden. l03 Aus dem Transparenzgebot folgt mithin die Pflicht, gegebenenfalls die Verständlichkeit einer Klausel über Hinweise und Erläuterungen abzusichern. 104 Hiergegen kann nicht eingewandt werden, derartige Hinweispflichten seien dem Verwender nicht zumutbar. Sowohl nach dem Grundsatz von Treu und Glauben als auch nach einzelnen Vorschriften des AGBG bestehen unter bestimmten Umständen Hinweis- und Aufklärungspflichten. So enthält § 3 indirekt Hinweispflichten, da ungewöhnliche Klauseln dann nicht als überraschend eingestuft werden, wenn auf sie hingewiesen wird. 105 Ebenso kann § 11 Nr. 10 b dafür angefiihrt werden, daß auch Nonnen der Inhaltskontrolle auf eine Aufklärung der Kunden abzielen. Damit wird auch nicht - und diesen Eindruck mag die Verwendung des Terminus Aufklärungspflicht erwecken - eine generelle und weitreichende Aufklärungspflicht der AGB-Verwender statuiert. 106 Die Aufklärungspflicht beschränkt sich vielmehr auf den Inhalt der vom Verwender selbst in seinen AGB aufgestellten Konditionen. l07 Damit wird der Verwender der AGB nicht ver-

103 Schäfer, S. 79 ff., geht hingegen davon aus, daß in Ausnahmefallen eine transparente Darstellung nicht möglich ist.

104 LG Stuttgart, NJW 1993,208 (209); BAG, NJW 1994,213 (214); so auch Wolf in WolflHorniLindacher § 9 Rdn. 149, der zwischen Verständlichkeits- und Hinweisgebot unterscheidet; siehe aber auch Wolfin WolfIHomlLindacher § 9Rdn. 144, wo von Heilung des Transparenzverstoßes durch Hinweise gesprochen wird; ErmaniHefermehl § 9 Rdn. 19; Hoyningen-Heune Rdn. 202. 105 106

Vgl. Kapitel 4; so auch Wolfin Wolf/HornfLindacher § 9 Rdn. 149. Vgl. Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 97.

107 Vgl. daiu Vortmann, WM 1989, 1557 m.w.N.; Brandner, ZHR 153 (1989), 147 (150 f.); Westermann, ZHR 153 (1989), 123 (145).

B. Kriterien der Intransparenz

281

pflichtet, über die Zweckmäßigkeit dieser Konditionen bzw. des abzuschließenden Vertrages aufzuklären. l08 Der weitere Einwand, auf diese Weise würden die Grenzen richterlicher Kontrollbefugnisse überschritten, ist rein formaler Natur. Denn ein Hinweis muß nicht notwendig in einer separaten Klausel erteilt werden. Zusätze oder Differenzierungen innerhalb einer Klausel, die das Verständnis erleichtern, werden aber im AGBG in den verschiedensten Bestimmungen indirekt angestrebt. l09 Insofern folgt aus dem Transparenzgebot, daß der Verwender sich nicht auf mangelnde Darstellungsmöglichkeiten berufen kann. Soweit trotz einer klaren und deutlichen Abfassung der Klausel erhebliche Verständnisschwierigkeiten verbleiben, ist der Verwender gehalten, mittels erläuternder Hinweise die erforderliche Transparenz herzustellen. Damit erübrigt sich die Frage, unter welchen Umständen berechtigte Interessen des Verwenders die Benutzung intransparenter AGB rechtfertigen. Derartige Umstände sind nämlich wegen der stets vorhandenden Möglichkeit, den Vertragspartner auf anderem Wege aufzuklären, nicht erkennbar. llo

b) Probleme bei individuellen Hinweisen

Der Verwender kann durch erläuternde Hinweise die erforderliche Transparenz herstellen. III ZU eben diesen Hinweisen zählen neben erläuternden Ergänzungen der AGB auch Mittel wie die Effektivzinsangabe, Beispielsrechnungen, Tilgungspläne etc. ll2

108 Vgl. dazu nur BGH, ZIP 1989, 558 (559); Canaris, Bankvertragsrecht, Rdn. 114; Hoyningen-Heune Rdn. 202.

109 110

Vgl. dazu BGH, NJW 1983, 1854 (1855); BGH, BB 1990, 1155 (1157). A.A. Schäfer, S. 79 ff.

111 Vgl. dazu die Vorschläge des OLG Karlsruhe, WM 1990, 1867 (1871) und des LG Karlsruhe, ZIP 1989, 1540 (1541); vgl. allgemein zur Kompensation Soergel/Stein § 9 Rdn. 29.

ll2 Vgl. BGHZ 106,45 (51); BGH, ZIP 1991, 1474 (1476); BGH, ZIP 1991,791 (792); BGH, ZIP 1992,469 (471); Baums, ZIP 1989,7.

282

8. Kapitel: Inhalt und Schranken des Transparenzgebotes

Problematisch wird die Berücksichtigung derartiger Informationen dann, wenn sie außerhalb des AGB-Textes selbst liegen. l13 In derartigen Fällen müssen diese Informationen nicht notwendig jedem auf der Grundlage der jeweiligenAGB abgeschlossenen Vertrag zugrunde liegen. Es handelt sich daher um individuelle Umstände. Mithin stellt sich die Frage, ob und inwieweit individuelle Umstände bei der Beurteilung der Transparenz einer AGB-Klausel Berücksichtigung fmden können. Zum Teil wird die Berücksichtigung ergänzender Auskünfte gänzlich abgelehnt. 114 Daneben wird vertreten, daß individuelle Umstände jeder Art nach § 242 BGB unter dem Einwand des Rechtsmißbrauchs zu berücksichtigen sind. 115 Nach anderer Ansicht finden individuelle Umstände nur dann Berücksichtigung, wenn sie den Charakter von Individualabreden LS.d. § 4 annehmen. 116 Zwar scheide eine unmittelbare Anwendung von § 4 AGBG aus, da bei Zusatzinformationen keine vertragliche Abreden getroffen werden und die Zusatzinformationen die AGB-Klausel erläutern und nicht etwa Abweichendes vereinbaren. 117 Diese Konstellation weise aber dennoch ausreichend Ähnlichkeit mit dem Tatbestand des § 4 auf, der letztendlich eine Spezialität zwischen individuellen Abmachungen und AGB anordne. Insofern könne hier an eine Analogie zu § 4 gedacht werden. Ebenso könne dieses Ergebnis über eine analoge Anwendung von § I 11 erreicht werden. 118 Die Berücksichtigung individueller Umstände aufgrund des Einwands des Rechtsmißbrauches ist abzulehnen. 119 Nach den anderen Ansätzen kommt eine Berücksichtigung individueller Umstände nur dann in Betracht, wenn diese auf die Initiative des Verwenders zurückzuführen sind. Damit kommt Sonderwissen, welches der Vertragspartner des Verwenders von vorneherein besitzt oder sich zwecks Abschluß des Vertrages durch Dritte beschafft, dem Verwender der

113

Vgl. dazu BGH, ZIP 1991, 1474 (1476); Köndgen, NJW 1989, 943 (951).

114

Koller, EWiR § 9 AGBG 1lI90, 841 (842).

115 Brandner in UlmerlBrandnerlHensen § 9 Rdn. 34 ff., 106; Ringseisen, WuB I E 4. - 7.90, 899 (902); vgl. auch Wolfin WolflHorniLindacher § 9 Rdn. 27; HoyningenHeune Rdn. 203. 116 Köndgen, NJW 1989,943 (951); Westermann, FS f. Steindorff, 817 (828); Ringseisen, WuB I E 4. - 7.90, 899 (902); siehe auch Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 78; KG, WM 1991, 1250 (1251). 117 Köndgen, NJW 1989, 943 (951). 118

Heinrichs, Verbraucherkreditrecht, S. 101 ff.

119

Ebenso Köndgen, NJW 1989, 943 (951).

B. Kriterien der Intransparenz

283

AGB nicht zugute. l2O Dies entspricht der Fonnulierungsverantwortung des Verwenders, der er nach den anderen Lösungsansätzen auch noch außerhalb der AGB, dannjedoch unter verschärften Umständen genügen kann. Der Verwender sollte jedoch nicht dadurch von seiner Verantwortung entbunden werden, daß sein Vertragspartner sich überobligatorisch um das Verständnis intransparenter AGB bemüht. Dies wäre, würde man individuelle Umstände über § 242 BGB berücksichtigen,jedenfalls leichter zu begründen, als wenn man den Verwender, wie es hier geschieht, auf die im AGBG angelegten Möglichkeiten der Kompensation verweist. Allerdings können individuelle Umstände, die seitens des Verwenders zur Erläuterung seiner AGB gesetzt werden, nicht völlig außer Betracht gelassen werden. Insoweit ist zu berücksichtigen, daß bei der Verwendung von AGB nicht völlig von der konkreten Situation bei Vertragsschluß abstrahiert werden kann. Dies erweisen die Nonnen der Einbeziehungskontrolle und insbesondere § 1 11 und § 4, die individuellen Absprachen den uneingeschränkten Vorrang vor AGB-Regelungen einräumen. Daher ist der Auffassung zu folgen, die bei individuellen Umständen im Individualprozß eine analoge Anwendung des § 4 favorisiert. Im Vergleich mit der Lösung über die Figur des Rechtsrnißbrauchs werden hierbei nur solche Infonnationen berücksichtigt, die der Verwender in Bezug auf den abzuschließenden Vertrag erteilt. Insofern wird strikt an seine Fonnulierungsverantwortung angeknüpft. Zudem harmoniert diese Ansicht auch mit der bereits oben dargestellten Behandlung von Sonderwissen einzelner Kunden. Soweit dieses nicht auf einer gezielten Aufklärung des Verwenders beruht, bleibt es rur die Beurteilung der Transparenz einer Klausel unerheblich. Daß damit im Einzelfall Vertragspartner begünstigt werdern, die im konkreten Fall nicht schutzbedürftig sind, muß im Interesse von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit hingenommen werden. Über diese Ausnahmen hinaus besteht jedoch kein Anlaß, individuelle Umstände, d.h. Umstände außerhalb des eigentlichen AGB-Textes, bei der Beurteilung der Angemessenheit von intransparenten AGB hinzuzuziehen. 121

120 Für die Berücksichtigung von Sonderwissen gerade unter dem Aspekt der Berücksichtigung individueller Umstände, Wagner-Wieduwilt. WuB I E 4. - 5.92, 1021 (1023); ErmanJHejermehl § 9 Rdn. 19 m.w.N. 121 Für eine grundsätzlich uneingeschränkte Berücksichtigung individueller Umstände jedoch Wolfin Wolf/HorniLindacher § 9 Rdn. 144, der allerdings eigenwillige Einschränkungen in Bezug auf die Erinnerlichkeit mündlicher Erläuterungen vornimmt.

284

8. Kapitel: Inhalt und Schranken des Transparenzgebotes

c) Diskussion einiger Darstellungs/armen

Im folgenden sollen einige der häufig genannten Darstellungsmöglichkeiten bzw. Kompensationsformen näher analysiert werden.

aa) Sensibilisierung durch drucktechnische Änderungen Nach einer Auffassung gelten Klauseln für durchschaubarer, wenn durch drucktechnische Änderungen wie beispielsweise Fettdruck oder Maschinenschrift die Aufmerksamkeit des Kunden auf die betreffende Klausel gelenkt wird. 122 Die Gegenansicht lehnt die Berücksichtigung derartiger Umstände bei der Beurteilung der Transparenz einer Klausel völlig ab. 123 Es sei nicht nachvollziehbar, wie durch maschinenschriftliche Einfügungen in den ansonsten vorgedruckten Vertragstext trotz aller Verständnisschwierigkeiten den Kunden die zinserhöhende Wirkung der Klausel offensichtlich werden könne. 124 Letzterer Ansicht ist dem Grunde nach zuzustimmen. Die Überlegungen zur Sensibilisierung des Kunden stammen aus der Kasuistik zu § 3. Durch optische Auffalligkeiten kann die Aufmerksamkeit des Kunden auf eine ungewöhnliche Klausel gelenkt werden, so daß der Überraschungseffekt entfallt. Bei intransparenten Klauseln besteht zwar auch die Gefahr, daß die Klauseln übersehen werden. Hauptkritikpunkt ist jedoch, daß selbst bei Kenntnisnahme der Inhalt der Klausel nicht hinreichend deutlich wird. Insofern ist die Sensibilisierung des Kunden durch drucktechnische Hervorhebungen allein nicht geeignet, die Verständlichkeit einer Klausel herzustellen. Allerdings verkennt die Auffassung, eine Sensibilisierung des Kunden über drucktechnische Auffalligkeiten sei im Rahmen der Transparenz irrelevant, daß hiermit die Aufmerksamkeit des Kunden gezielt auf die betreffende Klausel

122 OLG Düsseldorf, WM 1989, 1370 (1373); LG Nürnberg-Fürth, WM 1990, 221 (222); AG Lüneburg, WM 1990, 473 (474); Gäßmann, WuB I E 4. -7.90, 1007 (1008); Taupitz, JuS 1989, 520 (526); Taupitz, NJW 1989, 2242 (2243); Alisch, EWiR § 607 BGB 2/89, 1077 (1078). 123 OLG Celle, ZIP 1989,291 (293); OLG Karlsruhe, NJW-RR 1991, 625 (626 f.); vgl. auch Taupitz, NJW 1989, 2242 (2243). 124 OLG Celle, ZIP 1989, 291 (293).

B. Kriterien der Intransparenz

285

gelenkt wird. Die Hervorherbung einer Klausel signalisiert dem Kunden aber deren besondere Bedeutung. Von dem Kunden darf daher aufgrund dieses optischen Hinweises erwartet werden, daß er sich um das Verständnis dieser Klausel im verstärkten Maß bemüht. Unter diesem Gesichtspunkt vermögen drucktechnische Mittel im Rahmen der Beurteilung der Transparenz einer Klausel eine Rolle spielen.

bb) Tilgungsplan Zur Herstellung von Transparenz bei den Annuitändarlehen soll auch ein Tilgungsplan dienen können. 125 Es ist zuzugestehen, daß ein Tilgungsplan die Effektivzinssteigerung durch die erst nachträgliche Tilgungsverrechnung bei unterjährigen Tilgungsleistungen dem Kunden bewußt zu machen vermag. 126 Dieses Mittel zur Steigerung der Transparenz unterliegt jedoch den oben erörterten Bedenken hinsichtlich außerhalb von AGB vermittelten Informationen. Daher ist ein Tilgungsplan nur dann als geeignet anzusehen, wenn dem Vertragspartner des Verwenders vor Vertragsschluß ein Tilgungsplan rur sein spezielles Darlehen übergeben wird. 127 Erschwerend kommt hinzu, daß auch ein Tilgungsplan selbst wiederum den Anforderungen an Transparenz genügen muß. 128 Im übrigen ist zu berücksichtigen, daß eine frühe Aushändigung eines genügend konkreten Tilgungsplanes auch praktisch nicht möglich ist. 129 Mithin kann ein Tilgungsplan nur in Aus-

125 BGH, ZIP 1991, 791 (792); OLG Frankfurt, NJW 1989,2264 (2266); AG Köln, WM 1989, 1563 (1566); AG Köln, ZIP 1989,565 (566); AG Bielefe1d, WM 1990, 470 (472); Hunecke, WM 1988, 553 (554); Reifner, NJW 1989, 952 (960); Wolfin Wolf/ HornlLindacher § 9 D 17; fiir zu weitgehend von AG Halle, WM 1990, 65 (66) erachtet; gänzlich ablehnend Westermann, ZBB 1989, 36 (41). 126

Kritisch Canaris, WuB I E 4. - 2.89, 165 (168).

LG Köln, ZIP 1992, 1380 (1382); AG Köln, ZIP 1989, 565 (566); Metz, NJW 1991,668 (670); Reifner, NJW 1989,952 (957, 960); Köndgen, NJW 1989,943 (951); Canaris, WuB I E 4. - 2.89, 165 (168); a.A. OLG Köln, WM 1990, 1327 (1330); OLG Hamm, WM 1990, 466 (470); Taupitz, NJW 1989, 2242 (2243). 127

128

Metz, NJW 1991, 668 (670).

Canaris, WuB I E 4. - 2.89, 165 (168); Köndgen, NJW 1989, 943 (951); Westermann, FS f. Steindorff, 817 (824); Westermann, ZBB 1989,36 (41). 129

286

8. Kapitel: Inhalt und Schranken des Transparenzgebotes

nahmefällen als Kompensation unverständlicher Zins- und Tilgungsberechnungsklauseln dienen. cc) Effektivzinsangabe Nach überwiegender Meinung ist den Transparenzanforderungen beim Annuitätendarlehen Genüge getan, wenn bei Vertragsabschluß die Auswirkungen der Klausel auf die Zinsberechnung durch Angabe des Effektivzinses auch für einen Durchschnittskunden hinreichend durchschaubar gemacht worden sind. l3O Diese Ansicht hält einer kritischen Überprüfung nicht stand. 13l Die Angabe des Effektivzinssatzes vermittelt dem Kunden weder den genauen Preis des Darlehens, noch ist sie geeignet, auf die preissteigernde Wirkung bestimmter Klauseln hinzuweisen. 132 In den Effektivzinssatz nach der PAngVO fließen nur bestimmte, nicht jedoch alle preisbestimmenden Faktoren ein. 133 Insofern vermittelt er nur ein

130 BGHZ 106,45 (51); BGH, ZIP 1991, 791 (792); BGH, ZIP 1991, 1474 (1476); BGH, ZIP 1992,469 (471 f); BGH, ZIP 1992, 105 (106); OLG Koblenz, NJW 1989, 2268 (2269); OLG Frankfurt, NJW 1989, 2264 (2265 f); OLG Karlsruhe, NJW-RR 1991,625 (626); OLG ee1le, NJW-RR 1991, 634 (635); KG, NJW-RR 1990, 544 (548); KG, WM 1991, 1250 (1251); AG Köln, WM 1989, 1563 (1566); AG Halle, WM 1990, 65 (66); AG Bielefeld, WM 1990,470 (472); Schmuck, BB 1986,1794 (1797); Köndgen, EWiR § 9 AGBG 21/86, 1053 (1054); Kollhosser, ZIP 1986, 1429 (1431); Steppler, Sparkasse 1986, 556 (558); Köndgen, NJW 1987, 160 (164); Häuser, EWiR § 9 AGBG 2/87,7 (8); Fischer, WuB I E.4 - 1.87,7 (10); Baums, WM 1987, Sonderbeilage 2,3 (4); Canaris, NJW 1987, 609 (615); Löwe, NJW 1987, 937 (940); Wolf, EWiR § 9 AGBG 11/87, 635 (636); Löwe, BB 1988, 1902 (1902, 1904); Bundesregierung, BTDrucks. 10/5660 S. 21; Finanzministerium Baden-Württemberg, BB 1987, 571; Köndgen, NJW 1989, 943 (951); Brüggemeier, EWiR § 9 AGBG 19/91,837 (838); Taupitz, JuS 1989, 520 (521); Taupitz, NJW 1989, 2242 (2243, Fn. 15); Wolfin Wolf/Horn/Lindacher § 9 D 17; a.A. AG Halle, WM 1990, 65 (66); Bruchner, WM 1987,449 (462); Brandner in UlmerlBrandner/Hensen § 9 Rdn. 103; ErmaniHefermehl § 9 Rdn. 19. 131 So auch Westermann, FS f Steindorff, 817 (828); Westermann, ZIP 1989, 36 (39); Canaris, WuB I E 4. - 2.89, 165 (168); Reifner, NJW 1989, 952 (957, 959).

132 Canaris, WuB I E 4. - 2.89, 165 (168); Köndgen, NJW 1989, 943 (951), der dieses jedoch nicht für erforderlich hält. 133 Siepe, Wirtschaftswoche v. 28.7.1989, spricht von bereits über 25 Nebenkostenbestandteilen, die nur gut zur Hälfte in die Berechnung des Effektivzinses einfließen; Seckelmann, Kreditwesen 1989, 948.

B. Kriterien der Intransparenz

287

eingeschränkt richtiges Bild über die tatsächliche Preishöhe. Darüber hinaus weist Altrogge deutlich nach, daß durch die Wahl einer mehr oder minder günstigen Kontoführungsmethode in Bezug auf einen festliegenden Nominalzinssatz erreicht werden kann, daß der effektive Jahreszins mehr oder weniger weit darüber liegt,134 und daß der effektive Jahreszins weder eine Aussage über die Gesamtsumme der zu zahlenden Zinsen noch auf die Laufzeit bis zur vollständigen Tilgung erlaubt. 135 Mithin ist die Effektivzinsangabe nur ein begrenzt taugliches Mittel, dem Kunden die Preiswahrheit und Preisklarheit zu verschaffen. 136 In diesem Zusammenhang ist aber entscheidender, daß die Angabe des Effektivzinssatzes nicht dazu führt, daß der Kunde die preissteigernde Wirkung einer bestimmten Klausel erkennt. 137 Jedenfalls dann, wenn mehr als ein Faktor in der Zins berechnung zur Abweichung vom Nominalzinsatz beiträgt, steigert die Angabe des Effektivzinssatzes nicht das Verständnis für die Bedeutung der Tilgungs- bzw. Zinsverrechnungsklausel. 138 Der Effektivzinssatz vennittelt dem Kunden nur die Gewißheit, daß aufgrund der speziellen Vertragsgestaltung der Nominalzinssatz bloß eine Rechengröße darstellt und nicht die Gegenleistungsverpflichtung kennzeichnet. Transparenzforderungen betreffen jedoch den Sinngehalt einer einzelnen Klausel und nicht eine pauschale abschließende Preisangabe. Insofern kann die Effektivzinsangabe nur in Ausnahmefällen die Transparenz einer intransparenten Klausel herstellen.

d) Ergebnis

Bei Klauseln komplexen Inhalts, die nicht aus sich selbst heraus verständlich dargestellt werden können, ist dem Verwender zuzumuten, die Transparenz auf andere Weise herzustellen. Insoweit enthält das Transparenzgebotauch Hinweispflichten. Diese Hinweise, Erläuterungen, etc. können in den AGB selbst gege-

134

Altrogge. ZBB 1990, 1 (5); vgl. auch Reifner. NJW 1989, 952 ff.

13S

Altrogge. ZBB 1990, 1 (5); vgl. auch Reifner. NJW 1989, 952 (959).

136

Westermann. FS f. Steindorff, 817 (828); Westermann. ZBB 1989, 36 (39).

137 So auch Bruchner. WM 1987, 449 ff; Westermann. ZBB 1989, 36 (39); Canaris. WuB I E 4. - 2.89, 165 (168); Köndgen. NJW 1989, 943 (951). 138

Bruchner. WM 1987, 449 (462); Metz. NJW 1991, 668 (670).

288

8. Kapitel: Inhalt und Schranken des Transparenzgebotes

ben werden. Umstände außerhalb der AGB, die auf eine Erhöhung der AGB abzielen, können als individuelle Umstände in analoger Anwendung des § 4 in den Abwägungsprozeß einfließen.

3. Interessen der Vertragspartner der Verwender

Möglicherweise können intransparente Regelungen jedoch aus überwiegenden Interessen der Vertragspartner der Verwender bestandskräftig sein. Hinsichtlich der Annuitätendarlehen deutet sich diese Auffassung bereits in den Ausführungen des BGH im ersten Annuitäten-Urteil an, daß erst ab dem Zeitpunkt, zu dem die EDV überall einsatzbereit war, die Pflicht entstand, den Kunden die Konsequenzen entsprechender Zinsberechnungsklauseln eindeutig klar zu machen. 139 Dahinter verbirgt sich die Überlegung, daß bis zu diesem Zeitpunkt die jahrzehntelang praktizierte Abrechnung von Annuitätendarlehen von einer inneren Notwendigkeit geprägt war, die mit den nunmehr verfilgbaren technischen Mitteln entfallen ist. Eine taggenaue Abrechnung hätte vorher einen erheblichen personellen Einsatz bedeutet, der Kosten ausgelöst hätte, die letztlich vom Kunden zu tragen gewesen wären. Eine praktikable Regelung, welche diese Kostensteigerungen vermeidet, lag insbesondere auch im Interesse der Kunden. Daher fand diese Abrechnungsmethode auch Eingang in das HBG. Angesichts der heute nahezu unbegrenzten Verfilgbarkeit der elektronischen Datenverarbeitung ist eine taggenaue Abrechnung dieser Darlehen ohne wesentlich erhöhten Aufwand und damit ohne Kostensteigerung durchfiihrbar. Damit entfallen automatisch die früher mit dieser Abrechnungsmethode verbundenen Vorteile rur den Kunden. Es verbleiben die Vorteile fiir den Verwender, nämlich die Effektivzinserhöhung. Aus dieser Darstellung der Interessen an einer bestimmten Form der Abrechnung von Annuitätendarlehen lassen sich gegebenenfalls Schlußfolgerungen zu der materiell-rechtlichen Angemessenheit der Klauseln ziehen. 140 Dem BGH ist aber nicht zuzustimmen, daß sich hieraus zwingende Schlußfolgerungen fiir die Transparenzanforderungenableiten lassen. Wäre dem BGH zu folgen, so bedeu-

139 BGHZ 106, 43 (52 f.); zustimmend Schlosser EWiR § 13 AGBG 1/90, 525; Kohle. EWiR § 9 AGBG 13/89,631 (632). 140

Vgl. dazu die Darstellung des Meinungsstandes in Kapitel 7 B.

B. Kriterien der Intransparenz

289

tete dies, daß eine Klausel, soweit sie angemessen oder materiell-rechtlich vorteilhaft fUr den Kunden ist, geringeren Transparenzanforderungenunterfiele. Entsprechend unterfallen nach Ansicht des BGH auch nur materiell-rechtlich nachteilige Regelungen dem Transparenzgebot. 141 Dabei wird jedoch verkannt, daß Transparenz und materiell-rechtliche Angemessenheit kumulativ von jeder AGB-Klausel zu erfUllen sind. Daß auf diese Weise im Gegensatz zur herkömmlichen Dogmatik § 9 auch auf materiell-rechtlich vorteilhafte Klauseln angewendet wird, rechtfertigt sich daraus, daß anders als bei der reinen materiell-rechtlichen Prüfung in diesen Fällen das AGB-Gesetz nicht gegen den Kunden angewendet und ihm der Schutz entzogen wird. Bei intransparenten Klauseln, die dem Kunden rechtlich vorteilhafte Positionen vermitteln, ist der Kunde nicht in der Lage, diese rechtlichen Vorteile in Anspruch zu nehmen. Insofern werden seine Interessen durch materiell-vorteilhafte, aber intransparente Klauseln erheblich beeinträchtigt. Infolgedessen können derartige Klauseln auch nicht von den Transparenzforderungen ausgenommen werden. 142 Allerdings ist es dem Verwenderverwehrt, sich gegenüber dem Vertragspartner auf eine durch Intransparenz bedingte Unwirksamkeit einer fUr jenen vorteilhaften Klausel zu berufen. 143 Wenn der Vertragspartner durch die Intransparenz von der Wahrnehmung seiner Rechte abgehalten wurde, kann eine Verwenderhaftung aus culpa in contrahendo greifen. 144 Mithin sind auch keine Interessen der Kunden ersichtlich, die eine Aufrechterhaltung intransparenter AGB-Regelungen rechtfertigen.

IV. Ergebnis Die Intransparenz einer Klausel wird mittels eines Abwägungsprozesses beurteilt. An Hand des Verständnis vermögens des Durchschnittskunden wird ermittelt, ob der Inhalt einer Klausel in ausreichend deutlicher und klarer Weise

141

Vgl. dazu Kapitel 7 D I 2.

142

So auch Brandner in UlmerlBrandner/Hensen § 9 Rdn. 102.

Brandner in Ulmer/BrandnerlHensen § 9 Rdn. 102; vgl. auch BGH, NJW 1987, 837 (838) m.w.N.; BGH, WM 1991, 1591 (1594). 143

144

Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 57, 102 m.w.N.

19 Kreienbaum

290

8. Kapitel: Inhalt und Schranken des Transparenzgebotes

zum Ausdruck kommt. Eine weitergehende Abwägung der Interessen der Vertragsparteienan dem Bestand einer intransparenten Klausel findet nicht statt. In den Abwägungsprozeß fließen die verschiedensten Kriterien ein, welche die Formulierungsverantwortung des Verwenders und das Verständnisvermögen des Durchschnittskunden im Einzelfall bestimmen. Maßgeblich sind dafür Inhalt und Bedeutung der Klausel bzw. des Vertrages sowie die Erwartungshaltung der Kunden in Bezug auf den Inhalt des Vertrages.

Neuntes Kapitel

Der Verbandsprozeß Abschließend soll die Anwendung des Transparenzgebotes im Verbandsprozeß geklärt werden. Die herrschende Meinung bejaht eine Anwendbarkeit des Transparenzgebotes auch bei einer Kontrollklage nach § 13. 1 Dies folge bereits daraus, daß das Transparenzgebot in § 9 verankert sei und sich nach objektiven Kriterien bemesse? Zudem entspreche die Überprüfbarkeit intransparenter Klauseln dem Sinn und Zweck des § 13. Durch ein Verbot solcher Klauseln müsse - dem Zweck des § 13 AGBG entsprechend - der Rechtsverkehr davor geschützt werden, daß der Verwender sich, vor allem in Verhandlungen mit rechtsunkundigen Kunden, zur Durchsetzung seiner Forderungen allein auf solche Klauseln stütze, ohne auf die besonderen Umstände des Einzelfalls eingehen zu müssen, von denen in Wahrheit die Berechtigung seiner Forderung abhänge. 3

IBGHZ 106, 259 ff.; BGH, ZIP 1991, 1054 (1056); BGH, ZIP 1991, 1474 (1475 f.); BGH, BB 1991, 2468 (2469); BGH, ZIP 1992, 24 (26); BGH, ZIP 1992, 105 (106); OLG Frankfurt, NJW 1989,2264 (2265); OLG Hamburg, ZIP 1989, 982 (983); OLG Celle, NJW-RR 1991, 634 (635); OLG Köln, NJW-RR 1991, 636; KG, WM 1991,1250 (1251); LG Karlsruhe, ZIP 1989, 1540 f.; KG, NJW-RR 1990, 544 ff.; OLG Karlsruhe, WM 1990, 1867 ff.; LG Dortmund, WM 1990, 1535 ff; Baums, ZIP 1989,7; Niebeling, EWiR § 13 AGBG 3/90, 945 (946); Wolfin WolflHornlLindacher, § 9 Rdn. 144; Lindacher in WolfIHomILindacher § 13 Rdn. 43; Soergel/Stein § 13 Rdn. 4; ErmaniHefermehl § 9 Rdn. 19; ErmanlWerner § 13 Rdn. 25; Löwe, EWiR § 13 AGBG 1/89, 841 (842); OLG Celle, BB 1989,583; Bundschuh, Vortrag vom 9.11.1991; Hensen, EWiR § 13 AGBG 2/91, 1145 (1146); Brandner in Ulmer/BrandnerlHensen § 9 Rdn. 108; Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 13 Rdn. 4; AGB-Klauselwerke/von Westphalen, Transparenzgebot, Rdn. 3, 12; Köndgen, JZ 1992, 643 (644). 2 BGH, ZIP 1991, 1474 (1475); OLG Frankfurt, NJW 1989, 2264 (2265); OLG Celle, NJW-RR 1991, 634 (635); KG, WM 1991, 1250 (1251); Brandner in Ulmer/ Brandner/Hensen § 9 Rdn. 108; Köndgen, JZ 1992, 643 (644).

3

19*

BGH, ZIP 1991, 1474 (1475 f.); OLG Celle, NJW-RR 1991, 634 (635).

9. Kapitel: Der Verbandsprozeß

292

Zudem sei es ein unhaltbares Ergebnis, wenn eine intransparente Klausel im Verbandsprozeß stets Bestand hätte. 4 Nach anderer Ansicht5 ist die Anwendung des Transparenzgebotes im Verbandsprozeß aus zwei Gesichtspunkten abzulehnen.

A. § 17 Irr Nach § 17 III hat das Gericht, falls es die Klage rur begründet erachtet, im Urteil das Gebot auszusprechen, die Verwendung inhaltsgleicher Bestimmungen in AGB zu unterlassen. Das LG Dortmund hat Bedenken, ein derartiges Gebot auszusprechen, wenn eine Klausel materiell-rechtlich angemessen, aber intransparent ist, da damit auch eine transparente Klausel gleichen Regelungsgehaltes untersagt werde. 6 Der Wortlaut des § 17 III unterstützt die Auffassung des LG Dortmund. Denn danach enthält die Urteilsformel das ausdrückliche Gebot, die Verwendung inhaltsgleicher Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu unterlassen. Eine wortlautgetreue Anwendung des § 17 würde bei intransparenten AGB dazu führen, daß die Verwendung inhaltsgleicher, wenn auch transparent verfaßter Bestimmungen untersagt werden müßte. Sinn und Zweck des § 17 III gehen jedoch dahin, den Verwender zu einer wirksamen Klauselfassung anzuhalten. 7 Zur Durchsetzung dieser Zielvorstellung hat der Gesetzgeber in Anlehnung an die rur Unterlassungsurteile nach § 13 UWG entwickelte Kerntheorie in § 17 III nicht nur das Verbot der konkret verwendeten Klausel vorgesehen, sondern den Verbotsumfang auch auf inhaltsgleiche Klauseln erstreckt, um von vorneherein einer Umgehung durch ge-

4

OLG Frankfurt, NJW 1989, 2264 (2265); OLG Hamburg, ZIP 1990, 982 (983).

Bruchner, WM 1988, 1873 (1875); Wagner-Wieduwilt, WM 1989, 37 (43, 45); LG Dortmund, WM 1990, 711; Schlosser, EWiR § 13 AGBG 1/90,525 (526); kritisch Westermann, FS f. Steindorff, 817 (825, 830). 5

6

526. 7

LG Dortmund, WM 1990, 711; zustimmend Schlosser, EWiR § 13 AGBG 1/90, Zu § 17 III als gesetzlicher Normierung der Kerntheorie vgl. MKIKötz § 17 Rdn.4,

§ 15 Rdn. 20 f.; Niebeling, EWiR § 13 AGBG 3/90, 945 (946); Hensen in Ulmer/Brand-

ner/Hensen § 15 Rdn. 35, § 17 Rdn. 6 f.

B. Berücksichtigung individueller Umstände

293

ringfügige Änderungen der Klausel vorzubeugen. 8 Bei intransparenten Klauseln führt die wortlautgetreue Anwendung des § 17 III zu den oben geschilderten widersinnigen Ergebnissen. Insofern ist auf den Sinn und Zweck des § 17 III zurückzugreifen und § 17 III dergestalt anzuwenden, daß bei intransparenten Klauseln mit materiell-rechtlich angemessenem Inhalt nicht Klauseln diesen Inhalts verboten werden, sondern deren intransparente Fassung. 9

B. Berücksichtigung individueller Umstände Der weitere Einwand gegen die Anwendbarkeit des Transparenzgebotes im Rahmen von Verbandsklagen geht dahin, daß im Verbandsverfahren nur solche AGB-Bestimmungen überprüfbar seien, bei denen sich der Verstoß gegen die §§ 9 ff. bereits aus dem Wortlaut der betreffenden Klausel feststellen lasse.\O Das Transparenzgebot setze aber eine Gesamtwürdigung aller individuellen Gegebenheiten voraus. Da diese individuellen Umstände im Verbandsverfahren nicht eingeführt werden könnten, dürfe eine Verurteilung wegen Intransparenz lediglich verbieten, intransparente AGB-Klauseln zu verwenden, soweit nicht deren Wirkungen individuell deutlich gemacht würden. 11 Eine abschließende Aufzählung derartiger Konstellationen dürfe kaum möglich sein. 12 Die solchermaßen erzwungen vagen Formulierungen könnten jedoch mit dem Gebot von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nicht in Einklang gebracht werden. 13 Letztlich verlagere sich der Streit der Parteien in die Vollstreckung, da spätestens dort 8 Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 17 Rdn. 6 f.; vgl. auch BGHZ 5, 189 (193 f.); BGH, WM 1990, 1339 (1340). 9 Vgl. dazu BGH, ZIP 1991, 1474 (1475 f.). 10 LG Karlsruhe, ZIP 1989, 1540; LG Dortmund, ZIP 1990,984; Schlosser. EWiR § 13 AGBG, 1/90, 526; Wagner-Wieduwilt. WM 1989, 37 (43, 45); Bruchner. WM 1988, 1875. 11 LG Dortmund, ZIP 1990, 984. 12 LG Dortmund, ZIP 1990, 984; so auch BGH, ZIP 1991, 1474 (1476). 13 LG Dortmund, ZIP 1990, 984; a.A. Koller. FS f. Steindorff, 667 (685), Koller schlägt vor, intransparente Klauseln im Urteilstenor mit der Einschränkung zu versagen, daß dies nur für Fälle gelte, bei denen sie ohne Verdeutlichung verwandt worden seien. Es sei auch daran zu denken, die Vertragsschlußsituation im Untersagungsurteil anzugeben. Vgl. auch Wolf, WuB I E 4. - 16.91, 1405 (1408); Theisen-Wackert. WuB I E 4 - 7.89; Lindacher in Wolf/HorniLindacher § 13 Rdn. 52 ff.; letztere vertreten, das Unterlassungsverbot sei in solchen Fällen unter dem Vorbehalt auszusprechen, daß die besonderen Umstände in Bezug auf den Einzelfall nicht vorliegen.

9. Kapitel: Der Verbandsprozeß

294

die jeweiligen Einzelfallumstände zu prüfen seien, weil allein die Verwendung der Klausel die Annahme einer Zuwiderhandlung nicht rechtfertigen könne. 14 Diese Einwände gegen die Anwendung des Transparenzgebotes im Verbandsverfahren vermögen nicht zu überzeugen. Zunächst sind entgegen obiger Ansicht individuelle Umstände bei der Beurteilung der Transparenz im Verbandsverfahren nicht zu berücksichtigen. 15 Wenn - wie hier vertreten - individuelle Umstände allein dann im Individualprozeß Berücksichtigung finden, soweit eine Vergleichbarkeit mit Individualabreden i.S.d. § 4 besteht, so bedeutet dies, daß im Rahmen des § 9 nur eine abstrakte und objektive Kontrolle der Verständlichkeit erfolgt. 16 Ein abstrakter Unterlassungsanspruch wird jedoch generell nicht dadurch beseitigt, daß die angegriffene Klausel in besonders gelagerten Einzelfällen nicht unangemessen ist. 17 Deshalb ist eine intransparente AGB-Klausel ohne Rücksicht auf außerhalb der AGB gegebene Zusatzinformationen im Verfahren nach § 13 zu verbieten. 18 Ebenso sind individuelle Umstände nicht bei der Abfassung des Urteilstenors zu berücksichtigen, so daß sich der obige Einwand der mangelnden Bestimmtheit des Tenors als nicht durchschlagend erweist. Folge eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot ist ein umfassendes Klauselverbot. 19 Denn es ist

14

LG Dortmund, ZIP 1990, 984.

Nach herrschender Meinung sind im Verbandverfahren individuelle Umstände nicht zu berücksichtigen, vgl. nur BGHZ 112, 204 (212); BGH, ZIP 1991, 1474 (1476); BGH, BB 1991, 2468 (2469); BGH, NJW 1997, VI; OLG Hamburg, ZIP 1990, 982 (983); Wissmann, Sparkasse 1991, 426 (427); AGB-Klause1werke/von Westphalen, Transparenzgebot Rdn. 15; Taupitz, EWiR § 9 AGBG - 14/90, 1043; ErmanlWerner § 13 Rdn. 25; anders wohl das OLG Frankfurt, NJW 1989,2264 (2266), das auch im Verbandsverfahren bereit ist, außerhalb der eigentlichen AGB liegende Umstände zu berücksichtigen; anders auch Lindacher in Wolf/HorniLindacher, der einen Nachweis lückenloser Aufklärung über einen längeren Zeitraum zulassen will. 15

16 Vgl. Kapitel 8 B III 2; so auch KG, WM 1991, 1250 (1251); Köndgen, JZ 1992, 643 (644); ErmaniHefermehl § 9 Rdn. 19.

17 Hansen, WM 1990, 1521 (1524); Lindacher in WolfIHomlLindacher § 13 Rdn. 43; Köndgen, NJW 1989, 951; Niedenführ, 105 ff, 114 f, 127 f; Schäfer, S. 173. 18 BGH, BB 1991,2468 (2469); BGH, NJW 1997, VI; Niebeling, EWiR § 13 AGBG 3/90,945 (946); KG, WM 1991, 1250 (1251); Köndgen, JZ 1992, 643 (644); Lindacher in Wolf/Hornitindacher § 13 Rdn. 45; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 9 Rdn. 108; ErmaniHefermehl § 9 Rdn. 19.

B. Berücksichtigung individueller Umstände

295

selbstverständlich, daß dieses Verbot nicht nur durch gänzliches Eliminieren entsprechender Regelungen aus den AGB, sondern auch dadurch befolgt werden kann, daß andere, nicht zu beanstandende Klauseln an die Stelle der verbotenen Regelung gesetzt werden. 20 Diese Entscheidung obliegt dem Verwender. 21 Insoweit entspricht diese Handhabung den vergleichbaren Fällen eines Unterlassungsanspruches nach § 3 UWG, bei denen grundsätzlich ein einschränkungsloses Verbot auszusprechen ist. 22 Es ist nicht Sache des Gerichts, den Weg aus dem Verbotsbereich einer auf § 3 UWG gestützten Verurteilung zu weisen und im Urteilsausspruch die dafür notwendigen Maßnahmen zu formulieren. 23 Ebenso kommt es beim Verbandsverfahrennach dem AGBG nicht in Betracht, dem Verwender Formulierungsvarianten vorzugeben, die keinen Bedenken ausgesetzt sind, oder individuelle Umstände aufzuzählen, welche im Individualverfahren zur Wirksamkeit der entsprechenden Klausel führen. 24 Durch das uneingeschränkte Verbot einer intransparenten Klausel werden die Interessen der Verwender auch nicht übermäßig beeinträchtigt. Denn es bleibt dem Verwenderunbenommen, in Folgeverfahren(§ 890 ZPO, § 21 AGBG) im Einzelfall darzulegen und zu beweisen, daß Sinn und Ziel der Klausel beim individuellen Vertragsschluß aufgrund von Zusatzinformationen hinreichend durchschaubar gewesen sind. 25 Die gegen die Anwendung des Transparenzgebotes im Verbandsverfahren angeführten Bedenken erweisen sich mithin als nicht durchgreifend. Der herrschenden Meinung, welche die uneingeschränkte Anwendung des Transparenzgebotes bejaht, ist aus den angeführten Gründen daher beizupflichten.

19BGH, BB 1991,2468 (2469); BGH, ZIP 1991,1474 (1476); OLG Hamburg, ZIP 1990,982 (983); Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 17 Rdn. 3. 20 OLG Hamburg, ZIP 1990, 982 (983); KG, WM 1991, 1250 (1251). 21 OLG Hamburg, ZIP 1990, 982 (983). 22 BGH, ZIP 1991, 1474 (1476). 23 BGH, ZIP 1991, 1474 (1476). 24 BGH, ZIP 1991, 1474 (1475); Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen § 17 Rdn. 3. 25 BGH, ZIP 1991, 1474 (1476); KG, WM 1991, 1250 (1252); Bundschuh, Vortrag vom 9.11.1991; PalandtiHeinrichs § 17 Rdn. 3; vgl. auch Hensen in Ulmer/Brandnerl Hensen § 17 Rdn. 7.

Zehntes Kapitel

EG-Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln Am 5.4.1993 hat der EG-Rat, gestützt insbesondere auf Art. 100 a EWGV, die Richtlinie 93113/EWG "über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen"] (im folgenden: Richtlinie) erlassen. 2 Nach Art. 103 der Richtlinie sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, die Richtlinie bis zum 31.12.1994 in ihr nationales Recht umzusetzen. In der Bundesrepublik Deutschland ist die Umsetzung der Richtlinie in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung in der Literatur4 durch eine geringfügige Novellierung des AGB-Gesetzes erfolgt. 5 Unter weitgehender Beibehaltung der bestehenden AGB-Regelungen ist die kollisionsrechtliche Regelung in § 12 geändert und § 24 a eingefügt worden. Mit letzterem Paragraphen ist insbesondere der sachliche Anwendungsbereich des AGB-Gesetzes auf Individualklauseln in Verbraucherverträgen erstreckt und für die Beurtei-

] Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5.4.1993, AB!. EG NR. L 95 v. 21.4.1993, S. 29 ff; abgedruckt u.a. in NJW 1993, 1838 ff 2 Der Verabschiedung der Richtlinie gingen langjährige Kontroversen um deren Inhalt voraus; vg!. zur Entstehungsgeschichte Ulmer in Ulmer/BrandnerlHensen Ein!. Rdn. 71; Eckert, WM 1993, 1070; Hommelhoff/Wiedemann,ZIP 1993,562 f.; Heinrichs, NJW 1993, 1817; Ulmer, EuZW 1993,337; Heinrichs, NJW 1993, 1817; Damm, JZ 1994, 161 f; vg!. zur Kritik an den vorhergehenden Richtlinienvorschlägen Brandner/Ulmer, BB 1991, 701 ff 3

Artikel ohne nähere Bezeichnung sind solche der Richtlinie.

Heinrichs, NJW 1995, 153 f; Schmidt-Salzer, NJW 1995, 1641; Eckert, ZIP 1994, 1986; PalandtiHeinrichsAnh. nach AGBG Rdn. 2; Heinrichs, NJW 1993, 1817 (1818); Damm, JZ 1994,161 (175 ff.); Ulmer, EuZW 1993,337 (339 f, 346); Frey, ZIP 1993, 572; von Westphalen, EWS 1993, 161 (167); Eckert, WM 1993,1070 (1071 f); Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen Ein!. Rdn. 76; a.A. Hommelhoff/Wiedemann,ZIP 1993,562 (571), die für die Umsetzung der Richtlinie durch ein neues Gesetz plädieren; kritisch MKlKötz Einl Rdn. 14; Reich, VuR 1995, 1 (2); Schmidt-Salzer, BB 1995, 733 (734). 4

5 Zur grundsätzlichen Problematik der Methodik der Anpassung vg!. Ulmer, EuZW 1993, 337 (339).

A. Auswirkungen der Richtlinie

297

lung der unangemessenen Benachteiligung nach § 9 die Berücksichtigung der den Vertragsschluß begleitenden Umstände angeordnet worden. Im folgenden wird zunächst die Bedeutung der Richtlinie rur das nationale Recht und ihr Inhalt dargestellt. Es soll insbesondere ermittelt werden, ob die Richtlinie Transparenzforderungen enthält und inwieweit daraus ein konkreter Umsetzungsbedarf entsteht. Abschließend wird die vom Gesetzgeber in § 24 a vorgenommene Umsetzung der Richtlinie auf mögliche Auswirkungen auf das Transparenzgebot untersucht.

A~

Auswirkungen der Richtlinie

Bei einer ausschließlichen Orientierung an der ursprünglich geplanten6 bzw. erfolgten Umsetzung der Richtlinie könnte der Eindruck entstehen, daß die AGB-Praxis in Deutschland von dieser Richtlinie nahezu unberührt bleiben wird.? 8 Diesem ersten Eindruck widerspricht bereits die Bewertung der Richtlinie in der Literatur. Nassal spricht von dem Beginn der Epoche europäischen Zivilrechts. 9 Auch Damm sieht in der Richtlinie das ehrgeizigste und umstrittenste Projekt der Europäisierung des Vertragsrechts. 10 Diesen Einschätzungen kann, ohne dabei schon den konkreten Inhalt der Richtlinie in Betracht zu ziehen, aus generellen Überlegungen gefolgt werden. Dazu reicht es aus, sich zu vergegenwärtigen, welchen Einfluß das AGB-Gesetz auf die privatrechtliche Vertragsgestaltung ausgeübt hat. Die AGB-Rechtsprechung erfaßt nahezu jeden Bereich privater Rechtsbeziehungen und hat mittels der Inhaltskontrolle in richterlicher Rechtsfortbildung neue Maßstäbe im priva-

6 Vgl. dazu den Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz, ZIP 1994, 1989 f., der vom Bundeskabinett verabschiedet wurde, Regierungsvorlage, BR-Dr. 538/95.

7 Vgl. dazu auch Hommelhoff/Wiedemann,ZIP 1993,562 (564); Schmidt-Salzer, BB 1995, 733 (735). 8 Vgl. zur Frage der Verbindlichkeit trotz Fehlens eines Umsetzungsgesetzes BGH, NJW 1995, 2034 (2036); OLG Köln, NJW 1995, 2044; Heinrichs, NJW 1995, 153 (154 ff.); PalandtlHeinrichs, Anh. nach AGBG Rdn. 1 ff.; Kappus, NJW 1994, 1847.

9

Nassal, WM 1994, 1645 (1653); ähnlich Hakenberg, AnwBl 1997, 56 (62).

Damm, JZ 1994, 161 f.; vgl. auch Schmidt-Salzer, BB 1995, 733 (735); Reich, VuR 1995, 1. 10

298

10. Kapitel: EG-Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln

ten Vertragsrecht gesetzt. Es ist zu vennuten, daß sich diese Entwicklung nunmehr auf europäischer Ebene fortsetzen wird. Damit wird zwangsläufig durch die Entwicklung europäischen Richterrechts eine Angleichung der verschiedenen Zivilrechtsordnungen der Mitgliedsstaaten einhergehen werden. 11 Diese Entwicklung wird durch die spezifischen Kontrollmechanismen im Recht der Gemeinschaft hinsichtlich der Durchsetzung der Richtlinien gestützt und gef6rdert werden. Die Auswirkungen der Richtlinie erschöpfen sich nicht in der Umsetzung durch die Mitgliedsstaaten. Vielmehr strahlen die Vorschriften der Richtlinie bis in die Bewertung jedes konkreten Rechtsstreits aus. 12 Nach allgemeiner Ansicht ist nationales Recht gemeinschaftskonfonn auszulegen. 13 Die Frage der gemeinschaftskonfonnen Auslegung wird letztlich in der Vorabentscheidunggern. Art. 177 EWGV durch den EuGH entschieden. 14 Mittelbar hat das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 177 EGWG mithin zur Folge, daß der EuGH auch über die Auslegung nationalen Rechts befindet. 1s Nach Art. 177 11 EWGV ist jedes nationale Gericht vorlagebefugt; gern. Art. 177 III EWGV sind die letztinstanzlichen Gerichte zur Vorlage verpflichtet. Diese Vorlagepflicht entsteht dort, wo nicht bereits nach nationalem Recht die Unwirksamkeit einer Klausel feststehtl 6 oder die Wirksamkeit einer Klausel auch bei richtlinienkonfonner Auslegung nationalen Rechts offenkundig ist. 17 Es ist mithin abzusehen, daß der EuGH in Zweifelsfällen angerufen werden wird. Seine Entscheidungen über die Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit

11 Nassal, WM 1994, 1645 (1653); vgl. auch Wolfin WolflHornILindacher RiLi Art. 1 Rdn. 7 ff. 12 Nassal, WM 1994, 1645 (1659). 13 EuGHE 1984, 1891 (1909); EuGHE 1989, 3533 (3546); BGH, WM 1993, 683 (684); Nassal, WM 1994, 1645; U/mer, EuZW 1993, 337 (339); siehe auch Palandtl Heinrichs Anh. nach AGBG Rdn. 3; Reich, NJW 1995, 1857 (1858); zur richtlinienkonformen Auslegung bei mangelnder Umsetzung vgl. auch BGH, NJW 1993, 1594; BGH, NJW 1995, 2034 (2036); OLG Schleswig, NJW 1995, 2858 (2859); Heinrichs, NJW 1995, 153 (155); Wolfin Wolf/HornILindacher RiLi Art. I Rdn. 8 ff.; Reich, VuR 1995, I (2). 14 PalandtlHeinrichs Anh. nach AGBG Rdn. 4; Nassal, WM 1994, 1645 f.; Kappus, NJW 1994, 1847; vgl. auch BGHZ 110,47 (68); zu weiteren Rechtmitteln vgl. Nassal, WM 1994, 1645; Wolfin WolflHorniLindacher RiLi Art. 1 Rdn. 18. 15

Vgl. EuGH, WM 1994, 858.

16

Nassal, WM 1994, 1645 (1648).

17 Nassal, WM 1994, 1645 (1647); Heinrichs, NJW 1995, 153 (155); PalandtlHeinrichs Anh. nach AGBG Rdn. 4.

B. Der Inhalt der EG-Richtlinie

299

der in Verbraucherverträgen verwendeten Klauseln werden in kasuistischer Weise Maßstäbe rur ein europäisches Zivilrecht bilden. 18 Vor diesem Hintergrund ist der Inhalt der Richtlinie näher zu würdigen. An dieser Stelle wird maßgeblich das Verhältnis der Richtlinie zum Transparenzgebot untersucht werden; andere, sich aus dem Richtlinientext ergebende Fragestellungen werden nur insoweit erörtert, als Auswirkungen auf das Transparenzgebot in Betracht kommen.

B. Der Inhalt der EG-Richtlinie Die Richtlinie betrifft nach ihrem persönlichen Anwendungsbereich nur Verträge zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern. Bereits aus dieser Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereiches folgt rur den Schutzzweck der Richtlinie, daß hier dem Gedanken des Verbraucherschutzes Vorrang vor sonstigen, eine Inhaltskontrolle möglicherweise rechtfertigenden Wertungen eingeräumt wurde. 19 Auch im sachlichen Anwendungsbereich unterscheidet sich die Richtlinie vom AGB-Gesetz. Anders als das AGB-Gesetz ist nach der Richtlinie eine Überprüfung aller, nicht im einzelnen ausgehandelter Klauseln vorgesehen. Damit entfällt das im AGB-Gesetz enthaltene Moment der "Vielzahl". Die Richtlinie erstreckt sich mithin auch auf Verbraucherverträge, die nur fUr einen Einzelfall vorformuliert werden. 20 In der Richtlinie wurde daraufverzichtet, Regelungen rur den Vertragsschluß in Anlehnung an die Einbeziehungsvoraussetzungendes AGB-Gesetzes aufzustellen. Dies ist jedoch nicht nur vor dem Hintergrund eines damit verbundenen

18

Nassal, WM 1994, 1645 (1646, 1651).

HommelhofflWiedemann, ZIP 1993, 562 (564 ff.); PalandtiHeinrichs Anh. nach AGBG Rdn. 5; Eckert, WM 1993, 1070 f.; Kappus, NJW 1994, 1847 (1848); Ulmer, EuZW 1993, 337 (338, 341); Heinrichs, NJW 1993, 1817 f.; ausflihrlich Damm, JZ 1994, 161 ff.; Frey, ZIP 1993, 572 ff.; Heinrichs, NJW 1995, 153; vgl. auch Wolf in WolflHornlLindacher RiLi Art. 1 Rdn. 21 ff. 20 Vgl. dazu Heinrichs, NJW 1993, 1817 (1818 f.); von Westphalen, EWS 1993, 161 (163); Ulmer, EuZW 1993,337 (338); Damm, JZ 1994, 161 (163 f.); Eckert, WM 1993, 1070 (1072 ff.); HommelhofflWiedemann, ZIP 1993, 562 (568); Eckert, ZIP 1994, 1986 f.; Schmidt-Salzer, BB 1995, 733 f.; Reich, VuR 1995, 1 (2); siehe auch Wolfin Wolf/HorniLindacher RiLi Art. 1 Rdn. 25. 19

300

10. Kapitel: EG-Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln

umfassenden Eingriffs in die Zivilrechtsordnungen aller Mitgliedsstaaten verständlich, sondern folgt nahezu zwingend daraus, daß der sachliche Anwendungsbereich der Richtlinie nicht nur AGB im Sinne des AGB-Gesetzes erfaßt, sondern auch für vorformulierte Individualverträge gilt. 21 Die Richtlinie ordnet die Inhaltskontrolle über Vertragsklauseln in Verbraucherverträgen an, Art. 3. Eine Klausel ist im Sinne der Richtlinie mißbräuchlich, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verwenders ein erhebliches und ungerechtfertigtes Mißverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht. Nach herrschender Meinung entspricht diese Fassung des Mißbrauchstatbestandes § 9 1. 22 Die Richtlinie verzichtet darauf, in einzelnen Klauselkatalogen unwirksame Klauselgestaltungen aufzuführen. Sie enthält allein im Anhang eine als Hinweis dienende Liste der Klauseln, die für mißbräuchlich erklärt werden können. In Art. 7 wird den Mitgliedsstaaten aufgegeben, ein Verbandsverfahren zur Überprüfung mißbräuchlicher Klauseln zu schaffen. Schließlich erlaubt Art. 8 den Mitgliedsstaaten, strengere Bestimmungen zu erlassen, um ein höheres Schutzniveau für die Verbraucher zu gewährleisten. Gerade dieser Artikel wird bei der Beurteilung, ob das AGBG den Anforderungen der Richtlinie genügt, häufig herangezogen, um Abweichungen im deutschen Recht aufrechtzuerhalten. 23

c. Das Transparenzgebot in der EG-Richtlinie Die herrschende Meinung sieht in Art. 4 11 und in Art. 5 S. 1 der Richtlinie das Transparenzgebot verwirklicht. 24 Nach Art. 4 11 betrifft die Beurteilung

21 Vgl. dazu Schmidt-Salzer, NJW 1995, 1641 (1642); BrandnerlUlmer, BB 1991, 701 (708); Reich, NJW 1995, 1857 (1858). 22 Eckert, ZIP 1994, 1986 (1988); Heinrichs, NJW 1993, 1817 (1819); Ulmer, EuWZ 1993,337 (345); Eckert, WM 1993, 1070 (1074); Damm, JZ 1994, 161 (171 f.); von Westphalen, EWS 1993, 161 (164); Brandner, ZIP 1993, 1590 (1591); Brandner in Ulmer/BrandnerlHensen § 9 Rdn. 5 c; siehe auch Wolfin Wolf/Horn/Lindacher RiLi Art. 3 Rdn. 2. 23 Vgl. dazu Ulmer, EuZW 1993, 337 (338).

24 OLG Köln, NJW 1995, 2044; Ulmer, EuZW 1993, 337 (344); von Westphalen, EWS 1993, 161 (165); Heinrichs, NJW 1993,1817 (1821); Brandnerin UlmerlBrandner/Hensen § 9 Rdn. 5 b f., 65 a; Brandner, ZIP 1992, 1590 (1591); PalandtiHeinrichs

C. Das Transparenzgebot in der EG-Richtlinie

301

der Mißbräuchlichkeit der Klauseln weder den Hauptgegenstand des Vertrages noch die Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen, sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefaßt sind. Art. 5 S. 1 regelt, daß bei schriftlicher Niederlegung der dem Verbraucher unterbreiteten Klauseln diese stets klar und verständlich abgefaßt sein müssen.

I. Rechtsfolgen

Kritisch muß diesem Verständnis der Richtlinie entgegengesetztwerden, daß die genannten Artikel der Richtlinie keinerlei Rechtsfolge anordnen. Nach Art. 6 I sind mißbräuchliche Klauseln rur den Verbraucher unverbindlich. Eine Regelung, was rur unverständliche Klauseln gelten soll, fehlt. 25 Art. 5 S. 2 enthält die Unklarheitenregelung, nach der bei Zweifeln über die Bedeutung einer Klausel die rur den Verbraucher günstige Auslegung gilt. Hieraus ließe sich folgern, die Verletzung des Transparenzgebotes ziehe allein die Anwendung der Unklarheitenregelung nach sich. 26 Zu Art. 5 S. 1, der Forderung nach klarer und verständlicher Abfassung der Klauseln, wird wiederum vertreten, dieser habe nur die Funktion, rur eine transparente Gestaltung der Einbeziehungsvoraussetzungen zu sorgen. 27 Ähnlich verhält es sich mit der Regelung in Art. 4 11. Die herrschende Meinung sieht darin zunächst eine Beschränkung des Anwendungsbereiches der Richtlinie dahingehend, daß Klauseln, die den Hauptgegenstand des Vertrages oder den Preis betreffen, kontrollfrei bleiben. 28 Im Umkehrschluß hieße dies

Anh. nach AGBG Rdn. 8; Wolfin WolflHorniLindacher § 9 Rdn. 143, RiLi Art. 4 Rdn. 21, RiLi Art. 5 Rdn. 1 ff; Reich. NJW 1995, 1857 f.; Reich, VuR 1995, 1 (2); Schmidt-Salzer. BB 1995, 733; Schmidt-Salzer. BB 1995, 1493. 25 So auch von Westphalen. EWS 1993, 161 (165); Wolfin WolflHorniLindacher RiLi Ar~. 5 Rdn. 1, 7; Schmidt-Salzer, BB 1995, 1493; Schmidt-Salzer, BB 1995, 733 (737). 26 Vgl. dazu Reich, NJW 1995, 1857 (1858), der alternativ auch Art. 6 I, 7 anwenden will. 27 Siehe von Westphalen, EWS 1993, 161 (165); siehe auch Wolfin Wolf/HornILindacher RiLi Art. 5 Rdn. 1,7, der in der Nichtregelung die Befugnis der Mitgliedsstaaten erblickt, die Rechtsfolgen eigenständig zu regeln, und dem Transparenzgebot bei der Einbeziehung, der Inhaltskontrolle oder der Auslegung zur Geltung zu verhelfen.

302

10. Kapitel: EG-Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln

jedoch, daß bei unklarer bzw. unverständlicher Gestaltung der Klauseln nunmehr die Mißbrauchskontrolle zulässig wäre. 29 Auch hier wäre dann die Intransparenz nicht Unwirksamkeitsgrund, sondern nur Einlaß rur eine ansonsten nicht zulässige Inhaltskontrolle. 30 Diese lückenhafte Regelung der Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen Transparenzforderungen wirft Bedenken auf, ob die Richtlinie tatsächlich ein Transparenzgebot i.S.d. AGBG enthält. Eine genauere Untersuchung kann jedoch mit dem Verweis auf Art. 8 unterbleiben. Das deutsche Recht erweist sich in Hinsicht auf Transparenzprobleme in jedem Fall als strenger, so daß seine Maßstäbe beibehalten werden können. 3 !

11. Bewertungsmaßstäbe Nach Art. 4 I ist Mißbräuchlichkeit einer Vertragsklausel unter Berücksichtigung der Art der Güter oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrages sind, aller den Vertragsschluß begleitenden Umstände sowie aller anderen Klauseln desselben Vertrages oder eines anderen Vertrages, von dem die Klausel abhängt, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beurteilen. Hiermit wird bestimmt, welche Umstände in die nach Art. 3 I vorzunehmende Wertung einzustellen sind, hingegen nicht, wie diese Bewertung zu erfolgen hat. 32 Diese Bewertungsmaßstäbe weichen insbesondere hinsichtlich des Umstandsmoments von der bisherigen Dogmatik ab,J] nach der AGB-Klauseln abstrakt-generell beurteilt werden. 34 Auch hinsichtlich der Fragen der Transparenz wird die Verständlichkeit einer Klausel aus der Sicht des Durchschnitts-

28 Vgl. nur Ulmer, EuWZ 1993,337 (344); Nassal, WM 1994, 1645 (1649); Wolfin Wolf/Horn/Lindacher RiLi Art. 4 Rdn. 19 ff. 29 So Kappus, NJW 1994, 1847; vgl. auch Ulmer, EuWZ 1993,337 (344); Damm, JZ 1994, 161 (171); Wolf in WolflHornlLindacher RiLi Art. 4 Rdn. 21. 30 Vgl. Schmidt-Salzer, BB 1995, 1493 (1494).

3!

So auch von Westphalen, EWS 1993, 161 (165 f.).

32

Nassal, WM 1994, 1645 (1647).

33 HommelhofflWiedemann, ZIP 1993, 562 (568); Eckert, ZIP 1994, 1986 (1988); Eckert, WM 1993, 1070 (1075); Heinrichs, NJW 1993,1817 (1820); Damm, JZ 1994, 161 (172); Heinrichs, NJW 1995, 153 (154); Schmidt-Salzer, BB 1995, 733 (735); kritisch auch Brandner/Ulmer, BB 1991, 701 (707). 34

Vgl. dazu nur Damm, JZ 1994, 161 (173) m.w.N.; sowie Kapitel 3.

C. Das Transparenzgebot in der EG-Richtlinie

303

kunden beurteilt, wobei individuelle Umstände außer Betracht gelassen werden. 35 Aus § 4 I ergibt sich demgegenüber, daß ein konkret-individueller Beurteilungsmaßstab gewählt werden soll.36 Ein solcher könnte nicht auf die Frage der Mißbräuchlichkeit beschränkt bleiben, sondern müßte, um eine in sich stimmige Prüfung einer Klausel zu ermöglichen, auch die Frage der Transparenz und die Auslegung der Klausel erfassen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, daß die Richtlinie vom Anwendungsbereich auch vorformulierte Individualverträge erfaßt. Die Kontrolle derartiger Verträge erfordert aus der Natur der Sache einen konkret-individuellen Beurteilungsmaßstab. 37 Daß ein derartiger Maßstab in einem abstrakten Kontrollverfahren wiederum nicht zur Anwendung gelangen kann, wird auch in der Richtlinie erkannt, insoweit als Art. 4 I und Art. 5 ausdrückliche Vorbehalte fur das Verbandsverfahrenenthalten. 38 Dieser Wechsel der Beurteilungsmaßstäbe je nach Verfahrensart fuhrt allerdings zu dem unerfreulichen und Rechtsunsicherheithervorrufenden Ergebnis, daß Klauseln unterschiedlich beurteilt werden können. 39 Widersprüchlich wird die Richtlinie allerdings, wenn die Erwägungsgründe hinzugezogen werden. 40 Dort heißt es ausdrücklich: "Die Kriterien für die Beurteilung der Mißbräuchlichkeit von Vertragsklauseln müssen generell festgelegt werden. Die nach den generell festgelegten Kriterien erfolgende Beurteilung der Mißbräuchlichkeit von Klauseln, ... , muß durch die Möglichkeit einer globalen Bewertung der Interessenlage der Parteien ergänzt werden."41

35 Vgl. dazu Kapitel 8. 36 So auch von Westphalen, EWS 1993, 161 (164); Heinrichs, NJW 1993, 1817

(1820); Schmidt-Salzer, BB 1995, 733 (735); siehe auch Wolf in WolflHornILindacher RiLi Art. 4 Rdn. 3.

37 Vgl. Ulmer, EuWZ 1993,337 (344); Damm, JZ 1994, 161 (173); Hommelhoff/ Wiedemann, ZIP 1993, 562 (568); Wolfin Wolf/HorniLindacher RiLi Art. 4 Rdn. 3; Schmidt-Salzer, BB 1995, 733 (736). 38 So auch Wolfin WolflHornILindacher RiLi Art. 4 Rdn. 3; Schmidt-Salzer, BB 1995, 733 (737). 39 Von Westphalen, EWS 1993, 161 (164 f.); Wolfin WolflHornILindacher RiLi Art. 4 Rdn. 3. 40 Vgl. dazu Damm, JZ 1994, 161 (174); Eckert, WM 1993, 1070 (1075); Hommelhoff/Wiedemann, ZIP 1993, 562 (568 f.). 41 Vgl. NJW 1993, 1838 (1839).

304

10. Kapitel: EG-Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln

Hierin scheint ein Plädoyer für die abstrakt-generelle Beurteilung zu liegen. Allerdings folgen in den weiteren Erwägungsgründen wiederum individuelle Kriterien, so daß auch hieraus kein endgültiger Aufschluß gewonnen werden kann. 42 Der Umsetzungsbedarf ist dementsprechend in der Literatur auch unterschiedlich bewertet worden. Vereinzelt wird die Auffassung vertreten, daß § 9 AGBG in Anbetracht der Unvereinbarkeit des dortigen Prüfungsmaßstabes mit demjenigen der Richtlinie einer grundlegenden Überarbeitung bedürfe. 43 Nach anderer Ansicht ist § 9 AGBG dahin zu ergänzen, daß die den Vertragsschluß begleitenden Umstände als zusätzliches Beurteilungskriterium, gegebenenfalls beschränkt auf die Beurteilung vorformulierter Individualverträge, eingeführt werden. 44 Einige sind auch der Auffassung, es liege kein Umsetzungsbedarf vor. 45 Dieser Auffassung hat sich der Referentenentwurf angeschlossen. 46 Zur Begründung wird ausgeführt, daß der Wortlaut des § 9 AGBG für die Berücksichtigung der Umstände des konkreten Vertragsschlusses offen sei. 47 Letzterer Ansicht ist zuzubilligen, daß § 9 nach seinem Wortlaut auch die individuell-konkrete Beurteilung einer AGB-Klausel zuläßt. Entsprechend wurde bereits früher in der Literatur vertreten, AGB-Klauseln seien individuell-konkret auszulegen. 48 Der Referentenentwurf vertraut mithin auf eine richtlinienkonforme Auslegung des § 9 durch die Rechtsprechung49 Hingegen hat der Gesetzgeber in § 24 a ausdrücklich angeordnet, daß bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 9 bei Verbraucherverträgen auch die den Vertragsschluß begleitenden Umstände zu berücksichtigen sind. 50

42 Damm, JZ 1994,161 (173) hält es für möglich, daß redaktionelle Fehlleistungen zu diesem Regelungsansatz beigetragen haben. 43 Hommelhoff/Wiedemann,ZIP 1993, 562 (568 f., 571); vgl. auch Reich, VuR 1995, 1 (2). 44 Heinrichs, NJW 1993, 1817 (1820); Eckert, WM 1993, 1070 (1075); Damm, JZ 1994,161 (172 f.); HeinrichsAnh. nach AGBG Rdn. 2, 24; siehe auch Wolfin Wolf/ HorniLindacher RiLi Art. 4 Rdn. 3. 45 Ulmer, EuZW 1993, 337 (346); von Westphalen, EWS 1993, 161 (165).

46

Referentenentwurf des Bundesministerium der Justiz, ZIP 1994, 1989 f.

47

So auch Eckert, WM 1993, 1070 (1075); Schmidt-Salzer, BB 1995, 733 (738).

48 Vgl. die Angaben in Kapitel 3; siehe auch PalandtiHeinrichs Anh. nach AGBG Rdn. 25; Damm, JZ 1994, 161 (174) m.w.N.; Schmidt-Salzer, BB 1995,733 (738). 49 Vgl. Eckert, ZIP 1994, 1986 (1989).

50

Die Auswirkungen dieser gesetzlichen Neuregelung auf das Transparenzgebot

C. Das Transparenzgebot in der EG-Richtlinie

305

Fraglich ist jedoch, ob die bisherige abstrakt-objektive Bewertung von AGBKlauseln unter Berücksichtigung der dabei verbleibenden Möglichkeiten, individuelle Umstände in die Bewertung einzubeziehen,51 den Anforderungen der Richtlinie genügt, bzw. diese gegebenenfalls i.S.d. Art. 8 verschärft, so daß allein aus diesem Grund jeglicher Umsetzungsbedarf entfällt. Soweit sich bei Berücksichtigung individueller Umstände die Beurteilung einer Klausel dahin wandeln würde, daß sie nicht als mißbräuchlich bzw. als intransparent bewertet würde, wirkt sich die individuell-konkrete Beurteilung zugunsten des Verwenders der Klausel aus. 52 Die Abkehr von der abstrakt-objektiven Kontrolle bedeutet in diesen Konstellationen mithin eine Verbesserung der Stellung der Verwender zu Lasten der Kunden. Die abstrakt-objektive Kontrolle ist in diesen Fällen eine Verschärfung des Kontrollrnaßstabes und kann gern. Art. 8 im deutschen Recht beibehalten werden. 53 Fraglich ist allerdings, wie die Situation im umgekehrten Fall zu beurteilen ist, wenn sich die Berücksichtigung der individuellen Momente zugunsten der Kunden auswirkt, indem nämlich bei Einbeziehung der individuellen Umstände eine Klausel sich als mißbräuchlich bzw. intransparent erweist. Zum Teil wird hinsichtlich derartiger Konstellationen darauf verwiesen, daß eine Lösung dieser Problemstellungen im deutschen Recht über die Normen des Allgemeinen Zivilrechts herbeigeführt werden könne. 54 Gegebenenfalls stände die Wirksamkeit des Vertrags schlusses in Frage, sei es unter dem Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit, der Anfechtbarkeit oder der culpa in contrahendo. Hieran ist zutreffend, daß damit der Teil der problematischen Fälle erfaßt ist, in dem die individuellen Umstände ein derartiges Gewicht einnehmen, daß der gesamte Vertrag zur Disposition gestellt werden kann. Ungelöst i.S.d. Richtlinie bleiben jedoch die Fälle, in denen die individuellen Umstände nur die Beurteilung einer einzelnen Klausel betreffen. Dieser Bereich dürfte jedoch bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 3 erfaßt werden

werden nachfolgend unter VII. untersucht.

51 Vgl. dazu Kapitel 8 B III 2. 52

Heinrichs, NJW 1993, 1817 (1820 f.).

53 Heinrichs, NJW 1993, 1817 (1821); Damm, JZ 1994, 161 (174); PalandtiHeinrichs Anh. nach AGBG Rdn. 26; so auch von Westphalen, EWS 1993, 161 (164 f.) und Lindacher in Wolf/HornILindacher § 5 Rdn. 33, die für alle Fallkonstellationen durch die abstrakt-generellen Kontrolle eine höheres Schutzniveau verwirklicht sehen. 54

Ulmer, EuWZ 1993,337 (345 f.); Heinrichs, NJW 1993, 1817 (1821).

20 Krcicnbaum

306

10. Kapitel: EG-Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln

können. § 3, der wie die übrigen Einbeziehungsvoraussetzungen kein Pendant in der Richtlinie hat,55 ist seiner Konzeption nach darauf angelegt, die Wirksamkeit einer Klausel unter Berücksichtigung der individuellen Umstände zu bewerten. Ruft der Verwender einer Klausel bei seinem Kunden auf irgendeine Weise ein bestimmtes Vorstellungsbild über den Inhalt der AGB hervor, so ist bei erheblichen Abweichungen der tatsächlichen AGB-Regelung vom so geschaffenen Vorstellungsbild des Kunden die Klausel überraschend und damit nicht wirksam einbezogen. Nach der herrschenden Meinung überschneiden sich die Anwendungsbereiche des § 3 und des § 9 in diesen Fällen, da vielfach die überraschenden Klausel auch inhaltlich unangemessen sind. 56 Eine richtlinienkonforme Auslegung des AGBG würde hinsichtlich der Berücksichtigung der individuellen Umstände eine Betonung des Schutzes durch § 3 bedeuten. 57 Diese "Umsetzung" der Richtlinie in deutsches Recht weist den Vorteil auf, daß sich der Bewertungsmaßstab des § 9 nicht verändern müßte. Damit wäre auch eine Übereinstimmung in der Bewertung einer Klausel im Individualprozeß wie im Verbandsprozß gewährleistet. Im Ergebnis ist damit dem Referentenentwurf zuzustimmen, daß eine Gesetzesänderungzur Durchsetzung dieser Anforderungen der Richtlinie nicht erforderlich ist.

111. Kontrolle der Hauptleistungspflichten

Nach Art. 4 11 sollen weder der Hauptgegenstand des Vertrages noch die Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen, bei der Beurteilung der Mißbräuchlichkeit der Klauseln Berücksichtigung finden, sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefaßt sind. Die herrschende Meinung sieht in dieser Bestimmung die Vorschrift des § 8 verwirklicht. 58 Damit sei der sachliche Anwendungsbereich der Inhaltskontrol-

56

Vgl. Schmidt-Salzer, NJW 1995, 1641 (1642). Vgl. nur Schmidt-Salzer, NJW 1995, 1641 (1642) m.w.N.

57

Ähnlich Schmidt-Salzer, NJW 1995, 1641 (1645); Schmidt-Salzer, BB 1995, 1493.

55

Vgl. Nassal, WM 1994, 1645 (1649); Ulmer, EuWZ 1993, 337 (340, 344); von Westphalen, EWS 1993, 161 (165); Heinrichs, NJW 1993,1817 (1818, 1821); Damm, JZ 1994, 161 (170); Brandner in Ulmer/BrandnerlHensen § 8 Rdn. 49; Eckert, WM 1993, 1070; Heinrichs, NJW 1995, 153 (154 f.); Wolfin Wolf/HorniLindacher RiLi Art. 4 Rdn. 19 ff.; Schmidt-Salzer, BB 1995, 1493 (1496). 58

C. Das Transparenzgebot in der EG-Richtlinie

307

le deutlicher als in § 8 umrissen und die Kontrolle der Hauptleistungspflichten sowie des Preises wirksam ausgeklammert. Gleichzeitig sei jedoch die Kontrolle der Transparenz, wie in der deutschen Rechtsprechung vollzogen, gewährleistet. 59 Diese Bewertung des Art. 4 11 verkennt jedoch, daß § 8 die Kontrollfähigkeit von Preisnebenabredenund sonstigen Nebenabreden zu Hauptleistungspflichten generell bejaht, die Kontrollfähigkeit der die Hauptleistungspflicht und den Preis festsetzenden Klauseln generell, d.h. auch unter Transparenzgesichtspunkten, verneint. 60 Art. 4 enthält diese Differenzierung nicht. Dies bedeutet, daß Hauptleistungspflichten und Preisabreden, soweit sie in vorformulierten Klauseln enthalten sind, im Fall der Intransparenz kontrollfähig werden. 61 Fraglich ist, ob im deutschen Recht das Transparenzgebot und gegebenenfalls die Inhaltskontrolle über den Bereich des § 8 ausgedehnt werden müssen. 62 In der Regel sind die Vereinbarung über den Leistungsgegenstand und den Preis Individualabreden, die weder nach der Richtlinie noch nach dem AGBG der Inhaltskontrolle unterfallen. 63 Insofern ist es zweifelhaft, ob sich ein relevanter Anwendungsbereich findet, indem sich diese Abweichung zwischen Richtlinie und AGB-Gesetz niederschlagen kann. Für die jedoch denkbaren Fälle64 verbleibt aber nach deutschem Recht die Anwendbarkeit der Einbeziehungsvoraussetzungen, insbesondere des § 3. 65 Da auch nach der Richtlinie eine Überprüfbarkeit nur fiir den Fall der Intransparenz derartiger Klauseln

59 Nassal, WM 1994, 1645 (1649), der darauf verweist, daß gerade in diesem Bereich Raum für Vorabentscheidungen durch den EuGH besteht. 60 Reich, NJW 1995, 1857 (1858); von Westphalen, EWS 1993, 161 (165); vgl. auch Damm, JZ 1994, 161 (170); a.A. Heinrichs, NJW 1993, 1817 (1821).

61 So auch Wolfin WolflHorniLindacher RiLi Art. 4 Rdn. 15; Kappus, NJW 1994, 1847; Reich, VuR 1995, 1 (5); vgl. auch Ulmer, EuWZ 1993, 337 (344). 62 Vgl. dazu Ulmer, EuWZ 1993, 337 (344); keinerlei Umsetzungsbedarf sieht von Westphalen, EWS 1993, 161 (165), ohne jedoch auf die hier aufgeworfenene Problematik einzugehen.

63

Vgl. § 1 AGBG, Art. 3 RL; vgl. auch Heinrichs, NJW 1995, 153 (155).

64

Vgl. dazu Schmidt-Salzer, BB 1995, 1493 (1494).

65 Vgl. dazu auch Frey, ZIP 1993,572 (578); siehe auch Heinrichs, NJW 1995, 153 (155), der in Art. 4 II eine Einbeziehungsvoraussetzung sieht; a.A. Reich, NJW 1995, 1857 (1858), der das gemeinschaftsrechtliche Transparenzgebot in diesen Konstellationen nicht durch § 3 als erschöpfend erfaßt begreift.

20'

308

10. Kapitel: EG-Richtlinie über mißbräuchliche'Klauseln

vorgesehen ist, kommt eine Einordnung dieser Fallgruppe unter die "versteckten Klauseln" nach § 3 in Betracht. Wenn Hauptleistungspflichten oder Preisabreden nicht vertraglich vereinbart bzw. i.S.d. Richtlinie ausgehandelt worden sind, sondern unklar in dem AGB-Text verborgen werden, liegt grundsätzlich eine die berechtigten Erwartungen des Kunden widerspechende und mithin überraschende Regelung vor. Daher ergibt sich trotz der festgestellten Abweichung des § 8 von Art. 4 11 jedenfalls in Hinsicht auf das Transparenzgebot kein Umsetzungsbedarf, da nach der bisherigen Rechtslage das von Art. 4 11 geforderte Schutzniveau gesichert ist.

IV. Verständlichkeit Die bisherige Anwendung des Transparenzgebotes stellt auf die Verständlichkeit der Klausel rur den Durchschnittskunden ab. In Hinsicht auf die Richtlinie ist fraglich, ob sich dieser Maßstab verändert. Fraglich ist zunächst, ob die Richtlinie eine Vereinheitlichung des Maßstabes erfordert, so daß nunmehr auf das Verständnisvermögen, die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten der bei Verträgen zu beurteilenden Art zu erwartenden europäischen Durchschnittskunden abzustellen ist. Dies wird von Teilen der Literatur bejaht. 66 Gleichzeitig wird daraus gefolgert, daß der nationale Richter mangels Kenntnis der unterschiedlichen Kulturen und Rechtsordnungen eine derartige Aufgabe nicht bewältigen könne. 67 Dies bliebe dem EuGH überlassen, der seinerseits entsprechende Unterstützung durch die europäische Kommission genieße. 68 Diese Sicht hätte zur Konsequenz, daß in allen Fragen der Transparenz der EuGH konsultiert werden müßte, da jede auch zur Zeit im jeweiligen nationalen Raum eindeutige Klausel auf ihre Verständlichkeit rur alle anderen Gebiete der europäischen Gemeinschaft überprüft werden müßte. Gleichzeitig wirft dies die Frage auf, inwieweit die Fassung vorformulierter Klauseln in der jeweils natio-

66 Nassei, WM 1994, 1645 (1649); vgl. auch Reich, NJW 1995, 1857 (1860); Reich, VuR 1995, I (6). 67

Nassal, WM 1994, 1645 (1649 f.).

68

Nassal, WM 1994, 1645 (1649).

c.

Das Transparenzgebot in der EG-Richtlinie

309

nalen Sprache den Anforderungen an die Verständlichkeit aus der Sicht eines europäischen Durchschnittskunden genügen kann. 69 Dieser Ansicht ist entgegenzuhalten, daß sich der von ihr behauptete Beurteilungsmaßstab der Richtlinie nicht entnehmen läßt. 7o Die Richtlinie enthält außer der Unklarheitenregelung in Art. 5 S. 2 keinerlei Bestimmungen über die Beurteilung der Verständlichkeit. 71 Anhaltspunkte lassen sich allenfalls Art. 4 I entnehmen, der die Kriterien, unter denen die Beurteilung der Mißbräuchlichkeit erfolgen soll, festhält. Soweit darin die Berücksichtigung aller den Vertragsschluß begleitenden Umstände vorgegeben wird, weist dieses darauf hin, daß auch bei der Feststellung der Verständlichkeit den Besonderheiten des Falls Rechnung getragen werden soll. Ein einheitlicher Beurteilungsmaßstab aus der Sicht eines europäischen Durchschnittskunden ließe sich damit nicht vereinbaren. Ein derartiges Verständnis der Richtlinie würde zudem die Verwendung vorformulierter Klauseln nicht nur erschweren, sondern sie in vielen Fällen gänzlich verhindern. Sinn und Zweck der Richtlinie ist jedoch eindeutig die Untersagung der Verwendung mißbräuchlicher Klauseln; in dieser Hinsicht soll eine Rechtsangleichung hinsichtlich des Schutzes in den verschiedenen Mitgliedsstaaten erfolgen. Die Richtlinie bezweckt jedoch keinesfalls, die Vorformulierung von Vertragsbestimmungen gänzlich zu unterbinden. Im deutschen Recht wird das maßgebliche Verständnisvermögen nach der Vertragsart und den typischerweise damit befaßten Kundengruppen bestimmt. 72 In Anlehnung an den Schutzgedanken der Richtlinie ist insofern zu berücksichtigen, ob der typischerweise den fraglichen Vertrag schließende Durchschnittskunde aus dem nationalen Raum stammt oder auch Kunden aus anderen europäischen Nationen angesprochen werden. 73 In letzterem Fall ist dem Verständ-

69

Vgl. dazu Reich, NJW 1995, 1857 (1860).

70

So auch Reich, VuR 1995, I (6).

71

Schmidt-Salzer, NJW 1995, 1641 (1642).

72 Vgl. Kapitel 8 B I; vgl. zur Sprachproblematik BGHZ 87, 112 (114 f.); BGH, NJW 1995, 190. 73 A.A. Reich, NJW 1995, 1857 (1860), der auf die Umstände des konkreten Falls abstellen und eine Verständlichkeitsobliegenheit gegenüber Ausländern aus dem Transparenzgebot ableitet, welche im Falle der Verletzung zu einem Anspruch aus c.i.c. führe.

310

10. Kapitel: EG-Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln

lichkeitsgebot nur bei Verwendung der Heimatsprache der Verbraucher Genüge getan. 74

v. Umsetzungsbedarf Zum Teil wird geltend gemacht, daß das deutsche Recht bisher keine vergleichbar umfassende Regelung zum Transparenzgebot gefunden habe, so daß es nahe läge, eine entsprechende Vorschrift im Rahmen der Novellierung ins AGBG einzufügen. 75 Jedoch beständen Bedenken systematischer Art, da dem Transparenzgebot im AGBG in mehrfacher Weise Bedeutung zukomme und es im geschriebenen Recht in Einzelaspekten bereits Berücksichtigung gefunden habe. 76 Daher führe die Hinzufügung einer weiteren Norm, in welcher der Transparenzgedanke klar ausformuliert sei, zu rechtssystematischer Unklarheit. Insofern sei auf die Wirkungen richtlinienkonformer Auslegung zu vertrauen. 77 Dieser Ansicht ist im Ergebnis zu folgen. Allerdings kann ihr in der Annahme nicht zugestimmt werden, daß das Transparenzgebot in der Richtlinie eine klare Normierung hinsichtlich seiner Voraussetzungen und Rechtsfolgen gefunden habe. Vielmehr haben die obigen Ausführungen in einigen Punkten deutlich gemacht, daß die Richtlinie in schwerwiegenden Fragen Unklarheiten enthält. Ebenso ist, wie oben gezeigt, eine bis in die Einzelheiten gehende Parallelität des im deutschen Recht vorhandenen Transparenzgebotes mit den Vorgaben der Richtlinie nicht gegeben. Auch aus diesen Erwägungen heraus ist eine Umsetzung der Richtlinie durch richtlinienkonforme Auslegung zu bevorzugen. Damit wird zudem, ohne vorgreifliche Festlegungen zu treffen, eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Rechtsprechung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH ermöglicht.

74

So auch Wolf in WolflHorniLindacher RiLi Art. 5 Rd. 6.

75 Ulmer, EuWZ 1993, 337 (344); Reich. VuR 1995, 1 (2); vgl. auch Damm, JZ 1994, 161 (171). 76 Ulmer, EuWZ 1993, 337 (344).

17 Ulmer, EuWZ 1993,337 (344); im Ergebnis zustimmend Eckert, WM 1993, 1070 (1076); Heinrichs, NJW 1993,1817 (1821); Eckert, ZIP 1994, 1986 (1988); wohl a.A. Damm, JZ 1994, 161 (170 f.).

D. § 24 a und das Transparenzgebot

311

VI. Ergebnis Die Analyse der Richtlinie in Hinsicht auf Auswirkungen auf das Transparenzgebotes hat gezeigt, daß die Vorgaben der Richtlinie im nationalen Recht verwirklicht sind. In Einzelfragen erweist sich die deutsche Regelung als strenger. Änderungen des AGBG unter Transparenzgesichtspunkten sind daher nicht angezeigt.

D. § 24 a und das Transparenzgebot Der Gesetzgeber hat sich bei der Umsetzung der Richtlinie auf die Abänderung des § 12 78 und die Einfügung des § 24 a beschränkt. § 24 a enthält die aus Sicht des Gesetzgebers zur Umsetzung der Richtlinie notwendigen Anpassungen des AGBG. 79 Hierzu zählt zunächst der Verzicht auf die Voraussetzung des "Stellens" der AGB i.S.d. § 1 in Verbraucherverträgen. Desweiteren entfällt bei Verbraucherverträ,gen die Notwendigkeit der Vielzahl i.S.d. § 1, so daß nunmehr auch die nur für einen Einzelfall vorformulierten Bedingungen in Verbraucherverträgen nach dem AGBG überprüft werden können. Schließlich ist - wie bereits mehrfach erwähitt - in § 24 a Nr. 3 nunmehr ausdrücklich bestimmt, daß in Verbraucherverträgen bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 9 auch die den Vertragsschluß begleitenden Umstände zu berücksichtigen sind. In Hinsicht auf das Transparenzgebot kommt gerade der letztgenannten Änderung Bedeutung zu. Die Einbeziehung individueller Umstände wird nunmehr auch für das in § 9 lokalisierte Transparenzgebot gelten. Statt der abstrakt objektiven Beurteilung der Verständlichkeit einer Klausel jst eine konkret individuelle Betrachtungsweise vorzunehmen. Schon bisher sind bei der Beurteilung der Transparenz individuelle Faktoren über eine analoge Anwendung des § 4 dann berücksichtigt worden, wenn der Verwender durch Hinweise etc. außerhalb der AGB die Verständlichkeit einer Klausel herbeigeführt hat. 80 Nunmehr muß aber jeglicher Um-

78 Die Änderung des § 12 betrifft kollisionsrechtliche Bestimmungen und weist keinen Zusammenhang mit dem Transparenzgebot auf. 79

Kritisch Hakenberg, AnwBl 1997, 56 (62).

80

Vgl. dazu Kapitel 8 III 2.

312

10. Kapitel: EG-Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln

stand, sei er vom Verwender verantwortet oder nicht, bei der Bewertung herangezogen werden. So wird beispielsweise das Verständnisvermögen des Durchschnittskunden im Einzelfall dann nicht mehr zugrunde gelegt werden können, wenn der konkrete Kunde über Sonderwissen verfügt, sei es durch seine Ausbildung, sei es durch den wiederholten Abschluß dieser Art von Verträgen. In obigen Ausführungen wurde bereits gezeigt, daß die Berücksichtigung individueller Umstände zu Gunsten des Verbrauchers im AGBG über § 3 zufriedenstellend gelöst werden kann. 8 \ Die vorgenommene Änderung wirkt sich damit zumindest im Bereich des Transparenzgebotes lediglich zu Lasten des Verbrauchers aus. Jedoch ist zuzubilligen, daß damit die Entscheidung über die Verständlichkeit der konkreten Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers angepaßt wird und eine größere Einzelfallgerechtigkeit erreicht werden kann. Eine nachteilige Folge dieser Gesetzesänderung wird aber darin liegen, daß die einzelfall bezogene Beurteilung der Transparenz einer Klausel keine verläßliche Prognose für Parallelflille bietet. Diese verminderte Rechtssicherheit ist dem Verbraucherschutz abträglich, da eine verbindliche Aufklärung der interessierten Kreise nur noch eingeschränkt möglich sein wird. Entsprechend werden die in Verbandsverfahren getroffenen Entscheidungen über die Transparenz einer Klausel entwertet. Im Verbandsverfahren wird auch weiterhin die abstrakt-objektive Betrachtungsweise zur Anwendung gelangen. Dies entspricht den Vorgaben der Richtlinie und liegt zudem in der Natur der Sache, da dem Verbandsverfahren gerade kein Einzelfall mit seinen Besonderheiten zugrunde liegt. Die gefundenen Ergebnisse lassen sich aber wegen der Ausklammerung jeglicher individueller Umstände wiederum nur bedingt auf den Einzelfall übertragen. Festzuhalten ist mithin, daß die Einfügung des § 24 a in Hinsicht auf das Transparenzgebot den Schutzumfang des AGBG zu Lasten des einzelnen Verbrauchers verkürzt und die Rechtssicherheit zu Lasten aller Verbraucher vermindert.

81

Vgl. Kapitel 10 C 11.

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Sachregister Abbedingungsklauseln 133 Abschlußfreiheit 83, 129, 215, 223 Abschlußvertreter 117 Abschlußzahlungsklauseln 165, 230 Abstrakt-generelle Beurteilung 304 Angebotstransparenz 234, 235 Annuitäten- oder Hypothekenzinsurteil 19, 182, 268, 278 Aufklärungspflicht 124, 279 Auslegung 50 Auslegungsgrundsätze 53, 69 Auslegungsunfähigigkeit 65, 68, 144 Äußeres Erscheinungsbild 92, 93, 185 Berechnungen 165, 274, 276 Bestätigungsklauseln 133 Bestimmtheitsgebot 106, 113, 128, 143, 150, 154, 170 Beurteilungspielräume 151 Bewertungsmaßstäbe 302 Bürgschaftserklärungen 144 Culpa in contrahendo 289 Deutlichkeitskontrolle 95 Deutungsdiligenz 54, 66-68, 92, 273 Differenzierungsgebot 163, 170 Drucktechnische Änderungen 284 Durchschaubarkeit 25, 166, 189, 272,275 Durchschnittskunde 36, 47, 58, 108, 123, 159, 262, 267, 274,

279,308 Effektivzinsangabe 22, 192,281,287 Effektivzinserhöhung 268, 270 EG-Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln 296 Einbeziehung 40, 44, 71, 91, 305 Einbeziehungsklauseln 133, 136 Einbeziehungskontrolle 23, 33, 71, 128, 184,200,217,219,231,247, 248 Einbeziehungsvoraussetzungen 33, 131, 301, 306 Einzelfallgerechtigkeit 264, 312 Empfangerhorizont 66 Ergänzende Vertragsauslegung 174 Erwartungshaltung 96, 271, Europäisierung des Vertragsrechts 297 Fachausdrücke 29, 55, 91 Fahrlässige Willenserklärungen 82 Fallgruppen 25, Fehlschlagen 122 Finanzdienstleistungen 22 Folgeverfahren 295 Formelle Unangemessenheit 21, 196, 199, 247, 260 Formelle Transparenz 176 Formulierungsverantwortung 56, 64, 67, 125, 128, 169, 173, 224, 257, 275, 280, 290 Fristbestimmungen 107 Garantiebedingungen 159 Generalklausel 21, 128, 142, 162, 182, 191, 202, 216, 239-242, 245, 247, 251, 259 Gesetzestext 59, 228

Sachregister Gestaltungsfreiheit 205,210,214, 216, 222-224 Gestaltungsmacht 275 Gewährleistungsansprüche 119 Gliederung 28,90, 141, 177 Grundsatz der objektiven Auslegung 32 Hauptleistungspflichten 306 Heteronome Kontrolle 216 Hinweise 96, 102, 104, 118,232, . 279-281,281,287,289,311 Hinweisobliegenheit 81, 138, 174 Hinweispflichten 280, 287 Individualabrede 51, 139 Individualvertragskonforme Auslegung 52 Individuelle Umstände 96, 264266, 269, 282, 288, 293, 303, 305, 311 Individuelle Schutzbedürftigkeit 264 Informationsasymetrie 221 Informationsbedürfnisse 214 Informationsmodell 215-217, 219224, 229, 234, 244, 247 Inhaltskontrolle 32, 39, 46, 48, 62-64, 105, 128, 184, 188, 196, 216, 220, 240, 245, 272, 280, 297, 306 Intellektuelle Übermacht 46 Interessenabwägung 83, 111, 116, 146, 185, 250, 256, 258, 277 Irreführung 193 Irreführungsverbot 155, 170, 201, 230,252 Juristische Fachsprache 56, 227 Kaufleute 78, 226, 267 Kenntnisnahmemöglichkeit 75 Kenntnisverschaffungsobliegenheit 71, 81, 138 Kerntheorie 292

329

Klauselinhalt 269, 271, 280 Kompensation 116, 125, 281 Kompensationsformen 284 Kompensationsmöglichkeiten 278 Komplizierte Regelungen 29 Konditionenwettbewerb 214, 223, 226, 229, 254 Konkret-individueller Beurteilungsmaßstab 303 Konkretisierungsgebot 142, 151 Kontrollmechanismen 298 Kreditwirtschaft 21 Kundengruppen 226, 265 Leasingverträge 166 Lehre vom Monopolmißbrauch 31-33, 212 Leistungsänderungsklause\n 110 Leistungsbestimmungsrechte 147 Lesbarkeit 26, 75, 87, 138, 218 Lohnabtretungsklause\ 145 Marktchancen 197, 202, 215, 254 Materielle Transparenz 176 Mehrdeutigkeit 28, 61 Minderung 120-123 Mißbrauch der Vertragsfreiheit 32 Nebenabreden 226, 237, 272, 307 Novellierung des AGB-Gesetzes 296 Objektive Auslegung 51 PangVO 22, 185, 192,200,266, 286 Planwidrigkeit 242 Preisänderungsklauseln 147 Preiserhöhungsvorbehalte 149 Preisnebenabreden 184, 196, 202, 236, 272, 307 Preistransparenz 185, 191, 202, 266 Preisvergleichsmöglichkeit 270 Privatautonomie 204, 220, 224 Rationalisierungseffekte 222 Rechtsangleichung 309 Rechtsfolgen 172

209, 214,

330 Rechtsfortbildung 199, 201, 242, 245, 247, 250, 259, 263, 297 Regelungslücke 196, 230, 239 Restriktionsprinzip 32, 48, 64 Restriktive Auslegung 35, 124, 237 Richtlinienkonforme Auslegung 304, 306, 311 Salvatorische Klauseln 83, 86, 153 Schadenspauschalierungsklauseln 125 Schutzniveau 300, 305, 308 Schutzzweck 202-204, 215, 228, 238, 243-245, 256, 299 Sensibilisierung 226, 284 Sonderwissen 263, 282, 312 Tagespreisklauseln 148 Teilnichtigkeit 174, 177, 180 Textverschaffungsobliegenheit 85 Tilgungsplan 285 Transparenzgebot 19-23, 24, 54, 63-65, 69, 71, 91, 104, 126, 155, 169, 181, 191-197, 199203, 229, 244, 250, 256-259, 260, 300, 310 Treu und Glauben 237 Überraschende Klausel 37, 40, 92, 101, 113, 138, 157, 185, 190, 218, 233, 246, 248 Umfang 27, 34, 42, 72, 88, 180, 267, 277 Umsetzungsbedarf 304, 310 Umstandsmoment 302 Unangemessene Benachteiligung 23, 183, 185, 202, 240, 251, 256 Unbestimmte Regelung 107 Unbestimmtheit 28,74, 108, 148, 169 Ungewöhnlichkeit 37, 92 Ungleichgewichtlagen 208, 210

Sachregister Unklarheit 20, 116, 164, 170,310 Unklarheitenregelung 32, 36, 48, 61-64,82, 188,218,243,250,301, 309 Unterwerfungserklärung 32, 38, 43, 47 Unüblichkeit 37, 41 Unverständliche Klausel 100 Unvollständigkeit 26 Unzugänglichkeit 25 Urteilstenor 293, 241, 294 Verbandsklage 130, 154, 156, 240, 248, 291, 300 Verbot unklarer und undurchschaubarer Klauseln 170 Verbot der geltungserhaltenden Reduktion 172 Verbraucheraufklärung 221, 226 Verbraucherschutz 299 Verbraucherverträge 296 Verdeckte Inhaltskontrolle 32 Verheimlichung 30, 45, 158, 189, 218, 277 Verständlichkeit 27, 224, 308 Verständlichkeits gebot 72, 74, 232 Verständnisbemühungen 276 Verständnisvermögen 263, 267 Versteckte Klausel 91 Vertragsgestaltungsfreiheit 204, 215 Vertragsübernahmeklauseln 114 Verweisungen 26, 38, 45, 85 Verweisungserklärung 32 Verwenderinteressen 83 Vollständigkeit 26, 85 Vollständigkeitsgebot 87, 163, 170 Vorabentscheidungsverfahren 298 Vorformulierung 212, 309 Vorstellungsbild 96, 157, 212, 233, 309 Vorverständnis 29 Wahrnehmbarkeit 25, 77, 83, 87,91, 154, 202, 253, 257

Sachregister Wahrnehmbarkeitskontrolle 248 Wandelung 120 WertsteIlungsklauseln 183, 186, 271 WertsteIlungsurteil 22, 260, 271

331

Wettbewerb 148, 191, 202, 205, 221, 223, 226, 254 Wirksamkeitstransparenz 176 Zins- und Tilgungsberechnungsklauseln 22, 182, 187, 262, 268