Zur Methode der Anrechnung anderweitigen Erwerbs nach § 615 Satz 2 BGB: Gesamtberechnung oder pro rata temporis? [1 ed.] 9783428526642, 9783428126644

Gerät der Arbeitgeber in Annahmeverzug, etwa infolge des Ausspruchs einer unwirksamen Kündigung, so ist er zur Fortzahlu

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Zur Methode der Anrechnung anderweitigen Erwerbs nach § 615 Satz 2 BGB: Gesamtberechnung oder pro rata temporis? [1 ed.]
 9783428526642, 9783428126644

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Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 370

Zur Methode der Anrechnung anderweitigen Erwerbs nach § 615 Satz 2 BGB Gesamtberechnung oder pro rata temporis?

Von Peter Kühn

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

GERALD KOHL

Stockwerkseigentum

Schriften zur Europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte Herausgegeben von Prof. Dr. Martin Schermaier, Bonn Prof. Dr. Reiner Schulze, Münster Prof. Dr. Elmar Wadle, Saarbrücken Prof. Dr. Reinhard Zimmermann, Hamburg

Band 55

Stockwerkseigentum Geschichte, Theorie und Praxis der materiellen Gebäudeteilung unter besonderer Berücksichtigung von Rechtstatsachen aus Österreich

Von

Gerald Kohl

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien hat diese Arbeit im Jahre 2005 als Habilitationsschrift angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2006 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0937-3365 ISBN 978-3-428-12294-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2007 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Rechts-, Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaftlichen Sektion der Universität Konstanz als Dissertation angenommen. Die mündliche Prüfung fand am 17. Juli 2007 statt. Für die Drucklegung wurden Rechtsprechung und Schrifttum bis September 2007 berücksichtigt. Mein herzlicher Dank gilt meinem verehrten Doktorvater und akademischen Lehrer Herrn Prof. Dr. Winfried Boecken, LL.M., der mich bereits als studentische Hilfskraft an seinem Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit aufgenommen und stets gefördert hat. Er hat nicht nur mein dogmatisches Interesse und meine Freude an wissenschaftlicher Tätigkeit geweckt. Ihm verdanke ich auch die Anregung zur Erstellung dieser Untersuchung, für welche er mir zudem die erforderlichen Freiräume im Rahmen meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter gewährte. Frau Prof. Dr. Kerstin Tillmanns danke ich sehr für die überaus zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Besonderer Dank gebührt dem Vorsitzenden Richter des Neunten Senats am Bundesarbeitsgericht, Herrn Franz Josef Düwell, dem ich in wertvollen Diskussionen insbesondere im Rahmen seiner Lehrtätigkeit an der Universität Konstanz bedeutsame Anregungen verdanke. Schließlich möchte ich an dieser Stelle allen Freunden und Verwandten danken, die zum Entstehen dieser Arbeit jeweils auf ihre Weise maßgeblich beigetragen haben, namentlich meinem Bruder Stefan Kühn sowie meinem Freund Dominik Panic´, Rechtsanwalt Alexander Löschhorn und Rechtsreferendarin Alexandra Ott. Den entscheidenden Anteil am Gelingen dieser Dissertation haben meine Eltern. Ihnen danke ich von ganzem Herzen für die Ermöglichung des Studiums sowie dafür, dass sie mich stets und in jeder Hinsicht vorbehaltlos unterstützt haben. Konstanz, im September 2007

Peter Kühn

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

A. Einführung in die Thematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

B. Ziel der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

C. Grenzen des Themas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

D. Überblick über den Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

1. Teil Grundlegung

41

A. Die Rechtsfigur des Annahmeverzugs bzw. Gläubigerverzugs im Allgemeinen . . . . .

41

B. Der Annahmeverzug des Arbeitgebers gemäß § 615 BGB im Besonderen . . . . . . . . . . .

44

C. Überblick über die Voraussetzungen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers gemäß §§ 293 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

D. Die Rechtsfolgen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

2. Teil Die beiden Methoden zum zeitlichen Umfang der Anrechnung anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB

112

A. Die rechtliche und wirtschaftliche Tragweite der unterschiedlichen Ansichten . . . . . . 112 B. Die Argumente der Methode der Gesamtberechnung bzw. Gesamtanrechnung . . . . . . 118 C. Die zugunsten der zeitabschnittsbezogenen Anrechnungsmethode pro rata temporis bzw. Einzelbetrachtungslehre bislang vorgebrachten Argumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 3. Teil Eigene Stellungnahme

134

A. Der indifferente Wortlaut des § 615 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

10

Inhaltsübersicht

C. Entstehungsgeschichte des § 615 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 D. Ratio legis des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 E. Sonstige Auslegungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 F. Zusammenfassung und Ergebnisse der Gesetzesauslegung des § 615 BGB . . . . . . . . . . 271 4. Teil Auswirkungen der pro rata temporis-Anrechnungsmethode auf andere Rechtsbereiche

273

A. Dogmatische Grundlage: Systematische Gesetzesauslegung vor dem Hintergrund der Zielvorstellung einer „Einheit der Rechtsordnung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 B. Auswirkungen auf das Sozialversicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 C. Auswirkungen auf das Einkommensteuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 D. Auswirkungen auf das Zwangsvollstreckungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 E. Auswirkungen auf das Insolvenzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 F. Widersprüchlichkeiten der Gesamtberechnung im Hinblick auf das Befristungsrecht

287

G. Wertungswiderspruch der Gesamtberechnungsmethode im Hinblick auf § 8 BUrlG . . . 289 H. Auswirkungen auf prozessrechtliche Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 I. Ergebnisse zu den Auswirkungen der pro rata temporis-Anrechnungsmethode auf andere Rechtsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 5. Teil Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit

299

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

A. Einführung in die Thematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

B. Ziel der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

C. Grenzen des Themas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

D. Überblick über den Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

1. Teil Grundlegung

41

A. Die Rechtsfigur des Annahmeverzugs bzw. Gläubigerverzugs im Allgemeinen . .

41

I. Dem Annahmeverzug zu Grunde liegende Rechtsgedanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

II. Zur Konzeption der Leistungsstörung „Annahmeverzug“ als Obliegenheitsverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

III. Den Annahmeverzug betreffende Rechtsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

B. Der Annahmeverzug des Arbeitgebers gemäß § 615 BGB im Besonderen . . . . . . .

44

I. Überblick zu den Normzwecken von § 615 S. 1 – 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

1. § 615 S. 1 BGB: Aufrechterhaltung des arbeitsvertraglichen Vergütungsanspruchs im Fall des Annahmeverzugs des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . .

44

2. § 615 S. 2 BGB: Anrechnung von Ersparnissen, anderweitig erzieltem Erwerb sowie böswillig unterlassenem Erwerb auf den Annahmeverzugslohnanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

3. § 615 S. 3 BGB: Aufrechterhaltung des Vergütungsanspruchs in Fällen des vom Arbeitgeber zu tragenden Betriebsrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

II. Zum Anwendungsbereich des § 615 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

1. Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

2. Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

3. Verzicht auf den Annahmeverzugslohnanspruch gemäß § 397 BGB . . . . . .

53

12

Inhaltsverzeichnis 4. Verhältnis von § 615 BGB zu § 11 KSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

5. Abgrenzung von Annahmeverzug nach § 615 BGB und Unmöglichkeit gemäß § 275 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

III. Rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung des Annahmeverzugs des Arbeitgebers für die Arbeitsvertragsparteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

1. Statistische Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

2. Das „Annahmeverzugslohnrisiko“ des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

3. Die Situation des Annahmeverzugs des Arbeitgebers aus der Sicht des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

C. Überblick über die Voraussetzungen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers gemäß §§ 293 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

I. Erfüllbarkeit des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

II. Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers gemäß § 297 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

1. Objektive Leistungshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

2. Subjektive Leistungshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

a) Fehlender Leistungswille des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

b) Fehlende Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

c) Subjektives Leistungshindernis aus rechtlichen Gründen . . . . . . . . . . . . .

68

III. Ordnungsgemäßes Angebot der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer nach Maßgabe der §§ 293 – 296 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

1. Tatsächliches Angebot gemäß § 294 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

2. Wörtliches Angebot gemäß § 295 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

3. Entbehrlichkeit des Angebots nach § 296 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

IV. Nichtannahme der angebotenen Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber gemäß § 293 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

1. (Nicht-)Annahme der Arbeitsleistung nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

2. Teilweise Nichtannahme der Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

3. Unzumutbarkeit der Annahme der Arbeitsleistung nach § 242 BGB . . . . . .

78

4. Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers nach § 298 BGB . . . . . . .

78

Inhaltsverzeichnis

13

V. Beendigung des Annahmeverzugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

1. Arg. e § 293 BGB: Annahme der angebotenen Arbeitsleistung . . . . . . . . . . .

80

2. Nachträgliche Unmöglichkeit gemäß § 275 BGB oder Unvermögen gemäß § 297 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

3. Vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

4. Beendigung des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

D. Die Rechtsfolgen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

I. Aufrechterhaltung des arbeitsvertraglichen Vergütungsanspruchs ohne Verpflichtung zur Nachleistung der ausgefallenen Arbeit gemäß §§ 611 Abs. 1, 615 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

1. Rechtsnatur des „Annahmeverzugslohnanspruchs“ aus § 615 S. 1 i. V. m. § 611 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

2. Lohnausfallprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

3. Ausschluss der Verpflichtung zur Nachleistung gemäß § 615 S. 1 BGB . .

87

II. Zur Anrechnung gemäß § 615 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

1. Allgemeiner Rechtsgedanke der Anrechnung, vor allem im Zivilrecht bzw. Schuldrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

2. Zur Wirkung der Anrechnung „ipso iure“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

3. Zur Rechtsnatur der Anrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

a) Verschiedenheit von Anrechnung und Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

b) Übereinstimmung des Grundgedankens der Anrechnung mit der Rechtsfigur der Vorteilsausgleichung bzw. Vorteilsanrechnung . . . . . . .

90

4. Gegenständlicher Umfang der Anrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

a) Ersparnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

b) Anderweitiger Erwerb bzw. Zwischenverdienst, Zwischenerwerb . . . . .

95

aa) Erwerbseinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

bb) Kausalitätserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

c) Böswillig unterlassener Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

aa) „Zumutbarkeit“ einer anderweitigen Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

bb) Zumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung beim Vertragsarbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 cc) Aufnahme einer neuen Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

14

Inhaltsverzeichnis dd) Obliegenheit des Arbeitnehmers zur Meldung bei der Agentur für Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 ee) Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB . . . . . . 103 d) Anrechnung öffentlich-rechtlicher Entgeltersatzleistungen . . . . . . . . . . . 103 5. Überblick zu den beiden Methoden des zeitlichen Umfangs der Anrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 a) Gesamtberechnung bzw. Gesamtanrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 b) Zeitabschnittsbezogene, ratierliche Anrechnungsmethode pro rata temporis bzw. Einzelbetrachtungslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 6. Auskunftspflicht des Arbeitnehmers bzw. Auskunftsanspruch des Arbeitgebers analog § 74c Abs. 2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 7. Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers infolge Überzahlung aus § 812 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 III. Sonstige Ansprüche des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 1. Allgemeine Rechtsfolgen des Gläubigerverzugs gemäß §§ 300 ff. BGB . . 109 2. Schadensersatzansprüche wegen Schuldnerverzugs nach §§ 280, 286 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 2. Teil Die beiden Methoden zum zeitlichen Umfang der Anrechnung anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB

112

A. Die rechtliche und wirtschaftliche Tragweite der unterschiedlichen Ansichten . . 112 I. Statistische Angaben zur Bedeutung der Anrechnung von Zwischenerwerb . . . 112 II. Beispielsfälle zur Verdeutlichung der Problemkreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Der Ausgangsfall des RG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 2. Weitere relevante Sachverhaltskonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 a) Der „Pilot-Fall“ des LAG Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 b) Erweiterter Beispielsfall in Anlehnung an Peter Nübold . . . . . . . . . . . . . . 115 c) Sonstige Problemkreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 B. Die Argumente der Methode der Gesamtberechnung bzw. Gesamtanrechnung . . . 118 I. Wortlaut-Argumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 II. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

Inhaltsverzeichnis

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III. Historische Argumente aus der Entstehungsgeschichte des § 615 BGB . . . . . . . 119 IV. Sinn und Zweck der Anrechnungsvorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 V. Einschränkung der Gesamtberechnungsmethode durch den 9. Senat des BAG: Die „vorläufige Gesamtberechnung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 C. Die zugunsten der zeitabschnittsbezogenen Anrechnungsmethode pro rata temporis bzw. Einzelbetrachtungslehre bislang vorgebrachten Argumente . . . . . . . . . . 122 I. Wortlaut des § 615 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 II. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 1. Systematischer Zusammenhang zwischen § 615 S. 1 und S. 2 BGB vor dem Hintergrund der rechtlichen Selbständigkeit der periodischen Vergütungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 2. Zeitabschnittsbezogene Anrechnung bei Parallelvorschriften und öffentlich-rechtlichen Engeltersatzleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 3. Parallelwertung zum Bereicherungsrecht anhand des Rechtsgedankens des § 818 Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 4. Widerspruch zur Rechtsprechung des BAG zu § 8 BUrlG . . . . . . . . . . . . . . . . 125 5. Ungelöste Fragestellungen und Folgeprobleme der Gesamtberechnungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 a) Der angeblich „einheitliche Gesamtberechnungszeitraum“ . . . . . . . . . . . 125 b) Teilweiser Verfall und Verjährung von Annahmeverzugslohnansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 c) Probleme mit der Hilfskonstruktion der „vorläufigen Gesamtberechnung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 d) Rechtskraftfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 e) Unvereinbarkeit mit dem Zweck der Pfändungsschutzvorschriften der §§ 850 ff. ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 f) Friktionen im Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . 128 aa) Sozialversicherungsrechtliche Folgeprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 bb) Steuerrechtliche Auswirkungen der Gesamtberechnungsmethode zu Lasten des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 III. Entstehungsgeschichte des § 615 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 IV. Sinn und Zweck der Anrechnungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 1. Der angebliche Sinn der Vermeidung eines „Gewinns auf Kosten des Arbeitgebers“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

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Inhaltsverzeichnis 2. Richtig verstandener Sinn und Zweck des § 615 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 131 3. Das angestrebte Ziel der „Billigkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 4. Keine Vermeidbarkeit von Manipulationsmöglichkeiten durch die Gesamtberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 3. Teil Eigene Stellungnahme

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A. Der indifferente Wortlaut des § 615 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 I. Verhältnis des § 615 S. 2 Alt. 2 zu S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 1. Synallagmatisches Verhältnis der arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten „Arbeitsleistung“ und „Arbeitsentgelt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 a) Begriff und Lehre vom „Synallagma“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 b) Einordnung des Arbeitsvertrages als gegenseitiger schuldrechtlicher Austauschvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 c) Das Arbeitsverhältnis als Dauerschuldverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 d) Das arbeitsvertragliche „Gesamtsynallagma“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 2. Die Periodizität des arbeitsvertraglichen Leistungsaustausches . . . . . . . . . . . 145 a) Zeitabschnittsbezogenheit der arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 b) Fälligkeit des periodischen Vergütungsanspruchs gemäß § 614 BGB . . . 146 c) Zeitlicher Anknüpfungspunkt bei § 615 BGB im Hinblick auf die Fälligkeitsregelung § 614 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3. Die rechtliche Selbständigkeit der einzelnen, periodisch fälligen Vergütungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 4. Strukturelle dogmatische Besonderheiten im Annahmeverzug des Arbeitgebers? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 II. Die Methode der Anrechnung in zeitlicher Hinsicht bei anderen Anrechnungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 1. § 11 KSchG: Anrechnung auf entgangenen Zwischenverdienst . . . . . . . . . . . 151 a) Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 b) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

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c) Gesamtberechnung oder Anrechnung pro rata temporis . . . . . . . . . . . . . . 153 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 2. Anrechnung auf die fällige Karenzentschädigung gemäß § 74c Abs. 1 S. 1 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 a) Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 b) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 c) Anrechnung pro rata temporis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 3. § 326 Abs. 2 S. 2 BGB: Befreiung von der Gegenleistung und Rücktritt beim Ausschluss der Leistungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 a) Gesetzlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 b) Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 c) Gesamtberechnung oder Anrechnung pro rata temporis . . . . . . . . . . . . . . 160 aa) Relevanz nur bei Dauerschuldverhältnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 bb) Rechtliche Selbständigkeit der Einzelleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 cc) Wortlautargumente und Kausalitätserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 dd) Richtig verstandener Sinn und Zweck der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 4. § 537 Abs. 1 S. 2 BGB: Entrichtung der Miete bei persönlicher Verhinderung des Mieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 a) Regelungszusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 b) Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 c) Gesamtberechnung oder Anrechnung pro rata temporis . . . . . . . . . . . . . . 167 aa) Systematisches Verhältnis von § 537 Abs. 1 S. 2 zu S. 1 BGB . . . 167 bb) Teleologische Argumente – Zur Erforderlichkeit einer teilweisen Korrektur des Normzwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 cc) Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung 170 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 5. § 649 S. 2 BGB: Kündigungsrecht des Bestellers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 a) Irrelevanz des Streits beim reinen Werkvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 b) Anrechnung anderweitigen Erwerbs auf rechtlich selbständige Abschlagszahlungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 c) Exkurs zum Normzweck der Anrechnungsvorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

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Inhaltsverzeichnis 6. § 616 S. 2 BGB: Vorübergehende Verhinderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 a) Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 b) Praktische Irrelevanz des Streits zwischen den Anrechnungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 7. § 617 Abs. 1 S. 3 BGB: Pflicht zur Krankenfürsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 a) Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 b) Gesamtberechnung oder Anrechnung pro rata temporis . . . . . . . . . . . . . . 178 c) Maßgebliche Divergenz des Inhalts der Anrechnungsvorschriften des § 617 Abs. 1 S. 3 BGB und des § 615 S. 2 BGB als Grund für die Unvergleichbarkeit der Anrechnungslagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 d) „Überdies“-Argumente für eine Gesamtberechnung aus dem Wortlaut sowie telos der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 8. § 1577 Abs. 2 S. 1 BGB: Bedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 a) Anwendungsbereich und Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 b) Strukturelle Vergleichbarkeit der Anrechnungssituationen . . . . . . . . . . . . 182 c) Keine „Gesamtberechnung“ im Unterhaltsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 9. § 19 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) BBiG: Fortzahlung der Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . 183 10. Anrechnung anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers aus einer während krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit aufgenommenen Zweitbeschäftigung oder selbständigen Tätigkeit gemäß § 242 BGB auf den Entgeltfortzahlungsanspruch nach §§ 3 f. EFZG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 11. Zusammenfassung und Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 III. Anrechnungsvorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . 185 1. Anrechnung im Beamtenbesoldungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 a) Anrechnung des während einer unwirksamen Entziehung der Beamtenrechte erzielten anderen Arbeitseinkommens auf die Dienstbezüge gemäß § 51 Abs. 4 Hs. 1 BBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 aa) Zeitabschnittsbezogene Anrechnung bereits vor Inkrafttreten des BBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 bb) Anrechnung pro rata temporis gemäß § 51 Abs. 4 Hs. 1 BBG . . . 189 b) § 9a BBesG: Anrechnung anderer Einkünfte auf die Besoldung . . . . . . 190 aa) Anrechnung gemäß § 9a Abs. 1 S. 1 BBesG in Übereinstimmung mit dem Rechtsgedanken des Vorteilsausgleichs ausschließlich nach Zeitabschnitten, grds. Monaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 bb) „Zeitkongruenz“ auch bei der Anrechnung nach § 9a Abs. 2 S. 1 BBesG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

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c) Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen auf den Unterhaltsbeitrag gemäß § 22 Abs. 1 S. 2 BeamtVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 aa) Der „angemessene“ Umfang der Anrechnung als unbestimmter Rechtsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 bb) Zur Angemessenheit ausschließlich einer zeitperiodenkongruenten Anrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 d) Zusammenfassung und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 2. Anrechnung von Erwerbseinkommen auf öffentlich-rechtliche (Entgeltersatz-)Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 a) Arbeitslosengeld gemäß §§ 117 ff. SGB III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 b) Kurzarbeitergeld gemäß §§ 169 ff. SGB III, Winterausfallgeld gemäß §§ 214 ff. SGB III a. F. bzw. Saison-Kurzarbeitergeld gemäß §§ 175 ff. SGB III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 c) Insolvenzgeld gemäß §§ 183 ff. SGB III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 aa) Zur Notwendigkeit der Vornahme einer „Anrechnung“ als solcher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 bb) Zur Vorzugswürdigkeit der Anrechnungsmethode pro rata temporis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 cc) Größtmöglicher Einklang der zeitabschnittsbezogenen Anrechnungsmethode mit den europarechtlichen Vorgaben der RL 80 / 987 / EWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 d) Arbeitslosengeld II gemäß §§ 19 ff. SGB II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 aa) Zu berücksichtigendes Einkommen nach §§ 11, 13 SGB II i. V. m. Alg II-V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 bb) Zeitlicher Gleichlauf von Regelleistung und laufendem Einkommen bei der Anrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 cc) Anrechnung einmaliger Einnahmen als Einkommen oder Vermögen auch auf künftige Bedarfszeiträume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 e) „Ruhen“ des Anspruchs auf Krankengeld nach §§ 44 ff., 49 SGB V . . 207 f) Hinzuverdienstgrenzen bei Renten wegen Alters gemäß § 34 Abs. 2, Abs. 3 SGB VI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 g) Renten wegen Erwerbsminderung nach §§ 43, 45 SGB VI . . . . . . . . . . . . 209 h) Zur Anrechnung von Einkommen auf sonstige Entgeltersatz- und Sozialleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 aa) Verletztengeld der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß §§ 45 ff. SGB VII . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 bb) Übergangsgeld gemäß §§ 160 ff. SGB III, §§ 20 f. SGB VI, §§ 49 ff. SGB VII oder §§ 44 ff. SGB IX . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 cc) Berufsausbildungsbeihilfe gemäß §§ 59 ff. SGB III . . . . . . . . . . . . . 211 dd) Ausbildungsgeld gemäß §§ 104 ff. SGB III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 i) Zusammenfassung und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

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Inhaltsverzeichnis 3. Anrechnungsfragen im Zusammenhang mit dem Zusammentreffen von Sozialleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 a) Zusammentreffen von Renten nach §§ 33 ff. SGB VI mit „Einkommen“ i. S. v. §§ 89 ff. SGB VI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 b) Zusammentreffen von Verletztengeld mit Leistungen der Arbeitsförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 c) Anrechnung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld II auf Insolvenzgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 d) Zusammenfassung und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 IV. Jobst Gumperts Parallelwertung zum Rechtsgedanken des § 818 Abs. 3 BGB als Ausgangspunkt für den Vorwurf einer „Überdehnung des Bereicherungsverbots“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 1. Zutreffender Hinweis auf das „Bereicherungsverbot“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 2. Bereicherungsrechtliches Behaltendürfen eines bei der Veräußerung der herauszugebenden Sache erzielten sachwertübersteigenden Gewinns nach §§ 812 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 3. Weitere bereicherungsrechtliche Überlegungen im Hinblick auf § 816 Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 V. Zwischenergebnis zur systematischen Auslegung des § 615 S. 2 BGB . . . . . . . . 220

C. Entstehungsgeschichte des § 615 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 I. Überblick über die Entstehungsgeschichte des § 615 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 II. Zu den Vorgängerregelungen des § 615 BGB im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . 222 III. Vorläuferregelungen der Anrechnungsvorschrift des § 615 S. 2 BGB im Besonderen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 1. § 561 S. 2 Entwurf I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 2. Teilweise Ähnlichkeit des § 518 S. 2, S. 3 Entwurf I mit § 561 S. 2 Entwurf I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 a) Art. 561 des Dresdner Entwurfs als Grundlage für § 518 Entwurf I . . . 224 b) Folgerungen aus der Bezugnahme des historischen BGB-Gesetzgebers auf die römisch-rechtliche „locatio conductio operarum“ sowie die Bestimmungen über die „Sach-Miethe“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 c) Übereinstimmung des § 518 S. 2 Entwurf I mit dem Regelungsgehalt des § 368 Abs. 2 S. 2 Entwurf I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 3. Übereinstimmung der Anrechnung bei § 561 S. 2 Entwurf I mit Art. 625 S. 2 des Dresdner Entwurfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 a) Ausdrückliche Statuierung eines zeitlichen Elements im Rahmen der Anrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228

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b) Abzug von dem „vertragsgemäßen Lohn“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 c) Zeitlicher und / oder sachlicher Bezugspunkt des „entsprechenden Abzugs“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 IV. Hinweise des RG auf ältere Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 V. Sonstige Gerichtsentscheidungen aus der Zeit vor Inkrafttreten des BGB . . . . . 235 VI. Ergebnis zur historischen Auslegung des § 615 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 D. Ratio legis des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 I. Der angebliche Normzweck der „Vermeidung eines Gewinns auf Kosten des Arbeitgebers“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 1. Zum Nachweis der Unvermeidbarkeit eines „Gewinns“ des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 a) Zum Fehlen eines Herausgabeanspruchs bezüglich der Differenz zwischen Annahmeverzugslohnforderungen und gesamtem Zwischenerwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 b) Unanwendbarkeit des „Surrogationsgedankens“ nach § 285 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 c) Keine sonstigen Anspruchsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 aa) Rechtsfolgen des Verstoßes gegen ein Wettbewerbsverbot analog § 61 Abs. 1 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 bb) Rechtsfolgen des Verstoßes gegen ein Nebentätigkeitsverbot . . . . 240 2. Kein Gewinn „auf Kosten“ des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 3. Zutreffende Betonung nunmehr auch der „Nachteilsausgleichsfunktion“ im Sinne eines „Benachteiligungsverbots“ durch das BAG . . . . . . . . . . . . . . . 244 II. Das angestrebte Ziel der „Billigkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 1. „Gesetzgeberische Biligkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 2. Umschreibung des sachlichen Gehalts der „Billigkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 a) Erscheinungsformen der „Billigkeit“ im Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 b) Abgrenzung der „gesetzgeberischen Billigkeit“ zur „konkreten Billigkeit“ als Einzelfallgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 c) „Billigkeit“ und der Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 3. Grundsätze zur Anwendung und Verwirklichung der „Billigkeit“ . . . . . . . . . 250 a) In Betracht kommende Billigkeitskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250

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Inhaltsverzeichnis b) Bewertung und Abwägung der Billigkeitskriterien zur Verwirklichung des Postulats der „gesetzgeberischen Billigkeit“ im Rahmen der unterschiedlichen Anrechnungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 aa) Geschäftszweck des Arbeitsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 bb) Vertragliche und gesetzliche Risikoverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 cc) Aufgewendete Zeit und Mühe für die vertraglichen Verpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 dd) Wirtschaftliche Interessen oder Belastungen der Parteien sowie Art und Ausmaß der Nachteile bzw. des Schadens . . . . . . . . . . . . . . . 253 ee) „Verschulden“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 ff) Belange des Betriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 gg) Sonstige Billigkeitskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 4. Zusammenfassung und Ergebnis zur angestrebten „Billigkeit“ . . . . . . . . . . . 255 III. Nachteilsausgleichsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 IV. Ausschluss von Doppelleistungen im Sinne eines „Doppelverwertungsverbots“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 V. Zur Frage der Vermeidbarkeit von Manipulationsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . 257 VI. Zu der Möglichkeit des Arbeitnehmers, durch Ausschluss seiner Leistungsbereitschaft nach § 297 BGB den Annahmeverzugs- und damit den Anrechnungszeitraum zu beschränken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 VII. Zu dem Folgen-Argument, der Arbeitnehmer würde bei periodischer Anrechnungsweise keinen Anreiz mehr haben, eine gut vergütete anderweitige Arbeit aufzunehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 VIII. Ergebnis zum Normzweck des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263

E. Sonstige Auslegungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 I. Verfassungskonforme Auslegung des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 1. Keine unmittelbare oder „mittelbare Drittwirkung“ der Grundrechte bei § 615 S. 2 Alt. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 2. Berücksichtigungsfähige grundgesetzliche Wertungen aus Artt. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 3. Ergebnis zur verfassungskonformen Auslegung des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 II. Völker- und europarechtskonforme Auslegung des § 615 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 267 1. Gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 2. Richtlinienkonforme Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268

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3. Völkerrechtskonforme Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 a) „Gerechtes“ Entgelt i. S. v. Nr. 5 S. 1 Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 b) Das „Recht“ auf ein „gerechtes“ Arbeitsentgelt gemäß Art. 4 S. 1 Nr. 1 ESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 4. Ergebnis zur völker- und europarechtskonformen Auslegung des § 615 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 F. Zusammenfassung und Ergebnisse der Gesetzesauslegung des § 615 BGB . . . . . . 271 4. Teil Auswirkungen der pro rata temporis-Anrechnungsmethode auf andere Rechtsbereiche

273

A. Dogmatische Grundlage: Systematische Gesetzesauslegung vor dem Hintergrund der Zielvorstellung einer „Einheit der Rechtsordnung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 B. Auswirkungen auf das Sozialversicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 I. Sozialversicherungsrechtliche Behandlung der Annahmeverzugslohnansprüche

274

II. Probleme infolge der Anwendung der Gesamtberechnungsmethode . . . . . . . . . . . 275 1. Unklarheiten bei der Bemessung der Höhe der abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 2. Ausschluss des gesetzlichen Forderungsübergangs von Arbeitslosengeld gemäß § 115 Abs. 1 SGB X und „Gewinn“ des Arbeitnehmers zu Lasten der Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 3. Verlust des Sozialversicherungsschutzes des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . 277 4. Wertungswiderspruch der Gesamtberechnungsmethode zu dem in § 22 Abs. 2 S. 1 SGB IV enthaltenen allgemeinen sozialversicherungsrechtlichen Rechtsgedanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 C. Auswirkungen auf das Einkommensteuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 I. Lohnsteuerrechtliche Behandlung der Annahmeverzugslohnansprüche . . . . . . . 279 II. „Steuerschaden“ des Arbeitnehmers aufgrund der Gesamtberechnungsmethode

281

D. Auswirkungen auf das Zwangsvollstreckungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 I. Pfändungsrechtlicher Schutz der Annahmeverzugslohnansprüche gemäß §§ 850 ff. ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 II. Missachtung des Normzwecks der Pfändungsschutzvorschriften durch die Gesamtberechnungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283

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E. Auswirkungen auf das Insolvenzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 I. Insolvenzrechtlicher Schutz der Annahmeverzugslohnansprüche . . . . . . . . . . . . . 285 II. Risiken des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit der Gesamtberechnungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 III. Restschuldbefreiung gemäß §§ 286 ff. InsO, vor allem im Rahmen des Verbraucherinsolvenzverfahrens nach §§ 304 ff. InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 F. Widersprüchlichkeiten der Gesamtberechnung im Hinblick auf das Befristungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 G. Wertungswiderspruch der Gesamtberechnungsmethode im Hinblick auf § 8 BUrlG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 H. Auswirkungen auf prozessrechtliche Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 I. Unklarheiten bei der Ermittlung und Darlegung des gesamten, „einheitlichen Gesamtberechnungszeitraums“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 II. Abmilderung der Probleme durch die Konstruktion der „vorläufigen Gesamtberechnung“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 III. Missachtung der Reichweite der Rechtskraft eines Annahmeverzugslohn-Zahlungsurteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 IV. Zur fragwürdigen Anrechenbarkeit von Zwischenerwerb auf verfallene oder verjährte Annahmeverzugslohnansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 I. Ergebnisse zu den Auswirkungen der pro rata temporis-Anrechnungsmethode auf andere Rechtsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 5. Teil Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit

299

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333

Abkürzungsverzeichnis a. A. ABl. Abs. AbzG AcP a. E. AEntG a. F. AFG AGBG AiB AktG allg. M. ALR Alt. Anm. AO 1977 AOG AP AR-Blattei ArbG ArbGG ArbRB ArbRGgwart ArbSchG

ArbStättV ArbuR ArbZG arg. e arg. e contrario ARS

andere(r) Ansicht Amtsblatt Absatz Gesetz betreffend die Abzahlungsgeschäfte – Abzahlungsgesetz Archiv für die civilistische Praxis am Ende Gesetz über zwingende Arbeitsbedingungen bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen – Arbeitnehmer-Entsendegesetz alte Fassung; alte Folge Arbeitsförderungsgesetz Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Arbeitsrecht im Betrieb Aktiengesetz allgemeine Meinung Preußisches Allgemeines Landrecht Alternative Anmerkung Abgabenordnung Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit Arbeitsrechtliche Praxis, Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts Arbeitsrecht-Blattei Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz Arbeits-Rechts-Berater Das Arbeitsrecht der Gegenwart Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit – Arbeitsschutzgesetz Verordnung über Arbeitsstätten – Arbeitsstättenverordnung Arbeit und Recht Arbeitszeitgesetz argumentum aus Umkehrschluss Arbeitsrechts-Sammlung – Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts und des Reichsehrengerichtshofs, der Landesarbeitsgerichte, Arbeitsgerichte und Ehrengerichte

26 ARST Art. AuA AuB AÜG Aufl. AuR BÄO BAföG BAG BAGE BArbBl. BAT BauGB BauR BB BBesG BBG BBiG BBl. BDA BDO BeamtVG Begr. ber. BeschFG 1985 BetrAVG BetrVG BFH BFHE BGB BGBl. BGH BGH-Dat Zivil BGHSt BGHZ BPersVG BR-Drucks.

Abkürzungsverzeichnis Arbeitsrecht in Stichworten Artikel Arbeit und Arbeitsrecht Arbeit und Beruf Gesetz zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung – Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Auflage Arbeit und Recht Bundesärzteordnung Bundesgesetz über die individuelle Förderung der Ausbildung – Bundesausbildungsförderungsgesetz Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bundesarbeitsblatt Bundesangestelltentarifvertrag Baugesetzbuch Baurecht Der Betriebsberater Bundesbesoldungsgesetz Bundesbeamtengesetz Berufsbildungsgesetz Bundesblatt der Schweizerischen Eidgenossenschaft Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände Bundesdisziplinarordnung Gesetz über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern – Beamtenversorgungsgesetz Begründer berichtigt Gesetz über arbeitsrechtliche Vorschriften zur Beschäftigungsförderung – Beschäftigungsförderungsgesetz 1985 Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung – Betriebsrentengesetz Betriebsverfassungsgesetz Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof BGH-Dat Zivilsachen – Computerdatenbank der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundespersonalvertretungsgesetz Drucksachen des Deutschen Bundesrates

Abkürzungsverzeichnis BRG BRRG BSG BSGE BSHG BT-Drucks. BUrlG BuW BVerfG BVerfGE bzw. ca. DB ders. dies. DiskE Diss. DÖD d. V. DVBl. EEK EFZG EG EGBGB Einf. Einl. endg. Erk. ESC EStG EuGH EUR EU-Vertrag EzA EzBAT EzS f. FA

27

Betriebsrätegesetz Rahmengesetz zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts – Beamtenrechtsrahmengesetz Bundessozialgericht Entscheidungen des Bundessozialgerichts Bundessozialhilfegesetz Drucksachen des Deutschen Bundestages Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmer – Bundesurlaubsgesetz Betrieb und Wirtschaft Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise circa Der Betrieb derselbe dieselbe(n) Diskussionsentwurf Dissertation Der Öffentliche Dienst der Verfasser Deutsches Verwaltungsblatt Entscheidungssammlung zur Entgeltfortzahlung an Arbeiter, und Angestellte bei Krankheit, Kur und Mutterschaft Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall – Entgeltfortzahlungsgesetz Europäische Gemeinschaft(en); Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche Einführung Einleitung endgültig Erkenntniß; Erkenntniss (altertümlich) Europäische Sozialcharta Einkommensteuergesetz Europäischer Gerichtshof Euro Vertrag über die Europäische Union Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht Entscheidungssammlung zum Bundesangestellten-Tarif und den ergänzenden Tarifverträgen Entscheidungssammlung zum Sozialversicherungsrecht folgende Beilage zu Fachanwalt Arbeitsrecht

28 ff. Fn. FS G 131 G. B. GebrMG GefStoffV GeschmMG GewO GG GmbH GmbHG GmbHR GMBl. grds. GS GWB Habil. Hdb. H. d. d. V. HGB h. L. h. M. hrsg. Hrsg. Hs. HVBG-INFO i. d. F. i. d. R. Iher. Jhb. i. H. v. InsO IÖD i. S. i. S. v. i. V. m. JA JArbSchG JR juris

Abkürzungsverzeichnis fortfolgende Fußnote Festschrift Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen Gesetzbuch (altertümlich) Gebrauchsmustergesetz Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen – Gefahrstoffverordnung Gesetz über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen – Geschmacksmustergesetz Gewerbeordnung Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (mit GmbH-Report) Gemeinsames Ministerialblatt grundsätzlich Großer Senat Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Habilitationsschrift Handbuch Hervorhebung durch den Verfasser Handelsgesetzbuch herrschende Lehre herrschende Meinung herausgegeben Herausgeber Halbsatz Aktueller Informationsdienst für die berufsgenossenschaftliche Sachbearbeitung in der Fassung in der Regel Iherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts in Höhe von Insolvenzordnung Informationsdienst Öffentliches Dienstrecht in Sachen im Sinne von in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter Gesetz zum Schutz der arbeitenden Jugend – Jugendarbeitsschutzgesetz Juristische Rundschau juris

Abkürzungsverzeichnis JuS JW JZ KG KO KSchG KSchG 1951 KStG KTS LAG LAGE lat. LBG LG LM LSG m. abl. Anm. m. Anm. MarkenG m. gem. Anm. Mitbegr. m. krit. Anm. MuSchG m. w. N. m. W. v. m. zust. Anm. NachwG n. F. NJW NJW-RR notar Nr. n. rk. NVwZ NVwZ-RR NZA NZA-RR NZG NZI NZS OAG

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Juristische Schulung Juristische Woche Juristenzeitung Kammergericht Konkursordnung Kündigungsschutzgesetz Kündigungsschutzgesetz vom 10. 8. 1951 Körperschaftsteuergesetz Zeitschrift für Insolvenzrecht (Konkurs Treuhand Sanierung) Landesarbeitsgericht Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte lateinisch Landesbeamtengesetz Landgericht Lindenmaier-Möhring Landessozialgericht mit ablehnender Anmerkung mit Anmerkung Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen – Markengesetz mit gemeinsamer Anmerkung Mitbegründer mit kritischer Anmerkung Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter – Mutterschutzgesetz mit weiteren Nachweisen mit Wirkung vom mit zustimmender Anmerkung Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen – Nachweisgesetz neue Fassung; neue Folge Neue Juristische Wochenschau Neue Juristische Wochenschau – Rechtsprechungs-Report Notar Nummer nicht rechtskräftig Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht – Rechtsprechungs-Report Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht – Rechtsprechungs-Report Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Insolvenzrecht Neue Zeitschrift für Sozialrecht Oberappellationsgericht

30 OG OLG OLGZ OVG PatG RdA Red. RG RGZ Rn. Rs. RV RVO RzK S. SachBezV SAE SchIHA SeemG Sen. SF-Medien SG SGb. SGB II SGB III SGB IV SGB V SGB VI SGB VII SGB IX SGB X SGB XI SGB XII Slg. sog. SozR SozSich. StGB

Abkürzungsverzeichnis Obergericht Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit Oberverwaltungsgericht Patentgesetz Recht der Arbeit Redaktor(en); Redaktion Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Randnummer Rechtssache Die Rentenversicherung Reichsversicherungsordnung Rechtsprechung zum Kündigungsrecht Satz; Seite Verordnung über den Wert der Sachbezüge in der Sozialversicherung – Sachbezugsverordnung Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen Schleswig-Holsteinische Anzeigen Seemannsgesetz Senat Der Sozialversicherungsfachangestellte Soldatengesetz Die Sozialgerichtsbarkeit Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe Sammlung so genannte(n)(r)(s) Sozialrecht Soziale Sicherheit Strafgesetzbuch

Abkürzungsverzeichnis str. st. Rspr. SVBezGrG TVG TVöD TzBfG u. a. UAbs. UWG VerlG VersR VG VGH vgl. VOB / B Vorb. VVG VwGO VwVfG w. WBO WM WuM WzS z. B. ZBR ZfA ZfS ZfSH / SGB ZInsO ZIP zit. ZPO ZRP ZTR

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streitig Ständige Rechtsprechung Gesetz über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2007 – Sozialversicherungs-Rechengrößengesetz 2007 Tarifvertragsgesetz Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge – Teilzeit- und Befristungsgesetz und andere; unter anderem Unterabsatz Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Gesetz über das Verlagswesen – Verlagsgesetz Versicherungsrecht Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), Teil B: Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen Vorbemerkung(en) Gesetz über den Versicherungsvertrag – Versicherungsvertragsgesetz Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz wersus; versus (altertümlich) Wehrbeschwerdeordnung Wertpapier-Mitteilungen, Teil IV Wohnungswirtschaft und Mietrecht Wege zur Sozialversicherung zum Beispiel Zeitschrift für Beamtenrecht Zeitschrift für Arbeitsrecht Das Zentralblatt für Sozialversicherung, Sozialhilfe und Versorgung Sozialrecht in Deutschland und Europa Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis zitiert Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Tarifrecht

Einleitung A. Einführung in die Thematik Zu den sich aus § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. dem Arbeitsvertrag ergebenden, im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Hauptleistungspflichten gehört auf Seiten des Arbeitgebers die Verpflichtung zur Zahlung der vereinbarten Vergütung.1 Der Arbeitnehmer schuldet als synallagmatische Hauptleistung die Erbringung der versprochenen Dienste.2 Das Gefüge dieser arbeitsvertraglichen Verpflichtungen bzw. der damit korrespondierenden Ansprüche der Arbeitsvertragsparteien ist zum einen durch den sich aus der Vorschrift des § 614 S. 1 BGB3 ergebenden Grundsatz der Vorleistungspflicht des Arbeitnehmers geprägt.4 Das heißt, die Arbeitsvergütung wird abweichend von der allgemeinen Regelung des § 271 BGB erst nach Leistung der Dienste fällig, so dass der Arbeitnehmer ein „Vorleistungs-Risiko“ dahingehend trägt, nach Erbringung der Dienste die geschuldete Vergütung nicht zu erhalten.5 Zum anderen gilt im Arbeitsverhältnis der richtigerweise nicht aus § 614 BGB, sondern dem Gegenseitigkeitsverhältnis von Arbeitsleistung und Vergütung herzuleitende6 und trotz seiner zahlreichen Ausnahmen7 allgemein anerkannte Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“.8 Zu den auch im Arbeitsverhältnis in Betracht kommenden allgemeinen schuldrechtlichen 1 Zur Vergütungspflicht als Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers siehe nur ErfK / Preis, § 611 BGB Rn. 487 ff. 2 Näher zur arbeitsvertraglichen Hauptpflicht des Arbeitnehmers zur Erbringung der Arbeitsleistung ErfK / Preis, § 611 BGB Rn. 789 ff. 3 Oder der zahlreichen an ihre Stelle tretenden spezialgesetzlichen bzw. individualarbeitsoder kollektivvertraglichen Sonderregelungen, dazu MünchKomm-BGB / Müller-Glöge, § 614 Rn. 3 ff., 9. 4 Näher Staudinger / Richardi, § 614 BGB Rn. 1, 6. 5 MünchKomm-BGB / Müller-Glöge, § 614 Rn. 1; ErfK / Preis, § 614 BGB Rn. 1. 6 HWK / Krause, § 614 BGB Rn. 2; Staudinger / Richardi, § 614 BGB Rn. 1, 7 ff.; Söllner, AcP 167 (1967), S. 132 (133 ff.). 7 Etwa die vom Arbeitgeber zu vertretende Unmöglichkeit der Arbeitsleistung nach § 326 Abs. 2 BGB, die vorübergehende Dienstverhinderung gemäß § 616 S. 1 BGB, bezahlter Erholungsurlaub nach Maßgabe der §§ 1 ff. BUrlG, Entgeltfortzahlung an Feiertagen gemäß § 2 EFZG und im Krankheitsfall gemäß § 3 EFZG, Entgeltfortzahlung bei Arbeitsausfall wegen mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote nach §§ 11 ff. MuSchG. 8 BAG 21. 3. 1958 – 1 AZR 555 / 56 – AP § 614 BGB Nr. 1 m. zust. Anm. Tophoven; MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 1; MünchKomm-BGB / Müller-Glöge, § 611 Rn. 12, 1039, § 614 Rn. 1; Söllner, AcP 167 (1967), S. 132 (133 ff., 144 ff.).

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Einleitung

Leistungsstörungen ist neben der nachträglichen Unmöglichkeit der Leistungserbringung nach § 275 i. V. m. § 326 BGB und dem Schuldnerverzug gemäß §§ 286 ff. BGB auch der Gläubigerverzug bzw. Annahmeverzug nach Maßgabe der §§ 293 ff. BGB zu zählen.9 Die Regelung des § 615 S. 1 BGB enthält für den Fall des Annahmeverzugs des Arbeitgebers eine weitere Durchbrechung der Grundregel „Ohne Arbeit kein Lohn“, indem als zusätzliche Rechtsfolge des Annahmeverzugs der ursprüngliche arbeitsvertragliche Erfüllungsanspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung der vereinbarten Vergütung aus § 611 Abs. 1 BGB aufrechterhalten wird.10 § 615 S. 1 BGB fungiert demnach als „Anspruchserhaltungsnorm“. Die Vorschrift des § 615 BGB hat in ihrer jetzigen Fassung11 folgenden Wortlaut: „§ 615 Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko 1

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. 2Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. 3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.“

Der Arbeitgeber kann als Gläubiger der vom Arbeitnehmer auf der Grundlage des Arbeitsvertrages zu erbringenden Arbeitsleistung gemäß § 615 BGB ohne weiteres bereits dann in Annahmeverzug geraten, wenn er die vom Arbeitnehmer ordnungsgemäß angebotene Arbeitsleistung, aus welchen Gründen auch immer, nicht annimmt. Nach Maßgabe der die Voraussetzungen für den Eintritt des Gläubigerverzugs regelnden Vorschriften der §§ 293 ff. BGB ist ein Vertretenmüssen oder gar ein Verschulden des Arbeitgebers nicht erforderlich. Vielmehr „genügt die nackte Thatsache der Nichtannahme der angebotenen Leistung seitens des Gläubigers“.12 Gemäß § 611 Abs. 1 i. V. m. § 615 S. 1 BGB ist der Arbeitgeber unter Ausschluss eines Nachleistungsanspruchs zur Lohnzahlung verpflichtet, ohne den da9 Näher zu Leistungsstörungen im Arbeitsverhältnis Fabricius, Leistungsstörungen im Arbeitsverhältnis, S. 52 ff., 96 ff.; Preis / Hamacher, Jura 1998, S. 11 ff.; dies., Jura 1998, S. 116 ff.; Wertheimer, JuS 1993, S. 646 ff.; zu den Auswirkungen der Schuldrechtsreform Richardi, NZA 2002, 1004 ff.; Hennsler, RdA 2002, S. 129 ff.; Lindemann, AuR 2002, S. 81 ff.; Däubler, NZA 2001, S. 1329 (1331 f.); Joussen, NZA 2001, 745 (746 ff.). 10 Allg. M., siehe nur BAG 18. 9. 2002 – 1 AZR 668 / 01 – AP § 615 BGB Nr. 99; Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 7 ff.; Bonn, Anrechnung, S. 6 ff.; näher zur Rechtsnatur des „Annahmeverzugslohns“ 1. Teil D. I. 1. 11 Aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts – Schuldrechtsmodernisierungsgesetz – vom 26. 11. 2001 m. W. v. 1. 1. 2002, BGBl. 2001 I S. 3138 (3166). 12 Motive II, S. 68 (69).

A. Einführung in die Thematik

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für an sich vertraglich vorgesehenen Gegenwert einer tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung erhalten zu haben. Die rechtlichen Folgen des sich verwirklichenden „Annahmeverzugslohnrisikos“ können den Arbeitgeber wirtschaftlich schwer treffen. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn sich der Annahmeverzug über längere Zeiträume erstreckt, wie beispielsweise in dem alltäglichen Fall eines Kündigungsrechtsstreits, in dessen Folge sich die als vermeintliche Grundlage für die Zurückweisung der Arbeitsleistung dienende Arbeitgeberkündigung nach möglicherweise jahrelangem Rechtsstreit mit Fortgang durch mehrere Instanzen letztlich als rechtsunwirksam erweist.13 Ein gegebenenfalls längerer Annahmeverzug kann im Übrigen auch durch alle sonstigen rechtswidrigen Ablehnungserklärungen des Arbeitgebers ausgelöst werden, z. B. infolge einer einseitigen unwirksamen Freistellung bzw. Suspendierung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht sowie in den Fällen des sich über einen längeren Zeitraum verwirklichenden, nach § 615 S. 3 BGB vom Arbeitgeber zu tragenden Betriebsrisikos, etwa wegen betriebstechnischer Gründe oder aufgrund von auf typische sachliche Betriebsmittel einwirkenden Naturereignissen oder wegen extremer Witterungsverhältnisse.14 Auf der anderen Seite ist die Situation des Arbeitnehmers angemessen zu würdigen. Dieser sieht sich angesichts des vorübergehenden oder sogar dauerhaften Wegfalls seines regelmäßigen Arbeitseinkommens zur notwendigen Bestreitung seines Lebensunterhalts vielfach gezwungen, eine anderweitige Erwerbstätigkeit aufzunehmen, unbeschadet des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses mit dem im Annahmeverzug befindlichen Vertragsarbeitgeber. Auf die von dem im Annahmeverzug befindlichen Arbeitgeber nach § 615 S. 1 i. V. m. § 611 Abs. 1 BGB fortzuzahlende Vergütung muss sich der Arbeitnehmer gemäß § 615 S. 2 BGB neben den kausal durch den Annahmeverzug bedingten Ersparnissen anderweitig erzieltes Einkommen, sog. Zwischenverdienst, sowie böswillig unterlassenen Erwerb anrechnen lassen. Gleiches gilt im Anwendungsbereich des KSchG15 für den Fall unwirksamer Arbeitgeberkündigung nach Maßgabe der trotz des unterschiedlichen Wortlauts mit § 615 S. 2 BGB inhaltlich im Wesentlichen übereinstimmenden Vorschriften des § 11 Nr. 1 und 2 KSchG.16 13 Zu möglichen Auswegen aus diesem „Kündigungsschutzrisiko“ siehe Löwisch, FS BAG, S. 423 (424 ff.); Preis, NZA 2003, S. 252 ff. Zu Vorschlägen zur Reform des Kündigungsschutzrechts im Sinne einer Rückkehr zum Bestandsschutz durch Beseitigung des „Annahmeverzugsrisikos“ Boecken / Topf, RdA 2004, S. 19 ff. Näher dazu 1. Teil B. III. 2. 14 Siehe BAG 9. 3. 1983 – 4 AZR 301 / 80 – BAGE 42, 94 (98 ff.), hier zu Störungen in der Energieversorgung; RAG 8. 2. 1930 – 396 / 29 – ARS 8, 407 (408 ff., 411 f. m. im Ergebnis zust. Anm. Hueck, A.), zu Schwierigkeiten bei der Rohstoffversorgung. 15 Zum sachlichen, zeitlichen und persönlichen Anwendungsbereich siehe die §§ 1 Abs. 1, 14, 23 ff. KSchG. 16 Auch die bei § 615 S. 2 BGB im Gegensatz zu § 11 Nr. 3 KSchG nicht ausdrücklich vorgesehene Anrechnung öffentlich-rechtlicher Ersatzleistungen hat nach allg. M. analog § 11 Nr. 3 KSchG zu erfolgen, siehe nur BAG 13. 6. 2002 – 2 AZR 391 / 01 – BAGE 101, 328 (340). Im Unterschied zu § 615 S. 2 BGB schreibt § 11 KSchG hingegen nicht die Anrech-

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Einleitung

B. Ziel der Untersuchung Die insbesondere in jüngerer Zeit wieder zunehmend umstrittene, rechtlich wie praktisch bedeutsame Frage, in welchem zeitlichen Umfang die Anrechnung von Zwischenverdienst des Arbeitnehmers während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers zu erfolgen hat, soll im Folgenden eingehend untersucht werden. Die nach wie vor h. M. und st. Rspr., insbesondere auch des BAG,17 nimmt im Anschluss an eine vereinzelt gebliebene Entscheidung des RG18 die Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB seit jeher im Sinne einer sog. Gesamtberechnung19 dergestalt vor, den gesamten im Annahmeverzugszeitraum erzielten anderweitigen Erwerb des Arbeitnehmers auf den gesamten Annahmeverzugslohn anzurechnen.20 Demgegenüber sind nung von Ersparnissen vor, Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 134 m. w. N. Näher zu § 11 KSchG noch folgend unter 1. Teil B. II. 4. und 3. Teil B. II. 1. 17 St. Rspr. seit BAG 1. 3. 1958 – 2 AZR 533 / 55 – BAGE 5, 217 (218 ff.); BAG 16. 5. 1969 – 3 AZR 137 / 68 – BAGE 22, 6 (15); BAG 23. 1. 1967 – 3 AZR 253 / 66 – BAGE 19, 194 (198 ff.); BAG 16 12. 1982 – 6 AZR 1193 / 79 – juris; BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (33 ff.); BAG 19. 2. 1997 – 5 AZR 379 / 94 – juris; einschränkend im Sinne einer „vorläufigen Gesamtberechnung“ BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (59, 61 f. m. insoweit abl. Anm. Boe-cken); BAG 16. 11. 2005 – 10 AZR 152 / 05 – AP § 74c HGB Nr. 21; BAG 22. 11. 2005 – 1 AZR 407 / 04 – BAGE 116, 246 (250 ff.); BAG 12. 12. 2006 – 1 AZR 96 / 06 – AP § 77 BetrVG 1972 Nr. 94; zuletzt BAG 8. 5. 2007 – 9 AZR 527/06 – AP § 16 BBiG Nr. 4; aus der weitgehend dem BAG folgenden Instanzrechtsprechung siehe nur LAG Rheinland-Pfalz 31. 8. 2006 – 11 Sa 323 / 06 – juris. 18 RG 12. 7. 1904 – III 146 / 04 – RGZ 58, 402 (403 f.). 19 Bzw. Gesamtanrechnung, Gesamtbetrachtung oder Gesamtabrechnung; neuerdings findet sich auch die Bezeichnung „Saldomethode“, so bei Opolony, AuA 2007, S. 86 (89). 20 Die Literatur folgt dieser Rechtsprechung nach wie vor weitgehend, wenngleich zumeist ohne nähere Begründung. Becker, JW 1912, S. 976 (977); Erman / Belling, § 615 BGB Rn. 42; Bensinger, Arbeitsvertrag, S. 87; MünchArb / Boewer, § 78 Rn. 60; Bonn, Anrechnung, S. 14; Danne, SAE 1994, S. 232 (237, 238 f.), Anm. zu BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 –; Decker, Vorteilsanrechnung beim Erfüllungsanspruch, S. 10 (13); Doering, Anrechnung, S. 7 (10); Enneccerus, in: Enneccerus / Kipp / Wolff, Bürgerliches R, S. 435, dort Fn. 7; AnwKomm-ArbR / Eylert, § 11 KSchG Rn. 9; Fonk, NZG 1998, S. 408 (412); Bamberger / Roth / Fuchs, § 615 BGB Rn. 41; BeckOK-BGB / Fuchs, § 615 Rn. 39a, 41; Gierke, Deutsches PrivatR III, S. 617 f. (618, dort Fn. 118); Küttner / Griese, Personalbuch 2007, Annahmeverzug Rn. 16; Hanau / Adomeit, ArbR, Rn. 813; MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 66; Herschel, AP § 9 KSchG Nr. 1, Anm. zu BAG 1. 3. 1958 – 2 AZR 533 / 55 –; Hueck, ArbeitsvertragsR, S. 86; Hueck / Nipperdey, ArbR I, S. 327; Koller, SAE 1979, S. 132 (135), Anm. zu BAG 19. 7. 1978 – 5 AZR 748 / 77 –; Soergel / Kraft, § 615 BGB Rn. 54; HWK / Krause, § 615 BGB Rn. 89; Krause, ArbR I, S. 218; jurisPK-BGB / Legleitner, § 615 Rn. 29; Schaub / Linck, ArbR-Hdb., § 95 Rn. 39; PWW / Lingemann, § 615 BGB Rn. 17; Jauernig / Mansel, § 615 BGB Rn. 10; Marhold, AR-Blattei ES 80 Nr. 43, Anm. zu BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 –; Marschollek, ArbR, S. 152; Mössner, RdA 1969, S. 111 (112); Mues, ArbRB 2006, S. 198, Anm. zu BAG 22. 12. 2005 – 1 AZR 407 / 04; Oesterle, jurisPR-ArbR 15 / 2006 Anm. 3 zu BAG 11. 1. 2006 – 5 AZR 125 / 05 –; Opolony, AuA 2007, S. 86 (89); Hümmerich / Spirolke-Regh, Das arbeitsrechtliche Mandat, § 6 Rn. 180; Reufels / Schmülling, ArbRB 2004, S. 88 (89); Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 144 f.; Rolfs, ArbR, § 615

C. Grenzen des Themas

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nach der ansatzweise bereits in der neueren instanzgerichtlichen Rechtsprechung21 und teilweise auch in der Literatur22 vertretenen a. A. im Wege der pro rata temporis-Anrechnungsmethode die einzelnen Zeitabschnitte, für welche die Annahmeverzugslohnzahlungen seitens des Arbeitgebers zu erbringen ist, den in diesen Zeitabschnitten vom Arbeitnehmer jeweils erzielten Zwischenverdiensten gegenüber zu stellen. Im Folgenden soll einer Aufforderung des, soweit ersichtlich, ersten maßgeblichen Widersachers der Gesamtberechnungslehre des BAG, Jobst Gumpert, nachgegangen werden, der bereits im Jahr 1964 zur Gesamtberechnungsmethode meinte: „Ganz befriedigend erscheint diese Lösung nicht. [ . . . ] Dieses ganze Problem sollte noch einmal durchdacht werden.“23 Zu diesem Zweck wird die Vorschrift des § 615 S. 2 BGB, insbesondere die zweite Anrechnungsalternative hinsichtlich des Zwischenerwerbs, im Wege der Gesetzesauslegung umfassend untersucht werden.

C. Grenzen des Themas Die Arbeit konzentriert sich im Kern auf das auf der Rechtsfolgenseite des Annahmeverzugs des Arbeitgebers zu verortende Problem des zeitlichen Maßstabs BGB Rn. 16; Schaub, AR-Blattei SD 80, Rn. 74 ff.; Schaub, EWiR 1993, S. 1173 (1174), Anm. zu BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 –; Schaub, ZIP 1981, S. 347 (350); Staab, Annahmeverzug, S. 39; Trieschmann, ArbuR 1958, S. 352, Anm. zu BAG 1. 3. 1958 – 2 AZR 533 / 55 –; Palandt / Weidenkaff, § 615 BGB Rn. 19. 21 LAG Düsseldorf 1. 9. 2005 – 5 Sa 212 / 05 – LAGE § 615 BGB 2002 Nr. 4; ArbG Berlin 5. 5. 2004 – 7 Ca 32770 / 03 – EzA-SD 2004, Nr. 13, S. 9. 22 In chronologischer Reihenfolge sind zu nennen Gumpert, BB 1964, S. 1300 (1301); Monjau / Heimeier, KSchG, § 11 Anm. 2; BGB-RGRK / Matthes, § 615 Rn. 8, einschränkend allerdings kürzlich ders., in: jurisPR-ArbR 29 / 2006 Anm. 3 zu BAG 22. 11. 2005 – 1 AZR 407 / 04 –; Gravenhorst, W., EzA § 615 BGB Nr. 79, Anm. zu BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 –; Winderlich, Annahmeverzug, S. 167 (168 ff.); Boecken, NJW 1995, S. 3218 ff.; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 96 (seit der 1. Aufl. 1998); Preis / Hamacher, Jura 1998, S. 11 (16 f.); KDZ / Zwanziger, KSchR, § 615 BGB Rn. 23 (seit der 4. Aufl. 1999); Schliemann / Matthes, ArbR BGB, § 615 Rn. 95 (seit der 1. Aufl. 2000); Boecken, SAE 2001, S. 56 (59, 61 f.), Anm. zu BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 –; Kittner / Zwanziger / Appel, ArbR, § 89 Rn. 57 (seit der 1. Aufl. 2001); Kittner / Zwanziger / Schoof, ArbR, § 56 Rn. 42 (seit der 1. Aufl. 2001); Rumpf, Synallagma im Dauerschuldverhältnis, S. 164 (175 f.); Nübold, RdA 2004, S. 31 ff.; Bopf, Annahmeverzug, S. 311 (315 ff.); Nägele / Böhm, ArbRB 2006, S. 317 (318 ff.); Schier, BB 2006, S. 2578 (2580); Henssler / Preis, ArbVG-DiskE, § 57 Abs. 3: „( . . . ) in den jeweiligen Bemessungsperioden ( . . . )“, Beilage zu NZA 23 / 2006, S. 17; AnwKomm-ArbR / Boecken, § 615 BGB Rn. 56. Kritisch zur Gesamtberechnung äußern sich zudem Gamillscheg, ArbR I, S. 329 f. (anders noch in den Vorauflagen); Herschel, AP § 242 BGB Auskunftspflicht Nr. 16, Anm. zu BAG 19. 7. 1978 – 5 AZR 748 / 77 –, diese sei „zweifelhaft“; „Bedenken“ äußert Thume, § 324 BGB, S. 128, dort Fn. 3, S. 158, dort Fn. 2; wohl auch Groeger, NZA 2000, S. 793 (794). 23 Gumpert, BB 1964, S. 1300 (1301).

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Einleitung

der Anrechnung anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers auf den Annahmeverzugslohnanspruch nach Maßgabe des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB. Nicht im Mittelpunkt der Betrachtung steht die im Anwendungsbereich des KSchG speziellere Anrechnungsvorschrift des § 11 Nr. 2 KSchG. Da sich allerdings dort trotz des abweichenden Wortlauts das gleiche Problem stellen kann, wird auf die Vorschrift unter systematischen Gesichtspunkten einzugehen sein und dem zu § 615 S. 2 BGB gefundenen Ergebnis auch dort Bedeutung zukommen.24 Die sich aus den Vorschriften der §§ 293 ff. BGB ergebenden tatbestandlichen Voraussetzungen des Annahmeverzugs werden überblicksartig insoweit dargestellt, als dies für die Hinleitung zum thematischen Schwerpunkt erforderlich erscheint.25 Zwar wird im Rahmen der Bearbeitung maßgeblich auf den tatsächlich erzielten Zwischenerwerb des Arbeitnehmers gemäß § 615 S. 2 Alt. 2 BGB abgestellt, da sich die meisten der aufzuzeigenden Problembereiche hieran am besten verdeutlichen lassen. Da sich aber im Ausgangspunkt die gleiche Problemlage hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der Anrechnung auch bei böswillig unterlassenem Erwerb des Arbeitnehmers ergeben kann, werden die Voraussetzungen der im Übrigen nicht im Mittelpunkt der Betrachtung stehenden Vorschrift des § 615 S. 2 Alt. 3 BGB gleichwohl dargestellt.26 Aufgrund der Inbezugnahme der Sätze 1 und 2 durch Satz 3 des § 615 BGB stellt sich die Frage nach dem zeitlichen Umfang der Anrechnung von Zwischenerwerb zwar auch in Betriebsrisiko-Fällen. Gleichwohl können die von der Rechtsprechung zunächst losgelöst von den Vorschriften des BGB entwickelten Grundsätze der Betriebsrisikolehre,27 welche mit der Schuldrechtsmodernisierung nunmehr in § 615 S. 3 BGB ihren positivrechtlichen Niederschlag gefunden haben, ebenso wie die darauf aufbauende besonders ausdifferenzierte Verteilung des sog. Arbeitskampfrisikos vorliegend keine eingehende Bewertung finden.28

24 Zur systematischen Untersuchung der Anrechnungsvorschrift § 11 Nr. 2 KSchG siehe 3. Teil B. II. 1. 25 Zu den Tatbestandsvoraussetzungen des Annahmeverzugs siehe 1. Teil C. 26 Zum böswillig unterlassenen Erwerb nach § 615 S. 2 Alt. 3 BGB siehe folgend 1. Teil D. II. 4. c). 27 Grundlegend RG 6. 2. 1923 – III 93 / 22 („Kieler Teilstreik-Urteil“) – RGZ 106, 272 (275 ff.); RAG 20. 6. 1928 – 72 / 28 – ARS 3, 116 (120 ff., 123 ff. m. insoweit zust. Anm. Hueck, A.); BAG 8. 2. 1957 – 1 AZR 338 / 55 – BAGE 3, 346 (347 ff.); BAG 22. 12. 1980 – 1 ABR 2 / 79 – BAGE 34, 331 (337 ff.). 28 Zu Betriebs-, Arbeits-, Wirtschafts- und Wegerisiko in Abgrenzung zum allgemeinen Lebensrisiko siehe in der gebotenen Kürze noch folgend unter 1. Teil B. I. 3.

D. Überblick über den Gang der Untersuchung

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D. Überblick über den Gang der Untersuchung Zur Aufarbeitung der derart umrissenen Problematik des zeitlichen Umfangs der Anrechnung anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers werden im 1. Teil der Untersuchung die Grundlagen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers im Überblick dargestellt. Insoweit wird zunächst die Rechtsfigur des Annahmeverzugs bzw. Gläubigerverzugs im Allgemeinen beleuchtet.29 Anschließend wird der Blick auf den Annahmeverzug des Arbeitgebers nach Maßgabe des § 615 BGB gelenkt.30 Es wird in diesem Rahmen ein erster Überblick über die Normzwecke von § 615 S. 1 – 3 BGB gegeben.31 Nachfolgend ist der Anwendungsbereich der Vorschrift des § 615 BGB zu klären,32 um die untersuchte Problemlage in ihrer Reichweite einordnen zu können. Sodann wird auf die rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung des Annahmeverzugs des Arbeitgebers für die Arbeitsvertragsparteien hingewiesen.33 Im Anschluss daran werden die tatbestandlichen Voraussetzungen34 sowie die Rechtsfolgen35 des Annahmeverzugs des Arbeitgebers erläutert, unter besonderer Berücksichtigung der Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB.36 Der 2. Teil der vorliegenden Untersuchung beleuchtet eingehend die beiden in Rede stehenden Methoden der Anrechnung anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB. Zur weiteren Hinführung auf die Thematik werden die mitunter gravierenden rechtlichen und daraus resultierend auch wirtschaftlichen Auswirkungen der verschiedenen Ansichten zum zeitlichen Umfang der Anrechnung anderweitigen Erwerbs untersucht.37 Anschließend werden die Argumente der die Gesamtberechnungsmethode38 befürwortenden h. M. sowie die bisherigen Stellungnahmen zur pro rata temporis-Anrechnungsmethode39 aufgezeigt. Teil 3 der Untersuchung nimmt im Einzelnen kritisch Stellung zu den bisher genannten sowie weiteren Argumenten. Es wird im Wege der Gesetzesauslegung des § 615 BGB dargelegt, dass und warum die zeitabschnittsbezogene pro rata temporis-Anrechnungsmethode den Vorzug verdient.40 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40

1. Teil A. 1. Teil B. 1. Teil B. I. 1. – 3. 1. Teil B. II. 1. Teil B. III. 1. Teil C. 1. Teil D. 1. Teil D. II. 2. Teil A. 2. Teil B. 2. Teil C. 3. Teil A. – F.

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Einleitung

In Ergänzung der systematischen Gesetzesauslegung werden im 4. Teil vor dem Hintergrund der Einheit der Rechtsordnung die maßgeblichen Auswirkungen der unterschiedlichen Anrechnungsmethoden auf andere Rechtsbereiche, insbesondere auf das Sozialversicherungsrecht, das Einkommensteuerrecht sowie das Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, zudem auf prozessrechtliche Fragen und auf weitere Rechtsbereiche untersucht.41 Auf der Grundlage der so gefundenen Ergebnisse, die im abschließenden Teil 5 der Arbeit zusammgefasst werden, wird sich letztlich erweisen, dass einzig die bisher nur vereinzelt vertretene Methode der Anrechnung anderweitigen Erwerbs pro rata temporis zutreffend ist, und zwar nicht nur aus dogmatischen Gründen, sondern auch gemessen an ihren praktischen Auswirkungen.

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4. Teil A. – I.

1. Teil

Grundlegung A. Die Rechtsfigur des Annahmeverzugs bzw. Gläubigerverzugs im Allgemeinen Die Begriffe „Annahmeverzug“1 und „Gläubigerverzug“2 werden allgemein sowohl in der Gesetzessprache3 wie auch in Rechtsprechung4 und Literatur5 synonym verwendet, so auch hier im Folgenden. Inhaltlich ist Identisches gemeint, nämlich, dass sich der Gläubiger im Verzug mit der Annahme einer ihm vom Schuldner angebotenen Leistung befindet.

I. Dem Annahmeverzug zu Grunde liegende Rechtsgedanken Gläubigerverzug6 bzw. Annahmeverzug7 nach §§ 293 ff. BGB beruhen, wie auch das „Gegenstück“8 Schuldnerverzug9 nach Maßgabe der §§ 286 ff. BGB, wesentlich auf der aus dem römischen Recht rezipierten „Lehre von der Mora“.10 Bzw. Verzug mit der Annahme. Bzw. Verzug des Gläubigers. 3 Siehe nur die Terminologie der amtlichen Überschriften des § 293 BGB und § 615 BGB „Annahmeverzug“ einerseits und der §§ 300, 424 BGB „Wirkungen des Gläubigerverzugs“ andererseits. 4 BAG 23. 1. 2001 – 9 AZR 287 / 99 – BAGE 97, 23 (27 f.); BAG 23. 1. 2001 – 9 AZR 26 / 00 – BAGE 97, 18 (19 ff.); BAG 24. 6. 1960 – 1 AZR 96 / 58 – BAGE 9, 300 (301); BAG 26. 4. 1956 – GS 1 / 56 – BAGE 3, 66 (73 ff.); RG 15. 2. 1902 – II 408 / 01 – RGZ 50, 208 (209). 5 MünchKomm-BGB / Ernst, § 286 Rn. 3; Palandt / Heinrichs, § 293 BGB Rn. 1; Gierke, Deutsches PrivatR III, S. 139; Lotmar, Arbeitsvertrag II, S. 279, dort Fn. 2; Brox / Walker, Besonderes SchuldR, § 20 Rn. 15; Medicus, SchuldR AT, Rn. 426; Feuerborn, JR 2003, S. 177; Schwerdtner, Jura 1988, S. 419; Kreuzer / Stehle, JA 1984, S. 69 (70). 6 Lat. mora creditoris. 7 Lat. mora accipiendi. 8 Palandt / Heinrichs, § 293 BGB Rn. 1. 9 Lat. mora debitoris. Der Schuldnerverzug wird auch Leistungsverzug oder Erfüllungsverzug genannt, lat. mora solvendi. 10 Motive II, S. 68 ff.; näher zum historischen, römisch-rechtlichen Hintergrund von mora debitoris und mora creditoris Harke, Mora, S. 1 ff.; Madai, Lehre von der Mora, S. 1 (27 ff., 1 2

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1. Teil: Grundlegung

Der Eintritt der Rechtsfolgen des Gläubigerverzugs rechtfertigt sich vor dem Hintergrund, dass der Gläubiger die Erfüllung11 der aus dem Schuldverhältnis12 resultierenden Verpflichtungen dadurch verzögert, dass er die seinerseits erforderliche Mitwirkung, insbesondere die Annahme der geschuldeten Leistung unterlässt.13 Hinsichtlich des Wesens des Verzugs des Gläubigers bestanden im Rahmen des historischen Gesetzgebungsverfahrens verschiedene Ansichten.14 Abgesehen von den Erfordernissen des Angebots nach Maßgabe der §§ 293 ff. BGB herrschte darüber Streit, ob, ebenso wie der Schuldnerverzug gemäß § 286 Abs. 4 BGB ein Vertretenmüssen des Schuldners erfordert, die mora creditoris in schuldhafter Vereitelung rechtzeitiger Leistung durch den Gläubiger bestehe oder ihr wenigstens ein näher zu bestimmendes subjektives Element auf Seiten des Gläubigers innewohne. Der Entwurf des BGB und darauf aufbauend der Gläubigerverzug in seiner heutigen Ausgestaltung sieht hingegen von einem Verschulden des Gläubigers als einer Voraussetzung der mora creditoris ab. „Es genügt die nackte Thatsache der Nichtannahme der angebotenen Leistung seitens des Gläubigers.“15

II. Zur Konzeption der Leistungsstörung „Annahmeverzug“ als Obliegenheitsverletzung Nach der gesetzgeberischen Konzeption der die Voraussetzungen für den Eintritt des Gläubigerverzugs regelnden Vorschriften der §§ 293 ff. BGB ist der Gläubiger zur Annahme der angebotenen Leistung im Grundsatz lediglich berechtigt, nicht aber auch verpflichtet.16 Der Annahmeverzug stellt sich danach als Verletzung einer Obliegenheit des Gläubigers dar, welche keine Schadensersatzpflicht begründet und kein Verschulden des Gläubigers voraussetzt.17 „Die Wirkungen des Gläu227 ff.); Mommsen, Beiträge ObligationenR III, S. 3 ff.; Pernice, Labeo, S. 3 f., 18 ff., 78 ff.; Hüffer, Leistungsstörungen, S. 7 ff.; siehe aber auch zu deutschrechtlichen Einflüssen Heuer, Annahmeverzug, S. 9 ff.; näher zur geschichtlichen Einordnung und Entwicklung des Annahmeverzugs Bopf, Annahmeverzug, S. 23 ff. 11 § 362 Abs. 1 BGB. 12 Lat. obligatio. Siehe Motive II, S. 1 ff., 69; Madai, Lehre von der Mora, S. 227 ff.; näher zum Begriff des Schuldverhältnisses etwa Wolf, FS Herrfahrdt, S. 197 ff. m. w. N.; zum Begriff der Obligation bzw. obligatio grundlegend Savigny, Römisches R I, S. 338 f.; ders., ObligationenR I, S. 4 ff.; Kaser, Römisches PrivatR, S. 397 ff. 13 Siehe § 293 BGB; Motive II, S. 68 ff. 14 Näher Motive II, S. 68. 15 Motive II, S. 68 f., H. d. d. V.; anders etwa Madai, Lehre von der Mora, S. 6 ff., 227 (228 ff.); Mommsen, Beiträge ObligationenR III, S. 133 (134 f.), 160 ff. m. w. N., für ein „subjectives Moment“ im Sinne einer „willkürlichen Nichtannahme“. 16 Motive II, S. 68 (69); BGH 10. 5. 1988 – IX ZR 175 / 87 – EzA § 615 BGB Nr. 56; Palandt / Heinrichs, § 293 BGB Rn. 1.

A. Die Rechtsfigur des Annahmeverzugs bzw. Gläubigerverzugs im Allgemeinen

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bigerverzuges bestehen in Veränderungen des Schuldinhaltes zum Nachteil des Gläubigers.“18

III. Den Annahmeverzug betreffende Rechtsnormen Es finden sich allein im BGB neben der hier im Mittelpunkt der Betrachtung stehenden Regelung des § 615 BGB19 zahlreiche Vorschriften, welche einerseits die Voraussetzungen, andererseits die Rechtsfolgen des Annahmeverzugs bzw. Gläubigerverzugs im Allgemeinen sowie in unterschiedlichen besonderen Konstellationen betreffen.20 Insoweit sind bereits die gesamten Vorschriften des 2. Titels des 1. Abschnitts des 2. Buchs allein dem „Verzug des Gläubigers“ gewidmet, einerseits in den §§ 293 – 299 BGB dessen tatbestandliche Voraussetzungen regelnd,21 andererseits nach Maßgabe der §§ 300 – 304 BGB allgemeine schuldrechtliche Annahmeverzugsfolgen normierend. Daneben seien an dieser Stelle nur die Vorschriften der § 264 Abs. 2 S. 1, § 274 Abs. 2, § 322 Abs. 2, § 323 Abs. 6, § 326 Abs. 2, § 372 S. 1, § 383 Abs. 1 S. 1, § 424, § 429 Abs. 1, § 446 S. 3, § 642, § 644 Abs. 1 S. 2 BGB sowie die zahlreichen hierauf verweisenden Normen22 genannt.

17 Siehe bereits Gierke, Deutsches PrivatR III, S. 139, zum Annahmeverzug des Arbeitsgebers nach § 615 BGB siehe S. 618, jeweils m. w. N. Näher zu Begriff, Voraussetzungen und rechtlicher Behandlung sog. Obliegenheiten Larenz, SchuldR I, S. 389; Larenz / Wolf, BR AT, § 13 Rn. 36 ff. 18 Gierke, Deutsches PrivatR III, S. 141. 19 Zum Annahmeverzug des Arbeitgebers gemäß § 615 BGB siehe sogleich folgend unter 1. Teil B. 20 Siehe aber auch außerhalb des BGB etwa §§ 373 Abs. 1, 374 HGB, § 33 Abs. 3 VerlG, §§ 726 Abs. 2, 756 Abs. 1, 765 Nr. 1 ZPO sowie entsprechende Verweisungsnormen, z. B. § 9 Nr. 1 lit. a) VOB / B, § 11 Abs. 4 S. 2 AÜG, §§ 388 Abs. 2, 389, 471 Abs. 2 S. 3 HGB, § 795 ZPO. 21 Zu den Vorschriften der §§ 293 ff. BGB siehe noch näher unter 1. Teil C. 22 Z. B. §§ 275 Abs. 4, 348 S. 2, 437 Nr. 2, 634 Nr. 3, 643 S. 1, 651 S. 3 BGB, § 375 Abs. 2 S. 1 Alt. 3 HGB, § 9 Nr. 3 S. 2 Hs. 1 VOB / B.

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1. Teil: Grundlegung

B. Der Annahmeverzug des Arbeitgebers gemäß § 615 BGB im Besonderen I. Überblick zu den Normzwecken von § 615 S. 1 – 3 BGB 1. § 615 S. 1 BGB: Aufrechterhaltung des arbeitsvertraglichen Vergütungsanspruchs im Fall des Annahmeverzugs des Arbeitgebers Der Arbeitnehmer kann seine Arbeitskraft, über die er mit Eingehung des Arbeitsverhältnisses zugunsten eines bestimmten Arbeitgebers disponiert hat, nicht ohne weiteres kurzfristig anderweitig verwerten, ist aber regelmäßig auch im Fall des Annahmeverzugs des Arbeitgebers auf die vereinbarte Vergütung zur Sicherung seines Lebensunterhalts angewiesen.23 Der arbeitsvertragliche Vergütungsanspruch entsteht indes im Hinblick auf den in § 614 BGB angelegten Grundsatz der Vorleistungspflicht des Arbeitnehmers erst dann, wenn der Arbeitnehmer zunächst seinerseits die ihm obliegende Arbeitsleistung erbracht hat.24 Die dem Bereich der Leistungsstörungen zuzuordnende Vorschrift des § 615 S. 1 BGB enthält eine der zahlreichen Ausnahmen von dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“.25 § 615 S. 1 BGB enthält nach h. M. und st. Rspr. weder eine eigene Anspruchsgrundlage auf Zahlung der Vergütung26 noch einen Schadensersatzanspruch.27 Vielmehr wird der ursprüngliche arbeitsvertragliche Erfüllungsanspruch des Arbeitnehmers aus § 611 Abs. 1 BGB entgegen der allgemeinen schuldrechtlichen Anordnung nach § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 i. V. m. § 275 Abs. 1, Abs. 4 BGB aufrechterhalten. 28 Die allgemeinen Rechtsfolgen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers gemäß §§ 300 ff. Palandt / Weidenkaff, § 615 BGB Rn. 1; Ramrath, FS Leinemann, S. 347 (349). Motive II, S. 461; zum Grundsatz der Vorleistungspflicht des Arbeitnehmers siehe Einleitung A. 25 Siehe neben § 615 BGB auch § 326 Abs. 2 BGB, § 616 S. 1 BGB, § 1 BUrlG, § 2 EFZG, § 3 EFZG, §§ 11 ff. MuSchG; dazu schon oben Einleitung A. 26 So aber Staab, Annahmeverzug, S. 15 (16); offensichtlich auch APS / Biebl, KündR, § 11 KSchG Rn. 1; missverständlich insoweit BAG 29. 9. 1994 – 8 AZR 86 / 93 – juris. 27 So etwa noch Lotmar, Arbeitsvertrag I, S. 148 f.; ders., Arbeitsvertrag II, S. 309 ff.; Engelmann, Bürgerliches R, S. 357; Heuer, Annahmeverzug, S. 64; Ruland, Arbeitskraft, S. 75; einschränkend Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 450: „fortbestehende[n] Erfüllungsansprüche mit Entschädigungscharakter“. 28 BAG 18. 9. 2002 – 1 AZR 668 / 01 – AP § 615 BGB Nr. 99; BAG 5. 9. 2002 – 8 AZR 702 / 01 – AP § 280 n. F. BGB Nr. 1; BAG 22. 3. 2001 – 8 AZR 536 / 00 – EzBAT § 8 BAT Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers Nr. 31; BAG 19. 10. 2000 – 8 AZR 20 / 00 – AP § 611 BGB Haftung des Arbeitgebers Nr. 11; BGH 14. 11. 1966 – VII ZR 112 / 64 – AP § 628 BGB Nr. 4; BGH 11. 3. 1963 – VII ZR 176 / 61 – DB 1963, S. 662; BSG 17. 3. 1993 – 10 RAr 7 / 91 – AP § 141b AFG Nr. 15; BSG 20. 3. 1984 – 10 RAr 4 / 83 – SozSich. 1984, S. 290 f.; BFH 24. 2. 1989 – VI R 16 / 88 – BFHE 156, 180 (182); BFH 27. 4. 1961 – V 263 / 58 U – BFHE 73, 90 (91); Erman / Belling, § 615 BGB Rn. 34; Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 8 f.; Hueck, ArbR I, S. 188; ders., ArbeitsvertragsR, S. 85; Gierke, Deutsches PrivatR III, 23 24

B. Der Annahmeverzug des Arbeitgebers gemäß § 615 BGB im Besonderen

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BGB werden insoweit zugunsten des Arbeitnehmers erweitert. § 615 S. 1 BGB beinhaltet eine Gefahrtragungsregel für die Vergütungsgefahr und stellt damit ein Grundprinzip des Dienstvertragsrechts dar.29 Das Gesetz bestätigt dem Dienstpflichtigen gleichsam den umgangssprachlichen Ausdruck: „Zeit ist Geld“.30 Der Annahmeverzugslohnanspruch kann seiner Höhe nach insbesondere unter den Voraussetzungen des § 615 S. 2 BGB Einschränkungen erfahren; der Einwand eines arbeitnehmerseitigen Mitverschuldens nach § 254 BGB geht indes bereits im Ansatz fehl.31 2. § 615 S. 2 BGB: Anrechnung von Ersparnissen, anderweitig erzieltem Erwerb sowie böswillig unterlassenem Erwerb auf den Annahmeverzugslohnanspruch § 615 S. 2 BGB regelt ebenso wie die im Wesentlichen inhaltsgleiche, in ihrem Anwendungsbereich aber speziellere Anrechnungsvorschrift des § 11 KSchG32 die Anrechnung dessen, was der Dienstverpflichtete infolge des Ausbleibens der Dienstleistung erspart, als sog. Zwischenverdienst bzw. Zwischenerwerb anderweitig erwirbt oder was er zu erwerben böswillig unterlässt. Der Arbeitnehmer soll nach dem von der h. M., insbesondere der st. Rspr. unterstellten Zweck der Norm aus dem Annahmeverzug des Arbeitgebers keinen „Vorteil“ ziehen, nicht „auf Kosten“ des Arbeitgebers einen „Gewinn“ machen, mithin nicht mehr erhalten, als er bei ordnungsgemäßer Abwicklung des Arbeitsverhältnisses erhalten hätte.33 Demgegenüber finden sich in der Literatur teilweise andere Formulierungen, die auch den Schutz des Dienstverpflichteten betonen, etwa dahingehend, dass der Annahmeverzug dem Arbeitnehmer „weder finanzielle Vor- noch Nachteile“ bringen,34 ihn also „nicht besser oder schlechter“ stellen soll.35 Die AnrechnungsvorS. 617 (618, dort Fn. 118); Oertmann, Vorteilsausgleichung, S. 34 (36 ff.); Bonn, Anrechnung, S. 6 ff.; Groeger, NZA 2000, S. 793 f. Näher zur Rechtsnatur des Annahmeverzugslohnanspruchs folgend 1. Teil D. I. 1. 29 Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 1, 2, 9, 17 ff. m. w. N. 30 So Medicus, Bürgerliches R, Rn. 278; Bamberger / Roth / Fuchs, § 615 BGB Rn. 4. 31 BAG 16. 5. 2000 – 9 AZR 203 / 99 – BAGE 94, 343 (346); BAG 19. 9. 1991 – 2 AZR 619 / 90 – RzK I 13b Nr. 18; BGH 14. 11. 1966 – VII ZR 112 / 64 – AP § 628 BGB Nr. 4; BGH 11. 3. 1963 – VII ZR 176 / 61 – DB 1963, S. 662; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 75; MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 1; Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 8. 32 Zum Verhältnis von § 615 S. 2 BGB zu § 11 KSchG und zu den Unterschieden siehe 1. Teil B. II. 4. 33 Siehe bereits RG 12. 7. 1904 – III 146 / 04 – RGZ 58, 402 (404); BAG 6. 9. 1990 – 2 AZR 165 / 90 – AP § 615 BGB Nr. 47; LAG Köln 18. 1. 2006 – 3 Sa 1182 / 05 – juris; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 85; dazu noch ausführlich unter 2. Teil B. IV.; zur Kritik an dieser Interpretation des Normzwecks siehe 3. Teil D. I. 34 MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 61. 35 Schaub, ZIP 1981, S. 347 (350); zu § 11 KSchG APS / Biebl, KündR, § 11 KSchG Rn. 2 m. w. N.

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1. Teil: Grundlegung

schrift des § 615 S. 2 BGB wird als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens gesehen,36 wie er auch in zahlreichen anderen Bestimmungen, vor allem §§ 326 Abs. 2 S. 2, 537 Abs. 1 S. 2, 616 S. 2, 617 Abs. 1 S. 3, 649 S. 2 BGB, § 74c Abs. 1 S. 1 HGB, § 11 KSchG, zum Ausdruck kommt.37 Trotz des nicht völlig identischen Wortlauts stimmt § 615 S. 2 BGB inhaltlich insbesondere mit § 11 KSchG im Wesentlichen überein.38 Vor dem Hintergrund, dass § 615 S. 2 Alt. 3 BGB eine Rechtspflicht des Arbeitnehmers zum anderweitigen Einsatz seiner Arbeitskraft nicht begründet, wird die Vorschrift dogmatisch mitunter als Obliegenheit eingeordnet.39

3. § 615 S. 3 BGB: Aufrechterhaltung des Vergütungsanspruchs in Fällen des vom Arbeitgeber zu tragenden Betriebsrisikos Bereits ausweislich der amtlichen Überschrift der Norm ist das vom Arbeitgeber nach § 615 S. 3 BGB zu tragende „Risiko des Arbeitsausfalls“ das im Gesetz allerdings nicht näher definierte „Betriebsrisiko“.40 Darunter ist das Risiko zu verstehen, dass der Arbeitgeber die vereinbarte Arbeitsvergütung auch dann zahlen muss, wenn er ohne eigenes Vertretenmüssen41 die Belegschaft aus betriebstechnischen Gründen,42 aufgrund extremer Witterungsverhältnisse43 bzw. Naturkata36 Richtigerweise ist dies der allgemeine Rechtsgedanke einer Vorteilsausgleichung bzw. Vorteilsanrechnung, wenngleich hier außerhalb des Schadensersatzrechts, dazu näher unter 1. Teil D. II. 3. b). 37 Motive II, S. 463, 400; RG 12. 7. 1904 – III 146 / 04 – RGZ 58, 402 (404); BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (34); BAG 30. 9. 1982 – 6 AZR 802 / 79 – juris; BAG 6. 2. 1964 – 5 AZR 93 / 63 – BAGE 15, 258 (260); BGH 16. 4. 1973 – VII ZR 140 / 71 – BGHZ 60, 353 (358); Blomeyer, AP § 615 BGB Nr. 25, Anm. zu BAG 2. 8. 1971 – 3 AZR 121 / 71 –; Herschel, AP § 9 KSchG Nr. 1, Anm. zu BAG 1. 3. 1958 – 2 AZR 533 / 55 –. 38 BAG 7. 2. 2007 – 5 AZR 422 / 06 – NZA 2007, S. 561 (562); BAG 11. 10. 2006 – 5 AZR 754 / 06 – AP § 615 BGB Nr. 119; BAG 16. 6. 2004 – 5 AZR 508 / 03 – BAGE 111, 123 (126); BAG 24. 9. 2003 – 5 AZR 500 / 02 – BAGE 108, 27 (30); BAG 16. 5. 2000 – 9 AZR 203 / 99 – BAGE 94, 343 (345); BAG 6. 9. 1990 – 2 AZR 165 / 90 – AP § 615 BGB Nr. 47. 39 BAG 16. 6. 2004 – 5 AZR 508 / 03 – BAGE 111, 123 (126), hier zu § 11 Nr. 2 KSchG; MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 62; BeckOK-BGB / Fuchs, § 615 Rn. 34, 40; Wettich, Verdienstausfallschaden, S. 106 ff.; Ramrath, FS Leinemann, S. 347 (349). 40 LAG Düsseldorf 5. 6. 2003 – 11 Sa 1464 / 02 – LAGE § 615 BGB 2002 Nr. 1; Luke, NZA 2004, S. 244 ff. 41 Anderenfalls wird der Vergütungsanspruch bereits über § 275 Abs. 1, Abs. 4 i. V. m. § 326 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 BGB aufrechterhalten, BAG 17. 12. 1968 – 5 AZR 149 / 68 – BAGE 21, 263 (269); BAG 3. 3. 1964 – 1 AZR 209 / 63 – BAGE 15, 281 (282 f.). 42 Zur Unterbrechung der Energieversorgung siehe BAG 30. 1. 1991 – 4 AZR 338 / 90 – BAGE 67, 118 (123 f.); zum Ausbleiben von Rohstoffen BAG 28. 9. 1972 – 2 AZR 506 / 71 – BAGE 24, 446 (447 ff.); zur Fallgruppe der Maschinenschäden RAG 24. 9. 1930 – 160 / 30 – ARS 10, 523 (523 ff., 525 m. zust. Anm. Hueck, A.); RAG 15. 2. 1930 – 402 / 29 – ARS 8, 260 (261 ff., 265 m. zust. Anm. Nipperdey).

B. Der Annahmeverzug des Arbeitgebers gemäß § 615 BGB im Besonderen

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strophen44 sowie wegen sonstiger, sich für den Arbeitgeber gleichsam als Fälle höherer Gewalt darstellender Unglücksfälle45 im Sinne einer „Annahmeunfähigkeit“ nicht beschäftigen kann.46 Die Vorschrift des § 615 S. 3 BGB knüpft an die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Betriebsrisikolehre an und lässt i. V. m. § 615 S. 1 i. V. m. § 611 Abs. 1 BGB abweichend von § 275 Abs. 1 und Abs. 4 i. V. m. § 326 Abs. 1 BGB den Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls tragen, indem er dem Arbeitnehmer den vertraglich geschuldeten Lohn fortzuzahlen hat, ohne eine Arbeitsleistung hierfür empfangen zu haben. § 615 S. 3 BGB stellt eine Rechtsfolgenverweisung auf § 615 S. 1 und S. 2 BGB und eine dynamische Verweisung auf die jeweiligen Ausformungen der Betriebsrisikolehre durch die Rechtsprechung dar.47 Nach der Rechtsprechung des BAG vor der Einfügung von § 615 S. 3 BGB kamen diese Grundsätze immer dann nicht zur Anwendung, wenn das die Betriebsstörung herbeiführende Ereignis den Betrieb wirtschaftlich so schwer trifft, dass bei Zahlung der vollen Löhne die Existenz des Betriebes bzw. des gesamten Unternehmens gefährdet würde.48

43 Dazu BAG 18. 5. 1999 – 9 AZR 13 / 98 – AP § 1 TVG Tarifverträge Betonsteingewerbe Nr. 7; BAG 9. 3. 1983 – 4 AZR 301 / 80 – BAGE 42, 94 (99). 44 Zu Erdbeben und Überschwemmungen siehe Protokolle II, S. 280 (281). Zu den arbeitsrechtlichen Auswirkungen der Flutkatastrophe vom August 2002 in Deutschland, insbesondere der Frage der Anwendbarkeit der Grundsätze der Betriebsrisikolehre siehe Schmid / Grill, ArbRB 2002, S. 300 ff. Des Weiteren wurde insoweit Frost relevant, RAG 16. 1. 1929 – 282 – 295 / 28 – ARS 5, 110 (111 f., 112 m. zust. Anm. Hueck, A.); RAG 15. 12. 1928 – 250 / 28 – ARS 5, 41 (41 f., 42 m. zust. Anm. Hueck, A.). Zur Fallgruppe der Brände siehe Protokolle II, S. 280 (281); BAG 13. 6. 1990 – 2 AZR 635 / 89 – juris. 45 Zu denken ist etwa an Betriebsausfälle wegen massenweiser Erkrankung der Arbeitnehmer aufgrund einer Pandemie nach Übertragung der sog. Vogelgrippe H5N1 vom Tier auf den Menschen, siehe dazu den Leitfaden der BDA vom 10. 4. 2006 „Arbeitsrechtliche Folgen einer Pandemie“, S. 4 f. 46 Von den Stellungnahmen in der Literatur zur Betriebsrisikolehre sowie zu weiteren Lösungsvorschlägen der Problematik siehe MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 89 ff.; Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 177 ff.; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 126 ff.; Ehmann, Betriebsrisikolehre und Kurzarbeit, S. 17 ff.; Kalb, Betriebsrisikolehre, S. 13 ff.; Jorns, Betriebsrisiko, S. 11 ff.; Fabricius, Leistungsstörungen im Arbeitsverhältnis, S. 52 ff.; Benöhr, FS Kroeschell, S. 17 (27 ff.); Kalb, FS Stahlhacke, S. 213 (216 ff.); Ring, BuW 2000, S. 555 (556 ff.); Bletz, JR 1985, S. 228 ff. 47 Jauernig / Mansel, § 615 BGB Rn. 9; Palandt / Putzo, SMG Ergänzungsband, § 615 BGB Rn. 8; kritisch Dauner-Lieb, AnwKomm SchuldR, § 615 BGB Rn. 3 f. 48 St. Rspr., BAG 23. 6. 1994 – 6 AZR 872 / 93 – juris; BAG 23. 6. 1994 – 6 AZR 853 / 93 – BAGE 77, 123 (125); BAG 30. 1. 1991 – 4 AZR 338 / 90 – BAGE 67, 118 (124); BAG 13. 6. 1990 – 2 AZR 635 / 89 – juris; BAG 9. 3. 1983 – 4 AZR 301 / 80 – BAGE 42, 94 (99); BAG 28. 9. 1972 – 2 AZR 506 / 71 – BAGE 24, 446 (449 ff.); BAG 17. 12. 1968 – 5 AZR 149 / 68 – BAGE 21, 263 (271); BAG 30. 5. 1963 – 5 AZR 282 / 62 – AP § 615 BGB Betriebsrisiko Nr. 15 m. Anm. Nikisch; offen gelassen noch von BAG 8. 2. 1957 – 1 AZR 338 / 55 – BAGE 3, 346 (348); zu Recht weitgehend ablehnend dagegen die Literatur, Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 213 f.; MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 98; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 133 ff.; HWK / Krause, § 615 BGB Rn. 120.

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1. Teil: Grundlegung

Bezüglich der Verteilung des „Arbeitskampfrisikos“ gelten auf den Grundsätzen der Betriebsrisikolehre aufbauende, besonders ausdifferenzierte Regeln.49 Das „Wirtschaftsrisiko“ bzw. Verwendungsrisiko oder Absatzrisiko, das heißt, dasjenige Risiko, dass der Arbeitgeber keine Verwendungsmöglichkeit für die zu erbringende und betriebstechnisch mögliche Arbeitsleistung hat, diese aber dennoch vergüten muss, trägt der Arbeitgeber mangels anderweitiger Vereinbarung grds. bereits nach § 615 S. 1 BGB.50 Grds. vom Arbeitnehmer ist hingegen das nicht von § 615 S. 3 BGB erfasste „Wegerisiko“51 zu tragen,52 vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarungen.53 Das Betriebsrisiko ist zudem vom „allgemeinen Lebensrisiko“ zu unterscheiden, dem, so es sich verwirklicht, auch der Arbeitnehmer sich nicht entziehen kann.54 49 Grundlegend RG 6. 2. 1923 – III 93 / 22 („Kieler Teilstreik-Urteil“) – RGZ 106, 272 (273 ff.); BAG 8. 2. 1957 – 1 AZR 338 / 55 – BAGE 3, 346 (348 ff.); BAG 24. 1. 1958 – 1 AZR 132 / 57 – AP § 615 BGB Betriebsrisiko Nr. 4 m. zust. Anm. Hueck, A.; BAG 4. 7. 1958 – 1 AZR 559 / 57 – AP § 615 BGB Betriebsrisiko Nr. 5 m. zust. Anm. Hueck, A.; BAG 26. 10. 1971 – 1 AZR 245 / 68 – BAGE 23, 512 (517 f.); BAG 10. 6. 1980 – 1 AZR 168 / 79 („Aussperrungs-Urteil“) – BAGE 33, 185 (190 ff.); BAG 22. 12. 1980 – 1 ABR 2 / 79 – BAGE 34, 331 (339 ff.); BAG 22. 12. 1980 – 1 ABR 76 / 79 – BAGE 34, 355 (360 ff.); BAG 22. 3. 1994 – 1 AZR 622 / 93 – BAGE 76, 196 (199 ff.); BAG 31. 1. 1995 – 1 AZR 142 / 94 – BAGE 79, 152 (153 ff.); BAG 12. 11. 1996 – 1 AZR 364 / 96 („Wellenstreik“) – BAGE 84, 302 (306 ff.); BAG 15. 12. 1998 – 1 AZR 289 / 98 – BAGE 90, 280 (283 ff.). Von den zahlreichen, teils kritischen Stellungnahmen aus der Literatur zur Lehre vom Arbeitskampfrisiko siehe ErfK / Dieterich, Art. 9 GG Rn. 135 ff.; MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 102 ff.; Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 224 ff.; Kalb, Betriebsrisikolehre, S. 115 ff.; Eißler, Stillegung, S. 65 ff.; Gutzeit, Lohnfortzahlung, S. 52 ff., 141 ff.; Fritz, Lohnrisiko im Arbeitskampf, S. 1 ff.; Kalb, FS Stahlhacke, S. 213 (220 ff.); Richardi, FS Strasser, S. 451 (453 ff.); Auktor, ZRP 2003, S. 395 (396 ff.); ders., RdA 2003, S. 23 ff.; Lieb, NZA 1990, S. 377 ff.; ders., NZA 1990, S. 289 ff.; Linnenkohl / Rauschenberg, ArbuR 1990, S. 137 (138 ff.); Richardi, ZfA 1985, S. 101 (108 ff.); ders., JuS 1984, S. 825 (834 ff.); Ehmann / Schnauder, Jura 1983, S. 238 ff.; Seiter, DB 1981, S. 578 ff. 50 BAG 7. 12. 2005 – 5 AZR 535 / 04 – BAGE 116, 267 (278 f.); BAG 11. 7. 1990 – 5 AZR 557 / 89 – BAGE 65, 260 (262 ff.); BAG 22. 12. 1980 – 1 ABR 2 / 79 – BAGE 34, 331 (337 ff.); BAG 10. 7. 1969 – 5 AZR 323 / 68 – BAGE 22, 111 (115); BAG 8. 3. 1961 – 4 AZR 223 / 59 – BAGE 11, 34 (39); LAG Nürnberg 30. 3. 2006 – 6 Sa 111 / 06 – NZA-RR 2006, S. 511 (512 f.); Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 178 f.; Kalb, FS Stahlhacke, S. 213 (215); Richardi, FS Strasser, S. 451 (454 ff.); Beuthien, Zweckerreichung und Zweckstörung, S. 246 (248); Ring, BuW 2000, S. 555 (561 f.); zu kündigungsschutzrechtlichen Aspekten im Zusammenhang mit der Tragung des Wirtschaftsrisikos durch den Arbeitgeber siehe Geis, Dauerstörungen in Dienst- und Arbeitsverhältnissen, S. 78 (79 ff.). 51 Zum Wegerisiko als objektivem Leistungshindernis gemäß § 297 BGB noch folgend 1. Teil C. II. 1. 52 Instruktiv zur Abgrenzung von Betriebs- und Wegerisiko bei Eisglätte sowie witterungsbedingtem Fahrverbot BAG 8. 12. 1982 – 4 AZR 134 / 80 – BAGE 41, 123 (131 f.); BAG 8. 9. 1982 – 5 AZR 283 / 80 – BAGE 40, 139 (144 f.); kritisch Ernst, Wegerisiko, S. 4 ff., 58 ff. 53 Z. B. § 52a Abs. 2 BAT: Fortzahlung der Vergütung für längstens zwei aufeinander folgende Kalendertage.

B. Der Annahmeverzug des Arbeitgebers gemäß § 615 BGB im Besonderen

49

§ 615 S. 3 BGB findet nach zutreffender, aber bestrittener Ansicht im Rahmen des § 326 Abs. 2 S. 1 BGB keine (analoge) Anwendung.55

II. Zum Anwendungsbereich des § 615 BGB 1. Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich Während § 615 BGB für alle wirksamen und erfüllbaren Dienstverhältnisse gilt, erfasst § 615 S. 3 BGB ausweislich des insoweit klaren Wortlauts56 der Norm einschränkend nur Arbeitsverhältnisse.57 Auch arbeitnehmerähnliche Personen,58 Handelsvertreter,59 GmbH-Geschäftsführer,60 kurzfristige Dienstverhältnisse, wie z. B. Aushilfsarbeitsverhältnisse61 sowie sog. fehlerhafte Arbeitsverhältnisse werden danach von § 615 BGB erfasst.62 Auf Berufsausbildungsverhältnisse findet § 615 BGB gemäß § 10 Abs. 2 BBiG im Grundsatz Anwendung,63 etwa im Falle einer unwirksamen Kündigung durch den Ausbildenden,64 wird aber im Anwendungsbereich von § 19 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) BBiG verdrängt.65 Jedenfalls im Anwendungsbereich von § 29 Abs. 7 HAG ist die Anwendbarkeit des § 615 BGB auf ein Ring, BuW 2000, S. 555 (556 f. m. w. N.). Zutreffend LAG Baden-Württemberg 26. 1. 2007 – 18 Sa 45 / 06 – juris (n. rk., anhängig BAG Termin 13. 12. 2007 – 6 AZR 197 / 07 –); a. A. Hessisches LAG 28. 11. 2003 – 17 Sa 1066 / 03 – LAGReport 2004, S. 201 f. 56 § 615 S. 3 BGB erwähnt nur den „Arbeitgeber“ im Unterschied zu den in § 615 S. 1 und S. 2 BGB genannten „Dienstberechtigten“ und „Verpflichteten“. 57 Zur heutzutage allgemein anerkannten Einordnung des Arbeitsvertrages als eines Unterfalls des Dienstvertrages im Sinne der §§ 611 ff. BGB siehe statt aller: ErfK / Preis, § 611 BGB Rn. 1 ff. 58 BAG 16. 3. 1999 – 9 AZR 314 / 98 – AP § 615 BGB Nr. 84. 59 §§ 84 ff. HGB. BAG 25. 4. 2001 – 5 AZR 360 / 99 – AP § 242 BGB Kündigung Nr. 14; BGH 31. 3. 1982 – IVa ZR 298 / 80 – WM 1982, S. 635 (636); BGH 14. 11. 1966 – VII ZR 112 / 64 – AP § 628 BGB Nr. 4. 60 §§ 35 ff. GmbHG. Dazu BGH 9. 10. 2000 – II ZR 75 / 99 – AP § 615 BGB Nr. 88; BGH 28. 10. 1996 – II ZR 14 / 96 – LM § 295 BGB Nr. 5a (7 / 1997); BSG 5. 5. 1988 – 12 RK 43 / 86 – SozR 2400 § 2 Nr. 25; Gravenhorst, A. C., GmbHR 2007, S. 417 (418 f.); Stück, GmbHR 2006, S. 1009 (1011). 61 BAG 25. 11. 1992 – 7 AZR 191 / 92 – AP § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 150. 62 Erman / Belling, § 615 BGB Rn. 5; dazu noch näher unter 1. Teil C. I. 63 BAG 13. 7. 2006 – 8 AZR 382 / 05 – AP § 613a BGB Widerspruch Nr. 1; BAG 26. 9. 2001 – 5 AZR 630 / 99 – EzA § 14 BBiG Nr. 11; BAG 15. 3. 2000 – 5 AZR 622 / 98 – BAGE 94, 66 (68 ff.). 64 BAG 9. 10. 1979 – 6 AZR 776 / 77 – AP § 111 ArbGG 1953 Nr. 3 m. Anm. Grunsky. 65 ErfK / Schlachter, § 19 BBiG Rn. 1, 5; Staab, Annahmeverzug, S. 67 ff. m. w. N., hier noch zu § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 lit. a) BBiG a. F.; näher zum Verhältnis von § 19 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) BBiG zu § 615 S. 1 – 3 BGB nach Ablauf der Sechs-Wochen-Frist unter 3. Teil B. II. 9. 54 55

50

1. Teil: Grundlegung

Heimarbeitsverhältnis66 zu verneinen.67 Die zwingende Anwendbarkeit von § 615 BGB auf Leiharbeitsverhältnisse ergibt sich aus § 11 Abs. 4 S. 2 AÜG. Der Verleiher trägt als Arbeitgeber das typische Annahmeverzugsrisiko bzw. das Betriebsrisiko.68 § 615 BGB, insbesondere S. 2, gilt nach allg. M. nicht, auch nicht sinngemäß, im öffentlichen Recht und insbesondere nicht im Beamtenrecht.69

2. Abdingbarkeit Die Vorschrift des § 615 S. 1 BGB ist nach st. Rspr. und h. M. eine Bestimmung des dispositiven Rechts.70 Lediglich bei Leiharbeitsverhältnissen kann das Recht des Leiharbeitnehmers auf Zahlung der Vergütung bei Annahmeverzug des Verleihers nach § 615 S. 1 BGB gemäß § 11 Abs. 4 S. 2 Hs. 1 AÜG „nicht durch Vertrag aufgehoben oder beschränkt werden“. Die Anrechnungsregelung des § 615 S. 2 BGB „bleibt unberührt“.71 Im Übrigen ergibt sich die Zulässigkeit der Abbedingung bereits im Hinblick auf den in § 105 S. 1 GewO niedergelegten allgemeinen Grundsatz der Vertragsfreiheit, insbesondere aber aus einem arg. e contrario aus § 619 BGB, der nur die Fürsorgepflichten des Dienstberechtigten nach §§ 616, 617 BGB, nicht aber auch die Verpflichtung zur Zahlung von Annahmeverzugslohn nach § 615 BGB als unabdingbar benennt.72 In Betracht kommen sowohl einzelwie kollektivvertragliche Vereinbarungen,73 aus denen sich die Abbedingung ein-

Zum Begriff des Heimarbeiters siehe die Definition in § 2 Abs. 1 HAG. Siehe BAG 13. 9. 1983 – 3 AZR 270 / 81 – BAGE 44, 124 (129 f.), hier noch zu § 29 Abs. 5 HAG a. F.; weitergehend ablehnend Erman / Belling, § 615 BGB Rn. 5 m. w. N.; a. A. Staab, Annahmeverzug, S. 65 f., für die analoge Anwendung von § 615 BGB, wenn es der soziale Schutzzweck erfordert. 68 Statt vieler: BAG 9. 4. 1987 – 2 AZR 280 / 86 – BAGE 55, 206 (219 ff.); näher Boemke / Lembke, AÜG, § 11 Rn. 80 ff., 117 ff.; Schüren / Feuerborn, AÜG, § 11 Rn. 91 ff.; Ulber, AÜG, § 1 Rn. 55 ff., 201, § 11 Rn. 94 (99 ff.); Böhm, NZS 2007, S. 404 ff.; Boemke, BB 2006, S. 997 ff.; Raab, ZfA 2003, S. 389 (393); Brötzmann / Musial, NZA 1997, S. 17 (18 ff.). 69 BVerwG 13. 2. 1969 – II C 42.66 – BVerwGE 31, 253 (256 f. m. w. N.); RG 22. 6. 1926 – III 379 / 25 – RGZ 114, 122 (131). Zur Anrechnung im Beamtenbesoldungsrecht siehe näher 3. Teil B. III. 1. 70 BAG 5. 9. 2002 – 8 AZR 702 / 01 – AP § 280 n. F. BGB Nr. 1; BAG 8. 12. 1982 – 4 AZR 134 / 80 – BAGE 41, 123 (131); BAG 6. 11. 1968 – 4 AZR 186 / 68 – AP § 615 BGB Betriebsrisiko Nr. 16 m. zust. Anm. Hueck, A.; BAG 6. 2. 1964 – 5 AZR 93 / 63 – BAGE 15, 258 (259); MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 10; Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 10 ff.; KDZ / Zwanziger, KSchR, § 615 BGB Rn. 32; a. A. Kittner / Zwanziger / Schoof, ArbR, § 56 Rn. 6; MünchArbR / Boewer, § 78 Rn. 5; Küttner / Griese, Personalbuch 2007, Annahmeverzug Rn. 21; Staab, Annahmeverzug, S. 79 ff. 71 § 11 Abs. 4 S. 2 Hs. 2 AÜG. Näher ErfK / Wank, § 11 AÜG Rn. 22 ff.; Schüren / Feuerborn, AÜG, § 11 Rn. 91 ff. m. w. N. 72 BAG 5. 9. 2002 – 8 AZR 702 / 01 – AP § 280 n. F. BGB Nr. 1; Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 10 f. m. w. N. 66 67

B. Der Annahmeverzug des Arbeitgebers gemäß § 615 BGB im Besonderen

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deutig und zweifelsfrei ergibt.74 Die Tarifklausel „Grundsätzlich wird Lohn nur für die Zeit gezahlt, in der Arbeit geleistet wird“ schließt im Allgemeinen nur den Anspruch des Arbeitnehmers nach § 616 BGB auf Fortzahlung der Vergütung wegen kurzzeitiger Arbeitsverhinderung aus persönlichen Gründen aus.75 Der Arbeitgeber kann auf das Arbeitsangebot des Arbeitnehmers verzichten mit der Rechtsfolge, dass bei einem arbeitsfähigen76 Arbeitnehmer der Annahmeverzugslohnanspruch auch ohne ein Arbeitsangebot77 besteht.78 Die in einem gerichtlichen Vergleich vereinbarte allgemeine Ausgleichsklausel schließt i. d. R. alle Ansprüche aus, die nicht unmissverständlich in diesem Vergleich als weiter bestehende Ansprüche bezeichnet werden.79 Eine Vereinbarung über unbezahlten Sonderurlaub in den Betriebsferien stellt die vertragliche Abbedingung der Annahmeverzugsfolgen des § 615 S. 1 BGB dar.80 Gegen die Zulässigkeit einer formularmäßigen Abbedingung des § 615 S. 1 BGB bestehen weithin Bedenken, da hier im Hinblick auf die § 615 BGB zu Grunde liegende „elementare Gerechtigkeitsvorstellung“81 die Gefahr einer unangemessenen Benachteiligung82 des Arbeitnehmers besteht.83 Auch die Anrechnungsvorschrift des § 615 S. 2 BGB ist nach h. M. durch ausdrückliche und zweifelsfreie Vereinbarung abdingbar.84 Die Abbedingung kann sich dabei auf bestimmte Bestandteile der Arbeitsvergütung beschränken.85 Den nach wie vor heftig umstrittenen Fragen, ob sich der Arbeitnehmer anderweitigen Erwerb mangels ausdrücklicher Vereinbarung auch dann nach § 615 S. 2 BGB oder im Wege einer analogen Anwendung der Vorschrift anrechnen lassen muss, wenn 73 Z. B. § 52a Abs. 1 BAT; dazu näher Cerff, in: Bredemeier / Neffke, BAT / -O, § 52 a Rn. 4; Schumacher, ZTR 1987, S. 140 ff. 74 BAG 6. 2. 1964 – 5 AZR 93 / 63 – BAGE 15, 258 (260). 75 BAG 9. 3. 1983 – 4 AZR 301 / 80 – BAGE 42, 94 (97 f.); BAG 8. 3. 1961 – 4 AZR 223 / 59 – BAGE 11, 34 (38 f.). 76 Siehe zum erforderlichen Leistungsvermögen die Vorschrift des § 297 BGB. 77 Zum grundsätzlichen Erfordernis eines Angebots gemäß §§ 293 – 296 BGB siehe 1. Teil C. III. 78 LAG Köln 10. 10. 1990 – 7 Sa 554 / 90 – LAGE § 615 BGB Nr. 25. 79 BAG 10. 5. 1978 – 5 AZR 97 / 77 – AP § 794 ZPO Nr. 25. 80 BAG 6. 4. 1982 – 3 AZR 1079 / 79 – BAGE 38, 255 (257). 81 So Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 11; ähnlich ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 8; ders, Vertragsgestaltung, S. 331: „§ 615 BGB [ . . . ] eine Norm mit hohem Gerechtigkeitsgehalt [ . . . ]“. 82 §§ 305 ff., § 307 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 S. 1 BGB. 83 Zur umfassenden Interessenabwägung im Rahmen der vorzunehmenden Inhaltskontrolle siehe BAG 13. 8. 1980 – 5 AZR 296 / 78 – AP § 1 BUrlG Unbezahlter Urlaub Nr. 1; BAG 30. 6. 1976 – 5 AZR 246 / 75 – AP § 7 BUrlG Betriebsferien Nr. 3 m. krit. Anm. Moritz; Preis, Vertragsgestaltung, S. 331 f. 84 BAG 2. 8. 1971 – 3 AZR 121 / 71 – AP § 615 BGB Nr. 25 m. Anm. Blomeyer; BAG 6. 2. 1964 – 5 AZR 93 / 63 – BAGE 15, 258 (259 f.); LAG Schleswig-Holstein 20. 2. 1997 – 4 Sa 567 / 96 – LAGE § 615 BGB Nr. 52; Preis, Vertragsgestaltung, S. 331 f.; a. A. Staab, Annahmeverzug, S. 84 f.

52

1. Teil: Grundlegung

er in einem Prozessvergleich,86 einem Aufhebungsvertrag87 oder einer sonstigen Freistellungsvereinbarung unter Fortzahlung der Bezüge bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, gegebenenfalls unter Anrechnung von Resturlaub, von der Erbringung der Arbeitsleistung einvernehmlich88 oder einseitig unwiderruflich89 freigestellt ist, kann vorliegend nicht weiter nachgegangen werden.90 Die vollständige formularmäßige Abbedingung des in § 615 S. 2 BGB91 enthaltenen Grundgedankens stellt eine unangemessene Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben i. S. v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB dar.92 Von § 615 S. 3 BGB sowie den Grundsätzen der Betriebsrisikolehre kann nach h. M. durch eine hinreichend deutliche Vereinbarung im Einzelarbeits- oder Tarifvertrag93 abgewichen werden.94 Die Zulässigkeit einer formularmäßigen Abbedingung der Grundsätze der Betriebsrisikolehre bzw. des § 615 S. 3 BGB ist hingegen aus den oben genannten Gründen zweifelhaft.95

Erman / Belling, § 615 BGB Rn. 49 m. w. N. Verneinend BAG 30. 9. 1982 – 6 AZR 802 / 79 – juris; LAG Köln 29. 8. 2000 – 13 Sa 525 / 00 – juris; LAG Hamm 11. 10. 1996 – 10 Sa 104 / 96 – LAGE § 615 BGB Nr. 49; LAG Köln 21. 8. 1991 – 7 / 5 Sa 385 / 91 – LAGE § 615 BGB Nr. 30; LAG Hamm 27. 2. 1991 – 2 Sa 1289 / 90 – LAGE § 615 BGB Nr. 26. 87 Bejahend Hessisches LAG 2. 12. 1993 – 13 Sa 283 / 93 – LAGE § 615 BGB Nr. 42 m. abl. Anm. Gravenhorst, W. 88 Verneinend BAG 19. 3. 2002 – 9 AZR 16 / 01 – EzA § 615 BGB Nr. 108; a. A. etwa LAG Thüringen 21. 11. 2000 – 5 Sa 352 / 99 – LAGE § 615 BGB Nr. 62 m. krit. Anm. Gravenhorst, W.; LAG Schleswig-Holstein 20. 2. 1997 – 4 Sa 567 / 96 – LAGE § 615 BGB Nr. 52. 89 Bejahend BAG 6. 9. 2006 – 5 AZR 703 / 05 – AP § 615 BGB Nr. 118 m. krit. Anm. Bayreuther. 90 Näher zu den umstrittenen Fragen der Anrechnung anderweitigen Erwerbs gemäß § 615 S. 2 BGB im Zusammenhang mit der einseitigen oder einvernehmlichen, widerruflichen oder unwiderruflichen Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht Bauer / Arnold, FS Leinemann, S. 155 (161, 163 ff.); Bauer, NZA 2007, S. 409 ff.; Felser, AiB 2006, S. 74 (77 f.); Klar, NZA 2004, S. 576 ff.; Ebert / Schar, ArbRB 2003, S. 215 ff.; Nägele, BB 2003, S. 45 ff.; Bauer / Baeck, NZA 1989, S. 784 ff. 91 Sowie § 537 Abs. 1 S. 2 BGB. 92 BGH 5. 7. 2001 – III ZR 310 / 00 – BGHZ 148, 233 (235 ff.); siehe auch BGH 27. 10. 2005 – III ZR 59 / 05 – BGHZ 164, 387 (389, 392). 93 Zur formularmäßigen Abbedingung durch in Tarifverträgen enthaltene allgemeine Arbeitsvertragsbedingungen unter Berücksichtigung von § 310 Abs. 4 S. 1 und S. 2 BGB siehe Löwisch, FS Wiedemann, S. 311 (330 f.). 94 BAG 9. 3. 1983 – 4 AZR 301 / 80 – BAGE 42, 94 (96 ff.); BAG 6. 11. 1968 – 4 AZR 186 / 68 – AP § 615 BGB Betriebsrisiko Nr. 16 m. zust. Anm. Hueck, A.; BAG 4. 7. 1958 – 1 AZR 559 / 57 – AP § 615 BGB Betriebsrisiko Nr. 5 m. zust. Anm. Hueck, A.; Ring, BuW 2000, S. 555 (557); MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 10 m. w. N., auch zur a. A. 95 Preis, Vertragsgestaltung, S. 331 (332); ErfK / ders., § 615 BGB Rn. 138; Palandt / Putzo, SMG Ergänzungsband, § 615 BGB Rn. 2; Kalb, Betriebsrisikolehre, S. 152; Ring, BuW 2000, S. 555 (557). 85 86

B. Der Annahmeverzug des Arbeitgebers gemäß § 615 BGB im Besonderen

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3. Verzicht auf den Annahmeverzugslohnanspruch gemäß § 397 BGB Weil und soweit § 615 BGB schon vor Anspruchsentstehung abdingbar ist, kann erst recht auf einen bereits entstandenen Annahmeverzugslohnanspruch gemäß § 397 BGB verzichtet werden.96 Eine rückwirkende Änderung oder Aufhebung des Annahmeverzugslohnanspruchs zu Lasten eines öffentlich-rechtlichen Leistungsträgers97 nach Übergang des Anspruchs im Wege der cessio legis nach § 115 SGB X98 scheidet hingegen gemäß §§ 404, 407 Abs. 1 i. V. m. § 412 BGB aus.99 4. Verhältnis von § 615 BGB zu § 11 KSchG Auch im Anwendungsbereich von § 11 KSchG100 bestimmen sich Grund und Höhe des Anspruchs auf Annahmeverzugslohn nach § 611 Abs. 1 i. V. m. § 615 S. 1 BGB.101 Lediglich die Anrechnungsvorschrift des § 615 S. 2 BGB wird durch die nach h. L. zu Ungunsten des Arbeitnehmers nicht abdingbare102 Sonderregelung des § 11 KSchG verdrängt, die indes inhaltlich den Regelungen des § 615 S. 2 BGB im Wesentlichen entspricht.103 Im Unterschied zu § 615 S. 2 Alt. 1 BGB sind nach § 11 KSchG nicht die Ersparnisse, z. B. die Kosten für die Fahrt zur Arbeitsstätte, der Mehraufwand für Verpflegung, die Kosten für die Reinigung von Arbeitskleidung, anzurechnen.104 Das Absehen von der Anrechnung der Ersparnisse 96 Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 125 f. m. w. N., auch zum Erlass kollektivvertraglich eingeräumter Rechte unter Berücksichtigung von § 4 Abs. 4 S. 1 TVG, § 77 Abs. 4 S. 2 BetrVG. 97 Insbesondere der gemäß §§ 117 ff. SGB III Arbeitslosengeld gewährenden Agentur für Arbeit. 98 Siehe auch § 11 Nr. 3 S. 2 KSchG. 99 Näher BAG 15. 12. 1988 – 2 AZR 189 / 88 – juris; BAG 17. 4. 1986 – 2 AZR 308 / 85 – AP § 615 BGB Nr. 40; BAG 28. 4. 1983 – 2 AZR 446 / 81 – AP § 117 AFG Nr. 3 m. zust. Anm. Brackmann; BAG 23. 9. 1981 – 5 AZR 527 / 79 – ZIP 1981, S. 1364 (1365). 100 Siehe auch die mit § 11 KSchG weitestgehend übereinstimmende Vorgängerregelung des § 9 KSchG 1951. 101 Begründung zum Regierungsentwurf des § 9 KSchG 1951, BT-Drucks. 1 / 2090, S. 14; Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 16; KR / Spilger, § 11 KSchG Rn. 4, 11. 102 ErfK / Kiel, § 11 KSchG Rn. 3; KR / Spilger, § 11 KSchG Rn. 7; MünchKomm-BGB / Hergenröder, § 11 KSchG Rn. 2; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 89; Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 137, jeweils m. w. N.; a. A. Schaub, AR-Blattei SD 80, Rn. 3. 103 Allg. M., BAG 7. 2. 2007 – 5 AZR 422 / 06 – NZA 2007, S. 561 (562); BAG 11. 10. 2006 – 5 AZR 754 / 05 – AP § 615 BGB Nr. 119; BAG 16. 6. 2004 – 5 AZR 508 / 03 – BAGE 111, 123 (126); BAG 24. 9. 2003 – 5 AZR 500 / 02 – BAGE 108, 27 (30); BAG 16. 5. 2000 – 9 AZR 203 / 99 – BAGE 94, 343 (345); BAG 6. 9. 1990 – 2 AZR 165 / 90 – AP § 615 BGB Nr. 47; BAG 10. 4. 1963 – 4 AZR 95 / 62 – BAGE 14, 156 (163); ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 88; MünchKomm-BGB / Hergenröder, § 11 KSchG Rn. 1. Näher zur systematischen Untersuchung des § 11 KSchG noch folgend unter 3. Teil B. II. 1. 104 APS / Biebl, KündR, § 11 KSchG Rn. 31; ErfK / Kiel, § 11 KSchG Rn. 11; KR / Spilger, § 11 KSchG Rn. 31, 50; Schaub, AR-Blattei SD 80, Rn. 71; Staudinger / Richardi, § 615

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1. Teil: Grundlegung

soll sich nach dem zu § 9 KSchG 1951 geäußerten Willen des Gesetzgebers im Hinblick auf die angenommene Geringfügigkeit der in Betracht kommenden Beträge rechtfertigen, so dass man sich entschloss, „nicht kleinlich zu verfahren, sondern diese Position fallen zu lassen.“105 Die Vorgängerregelungen zum KSchG 1951 sahen hingegen noch eine Anrechnung auch der Ersparnisse vor.106 Die bei § 615 S. 2 BGB im Gegensatz zu § 11 Nr. 3 S. 1 KSchG dem Wortlaut der Norm nach nicht ausdrücklich vorgesehene Anrechnung öffentlich-rechtlicher Entgeltersatzleistungen, insbesondere von Arbeitslosengeld gemäß §§ 117 ff. SGB III, ist nach allg. M. auch im Rahmen der Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB in analoger Anwendung von § 11 Nr. 3 S. 1 KSchG zu berücksichtigen.107 Der Arbeitgeber hat diese Beträge grds. analog § 11 Nr. 3 S. 2 KSchG demjenigen Sozialleistungsträger zu erstatten, der sie an den Arbeitnehmer geleistet hat.108 Die Frage, ob § 11 Nr. 3 S. 2 KSchG einen eigenständigen Erstattungsanspruch begründet, ist zwar umstritten.109 Im Hinblick darauf, dass regelmäßig bereits ein gesetzlicher Forderungsübergang des geschuldeten Arbeitsentgelts nach § 115 SGB X auf den Leistungsträger stattfinden wird, entbehrt die Vorschrift des § 11 Nr. 3 S. 2 KSchG allerdings weitgehend der praktischen Bedeutsamkeit.110 Für eine Anrechnung im eigentlichen Sinne fehlen angesichts der cessio legis insoweit die Voraussetzungen.111 BGB Rn. 134 m. w. N.; insbesondere im Hinblick auf Art. 3 GG zu Recht kritisch zu dieser insoweit unterschiedlichen Rechtslage MünchKomm-BGB / Hergenröder, § 11 KSchG Rn. 35; MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 65. 105 So ausdrücklich der SPD-Abgeordnete Preller als Berichterstatter des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuss), in: Verhandlungen des Deutschen Bundestages, I. Wahlperiode 1949, Stenographische Berichte Band 8, 156. Sitzung vom 5. 7. 1951, S. 6210 (6211); siehe auch die entsprechenden Beschlüsse des Ausschusses, in: BT-Drucks. 1 / 2384, S. 6; zur Annahme der Ausschussfassung des (§ 9) KSchG 1951 siehe Verhandlungen des Deutschen Bundestages, I. Wahlperiode 1949, Stenographische Berichte Band 8, 156. Sitzung vom 5. 7. 1951, S. 6210 (6219), 159. Sitzung vom 10. 7. 1951, S. 6372 f. 106 So zunächst § 88 S. 2 BRG vom 4. 2. 1920, RGBl. S. 147 (169) und § 59 S. 2 AOG vom 20. 1. 1934, RGBl. I S. 45 (52), wonach § 615 S. 2 BGB entsprechende Anwendung fand. Auch der auf das KSchG des Frankfurter Wirtschaftsrates der „Bizone“ (WRG) vom 20. 7. 1949, siehe dazu Hueck, RdA 1949, S. 331 (335), zurückgehende Entwurf für ein KSchG auf der Grundlage der sog. Hattenheimer Entschliessungen vom 13. 1. 1950 sah eine Anrechnung des Ersparten in § 7 Abs. 1 S. 2 lit. c) vor, RdA 1950, S. 63 (64). Die Besprechung des Hattenheimer Entwurfs von Hueck, RdA 1950, S. 65 ff. äußert sich speziell zu dieser Regelung nicht. Eine Anrechnung der Ersparnisse sah selbst noch der hierauf aufbauende § 9 lit. c) des Regierungsentwurfs zum KSchG 1951 vom 23. 1. 1951 vor, BT-Drucks. 1 / 2090, S. 3, 14. 107 BAG 13. 6. 2002 – 2 AZR 391 / 01 – BAGE 101, 328 (340); näher zur Anrechnung öffentlich-rechtlicher Entgeltersatzleistungen auf den Annahmeverzugslohnanspruch folgend 1. Teil D. II. 4. d). 108 Erman / Belling, § 615 BGB Rn. 41 m. w. N. 109 Bejahend KR / Spilger, § 11 KSchG Rn. 49; Schaub, AR-Blattei SD 80, Rn. 87 f.; a. A. MünchKomm-BGB / Hergenröder, § 11 KSchG Rn. 33. 110 ErfK / Kiel, § 11 KSchG Rn. 12; KR / Spilger, § 11 KSchG Rn. 44, 49 m. w. N.

B. Der Annahmeverzug des Arbeitgebers gemäß § 615 BGB im Besonderen

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5. Abgrenzung von Annahmeverzug nach § 615 BGB und Unmöglichkeit gemäß § 275 BGB Verzug und Unmöglichkeit schließen sich nach allg. M. im Grundsatz gegenseitig aus,112 was bereits unter Hinweis auf § 297 BGB, § 275 i. V. m. § 326 Abs. 2 S. 1 BGB zu begründen ist. Annahmeverzug stellt eine Leistungsverzögerung dar und setzt grds. die Nachholbarkeit der Leistung voraus.113 Angesichts ihres nach wie vor jedenfalls regelmäßig anzunehmenden Fixschuldcharakters114 wird die nicht erbrachte Arbeitsleistung mit Ablauf des für ihre Erbringung vorgesehenen Zeitfensters unmöglich,115 mit der Konsequenz des Eintritts der in § 275 Abs. 1, Abs. 4 i. V. m. § 326 BGB, § 280 Abs. 1, Abs. 3 i. V. m. § 283 BGB116 angeordneten Rechtsfolgen.117 Hielte man auch im Anwendungsbereich von § 615 BGB strikt an dem „Dogma der Alternativität von Annahmeverzug und Unmöglichkeit“ fest, so hätte die Vorschrift im „normalen“ Arbeitsverhältnis mit Fixschuldcharakter der Arbeitsleistung keinen Anwendungsbereich. Es läge immer zugleich auch Unmöglichkeit vor. Der dogmatischen Auflösung dieses allerdings nur scheinbaren Widerspruchs kann hier nicht vertieft nachgegangen werden.118 Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 143 m. w. N. RG 6. 2. 1923 – III 93 / 22 – RGZ 106, 272 (276); BAG 18. 8. 1961 – 4 AZR 132 / 60 – AP § 615 BGB Nr. 20 m. Anm. Zöllner; BAG 11. 3. 1999 – 2 AZR 538 / 98 – juris; BAG 4. 10. 2005 – 9 AZR 632 / 04 – BAGE 116, 121 (124); BGH 11. 4. 1957 – VII ZR 280 / 56 – BGHZ 24, 91 (96); BGH 19. 12. 1991 – IX ZR 96 / 91 – BGHZ 117, 1 (6); Palandt / Heinrichs, § 293 BGB Rn. 3, § 297 BGB Rn. 1; Palandt / Weidenkaff, § 615 BGB Rn. 7; Lotmar, Arbeitsvertrag II, S. 284 ff.; Beuthien, Zweckerreichung und Zweckstörung, S. 230 ff., 251; Haas, Annahmeverzug und Unmöglichkeit, S. 1 ff.; Rückert, ZfA 1983, S. 1 ff.; Oertmann, AcP 116 (1918), S. 1 (2 ff.). 113 BAG 12. 9. 1985 – 2 AZR 324 / 84 – AP § 102 BetrVG 1972 Weiterbeschäftigung Nr. 7; RG 17. 10. 1919 – II 107 / 19 – RGZ 97, 6 (9 f.). 114 Motive II, S. 461 f.; zum absoluten bzw. strengen Fixschuldcharakter der Arbeitsleistung Oetker, Dauerschuldverhältnis, S. 331 (336 ff.); Staab, Annahmeverzug, S. 16 ff.; Wettich, Verdienstausfallschaden, S. 97; Thume, § 324 BGB, S. 153; Luke, NZA 2004, S. 244 (245); Nierwetberg, BB 1982, S. 995 ff.; Beuthien, RdA 1972, S. 20 (22 f.); Söllner, AcP 167 (1967), S. 132 (139); einschränkend HWK / Krause, § 615 BGB Rn. 8, Stoppelkamp, Annahmeverzug, S. 19 ff.; Kalb, FS Stahlhacke, S. 213 (218); Stebut, RdA 1985, S. 66 ff., insbesondere unter Hinweis auf die zunehmende Arbeitszeitflexibilisierung, z. B. Gleitzeitarbeit, Arbeit auf Abruf gemäß § 12 TzBfG. 115 BAG 24. 11. 1960 – 5 AZR 545 / 59 – BAGE 10, 202 (207); ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 4; Mommsen, Beiträge ObligationenR I, S. 58 ff., 90 ff., 188 ff., 212, 217 ff.; Kisch, Unmöglichkeit, S. 75, 79 (80); ausführlich Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 24 ff. m. w. N. 116 Diese Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts finden nach der Schuldrechtsmodernisierung auch auf Arbeitsverträge Anwendung, Henssler, RdA 2002, S. 129 (131 ff.); Richardi, NZA 2002, S. 1004 (1006 ff.), jeweils m. w. N. 117 BGH 18. 10. 2001 – III ZR 265 / 00 – NJW 2002, S. 595; BGH 11. 4. 1957 – VII ZR 280 / 56 – BGHZ 24, 91 (96). 118 Näher zu den Lösungsansätzen Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 17 ff., 40 ff.; MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 4 ff.; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 6; Emmerich, 111 112

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1. Teil: Grundlegung

An dieser Stelle nur soviel: Nach der Rechtsprechung des BAG ist „unter Annahmeverzug das Unterbleiben der Arbeitsleistung zu verstehen, das durch die Weigerung der Annahme der vom Arbeitnehmer angebotenen Arbeit durch den Arbeitgeber entsteht. Unmöglichkeit soll dann vorliegen, „wenn man unterstellt, der Arbeitgeber sei zur Annahme der Arbeit bereit gewesen, und unter dieser Hypothese die Frage stellt, ob dem Arbeitnehmer dann die Arbeitsleistung möglich ist.“119 Man „abstrahierte“ also von den Hindernissen auf Seiten des Gläubigers.120 Die sich in der Konsequenz aus dieser sog. Abstrahierungsformel bzw. Abtraktionstheorie121 für Fälle der „Annahmeunmöglichkeit“ ergebende Gesetzeslücke122 wurde durch die von der Rechtsprechung zunächst losgelöst von den Vorschriften des BGB entwickelten Grundsätze der Betriebsrisikolehre123 geschlossen.124 Es erscheint indes vor allem im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte und den Normzweck des § 615 BGB zutreffender, mit der maßgeblich von Eduard Picker begründeten und im Vordringen befindlichen sog. Lehre von der Annahmeunmöglichkeit125 als Ausfluss der Verpflichtung des Arbeitsgebers zur Tragung der Gefahr des zufälligen Untergangs des „Leistungssubstrats“126 dem Annahmeverzug nach §§ 615, 293 ff. BGB nicht nur die Fälle der „Annahmeunwilligkeit“, sondern auch die Fälle der „Annahmeunfähigkeit“ zuzuordnen.127 Leistungsstörungen, S. 367 ff. Nach einem neueren Ansatz von Oetker, Dauerschuldverhältnis, S. 336 (337 ff. m. w. N.) sollen von § 615 BGB nur solche Fälle erfasst sein, in denen die Dienstleistungen „äußerstenfalls den Charakter einer relativen Fixschuld besitzen“, wodurch der unmittelbare Anwendungsbereich des § 615 BGB indes zu stark eingeschränkt würde. 119 BAG 24. 11. 1960 – 5 AZR 545 / 59 – BAGE 10, 202 (207). 120 Feuerborn, JR 2003, S. 177 (178 m. w. N.). 121 Zurückgehend auf Oertmann, AcP 116 (1918), S. 1 (15 ff., insbesondere S. 20); näher dazu MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 4; Emmerich, Leistungsstörungen, S. 367 f. 122 Ehmann / Schnauder, Jura 1983, S. 181 (182) sprechen unter Hinweis auf die Leitentscheidung RG 6. 2. 1923 – III 93 / 22 – RGZ 106, 272 insoweit treffend von der „Lückentheorie des Reichsgerichts“. 123 Nunmehr § 615 S. 3 BGB. 124 Zu grundlegenden Aspekten der insoweit erfolgten „antizivilrechtlichen Richterrechtsschöpfung“ siehe insbesondere Picker, JZ 1988, S. 1 ff. und 62 (70); Biedenkopf, Betriebsrisikolehre, S. 1 (24 ff.). 125 Grundlegend Picker, JZ 1979, S. 285 (290 ff., 293); ders., JZ 1985, S. 641 und 693 (698 ff.); ders., JZ 1988, S. 62 (64 f.); ders., FS Locher, S. 477 ff.; ders., FS Kissel, S. 813 ff.; ders., GS Hofmeister, S. 549 (564 ff., 579); ders., FS Honsell, S. 385 ff.; Picker, FS Huber, S. 497 ff. 126 Zur Präzisierung des Störungstatbestandes „Substratfortfall“ siehe Geis, Dauerstörungen in Dienst- und Arbeitsverhältnissen, S. 1 ff., 6 ff. 127 Ebenso Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 40 (42); MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 8; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 7; MünchArbR / Boewer, § 78 Rn. 1; Lieb / Jacobs, ArbeitsR, S. 63 (65); Beninca, Arbeitskampf und Arbeitsverhältnis, S. 146 ff.; Reichold, ZfA 2006, S. 223 ff.; Feuerborn, JR 2003, S. 177 (179, 181); Ring, BuW 2000, S. 555 (556); Fenn / Klose, JuS 2000, S. 531 (536); Boemke, JuS 2000, S. 410 f.; Preis / Hamacher, Jura 1998, S. 11 (15 f.); Linnenkohl / Rauschenberg, ArbuR 1990, S. 137 (140 f.); tendenziell auch BAG 18. 5. 1999 – 9 AZR 14 / 98 – DB 1999, S. 1121; BAG 18. 5. 1999 – 9 AZR 13 / 98 – AP

B. Der Annahmeverzug des Arbeitgebers gemäß § 615 BGB im Besonderen

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III. Rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung des Annahmeverzugs des Arbeitgebers für die Arbeitsvertragsparteien 1. Statistische Angaben Von den 563.873 im Jahr 2005 durch die deutsche Arbeitsgerichtsbarkeit in erster Instanz erledigten Klagen handelte es sich in 292.946 Fällen um Kündigungsstreitigkeiten.128 Es kann derzeit davon ausgegangen werden, dass die Anzahl der Arbeitgeberkündigungen, die durch den Arbeitnehmer einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung unterzogen werden, eine Größenordnung von zumindest 11129 – 15% bzw. rund 16%130 erreicht.131 Bereits angesichts dieser Vielzahl von gerichtlich überprüften Arbeitgeberkündigungen als einer der häufigsten und praktisch bedeutsamsten Gründe für den Eintritt des Annahmeverzugs des Arbeitgebers sowie unter Berücksichtigung der nicht nur ausnahmsweise den Zeitraum eines Jahres übersteigenden Dauer derartiger Kündigungsschutzverfahren132 wird deutlich, welche immense vor allem wirtschaftliche Bedeutung dem Annahmeverzug nach § 615 BGB für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer im Allgemeinen zukommt.133 § 1 TVG Tarifverträge Betonsteingewerbe Nr. 7; Hessisches LAG 6. 3. 2001 – 2 / 9 Sa 1246 / 00 – LAGE Art. 12 GG Nr. 5. Vom Ergebnis her in dieselbe Richtung geht die Lehre vom „qualifizierten Annahmeverzug“ von Lotmar, Arbeitsvertrag II, insbesondere S. 283 (285), ferner S. 251 (253); instruktiv dazu Oertmann, AcP 116 (1918), S. 1 (10 ff., 31 ff.); Söllner, AcP 167 (1967), S. 132 (140 ff.). 128 BMAS, Statistik ArbG 2005, Zeilen-Nr. 14, 14331; näher Grotmann-Höfling, AuR 2006, S. 429 ff.; zu früheren Jahren und zur Entwicklung ders., AuR 2005, S. 398 ff.; ders., AuR 2004, S. 406 ff.; Pfarr / Bothfeld / Kaiser / Kimmich / Peuker / Ullmann, BB 2004, S. 106 (107). 129 So die von Bielenski / Hartmann / Pfarr / Seifert, AuR 2003, S. 81 (87) erlangten Angaben. 130 Grotmann-Höfling, AuR 2006, S. 429 m. w. N. 131 So die Ergebnisse der empirischen Untersuchung von Pfarr / Bothfeld / Kaiser / Kimmich / Peuker / Ullmann, BB 2004, S. 106 ff. m. w. N., auch zu anderen Hochrechnungen. Anders, allerdings ohne Nachweise Möschel, JZ 2006, S. 113 (114), der meint, rund ein Drittel der Entlassungen werde vor den Arbeitsgerichten angefochten. Dies dürfte nach Vorstehendem zu hoch gegriffen sein. Ausführlich zur empirischen Analyse des Kündigungsschutzes Weißflog, Abfindungsansprüche, S. 72 ff. m. w. N. 132 Löwisch, FS BAG, S. 423 (424); Schmidt, NZA 2002, S. 1380; siehe auch Wank, Sonderbeilage zu NZA 2003, Heft 21, S. 3 (7); Willemsen, NJW 2000, S. 2779 (2882). Zwar endeten im Jahr 2005 nach BMAS, Statistik ArbG 2005, Zeilen-Nr. 14, 14512 ff. etwa zwei Drittel der erstinstanzlich erledigten arbeitsgerichtlichen Bestandsstreitigkeiten bereits nach spätestens drei Monaten, nach einem halben Jahr waren es sogar über 83 %. Bei Ausschöpfung aller drei Instanzen der Arbeitsgerichtsbarkeit können jedoch auch Zeiträume von vier Jahren und mehr erreicht werden, siehe Schäfer, NZA 1984, S. 105. Zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen der klageweisen Geltendmachung künftiger Entgeltansprüche gemäß § 259 ZPO unter dem Gesichtspunkt künftigen Annahmeverzugs des Arbeitgebers, etwa während des laufenden Kündigungsschutzverfahrens, trotz der Möglichkeit der Erzielung anrechnungspflichtigen Zwischenerwerbs siehe näher Berkowsky, RdA 2006, S. 77 (78 ff. m. w. N.). 133 Siehe auch Staab, Annahmeverzug, S. 1 ff.

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1. Teil: Grundlegung

2. Das „Annahmeverzugslohnrisiko“ des Arbeitgebers Das sog. Annahmeverzugslohnrisiko bzw. Entgeltrisiko oder Annahmeverzugsrisiko134 im Hinblick auf § 615 BGB ist insbesondere durch die Rechtsprechung des BAG135 zum Annahmeverzug nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung gemäß § 296 S. 1 BGB136 für die Arbeitgeber zu einer unkalkulierbaren und „nahezu unvermeidbaren ökonomischen Bedrohung“ geworden.137 Vor diesem Hintergrund übt bereits die aus der Kompliziertheit des Kündigungsschutzes fließende Rechtsunsicherheit einen starken Einigungszwang auf die Arbeitgeber aus, mit der Folge, dass Kündigungsstreitigkeiten vorgerichtlich oder gerichtlich mit steigender Tendenz mit einem Abfindungs-Vergleich enden.138 Hinzu kommt der von Seiten der Arbeitsgerichte mitunter ausgeübte Vergleichsdruck.139 Im Hinblick auf die nicht selten den Zeitraum eines Jahres übersteigende Dauer des Kündigungsrechtsstreits sowie angesichts der Ungewissheit des Prozessausgangs140 besteht für den Arbeitgeber ein oftmals unkalkulierbares Risiko, bei Unterliegen im Kündigungsschutz134 Unter „Annahmeverzugsrisiko“ bzw. „Annahmeverzugslohnrisiko“ wird gemeinhin das Risiko des Arbeitgebers verstanden, nach verlorenem Kündigungsschutzverfahren die Vergütung des Arbeitnehmers über Monate und Jahre je nach Prozessdauer nachzahlen zu müssen, ohne dafür vom Arbeitnehmer eine Gegenleistung erhalten zu haben. Dazu näher HK-KSchG / Kriebel, § 11 Rn. 4; Opolony, DB 1998, S. 1714. 135 Möschel, JZ 2006, S. 113 (116) weist darauf hin, der eigentlich „böse Bube“ im ganzen Spiel sei der Gesetzgeber, der die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte kannte und dennoch im Rahmen der zahlreichen Änderungen des KSchG keinen Anlass sah, diese irgendwie legislativ zu korrigieren. 136 BAG 9. 8. 1984 – 2 AZR 374 / 83 – BAGE 46, 234 (238 ff.), zur fristlosen Kündigung; BAG 21. 3. 1985 – 2 AZR 201 / 84 – AP § 615 BGB Nr. 35 m. gem. Anm. Konzen, zur ordentlichen Kündigung; zum Annahmeverzug nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung gemäß § 296 S. 1 BGB siehe noch näher unter 1. Teil C. III. 3. und IV. 1. 137 So Boecken / Hümmerich, DB 2004, S. 2046 (2048); Boecken / Topf, RdA 2004, S. 19 (20); siehe auch Schier, BB 2006, S. 2578 (2581): „Damoklesschwert des Annahmeverzugslohnrisikos“; Stück, MDR 1999, S. 1483 (1485, 1487): „Damoklesschwert des Annahmeverzugs“. Opolony, AP § 615 BGB Nr. 113, Anm. zu BAG 11. 1. 2006 – 5 AZR 98 / 05 – spricht von einem „faktischen Kündigungsschutz außerhalb des KSchG“. Andererseits soll nicht unerwähnt bleiben, dass das Annahmeverzugsrisiko den Arbeitgeber von unberechtigten Kündigungen abhalten kann, deren Ausspruch ohne den drohenden Annahmeverzugslohn sanktionslos bliebe. 138 Siehe Löwisch, FS BAG, S. 423 (424); Möschel, JZ 2006, S. 113 (116). 139 Wank, Sonderbeilage zu NZA 2003, Heft 21, S. 3 (9); Möschel, JZ 2006, S. 113 (115). Bereits Gessner, BArbBl. 5 / 1981, S. 18 (20) konstatiert: „Insgesamt ist festzustellen, dass – insbesondere am Arbeitsgericht – die Parteien in hohem Maße zum Abschluß eines Vergleichs gedrängt werden.“ 140 So etwa Rüthers, NJW 2002, S. 1601 (1602), der auf den „Lotteriecharakter“ hinweist. Anders hingegen für die betriebsbedingte Kündigung Gilberg, NZA 2003, S. 817: „Der Kündigungsschutzprozess ist nämlich prognostizierbar: das ArbG wird die Kündigung wahrscheinlich für unwirksam erklären“. Siehe auch Preis / Bender, NZA 2005, S. 1321 (1323), nach denen „der Kündigungsschutzprozess zu großen Teilen mithin als verlogene Veranstaltung bezeichnet werden kann“.

B. Der Annahmeverzug des Arbeitgebers gemäß § 615 BGB im Besonderen

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prozess zur Zahlung von Annahmeverzugslohn in unter Umständen erheblicher und insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen sogar existenzbedrohender Höhe verpflichtet zu sein. Dieses Prozessrisiko führt zu einer spürbaren Förderung der Bereitschaft des Arbeitgebers zum frühzeitigen Abschluss eines (Abfindungs-)Vergleichs.141 Das drohende Annahmeverzugsrisiko ist demnach der Hebel, mit dem Arbeitnehmer Kündigungsschutzklagen zum Zwecke der Erlangung einer Abfindung „instrumentalisieren“ können.142 Bei den insgesamt 293.263 Verfahren, die im Jahr 2005 durch arbeitsgerichtlichen Vergleich beendet wurden,143 handelt es sich erfahrungsgemäß in den meisten Fällen, um Kündigungsschutzsachen.144 Hinzu kommen die insoweit statistisch nicht erfassten vorprozessualen und außergerichtlichen Vergleiche.145 Zwar werden in neuerer Zeit tatsächlich nur in 15% aller Arbeitgeberkündigungen Abfindungen einschließlich Sozialplanabfindungen gezahlt,146 entgegen gelegentlich 141 Boecken / Hümmerich, DB 2004, S. 2046 (2048); Rüthers, NJW 2002, S. 1601 (1603); Schäfer, NZA 1984, S. 105; einen umfassenden rechtsvergleichenden Überblick gibt Rebhahn, RdA 2002, S. 272 (283 ff.). Kritisch zum Ganzen auch Boecken / Topf, RdA 2004, S. 19 (20 ff.), die für eine gesetzgeberische Rückkehr des KSchG vom „Abfindungsgesetz“ zum Bestandsschutzgesetz durch einen Ausschluss des Annahmeverzugs(-Risikos) nach arbeitgeberseitiger Kündigung plädieren; hiergegen etwa Ramrath, FS Leinemann, S. 347 (358 ff.), nach dem das KSchG stets ein unvermeidbares „Abfindungsgesetz“ war und geblieben ist; siehe auch Wank, Sonderbeilage zu NZA 2003, Heft 21, S. 3 (9 m. w. N.), für eine zeitliche Begrenzung des Annahmeverzugs nach unwirksamer arbeitgeberseitiger Kündigung, etwa drei Monate; Giesen, ZfA 2003, S. 467 (490), für eine differenzierte Kappungsgrenze der Höhe des Annahmeverzugslohns, wenn der Arbeitgeber ohne „grobe Fehleinschätzung“ vom Nichtbestehen des Annahmeverzugs ausgehen kann. Zu der vor allem für den Bereich der betriebsbedingten Kündigung lebhaft geführten Diskussion um die Reform des Kündigungsschutzes mit dem vorrangigen Ziel der Beschäftigungsförderung, insbesondere auch zum teils überbordenden „Richterrecht“ sowie zu den „Abfindungsmodellen“ siehe zudem Rüthers, NJW 2006, S. 1640 ff.; Bayreuther, NZA 2006, S. 417 ff.; Möschel, JZ 2006, S. 113 ff.; Huber, NZA 2005, S. 1340 ff.; Bauer, NZA 2005, S. 1046 ff.; Gilberg, NZA 2003, S. 817 ff.; Rüthers, NJW 2003, S. 546 ff., jeweils m. w. N. 142 Boecken / Topf, RdA 2004, S. 19 (22); Gilberg, NZA 2003, S. 817; siehe auch Spirolke, NZA 2001, S. 707; Rüthers, NJW 2002, S. 1601 (1603); Preis / Bender, NZA 2005, S. 1321 (1323); Neef, K. / Neef, D., NZA 2006, S. 1241 (1245). 143 BMAS, Statistik ArbG 2005, Zeilen-Nr. 1423. Die Zahl arbeitsgerichtlicher Vergleiche steigt stetig an. So endeten im Jahr 2000 242.653 Verfahren durch arbeitsgerichtlichen Vergleich, siehe DESTATIS, Statistisches Jahrbuch 2002, S. 345. 1994 waren es 197.605, DESTATIS, Statistisches Jahrbuch 1996, S. 362. Im Jahr 1989 endeten 131.443 arbeitsgerichtliche Streitigkeiten vergleichsweise, DESTATIS, Statistisches Jahrbuch 1991, S. 368. 144 Ca. 60 %, so Schweiger, NZS 2001, S. 519 (521); ähnlich die Studie von Gessner, BArbBl. 5 / 1981, S. 18 (20). Anders hingegen Möschel, JZ 2006, S. 113 (115), der, allerdings ohne Nachweis, meint, etwa 93 % aller Kündigungsschutzklagen endeten im Wege eines Vergleichs. 145 Löwisch, FS BAG, S. 423 (424). 146 So die repräsentative rechtstatsächliche Studie von Bielenski / Hartmann / Pfarr / Seifert, AuR 2003, S. 81 (87 f.); ebenso die Ergebnisse der empirischen Untersuchung von Pfarr / Bothfeld / Kaiser / Kimmich / Peuker / Ullmann, BB 2004, S. 106 (108); ferner Löwisch, FS BAG, S. 423 (425); Wank, Sonderbeilage zu NZA 2003, Heft 21, S. 3 (7).

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1. Teil: Grundlegung

übertriebener, empirisch unbelegter Darstellungen.147 Doch von den eine Kündigungsschutzklage erhebenden Arbeitnehmern erhält bereits fast jeder zweite148 eine Abfindung, welche ihrer Höhe nach in 8% der Fälle weniger als ein Monatsgehalt, in 17% der Fälle ein bis zwei Monatsgehälter, in 12 % der Fälle zwei bis drei Monatsgehälter, in 21 % der Fälle drei bis sechs Monatsgehälter, in 22% der Fälle sechs bis zwölf Monatsgehälter und in 19% der Fälle zwölf und mehr Monatsgehälter beträgt.149 Dieser Problematik hat inzwischen auch der Gesetzgeber mit der zum 1. 1. 2004 erfolgten Einfügung des gesetzlichen Abfindungsanspruchs gemäß der bereits in vielerlei Hinsicht umstrittenen Vorschrift des § 1a KSchG150 für den Bereich der betriebsbedingten Kündigung Rechnung zu tragen versucht.151 Der Arbeitnehmer hat nunmehr in diesen Fällen die Möglichkeit, sich nach § 1a KSchG durch das bloße Verstreichenlassen der Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG seine Weiterbeschäftigung durch eine Abfindung in gesetzlich geregelter Höhe152 gleichsam „abkaufen“ zu lassen.153 Eine anderenfalls erfolgreich erhobene Kündigungsschutzklage hätte nicht nur den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, sondern regelmäßig auch Annahmeverzugslohnansprüche des Arbeitnehmers zur Folge gehabt.154

147 Rüthers, NJW 2002, S. 1601 (1602): „Zusätzlich ist schon hier anzumerken, dass in der Praxis etwa 90% aller Arbeitgeberkündigungen zu einem Abfindungsvergleich führen, [ . . . ]“. Hromadka, ZfA 2002, S. 383 stellt fest, „[ . . . ] dass die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung, die der Gesetzgeber nur als Ausnahme vorgesehen hat, die entschädigungslose ordentliche Kündigung verdrängt hat [ . . . ]“. 148 48%, so Pfarr / Bothfeld / Kaiser / Kimmich / Peuker / Ullmann, BB 2004, S. 106 (108); siehe auch Bielenski / Hartmann / Pfarr / Seifert, AuR 2003, S. 81 (88); Wank, Sonderbeilage zu NZA 2003, Heft 21, S. 3 (7). 149 Bielenski / Hartmann / Pfarr / Seifert, AuR 2003, S. 81 (88). 150 Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. 12. 2003 m. W. v. 1. 1. 2004, BGBl. 2003 I S. 3002 (3006). 151 BT-Drucks. 14 / 1204, S. 9: „Der Arbeitgeber kann das Risiko vermeiden, dass die betriebsbedingte Kündigung einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhält und er das während des Prozesses angefallene Arbeitsentgelt wegen Annahmeverzuges nachzahlen muss.“ 152 § 1a Abs. 2 KSchG. 153 Zu den bereits zahlreichen Fragen im Zusammenhang mit dem Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG siehe nur BAG 10. 5. 2007 – 2 AZR 45 / 06 – AP § 1a KSchG 1969 Nr. 3; BAG 31. 5. 2005 – 1 AZR 254 / 04 – BAGE 115, 68 (71 ff.); Weißflog, Abfindungsansprüche, S. 222 ff.; Thüsing / Wege, JuS 2006, S. 97 ff.; Ulrici / Mohnke, NZA 2006, S. 77 ff.; Altenburg / Reufels / Leister, NZA 2006, S. 71 ff.; Peters-Lange / Gagel, NZA 2005, S. 740 ff.; Raab, RdA 2005, S. 1 ff.; Wolff, BB 2004, S. 378 ff.; Sudabeh, RdA 2004, S. 333 (335 ff.); Steinau-Steinrück / Paul, NJW-Spezial 2004, S. 225 f.; Giesen / Besgen, NJW 2004, S. 185 ff.; Düwell, ZTR 2004, S. 130 ff.; Bauer / Krieger, NZA 2004, S. 77 ff.; Grobys, DB 2003, S. 2174 ff. 154 Stiller, NZI 2005, S. 77 (79).

B. Der Annahmeverzug des Arbeitgebers gemäß § 615 BGB im Besonderen

61

3. Die Situation des Annahmeverzugs des Arbeitgebers aus der Sicht des Arbeitnehmers Aus der Sicht des Arbeitnehmers hingegen stellt sich der Annahmeverzug des Arbeitgebers in einem anderen, wenngleich ebenfalls von wirtschaftlichen bzw. finanziellen Aspekten geprägten Lichte dar. Kann oder will der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht beschäftigen und stellt er daraufhin, wie sich später herausstellt, zu Unrecht, die weitere Lohnzahlung vorerst ein, so wird sich der Arbeitnehmer angesichts des unter Umständen überraschenden und plötzlichen Wegfalls seines regelmäßigen Arbeitseinkommens gezwungen sehen, seinen notwendigen Lebensunterhalt aus anderen, gegebenenfalls erst noch zu eröffnenden, Einnahmequellen zu bestreiten. Hierbei stellt die sich bei günstiger Arbeitsmarktlage und entsprechenden Vertragsverhandlungen des Arbeitnehmers bietende Möglichkeit der Aufnahme einer weiteren Erwerbstätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber gerade in Fällen eines beim Vertragsarbeitgeber länger andauernden Annahmeverzugs eine im Grundsatz geeignete und vom Gesetz durch die Anordnung der Anrechnung hypothetischen, böswillig unterlassenen Erwerbs auf den Annahmeverzugslohnanspruch nach Maßgabe von § 615 S. 2 Alt. 3 BGB155 sogar nahe gelegte Alternative bzw. Ergänzung zu der Inanspruchnahme von Sozialleistungen156 dar.

4. Zusammenfassung Die vor allem durch die BAG-Rechtsprechung geprägte rechtliche und daraus folgend wirtschaftliche bzw. finanzielle Bedeutung des Annahmeverzugs des Arbeitgebers ist demnach für beide Arbeitsvertragsparteien immens. Während der Arbeitgeber sich jedenfalls potentiell in der Höhe kaum verlässlich abschätzbaren Ansprüchen ohne arbeitnehmerseitige Gegenleistung ausgesetzt sieht, ist der Arbeitnehmer bei Wegfall seines Einkommens im Annahmeverzugsfall regelmäßig vordringlich auf die Sicherung seiner materiellen Existenz wie der seiner Familie bedacht. Die so umrissene Situation soll durch die zentrale Vorschrift des § 615 BGB und weitere einschlägige Annahmeverzugs-Regelungen157 interessengerecht geregelt werden.

Bzw. im Anwendungsbereich des KSchG gemäß § 11 Nr. 2 KSchG. Insbesondere von Arbeitslosengeld gemäß §§ 117 ff. SGB III, ferner Insolvenzgeld nach §§ 183 ff. SGB III. 157 Etwa § 11 KSchG, ferner §§ 300 ff. BGB. 155 156

62

1. Teil: Grundlegung

C. Überblick über die Voraussetzungen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers gemäß §§ 293 ff. BGB Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers im Rahmen des Arbeitsverhältnisses ergeben sich mangels arbeitsrechtlicher Sondervorschriften nach allg. M. aus den Regelungen der §§ 293 ff. BGB.158 Der Schuldner muss leisten dürfen,159 zur Leistung bereit und imstande sein160 und in eigener Person die geschuldete Leistung zur richtigen Zeit, am richtigen Ort und in der rechten Weise anbieten.161 Der Gläubiger hat seinerseits die ordnungsgemäß angebotene Leistung lediglich nicht angenommen oder eine zur Erfüllung erforderliche Mitwirkungshandlung unterlassen.162

I. Erfüllbarkeit des Arbeitsverhältnisses „Erfüllbarkeit“ i. S. v. „Leistendürfen“ bedeutet, dass der Schuldner eine Verpflichtung im Rahmen eines Schuldverhältnisses erfüllen darf, mit der für den Gläubiger insoweit rechtlich nachteiligen Folge des Erlöschens dieser Verpflichtung nach § 362 Abs. 1 BGB. Mangels abweichender Vereinbarung kann der Schuldner die Leistung gemäß § 271 Abs. 1 BGB grds. sofort bewirken. Darf der Schuldner nicht oder noch nicht leisten, so kann der Gläubiger durch Nichtannahme der gleichwohl angebotenen Leistung nicht in Annahmeverzug geraten.163 Im Rahmen eines an einem Nichtigkeitsgrund leidenden, in Vollzug gesetzten und nicht zwischenzeitlich wieder außer Funktion gesetzten sog. fehlerhaften164 Arbeitsverhältnisses bestehen bis zur hier nach allg. M. in Abweichung von § 142 Abs. 1 BGB grds. nur ex nunc wirkenden Geltendmachung des Unwirksamkeitsgrundes165 rechtswirksame Hauptleistungspflichten der Arbeitsvertragsparteien166 mit der Folge, dass der Arbeitgeber in Annahmeverzug geraten kann.167 158 Siehe nur BAG 9. 8. 1984 – 2 AZR 374 / 83 – BAGE 46, 234 (238); Fröhlich, ArbRB 2006, S. 149 ff. 159 Zur Erfüllbarkeit siehe sogleich folgend 1. Teil C. I. 160 Zu Leistungsbereitschaft und -fähigkeit gemäß § 297 BGB folgend unter 1. Teil C. II. 161 Zum Erfordernis eines Leistungsangebots siehe 1. Teil C. III. 162 Zur Nichtannahme der ordnungsgemäß angebotenen Leistung siehe unter 1. Teil C. IV. 163 Siehe nur Palandt / Heinrichs, § 271 BGB Rn. 1, § 293 BGB Rn. 8. 164 Bzw. ungenauer: „faktischen“. 165 Beispielsweise der Anfechtbarkeit nach § 119 Abs. 2 oder § 123 BGB. 166 Zur rechtlichen Behandlung des sog. fehlerhaften Arbeitsverhältnisses siehe BAG 3. 11. 2004 – 5 AZR 592 / 03 – BAGE 112, 299 (301 f.); BAG 20. 5. 1999 – 2 AZR 320 / 98 – BAGE 91, 349 (351 ff.); BAG 3. 12. 1998 – 2 AZR 754 / 97 – BAGE 90, 251 (254 ff.); BAG 15. 1. 1986 – 5 AZR 237 / 84 – BAG 50, 370 (374 f.); BAG 16. 9. 1982 – 2 AZR 228 / 80

C. Überblick über die Voraussetzungen des Annahmeverzugs gem. §§ 293 ff. BGB

63

Die rechtskräftige Verurteilung des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers168 unter den Voraussetzungen des sog. allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs169 begründet kein Rechtsverhältnis, aufgrund dessen der Arbeitgeber als Dienstberechtigter anzusehen wäre, so dass Annahmeverzug nicht eintreten kann.170 Auf den aus § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG171 resultierenden besonderen Weiterbeschäftigungsanspruch ist § 615 BGB im Fall der Nichtannahme der Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber hingegen anzuwenden, da die beiderseitigen arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten kraft Gesetzes fortbestehen, auflösend bedingt durch die rechtskräftige Abweisung der Kündigungsschutzklage.172 Die nur ex nunc wirkende Entbindungsentscheidung des Gerichts nach § 102 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 – 3 BetrVG lässt einen durch die Unwirksamkeit der Kündigung begründeten Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht rückwirkend entfallen.173 Nimmt der Arbeitgeber im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer eine Kündigungserklärung „zurück“,174 so gehen die Parteien im Zweifel von der Unwirksam– BAGE 41, 54 (64 ff.); BAG 25. 5. 1970 – 3 AZR 384 / 69 – BAGE 22, 344 (353 f.); BAG 22. 9. 1961 – 1 AZR 241 / 60 – BAGE 11, 270 (272 ff.); grundlegend BAG 5. 12. 1957 – 1 AZR 594 / 56 – BAGE 5, 159 (160 ff.); näher dazu ErfK / Preis, § 611 BGB Rn. 170 ff., 462 ff. m. w. N. 167 ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 9; Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 45. 168 Überblicksartig zu den Möglichkeiten einer tatsächlichen Beschäftigung des Arbeitnehmers bis zum Ablauf der Kündigungsfrist und während des Kündigungsschutzrechtsstreits Schrader / Straube, RdA 2006, S. 98 ff. m. w. N. 169 Grundlegend hierzu BAG 27. 2. 1985 – GS 1 / 84 – BAGE 48, 122 (130 ff. m. w. N.). 170 Siehe BAG 24. 1. 1991 – 2 AZR 402 / 89 – juris; BAG 17. 1. 1991 – 8 AZR 483 / 89 – BAGE 67, 88 (90 ff.); BAG 12. 9. 1985 – 2 AZR 324 / 84 – AP § 102 BetrVG 1972 Weiterbeschäftigung Nr. 7, hier auch zu in der Höhe dem Annahmeverzugslohn entsprechenden Schadensersatzansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber wegen Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht aufgrund der während des Schuldnerverzugs nach §§ 286, 287 S. 1 BGB eingetretenen Unmöglichkeit gemäß § 280 Abs. 1, Abs. 3 i. V. m. §§ 283 S. 1, 275 Abs. 1 BGB. 171 Ausführlich zu § 102 Abs. 5 BetrVG GK-BetrVG / Raab, § 102 Rn. 163 ff.; Richardi / Thüsing, § 102 BetrVG Rn. 200 ff. Siehe für den öffentlichen Dienst die Parallelvorschrift des § 79 Abs. 2 BPersVG. 172 BAG 9. 7. 2003 – 5 AZR 305 / 02 – BAGE 107, 66 (68 ff.); BAG 7. 3. 1996 – 2 AZR 432 / 95 – AP § 102 BetrVG 1972 Weiterbeschäftigung Nr. 9; BAG 12. 9. 1985 – 2 AZR 324 / 84 – AP § 102 BetrVG 1972 Weiterbeschäftigung Nr. 7. 173 BAG 7. 3. 1996 – 2 AZR 432 / 95 – AP § 102 BetrVG Weiterbeschäftigung Nr. 9; LAG Rheinland-Pfalz 11. 1. 1980 – (7) 6 Sa 657 / 79 – LAGE § 615 BGB Nr. 2; GK-BetrVG / Raab, § 102 Rn. 172, 187; Willemsen / Hohenstatt, DB 1995, S. 215 (218 ff.). 174 Siehe an sich § 130 Abs. 1 S. 2 BGB, wonach eine empfangsbedürftige Willenserklärung nur bis zu ihrem Zugang widerrufen werden kann. Die spätere „Rücknahme“ der Kündigung ist indes gemäß §§ 133, 157, 242 BGB als ein Angebot des Arbeitgebers zur Fortsetzung des bisherigen bzw. Neubegründung des beendeten Arbeitsverhältnisses auszulegen. Dazu nur BAG 19. 8. 1982 – 2 AZR 230 / 80 – BAGE 40, 56 (61 ff.); Schmädicke / Leister, ArbRB 2007, S. 279 ff.; Schier, BB 2006, S. 2578 (2579 f.); Fischer, NZA 1999, S. 459 ff., jeweils m. w. N.

64

1. Teil: Grundlegung

keit der Kündigung und damit für die Frage des Annahmeverzugs vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses aus.175 Nach rechtswirksamer,176 suspensiv wirkender Freistellung eines Arbeitnehmers von der Arbeitsleistung, etwa im Rahmen eines abgeschlossenen Auflösungsvertrages oder nach Ausspruch einer Arbeitgeber-Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unter Erteilung von Urlaub oder Anordnung von Freizeitausgleich, 177 kommen Ansprüche aus Annahmeverzug nicht in Betracht.178 Stellt hingegen der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bei Ausspruch der Kündigung unter Anrechnung der Urlaubsansprüche einseitig und unwiderruflich von der Arbeitsleistung frei, ist i. d. R. davon auszugehen, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die zeitliche Festlegung der Urlaubszeit überlässt, im Übrigen die Annahme der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers ablehnt und so gemäß §§ 293, 295 S. 1 BGB in Annahmeverzug gerät.179 Annahmeverzug liegt nicht vor, wenn der Arbeitgeber beruhend auf einer wirksamen Rechtsgrundlage180 und erforderlichenfalls unter Wahrung des sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ergebenden Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats181 Kurzarbeit angeordnet hat.182

II. Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers gemäß § 297 BGB Ist der nach § 613 S. 1 BGB im Zweifel zur höchstpersönlichen Erbringung der versprochenen Dienste verpflichtete Arbeitnehmer objektiv außerstande oder in 175 BAG 17. 4. 1986 – 2 AZR 308 / 85 – AP § 615 BGB Nr. 40; näher dazu Berkowsky, BB 1984, S. 216 (217 f.), jeweils m. w. N. 176 Zu den in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen einer Freistellung, namentlich individualvertragliche oder Kollektivvereinbarung oder Gesetz, siehe näher MünchArb / Blomeyer, § 49 Rn. 4 ff. m. w. N. 177 Näher zu Freistellungen MünchArb / Blomeyer, § 49 Rn. 1 ff.; Kittner / Zwanziger / Bachner, ArbR, § 104 Rn. 27 ff.; Bauer / Arnold, FS Leinemann, S. 155 (160 ff.); Felser, AiB 2006, S. 74 ff. 178 BAG 19. 3. 2002 – 9 AZR 16 / 01 – EzA § 615 BGB Nr. 108; BAG 23. 1. 2001 – 9 AZR 26 / 00 – BAGE 97, 18 (19 ff.). 179 Zuletzt etwa BAG 6. 9. 2006 – 5 AZR 703 / 05 – AP § 615 BGB Nr. 118 m. krit. Anm. Bayreuther m. w. N. 180 Dazu näher Boecken, RdA 2000, S. 7 (8 ff.). Die einseitige Anordnung aufgrund des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts nach § 106 GewO genügt insoweit nach st. Rspr. nicht, BAG 18. 10. 1994 – 1 AZR 503 / 93 – AP § 615 BGB Kurzarbeit Nr. 11; BAG 12. 10. 1994 – 7 AZR 398 / 93 – AP § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit Nr. 66; BAG 15. 12. 1961 – 1 AZR 207 / 59 – AP § 615 BGB Kurzarbeit Nr. 1 m. krit. Anm. Neumann-Duesberg. 181 Zum Annahmeverzugslohn bei Vorliegen lediglich einer formlosen Regelungsabrede über Kurzarbeit siehe BAG 14. 2. 1991 – 2 AZR 415 / 90 – AP § 615 BGB Kurzarbeit Nr. 4. 182 MünchArb / Boewer, § 78 Rn. 32; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 14, § 611 BGB Rn. 823 f.; Ehmann, Betriebsrisikolehre und Kurzarbeit, S. 31 ff.

C. Überblick über die Voraussetzungen des Annahmeverzugs gem. §§ 293 ff. BGB

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subjektiver Hinsicht nicht willens oder fähig, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, gerät der Arbeitgeber gemäß § 297 BGB nicht in Annahmeverzug. Zur Begründung des Annahmeverzugs sind kumulativ sowohl der Leistungswille als auch das Leistungsvermögen des Arbeitnehmers erforderlich.183

1. Objektive Leistungshindernisse Ein objektives Leistungshindernis besteht dann, wenn der Arbeitnehmer aus objektiven, nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden Gründen seine Arbeitsleistung nicht zur vereinbarten Leistungszeit, also dem Arbeitsbeginn, am Erfüllungsort184 zur Verfügung stellen kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer das sog. Wegerisiko trägt.185 Nicht Annahmeverzug, sondern Unmöglichkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer den Betrieb wegen eines Verkehrsverbots infolge Smog-Alarms nicht erreichen kann.186 2. Subjektive Leistungshindernisse a) Fehlender Leistungswille des Arbeitnehmers Die in § 297 BGB nicht ausdrücklich genannte Voraussetzung der Leistungswilligkeit ergibt sich daraus, dass ein leistungsunwilliger Arbeitnehmer sich selbst außer Stande setzt, die Arbeitsleistung zu bewirken. Der Leistungswille ist tatsächlicher Natur; er ist nicht notwendig auf die Erfüllung des Vertragsverhältnisses gerichtet.187 Die subjektive Leistungsbereitschaft muss während des gesamten Verzugszeitraums vorliegen.188 Der Leistungswille kann nicht durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage ersetzt werden.189 Das Leistungsangebot des Arbeitnehmers muss von dem ernstlichen Willen begleitet sein, die angebotene Leistung in dem geschuldeten zeitlichen Umfang zu erbringen.190 Ein tatsächliches Angebot 183 BAG 13. 7. 2005 – 5 AZR 578 / 04 – BAGE 115, 216 (223); BAG 19. 5. 2004 – 5 AZR 434 / 03 – AP § 615 BGB Nr. 108; BAG 24. 9. 2003 – 5 AZR 591 / 02 – EzA § 615 BGB 2002 Nr. 5; BAG 29. 10. 1998 – 2 AZR 666 / 97 – AP § 615 BGB Nr. 77; BAG 30. 4. 1987 – 2 AZR 299 / 86 – RzK I 13a Nr. 20; BAG 9. 8. 1984 – 2 AZR 374 / 83 – BAGE 46, 234 (244); BAG 2. 11. 1973 – 5 AZR 147 / 73 – BAGE 25, 344 (346 f.). 184 Der richtige Erfüllungsort gemäß § 269 BGB ist regelmäßig die Betriebsstätte. 185 BAG 8. 12. 1982 – 4 AZR 134 / 80 – BAGE 41, 123 (131 f.); dazu schon oben 1. Teil B. I. 3.; ausführlich Ernst, Wegerisiko, S. 1 ff. 186 Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 81, 222 m. w. N. Dagegen gehört ein smogalarmbedingtes Betriebsverbot zu dem vom Arbeitgeber nach § 615 S. 3 BGB zu tragenden Betriebsrisiko, Richardi, NJW 1987, S. 1231 (1235); Dossow, BB 1988, S. 2455 (2459); a. A. Ehmann, NJW 1987, S. 401 (403 ff., 410). 187 BAG 13. 7. 2005 – 5 AZR 578 / 04 – BAGE 115, 216 (223). 188 St. Rspr., BAG 13. 7. 2005 – 5 AZR 578 / 04 – BAGE 115, 216 (223 m. w. N.). 189 BAG 19. 5. 2004 – 5 AZR 434 / 03 – AP § 615 BGB Nr. 108, auch zu Vorstehendem.

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1. Teil: Grundlegung

gemäß § 294 BGB belegt für sich allein den ernsthaften Leistungswillen.191 Ein wörtliches Angebot nach § 295 BGB, das nicht von dem ernstlichen Willen des Arbeitnehmers, die angebotene Leistung in dem geschuldeten Umfang zu erbringen, getragen ist, ist unbeachtlich.192 Die Leistungsbereitschaft ist nicht allein deshalb zu verneinen, weil der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhebt oder nicht einen in Betracht kommenden Weiterbeschäftigungsanspruch geltend macht, denn er ist hierzu nicht verpflichtet.193 Allein ein Auslandsaufenthalt des Arbeitnehmers während des Annahmeverzugs lässt jedenfalls dann nicht auf fehlende Leistungsbereitschaft schließen, wenn der Arbeitnehmer jederzeit erreichbar und zur Rückkehr in der Lage ist sowie dann, wenn der Arbeitgeber ein zur Beendigung des Annahmeverzugs nicht geeignetes Beschäftigungsangebot macht.194 Die Leistungsbereitschaft fehlt, wenn der Arbeitnehmer durch Zustimmung zu einem, wenngleich formnichtigen195 Aufhebungsvertrag dokumentiert, ab einem darin bestimmten Zeitpunkt nicht mehr seine Arbeitsleistung erbringen zu wollen.196 Bietet der Arbeitgeber nach Ausspruch einer Kündigung eine sog. Prozessbeschäftigung an,197 steht es der Leistungsbereitschaft entgegen, wenn der Arbeitnehmer die Forderung nach einem Verzicht auf die Wirkungen der Kündigung zur Bedingung der Arbeitsaufnahme macht.198

b) Fehlende Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers Unter dem Aspekt der fehlenden Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers kann der Annahmeverzug gemäß § 297 BGB insbesondere in Fällen der „Arbeitsunfähigkeit“199 entfallen. Gegebenenfalls ist die ermessensgerechte Zuweisung leidensgerechter Arbeit nach § 106 S. 3 GewO200 erforderlich.201 Auch „teilweise Arbeits190 St. Rspr., siehe BAG 18. 12. 1974 – 5 AZR 66 / 74 – AP § 615 BGB Nr. 30 m. krit. Anm. Walchshöfer m. w. N. 191 BAG 10. 5. 1973 – 5 AZR 493 / 72 – AP § 615 BGB Nr. 27 m. abl. Anm. Schnorr von Carolsfeld. 192 BAG 19. 5. 2004 – 5 AZR 434 / 03 – AP § 615 BGB Nr. 108; BAG 7. 6. 1973 – 5 AZR 563 / 72 – AP § 615 BGB Nr. 28 m. abl. Anm. Schnorr von Carolsfeld. 193 ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 47, 67 f. m. w. N. 194 BAG 6. 11. 1986 – 2 AZR 714 / 85 – RzK I 13a Nr. 14 m. w. N. 195 Das Schriftformerfordernis für Aufhebungsverträge ergibt sich aus § 623 Hs. 1 BGB. 196 LAG Thüringen 27. 1. 2004 – 5 Sa 131 / 02 – EzA-SD 2004, Nr. 12, S. 10. 197 Zur „Prozessbeschäftigung“ noch näher unter 1. Teil D. II. 4. c) bb). 198 BAG 13. 7. 2005 – 5 AZR 578 / 04 – BAGE 115, 216 (223 f.). 199 Zu diesem insbesondere aus dem Entgeltfortzahlungsrecht bekannten Begriff siehe näher MünchArb / Boecken, § 83 Rn. 31 ff. m. w. N. 200 Zu dieser durch das Dritte Gesetz zur Änderung der Gewerbeordnung und sonstiger gewerberechtlicher Vorschriften vom 24. 8. 2002, BGBl. I S. 3412 (3414) neu eingefügten rechtlichen Grundlage der Begrenzung des Ermessens des Arbeitgebers bei der Ausübung des Direktionsrechts siehe BT-Drucks. 14 / 8796, S. 24; AnwKomm-ArbR / Boecken, § 106

C. Überblick über die Voraussetzungen des Annahmeverzugs gem. §§ 293 ff. BGB

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unfähigkeit“202 schließt die Leistungsfähigkeit grds. aus, da der Arbeitgeber nach § 266 BGB in den Grenzen von Treu und Glauben nicht zur Annahme von Teilleistungen verpflichtet ist.203 Bloße Zweifel an der Arbeitsfähigkeit bzw. Diensttauglichkeit des Arbeitnehmers berechtigen den Arbeitgeber nicht zu einer Zurückweisung des tatsächlichen Arbeitsangebots.204 Eine ärztliche ArbeitsplatzwechselEmpfehlung berechtigt den Arbeitgeber nicht zur Ablehnung der angebotenen Arbeitsleistung des arbeitswilligen und arbeitsfähigen Arbeitnehmers.205 Die Vorlage einer „Arbeitsfähigkeitsbescheinigung“ kann vom Arbeitgeber grds. nicht verlangt werden.206 Der in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehende Arbeitnehmer hat seine wiedererlangte Arbeitsfähigkeit dem Arbeitgeber anzuzeigen.207 Im unwirksam gekündigten Arbeitsverhältnis ist eine solche Anzeige dann nicht erforderlich, wenn der Arbeitnehmer durch Erhebung einer Kündigungsschutzklage oder sonstigen Widerspruch gegen die Kündigung seine weitere Leistungsbereitschaft deutlich gemacht hat208 oder wenn der Arbeitgeber erklärt hat, er verzichte GewO Rn. 94 f.; Boemke / Keßler, GewO, § 106 Rn. 46 ff.; Landmann / Rohmer / Neumann, GewO, § 106 Rn. 5; Wank, in: Tettinger / Wank, GewO, § 106 Rn. 40; ErfK / Preis, § 106 GewO Rn. 2, 5; HWK / Lembke, § 106 GewO Rn. 131. 201 BAG 4. 10. 2005 – 9 AZR 632 / 04 – BAGE 116, 121 (123 ff.), hier auch näher zu den Ansprüchen eines schwerbehinderten Menschen auf behinderungsgerechte Ausgestaltung des Arbeitsplatzes bzw. der Arbeitsstätte gemäß § 81 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 und Nr. 5 SGB IX sowie zu Schadensersatzansprüchen infolge Verletzung der hiermit korrespondierenden Pflichten des Arbeitgebers; BAG 5. 11. 2003 – 5 AZR 562 / 02 – AP § 615 BGB Nr. 106; BAG 24. 9. 2003 – 5 AZR 282 / 02 – EzA § 615 BGB 2002 Nr. 3; BAG 10. 7. 1991 – 5 AZR 383 / 90 – BAGE 68, 141 (148 f.) = EzA § 615 BGB Nr. 69 m. zust. Anm. Boecken; BAG 14. 7. 1983 – 2 AZR 34 / 82 – juris; BAG 25. 3. 1959 – 4 AZR 236 / 56 – BAGE 7, 321 (323 f.); LAG Schleswig-Holstein 23. 5. 2007 – 6 Sa 362 / 06 – SchlHA 2007, S. 426 f.; LAG Berlin 9. 12. 2004 – 16 Sa 1967 / 04 – BB 2005, S. 672. 202 Zur umstrittenen Rechtsfigur der sog. qualitativen bzw. quantitativen Teilarbeitsunfähigkeit siehe ablehnend, mit der Folge eines „Alles-oder-Nichts-Prinzips“, BAG 29. 1. 1992 – 5 AZR 60 / 91 – EEK I / 1074; ausführlich zum Ganzen MünchArb / Boecken, § 83 Rn. 48 ff.; ders., NZA 1999, S. 673 (675 f.), jeweils m. w. N. 203 ArbG Stuttgart 10. 4. 1996 – 1 Ca 7069 / 95 – NZA-RR 1996, S. 362 f. 204 BAG 10. 5. 1973 – 5 AZR 493 / 72 – AP § 615 BGB Nr. 27 m. abl. Anm. Schnorr von Carolsfeld; LAG Düsseldorf 8. 4. 1993 – 12 Sa 74 / 93 – LAGE § 615 BGB Nr. 39. 205 BAG 17. 2. 1998 – 9 AZR 130 / 97 – EzA § 615 BGB Nr. 89 m. im Ergebnis zust. Anm. Annuß. 206 Unbeschadet einer besonderen, etwa tariflichen, Rechtsgrundlage für eine solche „Gesundschreibung“. LAG Düsseldorf 17. 7. 2003 – 11 Sa 183 / 03 – LAGE § 5 EntgeltfortzG Nr. 7; LAG Berlin 10. 5. 2001 – 10 Sa 2695 / 00 – LAGE § 626 BGB Nr. 135; Hessisches LAG 4. 12. 1984 – 7 Sa 956 / 84 – ARST 1985, S. 82 (83). 207 Zur „Rückmeldepflicht zur Arbeitsaufnahme“ siehe BAG 29. 10. 1992 – 2 AZR 250 / 92 – EzA § 615 BGB Nr. 77 m. w. N. 208 BAG 19. 4. 1990 – 2 AZR 591 / 89 – BAGE 65, 98 (100 ff.), zu befristeter Arbeitsunfähigkeit; BAG 24. 10. 1991 – 2 AZR 112 / 91 – AP § 615 BGB Nr. 50, zu mehrfach befristeter Arbeitsunfähigkeit; BAG 24. 11. 1994 – 2 AZR 179 / 94 – BAGE 78, 333 (336 ff.), zu unbefristeter Arbeitsunfähigkeit; näher zum Ganzen ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 51 ff. m. w. N.

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1. Teil: Grundlegung

auch für die Zeit nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit auf die Arbeitsleistung.209 Der Arbeitgeber kann sich auf fehlendes Leistungsvermögen des Arbeitnehmers nicht berufen, wenn er dieses rechtsmissbräuchlich210 herbeigeführt hat.211 Unvermögen des Schuldners i. S. v. § 297 BGB liegt auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer Gewissensentscheidung zur Leistung der ihm ermessensgerecht zugewiesenen Arbeit außerstande ist.212 c) Subjektives Leistungshindernis aus rechtlichen Gründen Der Arbeitnehmer ist aus rechtlichen Gründen zur Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung i. S. v. § 297 BGB außerstande, wenn er einem gesetzlichen Beschäftigungsverbot213 unterliegt.214 Praktisch bedeutsam sind die Fälle, in denen eine werdende Mutter innerhalb der Schutzfristen nach §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG nicht beschäftigt werden darf.215

209 Siehe die Grundsatzentscheidungen zum Eintritt des Annahmeverzugs nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung, namentlich BAG 9. 8. 1984 – 2 AZR 374 / 83 – BAGE 46, 234 (244 f.), hier zur fristlosen Kündigung; BAG 21. 3. 1985 – 2 AZR 201 / 84 – AP § 615 BGB Nr. 35 m. gem. Anm. Konzen, zur ordentlichen Kündigung. 210 Siehe neben § 242 BGB auch den in § 162 BGB zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken, dazu MünchKomm-BGB / Westermann, § 162 Rn. 18 ff.; Larenz / Wolf, BR AT, § 50 Rn. 41 ff. 211 BAG 16. 3. 1967 – 2 AZR 64 / 66 – AP § 63 HGB Nr. 31 m. Anm. Herschel; LAG Düsseldorf 12. 7. 1976 – 16 (3) Sa 340 / 75 – DB 1977, S. 547 f. 212 BAG 24. 5. 1989 – 2 AZR 285 / 88 – BAGE 62, 59 (70); siehe nunmehr auch § 275 Abs. 3 BGB. 213 Z. B. BAG 6. 3. 1974 – 5 AZR 313 / 73 – AP § 615 BGB Nr. 29 m. zust. Anm. Küchenhoff, zum Fehlen der ärztlichen Approbation nach § 3 BÄO; BAG 16. 12. 1976 – 3 AZR 716 / 75 – AP § 19 AFG Nr. 4 m. zust. Anm. Krebs, zum Fehlen der Arbeitserlaubnis eines ausländischen Arbeitnehmers nach § 284 Abs. 1 S. 1 SGB III; BAG 26. 3. 1986 – 7 AZR 592 / 84 – juris; BAG 31. 8. 1988 – 7 AZR 525 / 87 – RzK I 13a Nr. 30, jeweils zum Fehlen der landesrechtlich vorgeschriebenen Unterrichtsgenehmigung einer Lehrerin; BAG 15. 6. 2004 – 9 AZR 483 / 03 – BAGE 111, 97 (101 ff.), zur negativ ausfallenden bergrechtlich vorgeschriebenen Vorsorgeuntersuchung zwecks Ausstellung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung; LAG Rheinland-Pfalz 31. 8. 2006 – 11 Sa 323 / 06 – juris, zum Fehlen des fliegerärztlichen Tauglichkeitszeugnisses eines Flugteilnehmers. 214 St. Rspr., siehe die Nachweise in der vorhergehenden Fn.; ferner BAG 18. 12. 1986 – 2 AZR 34 / 86 – AP § 297 BGB Nr. 2, hier zum Entzug des Führerscheins eines Auslieferungsfahrers; BAG 25. 5. 1988 – 7 AZR 506 / 87 – AP Art. 140 GG Nr. 36, zum Entzug der missio canonica einer kirchlichen Religionslehrerin. 215 Dazu BAG 24. 6. 1960 – 1 AZR 96 / 58 – BAGE 9, 300 (301); zur Zuweisung einer zumutbaren Ersatztätigkeit im Rahmen billigen Ermessens siehe BAG 15. 11. 2000 – 5 AZR 365 / 99 – BAGE 96, 228 (230 ff.); zur umstrittenen Frage der Anrechnung anderweitigen Erwerbs während eines Beschäftigungsverbots analog § 615 S. 2 BGB, analog § 285 Abs. 1 BGB oder gemäß § 242 BGB siehe ArbG Freiburg 6. 2. 2003 – 11 Ca 611 / 02 – NZA-RR 2003, S. 626 (627 f.); Reufels, ArbRB 2005, S. 56 (57 f. m. w. N.).

C. Überblick über die Voraussetzungen des Annahmeverzugs gem. §§ 293 ff. BGB

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III. Ordnungsgemäßes Angebot der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer nach Maßgabe der §§ 293 – 296 BGB Nach dem Gesetzeszweck der §§ 293 ff., insbesondere §§ 294 und 295 BGB soll durch das tatsächliche und wörtliche Angebot wie durch die Aufforderung zur Mitwirkungshandlung die Leistungsbereitschaft des Schuldners klargestellt und der Zeitpunkt des Beginns des Gläubigerverzugs endgültig festgelegt werden.216

1. Tatsächliches Angebot gemäß § 294 BGB Auszugehen ist von dem Grundsatz des § 294 BGB. Danach muss die Leistung dem Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden, das heißt, grds. „in natura“.217 Das tatsächliche Angebot,218 die sog. Realoblation, ist seiner Rechtsnatur nach ein in dem Beginn der Leistungshandlung mitenthaltener Realakt.219 Ein ordnungsgemäßes bzw. „gehöriges“ tatsächliches Angebot liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die nach § 611 BGB i. V. m. dem Arbeitsvertrag geschuldete Leistung im Zweifel in eigener Person, am rechten Ort, zur rechten Zeit und in der rechten Weise anbietet.220 Die vom Arbeitnehmer geschuldete Arbeitsleistung ergibt sich in den Grenzen zwingender Arbeitnehmerschutzgesetze221 sowie gegebenenfalls unter Beachtung wirksamer kollektivrechtlicher Normen222 in erster Linie aus dem Individualarbeitsvertrag i. V. m. § 611 BGB223 und wird durch eine bestehende betriebliche BAG 9. 8. 1984 – 2 AZR 374 / 83 – BAGE 46, 234 (245 m. w. N.). BAG 10. 4. 1963 – 4 AZR 95 / 62 – BAGE 14, 156 (158); BAG 26. 4. 1956 – GS 1 / 56 – BAGE 3, 66 (74). 218 Lat. oblation. Motive II, S. 69 f. Ausführlich zum Ganzen Mommsen, Beiträge ObligationenR III, S. 133 f., 139 ff.; siehe auch die Darstellung des römisch-rechtlichen Hintergrunds der Oblation bei Madai, Lehre von der Mora, S. 227 (230 ff.); allgemein zu den Voraussetzungen des Annahmeverzugs im älteren deutschen Privatrecht Heuer, Annahmeverzug, S. 11 ff. 219 MünchKomm-BGB / Ernst, § 294 Rn. 2; in diese Richtung auch Staudinger / Löwisch, § 294 BGB Rn. 18 m. w. N., auch zur a. A., wonach im tatsächlichen Angebot eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung zu sehen sein soll. 220 St. Rspr. und allg. M., BAG 29. 10. 1992 – 2 AZR 250 / 92 – EzA § 615 BGB Nr. 77 m. w. N.; LAG Schleswig-Holstein 23. 5. 2007 – 6 Sa 362 / 06 – SchlHA 2007, S. 426 f.; Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 50 m. w. N.; Stahlhacke, ArbuR 1992, S. 8. 221 Siehe z. B. die ausdrücklichen Anordnungen fehlender Dispositivität zu Ungunsten des Arbeitnehmers in § 25 BBiG, § 17 Abs. 3 S. 3 BetrAVG, § 619 BGB, § 13 Abs. 1 S. 3 BUrlG, § 12 EFZG, § 62 Abs. 4 HGB, § 5 NachwG, § 22 Abs. 1 TzBfG sowie den im Wege der Gesetzesauslegung zu ermittelnden einseitig zwingenden Charakter von Arbeitnehmerschutzvorschriften, u. a. der §§ 3 ff. ArbSchG, §§ 5 ff. JArbSchG, §§ 3, 4, 6 MuSchG. 222 „Inhaltsnormen“ von Tarifverträgen nach § 1 Abs. 1 TVG; Betriebsvereinbarungen. 223 Näher zur Arbeitspflicht ErfK / Preis, § 611 BGB Rn. 789 ff. 216 217

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1. Teil: Grundlegung

Übung224 sowie das in ermessensgerechter Weise ausgeübte Direktionsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO konkretisiert.225 Nach der Auslegungsregel des § 613 S. 1 BGB hat der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung „im Zweifel in Person“, also mangels anderweitiger Bestimmung höchstpersönlich und nicht durch Dritte, etwa betriebsfremde Ersatzpersonen, zu erbringen.226 Der Erfüllungsort des Arbeitsverhältnisses nach § 269 Abs. 1 BGB kann durch Tarifvertrag und Einzelarbeitsvertrag bestimmt werden. Geschieht das nicht, so wird sich der Erfüllungsort nach den Umständen, insbesondere nach der „Natur“ des Arbeitsverhältnisses,227 in aller Regel am Betriebssitz befinden.228 Da das Angebot der Leistung nichts anderes als der „Beginn der geschuldeten Leistung selbst“ ist,229 muss sich der Arbeitnehmer zur Abgabe des tatsächlichen Angebots an seinem Arbeitsplatz einfinden.230 Das Angebot der Arbeitskraft am Arbeitsplatz ist nur dann wirksam, wenn es auch gemäß §§ 271, 242 BGB „zur rechten Zeit“ erfolgt.231 Die richtige Leistungszeit ist entweder die vertraglich vereinbarte Zeit des Arbeitsbeginns oder mangels einer Abrede eine Zeit, zu der das tatsächliche Arbeitsangebot auch angenommen werden kann. Dies ist nicht der Fall am Tage eines Betriebsausflugs sowie bei Abgabe des Angebots zur „Unzeit“.232 Schließlich ist zu beachten, dass die Arbeitsleistung gemäß § 242 BGB auch „in der rechten Weise“ angeboten werden muss.233 Denn das Angebot der Leistung ist 224 MünchKomm-BGB / Müller-Glöge, § 611 Rn. 411 (433 m. w. N.); zu den unterschiedlichen Konzepten der dogmatischen Grundlagen der betrieblichen Übung gemäß § 242 BGB Henssler, FS BAG, S. 683 (684 ff. m. w. N.). 225 BT-Drucks. 14 / 8796, S. 24; BAG 27. 4. 1960 – 4 AZR 584 / 58 – AP § 615 BGB Nr. 10 m. Anm. Hueck, A.; Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 48. 226 MünchKomm-BGB / Müller-Glöge, § 613 Rn. 1 (7); ErfK / Preis, § 613 BGB Rn. 1 (4), auch zur Einordnung des sog. Job-Sharing-Arbeitsverhältnisses nach § 13 TzBfG in diesem Zusammenhang. 227 Zur Maßgeblichkeit der „Natur des Schuldverhältnisses“ siehe § 269 Abs. 1 BGB. 228 BAG 3. 12. 1985 – 4 AZR 325 / 84 – AP § 1 TVG Tarifverträge Großhandel Nr. 5 m. w. N.; näher Gaul, Leistungs- und Erfüllungsort im Arbeitsverhältnis, S. 13 ff. 229 BAG 26. 4. 1956 – GS 1 / 56 – BAGE 3, 66 (75 m. w. N.). 230 BAG 8. 12. 1982 – 4 AZR 134 / 80 – BAGE 41, 123 (131 f.); LAG Köln 12. 4. 2002 – 11 Sa 1327 / 01 – NZA-RR 2003, S. 128; zu arbeitskampfbedingten Schwierigkeiten bei der Abgabe des Arbeitsangebots siehe LAG Hamm 1. 3. 1995 – 18 Sa 1274 / 94 – LAGE Art. 9 GG Arbeitskampf Nr. 59; LAG Bremen 19. 5. 1980 – 3 Sa 172 / 79 – BB 1980, S. 1472. 231 MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 16; Schaub / Linck, ArbR-Hdb., § 95 Rn. 9, auch zu möglichen Folgen von Verspätungen des Arbeitnehmers. 232 LAG Köln 12. 4. 2002 – 11 Sa 1327 / 01 – NZA-RR 2003, S. 128 f. 233 Zur dogmatisch zutreffenden Prüfung bereits als Erfordernis eines ordnungsgemäßen Angebots und nicht erst bei der Frage einer Unzumutbarkeit der Annahme des Angebots siehe ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 62 m. w. N.; Staab, Annahmeverzug, S. 136 ff.

C. Überblick über die Voraussetzungen des Annahmeverzugs gem. §§ 293 ff. BGB

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nichts anderes als der Beginn der geschuldeten Leistung selbst.234 Somit gerät der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer sich so verhält, dass der Arbeitgeber nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Arbeitslebens die Annahme der Leistung zu Recht ablehnt.235

2. Wörtliches Angebot gemäß § 295 BGB Ein wörtliches Angebot des Arbeitnehmers genügt, wenn der Arbeitgeber ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde236 oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist.237 In diesem Fall steht nach § 295 S. 2 BGB die Aufforderung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber, die erforderliche Mitwirkungshandlung vorzunehmen, dem wörtlichen Arbeitsangebot gleich. Das ausdrücklich oder auch konkludent zu erklärende238 wörtliche Angebot ist als rechtsgeschäftsähnliche Handlung zu qualifizieren und löst erst mit seinem Zugang Rechtswirkung aus.239 Die Ablehnungserklärung nach § 295 S. 1 Alt. 1 BGB ist eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung, die entweder ausdrücklich erklärt oder durch hinreichend deutliches Verhalten des Arbeitgebers auch konkludent zum Ausdruck gebracht werden kann.240 Nach Wortlaut241 sowie Normzweck des § 295 S. 1 BGB hat das wörtliche Angebot nach der Ablehnungserklärung des Gläubigers zu erfolgen.242 Die frühere Rechtsprechung des BAG sah auch die unwirksame Arbeitgeberkündigung als eine Ablehnungserklärung nach § 295 S. 1 Alt. 1 BGB an.243 Nach Änderung der Rechtsprechung ist ein Arbeitsangebot nach unwirksamer Arbeitgeberkündi234 BAG 26. 4. 1956 – GS 1 / 56 – BAGE 3, 66 (75 m. w. N.); MünchKomm-BGB / Ernst, § 294 Rn. 2. 235 Grundlegend BAG 26. 4. 1956 – GS 1 / 56 – BAGE 3, 66 (74 ff.); zu Einzelfällen siehe ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 63 m. w. N.; dazu noch näher unter 1. Teil C. IV. 3. 236 Zur Ablehnungserklärung nach § 295 S. 1 Alt. 1 BGB sogleich folgend. 237 Zur Mitwirkungshandlung nach § 295 S. 1 Alt. 2, S. 2 BGB siehe sogleich folgend. 238 Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 54 m. w. N. 239 Siehe BAG 21. 3. 1985 – 2 AZR 201 / 84 – AP § 615 BGB Nr. 35 m. gem. Anm. Konzen, zur Möglichkeit des Zugangs des wörtlichen Angebots durch Zustellung einer Kündigungsschutzklage. 240 BAG 25. 4. 2007 – 5 AZR 504 / 06 – AP § 615 BGB Nr. 121; Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 55; Erman / Belling, § 615 BGB Rn. 15; MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 19 f. 241 „[ . . . ] erklärt hat, [ . . . ]“. 242 RG 15. 2. 1902 – II 408 / 01 – RGZ 50, 208 (210 f.); BAG 10. 7. 1969 – 5 AZR 323 / 68 – BAGE 22, 111 (116); BGH 20. 1. 1988 – IVa ZR 128 / 86 – EzA § 615 BGB Nr. 55 m. krit. Anm. Kraft / Raab. 243 BAG 26. 8. 1971 – 2 AZR 301 / 70 – AP § 615 BGB Nr. 26 m. Anm. Blomeyer; BAG 10. 4. 1963 – 4 AZR 95 / 62 – BAGE 14, 156 (158); BAG 26. 4. 1956 – GS 1 / 56 – BAGE 3, 66 (74).

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1. Teil: Grundlegung

gung gemäß § 296 S. 1 BGB nicht erforderlich, da dem Arbeitgeber die nach dem Kalender bestimmte Mitwirkungshandlung obliegt, dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und Arbeit zuzuweisen.244 Ist hingegen das Zustandekommen eines Aufhebungsvertrages streitig, so bedarf es i. d. R. eines tatsächlichen Arbeitsangebots; ein wörtliches Angebot nach § 295 genügt nicht.245 Ein wörtliches Angebot des Arbeitnehmers genügt zur Begründung des Annahmeverzugs auch dann, wenn gemäß § 295 S. 1 Alt. 2 BGB zur Bewirkung der Leistung eine „Mitwirkungshandlung“ des Arbeitgebers erforderlich ist. Hierunter fällt jede zur Durchführung der Arbeit erforderliche tatsächliche oder rechtliche Handlung bzw. Maßnahme des Arbeitgebers,246 z. B. die Beschaffung und Bereitstellung von Arbeitsräumen, Rohstoffen, Energie, Werkzeugen, sonstigen Arbeitsmitteln und Hilfspersonen.247 Eine Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers liegt nur dann vor, wenn die geschuldete Arbeitsleistung konkretisiert oder überhaupt erst ermöglicht wird;248 nicht hingegen, wenn sie verändert würde.249 Daher ist der Arbeitgeber grds. nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine andere als die geschuldete Arbeit zuzuweisen.250 Liegt lediglich ein geringer Verstoß des Arbeitgebers gegen seine Mitwirkungspflicht vor, welche die Arbeitsleistung weiterhin zumutbar erscheinen lässt251 oder erbringt der Arbeitgeber die ihm obliegende Mitwirkungshandlung, ist ein tatsächliches Angebot des Arbeitnehmers nach dem Grundsatz des § 294 BGB erforderlich.252 Die Aufforderung zur Vornahme der Mitwirkungshandlung steht gemäß § 295 S. 2 BGB dem Leistungsangebot gleich. Bei kalendarisch bestimmten Mitwirkungshandlungen des Arbeitgebers findet § 296 S. 1 BGB Anwendung.253 In Ausnahmefällen kann ein wörtliches Angebot gemäß § 242 BGB wegen Unzumutbarkeit entbehrlich sein,254 so etwa, wenn der Arbeitgeber eine Weiterbe244 Siehe zunächst die Grundsatzentscheidung BAG 9. 8. 1984 – 2 AZR 374 / 83 – BAGE 46, 234 (243 ff. m. w. N., auch zur früheren Rechtsprechung), hier zur unwirksamen fristlosen Arbeitgeberkündigung; BAG 21. 3. 1985 – 2 AZR 201 / 84 – AP § 615 BGB Nr. 35 m. gem. Anm. Konzen, zur unwirksamen ordentlichen Arbeitgeberkündigung; zum Annahmeverzug nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung siehe noch näher folgend unter 1. Teil C. III. 3. 245 Näher BAG 7. 12. 2005 – 5 AZR 19 / 05 – AP § 615 BGB Nr. 114 m. w. N.; Richardi / Annuß, NJW 2000, S. 1231 (1234); kritisch Nielebock, AiB 2006, S. 450 (451, 453 f.). 246 Schaub, AR-Blattei SD 80, Rn. 19. 247 Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 62 ff. 248 MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 21; Schaub, ZIP 1981, S. 347 (349). 249 ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 36. 250 BAG 10. 7. 1991 – 5 AZR 383 / 90 – BAGE 68, 141 (148 f.) = EzA § 615 BGB Nr. 69 m. zust. Anm. Boecken. 251 Arg. e § 241 Abs. 2 BGB. Siehe ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 36; Erman / Belling, § 615 BGB Rn. 23. 252 BAG 10. 7. 1969 – 5 AZR 323 / 68 – BAGE 22, 111 (117). 253 Dazu näher sogleich folgend unter 1. Teil C. III. 3. 254 ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 34 m. w. N.

C. Überblick über die Voraussetzungen des Annahmeverzugs gem. §§ 293 ff. BGB

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schäftigung des Arbeitnehmers ernsthaft und endgültig verweigert.255 Dies kann sich beispielsweise aus einem Hausverbot ergeben,256 nicht aber aus einer Verweisung des Arbeitnehmers vom Betriebsgelände und dem Klageabweisungsantrag des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess.257

3. Entbehrlichkeit des Angebots nach § 296 S. 1 BGB Ist für die vom Gläubiger vorzunehmende Mitwirkungshandlung nach § 295 S. 1 Alt. 2, S. 2 BGB258 eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es gemäß § 296 S. 1 BGB des tatsächlichen oder wörtlichen Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt.259 Praktisch wichtigster Anwendungsfall des § 296 S. 1 BGB ist die Entbehrlichkeit des Angebots nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung.260 Nach geänderter Rechtsprechung ist ein Arbeitsangebot nach Ausspruch einer unwirksamen fristlosen261 wie ordentlichen262 Arbeitgeberkündigung gemäß § 296 S. 1 BGB entbehrlich.263 Das BAG sieht die kalendarisch bestimmte Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers darin, dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und ihm die Arbeit zuzuweisen.264 Da der Arbeitgeber mit 255 BAG 9. 8. 1984 – 2 AZR 374 / 83 – BAGE 46, 234 (244 f.); BGH 9. 10. 2000 – II ZR 75 / 99 – AP § 615 BGB Nr. 88. 256 BAG 11. 11. 1976 – 2 AZR 457 / 75 – BAGE 28, 233 (244 f.); Hessisches LAG 26. 4. 2000 – 13 SaGa 3 / 00 – NZA-RR 2000, S. 633 f. 257 BAG 20. 3. 1986 – 2 AZR 295 / 85 – EzA § 615 BGB Nr. 48. 258 Zum Gleichlauf der Auslegung des Begriffs „Mitwirkungshandlung“ bei § 295 und § 296 BGB siehe MünchKomm-BGB / Ernst, § 296 Rn. 2, 3; Stahlhacke, ArbuR 1992, S. 8, 9. 259 Abgesehen von den Fällen des § 296 BGB kann ein Leistungsangebot des Arbeitnehmers auch nach allgemeinen Grundsätzen entbehrlich sein, etwa wegen treuwidrigen Verhaltens gemäß §§ 162, 242 BGB. Siehe BAG 13. 7. 2006 – 8 AZR 382 / 05 – AP § 613a BGB Widerspruch Nr. 1; Schneider / Sittard, BB 2007, S. 2230 (2231 ff.), hier zur fehlenden Unterrichtung im Fall eines Betriebsübergangs, die zur verspäteten Ausübung des Widerspruchs und zum Unterlassen eines Angebots führt. 260 Zur Kritik hieran siehe insbesondere Boecken / Topf, RdA 2004, S. 19 (24 ff.); Boecken / Hümmerich, DB 2004, S. 2046 (2048); Koch, Kündigungsschutz, S. 2 ff.; Stoppelkamp, Annahmeverzug, S. 74 ff. 261 BAG 9. 8. 1984 – 2 AZR 374 / 83 – BAGE 46, 234 (238 ff. m. w. N., auch zur früheren Rechtsprechung und der umfangreichen Kritik daran). 262 BAG 21. 3. 1985 – 2 AZR 201 / 84 – AP § 615 BGB Nr. 35 m. gem. Anm. Konzen. 263 In diese Richtung bereits zuvor BAG 10. 7. 1969 – 5 AZR 323 / 68 – BAGE 22, 111 (117 f.); BAG 13. 5. 1981 – 7 AZR 144 / 79 – BAGE 35, 268 (278); näher zum Ganzen ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 27 (29), 40; Bonn, Anrechnung, S. 9; Waas, NZA 1994, S. 151 ff.; Buschbeck-Bülow, AuA 1993, S. 20; Stephan, NZA 1992, S. 585 ff.; Bauer / Hahn, NZA 1991, S. 216 ff.; Lenz, AiB 1991, S. 141 f.; Eisemann, ArbRGgwart 19 (1981), S. 33 ff.; Nikisch, RdA 1967, S. 241 (242 ff.).

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1. Teil: Grundlegung

der Kündigung dem Arbeitnehmer den entgegenstehenden Willen zu erkennen gibt, muss der Arbeitgeber ihn wieder zur Arbeit auffordern, bei der ordentlichen Kündigung entsprechend für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist, wenn er trotz Kündigung nicht in Annahmeverzug geraten will.265 Die Mitwirkungsverpflichtung dient als eine dem Kalender synchron laufende Daueraufgabe der (Wieder-)Eröffnung der Arbeitsmöglichkeit, der fortlaufenden Planung und Konkretisierung des Arbeitseinsatzes, mithin der Wahrnehmung des Direktionsrechts,266 dem auch eine entsprechende Pflicht des Arbeitgebers korrespondiert.267 War hingegen die Arbeitgeberkündigung wirksam, so besteht ein Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Ersatz des Werts der während der Weiterbeschäftigung rechtsgrundlos geleisteten Arbeit aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 i. V. m. § 818 Abs. 2 BGB in Höhe der üblichen Vergütung, was gegebenenfalls dem Tariflohn entspricht.268 Die Rechtsprechung des BAG zur Anwendbarkeit des § 296 BGB nach unwirksamer Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ist nicht auf freie Dienstverhältnisse übertragbar.269 Ein wörtliches Angebot ist in diesen Fällen entbehrlich, wenn der Dienstberechtigte erkennen lässt, unter keinen Umständen zur Weiterbeschäftigung des Dienstverpflichteten bereit zu sein.270 Der Arbeitgeber gerät über § 296 S. 1 BGB bei Unterlassung der Zuweisung von Arbeit auch dann in Annahmeverzug, wenn seine Kündigung zwar grds. wirksam ist, er aber eine zu kurze Kündigungsfrist gewählt hat.271 Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach dem vermeintlichen Fristende des Arbeitsverhältnisses nicht weiterbeschäftigt, sich die vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses aber als unwirksam herausstellt.272 § 296 S. 1 BGB ist einschlägig, wenn der Arbeitgeber ohne taugliche Rechtsgrundlage Kurzarbeit angeordnet hat273 oder wenn er zu Unrecht die Existenz eines Arbeitsverhältnisses bestreitet 264 St. Rspr. seit BAG 9. 8. 1984 – 2 AZR 374 / 83 – BAGE 46, 234 (244); BAG 21. 3. 1985 – 2 AZR 201 / 84 – AP § 615 BGB Nr. 35 m. gem. Anm. Konzen. 265 BAG 9. 8. 1984 – 2 AZR 374 / 83 – BAGE 46, 234 (244); BAG 9. 4. 1987 – 2 AZR 280 / 86 – BAGE 55, 206 (220). 266 Zum Direktionsrecht bzw. Weisungsrecht des Arbeitgebers siehe § 106 GewO. 267 BAG 21. 1. 1993 – 2 AZR 309 / 92 – AP § 615 BGB Nr. 53 m. krit. Anm. Kaiser; BAG 24. 11. 1994 – 2 AZR 179 / 94 – BAGE 78, 333 (339); BAG 19. 1. 1999 – 9 AZR 679 / 97 – BAGE 90, 329 (333). 268 BAG 24. 1. 1991 – 2 AZR 402 / 89 – juris; BAG 17. 1. 1991 – 8 AZR 483 / 89 – BAGE 67, 88 (90 ff.); BAG 10. 3. 1987 – 8 AZR 146 / 84 – BAGE 54, 232 (234 ff.). 269 BGH 13. 3. 1986 – IX ZR 65 / 85 – NJW-RR 1986, S. 794 (795 f.); in diese Richtung auch BAG 12. 7. 2006 – 5 AZR 277 / 06 – AP § 627 BGB Nr. 5. 270 BGH 9. 10. 2000 – II ZR 75 / 99 – AP § 615 BGB Nr. 88; BAG 12. 7. 2006 – 5 AZR 277 / 06 – AP § 627 BGB Nr. 5. 271 BAG 9. 4. 1987 – 2 AZR 280 / 86 – BAGE 55, 206 (220); BAG 28. 5. 1998 – 2 AZR 496 / 97 – juris. 272 BAG 25. 11. 1992 – 7 AZR 191 / 92 – AP § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 150.

C. Überblick über die Voraussetzungen des Annahmeverzugs gem. §§ 293 ff. BGB

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und nicht bereit ist, erforderliche Mitwirkungshandlungen zu erbringen.274 Eine unzulässige Dienstenthebung bzw. Suspendierung führt dazu, dass sich der Arbeitgeber von da an in Annahmeverzug befindet.275 Eine kalendarisch bestimmte Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers i. S. v. § 296 S. 1 BGB liegt auch dann vor, wenn der Arbeitgeber sich verpflichtet hat, einen Montagearbeiter morgens abzuholen und die Abholung unterlässt.276

IV. Nichtannahme der angebotenen Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber gemäß § 293 BGB Der Gläubiger kann dem Annahmeverzug dann von vornherein entgehen oder sich ihm nach dessen Eintritt wieder entziehen, wenn er die ihm ordnungsgemäß angebotene Leistung annimmt.277 Da Annahmeverzug bei Vorliegen seiner Voraussetzungen im Übrigen bereits durch „die nackte Thatsache der Nichtannahme der angebotenen Leistung seitens des Gläubigers“ begründet wird,278 ist hierfür jedes den Erfüllungseintritt verhindernde Verhalten des Arbeitgebers generell geeignet, ohne dass es auf ein Vertretenmüssen oder gar ein Verschulden des Arbeitgebers nach §§ 276, 278 BGB ankäme.279 Zum Annahmeverzug führende Nichtannahme der vom Arbeitnehmer ordnungsgemäß angebotenen Arbeitsleistung kann danach in allen rechtswidrigen Ablehnungserklärungen des Arbeitgebers liegen.280 Bei vorübergehender Annahmeverhinderung ist § 299 BGB zu beachten.281

273 BAG 10. 7. 1969 – 5 AZR 323 / 68 – BAGE 22, 111 (115 ff.); BAG 27. 1. 1994 – 6 AZR 541 / 93 – BAGE 75, 327 (329 ff.). 274 BAG 21. 4. 2005 – 2 AZR 125 / 04 – AP § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 134. 275 LAG Hamm 20. 5. 1988 – 17 Sa 2045 / 87 – LAGE § 615 BGB Nr. 16. 276 Schaub, ZIP 1981, S. 347 (349). 277 Arg. e § 293 BGB. Zur Annahme der Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber als einer der Möglichkeiten zur Beendigung des Annahmeverzugs siehe noch folgend unter 1. Teil C. V. 1. 278 Motive II, S. 69; anders Lotmar, Arbeitsvertrag II, S. 279 (281 f.), der in der Nichtannahme einen positiven Akt der Ablehnung der angebotenen Leistung sieht; näher zum Wesen der „Nichtannahme“ Oertmann, AcP 116 (1918), S. 1 (41 ff. m. w. N.). 279 Siehe BAG 10. 5. 1973 – 5 AZR 493 / 72 – AP § 615 BGB Nr. 27 m. abl. Anm. Schnorr von Carolsfeld; LAG Düsseldorf 8. 4. 1993 – 12 Sa 74 / 93 – LAGE § 615 BGB Nr. 39, zur unverschuldeten Fehlbeurteilung der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber. 280 Siehe z. B. BAG 10. 6. 1980 – 1 AZR 331 / 79 – BAGE 33, 195 (202 ff.), zur unwirksamen Aussperrung; BAG 10. 7. 1969 – 5 AZR 323 / 68 – BAGE 22, 111 (117 f.), zur unwirksamen Einführung von Kurzarbeit; BAG 8. 3. 1961 – 4 AZR 223 / 59 – BAGE 11, 34 (41), zur unwirksamen Anordnung von „Feierschichten wegen Absatzmangels“; BAG 25. 1. 1994 – 9 AZR 312 / 92 – BAGE 75, 294 (296 f.), zur unwirksamen Urlaubserteilung; BAG 18. 9. 2002 – 1 AZR 668 / 01 – AP § 615 BGB Nr. 99, zur unwirksamen Anordnung von Normalarbeitszeit hinsichtlich der entgangenen Wechselschicht-Zeitzuschläge; BAG 2. 10.

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1. Teil: Grundlegung

1. (Nicht-)Annahme der Arbeitsleistung nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung Steht die Wirksamkeit einer Arbeitgeberkündigung im Streit, so hat der Arbeitgeber bei der Annahme der Dienste unmissverständlich klarzustellen, dass er zu Unrecht gekündigt habe. Er muss die Leistung als Erfüllung des (fort-)bestehenden Arbeitsvertrages entgegennehmen, um Annahmeverzug zu vermeiden.282 Zwar kann der Arbeitnehmer nicht die Forderung nach einem Verzicht auf die Wirkungen der Kündigung zur Bedingung der Arbeitsaufnahme machen.283 Andererseits genügt es nicht, wenn der Arbeitgeber sich bereit erklärt, den Arbeitnehmer ohne vertragliche Übergangsregelung lediglich im Rahmen eines faktischen Arbeitsverhältnisses „zur Vermeidung von Verzugslohn“ längstens bis zur erstinstanzlichen Entscheidung weiterzubeschäftigen. 284 Nicht ausreichend ist des Weiteren der Vorschlag des Arbeitgebers, mit dem Arbeitnehmer einen der Regelung des § 102 Abs. 5 BetrVG entsprechenden oder einen für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits befristeten neuen Arbeitsvertrag zu identischen Bedingungen zu schließen.285 Selbst das Angebot des Arbeitgebers, den bisherigen Arbeitsvertrag zu denselben Vertragsbedingungen auflösend bedingt bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits als „Prozessrechtsarbeitsverhältnis“ bzw. „Prozessarbeitsverhältnis“ fortzusetzen,286 soll nicht ausreichen.287 Nach Ansicht des BAG würde der Arbeitnehmer „in jedem Fall faktisch einem Kontrahierungszwang unterworfen, den das Gesetz ihm gegenüber gerade nicht vorsieht“.288 Zwar besteht 1974 – 5 AZR 507 / 73 – BAGE 26, 312 (318 f.); BAG 30. 6. 1976 – 5 AZR 246 / 75 – AP § 7 BUrlG Betriebsferien Nr. 3 m. krit. Anm. Moritz, zur Nichtbeschäftigung wegen Betriebsferien. 281 LAG Bremen 12. 6. 1963 – 1 Sa 114 / 62 – AP § 611 BGB Hafenarbeiter Nr. 1; MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 42; Schaub, AR-Blattei SD 80, Rn. 49. 282 St. Rspr., BAG 24. 9. 2003 – 5 AZR 500 / 02 – BAGE 108, 27 (29); BAG 14. 11. 1985 – 2 AZR 98 / 84 – BAGE 50, 164 (172 ff.); LAG Köln 5. 7. 2002 – 11 Sa 559 / 01 – LAGE § 615 BGB Nr. 66; ebenso Berkowsky, DB 1981, S. 1569 f.; Peter, DB 1982, S. 488 (490 f.); zur massiven Kritik an dieser Rechtsprechung siehe MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 39 (41); HWK / Krause, § 615 BGB Rn. 70; Staab, Annahmeverzug, S. 151 (160 ff.); Boecken / Topf, RdA 2004, S. 19 (23); Opolony, DB 1998, S. 1714 (1715 ff.); Waas, NZA 1994, S. 151 (156 ff.); Schäfer, JuS 1988, S. 265 (267 f.); Löwisch, DB 1986, S. 2433 (2434). 283 BAG 13. 7. 2005 – 5 AZR 578 / 04 – BAGE 115, 216 (223 f.). 284 BAG 21. 5. 1981 – 2 AZR 95 / 79 – BAGE 35, 324 (334 ff.). 285 Ausführlich zum Ganzen BAG 14. 11. 1985 – 2 AZR 98 / 84 – BAGE 50, 164 (169 ff. m. w. N.). 286 Unter Beachtung des Schriftformerfordernisses gemäß §§ 21, 14 Abs. 4 TzBfG. 287 BAG 24. 9. 2003 – 5 AZR 500 / 02 – BAGE 108, 27 (29 ff.); BAG 14. 11. 1985 – 2 AZR 98 / 84 – BAGE 50, 164 (170 ff. m. w. N.); Schier, BB 2006, S. 2578 (2580); a. A. Opolony, DB 1998, S. 1714 (1715 ff.); Löwisch, DB 1998, S. 2118; ders., DB 1986, S. 2433 (2434); kritisch auch Boecken / Topf, RdA 2004, S. 19 (22 f.). 288 BAG 14. 11. 1985 – 2 AZR 98 / 84 – BAGE 50, 164 (175).

C. Überblick über die Voraussetzungen des Annahmeverzugs gem. §§ 293 ff. BGB

77

für den Arbeitgeber die Gefahr, durch die Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers zu unveränderten Bedingungen den Ausgang des Kündigungsrechtsstreits zu seinen Ungunsten faktisch zu präjudizieren.289 Andererseits werden die finanziellen Folgen des Annahmeverzugs für den Arbeitgeber aber zumindest dadurch gemindert, dass die Ablehnung der Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen durch den Arbeitnehmer eine Anrechnung böswillig unterlassenen Erwerbs nach Maßgabe von § 615 S. 2 Alt. 3 BGB begründen kann.290 Wird gemäß § 2 KSchG rückwirkend die Unwirksamkeit einer Änderungskündigung nach § 8 KSchG festgestellt, so bewirkte die Zuweisung vertraglich nicht geschuldeter Tätigkeit die Nichtannahme der vertraglich geschuldeten Tätigkeit,291 und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot unter Vorbehalt akzeptiert hatte oder nicht.292 Nimmt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot allerdings nicht unter Vorbehalt an und entfaltet er auch keine Initiative, um bei seinem bisherigen Arbeitgeber zu den angebotenen geänderten Bedingungen weiterbeschäftigt zu werden, so kommt eine Anrechnung nach § 11 Nr. 2 KSchG bzw. § 615 S. 2 Alt. 3 BGB in Betracht.293

2. Teilweise Nichtannahme der Dienste Der Arbeitgeber kann auch teilweise mit der Annahme der Dienste in Verzug geraten. Dies ist dann der Fall, wenn er die angebotenen Dienste zwar nicht generell ablehnt, aber weniger Arbeitsleistung annimmt, als der Arbeitnehmer schuldet.294 Eine derartige rechtswidrige Einschränkung des Umfangs der Arbeitsleistung kann auch darin liegen, dass der Arbeitgeber den seine Arbeitskraft ordnungsgemäß anbietenden arbeitswilligen und -fähigen Arbeitnehmer unter Verstoß gegen eine bestehende betriebliche Übung, gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz oder gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB nicht zu quantitativer Mehrarbeit bzw. Überstunden, heranzieht.295

289 So bereits BAG 27. 2. 1985 – GS 1 / 84 – BAGE 48, 122 (153 m. w. N.); dazu auch Boecken / Topf, RdA 2004, S. 19 (23); Stück, AuA 2004, Nr. 4, S. 14 (15 ff.); Opolony, DB 1998, S. 1714 (1716 f.); Bayreuther, NZA 2003, S. 1365 (1369). 290 BAG 24. 9. 2003 – 5 AZR 500 / 02 – BAGE 108, 27 (29 ff.); Schaub, AR-Blattei SD 80, Rn. 34 ff.; siehe dazu noch ausführlich unter 1. Teil D. II. 4. c) bb). 291 Siehe BAG 27. 1. 1994 – 2 AZR 584 / 93 – AP § 2 KSchG 1969 Nr. 32; BAG 10. 4. 1963 – 4 AZR 95 / 62 – BAGE 14, 156 (159); Roos, C., notar 2006, S. 60 (68 f.). 292 ArbG Berlin 5. 5. 2004 – 7 Ca 32770 / 03 – EzA-SD 2004, Nr. 13, S. 9. 293 LAG Niedersachsen 23. 6. 2006 – 3 Sa 990 / 05 – juris (n. rk., anhängig BAG Termin 26. 9. 2007 – 5 AZR 870 / 06 –); dazu Schulze, NZA 2006, S. 1145 ff. 294 BAG 16. 3. 1999 – 9 AZR 314 / 98 – AP § 615 BGB Nr. 84; LAG Köln 25. 8. 2005 – 10 Sa 797 / 04 – AuA 2006, S. 48; LAG München 13. 4. 2005 – 10 Sa 1115 / 04 – juris. 295 BAG 7. 11. 2002 – 2 AZR 742 / 00 – BAGE 103, 265 (271 ff.).

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1. Teil: Grundlegung

3. Unzumutbarkeit der Annahme der Arbeitsleistung nach § 242 BGB Der Arbeitgeber gerät ausnahmsweise dann nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer sich so verhält, dass der Arbeitgeber nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Arbeitslebens die Annahme der Arbeitsleistung zu Recht ablehnt.296 „Lediglich“ ein die fristlose Kündigung rechtfertigender wichtiger Grund bzw. die „Unzumutbarkeit“ i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB reicht hierfür nicht aus.297 Es muss vielmehr ein ungewöhnlich schwerer objektiv rechtswidriger Verstoß des Arbeitnehmers nicht nur gegen besondere Vertragspflichten, sondern gegen allgemeine Verhaltenspflichten vorliegen.298 Der Arbeitgeber kann das Leistungsangebot des Arbeitnehmers ablehnen, wenn sich dieser so verhält, dass bei Annahme der Dienste Leib, Leben, Freiheit, Gesundheit, Ehre, andere Persönlichkeitsrechte oder Eigentum des Arbeitgebers, seiner Angehörigen oder anderer Betriebsangehöriger unmittelbar und nachhaltig so gefährdet werden, dass die Abwehr dieser Gefährdung absoluter Rechte den Vorrang vor dem Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Verdienstes haben muss.299 Die Beurteilung der „Unzumutbarkeit“ der Annahme des Leistungsangebots ist eine Frage der Umstände des Einzelfalls.300 4. Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers nach § 298 BGB Einer den Annahmeverzug herbeiführenden Nichtannahme der angebotenen Leistung stehen die Fälle des § 298 BGB gleich. Dem Arbeitnehmer kann wegen 296 Grundlegend BAG 26. 4. 1956 – GS 1 / 56 – BAGE 3, 66 (74 ff.), hier zu Totschlagsversuch, massiven Tätlichkeiten, Sachbeschädigungen, Diebstahl und groben Beleidigungen gegen den Arbeitgeber und dessen Angehörige seitens einer vom Sonderkündigungsschutz nach § 9 Abs. 1 MuSchG erfassten Arbeitnehmerin. Dogmatisch richtig ist es allerdings, nicht erst die Zumutbarkeit der Leistungsannahme zu verneinen, sondern bereits ein ordnungsgemäßes Leistungsangebot, welches gemäß § 242 BGB „in der rechten Weise“ zu erfolgen hat, so auch BAG 3. 7. 1985 – 5 AZR 79 / 84 – AP § 7 MuSchG 1968 Nr. 1; siehe auch LAG Hamm 15. 1. 1987 – 10 Sa 1651 / 86 – LAGE § 615 BGB Nr. 9, arg. e § 162 BGB. 297 BAG 26. 4. 1956 – GS 1 / 56 – BAGE 3, 66 (76); BAG 29. 10. 1987 – 2 AZR 144 / 87 – AP § 615 BGB Nr. 42 m. Anm. Konzen / Weber. 298 Verschulden soll nicht erforderlich sein, BAG 26. 4. 1956 – GS 1 / 56 – BAGE 3, 66 (75). 299 St. Rspr. seit BAG 26. 4. 1956 – GS 1 / 56 – BAGE 3, 66 (74 ff.); BAG 14. 9. 1988 – 5 AZR 616 / 87 – ArztR 1989, S. 294; BAG 29. 10. 1987 – 2 AZR 144 / 87 – AP § 615 BGB Nr. 42 m. Anm. Konzen / Weber; BAG 1. 7. 1993 – 2 AZR 88 / 93 – juris; kritisch Wehrisch, AuA 1997, S. 296 (297 f.). 300 BAG 11. 11. 1976 – 2 AZR 457 / 75 – BAGE 28, 233 (245 f.); BAG 6. 6. 1974 – 2 AZR 278 / 73 – BAGE 26, 161 (176 ff.); LAG Berlin 27. 11. 1995 – 9 Sa 85 / 95 – LAGE § 615 BGB Nr. 46; LAG Schleswig-Holstein 28. 11. 1988 – 4 Sa 382 / 88 – LAGE § 615 BGB Nr. 17; Bornhagen, Zumutbarkeit als Rechtsgedanke im ArbeitsR, S. 124 (125 ff.); Stahlhacke, ArbuR 1992, S. 8 (12).

C. Überblick über die Voraussetzungen des Annahmeverzugs gem. §§ 293 ff. BGB

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rückständigen Lohns,301 wegen vom Arbeitgeber zu zahlender Vorschüsse auf Auslagen oder hinsichtlich zu erstattender Fahrtkosten ein Leistungsverweigerungsrecht aus § 273 Abs. 1 BGB oder die Einrede des nicht erfüllten Vertrages gemäß § 320 Abs. 1 S. 1 BGB zustehen.302 Ist dies der Fall, so kommt der Arbeitgeber in Annahmeverzug, wenn er zwar zur Annahme der angebotenen Arbeitsleistung, nicht aber zur Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen bereit ist.303 Dem Arbeitnehmer kann zudem ein geltend zu machendes304 Leistungsverweigerungsrecht zustehen, wenn der Arbeitgeber bei der Ausführung der Mitwirkungshandlung gegen die ihm nach § 618 Abs. 1 BGB305 oder im Allgemeinen obliegende Fürsorgepflicht306 oder gegen Arbeitnehmer-Schutzvorschriften, z. B. die ArbStättV oder die GefStoffV,307 verstößt.308

V. Beendigung des Annahmeverzugs Das BGB enthält keine ausdrückliche Vorschrift über die Beendigung des Gläubigerverzugs. Eine im Entwurf I vorgesehene Vorschrift, wonach der Gläubigerverzug für die Zukunft mit dem Zeitpunkt enden sollte, in welchem der Gläubiger das Versäumte nachgeholt hat,309 wurde für entbehrlich gehalten und daher nicht ins Gesetz aufgenommen.310 Die Beseitigung des Annahmeverzugs kann nur nach den 301 Die Nachzahlung rückständigen Annahmeverzugslohns führt indes nicht zur Beendigung des Annahmeverzugs, dazu 1. Teil C. V. 302 Siehe dazu noch näher unter 3. Teil B. I. 1. d). 303 MünchKomm-BGB / Emmerich, § 320 Rn. 13; MünchKomm-BGB / Müller-Glöge, § 611 Rn. 9 (11), § 615 Rn. 38; Walker, NZA 1993, S. 769 (773); näher zum Ganzen Brunhöber, AuA 2004, Nr. 4, S. 18 ff.; Kirschner, DB 1961, S. 842 (845); ausführlich zur Möglichkeit der Abwendung des Zurückbehaltungsrechts durch Hinterlegung des Arbeitnehmerlohns gemäß § 273 Abs. 3 i. V. m. §§ 372 ff. BGB Tscherwinka, BB 1995, S. 618 ff. 304 BAG 21. 5. 1981 – 2 AZR 95 / 79 – BAGE 35, 324 (336); BAG 7. 6. 1973 – 5 AZR 563 / 72 – AP § 615 BGB Nr. 28 m. abl. Anm. Schnorr von Carolsfeld; Otto, AR-Blattei SD 1880, Rn. 15 f.; Brunhöber, AuA 2004, Nr. 4, S. 18 (20 f.); Söllner, ZfA 1973, S. 1 (10). 305 BAG 19. 2. 1997 – 5 AZR 982 / 94 – BAGE 85, 155 (160 ff.); BAG 8. 5. 1996 – 5 AZR 315 / 95 – BAGE 83, 105 (115 ff.); ausführlich MünchKomm-BGB / Lorenz, § 618 Rn. 79 ff. m. w. N. 306 BAG 20. 12. 1963 – 1 AZR 428 / 62 – BAGE 15, 174 (186). 307 BAG 2. 2. 1994 – 5 AZR 273 / 93 – BAGE 75, 332 (337 ff.), hier zu Asbestbelastung am Arbeitsplatz; näher zum Ganzen Brunhöber, AuA 2004, Nr. 4, S. 18 ff.; Molkentin, NZA 1997, S. 849 ff.; Däubler, AiB 1989, S. 136 ff. 308 Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 64; Staudinger / Löwisch, § 298 BGB Rn. 2; Otto, AR-Blattei SD 1880, Rn. 68 ff.; Preis / Hamacher, Jura 1998, S. 116 (120); Fabricius, Einstellung der Arbeitsleistung, S. 108 f., 127 ff.; Söllner, ZfA 1973, S. 1 (15 ff.); Capodistrias, RdA 1954, S. 53 (54 ff.); a. A. Lee, Beschäftigung des Arbeitnehmers, S. 126, 128. 309 Entwurf I, § 262. Siehe auch die dahingehende Vorschrift des Art. 317 des Dresdner Entwurfs, wiedergegeben in: Neudrucke, Dresdener Entwurf, S. 64. 310 Motive II, S. 77; Protokolle I, S. 333.

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1. Teil: Grundlegung

„aus der Natur des Annahmeverzugs zu ziehenden Folgerungen“ bestimmt werden.311 Der Annahmeverzug endet folglich, sobald seine Voraussetzungen entfallen sind, mit Wirkung ex nunc.312

1. Arg. e § 293 BGB: Annahme der angebotenen Arbeitsleistung Der Annahmeverzug endet insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsleistung annimmt.313 Unter „Annahme“ in diesem Sinne wird jedenfalls vom BAG die Entgegennahme der Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber als Erfüllung des (fort-)bestehenden Arbeitsverhältnisses verstanden.314 Ist der Arbeitgeber infolge unwirksamer Kündigung durch Unterlassen der Mitwirkungshandlung in Annahmeverzug geraten,315 so muss er die versäumte Arbeitsaufforderung nachholen und dem Arbeitnehmer im Rahmen seines Direktionsrechts die vertraglich geschuldete Arbeit zuweisen.316 Der Arbeitgeber hat nach den Vorgaben der Rechtsprechung die daraufhin erbrachte Arbeitsleistung als Erfüllung des fortbestehenden Arbeitsvertrages entgegenzunehmen und unmissverständlich klarzustellen, dass er zu Unrecht gekündigt habe.317 Erfolgt die Feststellung der Unwirksamkeit der Arbeitgeberkündigung in einem gerichtlichen Vergleich, so wird der Annahmeverzug mit dem Zeitpunkt der Rechtsverbindlichkeit des Vergleiches, das heißt, mit Ablauf der im Vergleich vorgesehenen Widerrufsfrist, beendet, wenn der Arbeitgeber dann die ihm obliegende Mitwirkungshandlung vornimmt.318

311 BAG 14. 11. 1985 – 2 AZR 98 / 84 – BAGE 50, 164 (170 ff.); BAG 21. 5. 1981 – 2 AZR 95 / 79 – BAGE 35, 324 (334 ff.) im Anschluss an RG 10. 3. 1914 – III 497 / 13 – Gruchot’s Beiträge, Band 58, Beilageheft, S. 929 f. 312 BAG 19. 1. 1999 – 9 AZR 679 / 97 – BAGE 90, 329 (334); ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 65 f.; MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 46; Opolony, DB 1998, S. 1714 ff.; Peter, DB 1982, S. 488 (490 ff.); anders Mommsen, Beiträge ObligationenR III, S. 337 ff., für das Erfordernis „des Eintretens eines bestimmten Aufhebungsgrundes.“ 313 Arg. e § 293 BGB. Zur Nichtannahme siehe auch schon oben 1. Teil C. IV. 314 BAG 24. 9. 2003 – 5 AZR 500 / 02 – BAGE 108, 27 (29); BAG 7. 11. 2002 – 2 AZR 650 / 00 – AP § 615 BGB Nr. 98; BAG 14. 11. 1985 – 2 AZR 98 / 84 – BAGE 50, 164 (172 ff.); zur Kritik siehe ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 67 (68 m. w. N.). 315 §§ 296 S. 1, 295 S. 1 Alt. 2 BGB. Dazu näher oben 1. Teil C. III. 3. und IV. 1. 316 BAG 19. 1. 1999 – 9 AZR 679 / 97 – BAGE 90, 329 (334 f.); BAG 21. 3. 1985 – 2 AZR 201 / 84 – AP § 615 BGB Nr. 35 m. gem. Anm. Konzen. 317 Zur Annahme der Arbeitsleistung nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung oben 1. Teil C. IV. 1. 318 LAG Rheinland-Pfalz 3. 11. 1992 – 7 Sa 562 / 92 – LAGE § 615 BGB Nr. 34.

C. Überblick über die Voraussetzungen des Annahmeverzugs gem. §§ 293 ff. BGB

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2. Nachträgliche Unmöglichkeit gemäß § 275 BGB oder Unvermögen gemäß § 297 BGB Der Arbeitnehmer braucht zwar, wenn er den Arbeitgeber einmal durch ein wirksames Angebot in Annahmeverzug gesetzt hat, sein Angebot nicht zu wiederholen; bei Dauerschuldverhältnissen setzt aber das Fortbestehen des Annahmeverzugs auch das Fortbestehen des Leistungsangebots voraus. Der Annahmeverzug des Arbeitgebers entfällt, wenn und solange ein früher wirksam erklärtes Leistungsangebot durch nachträgliche Unmöglichkeit der Leistung319 oder nachträgliches Unvermögen des Arbeitnehmers zur Leistung320 gegenstandslos wird.321 Zu beachten ist, dass der zivilrechtliche Begriff der Unmöglichkeit nicht deckungsgleich ist mit Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit.322

3. Vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers Einmal eingetretener Annahmeverzug des Arbeitgebers endet indes nicht ohne weiteres durch einen dreimonatigen Auslandsaufenthalt des Arbeitnehmers,323 durch den angestrebten Aufbau einer selbständigen wirtschaftlichen Existenz324 oder die Aufnahme einer anderweitigen abhängigen Beschäftigung,325 durch die Aufnahme einer anderweitigen Berufsausbildung oder eines Studiums326 oder infolge der Verbüßung einer Haftstrafe des Arbeitnehmers.327

4. Beendigung des Arbeitsverhältnisses Die Erfüllbarkeit des Arbeitsverhältnisses als eine der Voraussetzungen des Annahmeverzugs328 entfällt mit der rechtswirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dies ist insbesondere der Fall bei Ausspruch einer wirksamen fristlosen oder mit Ablauf der Kündigungsfrist einer wirksamen ordentlichen Kündigung.329 Zur Abgrenzung von Annahmeverzug und Unmöglichkeit siehe oben 1. Teil B. II. 5. Arg. e § 297 BGB. 321 BAG 18. 8. 1961 – 4 AZR 132 / 60 – AP § 615 BGB Nr. 20 m. Anm. Zöllner, auch zu Vorstehendem. 322 Schaub, AR-Blattei SD 80, Rn. 57. 323 BAG 6. 11. 1986 – 2 AZR 714 / 85 – RzK I 13a Nr. 14; BAG 11. 7. 1985 – 2 AZR 106 / 84 – AP § 615 BGB Nr. 35a, hier auch zu § 615 S. 2 Alt. 3 BGB. 324 BAG 18. 1. 1963 – 5 AZR 200 / 62 – BAGE 14, 31 (35 f.), auch zu § 615 S. 2 Alt. 3 BGB. 325 Arg. e § 615 S. 2 BGB. Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 79. 326 MünchArb / Boewer, § 78 Rn. 27. 327 BAG 18. 8. 1961 – 4 AZR 132 / 60 – AP § 615 BGB Nr. 20 m. Anm. Zöllner. 328 Zu dieser Voraussetzung des Annahmeverzugs siehe oben 1. Teil C. I. 319 320

82

1. Teil: Grundlegung

Eine Vertragsbeendigung kann zudem durch Aufhebungsvertrag eintreten330 sowie infolge der Geltendmachung eines Nichtigkeitsgrundes,331 des Weiteren in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer von seinem Verweigerungsrecht nach § 12 KSchG Gebrauch macht,332 mit Erreichen des Fristendes gemäß § 15 Abs. 1, Abs. 2 TzBfG oder Eintritt der auflösenden Bedingung nach § 21 TzBfG eines wirksamen befristeten oder bedingten Arbeitsvertrages,333 ferner mit dem Ablauf der Widerrufsfrist eines (außer-)gerichtlichen Beendigungsvergleichs334 oder infolge einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Auflösungsurteil nach § 9 KSchG.335

D. Die Rechtsfolgen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers Die allgemeinen schuldrechtlichen Rechtsfolgen des Gläubigerverzugs richten sich nach den für das Arbeitsverhältnis wenig bedeutsamen Vorschriften der §§ 300 – 304 BGB,336 die besonderen arbeitsvertragsrechtlichen Rechtsfolgen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers ergeben sich aus § 615 S. 1 und S. 2 BGB. Gemäß § 615 S. 1 BGB kann der Arbeitnehmer für die infolge des Annahmeverzugs nicht geleistete Arbeit die vereinbarte Vergütung verlangen,337 ohne zur Nachleistung der ausgefallenen Arbeit verpflichtet zu sein.338 Der Arbeitnehmer muss sich jedoch gemäß § 615 S. 2 BGB den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste als sog. Zwischenverdienst bzw. Zwischenerwerb erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.339 329 Siehe auch zur Möglichkeit der Umdeutung einer unwirksamen fristlosen in eine wirksame ordentliche Kündigung gemäß § 140 BGB BAG 14. 8. 1974 – 5 AZR 497 / 73 – AP § 13 KSchG 1969 Nr. 3 m. abl. Anm. Vollkommer; BAG 18. 6. 1965 – 5 AZR 351 / 64 – AP § 615 BGB Böswilligkeit Nr. 2 m. Anm. Hueck, A. 330 BAG 6. 11. 1986 – 2 AZR 744 / 85 – RzK I 13b Nr. 4; MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 46. 331 Zum sog. fehlerhaften Arbeitsverhältnis siehe bereits oben 1. Teil C. I. 332 Auch zur Begrenzung des Vergütungsanspruchs gemäß § 12 S. 4 KSchG siehe BAG 19. 7. 1978 – 5 AZR 748 / 77 – AP § 242 BGB Auskunftspflicht Nr. 16 m. Anm. Herschel; LAG Rheinland-Pfalz 14. 11. 1979 – 8 / 10 Sa 742 / 78 – juris; MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 46; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 73; Schier, BB 2006, S. 2578 (2579 f.). 333 MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 46. 334 LAG Brandenburg 26. 9. 1996 – 3 Sa 341 / 96 – LAGE § 615 BGB Nr. 50. 335 BAG 16. 5. 1984 – 7 AZR 280 / 82 – BAGE 46, 42 (44 ff.); ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 69 m. w. N.; zur Verfassungsmäßigkeit des § 9 Abs. 2 KSchG BVerfG 13. 8. 1991 – 1 BvR 128 / 87 – juris; BVerfG 29. 1. 1990 – 1 BvR 42 / 82 – EzA § 9 n. F. KSchG Nr. 34. 336 Siehe zu allgemeinen Annahmeverzugsansprüchen des Arbeitnehmers noch unter 1. Teil D. III. 1. 337 Zum „Annahmeverzugslohn“ siehe sogleich folgend 1. Teil D. I. 1. 338 Zum Ausschluss der Nachleistung siehe unter 1. Teil D. I. 3.

D. Die Rechtsfolgen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers

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I. Aufrechterhaltung des arbeitsvertraglichen Vergütungsanspruchs ohne Verpflichtung zur Nachleistung der ausgefallenen Arbeit gemäß §§ 611 Abs. 1, 615 S. 1 BGB 1. Rechtsnatur des „Annahmeverzugslohnanspruchs“ aus § 615 S. 1 i. V. m. § 611 Abs. 1 BGB Die geläufige Bezeichnung als „Annahmeverzugslohnanspruch“340 darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass § 615 S. 1 BGB keinen eigenständigen Anspruch gewährt, sondern lediglich als Anspruchserhaltungsnorm dient, über welche der originäre arbeitsvertragliche Vergütungsanspruch aus § 611 Abs. 1 BGB aufrechterhalten wird. Es handelt sich somit um den ursprünglichen vertraglichen Erfüllungsanspruch, nicht um einen Schadensersatzanspruch.341 Die Annahmeverzugsvergütung unterliegt den einkommensteuerrechtlichen Regelungen,342 wie jeder „normale“ arbeitsvertragliche Vergütungsanspruch auch.343 Ebenfalls gelangen die betreffenden beitragsrechtlichen Vorschriften des Sozialversicherungsrechts zur Anwendung.344 Im Fall einer Lohnpfändung sind die Pfändungsschutzvorschriften für Arbeitseinkommen zu beachten.345 Die Annahmeverzugslohnansprüche des Arbeitnehmers werden fällig, wie wenn die Dienste wirklich geleistet worden wären.346 Dies gilt auch im Falle eines Betriebsübergangs.347 Somit findet mangels anderweitiger Vereinbarung die abdingbare und durch viele speziellere Sondervorschriften verdrängte Norm des § 614 S. 2 BGB Anwendung.348 Durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage wird die Fälligkeit der auf die Zeit nach der Kündigung entfallenden Lohnansprüche nicht bis zur Entscheidung des Kündigungsrechtsstreits aufgeschoben, denn das Urteil, das der Kündigungsschutzklage stattgibt, wirkt nicht konstitutiv, sondern stellt nur die objektiv bereits bestehende Rechtslage deklaratorisch fest.349 339 Näher zu den drei Anrechnungsalternativen des § 615 S. 2 BGB folgend unter 1. Teil D. II. 4. a) – c). 340 Bzw. „Entgeltfortzahlungsanspruch“, so Schaub, AR-Blattei SD 80, Rn. 59 ff. 341 Allg. M., siehe dazu bereits oben Einleitung A. und 1. Teil B. I. 1. 342 Zum Lohnsteuerrecht siehe noch folgend unter 4. Teil C. I. 343 BAG 19. 10. 2000 – 8 AZR 20 / 00 – AP § 611 BGB Haftung des Arbeitgebers Nr. 11; MünchArb / Boewer, § 78 Rn. 45; Schaub, ZIP 1981, S. 347 (350). 344 BAG 19. 10. 2000 – 8 AZR 632 / 99 – juris; MünchArb / Boewer, § 78 Rn. 45; Stück, MDR 1999, S. 1483 (1484 f.). Näher zum Sozialversicherungsrecht noch unter 4. Teil B. I. 345 Näher zu den Pfändungsschutzvorschriften der §§ 850 – 850k ZPO unter 4. Teil C. I. 346 BAG 7. 11. 1991 – 2 AZR 159 / 91 – AP § 209 BGB Nr. 6; BAG 8. 8. 1985 – 2 AZR 459 / 84 – AP § 4 TVG Ausschlußfristen Nr. 94; BAG 10. 4. 1963 – 4 AZR 95 / 62 – BAGE 14, 156 (160); BAG 1. 2. 1960 – 5 AZR 20 / 58 – BAGE 9, 7 (16). 347 BAG 13. 2. 2003 – 8 AZR 236 / 02 – AP § 613a BGB Nr. 244. 348 ErfK / Preis, § 614 BGB Rn. 2 f., 5, zu arbeitsrechtlichen Spezialregelungen zu § 614 BGB Rn. 7 ff.

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1. Teil: Grundlegung

Der Annahmeverzugslohnsanspruch kann, wie auch der „normale“ arbeitsvertragliche Vergütungsanspruch, vereinbarten einzelarbeits-350 sowie kollektivvertraglichen351 Ausschlussfristen bzw. Verfallklausen, Verfallfristen352 unterliegen.353 Die Erhebung einer vor Ablauf der Ausschlussfrist nicht nur bei Gericht eingereichten, sondern auch dem Arbeitgeber zugestellten354 Kündigungsschutzklage355 umfasst angesichts des Gesamtziels des Klagebegehrens regelmäßig auch die schriftliche Geltendmachung von Annahmeverzugslohnansprüchen auf der ersten Stufe einer Verfallklausel.356 Der Beginn der zweiten Stufe einer zweistufigen Verfallfrist kann nicht vom Schuldner dadurch in Gang gesetzt werden, dass er noch vor Fälligkeit die Leistung endgültig ablehnt.357 Nach st. BAG-Rspr. genügt die Erhebung einer Kündigungsschutzklage im Hinblick auf die Verschiedenartigkeit der Streitgegenstände nicht zur Wahrung der zweiten Stufe einer doppelten Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Lohnansprüchen; insoweit soll eine fristgerechte Zahlungsklage erforderlich sein.358 349 St. Rspr., statt vieler: BAG 9. 8. 1990 – 2 AZR 579 / 89 – AP § 615 BGB Nr. 46; BAG 8. 8. 1985 – 2 AZR 459 / 84 – AP § 4 TVG Ausschlußfristen Nr. 94; BAG 22. 2. 1978 – 5 AZR 805 / 76 – BAGE 30, 135 (139); BAG 4. 5. 1977 – 5 AZR 187 / 76 – BAGE 29, 152 (156); BAG 8. 1. 1970 – 5 AZR 124 / 69 – BAGE 22, 241 (244 ff.); BAG 9. 3. 1966 – 4 AZR 87 / 65 – AP § 4 TVG Ausschlußfristen Nr. 31 m. abl. Anm. Zöllner; BAG 10. 4. 1963 – 4 AZR 95 / 62 – BAGE 14, 156 (160); kritisch Becker / Bader, BB 1981, S. 1709 (1712 ff. m. w. N.). 350 Dazu BAG 24. 3. 1988 – 2 AZR 630 / 87 – AP § 241 BGB Nr. 1. 351 Z. B. § 70 UAbs. 1 BAT, näher dazu BAG 10. 3. 2005 – 6 AZR 217 / 04 – AP § 70 BAT Nr. 38; BAG 22. 1. 1997 – 10 AZR 459 / 96 – AP § 70 BAT Nr. 27; Neffke, in: Bredemeier / Neffke, BAT / -O, § 70 Rn. 9 ff. m. w. N. 352 Eine sog. einstufige bzw. einfache Verfallklausel liegt vor, wenn lediglich die formlose oder schriftliche Geltendmachung des Anspruchs innerhalb einer bestimmten Frist verlangt wird. Zweistufige bzw. doppelte Verfallklauseln erfordern nach erfolglos gebliebener erster Stufe auf der zweiten Stufe die wiederum fristgerechte gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs. Neben der Leistungsklage genügen sowohl ein Mahnbescheid gemäß §§ 688 ff. ZPO wie auch eine Stufenklage nach § 254 ZPO. 353 MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 54; Schaub, AR-Blattei SD 80, Rn. 61 ff.; Staab, Annahmeverzug, S. 31 ff.; Groeger, NZA 2000, S. 793 (794 ff.); Lenz, AiB 1991, S. 141 (142); Preis, ZIP 1989, S. 885 ff.; Becker / Bader, BB 1981, S. 1709 ff. 354 BAG 8. 3. 1976 – 5 AZR 361 / 75 – AP § 496 ZPO Nr. 4 m. zust. Anm. Wiedemann m. w. N. 355 Anderes soll dagegen bei der Erhebung einer „allgemeinen Feststellungsklage“ nach § 256 ZPO gelten, BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (59, 60 f. m. abl. Anm. Boecken) = AiB 2000, S. 707 (708 f. m. abl. Anm. Roos, B.). 356 St. Rspr., BAG 12. 12. 2006 – 1 AZR 96 / 06 – AP § 77 BetrVG 1972 Nr. 94; BAG 26. 4. 2006 – 5 AZR 403 / 05 – AP § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 188; BAG 11. 12. 2001 – 9 AZR 510 / 00 – EzA § 4 TVG Ausschlußfristen Nr. 145; BAG 7. 11. 1991 – 2 AZR 34 / 91 – AP § 4 TVG Ausschlußfristen Nr. 114; BAG 9. 8. 1990 – 2 AZR 579 / 89 – AP § 615 BGB Nr. 46; BAG 21. 6. 1978 – 5 AZR 144 / 77 – AP § 4 TVG Ausschlußfristen Nr. 65; BAG 16. 6. 1976 – 5 AZR 224 / 75 – AP § 4 TVG Ausschlußfristen Nr. 56, Nr. 59 m. gem. Anm. Wiedemann. 357 LAG Schleswig-Holstein 23. 3. 2004 – 2 Sa 530 / 03 – NZA-RR 2004, S. 571 f.

D. Die Rechtsfolgen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers

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Der Anspruch auf Annahmeverzugslohn verjährt nach § 195 BGB in drei Jahren,359 beginnend nach Maßgabe von § 199 Abs. 1 BGB. Nach Ansicht der Rechtsprechung hemmen360 die Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG wie die Klage auf Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses gemäß § 256 ZPO die Verjährung der sich aus § 615 BGB ergebenden Ansprüche nicht. Angesichts der Verschiedenartigkeit der Streitgegenstände wird vielmehr grds. die Erhebung einer Leistungsklage bzw. Zahlungsklage gefordert.361 2. Lohnausfallprinzip Das vom Arbeitgeber für die Zeiträume des Annahmeverzugs fortzuzahlende Arbeitsentgelt ist nach dem sog. Lohnausfallprinzip zu bemessen. Zu zahlen ist nach Art und Umfang diejenige Vergütung, die der Arbeitnehmer bei Weiterarbeit erzielt hätte.362 Die Rechtslage ist insoweit derjenigen bei Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gemäß §§ 3 ff. EFZG363 vergleichbar.364 Der Arbeitnehmer erhält unter Zugrundelegung des Lohnausfallprinzips die vereinbarte Brutto-Vergütung,365 und zwar einschließlich aller Nebenleistungen und Entgeltbestandteile mit Lohn- bzw. Gehaltscharakter, die er erhalten hätte, wenn er gearbeitet hätte.366 Neben der Grundvergütung, z. B. als Gehalt, Akkord-, Stunden358 St. Rspr., BAG 21. 3. 1991 – 2 AZR 577 / 90 – AP § 615 BGB Nr. 49; BAG 8. 8. 1985 – 2 AZR 459 / 84 – AP § 4 TVG Ausschlußfristen Nr. 94; BAG 13. 9. 1984 – 6 AZR 379 / 81 – BAGE 46, 359 (361 ff.); BAG 22. 2. 1978 – 5 AZR 805 / 76 – BAGE 30, 135 (137 ff.); BAG 4. 5. 1977 – 5 AZR 187 / 76 – BAGE 29, 152 (154 ff.); a. A. ErfK / Preis, § 218 BGB Rn. 68; Groeger, NZA 2000, S. 793 (796 f.); Preis, ZIP 1989, S. 885 (897 ff.); Becker / Bader, BB 1981, S. 1709 (1711 f.). 359 Küttner / Griese, Personalbuch 2007, Annahmeverzug Rn. 22; APS / Biebl, KündR, § 11 KSchG Rn. 37. 360 Zur Hemmung der Verjährung siehe die Vorschrift des § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB. 361 BAG 7. 11. 1991 – 2 AZR 159 / 91 – AP § 209 BGB Nr. 6 m. w. N., auch zu abweichenden Ansichten; BAG 29. 5. 1961 – 5 AZR 162 / 59 – AP § 209 BGB Nr. 2; BAG 1. 2. 1960 – 5 AZR 20 / 58 – BAGE 9, 7 (12 ff.). 362 BAG 7. 11. 2002 – 2 AZR 742 / 00 – BAGE 103, 265 (275); BAG 24. 10. 1991 – 2 AZR 210 / 91 – juris; BAG 25. 6. 1981 – 6 AZR 524 / 78 – juris; MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 50; Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 120 ff.; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 76. 363 Näher zum Lohnausfallprinzip im Entgeltfortzahlungsrecht MünchArb / Boecken, § 84 Rn. 7 ff. 364 BAG 23. 6. 1994 – 6 AZR 853 / 93 – BAGE 77, 123 (127). 365 Vgl. § 28g SGB IV. BSG 17. 3. 1993 – 10 RAr 7 / 91 – AP § 141b AFG Nr. 15; KG Berlin 30. 10. 1978 – 12 U 1807 / 78 – DB 1979, S. 170; MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 50; Stück, AuA 2004, Nr. 4, S. 14. 366 BAG 30. 5. 2001 – 4 AZR 249 / 00 – EzA § 615 BGB Nr. 104; BSG 17. 3. 1993 – 10 RAr 7 / 91 – AP § 141b AFG Nr. 15; BSG 20. 3. 1984 – 10 RAr 4 / 83 – SozSich. 1984, S. 290 f.; BGH 8. 12. 1977 – II ZR 219 / 75 – AP § 850 ZPO Nr. 9; Schaub, ZIP 1981, S. 347 (350).

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1. Teil: Grundlegung

lohn,367 sind daher auch Gratifikationen bzw. Sonderzuwendungen,368 Provisionen,369 Tantiemen,370 Naturalleistungen bzw. Naturallohn,371 Zuschläge372 und entsprechende Zulagen373 sowie Gewinnbeteiligungen374 fortzuzahlen. Nicht vom Annahmeverzugslohn erfasst sind die lediglich dem Ersatz tatsächlich entstandener Aufwendungen oder Spesen des Arbeitnehmers dienenden Leistungen des Arbeitgebers,375 wie Fahrtkostenersatz,376 Auslösungen,377 echte Schmutzzulagen, Trennungsentschädigungen, Entschädigung für vom Arbeitnehmer gestelltes Werkzeug,378 Aufwendungen für Kleidung,379 Verpflegungszulagen,380 eine im Wesentlichen der Abgeltung von Mehraufwendungen für Wohnung und Verpflegung für die Auslandsmitarbeiter dienende tarifliche Einsatzzulage381 sowie Spesenersatz.382 Schaub, ZIP 1981, S. 347 (350). BAG 19. 9. 1991 – 2 AZR 616 / 90 – RzK I 13b Nr. 18; BAG 18. 1. 1963 – 5 AZR 200 / 62 – BAGE 14, 31 (36), zur Weihnachtsgratifikation, sog. 13. Monatsgehalt; OLG Düsseldorf 5. 4. 1984 – 8 U 102 / 83 – ZIP 1984, S. 705 (706 f.), zur „höchstpersönlichen Absicherung“. 369 LAG Düsseldorf 16. 2. 1965 – 8 Sa 474 / 64 – DB 1965, S. 598 f., zur Delkredereprovision nach § 86b HGB. 370 Hessisches LAG 27. 12. 1955 – IV LA 377 / 55 – BB 1956, S. 305; Schaub, ZIP 1981, S. 347 (350). 371 BAG 2. 12. 1999 – 8 AZR 849 / 98 – juris; Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 123. 372 BAG 18. 9. 2002 – 1 AZR 668 / 01 – AP § 615 BGB Nr. 99, zu tariflichen Spät- und Nachtzuschlägen; BAG 18. 6. 1958 – 4 AZR 590 / 55 – AP § 615 BGB Nr. 6 m. insoweit zust. Anm. Hueck, A., zu Zeitzuschlägen. 373 BAG 18. 6. 1958 – 4 AZR 590 / 55 – AP § 615 BGB Nr. 6 m. insoweit zust. Anm. Hueck, A.; Schaub, ZIP 1981, S. 347 (350), zu Gefahren-, Sozial-, Leistungszulagen; BFH 24. 2. 1989 – VI R 16 / 88 – BFHE 156, 180 (182), zur sog. Berlin-Zulage; MünchKommBGB / Henssler, § 615 Rn. 56, zu Erschwernis- und Funktionszulagen; a. A. für die Gefahrenzulage Hessisches LAG 27. 12. 1955 – IV LA 377 / 55 – BB 1956, S. 305 f. 374 OLG Düsseldorf 5. 4. 1984 – 8 U 102 / 83 – ZIP 1984, S. 705 (706); Bonn, Anrechnung, S. 10. 375 BAG 30. 5. 2001 – 4 AZR 249 / 00 – EzA § 615 BGB Nr. 104; siehe aber zu „versteckten Vergütungsbestandteilen“ OLG Stuttgart 1. 8. 1986 – 2 U 13 / 86 – NJW-RR 1987, S. 159 (160); LAG Düsseldorf 26. 3. 1953 – 2 Sa 380 / 52 – BB 1953, S. 592. 376 Z. B. Wegegeld und Familienheimreisekosten. BAG 18. 6. 1958 – 4 AZR 590 / 55 – AP § 615 BGB Nr. 6 m. insoweit zust. Anm. Hueck, A. 377 Differenzierend zwischen Fern- und Nahauslösungen Schaub, AR-Blattei SD 80, Rn. 68. 378 Hessisches LAG 27. 12. 1955 – IV LA 377 / 55 – BB 1956, S. 305 f., auch zu Vorstehendem. 379 LAG Düsseldorf 26. 3. 1953 – 2 Sa 380 / 52 – BB 1953, S. 592. 380 Hierunter fallen etwa Beköstigungszulagen und Essenszuschüsse. BAG 18. 6. 1958 – 4 AZR 590 / 55 – AP § 615 BGB Nr. 6 m. insoweit zust. Anm. Hueck, A.; Schaub, ZIP 1981, S. 347 (350). 381 BAG 30. 5. 2001 – 4 AZR 249 / 00 – EzA § 615 BGB Nr. 104. 382 LAG Düsseldorf 26. 3. 1953 – 2 Sa 380 / 52 – BB 1953, S. 592. 367 368

D. Die Rechtsfolgen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers

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Bei zeitabschnittsbezogener Entlohnung in Form von Zeitlohn ist die regelmäßige Stunden-, Tage-, Wochen- oder Monatsvergütung zu zahlen.383 Das Lohnausfallprinzip ist auch bei flexibler Arbeitszeit unter Einsatz von Arbeitszeitkonten maßgeblich.384 Da die Höhe leistungsabhängiger Vergütung regelmäßig Schwankungen unterliegt, ist der Verdienstausfall mangels Parteivereinbarung über dessen Berechnung gegebenenfalls vom Tatsachengericht nach § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen.385 Sind während des Annahmeverzugszeitraumes tarifliche Lohn- oder Gehaltserhöhungen eingetreten, so ist der erhöhte Lohn nachzuzahlen,386 wie auch im Fall von Lohnkürzungen, etwa infolge rechtmäßig eingeführter Kurzarbeit, lediglich die niedrigere Vergütung geschuldet ist.387 Der Wert von Naturalleistungen bestimmt sich nach den Vorschriften der SachBezV.388 Der Anspruch auf Ersatz der während des Annahmeverzugszeitraums vorenthaltenen Möglichkeit des Arbeitnehmers zur privaten Nutzung eines Dienstwagens ergibt sich nach zutreffender Ansicht aus § 615 BGB,389 und zwar in Höhe der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit.390 3. Ausschluss der Verpflichtung zur Nachleistung gemäß § 615 S. 1 BGB Durch den in § 615 S. 1 BGB angeordneten Ausschluss der Verpflichtung zur Nachleistung der infolge des Annahmeverzugs nicht erbrachten Arbeit wird der MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 55. Siehe BAG 13. 2. 2002 – 5 AZR 470 / 00 – BAGE 100, 256 (267 ff.), hier zu § 4 Abs. 1 EFZG. 385 BAG 18. 9. 2001 – 9 AZR 307 / 00 – AP § 611 BGB Mehrarbeitsvergütung Nr. 37, zu Überstunden; BAG 11. 8. 1998 – 9 AZR 410 / 97 – DB 1998, S. 1719, zu Provisionen; BAG 29. 9. 1971 – 3 AZR 164 / 71 – AP § 1 FeiertagslohnzahlungsG Nr. 28 m. abl. Anm. Schlüter, zu Feiertagslohn; zur Berechnung leistungsbezogener Vergütung Staab, Annahmeverzug, S. 29 f. 386 Schaub, ZIP 1981, S. 347 (350). 387 Hessisches LAG 27. 12. 1955 – IV LA 377 / 55 – BB 1956, S. 305. 388 Beruhend auf § 17 SGB IV. Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 123; MünchKommBGB / Henssler, § 615 Rn. 58; Schaub, AR-Blattei SD 80, Rn. 67. 389 BAG 2. 12. 1999 – 8 AZR 849 / 98 – juris; ArbG Lörrach 22. 8. 1975 – 1 Ga 9 / 75 – DB 1975, S. 2186; MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 58; Meier, NZA 1999, S. 1083 ff.; Mauer, EWiR 2003, S. 49 (50); unklar BAG 2. 12. 1999 – 8 AZR 412 / 00 – juris; offen gelassen von BAG 5. 9. 2002 – 8 AZR 702 / 01 – AP § 280 BGB n. F. Nr. 1. Nach a. A. soll ein vertraglicher Schadensersatzanspruch bestehen, BAG 27. 5. 1999 – 8 AZR 415 / 98 – BAGE 91, 379 (381 ff.); BAG 23. 6. 1994 – 8 AZR 537 / 92 – AP § 249 BGB Nr. 34. 390 Siehe § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG. BAG 27. 5. 1999 – 8 AZR 415 / 98 – BAGE 91, 379 (381 ff.); BAG 2. 12. 1999 – 8 AZR 412 / 00 – juris; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 78, § 611 BGB Rn. 661 f.; Palandt / Heinrichs, Vorb. vor § 249 BGB Rn. 23b; noch offen gelassen von BAG 23. 6. 1994 – 8 AZR 537 / 92 – AP § 249 BGB Nr. 34. Nach a. A. soll die Tabelle von Küppersbusch / Seifert / Splitter heranzuziehen sein, so etwa Gruss, BB 1994, S. 71 ff. 383 384

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1. Teil: Grundlegung

jedenfalls regelmäßig bestehende absolute Fixschuldcharakter der Arbeitsleistung zum Ausdruck gebracht.391 Soweit eine vertragliche Verpflichtung des Arbeitnehmers zur „Nachholung“ der versäumten Arbeitsleistung besteht, die dispositive Vorschrift des § 615 BGB aber nicht abbedungen ist,392 besteht neben dem Anspruch auf Annahmeverzugslohn nach §§ 611 Abs. 1, 615 BGB der Vergütungsanspruch für die „nachgeholte“ Arbeitsleistung aus § 611 Abs. 1 BGB.393

II. Zur Anrechnung gemäß § 615 S. 2 BGB 1. Allgemeiner Rechtsgedanke der Anrechnung, vor allem im Zivilrecht bzw. Schuldrecht Abgesehen von der im Folgenden näher zu beleuchtenden Anrechnungsregelung des § 615 S. 2 BGB ist zahlreichen weiteren, insbesondere dem Bereich des Privatrechts394 und speziell des vertraglichen Schuldrechts entstammenden Vorschriften der Rechtsgedanke zu entnehmen, dass sich der Berechtigte auf eine ihm zustehende Leistung einen vermögenswerten Vorteil anspruchsmindernd bzw. vorteilsausgleichend anrechnen lassen muss.395 Zu nennen sind vor allem die §§ 326 Abs. 2 S. 2, 537 Abs. 1 S. 2, 616 S. 2, 617 Abs. 1 S. 3, 649 S. 2 BGB, § 74c Abs. 1 S. 1 HGB, § 11 Nr. 1 – 3 KSchG.396 Bereits im römischen Recht war ähnlich der heutigen Vorschrift des § 615 BGB bestimmt, dass der Dienstpflichtige, dessen Dienste vom Berechtigten aus einem in dessen Person liegenden Umstand nicht angenommen werden können, seinen Anspruch auf den bedungenen Lohn geltend machen darf, aber unter Anrechnung auf das in der freigewordenen Zeit anderweit Verdiente.397

391 Motive II, S. 461; Oetker, Dauerschuldverhältnis, S. 337 ff.; näher Nierwetberg, BB 1982, S. 995 ff. m. w. N. Zum Fixschuldcharakter der Arbeitsleistung siehe auch oben 1. Teil B. II. 5. 392 Zur Dispositivität des § 615 S. 1 BGB siehe bereits oben 1. Teil B. II. 2. 393 Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 127 f. 394 Zur Anrechnung im Bereich des öffentlichen Rechts siehe noch ausführlich folgend 3. Teil B. III. 395 Einen derartigen allgemeinen Rechtsgedanken dagegen für den Bereich des öffentlichen Rechts, hier insbesondere des Bundesbeamtenrechts, ablehnend BVerwG 13. 2. 1969 – II C 42.66 – BVerwGE 31, 253 (256 f.); in diese Richtung auch BVerwG 17. 12. 1963 – II C 20.63 – BVerwGE 17, 293 (303 f.); siehe allgemein zur Lehre vom Begriff der Anrechnung, insbesondere anhand des bürgerlich-rechtlichen Dienstvertragsrechts nach den §§ 615, 616, 617, Bonn, Anrechnung, S. 4 ff., 76 ff.; Doering, Anrechnung, S. 1 ff. 396 Zu diesen jedenfalls größtenteils § 615 S. 2 BGB thematisch nahe stehenden Anrechnungsvorschriften siehe im Hinblick auf die systematische Auslegung noch näher unter 3. Teil B. II. 1. – 7. 397 Näher dazu Oertmann, Vorteilsausgleichung, S. 35.

D. Die Rechtsfolgen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers

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2. Zur Wirkung der Anrechnung „ipso iure“ Bestimmt das Gesetz, eine Leistung sei „anzurechnen“398 so wird der dem Gläubiger zustehende Anspruch automatisch, kraft Gesetzes bzw. ipso iure um die anzurechnende Leistung gekürzt, ohne dass es einer rechtsgeschäftlichen „Anrechnungserklärung“399 oder gar einer Aufrechnungserklärung nach § 388 BGB oder sonstiger Handlungen des Schuldners bedarf.400 Zumindest missverständlich und daher besser zu unterlassen ist die Verwendung der Begrifflichkeiten „Anrechnungsbefugnis“,401 „Berechtigung zur Anrechnung“402 bzw. „Kürzungsbefugnis“403 im Zusammenhang mit § 615 S. 2 BGB oder der inhaltlich trotz des insoweit unterschiedlichen Wortlauts404 deckungsgleichen Vorschrift des § 11 KSchG.405 Dem Vertragsarbeitgeber steht nach allg. M. kein selbständiger Anspruch auf Bezahlung der vom Arbeitnehmer erzielten Beträge zu.406

3. Zur Rechtsnatur der Anrechnung a) Verschiedenheit von Anrechnung und Aufrechnung Bei der Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB handelt es sich nach allg. M. nicht um eine Aufrechnung gemäß §§ 387 ff. BGB.407 Die nach § 615 S. 2 BGB gebotene 398 Siehe neben den soeben genannten Regelungen allein aus dem BGB die Vorschriften der §§ 337 Abs. 1, 338 S. 2, 367, 468 Abs. 2 S. 1, 497 Abs. 3 S. 1, 1147 Abs. 2, 1214 Abs. 2, 1380 Abs. 1, 1383 Abs. 1, 1476 Abs. 2, 1500, 1501 Abs. 1, 1511 Abs. 3 S. 1, 1577 Abs. 2, 1587n, 1612b, 1612c, 2055 Abs. 1 S. 1, 2315 Abs. 1, 2316 Abs. 4, 2327 Abs. 1. 399 BAG 24. 9. 2003 – 5 AZR 500 / 02 – BAGE 108, 27 (30); BAG 16. 5. 2000 – 9 AZR 203 / 99 – BAGE 94, 343 (346). 400 BAG 13. 6. 2002 – 2 AZR 391 / 01 – BAGE 101, 328 (340); Palandt / Weidenkaff, § 615 BGB Rn. 18; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 86; Bonn, Anrechnung, S. 88 (89 f.); Decker, Vorteilsanrechnung beim Erfüllungsanspruch, S. 32 (38 f.); Doering, Anrechnung, S. 55 ff.; Becker, JW 1912, S. 976. 401 Zu der bei § 617 Abs. 1 S. 3 BGB zutreffend als solche zu bezeichnenden „Anrechnungsbefugnis“ und den maßgeblichen Unterschieden zur Anrechnung gemäß § 615 S. 2 BGB siehe noch folgend 3. Teil B. II. 7. c). 402 In diesem Sinne aber Schaub / Koch, ArbR-Hdb., § 87 Rn. 21 f. 403 So allerdings Grau, MDR 2005, S. 491 (492). 404 § 11 KSchG spricht von „[ . . . ] anrechnen lassen [ . . . ]“, H. d. d. V. 405 Terminologisch ungenau BAG 9. 4. 1981 – 6 AZR 787 / 78 – BAGE 35, 200 (204); BAG 19. 7. 1978 – 5 AZR 748 / 77 – AP § 242 BGB Auskunftspflicht Nr. 16 m. Anm. Herschel; LAG Thüringen 21. 11. 2000 – 5 Sa 352 / 99 – LAGE § 615 BGB Nr. 62 m. Anm. Gravenhorst, W.; LAG Hamm 27. 2. 1991 – 2 Sa 1289 / 90 – LAGE § 615 BGB Nr. 26; OLG Oldenburg 17. 2. 2000 – 1 U 155 / 99 – NZG 2000, S. 1038 (1041); Grau, MDR 2005, S. 491 (493). 406 Statt vieler: Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 136, § 611 BGB Rn. 852 f.; Bauer / Arnold, FS Leinemann, S. 155 (165); Becker, JW 1912, S. 976. Siehe dazu auch unter 3. Teil D. I. 1. a) – c).

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1. Teil: Grundlegung

Anrechnung anderweitigen Verdienstes hindert bereits die Entstehung des Anspruchs aus § 615 S. 1 i. V. m. § 611 Abs. 1 BGB408 und führt nicht bloß zu einer Aufrechnungslage.409 Zwar führt auch die Aufrechnung gemäß § 389 BGB im Ergebnis zu einer Reduzierung bzw. einem vollständigen Wegfall der Forderung, gegen die aufgerechnet wird, der sog. Hauptforderung. Während jedoch die Aufrechnung einer aufzurechnenden Forderung bedarf, der sog. Gegenforderung, ist der Gegenstand der Anrechnung schlicht ein Vermögensvorteil, nicht hingegen eine Forderung.410 Zudem bedarf es keiner Gestaltungserklärung, wie gemäß § 388 BGB bei der Aufrechnung, um die Wirkung der Anrechnung herbeizuführen, welche sich vielmehr ipso iure vollzieht.411 Letztlich spricht gegen die Identität oder auch nur Vergleichbarkeit der beiden Rechtsinstitute Anrechnung und Aufrechnung der Hinweis auf die Pfändungsschutzvorschriften für Arbeitseinkommen gemäß §§ 850 ff. ZPO.412 Gemäß § 394 S. 1 BGB findet die Aufrechnung gegen eine Forderung nicht statt, soweit sie der Pfändung nicht unterworfen ist.413 Die Pfändungsgrenzen nach §§ 850 ff. ZPO sind hingegen bei der Anrechnung im Rahmen des § 615 S. 2 BGB nicht zu berücksichtigen, weil der Arbeitnehmer die entsprechenden Leistungen bereits erhalten hat.414

b) Übereinstimmung des Grundgedankens der Anrechnung mit der Rechtsfigur der Vorteilsausgleichung bzw. Vorteilsanrechnung Nach der insoweit zutreffenden Rechtsprechung des BAG stellt die Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB einen Fall der „Vorteilsausgleichung bei einem Erfüllungsanspruch“ dar.415 Unter Darstellung der Grundsätze der Rechtsfigur der Vorteils407 BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (59 ff. m. Anm. Boecken); MünchKomm-BGB / Schlüter, § 387 Rn. 50; Hartmann, Aufrechnung im Arbeitsverhältnis, S. 121 f.; Bonn, Anrechnung, S. 3, 76 ff.; Doering, Anrechnung, S. 51. 408 Anders hingegen Bonn, Anrechnung, S. 88, der die Anrechnung als „Erfüllungssurrogat“ begreift. 409 Siehe nur BAG 22. 11. 2005 – 1 AZR 407 / 04 – BAGE 116, 246 (252) m. w. N. 410 Darauf weisen bereits Bonn, Anrechnung, S. 3, 76 (77) und Decker, Vorteilsanrechnung beim Erfüllungsanspruch, S. 25 f. zutreffend hin. 411 Zu ipso iure-Wirkung der Anrechnung siehe gerade schon oben 1. Teil D. II. 2. 412 Siehe bereits Bonn, Anrechnung, S. 76 (78). 413 Näher zum Aufrechnungsverbot des § 394 S. 1 BGB MünchKomm-BGB / Schlüter, § 394 Rn. 1 ff.; Hoppmann, § 394 Satz 1 BGB, S. 6 ff. 414 MünchArb / Boewer, § 78 Rn. 61; Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 136; MünchKomm-BGB / Schlüter, § 387 Rn. 50, § 394 Rn. 5; MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 63; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 86; Hartmann, Aufrechnung im Arbeitsverhältnis, S. 121 (122); unklar BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (59, 61 f. m. abl. Anm. Boecken). 415 BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (34); zu dieser Konstruktion sogleich näher.

D. Die Rechtsfolgen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers

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ausgleichung bzw. Vorteilsanrechnung wird im Folgenden deren inhaltlich-thematische Nähe zur Anrechnung nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB aufgezeigt. Unter den Voraussetzungen der vor allem aus dem Bereich des Schadensersatzrechts416 bekannten Rechtsfigur der Vorteilsausgleichung417 bzw. Vorteilsanrechnung418 sind wirtschaftliche Vorteile, die ein schädigendes Ereignis für den Geschädigten gleichzeitig mit sich bringt, anspruchsmindernd auf dessen Ersatzanspruch gegen den Schädiger anzurechnen.419 „Der Rechtsgedanke der Vorteilsausgleichung zielt darauf ab, einen gerechten Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeizuführen. Der Geschädigte soll nicht in unangemessener Weise zu Lasten des Schädigers besser gestellt werden, als er ohne das Schadensereignis stehen würde. Das wäre ein unbilliges Ergebnis [ . . . ].“420 Die nähere Ausfüllung der aus dem Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB abgeleiteten und gesetzlich nicht, jedenfalls nicht umfassend, niedergelegten Grundsätze der Vorteilsausgleichung hat der Gesetzgeber bewusst Rechtsprechung und Lehre überlassen.421 Wohl aber bestehen für bestimmte Konstellationen vereinzelte gesetzliche Spezialvorschriften, die eine mögliche Anrechnung von Vorteilen entweder vorsehen oder aber ausschließen und damit auf einen allgemeinen Rechtssatz der Vorteilsausgleichung bzw. -anrechnung hinweisen, so bereits im BGB z. B. § 642 Abs. 2 BGB einerseits, § 843 Abs. 4 BGB422 andererseits.423 416 Zum Schadensumfang siehe §§ 249 ff. BGB. Der Rechtsgedanke der Vorteilsausgleichung bzw. Vorteilsanrechnung findet sich indes auch in anderen Regelungsbereichen. Siehe z. B. § 93 Abs. 3 S. 1 BauGB zur Festsetzung der Enteignungsentschädigung unter Berücksichtigung von Vermögensvorteilen, die dem Entschädigungsberechtigten infolge der Enteignung nach §§ 85 ff. BauGB entstehen als einen „der Vorteilsausgleichung ähnlich gelagerten Fall“ gemäß Thiele, AcP 167 (1967), S. 193 (206); ausdrücklich dort das „Prinzip der Vorteilsausgleichung“ verankert sehend BVerwG 15. 2. 1985 – 4 C 46 / 82 – NJW 1986, S. 338; ebenso BGH 15. 10. 1999 – V ZR 418 / 97 – LM § 93 BBauG Nr. 10 (10 / 2000); BGH 9. 10. 1997 – III ZR 148 / 96 – LM § 40 BauGB Nr. 2 (3 / 1998) m. Anm. Battis; BGH 24. 3. 1988 – III ZR 221 / 85 – BGH-Dat Zivil; BGH 13. 5. 1974 – III ZR 7 / 72 – BGHZ 62, 305 (306 ff.). Vormals bereits grundlegend die Zulässigkeit der Berücksichtigung von Vorteilen bei der Bemessung der Enteignungsentschädigung gemäß Art. 14 Abs. 3 GG bejahend BGH 10. 6. 1952 – GSZ 2 / 52 – BGHZ 6, 270 (295). Ausführlich zum „enteignungsrechtlichen Vorteilsausgleich“ nach § 93 Abs. 3 BauGB Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger / Schmidt-Aßmann, BauGB, § 93 Rn. 41 ff.; Battis, in: Battis / Krautzberger / Löhr, BauGB, § 93 Rn. 6; Thüsing, Wertende Schadensberechung, S. 111 ff.; Labbé / Wölfel, DVBl. 1990, S. 1141 ff. 417 Kritisch zur Terminologie „Vorteilsausgleichung“ Büdenbender, JZ 1995, S. 920. 418 Lat. compensatio lucri cum damno bzw. compensatio lucri et damni; zur Terminologie MünchKomm-BGB / Oetker, § 249 Rn. 266. 419 Siehe von den zahlreichen Darstellungen zur Vorteilsausgleichung etwa Thesling, Vorteilsausgleichung, S. 18 ff.; Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 119 ff.; Oertmann, Vorteilsausgleichung, S. 5 ff.; Thüsing, Wertende Schadensberechung, S. 1 ff., jeweils m. w. N. 420 BGH 16. 4. 1973 – VII ZR 140 / 71 – BGHZ 60, 353 (358). 421 Motive II, S. 17 (18 f.), zu § 218 des Entwurfs I. 422 Hierzu BGH 28. 11. 2000 – VI ZR 352 / 99 – BGHZ 146, 108 (113 f.); BGH 22. 9. 1970 – VI ZR 28 / 69 – BGHZ 54, 269 (272).

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1. Teil: Grundlegung

Nach st. Rspr. insbesondere des BGH424 sind dem Geschädigten zufließende Vorteile dann nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung anzurechnen, wenn zwischen dem Vorteil und dem Schadensereignis ein adäquater Ursachenzusammenhang besteht, der Vorteil seiner Art nach dem Schadensposten entspricht, die Anrechnung mit dem Zweck des jeweiligen Ersatzanspruchs übereinstimmt, für den Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen entlastet.425 Im Rahmen der Vorteilsausgleichung kommen lediglich solche Vorteile als anrechenbar in Betracht, die gerade mit dem geltend gemachten Nachteil in einem qualifizierten Zusammenhang stehen, der beide „gewissermaßen zu einer Rechnungseinheit verbindet“.426 Die Vorteilsausgleichung erfolgt also nicht bei der Endsaldierung aller Aktiv- und Passivposten gegenüber dem Gesamtbetrag des Schadens, sondern betrifft nur den Schadensposten, der mit dem Vorteil „kongruent“ ist. Diese „Rechnungseinheit“ ist das Ergebnis einer wertenden Zuordnung von bestimmten Vor- und Nachteilen aus dem Schadensereignis.427 Gegen eine Anrechnung kann unter diesem Gesichtspunkt insbesondere das Fehlen eines „zeitlichen Zusammenhangs“ beider Vermögensänderungen sprechen.428 Man könnte sogar so weit gehen wie früher bereits das RG und formulieren: „Nachteil und Vorteil müssen sich gleichzeitig gegenübertreten.“429 423 Weitere Nachweise bei Thüsing, Wertende Schadensberechung, S. 34 f.; Dernburg, Bürgerliches R II / 1, S. 79, dort Fn. 2; Büdenbender, JZ 1995, S. 920 (921). 424 Zudem BAG 8. 5. 2007 – 9 AZR 527 / 06 – AP § 16 BBiG Nr. 4; BAG 24. 8. 1983 – 7 AZR 670 / 79 – BAGE 43, 242 (247); BSG 4. 5. 1999 – B 2 U 9 / 98 R – EzS 80 / 181; BFH 6. 3. 1990 – VII E 9 / 89 – BFHE 160, 133 (137); RG 17. 4. 1914 – III 536 / 13 – RGZ 84, 386 (387 ff.); RG 20. 11. 1920 – V 471 / 19 – RGZ 100, 255 (256 ff.); RG 21. 1. 1922 – I 199 / 21 – RGZ 103, 406 (407 ff.). 425 BGH 31. 3. 2006 – V ZR 51 / 05 – BGHZ 167, 108 (111); BGH 14. 9. 2004 – VI ZR 97 / 04 – NJW 2004, S. 3557; BGH 6. 6. 1997 – V ZR 115 / 96 – BGHZ 136, 52 (54 f.); BGH 15. 11. 1994 – VI ZR 194 / 93 – BGHZ 127, 391 (393 ff.); BGH 17. 5. 1984 – VII ZR 169 / 82 – BGHZ 91, 206 (209 f.); BGH 13. 7. 1981 – II ZR 91 / 80 – BGHZ 81, 271 (275); BGH 16. 5. 1980 – V ZR 91 / 79 – BGHZ 77, 151 (153 ff.); BGH 22. 3. 1979 – VII ZR 259 / 77 – BGHZ 74, 103 (113 f.); BGH 19. 12. 1978 – VI ZR 218 / 76 – BGHZ 73, 109 (110 ff.); BGH 12. 2. 1974 – VI ZR 187 / 72 – BGHZ 62, 126 (127 ff.); BGH 21. 12. 1971 – VI ZR 118 / 70 – BGHZ 58, 14 (16 ff.); BGH 18. 12. 1969 – VII ZR 121 / 67 – BGHZ 53, 132 (134); BGH 15. 11. 1967 – VIII ZR 150 / 65 – BGHZ 49, 56 (61 f.); BGH 24. 3. 1959 – VI ZR 90 / 58 – BGHZ 30, 29 (31 ff.); BGH 17. 6. 1953 – VI ZR 113 / 52 – BGHZ 10, 107 (108); BGH 15. 1. 1953 – VI ZR 46 / 52 – BGHZ 8, 325 (328 ff.); BGH 19. 6. 1952 – III ZR 295 / 51 – BGHZ 7, 30 (49 ff.). 426 Insbesondere im Anschluss an Thiele, AcP 167 (1967), S. 193 (201 ff. m. w. N.) sowie in Anlehnung an versicherungsrechtliche Überlegungen hinsichtlich einer „Korrespondenz“ von Einzelschaden und Vorteil; heute statt aller: BGH 31. 3. 2006 – V ZR 51 / 05 – BGHZ 167, 108 (114 f. m. w. N.). 427 St. Rspr., siehe nur BGH 6. 6. 1997 – V ZR 115 / 96 – BGHZ 136, 52 (54 f. m. w. N.). 428 Zur Betonung des zeitlichen Zusammenhangs, wenngleich nicht durchweg im Sinne einer „strengen Gleichzeitigkeit“, siehe BGH 16. 5. 1980 – V ZR 91 / 79 – BGHZ 77, 151 (154 f.); BGH 3. 2. 1970 – VI ZR 245 / 67 – WM 1971, S. 633 (637); BGH 13. 12. 1966 – VI ZR 59 / 65 – VersR 1967, S. 187 (189); Thiele, AcP 167 (1967), S. 193 (204 f.).

D. Die Rechtsfolgen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers

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Die Anwendbarkeit der Grundsätze der Vorteilsausgleichung auf Erfüllungsansprüche wird zwar weithin abgelehnt.430 Dies ist aber nur dann zutreffend, wenn es an der „erforderlichen gesetzlichen Unterlage“ fehlt.431 Auch die Anrechnungsvorschrift des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB432 stellt indes, wie das BAG zutreffend annimmt,433 eine solche gesetzliche Grundlage dar.434 Es haben sich im Zuge langjähriger Rechtsprechung und Lehre verschiedene Fallgruppen der Vorteilsanrechnung herausgebildet,435 auf die vorliegend nicht im Einzelnen eingegangen zu werden braucht. Die hier in Rede stehende Konstellation der Erzielung nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB anrechenbaren Zwischenverdienstes des Arbeitnehmers während des Annahmeverzugs des Vertragsarbeitgebers ist weitgehend der anerkannten Fallgruppe der Vorteilsanrechnung „eigene ArbeitsLeistungen des Geschädigten“436 vergleichbar.437 Insofern ist nach allg. M. anerkannt, dass vom Verletzten aus jedweder anderweitiger Tätigkeit gezogene wirtschaftliche Vorteile auf den Schadensersatzanspruch dann nicht anzurechnen sind, wenn es sich um solche überobligationsmäßigen oder überpflichtmäßigen Anstrengungen des Geschädigten handelt, die über das dem Geschädigten nach § 254 Abs. 2 S. 1 BGB obliegende Maß der Verpflichtung zur Mitwirkung an der Minderung des eingetretenen Schadens438 hinausgehen.439 In diesem Sinne sind VorSo ausdrücklich RG 20. 11. 1920 – V 471 / 19 – RGZ 100, 255 (257), H. d. d. V. BGH 12. 3. 1992 – I ZR 117 / 90 – LM § 87 HGB Nr. 17 (1 / 1993); MünchKommBGB / Oetker, § 249 Rn. 266; Palandt / Heinrichs, Vorb. vor § 249 BGB Rn. 124; Bonn, Anrechnung, S. 80 (81 ff.), jeweils m. w. N. 431 RG 7. 10. 1912 – VI 254 / 12 – RGZ 80, 153 (154 f.); Thüsing, Wertende Schadensberechung, S. 34. 432 Grundlegend zum Zusammenhang des Rechtsinstituts der Vorteilsanrechnung bzw. Vorteilsausgleichung mit § 615 S. 2 BGB Oertmann, Vorteilsausgleichung, insbesondere S. 34 (36 ff.). 433 BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (34) = SAE 1994, S. 232 (237, 239 m. insoweit abl. Anm. Danne) = EWiR 1993, S. 1173 (1174 m. zust. Anm. Schaub). 434 Im Ergebnis der Konstruktion des BAG zur Einordnung des „§ 615 S. 2 BGB als Fall der Vorteilsausgleichung bei einem Erfüllungsanspruch“ folgend BGH 16. 4. 1973 – VII ZR 140 / 71 – BGHZ 60, 353 (358); BeckOK-BGB / Fuchs, § 615 Rn. 34 f.; Reufels / Schmülling, ArbRB 2004, S. 88 (89); Schaub, EWiR 1993, S. 1173 (1174), Anm. zu BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 –; Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 450 (451, 454); Dernburg, Bürgerliches R II / 1, S. 79, dort Fn. 2; Becker, JW 1912, S. 976; BT-Drucks. 8 / 3624, S. 26; in diese Richtung auch Thüsing, Wertende Schadensberechung, S. 26, 34, 101 f., 113; Soergel / Gsell, § 326 BGB Rn. 77; Decker, Vorteilsanrechnung beim Erfüllungsanspruch, S. 10 (14 f.), 29 f.; ansatzweise Doering, Anrechnung, S. 53; Oertmann, Vorteilsausgleichung, S. 34 (42). 435 Dazu im Einzelnen MünchKomm-BGB / Oetker, § 249 Rn. 234 ff.; Palandt / Heinrichs, Vorb. vor § 249 BGB Rn. 125 ff., jeweils m. w. N. 436 MünchKomm-BGB / Oetker, § 249 Rn. 262 f.; Palandt / Heinrichs, Vorb. vor § 249 BGB Rn. 126, jeweils m. w. N. 437 Ferner sei an die Fallgruppen der freiwilligen oder der neu begründeten „Drittleistungen“ erinnert, dazu näher MünchKomm-BGB / Oetker, § 249 Rn. 242 f., 244 m. w. N. 438 Zur Obliegenheit des Geschädigten zur Schadensminderung gemäß § 254 Abs. 2 S. 1 BGB durch Ausnutzung seiner Arbeitskraft, im Unterlassensfall durch Anrechnung erziel429 430

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1. Teil: Grundlegung

teile aus einem vom Geschädigten abgeschlossenen günstigen (Deckungs-)Vertrag regelmäßig nicht auf den Ersatzanspruch anzurechnen.440 Der allgemeine Rechtsgedanke, der einer Versagung der Vorteilsanrechnung in den Fällen des überobligationsmäßigen Ersatzerwerbs441 zu Grunde liegt, ist derjenige des freien Selbstbestimmungsrechts des Einzelnen bzw. der Privatautonomie.442 „Denn es gehört in unserer Rechts- und Wirtschaftsordnung zu den fundamentalen Rechten des einzelnen, die Früchte der eigenen Arbeit genießen und damit selbst zu Wohlstand gelangen zu können, soweit man nicht ausnahmsweise von Rechts wegen verpflichtet ist, die Früchte einem anderen zugutekommen zu lassen. Das wäre nicht mehr gewährleistet, wenn jeder Mehrverdienst, also nicht nur der ohnehin gemäß § 254 Abs. 2 BGB obligationsmäßige, ipso iure zur entsprechenden Verringerung eines anderen Vermögensbestandteils führen würde.“443 Ebenso wie es bei der Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB einer AnrechnungsErklärung oder sonstigen Handlung des Arbeitgebers nicht bedarf, diese sich vielmehr ipso iure, also automatisch kraft Gesetzes vollzieht,444 ist im Übrigen auch bei der Berücksichtigung anzurechnender Vorteile im Wege der Vorteilsausgleichung keine Gestaltungserklärung des Schädigers erforderlich, was eine weitere Parallele zwischen beiden Rechtsinstituten darstellt.445

4. Gegenständlicher Umfang der Anrechnung Gemäß § 615 S. 2 BGB muss sich der Arbeitnehmer auf den Annahmeverzugslohn den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Arbeit erspart446 oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft als sog. barer fiktiver Einkünfte, siehe BGH 26. 9. 2006 – VI ZR 124 / 05 – NJW 2007, S. 64 (65 f.); BGH 13. 12. 1951 – III ZR 83 / 51 – BGHZ 4, 170 (173 ff.); MünchKomm-BGB / Oetker, § 254 Rn. 76 ff., 83 ff., jeweils m. w. N. 439 Statt vieler: BGH 21. 12. 1971 – VI ZR 118 / 70 – BGHZ 58, 14 (18 f.); BGH 16. 2. 1971 – VI ZR 147 / 69 („Fahrlehrer-Fall“) – BGHZ 55, 329 (332 ff.); MünchKomm-BGB / Oetker, § 249 Rn. 262 m. w. N.; Palandt / Heinrichs, Vorb. vor § 249 BGB Rn. 125; Thesling, Vorteilsausgleichung, S. 97 ff.; Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 143 f.; Thiele, AcP 167 (1967), S. 193 (236 f.); kritisch Ruland, Arbeitskraft, S. 270 (271 ff.). 440 BGH 29. 6. 1994 – VIII ZR 317 / 93 – BGHZ 126, 305 (308 f.); RG 2. 7. 1921 – I 28 / 21 – RGZ 102, 348 (349 f.); MünchKomm-BGB / Oetker, § 249 Rn. 263 m. w. N.; Palandt / Heinrichs, Vorb. vor § 249 BGB Rn. 127; Thesling, Vorteilsausgleichung, S. 109 ff.; Thiele, AcP 167 (1967), S. 193 (237). 441 Die gilt ebenso für die Fallgruppen der „freiwilligen Zuwendungen seitens Dritter“ und „Maßnahmen privater Schadensfürsorge“ bzw. „selbst erkaufte Vorteile“. 442 So zutreffend Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 143 f. 443 Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 144. 444 Zur ipso iure-Wirkung der Anrechnung siehe bereits oben 1. Teil D. II. 2. 445 MünchKomm-BGB / Oetker, § 249 Rn. 267 m. w. N.

D. Die Rechtsfolgen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers

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Zwischenerwerb bzw. Zwischenverdienst erwirbt447 oder zu erwerben böswillig unterlässt.448 Zudem sind analog § 11 Nr. 3 S. 1 KSchG öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen anzurechnen, die der Arbeitnehmer während des Annahmeverzugs bezogen hat.449 a) Ersparnisse Zwischen den gemäß § 615 S. 2 Alt. 1 BGB450 anzurechnenden Ersparnissen451 des Arbeitnehmers und der geschuldeten Arbeitsleistung muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Zu dem „infolge des Unterbleibens der Dienstleistung“ Ersparten gehören z. B. die wegen des Annahmeverzugs nicht angefallenen Fahrtkosten, ersparte Aufwendungen für vom Dienstpflichtigen zu beschaffende Arbeitsmaterialien oder Arbeitskleidung sowie ersparte Kosten für Gehilfen.452 b) Anderweitiger Erwerb bzw. Zwischenverdienst, Zwischenerwerb aa) Erwerbseinkommen Anzurechnen ist nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB der Wert desjenigen, was der Arbeitnehmer durch anderweitige „Verwendung seiner Dienste“, also durch Verwendung seiner Arbeitskraft, erwirbt. Es ist insoweit rechtlich unerheblich, auf der Grundlage welchen Rechtsverhältnisses, etwa eines Arbeitsvertrages, freien Dienstvertrages oder Gefälligkeitsverhältnisses, die anderweitige Tätigkeit erbracht worden ist.453 Des Weiteren ist es gleichgültig, ob der anderweitige Verdienst durch Arbeit der gleichen Art oder durch eine andersartige, sei es höher-454

446 Zur Anrechnung der Ersparnisse nach § 615 S. 2 Alt. 1 BGB sogleich folgend 1. Teil D. II. 4. a). 447 Zu § 615 S. 2 Alt. 2 BGB siehe folgend unter 1. Teil D. II. 4. b). 448 Zur Anrechnung böswillig unterlassenen Erwerbs gemäß § 615 S. 2 Alt. 3 BGB siehe unter 1. Teil D. II. 4. c). 449 Siehe zur Anrechnung öffentlich-rechtlicher Ersatzleistungen 1. Teil D. II. 4. d). 450 § 11 KSchG sieht die Anrechnung von Ersparnissen nicht vor, siehe dazu schon oben 1. Teil B. II. 4. 451 Allgemein zur Anrechnung von Ersparnissen bei einer Mehrheit von Leistungen bereits Becker, JW 1912, S. 976 f., hier vor allem zu § 324 Abs. 1 S. 2 BGB a. F. (§ 326 Abs. 2 S. 2 BGB). 452 LAG Düsseldorf 25. 10. 1955 – 2 b Sa 239 / 55 – BB 1956, S. 305; MünchKommBGB / Henssler, § 615 Rn. 67; Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 138. 453 MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 68. 454 Auch Erwerb aus überobligationsmäßiger Verwendung der Arbeitskraft ist daher grds. gemäß § 615 S. 2 Alt. 2 BGB anrechnungspflichtig, ausführlich dazu Wettich, Verdienstausfallschaden, S. 108 ff.

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oder geringerwertige,455 Arbeit erzielt wird.456 Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit sind insoweit anzurechnen, als sie auf der ersparten Arbeitsleistung beruhen.457 Nicht anrechenbar sind Einkünfte aus Kapital, etwa aufgrund einer kapitalmäßigen Beteiligung an einem Unternehmen458 oder Zinsgewinne aus Kapitaleinlagen,459 sofern nicht die Vermögensverwaltung die gesamte Arbeitskraft in Anspruch nimmt.460 Entsprechendes gilt für Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung. Der nahezu unentgeltliche Einsatz der Arbeitskraft im eigenen Haushalt oder im Rahmen von Nachbarschaftshilfe führt grds. nicht zu einer Anrechnung.461 Angerechnet wird das anderweitig erzielte Bruttoeinkommen462 abzüglich der zu seiner Erzielung notwendigen zusätzlichen Aufwendungen, wie beispielsweise erhöhte Fahrtkosten.463 bb) Kausalitätserfordernis Anzurechnen ist nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB nur der „infolge des Unterbleibens der Dienstleistung“ anderweitig erzielte Erwerb. Der Arbeitnehmer braucht sich nicht alles anrechnen zu lassen, was er in der Zwischenzeit überhaupt mittels seiner Arbeitskraft erwirbt, sondern nur das, was er durch anderweitige Verwendung desjenigen Teils seiner Arbeitskraft erwirbt, welche er dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen verpflichtet war.464 Der Arbeitnehmer muss sich somit nur einen solchen im Verzugszeitraum anderweit erzielten Verdienst anrechnen lassen, der kausal durch das Freiwerden der Arbeitskraft ermöglicht worden ist.465 Anhaltspunkte für die Kausalität können sich aus objektiven wie subjektiven Umständen ergeben.466 MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 68. m. w. N. BAG 6. 9. 1990 – 2 AZR 165 / 90 – AP § 615 BGB Nr. 47; Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 147 m. w. N. 457 LAG Düsseldorf 22. 5. 1968 – 3 Sa 73 / 68 – DB 1968, S. 1182, hier auch zur Schätzung von Grund und Höhe eines anzurechnenden Gewinns analog § 287 ZPO; Reufels / Schmülling, ArbRB 2004, S. 88 (89 f. m. w. N.). 458 MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 71; MünchArb / Boewer, § 78 Rn. 59. 459 BAG 20. 4. 1967 – 3 AZR 314 / 66 – AP § 74 HGB Nr. 20. 460 BAG 27. 3. 1974 – 5 AZR 258 / 73 – BAGE 26, 89 (99). 461 HWK / Krause, § 615 BGB Rn. 92 m. w. N. 462 BAG 11. 1. 2006 – 5 AZR 125 / 05 – BAGE 116, 355 (356 ff.); BSG 17. 3. 1993 – 10 RAr 7 / 91 – AP § 141b AFG Nr. 15; KG Berlin 30. 10. 1978 – 12 U 1807 / 78 – OLGZ 1979, S. 342 (343 ff.); MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 68; Reufels / Schmülling, ArbRB 2004, S. 88 (89). 463 BAG 6. 2. 1964 – 5 AZR 93 / 63 – BAGE 15, 258 (261); Schaub, AR-Blattei SD 80, Rn. 76. 464 RG 12. 7. 1904 – III 146 / 04 – RGZ 58, 402 (404); BAG 1. 3. 1958 – 2 AZR 533 / 55 – BAGE 5, 217 (219). 465 Dies erlangt vor allem Bedeutung bei teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern. 466 BAG 6. 9. 1990 – 2 AZR 165 / 90 – AP § 615 BGB Nr. 47; LAG Köln 18. 1. 2006 – 3 Sa 1182 / 05 – juris. 455 456

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Nicht anzurechnen ist danach das Entgelt für quantitative Mehrarbeit bzw. Überstunden, soweit sie vom Arbeitnehmer bei dem im Annahmeverzug befindlichen Arbeitgeber nicht hätte erbracht werden müssen.467 Einnahmen aus einer Nebentätigkeit, die nunmehr zusätzlich zum Verdienst aus dem anderweitigen hauptberuflichen Arbeitsverhältnis erzielt werden, bleiben bei der Anrechnung außer Betracht, weil sie nicht kausal mit dem Freiwerden der Arbeitskraft zusammenhängen.468 Einkünfte des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers aus einer neu aufgenommenen weiteren geringfügigen Beschäftigung469 werden nicht angerechnet, da dies anderenfalls einem gegen das Grundrecht des Arbeitnehmers auf freie Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG verstoßenden vertraglichen Nebentätigkeitsverbot470 gleichkäme.471 Ein Nebenverdienst bleibt während der Dauer des Annahmeverzugs soweit unberücksichtigt, wie er auch bei Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten möglich gewesen wäre.472 Sogar dann, wenn erst nach Beendigung des Annahmeverzugs Einkünfte erzielt werden, soll nach der sehr weit gehenden, kritikwürdigen Rechtsprechung des BAG eine anteilmäßige Anrechnung auf den Annahmeverzugslohnanspruch in Betracht kommen, wenn und soweit die Einkünfte auf einer während des Verzugszeitraums ausgeübten Tätigkeit beruhen.473 Dies ist etwa der Fall bei einer zeitintensiver Vorbereitung während des Annahmeverzugs auf einen neuen, anders gearteten Aufgabenbereich474 oder auf eine selbständige Tätigkeit475 sowie bei aufschiebend bedingten Provisionsansprüchen eines Handelsvertreters.476 c) Böswillig unterlassener Erwerb Böswillig handelt nach h. M. der Arbeitnehmer, dem ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er während des Annahmeverzugs trotz Kenntnis aller objektiven Umstände, also der Arbeitsmöglichkeit, der „Zumutbarkeit“ der Arbeit 467 In diese Richtung bereits RG 12. 7. 1904 – III 146 / 04 – RGZ 58, 402 (405); BAG 1. 3. 1958 – 2 AZR 533 / 55 – BAGE 5, 217 (219 f.); Schaub, ZIP 1981, S. 347 (350). 468 BAG 16. 5. 1969 – 3 AZR 137 / 68 – BAGE 22, 6 (13). 469 Zur Zusammenrechnung mehrerer geringfügiger Beschäftigungen in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht siehe die Regelung des § 8 Abs. 2 S. 1 SGB IV. 470 Dazu sowie zu den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Mitteilungspflicht des Arbeitnehmers im Fall der Aufnahme einer weiteren geringfügigen Beschäftigung siehe BAG 18. 11. 1988 – 8 AZR 12 / 86 – BAGE 60, 135 (137 ff., 141 ff.). 471 BAG 6. 9. 1990 – 2 AZR 165 / 90 – AP § 615 BGB Nr. 47 m. w. N. 472 BAG 14. 8. 1974 – 5 AZR 497 / 73 – AP § 13 KSchG 1969 Nr. 3 m. abl. Anm. Vollkommer. 473 St. Rspr., zuletzt BAG 6. 9. 2006 – 5 AZR 703 / 05 – AP § 615 BGB Nr. 118 m. Anm. Bayreuther m. w. N. 474 OLG Düsseldorf 30. 12. 1971 – 8 U 160 / 71 – DB 1972, S. 181. 475 BAG 16. 6. 2004 – 5 AZR 508 / 03 – BAGE 111, 123 (130). 476 LAG Düsseldorf 5. 3. 1970 – 3 Sa 533 / 69 – DB 1970, S. 1277 f.

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und den nachteiligen Folgen für den Arbeitgeber, vorsätzlich ohne ausreichenden Grund Arbeit ablehnt oder vorsätzlich verhindert, dass ihm Arbeit angeboten wird.477 Schädigungsabsicht ist nicht erforderlich.478 Es genügt das vorsätzliche Außerachtlassen einer dem Arbeitnehmer bekannten Gelegenheit zur Erwerbsarbeit. Fahrlässiges, auch grob fahrlässiges Verhalten genügt trotz der Vorschrift des § 300 Abs. 1 BGB479 nicht.480 Ein der Sicherung erworbener vertraglicher Rechte dienendes Verhalten des Arbeitnehmers kann nicht gleichzeitig böswillig sein.481 aa) „Zumutbarkeit“ einer anderweitigen Tätigkeit Die vorsätzliche Untätigkeit muss vorwerfbar sein. Das ist nicht der Fall, wenn eine angebotene oder sonst mögliche Arbeit nach den konkreten Umständen für den Arbeitnehmer unzumutbar ist. Das nur in § 11 Nr. 2 KSchG, nicht auch in § 615 BGB, ausdrücklich normierte Kriterium der „Zumutbarkeit“482 der anderweitigen Beschäftigung findet nach allg. M. auch im Rahmen von § 615 S. 2 Alt. 3 BGB Anwendung. Die Unzumutbarkeit der Arbeit kann in der Person des Arbeitgebers, der Art der Arbeit oder den sonstigen Arbeitsbedingungen ihren Grund haben. Auch vertragsrechtliche Umstände sind zu berücksichtigen. Die Frage der Zumutbarkeit ist im Wege einer Interessenabwägung im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben zu bestimmen.483 Bei 477 Mitunter finden sich auch Formulierungen, dass „böswillig handelt, wer gegen die Redlichkeitsmaßstäbe verstoßen hat“, dazu Schaub, AR-Blattei SD 80, Rn. 77 m. w. N. 478 A. A. RAG 26. 5. 1937 – 283 / 36 – ARS 30, 113 (116); Staab, Annahmeverzug, S. 44 (47 ff.), der § 615 S. 2 BGB im Hinblick auf die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers nach Art. 12 Abs. 1 GG als „absolute Ausnahme“ ansieht. Anderes gilt z. B. auch in der Schweiz gemäß Art. 324 Abs. 2 Alt. 3 des Schweizerischen Obligationenrechts (OR), Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht) vom 30. 3. 1911 m. W. v. 1. 1. 1912, BBl. 1905 II S. 1, 1909 III S. 725, 1911 I S. 845; dazu näher Handkomm-Egli, OR 324, Rn. 13; zur Einstufung des Art. 324 Abs. 1 OR als gesetzlich erwähnten Tatbestand der Vorteilsanrechnung bzw. Vorteilsausgleichung im vertraglichen Haftungsrecht siehe Guhl / Koller, § 46 Rn. 82, § 10 Rn. 43 (47). 479 Danach hat der Schuldner während des Verzugs des Gläubigers nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Allerdings kann dieser Haftungserleichterung hinsichtlich des „Vertretenmüssens“ keine abschließende Aussage über den subjektiven Maßstab der „Böswilligkeit“ i. S. v. § 615 S. 2 Alt. 3 BGB entnommen werden. 480 Allg. M. und st. Rspr. seit BAG 18. 10. 1958 – 2 AZR 291 / 58 – BAGE 6, 306 (307 ff.); BAG 18. 6. 1965 – 5 AZR 351 / 64 – AP § 615 BGB Böswilligkeit Nr. 2 m. Anm. Hueck, A.; BAG 23. 1. 1967 – 3 AZR 253 / 66 – BAGE 19, 194 (202); BAG 24. 2. 1981 – 6 AZR 55 / 78 – juris; BAG 16. 5. 2000 – 9 AZR 203 / 99 – BAGE 94, 343 (346); BAG 24. 9. 2003 – 5 AZR 500 / 02 – BAGE 108, 27 (30); BAG 11. 1. 2006 – 5 AZR 98 / 05 – BAGE 116, 359 (362); BGH 11. 3. 1963 – VII ZR 176 / 61 – DB 1963, S. 662; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 99. 481 BAG 2. 11. 1973 – 5 AZR 147 / 73 – BAGE 25, 344 (347 f.). 482 Ausführlich zur „Zumutbarkeit“ Bornhagen, Zumutbarkeit als Rechtsgedanke im ArbeitsR, S. 30 ff., 124 ff.

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der Abwägung, was dem Arbeitnehmer zumutbar ist, muss insbesondere die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Freiheit der Berufswahl beachtet werden.484 Andererseits gebietet nach st. Rspr. des BAG die dem Arbeitnehmer obliegende allgemeine Treuepflicht,485 keinen „Gewinn auf Kosten des Arbeitgebers“486 zu erzielen und die Nachteile für diesen möglichst gering zu halten.487 Anerkannte Kriterien für die Beurteilung der Zumutbarkeit einer anderweitigen Tätigkeit sind Art, Umfang und „Wertigkeit“ der Arbeit,488 Form und Höhe der anderweitig zu erzielenden Vergütung,489 Art und Umfang der Sozialleistungen, der Arbeitsort,490 die Notwendigkeit eines Umzugs,491 die Dauer und Länge der Arbeitszeit einschließlich des möglichen Anfalls von Mehrarbeit und Überstunden, die Größe des Unternehmens sowie die Gefährlichkeit der Arbeit.492 Nach h. M. sollen die in § 121 SGB III für die Zumutbarkeit der Aufnahme einer Beschäftigung durch einen Arbeitslosen niedergelegten Maßstäbe im Rahmen von § 615 S. 2 Alt. 3 BGB keine Berücksichtigung finden, da es dort um einen 483 Allg. M., BAG 7. 2. 2007 – 5 AZR 422 / 06 – NZA 2007, S. 561 (562); BAG 11. 10. 2006 – 5 AZR 754 / 05 – AP § 615 BGB Nr. 119; BAG 11. 1. 2006 – 5 AZR 125 / 05 – BAGE 116, 355 (356); BAG 11. 1. 2006 – 5 AZR 98 / 05 – BAGE 116, 359 (362); BAG 16. 6. 2004 – 5 AZR 508 / 03 – BAGE 111, 123 (126 f.); BAG 24. 9. 2003 – 5 AZR 500 / 02 – BAGE 108, 27 (30 f.); BAG 19. 3. 1998 – 8 AZR 139 / 97 – BAGE 88, 196 (204 f.); BAG 14. 11. 1985 – 2 AZR 98 / 84 – BAGE 50, 164 (176); BAG 18. 6. 1965 – 5 AZR 351 / 64 – AP § 615 BGB Böswilligkeit Nr. 2 m. Anm. Hueck, A.; BAG 18. 1. 1963 – 5 AZR 200 / 62 – BAGE 14, 31 (36 f.); BGH 11. 3. 1963 – VII ZR 176 / 61 – DB 1963, S. 662; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 100; Bornhagen, Zumutbarkeit als Rechtsgedanke im ArbeitsR, S. 124 (126 f.); Schirge, DB 2000, S. 1278 ff. 484 BAG 7. 2. 2007 – 5 AZR 422 / 06 – NZA 2007, S. 561 (562); BAG 11. 10. 2006 – 5 AZR 754 / 05 – AP § 615 BGB Nr. 119; BAG 16. 6. 2004 – 5 AZR 508 / 03 – BAGE 111, 123 (126 f.); BAG 9. 8. 1974 – 3 AZR 350 / 73 – AP § 74c HGB Nr. 5 m. abl. Anm. Reinhardt; BAG 23. 1. 1967 – 3 AZR 253 / 66 – BAGE 19, 194 (203); LAG Düsseldorf 13. 2. 1962 – 8 Sa 11 / 62 – DB 1962, S. 643; LAG Berlin 27. 8. 1957 – 5 Sa 310 / 57 – AP § 615 BGB Nr. 4 m. zust. Anm. Hueck, A.; Hessisches LAG 5. 9. 1956 – II LA 25 / 56 – AP § 615 BGB Nr. 2 m. zust. Anm. Hueck, G. 485 Zur Treuepflicht des Arbeitnehmers gemäß § 242 BGB bzw. § 241 Abs. 2 BGB als allgemeiner arbeitsvertraglicher Nebenpflicht siehe MünchKomm-BGB / Müller-Glöge, § 611 Rn. 1074 ff.; ErfK / Preis, § 611 BGB Rn. 869 ff. 486 Zu Kritik an dieser auch für die Umschreibung des Normzwecks des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB herangezogenen Formulierung siehe noch näher unter 3. Teil D. I. 487 BAG 23. 1. 1967 – 3 AZR 253 / 66 – BAGE 19, 194 (202); BAG 18. 6. 1965 – 5 AZR 351 / 64 – AP § 615 BGB Böswilligkeit Nr. 2 m. Anm. Hueck, A.; BAG 10. 4. 1963 – 4 AZR 95 / 62 – BAGE 14, 156 (163); BAG 18. 10. 1958 – 2 AZR 291 / 58 – BAGE 6, 306 (309 f.). 488 Schaub, AR-Blattei SD 80, Rn. 78. 489 BAG 16. 6. 2004 – 5 AZR 508 / 03 – BAGE 111, 123 (128 ff.). 490 Auch unter Berücksichtigung der Dauer der Fahrzeit zur Arbeit (Pendelzeit). 491 Siehe dazu auch die arbeitsförderungsrechtlichen Wertungen in § 121 Abs. 4 S. 4 – 7 SGB III. 492 MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 76; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 101; Schaub, AR-Blattei SD 80, Rn. 78; ders., ZIP 1981, S. 347 (351).

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anderen Regelungsgegenstand gehe, nämlich den Schutz der Versichertengemeinschaft.493 bb) Zumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung beim Vertragsarbeitgeber Eine Anrechnung nach § 615 S. 2 Alt. 3 BGB kommt auch in Betracht, wenn der sich im Annahmeverzug befindende Arbeitgeber Arbeit anbietet.494 Dies gilt insbesondere für den Fall einer bis zur endgültigen Entscheidung des Kündigungsrechtsstreits befristeten Weiterbeschäftigung zu denselben Arbeitsbedingungen. Die Zumutbarkeit wird vornehmlich von der Art der Kündigung und ihrer Begründung, insbesondere hinsichtlich Art und Schwere der gegenüber dem Arbeitnehmer erhobenen Vorwürfe, sowie dem Verhalten des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess abhängen.495 Erwirkt der Arbeitnehmer die arbeitsgerichtliche Verurteilung des Arbeitgebers zur vorläufigen Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits, so ist es ihm mangels besonderer, von ihm darzulegender Umstände nicht unzumutbar, der Aufforderung des Arbeitgebers nachzukommen, diese sog. Prozessbeschäftigung496 aufzunehmen.497 Ein böswilliges Unterlassen kann nach geänderter Rechtsprechung des BAG auch darin liegen, dass der Arbeitnehmer die Erbringung einer vertraglich nicht geschuldeten Arbeitsleistung ablehnt,498 die der Arbeitgeber von ihm in einem un493 BAG 11. 10. 2006 – 5 AZR 754 / 05 – AP § 615 BGB Nr. 119; BAG 16. 6. 2004 – 5 AZR 508 / 03 – BAGE 111, 123 (127); Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 153; MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 76; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 100; Küttner / Griese, Personalbuch 2007, Annahmeverzug Rn. 20; Sandmann, RdA 2005, S. 247 (248); Spirolke, NZA 2001, S. 707 (711 f.); weitgehend bejahend dagegen Koch, Kündigungsschutz, S. 125 ff. 494 St. Rspr., BAG 11. 10. 2006 – 5 AZR 754 / 05 – AP § 615 BGB Nr. 119; BAG 16. 6. 2004 – 5 AZR 508 / 03 – BAGE 111, 123 (126 f.); BAG 22. 2. 2000 – 9 AZR 194 / 99 – AP § 11 KSchG 1969 Nr. 2 m. zust. Anm. Schirge. 495 St. Rspr., näher zum Ganzen BAG 24. 9. 2003 – 5 AZR 500 / 02 – BAGE 108, 27 (31); BAG 7. 11. 2002 – 2 AZR 650 / 00 – AP § 615 BGB Nr. 98; BAG 14. 11. 1985 – 2 AZR 98 / 84 – BAGE 50, 164 (176 ff.). 496 Näher zur „Prozessbeschäftigung“ Ricken, NZA 2005, S. 323 (324 ff.); Karlsfeld, ArbRB 2003, S. 283 ff.; Wank, Sonderbeilage zu NZA 2003, Heft 21, S. 3 (8 f.); Ramrath, FS Leinemann, S. 347 ff. 497 St. Rspr. und h. M., BAG 24. 9. 2003 – 5 AZR 500 / 02 – BAGE 108, 27 (31 ff.); BAG 14. 11. 1985 – 2 AZR 98 / 84 – BAGE 50, 164 (176 ff.); LAG Köln 14. 12. 1995 – 6 Sa 933 / 95 – AP § 615 BGB Böswilligkeit Nr. 6; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 102 ff.; Dollmann, BB 2003, S. 2681 (2685 ff.); Opolony, BB 2004, S. 1386 (1388 f.); Schirge, DB 2000, S. 1278 ff.; Spirolke, NZA 2001, S. 707 (709 ff.); a. A. Peter, DB 1982, S. 488 (493 ff.); Berkowsky, DB 1981, S. 1569 (1570). 498 Zu den Grenzen des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts gemäß § 106 GewO siehe Boemke / Keßler, GewO, § 106 Rn. 17 ff.; Landmann / Rohmer / Neumann, GewO, § 106 Rn. 9 ff.; Wank, in: Tettinger / Wank, GewO, § 106 Rn. 13 ff.; ErfK / Preis, § 611 BGB Rn. 274 (276 ff.).

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streitig bestehenden Arbeitsverhältnis verlangt.499 Der Arbeitnehmer braucht sich hingegen nicht auf eine dauerhafte Änderung des Arbeitsvertrages einzulassen.500 Böswilligkeit liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer zu Recht befürchtet, sein Einsatz auf einem anderen Arbeitsplatz werde im Zusammenhang mit der nachdrücklichen Aufrechterhaltung bestimmter Vorwürfe durch den Arbeitgeber betriebsöffentlich als kompromittierend angesehen.501 cc) Aufnahme einer neuen Tätigkeit Der Arbeitnehmer muss während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers kein anderweitiges Dauerarbeitsverhältnis aufnehmen, wenn ihm dadurch die alsbaldige Rückkehr an den bisherigen Arbeitsplatz erschwert wird.502 Der Arbeitnehmer muss auch keine von einem Wettbewerbsverbot erfasste Tätigkeit annehmen, wenn nicht der Arbeitgeber hiermit einverstanden ist.503 Der Arbeitnehmer ist in den Grenzen von Treu und Glauben unter Berücksichtigung seiner Berufswahlfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG grds. dazu berechtigt, gegebenenfalls aber nach § 121 Abs. 3, Abs. 5 Hs. 2 SGB III sogar verpflichtet,504 eine andersartige, geringere Qualifikationen erfordernde oder geringer bezahlte Tätigkeit aufzunehmen.505 Im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG steht es dem Arbeitnehmer frei, anstelle einer abhängigen Tätigkeit den Aufbau einer Existenz als Selbständiger oder Freiberufler zu versuchen, sofern nicht ein solches Vorhaben völlig unrealistisch ist.506 Die 499 BAG 7. 2. 2007 – 5 AZR 422 / 06 – NZA 2007, S. 561 (562) unter Aufgabe von BAG 3. 12. 1980 – 5 AZR 477 / 78 – AP § 615 BGB Böswilligkeit Nr. 4; einschränkend zuvor bereits BAG 24. 8. 1983 – 7 AZR 296 / 80 – juris; offen gelassen von BAG 16. 6. 2004 – 5 AZR 508 / 03 – BAGE 111, 123 (128). 500 BAG 11. 1. 2006 – 5 AZR 98 / 05 – BAGE 116, 359 (364). 501 BAG 7. 11. 2002 – 2 AZR 650 / 00 – AP § 615 BGB Nr. 98; zur Diskriminierung des gekündigten Arbeitnehmers „unter dem Gesichtspunkt des betrieblichen Spiessrutenlaufens“ Welkoborsky / Radü, AiB 2006, S. 642 (644, 645). 502 BAG 18. 6. 1965 – 5 AZR 351 / 64 – AP § 615 BGB Böswilligkeit Nr. 2 m. insoweit abl. Anm. Hueck, A. Ob dies auch dann zu gelten hat, wenn die gesetzliche Mindest-Kündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB oder die Kündigungsfrist während einer vereinbarten Probezeit nach § 622 Abs. 3 BGB im neuen Arbeitsverhältnis vereinbart ist, scheint zweifelhaft, ArbG Berlin 5. 5. 2004 – 7 Ca 32770 / 03 – EzA-SD 2004, Nr. 13, S. 9 m. w. N.; Bayreuther, NZA 2003, S. 1365 (1367 ff.). 503 BAG 25. 4. 1991 – 2 AZR 624 / 90 – AP § 626 BGB Nr. 104; BAG 27. 3. 1974 – 5 AZR 258 / 73 – BAGE 26, 89 (99 f.). 504 Näher zu diesem problematischen Spannungsfeld zwischen Arbeits- und Sozialversicherungsrecht sowie möglichen Lösungsvorschlägen Bayreuther, NZA 2003, S. 1365 (1368 f.). 505 BAG 23. 1. 1967 – 3 AZR 253 / 66 – BAGE 19, 194 (205). Bei Gehaltskürzungen von etwa 12 – 15 % sind Gründe für die Unzumutbarkeit bei einem Besserverdienenden nicht ohne weiteres ersichtlich, so LAG Niedersachsen 18. 1. 2006 – 6 Sa 1533 / 04 – NZA-RR 2006, S. 349 f. 506 BAG 16. 6. 2004 – 5 AZR 508 / 03 – BAGE 111, 123 (130); BAG 24. 4. 1980 – 3 AZR 928 / 77 – juris; BAG 13. 11. 1975 – 3 AZR 38 / 75 – AP § 74c HGB Nr. 7; BAG

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1. Teil: Grundlegung

Aufnahme eines Erfolg versprechenden berufsfördernden Studiums ist grds. nicht böswillig.507 Böswilliges Unterlassen ist nicht bereits einem vorübergehenden Auslandsaufenthalt des Arbeitnehmers zu entnehmen.508 dd) Obliegenheit des Arbeitnehmers zur Meldung bei der Agentur für Arbeit Böswilliges Unterlassen scheidet aus, wenn sich der Arbeitnehmer bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend gemeldet hat.509 Nach Ansicht des BAG soll das Unterlassen der Meldung bei der Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender selbst bei bestehenden Vermittlungsaussichten auf dem Arbeitsmarkt regelmäßig nicht als böswillig anzusehen sein. Denn die Annahmeverzugs-Vorschriften der § 615 S. 2 Alt. 3 BGB, § 11 Nr. 2 KSchG begründeten weder eine Obliegenheit noch eine Rechtspflicht des Arbeitnehmers, die Arbeitsvermittlung in Anspruch zu nehmen.510 Diese Rechtsprechung ist im Hinblick auf die sanktionsbewehrte511 Verpflichtung des Arbeitnehmers zur unverzüglichen512 persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts des Versicherungspflichtverhältnisses gemäß § 37b S. 3 SGB III513 abzulehnen.514 18. 1. 1963 – 5 AZR 200 / 62 – BAGE 14, 31 (36 f.); Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 155. 507 BAG 13. 2. 1996 – 9 AZR 931 / 94 – BAGE 82, 157 (158 ff.); BAG 9. 8. 1974 – 3 AZR 350 / 73 – AP § 74c HGB Nr. 5 m. abl. Anm. Reinhardt; BAG 8. 2. 1974 – 3 AZR 519 / 73 – AP § 74c HGB Nr. 4 m. krit. Anm. Küchenhoff. 508 BAG 11. 7. 1985 – 2 AZR 106 / 84 – AP § 615 BGB Nr. 35a; BAG 23. 1. 1967 – 3 AZR 253 / 66 – BAGE 19, 194 (205). 509 LAG Köln 5. 7. 2002 – 11 Sa 559 / 01 – LAGE § 615 BGB Nr. 66; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 105. 510 BAG 16. 5. 2000 – 9 AZR 203 / 99 – BAGE 94, 343 (346 ff.); BAG 24. 2. 1981 – 6 AZR 334 / 78 – juris; LAG Köln 13. 12. 2002 – 4 Sa 221 / 02 – juris; für § 74c Abs. 1 S. 1 HGB BAG 2. 6. 1987 – 3 AZR 626 / 85 – BAGE 55, 309 (314 ff.); ebenso aus der Literatur BeckOK-BGB / Fuchs, § 615 Rn. 40c; jurisPK-BGB / Geisler, § 293 Rn. 60; Palandt / Weidenkaff, § 615 BGB Rn. 20; Roos, C., notar 2006, S. 60 (69). 511 Zur Minderung des Arbeitslosengeldes wegen verspäteter Meldung siehe § 140 SGB III. 512 Die Legaldefinition in § 121 Abs. 1 S. 1 BGB findet Anwendung, BSG 25. 5. 2005 – B 11a / 11 AL 81 / 04 R – BSGE 95, 8 (11 m. w. N.). 513 Eingefügt durch Art. 1 Nr. 6 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. 12. 2002 m. W. v. 1. 7. 2003 – „Hartz I“, BGBl. 2002 I S. 4607 (4609, 4620); näher zu § 37b SGB III Bauer / Krets, NJW 2003, S. 537 (541 f.); Hümmerich / Holthausen / Welslau, NZA 2003, S. 7 (8). 514 MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 75; HWK / Krause, § 615 BGB Rn. 101; APS / Biebl, KündR, § 11 KSchG Rn. 23; ErfK / Kiel, § 11 KSchG Rn. 10; KR / Spilger, § 11 KSchG Rn. 40; Tschöpe, DB 2004, S. 434 (435); Reufels / Schmülling, ArbRB 2004, S. 88 (90); Boecken / Topf, RdA 2004, S. 19 (23); Hanau, ZIP 2003, S. 1573 (1575); Bayreuther, NZA 2003, S. 1365 (1366 f.); Sandmann, RdA 2005, S. 247 (248); Heffner / Link, AuA 2003, Nr. 9, S. 24 f.; ebenso schon vor Einfügung des § 37b SGB III Staudinger /

D. Die Rechtsfolgen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers

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ee) Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB Ein Betriebsübergang515 führt nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, vielmehr tritt der Erwerber gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB vollständig in die Rechtsposition des Veräußerers ein.516 Im Hinblick auf den Schutzzweck der Norm muss der Erwerber auch den gegenüber dem Veräußerer eingetretenen Annahmeverzug gegen sich gelten lassen.517 Der Arbeitnehmer, der dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a Abs. 6 BGB widersprochen hat, hat gegen den Veräußerer, der ihn nicht weiterbeschäftigt, grds. Anspruch auf Annahmeverzugslohn. Der Arbeitnehmer kann jedoch „böswillig“ i. S. v. § 615 S. 2 Alt. 3 BGB handeln, wenn er die ihm vom Betriebserwerber angebotene, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist befristete Beschäftigung „zu identischen Bedingungen“ ablehnt und keine sonstigen Unzumutbarkeitsgründe vorliegen.518 Denn ein böswilliges Unterlassen beim neuen Inhaber ist nicht schon allein deswegen ausgeschlossen, weil der Arbeitnehmer das Widerspruchsrecht wirksam ausgeübt hat.519 d) Anrechnung öffentlich-rechtlicher Entgeltersatzleistungen Im Gegensatz zu § 11 Nr. 3 S. 1 KSchG520 ist weder in § 615 S. 2 Alt. 1 – 3 BGB521 noch in § 74c Abs. 1 HGB522 die Anrechnung öffentlich-rechtlicher Lohn-

Richardi, § 615 BGB Rn. 154; Hromadka, ZfA 2002, S. 383 (395); Schaub, ZIP 1981, S. 347 (351). 515 Zu den Tatbestandsvoraussetzungen eines Betriebs-(teil-)übergangs siehe nur ErfK / Preis, § 613a BGB Rn. 5 ff. 516 Zu den Rechtsfolgen des Betriebsübergangs ErfK / Preis, § 613a Rn. 66 ff.; Schliemann / Ascheid, § 613a BGB Rn. 59 ff.; siehe auch Boecken, Unternehmensumwandlungen und ArbeitsR, S. 35 ff. 517 BAG 16. 7. 1998 – 8 AZR 81 / 97 – NZA 1998, S. 1233 f.; BAG 21. 3. 1991 – 2 AZR 577 / 90 – AP § 615 BGB Nr. 49; BAG 4. 12. 1986 – 2 AZR 246 / 86 – BAGE 53, 380 (382 ff.). 518 LAG Nürnberg 16. 6. 1987 – 6 Sa 102 / 86 – LAGE § 615 BGB Nr. 13; Schneider / Sittard, BB 2007, S. 2230 ff.; Grau, MDR 2005, S. 491 (492 ff.). 519 BAG 19. 3. 1998 – 8 AZR 139 / 97 – BAGE 88, 196 (203); Löw, AuR 2006, S. 224 (225); Fenn / Klose, JuS 2000, S. 531 (536). 520 Siehe auch bereits § 9 S. 1 lit. c) KSchG 1951 sowie zuvor § 88 S. 2 BRG und § 59 S. 3 AOG. 521 Unklar insoweit die Annahme des SPD-Abgeordneten Preller als Berichterstatter des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuss), in: Verhandlungen des Deutschen Bundestages, I. Wahlperiode 1949, Stenographische Berichte Band 8, 156. Sitzung vom 5. 7. 1951, S. 6210 (6211), wenn er davon ausgeht, dass nach der Fassung des Regierungsentwurfs zu § 9 lit. a) – d) KSchG 1951 Leistungen anzurechen sind, „die in vier nach den entsprechenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs festgelegten Positionen genannt sind.“, H. d. d. V. 522 Zur Anrechnung von Arbeitslosengeld nach §§ 117 ff. SGB III auf die wegen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots zu zahlende Karenzentschädigung analog § 74c HGB

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1. Teil: Grundlegung

ersatzleistungen ausdrücklich vorgesehen. Es besteht indes Einigkeit, dass die Vorschriften des § 11 KSchG und § 615 S. 2 BGB trotz ihres unterschiedlichen Wortlauts im Wesentlichen inhaltsgleich sind.523 Im Übrigen findet regelmäßig bereits ein gesetzlicher Forderungsübergang des Anspruchs auf Arbeitsentgelt nach § 115 SGB X auf den die Lohnersatzleistung erbringenden öffentlich-rechtlichen Sozialleistungsträger statt, insbesondere auf die zuständige Agentur für Arbeit nach Gewährung von Arbeitslosengeld.524 Abgesehen davon sind nach überwiegend vertretener Ansicht auch im Anwendungsbereich von § 615 S. 2 BGB öffentlichrechtliche Entgeltersatzleistungen analog § 11 Nr. 3 S. 1 KSchG auf den Annahmeverzugslohnanspruch anzurechnen.525 Insoweit kommt insbesondere Arbeitslosengeld526 in Betracht, des Weiteren Krankengeld,527 Überbrückungsgeld,528 vorgezogenes Altersruhegeld für Arbeitslose,529 erhöhte Unfallrenten wegen Arbeitslosigkeit530 sowie Bezüge aus einer Rente wegen Erwerbsminderung.531 Dies gilt nicht für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit.532 Hat die Bundesagentur für Arbeit nach unwirksamer ordentlicher Arbeitgeberkündigung für die Zwischenzeit neben dem Arbeitslosengeld die Krankenkassenbeiträge zur gesetzlichen Pflichtversicherung gezahlt, so muss sich der Arbeitnehsiehe BAG 23. 11. 2004 – 9 AZR 595 / 03 – BAGE 112, 376 (382 f.); BAG 25. 6. 1985 – 3 AZR 305 / 83 – BAGE 49, 109 (114 ff. m. w. N.); BSG 13. 3. 1990 – 11 RAr 50 / 86 – BSGE 66, 250 (253 f.); zur Anrechnung von Überbrückungsgeld nach § 57 SGB III auf die Karenzentschädigung BAG 16. 11. 2005 – 10 AZR 152 / 05 – AP § 74c HGB Nr. 21. Nicht anrechnungsfähig sind hingegen Übergangsgeld nach §§ 49 f. SGB VII, dazu BAG 7. 11. 1989 – 3 AZR 796 / 87 – BAGE 63, 206 (209 ff. m. w. N.), Altersrenten der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß §§ 35 ff. SGB VI, BAG 30. 10. 1984 – 3 AZR 213 / 82 – BAGE 47, 125 (129 f.); BAG 3. 8. 1960 – 5 AZR 51 / 60 – AP § 74 HGB Nr. 14 m. insoweit zust. Anm. Hefermehl sowie Krankengeld gemäß §§ 44 ff. SGB V und Bezüge aus einer Erwerbsunfähigkeitsrente nach §§ 43, 45 SGB VI, dazu jeweils BAG 23. 11. 2004 – 9 AZR 595 / 03 – BAGE 112, 376 (382). Ausführlich zum sachlichen Umfang der Anrechnung im Rahmen von § 74c HGB Boecken, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 74c Rn. 6 ff. 523 Zum Verhältnis der beiden Vorschriften siehe oben 1. Teil B. II. 4. 524 So etwa in BAG 26. 5. 1993 – 5 AZR 405 / 92 – BAGE 73, 186 (188 ff.); MünchArb / Boewer, § 78 Rn. 56; Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 143. 525 Siehe BAG 22. 5. 1990 – 3 AZR 373 / 88 – AP § 74c HGB Nr. 19; BAG 2. 6. 1987 – 3 AZR 626 / 85 – BAGE 55, 309 (314 ff.), zu § 74c HGB; LAG Köln 15. 10. 2003 – 7 Sa 163 / 03 – NZA-RR 2004, S. 612 (613 f.); LAG Köln 24. 11. 1995 – 13 Sa 830 / 95 – NZA-RR 1996, S. 286; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 89; Küttner / Griese, Personalbuch 2007, Annahmeverzug Rn. 18; Roos, C., notar 2006, S. 60 (69); a. A. ErfK / Wank, § 11 AÜG Rn. 25 m. w. N. 526 §§ 117 ff. SGB III. 527 §§ 44 ff. SGB V; näher hierzu Küttner / Schlegel, Personalbuch 2007, Annahmeverzug Rn. 31 f. 528 § 57 SGB III; dazu Küttner / Griese, Personalbuch 2007, Annahmeverzug Rn. 18. 529 Siehe § 38 SGB VI a. F., § 237 SGB VI, § 202 SGB III. 530 § 58 SGB VII. 531 § 43 SGB VI. 532 BAG 24. 9. 2003 – 5 AZR 282 / 02 – EzA § 615 BGB 2002 Nr. 3.

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mer auf das vom Arbeitgeber geschuldete Arbeitsentgelt nach § 11 Nr. 3 S. 1 KSchG den Betrag anrechnen lassen, den er zur Krankenversicherung selbst hätte entrichten müssen, wenn der Arbeitgeber seinen Zahlungspflichten während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses nachgekommen wäre.533 Wie die Anrechnung zu erfolgen hat, wenn sich der Arbeitnehmer zusätzlich zum Arbeitslosengeld nach § 11 Nr. 3 KSchG böswillig unterlassenen Erwerb gemäß § 11 Nr. 2 KSchG anrechnen lassen muss, erschließt sich aus den Zwecken des § 11 KSchG.534 Nach neuerer Rechtsprechung des BAG sind derartige Fälle im Wege einer „proportionalen Zuordnung“ zu lösen.535 Der Arbeitnehmer muss sich gemäß § 11 Nr. 3 S. 1 KSchG den Teil des bezogenen Arbeitslosengelds anrechnen lassen, der dem Anteil der Bruttovergütung entspricht, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer noch nach Anrechnung des böswillig unterlassenen Erwerbs auf das vertraglich geschuldete Arbeitsentgelt zu zahlen hat.536 Daraus folgt, dass gegebenenfalls die Beitragsbemessungsgrenze537 zu beachten ist, bis zu deren Höhe sich das gesamte Arbeitslosengeld als Äquivalent des Gesamtbruttoentgelts darstellt.538

5. Überblick zu den beiden Methoden des zeitlichen Umfangs der Anrechnung a) Gesamtberechnung bzw. Gesamtanrechnung Nach st. Rspr. und h. M. ist der anderweitige Verdienst des Arbeitnehmers nach § 615 S. 2 BGB bzw. § 11 KSchG auf die Vergütung für die gesamte Dauer des Annahmeverzugs anzurechnen und nicht nur auf die Vergütung für den Zeitabschnitt, in welchem der anderweitige Verdienst erzielt wurde.539 Zum Zwecke der dafür erforderlichen Vergleichsberechnung (Gesamtberechnung) ist zunächst die Vergütung für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste zu ermitteln. Dieser Gesamtvergütung ist gegenüberzustellen, was der Arbeitnehmer in der betreffenden Zeit anderweitig verdient hat.540 Zur Begründung wird im Wesentlichen angeführt, dass von einer Anrechnung nach Zeitabschnitten im Gesetz keine Rede sei. Die Gesamtberechnung ergebe sich BAG 9. 4. 1981 – 6 AZR 787 / 78 – BAGE 35, 200 (202 ff.). Dazu noch näher folgend unter 3. Teil B. II. 1. a). 535 BAG 11. 1. 2006 – 5 AZR 125 / 05 – BAGE 116, 355 (357 f.); zustimmend ErfK / Kiel, § 11 KSchG Rn. 12; Schier, BB 2006, S. 2578 (2581 mit Berechnungsbeispiel); ablehnend Furier, AiB 2006, S. 388 (390). 536 BAG 11. 1. 2006 – 5 AZR 125 / 05 – BAGE 116, 355 (357 f.). 537 § 341 Abs. 4 SGB III i. V. m. §§ 159, 160 Nr. 2 SGB VI i. V. m. § 3 SVBezGrG. 538 BAG 11. 1. 2006 – 5 AZR 125 / 05 – BAGE 116, 355 (358). 539 Umfangreiche Nachweise zur Gesamtberechnungsmethode siehe oben Einleitung B. 540 So ausdrücklich BAG 12. 12. 2006 – 1 AZR 96 / 06 – AP § 77 BetrVG 1972 Nr. 94; BAG 22. 11. 2205 – 1 AZR 407 / 04 – BAGE 116, 246 (250 f.), jeweils m. w. N. 533 534

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maßgeblich aus Sinn und Zweck des § 615 S. 2 BGB und soll aus Gründen der Billigkeit sicherstellen, dass der Arbeitnehmer aus der anderweitigen Verwendung seiner Dienste keinen Gewinn auf Kosten des Arbeitgebers machen kann, was möglich wäre, wenn in einzelnen Zeitabschnitten ein höherer und in anderen Zeitabschnitten ein geringerer Zwischenverdienst erzielt wird. Auch würden nur so Manipulationsmöglichkeiten zu Lasten des Arbeitgebers, etwa durch die Ausgestaltung der mit dem anderen Arbeitgeber getroffenen Vergütungsabrede, umgangen. Letztlich seien steuer- und sozialversicherungsrechtliche Folgeprobleme mit der Gesamtberechnungsmethode eher lösbar.541 b) Zeitabschnittsbezogene, ratierliche Anrechnungsmethode pro rata temporis bzw. Einzelbetrachtungslehre Nach a. A. hat die Anrechnung anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers gemäß § 615 S. 2 BGB und § 11 KSchG für jeden einzelnen Zeitabschnitt separat zu erfolgen.542 Der Wortlaut des § 615 S. 2 BGB sehe weder die eine noch die andere Methode ausdrücklich vor. Der Arbeitnehmer erwerbe für jede Lohnzahlungsperiode einen rechtlich selbständigen synallagmatischen Vergütungsanspruch gemäß §§ 611 Abs. 1, 615 S. 1, 614 S. 2 BGB, keinen „Gesamtanspruch“. Übersteigt der erzielte Zwischenverdienst den gesamten Annahmeverzugslohn, so stehe der nicht anrechenbare Überschuss ohnehin dem Arbeitnehmer zu. Es entspreche gerade nicht der Billigkeit, dass der vertragswidrig handelnde Arbeitgeber daraus Vorteile ziehen können soll, dass der wegen des fehlenden regelmäßigen Einkommens eine andere Tätigkeit aufnehmende Arbeitnehmer in der Lage ist, seine freigewordene Arbeitskraft anderweitig zu einem höheren Preis zu verkaufen.543 Auch bei § 74c Abs. 1 S. 1 HGB sowie im Rahmen der Anrechnung von Arbeitsentgelt auf öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen sei eine zeitabschnittsbezogene Anrechnung anerkannt. Das „Bereicherungsverbot“ werde durch die Gesamtberechnung überdehnt.544 Zudem wird darauf hingewiesen, dass die Gesamtberechnung dem Zweck der Pfändungsschutzvorschriften der §§ 850 ff. ZPO widerspreche und zu nicht hinnehmbaren Friktionen im Einkommensteuer- wie im Sozialversicherungsrecht führe.545 Praktische Auswirkungen der unterschiedlichen Berechnungsmethoden ergeben sich dann, wenn der Arbeitnehmer im Fall eines mehrere Lohnperioden, i. d. R. 541 Zuletzt etwa BAG 22. 11. 2005 – 1 AZR 407 / 04 – BAGE 116, 246 (251 f.); zu den Argumenten der Gesamtberechnungsmethode noch ausführlich unter 2. Teil B. 542 Nachweise siehe oben Einleitung B. 543 Grundlegend Boecken, NJW 1995, S. 3218 ff. m. w. N. 544 Gumpert, BB 1964, S. 1300 (1301). 545 Nübold, RdA 2004, S. 31 (34); zur umfassenden Kritik an der Methode der Gesamtberechnung siehe noch ausführlich im 3. und 4. Teil der Untersuchung.

D. Die Rechtsfolgen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers

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Monate, umfassenden Annahmeverzugs während bestimmter Zeitabschnitte keinen oder einen gegenüber der periodisch zu entrichtenden arbeitsvertraglichen Vergütung geringeren anderweitigen Erwerb hat, hingegen in einer anderen Periode ein den Annahmeverzugslohn übersteigendes Einkommen erzielt.546 6. Auskunftspflicht des Arbeitnehmers bzw. Auskunftsanspruch des Arbeitgebers analog § 74c Abs. 2 HGB Wird der Arbeitgeber auf Zahlung von Annahmeverzugslohn in Anspruch genommen, hat er gegen den Arbeitnehmer zur Milderung der ihn treffenden Darlegungs- und Beweislast in entsprechender Anwendung von § 74c Abs. 2 HGB547 Anspruch auf Auskunft über die tatsächlichen Umstände, die nach § 615 S. 2 BGB das Erlöschen seiner Zahlungsverpflichtung bewirken.548 Hierdurch soll einer rechtsgrundlosen Überzahlung von Annahmeverzugslohn durch den Arbeitgeber, der keine Kenntnis von anzurechnenden Posten hat, vorgebeugt sowie eine Rückzahlungsklage des Arbeitgebers ermöglicht werden.549 Inhalt und Umfang der Auskunftspflicht richten sich im konkreten Einzelfall nach den Grundsätzen von Treu und Glauben. Es ist das Interesse des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, dass die Auskunft ihm keinen unzumutbaren Aufwand verursacht, andererseits das Interesse des Arbeitgebers, ein möglichst deutliches Bild über den anrechenbaren Zwischenverdienst zu erhalten.550 Der im Wege einer Widerklage551 oder selbständigen Leistungsklage552 einklagbare Auskunftsanspruch des Arbeitgebers bezieht sich grds. nicht auf die Frage des Vorhandenseins eines Anrechnungspostens an sich, sondern regelmäßig nur auf die Höhe des anderweitigen Erwerbs.553 Hat der Arbeitgeber greifbare Anhaltspunkte 546 Zu den rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der unterschiedlichen Ansichten siehe folgend unter 2. Teil A. 547 Hierzu BAG 2. 6. 1987 – 3 AZR 626 / 85 – BAGE 55, 309 (316 ff.); BAG 25. 2. 1975 – 3 AZR 148 / 74 – AP § 74c HGB Nr. 6 m. zust. Anm. Moritz; Boecken, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 74c Rn. 26 ff. m. w. N. 548 Allg. M., BAG 19. 3. 2002 – 9 AZR 16 / 01 – EzA § 615 BGB Nr. 108; BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (59 m. Anm. Boecken); BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (32 ff.); BAG 14. 8. 1974 – 5 AZR 497 / 73 – AP § 13 KSchG 1969 Nr. 3 m. abl. Anm. Vollkommer; BAG 27. 3. 1974 – 5 AZR 258 / 73 – BAGE 26, 89 (100 ff.); ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 115 ff. 549 Zum Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 oder S. 2 Alt. 1 BGB wegen Überzahlung von Annahmeverzugslohn siehe sogleich folgend unter 1. Teil D. II. 7. 550 BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (36). 551 BAG 2. 6. 1987 – 3 AZR 626 / 85 – BAGE 55, 309 (316 ff.); BAG 27. 3. 1974 – 5 AZR 258 / 73 – BAGE 26, 89 (100 ff.). 552 BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (37 f.). 553 BAG 19. 2. 1997 – 5 AZR 379 / 94 – juris; BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (32 f.); BAG 6. 9. 1990 – 2 AZR 165 / 90 – AP § 615 BGB Nr. 47; BAG 19. 7. 1978 – 5

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1. Teil: Grundlegung

für eine anderweitige Erwerbstätigkeit des Arbeitnehmers während des Annahmeverzugs dargelegt,554 so hat sich der Arbeitnehmer hierüber gemäß § 138 Abs. 2 ZPO zu erklären.555 Regelmäßig werden konkrete Nachweise zu fordern sein, etwa Verdienstbescheinigungen, Einkommensteuerbescheide oder sonstige (Steuer-)Unterlagen oder Belege.556 Wenn der Arbeitnehmer die verlangte Auskunft nicht erteilt hat, steht dem Arbeitgeber ein Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 320 Abs. 1 S. 1 BGB557 oder § 273 Abs. 1 BGB558 zu, bis er die Auskunft erhält. Die Zahlungsklage des Arbeitnehmers ist in einem derartigen Fall als zur Zeit unbegründet abzuweisen.559 Eine Zug-um-Zug-Verurteilung ist nicht möglich, weil Zahlung und Auskunft nicht im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zueinander stehen.560 Ist die erteilte Auskunft lediglich in einzelnen Punkten unvollständig, so kommt nur eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Ableistung einer eidesstattlichen Versicherung analog §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB in Betracht.561 Dauert der Annahmeverzug zur Zeit der Entscheidung über eine Vergütungsklage des Arbeitnehmers noch an, kann der Arbeitgeber nur Auskunft über die Höhe des anderweitigen Verdienstes aus den Zeitabschnitten verlangen, für die der Arbeitnehmer fortlaufend seit Beginn des Annahmeverzugs Entgelt geltend macht.562 AZR 748 / 77 – AP § 242 BGB Auskunftspflicht Nr. 16 m. Anm. Herschel; BAG 14. 8. 1974 – 5 AZR 497 / 73 – AP § 13 KSchG 1969 Nr. 3 m. abl. Anm. Vollkommer; weitergehend Klein, NZA 1998, S. 1208 (1209 f.); für einen Auskunftsanspruch sogar über Bewerbungsaktivitäten des Arbeitnehmers Spirolke, NZA 2001, S. 707 (712). 554 BAG 19. 7. 1978 – 5 AZR 748 / 77 – AP § 242 BGB Auskunftspflicht Nr. 16 m. Anm. Herschel. 555 BAG 6. 9. 1990 – 2 AZR 165 / 90 – AP § 615 BGB Nr. 47. 556 Näher zum einzelfallabhängigen Inhalt und Umfang der Auskunftspflicht BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (36); BAG 2. 6. 1987 – 3 AZR 626 / 85 – BAGE 55, 309 (319 ff.); BAG 25. 2. 1975 – 3 AZR 148 / 74 – AP § 74c HGB Nr. 6 m. zust. Anm. Moritz; BAG 14. 8. 1974 – 5 AZR 497 / 73 – AP § 13 KSchG 1969 Nr. 3 m. abl. Anm. Vollkommer; Reufels / Schmülling, ArbRB 2004, S. 88 (91). 557 BAG 19. 7. 1978 – 5 AZR 748 / 77 – AP § 242 BGB Auskunftspflicht Nr. 16 m. Anm. Herschel; BAG 27. 3. 1974 – 5 AZR 258 / 73 – BAGE 26, 89 (101); BAG 16. 5. 1969 – 3 AZR 137 / 68 – BAGE 22, 6 (16). 558 Für § 273 Abs. 1 BGB als Rechtsgrundlage des Leistungsverweigerungsrechts hingegen BAG 19. 2. 1997 – 5 AZR 379 / 94 – juris; ebenso Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 160; HWK / Krause, § 615 BGB Rn. 110 m. w. N. 559 BAG 19. 3. 2002 – 9 AZR 16 / 01 – EzA § 615 BGB Nr. 108; BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (59 m. Anm. Boecken). 560 BAG 19. 7. 1978 – 5 AZR 748 / 77 – AP § 242 BGB Auskunftspflicht Nr. 16 m. Anm. Herschel. 561 BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (33, 38 ff.); BAG 27. 3. 1974 – 5 AZR 258 / 73 – BAGE 26, 89 (101 f.). 562 BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (59 m. Anm. Boecken).

D. Die Rechtsfolgen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers

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7. Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers infolge Überzahlung aus § 812 Abs. 1 BGB Hat der Arbeitgeber in Unkenntnis563 eines Anrechnungspostens Annahmeverzugslohn gezahlt, so besteht nach allg. M. ein Bereicherungsanspruch gegen den Arbeitnehmer auf Ausgleich des überzahlten Betrages.564 Lag der anrechnungspflichtige Vorteil bereits bei der Leistung vor, so handelt es sich um die condictio indebiti nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB. Tritt der anzurechnende Vorteil nachträglich ein, ist die condictio ob causam finitam gemäß § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB einschlägig. Dem steht es nicht entgegen, wenn der Arbeitgeber rechtskräftig verurteilt wurde, für einen bestimmten Zeitraum des Annahmeverzugs nach § 615 BGB die vereinbarte Vergütung zu zahlen.565

III. Sonstige Ansprüche des Arbeitnehmers Neben dem Anspruch auf Annahmeverzugslohn aus § 615 BGB können dem Arbeitnehmer weitere Ansprüche zustehen, wenn der Arbeitgeber ihn nicht (weiter-)beschäftigt. In Betracht kommen allgemeine Gläubigerverzugsansprüche nach §§ 300 ff. BGB sowie Schadensersatzansprüche unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs gemäß §§ 280, 286 ff. BGB.

1. Allgemeine Rechtsfolgen des Gläubigerverzugs gemäß §§ 300 ff. BGB Von den allgemeinen Rechtsfolgen des Gläubigerverzugs nach den §§ 300 ff. BGB kommt im Arbeitsverhältnis lediglich § 304 Alt. 1 BGB betreffend den Ersatz der Mehraufwendungen für das erfolglose Angebot, z. B. Fahrtkosten, sowie der Haftungserleichterung nach § 300 Abs. 1 BGB566 eine gewisse praktische Bedeutung zu.567

Siehe anderenfalls den Ausschluss des Bereicherungsanspruchs nach § 814 BGB. RG 12. 7. 1904 – III 146 / 04 – RGZ 58, 402 (405 f.); BAG 6. 2. 1964 – 5 AZR 93 / 63 – BAGE 15, 258 (260 f.); BAG 12. 12. 2006 – 1 AZR 96 / 06 – AP § 77 BetrVG 1972 Nr. 94; Bonn, Anrechnung, S. 11; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 87 m. w. N. 565 BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (34 f.). 566 Zum Erfordernis des Vorsatzes des Arbeitnehmers bei der Frage böswilligen Unterlassens nach § 615 S. 2 Alt. 3 BGB „entgegen § 300 BGB“ siehe aber BAG 18. 10. 1958 – 2 AZR 291 / 58 – BAGE 6, 306 (310), dazu bereits näher oben 1. Teil D. II. 4. c). 567 Schaub / Linck, ArbR-Hdb., § 95 Rn. 32; Dauner-Lieb, AnwKomm SchuldR, § 615 BGB Rn. 1; Schaub, AR-Blattei SD 80, Rn. 93; Heinze, DB 1985, S. 111 (116). 563 564

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1. Teil: Grundlegung

2. Schadensersatzansprüche wegen Schuldnerverzugs nach §§ 280, 286 ff. BGB Unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs können dem Arbeitnehmer insbesondere Zinsansprüche sowie Schadensersatzansprüche wegen eines eingetretenen sog. Steuerprogressionsschadens und wegen Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht durch den Arbeitgeber zustehen. Gerät der Arbeitgeber in Annahmeverzug, weil er nach Ausspruch einer Kündigung die Gehaltszahlungen an den Arbeitnehmer einstellt, so hat er dies nach der Rechtsprechung des BAG dann nach §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 4 BGB zu vertreten568 und deshalb die rückständigen Beträge gemäß § 288 BGB zu verzinsen, wenn er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass die Kündigung unwirksam war. Es ist insbesondere zu prüfen, ob sich der Arbeitgeber in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befunden hat. Der Rechtsirrtum ist entschuldbar, wenn die Rechtslage objektiv zweifelhaft ist und der Schuldner sie sorgfältig geprüft hat. Beruht der Ausspruch der Kündigung auf einem vertretbaren Rechtsstandpunkt, handelt der kündigende Arbeitgeber so lange nicht fahrlässig, wie er auf die Wirksamkeit seiner Kündigung vertrauen darf. In Höhe erhaltenen Arbeitslosengeldes kann der Arbeitnehmer keine Zinsen auf den Annahmeverzugslohn verlangen.569 Der Arbeitnehmer kann die Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 S. 1 BGB aus der in Geld geschuldeten Bruttovergütung verlangen.570 Da der Arbeitnehmer nach h. M. unter Zugrundelegung des sog. absoluten Verbraucherbegriffs als Verbraucher i. S. v. § 13 BGB anzusehen ist,571 kommt der höhere Prozentsatz des § 288 Abs. 2 BGB nicht zur Anwendung. Zum Verzugsschaden kann auch ein durch die verspätete Lohnzahlung im Hinblick auf das im Steuerrecht geltende „Zuflussprinzip“572 entstandener sog. Steuer568 Zum Verschuldensbegriff im Rahmen Schuldnerverzugs des Arbeitgebers Lenz, AuR 2002, S. 87 ff. 569 BAG 13. 6. 2002 – 2 AZR 391 / 01 – BAGE 101, 328 (339 ff. m. w. N.), auch zu Vorstehendem. 570 Seit BAG 7. 3. 2001 – GS 1 / 00 – BAGE 97, 150 (152 ff. m. w. N.) unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung, etwa BAG 19. 9. 1991 – 2 AZR 619 / 90 – RzK I 13b Nr. 18; BAG 13. 2. 1985 – 4 AZR 295 / 83 – AP § 1 TVG Tarifverträge Presse Nr. 3; BAG 20. 4. 1983 – 4 AZR 497 / 80 – BAGE 42, 244 (258 f.). 571 BT-Drucks. 14 / 7052, S. 190; BAG 31. 8. 2005 – 5 AZR 545 / 04 – BAGE 115, 372 (384); BAG 25. 5. 2005 – 5 AZR 572 / 04 – BAGE 115, 19 (28 ff.); AnwKomm-ArbR / Hümmerich, §§ 13, 14 BGB Rn. 21 ff.; ErfK / Preis, § 611 BGB Rn. 208; ErfK / MüllerGlöge, § 620 BGB Rn. 13; Staudinger / Neumann, Vorb. zu § 620 ff. BGB Rn. 14; Hümmerich, NZA 2003, S. 753; Hümmerich / Holthausen, NZA 2002, S. 173 ff.; Lindemann, AuR 2002, S. 81 (84); Boemke, BB 2002, S. 96 f.; Däubler, NZA 2001, S. 1329 (1333 f.); a. A. („relativer Verbraucherbegriff“) ArbG Weiden 16. 7. 2003 – 1 Ca 1912 / 02 – ARST 2004, S. 73; Löwisch, FS Wiedemann, S. 311 (315 f.); Annuß, NJW 2002, S. 2844 ff.; Hromadka, NJW 2002, S. 2523 (2524); Fiebig, DB 2002, S. 1608 (1609 f.); Richardi, NZA 2002, S. 1004 (1008 f.); Natzel, NZA 2002, S. 595 ff.; Henssler, RdA 2002, S. 129 (133 ff.); Joussen, NZA 2001, S. 745 (749); Löwisch, NZA 2001, S. 465 (466).

D. Die Rechtsfolgen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers

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schaden bzw. Steuerprogressionsschaden gehören.573 Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer hingegen nicht die Vermögenseinbußen zu ersetzen, die er dadurch erlitten hat, dass ihm wegen der tatsächlichen Nichtbeschäftigung die Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit nicht gemäß § 3b Abs. 1 EStG steuerfrei gewährt werden konnten.574 Der Arbeitgeber, der seine kalendarisch bestimmte Mitwirkungspflicht, dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und Arbeit zuzuweisen,575 nicht erfüllt, kann wegen Verletzung der ihm obliegenden Beschäftigungspflicht576 neben dem Annahmeverzug gleichzeitig auch gemäß § 286 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 BGB in Schuldnerverzug geraten. Wird die geschuldete Mitwirkungspflicht angesichts des regelmäßigen Fixschuldcharakters der Arbeitsleistung577 während des Schuldnerverzugs gemäß § 275 Abs. 1 BGB unmöglich, so ist der Arbeitgeber nach § 280 Abs. 1, Abs. 3 i. V. m. § 283 BGB zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung verpflichtet, und zwar wegen § 287 S. 2 BGB ohne Rücksicht darauf, ob er die Unmöglichkeit zu vertreten hat oder nicht. Der dem Arbeitnehmer entstandene Schaden besteht in dem während der Zeiten der Nichtbeschäftigung entgangenen Verdienst, gegebenenfalls abzüglich erhaltenen Arbeitslosengelds.578

Siehe insbesondere §§ 11 Abs. 1 S. 1, 38 Abs. 2 S. 2, 38a Abs. 1 EStG. BAG 14. 5. 1998 – 8 AZR 634 / 96 – NZA-RR 1999, S. 511 (512); BAG 14. 5. 1998 – 8 AZR 633 / 96 – FA 1998, S. 348; BAG 14. 5. 1998 – 8 AZR 158 / 97 – AuA 1999, S. 34 (35); BAG 23. 8. 1990 – 2 AZR 156 / 90 – DB 1991, S. 445 (446); Stück, MDR 1999, S. 1483 (1485). 574 BAG 19. 10. 2000 – 8 AZR 20 / 00 – AP § 611 BGB Haftung des Arbeitgebers Nr. 11; BAG 19. 10. 2000 – 8 AZR 632 / 99 – juris. 575 Grundlegend zu dieser Mitwirkungshandlung nach § 296 S. 1 BGB BAG 21. 3. 1985 – 2 AZR 201 / 84 – AP § 615 BGB Nr. 35 m. gem. Anm. Konzen; BAG 9. 8. 1984 – 2 AZR 374 / 83 – BAGE 46, 234 (243 f.). 576 Grundlegend BAG 27. 2. 1985 – GS 1 / 84 – BAGE 48, 122 (130 ff.); BAG 10. 11. 1955 – 2 AZR 591 / 54 – BAGE 2, 221 (224 ff.); ErfK / Preis, § 611 BGB Rn. 702 ff.; Lee, Beschäftigung des Arbeitnehmers, S. 6 ff.; Fabricius, Leistungsstörungen im Arbeitsverhältnis, S. 16 ff.; Heinze, DB 1985, S. 111 ff., jeweils m. w. N. 577 Zum Fixschuldcharakter der Arbeitsleistung siehe oben 1. Teil B. II. 5. 578 BAG 12. 9. 1985 – 2 AZR 324 / 84 – AP § 102 BetrVG 1972 Weiterbeschäftigung Nr. 7, hier zur Verletzung einer rechtskräftig festgestellten Beschäftigungspflicht; ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 110; Bauer / Baeck, NZA 1989, S. 784 (786 ff.). 572 573

2. Teil

Die beiden Methoden zum zeitlichen Umfang der Anrechnung anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB Im Folgenden werden die in zeitlicher Hinsicht in Betracht kommenden Anrechnungsmethoden, mithin die Methode der Gesamtberechnung und die pro rata temporis-Anrechnungsmethode,1 im Hinblick auf ihre rechtliche und wirtschaftliche Tragweite untersucht und die bislang im Wesentlichen vorgebrachten Argumente aufgezeigt.

A. Die rechtliche und wirtschaftliche Tragweite der unterschiedlichen Ansichten I. Statistische Angaben zur Bedeutung der Anrechnung von Zwischenerwerb Im Jahr 2005 betrafen 188.721 erstinstanzlich erledigte arbeitsgerichtliche Verfahren den Streitgegenstand „Arbeitsentgelt“, dies waren mehr als ein Drittel aller erledigten Klagen.2 Hierunter fällt im Hinblick auf seine Rechtsnatur3 auch der Annahmeverzugslohn.4 Darüber hinaus konnte jedenfalls in dem Anteil der insgesamt 308.091 Bestandsstreitigkeiten,5 in denen sich die Beendigung des Arbeits1 Zu den beiden Anrechnungsmethoden siehe schon den Überblick oben 1. Teil D. 5. a) und b). 2 BMAS, Statistik ArbG 2005, Zeilen-Nr. 14, 1431. 3 Zur Rechtsnatur des Annahmeverzugslohnanspruchs als ursprünglicher arbeitsvertraglicher Erfüllungsanspruch gemäß § 611 Abs. 1 i. V. m. § 615 S. 1 BGB siehe schon oben 1. Teil D. I. 1. 4 Eine weitere statistische Aufschlüsselung konnte nicht erlangt werden. 5 „Bestandsstreitigkeiten“ sind gemäß § 61a Abs. 1 ArbGG „Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses“. In der ganz überwiegenden Mehrzahl aller Bestandsstreitigkeiten handelt es sich bei um Kündigungsschutzverfahren. Bezogen auf das Jahr 2005 waren dies nach BMAS, Statistik ArbG 2005, Zeilen-Nr. 14331 insgesamt 292.946 der 308.091 Bestandsstreitigkeiten.

A. Die rechtliche und wirtschaftliche Tragweite der unterschiedlichen Ansichten

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verhältnisses durch den Arbeitgeber letztlich als nicht wirksam herausstellte,6 die Frage nach der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung von Annahmeverzugslohn unter Anrechnung anderweitigen Erwerbs nach § 615 S. 2 BGB bzw. § 11 KSchG auftreten und sich gegebenenfalls auch bei der Frage der Höhe von zu zahlenden Abfindungen auswirken.7 Statistisch insoweit nicht erfasst sind die zahlreichen nicht gerichtlich überprüften, vom Arbeitgeber gesetzten, unwirksamen Beendigungstatbestände. Bereits angesichts der durchschnittlichen Dauer arbeitsgerichtlicher (Kündigungsschutz-)Verfahren, insbesondere im Fortgang durch mehrere Instanzen,8 werden die wirtschaftlichen Folgen der unterschiedlichen Ansichten zum zeitlichen Umfang der Anrechnung von Zwischenverdienst des Arbeitnehmers auf den Annahmeverzugslohn gemäß § 615 S. 2 Alt. 2 BGB deutlich.

II. Beispielsfälle zur Verdeutlichung der Problemkreise 1. Der Ausgangsfall des RG Die unter Umständen gravierenden wirtschaftlichen Auswirkungen der verschiedenen Ansichten zum zeitlichen Umfang der Anrechnung anderweitigen Erwerbs während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB seien zunächst an einem vereinfachten Beispielsfall in Anlehnung an das grundlegende Urteil des RG vom 12. 7. 1904,9 aufgezeigt: Schauspieler S war laut Anstellungsvertrag in der Zeit von September 1901 bis Februar 1902 und von August 1902 bis Februar 1903 zu Aufführungen am Neuen Theater zu Berlin verpflichtet. 20 Auftritte im Monat waren ihm garantiert, mit einem jeweiligen Spielhonorar vom 150 Mark. S wurde „ohne Kündigung entlassen“, was sich später als unwirksam herausstellte und verlangt daraufhin die Zahlung der aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs nach § 615 S. 1 BGB für eine Vielzahl von Monaten geschuldeten Vergütung i. H. v. insgesamt 15.350 Mark. Während eines einzigen Monats der in Rede stehenden Annahmeverzugszeiträume, nämlich im Januar 1903, hatte S durch 25 Gastspielauftritte im IrvingPlace-Theater zu New York allerdings 21.250 Mark verdient. Es stellte sich nunmehr vordringlich die von den Vorinstanzen unterschiedlich beantwortete Frage, auf welchen Zeitraum bei der Anrechnung anderweitigen Erwerbs abzustellen ist. S war mit dem KG Berlin der Ansicht, dass er sich nach Belastbares Zahlenmaterial war diesbezüglich nicht zu erlangen. Siehe insoweit auch zum „Annahmeverzugsrisiko“ des Arbeitgebers oben 1. Teil B. III. 2. 8 Zur Dauer der Kündigungsschutzverfahren siehe bereits oben 1. Teil B. III. 1. 9 RG 12. 7. 1904 – III 146 / 04 – RGZ 58, 402 (402 f.). Nübold, RdA 2004, S. 31 spricht von der „Mutter aller Entscheidungen“. 10 Abgesehen von der Verpflichtung zur Tragung der Prozesskosten gemäß § 97 ZPO. 6 7

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2. Teil: Die beiden Methoden zum zeitlichen Umfang der Anrechnung

richtiger Auslegung des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB den anderweitig erzielten Verdienst nur auf das in dem betreffenden Monat zu beanspruchende Gehalt anrechnen lassen müsse. Der beklagte Arbeitgeber vertrat dagegen ebenso wie das LG I Berlin die Meinung, dass S sich die erzielten 21.250 Mark auf die während des gesamten Zeitraums des Annahmeverzugs geschuldete Vergütung anrechnen lassen müsse und deshalb nichts mehr zu fordern habe. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der beiden Anrechnungsmethoden sind offenkundig: Anstelle von 15.350 Mark sprach ihm das RG auf der Grundlage der Gesamtberechnungsmethode nichts zu.10

2. Weitere relevante Sachverhaltskonstellationen a) Der „Pilot-Fall“ des LAG Düsseldorf Der Entscheidung des LAG Düsseldorf vom 1. 9. 200511 lag, soweit hier von Interesse, im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger P war bei dem beklagten Arbeitgeber als Flugzeugführer / Co-Pilot zu einem Bruttomonatsgehalt von 5.000 EUR tätig. In der Zeit vom 1. 6. 2002 bis 30. 9. 2003 beschäftigte ihn der Arbeitgeber in Annahmeverzug begründender Weise nicht. P erhielt von Juli 2002 bis März 2003 Arbeitslosengeld i. H. v. 1.500 EUR monatlich. Von April 2003 bis Ende September 2003 ging P einer anderweitigen Beschäftigung als Flugkapitän nach. Er verdiente dabei im ersten Monat 3.000 EUR brutto, im Mai 2003 5.000 EUR brutto und ab dann jeweils 8.000 EUR brutto monatlich. Die Annahmeverzugsvergütung für die Monate bis zur Aufnahme der anderweitigen Tätigkeit des P als Pilot ist hier im Ergebnis nach beiden Ansichten in unstreitiger Höhe zu zahlen.12 Die im April 2003 erzielten 3.000 EUR sind letztlich ebenfalls in voller Höhe anzurechnen. Ob die im März 2003 anderweitig erzielte Vergütung i. H. v. 5.000 EUR nur auf den gleich hohen Annahmeverzugslohn für genau diesen Monat oder aber auf einen irgendwie gearteten angenommenen „Gesamtanspruch“ anzurechnen ist, macht wenigstens vom wirtschaftlichen Ergebnis her gleichfalls keinen Unterschied. Es stellt sich jedoch insbesondere die Frage, ob der ab Mai 2003 erzielte „Überschuss“ der anderweitigen Vergütung über den Annahmeverzugslohn i. H. v. 3.000 EUR pro Monat anspruchsmindernd auf vorhergehende Zeiträume Berücksichtigung finden kann. Dies ist mit der vom LAG Düsseldorf vertretenen zeitabschnittsbezogenen Anrechnungsmethode pro rata temporis zu verneinen. Nach der Gesamtberechnungsmethode hätte P hingegen für die vier Monate Juni bis September 2003 letztlich insgesamt 12.000 EUR weniger Gehalt erhalten.13

11 12

LAG Düsseldorf 1. 9. 2005 – 5 Sa 212 / 05 – LAGE § 615 BGB 2002 Nr. 4. Abzüglich erhaltenen Arbeitslosengelds und abgeführter Sozialversicherungsbeiträge.

A. Die rechtliche und wirtschaftliche Tragweite der unterschiedlichen Ansichten

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b) Erweiterter Beispielsfall in Anlehnung an Peter Nübold Der Arbeitgeber befindet sich insgesamt vier Kalenderjahre im Annahmeverzug, etwa im Laufe eines Kündigungsrechtsstreits. Der vom Arbeitgeber nicht weiterbeschäftigte Arbeitnehmer A bezieht im ersten Jahr für alle zwölf Monate Arbeitslosengeld, im zweiten Jahr nichts. Im dritten und vierten Jahr verdient er pro Monat anderweitig das Doppelte dessen, was er bei dem im Annahmeverzug befindlichen Arbeitgeber an Lohn zu beanspruchen hätte.14 Nach der Gesamtberechnungsmethode könnte A gemäß § 615 S. 2 Alt. 2 BGB keinen Annahmeverzugslohn verlangen, da der anderweitige Erwerb in den letzten beiden Kalenderjahren ebenso hoch ist wie der gesamte Verdienst für alle vier Kalenderjahre beim Vertragsarbeitgeber. Die zeitabschnittsbezogene Betrachtungsweise würde dagegen zur Zahlung von Annahmeverzugslohn für alle zwölf Monate des ersten15 wie des zweiten Kalenderjahres führen, da der erst in den Zeiträumen des dritten und vierten Kalenderjahres bezogene anderweitige Verdienst nicht auf das monatliche Entgelt in den zeitlich nicht korrespondierenden Kalenderjahren angerechnet werden kann. Die wirtschaftlichen Unterschiede sind auch hier evident: A erhielte nach letztgenannter Ansicht 24 Monatsgehälter mehr. Fraglich ist des Weiteren, wie sich im Hinblick auf das gezahlte Arbeitslosengeld der Forderungsübergang gemäß § 115 SGB X auf die Agentur für Arbeit auswirken soll. Während nach der pro rata temporis-Anrechnungsmethode keine rechtlichen oder praktischen Schwierigkeiten entstehen können, da der Anspruch schlicht nach § 115 SGB X auf die Agentur für Arbeit übergeht, stellt sich nach der Gesamtberechnungsmethode die Situation so dar, dass kein Anspruch auf Arbeitsentgelt übergehen kann, weil ein solcher wegen der Gesamt-Anrechnung nicht besteht. Der Arbeitgeber wäre auch insoweit allein deswegen im Vorteil, weil A einen entsprechend hohen anderweitigen Verdienst bezog. A seinerseits erhielte Arbeitslosengeld, wohl ohne zur Rückzahlung verpflichtet zu sein. Inwieweit diese Folgen dem Gesetz sowie der angestrebten Billigkeit entsprechen, wird zu untersuchen sein.16 Zum anderen ergeben sich zwischen den Anrechnungsmethoden maßgebliche Unterschiede bei der Beantwortung der Frage, welches Brutto-Gehalt des A in den jeweiligen Monaten als Grundlage für die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge heranzuziehen sein soll. Während die Anrechnung pro rata temporis zu ein13 BAG 11. 7. 2006 – 5 AZR 668 / 05 – hatte nachfolgend keine Gelegenheit, zu den Anrechnungsmethoden bei § 615 S. 2 BGB bzw. § 11 Nr. 1 KSchG erneut Stellung zu nehmen, da der Rechtsstreit nach Angaben von Schier, BB 2006, S. 2578 (2580) in der Revisionsinstanz durch Vergleich beendet wurde. 14 Fall nach Nübold, RdA 2004, S. 31 (35), hier mit verlängerten Zeiträumen. 15 Abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes. 16 Zu dem Problemkreis im Zusammenhang mit Arbeitslosengeld und dem Forderungsübergang nach § 115 SGB X siehe noch näher unter 2. Teil C. 5. f) aa) und 4. Teil B. II. 2.

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2. Teil: Die beiden Methoden zum zeitlichen Umfang der Anrechnung

deutigen Ergebnissen führt, bleibt unklar, wie nach der Gesamtberechnung der anzurechnende Zwischenverdienst auf die einzelnen Kalendermonate zu verteilen sein soll. Es kann sich zudem die Frage stellen, ob nicht A nach der Gesamtberechnungsmethode sogar seines nach § 7 Abs. 3 S. 1 SGB IV17 noch einen Monat nachwirkenden Sozialversicherungsschutzes verlustig gehen kann, wenn er im zweiten Kalenderjahr des Beispielsfalls nicht mehr beim bisherigen Arbeitgeber gegen Entgelt beschäftigt wird und auch die Arbeitsagentur keine Zahlungen mehr erbringt.18 Relevante Unterschiede zwischen den Ansichten können sich ferner für den Bereich des Einkommensteuerrechts ergeben. Im Hinblick auf das steuerrechtliche „Zuflussprinzip“19 können trotz gleich hohen Nettolohns progressionsbedingte Steuerunterschiede zu Lasten des A daraus resultieren, dass dieser das im dritten und vierten Kalenderjahr zugeflossene Arbeitsentgelt höher versteuern muss.20

c) Sonstige Problemkreise Erweitert man den soeben gegebenen Beispielsfall dahingehend, dass der anderweitige Lohn des A von einem Gläubiger im Wege der Lohnpfändung gepfändet wird, so stellen sich im Hinblick auf den Zweck der Pfändungsschutzvorschriften der §§ 850 ff. ZPO, dem Arbeitnehmer jeden Monat einen Mindestbetrag im Rahmen der Pfändungsfreigrenzen zu belassen, weitere, nach der Gesamtberechnungsmethode nicht zufriedenstellend lösbare Probleme.21 Die vorliegende Aufzählung der aus den unterschiedlichen Ansichten resultierenden Problembereiche ist nicht als abschließend anzusehen. Es lassen sich eine Reihe weiterer Fragen stellen, so etwa, wie mit verfallenen oder verjährten Annahmeverzugslohnansprüchen umzugehen ist. Kann wirklich tragfähig begründet werden, dass Zwischenverdienst auch hierauf angerechnet werden kann?22 Fraglich ist auch, wie nach der Methode der Gesamtberechnung der relevante „Gesamtzeitraum des Annahmeverzugs“ bestimmt werden soll, insbesondere in 17 Nach dieser Vorschrift gilt eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. 18 Zu diesen Fragestellungen siehe noch näher folgend unter 2. Teil C. 5. f) aa) und 4. Teil B. II. 1., 3. 19 Näher zum steuerrechtlichen „Zuflussprinzip“ oben 1. Teil D. III. 2. und noch folgend 4. Teil C. I. 20 Zu den einkommensteuerrechtlichen Konsequenzen siehe unter 2. Teil C. 5. f) bb) und 4. Teil C. II. 21 Näher zum Problemkreis der Pfändungungsschutzvorschriften unter 2. Teil C. 5. e) und 4. Teil D. II. 22 Zu dieser problematischen Konstruktion des BAG noch näher unter 2. Teil C. 5. b) und 4. Teil H. IV.

A. Die rechtliche und wirtschaftliche Tragweite der unterschiedlichen Ansichten

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Fällen, in denen der Annahmeverzug gerade nicht ununterbrochen fortdauerte, sondern sich beispielsweise in Fällen schwankender Auftragslage Annahme und Ablehnung der angebotenen Arbeit abwechseln oder mehrere Beendigungstatbestände, etwa mehrere Befristungszeitpunkte oder „Mehrfachkündigungen“ vorliegen? Kann und soll es im Ergebnis wirklich einen Unterschied machen dürfen, ob der Annahmeverzug bereits endgültig beendet ist oder aktuell noch andauert bzw. später wieder eintreten kann?23 Weiter können sich im Hinblick auf die vom BAG praktizierte „vorläufige“ Gesamtberechnung24 schwierige Fragen bezüglich der Rechtskraft von Urteilen, die sich nur über einen Teil des Gesamtzeitraums des Annahmeverzugs auslassen, stellen.25

III. Zusammenfassung Die vorliegend behandelte Fragestellung ist insoweit von hohem rechtsdogmatischem Interesse, als mit der Beurteilung maßgeblicher Aspekte des arbeitsvertraglichen Vergütungsanspruchs, hier während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers, Grundstrukturen des Arbeits-(vertrags-)rechts berührt werden, mit den sich daraus ergebenden Auswirkungen auf andere Rechtsgebiete, insbesondere auf das Sozialversicherungs- sowie das Einkommensteuerrecht. In wirtschaftlicher Hinsicht ist zusammenfassend festzustellen, dass die unterschiedlichen Ansichten zum zeitlichen Umfang der Anrechnung anderweitigen Erwerbs während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB unter bestimmten Voraussetzungen und in bestimmten Konstellationen zu gravierenden wirtschaftlichen Auswirkungen führen können. Maßgeblich dafür, dass sich im Ergebnis Differenzen zwischen den Ansichten ergeben, ist, dass: – das Arbeitsentgelt für die periodisch zu erbringende Arbeitsleistung, wie in Arbeitsverhältnissen weitestgehend üblich, zeitabschnittsbezogen, beispielsweise monatlich, gezahlt wird und – der Annahmeverzug des Arbeitgebers über mehrere Lohnzahlungsperioden andauert, – in welchen der Arbeitnehmer im Vergleich zum Annahmeverzugslohn zumindest teilweise unterschiedlich hohen anderweitigen Erwerb erzielt.26 Näher zu diesen Fragen noch folgend unter 2. Teil C. 5. a) und 4. Teil H. I. Zu diesem „Rettungsversuch“ durch das BAG siehe noch folgend 2. Teil C. 5. c) und 4. Teil H. II. 25 Zu den sich stellenden Rechtskraftfragen siehe unter 2. Teil C. 5. d) und 4. Teil H. III. 26 Vom wirtschaftlichen Ergebnis her führen die verschiedenen Anrechnungsmethoden auf den ersten Blick zu keinem Unterschied, wenn der Arbeitnehmer anderweitig insgesamt nur so wenig erwirbt, dass der für auch nur eine einzige Lohnzahlungsperiode zu beanspruchende 23 24

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2. Teil: Die beiden Methoden zum zeitlichen Umfang der Anrechnung

B. Die Argumente der Methode der Gesamtberechnung bzw. Gesamtanrechnung I. Wortlaut-Argumente Sofern das vorliegend untersuchte Problem überhaupt gesehen bzw. erörtert wird und darüber hinaus sachliche Begründungen zur Anrechnungsmethode gegeben werden,27 wird von den Anhängern der Gesamtberechnungsmethode zunächst vorgebracht, der Wortlaut des § 615 BGB sei insoweit klar und biete keinen Anhaltspunkt für eine zeitabschnittsbezogene Betrachtung. Vielmehr könne die Bestimmung dem Wortsinne nach nur im Sinne der Gesamtberechnung verstanden werden. Von einer Anrechnung nach einzelnen Zeitabschnitten sei im Gesetz, auch an anderen Stellen,28 „keine Rede“.29 Auch die inhaltlich mit § 615 S. 2 BGB übereinstimmende Vorschrift des § 11 Nr. 1 KSchG30 könne ihrem Wortsinn nach nur im Sinne der Gesamtberechnung verstanden werden.31 Die zunächst vom BAG auch für § 74c Abs. 1 S. 1 HGB unter Hinweis auf den Wortlaut der Norm32 sowie den Wortlaut des § 74 Abs. 2 HGB33 vertretene Gesamtberechnungsmethode 34 wurde insoweit für regelmäßige, insbesondere nach Annahmeverzugslohn nicht überschritten wird. Auch in diesem Fall verbleiben indes sozialversicherungs- und lohnsteuerrechtliche Fragen, aus denen sich zudem wirtschaftliche Folgen ableiten können. 27 Beispielhaft meint Becker, JW 1912, S. 976 (977) nur, dass sich für den Fall, dass der aufgrund anderweitiger Verwendung der Arbeitskraft erzielte Erwerb nach § 615 BGB nicht bereits bei einmaliger Anrechnung auf eine Leistung, hier die Annahmeverzugslohnforderung, aufgezehrt sei, die Wiederholung der Anrechnung dieses Erwerbes bei jeder weiteren Teilleistung „ohne weiteres aus der Lage der Sache ergibt“. 28 Zu diesem auch in systematischer Hinsicht zu würdigenden Argument siehe noch 2. Teil C. II. 2. und 3. Teil B. II. 29 RG 12. 7. 1904 – III 146 / 04 – RGZ 58, 402 (403 f.); BAG 1. 3. 1958 – 2 AZR 533 / 55 – BAGE 5, 217 (218 f.) = AP § 9 KSchG Nr. 1 m. zust. Anm. Herschel = ArbuR 1958, S. 352 m. zust. Anm. Trieschmann; BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (33 f.) = EzA § 615 BGB Nr. 79 m. abl. Anm. Gravenhorst, W. 30 „[ . . . ] für die Zeit nach der Entlassung schuldet [ . . . ]“; siehe vormals § 9 lit. a) KSchG 1951. 31 BAG 1. 3. 1958 – 2 AZR 533 / 55 – BAGE 5, 217 (219) = AP § 9 KSchG Nr. 1 m. zust. Anm. Herschel = ArbuR 1958, S. 352 m. zust. Anm. Trieschmann; BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (34) = EzA § 615 BGB Nr. 79 m. abl. Anm. Gravenhorst, W. 32 „[ . . . ] während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird [ . . . ]“. 33 „[ . . . ] für die Dauer des Verbots [ . . . ]“. 34 So noch BAG 23. 1. 1967 – 3 AZR 253 / 66 – BAGE 19, 194 (198 ff.) = AP § 74c HGB Nr. 1 m. zust. Anm. Hueck, A.; BAG 20. 4. 1967 – 3 AZR 314 / 66 – AP § 74 HGB Nr. 20.

B. Die Argumente der Methode der Gesamtberechnung bzw. Gesamtanrechnung

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dem Monat bemessene Zahlungen und laufende Bezüge wiederum auch unter Hinweis auf den „klaren Wortlaut des § 74c Abs. 1 S. 1 HGB“35 aufgegeben.36

II. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang § 615 S. 2 BGB habe in dieser Beziehung keinen anderen Inhalt als die Parallelvorschriften der § 326 Abs. 2 S. 2 BGB, § 537 Abs. 1 S. 2 BGB, § 649 S. 2 BGB.37 Bei § 615 S. 2 BGB wie auch § 11 Nr. 1 KSchG fehle ein zeitlicher Anknüpfungspunkt, wie er in § 74b Abs. 1 HGB für die Vorschrift des § 74c Abs. 1 S. 1 HGB enthalten sei.38 Ferner habe die Rechtskraft eines (Teil-)Urteils, durch das der Arbeitgeber zur Zahlung von Annahmeverzugsvergütung verpflichtet wird, mit der Frage, ob im Rahmen des § 615 BGB eine Gesamtabrechnung zu erfolgen hat oder nach Zeitabschnitten abzurechnen sei, nichts zu tun. Denn die Rechtskraft erstrecke sich nur auf den Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers, nicht auch auf die Frage der Anrechnung, so dass bei Überzahlung trotz rechtskräftigen Titels eine bereicherungsrechtliche Rückzahlungsklage des Arbeitgebers aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 oder Alt. 2 BGB möglich sein soll.39

III. Historische Argumente aus der Entstehungsgeschichte des § 615 BGB Für die Anrechnung nach der Gesamtberechnungsmethode spreche des Weiteren die Entstehungsgeschichte des § 615 BGB. Dies ergebe sich zum einen aus den Motiven zum BGB,40 namentlich Motive II, S. 400,41 S. 10842 und S. 463,43 sowie

35 „fällige“ Entschädigung, siehe zur Fälligkeit die Vorschrift des § 74b Abs. 1 HGB: „am Schlusse jedes Monats“. 36 St. Rspr. seit BAG 16. 5. 1969 – 3 AZR 137 / 68 – BAGE 22, 6 (14 f.) = AP § 133f GewO Nr. 23 m. zust. Anm. Hofmann = SAE 1970, S. 181 (184, 185 m. zust. Anm. Pleyer); BAG 16. 11. 1973 – 3 AZR 61 / 73 – BAGE 25, 385 (391 ff.) = AP § 74 HGB Nr. 34 m. abl. Anm. Schröder = SAE 1974, S. 253 (256 m. zust. Anm. Herschel); BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (34); BAG 23. 2. 1999 – 9 AZR 739 / 97 – BAGE 91, 56 (62). 37 Siehe RG 12. 7. 1904 – III 146 / 04 – RGZ 58, 402 (404); BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (34), noch zu § 324 Abs. 1 S. 2 BGB a. F. und § 552 S. 2 BGB a. F. 38 BAG 16. 12. 1982 – 6 AZR 1193 / 79 – juris. 39 BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (34 f.) = EzA § 615 BGB Nr. 79 m. abl. Anm. Gravenhorst, W. 40 Hierauf weist bereits RG 12. 7. 1904 – III 146 / 04 – RGZ 58, 402 (404) hin. 41 Zu § 518 Entwurf I betreffend die Miete [ . . . ] und den Abzug am „Miethzinse“.

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2. Teil: Die beiden Methoden zum zeitlichen Umfang der Anrechnung

aus Art. 625 des Dresdner Entwurfs,44 welche der Regelung des § 615 BGB als Vorlage diente.45 Ausweislich der amtlichen Begründung zu § 9 KSchG 195146 wiederhole jene Vorschrift nur, „was nach § 615 Satz 2 BGB ohnedies rechtens“ ist.47 Das RG verweist in seiner Leitentscheidung48 ferner auf die in Seuffert’s Archiv Band 46 Nr. 256, S. 401 und Seuffert’s Archiv Band 29 Nr. 22, S. 35 wiedergegebenen Entscheidungen.49

IV. Sinn und Zweck der Anrechnungsvorschrift Der ebenfalls für die Gesamtberechnung sprechende Grund des § 615 S. 2 BGB bestehe wie auch bei § 11 KSchG darin, dass der zur Leistung der Dienste Verpflichtete aus Gründen der Billigkeit nicht mehr, als ihm nach dem Vertrag gebührt, erhalten und nicht „auf Kosten50 des Dienstberechtigten einen Gewinn“ bzw. „zusätzlichen Vorteil“,51 eine „ungerechtfertigte52 Bereicherung“53 oder „nicht begründete Verbesserung“54 machen soll, was möglich wäre, wenn in einzelnen Zeitabschnitten ein höherer und in anderen Zeitabschnitten ein geringerer Zwischenverdienst erzielt wird.55 42 Zu § 263 Entwurf I, betreffend die Aufrechnung und ihre Wirkung, das Erlöschen des Anspruchs. 43 Hier zu § 561 S. 2 Entwurf I, betreffend den Dienstvertrag, den Annahmeverzug des Dienstberechtigten, ersparte Aufwendungen sowie versäumten Erwerb des Dienstverpflichteten. 44 Der vom BAG ausschließlich in Bezug genommene Satz 2 dieser Vorschrift lautet: „Hat der Dienstverdinger während der betreffenden Zeit einen anderen Verdienst gehabt, so kann der Dienstherr einen entsprechenden Abzug machen.“ Der vorangehende Satz 1 des Art. 625 des Dresdner Entwurfs hat folgenden Wortlaut: „Können die Dienste [ . . . ] nicht oder nur teilweise geleistet werden [ . . . ], so ist der Dienstherr verpflichtet, dem Dienstverdinger neben der Entrichtung des vertragsmäßigen Lohns auch [ . . . ] zu erstatten.“ 45 BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (34). 46 BT-Drucks. 1 / 2090, S. 14; siehe nunmehr § 11 KSchG. 47 BAG 1. 3. 1958 – 2 AZR 533 / 55 – BAGE 5, 217 (219) = AP § 9 KSchG Nr. 1 m. zust. Anm. Herschel = ArbuR 1958, S. 352 m. zust. Anm. Trieschmann. In systematischer Hinsicht siehe zu § 11 KSchG unter 3. Teil B. II. 1. 48 RG 12. 7. 1904 – III 146 / 04 – RGZ 58, 402 (404). 49 Dazu näher im Rahmen der historischen Auslegung unter 3. Teil C. IV. 50 Diese Formulierung bemüht bereits Bonn, Anrechnung, S. 3, 77, 84, 88. 51 So etwa BAG 16. 12. 1982 – 6 AZR 1193 / 79 – juris. 52 Becker, JW 1912, S. 976 (977). 53 BAG 23. 1. 1967 – 3 AZR 253 / 66 – BAGE 19, 194 (199). 54 Becker, JW 1912, S. 976 (977). 55 RG 12. 7. 1904 – III 146 / 04 – RGZ 58, 402 (404); BAG 1. 3. 1958 – 2 AZR 533 / 55 – BAGE 5, 217 (219) = AP § 9 KSchG Nr. 1 m. zust. Anm. Herschel = ArbuR 1958, S. 352

B. Die Argumente der Methode der Gesamtberechnung bzw. Gesamtanrechnung

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Die bei § 74c Abs. 1 S. 1 HGB im Gegensatz zu § 615 S. 1 BGB und § 11 Nr. 1 KSchG anzuwendende zeitabschnittsbezogene Anrechnungsweise rechtfertige sich auch vor dem Hintergrund unterschiedlicher Zwecke beider Regelungen.56 Die Karenzentschädigung solle die durch die Beschränkung des Arbeitnehmers verursachte Beeinträchtigung ausgleichen. Deshalb bedeute die Anrechnung anderweitigen Einkommens, dass die Entschädigung nur gewährt zu werden braucht, wenn und solange die berufliche Beeinträchtigung besteht. In den Monaten, in denen sich das Wettbewerbsverbot nicht oder nicht in dem gesetzlich angenommenen Ausmaß nachteilig auswirkt, entfalle oder mindere sich die Entschädigung; in den übrigen Zeitabschnitten müsse sie gezahlt werden.57

V. Einschränkung der Gesamtberechnungsmethode durch den 9. Senat des BAG: Die „vorläufige Gesamtberechnung“ Mit seiner Entscheidung vom 24. 8. 1999 vollzog der damals nach der Geschäftsverteilung für Fragen des Annahmeverzugslohns zuständige 9. Senat des BAG mittels der Schaffung der Konstruktion einer „vorläufigen Gesamtberechnung“ für die Fälle des noch andauernden Annahmeverzugs des Arbeitgebers erstmals eine Einschränkung der st. BAG-Rspr. zur Gesamtberechnungsmethode, ohne diese jedoch in ihren Voraussetzungen oder im Ergebnis aufzugeben.58 Nach dieser vor allem zur Auskunftspflicht des Arbeitnehmers analog § 74c Abs. 2 HGB ergangenen Entscheidung werde durch die bisherige Rechtsprechung des BAG zur Gesamtberechnung „nicht zum Ausdruck gebracht, die nach § 615 Satz 1 BGB aufrechterhaltenen Erfüllungsansprüche des Arbeitnehmers nach § 611 BGB seien im fortdauernden Annahmeverzug nunmehr unselbständige Teilposten eines einheitlichen Gesamtanspruchs auf „Annahmeverzugslohn“. Die zeitabschnittsbezogenen Vergütungsansprüche behalten ihre rechtliche Selbständigkeit. Es gilt nicht anderes, als wenn der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeit geleistet hätte und hierfür die vereinbarte Vergütung verlangte. Entstehen wie auch Fälligkeit und Erlöschen bestimmen sich nach dem vertraglich maßgeblichen Zeitabschnitt (§ 614 m. zust. Anm. Trieschmann; BAG 23. 1. 1967 – 3 AZR 253 / 66 – BAGE 19, 194 (199) = AP § 74c HGB Nr. 1 m. zust. Anm. Hueck, A.; BAG 16. 5. 1969 – 3 AZR 137 / 68 – BAGE 22, 6 (15); BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (34); BAG 19. 2. 1997 – 5 AZR 379 / 94 – juris; BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (59, 61 m. abl. Anm. Boecken). 56 BAG 16. 12. 1982 – 6 AZR 1193 / 79 – juris; BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (34). 57 BAG 16. 5. 1969 – 3 AZR 137 / 68 – BAGE 22, 6 (15); BAG 16. 11. 1973 – 3 AZR 61 / 73 – BAGE 25, 385 (391). 58 BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (59, 61 f. m. abl. Anm. Boecken); bestätigt durch BAG 22. 11. 2005 – 1 AZR 407 / 04 – BAGE 116, 246 (250 ff.); BAG 12. 12. 2006 – 1 AZR 96 / 06 – AP § 77 BetrVG 1972 Nr. 94.

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2. Teil: Die beiden Methoden zum zeitlichen Umfang der Anrechnung

BGB). Die Anrechnung des durch die anderweitige Verwendung der Dienste erworbenen Verdienstes beschränkt sich deshalb regelmäßig zunächst auf den einzelnen Monat, für den der Arbeitgeber die Vergütung schuldet. Andernfalls würde der Grundsatz verletzt, daß dem Arbeitnehmer in jedem Monat ein Mindestbetrag für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehen soll (Pfändungsschutz des Arbeitnehmers nach §§ 850 ff. ZPO und § 394 BGB). Zwar handelt es sich bei der Anrechnung nach § 615 Satz 2 BGB nicht um eine Aufrechnung, die Vorschrift ist aber immer dann anzuwenden, wenn die Geltendmachung von Rechten durch den Arbeitgeber dieselbe Wirkung wie eine Aufrechnung hat [ . . . ].“59 Die damit vollzogene Einschränkung erklärt sich vor dem Hintergrund, dass anderenfalls nach einer uneingeschränkten Gesamtberechnung Zahlungsklagen des Arbeitnehmers vor Beendigung des Annahmeverzugszeitraumes konsequenterweise als zur Zeit unbegründet abgewiesen werden müssten.60 Die Höhe des Annahmeverzugsentgelts wäre nämlich dann nicht berechenbar, wenn der Arbeitgeber den Annahmeverzug einfach nicht beendet.61

C. Die zugunsten der zeitabschnittsbezogenen Anrechnungsmethode pro rata temporis bzw. Einzelbetrachtungslehre bislang vorgebrachten Argumente I. Wortlaut des § 615 BGB Der Wortlaut des § 615 S. 2 BGB sehe weder die eine noch die andere Anrechnungsmethode ausdrücklich vor.62 Der Hinweis, der Wortlaut der Anrechnungsregelung sehe eine zeitabschnittsbezogene Anrechnungsweise nicht explizit vor, ließe sich ebenso in umgekehrter Richtung verwenden.63 Jedenfalls stehe der Wortlaut von § 615 S. 2 BGB und § 11 KSchG einer ratierlichen Betrachtungsweise nicht entgegen.64 Es wird auch vertreten, dass bereits der Wortlaut für die Anrechnung pro rata temporis streite. Bereits die Verwendung des Präsens65 anstelle des 59 BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (59, 61 f. m. abl. Anm. Boecken). 60 ArbG Berlin 5. 5. 2004 – 7 Ca 32770 / 03 – EzA-SD 2004, Nr. 13, S. 9; BGB-RGRK / Matthes, § 615 Rn. 86. 61 KDZ / Zwanziger, KSchR, § 615 BGB Rn. 23. 62 So erstmals Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3219 f.); ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 96; Boecken, SAE 2001, S. 56 (59, 61), Anm. zu BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 –; Nübold, RdA 2004, S. 31 (32); Nägele / Böhm, ArbRB 2006, S. 317 (318); LAG Düsseldorf 1. 9. 2005 – 5 Sa 212 / 05 – LAGE § 615 BGB 2002 Nr. 4. 63 Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3220). 64 Gravenhorst, W., EzA § 615 BGB Nr. 79, Anm. zu BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 –. 65 „erspart“, „erwirbt“, „zu erwerben böswillig unterlässt“.

C. Bislang vorgebrachte Argumente zugunsten der Anrechnung pro rata temporis 123

Imperfekts deute auf eine periodische Anrechnungsweise hin.66 Indem § 615 S. 1 BGB normiere, dass der Arbeitnehmer die „vereinbarte Vergütung“, also regelmäßig keine Gesamtvergütung, sondern rechtlich selbständige periodische Einzelansprüche,67 verlangen kann, auf welche er sich nach § 615 S. 2 BGB anderweitigen Erwerb jeweils „durch“ anderweitige Verwendung seiner Dienste anrechnen lassen müsse, spreche bereits der Wortlaut der Norm für eine zeitabschnittsbezogene Betrachtungsweise.68

II. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang 1. Systematischer Zusammenhang zwischen § 615 S. 1 und S. 2 BGB vor dem Hintergrund der rechtlichen Selbständigkeit der periodischen Vergütungsansprüche Die vorliegende Fragestellung wurde insbesondere auch unter rechtssystematischen Aspekten erstmals von Winfried Boecken dogmatisch aufgearbeitet.69 Der Arbeitnehmer erwerbe auch während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers im Hinblick auf das arbeitsvertragliche Synallagma für jede Lohnzahlungsperiode einen rechtlich selbständigen Vergütungsanspruch gemäß §§ 611 Abs. 1, 615 S. 1, 614 S. 2 BGB, keinen einheitlichen „Gesamtanspruch“.70 Auch das „Gesamtsynallagma“ aller Leistungen der Arbeitsvertragsparteien stehe dem nicht entgegen.71 Der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers für eine Lohnzahlungsperiode, in welcher er keinen oder nur einen geringen Zwischenverdienst hat, werde nicht als Gegenleistung für die Dienste geschuldet, die der Arbeitgeber während einer nachfolgenden Lohnzahlungsperiode nicht angenommen hat, und die der Arbeitnehmer deshalb anderweitig einsetzt. Denn es handele sich im Zeitablauf um eine „andere Dienstleistung“.72

So Winderlich, Annahmeverzug, S. 169. Zu diesem Hinweis siehe in systematischer Hinsicht noch unter 2. Teil C. II. 1. und 3. Teil B. I. 68 So Nübold, RdA 2004, S. 31 (32). 69 Grundlegend Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3220 ff.). 70 Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3220 ff.); BGB-RGRK / Matthes, § 615 Rn. 86; Preis / Hamacher, Jura 1998, S. 11 (16); ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 96; Kittner / Zwanziger / Schoof, ArbR, § 56 Rn. 42; Kittner / Zwanziger / Appel, ArbR, § 89 Rn. 57; Boecken, SAE 2001, S. 56 (59, 61), Anm. zu BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 –; Nübold, RdA 2004, S. 31 (32 f.); ArbG Berlin 5. 5. 2004 – 7 Ca 32770 / 03 – EzA-SD 2004, Nr. 13, S. 9. 71 Näher Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3221 f.). 72 Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3223); Nübold, RdA 2004, S. 31 (32). 66 67

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2. Teil: Die beiden Methoden zum zeitlichen Umfang der Anrechnung

2. Zeitabschnittsbezogene Anrechnung bei Parallelvorschriften und öffentlich-rechtlichen Engeltersatzleistungen Auch im Rahmen der insoweit vergleichbaren Vorschrift des § 74c Abs. 1 S. 1 HGB erfolge die Anrechnung anderweitigen Erwerbs nach allg. M. zeitabschnittsbezogen.73 Der deutlichere Wortlaut des § 74c Abs. 1 S. 1 HGB, der auf die „fällige Entschädigung“ abstellt, rechtfertige nicht den Umkehrschluss, dass bei der Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB auf die „vereinbarte Vergütung“ i. S. v. § 615 S. 1 BGB von einer Gesamtberechnung ausgegangen werden müsste.74 Ebenso wie bei § 74c HGB gemäß § 74b Abs. 1 HGB werden Annahmeverzugslohnansprüche i. d. R. monatlich fällig.75 § 74c HGB sei im Übrigen insgesamt, also nicht nur hinsichtlich seines Abs. 2, sondern auch bezüglich des Abs. 1 der Vorschrift, analog auf § 615 S. 2 BGB anzuwenden, was selbst das BAG einräume.76 Die Gesamtberechnung verbiete sich bei der Anrechnung von anderweitig erzieltem Einkommen auf öffentlich-rechtliche Engeltersatzleistungen.77

3. Parallelwertung zum Bereicherungsrecht anhand des Rechtsgedankens des § 818 Abs. 3 BGB Nach Auffassung von Jobst Gumpert unterliegt die Gesamtberechnung im Hinblick auf die bereicherungsrechtliche Wertung des § 818 Abs. 3 BGB betreffend den Wegfall der Bereicherung Bedenken. Hätte der Arbeitnehmer einen anderweitig erzielten Verdienst nicht für den normalen Lebensunterhalt ausgegeben oder ihn wertbeständig angelegt, sondern ihn zusätzlich verbraucht, so brauchte er ihn nicht einmal herauszugeben, wenn es sich nicht um rechtmäßigen Verdienst, sondern um eine ungerechtfertigte Bereicherung gehandelt hätte.78 Die zeitabschnittsbezogene Anrechnungsmethode sei laut Gumpert „eine klarere Lösung“, „wäre für beide Seiten billig und hätte den Vorteil der einfacheren Berechnung“.79

73 Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3222); ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 96; Nübold, RdA 2004, S. 31 (32); Nägele / Böhm, ArbRB 2006, S. 317 (319). 74 Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3222). 75 Nübold RdA 2004, S. 31 (32). 76 Gravenhorst, W., EzA § 615 BGB Nr. 79, Anm. zu BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 –. 77 ArbG Berlin 5. 5. 2004 – 7 Ca 32770 / 03 – EzA-SD 2004, Nr. 13, S. 9 m. w. N., unter Hinweis auf LSG Brandenburg 5. 12. 2002 – L 8 AL 147 / 99 –, hier zum früheren Konkursausfallgeld nach §§ 141a ff. AFG. 78 Gumpert, BB 1964, S. 1300 (1301); kritisch zu diesem Argument folgend unter 3. Teil B. IV. 79 Gumpert, BB 1964, S. 1300 (1301).

C. Bislang vorgebrachte Argumente zugunsten der Anrechnung pro rata temporis 125

4. Widerspruch zur Rechtsprechung des BAG zu § 8 BUrlG Das BAG komme bei vergleichbaren Sachverhalten zu einem Ergebnis, welches der Einzelbetrachtung nach Zeitabschnitten eher entspreche als seiner Rechtsprechung zur Gesamtbetrachtung des Annahmeverzugszeitraums. Es entstünde im Hinblick darauf ein Wertungswiderspruch, dass das BAG eine Anrechnung der vom Arbeitnehmer während seines Erholungsurlaubs entgegen § 8 BUrlG urlaubszweckwidrig erzielten Vergütung aus einer anderen Erwerbstätigkeit auf das vom Vertragsarbeitgeber geschuldete Urlaubsentgelt ablehne. Könne der Arbeitnehmer danach sogar den aus gesetzeswidrigem Verhalten erzielten Vorteil behalten, so müsse dies erst recht in Fällen wie dem Annahmeverzug gelten, in denen sich der Arbeitgeber rechtswidrig verhalten habe.80

5. Ungelöste Fragestellungen und Folgeprobleme der Gesamtberechnungsmethode Es ist maßgeblich das Verdienst von Peter Nübold, erstmals auf eine Vielzahl sonstiger Fragen und Widersprüche im Zusammenhang mit dem System der Gesamtberechnung hingewiesen zu haben.81 a) Der angeblich „einheitliche Gesamtberechnungszeitraum“ Fraglich sei bereits, wie Anfang und Ende des „Gesamtberechnungs-Zeitraums“ zu bestimmen sein sollen.82 Die Gesamtberechnung, die insoweit auf „die ganze Zeit, für welche die Dienste noch zu leisten waren und nicht angenommen sind“83 bzw. „die gesamte Dauer des Annahmeverzugs“84 verweist, verkenne, dass es sich beim Annahmeverzug nicht um einen Dauertatbestand handele, auch nicht in den Fällen des § 296 BGB.85 Vielmehr sei an jedem Arbeitstag neu zu prüfen, ob der Arbeitgeber gemäß §§ 293 ff. BGB durch Nichtannahme der ordnungsgemäß angebotenen Dienste in Annahmeverzug gerät oder nicht. Somit liege ein einheitlicher Annahmeverzugszeitraum nicht vor. Infolgedessen stellten sich zahlreiche rechtliche wie praktische Probleme, insbesondere im Hinblick auf die in der Praxis häufig anzutreffenden „Mehrfachkündigungen“, bei vorübergehenden AuftragsNägele / Böhm, ArbRB 2006, S. 317 (319 m. w. N.). Nübold, RdA 2004, S. 31 (33 ff.). 82 Nübold, RdA 2004, S. 31 (33 m. w. N.). 83 RG 12. 7. 1904 – III 146 / 04 – RGZ 58, 402 (404). 84 BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (58, 59 ff. m. abl. Anm. Boecken); BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (33). 85 Dazu BAG 9. 10. 1997 – 2 AZR 229 / 97 – juris; BAG 21. 11. 1996 – 2 AZR 660 / 95 – RzK I 13b Nr. 31. 80 81

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2. Teil: Die beiden Methoden zum zeitlichen Umfang der Anrechnung

schwankungen, bei Urlaubserteilung86 sowie in Fällen zeitweilig fehlender Leistungsbereitschaft oder fehlenden Leistungsvermögens des Arbeitnehmers gemäß § 297 BGB.87 b) Teilweiser Verfall und Verjährung von Annahmeverzugslohnansprüchen „Bemerkenswerte Ergebnisse“ bzw. „unüberbrückbare Schwierigkeiten“ ergäben sich auf der Grundlage der Gesamtberechnungsmethode, wenn Annahmeverzugslohnansprüche wegen der Versäumung von tariflichen Ausschlussfristen teilweise verfallen oder verjährt sind.88 Der Sinn und Zweck von Ausschlussfristen, dem Gegner Klarheit darüber zu verschaffen, mit welchen Forderungen er noch zu rechnen hat, werde bei Anwendung der Gesamtberechnungsmethode verfehlt. Fraglich sei, in welcher Höhe der Arbeitgeber in der Erhebung der Kündigungsschutzklage die Geltendmachung von Lohnansprüchen sehen solle. Indem das BAG89 den sich bei teilweise verfallenen Annahmeverzugslohnansprüchen ergebenden „gordischen Knoten“ nur mit dem „stumpfen Schwert der Billigkeit“ zu lösen vermochte, werde der Arbeitnehmer entgegen dem erklärten Ziel des BAG besser gestellt, als wenn er gearbeitet hätte. Durch die Hintertür der Gesamtberechnung werden dem Arbeitnehmer teilweise verfallene, möglicherweise sogar auch teilweise verjährte,90 Vergütungsansprüche zugesprochen.91 c) Probleme mit der Hilfskonstruktion der „vorläufigen Gesamtberechnung“ Fraglich sei, ob nach der „endgültigen bzw. Schluss-Gesamtberechnung“ im Folgeprozess von Seiten des Arbeitgebers eine erneute Geltendmachung der im Erstprozess gescheiterten Anrechnung anderweitigen Erwerbs möglich sein soll. Die gleiche Frage stelle sich für die erneute Einwendung des Arbeitnehmers, Böswilligkeit habe entgegen dem Ergebnis des Vorprozesses nicht vorgelegen.92

Dazu BAG 23. 1. 2001 – 9 AZR 26 / 00 – BAGE 97, 18 (19 ff.). Nübold, RdA 2004, S. 31 (33 m. w. N.). 88 KDZ / Zwanziger, KSchR, § 615 BGB Rn. 23; Groeger, NZA 2000, S. 793 (794); Schliemann / Matthes, ArbR BGB, § 615 Rn. 95; Nübold, RdA 2004, S. 31 (33 f.). 89 BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (59 ff. m. abl. Anm. Boecken). 90 Groeger, NZA 2000, S. 793 (798 f.). 91 Nübold, RdA 2004, S. 31 (33 f.). 92 Nübold, RdA 2004, S. 31 (34). 86 87

C. Bislang vorgebrachte Argumente zugunsten der Anrechnung pro rata temporis 127

d) Rechtskraftfragen Nicht lösbare Rechtskraftfragen stellten sich, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines rechtskräftigen Titels Annahmeverzugslohn zahlt, erst danach von anzurechnendem Zwischenverdienst des Arbeitnehmers erfährt und diesen im Wege einer Bereicherungs-Rückzahlungsklage geltend macht.93 Die Auffassung des BAG, die Erstreckung der Rechtskraft eines Annahmeverzugslohn-Zahlungsurteils auf die Frage der Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB zu verneinen, sei schlechterdings nicht haltbar, da unvereinbar mit den Regeln über die Rechtskraft und § 767 ZPO.94 Dem Arbeitgeber geschehe damit auch kein „Unrecht“; denn er hätte im Rahmen des Zahlungsprozesses ein Leistungsverweigerungsrecht bis zum Erhalt einer ordnungsgemäßen Auskunft gelten machen können und sollen.95 e) Unvereinbarkeit mit dem Zweck der Pfändungsschutzvorschriften der §§ 850 ff. ZPO Die Gesamtberechnung widerspreche infolge der Anrechnung später erzielten höheren Zwischenverdienstes auf vorangegangene Annahmeverzugszeiträume dem Zweck des gesetzlichen Pfändungsschutzes nach §§ 850 ff. ZPO, dem Arbeitnehmer in jedem Monat einen Mindestbetrag seines Arbeitseinkommens zu belassen, und führe damit zu einem nicht auflösbaren Wertungswiderspruch.96 Die vom BAG97 mit der „vorläufigen Gesamtberechnung“ angebotene Lösung dieses Problems, während des noch nicht beendeten Annahmeverzugs die Anrechnung i. d. R. zunächst auf den einzelnen Monat zu beschränken, für den der Arbeitgeber Vergütung schuldet und die Vorschrift des § 394 BGB anzuwenden, sei dogmatisch fragwürdig wie praktisch inkonsequent. Offen bleibe bereits, wie die Situation des beendeten Annahmeverzugs insoweit behandelt werden soll. Die Anwendbarkeit der §§ 850 ff. ZPO i. V. m. § 394 BGB auf die Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB sei mit der ganz h. L. abzulehnen, da der Arbeitnehmer die entsprechenden Leistungen schon erhalten habe. Die Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB stelle gerade keine Aufrechnung dar, sondern beschränke den Vergütungsanspruch nach allg. M. bereits in seiner Entstehung, wie das BAG an anderer Stelle selbst anerkenne.98

Nübold, RdA 2004, S. 31 (34). Gravenhorst, W., EzA § 615 BGB Nr. 79, Anm. zu BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 –. 95 Gravenhorst, W., EzA § 615 BGB Nr. 79, Anm. zu BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 –. 96 Dazu näher Nübold, RdA 2004, S. 31 (34); Nägele / Böhm, ArbRB 2006, S. 317 (318). 97 BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (59 ff. m. abl. Anm. Boecken). 98 Nübold, RdA 2004, S. 31 (34), unter Hinweis auf BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (34 f.). 93 94

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2. Teil: Die beiden Methoden zum zeitlichen Umfang der Anrechnung

f) Friktionen im Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht Gegen die Gesamtberechnungsmethode sprächen im Übrigen deren Folgen für die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Lage des Arbeitnehmers und damit das Postulat der Einheit der Rechtsordnung, wonach die „Gesamtrechtsordnung [ . . . ] als Sinnganzes verstanden werden muss“.99 aa) Sozialversicherungsrechtliche Folgeprobleme Nach der Gesamtberechnungsmethode zeigten sich widersprüchliche Ergebnisse im Zusammenhang mit dem Forderungsübergang von Arbeitsentgelt nach § 115 SGB X auf die Agentur für Arbeit bezüglich Arbeitslosengelds, das dem Arbeitnehmer während eines Teils der Lohnzahlungsperioden des Annahmeverzugszeitraums gewährt wird.100 Nübold führt folgenden Fall an: Der Arbeitnehmer hat in einem über ein Kalenderjahr währenden Annahmeverzug während des ersten Halbjahres keine Einkünfte, im zweiten Halbjahr anderweitigen Verdienst in doppelter Höhe seiner gewöhnlichen Vergütung.101 Nach der Gesamtberechnung könne das von der Agentur für Arbeit für die ersten sechs Monate gezahlte Arbeitslosengeld wohl nicht zurückverlangt werden, und zwar weder vom Arbeitnehmer noch vom Arbeitgeber.102 Hieraus resultiere ein ungerechtfertigter Vorteil für den Arbeitgeber, zudem ein nach der Gesamtberechnung gerade unerwünschter „Gewinn“ für den Arbeitnehmer. Nach der pro rata temporis-Methode könnte die Agentur für Arbeit infolge des Forderungsübergangs nach § 115 SGB X das in den ersten sechs Monaten gezahlte Arbeitslosengeld vom Arbeitgeber zurückverlangen.103 Fraglich sei überdies, ob nicht zu Lasten des Arbeitnehmers nach Ablauf der Monatsfrist des § 7 Abs. 3 S. 1 SGB IV sogar ein Verlust des Sozialversicherungsschutzes eintreten könnte.104 Der anderweitige Verdienst bzw. die insoweit abgeführten Beiträge könnten sozialversicherungsrechtlich nicht auf den gesamten Annahmeverzugszeitraum verteilt werden. 99 Nübold, RdA 2004, S. 31 (35), unter Hinweis auf BVerfG 19. 6. 1979 – 2 BvL 14 / 75 – BVerfGE 51, 304 (323). 100 LAG Düsseldorf 1. 9. 2005 – 5 Sa 212 / 05 – LAGE § 615 BGB 2002 Nr. 4; Nübold, RdA 2004, S. 31 (35); Nägele / Böhm, ArbRB 2006, S. 317 (319). 101 Nübold, RdA 2004, S. 31 (35). Weitere relevante Beispielsfälle sind vorliegend unter 2. Teil A. II. aufgeführt, hier mit konkreten Zahlen. 102 Nübold gibt für diese Annahme keine Begründung. Siehe dazu hier im Folgenden 4. Teil B. II. 2. 103 Nübold, RdA 2004, S. 31 (35). 104 Nübold, RdA 2004, S. 31 (35); für die Rentenversicherung Nägele / Böhm, ArbRB 2006, S. 317 (318).

C. Bislang vorgebrachte Argumente zugunsten der Anrechnung pro rata temporis 129

Die Rechtsprechung des BSG, wonach Sozialversicherungsbeiträge auch für verfallenes Arbeitsentgelt zu leisten sind,105 sei auf die vorliegende Konstellation wohl nicht übertragbar. Dem stehe die Begründung des BSG entgegen: Nach dem in der Sozialversicherung geltenden „Entstehensprinzip“106 könne die vor Ablauf der Ausschlussfrist entstandene öffentlich-rechtliche Beitragspflicht nicht durch die zivilrechtliche Ausschlussklausel beeinträchtigt werden. Die Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB beschränke aber den Vergütungsanspruch bereits in seiner Entstehung.107 Es sei auch im Ergebnis nicht angezeigt, wenn für einen Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge zweifach abgeführt werden müssten, obwohl ihm nur gegen den neuen Arbeitgeber ein Vergütungsanspruch zusteht. Die für den Arbeitnehmer in der Renten- und Krankenversicherung entstehenden Vorteile wolle die Gesamtberechnungsmethode gerade vermeiden. Geringfügig Beschäftigte, die eine weitere geringfügige Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber aufnehmen, würden zudem wohl uneingeschränkt sozialversicherungspflichtig.108 Unklar bleibe, wie sich der angenommene „Gesamtverdienst“ auf die einzelnen Monate als Grundlage für die Höhe der abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge verteilen soll.109 Zudem stehe der Rechtsprechung des BAG der Rechtsgedanke des § 22 Abs. 2 SGB IV entgegen. Aus dieser Vorschrift ergebe sich, dass dem Vertragsarbeitgeber im Annahmeverzugszeitraum die Vergütung des Zwischenarbeitgebers bei der Beitragsbemessung zugute kommt, nicht aber, dass der Vertragsarbeitgeber insgesamt von der Beitragsentrichtung befreit werde, nur weil der Zwischenarbeitgeber Beiträge entrichtet habe.110 bb) Steuerrechtliche Auswirkungen der Gesamtberechnungsmethode zu Lasten des Arbeitnehmers Angesichts des im Steuerrecht geltenden Zuflussprinzips könnten dem Arbeitnehmer durch die Gesamtberechnung finanzielle Nachteile entstehen. Denn höherer Zwischenverdienst, der durch Anrechnung im Wege einer Gesamtberechnung zu einem identischen Bruttobetrag für entgangenen und anderweitig erzielten Verdienst führt, bedeute nicht notwendig ein gleiches Nettoeinkommen für den ArbeitBSG 30. 8. 1994 – 12 RK 59 / 92 – BSGE 75, 61 (62 ff.). Gemäß § 22 Abs. 1 SGB IV entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen, bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt, sobald dieses ausgezahlt worden ist. 107 Nübold, RdA 2004, S. 31 (35). 108 Nübold, RdA 2004, S. 31 (35). 109 LAG Düsseldorf 1. 9. 2005 – 5 Sa 212 / 05 – LAGE § 615 BGB 2002 Nr. 4. 110 Nägele / Böhm, ArbRB 2006, S. 317 (318 f.). 105 106

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2. Teil: Die beiden Methoden zum zeitlichen Umfang der Anrechnung

nehmer.111 Ein Ausgleich könne nur im Rahmen des Verzugsschadens112 stattfinden. Allerdings wäre ein Zahlungsverzug des Arbeitgebers schwierig zu begründen, da er wegen der Anrechnung dem Arbeitnehmer keine Vergütung schuldete. Wirtschaftliche Einbußen für den Arbeitnehmer aufgrund des Annahmeverzugs des Arbeitgebers widersprächen jedoch der angestrebten „Billigkeit“.113

III. Entstehungsgeschichte des § 615 BGB Aus den Motiven114 zur mietrechtlichen Parallelbestimmung des § 537 Abs. 1 S. 2 BGB,115 auf die der historische BGB-Gesetzgeber verwiesen hat,116 ließen sich keine tragfähigen Rückschlüsse auf die eine oder die andere Art der Anrechnung anderweitigen Erwerbs nach § 615 S. 2 BGB ziehen.117 Die Regelung des Art. 625 S. 2 des Dresdner Entwurfs118 lasse bereits offen, wovon der Dienstherr im Fall eines über mehrere Lohnzahlungsperioden andauernden Annahmeverzugs einen dem anderweitigen Verdienst des Dienstverdingers während der „betreffenden Zeit“ „entsprechenden Abzug“ machen kann.119 Zum anderen werde mit der Formulierung „vertragsmäßigen“ Lohns in Art. 625 S. 1 des Dresdner Entwurfs die rechtliche Selbständigkeit der einzelnen Vergütungsansprüche niedergelegt.120

IV. Sinn und Zweck der Anrechnungsregelung 1. Der angebliche Sinn der Vermeidung eines „Gewinns auf Kosten des Arbeitgebers“ In der vom BAG angestrebten „Gewinnvermeidung“ könne nicht der maßgebende Grund für die Anrechnungsregelung liegen. Denn eine „Gewinnvermeidung“ sei auch nach der Gesamtberechnungsmethode schon dann nicht möglich, 111 Nübold, RdA 2004, S. 31 (35). Ein konkretes Beispiel findet sich folgend unter 4. Teil C. II. 112 BAG 23. 9. 1999 – 8 AZR 791 / 98 – juris; BAG 27. 5. 1999 – 8 AZR 322 / 98 – juris. 113 Nübold, RdA 2004, S. 31 (35); zum Ziel der „Billigkeit“ noch folgend 2. Teil C. IV. 3. und 3. Teil D. II. 114 Motive II, S. 400. 115 § 552 S. 2 BGB a. F., § 518 Entwurf I. 116 Motive II, S. 461 (463), zu § 561 Entwurf I. 117 Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3222). 118 Zum Wortlaut der Regelung siehe oben 2. Teil B. III.; näher dazu 3. Teil C. II. und III. 3. 119 Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3220). 120 Nübold, RdA 2004, S. 31 (32).

C. Bislang vorgebrachte Argumente zugunsten der Anrechnung pro rata temporis 131

wenn der Annahmeverzug nur eine Lohnzahlungsperiode andauert, in welcher der Arbeitnehmer einen den Annahmeverzugslohn übersteigenden Zwischenverdienst hat. Die nicht anrechenbare Differenz bzw. der „Überschuss“ oder „Gewinn“ gebühre dann unstreitig mangels entsprechend hohen Vergütungsanspruchs, auf den der Erwerb angerechnet werden könnte, dem Arbeitnehmer.121 Gleiches gelte in Fällen, in denen der Arbeitnehmer in jeder einzelnen Lohnzahlungsperiode oder insgesamt einen den gesamten Annahmeverzugslohn übersteigenden anderweitigen Erwerb hat.122 Denn es bestehe anders als bei der den „Surrogationsgedanken“ verkörpernden Vorschrift des § 285 Abs. 1 BGB kein Herausgabeanspruch des Arbeitgebers bezüglich des anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers insgesamt. Der anderweitige Erwerb trete gerade nicht an die Stelle der geschuldeten Dienstleistung.123 Im Übrigen liege auch eine „Überdehnung des Bereicherungsverbots“ vor.124 Und selbst wenn Sinn und Zweck der Vorschrift mit dem BAG in der Vermeidung eines Gewinns des Arbeitnehmers zu Lasten des Arbeitgebers gesehen werde, führe dies nicht zwangsläufig zur Gesamtbetrachtung.125

2. Richtig verstandener Sinn und Zweck des § 615 S. 2 BGB Sinn und Zweck der Anrechnungsregelung sei vielmehr der Ausschluss der doppelten Verwertung der Arbeitskraft während des Annahmeverzugs. Der Arbeitnehmer soll nicht für die Verwendung seiner Arbeitskraft von zwei Seiten eine Gegenleistung erhalten, zum einen aufgrund von § 615 S. 1 i. V. m. § 611 Abs. 1 BGB für die nicht geleisteten Dienste, zum anderen für die tatsächlich geleistete Arbeit.126 Dieser durchgehend zu realisierende Zweck sei nur mit der pro rata temporis-Anrechnung zu vereinbaren.127 Der Zweck des § 615 BGB wird auch darin gesehen, „dass der Arbeitnehmer aufgrund des i. d. R. vertragswidrigen Arbeitgeberverhaltens bezogen auf seine im ungestörten Arbeitsverhältnis bestehenden Ansprüche keine Einbußen erleidet“.128

121 Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3222 f.); ders., SAE 2001, S. 56 (59, 61), Anm. zu BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 –. 122 ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 96; Preis / Hamacher, Jura 1998, S. 11 (16 f.); Nübold, RdA 2004, S. 31 (32 f.). 123 Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3223), noch zu § 281 Abs. 1 BGB a. F. 124 ArbG Berlin 5. 5. 2004 – 7 Ca 32770 / 03 – EzA-SD 2004, Nr. 13, S. 9. 125 LAG Düsseldorf 1. 9. 2005 – 5 Sa 212 / 05 – LAGE § 615 BGB 2002 Nr. 4. 126 Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3223); ders., SAE 2001, S. 56 (59, 62), Anm. zu BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 –. 127 Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3223). 128 Nübold, RdA 2004, S. 31 (33, 35).

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2. Teil: Die beiden Methoden zum zeitlichen Umfang der Anrechnung

3. Das angestrebte Ziel der „Billigkeit“ Unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit gehe es um die Herbeiführung einer angemessenen Zuordnung und Verteilung des aus einer während des Annahmeverzugs ausgeübten Tätigkeit erlangten Erwerbs. Zugunsten einer Anrechnung pro rata temporis spreche vor allem, dass es nicht einleuchte, wieso im Falle des Annahmeverzugs der, ob schuldhaft oder nicht, jedenfalls vertragswidrig handelnde Arbeitgeber daraus Vorteile ziehen können soll, dass der wegen des fehlenden regelmäßigen Einkommens unbeschadet des fortbestehenden Arbeitsverhältnisses eine andere Tätigkeit aufnehmende Dienstverpflichtete aus welchen Gründen auch immer, z. B. persönliches Verhandlungsgeschick, Ausnutzung der Arbeitsmarktlage oder einfach nur besonderes Glück, in der Lage ist, seine freigewordene Arbeitskraft anderweitig zu einem höheren Preis zu verkaufen.129 Hätte sich der Arbeitgeber in dem vom RG entschiedenen Ausgangsfall130 nur während des Monats Januar 1903 im Annahmeverzug befunden, so stünde dem Schauspieler die weitaus höhere Vergütung aus den Auftritten in New York ungeschmälert zu. Kann der Arbeitnehmer seine frei gewordene Arbeitskraft in einem Teil des Annahmeverzugszeitraums teurer als vorher verkaufen, so sei dies nicht eine Folge131 des Umstands, dass der Annahmeverzugszeitraum insgesamt länger ist.132 Der Arbeitgeber habe außer mit seinem vertragswidrigen Verhalten nichts zur Erlangung der Vorteile beigetragen, die deshalb auch dem Arbeitnehmer als wirtschaftliches Äquivalent seiner anderweitig verwendeten Dienste gebührten. Die mit der Gesamtberechnung einhergehende Wirkung des § 615 S. 2 BGB im Sinne einer „Gewinnabschöpfungsregelung“ sei eine unbillige Bevorzugung des vertragsuntreuen Arbeitgebers. Auch liege keine unangemessene Benachteiligung des Arbeitgebers vor, da dieser nur an dem festgehalten werde, wozu er sich vertraglich verpflichtet hat, nämlich der zeitabschnittsweisen Vergütung für die in der jeweiligen Periode an sich zu erbringende Dienstleistung.133

129 Grundlegend Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3223 f.); siehe auch ArbG Berlin 5. 5. 2004 – 7 Ca 32770 / 03 – EzA-SD 2004, Nr. 13, S. 9; Preis / Hamacher, Jura 1998, S. 11 (16 f.); ErfK / Preis, § 615 BGB Rn. 96; Boecken, SAE 2001, S. 56 (59, 62), Anm. zu BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 –; Nübold, RdA 2004, S. 31 (33); Nägele / Böhm, ArbRB 2006, S. 317 (319). 130 RG 12. 7. 1904 – III 146 / 04 – RGZ 58, 402 (403 ff.); zum Sachverhalt siehe oben 2. Teil A. II. 1. 131 Zur erforderlichen Kausalität siehe den Begriff „durch“ i. S. v. § 615 S. 2 Alt. 2 BGB. 132 Nübold, RdA 2004, S. 31 (32 f.). 133 Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3224).

C. Bislang vorgebrachte Argumente zugunsten der Anrechnung pro rata temporis 133

4. Keine Vermeidbarkeit von Manipulationsmöglichkeiten durch die Gesamtberechnung Die Gesamtberechnung vermeide nicht etwaige Manipulationsmöglichkeiten, die bei einer Einzelbetrachtung nach Zeitabschnitten möglicherweise gegeben sind. Auch bei der Gesamtbetrachtung könne der Auszahlungszeitpunkt hinsichtlich des von dem Zwischenarbeitgeber geschuldeten Arbeitentgelts soweit nach hinten verschoben werden, dass der Annahmeverzugszeitraum nicht tangiert ist.134

134

Nägele / Böhm, ArbRB 2006, S. 317 (319).

3. Teil

Eigene Stellungnahme Zur Beantwortung der Frage, welche der Methoden der Anrechnung anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers gemäß § 615 S. 2 Alt. 2 BGB zutreffend ist, wird die Vorschrift im Wege der Gesetzesauslegung näher untersucht. Es wird sich zeigen, dass die zeitabschnittsbezogene Anrechnungsmethode pro rata temporis vorzuziehen ist. Im Folgenden wird derjenige Vermögenswert, welcher auf den Leistungsanspruch anzurechnen ist, hier also insbesondere der Zwischenverdienst nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB, abstrakt als Anrechnungsposten bezeichnet.1 Der im Annahmeverzug befindliche Arbeitgeber wird nachfolgend als Vertragsarbeitgeber, der neue Arbeitgeber als Zwischenarbeitgeber bezeichnet.2

A. Der indifferente Wortlaut des § 615 BGB Auf der Rechtsfolgenseite ordnet § 615 S. 1 BGB an, dass der Arbeitnehmer „für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen“ kann. Nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB muss er sich jedoch „den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er [ . . . ] durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt“. Dass § 615 S. 2 Alt. 2 BGB schlicht auf den „Wert“ des Zwischenerwerbs abstellt, könnte zunächst als Argument für eine Anrechnung eben des „gesamten Werts“ im Sinne einer Gesamtberechnung verstanden werden. Allerdings ist zu beachten, dass sich die Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB, genauer: der Anrechnungsposten, begriffs- wie denknotwendig ausschließlich auf diejenige Leistung bezieht, auf welche die Anrechnung zu erfolgen hat, also die „vereinbarte Vergütung“ nach § 611 Abs. 1 i. V. m. § 615 S. 1 BGB. Entscheidend ist daher die unter systematischen Auslegungsgesichtspunkten zu untersuchende Frage, was genau die „vereinbarte Vergütung“ ist, auf die einzig angerechnet werden kann.3 1 So auch in BAG 16. 1. 2003 – 2 AZR 316 / 01 – AP § 57 ArbGG 1979 Nr. 2; BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (35). Stattdessen findet sich vereinzelt auch die Terminologie „Anrechnungsgegenstand“, so etwa bei Decker, Vorteilsanrechnung beim Erfüllungsanspruch, S. 5 ff.; Doering, Anrechnung, S. 6 ff., 63 ff. 2 Ebenso Nägele / Böhm, ArbRB 2006, S. 317 (318 f.).

A. Der indifferente Wortlaut des § 615 BGB

135

Die Argumentation des RG und im Anschluss daran des BAG, im Gesetzeswortlaut des § 615 S. 2 BGB sowie auch an anderer Stelle im Gesetz sei von einer Anrechnung nach Zeitabschnitten „keine Rede“ und daher einzig die Gesamtberechnungsmethode anzuwenden,4 kann nicht überzeugen. Es spricht bereits gegen die Tragfähigkeit dieser Behauptung, dass auch die Gesamtberechnungsmethode vom Wortlaut des § 615 S. 2 BGB nicht ausdrücklich vorgeschrieben wird. Es lässt sich mit nicht geringerer Berechtigung im Gegenteil anführen, dass die Ansicht der Gesamtberechnung, die, wie noch zu zeigen sein wird, dem synallagmatischen Verhältnis zwischen der infolge des Annahmeverzugs ausgefallenen, an sich periodisch zu erbringenden Arbeitsleistung und dem für eben diese Zeiträume gemäß §§ 611 Abs. 1, 615 S. 1, 614 S. 2 BGB fortzuzahlenden Annahmeverzugslohn widerspricht,5 im Gesetzeswortlaut keinen hinreichenden Niederschlag gefunden hat. Aus dem gegenüber § 74c Abs. 1 S. 1 HGB6 insoweit offeneren Wortlaut des § 615 S. 2 BGB, der auf die „vereinbarte Vergütung“ abstellt, lässt sich entgegen der Ansicht des BAG7 nicht darauf schließen, dass im Gegensatz zu der bei § 74c Abs. 1 S. 1 HGB zutreffend angewendeten zeitabschnittsbezogenen Anrechnungsmethode im Rahmen von § 615 S. 2 BGB eine Gesamtberechnung vorzunehmen sei.8 Dass der Gesetzgeber im Wortlaut des § 74c Abs. 1 S. 1 HGB die pro rata temporis-Anrechnungsmethode möglicherweise noch deutlicher als in § 615 S. 2 BGB zum Ausdruck gebracht hat, zwingt keinesfalls zu dem Schluss, bei § 615 S. 2 BGB habe daher eine zeitabschnittsbezogene Anrechnungsweise überhaupt nicht zu erfolgen. Im Übrigen wird auch die für die Zeiträume des Annahmeverzugs vom Arbeitgeber zu gewährende „vereinbarte Vergütung“ in aller Regel gemäß § 614 S. 2 BGB nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte, zumeist am Monatsende, fällig.9 Schließlich geht es wohl zu weit, aus der Verwendung des Präsens10 anstelle des Imperfekts in § 615 S. 2 BGB schließen zu wollen, dass der Gesetzgeber gerade die zeitabschnittsbezogene Anrechnungsweise gewollt habe.11 Die Annahme eines derartigen Regelungsbewusstseins des Gesetzgebers bleibt mangels näherer Anhaltspunkte eine Unterstellung.12 Zu dieser systematischen Fragestellung siehe noch folgend unter 3. Teil B. I. Neuerdings zumindest relativiert in BAG 22. 11. 2005 – 1 AZR 407 / 04 – BAGE 116, 246 (251). 5 Zu diesem systematischen Argument siehe sogleich folgend unter 3. Teil B. I. 6 Dort ist die Rede von einer Anrechnung auf die „fällige Entschädigung“. 7 BAG 16. 5. 1969 – 3 AZR 137 / 68 – BAGE 22, 6 (15). 8 Zur zeitabschnittsweisen Anrechnung im Rahmen von § 74c Abs. 1 S. 1 HGB siehe folgend 3. Teil B. II. 2. c). 9 Zur Bedeutung der Fälligkeitsregelung des § 614 BGB siehe noch 3. Teil B. I. 2. b) und c). 10 „erspart“, „erwirbt“, „zu erwerben böswillig unterlässt“. 11 So aber Winderlich, Annahmeverzug, S. 169. 12 Näher zum Willen des Gesetzgebers im Rahmen der historischen Auslegung 3. Teil C. 3 4

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

Es liegt ferner auch kein Fall des sog. beredten Schweigens des Gesetzes vor, wonach aus der seitens des Gesetzgebers mit planmäßiger Absicht erfolgten Nichterwähnung eines Umstands im Gesetzeswortlaut Rückschlüsse zugunsten der einen oder der anderen Ansicht gezogen werden könnten.13 Denn hierfür ergeben sich keinerlei Hinweise aus den Gesetzesmaterialien. 14 Im Ergebnis ist festzuhalten, dass anhand des Wortlauts von § 615 BGB keine allein maßgeblichen Argumente über die anzuwendende Anrechnungsmethode gefunden werden können. Der Wortlaut des § 615 S. 2 BGB sieht weder eine der Anrechnungsmethoden ausdrücklich vor, noch wird eine der in Betracht kommenden Methoden explizit ausgeschlossen.

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang Nachfolgend wird zunächst das systematische Verhältnis von § 615 S. 2 Alt. 2 zu S. 1 BGB näher betrachtet, da zwischen dem Anrechnungsposten und dem Leistungsanspruch, auf den anzurechnen ist, eine maßgebliche denklogische wie rechtliche Verbindung besteht. Angesichts der Fülle der in rechtssystematischer Hinsicht zu untersuchenden Normen und Regelungsbereiche, die sich entweder selbst mit Fragen der Anrechnung beschäftigen oder auf welche die unterschiedlichen Methoden der Anrechnung anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers Auswirkungen haben können, werden sodann folgend diejenigen thematisch § 615 S. 2 BGB nahe stehenden Vorschriften untersucht, die sich ihrerseits mit Fragen der Anrechnung beschäftigen, die Anrechnungsvorschriften.15 Den umfangreichen Auswirkungen der unterschiedlichen Anrechnungsmethoden auf andere Rechtsbereiche, gleichfalls mit dem Ziel der Gewinnung systematischer Erkenntnisse über die richtigerweise anzuwendende Anrechnungsmethode im Rahmen von § 615 S. 2 BGB, widmet sich anschließend Teil 4 der Untersuchung.

I. Verhältnis des § 615 S. 2 Alt. 2 zu S. 1 BGB Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass das Verhältnis der Anrechnungsvorschrift des § 615 S. 2 BGB zu § 615 S. 1 BGB für die untersuchte Fragestellung von maßgeblicher Bedeutung ist.16 Denn der Umfang der Anrechnung kann sich 13 Zu diesem gesetzgeberischen Stilmittel sowie zur Ausfüllung von Gesetzeslücken siehe Larenz / Canaris, Methodenlehre, S. 191 ff.; Zippelius, Methodenlehre, S. 64 ff. 14 Näher zur historischen Auslegung noch folgend 3. Teil C. 15 Zu den anderen Anrechnungsvorschriften siehe ausführlich folgend unter 3. Teil B. II. 1. – 10. 16 Dazu oben im Rahmen der Wortlautauslegung 3. Teil A.

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

137

auch in zeitlicher Hinsicht notwendigerweise nur auf dasjenige beziehen, auf was anzurechnen ist. Entscheidend ist danach, was unter der „vereinbarten Vergütung“ i. S. v. § 615 S. 1 BGB zu verstehen ist. Einigkeit besteht darin, dass durch § 615 S. 1 BGB der ursprüngliche arbeitsvertragliche Erfüllungsanspruch aus § 611 Abs. 1 BGB aufrechterhalten wird. Es gilt das Lohnausfallprinzip, so dass der Arbeitnehmer als „Annahmeverzugslohn“ nach Art und Umfang diejenige Vergütung erhält, die er bei normaler Weiterarbeit erzielt hätte.17

1. Synallagmatisches Verhältnis der arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten „Arbeitsleistung“ und „Arbeitsentgelt“ a) Begriff und Lehre vom „Synallagma“ Als synallagmatisches Verhältnis18 wird allgemein ein sich in verschiedener Hinsicht auswirkendes Abhängigkeitsverhältnis zwischen bestimmten, im Rahmen eines gegenseitigen Austauschvertrages zu erbringenden (Haupt-)Leistungs- bzw. Gegenleistungspflichten bezeichnet.19 Vorgänge bei einer Leistungspflicht haben danach auch Auswirkungen auf die andere(n) synallagmatische(n) Leistungspflicht(en).20 Durch die synallagmatische Verknüpfung zumindest zweier Leistungspflichten soll deren entgeltlicher Charakter sichergestellt und verhindert werden, dass eine Partei genötigt wird, ihre Leistung zu erbringen, ohne die Gegenleistung zu erhalten.21 Unbeschadet seiner näheren normativen Ausgestaltung durch den Gesetzgeber, vor allem in den Vorschriften der §§ 320 ff. BGB, wurzelt das Synallagma konstitutiv in den Vorstellungen und Interessen der Vertragsparteien, wie sie in der konkreten vertraglichen Verknüpfung von Leistung und der um ihrer Willen geschuldeten Gegenleistung zum Ausdruck gelangen.22

17 Zur Rechtsnatur des „Annahmeverzugslohnanspruchs“ und zum Lohnausfallprinzip siehe bereits 1. Teil D. I. 1. und 2. 18 Bzw. Austauschverhältnis, Gegenseitigkeitsverhältnis, gegenseitige Zweckabhängigkeit. 19 Ausführlich zu Begriff und Inhalt des „Synallagmas“ Larenz, SchuldR I, S. 202 ff.; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 312 ff.; Jabornegg, ZurückbehaltungsR und Einrede des nicht erfüllten Vertrages, S. 57 ff.; Benöhr, Synallagma, S. 1 ff.; Rumpf, Synallagma im Dauerschuldverhältnis, S. 94 ff. 20 Näher zu der Frage, welche Pflichten von den Vertragsparteien in das Gegenseitigkeitsverhältnis gestellt werden können, Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 322 ff. 21 MünchKomm-BGB / Emmerich, Vorb. vor §§ 320 – 327 Rn. 17 m. w. N.; Ernst, AcP 199 (1999), S. 485 (486 ff.). 22 BGH 21. 10. 1954 – IV ZR 128 / 54 – BGHZ 15, 102 (105 m. w. N.); Wolff, Zuwendungsrisiko und Restitutionsinteresse, S. 104; Bamberger / Roth / Grothe, Vorb. vor §§ 320 – 327 BGB Rn. 6; Kirn, JZ 1969, S. 325, dort Fn. 1; näher zum Ganzen Gernhuber,

138

3. Teil: Eigene Stellungnahme

Zwar wird die Berechtigung der Annahme einer begrifflichen Herkunft des „Synallagmas“ aus den griechischen wie römisch-rechtlichen Quellen mit guten Gründen bezweifelt. Der dort verwendete Begriff „óõíÜëëáãìá“ drückt seinem Wortsinn nach nicht mehr aus als den formfrei geschlossenen Schuldvertrag.23 Das heute allgemein anerkannte Verständnis des Begriffs „Synallagma“ im Sinne voneinander abhängiger Leistungspflichten im Rahmen gegenseitiger Verträge kommt indes bereits in Art. 1102 des Code Civil vom 21. 3. 1804 zum Ausdruck.24 Innerhalb der Verknüpfung zweier vertraglicher Leistungspflichten sind verschiedene Erscheinungsformen des Synallagmas zu unterscheiden. Neben der allgemein üblichen Differenzierung zwischen genetischem, funktionellem und konditionellem Synallagma lassen sich weitere Ausprägungen des Gegenseitigkeitsverhältnisses feststellen, so das „faktische“ und das „wirtschaftliche“ Synallagma. Als sog. genetisches Synallagma wird die Abhängigkeit der gegenseitigen Vertragspflichten bereits bei ihrer Entstehung bzw. „Genese“ bezeichnet. Das Versprechen der Leistung erfolgt nur gegen das Versprechen der Gegenleistung und umgekehrt. Gelangt eine Verpflichtung nicht zur Entstehung, etwa im Hinblick auf die Anordnung der Nichtigkeit gemäß §§ 104 f., 134, 138 BGB, so hindert dies die Entstehung auch der anderen im synallagmatischen Verhältnis stehenden Leistungspflicht(en).25 Das sog. funktionelle Synallagma beschriebt die Verknüpfung der Hauptpflichten eines gegenseitigen Vertrages dergestalt, dass nach näherer Maßgabe von §§ 320 Abs. 1 S. 1, 321, 322 BGB26 die eine Leistung nur Zug-um-Zug gegen die andere Leistung verlangt werden kann.27 „Do, ut des“.28 Allerdings kann sich aus Gesetz Schuldverhältnis, S. 312 ff., 322 f.; Jabornegg, ZurückbehaltungsR und Einrede des nicht erfüllten Vertrages, S. 73 ff.; Rumpf, Synallagma im Dauerschuldverhältnis, S. 98 f. m. w. N.; kritisch aber Klinke, Causa und genetisches Synallagma, S. 95. 23 Dahingehend Benöhr, Synallagma, S. 8 ff.; Söllner, AcP 167 (1967), S. 132 (137). Weitere Nachweise zum Ganzen auch bei Bruns, AcP 178 (1978), S. 34. 24 „Le contrat est synallagmatique ou bilatéral lorsque les contractants s’obligent réciproquement les uns envers les autres.“ H. d. d. V. Grundlegend zur rechtsgeschichtlichen Herkunft des Begriffs „Synallagma“ Bechmann, Kauf I, S. 540 (565 ff.); Bruns, AcP 178 (1978), S. 34 f. Zur Einteilung der Verträge in einseitige und zweiseitige bzw. gegenseitige siehe bereits Savigny, ObligationenR II, S. 12 f. 25 Näher zum genetischen Synallagma MünchKomm-BGB / Emmerich, Vorb. vor §§ 320 – 327 Rn. 18; Bamberger / Roth / Grothe, Vorb. vor §§ 320 – 327 BGB Rn. 6; Klinke, Causa und genetisches Synallagma, S. 94 ff.; Daele, Gegenseitiger Vertrag, S. 24 f.; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 315 ff.; Wolff, Zuwendungsrisiko und Restitutionsinteresse, S. 140 ff.; Benöhr, Synallagma, S. 63 ff., 103 ff.; Söllner, AcP 167 (1967), S. 132 (137 f.); kritisch dazu Rittner, FS Lange, S. 213 ff. 26 Zu den zwangsvollstreckungsrechtlichen Konsequenzen von Zug-um-Zug-Leistungen siehe die Vorschriften der §§ 756, 765 i. V. m. § 795 ZPO. 27 Zum funktionellen Synallagma siehe BGH 10. 3. 1999 – VIII ZR 204 / 98 – BGHZ 141, 108 (114); BFH 8. 8. 2001 – II R 49 / 01 – BFHE 196, 312 (316); BFH 12. 10. 1994 – II R

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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oder Parteivereinbarung eine Vorleistungsverpflichtung eines Vertragspartners ergeben. Im Arbeitsverhältnis gelten vor diesem Hintergrund der Grundsatz der Vorleistungspflicht des Arbeitnehmers gemäß § 614 BGB sowie der trotz seiner zahlreichen Durchbrechungen anerkannte Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“.29 Die Figur des sog. konditionellen Synallagmas steht für die wechselseitig auflösende Bedingtheit der beiderseitigen Vertragspflichten, wie sie insbesondere in der Vorschrift des § 326 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. § 275 Abs. 4, Abs. 1 – 3 BGB zum Ausdruck kommt.30 Grenzen dieses Zusammenhangs ergeben sich vor allem aus den zahlreichen Gefahrtragungs-Sonderregelungen zu § 326 BGB.31 Des Weiteren ist auf die Lehre vom „faktischen“ oder fortwirkenden Synallagma hinzuweisen, wonach sich das von den Parteien ursprünglich gewollte Austauschverhältnis auch im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung anfänglich nichtiger gegenseitiger Verträge fortsetzt.32 4 / 91 – BFHE 176, 56 (58 f.); OVG Münster 14. 12. 2001 – 13 B 1362 / 01 – NVwZ 2002, S. 496 (497 f.); MünchKomm-BGB / Emmerich, Vorb. vor §§ 320 – 327 Rn. 20 f.; Bamberger / Roth / Grothe, Vorb. vor §§ 320 – 327 BGB Rn. 6; Daele, Gegenseitiger Vertrag, S. 26 ff.; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 318 f.; Benöhr, Synallagma, S. 20 ff., 98 ff.; Wolff, Zuwendungsrisiko und Restitutionsinteresse, S. 143 ff.; Zoller, Vorleistungspflicht und funktionelles Synallagma, S. 19 ff.; Bechmann, Kauf I, S. 568 ff.; Ernst, AcP 199 (1999), S. 485 (491 ff.); Kirn, JZ 1969, S. 325 ff.; Söllner, AcP 167 (1967), S. 132 (138 f.). 28 Lat., „Ich gebe, damit Du gibst“. 29 Näher dazu jeweils oben Einleitung A. und 1. Teil B. I. 1. 30 Zum konditionellen Synallagma siehe LG Stuttgart 30. 10. 2002 – 27 O 211 / 02 – juris; MünchKomm-BGB / Emmerich, Vorb. vor §§ 320 – 327 Rn. 19; Bamberger / Roth / Grothe, Vorb. vor §§ 320 – 327 BGB Rn. 6; Daele, Gegenseitiger Vertrag, S. 26; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 317 f.; Wolff, Zuwendungsrisiko und Restitutionsinteresse, S. 116 ff.; Benöhr, Synallagma, S. 71 ff., 104 ff.; Greiner, RdA 2007, S. 22 (26 f.); Söllner, AcP 167 (1967), S. 132 (139 f.); kritisch Bruns, AcP 178 (1978), S. 34 (36). 31 Vor allem §§ 326 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1, 446, 447, 537, 615 S. 1, 616 S. 1, 644, 645, 2380 BGB. 32 Siehe die st. Rspr. zur sog. Saldotheorie, RG 14. 3. 1903 – V 458 / 02 – RGZ 54, 137 (141); RG 18. 3. 1905 – I 574 / 04 – RGZ 60, 284 (291 ff.); RG 20. 12. 1918 – II 204 / 18 – RGZ 94, 253 (254 f.); RG 9. 7. 1932 – VI 205 / 32 – RGZ 137, 324 (336 f.); RG 13. 1. 1933 – VII 308 / 32 – RGZ 139, 208 (213 f.); RG 20. 3. 1933 – II 406 / 32 – RGZ 140, 156 (161); RG 30. 1. 1940 – GSZ 3 / 38 V 76 / 38 – RGZ 163, 348 (360 f.); BGH 14. 10. 1971 – VII ZR 313 / 69 – BGHZ 57, 137 (147 ff.); BGH 26. 10. 1978 – VII ZR 202 / 76 – BGHZ 72, 252 (254 ff.); BGH 9. 10. 1980 – VII ZR 332 / 79 – BGHZ 78, 216 (223 f.); BGH 16. 3. 1998 – II ZR 303 / 96 – LM § 19 GmbHG Nr. 19 (8 / 1998); BGH 20. 3. 2001 – XI ZR 213 / 00 – BGHZ 147, 152 (156 ff.); siehe auch BAG 10. 3. 1987 – 8 AZR 146 / 84 – BAGE 54, 232 (239 f.); BAG 12. 2. 1992 – 5 AZR 297 / 90 – BAGE 69, 324 (329); BAG 30. 4. 1997 – 7 AZR 122 / 96 – AP § 812 BGB Nr. 20; BAG 19. 3. 2003 – 10 AZR 597 / 01 – EzA § 717 ZPO 2002 Nr. 1; BAG 3. 11. 2004 – 5 AZR 592 / 03 – BAGE 112, 299 (302 ff.); aus der Literatur siehe Leser, Saldotheorie, S. 9 ff., 49 ff.; Wolff, Zuwendungsrisiko und Restitutionsinteresse, S. 165; Caemmerer, FS Larenz, S. 621 (635 ff.); Finkenauer, JuS 1998, S. 986 (987 ff.); Hoffmann, Jura 1997, S. 416 ff.; Flume, AcP 194 (1994), S. 427 ff.; Giesen, Jura 1995, S. 281 (283 ff.); kritisch zur Saldotheorie Canaris, FS Lorenz, S. 19 ff.; Büdenbender, AcP 200 (2000), S. 627 (640 ff., 656 ff.).

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

Ferner wird mitunter ein „wirtschaftliches“ Synallagma zwischen Leistung und Gegenleistung im Rahmen eines gegenseitigen Vertrages angenommen. Nach dem für das Synallagma maßgeblichen Parteiwillen stehen sich Leistung und Gegenleistung regelmäßig als „gleichwertig“, jedenfalls „gleichbewertet“ gegenüber.33 Auch für Arbeitsverhältnisse gilt im Hinblick auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit34 die Vermutung, dass die vereinbarte Leistung und die dafür vorgesehene Gegenleistung in einem ausgeglichen Verhältnis zueinander stehen.35

33 In die Prüfung, ob sich die Leistungen aus dem gegenseitigen Vertrag ausgeglichen gegenüberstehen, sind nicht nur die Hauptleistungen aus diesem Vertragsverhältnis, sondern auch alle Nebenleistungen und sonstigen wirtschaftlichen Vorteile, die nach den Vorstellungen der Vertragsbeteiligten eine Gegenleistung für die Hauptleistung darstellen, mit einzubeziehen. Allgemein kritisch zum Äquivalenzgedanken, sowohl in objektiver wie auch in subjektiver Hinsicht Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 319 ff., hier auch zur sog. funktionalen Äquivalenz. 34 Zur verfassungsrechtlichen Grundlage siehe die Artt. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1, 14 GG sowie die einfachgesetzliche Ausgestaltung in §§ 241 Abs. 1, 311 Abs. 1 BGB. 35 BVerfG 7. 2. 1990 – 1 BvR 26 / 84 (Wettbewerbsverbot des Handelsvertreters) – BVerfGE 81, 242 (254 ff.); BAG 16. 3. 1994 – 5 AZR 339 / 92 – BAGE 76, 155 (165 ff.); BSG 23. 3. 1999 – B 4 RA 18 / 98 R – SozR 3 – 2600 § 248 Nr. 4; Preis, Vertragsgestaltung, S. 216 ff., 333 (334); Daele, Gegenseitiger Vertrag, S. 1 ff., 13 f., 28 ff.; Ruland, Arbeitskraft, S. 72; Greiner, RdA 2007, S. 22 ff.; Bruns, AcP 178 (1978), S. 34 (36 ff.); Locher, AcP 121 (1923), S. 1 (70 f.). Dieser Äquivalenzgedanke ist als Grundlage der BFH-Rechtsprechung zum sog. Verpflichtungsüberschuss bzw. „Verpflichtungsüberhang“ im Zusammenhang mit der Frage der Zulässigkeit von Rückstellungen für „drohende Verluste aus schwebenden Geschäften“ (§ 8 Abs. 1 S. 1 KStG i. V. m. § 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 4a EStG, § 249 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 HGB) anzusehen, BFH 2. 10. 1997 – IV R 82 / 96 – BFHE 184, 422 (423 f.); BFH 23. 6. 1997 – GrS 2 / 93 – BFHE 183, 199 (204 ff.); BFH 7. 6. 1988 – VIII R 296 / 82 – BFHE 153, 407 (409 f.); BFH 16. 12. 1987 – I R 68 / 87 – BFHE 152, 250 (255 ff.); BFH 26. 6. 1980 – IV R 35 / 74 – BFHE 130, 533 (535 ff.); BFH 19. 7. 1960 – I 160 / 59 U – BFHE 71, 264 (265 f.); BFH 25. 9. 1956 – I 122 / 56 U – BFHE 63, 354 (355 ff.). Auch die Rechtsprechung des RG und des BGH zur heute sog. Rentabilitätsvermutung ist vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung zu sehen, siehe BGH 22. 10. 1999 – V ZR 401 / 98 – BGHZ 143, 41 (48 f.); BGH 30. 6. 1993 – XII ZR 136 / 91 – BGHZ 123, 96 (99 ff.); BGH 19. 4. 1991 – V ZR 22 / 90 – BGHZ 114, 193 (197 ff.); BGH 21. 4. 1978 – V ZR 235 / 77 – BGHZ 71, 234 (238 ff.); RG 19. 2. 1930 – I 248 / 29 – RGZ 127, 245 (248 ff. m. w. N.). Ferner sei in diesem Zusammenhang im Hinblick auf kollektivvertragliche Regelungen an die st. Rspr. des BAG zur „materiellen Richtigkeitsgewähr von Tarifverträgen“ erinnert, BAG 6. 11. 1996 – 5 AZR 334 / 95 – BAGE 84, 282 (288 ff.); BAG 6. 9. 1995 – 5 AZR 174 / 94 – BAGE 81, 5 (13); BAG 16. 9. 1993 – 2 AZR 697 / 92 – BAGE 74, 167 (176 f.); BAG 23. 1. 1992 – 2 AZR 470 / 91 – BAGE 69, 257 (269 f.); BAG 21. 3. 1991 – 2 AZR 323 / 84 (A) – BAGE 67, 342 (354 f.); BAG 24. 11. 1988 – 6 AZR 243 / 87 – BAGE 60, 219 (227); BAG 4. 9. 1985 – 5 AZR 655 / 84 – BAGE 49, 281 (286 ff.); BAG 10. 3. 1982 – 4 AZR 540 / 79 – BAGE 38, 118 (129 f.); BAG 10. 6. 1980 – 1 AZR 822 / 79 – BAGE 33, 140 (149 f.); BAG 15. 3. 1977 – 1 ABR 16 / 75 – BAGE 29, 72 (82 f.); BAG 30. 1. 1970 – 3 AZR 44 / 68 – BAGE 22, 252 (267); BAG 3. 10. 1969 – 3 AZR 400 / 68 – BAGE 22, 144 (151 f.).

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

141

b) Einordnung des Arbeitsvertrages als gegenseitiger schuldrechtlicher Austauschvertrag Die Einordnung des Arbeitsvertrages als schuldrechtlicher Austauschvertrag,36 dessen Hauptleistungspflichten37 im Gegenseitigkeitsverhältnis bzw. Austauschverhältnis oder Synallagma stehen,38 ist heute allgemein anerkannt und nahezu unbestritten.39 Die Regelung des § 615 BGB durchbricht zum Schutz des Arbeit36 Grundlegend anders die maßgeblich auf Gierke, insbesondere in: FS Brunner, S. 37 (40 ff.), und sein Verständnis vom „Treudienstvertrag“ zurückgehende Lehre vom „personenrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis“. Siehe dazu aus der Rechtsprechung noch BAG 3. 12. 1998 – 2 AZR 754 / 97 – BAGE 90, 251 (255); BAG 9. 8. 1984 – 2 AZR 374 / 83 – BAGE 46, 234 (240 f.); BAG 16. 9. 1982 – 2 AZR 228 / 80 – BAGE 41, 54 (64); BAG 10. 11. 1955 – 2 AZR 591 / 54 – BAGE 2, 221 (224); BGH 11. 7. 1953 – II ZR 126 / 52 – BGHZ 10, 187 (190 f. m. w. N., insbesondere zur Rechtsprechung des RAG); RG 6. 2. 1923 – III 93 / 22 („Kieler Teilstreik-Urteil“) – RGZ 106, 272 (275 ff.); aus der Literatur vor allem Hueck, ArbR I, S. 86 ff.; Hueck / Nipperdey, ArbR I, S. 129 ff.; Nikisch, Grundformen des Arbeitsvertrags, S. 134 ff.; ders., Arbeitsvertrag und Arbeitsverhältnis, S. 11, 39 ff.; ders., RdA 1967, S. 241 (242 ff.). Näher zum Ganzen, jeweils m. w. N., Wiedemann, Arbeitsverhältnis, S. 25 ff.; Wolf, Arbeitsverhältnis, S. 1 ff.; Fabricius, Leistungsstörungen im Arbeitsverhältnis, S. 23 ff.; MünchKomm-BGB / Kramer, Einl. vor § 241 Rn. 107; Thume, § 324 BGB, S. 139 ff.; Ramrath, FS Leinemann, S. 347 (361 f.); Annuß, ZfA 2004, S. 283 (297 ff.); Jobs, ZfA 1972, S. 305 ff.; Pinther, ArbuR 1961, S. 225 ff. 37 Neben der Dienstleistungspflicht und der Vergütungspflicht, dazu auch bereits oben Einleitung A., ist nach bestrittener Ansicht auch die Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers, grundlegend dazu BAG 10. 11. 1955 – 2 AZR 591 / 54 – BAGE 2, 221 (224 f.); BAG 27. 2. 1985 – GS 1 / 84 – BAGE 48, 122 (130 ff. m. w. N.), als arbeitsvertragliche Hauptpflicht bzw. „hauptleistungsnahe Pflicht“ einzuordnen, so ErfK / Preis, § 611 BGB Rn. 703, 758; Herschel, BB 1978, S. 569 (572); a. A. (i. d. R. nur Nebenpflicht) Kittner / Zwanziger / Becker, ArbR, § 73 Rn. 3; MünchArb / Blomeyer, § 95 Rn. 12; MünchKomm-BGB / MüllerGlöge, § 611 Rn. 973. Näher zum Ganzen Conville, Haupt- und Nebenpflichten, S. 1 ff. 38 Zum Synallagma von Arbeitsleistung und Vergütung siehe BAG 22. 7. 2004 – 8 AZR 203 / 03 – EzBAT §§ 23, 23 BAT M Nr. 126; BAG 15. 10. 2003 – 4 AZR 594 / 02 – EzA § 4 TVG Stahlindustrie Nr. 2; BAG 18. 8. 1999 – 10 AZR 424 / 98 – BAGE 92, 218 (222 ff.); BAG 22. 10. 1997 – 10 AZR 44 / 97 – EEK III / 156; BAG 22. 11. 1995 – 10 AZR 1038 / 94 – juris; BAG 16. 11. 1995 – 8 AZR 240 / 95 – BAGE 81, 294 (297); BAG 11. 10. 1995 – 10 AZR 984 / 94 – BAGE 81, 132 (136 ff.); BAG 10. 5. 1995 – 10 AZR 648 / 94 – AP § 611 BGB Gratifikation Nr. 174; BAG 16. 3. 1994 – 10 AZR 669 / 92 – BAGE 76, 134 (136 ff.); BAG 24. 3. 1992 – 1 AZR 267 / 91 – juris; BAG 10. 1. 1991 – 6 AZR 205 / 89 – BAGE 67, 1 (4 ff.); BAG 24. 10. 1990 – 6 AZR 156 / 89 – BAGE 66, 169 (172 ff.); BAG 12. 12. 1984 – 7 AZR 509 / 83 – BAGE 47, 314 (325 f.); Heinze, DB 1985, S. 111 (114 ff.); Herschel, BB 1978, S. 569 (570 ff.); Bruns, AcP 178 (1978), S. 34 (39 ff.); Söllner, AcP 167 (1967), S. 132 (137 ff.); Wiese, FS Nipperdey, S. 837 (850). 39 BVerfG 7. 11. 1995 – 2 BvR 802 / 90 – AP § 611 BGB Ehegatten-Arbeitsverhältnis Nr. 5; BAG 7. 12. 2005 – 5 AZR 535 / 04 – BAGE 116, 267 (280 ff.); BAG 21. 3. 2001 – 10 AZR 28 / 00 – BAGE 97, 211 (212 ff.); BAG 17. 12. 1959 – GS 2 / 59 – BAGE 8, 285 (296 f.); BSG 18. 6. 1997 – 5 RJ 66 / 95 – BSGE 80, 250 (251 ff.); BSG 25. 6. 1991 – 1 / 3 RK 1 / 90 – BSGE 69, 66 (68); BFH 25. 2. 198 – VIII R 377 / 83 – BFHE 146, 146 (148); ErfK / Preis, § 611 BGB Rn. 4 ff.; Lieb / Jacobs, ArbeitsR, S. 13 ff.; Gast, Wo., ArbeitsR als VertragsR, S. 52 ff.; Bensinger, Arbeitsvertrag, S. 5 ff.; Bernert, Arbeitsverhältnisse im 19. Jhd., S. 22 ff.; Wolf, Arbeitsverhältnis, S. 79 ff.; Wiedemann, Arbeitsverhältnis, S. 9 ff.; Zöllner /

142

3. Teil: Eigene Stellungnahme

nehmers das funktionelle Synallagma40 zwischen Arbeits- und Vergütungspflicht.41 Der Arbeitsvertrag ist als Unterfall des Dienstvertrages im Sinne der §§ 611 ff. BGB anzusehen42 und nach der jedenfalls heute ganz herrschenden „Vertragstheorie“43 die rechtliche Grundlage für das Entstehen des Dauerschuldverhältnisses „Arbeitsverhältnis“44 zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.45 Arbeitsverträge sind zudem Verbraucherverträge i. S. v. § 310 Abs. 3 BGB.46 c) Das Arbeitsverhältnis als Dauerschuldverhältnis Das durch den Arbeitsvertrag begründete Arbeitsverhältnis ist ein „dauerndes Schuldverhältnis“47 bzw. Dauerschuldverhältnis oder Dauerrechtsverhältnis,48 das Loritz, ArbR, S. 145 ff.; Penndorf / Göhring, Arbeitsvertrag, S. 11 ff.; Molitor, Arbeitsvertrag, S. 5, 16 ff.; Dernburg, Bürgerliches R II / 2, S. 439 (440 ff., 442 f.); Schwarz, FS Wilburg, S. 355 ff. 40 Näher zum funktionellen Synallagma gemäß §§ 320 ff. BGB schon oben 3. Teil B. I. 1. a). 41 ErfK / Preis, § 611 BGB Rn. 6. 42 Arg. e contrario §§ 621 Einleitungss., 627 Abs. 1 BGB. 43 Im Gegensatz zu der insbesondere von Siebert, Arbeitsverhältnis, S. 53 ff.; ders., Arbeitsverfassung, S. 30 (35 ff.); Molitor, Arbeitnehmer und Betrieb, S. 10 ff. sowie Nikisch, Arbeitsvertrag und Arbeitsverhältnis, S. 11 ff.; ferner Gast, Wi., Arbeitsverhältnis, S. 133 ff. begründeten, überholten „Eingliederungstheorie“; dazu MünchKomm-BGB / Müller-Glöge, § 611 Rn. 163; Hueck / Nipperdey, ArbR I, S. 115 ff.; Boemke, Schuldvertrag und Arbeitsverhältnis, S. 1 ff., 197 ff.; Rüthers, Unbegrenzte Auslegung, S. 384 ff., jeweils m. w. N. 44 Zur Einordnung des Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis siehe sogleich folgend 3. Teil B. I. 1. c). 45 Siehe nur ErfK / Preis, § 611 BGB Rn. 1 ff.; MünchKomm-BGB / Müller-Glöge, § 611 Rn. 5, 7 f., 16 ff., 154 ff., 163 f. m. w. N.; anders neuerdings Boemke, Schuldvertrag und Arbeitsverhältnis, S. 226 ff., wonach auch die tatsächliche Leistung weisungsabgängiger Dienste ein Arbeitsverhältnis begründen können soll. 46 Zur Einordnung des Arbeitnehmers als Verbraucher i. S. v. § 13 BGB siehe oben 1. Teil D. III. 2. 47 Daraus, dass diese Terminologie in den §§ 611 ff. BGB bloß vereinzelt verwendet wird, etwa in §§ 617 Abs. 1 S. 1, 627 Abs. 1, 629, 630 S. 1 BGB, folgt nichts anderes. Wie bereits Gierke, in: Iher. Jhb. Band 64 (1914), S. 355 (395) zeigte, kann damit „hier nur eine nach der Lebensauffassung längere Dauer gemeint sein.“ 48 Zur Unterscheidung von Verträgen, die eine Verpflichtung zu „vorübergehenden“ oder „dauernden“ Leistungen begründen, siehe bereits Savigny, ObligationenR I, S. 302 f. Grundlegend zum Dauerschuldverhältnis bzw. „dauernden Schuldverhältnis“ Gierke, Iher. Jhb. Band 64 (1914), S. 355 (356 ff.). Näher zum Ganzen Oetker, Dauerschuldverhältnis, S. 47 ff.; Larenz, SchuldR I, S. 29 ff.; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 377 ff.; Wolf, SchuldR AT S. 43 ff.; Beitzke, Dauerrechtsverhältnisse, S. 4 ff.; Thume, § 324 BGB, S. 43 ff., 54 ff.; Wiese, FS Nipperdey, S. 837 ff.; Herschel, JW 1936, S. 633 f.; Krückmann, Iher. Jhb. Band 66 (1916), S. 1 ff.; Michalski, JA 1979, S. 401 ff. Zur Einbettung von Dauerschuldverhältnissen in das intertemporale Privatrecht siehe Kohte, FS Rolland, S. 189 (193 ff., zu Arbeitsverträgen S. 203 ff.); zur ökonomischen Analyse Jickeli, Der langfristige Vertrag, S. 33 ff.; Oetker, Dauerschuldverhältnis, S. 25 ff.; Kern, JuS 1992, S. 13 (16 ff.).

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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im Gegensatz zu einem „einfachen Schuldverhältnis“49 nicht nur auf einen einmaligen, punktuellen bzw. vorübergehenden, sondern auf einen fortdauernden, fortgesetzten bzw. wiederkehrenden50 wirtschaftlichen Austausch der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gegen die Vergütung des Arbeitgebers abzielt, deren Gesamtumfang sich nach der Laufzeit des Arbeitsvertrages bestimmt.51 Maßgebliche Bedeutung im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses erlangt demnach das nach dem Parteiwillen den Austausch der Gesamt- wie Einzelleistungen in doppelter Hinsicht, nämlich bezüglich des „Wie-lange“ und des „Wie-oft“,52 prägende „Zeitmoment“.53 d) Das arbeitsvertragliche „Gesamtsynallagma“ Allerdings ist zu beachten, dass im Arbeitsverhältnis, wie dies auch bei anderen Dauerschuldverhältnissen weitgehend anerkannt ist,54 das vertragliche „Einzelsynallagma“ von jeweils periodisch auszutauschender Arbeitsleistung gegen ein als äquivalent angesehenes, gleichermaßen zeitabschnittsweise fälliges Arbeitsentgelt durch ein „Gesamtsynallagma“ aller während der Laufzeit des Arbeitsvertrages auszutauschenden Leistungen überlagert wird.55 Bei Dauerschuldverhältnissen sind somit von den „Einzelleistungen“ die „Gesamtleistungen“ zu unterscheiden.56 Das „Gesamtsynallagma“ erklärt sich vor dem Hintergrund der Einheitlich49 Ausführlich zur Terminologie Rumpf, Synallagma im Dauerschuldverhältnis, S. 15 ff.; Wiese, FS Nipperdey, S. 837 f., jeweils m. w. N. 50 Siehe die maßgeblich auf Gierke, Iher. Jhb. Band 64 (1914), S. 355 (359 ff.) zurückgehende Unterteilung der Dauerschuldverhältnisse in die Fallgruppen „Verpflichtung zu einem Unterlassen“, „Verpflichtung zu einem fortgesetzten positiven Verhalten“, worunter auch „die auf eine dauernde Arbeitsleistung abzielende Verpflichtung [ . . . ] des Dienstverpflichteten zur Dienstleistung“ fällt, und „Verpflichtung zu wiederkehrenden Leistungen“, wovon „die Verpflichtung zu periodischen Zahlungen, wie z. B. [ . . . ] eines Gehaltes oder Lohnes“ erfasst ist. 51 BAG 17. 12. 1959 – GS 2 / 59 – BAGE 8, 285 (296 f.); BGH 22. 6. 1956 – VI ZR 140 / 55 – BGHZ 21, 112 (114 f.); BSG 10. 8. 2000 – B 11 AL 101 / 99 R – BSGE 87, 46 (50); BFH 26. 6. 1980 – IV R 35 / 74 – BFHE 130, 533 (537); MünchKomm-BGB / MüllerGlöge, § 611 Rn. 17, 158, 160; Wolf, SchuldR BT, S. 175 (177 f.); ders., Arbeitsverhältnis, S. 91 ff.; Wiese, FS Nipperdey, S. 837 ff.; Bruns, AcP 178 (1978), S. 34 (35). 52 Schwarz, FS Wilburg, S. 355 (361). 53 MünchKomm-BGB / Kramer, Einl. vor § 241 Rn. 96; Christodoulou, Zeitelement, S. 2 ff.; Medicus, SchuldR AT, Rn. 10 ff.; Oetker, Dauerschuldverhältnis, S. 18 ff., 152 ff.; Rumpf, Synallagma im Dauerschuldverhältnis, S. 21 ff.; Bruns, AcP 178 (1978), S. 34 (35, 40 ff.). 54 BGH 12. 1. 1976 – VIII ZR 213 / 74 – LM § 6a AbzG Nr. 3, zum Sukzessiv- bzw. Ratenlieferungsvertrag; allgemein Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 383, 419 f., 429; zweifelnd Herholz, AcP 130 (1929), S. 257 (260 ff.). 55 Auch der Äquivalenzgedanke im Rahmen des „wirtschaftlichen Synallagmas“, dazu bereits oben 3. Teil B. I. 1. a), steht der Annahme eines Gesamtsynallagmas nicht entgegen, siehe Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 383, der freilich auch nur eine „funktionale Äquivalenz“ gelten lassen will.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

keit der Dauerschuldverhältnisse in rechtlicher Hinsicht. Es handelt sich daher bei den während eines bestimmten Zeitabschnitts vertragsgemäß auszutauschenden Leistungen, etwa der Erbringung der Arbeitsleistung gegen Zahlung der Vergütung in der Lohnzahlungsperiode eines Monats, nicht jeweils um ein rechtlich selbständiges Schuldverhältnis im weiteren Sinne,57 wohl aber um rechtlich selbständige Einzelleistungen.58 Es könnte zugunsten der Gesamtberechnungslehre sprechen, dass auch im Arbeitsvertrag die Einzelleistungen gesamtsynallagmatisch überlagert und verbunden sind. Das die auf der Grundlage des einheitlichen Arbeitsvertrages periodisch bzw. „kurzzeitperiodisch“ 59 auszutauschenden Einzelleistungen überlagernde Gesamtsynallagma kann indes nicht als Argument für die Gesamtberechnungslehre herangezogen werden.60 Dem stehen für die hier untersuchte Fragestellung abgesehen von der jedenfalls bestehenden rechtlichen Selbständigkeit der Einzelleistungen maßgeblich die Interessenlage bzw. die Vorstellungen der Arbeitsvertragsparteien entgegen, welche die Grundlage des Synallagmas bilden.61 Es geht den Parteien eines Dauerschuldverhältnisses wie des Arbeitsverhältnisses nicht um einen bei Vertragsschluss ohnehin unabsehbaren Austausch von Gesamtleistungen. Den Parteien eines Dauerschuldverhältnisses wird somit die Vorstellung von der Teilung einer mengenmäßig von vornherein genau festgelegten Leistung fehlen.62 Vielmehr ist der von den Parteien auch so gewollte Sinn und Zweck des Arbeitsvertrages, vor allem im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses, darin zu sehen, dass er die rechtliche Grundlage für einen periodisch wiederkehrenden bzw. fortlaufenden Austausch von Einzelleistungen über einen längeren Zeitraum abgeben soll.63 56 Ausführlich zum „Gesamtsynallagma“ Rumpf, Synallagma im Dauerschuldverhältnis, S. 94 (97 ff., 101 f.). 57 Zur Unterscheidung des „Schuldverhältnisses im engeren Sinne“ bzw. Einzelforderung, Forderung, Forderungsrecht, schuldrechtlicher Anspruch, Anrecht, einzelne Leistungsbeziehung und dem gleichsam übergelagerten „Schuldverhältnis im weiteren Sinne“ bzw. komplexes relatives Rechtsverhältnis, gesamtes Rechtsverhältnis siehe BGH 11. 11. 1953 – II ZR 181752 – BGHZ 10, 391 (395); MünchKomm-BGB / Kramer, Einl. vor § 241 Rn. 13; Emmerich, Vertrags- und SchuldR, S. 293 ff. Zur bildhaften Bezeichnung des Schuldverhältnisses im weiteren Sinne als „Organismus“ siehe Siber, SchuldR, S. 1; zur Einordnung als eine „konstante Rahmenbeziehung“, unter maßgeblicher Betonung des zeitlichen Moments siehe grundlegend Herholz, AcP 130 (1929), S. 257 (260, 276, 285 ff.). Larenz, SchuldR I, S. 27 f. bezeichnet das Schuldverhältnis im weiteren Sinn als ein „sinnhaftes Gefüge“, das man auch als einen „in der Zeit verlaufender Prozeß“ betrachten kann. 58 Wiese, FS Nipperdey, S. 837 (838 ff.); Otto, AR-Blattei SD 1880, Rn. 20 ff.; ferner Neussel, Anspruch und Rechtsverhältnis, S. 20 (23 ff.), 47 (51). 59 So Zöllner / Loritz, ArbR, S. 186. 60 Näher hierzu Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3221 f.). 61 Zum Parteiwillen als Grundlage des Synallagmas siehe bereits oben 3. Teil B. I. 1. a). 62 Michalski, JA 1979, S. 401 (407). 63 Näher zur Periodizität der arbeitsvertraglichen Hauptleistungen schon oben 3. Teil B. I. 2.

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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Die rechtlichen Auswirkungen eines das „Einzelsynallagma“ überlagernden „Gesamtsynallagmas“ aller gegenseitig auszutauschenden Leistungen sind für den Bereich des Dienstvertrags- bzw. Arbeitsrechts vielmehr in anderen Aspekten zu sehen. So ist es zutreffend, dem Arbeitnehmer bezüglich der in einer Leistungsperiode zu erbringenden Arbeitsleistung die Einrede des nicht erfüllten Vertrages aus § 320 Abs. 1 S. 1 BGB und nicht nur das rechtlich schwächer ausgestaltete Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB64 zuzugestehen, wenn der Arbeitgeber die Vergütung für vorangegangene Leistungsperioden schuldig geblieben ist.65

2. Die Periodizität des arbeitsvertraglichen Leistungsaustausches a) Zeitabschnittsbezogenheit der arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten Die Hauptleistungspflichten der Arbeitsvertragsparteien werden ganz wesentlich auch durch die zeitliche Komponente66 bestimmt. Nicht nur die Pflicht des Arbeitnehmers zur Leistung der versprochenen Dienste gemäß § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. dem Arbeitsvertrag67 wird in aller Regel nach Zeiteinheiten bemessen sein.68 Auch die dafür vereinbarungsgemäß nach § 611 Abs. 1 BGB zu gewährende Vergütung richtet sich regelmäßig nach Vergütungsperioden, etwa als Stunden-, Tage-, Wo64 Siehe neben dem automatischen Ausschluss des Schuldnerverzugs durch das bloße Bestehen der Einrede des nichterfüllten Vertrages die nach § 320 Abs. 1 S. 3 BGB ausdrücklich nicht gegebene Möglichkeit der Abwendung durch Sicherheitsleistung gemäß § 273 Abs. 3 BGB. 65 So auch die h. L., MünchArb / Blomeyer, § 49 Rn. 53; Schaub / Linck, ArbR-Hdb., § 50 Rn. 2; Soergel / Gsell, § 320 BGB Rn. 32; MünchKomm-BGB / Emmerich, § 320 Rn. 13; MünchKomm-BGB / Müller-Glöge, § 611 Rn. 9; Palandt / Grüneberg, § 320 BGB Rn. 4; Boecken, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 64 Rn. 10; Otto, AR-Blattei SD 1880, Rn. 46 ff.; Rumpf, Synallagma im Dauerschuldverhältnis, S. 176 ff.; Zoller, Vorleistungspflicht und funktionelles Synallagma, S. 87 ff.; Bydlinski, FS Steinwenter, S. 140 (150 f.); Walker, NZA 1993, S. 769 (770 ff.); Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3221); Söllner, ZfA 1973, S. 1 (7 ff.); a. A. Staudinger / Richardi, § 614 BGB Rn. 16 ff.; Erman / Belling, § 614 BGB Rn. 1; MünchKomm-BGB / Müller-Glöge, § 614 Rn. 12; Palandt / Weidenkaff, § 614 BGB Rn. 2; Capodistrias, RdA 1954, S. 53 (54 f.); Kirschner, DB 1961, S. 842 ff. Das BAG hat die Frage jedenfalls nicht ausdrücklich beantwortet, siehe BAG 20. 12. 1963 – 1 AZR 428 / 62 – BAGE 15, 174 (186 ff.); BAG 21. 5. 1992 – 2 AZR 10 / 92 – BAGE 70, 262 (270); BAG 22. 12. 1982 – 2 AZR 350 / 82 – juris; BAG 22. 12. 1982 – 2 AZR 282 / 82 – BAGE 41, 229 (241); BAG 21. 5. 1981 – 2 AZR 95 / 79 – BAGE 35, 324 (336); für die Annahme eines Zurückbehaltungsrechts allein gemäß § 273 Abs. 1 BGB BAG 9. 5. 1996 – 2 AZR 387 / 95 – AP § 273 BGB Nr. 5; BAG 25. 10. 1984 – 2 AZR 417 / 83 – AP § 273 BGB Nr. 3; LAG Berlin 5. 3. 2003 – 17 Sa 2269 / 02 – LAGE § 623 BGB Nr. 4. 66 Allgemein zum „Zeitelement im Schuldrecht“ Christodoulou, Zeitelement, insbesondere S. 139 ff.; zur „Zeit als Bestandteil des Leistungsinhalts“ Nastelski, JuS 1962, S. 289 ff. 67 Näher zu rechtstheoretischen Grundlagen arbeitsrechtlicher Vergütungsregelungen gemäß §§ 611 ff. BGB Cottmann, Vergütung von Arbeitsleistungen, S. 25 ff. 68 MünchKomm-BGB / Müller-Glöge, § 611 Rn. 16 ff.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

chen-, Dekaden- und Monatsvergütung.69 So ist der Arbeitnehmer nach Maßgabe der auf sein Arbeitsverhältnis anzuwendenden Rechtsquellen70 beispielsweise zur Leistung von Arbeit im Umfang von 40 Stunden pro Woche oder acht Stunden pro Arbeitstag jeweils von Montag bis Freitag verpflichtet. Der Arbeitgeber zahlt im Gegenzug etwa ein bestimmtes Monatsgehalt oder einen Tages- oder Wochenlohn. Hiervon zu unterscheiden und unabhängig davon, für welchen Zeitabschnitt die Vergütung gewährt wird, ist die Frage, wonach sich die Höhe dieser periodisch zu entrichtenden Vergütung richtet. Während beim Zeitlohn die Höhe des Arbeitsentgelts nach Zeitabschnitten bemessen ist, richtet sich die Lohnhöhe bei Leistungslohn, insbesondere Akkordlohn, nach dem Arbeitsergebnis, namentlich der Qualität oder Quantität der geleisteten Arbeit.71 Auch bei Leistungslohnsystemen bestimmt die nach Lage und Dauer festgelegte Arbeitszeit Umfang und Maß der vom Arbeitnehmer geschuldeten Leistung.72 b) Fälligkeit des periodischen Vergütungsanspruchs gemäß § 614 BGB Die Periodizität des arbeitsvertraglichen Leistungsaustausches zeigt sich zudem bei der Frage der Fälligkeit der vereinbarten Vergütung. Die Vergütung ist gemäß der Grundregel des § 614 S. 1 BGB „nach der Leistung der Dienste“ zu entrichten. § 614 S. 1 BGB passt nur für die Vergütung einmaliger Leistungen, ist somit für Arbeitsverhältnisse nicht allein maßgeblich. Die speziellere Regelung des § 614 S. 2 BGB bestimmt konkretisierend: „Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten“. Üblicherweise wird die Arbeitsvergütung nach Monaten berechnet.73 Allerdings ist zu beachten, dass zum einen für besondere Gruppen Dienstpflichtiger Sonderregelungen gegenüber der allgemeinen Regelung des § 614 BGB bestehen74 und zum anderen diese dispositive Fälligkeitsvorschrift in der Praxis vielfach abbedungen wird.75

69 BFH 25. 9. 1956 – I 122 / 56 U – BFHE 63, 354 (355); Larenz, SchuldR II / 1, S. 317; näher MünchKomm-BGB / Müller-Glöge, § 611 Rn. 697. 70 Ausführlich zur arbeitsrechtlichen Rechtsquellenlehre ErfK / Preis, § 611 BGB Rn. 235 ff. 71 Näher ErfK / Preis, § 611 BGB Rn. 489 ff.; zum sog. Vergleichsmannprinzip Schaub, AR-Blattei SD 80, Rn. 65. 72 MünchKomm-BGB / Müller-Glöge, § 611 Rn. 18. 73 ErfK / Preis, § 614 BGB Rn. 5. 74 Dazu im Einzelnen MünchKomm-BGB / Müller-Glöge, § 614 Rn. 3 ff.; Staudinger / Richardi, § 614 BGB Rn. 38 ff.; ErfK / Preis, § 614 BGB Rn. 7 ff. 75 MünchKomm-BGB / Müller-Glöge, § 614 Rn. 2; Staudinger / Richardi, § 614 BGB Rn. 3 ff.; ErfK / Preis, § 614 BGB Rn. 2 f.

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

147

c) Zeitlicher Anknüpfungspunkt bei § 615 BGB im Hinblick auf die Fälligkeitsregelung § 614 S. 2 BGB Die Begründung des BAG für die Anwendbarkeit der pro rata temporis-Anrechnungsmethode im Rahmen von § 74c Abs. 1 S. 1 HGB stützt sich auch darauf, dass bei § 615 S. 2 BGB und § 11 Nr. 1 KSchG ein „zeitlicher Anknüpfungspunkt“ fehle, wie er in § 74b Abs. 1 HGB für die Vorschrift des § 74c Abs. 1 S. 1 HGB enthalten sei.76 Diese Begründung trifft nicht zu. Nach § 74b Abs. 1 HGB ist die dem Handlungsgehilfen nach § 74 Abs. 2 zu gewährende Entschädigung, auf welche sich die Anrechnung nach § 74c Abs. 1 HGB bezieht, „am Schlusse jedes Monats zu zahlen“. Diese Regelung betrifft die Fälligkeit der Entschädigung.77 Der über die Vorschrift des § 615 S. 1 BGB für den Fall des Annahmeverzugs des Arbeitgebers aufrechterhaltene originäre arbeitsvertragliche Vergütungsanspruch aus § 611 Abs. 1 BGB wird fällig, wie wenn die Dienste tatsächlich geleistet worden wären.78 Gemäß § 614 S. 1 BGB ist die Vergütung „nach der Leistung der Dienste“ zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie gemäß § 614 S. 2 BGB „nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte“ zu entrichten. Die Fälligkeit der nach Zeitabschnitten bemessenen Vergütung richtet sich also im Grundsatz nach der Regelung des § 614 S. 2 BGB bzw. den entsprechenden an ihre Stelle tretenden einzel- oder kollektivvertraglichen Vorschriften.79 Mithin ist gerade in § 614 S. 2 BGB der vom BAG geforderte zeitliche Anknüpfungspunkt im Rahmen des § 615 S. 2 BGB zu sehen. Daraus, dass die Anrechnung sich einerseits in § 74c Abs. 1 S. 1 HGB nach dessen Gesetzeswortlaut ausdrücklich auf die „fällige“ Entschädigung bezieht, andererseits gemäß § 615 S. 2 BGB aber auf die „vereinbarte“ Vergütung, lassen sich keine gegen eine zeitabschnittsbezogene Anrechnungsweise sprechenden Anhaltspunkte entnehmen.80 Die dem Arbeitnehmer zu zahlende „vereinbarte“ Vergütung kennzeichnet sich auch durch ihre gleichfalls vereinbarte jeweilige „Fälligkeit“. Die Frage einer Anrechnung anderweitigen Erwerbs auf den Annahmeverzugslohn stellt sich ohnehin nur bei dessen Fälligkeit, wie sie in § 614 S. 2 BGB bzw. an dessen Stelle tretenden Individual- oder Kollektivnormen geregelt ist. Nicht fälliger Annahmeverzugslohn kann bereits aus diesem Grund vom Arbeitnehmer jedenfalls derzeit nicht verlangt werden, ohne dass es bereits hier auf eine Anrechnung anderweitigen Erwerbs ankäme. Erst dann, wenn die „vereinbarte“ Vergütung auch vereinbarungsgemäß BAG 16. 12. 1982 – 6 AZR 1193 / 79 – juris; dazu bereits oben 2. Teil B. II. Boecken, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 74b Rn. 1 ff., § 74c Rn. 5, 23. 78 Zur Rechtsnatur sowie Fälligkeit des „Annahmeverzugslohnanspruchs“ siehe oben 1. Teil D. I. 1. 79 Dies erkennt im Übrigen auch das BAG selbst an, siehe BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (59, 61 f. m. Anm. Boecken). 80 Zu dem vom BAG insoweit auch ins Feld geführten Wortlautargument siehe bereits oben 2. Teil B. I. und 3. Teil A. 76 77

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

„fällig“ geworden ist, kann sie unter Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB verlangt werden, ohne dass insoweit maßgebliche Unterschiede zur fälligen Entschädigung nach § 74c HGB ersichtlich wären.81 Im Übrigen ist jedenfalls in der hier untersuchten Konstellation periodisch zu entrichtender Arbeitsvergütung der sachliche Unterschied zwischen den Fälligkeitsregelungen des § 74b Abs. 1 HGB einerseits und § 614 S. 2 BGB andererseits als gering anzusehen. Denn auch nach § 614 S. 2 BGB wird die zeitabschnittsweise, bei Arbeitsverhältnissen i. d. R. monatlich zu entrichtende Vergütung, nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte, hier also ebenfalls zum Monatsende, fällig. Des Weiteren rechtfertigt es keine abweichende Beurteilung, dass die Fälligkeitsregelung des § 74b Abs. 1 HGB ebenso wie der gesamte Regelungskomplex der §§ 74 – 75c HGB angesichts ihres Charakters als Arbeitnehmerschutzvorschriften gemäß § 75d S. 1 HGB nicht zum Nachteil, wohl aber zugunsten82 des Arbeitnehmers abdingbar ist,83 während § 614 S. 2 BGB zulässigerweise durch anderweitige inhaltlich abweichende einzel- oder kollektivvertragliche Regelungen auch zum Nachteil des Arbeitnehmers ersetzt werden kann und vielfach ersetzt wird.84 Denn der unterschiedliche Umfang der Abdingbarkeit der Fälligkeitsregelungen rechtfertigt sich vor dem Hintergrund einer differenziert beurteilten sozialen Schutzbedürftigkeit der jeweils betroffenen Personengruppe und kann nicht das Vorhandensein eines zeitlichen Anknüpfungspunktes im Rahmen von § 615 BGB als solchen, nämlich die Vorschrift des § 614 BGB oder diese ersetzende Vereinbarungen, in Frage stellen. 3. Die rechtliche Selbständigkeit der einzelnen, periodisch fälligen Vergütungsansprüche Jeder periodisch fällig werdende Einzelanspruch85 des Arbeitnehmers auf Zahlung der für den betreffenden Zeitabschnitt vereinbarten Vergütung behält trotz sei81 Zur systematischen Notwendigkeit bzw. jedenfalls Sinnhaftigkeit eines Gleichlaufs von § 74c Abs. 1 S. 1 HGB mit § 615 S. 2 BGB siehe auch noch folgend unter 3. Teil B. II. 2. c). 82 BAG 18. 2. 1967 – 3 AZR 290 / 66 – BAGE 19, 267 (277). 83 BAG 7. 9. 2004 – 9 AZR 612 / 03 – BAGE AP § 75 HGB Nr. 11; BAG 31. 7. 2002 – 10 AZR 558 / 01 – AP § 611 BGB Konkurrenzklausel Nr. 48; BAG 22. 5. 1990 – 3 AZR 647 / 88 – AP § 74 HGB Nr. 60; BAG 16. 12. 1986 – 3 AZR 73 / 86 – AP § 74 HGB Nr. 53 m. abl. Anm. Hadding / Hammen; BAG 13. 5. 1986 – 3 AZR 85 / 85 – § 74 HGB Nr. 51 m. abl. Anm. Küstner / Manteuffel; BAG 10. 12. 1985 – 3 AZR 242 / 84 – AP § 611 BGB Konkurrenzklausel Nr. 31; BAG 25. 9. 1980 – 3 AZR 638 / 78 – juris; näher Boecken, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 74b Rn. 3 ff., § 75d Rn. 1 ff. 84 Protokolle II, S. 279; BAG 15. 1. 2002 – 1 AZR 165 / 01 – EzA § 614 BGB Nr. 1; MünchKomm-BGB / Müller-Glöge, § 614 Rn. 2; Staudinger / Richardi, § 614 BGB Rn. 3 ff.; ErfK / Preis, § 614 BGB Rn. 2 f. 85 Bzw. „verselbständigte Einzelschuld“, so Gierke, Iher. Jhb. Band 64 (1914), S. 355 (367).

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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ner Einbindung in das übergeordnete arbeitsvertragliche Gesamtsynallagma86 seine rechtliche Selbständigkeit. Es tritt „der Einzelanspruch auf die fällige Leistung mit der Fälligkeit als selbständiges Forderungsrecht ins Leben und ist dann nach denselben Regeln zu behandeln wie alle anderen Ansprüche auf vorübergehende Leistungen [ . . . ]. Demgemäß ist dann auch § 36287 hierauf anwendbar.“88 „Diese Einzelansprüche aber führen ein vom Gesamtanspruch unabhängiges Dasein, können vor ihm erlöschen oder ihn überdauern [ . . . ]“.89 Des Weiteren unterliegt jeder Einzelanspruch mit seiner rechtlichen Entstehung separat der Verjährung gemäß §§ 194 ff. BGB90 sowie anderen Erlöschensgründen,91 etwa aufgrund der Versäumung rechtzeitiger Geltendmachung innerhalb bestimmter Ausschlussfristen.92 Dass die rechtliche Selbständigkeit der periodisch fällig werdenden Lohnansprüche des Arbeitnehmers auch während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers unverändert bestehen bleibt, soll im Folgenden aufgezeigt werden.93

4. Strukturelle dogmatische Besonderheiten im Annahmeverzug des Arbeitgebers? Dass die Tatsache des Annahmeverzugs des Arbeitgebers hinsichtlich Entstehung wie Fälligkeit des gemäß § 615 S. 1 BGB aufrechterhaltenen ursprünglichen arbeitsvertraglichen Vergütungsanspruchs aus § 611 Abs. 1 BGB keine Besonderheiten begründet, ist selbst in der Rechtsprechung des BAG anerkannt, wenn es ausdrücklich, allerdings nur für den Fall des noch andauernden, nicht auch des beNäher zum „Gesamtsynallagma“ bereits oben 3. Teil B. I. 1. d). Zur Problematik der „Erfüllung von Dauerschuldverhältnissen“ sowie zum Erlöschen einzelner Leistungspflichten gemäß § 362 Abs. 1 BGB siehe Wiese, FS Nipperdey, S. 837 (839 ff.). 88 BGH 11. 11. 1953 – II ZR 181 / 52 – BGHZ 10, 391 (397) unter Verweis auf Gierke, Iher. Jhb. Band 64 (1914), S. 355 (374). Dort heißt es: „Endlich entspricht auch dem Forderungsrecht auf wiederkehrende Leistungen ein einheitlicher Gesamtanspruch. Hier treten freilich die Einzelansprüche auf die fälligen Leistungen in den Vordergrund. Denn das zur bestimmten Zeit als reife Frucht sich vom Stammrecht lösende Forderungsrecht auf die Einzelleistung tritt als selbständiges Forderungsrecht auf eine in sich abgeschlossene vorübergehende Leistung ins Leben und ist daher von vornherein mit einem Leistungsanspruch ausgestattet. [ . . . ] Allein hinter ihnen steht der Gesamtanspruch auf Erfüllung des dauernden Forderungsrechts durch periodische Wiederholung der Einzelleistungen.“ 89 Gierke, Iher. Jhb. Band 64 (1914), S. 355 (374). 90 BGH 11. 11. 1953 – II ZR 181 / 52 – BGHZ 10, 391 (397); Gierke, Iher. Jhb. Band 64 (1914), S. 355 (374). 91 BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (59, 61 f. m. Anm. Boecken). 92 Siehe dazu bereits oben 1. Teil D. I. 1. 93 Dazu sogleich folgend 3. Teil B. I. 4. 86 87

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

reits beendeten Annahmeverzugs, konstatiert: „Die zeitabschnittsbezogenen Vergütungsansprüche behalten ihre rechtliche Selbständigkeit. Es gilt nicht anderes, als wenn der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeit geleistet hätte und hierfür die vereinbarte Vergütung verlangte. Entstehen wie auch Fälligkeit und Erlöschen bestimmen sich nach dem vertraglich maßgeblichen Zeitabschnitt (§ 614 BGB).“94 Diese zutreffende Erkenntnis steht in deutlichem Widerspruch zur Gesamtberechnungsmethode, wie sie das BAG gleichwohl vertritt. Auch im Übrigen ist allgemein anerkannt, dass der Annahmeverzug des Arbeitgebers die Periodizität des arbeitsvertraglichen Leistungsaustauschverhältnisses weder einschränkt noch gar aufhebt. Das BVerwG formuliert in diesem Zusammenhang treffend, die Regelung des § 615 S. 2 BGB „hängt deshalb eng mit dem Wesen des Dienstvertrags, nämlich mit dessen Eigenschaft eines Austauschvertrages zusammen, der grds. die Leistung der Vergütung von der Leistung der Dienste abhängig macht.“95 Nach der Rechtsprechung des BFH spiegelt sich in der Vorschrift des § 615 BGB „das Wesen des Dienstvertrags wider, das unter anderem darin besteht, daß der Dienstverpflichtete für eine bestimmte oder unbestimmte Zeit Dienste verspricht und während dieses Zeitraums zu den vorgesehenen Stunden ständig dienstbereit ist.“96 Es ist in diesem Sinne gleichfalls zutreffend, von einer „Perpetuierung des periodischen Austauschverhältnisses auch im Annahmeverzug“ zu sprechen.97 Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass die Anzahl der rechtlich selbständigen Vergütungsansprüche, welche der Arbeitnehmer während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers erwirbt, der Anzahl der Vergütungsperioden entspricht, die der Annahmeverzug andauert. Es ist ohne weiteres denkbar, dass einzelne dieser Ansprüche etwa wegen Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB erlöschen, nach Maßgabe der §§ 194 ff. BGB verjähren, wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen, dass der Arbeitnehmer auf sie gemäß § 397 BGB verzichtet, oder dass sie nach §§ 398 ff. BGB abgetreten oder unter Beachtung der Pfändungsschutzvorschriften für Arbeitseinkommen gemäß §§ 850 ff. ZPO gepfändet werden, während andere Annahmeverzugslohnansprüche dieses rechtliche Schicksal nicht teilen mögen. Es bestehen insoweit keine Besonderheiten zu „normalen“ Vergütungsansprüchen des Arbeitnehmers. Bereits hieran wird deutlich, dass der Arbeitnehmer auch während des Annahmeverzugs unabhängig davon, ob dieser beendet ist oder noch fortdauert,98 nicht etwa einen einheitlichen „Gesamtanspruch“ erwirbt, son94 BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (59, 61 f. m. Anm. Boecken). 95 BVerwG 13. 2. 1969 – II C 42.66 – BVerwGE 31, 253 (256). 96 BFH 27. 4. 1961 – V 263 / 58 U – BFHE 73, 90 (91 f.). 97 So Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3222). 98 Nur für den Fall des noch andauernden Annahmeverzugs ebenso BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (59, 61 f. m. abl. Anm. Boecken).

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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dern in mehreren Lohnzahlungsperioden eine entsprechende Vielzahl rechtlich selbständiger Vergütungsansprüche. 5. Ergebnis Von besonderer Bedeutung für die Ermittlung der zutreffenden Anrechnungsmethode bei § 615 S. 2 BGB ist das synallagmatische Verhältnis der von Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Rahmen des Dauerschuldverhältnisses „Arbeitsverhältnis“ zu erbringenden Hauptleistungspflichten. Der arbeitsvertraglich vorgesehene Leistungsaustausch von Dienstleistung und Vergütung erfolgt dabei zeitabschnittsweise. Die gemäß § 614 S. 2 BGB periodisch fällig werdenden Lohnansprüche des Arbeitnehmers sind rechtlich selbständig. An diesen Grundsätzen vermag auch der arbeitgeberseitige Annahmeverzug nichts zu ändern. Ein „Gesamtanspruch“ im Sinne der Gesamtbetrachtungsmethode ist dogmatisch auch nicht unter Hinweis auf das arbeitsvertragliche „Gesamtsynallagma“ begründbar. Das systematische Verhältnis von § 615 S. 1 zu § 615 S. 2 BGB spricht somit maßgeblich für die zeitabschnittsbezogene Anrechnungsmethode pro rata temporis.

II. Die Methode der Anrechnung in zeitlicher Hinsicht bei anderen Anrechnungsvorschriften Nachfolgend wird im Rahmen der Gesetzauslegung der „rechtsethische Kontext“ der Anrechnungsvorschrift des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB ermittelt und untersucht. Die Auslegung einer Norm soll möglichst in Einklang gebracht werden mit den Zwecksetzungen und Gerechtigkeitsvorstellungen, die in der übrigen Rechtsordnung enthalten sind, damit Gleichartiges auch gleich bewertet wird. Auf die Ermittlung des so umschriebenen „rechtsethischen Kontextes“ zielt insbesondere die Frage, wie das Gesetz vergleichbare Interessenkonflikte in anderen Rechtsnormen entschieden hat.99 Anrechnungsregelungen ähnlich denen in der Vorschrift des § 615 S. 2 BGB enthaltenen finden sich in der Rechtsordnung an zahlreichen Stellen, insbesondere, aber nicht nur, im Bereich des Privatrechts.100 § 615 S. 2 BGB kann insofern als „exemplarische Vorschrift“ angesehen werden.101 1. § 11 KSchG: Anrechnung auf entgangenen Zwischenverdienst Die Vorschriften des § 11 Nr. 1 – 3 KSchG102 betreffen die Frage der Anrechnung von Zwischenverdienst, böswillig unterlassenen Erwerbs sowie öffentlichNäher zum „rechtsethischen Kontext“ Zippelius, Methodenlehre, S. 54 f., 58 f. Zu ausgewählten privatrechtlichen Anrechnungsregelungen sogleich folgend 3. Teil B. II. 1. – 10. 101 So auch Wettich, Verdienstausfallschaden, S. 103 ff. 99

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

rechtlicher Entgeltersatzleistungen auf das Arbeitsentgelt, das der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Hinblick auf die gerichtliche Entscheidung, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht, für die Zeit nach der unwirksamen und damit gemäß § 296 BGB annahmeverzugsbegründenden Entlassung schuldet. a) Normzweck Die Vorschrift des § 9 KSchG 1951103 bestimmt „lediglich, was sich der Arbeitnehmer auf den entgangenen Verdienst anrechnen zu lassen hat. Sie wiederholt zwar, vom Buchstaben d)104 abgesehen, gleichfalls das, was nach § 615 Satz 2 BGB ohnedies rechtens ist; die Aufnahme scheint jedoch angezeigt, um Arbeitgebern und Arbeitnehmern die Unterrichtung über die Rechtslage zu erleichtern.“105 Gleiches gilt für die weitgehend übereinstimmende Nachfolgeregelung des § 11 KSchG. Insoweit kann zunächst auf die Ausführungen zum Normzweck des § 615 S. 2 BGB verwiesen werden.106 Das BAG hatte sich zunächst unter Hinweis auf die Identität der Vorschriften den vom RG107 zu § 615 S. 2 BGB vorgebrachten Erwägungen angeschlossen. Der Grund der Regelung des § 11 KSchG bestehe „darin, daß der zur Leistung der Arbeit Verpflichtete nicht mehr, als ihm nach dem Vertrag gebührt erhalten und nicht auf Kosten des Arbeitgebers einen Gewinn machen soll. Dem Arbeitgeber soll aus Gründen der Billigkeit gestattet sein, die Anrechnung vorzunehmen.“108 Nach neuerer Rechtsprechung des BAG sollen die Regelungen in § 11 Nr. 1 und Nr. 3 KSchG gewährleisten, dass der Arbeitnehmer nach einer unwirksamen Kündigung durch den Arbeitgeber finanziell nicht besser, aber auch nicht schlechter steht, als wenn das Arbeitsverhältnis ohne Kündigung durchgeführt worden wäre.109 Deshalb sind der tatsächlich erzielte Verdienst und Leistungen der Sozialversicherung auf das vom Arbeitgeber geschuldete Arbeitsentgelt anzurechnen. In § 11 Nr. 2 KSchG wird demgegenüber dem Arbeitnehmer eine Obliegenheit zur angemessenen Rücksichtnahme auf die Belange des Arbeitgebers auferlegt. Der Siehe auch die Vorgängervorschriften des § 9 lit. a), b), d) KSchG 1951. KSchG vom 10. 8. 1951, BGBl. I S. 499 (500). 104 § 9 lit. d) KSchG 1951, nachfolgend § 11 Nr. 3 KSchG betreffen die Anrechnung von öffentlich-rechtlichen Leistungen infolge Arbeitslosigkeit. 105 So die Gesetzesbegründung zu § 9 KSchG 1951, in: BT-Drucks. 1 / 2090, S. 14. 106 Zur ratio legis des § 615 S. 2 BGB schon oben 1. Teil B. I. 2. und noch ausführlich folgend 3. Teil D. 107 RG 12. 7. 1904 – III 146 / 04 – RGZ 58, 402 (403 f.). 108 BAG 1. 3. 1958 – 2 AZR 533 / 55 – BAGE 5, 217 (219) = AP § 9 KSchG Nr. 1 m. zust. Anm. Herschel = ArbuR 1958, S. 352 m. zust. Anm. Trieschmann; siehe auch ErfK / Kiel, § 11 KSchG Rn. 6. 109 So auch die h. L., KR / Spilger, § 11 KSchG Rn. 5; APS / Biebl, KündR, § 11 KSchG Rn. 2 m. w. N. 102 103

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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Arbeitnehmer soll seine Annahmeverzugsansprüche nicht ohne Rücksicht auf den Arbeitgeber durchsetzen können.110 b) Anwendungsbereich Auch im Anwendungsbereich des KSchG ist Anspruchsgrundlage für die Vergütung § 611 Abs. 1 i. V. m. § 615 S. 1 BGB. Die Anrechnungsvorschrift des § 11 KSchG ist nach allg. M. zwar im Anwendungsbereich des KSchG lex specialis gegenüber § 615 S. 2 BGB, wird inhaltlich aber gleich behandelt.111 Die unterschiedliche Terminologie ergibt sich zwangsläufig daraus, dass § 615 BGB seine Stellung im Rahmen des Dienstvertragsrechts des BGB hat, während § 11 KSchG die vergütungsrechtlichen Folgen einer sozialwidrigen Kündigung regelt.112 Es wäre auch nicht einzusehen, die materiell-rechtlichen Folgen des Annahmeverzugs nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung hinsichtlich der Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB bzw. § 11 KSchG in Abhängigkeit davon unterschiedlich zu behandeln, ob der Anwendungsbereich des KSchG eröffnet, insbesondere etwa das Größenkriterium des § 23 Abs. 1 S. 2, S. 3 KSchG erfüllt ist. Allerdings ist die Vorschrift des § 11 KSchG nach h. L. im Gegensatz zu § 615 BGB nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers abdingbar.113 Macht der Arbeitnehmer von seinem Verweigerungsrecht nach § 12 KSchG Gebrauch, so ist ihm gemäß § 12 S. 4 KSchG entgangener Verdienst nur für die Zeit zwischen der Entlassung und dem Tage des Eintritts in das neue Arbeitsverhältnis zu gewähren. § 11 KSchG findet gemäß § 12 S. 5 KSchG entsprechende Anwendung.114 c) Gesamtberechnung oder Anrechnung pro rata temporis Auch im Rahmen von § 11 Nr. 1 KSchG wird bei der Frage des Umfangs der Anrechnung anderweitigen Erwerbs in zeitlicher Hinsicht bislang sowohl in der Rechtsprechung115 wie Literatur116 weitestgehend die Gesamtberechnungsmethode vertreten. BAG 11. 1. 2006 – 5 AZR 125 / 05 – BAGE 116, 355 (357). Zum Verhältnis von § 615 BGB zu § 11 KSchG siehe bereits oben 1. Teil B. II. 4. 112 So BAG 1. 3. 1958 – 2 AZR 533 / 55 – BAGE 5, 217 (219); KR / Spilger, § 11 KSchG Rn. 32. 113 ErfK / Kiel, § 11 KSchG Rn. 3 m. w. N.; dazu auch schon oben 1. Teil B. II. 4. 114 Näher zu Vergütungsfragen im Rahmen von § 12 KSchG BAG 19. 10. 1972 – 2 AZR 150 / 72 – AP § 12 KSchG 1969 Nr. 1; KR / Rost, § 12 KSchG Rn. 30 ff.; APS / Biebl, KündR, § 12 KSchG Rn. 19 ff.; Schaub, AR-Blattei SD 80, Rn. 55; zur Auskunftspflicht des Arbeitnehmers analog § 74c Abs. 2 HGB BAG 19. 7. 1978 – 5 AZR 748 / 77 – AP § 242 BGB Auskunftspflicht Nr. 16 m. Anm. Herschel. 115 BAG 1. 3. 1958 – 2 AZR 533 / 55 – BAGE 5, 217 (218 ff.) = AP § 9 KSchG Nr. 1 m. zust. Anm. Herschel = ArbuR 1958, S. 352 m. zust. Anm. Trieschmann; BAG 23. 1. 110 111

154

3. Teil: Eigene Stellungnahme

Bezieht der Arbeitnehmer während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers Arbeitslosengeld und unterlässt er zugleich böswillig einen ihm zumutbaren Erwerb, hat nach der Rechtsprechung des BAG eine „proportionale Zuordnung der Anrechnung nach § 11 Nr. 2 und Nr. 3 KSchG“ zu erfolgen.117 d) Ergebnis Die einseitig zwingende Anrechnungsvorschrift des § 11 KSchG ist abgesehen von der bewußt abweichend geregelten Frage der Anrechnung von Ersparnissen des Arbeitnehmers inhaltlich nicht anders auszulegen als § 615 S. 2 BGB. Da § 11 Nr. 1 KSchG hinsichtlich der hier untersuchten Fragestellung lediglich deklaratorisch die durch § 615 S. 2 Alt. 2 BGB vorgegebene Rechtslage für den Anwendungsbereich des KSchG spezialgesetzlich wiederholt, lassen sich aus § 11 KSchG keine Erkenntnisse über die im Rahmen von § 615 BGB anzuwendende Anrechnungsmethode gewinnen. Im Gegenteil wird in umgekehrter Richtung das zu § 615 S. 2 Alt. 2 BGB gefundene Ergebnis auch für § 11 Nr. 1 KSchG maßgeblich sein müssen.118 2. Anrechnung auf die fällige Karenzentschädigung gemäß § 74c Abs. 1 S. 1 HGB Nach der Anrechnungsvorschrift des § 74c Abs. 1 S. 1 HGB muss sich der Handlungsgehilfe119 bis zur Höhe näher bestimmter Anrechnungsfreigrenzen „auf die fällige Entschädigung anrechnen lassen, was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweite Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt“.120 1967 – 3 AZR 253 / 66 – BAGE 19, 194 (198 f.) = AP § 74c HGB Nr. 1 m. zust. Anm. Hueck, A.; BAG 16. 12. 1982 – 6 AZR 1193 / 79 – juris; BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (32 ff.) = SAE 1994, S. 232 (237, 238 f. m. zust. Anm. Danne) = EWiR 1993, S. 1173 (1174 m. zust. Anm. Schaub); offen gelassen von BAG 19. 7. 1978 – 5 AZR 748 / 77 – AP § 242 BGB Auskunftspflicht Nr. 16 m. abl. Anm. Herschel = SAE 1979, S. 132 (135 m. insoweit abl. Anm. Koller). 116 AnwKomm-ArbR / Eylert, § 11 KSchG Rn. 9; APS / Biebl, KündR, § 11 KSchG Rn. 19; Hoyningen-Huene / Linck, KSchG, § 11 Rn. 17; KR / Spilger, § 11 KSchG Rn. 33 m. w. N.; HK-KSchG / Kriebel, § 11 Rn. 22; MünchKomm-BGB / Hergenröder, § 11 KSchG Rn. 24; ErfK / Kiel, § 11 KSchG Rn. 7; MünchArb / Boewer; § 78 Rn. 60. 117 BAG 11. 1. 2006 – 5 AZR 125 / 05 – BAGE 116, 355 (357 f.); näher dazu schon oben 1. Teil D. II. 4. d). 118 Ebenso in diesem Sinne Rolfs, ArbR, § 11 KSchG Rn. 1. Allerdings ist dessen Hinweis, die „vermeintliche Spezialregelung“ des § 11 KSchG sei mit § 615 S. 2 BGB „identisch [ . . . ] und daher letztlich überflüssig“, unter dem Gesichtspunkt der dort nicht vorgesehenen Anrechnung von Ersparnissen aus dogmatischer Sicht zu widersprechen. Die Rechtslage ist insoweit uneinheitlich, KR / Spilger, § 11 KSchG Rn. 31, 50 m. w. N. 119 Zur Ausweitung des persönlichen Anwendungsbereichs der §§ 74 ff. HGB siehe 3. Teil B. II. 2. b).

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

155

a) Normzweck § 74c Abs. 1 S. 1 HGB liegt der Gedanke zu Grunde, dass der Handlungsgehilfe nicht eine „Prämie“ für einen Stellenwechsel erhalten soll.121 Im Einklang mit dem Zweck der zu zahlenden Karenzentschädigung soll verhindert werden, dass der Arbeitnehmer auf Kosten des Arbeitgebers bereichert wird.122 Zudem wird auch hier auf die thematische Nähe zum allgemeinen Rechtsgedanken der Vorteilsausgleichung hingewiesen.123 Angesichts ihrer Einbettung in den Regelungskomplex der §§ 74 – 75d HGB124 betreffend die Zulässigkeit nachvertraglicher Wettbewerbsverbote125 ist die Regelung des § 74c HGB auch im Lichte des diesen Vorschriften allgemein zu Grunde liegenden Normzwecks zu sehen. Die Wettbewerbsregelungen stellen einen Ausgleich dar zwischen dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers einerseits, sich durch ein Wettbewerbsverbot vor Konkurrenztätigkeit des ehemaligen Arbeitnehmers und den damit für den Bestand seines Unternehmens verbundenen wirtschaftlichen Nachteilen zu schützen,126 und andererseits dem ebenfalls grundrechtlich verbürgten Interesse des Arbeitnehmers, über sein berufliches Fortkommen nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses selbst zu bestimmen,127 vor allem seinen Arbeitsplatz frei zu wählen, die rechtmäßig erlangten beruflichen Kenntnisse und Erfahrungen zu verwerten und zu seinem früheren Arbeitgeber auch in Wettbewerb zu treten.128 Nach dem sog. Grundsatz der bezahlten Karenz gemäß § 74 Abs. 2 HGB soll dem Arbeitnehmer durch die Karenzentschädigung der Lebensstandard gesichert 120 Näher zur Regelung des § 74c HGB Boecken, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 74c Rn. 1 ff.; Hopt, in: Baumbach / Hopt, HGB, § 74c Rn. 1 ff.; Mayer, AiB 2005, S. 433 (434 f.); Kukat, BB 2001, S. 951 (952 f.); Ebert, FA 1999, S. 346 (347 f.); Bauer / Diller, BB 1995, S. 1134 (1137 f.); Gumpert, BB 1970, S. 890 f. 121 Hopt, in: Baumbach / Hopt, HGB, § 74c Rn. 1. 122 BAG 23. 1. 1967 – 3 AZR 253 / 66 – BAGE 19, 194 (199); näher Boecken, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 74c Rn. 2 m. w. N., auch zu den Materialien. 123 So BGH 16. 4. 1973 – VII ZR 140 / 71 – BGHZ 60, 353 (358). 124 Zur Verfassungsmäßigkeit der §§ 74, 75d HGB siehe BVerfG 10. 10. 1989 – 1 BvR 1549 / 88 – AP § 611 BGB Betriebsgeheimnis Nr. 5d. 125 Näher dazu Boecken, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 74 Rn. 1 (14 ff.); Hümmerich, Gestaltung von Arbeitsverträgen, Rn. 2814 ff.; Bauer / Diller, Wettbewerbsverbote, S. 1 ff.; Buchner, Wettbewerbsverbote, S. 1 (9 ff., 69 ff.); Grüll / Janert, Konkurrenzklausel, S. 1 (16 ff.); Grunsky, Wettbewerbsverbote, S. 1 ff.; Reinfeld, Wettbewerbsverbot, S. 1 ff.; Wertheimer, Wettbewerbsverbote, S. 47 ff. 126 Siehe Artt. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG. 127 Siehe Artt. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG. 128 Zu dieser gegenläufigen Interessenlage BAG 15. 6. 1993 – 9 AZR 558 / 91 – BAGE 73, 229 (236 ff.); BAG 19. 2. 1959 – 2 AZR 341 / 56 – BAGE 7, 239 (242 ff.); BGH 27. 9. 1983 – VI ZR 294 / 81 – BGHZ 88, 260 (265 ff.); Boecken, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 74 Rn. 1 m. w. N.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

werden, den er sich aufgrund vorausgegangener Tätigkeit erarbeitet hatte und der Nachteil ausgeglichen werden, den der Arbeitnehmer durch die Beschränkung in der Verwendung seiner Arbeitskraft erleidet.129 Bei der Karenz-„Entschädigung“ handelt es sich trotz ihrer gesetzlichen Bezeichnung nicht um eine Schadensersatzleistung, sondern um „vertragsmäßiges Entgelt“.130 b) Anwendungsbereich Der Anwendungsbereich der die Zulässigkeit sowie die Rechtsfolgen eines Wettbewerbsverbots regelnden Vorschriften der §§ 74 ff. HGB erstreckt sich in persönlicher Hinsicht nach allg. M. nicht nur auf die ausdrücklich genannten kaufmännischen Handlungsgehilfen, sondern in entsprechender Anwendung auf alle „sonstigen Arbeitnehmer“,131 was nunmehr durch §§ 6 Abs. 2, 110 S. 1, S. 2 GewO132 bestätigt wird. c) Anrechnung pro rata temporis Die Anrechnung anderweitigen Erwerbs auf die fällige Karenzentschädigung des Arbeitnehmers im Rahmen von § 74c Abs. 1 S. 1 HGB erfolgt nach heute allg. M. nicht im Wege einer Gesamtberechnung, sondern zeitabschnittsbezogen.133 129 BAG 9. 1. 1990 – 3 AZR 110 / 88 – BAGE 64, 1 (4); Boecken, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 74 Rn. 41 m. w. N. 130 BAG 18. 11. 1967 – 3 AZR 471 / 66 – BAGE 20, 162 (169 f. m. w. N.). Zur Rechtsnatur des Wettbewerbsverbots als synallagmatischer Vertrag siehe BAG 30. 10. 1984 – 3 AZR 213 / 82 – BAGE 47, 125 (128); Moritz, ArbuR 1975, S. 363 (364 ff.); näher Boecken, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 74 Rn. 41 ff.; Wertheimer, Wettbewerbsverbote, S. 151 ff. 131 BAG 23. 11. 2004 – 9 AZR 595 / 03 – BAGE 112, 376 (378 ff.); BAG 9. 1. 1990 – 3 AZR 110 / 88 – BAGE 64, 1 (3); grundlegend BAG 13. 9. 1969 – 3 AZR 138 / 68 – BAGE 22, 125 (132 ff.); BAG 16. 5. 1969 – 3 AZR 137 / 68 – BAGE 22, 6 (9 ff.) unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung in BAG 17. 4. 1964 – 5 AZR 403 / 63 – BAGE 15, 329 (331 ff.); BAG 4. 10. 1958 – 2 AZR 200 / 55 – BAGE 6, 291 (293); RAG 12. 6. 1940 – 205 / 39 – ARS 39, 391 (392 ff.). Ausführlich zum Anwendungsbereich der §§ 74 ff. HGB in persönlicher, zeitlicher wie sachlicher Hinsicht Boecken, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 74 Rn. 6 ff. m. w. N. 132 Eingefügt durch Art. 1 Nr. 19 des Dritten Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung vom 24. 8. 2002 m. W. v. 1. 1. 2003, BGBl. 2002 I S. 3415, 3421. 133 BAG 16. 11. 2005 – 10 AZR 152 / 05 – AP § 74c HGB Nr. 21; BAG 16. 11. 1973 – 3 AZR 61 / 73 – BAGE 25, 385 (391 ff.); BAG 16. 5. 1969 – 3 AZR 137 / 68 – BAGE 22, 6 (14) unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung in BAG 23. 1. 1967 – 3 AZR 253 / 66 – BAGE 19, 194 (198 ff.); BAG 20. 4. 1967 – 3 AZR 314 / 66 – AP § 74 HGB Nr. 20; aus der Literatur Boecken, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 74c Rn. 5, 23; Hopt, in: Baumbach / Hopt, HGB, § 74c Rn. 1; ErfK / Schaub, § 74c HGB Rn. 18; Buchner, Wettbewerbsverbote, S. 172; Grüll / Janert, Konkurrenzklausel, S. 59; Gumpert, BB 1970, S. 890 (891); Mössner, RdA 1969, S. 111 (112 f.).

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

157

Das BAG begründet seine nunmehr ebenfalls dahingehende, von der Anwendung der Gesamtberechnungsmethode bei § 615 BGB abweichende Auffassung zum einen mit dem unterschiedlichen Wortlaut des § 74c HGB sowie mit dem Vorhandensein eines zeitlichen Anknüpfungspunkts in § 74b Abs. 1 HGB betreffend die Fälligkeit der Entschädigung.134 Hierzu wurde bereits Stellung genommen.135 Auch die darüber hinaus vom BAG gegebene Begründung des zutreffenden Ergebnisses der Anwendung der zeitabschnittsbezogenen Anrechnungsmethode im Rahmen von § 74c Abs. 1 S. 1 HGB, nämlich der unterschiedliche Zweck der Regelungen über die bezahlte Karenz einerseits und bezüglich des Annahmeverzugslohns andererseits,136 vermag indes nicht zu überzeugen. Die Verpflichtung des früheren Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung wie zur Zahlung von Annahmeverzugslohn soll gleichermaßen eine Sicherstellung der wirtschaftlichen Existenz des Arbeitnehmers bewirken, dessen periodisch zu zahlendes Arbeitseinkommen, wenngleich in der jeweiligen Konstellation aus unterschiedlichen Gründen, vorübergehend oder sogar dauerhaft wegfällt. Bezogen auf die Anrechnungsvorschriften des § 615 S. 2 BGB einerseits und § 74c Abs. 1 S. 1 HGB andererseits ist die Interessenlage daher jedenfalls insoweit vergleichbar, als das fortzuzahlende Arbeitsentgelt137 nur insoweit verlangt werden kann, als der Arbeitnehmer seine frei gewordene Arbeitskraft nicht anderweitig verwerten kann und muss bzw. tatsächlich verwertet. Erzielt der Arbeitnehmer anderweitigen Verdienst, etwa von Seiten eines neuen Arbeitgebers, so ist der jeweils periodisch fällige Annahmeverzugslohn- wie Karenzentschädigungsanspruch kraft Gesetzes vermindert.138 Unter systematischen Gesichtspunkten ist es nicht zu erklären, warum im einen Fall nach § 74c Abs. 1 S. 1 HGB die Anrechnung zutreffenderweise zeitabschnittsbezogen erfolgen, im anderen Fall gemäß § 615 S. 2 BGB hingegen eine Gesamtberechnung vorzunehmen sein soll. Es handelt sich in beiden Fällen um die Frage der Höhe der anspruchsmindernden Berücksichtigung anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers auf zeitabschnittsbezogen fälliges und wiederkehrend zu entrichtendes Arbeitsentgelt. Ein weiteres Element der Begründung des BAG zur Anwendung der pro rata temporis-Anrechnungsmethode im Rahmen von § 74c Abs. 1 S. 1 HGB ist hin134 BAG 16. 12. 1982 – 6 AZR 1193 / 79 – juris; BAG 16. 11. 1973 – 3 AZR 61 / 73 – BAGE 25, 385 (391 ff.); BAG 16. 5. 1969 – 3 AZR 137 / 68 – BAGE 22, 6 (14 f.). 135 Siehe dazu bereits im Rahmen der Wortlautauslegung 3. Teil A. sowie zum angeblich bei § 615 BGB fehlenden zeitlichen Anknüpfungspunkt 3. Teil B. I. 2. c). 136 BAG 16. 12. 1982 – 6 AZR 1193 / 79 – juris; BAG 16. 11. 1973 – 3 AZR 61 / 73 – BAGE 25, 385 (391); BAG 16. 5. 1969 – 3 AZR 137 / 68 – BAGE 22, 6 (15). 137 Zur Einordnung der Karenzentschädigung als „vertragsmäßiges Entgelt“ und nicht als „Schadensersatzleistung“ schon oben 3. Teil B. II. 2. a). 138 Zur Rechtsnatur bzw. zur Durchführung der Anrechnung ipso iure siehe Boecken, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, HGB, § 74c Rn. 64 m. w. N.; a. A. Grüll / Janert, Konkurrenzklausel, S. 53 (54): „Die Anrechnung ist ein gesetzliches Recht des Arbeitgebers, von dem er Gebrauch machen kann [ . . . ]“.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

gegen zutreffend und kann wegen des Abstellens auf die Periodizität der zu zahlenden Karenzentschädigung auch bei der Anrechnung anderweitigen Erwerbs auf den periodisch wiederkehrend zu zahlenden Annahmeverzugslohn angeführt werden. Das BAG führt insoweit aus: „In den Zeitabschnitten (Monaten), in denen sich das Wettbewerbsverbot nicht (oder nicht in dem gesetzlich angenommenen Ausmaß) nachteilig auswirkt, entfällt (oder mindert sich) die Entschädigung; ansonsten, in den übrigen Zeitabschnitten, muss sie gezahlt werden.“139 Man ist in Anlehnung daran bezogen auf § 615 S. 2 BGB geneigt hinzuzufügen: In den Zeitabschnitten (Monaten), in denen sich der Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht [ . . . ] nachteilig auswirkt, nämlich weil und soweit der Arbeitnehmer in diesem Zeitabschnitt anderweitige Einkünfte erzielt, entfällt (oder mindert sich) der Annahmeverzugslohn; ansonsten, in den übrigen Zeitabschnitten, muss er gezahlt werden. Zudem hat der Gesetzgeber die zeitabschnittsbezogene Betrachtungsweise im Rahmen der Anrechnung nach § 74c Abs. 1 S. 1 HGB für zutreffend erachtet.140 d) Ergebnis Die Anrechnung nach § 74c Abs. 1 S. 1 HGB erfolgt nach allg. M. zeitabschnittsbezogen. Es spricht in systematischer Hinsicht vor allem angesichts der Weite des persönlichen Anwendungsbereichs der Vorschrift und der strukturellen Vergleichbarkeit der Interessenlagen viel dafür, auch im Anwendungsbereich von § 615 S. 2 BGB die Anrechnung nach der pro rata temporis-Methode vorzunehmen.

3. § 326 Abs. 2 S. 2 BGB: Befreiung von der Gegenleistung und Rücktritt beim Ausschluss der Leistungspflicht a) Gesetzlicher Hintergrund Nach der Grundregel des § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB i. V. m. § 275 Abs. 4 BGB entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung, wenn der Schuldner wegen Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 – 3 BGB nicht zu leisten braucht.141 Der Schuldner trägt folglich vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses an bis zum Eintritt des LeisBAG 16. 5. 1969 – 3 AZR 137 / 68 – BAGE 22, 6 (15), H. d. d. V. Ausweislich der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der §§ 74, 75 und 76 Abs. 1 HGB, in: Verhandlungen des Reichtsages, XIII. Legislaturperiode, I. Session, Anlagen Nr. 575, Band 300, S. 729 soll sich der Gehilfe anderweitigen Verdienst anrechnen lassen müssen auf die „jeweils monatlich fällige Entschädigung“. 141 Näher MünchKomm-BGB / Ernst, § 326 Rn. 1 ff., 8 ff.; Huber / Faust, SMG, 5. Kapitel, Rn. 50 ff. 139 140

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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tungserfolgs die sog. Preisgefahr,142 der Gläubiger hingegen die sog. Leistungsgefahr.143 Als Wertungsbasis des § 326 Abs. 1 S. 1 BGB ist die Figur des konditionellen Synallagmas anzusehen.144 Vom dem Grundsatz des § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB ordnet § 326 Abs. 2 S. 1 BGB für drei verschiedene Fallkonstellationen eine Ausnahme an: Der Schuldner behält, „wie wenn er tatsächlich erfüllt hätte“,145 den Anspruch auf die Gegenleistung,146 wenn der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 – 3 BGB nicht zu leisten braucht, allein147 oder weit überwiegend verantwortlich ist148 oder wenn dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.149 Nach der vorliegend näher zu betrachtenden Anrechnungsvorschrift des § 326 Abs. 2 S. 2 BGB muss sich der Schuldner auf die aufrechterhaltene Gegenleistung „jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.“150 Dies entspricht in Wortlaut wie Regelungsgehalt der in § 324 Abs. 1 S. 2 BGB a. F. enthaltenen Regelung.151 § 615 S. 2 BGB stellt gegenüber § 326 Abs. 2 S. 2 BGB eine Sonderregelung für Dienst- und Arbeitsverträge dar.152 Jedenfalls soweit die anzurechnende Leistung in Geld besteht, vollzieht sich die Anrechnung wie bei § 615 S. 2 BGB auch hier ipso iure, also automatisch kraft Gesetzes.153 Bzw. Gegenleistungsgefahr, Vergütungsgefahr. Bamberger / Roth / Grothe, § 326 BGB Rn. 1; Coester-Waltjen, Jura 2006, S. 829 (830 ff.). 144 Soergel / Gsell, § 326 BGB Rn. 8, vor § 320 BGB Rn. 15; Bamberger / Roth / Grothe, § 326 BGB Rn. 2, vor § 320 BGB Rn. 6; zum konditionellen Synallagma bzw. „do, ut des“ bereits oben 3. Teil B. I. 1. a). 145 Motive II, S. 208. 146 Zu dieser Rechtsfolge des § 326 Abs. 2 S. 1 BGB siehe MünchKomm-BGB / Ernst, § 326 Rn. 80 ff. 147 § 326 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 BGB. Zur Primärschuldbefreiung aufgrund eines allein vom Gläubiger zu verantwortenden Umstandes siehe MünchKomm-BGB / Ernst, § 326 Rn. 39 ff., 48 ff. 148 § 326 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB. Näher zur Problematik der Primärschuldbefreiung auf Grund eines beiderseits zu vertretenden Umstandes MünchKomm-BGB / Ernst, § 326 Rn. 77 ff. 149 § 326 Abs. 2 S. 1 Alt. 3 BGB. Zur Konstellation des wegen Annahmeverzugs aufrechterhaltenen Gegenleistungsanspruchs MünchKomm-BGB / Ernst, § 326 Rn. 70 ff. 150 Näher zur Anrechnungspflicht nach § 326 Abs. 2 S. 2 BGB MünchKomm-BGB / Ernst, § 326 Rn. 84 ff. 151 Huber / Faust, SMG, 5. Kapitel, Rn. 53; ausführlich zu § 324 (Abs. 1 S. 2) BGB a. F. in dem hier betrachteten Zusammenhang Thume, § 324 BGB, S. 37 ff., 125 (127 f.), 157 f. 152 Siehe nur BAG 13. 6. 2007 – 5 AZR 564 / 06 – AP § 611 BGB Film Nr. 11; MünchKomm-BGB / Ernst, § 326 Rn. 70. 142 143

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

b) Normzweck § 326 Abs. 2 S. 2 BGB bezweckt nach allg. M., den Schuldner im Ergebnis so zu stellen, wie wenn der Vertrag ordnungsgemäß durchgeführt worden wäre. Seine Position soll durch die vom Gläubiger ganz oder überwiegend zu vertretende Leistungsstörung154 weder eine Besser- noch eine Schlechterstellung gegenüber der Situation bei ordnungsgemäßer Vertragsdurchführung erfahren.155 Ob der Normzweck in dieser Allgemeinheit zutreffend umschrieben ist, bedarf näherer Betrachtung.156 Richtig ist die Annahme, der Erfüllungs- oder Ersatzberechtigte solle „keinen unberechtigten Vermögensvorteil“ erlangen.157 Mitunter wird auch zutreffend auf die thematische Nähe zum allgemeinen Rechtsgedanken bzw. Rechtsinstitut der Vorteilsanrechnung bzw. Vorteilsausgleichung158 hingewiesen.159 c) Gesamtberechnung oder Anrechnung pro rata temporis aa) Relevanz nur bei Dauerschuldverhältnissen Die Frage, ob bei § 326 Abs. 2 S. 2 BGB eine Gesamtberechnung oder eine zeitabschnittsbezogene Anrechnung vorzunehmen ist, stellt sich nur dann, wenn einzelne, periodisch zu erbringende und separat zu vergütende, das heißt, rechtlich selbständige160 Einzelleistungen im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses unmöglich werden. Richtigerweise ist in diesen Fällen eine Anrechnung der in § 326 Abs. 2 S. 2 BGB vorgesehenen Anrechnungsgegenstände nur auf jede betreffende Einzelleistung im Sinne einer pro rata temporis-Anrechnung vorzunehmen.161

153 Soergel / Gsell, § 326 BGB Rn. 79 m. w. N.; unklar MünchKomm-BGB / Ernst, § 326 Rn. 84, soweit dort von „Anrechnungspflicht“ die Rede ist; zur ipso iure-Wirkung der Anrechnung bei § 615 S. 2 BGB siehe 1. Teil D. II. 2. 154 Zu den drei Fallgruppen des § 326 Abs. 2 S. 1 BGB siehe oben 3. Teil B. II. 3. a). 155 MünchKomm-BGB / Ernst, § 326 Rn. 39 f., 80, 84; Becker, JW 1912, S. 976 f. 156 Dazu näher unten 3. Teil B. II. 3. c) dd). 157 So zutreffend Soergel / Gsell, § 326 BGB Rn. 77, siehe aber auch Rn. 79. 158 Näher zur Vorteilsanrechnung bzw. Vorteilsausgleichung oben 1. Teil D. II. 3. b). 159 BGH 16. 4. 1973 – VII ZR 140 / 71 – BGHZ 60, 353 (358); Dernburg, Bürgerliches R II / 1, S. 79, dort Fn. 2; Soergel / Gsell, § 326 BGB Rn. 77; Brox / Walker, Allgemeines SchuldR, § 22 Rn. 42; Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 451 f.; Oertmann, Vorteilsausgleichung, S. 36 (42); Meyer, Ersatz und Erlösherausgabe, S. 106 ff.; Decker, Vorteilsanrechnung beim Erfüllungsanspruch, S. 2 ff.; Becker, JW 1912, S. 976. 160 Unbeschadet ihrer Einbettung in das anzunehmende „Gesamtsynallagma“, siehe dazu bereits oben 3. Teil B. I. 1. d) und noch folgend 3. Teil B. II. 3. c) bb). 161 Nicht weit genug Staudinger / Otto, § 326 BGB Rn. C 62; Soergel / Gsell, § 326 BGB Rn. 79, die zwar „idR“ bzw. „grundsätzlich“ eine zeitabschnittsbezogene Anrechnung vornehmen, dann aber gleichwohl die (endgültige) Gesamtberechnung zulassen. A. A., zu Ersparnissen, Becker, JW 1912, S. 976 (977).

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

161

Werden also beispielsweise im Rahmen eines einheitlichen Sukzessivlieferungsvertrages, der innerhalb eines Jahres zwölf separat zu erbringende und gesondert zu vergütende Einzelleistungen, nämlich jeweils eine pro Monat, vorsieht, die vom Gläubiger geschuldeten Leistungen für die Monate April, Mai und Juni unter den in § 326 Abs. 2 S. 1 BGB genannten Voraussetzungen nicht erbracht, so bezieht sich eine Anrechnung des durch anderweitige Verwendung der freigewordenen Arbeitskraft des Schuldners Erworbenen nach § 326 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 BGB nur auf den Gegenleistungsanspruch für denjenigen Monat, in welchem der Anrechnungsposten erzielt wurde. Es ist nicht zulässig, die Differenz zwischen einem im Monat Mai anderweitig erzielten höheren Erwerb und der nach dem Sukzessivlieferungsvertrag für diesen Zeitabschnitt vorgesehenen Vergütung anspruchsmindernd auf die für die Monate April oder Juni geschuldete Vergütung in Anrechnung zu bringen. bb) Rechtliche Selbständigkeit der Einzelleistungen Dieses Ergebnis folgt zum einen aus der rechtlichen Selbständigkeit der jeweiligen Einzelleistungen. Im Grundsatz gilt hier nichts anderes als bei § 615 S. 2 BGB.162 Der in einem bestimmten Zeitabschnitt erworbene Anrechnungsposten bezieht sich ausschließlich auf die in zeitlicher Hinsicht korrespondierende Leistung, auf die anzurechnen ist. Zwar ist bei Sukzessivlieferungsverträgen anerkannt, dass Gegenseitigkeit nicht nur hinsichtlich der zu der jeweiligen Teilleistung gehörigen Forderung, sondern auch hinsichlich noch offener Forderungen aus anderen Teilleistungen besteht.163 Ein derartiges Gesamtsynallagma führt indes nicht dazu, dass das wegen anderweitiger Verwertung einer Teilleistung nach § 326 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 BGB Anzurechnende negativ auf die Entgeltforderungen für sonstige Teilleistungen durchschlagen könnte. Eine derartige Vergünstigung des für die Leistungsstörung verantwortlichen Gläubigers ist mit dem Gesamtsynallagma nicht verbunden. Dessen Folgen bestehen vielmehr vor allem darin, dass durch das erweiterte Gegenseitigkeitsverhältnis die verzugshindernde Einrede des nichterfüllten Vertrages nach § 320 Abs. 1 S. 1 BGB auch hinsichtlich nicht kongruenter Teilleistungen und Gegenleistungen erhoben werden kann. Zahlt beispielsweise der Gläubiger die Gegenleistung für die in einem Zeitabschnitt erbrachte Teilleistung nicht, so kann der Schuldner die weiteren Leistungen für nachfolgende Zeitabschnitte gemäß § 320 Abs. 1 S. 1 BGB verweigern, ohne in Schuldnerverzug zu geraten.164 Umgekehrt 162 Zur rechtlichen Selbständigkeit der einzelnen Vergütungsansprüche siehe oben 3. Teil B. I. 3. 163 BGH 24. 10. 2006 – X ZR 124 / 03 – NJW-RR 2007, S. 325 (327 f.); BGH 15. 2. 1967 – VIII ZR 223 / 64 – DB 1967, S. 1623; RG 22. 2. 1928 – I 219 / 27 – RGZ 120, 193 (196 f.); RG 7. 2. 1908 – II 450 / 07 – RGZ 68, 17 (22 f.); näher MünchKomm-BGB / Emmerich, § 320 Rn. 7 m. w. N. 164 Dazu BGH 24. 10. 2006 – X ZR 124 / 03 – NJW-RR 2007, S. 325 (326 ff.).

162

3. Teil: Eigene Stellungnahme

ist der Gläubiger in den Grenzen von § 320 Abs. 2 und § 242 BGB berechtigt, die Bezahlung sonstiger bereits erbrachter Teilleistungen zu verweigern, wenn und solange der Schuldner mit nur einer vorhergehenden Teillieferung in Leistungsverzug geraten ist.165 Somit soll durch den erweiterten Gegenseitigkeitszusammenhang das vertragliche Synallagma bezüglich der Einzelleistungen erst wiederhergestellt werden. cc) Wortlautargumente und Kausalitätserfordernis Einer zeitabschnittsbezogenen Anrechnung steht auch nicht der Wortlaut des § 326 Abs. 2 S. 2 BGB entgegen. Der Schuldner muss sich dasjenige anrechnen lassen, was er „infolge“ der Befreiung von der Leistung erspart oder „durch“ anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Das hierdurch zum Ausdruck gebrachte Kausalitätserfordernis zwischen Befreiung von der Leistung und dem erzielten Anrechnungsposten könnte zwar darauf hindeuten, dass schlichtweg all das, was mittels anderweitiger Verwendung der Arbeitskraft des Schuldners erworben wurde, mithin der gesamte anderweitige Verdienst, anzurechnen sei. Doch besteht Einigkeit, dass ein Überschuss zwischen anderweitigem Erwerb und aufrechterhaltenem Gegenleistungsanspruch nicht angerechnet werden kann. Denn es fehlt in der übersteigenden Höhe die Leistung, auf welche angerechnet werden könnte. Die anspruchsmindernde Berücksichtigung eines Anrechnungspostens ist in ihrer absoluten Höhe zwingend durch die Höhe des aufrechterhaltenen Gegenleistungsanpruchs begrenzt.166 An diesem Ergebnis kann auch das zu enge Verständnis des Wortlauts der Norm nichts ändern. Der Wortlaut lässt sich daher nicht als Argument für eine „Gesamtberechnung“ anführen. Maßgeblich ist die rechtliche Selbständigkeit der aufrechterhaltenen Einzelleistungen, auf welche sich die Anrechnung jeweils nur beziehen kann. dd) Richtig verstandener Sinn und Zweck der Norm Zwar mag in der Konsequenz des gefundenen Ergebnisses, dass der Schuldner gegenüber der Situation bei ordnungsgemäßer Vertragsdurchführung letztlich sogar besser stünde, indem er einen zeitabschnittsweise erzielten „Überschuss“ behalten darf, eine teilweise Durchbrechung des allgemein angenommenen Normzwecks des § 326 Abs. 2 S. 2 BGB167 gesehen werden. Die „Besserstellung“ des Schuldners ist jedoch aus rechtlichen Gründen nicht zu vermeiden und überdies interessengerecht. Denn ein solcher „Überschuss“ ergibt sich zwingend auch immer dann, wenn der gesamte anderweitig erzielte Erwerb die Summe aller aufrechterhaltenen Gegenleistungsansprüche übersteigt. In diesem 165 166 167

MünchKomm-BGB / Emmerich, § 320 Rn. 40, 7 m. w. N. Dazu noch näher sogleich folgend unter 3. Teil B. II. 3. c) dd). Zum Normzweck des § 326 Abs. 2 S. 2 BGB siehe oben 3. Teil B. II. 3. b).

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

163

Fall fehlt in der überschießenden Höhe schlicht die Leistung, auf die angerechnet werden könnte. Der Überschuss kann nach der hier vertretenen Ansicht auch nicht mit einer anderen Begründung herausverlangt werden. Die Anrechnungsvorschrift ist zum einen unstreitig nicht als Herausgabeanspruch bezüglich des gesamten Erlangten anzusehen. Auch ein im Fall der Überzahlung infolge Unkenntnis des anzurechnenden Gegenstands ausnahmsweise anzunehmender selbständiger bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch168 ist der Höhe nach auf die geleistete Vergütung begrenzt. Im Übrigen kommt auch die Vorschrift des § 285 Abs. 1 BGB169 betreffend die Herausgabe des sog. stellvertretenden commodums,170 welches nach wohl h. M. einen erzielten „Überschuss“ oder „Gewinn“ umfasst,171 im Rahmen der Anrechnung nach § 326 Abs. 2 S. 2 BGB nicht zur Anwendung.172 Dies erklärt sich daraus, dass der vom Schuldner erlangte Anrechnungsposten, etwa die anderweitig erzielte Vergütung, nicht i. S. v. § 285 Abs. 1 BGB das Surrogat der an sich geschuldeten, aber ausgefallenen Leistung darstellt. Wenngleich ein Ursachenzusammenhang im weiteren Sinne173 zwischen dem Freiwerden von der ursprünglich geschuldeten Leistung und dem „infolge“174 dessen anderweitig erzielten Erwerb noch bejaht werden kann, fehlt es jedenfalls an der weiteren Voraussetzung des § 285 Abs. 1 BGB, dass der Schuldner das herauszugebende commodum gerade für denjenigen Gegenstand erlangt haben muss, von dessen Leistung er frei geworden ist.175 Der anderweitige Erwerb tritt nämlich gerade nicht an die Stelle der 168 Motive II, S. 209; MünchKomm-BGB / Ernst, § 326 Rn. 84. Zum bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers wegen überzahlten Annahmeverzugslohns siehe oben 1. Teil D. II. 7. 169 § 281 Abs. 1 BGB a. F. 170 Ausführlich zum Ganzen Wieczorek, § 281 BGB, S. 19 ff.; Meyer, Ersatz und Erlösherausgabe, S. 1 ff.; Kisch, Unmöglichkeit, S. 198 ff. 171 RG 11. 10. 1932 – II 58 / 32 – RGZ 138, 45 (47 f.); BGH 11. 10. 1979 – VII ZR 285 / 78 – BGHZ 75, 203 (205 ff.); MünchKomm-BGB / Emmerich § 285 Rn. 27 m. w. N. A. A. Wieczorek, § 281 BGB, S. 135 ff.; aufgrund eines am Rechtsinstitut der Vorteilsausgleichung geprägten Verständnisses des § 285 BGB, Stoll, FS Schlechtriem, S. 677 (693 ff.); Meyer, Ersatz und Erlösherausgabe, S. 147 f., 342 f.; Löwisch, NJW 2003, S. 2049 (2051 f.); gegen eine Einordnung des „Surrogationsprinzips“ als Fall der Vorteilsausgleichung aber bereits Oertmann, Vorteilsausgleichung, S. 34 (50 f.); Thiele, AcP 167 (1967), S. 193 (215 f.). 172 Anderes kann unter Berufung auf § 242 BGB für den vorliegend nicht relevanten Ausnahme-Fall anzunehmen sein, dass die Gegenleistung nicht in Geld besteht, MünchKommBGB / Ernst, § 326 Rn. 85. Allgemein zur Frage der Anwendbarkeit von § 285 BGB auf Dienst- und Arbeitsverträge Löwisch, NJW 2003, S. 2049 ff. 173 Etwa im Sinne eines adäquaten Kausalzusammenhangs, dazu Wieczorek, § 281 BGB, S. 19 (21 f.). 174 Zu diesem Tatbestandsmerkmal des § 285 Abs. 1 BGB Wieczorek, § 281 BGB, S. 19 ff. m. w. N. 175 Näher zu dieser Voraussetzung MünchKomm-BGB / Emmerich § 285 Rn. 21 f.; Löwisch, NJW 2003, S. 2049 (2050).

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

ausgefallenen Dienstleistung, sondern ist die vertraglich vereinbarte Gegenleistung für die vom Schuldner anderweitig erbrachten Dienste.176 Es fehlt damit an der für § 285 Abs. 1 BGB erforderlichen „Identität“ zwischen geschuldetem Gegenstand und erlangtem Ersatz. Eine „Besserstellung“ des Schuldners gegenüber der Situation bei ordnungsgemäßer Vertragsdurchführung ist daher in Höhe eines eventuellen Überschusses unvermeidbar. Anzumerken ist schließlich, dass die Vorschrift des § 326 Abs. 3 S. 1 BGB, nach welcher der Gläubiger ausdrücklich die Herausgabe des Surrogats nach § 285 BGB verlangen kann, andere als die in § 326 Abs. 2 BGB genannten, nämlich diejenigen Fälle betrifft, in denen der Gläubiger für den zum Leistungsausfall führenden Umstand weder verantwortlich ist noch dieser zu einer Zeit eintritt, in der er sich im Annahmeverzug befindet. Auch dies spricht in systematischer Hinsicht gegen die Anwendung des § 285 Abs. 1 BGB im Rahmen der Anrechnung nach § 326 Abs. 2 S. 2 BGB. Da die allgemein angestrebte Vermeidung einer „Besserstellung“ des Schuldners von vornherein nicht erreicht werden kann, wenn der Anrechnungsposten seiner gesamten Höhe nach die Leistung übersteigt, auf welche anzurechnen ist, wird der Normzweck der Anrechnungsvorschrift jedenfalls im Hinblick auf die hier betrachteten Konstellationen bislang allgemein nicht weitreichend genug beschrieben. Nach der hier vertretenen Auffassung soll die Anrechnungsvorschrift des § 326 Abs. 2 S. 2 BGB neben der zutreffend angenommenen und in den Vordergrund zu stellenden Verhinderung einer Schlechterstellung des Schuldners177 nicht pauschal eine Besserstellung desselben vermeiden, sondern vielmehr lediglich verhindern, dass dieser in ungerechtfertigter bzw. unangemessener Weise durch die Leistungsstörung besser gestellt wird. Dies ist aber im Fall periodischen Leistungsaustausches im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses bereits dann nicht der Fall, wenn er sich bis zur Höhe der aufrechterhaltenen Gegenleistung anderweitig erzielten Erwerb anrechnen lassen muss, selbst wenn dieser insgesamt noch darüber hinausgeht. Das Behaltendürfen eines eventuell erzielten Überschusses widerspricht dem so verstandenen Normzweck des § 326 Abs. 2 S. 2 BGB nicht. Dieses Ergebnis entspricht auch der wohl verstandenen Interessenlage der Beteiligten. Es ist der Wertung Beckers zu widersprechen, wenn er zu der von ihm maßgeblich wegen des Arguments der „Gewinnvermeidung“ favorisierten, der Methode einer zeitabschnittsübergreifenden Gesamtbetrachtung gleichkommenden Art der Anrechnung abschließend resümiert: „Licht und Schatten sind gleichmäßig verteilt [ . . . ]“.178 Das Gegenteil ist der Fall. Denn es ist weder vom Normzweck 176

Gemäß § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. dem Arbeitsvertrag, ferner § 612 Abs. 1, Abs. 2

BGB. 177 Zur Begrenzung des Normzwecks auf den Nachteilsausgleich siehe Löwisch, NJW 2003, S. 2049 (2051). 178 Becker, JW 1912, S. 976 (977 m. w. N.), hier vor allem zu Ersparnissen bei § 324 Abs. 1 S. 2 BGB a. F.

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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umfasst noch überhaupt plausibel erklärbar, wieso eines der in § 326 Abs. 2 S. 1 BGB genannten, vom Gläubiger ganz oder jedenfalls überwiegend zu vertretenden Leistungshindernisse im Ergebnis dazu führen soll, einen vom Schuldner gleichsam überobligatorisch erzielten Überschuss zugunsten des Gläubigers gewinnbringend, nämlich die zu zahlende vertraglich geschuldete Gegenleistung mindernd, in Anrechnung bringen zu können. Die Betrachtungsweise im Sinne der Gesamtberechnung hätte zudem die bedenkliche Folge, dass der Gläubiger umso mehr, gegebenenfalls bis hin zur Vollständigkeit von der fortzuzahlenden Gegenleistung befreit würde, je mehr der Schuldner, in welchem Zeitabschnitt auch immer, anderweitig erlangt. Dies stellte sich für den Gläubiger als ein nicht zu rechtfertigendes „Geschenk des Himmels“ dar. Näher liegt es, die vor dem Hintergrund der vom Gläubiger herbeigeführten Leistungsstörung erlangten Vorteile dem Schuldner zu belassen, der sie als vertraglich vereinbarte Gegenleistung für seine anderweitig eingesetzten Dienste selbst verdient(e). d) Ergebnis Eine Anrechnung anderweitigen Erwerbs nach § 326 Abs. 2 S. 2 BGB auf die für unmöglich gewordene Einzelleistungen im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses gemäß § 326 Abs. 2 S. 1 BGB fortzuzahlenden Gegenleistungen hat pro rata temporis, also in der Weise zu erfolgen, dass die einzelnen Zeitabschnitte, in welchen sich Leistung und Gegenleistung gegenüberstehen, isoliert zu betrachten sind. Dies folgt maßgeblich aus der rechtlichen Selbständigkeit der periodisch zu erbringenden Einzelleistungen. Der Wortlaut des § 326 Abs. 2 S. 2 BGB steht dem ebenso wenig entgegen wie der richtig verstandene Normzweck der Vorschrift. Eine Verrechnung des Überschusses auf vorangegangene Leistungsperioden wäre im Übrigen auch nicht interessengerecht.

4. § 537 Abs. 1 S. 2 BGB: Entrichtung der Miete bei persönlicher Verhinderung des Mieters a) Regelungszusammenhang Gemäß § 537 Abs. 1 S. 1 BGB wird der Mieter von der Entrichtung der Miete nicht dadurch befreit, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird.179 Der Mieter trägt das Verwendungsrisiko hinsichtlich der Mietsache.180 § 537 BGB stellt eine mietvertragsrechtliche Sonderregelung zur allgemeinen Vorschrift des § 326 BGB dar.181 179 Entsprechendes gilt über die Verweisung auf das Mietrecht in § 581 Abs. 2 BGB für den Pächter. 180 BGH 23. 10. 1996 – XII ZR 55 / 95 – LM § 9 AGBG (Bm) Nr. 26 (2 / 1997); Baumbach / Hopt / Ehlert, § 537 BGB Rn. 2, 19.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

Nach der Anrechnungsvorschrift des § 537 Abs. 1 S. 2 BGB182 muss sich der Vermieter den objektiven wirtschaftlichen Wert der ersparten Aufwendungen sowie derjenigen Vorteile anrechnen lassen, die er aus einer anderweitigen Verwertung des Gebrauchs tatsächlich erlangt.183 Hierbei kann es sich vor allem um den aus einer kurzfristigen Vermietung der Mietsache an einen Dritten erzielten Mietzins handeln, welche es dem Vermieter allerdings erlauben muss, dem eigentlichen Mieter den Gebrauch der Mietsache bei dessen erneuter Bereitschaft jederzeit wieder einzuräumen.184 Zu beachten ist in diesem Zusammenhang die Vorschrift des § 537 Abs. 2 BGB, wonach der Mieter zur Entrichtung der Miete nicht verpflichtet ist, solange der Vermieter infolge der Überlassung des Gebrauchs an einen Dritten außerstande ist, dem Mieter den Gebrauch zu gewähren.185 Die Anrechnung geschieht wie auch bei § 615 S. 2 BGB automatisch kraft Gesetzes, ipso iure.186 b) Normzweck In den Motiven zu der § 537 Abs. 1 S. 2 BGB bzw. § 552 S. 2 BGB a. F. im Wesentlichen entsprechenden Vorgängerregelung des § 518 S. 2 Entwurf I ist insoweit ausgeführt: „Aus Gründen der Billigkeit ist es jedoch dem Miether zu gestatten, den von dem Vermiether aus einer anderweitigen, den Anspruch auf den Miethzins nicht aufhebenden Verwerthung des Gebrauches erlangten Vortheil in Abzug zu bringen. Dasselbe gilt von dem Geldwerthe der dem Vermiether durch die Nichtausübung des Gebrauchsrechtes ersparten Aufwendungen. Der Vermiether soll in dem Fall des § 518 zwar das haben, was er gehabt hätte, wenn der Miether in der Ausübung des Gebrauchsrechtes nicht verhindert worden wäre, aber auch nicht mehr als dieses [ . . . ].“187 Daran anknüpfend wird der Normzweck des § 537 Abs. 1 S. 2 BGB dahingehend bestimmt, dass der Vermieter aus der möglicherweise unverschuldeten 181 Bamberger / Roth / Ehlert, § 537 BGB Rn. 2; MünchKomm-BGB / Schilling, § 537 Rn. 1; Hannemann / Wiegner / Sander, WohnraummietR, § 32 Rn. 65; Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 452 (453); Thume, § 324 BGB, S. 113 ff.; Rädler, NJW 1993, S. 689 ff.; Oertmann, AcP 116 (1918), S. 1 (24 f.). 182 § 552 S. 2 BGB a. F. 183 MünchKomm-BGB / Schilling, § 537 Rn. 9 m. w. N. 184 Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 452. 185 Zum Verhältnis von § 537 Abs. 2 zu Abs. 1 S. 2 BGB in den Fällen, in denen der Mieter ohne Rücksicht auf den weiter bestehenden Mietvertrag endgültig ausgezogen ist und keine Miete mehr bezahlt hat, und der Vermieter daraufhin die Mietsache an einen Dritten weitervermietete, siehe BGH 22. 12. 1999 – XII ZR 339 / 97 – LM § 552 BGB Nr. 7 (7 / 2000); BGH 31. 3. 1993 – XII ZR 198 / 91 – BGHZ 122, 163 (165 ff.). 186 MünchKomm-BGB / Schilling, § 537 Rn. 8 m. w. N.; zur ipso iure-Wirkung der Anrechnung bei § 615 S. 2 BGB siehe schon oben 1. Teil D. II. 2. 187 Motive II, S. 399 (400).

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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Nichtbenutzung der Mietsache keinen Vorteil ziehen soll.188 Es wird auch darauf hingewiesen, dass § 537 Abs. 1 S. 2 BGB der Vorteilsausgleichung diene, wenn der Vermieter unter Aufrechterhaltung seiner Erfüllungsbereitschaft gegenüber dem nicht nutzenden Mieter, dessen Zahlungspflicht aus dem Vertrag dann gemäß § 537 Abs. 1 S. 1 BGB weiter besteht, die Mieträume nur zeitweilig bei jederzeit möglicher Wiederentziehung des Gebrauchs einem Dritten überlässt.189 c) Gesamtberechnung oder Anrechnung pro rata temporis Die Frage, ob die Anrechnung im Rahmen von § 537 Abs. 1 S. 2 BGB zeitabschnittsbezogen oder im Wege einer Gesamtberechnung zu erfolgen hat, ist, soweit ersichtlich, abgesehen von der pauschalen Behauptung des BAG, dass das Gesetz eine Anrechnung nach Zeitabschnitten (auch an dieser Stelle) nicht vorsehe,190 bisher kaum problematisiert und untersucht worden.191 Bedeutung kommt der Fragestellung für diejenige Konstellation zu, dass die aus anderweitiger Verwertung des Gebrauchs erlangten Vorteile die Höhe des vereinbarungsgemäß nach Zeitabschnitten, etwa Monaten, zu entrichtenden Mietzinses während eines Teils der Leistungsperioden, in welchen der Mieter nach § 537 Abs. 1 S. 1 BGB trotz Hinderung an der Ausübung des Gebrauchsrechts zur Entrichtung der Miete verpflichtet ist, übersteigen. Zur Verdeutlichung der Problematik diene folgendes Beispiel:192 Der Mieter kann die Mietsache während der Monate Januar und Februar aus einem „in seiner Person liegenden Grund“ nicht nutzen. Der Vermieter erzielt nur im Februar einen nach § 537 Abs. 1 S. 2 BGB anzurechnenden Vorteil, der indes den für diesen Monat vom Mieter gemäß § 537 Abs. 1 S. 1 BGB fortzuzahlenden Mietzins übersteigt. Es stellt sich die Frage, ob die sich zwischen dem Mietzins für Februar und dem in diesem Zeitabschnitt erlangten Vorteil ergebende Differenz auf den für Januar geschuldeten Mietzins anzurechnen ist. aa) Systematisches Verhältnis von § 537 Abs. 1 S. 2 zu S. 1 BGB Zunächst ist es auch hier erforderlich, auf den systematischen Zusammenhang zwischen dem nach § 537 Abs. 1 S. 1 BGB aufrechterhaltenen Mietzinsanspruch MünchKomm-BGB / Schilling, § 537 Rn. 1. So OLG Hamm 13. 3. 1986 – 4 RE-Miet 3 / 85 – OLGZ 1987, S. 102 (106 f.); siehe auch BGH 16. 4. 1973 – VII ZR 140 / 71 – BGHZ 60, 353 (358); Dernburg, Bürgerliches R II / 1, S. 79, dort Fn. 2; Decker, Vorteilsanrechnung beim Erfüllungsanspruch, S. 8 ff.; Becker, JW 1912, S. 976; vorsichtig annähernd Oertmann, Vorteilsausgleichung, S. 40 (42). 190 Zu diesem „Argument“ der Anhänger der Gesamtberechnungsmethode siehe oben 2. Teil B. I. 191 Siehe lediglich Thume, § 324 BGB, S. 128, der „Bedenken“ gegen die Gesamtberechnung äußert. 192 Siehe auch das Beispiel bei Thume, § 324 BGB, S. 127 f., mit näherer Bezifferung der Beträge. 188 189

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

und den darauf gemäß § 537 Abs. 1 S. 2 BGB anzurechnenden Vorteilen hinzuweisen. Die Anrechnung bezieht sich auf denjenigen Anspruch, der gemäß § 537 Abs. 1 S. 1 BGB bestehen bleibt. Dies ist der ursprüngliche vertragliche Mietzinszahlungsanspruch nach § 535 Abs. 2 BGB. Gemäß § 556b Abs. 1 BGB ist in Übereinstimmung mit der üblichen Vertragspraxis die Miete zu Beginn, spätestens am dritten Werktag der einzelnen Zeitabschnitte, nach denen sie bemessen ist, zu entrichten.193 Aus der vereinbarten Periodizität des Leistungsaustausches im Rahmen des durch den Mietvertrag begründeten Dauerschuldverhältnisses194 durch Gebrauchsüberlassung gegen vereinbarungsgemäß zeitabschnittsbezogene Zahlung des Mietzinses ergibt sich die rechtliche Selbständigkeit der einzelnen periodischen Mietzinszahlungsansprüche. Dem für eine Leistungsperiode gemäß § 537 Abs. 1 S. 1 BGB aufrechterhaltenen Mietzinsanspruch steht nur die für diese Leistungsperiode geschuldete Gebrauchsüberlassung an der Mietsache gegenüber, die lediglich aus in der Person des Mieters liegenden Gründen von diesem nicht genutzt wird. Die rechtliche Selbständigkeit der einzelnen Mietzinszahlungsansprüche zeigt sich nicht nur an ihrer Fälligkeit gemäß § 556b Abs. 1 BGB, sondern auch etwa hinsichtlich der Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB sowie im Fall ihrer Abtretung gemäß § 398 BGB, Aufrechnung nach Maßgabe der §§ 387 ff. BGB oder Pfändung gemäß §§ 829, 835 ZPO. Es würde der aufgezeigten rechtlichen Selbständigkeit der periodischen synallagmatischen Hauptleistungspflichten aus dem Mietverhältnis, „Gebrauchsgewährung auf Zeit“ gemäß § 535 Abs. 1 BGB gegen Mietzinszahlung nach § 535 Abs. 2 BGB,195 widersprechen, ließe man es zu, den für die Gebrauchsüberlassung während einer Leistungsperiode geschuldeten Mietzins durch einen für die anderweitige Nutzung der Mietsache in einem anderen Zeitabschnitt erlangten Vorteil zu kürzen. bb) Teleologische Argumente – Zur Erforderlichkeit einer teilweisen Korrektur des Normzwecks Des Weiteren ist der vom Gesetzgeber intendierte Zweck der Vorschrift, dass der Vermieter das haben soll, was er gehabt hätte, wenn der Mieter in der Ausübung des Gebrauchsrechtes nicht verhindert worden wäre, „aber auch nicht mehr als dieses“,196 bereits dann nicht erfüllbar, wenn die vom Vermieter anderweitig erzielten Vorteile die Mietzinsansprüche in ihrer Gesamthöhe übersteigen. Denn 193 Anderes galt nach der terminologisch weitgehend § 614 BGB entsprechenden Vorgängerregelung § 551 Abs. 1 BGB a. F. Zur umstrittenen, richtigerweise mit der h. L. zu verneinenden Frage, ob in Abkehr vom Rechtszustand vor der Mietrechtsreform 2001 durch die Neuregelung nunmehr die Vorleistungspflicht des Mieters zum Ausdruck gelangen soll, siehe näher MünchKomm-BGB / Artz, § 556b Rn. 1, 7 m. w. N. 194 Dazu nur MünchKomm-BGB / Schilling, § 535 Rn. 14. 195 Näher hierzu MünchKomm-BGB / Schilling, § 535 Rn. 71 ff., 171 ff. 196 Motive II, S. 399 (400); näher dazu schon oben 3. Teil B. II. 4. b).

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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die Anrechnung kann zwingend nur bis zu einer absoluten Höhe erfolgen, in welcher alle aufrechterhaltenen Mietzinszahlungsansprüche in ihrer Gesamtsumme bestehen. Dem angenommenen Normzweck kann daher nicht in jedem Fall Genüge getan werden. Auch hier scheint demnach für die vorliegend untersuchten Konstellationen eine teilweise Korrektur des Normzwecks der Anrechnungsvorschrift des § 537 Abs. 1 S. 2 BGB geboten. Dass der Vermieter durch die in der Person des Mieters liegende Gebrauchshinderung wirtschaftlich letztlich nicht schlechter gestellt werden soll, ist angesichts der Interessenlage kaum bestreitbar. Dem entspricht es auch, wirtschaftlich objektiv wertlose, etwa mangels Bonität des neuen Mieters tatsächlich nicht realisierbare Forderungen bei der Anrechnung außer Betracht zu lassen.197 Allerdings sind, wie bereits dargelegt, Fälle denkbar, in denen darüber hinaus sogar eine Besserstellung des Vermieters eintritt, und zwar rechtlich zwingend. Der Normzweck der Anrechnungsvorschrift des § 537 Abs. 1 S. 2 BGB ist somit ergänzend bzw. präzisierend dahingehend zu bestimmen, dass der Vermieter nicht „über Gebühr“ bzw. nicht in ungerechtfertigter oder unangemessener Weise besser gestellt werden soll. Damit steht in Einklang, dass sich der Vermieter im Fall vereinbarungsgemäß periodisch zu erbringender mietvertraglicher Hauptleistungen lediglich diejenigen aus anderweitiger Verwertung des Gebrauchs tatsächlich erlangten und objektiv werthaltigen Vorteile auf den Mietzinsanspruch einer Leistungsperiode anspruchsmindernd anrechnen lassen muss, die er in demselben Zeitabschnitt erzielt hat. Indem eine Anrechnung nur bis zur Höhe des für denjenigen Zeitabschnitt geschuldeten Mietzinsanspruchs erfolgt, in welchem der anderweitige Vorteil erzielt wurde, ist ein angemessener Interessenausgleich zwischen Mieter und Vermieter gewahrt. Weder wird mit einer solchen Betrachtungsweise der Vermieter, dessen zeitlich kongruenter Mietzinsanspruch gegen seinen „alten“ Mieter immerhin in voller Höhe wegfällt, in unangemessener Weise begünstigt. Noch ist der am Gebrauch der Mietsache aus in seiner Risikosphäre liegenden, wenngleich möglicherweise unverschuldeten Gründen, gehinderte Mieter über Gebühr benachteiligt oder begünstigt. Es ist auch zu berücksichtigen, dass der Vermieter nicht zur anderweitigen Nutzung der Mietsache verpflichtet ist. Eine Anrechnung böswillig unterlassenen Erwerbs sieht § 537 Abs. 1 S. 2 BGB im Gegensatz zu § 326 Abs. 2 S. 2 Alt. 3 BGB, § 615 S. 2 Alt. 3 BGB, § 649 S. 2 Hs. 2 Alt. 3 BGB nicht vor.198 Es scheint im Hinblick darauf umso weniger angemessen und entspricht umso weniger der gesetzgeberisch angestrebten Billigkeit,199 auch noch diejenigen Vorteile, die über 197 Siehe dazu nur BGH 22. 12. 1999 – XII ZR 339 / 97 – LM § 552 BGB Nr. 7 (7 / 2000). 198 LG Kassel 9. 3. 1989 – 1 S 418 / 88 – WuM 1989, S. 410; MünchKomm-BGB / Schilling, § 537 Rn. 9; Hannemann / Wiegner / Sander, WohnraummietR, § 32 Rn. 67; näher Rädler, NJW 1993, S. 689 (692 f. m. w. N.). 199 Zu dieser Begründung des historischen BGB-Gesetzgebers für die Vornahme einer Anrechnung als solcher siehe bereits oben 3. Teil B. II. 4. b).

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

das hinausgehen, was dem Mieter, der zur Gebrauchsausübung aus in seiner Person liegenden Gründen nicht in der Lage ist, dennoch aber den Mietzins nach § 537 Abs. 1 S. 1 BGB zahlen muss, im Wege der Anrechnung auf den Mietzinsanspruch des betreffenden Monats ohnehin zugute kommt, zu Lasten desjenigen, der sie rechtmäßig erzielt hat, nämlich des Vermieters, anspruchsmindernd zu berücksichtigen. cc) Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung Die hier vertretene Ansicht steht mit der Einordnung der Anrechnungsvorschrift als gesetzlich normierten Fall der Vorteilsanrechnung, hier ausnahmsweise bei einem Erfüllungsanspruch,200 im Einklang. Im Rahmen der Vorteilsanrechnung kommen lediglich solche Vorteile als anrechenbar in Betracht, die gerade mit dem geltend gemachten Nachteil in einem qualifizierten Zusammenhang stehen, der beide gewissermaßen zu einer „Rechnungseinheit“ verbindet.201 Gegen eine Anrechnung spricht das Fehlen eines „zeitlichen Zusammenhangs“ beider Vermögensänderungen, und zwar selbst dann, wenn man nicht so weit wie das RG gehen und fordern will: „Nachteil und Vorteil müssen sich gleichzeitig gegenübertreten.“202 Ein nach § 537 Abs. 1 S. 2 BGB anzurechnender Vorteil beschränkt sich auch im Hinblick auf diese Vorgaben folgerichtig einzig auf den Zeitraum, in dem er erzielt wurde, und zwar unabhängig davon, ob die Hinderung des Mieters an der Gebrauchsüberlassung insgesamt über mehrere Leistungsperioden oder nur eine einzige Leistungsperiode andauert. Im Hinblick auf die Periodizität der auszutauschenden Leistungen ist nur im Rahmen desselben Zeitabschnitts eine „Kongruenz“ im Sinne der Grundsätze der Lehre von der Vorteilsanrechnung gegeben. d) Ergebnis Die Anrechnung anderweitig erlangter Vorteile nach Maßgabe von § 537 Abs. 1 S. 2 BGB hat im Fall des mietvertraglich zeitabschnittsbezogen vereinbarten Leistungsaustausches, wie dies regelmäßig der Fall ist, nur auf denjenigen Zeitabschnitt zu erfolgen, in welchem der anzurechnende Vorteil erzielt wurde. Der Anrechnungsposten und die Leistung, auf die dieser anzurechnen ist, stimmen in zeitlicher Hinsicht überein. Dies steht im Einklang mit den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung, als deren positivrechtlicher Niederschlag die Anrechnungsvor200 Näher zur Vorteilsanrechnung bereits oben 1. Teil D. II. 3. b), dort auch zur Einordnung des § 615 S. 2 BGB als gesetzlich geregelten Fall einer „Vorteilsausgleichung bei einem Erfüllungsanspruch“. 201 Statt aller: BGH 31. 3. 2006 – V ZR 51 / 05 – BGHZ 167, 108 (114 f. m. w. N.); näher dazu bereits oben 1. Teil D. II. 3. b). 202 RG 20. 11. 1920 – V 471 / 19 – RGZ 100, 255 (257), H. d. d. V.

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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schrift gesehen werden kann. Dieses unter teilweiser Abänderung des bislang insoweit unzureichend zum Ausdruck gebrachten Normzwecks gefundene Ergebnis ist nicht nur in dogmatischer Hinsicht durch die aus der mietvertraglichen Parteivereinbarung folgende rechtliche Selbständigkeit der Einzelansprüche im Rahmen des Dauerschuldverhältnisses Mietverhältnis vorgegeben, sondern auch interessengerecht. Weder wird der Vermieter über Gebühr begünstigt, noch der Mieter unangemessen belastet, aber auch nicht begünstigt. Im Übrigen werden dogmatische Widersprüche zwischen den Fällen vermieden, in denen die Gebrauchshinderung des Mieters eine oder aber mehrere Leistungsperioden andauert. Im Hinblick darauf, dass die Motive zum Entwurf des BGB vielfach ausdrücklich auf die Parallelen der miet- zu den dienstvertraglichen Regelungskomplexen und Einzelvorschriften verweisen,203 ist das hier zu § 537 Abs. 1 S. 2 BGB gefundene Ergebnis der Zeitabschnittsbezogenheit der Anrechnung auch für das Verständnis des § 615 S. 2 BGB bedeutsam. 5. § 649 S. 2 BGB: Kündigungsrecht des Bestellers Der Besteller kann gemäß § 649 S. 1 BGB bis zur Vollendung des Werkes jederzeit den Werkvertrag kündigen. Tut er dies, so ist der Unternehmer nach § 649 S. 2 Hs. 1 BGB berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen. Nach der Anrechnungsvorschrift des § 649 S. 2 Hs. 2 BGB204 muss er sich „jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.“ Auch § 649 S. 2 BGB weist weitgehende Ähnlichkeit mit § 615 S. 2 BGB auf.205 a) Irrelevanz des Streits beim reinen Werkvertrag Der Streit, ob eine Anrechnung anderweitigen Erwerbs im Wege der Gesamtberechnung oder zeitabschnittsbezogen zu erfolgen hat, wird beim Werkvertrag in aller Regel keine Relevanz haben, da sich die Frage der Berücksichtigung rechtlich getrennt zu beurteilender Zeiträume im Rahmen des werkvertraglichen Leistungsaustausches nicht stellen wird.206 Denn wenngleich es auch zum Wesen des Werk203

Dazu noch näher im Rahmen der historischen Auslegung unter 3. Teil C. I. und III.

2. b). 204 Siehe auch die Inbezugnahme der Anrechnungsvorschrift durch § 8 Nr. 1 Abs. 2 S. 2 VOB / B. 205 Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 454; MünchKomm-BGB / Busche, § 649 Rn. 28. 206 Anderes könnte lediglich bei „Sukzessivwerklieferungsverträgen“ über herzustellende oder zu erzeugende, nicht i. S. v. § 91 BGB vertretbare Sachen gemäß § 651 S. 2 BGB bzw. § 651 Abs. 1 S. 2 BGB a. F. gelten, dazu BGH 12. 1. 1993 – X ZR 63 / 91 – NJW-RR 1993, S. 882 f.; BGH 22. 9. 1977 – VII ZR 162 / 74 – BauR 1978, S. 55 f.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

vertrages gehört, dass sich der Leistungsaustausch zwischen den Werkvertragsparteien vielfach über einen längeren Zeitraum hinziehen kann, so ist der Werkvertrag dennoch i. d. R. nicht als Dauerschuldverhältnis einzuordnen.207 Anders als beim Arbeitsvertrag oder beim Mietvertrag ist das Leistungsgefüge der werkvertraglich auszutauschenden Hauptleistungen nicht durch die Regelmäßigkeit bzw. Periodizität fortlaufend neu entstehender Pflichten der Vertragsparteien gekennzeichnet. Es liegt rechtlich lediglich ein einmaliger punktueller, wenn auch, etwa bei Bauverträgen, zeitlich in mehr oder weniger hohem Maße gestreckter, Leistungsaustausch vor.208 Einem vom Unternehmer werkvertraglich geschuldeten „Erfolg“ im Rechtssinne gemäß § 631 Abs. 1, Abs. 2 BGB209 steht eine hierfür gemäß §§ 631 Abs. 1, 632 BGB zu zahlende Vergütung210 gegenüber.211

b) Anrechnung anderweitigen Erwerbs auf rechtlich selbständige Abschlagszahlungen? Zwar wird sich die Frage nach den unterschiedlichen Anrechnungsmethoden beim reinen Werkvertrag i. d. R. nicht stellen. Allerdings können gemäß § 632a BGB bzw. § 16 Nr. 1 VOB / B Abschlagszahlungen vom Unternehmer verlangt werden. Es handelt sich bei der Abschlagszahlung wie auch bei der gegenleistungsunabhängigen Vorauszahlung um eine vorläufige Anzahlung auf die Vergütung des Gesamtwerks.212 Der Anspruch auf eine Abschlagszahlung ist gegenüber dem Schlusszahlungsanspruch im Hinblick auf die unterschiedlichen Zielrichtungen rechtlich selbständig.213 Es ist jedoch zweifelhaft, ob in den von § 649 BGB erfassten Fällen der vorzeitigen Kündigung durch den Besteller überhaupt verschiedene Teilvergütungsansprüche bestehen können, auf die anderweitiger Erwerb anzurechnen sein kann. Der Unternehmer kann gemäß § 649 S. 2 Hs. 1 BGB „die vereinbarte Vergütung“ Näher zum Ganzen MünchKomm-BGB / Busche, § 631 Rn. 1, § 649 Rn. 31. MünchKomm-BGB / Busche, § 649 Rn. 31. Der aufgezeigten Rechtslage entspricht es ferner, wenn BGH 30. 9. 1999 – VII ZR 206 / 98 – LM § 649 BGB Nr. 36 (3 / 2000) hinsichtlich der an die Prüfbarkeit der Schlussrechnung eines Architekten zu stellenden Anforderungen nach der Kündigung des Vertrages gemäß § 649 S. 2 BGB eine Zuordnung ersparter Aufwendungen nach „Leistungsphasen“ grds. für entbehrlich hält. 209 Dass sich der Rechtsbegriff des versprochenen „Werkes“ i. S. v. § 631 Abs. 1 BGB als die Verpflichtung zur Erstellung mehrerer einzelner (Bau-)Werke in tatsächlicher Hinsicht darstellen kann, steht dem nicht entgegen. 210 An diesem Befund ändert sich auch nichts dadurch, dass die Vergütung gemäß § 641 Abs. 1 S. 2 BGB im Fall der Teilabnahme für jeden Teil des Werkes einzeln fällig sein kann. Näher zu dieser Fälligkeitsregelung MünchKomm-BGB / Busche, § 641 Rn. 2, 9 f. m. w. N. 211 Zu den Hauptleistungspflichten der Werkvertragsparteien MünchKomm-BGB / Busche, § 631 Rn. 58 ff., 85 ff. 212 Näher MünchKomm-BGB / Busche, § 632a Rn. 2 m. w. N. 213 MünchKomm-BGB / Busche, § 632a Rn. 11. 207 208

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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verlangen. Dabei ist etwa für den Fall der Pauschalpreisvereinbarung das Verhältnis des Wertes der bewirkten Leistung zum Wert der geschuldeten Leistung maßgebend.214 Doch kommt es für die Ermittlung der Höhe der nach §§ 649, 631 BGB geschuldeten Vergütung auf die nach dem Vertrag für den erreichten Herstellungsstand jeweils vorgesehenen Vergütungsraten in Form von Abschlagszahlungen grds. nicht an.215 Selbst wenn sich die Höhe des Anspruchs auf die wegen der vorzeitigen Kündigung geschuldete Vergütung im Einzelfall an den vereinbarten Abschlagszahlungen orientieren kann, so besteht doch gemäß § 649 S. 2 BGB ein Vergütungsanspruch.216 Die Vorschrift verschafft dem Unternehmer nicht mehrere selbständige (Teil-)Vergütungsansprüche. Es sind im werkvertraglichen Bereich somit keine Fälle denkbar, in denen mehrere selbständige periodische Zahlungsansprüche bestehen, auf die im Fall vorzeitiger Kündigung durch den Besteller anderweitig erzielter Erwerb des Unternehmers anzurechnen sein könnte. Folgerungen hinsichtlich der zutreffenden Anrechnungsmethode sind daher aus § 649 S. 2 BGB nicht zu ziehen. c) Exkurs zum Normzweck der Anrechnungsvorschrift Auffällig ist bei der Bestimmung des Normzwecks, dass auch im Rahmen von § 649 S. 2 Hs. 2 BGB der Fall, dass der Unternehmer einen die zu zahlende Vergütung217 übersteigenden höheren anderweitigen Verdienst erlangt, nicht berücksichtigt wird. Zwar wird mitunter zutreffend auf die Ähnlichkeit der Anrechnungsvorschrift zum Rechtsgedanken der Vorteilsausgleichung hingewiesen.218 Zu kurz greift es jedoch anzunehmen, dass der Unternehmer durch § 649 S. 2 BGB so gestellt werden solle, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrages stehen würde, dass er weder begünstigt noch benachteiligt werden bzw. weder besser noch schlechter stehen soll als bei Durchführung des Vertrages oder dass er weder einen geringeren noch einen größeren Erwerb haben soll, als er ohne die Kündigung gehabt hätte.219 Denn eine „Begünstigung“ des Unternehmers in Höhe des den auf214 BGH 20. 1. 2000 – VII ZR 97 / 99 – NJW 2000, S. 1257 m. w. N.; MünchKommBGB / Busche, § 632a Rn. 21. 215 BGH 20. 1. 2000 – VII ZR 97 / 99 – NJW 2000, S. 1257 f.; MünchKomm-BGB / Busche, § 632a Rn. 21. 216 BGH 20. 1. 2000 – VII ZR 97 / 99 – NJW 2000, S. 1257 f. 217 Zur Einordnung des durch § 649 S. 1 BGB gewährten Vergütungsanspruchs als ursprünglicher vertragsgemäßer Werklohnanspruch und nicht als Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch siehe MünchKomm-BGB / Busche, § 649 Rn. 18 m. w. N.; Oertmann, Vorteilsausgleichung, S. 38; anders Glöckner, BauR 1998, S. 669 (675 ff.): „verkappter Schadensersatzanspruch“. 218 BGH 19. 2. 1998 – VII ZR 207 / 96 – LM § 9 AGBG (Bf) Nr. 32 (3 / 1999); BGH 10. 10. 1996 – VII ZR 250 / 94 – LM § 10 Nr. 7 AGBG (2 / 1997); BGH 25. 10. 1984 – VII ZR 11 / 84 – LM § 11 AGBG Nr. 5; BGH 16. 4. 1973 – VII ZR 140 / 71 – BGHZ 60, 353 (358); Dernburg, Bürgerliches R II / 1, S. 79, dort Fn. 2; Decker, Vorteilsanrechnung beim Erfüllungsanspruch, S. 21 ff.; Becker, JW 1912, S. 976.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

rechterhaltenen Vergütungsanspruch überschießenden anderweitigen Erwerbs tritt in der genannten Konstellation zwingend ein. Bereits angesichts dessen ist vor allem die Annahme nicht zutreffend, der Unternehmer solle nach § 649 BGB „keinesfalls mehr erhalten, als er nach Herstellung des Werkes gehabt hätte.“220 Richtig ist es hingegen, unter Betonung der der Vorschrift innewohnenden „Nachteilsausgleichsfunktion“221 darauf abzustellen, dass § 649 S. 2 BGB dem Unternehmer auf der Grundlage der vereinbarten Vergütung einen Ausgleich für die negativen Folgen der Kündigung bieten soll.222

6. § 616 S. 2 BGB: Vorübergehende Verhinderung Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird gemäß § 616 S. 1 BGB des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch nach der Anrechnungsvorschrift des § 616 S. 2 BGB „den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.“ a) Normzweck Die eine Abweichung von dem allgemeinen Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“223 enthaltende Bestimmung des § 616 S. 1 BGB beruht auf „sozialpolitischen Rücksichten und auf Gründen der Humanität.“224 Durch die als Ausnahmeregelung an sich eng auszulegende Vorschrift225 wird die synallagmatische Verknüpfung der arbeitsvertraglichen Hauptleistungsverpflichtungen durchbrochen.226 219 In diese Richtung BGH 14. 1. 1999 – VII ZR 277 / 97 – BGHZ 140, 263 (267); BGH 7. 11. 1968 – VII ZR 72 / 66 – WM 1969, S. 48 (50); MünchKomm-BGB / Busche, § 649 Rn. 18. 220 So aber BGH 4. 10. 1984 – VII ZR 65 / 83 – BGHZ 92, 244 (249 m. w. N.). 221 Dazu auch Löwisch, NJW 2003, S. 2049 (2051). 222 So auch BGH 7. 11. 1996 – VII ZR 82 / 95 – LM § 649 BGB Nr. 28 (3 / 1997); BGH 10. 10. 1996 – VII ZR 250 / 94 – LM § 10 Nr. 7 AGBG (2 / 1997). 223 § 275 Abs. 1, Abs. 4 i. V. m. § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB; näher dazu bereits oben Einleitung A. 224 So Motive II, S. 463, zu § 562 Entwurf I, H. d. d. V.; BAG 18. 12. 1959 – GS 8 / 58 – BAGE 8, 314 (323 f.); BAG 17. 12. 1959 – GS 2 / 59 – BAGE 8, 285 (296 f.); BAG 24. 2. 1955 – 2 AZR 10 / 54 – BAGE 1, 338 (339 f.); BGH 22. 6. 1956 – VI ZR 140 / 55 – BGHZ 21, 112 (114 ff.); Bonn, Anrechnung, S. 14 (15 f., 25 ff.). 225 BAG 25. 4. 1960 – 1 AZR 16 / 58 – BAGE 9, 179 (182); kritisch zu der „bereits überdehnt(en)“ Auslegung Fabricius, Leistungsstörungen im Arbeitsverhältnis, S. 108 f. 226 BAG 6. 9. 1989 – 5 AZR 621 / 88 – BAGE 62, 354 (357 f.); BAG 22. 12. 1982 – 2 AZR 282 / 82 – BAGE 41, 229 (242 f.); BAG 19. 3. 1965 – 5 AZR 107 / 64 – BAGE 17, 137 (139);

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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Der Anrechnungsvorschrift des § 616 S. 2 BGB liegt die Erwägung zu Grunde, dass „der Dienstnehmer durch die Verhinderung im Falle einer Krankheit oder eines Unfalls nicht einen Gewinn erlangen solle.“ Es gehe nicht an, dem Dienstnehmer neben dem Anspruch aus der gesetzlichen Kranken- oder Unfallversicherung den Anspruch gegen den Dienstgeber nach § 616 S. 1 BGB zu gewähren.227 Der Normzweck des § 616 S. 2 BGB ist somit in der Vermeidung einer ungerechtfertigten Doppelbezahlung des verhinderten Dienstpflichtigen zu sehen.228 Trotz teils unterschiedlicher bzw. zusätzlicher Wertungen229 sind zwischen § 615 S. 2 BGB und § 616 S. 2 BGB deutliche Parallelen erkennbar.230 Auch § 616 S. 2 BGB kann im Zusammenhang mit dem allgemeinen Rechtsgedanken der Vorteilsausgleichung, hier außerhalb des Schadensersatzrechts, gesehen werden.231 b) Praktische Irrelevanz des Streits zwischen den Anrechnungsmethoden Zwar ist auch in vorliegendem Zusammenhang die rechtliche Selbständigkeit der periodisch fällig werdenden Vergütungsansprüche unzweifelhaft gegeben. Allerdings lässt sich kein praktisch relevantes Beispiel finden, in welchem die Frage Bedeutung erlangte, ob eine nach § 616 S. 2 BGB anzurechnende Leistung aus einer gesetzlichen Versicherung, welche zudem die Höhe der für die betreffende Lohnzahlungsperiode geschuldeten Vergütung übersteigen müsste, im Wege einer Gesamtberechnung auch auf vorgehende Lohnzahlungsperioden angerechnet werden kann. Der Anrechnungsvorschrift des § 616 S. 2 BGB kommt bereits im Allgemeinen kaum praktische Bedeutung zu, insbesondere angesichts der Subsidiarität des nahezu einzig als anzurechnen in Betracht kommenden Krankengeldes bei Erkrankung des Kindes232 gegenüber dem Arbeitsentgelt gemäß § 49 Abs. 1 BGH 22. 6. 1956 – VI ZR 140 / 55 – BGHZ 21, 112 (114 f.); BFH 7. 6. 1988 – VIII R 296 / 82 – BFHE 153, 407 (409); Staudinger / Oetker, § 616 BGB Rn. 18 f. 227 Protokolle II, S. 280 (282 f.); zur thematischen Nähe des § 616 S. 2 BGB zum Rechtsinstitut der Vorteilsausgleichung siehe Oertmann, Vorteilsausgleichung, S. 40 (42). 228 Hartmann, Aufrechnung im Arbeitsverhältnis, S. 121 (122); Bonn, Anrechnung, S. 32 (33, 35); Benöhr, FS Kroeschell, S. 17 (19 m. w. N.). 229 Bei § 616 BGB tritt das soziale Sicherungsbedürfnis des Dienstverpflichteten als Grundgedanke der Lohnfortzahlung in den Vordergrund. Zu einem weiteren maßgeblichen Unterschied, nämlich der Unterscheidung des Störungstatbestandes nach seiner Herkunft aus der Sphäre des Arbeitgebers, so bei § 615 BGB, oder des Arbeitnehmers, wie im Fall des § 616 BGB, siehe sogleich 3. Teil B. II. 6. b) a. E. 230 So auch Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 453 (454). 231 BGH 16. 4. 1973 – VII ZR 140 / 71 – BGHZ 60, 353 (358); Decker, Vorteilsanrechnung beim Erfüllungsanspruch, S. 10 (15 ff.); Becker, JW 1912, S. 976. 232 §§ 45 ff. SGB V. Zur „Anrechnung“ von Arbeitsentgelt auf Krankengeld siehe 3. Teil B. III. 2. e).

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

Nr. 1 SGB V233 sowie im Hinblick auf die in § 115 SGB X angeordnete cessio legis.234 Im Übrigen sind diejenigen Fälle selten, in denen der Dienstverpflichtete zwar nur „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ i. S. v. § 616 S. 1 BGB235 verhindert ist, diese Zeit sich aber über mehrere Lohnzahlungsperioden erstreckt. In Betracht kämen allenfalls wöchentliche oder tägliche Lohnzahlungsperioden. Nach der Rechtsprechung ist die Grenze der Verhältnismäßigkeit für jeden einzelnen Verhinderungsfall in Anlehnung an den früheren Abs. 2 des § 616 BGB236 i. d. R. bei einem Zeitraum von mehr als sechs Wochen überschritten.237 In der Literatur wird weitgehend vertreten, dass auch bei schwerwiegenden Verhinderungsgründen regelmäßig nur ein Anspruch für wenige Tage bestehe.238 Des Weiteren müsste es sich um Leistungen einer auf „gesetzlicher Verpflichtung“ beruhende Unfall- oder Krankenversicherung handeln.239 Doch besteht im jedenfalls ursprünglich gesetzgeberisch intendierten Hauptanwendungsbereich des § 616 BGB „Erkrankung des Dienstpflichtigen“ etwa bei den mangels Arbeitnehmer-Eigenschaft nicht unter den Anwendungsbereich des EFZG fallenden freien Mitarbeitern insoweit generell keine Versicherungspflicht.240 Es ist darüber hinaus schwer vorstellbar, dass eine Versicherungsleistung nur für einen Teil der Entgeltausfallperioden zu erbringen ist und zudem in ihrer Höhe das vertraglich für eine Leistungsperiode geschuldete Arbeitsentgelt, dessen Ausfall abgesichert werden soll, übersteigt. 233 Siehe BAG 19. 4. 1978 – 5 AZR 834 / 76 – BAGE 30, 240 (244 ff.), zum Pflegekrankengeld nach § 185c RVO. 234 MünchKomm-BGB / Henssler, § 616 Rn. 57; Staudinger / Oetker, § 616 BGB Rn. 123 ff.; Erman / Belling, § 616 BGB Rn. 66 ff.; MünchArb / Boewer, § 80 Rn. 23; ErfK / Dörner, § 616 BGB Rn. 18 m. w. N.: „Redaktionsversehen“. 235 Zur gesetzlich nicht näher erläuterten und daher umstrittenen Bestimmung der Länge der „verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit“ i. S. v. § 616 S. 1 BGB anhand aller Umstände des Einzelfalls siehe BAG 11. 8. 1988 – 8 AZR 721 / 85 – BAGE 59, 203 (214 f.); BAG 17. 12. 1959 – GS 2 / 59 – BAGE 8, 285 (305 ff.); ErfK / Dörner, § 616 BGB Rn. 15 f.; MünchKomm-BGB / Henssler, § 616 Rn. 53 ff. 236 Nunmehr § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG. 237 BAG 11. 8. 1988 – 8 AZR 721 / 85 – BAGE 59, 203, 214 f.; BAG 20. 7. 1977 – 5 AZR 325 / 76 – AP § 616 BGB Nr. 47; a. A. RAG 19. 3. 1932 – 526 / 31 – ARS 14, 556 (560 f., 562 f. m. zust. Anm. Hueck, A.). 238 Staudinger / Oetker, § 616 BGB Rn. 97; MünchKomm-BGB / Henssler, § 616 Rn. 54; Erman / Belling, § 616 BGB Rn. 48; Schaub / Linck, ArbR-Hdb., § 97 Rn. 16 f.; ErfK / Dörner, § 616 BGB Rn. 15 f.; HWK / Krause, § 616 BGB Rn. 41; Schaub, AuA 1996, S. 82 (83). 239 Leistungen aufgrund freiwilliger Versicherung sind nicht anzurechnen, RAG 16. 1. 1940 – 140 / 39 – ARS 38, 139 (145 f., 146 f. m. zust. Anm. Hueck, A.); MünchKomm-BGB / Henssler, § 616 Rn. 57; Staudinger / Oetker, § 616 BGB Rn. 125. 240 § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. MünchKomm-BGB / Henssler, § 616 Rn. 57.

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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Ferner ist zu bedenken, dass die Arbeitsverhinderung im Rahmen von § 616 BGB zwar ebenso wie bei § 615 BGB ohne Verschulden des Dienstpflichtigen, aber doch durch einen in seiner Person liegenden Grund begründet wird,241 während das Risiko des Arbeitsausfalls in den Fällen des § 615 S. 1, S. 3 BGB maßgeblich aus der Sphäre des Arbeitgebers stammt und diesem daher folgerichtig im Grundsatz zugeordnet wird. Dies spricht gegen eine Vergleichbarkeit der Interessenlagen in den Konstellationen des § 615 BGB einerseits und des § 616 BGB andererseits. c) Ergebnis Nach alldem ist es mangels Praxisrelevanz der Fragestellung und angesichts der Verschiedenheit der zugrundeliegenden Konstellationen nicht möglich, in systematischer Hinsicht aus der Anrechnungsvorschrift des § 616 S. 2 BGB Argumente zur Beantwortung der Frage, ob im Rahmen von § 615 S. 2 Alt. 2 BGB eine zeitabschnittsbezogene Anrechnung oder eine Anrechnung nach der Lehre von der Gesamtberechnung zu erfolgen hat, zu ziehen.

7. § 617 Abs. 1 S. 3 BGB: Pflicht zur Krankenfürsorge Gemäß § 617 Abs. 1 S. 3 BGB „können“ die Kosten, die im Fall der Erkrankung des Dienstverpflichteten in Erfüllung der dem Dienstberechtigten nach Maßgabe von § 617 Abs. 1 S. 1, S. 2 BGB obliegenden Verpflichtung zur Krankenfürsorge entstehen, „auf die für die Zeit der Erkrankung geschuldete Vergütung angerechnet werden“. a) Normzweck Die Regelungen des § 617 BGB sind nach allg. M. Ausdruck der dem Dienstberechtigten gegenüber dem Dienstpflichtigen obliegenden Fürsorgepflicht.242 Es soll im Fall der Behandlungsbedürftigkeit ausweislich § 617 Abs. 2 BGB nur subsidiärer sowie zeitlich befristeter Schutz gewährt werden.243 Der in der Anrechnungsvorschrift des § 615 S. 2 BGB zum Ausdruck kommende allgemeine Rechtsgedanke findet sich auch in § 617 Abs. 1 S. 3 BGB wieHierauf weist bereits Oertmann, Vorteilsausgleichung, S. 40 zutreffend hin. Protokolle II, S. 284 (287 ff.); Bonn, Anrechnung, S. 39 (49 ff.); Decker, Vorteilsanrechnung beim Erfüllungsanspruch, S. 10 (18 ff.); MünchKomm-BGB / Henssler, § 617 Rn. 1 m. w. N.; zum umstrittenen Gesetzgebungsverfahren Benöhr, FS Kroeschell, S. 17 (20 ff. m. w. N.). 243 Zur Subsidiarität siehe MünchKomm-BGB / Henssler, § 617 Rn. 11 ff., zur Dauer der Versorgung Rn. 21 ff. 241 242

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

der.244 Der Dienstpflichtige soll durch § 617 BGB keine kostenlose Krankenversorgung erhalten, weshalb eine Anrechnung der zunächst vom Dienstberechtigten zu tragenden Kosten zugelassen wird.245 Es ist auch hier zutreffend, den Ausschluss ungerechtfertigter Doppelleistungen an den Arbeitnehmer zu betonen.246 b) Gesamtberechnung oder Anrechnung pro rata temporis Im Ausgangspunkt ist weitestgehend anerkannt, dass der Zeitraum der Erkrankung des Dienstpflichtigen den Gesamtzeitraum vorgibt, für welchen eine Anrechnung der Krankenkosten höchstens in Betracht kommt. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift, da die Kosten nur auf die „für die Dauer der Erkrankung“ geschuldete Vergütung angerechnet werden können.247 Die Frage nach der in zeitlicher Hinsicht anzuwendenden Anrechnungsmethode kann sich bei § 617 Abs. 1 S. 3 BGB unbeschadet der ohnehin anzunehmenden praktischen Irrelvanz der Anrechnungsvorschrift248 nur dann stellen, wenn der Zeitraum der Erkrankung über mehrere Lohnzahlungsperioden andauert. Es ist demnach zu prüfen, ob die Krankenversorgungskosten nur auf die Vergütung derjenigen Lohnzahlungsperiode angerechnet werden dürfen, in der sie angefallen sind, oder ob ein darüber hinausgehender Überschuss auch mit den noch nicht durch Anrechnung erloschenen Vergütungsansprüchen aus anderen Lohnzahlungsperioden während der Zeitraums der Erkrankung des Dienstpflichtigen verrechnet werden kann. Diese Frage stellt sich etwa in folgendem Beispiel: Der Dienstvertrag zwischen dem Dienstpflichtigen und dem Dienstberechtigten sieht bezogenen auf den Zeitabschnitt „Woche“ einen dauerhaften periodischen Leistungsaustausch vor. Unter Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nach § 617 Abs. 1 S. 1, S. 2 BGB249 erkrankt der Dienstpflichtige für die Dauer von zwei Wochen. Während der ersten Woche entstehen lediglich geringe, die Höhe der geschuldeten Vergütung nicht erreichende Krankenkosten. In der zweiten Woche fallen (z. B. Krankenhaus- oder Operations-)Kosten in einer die für diesen 244 So BAG 6. 2. 1964 – 5 AZR 93 / 63 – BAGE 15, 258 (260); siehe auch MünchKommBGB / Henssler, § 615 Rn. 65. 245 MünchKomm-BGB / Henssler, § 617 Rn. 25; ErfK / Dörner, § 617 BGB Rn. 15. 246 Hartmann, Aufrechnung im Arbeitsverhältnis, S. 121 (122). 247 MünchKomm-BGB / Henssler, § 617 Rn. 25; Erman / Belling, § 617 BGB Rn. 13; Staudinger / Oetker, § 617 BGB Rn. 64 m. w. N. Siehe das Beispiel bei Bonn, Anrechnung, S. 54 m. w. N.: „Bezieht z. B. der Dienstverpflichtete eine Monatsvergütung von 30 Mk., so kann für eine 3-tägige ärztliche Behandlung nicht mehr als 3 Mk. Abgezogen werden, wenn auch die Kosten der Behandlung sich auf 30 Mk. belaufen mögen.“ A. A. BGB-RGRK / Matthes, § 617 Rn. 33, wonach die Anrechnung auch auf Vergütungsansprüche aus Zeiten vor der Erkrankung erfolgen können soll. 248 Palandt / Weidenkaff, § 617 BGB Rn. 3 meint, § 617 Abs. 1 S. 3 BGB sei „praktisch gegenstandslos“. 249 Im Einzelnen MünchKomm-BGB / Henssler, § 617 Rn. 4 ff.

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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Zeitabschnitt geschuldeten Vergütung übersteigenden Höhe an. Der Dienstberechtigte möchte den sich ergebenden Überschuss an Kosten auf die Vergütung für die erste Krankheitswoche anrechnen. c) Maßgebliche Divergenz des Inhalts der Anrechnungsvorschriften des § 617 Abs. 1 S. 3 BGB und des § 615 S. 2 BGB als Grund für die Unvergleichbarkeit der Anrechnungslagen Weitgehend Klarheit besteht für den Fall, dass die Gesamtsumme der anfallenden Kosten höher ist als die Vergütung, die dem Dienstpflichtigen während der Dauer der Erkrankung insgesamt zusteht. Insoweit hat der Dienstgeber die überschießenden Kosten zu tragen. Da eine Anrechnung der Krankenkosten auf Vergütungsansprüche aus der Erkrankung vorhergehenden oder nachfolgenden Zeiträumen unzulässig ist,250 besteht schlicht keine Leistung mehr, auf die eine Anrechnung erfolgen könnte. Allein dieser Umstand ist mit der Rechtslage bei der Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB vergleichbar, wenn der gesamte Zwischenerwerb den insgesamt zu zahlenden Annahmeverzugslohn übersteigt. Indes besteht eine Vielzahl maßgeblicher Unterschiede zwischen den beiden Anrechnungsvorschriften. So ist es bereits in rechtsdogmatischer Hinsicht zutreffend, § 617 Abs. 1 S. 3 BGB nicht als Fall der Vorteilsausgleichung bzw. Vorteilsanrechnung anzusehen.251 Denn es fehlt bereits an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Schadensereignis und dem Vorteil,252 entsteht doch der Lohnanspruch nicht erst infolge der Erkrankung, sondern bleibt lediglich dessen ungeachtet bestehen.253 Des Weiteren räumt § 617 Abs. 1 S. 3 BGB dem Dienstberechtigten im Unterschied zu § 615 S. 2 BGB eine „Anrechnungsbefugnis“ ein. Die Anrechnung geschieht hier nicht automatisch kraft Gesetzes,254 sondern bedarf ausweislich des insoweit klaren Wortlauts der Norm255 einer empfangsbedürftigen rechtsgestaltenden Willenserklärung des Dienstberechtigten.256 Bereits dieser Umstand der unterschiedlichen Rechtsnatur zwischen der sich „automatisch“ und willensunabhängig vollziehenden Anrechnung bei § 615 S. 2 BGB einerseits und der Dazu schon oben 3. Teil B. II. 7. b). So auch Oertmann, Vorteilsausgleichung, S. 34 (42); a. A. wohl Decker, Vorteilsanrechnung beim Erfüllungsanspruch, S. 10 (18 ff.). 252 Näher zum qualifizierten, adäquaten Ursachenzusammenhang bzw. zur „Rechnungseinheit“ oben 1. Teil D. II. 3. b). 253 Oertmann, Vorteilsausgleichung, S. 34 (42). 254 Zu Rechtsnatur und ipso iure-Wirkung der Anrechnung bei § 615 S. 2 BGB siehe bereits oben 1. Teil D. II. 2. und 3. 255 „können [ . . . ] angerechnet werden“. 256 Staudinger / Oetker, § 617 BGB Rn. 63 (65 f.); MünchKomm-BGB / Henssler, § 617 Rn. 25; BGB-RGRK / Matthes, § 617 Rn. 34 f.; Erman / Belling, § 617 BGB Rn. 13; Palandt / Weidenkaff, § 617 BGB Rn. 3; ErfK / Dörner, § 617 BGB Rn. 15; HWK / Krause, § 617 BGB Rn. 15. 250 251

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

lediglich als „Befugnis“ ausgestalteten Anrechnungsmöglichkeit nach § 617 Abs. 1 S. 3 BGB andererseits spricht gegen die Vergleichbarkeit der Situationen.257 Dies wirkt auch hinsichtlich der Frage des zeitlichen Umfangs der Anrechnung. Denn die Möglichkeit einer Gestaltungserklärung des Dienstberechtigten bewirkt einen gewissen, wenngleich durch die Unabdingbarkeitsvorschrift des § 619 BGB eingeschränkten, Gestaltungsspielraum, welcher im Rahmen der „automatischen“ gesetzlichen Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB gerade nicht gegeben ist. Es dürfte daher dem Dienstberechtigten im Grundsatz freistehen, die angefallenen Kosten entweder nur auf die für eine Lohnzahlungsperiode geschuldete Vergütung anzurechnen oder sie auf alle Lohnzahlungsperioden zu verteilen. d) „Überdies“-Argumente für eine Gesamtberechnung aus dem Wortlaut sowie telos der Norm Im Hinblick auf die rechtliche Selbständigkeit der periodischen Vergütungsansprüche könnte gleichwohl zweifelhaft sein, ob ein Überschuss der während einer Lohnzahlungsperiode entstandenen Kosten über die für diesen Zeitabschnitt geschuldete, durch die erfolgte Anrechnung gleichsam „aufgezehrte“ Vergütung auf die für eine andere Lohnzahlungsperiode geschuldete Vergütung angerechnet werden kann. Unbeschadet der rechtlichen Selbständigkeit der Vergütungsansprüche stellt allerdings § 617 Abs. 1 S. 3 BGB auf „die für die Zeit der Erkrankung geschuldete Vergütung“ ab. Ein zeitlicher Maßstab ist damit ausdrücklich vorgegeben. Dauert die Erkrankung des Dienstpflichtigen über mehrere Lohnzahlungsperioden an, so entspricht es dem Wortlaut der Vorschrift einzig, die gesamte Dauer der Erkrankung und damit alle umfassten Lohnzahlungsperioden zu berücksichtigen. Somit kann im Rahmen von § 617 Abs. 1 S. 3 BGB der Anrechnungsposten, also die „Kosten“, auf die bis zur Gesamtsumme aller während der Erkrankung geschuldeten Vergütungsansprüche angerechnet werden, unabhängig davon, ob der Anfall der Kosten nur in einem Teil der Vergütungsperioden erfolgt ist. Dies entspricht auch der allgemein anerkannten Überlegung, dass der Dienstpflichtige durch § 617 BGB keine kostenlose Krankenversorgung erhalten soll.258 Ein anderes Ergebnis zur Anrechnung in zeitlicher Hinsicht würde die Fürsorgepflicht des Dienstberechtigten überstrapazieren, denn der Dienstpflichtige erhielte insoweit eine kostenlose Krankenversorgung. Die rechtliche Selbständigkeit der Vergütungsansprüche wird somit nicht nur durch den Wortlaut der Norm, sondern auch durch den Gedanken der „Fürsorge“ des Dienstberechtigten überlagert. Mit der Fürsorgepflicht korrespondiert eine erleichterte und weitergehende Anrechnungsmöglichkeit zugunsten des Dienstberechtigten. 257 Missverständlich insoweit Staudinger / Oetker, § 617 BGB Rn. 65: „Die dogmatische Konstruktion der Anrechnungsbefugnis ist § 615 S 2 nachgebildet. [ . . . ] Diese Rechtsfolge tritt nicht ipso iure ein [ . . . ]“. 258 Zum Normzweck des § 617 Abs. 1 S. 3 BGB siehe bereits oben 3. Teil B. II. 7. a).

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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Es ist zudem ein struktureller Unterschied zwischen der Anrechnungssituation bei § 615 S. 2 BGB einerseits, in der der Arbeitnehmer anderweitige Vorteile erlangt, welche er in dem gegebenen Umfang behalten dürfen soll, und bei § 617 Abs. 1 BGB andererseits, in der dem Dienstgeber zusätzlich zu dem für die Dauer von bis zu sechs Wochen bestehen bleibenden Vergütungsanspruch die aufgrund der Behandlung des Vertragspartners anfallenden Krankenkosten auferlegt werden. Letztlich kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass das Leistungshindernis bei § 617 BGB im Fall der Erkrankung des Dienstpflichtigen nicht aus der Sphäre des Dienstberechtigten stammt, anders als in den Annahmeverzugs- und Betriebsrisikosfällen des § 615 S. 1, S. 3 BGB. Hat der Dienstberechtigte hingegen die Erkrankung des Dienstpflichtigen nach Maßgabe der §§ 276, 278 BGB zu vertreten, so besteht gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB aus allgemeinem Leistungsstörungsrecht sowie nach den deliktsrechtlichen Vorschriften der §§ 823, 831 BGB ein selbständiger Anspruch des Dienstpflichtigen auf Ersatz der zunächst von ihm zu tragenden Krankenkosten in dem durch §§ 249 ff. BGB vorgegebenen Umfang, ohne dass eine Anrechnung auf die für die Krankheitsdauer fortzuzahlende Vergütung auch nur dem Grunde nach in Betracht käme.259 e) Ergebnis Systematische Argumente zur Beantwortung der Frage, ob im Rahmen von § 615 S. 2 Alt. 2 BGB eine Anrechnung pro rata temporis oder im Wege der Gesamtberechnung zu erfolgen hat, lassen sich im Hinblick auf die in vielfacher Hinsicht aufgezeigte Verschiedenheit der Konstellationen aus § 617 Abs. 1 S. 3 BGB nicht ziehen. 8. § 1577 Abs. 2 S. 1 BGB: Bedürftigkeit Gemäß § 1577 Abs. 1 BGB kann der geschiedene Ehegatte den Unterhalt nach den §§ 1570 – 1573, 1575 und 1576 BGB nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann. Nach § 1577 Abs. 2 S. 1 BGB sind Einkünfte „nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt (§ 1578) leistet.“ „Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen, sind insoweit anzurechnen, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht“, so die Regelung des § 1577 Abs. 2 S. 2 BGB. a) Anwendungsbereich und Normzweck § 1577 Abs. 2 BGB regelt die Anrechnung von Einkünften und Vermögen des Bedürftigen, wenn der Verpflichtete nicht den vollen Geschiedenenunterhalt leis259

MünchKomm-BGB / Henssler, § 617 Rn. 25; Soergel / Kraft, § 617 BGB Rn. 11.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

tet. Nach dieser Vorschrift richtet sich vornehmlich die Anrechnung von Einkünften aus überobligatorischer Erwerbstätigkeit.260 Es soll eine Schlechterstellung des Unterhaltsberechtigten vermieden werden.261 Die sich aus § 1577 Abs. 2 BGB ergebenden Grundsätze finden auch bei der Bemessung des Trennungsunterhalts nach § 1361 BGB Berücksichtigung.262 Der Rechtsgedanke des § 1577 Abs. 2 BGB ist ferner im Verwandten-Unterhaltsrecht nach §§ 1601 ff. BGB entsprechend anwendbar.263 b) Strukturelle Vergleichbarkeit der Anrechnungssituationen In struktureller Hinsicht ist eine Vergleichbarkeit der unterhaltsrechtlichen Anrechnungskonstellation nach § 1577 Abs. 2 S. 1 BGB mit der Anrechnungssituation im Rahmen des Annahmeverzugs nach § 615 S. 2 BGB anzunehmen. Wie auch bei der arbeitsvertraglichen Vergütung handelt es sich beim Unterhalt um periodisch, nämlich monatlich, wiederkehrende Geldleistungen des Verpflichteten zur Sicherung des Lebensunterhalts des Berechtigten. Es bestehen rechtlich unabhängige Einzelansprüche des Berechtigten.264 Entsprechend der Annahmeverzugssituation bestehen bestimmte Erwerbsobliegenheiten des Berechtigten, und zwar hier, eine angemessene zumutbare Erwerbstätigkeit aufzunehmen und sich daraus erzielte Einkünfte anspruchs-, weil bedürftigkeitsmindernd bzw. bedarfsdeckend anrechnen lassen zu müssen. Der Anrechnung böswillig unterlassenen Erwerbs nach § 615 S. 2 Alt. 3 BGB entspricht unterhaltsrechtlich die Anrechnung fiktiven obliegenheitswidrig nicht erzielten Einkommens. Wie analog § 74c Abs. 2 HGB für die Annahmeverzugssituation besteht gemäß § 1580 i. V. m. § 1605 BGB zwischen den geschiedenen Ehegatten eine Auskunftspflicht über ihre Einkünfte. c) Keine „Gesamtberechnung“ im Unterhaltsrecht Wie stets im Unterhaltsrecht findet auch bei § 1577 Abs. 2 S. 1 BGB jeweils eine monatliche Betrachtungsweise des Einkommens des Berechtigten, des Bedarfs, des geschuldeten Unterhalts sowie des hierauf anzurechnenden Einkommens des Bedürftigen statt.265 Eine der Methode der Gesamtberechnung auch nur ähnliche Anrechnungsweise kommt im Unterhaltsrecht nicht in Betracht. MünchKomm-BGB / Maurer, § 1577 Rn. 1. Näher MünchKomm-BGB / Maurer, § 1577 Rn. 29 m. w. N. 262 Grundlegend BGH 24. 11. 1982 – IVb ZR 310 / 81 – LM § 1577 BGB Nr. 2 m. w. N. 263 Statt vieler: BGH 25. 1. 1995 – XII ZR 240 / 93 – LM § 1611 BGB Nr. 4 (5 / 1995); OLG Hamm 21. 4. 1997 – 4 UF 441 / 96 – NJW-RR 1998, S. 726 (727). 264 Ausführlich dazu Maas, Stammrecht und Einzelansprüche, insbesondere S. 23 ff., 102 ff.; ferner Welter, Wiederkehrende Leistungen, S. 37 f., 165, 171 f. 265 Siehe nur BGH 25. 1. 1995 – XII ZR 240 / 93 – LM § 1611 BGB Nr. 4 (5 / 1995); ein Rechenbeispiel findet sich bei MünchKomm-BGB / Maurer, § 1577 Rn. 39 m. w. N. 260 261

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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9. § 19 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) BBiG: Fortzahlung der Vergütung Gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) BBiG266 ist Auszubildenden die Vergütung bis zur Dauer von sechs Wochen auch dann zu zahlen, wenn sie sich für die Berufsausbildung bereithalten, diese aber ausfällt. Im Anwendungsbereich dieser Sonderregelung i. V. m. § 10 Abs. 2 BBiG werden die sich für den Arbeitsvertrag aus den Vorschriften des § 615 S. 1 – 3 BGB ergebenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze verdrängt.267 Gemäß § 25 BBiG i. V. m. § 134 BGB ist eine zuungunsten des Auszubildenden hiervon abweichende Vereinbarung nichtig, so dass für den von § 19 Abs. 1 Nr. 2 BBiG erfassten Sechs-Wochen-Zeitraum eine gesetzlich nicht vorgesehene, den Auszubildenden belastende Regelung zur Anrechnung anderweitigen Erwerbs nicht wirksam vereinbart werden kann. § 615 BGB findet hingegen nach h. M. auch im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses Anwendung, wenn die Ausbildung aus einem nicht vom Auszubildenden zu vertretenden Grund über den Zeitraum von sechs Wochen hinaus entfällt.268 Ist dies der Fall, gelangt auch die Anrechnungsvorschrift des § 615 S. 2 BGB oder eine im Ausbildungsvertrag vorgesehene Anrechnungsregelung zur Anwendung. Die bei § 615 S. 2 BGB gefundene Rechtslage ist dann auch für das Berufsausbildungsverhältnis maßgebend. Argumente für die in zeitlicher Hinsicht im Rahmen von § 615 S. 2 Alt. 2 BGB anzuwendende Anrechnungsmethode lassen sich somit aus dem Berufsausbildungsrecht nicht gewinnen.

10. Anrechnung anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers aus einer während krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit aufgenommenen Zweitbeschäftigung oder selbständigen Tätigkeit gemäß § 242 BGB auf den Entgeltfortzahlungsanspruch nach §§ 3 f. EFZG Nimmt der arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer eine anderweitige, seine Genesung indes nicht beeinträchtigende,269 Tätigkeit allein deshalb tatsächlich auf,270 Siehe auch die Vorgängerregelung § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 lit. a) BBiG a. F. Dazu im Rahmen des Anwendungsbereichs von § 615 BGB schon oben 1. Teil B. II. 1. 268 BAG 13. 7. 2006 – 8 AZR 382 / 05 – AP § 613a BGB Widerspruch Nr. 1; BAG 26. 9. 2001 – 5 AZR 630 / 99 – EzA § 14 BBiG Nr. 11; BAG 15. 3. 2000 – 5 AZR 622 / 98 – BAGE 94, 66 (68 ff.); LAG Köln 27. 1. 1994 – 5 Sa 1183 / 93 – ARST 1994, S. 136; Hessisches LAG 24. 6. 1977 – 8 Sa 921 / 76 – ARST 1978, S. 39; Schaub / Schaub, ArbR-Hdb., § 174 Rn. 66; Schaub, AR-Blattei SD 80, Rn. 6; a. A. LAG Baden-Württemberg 18. 10. 1984 – 7 Sa 47 / 84 – ArbuR 1986, S. 90; Basedau, NZA 1988, S. 417 ff. 269 Anderenfalls liegt bereits ein den Entgeltfortzahlungsanspruch ausschließendes „Verschulden“ des Arbeitnehmers nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG vor. 270 Eine Anrechnung böswillig unterlassenen Erwerbs analog § 615 S. 2 Alt. 3 BGB findet im Fall der Arbeitsunfähigkeit nach ganz h. M. nicht statt, BAG 4. 12. 2002 – 5 AZR 494 / 01 – AP § 3 EntgeltFG Nr. 17; MünchKomm-BGB / Müller-Glöge, § 3 EFZG Rn. 3 m. w. N., auch zur a. A. 266 267

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

weil er wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit seine ursprünglich arbeitsvertraglich geschuldete Leistung nicht mehr zu erbringen in der Lage ist, so kann der Arbeitgeber nach zutreffender Ansicht unter Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben271 das Entgelt aus der anderweitigen abhängigen wie selbständigen Tätigkeit auf den Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach §§ 3 f. EFZG anrechnen.272 Dieser in § 615 S. 2 BGB für den Fall des Annahmeverzugs des Arbeitgebers angelegte „Gedanke eines Kumulationsverbots“ aus Anlass der Nichterbringung der eigentlichen Arbeitsleistung kann auch im Entgeltfortzahlungsrecht, allerdings lediglich in der besagten Konstellation, herangezogen werden.273 Im Hinblick darauf, dass der Entgeltfortzahlungsanspruch nach allg. M. seiner Rechtsnatur nach einen Anspruch auf Arbeitsentgelt bzw. Vergütung i. S. v. § 611 Abs. 1 BGB darstellt und das rechtliche Schicksal des Vergütungsanspruchs des Arbeitnehmers in jeder Hinsicht teilt,274 somit auch hinsichtlich dessen Periodizität,275 und sich darüber hinaus kaum Fälle finden werden, in denen der längerfristig276 arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer anderweitig in zumindest einem der Zeitabschnitte einen den Entgeltfortzahlungsanspruch der Höhe nach277 übersteigenden anderweitigen Erwerb hat, lassen sich aus der aufgezeigten entgeltfortzahlungsrechtlichen Konstellation keine tragfähigen systematischen Rückschlüsse auf die in zeitlicher Hinsicht anzuwendende Methode der Anrechnung anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB ziehen.

11. Zusammenfassung und Zwischenergebnis Bereits insoweit ist in systematischer Hinsicht festzustellen, dass die pauschale Äußerung des RG und des BAG, von einer Anrechnung nach Zeitabschnitten sei im Gesetz auch anderswo nicht die Rede,278 unzutreffend ist. Im Gegenteil lässt 271 § 242 BGB. Maßgeblich ist vorliegend insbesondere der Einwand des Rechtsmissbrauchs. 272 Str., MünchArb / Boecken, § 85 Rn. 84 f. m. w. N.; Gola, EFZG, § 3 Anm. 3.5.3.; a. A. Schmitt, EFZG, § 3 Rn. 161, 164; ErfK / Dörner, § 3 EFZG Rn. 8 (9). Eine andere Konstruktion, mit indes ähnlichem Ergebnis, befürwortet Löwisch, NJW 2003, S. 2049 ff., wenn er § 285 Abs. 1 BGB anwenden will. 273 So zutreffend MünchArb / Boecken, § 85 Rn. 85; zur a. A. siehe die Nachweise in der vorherigen Fn. 274 Siehe näher zur Rechtsnatur des Entgeltfortzahlungsanspruchs MünchArb / Boecken, § 82 Rn. 38 ff. m. w. N. 275 Zur Periodizität des arbeitsvertraglichen Vergütungsanspruchs siehe bereits oben 3. Teil B. I. 2. a). 276 Dabei dürfte allerdings nicht die Höchst-Anspruchsdauer von sechs Wochen je Krankheitsfall gemäß §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 EFZG überschritten sein. 277 Zu Höhe und Dauer des Entgeltfortzahlungsanspruchs gemäß § 4 EFZG siehe MünchArb / Boecken, § 84 Rn. 1 ff.

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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sich eine Vielzahl unterschiedlicher Regelungsbereiche finden, in denen ausdrücklich oder nach näherer Ermittlung im Wege der Auslegung allein die zeitabschnittsbezogene Anrechnungsmethode vorgesehen bzw. zutreffend ist. Dies gilt für § 74c Abs. 1 S. 1 HGB ebenso wie bei der von den Motiven zu § 615 S. 2 BGB in Bezug genommenen mietvertraglichen Anrechnungsvorschrift des § 537 Abs. 1 S. 2 BGB sowie im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen bei der allgemeinen Regelung des § 326 Abs. 2 S. 2 BGB. Auch im Unterhaltsrecht, etwa gemäß § 1577 Abs. 2 S. 1 BGB, findet keine „Gesamtberechnung“ statt. Anderen Regelungen lässt sich keine eigenständige Aussage über die in zeitlicher Hinsicht anzuwendende Anrechnungsmethode entnehmen. So ist bei § 11 KSchG wie auch im Berufsbildungsrecht außerhalb der Sonderregelung des § 19 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) BBiG die bei § 615 BGB geltende Rechtslage maßgebend und kommen Rückschlüsse in umgekehrter Auslegungsrichtung nicht in Betracht. Weiteren Anrechnungsvorschriften lassen sich mangels Vergleichbarkeit der dort geregelten Situationen mit dem Annahmeverzug nach § 615 BGB sowie wegen fehlender praktischer Relevanz zeitabschnittsbezogener Anrechnung keine Aussagen zugunsten einer der Anrechnungsmethoden entnehmen, so bei § 616 S. 2 BGB, § 649 S. 2 BGB und im Rahmen der Anrechnung anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers auf den Entgeltfortzahlungsanspruch wegen der Aufnahme einer Zweitbeschäftigung oder selbständigen Tätigkeit während krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit gemäß § 242 BGB. Eine der Methode der Gesamtberechnung nahekommende Anrechnungsweise findet lediglich im Rahmen der sich von § 615 S. 2 BGB gravierend unterscheidenden Anrechnungsvorschrift des § 617 Abs. 1 S. 3 BGB statt.

III. Anrechnungsvorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts 1. Anrechnung im Beamtenbesoldungsrecht Unbeschadet der Tatsache, dass Beamte keine Arbeitnehmer sind,279 können sich dem arbeitsrechtlichen Annahmeverzug vergleichbare Konstellationen auch im öffentlichen Dienstrecht ergeben. Insbesondere die Antwort auf die Frage, wie sich anderweitig erzielter Erwerb eines Beamten während der Zeit seiner unberechtigten Dienstenthebung auf die fortzuzahlenden Dienstbezüge auswirkt,280 ist angesichts der strukturellen Ähnlichkeit mit der Annahmeverzugssituation nach unberechtigter Arbeitgeberkündigung281 von besonderem systematischen Interesse. Zu diesem Wortlaut- wie systematischen „Argument“ schon oben 2. Teil B. I. Siehe nur § 5 Abs. 2 ArbGG. 280 Siehe zur zeitabschnittsbezogenen Anrechnung nach § 51 Abs. 4 Hs. 1 BBG sogleich folgend 3. Teil B. III. 1. a). 278 279

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

Einführend werden im Folgenden die für die Fragestellung relevanten Grundsätze des Beamtenrechts sowie die besonderen Grundzüge des Beamtenbesoldungsrechts aufgezeigt. Nach Art. 33 Abs. 5 GG ist das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der „hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“ zu regeln.282 Gemäß § 2 Abs. 1 BRRG steht der Beamte zu seinem Dienstherrn in einem „öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis“, dort legaldefiniert als „Beamtenverhältnis“.283 Es handelt sich insoweit zwar um gegenseitige, nicht aber synallagmatische Treuepflichten.284 Statt wie das Arbeitsverhältnis durch Vertragsschlusses285 wird das Beamtenverhältnis durch die Ernennung des Beamten begründet. Es gilt das sog. Lebenszeitprinzip, das heißt, dass der Beamte im Grundsatz auf Lebenszeit ernannt wird.286 Die Pflichtenstellung des Beamten ist neben der allgemeinen Treuepflicht insbesondere durch die traditionell so bezeichnete Pflicht zur „vollen Hingabe für das Amt“ geprägt.287 Ähnlich wie im Arbeitsrecht288 ist auch die Verpflichtung des Beamten oder Soldaten zur Dienstleistung „ihrem Wesen nach zeitgebunden“.289 Der rechtlichen und wirtschaftlichen Absicherung des Beamten durch den Dienstherrn dient die Beamtenbesoldung. Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 BBesG haben die Beamten, Richter und Soldaten Anspruch auf Besoldung.290 Ihrer Rechtsnatur nach handelt es sich dabei nicht um Entgelt im Sinne einer synallagmatischen Gegenleistung für konkret geleistete Dienste, sondern vielmehr um eine Gegenleistung für die sog. volle Hingabe für das Amt.291 So wird Mehrarbeit grds. ebenso wenig vergütet wie Minderarbeit zu Besoldungskürzungen führt. Maßgeblich ist das sog. Alimentationsprinzip. Inhaltlich bedeutet dies, dass ein „amtsangemessener Unterhalt“ geschuldet wird. Ähnlich wie im Arbeitsrecht besteht der Grundsatz Dazu näher oben 1. Teil B. III., C. II. 3. und IV. 1. Ausführlich zum Folgenden Jachmann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG II, Art. 33 Abs. 5 Rn. 43 ff. m. w. N. 283 Siehe auch die entsprechenden landesbeamtenrechtlichen Regelungen, z. B. § 2 LBG Baden-Württemberg. 284 Siehe nur Jachmann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG II, Art. 33 Abs. 5 Rn. 46 m. w. N. 285 Zum Arbeitsvertrag als Grundlage des Arbeitsverhältnisses siehe oben 3. Teil B. I. 1. b). 286 Näher Jachmann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG II, Art. 33 Abs. 5 Rn. 52 m. w. N. 287 Siehe nur Jachmann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG II, Art. 33 Abs. 5 Rn. 48, 50 m. w. N. 288 Zum regelmäßigen Fixschuldcharakter der Pflicht zur Arbeitsleistung siehe oben 1. Teil B. II. 5. 289 So zutreffend BVerwG 2. 4. 1997 – 2 B 140.96 – DVBl. 1997, S. 1005 (1006). 290 Siehe auch die landesgesetzlichen Beamtenbesoldungsvorschriften, z. B. § 106 Abs. 1 LBG Baden-Württemberg i. V. m. §§ 1 ff. Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg. 291 Jachmann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG II, Art. 33 Abs. 5 Rn. 50 m. w. N., auch zu Nachstehendem. 281 282

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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der Periodizität der Besoldung. Die Dienstbezüge werden zeitabschnittsbezogen, und zwar regelmäßig monatlich im Voraus gezahlt, etwa gemäß § 3 Abs. 5 BBesG. Der Alimentationsanspruch besteht unabhängig davon, ob die auf den jeweiligen Zeitabschnitt entfallende Dienstleistung vorübergehend, insbesondere wegen Krankheit, nicht erbracht wird. Der Besoldungsanspruch endet z. B. gemäß § 3 Abs. 3 BBesG grds. mit dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis. Danach treten an die Stelle der Besoldung die Versorgung des Beamten im Ruhestand und die Versorgung seiner Hinbterbliebenen.292 Im Folgenden werden die bedeutsamsten beamtenrechtlichen Anrechnungsbestimmungen hinsichtlich der Frage des zeitlichen Umfangs der Anrechnung untersucht. a) Anrechnung des während einer unwirksamen Entziehung der Beamtenrechte erzielten anderen Arbeitseinkommens auf die Dienstbezüge gemäß § 51 Abs. 4 Hs. 1 BBG Die Frage nach dem zeitlichen Umfang der Anrechnung anderweitigen Einkommens stellt sich im Beamtenbesoldungsrecht insbesondere in der strukturell mit dem Fall des Annahmeverzugs nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung vergleichbaren Konstellation, dass eine Entscheidung, durch die der Verlust der Beamtenrechte bewirkt worden ist, im Wiederaufnahmeverfahren durch eine Entscheidung ersetzt wird, der diese Wirkung nicht zukommt. Das Beamtenverhältnis gilt dann als nicht unterbrochen, ebenso wenig wie ein Arbeitsverhältnis durch eine unwirksame Kündigung beendet oder rechtlich unterbrochen werden konnte. Diese Situation ist nunmehr in Übereinstimmung mit der bereits zuvor bestehenden st. Rspr. des BVerwG293 durch § 51 Abs. 1 S. 1 BBG294 sowie entsprechende Vorschriften in den Beamtengesetzen der Länder295 geregelt. Vor diesem Hintergrund enthalten die meisten Beamtengesetze, so auch § 51 Abs. 4 BBG, Anrechnungsvorschriften weitgehend § 615 S. 2 BGB ähnlichen materiellen Gehalts, welche die Anrechnung anderweitig erlangten Arbeitseinkommens und eines anderen UnNäher Jachmann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG II, Art. 33 Abs. 5 Rn. 51 m. w. N. BVerwG 2. 4. 1997 – 2 B 140.96 – DVBl. 1997, S. 1005 (1006); BVerwG 28. 10. 1982 – 2 C 4.80 – NVwZ 1983, S. 608 f.; BVerwG 12. 5. 1966 – II C 197.62 – BVerwGE 24, 92 (98). 294 Gegebenenfalls i. V. m. § 108 S. 2 BDO oder i. V. m. § 50 Abs. 2 BBG. 295 Siehe die weitestgehend inhaltsgleichen, an § 51 Abs. 1 S. 1 BBG angelehnten Vorschriften der § 69 Abs. 1 S. 1 LBG Baden-Württemberg, § 86 Abs. 1 S. 1 LBG Berlin, § 52 Abs. 1 S. 1 Bremisches Beamtengesetz, § 56 Abs. 1 S. 1 Hamburgisches Beamtengesetz, § 49 Abs. 1 S. 1 Hessisches Beamtengesetz, § 55 Abs. 1 S. 1 LBG Mecklenburg-Vorpommern, § 46 Abs. 1 S. 1 Niedersächsisches Beamtengesetz, § 54 Abs. 1 S. 1 LBG NordrheinWestfalen, § 48 Abs. 1 S. 1 LBG Rheinland-Pfalz, § 65 Abs. 1 S. 1 Saarländisches Beamtengesetz, § 68 Abs. 1 S. 1 Sächsisches Beamtengesetz, § 51 Abs. 1 S. 1 Beamtengesetz Sachsen-Anhalt, § 63 Abs. 1 S. 1 LBG Schleswig-Holstein, § 55 Abs. 1 S. 1 Thüringer Beamtengesetz. 292 293

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

terhaltsbeitrags auf die in der genannten Konstellation nachzuzahlenden Dienstbezüge vorsehen sowie eine entsprechende Auskunftspflicht296 des Beamten statuieren.297 Eine Anrechnung kann ferner auch in sonstigen Konstellationen in Betracht kommen, in denen der Beamte oder Soldat298 vorübergehend außer Dienst gestellt worden ist.299 So „können ein anderes Einkommen oder ein beamtenrechtlicher Unterhaltsbeitrag, die der Beamte infolge der unterbliebenen Dienstleistung für diesen Zeitraum erzielen konnte, auf die Leistungen des Dienstherrn angerechnet werden, wenn die Nichtanrechnung zu einem ungerechtfertigten Vorteil führen würde.“300 Erzielt der seiner Beamtenrechte vorübergehend verlustig gegangene oder außer Dienst gestellte Beamte anderweitiges Einkommen, das die für einige der betreffenden „Besoldungsperioden“ zu zahlenden Bezüge übersteigt, so kann sich auch hier, ähnlich wie im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 615 S. 2 Alt. 2 BGB, die Frage nach dem Umfang der Anrechnung des anderweitigen Einkommens in zeitlicher Hinsicht stellen: Gesamtberechnung oder Anrechnung pro rata temporis? aa) Zeitabschnittsbezogene Anrechnung bereits vor Inkrafttreten des BBG Nach vor Inkrafttreten des BBG geäußerter Ansicht des BVerwG ist jedenfalls im Bundesbeamtenrecht eine Gesamtberechnung nicht zulässig. Das BVerwG hat es zwar für zweifelhaft erachtet, ob im Bundesbeamtenrecht ein ungeschriebener 296

Zur Auskunftspflicht für Arbeitnehmer analog § 74c Abs. 2 HGB siehe oben 1. Teil D.

II. 6. 297 So neben § 51 Abs. 4 BBG auch die weitgehend daran angelehnten Vorschriften der §§ 69 Abs. 4, 106 Abs. 3 S. 1 LBG Baden-Württemberg, § 86 Abs. 4 LBG Berlin, § 52 Abs. 4 Bremisches Beamtengesetz, § 56 Abs. 4 Hamburgisches Beamtengesetz, § 55 Abs. 4 LBG Mecklenburg-Vorpommern, § 46 Abs. 6 Niedersächsisches Beamtengesetz, § 48 Abs. 4 LBG Rheinland-Pfalz, § 65 Abs. 4 Saarländisches Beamtengesetz, § 68 Abs. 4 Sächsisches Beamtengesetz, § 51 Abs. 4 Beamtengesetz Sachsen-Anhalt, § 63 Abs. 4 LBG Schleswig-Holstein und § 55 Abs. 4 Thüringer Beamtengesetz. 298 In Betracht kommt etwa die Zeit zwischen der Bekanntgabe der fristlosen Entlassung des Soldaten auf Zeit nach § 55 SG und seiner dagegen gerichteten Anfechtungsklage gemäß § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO. Da der dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren hier nach § 23 Abs. 1 WBO vorgeschalteten Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1 WBO keine aufschiebende Wirkung zukommt, ist der Soldat verpflichtet, sich nach der zunächst wirksamen fristlosen Entlassung zu richten. Näher hierzu BVerwG 2. 4. 1997 – 2 B 140.96 – DVBl. 1997, S. 1005 f. 299 Bereits in den von G 131 und den Sparverordnungen der Länder im Zusammenhang mit der Entnazifizierung im öffentlichen Dienst geregelten Konstellationen konnten sich Fragen der Anrechnung privaten Arbeitseinkommens auf fortzuzahlende Bezüge stellen, dazu BVerwG 13. 2. 1969 – II C 42.66 – BVerwGE 31, 253 (255 ff.); BGH 27. 10. 1955 – III ZR 45 / 54 – LM § 3 1. SparVO NRW Nr. 13. 300 Art. 81 Abs. 3 S. 1 Bayerisches Beamtengesetz, § 40 Abs. 4 S. 1 LBG Brandenburg.

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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allgemeiner Rechtsgrundsatz der Vorteilsausgleichung gelte, aus dem folge, dass für die Zeit, in der ein Beamter schuldlos keinen Dienst geleistet hat, auf die Dienstbezüge eine anderweitig erzielte Arbeitsvergütung anzurechnen sei.301 „Jedenfalls gestattet ein solcher Rechtsgrundsatz nicht, die für einen Zeitabschnitt empfangene Arbeitsvergütung auf Dienstbezüge anzurechnen, die dem Beamten für einen anderen Zeitabschnitt zustehen.“302 Die zur Anrechnung anderweitigen Erwerbs im Rahmen eines Dienstvertrages nach § 615 S. 2 BGB vom BAG und in der Literatur überwiegend vertretene gegenteilige Ansicht „ohne Berücksichtigung der Gleichzeitigkeit“ könne jedenfalls aufgrund bereichsspezifischer Besonderheiten303 keine Geltung für das Beamtenrecht beanspruchen.304 bb) Anrechnung pro rata temporis gemäß § 51 Abs. 4 Hs. 1 BBG Die nach Inkrafttreten des BBG einschlägige beamtenrechtliche Anrechnungsvorschrift des § 51 Abs. 4 Hs. 1 BBG305 „beruht auf dem Rechtsgedanken der Vorteilsausgleichung“.306 „Der Beamte soll einerseits so gestellt werden, als habe er keine Entfernung aus dem Dienst und damit – bezogen auf die Höhe seiner Dienstbezüge – auch keine Nachteile erlitten; er soll aber andererseits durch den Ausgleich auch keine ungerechtfertigten Vorteile erhalten.“307 Auch dem nunmehr für das Beamtenbesoldungsrecht in § 51 Abs. 4 Hs. 1 BBG kodifizierten Rechtsgrundsatz der Vorteilsausgleichung kann keine Gesamtberechnung entnommen werden. Die Rechtsprechung des BVerwG gegen eine Gesamtberechnung im Beamtenbesoldungsrecht308 ist nach wie vor zutreffend und wurde auch vom BVerwG bisher weder in Frage gestellt noch relativiert. 301 Zur Anrechnungsvorschrift des § 51 Abs. 4 Hs. 1 BBG siehe sogleich folgend 3. Teil B. III. 1. a) bb). 302 BVerwG 13. 2. 1969 – II C 42.66 – BVerwGE 31, 253 (255 ff.), Leitsatz S. 2, H. d. d. V. 303 Zum einen bestehe die Alimentationspflicht anders als die dienstvertragliche Vergütungspflicht auch dann, wenn der Beamte schuldlos keinen Dienst leiste, so dass der Dienstherr in diesem Fall durch die Fortzahlung der Bezüge keinen von der Rechtsordnung nicht vorgesehenen Nachteil erleide. Zum anderen erleide der Dienstherr dadurch, dass der Beamte schuldlos keine Dienste leistet, i. d. R. anders als der Dienstberechtigte im Dienstvertragsrecht keinen wirtschaftlich messbaren Nachteil. 304 BVerwG 13. 2. 1969 – II C 42.66 – BVerwGE 31, 253 (255 ff.). 305 Bzw. entsprechender landesgesetzlicher Regelungen, Nachweise oben 3. Teil B. III. 1. a). 306 BVerwG 13. 5. 1974 – VI C 10.71 – BVerwGE 45, 152 (154); BVerwG 23. 3. 1972 – VI C 30.68 – BVerwGE 40, 33 (42), H. d. d. V. 307 BVerwG 13. 5. 1974 – VI C 10.71 – BVerwGE 45, 152 (154), H. d. d. V. Die ebenfalls in der Entscheidung anzutreffende Passage „Der Beamte muß sich daher jedes durch die Verwendung seiner durch die Entfernung aus dem Dienst freigewordenen Arbeitskraft erzielte Einkommen anrechnen lassen“ bezieht sich nur auf den sachlichen Umfang der vorzunehmenden Anrechnung, nämlich den Begriff des Arbeitseinkommens im Sinne dieser Vorschrift, nicht auf den Anrechnungsumfang in zeitlicher Hinsicht. 308 BVerwG 13. 2. 1969 – II C 42.66 – BVerwGE 31, 253 (255 ff.).

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

Die Richtigkeit der zeitabschnittsbezogenen Anrechnungsmethode ergibt sich für die vorstehend betrachtete Fallgruppe des sich nachträglich als unrechtmäßig erweisenden Verlustes der Beamtenrechte gemäß §§ 48 ff. BBG auch aus der Anrechnungsvorschrift des § 9a BBesG, die im Hinblick auf ihre darüber hinausgehende Reichweite nachfolgend näher untersucht wird. b) § 9a BBesG: Anrechnung anderer Einkünfte auf die Besoldung Die Vorschriften des § 9a Abs. 1 und Abs. 2 BBesG erfassen eine Reihe von Fällen, in denen anderweitiges Einkommen des Beamten, Richters oder Soldaten auf die fortzuzahlenden Bezüge angerechnet wird. Bedeutsame Anhaltspunkte für die Auslegung und Anwendung des § 9a BBesG kann die auf § 71 Abs. 1 BBesG beruhende BBesGVwV309 geben. Haben Beamte, Richter oder Soldaten Anspruch auf Besoldung für „eine Zeit“, in der sie nicht zur Dienstleistung verpflichtet waren, „kann“ gemäß § 9a Abs. 1 S. 1 BBesG „ein infolge der unterbliebenen Dienstleistung für diesen Zeitraum erzieltes anderes Einkommen auf die Besoldung angerechnet werden.“310 Derartige Zeiten i. S. v. § 9a BBesG mit Anspruch auf Besoldung, in denen eine Verpflichtung zur Dienstleistung nicht besteht, liegen insbesondere in folgenden Fällen vor: – Entlassung des Beamten bei Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO und spätere Aufhebung der Entlassungsverfügung, – Versetzung des Beamten in den Ruhestand bzw. einstweiligen Ruhestand und spätere Aufhebung der Versetzungsverfügung, – Verlust der Beamtenrechte nach § 48 BBG und spätere Wiederaufhebung der Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren nach § 51 Abs. 1 BBG oder entsprechendem Landesrecht,311 – Verbot der Führung der Dienstgeschäfte im Sinne des § 60 BBG oder entsprechendem Landesrecht.

Auch das von einem Beamten während der Dauer der Dienstunfähigkeit erzielte anderweitige Einkommen kann gemäß § 9a Abs. 1 S. 1 BBesG auf die Besoldung angerechnet werden.312 309 Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Bundesminsteriums des Innern zum Bundesbesoldungsgesetz – BBesGVwV – vom 11. 7. 1997, GmBl. S. 314 (315 f.). 310 Ausführlich zu § 9a BBesG Summer, in: Schwegmann / Summer, BBesG, I, § 9a II / 1, Rn. 1 ff.; Clemens / Millack / Engelking / Lantermann / Henkel, BBesG, I, Teil II, § 9a, Anm. 1 ff. 311 Zu dieser Konstellation siehe bereits soeben 3. Teil B. III. 1. a). 312 BVerwG 10. 4. 1997 – 2 C 29 / 96 – BVerwGE 104, 230 (232 ff.); Summer, in: Schwegmann / Summer, BBesG, I, § 9a II / 1, Rn. 4f; a. A. BBesGVwV Nr. 9 a 1.1 S. 2, wonach Zeiten des Erholungsurlaubs, eines Sonderurlaubs, des Mutterschutzes und einer Erkrankung nicht erfasst werden.

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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§ 9a Abs. 1 S. 2 BBesG enthält eine Auskunftspflicht des Beamten, Richters oder Soldaten.313 Von § 9a Abs. 1 BBesG ist die Konstellation des § 9a Abs. 2 BBesG zu unterscheiden. Erhält ein Beamter, Richter oder Soldat aus einer Verwendung nach § 123a BRRG anderweitig „Bezüge“, „werden“ diese nach § 9a Abs. 2 S. 1 i. V. m. S. 3 BBesG „auf die Besoldung angerechnet.“ In den besonderen Fällen des § 9a Abs. 2 S. 2 BBesG „kann“ die oberste Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem für das Besoldungsrecht zuständigen Ministerium von der Anrechnung ganz oder teilweise absehen. aa) Anrechnung gemäß § 9a Abs. 1 S. 1 BBesG in Übereinstimmung mit dem Rechtsgedanken des Vorteilsausgleichs ausschließlich nach Zeitabschnitten, grds. Monaten Die Vorschrift des § 9a Abs. 1 S. 1 BBesG „hat den in §§ 324,314 615 BGB enthaltenen Rechtsgedanken des Vorteilsausgleichs in das Dienstrecht übernommen [ . . . ]“.315 Es soll verhindert werden, dass der Beamte, Richter oder Soldat für die Zeit, in der er keinen Dienst geleistet hat, durch die Nachzahlung der auf diese Zeit entfallenden Dienstbezüge bei Unterlassung der Anrechnung besser stünde, als er im Falle der Dienstleistung gestanden hätte.316 Nach allg. M. ist im Rahmen der Anrechnung nach § 9a Abs. 1 S. 1 BBesG zwingend die „Zeitkongruenz“ der Dauer des Fortfalls der Besoldung einerseits und des Zeitraums der Einkommenserzielung andererseits zu beachten.317 I. d. R. sind dabei monatliche Zeitabschnitte zu Grunde zu legen.318 Ohne die Einschränkung auf eine zeitkongruente Anrechnung wäre die Regelung mit dem Alimentationsprinzip319 nicht mehr vereinbar.320 Denn eine Anrechnung ohne Beachtung 313 Hierdurch verdeutlicht sich die strukturelle Ähnlichkeit mit der Annahmeverzugssituation nach § 615 BGB, siehe zur Auskunftspflicht für Arbeitnehmer analog § 74c Abs. 2 HGB oben 1. Teil D. II. 6. 314 A. F., § 326 BGB n. F., d. V. 315 So BVerwG 10. 4. 1997 – 2 C 29 / 96 – BVerwGE 104, 230 (233), H. d. d. V., unter zutreffendem Hinweis auf BT-Drucks. 8 / 3624, S. 25 (26). Siehe auch OVG Koblenz 12. 8. 1992 – 2 A 10826 / 92 – ZBR 1993, S. 95; Summer, in: Schwegmann / Summer, BBesG, I, § 9a II / 1, Rn. 2; Clemens / Millack / Engelking / Lantermann / Henkel, BBesG, I, Teil II, § 9a, Anm. 2.1. 316 BVerwG 10. 4. 1997 – 2 C 29 / 96 – BVerwGE 104, 230 (233); BVerwG 5. 2. 1992 – 2 B 162 / 91 – NVwZ-RR 1993, S. 419 (420); BVerwG 23. 3. 1972 – VI C 30.68 – BVerwGE 40, 33 (35); BVerwG 31. 3. 1965 – VI C 116.62 – BVerwGE 21, 45 (46); OVG Koblenz 12. 8. 1992 – 2 A 10826 / 92 – ZBR 1993, S. 95. 317 BVerwG 13. 2. 1969 – II C 42.66 – BVerwGE 31, 253 (260 ff.); Summer, in: Schwegmann / Summer, BBesG, I, § 9a II / 1, Rn. 8, 13; Clemens / Millack / Engelking / Lantermann / Henkel, BBesG, I, Teil II, § 9a, Anm. 4. 318 Clemens / Millack / Engelking / Lantermann / Henkel, BBesG, I, Teil II, § 9a, Anm. 4. 319 Zum beamtenrechtlichen Alimentationsprinzip schon oben 3. Teil B. III. 1.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

der Gleichzeitigkeit bewirkt, dass der Dienstherr dem Beamten für den Zeitabschnitt, in dem die Bezüge durch die Anrechnung von Arbeitsvergütung gemindert werden, welche für einen anderen Zeitabschnitt gezahlt und möglicherweise schon verbraucht wurde, nicht mehr die ungeachtet früherer anderweitiger Einkünfte geschuldete beamtenrechtliche Alimentation gewährt.321 Ein im Einzelfall von der vorgegebenen zeitabschnittsbezogenen Anrechnungsmethode abweichendes Ergebnis kann im Übrigen auch nicht mit der Rechtsnatur der Anrechnung kraft rechtsgestaltenden Ermessens-Verwaltungsaktes begründet werden. Zwar ist die Entscheidung über die Anrechnung nach § 9a Abs. 1 S. 1 BBesG ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt.322 Der zuständigen Behörde ist hierbei ein wertendes Ermessen eingeräumt,323 das sich auf die Anrechnung sowohl dem Grunde wie auch der Höhe nach bezieht.324 Somit ist im konkreten Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden, ob und wenn ja, welche Beträge worauf anzurechnen sind. Die gesetzlichen Grenzen behördlichen Ermessens bestimmen sich nach § 40 VwVfG bzw. § 114 S. 1 VwGO. Das Ermessen ist dem Zweck der Ermächtigung entsprechend auszuüben und es sind die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Dabei sind zunächst die trotz gelegentlich unterschiedlicher Terminologie allgemein anerkannten klassischen behördlichen Ermessensfehler zu vermeiden.325 Weiter dürfen im Zuge einer rechtmäßigen Ermessensausübung keine Grundrechte, insbesondere Art. 3 Abs. 1 GG,326 oder allgemeine Verwaltungsgrundsätze verletzt werden.327 Im Wege der Ermessenentscheidung nach § 9a Abs. 1 S. 1 BBesG kann danach nicht von der durch das Alimentationsprinzip als hergebrachtem Grundsatz des Berufsbeamtentums i. S. v. Art. 33 Abs. 5 GG zwingend vorgegebenen Kongruenz der Zeiten der Besoldungsfortzahlung und der Erzielung des anderweitigen Einkommens abgewichen werden. Der Ermessensspielraum ist vielmehr dahingehend auszufüllen, dass eine Anrechnung die Regel, die Nichtanrechnung die Ausnahme ist, die einer besonderen Begründung bedarf, was die Regelung des § 9a Abs. 1 BBesG in ihrem wahren Kern zu einer Sollvorschrift werden lässt.328 Dem entspricht es auch, wenn 320 BVerwG 13. 2. 1969 – II C 42.66 – BVerwGE 31, 253 (262); Summer, in: Schwegmann / Summer, BBesG, I, § 9a II / 1, Rn. 8. 321 BVerwG 13. 2. 1969 – II C 42.66 – BVerwGE 31, 253 (262). 322 OVG Koblenz 12. 8. 1992 – 2 A 10826 / 92 – ZBR 1993, S. 95; Summer, in: Schwegmann / Summer, BBesG, I, § 9a II / 1, Rn. 13. 323 Ausweislich des Wortlauts von § 9a Abs. 1 S. 1 BBesG: „kann“. 324 BVerwG 10. 4. 1997 – 2 C 29 / 96 – BVerwGE 104, 230 (235); BVerwG 5. 2. 1992 – 2 B 162 / 91 – NVwZ-RR 1993, S. 419 f.; OVG Koblenz 12. 8. 1992 – 2 A 10826 / 92 – ZBR 1993, S. 95; näher Summer, in: Schwegmann / Summer, BBesG, I, § 9a II / 1, Rn. 12 m. w. N. 325 „Ermessensüberschreitung“, „Ermessensnichtgebrauch“ bzw. Ermessensausfall oder Ermessensunterschreitung, „Ermessensfehlgebrauch“ bzw. Ermessensmissbrauch, „Ermessensdefizit“. 326 Gegebenenfalls i. V. m. den Grundsätzen der Selbstbindung der Verwaltung. 327 Zu Vorstehendem siehe im Einzelnen Maurer, Allg. VerwaltungsR, § 7 Rn. 1, 19 ff. 328 Summer, in: Schwegmann / Summer, BBesG, I, § 9a II / 1, Rn. 12 m. w. N.

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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i. S. v. BBesGVwV Nr. 9 a 1.4 S. 2 ein „strenger Maßstab“ anzulegen ist. Die Anrechnung durch Verwaltungsakt nach § 9a Abs. 1 BBesG führt somit zur Vernichtung oder Verkürzung eines zeitabschnittsweise bestimmten Besoldungsanspruchs.329 bb) „Zeitkongruenz“ auch bei der Anrechnung nach § 9a Abs. 2 S. 1 BBesG Auch die im Rahmen von § 9a Abs. 2 BBesG vorzunehmende Anrechnung auf die Besoldung erfolgt nach allg. M. unter Wahrung der „Gleichzeitigkeit“, und zwar grds. für den Monat, für den die anderweitigen Bezüge bestimmt sind.330 Während die Anrechnung nach § 9a Abs. 2 BBesG unter zwingender Wahrung der Zeitperiodenkongruenz bereits durch das Gesetz selbst verfügt ist, bedarf es zur Vollziehung der Anrechnung noch der behördlichen Anrechnungsentscheidung.331 Im Zuge einer Absehens-Entscheidung nach § 9a Abs. 2 S. 2 BBesG kann ausnahmsweise die Nichtberücksichtigung einzelner Beträge erfolgen.332 Eine Anrechnung im Wege der Gesamtberechnungsmethode kommt somit auch im Rahmen von § 9a Abs. 2 BBesG nicht in Betracht. c) Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen auf den Unterhaltsbeitrag gemäß § 22 Abs. 1 S. 2 BeamtVG Die Witwe eines nach § 4 Abs. 1 BeamtVG ruhegeldberechtigten Beamten auf Lebenszeit oder eines Ruhestandsbeamten enthält in Abweichung vom Grundsatz des § 19 Abs. 1 S. 1 BeamtVG gemäß § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BeamtVG dann kein Witwengeld, wenn die Ehe erst nach dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden ist und der Ruhestandsbeamte zur Zeit der Eheschließung das fünfundsechzigste Lebensjahr bereits vollendet hatte. Sofern die besonderen Umstände des Falles keine volle oder teilweise Versagung rechtfertigen, ist gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 BeamtVG ein Unterhaltsbeitrag in Höhe des Witwengeldes zu gewähren. Der Unterhaltsbeitrag hat „Auffüllungsfunktion“ und soll dem Ausgleich von Härten dienen, die sich daraus ergeben, daß das Gesetz in derartigen Fällen eine volle Witwenversorgung versagt.333 Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen sind Summer, in: Schwegmann / Summer, BBesG, I, § 9a II / 1, Rn. 13. BBesGVwV Nr. 9 a 2.4 S. 1; Summer, in: Schwegmann / Summer, BBesG, I, § 9a II / 1, Rn. 17b; Clemens / Millack / Engelking / Lantermann / Henkel, BBesG, I, Teil II, § 9a, Anm. 4. 331 Summer, in: Schwegmann / Summer, BBesG, I, § 9a II / 1, Rn. 17a. 332 BVerwG 28. 8. 1998 – 2 B 70 / 98 – NVwZ 1999, S. 406; OVG Lüneburg 27. 7. 1999 – 5 L 2455 / 98 – DÖD 2000, S. 296 (297, 299 m. Anm. Schnupp); VGH Mannheim 22. 9. 1997 – 4 S 1813 / 97 – IÖD 1998, S. 56 f.; VG Bayreuth 28. 2. 1996 – B 5 K 95.484 – juris; näher Summer, in: Schwegmann / Summer, BBesG, I, § 9a II / 1, Rn. 17c m. w. N. 333 St. Rspr., BVerwG 24. 10. 1984 – 6 C 148 / 81 – BVerwGE 70, 211 (215); BVerwG 10. 2. 1983 – 2 C 27 / 81 – BVerwGE 66, 360 (365); BVerwG 29. 11. 1972 – VI C 6.70 – BVerwGE 41, 207 (214). 329 330

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

auf den Unterhaltsbeitrag gemäß § 22 Abs. 1 S. 2 BeamtVG „in angemessenem Umfang“ anzurechnen.334 aa) Der „angemessene“ Umfang der Anrechnung als unbestimmter Rechtsbegriff Der unbestimmte, gerichtlich voll überprüfbare, Rechtsbegriff335 des „angemessenen“ Umfangs der Anrechnung ist dahin auszulegen, dass er eine Berücksichtigung der Art und Herkunft der Einkünfte verlangt, so dass besondere Gründe, aus denen von der Anrechnung bestimmter Einkünfte ganz oder teilweise abgesehen werden kann, sich aus der Art der anzurechnenden Einkünfte ergeben müssen.336 Während bestimmte Voraussetzungen des Umfangs der Anrechnung durch die Rechtsprechung des BVerwG aufgestellt wurden,337 besteht darüber hinaus bei der Bestimmung des „angemessenen Umfangs“ der Anrechnung ein Wertungsspielraum der Pensionsbehörde. bb) Zur Angemessenheit ausschließlich einer zeitperiodenkongruenten Anrechnung Fraglich ist, ob bei der Bestimmung des „angemessen Umfangs“ der Anrechnung auch Vorgaben in zeitlicher Hinsicht zu beachten sind. Im Ausgangspunkt ist festzustellen, dass es sich bei Witwengeld wie Unterhaltsbeitrag regelmäßig um monatliche Zahlungen handelt.338 Bereits dies legt nahe, dass sich auch der von der Pensionsbehörde zu bestimmende „angemessene Umfang“ der Anrechnung i. S. v. § 22 Abs. 1 S. 2 BeamtVG auf den korrespondierenden Monat beziehen wird.339 Wenige Schwierigkeiten ergeben sich bei laufenden monatlich bezogenen

Ausführlich zum Ganzen Kümmel / Ritter, BeamtVG, II, § 22. Näher hierzu Maurer, Allg. VerwaltungsR, § 7 Rn. 26 ff. 336 St. Rspr., siehe nur BVerwG 9. 3. 1989 – 2 C 8 / 87 – Buchholz 239.1 § 22 BeamtVG Nr. 5 m. w. N. 337 Das auf den Unterhaltsbeitrag anzurechnende Erwerbsersatzeinkommen umfasst sämtliche Einkünfte, die anstelle des Einkommens, das die Witwe durch eigene Erwerbstätigkeit erzielt hat, dazu dienen, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, BVerwG 21. 10. 1999 – 2 C 41 / 98 – NVwZ-RR 2000, S. 308 f. Nach BVerwG 24. 10. 1984 – 6 C 148 / 81 – BVerwGE 70, 211 (212 ff. m. w. N.) findet bei der Anrechnung der Einkünfte der sog. nachgeheirateten Witwe auf den Unterhaltsbeitrag keine Saldierung von positiven Einkünften aus einer Einkunftsart mit negativen Einkünften, also Verlusten, aus einer anderen Einkunftsart statt. 338 Zur grds. monatlichen Betrachtungsweise siehe nur §§ 27, 49 Abs. 4 BeamtVG sowie § 20 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 14 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 5 BeamtVG. 339 So wird auf den Monat als Anrechnungszeitraum abgestellt u. a. in BVerwG 21. 10. 1999 – 2 C 41 / 98 – NVwZ-RR 2000, S. 308 (309); BVerwG 9. 3. 1989 – 2 C 8 / 87 – Buchholz 239.1 § 22 BeamtVG Nr. 5; BVerwG 15. 3. 1988 – 2 C 16 / 87 – NVwZ 1989, S. 374 (375); sehr deutlich VG Karlsruhe 17. 12. 2001 – 8 K 2503 / 99 – juris, zur Umrech334 335

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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Einkünften. Diese sind auf den Unterhaltsbeitrag für den zeitlich übereinstimmenden Monat anzurechnen, aber auch nur auf diesen. Um die Anrechnung nach § 22 Abs. 1 S. 2 BeamtVG auch bezüglich der von der Berechtigten bezogenen Jahresbeträge340 durchführen zu können, sind diese durch zwölf zu teilen, um einen mit dem monatlich zu zahlenden Unterhaltsbeitrag vergleichbaren Monatsbetrag zu erhalten.341 Die vorstehenden Berechnungsgrundsätze stimmen mit den Regelungen der Nr. 22. 1. 11 ff. BeamtVGVwV342 überein, in denen ebenfalls auf eine monatliche Berücksichtung von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen sowie auf monatliche Höchstanrechnungs- und Freibeträge abgestellt wird. Wird ein derart hohes, dem Grunde nach anrechenbares Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen von der Berechtigten erzielt, dass auch nach Abzug des Freibetrages ein die jeweilige Mindestwitwenversorgung übersteigender Anrechnungsbetrag gegeben ist, so kommt eine anspruchsmindernde Berücksichtigung dieser Differenz im Sinne der Gesamtberechnungsmethode auf für andere Anspruchsperioden geschuldete Unterhaltsbeiträge mit der Folge ihrer Minderung nicht in Betracht. Auch in vorliegendem Zusammenhang ist nach alldem eine zeitabschnittsbezogene Betrachtungsweise im Sinne der pro rata temporis-Anrechnungsmethode vorzunehmen. Unterhaltsbeitrag und anzurechnendes Einkommen müssen auf demselben Zeitabschnitt bezogen sein. d) Zusammenfassung und Ergebnis Im Rahmen des § 51 Abs. 4 BBG hat unter Zugrundelegung des Rechtsgedankens der Vorteilsanrechnung und im Einklang mit der Rechtsprechung des BVerwG richtigerweise eine zeitabschnittsbezogene Anrechnung des anderweitigen Einkommens auf die fortzuzahlende Bezüge zu erfolgen. Die Anrechnungsentscheidung kraft rechtsgestaltenden Verwaltungsaktes nach § 9a Abs. 1 S. 1 BBesG hat zeitabschnittsbezogen zu erfolgen. Auch bei der gesetzlich vorgegebenen Anrechnung nach § 9a Abs. 2 S. 1 BBesG ist zwingend die Zeitkongruenz zu beachten. Die in „angemessenem Umfang“ vorzunehmende Anrechnung nach § 22 Abs. 1 S. 2 BeamtVG findet unter Wahrung der Gleichzeitigkeit statt. Der einzelne Anspruchszeitraum bezüglich des Unterhaltsbeitrags und der Anrechnungszeitraum sind identisch, nämlich auf die Zeiteinheit „Monat“ bezogen. nung wöchentlich bewilligten Arbeitslosengeldes sowie einer einmaligen Abfindung auf die entsprechenden Anrechnungszeiträume „Monat“. 340 Z. B. der sich aus dem Einkommensteuerbescheid ergebende Jahresbetrag des Arbeitseinkommens. 341 So ausdrücklich Kümmel / Ritter, BeamtVG, II, § 22 Rn. 12.4; ebenso deutlich Schmalhofer, in: Stegmüller / Schmalhofer / Bauer, BeamtVG, I, § 22 Erl. 5 a unter 3.6. 342 Auf § 107 Abs. 1 BeamtVG beruhende Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Bundesministers des Innern zum Beamtenversorgungsgesetz vom 3. 11. 1980, GMBl. 1980, S. 742 (766), ber. 1982, S. 355.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

Zusammenfassend ist festzustellen, dass im Bereich des Beamtenbesoldungsrechts ausschließlich und zwingend die zeitabschnittsbezogene Anrechnungsmethode, nicht die Gesamtberechnungsmethode, anzuwenden ist. Zwar ist zuzugeben, dass sich dieser Befund teilweise wegen der aufgrund des beamtenrechtlichen Alimentationsprinzips geltenden Besonderheiten ergibt. Unbeschadet dessen sprechen auch die Zeitabschnittsbezogenheit der Beamtenbezüge sowie die sachliche Nähe der Anrechnung zum Rechtsgedanken der Vorteilsanrechnung entscheidend für die pro rata temporis-Anrechnungsmethode. 2. Anrechnung von Erwerbseinkommen auf öffentlich-rechtliche (Entgeltersatz-)Leistungen Bezieht der Empfänger einer nach den Vorschriften des Sozialversicherungsrechts zu beanspruchenden öffentlichen Leistung bzw. einer arbeitsförderungsrechtlichen „Entgeltersatzleistung“ i. S. v. § 116 Nr. 1 – 5 SGB III anderweitiges Erwerbseinkommen, so werden die Auswirkungen des regelmäßig in Geld bestehenden Zuflusses auf Bestand wie Höhe der öffentlich-rechtlichen Leistung in den verschiedenen Konstellationen vielfach durch einschlägige Anrechnungs- und / oder Ruhensvorschriften bestimmt.343 In Abhängigkeit vom Zweck der jeweiligen Leistung finden sich sehr unterschiedliche Regelungen über das „Ob“ und das „Wie“ der Anrechnung von Einkommen.344 Die Problematik der Berücksichtigung von Einkommen jeglicher Art sowie von Sozialleistungen im Rahmen der Gewährung einer anderen sozialen Leistung345 stellt sich nicht nur ausschließlich im Rahmen der nationalen Rechtsordnungen. Die für den europäischen Rechtsraum maßgeblichen Folgen sind in der EWG VO 1408 / 71346 geregelt. Ist in den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats für den Fall des Zusammentreffens einer Leistung mit anderen Leistungen der sozialen Sicherheit oder mit jederlei sonstigen Einkünften vorgesehen, dass die Leistung gekürzt, zum Ruhen gebracht oder entzogen wird, so sind nach Art. 12 Abs. 2 EWG VO 1408 / 71 diese sog. nationalen Antikumulierungs- bzw. Antikumulationsvorschriften347 einem Berechtigten gegenüber grds. auch dann nach näherer Maßgabe der 343 Einen tabellarischen Überblick gibt Küttner / Voelzke, Personalbuch 2007, Anrechnung anderweitigen Einkommens Rn. 7 ff. 344 Küttner / Voelzke, Personalbuch 2007, Anrechnung anderweitigen Einkommens Rn. 5. 345 Zu Anrechnungsfragen bei mehreren zusammentreffenden Sozialleistungen siehe 3. Teil B. III. 3. 346 Verordnung (EWG) Nr. 1408 / 71 des Rates vom 14. 6. 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, ABl. Nr. L 149, S. 2. 347 Art. 46a Abs. 3 lit. a) EWG VO 1408 / 71. Zu dieser anerkannten Terminologie EuGH 7. 3. 2002 – Rs. C-107 / 00 („Insalaca“) – SozR 3 – 6050 Art. 46b Nr. 1; EuGH 12. 2. 1998 – Rs. C-366 / 96 („Cordelle“) – SozR 3 – 6050 Art. 12 Nr. 7; EuGH 11. 8. 1995 – Rs. C-98 / 94 („Schmidt“) – SozR 3 – 6050 Art. 12 Nr. 6; EuGH 20. 4. 1988 – Rs. 151 / 87 („Bakker“) –

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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Artt. 46a ff. EWG VO 1408 / 71 anwendbar, wenn es sich um Leistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats erworben wurden, oder um Einkünfte handelt, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats bezogen werden. Im Folgenden werden einige der wichtigsten Konstellationen der Anrechnung von Erwerbseinkommen auf öffentlich-rechtliche (Entgeltersatz-)Leistungen näher betrachtet, um auch für diesen Bereich Aussagen über den zeitlichen Umfang der Anrechnung treffen zu können. a) Arbeitslosengeld gemäß §§ 117 ff. SGB III Arbeitnehmer haben gemäß § 117 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 SGB III Anspruch auf die „Entgeltersatzleistung“ Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit oder bei beruflicher Weiterbildung.348 Die Berücksichtigung von Erwerbseinkommen auf Arbeitslosengeld kann in zweifacher Hinsicht erfolgen, zunächst durch Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs, im Übrigen im Wege der anspruchsmindernden Anrechnung. Auszugehen ist von dem Grundsatz, den die Ruhensvorschrift des § 143 SGB III enthält. Nach § 143 Abs. 1 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Zeit, für die der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat. Allein danach würden sich Anrechnungsfragen nicht stellen können. Soweit aber der Arbeitslose das zu beanspruchende Arbeitsentgelt aus welchen Gründen auch immer tatsächlich nicht erhält, wird das Arbeitslosengeld gemäß § 143 Abs. 3 S. 1 SGB III349 auch für die Zeit geleistet, in der der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Lediglich in den Fällen dieser sog. Gleichwohlgewährung350 können sich demnach Anrechnungsfragen stellen. Die Modalitäten der Berücksichtigung von Nebeneinkommen aus einer weniger als 15 Stunden wöchentlich351 umfassenden Beschäftigung im Wege der AnrechSozR 6050 Art. 12 Nr. 17; EuGH 5. 7. 1983 – Rs. 171 / 82 („Valentini“) – SozR 6050 Art. 46 Nr. 20; EuGH 14. 3. 1978 – Rs. 98 / 77 („Schaap“) – SozR 6050 Art. 46 Nr. 8; BSG 1. 2. 2005 – B 8 KN 6 / 04 R – SozR 4 – 2600 § 34 Nr. 1; BSG 8. 7. 1993 – 7 RAr 64 / 92 – BSGE 73, 10 (11). 348 § 116 Nr. 1 SGB III. Näher zum Ganzen Gagel / Steinmeyer, SGB III, § 117 Rn. 1 ff. 349 Siehe zuvor die Regelung des § 117 Abs. 4 S. 1 AFG. 350 Zu der nicht unumstrittenen, aber weitläufig, ebenso etwa im Rahmen von § 143a Abs. 4 SGB III, verwendeten Begrifflichkeit der „Gleichwohlgewährung“ bzw. -leistung, -zahlung, -bezug siehe BSG 20. 6. 2002 – B 7 AL 108 / 01 R – SozR 3 – 4300 § 143 Nr. 4; BSG 29. 3. 2001 – B 7 AL 14 / 00 R – AuB 2001, S. 313 (314 f. m. zust. Anm. Hase); BSG 24. 7. 1986 – 7 RAr 4 / 85 – BSGE 60, 168 (171 ff.); Gagel / Winkler, SGB III, § 143 Rn. 55 (59); AnwKomm-ArbR / Spieß, § 143 SGB III Rn. 23 ff.; Küttner / Schlegel, Personalbuch 2007, Annahmeverzug Rn. 33; Schmidt, NZA 2002, S. 1380 ff.; Schweiger, NZS 2001, S. 519 (522); Hanau / Peters-Lange, NZA 1998, S. 785 (788 f.). 351 Die Ausübung einer nicht nur gelegentlich mehr als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung steht bereits der Annahme von „Arbeitslosigkeit“ als Anspruchsvoraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld nach § 117 Abs. 1 Nr. 1 SGB III entgegen, was aus einem arg. e contrario § 118 Abs. 2 SGB III folgt.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

nung auf das Arbeitslosengeld nach §§ 117 ff. SGB III regelt maßgeblich die Anrechnungsvorschrift des § 141 SGB III.352 Unter den Voraussetzungen des § 329 SGB III kommt gegebenenfalls eine Einkommensschätzung in Betracht.353 Nach dem Grundsatz des § 141 Abs. 1 S. 1 SGB III ist das sachlich erfasste Arbeitsentgelt in einer dort näher bestimmten Höhe354 „auf das Arbeitslosengeld für den Kalendermonat, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird, anzurechnen.“ Das Nebeneinkommen ist somit ausschließlich in dem Kalendermonat auf das Arbeitslosengeld anzurechnen, in dem es erarbeitet worden ist.355 Eine Anrechnung von überschießendem Einkommen auf Kalendertage in anderen Kalendermonaten, für welche Arbeitslosengeld zu leisten ist,356 ist danach unzulässig. Somit ist die zeitabschnittsbezogene Anrechnungsmethode zwingend vorgegeben. b) Kurzarbeitergeld gemäß §§ 169 ff. SGB III, Winterausfallgeld gemäß §§ 214 ff. SGB III a. F. bzw. Saison-Kurzarbeitergeld gemäß §§ 175 ff. SGB III Unter den in § 169 Nr. 1 – 4 i. V. m. §§ 170 ff. SGB III357 genannten Voraussetzungen haben Arbeitnehmer Anspruch auf die „Entgeltersatzleistung“ Kurzarbeitergeld.358 Die Berücksichtigung von Entgelt, das der Arbeitnehmer für Zeiten des Arbeitsausfalls aus einer anderen während des Bezuges von Kurzarbeitergeld aufgenommenen Beschäftigung erzielt, bestimmt sich nach § 179 Abs. 3 SGB III. Danach ist durch Erhöhung des sog. Istentgelts359 im Ergebnis eine Anrechnung des anderweitig erlangten Entgelts in voller Höhe vorgesehen.360 Im Hinblick auf die durch352 Näher dazu Gagel / Hünecke, SGB III, § 141 Rn. 23 ff., insbesondere 70, 71 ff.; Küttner / Voelzke, Personalbuch 2007, Arbeitslosengeld Rn. 46 f. 353 Dazu näher Gagel / Pilz, SGB III, § 329 Rn. 3 ff. m. w. N. 354 Abzuziehen sind die Steuern, Sozialversicherungsbeiträge und Werbungskosten sowie ein Freibetrag i. H. v. 20% des monatlichen Arbeitslosengeldes, mindestens aber von 165 EUR. 355 Gagel / Hünecke, SGB III, § 141 Rn. 70. Siehe auch die Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zu § 141 SGB III – Anrechnung von Nebeneinkommen, Stand 1 / 2005, Erg. 2 / 2006, Ziffer 141.69: Frei- / Anrechnungsbetrag, Ziffer 141.70: Einmalzahlungen, sowie die Handlungsempfehlung / Geschäftsanweisung (HE / GA) 07 / 2006 vom 20. 7. 2006, Geschäftszeichen PP 31 – AZ 71141. 356 Zur Bezogenheit der Berechnung und Leistung von Arbeitslosengeld auf Kalendertage siehe § 134 S. 1 SGB III. 357 Vormals §§ 63 ff. AFG. Praktische Bedeutung kommt auch den Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Kurzarbeitergeld (DA Kug), Stand 09 / 2006, zu. 358 § 116 Nr. 4 SGB III. Zum Kurzarbeitergeld Gagel / Bieback, SGB III, Vorb. zu § 169 Rn. 4 ff., § 169 Rn. 1 ff. 359 Zur Bemessung des Kurzarbeitergeldes anhand der zwischen Soll- und Istentgelt zu berechnenden Nettoentgeltdifferenz Sächsisches LSG 27. 5. 2005 – L 3 AL 187 / 03 – juris; Gagel / Bieback, SGB III, § 179 Rn. 1 ff., 15 ff.

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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gehende Bezugnahme des Soll- wie des Istentgelts auf den „Anspruchszeitraum“ nach § 179 Abs. 1 S. 2, S. 3 SGB III ist die gegebenenfalls vollständige Berücksichtigung des anderweitig erlangten Entgelts im Sinne einer Gesamtberechnung vorgeschrieben. Vorstehendes galt nach §§ 116 Nr. 7 a. F., 214 Abs. 2 S. 1 a. F. i. V. m. § 179 Abs. 3 SGB III auch für die bis zum 31. 3. 2006 gewährte „Entgeltersatzleistung“ Winterausfallgeld. An dessen Stelle trat das Saison-Kurzarbeitergeld gemäß §§ 175 ff. SGB III n. F.361 § 175 Abs. 8 SGB III verweist ebenso auf die Regelungen über das Kurzarbeitergeld, mithin auch auf § 179 Abs. 3 SGB III. c) Insolvenzgeld gemäß §§ 183 ff. SGB III Das nach Maßgabe der §§ 183 ff. SGB III362 gewährte Insolvenzgeld363 ist eine nicht aus Beitragsmitteln, sondern im Wege der Insolvenzgeldumlage nach §§ 358 – 362 SGB III finanzierte „Entgeltersatzleistung“ der Bundesagentur für Arbeit.364 Nach § 183 Abs. 1 S. 1 SGB III haben Arbeitnehmer im Fall des Eintritts eines in den Nr. 1 – 3 näher bezeichneten Insolvenzereignisses „Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie [ . . . ] für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben.“ Der Insolvenzgeldanspruch darf nicht nach § 184 SGB III ausgeschlossen sein. Die Höhe des Insolvenzgeldes bestimmt sich grds. gemäß § 185 Abs. 1 SGB III nach dem monatlichen Nettoarbeitsentgelt des Arbeitnehmers. Es wird im Folgenden die praktisch relevante Konstellation untersucht, dass der vom Arbeitgeber wegen Zahlungsunfähigkeit nicht erfüllte Entgeltanspruch des Arbeitnehmers, welcher die Grundlage für den Insolvenzgeldanspruch darstellt, seinerseits aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs gemäß § 615 S. 1 bzw. S. 3 BGB begründet ist. Insbesondere in den Fällen des Annahmeverzugs findet ein anderweitiger Erwerb des Arbeitnehmers vielfach überhaupt erst statt, zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz bzw. des Lebensstandards des Arbeitnehmers und seiner Familie.365 360 Gagel / Bieback, SGB III, § 179 Rn. 4; Küttner / Voelzke, Personalbuch 2007, Anrechnung anderweitigen Einkommens Rn. 18, Kurzarbeit Rn. 55; siehe auch DA Kug, Ziffer 13.3 Abs. 10, zur Erhöhung des Istentgelts durch Einkommen aus Nebentätigkeit. 361 Gesetz zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung vom 24. 4. 2006 m. W. v. 1. 4. 2006, BGBl. I S. 926 (927 f., 928, 934). 362 In der Praxis bedeutsam sind auch die Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Insolvenzgeld (DA Insg), 9. Ergänzung, Stand: Februar 2005. 363 Vor dem 1. 1. 1999 Konkursausfallgeld nach §§ 141a – 141n AFG, aufgehoben durch Art. 82 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung (ArbeitsförderungsReformgesetz – AFRG) vom 24. 3. 1997, BGBl. I S. 594 (720 f.). 364 § 116 Nr. 5 SGB III. Näher zum Insolvenzgeld Gagel / Peters-Lange, SGB III, Vorb. zu § 183 Rn. 18 ff., § 183 Rn. 1 ff.; AnwKomm-ArbR / Regh, § 183 SGB III Rn. 1 ff.; Lakies, NZA 2000, S. 565 ff. m. w. N.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

In dem hier betrachteten Zusammenhang stellen sich vor allem die Fragen, ob und bejahendenfalls, wie und in welchem zeitlichen Umfang das Arbeitsentgelt, welches ein zum Bezug von Insolvenzgeld berechtigter Arbeitnehmer während des Insolvenzgeldzeitraums bzw. Insolvenzgeldbezugszeitraums anderweitig erzielt hat, im Rahmen der Insolvenzgeldberechnung zu berücksichtigen ist. Schließlich wird zu untersuchen sein, ob sogar ein nach Ablauf des Insolvenzgeldzeitraumes erzielter Zwischenverdienst-Überschuss zunächst gemäß § 615 S. 2 Alt. 2 BGB annahmeverzugslohnmindernd auf vorangehende Lohnzahlungsperioden anzurechnen ist, was im Ergebnis zur Kürzung der eben jene Vergütungsansprüche absichernden Insolvenzgeldansprüche führen würde. aa) Zur Notwendigkeit der Vornahme einer „Anrechnung“ als solcher Einigkeit besteht darin, dass im Rahmen der Gewährung von Insolvenzgeld eine Anrechnung von Zwischenverdienst gemäß § 615 S. 2 Alt. 2 BGB bzw. § 11 Nr. 1 KSchG dem Grunde nach zu erfolgen hat.366 Der Gleichklang zwischen arbeitsrechtlichem Erfüllungsanspruch und sozialrechtlichem Lohnersatzanspruch wäre zu Lasten der Sozialleistung Insolvenzgeld gestört, wenn arbeitsrechtliche Erlöschenstatbestände arbeitsförderungsrechtlich unbeachtlich wären.367 Allerdings handelt es sich nicht um eine eigentliche Anrechnung von Zwischenverdienst auf das Insolvenzgeld selbst, sondern dieses wird vielmehr nur „mittelbar“ über den im Wege der Anrechnung nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB bzw. § 11 Nr. 1 KSchG gekürzten Annahmeverzugslohn, dessen Höhe die Grundlage für die Höhe des entgeltersetzenden Insolvenzgeldes ist, gemindert. bb) Zur Vorzugswürdigkeit der Anrechnungsmethode pro rata temporis Fraglich ist, welcher Anrechnungszeitraum im Rahmen der Insolvenzgeldberechnung zugrunde zu legen ist. Wiederum kommt einerseits die zeitabschnittsbezogene Anrechnungsmethode in Betracht, nach welcher der Zwischenverdienst nur auf das in den betreffenden Lohnzahlungsperioden während des Insolvenzgeldbezugszeitraums zu beanspruchende Arbeitsentgelt angerechnet würde. Nach der Methode der Gesamtberechnung käme hingegen eine lohnzahlungsperiodenunabhängige Berücksichtigung des gesamten während des Insolvenzgeldzeitraums erzielten anderweitigen Erwerbs in Betracht. Auch hier können sich vom wirtschaftlichen Ergebnis her insbesondere dann größere Auswirkungen ergeben, wenn der Zwischenverdienst das Insolvenzgeld in einigen der Lohnzahlungs- bzw. Insolvenzgeldbezugsperioden übersteigt, in anderen dagegen unterschreitet. Näher zur Annahmeverzugssituation aus der Sicht des Arbeitnehmers 1. Teil B. III. 3. BSG 17. 3. 1993 – 10 RAr 7 / 91 – AP § 141b AFG Nr. 15; Gagel / Peters-Lange, SGB III, § 183 Rn. 105; AnwKomm-ArbR / Regh, § 183 SGB III Rn. 15. 367 LSG Brandenburg 5. 12. 2002 – L 8 AL 147 / 99 – juris. 365 366

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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Im Einklang mit der ständigen Verwaltungspraxis der Bundesagentur für Arbeit368 ist in der Konstellation, dass der Arbeitnehmer während des Insolvenzgeldbezugszeitraums anzurechnendes anderweitiges Einkommen erzielt, richtigerweise eine Anrechnung pro rata temporis, nicht dagegen eine Gesamtberechnung, vorzunehmen.369 Dass ein etwaiger Überschuss des in einer Lohnzahlungsperiode erzielten Zwischenverdienstes über den für die betreffende Lohnzahlungsperiode geschuldeten Annahmeverzugslohn somit nicht auf den weiteren Insolvenzgeldzeitraum verteilt wird, ist weder nach arbeits- noch nach insolvenzgeldrechtlichen Grundsätzen zu beanstanden.370 Zur Richtigkeit der Anrechnung pro rata temporis unter schuld- bzw. arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten kann auf die vorliegenden Ausführungen zur Auslegung der Anrechnungsregelung des § 615 S. 2 BGB selbst verwiesen werden. Doch auch im Speziellen nach insolvenzgeldrechtlichen Grundsätzen ist die zeitabschnittsbezogene Anrechnungsmethode nicht nur nicht unzulässig, sondern vorzugswürdig.371 Der Gesetzgeber knüpfte mit den Insolvenzgeld-Regelungen an den Grundsatz der Vorleistungspflicht des Arbeitnehmers372 sowie an die arbeitsvertragliche Periodizität der Lohnzahlung373 an. Dies ergibt sich ausdrücklich aus der Gesetzesbegründung374 sowie der Sache nach daraus, dass gemäß § 183 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 SGB III durch das Insolvenzgeld die Entgeltansprüche des regelmäßig nach § 614 S. 2 BGB vorleistungspflichtigen Arbeitnehmers aus den dem Insolvenzereignis bzw. der Kenntniserlangung hiervon vorausgehenden letzten drei Monate geschützt werden. Eine Gesamtberechnung ist im Rahmen der Insolvenzgeldberechnung in den Fällen praktisch nicht möglich, in denen der gesamte Annahmeverzugszeitraum länger als der maximale Insolvenzgeld-Bezugszeitraum von drei Monaten andauert und der Arbeitnehmer im Vergleich zum Annahmeverzugslohn unterschiedlich hohe anzurechnende anderweitige Einkünfte erzielt. Denn es bleibt nach der Gesamtberechnungsmethode unklar, wie der „Gesamtverdienst“ auf die einzelnen 368 Siehe DA Insg, zu § 185 SGB III, Ziffer 2 Abs. 2, zur Anwendung des § 615 S. 2 BGB: „Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer während des Insg-Zeitraums aus einer neuen Beschäftigung erzielt hat, vermindert gemäß § 615 Satz 2 BGB den Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen den insolventen Arbeitgeber bis zur Höhe des für den gleichen Zeitraum zugrunde liegenden Arbeitsentgeltanspruchs. [ . . . ]“, H. d. d. V. 369 So auch LSG Brandenburg 5. 12. 2002 – L 8 AL 147 / 99 – juris, in der Revision mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen von BSG 18. 12. 2003 – B 11 AL 27 / 03 R – SozR 4 – 4100 § 141b Nr. 1; siehe ferner LSG Baden-Württemberg 18. 9. 2001 – L 13 AL 4587 / 00 – juris. 370 LSG Brandenburg 5. 12. 2002 – L 8 AL 147 / 99 – juris. 371 LSG Brandenburg 5. 12. 2002 – L 8 AL 147 / 99 – juris. 372 Zum Grundsatz der Vorleistungspflicht des Arbeitnehmers siehe Einleitung A. 373 Zur Periodizität der Lohnzahlung sowie zur rechtlichen Selbständigkeit der Vergütungsansprüche auch während des Annahmeverzugs ausführlich oben 3. Teil B. I. 2. – 4. 374 Entwurf eines Gesetzes über Konkursausfallgeld (Drittes Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes) vom 1. 3. 1974, BT-Drucks. 7 / 1750, S. 1 f., 10 f.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

Lohnzahlungsperioden zu verteilen sein soll. In bestimmten Fallgestaltungen375 würde auf der Grundlage der Gesamtberechnung eine etwa an § 366 Abs. 2 BGB orientierte oder eine sonst in beliebiger Weise vom Willen des anspruchstellenden Arbeitnehmers abhängige Zuordnung des Zwischenverdienst-Überschusses auf bestimmte Lohnzahlungsperioden und damit korrespondierend InsolvenzgeldBezugsperioden im Einzelfall zwar nach § 615 S. 2 BGB zu einer Entlastung des Arbeitgebers, damit aber zu einer unzulässigen Mehrbelastung der Bundesagentur für Arbeit führen. Dies würde dem Sinn und Zweck des Insolvenzgeldes als Entgeltersatzleistung widersprechen und die Wirkung des § 615 S. 2 BGB sozialrechtlich negieren, obwohl die Leistung der Bundesagentur für Arbeit wirtschaftlich an die Stelle derjenigen des zahlungsunfähigen Arbeitgebers tritt. Somit spricht auch der Normzweck der Vorschriften über das Insolvenzgeld, die in erster Linie den Schutz der Entgeltansprüche des vorleistungspflichtigen Arbeitnehmers vor insolvenzbedingten Entgeltausfällen bezwecken,376 für eine Anrechnung pro rata temporis. Eine eindeutige Zuordnung im Wege der zeitabschnittsbezogenen Anrechnung ist zudem der Rechtsklarheit förderlich. Es ist oftmals bereits schwierig genug, die Frage zu beantworten, „für“ welche Zeit der betreffende insolvenzgeldfähige Arbeitsentgeltanspruch besteht, welcher Zeit er also gemäß § 183 Abs. 1 S. 1 SGB III zuzuordnen ist, was nach allg. M. für jede Form des Arbeitsentgelts i. S. v. § 183 Abs. 1 S. 3 SGB III gesondert zu prüfen ist.377 Zudem wird aus der Sicht der Praxis zutreffend darauf hingewiesen, dass es im Hinblick auf eine schnelle Bearbeitung und Auszahlung des Insolvenzgeldes, das den Lebensunterhalt des Arbeitnehmers für einen gewissen Zeitraum sichern soll, wenig sinnvoll erscheint, den zuständigen Leistungsträger zunächst noch zur Ermittlung des genauen Annahmeverzugslohns unter Berücksichtigung etwaiger Zwischenverdienste über den Insolvenzgeld-Zeitraum hinaus zu verpflichten, was bei einer Gesamtberechnung notwendig wäre.378 Überdies kann sich im Zusammenhang mit der Anrechnung von Zwischenverdienst eine weitere Frage stellen, nämlich ob sogar ein nach Ablauf des Insolvenzgeldzeitraumes erzielter Zwischenverdienst-Überschuss zunächst gemäß § 615 S. 2 Alt. 2 BGB annahmeverzugslohnmindernd auf vorangehende Lohnzahlungsperioden und insofern letztlich auch die eben jene Vergütungsansprüche absichernden Insolvenzgeldansprüche kürzend zu berücksichtigen sein kann. Dies kann ausschließlich auf der Grundlage der Gesamtberechnungsmethode im Rahmen von 375

Siehe nur die Konstellation in LSG Brandenburg 5. 12. 2002 – L 8 AL 147 / 99 –

juris. 376 Näher zum Normzweck der §§ 183 ff. SGB III Gagel / Peters-Lange, SGB III, § 183 Rn. 7 ff. 377 Ausführlich dazu im Einzelnen Gagel / Peters-Lange, SGB III, § 183 Rn. 106 (107 ff. m. w. N.). 378 LSG Brandenburg 5. 12. 2002 – L 8 AL 147 / 99 – juris.

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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§ 615 S. 2 BGB bejaht werden und wurde auch vom BSG bereits so vertreten.379 Die Bundesagentur für Arbeit formuliert dagegen zutreffend: „Einnahmen aus einem neuen Arbeitsverhältnis oder aus einer selbständigen Tätigkeit in diesem Zeitraum380 werden [ . . . ] angerechnet“ 381 und „Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer während des Insg-Zeitraums aus einer neuen Beschäftigung erzielt hat, vermindert gemäß § 615 Satz 2 BGB den Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen den insolventen Arbeitgeber bis zur Höhe des für den gleichen Zeitraum zugrunde liegenden Arbeitsentgeltanspruchs“.382 Da, wie gezeigt wird, die Gesamtberechnungsmethode im Rahmen von § 615 S. 2 BGB unzutreffend ist, muss auch eine darauf aufbauende Rechtsprechung des BSG im Bereich des Insolvenzgeldrechts kritisiert werden, der hiervon abweichenden ständigen Praxis der Bundesagentur für Arbeit ist zuzustimmen. cc) Größtmöglicher Einklang der zeitabschnittsbezogenen Anrechnungsmethode mit den europarechtlichen Vorgaben der RL 80 / 987 / EWG Eine solche Interpretation im Sinne einer zeitabschnittsbezogenen Betrachtungsweise steht auch am ehesten im Einklang mit der als europarechtliche Umsetzungsvorgabe für die Schaffung der §§ 141a ff. AFG bzw. nunmehr §§ 183 ff. SGB III dienenden RL 80 / 987 / EWG.383 Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit „Garantieeinrichtungen die Befriedigung der nichterfüllten Ansprüche der Arbeitnehmer aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen, die das Arbeitsentgelt für den vor einem bestimmten Zeitpunkt liegenden Zeitraum betreffen, sicherstellen“.384 Eine gleichsam nachträglich eintretende Anspruchskürzung infolge der rückwirkenden Berücksichtigung eines nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Insolvenzereignisses liegenden anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers während des fortdauernden Annahmeverzugs des Arbeitgebers unter Anwendung der Gesamtberechnungsmethode entspricht diesen europarechtlichen Vorgaben weniger als die zeitabschnittsbezogene Anrechnungsmethode. Allerdings ist die Gesamtberechnungsmethode nicht bereits aus europarechtlichen Gründen von vornherein ausgeschlossen. Denn die Bestimmung des sachlichen Gehalts des Begriffs „Arbeitsentgelt“ BSG 17. 3. 1993 – 10 RAr 7 / 91 – AP § 141b AFG Nr. 15. Gemeint ist der dort im Vorgehenden beschriebene „Zeitraum [ . . . ], für den das Insolvenzgeld zusteht.“, d. V. 381 Merkblatt der Bundesagentur für Arbeit Nr. 10 zum Insolvenzgeld, Stand Januar 2006, Nr. 1.4.1, H. d. d. V. 382 DA Insg, zu § 185 SGB III, Ziffer 2 Abs. 2 S. 1, H. d. d. V. 383 Richtlinie 80 / 987 des Rates vom 20. 10. 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitsgebers, ABl. Nr. L 283, S. 23, i. d. F. der Änderungs-Richtlinie 2002 / 74 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. 9. 2002, ABl. Nr. L 270, S. 10. 384 H. d. d. V. 379 380

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

und damit auch des anzurechnenden anderweitigen Erwerbs im Rahmen des Annahmeverzugslohnanspruchs nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB385 richtet sich gemäß Art. 2 Abs. 2 RL 80 / 987 / EWG nach nationalem Recht.386 d) Arbeitslosengeld II gemäß §§ 19 ff. SGB II Im Rahmen der m. W. v. 1. 1. 2005 im SGB II vorgesehenen Grundsicherung für Arbeitssuchende erhalten „erwerbsfähige Hilfebedürftige“387 nach Maßgabe der §§ 19 ff. SGB II näher bestimmte Sozialleistungen als Arbeitslosengeld II.388 Bereits bei der Bestimmung der „Hilfebedürftigkeit“ als einer der Anspruchsvoraussetzungen sind gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1 SGB II das Gesamteinkommen und das Vermögen des Berechtigten sowie seines Partners im Rahmen einer „Bedarfsgemeinschaft“389 zu berücksichtigen.390 Das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen mindert gemäß § 19 S. 2 SGB II die Geldleistungen. Ein Arbeitssuchender hat wegen entsprechender Einkommensanrechnung mangels Hilfebedürftigkeit keinen Arbeitslosengeld II-Anspruch, wenn er höhere Einnahmen hat als ihm an Leistungen zustehen würde.391 Die monatliche Regelleistung beträgt derzeit grds. gemäß § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II für Personen, die allein stehend oder allein erziehend sind oder deren Partner minderjährig ist, 345 EUR. aa) Zu berücksichtigendes Einkommen nach §§ 11, 13 SGB II i. V. m. Alg II-V Der Umfang des anspruchshindernd bzw. -beschränkend zu berücksichtigenden „Einkommens“392 ergibt sich zunächst aus § 11 SGB II. In sachlicher Hinsicht sind 385 Zur Rechtsnatur des Anspruchs auf Annahmeverzugslohn als ursprünglicher arbeitsvertraglicher Erfüllungsanspruch siehe bereits oben 1. Teil D. I. 1. 386 Zur richtlinienkonformen Auslegung siehe noch folgend unter 3. Teil E. II. 2. 387 § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II, zur weiteren Begriffsbestimmung siehe §§ 8, 9 SGB II. 388 Das SGB II – Grundsicherung für Arbeitssuchende – wurde eingefügt als Art. 1 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt („Hartz IV“) vom 24. 12. 2003, BGBl. I S. 2954 (2955 ff.). Näher zum SGB II und der damit erfolgten Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe gemäß §§ 190 ff. SGB III a. F. und Sozialhilfe nach dem BSHG Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, B.; Münder, NJW 2004, S. 3209 ff.; Marburger, WzS 2005, S. 34 ff.; Korenke, SGb. 2004, S. 525 ff. 389 Zur Bestimmung der „Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen“ siehe die Vorschriften des § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. a) – c) SGB II. 390 Näher, auch zur bedeutsamen Abgrenzung von Einkommen und Vermögen, Conradis, in: 20 Jahre ARGE SozialR DAV, S. 57 (59 ff.); Korenke, SGb. 2004, S. 525 (528). 391 Sächsisches LSG 14. 4. 2005 – L 3 B 30 / 05 AS / ER – NZS 2006, S. 107 (108 ff.); Faber, NZS 2005, S. 75 (77). 392 Zur uneinheitlichen Terminologie hinsichtlich der Begriffe „Einnahmen“, „Einkommen“ und „Einkünfte“ Conradis, in: 20 Jahre ARGE SozialR DAV, S. 57 (59).

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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grds. alle Leistungen in Geld oder Geldwert erfasst, bestimmte Sozial- und andere Leistungen sind hingegen ausdrücklich ausgeschlossen.393 In zeitlicher Hinsicht stellt § 30 i. V. m. § 11 Abs. 2 Nr. 6 SGB II bezüglich der Freibeträge bei Erwerbstätigkeit auf das monatliche Einkommen ab.394 Im Übrigen sind die Vorgaben der auf § 13 SGB II basierenden Alg II-V395 maßgeblich. Nach § 2 Abs. 2 S. 1 Alg II-V sind laufende Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Einmalige Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit sind gemäß § 2 Abs. 3 S. 1 Alg II-V von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Die Berechnung des zu berücksichtigenden Einkommens erfolgt hinsichtlich der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit mithin maßgeblich unter Bezugnahme auf die monatlichen Einnahmen.396 Einzig bei Einnahmen aus selbständiger Arbeit ist das Einkommen nach § 2a Abs. 2 S. 1 Alg II-V für das Kalenderjahr397 zu berechnen, in dem der gemäß § 2a Abs. 2 S. 2 Alg II-V monatliche Bedarfszeitraum liegt. bb) Zeitlicher Gleichlauf von Regelleistung und laufendem Einkommen bei der Anrechnung Der monatlichen Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II stehen somit die im Wesentlichen monatlich zu berechnenden Einnahmen nach §§ 11, 30, 13 SGB II i. V. m. der Alg II-V gegenüber. Es kann sich die Frage stellen, ob zu berücksichtigende Einnahmen neben dem Wegfall des Anspruchs für den Monat, in dem sie erzielt wurden, im Sinne einer Gesamtberechnung auch auf vorangehende Monate angerechnet werden und damit zu einem Wegfall bzw. einer Beschränkung auch für diese, zeitlich nicht korrespondierenden Monate führen können. Dies ist für laufende Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit jedenfalls im Hinblick auf die klare Anordnung der genannten Vorschriften der Alg II-V zu verneinen. Ebenso wie schon bei der früheren Arbeitslosenhilfe398 sowie im Anwendungsbereich des BSHG399 ist danach grds. der jeweilige Kalendermonat des 393 Näher Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 11 Rn. 9 ff.; Küttner / Voelzke, Personalbuch 2007, Arbeitslosengeld II Rn. 14 f.; Faber, NZS 2005, S. 75 (77). 394 Näher Faber, NZS 2005, S. 75 (77 f.). 395 Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II / Sozialgeld – Arbeitslosengeld II / Sozialgeld-Verordnung vom 20. 10. 2004, BGBl. I S. 2622. 396 Im Einzelnen Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 11 Rn. 28 ff. m. w. N. 397 Sog. Berechnungsjahr. Ist Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit nur während eines Teils des Jahres vorhanden, so ist das Einkommen nur für diesen Zeitraum zu berechnen, § 2a Abs. 2 S. 3 Hs. 1 Alg II-V. 398 Die Arbeitslosenhilfe für Arbeitslose nach § 116 Nr. 6 SGB III a. F. durfte gemäß § 190 Abs. 3 SGB III a. F. längstens bis zum 31. 12. 2004 gewährt werden. Zur Einkommensanrechnung auf die Arbeitslosenhilfe siehe insbesondere die §§ 194, 195 S. 2, 198 S. 2 Nr. 6 i. V. m. § 141 SGB III a. F. 399 Die Vorschriften der §§ 76 ff. BSHG regeln den Begriff des Einkommens im sozialhilferechtlichen Sinne sowie den Umfang des Einsatzes des Einkommens, insbesondere durch

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

Zuflusses der laufenden Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit maßgebend.400 Auch bei einmaligen und vergleichbaren Einnahmen ist eine ab dem tatsächlichen Zuflusszeitpunkt zeitlich rückgewandte Berücksichtigung anderweitigen Einkommens auch für vergangene Zeiträume im Sinne einer Gesamtberechnung unzulässig. cc) Anrechnung einmaliger Einnahmen als Einkommen oder Vermögen auch auf künftige Bedarfszeiträume Bereits nach der ausdrücklichen Anordnung in § 2 Abs. 3 S. 1 Alg II-V hat gegebenenfalls eine Berücksichtigung einmaliger Einnahmen auch für künftige Monate als Einkommen zu erfolgen.401 Einmalige Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit sind nach Maßgabe von § 2 Abs. 3 S. 3 Alg II-V als Einkommen dergestalt anzurechnen, dass die Einnahmen, soweit nicht eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen sind. Besonderheiten ergeben sich in vorliegendem Zusammenhang auch insoweit, als zufließendes monatliches Einkommen, welches durch die Anrechnung auf die Regelleistung desselben Monats nicht bereits vollständig „aufgebraucht“ wurde, im darauffolgenden Kalendermonat nach der Rechtsprechung des BVerwG zum Sozialhilferecht als anzurechnendes Vermögen anzusehen ist.402 Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des BVerwG nach Aufgabe der sog. Identitätstheorie abweichend von dem tatsächlichen Zufluss auch ein sog. normativer Zufluss anerkannt, nämlich in der Weise, dass bestimmte Zuflüsse, wie etwa der Lohnsteuerjahresausgleich, über einen längeren Zeitraum verteilt und in jedem Monat als Einkommen gewertet werden.403 Der hiermit angesprochenen nach wie vor überaus problematischen Abgrenzung von Einkommen und Vermögen in zeitlicher wie materieller Hinsicht kann vorliegend bereits aus Platzgründen nicht weiter nachgegangen werden.404

die Einkommensgrenzen der §§ 79 ff. BSHG. Zum einzusetzenden verwertbaren Vermögen siehe §§ 88 f. BSHG. 400 Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 11 Rn. 30 m. w. N. 401 Ausführlich dazu Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 11 Rn. 32 ff. m. w. N. 402 Siehe zu dieser „Zuflusstheorie“ und ihren Einschränkungen BVerwG 18. 12. 1999 – 5 C 35 / 97 – BVerwGE 108, 296 (297 ff.), hier auch zur Einstufung einer Steuererstattung als Einkommen i. S. v. § 76 Abs. 1 BSHG; BVerwG 18. 12. 1999 – 5 C 14 / 98 – NJW 1999, S. 3137 f., zu einem Schadensersatzanspruch; BVerwG 18. 12. 1999 – 5 C 16 / 98 – NJW 1999, S. 3210 f., zur Auszahlung eines geerbten Unterhaltsanspruchs. 403 BVerwG 18. 12. 1999 – 5 C 35 / 97 – BVerwGE 108, 296 (300); kritisch Conradis, in: 20 Jahre ARGE SozialR DAV, S. 57 (66, 72 ff.). 404 Näher dazu Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 11 Rn. 14 ff.; Conradis, in: 20 Jahre ARGE SozialR DAV, S. 57 (60 ff., 76 ff.), jeweils m. w. N.

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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e) „Ruhen“ des Anspruchs auf Krankengeld nach §§ 44 ff., 49 SGB V Gesetzlich Krankenversicherte haben, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt werden, nach näherer Maßgabe der §§ 44 ff. SGB V Anspruch auf Krankengeld. Gemäß § 45 SGB V wird sog. Kinderkrankengeld bzw. Kinderpflegekrankengeld bei Erkrankung des Kindes gewährt. Das Krankengeld wird gemäß § 47 Abs. 1 S. 6, S. 7 SGB V, § 45 Abs. 8 SGB IX für Kalendertage gezahlt.405 Hinsichtlich der Berücksichtigung anderweitigen Erwerbs ist § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V die maßgebliche Ruhensvorschrift. Danach ruht der Anspruch auf Krankengeld, „soweit406 und solange Versicherte beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erhalten407; [ . . . ]“.408 Die Frage, für welche Zeitabschnitte anderweitige Einnahmen des Krankengeldbeziehers zu berücksichtigen sind, wird relevant, wenn dem Versicherten im Laufe des Krankengeld-Bezugszeitraums für zumindest eine Lohnzahlungsperiode beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen tatsächlich zufließt, das in der Höhe über denjenigen Betrag hinausgeht, der bereits für sich zum vollständigen Ruhen des Krankengeldanspruchs für alle Kalendertage des betreffenden Zeitraumes geführt hätte. Kann eine solche Differenz bzw. ein solcher „Überschuss“ auch hinsichtlich sonstiger, vergangener oder künftiger Krankengeld-Bezugszeiträume zum Ruhen des Anspruchs führen? Dies ist nach der ausdrücklichen Anordnung des § 49 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 1 SGB V nicht zulässig. Ein Gleichlauf zwischen dem Zeitraum des Erhalts von Arbeitsentgelt bzw. -einkommen und dem Ruhenszeitraum ist danach zwingend vorgesehen, denn der Krankengeldanspruch ruht insoweit nur, „solange“ der Versicherte die anderweitige Einnahme erhält. Eine Überschuss-Verrechnung auf weitere Zeiträume ist daher unzulässig. f) Hinzuverdienstgrenzen bei Renten wegen Alters gemäß § 34 Abs. 2, Abs. 3 SGB VI Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung werden gemäß § 33 Abs. 1 SGB VI Renten geleistet wegen Alters, wegen verminderter Erwerbsfähigkeit409 Hierzu näher KassKomm / Höfler, § 47 SGB V Rn. 8 f. Instruktiv dazu SG Dortmund 16. 2. 1994 – S 8 Kr 169 / 93 – AiB 1994, S. 448 m. Anm. Dahlbeck. 407 Zur Auslegung dieses Begriffs LSG Niedersachsen 2. 8. 2000 – L 4 KR 84 / 99 – EzS 90 / 245 m. w. N. 408 H. d. d. V.; zu den Wechselbeziehungen bei Anspruch auf Krankengeld bzw. Krankengeldzuschuss, Rente und Arbeitsentgelt für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, insbesondere auch anhand von § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sowie der Sonderregelung des § 37 Abs. 3 BAT siehe Marburger, DÖD 2004, S. 265 f.; zu der m. W. v. 1. 10. 2005 in Kraft getretenen Regelung des § 22 Abs. 4 S. 2 TVöD siehe Hock, ZTR 2005, S. 614 (616). 405 406

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

oder wegen Todes.410 Renten wegen Alters nach Maßgabe der §§ 35 ff. SGB VI sind die in § 33 Abs. 2 Nr. 1 – 6 SGB VI aufgezählten Renten. Die Rente wird nach dem in § 118 Abs. 1 S. 1 SGB VI grds. statuierten „Monatsprinzip“ als laufende Geldleistung regelmäßig am Monatsende fällig und ausgezahlt.411 Die Rente wird demnach als Monatsbetrag im Sinne einer „Monatsrente“412 gewährt und geleistet.413 Als negative Anspruchsvoraussetzung414 für den Anspruch auf Altersrenten bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres sieht § 34 Abs. 2 SGB VI Hinzuverdienstgrenzen bis zu der in § 34 Abs. 3 SGB VI näher bestimmten Höhe vor.415 Die Hinzuverdienstgrenze bei der „Rentnerbeschäftigung“ ist eine auf den Kalendermonat bezogene Größe.416 Für die Vollrente ergibt sich dieser Befund neben § 34 Abs. 2 S. 2 SGB VI vor allem aus § 34 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI,417 für die Teilrente aus § 34 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. § 68 Abs. 1 S. 1 SGB VI.418 Im Grundsatz ist daher ein Gleichlauf des Hinzuverdienstes mit dem jeweiligen Renten-Einzelanspruch für denselben Kalendermonat anzunehmen. Dabei ist das in einem Kalendermonat erzielte Entgelt der jeweiligen Verdienstgrenze gegenüberzustellen.419 Hat die Beschäftigung keinen vollen Kalendermonat angedauert, ist das im Teilmonat erzielte Arbeitsentgelt nicht auf den gesamten Monat hochzurechnen.420 Eine Gesamtberechnung ist folglich nicht vorgesehen. Ein zweimaliges Überschreiten des monatlichen Grenzwertes bis zum Doppelten im Kalenderjahr ist allerdings gemäß § 34 Abs. 2 S. 2 SGB VI unschädlich.421 Selbst wenn die Hinzuverdienstgrenzen darüber hinaus nicht eingehalten werden, so führt dies nicht immer zu einem Wegfall jedes Rentenanspruchs. Solange nicht Dazu noch folgend unter 3. Teil B. III. 2. g). Näher zu den in § 33 SGB VI genannten Rentenarten im Einzelnen Löns, in: Kreikebohm, SGB VI, § 33 Rn. 2 ff. 411 KassKomm / Polster, § 118 SGB VI Rn. 3 (5). 412 Siehe nur die Vorschriften der §§ 63 Abs. 6, 64, 80, 88 f., 99 ff., 254b SGB VI. 413 Kreikebohm, in: Kreikebohm, SGB VI, § 64 Rn. 3, 7; Löns, in: Kreikebohm, SGB VI, § 94 Rn. 3. 414 So bereits die Begründung des Fraktions-Entwurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 – RRG 1992), in: BT-Drucks. 11 / 4124, S. 161. 415 Zu den Hinzuverdienstgrenzen bei der „Rentnerbeschäftigung“ KassKomm / Niesel, § 34 SGB VI Rn. 5 ff. 416 Löns, in: Kreikebohm, SGB VI, § 34 Rn. 4, 10; siehe auch Küttner / Schlegel, Personalbuch 2007, Rentnerbeschäftigung Rn. 15, 18. 417 Danach beträgt die Hinzuverdienstgrenze ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße. 418 Die Bezogenheit der Hinzuverdienstgrenze auf den einzelnen Kalendermonat folgt für die Teilrente aus der Inbezugnahme von Vielfachen des ebenfalls einen monatlichen Rentenbetrag verkörpernden aktuellen Rentenwertes gemäß § 68 SGB VI. 419 KassKomm / Niesel, § 34 SGB VI Rn. 9, 11, 18. 420 KassKomm / Niesel, § 34 SGB VI Rn. 9. 421 BSG 31. 1. 2002 – B 13 RJ 33 / 01 R – SozR 3 – 2600 § 34 Nr. 4; KassKomm / Niesel, § 34 SGB VI Rn. 20 ff. 409 410

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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die höchste Hinzuverdienstgrenze überschritten wird, besteht Anspruch zwar nicht auf eine Vollrente, gegebenenfalls aber nach § 42 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI auf die entsprechend nächstniedrigere, gemäß § 115 Abs. 1 S. 2 SGB VI von Amts wegen zu leistende Teilrente.422 g) Renten wegen Erwerbsminderung nach §§ 43, 45 SGB VI Die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sind in § 33 Abs. 3 Nr. 1 – 5 SGB VI genannt. Auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wird gemäß § 94 Abs. 1 S. 1 SGB VI das „für denselben Zeitraum“ erzielte Arbeitsentgelt angerechnet, wenn die Beschäftigung vor Rentenbeginn aufgenommen und solange sie danach nicht ausgeübt worden ist. Entsprechendes gilt gemäß § 94 Abs. 2 SGB VI für Vorruhestandsgeld. Die Zeiträume, für die Arbeitsentgelt und Rente zustehen, müssen sich daher decken,423 wodurch die Gleichzeitigkeit von Einnahme und Rentenleistung ausdrücklich vorgegeben ist. Eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wird unbeschadet der vorrangig424 zu prüfenden Einkommensanrechnung nach § 94 SGB VI gemäß § 96a Abs. 1 S. 1 SGB VI425 nur geleistet, wenn die einschlägige Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird. Diese wird nicht überschritten, wenn das zu berücksichtigende Einkommen „im Monat“ die in § 96a Abs. 2 SGB VI genannten ihrerseits monatsbezogenen426 Beträge nicht übersteigt, wobei zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze im Laufe eines jeden Kalenderjahres gemäß § 96a Abs. 1 S. 2 SGB VI außer Betracht bleibt.427 Aufgrund dieser monatsbezogenen Hinzuverdienstgrenze428 ist die Gleichzeitigkeit der Berücksichtigung anderweitigem Erwerb für den jeweiligen Renten422 Dazu näher BSG 22. 9. 1999 – B 5 RJ 54 / 98 R – BSGE 84, 277 (279); BSG 4. 5. 1999 – B 4 RA 55 / 98 R – SozR 3 – 2600 § 34 Nr. 1; Löns, in: Kreikebohm, SGB VI, § 34 Rn. 12; Küttner / Schlegel, Personalbuch 2007, Rentnerbeschäftigung Rn. 22 ff. 423 Löns, in: Kreikebohm, SGB VI, § 94 Rn. 3, 6; KassKomm / Gürtner, § 94 SGB VI Rn. 5. 424 KassKomm / Gürtner, § 96a SGB VI Rn. 3. Siehe auch arg. e § 98 S. 1 Nr. 7 lit. a) SGB VI. 425 Gegebenenfalls ist die Übergangsvorschrift des § 313 SGB VI zu beachten. 426 Siehe die Bezugnahme auf die monatliche Bezugsgröße in § 96a Abs. 2 Nr. 2 SGB VI bzw. den monatlichen Rentenwert gemäß § 68 SGB VI in § 96a Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3, Nr. 4 SGB VI. 427 Näher zum „Hinzuverdienst“, den Hinzuverdienstgrenzen des § 96a SGB VI und der „monatlichen Gegenüberstellung“ BSG 6. 3. 2003 – B 4 RA 8 / 02 R – SozR 4 – 2600 § 313 Nr. 2; Küttner / Schlegel, Personalbuch 2007, Rentnerbeschäftigung Rn. 35 ff.; Wiegelmann, ZfS 2006, S. 33 (34 ff.); Straub, ZFSH / SGB 1997, S. 151 (152 ff.). 428 Siehe in diesem Zusammenhang auch die Änderung des § 100 Abs. 1 S. 2 SGB VI m. W. v. 1. 1. 2004, dazu BT-Drucks. 15 / 1893, S. 8 f., 13 f.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

umfang in jedem Fall hinsichtlich des jeweiligen Kalendermonats zwingend vorgegeben.429 Eine Vorgehensweise im Sinne einer Gesamtberechnung ist danach unzulässig. h) Zur Anrechnung von Einkommen auf sonstige Entgeltersatz- und Sozialleistungen aa) Verletztengeld der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß §§ 45 ff. SGB VII Das Verletztengeld im Rahmen des SGB VII wird von einer Berufsgenossenschaft nach Maßgabe der §§ 45 ff. SGB VII gewährt, namentlich gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, wenn der Versicherte infolge eines Versicherungsfalls430 arbeitsunfähig ist oder infolge einer Maßnahme der Heilbehandlung eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann und die weiteren Voraussetzungen nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII vorliegen.431 Verletztengeld wird gemäß § 47 Abs. 1 S. 1 SGB VII i. V. m. § 47 Abs. 1 S. 6, S. 7 SGB V, § 45 Abs. 8 SGB IX ebenso wie das Krankengeld „kalendertäglich“ gezahlt.432 Die Anrechnung von Einkommen auf das Verletztengeld regelt § 52 SGB VII. Danach wird ausdrücklich nur sachlich und der Höhe nach dort näher bestimmtes „gleichzeitig“ erzieltes Einkommen angerechnet.433 So besteht kein Anspruch auf Verletztengeld „für diesen Zeitraum“, wenn der Anspruchsteller „in dieser Zeit“ von seinem Arbeitgeber Lohnfortzahlung erhalten hat.434 Im Hinblick auf die ausdrückliche Anordnung der Gleichzeitigkeit kommt eine Gesamtberechnung nicht in Betracht.

429 KassKomm / Gürtner, § 96 a SGB VI Rn. 6, hier auch näher zum Verhältnis zu § 100 Abs. 1 S. 2 SGB VI n. F.; siehe auch BT-Drucks. 15 / 1893, S. 13. 430 Gemäß § 7 SGB VII sind vom Begriff des Versicherungsfalls in der gesetzlichen Unfallversicherung Arbeitsunfälle nach § 8 SGB VII und Berufskrankheiten nach § 9 SGB VII erfasst. 431 Näher KassKomm / Ricke, § 45 SGB VII Rn. 1 ff.; Gottschalk, SF-Medien Nr. 150, 1. Juni 2005, S. 45 ff. 432 Gottschalk, SF-Medien Nr. 150, 1. Juni 2005, S. 45 (48). 433 Näher zur somit ausdrücklich angeordneten Gleichzeitigkeit zwischen Leistung und Anrechnung LSG Rheinland-Pfalz 9. 11. 1999 – L 7 U 210 / 99 – HVBG-INFO 2000, S. 336 ff.; ferner SG Dresden 31. 5. 2002 – S 7 U 32 / 99 – HVBG-INFO 2002, S. 3396 ff.; ausführlich zur Anrechnung KassKomm / Ricke, § 52 SGB VII Rn. 2; Gottschalk, SF-Medien Nr. 150, 1. Juni 2005, S. 45 (52 ff.). 434 So LSG für das Saarland 15. 2. 2006 – L 2 U 15 / 02 – juris.

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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bb) Übergangsgeld gemäß §§ 160 ff. SGB III, §§ 20 f. SGB VI, §§ 49 ff. SGB VII oder §§ 44 ff. SGB IX Die Einkommensanrechnung auf das verschiedentlich gewährte Übergangsgeld435 regelt für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung die auch auf das Verletztengeld anzuwendende Vorschrift des § 52 SGB VII, nach der nur „gleichzeitig“ erzieltes Einkommen angerechnet wird.436 Als nunmehr einheitlich anzuwendende Anrechnungsvorschrift ist für den Bereich der Arbeitsförderung über die Verweisung in § 160 S. 2 SGB III,437 für die gesetzliche Rentenversicherung gemäß § 21 Abs. 1 SGB VI438 sowie nach § 6 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 4, Nr. 5 SGB IX für das Übergangsgeld der Rehabilitationsträger jeweils die Regelung des § 52 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX maßgebend.439 Deren Wortlaut allein lässt sich die zutreffende Anrechnungsmethode nicht entnehmen. Dass auf das Übergangsgeld „das Erwerbseinkommen aus einer Beschäftigung oder einer während des Anspruchs auf Übergangsgeld ausgeübten Tätigkeit, [ . . . ]“ anzurechnen ist, trifft über die Methode der Anrechnung in zeitlicher Hinsicht keine eindeutige Entscheidung. Insbesondere angesichts des Charakters als Entgeltersatzleistung sowie im Hinblick darauf, dass das Übergangsgeld der Rehabilitationsträger gemäß § 45 Abs. 8 Hs. 1 SGB IX für Kalendertage gezahlt wird, spricht indes alles dafür, im Rahmen von § 52 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX eine zeitabschnittsbezogene Anrechnung vorzunehmen. Auch in der Kommentar-Literatur wird angenommen, dass nur solches Einkommen anrechenbar ist, das „gleichzeitig“ erzielt wurde.440 cc) Berufsausbildungsbeihilfe gemäß §§ 59 ff. SGB III Auszubildende haben nach näherer Maßgabe der §§ 59 ff. SGB III Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe während einer beruflichen Ausbildung oder einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme, wenn die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen des § 59 Nr. 1 – 3 SGB III erfüllt sind. Die das auch in § 59 Nr. 3 SGB III zu Ausdruck gebrachte Bedürftigkeits- sowie Subsidiaritätsprinzip verkörpernde Einkommensanrechnung auf die Berufsausbil435 §§ 44 ff. SGB IX, i. V. m. §§ 160 ff. SGB III, i. V. m. §§ 20 f. SGB VI, §§ 49 ff. SGB VII. 436 Dazu gerade schon oben 3. Teil B. III. 2. h) aa). 437 Zu dieser Verweisung auch auf § 52 SGB IX Gagel / Lauterbach, SGB III, § 160 Rn. 14, 47. 438 Zu dieser auch § 52 SGB IX in Bezug nehmenden Verweisungsnorm Kreikebohm, in: Kreikebohm, SGB VI, § 20 Rn. 1, § 21 Rn. 1; zu der m. W. v. 1. 7. 2001 weggefallenen Anrechnungsvorschrift des § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI a. F., welche wie § 52 SGB VII ausdrücklich die „Gleichzeitigkeit“ normierte, siehe BSG 11. 6. 2003 – B 5 RJ 28 / 02 R – SozR 4 – 1300 § 24 Nr. 1. 439 Näher zur Anrechnung von Erwerbseinkommen nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX Majerski-Pahlen, in: Neumann / Pahlen / Majerski-Pahlen, SGB IX, § 52 Rn. 3, 4 ff. 440 KassKomm / Niesel, § 21 SGB VI Rn. 26, 27.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

dungsbeihilfe441 erfolgt im Wesentlichen nach Maßgabe von § 71 SGB III i. V. m. den dort in Abs. 2 S. 1, zum Teil nach S. 2 Nr. 1 – 3 abweichend, in Bezug genommenen Vorschriften der §§ 11 Abs. 4, 21 – 25 BAföG.442 Der Förderungsbetrag der Berufsausbildungsbeihilfe errechnet sich durch eine Subtraktion des anzurechnenden Einkommens von dem nach §§ 65 ff. SGB III ermittelten „Gesamtbedarf“.443 Nach § 71 Abs. 2 S. 1 SGB III i. V. m. § 22 Abs. 1 S. 1 BAföG sind als Berechnungszeitraum für die Anrechnung des Einkommens des Auszubildenden die zum Zeitpunkt der Antragstellung gemäß § 71 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 SGB III absehbaren Einkommensverhältnisse im „Bewilligungszeitraum“ maßgebend. Nach § 22 Abs. 2 BAföG wird auf den Bedarf jedes Kalendermonats des Bewilligungszeitraums der Betrag angerechnet, der sich ergibt, wenn das „Gesamteinkommen“ durch die Zahl der Kalendermonate des Bewilligungszeitraums geteilt wird.444 Dies kommt der gesetzlichen Anordnung einer Gesamtberechnung gleich. Allerdings bleiben „monatlich“ die in § 23 BAföG sowie § 71 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB III genannten Freibeträge anrechnungsfrei.445 Ähnliches gilt für die Anrechnung von Einkommen der Eltern und des Ehegatten gemäß § 24 BAföG. Nach § 24 Abs. 1 BAföG sind als Berechnungszeitraum die Einkommensverhältnisse im vorletzten Kalenderjahr vor Beginn des Bewilligungszeitraums maßgebend. Gemäß § 24 Abs. 4 S. 1 BAföG ist auf den Bedarf für jeden Kalendermonat des Bewilligungszeitraums ein Zwölftel des im Berechnungszeitraum erzielten „Jahreseinkommens“ anzurechnen.446 Monatlich anrechnungsfrei bleiben die in § 25 BAföG genannten Freibeträge.447 dd) Ausbildungsgeld gemäß §§ 104 ff. SGB III Behinderte Menschen haben während bestimmter Ausbildungsmaßnahmen i. S. v. § 104 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 SGB III Anspruch auf Ausbildungsgeld, wenn ein Übergangsgeld nicht erbracht werden kann. Für das Ausbildungsgeld gelten nach § 104 Abs. 2 SGB III die Vorschriften über die Berufsausbildungsbeihilfe entsprechend, soweit in den §§ 104 ff. SGB III nichts Abweichendes bestimmt ist. Die Einkom441 Ausführlich zur Berufsausbildungsförderung Gagel / Fuchsloch, SGB III, Vorb. vor § 59 Rn. 1 ff., § 59 Rn. 1 ff. 442 Dazu BSG 20. 10. 2005 – B 7a AL 12 / 05 R – SozR 4 – 4300 § 71 Nr. 2; BSG 30. 6. 2005 – B 7a / 7 AL 74 / 04 R – SozR 4 – 4300 § 71 Nr. 1; Sächsisches LSG 6. 2. 2003 – L 3 AL 267 / 01 – juris; Gagel / Fuchsloch, SGB III, § 71 Rn. 1 ff. 443 Gagel / Fuchsloch, SGB III, § 71 Rn. 15. 444 Zur Anrechnung von Einkommen des Auszubildenden Gagel / Fuchsloch, SGB III, § 71 Rn. 67 ff. 445 Näher zu den Freibeträgen Gagel / Fuchsloch, SGB III, § 71 Rn. 75 ff. 446 Zur Anrechnung von Eltern- und Ehegatteneinkommen siehe Gagel / Fuchsloch, SGB III, § 71 Rn. 82 ff., 127 ff. 447 Ausführlich zu den Eltern- bzw. Ehegatten-Freibeträgen Gagel / Fuchsloch, SGB III, § 71 Rn. 88 ff., 129.

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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mensanrechnung erfolgt gemäß § 108 Abs. 2 SGB III unter maßgeblicher Berücksichtigung monatlicher Freibeträge. Im Übrigen gelten gemäß § 104 Abs. 2 SGB III die Vorschriften über die Berufsausbildungsbeihilfe entsprechend.448 i) Zusammenfassung und Ergebnis Die weit überwiegende Mehrzahl der untersuchten Anrechnungsregelungen sieht eine zeitperiodenkongruente Einkommensanrechnung vor. So ist auf das Arbeitslosengeld Nebeneinkommen gemäß § 141 Abs. 1 S. 1 SGB III ausschließlich in dem Kalendermonat anzurechnen, in dem es erarbeitet worden ist, wodurch eine zeitabschnittsbezogene Anrechnungsmethode zwingend vorgegeben ist. Auf das Insolvenzgeld, vormals Konkursausfallgeld, ist anderweitiges Einkommen richtigerweise zeitabschnittsbezogen anzurechnen. Hervorzuheben ist, dass die Bundesagentur für Arbeit in ihrer Verwaltungspraxis zum Insolvenzgeld ausdrücklich die zeitabschnittsbezogene Anrechnungsmethode auch für § 615 S. 2 Alt. 2 BGB vertritt.449 Gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 1 SGB V ist bezogen auf den Krankengeldanspruch ein Gleichlauf zwischen dem Zeitraum des Erhalts von Arbeitsentgelt bzw. -einkommen und dem Ruhenszeitraum zwingend vorgesehen. Eine Überschuss-Verrechnung auf weitere Zeiträume im Sinne einer Gesamtberechnung ist somit unzulässig. Hinsichtlich des kalendermonatlichen Hinzuverdienstes zu Renten wegen Alters ist grds. ein zeitlicher Gleichlauf mit dem jeweiligen Renten-Einzelanspruch anzunehmen. Für die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sehen die Anrechnungsvorschriften der §§ 94, 96a SGB VI ausdrücklich die Gleichzeitigkeit von anderweitiger Einnahme und Rentenleistung vor. Lohnfortzahlung schließt Verletztengeld gemäß § 52 SGB VII zeitperiodenkongruent aus, so dass eine Gesamtberechnung nicht in Betracht kommt. Schließlich findet auch die Einkommensanrechnung auf das verschiedentlich gewährte Übergangsgeld jeweils zeitabschnittsbezogen statt. In wenigen anderen der untersuchten Regelungsbereichen ist hingegen eine der Gesamtberechnung nahe kommende Anrechnungsmethode anzunehmen. So ist in § 179 Abs. 3 SGB III die Anrechnung des anderweitig erlangten Entgelts auf das Kurzarbeitergeld, i. V. m. § 214 Abs. 2 S. 1 SGB III a. F. auf das Winterausfallgeld und i. V. m. § 175 Abs. 8 SGB III auf das Saison-Kurzarbeitergeld im Sinne einer Gesamtberechnung ausdrücklich vorgeschrieben. 448 Zur Berufsausbildungsbeihilfe siehe soeben 3. Teil B. III. 2. h) cc). Näher zur Einkommensanrechnung auf das Ausbildungsgeld Gagel / Lauterbach, SGB III, § 104 Rn. 6, § 108 Rn. 1 ff.; Roos, E., SGb. 2002, S. 667 ff. 449 Dazu oben 3. Teil B. III. 2. c) bb).

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

Ferner ist bei der Regelleistung des Arbeitslosengeldes II nach Maßgabe der Alg II-V eine Berücksichtigung bestimmter Einnahmen über den Zuflussmonat hinaus ausdrücklich vorgesehen. Zwar sind grds. der monatlichen Arbeitslosengeld II-Regelleistung unter Wahrung der Gleichzeitigkeit die monatlich zu berechnenden Einnahmen gegenüber zu stellen. Eine zeitlich rückgewandte Verrechnung im Sinne der Gesamtberechnungsmethode ist danach grds. unzulässig. Für bestimmte Einnahmen ist indes eine Berücksichtigung über den Zuflussmonat hinaus auf künftige Bedarfszeiträume vorgeschrieben, und zwar zum einen ausdrücklich nach der Anordnung in § 2 Alg II-V, zum anderen nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerwG. Zudem ist im Rahmen der Berufsausbildungsbeihilfe und des hieran angelehnten Ausbildungsgeldes eine der Gesamtberechnung nahekommende Einkommensanrechnung gesetzlich angeordnet. Auch für den Bereich der Anrechnung von Erwerbseinkommen auf öffentlichrechtliche Entgeltersatzleistungen ist somit im Ergebnis festzustellen, dass entgegen der pauschalen und undifferenzierten Äußerung des BAG von einer Anrechnung nach Zeitabschnitten im Gesetz sehr wohl die Rede ist, und zwar in mannigfaltigen Zusammenhängen und in den unterschiedlichsten Konstellationen.

3. Anrechnungsfragen im Zusammenhang mit dem Zusammentreffen von Sozialleistungen Bereits durch die innerstaatlichen Sozialleistungssysteme werden soziale Risiken mitunter mehrfach abgesichert. Dies hat zur Folge, dass der Gesetzgeber eine Vielzahl von Regelungen zur Abgrenzung von Zuständigkeiten und Leistungen, insbesondere Bestimmungen über vorrangige und nachrangige Leistungspflichten, vorläufige Leistungspflichten, Ausschlussregelungen, Ruhensvorschriften, Anrechnungsvorschriften, Erstattungsregelungen und anderes mehr geschaffen hat.450 Auch Leistungen eines ausländischen Sozialleistungsträgers, können in Übereinstimmung mit Art. 12 Abs. 2 EWG VO 1408 / 71451 die „Anrechnung“452 auf eine inländische Leistung der sozialen Sicherheit begründen oder das Ruhen von Sozialleistungsansprüchen in Anwendung bestimmter nationaler Antikumulierungsvorschriften auslösen.453 So stellt z. B. die italienische Altersrente eine zum Ruhen 450 Instruktiv zur Mehrfachsicherung sozialer Risiken Löcher, rv 2005, S. 61 ff., hier am Beispiel der Minderung der Erwerbsfähigkeit. 451 Näher zur EWG VO 1408 / 71 bereits oben 3. Teil B. III. 2. 452 Anstelle von „Anrechnung“ wird in der EWG VO 1408 / 71, z. B. Artt. 46a ff., der Begriff „Kürzung“ verwendet, was in der Sache keinen Unterschied macht. 453 Näher BSG 8. 7. 1993 – 7 RAr 64 / 92 – BSGE 73, 10 (11 ff. m. w. N., auch zur Rechtsprechung des EuGH).

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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des Anspruchs auf Arbeitslosengeld führende „ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art“ i. S. v. § 142 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, Abs. 2 S. 1 Nr. 3 lit. a), Abs. 3 SGB III dar.454 Eine niederländische Invaliditätsrente455 steht einer „Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung“ i. S. v. § 142 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 3 SGB III gleich.456 Im Folgenden werden einige Anrechnungsvorschriften hinsichtlich der zutreffenden Methode der Anrechnung in zeitlicher Hinsicht in der gebotenen Kürze betrachtet. Zu beachten ist, dass nicht die Anrechnung von Erwerbseinkommen, sondern vielmehr sonstigen Einkommens in Form anderer öffentlich-rechtlicher Leistungen der sozialen Sicherheit in Frage steht. a) Zusammentreffen von Renten nach §§ 33 ff. SGB VI mit „Einkommen“ i. S. v. §§ 89 ff. SGB VI Die Hinzuverdienstgrenze für die „Monats-Rente“ bezieht sich gemäß § 34 Abs. 2 S. 2 SGB VI ebenfalls auf den „Monat“.457 Somit ist Gleichzeitigkeit im Sinne einer zeitabschnittsbezogenen Einkommensberücksichtigung vorgegeben. Bestehen für „denselben Zeitraum“ Ansprüche auf mehrere Renten aus eigener Versicherung, wird gemäß § 89 Abs. 1 S. 1 SGB VI nur die höchste Rente geleistet. Das Abstellen auf „denselben Zeitraum“ findet sich durchweg auch in den weiteren Anrechnungsregelungen der §§ 89 ff. SGB VI.458 b) Zusammentreffen von Verletztengeld mit Leistungen der Arbeitsförderung Das Verletztengeld wird bei Leistungsempfängern nach dem SGB III gemäß § 47 Abs. 2 SGB VII in Höhe des Krankengeldes nach § 47b SGB V gezahlt, mithin in Höhe der zuletzt bezogenen Leistungen der Bundesagentur für Arbeit gemäß § 47b Abs. 1 S. 1 SGB V.459 Sofern die Leistung nach dem SGB III nach Maßgabe von § 126 SGB III bei unverschuldeter krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen fortgezahlt wird, ist sie auf das Verletztengeld anzurech454 Siehe BSG 29. 10. 1997 – 7 RAr 10 / 97 – BSGE 81, 134 (136 ff. m. w. N.); BSG 8. 7. 1993 – 7 RAr 64 / 92 – BSGE 73, 10 (13 ff. m. w. N.); LSG Rheinland-Pfalz 1. 12. 1999 – L 7 Ar 20 / 98 –, hier jeweils noch zu den Vorgängervorschriften §§ 142, 118 Abs. 1 Nr. 4 AFG. 455 Siehe dazu auch Art. 12 Abs. 4 EWG VO 1408 / 71. 456 Siehe BSG 24. 7. 1997 – 11 RAr 95 / 96 – BSGE 80, 295 (296 ff.), hier noch zu §§ 142, 118 Abs. 1 Nr. 3 AFG. 457 Dazu näher bereits oben 3. Teil B. III. 2. f). 458 Siehe nur §§ 90 Abs. 1 Hs. 1, 91 S. 1, 92 S. 1, 93 Abs. 1, 94 Abs. 1 S. 1 SGB VI. 459 Näher KassKomm / Ricke, § 47 SGB VII Rn. 10 unter Verweis auf KassKomm / Höfler, § 47 b SGB V Rn. 4 (9 ff.); Gottschalk, SF-Medien Nr. 150, 1. Juni 2005, S. 45 (48, 53).

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

nen.460 Sofern der Arbeitsunfall i. S. v. § 8 SGB VII während einer Sperrzeit nach § 144 SGB III eintritt, werden die Leistungen der Bundesagentur für Arbeit, die während der Sperrzeit ruhen, auf das Verletztengeld angerechnet.461 Im Hinblick auf die danach übereinstimmende Höhe der Leistungen stellen sich Fragen der Anrechnung in zeitlicher Hinsicht regelmäßig nicht. c) Anrechnung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld II auf Insolvenzgeld Auf das Insolvenzgeld ist im Einklang mit der Praxis der Bundesagentur für Arbeit462 pro rata temporis das für „denselben Zeitraum“ gezahlte Arbeitslosengeld sowie Arbeitslosengeld II anzurechnen.463 d) Zusammenfassung und Ergebnis Soweit sich die Frage nach dem zeitlichen Maßstab der Anrechnung überhaupt stellt, was beim Zusammentreffen von Verletztengeld mit Leistungen der Arbeitsförderung nicht der Fall ist, wird bei der Frage des Zusammentreffens von Sozialleistungen in den einschlägigen Anrechnungsregelungen auf „denselben Zeitraum“ oder den jeweiligen „Monat“ des Leistungsbezugs abgestellt. Insoweit wird ausdrücklich die Gleichzeitigkeit der einen Leistung mit dem zeitlichen Umfang der Berücksichtigung der anzurechnenden anderen Sozialleistung angeordnet. Dies gilt zum einen für das Zusammentreffen von Renten nach §§ 33 ff. SGB VI mit „Einkommen“ im Sinne der §§ 89 ff. SGB VI, zum anderen für die Anrechnung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld II auf das Insolvenzgeld. Eine der „Gesamtberechnung“ entsprechende Methode der Anrechnung ist demnach auch bei zusammentreffenden Sozialleistungen nicht anzuwenden.

IV. Jobst Gumperts Parallelwertung zum Rechtsgedanken des § 818 Abs. 3 BGB als Ausgangspunkt für den Vorwurf einer „Überdehnung des Bereicherungsverbots“ Der, soweit ersichtlich, erste dogmatische Widersacher der Gesamtberechnungslehre und Befürworter einer zeitabschnittsbezogenen Anrechnungsweise, Jobst Gottschalk, SF-Medien Nr. 150, 1. Juni 2005, S. 45 (53). Gottschalk, SF-Medien Nr. 150, 1. Juni 2005, S. 45 (53). 462 Merkblatt der Bundesagentur für Arbeit Nr. 10 zum Insolvenzgeld, Stand Januar 2006, Ziffer 1.4.1. 463 Siehe BSG 26. 7. 1999 – B 11 / 10 AL 5 / 98 B – ZInsO 2000, S. 174; Sächsisches LSG 17. 1. 2002 – L 3 AL 199 / 00 – juris; LSG Baden-Württemberg 18. 9. 2001 – L 13 AL 4587 / 00 – juris, jeweils noch zum Konkursausfallgeld. Zur zutreffenden zeitabschnittsbezogenen Anrechnung von Erwerbseinkommen auf Insolvenzgeld siehe oben 3. Teil B. III. 2. c). 460 461

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

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Gumpert, sah in der Gesamtberechnung einen Widerspruch zu der bereicherungsrechtlichen Wertung des § 818 Abs. 3 BGB. Hätte der Arbeitnehmer einen anderweitig erzielten Verdienst nicht für den normalen Lebensunterhalt ausgegeben oder ihn wertbeständig angelegt, sondern ihn zusätzlich verbraucht, „so brauchte er ihn nicht einmal herauszugeben, wenn es sich nicht um rechtmäßigen Verdienst, sondern um eine ungerechtfertigte Bereicherung gehandelt hätte.“464

1. Zutreffender Hinweis auf das „Bereicherungsverbot“ Gumpert ist zuzugeben, dass eine Herausgabe des gesamten anderweitigen Erwerbs des hinsichtlich der Rechtsgrundlosigkeit gutgläubigen Arbeitnehmers an den unterstellt rechtsgrundlos Leistenden, also den neuen Zwischenarbeitgeber, im Fall der Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB nicht in Betracht käme. Ob sich hieraus jedoch tragfähige Schlussfolgerungen dahingehend ziehen lassen, dass nicht der gesamte, sondern nur der zeitperiodisch jeweils übereinstimmende anderweitige Erwerb den Anspruch auf Annahmeverzugslohn gegen den Vertragsarbeitgeber mindernd anzurechnen sein dürfe, scheint indes zweifelhaft. Der bereicherungsrechtlichen Rückforderbarkeit nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB an den Leistenden liegt die Rechtsgrundlosigkeit des Geleisteten zu Grunde. Demgegenüber berührt die Anrechnung anderweitigen Erwerbs nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB, unbeschadet aller bestehenden Unklarheiten und Differenzen bei der Beurteilung ihres Normzwecks im Einzelnen,465 die Schmälerung des Anspruchs auf Annahmeverzugslohn. Dieser stellt sich jedoch im Hinblick auf die Person des den Zwischenerwerb Leistenden, also des Zwischenarbeitgebers, als Leistung eines Anderen, nämlich des im Annahmeverzug befindlichen Vertragsarbeitgebers, dar. Zwar lässt sich argumentieren, dass, wenn selbst an den Leistenden ein rechtsgrundloser Erwerb im Fall der Entreicherung nicht herausgegeben werden muss, warum dies dann der Sache nach an einen Dritten, den Vertragsarbeitgeber, geschehen soll? Ein zwingender Erst-recht-Schluss mit Gumpert ist jedoch m. E. im Hinblick auf die Verschiedenartigkeit der Konstellationen im Hinblick auf die Person des Leistenden nicht gerechtfertigt. Der Sache nach zutreffend ist es aber, wenn in der Anrechnungsregelung eine spezielle Ausprägung des aus Treu und Glauben folgenden „Bereicherungsverbots“, also des allgemeinen „Verbots“ des endgültigen Behaltendürfens einer „ungerechtfertigten Bereicherung“ gesehen wird.466 Ferner geht es in eine ähnliche, zutreffende Richtung, wenn auf die Nähe der Anrechnung zur Vorteilsausgleichung bzw. Vorteilsanrechnung hingewiesen wird, Gumpert, BB 1964, S. 1300 (1301). Dazu auch bereits oben 2. Teil C. II. 3. Zur Beurteilung des Normzweck des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB siehe noch ausführlich folgend unter 3. Teil D. 466 Siehe auch die gesetzliche Ausgestaltung dieses Verbots in den §§ 812 ff. BGB, zur Einstufung des Bereicherungsrechts als „Billigkeitsrecht“ noch folgend 3. Teil D. II. 2. a). 464 465

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

wie dies zutreffend auch von Vertretern der Gesamtberechnung, namentlich von Seiten des BAG, geschieht.467 Bei allen unbestreitbar bestehenden Unterschieden zwischen diesen beiden Rechtsinstituten ist die Abschöpfung eines ungerechtfertigt erlangten Vermögensvorteils jedenfalls von der sachlichen Wirkung im Ergebnis nicht allzu weit von der Anrechnung eines ausgleichungspflichtigen Vorteils entfernt. Anknüpfend an die Grundüberlegungen Gumperts zur thematischen Nähe der Anrechnung zu bereicherungsrechtlichen Wertungen ist es daher auf der Grundlage der auch hier favorisierten Lösung einer Anrechnung pro rata temporis zutreffend, der Gesamtberechnungsmethode eine „Überdehnung des Bereicherungsverbots“ vorzuwerfen.468 Wie noch folgend zu zeigen sein wird, insbesondere bei der Bestimmung des zutreffenden Normzwecks des § 615 S. 2 BGB, soll und kann nicht schlichtweg jede „Bereicherung“ bzw. jeder „Gewinn“ oder „Vorteil“ des Arbeitnehmers durch den Annahmeverzug des Arbeitgebers verhindert werden. Ein so verstandener Normzweck greift nämlich schon dann zu kurz, wenn der Zwischenverdienst als maßgeblicher Anrechnungsposten den Annahmeverzugslohn in seiner Gesamthöhe während aller in Frage stehenden Lohnzahlungsperioden übersteigt.469 Abgesehen von dem zutreffenden Vorwurf einer „Überdehnung des Bereicherungsverbots“ ist die Gesamtberechnungsmethode noch unter weiteren bereicherungsrechtlichen Aspekten kritisch zu würdigen, auf die sogleich eingegangen wird.

2. Bereicherungsrechtliches Behaltendürfen eines bei der Veräußerung der herauszugebenden Sache erzielten sachwertübersteigenden Gewinns nach §§ 812 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 2 BGB Hat der Bereicherungsschuldner Eigentum an einer Sache ohne Rechtsgrund erlangt, so ist er nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zur Herausgabe verpflichtet. Veräußert und übereignet er die zurückzuübereignende Sache in gutem Glauben470 an einen Dritten, so wird infolge dessen Eigentumserwerbs vom Berechtigten die Herausgabe unmöglich mit der Folge, dass der Bereicherungsschuldner gemäß § 818 Abs. 2 BGB zum Wertersatz verpflichtet ist. Erzielt der gutgläubige Bereicherungsschuldner, etwa weil er besonders geschickt verhandelt, bei der Weiterveräußerung einen den objektiven Sachwert übersteigenden Veräußerungsgewinn, so kann dieser nach wohl h. M. nicht durch den Bereicherungsgläubiger herausver467 Zur Nähe der Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB zur Vorteilsausgleichung oben 1. Teil D. II. 3. b). 468 So auch ArbG Berlin 5. 5. 2004 – 7 Ca 32770 / 03 – EzA-SD 2004, Nr. 13, S. 9. 469 Zur Fragwürdigkeit des Normzwecks einer „Gewinnvermeidung auf Kosten des Arbeitgebers“ siehe noch folgend unter 3. Teil D. I. 470 Der Bösgläubige ist hingegen im Ergebnis unstreitig auch zur Gewinnherausgabe verpflichtet.

B. Argumente aus dem Gesetzeszusammenhang

219

langt werden.471 Somit wird in dieser bereicherungsrechtlichen Fallkonstellation das Behaltendürfen eines „Gewinns“ bejaht, wenn und soweit der redliche Bereicherungsschuldner das rechtsgrundlos Erlangte wertübersteigend an einen Dritten veräußert. Das Freiwerden der Dienste des Arbeitnehmers, welche dieser dann anderweitig „gewinnbringend“ verwertet, geschieht hingegen nicht einmal in einer der Rechtsgrundlosigkeit bei § 812 BGB vergleichbaren Weise, sondern beruht einzig auf dem vom Arbeitgeber durch die Nichtannahme der Dienste herbeigeführten Annahmeverzug. Dem Arbeitnehmer kann die anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft im Übrigen sogar nach Maßgabe des § 615 S. 2 Alt. 3 BGB obliegen, während der Bereicherungsschuldner vor der Weiterveräußerung zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet ist. Es ist wertungsmäßig nicht nachvollziehbar, warum der Arbeitnehmer insoweit schlechter stehen soll, als der rechtsgrundlos Bereicherte. Auch ein Vergleich der Annahmeverzugssituation mit der geschilderten bereicherungsrechtlichen „Gewinnproblematik“ zeigt daher zum einen, dass ein Behaltendürfen eines erzielten Gewinns keinesfalls ein der Rechtsordnung fremdes Phänomen darstellt. Zum anderen wird deutlich, dass, wenn sogar der rechtlich in weit schwächerer Weise zur Weiterveräußerung berechtigte Bereicherungsschuldner einen Gewinn behalten darf, dies jedenfalls auch zugunsten des Arbeitnehmers zu gelten hat, der während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers Zwischenerwerb erzielt, was ihm unter den Voraussetzungen des § 615 S. 2 Alt. 3 BGB sogar obliegen kann.

3. Weitere bereicherungsrechtliche Überlegungen im Hinblick auf § 816 Abs. 1 S. 1 BGB Eine zusätzliche vorsichtige bereicherungsrechtliche Parallelwertung kann im Hinblick auf die Vorschrift des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB vorgenommen werden. Im Rahmen von § 816 Abs. 1 S. 1 BGB wird die Frage, ob die Verpflichtung des Nichtberechtigten zur Herausgabe des durch die dem Berechtigten gegenüber dinglich wirksame Verfügung „Erlangten“ auch einen den Wert des Gegenstandes übersteigenden Veräußerungserlös umfasst, zwar nach h. M. im Sinne der „Theorie der Gewinnhaftung“ bejahend beantwortet.472 Dies ist aber nach wie vor nicht gänzlich unumstritten und wird von den Anhängern der „Theorie der Werthaftung“ in Abrede gestellt.473 Es soll vorliegend zwar nicht die Verschiedenheit der Konstel471 Ausführlich zur sog. Gewinnproblematik MünchKomm-BGB / Lieb, § 818 Rn. 18 ff., 44 m. w. N. 472 Statt vieler: BGH 8. 1. 1959 – VII ZR 26 / 58 (Stoff-Färberei-Fall) – BGHZ 29, 157 (159 ff.); RG 28. 6. 1919 – V 180 / 16 – RGZ 88, 351 (359 ff.).; MünchKomm-BGB / Lieb, § 816 Rn. 29 f. m. w. N. 473 Soergel / Mühl, § 816 BGB Rn. 29; Staudinger / Lorenz, § 816 BGB Rn. 25; Loewenheim, BereicherungsR, S. 88 f., 106 ff.; Medicus, Bürgerliches R, Rn. 720 (723 ff., 726);

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

lationen bezweifelt, dennoch aber auf die strukturelle Ähnlichkeit zwischen einem den Wert der Sache übersteigenden Veräußerungserlös bei § 816 Abs. 1 S. 1 BGB und einem vom Arbeitnehmer während des Annahmeverzugs möglicherweise überobligationsmäßig erzielten und daher im Vergleich zum Annahmeverzugslohn höheren, anrechnungspflichtigen Zwischenerwerb nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB hingewiesen werden.

V. Zwischenergebnis zur systematischen Auslegung des § 615 S. 2 BGB Aus dem Verhältnis von § 615 S. 1 zu S. 2 BGB ergibt sich in Zusammenschau mit der Fälligkeitsregelung des § 614 BGB die rechtliche Selbständigkeit der einzelnen Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers, die auch während der Zeiträume des Annahmeverzugs des Arbeitgebers nicht beseitigt wird. Die Gesamtberechnungsmethode ist hiermit nicht zu vereinbaren. Die zeitabschnittsbezogene Anrechnung findet sich nicht nur im Rahmen zahlreicher Vorschriften des BGB, sondern ist darüber hinaus in weiten Teilen des öffentlichen Rechts und den dortigen Anrechnungsvorschriften zutreffend. Die pauschale Aussage des BAG, von einer Anrechnung nach Zeitabschnitten sei im Gesetz auch an anderer Stelle als in § 615 S. 2 BGB „keine Rede“, kann mithin als widerlegt angesehen werden. Auch bereicherungsrechtliche Wertungen deuten auf eine Überdehnung des Bereicherungsverbots durch die Gesamtbetrachtung und damit auf eine zeitabschnittsbezogene Anrechnung hin. In systematischer Hinsicht ergeben sich damit bereits hier474 maßgebliche Hinweise darauf, dass im Rahmen von § 615 S. 2 Alt. 2 BGB die pro rata temporisAnrechnungsmethode zutreffend ist.

Schlechtriem, SchuldR BT, Rn. 720; Jagmann, Wertersatz oder Gewinnhaftung?, S. 149 ff., 253 ff.; Lopau, Surrogationsansprüche und BereicherungsR, S. 14 ff., 21 ff.; Wieczorek, § 281 BGB, S. 137 ff.; Caemmerer, FS Rabel, S. 333 (356 ff.); ders., FS Lewald, S. 443 (447 f.); wegen § 242 BGB einschränkend auch Larenz / Canaris, SchuldR II / 2, S. 181, 267 (268 ff. m. w. N.). 474 Zur systematischen Untersuchung der Auswirkungen der unterschiedlichen Anrechnungsmethoden auf andere Rechtsgebiete siehe noch folgend im 4. Teil der Untersuchung.

C. Entstehungsgeschichte des § 615 S. 2 BGB

221

C. Entstehungsgeschichte des § 615 S. 2 BGB I. Überblick über die Entstehungsgeschichte des § 615 BGB Die der heutigen Bestimmung des § 615 BGB, abgesehen vom neu angefügten S. 3, entsprechende Vorschrift des § 561 Entwurf I475 beruht ihrerseits auf Art. 625 des Dresdner Entwurfs.476 Durch § 615 S. 1 BGB wollte der historische BGB-Gesetzgeber das bei der Sachmiete geltende Prinzip aus § 537 Abs. 1 S. 1 BGB,477 wonach ein Mieter, der aus persönlichen Gründen sein Gebrauchsrecht an der Mietsache nicht ausüben kann, zur Gegenleistung verpflichtet bleibt, auch für das Dienstvertragsrecht verwirklichen.478 Anders als bei der Sachmiete, bei der die bloße Überlassung der Mietsache zum Gebrauch gemäß §§ 535 Abs. 1 S. 1, 537 Abs. 1 S. 1 BGB bereits die Erfüllung der mietvertraglichen Hauptpflicht bedeutet, sollte bei dem damals noch als „Dienst-Miethe“ angesehenen Dienstvertrag, allein das Bereithalten bzw. zur-Verfügung-stellen der Arbeitskraft durch den vorleistungspflichtigen Dienstschuldner noch keine Erfüllung der Dienstleistungsverpflichtung bedeuten.479 Auch eine Erfüllungs-Fiktion allein durch das Anbieten der Dienste wurde zwar diskutiert, letztlich aber als „wenig passend“ abgelehnt.480 „Angemessener und zugleich einfacher ist es vielmehr, die an die Fiktion sich knüpfenden Folgen hervorzuheben [ . . . ].“481 Für die Vergütungsfortzahlungsverpflichtung sollten unabhängig von einem Verschulden des Dienstberechtigten allein die Voraussetzungen des Annahmeverzugs nach §§ 293 ff. BGB maßgeblich sein.482 Die Anrechnungsregelung des § 615 S. 2 BGB483 sollte nach Ansicht des Gesetzgebers im Wesentlichen der mietrechtlichen Bestimmung in nunmehr § 537 Abs. 1 S. 2 BGB484 entsprechen.485 475 Bzw. § 556 Entwurf II, § 608 Entwurf III; siehe Motive II, S. 461 ff.; Protokolle II, S. 279 f. 476 Zu dieser bedeutsamen Regelung noch näher unter 3. Teil C. III. 3. 477 Bzw. § 552 S. 1 BGB a. F., § 518 S. 1 Entwurf I. 478 Motive II, S. 461 ff.; näher MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 2; Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 3 ff. m. w. N. Zu der vom BGB-Gesetzgeber angenommenen Verwandtschaft von Miet- und Dienstvertrag siehe Fabricius, Leistungsstörungen im Arbeitsverhältnis, S. 12 ff., 58 ff.; kritisch Hüffer, Leistungsstörungen, S. 31 ff. 479 Nach a. A. soll die Vertragserfüllung bereits durch bloße Leistungsbereitschaft des Dienstpflichtigen eintreten, Stebut, RdA 1985, S. 66 (69 ff.). 480 Motive II, S. 461 (462). 481 Motive II, S. 461 (462 f.); näher zum Ganzen Jakobs / Schubert, Beratung des BGB, §§ 433 – 651, S. 767 (769 f.); Mugdan I, S. 257, 899; Heinze, DB 1985, S. 111 (116). 482 Motive II, S. 68 (69). 483 § 561 S. 2 Entwurf I, § 556 S. 2 Entwurf II, § 608 S. 2 Entwurf III. 484 § 552 S. 2 BGB a. F., § 518 S. 2 Entwurf I. 485 Motive II, S. 463, 400. Zur Untersuchung der Anrechnungsvorschrift des § 537 Abs. 1 S. 2 BGB in systematischer Hinsicht siehe bereits oben 3. Teil B. II. 4.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

Während die Vorschriften der § 615 S. 1 und S. 2 BGB seit ihrem Inkrafttreten zum 1. 1. 1900 keine gesetzgeberischen Änderungen erfuhren, wurde durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz486 m. W. v. 1. 1. 2002487 neben der amtlichen Überschrift unter Übernahme der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Betriebsrisikolehre488 ein bereits vielfach kritisierter489 S. 3 an § 615 BGB angefügt. Danach gelten S. 1 und S. 2 des § 615 BGB in den Fällen entsprechend, „in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.“490

II. Zu den Vorgängerregelungen des § 615 BGB im Allgemeinen Die Vorschrift des § 615 BGB geht abgesehen von S. 3 unmittelbar auf § 561 Entwurf I zurück.491 Von der Ersten Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfes eines BGB wurde ihrerseits als Regelungsvorbild für § 561 Entwurf I insbesondere die Bestimmung des Art. 625 des Dresdner Entwurfs herangezogen.492 Diese somit vor allem unter rechtshistorischen Aspekten für das Verständnis des § 615 BGB bedeutsame Vorgängerregelung lautet vollständig wie folgt:493 „Art. 625 1

Können die Dienste durch Verschulden des Dienstherrn oder wegen eines in dessen Person eingetretenen Zufalls nicht oder nur theilweise geleistet werden, während der DienstGesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. 11. 2001, BGBl. I S. 3138 (3166). Zu den Übergangsvorschriften des Art. 229 § 5 S. 1 i. V. m. S. 2 EGBGB bis zum 1. 1. 2003 für vor dem 1. 1. 2002 begründete Dauerschuldverhältnisse siehe Heß, NJW 2002, S. 253 (254 ff.). 488 Stellungnahme des Bundesrates, in: Anlage 2 zur BT-Drucks. 14 / 6857, S. 6 (11); Gegenäußerung der Bundesregierung, in: Anlage 3 zur BT-Drucks. 14 / 6857, S. 42 (47 f.); Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, in: BT-Drucks. 14 / 7052, S. 204, jeweils zum Gesetzesentwurf der Regierungsfraktionen, in: BT-Drucks. 14 / 6040. 489 Z. B. Auktor, ZTR 2002, S. 464 f.; Dauner-Lieb, AnwKomm SchuldR, § 615 BGB Rn. 2 m. w. N. spricht von einer überaus problematischen „Merkzettel-Gesetzgebung“; Picker, FS Huber, S. 497 (533 ff.): „verdunkelnder Rückschritt“; Medicus, SchuldR BT, Rn. 330: „nichtssagender Pleonasmus“. 490 Dazu auch Palandt / Putzo, SMG Ergänzungsband, § 615 BGB Rn. 1 ff.; Luke, NZA 2004, S. 244 ff. 491 Motive II, S. 461 ff.; Protokolle II, S. 279 f. 492 Motive II, S. 461 (462 f.); Jakobs / Schubert, Beratung des BGB, §§ 433 – 651, S. 767 ff.; Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 3. Ausführlich zum Ganzen Schubert / Kübel, Vorlagen der Red., S. 553 (554), 561 (607 ff.). Zu den arbeitsrechtlichen Regelungen im Dresdner Entwurf Bernert, Arbeitsverhältnisse im 19. Jhd., S. 221 ff. 493 Wiedergegeben bei Jakobs / Schubert, Beratung des BGB, §§ 433 – 651, S. 767; Schubert / Kübel, Vorlagen der Red., S. 554; Neudrucke, Dresdener Entwurf, S. 123 f.; H. d. d. V. 486 487

C. Entstehungsgeschichte des § 615 S. 2 BGB

223

verdinger zu der Dienstleistung bereit war, so ist der Dienstherr verpflichtet, dem Dienstverdinger neben der Entrichtung des vertragsgemäßen Lohnes auch die von ihm gemachten, nicht im Lohne begriffenen Auslagen zu erstatten. 2Hat der Dienstverdinger während der betreffenden Zeit einen anderen Verdienst gehabt, so kann der Dienstherr einen entsprechenden Abzug machen. 3Ebenso kann er, wenn ein Theil des Lohnes zum Ersatze von Auslagen bei der Dienstleistung bestimmt und diese wegen Unterbleibens der Dienstleistung nicht gemacht worden sind, jenen Theil des Lohnes in Abzug bringen.“

Ihrer systematischen Stellung nach handelte es sich um eine Vorschrift des besonderen Schuldrechts,494 was die Vergleichbarkeit mit den auf ihr beruhenden BGB-Regelungen unterstreicht. Neben der für § 615 BGB bedeutsamsten Vorgängerregelung des Art. 625 Dresdner Entwurf wurde von der Ersten Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfes eines BGB auch auf das gemeine Recht, hier insbesondere § 912 ALR,495 sowie weitere „moderne Gesetzbücher und Entwürfe“ Bezug genommen,496 so vor allem auf §§ 1235, 870, 1239 Sächsisches G. B.,497 § 1155 Oesterreichisches G. B.,498 Art. 222 Hessischer Entwurf499 sowie Art. 498 Bayrischer Entwurf.500 494 Zweiter Theil „Von den Schuldverhältnissen im Besonderen“. Dritte Abtheilung „Schuldverhältnisse aus Verträgen, welche auf eine Dienstleistung oder auf eine Werkleistung gerichtet sind“. Erstes Hauptstück „Dienstverdingung“ (Art. 614 – 633.). 495 § 912 ALR lautet: „In den Fällen des § 909, 910 muß der Arbeiter dasjenige, was er in der Zwischenzeit durch anderweitige Beschäftigungen erworben, oder doch zu erwerben erweislich Gelegenheit gehabt hat, auf die ihm zukommende Vergütung sich abrechnen lassen.“ Nach § 909 ALR schuldet der „Dingende“ dem „Arbeiter“ „Vergütung des gewöhnlichen Tagelohns für die Zwischenzeit“. Näher Schubert / Kübel, Vorlagen der Red., S. 613 f. 496 Motive II, S. 461 (462 m. w. N.). 497 Abgedruckt in: Neudrucke, Sächsisches BGB, S. 150, 105, 151; Schubert / Kübel, Vorlagen der Red., S. 615 f. Maßgeblich für die Frage der Anrechnung ist insbesondere § 1239 S. 2 sächsisches G. B.: „Der Dienstberechtigte kann einen verhältnismäßigen Abzug machen, wenn der Dienstleistende dadurch, daß er die Dienste nicht geleistet, Etwas erspart oder anderweit Etwas durch Dienstleistungen erworben hat, was er außerdem nicht erworben haben würde.“, H. d. d. V. 498 Wiedergegeben bei Schubert / Kübel, Vorlagen der Red., S. 615. Diese Regelung enthält indes keine Äußerung zur Frage der Anrechnung. 499 Wiedergegeben bei Schubert / Kübel, Vorlagen der Red., S. 616: „Ist der Dingende durch eigene Schuld oder durch Zufall verhindert, von den gedungenen Diensten Gebrauch zu machen, so muß er gleichwohl den versprochenen Lohn dem Dienstverdinger zahlen, vorausgesetzt, dass der letzere zur Dienstleistung bereit und ihm nicht nachgewiesen werden kann, dass er unterdessen einen anderen Dienst zu erwerben imstande war. Waren jedoch bei der Dienstleistung Aufwendungen zu machen, so kann der Dingende den Betrag der wegen Nichtleistung der Dienste ersparten Aufwendungen in Abzug bringen.“ 500 Wiedergegeben bei Schubert / Kübel, Vorlagen der Red., S. 617: „Verweigert der Dingende die ihm rechtzeitig angebotene Dienstleistung anzunehmen oder vollenden zu lassen, oder ist er durch einen Zufall, welcher seine Person oder seine Sache betroffen hat, oder durch seine eigene Schuld verhindert, davon Gebrauch zu machen, so ist er gleichwohl verpflichtet, den versprochenen Lohn zu zahlen und die bereits gemachten, im Lohne nicht begriffenen Auslagen des Dienstverdingers zu ersetzen, jedoch nur insoweit diesem nicht ein gleichartiger Verdienst zu Gebote stand. Den in dem Dienstlohne inbegriffenen Ersatz für

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

Der Code civil sowie das schweizer Gesetz über das Obligationenrecht waren insoweit wenig ergiebig.501 Soweit in Art. 625 S. 2 Dresdner Entwurf von „Abzug“ die Rede ist, ist der Sache nach nichts anderes gemeint als die hier in Rede stehende „Anrechnung“; eine Terminologie, welche nachfolgend der Entwurf I in § 561 S. 2 als maßgebliches Regelungsvorbild des heutigen § 615 S. 2 BGB übernahm.

III. Vorläuferregelungen der Anrechnungsvorschrift des § 615 S. 2 BGB im Besonderen 1. § 561 S. 2 Entwurf I Die direkte Vorgängerregelung zur Anrechnungsvorschrift des § 615 S. 2 BGB findet sich in § 561 S. 2 Entwurf I.502 2. Teilweise Ähnlichkeit des § 518 S. 2, S. 3 Entwurf I mit § 561 S. 2 Entwurf I Ähnliche, zum Teil jedoch von § 561 S. 2 Entwurf I abweichende Bestimmungen enthielten nach Ansicht des Gesetzgebers die mietrechtlichen Anrechnungsvorschriften des § 518 S. 2, S. 3 Entwurf I.503 Nachdem in § 518 S. 2 Entwurf I zunächst im Hinblick auf die „Analogie der Verhältnisse“504 die entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 368 Abs. 2 S. 2 Entwurf I505 angeordnet werden sollte, wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens beschlossen, „den Inhalt der angezogenen Gesetzesbestimmung direkt zum Ausdruck zu bringen.“506 a) Art. 561 des Dresdner Entwurfs als Grundlage für § 518 Entwurf I Die mietrechtlichen „Anrechnungs“-Vorschriften des § 518 S. 2, S. 3 Entwurf I507 beruhten ihrerseits wesentlich auf der Regelung des Art. 561 des Dresdner Entwurfs,508 welche wie folgt lautet:509 Auslagen des Verdingers kann der Dingende diesem soweit in Abrechnung bringen, als sie demselben wegen Unterlassung der Dienstleistung erspart bleiben.“, H. d. d. V. 501 Schubert / Kübel, Vorlagen der Red., S. 615. 502 Bzw. § 556 S. 2 Entwurf II, § 608 S. 2 Entwurf III. 503 § 552 S. 2, S. 3 BGB a. F., nunmehr § 537 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB. Motive II, S. 463, 400, 209, dort Fn. 1. 504 Motive II, S. 461 (463). 505 § 275 Abs. 1 S. 2 Entwurf II, § 318 Abs. 1 S. 2 Entwurf III, § 324 Abs. 1 S. 2 BGB a. F., nunmehr § 326 Abs. 2 S. 2 BGB. 506 Näher zum Ganzen Jakobs / Schubert, Beratung des BGB, §§ 433 – 651, S. 767 (770 f.). 507 Nachfolgend § 552 S. 2, S. 3 BGB a. F., nunmehr § 537 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB.

C. Entstehungsgeschichte des § 615 S. 2 BGB

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„Art. 561 Kann der Miether aus Verschuldung oder wegen eines in seiner Person eingetretenen Zufalles während der Dauer der Miethzeit von der gemietheten Sache keinen oder nur einen beschränkten Gebrauch machen, so bleibt er zur Entrichtung seiner vollen Gegenleistung verbunden, vorausgesetzt, dass der Vermiether die vermiethete Sache zu dem vertragsmäßigen Gebrauche des Miethers bereit gehalten, insbesondere dieselbe nicht selbst gebraucht oder einem Dritten zum Gebrauche überlassen hat.“

b) Folgerungen aus der Bezugnahme des historischen BGB-Gesetzgebers auf die römisch-rechtliche „locatio conductio operarum“ sowie die Bestimmungen über die „Sach-Miethe“ Bereits im römischen und später im gemeinen Recht wurde der heute als Dienstvertrag i. S. v. § 611 BGB bekannte Vertragstypus als „Miete von Diensten“ bzw. „Dienstmiete“ angesehen,510 ursprünglich als ein Unterfall der römisch-rechtlichen locatio conductio511 bzw. nachfolgend für den Bereich entgeltlicher Dienstleistungen der locatio conductio operarum.512 In den Motiven zum BGB finden sich dementsprechend nicht nur an vorgenannter Stelle zu § 561 Entwurf I Verweisungen vom Dienstvertragsrecht auf den Regelungsgehalt von Vorschriften über die Sachbzw. Raum-„Miethe“. So erfolgt bereits einleitend zu den dienstvertraglichen Regelungen in § 559 Entwurf I513 die Bezugnahme auf § 503 Entwurf I:514 „Die Anlehnung an den Miethvertrag empfiehlt sich im Hinblicke auf die nahe Verwandtschaft beider Verträge.“515 Durch die Regelung des § 561 S. 1 Entwurf I516 508 Motive II, S. 463, 400; Jakobs / Schubert, Beratung des BGB, §§ 433 – 651, S. 488 ff., 767 ff. 509 Wiedergegeben in: Neudrucke, Dresdener Entwurf, S. 112. 510 Windscheid / Kipp, PandektenR II, S. 744 ff. 511 Die locatio conductio des römischen Rechts umfasste indes neben dem Vertragstyp Dienstvertrag (locatio conductio operarum) vor allem auch den Sach-Mietvertrag und die Pacht (locatio conductio rei) sowie den Werkvertrag (locatio conductio operis). Näher zu Typologie und Abgrenzung Mayer-Maly, Locatio conductio, insbesondere S. 17, 22 ff. m. w. N.; ferner Windscheid / Kipp, PandektenR II, S. 744 (749 f., 751 ff.); Kaser, Römisches PrivatR, S. 468 ff.; Ramrath, FS Leinemann, S. 347 (348); Mayer-Maly, RdA 1967, S. 281 (284). 512 Näher zu den römisch-rechtlichen Grundlagen des Dienst- bzw. Arbeitsrechts MayerMaly, RdA 1967, S. 281 ff., zur „locatio conductio operarum“ insbesondere S. 284 ff. m. w. N.; ferner Ogris, RdA 1967, S. 286 (287 m. w. N.). Näher zur Bedeutung historischer Rechtsinstitute für die Gestaltung der Vergütungsregelungen der §§ 611 ff. BGB Cottmann, Vergütung von Arbeitsleistungen, S. 67 ff. 513 Nachfolgend heute die Grundnorm des Dienst- bzw. Arbeitsvertragsrechts, § 611 BGB. 514 Siehe die heutige mietvertragsrechtliche Grundnorm in § 535 BGB. 515 So Motive II, S. 455 ff.; siehe auch Motive II, S. 461, zum Verweis in § 560 Entwurf I (§ 614 BGB) auf § 517 Entwurf I (§ 551 BGB a. F., nunmehr §§ 556b Abs. 1, 579 BGB); Motive II, S. 464 f., zum Verweis in § 563 Entwurf I (§§ 620 ff. BGB) auf § 522 Entwurf I

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

wollte der Gesetzgeber das bei der Sachmiete geltende Prinzip aus § 518 S. 1 Entwurf I,517 wonach ein Mieter, der aus persönlichen Gründen sein Gebrauchsrecht an der Mietsache nicht ausüben kann, zur Gegenleistung verpflichtet bleibt, auch für das Dienstvertragsrecht verwirklichen.518 Der Vertragstyp des Dienstvertrages wurde somit noch vom historischen Gesetzesverfasser gleichsam als eine Art „Miethe von Diensten“ in Anlehnung an die „Dienstmiethe“ bzw. Sklavenmiete im Sinne der römisch-rechtlichen locatio conductio operarum angesehen;519 ein bereits damals nicht unumstrittenes Verständnis, das jedenfalls heute nicht mehr geteilt werden kann.520 Insofern lassen sich für vorliegende Fragestellung allgemein aus der Bezugnahme der dienstvertraglichen auf die mietrechtlichen Vorschriften keine tragfähigen Schlüsse ziehen, unbeschadet der systematischen Untersuchung der mit § 615 S. 2 BGB korrespondierenden mietvertraglichen Anrechnungsvorschrift des § 537 Abs. 1 S. 2 BGB.521

c) Übereinstimmung des § 518 S. 2 Entwurf I mit dem Regelungsgehalt des § 368 Abs. 2 S. 2 Entwurf I Der im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens letztlich selbständig kodifizierte Inhalt der durch § 518 S. 2 Entwurf I „angezogenen Gesetzesbestimmung“ des § 368 Abs. 2 S. 2522 Entwurf I ist der folgende:523 „Der Gläubiger ist jedoch berechtigt, den Geldwerth der Aufwendungen, welche der Schuldner in Folge der Nichtleistung erspart hat, und, wenn die Nichtleistung den Schuldner zur anderweiten Verwendung seines Arbeitsvermögens in den Stand gesetzt hat, auch den Geldwerth des Erwerbs, welchen der Schuldner durch die anderweite Verwerthung seines Arbeitsvermögens gemacht oder zu machen böswillig unterlassen hat, in Abzug zu bringen.“ (§§ 564 f. BGB a. F., nunmehr §§ 542, 573c, 580a BGB); Motive II, S. 468, zum Verweis in § 565 Entwurf I (§ 625 BGB) auf § 524 Entwurf I (§ 568 BGB a. F., nunmehr § 545 BGB). 516 Nachfolgend § 615 S. 1 BGB. 517 § 537 Abs. 1 S. 1 BGB, § 552 S. 1 BGB a. F. 518 Motive II, S. 461 ff. 519 Motive II, S. 455 (456 m. w. N.). Zur Verwandschaft von locatio conductio operarum und „Sachenmiethe“ siehe bereits Mommsen, Beiträge ObligationenR I, S. 352 (353 ff. m. w. N.). 520 Statt aller: MünchKomm-BGB / Müller-Glöge, § 611 Rn. 4 m. w. N. 521 Zur Untersuchung des § 537 Abs. 1 S. 2 BGB in systematischer Hinsicht siehe 3. Teil B. II. 4. 522 S. 1 des § 368 Abs. 2 Entwurf I lautet: „Ist die Leistung infolge eines von dem Gläubiger zu vertretenden Umstandes oder, nachdem der Gläubiger in Verzug gekommen ist, unmöglich geworden, so behält der Schuldner das Recht auf die Gegenleistung.“ 523 Näher dazu Jakobs / Schubert, Beratung des BGB, §§ 241 – 432, S. 472, 210 ff.

C. Entstehungsgeschichte des § 615 S. 2 BGB

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Da sich diese allgemeine schuldrechtliche Regelung zwar auf gegenseitige Verträge im Sinne der §§ 320 ff. BGB bezieht, nicht jedoch speziell auf Dauerschuldverhältnisse zugeschnitten ist, ist das Fehlen eines zeitlichen Anhaltspunktes im Wortlaut der Vorschrift nachvollziehbar. Hieraus lässt sich indes nicht der Schluss ziehen, dass eine zeitabschnittsbezogene Betrachtungsweise entfiele. Wie anhand der Nachfolgeregelung in § 326 Abs. 2 S. 2 BGB gezeigt wurde, ist das Gegenteil der Fall.524

3. Übereinstimmung der Anrechnung bei § 561 S. 2 Entwurf I mit Art. 625 S. 2 des Dresdner Entwurfs Das aus der Anwendung der Anrechnungsvorschrift des § 561 S. 2 Entwurf I sich ergebende Resultat, mithin jedenfalls das im Wege der Anrechnung erzielte sachliche Ergebnis, stimmt nach Ansicht des Gesetzgebers überdies im Wesentlichen mit dem damals „geltenden Rechte und den neueren Entwürfen überein“.525 Neben Art. 625 des Dresdner Entwurfs wurde insoweit auf das gemeine Recht sowie weitere Gesetzgebungswerke Bezug genommen, insbesondere auf § 1239 Sächsisches G. B., Art. 222 Hessischer Entwurf und Art. 498 Bayrischer Entwurf.526 Von besonderer Bedeutung für das historische Verständnis des § 561 S. 2 Entwurf I bzw. nachfolgend des § 615 S. 2 BGB ist die hinsichtlich ihres Inhalts bereits in den Beratungen umstrittene Anrechnungs-Vorschrift des Art. 625 S. 2 des Dresdner Entwurfs.527 Dieser Befund ergibt sich vor allem auch vor dem Hintergrund der Vorbildfunktion des gesamten Art. 625 des Dresdner Entwurfs für die Regelung des § 561 Entwurf I und damit nachfolgend des § 615 BGB im Allgemeinen.528 Die näher zu betrachtende Vorschrift des Art. 625 S. 2 des Dresdner Entwurfs lautet wie folgt: „Art. 625 1

2

[ . . . ] Hat der Dienstverdinger während der betreffenden Zeit einen anderen Verdienst gehabt, so kann der Dienstherr einen entsprechenden Abzug machen. 3[ . . . ]“529

524 Näher zur Analyse des § 326 Abs. 2 S. 2 BGB, vormals § 324 Abs. 1 S. 2 BGB a. F., 3. Teil B. II. 3. 525 Motive II, S. 461 (463 m. w. N.), hier noch hinsichtlich der in § 561 S. 2 Entwurf I zunächst angeordneten entsprechenden Anwendung des § 368 Abs. 2 S. 2 Entwurf I. 526 Motive II, S. 461 (463 m. w. N.). Näher zu diesen Regelungen bereits oben 3. Teil C. II. 527 Näher Bernert, Arbeitsverhältnisse im 19. Jhd., S. 231 f. m. w. N. 528 Dazu bereits oben 3. Teil C. II. 529 H. d. d. V.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

a) Ausdrückliche Statuierung eines zeitlichen Elements im Rahmen der Anrechnung Erst in dieser Vorgängervorschrift zu § 615 S. 2 BGB findet sich ausdrücklich ein zeitliches Element bezüglich der Berücksichtigung anderweitigen Erwerbs des Dienstleistenden. Nur das, was „während der betreffenden Zeit“ anderweitig verdient wurde, begründet einen „entsprechenden Abzug“. Die „betreffende Zeit“ in diesem Sinne ist erst in Zusammenschau mit S. 1 des Art. 625 des Dresdner Entwurfs zu erfassen.530 Gemeint ist diejenige Zeit, in welcher die Dienste durch Verschulden des Dienstherrn oder wegen eines in dessen Person eingetretenen Zufalls nicht geleistet werden können, während der Dienstverdinger indes zu der Dienstleistung bereit war. Die Passage „während der betreffenden Zeit“ i. S. v. Art. 625 S. 2 Dresdner Entwurf bedeutet danach „während desjenigen Zeitraums, in welchem sich der Arbeitgeber in Annahmeverzug befindet“. Über die nähere rechtliche Qualifizierung dieses „Zeitraums“, etwa dessen eventuelle Unterteilung seinerseits in einzelne Leistungs- und Lohnzahlungs-Perioden, ist dabei noch keine Aussage getroffen. b) Abzug von dem „vertragsgemäßen Lohn“ Der von Art. 625 S. 2 des Dresdner Entwurfs in Bezug genommene „vertragsgemäße Lohn“ nach Art. 625 S. 1 Dresdner Entwurf war bereits nach der Fassung dieses Entwurfs insbesondere auch durch die zeitliche Periodizität der einzelnen Vergütungsansprüche gekennzeichnet. Dies gilt jedenfalls für die vorliegend untersuchten Fälle regelmäßig zu erbringender, wiederkehrender Leistungen im Rahmen eines auf Dauer angelegten Schuldverhältnisses „Arbeitsverhältnis“. Einen irgendwie gearteten „Gesamtanspruch“ sah dieser Entwurf ebensowenig wie die nachfolgenden Entwürfe eines BGB vor. So bestimmt Art. 616 S. 1 des Dresdner Entwurfs zunächst, dass der Lohn in Geld oder anderen Leistungen bestehen kann, und sodann in S. 2 der Vorschrift:531 „Derselbe kann für die zu leistenden Dienste im Ganzen oder nach den Gegenständen, auf welche sich die Dienstleistung bezieht (nach Stücken), oder nach dem Maß derselben oder nach Zeitabschnitten bestimmt sein.“ In Übereinstimmung mit der heutigen Regelung des § 614 S. 1 BGB532 war bereits in deren Vorgängerregelung Art. 624 des Dresdner Entwurfs der Grundsatz der Vorleistungspflicht des Dienstverdingers statuiert, indem dort bestimmt war: „Der Dienstherr ist, sofern nicht etwas anderes vereinbart oder üblich ist, den Lohn 530 Dies wird in BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (34) offenbar übersehen, wenn nur S. 2 von Art. 625 des Dresdner Entwurfs in Bezug genommen wird; dazu schon oben 2. Teil B. III. 531 Dazu Bernert, Arbeitsverhältnisse im 19. Jhd., S. 225 f. 532 Siehe vormals § 560 S. 1 Entwurf I; näher dazu Motive II, S. 461 m. w. N.

C. Entstehungsgeschichte des § 615 S. 2 BGB

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erst nach Beendigung der Dienstleistung zu entrichten verpflichtet.“ Im Einklang mit den mietrechtlichen Fälligkeitsvorschriften533 wurde zudem über Art. 624 Dresdner Entwurf hinausgehend der S. 2 des § 560 Entwurf I angefügt, welcher nunmehr § 614 S. 2 BGB entspricht.534 c) Zeitlicher und / oder sachlicher Bezugspunkt des „entsprechenden Abzugs“ Fraglich ist, worauf sich der nach Art. 625 S. 2 des Dresdner Entwurfs allein zulässige „entsprechende“ Abzug bezieht. Gemeint sein könnte zum einen schlicht der „andere Verdienst“ in seiner unter Zusammenfassung aller Lohnzahlungsperioden möglichen Gesamtheit. Der „entsprechende Abzug“ könnte auch maßgeblich in zeitlicher Hinsicht auf dasjenige bezogen sein, was „während der betreffenden Zeit“ anderweit verdient wurde. Schließlich könnten kumulativ beide der möglichen Bezugspunkte angesprochen sein. Die in Betracht kommenden drei Lösungsmöglichkeiten werden nachfolgend untersucht. Träfe allein ersteres zu, so ließe sich daraus im Sinne der Gesamtberechnung argumentieren: Der gesamte „andere Verdienst“ könnte danach als „Anrechnungsposten“ im Grundsatz einen Abzug bzw. die Anrechnung begründen, allerdings notwendigerweise begrenzt auf die Höhe der insgesamt fortzuzahlenden Annahmeverzugsvergütung. Wäre hingegen der „entsprechende“ Abzug allein auf dasjenige bezogen und begrenzt, was „während der betreffenden Zeit“ erworben wurde, so spräche dies in den Fällen periodisch zu erbringender Dienstleistung für eine zeitabschnittsbezogene Betrachtungsweise im Sinne der Anrechnung pro rata temporis, jedenfalls nicht gegen eine solche. Denn der Abzug vom „vertragsgemäßen“, also regelmäßig periodisch zu entrichtenden Lohn,535 ist nur dann ein „entsprechender“, wenn auch dessen Periodizität gewahrt und der Abzug bzw. die Anrechnung entsprechend auf den korrespondierenden Zeitabschnitt, in welchem der anderweitige Verdienst erworben wurde, begrenzt bleibt. Letztlich wäre auch denkbar, dass sich der „entsprechende“ Abzug nach Art. 625 S. 2 Dresdner Entwurf als ein solcher darstellt, der sowohl in seinem sachlichen Umfang wie auch in zeitlicher Hinsicht auf dasjenige begrenzt ist, was einerseits überhaupt bzw. insgesamt anderweitig erworben und andererseits in zeitlicher Übereinstimmung mit den entsprechenden Lohnzahlungsperioden des Annahme533 § 517 Entwurf I, § 551 Abs. 1 BGB a. F. Anderes gilt nunmehr nach der m. W. v. 1. 9. 2001 durch das Mietrechtsreformgesetz geänderten Fälligkeitsvorschrift des § 556b Abs. 1 BGB, auch i. V. m. § 579 Abs. 2 BGB. 534 Motive II, S. 461; Jakobs / Schubert, Beratung des BGB, §§ 433 – 651, S. 760 ff.; Staudinger / Richardi, § 614 BGB Rn. 2. 535 Zum „vertragsgemäßen“ Lohn i. S. v. Art. 625 S. 2 des Dresdner Entwurfs siehe 3. Teil C. III. 3. b).

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

verzugszeitraums verdient wurde. Betreffend die jeweilige Lohnzahlungsperiode wäre danach „abziehbar“ bzw. anzurechnen im Grundsatz nur all dasjenige, was während dieses Zeitabschnitts anderweitig verdient wurde. Als Obergrenze eines Abzugs bzw. einer Anrechnung wäre der gesamte in der betreffenden Lohnzahlungsperiode erzielte Zwischenerwerb anzusehen, begrenzt durch die Höhe der zeitlich korellierenden Annahmeverzugsvergütung. Im Unterschied zur soeben geschilderten 2. Lösungsmöglichkeit wäre für jede einzelne Lohnzahlungsperiode die Begrenzung des entsprechenden Abzugs seiner Höhe nach auf die betreffende Annahmeverzugslohnforderung ausdrücklich vorgesehen. Für die hier untersuchten Fälle periodisch wiederkehrend bzw. fortlaufend zu erbringender Dienstleistungen wäre somit ebenfalls das zeitliche Element bei der Anrechnung vorrangig. Der Wortlaut des Art. 625 S. 2 Dresdner Entwurf gibt insoweit zunächst keinen klaren Aufschluss darüber, worauf sich der „entsprechende Abzug“ bezieht. Unter Betonung des systematischen Zusammenhangs zwischen Art. 625 S. 2 und S. 1 Dresdner Entwurf stellt sich der während des betreffenden Zeitraums des Annahmeverzugs geschuldete vertragsgemäße Lohn als maßgeblich dar. Ist dieser nach Zeitabschnitten bemessen,536 so ist aus systematischen Gründen ein zeitlicher Gleichlauf zwischen dem Annahmeverzugslohn und dem „entsprechenden Abzug“ anzunehmen, jedenfalls nicht ausgeschlossen. Dies gilt selbst im Hinblick darauf, dass die Fälligkeitsvorschrift des Art. 624 Dresdner Entwurf eine § 614 S. 2 BGB vergleichbare Regelung nicht enthält.537 Deren Fehlen wird durch die Anordnung in Art. 616 S. 2 Dresdner Entwurf ersetzt bzw. kompensiert. Ist der Lohn i. S. v. Art. 616 S. 2 Dresdner Entwurf nach Zeitabschnitten bestimmt, so ist er im Hinblick auf die in Art. 624 Dresdner Entwurf grds. angeordnete Vorleistungspflicht des Dienstverdingers sachlich nahe liegend nach dem Ablauf der jeweiligen Zeitabschnitte zu zahlen. Jedenfalls dürfte eine solche Fälligkeit i. S. v. Art. 624 Dresdner Entwurf „üblich“ gewesen sein. Es spricht danach bereits mehr dafür, den „entsprechenden“ Abzug im Rahmen des Art. 625 S. 2 Dresdner Entwurf bzw. die Anrechnung in Fällen periodisch zu erbringender Dienstleistungen und entsprechender zeitabschnittsbezogener Lohnzahlungsverpflichtung unter maßgeblicher Berücksichtigung des zeitlichen Elements und folglich eher im Sinne der oben geschilderten 2. oder 3. Lösungsmöglichkeit und damit einer Anrechnung pro rata temporis zu verstehen. Dieser Befund wird gestützt durch die Entstehungsgeschichte des Art. 625 des Dresdner Entwurfs seinerseits. So war man „einverstanden, dass hervorzuheben sei, dass der Abzug am Lohne nach Verhältniß des anderweiten Verdienstes zu 536 Zu der bereits in Art. 616 S. 2 Dresdner Entwurf ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit der Bemessung des Lohns nach Zeitabschnitten siehe bereits oben 3. Teil C. III. 3. b). 537 Anders aber wiederum nachfolgend § 560 S. 2 Entwurf I; dazu schon oben 3. Teil C. III. 3. b).

C. Entstehungsgeschichte des § 615 S. 2 BGB

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erfolgen habe.“538 Soll der „Abzug“, mithin die Anrechnung, verhältnismäßig in diesem Sinne sein, so sind die Bezüge der einzelnen Lohnzahlungsperioden miteinander zu vergleichen, eben zueinander ins Verhältnis zu setzen. Anderenfalls wäre keinerlei Verhältnis zu wahren, stellte man den Annahmeverzugslohnforderungen gegebenenfalls bis zu deren gesamter absoluter Höhe schlicht alles anderweitig Erworbene gegenüber. Dagegen lässt sich die Ansicht der damaligen Commission zur Ausarbeitung eines Allgemeinen Deutschen Obligationenrechtes anführen, wenn sie zur Begründung der Ablehung einer Anrechnung böswillig unterlassenen Erwerbs im Rahmen der zweiten Lesung des Art. 625 des Dresdner Entwurfs ausführt, es sei „schon eine, wenn auch durch die Billigkeit gerechtfertigte Ausnahme von dem strengen Rechte, wenn der Dienstherr durch einen anderweiten Verdienst der Dienstverdingers in tantum befreit werde. Weiter zu gehen [ . . . ] sei bedenklich [ . . . ].“539 Die Bezeichnung „in tantum“ bedeutet „nur“ bzw. „nur so viel“. Dies ist zunächst im Sinne einer Anrechnung „nur“ in der Anrechnungsalternative des anderweitig erzielten Erwerbs, nicht auch hinsichtlich der denkbaren Variante einer Anrechnung böswillig unterlassenen Zwischenerwerbs zu verstehen. Es ist allerdings darüber hinaus nicht ausgeschlossen, die angeführte Passage dahingehend zu verstehen, dass zwar dem Grunde nach „nur“ anderweitig erzielter, nicht auch böswillig unterlassener, Zwischenerwerb angerechnet werden kann, dann aber auch genau „so viel“, mithin der gesamte tatsächlich bezogene Zwischenerwerb.540 Doch noch unter einem weiteren Aspekt spricht die Entstehungsschichte von Art. 625 S. 2 des Dresdner Entwurfs maßgeblich dafür, dass mit der „betreffenden Zeit“ keinesfalls ein irgendwie gearteter „gesamter Zeitraum des Annahmeverzugs“ im Sinne der Gesamtbetrachtungslehre gemeint gewesen sein kann. Denn ausweislich der Gesetzesmaterialien 541 herrschte insbesondere darüber Streit, ob Annahmeverzugslohnansprüche auch für diejenigen Zeiten während des Annahmeverzugs überhaupt bestehen sollten, in denen der Arbeitnehmer anderweitigen Erwerb im Rahmen eines Zwischenarbeitsverhältnisses erzielte.542 Es wurde folglich jedenfalls kein rechtlich einheitlicher „Gesamtzeitraum des Annahmeverzugs“ angenommen.

538 H. d. d. V. Siehe im Einzelnen die von der Ersten Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfes eines bürgerlichen Gesetzbuches berücksichtigten „Materialien aus den Verhandlungen der dresd. Kommssion“, wiedergegeben bei Schubert / Kübel, Vorlagen der Red., S. 618 (620). 539 So wiedergegeben bei Schubert / Kübel, Vorlagen der Red., S. 618 (621), H. d. d. V. 540 Richtigerweis wird allerdings eher eine Anrechenbarkeit gemeint sein können, soweit nämlich ein entsprechend hoher Annahmeverzugslohnanspruch in dem betreffenden Zeitraum besteht. 541 Protocolle Dresdener Entwurf Band 3, Spalte 2291 f., 2354 und Band 6, Spalte 4406 ff. 542 Näher Schubert / Kübel, Vorlagen der Red., S. 618 (620); Bernert, Arbeitsverhältnisse im 19. Jhd., S. 232.

232

3. Teil: Eigene Stellungnahme

d) Ergebnis Nach alldem legt Art. 625 des Dresdner Entwurfs die zeitabschnittsbezogene Anrechnungsmethode nahe. Mag dieser vor allem rechtshistorisch begründete Schluss dennoch nicht als zwingend angesehen werden, so ist dann jedenfalls eine eindeutige Schlussfolgerung zugunsten ausschließlich einer der beiden Ansichten zum zeitlichen Umfang der Anrechnung anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers aus rechtshistorischer Sicht im Hinblick auf Art. 625 des Dresdner Entwurfs nicht möglich.543 Dies gilt auch und erst recht für die Gesamtberechnungsmethode, denn es finden sich zumindest weniger Hinweise, die für als gegen sie sprechen. Die Lage stellt sich dann vielmehr so dar, dass zu vermuten ist, dass der historische BGB-Gesetzgeber das spezielle Problem der Anrechnung unterschiedlich hohen anderweitigen Erwerbs während des mehrere Lohnzahlungsperioden umfassenden Annahmeverzugs des Arbeitgebers nicht explizit als solches erkannt und daher auch nicht ausdrücklich geregelt hat oder auch nur regeln wollte.

IV. Hinweise des RG auf ältere Rechtsprechung In der für die untersuchte Thematik grundlegenden Entscheidung des RG vom 12. 7. 1904 wird zur Stützung der Ansicht einer Gesamtberechnung unmittelbar dem Hinweis darauf nachfolgend, dass dem Dienstberechtigten „aus Gründen der Billigkeit“ gestattet sein soll, die Anrechnung vorzunehmen, auf zwei Gerichtsentscheidungen aus der Zeit vor Inkrafttreten des BGB verwiesen.544 Auf die Tragfähigkeit dieser sowie weiterer älterer Nachweise aus der damaligen Rechtsprechung wird im Folgenden unter rechtshistorischen Aspekten kurz eingegangen. Als Schwerpunkbereiche der ersten vom RG in Bezug genommenen Entscheidung, dem Erk. des OAG zu Rostock vom 20. 3. 1869,545 sind dort angegeben: „Miethcontract über eine Wohnung; Nichtbeziehung derselben von Seiten des Miethers; anderweitige Benutzung derselben durch den Vermiether; Beweislast“. Im Zusammenhang mit der vorliegend untersuchten Problematik wird im Wesentlichen ausgeführt: „[ . . . ] Aber es ist mit der bona fides nicht verträglich, rem et pretium, usum et mercedem zugleich haben zu wollen, und so ist Vermiether jedenfalls dann, wenn die eigene Nutzung einen Vermögenswerth für ihn gehabt, sei es, dass sein Vermögen einen Zuwachs erhalten, oder dass er eine Ausgabe erspart hat, genöthigt, diese Bereicherung auf die Miethe in Abzug zu bringen und seinen Anspruch auf die Differenz zu beschränken. [ . . . ]“546 So im Ergebnis auch Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3220). RG 12. 7. 1904 – III 146 / 04 – RGZ 58, 402 (404). 545 Seuffert’s Archiv Band 29 Nr. 22, S. 35, betreffend „Rechtsverhältnisse aus dem Miethcontract“. 546 Seuffert’s Archiv Band 29 Nr. 22, S. 35 (37). 543 544

C. Entstehungsgeschichte des § 615 S. 2 BGB

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Aus dieser Entscheidung ergibt sich lediglich der Hinweis, dass es mit dem „guten Glauben“547 nicht zu vereinbaren ist, zugleich den „Wert des Preises“548 und den „Preis bzw. die Prämie des Gebrauchs“,549 also die Nutzungsvorteile, der Sache haben zu wollen, mithin das Erfordernis, eine Anrechnung dem Grunde nach überhaupt vorzunehmen. Dies ist indes unstreitig und wird auch von den Vertretern der zeitabschnittsbezogenen Betrachtungsweise nicht in Abrede gestellt. Somit entspricht der Hinweis auf jene Entscheidung zwar insoweit der Begründung des RG, als aus „Gründen der Billigkeit“ überhaupt eine Anrechnung gestattet sein soll. Die Entscheidung sagt aber zum einen noch nichts darüber aus, in welchem Umfang in zeitlicher Hinsicht eine Anrechnung am ehesten der wohlverstandenen Billigkeit entspricht. Zum anderen stellten sich Fragen der Berücksichtigung unterschiedlich hoher Anrechnungsgegenstände aus verschiedenen Zeitabschnitten nicht. Denn der dort über eine „jährliche Miethe von 550 Thlr.“ geschlossene Mietvertrag wurde von Anfang an nicht durchgeführt und der Klage auf „Bezahlung der halbjährlichen Miethe“ wurde vielmehr lediglich der durch Eigennutzung der Mietsache seitens des Vermieters erzielte „Gewinn“ entgegengehalten. Abgesehen von der Frage, ob überhaupt verschiedene Mietzinszahlungsperioden im Raume standen, war weder die Höhe des „Gewinns“ näher angegeben noch war dieser in den einzelnen Monaten unterschiedlich hoch. Vielmehr ging das Gericht lediglich davon aus, es werde „[ . . . ] auch anzunehmen sein, dass die eigene Benutzung für den Verpächter denselben Werth hatte, den er vom Pächter verlangt hatte.“550 Diese Entscheidung gibt danach für die vorliegend untersuchte Fragestellung nichts her. Das ebenfalls vom RG in Bezug genommene Urteil des OLG zu Braunschweig (1. Sen.) vom 13. 3. 1889 i. S. Hummel w. Braunschw. EBGesellsch.551 beschäftigt sich mit den Bereichen: „Dienstmiethe; Anspruch auf die vertragsmäßige Vergütung, wenn der Dienstmiether die Dienstleistungen verhindert“.552 Betreffend die hier relevante Rechtslage wird insbesondere ausgeführt: „[ . . . ] Allerdings soll dieses Recht auf die Vergütung ohne Leistung der Dienste nicht zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Dienstvermiethers führen. Sein Anspruch fällt Lat. „bona fides“. Lat. „rem et pretium“. 549 Lat. „usum et mercedem“. 550 Seuffert’s Archiv Band 29 Nr. 22, S. 35 (37). 551 Seuffert’s Archiv Band 46 Nr. 256, S. 401, betreffend die „Dienstmiethe“. 552 „Das Thatsächliche des beurtheilten Falls ergiebt sich im Wesentlichen aus Bd. 45 Nr. 177 dieses Archivs.“, so Seuffert’s Archiv Band 46 Nr. 256, S. 401, dort Fn. 1. Dem in Band 45 Nr. 177, S. 283 wiedergegebenen Urteil des RG (3. Sen.) vom 2. / 9. 7. 1889 in der braunschw. Sache Hummel w. braunschw. EBVerwaltung – III 130 / 89 – betreffend die „Cession“ lag im Wesentlichen eine im heutigen Sinne als „Betriebsübergang“ gemäß § 613a BGB einzuordnende Situation zugrunde, in welcher es um die Frage ging, ob der klagende Stationsinspector Hummel für die Rechtsnachfolgerin seiner früheren Arbeitgeberin aufgrund übergegangenen Dienstvertrages weiterhin Dienstleistungen zu erbringen verpflichtet sei. 547 548

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

weg oder vermindert sich, wenn und soweit er seine Arbeit anderweit verwerthen kann [ . . . ].“553 Diese Äußerungen sind in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: Zum einen wird nicht pauschal jede „Bereicherung“ des Dienstpflichtigen für unzulässig erachtet,554 sondern lediglich eine „ungerechtfertigte“.555 Hierauf wird im Rahmen der Bestimmung des zutreffenden Normzwecks von § 615 S. 2 Alt. 2 BGB zurückzukommen sein.556 Zum anderen fällt der Anspruch nur weg bzw. vermindert sich, „soweit“ der Dienstpflichtige seine Arbeit anderweitig verwerten kann. Diese Einschränkung kann auch in zeitlicher Hinsicht verstanden werden, und zwar umso mehr, wenn man berücksichtigt, dass in der Entscheidung hinsichtlich des Einwandes der Anrechnung gerade die zeitlichen Aspekte eine maßgebliche Rolle spielten. So ist weiter ausgeführt: „[ . . . ] und noch weniger kann ein derartiger Einwand berücksichtigt werden, wenn es sich um die Zukunft handelt, weil die Möglichkeit, geschweige die Sicherheit einer solchen Verwerthung nicht im Voraus zu ermessen ist. Es ist dies auch namentlich bei auf die Dauer berechneten Dienstverhältnissen, z. B. lebenslänglichen Anstellungen, für den Dienstmiether unnachteilig, da die Gegenleistung von ihm nur in verabredeten Fälligkeitsterminen verlangt werden kann, und ihm deshalb hinreichende Gelegenheit geboten ist, eintretendenfalls die Weiterzahlung der Bezüge ganz oder zum Theil zu verweigern. Allerdings empfiehlt es sich von selbst, dass bei der Feststellung der Zahlungspflicht die Möglichkeit etwaiger Veränderungen auszudrücken ist, wie denn auch der Antrag des Klägers nur auf eine Feststellung „bis auf Weiteres“ gerichtet ist. [ . . . ]“.557 Somit stellt sich der Hinweis des RG auf das hier untersuchte Urteil zur Anrechnung von Zwischenverdienst während eines andauernden Annahmeverzugs nicht als stichhaltig zur Begründung der Gesamtberechnungsmethode heraus. Im Gegenteil: Die durchaus bemerkenswerte Einschränkung des Normzwecks der Anrechnungsregelung auf das Verbot lediglich einer „ungerechtfertigten“ Bereicherung sowie die Betonung der zeitlichen Komponente bei der Anrechnung im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses mit zu unterschiedlichen Terminen fälligen Einzelleistungen lassen, wenn überhaupt einen, dann jedenfalls eher den Schluss darauf zu, dass eine zeitabschnittsbezogene Anrechnungsweise favorisiert wurde.

Seuffert’s Archiv Band 46 Nr. 256, S. 401 (402). Bzw. ein „zusätzlicher Vorteil“, „Gewinn auf Kosten des Arbeitsgebers“, so aber die Vertreter der Gesamtberechnungsmethode, insbesondere auch das BAG, dazu schon oben 2. Teil B. IV. 555 Diese Einschränkung findet sich später lediglich noch in BVerwG 13. 5. 1974 – VI C 10.71 – BVerwGE 45, 152 (154), hier für den Bereich des Beamtenbesoldungsrechts; dazu näher bereits oben 3. Teil B. III. 1. a) bb). 556 Ausführlich zum Normzweck der Anrechnungsvorschrift noch folgend 3. Teil D. 557 Seuffert’s Archiv Band 46 Nr. 256, S. 401 (403). 553 554

C. Entstehungsgeschichte des § 615 S. 2 BGB

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V. Sonstige Gerichtsentscheidungen aus der Zeit vor Inkrafttreten des BGB Die vorliegend untersuchte Fragestellung ist in Ansätzen bereits Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des BGB gewesen. Wenngleich nicht vom RG in seiner grundlegenden Entscheidung zum zeitlichen Umfang der Anrechnung anderweitigen Erwerbs während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers in Bezug genommen, werden nachfolgend die wichtigsten dieser Entscheidungen in Kürze aufgezeigt. Eine Anrechnung anderweitigen Erwerbs dem Grunde nach, hier explizit für die Sachmiete, wurde bereits in dem Erk. des OG zu Wolfenbüttel (1. Sen.) vom 31. 5. 1872 i. S. Meyerhoff w. Daubert bejaht, ohne allerdings zu der Frage des zeitlichen Umfangs der Anrechnung Stellung zu nehmen.558 Wohl im Sinne einer zeitabschnittsbezogenen Betrachtungsweise und gegen eine Gesamtberechnung sprach sich bereits das OAG zu Rostock in seinem Erk. vom 21. 3. 1861 aus.559 Die Terminologie der von der Gesamtbetrachtungslehre mittels § 615 S. 2 Alt. 2 BGB maßgeblich angestrebten Vermeidung eines „unbilligen Gewinns“ des Dienstverpflichteten findet sich bereits in dem Erk. des OAG zu Rostock vom 13. 5. 1852560 sowie dem Erk. des RG (3. Sen.) vom 22. 11. 1879 in einer preußischen (hessischen) Sache.561 In dem Erk. des OG zu Wolfenbüttel (1. Sen.) vom 7. 3. 1873 i. S. Bartels w. Bremer & Cie. findet sich eine bemerkenswerte Beschränkung des Zwecks der Anrechnung auf den Ausgleich einer eingetretenen Benachteiligung.562 Auf diesen 558 Seuffert’s Archiv Band 27 Nr. 23, S. 28 (29 f. m. w. N.), betreffend den „Miethvertrag“. Dort ist ausgeführt: „[ . . . ] Nach Analogie von fr. 19 §§ 9 u. 10 eod. wird jedoch der Vermiether für verpflichtet erachtet, denjenigen Nutzen, den er aus anderweiter Vermiethung gezogen, sich anrechnen zu lassen: [ . . . ].“ 559 Seuffert’s Archiv Band 17 Nr. 239, S. 375 (377 f.), betreffend die „Dienstentlassung vor der contractmäßigen Zeit“. Die relevante Passage ist folgende: „[ . . . ] Bei der Eigenthümlichkeit der für die locatio operarum geltenden Grundsätze erscheint es aber als unstatthaft, den Ausspruch des fr. 55 § 2 cit. da anzuwenden, wo der locator operarum vor der Zeit von seinem Dienstherrn contractwidrig entlassen ist und dieserhalb sofort die Zahlung des für die ganze Miethzeit vereinbarten Lohnes in Anspruch nimmt; denn diese Forderung bleibt rücksichtlich des nach dem Contracte erst in Zukunft fällig werdenden Lohntheils auch in dem zur Frage stehenden Falle ihrer Existenz nach ungewiß, indem von einer Geltendmachung derselben nicht die Rede sein kann, wenn der locator operarum durch anderweitige Vermiethung für die entsprechende Zeit zu einem gleich hohen Lohne gelangt, [ . . . ].“, H. d. d. V. 560 Seuffert’s Archiv Band 18 Nr. 269, S. 425 (426), betreffend die „Klage aus zweiseitigem Vertrage“. 561 Seuffert’s Archiv Band 35 Nr. 256, S. 375, betreffend „Dienstmiethe und Werkverdingung“.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

bedeutsamen Aspekt des Normzwecks der Anrechnungsvorschrift des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB wird noch einzugehen sein.563 Auf die Nähe der Anrechnung zum Grundsatz der Vorteilsausgleichung564 wurde bereits in dem Erk. des RG (3. Sen.) vom 22. 11. 1879 in einer preußischen (hessischen) Sache hingewiesen.565 Unbeschadet der Vielzahl interessanter Aspekte in den genannten Gerichtsentscheidungen wurde das Problem des zeitlichen Umfangs der Anrechnung in seiner gesamten Tragweite damals wohl noch nicht erkannt. Eingehende Ausführungen und nähere Aufschlüsse sind daher insoweit nicht zu finden.

VI. Ergebnis zur historischen Auslegung des § 615 S. 2 BGB Die Entstehungsgeschichte des § 615 S. 2 BGB und seiner Vorgängerregelungen, insbesondere der Vorschrift des auf Art. 625 S. 2 des Dresdner Entwurfs beruhenden § 561 S. 2 Entwurf I, ergibt keine klaren Hinweise auf die Richtigkeit der einen oder der anderen Anrechnungsmethode. Es finden sich zwar mehr Hinweise dafür, dass die zeitabschnittsbezogene Anrechnungsmethode der Sache nach für zutreffend erachtet worden ist. Doch spricht viel dafür, dass die Frage, ob anderweitiger Erwerb des Arbeitnehmers während eines mehrere Lohnzahlungsperioden umfassenden Annahmeverzugs des Arbeitgebers nach den jeweiligen Zeitabschnitten oder im Wege einer Gesamtberechnung zu berücksichtigen sein soll, im Gesetzgebungsverfahren zum BGB nicht als problematisch erkannt und daher auch nicht ausdrücklich thematisiert worden ist. Ältere Gerichtsentscheidungen aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des BGB sind nicht unmittelbar erhellend. Bemerkenswert ist indes zum einen die vom RG zugunsten der Gesamtberechnung in Bezug genommene, im Ergebnis aber eher für eine zeitabschnittsbezogene Anrechnungsweise sprechende Entscheidung des 562 Seuffert’s Archiv Band 28 Nr. 220, S. 363, betreffend „Einseitiger Rücktritt vom Miethcontract“. Dort ist ausgeführt: „[ . . . ], so kann auch der Dienstvermiether, wenn die Annahme seiner Dienste verweigert wird, ohne Weiteres Anspruch auf die ganze ausgemachte Gegenleistung erheben, die nur dann ganz oder z. Th. wegfällt, wenn eine Benachtheiligung deshalb nicht vorliegt, weil die Dienste anderweit verwerthet sind: [ . . . ].“ 563 Zur Nachteilsausgleichsfunktion der Anrechnung anderweitigen Erwerbs siehe noch 3. Teil D. III. 564 Zur thematischen Nähe von Anrechnung und Vorteilsausgleichung schon oben 1. Teil D. II. 3. b). 565 Seuffert’s Archiv Band 35 Nr. 256, S. 375 (376), betreffend „Dienstmiethe und Werkverdingung“. Es heißt dort: „[ . . . ]; die Berücksichtigung des anderweiten Erwerbs stellt sich als eine Anwendung des Grundsatzes dar, dass, wenn Schaden und Vortheil durch einen und denselben Umstand verursacht sind, als Schaden nur das zu ersetzen ist, was nach Abzug des Vortheils übrig bleibt; [ . . . ].“

D. Ratio legis des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB

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OLG Braunschweig vom 13. 3. 1889, ferner des OAG zu Rostock vom 21. 3. 1861. Zum anderen finden sich bereits in den älteren Entscheidungen Hinweise darauf, dass die Anrechnung in den Zusammenhang mit dem allgemeinen Grundsatz der Vorteilsausgleichung gerückt sowie als maßgeblich den Nachteilsausgleich bezweckend angesehen wurde. Andererseits wurde mitunter auch im Sinne der Argumentation der Anhänger der Gesamtberechnungslehre die Vermeidung eines „unbilligen Gewinns“ als Teil des Zwecks der Anrechnung anderweitigen Erwerbs begriffen. Nach alldem spricht die Untersuchung des § 615 S. 2 BGB in historischer Hinsicht eher für die pro rata temporis-Anrechnungsmethode.

D. Ratio legis des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB Ein Gesetz auszulegen heißt, seinen Sinn zu erforschen. Bei der Beurteilung, welchem Zweck eine Rechtsnorm zu dienen bestimmt ist, ist zunächst von dem allgemeinen Grundsatz auszugehen, dass der Gesetzgeber mit der aufgestellten Vorschrift eine zweckmäßige, vernünftige, gerechte bzw. „eine nützliche, nicht eine schädliche“ Regelung treffen wollte.566

I. Der angebliche Normzweck der „Vermeidung eines Gewinns auf Kosten des Arbeitgebers“ Nach Ansicht der Rechtsprechung wie auch der h. L. soll bei § 615 S. 2 BGB ebenso wie bei anderen Anrechnungsvorschriften die Vermeidung eines „Gewinns“ des Arbeitnehmers „auf Kosten“ des Arbeitgebers im Vordergrund stehen.567 Dies ist unzutreffend, wie nachfolgend zu zeigen sein wird.

1. Zum Nachweis der Unvermeidbarkeit eines „Gewinns“ des Arbeitnehmers Eine „Gewinnvermeidung“ ist immer schon dann nicht möglich, wenn die Leistung, auf welche anzurechnen ist, im Zuge der anspruchsmindernden Berücksichtigung eines höheren Anrechnungspostens vollständig „ausgeschöpft“ ist. Bezogen auf den Fall der Anrechnung von Zwischenerwerb während des arbeitgeberseitigen Annahmeverzugs ist ein „Gewinn“ des Arbeitnehmers nicht zu vermeiden, wenn infolge der Anrechnung Annahmeverzugslohnforderungen in keiner Höhe mehr 566 567

Siehe bereits RG 27. 6. 1910 – VI 297 / 08 – RGZ 74, 69 (72). Näher dazu bereits oben 2. Teil B. IV.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

bestehen, in welcher auf sie noch weiter vorhandener Zwischenerwerb des Arbeitnehmers angerechnet werden könnte. Die Gesamthöhe der Leistung, auf die etwas anzurechnen ist, begrenzt danach die Anrechnung ihrer absoluten Höhe nach. Übersteigt der während aller Lohnzahlungsperioden insgesamt erzielte anderweitige Erwerb des Arbeitnehmers den Annahmeverzugslohn bzw. alle Annahmeverzugslohnforderungen in ihrer gesamten Höhe, so erzielt der Arbeitnehmer auch unter Zugrundelegung der Gesamtberechnungsmethode zwangsläufig einen entsprechenden „Gewinn“, und zwar in Höhe der Differenz zwischen dem gesamten anderweitigen Erwerb und dem gesamten Annahmeverzugslohn. Dieses Resultat ergibt sich auch immer dann, wenn der Annahmeverzug nur eine einzige Lohnzahlungsperiode andauert, in welcher der Arbeitnehmer einen gegenüber dem Annahmeverzugslohn höheren Zwischenverdienst erzielte. Ein derartiges Ergebnis ist ebenso einleuchtend wie zwingend. Denn es ist, wie sogleich folgend dargelegt wird, kein Rechtsgrund erkennbar, aufgrund dessen der Arbeitnehmer eine sich ergebende „Differenz“ bzw. den „Überschuss“ dem Arbeitgeber herauszugeben oder zu ersetzen verpflichtet wäre. a) Zum Fehlen eines Herausgabeanspruchs bezüglich der Differenz zwischen Annahmeverzugslohnforderungen und gesamtem Zwischenerwerb Die Anrechnung anderweitigen Erwerbs nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB begründet ihrer Rechtsnatur nach keinen Anspruch auf Herausgabe eben dieses Zwischenerwerbs.568 Gleiches gilt bei parallelen Anrechnungsvorschriften. Somit kann auch eine sich zwischen Annahmeverzugslohn und Zwischenerwerb ergebende Differenz nicht herausverlangt werden. Zwar trifft es zu, dass im Fall der Überzahlung, wenn sich erst nachträglich ein anzurechnender Zwischenerwerb des Arbeitnehmers ein- bzw. herausstellt, ein Rückforderungsanspruch des Arbeitgebers aus § 812 BGB in Höhe des überzahlten Annahmeverzugslohns besteht.569 Dieser findet jedoch seine Rechtfertigung nicht in der Anrechnung, sondern in der bereicherungsrechtlichen Rückforderbarkeit einer rechtsgrundlosen Zuviel-Leistung. Der Arbeitnehmer schließt den anderweitigen Zwischenarbeitsvertrag ferner auch nicht auf Rechnung des im Annahmeverzug befindlichen Vertragsarbeitgebers.570

568 Statt aller: Decker, Vorteilsanrechnung beim Erfüllungsanspruch, S. 25 f. Zur Rechtsnatur der Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB siehe bereits ausführlich oben 1. Teil D. II. 3. 569 Zu bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsansprüchen wegen überzahlten Annahmeverzugslohns oben 1. Teil D. II. 7., dort auch zu den Anspruchsgrundlagen § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 oder Alt. 2 BGB. 570 Decker, Vorteilsanrechnung beim Erfüllungsanspruch, S. 13 f.

D. Ratio legis des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB

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b) Unanwendbarkeit des „Surrogationsgedankens“ nach § 285 Abs. 1 BGB Auch der vor allem in der Vorschrift des § 285 Abs. 1 BGB zum Ausdruck gelangende „Surrogationsgedanke“571 vermag einen Anspruch auf Herausgabe anderweitigen Erwerbs bzw. einer Differenz zum Annahmeverzugslohn nicht zu begründen.572 Dies käme nur dann in Betracht, wenn der Zwischenerwerb des Arbeitnehmers einen „Ersatz573 oder Ersatzanspruch für den geschuldeten Gegenstand“ i. S. v. § 285 Abs. 1 BGB, also für die infolge Zeitablaufs unmöglich gewordene Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung, darstellen würde. Dies ist nicht der Fall. Der anderweitige Erwerb tritt gerade nicht als sog. stellvertretendes commodum574 an die Stelle der wegen des Annahmeverzugs ausgefallenen Arbeitsleistung, sondern ist vielmehr die aufgrund des nachfolgend abgeschlossenen Arbeitsvertrages erbrachte Gegenleistung für die in eben jenem Zwischenarbeitsverhältnis erbrachten Dienste. Zwar mag die Leistung dieser Dienste aufgrund des zweiten Arbeitsvertrages faktisch durch den Annahmeverzug des Vertragsarbeitsgebers erst ermöglicht worden sein. Als Surrogat bzw. Ersatz in rechtlicher Hinsicht ist die hierfür erzielte Gegenleistung bzw. der Anspruch darauf aber nicht anzusehen. Der Zwischenarbeitgeber leistet das seinerseits geschuldete Arbeitsentgelt nicht etwa deshalb, weil sich der Vertragsarbeitgeber im Annahmeverzug befindet und die Dienste des Arbeitnehmers dort nicht erbracht bzw. angenommen werden können, sondern aufgrund seiner eigenen arbeitsvertraglichen Verpflichtung i. V. m. § 611 Abs. 1 BGB. c) Keine sonstigen Anspruchsgrundlagen Andere Anspruchsgrundlagen auf Herausgabe oder Erstattung der Differenz bzw. auf Schadensersatz sind nicht erkennbar. aa) Rechtsfolgen des Verstoßes gegen ein Wettbewerbsverbot analog § 61 Abs. 1 HGB Insbesondere ist nicht anzunehmen, dass die Rechtsfolgen einschlägig wären oder auch nur analog heranzuziehen sein könnten, welche sich im Fall der Ausübung einer wettbewerbsverbotswidrigen Tätigkeit während des bestehenden Arbeitsverhältnisses ergeben.575 Näher zur Rechtsfigur der Surrogation Wieczorek, § 281 BGB, S. 69 ff. m. w. N. Zu dieser Fragestellung im Rahmen von § 326 Abs. 2 S. 2 BGB siehe oben 3. Teil B. II. 3. c) dd). 573 Näher zum Tatbestandsmerkmal „Ersatz“ Wieczorek, § 281 BGB, S. 24 ff. m. w. N. 574 Zur Herkunft des Begriffs „commodum“ siehe Wieczorek, § 281 BGB, S. 38 ff. m. w. N. 575 Zu Wettbewerbsverboten siehe im Zusammenhang mit § 74c Abs. 1 S. 1 HGB oben 3. Teil B. II. 2. 571 572

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

Es besteht Einigkeit, dass der Arbeitnehmer im Rahmen des bestehenden Arbeitsverhältnisses auch ohne besondere vertragliche Abrede nach dem verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken des § 60 HGB grds. verpflichtet ist, Wettbewerb zu Lasten des Arbeitgebers zu unterlassen.576 Im Fall eines Verstoßes gegen diese arbeitsvertragliche Nebenpflicht können grds. die sich aus § 61 Abs. 1 HGB ergebenden Rechtsfolgen einschlägig sein, so insbesondere ein Schadensersatzanspruch sowie ein Eintrittsrecht des Arbeitgebers im Sinne eines Herausgabeanspruchs auf die bezogene Vergütung oder eines Anspruchs auf Abtretung des Vergütungsanspruchs.577 Ferner kommen Auskunfts- und Unterlassungsansprüche des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer sowie im Fall des § 75c HGB die Verwirkung einer Vertragsstrafe gemäß §§ 340, 343 BGB in Betracht.578 In vorliegender Konstellation muss indes seitens des eine anderweitige Beschäftigung aufnehmenden Arbeitnehmers Wettbewerb überhaupt nicht stattfinden.579 Und selbst dann, wenn der Arbeitnehmer im Einzelfall während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers tatsächlich eine vertraglich nicht erlaubte Konkurrenztätigkeit ausübt, ist jedenfalls für den Fall der unberechtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen anerkannt, dass dem Arbeitnehmer die Einrede der Arglist nach § 242 BGB zustehen kann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aus dem Wettbewerbsverbot in Anspruch nimmt.580 Allerdings wird die Vereinbarung eines arbeitsvertraglichen Wettbewerbsverbots durch den Eintritt des Annahmeverzugs des Arbeitgebers nicht schlechthin unwirksam und ist damit grds. weiterhin vom Arbeitnehmer zu beachten; bleibt doch etwa im Fall unberechtigter Arbeitgeberkündigung das Arbeitsverhältnis vollwirksam bestehen.581 bb) Rechtsfolgen des Verstoßes gegen ein Nebentätigkeitsverbot Ein Anspruch auf Herausgabe des aufgrund der Zwischenbeschäftigung erzielten Erwerbs ist schließlich auch nicht damit zu begründen, dass, auch ohne, dass 576 Ein anderes Ergebnis wird sich nach BAG 6. 9. 2006 – 5 AZR 703 / 05 – AP § 615 BGB Nr. 118 m. krit. Anm. Bayreuther unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage i. d. R. dann durch Auslegung gemäß § 157 BGB ergeben, wenn der Arbeitnehmer in der Kündigungserklärung unter dem Vorbehalt der Anrechnung etwaigen anderweitigen Verdienstes unwiderruflich einseitig von der Arbeitspflicht freigestellt wurde. 577 Näher dazu ErfK / Preis, § 611 BGB Rn. 882 f.; ErfK / Schaub, § 61 HGB Rn. 1 (7 ff., 10 ff.). 578 Dazu nur Mayer, AiB 2005, S. 433 (435 f.). 579 Das Unterlassen der Aufnahme einer von einem Wettbewerbsverbot erfassten Tätigkeit kann auch nur ausnahmsweise ein böswilliges Unterlassen i. S. v. § 615 S. 2 Alt. 3 BGB darstellen, siehe dazu bereits oben 1. Teil D. II. 4. c) cc). 580 BAG 25. 4. 1991 – 2 AZR 624 / 90 – AP § 626 BGB Nr. 104; BGH 12. 3. 2003 – VIII ZR 197 / 02 – EzA § 89a HGB Nr. 2 m. krit. Anm. Gravenhorst, W.; ErfK / Schaub, § 60 HGB Rn. 7. 581 ErfK / Schaub, § 60 HGB Rn. 7.

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eine Konkurrenztätigkeit gegeben ist, ein Verstoß gegen ein unterstelltes vertraglich vereinbartes Nebentätigkeitsverbot vorliegt. So ist zunächst im Hinblick auf die Interessen bzw. Grundrechte des Arbeitnehmers, insbesondere aus Artt. 12 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG anerkannt, dass ohne besondere gesetzliche oder vertragliche Beschränkung die Ausübung einer Nebentätigkeit grds. zulässig ist.582 Anderes kommt in Betracht, wenn berechtigte Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt sind,583 etwa im Rahmen eines Doppelarbeitsverhältnisses eine erhebliche Beeinträchtigung der Arbeitskraft des Arbeitnehmers eintritt.584 Doch ist selbst bei Vorliegen eines Nebentätigkeitsverbots bereits zweifelhaft, ob sich der im Annahmeverzug befindliche Arbeitgeber überhaupt erfolgreich hierauf berufen kann, oder ob nicht etwa der Einwand des „venire contra factum proprium“ als Ausfluss des Verbots unzulässiger Rechtsausübung nach § 242 BGB entgegensteht. Denn der Arbeitgeber führt die „Beschäftigungslosigkeit“ des Arbeitnehmers ebenso wie dadurch die finanzielle Notwendigkeit aus der Sicht des Arbeitnehmers, eine andere Tätigkeit überhaupt erst aufnehmen zu müssen, infolge des Annahmeverzugs selbst herbei. Zum anderen zeitigt der Verstoß gegen ein Nebentätigkeitsverbot regelmäßig nicht die Rechtsfolge, dass der Arbeitgeber die anderweit erzielte Vergütung des Arbeitnehmers herausverlangen könnte. Abgesehen von möglicherweise gegebenen Unterlassungsansprüchen des Arbeitgebers ist die maßgebliche Sanktion der Aufnahme einer verbotswidrigen Nebentätigkeit vielmehr in den Instrumenten der Abmahnung und Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber zu sehen.585

2. Kein Gewinn „auf Kosten“ des Arbeitgebers Zugunsten der h. L. und des BAG bleibt anzuführen, dass in der Konstellation, dass der gesamte anderweitige Erwerb die Summe aller Annahmeverzugslohnforderungen übersteigt, zwar ein „Gewinn“ des Arbeitnehmers nicht zu vermeiden ist,586 dieser aber nicht „auf Kosten“ des Arbeitgebers stattfindet.587 Denn der im Annahmeverzug befindliche Arbeitgeber ist durch die Anrechnung des anderweiti582 BAG 18. 1. 1996 – 6 AZR 314 / 95 – AP § 242 BGB Anzeigepflicht Nr. 25; Hümmerich, Gestaltung von Arbeitsverträgen, Rn. 2199 ff. m. w. N. 583 Auch Wettbewerbsinteressen, siehe zu Konkurrenztätigkeiten soeben 3. Teil D. I. 1. c) aa). 584 Näher zum Nebentätigkeitsrecht ErfK / Preis, § 611 BGB Rn. 886 ff. m. w. N. 585 ErfK / Preis, § 611 BGB Rn. 891, auch zu möglichen Schadensersatzansprüchen des Arbeitgebers. 586 Dazu gerade oben 3. Teil D. I. 1. 587 Hierauf wies bereits Wendehorst, Anspruch und Ausgleich, S. 455 (dort Fn. 92) hin.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

gen Erwerbs bis zur vollen Höhe aller Annahmeverzugslohnforderungen bereits maximal entlastet. Einem darüber hinausgehenden Anspruch des Arbeitgebers auf Herausgabe eines Überschusses fehlt wie gezeigt in jedem Fall die rechtliche Grundlage.588 Kann der Arbeitnehmer eine sich ergebende Differenz danach behalten, geschieht dies nicht „auf Kosten des Arbeitgebers“. Ob die Argumentation, dass ein „Gewinn“ nicht „auf Kosten“ des Arbeitgebers stattfinden dürfe, darüber hinaus in anderen, gleichsam „normalen“, Annahmeverzugskonstellationen, in denen der Zwischenverdienst die gesamten Annahmeverzugslohnansprüche nicht übersteigt, Beachtung finden kann, ist indes zweifelhaft. Kann der Arbeitnehmer eine aufgrund der zeitabschnittsbezogenen Betrachtungsweise im Rahmen der Anrechnung verbleibende Differenz zwischen dem Annahmeverzugslohn und dem Zwischenerwerb für sich behalten, so geschieht dies nicht auf Kosten des Arbeitgebers, sondern vielmehr deshalb, weil es dem Arbeitnehmer aus welchen Gründen auch immer, jedenfalls nicht aufgrund irgendeiner honorierungswürdigen arbeitgeberseitigen Leistung gelungen ist, seine für den betreffenden Zeitraum des Annahmeverzugs freigewordene Arbeitskraft teurer zu verkaufen als dies bislang der Fall war.589 Es mag eine anhand der wohlverstandenen beiderseitigen Interessen der Arbeitsvertragsparteien zu beantwortende Wertungsfrage darstellen, wem ein etwaiger Überschuss zwischen dem für eine bestimmte Leistungsperiode erzielten Zwischenerwerb und dem für denselben Zeitraum geschuldeten Annahmeverzugslohn zugute kommen soll.590 Ausgangspunkt der Überlegungen muss dabei jedoch stets die Tatsache bleiben, dass der Anspruch auf den Zwischenerwerb in rechtlicher Hinsicht einzig das Resultat der aufgrund des abgeschlossenen zweiten Arbeitsvertrages vom Arbeitnehmer erbrachten Arbeitsleistung darstellt.591 Im Hinblick darauf bedarf es richtigerweise einer besonderen Rechtfertigung, dem Arbeitnehmer diese (v)erdienten Ansprüche zu nehmen oder auch nur zu kürzen. Die Anrechnungsvorschrift des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB kann dies zwar dem Grunde nach leisten. Doch ist es in diesem Rahmen bereits nicht zulässig, andere rechtliche Wertungen, wie etwa die Periodizität der Vergütungsansprüche gemäß § 614 S. 2 BGB,592 ebenso wie die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers außer Acht zu lassen, um, soweit irgend möglich, die für den Arbeitgeber negativen Folgen des durch ihn erst herbeigeführten Annahmeverzugs zu mildern. Zwar mag dies angesichts der geschilderten Nöte im Zusammenhang mit dem arbeitgeberseitigen „Annahmeverzugsrisiko“593 wünschenswert erscheinen, dogmatisch begründbar und interessengerecht ist es gleichwohl nicht. Es ist einzig Siehe gerade oben 3. Teil D. I. 1. a) – c). So bereits Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3224). 590 In diesem Zusammenhang siehe auch sogleich folgend zur angestrebten „Billigkeit“ 3. Teil D. II. 591 Siehe § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. dem (Zwischen-)Arbeitsvertrag, bei Fehlen einer Vergütungsabrede siehe § 612 Abs. 1, Abs. 2 BGB. 592 Zur Periodizität des arbeitsvertraglichen Leistungsaustausches siehe 3. Teil B. I. 2. 593 Näher zum „Annahmeverzugslohnrisiko“ oben 1. Teil B. III. 2. 588 589

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die „Leistung“ des Arbeitnehmers, seine freigewordene Arbeitskraft zu einem höheren Preis als bisher verkauft zu haben, abgesehen von der finanziellen Notwendigkeit einer anderweitigen Arbeitsaufnahme überhaupt. Eine Bereicherung oder ein Gewinn auf Kosten des Arbeitgebers liegt hierin nicht. Für den im Annahmeverzug befindlichen Arbeitgeber wäre es vielmehr als ein „Geschenk des Himmels“594 anzusehen, könnte er vom Verhandlungsgeschick des Arbeitnehmers, von günstiger Arbeitsmarktlage oder einfach Zufall profitieren. Anderenfalls ergäbe sich im Übrigen das bizzare Ergebnis, dass es dem im Annahmeverzug befindlichen Arbeitgeber insoweit zugute käme, sich über einen möglichst längeren, jedenfalls mehrere Leistungsperioden umfassenden Zeitraum in Annahmeverzug zu befinden. Solange der Arbeitnehmer nämlich noch keine Zwischenbeschäftigung aufnehmen konnte oder musste,595 wäre die Beendigung des Annahmeverzugs gewissermaßen kontraproduktiv, könnte doch ein höherer Zwischenerwerb in nachfolgenden Leistungsperioden auf der Grundlage der Gesamtbetrachtungslehre ein Erlöschen auch vorhergehender Annahmeverzugslohnforderungen bewirken.596 Im Übrigen kann der gegen die zeitabschnittsbezogene Anrechnungsmethode erhobene Vorwurf einer „Bereicherung auf Kosten des Arbeitgebers“ auch in umgekehrter Richtung gegen die Gesamtberechnungsmethode erhoben werden. Es scheint nämlich im Gegenzug nicht minder gerechtfertigt, in der Gesamtberechnung eine Bevorzugung des Arbeitgebers „auf Kosten des Arbeitnehmers“ zu sehen. Dieser hat die arbeitsvertraglichen Ansprüche auf den Zwischenerwerb durch Leistung seiner dem Zwischenarbeitgeber versprochenen Dienste erworben. Übersteigt die Zwischenvergütung den Annahmeverzugslohn, so mag dies viele Gründe haben, welche alle nichts mit einer positiv zu würdigenden Leistung des Vertragsarbeitgebers zu tun haben. Dieser hat vielmehr den Annahmeverzug herbeigeführt, etwa durch Ausspruch einer unberechtigten Kündigung. Insbesondere in den Fällen, in denen sich die überschießende Höhe des Zwischenerwerbs als Ausfluss von Verhandlungsgeschick oder besonderer Geschäftstüchtigkeit des Arbeitnehmers darstellt, geschieht die Anrechnung im Wege der Gesamtberechnungsmethode somit „auf Kosten des Arbeitnehmers“. Es ist nicht einzusehen, warum der zu Unrecht kündigende Arbeitgeber letztlich von der besonderen Geschäftstüchtigkeit des Arbeitnehmers profitieren können soll.597

594 Nach Winderlich, Annahmeverzug, S. 168 ist die Gesamtabrechnung ein „Bonbon für den Arbeitgeber“. 595 Siehe § 615 S. 2 Alt. 3 BGB. 596 Freilich darf nicht übersehen werden, dass der Arbeitgeber in aller Regel an einer Aufrechterhaltung des Annahmeverzugs aus vielfältigen anderen Gründen nicht interessiert sein wird. 597 In diese Richtung auch Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3224); Schier, BB 2006, S. 2578 (2580).

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

3. Zutreffende Betonung nunmehr auch der „Nachteilsausgleichsfunktion“ im Sinne eines „Benachteiligungsverbots“ durch das BAG Neuerdings wird vom BAG insbesondere für die Regelungen des mit § 615 S. 2 Alt. 2 BGB inhaltsgleichen § 11 Nr. 1 und Nr. 3 KSchG598 angenommen, sie sollen gewährleisten, „dass der Arbeitnehmer nach einer unwirksamen Kündigung durch den Arbeitgeber finanziell nicht besser, aber auch nicht schlechter steht, als wenn das Arbeitsverhältnis ohne Kündigung durchgeführt worden wäre.“599 Insoweit werden die möglichen Normzwecke des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB „Gewinnvermeidung“ sowie „Nachteilsausgleichsfunktion“ bzw. „Benachteiligungsverbot“ kombiniert.600 Ob hierin die Andeutung einer weitergehenden, möglicherweise endgültigen Abkehr von dem seit jeher angenommenen Normzweck der „Gewinnvermeidung“ zu sehen ist, bleibt jedoch fraglich. Eine solche Kehrtwende in der Rechtsprechung des BAG durch den nunmehr für das „Arbeitsentgelt im Sinne von § 615 BGB“ zuständigen 5. Senat,601 mit der Konsequenz der Anerkennung der zeitabschnittsbezogenen, ratierlichen Anrechnungsmethode, wäre allerdings ebenso wünschenswert wie dogmatisch zutreffend.

II. Das angestrebte Ziel der „Billigkeit“ Nach Ansicht der h. M. soll die Gesamtberechnung im Gegensatz zur zeitabschnittsbezogenen Anrechnungsmethode unter Verweis auf die gesetzgeberische Intention auch „aus Gründen der Billigkeit“ vorzunehmen sein bzw. der „Billigkeit“ entsprechen.602 1. „Gesetzgeberische Biligkeit“ Angesprochen ist mithin ein Fall derjenigen Erscheinungsform der Billigkeit im Recht, dass sich der Gesetzgeber bei der Schaffung von Rechtssätzen von allgemeinen bzw. typisierten Billigkeitserwägungen hat leiten lassen. Im Zusammenhang mit dieser sog. gesetzgeberischen Billigkeit 603 ist die Billigkeit weniger In598 Zur weitestgehenden Übereinstimmung der Regelungen siehe schon oben 1. Teil B. II. 4. und 3. Teil B. II. 1. a), b). 599 BAG 11. 1. 2006 – 5 AZR 125 / 05 – BAGE 116, 355 (357). 600 Zum zutreffenden Normzweck eines Nachteilsausgleichs siehe noch folgend unter 3. Teil D. III. 601 Geschäftsverteilung für das Bundesarbeitsgericht 2007 – Stand: 1. November 2007 –, B. Ziffer 5.1.5. 602 Siehe dazu bereits die Nachweise oben 2. Teil B. IV. 603 Teilweise wird in diesem Zusammenhang auch von abstrakter Billigkeit gesprochen, hierzu kritisch Hoyningen-Huene, Billigkeit im ArbR, S. 27 ff. m. w. N. und Beispielen.

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halt, als vielmehr Motiv des Rechtssatzes, um ein bestimmtes, billiges Ergebnis bei der Rechtsanwendung für jedem potentiell einschlägigen Einzelfall zu gewährleisten.604 Diese Form der Billigkeit stellt sich folglich als „Gesetzesgerechtigkeit“ oder „Normengerechtigkeit“ dar und unterscheidet sich damit entscheidend von dem eigentlichen Ziel der Billigkeit, der Frage nach der richtigen Gesetzesanwendung im konkreten Einzelfall.605 Ausweislich der Motive zum BGB606 ist „aus Gründen der Billigkeit“ jedoch in vorliegender Konstellation überhaupt erst die Anrechnung als solche gestattet worden.607 Eine bestimmte Vorgehensweise bei der Bestimmung des Umfangs des Anrechnungspostens in zeitlicher Hinsicht, entweder im Sinne der Gesamtberechnung oder der zeitabschnittsbezogenen Betrachtungsweise, wurde indes vom historischen Gesetzgeber weder aus Gründen der Billigkeit noch überhaupt vorgegeben.608 Insofern könnte bereits fraglich sein, ob der hier untersuchten Fragestellung mit dem Hinweis auf die angestrebte Billigkeit wirklich zu einer angemessenen Lösung verholfen werden kann. Allerdings kann zugunsten der Gesamtberechnungsmethode unterstellt werden, dass der Wille des Gesetzgebers, aus Gründen der Billigkeit überhaupt erst eine Anrechnung dem Grunde nach vorzunehmen, auf der gleichsam nachgeordneten Ebene der Bestimmung des zeitlichen Umfangs der Anrechnung jedenfalls eine nicht vollkommen außer Acht zu lassende Ausstrahlungswirkung entfaltet. Allerdings muss sich der nachfolgende Versuch der Beantwortung der Frage, welche Ansicht zum zeitlichen Umfang der Anrechnung anderweitigen Erwerbs hinsichtlich des Normzwecks des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB unter dem Aspekt der Billigkeit vorzugswürdig ist, darauf beziehen, welche der Methoden typischerweise billig oder eben nicht billig ist, unbeschadet des Vorliegens ganz besonderer Einzelfallumstände. Dies kommt im Ergebnis der „gesetzgeberischen Billigkeit“ bei der Anordnung einer Anrechnung als solcher zumindest nahe. Wie zu zeigen sein wird, lassen sich in der Tat derartige generell oder zumindest typischerweise einschlägige Billigkeitskriterien aufzeigen.609

604 Näher zu dieser und den von ihm angenommenen zwei weiteren Erscheinungsformen der Billigkeit im Recht Hoyningen-Huene, Billigkeit im ArbR, S. 26 ff. m. w. N. Siehe zur Billigkeitskompetenz und -verantwortung des Normgebers sowie zu den Grenzen der legislativen Typisierungsfreiheit Pernice, Billigkeit im ÖR, S. 242 (243 ff.). 605 Hoyningen-Huene, Billigkeit im ArbR, S. 28; zur „konkreten Billigkeit“ als Maßstab für die Erzielung von Einzelfallgerechtigkeit siehe noch folgend unter 3. Teil D. II. 2. b). 606 Motive II, S. 399 (400) und S. 461 (463). 607 So auch bereits in den Gesetzesmaterialien zur Vorgängerregelung von § 615 S. 2 BGB, der Regelung des Art. 625 S. 2 des Dresdner Entwurfs, Schubert / Kübel, Vorlagen der Red., S. 618 (621). 608 Hierauf weisen auch Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3223 f.) und Rumpf, Synallagma im Dauerschuldverhältnis, S. 170 hin. 609 Zu den in Betracht kommenden Billigkeitskriterien folgend unter 3. Teil D. II. 3. a).

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

Es stellt sich zunächst die im Folgenden näher zu untersuchende Frage, welcher sachliche, materiell-rechtliche Gehalt sich hinter dem unbestimmten Rechtsbegriff bzw. der Generalklausel der „Billigkeit“ verbirgt610 und nachfolgend, welche der Ansichten zum zeitlichen Umfang der Anrechnung anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers der so bestimmten Billigkeit tatsächlich am ehesten entspricht.611 2. Umschreibung des sachlichen Gehalts der „Billigkeit“ Die Berufung auf vage Billigkeitserwägungen mag gelegentlich bequem erscheinen, wenn damit rationale, aber mühsamere, Begründungen erspart werden sollen. Die damit einhergehenden Gefahren einer „Billigkeitsrechtsprechung“ sind bereits mehrfach treffend umschrieben worden, so auch bei Hoyningen-Huene, wenn er feststellt: „Billigkeit scheint zur Zauberformel der Rechtsprechung, namentlich im Arbeitsrecht zu werden [ . . . ].“612 a) Erscheinungsformen der „Billigkeit“ im Recht Der Begriff der „Billigkeit“ wird in der Rechts- und Gesetzessprache in mannigfaltigen Zusammenhängen und Abstufungen verwendet.613 Erinnert sei hier nur etwa an die seit RGZ 48, 114614 allgemein gebräuchliche sog. Anstandsformel zur Umschreibung der guten Sitten615 als das „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“.616 Zum sachlichen Gehalt der „Billigkeit“ sogleich folgend 3. Teil D. II. 2. Zur Anwendung und Verwirklichung der „Billigkeit“ folgend unter 3. Teil D. II. 3. 612 So Hoyningen-Huene, Billigkeit im ArbR, Vorwort, zu Voraussetzungen und Grenzen der Billigkeitsrechtsprechung siehe vor allem S. 33 ff. Ausführlich zur arbeitsgerichtlichen Inhalts- und Angemessenheits- bzw. Billigkeitskontrolle gemäß § 242 BGB bzw. §§ 315 ff. BGB Preis, Vertragsgestaltung, S. 180 ff., 193 ff. Insbesondere zur Billigkeits-Rechtsprechung des BGH Henf, Billigkeit, S. 21 ff., 71 ff. 613 Näher zu den vielfältigen Erscheinungsformen der Billigkeit im Recht, vor allem im Gesetz Hoyningen-Huene, Billigkeit im ArbR, S. 26 ff.; Pernice, Billigkeit im ÖR, S. 207 ff.; Henf, Billigkeit, S. 58 ff. 614 RG 11. 4. 1901 – VI 443 / 00 (Brisbane) – RGZ 48, 114 (124), in Anlehnung an Motive II, S. 724 (727), zu § 705 Entwurf I, nunmehr § 826 BGB. 615 Insbesondere in den §§ 138 Abs. 1, 826 BGB. Siehe zur mannigfaltigen Verwendung des Begriffs der guten Sitten auch §§ 817 S. 1, 819 Abs. 2 BGB, § 241 Nr. 4 AktG, §§ 40, 125 Abs. 2 Nr. 4 AO 1977, §§ 24 Abs. 1 S. 1, 99 Abs. 1 BPersVG, § 2 Nr. 1 GebrMG, § 3 Abs. 1 Nr. 3 GeschmMG, § 33a Abs. 2 Nr. 2 GewO, §§ 62 Abs. 1, 74a Abs. 3 HGB, § 13 Abs. 2 KSchG, §§ 8 Abs. 2 Nr. 5, 23 a. E., 100 Abs. 1, 103 MarkenG, § 2 Abs. 1 PatG, § 108 Abs. 1 S. 1 SeemG, § 36 Abs. 1 SGB III, § 40 Abs. 2 Nr. 5 SGB X, § 228 StGB, §§ 1, 2 Abs. 2 UWG a. F., § 44 Abs. 2 Nr. 6 VwVfG, § 765a Abs. 1 S. 1 ZPO sowie ferner eine Vielzahl landesrechtlicher Regelungen. 616 Allg. M., RG 16. 10. 1903 – II 88 / 03 – RGZ 55, 367 (373); RG 15. 10. 1912 – VII 231 / 12 – RGZ 80, 219 (221); RG 9. 2. 1928 – VI 261 / 27 – RGZ 120, 144 (148); BGH 610 611

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Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die seitens des Gesetzgebers aus Gründen der Billigkeit erfolgte Anordnung der Vornahme einer Anrechnung bei § 615 S. 2 BGB als solcher in systematischer Hinsicht als sog. gesetzgeberische Billigkeit umschrieben werden kann.617 Einen weiteren bedeutsamen Fall gesetzgeberischer Billigkeit stellt die insbesondere von der st. Rspr. trotz gewisser Kritik618 weiterhin praktizierte Einstufung des Bereicherungsrechs gemäß §§ 812 ff. BGB als „Billigkeitsrecht“ bzw. als ein Rechtsgebiet, das „letztlich auf Gründen der Billigkeit beruhe“ und daher „dem Gebot der Billigkeit [ . . . ] in besonderem Maße unterliegt“,619 dar.620 Insbesondere das BGB enthält Bezeichnungen im Zusammenhang mit der Billigkeit an den unterschiedlichsten Stellen.621 Während insoweit teils schlicht die „Billigkeit“ in Bezug genommen wird,622 etwa auch hinsichtlich der Anforderun9. 7. 1953 – IV ZR 242 / 52 – BGHZ 10, 228 (232); BGH 1. 4. 1954 – IV ZR 177 / 53 – BGHZ 13, 71 (72 f.); BGH 25. 5. 1955 – VI ZR 6 / 54 – BGHZ 17, 327 (332 f.); BGH 15. 2. 1956 – IV ZR 294 / 55 – BGHZ 20, 71 (74); BGH 6. 7. 1976 – VI ZR 122 / 75 – BGHZ 67, 119 (121); BGH 29. 9. 1977 – III ZR 164 / 75 – BGHZ 69, 295 (297); BGH 11. 12. 2003 – 3 StR 120 / 03 – BGHSt 49, 34 (41); BGH 19. 7. 2004 – II ZR 402 / 02 – BGHZ 160, 149 (157); BAG 23. 11. 1961 – 2 AZR 301 / 61 – BAGE 12, 60 (65); BAG 16. 2. 1989 – 2 AZR 347 / 88 – BAGE 61, 151 (156); BAG 24. 3. 2004 – 5 AZR 303 / 03 – BAGE 110, 79 (85); BAG 14. 12. 2004 – 9 AZR 23 / 04 – BAGE 113, 129 (132 f.); BSG 18. 3. 2004 – B 11 AL 57 / 03 R – BSGE 92, 254 (257); BVerfG 21. 7. 1992 – 1 BvR 1282 / 88 – juris; BVerfG 24. 8. 2000 – 1 BvR 83 / 97 – NVwZ 2001, S. 65 (66); aus der Literatur MünchKomm-BGB / MayerMaly / Armbrüster, § 138 Rn. 14 f.; Sack, NJW 1985, S. 761 ff.; kritisch Haberstumpf, Anstandsformel, S. 44 ff., 73 ff. 617 Zur sog. gesetzgeberischen oder „abstrakten Billigkeit“ siehe bereits oben 3. Teil D. II. 1. 618 Z. B. MünchKomm-BGB / Lieb, § 812 Rn. 22 m. w. N. 619 BGH 8. 7. 2003 – VI ZR 274 / 02 – BGHZ 155, 342 (354); BGH 21. 3. 1996 – III ZR 245 / 94 – BGHZ 132, 198 (215); BGH 31. 5. 1990 – VII ZR 336 / 89 – BGHZ 111, 308 (312); BGH 9. 10. 1980 – VII ZR 332 / 79 – BGHZ 78, 216 (224); BGH 7. 1. 1970 – VII ZR 9 / 70 – BGHZ 55, 128 (134); BGH 21. 12. 1961 – III ZR 130 / 60 – BGHZ 36, 232 (234 f.); BAG 3. 11. 2004 – 5 AZR 592 / 03 – BAGE 112, 299 (304); BAG 12. 2. 1992 – 5 AZR 297 / 90 – BAGE 69, 324 (330); BVerwG 24. 9. 1992 – 2 C 18 / 91 – BVerwGE 91, 66 (71); ebenso Palandt / Sprau, Einf. vor § 812 BGB Rn. 1 / 2. Zur Unterstützung dieser Wertung kann auch auf § 87 Abs. 2 S. 1, S. 3 BBG bzw. entsprechende Regelungen der LBG sowie § 52 Abs. 2 S. 1, S. 3 BeamtVG hingewiesen werden. Nach diesen Vorschriften kann von der Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge nach den „Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung“ aus „Billigkeitsgründen“ abgesehen werden. Näher zur „Billigkeit“ im öffentlichen Recht Pernice, Billigkeit im ÖR, S. 207 ff. 620 Zu dieser Kategorisierung siehe auch Hoyningen-Huene, Billigkeit im ArbR, S. 28 m. w. N. 621 Ferner §§ 74a Abs. 1 S. 2, 87 Abs. 3 S. 2, 89b Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 324 Abs. 3 S. 9, 744 Abs. 3 S. 2, 750 Abs. 2 Nr. 1 HGB, § 75 Abs. 1 S. 1 BetrVG, § 850b Abs. 2 ZPO, § 20 Abs. 1, Abs. 4, Abs. 6 GWB, Art. 106 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 GG. 622 §§ 315 Abs. 3, 571 Abs. 1 S. 2, 829, 920 Abs. 2, 1360a Abs. 4 S. 1, 1361 Abs. 3, 1361a Abs. 1 S. 2, Abs. 2, 1361b Abs. 3, 1577 Abs. 2 S. 2, 1581 S. 1, 1587l Abs. 3 S. 3, 1611 Abs. 1 S. 1, 1649 Abs. 2 S. 1, 2057a Abs. 3 BGB. Zum Begriff „billig“ siehe z. B. § 253 Abs. 2 BGB, zu „billigerweise“ siehe etwa § 284 BGB.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

gen an ein eingeräumtes „billiges Ermessen“,623 finden sich des Weiteren negativ formulierte Nuancen bzw. Abstufungen, insbesondere die „grobe Unbilligkeit“ bzw. „grob unbillig“, „offenbar unbillig“624 sowie die „unbillige Härte“625 und andere mehr.626 Bereits dieser kurze Überblick verdeutlicht die Schwierigkeiten bei der Beantwortung der Frage, wie ein diesen, zumal unterschiedlichen Rechtsgebieten entstammenden, Normen über das „Billige“ bzw. die „Billigkeit“ gemeinsam innewohnender materiell-rechtlicher Gehalt ermittelt und angewendet werden soll. b) Abgrenzung der „gesetzgeberischen Billigkeit“ zur „konkreten Billigkeit“ als Einzelfallgerechtigkeit Es ist unumstritten, dass zwischen dem Erfordernis der Billigkeit und der Herstellung von Gerechtigkeit eine maßgebliche Verbindung besteht.627 Dies erklärt sich bereits vor dem Hintergrund der ursprünglichen und grundlegendsten Aufgabe des Rechts Gerechtigkeitsfragen zu lösen.628 „[ . . . ] ius est ars boni et aequi.“629 Das gesetzte Normenrecht kann jedoch bereits angesichts seiner abstrakt-generellen Fassung keine absolute Richtigkeit und Angemessenheit für jeden Einzelfall gewährleisten. Ohne vorliegend näher auf historisch-rechtsphilosophische Aspekte des Begriffs der Gerechtigkeit eingehen zu können,630 lässt sich zumindest soviel sagen: Der wichtigste Aspekt der Billigkeit betrifft die Grundlage für die Findung

623 §§ 315 Abs. 1, Abs. 3 S. 1, 317 Abs. 1, 319 Abs. 1 S. 1, 660 Abs. 1, 745 Abs. 2, 971 Abs. 1 S. 3, 1024, 1246, 1382 Abs. 4, 1587a Abs. 5 BGB, ferner §§ 572 Abs. 1, 753a S. 1 HGB. 624 §§ 319 Abs. 1 S. 1, 660 Abs. 1, 1318 Abs. 2 S. 2, Abs. 3, 1381, 1383 Abs. 1, 1573 Abs. 5 S. 1, 1576 S. 1, 1577 Abs. 3, 1578 Abs. 1 S. 2, 1579, 1581 S. 2, 1585 Abs. 2, 1585a Abs. 1 S. 2, 1587c Nr. 1, 1587d Abs. 1 S. 1, 1611 Abs. 1 S. 2, 1615l Abs. 2 S. 3, 2048 S. 3 BGB. 625 §§ 595 Abs. 7 S. 2, 1361b Abs. 1 S. 1, S. 2, 1587h Nr. 1, 1613 Abs. 3 S. 1 BGB. 626 Ausführlich zu den einzelnen Arten der Billigkeit Hoyningen-Huene, Billigkeit im ArbR, S. 36 ff. 627 Grundlegend bereits Aristoteles, Nikomachische Ethik, Buch V, Nr. 14; ausführlich dazu Hoyningen-Huene, Billigkeit im ArbR, S. 17 ff.; Gast, Wo., ArbeitsR als VertragsR, S. 4 ff.; Henf, Billigkeit, S. 29 ff., jeweils m. w. N. 628 Näher zur Lösung von Gerechtigkeitsfragen als der grundlegenden Aufgabe des Rechts Zippelius, Methodenlehre, S. 8 ff., 57 ff. 629 Lat., so einleitend in den Digesten bzw. Pandekten, 1, 1, 1., H. d. d. V., was übersetzt so viel bedeutet wie: „[ . . . ] das Recht ist die Kunst der guten Ordnung und der Billigkeit.“ bzw. „[ . . . ] das Recht ist die Kunst des Guten und Gerechten.“, Behrends / Knütel / Kupisch / Seiler, Corpus Iuris Civilis, II, S. 91. Zur aequitas im römischen Recht Henf, Billigkeit, S. 41 ff.; Pernice, Billigkeit im ÖR, S. 39 ff.; Hoyningen-Huene, Billigkeit im ArbR, S. 4 f., 14 f. 630 Grundlegend Aristoteles, Nikomachische Ethik, Buch V; ausführlich Pernice, Billigkeit im ÖR, S. 29 ff.; Henf, Billigkeit, S. 30 ff., 39 ff.; Hoyningen-Huene, Billigkeit im ArbR, S. 17 ff., jeweils m. w. N.

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der richtigen Entscheidung im konkreten Einzelfall der Rechtsanwendung. Die Billigkeit stellt sich nach allg. M. vor allem als ein entscheidender Maßstab zur Verwirklichung konkreter Gerechtigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht zu ziehenden Umstände des Einzelfalls, mithin der Einzelfallgerechtigkeit, dar.631 Vor diesem Hintergrund trifft es zu, wenn von „konkreter Billigkeit“ gesprochen wird.632 Die „gesetzgeberische Billigkeit“ spiegelt hingegen die Ansicht und die Intention des Gesetzgebers wieder, mit der von ihm unter Berufung auf Billigkeitsgesichtspunkte aufgestellten Rechtsnorm die geregelte Frage für alle oder zumindest die überwiegende Zahl der in Betracht kommenden Einzelfälle typisierend unter Beachtung und im Sinne der konkreten Billigkeit gelöst zu haben.633 c) „Billigkeit“ und der Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB Teilweise wird zur Herleitung wie zur näheren Ausfüllung des Postualts der Billigkeit auf den allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwiesen.634 Dieser stellt freilich seinerseits eine ausfüllungsbedürftige Generalklausel mit nahezu unüberschaubarem Anwendungsbereich dar.635 Nach Ansicht von Hoyningen-Huene haben Treu und Glauben sowie Billigkeit zwar allgemein gesehen ähnliche Aufgaben und Funktionen; der aus der Gerechtigkeit abgeleitete Grundsatz von Treu und Glauben hat indes für alle Rechtsunterworfenen eine „objektiv-generalisierende“ Tendenz, während hingegen die Billigkeit „objektiv-individualisierend“ lediglich die jeweiligen Einzelumstände des betreffenden Rechtsverhältnisses berücksichtigt.636 Zur näheren Bestimmung des sachlichen Gehalts der Billigkeit ist es ferner nicht ausreichend, wenn lediglich allgemein, obgleich im Ausgangspunkt durchaus zutreffend, darauf hingewiesen wird, dass auch die Vorschrift des § 615 S. 2 BGB letztlich auf dem Grundsatz von Treu und Glauben beruhe.637 631 BGH 16. 5. 1951 – II ZR 61 / 50 – BGHZ 2, 150 (154 f.); BGH 6. 7. 1955 – GSZ 1 / 55 – BGHZ 18, 149 (150 ff.); BAG 31. 10. 1969 – 3 AZR 119 / 69 – BAGE 22, 189 (194 f.); grundlegend Aristoteles, Nikomachische Ethik, Buch V, Nr. 14; näher Hoyningen-Huene, Billigkeit im ArbR, S. 17 f.; Pernice, Billigkeit im ÖR, S. 396 ff., jeweils m. w. N. 632 Näher Hoyningen-Huene, Billigkeit im ArbR, S. 28 f. m. w. N. 633 Zur „gesetzgeberischen Billigkeit“ schon oben 3. Teil D. II. 1. 634 Statt vieler: BGH 17. 3. 1999 – XII ZR 139 / 97 – NJW 1999, S. 2365 (2369); BGH 29. 6. 1989 – IX ZR 175 / 88 – BGHZ 108, 179 (183); BGH 16. 4. 1973 – VII ZR 140 / 71 – BGHZ 60, 353 (355 ff.). 635 Ausführlich zum Verhältnis von „Treu und Glauben“ zur „Billigkeit“ Hoyningen-Huene, Billigkeit im ArbR, S. 86 ff. m. w. N. 636 Hoyningen-Huene, Billigkeit im ArbR, S. 86 (92 f.). 637 So BGH 16. 4. 1973 – VII ZR 140 / 71 – BGHZ 60, 353 (358). Zur thematischen Nähe der Anrechnungsregelung des § 615 S. 2 BGB zum letztlich ebenfalls auf § 242 BGB beru-

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

3. Grundsätze zur Anwendung und Verwirklichung der „Billigkeit“ Um eine soweit wie möglich dogmatisch begründbare und rational nachvollziehbare Lösung eines Einzelfalls unter maßgeblicher Berücksichtigung der Erfordernisse der Billigkeit zu erreichen, stellt sich die Frage nach handhabbaren Grundsätzen der Anwendung der Billigkeit. In diesem Zusammenhang seien in Anlehnung an Hoyningen-Huene vor allem folgende Aspekte genannt:638 – begriffliche Klarheit und Genauigkeit, – Offenlegung der Wertungskriterien zur Erzielung von Transparenz im Rahmen der Entscheidungsfindung, – Auffinden der einzelnen sachverhaltsspezifischen Beurteilungskriterien639 sowie – Wertung und Abwägung der Interessen im Rahmen der abschließenden Entscheidungsfindung.640

a) In Betracht kommende Billigkeitskriterien „Die Berücksichtigung der Billigkeit gebietet eine Berücksichtung und Verwertung der Interessen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles.“641 Die gesetzgeberisch angeordnete Vornahme einer Anrechnung bei § 615 S. 2 BGB als solcher abstrahierte und generalisierte die typischerweise vorliegenden Einzelfallumstände.642 Angesichts der Vielgestaltigkeit der im Einzelfall grds. berücksichtigungsfähigen Billigkeitskriterien seien an dieser Stelle im Hinblick auf die Frage nach der zutreffenden Anrechnungsmethode bei § 615 S. 2 BGB lediglich einige der wichtigsten potentiell einschlägigen Aspekte genannt:643 – der Geschäftszweck, henden Rechtsinstitut der Vorteilsausgleichung bzw. Vorteilsanrechnung siehe bereits oben 1. Teil D. II. 3. b). 638 Ausführlich und instruktiv zu Nachfolgendem Hoyningen-Huene, Billigkeit im ArbR, S. 47 ff., 113 (114 f., 115 ff., 117 ff., 120 ff.) m. w. N.; siehe Henf, Billigkeit, S. 233 ff., unter kritischer Würdigung der BGH-Rechtsprechung. 639 Zu diesem selbst bereits eine Wertung beinhaltenden Punkt sogleich folgend 3. Teil D. II. 3. a). 640 Zur Bewertung der als einschlägig erachteten Billigkeitskriterien siehe 3. Teil D. II. 3. b) aa) – ff). 641 So BAG 28. 11. 1989 – 3 AZR 118 / 88 – BAGE 63, 267 (271 f.), hier auch zu einzelnen Billigkeitskriterien speziell im Arbeitsrecht. 642 Zur „gesetzgeberischen Billigkeit“ siehe oben 3. Teil D. II. 1. 643 Nachweise jeweils bei Hoyningen-Huene, Billigkeit im ArbR, S. 119 f.; ferner Pernice, Billigkeit im ÖR, S. 202 ff.; siehe auch Henf, Billigkeit, S. 237 (256 ff., 287 ff., 291 ff.), hier vor allem zur Rechtsprechung des BGH.

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– die vertragliche Risikoverteilung, – die beiderseitigen Bedürfnisse der Vertragspartner, – die Dauer des Rechtsverhältnisses, insbesondere relevant bei Arbeitsverhältnissen und anderen dauernden Schuldverhältnissen, – die aufgewendete Zeit und Mühe für die vertraglichen Verpflichtungen, – außervertragliche Vor- und Nachteile, – die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, – wirtschaftliche Interessen oder Belastungen der Parteien, – die sozialen Lebensverhältnisse wie familiäre und Unterhaltsverpflichtungen, – persönliche Umstände, – „Verschulden“, – Vorverhalten und Motive der Parteien, – Art und Ausmaß der Nachteile bzw. des Schadens, z. B. Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz, – Auswirkungen auf die Allgemeinheit, z. B. volkswirtschaftliche Gesichtspunkte, – Belange des Betriebs.

b) Bewertung und Abwägung der Billigkeitskriterien zur Verwirklichung des Postulats der „gesetzgeberischen Billigkeit“ im Rahmen der unterschiedlichen Anrechnungsmethoden Dem soeben dargestellten Umriss des sachlichen Gehalts der Billigkeit schließt sich die Frage an, welche der unterschiedlichen Ansichten zum zeitlichen Umfang der Anrechnung anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers diesen Erfordernissen am ehesten entspricht, wie also eine möglichst „gerechte“ Lösung für den typischen Einzelfall gefunden werden kann. Zwar braucht die Berücksichtigung allgemeiner Interessenlagen im Hinblick auf die Definition der Billigkeit als Einzelfallgerechtigkeit644 nicht zwingend ein Widerspruch zu sein.645 Allerdings ist Gegenstand der vorliegenden Untersuchung kein konkreter Einzelfall. Es darf daher nicht verkannt werden, dass hier lediglich solche Kriterien aufgezeigt und beurteilt werden können, die generell oder zumindest typischerweise zur Begründung der jeweiligen Ansicht zum zeitlichen Umfang der Anrechnung einschlägig sein werden. Dieses Vorgehen kommt im Ergebnis der gesetzgeberischen bzw. abstrakten Billigkeit nahe.646 Ausschließlich unter Berücksichtigung der „konkreten Billigkeit“ im Sinne einer Erzielung von Gerech644 645 646

Zu dieser sog. konkreten Billigkeit siehe bereits oben 3. Teil D. II. 2. b). Ebenso Henf, Billigkeit, S. 310 ff. m. w. N., auch zur Rechtsprechung des BGH. Zur gesetzgeberischen bzw. abstrakten Billigkeit bereits oben 3. Teil D. II. 1.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

tigkeit im Einzelfall ließe sich unter Zugrundelegung ganz besonderer Umstände eines konkreten Einzelfalls auch ein abweichendes und gleichwohl „billiges“ Ergebnis hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der Anrechnung begründen. Im Folgenden werden die für die hier untersuchte Fragestellung bedeutsamsten der oben genannten Billigkeitskriterien647 näher untersucht. Es gilt herauszufinden, ob unter dem Gesichtspunkt der gesetzgeberisch vorgegebenen „Billigkeit“ der Anrechnung die den Arbeitgeber begünstigende Gesamtberechnungsmethode oder die vor allem dem Arbeitnehmer zugute kommende zeitabschnittsbezogene Anrechnungsmethode vorzugwürdig ist. aa) Geschäftszweck des Arbeitsvertrages Als zugunsten des Arbeitnehmers eingreifendes Wertungsargument kann zunächst der „Geschäftszweck des Arbeitsvertrages“ angeführt werden. Regelmäßig schafft und sichert sich der Arbeitnehmer durch die für seine Dienste erbrachte Gegenleistung seine wirtschaftliche Lebensgrundlage. Typischerweise kommt der Vergütung demnach in wirtschaftlicher Hinsicht existentielle Bedeutung zu. Dies wird gerade auch in Zeiten des Annahmeverzugs des Vertragsarbeitgebers der Fall sein, wenn dessen regelmäßige, periodische Vergütungszahlung entfällt. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass sich der Geschäftszweck des Arbeitsvertrages für den Arbeitgeber so darstellt, die Vergütung gemäß § 614 BGB grds. erst nach Leistung der Dienst entrichten zu müssen.648 In den Zeiten des Annahmeverzugs sind die vertraglich geschuldeten Dienste tatsächlich aber nicht erbracht worden. Hinsichtlich der aus der Zwischentätigkeit erzielten Vergütung spricht unter dem Aspekt des Geschäftszwecks des Zwischen-Arbeitsvertrages entscheidend zugunsten des Arbeitnehmers, dass dieser sich die Vergütung durch seine Dienstleistung erarbeitete und verdiente. Den Vertragsarbeitgeber geht dieser Erwerb des Arbeitnehmers im Ausgangspunkt nichts an. Es stellt daher umso mehr eine Durchbrechung oder zumindest eine Abweichung vom Vertragszweck dar, je mehr dem Arbeitgeber der Zwischenverdienst zugute kommen soll. Dieser Aspekt spricht somit deutlich gegen eine ausgeweitete Berücksichtigung des Zwischenerwerbs im Sinne der Gesamtberechnungsmethode. bb) Vertragliche und gesetzliche Risikoverteilung Die „Risikoverteilung“ hinsichtlich der hier in Frage stehenden Leistungsstörung „Annahmeverzug“ ist im Grundsatz derart ausgestaltet, dass der Arbeitgeber 647 Siehe die Aufzählung der allgemein in Betracht kommenden Billigkeitskriterien 3. Teil D. II. 3. a). 648 Zum Grundsatz der Vorleistungspflicht des Arbeitnehmers siehe Einleitung A. und 1. Teil B. I. 1.

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die vereinbarte Vergütung gemäß § 615 S. 1 i. V. m. § 611 Abs. 1 BGB fortzuzahlen hat. Ihr Charakter als Ausnahmevorschrift spricht im rechtstheoretischen Ausgangspunkt dafür, die Anrechnungsvorschrift des § 615 S. 2 BGB unter Beachtung des dogmatischen Umfelds der Norm649 eng auszulegen, und damit im Sinne der pro rata temporis-Anrechnungsmethode. cc) Aufgewendete Zeit und Mühe für die vertraglichen Verpflichtungen Im Hinblick darauf, dass der Arbeitnehmer zur Erzielung des Annahmeverzugslohnanspruchs abgesehen von den Erfordernissen seiner persönlichen Leistungsfähigkeit und -bereitschaft gemäß § 297 BGB lediglich ein ordnungsgemäßes Leistungsangebot im Sinne der §§ 294 f. BGB abzugeben hat, soweit ein solches nicht sogar gemäß § 296 BGB entbehrlich ist, spricht das Kriterium der „aufgewendeten Zeit und Mühe für die vertraglichen Verpflichtungen“ insoweit wertungsmäßig zugunsten des Arbeitgebers. Dieser ist gemäß § 615 S. 1 i. V. m. § 611 Abs. 1 BGB in voller Höhe zur Lohnzahlung verpflichtet, ohne eine Leistung erhalten zu haben oder nachfordern zu können. Andererseits spricht hinsichtlich der in Frage stehenden anderweitigen Vergütung zumindest ebenso deutlich zugunsten des Arbeitnehmers, dass allein dieser zur ihrer Erzielung Zeit und Mühe aufgewendet hat. Der Arbeitgeber hat hierdurch abgesehen von dem durch ihn herbeigeführten Eintritt der Leistungsstörung des Annahmeverzugs nichts beigetragen. Je weiter man ihn im Rahmen von § 615 S. 2 Alt. 2 BGB an dieser anderweitigen vertraglichen Gegenleistung des Arbeitnehmers partizipieren lässt, desto größer und schwieriger wird vor allem auch unter Wertungsgesichtspunkten der erforderliche Begründungsaufwand. dd) Wirtschaftliche Interessen oder Belastungen der Parteien sowie Art und Ausmaß der Nachteile bzw. des Schadens Auch hinsichtlich dieser hier im Folgenden gemeinsam betrachteten Kriterien sind Wertungsspielräume erkennbar. Das den Arbeitgeber teils sehr hart treffende „Annahmeverzugsrisiko“ ist bereits näher beschrieben worden.650 Angesichts der regelmäßig gegebenen wirtschaftlichen Zwänge, die den Arbeitnehmer zur Aufnahme einer Zwischentätigkeit bewegen mögen, ist indes auch ein erhebliches wirtschaftliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben.651 Dieser wirtschaftliche Druck auf den Arbeitnehmer zur Aufnahme einer Zwischentätigkeit wird durch die 649 Zur Periodizität und rechtlichen Selbständigkeit der arbeitsvertraglichen Vergütungsansprüche siehe schon oben 3. Teil B. I. 2. und 3. 650 Näher zum sog. Annahmeverzugsrisiko bzw. Annahmeverzugslohnrisiko unter 1. Teil B. III. 2. 651 Zur Perspektive des Arbeitnehmers in der Annahmeverzugssituation siehe 1. Teil B. III. 3.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

anspruchsmindernde Berücksichtigung böswillig unterlassenen Erwerbs gemäß § 615 S. 2 Alt. 3 BGB noch verstärkt. Der typischen Annahmeverzugssituation kommt demnach für beide Arbeitsvertragsparteien eine immense wirtschaftliche Bedeutung zu. Eindeutige und typischerweise zutreffende Wertungsaussagen zugunsten einer der Vertragsparteien sind daher nicht möglich. ee) „Verschulden“ Ein wichtiger Wertungsaspekt lässt sich dem Billigkeitskriterium des „Verschuldens“ entnehmen, das nicht ausschließlich im Sinne der §§ 276, 278 BGB zu verstehen ist. Es geht hier vielmehr darum herauszufinden, aus wessen Sphäre die Störung stammt, wer sie gleichsam veranlasst und wer für sie tatsächlich wie rechtlich verantwortlich ist. Dieses Kriterium gibt einen klaren Anhaltspunkt zu Lasten des Arbeitgebers, der den Annahmeverzug durch die schlichte Tatsache der Nichtannahme der ordnungsgemäß angebotenen Leistung auslöst, wenngleich dies auch nicht notwendigerweise „verschuldet“ im rechtstechnischen Sinne geschehen sein muss.652 Vorstehendes kann der Sache nach auch bei der Bewertung des Billigkeitskriteriums „Vorverhalten der Parteien“ angeführt werden. Ob die dem Annahmeverzug zugrundeliegende Annahmeverweigerung durch den Arbeitgeber tatsächlich „stets auch ein diskriminierendes Element enthält“,653 was unter dem Aspekt der Billigkeit zugunsten des Arbeitnehmers Berücksichtigung finden könnte, mag hier letztlich dahinstehen. ff) Belange des Betriebs „Belange des Betriebs“ werden typischerweise zugunsten der den Arbeitgeber entlastenden Gesamtberechnungsmethode sprechen, können doch der Bestand des Unternehmens bzw. des Betriebes vor allem dann gefährdet und damit auch die dort befindlichen weiteren Arbeitsplätze bedroht sein, wenn der Arbeitgeber aufgrund des Annahmeverzugs in wirtschaftliche Nöte geraten ist. In diesem Sinne wäre eine maximale Entlastung des Arbeitgebers durch die Anwendung der Gesamtberechnungsmethode vorteilhaft. Beispielsweise in bestimmten Annahmeverzugsfällen der unberechtigten Arbeitgeberkündigung oder dann, wenn sich der Arbeitgeber nicht in einer wirtschaftlichen Notlage befindet, können „Belange des Betriebs“ aber auch weit weniger tangiert und damit nicht aussagekräftig sein.

652 Zur Entbehrlichkeit eines Verschuldens des Arbeitgebers als Voraussetzung für den Eintritt des Annahmeverzugs siehe oben 1. Teil A. I., II. und C. IV. 653 So Winderlich, Annahmeverzug, S. 170.

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gg) Sonstige Billigkeitskriterien Die „beiderseitigen Bedürfnisse der Vertragspartner“ sind individuell sehr verschieden. Die Untersuchung dieses Kriteriums führt vorliegend nicht weiter. Die vielfach lange „Dauer des Arbeitsverhältnisses“ legt einen gesteigerten Grad der allgemeinen Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf die Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils gemäß § 241 Abs. 2 BGB nahe, die beide Arbeitsvertragsparteien trifft. Weitergehende Schlussfolgerungen zugunsten einer der Anrechnungsmethoden sind vorliegend nicht angezeigt. „Außervertragliche Vor- und Nachteile“ können sehr vielfältig sein und sind daher nur schwer typisierbar. Angeführt werden kann indes, dass es stets der Arbeitnehmer ist, der sich zur Erzielung regelmäßiger Einkünfte um eine anderweitige Erwerbstätigkeit bemühen und diese ausüben muss. Hinsichtlich des trotz des Annahmeverzugs fortbestehenden Hauptarbeitsvertrages stellt sich der insoweit erforderliche Aufwand als ein den Arbeitnehmer treffender außervertraglicher Nachteil dar. Diesem Nachteil stehen die anderweit erzielten Vergütungsansprüche als dem Arbeitnehmer zugute kommende außervertragliche Vorteile gegenüber. Je mehr man ihm die Zwischenvergütungsansprüche aufgrund der Anrechnung wieder nimmt, umso mehr ist das an sich bestehende Gleichgewicht654 von außervertraglichen Vor- und Nachteilen gestört. Die „Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien“ sind stets Frage des Einzelfalls und entziehen sich daher einer typisierenden Beurteilung. Gleiches gilt für die „sozialen Lebensverhältnisse wie familiäre und Unterhaltsverpflichtungen“ sowie die sonstigen „persönlichen Umstände“. Das ebenso hochrangige wie allgemein gehaltene Kriterium der „Interessen der Allgemeinheit, z. B. bezogen auf „volkswirtschaftliche Gesichtspunkte“, ergibt vorliegend keinen tauglichen Gradmesser für Billigkeitswertungen zugunsten einer der in Rede stehenden Anrechnungsmethoden. Die finanzielle Entlastung des Arbeitnehmers ebenso wie des Arbeitgebers durch Anwendung der jeweiligen Anrechnungsmethode hat Auswirkungen auf die Allgemeinheit, sowohl unter betriebs- wie unter gesamtvolkswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ein klarer Wertungsvorsprung im Rahmen der Billigkeitsabwägung ist jedoch ohne eine komplexe ökonomische Studie zu den Auswirkungen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers auf die Allgemeinheit nicht zu erkennen.

4. Zusammenfassung und Ergebnis zur angestrebten „Billigkeit“ Es ist danach festzuhalten, dass der „Geschäftszweck des Arbeitsvertrages“, die „Risikoverteilung“ und das „Verschulden“ deutlich zugunsten der insbesondere 654 Zum „wirtschaftlichen“ Synallagma der arbeitsvertraglichen Hauptleistungen siehe 3. Teil B. I. 1. a).

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

dem Arbeitnehmer zugute kommenden zeitabschnittsbezogenen Anrechnungsmethode sprechen. Demgegenüber lassen sich „Belange des Betriebs“ für eine Entlastung des Arbeitgebers anführen. Kein klares wertungsmäßiges Ergebnis lässt sich im Hinblick auf die Billigkeitskriterien der „aufgewendeten Zeit und Mühe für die vertraglichen Verpflichtungen“, der „wirtschaftlichen Interessen oder Belastungen der Parteien“, hinsichtlich „Art und Ausmaß der Nachteile bzw. des Schadens“ sowie hinsichtlich der „Interessen der Allgemeinheit“ finden. Bei den sonstigen Billigkeitskriterien spricht das erstrebenswerte Gleichgewicht von „außervertraglichen Vor- und Nachteilen“ für eine restriktive Handhabung der Anrechnung und damit gegen die Gesamtberechnungsmethode. Den Erfordernissen der vom Gesetzgeber vorgegebenen „Billigkeit“ der Anrechnung entspricht es nach alldem entgegen der Ansicht des BAG wie der h. L. weitaus mehr, die Ausnahmevorschrift des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB im Sinne der zeitabschnittsbezogenen pro rata temporis-Anrechnungsmethode eng auszulegen.

III. Nachteilsausgleichsfunktion Es ist im Ausgangspunkt zutreffend, wie es auch das BAG neuerdings annimmt, die Funktion der Anrechnungsvorschrift des § 615 S. 2 BGB unter Hinweis auf die Grundsätze der Vorteilsanrechnung bzw. Vorteilsausgleichung im Nachteilsausgleich zu sehen.655 Im Einklang mit der bei der Vorteilsanrechnung anerkannten Rechtslage sind allerdings nur diejenigen vom Arbeitnehmer erzielten Vorteile zu berücksichtigen, die den Nachteilen des Arbeitgebers in einem adäquaten bzw. qualifizierten Ursachenzusammenhang gegenüberstehen. Auch hieraus ergibt sich somit das Erfordernis der Wahrung der Gleichzeitigkeit im Sinne einer zeitabschnittsbezogenen Betrachtungsweise pro rata temporis.

IV. Ausschluss von Doppelleistungen im Sinne eines „Doppelverwertungsverbots“ Überdies sollen durch die automatische gesetzliche Anrechnung des anderweitig erzielten Verdienstes Doppelleistungen an den Arbeitnehmer vermieden werden, die nach Treu und Glauben ungerechtfertigt bzw. unberechtigt sein würden.656 § 615 S. 2 BGB soll die doppelte Verwertung der Arbeitskraft bzw. Dienste ausschließen.657 Dieser Zweck kann als „Doppelverwertungsverbot“ bezeichnet wer655 In diese Richtung auch zutreffend Löwisch, NJW 2003, S. 2049 (2051). Siehe zu diesem auch von der neueren BAG-Rechtsprechung angenommenen Normzweck die Nachweise oben 3. Teil D. I. 3. 656 In diese Richtung auch Staudinger / Richardi, § 611 BGB Rn. 852; Schaub, ArbR von A-Z, Anrechnung; Hartmann, Aufrechnung im Arbeitsverhältnis, S. 121 (122 m. w. N.). 657 Boecken, NJW 1995, S. 3218 (3223).

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den. Der Dienstverpflichtete kann für einen „bestimmten Zeitraum seine Arbeitskraft nur einmal einsetzen und nur einmal dafür verdienen. [ . . . ] ein doppelter Verdienst gebührt dem nur einmal arbeitenden Dienstverpflichteten eben nicht.“658

V. Zur Frage der Vermeidbarkeit von Manipulationsmöglichkeiten Schließlich ist danach zu fragen, ob sich unter Zugrundelegung einer zeitabschnittsbezogenen Anrechnungsmethode im Vergleich zur Gesamtberechnungsmethode erhöhte Möglichkeiten eines Missbrauchs zu Lasten des sich im Annahmeverzug befindlichen Vertragsarbeitgebers ergeben könnten. Hierbei kann vor allem an derartige Konstellationen gedacht werden, dass der Arbeitnehmer mit dem Zwischenarbeitgeber eine Vereinbarung dergestalt trifft, dass der Zeitpunkt der Auszahlung des geschuldeten Zwischenerwerbs so weit nach hinten verschoben wird, dass der Annahmeverzugszeitraum nicht mehr tangiert ist, um dadurch der Anrechnung zu entgehen.659 Es muss von hieraus zunächst bezweifelt werden, ob dies wirklich eine ernsthaft zu befürchtende oder gar typische Vorgehensweise darstellt. Zum anderen sind derartige Manipulationsmöglichkeiten auch auf der Grundlage einer Gesamtberechnung denkbar. Des Weiteren sei an die wenngleich fragwürdige Rechtsprechung zur Anrechenbarkeit selbst von nach Beendigung des Annahmeverzugs erzieltem bzw. ausgezahltem Zwischenerwerb, welcher während des Annahmeverzugszeitraums dem Grunde nach erarbeitet bzw. verdient worden ist, erinnert.660 Ein Argument gegen die zeitabschnittsbezogene Anrechnung kann somit im Hinblick auf etwaige Missbrauchsmöglichkeiten nicht angenommen werden.661 Ferner ist im Folgenden die Möglichkeit zu bewerten, dass der Arbeitnehmer nur einen Teil des Annahmeverzugslohns gerichtlich geltend machen könnte, und zwar lediglich diejenigen Annahmeverzugslohnansprüche aus solchen Zeitabschnitten, denen ein höherer Zwischenerwerb nicht gegenübersteht. Dies hätte nach der zeitabschnittsbezogenen Methode die zwangsläufige wie dogmatisch zutreffende Folge, dass der Arbeitnehmer den geltend gemachten Verzugslohn ungeschmälert erhält, selbst wenn er in anderen, nicht zeitlich korrespondierenden, Lohnzahlungsperioden einen den Annahmeverzugslohn übersteigenden Zwischenerwerb hatte. Nach der Gesamtberechnung wäre hingegen auch solcher Zwischenerwerb zu berücksichtigen, der in Zeitabschnitten erzielt wurde, für die Annahmeverzugslohn nicht beansprucht wird. Missbrauchspotential könnte darin gesehen So zutreffend Wettich, Verdienstausfallschaden, S. 110. Hierzu Nägele / Böhm, ArbRB 2006, S. 317 (319). 660 Näher zu dieser sehr weit gehenden, abzulehnenden BAG-Rechtsprechung 1. Teil D. II. 4. b) bb). 661 So im Ergebnis auch Nägele / Böhm, ArbRB 2006, S. 317 (319). 658 659

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

werden, dass der Arbeitnehmer mit der Hilfe seines Zwischenarbeitgebers wahrheitswidrig vorgibt, einen der Höhe nach möglicherweise sogar feststehenden Zwischenerwerb lediglich in einem oder in nur wenigen der betreffenden Zeitabschnitte des Annahmeverzugszeitraums anderweitig erzielt zu haben. Der sich nach der Anrechnung mittels der zeitabschnittsbezogenen Anrechnungsmethode ergebende, gegebenenfalls sehr hohe Überschuss gegenüber dem Annahmeverzugslohnanspruch kann nicht auf sonstige, zeitlich nicht kongruente Annahmeverzugslohnansprüche angerechnet werden. Hierzu ist bereits zu sagen, dass der Arbeitnehmer analog § 74c Abs. 2 HGB zu wahrheitsgemäßer und vollständiger Auskunft über seinen anderweitigen Erwerb verpflichtet ist, bis zu deren ordnungsgemäßer Erteilung dem Arbeitgeber ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht. Dieser Auskunftsanspruch des Arbeitgebers ist selbständig einklagbar und der Arbeitnehmer zum Nachweis seiner Angaben verpflichtet.662 Zudem wird eine vom Arbeitnehmer vorgegebene, gegenüber dem einschlägigen Tariflohn bzw. dem i. S. v. § 612 Abs. 2 BGB üblichen Lohn exorbitante Höhe des Zwischenerwerbs in einer einzigen Lohnzahlungsperiode nicht nur den Arbeitgeber, sondern auch den zur Entscheidung berufenen Arbeitsrichter aufhorchen lassen. Ferner ist zu bedenken, dass derartige oder andere strafwürdige Verhaltensweisen auch nach einschlägigen Strafgesetzen zu beurteilen sind.663 Ob angesichts dessen aus Sicht des Arbeitnehmers wie auch des ebenfalls involvierten, wenngleich keinen unmittelbaren Eigennutzen ziehenden Zwischenarbeitgebers664 derartige Betrugsversuche lohnenswert erscheinen, darf wohl mit Recht bezweifelt werden. Ernsthaft erhöhte Missbrauchsmöglichkeiten sind somit durch die hier vorgeschlagene pro rata temporisAnrechnungsmethode nicht zu befürchten.

VI. Zu der Möglichkeit des Arbeitnehmers, durch Ausschluss seiner Leistungsbereitschaft nach § 297 BGB den Annahmeverzugs- und damit den Anrechnungszeitraum zu beschränken Tatbestandliche Voraussetzungen des Annahmeverzugs sind gemäß § 297 BGB Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft des Arbeitnehmers.665 Der Arbeitnehmer hat es folglich bei erster unbefangener Betrachtung selbst in der Hand, den Eintritt des Annahmeverzugs zu verhindern sowie einen eingetretenen Annahmeverzug dadurch zu beenden, dass er sich nicht mehr leistungsbereit 662 Näher zum Auskunftsanspruch des Arbeitgebers analog § 74c Abs. 2 HGB oben 1. Teil D. II. 6. 663 Hier vor allem gemäß § 263 StGB, gegebenenfalls in Form des sog. Prozessbetrugs bzw. Dreiecksbetrugs. 664 Nach § 263 Abs. 1 StGB ist allerdings auch die sog. Drittbereicherungsabsicht bzw. Drittzueignungsabsicht tatbestandsmäßig. 665 Dazu näher oben 1. Teil C. II.

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zeigt.666 Es sind vor diesem Hintergrund Konstellationen denkbar, in denen ein solches Vorgehen aus Sicht des Arbeitnehmers sogar sinnvoll sein kann, um dadurch die für ihn nachteiligen Auswirkungen der Gesamtberechnungsmethode zu umgehen. Die durch die Steuerung der Leistungsbereitschaft nach § 297 BGB eröffneten Gestaltungsspielräume könnten in der Praxis hilfreich genutzt werden. Bezieht der Arbeitnehmer beispielsweise während eines drei Lohnzahlungsperioden andauernden Annahmeverzugs nur im dritten Monat anderweitigen Erwerb, der in seiner Höhe den für die betreffende Zeitperiode geschuldeten Annahmeverzugslohn übersteigt, so würde die nach der Anrechnung auf den Verzugslohn für den korrespondierenden Zeitabschnitt verbleibende Differenz unter Anwendung der Gesamtberechnungsmethode auf die Ansprüche aus vorhergehenden Zeitabschnitten angerechnet. Dieses wirtschaftlich für ihn ungünstige Ergebnis kann der Arbeitnehmer dadurch vermeiden, dass er dem Vertragsarbeitgeber während der dritten Lohnzahlungsperiode ausdrücklich erklärt, nicht mehr leistungsbereit zu sein. Dies hätte zunächst zur Folge, dass der Annahmeverzug ex nunc beendet wird und der Arbeitnehmer keinen Annahmeverzugslohn für den betreffenden Zeitabschnitt verlangen kann. Kann der Arbeitnehmer aber keinen Verzugslohn mehr verlangen, so kann auch der in dem betreffenden Zeitabschnitt anderweitig erlangte Verdienst nicht gemäß § 615 S. 2 Alt. 2 BGB hierauf oder auf den Verzugslohn für vorangegangene Lohnzahlungsperioden angerechnet werden.667 Der Arbeitnehmer erhielte den Verzugslohn für die ersten beiden Lohnzahlungsperioden, in denen seine Leistungsbereitschaft bestand, ungeschmälert. Dies entspricht im Ergebnis der zeitabschnittsbezogenen Betrachtungsweise. Nur hätte der Arbeitnehmer nicht das Fehlen seiner Leistungsbereitschaft herbeiführen und erklären müssen. Allerdings kann aus der geschilderten Möglichkeit des Arbeitnehmers, den durch die Gesamtbetrachtung entstehenden Nachteil durch Ausschluss seiner Leistungsbereitschaft selbst abzuwenden, nicht auf die Richtigkeit dieser Anrechnungsmethode geschlossen werden. Dies ist bereits aus rechtstheoretischen Gründen nicht statthaft. Ein unzutreffendes Ergebnis kann nicht damit begründet werden, dass es der Betroffene mitunter in der Hand haben kann, den durch Anwendung dieses Ergebnisses entstehenden Nachteil abzuwenden. Eine solche Möglichkeit der Einflussnahme des Arbeitnehmers über den Weg des § 297 BGB steht auch der zeitabschnittsbezogenen Betrachtungsweise nicht entgegen, die den genannten Nachteil von vornherein vermeidet, ohne dass der Arbeitnehmer sich leistungsunwillig zeigen müsste. Zum anderen ist die genannte Vorgehensweise des Arbeitnehmers in einer Vielzahl von Konstellationen entweder überhaupt nicht gegeben oder nicht praktikabel. 666 Zur Beendigung des Annahmeverzugs durch den Wegfall seiner Voraussetzungen siehe näher oben 1. Teil C. V. 667 Der Zwischenerwerb wäre zudem auch nicht als auf Tätigkeiten während des Annahmeverzugszeitraums beruhend anzusehen und unter diesem Gesichtspunkt im Sinne der BAG-Rechtsprechung anzurechnen.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

So kann es zunächst sein, dass sich Zeitabschnitte mit und ohne Zwischenerwerb des Arbeitnehmers mehrfach abwechseln. Schließt der Arbeitnehmer dann teilweise seine Leistungsbereitschaft für die Perioden des höheren anderweitigen Erwerbs aus, so ist fraglich, ob nicht nach der Gesamtberechnungsmethode dennoch ein übergreifender „gesamter Zeitraum des Annahmeverzugs“ angenommen und somit gleichwohl eine Berücksichtigung allen Zwischenerwerbs erfolgen würde. Denn die Frage, wie weitreichend sich der vom BAG angenommene „Gesamtzeitraum“ darstellt, ist ebenso schwer prognostizierbar wie wenig dessen Annahme angesichts der rechtlichen Selbständigkeit der einzelnen Lohnzahlungsperioden und -ansprüche überhaupt zutreffend ist. Es sei hier nur daran erinnert, dass nach Ansicht des BAG eine Anrechnung von Zwischenerwerb auch auf verfallene und wohl auch auf verjährte Annahmeverzugslohnansprüche vorzunehmen sein soll.668 Es spricht somit viel dafür, dass das BAG derartigen Möglichkeiten im Zusammenhang mit § 297 BGB durch die umfassende Ausdehnung des „Gesamt-Annahmeverzugszeitraums“ auch auf Zeiten fehlender Arbeitsfähigkeit oder fehlender Leistungsbereitschaft des Arbeitnehmers von vornherein einen Riegel vorschieben würde.669 Dem Arbeitnehmer verbliebe dann einzig die Möglichkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, insbesondere durch Eigenkündigung, um der Anrechnung nach diesem Zeitpunkt anderweit erzielten Erwerbs mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu entgehen. Dem Arbeitnehmer eine Eigenkündigung abzuverlangen, um den schon dogmatisch nicht begründbaren „Gesamtannahmeverzugszeitraum“ enden zu lassen, übt jedoch unzulässigen Kündigungsdruck auf den Arbeitnehmer aus und steht nicht im Einklang mit § 242 BGB i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG. Selbst wenn aber ein solch weitgehender „Gesamtzeitraum“ zu Recht nicht angenommen wird, ergeben sich Schwierigkeiten bei der Vorgehensweise über den Ausschluss der eigenen Leistungsfähigkeit nach § 297 BGB. Der Arbeitnehmer müsste zu Beginn jedes Arbeitstages zutreffend darüber entscheiden, ob er seine Dazu bereits oben 2. Teil C. 5. b) und noch folgend 4. Teil H. IV. Dass eine derartige Interpretation des „Gesamtannahmeverzugszeitraums“ abgesehen von den sonstigen dogmatischen Bedenken unzutreffend ist, zeigt auch der Blick auf die Rechtsfolge, die eintritt, wenn der Arbeitgeber seinerseits den Annahmeverzug beendet, also etwa nach unwirksamer Kündigung nunmehr die gemäß §§ 296 S. 1, 295 S. 1 Alt. 2 BGB erforderliche Mitwirkungshandlung vornimmt und einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt, der Arbeitnehmer jedoch seine Arbeit gleichwohl nicht aufnimmt. Er gerät dadurch gemäß § 286 BGB mit seiner Arbeitspflicht in Schuldnerverzug. Mangels einer Anspruchsgrundlage auf Herausgabe des nach diesem Zeitpunkt erzielten Mehrverdienstes des Arbeitnehmers in seinem neuen Arbeitsverhältnis und weil dem Arbeitgeber nunmehr aufgrund des wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gleichfalls beendeten Annahmeverzugs die Anrechnungsmöglichkeit nach § 615 S. 2 BGB auch unter Zugrundelegung der Gesamtberechnungsmethode nicht mehr zugute kommen kann, ergibt sich ein kurioses Ergebnis. Denn der Arbeitgeber steht insoweit schlechter, wenn er den Arbeitnehmer in Schuldnerverzug gesetzt hat, als wenn er selbst nicht rechtzeitig leistete, sich mithin weiterhin in Annahmeverzug befände. Eine derartige Sanktionierung vertragstreues Verhalten des Arbeitgebers kann nicht richtig sein. 668 669

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Leistungsbereitschaft gegenüber dem Vertragsarbeitgeber entfallen lässt oder nicht, was regelmäßig eine zutreffende Prognoseentscheidung erfordert. Ist nach gegenüber dem Vertragsarbeitgeber erklärter Leistungsunwilligkeit beim Zwischenarbeitgeber ein anderweitiger Erwerb, aus welchen Gründen auch immer, nicht möglich, so geht es zu Lasten des Arbeitnehmers, der in dem betreffenden Zeitabschnitt dann ohne jeden Vergütungsanspruch verbleibt. Doch warum soll der Arbeitnehmer ein solches Prognoserisiko zu tragen verpflichtet sein, ist es doch der Arbeitgeber, der die Leistungsstörung des Annahmeverzugs wenn nicht verschuldet, so doch verursacht bzw. zu verantworten hat. Der Arbeitnehmer müsste zudem die Leistungsunwilligkeit ausdrücklich erklären, damit nicht im Nachhinein der recht paradox anmutende Streit darüber entbrennt, ob der ernstliche Leistungswille des Arbeitnehmers in dem entsprechenden Zeitabschnitt vorlag oder nicht. Der Arbeitgeber ist im Normalfall zwar für den Einwand des Fehlens der Leistungsbereitschaft des Arbeitnehmers als für ihn günstige Tatsache darlegungs- und beweispflichtig.670 Ein tatsächliches Angebot belegt für sich allein den ernsthaften Leistungswillen.671 Ebenso hat der Arbeitgeber die Beendigung des Annahmeverzugs vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen.672 Dieses sich bereits nach der Grundregel der Rosenberg’schen Beweislastverteilung673 ergebende Resultat wird indes auf dem Kopf gestellt, da in dem eingangs geschilderten Beispielsfall die vorhandene Leistungsbereitschaft des Arbeitnehmers eine für den Arbeitgeber günstige Tatsache darstellt, würde doch sein eigener Annahmeverzug damit begründet und die Anrechenbarkeit des in dem betreffenden Zeitabschnitt erzielten Zwischenverdienstes so erst ermöglicht. Darüber hinaus stellt sich die Beendigung des Annahmeverzugs hier als für den Arbeitnehmer günstige Tatsache dar, da er dann kurioserweise mehr Annahmeverzugslohn erhält, als wenn der Annahmeverzug noch länger andauerte. Dass die ausdrückliche Erklärung fehlender Leistungsbereitschaft gegenüber dem Vertragsarbeitgeber zu einem erhöhten Annahmeverzugslohnanspruch gegen diesen führt, ist ein bemerkens- bzw. bedenkenswerter Befund. Derartige Unstimmigkeiten sind unter Anwendung der zeitabschnittsbezogenen Anrechnungsmethode nicht vorzufinden. 670 BAG 19. 4. 1990 – 2 AZR 591 / 89 – BAGE 65, 98 (102); BAG 28. 4. 1988 – 2 AZR 740 / 87 – RzK I 13b Nr. 10; BAG 30. 4. 1987 – 2 AZR 299 / 86 – RzK I 13a Nr. 20; BAG 6. 11. 1986 – 2 AZR 744 / 85 – RzK I 13b Nr. 4; BAG 18. 8. 1961 – 4 AZR 132 / 60 – AP § 615 BGB Nr. 20 m. Anm. Zöllner; BAG 2. 8. 1968 – 3 AZR 219 / 67 – AP § 297 BGB Nr. 1 m. abl. Anm. Zeiss; MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 124; MünchKomm-BGB / Ernst, § 297 Rn. 4 m. w. N. 671 Siehe nur BAG 10. 5. 1973 – 5 AZR 493 / 72 – AP § 615 BGB Nr. 27 m. abl. Anm. Schnorr von Carolsfeld. 672 Staudinger / Richardi, § 615 BGB Rn. 118; MünchKomm-BGB / Henssler, § 615 Rn. 124. 673 Grundlegend Rosenberg, Beweislast, S. 1 ff.; ders., ZivilprozessR, S. 352 (353); Rosenberg / Schwab / Gottwald, ZivilprozessR, S. 779 (781 f.).

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

Zudem bleiben grundsätzliche Bedenken, warum der Arbeitnehmer einen solchen Weg der ausdrücklichen Erklärung mangelnder Leistungsbereitschaft zu gehen verpflichtet sein soll. Richtig ist es vielmehr, dass die Gesamtberechnungsmethode positive Begründungen dafür geben müsste, dass der anderweitig erzielte Erwerb des Arbeitnehmers derart weitgehend zeitperiodenunabhängig gekürzt wird. Der mitunter zugunsten des Arbeitnehmers gegebene „Rettungsanker“ des § 297 BGB kann hierfür keine taugliche Begründung darstellen, gleichwohl aber die aus Arbeitnehmersicht unerwünschten Folgen der Gesamtbetrachtungsmethode in der Praxis für bestimmte Fälle mildern.

VII. Zu dem Folgen-Argument, der Arbeitnehmer würde bei periodischer Anrechnungsweise keinen Anreiz mehr haben, eine gut vergütete anderweitige Arbeit aufzunehmen Gelegentlich wird zu Lasten der pro rata temporis-Anrechnungsmethode vorgebracht, sie führe durch die damit einhergehende Besserstellung des Arbeitnehmers in letzter Konsequenz dazu, dass der Arbeitnehmer sich nicht mehr dazu angehalten sehe, anderweitig arbeiten zu gehen und dort einen hohen Zwischenverdienst zu erzielen. Denn der Arbeitnehmer habe die Annahmeverzugslohnansprüche für die vorhergehenden Zeitperioden ja ohnehin bereits sicher. Auch dieser fehlende Anreiz zur Suche und Aufnahme einer gut vergüteten anderweitigen Tätigkeit ginge wiederum zu Lasten des im Annahmeverzug befindlichen Arbeitgebers. Dieser Folgen-Schluss ist falsch, richtig ist das Gegenteil. Es ist vielmehr so, dass dem Arbeitnehmer durch die Anwendung der Gesamtberechnungsmethode der Anreiz zur Suche nach einer lukrativen anderweitigen Arbeit und zur Erzielung höherer anderweitiger Einkünfte genommen wird, weiß er doch, dass dieser Zwischenerwerb nicht nur den periodenkongruenten Annahmeverzugslohnanspruch an seiner Entstehung hindern, sondern sogar nachteilig auf zeitlich vorhergehende Annahmeverzugslohnansprüche durchschlagen würde. Bleibt dem Arbeitnehmer aber selbst von einem den Annahmeverzugslohn in seiner Höhe übersteigenden Zwischenerwerb wegen der Verrechnung mit Annahmeverzugslohnansprüchen für vorhergehende periodeninkongruente Zeitabschnitte nichts mehr übrig, so entfällt in der Tat jeder Anreiz zur Aufnahme einer gut vergüteten anderweitigen Tätigkeit. Warum sollte der Arbeitnehmer anderweitige Einkünfte in einem über dem ihm nach § 615 S. 2 Alt. 3 BGB obliegenden Umfang hinaus erzielen, wenn diese gegebenenfalls sogar vollständig aufgezehrt werden? Dies wird besonders deutlich in den Fällen länger andauernden Annahmeverzugs des Vertragsarbeitgebers, beispielsweise während eines mehrinstanzlichen Kündigungsschutzverfahrens, in dessen angenommen zweijährigem Ablauf der Arbeitnehmer im ersten Jahr zunächst keine anderweitigen Einkünfte erzielen konnte. Warum soll sich der Arbeitnehmer im zweiten Jahr des Annahmeverzugs um eine lukrative anderweitige Beschäfti-

D. Ratio legis des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB

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gung in einem über die Obliegenheitsverletzung des böswilligen Unterlassens nach § 615 S. 2 Alt. 3 BGB hinausgehenden Maße bemühen. Selbst ein im Vergleich mit dem Annahmeverzugslohn doppelt so hoher Zwischenerwerb im zweiten Jahr würde in voller Höhe nicht ihm, dem diesen durch seine Arbeitsleistung erwirtschaftenden Arbeitnehmer, sondern ausschließlich seinem im Annahmeverzug befindlichen Vertragsarbeitgeber, der die unberechtigte Kündigung aussprach, zugute kommen. Bei der zeitabschnittsbezogenen Anrechnungsmethode hingegen weiß der Arbeitnehmer, dass ihm der höherer Zwischenerwerb jedenfalls hinsichtlich der Differenz zum zeitlich übereinstimmenden Annahmeverzugslohnanspruch verbleiben wird. Der Arbeitnehmer wird daher in jeden Fall um eine Zwischenbeschäftigung bemüht sein, die zudem auch gut bezahlt ist, und nach Möglichkeit nicht lediglich seiner Erwerbsobliegenheit in dem sich aus § 615 S. 2 Alt. 3 BGB ergebenden Umfang nachkommen. Und eben dies kommt auch dem Vertragsarbeitgeber zugute, da immerhin der gesamte periodenkongruente Verzugslohnanspruch entfällt. Somit schafft die pro rata temporis-Anrechnungsmethode Anreize zur Aufnahme einer gut bezahlten Zwischentätigkeit, wähernd sich die Gesamtberechnung letztlich als diejenige Anrechnungsmethode darstellt, durch welche der Arbeitgeber nicht entlastet wird.674

VIII. Ergebnis zum Normzweck des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB Der von der h. M. bislang angenommene Normzweck einer „Gewinnvermeidung“ ist vor allem deshalb fragwürdig, weil ein „Gewinn“ bzw. Überschuss zugunsten des Arbeitnehmers in bestimmten Konstellationen auch unter Zugrundelegung der Gesamtberechnungsmethode nicht vermeidbar ist. Ob dieser dann auch stets „auf Kosten des Arbeitgebers“ eintritt, kann zwar bezweifelt werden. Für eine Vielzahl von Konstellationen führt der so umschriebene Normzweck indes nicht weiter. Es findet nämlich gerade kein Gewinn „auf Kosten“ des Arbeitgebers statt, wenn der Arbeitnehmer eine zeitabschnittsweise erzielte Lohndifferenz ohne Verrechnung mit dem gesamten Annahmeverzugslohn behalten darf. Denn dieser selbst erarbeitete Vorteil gebührt auf der Grundlage unserer Verfassungs- und Privatrechtsordnung im Ausgangspunkt ganz allein dem Arbeitnehmer. Ausreichende rechtfertigende Gründe für eine „Wegnahme“ dieser Zwischenerwerbsdifferenz im Wege der Anrechnung auf bzw. Verrechnung mit zeitlich nicht kongruenten Nachteilen des Arbeitgebers sind vor allem auch unter wertenden Gesichtspunkten, namentlich der „Billigkeit“, nicht vorhanden. Das Gegenteil ist der Fall. Der Normzweck der Anrechnungsregel des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB ist vielmehr dahingehend zu umschreiben, dass der eine Zwischenbeschäftigung aufnehmende 674 So im Ergebnis auch Winderlich, Annahmeverzug, S. 169 f., die die Gesamtberechnung als „motivationsfeindlich“ bezeichnet.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

Arbeitnehmer zum einen nicht benachteiligt, zum anderen aber auch nicht in unangemessener Weise begünstigt werden soll. Dieses Verständnis steht mit dem allgemeinen Rechtsgedanken der Vorteilsanrechnung bzw. Vorteilsausgleichung ebenso in Einklang wie mit den Erfordernissen der „gesetzgeberischen Billigkeit“ bzw. Gerechtigkeit. Die dem Arbeitgeber infolge der Verpflichtung zur Zahlung des Annahmeverzugslohns ohne gegenüberstehende Arbeitsleistung entstandenen Nachteile sollen im Sinne eines „Nachteilsausgleichs“ nur durch diejenigen vom Arbeitnehmer erzielten Vorteile ausgeglichen werden, die mit ihnen in einem auch in zeitlicher Hinsicht adäquaten Ursachenzusammenhang stehen. Gleich einem „Doppelverwertungsverbot“ wird dadurch die doppelte wirtschaftliche Verwertung der Arbeitskraft des Arbeitnehmers durch die Anrechnung der je Zeitabschnitt erzielten Zwischenvergütung auf den hierfür geschuldeten Annahmeverzugslohn verhindert. Gegenüber der Gesamtberechnungsmethode sind erhöhte Manipulations- bzw. Missbrauchsmöglichkeiten bei der pro rata temporis-Anrechnungsmethode nicht gegeben. Der Hinweis auf die Möglichkeit des Arbeitnehmers, durch den selbst herbeizuführenden Ausschluss seiner nach § 297 BGB erforderlichen Leistungsbereitschaft den Annahmeverzugs- und damit den Anrechnungszeitraum zu beschränken trägt ebenso wenig wie das Folgen-Argument, der Arbeitnehmer würde bei periodischer Anrechnungsweise keinen Anreiz mehr haben, eine gut vergütete anderweitige Arbeit aufzunehmen. Die Gesamtbetrachtungslehre erweist sich somit unter dem Gesichtspunkt des Normzwecks der Anrechnungsregelung als unzutreffend. Der Arbeitnehmer wird in unbilliger Weise benachteiligt, spiegelbildlich der Arbeitgeber in nicht zu rechtfertigender Weise bevorteilt. Auch im Hinblick auf den Normzweck des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB erweist sich die zeitabschnittsbezogene Anrechnungsmethode daher als vorzugswürdig.

E. Sonstige Auslegungskriterien I. Verfassungskonforme Auslegung des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB Unter Berücksichtigung der Notwendigkeit verfassungskonformer Auslegung ist im Hinblick auf den gebotenen Respekt vor der gesetzgebenden Gewalt675 im Zweifel demjenigen Ergebnis der Auslegung einer einfachgesetzlichen Rechtsnorm der Vorrang einzuräumen, welches mit dem Grundgesetz am weitesten im Einklang steht.676 Die verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenzen dort, Arg. e Artt. 20 Abs. 2, 100 Abs. 1 GG. BVerfG 3. 6. 1992 – 2 BvR 1041 / 88 und 78 / 89 (Lebenslange Freiheitsstrafe, Strafaussetzung zur Bewährung) – BVerfGE 86, 288 (320 f.); Larenz / Canaris, Methodenlehre, S. 159 ff. 675 676

E. Sonstige Auslegungskriterien

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wo sie mit dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzes in Widerspruch treten würde. Im Wege der Auslegung darf einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz nicht ein entgegengesetzter Sinn verliehen, der normative Gehalt der auszulegenden Norm nicht grundlegend neu bestimmt und das gesetzgeberische Ziel nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlt werden.677

1. Keine unmittelbare oder „mittelbare Drittwirkung“ der Grundrechte bei § 615 S. 2 Alt. 2 BGB Zunächst ist zu beachten, dass die Auswirkungen der unterschiedlichen Anrechnungsmethoden im Rahmen des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB nicht direkt an den zugunsten der Beteiligten möglicherweise einschlägigen Grundrechten gemessen werden können. Eine Berufung etwa des Arbeitnehmers auf Grundrechte gegenüber seinem privaten Arbeitgeber kommt jedenfalls im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB nicht ohne weiteres in Betracht. Denn Grundrechte sind in erster Linie Abwehrrechte des Bürgers gegen staatliche Eingriffe, denen nach allg. M. zwischen Privaten keine „unmittelbare Drittwirkung“ zukommt.678 Allerdings entfalten die Grundrechte als Elemente einer „objektiven Wertordnung“, die als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts gilt, eine Ausstrahlungswirkung über die Generalklauseln679 des Zivilrechts auch auf Privatrechtsverhältnisse.680 § 615 S. 2 Alt. 2 BGB beinhaltet indes keine unbestimmten Rechtsbegriffe oder Generalklauseln, über welche grundrechtliche Wertungen dergestalt im Sinne einer „mittelbaren Drittwirkung“ zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber einfließen könnten.681

677 BVerfG 22. 10. 1985 – 1 BvL 44 / 83 – BVerfGE 71, 81 (105); BVerfG 11. 6. 1980 – 1 PBvU 1 / 79 (Revisionsannahme) – BVerfGE 54, 277 (299 f.); BVerfG 30. 6. 1964 – 1 BvL 16 – 25 / 62 – BVerfGE 18, 97 (111); BVerfG 11. 6. 1958 – 1 BvL 149 / 52 (Besoldungsrecht, Rechtsfolge bei Gleichheitsverstoß) – BVerfGE 8, 28 (33 ff.). 678 Vielmehr kommt nach h. M. lediglich eine sog. mittelbare Drittwirkung in Betracht. Einzige Ausnahme ist die Koalitionsfreiheit, der ausweislich Art. 9 Abs. 3 S 2 GG unmittelbare Drittwirkung auch im Privatrecht zukommt. 679 Z. B. „Treu und Glauben“ gemäß § 242 BGB, die „guten Sitten“ nach §§ 138, 826 BGB, „billiges Ermessen“ i. S. v. §§ 315, 317, 319 BGB. 680 Grundlegend, auch zu Vorstehendem, BVerfG 15. 1. 1958 – 1 BvR 400 / 51 (LüthUrteil) – BVerfGE 7, 198 (204 ff.); ferner BVerfG 23. 4. 1986 – 2 BvR 487 / 80 (Hausbrandkohle) – BVerfGE 73, 261 (269); näher Starck, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG I, Art. 1 Abs. 3 Rn. 170, 303 ff.; Boecken, BGB-AT, Rn. 32 m. w. N. 681 Anderes gilt beim „böswilligen Unterlassen“ i. S. v. § 615 S. 2 Alt. 3 BGB im Hinblick darauf, dass bei der Frage der „Zumutbarkeit“ der Aufnahme einer anderweitigen Tätigkeit seitens des Arbeitnehmers grundgesetzliche Wertungen Berücksichtigung finden können, siehe dazu näher oben 1. Teil D. II. 4. c) aa), cc).

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

2. Berücksichtigungsfähige grundgesetzliche Wertungen aus Artt. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG Verbleibt es danach bei der Berücksichtigungsfähigkeit grundgesetzlicher Wertungen ausschließlich im Rahmen der verfassungskonformen Auslegung einfachen Gesetzesrechts, so ist vorliegend bei der Auslegung des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB sowohl zugunsten des Vertragsarbeitgebers wie auch des Arbeitnehmers zunächst das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG zu berücksichtigen. Diese Vorschrift gewährleistet die Freiheit der beruflichen Betätigung. Der Schutz des Grundrechts ist einerseits umfassend angelegt, schützt aber andererseits nur vor solchen Beeinträchtigungen, die gerade auf die berufliche Betätigung bezogen sind. Zwar erscheint eine Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit des Arbeitnehmers durch die Anwendung der Gesamtberechnungsmethode im Rahmen von § 615 S. 2 Alt. 2 BGB gravierender als die gleichsam spiegelbildliche Beeinträchtigung der Berufsfreiheit des Arbeitgebers durch die in Betracht kommende Anwendung der zeitabschnittsbezogenen pro rata temporis-Anrechnungsmethode. Allerdings lässt sich im Rahmen der verfassungskonformen Auslegung ein im Ergebnis klarer und eindeutiger Wertungsvorrang nicht erkennen. Des Weiteren könnte zugunsten des Arbeitnehmers im Hinblick auf die beim Zwischenarbeitgeber erworbenen arbeitsvertraglichen Vergütungsansprüche, welche im Wege der Gesamtberechnung nachträglich gekürzt werden, der Schutz des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG eingreifen. Im Hinblick auf den von Art. 14 GG umfassten „eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“682 könnte zugunsten des Vertragsarbeitgebers ebenfalls die grundgesetzliche Eigentumsgarantie greifen. Indes werden Inhalt und Schranken des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG „durch die Gesetze bestimmt“.683 Die bürgerlich-rechtliche Vorschrift des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB stellt sowohl unter Zugrundelegung der Gesamtberechnungsmethode wie auch der pro rata temporis-Anrechnungsmethode ein „Gesetz“ in diesem Sinne, mithin ein gültige Inhalts- und Schrankenbestimmung, dar. 3. Ergebnis zur verfassungskonformen Auslegung des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB Somit können im Wege verfassungskonformer Auslegung keine tragfähigen Aussagen über die bei § 615 S. 2 Alt. 2 BGB in zeitlicher Hinsicht anzuwendende Anrechnungsmethode getroffen werden. 682 Dazu, dass die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG nach allg. M. auch den sog. eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb umfasst, siehe nur BVerfG 8. 6. 1977 – 2 BvR 499 / 74 und 1042 / 75 (EWG-Interventionsrecht) – BVerfGE 45, 142 (173); BGH 28. 1. 1957 – III ZR 141 / 55 – BGHZ 23, 157 (160 ff.), jeweils m. w. N. 683 Grundlegend zur Reichweite der Eigentumsbeschränkungen durch privat- wie öffentlich-rechtliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen i. S. v. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG BVerfG 15. 7. 1981 – 1 BvL 77 / 78 (Naßauskiesungs-Beschluss) – BVerfGE 58, 300 (330 ff.).

E. Sonstige Auslegungskriterien

267

II. Völker- und europarechtskonforme Auslegung des § 615 BGB 1. Gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung Vor dem Hintergrund, dass die Tätigkeit der EG gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. h) EG die „Harmonisierung“, also Angleichung, der innerstaatlichen Rechtsvorschriften umfasst, soweit dies für das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erforderlich ist, sollen mittels der Methode der gemeinschaftsrechtskonformen bzw. EG-Rechtskonformen Auslegung Widersprüche bei der Auslegung und Anwendung nationaler Vorschriften zum europäischen Gemeinschaftsrecht684 vermieden werden.685 Zunächst ist im Hinblick auf das europäische Primärrecht festzustellen, dass sich die aufgrund von Art. 137 EG zur Verwirklichung der sozialpolitischen Ziele des Art. 136 EG erlassenen Bestimmungen nach der ausdrücklichen Anordnung in Art. 137 Abs. 5 EG von vornherein nicht auf das „Arbeitsentgelt“ beziehen und damit nach allen in Betracht kommenden Auslegungsergebnissen hinsichtlich dieses Begriffs686 auch nicht auf den Annahmeverzugslohn nach § 615 BGB.687 Weiter ist zweifelhaft, ob die in Art. 136 Abs. 1 EG sowie in der Präambel des EU-Vertrages genannten, der Verwirklichung der „sozialen Grundrechte“ dienenden Rechtsgrundlagen, namentlich die Europäische Sozialcharta (ESC) vom 18. 10. 1961688 und die Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer vom 9. 12. 1989689 näheren Aufschluss geben können. Im Hinblick darauf, dass die genannten Rechtsquellen völkerrechtliche Verträge darstellen, handelt es sich 684 Das EG-Recht umfasst das sog. Primärrecht, den EG-Vertrag, und das sog. Sekundärrecht, mithin insbesondere Richtlinien und Verordnungen. 685 Näher zum Gebot der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung nationaler Rechtsvorschriften BAG 5. 6. 2003 – 6 AZR 114 / 02 – BAGE 106, 252 (259 ff.); BAG 18. 2. 2003 – 1 ABR 2 / 02 – BAGE 105, 32 (48 ff.), zu §§ 5 Abs. 3, 7 Abs. 2 Nr. 1 ArbZG; BAG 23. 9. 1992 – 4 AZR 30 / 92 – BAGE 71, 195 (205 ff.), hier zu § 612 Abs. 3 BGB a. F.; Jarras, in: Jarras / Pieroth, GG, Art. 23 Rn. 41; Larenz / Wolf, BR AT, § 4 Rn. 62 ff., jeweils m. w. N. 686 Näher dazu Krebber, in: Callies / Ruffert, EUV / EGV, Art. 137 EGV Rn. 10 m. w. N. 687 Zur Rechtsnatur des Annahmeverzugslohns als arbeitsvertragliche Vergütung siehe 1. Teil D. I. 1. 688 Die ESC wurde von Deutschland am 18. 10. 1961 unterzeichnet und durch das Gesetz zur Europäischen Sozialcharta vom 18. Oktober 1961 vom 19. 9. 1964 m. W. v. 27. 1. 1965 ratifiziert, BGBl. II S. 1261 (1262 ff.). Die ESC ist gemäß Art. 35 Abs. 2 ESC für die Bundesrepublik Deutschland am 26. 2. 1965 in Kraft getreten, siehe die Bekanntmachung über das Inkrafttreten der ESC vom 9. 8. 1965, BGBl. II S. 1122. Näher zur ESC Wank, in: Hanau / Steinmeyer / Wank, Handbuch Europäisches Arbeits- und SozialR, S. 1293 f.; Neubeck, ESC, S. 29 ff.; Margedant, in: Mickel / Bergmann, Handlexikon EU, Europäische Sozialcharta (des Europarats). 689 KOM (89) 471 endg. vom 2. 10. 1989. Dazu hier nur Wank, in: Hanau / Steinmeyer / Wank, Handbuch Europäisches Arbeits- und SozialR, S. 366 ff.; Krimphove, Europäisches ArbeitsR, S. 22 ff.; Maydell, in: ders., Soziale Rechte in der EG, S. 122 (136 ff.); Buchner, VSSR 1992, S. 1 (20 ff.), jeweils m. w. N.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

systematisch nicht um eine Frage der gemeinschaftsrechtskonformen, sondern der völkerrechtskonformen Auslegung.690 Die gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung führt vorliegend nicht zu weiteren Erkenntnissen.

2. Richtlinienkonforme Auslegung Im Hinblick auf ihren Prüfungsmaßstab ist von der gemeinschaftsrechtskonformen die richtlinienkonforme Auslegung zu unterscheiden, nach welcher demjenigen Ergebnis der Auslegung nationaler Umsetzungs-Vorschriften der Vorzug zu geben ist, das mit der jeweiligen gemäß Art. 249 Abs. 3 EG verbindlichen Richtlinie, auf der die nationale Vorschrift beruht, am meisten übereinstimmt.691 Eine richtlinienkonforme Auslegung ist auch dann erforderlich, wenn eine Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht nicht oder noch nicht erfolgt ist.692 Auch das Auslegungskriterium der richtlinienkonformen Auslegung dient letztlich der Umsetzung des vor allem vom EuGH bemühten europarechtlichen Argumentations-, Auslegungs- wie Anwendungsgrundsatzes des „effet utile“, mithin des Erfordernisses der Gewährleistung und Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts mit der größtmöglichen praktischen Wirksamkeit.693 Doch führt ein Hinweis auf die einzige hier ansatzweise relevante Richtlinie 2002 / 74 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. 9. 2002 zur Änderung der Richtlinie 80 / 987 / EWG des Rates vom 20. 10. 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers694 nicht entscheidend weiter.695 Nach Art. 2 Abs. 2 S. 1 Richtlinie 2002 / 74 / EG sowie Art. 2 Abs. 2 der Zahlungsunfähigkeits-Richtlinie 80 / 987 / EWG696 bleibt das einzelstaatliche Recht bezügZur völkerrechtskonformen Auslegung noch folgend unter 3. Teil E. II. 3. a) und b). Zum Erfordernis der richtlinienkonformen Auslegung nationalen Rechts siehe nur EuGH 12. 10. 1993 – Rs. C-37 / 92 („Vanacker“) – Slg. I 1993, S. 4947 (4978, Rn. 7); BGH 9. 4. 2002 – XI ZR 91 / 99 – BGHZ 150, 248 (251 ff.), jeweils m. w. N. 692 Siehe nur EuGH 27. 6. 2000 – Rs. C-240 – 244 / 98 („Océano Grupo“ u. a.) – Slg. I 2000, S. 4941 (4975, Rn. 30 ff.). 693 EuGH 8. 4. 1976 – Rs. 48 / 75 („Royer“) – Slg. 1976, S. 497; BSG 29. 6. 1995 – 11 RAr 9 / 95 – SozR 3 – 6050 Art. 71 Nr. 8; ausführlich zum „effet utile“ Streinz, FS Everling, S. 1491 ff.; Wegener, in: Callies / Ruffert, EUV / EGV, Art. 220 EGV Rn. 15, jeweils m. w. N., auch zur st. Rspr. des EuGH. 694 ABl. Nr. L 270 vom 8. 10. 2002, S. 10. 695 Siehe aber zum größtmöglichen Einklang der zeitabschnittsbezogenen Anrechnungsmethode mit den Vorgaben der RL 80 / 987 / EWG im Hinblick auf die Anrechnung von Erwerbseinkommen auf Insolvenzgeld nach §§ 183 ff. SGB III oben 3. Teil B. III. 2. c) cc). 696 ABl. Nr. L 283 vom 28. 10. 1980, S. 23. Näher zur Zahlungsunfähigkeits-Richtlinie 80 / 987 / EWG Wank, in: Hanau / Steinmeyer / Wank, Handbuch Europäisches Arbeits- und SozialR, S. 668 ff. 690 691

E. Sonstige Auslegungskriterien

269

lich der Begriffsbestimmung des „Arbeitsentgelts“, folglich auch die Vorschrift des § 615 BGB einschließlich der Frage des zeitlichen Umfangs der Zwischenerwerbsanrechnung, unberührt. Auch die richtlinenkonforme Auslegung bringt somit keine weiterführenden Erkenntnisse. 3. Völkerrechtskonforme Auslegung Der allgemein anerkannte Grundsatz der „Völkerrechtsfreundlichkeit“ der deutschen Rechtsordnung sowie das Erfordernis der völkerrechtskonformen Auslegung des gesamten deutschen Rechts ergeben sich im Hinblick auf die Präambel S. 1 und Artt. 1 Abs. 2, 20 Abs. 3, 23, 24, 25, 59 Abs. 2 GG.697 a) „Gerechtes“ Entgelt i. S. v. Nr. 5 S. 1 Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer Nach Nr. 5 S. 1 Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer ist für jede Beschäftigung ein „gerechtes“698 Entgelt zu zahlen.699 Allerdings wird der Gemeinschaftscharta im Gegensatz zur ESC nach einhelliger Ansicht bereits die rechtliche Verbindlichkeit abgesprochen.700 Dennoch lässt sich aus der Gemeinschaftscharta grds. Material für die Auslegung von Rechtsfragen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts entnehmen.701 697 Siehe BVerfG 14. 10. 2004 – 2 BvR 1481 / 04 (Görgülü-Beschluss) – BVerfGE 111, 307 (316 ff.), hier zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK); BVerfG 4. 5. 1971 – 1 BvR 636 / 68 (Spanier-Entscheidung) – BVerfGE 31, 58 (75 ff.); Jarras, in: Jarras / Pieroth, GG, Art. 25 Rn. 1 ff., 4; Starck, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG I, Art. 1 Abs. 3 Rn. 215; Sommermann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG II, Art. 20 Abs. 3 Rn. 254 ff.; Koenig, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG II, Art. 25 Rn. 1 (3 f., 12 ff., 35, 49); Neubeck, ESC, S. 181, jeweils m. w. N. 698 Zu der mit § 615 S. 2 BGB angestrebten Gerechtigkeit bzw. „Billigkeit“ siehe oben 3. Teil D. II. 699 Zu diesem Zweck empfiehlt es sich nach Nr. 5 S. 2 Spiegelstrich 1 Gemeinschaftscharta, dass „entsprechend den Gegebenheiten eines jeden Landes den Arbeitnehmern ein gerechtes Arbeitsentgelt garantiert wird, das heißt ein Arbeitsentgelt, das ausreicht, um ihnen eine angemessenen Lebensstandard zu erlauben“. Des Weiteren darf nach Nr. 5 S. 2 Spiegelstrich 3 Gemeinschaftscharta „das Entgelt nur gemäß den einzelstaatlichen Vorschriften einbehalten, gepfändet oder abgetreten werden“; „nach diesen Vorschriften sollten dem Arbeitnehmer die erforderlichen Mittel belassen werden, damit er seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familie bestreiten kann.“ Zu Widersprüchlichkeiten der Gesamtberechnungsmethode im Zusammenhang mit dem Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen gemäß §§ 850 ff. ZPO siehe noch folgend 4. Teil D. II. 700 Wank, in: Hanau / Steinmeyer / Wank, Handbuch Europäisches Arbeits- und SozialR, S. 366; Krebber, in: Callies / Ruffert, EUV / EGV, Art. 136 EGV Rn. 33, 36; Krimphove, Europäisches ArbeitsR, S. 22 (25); Maydell, in: ders., Soziale Rechte in der EG, S. 122 (146 f.); Buchner, VSSR 1992, S. 1 (24 ff.), jeweils m. w. N.

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3. Teil: Eigene Stellungnahme

Die rechtlich nicht verbindliche Vorschrift des Nr. 5 S. 1 Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer stellt allerdings mittels des Erfordernisses eines „gerechten Entgelts“702 lediglich auf eine „Mindesthöhe“ des Arbeitsentgelts im Sinne eines dem Arbeitnehmer gegebenenfalls auf der Grundlage der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen eingeräumten Mindestlohns ab.703 Ein gesetzlicher Mindestlohn ist der deutschen Rechtsordnung zumindest derzeit noch fremd.704 Somit lassen sich aus Nr. 5 S. 1 Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer keine tragfähigen Schlussfolgerungen zugunsten einer der Anrechnungsmethoden bei § 615 S. 2 BGB ziehen. b) Das „Recht“ auf ein „gerechtes“ Arbeitsentgelt gemäß Art. 4 S. 1 Nr. 1 ESC Um die wirksame Ausübung des Rechtes auf ein „gerechtes Arbeitsentgelt“ zu gewährleisten, verpflichten sich die Vertragsparteien gemäß Art. 4 S. 1 Nr. 1 ESC, das Recht der Arbeitnehmer auf ein Arbeitsentgelt anzuerkennen, welches ausreicht, um ihnen und ihren Familien einen angemessenen Lebensstandard zu sichern.705 Zwar kommt Art. 4 ESC für die in den Mitgliedsländern tätigen Arbeitnehmer kein unmittelbar verbindlicher Rechtscharakter zu.706 Diese Vorschrift hat vor allem auch keine anspruchsbegründende Wirkung für den einzelnen Bürger.707 Dennoch ist im Hinblick auf ihren jedenfalls zu bejahenden Charakter als Auslegungshilfe708 zu prüfen, wie das „Recht“ auf ein „gerechtes“709 Arbeitsentgelt Krimphove, Europäisches ArbeitsR, S. 26. Kritisch Buchner, VSSR 1992, S. 1 (21, 29): „Wie soll der Wunschtraum umgesetzt werden?“. 703 Krimphove, Europäisches ArbeitsR, S. 22 (24); Buchner, VSSR 1992, S. 1 (21 f., 29). 704 AnwKomm-ArbR / Kühn, § 1 AEntG Rn. 1, 36 m. w. N. 705 Dass nach Art. 4 S. 1 Nr. 5 ESC „Lohnabzüge“ nur unter den Bedingungen und in den Grenzen zuzulassen sind, die in innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen oder durch Gesamtarbeitsvertrag oder Schiedsspruch bestimmt, dürfte die Frage der Anrechnung anderweitigen Erwerbs von vornherein nicht berühren, da es sich bei der Anrechnung nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB nicht um einen „Lohnabzug“ in diesem Sinne handelt. 706 Vielmehr greift gemäß Artt. 21 ff. ESC ein Berichts- und vergleichsweise schwach ausgestaltetes Kontrollverfahren, auf dessen Grundlage durch gemäß Art. 249 Abs. 4 EG unverbindliche Empfehlungen an die betroffenen Vertragsparteien etwaige Misstände oder unbefriedigende Verhältnisse aufgezeigt werden sollen. Näher Wank, in: Hanau / Steinmeyer / Wank, Handbuch Europäisches Arbeits- und SozialR, S. 1293 f.; Neubeck, ESC, S. 82 ff.; ferner BT-Drucks. IV / 2117, S. 28 (40); Dötsch, AuA 2001, S. 27 (28 f.). 707 Denkschrift der Bundesregierung vom 25. 3. 1964 zum Entwurf eines Gesetzes zur Europäischen Sozialcharta vom 18. Oktober 1961, in: BT-Drucks. IV / 2117, S. 28; BAG 24. 3. 2004 – 5 AZR 303 / 03 – BAGE 110, 79 (89); Neubeck, ESC, S. 159 ff.; Dötsch, AuA 2001, S. 27 (28). 708 Allg. M., in diesem Sinne BAG 12. 9. 1984 – 1 AZR 342 / 83 – BAGE 46, 322 (349 f.); Neubeck, ESC, S. 181 ff.; Dötsch, AuA 2001, S. 27 (28). 701 702

F. Zusammenfassung und Ergebnisse der Gesetzesauslegung des § 615 BGB

271

aus Art. 4 S. 1 Nr. 1 ESC durch die in Betracht kommenden Methoden zur Anrechnung von Zwischenerwerb im Rahmen von § 615 S. 2 Alt. 2 BGB möglichst umfassend gewährleistet werden kann. Der Begriff des „gerechten Arbeitsentgelts“710 i. S. v. Art. 4 S. 1 Nr. 1 ESC lehnt sich ebenso wie der des „gerechten Entgelts“ i. S. v. Nr. 5 S. 1 Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer711 an eine Mindestlohnhöhe an.712 Nach der Interpretation des als Kontrolleinrichtung der ESC gebildeten Europäischen Ausschusses für soziale Rechte713 sind die Anforderungen an ein „gerechtes Arbeitsentgelt“ im Sinne des Art. 4 S. 1 Nr. 1 ESC erfüllt, wenn das Arbeitsentgelt zumindest 68% des monatlichen Durchschnittseinkommens im betreffenden Vertragsstaat erreicht.714 Vor diesem Hintergrund lassen sich Aussagen aus Art. 4 S. 1 Nr. 1 ESC über die richtigerweise anzuwendende Anrechnungsmethode im Rahmen von § 615 S. 2 BGB nicht treffen.

4. Ergebnis zur völker- und europarechtskonformen Auslegung des § 615 BGB Hinweise darauf, welche der in Betracht kommenden zeitlichen Methoden der Anrechnung anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers zutreffend ist, lassen sich im Wege der völker- und europarechtskonformen Auslegung des § 615 BGB nicht finden.

F. Zusammenfassung und Ergebnisse der Gesetzesauslegung des § 615 BGB Der Wortlaut des § 615 BGB lässt keinen eindeutigen Schluss auf die in zeitlicher Hinsicht anzuwendende Anrechnungsmethode zu, steht aber auch keiner der Ansichten entscheidend entgegen. 709 Zu der mit § 615 S. 2 BGB angestrebten Gerechtigkeit bzw. „Billigkeit“ siehe oben 3. Teil D. II. 710 Näher dazu Dötsch, AuA 2001, S. 27 (28). 711 Zur Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer siehe bereits oben 3. Teil E. II. 3. a); zu deren materieller Übereinstimmung mit der ESC Neubeck, ESC, S. 303 (304 f.). 712 Siehe auch die klare Absage an staatliche Mindestlöhne in BT-Drucks. IV / 2117, S. 28 (31), wonach alles zur Verwirklichung des Art. 4 Abs. 1 ESC von staatlicher Seite Erforderliche bereits mit dem TVG von 1949 geschehen sei. 713 Früher: Ausschuss unabhängiger Sachverständiger, Artt. 24 f. ESC. 714 Dötsch, AuA 2001, S. 27 (28).

272

3. Teil: Eigene Stellungnahme

Der Gesetzeszusammenhang des § 615 BGB spricht für die Anrechnung pro rata temporis. Das Verhältnis von § 615 S. 1 zu S. 2 BGB in Zusammenschau mit dem in § 614 S. 2 BGB zum Ausdruck gelangenden zeitlichen Element der rechtlich selbständigen Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers und die Untersuchung anderer bürgerlich- wie öffentlich-rechtlicher Anrechnungsvorschriften geben hierfür klare Hinweise. Der Annahmeverzug führt ebenso wenig zum Entstehen eines „Gesamtanspruchs“ des Arbeitnehmers auf Vergütung wie ein „einheitlicher Annahmeverzugszeitraum“ vorliegt. Die Entstehungsgeschichte des § 615 BGB und die damit hinsichtlich der Anrechnungsvorschrift des § 615 S. 2 BGB angesprochenen Vorgängerregelungen des § 561 S. 2 Entwurf I und insbesondere Art. 625 S. 2 des Dresdner Entwurfs stehen einer zeitabschnittsbezogenen Betrachtung ebenso wenig entgegen wie ältere Rechtsprechung des RG und sonstiger Gerichte, im Gegenteil. Der Normzweck des § 615 S. 2 BGB ist von den Anhängern der Gesamtberechnungsmethode zu Lasten des Arbeitnehmers unzutreffend beschrieben worden. Zwar ist es zutreffend, wenn auf den allgemeinen Rechtsgedanken der Vorteilsanrechnung bzw. Vorteilsausgleichung sowie die Billigkeit hingewiesen wird. Doch werden bereits die Unterschiede zwischen Billigkeit als Einzelfallgerechtigkeit und der hier lediglich heranzuziehenden „abstrakten“ Billigkeit i. S. v. gesetzgeberisch angenommener Gerechtigkeit nicht beachtet. Zum anderen wird von § 615 S. 2 BGB nicht die „Vermeidung eines Gewinns auf Kosten des Arbeitnehmers“ bezweckt. Dieser angebliche Normzweck kann mitunter von vornherein nicht erreicht werden. Die ratio legis der Anrechnungsregel des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB geht vielmehr dahin, dass der eine Zwischenbeschäftigung aufnehmende Arbeitnehmer durch den Annahmeverzug jedenfalls nicht benachteiligt, aber auch nicht in unangemessener bzw. ungererechfertigter Weise begünstigt werden soll. Letzteres ist dann nicht der Fall, wenn Zwischenerwerb des Arbeitnehmers periodenkongruent auf den betreffenden Annahmeverzugslohnanspruch angerechnet wird. Ein eventuell darüber hinausgehender „Überschuss“ verbleibt dem Arbeitnehmer, der den Erwerb durch seine anderweitige Arbeitsleistung erzielte. Ausreichende rechtfertigende Gründe dafür, dass der den Annahmeverzug herbeiführende Vertragsarbeitgeber hiervon mehr als durch die Anrechnung pro rata temporis profitieren können soll, bestehen nicht. Die Gesetzesauslegung des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB spricht somit entscheidend für die zeitabschnittsbezogene Anrechnungsmethode und gegen die Methode der Gesamtberechnung.

4. Teil

Auswirkungen der pro rata temporis-Anrechnungsmethode auf andere Rechtsbereiche A. Dogmatische Grundlage: Systematische Gesetzesauslegung vor dem Hintergrund der Zielvorstellung einer „Einheit der Rechtsordnung“ Nachdem bereits oben in systematischer Hinsicht, insbesondere unter Auswertung der Rechtslage bei anderen Anrechnungsvorschriften, Folgerungen zugunsten der richtigerweise anzuwendenden zeitabschnittsbezogenen pro rata temporis-Anrechnungsmethode gezogen werden konnten,1 werden im Folgenden die Auswirkungen der zeitabschnittsbezogenen Anrechnungsmethode sowie etwaige Widersprüchlichkeiten der Gesamtberechnungsmethode im Hinblick auf andere Rechtsbereiche näher untersucht. Dem liegt zu Grunde, dass die Methode der systematischen Auslegung vor dem Hintergrund der Zielvorstellung einer „Einheit der Rechtsordnung“ zu sehen ist. Eine gesetzliche Vorschrift oder ein einzelner in ihr enthaltener Begriff soll nach diesem Idealbild von der Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit der gesamten Rechtsordnung nicht im Widerspruch zu anderen gesetzlichen Normen oder Regelungsbereichen ausgelegt bzw. angewendet werden. Nach dem verfassungsrechtlich abgeleiteten Postulat der Einheit der Rechtsordnung muss die „Gesamtrechtsordnung [ . . . ] als Sinnganzes verstanden werden“.2 Vor diesem Hintergrund werden nachfolgend die Auswirkungen der in zeitlicher Hinsicht in Betracht kommenden Anrechnungsmethoden bei § 615 S. 2 Alt. 2 BGB auf das Sozialversicherungsrecht, das Einkommensteuerrecht, das Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, das Befristungsrecht, das Urlaubsrecht sowie auf prozessrechtliche Fragen untersucht.

1 Zum Ergebnis der systematischen Auslegung des § 615 S. 2 BGB siehe oben 3. Teil B. V. 2 BVerfG 14. 4. 1987 – 1 BvR 332 / 86 (Herausgabe eines Kindes) – BVerfGE 75, 201 (218); BVerfG 19. 6. 1979 – 2 BvL 14 / 75 – BVerfGE 51, 304 (323).

274

4. Teil: Auswirkungen der pro rata temporis-Anrechnungsmethode

B. Auswirkungen auf das Sozialversicherungsrecht I. Sozialversicherungsrechtliche Behandlung der Annahmeverzugslohnansprüche Der Anspruch auf Annahmeverzugslohn unterliegt als arbeitsvertraglicher Vergütungsanspruch den beitragsrechtlichen Vorschriften des Sozialversicherungsrechts.3 Gemäß § 20 SGB IV werden die Mittel der Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung nach Maßgabe der besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige durch Beiträge der Versicherten, der Arbeitgeber und Dritter, durch staatliche Zuschüsse und durch sonstige Einnahmen aufgebracht.4 Der Arbeitgeber führt die Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie zur Arbeitsförderung als Gesamtsozialversicherungsbeitrag5 an die Einzugsstelle6 ab.7 Für die Zeiten des Annahmeverzugs sind die Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung grds. aus demjenigen Arbeitsentgelt zu entrichten, das der Arbeitnehmer erhalten hätte, wenn tatsächlich gearbeitet worden wäre.8

3 BAG 19. 10. 2000 – 8 AZR 632 / 99 – juris; BAG 19. 10. 2000 – 8 AZR 20 / 00 – AP § 611 BGB Haftung des Arbeitgebers Nr. 11; MünchArb / Boewer, § 78 Rn. 45; Stück, MDR 1999, S. 1483 (1484 f.); Schaub, ZIP 1981, S. 347 (350). 4 Das Beitragsaufkommen zur Arbeitsförderung gemäß § 346 Abs. 1 S. 1 SGB III, zur gesetzlichen Krankenversicherung nach § 249 Abs. 1 SGB V, zur gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI sowie zur sozialen Pflegeversicherung nach § 58 Abs. 1 S. 1 SGB XI wird je zur Hälfte von den Arbeitgebern und den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten i. S. v. § 7 Abs. 1 SGB IV aufgebracht, während die gesetzliche Unfallversicherung gemäß § 150 SGB VII allein von den Arbeitgebern finanziert wird. 5 § 28d SGB IV. Dieser ist gemäß § 23 SGB IV jeweils monatlich fällig. 6 §§ 28h, 28i SGB IV. 7 Näher zu den Sozialversicherungsbeiträgen Kittner / Zwanziger / Litzig, ArbR, § 60 Rn. 37 ff.; MünchArb / Peters-Lange, § 64 Rn. 72 ff.; Schaub / Linck, ArbR-Hdb., § 71 Rn. 1 (10 ff.). 8 Küttner / Schlegel, Personalbuch 2007, Annahmeverzug Rn. 30. Zu diesbezüglichen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit den Anrechnungsmethoden sogleich folgend unter 4. Teil B. II. 1.

B. Auswirkungen auf das Sozialversicherungsrecht

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II. Probleme infolge der Anwendung der Gesamtberechnungsmethode 1. Unklarheiten bei der Bemessung der Höhe der abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge Wird anderweitiger Erwerb des Arbeitnehmers, der den für die Annahmeverzugszeiträume insgesamt geschuldeten Annahmeverzugslohn der Höhe nach nicht erreicht, unter Anwendung der Gesamtberechnungsmethode auf inkongruente Zeitabschnitte angerechnet, so stellt sich die Frage, wie dieser von den Vertretern der Gesamtberechnung der Sache nach unterstellte „Gesamtverdienst“ während des „Gesamtberechnungszeitraum“ 9 auf die einzelnen Lohnzahlungsperioden bzw. Monate zu verteilen sein soll. Sollen die zeitlich ersten Annahmeverzugslohnansprüche in voller Höhe betroffen sein oder die letzten oder vielmehr alle Annahmeverzugslohnansprüche gleichermaßen? Diese Frage kann nicht dahinstehen, denn die Lohnhöhe ist unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenzen die jeweils maßgebliche Bemessungsgrundlage10 für die Höhe der abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge.11 Das BAG äußert sich hierzu nicht und überlässt gelegentlich auftauchende Fragen der Praxis. Eine befriedigende Lösung dieser erst durch die Gesamtberechnungsmethode geschaffenen Unklarheit im Sinne einer der drei genannten Möglichkeiten ist auch nicht ersichtlich. Dogmatisch am ehesten zutreffend dürfte es sein, unter Betonung von Rechtsnatur und Wirkung der Anrechnung, welche den Anspruch, auf den anzurechnen ist, bereits an seiner Entstehung hindert,12 den anderweitigen Erwerb stets auf die chronologisch zuerst in Betracht kommenden Annahmeverzugslohnansprüche anzurechnen. Die zeitabschnittsbezogene, ratierliche Betrachtungsweise einer pro rata temporis-Anrechnung vermeidet derartige Unklarheiten von vornherein, da sich die jeweilige Zeitperiode, in welcher der Zwischenerwerb getätigt wurde, und die betreffende Annahmeverzugslohnszahlungsperiode ausschließlich kongruent gegenüberstehen. Nach Ablauf eines jeden Zeitabschnitts stehen regelmäßig die endgültige Höhe des Annahmeverzugslohns und damit auch die Höhe der abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge fest. 9 Zur Problematik des „einheitlichen Gesamtberechnungszeitraums“ noch folgend unter 4. Teil H. I. 10 Für die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung siehe im Grundsatz die Vorschriften der §§ 341 Abs. 3 S. 1, 342 SGB III, zur gesetzlichen Krankenversicherung §§ 223 Abs. 2 S. 1, Abs. 3, 226 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V, zur gesetzlichen Rentenversicherung §§ 157, 161 Abs. 1, 162 Nr. 1 SGB VI, zur sozialen Pflegeversicherung §§ 54 Abs. 2 S. 1, 55, 57 Abs. 1 SGB XI i. V. m. § 226 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V. 11 LAG Düsseldorf 1. 9. 2005 – 5 Sa 212 / 05 – LAGE § 615 BGB 2002 Nr. 4; Nübold, RdA 2004, S. 31 (35). 12 Näher zur Rechtsnatur und Wirkung der Anrechnung oben 1. Teil D. II. 2. und 3.

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4. Teil: Auswirkungen der pro rata temporis-Anrechnungsmethode

2. Ausschluss des gesetzlichen Forderungsübergangs von Arbeitslosengeld gemäß § 115 Abs. 1 SGB X und „Gewinn“ des Arbeitnehmers zu Lasten der Allgemeinheit Schwierige Problemlagen ergeben sich, wenn dem Arbeitnehmer während des mehrere Lohnzahlungsperioden umfassenden Annahmeverzugs nur für die ersten Zeitabschnitte Arbeitslosengeld nach Maßgabe der §§ 117 ff. SGB III gezahlt wird und der Arbeitnehmer in nachfolgenden Zeitabschnitten höheren Zwischenerwerb erzielt.13 Die Gesamtberechnungsmethode führt dazu, dass selbst die zeitlich nicht übereinstimmenden Annahmeverzugslohnansprüche an ihrer Entstehung gehindert werden. Für diese Zeiträume gezahltes Arbeitslosengeld kann weder von dem im Annahmeverzug befindlichen Arbeitgeber noch vom Arbeitnehmer zurückverlangt werden.14 Denn der Arbeitnehmer ist nicht gemäß § 50 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 45, 48 SGB X zur Erstattung unrechtmäßig erbrachter Sozialleistungen verpflichtet, weil die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 117 ff. SGB III vorlagen. Der Arbeitgeber seinerseits kann nicht in die Pflicht genommen werden, da aufgrund der Rückwirkung der Anrechnung unter Zugrundelegung der Gesamtberechnungsmethode keine Ansprüche auf Arbeitsentgelt bestehen, die im Wege der cessio legis nach § 115 Abs. 1 SGB X auf den leistenden Sozialversicherungsträger, hier die Arbeitsagentur, übergehen könnten. Bewertet man die sich daraus ergeben Folgen, so fällt bereits auf, dass die Arbeitsverwaltung Leistungen erbracht hat, obwohl der Arbeitnehmer in der Summe den ihm vertraglich zustehenden Arbeitslohn in der gesamten Höhe tatsächlich bekommen hat, wenngleich zum Teil auch von Seiten des Zwischenarbeitgebers. Zum anderen ist bemerkenswert, dass der Vertragsarbeitgeber nicht wegen eines Forderungsübergangs von Arbeitsentgelt gemäß § 115 Abs. 1 SGB X zur Erstattung dieser Leistungen verpflichtet ist, wie dies in sonstigen Fällen der tatsächlichen Nichterbringung von Arbeitsentgelt an den Arbeitnehmer der Fall ist.15 Der Vertragsarbeitgeber wird somit durch die Anwendung der Gesamtberechnungsmethode auch im Hinblick auf die Nichterstattung arbeitsförderungsrechtlicher Sozialleistungen besser gestellt. Allerdings ergibt sich auch für den Arbeitnehmer insoweit gleichsam ein „Gewinn“, da er nicht zur Rückzahlung des erhaltenen Arbeitslosengeldes verpflichtet ist. Zu konstatieren ist dabei, dass dieser von der Gesamtberechnung im Grundsatz nicht erwünschte Gewinn des Arbeitnehmers in Höhe des erhaltenen Arbeitslosengeldes allerdings nicht „auf Kosten des Arbeitgebers“ stattfindet.16 Vielmehr wird die Sozialverwaltung und damit 13 Hierauf wird hingewiesen von LAG Düsseldorf 1. 9. 2005 – 5 Sa 212 / 05 – LAGE § 615 BGB 2002 Nr. 4; Nägele / Böhm, ArbRB 2006, S. 317 (319); näher Nübold, RdA 2004, S. 31 (35). 14 So auch Nübold, RdA 2004, S. 31 (35), allerdings ohne Begründung. 15 Zur „Gleichwohlgewährung“ von Arbeitslosengeld gemäß § 143 Abs. 3 S. 1 SGB III siehe näher oben 3. Teil B. III. 2. a). 16 Näher zu diesem angeblichen Normzweck des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB schon oben 3. Teil D. I.

B. Auswirkungen auf das Sozialversicherungsrecht

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letztlich die beitragszahlende Allgemeinheit belastet, was im Ergebnis nicht minder befremdet. Nach der sich auch in dieser Hinsicht als zutreffend erweisenden pro rata temporis-Anrechnungsmethode kann die Agentur für Arbeit infolge des gesetzlich angeordneten Übergangs des nicht durch die Gesamt-Anrechnung weggefallenen Anspruchs auf Arbeitsentgelt gemäß § 115 Abs. 1 SGB X das für die ersten Lohnzahlungsperioden vor Aufnahme der Zwischenbeschäftigung gezahlte Arbeitslosengeld vom Arbeitgeber zurückverlangen.17 Eine Entlastung der Arbeitsvertragsparteien auf Kosten der Arbeitslosenversicherung findet dabei nicht statt.

3. Verlust des Sozialversicherungsschutzes des Arbeitnehmers Eine weitere, in ihrer Tragweite gravierende Folge der Anwendung der Gesamtberechnungsmethode ist, dass der Arbeitnehmer seines Sozialversicherungsschutzes verlustig gehen kann. Gemäß § 7 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 SGB IV gilt eine „Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt“ als eine der Tatbestandsvoraussetzungen, an welche die gesetzliche Sozialversicherungspflicht regelmäßig anknüpft,18 als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert. Dieser nachwirkende Versicherungsschutz ist auf die Dauer eines Monats begrenzt. Auf der beitragsrechtlichen Seite ist in diesem Zusammenhang das in der Sozialversicherung geltende „Entstehensprinzip“ zu beachten. Gemäß § 22 Abs. 1 SGB IV entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen, bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt, sobald dieses ausgezahlt worden ist.19 Die Beitragshöhe beurteilt sich nach der Höhe des dem Arbeitnehmer einzel- und tarifvertraglich zustehenden Arbeitsentgelts und nicht lediglich nach dem tatsächlich zugeflossenen, gegebenenfalls untertariflichen Arbeitsentgelt.20 Wird im Wege der Gesamtberechnung über den Monats-Zeitraum des § 7 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 SGB IV hinaus die Entstehung von Lohnansprüchen durch rückwirkende Anrechnung nachträglich erzielten höheren Zwischenerwerbs gehindert, so tritt als So im Ergebnis auch Nübold, RdA 2004, S. 31 (35). Siehe § 25 Abs. 1 S. 1 SGB III, § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI, § 20 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 SGB XI. 19 Näher zum sog. Entstehungs- bzw. Anspruchsprinzip oder „Fälligkeitssystem“ in Abgrenzung zum „Zuflussprinzip“ KassKomm / Seewald, § 22 SGB IV Rn. 5, § 14 SGB IV Rn. 45 m. w. N. 20 BSG 14. 7. 2004 – B 12 RK 1 / 04 R – BSGE 93, 119 (120 ff. m. w. N.); BSG 26. 10. 1982 – 12 RK 8 / 81 – BSGE 54, 136 ff.; BSG 11. 11. 1975 – 3 / 12 RK 12 / 74 – BSGE 41, 6 (7 ff.); BGH 28. 5. 2002 – 5 StR 16 / 02 – BGHSt 47, 318 f.; BGH 16. 5. 2000 – VI ZR 90 / 99 – BGHZ 144, 311 (312 ff.). 17 18

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4. Teil: Auswirkungen der pro rata temporis-Anrechnungsmethode

Folge eines ipso iure und mit Wirkung ex tunc fehlenden Anspruchs des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt der Verlust des Sozialversicherungsschutzes ein. Der Arbeitnehmer wird aber mangels Zwischenbeschäftigung zu diesem vorgelagterten Zeitpunkt i. d. R. nicht anderweitig sozialversicherungsrechtlich abgesichert sein. Der später erzielte Zwischenverdienst bzw. die insoweit abgeführten Sozialversicherungsbeiträge können sozialversicherungsrechtlich nicht auf den gesamten Annahmeverzugszeitraum verteilt werden.21 Zwar ist in der Rechtsprechung des BSG anerkannt, dass Sozialversicherungsbeiträge auch für solches Arbeitsentgelt zu leisten sind, das aufgrund einer tariflichen Ausschlussklausel verfallen ist22 oder das wegen Verwirkung einer zur Lohnminderung führenden Vertragsstrafe nicht verlangt werden kann.23 Die Begründung hierfür stützt sich auf das sozialversicherungsrechtliche Entstehensprinzip nach § 22 Abs. 1 SGB IV. Da die öffentlich-rechtliche Beitragspflicht bereits vor dem Ablauf der Ausschlussfrist mit dem Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen entstanden ist, kann sie nicht nachträglich durch die zivilrechtliche Ausschlussklausel beeinträchtigt werden. Genau hierin gründet der maßgebliche Unterschied, weshalb die genannte Rechtsprechung auf die Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB nicht übertragbar ist.24 Es geht vorliegend nicht um das nachträgliche Erlöschen eines Anspruchs, wie dies bei Ausschlussklauseln der Fall ist.25 Die Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB beschränkt den arbeitsvertraglichen Vergütungsanspruch kraft Gesetzes bereits in seiner Entstehung.26

4. Wertungswiderspruch der Gesamtberechnungsmethode zu dem in § 22 Abs. 2 S. 1 SGB IV enthaltenen allgemeinen sozialversicherungsrechtlichen Rechtsgedanken Annett Böhm und Stefan Nägele haben erstmals auf einen Widerspruch der Gesamtberechnungsmethode nach der Rechtsprechung des BAG zu dem sich aus § 22 Abs. 2 SGB IV ergebenden Rechtsgedanken hingewiesen.27 In § 22 Abs. 2 S. 1 21 Ebenso Nübold, RdA 2004, S. 31 (35); speziell zum Verlust des Schutzes des Arbeitnehmers in der gesetzlichen Rentenversicherung siehe Nägele / Böhm, ArbRB 2006, S. 317 (318). 22 BSG 14. 7. 2004 – B 12 KR 7 / 04 R – SozR 4 – 2400 § 22 Nr. 1; BSG 30. 8. 1994 – 12 RK 59 / 92 – BSGE 75, 61 (62 ff.). 23 BSG 21. 5. 1996 – 12 RK 64 / 94 – BSGE 78, 224 (226 ff.). 24 So auch zutreffend Nübold, RdA 2004, S. 31 (35). 25 Zu dieser Wirkung des Ablaufs der Ausschlussfrist siehe nur BAG 30. 3. 1973 – 4 AZR 259 / 72 – BAGE 25, 169 (172 ff.); BGH 30. 1. 1958 – VII ZR 33 / 57 – BGHZ 26, 304 (308); ErfK / Preis, § 218 BGB Rn. 33. 26 Näher zur Wirkung und Rechtsnatur der Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB bereits oben 1. Teil D. II. 2. und 3. a). 27 Nägele / Böhm, ArbRB 2006, S. 317 (318 f.).

C. Auswirkungen auf das Einkommensteuerrecht

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SGB IV ist bestimmt, dass das Zusammentreffen beitragspflichtiger Einnahmen aus mehreren Versicherungsverhältnissen, die in ihrer Summe die für das jeweilige Versicherungsverhältnis maßgebliche Beitragsbemessungsgrenze übersteigen, dazu führt, dass sie sich zum Zwecke der Beitragsberechnung nach dem Verhältnis ihrer Höhe so zueinander vermindern, dass sie zusammen höchstens die Beitragsbemessungsgrenze erreichen.28 Insoweit ordnet § 22 Abs. 2 S. 1 SGB IV gesetzlich an, dass der Vertragsarbeitgeber die vom Zwischenarbeitgeber während der jeweiligen Zeiträume des Annahmeverzugs an den Arbeitnehmer gezahlte Zwischenvergütung bei der Bemessung der abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge bis zur Beitragsbemessungsgrenze verhältnismäßig zu berücksichtigen hat.29 Denn es bestehen mehrere Versicherungsverhältnisse des Arbeitnehmers, aus denen beitragspflichtige Einnahmen zusammentreffen, nämlich der geschuldete Annahmeverzugslohn einerseits und die erzielte Zwischenvergütung andererseits. Ob der Begriff des „Zusammentreffens“ in § 22 Abs. 2 S. 1 SGB IV derart weit ausgelegt werden kann, dass unter Zugrundelegung der Gesamtberechnungsmethode auch eine nicht zeitabschnittsgleich erzielte Zwischenvergütung erfasst ist, kann bereits bezweifelt werden. Aus der allgemeinen sozialversicherungsrechtlichen Wertung in § 22 Abs. 2 S. 1 SGB IV ergibt sich jedenfalls nicht, dass der Vertragsarbeitgeber insgesamt von der Beitragsentrichtung befreit werden soll, nur weil ein Zwischenarbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge entrichtet hat bzw. hierzu verpflichtet ist.30

C. Auswirkungen auf das Einkommensteuerrecht I. Lohnsteuerrechtliche Behandlung der Annahmeverzugslohnansprüche Die Annahmeverzugsvergütung unterliegt den einkommensteuerrechtlichen Regelungen,31 mithin den §§ 38 ff. EStG,32 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung33 und der Lohnsteuerdurchführungsverordnung,34 wie jeder „normale“ arbeitsvertragliche Vergütungsanspruch auch.35 KassKomm / Seewald, § 22 SGB IV Rn. 13. Zu den Auswirkungen des in § 22 Abs. 2 S. 1 SGB IV enthaltenen allgemeinen sozialversicherungsrechtlichen Rechtsgedankens im Fall des Zusammentreffens mehrerer sog. geringfügiger Beschäftigungen nach § 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 SGB IV siehe LSG SchleswigHolstein 10. 6. 2003 – L 1 KR 83 / 02 – NZS 2004, S. 432 (433 m. w. N.). 30 So auch Nägele / Böhm, ArbRB 2006, S. 317 (318 f.). 31 Zur Lohnsteuer siehe näher Kittner / Zwanziger / Litzig, ArbR, § 60 Rn. 6 ff.; MünchArb / Hanau, § 64 Rn. 1 ff.; Schaub / Linck, ArbR-Hdb., § 71 Rn. 1 (47 ff.). 32 Dazu Blümich / Thürmer, EStG KStG GewStG, § 38 EStG Rn. 1 ff. 33 EStDV 2000, BGBl. 2000 I S. 717 (718 ff.). 28 29

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4. Teil: Auswirkungen der pro rata temporis-Anrechnungsmethode

Bei Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit wird die Einkommensteuer gemäß § 38 Abs. 1 S. 1 EStG als Lohnsteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben. Die Höhe der Lohnsteuer regelt § 38a EStG. Schuldner der Lohnsteuer ist gemäß § 38 Abs. 2 S. 1 EStG der Arbeitnehmer. Die Lohnsteuer entsteht nach dem sog. steuerrechtlichen Zuflussprinzip gemäß § 38 Abs. 2 S. 2 EStG in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt.36 Der Arbeitgeber hat die Lohnsteuer gemäß § 39b Abs. 2, Abs. 3 EStG zu berechnen, nach § 38 Abs. 3 S. 1 EStG für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten und gemäß § 41a Abs. 1 Nr. 2 EStG an das Betriebsstätten-Finanzamt abzuführen. Darüber hinaus sind der Solidaritätszuschlag 37 und gegebenenfalls die Kirchensteuer38 abzuführen.39 Der Lohnsteuer ist der tatsächlich geleistete Bruttoarbeitslohn zu unterwerfen. Wird daher der Lohn für Zeiträume des Annahmeverzugs nachgezahlt, so ist er in dem Lohnzahlungszeitraum zu versteuern, in dem, und nicht für den, er geleistet wurde.40 Eine Entgeltnachzahlung, die in einem späteren Kalenderjahr erfolgt, gegebenenfalls auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, ist lohnsteuerrechtlich nicht als „laufender Arbeitslohn“, sondern als ein „sonstiger Bezug“ i. S. v. § 38a Abs. 1 S. 3 EStG zu behandeln, welcher gemäß §§ 39b Abs. 3 S. 2, 38a Abs. 3 S. 2 EStG erhöht besteuert wird.41 Das gilt auch dann, wenn sich der Arbeitgeber im Annahmeverzug hinsichtlich der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers befand, das nunmehr einmalig gezahlte Gehalt also „an sich“ im jeweiligen Monat hätte gezahlt und versteuert werden müssen.42 Werden bestimmte Beträge nach § 615 S. 2 BGB oder analog § 11 Nr. 3 S. 1 KSchG auf den nachzuzahlenden Annahmeverzugslohn angerechnet, so hat der Arbeitgeber nur den von ihm tatsächlich geleisteten Bruttolohn der Lohnsteuer zu unterwerfen.43

LStDV 1990, BGBl. 1989 I S. 1848 (1849 ff.). BAG 19. 10. 2000 – 8 AZR 20 / 00 – AP § 611 BGB Haftung des Arbeitgebers Nr. 11; BAG 19. 10. 2000 – 8 AZR 632 / 99 – juris; BAG 23. 8. 1990 – 2 AZR 156 / 90 – DB 1991, S. 445 (446); MünchArb / Boewer, § 78 Rn. 45; Schaub, ZIP 1981, S. 347 (350). 36 Näher zum steuerrechtlichen „Zuflussprinzip“ schon oben 1. Teil D. III. 2. 37 §§ 1 ff. Solidaritätszuschlaggesetz 1995 – SolZG 1995, BGBl. 1993 I S. 944 (975 f.). 38 Nach Maßgabe der Kirchensteuergesetze der Länder sowie der Kirchensteuerordnungen und -beschlüsse. 39 Siehe § 51a EStG. Allgemein zu einkommensteuer-, sozialversicherungsrechtlichen und sonstigen Abzügen von der Bruttovergütung des Arbeitnehmers BSG 14. 7. 2004 – B 12 KR 7 / 04 R – SozR 4 – 2400 § 22 Nr. 1; BAG 7. 3. 2001 – GS 1 / 00 – BAGE 97, 150 (153 ff.). 40 Küttner / Huber, Personalbuch 2007, Annahmeverzug Rn. 25 m. w. N. 41 BAG 26. 2. 2003 – 5 AZR 223 / 02 – BAGE 105, 181 (186). 42 LAG Hamm 16. 6. 1988 – 17 Sa 2204 / 87 – DB 1988, S. 2316; siehe auch Küttner / Huber, Personalbuch 2007, Annahmeverzug Rn. 25 m. w. N. 43 Näher dazu Küttner / Huber, Personalbuch 2007, Annahmeverzug Rn. 26. 34 35

C. Auswirkungen auf das Einkommensteuerrecht

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II. „Steuerschaden“ des Arbeitnehmers aufgrund der Gesamtberechnungsmethode Im Hinblick auf das im Lohnsteuerrecht gemäß § 38 Abs. 2 S. 2 EStG geltende Zuflussprinzip können dem Arbeitnehmer durch die Anwendung der Gesamtberechnung finanzielle Nachteile insoweit entstehen, als höherer Zwischenverdienst, der durch die Anrechnung nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB im Wege einer Gesamtberechnung zu einem identischen Brutto-Betrag für entgangenen und anderweitig erzielten Verdienst führt, nicht notwendig ein gleich hohes Netto-Einkommen für den Arbeitnehmer bedeutet.44 Abhängig vom Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses des Arbeitsentgelts können sich angesichts der steuerlichen Progression selbst bei gleich hohem Bruttolohn Nachteile für den Arbeitnehmer ergeben, wenn er in einem Veranlagungszeitraum besonders hohe, in einem anderen Veranlagungszeitraum hingegen niedrigere oder gar keine Einkünfte hat.45 Dieser typischerweise in Fällen verspäteter Lohnzahlung auftretende sog. Steuerschaden sei verdeutlicht an folgendem Beispiel: Der zu einem Bruttomonatsgehalt von 3.000 EUR angestellte alleinstehende Arbeitnehmer A hat während des Kalenderjahres 2005 keinerlei Einkünfte aus Erwerbstätigkeit, da sein Vertragsarbeitgeber V die Zahlung der Vergütung unter Berufung auf eine sich später als unwirksam herausstellende Kündigung verweigert. Im zweiten Jahr des Annahmeverzugs, 2006, erzielt A Zwischenverdienst i. H. v. 6.000 EUR brutto monatlich, insgesamt also 72.000 EUR. Unter Zugrundelegung der Gesamtberechnungsmethode kann A von V keinen Annahmeverzugslohn mehr verlangen, da der pro Zeitperiode doppelt so hohe anderweitige Erwerb aus dem Jahr 2006 auch auf die Vergütungsansprüche aus den Monaten des Jahres 2005 angerechnet wird. Verglichen mit der Situation, dass das Arbeitsverhältnis ohne die zum Annahmeverzug führende unwirksame Arbeitgeber-Kündigung ordnungsgemäß abgewickelt worden wäre, hat A jedoch einen insgesamt gleich hohen Bruttoverdienst erzielt, nämlich 72.000 EUR.46 Die einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen der in den Kalenderjahren 2005 und 2006 unterschiedlich hohen Lohnzahlung sind indes gravierend. Während für das Jahr 2005 mangels Einnahmen aus Erwerbstätigkeit keine Einkommensteuer anfiel, beträgt die Einkommensteuer47 für den im Veranlagungszeitraum KalenderSo auch Nübold, RdA 2004, S. 31 (35), allerdings ohne Begründung oder Beispiel. Die Möglichkeit einer Änderung von nettolohnrelevanten Besteuerungsmerkmalen im Verlaufe der Annahmeverzugszeiträume, insbesondere der Wechsel in eine andere Steuerklasse im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses des Annahmeverzugslohns, kann sich hingegen nicht nur zuungunsten, sonderen auch zugunsten des Arbeitnehmers auswirken. Diese Möglichkeit bleibt daher vorliegend gleichsam als neutral außer Betracht. 46 3.000 EUR  24 Monate = 6.000 EUR  12 Monate = 72.000 EUR. 47 Zur Vereinfachung der Betrachtung erfolgt keine Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags. 44 45

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4. Teil: Auswirkungen der pro rata temporis-Anrechnungsmethode

jahr 2006 zugeflossenen Bruttoverdienst 22.326 EUR.48 Bei „normaler“ Abwicklung des Vertragsarbeitsverhältnisses, also gleichbleibender Höhe des zu versteuernden Einkommens von jeweils 36.000 EUR in den Jahren 2005 und 2006 wäre hingegen Einkommensteuer i. H. v. jeweils 7.802 EUR angefallen, insgesamt also lediglich 15.604 EUR. Die progressionsbedingte Steuerdifferenz zu Lasten des A beträgt demnach 6.722 EUR. Ein Ausgleich dieses Steuerschadens über Verzugsschadensersatz49 wird regelmäßig nicht in Betracht kommen, da der Arbeitgeber aufgrund der Anrechnung im Weg der Gesamtberechnung gerade keine Vergütung mehr schuldete und foglich nicht in Zahlungsverzug geraten ist. Im Übrigen gerät der sorgfältig abwägende Arbeitgeber nach st. Rspr. des BAG bei Ausspruch einer Kündigung bis zum Ende des Kündigungsrechtsstreits dann nicht in Schuldnerverzug, wenn er „aufgrund eines vertretbaren Rechtsstandpunktes auf die Wirksamkeit der Kündigung vertrauen durfte.“50 Da der Arbeitnehmer aber durch den arbeitgeberseitigen Annahmeverzug keinesfalls schlechter stehen soll als dies bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Arbeitsverhältnisses der Fall wäre,51 widersprechen wirtschaftliche Einbußen für den Arbeitnehmer in besonders deutlichem Maße der angestrebten „Billigkeit“ der Anrechnung.52

D. Auswirkungen auf das Zwangsvollstreckungsrecht Der Staat ist im Hinblick auf den durch Artt. 1, 2, 20, 28 GG53 vermittelten Grundrechtsschutz verpflichtet, die zur eigenverantwortlichen Führung eines menschenwürdigen Lebens mindestens erforderlichen materiellen Grundlagen im Sinne eines „Existenzminimums“ zu gewährleisten.54 Der Einsatz der Arbeitskraft des Schuldners zur eigenverantwortlichen Führung eines menschenwürdigen Lebens hat zudem auch im öffentlichen Interesse Vorrang vor der Sozialhilfe bzw. Arbeitslosengeld II. Diesem Zweck dienen neben der Sozialhilfe55 auch die Vor48 Außer Betracht blieben insbesondere die (Pauschbeträge für) Werbungskosten, Vorsorgeaufwendungen und Sonderausgaben. 49 Dazu BAG 26. 2. 2003 – 5 AZR 223 / 02 – BAGE 105, 181 (186); BAG 19. 10. 2000 – 8 AZR 20 / 00 – AP § 611 BGB Haftung des Arbeitgebers Nr. 11; BAG 19. 10. 2000 – 8 AZR 632 / 99 – juris. 50 BAG 23. 9. 1999 – 8 AZR 791 / 98 – juris; BAG 27. 5. 1999 – 8 AZR 322 / 98 – juris; BAG 14. 5. 1998 – 8 AZR 158 / 97 – AuA 1999, S. 34 (35). 51 Zum Normzweck der Anrechnungsregelung siehe ausführlich oben 3. Teil D. 52 Ebenso im Ergebnis Nübold, RdA 2004, S. 31 (35). 53 Menschenwürde, freie Entfaltung der Persönlichkeit, Sozialstaatsprinzip. 54 Siehe nur BVerfG 3. 7. 1973 – 1 BvR 153 / 69 (Armenrecht für juristische Person) – BVerfGE 35, 348 (355 ff.).

D. Auswirkungen auf das Zwangsvollstreckungsrecht

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schriften über den Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen gemäß §§ 850 ff. ZPO. Dem Schuldner und seiner Familie soll hierdurch der zum Lebensunterhalt erforderliche Mindestbetrag gesichert werden.56 Die Pfändungsschutzvorschriften sind nach allg. M. weder im Voraus noch im Nachhinein abdingbar.57

I. Pfändungsrechtlicher Schutz der Annahmeverzugslohnansprüche gemäß §§ 850 ff. ZPO Auch der Annahmeverzugslohnanspruch unterliegt als arbeitsvertraglicher Erfüllungsanspruch58 im Fall einer Lohnpfändung den Pfändungsschutzvorschriften für Arbeitseinkommen nach näherer Maßgabe der §§ 850a – 850k ZPO.59 Insoweit sind insbesondere die sog. Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen nach § 850c ZPO zu beachten. Unberührt bleiben die nach § 850a ZPO unpfändbaren sowie die gemäß § 850b ZPO nur bedingt pfändbaren Bezüge. Pfändungsschutz bei sonstigen Vergütungen gewährt § 850i ZPO. Besonderheiten gelten gemäß § 850d ZPO für die Pfändung wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche. Die Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens erfolgt nach Maßgabe von § 850e ZPO. Gegebenenfalls ist gemäß § 850h ZPO sog. verschleiertes Arbeitseinkommen zu berücksichtigen.

II. Missachtung des Normzwecks der Pfändungsschutzvorschriften durch die Gesamtberechnungsmethode Der Gesamtberechnungsmethode wird mit Recht vorgeworfen, der Zweck der Pfändungsschutzvorschriften der §§ 850 ff. ZPO, dem Arbeitnehmer in jedem Monat einen Mindestbetrag seines Arbeitseinkommens zu belassen, werde durch die Zwischenerwerbs-Anrechnung auf vorhergehende Zeiträume nicht erreicht.60 Zu denken ist dabei an den Fall, dass von Seiten eines Gläubigers des Arbeitnehmers eine Pfändung des Annahmeverzugslohns bis zu den Pfändungsfreigrenzen erfolgt und zudem für einen bestimmten Zeitabschnitt infolge späteren Zwischenerwerbs des Arbeitnehmers eine Gesamtanrechnung vorgenommen wird, mit der Siehe § 1 Abs. 1 S. 2 SGB I, § 1 Abs. 2 S. 1 BSHG. BGH 20. 11. 1997 – IX ZR 136 / 97 – BGHZ 137, 193 (197); Hartmann, in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, § 811 Rn. 1 f., Einf. vor § 850 Rn. 2, § 850 Rn. 2, 850c Rn. 1; Musielak / Becker, ZPO, § 850 Rn. 1, § 811 Rn. 1, jeweils m. w. N. 57 Statt aller: Musielak / Becker, ZPO, § 850 Rn. 1 m. w. N. 58 Zur Rechtsnatur des Anspruchs auf Annahmeverzugslohn siehe oben 1. Teil D. I. 1. 59 Näher dazu MünchArb / Boewer, § 74 Rn. 110 ff., § 78 Rn. 45; Kittner / Zwanziger / Litzig, ArbR, § 66 Rn. 64 ff.; Schaub / Schaub, ArbR-Hdb., § 92 Rn. 1 ff.; Schaub, ZIP 1981, S. 347 (350). 60 Siehe Nübold, RdA 2004, S. 31 (34); Nägele / Böhm, ArbRB 2006, S. 317 (318). 55 56

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4. Teil: Auswirkungen der pro rata temporis-Anrechnungsmethode

Folge, dass dem Arbeitnehmer für jenen Monat nicht einmal das Existenzminimum verbleibt. Nach zutreffender Ansicht finden die Pfändungsgrenzen des § 850c ZPO zwar bei der Vornahme der Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB selbst keine Anwendung, was sich daraus erklärt, dass der Arbeitnehmer mit dem anzurechnenden Zwischenerwerb die entsprechenden Leistungen bereits erhalten hat.61 Allerdings ergibt sich auch aus der Wertung der zwingenden Vorschrift des § 394 S. 1 BGB, der auf die Unpfändbarkeitsvorschriften der ZPO verweist, dass dem Arbeitnehmer bei der Geltendmachung von Rechten seitens des Arbeitgebers stets ein Existenzminimum zu belassen ist. Weitere Zwecke des Aufrechnungsverbots nach § 394 S. 1 BGB neben der Sicherung des Existenzminimums sind der Schutz des Unterhaltsberechtigten 62 sowie die Wahrung des öffentlichen Interesses, vor allem hinsichtlich einer Vermeidung der Inanspruchnahme von Sozialleistungen.63 Bemerkenswert ist diesbezüglich, dass der damals für Fragen des Annahmeverzugs zuständige 9. Senat des BAG in seiner Entscheidung vom 24. 8. 1999 die Probleme im Hinblick auf die Pfändungsschutzvorschriften für Arbeitseinkommen gesehen und zum Anlass genommen hat, für den Fall des noch andauernden Annahmeverzugs die sog. vorläufige Gesamtberechnung zu konstruieren.64 Zwar geht die damit verbundene Annahme einer zeitperiodenkongruenten Gegenüberstellung von Annahmeverzugslohn und Zwischenerwerb während des andauernden Annahmeverzugs der Sache nach in die richtige Richtung, aber nicht weit genug. Denn auch in den Fällen des bereits beendeten Annahmeverzugs ist der vorgenannte Zweck der Pfändungsschutzvorschriften zu beachten und eine zeitabschnittsbezogene Betrachtungsweise bei der Anrechnung vorzunehmen. Dem Arbeitnehmer nach Beendigung des Annahmeverzugs unter Anwendung der Gesamtberechnungsmethode rückwirkend bereits erhaltene Leistungen zu kürzen, mit der Folge entsprechender bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsansprüche des Arbeitgebers wegen Überzahlung, steht nicht im Einklang damit, dem Arbeitnehmer in jedem Monat das unpfändbare Existenzminimum zu belassen. Die zeitabschnittsbezogene Anrechnungsmethode hingegen vermeidet jeden Wertungswiderspruch zu den Pfändungsschutzvorschriften für Arbeitseinkommen von vornherein. Rückwirkende Minderungen des für eine Zeitperiode zu beanspruchenden Annahmeverzugslohns wegen späteren höheren anderweitigen Erwerbs, mit der im Hinblick auf den Zweck der §§ 850 ff. ZPO bedenklichen Folge, dass dem Arbeitnehmer in dem betreffenden Monat nicht einmal das pfändungsschutzrechtliche Existenzminimum verbliebe, können aufgrund der ausschließlich zeitDazu schon oben D. II. 3. a). Siehe die Inbezugnahme der Unpfändbarkeitsvorschrift des § 850c ZPO. 63 Näher zu den drei Zwecken des Aufrechnungsverbots bei der Aufrechnung gegen die Entgeltforderung MünchKomm-BGB / Schlüter, § 394 Rn. 1; Hoppmann, § 394 Satz 1 BGB, S. 6 ff. 64 BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (59, 61 f. m. abl. Anm. Boecken); zur „vorläufigen Gesamtberechnung“ oben 2. Teil B. V., zur Kritik 2. Teil C. 5. c) und 4. Teil H. II. 61 62

E. Auswirkungen auf das Insolvenzrecht

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periodenkongruenten Gegenüberstellung von Annahmeverzugslohn und Zwischenerwerb gar nicht erst eintreten. Vor allem hinsichtlich regelmäßig periodisch erzielten Zwischenerwerbs steht grds. bereits unmittelbar nach jedem einzelnen Zeitabschnitt, für welchen Annahmeverzugslohn zu zahlen ist, der Umfang der Leistungsverpflichtung des Vertragsarbeitgebers fest.

E. Auswirkungen auf das Insolvenzrecht I. Insolvenzrechtlicher Schutz der Annahmeverzugslohnansprüche Aus Zeiten vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 27 InsO resultierende Annahmeverzugslohnansprüche kann der Arbeitnehmer nur als Insolvenzgläubiger gemäß § 108 Abs. 2 i. V. m. § 38 InsO durch Anmeldung der Insolvenzforderungen zur Insolvenztabelle beim Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 174 ff. InsO geltend machen.65 Für nach Verfahrenseröffnung begründete Annahmeverzugslohnansprüche greift die Privilegierung als „sonstige Masseverbindlichkeiten“ gemäß §§ 53, 55 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 266 InsO.67 Im Fall von Masseunzulänglichkeit gelten Annahmeverzugslohnansprüche für die Zeit nach dem ersten Termin, an dem der Insolvenzverwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigen konnte, als „Neumasseverbindlichkeiten“ i. S. v. § 209 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2 Nr. 2 InsO.68

II. Risiken des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit der Gesamtberechnungsmethode Auch in der Insolvenz des Arbeitgebers können sich zu Lasten des Arbeitnehmers negative Auswirkungen der Gesamtberechnungsmethode im Vergleich zur 65 LAG Hamm 14. 10. 2004 – 4 Sa 1740 / 03 – LAGReport 2005. S. 219 (222 m. zust. Anm. Schwab); Lakies, NZA 2001, S. 521 ff.; ausführlich Schaub / Schaub, ArbR-Hdb., § 94 Rn. 1 (29 ff.). 66 Gegebenenfalls i. V. m. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO, siehe Bertram, NZI 2001, S. 625 (626 m. w. N.). 67 BAG 19. 3. 2002 – 9 AZR 16 / 01 – EzA § 615 BGB Nr. 108; Schaub / Schaub, ArbRHdb., § 94 Rn. 31 f.; Lakies, NZA 2001, S. 521 (524 f.). Zu den früheren Konkursprivilegien für Masseschulden nach §§ 59, 60 KO siehe BAG 8. 12. 1998 – 9 AZR 622 / 97 – AP § 60 KO Nr. 9; BAG 22. 10. 1998 – 8 AZR 688 / 97 – KTS 1999, S. 543 ff.; BAG 11. 8. 1998 – 9 AZR 410 / 97 – DB 1998, S. 1719; BAG 29. 11. 1990 – 2 AZR 312 / 90 – AP § 202 BGB Nr. 2; BAG 4. 12. 1986 – 2 AZR 246 / 86 – BAGE 53, 380 (381 ff.); BSG 20. 3. 1984 – 10 RAr 4 / 83 – SozSich. 1984, S. 290 f. 68 BAG 21. 7. 2005 – 6 AZR 592 / 04 – BAGE 115, 225 (228 ff.); Lakies, NZA 2001, S. 521 (526).

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4. Teil: Auswirkungen der pro rata temporis-Anrechnungsmethode

pro rata temporis-Anrechnungsmethode zeigen. So kommt es in Betracht, dass der Insolvenzverwalter im Rahmen der während des Prüfungstermins nach § 176 InsO stattfindenden summarischen tatsächlichen und rechtlichen Prüfung der angemeldeten Forderungen69 diese mit dem Einwand nicht anerkennt, dass ihnen unter Anwendung der Gesamtberechnungsmethode ein späterer, zeitperiodeninkongruenter anderweitiger Erwerb des Arbeitnehmers entgegenstehen könnte. Vor allem in Fällen des noch andauernden Annahmeverzugs ist dieser Einwand unter Zugrundelegung der Gesamtberechnungsmethode nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Auch andere Insolvenzgläubiger könnten die Annahmeverzugslohnforderungen des Arbeitnehmers vor diesem Hintergrund unter erleichterten Voraussetzungen bestreiten. Selbst der Insolvenzschuldner, also der Arbeitgeber, könnte den Annahmeverzugslohnforderungen derart widersprechen. Der Widerspruch des Schuldners kann zwar gemäß § 178 Abs. 1 S. 2 InsO die Feststellung einer Forderung zur Tabelle nicht verhindern, doch ist der Widerspruch gemäß § 178 Abs. 2 S. 2 InsO in der Tabelle zu vermerken70 und hindert nach § 201 Abs. 2 S. 1 InsO die Vollstreckbarkeit und die Rechtskraft gegenüber dem Schuldner persönlich.71 Der Widersprechende hat lediglich die Widerspruchsrichtung anzugeben, einer Begründung des Widerspruchs bedarf es nicht.72 Der Arbeitnehmer wäre dann mit dem Prozessrisiko der Feststellungsklage gegen den Schuldner nach § 184 S. 1 InsO, gegenenfalls gegenüber mehreren Widersprechenden als Streitgenossen, belastet.73 Vor dem Hintergrund, dass unter Anwendung der Gesamtberechnungsmethode nachträglich erzielter höherer Zwischenerwerb des Arbeitnehmers auch den zeitlich vorhergehenden Annahmeverzugslohnforderungen entgegenstehen kann, ist vor allem in den Fällen des noch andauernden Annahmeverzugs überdies fraglich, wann der Arbeitnehmer seine Forderungen überhaupt zuverlässig bestimmen und zur Tabelle anmelden kann, ohne ein substantiiertes Bestreiten zu riskieren. Will der Arbeitnehmer mit der Anmeldung der Forderung jedoch zuwarten, bis der Annahmeverzug beendet ist, um seine nach der Gesamtberechnungsmethode erst danach endgültig feststehenden Lohnforderungen anzumelden, so muss er hierbei die höchstens dreimonatige74 Anmeldefrist nach § 28 Abs. 1 S. 1 und S. 2 InsO beachten. Zwar sind unter den Voraussetzungen des § 177 InsO auch nachträglich angemeldete Forderungen zu prüfen. Widerspricht jedoch der Insolvenzverwalter oder ein Insolvenzgläubiger dieser Prüfung oder wird eine Forderung erst nach dem Prüfungstermin angemeldet, so hat das Insolvenzgericht gemäß § 177 Abs. 1 S. 2 InsO auf Kosten des Säumigen entweder einen besonderen Prüfungstermin zu 69 70 71 72 73 74

Näher dazu Leithaus, in: Andres / Leithaus, InsO, § 174 Rn. 2, § 176 Rn. 3 ff. Leithaus, in: Andres / Leithaus, InsO, § 178 Rn. 3. MünchKommInsO-Schumacher, § 178 Rn. 23 ff., § 184 Rn. 2. MünchKommInsO-Nowak, § 176 Rn. 28. Hierzu MünchKommInsO-Schumacher, § 184 Rn. 3 f. m. w. N. Die Mindestfrist des § 28 Abs. 1 S. 2 InsO beträgt sogar nur zwei Wochen.

F. Widersprüchlichkeiten der Gesamtberechnung

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bestimmen oder die Prüfung im schriftlichen Verfahren anzuordnen. Nach Fristablauf drohen somit Kosten-, gegebenenfalls auch Rechtsnachteile bzw. der endgültige Rechtsverlust.75 Die Gesamtberechnungsmethode belastet danach den Arbeitnehmer in unbilliger Weise.

III. Restschuldbefreiung gemäß §§ 286 ff. InsO, vor allem im Rahmen des Verbraucherinsolvenzverfahrens nach §§ 304 ff. InsO Auch im Rahmen des Verbraucherinsolvenzverfahrens nach §§ 304 ff. InsO, wenn der Arbeitnehmer als Insolvenzschuldner typischerweise auch die Restschuldbefreiung nach Maßgabe der §§ 286 ff. InsO erlangen will, zeigt sich, dass durch die Bezugnahme in § 287 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 305 Abs. 1 Nr. 2 InsO auf die „pfändbaren Forderungen“ die oben geschilderten Widersprüchlichkeiten in Bezug auf den Normzweck der Pfändungsschutzvorschriften für Arbeitseinkommen nach §§ 850 ff. ZPO76 auch hier einschlägig sind. Dem Arbeitnehmer wird durch die Anwendung der Gesamtberechnungsmethode selbst der unpfändbare Teil seines Arbeitseinkommens in Form der Annahmeverzugslohnforderungen rückwirkend wieder entzogen, indem nachfolgender Zwischenerwerb zwangsläufig ohne Beachtung der Pfändungsfreigrenzen hierauf angerechnet wird. Der unpfändbare Teil des Einkommens hat dem Insolvenzschuldner aber im Hinblick auf den gleichlaufenden Abtretungs- und Pfändungsschutz gemäß § 287 Abs. 2 S. 1 InsO i. V. m. §§ 850 ff. ZPO zur Sicherung seines monatlichen Existenzminimums an sich zwingend zu verbleiben.77

F. Widersprüchlichkeiten der Gesamtberechnung im Hinblick auf das Befristungsrecht Stellt man sich die Situation eines mehrere Lohnzahlungsperioden umfassenden einheitlichen Dauerarbeitsverhältnisses vor78 und vergleicht diese mit dem Fall eines rechtlich aus irgendeinem Grunde unterbrochenen Arbeitsverhältnisses bzw. mit dem Fall zweier unmittelbar aufeinander folgender Arbeitsverhältnisse,79 so Näher MünchKommInsO-Nowak, § 174 Rn. 7, § 177 Rn. 3 f. Zur Missachtung des Normzwecks der §§ 850 ff. ZPO durch die Gesamtberechnungsmethode siehe oben 4. Teil D. II. 77 Näher zum Ganzen MünchKommInso-Stephan, § 287 Rn. 41 ff. 78 Siehe den sogleich nachfolgenden Beispielsfall, Konstellation (1). 79 Etwa wegen wirksamer Kündigung und anschließender sofortiger Neueinstellung oder wegen eines derart vereinbarten „Kettenarbeitsverhältnisses“, dass mehrere rechtlich selb75 76

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4. Teil: Auswirkungen der pro rata temporis-Anrechnungsmethode

würden sich nach der Gesamtberechnungsmethode unterschiedliche Ergebnisse ergeben, wenn sich der Arbeitgeber während der gesamten Laufzeit des einen Arbeitsvertrages bzw. der Laufzeiten der sich aneinander anschließenden Arbeitsverträge in Annahmeverzug befindet und der Arbeitnehmer während eines Teils der Lohnzahlungsperioden einen den Annahmeverzugslohn übersteigenden Zwischenverdienst erzielt. Zur Verdeutlichung der resultierenden Diskrepanz dienen die beiden Konstellationen (1) und (2) des nachfolgenden Beispiels mit folgendem Ausgangsfall: Arbeitnehmer A ist bei Arbeitgeber G während des Jahres 2006 beschäftigt. In diesem Jahr befindet sich G im Annahmeverzug und schuldet grds. für zwölf Monate Annahmeverzugslohn. A erzielt lediglich in den sechs Monaten des zweiten Halbjahrs 2006 anrechnungspflichtigen Zwischenverdienst, und zwar jeweils in doppelter Höhe des monatlichen Annahmeverzugslohns. Konstellation (1): Zwischen A und G besteht ein rechtlich einheitliches Arbeitsverhältnis, so etwa im Fall der wirksamen „Verlängerung“ eines zulässig befristeten Arbeitsverhältnisses gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 TzBfG.80 Konstellation (2): A und G schließen für das Jahr 2006 unter Beachtung des grds. bestehenden Anschlussverbots nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG81 zulässigerweise zwei unmittelbar aneinander anschließende, jeweils für die Dauer von sechs Monaten kalendermäßig befristete Arbeitsverträge.82 In der ersten Konstellation, die die Grundproblematik des Streits zwischen den Anrechnungsmethoden widerspiegelt, kann A nach der Gesamtberechnungsmethode nichts fordern, in Anwendung der pro rata temporis-Anrechnungsmethode erhielte er die ersten sechs Monatsgehälter ungekürzt. In der Konstellation (2) kann der während des zweiten Arbeitsverhältnisses erzielte Zwischenverdienst nach beiden Ansichten nicht auf die aus dem ersten ständige befristete Arbeitsverträge unmittelbar nacheinander geschlossen werden, siehe dazu die Konstellation (2) des nachfolgenden Beispielsfalls. 80 Siehe näher zu den Voraussetzungen der „Verlängerung“ eines befristeten Arbeitsverhältnisses und zu dessen rechtlicher Einheitlichkeit die st. Rspr. des BAG, BAG 26. 7. 2006 – 7 AZR 514 / 05 – AP § 14 TzBfG Nr. 24; BAG 18. 1. 2006 – 7 AZR 178 / 05 – AP § 14 TzBfG Nr. 22; BAG 19. 10. 2005 – 7 AZR 31 / 05 – AP § 14 TzBfG Nr. 19; BAG 26. 7. 2000 – 7 AZR 51 / 99 – BAGE 95, 255 (259 ff.), hier noch zu § 1 Abs. 1 S. 2 BeschFG 1985, BGBl. 1985 I S. 710; aus der Literatur Hk-TzBfG / Boecken, § 14 Rn. 116; MünchKomm-BGB / Hesse, § 14 TzBfG Rn. 83 ff., jeweils m. w. N. 81 Danach ist eine gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG „ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes“ i. S. v. § 14 Abs. 1 TzBfG mögliche, auch mehrfache kalendermäßige Befristung bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber „bereits zuvor“ ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Ausgeschlossen ist jedoch nur die sachgrundlose Anschlussbefristung, näher Hk-TzBfG / Boecken, § 14 Rn. 117 ff.; ErfK / Müller-Glöge, § 14 TzBfG Rn. 20 ff. 82 Denkbar ist auch eine Fallgestaltung derart, dass sich unmittelbar an einen, etwa zur Erprobung befristeten Arbeitsvertrag i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 TzBfG ein neues, nunmehr unbefristetes Arbeitsverhältnis anschließt.

G. Wertungswiderspruch der Gesamtberechnungsmethode im Hinblick auf § 8 BUrlG

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Arbeitsverhältnis resultierenden Annahmeverzugslohnansprüche angerechnet werden. Selbst auf der Grundlage einer Gesamtberechnung kann von einem sich über das gesamte Jahr 2006 erstreckenden „einheitlichen Annahmeverzugszeitraum“ oder einer „gesamten Dauer des Annahmeverzugs“ angesichts der beiden in vorliegender Fallgestaltung trotz ihres zeitlichen Zusammenhangs rechtlich getrennt zu beurteilenden Arbeitsverhältnisse keine Rede mehr sein.83 Der erzielte Zwischenverdienst kann demnach nur in hälftiger Höhe anspruchsmindernd berücksichtigt werden, nämlich die aus dem zweiten Arbeitsverhältnis während des letzten Halbjahres 2006 resultierenden Annahmeverzugsansprüche mindernd. Vom Ergebnis her stimmen Gesamtberechnung und die zeitabschnittsbezogene Betrachtungsweise insoweit überein. Auffallend ist die sich auf der Grundlage der Gesamtberechnungsmethode ergebende Diskrepanz zwischen den Ergebnissen in den beiden soeben untersuchten Konstellationen. Der kettenbefristet beschäftigte Arbeitnehmer aus der zweiten Konstellation stünde im Annahmeverzugsfall unter den geschilderten Umständen besser als der in einem unbefristeten oder befristet verlängerten Dauerarbeitsverhältnis stehende Arbeitnehmer in Konstellation (1). Dies vermag schon angesichts der tatsächlichen Ähnlichkeit der Konstellationen nicht zu überzeugen. Zudem sind eine derartige Differenzierung rechtfertigende Unterschiede in der Schutzwürdigkeit des jeweiligen Arbeitnehmers nicht erkennbar. Das unter Anwendung der Gesamtberechnung gefundene Ergebnis würde davon abhängen, ob die Parteien die Weiterbeschäftigung am 30. 6. 2006, also noch vor Ablauf des ersten befristeten Arbeitsverhältnisses vereinbaren, wodurch A wegen der Anrechnung nichts erhielte, oder aber erst am nächsten Tage,84 so dass A dann sechs Monatsgehälter ungekürzten Annahmeverzugslohns erhielte. Derartige „Zufallsergebnisse“ werden durch die ratierliche Betrachtungsweise vermieden.

G. Wertungswiderspruch der Gesamtberechnungsmethode im Hinblick auf § 8 BUrlG Gemäß § 8 BUrlG darf der Arbeitnehmer während des Urlaubs keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten.85 Geht der Arbeitnehmer dennoch verbotswidrig während des Urlaubs einer Erwerbstätigkeit nach, so ist 83 Sollte diese Annahme dennoch von den Vertretern der Gesamtberechnungslehre bestritten und gleichwohl ein „gesamter Annahmeverzugszeitraum“ angenommen werden, so ließe sich ein zwischen den beiden Arbeitsverhältnissen liegender, für erheblich gehaltener Zeitraum unter entsprechender Abänderung der untersuchten Konstellationen denken. 84 Zu dem Erfordernis nach st. BAG-Rspr. für die Annahme einer „Verlängerung“ i. S. v. § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG, dass das Ausgangsarbeitsverhältnis noch vor Ablauf des Befristungszeitraums verlängert wird, siehe nur BAG 18. 1. 2006 – 7 AZR 178 / 05 – AP § 14 TzBfG Nr. 22 m. w. N. 85 Näher hierzu ErfK / Dörner, § 8 BUrlG Rn. 1 ff.

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4. Teil: Auswirkungen der pro rata temporis-Anrechnungsmethode

nach der Rechtsprechung des BAG wie auch der h. L. ein entgegen § 8 BUrlG anderweitig erzielter Erwerb auf das vom Arbeitgeber geschuldete Urlaubsentgelt nicht anzurechnen und hinsichtlich bereits gezahlten Urlaubsentgelts bestehen keine bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsansprüche des Arbeitgebers.86 Zwar ist der Annahmeverzug und damit eine Anwendung des § 615 BGB für Zeiten des wirksam erteilten Urlaubs ausgeschlossen, da es an einer Verpflichtung des Arbeitgebers zur Annahme der Arbeitsleistung fehlt.87 Mit seiner Rechtsprechung zur Gesamtberechnungsmethode im Rahmen der Anrechnung nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB setzt sich das BAG dennoch in Widerspruch zu der vorgenannten Wertung bei § 8 BUrlG.88 Darf der Arbeitnehmer einen trotz Gesetzesverstoßes gegen § 8 BUrlG erzielten anderweitigen Erwerb sogar vollumfänglich behalten, so stellt es einen gravierenden Wertungswiderspruch dar, hinsichtlich des Zwischenerwerbs nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB einen gleichsam umgekehrten Wertungsmaßstab anzulegen und dem Arbeitnehmer unter Anwendung der Gesamtberechnungsmethode sogar eine etwaige Differenz der Zwischenvergütung zum Annahmeverzugslohn nachträglich wieder zu entziehen. Unbeschadet bestehender Unterschiede zwischen den in Rede stehenden Konstellationen gilt es zu erkennen, dass es im Fall des § 8 BUrlG der Arbeitnehmer ist, der gegen rechtliche Pflichten verstößt. Die Leistungsstörung des Annahmeverzugs stammt hingegen unzweifelhaft aus der Sphäre des Arbeitgebers. Kann der Arbeitnehmer aber sogar den aus eigenem gesetzeswidrigem Verhalten erzielten Vorteil behalten, so muss dies erst recht in Fällen wie dem Annahmeverzug gelten, in denen sich der Arbeitgeber rechtswidrig verhalten hat.89 Die zeitabschnittsbezogene Betrachtungsweise steht mit der Rechtslage bei § 8 BUrlG jedenfalls eher im Einklang als die Gesamtberechnungsmethode.

86 BAG 9. 11. 1999 – 9 AZR 922 / 98 – juris; BAG 25. 2. 1998 – 8 AZR 596 / 85 – BAGE 57, 366 (370 ff.) unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung in BAG 19. 7. 1973 – 5 AZR 73 / 73 – BAGE 25, 260 (262 ff.); zustimmend ErfK / Dörner, § 8 BUrlG Rn. 12 f., hier auch zu den in Betracht kommenden Möglichkeiten des Arbeitgebers, nämlich Unterlassung, Schadensersatz und Kündigung; ablehnend Berger-Delhey, ZTR 1989, S. 146 f. 87 BAG 23. 1. 1996 – 9 AZR 554 / 93 – AP § 5 BUrlG Nr. 10; ErfK / Dörner, § 1 BUrlG Rn. 15. 88 Auf diesen Wertungswiderspruch haben erstmals Nägele / Böhm, ArbRB 2006, S. 317 (319) hingewiesen. 89 So auch zutreffend Nägele / Böhm, ArbRB 2006, S. 317 (319).

H. Auswirkungen auf prozessrechtliche Fragen

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H. Auswirkungen auf prozessrechtliche Fragen I. Unklarheiten bei der Ermittlung und Darlegung des gesamten, „einheitlichen Gesamtberechnungszeitraums“ Während im Wege der periodenkongruenten Anrechnungsmethode in nachvollziehbarer Weise die aufgrund der vertraglichen Abrede korrespondierenden Zeitabschnitte gegenübergestellt werden, bleibt weitgehend unklar, wie Anfang und Ende des „Gesamtberechnungszeitraums“ zu bestimmen sein sollen. Die hinter der Annahme eines „Gesamtberechnungszeitraums“ stehende Hypothese, die Leistungsstörung des Annahmeverzugs sei gleichsam als Dauertatbestand anzusehen, geht dogmatisch fehl. Der Annahmeverzug entfällt stets dann, wenn seine Voraussetzungen nicht mehr vorliegen.90 Es kann gerade während längerer Annahmeverzugszeiträume auch so sein, dass sich Zeiten des Annahmeverzugs mit Zeiten abwechseln, in denen Annahmeverzug nicht vorliegt, aus welchen Gründen auch immer. Ein rechtlich einheitlicher Gesamtannahmeverzugszeitraum ist im Hinblick auf die rechtliche Selbständigkeit der Annahmeverzugslohnansprüche aber selbst dann nicht gegeben, wenn die Zeiten des Annahmeverzugs selbst ununterbrochen fortdauern. Zudem setzt sich das BAG auch in Widerspruch zu seiner eigenen Rechtsprechung zu § 296 BGB, wonach dem Arbeitgeber die ständig wiederkehrende (Dauer-)Aufgabe obliegt, dem Arbeitnehmer für jeden einzelnen Arbeitstag ordnungsgemäß Arbeit zuzuweisen, um dem Annahmeverzug nach unwirksamer Kündigung zu entgehen.91 Das BAG enthält sich darüber hinaus bislang deutlicher Festlegungen, wie der angenommene „Gesamtberechnungszeitraum“ bestimmt werden soll. Formulierungen wie „die gesamte Dauer des Annahmeverzugs“92 bzw. „die ganze Zeit, für welche die Dienste noch zu leisten waren und nicht angenommen sind“93 sind nicht aufschlussreich. Der Rechtsanwender ist damit in jedem Einzelfall vor die Frage gestellt, ob und wenn ja, welche tatsächlichen oder rechtlichen Unterbrechungen des Annahmeverzugszeitraums im Rahmen der Gesamtberechnung Berücksichtigung finden können. Nübold hat bereits auf das Problem der in der Praxis häufig anzutreffenden „Mehrfachkündigungen“ sowie auf die Situation bei vorübergehenden Auftragsschwankungen, bei Urlaubserteilung und in Fällen zeitweilig fehlender Leistungsbereitschaft oder fehlenden Leistungsvermögens des ArZur Beendigung des Annahmeverzugs siehe schon oben 1. Teil C. V. Näher zum Annahmeverzug nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung 1. Teil C. III. 3 und IV. 1. 92 Statt vieler: BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (58, 59 ff. m. abl. Anm. Boecken); BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (33). 93 RG 12. 7. 1904 – III 146 / 04 – RGZ 58, 402 (404). 90 91

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4. Teil: Auswirkungen der pro rata temporis-Anrechnungsmethode

beitnehmers gemäß § 297 BGB hingewiesen.94 Es ist anzunehmen, dass das BAG in all den genannten Fällen in konsequenter Fortführung seiner Rechtsprechung zur Gesamtberechnungsmethode einen „Gesamtzeitraum“ des Annahmeverzugs annehmen wird, dem sich der Arbeitnehmer nur durch Beendigung des Arbeitsverhältnisses entziehen kann.95 Es stellt sich dann aber die Frage, nach welcher Häufigkeit und vor allem nach welcher Dauer der „Unterbrechungen“ des Annahmeverzugs auch für das BAG die „Schmerzgrenze“ für die Annahme eines einheitlichen Annahmeverzugszeitraums erreicht sein könnte; vielleicht nach einer Dauer der „Unterbrechung“ von drei oder von sechs Monaten, nach 100 „Unterbrechungen“ des Annahmeverzugs im Laufe eines Jahres . . . ? Derartige Zufälligkeiten und Unwägbarkeiten meidet die Anrechnungsmethode pro rata temporis von vornherein.

II. Abmilderung der Probleme durch die Konstruktion der „vorläufigen Gesamtberechnung“? Das BAG hat die in vielfacher Hinsicht nachteiligen Folgen der Gesamtberechnungsmethode teilweise erkannt und im Jahr 1999 durch den damals für Fragen des Annahmeverzugs zuständigen 9. Senat die „vorläufigen Gesamtberechnung“ kreiert. Nach dieser Hilfskonstruktion soll während des noch laufenden Annahmeverzugs zunächst eine zeitabschnittsbezogene Anrechnung vorzunehmen sein, nach Beendigung des Annahmeverzugs soll die nunmehr endgültige Gesamtberechnung erfolgen.96 Anderenfalls wären unter Zugrundelegung einer uneingeschränkten Gesamtberechnung Zahlungsklagen des Arbeitnehmers vor endgültiger Beendigung des Annahmeverzugszeitraumes konsequenterweise als zur Zeit unbegründet abzuweisen, wenn der Arbeitgeber den Annahmeverzug einfach nicht beenden würde. Denn die Höhe des Annahmeverzugsentgelts wäre dann nicht berechenbar.97 Die „vorläufige Gesamtberechnung“ trägt diesem Umstand Rechnung, so dass Annahmeverzugslohnklagen auch bereits vor Beendigung des Annahmeverzugszeitraums in Betracht kommen. Diese die Gesamtberechnung einschränkende Rechtsprechung ist zwar der Sache nach zu begrüßen, geht aber noch nicht weit genug. Vor allem die dogmatischen Bedenken werden nicht beseitigt, sondern vielmehr nur Nübold, RdA 2004, S. 31 (33 m. w. N.). Wie oben 3. Teil D. VI. gezeigt wurde, ist auch die Möglichkeit des Arbeitnehmers, den Annahmeverzugszeitraum durch den ausdrücklich erklärten Ausschluss seiner eigenen Leistungsbereitschaft gemäß § 297 BGB zu determinieren, nur bedingt praktikabel. Dort auch näher zu dem im Hinblick auf § 242 BGB i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG unzulässigen Kündigungsdruck auf den Arbeitnehmer. 96 BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (59, 61 f. m. abl. Anm. Boecken); bestätigt durch BAG 22. 11. 2005 – 1 AZR 407 / 04 – BAGE 116, 246 (250 ff.). 94 95

H. Auswirkungen auf prozessrechtliche Fragen

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den am deutlichsten hervortretenden praktischen Schwierigkeiten der Gesamtberechnungsmethode Rechnung getragen. Nicht geklärt ist darüber hinaus die von Nübold gestellte Frage, ob im Wege der „endgültigen Gesamtberechnung“ im Zweitprozess von Seiten des Arbeitgebers eine erneute Geltendmachung der im Erstprozess gescheiterten Anrechnung anderweitigen Erwerbs möglich sein soll.98 Dies wird nur mit der insoweit „großzügigen“ Rechtsprechung des BAG zur Frage der Reichweite der Rechtskraft eines Annahmeverzugslohn-Zahlungsurteils zu bejahen sein, der noch nachzugehen sein wird.99 Nach allgemeinen Grundsätzen über die materielle Rechtskraft von Urteilen gemäß § 322 Abs. 1 ZPO ergibt sich vielmehr ein gegenteiliges Ergebnis. Der im Erstprozess ausgeurteilte Betrag des Annahmeverzugslohns umfasst den zu diesem Zeitpunkt erkennbaren anrechenbaren Erwerb während der in Rede stehenden Annahmeverzugszeiträume. Indem die Entstehung des Annahmeverzugslohnanspruchs soweit wie ausgeurteilt, aber auch nur insoweit, durch den anzurechnenden Erwerb gehindert wird, erstreckt sich die materielle Rechtskraft des Ersturteils gemäß § 322 Abs. 1 ZPO auch hierauf. Die reziproke Frage stellt sich für die erneute Einwendung des Arbeitnehmers im Folgeprozess, Böswilligkeit habe entgegen dem Ergebnis des Vorprozesses nicht vorgelegen.100 An dieser Stelle würde dann eine Schwäche der vorläufigen Gesamtberechnung deutlich werden, wenn man nicht der dogmatisch fragwürdigen Rechtsprechung des BAG folgte, nach der sich die Rechtskraft eines Annahmeverzugslohn-Zahlungsurteils ohnehin nicht auf die Frage der Anrechnung erstrecken soll. Hierauf wird sogleich folgend näher eingegangen. Denn dem Arbeitnehmer muss der im Folgeprozess erneut vorgebrachte Einwand fehlender Böswilligkeit für den im Erstprozess bereits ausgeurteilten Zeitraum vielmehr nach den allgemeinen Grundsätzen über die materielle Rechtskraft eines Urteils nach § 322 Abs. 1 ZPO verwehrt sein. Auch prozeßökonomische Überlegungen unterstützen diesen Befund.

III. Missachtung der Reichweite der Rechtskraft eines Annahmeverzugslohn-Zahlungsurteils Die Rechtskraft eines Annahmeverzugslohn-Zahlungsurteils soll sich nach Ansicht des BAG nicht auf die Frage der Anrechnung gemäß § 615 S. 2 BGB beziehen.101 Dies hat zur Folge, dass der Arbeitgeber, der in Unkenntnis eines anzurechDazu bereits oben 2. Teil B. V. Nübold, RdA 2004, S. 31 (34). 99 Zur Bestimmung der Reichweite der Rechtskraft eines Annahmeverzugslohn-Zahlungsurteils siehe anschließend 4. Teil H. III. 100 Nübold, RdA 2004, S. 31 (34). 101 BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 – BAGE 74, 28 (34 f.) = EzA § 615 BGB Nr. 79 m. abl. Anm. Gravenhorst, W. 97 98

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4. Teil: Auswirkungen der pro rata temporis-Anrechnungsmethode

nenden Zwischenerwerbs aufgrund des rechtskräftigen Zahlungstitels Annahmeverzugslohn leistet, diesen später bereicherungsrechtlich in entsprechender Höhe zurückfordern kann, da seine Zahlungsverpflichtung nicht bestand. Für diese Ansicht könnte auf den ersten Blick sprechen, dass die Verneinung der Voraussetzungen einer Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB bzw. § 11 KSchG im Erstprozess, anders als dies bei der gerichtlichen Ablehnung des Bestehens einer zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung der Fall ist, nicht nach § 322 Abs. 2 ZPO in Rechtskraft erwächst. Denn § 322 Abs. 2 ZPO gilt nach allg. M. nur für die Aufrechnung, nicht hingegen, auch nicht entsprechend, für andere Verrechnungsarten.102 Unstreitig ist auch, dass zur Erzielung des vom BAG gewünschten Ergebnisses der Erlass eines Vorbehaltsurteils nach § 302 ZPO nicht in Betracht kommt, da die Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB bzw. § 11 KSchG keine Aufrechnung darstellt.103 Dieser Rechtsprechung steht allerdings gleichwohl die Rechtsnatur der Anrechnung entgegen, die bereits das Entstehen des Zahlungsanspruchs aus § 615 S. 1 i. V. m. § 611 Abs. 1 BGB ipso iure hindert und nicht erst eine nachträglich geltend zu machende Einwendung des Arbeitgebers darstellt.104 Die materielle Rechtskraft des Annahmeverzugslohn-Urteils gemäß § 322 Abs. 1 ZPO muss sich damit zwangsläufig auch auf die Frage des Vorhandenseins der Voraussetzungen der anspruchshindernden Anrechnung für den ausgeurteilten Zeitraum erstrecken. Nur die nach Schluss der mündlichen Verhandlung eintretenden Änderungen können unter den Voraussetzungen des § 767 ZPO mit der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht werden, aber eben nur jene nachträglichen Änderungen und auch nur auf die genannte Weise. Die ergebnisorientierte Rechtsprechung des BAG erspart den Beteiligten unter Umgehung der Grundsätze der materiellen Rechtskraft zum einen diese nicht gewünschten „prozessualen Umweg“. Die noch bedeutsamere Konsequenz dieser Mißachtung der Rechtskraft ist darüber hinaus, dass der Arbeitgeber nachträglich die Rückforderung überzahlten Annahmeverzugslohns selbst dann verlangen kann, wenn er aufgrund eines rechtskräftigen Zahlungstitels geleistet hat. Dies ist weder richtig noch nötig. Denn der Arbeitgeber hätte im Rahmen des ersten Zahlungsprozesses ein Leistungsverweigerungsrecht bis zum Erhalt einer ordnungsgemäßen Auskunft des Arbeitnehmers über den anzurechnenden Erwerb entsprechend § 74c Abs. 2 HGB gelten machen können und sollen,105 ganz abgesehen von dem ihm zur Verfügung stehenden zivilprozessualen Rechtsmitteln. Zwar wird der unter Zugrundelegung der GesamtSiehe nur Musielak / Musielak, ZPO, § 322 Rn. 77 m. w. N. Zur grundlegenden Verschiedenheit von Anrechnung und Aufrechnung oben 1. Teil D. II. 3. a). 104 Näher zu dieser Wirkung der Anrechnung schon oben 1. Teil D. II. 3. a). 105 So auch Gravenhorst, W., EzA § 615 BGB Nr. 79, Anm. zu BAG 29. 7. 1993 – 2 AZR 110 / 93 –. 102 103

H. Auswirkungen auf prozessrechtliche Fragen

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berechnungsmethode bestehenden materiellen Rechtslage letztlich doch zur Geltung verholfen. Dieses aus Sicht des BAG nachvollziehbare Ziel rechtfertigt es aber nicht, so weit zu gehen, dass prozesstaktische Versäumnisse einer Partei nachträglich sanktionslos geheilt werden.

IV. Zur fragwürdigen Anrechenbarkeit von Zwischenerwerb auf verfallene oder verjährte Annahmeverzugslohnansprüche Zu kritisieren ist auch die Rechtsprechung des BAG zu der Frage, wie sich der Verfall einzelner Annahmeverzugslohnansprüche auf die Geltendmachung der übrigen, noch nicht verfallenen Annahmeverzugslohnansprüche auswirkt. In die Vergleichsberechnung seien zugunsten des Arbeitnehmers alle Ansprüche einzustellen, die er gegen den Arbeitgeber erworben hat, auch verfallene Ansprüche.106 Somit ist nach Ansicht des BAG auch der in diesen Zeiträumen erzielte anrechenbare Erwerb zu berücksichtigen. Hintergrund dieser Rechtsprechung dürfte sein, dass der Arbeitnehmer nicht noch über die grundsätzliche Anwendung der Gesamtberechnungsmethode hinaus dadurch schlechter gestellt werden soll, dass zwar in Zeiten verfallener Annahmeverzugslohnansprüche erzielter anderweitiger Erwerb periodeninkongruent berücksichtigt wird, nicht aber die verfallenen Ansprüche selbst in die Gesamtberechnung einbezogen werden können. Eben diese Vorgehensweise hatte die Klägerin des damaligen Verfahrens im Hinblick auf die sonst nach der Rechtsprechung des BAG anzunehmenden Weite des „GesamtAnnahmeverzugszeitraums“ nicht ohne eine gewisse Berechtigung geltend gemacht.107 Die gleiche Problematik ergibt sich der Sache nach auch hinsichtlich teilweise verjährter Annahmeverzugslohnforderungen.108 Auch diese müsste das BAG konsequenterweise in eine wahrhaftige „Gesamtberechnung“ einbeziehen. Allerdings führt der Eintritt der Verjährung anders als die Versäumung einer Ausschlussfrist nicht zum Erlöschen des Anspruchs, sondern lediglich zum Leistungsverweigerungsrecht nach § 214 Abs. 1 BGB. Die Einzelbetrachtungslehre kommt hingegen durch periodenkongruente Gegenüberstellung von anzurechnendem Erwerb und Annahmeverzugslohnanspruch zu dem einfach zu ermittelnden Ergebnis, dass in Zeiten verfallener Annahmeverzugslohnansprüche erzielter Erwerb nicht nachfolgend anspruchsmindernd berücksichtigt werden kann. Die Tatsache des Verfalls der früheren Annahmeverzugs106 BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (59 ff. m. abl. Anm. Boecken); a. A. vor allem auch Nübold, RdA 2004, S. 31 (33 f.). 107 Siehe BAG 24. 8. 1999 – 9 AZR 804 / 98 – AP § 615 BGB Anrechnung Nr. 1 = SAE 2001, S. 56 (59 ff. m. abl. Anm. Boecken). 108 Hierauf weist auch Groeger, NZA 2000, S. 793 (798 f.) zutreffend hin.

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4. Teil: Auswirkungen der pro rata temporis-Anrechnungsmethode

lohnansprüche spielt bereits wegen der fehlenden zeitlichen Übereinstimmung keine Rolle für nachfolgende Ansprüche. Verfallene Ansprüche bleiben damit ebenso wie verjährte Ansprüche unberücksichtigt. Gleiches gilt für den in den betreffenden Zeitperioden erzielten oder böswillig unterlassenen Erwerb des Arbeitnehmers. Das von der Einzelbetrachtungsmethode erreichte Ergebnis ist nicht nur durch die Gegenüberstellung von Annahmeverzugslohn und zeitlich übereinstimmendem Zwischenerwerb vom Rechtsanwender in jedem Einzelfall einfach zu ermitteln, sondern hinsichtlich der Nichtberücksichtigung verfallener und verjährter Annahmeverzugslohnansprüche auch dogmatisch zutreffend. Selbst der vom 9. Senat des BAG wohl bezweckte Schutz des Arbeitnehmers rechtfertigt nicht ein abweichendes Ergebnis. Nicht nur wird der Sinn und Zweck von Verfallfristen, dem Vertragspartner nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne Klarheit über die auf ihn zukommenden Forderungen zu verschaffen, konterkariert. Nicht minder fragwürdig wäre eine nachträgliche Berücksichtigung verjährter Ansprüche und des entsprechenden potentiell anrechenbaren Erwerbs. Im Ergebnis wird so das Vorhandensein der tariflichen Verfallklausel ebenso wie der gesetzlichen Verjährungsvorschrift vom Gericht praktisch negiert.

I. Ergebnisse zu den Auswirkungen der pro rata temporis-Anrechnungsmethode auf andere Rechtsbereiche Die pro rata temporis-Anrechnungsmethode vermeidet die vielfach widersprüchlichen Auswirkungen und Unklarheiten, die infolge der Anwendung der Gesamtberechnungsmethode in unterschiedlichen Rechtsbereichen entstehen können. Bezogen auf das Sozialversicherungsrecht steht infolge einer zeitabschnittsbezogenen Betrachtungsweise zum einen bereits nach jedem Monat die Höhe des dem Arbeitnehmer zu zahlenden Arbeitsentgelts als die Grundlage für die Bemessung der abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge fest. Durch die Anwendbarkeit der cessio legis des § 115 Abs. 1 SGB X wird im Gegensatz zur Gesamtbetrachtung, die insoweit im Ergebnis sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber besser stellt, eine Entlastung der Arbeitsvertragsparteien auf Kosten der Arbeitslosenversicherung verhindert. Der Arbeitnehmer geht nach der pro rata temporis-Anrechnungsmethode nicht, wie nach der Gesamtberechnungsmethode, infolge des Ablaufs der Monatsfrist des § 7 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 SGB IV seines Sozialversicherungsschutzes verlustig, ohne im Rahmen eines anderweitigen Beschäftigungsverhältnisses abgesichert zu sein. Letztlich entspricht die zeitabschnittsbezogene Betrachtungsweise dem in § 22 Abs. 2 S. 1 SGB IV enthaltenen allgemeinen sozialversicherungsrechtlichen Rechtsgedanken. Hinsichtlich der Auswirkungen der Anrechnungsmethoden auf das Einkommensteuerrecht wird durch die Anwendung der pro rata temporis-Anrechnungs-

I. Ergebnisse zu den Auswirkungen der pro rata temporis-Anrechnungsmethode

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methode ein den Arbeitnehmer unbillig belastender progressionsbedingter „Steuerschaden“ vermieden. Die zeitabschnittsbezogene Anrechnungsmethode vermeidet den sich durch die Anwendung der Gesamtberechnung ergebenden Wertungswiderspruch zu dem Schutzzweck der Pfändungsschutzvorschriften für Arbeitseinkommen, dem Arbeitnehmer für jeden Monat das pfändungsschutzrechtliche Existenzminimum nach Maßgabe der §§ 850 ff. ZPO zu belassen. Bezogen auf das Insolvenzrecht setzen sich die infolge der Anwendung der Gesamtberechnungsmethode ergebenden Unklarheiten hinsichtlich der endgültigen Höhe des dem Arbeitnehmer zustehenden Annahmeverzugslohn bei länger andauerndem Annahmeverzug fort. Der Insolvenzverwalter sowie die sonstigen Widerspruchsberechtigten können im Rahmen des Prüfungstermins den zur Tabelle angemeldeten Lohnforderungen ohne weiteres unter Hinweis auf die Möglichkeit nachfolgenden anzurechnenden Zwischenerwerb widersprechen, was dem Arbeitnehmer das Prozessrisiko einer Festellungsklage auferlegt. Der zeitperiodenkongruenten Betrachtungsweise kommt auch in diesem Bereich der große praktische Vorteil zu, dass bereits nach Ablauf der betreffenden Lohnzahlungsperiode endgültig die Höhe des anrechenbaren Zwischenerwerbs und damit die Höhe der Annahmeverzugslohnforderung feststehen. Ferner werden im Rahmen eines Verbraucherinsolvenzverfahrens nach §§ 304 ff. InsO, wenn der Arbeitnehmer als Insolvenzschuldner Restschuldbefreiung erlangen will, die bereits bei der Einzelzwangsvollstreckung geschilderten Widersprüche der Gesamtberechnungsmethode zu dem Schutzzweck der von § 287 Abs. 2 S. 1 InsO in Bezug genommenen Pfändungsschutzvorschriften für Arbeitseinkommen gemäß §§ 850 ff. ZPO vermieden. Die sich infolge der Anwendung der Gesamtberechnungsmethode ergebenden befristungsrechtlichen Widersprüchlichkeiten im Vergleich der Konstellationen der „Verlängerung“ eines rechtlich einheitlichen befristeten Arbeitsverhältnisses gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 TzBfG und dem Abschluss zweier sich unmittelbar aneinander anschließender kalendermäßig befristeter Arbeitsverträge werden bei einer zeitabschnittsbezogenen Betrachtungsweise vermieden. Die pro rata temporis-Anrechnungsmethode steht eher im Einklang mit der von Rechtsprechung und h. L. vertretenen Auffassung, dass der aus urlaubszweckwidriger Erwerbstätigkeit während des Urlaubs unter Verstoß gegen § 8 BUrlG anderweitig erzielte Erwerb des Arbeitnehmers auf das vom Arbeitgeber geschuldete Urlaubsentgelt nicht anzurechnen ist. Die sich hinsichtlich prozessrechtlicher Fragestellungen insbesondere bei der Bestimmung des dogmatisch bereits nicht tragfähig begründbaren „einheitlichen Annahmeverzugszeitraums“ ergebenden Zufälligkeiten und praktischen Unwägbarkeiten der Gesamtberechnungsmethode werden durch die Einzelbetrachtungslehre von vornherein vermieden. Die durch den 9. Senat im Jahr 1999 entwickelte „vorläufige Gesamtberechnung“ vermag für den Fall des noch nicht beendeten Annahmeverzugs lediglich einige der Schwierigkeiten und Unklarheiten der Gesamt-

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4. Teil: Auswirkungen der pro rata temporis-Anrechnungsmethode

berechnungsmethode zu umgehen. Dies geht aber nicht weit genug. Die pro rata temporis-Anrechnungsmethode beachtet die zwangsläufig auch die Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB erfassende materielle Rechtskraft eines Annahmeverzugslohn-Zahlungsurteils gemäß § 322 Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung der zivilprozessualen Möglichkeiten zur Geltendmachung nachträglicher Änderungen im Wege und unter den Voraussetzungen der Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO. Durch periodenkongruente Gegenüberstellung von anzurechnendem Erwerb und Annahmeverzugslohnanspruch kommt die zeitabschnittsbezogene Betrachtungsweise zu dem schon angesichts der rechtlichen Selbständigkeit der Lohnansprüche ebenso einleuchtenden wie dem Normzweck von Verfallklauseln entsprechenden und in der Praxis einfach zu handhabenden Ergebnis, dass einmal verfallene bzw. verjährte Annahmeverzugslohnansprüche verfallen bzw. verjährt bleiben und nicht durch die Hintertür der Gesamtberechnungsmethode in eine umfassende Gesamtbetrachtung eingestellt und damit gleichsam rückwirkend wieder zum Leben erweckt werden.

5. Teil

Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit Dem Annahmeverzug des Arbeitgebers nach §§ 293 ff., 615 BGB kommt nicht nur im Falle seines tatsächlichen Eintritts, sondern bereits als zu bedenkende mögliche Auswirkung von arbeitsrechtlichen Maßnahmen wie insbesondere einer Arbeitgeberkündigung, die sich nachträglich als unwirksam herausstellen könnte, immense rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung für die Arbeitsvertragsparteien zu. Nicht selten wird sich der Arbeitgeber mit beträchtlichen, unter Umständen ruinösen, Annahmeverzugslohnforderungen konfrontiert sehen oder diese „Drohkulisse“ zumindest in seine strategischen Überlegungen einbeziehen müssen, etwa bei der Frage der Zahlung von Abfindungen im Zuge länger andauernder mehrinstanzlicher Kündigungsschutzverfahren. Der Arbeitnehmer seinerseits wird angesichts des annahmeverzugsbedingten Wegfalls seines regelmäßigen Haupteinkommens vor die ebenfalls existentielle Herausforderung gestellt, seinen Lebensunterhalt anderweitig zu sichern. Vor diesem Hintergrund kommt der Anrechnung anderweitig erzielten Erwerbs des Arbeitnehmers während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers gemäß § 615 S. 2 Alt. 2 BGB sowie im Anwendungsbereich des KSchG nach der nahezu inhaltsgleichen Vorschrift des § 11 Nr. 1 KSchG besondere Bedeutung zu. In Fällen des über mehrere Lohnzahlungsperioden andauernden Annahmeverzugs stellt sich die vorliegend untersuchte Frage, ob ein solcher Zwischenerwerb lediglich periodenkongruent auf denjenigen Zeitabschnitt angerechnet werden kann, in welchem der Erwerb erzielt wurde oder ob auch die Verrechnung eines sich ergebenden Überschusses mit vorangegangenen Lohnzahlungsperioden erfolgen kann. Wirtschaftliche Bedeutung kommt der Frage vor allem dann zu, wenn in verschiedenen Zeitabschnitten des Annahmeverzugs unterschiedlich hoher anzurechnender anderweitiger Erwerb des Arbeitnehmers vorliegt. Im Wege der von der Rechtsprechung wie der h. L. im Anschluss an eine einzelne Entscheidung des RG aus dem Jahr 1904 stets favorisierten Gesamtberechnungsmethode soll eine Verrechnung des vom Arbeitnehmer insgesamt erzielten Zwischenerwerbs zulässig sein, mit der Folge, dass diesem rückwirkend Vergütungsansprüche entzogen werden können. Die vereinzelt vertretene zeitabschnittsbezogene Anrechnungsmethode kommt zu dem gegenteiligen Ergebnis. Letztgenannter Ansicht ist nach eingehender Untersuchung der Vorschrift des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB im Wege der Gesetzesauslegung der Vorzug zu geben. Der Wortlaut des § 615 S. 2 BGB als äußerste Auslegungsgrenze entscheidet weder für noch gegen eine der in Betracht kommenden Anrechnungsmethoden.

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5. Teil: Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit

Maßgebliche Argumente für die Richtigkeit der pro rata temporis-Anrechnungsmethode liefert bereits die systematische Untersuchung des § 615 S. 2 BGB. Den rechtlich selbständigen Annahmeverzugslohnforderungen stehen gleichfalls periodisch fällige Anrechnungsposten in Form des vom Arbeitnehmer beim Zwischenarbeitgeber erzielten Zwischenerwerbs gegenüber. Eine Vielzahl von Anrechnungsvorschriften unserer Rechtsordnung sieht die periodenkongruente Gegenüberstellung des Anrechnungspostens und der Leistung, auf welche die Anrechnung zu erfolgen hat, vor. Dies gilt nicht nur im Bereich des Privatrechts, sondern auch hinsichtlich öffentlich-rechtlicher Leistungen. Die Entstehungsgeschichte des § 615 BGB lässt vor allem anhand der Untersuchung des Art. 625 des Dresdner Entwurfs keine eindeutigen Rückschlüsse auf die richtigerweise anzuwendende Anrechnungsmethode zu, spricht aber zumindest eher für als gegen die ratierliche Betrachtungsweise. Es finden sich zahlreiche Anhaltspunkte dafür, dass der historische Gesetzgeber wie auch die ältere Rechtsprechung die rechtliche Selbständigkeit und die Periodizität der Vergütungsansprüche auch während des Annahmeverzugs gewahrt wissen wollte. Ein weiteres entscheidendes Argument zugunsten der zeitabschnittsbezogenen Anrechnungsmethode und gegen die Gesamtberechnung ergibt sich aus der Untersuchung des Normzwecks der Anrechnungsregelung des § 615 S. 2 Alt. 2 BGB. Die „Vermeidung eines Gewinns auf Kosten des Arbeitgebers“ trifft nicht den Kern der Sache. Der vom Gesetzgeber intendierten „abstrakten“ Billigkeit der Anrechnungsvorschrift ist in Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen der Rechtsfigur der Vorteilsausgleichung Genüge getan, wenn im Sinne eines „Verbots der doppelten Verwertung der Arbeitskraft“ zunächst ein „Nachteilsausgleich“ angestrebt wird. Der Arbeitnehmer soll durch den Annahmeverzug keinesfalls schlechter stehen, als er ohne den Eintritt des arbeitgeberseitig verursachten Leistungsstörungstatbestandes „Annahmeverzug“ bei ordnungsgemäßer Durchführung des Arbeitsverhältnisses stünde. Er soll aber auf der anderen Seite auch nicht über Gebühr in unbilliger Weise begünstigt werden, weshalb er sich den während der betreffenden Lohnzahlungsperiode erzielten Zwischenerwerb insoweit anspruchsmindernd anrechnen lassen muss. Eine darüber hinausgehende „Herausgabe“ oder „Wegnahme“ des anderweitig vom Arbeitnehmer erworbenen Vergütungsanspruchs ist auf der Grundlage unserer Rechtsordnung nicht veranlasst. Es ist nicht einzusehen, dass der im Annahmeverzug befindliche Vertragsarbeitgeber über die zeitabschnittsweise Anrechnung hinaus von einer aus seiner Sicht als zufällig erscheinenden günstigeren Verwertung der freigewordenen Arbeitskraft des Arbeitnehmers profitieren können soll. Auch hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf sonstige Rechtsbereiche erweist sich die zeitabschnittsbezogene Anrechnungsmethode als der Gesamtberechnungslehre überlegen. Nicht nur werden zahlreiche sozialversicherungsrechtliche Ungereimtheiten vermieden. Auch lohnsteuerrechtliche Benachteiligungen des Arbeitnehmers durch den möglichen Eintritt eines Steuerschadens sowie die Widersprüche der Gesamtberechnung im Hinblick auf das Befristungsrecht und § 8 BUrlG entfal-

5. Teil: Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit

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len. Der Normzweck der Pfändungsschutzvorschriften für Arbeitseinkommen nach §§ 850 ff. ZPO, dem Arbeitnehmer jeden Monat ein unpfändbares Existenzminimum zu belassen, wird nicht missachtet, was auch für das Insolvenzrecht Bedeutung entfaltet. Letztlich erweist sich die pro rata temporis-Methode der Anrechnung anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers nach § 615 S. 2 Alt. 2 BGB auch hinsichtlich prozessrechtlicher Folgewirkungen als vorzugswürdig. Vor allem wird die materielle Rechtskraft eines Annahmeverzugslohn-Zahlungsurteils beachtet. Zudem werden verfallene oder verjährte Annahmeverzugslohnansprüche nicht durch Einstellung in den bereits dogmatisch nicht haltbaren „Gesamtannahmeverzugszeitraum“ rückwirkend wieder zum Leben erweckt. Der stets anzutreffende Vorteil der zeitabschnittsbezogenen Betrachtungsweise, vor allem auch aus Sicht der Praxis, ist es, dass bereits nach Ablauf einer jeden einzelnen Lohnzahlungsperiode die Höhe des insoweit geschuldeten Annahmeverzugslohns feststeht und nicht außerhalb des Einflussbereiches der Beteiligten stehenden Zufälligkeiten anheim gestellt bleibt. Der monatliche Vergleich von Annahmeverzugslohn und Zwischenerwerb ist vom Gesetz vorgegeben und führt zu klaren sowie interessengerechten Ergebnissen. Viele der gegen die Gesamtberechnungsmethode schon bislang vorgebrachten Kritikpunkte haben sich im Rahmen der Untersuchung weitgehend bestätigt gefunden oder sogar verstärkt, weitere Bedenken kamen hinzu. Es bleibt zu hoffen, dass vor allem das BAG seine Rechtsprechung zur Gesamtberechnungsmethode angesichts der aufgezeigten, in vielfältiger Hinsicht fragwürdigen Auswirkungen erneut überdenken und künftig in Richtung einer strikten Einzelbetrachtung urteilen wird. Mit der Schaffung der Methode der „vorläufigen Gesamtberechnung“ durch den im Jahr 1999 für Fragen des Annahmeverzugs zuständigen 9. Senats wurde ein erster dahingehender Schritt getan, weitere sollten folgen.

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Sachwortverzeichnis Abfindung 58 ff., 113 Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung 60 Ablehnungserklärung 35, 67, 71, 75 Abmahnung 241 Abschlagszahlung 172 f. Änderungskündigung 77 Agentur für Arbeit 102, 115 f., 128, 277 Akkordlohn 85, 146 Alimentationsprinzip 186 ff. Allgemeine Geschäftsbedingungen 51 f. Altersruhegeld 104 Amtsangemessener Unterhalt 186 Angebot – Entbehrliches Angebot 58, 71 ff. – Tatsächliches Angebot 65 f., 69 ff. – Wörtliches Angebot 66, 71 ff. Annahmeunfähigkeit 46 f., 56 Annahmeunmöglichkeit 56 Annahmeunwilligkeit 56 Annahmeverzug – Abdingbarkeit 50 ff. – Annahmeverzugs-(lohn-)risiko 58 ff. – Beendigung 79 ff., 258 ff. – Nachleistung (Ausschluss) 87 f. – Obliegenheit 42 f., 46, 102 – Rechtsfolgen 82 ff. – Unmöglichkeit (Abgrenzung) 55 f. – Verschulden / Vertretenmüssen 34, 42, 75, 221 – Voraussetzungen 62 ff. Annahmeverzugslohn – Fälligkeit 83, 146 ff. – Insolvenzschutz 285 – Lohnausfallprinzip 85 ff. – Lohnsteuer 83, 129 f., 279 f. – Pfändungsschutz 83, 90, 283 – Rechtsnatur (Arbeitsentgelt) 83 ff. – Sozialversicherungsrecht 83, 128 f., 274 – Verfall 84, 126, 295 f.

– Verjährung 85, 126, 295 f. – Verzicht 53 Anrechnung – Allgemeiner Rechtsgedanke 45 f., 88, 191 – Anderweitiger Erwerb / Zwischenerwerb / Zwischenverdienst 95 ff. – Anrechnungsposten (Begriff) 134 – Aufrechnung (Abgrenzung) 89 f., 122, 294 – Böswilliges Unterlassen 45 f., 97 ff. – Ersparnisse 45, 53 f., 95 – Ipso iure (Wirkung) 89 f., 94, 159, 166, 294 – Kausalität 96 f., 162 – Öffentlich-rechtliche Entgeltersatzleistungen 54, 103 ff., 196 ff. – Proportionale Zuordnung 105, 154 – Rechtsnatur 89 ff. Anrechnungsbefugnis 89, 179 f. Anrechnungsmethode pro rata temporis – Benachteiligungsverbot 244 – Billigkeit 132, 244 ff. – Doppelverwertungsverbot 131, 175, 178, 256 f. – Entstehungsgeschichte 130, 221 ff. – Manipulationsmöglichkeiten 106, 133, 257 f. – Nachteilsausgleich 237, 244, 256 – Ratio legis 130 ff., 237 ff. – Systematische Auslegung 123 ff., 136 ff. – Bedeutung / Tragweite 35 ff., 112 ff. – Wortlautargumente 122 f., 134 ff. Anschlussbefristung 288 Antikumulierungsvorschriften 196 f., 214 Arbeitnehmerähnliche Person 49 Arbeitnehmerschutzvorschriften 69, 148 Arbeitsförderung / Arbeitslosenversicherung 196 ff., 211, 215 f., 274 ff. Arbeitskampfrisiko 48

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Sachwortverzeichnis

Arbeitslosengeld 54, 103 ff., 115, 128, 154, 197 f., 216, 276 f. Arbeitslosengeld II 204 ff., 216, 282 Arbeitslosenhilfe 204 ff. Arbeitsunfähigkeit 66 ff., 183 f., 207, 210, 215 f. Arbeitsunfall 210, 216 Arbeitsverhältnis / Arbeitsvertrag – Beschäftigungspflicht 110 f., 141 – Dauerschuldverhältnis 142 ff. – Erfüllungsort 65, 70 – Fixschuldcharakter 55 f., 87 f., 111 – Gesamtsynallagma 143 ff., 161 – Hauptleistungspflichten 33, 141 f., 145 f., 174 – Höchstpersönlichkeit 64 f., 70 – Nebenpflichten 99, 141, 240 – Synallagma 33, 137 ff., 174 – Verbrauchervertrag 142 Arglist 240 Aufhebungsvertrag 51 f., 66, 72, 82 Ausbildungsgeld 212 f. Ausgleichsklausel 51 Aushilfsarbeitsverhältnis 49 Auskunftsanspruch / Auskunftspflicht 107 f., 182, 187 f., 191, 240, 258 Ausschlussfrist / Ausschlussklausel 84, 126, 129, 149, 278, 295 f. Beamtenbesoldungsrecht 185 ff. Beamtenverhältnis 186 ff. Beamtenversorgung 187, 193 ff. Bedarfsgemeinschaft 204 Bedürftigkeit 181 f. Befristungsrecht 287 ff. Beitragsbemessungsgrenze 105, 275, 278 f. Bereicherungsrecht – Bereicherungsverbot 124, 216 ff. – Billigkeitsrecht 217, 247 – Condictio indebiti 109 – Condictio ob causam finitam 109 – Faktisches Synallagma 139 – Rückzahlungsansprüche bei Überzahlung 109, 119 – Saldotheorie 139 – Theorie der Gewinnhaftung 219 – Theorie der Werthaftung 219 – Veräußerungsgewinn 218 f.

– Verfügung eines Nichtberechtigten 219 f. – Wegfall der Bereicherung 216 f. Berufsausbildungsbeihilfe 211 ff. Berufsausbildungsverhältnis 49, 183 Berufsfreiheit 97 ff., 241, 260, 266 Berufskrankheit 210 Berufsunfähigkeit 104 Beschäftigungsverbot 68 Betriebliche Übung 69 f., 77 Betriebsferien 51 Betriebsrat 64 Betriebsrisiko(-lehre) 34 f., 38, 46 ff., 52, 56, 181, 222 Betriebsübergang 103 Betrug 258 Billigkeit – Billigkeitskriterien 250 ff. – Billigkeitsrechtsprechung 246 – (Einzelfall-)Gerechtigkeit 248 f. – Gesetzgeberische Billigkeit 244 ff. – Treu und Glauben 249 Bundesagentur für Arbeit 199 ff., 215 f. Commodum 163, 239 Darlegungs- und Beweislast 107, 261 Dienstenthebung 75, 185 f. Dienstwagen 87 Direktionsrecht siehe Weisungsrecht Doppelarbeitsverhältnis 241 „Do, ut des“ 138, 159 Dresdner Entwurf 119 f., 130, 221 ff. Effet utile Eidesstattliche Versicherung 108 Eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb 266 Eingliederungstheorie 142 Einheit der Rechtsordnung 128, 273 Einkommensteuerrecht – Lohnsteuer 83, 279 ff. – Progression 110 f., 116, 281 f. – Steuerschaden 110 f., 129 f., 281 f. – Zuflussprinzip 110 f., 116, 129, 280 f. Einzelbetrachtungslehre siehe Anrechnungsmethode pro rata temporis Enteignungsentschädigung 91 Entgeltfortzahlung 183 f.

Sachwortverzeichnis Erfüllbarkeit des Arbeitsverhältnisses 62 ff., 81 f. Erholungsurlaub siehe Urlaub Ermessen – Billiges Ermessen 68, 247 f., 265 – Direktionsrecht 66 ff. – Ermessensfehler 192 – Verwaltungsakt 192 f. Europäische Sozialcharta 267 ff. Europarecht – Gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung 267 f. – Richtlinienkonforme Auslegung 268 f. Fahrtkosten 78 f., 86, 95 f., 109 Faktisches / Fehlerhaftes Arbeitsverhältnis 49, 62 Freistellung 35, 51 f., 64 Fürsorgepflicht 50, 79, 177 ff. Gefälligkeitsverhältnis 95 Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer 267 ff. Generalklausel 246, 249, 265 Geringfügige Beschäftigung 97, 129, 279 Gesamtanspruch / Gesamtvergütung 105 f., 114, 121, 123, 149, 228 Gesamtberechnungsmethode (Gesamtabrechnung / Gesamtanrechnung / Gesamtbetrachtungslehre) – Billigkeit 120 – Dresdner Entwurf 119 f. – Gewinnvermeidung 120 – „Vorläufige Gesamtberechnung“ 121 f. – Wortlautargumente 118 f. Gesamtsynallagma 143 ff. Gesetzliche Krankenversicherung 104 f., 129, 174 ff., 274 f. Gesetzliche Rentenversicherung 128 f., 207, 211, 215, 274 f., 278 Gesetzliche Unfallversicherung 174 ff., 210 f., 274 f. Gläubigerverzug siehe Annahmeverzug Gleichbehandlungsgrundsatz 77 Gleichheitssatz 53 f., 192 Gleichwohlgewährung 197, 276 GmbH-Geschäftsführer 49

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Grundrechte (mittelbare Drittwirkung) 265 Gute Sitten (Anstandsformel) 246 Haftungserleichterung 98, 109 Handelsvertreter 49, 97 Handlungsgehilfe 147, 154 ff. Heimarbeitnehmer 49 f. Hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums 186, 192 Hilfebedürftigkeit 204 Hinzuverdienstgrenzen 207 ff., 215 Insolvenzgeld 199 ff., 216 Insolvenzrecht 285 ff. Ist-Entgelt 198 f. Karenzentschädigung 121, 154 ff. Kettenarbeitsverhältnis / Kettenbefristung 287 ff. Kirchensteuer 280 Konkurrenztätigkeit 155, 240 f. Konkursausfallgeld 124, 199 ff. Krankenfürsorge 177 ff. Krankengeld 104, 175 f., 207 Kündigung 35, 57 ff., 73 ff., 100, 110 ff., 152 f. Kündigungsdruck 260, 292 Kündigungsschutzverfahren 35, 57 ff., 83, 100, 112 f. Kumulationsverbot 184 Kurzarbeit 64, 74, 87 Kurzarbeitergeld 198 f. Lebenszeitprinzip 186 Leiharbeitnehmer 50 Leistungsbereitschaft 64 ff., 258 ff. Leistungsfähigkeit 64 ff. Leistungsgefahr 158 f. Leistungsklage 84 f., 107 Leistungsverweigerungsrecht 78 f., 108 Leistungszeit 62, 65, 70 Locatio conductio (operarum) 225 f. Mahnbescheid 84 Masseverbindlichkeiten 285 Maßregelungsverbot 77 Mehrfachkündigung 117, 125, 291

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Sachwortverzeichnis

Mietrecht – Anrechnung 165 ff. – Historische Parallele zur „Dienst-Miethe“ 221, 225 f. Mitverschulden 45, 93 f. Mitwirkungshandlung 71 ff., 79 f. Monatsprinzip / Monatsrente 208, 215 Mora (creditoris) 41 f. Nebentätigkeitsverbot 97, 240 f. Nicht-Annahme der Arbeitsleistung 34, 42, 75 ff. Normativer Zufluss 206 Ohne Arbeit kein Lohn (Grundsatz) 33 f., 44, 139, 174 Personenrechtliches Gemeinschaftsverhältnis 141 Pfändungsschutzvorschriften 90, 127, 282 ff. Pflicht zur vollen Hingabe für das Amt 186 Privatautonomie 94 Pro rata temporis siehe Anrechnungsmethode pro rata temporis Provision 85 f., 97 Prozessbeschäftigung 66, 100 Prozessrecht 127, 293 ff. Rechnungseinheit 92, 170, 179 Rechtsirrtum 110 Rechtskraft 127, 293 ff. Rechtsmissbrauch 68, 184 Rechtsquellenlehre 146 Regelleistung 204 ff. Rehabilitationsträger 211 Rentabilitätsvermutung 140 Rente wegen Alters 104, 207 ff., 214 f. Rente wegen Erwerbsminderung 104, 209 f., 215 Rentnerbeschäftigung 208 f. Restschuldbefreiung 287 Richter 186 ff. Richterrecht 56, 59 Richtigkeitsgewähr (Tarifverträge) 140 Sachgrund 288 Saison-Kurzarbeitergeld 198 f.

Schadensersatz – Annahmeverzugslohn (Abgrenzung) 44, 83 – Nebentätigkeitsverbot 241 – Steuerschaden 110 f., 129 f., 281 f. – Vorteilsanrechnung / Vorteilsausgleichung 90 ff. Schuldnerverzug 33 f., 41 f., 110 f., 282 Schuldrechtsmodernisierung 34, 38, 55, 222 Smog-Alarm 65 Soldat 186 ff. Solidaritätszuschlag 280 f. Soll-Entgelt 198 f. Soziale Pflegeversicherung 274 f. Sozialhilfe 204 ff., 282 f. Sozialversicherungsrecht – Cessio legis / Forderungsübergang 53 f., 104, 115, 128, 175 f., 276 f. – Entstehensprinzip 129, 277 f. – Gesamtsozialversicherungsbeitrag 274 – Sozialversicherungsbeiträge (Höhe) 115 f., 129, 275 – Sozialversicherungsschutz (Nachwirkung) 116, 128 f., 277 f. Sperrzeit 216 Studium 81, 101 f. Stufenklage 84 Subsidiarität 175, 177, 211 f. Sukzessivlieferungsvertrag 54, 161, 171 Surrogation 131, 163 f., 239 Suspendierung 35, 75 Synallagma – Arbeitsvertrag 33, 137 ff., 174 – Gesamtsynallagma 143 ff., 161 – Faktisches Synallagma 139 – Funktionelles Synallagma 138 f., 141 f. – Genetisches Synallagma 138 – Karenzentschädigung 156 – Konditionelles Synallagma 139, 159 – Wirtschaftliches Synallagma 140 Tariflohn 74, 258, 277 Teilrente 208 f. Teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer 96 f. Treudienstvertrag 141 Treuepflicht 99, 186

Sachwortverzeichnis Treu und Glauben 52, 66 f., 70 ff., 78, 91, 98, 101, 107, 161 f., 183 ff., 217, 240 f., 249, 256, 260 Überbrückungsgeld 104 Übergangsgeld 104, 211 f. Überstunden 77, 97, 99 Unbestimmter Rechtsbegriff 194, 246, 265 Unterhaltsbeitrag 188, 193 ff. Unterhaltsrecht 181 ff. Unterlassung 240 f., 290 (Un-)Zumutbarkeit 78, 97 ff. Urlaub 52, 125 f., 289 f. Venire contra factum proprium 241 Verbraucher (Arbeitnehmer) 110, 142 Verbraucherinsolvenzverfahren 287 Verfallklausel siehe Ausschlussfrist Vergleich 51 f., 58 ff., 80 Vergütungsgefahr (Gegenleistungsgefahr / Preisgefahr) 45, 158 f. Verletztengeld 210 f., 215 f. Verpflichtungsüberhang 140 Verschleiertes Arbeitseinkommen 283 Vertragsarbeitgeber (Begriff) 134 Vertragsfreiheit 50, 140 Vertragsstrafe 240, 278 Verwaltungsakt 192 f. Verweigerungsrecht 82, 153 Verwendungsrisiko 48, 165

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Völkerrechtskonforme Auslegung 269 ff. Vollrente 208 f. Vollstreckungsabwehrklage 127, 294 Vorbehaltsurteil 294 Vorleistungspflicht 33, 44, 138 f., 168, 201 f., 221, 228 ff. Vorteilsanrechnung / Vorteilsausgleichung 90 ff., 155, 160, 167, 170, 173, 175, 179, 188 f., 191, 217 f., 236 f., 256 Vorübergehende Verhinderung 51, 75, 174 ff. Wegerisiko 48, 65 Weisungsrecht 66, 69 f., 74, 80 Weiterbeschäftigungsanspruch 63, 66, 100 Werkvertrag 171 ff. Wettbewerbsverbot 101, 121, 155 ff., 239 f. Widerklage 107 Winterausfallgeld 198 f. Wirtschaftsrisiko 48 Witwengeld 193 ff. Zahlungsklage 84 f., 107 f., 119, 122, 127, 292 Zahlungsunfähigkeits-Richtlinie 203, 268 f. Zeitlohn 85 ff. Zuflusstheorie 206 Zug-um-Zug 108, 138 Zurückbehaltungsrecht 145 Zwangsvollstreckungsrecht 282 ff. Zwischenarbeitgeber (Begriff) 134