Von der dialogischen Logik zum dialogischen Konstruktivismus 9783110670301, 9783110666748

This collection brings together 13 foundational texts in dialogical logic by Kuno Lorenz, while also illustrating their

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Von der dialogischen Logik zum dialogischen Konstruktivismus
 9783110670301, 9783110666748

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
I
1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge (1978 [1961])
2 Die Ethik der Logik (1974 [1967])
3 Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen (1968)
4 Die dialogische Rechtfertigung der effektiven Logik (1973)
II
5 Zur pragmatischen Fundierung semantischer Strukturen am Beispiel der Dialoglogik (1981)
6 Der Entwurf der operativen Logik (1980)
7 Über die Gründe des Übergangs von der operativen Logik zur dialogischen Logik (2012)
8 Zur Herkunft der Dialogbedingung im dialogischen Aufbau der Logik (2015)
9 Zur Rolle der Logik in den Wissenschaften (2011)
III
10 Logic as a Tool of Science Versus Logic as a Scientific Subject (2006)
11 Über die sprachlichen Werkzeuge ‚Teil‘ und ‚Ganzes‘ mit drei Exkursen: Ostension, Prädikation, Qualia (2016; 2018)
12 Die Entwicklung des dialogischen Prinzips bei der Herausbildung eines dialogischen Konstruktivismus (2016)
13 Logical Construction and Phenomenological Reduction. Towards a Dialogical Reconstruction of Experience with Special Reference to Peircean and Husserlian Methods (2018)
Nachweise
Personenregister
Sachregister

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Kuno Lorenz Von der dialogischen Logik zum dialogischen Konstruktivismus

Kuno Lorenz

Von der dialogischen Logik zum dialogischen Konstruktivismus

ISBN 978-3-11-066674-8 e-ISBN (PDF) 978-3-11-067030-1 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-066692-2 Library of Congress Control Number: 2019957966 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz: Integra Software Services Pvt. Ltd. Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com

Vorwort Mit dieser vierten Sammlung von Arbeiten zu einer nach Inhalt und Verfahren dialogischen Philosophie werden die bisher vorliegenden drei Bände gesammelter Aufsätze ‒ sie sind unter den Titeln „Dialogischer Konstruktivismus“ (2009), „Logic, Language and Method. On Polarities in Human Experience“ (2010) und „Philosophische Variationen“ (2011) im Verlag De Gruyter erschienen ‒ um solche Arbeiten ergänzt, die ursprünglich nicht für einen Neudruck vorgesehen waren. Es hat sich jedoch herausgestellt, daß gerade sie das begriffliche Gerüst der Entwicklung einer dialogischen Philosophie, wie ich sie verstehe, besser zu erkennen und zu verfolgen erlauben. Allerdings entscheiden auch weiterhin allein die Leser darüber, ob die damit beanspruchte Verbesserung der Vermittelbarkeit der Überlegungen und auch der Zusammenhänge, die zwischen ihnen bestehen oder sich herstellen lassen, tatsächlich gelingt und so dazu herausfordert, sie kritisch und selbstkritisch weiterzuführen. Unter den drei Teilen dieser Sammlung machen die Arbeiten des ersten Teils, einem Wunsch vieler Freunde und jüngerer Kollegen folgend, die längst vergriffenen und derzeit nur schwer zugänglichen Schriften mit den Anfängen des spieltheoretischen Aufbaus der Logik wieder zugänglich. Dazu gehören vor allem die 1978 in einem Sammelband mit Arbeiten sowohl meines akademischen Lehrers Paul Lorenzen als auch von mir unter dem Titel „Dialogische Logik“ veröffentlichten Auszüge meiner Dissertation „Arithmetik und Logik als Spiele“ aus dem Jahre 1961 und darüber hinaus der erst 1973 erstmals veröffentlichte und ebenfalls in den Sammelband von 1978 aufgenommene mathematisch-logische Teil meiner Habilitationsschrift mit dem Titel „Die dialogische Rechtfertigung der effektiven Logik“ aus dem Jahre 1968, die 1970 ohne diesen Teil unter dem Titel „Elemente der Sprachkritik. Eine Alternative zum Dogmatismus und Skeptizismus in der Analytischen Philosophie“ in der Reihe Theorie des Suhrkamp Verlags erschienen war. Zum zweiten Teil der Sammlung gehören vornehmlich solche Arbeiten, die zum einen den Zusammenhang der dialogischen Logik mit ihrer Vorgängerin, der operativen Logik von Paul Lorenzen, reflektieren, insbesondere die Gründe für den Übergang von der einen zur anderen, und zum anderen sich einer genaueren Untersuchung der schon in der Antike bemerkten maßgeblichen Rolle des sprachlichen Satzverknüpfers ‚wenn-dann‘ für den Aufbau sprachlogischer Zusammenhänge widmen. Dabei wurden gelegentliche inhaltliche Überschneidungen und daraus sich ergebende Wiederholungen von Textpassagen um des jeweiligen Argumentationszusammenhangs willen nicht beseitigt oder durch Verweise ersetzt. https://doi.org/10.1515/9783110670301-202

VI

Vorwort

Der dritte Teil schließlich besteht aus Arbeiten, die nicht mehr mit den Problemen einer Begründung des logischen Schließens im engeren Sinne befaßt sind, sondern den weiteren Kontext betreffen, in dem der dem logischen Schließen und gleichermaßen dem Schlußfolgern im allgemeinen zugrundeliegende dialogische Wahrheitsbegriff steht. Erst wenn sich deutlich machen läßt, daß der dialogische Charakter von Sprachhandlungen, unter denen allein das Artikulieren am Anfang der für den Aufbau komplexer Sprachhandlungen herangezogenen Typen von Zeichenhandlungen steht, bereits ein besonderer Fall des Handlungen schlechthin charakterisierenden dialogischen Charakters ist, kann die Tragweite des dialogischen Prinzips für Wissenschaft und Kunst ebenso wie für ein Verständnis der Lebenswelt, der wir alle als Menschen angehören, Schritt um Schritt entfaltet werden. Gibt man dem dialogischen Prinzip die Fassung ‚Achte beim Umgang mit Menschen und Sachen stets auf den Unterschied von Ich-Rolle und Du-Rolle einer Handlungsausübung!‘, so wird insbesondere einsichtig, daß es beim Reden als bloßem Handeln allein um den Unterschied zwischen Sprechen und Hören, hingegen beim Reden als Zeichenhandeln darüber hinaus auch um den Unterschied zwischen (Etwas-)Sagen und (Etwas-)Verstehen geht. Nur so kann es gelingen, auch die paradigmatische Rolle der dialogischen Logik für eine dialogisch vorgehende Philosophie in Gestalt von logische Konstruktion und phänomenologische Reduktion miteinander verbindenden dialogischen Rekonstruktionen ‒ dafür dann der Titel ‚Dialogischer Konstruktivismus‘ ‒ sowohl systematisch als auch historisch sichtbar zu machen. Das geschieht beispielhaft im ursprünglich in Gestalt von vier Artikeln für die wesentlich erweiterte 2. Auflage der Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie (Verlag J. B. Metzler, Stuttgart 2005–2018) auftretenden zweiten Beitrag des dritten Teils ‚Über die sprachlichen Werkzeuge Teil und Ganzes‘ mit ihren drei Exkursen Ostension, Prädikation und Qualia. An dieser Stelle erscheint es mir angebracht, ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß das für die Verknüpfung zweier Artikulatoren zu einem komplexen Artikulator verwendete Operatorsymbol ‚*‘ auch verwendet wird, um ganze Sätze zu verknüpfen, insbesondere durch eine logische Partikel, ohne auf die Unterschiede beider Verknüpfungsarten ‒ im ersten Fall geht es um die Artikulation komplexer Objektschemata, im zweiten Fall um die Artikulation besonderer Interaktionsschemata ‒ an irgendeiner Stelle näher einzugehen, auch nicht am Ende des achten Beitrags (cf. p. 219), wo lediglich typographisch diese Differenz beachtet wird. Das nämlich hätte die Herstellung einer erheblich umgearbeiteten Fassung meines nur als Teil eines von drei Autoren (Marcelo Dascal/Jaakko Hintikka/Kuno Lorenz) konzipierten Artikels ‚Jeux dans le langage/Games in language/Spiel in der Sprache‘ für das Handbuch Sprachphilosophie (2. Halbband, pp. 1371–1391, Verlag Walter de Gruyter, Berlin 1996) verlangt, die eigens für diese Sammlung vorzunehmen im verfügbaren zeitlichen Rahmen undurchführbar blieb. Im übrigen

Vorwort

VII

liegt die derzeit letzte Gestalt der Bemühungen um eine dialogische Philosophie im abschließenden, für den in der Reihe ‚Logic, Epistemology, and the Unity of Science‘ des Verlags Springer Nature Switzerland (Cham) als Band 46 gerade erschienenen Aufsatzband Peirce and Husserl: Mutual Insights on Logic, Mathematics, and Cognition geschriebenen Beitrag in englischsprachiger Fassung vor. Er ist der im experimentellen Denken von Charles Sanders Peirce mit seinen Überlegungen zum Zusammenhang von Semiotik und Pragmatik bereits vorausgeahnten Komplementarität logischer Konstruktionen im Sinne Bertrand Russells und phänomenologischer Reduktionen im Sinne Edmund Husserls gewidmet. Für die leichtere Lesbarkeit dieses letzten Beitrags im Kontext der sonst fast ausschließlich deutsch verfaßten Arbeiten wird nachfolgend und auf den folgenden beiden Seiten eine Übersicht über die im Zusammenhang des dialogischen Handlungsverständnisses verwendeten sowohl deutschen als auch englischen Termini gegeben. Damit, so hoffe ich, wird auch für die Lesbarkeit der übrigen Beiträge, insbesondere des letzten Teils dieser Aufsatzsammlung, eine Hilfestellung gegeben. English Terms (in context)

Deutsche Fachtermini (im Kontext)

performing an action (with the status of an object)

eine Handlung (im Status eines Objekts) ausüben

recognizing an action (with the status of an object)

eine Handlung (im Status eines Objekts) erkennen

executing an action (with the status of a procedure, i.e., an action while acting) [in the special case of an action of dealing with an object tantamount to ‘actualizing an object’]

eine Handlung (im Status eines Verfahrens, i.e., eine Handlung im Zuge des Handelns) ausführen [im Spezialfall einer Handlung des Umgehens mit einem Objekt soviel wie ‚ein Objekt aktualisieren‘]

cognizing an action (with the status of a procedure, i.e., an action while acting) [in the special case of an action of dealing with an object tantamount to ‘schematizing an object’]

eine Handlung (im Status eines Verfahrens, i.e., eine Handlung im Zuge des Handelns) anführen [im Spezialfall einer Handlung des Umgehens mit einem Objekt soviel wie ‚ein Objekt schematisieren‘]

action-token [= individual action]

Handlungsinstanz

action-type [= generic act]

Handlungsschema (wegen der Verwendung von ‚Schema‘ auch für ‚Universale‘ sollte zur Vermeidung von Ambiguität hier nicht ‚Handlungsschema‘ sondern allein ‚Handlungstyp‘ verwendet werden)

VIII

Vorwort

(fortgesetzt ) English Terms (in context)

Deutsche Fachtermini (im Kontext)

appropriation

Aneignung

detachment

Distanzierung

universal features, i.e., schematizations [of objects]

Universalia (auch: Handlungsbilder, ‚in mente‘), i.e., Schematisierungen [von Objekten]

singular ingredients, i.e., actualizations [of objects]

Singularia (auch: Handlungsvollzüge, ‘in corpore‘), i.e., Aktualisierungen [von Objekten]

[elementary] proposition [by predication] (= result of assigning properties symbolized by logical predicates, i.e., predicators, to objects denoted by nominators)

[Elementar-] Aussage [mittels Prädikation] (= Ergebnis des Zusprechens von Eigenschaften, symbolisiert durch Prädikatoren, Objekten gegenüber, die durch Nominatoren benannt sind)

indication [by ostension] (= result of showing substances indexed by logical indicators, at objects denoted by nominators)

Anzeige [mittels Ostension] (= Ergebnis des Zeigens von Substanzen, indiziert durch logische Indikatoren, an von Nominatoren benannten Objekten)

predicator (= general term)

Prädikator

nominator (= singular term; as, in elementary Nominator propositions as well as in elementary indications, its function is denotation of a particular [object] and not of a singular [ingredient] that cannot be denoted but only indexed, there arises an ambiguity of the [general] term ‘singular’ when maintaining the traditional terminology of singular and general terms as the essential parts of elementary propositions

in Du-Rolle: mittels einer Handlung des Zeigenlassens, d.h. ein Ausführen der Handlung wird überführt in ein [das universale Handlungsbild betreffendes] Widerfahren der Handlung, indem sie als ihr Sichzeigen begriffen wird in the role of You: by means of an iconic action, i.e., executing an action is turned into letting the action show itself by reading the execution as ›suffering‹ the universal feature of the action in question

eine Handlung erkennen recognizing an action

in Ich-Rolle: mittels einer Zeigehandlung, d.h. das Anführen der Handlung durch Ausführen [des singularen Handlungsvollzugs] als Zeigen der Handlung bewerkstelligend in the role of I: by means of an indexical action, i.e., cognizing the action is turned into showing it by ›doing‹ a singular ingredient of the action in question

in Du-Rolle: Vorstellen eines partikularen Handlungstyps durch das Anführen [einer universalen Schematisierung] einer Handlung in the role of You: imagining a particular action type [= generic act] by cognizing [a universal schematization of] an action

eine Handlung ausüben performing an action

in Ich-Rolle: Herstellen einer partikularen Handlungsinstanz durch das Ausführen [einer singularen Aktualisierung] einer Handlung in the role of I: producing a particular action token [= individual action] by executing [a singular actualization of] an action

Terminologisches (deutsch-englisch) zum dialogischen Handlungsverständnis

Vorwort

IX

X

Vorwort

Abschließend habe ich, wie schon in den drei vorangegangenen Fällen, vielen Menschen und darüber hinaus auch Institutionen sehr dafür zu danken, daß dieser Band in der vorliegenden Gestalt erscheinen kann. Der Dank gilt Freunden und Kollegen, ohne deren Zuspruch und sanftes Drängen dieses Unternehmen nicht auf den Weg gebracht worden wäre, ebenso wie der freundlichen Hilfsbereitschaft der für die Lizenzen zum Neudruck zuständigen Personen in den Verlagshäusern, soweit solche Lizenzen rechtlich noch erforderlich waren. Ausdrücklich hervorheben möchte ich bei meinem Dank zum einen den vielfältigen fachkundigen Rat meines Freundes und Kollegen Professor Jürgen Mittelstraß (Universität Konstanz) und zum anderen den unermüdlichen Einsatz meines Freundes, des Kollegen und ehemaligen akademischen Schülers Gerhard Heinzmann (Université de Lorraine à Nancy), dem es unter anderem zu verdanken ist, daß eine beträchtliche finanzielle Zuwendung der Archives Henri Poincaré (Nancy) zur Deckung eines Teils des für die Publikation beim Verlag De Gruyter (Berlin) erforderlichen Druckkostenzuschusses möglich wurde. Den restlichen noch fehlenden Teil dieses Druckkostenzuschusses hat die Universität des Saarlandes (Saarbrücken) unter ihrem Präsidenten Professor Manfred Schmitt großzügig beigesteuert, wofür ich an dieser Stelle ebenfalls ausdrücklich danke. Zu guter Letzt geht mein Dank an den Verlag De Gruyter, dessen ihn auszeichnende verlegerische Sorgfalt man auch diesem Band ansieht, zumal es nach vergeblich gebliebenen Versuchen andernorts auf sein besonderes Engagement zurückgeht, daß etliche der alten Arbeiten einwandfrei digitalisiert werden konnten. Saarbrücken, im Herbst 2020 Kuno Lorenz

Inhaltsverzeichnis Vorwort

V

I 1

Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge (1978 [1961])

3

2

Die Ethik der Logik (1974 [1967])

3

Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen (1968)

4

Die dialogische Rechtfertigung der effektiven Logik (1973)

75

141

II 5

Zur pragmatischen Fundierung semantischer Strukturen am Beispiel der Dialoglogik (1981) 171

6

Der Entwurf der operativen Logik (1980)

7

Über die Gründe des Übergangs von der operativen Logik zur dialogischen Logik (2012) 191

8

Zur Herkunft der Dialogbedingung im dialogischen Aufbau der Logik (2015) 203

9

Zur Rolle der Logik in den Wissenschaften (2011)

179

223

III 10 Logic as a Tool of Science Versus Logic as a Scientific Subject (2006) 235 11

Über die sprachlichen Werkzeuge ‚Teil‘ und ‚Ganzes‘ mit drei Exkursen: Ostension, Prädikation, Qualia (2016; 2018) 249

83

XII

Inhaltsverzeichnis

12 Die Entwicklung des dialogischen Prinzips bei der Herausbildung eines dialogischen Konstruktivismus (2016) 285 13 Logical Construction and Phenomenological Reduction. Towards a Dialogical Reconstruction of Experience with Special Reference to Peircean and Husserlian Methods (2018) 299 Nachweise

329

Personenregister Sachregister

331 335

I

1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge Vorbemerkung des Autors Der ursprünglich im August 1975 vorgenommenen Auswahl von Textstellen aus der Dissertation ‚Arithmetik und Logik als Spiele‘ (1961), in der zum ersten Mal die dialogische Einführung der logischen Partikeln mit dem Ziel einer einsichtigen Begründung logischer Schlußregeln ausgearbeitet worden ist, lagen vorrangig die folgenden Gesichtspunkte zugrunde: (a) Primär der Gedankengang, weniger die technischen Details des dialogischen Aufbaus sollen sich verfolgen lassen, was den bis auf geringfügige Auslassungen vollständigen Abdruck der ursprünglichen Einleitung erforderlich macht. (b) Die in späteren Arbeiten aufgegriffenen und weitergeführten Argumentationen sollen zugunsten der dort bislang nicht berücksichtigten Überlegungen zurücktreten. (c) Diejenigen Teile der Arbeit, auf die in anderen Publikationen als Beleg verwiesen wird, sollen möglichst vollständig und im Zusammenhang zur Verfügung stehen. Da sich nach einer sorgfältigen kritischen Prüfung, vorgenommen von Walther Kindt in dessen Dissertation ‚Eine abstrakte Theorie von Dialogspielen‘ (Kindt 1972), herausgestellt hat, daß die Kalkülisierung Φst dem strengen Logikspiel nicht adäquat ist, weil es streng formal wahre Aussageschemata gibt, die in Φst nicht ableitbar sind, zum Beispiel (a ⋀ b) !((((c ! a ⋀ b) ! a) ! ((c ! b) ! d)) ! d), sind die entsprechenden fehlerhaften Teile aus dem Abschnitt über die strenge Logik nicht mit aufgenommen worden. So unterblieb auch der Abdruck des zwar einwandfreien und technisch aufschlußreichen, jetzt jedoch aus dem Gesamtzusammenhang herausgefallenen Äquivalenzbeweises zwischen dem Tableauxkalkül Φst und einem Implikationenkalkül Λst; an deren Stelle treten im Beitrag ‚Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen‘ die entsprechend als äquivalent beweisbaren Kalküle Φ1 und Λ1 (vgl. pp. 114‒118). Aufgenommen hingegen wurde vollständig der Nachweis, daß das klassische Logikspiel, charakterisiert durch das Recht zu endlich vielen Angriffs- und Verteidigungswiederholungen allein für Spieler W, adäquat durch einen Kalkül der klassischen Logik formalisierbar ist. Der dazu erforderliche Äquivalenzbeweis zwischen einem Tableauxkalkül Φkl und einem Implikationenkalkül Λkl macht von einem entlegenen Lemma aus Stephen C. Kleenes Aufsatz ‚Permutability of inferences in Gentzen’s calculi LK and LJ‘ (Kleene 1952b) Gebrauch, das auf diese Weise durchaus überraschend eine wichtige Rolle übernimmt. Der https://doi.org/10.1515/9783110670301-001

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1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

letzte Abschnitt der Dissertation über axiomatische Arithmetik konnte nach diesen Grundsätzen ersatzlos wegfallen. Ausgelassene Textstücke, sofern es sich nicht nur um wenige Wörter handelt, sind durch ‚[. . .]‘ markiert. Dadurch wurden an verschiedenen Stellen Überleitungen sowie geringfügige Textänderungen erforderlich, die vom Originaltext nicht eigens abgehoben sind. Die Anmerkungen wiederum wurden entsprechend der neuen Zusammenstellung neu numeriert, die Literaturangaben am Ende auf die für den Auszug relevanten beschränkt.

Einleitung In der vorliegenden Arbeit werden zwei Ziele verfolgt, die eng miteinander verknüpft sind. Das erste besteht in einem Versuch, durch den Spielbegriff eine Präzisierung von faktischer und logischer Wahrheit mathematischer, insbesondere arithmetischer Aussagen zu erreichen, die ohne den traditionellen Rückzug auf die axiomatische Methode auskommt, das zweite ist eine Darstellung der sich ergebenden Folgerungen, die zu einer Begründung der üblichen axiomatischen Verfahren führen. Bei den totalaxiomatischen Verfahren, die auch eine axiomatisierte Logik zugrunde legen – man nennt sie dann ‚formale Systeme‘ oder ‚Kodifikate‘ – werden Aussagen syntaktisch als bestimmte Figuren definiert und die Wahrheit einer Aussage mit ihrer Ableitbarkeit nach bestimmten Regeln eines Kalküls, dessen Anfänge ‚Axiome‘ genannt werden, identifiziert. Mit suggestiver Konsequenz nennt man dann eine Ableitung einer Aussage einen Beweis von ihr. Diese syntaktische Reduktion des Beweis- und Wahrheitsbegriffes einer Aussage erfüllt selbstverständlich die strengsten Forderungen mathematischer Präzision. Solche Kalküle lassen sich als genau umrissener Gegenstand einer konstruktiven mathematischen Theorie wählen, die man nach David Hilberts Vorbild ‚Metamathematik‘ oder eben auch ‚Beweistheorie‘ nennt, sofern an die spezielle Gestalt der Kalküle als eine formalisierte inhaltliche Mathematik gedacht wird. Die Methoden, die dabei als konstruktiv anerkannt werden, entsprechen im wesentlichen den auch von Intuitionisten anerkannten Verfahren; insbesondere darf das tertium non datur nicht ohne weiteres auf Aussagen über unendliche Gesamtheiten angewendet werden, und Aussagen, welche die Existenz von Objekten behaupten, müssen zum Beweis ein solches Objekt auch wirklich präsentieren. Baut man generell eine konstruktive mathematische Theorie von Kalkülen auf, ohne sich auf die durch spezielle Interpretationen motivierten Fragestellungen der Beweistheorie einzuschränken, wie es zum Beispiel in der operativen

Einleitung

5

Mathematik von Paul Lorenzen geschieht (Lorenzen 1955), so wird die Frage nach der Festlegung des genauen Sinnes von ‚konstruktiv‘ noch dringender; auf der Stufe der Metaaussagen harrt die Frage nach dem präzisen Sinn ihrer Wahrheit, von der wir zunächst ausgegangen waren, aufs Neue ihrer Lösung. Es ist offenkundig, daß eine Wiederholung des axiomatischen Verfahrens auf der Metastufe, abgesehen von seiner Künstlichkeit, keine Lösung darstellt, um so mehr, als man weiß, daß für unentscheidbare Kalküle jede bezüglich der Ableitbarkeit adäquate Axiomatisierung ihrer Theorie unvollständig bleibt. In diesem Fall wird man die intuitiven Methoden zur Gewinnung von wahren Aussagen über den Kalkül niemals ein für allemal auf eine Ableitung in einem Metakalkül reduzieren können. Beschränkt man sich andererseits auf Aussagen, für die man ein Verfahren angeben kann, das nach endlich vielen Schritten zwischen zwei Möglichkeiten ‹wahr› und ‹falsch› ‒ in Übereinstimmung mit dem intuitiven Sinn, der durch dieses Verfahren präzisiert wird ‒ entscheidet, so ist das Feld der Untersuchung derart eingeengt ‒ es hat heute in der Theorie der allgemein-rekursiven arithmetischen Funktionen seine kanonische Gestalt gefunden ‒, daß schon die quantorenlogischen Zusammensetzungen aus solchen wertdefiniten Aussagen bei unendlichem Objektbereich im allgemeinen aus diesem Bereich herausführen. Es gibt keine generelle Möglichkeit, Wahrheit und Falschheit von All- oder Existenzaussagen auf entscheidbare Weise durch die Wahrheit und Falschheit der fraglichen Einzelfälle zu definieren Aber sogar im Einzelfall der Primaussage, daß eine Figur α in einem Kalkül K ableitbar ist ‒ wir schreiben ┝K α ‒, wird in unentscheidbaren Kalkülen im allgemeinen nicht wertdefinit, sondern nur beweisdefinit sein. Trotzdem wird man solche Aussagen nicht von der Untersuchung verbannen wollen, ebensowenig wie eine Existenzaussage über einem unendlichen Objektbereich, die im allgemeinen auch nur beweisdefinit ist. In diesem Fall ist es nicht einmal mehr möglich, junktorenlogisch zusammengesetzte Aussagen wertdefinit zu erklären. Angesichts dieser Lage hat Lorenzen (Lorenzen 1955; verbessert in: Lorenzen 1958, §§ 8–9) zunächst den operativen Weg eingeschlagen, der drei der logischen Partikeln, nämlich ⋀, ⋁ und ∨, als eigentliche Partikeln auszeichnet und sie durch die relativ-zulässigen Regeln α ; β ) ðα ^ βÞ α ) ðα _ βÞ β ) ðα _ βÞ αðξÞ )

_x α ðxÞ

6

1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

dem Kalkül K adjungiert. (α(ξ) teilt mit, daß in der aus Atomen von K zusammengesetzten Figur α auch die Figur ξ vorkommt; als Objekte ξ sind dabei i. allg. nur die aus einer Teilklasse von Atomen zusammengesetzten Figuren erklärt.) Mit α, β, . . . und ξ, η, . . . weiter als Metavariablen für die Figuren von K werde der erweiterte Kalkül durch K′ bezeichnet. Dann wird definiert: + ‘K′ ðα ^ βÞ ‘K α ^ ‘K β ( ‘K α _ ‘K β ( + ‘K′ ðα _ βÞ

_x ‘K α ðxÞ ( + ‘K′ _x α ðxÞ Dieses Verfahren versagt für die restlichen drei Partikeln, die uneigentlichen Partikeln →, : und ∧. Der operative Kunstgriff ist hier, die Subjunktion ┝K α !┝K β durch die Zulässigkeit der Regel α ⇒ β in K bzw. in K′ zu definieren. :┝K α und ∧x┝K α(x) gewinnt man dann als Spezialfälle, wenn es sowohl eine ableitbare Figur, wiedergegeben durch ⋎, als auch eine unableitbare Figur, wiedergegeben durch ⋏ , in K gibt. Man definiert nämlich :┝K α durch die Zulässigkeit von α ⇒ ⋏ und ∧x┝K α(x) durch die Zulässigkeit sämtlicher Regeln, die man aus ⋎ ⇒ α(x) durch Belegung der Variablen x mit einem Objekt ξ erhält. Lorenzen hat auf diese Weise eine Begründung der effektiven Logik geben können. Man sieht aber auch, daß die sehr spezielle Deutung der Subjunktion als Zulässigkeit einer Regel auf andere als Ableitbarkeitsaussagen in Kalkülen nicht anwendbar ist und daher eine für eine logische Partikel nicht sehr angemessene Einschränkung darstellt. Außerdem hat dieser Ansatz den Nachteil, für Aussagen, die mehrfach uneigentliche Partikeln enthalten, zu deren Interpretation eine Konstruktion von ‹Kalkülen› der Metastufe zu erfordern, die nicht mehr im strengen Sinne Kalküle sind. Als Anfänge eines Metakalküls Kn der n-ten Stufe müssen nämlich die zulässigen Regeln der Kalküle Kn–1 der (n–1)-ten Stufe gewählt werden und als Regeln jeweils diejenigen, welche die eigentlichen Partikeln ⋀, ⋁ und ∨ auch auf der n-ten Stufe Kn einführen. Man wird daher nach einer anderen Charakterisierung des Sinnes logisch zusammengesetzter Aussagen suchen, die ohne die spezielle operative Deutung der logischen Partikeln auskommt. Eine solche Charakterisierung erlaubt der Begriff eines Dialogspiels,1 der jede Aussage zur Anfangsstellung einer Partie macht, die nach endlich vielen abwechselnd gesetzten Zügen mit eindeutig be-

1 Auf die Möglichkeit, Dialoge zur adäquaten und sprachfreien Einführung der logischen Partikeln zu verwenden, wird in: Lorenzen (1960) aufmerksam gemacht und in: Lorenzen (1961) bereits einen Schritt weit verwirklicht. Eine Ausarbeitung dieser Idee ist im wesentlichen der Inhalt dieser Arbeit.

Einleitung

7

stimmtem Gewinn und Verlust für die beiden Spieler endet. Die Partien nennen wir daher Dialoge und die Aussagen dialogdefinit. Die Spielregeln sind dabei eine rein syntaktische ‒ genauer: pragmatische ‒ Wiedergabe der Bedeutung einer Aussage, insofern als sie ausreichen, Wahrheit und Falschheit von Aussagen völlig innerhalb des Spiels zu definieren. Wir werden nämlich Wahrheit und Falschheit einer Aussage A durch die Existenz von Gewinnstrategien für je einen der beiden Spieler im Dialog Δ(A) mit A als Anfangsstellung erklären. Aus diesem Grunde identifizieren wir die Bedeutung einer dialogdefiniten Aussage mit der Spielregel eines Dialogspiels und sagen geradezu, daß Figuren, die als Anfangsstellung eines Dialogspiels auftreten können, eben dadurch zu Aussagen werden. Insbesondere erfüllt die so definierte Bedeutung auch Gottlob Freges Charakterisierung des ‹Gedankens› einer Aussage, daß er „nicht das subjective Thun des Denkens, sondern dessen objectiven Inhalt, der fähig ist, gemeinsames Eigenthum von Vielen zu sein“, sei (Frege 1892, p. 32, Anm. 5). Dieses Verfahren leistet daher nicht weniger als einen spieltheoretischen Aufbau der Semantik, der den üblichen naiv oder axiomatisch mengentheoretischen zu ersetzen in der Lage ist. Die Arbeit beginnt im ersten Abschnitt des I. Kapitels mit den grundlegenden Definitionen aus der Theorie der Spiele, soweit sie für die spätere Einführung der Dialogspiele von Wichtigkeit sind. Es werden aus methodischen Gründen keine Beweise übernommen, sondern es wird nur eine uniforme Terminologie bereitgestellt, welche die ganze Darstellung vereinheitlichen soll. Im zweiten Abschnitt führen wir den Begriff eines Dialogspiels ein. Jedes Dialogspiel wird über einem Basisspiel ‒ kurz: ‚Basis‘ genannt ‒ für logisch nichtzusammengesetzte Primaussagen aufgebaut und besitzt eine zweiteilige Spielregel: Eine allgemeine Spielregel, die für alle Dialogspiele gleich ist und den lokalen Umgang mit den logisch zusammengesetzten Aussagen regelt, und eine spezielle Spielregel, die von Spiel zu Spiel wechselt und den globalen Umgang mit den Aussagen regelt. Das ist wie folgt zu verstehen: Jeder Zug in einem Dialog ist ein Angriff gegen eine Aussage A oder eine Verteidigung von einer Aussage A auf einen Angriff gegen A. Die allgemeine Spielregel erklärt dann, wie logisch zusammengesetzte Aussagen angegriffen und verteidigt werden können, die speziellen Spielregeln hingegen legen fest, wann diese Angriffe und Verteidigungen im Verlauf einer Partie stattfinden dürfen. Als Mindestforderung an eine spezielle Spielregel wird ihre Regularität gestellt: Mindestens ein angreifender oder verteidigender Gegenzug gegen den vorhergehenden Zug des Gegners soll erlaubt sein. Der Abschnitt endet mit einer dialogdefiniten Einführung von Ableitbarkeitsaussagen in Kalkülen, wie sie für das Basisspiel gebraucht werden. Allerdings wird die Betrachtung auf entscheidbare Kalküle beschränkt, weil die elementare Arithmetik einen entscheidbaren Basiskalkül für arithmetische Primformeln besitzt und wir in dieser Arbeit keine

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1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

nichtelementaren Erweiterungen der Arithmetik untersuchen. Die Darstellung der elementaren Arithmetik als Theorie eines bestimmten Kalküls geht auf die operative Begründung der Arithmetik von Lorenzen (1955, Kap. 4) zurück. Der letzte Abschnitt des I. Kapitels führt die erste vollständige Definition eines Dialogspiels mit der einfachsten regulären speziellen Spielregel ein: Genau ein Gegenzug gegen jeden Zug ist erlaubt. Das entstehende Dialogspiel wird rein genannt, und daher heißt das Spiel über der speziellen arithmetischen Basis reine Arithmetik. Das Hauptresultat dieses Abschnitts zeigt, daß den rein wahren und den rein falschen Aussagen resp. Herleitungen von Figuren ≺A und A≺ in einem passenden Halbformalismus Ωr entsprechen und umgekehrt. Ein Halbformalismus ist dabei im wesentlichen ein Kalkül, dessen Regeln auch solche mit unendlich vielen Prämissen enthalten. Der Halbformalismus Ωr stimmt mit dem semantischen Halbformalismus (Lorenzen 1961, Lorenzen 1962) überein, der nichts anderes als eine konstruktive Fassung der klassischen Definitionen von ‚wahr‘ und ‚falsch‘ für logisch zusammengesetzte Aussagen aufgrund der Wahrheit und Falschheit ihrer direkten Teilaussagen darstellt. Die konstruktive Fassung des Sattelpunktsatzes für ein reines Dialogspiel mit einer entscheidbaren Basis liefert zum Abschluß den genauen Sinn des Satzes, daß jede Aussage A entweder rein wahr oder rein falsch ist und damit die erste Rechtfertigung für die Adäquatheit der gewählten Definitionen für die Begriffe ‚wahr‘ und ‚falsch‘. Einfache heuristische Überlegungen zeigen, daß Aussagen wie A→A nie rein falsch sein können, obwohl sie nicht stets als rein wahr erweisbar sind. Damit entsteht die Frage nach der logischen Wahrheit einer Aussage, d. h. ihrer Wahrheit allein aufgrund der Form ihrer Zusammensetzung aus ihren Primaussagen. Sie wird im II. Kapitel behandelt. Da für den Begriff der logischen Geltung die Wahrheit und Falschheit der Primaussagen keine Rolle spielen soll, ist ein Dialogspiel im Sinne des I. Kapitels als Ausgangspunkt jedoch ungeeignet. Jeder Dialog eines solchen Dialogspiels über einem Basisspiel erreicht nämlich schließlich Primaussagen, und der ‹formale› Teil des Dialogs hört dort sicher auf. Aus diesem Grunde werden den Dialogspielen über Basen – jetzt faktische Dialogspiele genannt – formale Dialogspiele oder ‹Logikspiele› gegenübergestellt, die sich dadurch auszeichnen, daß die Primformeln der Basis durch Primformelschemata ersetzt sind. Das Basisspiel entfällt, da Primaussageschemata ‒ es sind bloße Figuren und nicht mehr Ableitbarkeitsaussagen in Kalkülen ‒ nicht mehr angegriffen werden können. Gleichsam zum Ausgleich erhält die sonst unveränderte allgemeine Spielregel einen für formale Dialogspiele charakteristischen Zusatz, der besagt, daß einer der beiden Spieler ‒ er wird hier Weiß (W) genannt ‒ Primaussageschemata höchstens dann setzen darf, wenn dieselben Schemata im Verlaufe der Partie vorher schon von dem anderen Spieler ‒ Schwarz (S) ‒ gesetzt wurden.

Einleitung

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Damit wird eine Unsymmetrie in die bisher symmetrischen Spielregeln eigeführt, die aber intuitiv verständlich sein dürfte: Spieler S bürgt durch Setzen für die Wahrheit einer von ihm zu wählenden Belegung eines jeweils fälligen Primaussageschematas p durch Primaussagen einer Basis, was jedoch nicht konkret durchgeführt zu werden braucht, und W darf sich höchstens solchen von S garantierten Belegungen anschließen. Die grundlegenden semantischen Definitionen für formale Dialogspiele spalten sich daher auf: Existenz von W-Gewinnstrategien für oder gegen ein Aussageschema A wird als Allgemeingültigkeit oder Allgemeinungültigkeit und die Existenz von S-Gewinnstrategien für oder gegen A als Erfüllbarkeit oder Verwerfbarkeit von A definiert. Fordert man von den speziellen Spielregeln noch eine als formale Zulässigkeit bezeichnete Verträglichkeit mit der charakteristischen Zusatzregel, so zeigt sich, daß die reine Spielregel nur mit dem gänzlichen Verbot der Übernahme von Primaussageschemata durch W verträglich ist. Es gibt weder rein allgemeingültige noch rein allgemeinungültige Aussageschemata: Die ‹reine› Logik ist leer. Eine erste, immer noch symmetrische Erweiterung der reinen Spielregel stellt die strenge Spielregel dar, die ‒ unter gewissen Bedingungen ‒ maximal zwei Gegenzüge gegen einen Zug im Laufe einer Partie gestattet, wenn der eine ein Angriff und der andere eine Verteidigung ist. [. . .] Die beiden folgenden Erweiterungen im dritten Abschnitt des II. Kapitels führen zwei unsymmetrische spezielle Spielregeln ein: die effektive Spielregel gestattet W beliebige, aber endlich viele Angriffswiederholungen, die antieffektive Spielregel beliebige, aber endlich viele Verteidigungswiederholungen. Die Darstellung der allgemeingültigen Aussageschemata A beider Logikspiele wird durch in Vollformalismen Φeff und Φ*eff ableitbare Figuren ‖A gegeben. [. . .]. Ein Äquivalenzbeweis zeigt, daß Φeff mit einem die effektive Logik kalkülisierenden Implikationenkalkül Λeff äquivalent ist. Ein letzter Schritt vereinigt die effektive und die antieffektive Spielregel zur klassischen Spielregel. Es läßt sich wieder zeigen, daß der Kalkül Φkl, dessen ableitbare Figuren der Form ‖A alle und nur die klassisch allgemeingültigen Schemata A enthalten, mit einem Gentzenkalkül Λkl für Implikationen der klassischen Logik äquivalent ist. Nennt man eine spezielle Spielregel optimal, wenn sie mit der weiteren Fassung der charakteristischen Zusatzregel ‒ unbeschränkt häufige Übernahme desselben von S gesetzten Primaussageschemas p durch W ist gestattet ‒ verträglich ist, so sind die beiden Spiele der effektiven und der klassischen Logik dadurch ausgezeichnet, daß das effektive Logikspiel das minimale und das klassische Lo-

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gikspiel das maximale unter den optimalen Logikspielen darstellt, sofern dessen Spielregel für S die strenge Spielregel vorsieht. Die Resultate des II. Kapitels lassen sich in zwei dialogische Konsistenz- und Vollständigkeitssätze für die bekannten Kalküle der effektiven und der klassischen Logik zusammenfassen: Jedes effektiv [klassisch] allgemeingültige Aussageschema ist in einem Kalkül der effektiven [klassischen] Logik ableitbar und umgekehrt. Im III. Kapitel schließlich werden wieder faktische Dialogspiele betrachtet, und zwar mit denselben speziellen Spielregeln, die den verschiedenen Logikspielen zugrundeliegen. Zunächst führen wir die Begriffe ‚Interpretation‘ und ‚Modell‘ analog den üblichen Verfahren ein, und schließlich beweisen wir, daß allgemeingültige [allgemeinungültige] Schemata durch Interpretation über einer entscheidbaren Basis in Aussagen übergehen, die im zugeordneten faktischen Dialogspiel wahr [falsch] sind. Damit ist ein gewisser Anschluß an die übliche mengentheoretische Einführung der semantischen Begriffe Allgemeingültigkeit und Allgemeinungültigkeit gewonnen, der sich allerdings nicht auf die komplementären Begriffe der Erfüllbarkeit und Verwerfbarkeit ausdehnen läßt. Es gibt zum Beispiel effektiv verwerfbare Schemata, die keine Interpretation über einer entscheidbaren Basis besitzen, die effektiv falsch ist. Die tertium-non-datur–Formel p⋁¬p ist ein solches Beispiel. Erst für klassisch verwerfbare [erfüllbare] Schemata beweist der Vollständigkeitssatz von Kurt Gödel (1930), daß eine Interpretation über einer entscheidbaren Basis existiert, die klassisch falsch [wahr] ist. Im zweiten Abschnitt des III. Kapitels wird zumindest angedeutet, wie man trotzdem auch für die anderen Logikspiele eine Deutung der Erfüllbarkeit und der Verwerfbarkeit von Aussageschemata in den zugehörigen faktischen Dialogspielen versuchen kann. Auf diese Frage wird aber nicht näher eingegangen. Wie für das reine Dialogspiel erhält man eine Darstellung der wahren Aussagen in den nichtreinen faktischen Dialogspielen durch die herleitbaren Figuren gewisser Halbformalismen, die wir auch hier als äquivalent mit Halbformalismen für Implikationen beweisen, um den Anschluß an die übliche Darstellung halbformaler Systeme zu gewinnen, zum Beispiel bei Kurt Schütte (1960, p. 167 ff.) für die klassische (elementare) Arithmetik und bei Lorenzen (1962, §§ 6–7) für die effektive und die klassische (elementare) Arithmetik. Die Symmetrie der Spielregel eines strengen Dialogspiels erlaubt es wieder, den finiten Sinn seiner Konsistenz und Vollständigkeit, nämlich daß jede Aussage entweder streng wahr oder streng falsch ist, sehr leicht anzugeben. Für das effektive und das klassische Dialogspiel ist die Vollständigkeit in ebendemselben Sinne trivial, während die Konsistenz wegen der Unsymmetrie der Spielregeln für ihren Beweis einige zusätzliche Überlegungen erfordert. Die Arbeit behandelt im letzten Abschnitt eine Darstellung des Verfahrens, von wahren Aussagen logisch auf weitere wahre Aussagen zu schließen,

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was einem Beweis des modus ponens: A ε w ⊼ (A→B) ε w ⇒ B ε w gleichkommt ‒ dieser ist äquivalent mit einem Beweis der Zulässigkeit der Schnittregel in den zugehörigen Halbformalismen ‒, dessen schwachen dialogischen Sinn wir formulieren und den wir in dieser schwachen Form beweisen. Als arithmetische Anwendung folgt daraus eine schwache Form der Konsistenz der Peano-Arithmetik, mit deren genauer Formulierung die Arbeit abschließt.

I Arithmetik 1 Grundbegriffe Dieser Abschnitt soll als erstes die Begriffe bereitstellen, die der ganzen Arbeit zugrunde liegen. Die Verwendung der Sprechweise der abstrakten Mathematik bedeutet dabei keinen methodischen Vorgriff. Alle Beweise werden, wenn nötig, erst an den konkreten Modellen geführt. Es soll nur nicht auf den Vorteil verzichtet werden, den die abstrakte Kennzeichnung der verschiedenen Modelle bei deren Untersuchung bietet. Die spieltheoretische Terminologie lehnt sich an die von Claude Berge in seiner Monographie2 gewählte an. Die später betrachteten Spiele fallen alle unter den Begriff eines offenen Zweipersonenmattspiels, der auf folgende Weise erklärt wird. Gegeben sind der Reihe nach: (1) Eine Menge X, die Menge der Spielstellungen; (2) Eine auf X erklärte zweistellige Relation T, die Spielregel; (3) Zwei Spieler, Weiß W und Schwarz S; (4) Eine Klasseneinteilung von X in zwei disjunkte Zugbereiche XW und XS, die mit T verträglich ist in dem Sinn, daß die Relation T niemals zwischen zwei Spielstellungen derselben Klasse besteht. Nennt man, wie üblich, in xTy die Stellung x einen T-Vorgänger von y und die Stellung y einen T-Nachfolger von x, so heißt die Menge der Stellungen, zu denen es keinen T-Vorgänger gibt, die Menge der Anfangsstellungen (Anfänge) A, hingegen die Menge der Stellungen, zu denen es keinen T-Nachfolger gibt, die Menge der Endstellungen (Enden) E. Eine Partie des Spiels verläuft dann so, daß von einer gegebenen Anfangsstellung x0 aus der Spieler, in dessen Zugbereich x0 liegt, als ersten Zug einen T-Nachfolger x1 von x0 wählt. Die unter (4) formulierte Verträglichkeitsbedingung für T garantiert jetzt, daß x1 im Zugbereich des anderen Spielers liegt, der als zweiten Zug seinerseits einen T-Nachfolger x2

2 Berge (1957).

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von x1 wählt. Dieses Verfahren wird so lange fortgesetzt, bis eine Endstellung y erreicht ist. Dann erst ist die Partie beendet. Liegt y im Zugbereich von W, so hat S gewonnen und W verloren, ist hingegen y ∈ XS, so hat W gewonnen und S verloren. Beide Spieler sollen außerdem das Recht haben, eine unbeendete Partie aufzugeben. Sinngemäß verliert der aufgebende Spieler. Die Zugbereiche XW und XS werden daher auch Gewinnbereiche resp. für S und W genannt. Die beginnende Partei, also der Spieler, der den ersten Zug x1 setzt, soll künftig stets Opponent O, die nachziehende Partei Proponent P heißen. Man beachte, daß die Bezeichnungen ‚Opponent‘ und ‚Proponent‘ nur lokal für eine einzelne Partie erklärt sind, die Festlegung von W und S dagegen zur globalen Definition des Spiels gehört. Das darf nicht verwechselt werden. Schließlich muß noch erklärt werden, was mit Partien geschehen soll, die nach dem oben angegebenen Verfahren nie beendet werden, weil keine Endstellung y erreicht wird. Man vergleiche etwa Schach in Endspielpositionen, die kein Matt mehr für einen der Spieler erzwingen lassen. Da es ein Unentschieden nicht geben soll, werde festgesetzt, daß W und nur W auch die Pflicht hat, eine unbeendete Partie nach endlich vielen Zügen aufzugeben. Sie gilt dann formal als unendliche Partie und sei für W verloren, für S also gewonnen. Das mag im Augenblick noch recht willkürlich klingen, es wird sich aber später als sinnvoll herausstellen. Man nennt W den aktiven und S den passiven Spieler, weil mit dieser Vereinbarung S schon gewinnt, wenn er nur verhindern kann, daß W eine für sich günstige Endstellung erreicht, während W nur dann gewinnt, wenn er in endlich vielen Zügen wirklich eine für sich günstige Endstellung erreichen kann, es sei denn, S gibt die Partie schon vorher auf. Damit ist erreicht, daß jede Partie, entscheidbar gegebene X, T und XW, XS vorausgesetzt, effektiv gespielt werden kann und nach endlich vielen Zügen mit eindeutig bestimmtem Gewinn und Verlust für die beiden Spieler abschließt. Unter einem Zug versteht man dabei den Übergang von einer Stellung in eine nach der Spielregel erlaubte andere. Die Züge werden im konkreten Fall dazu dienen, induktiv die Menge der Spielstellungen, von der Menge der Anfänge ausgehend, zu definieren. Als Darstellung eines solchen Spiels kann ein geordneter Graph dienen, dessen Ecken die Spielstellungen und dessen Kanten die Züge repräsentieren. Diese Darstellung nennt man die extensive Form des Spiels. [. . .] Ist X endlich, so heißt das Spiel endlich, sind die Längen der von festem x0 ∈ X ausgehenden Partienstücke beschränkt, so heißt das Spiel partienbeschränkt, gibt es eine gemeinsame Schranke für alle x0 ∈ X, so heißt das Spiel beschränkt, und sind schließlich die Längen der Partienstücke bei festem Anfang x0 ∈ X wenigstens endlich, so heißt das Spiel partienendlich. Offensichtlich gelten die Implikationen endlich ≺≺ beschränkt ≺≺ partienbeschränkt ≺≺ partienendlich.

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Daß keine der Umkehrungen allgemein gilt, zeigen die Beispiele:

beschränkt, nicht endlich

partienbeschränkt, nicht beschränkt

partienendlich, nicht partienbeschränkt

Grundlegend in der Theorie der Spiele ist der Begriff der Strategie eines Spielers. Eine Strategie σι des Spielers ι wird erklärt als eine Funktion, die überall auf dem Zugbereich Xι mit Ausnahme der Enden definiert ist und deren Werte T-Nachfolger der jeweiligen Stellungen sind. Aber selbstverständlich interessieren in unserem Zusammenhang nur konstruktiv erklärte Strategien. Wahl einer Strategie durch jeden der beiden Spieler legt den Verlauf einer Partie bei gegebenem Anfang x0 eindeutig fest. Diese Wahl läßt sich auffassen als Übergang zu einem neuen Spiel, bei dem jeder Spieler zu gegebenen x0 unabhängig eine Strategie des alten Spiels wählt; anschließend wird Gewinn und Verlust einer Partie des neuen Spiels (die nur aus je einem Zug der beiden Spieler besteht) durch Gewinn und Verlust der durch die gewählten Strategien eindeutig be-

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stimmten Partie des alten Spiels mit x0 als Anfang bestimmt. Dieses neue Spiel heißt die Normalform des alten Spiels bzgl. x0. Es wird hier aber kein Gebrauch von der Normalform eines Spieles gemacht werden, da in den zu untersuchenden Spielen gerade die spezielle Gestalt der Spielstellungen und der Spielregel interessiert, die beim Übergang zur Normalform eines Spiels verlorengeht. Außerdem gibt es im allgemeinen keine konstruktive und erschöpfende Definition der Menge der Spielstellungen einer Normalform zu einem gegebenen Spiel. Ist umgekehrt eine Partie Δ eines Spiels gegeben, so gibt es ein Strategienpaar σW, σS, i. e. Strategien der Spieler W und S, durch die Δ wiederum vollständig festgelegt ist. Δ ist nämlich ein System x0, . . . , xn von Stellungen mit xνTxν + 1, und jede Festsetzung der Werte von σι auf Xι E, die für xν ∈ Xι die Bedingung σι xν = xν + 1 erfüllt, leistet das Verlangte. Eine Strategie σι heißt eine ι-Gewinnstrategie für x0, wenn mit σι jede bei x0 beginnende Partie Δ(x0) vom Spieler ι gewonnen wird, also unabhängig davon, welche Strategie τ der andere Spieler wählt. Der Hauptsatz der Spieltheorie, der in seiner einfachsten Form auf Ernst Zermelo zurückgeht und in der Folge mehrfach verallgemeinert wurde, gibt nun notwendige Bedingungen an, unter denen für ein vorgelegtes Spiel stets einer der beiden Spieler eine Gewinnstrategie bei vorgegebenem Anfang x0 besitzt. Diese Bedingungen sind für die hier betrachteten Spiele erfüllt. Da aber aus methodischen Gründen der Beweis dieses Satzes, der sich nur in für uns zu speziellen Fällen streng finit führen läßt, hier nicht verwendbar ist, wird bei der folgenden Untersuchung unserer konkreten Spiele der konstruktive Sinn dieses Satzes eigens herauszuarbeiten sein. Wir wollen sagen, daß der Spieler ι eine ι-Gewinngarantie auf x0 hat, wenn er ohne Rücksicht auf die Züge des anderen Spielers eine Partie Δ (x0) nach endlich vielen Zügen dadurch gewinnt, daß er eine Endstellung y ∈ Xῑ (ῑ bezeichne den von ι verschiedenen Spieler) erreicht. Jede Gewinngarantie induziert daher eine Gewinnstrategie, aber natürlich nicht umgekehrt, weil es auch abgebrochene Partien ohne Endstellungen gibt. Insbesondere könnte es S-Gewinnstrategien für ein x0 geben, die darauf beruhen, daß stets W die Partie abbrechen muß. In den Abschnitten des II. Kapitels finden sich zahlreiche Beispiele. W-Gewinnstrategien für x0 hingegen können nur auf W-Gewinngarantien auf x0 beruhen, weil W als aktiver Spieler eine Endstellung zum Gewinn wirklich erreichen muß, wenn sie ohne Rücksicht auf die Züge von S erreichbar sein soll. Für Hilfsbetrachtungen ist es übrigens noch nützlich, auch Partien Δ(x0) mit beliebiger Stellung x0 und nicht nur Anfangsstellungen zuzulassen. Die Begriffe Gewinngarantie und Gewinnstrategie sind dann entsprechend zu erweitern. [. . .]

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2 Dialogspiele Das gemeinsame Kennzeichen aller folgenden Spiele besteht darin, daß ihre Anfangsstellungen Aussagen sind, supplementiert durch eine Angabe über den Zugbereich, die, wie üblich, mit Hilfe der logischen Partikeln, der Junktoren ⋀ (und), ⋁ (oder), ¬ (nicht), → (wenn-dann), und der Quantoren ∧ (für alle), ∨ (für manche) aus logisch unzusammengesetzten Primaussagen aufgebaut werden. Die Partien mögen deshalb Dialoge heißen, die Spiele selbst Dialogspiele. Es werde vorausgesetzt, daß für die Primaussagen als Anfänge ein Spiel im Sinne von Abschnitt 1 erklärt ist, das Basisspiel B eines Dialogspiels heißen soll. Gegeben sind also eine Menge von Spielstellungen XB, eine Spielregel TB und eine mit TB verträgliche Klasseneinteilung von XB in die beiden Zugbereiche der Spieler W und S derart, daß die Menge AB ⊆ XB der Anfangsstellungen die Primaussagen eines Dialogspiels sind. Es handelt sich hier ausschließlich um explizite Konstruktionen, welche die faktische Spielbarkeit von B gewährleisten. Es sind entscheidbar, sowohl x 2 AB als auch xT B y und die Einteilung in Zugbereiche. Eine Partie kann effektiv gespielt werden und ist stets nach endlich vielen Schritten mit eindeutig bestimmtem Gewinn und Verlust für W und S beendet. Solche Spiele mit entscheidbarem Partiebegriff sollen definit heißen. Aussagen, die Anfangsstellungen eines definiten Spiels sind, nennen wir dialogdefinit. Dabei kommt jede Aussage je einmal als Anfangsstellung im Zugbereich von W und im Zugbereich von S vor. Es soll jedem der beiden Spieler möglich sein, einen Dialog um diese Aussage als Anfang zu beginnen. Es sei weiter vorausgesetzt, daß eine konstruktiv erklärte Menge von Elementen als Objekte fest zur Verfügung steht, die in den Aufbau der Primaussagen eingehen. Jedem Basisspiel ist ein Objektbereich fest zugeordnet. Ersetzen fest markierter Vorkommen von Objekten in den Primaussagen durch Leerstellen, dargestellt durch sogenannte Objektvariable, liefert Primaussageformen. Primaussagen und Primaussageformen zusammen heißen Primformeln. Ist jetzt konstruktiv eine Menge von Primformeln gegeben, derart, daß alle Ersetzungen von Objektvariablen durch Objekte wieder Primformeln sind, so heißt das Basisspiel B eine Basis des Dialogspiels. Es ist für unsere Zwecke ausreichend zu vereinbaren, daß es sich bei den Objekten wie auch bei den Spielstellungen des Basisspiels um irgendwie angeordnete Schreibfiguren (i. e. endliche Zeichenkonfigurationen) handeln soll, um Diskussionen zu vermeiden, die sich um die Bedeutung von Schreibfiguren kümmern. Die Rechtfertigung, die Anfangsstellungen eines Dialogspiels dann Aussagen nennen zu dürfen, soll darin bestehen, daß die zugehörige Spielregel den Umgang mit diesen Aussagen festlegt, und zwar in einer Weise, die den umgangssprachlichen für uns relevanten Sinn dieser Aussagen wiedergibt. Die Spielregel ist geradezu die Bedeutung einer dialogdefiniten Aussage. Man kann daher umgekehrt auch sagen, daß ein System von Schreibfiguren (wir hätten genauso gut auch zu-

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nächst bedeutungsfreie Phonemfolgen einer natürlichen Sprache nehmen können; Schreibfiguren sind lediglich bequemer) durch die Hinzufügung einer Spielregel, die sie zu Anfangsstellungen eines bestimmten Spiels macht, zu einer Aussage wird und die Partien zu Dialogen werden. Die so verstandene Bedeutung einer Aussage wird – jedenfalls für die Arithmetik – ausreichen, einen inhaltlich vernünftigen Begriff der Geltung, i. e. der Wahrheit und Falschheit einer Aussage einzuführen, der die klassische Auffassung von ‹Wahrheit› als einer ‹Übereinstimmung› mit der ‹Wirklichkeit› auf ihren kontrollierbaren Gehalt zu reduzieren gestattet. Die Forderung nun, daß eine Aussage als Anfang in den Zugbereichen beider Spieler vorkommen soll, hat zur Folge, daß der bedeutungsstiftende dialogische Umgang mit einer gegebenen Aussage für S und W verschieden ist, wenn die Spielregel des Dialogspiels nicht S, W-symmetrisch ist. Das tritt dank unserer Festlegung über die Rolle des aktiven und des passiven Spielers sicher dann ein, wenn das Spiel nicht mehr partienendlich ist. Wir haben zu erklären, was mit der Rede von zweierlei Bedeutung einer Aussage sinnvoll gemeint sein kann, mit welchem Recht also die Spielregel eines Dialogspiels überhaupt unsymmetrisch gegenüber den beiden Spielern sein darf. Das wird im einzelnen bei der konkreten Definition unsymmetrischer Spielregeln sorgfältig zu begründen sein. An dieser Stelle soll zum Verständnis der folgenden allgemeinen Definitionen nur so viel bemerkt werden, daß eine Aussage A im Zugbereich von S gleichzeitig eine Behauptung darstellt, nämlich die Behauptung des aktiven Spielers W, er könne den folgenden Dialog gewinnen, während A im Zugbereich von W gleichzeitig einen Zweifel bedeutet, nämlich den Zweifel des passiven Spielers S daran, daß W den folgenden Dialog gewinne. Es kommt hierin zum Ausdruck, daß das Ziel beider Spieler im Dialog grundsätzlich verschieden ist: W will als aktiver Spieler gewinnen, während S als passiver Spieler nur verhindern will, daß W gewinnt. Man entnimmt daraus sofort, daß in partienendlichen Spielen in Bezug auf das Spielziel zwischen W und S kein Unterschied mehr besteht, sich in solchen Spielen also eine unsymmetrische Spielregel nicht rechtfertigen läßt. Damit ist bereits der Rahmen abgesteckt, innerhalb dessen sich sinnvoll unsymmetrische Spielregeln höchstens einführen lassen. Aber schon jetzt können wir die grundlegenden Definitionen formulieren, deren Angemessenheit sich im Verlauf dieser Arbeit zeigen wird. Sie haben das Ziel, Wahrheit und Falschheit dialogdefiniter Aussagen mit Hilfe der Spielregel neu zu definieren, derart, daß jedenfalls für Aussagen der konkreten Arithmetik der volle mathematische Sinn dieser Worte getroffen wird. Def. 1. Ist A eine dialogdefinite Aussage im Zugbereich von S (Anfangsstellung A, S : A ), so heiße eine W-Gewinnstrategie für A, S ein Beweis von A, liegt hingegen A im Zugbereich von W (Anfangsstellung A, W : A ), so heiße eine W-Gewinnstrategie für A, W eine Widerlegung von A.

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Def. 2. Eine dialogdefinite Aussage A heiße wahr genau, wenn es einen Beweis von A gibt, sie heiße falsch genau, wenn es eine Widerlegung von A gibt. Anschaulich läßt sich der Inhalt dieser Definitionen so beschreiben, daß A genau dann bewiesen sein soll, wenn der aktive Spieler jeden Dialog mit Anfang A als Proponent gewinnen kann, während A widerlegt sein soll, wenn der aktive Spieler jeden Dialog mit Anfang A als Opponent gewinnen kann. In beiden Fällen besteht eine Gewinnstrategie sogar in der Angabe einer Gewinngarantie. Gewinn eines einzelnen Dialoges für ι bedeutet dabei lediglich, daß der Gegner ῑ jedenfalls keine Gewinnstrategie gewählt hatte. Man kann daraus natürlich nicht schließen, daß ῑ nie gewinnen kann (also eine ι-Gewinnstrategie existiert), und im allgemeinen wird es unmöglich sein, etwa alle Dialoge mit Anfang A wirklich führen zu wollen, um effektiv festzustellen, wer von beiden eine Gewinnstrategie hat. Es wird in der Regel unendlich viele solche Dialoge für A resp. A geben. Die Metaaussage, daß eine konstruktiv vorgelegte Strategie eine Gewinnstrategie sei, ist lediglich auf entscheidbare Weise metawiderlegbar, nämlich durch einen Dialog mit dieser Strategie, den der Gegner gewinnt. Ein Metabeweis hingegen, der in der Gewißheit besteht, für eine gegebene Aussage A eine Gewinnstrategie (als P eine Widerlegung oder einen Beweis, als O jeweils Gegenstrategien dazu) zu haben, wird sich allgemeiner Überlegungen bedienen müssen von genau der Art, wie sie die konkrete Mathematik ständig durchführt. Der Umkreis der dabei verwendbaren Methoden ist unbeschränkt, jedoch nicht unkontrolliert; ein Dialog kann die Gewißheit wieder zerstören. Man sieht übrigens ohne weiteres, wie man formal ein Metadialogspiel für Aussagen der Form „σ ist eine ι-Gewinnstrategie für x0“ einzuführen hätte, derart, daß Metabeweis und Metawiderlegung wieder genau dem Sinn der Def. 1. entsprächen. Dieser Schritt ist jedoch völlig überflüssig, weil der Widerlegungsbegriff dieser Metaaussagen entscheidbar ist, wie wir sahen. Die Frage nach der Bedeutung dieser Metaaussagen läßt sich dialogfrei einfach durch die Erklärung, was eine Widerlegung sei, zufriedenstellend beantworten. Dieser Situation begegnen wir wieder bei Aussagen der Form „die Figur α ist im Kalkül K ableitbar“. Diese Aussagen haben einen entscheidbaren Beweisbegriff; eine Erklärung, was eine Ableitung einer Figur in einem Kalkül sei, genügt wieder, um dialogfrei die Frage nach der Bedeutung dieser Aussagen hinreichend zu beantworten. Trotzdem ist es zweckmäßig, sie derart dialogdefinit zu machen, daß ein Beweis im Sinn der Def. 1. mit einer Ableitung gleichbedeutend ist. Das geschieht am Ende dieses Abschnittes. Wir wollen ganz allgemein dialogdefinite Aussagen mit einem entscheidbaren Beweisbegriff beweisdefinit und diejenigen mit einem entscheidbaren Widerlegungsbegriff widerlegungsdefinit nennen. Die Klasse der dialogdefiniten

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Aussagen ist dann eine gemeinsame Erweiterung der Klassen der beweisdefiniten und der widerlegungsdefiniten Aussagen.3 Der entscheidende Punkt ist jetzt – und das ist überhaupt der Grund für die Einführung der Dialogspiele –, daß sich die logisch zusammengesetzten Aussagen nicht mehr beweis- oder widerlegungsdefinit erklären lassen, wenn die Primaussagen höchstens beweis- oder widerlegungsdefinit sind. Solche Primaussagen von der Art einer Ableitbarkeitsaussage in einem Kalkül gibt es, weil man weiß, daß es unentscheidbare Kalküle gibt. Es war Lorenzen (1961), der zuerst gesehen hat, daß die hier durchgeführte ‹dialogische› Behandlung eine inhaltlich vollkommen adäquate und von der natürlichen Sprache unabhängige Einführung der logischen Partikeln einschließlich der Quantoren ermöglicht, wenn man eine axiomatische Fundierung, die ja ohne semantische, also auf die natürliche Sprache zurückgehende Interpretation, sinnlos bleibt, als unzureichend ansieht. Die dialogdefinite Definition der logisch zusammengesetzten Aussagen führt bei geeignetem Primformelbereich zu einer echten Erweiterung der Klasse der beweisdefiniten und der widerlegungsdefiniten Aussagen. Besonders einfach wird ein Dialogspiel, wenn die Spielregel S, W-symmetrisch ist. In diesem Fall eines symmetrischen Dialogspiels genügt es, sich auf die Anfangsstellungen im Zugbereich eines der beiden Spieler zu beschränken. Ein Beweis von A ist dann gleichbedeutend mit einer P-Gewinnstrategie für A und eine Widerlegung von A mit einer O-Gewinnstrategie für A. In einem nichtkonstruktiven Sinn erhalten wir daher für symmetrische Dialogspiele die Adäquatheit der Def. 2. insofern, als dann der Hauptsatz der Spieltheorie besagt, daß jede Aussage entweder wahr oder falsch ist.4 Wie oben schon gesagt, werden die konkreten Dialogspiele auf den konstruktiven Sinn dieser dialogischen Konsistenz und Vollständigkeit zu untersuchen sein; der Fall der unsymmetrischen, insbesondere also der nichtpartienendlichen Dialogspiele, erfordert dabei eine gesonderte Behandlung. Die Spielregel, die den Umgang mit logisch zusammengesetzten Aussagen regiert, zerfällt in zwei Teile, eine allgemeine Spielregel, die für beliebige Dialogspiele gültig ist, und jeweils spezielle Spielregeln, die für die verschiedenen Dialogspiele,

3 Auf Grund von Kleene (1952a), Theorem XIV p. 306, ist es auch umgekehrt möglich, beweisdefinite oder widerlegungsdefinite Aussagen durch Ableitbarkeitsaussagen in Kalkülen adäquat darzustellen und das Dialogspiel damit grundsätzlich zu eliminieren. 4 Man vergleiche dazu die Ausführungen von Alfred Tarski in seinem klassischen Aufsatz „Der Wahrheitsbegriff in den formalisierten Sprachen“, in englischer Übersetzung abgedruckt in Tarski (1956), p. 152 ff., in dem er mit den Mitteln der Mengenlehre eine „materially adequate und formally correct definition of the term ‚true sentence‘“ vorschlägt und untersucht. Dieses mengentheoretische Verfahren haben wir hier durch ein spieltheoretisches ersetzt.

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von der Basis abgesehen, charakteristisch sind. Die allgemeine Spielregel ist unabhängig von W und S. Zu ihrer Formulierung sind einige Vorbereitungen nötig. (1) Künftig seien p, q, . . . Metavariable für Primformeln einer Basis, x, y, . . . Metavariable für Objektvariable und n, m, . . . Metavariable für Objekte. (Metavariable sind Zeichen, die zur Mitteilung einer beliebigen nicht näher bestimmten Schreibfigur der fraglichen Sorte dienen, also das, was in der Mathematik oft eine ‹festgehaltene› Variable genannt wird. Sie sind kein Teil der konkreten Schreibfiguren, die im übrigen autonym verwendet werden.) Dann werden Formeln induktiv definiert durch: (1.11) Primformeln p sind Formeln; (1.12) Sind α und β Formeln, so sind auch (α ⋀ β), (α ⋁ β) und (α → β) Formeln (1.13) Ist α eine Formel, so sind auch ∧x α, ∨x α und ¬ α Formeln. A, B, . . . dienen als Metavariable für Formeln. [. . .] Mit σxn A werde das Resultat der Substitution von n für jedes in A frei vorkommende x bezeichnet, insbesondere A selbst, falls x gar nicht in A vorkommt. Es ist üblich, das freie Vorkommen von x in A durch A(x) mitzuteilen. Klammern werden in der Regel nach der üblichen Vereinbarung weggelassen, zuweilen auch durch Punkte ersetzt. Ebenso wird das x hinter den Quantoren regelmäßig als unterer Index realisiert gesetzt. Der Grad einer Formel wird definiert durch: (1.21) Primformeln p haben den Grad 1, (1.22) Haben A und B resp. die Grade gA und gB, so haben A ⋀ B, A ⋁ B und A ! B den Grad max (gA, gB) + 1; (1.23) Hat A den Grad g, so habe ∧x α, ∨x α und ¬ A den Grad g + 1. (1.23) ist offensichtlich zulässig, da alle Primformeln denselben Grad haben. Kommt in A keine Variable frei vor, so heißt A eine Aussage. Da die Primformeln einer Basis entstammen, sind logisch unzusammengesetzte Aussagen Primaussagen des Basisspiels. Die letzte beim Aufbau einer Aussage A eingeführte logische Partikel heißt die Hauptpartikel von A. (2) Die Züge eine Dialogspiels bestehen aus (2.1) Aussagen A

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(2.2) Aufforderungen ?, ?n , ?l , ?r (n ein Objekt), die der Reihe nach gelesen werden können als „dubito“, „dubito n“, „dubito links“, und „dubito rechts“, (2.3) den Zügen des Basisspiels B. z1, z2, . . . seien Metavariable für Züge. Ein Zug ist nach der oben gegebenen terminologischen Vereinbarung der Übergang von einer Spielstellung zu einer nach der Spielregel zulässigen nächsten. [. . .] (3) Ein Dialog wird jetzt dadurch genauer charakterisiert, daß jeder seiner Züge eine Aussage A angreift (Angriff gegen A) oder auf einen Angriff z verteidigt (Verteidigung von A auf z). Die Einteilung der Züge eines Dialoges in Angriffe und Verteidigungen ist lokal, also nur in Bezug auf deren Rolle im gegebenen Dialog definiert. Der erste Zug eines Dialoges Δ(A) ist stets ein Angriff, nämlich gegen die Aussage A der Anfangsstellung. Die allgemeine Spielregel gibt jetzt in Form einer Tabelle sämtliche Möglichkeiten an, eine logisch zusammengesetzte Aussage anzugreifen und auf Angriffe zu verteidigen; jeder Angriff gegen z1 und jede Verteidigung von z auf z1 heißt dabei ein Gegenzug gegen z1. Def. 3. Die allgemeine Spielregel eines Dialogspiels wird gegeben durch: C z′ z″ Konjunktion

A⋀B

? l

A

? r

B

Adjunktion

A⋁B

Subjunktion

A→B A

¬A V große Konjunktion A Negation

x

große Adjunktion

W x

A

?

A B B

A ? n

σxn A

?

σxn A

Die Züge z′ der zweiten Spalte enthalten alle Angriffe gegen die korrespondierenden Aussagen C der ersten Spalte, während die Züge z″ der dritten Spalte alle Verteidigungen von korrespondierenden Aussagen C auf die entsprechenden Züge z′ enthält. Zunächst ergibt sich, daß die Formeln in den Spalten zwei

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und drei wirklich Aussagen sind, wenn C eine Aussage ist. Weiter liest man aus der Tabelle ab, daß Aufforderungen stets Angriffe sind und daß jede logisch zusammengesetzte Aussage auf mindestens eine Weise angegriffen und, mit Ausnahme von Aussagen der Form ¬A, auch auf mindestens eine Weise verteidigt werden kann. Jeder Angriff gegen C und jede Verteidigung von C, die selbst Aussagen sind, heißen direkte Teilaussagen von C. Teilaussagen werden durch Iteration definiert. (3.1) Direkte Teilaussagen von C sind Teilaussagen von C; (3.2) Ist C′ Teilaussage von C, so sind die direkten Teilaussagen von C′ ebenfalls Teilaussagen von C. Mit dieser Definition ist jeder in Δ(A) auftretende Zug, der gleichzeitig eine Aussage ist und nicht dem Basisspiel angehört, eine Teilaussage von A. Die direkten Teilaussagen einer Aussage A haben stets einen kleineren Grad als den von A. Wir wollen sagen – unter Mißbrauch des Wortes ‚Bedeutung‘ –, daß die allgemeine Spielregel die lokale Bedeutung der logischen Partikeln definiert. Denn selbstverständlich haben nicht die logischen Partikeln, sondern nur die mit ihnen zusammengesetzten Aussagen eine Bedeutung. Die Bedeutung der Aussagen ist aber durch die allgemeine Spielregel noch in keiner Weise bestimmt. Es fehlen außer der Basis und ihrer Spielregel noch die speziellen Spielregeln, die Vorschriften darüber zu enthalten haben, wann und wie oft Aussagen im Verlauf der Partie angegriffen und verteidigt werden können. Dann erst sind Spielstellungen und Spielregel vollständig definiert, so daß Gewinn und Verlust einer Partie Δ(A) und damit die Bedeutung von A eindeutig feststeht. Dabei wollen wir verlangen, daß stets mindestens ein Gegenzug z1 gegen einen Zug z von der speziellen Spielregel als nächster Zug nach z auch wirklich erlaubt wird; solche speziellen Spielregeln sollen regulär heißen. (4) Jede spezielle Spielregel eines Dialogspiels sei regulär. Damit werden pathologische spezielle Spielregeln, die etwa einen Gegenzug gegen z erst nach einigen Zwischenzügen gestatten oder gar überhaupt nach einer bestimmten Anzahl von Zügen verbieten, als unvernünftig ausgeschlossen. Wir können sagen, daß die speziellen Spielregeln die lokale Bedeutung der logischen Partikeln auf diese Weise simultan zu ihrer globalen Bedeutung ergänzen; jeder speziellen Spielregel liegt die allgemeine Spielregel mit der Definition von Angriff und Verteidigung regulär zugrunde, während beide zusammen unter Hinzufügung der Basis die Bedeutung einer Aussage festlegen. Man kann es so ausdrücken, daß die lokale Bedeutung der logischen Partikeln die Bedeutung einer Aussage relativ zu ihren direkten Teilaussagen bestimmt, während die gesamte Spielregel die absolute Bedeutung der Aussagen anzugeben hat.

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Sieht man dabei von der Bedeutung der Primaussagen ab, betrachtet also nur die ‹logische Bedeutung› (i. e. Bedeutung relativ zu den Primaussagen) einer Aussage, so setzt sich diese aus der lokalen Bedeutung aller in ihr enthaltenen logischen Partikeln in einer durch die spezielle Spielregel regierten Weise zusammen. Die ‹logische Bedeutung› einer Aussage wird vollständig durch die globale Bedeutung der logischen Partikeln bestimmt. Im übrigen bedarf es wohl keiner weiteren Erläuterungen, inwiefern die jeder der logischen Partikeln durch die allgemeine Spielregel einzeln zugewiesene Rolle deren umgangssprachlichen Sinn als Hauptpartikel einer Aussage darstellt. Die Ergänzung der allgemeinen Spielregel durch eine spezielle wäre nun sogar fast zwangsläufig, wenn es die Subjunktion nicht gäbe, die bei den verschiedenen Ergänzungen durch spezielle Spielregeln in der Tat eine zentrale Rolle spielen wird, die vielleicht noch eher als die Bemerkungen oben über das Verhältnis von beweis- und widerlegungsdefinit zu dialogdefinit die dialogische Behandlung der logischen Partikeln rechtfertigt. [. . .]

3 Reine Arithmetik Zur Vorbereitung der speziellen Spielregel für ein reines Dialogspiel wollen wir einige Begriffe einführen, die den konkreten Verlauf einer Partie besser zu beschreiben gestatten [. . .] Die Figuren x, die dabei als Spielstellungen definiert werden, sollen zweckmäßigerweise so beschaffen sein, daß die T-Nachfolger von x allein auf Grund von x bestimmt sind. Wir sagen dann, daß x den Dialogstand vollständig bestimme. (1.1) Je ein Angriff z′ (gegen z) und je eine Verteidigung z″ (von z) auf z′ innerhalb eines Dialoges Δ bilden eine geschlossene Runde von Δ, ein Angriff allein, auf den keine Verteidigung in Δ vorkommt, heiße eine offene Runde von Δ. Enthält ein Dialog nicht mehrere Verteidigungen z″ auf denselben Angriff z′, so sind verschiedene Runden von Δ stets zugfremd; da jeder Dialog nur aus Angriffs- und Verteidigungszügen besteht, läßt sich ein solcher Dialog vollständig in Runden zerlegen. Nur Dialoge dieser speziellen Art werden zunächst betrachtet. Wir wollen sagen, ein Angriff z′ eröffne eine Runde und eine Verteidigung z″ auf z′ schließe sie. (1.2) Die Runden eines Dialoges seien in der Reihenfolge der sie während des Dialoges eröffnenden Angriffe geordnet. Der erste Zug eines Dialoges eröffne stets die erste Runde; er ist zwingend ein Angriff gegen die Aussage der Anfangsstellung. Wir setzen fest, daß die Aussage der An-

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fangsstellung der nullte (uneigentliche) Zug einer Partie sein und die nullte (uneigentliche) Runde eröffnen solle. Diese ist stets offen. (1.3) Es ist nützlich, auch Gewinn und Verlust der einzelnen Runden eines Dialoges einzuführen. Eröffnet ι eine geschlossene [offene] Runde, so sei diese Runde von ι verloren [gewonnen] und von ῑ gewonnen [verloren]. Erinnern wir uns jetzt, daß jeder Zug z2 gegen einen Zug z1 (also ein Angriff z2 gegen z1 oder eine Verteidigung z2 von z auf z1) ein Gegenzug z2 gegen z1 genannt wurde, so ist offenbar die einfachste und nächstliegende spezielle Spielregel diejenige, die während eines Dialoges auf jeden Zug genau einen Gegenzug erlaubt. Wir formulieren mit den oben bereitgestellten Begriffen: Def. 5. Die reine Spielregel laute: Während eines Dialoges ist auf jeden Zug genau ein Gegenzug gestattet; d. i. mit anderen Worten: (1) Ein Angriff z′ gegen z in Runde ν (⩾ 0) darf nur unmittelbar auf z folgen, also höchstens Runde ν + 1 eröffnen. (2) Eine Verteidigung z″ von z auf einen Angriff z′ in Runde ν (⩾ 1) darf nur unmittelbar auf z′ folgen, also nur dann Runde ν schließen, wenn keine Runde μ > ν vorkommt. Es ist trivial, daß diese spezielle Spielregel auch mit der Spielregel der Basis, über die noch verfügt werden kann, verträglich ist. Wir geben jetzt der Definition eines reinen Dialogspieles eine formale Fassung von der Art, wie wir sie im ersten Abschnitt allgemein betrachtet haben. Def. 6. (1) Die Menge der Anfänge A eines reinen Dialogspieles sei gegeben durch die Diagramme , wo A eine nach (2.1) definierte Aussage A und A ist. A heiße der 0. Zug eines Dialoges Δ (A). Es sei A A X.s XW und sind alle (2) T-Nachfolger von A A Diagramme



A

A



, wo z′ ein Angriff gegen A ist, und zwar in

Übereinstimmung mit der allgemeinen Spielregel, falls A logisch zusammengesetzt, in Übereinstimmung mit der Basisspielregel, falls A Primaussage ist.

(3) Ist x ein Diagramm

ζ1 z

ζ2

ζ1

ζ2 z

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1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

(ζι steht für Spaltensysteme von Zügen einschließlich des nullten und leerer Züge) und z ein Angriff, so sind die T-Nachfolger von x alle Diagramme, die den folgenden Bedingungen genügen: (.) , wo z′ eine Verteidigung auf z in Übereinstimmung ζ1 ζ2 ζ1 ζ2 mit der allgemeinen resp. der Basisspielregel ist, z zʹ zʹ z (.)

ζ1

ζ2

ζ1





z

, wo z′ ein Angriff gegen z in Übereinstimmung mit der allgemeinen resp. der Basisspielregel ist.

ζ2

z

() Ist x ein Diagramm

ζ1

ζ2

z



ζ1 zʹ

ζ2 z

und z′ eine Verteidigung, so sind die T-Nachfolger von x alle Diagramme

ζ1

ζ2

ζ1

z zʺ





ζ2

, wo z″ ein Angriff gegen z′ ist.

z zʺ

Die nach (1) – (4) herstellbaren Diagramme lassen sich als Menge der Spielstellungen X des reinen Dialogspiels wählen [. . .]. Jede Zeile eines Diagramms x bildet eine offene oder geschlossene Runde von Δ, die von oben nach unten in der unter (1.2) verlangten Weise angeordnet sind. Dabei enthält die linke Spalte von x die Züge von S – die S-Züge –, die rechte Spalte die Züge von W – die W-Züge –. Jeder Angriff ist gegen die vorhergehende Runde gerichtet. Offene Runden enthalten nur einen Angriff, geschlossene werden von dem Spieler eröffnet, der die letzte vorangehende offene Runde verloren hat. Insbesondere ist x∈Xῑ, wenn die letzte offene Runde in x von ι eröffnet wird, und das Diagramm x befindet sich im Gewinnbereich des Spielers ι. Im reinen Dialogspiel gewinnt derjenige Spieler einen Dialog Δ(A), der dessen letzte Runde gewinnt; dieser Spieler ist auch stets derjenige, der die letzte offene Runde von Δ(A) gewinnt. Wie verlangt, kann man den Dialogstand vollständig von einem Diagramm x ablesen.

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Die nächste wichtige Frage, ob es nach Def. 6. möglich ist, Partien beliebig lange zu spielen, ohne eine Endstellung zu erreichen, so daß die in Abschnitt 1. formulierte Vereinbarung über den Gewinn unendlicher Partien in Kraft zu treten hätte, wird beantwortet durch Lemma 2. Ist A vom Grad g, so besteht in einem reinen Dialogspiel mit entscheidbarer Basis ein Dialog Δ(A) aus höchstens g Runden. (Die 0. Runde wird dabei nicht mitgezählt.) [. . .] Daraus ergibt sich: Satz 2. Ein reines Dialogspiel mit entscheidbarer Basis ist partienbeschränkt. Aber natürlich gibt es keine gleichmäßige Schranke für alle Partien, weil die Anfangsaussagen beliebig hohen Grad haben können. Insbesondere ist jetzt gesichert, daß in einem reinen Dialogspiel mit entscheidbarer Basis die beiden Spieler S und W völlig symmetrisch behandelt werden, es also für den Dialogverlauf theoretisch völlig gleichgültig ist, ob S oder W beginnt. Das ist übrigens auch noch richtig, wenn die Basis nur als fundiert vorausgesetzt wird, weil sich dann entsprechend zu Satz 2. zeigen läßt, daß ein reines Dialogspiel mit fundierter Basis partienendlich ist. Wir formulieren Korollar 1. Ein reines Dialogspiel mit entscheidbarer Basis ist symmetrisch. Ist x ein Dialog Δ(A) in kanonischer Darstellung und die Aussage B ein Zug von x, der nicht eine geschlossene Runde eröffnet, so bilden die auf B folgenden Runden einen Teildialog Δ(B) von A in kanonischer Darstellung. Es gilt sogar, wie man sich leicht überzeugt, daß genau dann ein Dialog Δ(A), der eine Teilaussage B von A als Zug enthält, in ein mit A beginnendes Dialogstück und einen Teildialog Δ(B) vollständig zerlegt werden kann, wenn B keine geschlossene Runde von Δ(A) eröffnet.

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1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

Zur Illustrierung der bisherigen Darstellung mögen ein paar einfache durchgeführte, rein arithmetische Dialoge dienen: (.)

(.)

x y

|| ⋀ (||| 󴁑 y | → || 󴁑 y) ?

|

y

⋁ 󳨏 ( |, ||, x) x 󳨏 (|, ||, |||)

||| 󴁑 || → || 󴁑 |

?

󳨏

?

󳨏

⋀ ⋀ ( x | 󴁑 y | → x 󴁑 y)

?

|, ||, ||| |, |, ||

||| 󴁑 ||

+ +

P gewinnt ?

P gewinnt (.)

󳨏

¬ | 󴁑 || ∧ 󳨏 (|, |, ||) → ¬| 󴁑 ||

󳨏

¬ | 󴁑 || ∧ 󳨏 ( |, |, ||) ¬ | 󴁑 ||

? l

| 󴁑 || ?

O gewinnt Dabei beziehen sich die auftretenden Primformeln auf Ableitbarkeitsaussagen im Basiskalkül KBO , die arithmetische Basis Bo der elementaren Arithmetik5: ) j, j ∈% = ; j, j, jj∈% + ; j, j, j∈ %  n, m ∈ % =

) nj, mj ∈ % =

n, j, l ∈ % + ) nj, j, lj ∈ % + n, m, l ∈ % + ) n, mj, lj ∈ % + n, j, l ∈ % ) nj, j, lj ∈ % n, m, l ∈ % ; l, n, k ∈ % + ) n, mj, k ∈ % mit den zweckmäßigen Abkürzungen für die arithmetischen Primformeln s=t

( + ‘KB s, t ∈ % = O

ðstatt = ðs, tÞÞ

+ ðr, s, tÞ ( + ‘KB r, s, t ∈ % + O

 ðr, s, tÞ ( + ‘KB r, s, t ∈ % O

5 Zur Begründung der Definition arithmetischer Primaussagen mit Hilfe von Ableitbarkeitsaussagen in geeigneten Kalkülen cf. Lorenzen (1955), §§ 12, 13.

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In jedem dieser Beispiele gibt es andere Dialogführungen mit umgekehrtem Gewinnausgang, wie man sich leicht überlegt. Es entsteht daher die Frage, ob und wie sich Gewinnstrategien für Aussagen A seitens eines der beiden Spieler finden lassen. In den gegebenen Beispielen ist die Beantwortung leicht; aber schon für Aussagen wie die Fermatsche Vermutung

^x1 , x2 , x3 , y ðx1y + x2y = x3y ! y  2Þ (es ist bekannt, wie sich diese Aussage mit den Mitteln von KBo ausdrücken läßt) wußte man bis 1995, als sie erstmals von Andrew Wiles zusammen mit seinem Schüler Richard Taylor bewiesen wurde, nicht, ob P stets gewinnen kann. Man wird aus diesem Grunde kaum erwarten, daß sich eine konstruktive Methode zur Erzeugung aller P- und O-Gewinnstrategien eines reinen Dialogspiels finden läßt. Trotzdem gibt es eine befriedigende Antwort auf die Frage nach den Gewinnstrategien im reinen Dialogspiel, nämlich durch die Angabe eines Halbformalismus für Implikationen6, dessen herleitbare Figuren genau alle rein wahren und alle rein falschen Aussagen enthalten. Wir verwenden resp. die Abkürzungen A ε wr und A ε fr für „A ist rein wahr“ und „A ist rein falsch“ im Sinne der allgemeinen Definitionen 1. und 2., wobei ‚rein‘ andeutet, daß es sich um ein Spiel nach Def. 6. handelt. Das die Basis qualifizierende Adjektiv ‚arithmetisch‘ lassen wir wieder als unwesentlich weg. Die Implikationen des Halbformalismus bestehen aus den Figuren ≺ A und A ≺ mit Aussagen A. (Man lese etwa ‚≺ A‘ als „Verum impliziert A“ und ‚A ≺‘ als „A impliziert Falsum“, das Resultat vorwegnehmend.) Mit ΠK (α) schließlich wird eine Ableitung von α im Kalkül K mitgeteilt. Es gilt Hauptsatz 1. Für eine Aussage A gibt es genau dann eine P-Gewinnstrategie [O-Gewinnstrategie] in einem reinen Dialogspiel mit entscheidbarer Basis B (A ε wr [A ε fr]), wenn die Implikation ≺ A [A ≺] im folgenden Halbformalismus Ωr herleitbar ist.

6 Cf. Schütte (1960). p. 168 ff.; Halbformalismen (halbformale Systeme) sind spezielle verallgemeinerte Kalküle, nämlich Kalküle mit Formeln (oder Formelsystemen) als Figuren, hingegen verallgemeinert in Bezug auf dessen Regeln, weil auch Regeln mit unendlich vielen Prämissen zugelassen sind.

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1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

(1) (2) (3.1) (3.2) (3.3) (3.4) (4.1) (4.2) (4.3) (4.4) (5.1) (5.2) (6.1) (6.2)

Q ðαÞ existiert QKB K ðαÞ existiert nicht B

A; B A B A B A A B A;B  A; B  A für alle Obj. n  σxn A  σxn A σxn A  für alle Obj. n σxn A 

) p )p

) wo p für ‘KB α steht

)A^B )A_B )A_B )A!B )A!B )  :A ) A^B ) A^B ) A_B ) A!B ) :A  )  ^A x )  _A x ) ^A  x ) _A  x

(5.1) und (6.2) sind die beiden halbformalen Schlußregeln mit unendlich vielen Prämissen, deren Anwendung einen konstruktiven Beweis der Herleitbarkeit aller dieser Prämissen voraussetzt. Der Beweis des Satzes wird in beiden Richtungen durch Induktion nach dem Grad g einer Aussage C geführt (i. e. Teilformelinduktion), wobei vom rein aufbauenden, also graderhöhenden Charakter der Regeln Gebrauch gemacht wird. Ωr ist fundiert. [. . .] Daraus folgt insbesondere: Korollar 2. A [¬A] ist genau dann rein wahr, wenn ¬A [ A] rein falsch ist. Der Halbformalismus Ωr ist unter dem Namen semantischer Halbformalismus bereits bekannt.7 Er definiert nichts anderes als die übliche klassische Zuordnung der beiden Wahrheitswerte wr und fr zu logisch zusammengesetzten

7 Cf. Lorenzen (1961) und Lorenzen (1962); man vergleiche auch die Definition von ‚wahr‘ in Kleene (1952a), p. 499, die in sprachlich verdeckter Gestalt einen ersten Schritt in Richtung auf Ωr darstellt.

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Aussagen C auf Grund ihrer Zuordnung zu den direkten Teilaussagen von C. In diesem Sinne mag der Inhalt der Definitionen 1. und 2. für ein reines Dialogspiel dann auch als gerechtfertigt gelten. Als neu ist hier lediglich die explizite Verknüpfung der Begriffe Beweis und Widerlegung mit den Begriffen wahr und falsch zu betrachten, die der allgemein üblichen abstrakten Zuordnung von Wahrheitswerten zu Aussagen eine konkrete Deutung zu geben vermag, nämlich als Konstruktionsanweisung für eine Gewinnstrategie in einem Dialogspiel. Es ergibt sich insbesondere, daß  A ! B ½A ! B  genau dann in Ωr herleitbar ist, wenn  : A _ B ½: A _ B  in Ωr herleitbar ist. Aber natürlich ist weder für das Tertium non datur  A _ : A noch für den Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch A ^ : A  für jedes A eine Herleitung bekannt, also auch nicht für  A ! A. Man nehme für A einfach eine bisher unbewiesene Aussage, etwa die Goldbachsche Vermutung, daß jede gerade Zahl sich als Summe zweier Primzahlen A → A unbekannt, welA ches der zum Gewinn führende nächste Zug von P ist, ein Angriff gegen A oder die Verteidigung von A ! A gegen A.

darstellen läßt. Dann ist z. B. in Dialogstellung

Trotzdem läßt sich konstruktiv sehr einfach beweisen, daß jedenfalls  A ^ : A und A _ : A  (oder A ! A ≺) nicht herleitbar sind. Beachtet man nämlich, daß sich in Ωr eine Herleitung von  A ^ : A aus den Herleitungen von ≺ A und ≺:A, eine Herleitung von A _ : A  aus denen von A ≺ und :A ≺ zusammensetzt, so genügt es offenbar wegen Korollar 2. zu zeigen, daß nicht gleichzeitig ≺ A und A ≺ hergeleitet werden können. Das aber ist trivial, weil genau einer der Spieler in einem Dialog Δ(A) gewinnt, also stets entweder die Behauptung, es liege eine P-Gewinnstrategie für A vor oder die andere Behauptung, es liege eine O-Gewinnstrategie für A vor, durch den Gewinner von Δ(A) widerlegt wird. Wir erhalten Satz 3. Ein reines Dialogspiel mit entscheidbarer Basis ist konsistent und vollständig, d. h. (a) ‘  A ^ ‘ A  ist nicht beweisbar, (b) ‘  A _ ‘ A  ist nicht widerlegbar. In (b) drückt sich der – schwache – konstruktive Sinn des Hauptsatzes der Spieltheorie aus, der hier ganz auf die definite Erklärung der einzelnen Partie eines Spielers reduziert ist. Mehr aber konnten wir auch nicht erwarten.

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Es bereitet im übrigen keine Schwierigkeit, den Hauptsatz 1. wie auch Satz 3. auf reine Dialogspiele mit allgemeinerer Basis auszudehnen. Wir gehen jedoch hier nicht darauf ein. Der Grundgedanke der im letzten Kapitel behandelten Erweiterungen des reinen Dialogspiels ist nun, eine Spielregel anzugeben, die auch für solche Aussagen A, von denen sich nur zeigen läßt, daß sie nicht rein falsch sind, einen Beweis im erweiterten Sinn zu finden gestattet. Zum besseren Verständnis dieses Verfahrens wenden wir uns vorher in einem eigenen Kapitel dem Aufbau der Logik zu.

II Logik 1 Formale Dialoge Eine Gewinnstrategie (Beweis oder Widerlegung) für eine Aussage A im reinen Dialogspiel beruht stets auf der Kenntnis der Ableitbarkeit oder Nichtableitbarkeit von Figuren im Basiskalkül. Wie der Hauptsatz 1. zeigt, gibt es keine Aussage, die in irgendeinem Sinn aufgrund der Form allein – i. e. der Form ihrer Zusammensetzung mit den logischen Partikeln aus den Primaussagen ohne ‹faktisches› Wissen über deren Wert, also allein aufgrund ihrer ‹logischen Bedeutung›, wie wir sagen wollten – wahr oder falsch ist. Jede Herleitung beginnt mit Implikationen ≺ p bei wahren und p ≺ bei falschen Primaussagen der Basis. Der klassische Weg, formal wahr (auch: logisch wahr, allgemeingültig, tautologisch, analytisch) dadurch zu definieren, daß A formal wahr heißen soll, wenn ein Beweis von A bei ‹beliebiger› Basis existiert, führt hier aus mehreren Gründen nicht weiter; erstens läßt sich von vornherein überhaupt keine Übersicht über die möglichen Basen gewinnen, die hier gewählte Beschränkung auf Kalküle zur Definition der Basis ist sicherlich willkürlich, sie reicht z. B. noch nicht einmal zur Erfassung der Halbformalismen, und zweitens scheitert ein Versuch, wenigstens im Bereich entscheidbarer Basiskalküle formale Wahrheit zu definieren, daran, daß bei unendlichem Objektbereich die quantorenlogich zusammengesetzten Aussagen bekanntlich nicht mehr wertdefinit aus wertdefiniten Primaussagen aufgebaut sind. Trotzdem gibt es offensichtlich Aussagen, von denen sich zeigen läßt, daß sie jedenfalls nicht rein falsch sind, ohne daß der Beweis dieser Metaaussage vom Wert der Primaussagen irgendwelchen Gebrauch machte. In der Tat zeigte der einfache Konsistenz- und Vollständigkeitsbeweis reiner Dialogspiele mit entscheidbarer Basis, daß A→A, ¬(A ⋀ ¬A) und A ⋁ ¬A zu diesen Aussagen gehören. Aber auch dieser Weg hat eine Schwierigkeit, nämlich dem Begriff „kein Gebrauch vom Wert der Primaussagen machen“,

II Logik

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i. e. „allein aufgrund der globalen Bedeutung der logischen Partikeln“, einen präzisen und adäquaten Sinn zu geben, also ‚formal wahr‘ von ‚nur faktisch wahr‘ sauber zu unterscheiden. Das Basisspiel selbst darf im konkreten Dialog ja nicht etwa unterdrückt werden. Hier bietet sich nun glücklicherweise noch eine dritte Möglichkeit an, nämlich völlig unabhängig den Begriff eines formalen Dialogspiels einzuführen, mit dessen Hilfe sich ganz ähnlich wie für faktische Dialogspiele die Begriffe ‚wahr‘ und ‚falsch‘ hier die dialogischen Äquivalente der semantischen Begriffe ‚allgemeingültig‘, ‚erfüllbar‘, ‚verwerfbar‘ (i. e. nicht allgemeingültig) und ‚allgemeinungültig‘ (i. e. nicht erfüllbar) definieren lassen. Wir ersetzen zu diesem Zweck die bisherige konkrete oder ‹faktische› Basis eines reinen Dialogspiels durch eine formale Basis, die sich im wesentlichen dadurch von einer faktischen Basis unterscheidet, daß die Metavariablen der konkreten Theorie mit Ausnahme der Objektvariablen ihre alte Bedeutung verlieren und selbst Gegenstand der Untersuchung werden. An die Stelle der Objekte treten Objektschemata, an die der Primformeln Primformelschemata. Von einer Bedeutung der Primaussageschemata im alten Sinne, durch ein Basisspiel definiert, kann also keine Rede mehr sein. Aber natürlich interessiert auch nicht mehr die faktische Bedeutung der Primaussageschemata und der aus ihnen logisch zusammengesetzten Aussageschemata, diese sollte ja gerade durch den Übergang von einer faktischen zur formalen Basis eliminiert werden, sondern nur noch ihre formale Bedeutung. In der üblichen Terminologie fragt man nach der Allgemeingültigkeit und der Erfüllbarkeit von Aussageschemata. Diese Situation legt es nahe, und das ist der einfache aber weitreichende Kunstgriff, die Rollen der beiden Spieler S und W in formalen Dialogspielen prinzipiell als verschieden anzusehen und die formale Bedeutung von Aussageschemata in zwei Teile zu zerlegen: W als Proponent eines Aussageschemas vertrete seine Allgemeingültigkeit, S als Proponent eines Aussageschemas seine Erfüllbarkeit. Die allgemeine Spielregel formaler Dialogspiele wird einen diese Differenz der formalen Bedeutung charakterisierenden Teil gleichsam als Ersatz für das fehlende Basisspiel zu enthalten haben. Um präzise Definitionen zu ermöglichen, erklären wir zunächst eine formale Basis. Sie wird allein mit Hilfe der sieben Atome x a p j ( ), aufgebaut. (1.1) Objektsymbole sind die im Kalkül herstellbaren Figuren, abgekürzt durch

)a n ) nj ao , a1 , a2 , .....

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1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

(1.2) Objektvariable8 sind die im Kalkül

)x

n ) nj herstellbaren Figuren mit x, y, . . . als Metavariablen; hier gibt es keinen Unterschied gegenüber einer konkreten Basis. (1.3) Objektsymbole und Objektvariable sind die einzigen Termschemata mit s, t, . . . als Metavariablen für Termschemata. Nennt man in Anlehnung an die Terminologie bei einer konkreten Basis Termschemata, in denen keine Variablen frei vorkommen, Objektschemata, so sind hier die Objektsymbole die einzigen Objektschemata.9 a, b, . . . mögen als Metavariable für Objektschemata dienen. )p (1.4) Kernsymbole sind die im Kalkül n ) j n ; nj herstellbaren Figuren. Mit ν, μ, . . . als Metavariablen für die im Hilfskal) j kül ableitbaren Figuren, einschließlich der leeren Figur, abgen ) nj kürzt wie üblich durch Ziffern 0, 1, 2, . . . .., nennt man μ pν μ-stellige Kernsymbole. (1.5) Primformelschemata sind jetzt alle Figuren der Form  pμ und μ pν ðs1 , . . . , sμ Þ mit Termschemata σν. Wie früher sind p, q, . . . auch Metavariable für Primformelschemata, wobei das Vorkommen von Objektvariablen in der Regel durch p(x), q(x, y), . . . dargestellt wird. Ein eigentliches Basisspiel entfällt, weil Primaussageschemata nicht mehr angegriffen werden können. Die übrigen zur Erklärung eines formalen Dialogs nötigen vorbereitenden Definitionen entsprechen genau denen bei der Einführung faktischer Dialoge. (2) Formelschemata werden aus Primformelschemata wie Formeln aus Primformeln mit den logischen Partikeln aufgebaut. Man vergleiche dazu Abschnitt 2.(1.). Metavariable für Formelschemata sind A, B, . . . . Formelschemata, in denen keine Variable frei vorkommen, heißen Aussageschemata.

8 Objektvariable sollten genauer Objektschemavariable heißen, doch behalten wir die kürzere Bezeichnung bei. 9 Im Abschnitt III.5. werden allgemeinere Termschemata zugrunde gelegt. Das ist zweckmäßig, weil dort ein spezieller „applied predicate calculus“ nämlich die Peanoarithmetik behandelt wird. Zum Studium der Logik allein genügt die Betrachtung des sogenannten „pure predicate calculus“, dessen formale Basis der hier eingeführten entspricht; cf. Kleene (1952a), p. 142 ff.

II Logik

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(3) Die Züge eines formalen Dialogspiels werden wie früher erklärt. Ebenso wird die allgemeine Spielregel faktischer Dialogspiele vollständig übernommen, und von den speziellen Spielregeln formaler Dialogspiele wird verlangt, daß sie in der Art einer Permanenzforderung in faktischen Dialogen jedenfalls regulär sein sollen. In der Zugdefinition ersetze man lediglich Aussagen durch Aussageschemata, Objekte durch Objektschemata und Basis durch formale Basis. Zum Beispiel sind ?a mit einem Objektschema a alle möglichen Angriffe gegen eine große Konjunktion =n A, σxa A die zugehörigen Verteidigungen. Die Rolle x der Objektsymbole in den Aussageschemata – Formelschemata treten außer zur Definition der Aussageschemata nicht auf – ist die freier Objektvariablen in den üblichen Darstellungen der Quantorenlogik10, während die eigentlichen Objektvariablen ausschließlich gebunden vorkommen. Auch die Zusammenfassung der Züge eines Dialogs in Runden wird mit der zugehörigen Terminologie übernommen. Die folgenden Definitionen der Spielstellungen formaler Dialogspiele werden sich wie für reine Dialogspiele der zweispaltigen Anordnung der Züge eines Dialogs in Diagramme bedienen. Die linke Spalte enthält wieder die S-Züge, die rechte die W-Züge. Statt Aussagen enthalten formale Dialogspiele stets Aussageschemata als Anfänge, während die charakteristische Differenz der formalen Bedeutung dieser Aussageschemata, je nachdem ob sie als Anfänge im Zugbereich von S oder in dem von W auftreten, durch den folgenden Zusatz zur allgemeinen Spielregel ausgedrückt wird: (4) (a)

W darf ein Primaussageschema p höchstens dann setzen (einschließlich des 0. uneigentlichen Zuges), wenn das gleiche Schema vorher schon von S gesetzt wurde. (bn) W darf ein bestimmtes Primaussageschema p der S-Spalte nicht mehr als n-mal in die W-Spalte übernehmen. (b∞) W darf ein bestimmtes Primaussageschema p der S-Spalte beliebig oft in die W-Spalte übernehmen.

10 Die Formulierung der verschiedenen Variablenbedingungen gewinnt an Übersicht durch die syntaktische Unterscheidung frei vorkommender von gebunden vorkommenden Variablen; cf. Schütte (1960). Die hier gewählte Darstellung hat denselben Effekt und außerdem den Vorteil, für Dialogspiele besonders geeignet zu sein. Man vergleiche dazu auch den Gebrauch der „individual parameters“ in Beth (1959), der dem unserer Objektsymbole ähnlich ist. In Mackie (1958) und (1959) werden sogar wie hier systematisch Objektsymbole, Objekte und Objektvariable (in anderer Terminologie) unterschieden, und zwar charakteristischerweise als Resultat einer lokal dialogischen Interpretation der Quantoren, die mit unserer in Def. 3. gegebenen völlig übereinstimmt.

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Auf die verschiedenen Fassungen von (4) soll entsprechend durch (4n) resp. (4∞) verwiesen werden. Die dabei zugrundeliegende Idee ist einfach die, daß das Setzen von Primaussageschemata p diese in Primaussagen verwandelt, also eine formale Interpretation von p genannt werden kann – es wird nicht wirklich eine konkrete Basis B angegeben, zu der p dann gehört –, und S allein das Recht hat, solche formalen Interpretationen von p zu wählen, i. e. p zu setzen, während W sich diesen Interpretationen höchstens anschließen darf. Insbesondere kommen Primaussageschemata p als Anfänge nur im Zugbereich von W vor. Sie sind dort stets auch gleich Endstellungen. Primaussageschemata werden immer von S gewonnen und von W verloren. In der Tat ist kein Primaussageschema allgemeingültig – man nehme eine falsche arithmetische Primaussage –, und jedes Primaussageschema ist erfüllbar – man nehme eine wahre arithmetische Primaussage –, in Übereinstimmung mit unseren Intentionen. Durch die charakteristische Zusatzregel (4) wird die Regularität einer speziellen Spielregel systematisch verletzt, aber auch nur durch (4), aufgrund der in (3) formulierten Permanenzforderung für spezielle Spielregeln. Auch Aussageschemata als Anfänge eines definiten formalen Dialogspiels sollen dialogdefinit heißen. Ein formaler Dialog mit A als Anfang im Zugbereich von ι werde mit Δι (A) bezeichnet. Es wird jetzt in Analogie zur Def. 2. auch für formale Dialogspiele eine grundlegende Definition ausgesprochen, deren intuitiver Inhalt nach dem bisher Gesagten unmittelbar verständlich sein dürfte. Def. 7. Ein dialogdefinites Aussageschema A heiße allgemeingültig, genau, wenn es eine W-Gewinnstrategie für A gibt. Ein dialogdefinites Aussageschema A heiße allgemeinungültig, genau, wenn es eine W-Gewinnstrategie für A gibt. Ein dialogdefinites Aussageschema A heiße erfüllbar, genau, wenn es eine S-Gewinnstrategie für A gibt. Ein dialogdefinites Aussageschema A heiße verwerfbar, genau, wenn es eine S-Gewinnnstrategie für A gibt. Terminologisch wollen wir der Reihe nach auch sagen: W hat eine Gewinnstrategie für A, gegen A, S hat eine Gewinnstrategie für A, gegen A. Eine formale Rechtfertigung für die Wahl dieser Begriffe möge darin liegen, daß ihre Definition im Fall des formalen Dialogspiels der klassischen Logik mit der üblichen mengentheoretischen Erklärung dieser Begriffe äquivalent ist. Wir werden zeigen, daß im genannten Spiel genau die klassisch logisch gültigen Aussageschemata allgemeingültig im Sinn der Def. 7. sind. In allen anderen Fällen, insbesondere dem

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der effektiven Logik, stellt sie eine neue, eben formal dialogische Deutung dieser semantischen Grundbegriffe dar. [. . .] Es bleibt uns noch eine Verträglichkeitsbedingung zu formulieren übrig, die zwischen einer speziellen Spielregel und dem für formale Dialoge charakteristischen Zusatz (4), i. e. einem seiner Fassungen (4n) oder (4∞), erfüllt sein muß. Man mag sie als Kompensation für die in formalen Dialogspielen durch (4) verletzte Regularität einer sonst regulären speziellen Spielregel betrachten. Sie entspricht einer Substitutionsregel für Allgemeingültigkeit. Es liegt nahe und ist offenbar vernünftig zu verlangen, daß eine zum Gewinn führende Übernahme von Primaussageschemata diese Eigenschaft, zum Gewinn zu führen, nicht verliert, wenn statt dessen logisch zusammengesetzte Aussageschemata von der S-Spalte übernommen werden. Die Zusatzregel (4) soll nur in der Fassung als charakteristisch für ein formales Dialogspiel angesehen werden, in der sie in dieser Beziehung Primaussageschemata vor logisch zusammengesetzten Aussageschemata nicht auszeichnet. Wir fordern: Ist x ∈ XS eine Dialogstellung eines formalen Dialogspiels, die gleichzeitig Endstellung ist, und ist p ein gemäß (4) aus der S-Spalte in die W-Spalte übernommenes Primaussageschema (z. B. ist der letzte Zug von W in x stets eine solche Übernahme eines Primaussageschemas; gegen jedes andere Aussageschema hätte S wegen der Regularität einer speziellen Spielregel einen Gegenzug, und x wäre keine Endstellung), so ersetze man das originale Schema und sämtliche übernommenen durch ein beliebiges Aussageschema A; jede spezielle Spielregel soll dann so beschaffen sein, daß W auch für das neue Diagramm x′ eine Gewinnstrategie hat. Die spezielle Spielregel heiße dann formal zulässig.11 (5) Jede spezielle Spielregel eines formalen Dialogspiels sei formal zulässig. Wir wollen künftig ein formales Dialogspiel ein Logikspiel, oder in etwas gewaltsamer Verkürzung einfach eine Logik nennen. Der schrittweise Aufbau solcher Logikspiele ist die Aufgabe der folgenden Abschnitte. Ein trivialer Fall möge noch kurz vorweggenommen werden. Man wähle als spezielle Spielregel eines Logikspiels einfach die reine Spielregel: Auf jeden Zug ist im Verlauf einer Partie genau ein Gegenzug erlaubt. Wie man sofort vom Hauptsatz 1 abliest, ist diese Spielregel genau dann formal zulässig, wenn W überhaupt keine Primaussageschemata von S übernehmen darf. Es liegt der Extremfall (40)

11 x′ ist zunächst keine Dialogstellung mehr. Dazu müßte man p überall im Diagramm x durch das neue Schema A ersetzen. Eine genaue Formulierung dieser Substitution erfordert die übliche Vorsicht bei der Behandlung der Objektvariablen (cf. Quine 1950, Church 1956). Da es für unsere Zwecke unwesentlich ist, ob x′ noch eine Dialogstellung ist, sei hier darauf verzichtet.

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1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

der charakteristischen Bedingung (4) vor. Daraus folgt, daß W jeden Dialog verliert. Die ‹reine› Logik, wie wir sie nennen können, enthält weder allgemeingültige noch allgemeinungültige Aussageschemata; jedes Aussageschema ist sowohl erfüllbar als auch verwerfbar.12 Damit haben wir der Beobachtung zu Beginn dieses Abschnittes, daß keine Aussage eines reinen Dialogspiels aufgrund der Form allein wahr ist, eine präzise Fassung gegeben.

2 Strenge Logik Es war schon bei der Einführung der allgemeinen Spielregel darauf hingewiesen worden, daß die verschiedenen speziellen Spielregeln vor allem eine verschiedene ergänzende Behandlung der Subjunktion darstellen. Das wird jetzt deutlicher werden. Wie man sofort aus der Def. 3 abliest, hat ein Angriff gegen eine Subjunktion und auch nur gegen diese im allgemeinen sowohl einen Angriff als auch eine Verteidigung als Gegenzug. Angriffe gegen Konjunktionen und Adjunktionen (kleine und große) haben nur Verteidigungen, Angriffe gegen Negationen höchstens Angriffe als Gegenzüge. Anstelle der reinen Spielregel, die im Lauf einer Partie genau einen Gegenzug gegen einen Zug erlaubt und nur zu einem trivialen formalen Dialogspiel führt, wollen wir jetzt eine zweite reguläre spezielle Spielregel einführen: Im Laufe einer Partie soll es prinzipiell möglich sein, auch zwei Gegenzüge gegen einen Zug zu setzen, sofern nur einer ein Angriff und der andere eine Verteidigung ist. Ersichtlich läuft dieser Ansatz im wesentlichen auf eine veränderte globale Bedeutung der Subjunktion hinaus.13 Der Fortgang eines Dialoges soll nicht mehr nur von der jeweils letzten Runde, sondern auch von früheren abhängen. Wir haben genau zu definieren, unter welchen Bedingungen Angriffe gegen und Verteidigungen auf Züge z noch später als nur unmittelbar nach z gesetzt werden können. Def. 8. Die strenge Spielregel laute: (1) Ein Angriff z′ gegen z in Runde ν (≥ 1) darf stets nachgeholt werden, also einmalig eine beliebige Runde μ > ν eröffnen.

12 Man sieht schon hier die Abweichung von der üblichen Terminologie. Erfüllbar [verwerfbar] ist gleichwertig mit nicht-allgemeinungültig [nicht-allgemeingültig], und auch das nur, weil die Nichtexistenz einet W-Gewinnstrategie in diesem trivialen Logikspiel mit der Existenz einer S-Gewinnstrategie effektiv äquivalent ist. 13 Insofern als die globale Bedeutung durch die spezielle Spielregel allen beteiligten Partikeln simultan verliehen wird, hat es allerdings keinen präzisen Sinn, von der globalen Bedeutung einer einzigen Partikel zu sprechen, es sei denn, man betrachtet Aussagen(schemata), die nur mit dieser einen Partikel allein aufgebaut sind.

II Logik

37

(2) Eine Verteidigung z″ von z auf einen Angriff z′ in Runde ν (≥ 1) darf immer dann nachgeholt werden, wenn alle Runden μ > ν geschlossen sind. Das heißt in äquivalenter Formulierung: (1′) Ein Aussageschema A in Runde ν (≥ 0) darf einmalig in einer beliebigen Runde μ > ν angegriffen werden. (2′) Ein Aussageschema A darf auf einen Angriff z in Runde ν (≥ 1) einmalig immer dann verteidigt werden, wenn alle Runden μ > ν geschlossen sind. Diese Definition bedeutet, daß wie früher das Eröffnen einer neuen Runde ein zulässiger Zug ist, allerdings braucht der angegriffene Zug nicht mehr der vorhergehende zu sein. Dagegen ist das Schließen einer offenen Runde nicht nur zulässig, wenn es außerdem gerade die letzte Runde eines Dialogstückes ist, wie im reinen Spiel, sondern auch früher vorkommende Runden dürfen noch geschlossen werden. Die durch die Reihenfolge der Angriffe gegebene natürliche Rangordnung der Runden wird dabei so berücksichtigt, daß stets höchstens die letzte offene Runde eines Dialogstückes geschlossen werden darf. Wie im reinen Spiel bestimmt die letzte offene Runde den Gewinnbereich eines Dialogstückes: Gewinn der letzten offenen Runde bedeutet Gewinn des ganzen Dialogs, und mindestens die 0. Runde ist offen. Der Unterschied zu früher ist nur, daß der Gewinner dieser letzten offenen Runde nicht mehr mit dem Gewinner der überhaupt letzten Runde eines Dialogs übereinzustimmen braucht. Die Rundennummern der Züge eines Dialogs in ihrer natürlichen Reihenfolge bilden nicht mehr notwendig eine nicht fallende Folge natürlicher Zahlen. Auch reichen die im reinen Spiel verwendeten Diagramme zur eindeutigen Kennzeichnung einer Dialogstellung nicht mehr aus. Jedem Angriff muß zusätzlich die Nummer der Runde, der der angegriffene Zug angehört, hinzugefügt werden. Diese Nummer spielt in geschlossenen Runden gleichzeitig die Rolle anzuzeigen, welches der eröffnende Zug ist. [. . .] Die Folge ist: Die Relation T ist im strengen Spiel nicht linkseindeutig und ein Diagramm x keine eindeutige Darstellung eines Dialogstückes, dessen Endstellung x ist. Ein Gegenbeispiel wird vom Aussageschema A ( + ððp ! pÞ ! qÞ ! q geliefert. Zwei verschiedene Partien mit A als Anfang – die Zugfolge werde durch Numerierung gekennzeichnet, ein Verfahren, das wir jetzt stets zur eindeutigen Darstellung eines Dialogs mit Hilfe eines einzigen Diagrammes verwenden werden – führen zu demselben Ende:

38

1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

; es sind

(( p → p) → q) → q ( p → p) → q 0

q

q

p → p

1

p

p

2

und (( p → p) → q) → q

(( p → p) → q) → q 1. ( p → p) → q 0 5.

q

3.

p

1 2

q

6.

1 . (p → p) → q 0

p → p

2.

3.

q

p

4.

5.

p

1 2

q

4.

p → p

2.

p

6.

Gleichzeitig haben wir hier ein erstes Beispiel eines streng allgemeingültigen Aussageschemas: W hat eine Gewinnstrategie für A. Bevor wir jedoch die Konstruktion von W-Gewinnstrategien des strengen Logikspiels systematisch behandeln, wollen wir zunächst wie früher feststellen, ob jede Partie nach endlich vielen Zügen mit einer Endstellung aufhört oder ob die Vereinbarung über den Gewinn unendlicher Partien in Kraft zu treten hat. Dazu definieren wir für ein Formelschema A seine formale Stufe durch (1.1) Primformelschemata p haben die formale Stufe 0. (1.2) Haben A und B resp. die formalen Stufen fA und fB, so haben A ⋀ B und A ⋁ B die formale Stufe max (fA, fB) + 1 (1.3) Hat A die formale Stufe f, so haben ^ A, _ A und ¬A die formale Stufe f + 1. x x (1.4) Haben A und B resp. die formalen Stufen fA und fB, so habe A→B die formale Stufe fA + fB + 1. Die Definition der formalen Stufe unterscheidet sich von der des Grades im wesentlichen nur durch (1.4). [. . .] Ein einfacher Induktionsbeweis ergibt dann: Lemma 4: Hat A die formale Stufe f, so besteht im strengen Logikspiel ein formaler Dialog aus höchstens f Runden, i. e. seine Endstellung aus höchstens f Zeilen. (Die 0. Runde wird dabei nicht mitgezählt.) Jedes Diagramm x ∉ A ist nach Konstruktion in endlich vielen Schritten von einem Anfang x ∈ A aus erreichbar; daraus ergibt sich weiter:

II Logik

39

Satz 4: Das strenge Logikspiel ist partienbeschränkt. Wie aus der Definition der strengen Spielregel hervorgeht, ist der durch ein Diagramm x gegebene Dialogstand vollständig durch die noch unangegriffenen Züge in x und die möglichen Verteidigungen in den offenen Runden von x, deren Reihenfolge, und den Gewinner der letzten von ihnen bestimmt. Da Aufforderungen nicht angreifbar sind, genügt es, von den ersteren nur die Aussageschemata zu berücksichtigen und für die letzteren ein neues Mitteilungsverfahren anzugeben. Dies geschieht durch (2) Wird eine offene Runde von x durch einen Angriff z′ gegen z eröffnet, so sollen die möglichen Verteidigungen z″ von z auf z′ durch Figuren w auf folgende Weise mitgeteilt werden: (2.1) Gibt es nur eine Verteidigung z″ von z auf z′, so sei w gegeben durch [z″]; (2.2) Ist z eine Negation ¬ A, so sei w gegeben durch [ ]; (2.3) Ist z eine Adjunktion A ⋁ B, so sei w gegeben durch [XA, B]; X ist eine Variable für die Aussageschemata A und B. (2.4) Ist z eine große Adjunktion ∨x A, so sei w gegeben durch [A]; A ist ein Formelschema, in dem genau die Variable x frei vorkommt. Um neue Bezeichnungen zu vermeiden, mögen A, B, . . ., falls sie in eckigen Klammern vorkommen, künftig auch Metavariable für Aussageschemavariable und für das leere Aussageschema sein. Der durch ein Diagramm x gegebene Dialogstand läßt sich jetzt im wesentlichen allein durch Aussageschemata A mitteilen. Man streiche in x alle Aufforderungen und alle angegriffenen Aussageschemata und setze an die Stelle der leeren Züge in den offenen Runden von x – die 0. Runde ist dabei ausgenommen – die durch (2.) definierten Figuren [A]. Das entstehende Diagramm x, dessen Aussageschemata A beliebig umgeordnet werden dürfen, solange nur die Reihenfolge der Figuren [A] ungeändert bleibt, stellt den durch x gegebenen Dialogstand vollständig dar, wenn noch bekannt ist, welche Figur [A] in x bei diesem Verfahren der letzten offenen Runde in x entspricht. x heiße die Reduktion von x. Da wegen der Verträglichkeit von T die Gewinner der offenen Runden einer Stellung x alternieren, ist die Differenz der Anzahlen der Figuren [A] in den beiden Spalten von x höchstens 1 oder 0. Im ersten Fall liegt x im Zugbereich des Spielers, dessen Spalte die höhere Anzahl von Figuren enthält, im zweiten Fall muß der Zugbereich von x zusätzlich angegeben werden. Die Spalten der reduzierten Diagramme x sollen zur besseren Unterscheidung von x durch einen Doppelstrich getrennt werden, während der obere Querstrich zur Kennzeichnung des Zugbereiches dann über der ι-Spalte gelöscht

40

1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

wird, wenn x ∈ Xι ist. Ein Beispiel möge das angegebene Verfahren verdeutlichen: Die Diagramme (( p → p) → q) → q ( p → p) → q 0

p→q

p→q 0

q p

( p → q ) → ( p → q)

und

1 2

p →p

p

p

q

haben beide die gleiche Reduktion

q

p

p

[q]

1 1

p

Es empfiehlt sich, auch noch für die Figuren [A] eine formale Stufe zu definieren. Das geschieht ergänzend durch (1.5) Haben A und B resp. die formalen Stufen fA und fB, so hat XA, B die formale Stufe max (fA, fB). (1.6) Hat A die formale Stufe fA, so habe [A] die formale Stufe f A + 21 ; die formale Stufe von [ ] sei dabei 0. Wir sind jetzt in der Lage, die strenge Spielregel auf ihre formale Zulässigkeit hin zu untersuchen. Es gilt Satz 5: Die strenge Spielregel ist genau dann formal zulässig, wenn W ein bestimmtes Primaussageschema p der S-Spalte höchstens einmal in die W-Spalte übernehmen darf. Es liegt der Fall (41) der charakteristischen Bedingung 1.(4) vor; in Def. 9. ist überall 1.(4) durch 1.(41) zu präzisieren. Zum Beweis dient das folgende, durch Induktion nach der doppelten Summe r f = 2 Σ f % der Stufen leicht zu beweisende %=1

[. . .]

A1

An

An

[A n + 1]

[A n + 1]

...

...

...

A1 ...

Lemma 5: Ist

[A r ]

[A r ]

(r ≥ n ≥ 1) die Reduktion eines Diagramms x ∈Xs und sind fϱ die formalen Stufen der Aϱ (1≤ϱ≤n) resp. [Aϱ] (n + 1≤ϱ≤r), so hat W im strengen Logikspiel eine Gewinngarantie auf r x von der Ordnung 4 Σ f % . %=1

II Logik

41

...

...

p

p

...

...

Es sei nun

XS

eine Endstellung x, in der das p der rechten Spalte das einzige Primaussageschema ist, welches das angegebene p der linken Spalte übernimmt. Die formale Zulässigkeit der strengen Spielregel fordert jetzt, daß W auch für das neue Diagramm x′, das aus x hervorgeht, wenn die beiden Schemata p durch ein logisch zusammengesetztes Schema A ersetzt werden, eine Gewinnstrategie hat. x′ hat in der rechten Spalte nur A oder Primaussageschemata q ungeklammert stehen, weil x eine Endstellung ist, in der linken Spalte hingegen mindestens A und die gleichen q ungeklammert, während das letzte [Δ] der linken Spalte, sofern vorhanden, aus demselben Grund nur [ ] sein kann. Auf x′ läßt sich Lemma 5 mit r = n anwenden, weil für die W-Strategie die übrigen ungeklammerten Schemata der S-Spalte und die geklammerten Figuren der W-Spalte unterdrückt werden können. Da weiter die q die formale Stufe 0 haben, folgt daraus, daß W eine Gewinngarantie auf x′ von der Ordnung 4 f hat, wenn A von der formalen Stufe f ist. Das folgende Beispiel zeigt umgekehrt, daß bei einer Endstellung x, in der W dasselbe p der S-Spalte mehrfach übernommen hat, W für das neue Diagramm x′ – das p der S-Spalte und alle übernommenen p der W-Spalte sind durch A ersetzt – i. allg. keine Gewinnstrategie mehr besitzt. Als Anfangsaussageschema dient A ( + p ! ððp ! ðp ! qÞÞ ! qÞ; ein formaler Dialog der strengen Logik, wobei die Bedingung 1.(4) im weitesten Sinn, i. e. als (4∞. ) statt nur als (41) verstanden wird, werde durch das folgende Diagramm x, dessen Züge durchnumeriert sind, gegeben:

p → ( ( p → ( p → q )) → q ) p

( p → ( p → q)) → q

0

3. p → ( p → q ) 1

2.

q

8.

5.

p → q

2

p

4.

7.

q

3

p

6.

42

1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

Hier übernimmt W im 4. und 6. Zug dasselbe p des 1. Zuges von S und erreicht eine Gewinn- und Endstellung im 8. Zug. Da alle Züge zwangsläufig sind, beweist dieser Dialog sogar die Existenz einer W-Gewinnstrategie für A. Wird, wie verlangt, das p des 1., 4. und 6. Zuges etwa durch p′ → p″ ersetzt, so hat W für das entstehende Diagramm x′ keine Gewinnstrategie mehr:

p → ( ( p → ( p → q ) ) → q) p

0

( p → ( p → q)) → q

p → ( p → q) 1 p → q q 1.

3.

p′

p′

q 2

p′ → p″

3

p′ → p ″

1

p′

3 2.

4

Die drei folgenden eingezeichneten Züge sind offenbar wieder zwangsläufig und führen zu einer Endstellung mit Gewinn für S, weil W das p′ → p″ der 1. Runde nicht zweimal angreifen darf. Damit ist Satz 5 vollständig bewiesen. Man überzeugt sich übrigens sofort, daß bei Ersetzung aller p in x durch p′ → p″ eine wirkliche Dialogstellung zum Anfangsaussageschema A′ ( + ðp′!p′′Þ ! ðððp′ ! p′′Þ ! ððp′!p′′Þ ! qÞÞ !qÞ entsteht, für das demnach auch keine W-Gewinnstrategie existiert. Die Forderung an eine Spielregel, formal zulässig zu sein, garantiert also insbesondere, daß die Allgemeingültigkeit eines Schemas gegenüber Substitution seiner primen Bestandteile durch logisch zusammengesetzte Schemata invariant bleibt. [. . .]

3 Effektive und antieffektive Logik Die strenge Logik des vergangenen Abschnittes ist in diesem Aufbau das erste Logikspiel mit einer nichtleeren Klasse von allgemeingültigen Aussagesche-

II Logik

43

mata. Die Forderung nach formaler Zulässigkeit einer speziellen Spielregel ergab in Satz 5, daß bei strenger Spielregel der charakteristische Zusatz 1.(4) nur in der eingeschränkten Fassung 1.(41) verwendet werden darf. Es liegt jetzt nahe, nach einer Erweiterung der strengen Spielregel zu suchen, die auch noch bei Verwendung von 1.(4∞) formal zulässig bleibt. Erweiterungen dieser Art sollen optimal heißen. Wir werden zeigen, daß sowohl die effektive als auch die klassische Logik optimale Lösungen dieses Problems darstellen. Verlangt man dabei noch, daß die erweiterte Spielregel für den Spieler S gegenüber der strengen unverändert bleibt, so erweist sich die effektive Logik als die minimale und die klassische Logik als die maximale unter den möglichen optimalen Erweiterungen der strengen Logik. Der Aufbau der effektiven Logik ist jetzt unser erstes Ziel. Wir gehen dazu aus von der durch Def. 8 gegebenen strengen Spielregel. Sie ist, wie die reine Spielregel, symmetrisch, so daß die für formale Dialoge spezifische Differenz der Rollen von S und W allein durch den charakteristischen Zusatz 1.(4) zum Ausdruck kommt. Höchstens zwei Gegenzüge gegen einen Zug sind im Verlauf einer Partie erlaubt. Die Richtung einer Erweiterung dieser Spielregel ist klar; weitere Gegenzüge gegen einen Zug innerhalb einer Partie müssen erlaubt werden. Das Idealziel wäre, alle aufgrund der strengen Spielregel möglichen Partien in einer einzigen Partie zu verwirklichen, was mit dem Übergang vom strengen Dialogspiel zu seiner spieltheoretischen Normalform äquivalent sein würde. Das ist konstruktiv natürlich nicht mehr zu leisten, es sei denn, man beschränkt sich auf die Junktorenlogik. Wir übergehen hier eine Behandlung der Junktorenlogik unter diesem Gesichtspunkt14 und fragen statt dessen gleich, was zu erreichen ist, wenn wenigstens der durch die Vereinbarung über den Gewinn unendlicher Partien ausgezeichnete Spieler W beliebig viele Gegenzüge im Laufe einer Partie setzen darf. Diese Absicht war es, die im einführenden Abschnitt I.1. dazu führte, den Spieler W derart auszuzeichnen. Eine erste Schwierigkeit der Darstellung erhebt sich, wenn auch mehrere Verteidigungen gegen einen Zug in einer Partie möglich sein sollen. Der Rundenbegriff muß dann erweitert werden, damit mehrere Verteidigungen auf den eröffnenden Angriff einer Runde folgen können. Wir verschieben eine Behandlung dieses Falles auf den zweiten Teil dieses Abschnittes und untersu-

14 Eine Durchführung würde formal genau zur Konstruktion der klassischen semantischen Tableaux in Beth (1955) und (1959) führen.

44

1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

chen zunächst die Möglichkeit mehrerer Angriffe von W gegen dasselbe Aussageschema A der S-Spalte. Dies läßt sich infolge des rundeneröffnenden Charakters von Angriffszügen zwanglos an unsere Darstellung der strengen Logik anschließen. Def. 10: Die effektive Spielregel laute: (1S) Ein Aussageschema A der W-Spalte in Runde ν (≥ 0) darf einmalig in einer beliebigen Runde μ > ν angegriffen werden. (1W) Ein Aussageschema A der S-Spalte in Runde ν (≥ 0) darf beliebig oft in Runden μ > ν angegriffen werden. (2) Ein Aussageschema A darf auf einen Angriff z in Runde ν (≥ 1) einmalig immer dann verteidigt werden, wenn alle Runden μ > ν geschlossen sind. Der einzige Unterschied zur strengen Spielregel besteht darin, daß W ein Aussageschema A statt nur einmal jetzt beliebig oft angreifen darf. Die Spielregel bleibt dabei sicher regulär. Daraus folgt sofort, daß dieses neue effektive Logikspiel nicht mehr partienendlich ist, aber selbstverständlich ist es noch definit, weil die Vereinbarung über den Gewinn unendlicher Partien von W schließlich das Aufgeben unendlicher Partien verlangt. Die Erweiterung hat weitreichende Konsequenzen: (a) Ein Angriff z1 von W gegen ein A kann daran scheitern, daß W ein Primaussagesymbol p nicht setzen darf, während ein darauffolgender Angriff z2 von W gegen ein B umgekehrt deshalb verloren wird, weil S das Primaussagesymbol p setzt. In diesem Fall hat W jetzt die Möglichkeit, den Angriff z1 zu wiederholen. (b) Ein Angriff z1 von W gegen ein A kann aber auch daran scheitern, daß S ein Primaussagesymbol p setzt, dessen Übernahme genügen würde, um einen anderen Angriff z2 gegen A zu gewinnen. Auch diese Möglichkeit verschiedener Angriffe gegen dasselbe A steht W jetzt zur Verfügung. Beispiele für beide Fälle sind die formalen Dialoge ΔW ððp ! :: qÞ ! ::ðp ! qÞÞ und ΔS ðp ^ : pÞ:

II Logik

45

(p →¬¬ q) →¬¬ (p → q)

¬¬ (p → q)

2.

2

p→q

4.

1

p

6.

5

¬q

8.

2

p→q

10.

q

12.

1. p →¬¬ q 0 3. ¬ (p → q) 1

5.

p

7.

¬¬ q

3

q

9.

6

p

11.

8

p∧¬p 2.

p

0

? l

1.

4.

¬p

0

? r

3.

2

p

5.

Beide Dialoge werden von W gewonnen, im ersten sogar mit eindeutig bestimmter Zugfolge. Im zweiten Dialog lassen sich noch die 1. und die 2. Runde vertauschen; in jedem Fall gewinnt W. Man sieht daraus, daß W sogar eine WGewinnstrategie für ðp ! :: qÞ ! :: ðp ! qÞ resp. gegen p ⋀ :p hat. Das erste Schema ist effektiv allgemeingültig, das zweite effektiv allgemeinungültig, aber beides gilt nicht im strengen Logikspiel. [. . .] Wir beweisen Satz 6: Die effektive Spielregel ist optimal, und jede optimale spezielle Spielregel, welche die strenge Spielregel so erweitert, daß die S-Regeln unverändert bleiben, ist schon eine Erweiterung der effektiven Spielregel.

46

1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

Der Beweis der ersten Hälfte bedient sich wieder eines Lemmas. Lemma 8: Ist

B1

...

...

A1

Bm

An

...

[An+1]

...

[Am+1]

[Ar]

[Ar]

(r ≥ n ≥ 1) die Reduktion x eines Diagramms x ∈ XS, bei dem die Bμ mindestens die verschiedenen unter den Aϱ (1 ≤ ϱ ≤ n) enthalten, und sind die fϱ die formalen Stufen der Aϱ (1 ≤ ϱ ≤ n) resp. [Aϱ] (n + 1 ≤ ϱ ≤ r), so hat W im effektiven Logikspiel einer Gewinngarantie auf x von der Ordnung 4 Σ f% . % = 1

...

Ist

...

Der Beweis wird genau wie der von Lemma 5 geführt. Man hat nur zu beachten, daß nach einem Angriff gegen ein Aϱ (1 ≤ ϱ ≤ n), etwa gegen A1, W ebenfalls das A1 unter den Bμ angreift und die Reduktion dieser neuen Stellung x′ noch immer das A1 unter den Bμ enthält. Die Induktionsvoraussetzung kann daher auf x′ mit f′ < f angewendet werden. Wie früher folgt daraus die formale Zulässigkeit der effektiven Spielregel bei Verwendung von 1. (4∞).

XS p . p ...

...

p

eine Endstellung des effektiven Logikspiels, in der das p der linken Spalte m-mal in die rechte Spalte übernommen wurde, so hat W bei Ersetzung aller dieser m + 1 Primaussageschemata p durch ein Aussageschema A von der formalen Stufe f auf das neue Diagramm x′ eine Gewinngarantie von der Ordnung 4 mf.

Zum Beweis der anderen Hälfte von Satz 6 geben wir Aussageschemata Am (m ≥ 1) an, für die W schon im strengen Logikspiel eine Gewinnstrategie hat, wenn nur 1.(41) durch 1.(4∞) ersetzt wird, deren eindeutig bestimmte Endstellungen xm ∈ XS jedoch m-fach von der S-Spalte in die W-Spalte übernommene Primaussageschemata p enthalten, so daß, um formale Zulässigkeit zu erreichen, die strenge Spielregel durch die Erlaubnis mindestens m-facher Angreifbarkeit desselben Schemas seitens W erweitert werden muß. Da dies für jedes m gilt, führt die angegebene Erweiterung, wie gewünscht, mindestens zur effektiven Spielregel.

II Logik

47

Die fraglichen Schemata Am werden vermittels rekursiv definierter Hilfsschemata Bm wie folgt definiert: +q Bo ( Bm ( + p ! ðBm − 1 Þ + p ! ððBm Þ ! qÞ Am (

A2 ( + p ! ððp ! ðp ! qÞÞ ! qÞ stimmt mit dem zum Beweis von Satz  benutzten Beispiel überein.

Ein Dialog Δw (Am) im strengen Logikspiel mit 1.(4∞) statt 1.(41) spielt sich zwangsläufig ab:

Am (Bm) → q

p

0

3.

Bm

1

q

2 (m+2).

5.

B m–1

2

p

4.

2 m+1.

B1

m

p

2m.

2 m+3.

q

m+1

p

2 (m+1).

2.

...

...

1.

Wie verlangt, ist das p der SSpalte genau m-mal in die WSpalte übernommen worden mit einer Endstellung und Gewinnstellung für W. Das aber mußten wir zeigen.

[. . .] Der zweite Teil dieses Abschnittes ist einer entgegengesetzten Erweiterung der strengen Logik gewidmet. Statt W eine unbeschränkte Angriffswiederholung zu gestatten, wollen wir untersuchen, was unbeschränkte Verteidigungswiederholung von W auf die Dialogführung für Folgen hat. Wegen Satz 6 wird es sich dabei sicher nicht um eine optimale Erweiterung der strengen Logik handeln können. Trotzdem ist sie von Bedeutung, weil sie bei Hinzufügung zur effektiven Spielregel die offenbar maximale Erweiterung der strengen Spielregel ohne Änderung der S-Regeln darstellt. Im nächsten Abschnitt werden wir zeigen, daß diese maximale und optimale Erweiterung zur klassischen Logik führt. Wie oben schon erwähnt, ist es unsere erste Aufgabe, den Rundenbegriff zu erweitern, damit mehrere Verteidigungen gegen einen Angriff innerhalb einer Partie möglich werden. Zu diesem Zweck führen wir neben den bisherigen Runden weitere stets offene Runden ein, die nur aus einer Verteidigung bestehen. Sie sollen Verteidigungsrunden heißen im Unterschied zu den übrigen eigentlichen Runden, die wir künftig Angriffsrunden nennen. Sie werden stets vom eröffnenden Verteidiger gewonnen. Verteidigungen können also sowohl in Angriffs- als auch in Verteidigungsrunden vorkommen, wodurch sich eine Möglichkeit ergibt, sie eventuell auch mehrfach innerhalb eines Dialogs setzen zu können. Die Klasse der Runden eines Dialogs Δ,

48

1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

beginnend mit einer Verteidigungsrunde (resp. der 0. uneigentlichen Runde) und endend mit der der folgenden Verteidigungsrunde vorhergehenden Angriffsrunde (resp. der letzten Runde), nennen wir einen Durchgang von Δ. Ein Dialog wird im allgemeinen aus mehreren Durchgängen bestehen. Die reinen Dialoge und ebenso die formalen Dialoge der strengen und effektiven Logik bestehen allerdings aus nur einem Durchgang. Die geplante unbeschränkte Verteidigungswiederholung von W innerhalb eines Dialogs kann jetzt durch die Erlaubnis ausgedrückt werden, W beliebige Eröffnung von Verteidigungsrunden zu gestatten. Zur eindeutigen Kennzeichnung müssen Verteidigungsrunden außer der Nummer der Runde, auf die verteidigt wird, auch noch die Nummer der Runde, von der man einen Zug verteidigt, tragen. Wir definieren: Def. 11: Die antieffektive Spielregel laute: (1) Ein Aussageschema A der Runde ν (≥ 0) darf einmalig in einer beliebigen Runde μ > ν angegriffen werden. (2S) Ein Aussageschema A der S-Spalte darf auf einen Angriff z in Runde ν (≥ 1) einmalig immer dann in Runde ν verteidigt werden, wenn alle Runden μ > ν geschlossen sind. (2W) Ein Aussageschema A der W-Spalte darf auf einen Angriff z in Runde ν (≥ 1) beliebig oft verteidigt werden, und zwar einmalig in der Angriffsrunde ν, wenn alle Runden μ > ν geschlossen sind, sonst in Verteidigungsrunden μ > ν. Offensichtlich erreicht man durch dieses Verfahren, daß, wie bisher, der Gewinnbereich eines Dialogstückes durch den Gewinn der letzten offenen Runde bestimmt wird. Als Erweiterung der strengen Spielregel ist auch diese Spielregel regulär. [. . .] Nach Konstruktion sind die angegriffenen Züge einer Spalte wie im strengen Logikspiel bestimmbar und die Angriffszüge durch die Rundennummer des angegriffenen Zuges gekennzeichnet. Die Verteidigungen z sind Züge ohne Nummer oder mit Doppelnummer, deren erste die Rundennummer des Zuges, auf den, und deren zweite die Rundennummer des Zuges, von dem z eine Verteidigung ist, angibt. Sämtliche Verteidigungsrunden werden von W gewonnen; es gibt keine von S eröffneten Verteidigungsrunden. [. . .] Ebenso wie das effektive Logikspiel ist das antieffektive Logikspiel nicht partienendlich, so daß wieder die Vereinbarung über den Gewinn unendlicher Partien

II Logik

49

in Kraft zu treten hat. Diese Erweiterung ist auch in dem Sinn nicht auf ein partienendliches Spiel reduzierbar, als jede globale Beschränkung der Verteidigungswiederholung für W zu einer echten Einschränkung der Klasse der antieffektiv allgemeingültigen Aussageschemata führt. Um das zu zeigen, konstruieren wir Aussageschemata A*m , für die erst bei der Zulassung mindestens m-facher Verteidigung desselben Schemas durch W eine W-Gewinnstrategie existiert. Es sei +p B*1 ( ; dann ist A*2 das bekannte Peircesche Aussage* ( * Bm + ðp ! qÞ ! ðBm − 1 Þ schema ððp ! qÞ ! pÞ ! p. Der Dialog ΔW ðA*m Þ spielt sich für W im antieffektiven Logikspiel fast A*m ( + ðB*m Þ ! p zwangsläufig ab:

*

1.

B *m

3.

B *m–1

2 m–3.

Am p

0

2 m.

1

p → q

B *2

m–2

p→q

2 m–4.

2 m–1.

p

m–1

p→q

2 m–2.

2 m+1.

p

1, 0

p

2 m +2 .

...

...

...

2

... 3 m–1.

p

2.

m 1, 0

p

3 m.

Jedes der m Primaussageschemata p der S-Spalte wird genau einmal in die W-Spalte übernommen, das erste in eine Angriffsrunde, das zweite und alle folgenden in Verteidigungsrunden; W gewinnt den Dialog nicht vor dem m-ten Durchgang, erst recht nicht, wenn W die erste Verteidigung von A*m statt in der 1. Runde auch schon in einer eigenen Verteidigungsrunde setzt. Das aber wurde behauptet.

Man bestätigt weiter sofort, daß keines der A*m effektiv allgemeingültig ist, so wie auch keines der effektiv allgemeingültigen Am antieffektiv allgemeingültig ist. In diesem Sinn kann man Am und A*m komplementäre Aussageschemata nennen. [. . .]

50

1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

4 Klassische Logik Dieser Abschnitt ist der maximalen Erweiterung der strengen Spielregel ohne Änderung der S-Regeln gewidmet. Die gleichen Überlegungen, die uns zu Beginn des letzten Abschnitts von der strengen zur effektiven Logik führten, liefern jetzt, vom antieffektiven Logikspiel ausgehend, ein neues Logikspiel, das wir vorgreifend klassisch nennen wollen. Wir werden nämlich zeigen, daß genau die Aussageschemata, für die W-Gewinnstrategien im klassischen Logikspiel existieren, klassisch allgemeingültig im traditionellen Sinn sind. Das klassische Logikspiel unterscheidet sich vom strengen Logikspiel dadurch, daß dem Spieler W und nur ihm sowohl unbeschränkte Angriffswiederholung als auch unbeschränkte Verteidigungswiederholung gestattet wird. Def. 13. Die klassische Spielregel laute: (1S) Ein Aussageschema A der W-Spalte in Runde ν (≥ 0) darf einmalig in einer beliebigen Runde μ > ν angegriffen werden. (1W) Ein Aussageschema A der S-Spalte in Runde ν (≥ 0) darf beliebig oft in Runden μ > ν angegriffen werden. (2S) Ein Aussageschema A der S-Spalte darf auf einen Angriff z in Runde ν (≥ 1) einmalig immer dann in Runde ν verteidigt werden, wenn alle Runden μ > ν geschlossen sind. (2W) Ein Aussageschema A der W-Spalte darf auf einen Angriff z in Runde ν (≥ 1) beliebig oft verteidigt werden, und zwar einmalig in der Angriffsrunde ν, wenn alle Runden μ > ν geschlossen sind, sonst in Verteidigungsrunden μ > ν. (1S) und (1W) ist wörtlich der effektiven Spielregel entnommen, (2S) und (2W) der antieffektiven. Es folgt daraus, daß man, um die klassischen Reduktionen x eines Diagramms x zu gewinnen, das folgende Verfahren verwenden muß: Ist x ein Diagramm, so streiche man in x alle Aufforderungen und alle angegriffenen Aussageschemata der W-Spalte; weiter setze man an die Stelle der leeren S-Züge in denjenigen offenen Runden von x, die auf die letzte Verteidigungsrunde (resp. die 0. Runde) folgen, die durch (2) (S. 39) definierten Figuren w, während in der W-Spalte des reduzierten Diagramms für jeden Angriff z′ von S gegen z von W die durch (2) (ebd.) definierten Figuren w in der Reihenfolge der z′ zu erscheinen haben. Erlaubt man noch beliebige Umordnungen der Figuren innerhalb der einzelnen Spalten, solange nur die Reihenfolge der geklammerten Figuren unverändert bleibt, und gibt man den Zugbereich des reduzierten Diagramms wie früher an, so erhält man noch immer eine vollständige Darstellung des durch x gegebenen Dialogstandes.

II Logik

Die Reduktion der Endstellung (p → q) → p

0

p p

A *2 p 1

von Δw (A*2 )

p→q

2 1, 0

ist daher im klassischen Logikspiel

51

p

( p → q) → p p p p [ p] p [ q]

Als Hilfssatz für die Konstruktion klassischer W-Gewinnstrategien dient hier das leicht zu beweisende Lemma : Es sei

...

[B1]

...

A1

An

[Bm]

(n ≥ 0; m ≥ 0) die Reduktion x eines Diagramms x und A eines der n Aussageschemata der S-Spalte, B eines der m Formelschemata der W-Spalte. Dann hat W im klassischen Logikspiel genau dann eine Gewinnstrategie für x, wenn es eine W-Gewinnstrategie für einen der T-Nachfolger x′ von x gibt. Die Reduktionen x′ zerfallen

(a) in die Fälle, in denen W verteidigt, also m > 0 gilt: A1

B [B1]

An

[Bm]

...

...

()

, falls B ein logisch zusammengesetztes Aussageschema ist, oder aber ein Primaussageschema p, das unter den A, . . . , An bereits vorkommt.

A1

B′

[B1]

An

...

(.)

1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

...

52

[Bm] , falls B eine Aussageschemavariable XB′,B″ ist.

An

B″

[B1] ...

A1 ...

(.)

[Bm] x

σaB

[B1]

An

, falls B ein Formelschema mit x als einziger frei vorkommender Variable ist,

...

A1 ...

()

[Bm]

und

(b) in die Fälle, in denen W angreift, also n > 0 gilt; man erhält für diese: ()

A( + A′ ^ A′′:

(.)

Es gibt für A1

...

[A′]

[Bm]

A1

[B1]

...

An

A′

[Bm] gibt.

Es gibt für

[B1] ...

... An [A″]

[Bm]

eine W-Gewinnstrategie genau, wenn es sie für

A1

[B1] ...

A1

...

(.)

An

eine W-Gewinnstrategie genau, wenn es sie für

...

...

[B1]

An [A″]

[Bm] gibt.

53

II Logik

[B1]

An

...

...

A1

[XA′,A″]

[Bm]

eine W-Gewinnstrategie genau, wenn es sie für

und

A1

[B1]

An

...

A ⇋ A′ ∨ A″: Es gibt für

...

()

A′

[Bm]

A1

[B1]

... ...

A″

[Bm] gibt.

A1

[B1]

...

[B1]

An

...

[A″]

[Bm]

eine W-Gewinnstrategie genau, wenn es sie für

A″

[Bm]

A1

A′ [B1]

An

[Bm] gibt.

...

und

An

...

A′

A1

...

A ⇋ A′ → A″: Es gibt für

...

()

An

()

A ⇋ ¬A′: Es gibt für A′

...

[B1] ...

[]

[Bm]

A1

A′ [B1]

An

[Bm] gibt.

...

An

eine W-Gewinnstrategie genau, wenn es sie für

...

A1

54

()

1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

A ⇋ /\ A′: x

Es gibt für

...

x

[σ a A′]

()

An σ A′

[Bm]

[B1]

...

...

An

A1

...

eine W-Gewinnstrategie genau, wenn es sie für

[B1]

A1

x a

[Bm] gibt.

A1

[B1]

A ⇋ ⋁A′: x

An

...

[A′]

[Bm]

An σax A′

...

eine W-Gewinnstrategie genau, wenn es sie für

[B1]

...

A1

...

Es gibt für

[Bm] gibt.

sofern nur a ein nicht in x′vorkommendes Objektsymbol ist Mit A und B als Metavariablen für Spaltensysteme und Aussageschemata sowie mit C und D als Metavariablen für Spaltensysteme von Figuren [A] mit B nicht-leerem A nennen wir Figuren der Form A C und A ‖ ℭ Tableaux. Weiter

k

sei Δ eine Metavariable für Aussageschemata und Γ eine solche für Figuren [A] mit nichtleerem A. Dann läßt sich jetzt beweisen: Hauptsatz 7: Ein Aussageschema A ist genau dann klassisch allgemeingültig [allgemeinungültig], wenn das Tableau ‖A [A‖] im folgenden Vollformalismus Φkl ableitbar ist: )

()

(.)

A A′ A′′ B

  Δ   C    

)

A p

k

A A′′ A′ B

C p   Δ   C    

II Logik

(.)

(.) (.) (.)

 A       

 A   Δ  C   Γ′   Γ′′   D  A   C ;  ½A A

k ½X

A

k k

A

(.)

(.)

(.) (.) (.) (.)

(.)

(.)

(.)

C Δ Γ D

A A

C

A, B 

C

)

)

 A       

C Γ Δ D

 A        

Δ C Γ′′ Γ′ D

 A   C  ½B )

 A   C  A_B

)

A

½B C

)

)

A

k k k k

k k

 A   C  A^B

C A!B C :A

k k

) A C A C A^B A^B B ) A C A C A^B A^B A ) A A A C ; C C A_B A_B A_B B A ) A A C ; A C C A!B A!B A!B A B A :A

k CA

  A C  x  ½σ a A   A C   ½A  VA   C A  xx σa A   WA   C A  xx σ aA 

k

k

k

)

)

A :A

k

kC

  A  VC  A , wo a ein Objektsymbol ist, das in der  x

)

  A  WC  A 

Konklusion nicht vorkommt.

x

)

)

  VA  C A  x  WA A x

  C   , wo a ein Objektsymbol ist, das in der  

Konklusion nicht vorkommt.

55

56

(.)

(.)

(.)

1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

 A      A    

C ½A A

)

C ) ½XA, B  A

 C ) A   ½XA, B    B  ) A  C  ½A  x  σ A a

 A  C  ½A    C A   ½XA, B     C A   ½XA, B     A  C  ½A  

Ein letzter Schritt führt uns jetzt von Φkl zu einem der bekannten Gentzenschen Sequenzenkalküle der klassischen Logik. Sequenzen A1, . . . , An ≺ B1, . . . , Bm (n ≥ 0; m ≥ 0), in denen alle auftretenden Schemata Aussageschemata sind, heißen wieder Implikationen J; die Aν sind die Vorderformeln, die Bμ die Hinterformeln von J. Wir beweisen: Hauptsatz 8: Der Vollformalismus Φkl ist äquivalent mit dem folgenden Vollformalismus Λkl für Implikationen J in dem Sinn, daß ‖ A genau dann in Φkl ableitbar ist, wenn sich ≺ A in Λkl ableiten läßt: ) A1 , . . . , An , p  p, B1 , . . . , Bm

() (.)

A1 ,..., Aν , Aν +1 ,..., An B1 ,..., Bm )A1 ,..., Aν +1 , Aν ,..., An B1 ,..., Bm ð1νn−1Þ

(.)

A1 , . . . , An  B1 , . . . , Bμ , Bμ + 1 , . . . , Bm )

(.)

A1 , . . . , An  A, B1 , . . . , Bm A1 , . . . , An  B, B1 , . . . , Bm

A1 , . . . , An  B1 , .). . , Bμ + 1 , Bμ , . . . , Bm ð1  μ  m − 1Þ ) A1 , . . . , An  A ^ B, B1 , . . . , Bm

(.)

A1 , . . . , An  A, A _ B, B1 , . . . , Bm ) A1 , . . . , An  A _ B, B1 , . . . , Bm A1 , . . . , An  B, A _ B, B1 , . . . , Bm ) A1 , . . . , An  A _ B, B1 , . . . , Bm A1 , . . . , An , A  B, B1 , . . . , Bm ) A1 , . . . , An  A ! B, B1 , . . . , Bm

(.)

A1 , . . . , An , A  B1 , . . . , Bm ) A1 , . . . , An  : A, B1 , . . . , Bm

(.)

A1 , . . . , An , A ^ B, A  B1 , . . . , Bm ) A1 , . . . , An , A ^ B  B1 , . . . , Bm A1 , . . . , An , A ^ B, B  B1 , . . . , Bm )) A1 , . . . , An , A ^ B  B1 , . . . , Bm A1 , . . . , An , A _ B, A  B1 , . . . , Bm ) A1 , . . . , An , A _ B  B1 , . . . , Bm A1 , . . . , An , A _ B, B  B1 , . . . , Bm ) A1 , . . . , An , A ! B, B  B1 , . . . , Bm ) A1 , . . . , An , A ! B  B1 , . . . , Bm A1 , . . . , An , A ! B  A, B1 , . . . , Bm

(.)

(.) (.)

II Logik

(.) (.)

57

A1 , . . . , An , : A  A, B1 , . . . , Bm ) A1 , . . . , An , : A  B1 , . . . , Bm V A1 , . . . , An  σxa A, B1 , . . . , Bm ) A1 , . . . , An  A, B1 , . . . , Bm x

(.) (.) (.)

(a ist ein Objektsymbol, das in der Konklusion nicht vorkommen darf.) W W A1 , . . . , An  σxa A, A,B1 , . . . , Bm ) A1 , . . . , An  A, B1 , . . . , Bm x x V V A1 , . . . , An , A, σxa A  B1 , . . . , Bm ) A1 , . . . , An , A  B1 , . . . , Bm x x W W A1 , . . . , An , A, σxa A  B1 , . . . , Bm ) A1 , . . . , An , A  B1 , . . . , Bm x

x

(a ist ein Objektsymbol, das in der Konklusion nicht vorkommen darf.) ()

A1 , . . . , An  A, A, B1 , . . . , Bm ) A1 , . . . , An  A, B1 , . . . , Bm

Bew.: (a) ⊢Φkl ‖ A ⇒ ⊢Λkl ≺ A; es liege eine Ableitung ΠΦ (‖ A) vor. Dann definiere man zunächst eine Abbildung φ auf den Figuren Γ wie folgt:

Γ , wenn Γ leer ist, A ∨ B , wenn Γ die Figur [XA,B] ist φΓ = Def

⋁ A , wenn Γ die Figur [A] ist, wobei A ein Formelschema mit x als x einziger frei in A vorkommender Variable ist, A , wenn Γ die Figur [A] mit einem Aussageschema A ist.

Damit sind alle Möglichkeiten erfaßt, und φ ist auf den Tableaux definierbar durch  A1 Δ    ..  Γ = m Def A1 , . . . , An  ’Γ1 , . . . , ’Γm , Δ ’ .    .. .   An Γ1 Da das φ-Bild jedes Tableau T eine Implikation J ist, geht auch ΠΦ (‖A) unter φ in eine Ableitung ΠΛ′ (≺ A) eines Implikationenkalküls Λ′ über. Wir haben zu zeigen, daß die φ-Bilder der Regeln von Φkl, i. e. die Regeln von Λ′, in Λkl zulässig sind. (a1) φ führt die Anfänge von Φkl in Anfänge von Λkl über. (a2) φ führt die Regeln (2.)Φ in die Regeln (2.)Λ, Regel (7.1)Φ in Regel (7)Λ und die Regeln (7.2)Φ, (7.5)Φ resp. in die Regeln (3.2)Λ, (5.2)Λ über.

58

1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

(a3) φ führt die Regeln (3.2)Φ und (5.2)Φ in die allgemeinzulässige Regel J ⇒ J über. (a4) Alle weiteren Regeln von Φkl werden unter φ in die gleich numerierten von Λkl überführt. (b) ⊢Λkl ≺ A ⇒ ⊢Φkl ‖ A; es liege eine Ableitung ΠΛ (≺ A) vor. Dann definiere man eine Abbildung ψ auf den Aussageschemata durch

B , wenn B leer ist, [XBʹ, Bʺ] , wenn B eine kleine Adjunktion B′ ∨ B″ ist,

ψB = Def

[B′] , wenn B eine große Adjunktion

W

B′ ist,

x

[B] in allen übrigen Fällen. Auf allen von ≺ A verschiedenen Implikationen in ΠΛ (≺ A) erklären wir ψ durch  A1   ψ Bm  .. ψ A1 , . . . , An  B1 , . . . , Bm = Def ...   .   An ψ B1 und ergänzen diese Definition durch ψ ≺ A = Def ‖ A. ΠΛ (≺ A) geht dann unter ψ in eine Ableitung ΠΦ (‖ A) eines Tableauxkalküls Φ′ über. Wir werden zeigen, daß bei passend gewählter Ableitung Π von ≺ A in Λkl die ψ-Bilder der in Π angewendeten Λ-Regeln in Φkl zulässige Regeln sind. In der vorgelegten Ableitung ΠΛ (≺ A) suchen wir alle Anwendungen der beiden Regeln A, A′ ! A′′, A′′  B (.)Λ ) A, A′ ! A′′  B A, A′ ! A′′  A′, B A, : A′  A′, B ) A, : A′  B auf, (.)Λ

g

in denen A′ durch ein Primaussageschema p belegt und außerdem A, p → A″ ≺ p, B bzw. A, : p ≺ p, B kein Anfang der Form A′, p ≺ p, B in Λkl ist. Solche Anwendungen von (4.3)Λ und (4.4)Λ sind eliminierbar. Dazu genügt es zu zeigen, daß diese Anwendungen mit dem Regelschritt, der zu A, p → A″ ≺ p, B bzw. A, : p ≺ p, B führt, vertauschbar sind. Nach endlich vielen Schritten erreicht man nämlich eine Anwendung der Form

II Logik

A′, p ! A′′, A′′  B′ A′, p ! A′′  p, B′ A′, : p  p, B′

g

59

) A′, p ! A′′  B′ bzw. ) A′, : p  B′, in der

A′, p ! A′′  p, B′ bzw. A′, : p  p, B′ ein Anfang ist. Kommt nun p nicht in A′ vor, so enthalten A′ und B′ beide ein Primaussageschema q; die Konklusionen beider Regelanwendungen sind also selbst noch Anfänge und jene daher trivialerweise eliminierbar. Die behauptete Vertauschbarkeit nun ist ein Spezialfall von Lemma 7 aus Kleenes Aufsatz über die „Permutability of Inferences in GENTZEN’S Calculi LK and LJ“,15 dessen einfachen, aber platzraubenden Beweis (24 Fallunterscheidungen) wir hier nicht zu wiederholen brauchen. Wir können daher o.B.d.A. annehmen, daß ΠΛ (≺ A) keine Anwendungen der Regeln (4.3)Λ und (4.4)Λ unter den oben aufgeführten Bedingungen enthält. Für die ψ-Bilder der übrigbleibenden Regelschritte in ΠΛ (≺ A) gilt jetzt: (b1) ψ führt die Anfänge (1)Λ in Tableaux über, die in Φkl ableitbar sind:   A1  ψ Bm ψ Bm A1     ..  . . ..  ..  .. .  .    )   An  ψ B1 An  ψ B1 = ψ A1 , . . . , An , p  p, B1 , . . . , Bm   p  ½p p  ½p     p (b2) ψ führt die Regeln (2.)Λ in die Regeln (2.)Φ, die Regeln (4.1)Λ, (4.2)Λ und (6.)Λ in die gleichnumerierten Regeln von Φkl über. (b3) ψ (3.1)Λ, ψ (3.3)Λ, ψ (3.4)Λ und ψ (5.1)Λ sind zulässige Regeln von Φkl,  C wenn man beachtet, daß AjjC ) A  Γ in Φkl zulässig ist. Der Beweis dieser Zulässigkeit benutzt die gleiche einfache Überlegung wie die des Beweises der Zulässigkeit von AjjA ) [. . .].

15 Kleene (1952b), p. 13.

k

A in Φst B A

60

1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

Daher:

x

x

x x

x

x

(b4) ψ (3.2)Λ, ψ (5.2)Λ und ψ (7)Λ sind zulässige Regeln von Φkl.   ψB  Es liege eine Ableitung von A  ½XA, B  in Φkl vor:  ½A Jedes Tableau in dieser Ableitung enthält die beiden Figuren [XA,B] und [A] in der W-Spalte. Streicht man überall die Figur [A], so bilden die so veränderten   ψB Tableaux eine Ableitung von A  ½XA, B  : Die Anfänge bleiben Anfänge, und jeder Regelschritt bleibt ein korrekter Regelschritt, ausgenommen höchstens eine Anwendung von (7.1)Φ, die ein A der W-Spalte mit dem zu streichenden [A] verschmilzt. Da aber außer [A] auch [XA,B] in der W-Spalte vorkommt, ist eine solche Anwendung von (7.1)Φ durch eine von (7.2)Φ, i. e. durch eine Verschmelzung des A mit [XA,B] ersetzbar. Die gleiche Konstruktion beweist die Zu ψB  ψB x ) A lässigkeit von A ½A  ½A , wenn eine Verschmelzung von σa A mit x ½σa A

k

II Logik

61

½σxa A durch eine solche von σxa A mit [A] ersetzt wird, und trivialerweise die Zu  ψB  ½A ) A  ψB lässigkeit der Regel A ½A  ½A

k

(b51) Es liege eine Anwendung von A, A′ ! A′′, A′′  B A, A′ ! A′′  A′, B

g ) A, A′ ! A′′  B

in Π^ ð AÞ vor:

(b511) A′ sei ein Primaussageschema p; dann ist A, p → A″ ≺ p, B nach Voraussetzung ein Anfang, und

ein Anfang von Φkl ist. (b512) A′ sei logisch zusammengesetzt; dann ist die Zulässigkeit von A A′ ! A′′ A′′

  ψB ;    

   ψB  ψB A A   )  ′ ′′ ′ ′ ′′ zu beweisen. A !A ψA A !A 

Wir zeigen nacheinander (b5121)

   C A  ½B

)

  C  A  ½B ist zulässig in Φkl,  B

62

1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

wenn B logisch zusammengesetzt ist:

  C  V (a ist für den Hilfsschritt so zu wählen, daß es in) A ½ B′ nicht vorkommt)  x

  A  C   ½_ B′  x

(b)

A B!Γ

  C   B′ A  ½_  x  ½B′

)

k

C ½B B

;

A B!Γ Γ

k

C

)

)

A

k

A B!Γ

C

½_ B′ x

_x B′

k

C ist zulässig in Φkl: B

II Logik

63

Es seien Π1 und Π2 resp. Ableitungen von

k

A B!Γ

C A ½B und B ! Γ B Γ

k

C

in Φkl;

weiter komme in Π1 eine Verschmelzung

k

A′ B!Γ

B C′ ½B

)

A′ B!Γ

k

C′ ½B

vor.

Nach Konstruktion ist A in A′ und ℭ in ℭ′ enthalten; also gibt es aufgrund der Existenz von Π2 eine Ableitung von A′ B!Γ Γ

k

C′

Streicht man daher in jedem Tableau von Π1 die Figur [B], so bilden die entstehenden Tableaux eine korrekte Ableitung von A C B!Γ B

k

,weil die Verschmelzung

k

k

C′ C′ A′ ½B ) B ! Γ ½B B 0 1 A′ mithilfe von Π @ B ! Γ C′A Γ A′ B!Γ

A′ B!Γ

k

k

A′ C′ ; B!Γ B Γ

k

C′ )

A′ B!Γ

k

in den korrekten Schritt C′

übergeht. (b5121) und (b5122) zusammen ergeben die unter (b512) behauptete Zulässigkeit für alle Fälle, in denen A′ ein logisch zusammengesetztes Aussageschema und ψA′ = [A′] ist. Das umfaßt diejenigen A′, die weder eine kleine noch eine große Adjunktion sind. In den beiden übrigen Fällen A′ ( + A′1 _ A′2 und A( + _x A′1 ist die Behauptung trivial wegen

64

1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

ψ ' ' " A1 ∨ A2 → A [XA'1,A'2]



ψ ' ' " A1 ∨ A2 → A A1'∨ A2'

A' → A"

ψ

A' → A" A" A' → A" ψ [A'1]

\/ A'1→A" x



ψ

und

ψ

ψ \/ A'1 x

\/ A'1→ A" x

(b52) Es liege eine Anwendung von A, ¬ A′ ≺ A′, B ⇒ A, ¬ A′ ≺ B in ΠΛ (≺ A) vor: (b521) A′ sei ein Primaussageschema p; dann ist A,¬ p ≺ p, B nach Voraussetzung ein Anfang, und

k

k

A ψB ) : p ½p

k

A ψB A ψB ist durch p :p :p

)

k

A ψB :p

k

A ψB ein Anfang von Φkl ist. p :p (b 522 ) A′ sei logisch zusammengesetzt; dann ist die Zulässigkeit von

ersetzbar, wo

A : A′

k

ψB ) ψ A′

A : A′

k

ψB

zu beweisen.

Ist Π eine Ableitung von

A : A′

k

ψB ½A′ , so streiche man in jedem Tableau von A′

Π die Figur [A′]. Die so veränderten Tableaux bilden eine korrekte Ableitung von

A : A′

k

ψB , weil eine Verschmelzung A′ A A0 : A′

in den korrekten Schritt

k

ψB C0 ½A′ A′

)

 A   ψB  A0  C0  : A′  ½A′

65

II Logik

A A0 : A′

k

ψB

A

C0 A′

)

A0 : A′

k

ψB C0

übergeht. A : A′ A : A′

k

ψB ) ½A′

A : A′

k

k

ψB ½A′

)

A : A′

ψB A ½A′ ) ′ : A A′

k

k

ψB

ist dann durch

ψB A ) A′ : A′

k

ψB

+ ersetzbar, während die übrigbleibenden Fälle A′ ( + A′1 _ A′2 und A′ ( resp. erfaßt werden durch

k k

k k

A ψB : A′ ½XA′ ,

)

A ψB : A′ A′1 _ A′2

ψB ½A′1 

)

A : A′

A : A′

′  1 A2

ψB W A′1 x

)

)

A : A′ A : A′

k k

ψB

W

A′1

x

und

ψB

Abschließend müssen wir nur noch zeigen, daß auch der letzte Schritt in der vorgelegten Ableitung von ≺ A in Λkl, der zu ≺ A selbst führt, unter ψ in einen zulässigen Schritt von Φkl übergeht. Das aber ist trivial, weil dieser Schritt eine Anwendung einer der Regeln (3.)Λ oder (5.)Λ sein muß, die nach Definition von ψ in diesem Fall in eine Anwendung der korrespondierenden unter den Regeln (3.)Φ oder (5.)Φ übergeht. Damit ist der Hauptsatz 8 vollständig bewiesen. Der Implikationenkalkül Λkl stimmt mit dem klassischen Sequenzenkalkül G3 von Kleene überein,16 dem wir damit eine konkrete Deutung gegeben haben. [. . .] Die Konstruktionen dieses Kapitels haben uns in systematischer Weise eine Reihe von Logikspielen geliefert, die sich voneinander nur durch verschiedene spezielle Spielregeln unterscheiden. In der formalen Darstellung der Spiele haben wir zwar, strenggenommen, sowohl die Klasse X der Spielstellungen als auch die Relation T stets neu definiert, jedoch überzeugt man sich sofort, daß die Diagramme der reinen, strengen, effektiven und antieffektiven Logik auch

16 Kleene (1952a), p. 480.

66

1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

Diagramme der klassischen Logik sind. Man braucht nur die reinen Diagramme mit der dort noch überflüssigen Kennzeichnung eines Angriffszuges durch die Rundennummer des angegriffenen Aussageschemas zu versehen. Die Klasse Xkl der klassischen Spielstellungen kann o.B.d.A. sämtlichen Logikspielen zugrunde gelegt werden. Für die auf Xkl17 der Reihe nach erklärten Gesamtspielre* und Tkl der reinen, strengen, effektiven, antieffektiven und geln Tr, Tst, Teff, Teff klassischen Logik gelten dann nach Konstruktion die Implikationen xTeff y xTkl y (10) xTr y xTst y * xTeff y Die Relationen T waren im einzelnen bestimmt durch (a) die allgemeine Spielregel (b) eine reguläre spezielle Spielregel, beide für beliebige, faktische oder formale, Dialogspiele, und (c) den für formale Dialogspiele charakteristischen Zusatz zur allgemeinen Spielregel, wenn man außerdem von jeder speziellen Spielregel eine als formale Zulässigkeit präzisierte Verträglichkeit mit der charakteristischen Zusatzregel verlangt. Die Aufspaltung der speziellen Spielregeln in eine S-Regel und eine W-Regel führen wir jetzt auch für die Relation T durch: + xTy ^ x 2 XS definiere die S-Spielregel TS und xT S y ( + xTy ^ x 2 XW die W-Spielregeln TW. Da X auf entscheidbare xT W y ( Weise in die Zugbereiche XS und XW zerfällt, gilt xTy genau, wenn xTSy oder xTWy gilt. Man nennt T die Vereinigung der Relationen TS und TW. Die Implikationen (10) lassen sich jetzt auf Grund unserer Konstruktion verschärfen, indem man sie ersetzt durch (11.1) xTrS y

xTstS y

S xTeff y *S xTeff y

xTklS y

und (11.2) xTrW y

xTstS y

W xTeff y *W xTeff y

xTklW y

Daraus folgt unmittelbar, was wir längst wissen und auch von den Kalkülen Φ ablesen können:  Xeff  17 Da in Xr  Xst X alle Inklusionen echt sind, und die Relationen Tr, Tst, Teff, *  kl  Xeff * Teff zunächst nur auf den entsprechenden Teilklassen erklärt sind, muß man die fraglichen Definitionen auf die Oberklassen erweitern, was ohne jede Schwierigkeit an Hand unserer Definitionen 5–12 möglich ist.

II Logik

67

Satz 9: Jedes streng allgemeingültige Aussageschema ist sowohl effektiv als auch antieffektiv allgemeingültig; jedes effektiv wie auch jedes antieffektiv allgemeingültige Aussageschema ist klassisch allgemeingültig. Man beachte aber, daß sich die streng allgemeingültigen Schemata nicht etwa als Durchschnitt der effektiv und antieffektiv allgemeingültigen Aussageschemata ergeben. Das streng verwerfbare Aussageschema A ( + ðp ! :: qÞ ! :: ðp ! qÞ ist effektiv allgemeingültig, aber auch antieffektiv allgemeingültig, wie der folgende zwangsläufig verlaufende formale Dialog beweist:

A ¬¬ (p → q)

p →¬¬ q 0 ¬ ( p → q) 1

p

p→q

1

p

5

¬q

4,3

q

3

¬¬ q

q

2

Wir wissen nur, daß das effektive Logikspiel das minimale und das klassische Logikspiel das maximale unter den optimalen Logikspielen darstellt, deren S-Regel T S mit TstS übereinstimmt. Wir hatten dabei ein Logikspiel optimal genannt, wenn die charakteristische Zusatzregel in der weitesten Fassung 1.(4∞) verwendet werden darf.

6

Die effektiv allgemeingültigen Schemata A sind unter den klassisch allgemeingültigen dadurch ausgezeichnet, daß ein effektiver Dialog ΔW(A) stets aus nur einem Durchgang besteht, also neben den Angriffsrunden – einschließlich der 0. Runde – keine Verteidigungsrunden in ΔW (A) auftreten. Als Nebenresultat vermerken wir noch, daß im Sinn unserer Definitionen die Metaaussagen „A ist allgemeingültig“ für jedes der betrachteten Logikspiele sogar beweisdefinit sind. Dies ist keineswegs trivial, wie das Beispiel reiner Dialogspiele zeigt, für die „A ist wahr“ im allgemeinen wieder nur dialogdefinit ist. Wir schließen das Kapitel damit ab, daß wir den Inhalt der vier Hauptsätze über die effektive und klassische Logik noch einmal formulieren, diesmal aber ausgehend von den bekannten Logikkalkülen Λeff und Λkl, denen durch das effektive und klassische Logikspiel eine Deutung gegeben wird. Ist K eine Klasse von Figuren aus den Atomen eines beliebigen Logikkalküls Λ, so nennt man üblicherweise den Kalkül Λ K-konsistent (relativ konsistent bezüglich K) genau, wenn jede in Λ ableitbare Figur zu K gehört und K-voll-

68

1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

ständig (relativ vollständig bezüglich K) genau, wenn jede Figur von K in Λ ableitbar ist.18 Definiert man Keff als Klasse aller Implikationen A1, . . . , An ≺ Δ, so daß für A1 ⋀ . . . ⋀ An → Δ eine effektive W-Gewinnstrategie existiert, und Kkl als Klasse aller Implikationen A1, . . . , An ≺ B1, . . . , Bm, die so beschaffen sind, daß für A1 ⋀ . . . ⋀ An → B1 ⋁ . . . ⋁ Bm eine klassische W-Gewinnstrategie existiert, so ergeben die Hauptsätze 4 und 5 (über die Darstellung effektiv allgemeingültiger Aussageschemata als ableitbare Figuren in einem Tableaux-Vollformalismus Φeff sowie den damit äquivalenten Implikationen-Vollformalismus Λeff – hier nicht abgedruckt), zusammen mit den Sätzen 7 und 8 (über die Gleichwertigkeit der Ableit-

k

A1 . barkeit, effektiv von .. und ||A1 ⋀ . . . ⋀ An → Δ, klassisch von ½Δ An ||A1 ⋀ . . . ⋀ An → B1 ⋁ . . . ⋁ Bm – hier nicht abgedruckt) den

k

A1 ½Bm  .. .. und . . An ½B1 

Hauptsatz 9: Der Logikkalkül Λeff ist Keff-konsistent und Keff-vollständig; der Logikkalkül Λkl ist Kkl-konsistent und Kkl-vollständig Wir wollen dafür kurz sagen, daß die Kalküle sowohl der effektiven als auch der klassischen Logik dialogisch konsistent und dialogisch vollständig sind. [. . .]

III Arithmetik und Logik 1 Strenge Arithmetik Wir kehren in diesem Kapitel wieder zu der Frage zurück, die uns am Ende des ersten Kapitels beschäftigte. Wie läßt sich ein reines Dialogspiel so erweitern, daß auch für solche Aussagen ein Beweis existiert, von denen sich nur zeigen läßt, daß sie nicht rein falsch sind.19 Wir wissen, daß in einem reinen Dialogspiel im allgemeinen jedenfalls für A → A, ¬ ( A ⋀ ¬ A) oder A ⋁ ¬ A kein Beweis bekannt zu sein braucht, obwohl sich keine dieser Aussagen widerlegen läßt. Nun sind die zugehörigen Aussageschemata A → A, ¬ ( A ⋀ ¬A) und A ⋁ ¬ A nach den

18 Cf. Lorenzen (1958), p. 67; Kleene (1952a), p. 131. 19 Cf. die Deutung von ‚klassisch wahr‘ für Aussagen der Arithmetik durch ‚nicht rein falsch‘ bei Kreisel (1953).

III Arithmetik und Logik

69

Resultaten des letzten Kapitels allgemeingültige Aussageschemata bestimmter formaler Dialogspiele, deren spezielle Spielregeln auch zur Definition faktischer Dialogspiele geeignet sind. Es liegt daher nahe, diese speziellen Spielregeln als Erweiterungen der reinen Spielregel zu verwenden und die entstehenden nichtreinen faktischen Dialogspiele genauer zu untersuchen. Wir werden uns vor allem dafür interessieren, wie sich die Klassen der wahren Aussagen in den neuen Spielen von der des reinen Dialogspiels unterscheiden. Man wird erwarten, daß insbesondere die aus allgemeingültigen Aussageschemata durch Belegung der Primformelschemata mit Primformeln einer faktischen Basis hervorgehenden Aussagen im korrespondierenden faktischen Dialogspiel – das ist ein solches, das die gleiche spezielle Spielregel wie das zugrundeliegende formale Dialogspiel hat – wahr sind. Die neuen faktischen Dialogspiele können dann als Erweiterung des reinen Dialogspiels durch die verschiedenen Logikspiele aufgefaßt werden. [. . .] Ist – auf der Grundlage geeigneter Definitionen – A eine Interpretation von A über einer Basis B, bei der die Primaussageschemata pν (1 ⩽ ν ⩽ n) eines Dialoges ΔS (A) durch Aussagen Bν (1 ⩽ ν ⩽ n) im korrespondierenden Dialog ΔS (A) ersetzt sind und x* dabei ein Diagramm, das aus einer Endstellung x im Dialog ΔS (A) hervorgeht, so läßt sich tatsächlich leicht zeigen, daß W in der Erweiterung mit der strengen Spielregel, also dem strengen Dialogspiel, für x * eine Gewinnstrategie hat, wenn A streng allgemeingültig ist. [. . .] Da W einen Dialog ΔS (A) nach Voraussetzung stets so führen kann, daß er Bν erst setzt, wenn die gleiche Aussage vorher schon von S gesetzt wurde, er also jeden Angriff des S gegen ein Bν der W-Spalte mit dem gleichen Angriff gegen das Bν der S-Spalte beantworten kann, bedeutet es keine Beschränkung der Allgemeinheit, von S zu verlangen, daß er ein Bν nicht eher angreifen solle, als bis eine der Stellungen x* erreicht ist. Wegen der vorausgesetzten Allgemeingültigkeit des Schemas A ist das stets möglich. Für die Stellungen x* aber ist die Existenz einer W-Gewinnstrategie leicht zu beweisen, also gibt es nach dem eben Gesagten auch eine W-Gewinnstrategie für A . Da diese Überlegungen ebenso für jede andere Interpretation A′ von A über der Basis B an Stelle von A gelten, wobei von B nur die Entscheidbarkeit gebraucht wird, ist jede entscheidbare Basis B ein strenges Modell eines streng allgemeingültigen Aussageschemas A relativ zu jeder Interpretation von A über B. Eine Aussage A → A ist daher im strengen Dialogspiel streng wahr, auch wenn es unbekannt ist, ob A selbst streng wahr oder streng falsch ist. Wählen

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1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

wir etwa für A eine bisher unbewiesene arithmetische Aussage der Form =n p ðxÞ, x so spielt sich ein strenger Dialog ΔS (A → A) wie folgt ab: ⋀

x

1.



x

p(x) → ⋀ p(x)

p(x) 0

x



p(x)

2.

x

?

3.

n

1

5.

p(n)

7.

?

p(n)

6.

?

1

4.

n

2

3 ? 8. Falls eine Ableitung von p(n) existiert, wird mit dem 9. und 10. Zug eine Ableitung von p(n) gesetzt, andernfalls ist der Dialog beendet. In beiden Fällen gewinnt W, ganz gleich, mit welchem der unendlich vielen möglichen Angriffe S im 3. Zug beginnt. Offensichtlich spielt es dabei keine Rolle, ob für =n pðxÞ selbst ein Beweis – x er mag rein oder streng sein, das ist bei Aussagen, die weder eine Negation noch eine Subjunktion als Teilaussagen enthalten, gleichgültig – bekannt ist. [. . .]

2 Effektive und klassische Arithmetik Ehe wir jetzt gleich zur Darstellung der effektiven und klassischen Dialogspiele übergehen, empfiehlt es sich, den Gang strenger Dialoge der Form Δ (A ⋀ ¬A) und Δ (A ⋁ ¬A) für den Fall noch einmal genau zu analysieren, daß A eine Aussage ist, die bisher weder bewiesen noch widerlegt ist. Der Einfachheit halber wählen wir für A eine Aussage der Form _ p (x) mit einer für jede Zahl n entx scheidbaren elementar-arithmetischen Aussage p (n). Dann betrachten wir die folgenden Dialogführungen: ⋁p x

? l

? ?

0 1 2

( x) ∧¬ ⋁ p (x)

und

⋁p x

x

⋁p

? r

(x)

x

p (n )

( x) ∧¬ ⋁ p (x) x

¬ ⋁ p (x)

0

x

⋁ x

p(x) 1

p (n)

2

?

3

?

71

III Arithmetik und Logik

Im ersten Fall gewinnt O, wenn P keine Zahl n kennt, für die p (n) wahr ist; eine W solche allgemeine Unkenntnis hatten wir für die spezielle Aussage p ðxÞ auch x W vorausgesetzt, als wir angenommen haben, daß für p ðxÞ noch kein Beweis x

bekannt ist. Aber natürlich reicht diese Voraussetzung nicht, um die Züge von O in diesem Fall als einer Gewinnstrategie folgend ansehen zu können; P kann ja im Moment des Dialogs eine Zahl n finden, für die p (n) wahr ist. Dann verliert O beim ersten Verfahren. W Man könnte nun folgendermaßen argumentieren: Solange kein Beweis von p ðxÞ bekannt ist, wählt O die erste Dialogführung, x und in dem Augenblick, in dem ein solcher bekannt wird, wechselt O die Strategie und verfährt so, wie das zweite Diagramm angibt. In beiden Fällen gewinnt dann stets O. Diese Argumentation ist jedoch irreführend, weil die erste Dialogführung erst dann als Gewinnstrategie für O angesehen werden kann, wenn wirklich die Existenz eines n, für das p (n) wahr ist, widerlegt ist. Wie man sich eine solche Widerlegung verschafft, ist eine Frage für sich, die wir hier auf sich beruhen lassen.20 Besonders deutlich wird die Situation, wenn man eine Differenz der Kenntnisse von P und O annimmt. Damit ist gemeint, daß P ein n, für das p (n) wahr ist, kennt, jedoch O diese Kenntnis nicht besitzt. Genau dieser Fall kann nämlich eintreten, wenn weder ein n, für das p (n) wahr ist, bekannt ist, noch die Existenz eines solchen widerlegt ist. Dann verliert O den Dialog in ‹jedem› Fall, nämlich in jedem der endlich vielen faktisch spielbaren Partien, wenn dafür gesorgt wird, daß die Kenntnisdifferenz während der Partiewiederholungen aufrechterhalten bleibt. In diesem Sinn können wir dem W W Fehlen einer O-Gewinnstrategie für p ðxÞ ⋀ ¬ p (x) eine Deutung geben, die x

x

sogar stets den Partieverlust für O nach sich zieht, nämlich für jede endliche W W Anzahl von Partien Δ ( p (x) ⋀ ¬ p (x)) unter der angegebenen Bedingung, x x W W obwohl wir wissen, daß für p (x) ⋀ ¬ p (x) keine P-Gewinnstrategie existieren x x W W kann. Völlig symmetrisch ist die Lage bei der dualen Aussage p (x) ⋁ ¬ p (x). x

x

Auch hier überlegt man sich sofort, daß eine Differenz der Kenntnisse von P und O – in diesem Fall muß umgekehrt O den Kenntnisvorsprung vor P haben – zum Verlust jeder endlichen Anzahl von Partien für P führt, solange die Kenntnisdifferenz aufrechterhalten bleibt, obwohl wir wissen, daß für W W p (x) ⋁ ¬ p (x) keine O-Gewinnstrategie existieren kann. x

x

20 Man vergleiche dazu die protologischen Verfahren zum Beweis von Aussagen über Kalküle in Lorenzen (1955), §§ 2–5.

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1 Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge

Der Grund dafür, daß sich die Kenntnisdifferenz beider Spieler auswirken kann, liegt darin, daß der Spieler mit den minderen Kenntnissen die im Verlauf einer Partie gewonnenen Kenntnisse in derselben Partie nicht mehr benutzen kann, um früher getroffene Entscheidungen noch zu seinen Gunsten zu revidieren. In verschiedenen Partien mit gleichem Anfang die Kenntnisdifferenz aufrechtzuerhalten, ist natürlich stets möglich, weil man für jede der neuen Partien auch neue Partner P und O wählen kann. Innerhalb derselben Partie ist das nicht möglich, weil der hier gewählte Spielbegriff offen ist, also davon ausgeht, daß ein Spiel mit vollständiger Information vorliegt.21 Was wir tun müssen, um dies zu verhindern, ist also, dem unterlegenen Spieler zu gestatten, mehrere Partien bzw. Partienstücke innerhalb ein und derselben Partie spielen zu dürfen. Genau diese Möglichkeit geben die im II. Kapitel betrachteten unsymmetrischen Erweiterungen der strengen Spielregel, die einem der Spieler – wir hatten ihn als W ausgezeichnet – einseitig beliebige Angriffs- bzw. auch Verteidigungswiederholungen gestatten. Wenn wir daher jetzt die unsymmetrischen Dialogspiele mit effektiver und klassischer Spielregel einführen, – das antieffektive Dialogspiel werden wir nicht eigens betrachten, da es praktisch keine selbständige Rolle spielt –, so darf dies nicht als Postulierung von zwei verschiedenen Bedeutungen einer Aussage aufgefaßt werden, sondern lediglich als Mittel, den Spieler W alle Kenntnisse, die er im Verlauf einer Partie gewinnt, nämlich durch die Zugwahl von S, so ausnutzen zu lassen, als stünden ihm diese schon am Anfang der Partie zur Verfügung. Jede Zugmöglichkeit, die W zu irgendeinem Zeitpunkt einer Partie hat, soll ihm in jedem späteren Zeitpunkt derselben Partie noch immer zur Verfügung stehen, wenngleich er sie nur endlich oft ausnutzen kann. Wir verfahren dabei in zwei Schritten: die effektive Spielregel konserviert nur die Angriffsmöglichkeiten von W, während die klassische Spielregel zusätzlich auch die Verteidigungsmöglichkeiten von W aufrechterhält. Das bedeutet mit anderen Worten, daß eine W-Gewinnstrategie auch dadurch ermöglicht werden soll, daß insbesondere W ausschließlich Kenntnisse von S übernimmt und keine eigenen Kenntnisse benutzt, er also in diesem vagen Sinn ‹formal› gewinnen kann. Präziser werden wir, wie angekündigt, zeigen, daß effektiv resp. klassisch allgemeingültige Aussageschemata bei jeder Interpretation über einer entscheidbaren Basis in effektiv resp. klassisch wahre Aussagen übergehen. [. . .]

21 Cf. Berge (1957), p. 6 ff. u. 46 ff.

Literatur

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Literatur Berge, Claude (1957): Théorie générale des jeux à n personnes. Paris: Gauthier-Villars. Beth, Evert W. (1955): Semantic entailment and formal derivability. In: Mededelingen der Kon. Nederl. Akad. van Wetenschappen, Afd. Letterkunde, Nieuwe Reeks 18, pp.309–342. Beth, Evert W. (1959): The Foundations of Mathematics. A Study in the Philosophy of Science. Amsterdam: North Holland. Church, Alonzo (1956): Introduction to Mathematical Logic I. Princeton N. J.: Princeton University Press. Frege, Gottlob (1892): Sinn und Bedeutung. In: Z. f. Philos. u. philos. Kritik, NF 100, pp. 25–50. Kindt, Walther (1972): Eine abstrakte Theorie von Dialogspielen. Dissertation. Universität Freiburg im B. Kleene, Stephen C. (1952a): Introduction to Metamathematics. New York, Toronto: North Holland. Kleene, Stephen C. (1952b): Permutability of inferences in Gentzen’s calculi LK and LJ. In: Kleene, S. C.: Two papers on the predicate calculus. In: Memoirs Am. Math. Soc., No. 10, pp. 1–66. Providence R. I., pp. 1–26. Kreisel, Georg (1953/54): A variant to Hilbert’s theory of the foundations of arithmetic. In: The British J. for the Philosophy of Science 4, pp. 107–129. Lorenzen, Paul (1955): Einführung in die operative Logik und Mathematik. Berlin, Göttingen, Heidelberg: Springer. Lorenzen, Paul (1958; rev. u. erweitert 1967): Formale Logik. Berlin: De Gruyter. Lorenzen, Paul (1960): Logik und Agon. In: Atti del XII. Congresso Internazionale di Filosofia (Venezia, 12–18 Settembre 1958), vol. 4. Firenze: Sansoni Editore, pp. 187–194. Lorenzen, Paul (1961): Ein dialogisches Konstruktivitätskriterium. In: Infinitistic Methods. Proc. of the Symposium on Foundations of Math. (Warsaw, 2–9 Sept. 1959). Oxford, London, New York, Paris: Pergamon Press, pp. 193–200. Lorenzen, Paul (1962): Metamathematik. Mannheim: Bibliographisches Institut. Mackie, John L. (1958): The rules of natural deduction. In: Analysis (Oxford) 19 no.2, pp. 27–35. Mackie, John L. (1959): The symbolising of natural deduction. In. Analysis (Oxford) 20 no.2, pp. 25–37. Quine, Willard V. O. (1950; rev. 1959): Methods of Logic. London, New York: Henry Holt and Company. Schütte, Kurt (1960): Beweistheorie. Berlin, Göttingen, Heidelberg: Springer. Tarski, Alfred (1935): Der Wahrheitsbegriff in den formalisierten Sprachen. In: Studia Philosophica (Krakau) 1, pp. 262–405 (engl. The Concept of Truth in Formalized Languages. In: A. Tarski (1956): Logic, Semantics, Metamathematics. Papers from 1923–1938, ed. J. Corcoran, Oxford: Oxford University Press, pp. 152–278).

2 Die Ethik der Logik Die Reflexion auf die sprachlichen Hilfsmittel jeder wissenschaftlichen Tätigkeit hat der zeitgenössischen Philosophie zu einer neuen kritischen Bewußtheit verholfen. Es hat sich zunehmend die Einsicht durchgesetzt, daß Sprachphilosophie nicht so sehr eine spezielle philosophische Disziplin ist, die von der Sprache in derselben Weise handelt wie andere Disziplinen zum Beispiel von der Natur oder dem Recht handeln, als vielmehr eine Grundlegung der Philosophie, insofern es nämlich Philosophie hier mit Bedingungen ihrer eigenen Möglichkeit zu tun hat. Sprachkritik hat das Erbe der kantischen Vernunftkritik angetreten. In theoretischer wie in praktischer Philosophie kümmert man sich aufs Neue um eine kritische Rekonstruktion ihrer Sätze. Wie aber kann diese Aufgabe verläßlich bewältigt werden? Wer so fragt, hält bereits sein Wissen von der Welt und sein Handeln in der Welt nicht mehr für gesichert. Er fragt mit den klassischen kantischen Fragen ‚Was kann ich wissen?‘ und ‚Was soll ich tun?‘ nach einer Begründung seines Wissens und einer Zielsetzung für sein Handeln. Von vornherein zuverlässige Hilfsmittel für eine Antwort stehen nicht zur Verfügung, sofern die einmal erfahrene Fragwürdigkeit bisherigen Wissens und Handelns ernst genommen wird. Wenn aber die Autorität angebotener Antworten, seien es vergangene der Tradition oder gegenwärtige von Lehrern, Leitbildern oder auch politischen Institutionen, nicht mehr wirksam ist, so entsteht wieder einmal die alte Frage nach dem sicheren Anfang aller sinnvollen und darüber hinaus auch verläßlichen Rede. Natürlich kann es sich hier nicht darum handeln, eine sprachlose Situation zu fingieren, in der ein Robinson allererst sprechen lernte, vielmehr befinden wir uns alle schon in einer grundsätzlich gemeinsamen Lebenswelt, in der wir handelnd uns zu orientieren gelernt haben. Und Sprechen ist ebenfalls ein Handeln, das vor allen anderen Handlungen dadurch ausgezeichnet ist, daß es diese selbst zu seinem Gegenstand machen kann. Wir fragen nach etwas, sprechen über etwas, wir formulieren Sätze, durch die wir unsere Orientierung in der Welt sprachlich artikulieren. Mit Aussagen, genauer: mit Aussagesätzen, drücken wir unser Wissen aus, mit Imperativen, genauer: mit Imperativsätzen, drücken wir unsere Einsichten aus, gemäß denen wir handeln. Und die kritische Frage nach einem sicheren Neubeginn lautet nicht: welche ersten gewissen Sätze lassen sich als Beginn aller menschlichen Rede aufstellen, sondern vielmehr: Welche theoretischen und praktischen Sätze, die wir längst aufgestellt haben, können kritisch gereinigt aufrechterhalten werden, und wie ist solche kritische Reinigung überhaupt möglich? https://doi.org/10.1515/9783110670301-002

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2 Die Ethik der Logik

Was soll es heißen, daß eine Aussage durch Angabe von Gründen und ein Imperativ durch Angabe von Zielen gerechtfertigt ist? Noch dazu, wenn dabei stillschweigend unterstellt wird, daß es sich dabei um wahre Gründe und um gute Ziele handeln muß. An dieser Stelle hilft es weiter, wenn man sich klarmacht, daß Rechtfertigungen, seien es Begründungen im Falle theoretischer Sätze oder Zielsetzungen im Falle praktischer Sätze, ebenfalls sprachliche Handlungen sind, und zwar solche, die jemandem gegenüber geschehen, der sie versteht und anerkennt oder bezweifelt. Wer rechtfertigen will, was er weiß und tut, hat nicht nur jede fremde Autorität, sondern auch seine eigene in Frage gestellt: Er will den anderen gegenüber seine Sätze mit Gründen und Zielen rechtfertigen. Die Anerkennung der mangelnden Verläßlichkeit von bisher wirksamen Autoritäten führt zusammen mit dem Wunsch nach neu gesicherter Orientierung in der Welt zur Solidarität derjenigen, die sich in der gleichen Lage befinden und die nichts anderes tun können als sich einander stets aufs Neue ihrer wahren Meinungen, das ist ihres Wissens, und ihres guten Willens, das ist ihrer Einsicht, zu vergewissern. Wie aber kann dies nun geschehen, da doch zufällige faktische Übereinstimmung der einander Rechenschaft Gebenden sicher nicht als ausreichend angesehen werden wird? Im Folgenden soll zunächst versucht werden, Handlungen, die dadurch bestimmt sind, daß sie gewisse Invarianzforderungen erfüllen, als gut, sogar als formal gut, vor anderen auszuzeichnen. Das Begründen von Aussagen wird sich dann als Beispiel einer formal guten Handlung ergeben. Die Aufforderung zur Begründung wird daraufhin zu einem Satz der formalen Ethik. Da nun diejenige Theorie, die speziell das Begründen von Aussagen allein aufgrund ihrer sprachlichen Form zu ihrem Gegenstand hat, die formale Logik ist, so ergibt sich, daß bereits zu den Sätzen der formalen Ethik die Aufforderung gehört, formale Logik zu betreiben. Es bleibt daher die Aufgabe, die Aussagen der formalen Logik selbst, also gewisse Aussagen über Aussagen, zu begründen, wobei die besonderen Bedingungen, die an das Begründen als eine formal gute Handlung geknüpft sind, erfüllt werden müssen. Das wiederum gelingt durch einen Aufbau der formalen Logik als Teil der Theorie eines präzise geregelten Dialogs um Aussagen, der die anfangs gestellten Invarianzforderungen für formal gutes Handeln exemplarisch erfüllt. Beginnen wir mit den auszeichnenden Invarianzforderungen an Handlungen. Die einleitenden Bemerkungen hatten so weit geführt, daß jede Rechtfertigung, insbesondere diejenige eines praktischen Satzes, der auf die Frage ‚Was soll ich tun?‘ antwortet, ihrerseits eine Handlung ist, und zwar eine sprachliche Handlung, die einem anderen gegenüber getan wird. Der Rechtfertigende rechnet der Absicht seiner Frage nach mit der Anerkennung oder Bezweiflung seiner Rede durch den anderen, und das nicht zufällig einmal anerkennend und

2 Die Ethik der Logik

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ein andermal bezweifelnd, sondern stets, der Möglichkeit nach zumindest, anerkennend, wenn seine Rechtfertigung wirklich stichhaltig ist. Wie soll das möglich sein? Nun, das läßt sich jedenfalls dann erreichen, wenn der fragliche praktische Satz von der Form ‚Ich will dieses tun‘ – es empfiehlt sich, so lange ‚will‘ statt ‚soll‘ zu sagen, bis dieser Satz stichhaltig gerechtfertigt ist – unabhängig von den besonderen Umständen seiner Äußerung ist. Das aber heißt: Gleichgültig, wer diesen Satz äußert, zu welcher Zeit, an welchem Ort, kurz: ‹in welcher Situation auch immer›, die Rechtfertigung der jeweils beabsichtigten Handlungen bleibt in ihrer Stichhaltigkeit von dieser Variation der Umstände unberührt. Das wiederum bedeutet, daß die Stichhaltigkeit der Rechtfertigung schon allein dadurch gesichert sein muß, daß die fraglichen Handlungen eben unabhängig von den besonderen Umständen und das heißt nach üblicher Terminologie als allgemeine gewollt sind. Es ist dann selbstverständlich, daß jeder, dem gegenüber ein derart allgemeiner praktischer Satz gerechtfertigt wird, in jeder Situation diese Rechtfertigung anerkennen muß, da er seinerseits den Satz übernehmen kann und er allein dadurch, daß diese Variation der Umstände die Rechtfertigung nicht beeinflußt, deren Stichhaltigkeit erkennt. Berücksichtigt man jetzt, daß in ihrer Zielsetzung gerechtfertigte Handlungen auch gut genannt werden – bei Aristoteles heißt dieses Ziel ausdrücklich εὐπραξία, gutes Handeln (vgl. Eth. Nic. 1139b) – so bilden die invarianten, schon allein durch ihre Allgemeinheit gerechtfertigten Handlungen einen Teil der guten Handlungen. Wir können mit Fug und Recht diese invarianten Handlungen auch formal gut nennen, eben weil allein ihre Allgemeinheit schon ihre Zielsetzung rechtfertigt. Der Ausdruck ‚formal‘ ist hier also nicht in irgendeinem pejorativen Sinn von ‹bloß formal› oder ‹sinnleer› gemeint, sondern soll die bestehende Invarianz andeuten. Der Wille zur Rechtfertigung allein, die praktische Solidarität derjenigen, die ihre Orientierung in der Welt neu sichern wollen, genügt schon, um die invarianten Handlungen als gerechtfertigt und daher als gut zu erkennen. Man sieht sofort, daß diese Bestimmung formal guter Handlungen als Interpretation der durch den kategorischen Imperativ in seiner allgemeinen Formulierung ausgesonderten Handlungen angesehen werden kann: „handle nach der Maxime, die sich selbst zugleich zum allgemeinen Gesetze machen kann“ (I. Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, A 81). Auf die feineren Unterschiede zu den Erläuterungen von Kant selbst kann und muß hier allerdings nicht eingegangen werden. Um ein Beispiel zu geben: Der Satz ‚ich will schlafen‘ ist sicher nicht als allgemeiner aufgestellt; jede Rechtfertigung, etwa ‚ich bin müde‘ – einmal unterstellt, daß sie stichhaltig ist – wird von den besonderen Umständen seiner

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2 Die Ethik der Logik

Äußerung abhängen. Andererseits jedoch erfüllt der Satz ‚ich will meine theoretischen Sätze begründen‘ die Unabhängigkeit von den besonderen Umständen seiner Äußerung. ‹Begründen› ist, wie wir gleich zeigen werden, eine invariante und damit eine formal gute Handlung. Die Aufforderung zur Begründung von Aussagen – ‚man soll seine theoretischen Sätze begründen‘ – ist ein Satz der formalen Ethik. Wir gehen davon aus, daß die Aufstellung theoretischer Sätze, genauso wie deren Begründung, dann, wenn man des mit ihnen artikulierten Wissens nicht mehr gewiß ist, eine sprachliche Handlung darstellt, die anderen gegenüber erfolgt. Um einer neu gesicherten Orientierung in der Welt willen stellt man die theoretischen Sätze einer allgemeinen Prüfung – wie immer diese aussehen mag – zur Verfügung, und das heißt, man versteht sie als wissenschaftliche Aussagen. Sie werden der Absicht nach gegenüber jedermann und in jeder Situation vertreten, und dadurch vererbt sich die Unabhängigkeit gegenüber den besonderen Umständen ihrer Äußerung von den genannten theoretischen Sätzen auch auf den praktischen Satz ‚ich will meine theoretischen Sätze begründen‘. ‹Begründen von Aussagen› wird als eine allgemeine Handlung gewollt, weil gerade dadurch erst die Verbindlichkeit der wissenschaftlichen Aussagen, die ausdrücklich beabsichtigt ist, garantiert werden kann. Wir können, unter Verwendung einer kantischen Unterscheidung (Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, A 38, Anmerkung) sagen: Das Begründen geschieht, seiner hier artikulierten Absicht nach, aus ‹praktischem› Interesse und nicht aus ‹pathologischem› Interesse, etwa aus Liebe zur Diskussion oder zum Streit oder anderen besonderen Vorlieben. In der Tat ist daher das Begründen von Aussagen eine formal gute Handlung, die Aufforderung zur Begründung aber nennen wir einen Satz der formalen Ethik. Wie aber lassen sich wissenschaftliche Aussagen begründen? Wir wissen zunächst nur, daß eine Begründung eine formal gute Handlung ist und sie daher unabhängig davon sein muß, wem gegenüber und unter welchen Umständen sie erfolgt. Wie sie aber im einzelnen aussieht, hängt jetzt von der Art der Aussagen ab, die es zu begründen gilt. Insbesondere haben wir nicht davon gesprochen, welche Art von Aussagen man überhaupt aufstellen soll. Die bisherige Erörterung ermöglicht noch keine Entscheidung darüber, ob man zum Beispiel Arithmetik treiben solle oder nicht. Es fehlen noch alle Hilfsmittel, den Aufbau eines Systems von begründeten Aussagen über Handlungen wie Zählen, Addieren usw., kurz: den Aufbau einer Theorie kunstgerechten Zählens, Addierens usw. zu rechtfertigen. Trotzdem darf man vermuten, daß sich die Handlungen der praktischen Arithmetik, über die in der theoretischen Arithmetik begründete Aussagen gemacht werden, durchaus rechtfertigen und damit als gut charakterisieren lassen, nämlich durch Rückgang auf menschliche Be-

2 Die Ethik der Logik

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dürfnisse und bereits gerechtfertigte Wünsche; ohne zu zählen würden wir uns wohl nur schwer in der Welt zurechtfinden. Es wird aber wohl kaum gelingen, jedenfalls ist kein Ansatz dafür zu sehen, diese Handlungen, wie Zählen usw., im Unterschied zum Begründen schon als formal gut und damit als invariant zu erweisen. Doch einmal unterstellt, die Praxis der Arithmetik sei gerechtfertigt, die Begründungspflicht für ihre Theorie – jede ihrer Aussagen – ist dann bereits gesichert. Ganz anders liegen die Dinge, wenn das Begründen selbst zum Gegenstand einer Theorie gemacht wird. Versteht man unter Logik die Theorie des kunstgerechten wissenschaftlichen Sprechens, das eine allgemeine Handlung sein will, jedermann gegenüber zu jeder Zeit vertretbar, so gehören die Aussagen über das Begründen ebenfalls zur Domäne der Logik. Wie man sieht, ist sogar wissenschaftliches Sprechen im Ganzen als eine vernünftige Handlung bestimmbar, die Aufforderung, Logik zu treiben, daher ein Satz der formalen Ethik. Es würde jedoch den Rahmen dieser Erörterung bei weitem übersteigen, die Probleme beim Aufbau der Logik in ihren einzelnen Teilstücken zu behandeln. Nicht einmal auf denjenigen Teilkomplex, der die Theorie des Begründens betrifft, möchte ich hier eingehen, sondern lediglich auf einen noch engeren Ausschnitt, nämlich die Theorie des formalen Begründens, also die formale Logik, die zu treiben wir a fortiori gerechtfertigt haben. Die entscheidende Aufgabe der formalen Logik ist es bekanntlich, diejenigen Aussagen zu bestimmen, die sich bereits aufgrund ihrer sprachlichen Form begründen lassen oder, wie man auch sagt, die bereits formal wahr sind. Die für die sprachliche Form relevanten sprachlichen Bausteine sind die sogenannten logischen Partikeln, also Wörter, die umgangssprachlich im Deutschen durch ‚oder‘, ‚nicht‘, ‚dann‘, ‚alle‘ und andere repräsentiert werden. Doch hier wäre bereits innezuhalten. Warum sollen gerade diese Wörter für die die formale Logik interessierende Form der Aussagen entscheidend sein und keine anderen? Wo kommen sie her, warum soll man sie einführen, sind wir der überkommenen Bildungssprache oder gar der Umgangssprache unhintergehbar ausgeliefert? Die moderne formale Logik in ihrer mathematischen Gestalt hat nicht zuletzt ihrem rigorosem Verzicht, auf solche Fragen überhaupt einzugehen, ihren großen Erfolg zu verdanken. Es ist ihr gelungen, sogenannte Logikkalküle anzugeben, mit denen man aus gewissen formal wahren Grundaussagen nach präzisen Regeln, den Schlußregeln, alle übrigen formal wahren Aussagen herstellen kann. Auf eine Rechtfertigung dieser Kalküle wird entweder verzichtet – es bleibe niemandem etwas anderes übrig als eben seine Logik zu wählen – oder aber es wird bisherige wissenschaftliche, meist mathematische, Praxis oder auch nur umgangssprachliche Gewohnheit für eine Rechtfertigung in Anspruch genommen.

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Ersichtlich ist damit das Problem nur verschoben, das wir präziser jetzt wie folgt formulieren können: Bei einem Aufbau der formalen Logik als Theorie der formalen Begründung werden Aussagen über Aussagen gemacht, die ihrerseits zu begründen sind, wenn eine wirklich verläßliche Theorie gewonnen werden soll. Es klingt wie ein Zirkel, soll doch auf der Metastufe bereits ausgeübt werden, was auf der Objektstufe erst behandelt wird. In der Tat hat die Logik, und so die formale Logik, mit der besonderen Schwierigkeit fertig zu werden, noch von keiner Kunst der Begründung Gebrauch machen zu können wie die anderen Wissenschaften, eben weil diese Kunst – eine kunstgerechte Handlung – gerade erst erfunden wird. Die Auflösung gelingt durch ein sorgfältiges Schrittfür-Schritt-Verfahren, bei dem zunächst geklärt wird, was es überhaupt heißt, wissenschaftliche Aussagen aufzustellen. Wie bereits ausgeführt, werden solche Aussagen nämlich anderen gegenüber vertreten, und zwar unabhängig von irgendwelchen besonderen Umständen. Wissenschaftliche Aussagen sind Behauptungen, die bestritten werden können. Sie haben ihrer Absicht nach nur Sinn, wenn es ein Verfahren gibt, das festlegt, wie sie anderen gegenüber zu vertreten sind. Aussagen müssen, so sagt man dann, dialogisch-definit sein: Es muß festumrissene Möglichkeiten geben, einen Dialog um sie führen zu können, wobei die Regeln möglicher Dialogführungen, Handlungsanweisungen also, wiederum allgemein zu sein haben. Das aber heißt, die jeweils zugelassenen Handlungen müssen invariant sein und dürfen deshalb insbesondere keinen der beiden Dialogpartner auszeichnen. Eine Aussage gilt als stichhaltig begründet, und das heißt jetzt als wahr, genau dann, wenn sie im Dialog gegen jede und jeden vertreten werden kann. Dieser Einsicht folgend können jetzt die logischen Partikeln als Bausteine für die logische Zusammensetzung von Aussagen durch genaue und allgemeine, den Dialogpartnern gegenüber symmetrische Regeln ihrer Verwendung in einem Dialog, und das heißt, ohne Rückgriff auf die Umgangssprache oder die Praxis überlieferter Wissenschaften, eingeführt werden. Daß sie auch eingeführt werden sollen, kann hingegen nicht schon durch Invarianzforderungen allein gesichert werden. Die Aufforderung, logisch zusammengesetzte Aussagen überhaupt einzuführen, muß auf die Praxis der Rede und der mit ihr verbundenen Normen zurückgreifen und läßt sich so als gut, wenngleich nicht als formal gut, rechtfertigen (vgl. K. Lorenz, Elemente der Sprachkritik. Eine Alternative zum Dogmatismus und Skeptizismus in der Analytischen Philosophie, Frankfurt/Main 1970, Kap. II.3 [Die sekundäre dialogische Situation], pp. 232–241). Dabei gelingt es zusätzlich noch, über Art und Anzahl der logischen Partikeln eine vollständige Übersicht zu gewinnen. Es würde an dieser Stelle zu weit führen, die dialogische Verwendung aller logischen Partikeln im Detail vorzuführen – das geschieht beispielsweise im nächsten Beitrag dieses Bandes –, der

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Fall der Negation möge hier genügen. Eine negierte Aussage im Dialog vertreten, so lautet die einschlägige Dialogregel, heißt nichts anderes als dem Partner das Recht einräumen, seinerseits die nichtnegierte Aussage zu vertreten und damit die ursprüngliche Behauptung zu bestreiten. Genau dann, wenn das keinem Dialogpartner gelingt, ist die negierte Aussage stichhaltig begründet und das heißt wahr. Es ließe sich weiter vorführen, daß sich auch die übrigen, von den logischen Partikeln unabhängigen Regeln der Dialogführung, wie sie zusätzlich bei beliebig logisch zusammengesetzten Aussagen vereinbart werden müssen, tatsächlich so wählen lassen, daß die an formal gute Handlungen gestellten Bedingungen der Invarianz, also insbesondere der Symmetrie gegenüber den Dialogpartnern, erfüllt sind. Keiner der Dialogpartner ist vor dem anderen ausgezeichnet. Der Dialog um logisch zusammengesetzte Aussagen ist ein formal gutes Handlungsschema (vgl. dazu meinen Beitrag ‚Die dialogische Rechtfertigung der effektiven Logik‘ in diesem Band pp. 141–167). Wer jetzt eine logisch zusammengesetzte Aussage formal begründen will, muß sie im Dialog bereits aufgrund der Dialogregeln allein, und das heißt unabhängig von jeder Vertretbarkeit der logisch einfachen, also unzusammengesetzten, Teilaussagen gegen jede und jeden erfolgreich vertreten können. Auch jede Aussage der Theorie dieser so vereinbarten formal guten Dialogführung, zum Beispiel eine Aussage der Form ‚Aussage A ist formal wahr‘, kann jetzt, wie verlangt, ihrerseits dialogdefinit eingeführt werden. Es ist nämlich völlig klar, wie sie in einem Dialog behauptet und bestritten werden kann. Wer die Aussage ‚Aussage A ist formal wahr‘ behauptet, verpflichtet sich zu einem Dialog um die Aussage A selbst mit der Versicherung, er könne diesen Dialog aufgrund der Dialogregeln allein, und man sagt dann auch hier ‚formal‘, gegen jede und jeden gewinnen. Die Begründung der Metaaussage ‚Aussage A ist formal wahr‘ geschieht durch Rückgang auf den Dialog um die Aussage A selbst, also durch ein gemeinsames Handeln, nämlich die praktische Einlösung des formal guten dialogischen Handlungsschemas. ‹Logisch begründen› ist für Aussagen auf jeder Stufe der Betrachtung durch einen lehr- und lernbaren Handlungszusammenhang eingeführt, der seiner Invarianz wegen tatsächlich zur Rechtfertigung geeignet ist. Die ‹logische Begründung› darf jetzt wirklich in Anspruch nehmen, daß sie leistet, was sie als Begründung ihrer Absicht nach verspricht. Die so gewonnene Fundierung der formalen Logik in Dialogen, die nach präzise vereinbarten allgemeinen Regeln, die also weder Umstände noch Personen auszeichnen, um beliebige Aussagen praktisch geführt werden kann, darf ihrerseits mit Recht eine praktische Begründung der formalen Logik heißen. Die Logik ist also wahrhaft eine διαλεκτικὴ τέχνη, und wir können sie

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2 Die Ethik der Logik

daher wieder einmal, wie schon so oft in ihrer Geschichte, auch Dialektik nennen. Mit dieser Benennung schon wird dann zum Ausdruck gebracht, daß wir selbst hier im Falle der Logik, der theoretischen Wissenschaft par excellence, den Primat der praktischen Vernunft vor der theoretischen Vernunft haben aufzeigen können.

3 Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen Die Aufgabe dieses Aufsatzes soll es sein, den Dialogbegriff als Grundlage aller wichtigen Termini der Logik wie ‚Aussage‘, ‚wahr‘, ‚allgemeingültig‘ usw. so weit einzuführen, daß deutlich wird, inwiefern der Rückgang auf Dialogspiele eine Begründung der Logik zu heißen verdient.1 Im ersten Teil sind dabei diejenigen Überlegungen enthalten, die nur bis an die Schwelle der Logik im engeren Sinne führen. Sie kommen also im wesentlichen noch ohne den Begriff der Wahrheit einer Aussage aufgrund der Form allein aus. Der zweite Teil hingegen ist ausschließlich der Theorie der Dialogspiele unter diesem Gesichtspunkt der Allgemeingültigkeit von Aussagen gewidmet und entwickelt Logikkalküle als geeignetes Hilfsmittel für diese Theorie. Es zeigt sich, daß dabei neben einem hier erstmals behandelten Kalkül der ‹strengen› Logik den längst bekannten Kalkülen der klassischen (zweiwertigen) und intuitionistischen (effektiven) Logik eine ausgezeichnete Rolle zukommt.

I Pragmatische Einführung der Aussagen und logischen Partikeln durch Dialoge 1 Einführung des Dialogbegriffes Der Ausgangspunkt aller Überlegungen ist die wohlbekannte Tatsache, daß nur für die Aussagen der Junktorenlogik eine Begründung der einschlägigen Kalküle möglich ist, die von einer vollkommen finiten und daher unproblematischen Definition allgemeingültiger Aussageschemata Gebrauch macht. Gemeint ist jene übliche Definition, die durch Rückgang auf die wahr-falsch-Belegungen der Aussageschemata erfolgt. Die logischen Partikeln, jedenfalls die Junktoren, sind dabei nichts anderes als Bezeichnungen für die verschiedenen Möglichkeiten, zusammengesetzten Aussagen einen ‹Wahrheitswert› zuzuerteilen, je nachdem welcher Wahrheitswert den Teilaussagen zukommt. Die einzige, aber für die Definition der Allgemeingültigkeit entscheidende Voraussetzung dieses Verfahrens ist, daß jede Aussage, jedenfalls zunächst einmal jede Primaussage, einen

1 Die Idee, einen Dialog zur Begründung der Logik heranzuziehen, geht zurück auf Lorenzen (1960), (1961); sie wurde ausgeführt in Lorenz (1961) – auszugsweise zugänglich im ersten Aufsatz dieser Sammlung – und bildet die Grundlage der Darstellung in Lorenzen (1962). Vgl. auch die dialogische Interpretation der Quantoren in Mackie (1958), (1959). https://doi.org/10.1515/9783110670301-003

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3 Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen

von zwei Werten hat, also wahr oder falsch ist, wie man sagt, wobei es unerheblich ist, wie im einzelnen ‚wahr‘ und ‚falsch‘ für Aussagen, etwa der Arithmetik, definiert sind. Keineswegs unerheblich ist es jedoch, sich klarzumachen, daß das ganze Verfahren wirklich nur Sinn hat, wenn jede Primaussage eben wahr oder falsch ist, d. h. auf, mindestens prinzipiell, entscheidbare Weise ihr einer der beiden Werte zukommt. Was soll es zum Beispiel heißen, daß die Aussage ‚Figur α ist im Kalkül K ableitbar‘ wahr oder falsch ist, wenn K unentscheidbar und keine Ableitung von α in K bekannt ist? Eben hier müßte man metasprachlich bereits einen Sinn von ‚oder‘ zur Verfügung haben, den es doch objektsprachlich erst einzuführen gilt. Hingegen ist es unproblematisch, jeder Primaussage ein Verfahren zuzuordnen, das nach endlich vielen Schritten über ihren Wert 0 ‹oder› 1 entscheidet;2 diese Zuordnung macht metasprachlich nur scheinbar vom Junktor ‚oder‘ Gebrauch: ‚oder‘ ist pragmatisch eliminiert. Daran liegt es nun auch, daß die Quantoren nicht mehr auf gleiche Weise durch Wahrheitswerte adäquat definiert werden können; die Definition ist kein schematisch kombinatorisches Verfahren mehr und muß metasprachlich von ebendenselben Quantoren bereits Gebrauch machen. All- und Manchaussagen sind im allgemeinen nicht mehr entscheidbar wahr oder falsch, junktorenlogische Verknüpfungen aus ihnen demzufolge nicht mehr überall definiert. Die Definition ‚allgemeingültiger‘ Aussageschemata wird problematisch, besonders, wenn es gilt, Schemata auf diese ihre Allgemeingültigkeit hin zu prüfen. An dieser Stelle setzen die Überlegungen ein, einen Dialog mit genau festgelegten Regeln seiner Durchführung, ein Dialogspiel also, als Grundlage sowohl der Definition der logischen Partikeln als auch der einschlägigen semantischen Termini ‚wahr‘, ‚allgemeingültig‘ usw. heranzuziehen. Eine kritische Reflexion auf den Sinn von Aussagen, etwa der oben genannten vom Typ ‘K α, legt es bereits nahe, nicht erst ihre Verifizierbarkeit oder Falsifizierbarkeit für charakteristisch zu halten. Vielmehr gibt es hier sog. ‹Beweisversuche›, vorgebliche Ableitungen ΠK(α), die durch ein Entscheidungsverfahren auf ihre Korrektheit hin geprüft werden können. Liegt ein konkreter Beweisversuch, also ein Beweis πK(α) vor, so wird man sagen wollen, daß der Aussage ‚‘ K α‘ der Prädikator ‚wahr‘ zukomme – man schreibt (metasprachlich) auch ‚‘ α‘ ε und sagt, daß, wie K

2 Der Prädikator ‚entscheidbar‘ ist hier exemplarisch, d. h. an Beispielen, eingeführt zu denken; die Begriffsbestimmung und damit Präzisierung des Gebrauchs von ‚entscheidbar‘ durch ‚allgemein-rekursiv‘ setzt den exemplarischen Gebrauch von ‚entscheidbar‘ bereits voraus, weil für diese Begriffsbestimmung mindestens eine Theorie der Kalküle gebraucht wird, und kann ihn daher nicht ersetzen.

I Pragmatische Einführung der Aussagen und logischen Partikeln durch Dialoge

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‘K α, auch ‚‘K α‘ε zurecht behauptet werde –, liegt dagegen ein inkorrekter Beweisversuch vor, so ist noch nichts über wahr oder falsch entschieden. Im Unterschied zu den entscheidbar wahren oder falschen Aussagen, die man auch kurz wertdefinit nennen kann, heißen solche Aussagen mit einem entscheidbaren Beweisbegriff beweisdefinit. Entsprechend sind Unableitbarkeitsaussagen widerlegungsdefinit. Geht man nun aber zu noch etwas komplizierteren Aussagen über, etwa vom Typ ‚Regel α ⇒ β ist im Kalkül K zulässig‘, so ist leicht einzusehen, daß hier im allgemeinen weder ein entscheidbarer Beweis- noch ein entscheidbarer Widerlegungsbegriff, geschweige denn ein entscheidbarer Wahrheitsbegriff vorliegt. Trotzdem werden solche Aussagen ohne Schwierigkeiten verstanden und beliebig oft, z. B. in metamathematischen Vorlesungen, ‹bewiesen›, und auch diese Beweise werden verstanden. Was aber ist dann der ‹Sinn› einer solchen Aussage? Hier hilft jetzt der Dialog weiter! Die Aussage A0 [⇋ Regel α ⇒ β ist im Kalkül K zulässig] wird gegenüber einem Partner behauptet, der sie seinerseits bestreitet, und das alles mit abwechselnd vorgebrachten Argumenten, die nach gewissen genau festgelegten Regeln aufeinander folgen. Die Aussage ist ‹sinnvoll›, insofern sie in einem Dialog behauptet und also auch bestritten werden kann. Das Behaupten und Bestreiten, die Argumentationen, sind sinnvolle Handlungen. Zum vorliegenden Fall etwa wird man dem Gegner, kurz Opponent O genannt, erlauben, eine Belegung α0 der Prämisse α (sie wird im allgemeinen Variable enthalten) frei zu wählen und ‘ K α0 zu behaupten, woraufhin der A0 Behauptende, kurz Proponent P genannt, verpflichtet sein soll, sich auf diesen Angriff des O, wie wir sagen wollen, mit der Behauptung ‘K β0 zu verteidigen; β0 ist hier die α0 entsprechende Belegung von β in der Regel α ⇒ β. Aber natürlich wird man P, danach oder statt dessen, auch erlauben, die Behauptungen ‘K α0 des O seinerseits anzugreifen, nämlich von O die Vorlage einer korrekten Ableitung πK (α0) zu verlangen; liefert O eine solche Ableitung, so bleibt P zur ursprünglichen Verteidigung von A0, mit ‘K β0 nämlich, verpflichtet und muß auf Verlangen des O dann seinerseits eine korrekte Ableitung πK (β0) liefern. Damit ist der kleine Dialog um A0 bereits beendet. Schematisch kann man die verschiedenen Dialogführungen wie folgt darstellen: (1) Opp.

Prop. (2) 0. A0

O

(3)

P A0

1. ⊢ α0

⊢ β0

4.

1. ⊢ α0 ⊢ β0

3. π(α0)

?

2.

3. ?

5. ?

π(β0) 6.

O A0

0. 2.

π(β0) 4.

P

1. ⊢ α0

0.

⊢ β0 2.

3. ? 5. π(α0)

?

4.

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3 Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen

(Die Reihenfolge der Argumente ist durchnumeriert worden; Angriff und Verteidigung darauf stehen aus Zweckmäßigkeitsgründen immer in der gleichen Zeile. Auf einen Index neben jedem Angriff, der angibt, gegen welches Argument er sich richtet, ist in den Beispielen verzichtet worden.) Im Fall (1) hat P gewonnen – er hat alle Verpflichtungen erfüllt und O kann nichts mehr beanstanden –, im Fall (2) ebenfalls, im Fall (3) jedoch nicht, weil O auf Anfrage π (α0) liefern kann, P aber kein π (β0) kennt. Kennt auch O in diesem Fall kein π (α0), fehlt also das 5. Argument, so gewinnt wieder P, weil vernünftigerweise eben erst O für die ‹Voraussetzung› ⊢ α0 geradestehen muß, ehe P auf ⊢ β0 festgelegt werden kann. Nach spätestens sechs Schritten ist der Dialog um A0 beendet, gewonnen hat, wer ‹das letzte Wort› hat. Es ist dabei auf einfache Weise entscheidbar, ob der Dialog korrekt geführt wurde und wer ihn gewonnen hat3: zur Aussage A0 gehört ein entscheidbarer Dialogbegriff, A0 soll daher dialogdefinit heißen. Eine Aussage A ist ‹sinnvoll›, oder eben schlicht wirklich eine Aussage, insofern sie dialogdefinit ist. Zeichen- oder Lautfolgen mögen Aussagen heißen, wenn um sie ein Dialog geführt werden kann. Entscheidend ist nun aber, daß der individuelle Ausgang eines Dialoges um A noch nichts über Wahrheit und Falschheit von A besagen soll. Denn der Gewinn eines Dialoges wird natürlich von der Wahl der Argumente abhängen und nicht invariant gegenüber einer Änderung der Argumente sein; Gewinn und Verlust lassen sich nur als Prädikatoren auf ganze Dialoge Δ (A) anwenden, nicht etwa schon auf die Anfangsaussage A selbst. Man wird vielmehr definieren wollen: D 01

A ist wahr genau, wenn P eine Gewinnstrategie für A hat, also den Dialog um A gewinnen kann ohne Rücksicht auf die Wahl der Argumente von O; entsprechend: A ist falsch genau, wenn O eine Gewinnstrategie gegen A hat, also den Dialog um A gewinnen kann ohne Rücksicht auf die Wahl der Argumente von P.

In dieser Definition wird als Definiens eine vergleichsweise komplizierte Metaaussage verwendet, von der man sich erst zu überzeugen hat – wie im Fall der Aussage ‚Regel α ⇒ β ist im Kalkül K zulässig‘ –, inwiefern sie dialogdefinit ist. Wie sieht ein Dialog um ‚P verfügt über eine Gewinnstrategie für A‘ aus? Der erste angreifende Schritt des Opponenten wird lediglich aus einer Aufforderung an P bestehen, eine Gewinnstrategie vorzulegen. Was immer man nun als

3 Genau genommen müßte man sich dann auf entscheidbare Kalküle beschränken; will man das jedoch nicht, so genügt es, statt nur korrekte Ableitungen π(α) auch beliebige Ableitungsversuche Π(α) als Argumente zuzulassen und in einem weiteren Dialogschritt zur Prüfung dieser Versuche auf ihre Korrektheit hin aufzufordern.

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Verteidigungsmöglichkeiten des P im einzelnen vorschreiben mag – im Fall unendlich vieler Alternativen des O im Dialog um A läßt sich sicher nicht die Angabe einer Antwort des P auf jede Möglichkeit des O verlangen –, jedenfalls wird man von P fordern wollen, auf eine Aufforderung des O an P zu einem Dialog um A einzugehen, eine vorgelegte Argumentationsweise des O also zu beantworten. Es spielt dabei keine Rolle, ob sich die faktische Spielweise des P daraufhin prüfen läßt, ob sie irgendeiner etwa vereinbarten Strategieangabe gehorcht; die von P gewählte Spielweise gelte einfach als strategiegemäß. Damit ist der Dialog um ‚P verfügt über eine Gewinnstrategie für A‘ auf den Dialog um A selbst zurückgeführt, die zur Definition von Aϵ verwendete Aussage also selbst auch dialogdefinit. Jedoch weiß man noch nicht, ob der Prädikator ‚wahr‘ der Aussage A nun auch zukommt, ihr zu Recht zugesprochen ist. Es sieht also so aus, als sei man keinen Schritt weiter gekommen, denn die Existenz einer Gewinnstrategie für ‚Aϵ ‘ zu beweisen, läuft in der Tat jetzt auf nichts anderes hinaus, als ebendasselbe für A zu tun. Nun war aber von vornherein nicht zu erwarten, daß sich auf dem Wege über den Dialog etwa ein entscheidbarer und adäquater Wahrheitsbegriff würde gewinnen lassen; er bleibt dialogisch, und das ist alles. Trotzdem läßt sich die Existenz von Gewinnstrategien auch bei unendlich vielen möglichen Dialogen um eine Aussage A ‹beweisen›, und zwar durch Überlegungen, wie sie in der konstruktiven Mathematik schon immer gelehrt und gelernt wurden, z. B. durch Induktion. Denn natürlich werden bei unendlich vielen Alternativen für ein Argument in einem Dialog diese durch ein Schema, also einen Kalkül, gegeben sein, und Induktion über diesen Kalkül wird unter Umständen alle Möglichkeiten bei dem in Frage stehenden Dialogschritt zu behandeln gestatten. So reicht z. B. eine der üblichen Eliminationsmethoden für Regeln in einem Kalkül aus, sich einer Gewinnstrategie für den oben eingeführten Dialog um A0 zu vergewissern. In jedem Fall muß das Beweisverfahren verstanden werden, um das bedeutet keineswegs, den Beweis nur hinzunehmen oder zu ‹glauben›. Wer an seiner Schlüssigkeit – das hat hier nichts mit logischem Schließen zu tun! – zweifelt, mag als Opponent zu einem Dialog um die fragliche Aussage antreten und diesen Dialog zu gewinnen versuchen. Endlich viele solcher Versuche, einen Dialog um A0 zu gewinnen, die gegen einen Proponenten als Partner, der den Beweis verstanden hat, auch vergeblich sein werden, können dann ein Anlaß sein, sich noch einmal um das Verständnis des Beweisverfahrens zu bemühen. Der Dialog um eine Aussage bleibt die entscheidbare Grundlage, an der sich jeder Beweis der Existenz einer Gewinnstrategie für diese Aussage bewähren muß, ganz ähnlich übrigens, wie sich Beweise für die Ableitbarkeit oder Unableitbarkeit von Figuren in Kalkülen an konkreten Ableitungen zu bewähren haben. Dialoge

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lassen sich als Verallgemeinerung von Kalkülen auffassen: die einzelnen Dialogschritte selbst befolgen nichts anderes als schematische Handlungsanweisungen, also Kalkülregeln, nur sind diese Kalküle eben so übereinandergetürmt, daß sich Dialogregeln ergeben. Umgekehrt lassen sich Kalküle als entartete Dialogspiele, nämlich als ‹Monologe› oder ‹Ein-Schritt-Dialoge› auffassen, wie man am Beispiel der Ableitbarkeitsaussagen ‘K α sofort sehen kann. Es dürfte damit noch deutlicher sein, inwiefern es der Dialog, nämlich ein lehr- und lernbarer Handlungszusammenhang ist, der eine Aussage sinnvoll macht. Man könnte aus diesem Grunde den Dialogbegriff auch eine pragmatische Fundierung der Logik im weiteren Sinne nennen, die den alten Gegensatz von Syntax und Semantik überwindet: die schematischen Regeln der Dialogführung sind praktische Handlungsanweisungen und gehören als solche ebenso zur Syntax wie zur Semantik der Aussagen.4

2 Ein Dialogspiel Von den bisherigen Betrachtungen geleitet, soll jetzt in Form einzelner Punkte erklärt werden, was man allgemein unter einem Dialogspiel verstehen möge. Dieser Vorschlag ist natürlich nicht zwangsläufig, insofern man sich sofort Alternativen wird überlegen können. Für eine Begründung genügt es, zunächst überhaupt einen Vorschlag zu machen, der als Leitfaden zur Behandlung von Aussagen in jeder Reflexionsstufe dient. Es wird sich dann herausstellen, ob Alternativvorschläge in irgendeinen angebbaren Sinn das gleiche oder aber Verschiedenes leisten. Den Vorschlag, um sprachliche Äußerungen einen Dialog zu führen, der sie als Aussagen qualifiziert, könnte man vergleichen mit der ‹Vereinbarung›, überhaupt sprechen zu wollen. Solche Handlungen: sprechen, dialogisieren, auch zählen u. a., sind insofern von ‹bloßen› Konventionen unterschieden, als sie Möglichkeiten eröffnen, die auf keine andere Weise erschlossen werden können; sie sind ‹nicht ersetzbar›. Kantisch gesprochen, handelt es sich hier um ‹Bedingungen der Möglichkeit› von: sprachlich gestalteter Lebenswelt, Logik und Arithmetik. Die spezifische Verwirklichung von ‹sprechen› etwa als ‹deutschsprechen› ist dagegen sehr wohl ersetzbar durch ‹ebenso gute› Alternativen anderer natürlicher oder auch künstlicher Sprachen.

4 Zur üblichen mengentheoretischen Semantik vgl. ihre Grundlegung in Tarski (1956); ein kritischer Vergleich mit der in Lorenz (1961) vorgelegten und hier fortgeführten ‹spieltheoretischen› Begründung findet sich in Stegmüller (1964).

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In eben diesem Sinne ist auch der im folgenden explizit vorgelegte Vorschlag eines Dialogspiels ersetzbar durch andere Vorschläge dieser Art. Es bedarf jeweils detaillierter Einzeluntersuchungen (die sich natürlich bereits selbst eines Vorschlags in der Metasprache bedienen, wenn sie wirklich kritisch verfahren), um anzugeben, in welchem Sinne zwei verschiedene Verwirklichungen ‹äquivalent›, ineinander ‹übersetzbar› sind. D 1 Dialoge um Aussagen bestehen aus abwechselnd vom Opponenten O und Proponenten P vorgebrachten Argumenten, die bestimmten zur Dialogführung gehörigen Regeln folgen, und enden mit Gewinn und Verlust für je einen der beiden Partner. D 2 Die Argumente, das uneigentliche von P vorgebrachte Anfangsargument ausgenommen, greifen vorhergegangene des Gegners an oder verteidigen eigene auf solche Angriffe, nicht aber beides zugleich: die eigentlichen Argumente zerfallen in Angriffe und Verteidigungen. D 3 Angriffe stellen Rechte dar, die jederzeit im Dialog wahrgenommen werden können. D 4 Verteidigungen stellen Pflichten dar, denen in der umgekehrten Reihenfolge der zugehörigen Angriffe spätestens dann nachgekommen werden muß, wenn kein Angriffsrecht mehr ausgeübt werden kann: die jeweils zuletzt entstandene Verteidigungspflicht hat Vorrang. D 5 Wer in einem Dialog kein Argument mehr vorbringen kann oder aufgibt, hat diesen Dialog verloren, der andere ihn gewonnen.

Durch D 2 wird zunächst ‚Angriff‘ als zweistelliger und ‚Verteidigung‘ als dreistelliger Prädikator über Argumenten in einem Dialog Δ (A) eingeführt: ‚ζ 1, ζ 2 ϵ Angriff‘ heißt, daß ζ 1 ein Angriff gegen ζ 2 ist; ‚ζ 1, ζ 2, ζ 3 ε Verteidigung‘ heißt, daß ζ 1 eine Verteidigung von ζ 3 auf ζ 2 ist, wobei ‚ζ 2, ζ 3 ε Angriff‘ gilt. Anschließend werden ‚Angriff‘ und ‚Verteidigung‘ in der üblichen bequemen Weise5 einstellig behandelt. Offenbar ist es hier bereits willkürlich, gerade diese Einteilung der Argumente zu treffen. Einfacher wäre es sicher, erst einmal nur mit Angriffen einen Dialog zu führen6 – aber dieser Spezialfall ist hier natürlich mit enthalten –, schwieriger dagegen wäre es, noch allgemeiner gleich feinere Einteilungen zu treffen, etwa auch Angriffe ‹2. Ordnung› zu betrachten, die von den ursprünglichen Angriffen und den Verteidigungen darauf abhängen, also in diesem Falle einen vierstelligen Prädikator gleich miteinführen. Bei einer solchen Überlegung vergißt man, was als Grundintention jeden Vorschlags einer Dialogführung anzu-

5 ‚ζ ε Angriff‘ ist definiert durch ‚∨ ζ ′, x ε Angriff‘ unter Benutzung des hier noch nicht zur x Verfügung stehenden Manchquantors ∨. Trotzdem ist diese Definition auch hier völlig unprobx lematisch: Wer ‚ζ ε Angriff‘ behauptet, muß ein Argument ζ′ angeben und ‚ζ, ζ′ ε Angriff‘ behaupten. Entsprechend: Wer ‚ζ ε Verteidigung‘ behauptet, muß Argumente ζ′ und ζ″ angeben und ‚ζ, ζ′, ζ″ ε Verteidigung‘ behaupten. 6 Vgl. hierzu Drieschner (1966), wo jede Aussage durch diejenigen Aussagen, die als Einwände gegen sie (d.s. bei uns die Angriffe gegen sie) gelten sollen, charakterisiert wird.

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sehen ist, nämlich zunächst nur so viele Distinktionen vorzugeben, als sich durch Beispiele aus der wissenschaftlichen Praxis bei deren kritischer Rekonstruktion und methodischer Rechtfertigung motivieren lassen. Insbesondere zeigt das Beispiel A0 (p. 85), daß mit Angriffen allein keine hinreichend allgemeine Dialogführung erreicht wird, während ein Beispiel, für das man mit Angriffen und Verteidigungen allein nicht auskäme, noch anzugeben wäre. Darüber hinaus ist es nicht ausgeschlossen, daß kompliziertere Dialogspiele sich durchaus auf den hier gewählten Vorschlag reduzieren ließen. Aber von diesen Überlegungen einmal abgesehen, wird es sicher niemand für unnatürlich halten, in einem Dialog jedem der beiden Kontrahenten von vornherein einen unmittelbaren Bezug zu jedem Argument einzuräumen, eben angreifend gegenüber den Argumenten des Gegners und verteidigend gegenüber den eigenen Argumenten, wobei im zweiten Fall die Angriffe des Gegners in geordneter Weise zu berücksichtigen sein sollen. Durch D 3 und D 4 werden Angaben über das Verhältnis von Angriff und Verteidigung in einem Dialog gemacht, die plausibel sein dürften: z. B. sollen Angriffsrechte im weiteren Verlauf eines Dialoges nicht erlöschen können; andererseits soll die Einlösung von Verteidungspflichten durch die Wahrnehmung von Angriffsrechten zwar aufgeschoben, aber nicht aufgehoben werden können. Und zwar soll die Einlösung einer Verteidigungspflicht insbesondere solange aufgeschoben werden dürfen, bis der sie auslösende Angriff vom Gegner seinerseits auf einen Gegenangriff verteidigt worden ist. Damit dies auch dann, wenn keine Angriffsrechte mehr zur Verfügung stehen – also verteidigt werden muß – stets für beide Partner sichergestellt ist, muß man die angegebene Rangfolge innerhalb der Verteidigungspflichten einhalten. Das ergibt eine einfache Überlegung, die man sich am Beispieldialog um A0 klarmachen kann: Betrachtet man etwa den Dialogverlauf (3), so wäre es denkbar, daß O als 5. Argument, statt π (α0) vorzubringen, das 4. Argument (hier das ‚?‘ des P) noch angreifen könnte; darf es dann gleichgültig sein, welcher Verteidigung P – sofern P nicht seinerseits angreift – zuerst nachzukommen hat, der seines 2. oder der seines 4. Arguments? Angenommen, P verteidigte zuerst das 2. Argument, dann wäre wegen D 1 wieder O am Zuge. Und O müßte, sofern keine Angriffe mehr möglich sind, sein 3. Argument auf den Angriff des P (4. Argument) mit π (α0) verteidigen, obwohl er wegen der seitens P noch ausstehenden Verteidigung dieses Angriffs keine Veranlassung dazu hat. O hätte, im Unterschied zu P, die Möglichkeit verloren, die Einlösung seiner Verteidigungspflicht mindestens solange aufschieben zu dürfen bis der sie auslösende Angriff vom Gegner seinerseits auf den schon vorgebrachten Gegenangriff verteidigt worden ist. Damit also die mit dem Recht zum Aufschub versehene Pflicht zur Verteidigung sinnvoll bleibt, muß man die Reihenfolge der Angriffe zu einer Rangord-

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nung der zugehörigen Verteidigungspflichten benutzen, und zwar so, daß man in einem Dialog der Verteidigung auf den jeweils letzten unverteidigten Angriff stets Vorrang vor allen anderen noch nicht eingelösten Verteidigungspflichten einräumt: das zuletzt angegriffene Argument muß immer zuerst verteidigt werden. Als zweckmäßige Terminologie empfiehlt es sich, je einen Angriff mit der zugehörigen Verteidigungspflicht – also die Zeilen in der hier gewählten Dialognotation – eine Runde des Dialogs zu nennen. Die Runden mögen offen heißen, solange die Verteidigungspflichten uneingelöst sind, hingegen geschlossen, sobald verteidigt worden ist. Jeder Angriff eröffnet eine neue Runde des Dialogs; der Dialog ist auf natürliche Weise durch seine Angriffe nach Runden geordnet. Die Verteidigungen schließen Runden, und zwar müssen sie nach dem gerade Erörterten die jeweils letzte noch offene Runde zuerst schließen. Die oberste Zeile mit dem uneigentlichen Anfangsargument gelte als uneigentliche (offene) 0. Runde. D 5 schließlich setzt in naheliegender Weise fest, wann und für wen ein Dialog gewonnen und verloren sein soll. Kehrt man jetzt zum Beispieldialog um A0 zurück, so kann man sich schnell davon überzeugen, daß D 1 – D 5 noch nicht ausreichen, um einen entscheidbaren, i. e. definiten, Dialogbegriff zu garantieren. Es muß nämlich sichergestellt sein, daß nach den unter D 1 genannten Regeln, den Argumenteregeln für die Dialogführung, jeder Dialog um eine Aussage wirklich zu einem Ende kommt und diese Regeln es gestatten, von einem beendeten Dialog zu entscheiden, ob er fehlerfrei geführt wurde und wer ihn gewonnen hat. Erst dann sollen Aussagen dialogdefinit heißen. Betrachtet man jedoch die oben angegebene Dialogführung (1) um A0, so ist nicht einzusehen, warum O nach dem 6. Argument von P nicht noch einen weiteren Angriff ⊢ α1 gegen A0 – mit einer Belegung α1 von α nach seiner Wahl – sollte vorbringen dürfen. Durch D 3 wird nicht festgelegt, wie oft Angriffsrechte im Verlauf eines Dialogs wahrgenommen werden dürfen. Die Frage läßt sich auch so stellen: sollen mehrere verschiedene Möglichkeiten der Dialogführung um einen Aussage A innerhalb ein und desselben Dialoges Δ (A) realisierbar sein? Man wird sofort einsehen, daß es keinen Sinn hat, die Ausübung von Angriffsrechten gegen ein Argument beliebig oft zu gestatten, weil dann ein Dialog beliebig lange geführt werden könnte, der Dialogbegriff also nicht definit wäre. Daher müssen wir uns überlegen, welche Schranken für die Zahl der ausübbaren Angriffsrechte gegen ein Argument angemessen sind. Es ist dabei zunächst sicher vernünftig, eine Schranke gleichmäßig allen Argumenten gegenüber vorzuschreiben; allenfalls könnte man beiden Partnern das Recht zugestehen, vor jedem Dialog, oder auch während eines solchen, Schranken erst auszuhandeln, und dann sogar möglicherweise für O und P verschiedene. Die einfachste Forderung aber ist es wohl, gegen ein Argument in einem Dialog höchstens einfache

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Ausübung des Angriffsrechts zu erlauben. Diese Vereinbarung soll auch hier zunächst getroffen werden: D 61,1

Argumente dürfen im Verlauf eines Dialoges höchstens einmal angegriffen werden.

Es wird sich herausstellen, daß die in D 61,1 gewählten Schranken – den ersten Index nennen wir kurz O-Angriffsschranke, den zweiten entsprechend P-Angriffsschranke – durchaus folgenreich sind, nämlich in bezug auf die Klasse der Aussagen, für die es Gewinnstrategien gibt. Andere Angriffsschranken führen auch zu anderen Klassen gewinnbarer Aussagen. Trotzdem wird man D 61,1 nicht nur deshalb für vernünftig ansehen, weil es den einfachsten Vorschlag darstellt, sondern auch aus folgendem Grunde: wer in einem Dialog eine Aussage ein weiteres Mal angreift, hat offenbar den vorhergehenden Angriff vergeblich geführt, greift also zu einer anderen Dialogführung, die er eigentlich schon vorher hätte wählen können. Überlegungen aber, die sich erst aus der Behandlung von Strategien des Dialogspiels mit nur einfachem Angriffsrecht ergeben, sollten zunächst noch nicht innerhalb einer einzigen Dialogführung, dann eines neuen Dialogspiels mit mehrfachem Angriffsrecht, ausgenutzt werden können. Auf ganz ähnliche Weise kann man sich fragen, welchen Einfluß es auf die Dialogführung hat, wenn nicht nur Angriffe, sondern auch Verteidigungen innerhalb eines einzigen Dialoges erneut gewählt, die alten also ‹zurückgenommen› werden dürfen. Allerdings unterscheiden sich hier Angriffe und Verteidigungen: Angriffe sind Rechte, müssen also keineswegs stets gegen ein vorhergegangenes Argument des Gegners ausgeübt werden, Verteidigungen hingegen sind Pflichten, sie werden durch die sie auslösenden Angriffe erzwungen. Aus diesem Grunde brauchen wiederholte Angriffe nicht unbedingt als Zurücknahme der vorhergehenden aufgefaßt zu werden – sie fordern vielmehr zu neuerlicher Verteidigung des angegriffenen Arguments auf – während wiederholte Verteidigungen stets eine solche Zurücknahme der vorhergehenden Verteidigungen bedeuten. Da nun selbstverständlich unterstellt wird, daß Revisionen der Dialogführung innerhalb eines Dialoges zunächst nicht vorgesehen sind, braucht die Beschränkung der Anzahl der Verteidigungspflichten auf nur einen Verteidigungsversuch nicht eigens als Punkt der Spielregel formuliert zu werden; die Beschränkung der Anzahl der Angriffsrechte ist hingegen nicht selbstverständlich und wird daher durch D 61,1 vorläufig festgelegt. Die Erklärungen D 1 – D 61,1 sollen insgesamt die Rahmenregel für Dialogspiele heißen. Sie legt insbesondere fest, wann und wie oft Argumente im Verlauf eines Dialoges angegriffen und verteidigt werden dürfen. Um nun aber einen Dialog um eine Aussage wirklich führen zu können, reicht die Rahmenregel ersichtlich noch

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nicht aus. Es muß im Sinne von D 1 weiter festgelegt werden, wie Argumente im Dialog angegriffen und verteidigt werden dürfen. Man muß also noch angeben, welche Argumente als Angriffe gegen ein Argument und welche Argumente als Verteidigungen des letzteren auf jeden der Angriffe dagegen zugelassen sind. Das kann durch ein Angriffs- und Verteidigungsschema geschehen, wie es etwa für das Beispiel A0 oben vorgeschlagen wurde. Dieser zweite Teil der Spielregel besteht aus der detaillierten Angabe der in D 1 genannten Regeln und wurde oben schon die Argumenteregel für Dialogspiele genannt. Die Argumenteregel muß auf den speziellen Aufbau der Aussagen, ihren ‹Inhalt›, wie man gern sagt, eingehen und unterscheidet sich dadurch von der Rahmenregel, die alle bloß ‹formalen› Regeln der Dialogführung zusammenfaßt, solche nämlich, die sich unabhängig von der speziellen Gestalt der Aussagen formulieren lassen. Trotzdem gibt es eine naheliegende Möglichkeit, aus der Fülle möglicher Argumenteregeln gewisse herauszugreifen, die ebenfalls nur in einem sehr eingeschränkten Sinn vom ‹Inhalt› der Aussagen Gebrauch machen und daher zum formalen Teil einer Dialogführung gerechnet werden dürfen. Man betrachte nämlich Angriffs- und Verteidigungsschemata für Aussagen, die ihrererseits aus Aussagen zusammengesetzt sind, wobei die Festlegung von Angriff und Verteidigung in der Tat nur von der Tatsache der Zusammensetzung aus den direkten Teilaussagen Gebrauch macht und von nichts sonst, insbesondere also auch nicht den Aufbau der Teilaussagen seinerseits berücksichtigt. Diese Überlegung führt zum Begriff der logischen Zusammensetzung von Aussagen, dem wir uns jetzt zuwenden wollen.

3 Die logischen Partikeln Es werde vorgeschlagen, eine Aussage A genau dann als direkt logisch (oder auch formal) zusammengesetzt aus den Aussagen einer Klasse K schon gegebener dialogdefiniter Aussagen anzusehen, wenn die zu A gehörige Argumenteregel nur ebendiese direkten Teilaussagen, die Elemente von K selbst, als Angriffe und Verteidigungen zuläßt. Im Angriffs- und Verteidigungsschema, das alle möglichen Angriffe gegen A und ebenso alle möglichen Verteidigungen von A auf jeden dieser Angriffe angibt, dürfen also nur die Aussagen der Klasse K auftreten. Schaltet man mehrere direkte logische Zusammensetzungen hintereinander und nennt entsprechend neben direkten Teilaussagen auch direkte Teilaussagen von Teilaussagen wieder Teilaussagen, so entsteht eine aus ihren Teilaussagen logisch zusammengesetzte Aussage. Man wird sicher als charakteristisch für eine ‹bloß formale› Zusammensetzung einer Aussage A aus ihren direkten Teilaussagen, etwa A1 und A2, ansehen wollen, daß im Dialog um A Angriff gegen und Verteidigung von A keinerlei Gebrauch von der besonderen Beschaffenheit, dem

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3 Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen

‹Inhalt› von A1 und A2 machen oder gar sonstige, sich nicht bloß auf A1 und A2 beziehende Nebenbedingungen berücksichtigen. Jeder Dialog um eine Aussage wird durch diese besonderen Argumenteregeln, die Partikelregeln heißen mögen, auf Dialoge um ihre direkten Teilaussagen zurückgeführt. Die neu gewonnene, logisch zusammengesetzte Aussage ist dialogdefinit genau, wenn jede ihrer Teilaussagen es ist, sofern nur die Partikelregeln die möglichen Angriffe und Verteidigungen wirklich nach einem schematischen Verfahren bestimmen. Um die folgende Übersicht über sämtliche Partikelregeln zu erleichtern, sollen nur einfache direkte logische Zusammensetzungen betrachtet werden, d. s. solche, deren Angriffs- und Verteidigungsschema jede direkte Teilaussage genau einmal enthält. Es handelt sich dabei keineswegs um eine Beschränkung der Allgemeinheit: jede direkte Teilaussage mindestens einmal zu verlangen, läuft darauf hinaus, nur echte Zusammensetzungen zu betrachten; jede direkte Teilaussage höchstens einmal zu verlangen, berücksichtigt die Möglichkeit, Schemata mit mehrfach wiederholten Teilaussagen als Spezialfälle höherstelliger Verknüpfungen aufzufassen. Allerdings empfiehlt es sich, den Begriff einer einfach direkt logisch zusammengesetzten Aussage noch ein wenig zu erweitern. Die vorgeschlagene Definition erlaubt es nämlich noch nicht, im Angriffs- und Verteidigungsschema einer aus den beiden Teilaussagen A und B bestehenden neuen Aussage A * B sowohl A als auch B als Verteidigungen von A * B zu verwenden. Verteidigungen sind nur auf Angriffe möglich, und wie sollten diese Angriffe hier aussehen, wenn A und B beide als Verteidigungen auftreten und daher für die zugehörigen Angriffe nicht mehr verwendet werden können. Aus diesem Grunde wird man in naheliegender Weise, wie schon oben im Beispiel der Ableitbarkeitsaussagen verwendet, als Angriffe auch ihrerseits nicht mehr angreifbare Argumente, bloße Aufforderungen zur Verteidigung, zulassen und diese im wesentlichen etwa durch ein Fragezeichen ‚?‘ (gelesen: ‚dubito‘) wiedergeben. Wir wollen diese zusätzlichen unangreifbaren Argumente Zweifel nennen. Natürlich kann man statt dieses sinnvoll erweiterten Begriffs einer einfach direkt logisch zusammengesetzten Aussage auch den zunächst vorgeschlagenen engeren Begriff – ohne Fragezeichen – verwenden. Man erhält dann ebenfalls logische Partikeln, nur eben weniger. Eine Begründung, nämlich eine vernünftig motivierte Einführung der logischen Partikeln liegt beidemal vor; dazu aufzufordern, mehr oder weniger logische Partikeln zu verwenden, kann nicht mit zur Aufgabe einer Begründung zählen. Will man jedoch kritisch zu verstehen suchen, in welchem Sinne die bisher so genannten logischen Partikeln diese Bezeichnung verdienen, wird man den erweiterten Begriff einer einfachen direkt logischen Zusammensetzung dem engeren vorziehen. Die folgenden Schemata enthalten in der ersten Spalte die jeweils neugewonnene logisch zusammengesetzte Aussage γ, in der zweiten Spalte zu jedem

I Pragmatische Einführung der Aussagen und logischen Partikeln durch Dialoge

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γ nacheinander alle möglichen Angriffe α gegen γ und in der dritten Spalte wiederum zu jedem α nacheinander alle möglichen Verteidigungen β von γ auf α (wobei α gegen γ). D 71 1-stellige einfache Verknüpfungen

*A non:

Angriffe Verteidigungen

⌐A

?

¬A

A

A

Von den beiden Möglichkeiten einer 1-stelligen einfachen Verknüpfung kann die erste, die ‹Position› von A, in einem Dialog ersichtlich entbehrt werden: man ersetze ⌐A einfach überall durch A. Die ‹Negation› von A kann hingegen durch A angegriffen, aber überhaupt nicht auf diesen Angriff verteidigt werden. Durch den Angriff A entsteht eine Pflicht zur Verteidigung von :A auf diesen Angriff, die uneinlösbar bleibt, im Dialog um :A ist man allein auf den Gegenangriff gegen A angewiesen. D 72

2-stellige einfache Verknüpfungen A*B

et:

vel:

A⋀B

A⋁B

Angriffe Verteidigungen ?

A

?

B

?

A

A und B sind beide Verteidigungen, im ersten Fall nach Wahl des Angreifers, im zweiten Fall nach Wahl des Verteidigers

B sub:

A→B

A

B

A← B

B

A

A⤙B

A ?

sine:

A⤚B

B

B ?

neque: A B

Je eines der A und B ist Angriff, das andere Verteidigung, und zwar entweder auf diesen Angriff oder aber auf eine bloße Aufforderung zur Verteidigung

A B

A A und B sind beide Angriffe

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3 Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen

Die sieben Partikelregeln D 72 erschöpfen wieder alle Möglichkeiten 2-stelliger Verknüpfungen; sie sollen in Anlehnung an die übliche Terminologie der Reihe nach Konjunktion, Adjunktion, Subjunktion, konverse Subjunktion, konverse Abjunktion, Abjunktion7 und Injunktion genannt werden. Man wird die gewonnenen Partikeln, Junktoren genannt, als kritische Rekonstruktion der deutschen Synkategoremata ‚und‘, ‚oder‘, ‚dann‘, ‚falls‘, ‚nicht-sondern‘, ‚aber nicht‘ und ‚weder-noch‘ auffassen können.8 Hätte man bei der Übersicht über die 2-stelligen einfachen Verknüpfungen den engen Sinn von einfach direkt logisch zusammengesetzt gewählt, so wären nur die drei 2-stelligen Verknüpfungen Subjunktion, konverse Subjunktion und Injunktion als einfache aufgetreten und die übrigen Möglichkeiten verschlossen geblieben. In diesem Fall könnte man aber eine Spezialisierung der durch das Schema Angriff Vert.

A B

C D

definierten 4-stelligen Verknüpfung, nämlich die Spezialisierung auf unangreifbares A und B (A und B würden dann zweckmäßigerweise durch eine ‹Konstante› ⋎ – Verum – vertreten werden), als Ersatz für C ⋀ D wählen. Entsprechend wäre für die anderen 2-stelligen Verknüpfungen zu verfahren. Ersichtlich lassen sich sämtliche ‹positiven›, i. e. keine leeren Stellen im Schema enthaltenden 2-stelligen Verknüpfungen auf diese Weise durch Spezialisierung aus der 5-stelligen Verknüpfung mit dem Schema. Angriff Vert.

A B

C D E

gewinnen. Statt nun gleich weiter zu den n-stelligen einfachen Verknüpfungen überzugehen, sollen zunächst die bisher gewonnenen acht 1- und 2-stelligen einfachen

7 Das Zeichen ⤚ in der klassischen Bedeutung von ⋀¬ stammt von Wilhelm Britzelmayr, vgl. Bocheński/Menne (1954), p. 22 f. 8 Die noch fehlenden drei klassischen echten 2-stelligen Verknüpfungen ‹Äquijunktion› (A↔B), ‹Contrajunktion› (A›—‹B) und ‹Disjunktion› (A B) treten hier nicht als einfache Verknüpfungen auf.

I Pragmatische Einführung der Aussagen und logischen Partikeln durch Dialoge

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Partikeln näher untersucht werden. Es läßt sich nämlich zeigen, daß die Hälfte dieser Partikeln für das Dialogspiel entbehrlich ist: sie lassen sich auf gewisse Kombinationen der restlichen vier zurückführen. Damit ist gemeint: eine Aussage, z. B. A B, kann überall in einem Dialog, in dem sie als Argument auftritt, durch eine andere Aussage, im Beispiel hier durch : A ⋀ : B, ersetzt werden, ohne daß sich an der Gewinnbarkeit des Gesamtdialogs für P oder für O etwas ändert. Insbesondere kommt es hierbei auch nicht auf die Gewinnbarkeit der Teilaussagen A und B selbst an. Lediglich die logische Form der betrachteten Aussagen ist von Belang. Zweckmäßigerweise sollte man dann statt der Mitteilungszeichen (A, B, . . . ) für Aussagen eigene Aussagevariable einführen und entsprechend Aussagen von den nur Aussagevariable enthaltenden Aussageschemata unterscheiden. Es genügt aber für das Folgende, von Aussagen und ihrer logischen Form, auch kurz Form genannt, zu sprechen. Es werde definiert: D 02 Zwei Aussagen A1 und A2 heißen dialogäquivalent genau, wenn in jeder Aussage A, die eine Aussage der Form Al bzw. A2 enthält, A1 bzw. A2 an einer Stelle oder an mehreren Stellen durch eine Aussage der Form A2 bzw. A1 ersetzt werden kann derart, daß wahre Aussagen A wahr und falsche Aussagen A falsch bleiben.

Selbstverständlich ist auch diese Metaaussage ‚A1, A2 ε dialogäquivalent‘ ihrerseits dialogdefinit, da als Definiens eine Allaussage verwendet wird, die sich unter Zuhilfenahme des Schemas D 72 und unter Vorgriff auf das Schema D 7∞ aus den dialogdefiniten Primaussagen A ε und A ε f und weiteren durch die Prädikatoren ‚von gleicher logischer Form‘ und ‚durch Substitution übergehen von in‘ trivialerweise dialogdefinit einführbaren Primaussagen logisch zusammensetzen läßt. Als Spezialfall erhält man: sind A1 und A2 dialogäquivalent und ist A1 wahr bzw. falsch, so ist auch A2 wahr bzw. falsch. Es kann hingegen durchaus sein, daß mit A1 stets auch A2 wahr bzw. falsch ist, ohne daß A1 und A2 dialogäquivalent sind. Ein Beispiel erhält man durch die folgende Überlegung: Jede Aussage der Form A ! A läßt sich nach den Dialogregeln vom Proponenten gewinnen, sofern nur A dialogdefinit ist, weil P von Stellung

1. A 3. α

A→A A 2. α

4.

an – α ist ein Angriff des O gegen A – stets die Argumente des O, seien sie nun Angriffe oder Verteidigungen, seinerseits übernehmen kann. Es gibt also eine

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3 Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen

Gewinnstrategie für A ! A, ohne daß eine Gewinnstrategie für oder gegen A selbst bekannt zu sein braucht: für A ! A gibt es eine formale Gewinnstrategie. Nun sind A und ::A trivialerweise stets zugleich wahr oder falsch, trotzdem kann in A ! A das erste A nicht durch ::A ersetzt werden, ohne daß die Unabhängigkeit der Gewinnstrategie für A ! A von einer Gewinnstrategie für oder gegen A verloren geht:

øøA

øøA→A

P muß in dieser Situation entscheiden, ob er mit A verteidigt oder mit ¬A zum Gegenangriff übergeht: nur wenn eine Gewinnstrategie für oder gegen A bekannt ist, gibt es eine Gewinnstrategie für ::A ! A. Um die Dialogäquivalenz zweier Aussagen zu beweisen, ist es das einfachste, sich zu überlegen, ob die Angriffs- und Verteidigungsmöglichkeiten im Gesamtdialog von der Ersetzung der einen durch die andere Aussage unbetroffen bleiben. Das ist sicher dann der Fall, wenn die Angriffsmöglichkeiten gegen die eine Aussage mit denen gegen die andere Aussage – vor oder/und nach eventuellem Einschub die Strategieverhältnisse nicht beeinflussender zwangsläufiger Argumente in dem einen Dialogstück oder auch in beiden – übereinstimmen und ebendasselbe auch für die zugehörigen Verteidigungsmöglichkeiten gilt. An dieser Stelle muß man darauf achten, daß die fraglichen Aussagen im Gesamtdialog evtl. auch die Rolle von Angriffen spielen; ihnen entsprechen dann Verteidigungspflichten, die, sofern sie noch uneingelöst sind, wenn das Dialogstück um die betrachteten Aussagen beginnt, erst nach den Verteidigungen innerhalb dieses Dialogstücks fällig werden. Damit die Verteidigungsmöglichkeiten im Gesamtdialog durch die Ersetzung der Aussagen nicht verändert werden, dürfen also durch zwangsläufige Argumente höchstens geschlossene Runden vor dem Vergleich der Angriffs- und Verteidigungsmöglichkeiten in beiden Fällen eingeschoben werden. Als Beispiel mag wieder A und ::A dienen: wird A irgendwo in einem Dialog durch ::A ersetzt und vergleicht man nach Einschub der zwangsläufigen Argumente :A und A im zweiten Fall die entstehenden Dialogstücke    : : A,  A und     :A      A  so stimmen zwar die Angriffs-, nicht aber die Verteidigungsmöglichkeiten überein, falls das A im ersten Fall einen Angriff mit einer echten Verteidigungsmöglichkeit – also nicht seinerseits einen Angriff gegen :A – darstellt.

I Pragmatische Einführung der Aussagen und logischen Partikeln durch Dialoge

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Man kann sich leicht davon überzeugen, daß die folgenden Ersetzbarkeiten gelten: S 01 A ⤚ B ist dialogäquivalent mit A ⋀ : B, ebenso A B mit : A ⋀ : B (und :. A ⋁ B.), sowie :A mit A A. Die fraglichen Dialogstücke, die jeweils die Übereinstimmung der Angriffs- und Verteidigungsmöglichkeiten in beiden Fällen beweisen, mögen einfach gegenübergestellt werden:     A ^ :B  A ›− B A ^ :B   und    A ›− B :B 2?  ? 1 ? B B   0 1  :A ^ :B  : . A _ B.  Aj↓ B    @ A _ B A und 1 ?  : A A  A  A  ?   0 1  :A ^ :B  : . A _ B.  Aj↓ B    @ A _ B A 2 ?  : B B  B  B  ?  :A  A

  Aj↓ A  A

Auf die gleiche Weise kann man sich ebenfalls sofort davon überzeugen, daß der klassisch-logischen Äquivalenz von A ⋀ B mit (A A) (B B) und A ⋁ B mit (A B) (A B) keine Dialogäquivalenz entspricht: in den fraglichen Dialogstücken läßt sich keine Gleichheit der Verteidigungsmöglichkeiten herstellen. Vielmehr wird sich in Teil II sogar die Unabhängigkeit der Junktoren ⋀ ⋁ und ! beweisen lassen; keiner dieser Junktoren läßt sich auf irgendeine Kombination der jeweils restlichen fünf – die konversen und ⤙ können trivialerweise ausgeschieden werden – dialogäquivalent zurückführen. Sofern man es also nur auf die Gewinnbarkeit in Dialogspielen abgesehen hat, genügt es, unter den acht 1- und 2-stelligen logischen Partikeln allein : ⋀ ⋁ und ! zu verwenden; dabei kann man wahlweise noch : durch ersetzen. Es soll jetzt gezeigt werden, daß mit diesen vier Partikeln auch sämtliche n-stelligen einfachen Verknüpfungen dialogäquivalent darstellbar sind. Das folgende Schema aller n-stelligen Partikelregeln enthält drei verschiedene Sorten von Angriffen, erstens Zweifel, also bloße Aufforderungen zur Verteidigung, zweitens direkte Teilaussagen als Verteidigungen darauf, und drittens direkte Teilaussagen ohne Verteidigungsmöglichkeiten. Der Fall fehlender Wahlmöglichkeit

100

3 Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen

bei der Verteidigung kann hierbei ersichtlich als Spezialfall l-facher Verteidigungswahl betrachtet werden. Die Indizes k, m, r sowie lκ und nμ für alle κ, μ zwischen 1 und k, m dürfen Werte zwischen 0 und n annehmen; dabei bedeutet 0 natürlich, daß der betreffende Fall nicht vorkommt. Die Aα, Aβ und Aγ sind irgendwelche voneinander verschiedenen Aν (1 ≦ ν ≦ n) wobei jedes Aν genau einmal auftritt. D 7n

n-stellige einfache Verknüpfungen

*(A1, … , An ) Angriffe

Verteidigungen Aα11 ⋮ Aα1l1

α 1?





Aαk1 ⋮

α k?

Aαkl

k

Aβ11

Aβ1

⋮ Aβ1n ⋮

1

⋮ A βm

1



Aβm

Aβmn

m

Aγ1 ⋮ A 󰛾𝜏



S 02 *(A1, . . ., An) ist dialogäquivalent mit k



nμ l . m . r \/ Aακ󰜆 ⋀ ⋀ . Aβμ → ⋀ Aβμv . ⋀ ⋀ ¬ Aγϱ .

κ=1 󰜆=1

μ=1

v=1

ϱ=1

einer dreigliedrigen Konjunktion, die zunächst aus einer k-gliedrigen Konjunktion von mehrgliedrigen Adjunktionen, dann aus einer m-gliedrigen Konjunktion von Subjunktionen mit mehrgliedriger Adjunktion als Hinterglied, und schließlich aus einer r-gliedrigen Konjunktion von Negationen besteht.

Zum Beweis muß man wieder nur wie oben beim Beweis von S 01 die entsprechenden Dialogstücke mit den eingeschobenen, durch zwangsläufige Argumente entstehenden, geschlossenen Runden hinschreiben: Angriffs- und Verteidigungs-

I Pragmatische Einführung der Aussagen und logischen Partikeln durch Dialoge

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möglichkeiten stimmen dann in beiden Fällen überein. Man muß sich nur zusätzlich noch vergewissern, daß es bei der Dialogäquivalenz auf die Assoziierung der Konjunktionen und Adjunktionen nicht ankommt. Das aber ist trivial. Der Fall n = 2 ist hier als Spezialfall natürlich mit enthalten; man erhält (a) für k = 2 die Konjunktion (l1 = l2 = 1) (b) für k = 1 und l1 = 2 die Adjunktion (c) für k = 1 und l1 = 1 die Abjunktion (r = 1) (d) für k = 0 und m = 1 die Subjunktion (n1 = 1) und (e) für k = 0 und m = 0 die Injunktion (r = 2) Es bleibt jetzt nur noch der Fall einfacher direkt logischer Zusammensetzungen aus unendlich vielen dialogdefiniten Aussagen zu behandeln übrig. Hier sollen aber von vornherein nur spezielle einfache ∞-stellige Verknüpfungen betrachtet werden, nämlich solche, deren direkte Teilaussagen wie üblich aus 1-stelligen Aussageformen A(x) hervorgehen, wenn man die Variable x durch die Elemente n, m, . . . eines vorgegebenen Objektbereiches ersetzt. Der Charakter der ‹logischen›, also bloß formalen Zusammensetzung einer neuen Aussage * A ðxÞ aus den direkten Teilaussagen A (n), A (m), . . . verlangt hier, daß im Anx griffs- und Verteidigungsschema von *x A ðxÞ kein Gebrauch vom Aufbau des Objektbereiches gemacht werden darf: die Wahl eines Objekts n darf von keinerlei Nebenbedingungen, den Objektbereich betreffend, abhängen. Das Ergebnis sind die drei einfachen ∞-stelligen Partikelregeln des folgenden Schemas: D 7∞

∞-stellige einfache Verknüpfungen * x

A (x)

Angriffe

Verteidigungen

für alle:

⋀ A (x)

?n

A (n)

für manche:

⋁A (x)

?

A (n)

| A (x) ⋁

A (n)

x

x

für kein:

x

In den ersten beiden Fällen erscheinen sämtliche direkten Teilaussagen als Verteidigungen, und zwar einmal nach Wahl des O, das andere Mal nach Wahl des P: es handelt sich hier nacheinander um die Großkonjunktion und die Großadjunktion; im dritten Fall erscheinen sämtliche direkten Teilaussagen als Angriffe – Großinjunktion –, während Fälle, in denen die direkten Teilaussagen sowohl als Angriffe als auch als Verteidigungen auftreten, hier nicht vorkommen können. So verstößt das Schema A(n) A(m) gegen die Bedingung, jede direkte Teilaussage nur ein-

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3 Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen

mal auftreten zu lassen; die direkten Teilaussagen treten hier genau zweimal auf. In der Tat ist das Schema ein Spezialfall des ‚höherstelligen‘ Schemas A(x) x* B(x) Angriff Verteidigung

A(n)

B(m)

Man kann sich leicht überlegen, daß auch die übrigen, hier nicht behandelten ∞-stelligen einfachen Verknüpfungen *x, y, ... ðA0 , . . . , A11 ðxÞ, . . . , A211 ðx, yÞ, . . . . . .Þ dialogäquivalent durch die vier Junktoren : ⋀ ⋁ ! und die und ‹Manchquantor› genannt, neu gewonnenen Quantoren, ‹Allquantor› | erweist sich als eliminierbar, während dargestellt werden können. Der Quantor ⋁ und trivialerweise jeweils unabhängig von den übrigen Quantoren und Junktoren sind.

^

^

S 03





| A (x) ist dialogäquivalent mit ⋁ x

^x : A ðxÞ (und : ∨x A ðxÞ).

Die beweisenden Dialogstücke sind wieder   | A (x) ⋁  x : A ðxÞ  x : A ðnÞ und ? n  A ðnÞ A ðnÞ

^

0 @

∨x

 :  A ðxÞ  A ðnÞ 

∨x A ðxÞ

1 A

?

Damit ist eine vollständige Übersicht über alle einfachen logischen Zusammensetzungen dialogdefiniter Aussagen gewonnen. Und nicht nur das! Es konnte sogar gezeigt werden, daß die vier Junktoren :, ⋀, ⋁ und ! zusammen mit und eine Dialogbasis bilden, nämlich ausreichen, den zwei Quantoren alle übrigen einfachen Verknüpfungen dialogäquivalent darzustellen. Als erstes zusammenfassendes Hauptresultat läßt sich daher formulieren:

^

S1



Sämtliche einfachen logischen Zusammensetzungen dialogdefiniter Aussagen lassen sich dialogäquivalent durch die sechs logischen Partikeln : ⋀ ⋁ ! darstellen: die Junktoren :, ⋀, ⋁ und ! bilden zusammen mit den Quantoren und eine Dialogbasis.

^

^∨ ∨

Es lohnt sich noch anzumerken, daß die Partikelregeln D 7 und also auch die vollständige Übersicht über sie nur von den Vereinbarungen D 1 und D 2 des Dialogspiels Gebrauch machen. Der restliche Teil der Rahmenregel, D 3 – D 6, wird erst bei den Sätzen über die Dialogäquivalenz logisch zusammengesetzter Aussagen relevant. Die Einführung der logischen Partikeln samt ihrer Vollständigkeit ist daher als im wesentlichen unabhängig von den verschiedenen Möglichkeiten der Definition eines Dialogspiels anzusehen.

I Pragmatische Einführung der Aussagen und logischen Partikeln durch Dialoge

103

4 Das relative Dialogspiel, eine formale Darstellung Durch D 1 ist das Dialogspiel in spieltheoretischer Terminologie als ein offenes Zweipersonenmattspiel charakterisiert, dessen Anfangsstellungen die Aussagen sind, um die die einzelnen Dialoge, die Partien des Spiels, geführt werden. D 2 mag dann als charakteristisch dafür gelten, daß es sich um ein dialogisches Spiel handelt. Die übrigen Vereinbarungen der Rahmenregel legen die Realisierung eines solchen Dialogspiels im Detail fest, ohne daß behauptet werden könnte, davon verschiedene Realisierungen seien stets in irgendeinem Sinn als äquivalent mit, oder aber als wesentlich verschieden von der hier gewählten Realisierung nachzuweisen. Mit besonderer Rücksicht auf die spezielle Schranke für die Zahl der ausübbaren Angriffsrechte, wie sie in D 61,1 festgelegt wurde und die später durch andere Festsetzungen ersetzt werden wird, soll das durch D 1–D 61,1 definierte Spiel das strenge Dialogspiel heißen. Die Partikelregeln D 7 schließlich, als Sonderfall der in D 1 vorgesehenen Argumenteregel, regieren das Dialogspiel um logisch zusammengesetzte Aussagen relativ zu einem Bereich vorgegebener dialogdefiniter Primaussagen. Nur dieses – zunächst strenge – Dialogspiel relativ zu den Primdialogen, wie wir Dialoge um Primaussagen kurz nennen wollen, soll weiterhin Gegenstand der Untersuchung sein. Wir wollen daher ein mit den Primdialogen verträgliches (d. h. Wiedereinführung der Primdialoge läßt Gewinnchancen unverändert) relatives Dialogspiel einführen und vereinbaren dafür als erstes den folgenden teilweisen Ersatz für die Primdialoge: D 7rel

Wahre Primaussagen sind relativ unangreifbar, falsche Primaussagen hingegen durch ‚?‘ angreifbar, aber relativ unverteidigbar.

D 7rel kann als eine weitere, allerdings nicht überall definierte spezielle Argumenteregel aufgefaßt werden, die wir relative Primregel nennen wollen; sie tritt an die Stelle der Argumenteregel für Primaussagen, über deren Wahrheit oder Falschheit entschieden ist, also der wertdefiniten. Für die anderen Primaussagen ist das relative Dialogspiel nicht erklärt; es muß dann wieder durch das gesamte Dialogspiel einschließlich der Primdialoge ersetzt werden. Um die folgenden Untersuchungen zu präzisieren und zu erleichtern, soll zum Abschluß von Teil I noch eine formale Darstellung des relativen Dialogspiels skizziert werden. Die übliche spieltheoretische Standardausführung9 verlangt dazu die Angabe

9 Vgl. die Monografie von Berge (1957).

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3 Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen

a) einer Klasse Z von Spielstellungen, b) einer auf Z erklärten zweistelligen Relation T, der Spielregel (besteht z1Tz2, so heißt z1 ein T-Vorgänger von z2 und z2 ein T-Nachfolger von z1; die Stellungen ohne T-Vorgänger heißen Anfangsstellungen, die Stellungen ohne T-Nachfolger Endstellungen), c) einer Einteilung von Z in zwei disjunkte Zugbereiche ZO und Zp, die mit T verträglich ist (d. h. T besteht niemals zwischen Stellungen desselben Zugbereiches), d) einer Einteilung der Endstellungen E in zwei disjunkte Gewinnbereiche EO und EP. Eine Partie des Spiels ist dann eine endliche Folge von Stellungen zλ (0 ≦ λ ≦ l) derart, daß stets zλTzλ +1 gilt, wobei z0 eine Anfangsstellung und zl eine Endstellung ist. Liegt zλ im Zugbereich ZO, so sagt man, Spieler O habe das Recht, mit einem T-Nachfolger zλ +1, der wegen (c) dann im Zugbereich Zp liegt, die Partie fortzusetzen. Gehört zl zum Gewinnbereich EP, so hat Spieler P gewonnen und Spieler O verloren, gilt zl ∈ EO, so hat O gewonnen und P verloren. Ist die Spielregel T so beschaffen, daß jedes Partienstück, das bei irgendeiner Stellung z beginnt und mit T-Nachfolgern fortgeführt wird, nach endlich vielen Schritten bei einer Endstellung endet, so heißt das Spiel partienendlich – neben der Entscheidbarkeit von T usw. ist das die zentrale Anforderung an ein definites Spiel. Wir werden zeigen, daß das strenge Dialogspiel sogar relativ partienbeschränkt ist: zu jeder Aussage A läßt sich eine natürliche Zahl k angeben, so daß nach höchstens k Runden ein Dialog um A in eine Runde eines zu A gehörigen Primdialoges eintritt. F 0 Gegeben seien – durch nicht weiter spezifizierte Kalküle – eine Klasse von Objekten (mitgeteilt durch n, m, . . . ), eine Klasse von Aussagesymbolen jeder Stellenzahl ≧ 0 (aι, bι, . . . Mitteilungszeichen für ι-stellige Aussagesymbole), eine Klasse von Objektvariablen (mitgeteilt durch x, y . . . ). Mit zwei Klammern () als Hilfszeichen sind Primaussagen: a(), b(), . . .; a1 (n), b1 (m), . . . ; a2 (n, m), . . . . Weitere Atomzeichen sind die logischen Partikeln :⋀ ⋁ ! . F 1 Aussagen (mitgeteilt durch A, B, . . . ) werden definiert durch: .1 Primaussagen sind Aussagen .2 Mit A und B sind (A ⋀ B), (A ⋁ B) und (A ! B) Aussagen .3 Mit A sind : A, ^ σnx A und ∨ σnx A Aussagen, wenn nur in den letzten beiden Fällen n x x frei für x in A ist. (Wie üblich heißt hier n frei für x in A, wenn n nirgendwo in A im Wirkungsbereich eines x-Quantors vorkommt; dabei ist σnx A der Wirkungsbereich der x-Quantoren ^ resp. ∨ in ^σnx A resp. ∨ σnx A, und unter σnx A – auch A(x) geschrieben – x x x x versteht man das Resultat einer Ersetzung jedes in A vorkommenden n durch x.) N. B. In der Regel wird statt der Klammern eine übersichtlichere Punktierungskonvention benutzt: nennt man A den Wirkungsbereich von : in : A, und A und B zusammen den Wirkungsbereich der Junktoren in (A ⋀ B), (A ⋁ B) und (A ! B), so ersetze man sukzessive von innen nach außen die geklammerten Ausdrücke durch die ungeklammerten und setze statt

^∨

I Pragmatische Einführung der Aussagen und logischen Partikeln durch Dialoge

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dessen über den entsprechenden Junktor (n + 1) Punkte, falls bereits maximal n Punkte über einem der 2-stelligen Junktoren im Wirkungsbereich des fraglichen Junktors vorkommen (enthält der Wirkungsbereich keinen 2-stelligen Junktor, so gelte n = –1; es genügt übrigens, dabei nur diejenigen 2-stelligen Junktoren zu berücksichtigen, die nicht ihrerseits schon im Wirkungsbereich eines :, ⋀ oder ⋁ vorkommen, der selbst innerhalb des ursprünglich betrachteten Wirkungsbereichs auftritt; zur Punkteersparnis sollen ⋀ und ⋁ stärker binden als !). V W Weiter ersetze man : A, ^ A ðxÞ, und ∨ A ðxÞ jeweils durch : . A., . A ðxÞ. und . A ðxÞ., x x x x V W wobei zur Punkteersparnis wie üblich :, und stärker binden als alle übrigen Partikeln. V W Beispiel: ðð: ða ^ ða ! bÞÞ _ ða ^ bÞÞ ! ð a ðxÞ ! b ðxÞÞÞ wird zu x x V W : . a ^_ a ! b. __ a ^ b ! _ . a ðxÞ ! b ðxÞ. x

x

F 2 Jetzt gelten als Argumente (durch ζ, . . . mitgeteilt): .1 die Aussagen Hinzugenommen werden weitere Atomzeichen: .2 die Zweifel ? 1? 2? ?n .3 das ‹leere› Argument [ ] F 3 Die Spielstellungen Z lassen sich induktiv als eine Klasse von Spaltenpaaren z = zo | zp definieren, die folgende Bedingungen erfüllen (nur der Einfachheit halber wird auf eine explizite Angabe verzichtet): .1 Die beiden Spalten, die linke O-Spalte und die rechte P-Spalte, bestehen aus gleichvielen Argumenten teils mit, teils ohne eingeklammerte natürliche Zahlen als Indizes, wobei in jede Zeile außer der obersten genau ein Argument mit Index und eines ohne Index zu stehen kommt. Werden die Zeilen von oben nach unten, mit 0 beginnend, durchnumeriert, so gilt unter Bezug auf D 7 weiter: .2 Das Argument der P-Spalte in der 0-ten Zeile ist eine Aussage (das uneigentliche Anfangsargument), das Argument der O-Spalte in der 0-ten Zeile ist das leere Argument [ ]. .3 Jedes Argument aus der ι-Spalte mit Index (ν) greift das Argument in der ῑ-Spalte und ν-ten Zeile an, das zugehörige Argument ohne Index verteidigt das Argument in der ῑSpalte und ν-ten Zeile auf den nebenstehenden Angriff oder ist das leere Argument [ ] (ι und ῑ sind Mitteilungszeichen für O und P derart, daß ι und ῑ nie dasselbe mitteilen. Kommt in einer Spalte zι das Argument ζ vor, so wird dies durch zι (ζ) mitgeteilt; soll außerdem mitgeteilt werden, daß ζ in der ν-ten Zeile steht und das Argument in der μ-ten ν

Zeile der ῑ-Spalte angreift, so wird zι ðζ ðμÞÞ geschrieben; soll das angegriffene Argumente ν μ

ζ′ in der μ-ten Zeile auch noch mitgeteilt werden, so schreibt man zι ðζ ζ ′ Þ.Þ. .4 Zwei zeilenbenachbarte [ ] gehören verschiedenen Spalten an. F 4 Um jetzt die Spielregel Tst des relativen strengen Dialogspiels festzulegen, genügt es, mit Hilfe der Partikelregeln D7n∞ und unter Beachtung der relativen Primregel D 7rel das folgende Entscheidungsverfahren für zTst z′ in Gang zu setzen (in dem Fall allerdings, wo D 7rel versagt, gibt es auch kein Entscheidungsverfahren mehr für die Spielregel des relativen Dialogspiels; es bleibt dann nichts anderes übrig, als wirklich die Primdialoge explizit in das Dialogspiel miteinzubeziehen): .1 z und z′ sind gleichlang und stimmen bis auf ein Argument überein; handelt es sich hierbei um das letzte, d. i. unterste [ ] in z, das in z′ durch eine Verteidigung auf den neben [ ] stehenden Angriff ersetzt ist, so besteht zTst z′. .2 z’ ist um eine Zeile länger als z und stimmt sonst mit z überein; besteht dann die letzte Zeile von z′ aus einem Argument mit Index, also einem Angriff, und zwar gegen ein bisher

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3 Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen

noch unangegriffenes Argument – das läßt sich daran prüfen, ob der gleiche Index in derselben Spalte schon früher aufgetreten ist oder nicht –, und einem [ ], das dann (wegen F 3.4) mit seinem benachbarten [ ] nicht in derselben Spalte steht, so besteht zTst z′. .3 In jedem von .1 und .2 verschiedenen Fall besteht zTst z′ nicht. F 5 Die Zugbereiche von ZO und Zp und die Gewinnbereiche EO und EP lassen sich einfach definieren durch: .1 Steht das letzte [ ] einer Stellung z in der ι-Spalte, so gilt z ∈ Zι. .2 Endstellungen im Zugbereich von ι gehören zum Gewinnbereich von ῑ (D 5!). Dabei sollen die Endstellungen im relativen Dialogspiel, wie sie nach F 3 zustandekommen, entsprechend relative Endstellungen heißen.

Aus F 4 geht hervor, daß ein T-Vorgänger einer Stellung z stets als Teilstellung in z enthalten ist, sofern man nur in konkreten Beispielen das leere Argument tatsächlich nicht hinschreibt, also auf [ ] verzichtet. Aus diesem Grunde läßt sich ein Dialog, eine Partie des Spiels, immer innerhalb einer einzigen Stellung vollständig realisieren, wenn man die Reihenfolge der Argumente zusätzlich notiert. Einige Beispieldialoge im relativen strengen Dialogspiel mögen zur Veranschaulichung folgen: O

P a → b ⩒ b→ c → d→ d

1. a → b ⩒ b→ c → d

(0) (1)

a→b ⩒ b→c

2.

3.

?

(2)

a→b

4.

5.

a

(3)

b

6.

O

P a → b ⩒ b→ c → d→ d

1. a → b ⩒ b→ c → d

(0) (1)

3.

?

(2)

5.

b

(3) (4)

a→b ⩒ b→c

2.

b→c

4.

?

6.

Im ersten Fall gewinnt P, wenn b wahr, also relativ unangreifbar ist. Die angeschriebene Stellung ist dann eine relative Endstellung. Im zweiten Fall gewinnt

107

II Die Rolle der Logikkalküle in der Theorie der Dialogspiele

P, wenn b falsch, also relativ unverteidigbar ist. Ist über b nichts bekannt, so ist der Ausgang des Dialogs um die Anfangsaussage ungewiß (die relativen Endstellungen sind nicht alle definiert). Mit der Abkürzung A $ B ⇋ A ! B ^_ B ! A sieht ein Dialog um das ‹Diagonalprinzip› wie folgt aus: O

1. 3. 5. 7. 9.

P ø ⋁ ⋀.a (x, y) ↔ ø a (y, y).

⋁ ⋀ . a (x, y) ↔ ø a (y, y). (0) x y

x y

⋀ . a (n, y) ↔ ø a (y, y).

(1)

?

2.

a (n, n) ↔ ø a (n, n)

(2)

?n

4.

a (n, n) → ø a (n, n) ø a (n, n)

(3) (4) (5)

1? a (n, n) a (n, n)

y

6. 8. 10.

P kann stets gewinnen, wenn für alle n (Wahl von O !) a(n,n) wahr ist; er kann aber auch gewinnen, wenn für alle n a(n,n) entscheidbar wahr oder falsch ist (wertdefinit!): in der 5. Runde greife P im ersten Fall mit 1?, im zweiten Fall mit 2? an; der Dialog führt dann zwangsläufig bis zu einer für P günstigen relativen Endstellung. In den angegebenen Beispielen gibt es eine Gewinnstrategie für das Anfangsargument nur, wenn Gewinnstrategien für gewisse Primdialoge bekannt sind. Trotzdem kennen wir bereits Fälle formaler Gewinnstrategien, in denen P einen Dialog gewinnen kann ohne Rücksicht auf den Ausgang der Primdialoge, z. B. den Dialog um a ! a (und auch A ! A). Diese Eigenschaft, obwohl unabhängig von den Primdialogen, läßt sich noch nicht innerhalb des relativen Dialogspiels formulieren, weil eine relative Primregel für diesen Fall nicht erklärt ist. Unsere nächste Aufgabe soll es daher sein, diese Lücke zu schließen und die formalen Gewinnstrategien systematisch zu untersuchen.

II Die Rolle der Logikkalküle in der Theorie der Dialogspiele 1 Formale Gewinnstellungen Das relative strenge Dialogspiel ist bisher nur soweit definiert als über die Wahrheit oder Falschheit der Primaussagen entschieden ist. In den übrigen Fällen, wo über die Gewinnbarkeit der Primaussagen nichts bekannt ist, läßt sich natürlich deshalb auch keine mit den Primdialogen voll verträgliche relative Primregel definieren. Aber eine wenigstens teilweise, nämlich mit den Gewinnchancen für P ver-

108

3 Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen

trägliche relative Primregel ist auch hier möglich, wenn man beachtet, daß im strengen Dialogspiel eine Aussage der Form a!a wahr ist unabhängig vom Ausgang der Primdialoge um a, also auch unabhängig davon, ob über die Wahrheit oder Falschheit von a entschieden ist. Wie schon im Teil I benutzt, kann P nämlich  a!a ½  im Dialog um a!a von der Stellung an die Argumente des O seia ð0Þ  a nerseits stets übernehmen. P gewinnt daher in jedem Fall, weil er ‹das letzte Wort› behält, vorausgesetzt natürlich, daß die Primdialoge endlich sind. Wie man daraus sieht, wirkt es sich an dieser zentralen Stelle bereits aus, daß als Folge eines definiten Dialogbegriffs nur partienendliche Dialogspiele zugelassen sind. Die Existenz einer formalen Gewinnstrategie für a ! a und aus dem gleichen Grunde auch für A ! A kann man daher zum Anlaß einer weiteren Primregel nehmen, die wir formale Primregel nennen wollen. Man wird Primaussagen formal unangreifbar machen und dafür den Proponenten in seinem Recht, Primaussagen zu behaupten, geeignet einschränken. Der Proponent soll eine Primaussage nur dann als Argument vorbringen dürfen, wenn die gleiche Primaussage vorher schon vom Opponenten gesetzt wurde. Diese Einschränkung genügt aber noch nicht, um die Verträglichkeit der formalen Primregel mit den Gewinnchancen für P auch nach der Wiedereinführung der Primdialoge zu sichern. Man betrachte dazu eine Aussage der Form a ! ((a ! (a ! b)) ! b). Der strenge Dialog verläuft unter Berücksichtigung der formalen Primregel zwangsläufig bis zur Spielstellung:

ze ⇋

[] a (0) a → (a → b) (1) a→b b

a → ((a → (a → b) → b) (a → (a → b)) → b b (2) a (3) a

im (formalen) Gewinnbereich von P. Trotzdem kann nach Wiedereinführung der Primdialoge um a die Stellung ze im strengen Dialog von P verloren werden, z. B. wenn a falsch ist: O braucht nur beide Primaussagen a der P-Spalte anzugreifen, und P kann nicht beide Angriffe seinerseits als Angriff gegen die Primaussage a der O-Spalte übernehmen, weil er im strengen Dialog jede Aussage nur einmal ··· a a!b b angreifen kann. Aber natürlich ist die Anfangsstellung ½  j a ! ··· auch bei falscher Primaussage a für P gewinnbar, a ! a a ! b b also wahr – P braucht beim 2. Zug nur das a des Opponenten anzugreifen statt sich mit a a ! b b zu verteidigen –, nur eben nicht unabhängig von jeder Kenntnis über den Ausgang der Primdialoge. Als weitere Einschränkung für den Proponenten müssen wir in der formalen Primregel vorschreiben, daß jede Primaussage der O-Spalte höchstens so

II Die Rolle der Logikkalküle in der Theorie der Dialogspiele

109

oft in die P-Spalte übernommen werden darf wie die Angriffsschranke des Proponenten angibt. Die formale Primregel muß abhängig von der Spielregel D 6 formuliert werden: D 7for 1

Primausgaben sind stets formal unangreifbar. Dabei darf jede Primaussage als Argument von O ohne jede Einschränkung, als Argument von P hingegen nur so oft vorgebracht werden wie die gleiche Primaussage vorher schon von O vorgebracht worden ist: P darf Primaussagen nur von O je höchstens einmal übernehmen.

Um keine speziellen Termini einführen zu müssen, soll künftig unter der formalen Primregel D 7for innerhalb eines Dialogspiels immer die von der Spielregel D 6 abhängige formale Primregel verstanden werden. Zum strengen Dialogspiel gehört also die formale Primregel D 7for 1 . Nennt man jetzt Endstellungen, die allein auf Grund von D 7for zustande kommen, formale Endstellungen, so ist nach Konstruktion sichergestellt, daß formale Endstellungen im Gewinnbereich von P auch nach Wiedereinfügung der Primdialoge Stellungen bleiben, für die eine Gewinnstrategie existiert. Eine formale Endstellung im Gewinnbereich des Proponenten, künftig auch eine formale Endgewinnstellung genannt, hat nämlich im strengen Dialogspiel die Form ze = zO (a1, . . ., an, [μ]) | zp (a1, . . ., an), wobei alle auf die μ-te Runde folgenden Runden geschlossen sein müssen: ze liegt nämlich im Zugbereich von O, und O hat keine Angriffs- und auch keine Verteidigungsmöglichkeit mehr. Insbesondere enthält die P-Spalte von ze neben leeren Argumenten höchstens noch Primaussagen, die dann sämtlich auch, in mindestens gleicher Vielfachheit, in der OSpalte vorkommen müssen. Wird nun der Primdialog um die in zp vorkommenden Primaussagen wieder zugelassen, so kann P, aufgrund der Spielregel, von Stellung ze an jedes Argument des O, sei es Angriff oder Verteidigung, übernehmen: P gewinnt in jedem Fall. Da diese Überlegung nun unabhängig davon ist, ob über die Geltung der Primaussagen entschieden ist oder nicht, kann D 7for für beliebige Primaussagen in Kraft gesetzt werden, ohne die Verträglichkeit mit den Primdialogen in bezug auf P zu beeinträchtigen. Aber natürlich brauchen relative Endgewinnstellungen keine formalen Endgewinnstellungen zu sein, obwohl beide mit den Primdialogen in bezug auf P verträglich sind. Umgekehrt jedoch sind die formalen Endgewinnstellungen ze = zO (a1, . . ., an) | zP (a1, . . ., an) für den Fall sämtlich wahrer aν (1 ≦ ν≦ n) selbst bereits relative Endgewinnstellungen, für den Fall aber, daß genau μ (1 ≦ μ ≦ n) Primaussagen unter den aν falsch sind, kann P durch Übernahme des jeweiligen relativ unverteidigbaren Angriffs von O gegen eines der falschen aν erzwingen, daß der mit ze beginnende Dialog nach 2μ Zügen eine relative Endgewinnstellung erreicht. Zusammenfassend läßt sich daher sagen, daß für Primaussagen, über deren Wahrheit oder Falschheit entschieden ist, die formalen Endgewinnstellungen als

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3 Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen

Teilklasse der relativen Endgewinnstellungen aufgefaßt werden können, während für die übrigen Primaussagen die formalen Endgewinnstellungen an die Stelle der dort nicht definierten relativen Endgewinnstellungen treten. Eine gemeinsame Verallgemeinerung sowohl der relativen wie der formalen Endgewinnstellungen läßt sich allerdings erreichen, wenn man auf Gewinnstrategien nicht für oder gegen Primaussagen, sondern auf Gewinnstrategien für Aussagen der Form a0 ! (a1 ! . . . ! (an–1 ! an) . . . ) zurückgeht. Das soll aber hier nicht näher erörtert werden. Ersetzt man jetzt im relativen strengen Dialogspiel die relative Primregel D 7rel durch die formale Primregel D 7for 1 , so erhält man ein Dialogspiel das wir das formale strenge Dialogspiel nennen wollen. Und unter formalen Gewinnstrategien sollen künftig stets Gewinnstrategien in einem formalen Dialogspiel verstanden werden. Wir definieren D 03 Eine Aussage A ist formal wahr genau, wenn es für A eine formale Gewinnstrategie gibt.

Und natürlich garantiert die formale Primregel, daß es nur von der logischen Form einer Aussage abhängt, ob sie formal wahr ist oder nicht. Hat man neben den Aussagen die Aussageschemata als Abstrakta in bezug auf die Äquivalenzrelation ‚von gleicher logischer Form‘ eingeführt, so ist es üblich, statt von der formalen oder logischen Wahrheit eines Aussageschemas von seiner Allgemeingültigkeit zu sprechen. Der Einfachheit halber wird hier ‚allgemeingültig‘ mit ‚formal wahr‘ synonym verwendet10. Geht man von den formalen Endgewinnstellungen im strengen Dialogspiel aus, so lassen sich alle weiteren formalen Gewinnstellungen G, die Spielstellungen also, für die P eine formale Gewinnstrategie hat, durch ein induktives Schema definieren: D 04 1. Die formalen Endgewinnstellungen sind Gewinnstellungen. (z ∈ EP ⇒ z ∈ G)

10 Will man die semantischen Termini ‚erfüllbar‘, ‚verwerfbar‘, und ‚allgemeinungültig‘ für Aussageschemata ebenfalls einführen, so lassen sich diese jetzt durch die Existenz geeigneter formaler Gewinnstrategien definieren: A heiße erfüllbar, verwerfbar, allgemeinungültig jeweils genau, wenn es gegen :A, gegen A, für :A eine formale Gewinnstrategie gibt. Z. B. ist das Schema a ⋀: a im strengen Dialogspiel erfüllbar, aber das bedeutet nicht, daß für eine passend gewählte Primaussage a0 der Opponent etwa eine Gewinnstrategie gegen : (a0 ⋀: a0) hätte! Das darf vielmehr nur so verstanden werden: Kennt O, nicht aber P eine Gewinnstrategie für a0, so wird P jeden Dialog um : (a0 ⋀: a0) verlieren, solange er den ‹Beweis› von a0 nicht auch kennt. Eine Aussage der Form A ⋀: A ist im strengen Dialogspiel genausowenig formal falsch wie eine Aussage der Form A ⋁: A formal wahr ist.

II Die Rolle der Logikkalküle in der Theorie der Dialogspiele

111

2. Ist G eine Klasse von Gewinnstellungen, so sind auch alle Vorgänger von Stellungen aus G ∩ Z0 Gewinnstellungen. (z′ ∈ G ∩ Z0 für manche z′ mit zTst z′ ⇒ z ∈ G) 3. Ist G eine Klasse von Gewinnstellungen, so sind auch alle diejenigen Vorgänger von Stellungen aus G ∩ Zp, deren sämtliche Nachfolger zu G ∩ Zp gehören, Gewinnstellungen. (z′ ∈ G ∩ Zp für alle z′ mit zTstz′ ⇒ z ∈ G)

Jede Herleitung von z ∈ G nach dem Schema erfordert bei der Anwendung der halbformalen Regel 3. einen Beweis der Herleitbarkeit der sämtlichen Prämissen. Das Schema ist fundiert genau, wenn das Dialogspiel partienendlich ist; den Herleitungen lassen sich dann Ordinalzahlen zuordnen, wobei über den Bereich der konstruktiv zulässigen Ordinalzahlen keineswegs vorher entschieden zu werden braucht. Allerdings kommt man für die hier nur interessierenden formalen Gewinnstellungen mit endlichen Ordinalzahlen aus: das formale strenge Dialogspiel ist sogar partienbeschränkt. Es genügt zu beweisen: S 04 Das strenge Dialogspiel ist relativ partienbeschränkt.

Zum Beweis führe man induktiv den Rang r (A) einer Aussage A ein: D 05 Primaussagen haben Rang 1, (A ⋀ B) und (A ⋁ B) haben den Rang max (r (A), r (B)) + 1 (A ! B) hat den Rang r (A) + r (B) + 1 :A, ^ σnx A und ∨ σnx A haben den Rang r (A)+ 1. x

x

Durch einfache Teilaussageninduktion bezüglich A ergibt sich dann, daß die Anzahl der eigentlichen Runden eines strengen Dialoges um A relativ zu den Primaussagen höchstens gleich dem Rang von A ist. Für den Fall, daß ein Bereich von ausschließlich wertdefiniten Primaussagen zur Verfügung steht, braucht man im induktiven Schema D 04 die formalen Endgewinstellungen lediglich durch die relativen Endgewinnstellungen zu ersetzen, um sämtliche Gewinnstellungen zu erhalten. S 04 garantiert, daß auch hier endliche Ordinalzahlen genügen. Bei allgemeineren Bereichen von Primaussagen aber lassen sich die Gewinnstellungen nur unter Einbeziehung der Primdialoge, also nicht mehr nur im relativen Dialogspiel definieren. 2 Kalkülisierung eines formalen Dialogspiels Der entscheidende Schritt in der Theorie der Dialogspiele besteht jetzt darin zu beweisen, daß sich diejenigen formalen Gewinnstellungen, die gleichzeitig Anfangsstellungen sind, durch einen Logikkalkül, also einen Vollformalismus aufzählen lassen. Damit man dabei mit einem sehr einfach gebauten Kalkül auskommt, soll die Rahmenregel für den Opponenten so abgeändert werden, daß O entscheiden

112

3 Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen

muß, ob er auf einen Angriff des Proponenten sich verteidigen oder aber diesen Angriff seinerseits angreifen will. Verteidigt O, so erlischt sein Angriffsrecht gegen den zur fraglichen Verteidigung gehörigen Angriff, greift O diesen Angriff hingegen an, so soll die zugehörige Verteidigung nicht mehr einlösbar sein. Diese Verschärfung der Spielregel für O erweitert die Gewinnchancen für P – a^b jj z.B. ist das Tableau (s.u.) P-streng formal wahr aber c ! a!a _ !c € ! b!dk½d _ streng nicht formal wahr –; sie wird hier nur eingeführt, um die Kalkülisierung eines Dialogspiels möglichst einfach zu gestalten. Bei der Erweiterung des strengen Dialogspiels zum effektiven Dialogspiel spielt nämlich diese für eine einfache Kalkülisierung gewählte modizifierte Spielregel keine Rolle mehr. Wir wollen das abgeänderte strenge Dialogspiel P-streng nennen und entsprechend Aussagen, für die es eine formale Gewinnstrategie im P-strengen Dialogspiel gibt, P-streng formal wahr. Zur Vorbereitung der Kalkülisierung werden einer geeigneten Teilklasse von Spielstellungen eindeutig gewisse neue Figuren, die wir Tableaux nennen wollen11, zugeordnet, wobei den Anfangsstellungen [ ] | A die Tableaux ‖ A entsprechen. Der folgende Tableauxkalkül Φ1 ist dann derart beschaffen, daß ‖ A genau dann in Φ1 ableitbar ist, wenn die Anfangsstellung [ ] | A eine formale Gewinnstellung im P-strengen Dialogspiel und das heißt, wenn die Aussage A P-streng formal wahr ist. Den ersten Schritt bildet eine Wiedergabe der Spielstellungen, die lediglich den augenblicklichen Spielstand abzulesen gestattet, also nur diejenigen Informationen enthält, die für den Fortgang des Dialogs wesentlich sind. Dazu gehören aufgrund der P-strengen Spielregel T1 – in der formalen Definition eines Dialogspiels ist unter F 4 die Definition für Tst der eben eingeführten Verschärfung für O in T1 zu unterziehen – für jede Spielstellung die Angabe der noch angreifbaren Argumente, die Angabe der noch einzulösenden Verteidigungspflichten und schließlich die Angabe des Zugbereichs, dem die fragliche Spielstellung angehört. Wir definieren für das P-strenge Dialogspiel reduzierte Spielstellungen z oder kurz den zu z gehörigen Spielstand z durch F 61 .11 In zP streiche man alle Angriffe, auf die O sich verteidigt hat und, sofern vorhanden, sämtliche leeren Argumente mit Ausnahme des untersten. .12 In zO streiche man alle leeren Argumente, ausgenommen das unterste, sofern es gleichzeitig in der untersten Zeile steht und die unterste Zeile nicht die nullte Zeile ist.

11 Diese Bezeichnung soll an die von Evert W. Beth (1959) eingeführten semantischen Tableaux erinnern, die von ihm systematisch zur Interpretation intuitionistischer und klassischer Logikkalküle herangezogen werden und die im spieltheoretischen Aufbau der Logik als Darstellung von Strategien des Proponenten angesehen werden können; vgl. auch Hintikka (1955) und Curry (1963).

II Die Rolle der Logikkalküle in der Theorie der Dialogspiele

113

.2 In z streiche man weiter alle Argumente, die bereits angegriffen sind, sowie die noch übriggebliebenen Zweifel. .3 In z streiche man alle Indizes und ersetze die übriggebliebenen leeren Argumente durch .31 [A], wenn A die einzige mögliche Verteidigung an dieser Stelle ist, .32 [A, B], wenn A und B die beiden einzigen möglichen Verteidigungen an dieser Stelle sind, .33 [A (x)], wenn einzig A(n) für jedes n die möglichen Verteidigungen an dieser Stelle sind, .34 [ ], lasse also das leere Argument unverändert, wenn es die zu einem Angriff gegen eine Negation gehörige (stets uneinlösbare) Verteidigungspflicht darstellt. Die Ausdrücke mit eckigen Klammern, also unter Einschluß des leeren Arguments, sollen von jetzt an potentielle Argumente heißen, die übriggebliebenen nichtleeren Argumente, es sind nur noch Aussagen, entsprechend echte Argumente. Teilt ζ (ζ ′) einen Angriff ζ gegen das Argument ζ ′ mit, so sollen die zugehörigen möglichen Verteidigungen durch das potentielle Argument [(ζ (ζ ′))] mitgeteilt werden. .4 In z = zO | zP ist der Zugbereich nach Ausführung der Operationen .1 bis .3 durch die Anzahl der potentiellen Argumente in zO und zP gekennzeichnet: gibt es kein oder je ein potentielles Argument in zO und zP, so gilt zO | zp ∈ ZO; gibt es nur ein potentielles Argument – wegen F 3.4 muß es in zp stehen –, so gilt zO | zp ∈ Zp. .5 Spielstellungen, die sich nach Ausführung der Operationen .1 – .3 nur noch durch die Reihenfolge der echten Argumente innerhalb der beiden Spalten unterscheiden, sollen miteinander identifiziert werden.

Zum Beispiel stellen die Spielstellungen ‥ a→ a→b→ ˙ b a→b→ ˙ b []

[] a a→b

(0) (1)

[] a→b a b

(0) (1)

und

beide denselben Spielstand

a b

a→b→ ˙ a→b a→b [] (1) a

½b

dar. Durch F 61 ist auf der Klasse Z der Spielstellungen eine Kongruenzrelation θ bezüglich T1 erklärt worden (es gilt z1 θ z′1 ^ z2 θ z′2 ^ z1 T1 z2 ! z′1 T1 z′2 ), nämlich z θ z′ ⇋ z = z′, und zwar nach Konstruktion die gröbste noch mit T1  ist dann die Klasse der Restklassen von Z verträgliche Äquivalenzrelation auf Z. Z

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3 Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen

mod θ. Die für die Kalkülisierung der formalen Gewinnstellungen geeigneten Tableaux sind jetzt nichts anderes als spezielle reduzierte Spielstellungen, nämlich diejenigen, deren O-Spalte ausschließlich echte Argumente, deren P-Spalte hingegen nur genau ein echtes oder potentielles Argument enthält. Daher entscheidet das Argument der P-Spalte dann auch über den Zugbereich. Mit F, . . . als Mitteilungszeichen für, eventuell auch leere, Spaltensysteme von echten Argumenten, i. e. Aussagen, wobei es auf die Reihenfolge der Aussagen nicht ankommen soll, und Γ, . . . als Mitteilungszeichen für potentielle Argumente definieren wir daher als P-Tableaux F ‖ A die reduzierten Spielstellungen F | A und als O-Tableaux F ‖ Γ die reduzierten Spielstellungen F | Γ. Insbesondere führt die Reduktion der Anfangsstellung [ ] | A nach F 61 zu dem P-Tableau ‖ A. Beim Spielstand F ‖ A (P-Tableau) hat P gezogen und O ist am Zuge, beim Spielstand F ‖ Γ (O-Tableau) hat umgekehrt O gezogen und P ist am Zuge. Damit sind alle Vorbereitungen getroffen, um den ersten Hauptsatz der Theorie der formalen Dialogspiele zu beweisen: S 2 Eine Aussage ist genau dann P-streng formal wahr, wenn das P-Tableau ‖ A im folgenden Tableauxkalkül Φ1 ableitbar ist:     F F  ) FðaÞ k a . . A  Γ ) A ^ B  Γ     F F  . F k ½A; F k ½B ) F k A ^ B . B  Γ ) A ^ B  Γ       F F F  F k ½A, B ) F k A _ B ; )    . . A Γ B Γ A _ BΓ        F  ) F   F A; . F  .   B Γ A ! B Γ ) F A ! B  A  ½B   F    FkA ) . F  . :A  Γ ) Fk : A  A ½      V m F V Fm  m ) Fjj½σ A ) Fjj σ A   . . m n x σ A σ A Γ Γ x x n x   (n kommt in der Konklusion nicht vor)   W m F  W Fm  m Fjj½σ A ) Fjj σ A )   . . m x x σ A σ A Γ Γ x x n x

(n kommt in der Konklusion nicht vor)

. . . .

FjjA

) Fjj½A

FjjA

) Fjj½A, B

FjjB

) Fjj½A, B

m Fjjσm n A ) Fjj½σx A.

Der Beweis bedient sich in beiden Richtungen einer Prämisseninduktion, einmal in bezug auf das induktive Schema D 04, das andere Mal in bezug auf den Kalkül Φ1.

115

II Die Rolle der Logikkalküle in der Theorie der Dialogspiele

(a1) Ein Tableau sei eine (reduzierte) formale Endgewinnstellung, also ein P-Tableau der Form F ‖ a. Dann muß aufgrund der formalen Primregel die Primaussage a bereits im System F vorkommen; F (a) ‖ a aber ist in Φ1 als Anfang ableitbar. (a2) Ein Tableau im Zugbereich von P, also ein O-Tableau der Form F ‖ Γ, sei eine (reduzierte) formale Gewinnstellung. Dann muß mindestens ein T1-Nachfolger von F ‖ Γ eine (reduzierte) formale Gewinnstellung sein. Zwei Fälle sind zu unterscheiden: (a21) P verteidigt: die verschiedenen möglichen T-Nachfolger von F ‖ Γ sind gerade die Prämissen der Regeln 6. Nach Induktionsannahme sind diese ableitbar, folglich auch die jeweilige Konklusion F ‖ Γ. (a22) P greift an: (a221) Eine Konjunktion A ⋀ B in F; die beiden möglichen T-Nachfolger von  F0   A^B Γ

  F0  F  ist auch ihr  . Mit 0  ½B Γ ½A Γ    F0  F  T-Nachfolger FA0  Γ und mit ½B  auch ihr T-Nachfolger 0  eine Gewinnstellung. Γ B Γ     Das aber sind die O-Tableaux FA0  Γ und FB0  Γ in den Prämissen von 3.11 und 3.12.  F0   A ^ BΓ. Nach Induktionsannahme sind diese ableitbar, folglich auch beidemal    F0  F (a222) Eine Adjunktion A ∨ B in F; der T-Nachfolger von A ∨ B  Γ ist ½A,0 B  Γ und       daher sind mit F½A,0 B  Γ auch deren beide T-Nachfolger FA0  Γ und FB0  Γ Gewinn-

sind (in reduzierter Darstellung)

 F0   ½A Γ

und

stellungen. Diese (reduzierten) Spielstellungen aber sind gerade die Prämissen von 3.2, und aus deren vorausgesetzter Ableitbarkeit folgt die Ableitbarkeit von

 F0   . A∨BΓ

(a223) Eine Subjunktion A ! B in F; der T-Nachfolger von ziert)

 F0  Γ . ½B  A

Wenn aber

 F0  Γ ½B  A

lich in Stellung

ist (redu-

eine Gewinnstellung ist, so müssen auch die beiden

(reduzierten) Spielstellungen F0 | A und  F0  Γ ½B  A

  F0  A ! B Γ

 F0  B Γ

Gewinnstellungen sein, weil O näm-

entscheiden muß, ob er A angreifen oder ob er sich mit B

verteidigen will. Greift er A, etwa mit ζ, an, so geht die Verteidigungsmöglichkeit mit B verloren – die Reduktion der Spielstellung also mit der Reduktion von

 F0  A ζ ðAÞ  ½ðζ ðAÞÞ

 F0  Γ ½B  A ζ ðAÞ  ½ðζ ðAÞÞ

ist

F0 ζ ðAÞ

    ½ðζ ðAÞÞ ,

stimmt

überein –, verteidigt er hingegen mit B, so

geht die Angriffsmöglichkeit gegen A verloren – die Reduktion der Spielstellung  F0  Γ B A

ist

F0 B

   . Γ

Nach Induktionsannahme sind die Tableaux F0 ‖ A und

in Φ1 ableitbar und folglich nach Regel 3.3 auch

  F0  . A ! B Γ

 F0   B Γ

beide

116

3 Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen

(a224) Eine Negation ¬A in F; der T-Nachfolger von

Mit

 F0  Γ ½  A

 F0   :A Γ

ist (reduziert)

 F0  Γ . ½  A

aber ist stets auch F0 | A eine Gewinnstellung. Das aber ist die Prämisse

F0 ‖ A in der Regel 3.4, folglich ist nach Induktionsannahme auch

 F0   :A Γ

ableitbar.

(a225) Eine Großkonjunktion ∧ A ðxÞ in F; die möglichen T-Nachfolger von x       F 0 F0 F0 V    A ðxÞ  Γ sind (reduziert) ½A ðnÞ  Γ . Mit ½A ðnÞ  Γ aber ist auch jeweils ihr T-Nachfolx     ger FA0ðnÞ  Γ eine Gewinnstellung. Das aber ist jeweils das O-Tableau FA0ðnÞ  Γ in der Prämisse von 5.1. Nach Induktionsannahme ist dieses ableitbar und folglich auch

FV0 x

   A ðxÞ  Γ .

(a226) Eine Großadjunktion ∨A ðxÞ in F; der T-Nachfolger von

  F0  , ½A ðxÞ  Γ

und daher sind mit

x F0 ½A ðxÞ

   Γ

FW0 x

   A ðxÞ  Γ

auch deren sämtliche T-Nachfolger

ist

 F0  A ðnÞ  Γ

Gewinnstellungen. Unter diesen kommen insbesondere solche vor, in denen n verschieden von jeder der (endlich vielen) in F0, Γ und sonst in A vorkommenden Konstanten ist. Für diese ist nach Induktionsannahme die Ableitbarkeit gesichert, und nach Regel 5.2 ist daher auch

FW0 x

   A ðxÞ  Γ

ableitbar.

(a3) Ein Tableau im Zugbereich von O, also ein P-Tableau der Form F ‖ A sei eine (reduzierte formale) Gewinnstellung, aber keine Endgewinnstellung. Dann ist A nicht prim und alle T1-Nachfolger von F ‖ A müssen Gewinnstellungen sein. Nach Induktionsvoraussetzung sind diese ableitbar; zu zeigen bleibt, daß dann auch F ‖ A ableitbar ist. Nun sind aber die sämtlichen T-Nachfolger von F ‖ A in den Fällen A ⋀ B, A ⋁ B, A ! B, :Α und ∨A ðxÞ anstelle von A in reduzierter Darstellung gerade x die sämtlichen Prämissen der entsprechenden Regeln 2.1, 2.2, 2.3, 2.4 und 4.2, A (x) so daß hier nichts weiter zu beweisen ist. Im übriggebliebenen Falle Fjj∧ x genügt es, sich zu überlegen, daß unter den T-Nachfolgern F ‖ [A (n)] jedenfalls mindestens einer vorkommt, der die Konstantenbedingung zu Regel 4.1 erfüllt. A (x). Dieser ist nach Induktionsannahme ableitbar, also auch Fjj∧ x (b1) Anfänge F (a) ‖ a in Φ1 sind trivialerweise formale Gewinnstellungen, nämlich reduzierte formale Endgewinnstellungen. (b2) Die Prämissen der Regeln 2., 3.1, 3.2, 4.2, 5.1 und 6. seien (reduzierte formale) Gewinnstellungen. In diesen Fällen sind die jeweiligen Konklusionen trivialerweise Gewinnstellungen, weil P, von der Konklusionsstellung ausgehend, stets eine der Prämissenstellungen erreichen kann.  F  (b31) Die Prämissen F ‖ A und B  Γ der Regel 3.3 seien (reduzierte formale) Ge  winnstellungen. Dann beginne P den Dialog um die Konklusionsstellung FA ! B  Γ mit dem Angriff A gegen A ! B. Dann muß O entscheiden, ob er A angreifen oder ob er sich mit B verteidigen will. Sämtliche von dieser ersten Runde verschiedenen

II Die Rolle der Logikkalküle in der Theorie der Dialogspiele

117

Runden gehören daraufhin entweder zu einem Dialog um F ‖ A, nämlich,wenn O  sich für den Angriff gegen A entscheidet, oder aber zu einem Dialog um BF  Γ , nämlich, wenn O sich für die Verteidigung mit B entscheidet. In beiden Fällen gibt es  F  , folglich besitzt P nach Induktionsannahme Gewinnstrategien für F ‖ A resp.  B Γ  auch eine Gewinnstrategie für AF ! B  Γ . (b32) Die Prämisse F ‖ A der Regel 3.4 sei eine (reduzierte formale) GewinnF   , durch stellung. Dann gewinnt P den Dialog um die Konklusionsstellung :A Γ Angriff A gegen ¬A, weil eine Gewinnstrategie für F ‖ A sofort eine Gewinnstrategie für

 F  Γ ½  A

nach sich zieht.

(b4) Die Prämisse Fk½σm n A der Regel 4.1 sei eine (reduzierte formale) Gewinnstellung. Dann ist wegen der Konstantenbedingung in 4.1 auch Fk½σm k A m für jedes k eine Gewinnstellung, und F || ⋀σ x A wird für P gewonnen, gleichgülx

tig wie O angreift. Bei Regel 5.2 führt mutatis mutandis die Gewinnbarkeit von   F  Γ A σm n

F

zur Gewinnbarkeit von ⋁σ mxA x

Γ

.

Ist einmal eine derart adäquate Kalkülisierung der in reduzierter Darstellung tableauförmigen formalen Gewinnstellungen gewonnen, so lassen sich leicht mit Φ1 äquivalente Kalküle finden, die alle (streng) formal wahren Aussagen auf einfachere Weise aufzuzählen gestatten. Z. B. erhält man einen mit Φ1 in dieser Weise äquivalenten Sequenzenkalkül Λ1 einfach dadurch,  daß man von den P-Tableaux A1  zu Sequenzen A1, . . ., An || A  .   .   .   An  A und von den O-Tableaux

A1 . . . An

 zu Sequenzen A1, . . ., An || C         Γ

mit einer den potentiellen Argumenten Γ geeignet zugeordneten Aussage C übergeht. Trifft man nämlich die Zuordnung so, daß den potentiellen Argumenten W [A], [A, B], ½σnx A und [ ] der Reihe nach die Aussagen A, A ⋁ B, σnx A und die x leere Aussage entsprechen, so gehen die Regeln 2.2, 4.2, und 6.1 in die trivial zulässige Regel A ⇒ A über, während 6.2 an die Stelle von 2.2, und 6.3 an die Stelle von 4.2 tritt.

118

3 Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen

Mit F, . . . jetzt als Mitteilungszeichen für, eventuell auch leere, Aussagesysteme, wobei es auf die Reihenfolge nicht ankommen soll, und C als Mitteilungszeichen für Aussagen einschließlich der leeren Aussage lautet dann der Sequenzenkalkül Λ1: ⇒ F (a ) || a

Pe P∧

F || A; F || B ⇒ F || A ∧ B

P∨

F || A ⇒ F || A ∨ B

F, B || C ⇒ F, A ∧ B || C

F || B ⇒ F || A ∨ B

O∨ F, A || C ; F, B || C ⇒ F, A ∨ B || C

O∧

P→

F, A || B ⇒ F || A → B

O→



F, A || ⇒ F || ¬ A



P⋀

F || A (n)

⇒ F || ⋀ A (x) x

O⋀

F, A || C ⇒ F, A ∧ B || C

F || A ; F, B || C ⇒ F, A → B || C F || A ⇒ F, ¬ A || C F, A (n) || C ⇒ F, ⋀ A (x) || C x

(n kommt in der Konklusion nicht vor) P_ FjjA ðnÞ

) Fjj

∨x A ðxÞ

O_

F, A ðnÞjjC ) F,

_x A ðxÞjjC

(n kommt in der Konklusion nicht vor). Obwohl nach Konstruktion jedes in Φ1 ableitbare P-Tableau, als Sequenz geschrieben, auch in Λ1 ableitbar ist, gilt das Umgekehrte keineswegs allgemein. Z. B. ist a ∨ b ‖ a in Λ1, nicht aber in Φ1 ableitbar. Man kann jedoch jede Λ1-Ableitung von ‖ A in eine Φ1-Ableitung von ‖ A überführen, weil sämtliche Λ1-Regeln mit Ausnahme der O-Regeln für primes C, mit Tableaux geschrieben, auch in Φ1 zulässig sind, und in einer Λ1-Ableitung von ‖ A die Anwendung von O-Regeln mit primem C eliminiert werden kann12.

12 Ein ausführlicher, in diesen Band nicht aufgenommener Beweis wird in Lorenz (1961, pp. 82–92) geführt, allerdings mit zwei Kalkülen Φst und Λst, die sich von Φ1 und Λ1 nur dadurch unterscheiden, daß die Regel O!, etwa in Λst, die Form F′ || A; F″, B || C ⇒ F, F″, A!B || C hat, was für den Äquivalenzbeweis unerheblich ist. Walter Kindt konnte nämlich nachweisen (vgl. dazu die Vorbemerkung des Autors zum ersten Beitrag in diesem Band), daß Φst in der angegebenen Form relativ zur Klasse der streng formal wahren Aussagen nicht vollständig ist; z. B. wird das streng formal wahre Tableau  a⋀b   ((c ! (a ⋀ b)) ! a) ! ((c ! b) ! d)  [d] von Φst nicht aufgezählt. Der erste Teil, die Zulässigkeit der infragekommenden Λ1-Regeln in Φ1, ist ohne Schwierigkeiten zu zeigen, während der zweite Teil, die Elimination der O-Regeln mit primem C, ein paar detailliertere technische Vorbereitungen erfordert.

II Die Rolle der Logikkalküle in der Theorie der Dialogspiele

119

Dieser Sequenzenkalkül der P-strengen Logik, wie wir kurz sagen wollen, unterscheidet sich von einem Kalkül der effektiven Logik nur noch durch das Fehlen der Verschmelzungsregel F, A, A ‖ C ⇒ F, A ‖ C für Vorderformeln13. Insbesondere ist Λ1 seiner ausschließlich aufschichtenden Regeln wegen ein entscheidbarer Quantorenkalkül. 3 Die effektive Logik Bei der Einführung der formalen Primregel hatte es sich herausgestellt, daß im strengen Dialogspiel um der Verträglichkeit mit den Primdialogen willen eine vom Opponenten behauptete Primaussage nur einmal vom Proponenten über··· a!a nommen werden darf. Am Beispiel A0 ⇋ a ! _ ! b!b € konnte man sehen, daß zwar sowohl für wahre als auch für falsche Primaussagen a – über b brauchte nichts bekannt zu sein – die Aussage A0 wahr ist, aber daß es trotzdem keine formale Gewinnstrategie für A0 gibt, also eine Gewinnstrategie ohne jede Kenntnis vom Ausgang der Primdialoge um a. In der Tat ist auch für irgendeine logisch zusammengesetzte Aussage anstelle von a in A0 die entstehende Aussage nicht mehr formal wahr, selbst wenn Primaussagen mehrfach vom Proponenten übernommen werden dürften. Erst die Verträglichkeit der formalen mit der relativen Primregel in bezug auf P garantiert insbesondere, daß die formale Wahrheit einer Aussage unabhängig davon ist, ob ihre als Primaussagen behandelten Bausteine noch logisch zusammengesetzt sind oder nicht: ‚formal wahr‘ ist invariant gegenüber Substitution der primen Teilaussagen einer Aussage durch logisch zusammengesetzte Aussagen. Nun bedeutete die genannte Verträglichkeit aber nichts anderes als eine Abhängigkeit der formalen Primregel von der Anzahl der Angriffsschranken für den Proponenten: in einem formalen Dialogspiel darf P dieselbe Primaussage höchstens so oft von O übernehmen wie die P-Angriffsschranke angibt. An dieser Stelle macht sich wieder die schon in Teil I behandelte Schwierigkeit bemerkbar, eine einsichtige Motivierung für die Wahl der Angriffsschranken in einem Dialogspiel zu geben. Man wird daher versuchen, eine solche Wahl überhaupt zu umgehen, indem man weiterhin nicht nur ein einziges Dialogspiel mit wohlbestimmten Angriffsschranken untersucht, sondern alle möglichen Angriffsschranken und die dadurch definierten Dialogspiele zur Grundlage einer Dialogtheorie macht.

13 Λ1 ist im wesentlichen der intuitionistische Gentzenkalkül G1 bei Kleene (1952), p. 442 f., ohne ‹contraction rule› und ohne ‹cut rule›; die ‹thinning rule› für Vorderformeln ist in Λ1 an die Anfänge zurückverlegt.

120

3 Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen

Der naheliegende Vorschlag ist einfach der, die Wahl der Angriffsschranken mit zur Dialogführung um eine Aussage zu zählen. Ist die Anfangsstellung gegeben, so soll der Opponent, bevor er das erste Argument vorbringt, eine natürliche Zahl n wählen, welche die O-Angriffsschranke darstellt, und der Proponent soll daraufhin, ebenfalls noch vor dem ersten Argument des Opponenten, seinerseits eine natürliche Zahl m wählen, die als P-Angriffsschranke für den Dialog um die Anfangsstellung dient. Dann erst beginne der eigentliche Dialog. In diesem neuen erweiterten, ebenfalls partienendlichen, nämlich sogar partienbeschränkten und daher definiten Dialogspiel hat P dann eine Gewinnstrategie für eine Aussage A genau, wenn es für alle n ein m gibt derart, daß P eine Gewinnstrategie für A im Dialogspiel mit der O-Angriffsschranke n und der P-Angriffsschranke m hat. Wir definieren zunächst D 6n, m Argumente dürfen im Verlauf eines Dialoges von O höchstens n-mal und von P höchstens m-mal angegriffen werden. D 7for Primaussagen sind stets formal unangreifbar; dabei darf O Primaussagen ohne jede m Einschränkung als Argumente vorbringen, während P Primaussagen nur von O je höchstens m-mal übernehmen darf.

Zum formalen Dialogspiel mit D 6n,m gehört, wie bereits vereinbart, stets die entsprechende formale Primregel D 7for m .Wir wollen das Dialogspiel, in dem Regel D 6n,m in Kraft ist, kurz das n,m-Dialogspiel nennen. Und wenn es darauf ankommen soll, daß Begriffe aus der Theorie der Dialogspiele, z. B. ‚wahr‘, ‚formal wahr‘, ‚Gewinnstellung‘ etc., in bezug auf einen n,m-Dialog definiert sind, so wollen wir das auch durch ein ‚n,m‘-Präfix, z. B. ‚n,m-wahr‘, ‚n,m-formal wahr‘, ‚n,m-Gewinnstellung‘ etc., angeben. Die Definition D 03 liefert also in bezug auf die n,m-Dialogspiele für jedes Paar von natürlichen Zahlen n,m einen anderen Begriff der logischen Wahrheit. Der neue Vorschlag nun, die Wahl der Angriffsschranken – das ist gleichsam ein kurzer Dialog über einen Dialog – zum Anfangsstück eines Dialogs um eine Aussage A zu machen, hebt diese Relativierung des entscheidenden Grundbegriffs der Logik auf einsichtige Weise wieder auf. Das so erweiterte Dialogspiel soll bei formaler Spielweise in den n,m-Dialogspielen das effektive Logikspiel oder kurz die effektive Logik heißen14. Wir definieren

14 Im allgemeinen Fall ‹inhaltlicher› Wahrheit, bei dem es nicht nur um die logische Form von Aussagen geht, bei dem vielmehr mindestens die Konstruktion des Objektbereichs, etwa der natürlichen Zahlen, durch die Verwendung geeigneter Terme mit in den Dialog eingeht, wird der Bereich der für P gewinnbaren Aussagen im allgemeinen noch erweitert, wenn die Angriffsschranken nicht schon vor, sondern erst während einer Partie eingeführt werden. Das bedeutet dann, daß als Angriffsschranken transfinite Ordinalzahlen auftreten; der Bereich der formal wahren Aussagen aber läßt sich auf diese Weise nicht erweitern.

II Die Rolle der Logikkalküle in der Theorie der Dialogspiele

121

D 06 Eine Aussage A ist effektiv formal wahr genau, wenn es für A eine Gewinnstrategie im effektiven Logikspiel gibt.

Es wird sich herausstellen, daß in der Tat diese Definition von ‚effektiv formal wahr‘ zu einem Bereich logisch wahrer Aussagen führt, der mit dem Bereich der allgemeingültigen Aussagen in der herkömmlich effektiv oder intuitionistisch genannten Logik übereinstimmt. Wie wir bereits gesehen haben, folgt aus D 06 – die logischen Partikeln der Metasprache erhalten zur besseren Unterscheidung einen zusätzlichen Querstrich, also ¬ ∧ ∨ ⇒ /\ \/, und als Metadialog verwenden wir stets den strengen – S 05

A ε effektiv formal wahr ,

VW n m

A ε n, m-formal wahr.

Aber es läßt sich noch eine weit einfachere Charakterisierung der effektiv logischen Wahrheit angeben, nämlich S 06

VW n m

A ε n, m-formal wahr ,

W

A ε 1, n-formal wahr.

n

Die eine Richtung ist trivial. Es bleibt nur zu zeigen, daß aus der Existenz einer formalen Gewinnstrategie für A im 1,n-Dialogspiel und der Vorgabe einer O-Angriffsschranke m > 1 auf die Existenz einer formalen Gewinnstrategie für A in einem geeigneten m,l-Dialogspiel geschlossen werden kann. Die P-Angriffsschranke l wird dabei natürlich sowohl von m als auch von n abhängen und – wie man sofort sieht – auch von der Aussage A selber. Ist nämlich r der Rang von A, so genügt es, l = mrn zu wählen, und A ist m, mrn-formal wahr, wenn A 1,n-formal wahr ist. Die Konstruktion der m,l-Gewinnstrategie ist sehr einfach: Im 1,n-Dialog gibt es eine formale Gewinnstrategie für A. Ist ζ jetzt ein Argument von O im m,l-Dialog um A, so ist ζ auch ein mögliches Argument von O im 1,n-Dialog, und P antworte gemäß der Gewinnstrategie im 1,n-Dialog. Das ist stets in Übereinstimmung mit der Spielregel D 61,n möglich, ausgenommen ζ ist ein wiederholter Angriff, weil dann auch P, um der Gewinnstrategie im 1,n-Dialog folgen zu können, unter Umständen einen Angriff häufiger als n-mal wiederholen muß. Nun läßt sich aber die maximale Anzahl der Angriffe von O im 1,n-Dialog um A sehr grob durch rn abschätzen, weil jeder Angriff eine echte Teilaussage derjenigen Aussage ist, die er angreift und die höchstens n-fach wiederholt auftritt. Der im 1,n-Dialog erste Angriff von O kann im m,l-Dialog um A m-mal vorgebracht werden, so daß P auch den Antwortzug, gemäß der 1,n-Strategie, m-mal setzen können muß; ein Angriff gegen diesen Antwortzug, gegebenenfalls der zweite Angriff von O im 1,n-Dialog, kann daher im m,l-Dialog maximal m2-mal, je m-fach wiederholt, auftreten. Daher muß P

122

3 Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen

dem (rn)-ten Angriff von O durch mindestens mrn-fache Wiederholung des Antwortzuges, gemäß der 1,n-Strategie, entgegnen können. Für den Fall, daß diese mrn-fach wiederholte Setzung eines Arguments ein mrn-fach wiederholter Angriff gegen dasselbe Argument von O bzw. eine mrn-fache Übernahme derselben Primaussage bedeutet, braucht P zum Gewinn mindestens mrn als Angriffsschranke. Instruktive Beispiele sind etwa die effektiv formal wahren Aussagen der Form _ k für alle k ≧ 1 mit Ak ⇋::Ak–1 und A0 ⇋ a ! b. Es gilt nämBk ⇋ a ! :: b!A V V lich Bk ε 1,2-formal wahr, aber für m > 1 nur Bk ε m, mk + 1 -formal wahr k

k

(wegen r (Bk) > k ist stets mr2 ≧ mk+1). Weitere Beispiele, die beweisen, daß mit jeder P-Angriffsschranke weitere sogar nur junktorenlogisch zusammengesetzte _ k ! b mit Aussagen formal gewinnbar werden, sind solche der Form Bk ⇋ a!A Ak ⇋ a ! Ak–1 und A0 ⇋ b. Es gilt nämlich, wie man sich leicht überlegt, V V Bk ε 1, n-formal wahr und Bk ε= 1, n-formal wahr.

n≥k

S 07

n 1 ist, lediglich die anzugreifende Aussage noch einmal als zusätzliche Hypothese unter die von O vertretenen Hypothesen eingefügt wird und der effektive Dialog dann weiter als strenger Dialog mit den zusätzlichen Hypothesen erscheint. Dabei sind wertdefinite effektiv wahre Aussagen stets sogar streng wahr. Darüber hinaus aber werden im effektiven Dialogspiel Aussagen formal gewinnbar, für die im strengen Dialogspiel nur unter der Voraussetzung der Wertdefinitheit gewisser Teilaussagen generelle Gewinnstrategien existieren. Da sich zur Herleitung der Aussagen mit formalen Gewinnstrategien ein Vollformalismus, also ein Kalkül im Sinne der Definition von ‚Kalkül‘, angeben läßt, genügen als P-Angriffsschranken in diesem Fall die endlichen Ordinalzahlen. In diesem Zusammenhang empfiehlt es sich, noch die folgende Überlegung anzustellen. Gilt eine Implikation A ≺ B nur material, nicht aber formal, so ist man geneigt, auch in diesem Fall von genereller Geltung – etwa in Bezug auf beliebig gewählte Primaussagen in A und B – zu sprechen, obwohl ein materialer Beweis

4 Die dialogische Rechtfertigung der effektiven Logik

159

sich gegenüber einem formalen Beweis gerade dadurch auszeichnet, von einer wahren Aussage A auszugehen und aus dieser ‹Annahme› die Wahrheit von B zu erschließen. Materiale Geltung einer Implikation ist per definitionem nicht unabhängig von der Geltung der Hypothesen beweisbar, die Implikation gilt daher nicht im gleichen Sinne ‹generell› wie es bei einer formal gültigen Implikation der Fall ist. Besonders deutlich läßt sich dieser Sachverhalt an der nur material gültigen Metaimplikation ¬ ¬ A ε streng wahr ≼ A ε streng wahr studieren. Diese Implikation ist von der Form a(t(n)) ≺ a(n) und gilt ‹für alle n›, nämlich für alle Aussagen der Grundstufe, aber – und das ist der entscheidende Unterschied zu einer formal gültigen Implikation – für den Beweis muß die Wahrheit der Hypothese a(t(n)) ‹vorausgesetzt› werden, dann läßt sich bereits ‹schematisch›, also nicht erst ‹induktiv›, durch Induktion über den Kalkül zur Herstellung der Objekte des zugrundeliegenden Objektbereichs, hier: der Aussagen der Grundstufe, die Wahrheit der These a(n) sicherstellen: Man hat einfach die ersten beiden Zeilen einer beliebigen Dialogpartie mit Gewinnstrategie für a(t(n)) zu streichen, um eine Dialogpartie mit Gewinnstrategie für a(n) zu bekommen. Es gilt daher auch (¬ ¬ A → A) ε streng wahr, aber eben nicht formal, sondern material, nämlich für wertdefinite Aussagen ¬ ¬ A. In einem letzten Schritt soll jetzt auch noch eine mögliche Willkür in der Festlegung der Verteidigungsschranken beseitigt werden. Dazu wollen wir als erstes überprüfen, ob sich ähnlich wie bei den Angriffsschranken Gründe für eine Erweiterung der Verteidigungsschranke 1 finden lassen. Erinnern wir uns der Überlegungen, die zur Einführung des effektiven Dialogspiels geführt haben, so fällt auf, daß sie im wesentlichen darauf hinausliefen, die ‹strengen› Anforderungen an eine Verteidigung, nämlich, daß sie im ungünstigsten Fall bereits nach einem vom Gegner erfolgreich verteidigten Gegenangriff gegen den zur Verteidigung aufrufenden Angriff erfolgen muß, zu lockern: sie darf mindestens so lange aufgeschoben werden, bis alle vorher vom Gegner vorgebrachten Argumente so oft ihrerseits angegriffen worden sind, wie man selbst im Zusammenhang mit dem ersten Angriff in einer Dialogpartie gewählt hat. Ersichtlich ist damit auch das Maximum des möglichen Verteidigungsaufschubs erreicht. Trotzdem gibt es auch dann noch Aussagen, die sich für wertdefinite Teilaussagen generell gewinnen lassen, ohne doch effektiv formal wahr zu sein. Als Beispiel mag der Dialog um die These (b→a)→a unter der Hypothese (a→b)→b dienen, der für wertdefinites a – unabhängig von b – stets gewinnbar ist, obwohl (a→b)→b ≺ eff (b→a)→a nicht gilt:24 24 Die konverse Implikation (b→a)→a ≺ (a→b)→b gilt entsprechend generell für wertdefinites b, unabhängig von a; auf diese Weise findet auch die a,b-Unsymmetrie der beiden Aussagen, die klassisch logisch äquivalent zu a⋁b sind, eine natürliche Erklärung; man vergleiche auch: (a→b)→b ≺ eff ¬a → b, aber nicht (a→b)→b ≺ eff ¬b → a.

160

4 Die dialogische Rechtfertigung der effektiven Logik

(a→b)→b

(b→a)→a

b→a

(0;1)

a

(2)

a→b

(0;1)

In dieser Stellung muß P eine Gewinnstrategie für b haben, um noch gewinnen zu können – oder aber eine Strategie gegen a. Gibt es hingegen eine Gewinnstrategie für a, so hätte P gleich nach dem ersten Angriff b→a von O mit a verteidigen müssen, um zu gewinnen. Erst, wenn man für P die Möglichkeit einer ‹Revision› von Verteidigungen einführte, also rückwirkend Alternativen zu einer schon vorgebrachten – oder bislang nicht erlaubten – Verteidigung gestattete, würde P auch jetzt gewinnen können, nämlich formal, durch rückwirkende Übernahme der Primaussage a von O als Verteidigung von (b→a)→a auf O’s Angriff b→a. Ein quantorenlogisches Beispiel ist der Dialog um ∨x ∧y (a(x) → a(y)).25 P kann nach dem Angriff ? die Verteidigung nicht aufschieben, und gleichgültig, welches Objekt n er wählt, stets kann der folgende Angriff ?m von O mit einem

25 Der zum Gewinn führende strenge Dialog um ∨x ∧y (a(x) → a(y)) hängt von der Wertdefinitheit sämtlicher Primaussagen und der beiden quantorenlogischen Aussagen ∧x (a(x) und ∨x ¬ a(x) ab; angenommen, ∧x(a(x) oder aber ∨x ¬ a(x) sind wahr, so ist nichts weiter zu zeigen; im ersten Fall kann P mit einem beliebigen n die Aussage ∧y (a(n) → a(y)) als Verteidigung setzen, weil a(m) für jedes von O gewählte m verteidigt werden kann, im zweiten Fall ist wegen der Wertdefinitheit der Primaussagen die Aussage a(n) für ein passendes n falsch, und P kann deshalb erfolgreich mit ∧y (a(n) → a(y)) verteidigen, weil es eine Gewinnstrategie gegen a(n) gibt; gelten aber sowohl ¬∧x a(x) als auch ¬∨x ¬ a(x), so sind diese beiden Hypothesen mit der dritten Voraussetzung ∧x ((a(x) ∨ ¬ a(x)) bereits streng formal unverträglich:

⋀x (a(x) ∨ ø ⋀x (a(x) ⋁x ø a(x) ∨ ø ⋁x ø a(x) ⋀x ((a(x) ∨ ø a(x)) ? ø ⋀x a(x)

⋁x ⋀y(a(x) → a(y) (0;1) (‒2;1)

ø ⋁x ø a(x)

(‒1) (2)

?n a(n) ∨ ø a(n) ø a(n)

(4)

? a(n)

(8) (9)

(0) (6) (3)

(7)

? ?

⋀x a(x) ?n ? ⋁x øa(x) ø a(n) a(n)

4 Die dialogische Rechtfertigung der effektiven Logik

161

von n verschiedenen m vorgebracht werden. P gewinnt erst formal, wenn er daraufhin sowohl seine ursprüngliche Verteidigung revidieren als auch die auf diese Weise von O vorzubringende Primaussage a(m) rückwirkend übernehmen darf: Opponent

Proponent ⋁x ⋀y (a(x) → a(y))

? ?m a(n)

?l a(m)

(0;1) (1) (2)

⋀y (a(n) → a(y)) a(n) → a(m) ⋀y (a(m) → a(y))

(4) (5)

a(m) → a(l) a(m)

(erneute und revidierte Verteidigung auf den Angriff in Zeile 1)

(erst nachträglich mögliche erneute Verteidigung auf den Angriff in Zeile 3)

Da ∧y (a(n) → a(y)) ≻ ≺ st a(n)→ ∧y a(y) gilt, ist dieses zweite Beispiel in der Fassung ∨x ((a(x) → ∧y a(y)) für eine Erörterung der dialogischen Angemessenheit von Verteidigungsrevisionen noch wesentlich instruktiver. Um ∨x ((a(x) → ∧y a(y)) zu gewinnen, braucht nämlich bei allein dem Proponenten gestatteter Verteidigungsrevision keineswegs mehr a(n) → ∧y a(y) für ein passend gewähltes n gewonnen zu werden, vielmehr genügt es, den Angriff ?m gegen ∧y a(y) abzuwarten, um daraufhin mit Hilfe der abgeänderten Verteidigung a(m) → ∧y a(y) das angegriffene ∧y a(y) mit a(m) erfolgreich zu verteidigen. Es wird – nur mit umgekehrter Reihenfolge der Quantoren! – nichts anderes bewiesen als ∧y ∨x (a(x) → a(y)), und das ist eine sogar streng logisch wahre Aussage. Soll hingegen die ursprüngliche Reihenfolge der Quantoren erhalten bleiben und außerdem ein strenger Dialogverlauf garantiert sein, so muß etwa die Wertdefinitheit geeigneter Teilaussagen in der Form von tertium-non-datur-Aussagen als Hypothese in den Dialog aufgenommen werden; hier genügen ∧x a(x) ⋁ ¬∧x a(x), ∨x ¬ a(x) ⋁ ¬ ∨x ¬ a(x) und ∧x ((a(x) ⋁ ¬ a(x)), wie bereits in Anmerkung 25 gezeigt wurde. Dabei kann anstelle der beiden ersten tertium-non-datur-Aussagen auch die klassische Disjunktion ∧x a(x) ⋁ ∨x ¬ a(x) gewählt werden, weil unter der Voraussetzung ∧x ((a(x) ⋁ ¬ a(x)) die Äquivalenz ([∧x a(x) ⋁ ¬∧x a(x)] ⋀ [∨x ¬ a(x) ⋁ ¬ ∨x ¬ a(x)]) ≻ ≺ st ∧x a(x) ⋁ ∨x ¬ a(x) ebenso wie die daraus durch Vertauschen von a(x) mit ¬ a(x) entstehende Äquivalenz gilt.

162

4 Die dialogische Rechtfertigung der effektiven Logik

Wir werden zeigen, daß jede Aussage, für die bei allein P gestatteter Verteidigungsrevision und sonst effektiver Spielweise eine Gewinnstrategie beziehungsweise eine formale Gewinnstrategie existiert, von geeigneten, eventuell erst im Verlauf einer Dialogpartie hinzugefügten tertium-non-datur-Hypothesen streng beziehungsweise streng logisch impliziert wird. Daraus folgt dann insbesondere, daß alle unter der Voraussetzung wertdefiniter Teilaussagen streng wahren Aussagen im erweiterten Dialogspiel auch ohne diese Voraussetzung eine Gewinnstrategie haben. Für alle Aussagen, die von tertium-non-datur-Hypothesen streng logisch impliziert werden, gibt es materiale (strenge) Gewinnstrategien, sofern nur die Hypothesen (streng) wahr sind. Verlangt man daher, daß es in solchen Fällen sogar formale Gewinnstrategien geben soll, die Hypothesen also im gleichsam erweiterten Sinn als bereits formal gültig zu betrachten sind, so erlaubt genau das durch Verteidigungsrevision seitens P erweiterte effektive Dialogspiel, diese Forderung einzulösen. Die Einführung einer Verteidigungsrevision für P darf daher als angemessen gelten, wenn man die Geltung von tertium-non-datur-Hypothesen generell für gesichert hält. Das aber läßt sich genau deswegen nicht rechtfertigen, weil auch bei Beschränkung auf einen Bereich wertdefiniter Aussagen quantorenlogische Zusammensetzungen aus solchen Aussagen – einen unendlichen Objektbereich vorausgesetzt – im allgemeinen nicht mehr wertdefinit sind. Aber selbst, wenn man sich auf Aussagen mit wertdefiniten Teilaussagen beschränkt, wäre die Einführung einer Verteidigungsrevision allein für P willkürlich, auch O müßte das Recht erhalten, Verteidigungen zu wiederholen. Wie aber soll dann die Wahl der Verteidigungsschranken dialogisch angemessen erfolgen? Man kann sich sofort davon überzeugen, daß sogar dann, wenn beide Angriffsschranken 1 sind, es sinnlos ist, die Wahl der Verteidigungsschranken entweder zusammen mit einer Aussage oder zusammen mit ihrer ersten Verteidigung vorzuschreiben, weil dann der Opponent durch geschickte Schrankenwahl die formale Gewinnbarkeit einer Aussage in vielen Fällen verhindern kann. Als Beispiel möge ein Dialog um ∨x (∨y a(y) → a(x)) dienen: Opponent

Proponent ⋁x (⋁y a(y) → a(x))

? ⋁y a(y) a(m) a(l)

⋁y a(y) → a(n)

(0;1) (1) (2;1)

? ⋁y a(y) → a(m)

4 Die dialogische Rechtfertigung der effektiven Logik

163

Im angegebenen Dialogstand hat P die Verteidigung der Anfangsaussage einmal wiederholt und dabei revidiert (a(m) anstelle von a(n)), worauf O mit einer Wiederholung (und Revision) seiner Verteidigung in der dritten Zeile geantwortet hat; P müßte einmal mehr wiederholen dürfen als O, um formal zu gewinnen. Da O aber erst nach P seine Verteidigungsschranke wählt, kann er einen formalen Gewinn durch P stets verhindern. Die einzige Alternative wäre, die Wahl der Verteidigungsschranken an den Beginn einer Dialogpartie zu verlegen: zuerst hat O eine Verteidigungsschranke für alle von ihm vorbringbaren Argumente zu wählen, und anschließend verfährt P entsprechend. Das aber ist nun deshalb auch keine Lösung, weil im effektiven Dialogspiel beide Partner erst zusammen mit ihrem ersten Angriff ihre Angriffsschranken wählen und O auf diese Weise in jedem Fall durch hinreichend große Wahl der Angriffsschranken bei seinem ersten Angriff jede Verteidigungsschranke von P kompensieren kann. Man müßte schon die Wahl beider Schranken, der Angriffs- und der Verteidigungsschranken, an den Beginn einer Dialogpartie – erst O dann P – setzen und hätte daraufhin die Schwierigkeit, die durch keinen Zusammenhang mit der Reihenfolge der Argumente mehr motivierte Reihenfolge der Schrankenwahlen zu rechtfertigen. Es gibt keine dialogisch angemessene Erweiterung des effektiven Dialogspiels, die auf dem Wege einer Wahl der Verteidigungsschranken sowohl für P als auch für O zu Beginn oder im Verlauf einer Dialogpartie den Bereich der gewinnbaren Aussagen echt erweitern würde. Dieses Resultat macht noch einmal deutlich, daß Angriffe und Verteidigungen einer Dialogpartie eine durchaus verschiedene Rolle spielen: Angriffe stehen jederzeit frei und hängen bloß von der anzugreifenden Aussage ab, Verteidigungen einer Aussage hingegen werden erst durch einen Angriff gegen diese Aussage fällig und sollen lediglich so lange wie möglich aufgeschoben werden dürfen. Revidierbar ist die Verteidigung einer Aussage nur dann, wenn diese Aussage erneut und durch das gleiche Argument angegriffen worden ist. Wir wollen zum Abschluß noch, wie angekündigt, zeigen, daß eine Aussage, für die eine Gewinnstrategie im durch die Erlaubnis zu hinreichend häufiger Verteidigungswiederholung seitens P erweiterten effektiven Dialogspiels existiert, von geeigneten, unter Umständen erst im Verlauf der Dialogpartie hinzugenommenen, tertium-non-datur-Hypothesen streng impliziert wird. Die Umformung der vorausgesetzten Gewinnstrategie – ohne Beschränkung der Allgemeinheit bei der O-Angriffsschranke 1 – ist wie folgt vorzunehmen: (a) Zu jeder Aussage C, die im Verlauf einer Dialogpartie in der P-Spalte vorkommen kann, füge man C ⋁ ¬ C, falls keine Konstante in C vorkommt, hingegen n n ∧x (σx C ⋁ ¬ σx C), falls n = n1, . . . , ni das System sämtlicher in C vorkommender Konstanten ist (wobei x = x1, . . . , xi ein System von paarweise vern schiedenen, nicht in C vorkommenden Objektvariablen, σx C das Resultat

164

4 Die dialogische Rechtfertigung der effektiven Logik

der simultanen Ersetzung jedes nɩ durch xɩ (1 ≤ ι ≤ i) in C, und ∧x das System der Quantoren ∧x1, . . . , ∧xi darstellt), als Hypothese in die O-Spalte hinzu. (b) Zu jeder Aussage B, die im Verlauf einer Dialogpartie in der O-Spalte von einem Argument des P mit Angriffsschranke > 1 angegriffen wird, füge man vor diesem Angriff B ⋁ ¬ B als Hypothese in die O-Spalte hinzu. (c) Bevor P einen Angriff ζ gegen eine Aussage C im Sinne der vorausgesetzten Gewinnstrategie im erweiterten effektiven Dialogspiel erwidert, greife er die nach (a) hinzugefügte Hypothese C ⋁ ¬ C an, wenn ζ der einzig mögliche Angriff gegen C ist, hingegen greife er die ebenfalls hinzugefügte Hypothese D ⋁ ¬ D an, wenn D die einzig mögliche Verteidigung von C auf ζ(C) ist (sind beide Bedingungen erfüllt, so genügt der Einschub einer der beiden Angriffe); kommen dabei in C beziehungsweise D Konstanten ni vor, z. B. wenn im zweiten Fall D eine Verteidigung auf ?n ist, so ist zunächst die nach (a) generalisierte tertium-non-datur-Hypothese der Reihe nach mit ?n1, . . . , ?ni anzugreifen, bis in der O-Spalte auch in diesen Fällen das Argument C ⋁ ¬ C beziehungsweise D ⋁ ¬ D auftritt. Verteidigt O daraufhin C ⋁ ¬ C beziehungsweise D ⋁ ¬ D mit C beziehungsweise D, so kann P ebenfalls mit ζ(C) angreifen beziehungsweise mit D verteidigen, und von da an sämtliche Argumente um C beziehungsweise um D von O übernehmen; verteidigt O hingegen C ⋁ ¬ C beziehungsweise D ⋁ ¬ D mit ¬ C beziehungsweise ¬ D, so steht immer dann, wenn die vorausgesetzte Gewinnstrategie eine erneute Verteidigung auf ζ(C) fordert, im ersten Fall ein Angriff C gegen ¬ C zur Verfügung, den O nur mit dem Angriff ζ(C) beantworten kann, im zweiten Fall aber kann P die erneute Verteidigung D als Angriff gegen ¬ D vorbringen. (d) Bevor P einen Angriff mit Angriffsschranke > 1 gegen eine Aussage B im Sinne der vorausgesetzten Gewinnstrategie im erweiterten effektiven Dialogspiel setzt, greife er die nach (b) hinzugefügte Hypothese B ⋁ ¬ B an. Verteidigt O daraufhin mit B, so greife P dieses B statt des ursprünglichen B an, verteidigt O hingegen mit ¬ B, so kann P bereits formal, durch Übernahme des B in der O-Spalte, ¬ B mit B angreifen und daher jeden Teildialog um B gewinnen. Folgt P im übrigen der vorausgesetzten Gewinnstrategie, so gewinnt er nach Konstruktion streng jeden Dialog um die Anfangsaussage unter den hinzugefügten tertium-non-datur-Hypothesen. Ist die vorausgesetzte Gewinnstrategie dabei eine formale Gewinnstrategie, so ist auch der strenge Gewinn unter den fraglichen Hypothesen formal, wenn nur jede Übernahme einer Primaussage a durch P wie ein Angriff von P gemäß (d) behandelt, insbesondere also vor jeder solchen, noch nicht letzten, Übernahme von a die hinzugefügte Hypothese a⋁ ¬ a angegriffen wird.

4 Die dialogische Rechtfertigung der effektiven Logik

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Man kann die Konstruktionen unter (a) und (c) leicht derart abwandeln, daß anstelle der tertium-non-datur-Hypothesen auch duplex-negatio-affirmatn n Hypothesen, also Aussagen der Form ¬ ¬ C → C beziehungsweise ¬ ¬ σx C → σx C, denselben Zweck erfüllen; für die Konstruktionen unter (b) und (d) ist das hingegen nicht möglich, wie das Beispiel der effektiv logische wahren Aussage a → ((a → (a → b)) → b) zeigt, die von keinem System passender duplex-negatio-affirmat-Hypothesen streng logisch impliziert wird. Da nun weiter bekannt ist, daß genau die üblicherweise klassisch wahr genannten Aussagen Gewinnstrategien in dem durch die Erlaubnis zu hinreichend häufiger Verteidigungswiederholung seitens P erweiterten effektiven Dialogspiel haben,26 können wir als Resultat formulieren: Genau die klassisch wahren Aussagen werden von geeigneten, eventuell mehrfach angreifbaren, tertium-non-datur-Hypothesen streng impliziert. Dabei tritt an die Stelle inhaltlicher Implikation die logische Implikation, wenn es sich um den Bereich der klassisch logisch wahren Aussagen handelt. Um aber mit der gegenüber der Wertdefinitheit der Teilaussagen schwächeren Forderung ihrer Stabilität27 sämtliche klassisch wahren Aussagen zu erhalten, muß im übrigen mindestens effektive Dialogführung garantiert sein. Fassen wir die vorstehenden Überlegungen zusammen, so ergibt sich das folgende Bild: Auf der Grundlage einer dialogisch zwangsläufigen sowie vollständigen Einführung der logischen Partikeln läßt sich die inhaltliche Wahrheit logisch zusammengesetzter Aussagen durch ihre Gewinnbarkeit in einem Dialogspiel präzise einführen. Sind dabei die Angriffs- und Verteidigungsschranken einheitlich minimal, nämlich 1, gewählt, so ist die Subjunktion ‚wenn-dann‘ dialogisch ausgezeichnet: Für keine subjunktionsfreie Aussage gibt es eine streng formale Gewinnstrategie, also eine Gewinnstrategie, die unabhängig von den Gewinnstrategien für oder gegen die primen Teilaussagen aufgestellt werden kann; bei jeder solchen Aussage läßt sich aus der Existenz einer Gewinnstrategie für sie auf die Existenz von Gewinnstrategien für oder gegen jede ihrer Teilaussagen (inhaltlich) schließen. Das klassische Verfahren, die logische Wahrheit von Aussagen durch die Allgemeingültigkeit ihrer logischen Form einzuführen, hängt von der Wertdefinitheit der Teilaussagen ab, es sei denn, man macht metasprachlich bereits von der in Frage stehenden Allgemeingültigkeit Gebrauch, und sie kann daher nur

26 Cf. Anm. 17. 27 Die Stabilität der Primaussagen – a heißt stabil, wenn (¬ ¬ a → a) gilt – vererbt sich nicht wie die Wertdefinitheit streng formal auf alle daraus junktorenlogisch zusammengesetzten Aussagen, sondern nur auf die adjunktionsfreien, Großkonjunktionenn übrigens eingeschlossen; es gilt nämlich ∧x (¬ ¬ a(x) → a(x)) ≺ st ¬ ¬ ∧x a(x) → ∧x a(x).

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4 Die dialogische Rechtfertigung der effektiven Logik

bei Beschränkung auf einen Bereich wertdefiniter Aussagen angewendet werden. Dialogisch wirkt sich diese Tatsache so aus, daß für klassisch logisch wahre Aussagen bei Beschränkung auf wertdefinite Teilaussagen zwar streng materiale Gewinnstrategien, aber natürlich im allgemeinen keine streng formalen Gewinnstrategien existieren. Der Unterschied zwischen materialen und formalen Gewinnstrategien läßt sich innerhalb der klassischen Theorie der logischen Wahrheit von Aussagen überhaupt nicht formulieren. Die Forderung nach formaler Gewinnbarkeit klassisch logisch wahrer Aussagen bedeutet nichts anderes, als die Wertdefinitheit ihrer Teilaussagen zu fingieren, und in der Tat lassen sich alle klassisch logisch wahren Aussagen streng logisch von geeigneten tertium-non-datur-Hypothesen implizieren. Die durch die dialogische Begründung der Logik überhaupt erst geschaffene Möglichkeit formaler Gewinnstrategien, also von Gewinnstrategien, die ohne Bezug auf die Wahrheit oder Falschheit der beteiligten Primaussagen bestehen können, wird bei diesem Gedankengang überhaupt nicht ernsthaft erörtert. Charakteristischerweise gelangt man mit der Fiktion der Wertdefinitheit vom strengen Dialogspiel sofort zum dialogisch nicht eigenständig zu rechtfertigenden ‹klassischen› Dialogspiel, das durch die einseitig P zugestandene Wiederholbarkeit von Verteidigungen bei sonst effektiver Dialogführung eingeführt ist. Erst die auf den Dialog eigens zugeschnittene Überlegung, wie lange man Verteidigungen auf einen Angriff soll aufschieben dürfen, eben um gegebenenfalls ‹formal›, nämlich übernehmend, von den Argumenten des Gegners Gebrauch machen zu können, hat zu einer Rechtfertigung der Erweiterung des strengen Dialogspiels zum effektiven Dialogspiel geführt, bei dem die Wahl der Angriffsschranken zusammen mit dem jeweils ersten Angriff der Dialogpartner zu erfolgen hat. Das effektive Dialogspiel ist dadurch charakterisiert, daß in ihm Verteidigungen maximalen Aufschub erhalten, die Argumente des Gegners also maximal ausgenutzt, nämlich angegriffen, werden dürfen. Und es ist die minimale Erweiterung des strengen Dialogspiels derart, daß unter geeigneten duplex-negatio-affirmatHypothesen sämtliche klassisch logisch wahren Aussagen logisch impliziert werden. Dabei hat sich die Erweiterung zum effektiven Dialogspiel als dialogisch maximal herausgestellt, weil jeder Versuch einer Einbeziehung auch der Wahl der Verteidigungsschranken in die Dialogführung ohne Auszeichnung eines der beiden Dialogpartner erfolglos bleibt. Die anfangs gestellte Frage nach ‹der wahren Logik› ist nicht hinreichend präzise formuliert und entbehrt der nötigen Differenzierung. Ob eine Aussage, etwa von der Form des tertium-non-datur bereits ‹logisch› oder ‹formal› wahr ist, hängt ganz unabhängig von der Einführung der logischen Partikeln entscheidend davon ab, wie ‚wahr‘ und ‚logisch wahr‘ für Aussagen eingeführt ist. Das klassi-

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sche Verfahren der Semantik, ‚logisch wahr‘ auf ‚wahr‘ zurückzuführen, läßt sich, außer für Bereiche wertdefiniter Aussagen, nicht durchführen, ohne metasprachlich von eben dieser Konstruktion bereits Gebrauch zu machen. Erst der dialogische Ansatz für die Semantik erlaubt durch seine Unterscheidung formaler von materialen Gewinnstrategien, ‚logisch wahr‘ unabhängig von ‚wahr‘ so einzuführen, daß logisch wahre Aussagen im Falle wertdefiniter Teilaussagen stets auch wahr sind. Dabei darf der Grundgedanke des Dialoges, Aussagen angreifbar und gegen solche Angriffe verteidigbar zu machen, als dialogische Präzisierung des ‚wenn-dann‘ in seinem allgemeinen bildungssprachlichen Zusammenhang aufgefaßt werden: Thesen – die Dann-Aussagen – werden unter Hypothesen – den Wenn-Aussagen – behauptet, und man braucht – unter Berufung auf das praktische ‚wenn-dann‘ – erst dann zu verteidigen, wenn kein Gegenangriff mehr vorgebracht werden kann. Die einzige willkürfreie Festlegung der Angriffsschranken, nämlich dadurch, daß ihre Wahl in den Dialog mit einbezogen wird, führt zur effektiven Dialogführung, von der sich dabei zum einen herausstellt, daß Verteidigungen in ihr maximalen Aufschub erhalten, und zum anderen. daß sie keine darüber hinausgehende Erweiterung erlaubt, die ohne eine Auszeichnung eines der beiden Dialogpartner auskommt.

II

5 Zur pragmatischen Fundierung semantischer Strukturen am Beispiel der Dialoglogik Das gegenwärtige Interesse an pragmatischen Eigenschaften sprachlicher Ausdrücke – ihrer kommunikativen Funktion – hat in Verbindung mit dem Versuch, Abgrenzungskriterien gegenüber ihren semantischen Eigenschaften – ihrer signifikativen Funktion – anzugeben, dazu geführt, zwei miteinander konkurrierende Forschungsstrategien zu verfolgen: (a) den Frege-Weg einer Semantisierung der Pragmatik und (b) den Wittgenstein-Weg einer Pragmatisierung der Semantik. Im ersten Fall werden die sprachlichen Ausdrücke mit speziellen Ausdrücken für die Umstände ihrer Äußerung, insbesondere Zeit und Ort, indiziert. Dazu müssen die semantischen Relationen, insbesondere Referenz und Sinn, also Benennen und Unterscheiden, bereits zur Verfügung stehen, was durch Rückgriff auf die moderne Logik geschieht. Es wird nämlich die auf Gottlob Frege zurückgehende Satzanalyse benützt, die darauf beruht, den mathematischen Argument-Funktion-Zusammenhang derart auf – zunächst elementare – Sätze anzuwenden, daß ein Prädikatausdruck zum Ausdruck einer Aussagefunktion mit den Subjektausdrücken als ihren Argumenten bzw. Argumentausdrücken erklärt wird, was dazu führt, neben den logischen Partikeln grundsätzlich nur Nominatoren (singular terms) und Prädikatoren (general terms) zu berücksichtigen. In der generativen Semantik ist daraufhin die in der generativen Transformationsgrammatik angenommene Tiefenstruktur eines Satzes konsequenterweise mit dessen logischer Struktur identifiziert worden. Im zweiten Fall werden die Bedeutungsbeziehungen aus Sprachhandlungen im Kontext der übrigen Handlungen, also den möglichen kommunikativen Funktionen menschlicher Handlungszusammenhänge in bis heute noch nicht hinreichend analysierten Schritten gewonnen. Von Ludwig Wittgenstein (1953) wird dafür in den Philosophischen Untersuchungen das Konzept der Sprachspiele entwickelt, das bislang bei den Sprechakttheoretikern nur zögernde Aufnahme gefunden hat, vermutlich deshalb, weil – insbesondere bei John L. Austin (1962) und John R. Searle (1969) – die klassische logische Analyse, die im propositionalen Gehalt einer Äußerung gesucht wird und sich eines Fregeschen Aufbaus bedient, als Grundlage nicht preisgegeben werden soll, Semantik um Pragmatik nur ergänzt wird.

https://doi.org/10.1515/9783110670301-005

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5 Zur pragmatischen Fundierung semantischer Strukturen

Ich vertrete hier den Wittgenstein-Weg,1 wobei die Dialoglogik ein Testfall war, im harten Kern der Semantik, bei der synsemantischen Behandlung der logischen Partikeln, die Pragmatisierung als sinnvoll, also verständnisfördernd, vorzuführen. Das logische Schließen selbst dann als eine praktische Anwendung logisch-semantischer Strukturen aufzufassen, war nie zweifelhaft. Eher ließe sich fragen, ob nicht eben diese der Praxis vorausliegenden semantischen Strukturen, wie sie in den Wahrheitswerttabellen für die logischen Partikeln in der Junktorenlogik üblicherweise notiert sind, ihrerseits erst aus einer Argumentationspraxis gewonnen werden können und sogar sollten. Genau so ist die dialogische Logik weithin verstanden worden,2 und die Terminologie ihrer Verfasser hat dieses Verständnis noch befördert.3 Sie galt und gilt zuweilen noch immer als ein Versuch, mit den in ihr verwendeten Spielregeln eine Argumentationspraxis zu explizieren, und der es darüber hinaus erlaubt, den sonst grundsätzlich nicht definierten Begriff inhaltlicher und damit auch den der von dieser abhängigen logischen Wahrheit explizit und präzise zu definieren. Mit der Unterstellung, die Dialogspielregeln explizierten das – vorsystematische – Argumentieren oder sollten es doch wenigstens tun, ist die Frage nach einer pragmatischen Fundierung semantischer Strukturen, hier: der logischen Partikeln, auf die These zugeschnitten worden, daß eine pragmatische Rechtfertigung oder ‹Begründung› der bislang nicht hinreichend diskutierten Spielregeln in der dialogischen Fassung der Logik, damit gleichwertig sei, in der Theorie des logischen Schließens Argumentationsprobleme (zunächst) des Alltags und (dann) auch der Wissenschaft zu lösen. Solange nur der in dieser These ausgedrückte Zusammenhang selbst aber noch nicht hinreichend rekonstruiert sei, können die Begründungen für die Dialogspielregeln notgedrungen den Bereich bloß interner, an scheinbar allein formalen Problemen – zum Beispiel spieltheoretischer Darstellbarkeit – orientierten und deshalb zurecht willkürlich erscheinenden Überlegungen nicht verlassen. Der Kern dieses Einwands, wie er am deutlichsten in der Protologik von Carl F. Gethmann (1979) herausgearbeitet worden ist, kann als Syntaxverdacht gegenüber der von der dialogischen Logik beanspruchten Pragmatisierung der Semantik – am Beispiel der logischen Partikeln – gedeutet werden. Die spieltheoretische Behandlung der Logik wäre ähnlich der am Anfang der modernen

1 Eine zusammenfassende Darstellung findet sich in meinem Essay Sprachphilosophie in: H. P. Althaus/H. Henne/H. E. Wiegand (Hg.) (1980), pp. 1–28. 2 Zuletzt in: Gethmann (1979). 3 Cf. die Zusammenfassung der Entwicklung und ihrer Ergebnisse bis 1973 in: Lorenzen/Lorenz (1978); die drei dort allein von Lorenz verfaßten Teile wurden in diesen Band aufgenommen und machen bis auf den Aufsatz Die Ethik der Logik dessen ersten Teil aus.

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Logik stehenden kalkültheoretischen Behandlung ein syntaktischer Zugriff auf semantische Probleme, insbesondere auf den Wahrheitsbegriff, und nicht, wie beansprucht, ein Paradebeispiel für eine gelungene pragmatische Behandlung semantischer Probleme. Kein Wunder daher, so fährt die Kritik fort, daß der performative Aspekt einer mit dem Ziehen gemäß den Spielregeln aktualisierten Sprechhandlung undeutlich und in seiner für die gesuchte pragmatische Rechtfertigung der fraglichen Regel entscheidenden Rolle unaufgedeckt geblieben ist. So richtig es nun ist, den der Spieltheorie entlehnten begrifflichen Rahmen für den dialogischen Aufbau der Logik nicht unbesehen als einen zugleich auch argumentationstheoretisch ausgewiesenen Rahmen hinzunehmen, so voreilig ist es, die Dialogführung selber, also eine Partie um eine Aussage nach den Dialogspielregeln, mit Begründungen oder auch nur Begründungsversuchen für diese Aussage zu identifizieren. Es war ja gerade der entscheidende Kunstgriff des dialogischen Ansatzes in der Logik, ein Aussagen charakterisierendes entscheidbares Prädikat zur Verfügung zu stellen, das an die Stelle der nicht generell – für alle Aussagebereiche – als entscheidbare Prädikate einführbaren ‚wahr‘ oder ‚falsch‘ treten kann: Aussagen sollten wenigstens dialogdefinit sein, wenn sie schon nicht als wertdefinit (zweiwertig) oder auch nur beweisdefinit (verifizierbar) oder widerlegungsdefinit (falsifizierbar) charakterisierbar sind. Diese Forderung ist mit der im spieltheoretischen Aufbau möglich gewordenen strikten Trennung von partiebezogenen und strategiebezogenen Überlegungen durchgesetzt worden: Gewinn und Verlust sind – relativ zu einer beendeten Dialogführung – entscheidbare Prädikate über der Anfangsbehauptung, Wahrheit und Falschheit hingegen – als Gewinnenkönnen und Verlierenmüssen unabhängig von der Dialogführung des Partners strategiebezogen und nicht mehr partiebezogen erklärt – im allgemeinen Fall hingegen nicht. Als Folge dieser Trennung zwischen Partieebene und Strategieebene wird es weiterhin möglich, eine begriffliche Differenzierung zwischen Sinnbestimmung und Geltungssicherung für Aussagen vorzunehmen, die traditionell ausgeschlossen war, weil sich der Sinn einer Aussage, also der von ihr dargestellte Sachverhalt, grundsätzlich nicht anders erklären ließ als durch die Angabe der Wahrheitsbedingungen für diese Aussage. Das pragmatische Fundament für die Sinnbestimmung einer Aussage, durch die möglichen Argumentationen in einer Dialogführung um diese Aussage präzisiert (Partieebene!), ist damit deutlich vom pragmatischen Fundament für die Geltungssicherung einer Aussage unterschieden, das durch die Argumentationen über die Dialogführungen mit dem Ziel, die Existenz einer Gewinnstrategie nachzuweisen, charakterisiert ist (Strategieebene!). Im ersten Fall geht es um

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Semantik, die natürlich als pragmatisch fundiert behandelt wird, während es nur im zweiten Fall ausdrücklich um Pragmatik im herkömmlichen Sinne geht. Allerdings muß man dann die vieldiskutierte Zweideutigkeit unberücksichtigt lassen, die sich darin zeigt, daß das für die Geltungssicherung zentrale Prädikat ‚wahr‘ nicht nur (epistemologisch) als ‚verifiziert‘ oder ‚verifizierbar‘ gelesen werden kann, sondern (ontologisch) seinerseits wiederum auf eine semantische Basis – das Wahr-Sein – für die pragmatische Verwendung – das Alswahr-Erkennen – zu verweisen scheint. Diese Zweideutigkeit, die sich schon in antiken Texten nachweisen läßt, die sich mit der Sprache beschäftigen – zum Beispiel im Streit um den Status der Logik zwischen Stoa und Peripatos4 –, verdankt ihre moderne Wirksamkeit Frege, der ‚wahr‘ sowohl semantisch als auch pragmatisch behandelt. Semantisch nämlich ist Wahrheit eine der beiden möglichen Bedeutungen eines Gedankens, pragmatisch aber wird im Urteil, also in der Behauptung eines Gedankens, die Anerkennung seiner Wahrheit vollzogen. Bedeutet jedoch ein Gedanke das Falsche, so sieht man, daß der mit einer Behauptung erhobene Wahrheitsanspruch nicht mit seiner Einlösung verwechselt werden darf. Freges Gleichbehandlung der assertorischen Sätze bzw. ihres Inhalts, also ihres Gedankens, mit den Gegenstandsnamen läßt den von ihm selbst hervorgehobenen entscheidenden Unterschied unberücksichtigt, daß ein Gedanke noch zur Beurteilung ansteht, Namen hingegen nur eine semantische, keine unmittelbar pragmatische Rolle spielen, besonders auffällig bei den fiktiven Namen. Von Wahrheit sowohl in semantischer als auch in pragmatischer Hinsicht zu sprechen – Frege beruft sich auf die Notwendigkeit, die bloße Annahme der Wahrheit von ihrer Anerkennung unterscheiden zu müssen – mag der Grund dafür gewesen sein, daß der Ausdruck ‚A‘ durchweg syntaktisch als Satzzeichen auftritt, obwohl ‹Einwortsätze› naheliegende Beispiele dafür gewesen wären, an derselben Zeichengestalt einen Wortaspekt (= semantischen Aspekt) – Zeichen in ihrer signifikativen Funktion – und einen Satzaspekt (= pragmatischen Aspekt) – Zeichen in ihrer kommunikativen Funktion – zu unterscheiden. Und zu beachten ist dabei, daß von einer Zeichengestalt als Wort ebensowenig sein Sinn abgelöst werden kann – es wäre kein Wort, kein verständliches Sprachzeichen mehr, obwohl sich natürlich ein als Wort bloß vermutetes Lautschema auf seinen Sinn hin befragen läßt – wie sich von einer Zeichengestalt als Aussage ihre Geltung abtrennen läßt – sie wäre keine Aussage, kein verläßliches Sprachzeichen mehr, obwohl auch in diesem Fall natürlich der bloße Anspruch auf Geltung auf seine Einlösbarkeit hin befragt werden kann und ungültige Aussagen ihren Status als Aussagen nicht verlieren. Wahr ist daher kein

4 Cf. etwa: Barnes (1997).

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Prädikator zur Unterscheidung von Aussagen jenseits der zwischen wahren und falschen Aussagen, ebensowenig wie sinnvoll ein Prädikator zur Unterscheidung von Prädikatoren ist, außer eben über bloßen Zeichengestalten, sie als Aussage beziehungsweise als Wort qualifizierend. Das aber war trotz der zusätzlichen verwirrenden Verwendung von ‚wahr‘ – neben ‚sinnvoll‘ – im semantischen Zusammenhang bereits der Inhalt von Freges großartiger Einsicht in die Explizierbarkeit von Wahrheit allein im pragmatischen Zusammenhang. Es wäre nun vergeblich, durch eine Definition deutlicher zu machen, was unter ‚wahr‘ zu verstehen sei. Wollte man etwa sagen: „Wahr ist eine Vorstellung, wenn sie mit der Wirklichkeit übereinstimmt“, so wäre damit nichts gewonnen, denn, um dies anzuwenden, müßte man in einem gegebenen Fall entscheiden, ob eine Vorstellung mit der Wirklichkeit übereinstimme, mit andern Worten: ob es wahr sei, daß die Vorstellung mit der Wirklichkeit übereinstimme. Es müßte also das Definierte selbst vorausgesetzt werden. Dasselbe gälte von jeder Erklärung von dieser Form: „A ist wahr, wenn es die und die Eigenschaften hat, oder zu dem und dem in der und der Beziehung steht“. Immer käme es wieder im gegebenen Falle darauf an, ob es wahr sei, daß A die und die Eigenschaften habe, zu dem und dem in der und der Beziehung stehe. Wahrheit ist offenbar etwas so Ursprüngliches und Einfaches, daß eine Zurückführung auf noch Einfacheres nicht möglich ist. Wir sind daher darauf angewiesen, das Eigentümliche unseres Prädikats durch Vergleichung mit anderen ins Licht zu setzen. Zunächst unterscheidet es sich von allen anderen Prädikaten dadurch, daß es immer mit ausgesagt wird, wenn irgend etwas ausgesagt wird. Wenn ich behaupte, daß die Summe von 2 und 3 5 ist, so behaupte ich damit, daß es wahr ist, daß 2 und 3 5 ist. [. . .] Die Form des Behauptungssatzes ist also eigentlich das, womit wir die Wahrheit aussagen, und wir bedürfen dazu des Wortes ‚wahr‘ nicht. Ja, wir können sagen: selbst da, wo wir die Ausdrucksweise „es ist wahr, daß . . .“ anwenden, ist eigentlich die Form des Behauptungssatzes das Wesentliche. (Logik, in: G. Frege, Nachgelassene Schriften, hg. H. Hermes/F. Kambartel/F. Kaulbach, Hamburg 1969: Felix Meiner, pp 139 f.)

Kehren wir mit dieser Einsicht zum Unterschied partiebezogener von strategiebezogenen Überlegungen in der dialogischen Logik zurück, so können wir diesen Unterschied terminologisch so ausdrücken, daß neben der Explikation der Argumentationsmöglichkeiten um eine Aussage eine davon verschiedene Explikation der Begründungsmöglichkeiten für eine Aussage aufgrund der gegebenen Argumentationsmöglichkeiten erforderlich ist. Es wird dann deutlich, daß die angemahnte Rechtfertigung für die Dialogspielregeln sowohl global – als Rahmenregel – wie lokal – als Argumenteregel, darunter insbesondere die Partikelregeln – mit der Rechtfertigung für Begründungsmöglichkeiten, zum Beispiel durch logisches oder auch inhaltliches Schließen, nämlich von Aussagen, den Hypothesen, auf eine andere Aussage, die These, nicht verwechselt werden darf. An der Behandlung der Implikationen oder Wenn-dann-Aussagen, also der hypothetischen Urteile der Tradition, in Zeichen: A ≺ B, läßt sich der Zusammenhang und der Unterschied von Argumentation und Begründung in ausgezeichneter Weise deutlich machen. Man muß dazu nur die diejenigen Fälle, in

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denen Implikationen begründend verwendet werden, von denjenigen Fällen unterscheiden, in denen sie begründungsherausfordernd, also begründungsbedürftig, verwendet werden, beide Male in Zusammenhängen, wo über die Geltung des Implikans A nichts bekannt ist. Nehmen wir das Beispiel C (⇋ Wenn N’s Rasensprenger angestellt ist, dann ist N zuhause), so kann C begründend für ‚N ist zuhause‘ eingesetzt sein, nämlich dadurch, daß etwas ‹Sichtbares›, das Rasensprengen, aufgrund einer notwendigen Verknüpfung, eben C, als ‹Zeichen› für etwas ‹Unsichtbares› verwendet wird – diese semiotische Terminologie geht auf die Logik der Stoa zurück –, es kann aber C auch begründungsherausfordernd, also begründungsbedürftig, eingesetzt sein und wird dann etwa durch die Aussage D (⇋ Wenn N das Haus verläßt, dann stellt N den Rasensprenger ab) begründet, und zwar unter Verwendung der dann ihrerseits begründenden Implikation D ≺ C, wobei C die Struktur A!B hat mit den beiden Definitionen ‚A ⇋ N’s Rasensprenger ist [von N] angestellt‘ und ‚B ⇋ N ist zuhause‘. Im zweiten Fall ist D, ebenso wie C im ersten Fall, unmittelbar durch einen Handlungszusammenhang, genauer: das Wissen um einen Handlungszusammenhang, begründet, und damit praktisch und nicht mehr theoretisch. Man könnte dies durch eine pragmatische, also synthetische, Prädikatorenregel N′s Fortgehen ) N′s Rasensprenger−Abstellen ausdrücken, die dann in genauerer Analyse – unter Verwendung der Definitionen ‚E⇋ N’s Fortgehen‘ und ‚F ⇋N’s Rasensprenger-Abstellen‘ – als eine für die individuelle und die soziale Subjektkonstitution (von N) in Anspruch genommene bedingte Obligation E ≺ OðF Þ [in Worten: N verpflichtet sich, den Rasensprenger abzustellen, wenn er/sie das Haus verläßt], zu lesen wäre. Zu beachten ist an dieser Stelle der Unterschied zu semantischen, also analytischen, Prädikatorenregeln, wie sie, terminologische Zusammenhänge oder Bedeutungspostulate darstellend, in Wörterbüchern auftreten oder eigens vereinbart sein können, und die sich in besonderen, auf gewöhnlichen Sprachgebrauch in Alltag oder Wissenschaft bezogenen Fällen, natürlich auch begründend heranziehen lassen. Ein nur begründender Wenn-dann-Satz, der also nicht seinerseits begründungsherausfordernd oder begründungsbedürftig verwendet wird, muß nun selbst einen argumentativen Sinn bekommen, der im komplexen Fall nicht unmittelbar durch pragmatische oder gar semantische Prädikatorenregeln repräsentiert werden kann. Dieser argumentative Sinn eines begründend verwendeten Wenn-dann-Satzes soll durch eine als bedingte Obligation auftretende Signifikationsregel für Sätze der Form A!B eingefangen werden:

Literatur

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Wer A!B äußert, verpflichtet sich zur Verteidigung mit der Äußerung B auf den Angriff mit der Äußerung A, wobei diese zunächst nur potentielle Verteidigungspflicht nicht eher aktuell werden soll, als die Äußerung A ihrerseits auf endlich viele Gegenangriffe verteidigt worden ist. Es handelt sich hier um einen besonderen Fall der für die dialogische Logik charakteristischen allgemeinen Dialogbedingung: Kein Spieler braucht sich auf einen Angriff zu verteidigen, ehe nicht dieser Angriff seinerseits auf endlich viele Angriffe verteidigt worden ist.

Wird diese Dialogbedingung akzeptiert, so ergeben sich zusammen mit den unproblematischen Dialogspielregeln für die übrigen logischen Partikeln diejenigen partiebezogenen Argumentationsregeln um Aussagen, die den argumentativen Sinn einer Aussage in der dialogischen Logik ausmachen. Sie stellen daher die pragmatische Basis bereit, auf die in strategiebezogenen Argumentationen, also Begründungen, mit dem Ziel, die Geltung einer Aussage zu sichern – sie wird dann nicht begründend sondern begründungsbedürftig verwendet – zurückgegriffen werden muß. Schließlich sind auch Ansprüche auf die Wahrheit einer geäußerten Aussage bedingte Obligationen, und zwar logisch höherer Stufe, weil es sich um Metaregeln als Beitrag zur Konstitution von Intersubjektivität handelt: „Wer eine Aussage A äußert mit der Absicht, etwas Wahres zu sagen, sollte zu einer Argumentation um A bereit sein“. Mit anderen Worten: Mit einer Äußerung von A wird die Einladung zu einem Angriff gegen A ausgedrückt und zugleich das Versprechen gegeben, sich auf einen solchen Angriff, sofern möglich, auch zu verteidigen.

Literatur Austin, John L. (1962): How To Do Things With Words. The William James Lectures Delivered at Harvard University in 1955, ed. J. O. Urmson. Cambridge Mass.: Harvard University Press. Althaus, Hans P./Henne, Helmut/Wiegand, Herbert E., eds. (1980): Lexikon der Germanistischen Linguistik, zweite, vollständig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Tübingen: Niemeyer. Barnes, Jonathan (1997): Logic and the Imperial Stoa. Leiden, New York, Köln: Brill. Gethmann, Carl. F. (1979): Protologik. Untersuchungen zur formalen Pragmatik von Begründungsdiskursen. Frankfurt/Main: Suhrkamp. Lorenzen, Paul/Lorenz, Kuno (1978): Dialogische Logik. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Searle, John R. (1969): Speech Acts. An Essay in the Philosophy of Language. Cambridge: Cambridge University Press. Wittgenstein, Ludwig (1953): Logical Investigations/Philosophische Untersuchungen. Oxford. New York: Blackwell, MacMillan.

6 Der Entwurf der operativen Logik I Die mit der operativen Logik von Paul Lorenzen (1955, 21969) entwickelte Theorie der logischen Partikeln, die der zugleich mit ihr aufgebauten operativen Mathematik dient, hat sich als eine konstruktive Semantik für die erstmals von Arend Heyting (1930) kalkülisierte intuitionistische Logik herausgestellt. Mit der operativen Mathematik soll ein Ausweg aus dem unaufgelösten Grundlagenstreit zwischen dem Intuitionismus Luitzen E. J. Brouwers und dem Formalismus David Hilberts gewiesen werden, der das von beiden Richtungen anerkannte enge Gebiet der ‹finiten› Mathematik auch auf die Behandlung des Unendlichen in begründeter Weise zu erweitern erlaubt. Zu diesem Zweck macht sich Lorenzen die eine Hälfte der These von Haskell B. Curry zu eigen: „Mathematics is the science of formal systems“ (1951, p. 56) und erklärt die Theorie beliebiger Kalküle und nicht nur die Theorie der kalkülisierten inhaltlichen Mathematik, wie in der Metamathematik Hilberts, in ausgezeichneter Weise zu einem Teil der Mathematik. Von Hugo Dingler (1931, Kap. 1) stammt dabei die Einsicht, daß der Beweis einfacher Aussagen der Kalkültheorie, z. B. einer Ableitbarkeitsbehauptung, unmittelbar durch Handlungen mit den Atomen des Kalküls, ohne jede Voraussetzung logischer Gesetze, also logikfrei, vollzogen wird.1 Erst wenn die logischen Partikeln innerhalb der Theorie der Kalküle auf geeignete Weise interpretiert sind, gibt es eine Möglichkeit, formale Logik im engeren Sinne, und zwar dann als eine operativ begründetet Theorie der logischen Partikeln, zu treiben. Als Voraussetzung dafür werden unter dem Titel ‚Protologik‘ diejenigen Begriffsbildungen und Beweisverfahren zusammengestellt, die unabhängig von der speziellen Gestalt eines Kalküls, also allgemein für beliebige Kalküle verwendbar sind. Wichtigster Begriff ist dabei die Zulässigkeit einer Regel, die auf folgende Weise erklärt wird: Liegt ein Kalkül K, gegeben durch ein System von Grundregeln einschließlich der Grundfiguren als uneigentlicher Grundregeln, nämlich Regeln ohne Prämissen, bereits vor, so heißt eine Regel α1; . . . ; αn ⇒ α zulässig in K (symbolisiert: ⊢K α1; . . . ; αn ⇒ α), wenn mit dem Kalkül K/, der durch Erweiterung von K um die Regel α1; . . . ; αn ⇒ α entsteht, nicht mehr Figuren ableitbar werden als

1 Dingler schließt mit diesen Überlegungen von 1931 an seine schon in der frühen Arbeit ‚Grundlagen der Naturphilosophie‘ (1913) getroffene Unterscheidung der Logik als Werkzeug, d.i. Logik, von der Logik als Gegenstand, d.i. Logik, an, kritisch gewürdigt in: Lorenz/Mittelstraß (1969). https://doi.org/10.1515/9783110670301-006

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6 Der Entwurf der operativen Logik

mit dem Kalkül K, also wenn die Aussage ⊢K α1 ⋀ . . . ⋀ ⊢K αn → ⊢K α (in Worten: wenn α1 ableitbar in K und . . . und αn ableitbar in K, dann α ableitbar in K) generell gilt; allerdings kann diese Aussage für die Erklärung der Zulässigkeit hier nicht herangezogen werden, da die in ihr verwendeten logischen Partikeln ‚wenndann‘ und ‚und‘ an dieser Stelle noch nicht eingeführt sind. (Die Hinzufügung von ‚generell‘ ist erforderlich, weil die durch Mitteilungszeichen ‚α‘ dargestellten Gegenstände nicht nur aus Ketten von Atomfiguren des Kalküls K zu bestehen brauchen, sondern auch Variable für bestimmte Klassen von Figuren enthalten dürfen, die ihrerseits durch die Ableitbarkeit in geeigneten Hilfskalkülen definiert sind; meist genügt als Variabilitätsbereich die (K-)Universalklasse aller Ketten von Atomfiguren aus K; ⊢K α stellt im allgemeinen dann eine Aussageform dar, die erst nach Ersetzung der Kalkülvariablen durch Figuren aus dem Variabilitätsbereich, d.i. einer Belegung, in eine Aussage übergeht.) Um eine Zulässigkeitsbehauptung nun zu beweisen, ist es erforderlich, angenommene Verwendungen der als zulässig behaupteten Regel bei der Ableitung einer Figur zu eliminieren, also eine Ableitung unter Benutzung der fraglichen Regel in eine Ableitung derselben Endfigur ohne Benutzung dieser Regel umzuformen – oder aber die Annahme, daß die fragliche Regel in einer Ableitung überhaupt hat verwendet werden können, zu widerlegen. Es gibt vier protologische Methoden, mit denen sich die Eliminierbarkeit einer Regel nachweisen läßt: Deduktionsprinzip, Induktionsprinzip, Inversionsprinzip und Unableitbarkeitsprinzip. (a) Deduktionsprinzip: Ist R die Regel α1; . . . ; αn ⇒ α und gilt die hypothetische Ableitbarkeit α1; . . . ; αn ⊢K α, d. h. ist α ableitbar in einem Kalkül, der aus K durch Hinzufügen der Figuren αν (ν = 1, . . . , n) als weiterer Grundfiguren in K hervorgeht, so ist R zulässig in K, und zwar sogar ableitbar in K; aber nicht jede zulässige Regel ist ableitbar, d. h. aus ⊢K α1; . . . ; αn ⇒ α läßt sich nicht stets α1; . . . ; αn ⊢K α folgern; zum Beispiel ist die im Kalkül K0 :

) + n ) n n ) +n+

zulässige Regel n ⇒ ++n nicht ableitbar. Die Verallgemeinerung lautet: Die Metaregel R1; . . . ; Rn ⇒ R ist zulässig in K (symbolisiert: ⊢K R1; . . . ; Rn ⇒ R), wenn die hypothetische Zulässigkeit R1; . . . ; Rn ⊢K R gilt. Und dies wiederum ist dann der Fall, wenn im Kalkül K/, der aus K durch Hinzufügen der Regeln Rν (ν = 1, . . . , n) hervorgeht, die Regel R ableitbar ist.

I

181

(b) Induktionsprinzip: Sind α1; . . . ; αn0 die Grundfiguren β11 ; . . . ; β1n1

) β1

β21 ; . . . ; β2n2 ) β2 .. . βm1 ; . . . ; βmnm ) βm die Grundregeln eines (Hilfs-)Kalküls K1 und ist x eine Variable für die in K1 ableitbaren Figuren sowie ⊢K γ(ξ) eine Zulässigkeitsbehauptung (speziell: Ableitbarkeitsbehauptung) bezüglich eines Kalküls K, der insbesondere auch K1 sein kann, so gilt die hypothetische Zulässigkeit    ) γðα1 Þ; . . . ; ) γðαn0 Þ; γðβ11 Þ; . . . ;γðβ1n1 Þ ) γðβ1 Þ ; . . . ; γðβm1 Þ; . . . ;γðβmnm Þ  ) γðβm Þ ‘K γðξÞ, d. h. die Zulässigkeit aller (K1-)Belegungen von γ(ξ) bezüglich K wird durch die Vererblichkeit der Zulässigkeit bezüglich K von den jeweiligen Prämissen auf die Konklusion bei jeder Regel von K1 bewiesen. Man spricht dann genauer auch von Prämisseninduktion bezüglich K1. Zum Beispiel liefert γ(ξ) ⇋ ξ ⇒ ++ξ, wobei ξ eine Variable für die ableitbaren Figuren des K0 -Universalkalküls: ) )+ n ) n n ) n+ ist, bei allen Belegungen eine zulässige Regel bezüglich K0, weil die vier Hypothesen in der aufgrund Prämisseninduktion bezüglich des K0-Universalkalküls gültigen hypothetischen Zulässigkeit + ) + + + ;  ) + + ; ðn ) + + nÞ ) ðm ) + + mÞ; ðn ) + + nÞ ) ðm + ) + + m +Þ‘K0 ξ ) + + ξ allesamt ihrerseits bereits zulässige Regeln bzw. Metaregeln bezüglich K0 sind. Mit Prämisseninduktion bezüglich K0 selbst ergibt sich alternativ die Zulässigkeit von n ⇒ ++n mit γ(ξ) ⇋ ++ξ auf Grund der Zulässigkeit der drei Hypothesen bezüglich K0 in der hypothetischen Zulässigkeit: ⇒ +++; ++n ⇒ ++n; ++n ⇒ +++n+ ⊢K0 ++ξ.

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6 Der Entwurf der operativen Logik

(c) Inversionsprinzip: Haben in einem Kalkül K relativ zu einer Regel α⇒β nur die Grundregeln α11; . . . ; α1n1 ) α1 , deren Variable sämtlich auch .. . αm1 ; . . . ; αmnm ) αm in α vorkommen müssen, Belegungen derart, daß bei der Anwendung einer dieser Grundregeln die Belegung eines αμ mit einer Belegung von α übereinstimmt, wobei gleiche Variable gleich belegt werden müssen, so gilt die hypothetische Zulässigkeit ½α11 ; . . . ; α1n1 ) β ; . . . ; ½αm1 ; . . . ; αmnm ) β ‘K α ) β. Zum Beispiel ist n ⇒ n in K0 zulässig, weil nur für die Grundregel n ⇒ n die Voraussetzungen der Inversion erfüllt sind und die Hypothese n ⇒ n in der hypothetischen Zulässigkeit n ⇒ n ⊢K0 n ⇒ n trivialerweise zulässig ist. Darüber hinaus wird in der Protologik die praktische Fähigkeit des Figurenvergleichs benötigt, also die Existenz eines Entscheidungsverfahrens vorausgesetzt, das für je zwei Figuren eines Kalküls – das sind ableitbare Figuren des zu den Atomen dieser Figuren gehörenden Universalkalküls – zu entscheiden gestattet, ob sie gleich oder ungleich, Instanzen desselben Figurentyps oder verschiedener Figurentypen, sind. Lorenzen (21969, §5) hat diesem Entscheidungsverfahren durch die Hinzufügung zweier Atomfiguren, ≡ und ≢, samt Regeln zur Herstellung von Figuren α ≡ β und α ≢ β in einem jedem Kalkül K adjungierbaren Gleichheitskalkül D die theoretische Gestalt einer induktiven Definition für Figurengleichheit und Figurenungleichheit gegeben, die es erlaubt, für den derart erweiterten Kalkül DK ein eigenes Gleichheitsprinzip zu formulieren: α ≡ β, α ⊢DK β. Natürlich kann der praktische Figurenvergleich hinsichtlich ‚gleich‘ und ‚ungleich‘ auf diese Weise nicht hintergangen werden, wohl aber lassen sich jetzt Unableitbarkeitsbehauptungen in einem Kalkül K durch Ableitbarkeitsbehauptungen im zugehörigen Kalkül DK wiedergeben und so auch beweisen. Definiert man beispielsweise auf der Basis des K0-Universalkalküls einen Kalkül K2 durch: ) ++ n ) n+ n ) n+o (n soll eine Variable nur für Kreuzfolgen sein), so beweist man die Unableitbarkeit der Figur +, also ⊬K2 +, durch die Ableitbarkeit der Ungleichheit ⊢DK2 + ≢ α, und zwar durch Prämisseninduktion bezüglich K2: Weil die Grundfigur ++ (ihrem schematischen Typ nach) ungleich + ist und sich die Ungleichheit von den Prämissen der beiden Grundregeln n ⇒ n+ und n ⇒ n+ auf die jeweilige Konklusion vererbt, sind alle ableitbaren Figuren von K2 (ihrem schematischen Typ nach) ungleich +.

II

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Mit der Möglichkeit des protologischen Beweises einer Unableitbarkeit ergibt sich für den Beweis einer Zulässigkeit noch ein letztes protologisches Verfahren, nämlich durch Widerlegung der Annahme, daß die als zulässig behauptete Regel in einer Ableitung überhaupt hat verwendet werden können, nämlich das (d) Unableitbarkeitsprinzip: Ist eine Figur α in einem Kalkül K unableitbar, so ist jede Regel α ⇒ β zulässig in K. Ersichtlich gibt es keine Möglichkeit, in irgendeinem Sinne vorweg sicherzustellen, daß ein gelungener Beweis einer Zulässigkeitsbehauptung sich nur dieser Prinzipien bedienen wird, auch wenn im bisher vorliegenden Aufbau der operativen Logik keine weiteren protologischen Beweisverfahren verwendet worden sind.

II Der Schritt von der Protologik zur Logik im engeren Sinn wird in der operativen Logik in drei Etappen vollzogen. In der ersten Etappe wird die logische Partikel ‚wenn-dann‘ (symbolisiert: !) durch das praktische ‚wenn-dann‘ des Regelpfeils ⇒ gedeutet, also ⊢K α → ⊢K β ⇋ ⊢K α⇒β, was zur Folge hat, daß die Erklärung der Zulässigkeit einer Regel als unmittelbar verständlich gelten muß und eine Zurückführung der Zulässigkeit auf die Gültigkeit der gerade erst einzuführenden Subjunktion nicht vorgenommen werden kann. Nimmt man noch hinzu, daß dieser Weg den Bereich der Primaussagen auf Ableitbarkeits- beziehungsweise Zulässigkeitsaussagen in Kalkülen zu beschränken zwingt, so werden Mängel sichtbar – besonders deutlich abzulesen an der definitorischen Gleichsetzung einer logisch zusammengesetzten Aussage mit einer Primaussage –, die zur Fortentwicklung der operativen Logik geführt haben und erst in der dialogischen Logik behoben werden konnten. Sind daher ⊢K α und ⊢K β zwei Ableitbarkeitsaussagen in Bezug auf einen Kalkül K – sie lassen sich durch Angabe entsprechender Ableitungen nach den Grundregeln von K, ausgehend von Grundfiguren und endend mit α beziehungsweise β, beweisen, sind also beweisdefinit, im allgemeinen jedoch nicht wertdefinit, weil es unentscheidbare Kalküle gibt, also die Existenz von Ableitungen zu angenommenen Endfiguren nicht in jedem Fall entscheidbar ist –, so wird die logisch zusammengesetzte Aussage ‚wenn ⊢K α dann ⊢K β‘ definiert durch die Zulässigkeit der Regel α ⇒ β in K, die hier nach Voraussetzung keine Variable mehr enthält. Da sich Zulässigkeiten protologisch beweisen und widerlegen lassen, gibt es auch einen Beweisbegriff und einen Widerlegungsbegriff für die Subjunktionen logisch 1. Stufe, allerdings ist keiner von beiden entscheidbar. In welchem Sinne gleichwohl Zulässigkeitsaussagen noch als definit

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6 Der Entwurf der operativen Logik

gelten dürfen, wie von der operativen Logik beansprucht,2 läßt sich ebenfalls erst mit der dialogischen Logik klären, und zwar dadurch, daß Subjunktionen dialogdefinit sind, für sie ein entscheidbarer Dialogbegriff definiert ist. Zwei weitere logische Partikeln, der Negator ‚nicht‘ (symbolisiert: ¬) und der Allquantor (Großkonjunktor) ‚alle‘ (symbolisiert: ∧), lassen sich durch spezielle Zulässigkeitsaussagen definieren, wobei ‚⋏‘ (gelesen: falsum) als Zeichen für eine beliebige unableitbare und ‚⋎‘ (gelesen: verum) als Zeichen für eine beliebige ableitbare Figur des zugrunde gelegten Kalküls benutzt werden: ¬⊢K α ⇋ ⊢K α ⇒⋏ und ∧ξ ⊢K α(ξ) ⇋ ⊢K ⋎⇒ α(ξ). Im Falle der Großkonjunktion ist wieder der allgemeine Fall zugelassen – und nur dann liegt auch eine eigentliche Allaussage vor –, daß die Figur α eine Variable ξ für ableitbare Figuren eines Hilfskalküls, den Objektbereich, enthält. Im Falle der Negation kann man sich leicht davon überzeugen, daß ¬⊢K α mit der Unableitbarkeit ⊬K α gleichwertig ist. Nach dem Unableitbarkeitsprinzip ist nämlich für unableitbares α jede Regel α⇒β zulässig, also insbesondere α ⇒⋏, und umgekehrt muß bei zulässiger Regel α ⇒⋏ die Figur α unableitbar sein, weil sonst auch ⋏ ableitbar wäre. In der zweiten Etappe wird die Iteration der Subjunktion und ihrer beiden Spezialisierungen Negation und Großkonjunktion dadurch ermöglicht, daß man zu Metakalkülen beliebiger Stufe übergeht. Nennt man den ursprünglichen Kalkül K den Grundkalkül K 0 , so soll der Metakalkül der ersten Stufe K 1 dadurch ‹definiert› sein, daß genau die zulässigen Regeln von K 0 in ihm ableitbar sind. Natürlich ist mit dieser Erklärung der Metakalkül K 1 nicht im Sinne des allgemeinen Kalkülbegriffs festgelegt; weder sind bestimmte zulässige Regeln von K 0 als seine Grundfiguren ausgezeichnet, noch sind bestimmte zulässige Metaregeln von K 0 als seine Grundregeln festgelegt, von der unlösbaren Aufgabe einmal ganz abgesehen, dann noch die Vollständigkeit des Metakalküls zu beweisen, nämlich daß er wirklich alle zulässigen Regeln von K 0 ableitbar macht. Da jedoch gleichwohl Zulässigkeitsaussagen auch für Metaregeln und ebenso für Metametaregeln usw. sich aufgrund protologischer Prinzipien beweisen lassen, ist die Einführung derartiger Metakalküle n-ter Stufe Kn sinnvoll. Berücksichtigt man jetzt, daß jede Regel im Kalkül Kn auch als uneigentliche Regel, d.i. als eine Regel ohne Prämissen, jedes Kalküls Km mit m > n gelesen werden kann, und werden die Mitteilungszeichen ‚α‘, . . . statt nur für Figuren von K 0 auch für Regeln und Metaregeln jeder Stufe verwendet, so sind mit der Definition ⊢Kν α → ⊢Kν β ⇋ ⊢Kν α ⇒ β (ν = 0,1,2, . . . ) sämtliche Möglichkeiten subjunktiver Zusammensetzungen aus Primaussagen, d.s. in K 0 die Ableitbarkeitsaussagen, er-

2 Vgl. Lorenzen (21969), Einleitung.

II

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faßt. Zum Beispiel gilt die Subjunktion a → (b → a) mit a ⇋ ⊢K 0 α und b ⇋ ⊢K 0 β genau dann, wenn die Metaregel (⇒α)⇒(β⇒α) in K 0 zulässig ist. Das aber ist wegen der Eliminierbarkeit des Regelschrittes von β nach α unter Voraussetzung des zusätzlichen Anfangsschrittes α trivial. Für Negation und Großkonjunktion lassen sich die Definitionen ganz entsprechend verallgemeinern, wenn man auch hier berücksichtigt, daß ⋎ und ⋏ dann nicht nur für eine ableitbare beziehungsweise unableitbare Figur von 0 K , sondern ebenfalls für die zugehörigen zulässigen beziehungsweise unzulässigen (Meta-)Regeln entsprechender Stufe, also ⇒⋎ beziehungsweise ⇒⋏ oder ⇒(⇒⋎) beziehungsweise ⇒(⇒⋏) usw., zu stehen haben. In der dritten Etappe schließlich geht es darum, die noch fehlenden logischen Partikeln ‚und‘ (symbolisiert: ⋀), ‚oder‘ (symbolisiert: ⋁) und ‚manche‘ (symbolisiert: ∨) zu definieren. Zu diesem Zweck wird eine Erweiterung des Grundkalküls K 0 und aller Metakalküle Kν (ν = 1, . . .) um drei weitere Atomzeichen ‚⋀‘, ‚⋁‘ und ‚∨‘ sowie der beiden Klammern ‚(‘ und ‚)‘ als Hilfszeichen, die sämtlich verschieden von den Atomen in K 0 sein müssen, mit Hilfe der folgenden Einführungsregeln vorgenommen: α ; β ⇒ (α⋀β) α ⇒ (α⋁β) β ⇒ (α⋁β) α(ξ) ⇒ ∨ξ α(ξ) Hier sind ‚α‘, ‚β‘, . . . Mitteilungszeichen nicht nur für Figuren n, m, . . . von Kν (ν = 0, 1, . . .), sondern auch für Figuren (n⋀m), (n⋁m), ∨ξ n(ξ), die in den Metakalkülen dann auch noch Regeln heißen sollen. Damit besteht der erweiterte 0 Grundkalkül K aus den alten Grundfiguren, den alten Grundregeln und den v neu hinzugefügten Einführungsregeln, während die erweiterten Metakalküle K jetzt durch die Bedingung charakterisiert werden müssen, genau die relativ-zulässigen Regeln, Metaregeln, usw., von K 0 ableitbar zu machen. Eine Regel R heißt dabei relativ-zulässig in einem Kalkül K, wenn R zwar weitere Atomzeichen enthält, die in K nicht vorkommen, gleichwohl aber durch die Anwendung von R keine Figur ableitbar wird, die, wenn sie nur aus den ursprünglichen Atomen zusammengesetzt ist, nicht auch ohne die Anwendung von R abgeleitet werden könnte. Die Einführungsregeln sind relativ-zulässig in jedem Kν (ν = 0, 1, . . .), und zwar unabhängig von der Wahl des Grundkalküls 0 K , sofern dieser die neu eingeführten Atomzeichen nicht enthält. Mit ihrer Hilfe lassen sich zum einen alle übrigen Regeln mit mehreren Prämissen durch Regeln mit nur einer Prämisse ersetzen – es gilt α1; . . . ; αn ⇒ α ⊣⊢ α1 ⋀ . . . ⋀ αn ⇒ α –

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6 Der Entwurf der operativen Logik

und zum anderen ein System von Regeln mit derselben Konklusion durch eine Regel mit dieser Konklusion – es gilt (beweisbar durch Inversion!) α1 ) α; . . . ; αn ) α ‘ α1 _ . . . _ αν ) α und α1 _ . . .

_ αn

) α ‘ αν ) α ðν = 1, . . . , nÞ.

Nun lassen sich die übrigen junktorenlogischen Zusammensetzungen aus Primaussagen, also Konjunktion, Adjunktion und Großadjunktion in allen Kalküv len K (ν = 0, 1, . . . ) definieren durch ‘Kv + ‘Kv  α ∧ ‘Kv  β(  ðα ∧ βÞ ( ‘Kv α _ ‘ β + ‘    ðα _ βÞ Kv Kv W W + ‘Kv  αðξÞ (  ξ ‘Kv ξ αðξÞ . Damit sind beliebige logische Zusammensetzungen aus den Primaussagen der untersten Stufe, also den Ableitbarkeitsaussagen in irgendeinem Grundkalkül v 0 K , vollständig als Zulässigkeitsaussagen in einem passenden Kalkül K erklärt, wenn nur die Definitionen für Subjunktion, Negation und Großkonjunktion v noch von Kν auf K ausgedehnt werden.

III Auf der Grundlage einer derart eingeführten operativen Wahrheit von Aussagen über Kalkülen läßt sich jetzt eine spezielle logische Wahrheit derselben Aussagen dadurch auszeichnen, daß die Betrachtung der Zulässigkeit von Regeln, Metaregeln, usw., auf die Allgemeinzulässigkeit der Regeln, Metaregeln, usw, eingeschränkt wird. Eine Regel heißt allgemeinzulässig in einem Kalkül K, wenn sie zulässig oder auch nur relativ-zulässig in K ist, ohne daß beim Beweis der Zulässigkeit von der besonderen Wahl von K Gebrauch gemacht würde, von der Bedingung an den Atombestand von K für die relative Zulässigkeit der Einführungsregeln einmal abgesehen. Versucht man jetzt, zunächst eine Übersicht über die logische Wahrheit der allein subjunktiv zusammengesetzten Aussagen zu gewinnen, so sind α1; . . . ; αn ⇒ αν (ν = 1, . . . , n) ersichtlich allgemeinzulässige Regeln, aber es ist auch [α1; . . . ; αn ⇒ β1]; . . . ; [α1; . . . ; αn ⇒ βm]; [β1; . . . ; βm ⇒ β] ⇒ [α1; . . . ; αn ⇒ β] eine allgemeinzulässige Metaregel, und ebenso sind [α1; . . . ; αm ⇒ [αm+1; . . . ; αn ⇒ α]] ⇔ [α1; . . . ; αm‒1 ⇒ [αm; . . . ; αn ⇒ α]] zwei allgemeinzulässige Metametaregeln.

III

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Mit A, B, . . . als Mitteilungszeichen für subjunktiv aus Ableitbarkeitsaussagen zusammengesetzte Aussagen einschließlich Aussagen der Form A1, . . . , An → A – für diese gilt aufgrund der angegebenen allgemeinzulässigen Metametaregeln: (A1, . . . , An → A) $ (A1 → (A2 → . . . → (An → A) . . .)) ε logisch wahr – erhält man daraufhin den folgenden Konsequenzenkalkül L zur Herstellung logisch wahrer Aussagen:

L erweist sich als gleichwertig mit den bekannten Kalkülisierungen der positiven Implikationslogik, d.i. derjenigen intuitionistisch wahren Aussageschemata, die nur aus Subjunktionen bestehen, z. B. mit A → (B → A) und (A→ (B→ C)) → ((A →B) → (A→ C)) als Grundfiguren und modus ponens als Grundregel, so daß die logische Wahrheit der operativen Logik, zumindest soweit sie in L kalkülisiert ist, mit der intuitionistischen oder effektiven logischen Wahrheit übereinstimmt.3 Gleichwohl ist es ein ungelöstes Problem der operativen Logik, einen Begriff von Vollständigkeit anzugeben, der es erlauben würde, den Konsequenzenkalkül L als vollständig auch nachzuweisen. Da der Nachweis der Allgemeinzulässigkeit von Regeln, Metaregeln, usw., abgesehen von der Anwendung des Unableitbarkeitsprinzips, stets nur positiv durch Eliminationsverfahren erfolgt, gibt es keine Übersicht über die Widerlegbarkeit von Allgemeinzulässigkeitsbehauptungen. Zum Beispiel würde die Hinzunahme der klassisch logisch wahren, jedoch in L unableitbaren Peirceschen Aussage ((A → B) → A) → A bedeuten, die Allgemeinzulässigkeit der Metametaregel ((α⇒β) ⇒α) ⇒α nachzuweisen, was nicht direkt, durch Elimination, sondern nur

3 Vgl. Schmidt (1960), pp. 272 ff; dort unter der Bezeichnung ‚derivative Implikationslogik‘ behandelt. Das historisch erste Auftreten eines Konsequenzenkalküls findet sich bei Hertz (1923/1929).

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6 Der Entwurf der operativen Logik

indirekt, durch reductio ad absurdum, also einen methodisch an dieser Stelle nicht zur Verfügung stehenden logischen Schluß in der Metasprache, gelingt. Wird in einem letzten Schritt die Beschränkung des Aussagenbereichs fallengelassen, so lassen sich durch einfache Anwendungen des Inversionsprinzips auf die Einführungsregeln die Allgemeinzulässigkeiten von α⋀β ⇒ α, α⋀β ⇒ β, und (α ⇒ γ); ( β ⇒ γ) ⇒ (α⋁β ⇒ γ) nachweisen, während die Allgemeinzulässigkeit von α ⇒ α⋎β und von β ⇒ α⋎β trivial ist, die von (γ ⇒ α); (γ⇒ β) ⇒ (γ ⇒ α⋀β) sich jedoch aus einer einfachen Anwendung des Deduktionsprinzips ergibt. Unter Berücksichtigung der dann im Konsequenzenkalkül möglichen Vereinfachungen wegen (α1; . . . ; αn ⇒ α) ⇔ (α1 ⋀ . . . ⋀ αn ⇒ α) ergibt sich zunächst als Kalkülisierung der positiven Aussagen- oder Junktorenlogik der folgende, eine Erweiterung von L darstellende Brouwer-Kalkül B: )A!A A ! B; B ! C ) A ! C A ^ B ! C , A ! ðB ! CÞ )A^B!A )A^B!B C ! A; C ! B ) C ! A ^ B )A!A_B )B!A_B A ! C; B ! C ) A _ B ! C Wegen der Allgemeinzulässigkeit von α ⇒⋎ und von ⋏ ⇒ α nach Auszeichnung der Figuren ⋎ und ⋏ im Grundkalkül führt die Erweiterung von B um die beiden Regeln ⇒ A →⋎ und ⇒ ⋏ → A (⊢⋎ und ⋎ sowie ⊢⋏ und ⋏ sind einfachheitshalber hier identifiziert) zusammen mit der Definition ¬A ⇋ A →⋏ zu einem Kalkül, der gleichwertig mit dem originalen Heyting-Kalkül H der intuitionistischen Junktoren4 logik ist: ) A ! ðA ∧ AÞ ) ðA ∧ BÞ ! ðB ∧ AÞ ) ðA ! BÞ ! ððA ∧ CÞ ! ðB ∧ CÞÞ ) ððA ! BÞ ∧ ðB ! CÞÞ ! ðA ! CÞ ) A ! ð B ! AÞ ) ðA ∧ ðA ! BÞÞ ! B

4 In dieser Form zum ersten Mal aufgestellt in: Heyting (1930).

Literatur

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) A ! A_B ) A_B ! B_A ) ððA ! CÞ ∧ ðB ! CÞÞ ! ðA _ B ! CÞ )



!A

A; A ! B ) B Berücksichtigt man schließlich noch, daß (1) aufgrund der Einführungsregel für den Manchquantor die Aussage A(n) → ∨ξ α(ξ) logisch wahr ist, während die Regel A(n) → C ⇒ ∨ξ α(ξ) → C von logisch wahren Aussagen wieder zu logisch wahren Aussagen überzugehen erlaubt, sofern n in der Konklusion nicht vorkommt, und (2) aufgrund der Definition für den Allquantor die Aussage ⋏ξ α(ξ) → A(n) logisch wahr ist, hingegen die Regel C → A(n) ⇒ C → ∧ξ α(ξ) logisch wahre Aussagen in logisch wahre Aussagen überführt, sofern auch hier n in der Konklusion nicht vorkommt,5 so genügt es, diese vier Regeln der kalkülisierten intuitionistischen Junktorenlogik hinzuzufügen, um einen Kalkül zur Ableitung der logisch wahren Aussagen der operativen Logik zu erhalten. Dieser Kalkül ist mit der intuitionistischen oder effektiven Quantorenlogik gleichwertig, die so eine operative Deutung erfährt. Allerdings gibt es bisher keine Möglichkeit, innerhalb der operativen Logik auch eine Vollständigkeit der Kalküle der effektiven Quantorenlogik nachzuweisen.

Literatur Curry, Haskell B. (1951): Outlines of a formalist philosophy of mathematics. Amsterdam: Elsevier. Dingler, Hugo (1931): Philosophie der Logik und Mathematik. München: E. Reinhardt. Dingler, Hugo (1913): Grundlagen der Naturphilosophie. Leipzig: Unesma. Dingler, Hugo (1955): Die Ergreifung des Wirklichen, ed. W. Krampf. München: Eidos. Hertz, Paul (1923/1929): Über Axiomensysteme für beliebige Satzsysteme. Teil II (Sätze höheren Grades). In: Math. Ann. 89, pp. 76–102/ Teil III. In: Math. Ann. 101, pp. 457–514. Heyting, Arend (1930): Die formalen Regeln der intuitionistischen Logik. In: Sitz.ber. Preuß. Akad. Wiss., phys.-math. Kl. 2, pp. 42–56. Lenk, Hans (1968): Kritik der logischen Konstanten. Philosophische Begründungen der Urteilsformen vom Idealismus bis zur Gegenwart. Berlin: De Gruyter, Kap. 21 (Die Begründung der logischen Konstanten in der operativen Logik Lorenzens), pp. 538–600. Lorenz, Kuno/Mittelstraß, Jürgen (1969): Die methodische Philosophie Hugo Dinglers. Einleitung zum Teilneudruck von Dingler (1955). Frankfurt: Suhrkamp, pp. 7–55.

5 Vgl. zur ausführlichen Begründung der fraglichen Allgemeinzulässigkeiten: Lorenzen (1958, 4 1970), § 10 (Einsquantor und Allquantor).

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Lorenzen, Paul (1955, 21969): Einführung in die operative Logik und Mathematik. Berlin, Göttingen, Heidelberg: Springer. Lorenzen, Paul (1958, 41970): Formale Logik. Berlin: de Gruyter. Richter, Vladimir (1965): Untersuchungen zur operativen Logik der Gegenwart, Freiburg: K. Alber. Schmidt, H. Arnold (1960): Mathematische Gesetze der Logik I (Vorlesungen über Aussagenlogik), Berlin. Heidelberg, New York: Springer. Stegmüller, Wolfgang (1958): Rezension von Lorenzens ‚Einführung in die operative Logik und Mathematik‘: In: Philosophische Rundschau 6, pp. 161–182.

7 Über die Gründe des Übergangs von der operativen Logik zur dialogischen Logik I In der Diskussion um die dialogische Logik wird der Status der Spielregeln noch immer mit dem Status von Argumentationsregeln um eine als Behauptung vorgelegte Aussage in Verbindung gebracht. Das verbreitete normative Vokabular bei der Formulierung der Spielregeln – ich selbst spreche zum Beispiel noch immer von Angriffsrechten und von Verteidigungspflichten, die von den Spielzügen wahrgenommen bzw. eingelöst werden, um die Wahl der Regeln, und zwar besonders der Strukturregeln, einleuchtend erscheinen zu lassen – hat sein Übriges getan, um einer Verwechslung der Dialogregeln mit Argumentationsregeln Vorschub zu leisten. Gleichwohl hätte stutzig machen können, daß trotz des ganz entsprechend möglichen normativen Vokabulars bei der verbalen Wiedergabe von Kalkülregeln, wie zum Beispiel beim Aufbau der operativen Logik, niemand auf die Idee gekommen ist, das praktische ‚wenn-dann‘ bei den Herstellungsanweisungen für Figurenketten auf ein argumentatives ‚wenn-dann‘ von Aussagen über die Herstellbarkeit solcher Figurenketten zurückzubeziehen. Genau umgekehrt wird die Geltung von ‚wenn-dann‘-Aussagen diesen Typs begründet durch einen Verweis auf das Befolgenkönnen schon bestehender Herstellungsanweisungen, was auf eine Beherrschung des praktischen ‚wenn-dann‘ hinausläuft. Der Primat des hantierend-sinnlichen Könnens vor jedem theoretischen Können, insbesondere dem Beweisen von Aussagen, war die Grundidee der operativen Logik. Wir haben es ersichtlich mit der in mehrfacher Hinsicht bereits umgangssprachlich ausgezeichneten Rolle der ‚wenn-dann‘-Verbindung zwischen sprachlichen Ausdrücken zu tun. Das ‚wenn-dann‘ zwischen Aussagen ist nur ein besonderer Fall. Er ist dadurch ausgezeichnet, daß es um die Frage nach der Berechtigung geht, von einer als Hypothese vorgebrachten Aussage A auf eine Aussage B als These zu schließen, also eine Schlußregel A⇒B – und das ist jetzt keine bloße Kalkülregel im Sinne einer schlichten Ersetzungsregel für sprachliche Ausdrücke – zu erlauben. Üblicherweise wird das so ausgedrückt, daß man nach den Bedingungen fragt, unter denen die Relation der Implikation A≺B zwischen den beiden Aussagen A und B besteht. Es ist dies die Bedingung der Wahrheitserblichkeit für A≺B; denn sie berechtigt zu der Erklärung: Wenn A gilt, d. h. wahr ist, dann gilt auch B, und es darf von A auf B geschlossen werden, was mit der Schlußregel modus ponens notiert wird. Wann aber ist die Bedingung der Wahrheitserblichkeit für A≺B erfüllt? Die Angabe dieser Bedingungen wäre dann https://doi.org/10.1515/9783110670301-007

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7 Gründe des Übergangs von der operativen Logik zur dialogischen Logik

eine Begründung für das Bestehen der Implikation. Nun spricht man aber im Falle des Erfülltseins solcher Bedingungen, also wenn Wahrheitserblichkeit für A≺B vorliegt, noch in einem prima facie anderen Sinn vom Vorliegen von Gründen, und zwar von (der Geltung von) A als einem Grund für (die Geltung von) B. Hier ist die Geltung des Implikans ein Grund für die Geltung des Implikat, und es geht nicht um Gründe für die Geltung der Implikation selbst, obwohl ein solcher Grund vorliegen muß, wenn es rechtens sein soll, von der Geltung des Implikans als einem Grund für die Geltung des Implikat zu sprechen. Wir sind mit einer Äquivokation im Gebrauch des Terminus ‚Grund‘ konfrontiert. Suchen wir nach dem Grund für die Geltung einer Implikation, so bewegen wir uns auf der Ebene der Sprache über Aussagen, die Implikation ist eine metasprachliche Relation. Wegen der Standarddefinition A≺B ⇋,A!B‘ ε wahr (mit ‚wegen‘ wird hier eine Begründung in Gestalt der Berufung auf das praktische ‚wenn-dann‘ bei der Ausübung von Sprachhandlungen gegeben) zusammen mit der den Zusammenhang von Objekt- und Metasprache hinsichtlich Geltung formulierenden Korrespondenzbedingung ‹‚A‘ε wahr genau dann, wenn A› ist es gleichgültig, ob nach Gründen für die Geltung der metasprachlichen Implikation A≺B gesucht wird oder nach Gründen für die Geltung der objektsprachlichen Subjunktion A!B. Es ist daher nichts dagegen einzuwenden, wenn sowohl Implikation wie Subjunktion umgangssprachlich durch ‚wenndann‘ wiedergegeben werden. Hält man es jedoch aufgrund dieser Überlegungen ebenfalls für gleichgültig, ob man vom Grund für die Geltung einer Implikation spricht oder stattdessen die Geltung des Implikans einen Grund für die Geltung des Implikats nennt, so ist das irreführend. Es wird nämlich suggeriert, daß die Geltung der Implikation A≺B gleichwertig ist mit der Geltung der (metasprachlichen) Implikation ‚A‘ε wahr ≺ ‚B‘ε wahr, der sprachlichen Artikulation der Bedingung der Wahrheitserblichkeit für die Geltung von A≺B. Abgesehen davon, daß die Äquivalenz ‚A≺B‘ε wahr ⇔ ‚A‘ε wahr ≺ ‚B‘ε wahr bereits das Verstehen von Implizieren voraussetzt – weder ‚wahr‘ noch ‚implizieren‘ dürfen wegen des drohenden infiniten Regresses in ihrer Bedeutung sprachstufenabhängig sein –, besteht zum Beispiel im Fall der intuitionistischen Implikation die fragliche Äquivalenz gerade nicht. Zwar zieht die Geltung von A≺B auch die Geltung der Implikation ‚A‘ε wahr ≺ ‚B‘ε wahr nach sich, jedoch nicht umgekehrt. Man wähle nur für B eine unentscheidbare Primaussage a und für A ihre doppelte Negation ¬¬a. Die Festlegung der Bedeutung von Implizieren und damit auch die der Wahrheitserblichkeit bleibt von vielen Vorentscheidungen über den Umgang mit ‚wenn-dann‘ abhängig. Was es mit solchen ‚wenn-dann‘-Verbindungen und insbesondere mit ‚wenndann‘-Aussagen und ihrer Geltung in der Erlanger Schule für eine Bewandtnis hat, möchte ich im Folgenden in einen allgemeineren Zusammenhang stellen.

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Es gehört zur communis opinio, daß wissenschaftliches Reden und Schreiben vor dem alltäglichen Reden und Schreiben dadurch ausgezeichnet ist, daß nicht bloß etwas gesagt wird, etwa in Gestalt einer Antwort auf eine Frage, ohne dabei zu problematisieren, ob auch stimmt, was gesagt wurde. Vielmehr gibt es im wissenschaftlichen Fall noch Gründe, warum das, was gesagt wurde, stimmt, und diese werden, zumindest auf Nachfrage, auch angegeben oder sollten sich durch einen Verweis auf für zuverlässig geltende Quellen angeben lassen. Der gewöhnliche Sprachgebrauch macht in den Wissenschaften reflektiertem Sprachgebrauch Platz, und das ist durchaus etwas anderes, als bloß auf den Unterschied zwischen objektsprachlichem und metasprachlichem Reden achten zu können. Nicht dadurch, daß man (metasprachlich) sagt, eine Aussage sei wahr, stimmt auch, was man (objektsprachlich) gesagt hat. Es geht darum, die Aussage einer Beurteilung zu unterziehen und damit die Aussage, war die Beurteilung positiv, in ein Urteil zu verwandeln. Der Aussage allein, sei sie schriftlich oder mündlich geäußert, läßt es sich nicht ansehen, ob sie den Status eines Urteils hat oder, wie häufig in vorwissenschaftlichem Sprachgebrauch, bloß den eines Vorurteils. Beurteilungen erschöpfen sich auch nicht in weiteren Sprachhandlungen. Aussagen allein reichen in der Regel nicht zur Begründung anderer Aussagen. Als Grund für die Geltung einer Aussage ist grundsätzlich mehr erforderlich als wiederum bloß die Berufung auf die Geltung anderer Aussagen, ganz abgesehen davon, daß eine solche Zurückführung der Geltung von Aussagen auf die Geltung anderer Aussagen das Begründungsproblem nicht löst sondern verschiebt. Diese Grenzen der von der formalen Logik unter Verwendung der alten Unterscheidung von kategorischer und hypothetischer Geltung ermöglichten und in den Wissenschaften als ein Mittel der Beweisführung schon seit Aristoteles eingesetzten axiomatischen Methode sind wohlbekannt und sollen durch eine Reihe unterschiedlicher Strategien zu Lösung des Geltungsproblems für die obersten Sätze einer solchen Zurückführung, eben die ‹Axiome›, überwunden werden. Die Lösung des Geltungsproblems für die bei einer solchen Zurückführung ebenfalls benötigten metasprachlichen Aussagen der Form ‚Aussagen A1, . . . , An zusammen implizieren Aussage B‘ bzw. Aussage B folgt aus der Konjunktion der Aussagen A1, . . . , An, also ‚A1, . . . , An ≺ B‘, ist mit der Begriffsbildung der besonderen logischen Implikation bzw. der logischen Folgerungsbeziehung zwischen Aussagen zugleich die Geburtsstunde der Logik als Disziplin. Und insoweit ließ sich auch die Bedingung der Wahrheitserblichkeit für die Gültigkeit einer Implikation erfüllen. Wie der allgemeine Fall einer Implikation zwischen Aussagen zu behandeln ist – und das betrifft mutatis mutandis ebenso den Fall der Wahrheit von

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7 Gründe des Übergangs von der operativen Logik zur dialogischen Logik

Aussagen jenseits ihrer besonderen logischen Wahrheit – wird im allgemeinen nicht mehr als eine Aufgabe der Logik angesehen, sondern soll von den Einzelwissenschaften gelöst werden. Dabei ist das Verständnis der Implikation, ausgehend von der Rolle des umgangssprachlichen ‚wenn-dann‘ von der Antike bis heute Gegenstand ständiger Auseinandersetzungen geblieben. Das läßt sich in der Gegenwart an den zahlreichen Entwürfen nicht-klassischer Logikkalküle zur Vermeidung der sogenannten ‹Paradoxien der Implikation› ablesen, die mit den logischen Arbeiten von Clarence I. Lewis zu Beginn des 20. Jahrhunderts einsetzten (Lewis 1912; 1918). Von ihm stammt auch diese Bezeichnung für die mangelnde Eignung der klassischen Subjunktion, definiert durch: A!B⇋¬A⋁B, zur Wiedergabe der Folgerungsbeziehung, wenn der Zusammenhang von metasprachlichem ‚wenn-dann‘, also der Implikation als Folgerungsbeziehung ‚≺‘, und objektsprachlichem ‚wenn-dann‘, also des Implikators als Subjunktor ‚!‘, durch eine Definition, nämlich: A≺B⇋‚A!B‘ε wahr, hergestellt wird. Unter diesen Voraussetzungen implizieren nämlich zum Beispiel zwei beliebige wahre Aussagen einander und ebenso zwei beliebige falsche Aussagen, weil, wie bereits in der Scholastik anerkannt, sowohl ex quolibet verum (A≺⋎) als auch ex falso quodlibet (⋏≺A) gültige, und zwar sogar logisch gültige, Implikationen sind. Einen besonderen ‹inneren Zusammenhang› zwischen ihnen, der von einer gültigen Folgerungsbeziehung A≺B ausgedrückt würde, braucht es dann, wenn die Falschheit von A oder die Wahrheit von B bereits bekannt sind, also das Folgern von B aus A entweder unmöglich oder überflüssig ist, nicht zu geben. Wohl aber möchte man, reflektiert man darauf, warum eine wahre Aussage B wahr ist – man sieht übrigens an dieser Stelle sehr deutlich, daß die klassischen ‚warum‘-Fragen typische sprachliche Indikatoren der Denkhandlung des Reflektierens oder Nachdenkens sind –, einen Grund für die Wahrheit von B angeben können, beispielsweise eine wahre Aussage A zusammen mit der Geltung der Implikation A≺B. Es ist hier wichtig – deshalb der Einschub des ‚beispielsweise‘ –, sich klar zu machen, daß auch Taten, z. B. eine sprachliche Vereinbarung, als Gründe gelten können, und nicht etwa nur wieder wahre Aussagen, aus denen sich B erschließen ließe. Und es ist offensichtlich, daß in einem solchen Fall des Gründesuchens die Geltung der Implikation sich unabhängig von jedem Bezug auf die Geltung oder Nichtgeltung der beiden Bestandteile A und B ermitteln lassen muß, wenn anders das Begründen sich nicht im Kreise drehen soll. Gleichwohl waren für Lewis die vermeintlichen Paradoxien des ‚wenndann‘ der Grund, mit Hilfe des Modaloperators ‚notwendig‘ (Δ) eine ‹strikte Implikation›, das ‹notwendigerweise ‚wenn-dann‘› (⊰), als objektsprachlichen Junktor einzuführen, und zwar definitorisch durch: A⊰B⇋Δ(A!B). Und zur Beherrschung einer Übersicht über die gültigen strikten Implikationen hat er

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zudem eine Reihe von mittlerweile kanonischen Kalkülen der Modallogik S1 – S5 vorgeschlagen, die jeweils verschiedene Klassen gültiger strikter Implikationen syntaktisch charakterisieren. Aber auch dann hat die zugehörige Folgerungsbeziehung, definiert durch: A≺SB ⇋ ‚A⊰B‘ε wahr, noch ähnlich paradoxe Eigenschaften, weil in diesem Fall etwa zwei beliebige notwendige Aussagen einander implizieren und ebenso zwei beliebige unmögliche Aussagen. Diese Eigenschaften hielt Lewis jedoch für unproblematisch, weil seiner Ansicht nach für die Folgerungsbeziehung charakteristisch, und zwar, so ist ihm zu entgegnen, nicht anders als zuvor die Paradoxien der gewöhnlichen Folgerungsbeziehung für eben diese charakteristisch sind. Gleichwohl wurden die Paradoxien auch der strikten Implikation der Anlaß, durch weitere Bedingungen an die Definition einer ‚wenn-dann‘-Verbindung zweier Aussagen das Bestehen eines ‹inneren Zusammenhangs› zwischen ihnen adäquat zu erfassen. Es kam zur Aufstellung zahlreicher weiterer Logikkalküle, insbesondere in der Relevanzlogik und deren Fortführung in einer ‹Logik des Entailment, in der ‹entailment› als ‹notwendig-relevante Implikation› verstanden wird. Diese Entwicklungen haben mittlerweile zu eigenen ausgedehnten Forschungszweigen geführt und dauern an. Alle diese Verfahren zeichnen sich dadurch aus, daß intuitiv für wünschenswert gehaltene Eigenschaften einer (metasprachlichen) Relation zwischen Aussagen, eben der für einwandfreies Argumentieren bzw. Schlußfolgern in den Wissenschaften unentbehrlichen Implikations- oder Folgerungsbeziehung, durch axiomatisch fixierte Geltungsbedingungen einer objektsprachlichen Aussageverknüpfung ausgedrückt werden, und zwar derart, daß neben der unerläßlichen Wahrheitserblichkeit – die Wahrheit der Konjunktion sämtlicher Prämissen garantiert die Wahrheit der Konklusion – auch noch die fraglichen Eigenschaften beweisbar sind. Darüber hinaus sollte, wenn möglich, die Axiomatisierung der Folgerungsbeziehung vollständig und widerspruchsfrei formalisiert, also in die Gestalt eines adäquaten Logikkalküls gebracht werden. Die üblichen Logikkalküle, Formalisierungen der logischen Wahrheit von (logisch zusammengesetzten) Aussagen mit ihrer Konsequenz eines Begriffs der logischen Implikation bzw. logischen Folgerung durch die kanonische Definition ‹A≺LB ⇋ (A!B) ε logisch wahr› gelten als unzureichend, weil unter Voraussetzung der wahrheitsfunktionalen Erklärung der Subjunktion noch immer auch die logische Äquivalenz jeweils von zwei beliebigen wahren und von zwei beliebigen falschen Aussagen gilt. Und selbst bei der aus anderen Gründen als Alternative zur klassischen Logik von Luitzen E. J. Brouwer in Arithmetik und Analysis verwendeten (vgl. seinen Vortrag 1912) und von Arend Heyting (1930) formalisierten intuitionistischen Logik mit ihrer von den übrigen logischen Partikeln unabhängigen intuitionistischen Subjunktion bleibt die intuitionistisch-

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logische Äquivalenz jeweils zweier beliebiger (intuitionistisch) wahrer und zweier beliebiger (intuitionistisch) falscher Aussagen erhalten. Die vermeintlichen ‹Paradoxien der Implikation› bleiben also unaufgelöst. Auch die schon sehr bald erkannte, die Beweisbarkeitsdeutung der intuitionistisch-logischen Wahrheit nahelegende treue Darstellbarkeit der intuitionistischen Logik im quantorenlogisch erweiterten Lewis’schen Modalkalkül S4 (vgl. für die quantorenfreien Kalküle McKinsey/Tarski 1948) ändert daran nichts, sie dokumentiert nur die Verwandtschaft der intuitionistischen Subjunktion mit der strikten Implikation.

II Erst mit der Entwicklung der operativen Logik und Mathematik durch Paul Lorenzen begannen sich neue Sichtweisen zu eröffnen. Ausgehend von der 1951 in den Outlines of a Formalist Philosophy of Mathematics formulierten These des HilbertSchülers Haskell B. Curry, daß „Mathematik die Wissenschaft formaler Systeme [Mathematics . . . the science of formal systems]“ sei (1951, p. 56), wobei ‚System‘ und ‚Kalkül‘ koextensiv zu verstehen sind, macht Lorenzen darauf aufmerksam, daß sich Ableitbarkeitsbehauptungen in beliebigen Kalkülen durch Vorlegen einer einschlägigen Ableitung, also durch eine Tat, und damit logikfrei und nicht durch ein Argument, beweisen lassen, vorausgesetzt, das Prädikat ‚Ableitung‘ ist entscheidbar (Lorenzen 1955, p. 5). Ableitbarkeitsbehauptungen sind ‹beweisdefinit›, haben also einen entscheidbaren Beweisbegriff. Auf dieser Grundlage läßt sich eine Kalkültheorie errichten, die mit Beweisverfahren für Zulässigkeitsaussagen von Regeln beginnt, einer ‹Protologik›, weil Logik im engeren Sinne noch keine Rolle spielt und auch noch nicht rekonstruiert zur Verfügung steht. Vielmehr können die logischen Partikeln explizit eingeführt werden, teils durch (syntaktische) Hinzufügung zu den Atomfiguren eines beliebigen Kalküls – das betrifft ‚et‘, ‚vel‘ und den Manchquantor/Partikularisator – teils durch (semantische) Interpretation in Bezug auf zulässige Regeln, nämlich für ‚sub‘, ‚non‘ und den Allquantor/Generalisator. Ist in Bezug auf einen Kalkül α⇨β die Instanz einer Regel beziehungsweise eine Regel, in der keine Figurenvariable mehr vorkommen, so wird die Subjunktion zweier Ableitbarkeitsaussagen a (= ⊢α) und b (= ⊢β) erklärt durch α⇨β, und a!b soll gelten, wenn α⇨β zulässig ist, also die Hinzufügung dieser Regel zu den definierenden Regeln des Kalküls die Extension der Ableitbarkeit nicht verändern würde. Mit der Definition ‹(a!b) ε wahr ⇋ (α⇨β) ε zulässig› wird das objektsprachliche ‚wenn-dann‘ durch das vom Regelpfeil bezeichnete praktische ‚wenn-dann‘ interpretiert, das die Herstellbarkeit einer Verbindung

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zweier Gegenstände durch Transformation des einen in den anderen artikuliert. Als gültig oder ‹operativ wahr› lassen sich solche Subjunktionen durch einen Zulässigkeitsbeweis der zugehörigen Regel beweisen, und zwar in toto, also ohne in jedem Fall ausdrücklich auf einen Zusammenhang zwischen einem Beweis der Prämissen und einem Beweis der Konklusion Bezug nehmen zu müssen. Es gibt also elementare operative Subjunktionen a!b, deren Geltung sich nicht durch die Geltung allein ihrer Bestandteile a und b ausdrücken läßt, mithin keinen Term einer Wahrheitsfunktion dieser beiden Bestandteile bilden. Bekanntlich lassen sich Negation und Generalisation als Spezialfälle der Subjunktion auffassen, wenn jeweils eine unableitbare Figur φ, also├φ ε falsch, und eine ableitbare Figur ψ, also├ψ ε wahr, zur Verfügung stehen: Mit ⋏ für├φ und ⋎ für├ψ gelten ¬a⇋ a!⋏ und ∧ a⇋⋎!a, weil im Fall der Negation φ⇒α und im Fall der Generalisation α⇒ψ zulässige Regeln sind; ex falso quodlibet ebenso wie ex quolibet verum haben ihren paradoxen Charakter verloren. Es ist weiter bekannt, wie in der operativen Logik die Iteration von Subjunktionen durch den Übergang von einem Grundkalkül K0 zu Metakalkülen Kn derart ermöglicht wird, daß zu ableitbaren Figuren in Kn die zulässigen Regeln in Kn-1 erklärt werden. Das aber ist eine beschreibende und keine konstruierende Kalküldefinition, so daß sich die für den Grundkalkül vorausgesetzte Entscheidbarkeit des Ableitungsbegriffs für die Metakalküle nicht durchsetzen läßt. Wohl aber gibt es Zulässigkeitsbeweise auch für Metaregeln jeder beliebigen Stufe, allerdings nur für den besonderen Fall der Allgemeinzulässigkeit, bei der zusätzlich Unabhängigkeit von der besonderen Wahl des Grundkalküls besteht. Die Möglichkeit, auf diese Weise sämtliche allgemeinzulässigen Regeln zu bestimmen, geht wegen der nur beschreibenden Definition der Metakalküle verloren. Wohl aber läßt sich beweisen, und das ist Lorenzen gelungen, daß sich die operativ-logische Wahrheit von Subjunktionen beliebiger Stufe, definiert durch die Allgemeinzulässigkeit der jeweils zugehörigen Regel dieser Stufe, mit der intuitionistisch-logischen Wahrheit von Subjunktionen, wie sie durch einen geeigneten intuitionistischen Logikkalkül formalisiert wird, gleichwertig ist. Es hat sich schließlich herausgestellt, daß neben der Unmöglichkeit, dem Begriff der Vollständigkeit einer Kalkülisierung operativ-logischer Wahrheit einen präzisen Sinn zu geben, noch mindestens zwei weitere Schwierigkeiten von der operativen Logik nicht behoben werden konnten. Zum einen blieb ungelöst, wie man sich für die Gültigkeit und dann auch für die Allgemeingültigkeit einer Subjunktion außer im Falle des Grundkalküls auf ein entscheidbares Prädikat wie ‚ist eine Ableitung‘ stützen können sollte, und zum anderen war kein Weg in Sicht, die Subjunktion in einer Weise, die ihrer Einführung in einer Kalkültheorie entspräche, auch auf Aussagen auszudehnen, die keine Ableitbarkeitsaussagen sind. Unbeschadet daher der mittlerweile immer

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breiter anerkannten Eignung der operativen Subjunktion für eine adäquate Logik schematischen Operierens,1 entstand gleichwohl die Aufgabe, ein entscheidbares Prädikat zu finden, das geeignet ist, eine beliebige Aussage und zusammen mit ihr auch die logische Zusammensetzung solcher Aussagen, insbesondere die (objektsprachlichen) ‚wenn-dann‘-Aussagen, durch diese Eigenschaft, nämlich eine Aussage zu sein, zu charakterisieren. Die klassische Charakterisierung einer Aussage durch ihr Wahr- oder Falschsein ist ungeeignet, gibt es doch unentscheidbare Aussagen, von denen es dann nicht einmal mehr möglich wäre zu wissen, daß es sich überhaupt um eine Aussage handelt. Besonderes Gewicht erhält diese Tatsache durch Brouwers Entdeckung, daß auf der Grundlage ‹wertdefiniter› Aussagen deren logische Zusammensetzung die Wertdefinitheit im allgemeinen nicht erhält, insbesondere nicht bei subjunktiver Zusammensetzung, wenn diese nicht klassisch verstanden, sondern auf schematisches Operieren bezogen wird. Darüber hinaus reichen weder Beweisdefinitheit noch Widerlegungsdefinitheit noch Eigenschaften, die sich mittels dieser beiden definieren ließen, aus, die ‚wenn-dann‘-Verknüpfung zwischen Aussagen, geschweige denn, den allgemeinen Fall einer beliebigen, auch logisch zusammengesetzten, Aussage, auf entscheidbare Weise zu charakterisieren. An dieser Stelle bot sich eine Begriffsbildung aus der Spieltheorie als Rettung an: Ein sprachlicher Gegenstand A ist eine Aussage, wenn sich um A ein Dialog nach präzise festgelegten Spielregeln führen läßt. Um dabei den Begriff eines Dialogs um A entscheidbar zu machen, müssen die Regeln so vereinbart werden, daß A der Anfangszug eines partienendlichen und offenen Zweipersonenmattspiels wird. Aussagen sind weder durch Wertdefinitheit noch

1 Vgl. insbes. die Auseinandersetzung mit der operativen Logik im Vergleich zur beweistheoretischen Semantik in: Schroeder-Heister (2008); dort wird die von Lorenzen erst auf der Metastufe sachlich eingesetzte Unterscheidung zwischen Gegenstand und Aussage so gedeutet, daß auch Lorenzen an den Herstellungsregeln für Gegenstände – Gegenstände sind die bereits rein formal von ihm (leider! K.L.) als Aussagen bezeichneten Kalkülfiguren α unter Einschluß beliebiger Regeln für sie – nur insoweit Interesse habe, als sie sich nach passender Hinzufügung der logischen Partikeln (die nur interpretierten für Subjunktion, Negation und Generalisation hätte er deshalb besser ebenfalls ausdrücklich hinzugefügt) als Herstellungsanweisungen für Beweise von (logisch zusammengesetzten) Aussagefiguren lesen ließen, aus eben dem Grunde, weil es sich gerade in diesen Fällen um Beweise für die Behauptung der (relativen) Allgemeinzulässigkeit von Regeln beliebiger Stufe handelt (Ableitbarkeitsbehauptungen sind dabei Zulässigkeitsbehauptungen für prämissenlose Regeln). Die operative Logik sollte als eine besonders weitreichende Version der beweistheoretischen Semantik begriffen werden. Allerdings wäre bei dieser Lesart der operativen Logik deren Pointe einer Zurückführung des theoretischen ‚wenn-dann‘ auf das praktische ‚wenn-dann‘ und damit auch des Programms einer weitergehenden Aufklärung des Zusammenhangs zwischen operativer Wahrheit und logisch-operativer Wahrheit verschenkt.

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durch irgendeine Schachtelung von Beweisdefinitheit und Widerlegungsdefinitheit (das entspricht einer Hintereinanderschachtelung von Manchquantoren und Allquantoren über einem mehrstelligen entscheidbaren Grundprädikat entsprechend dem Beispiel ⊢α ε wahr ⇋ ∨x x ε Ableitung von α) charakterisiert und angesichts der Existenz in Bezug auf Wahrheit oder Falschheit unentscheidbarer Aussagen auch nicht charakterisierbar, vielmehr durch Dialogdefinitheit. Natürlich ist Gewinn oder Verlust einer Partie des Dialogspiels um A, eben eines Dialogs D(A), im allgemeinen keineswegs eine Funktion allein von A, hängt vielmehr von den einzelnen, nach Angriff gegen einen Zug und Verteidigung eines Zuges auf einen Angriff gegen ihn gegliederten, Spielzügen ab. Die Definition der Wahrheit bzw. Falschheit einer Aussage A kann daher nicht auf der Partieebene stattfinden, sie gehört der Strategieebene an. A ist wahr genau dann, wenn es eine Gewinnstrategie für A, d. h. einen ‹Beweis von A›, und genau dann falsch, wenn es eine Gewinnstrategie gegen A, d. h. eine ‹Widerlegung von A›, gibt. Ursprünglich waren die Spielzüge eines Dialogs um A irreführend mit Argumenten und Gegenargumenten in Bezug auf A verwechselt worden, obwohl die Spielregeln eines sprachlichen Ausdrucks diesen allererst zu einer Aussage machen, also nur deren Bedeutung festlegen; erst auf der Strategieebene geht es um die Geltung einer Aussage, und dann erst sollte von Argumenten die Rede sein, nämlich von Argumenten für oder gegen die Beweisbarkeit von A beziehungsweise für oder gegen die Widerlegbarkeit von A. Es hängt im übrigen von der spezifischen Definition des Dialogspiels ab, ob die Widerlegbarkeit von A mit der Beweisbarkeit von ¬A gleichwertig ist oder nicht. Entscheidend für den Begriff eines Dialogs ist unter den Spielregeln die effektive Dialogbedingung, weil sie zusammen mit der globalen (strukturellen) Angriffs- und Verteidigungsregel, die besagt, daß jeder Zug mit Ausnahme des als Behauptung vorgetragenen Anfangszuges entweder einen (vorangegangenen) Zug des Dialogpartners, sofern möglich, angreift (Angriffsrechte, die während einer Partie nicht erlöschen) oder einen eigenen Zug auf einen (vorangegangenen) Angriff gegen diesen Zug, sofern möglich, verteidigt (Verteidigungspflichten, die während einer Partie nicht erlöschen), garantiert, daß eine bedingte Behauptung, etwa von B unter der Voraussetzung A, mit der unbedingten Behauptung von A!B gleichwertig ist, also der übliche Zusammenhang von objektsprachlichem ‚wenn-dann‘ mit metasprachlichem ‚wenn-dann‘ hergestellt wird. Darüber hinaus ist in diesem Fall gesichert, daß die in der operativen Logik definitorisch erreichte Gleichwertigkeit von ‚(α⇨β) ε zulässig‘ mit ‚(⊢α!⊢β) ε wahr‘ zu einer aufgrund der lokalen (partikelbezogenen) Angriffs- und Verteidigungsregel für Subjunktionen – A!B läßt sich mit A angreifen und gegen diesen Angriff mit B verteidigen – gültigen dialogischen Äquivalenz wird.

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Die effektive Dialogbedingung lautet: Kein Spieler muß sich auf einen Angriff verteidigen, ehe nicht dieser Angriff seinerseits auf endlich viele Angriffe verteidigt worden ist. Um dabei die Partienendlichkeit des Dialogspiels zu sichern, muß die Zahl der zulässigen Angriffe gegen einen Zug jeweils vor dem ersten Angriff durch den Angreifenden festgelegt werden, was sich auch durch die Wahl von (konstruktiven) Ordinalzahlen nach dem Anfangszug des Proponenten, erst durch den Opponenten, dann durch den Proponenten, ausdrücken läßt. Untersucht man die effektive Dialogbedingung genauer, so stellt sich heraus, daß sie in Bezug auf die Angriffs- und Verteidigungsregel für Subjunktionen eine Mittelstellung zwischen zwei Extremen einnimmt, die dann allerdings mit den übrigen Spielregeln jeweils nicht mehr verträglich wären. Das eine Extrem bestände darin, daß die Pflicht zur Verteidigung von A!B mit B auf den Angriff A erst entstände, wenn die Wahrheit von A gesichert ist, also eine ganze Gewinnstrategie für A vorläge. In diesem Fall verwandelte sich A!B in die Metaaussage ‚A ε wahr ! B ε wahr‘, und das Dialogspiel wäre nicht mehr partienendlich, etwa im Falle unentscheidbarer Aussagen. Das andere Extrem bestände darin, daß die Pflicht zur Verteidigung von A!B mit B auf den Angriff A genau dann entstände, wenn A nicht seinerseits angegriffen wird, so daß zum einen mit der Wahl zum Gegenangriff die Pflicht zur Verteidigung erlischt und die Wahl einer Verteidigung das Recht auf den (dann nachträglichen) Gegenangriff aufhebt. Abgesehen von der Unverträglichkeit mit den übrigen Spielregeln wäre in diesem Fall A!B dialogisch äquivalent mit ¬A⋁B, so daß die eigenständige Rolle der Subjunktion und damit die Unabhängigkeit des ‚wenndann‘ von den übrigen logischen Partikeln verloren ginge. Nun führt der Begriff einer formalen Gewinnstrategie für A, der die Gewinnbarkeit von Dialogen um A durch den Proponenten unabhängig von der Existenz von Gewinnstrategien für oder gegen die in A (eventuell erst nach Instantiierung der Primaussageformen) vorkommenden Primaussagen bedeutet, bei der effektiven Dialogbedingung zu den besonderen formalen Wahrheiten, etwa der formal wahren (genauer: formal-arithmetisch wahren) vollständigen Induktion in der Arithmetik, falls es sich bei den Primaussagen um arithmetische Primaussagen handelt. Liegen hingegen nur bereichsunabhängige dialogdefinite Primaussagen vor, so ergibt sich der Spezialfall formal-logischer Wahrheit, der mit der intuitionistisch-logischen Wahrheit gleichwertig ist (vgl. Lorenzen/Lorenz 1978). Bezogen auf die beiden, durch maximalen bzw. minimalen Aufschub für die Einlösung der Verteidigungspflicht nach einem Angriff charakterisierten, Extreme der Dialogbedingung ergibt sich im ersten Fall, daß der Begriff einer formalen Gewinnstrategie nicht anwendbar, und im zweiten Fall, daß er leer

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wäre, d. h., es gäbe keine formal wahren Aussagen. Damit hat sich eine Lage ergeben, die sich in folgender Weise zusammenfassen läßt. Die von der dialogischen Logik eröffnete Begriffsbildung inhaltlicher ebenso wie formaler Wahrheit hat einen neuen Zugang zur Logik geschaffen, wenn man unter Logik die mit logischen Zusammensetzungen von Aussagen samt den sich daraus ergebenden Folgen für die Wahrheit von Aussagen und die Implikation zwischen Aussagen befaßte Disziplin versteht. Damit wurde ein Verständnis des für die Wissenschaften konstitutiven Schlußfolgerns, des inhaltlichen ebenso wie des formalen, geschaffen, das auf einem dritten Weg, verschieden von den beiden gegenwärtig sonst meist üblichen, dem modelltheoretischen und dem beweistheoretischen, zustandekommt. Es läßt sich durch geeignete Abänderung des strukturellen Anteils der Spielregel sogar nachweisen, daß das Prädikat ‚klassisch-logisch wahr‘ extensional gleichwertig ist dem Prädikat ‚formal nicht intuitionistisch-falsch‘. Finden ließ sich dieser neue Weg dadurch, daß zweierlei vermieden wurde. Um den durch ‚wenn-dann‘ artikulierten sprachlichen Zusammenhang zu bestimmen, wurde weder auf ein ‹technisches›, direkt auf die Gegenstände, über die Aussagen gemacht werden, bezogenes Verständnis des ‚wenn-dann‘, etwa mittels des praktischen ‚wenn-dann‘ beim Regelfolgen, wie in der operativen Logik, oder mittels modelltheoretischer Konstruktionen zur Interpretation des ‚wenn-dann‘, wie in der Semantik möglicher Welten, zurückgegriffen, noch auf ein argumentatives, direkt auf die Beurteilung von mit Aussagen erhobenen Geltungsansprüchen bezogenes Verständnis des ‚wenn-dann‘, wie bei dessen beweistheoretischer Behandlung, einem ebenfalls ‹technischen› Verständnis, allerdings in diesem Fall bezogen auf Metaaussagen, wie etwa in der Aufgabenrechnung von Andrej N. Kolmogorov (1932) und deren späteren Präzisierungen. Logik im engeren Sinn ist eine streng syntaktische Disziplin besonderer Verknüpfungen von Sprachhandlungen und deshalb sollten solche Verknüpfungen weder unter Bezug auf die signifikative Funktion von Sprachhandlungen umstandslos auf die Gegenstandsebene bezogen werden, wie es in der grundsätzlich wahrheitsfunktional aufgebauten Sprachsemantik geschieht, noch unter Bezug auf die kommunikative Funktion von Sprachhandlungen gleich auf die Beurteilungsebene bezogen werden, wie es in der grundsätzlich als Argumentationstheorie aufgebauten Sprachpragmatik üblich ist (vgl. Lorenz 1999). Erst im weiteren Sinn von Logik gehören auch Sprachsemantik als Bedeutungstheorie und Sprachpragmatik als Argumentationstheorie zu ihr. Es ist dann allerdings entscheidend, daß in einer derart zur Sprachsyntaktik und damit zur Grammatik gehörigen Logik im engeren Sinn Sprachzeichen gerade nicht als bloße Gegenstände behandelt werden, sie haben vielmehr als Gegenstände mit einer für sie charakteristischen sprachlichen Funktion zu gelten, nämlich einer pragmatischen,

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d. h. kommunikativen, und einer semantischen, d. h. signifikativen. Und bei der logischen Verknüpfung von Sprachzeichen ist deren pragmatische Funktion keineswegs auf die Beurteilungsebene beschränkt, genauso wenig, wie deren semantische Funktion sich allein auf der Gegenstandsebene abspielt. Läßt man diesen Umstand außer acht, so wird Sprachsyntaktik zu einem bloßen Teilgebiet der Theorie der Kalküle. Aber Syntax unter Ausschluß von Pragmatik und Semantik ist ein Unding. Logik könnte weder im engeren noch im weiteren Sinn ihre Rolle in den Wissenschaften erfüllen, nämlich als der sprachliche Anteil bei den für den Aufbau und die Sicherung wissenschaftlichen Wissens konstitutiven Begründungsprozessen.

Literatur Brouwer, Luitzen E. J. (1912): Intuitionisme en Formalisme. Groningen: P. Noordhoff. Curry, Haskell B. (1951): Outlines of a Formalist Philosophy of Mathematics. Amsterdam: Elsevier. Heyting, Arend (1930): Die formalen Regeln der intuitionistischen Logik. In: Sitzungsberichte Preuß. Akad, Wiss., phys.-math. Kl. Berlin, pp. 42–56. Kolmogorov, Andrej N. (1932): Zur Deutung der intuitionistischen Logik. In: Math. Z. 35, pp. 58–65. Lorenz, Kuno (1999): Grammatik zwischen Psychologie und Logik. Überlegungen zur Genese der Sprachkompetenz. In: Sprache und Sprachen in den Wissenschaften. Geschichte und Gegenwart, ed. Herbert E. Wiegand. Berlin: De Gruyter, pp. 27–47. Lorenzen, Paul (1955): Einführung in die operative Logik und Mathematik. Berlin, Göttingen, Heidelberg: Springer. Lorenzen, Paul/Lorenz, Kuno (1978): Dialogische Logik. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Lewis, Clarence I. (1912): Implication and the Algebra of Logic. In: Mind 21, pp. 522–531. Lewis, Clarence I. (1918): A Survey of Symbolic Logic. Berkeley Calif.: University of Calif. Press. McKinsey, John Charles C./Tarski, Alfred (1948): Some Theorems about the Sentential Calculi of Lewis and Heyting. In: J. Symb. Logic 13, pp. 1–15. Schroeder-Heister, Peter (2008): Lorenzens operative Logik und moderne beweistheoretische Semantik.In: Der Konstruktivismus in der Philosophie im Ausgang von Wilhelm Kamlah und Paul Lorenzen, ed. Jürgen Mittelstraß. Paderborn: mentis, pp. 167–196.

8 Zur Herkunft der Dialogbedingung im dialogischen Aufbau der Logik I Die folgenden Überlegungen betreffen den Kontext dialogischer Rekonstruktion von Erfahrung, in dem auch die besondere Dialogbedingung steht, die den Rahmen des dialogischen Aufbaus der Logik bestimmt. Sie schließen an die vorangegangenen Ausführungen zu den Gründen des Übergangs von der operativen Logik zur dialogischen Logik an und ergänzen diese. Es geht bei der meist ‚effektiv‘ genannten Dialogbedingung um das Zusammenspiel von Angriffsrechten und Verteidigungspflichten in einem eine Aussage als Aussage qualifizierenden Dialog um sie. Sie lautet: Kein Spieler braucht sich auf einen Angriff zu verteidigen, ehe nicht dieser Angriff seinerseits auf endlich viele Angriffe verteidigt worden ist.

Das besagt insbesondere, daß eine Verteidigungspflicht auf einen Angriff erlischt, wenn sich dieser Angriff nicht verteidigen läßt. Und es ist diese Dialogbedingung, die im Kontext der übrigen Strukturregeln für Dialogspiele um eine Aussage die immer noch argwöhnisch betrachtete Reihenfolgeklausel für die Einlösung von noch nicht erloschenen Verteidigungspflichten nach sich zieht, nämlich daß die jeweils letzte Verteidigungspflicht zuerst einzulösen ist [engl.: last duty first]. Diese Strukturregeln, die als globale Dialogregeln insbesondere für die Partienendlichkeit und die Offenheit der als Zwei-Personen-Mattspiele konzipierten Dialogspiele und daher auch für die Dialogdefinitheit einer Aussage verantwortlich sind, lauten in einer unter vielen spieltheoretisch, nämlich Gewinnbarkeit, gleichwertigen Formulierungen: (1) Züge werden abwechselnd von Opponent und Proponent gemäß den zuvor vereinbarten lokalen Dialogregeln um die Anfangsaussage gesetzt. (2) Jeder Zug – mit Ausnahme des vom bloßen Setzen der Anfangsaussage gebildeten uneigentlichen ersten Zuges – ist entweder ein Angriff gegen einen Zug oder eine Verteidigung auf einen Angriff gegen einen Zug. (3) Es ist erlaubt, jeden Zug jederzeit während einer Partie im Rahmen der von den lokalen Dialogregeln bereitgestellten Angriffsmöglichkeiten anzugreifen, wobei der Angreifer vor dem jeweils ersten Angriff gegen einen Zug eine Angriffsschranke für Wiederholungen von Angriffen, gleichgültig ob es dabei gleiche oder verschiedene Angriffe sind, gegen diesen Zug zu wählen hat.

https://doi.org/10.1515/9783110670301-008

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(4) Es ist geboten, sich auf jeden Angriff gegen einen Zug zu verteidigen, und zwar im Rahmen der von den lokalen Dialogregeln bereitgestellten Möglichkeiten zur Verteidigung auf Angriffe, wobei die Einlösung von offenen Verteidigungspflichten solange aufgeschoben werden darf, bis keine Angriffsrechte mehr wahrgenommen werden können. (5) Wer keine Züge mehr setzen kann oder aufgibt, hat verloren, der andere gewonnen.

Mit diesen so formulierten als Strukturregeln ausgezeichneten globalen Dialogregeln läßt sich die Dialogbedingung innerhalb einer beliebigen Partie eines Dialogspiels um eine Aussage erst dann erfüllen, wenn Regel (4) verschärft wird durch den Zusatz der für sich allein genommen willkürlich erscheinenden Reihenfolgebedingung für die Einlösung von noch offenen Verteidigungspflichten: (4ʹ) Die Verteidigung auf den jeweils letzten noch nicht verteidigten Angriff gegen einen Zug hat Vorrang vor anderen noch offenen Verteidigungspflichten.

Aber auch scheinbar unabhängig von einer Auseinandersetzung um die besondere Rolle der Dialogbedingung für den dialogischen Aufbau der Logik gibt es noch eine Reihe weiterer, den spieltheoretischen Ansatz selbst betreffende Einwände gegen dessen Eignung zu einer Fundierung der Logik. Ich möchte an dieser Stelle zwei miteinander zusammenhängende hervorheben: 1. Einige Strukturregeln und insbesondere die Dialogbedingung sind deontisch formuliert, sie scheinen zu ihrem Verständnis daher bereits höhere logische Fertigkeiten vorauszusetzen und sind, falls es sich so verhält, ungeeignet, als Fundament logischer Fertigkeiten zu dienen. 2. Schon die Rede von Angriffen als Rechten und Verteidigungen als Pflichten scheint es nahezulegen, daß es in einem Dialog um eine Aussage um ihre Geltung geht, genauer: um die Wahrheit der Aussage im Behauptungsmodus. Man könne, folgt man der Darstellung von Mathieu Marion (2009, p. 20 f.), durchaus „reformulate dialogical semantics in terms of the game of giving and asking for reasons“, wie es in der Dummett-Brandom ‹theory of assertions› auftrete, „so that ‚to attack‘ becomes ‚to ask for reasons‘ and ‚to defend‘ becomes ‚to give reasons‘“. Aber das sollte weder mit der ursprünglich und teilweise noch immer auch in der Erlanger Schule vertretenen Deutung der Spielregeln als Argumentationsregeln um die behauptete Anfangsaussage gleichgesetzt werden – die Spielregeln wären als Argumentationsregeln nicht sämtlich plausibel –, noch mit einem Votum für die angemessene Fassung der Spielregeln – für einen solchen Monismus der Rechtfertigung gäbe es keine Basis –, vielmehr diene das Spielen nach Dialogregeln in einer reflexiven Wendung („through reflection on the games thus played“) der Beschaffung konstruktiver Gewinn-

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strategien für die Anfangsaussage, wann immer das nach den gewählten Regeln möglich ist. Dem letzten Satz schließe ich mich an, es sei denn er wird als Votum für die Einebnung der Differenz zwischen Handlungen auf der Partieebene und Handlungen auf der Strategieebene mißverstanden. Darauf werde ich noch zurückkommen. Zunächst zum Problem der Formulierung der Strukturregeln: Wie so oft, geht es auch in diesem Fall um ein Begreifen des Unterschieds zwischen praktischem Können und theoretischem Wissen, wobei im wissenschaftlichen Zusammenhang das Können natürlich methodisch aufgebaut und das Wissen begrifflich organisiert sein sollte. Spielregeln, seien sie verbalsprachlich verfaßt oder diagrammatisch notiert oder gar nur in ihrer Verwendung vorgeführt, artikulieren Schemata des Nacheinanders von Instanzen anderer Handlungsschemata, die sie dabei zugleich mitbestimmen. Auch Kalkülregeln sind solche Notationen von Schemata des Nacheinanders beim Herstellen von Figurenketten; es sind Regeln für grundsätzlich monologische Spiele. Der bei jeder Art Spielregel das schematische Nacheinander notierende Regelpfeil artikuliert einen Zusammenhang von Handlungsschemata, der als praktischer ‚wenn-dann‘-Zusammenhang von Handlungsinstanzen auf der Gegenstandsebene realisiert ist. Und dieses praktische Nacheinander läßt sich lernen, ohne bereits über besondere sprachlogische Fertigkeiten zu verfügen. Vertraut ist ⇒| bilden zusammengedas Beispiel des Strichkalküls – die beiden Regeln n ⇒ n| nommen eine Artikulation der Handlung des Zählens – zur Herstellung von Repräsentanten der Grundzahlen. Es ist also völlig gleichgültig, ob es sich bei den Handlungsschemata ihrerseits schon um Sprachhandlungsschemata handelt oder nicht. Schon gar nicht bedarf es dazu eines Verständnisses des ‚wenn-dann‘-Zusammenhangs von Aussagen, weder im Sinne von Grund und Folge noch im Sinne des grammatischen Konditionals. Der normative Status der Spielregeln ist allein ihrem das Dialogspiel konstituierendem Charakter geschuldet. Wovon man hingegen sehr wohl Rechenschaft zu geben verlangen kann – durchaus im Sinne des ‹to ask for reasons›, und damit nehme ich zugleich den zweiten Einwand gegen die Fundierungseignung des dialogischen Aufbaus der Logik auf – ist der Weg von den gewöhnlichen Handlungen und deren sprachlicher Artikulation zu den besonderen Sprachhandlungen, die der Logik zugrundeliegen, dem (etwas von etwas) Aussagen, und zu der dabei unentbehrlichen Unterscheidung zwischen Sinn und Geltung, also von Verstehen und Anerkennen (vgl. Lorenz 2000). Schließlich hat ein Satz einen Sinn unabhängig von seiner Wahr- oder Falschheit, wie Ludwig Wittgenstein (1961, p. 7) schon am 29. September 1914 in sein Tagebuch schreibt.

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Handlungen bieten sich als Ausgangspunkt einer dialogischen Rekonstruktion von Erfahrung schon deshalb an, weil sie ein das Leben des Menschen individuell und sozial ausmachendes Medium sind, in dem der Mensch sich und seine Welt zu entdecken und zu gestalten lernt. Sie taugen auch dazu, und zwar keineswegs beschränkt auf eine Eignung zum rekonstruierenden Aufbau wissenschaftlicher Disziplinen, weil sie sich durch Ich-Du-Polarität auszeichnen, eine Polarität, die den dialogischen Charakter menschlicher Lebensvollzüge ausmacht: Sie werden in Ich-Rolle aktiv vollzogen oder ‹ausgeführt› und in Du-Rolle passiv erlebt oder ‹angeführt›. Das erlaubt es ihnen, einerseits gegenständlich, als Gegenstand einer Bezugnahme, und andererseits funktional, als Mittel einer Bezugnahme, aufzutreten. Handlungen spielen eine gegenständliche Rolle im Aufbauprozeß des Erfahrungen-Machens, nämlich einer dialogischen Konstruktion von Erfahrung auf der Darstellungsebene, und eine funktionale Rolle im Abbauprozeß angesichts des Erfahrungen-Gemachthabens, nämlich einer phänomenologischen Reduktion von Erfahrung auf der Objektebene. In dem Maße, in dem man sich im Abbauprozeß genau derjenigen Handlungen und Sprachhandlungen als Mittel bedient, die im Modell dialogischer Konstruktion als Gegenstände dargestellt sind, gelingt eine Rekonstruktion der Erfahrung von Objekten, einer Objekt-Erfahrung, für Subjekte, deren sogenannte ‹Selbsterfahrung› eingeschlossen. Dann erst taugt dialogische Konstruktion als ein Maßstab für das Erfahrungen-Machen angesichts des längst Erfahrungen-Gemachthabens, ohne in der Lage gewesen zu sein, nämlich mangels eines Maßstabs, Rechenschaft davon geben zu können, warum es sich um eine Erfahrung, noch dazu um eine hinreichend verläßliche, handelt. Begrifflich wird Erfahrung erst durch ihre Konstruktion möglich, sachlich aber geht Erfahrung ihrer Rekonstruktion voraus. Es ist vor allem Charles S. Peirce zu verdanken, daß sich gegenüber der das Denken der Neuzeit beherrschenden Subjekt-Objekt-Differenz – ein allgemeines erkennendes Subjekt steht der Welt der Gegenstände gegenüber – eine kritische Distanz entwickelt hat. Das wurde möglich, weil sich die philosophische Aufmerksamkeit zunehmend auf Handlungen unter besonderer Berücksichtigung der Sprachhandlungen richtete, die eben wegen ihrer dialogischen Polarität weder allein Subjekten noch allein Objekten zuzurechnen sind. Handlungen gänzlich Subjekten zuzuschreiben, würde ihre Ausübung der Verfügbarkeit des Handelnden überantworten und die Bedingungen unterschlagen, unter denen allein sich Handlungen in einer Situation ausüben lassen. Will man gleichwohl eine Handlung allein einem Subjekt zuschreiben, so spricht man vom Handeln-Können, einem Ausüben-Können einer Handlung oder einer ‹Handlungskompetenz›. (Das ist der Grund dafür, daß im angelsächsischen Sprachgebrauch ‹competence› häufig als eine spezielle ‹cognitive reality› auftritt). Realisierungen eines Könnens, nämlich der Nachweis seiner Existenz,

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stehen jedoch unter Bedingungen, über die ein Subjekt nur in Ausnahmefällen verfügt. Ganz entsprechend würde eine umstandslose Eingliederung der Handlungen in den Bereich der Objekte von der Beteiligung der Subjekte an ihrem Entstehen absehen. In diesem Fall ist von einer Handlungsausübung, einem ‹Akt›, ausschließlich im Sinne des gegenständlichen Resultats des Handelns und nicht in statu agendi, dem Vollziehen, die Rede. Die Ausübung einer Handlung hat einen Objektanteil und einen Subjektanteil jeweils in Gestalt eines Aktes und der Kompetenz, weitere gleichartige Akte erzeugen zu können. Beides läßt sich als eine Folge der dialogischen Polarität jeder Handlung bei ihrer Ausübung begreifen. Nun sollen natürlich Handlungen als Gegenstände subjektinvariant zur Verfügung stehen, so daß sie auch bei Ausübungen durch verschiedene Subjekte als dieselben auftreten und damit für eine beliebige dritte Person als eine wohlbestimmte Handlung identifizierbar sind. Dazu bedarf es weiterer Rekonstruktionen, bei der Handlungen ebenso wie Partikularia anderer Gegenstandssorten aus den verschiedenen Perspektiven hervorgehen, unter denen sie bei beliebigen Subjekten erscheinen. Diese Perspektiven sind Handlungen des Umgehens mit Gegenständen in Übereinstimmung mit der pragmatischen Maxime von Peirce, gemäß der jeder partikulare Gegenstand durch die Gesamtheit der Handlungen des Umgehens mit ihm konstituiert ist. Solche Handlungen des Umgehens mit einem Gegenstand, und handele es sich bei diesem auch seinerseits um eine Handlung, dienen funktional zum einen in dem die Ich-Rolle ausmachenden (singularen) Vollzug der praktischen Aneignung des Gegenstandes (sie spielen die Rolle einer Phasenhandlung) und zum anderen in dem die Du-Rolle ausmachenden (universalen) Erleben der theoretischen Distanzierung des Gegenstandes (sie spielen dann die Rolle einer Aspektehandlung). Die Handlungen des Umgehens mit einem Gegenstand sind Mittel der Bezugnahme auf ihn und treten aus genau diesem Grund in diesem Zusammenhang nicht gegenständlich auf. Das ist erst dann der Fall, wenn sie ihrerseits zum Gegenstand einer Bezugnahme werden. Gegenständlich haben Handlungen des Umgehens mit einem Gegenstand einen eingreifenden Status, und zwar als Ursachen ebenso wie als Mittel zu einem Zweck (und nicht etwa als Mittel einer Bezugnahme – solche semiotischen Mittel sind von pragmatischen Mitteln sorgfältig zu unterscheiden), funktional hingegen haben solche Handlungen des Umgehens mit einem Gegenstand, da sie dessen praktischer Aneignung und theoretischer Distanzierung dienen, einen nicht-eingreifenden epistemischen Status: aneignend und distanzierend lernt das Handlungssubjekt den Gegenstand kennen, etwa einen Baum unter anderem durch kletternden Umgang mit ihm. Man muß sich natürlich davor hüten zu glauben, es gäbe einerseits epistemische und andererseits eingreifende Handlungen, und es sei ein Disput darüber nötig, ob nicht Handlungen stets beide Cha-

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raktere trügen; das wäre nämlich ein Disput über Handlungen als Gegenständen, und der Unterschied zwischen gegenständlichem und funktionalem Verständnis von Handlungen wäre nicht begriffen. Wird im Fortgang des Rekonstruierens die Aneignung eines Gegenstandes durch subjektive Hervorbringung einer Einteilung – zur Binnengliederung des Gegenstandes in Teile gehörig – in ein Zeigen des Gegenstandes verwandelt, man sagt dann auch, daß man sich die Aneignung bewußt macht, so weiß man, daß man den Gegenstand hantierend kennenlernt, z. B. den Baum durch das Hervorbringen des Kletterns auf einen Ast. Der epistemische Status des aneignenden Umgehens mit dem Gegenstand besagt, daß der (singulare) Vollzug im Zuge einer Ausübung dieses Umgehens als ein Index des Gegenstandes zu gelten hat, das Umgehen als eine (indexische) Zeigehandlung auftritt. Ganz entsprechend läßt sich die Distanzierung eines Gegenstandes durch subjektive Wahrnehmung eines Unterschieds – sich der Außengliederung des Gegenstandes in Gestalt von Eigenschaften verdankend – in ein Zeigenlassen des Gegenstandes verwandeln, was in diesem Fall als ein Bewußtmachen der Distanzierung verstanden werden kann, so daß man weiß, daß man den Gegenstand sinnlich kennenlernt, z. B. den Baum durch das Wahrnehmen der Oberflächenbeschaffenheit beim Klettern. Damit besagt der epistemische Status des distanzierenden Umgehens mit dem Gegenstand, daß das (universale) Erleben im Zuge einer Ausübung dieses Umgehens als ein Ikon des Gegenstandes zu gelten hat, das Umgehen mithin als eine (ikonische) Zeichenhandlung auftritt. Die beiden subjektiven Anteile des Umgehens mit einem Gegenstand, also das Hervorbringen einer Einteilung und das Wahrnehmen eines Unterschieds, lassen sich unter der Voraussetzung, daß Handlungssubjekte ihrerseits ‹objektiviert›, also in besondere, ihrerseits der Aneignung und Distanzierung bedürftige, Handlungsobjekte verwandelt werden, jeweils in der motorischen und der sensorischen Ausstattung des (objektivierten) Handlungssubjekts verankern, und zwar unabhängig davon, ob und wie die als Außenbeziehungen auftretenden Bereiche der Motorik und Sensorik in ihrer Wirkungsweise sich ihrerseits auf Binnenbeziehungen zwischen Teilen des (objektivierten) Handlungssubjekts kraft einer neuronalen Ausstattung gründen lassen. Wird hingegen von einem Handlungssubjekt je für sich im Umgehen mit einem Gegenstand das Hervorbringen als ein Index und das Wahrnehmen als ein Ikon des Gegenstandes begriffen – und dabei handelt es sich nicht um ein objektiviertes Handlungssubjekt, sondern um ein Subjekt in statu agendi –, so machen sie zusammen sein hantierend-sinnliches Können dem Gegenstand gegenüber aus. Durch Zeigen mittels eines Teiles im Hervorbringen und durch Zeigenlassen mittels einer Eigenschaft im Wahrnehmen, beides im Ausüben eines Umgehens mit dem Gegenstand, lernt das Handlungssubjekt ihn als Ganzes seiner Teile und als Träger seiner Eigenschaften ‹enaktiv› kennen. Auf die besonderen Konstruktionen, die einen partikularen Gegenstand daraufhin, wie schon in

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der Antike, als zusammengesetzt aus Stoff und Form zu begreifen erlauben, kann ich hier nicht eingehen.1 Wohl aber kann man in diesem Zusammenhang bereits sagen, daß funktional handelnd individuelle Erfahrungen gemacht werden. Da das Sichbewußtmachen von Aneignung und Distanzierung nichts anderes ist als eine Vermittlung sich selbst gegenüber, ein Eigenerwerb der Handlung des Umgehens mit einem Gegenstand – ich begreife, was gerade geschieht, als das Ausüben einer Handlung –, hat es wegen der dialogischen Verfaßtheit des Menschen nur als der Spezialfall einer Vermittlung des Handlungserwerbs untereinander zu gelten: Individuelles Erfahrungen-Machen und soziales Erfahrungen-Teilen sind stets voneinander abhängig. Auch die Vermittlung durch das Weitergeben eines Könnens verlangt zum einen, daß beim aneigenden Erfahrungen-Machen mit einem Gegenstand das Umgehen mit ihm als indexische Zeigehandlung auftritt – in einer Lehr- und Lernsituation, die das Mittel des Handlungserwerbs im Rekonstruieren von Erfahrung ist, haben wir es mit repetierendem Einüben zu tun –, und es verlangt zum anderen, daß beim distanzierenden Erfahrungen-Machen mit einem Gegenstand das Umgehen mit ihm als ikonische Zeichenhandlung auftritt – in diesem Fall haben wir es in einer Lehr- und Lernsituation mit imitierendem Einüben zu tun. Die Handlungen des Umgehens mit einem Gegenstand spielen funktional die Rolle einer nonverbalen Handlungssprache, weil die Ausübungen dieser Handlungen funktional ein Indizieren und ein Ikonisieren sind. Werden nun diese beiden Rollen des Indizierens und des Ikonisierens nicht mehr von den Handlungen des Umgehens mit einem Gegenstand wahrgenommen, sondern an eigenständige Handlungen abgetreten, so haben wir es mit Artikulationen zu tun, d.s. Zeichenhandlungen im weiteren Sinn. Die Artikulationen sind damit die einfachsten Sprachhandlungen im engeren Sinn, die sich nur durch Rückgang auf die zugrundeliegende Handlungssprache, der sie entstammen, zur Verfügung stellen lassen, gleichgültig, wie sie medial realisiert sind, ob verbal, visuell, gestisch oder anders. Die besonderen verbalen Artikulationen bilden den Grundstock einer verbalen Sprache, wobei die schriftlichen oder lautlichen Resultate der Ausübung verbaler Artikulationen insbesondere im Blick auf ihre bei der Ausübung übernommene sowohl indexische als auch ikonische Zeichenrolle nach einem Vorschlag von Volkbert Roth (1978) zweckmäßigerweise Artikulatoren heißen. Über Artikulatoren oder über Ergebnisse einer Ausübung anderer Artikulationen, z. B. Zeichnungen, Diagramme, Gesten usw., zu verfügen, heißt Kenntnis

1 Näheres in meinem Artikel ‚Artikulation und Prädikation‘, in: Lorenz (1996), pp. 1098–1122, abgedruckt in: Lorenz (2009), pp. 24–71.

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von den Gegenständen zu haben, die sie artikulieren. Allerdings stehen diese Gegenstände noch nicht unabhängig von den Artikulationen zur Verfügung, weil sie subjektinvariant erst durch die Handlungen des Umgehens mit ihnen konstituiert werden. Es liegt Objektkompetenz vor. Bertrand Russell (1910/1911) sprach in diesem Fall von ‚knowledge by acquaintance‘, obwohl er dabei nur das sinnliche und noch nicht das hantierende Wissen im Blick hatte; der Sensualismus ist nichts anderes als ein halbierter Pragmatismus. Die Objektkompetenz wird deswegen, weil sie ein Können artikuliert, von Gilbert Ryle (1945/1946) ‚knowing how‘ genannt. Das ‹Wissen, wie› ist ein operationales Wissen, wobei die Artikulation der Hervorbringungskompetenz, des Hantierenkönnens, der Anteil des technisch zu nennenden Wissens daran ist, während die Artikulation der Wahrnehmungskompetenz, der als Anteil des sinnlichen Wissens daran zu gelten hat, in einer gerade umgekehrt wie beim Sensualismus ausfallenden Verkürzung pragmatischen Vorgehens häufig nicht mehr zum operationalen Wissen gezählt wird.2 Dienen nun die Resultate von Artikulationen eines Gegenstandes, etwa im verbalen Medium die Artikulatoren, in einem gewissen Umfang der Vertretung anderer Artikulationen desselben Gegenstandes, und zwar nicht nur unter ein und derselben Perspektive, sondern auch unter anderen, von Wahrnehmungen und Hervorbringungen begleiteten Perspektiven – eine solche Vertretung läßt sich durch Übersetzungsregeln, etwa ein Baumbild als ersetzbar durch den Artikulator ‚Baum‘, ihrerseits artikulieren –, so spricht man von symbolischen Artikulatoren, auch wenn ihre ikonische Zeichenrolle noch in Gebrauch ist. Man denke nur an die Lautmalerei in der Dichtung oder auch an die gewisse Symmetrien spiegelnde Zeichengestalt der logischen Partikeln, wie sie Lorenzen in seinen Arbeiten bevorzugt. Grundsätzlich hat die Konstitution eines Gegenstandes bei einer symbolischen Artikulation als bereits vollzogen zu gelten, er wird mit dem jetzt vom Gegenstand unabhängig verfügbaren symbolischen Artikulator nur dargestellt und in diesem Sinne ‹erkannt›. Es liegt Metakompetenz oder Erkenntnis über einen Gegenstand statt bloßer Kenntnis von ihm vor. Metakompetenz als symbolische Artikulationskompetenz ist ein Bezeichnenkönnen, das einen auf den Gegenstand der Erkenntnis bezogenen und einen auf das Mittel der Erkenntnis, also sprachbezogenen, Anteil hat. Dabei ist es an dieser Stelle von entscheidender Bedeutung, auf den Unterschied zwischen gegenständlicher und funktionaler Rolle auch der Sprachhandlungen zu achten. Die Metakompetenz wird in

2 Es sollte allerdings daran erinnert werden, daß Paul Lorenzen von Anfang an in seiner operativen Logik (1955, p. 32 f) ausdrücklich auf das ersichtlich sinnliche Wiedererkennen-können der Figuren neben dem Mit-ihnen-hantieren-können aufmerksam gemacht hat.

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der Regel als propositionales Wissen, oder ‚knowing that‘ in den Worten Ryles, bezeichnet. Versucht man, sich beim Erwerb von Kenntnis und Erkenntnis von den dabei vorgenommenen Artikulationen in einer reflexiven Wendung ausdrücklich Rechenschaft zu geben, so führt dies zu einem Erwerb von Kenntnis und Erkenntnis höherer Stufe, nämlich einerseits reflektiertem Kennen von Kennen und Erkennen, was den Bereich der Kunst ausmacht, von der hier nicht die Rede sein soll, und andererseits reflektiertem Erkennen von Kennen und Erkennen im Bereich der Wissenschaft. Mit der symbolischen Artikulation operationalen Wissens wird ein Erkennen des Kennens möglich, was üblicherweise unter dem Titel ‚(wissenschaftliche) Forschung‘ abläuft und die präzise Bestimmung des Gegenstandes operationalen Wissens betrifft, während das Erkennen des Erkennens sich wiederfindet in den in (wissenschaftlichen) Darstellungen niedergelegten Beurteilungen der symbolischen Artikulationen, die die Erkenntnis über Gegenstände verkörpern.3

II Was ich bis hierher summarisch als einen Weg dialogischer Rekonstruktion von Erfahrung auf der Basis des Erwerbs von Handlungskompetenzen geschildert habe und dessen Ausarbeitung sich in meinen Arbeiten zu diesem Thema naturgemäß weiterhin im Fluß befindet, muß an dieser Stelle noch um einige Schritte ergänzt werden, die die Sprachhandlungen der symbolischen Artikulation betreffen, um für eine Antwort auf die Ausgangsfragen zum dialogischen Aufbau der Logik besser gerüstet zu sein. Die (symbolischen) Artikulatoren als Resultate verbaler Artikulationen spielen, worauf grundsätzlich schon in allen überlieferten Reflexionen auf sprachliches Handeln aufmerksam gemacht worden ist, eine doppelte Rolle. Sie sind einerseits gegenständliche Artefakte (vom Dingtyp oder vom Ereignistyp) und andererseits (symbolische) Zeichen, die ihren Gegenstand symbolisch bezeichnen oder darstellen. Eine Artikulation als eine Sprachhandlung muß daher sowohl in ihrer Rolle einer schlichten Handlung als auch in ihrer Rolle einer Zeichenhandlung beachtet werden. Als Handlung wird sie in Ich-Rolle durch Sprechen (oder Schreiben), in Du-Rolle durch Hören (oder Lesen) realisiert, hingegen wird sie als Zeichenhandlung in Ich-Rolle durch ‹sinnvolles Sprechen›, ein mit dem Redevollzug

3 Näheres dazu in meinem Aufsatz ‚Sinnliche Erkenntnis als Kunst und begriffliche Erkenntnis als Wissenschaft‘, zugänglich in: Lorenz (2011, pp. 320–332) sowie in den Aufsätzen in: Lorenz (2009).

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Zu-Verstehen-Geben, und in Du-Rolle durch ‹sinnerfassendes Hören› oder, als ‹Verstehen› geläufiges, Redeerleben realisiert. Im Redevollzug tritt ein symbolischer Artikulator ‚P‘ im kommunikativen Aspekt auf, er spielt eine Satzrolle, im Redeerleben hingegen tritt er im signifikativen Aspekt auf, er spielt eine Wortrolle. Aber noch immer stimmen dabei Sprechsituation und besprochene Situation überein. Ein Unterschied zwischen Sinn und Geltung einer Artikulation läßt sich nicht machen. Verwendet man den Operator ‚ε‘, also die Kopula, um den signifikativen Aspekt eines Artikulators abzublenden, so erhält man die Prädikation ‚εP‘ als Darstellung des Artikulators ‚P‘ im kommunikativen Aspekt, also ‚P‘ in aussagender Rolle. Verwendet man hingegen einen Operator zur Abblendung des kommunikativen Aspekts – dafür bietet sich der nur in Verbindung mit einer Zeigehandlung funktionierende Demonstrator ‚δ‘ an –, so erhält man die Ostension ‚δP‘, eine deiktische Kennzeichnung, als Darstellung des Artikulators ‚P‘ im signifikativen Aspekt, also ‚P‘ in anzeigender Rolle. Und natürlich gibt es eine Fülle verschiedener Verwendungsmöglichkeiten verbaler Artikulatoren sowohl im signifikativen als auch im kommunikativen Aspekt; es genügt, auf die Beispiele Ludwig Wittgensteins zur Verwendung des Artikulators ‚Würfel‘ für eine Vielzahl unterschiedlicher Handlungsperspektiven des Umgehens mit einem Würfel in seinen Philosophischen Untersuchungen (1953, §§ 2–7) zu verweisen. Jede signifikative Verwendung eines Artikulators, also das Erleben der Artikulation, kann sich nur auf eine dem Äußernden in der Sprechsituation zugängliche Perspektive des artikulierten Gegenstandes beziehen, die Gegebenheitsweise des Gegenstandes. Und natürlich lassen sich diese Gegebenheitsweisen auch eigenständig artikulieren. Die zugehörigen Prädikationen zweiter Stufe werden dabei traditionell als (dabei ‹innere› Wahrnehmungen, d.s. Vorstellungen, und ‹äußere› Wahrnehmungen umfassende) ‚Wahrnehmungsurteile‘ bezeichnet. Ganz entsprechend tritt auch jede kommunikative Verwendung eines Artikulators, also der Vollzug der Artikulation, in einem Modus auf, der durch die von Sprecher und Hörer in der Sprechsituation bestimmte Perspektive dem artikulierten Gegenstand gegenüber bestimmt ist, etwa mitteilend, bittend, fragend usw. Und auch diese Modi lassen sich ihrerseits unter Verwendung von Artikulatoren zweiter Stufe, den sogenannten Performatoren, eigenständig artikulieren. Die Ausübungen der derart explizit in einem Modus auftretenden Prädikationen sind natürlich die Sprechakte. Um schließlich zu den üblichen mindestens zweigliedrigen, aus Nominatoren und einem Prädikator bestehenden, Elementaraussagen zu gelangen, müssen Verknüpfungen von Artikulatoren gebildet werden. Dieser Schritt geht grundsätzlich einher mit dem Auseinandertreten von Sprechsituation und besprochener Situation und damit zugleich auch mit der Dissoziation von (auf die Sprechsituation bezogenem) Sinn eines Artikulators – dabei handelt es sich um

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Sprachwissen in Gestalt einer (Ich-Du-invarianten) Antwort auf die Frage ‚was meinst du mit dem, was du sagst?‘ – und (auf die besprochene Situation bezogener) Geltung einer Artikulation – in diesem Fall handelt es sich um Weltwissen in Gestalt einer (Ich-Du-invarianten) Antwort auf die Frage ‚gibt es das, was du nennst?‘. Die sprachlogische Aufgabe, den Sinn komplexer Artikulatoren zu definieren und die Aufgabe der einzelnen Wissenschaften, die Existenz den Artikulatoren entsprechender Partikularia nachzuweisen, sind verschiedene Aufgaben, die gleichwohl nur abhängig voneinander gelöst werden können. Nimmt man im einfachsten einstelligen Fall, bei dem es um Elementaraussagen über nur einen Gegenstand geht, als Beispiel eine durch ‚P‘ artikulierte Handlung, das Rauchen, und nimmt man weiter an, daß Rauchen bereits ein Aspekt (eine Eigenschaft) eines auch unter anderen Aspekten zugänglichen und durch ‚Q‘ seinem Typ nach artikulierten Gegenstandes, etwa Mensch, ist; befindet sich dann der Sprecher in einer Q-Situation, d. h. der besprochenen Situation – sie ist zugleich auch die Sprechsituation –, so schematisiert die P-Handlung, das Rauchen, als Aspekt das durch die Q-Situation bestimmte Partikulare ιQ (= dieser Mensch). Dieser Zusammenhang läßt sich so wiedergeben, daß der Schematisierende, d.i. der Sprecher in Ich-Rolle, von ιQ – unter Verwendung von ‚εP‘ – P aussagt (= dieser Mensch raucht). Weil für ihn Sprechsituation und besprochene Situation übereinstimmt, gilt diese Aussage. Das läßt sich in der hergebrachten Terminologie von Stoff/Substanz und Form/Eigenschaft eines Partikulare auch so ausdrücken, daß zur Form von ιQ, dem Q-Sein (einer ‹wesentlichen› Eigenschaft), auch das P-Sein (eine ‹akzidentelle›, weil vorübergehende, Eigenschaft) gehört. Die P-Schematisierung von ιQ verwandelt die Prädikation ‚εQ‘ (= ist [ein] Mensch) dadurch, daß ein Aspekt von Q herangezogen wird, in die Aussage ‚ιQεP‘: der fragliche Mensch wird als Rauchender zugänglich. Die Handlung des Rauchens dient in diesem Zusammenhang allein der näheren Bestimmung des betreffenden Menschen und wird selbst nicht thematisiert. So wird die Prädikation ‚εP‘ in einer Aussage über ιQ, diesem Menschen derart die Eigenschaft P-Sein zuschreibend, mit der durch Spezialisierung von ‚Q‘ kraft Modifikation mit ‚P‘ gewonnenen Prädikation ‚ε(PQ)‘ (= ist [ein] rauchender Mensch) gleichwertig. Wir haben es dank des Klassifikators ‚PQ‘ mit einer Klassifikation partikularer Q-Gegenstände zu tun, ein selbständiger P-Gegenstand tritt nicht auf. Andererseits jedoch zieht die eigenständige Handlung P, das Rauchen, in ihrer Rolle als Aspekt von Q, von Mensch, die Analyse von ‚εP‘ als gleichfalls eine Spezialisierung nach sich, und zwar in Gestalt der Relativierung ‚εPQ‘ (= ist [ein] Rauchen von [einem] Mensch[en]). Als eine Antwort darauf – Sprecher in Du-Rolle, die Aussage bestätigend – läßt sich die zugehörige P-Aktualisierung von ιQ so ausdrücken, daß der Aktualisierende an ιQ – unter Verwendung von ‚δP‘ – P anzeigt, und zwar

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dessen Stoff (= dies Rauchen an diesem Menschen). Noch immer aber stimmen Sprechsituation und besprochene Situation überein. Die P-Aktualisierung von ιQ verwandelt die Ostension ‚δQ‘ (= diese Mensch-Aktualisierung) in die ‹Anzeige› ‚δPιQ‘ (= dies[e] Rauchen[-Aktualisierung] an diesem Menschen), was zur Folge hat, auch ‚δP‘ in diesem Kontext als eine Spezialisierung zu analysieren, und zwar als durch Modifizierung von ‚P‘ mit ‚Q‘ gewonnene Ostension ‚δ(QP)‘ (= dies ‹menschige› [= an einem Menschen auftretende] Rauchen). Der Eigenschaft Rauchend-Sein des betreffenden Menschen entspricht ein zu ihm gehörender – nicht dinglicher, sondern ereignisbezogener – Anteil an der ‹Substanz› Rauchen. Es geht im Falle des P-Aussagens in einer Q-Situation darum, die Identität eines partikularen Q-Gegenstandes unter verschiedenen P-Aspekten und damit in wechselnden P-Situationen begrifflich zu bestimmen bzw. methodisch zu konstruieren: derselbe Mensch in Situationen des Rauchens, des Grüßens, des Essens usw. Mit der Artikulierbarkeit von Selbigkeit eines Partikulare vor wechselndem Hintergrund (in wechselnden Situationen) und ebenso der Variabilität eines Partikulare bei gleichbleibendem Hintergrund, läßt sich dann auch die Unterscheidung von Sprechsituation und besprochener Situation begrifflich bestimmen. Solange nur einfache oder unanalysierte Artikulatoren zur Verfügung stehen, sind die Sprechsituationen stets auch die besprochenen Situationen. Mit der Sprechsituation verbundener Sinn und mit der besprochenen Situation verbundene Geltung einer Artikulation wären noch ununterscheidbar. Erst mit der von den Mitteln, mit denen man redet, unabhängig vorgenommenen Bestimmung der Partikularia, von denen man redet, läßt sich die Sinnbestimmung eines Artikulators, der auf seinem Sachbezug beruht, von der in einer Ostension als reiner Sprachhandlung vollzogenen bloßen Unterstellung des Sachbezugs abgrenzen. Ganz entsprechend läßt sich der in einer Prädikation als reiner Sprachhandlung ausgedrückte bloße Anspruch auf Geltung unter Ausnutzung des Personbezugs eines Artikulators einem ausdrücklichen Verfahren der Geltungssicherung gegenüberstellen. Am Beispiel der oben schon eingeführten Relativierung ‚εPQ‘ (= ist [ein] Rauchen von [einem] Mensch[en]) anstelle von ‚εP‘, wenn P nicht schlicht, mit dem Resultat einer Ein-Wort-Aussage, ausgesagt, sondern von einem Menschen ιQ ausgesagt worden ist, lassen sich die nächsten Schritte veranschaulichen. Zunächst liegt in der Prädikation ‚εPQ‘ ein Anspruch des Sprechers auf Geltung vor, der im Modus des Behauptens als Wahrheitsanspruch auftritt. Dieser läßt sich wie folgt formulieren: Der Sprecher behauptet, es lasse sich ein PQ-Gegenstand ιPQ finden, also die Existenz eines speziellen Partikulare ιP, nämlich eine Rauchen-Einheit an einem Menschen, nachweisen, deren Stoff aus dem Stoff von ιQ gebildet ist (die Rauchen-Einheit stimmt ihrem Stoff nach mit einem Teil des betreffenden Menschen,

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ebenfalls dem Stoff nach, überein). Der Sprecher verfügt über ein solches ιP, weil er über ιQ unter dem P-Aspekt verfügt, der Hörer hingegen nicht ohne weiteres, weil er im allgemeinen über ιQ unter einem anderen Aspekt verfügen wird (er sieht diesen Menschen vielleicht laufen, aber nicht rauchen). Hingegen versteht der Hörer ‚εPQ‘, wenn er in der Lage ist, diese Äußerung, also das Erheben eines Anspruchs, selbst schon als eine besondere inhaltliche Erfüllung anzusehen und damit die sprachliche Form zu einem besonderen Inhalt, dem semiotischen Inhalt, zu machen. Das Verstehen von ‚εPQ‘, also der Sinn des Artikulators ‚PQ‘ relativ zum Sinn seiner beiden Bestandteile, machen den von jedem möglichen Modus eines Geltungsanspruchs implizierten Modus des bloßen sinnvollen Redens aus (semiotische Geltung). Dieses Verstehen kann der Hörer seinerseits artikulieren durch die mit der Äußerung der Ostension ‚δ(PQ)‘ vorgenommene Unterstellung, ein spezielles Partikulare ιQ, nämlich einen auf modifizierender, nicht aber relativierender Spezialisierung beruhenden Gegenstand ι(PQ) (= diesen rauchenden Menschen), gefunden zu haben, eines speziellen Menschen also, zu dessen Form (PQ)-Sein auch die Form P-Sein gehört; es liegt eine bloß semiotische Existenz vor. Aufgrund der Aussage ‚ιQεP‘ beziehungsweise der Anzeige ‚δQιP‘ läßt sich also ein komplexer Artikulator ‚Q*P‘ einführen durch die Forderung, daß eine Phase von ιQ und ein Aspekt von ιP übereinzustimmen haben. Für die kommunikative und signifikative Rolle von ‚Q*P‘ gelten dann nämlich ε(Q*P) = εPQ beziehungsweise δ(Q*P) = δ(PQ), so daß sich jedes komplexe Partikulare ι(Q*P) sowohl als ein bezüglich Q relativiertes ιP (ιP ist seiner Form nach eine Erscheinung der Substanz κQ, weil an ihm mit ‚δQ‘ angezeigt wird, daß es mit einem Q-Teil ausgestattet ist) als auch als ein durch P modifiziertes ιQ (ιQ ist seinem Stoff nach ein Träger der Eigenschaft σP, weil von ihm mit ‚εP‘ ausgesagt ist, daß es sich um eine P-Instanz handelt) darstellen läßt. Das Verstehen von ‚Q*P‘ ist damit unabhängig von der Handlungskompetenz, mit dem artikulierten Gegenstand auch umgehen zu können, zumal es durchaus sein kann, daß ein entsprechendes komplexes Partikulare, abgesehen von seiner semiotischen Existenz (diese rein sprachliche, etwas irreführend und eher pejorativ als bloß ‹fingiert› bezeichnete, Existenz schließt nicht einmal die Vorstellbarkeit eines solchen Partikulare ein, und auch umgekehrt zwingt die Nichtvorstellbarkeit keineswegs zur Beschränkung auf eine bloß semiotische Existenz, man denke nur an vierdimensionale Körper), gar nicht existiert, vielleicht gar nicht existieren kann. Von dem in komplexen Artikulatoren verfügbaren begrifflich organisierten Wissen läßt sich jetzt das für ihr bloßes Verstehen maßgebende Wissen als Sprachwissen abtrennen. Es steht damit dem übrigen Weltwissen gegenüber, das auf den Nachweis einer nicht bloß semiotischen Existenz entsprechender komplexer Partikularia angewiesen ist, der durch Beurteilungshandlungen erbracht wird,

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speziell also durch Begründungshandlungen, wenn es um Wahrheitsansprüche geht. Beurteilungshandlungen aber, die Paradigmata für reflexive Sprachhandlungen, weil es in ihnen um die Wiederherstellung einer nicht mehr bloß semiotischen Einheit von Gegenstand und Darstellung bzw. von besprochener Situation und Sprechsituation geht, gehören nicht mehr nur dem Bereich der Sprache an. Zu ihren Hilfsmitteln zählen nämlich methodisch aufgebautes Können im Umgang mit den sprachlichen Gegenständen, darunter den Argumentationen, ebenso, wie methodisch aufgebautes Können im Umgang mit den besprochenen Gegenständen, zum Beispiel Experimente. Es lassen sich daher die reinen, für die Syntax einer Sprache erforderlichen Sprachhandlungskompetenzen von den Handlungskompetenzen, einerseits auf der Gegenstandsebene und andererseits auf der Beurteilungsebene, insbesondere der Begründungsebene, unterscheiden. Mit der Einführung komplexer Artikulatoren wird die Eigenständigkeit der Sprachebene ‹zwischen› Gegenstandsebene und Beurteilungs- bzw. Begründungsebene konstituiert. Der einer elementaren Aussage ιQεP ebenso wie der Anzeige δQιP (eindeutig, wenngleich nicht eineindeutig) zugeordnete komplexe Artikulator Q*P erlaubt das Aussagen und Anzeigen auch als reine Sprachhandlungen, vorausgesetzt, die einfachen Bestandteile stehen Ich-Du-invariant bereits zur Verfügung. Das Aussagen einer Schematisierung eines ιQ durch P (mithilfe von ‚εP‘) läßt sich daher verstehen und das Verstehen seinerseits durch das Anzeigen einer Aktualisierung eines ιP durch Q (mithilfe von ‚δQ‘) artikulieren, ohne dabei mehr in Anspruch zu nehmen als nur die semiotische Existenz eines ιPQ, also eines speziellen ιP (einer Rauchen-Einheit) durch Relativierung, also eines Rauchen an einem Menschen, oder, damit gleichwertig, eines ι(PQ), also eines speziellen ιQ (einer Mensch-Einheit) durch Modifizierung, also eines rauchenden Menschen. Leider werden gegenwärtig in der Regel Sprachhandlungen, betrachtet man sie in ihrer pragmatischen Rolle und damit in ihrer kommunikativen Funktion, gleich auf die Beurteilungsebene bezogen – die Sprachpragmatik ist als Disziplin gleichsam ‹zu hoch› angesiedelt –, während Sprachhandlungen, betrachtet man sie in ihrer zweiten, der semiotischen (= semantischen, wenn nur symbolischer Sprachgebrauch gemeint ist) Rolle und damit in ihrer signifikativen Funktion, umstandslos auf die Gegenstandsebene bezogen werden – die Sprachsemantik ist als Disziplin entsprechend ‹zu tief› plaziert. So bleibt für die Sprachsyntaktik nur noch eine Theorie der Sprachzeichen als bloßer Gegenstände unter Außerachtlassung, daß es sich dabei um sprachliche Gegenstände handelt, deren gegenständlicher Aufbau natürlich von ihren pragmatischen (= kommunikativen) und semantischen (= signifikativen) Funktionen regiert wird. Verfährt man tatsächlich derart eingeschränkt, und das ist in der Sprachsyntaktik (= Grammatik) weitgehend üblich, so wird sie zu einem bloßen Teilgebiet

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der Theorie der Kalküle. Syntax aber unter Ausschluß von Pragmatik und Semantik ist ein Unding.

III Mit der hier skizzierten Synthese komplexer Artikulatoren aus einfachen – mutatis mutandis auch im Zusammenhang der Analyse von zunächst einfachen Artikulatoren als komplexe – sind einstellige Elementaraussagen vom Typ ‚ιQεP‘ derart jeweils einem komplexen Artikulator (ιQεP)* (= Q*P) zugeordnet,4 daß der Sinn einer solchen Aussage durch den Sinn des zugeordneten Artikulators erklärt ist. Solange daher verschiedene Q-Partikularia bei einer Aussage ‚ιQεP‘ nicht bereits auch prädikativ statt ausschließlich deiktisch unterschieden sind, ‚ιQ‘ also jeweils durch verschiedene bestimmte Kennzeichnungen ‚ιxR(x)‘ (x eine Variable für Q-Partikularia) ersetzbar ist, bleibt auch der Sinn zweier Aussagen der Form ‚ιQεP‘, sofern der Gegenstand der Aussage jeweils nur durch ‚ιQ‘ benannt ist, ununterschieden. Die Wahrheit allerdings einer Aussage ‚ιQεP‘ ist mit der vom Behauptungsmodus bestimmten Existenz gerade desjenigen den zugeordneten Artikulator erfüllenden Partikulare ι(Q*P) gleichwertig, für das ιQ mit ι(PQ), einer Darstellung von ι(Q*P), übereinstimmt.5 Natürlich ist diese Übereinstimmung, der deiktischen Natur der beiden Nominatoren ‚ιQ‘ und ‚ι(PQ)‘ wegen, nicht allein sprachlich zu ermitteln. Die in der dialogischen Logik vorgenommene Sinnbestimmung der logischen Partikeln durch Spielregeln um logisch zusammengesetzte Aussagen ist nun ebenfalls nichts anderes als die Sinnbestimmung für den jeweils einer logisch zusammengesetzten Aussage A entsprechend zugeordneten komplexen Artikulator A* relativ zum Sinn der Bestandteile der logischen Zusammensetzung im Rahmen dialogischer Konstruktion und phänomenologischer Reduktion. Das ‚wenn-dann‘ des Implizierens allerdings spielt eine Sonderrolle, weil es als eine regelmäßig im Zusammenhang argumentativ erbrachter Begründungsleistungen in Anspruch genommene Relation zwischen Aussagen das dialogische

4 Der hier verwendete Sternoperator geht zurück auf die Transformation einer Dingsprache in eine Ereignissprache in: Reichenbach (1947, § 48). 5 Bereits Franz Brentano (1874) hatte in seiner Urteilstheorie die zweigliedrigen Subjekt-Prädikat-Aussagen der Tradition in einen komplexen prädikativen Ausdruck derart überführt, daß der Inhalt einer Aussage als der durch diesen Ausdruck dargestellte Begriff und ihre Wahrheit als Existenz eines Gegenstandes, der unter diesen Begriff fällt, bestimmt sind; z. B. wäre nach Brentano der Inhalt von ‚der Mensch mit Namen N.N. ist krank‘, durch den Begriff des Kranker-Mensch-mit-Namen-N.N.-Seins zu bestimmen.

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Verhältnis zweier Personen in besonderer Weise zu charakterisieren erlaubt, und zwar zunächst durchaus unabhängig von irgendwelchen objektsprachlichen Aussageverknüpfungen, auch von der Subjunktion. In Übereinstimmung mit dem die Grundlage des dialogischen Aufbaus der Logik bildenden dialogischen Aussagebegriff muß auch für eine (n + 1)stellige Elementaraussage zweiter Stufe ‚wenn A1, . . . , An dann B‘, symbolisiert: ‚A1, . . . , An ≺ B‘, ein Dialogspiel erklärt werden, damit es sich bei dieser Implikation überhaupt um eine Aussage handelt, sie also dialogdefinit ist. Man wird zu diesem Zweck ganz offensichtlich auch von der Dialogdefinitheit der objektsprachlichen Aussagen Gebrauch machen müssen, also von den globalen und lokalen Dialogregeln für Dialoge um sie, eben den Signifikationsregeln für Aussagen und nicht etwa Argumentationsregeln, die erst im Zuge einer Begründung von Aussagen im Modus der Behauptung und damit einem Beweis ihrer Geltung eingesetzt werden. Spieltheoretisch handelte es sich bei Argumentationen darum, die Existenz einer Gewinnstrategie für die fragliche Aussage auf der Grundlage der Signifikationsregeln zu beweisen. Nennt man, wie üblich, ‚A1, . . . , An‘ die Hypothesen der Implikation und ‚B‘ deren These, so muß man erklären, was es heißen soll, die These ‚B‘ unter den Hypothesen ‚A1, . . . , An‘ zu vertreten. Der dialogische Kunstgriff besteht an dieser Stelle darin, das Vertreten der These einem Proponenten und das Vertreten der Hypothesen oder Annahmen einem Opponenten zu übertragen, und zwar eben den beiden Spielern, die auch die Dialoge um die in der Implikation auftretenden objektsprachlichen Aussagen führen. Der Proponent ist dann derjenige, der verpflichtet ist, die These gegen Angriffe des Opponenten im Rahmen der Spielregeln für Dialoge um objektsprachliche Aussagen zu verteidigen, und der Opponent derjenige, der die Hypothesen vertritt, indem er sie dem Proponenten ‹vorlegt› – sie stehen in der zweispaltigen Notation auf der linken Spalte untereinander und sind aus der Sicht des Proponenten bloße Annahmen – mit der Verpflichtung, sie gegen allfällige Angriffe des Proponenten im Rahmen derselben Spielregeln zu verteidigen. Dabei – und das ist der Kern der für den Sinn des ‚wenn-dann‘ in Anspruch genommenen Intuition – soll für den Zusammenhang von Angriffsrechten und Verteidigungspflichten stets die Dialogbedingung erfüllt sein. Es ist jetzt nur noch ein kleiner Schritt, den metasprachlichen Implikationszusammenhang, etwa im zweistelligen Fall A ≺ B, als gleichwertig mit der bedingungslos vertretenen These einer objektsprachlichen Aussageverknüpfung, eben der Subjunktion A ! B, zu behandeln, also definitorisch ≺ A ! B ⇋ A ≺ B festzusetzen. Genau dann, wenn die übliche Partikelregel für eine Subjunktion A ! B – sie darf mit A angegriffen und muß mit B gegen diesen Angriff verteidigt werden – als Bestandteil der lokalen Dialogregeln ergänzt wird um die zu Beginn aufgeführten globalen Dialogregeln – sie definieren die effektive (= intuitionistische)

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Dialogführung –, wird die Definition ≺ A ! B ⇋ A ≺ B zu einer beweisbaren Äquivalenz:  A ! B , A  B. Will man diese Gleichwertigkeit auch unter anderen globalen Dialogregeln durchsetzen, und zwar ganz unabhängig davon, wie der Spezialfall logischer Implikation eingeführt wird, so geht das nur um den Preis, einen anderen Begriff der Implikation zugrundezulegen. Dann aber ist nicht nur die Dialogbedingung für die Implikation nicht mehr erfüllt, es geht beispielsweise auch die folgende, für die Kalkültheorie grundlegende, Äquivalenz verloren: ðα ) βÞ ε K − zulässig , j− K α ! j− K β. Schließlich ist die Logik der Allgemeinzulässigkeitsaussagen in Gestalt der operativen Logik, wie bekannt, extensional gleichwertig mit der intuitionistischen Logik. Da aufgrund der Definition ≺ A ! B ⇋ A ≺ B der Sinn der (zweistelligen) Implikation auf den Sinn der Subjunktion zurückgeführt ist, genügt es, sich mit dem Sinn von A ! B zu befassen, wie er im dialogischen Aufbau der Logik im Zusammenhang der Sinnbestimmung für die übrigen logischen Verknüpfungen festgesetzt wird. Dafür war es entscheidend, sich weder auf zuvor hergestellte Zusammenhänge der Objekte, über die in den Teilaussagen etwas ausgesagt wird, zu stützen, in besonderen Fällen etwa auf Handlungsregeln, zum Beispiel bei Aussagen einer Kalkültheorie, noch auf zuvor vereinbarte Handlungsregeln für die Geltung von Aussagen in einem Modus, im Fall von Behauptungen ihrer Wahrheit also auf Begründungen, etwa in Gestalt von Reduktionsregeln zur Zurückführung einer Begründung für eine logisch zusammengesetzte Aussage auf Begründungen für die Teilaussagen. In beiden Fällen wäre eine Sinnbestimmung logisch zusammengesetzter Aussagen allein auf der Sprachebene unterblieben, die Möglichkeit, solche Aussagen auch unabhängig von jedem Wissen um ihre Geltung zu verstehen, bliebe unaufgeklärt. Stattdessen erlaubt es der dialogische Begriff einer Aussage, den Sinn etwa zweistelliger Verknüpfungen A#B von Aussagen A und B durch den Sinn des ihnen zugeordneten Artikulators (A#B)* zu erklären, nämlich in Gestalt der Handlungskompetenz, einen Dialog um die logisch zusammengesetzte Aussage A#B gemäß den lokalen und globalen Spielregeln, den Signifikationsregeln, korrekt zu führen, insbesondere also auch um A ! B. Diese Handlungskompetenz tritt dann, wenn die logisch zusammengesetzte Aussage Subjunktionen (oder auch nur Negationen) enthält, als ein nicht-triviales Interaktionsschema auf, bei dem beide Spieler nach denselben Spielregeln mit dem Vertreten von Aussagen befaßt sind. Dialoge um logisch einfache Aussagen hingegen, etwa um Elementaraussagen ‚ιQεP‘, bleiben unter der Voraussetzung, daß die Artikulatoren

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8 Zur Herkunft der Dialogbedingung im dialogischen Aufbau der Logik

‚Q‘ und ‚P‘ beiden Spielern invariant zur Verfügung stehen und deshalb keiner weiteren Analyse bedürfen, interaktiv trivial, ebenso übrigens wie Dialoge um logisch zusammengesetzte Aussagen, die weder Subjunktionen noch Negationen enthalten. Im Subjunktionsfall besteht die Geltung von A ! B im Behauptungsmodus und damit die Wahrheit von A ! B, wenn ein das Interaktionsschema (A ! B)* erfüllendes Partikulare existiert, nämlich eine Klasse von für den Proponenten P gewonnenen Partien um A ! B, den Stoff dieses Partikulare, zusammen mit dem Wissen, jede Partie um A ! B gewinnen zu können, der Form dieses Partikulare. Für den Nachweis der Existenz einer solchen Gewinnstrategie für A ! B allerdings bedarf es eigener argumentativer Anstrengungen. Sie lassen sich, wie bekannt, zurückführen auf den Nachweis der Existenz einer Herleitung von A ! B in einem geeigneten Halbformalismus (vgl. Lorenz 1961). Mit dem dialogischen Aufbau der Logik wird der Sinn logischer Zusammensetzungen von Aussagen, insbesondere also auch der Sinn der von der sprachlichen ‚wenn-dann‘-Beziehung zwischen Aussagen, der Implikation, abgeleiteten Subjunktion, wie zuvor schon bei der Sinnbestimmung komplexer Artikulatoren, allein auf der Sprachebene bestimmt. Diese Bestimmung geschieht damit eigenständig grammatisch, also weder technisch durch Rückgang auf die Gegenstandsebene, etwa im Zusammenhang von Handlungen durch ihr Nacheinander wie im Fall der operativen Deutung des ‚wenn-dann‘, noch argumentativ unter Inanspruchnahme der Begründungsebene, etwa in Gestalt der Kompetenz, Beweise für die Wahrheit von B aus Beweisen für die Wahrheit von A bilden zu können, wie im Fall der beweistheoretischen Deutung des ‚wenn-dann‘. Hat man sich klar gemacht, daß in der dialogischen Logik allein auf der Partieebene Sinnzusammenhänge und erst auf der Strategieebene, etwa relativ zum Modus des Behauptens für alle während einer Partie auftretenden Aussagen, Geltungsprobleme ‹zur Sprache kommen›, so lassen sich Argumentationen als Hilfsmittel identifizieren, eine subjektive Überzeugung, daß eine Gewinnstrategie für den Proponenten einer Aussage existiere, intersubjektiv zu sichern oder zu erschüttern. Argumentationen haben nichts damit zu tun, primär zu solchen Überzeugungen zu kommen, vielmehr dienen sie ihrer kritischen Prüfung, indem sie Beweise für die Existenz einer Gewinnstrategie entweder für den Proponenten oder für den Opponenten der fraglichen Aussage liefern. Derselbe Charakter eines Hilfsmittels kommt auch den Hochstilisierungen der Argumentationspraxis zu Regeln des logischen Schließens zu. Der Begriff der Wahrheit ist durchaus unabhängig von der ihrem Nachweis dienenden Argumentationspraxis, zu deren Kondensat auch die mathematischen Beweise gehören. In genau diesem Sinne

Literatur

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sind Wahrheit und Beweisbarkeit begrifflich auseinanderzuhalten, ohne daß sich daraus ein Votum für eine realistische Bedeutungstheorie ableiten ließe.

Literatur Brentano, Franz (1874): Psychologie vom empirischen Standpunkte. Erster Band. Leipzig: Duncker & Humblot. Lorenz, Kuno (1961): Arithmetik und Logik als Spiele. Kiel: Dissertation Universität Kiel (in Auszügen abgedruckt in: Lorenzen, P./Lorenz, K. (1978): Dialogische Logik. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, pp. 17–95 [in diesem Band: pp. 1–73]). Lorenz, Kuno (1996): Artikulation und Prädikation. In: M. Dascal/D. Gerhardus/K. Lorenz/ G. Meggle (eds), Sprachphilosophie. Ein internationales Handbuch zeitgenössischer Forschung., 2. Halbband [HSK 7.2]. Berlin: De Gruyter, pp. 1098–1122. Lorenz, Kuno (2000): Sinnbestimmung und Geltungssicherung. Ein Beitrag zur Sprachlogik. In: G.-L. Lueken (Hg.). Formen der Argumentation. Leipzig: UniversitätsverlagAkademische Verlagsanstalt, pp. 87–106 (abgedruckt in: Lorenz 2009, pp. 118–141). Lorenz, Kuno (2009): Dialogischer Konstruktivismus. Berlin, New York: De Gruyter. Lorenz, Kuno (2011): Philosophische Variationen. Gesammelte Aufsätze unter Einschluß gemeinsam mit Jürgen Mittelstraß geschriebener Arbeiten zu Platon und Leibniz. Berlin, New York: De Gruyter. Lorenzen, Paul (1955, 21969): Einführung in die operative Logik und Mathematik. Berlin, Heidelberg,New York: Springer. Marion, Mathieu (2009): Why play logical games?. In: O. Majer/A.-V. Vietarinen/T. Tulenheimo (eds.), Games: Unifying Logic, Language, and Philosophy. New York: Springer, pp. 3–26. Reichenbach, Hans (1947): Elements of Symbolic Logic. New York: The Free Press. Roth, Volkbert (1978): Vier Stufen der Spracheinführung. In: J. Mittelstraß/M. Riedel (Hg.), Vernünftiges Denken. Studien zur praktischen Philosophie und Wissenschaftstheorie. Berlin, New York: De Gruyter, pp. 71–86. Russell, Bertrand (1910/1911): Knowledge by acquaintance and knowledge by description. In: Proceedings of the Aristotelian Society 11, pp. 108–128 (abgedruckt in: B. Russell, Mysticism and Logic, and Other Essays, London 1963; George Allen & Unwin, pp. 152–167). Ryle, Gilbert (1945/1946): Knowing how and knowing that. In: Proceedings of the Aristotelian Society, N. S., 46, pp. 1–16 (abgedruckt in: G. Ryle, Collected Papers 2, London 1971: Hutchinson, pp. 212–225). Wittgenstein, Ludwig (1961): Notebooks 1914–1916 (ed. by G. H. von Wright and G. E. M Anscombe), Oxford: Blackwell. Wittgenstein, Ludwig (1953): Philosophical Investigations/Philosophische Untersuchungen (transl. G. E. M. Anscombe). Oxford, New York: Blackwell, MacMillan.

9 Zur Rolle der Logik in den Wissenschaften Wissenschaftliches Reden und Schreiben ist vor dem alltäglichen Reden und Schreiben dadurch ausgezeichnet, daß nicht bloß etwas gesagt wird, etwa in Gestalt einer Antwort auf eine Frage, ohne dabei zu problematisieren, ob auch stimmt, was gesagt wurde. Vielmehr gibt es im wissenschaftlichen Fall noch Gründe, warum das, was gesagt wurde, stimmt, und diese werden, zumindest auf Nachfrage, auch angegeben oder sollten sich durch einen Verweis auf für zuverlässig geltende Quellen angeben lassen. Der gewöhnliche Sprachgebrauch macht in den Wissenschaften reflektiertem Sprachgebrauch Platz, und das ist durchaus etwas anderes, als bloß auf den Unterschied zwischen objektsprachlichem und metasprachlichem Reden achten zu können. Nicht dadurch, daß man (metasprachlich) sagt, eine Aussage sei wahr, stimmt auch, was man (objektsprachlich) gesagt hat. Es geht darum, die Aussage einer Beurteilung unterziehen zu können und damit die Aussage, war die Beurteilung positiv, in ein Urteil zu verwandeln. Der Aussage allein, sei sie schriftlich oder mündlich geäußert, läßt es sich nicht ansehen, ob sie den Status eines Urteils hat oder, wie häufig in vorwissenschaftlichem Sprachgebrauch, bloß den eines Vorurteils. Beurteilungen erschöpfen sich auch nicht in weiteren Sprachhandlungen. Damit Aussagen Gründe für die Geltung anderer Aussagen sein können, ist mehr erforderlich als wiederum bloß deren Geltung, ganz abgesehen davon, daß eine solche Zurückführung der Geltung von Aussagen auf die Geltung anderer Aussagen das Begründungsproblem nicht löst sondern verschiebt. Diese Grenzen der von der formalen Logik ermöglichten und in den Wissenschaften als ein Mittel der Beweisführung schon seit Aristoteles eingesetzten axiomatischen Methode sind wohlbekannt und sollen durch eine Reihe unterschiedlicher Strategien zu Lösung des Geltungsproblems für die obersten Sätze einer solchen Zurückführung, eben die ‹Axiome›, überwunden werden. Die Lösung des Geltungsproblems für die bei einer solchen Zurückführung ebenfalls benötigten metasprachlichen Aussagen der Form ‚Aussagen A1, . . . , An zusammen implizieren Aussage B‘ beziehungsweise ‚Aussage B folgt aus der Konjunktion der Aussagen A1, . . . , An‘, also ‚A1, . . . , An ≺ B‘, ist dabei die Aufgabe der gegenwärtig zumindest teilweise als Disziplin noch zur Philosophie gehörenden Logik. Sie wird mit der Begriffsbildung der besonderen logischen Implikation bzw. der logischen Folgerungsbeziehung zwischen Aussagen in Angriff genommen. Und deren vollständige Beherrschung löst insoweit auch das Problem der Vererbbarkeit der Geltung von Aussagen auf andere Aussagen.

https://doi.org/10.1515/9783110670301-009

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Wie der allgemeine Fall einer Implikation zwischen Aussagen zu behandeln ist – und das betrifft mutatis mutandis auch den Fall der Wahrheit von Aussagen jenseits ihrer besonderen logischen Wahrheit – wird im allgemeinen nicht mehr als eine Aufgabe der Logik angesehen, sondern soll von den Einzelwissenschaften gelöst werden. Dabei ist das Verständnis der Implikation, ausgehend von der Rolle des umgangssprachlichen ‚wenn-dann‘ von der Antike bis heute Gegenstand ständiger Auseinandersetzungen geblieben. Das läßt sich in der Gegenwart an den zahlreichen Entwürfen nichtklassischer Logikkalküle zur Vermeidung der sogenannten ‹Paradoxien der Implikation› ablesen, die mit den logischen Arbeiten von Clarence I. Lewis zu Beginn des 20. Jahrhunderts einsetzten. Von ihm stammt auch diese Bezeichnung für die mangelnde Eignung der klassischen Subjunktion, definiert durch A!B⇋¬A⋁B, zur Wiedergabe der Folgerungsbeziehung, wenn der Zusammenhang von metasprachlichem ‚wenn-dann‘, also der Implikation als Folgerungsbeziehung ‚≺ ‘, und objektsprachlichem ‚wenn-dann‘, also des Implikators als Subjunktor ‚!‘, durch die Definition A ≺ B⇋‚A!B‘ε wahr hergestellt wird. Unter diesen Voraussetzungen implizieren nämlich zum Beispiel zwei beliebige wahre Aussagen einander und ebenso zwei beliebige falsche Aussagen, weil, wie bereits in der Scholastik anerkannt, sowohl ex quolibet verum (A≺⋎) als auch ex falso quodlibet (⋏≺A) gültige, und zwar sogar logisch gültige, Implikationen sind; einen besonderen ‹inneren Zusammenhang› zwischen ihnen, der von einer gültigen Folgerungsbeziehung ausgedrückt würde, braucht es nicht zu geben. Lewis hat aus diesem Grunde mit Hilfe des Modaloperators ‚notwendig‘ (Δ) eine ‹strikte Implikation›, das ‹notwendigerweise wenn-dann› (⊰), als objektsprachlichen Junktor eingeführt, und zwar definitorisch durch A⊰B⇋Δ(A!B), und zur Beherrschung einer Übersicht über die gültigen strikten Implikationen eine Reihe von mittlerweile kanonischen Kalkülen der Modallogik S1 – S5 vorgeschlagen, die jeweils verschiedene Klassen gültiger strikter Implikationen syntaktisch charakterisieren. Gleichwohl hat dann auch die zugehörige Folgerungsbeziehung, definiert durch A ≺ SB ⇋ ‚A⊰B‘ ε wahr, noch Eigenschaften, die zwar Lewis für unproblematisch hielt, weil seiner Ansicht nach für die Folgerungsbeziehung charakteristisch, aber dennoch verbreitet als unbefriedigend gelten. So implizieren in diesem Fall etwa zwei beliebige notwendige Aussagen einander, ebenso zwei beliebige unmögliche Aussagen. Das wurde der Anlaß, durch weitere Bedingungen an die Definition einer ‚wenn-dann‘-Verbindung zweier Aussagen das Bestehen eines ‹inneren Zusammenhangs› zwischen ihnen adäquat zu erfassen. Es kam zur Aufstellung zahlreicher weiterer Logikkalküle, insbesondere in der Relevanzlogik und deren Fortführung in einer ‹Logik des Entailment›, in der ‹entailment› als ‹notwendig-relevante Implikation› verstanden wird. Diese Entwicklungen

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haben mittlerweile zu eigenen ausgedehnten Forschungszweigen geführt und dauern an. Alle diese Verfahren zeichnen sich dadurch aus, daß intuitiv für wünschenswert gehaltene Eigenschaften einer (metasprachlichen) Relation zwischen Aussagen, eben der für einwandfreies Argumentieren bzw. Schlußfolgern in den Wissenschaften unentbehrlichen Implikations- oder Folgerungsbeziehung, durch axiomatisch fixierte Geltungsbedingungen einer objektsprachlichen Aussageverknüpfung ausgedrückt werden, und zwar derart, daß neben der eigentlich völlig hinreichenden Wahrheitserblichkeit – die Wahrheit sämtlicher Prämissen garantiert die Wahrheit der Konklusion – auch noch die fraglichen Eigenschaften beweisbar sind. Darüber hinaus sollte, wenn möglich, die Axiomatisierung der Folgerungsbeziehung vollständig und widerspruchsfrei formalisiert, also in die Gestalt eines adäquaten Logikkalküls gebracht werden. Die üblichen Logikkalküle, Formalisierungen der logischen Wahrheit von (logisch zusammengesetzten) Aussagen mit ihrer Konsequenz eines Begriffs der logischen Implikation bzw. logischen Folgerung durch die kanonische Definition A≺LB ⇋ (A!B) ε logisch wahr gelten als unzureichend, weil unter Voraussetzung der wahrheitsfunktionalen Erklärung der Subjunktion noch immer auch die logische Äquivalenz jeweils von zwei beliebigen wahren und von zwei beliebigen falschen Aussagen gilt. Und selbst bei der aus anderen Gründen als Alternative zur klassischen Logik von Luitzen E. J. Brouwer in Arithmetik und Analysis eingesetzten und von Arend Heyting formalisierten intuitionistischen Logik mit ihrer von den übrigen logischen Partikeln unabhängigen intuitionistischen Subjunktion bleibt die intuitionistisch-logische Äquivalenz jeweils zweier beliebiger (intuitionistisch) wahrer und zweier beliebiger (intuitionistisch) falscher Aussagen erhalten. Die vermeintlichen ‹Paradoxien der Implikation› bleiben also unaufgelöst. Auch die schon sehr bald erkannte, die Beweisbarkeitsdeutung der intuitionistisch-logischen Wahrheit nahelegende treue Darstellbarkeit der intuitionistischen Logik im quantorenlogisch erweiterten Lewis’schen Modalkalkül S4 ändert daran nichts, sie dokumentiert nur die Verwandtschaft der intuitionistischen Subjunktion mit der strikten Implikation. Erst mit der Entwicklung der operativen Logik und Mathematik durch Paul Lorenzen begannen sich neue Sichtweisen zu eröffnen. Ausgehend von der 1951 in den Outlines of a Formalist Philosophy of Mathematics formulierten These des Hilbert-Schülers Haskell B. Curry, daß „Mathematik die Wissenschaft formaler Systeme“ sei, wobei ‚System‘ und ‚Kalkül‘ koextensiv zu verstehen sind, macht Lorenzen darauf aufmerksam, daß sich Ableitbarkeitsbehauptungen in beliebigen Kalkülen durch Vorlegen einer einschlägigen Ableitung, also durch eine Tat, und damit logikfrei und nicht durch ein Argument, beweisen lassen,

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vorausgesetzt, das Prädikat ‚Ableitung‘ ist entscheidbar. Ableitbarkeitsbehauptungen sind ‹beweisdefinit›, haben also einen entscheidbaren Beweisbegriff. Auf dieser Grundlage läßt sich eine Kalkültheorie errichten, die mit Beweisverfahren für Zulässigkeitsaussagen von Regeln beginnt, einer ‹Protologik›, weil Logik im engeren Sinne noch keine Rolle spielt und auch noch nicht rekonstruiert zur Verfügung steht. Vielmehr können die logischen Partikeln explizit eingeführt werden, teils durch (syntaktische) Hinzufügung zu den Atomfiguren eines beliebigen Kalküls – das betrifft ‚et‘, ‚vel‘ und den Manchquantor/Partikularisator – teils durch (semantische) Interpretation in Bezug auf zulässige Regeln, nämlich für ‚sub‘, ‚non‘ und den Allquantor/Generalisator. Ist in Bezug auf einen Kalkül α⇨β die Instanz einer Regel beziehungsweise eine Regel, in der keine Figurenvariable mehr vorkommen, so wird die Subjunktion zweier Ableitbarkeitsaussagen a (= ⊢α) und b (= ⊢β) erklärt durch α⇨β, und a!b soll gelten, wenn α⇨β zulässig ist, also die Hinzufügung dieser Regel zu den definierenden Regeln des Kalküls die Extension der Ableitbarkeit nicht verändern würde. Mit der Definition (a!b) ε wahr ⇋ (α⇨β) ε zulässig wird das objektsprachliche ‚wenn-dann‘ durch das vom Regelpfeil bezeichnete praktische ‚wenn-dann‘ interpretiert, einer Verbindung zweier Gegenstände durch Transformation des einen in den anderen. Als gültig oder ‹operativ wahr› lassen sich solche Subjunktionen durch einen Zulässigkeitsbeweis der zugehörigen Regel beweisen, und zwar in toto, also ohne in jedem Fall ausdrücklich auf einen Zusammenhang zwischen einem Beweis der Prämissen und einem Beweis der Konklusion Bezug nehmen zu müssen. Bekanntlich lassen sich Negation und Generalisation als Spezialfälle der Subjunktion auffassen, wenn jeweils eine unableitbare Figur φ, also├φ ε falsch, und eine ableitbare Figur ψ, also├ψ ε wahr, zur Verfügung stehen: Mit ⋏ für├φ und ⋎ für├ψ gelten ¬a⇋⋏!a und ∧a⇋ a!⋎, weil im Fall der Negation φ⇨α und im Fall der Generalisation α⇨ψ zulässige Regeln sind; ex falso quodlibet ebenso wie ex quolibet verum haben ihren paradoxen Charakter verloren. Es ist weiter bekannt, wie in der operativen Logik die Iteration von Subjunktionen durch den Übergang von einem Grundkalkül K0 zu Metakalkülen Kn derart ermöglicht wird, daß zu ableitbaren Figuren in Kn die zulässigen Regeln in Kn-1 erklärt werden. Das aber ist eine beschreibende und keine konstruierende Kalküldefinition, so daß sich die für den Grundkalkül vorausgesetzte Entscheidbarkeit des Ableitungsbegriffs für die Metakalküle nicht durchsetzen läßt. Wohl aber gibt es Zulässigkeitsbeweise auch für Metaregeln jeder beliebigen Stufe, allerdings nur für den besonderen Fall der Allgemeinzulässigkeit, bei der zusätzlich Unabhängigkeit von der besonderen Wahl des Grundkalküls besteht. Die Möglichkeit, auf diese Weise sämtliche allgemeinzulässigen Regeln zu bestimmen, geht wegen der nur beschreibenden Definition der Metakalküle

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verloren. Wohl aber läßt sich beweisen, und das ist Lorenzen gelungen, daß sich die operativ-logische Wahrheit von Subjunktionen beliebiger Stufe, definiert durch die Allgemeinzulässigkeit der zugehörigen Regel dieser Stufe mit der intuitionistisch-logischen Wahrheit von Subjunktionen, wie sie durch einen geeigneten intuitionistischen Logikkalkül formalisiert wird, gleichwertig ist. Es hat sich schließlich herausgestellt, daß neben der Unmöglichkeit, dem Begriff der Vollständigkeit einer Kalkülisierung operativ-logischer Wahrheit einen präzisen Sinn zu geben, und zwar unbeschadet der Rolle der operativen Logik als einer gegenwärtig durch die Arbeiten insbesondere von Peter Schroeder-Heister wieder ins Blickfeld gerückten Alternative zur modelltheoretischen Interpretation von intuitionistischen Logikkalkülen, noch mindestens zwei weitere Schwierigkeiten von der operativen Logik nicht behoben werden konnten. Zum einen blieb ungelöst, wie man sich für die Gültigkeit und dann auch für die Allgemeingültigkeit einer Subjunktion außer im Falle des Grundkalküls auf ein entscheidbares Prädikat wie ‚ist eine Ableitung‘ stützen können sollte, und zum anderen war kein Weg in Sicht, die Subjunktion in einer Weise, die ihrer Einführung in einer Kalkültheorie entspräche, auch auf Aussagen auszudehnen, die keine Ableitbarkeitsaussagen sind. Es entstand die Aufgabe, ein entscheidbares Prädikat zu finden, das geeignet ist, eine beliebige Aussage und zusammen mit ihr auch die logische Zusammensetzung solcher Aussagen, insbesondere die (objektsprachlichen) ‚wenn-dann‘-Aussagen, als eine Aussage zu charakterisieren. Die klassische Charakterisierung einer Aussage durch ihr Wahroder Falschsein ist ungeeignet, gibt es doch unentscheidbare Aussagen, von denen es dann nicht einmal mehr möglich wäre zu wissen, daß es sich überhaupt um eine Aussage handelt. Besonderes Gewicht erhält diese Tatsache durch Brouwers Entdeckung, daß auf der Grundlage ‹wertdefiniter› Aussagen deren logische Zusammensetzung die Wertdefinitheit im allgemeinen nicht erhält, insbesondere nicht bei subjunktiver Zusammensetzung, wenn diese nicht klassisch verstanden wird. Darüber hinaus reichen weder Beweisdefinitheit noch Widerlegungsdefinitheit noch Eigenschaften, die sich mittels dieser beiden definieren ließen, aus, die ‚wenn-dann‘-Verknüpfung zwischen Aussagen, geschweige denn, den allgemeinen Fall einer beliebigen, auch logisch zusammengesetzten, Aussage, auf entscheidbare Weise zu charakterisieren. An dieser Stelle bot sich eine Begriffsbildung aus der Spieltheorie als Rettung an: Ein sprachlicher Gegenstand A ist eine Aussage, wenn sich um A ein Dialog nach präzise festgelegten Spielregeln führen läßt. Um dabei den Begriff eines Dialogs um A entscheidbar zu machen, müssen die Regeln so vereinbart werden, daß A der Anfangszug eines partienendlichen und offenen Zweipersonenmattspiels wird. Aussagen sind weder durch Wertdefinitheit noch durch

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irgendeine Schachtelung von Beweisdefinitheit und Widerlegungsdefinitheit (das entspricht einer Hintereinanderschachtelung von Manchquantoren und Allquantoren über einem mehrstelligen entscheidbaren Grundprädikat entsprechend dem Beispiel ⊢α ε wahr ⇋ ∨x x ε Ableitung von α) charakterisiert und angesichts der Existenz in Bezug auf Wahrheit oder Falschheit unentscheidbarer Aussagen auch nicht charakterisierbar, vielmehr durch Dialogdefinitheit. Natürlich ist Gewinn oder Verlust einer Partie des Dialogspiels um A, eben eines Dialogs D(A), im allgemeinen keineswegs eine Funktion allein von A, hängt vielmehr von den einzelnen, nach Angriff gegen einen Zug und Verteidigung eines Zuges auf einen Angriff gegen ihn gegliederten, Spielzügen ab. Die Definition sowohl der Wahrheit als auch der Falschheit einer Aussage A kann daher nicht auf der Partieebene stattfinden, sie gehört der Strategieebene an. A ist wahr genau dann, wenn es eine Gewinnstrategie für A, d. h. einen ‹Beweis von A›, und genau dann falsch, wenn es eine Gewinnstrategie gegen A, d. h. eine ‹Widerlegung von A›, gibt. Die Metaaussage ‚A ε wahr ⊻ A ε falsch‘ hingegen ist nur klassisch beweisbar, nämlich als Folge des Sattelpunktsatzes für dergleichen Spiele; konstruktiv, also unter ausdrücklicher Berücksichtigung der Dialogdefinitheit auch des Prädikats ‚ist eine Gewinnstrategie‘, beruht ihre Geltung auf eben der Entscheidbarkeit von Gewinn und Verlust einer Partie. Ursprünglich waren die Spielzüge eines Dialogs um A irreführend mit Argumenten und Gegenargumenten in Bezug auf A verwechselt worden, obwohl die Spielregeln eines sprachlichen Ausdrucks diesen allererst zu einer Aussage machen, also nur deren Bedeutung festlegen; erst auf der Strategieebene geht es um die Geltung einer Aussage, und dann erst sollte von Argumenten die Rede sein, nämlich von Argumenten für oder gegen die Beweisbarkeit von A beziehungsweise für oder gegen die Widerlegbarkeit von A. Es hängt im übrigen von der spezifischen Definition des Dialogspiels ab, ob die Widerlegbarkeit von A mit der Beweisbarkeit von ¬A gleichwertig ist oder nicht. Entscheidend für den Begriff eines Dialogs ist unter den Spielregeln die effektive Dialogbedingung, weil sie zusammen mit der globalen (strukturellen) Angriffs- und Verteidigungsregel, die besagt, daß jeder Zug mit Ausnahme des als Behauptung vorgetragenen Anfangszuges entweder einen (vorangegangenen) Zug des Dialogpartners, sofern möglich, angreift (Angriffsrechte, die während einer Partie nicht erlöschen) oder einen eigenen Zug auf einen (vorangegangenen) Angriff gegen diesen Zug, sofern möglich, verteidigt (Verteidigungspflichten, die während einer Partie nicht erlöschen), garantiert, daß eine bedingte Behauptung, etwa von B unter der Voraussetzung A, mit der unbedingten Behauptung von A!B gleichwertig ist, also der übliche Zusammenhang von objektsprachlichem ‚wenn-dann‘ mit metasprachlichem ‚wenn-dann‘ hergestellt

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wird. Darüber hinaus ist in diesem Fall gesichert, daß die in der operativen Logik definitorisch erreichte Gleichwertigkeit von ‚(α⇨β) ε zulässig‘ mit ‚(⊢α!⊢β) ε wahr‘ zu einer aufgrund der lokalen (partikelbezogenen) Angriffsund Verteidigungsregel für Subjunktionen – A!B läßt sich mit A angreifen und gegen diesen Angriff mit B verteidigen – gültigen dialogischen Äquivalenz wird. Die effektive Dialogbedingung lautet: Kein Spieler muß sich auf einen Angriff verteidigen, ehe nicht dieser Angriff seinerseits auf endlich viele Angriffe verteidigt worden ist. Um dabei die Partienendlichkeit des Dialogspiels zu sichern, muß die Zahl der zulässigen Angriffe gegen einen Zug jeweils vor dem ersten Angriff durch den Angreifenden festgelegt werden, was sich auch durch die Wahl von (konstruktiven) Ordinalzahlen nach dem Anfangszug des Proponenten, erst durch den Opponenten, dann durch den Proponenten, ausdrücken läßt. Untersucht man die effektive Dialogbedingung genauer, so stellt sich heraus, daß sie in Bezug auf die Angriffs- und Verteidigungsregel für Subjunktionen eine Mittelstellung zwischen zwei Extremen einnimmt, die dann allerdings mit den übrigen Spielregeln jeweils nicht mehr verträglich wären. Das eine Extrem bestände darin, daß die Pflicht zur Verteidigung von A!B mit B auf den Angriff A erst entstände, wenn die Wahrheit von A gesichert ist, also eine ganze Gewinnstrategie für A vorläge. In diesem Fall verwandelte sich A!B in die Metaaussage ‚A ε wahr ! B ε wahr‘, und das Dialogspiel wäre nicht mehr partienendlich, etwa im Falle unentscheidbarer Aussagen. Das andere Extrem bestände darin, daß die Pflicht zur Verteidigung von A!B mit B auf den Angriff A genau dann entstände, wenn A nicht seinerseits angegriffen wird, so daß zum einen mit der Wahl zum Gegenangriff die Pflicht zur Verteidigung erlischt und die Wahl einer Verteidigung das Recht auf den (dann nachträglichen) Gegenangriff aufhebt. Abgesehen von der Unverträglichkeit mit den übrigen Spielregeln wäre in diesem Fall A!B dialogisch äquivalent mit ¬A ⋁ B, so daß die eigenständige Rolle der Subjunktion und damit die Unabhängigkeit des ‚wenn-dann‘ von den übrigen logischen Partikeln verloren ginge. Nun führt der Begriff einer formalen Gewinnstrategie für A, der die Gewinnbarkeit von Dialogen um A durch den Proponenten unabhängig von der Existenz von Gewinnstrategien für oder gegen die in A (eventuell erst nach Instantiierung der Primaussageformen) vorkommenden Primaussagen bedeutet, bei der effektiven Dialogbedingung zu den besonderen formalen Wahrheiten, etwa der formal wahren (genauer: formal-arithmetisch wahren) vollständigen Induktion in der Arithmetik, falls es sich bei den Primaussagen um arithmetische Primaussagen handelt. Liegen hingegen nur bereichsunabhängige dialogdefinite Primaussagen vor, so ergibt sich der Spezialfall formal-logischer Wahrheit, der mit der intuitionistisch-logischen Wahrheit gleichwertig ist. Bezogen auf die beiden, durch maximalen bzw. minimalen Aufschub für die Einlösung der Verteidigungspflicht

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nach einem Angriff charakterisierten, Extreme der Dialogbedingung ergibt sich im ersten Fall, daß der Begriff einer formalen Gewinnstrategie nicht anwendbar, und im zweiten Fall, daß er leer wäre, d. h., es gäbe keine formal wahren Aussagen. Damit hat sich eine Lage ergeben, die sich in folgender Weise zusammenfassen läßt. Die von der dialogischen Logik eröffnete Begriffsbildung inhaltlicher ebenso wie formaler Wahrheit hat einen neuen Zugang zur Logik geschaffen, wenn man unter Logik die mit logischen Zusammensetzungen von Aussagen samt den sich daraus ergebenden Folgen für die Wahrheit von Aussagen und die Implikation zwischen Aussagen befaßte Disziplin versteht. Damit wurde ein Verständnis des für die Wissenschaften konstitutiven Schlußfolgerns, des inhaltlichen ebenso wie des formalen, geschaffen, das auf einem dritten Weg, verschieden von den beiden gegenwärtig sonst meist üblichen, dem modelltheoretischen und dem beweistheoretischen, zustandekommt. Es läßt sich durch geeignete Abänderung des strukturellen Anteils der Spielregel sogar nachweisen, daß das Prädikat ‚klassisch-logisch wahr‘ extensional gleichwertig ist dem Prädikat ‚formal nicht intuitionistisch-falsch‘. Finden ließ sich dieser neue Weg dadurch, daß zweierlei vermieden wurde. Um den durch ‚wenn-dann‘ artikulierten sprachlichen Zusammenhang zu bestimmen, wurde weder auf ein ‹technisches›, direkt auf die Gegenstände, über die Aussagen gemacht werden, bezogenes Verständnis des ‚wenn-dann‘, etwa mittels des praktischen ‚wenn-dann‘ beim Regelfolgen, wie in der operativen Logik, oder mittels modelltheoretischer Konstruktionen zur Interpretation des ‚wenn-dann‘, wie in der Semantik möglicher Welten, zurückgegriffen, noch auf ein argumentatives, direkt auf die Beurteilung von mit Aussagen erhobenen Geltungsansprüchen bezogenes Verständnis des ‚wenn-dann‘, wie bei dessen beweistheoretischer Behandlung, einem ebenfalls ‹technischen› Verständnis, allerdings in diesem Fall bezogen auf Metaaussagen, wie etwa in der Aufgabenrechnung von Andrej N. Kolmogorov und deren späteren Präzisierungen. Logik aber ist eine im vollen Wortsinn syntaktische Disziplin von Sprachhandlungen und sollte weder in deren signifikativer Funktion umstandslos auf die Gegenstandsebene bezogen werden, wie es in der grundsätzlich wahrheitsfunktional aufgebauten Sprachsemantik geschieht, noch in deren kommunikativer Funktion gleich auf die Beurteilungsebene bezogen werden, wie in der grundsätzlich als Argumentationstheorie aufgebauten Sprachpragmatik üblich. Als zur Sprachsyntaktik und damit Grammatik gehörig dürfen in der Logik Sprachzeichen nicht bloß als Gegenstände behandelt werden, sie haben vielmehr als Gegenstände mit einer für sie charakteristischen sprachlicher Funktion zu gelten, nämlich einer pragmatischen, d. h. kommunikativen, und einer semantischen, d. h. signifikativen. Und hier ist die pragmatische Funktion

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keineswegs auf die Beurteilungsebene beschränkt, genauso wenig, wie die semantische Funktion sich allein auf der Gegenstandsebene abspielt. Läßt man dies außer acht, so wird Sprachsyntaktik zu einem bloßen Teilgebiet der Theorie der Kalküle. Syntax unter Ausschluß von Pragmatik und Semantik jedoch ist ein Unding. Logik könnte ihre Rolle in den Wissenschaften nicht erfüllen.

III

10 Logic as a Tool of Science Versus Logic as a Scientific Subject The dispute about logic being an art or a science is as old as the inception of logic proper with Aristotle and the Stoics (cf. Lorenz 1973). In fact, at present we meet, basically, the same dispute when we get confronted with two versions of treating logic: as skeleton of argumentation theories and as theory of formalized logical structures. Whoever wants to clarify the relations between these two approaches is confronted with problems that are rarely recognized. In one way or another, they are connected with the distinction of object and procedure – called ‘objet et opération’ by Gaston-Gilles Granger (1983, pp. 181–193 [Postface]), ‘matter and manner’ by Nelson Goodman (1978, chap. VI [Fabrication of Facts]) – that are bound together by duality, when procedures are themselves treated as objects of another realm that make objects of the first realm accessible. The objects of theories tend to be treated as something given that will be investigated. The means of investigation, however, are usually considered to be something that is not given, but has explicitly to be provided for such a purpose, be they practical skills or linguistic devices that, in such a context, belong to a realm of objects of logically higher order. Objects depend on actions as a means of dealing with them in order to make them accessible, and actions as a means depend on objects that they deal with in order to function properly as a means. Of course, there is nothing spectacular in turning activities into objects of investigation such that the procedures of investigation show up as certain second order activities, and climbing up in this way, the semantic ascent, may well be continued, if thought to be necessary for some purposes. The working scientist is doing this regularly. But what about the converse of dissolving an object into activities such that perspectives of the object will take the place of the object? In this case we are concerned with the substitution of an object by its properties, i.e., a set of second order objects. Again a familiar procedure, so it seems. But, usually, it is not realized, or taken for granted, that properties of an object – relational ones included – relate in a systematic fashion to the internal structure of the object, i.e., its being a whole out of parts. This implies that something which can only be said – by using predicates – matches in a rarely scrutinized way something which can only be shown – by using rules of action. Semiotics and pragmatics – hence, being an object and being a tool – are intimately bound together. For example, the property of being even, in the case of natural numbers, is equivalent to the number two being a (multiplicative) part of the respective natural number, though such an

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equivalence is stated without trying to relate the (multiplicative) part-wholerelation between numbers which is an external relation where numbers remain ‹indivisible› units, that is, ‹individuals›, to the internal structure of natural numbers as composites out of units. The well-established (minimal) logical structure of elementary propositions – a ‹general› term, i.e. a predicator, or, rather, a propositional function, is applied to (particular) objects represented by ‹singular› terms, i.e. nominators – is considered to be a kind of rock bottom on which to build theories without further attempts, neither by linguists nor by logicians, to give a foundation to such a bifurcation of terms. After Gottlob Frege had used the mathematical terminology of function and argument for giving a functional account of (elementary) propositions that eventually, by identifying the copula of logical grammar with the membershiprelation of set theory, allowed to read the sequence ‘singular term, copula, general term’ as the expression of a membership relation by turning the predicator into a nominator denoting a logically second order particular, it seemed to be superfluous to question the Fregean account. It had been – and still is – neglected that in this manner there is no chance to get rid of the peculiar internal relation between particulars and what is said about them as established in a proposition. Furthermore, whoever attempts to eliminate the copula that articulates the internal relation in question, will lose the opportunity to explicate how the copula is mirrored by an internal part-whole-relation, as well (cf. Lorenz 1977). Ludwig Wittgenstein’s challenge to Frege’s treatment of propositions as names that is a fatal blow also to a referential theory of truth, has never been widely accepted, certainly not among the majority of mathematicians (Wittgenstein 21971, 3.143). Whoever was convinced of the necessity of treating propositions in a pragmatic context and not in a semiotic one, did this by embedding propositions in speech acts, e.g., assertions, and not by considering a pragmatic approach to propositions themselves. This may be done by paying attention to the interplay of pragmatic and semiotic features in setting up propositions, both elementary and logically compound ones. You will notice that instead of ‘activity of investigation’ and ‘object of investigation’ I prefer to use the terms ‘pragmatic’ and ‘semiotic’ with respect to activities in general. I do this, because they are more appropriate to the general claim connected with the approach I want to sketch. In this approach I am concerned with conceptual clarifications beneath logic proper rather than with new scientific results. My starting point is derived from Peircean and Wittgensteinean ideas: A dialogue-situation conceptualized as a two-person-game being a generalized Wittgensteinean language-game without explicit linguistic activity in the beginning, will serve to model the acquisition procedure of an action-competence. Dialogical constructions will lead from modelling simple activity to modelling the

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growth of more complex activities up to elementary verbal utterances and eventually to logically compound propositions. At first some general remarks:1 Following Charles S. Peirce, pragmatics may be considered to have become the modern heir of ontology with semiotics being its counterpart as the modern heir of epistemology. Yet, in such a context and irrespective of further conceptual refinements both disciplines should not be understood as two newly established empirical sciences, but as ways of investigation where empirical procedures are combined with reflexive procedures. Using such a broader perspective both actions and sign-actions are not only treated as objects of research and representation, as, e.g., in Charles Morris’ (cf. Morris 1946) and Umberto Eco’s (cf. Eco 1975) approach, but also as a means or tool of research and representation. You not only observe and describe these entities according to certain standards, but you also produce them in a perspicuous fashion in order to arrive at some kind of approximating reconstruction of what you take to be available, already. Hence, the constructions serve cognitive purposes in the sense of delineating the very areas of (particular) objects one proceeds afterwards to investigate in the more usual way. Language-games as well as the generalized ones of acquiring simple action competences exhibit a semiotic function if understood as icons in the sense of Peirce. An area of internally structured objects is found by inventing a prototype. Thus, even the distinction of action and sign-action, though systematically neglected in Wittgensteinian language-games in favour of simple action competence that is taken for granted, has to be relativized in view of a purely functional account of both what it means to be an object and what it means to be a sign (of an object). The two Aristotelian categories, ποιεῖν and πάσχειν, doing and suffering, will enjoy a lively comeback – they did this in John Dewey (1921, p. 86), already – as the two sides we are concerned with when doing something: you do it yourself (active) and you recognize others (including yourself!) doing the same (passive [with respect to the content of recognition]). These two sides reoccur in the model of an elementary dialogue-situation with two agents being engaged in the process of acquiring an action-competence. At each given instant just one of the agents is active – a ‹real› agent – and the other agent – the ‹potential› agent or ‹patient› – is passive. The agent in active role is performing an action, which is usually understood as the ability to produce different tokens of the same type, while the agent in

1 Parts of the following exposition derive from revisions of Lorenz (2005), as well as from revisions of the use of that paper in the original version of the present paper.

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passive role is recognizing the action in question, which may be understood as the ability to ‹see› different tokens as belonging to the same type. One has learned an action, if one is able to play both roles: While acting you know what you are doing, or, conversely, if you don’t know what you are doing, you don’t act. Another way of saying this would be: Each action appears in two perspectives, in the I-perspective of performing the action, thereby producing an action token – it should be called the pragmatic side of an action, or its ‹natural› side –, and in the You-perspective of recognizing the action, thereby imagining an action type that should be called its semiotic or ‹symbolic› side. We have come across the first step of carrying out the program of ‹naturalizing language› and other symbol systems, and, at the same time, of ‹symbolizing world›, in order to bridge the alleged gap between the two. Peirce has sketched a way of deriving signs out of objects in more or less the same manner as I just did, and he was looking for something that is a sign of itself, in other words: something that combines object status and sign status by functioning both ways. The basic point of his pragmatic foundation of semiotics or, rather, of the interdependence of pragmatics and semiotics, was to give an account of the process of separation between sign and its object within the framework of his Pragmatic Maxim (cf. Scherer 1984). Now, within the model of acquiring an action-competence by an elementary dialogue-situation some further distinctions are obligatory. They are based on the observation that producing an action-token (= individual action) and imagining an action-type (= generic act), i.e., I-perspective and You-perspective of an action, are inseparable and may not be treated in isolation from each other. And this extends to the mutual dependence of token and type, being (particular) objects of logically first and second order, respectively. Up to now, the model of acquiring an action-competence is presented in a way where actions appear as full-fledged particular objects and not as merely a means of dealing with objects that do not yet enjoy the status of being objects themselves. This is a crucial shortcoming, because the status of being a means without being objects is essential because otherwise, in order to ensure accessibility of any kind of objects, means as objects depend on other actions as a means of dealing with them: a starting point of an infinite regress. Dialogical construction as a means of study asks for self-application such that the interdependence of the status of being-a-means and the status of being-an-object, hence of ‹epistemology› (You-perspective) and ‹praxeology› (I-perspective) on the one hand, and of ‹ontology› on the other hand, is laid bare. Actions as a means are characterized by their two sides as they arise from the two perspectives, from I-perspective and You-perspective. Yet, when performing is understood to consist in nothing but producing (an action-token)

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and, correspondingly, recognizing in nothing but imagining (an action-type), the action in question is treated, already, as an object or even as two objects, the token as an external or ‹corporeal› particular and the type as an internal or ‹mental› particular, and not as merely a means. Even if action particulars of logically first order, i.e., individual acts, are treated uniformly without being split into external and internal entities, particularity implies the character of being an object, hence particulars remain dependent on means of dealing with them. Therefore, dialogical construction by establishing a model of acquiring an action-competence has to give a more adequate account of both performance and recognition. Usually, in the terminology of type and token, where types are treated logically as generated ‹by abstraction› out of tokens, and where tokens originate ‹by concretion› from types, both types and tokens are (individual) objects, yet of different logical order, which are related in standard notation as sets to their elements. At the lowest level, if there is one, the final universe of discourse is located, i.e., a world of elementary individual objects, the particulars, to which everything else will have to be reduced. Such an account, by neglecting the distinction between particularity on the one hand and singularity as well as universality on the other hand, violates the inseparability of (producing a) token and (imagining a) type in the context of actions as a means, or, rather, it exhibits an equivocation in the use of ‘type’ and ‘token’. It is necessary to relinquish both the equivalence of ‘performing an action’ with ‘producing an action token’ and the equivalence of ‘recognizing an action’ with ‘imagining an action type’. Instead, performation comes about by executing something singular and recognition comes about by cognizing something universal, whereas producing (a token) together with its twin activity of imagining (a type) occur with respect to something particular. In other words: Singular execution while performing an action is done in producing an action-token, i.e., an individual act, and universal cognition while recognizing an action is suffered in imagining an action-type, i.e., a generic action. Therefore, it is advisable to limit the use of the terms ‘type’ and ‘token’ to denote particulars (of different logical order) that are imagined and produced, respectively, when actions are objects of recognition (You-perspective) and performation (I-perspective), respectively. Cognizing and executing, however, take place when actions occur as a means, i.e., as universal features resp. singular ingredients of particulars that are exhibited by actions which deal with them. We may say that particulars together with the situations (of acting) of which they occupy the foreground are appropriated by executing an action of dealing with them in the course of a performance, and you detach yourself from them by cognizing such an action in the course of a recognition. It should be noted that neither universal features nor singular ingredients have object status by themselves; they

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remain means with respect to (particular) objects. Universals cannot be appropriated and from singulars one cannot be detached. Hence, in performances of an action that is dealing with a particular you (pragmatically) present one of the (singular) token ingredients of this particular, whereas in recognitions of an action that is dealing with a particular you (semiotically) represent one of its (universal) type features. Switching from the language of means – pragmatic means are singular, semiotic means are universal – to the language of objects (= particulars) you may say that it is individual acts that provide both services, of presentation with respect to its performance perspective and of representation with respect to its recognition perspective. In appropriation as well as in detachment of particulars of arbitrary category, like individual acts, individual things or events, groups of individuals or other nonindividual particulars, etc., the actions of dealing with particulars are used as a means, of presentation (of singular tokens – the way a particular is present) in the case of appropriation, and of representation (of universal types – the way a particular is identified) in the case of detachment. Particulars may be said to act as appearances of ‹substances›, i.e., some part of the whole out of like singular tokens is a part of the particular, and as carriers of ‹properties›, i.e., the particular is an instance of a universal type.2 Therefore, in order to distinguish between ‹performing by producing a (particular concrete) token› and ‹performing by executing a singular ingredient›, we will, henceforth, in the latter case, say ‘actualize’ instead of ‘perform’, and, correspondingly, in order to distinguish between ‹recognizing by imagining a (particular abstract) type› and ‹recognizing by cognizing universal features› we will, in the latter case, say ‘schematize’ instead of ‘recognize’. Within the model of an elementary dialogue-situation where two agents are engaged in the process of acquiring an action-competence, the activities of actualizing and schematizing should not be understood as performances of two separate actions; it is one action the competence of which is acquired by learning to play both the active and the passive role. Active actualization makes the action appear in I-perspective, passive schematization lets it appear in You-perspective. Any action as a means is characterized by its pragmatic and its semiotic side, and it doesn’t make sense as yet to speak of the action as an ‹independent› object(-type) split into particulars, i.e., some set of individual acts. In order to achieve the switch from action as a means to action as object, it is essential to

2 A particular wooden chair, for example, acts as a carrier of all the properties conceptualized by ‘wooden’, and as an appearance of the substance ‹wood›, inasmuch as a part of ‹the whole wood› may be considered to be a part of the particular wooden chair, cf. Lorenz (2018).

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iterate the process of acquiring an action-competence by turning the two sides of an action into proper actions by themselves, i.e., into actions of dealing with the original action under its two perspectives such that the (secondary) actioncompetences additionally required will have to be modelled in turn by means of (now non-elementary) dialogue-situations. Such a further step may be looked at as an application of the principle of self-similarity. What has to be done is to schematize and to actualize the elementary dialogue-situation, i.e., to create a He/She-perspective towards the I/You-situation such that, on the one hand, He/She becomes a (secondary) You-perspective with respect to I/You as I, and, on the other hand, He/She becomes a (secondary) I-perspective with respect to I/You as You. In the first case you gain an ‹exterior view› of the original action by acquiring a second level action (with respect to the original action) which functions as one of the indefinitely many aspects of the original action: The You-perspective is turned into the schema of a second level action out of an indefinite series of second level actions. In the second case you gain an ‹interior view› of the original action by acquiring a second order action (with respect to the original action) which functions as one of the indefinitely many phases of the original action: The I-perspective is turned into an actualization of a second order action out of an indefinite series of second order actions. The semiotic side of an action is split into a multiplicity of aspects or (secondary) You-perspectives, and the pragmatic side of an action likewise into a multiplicity of phases or (secondary) I-perspectives. By (dialogical) construction, it is in its active role that an aspect-action is I-Youinvariant and, in this sense, ‹objective›, whereas a phase-action is I-You-invariant in passive role, only. Hence, by applying the principle of self-similarity once again to both aspects and phases, the pragmatic side of an aspect-action is split into a multiplicity of objective articulations or sign-actions, and the semiotic side of a phase-action into a multiplicity of objective mediations or partial actions. Any one of the sign-actions is a means to designate the original action, and any one of the partial actions is a means to partake of the original action, where designating and partaking function with the proviso that the original action itself is turned from a means into an object. In fact, an action as object – things, events, and other categories of entities are included among actions by identifying an entity[-type] with the action[-type] of dealing with the entity – is constituted, on the one hand ‹formally›, by identification of the schemata of the aspect-actions, i.e., of their ‹subjective› semiotic side, and, on the other hand ‹materially›, by summation of the actualizations of the phase-actions, i.e., of their ‹subjective› pragmatic side. On the one side, through identification, an action as object is a semiotic (abstract) invariant of which one partakes by means of a partial action, and on the other side, through summation, it is a pragmatic (concrete) whole which one designates by means of a

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sign-action. With respect to the additional dialogue-situations modelling the acquisition of second-order-action-competences as well as second-level-actioncompetences the original action as object occurs within a situation which, in fact, is responsible for individuating the original action as object. The move of objectivation from action as a means to action as object is accompanied by a split of the action into (action-)particulars such that the respective invariants may be treated as kernels (= form) of the schemata of aspects (= universalia), and the respective wholes correspondingly as closures (= matter) of the actualizations of phases (= singularia). Dialogical construction of particulars being dependent on identification of schemata of aspects and on summation of actualizations of phases, implies the establishment of mutual independence between objectival foreground and situational background. In order to achieve this, a specially chosen articulation has to act as a substitute for arbitrary aspects with respect to some partial action – such a function of substitution may be articulated by rules of translation among aspects – and will be called symbolic articulation. Constant foreground and variable background will thus become independent of each other. Analogously, any mediation will have to acquire the function of having the phase to which it belongs extended by arbitrary other phases with respect to some sign-action – such a function of extension may be articulated by rules of construction for phases – and will be called comprehensive mediation. In this case, constant background and variable foreground are made independent of each other. Both constructions together guarantee that particulars contrast with their surroundings.3 By symbolic articulation that is a symbolic sign-action, you arrive at a semiotically determined particular in actualized situations, i.e., the particular is symbolically represented, whereas by comprehensive mediation that is a comprehensive partial action, you arrive at pragmatically determined particulars in a schematized situation, i.e., the particulars are symptomatically present. The semiotic side of partial actions (‹what you do›) and the pragmatic side of sign-actions (‹how you speak›), together they make up the ways of life (of the agents). Correspondingly, the pragmatic side of partial actions (‹how you act›) and the semiotic side of sign-actions (‹what you say›), together they make up the world views (of the agents). Articulation, on the semiotic side and not as a mere activity, is signified canonically by the result of a sign-action, an articulator, that has to be taken as a (verbal) type, in a speech situation. And if it is treated as functionally equivalent

3 For an explicit dialogical construction of both identification and summation, cf. Lorenz (1997, p. 145 ff.).

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with any other way of articulation, including non-verbal ones, it acts as a symbolic articulator. Again semiotically, i.e., as a sign(-action), it shows its two sides, a pragmatic one and a semiotic one. The pragmatic one is to be called communication, or the side with respect to persons, and the semiotic one is to be called signification, or the side with respect to (particular) objects. By iteration, communication splits into (content of) predication on the semiotic side, and mood (of predication) on the pragmatic side, whereas signification splits into (intent of) ostension on the pragmatic side, and mode of being given on the semiotic side. Any predication can take place only by using a mood, and any ostension is effected only by using a mode of being given. We have strictly to distinguish: content and mood of predication, intent and mode of ostension. The moods of predication are, of course, speech acts, and only with respect to a mood a predication contains a claim, e.g., a truth claim. Without second order articulation of mood and mode, we have arrived at one-word sentences ‘P’ (pragmatically in a mood and semiotically using a mode of being given) by uttering the articulator ‘P’. They combine predication within communication and ostension within signification by just one utterance (in a speech-situation). With the next step we introduce the separation of significative and communicative function, two functions that coincide with showing and saying in the terminology of Wittgenstein’s Tractatus. Separation may be executed in two ways by using operators for neutralizing one of the two functions: (1) with respect to predication, i.e., the semiotic side of communicative function; separation leads to: δPεP (this P [= something done] is P[-schematized]), or, alternatively, to σPπP (the universal P [= something imagined] is P-actualized), (2) with respect to ostension, i.e., the pragmatic side of significative function; separation leads to: δPζP (this P belonging to P), or κPξP (the whole P [= something intuited] being P-exemplified). The operators: demonstrator ‘δ’ and attributor ‘ε’ (= copula), respectively, neutralize the communicative function and the significative one; hence, ‘δ’ keeps the significative function and ‘ε’ keeps the communicative one, with the result that ‘δP’ plays a singular role and ‘εP’ a universal one. In the terminology of logic or semiotics, ‘δP’ which is used to ‹ostend› P, is an index of an actualization of the action articulated by ‘P’, whereas ‘εP’which is used to ‹predicate› P, is a predicator serving as a symbol of the schema of action P. Predication εP and ostension δP with its respective associates: form of a proposition ‘__εP’ and form of an indication ‘δP__’ are the modern equivalents of the traditional ‹forms of thinking› and ‹forms of intuition›, respectively. It might have been possible to proceed dually by using two operators, universalisator ‘σ’ and presentator ‘π’ with switched roles as already mentioned, but this

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will not be discussed at this place. In the second case of separation with respect to ostension which invokes the pragmatic distinction ‹active-passive› and not the semiotic distinction ‹singular-universal›, either demonstrator ‘δ’ and partitor ‘ζ’, or, dually, totalisator ‘κ’ and exemplificator ‘ξ’ serve the same purpose: ‘δ’ and ‘κ’ keep the significative function in active and passive role, respectively; vice versa with the other two. What is not yet available up to now and what would not even make sense, are ‹propositions› like δPεQ and ‹indications› like δQζP. The reason why these expressions do not make sense, is simply the following: ‘δP’ is not the kind of expression to occupy the empty place in a propositional form ‘__εQ’ with Q ≠ P, and ‘ζP’ is not the kind of expression to occupy the empty space in an indicational form ‘δQ__’ with Q ≠ P. Instead, we have to introduce individuators ‘ιP’ in order to refer to particulars, i.e., the situation-dependent units of the action articulated by ‘P’; ‹things› as well as objects of other categories, any one (type) of them being identified with the action(-type) of arbitrary dealings with an object(-type), hence, any of the socalled ‹natural kinds›, are, of course, included among the P. Particulars, be they individual things or events, individual acts or processes, are composed out of kernels of schemata of aspects, i.e., σ(ιP) (= invariants), together with closures of actualizations of phases, i.e., κ(ιP) (= wholes). Hence, particulars may be considered to be half thought and half action. Using individuators we, now, may write down eigen-popositions ιPεP as well as eigen-indications δPιP (short for: δPζιP), and it is possible to render these versions of saying and showing in the following traditional way: 1. In the case of saying (ιPεP): the universal σP is predicated of a P-particular by means of ‘εP’ (or: within the proposition ιPεP, the individuator is a sign of an indication, and, hence, functions as a nominator of a P-particular, i.e., within the proposition ιPεP, nomination by ‘ιP’ is shown), and 2. In the case of showing (δPιP): ostending the whole κP at a P-particular by means of ‘δP’ (or: within the indication δPιP, the individuator is a sign of a proposition, and, hence, functions to say that participation at a P-particular holds, i.e., within the indication δPιP, participation at ιP is said). Hence, reference to particulars ιP includes both nomination of κ(ιP), i.e., of the matter of ιP, and participation at σ(ιP), i.e., at the form of ιP. As a remark, it may be added that nominating is the articulation of designating by symbolic articulation, and, analogously, participating is the articulation of partaking by comprehensive mediation. The composition of P, e.g., wood, and Q, e.g., chair, is a result of separating speech-situation and situation-talked-about. It can be realized by analyzing and reconstructing what happens when, e.g., in a Q-situation you are uttering ‘P’. In

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the foreground of the situation-talked-about which is articulated by ‘P’, there are two particulars to be welded. It may come about in either of two possible ways: 1. An aspect (with its schema being) out of σ(ιP) coincides with a phase (actualizations of which being) out of κ(ιQ), e.g., sitting on a wooden chair as a phase-action with respect to chair is simultaneously an aspect-action ‹sitting on the wood of the chair› with respect to wood; 2. A phase out of κ(ιP) coincides with an aspect out of σ(ιQ). In the first case you may articulate the coincidence predicatively by εPQ (= is a wood of [a] chair), in the second case ostensively by δ(QP) (= this wood with the form of [a] chair). Instead of δPQ ε PQ we may write ιQεP (= ιQ is P, or: this [particular] chair is wooden), and likewise, instead of δ(QP) ζ (QP), it is possible to write δPιQ (short for: δPζιQ) (= δP at ιQ, or: this dealing with wood belonging to this [particular] chair). Hence, ‘εP’ acts as a symbol for the result of schematizing ιQ, whereas ‘δP’ acts as an index for the result of actualizing ιQ. The introduction of compound articulation Q*P such that ε(Q*P) = εPQ and δ(Q*P) = δ(PQ) – these two ways of specialization are relativization of ‘P’ by ‘Q’, yielding ‘PQ’ [i.e., P of Q] and modification of ‘Q’ by ‘P’, yielding ‘PQ’ – is achieved by again using dialogical construction, and it is successful in case such specializations (wood of [a] chair resp. wooden chair) ‹make sense›.4 An indication δPιQ shows that the substance κP is ostended at ιQ by means of ‘δP’; a proposition ιQεP says that the property σP is predicated of ιQ by means of ‘εP’. In short: ιQ consists both of phases such that the closure of their actualisations is κ(ιQ), and of aspects such that the kernel of their schemata is σ(ιQ), i.e., of form and matter in traditional terminology. As a further historical remark, it may be added that the two sides of a particular ιQ, the concrete whole κ(ιQ) and the abstract invariant σ(ιQ), correspond neatly to ‹body› or ‹phenomenon› and ‹soul› or ‹fundament› of a monad as it is conceived in the Monadologie of Gottfried W. Leibniz.5 It may also be useful to observe that the identification of δPQ ε PQ with ιQεP, i.e., the introduction of (one-place) elementary propositions, is closely related to Hans Reichenbach’s transition from a thing-language to an event-language articulated with the help of an asterisk-operator which moves the predicative ingredients of a subject term of an (one-place) elementary proposition into its predicate term (Reichenbach 1947, § 48), e.g., from ‘this man is smoking’ you arrive at ‘smoking of [this particular] man’, or: (ιQεP)* = PQ.

4 Cf. for the details of this procedure: Lorenz (2000). 5 Cf. for further corroboration various essays in: Dascal/Yakira (1993).

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We have reached the usual account of (one-place) predication where ‹general terms› ‘P’ or, rather, propositional functions ‘_εP’ in the sense of Frege, serve to attribute properties to particulars of an independently given domain of Q-objects, in the simplest case referred to by deictic descriptions ‘ιQ’ that are special cases of ‹singular terms› [another use of ‘singular’!]. The meaning of such an elementary proposition ιQεP will of course be defined with respect to the significative function of PQ under its mode of being given, provided the compound articulation works, whereas the validity of ιQεP is tantamount to the existence of a particular ι(PQ) such that the kind of existence is defined by the mood of the elementary proposition. In the assertive mood we speak of real existence and equate validity with truth. Now, the strategy to introduce compound propositions, especially logical composition, follows the procedure for introducing compound articulators, because neither move, the one of reducing propositions to primary constituents of the set-theoretic type α ϵ β, or, alternatively, as in constructivism, to derivability propositions ⊢K α with respect to some calculus K, is going to work outside special areas. What has to be done is to guarantee that compound articulations of whatever kind will in fact be articulations again, i.e., will have both a significative and a communicative function. The special case of logical composition of propositions has been successfully handled by dialogical logic, and as the details are well known I may restrict myself to a few final remarks: The significative function of a logically compound proposition A may be defined as being the significative function of the compound articulator A* (δA*εA* ⇋ A) that is given by the rules of an open finitary two-person zero-sum game, i.e., a dialogical game with A in initial position, whereas the communicative function, again of A*, with respect to the assertive mood of A is a (material) truth claim which may be fulfilled by presenting a winning strategy for A. You will be aware that in case of, e.g., logically compound arithmetical propositions – in constructive arithmetic, its basis is the ‹arithmetical› calculus for deriving sequences of strokes or another primitive figure – a theory of winning strategies will need a theory of (constructive) ordinals to handle it. At this point we reach present day research, especially in proof theory, but that is beyond my concern in this paper.

Literature

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11 Über die sprachlichen Werkzeuge ‚Teil‘ und ‚Ganzes‘ mit drei Exkursen: Ostension, Prädikation, Qualia ‚Teil‘ und ‚Ganzes‘ (griech. τò μέρoς/τò μóριον – τò ὅλον, lat. pars – totum, engl. part – whole, franz. la partie – le tout) gehören neben den beiden Begriffspaaren ‹Eines/Einheit – Vieles/Vielheit› (griech. τò ἕν/ἡ ἑνóτης [abstr.], ἡ μoνάς [konkr.] – τὰ πoλλά, lat. unum/unitas – multa) und ‹Einzelnes – Allgemeines› (griech. καθ᾿ ἕκαστον – καθóλου, lat. singulare – universale) zu den ältesten terminologischen Hilfsmitteln der philosophischen Reflexion und dabei ist ‹Teil – Ganzes› in der Tradition der europäischen Metaphysik regelmäßig ein mit dem Paar ‹Akzidens – Essenz› sowohl konkurrierendes als auch es ergänzendes Mittel (theoretischer) Orientierung in der Welt. Bei der auf Stanisław Leśniewski (1916) zurückgehenden formalsprachlichen Fassung einer Theorie von Teil und Ganzem, der Mereologie, ging es zunächst um den Versuch einer Ersetzung der Mengenlehre in ihrer Rolle als einer Theorie vom Einzelnen und Allgemeinen, der mittlerweile jedoch weithin als die Mengenlehre ergänzend angesehen wird. Diese Ergänzung ist insbesondere deshalb erforderlich, weil in der Entgegensetzung von ‹einzeln› und ‹allgemein› ungeklärt blieb, wie ‹einzeln› von ‹besonders› und damit auch das Allgemeine von etwas Partikularem höherer logischer Stufe, den Abstrakta, abzugrenzen ist, zumal die Auszeichnung von Individuen einer Art vor anderen partikularen Einheiten dadurch, daß sie keine Teile derselben Art haben, angesichts der Möglichkeit, etwa einen individuellen Menschen als aus zeitlichen Abschnitten – auch diese sind Menschen, wenngleich nicht von Geburt bis Tod, und damit nicht jeder solche Abschnitt ‹ein ganzer› Mensch – zusammengesetzt anzusehen, ebenfalls eine begriffliche Klärung verlangt. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, daß für Individuen der Art homo sapiens, die, wie beliebige Individuen, den Status von Objekten haben, ihre besondere Fähigkeit zur Selbstbestimmung im Prozeß der Ausbildung von Individualität und Sozialität ihnen zusätzlich den Status individueller und sozialer Subjekte verleiht. Sie üben dann die Rollen von Ich und von Du aus und wissen das auch. Diese Fähigkeit schließt die Entwicklung verschiedener Kompetenzen ein: einerseits die eigene Zugehörigkeit zu Gruppen von Menschen zu erkennen sowie anzuerkennen oder zu verweigern (Wir-Rolle und Ihr-Rolle), andererseits solche Gruppen sowohl zu bilden als auch aufzulösen (etwa Familien, Fanclubs, Orchester), außerdem diese zu vertreten und voneinander zu sondern im Sinne eines seinerseits auf Anerkennung angewiesenen Anspruchs, für oder gegen solche Gruppen, unter Umständen sogar für die ‹ganze› Menschheit, reden zu können. Dabei wird nicht hinreichend geklärt, ob Reden allgemein als Mensch https://doi.org/10.1515/9783110670301-011

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und Reden mit dem Anspruch, ‹die ganze› Menschheit zu vertreten, auf dasselbe hinauslaufen, welche Rolle dabei Subjektstatus und Objektstatus spielen und worum es in diesem Zusammenhang bei dem (besonders in den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften stets aufs Neue geführten) Streit um den vermeintlichen Primat des Individuums oder dem der Gesellschaft, also um Individualismus oder Kommunitarismus, eigentlich geht. Ganz allgemein läßt sich rein klassenlogisch nicht klären, was es mit dem Unterschied für eine Bewandtnis hat, der besteht zwischen – auf der einen Seite – Gruppenbildung (von Einheiten eines durch ein Individuativum, z. B. ‚Mensch‘, artikulierten Objektbereichs) bzw. Verschmelzung oder Zerlegung (von Einheiten eines durch ein Kontinuativum, z. B. ‚Wasser‘, artikulierten Objektbereichs zu einer größeren Einheit oder in kleinere Einheiten), und – auf der anderen Seite – der (einen Spezialfall der Abstraktion bildenden) Klassenbildung. Im ersteren Falle gehören die neugewonnenen Einheiten derselben logischen Stufe an wie die ursprünglichen (z. B. bei der aus Menschen bestehenden Gruppe der Taubstummen, der Europäer oder gar bei der aus ‹allen› Menschen gebildeten ‹ganzen› Menschheit, oder etwa bei der Verschmelzung von Wasser in Löffelportionen zu Wasser in Flaschenportionen). Im letzteren Falle gehören die gewonnenen Klassen (der Taubstummen, der Europäer, der Menschen, bzw. die Klassen unterschiedlicher Wassereinheiten) als Abstrakta zu einer logisch höheren Stufe als ihre jeweiligen konkreten Elemente. Die deshalb in der Mengenlehre grundsätzlich herrschende strikte Trennung zwischen der Elementbeziehung (symbolisiert durch ‚∈‘) und der Teilmengenbeziehung (symbolisiert durch ‚⊂‘) verbietet es sogar, ein einzelnes Element m∈M als einen Teil von M anzusehen; um das auszudrücken, muß erst zur Einermenge {m} übergegangen werden, für die tatsächlich {m}⊂ M gilt. Allerdings ist in der Mengenlehre, falls sie als ein axiomatisches System aufgebaut wird, die Konstitution der Einheiten des dem axiomatischen System jeweils zugrundeliegenden Objektbereichs (in diesem Fall Mengen ohne einen oder – unter Identifizierung von Einermengen mit ihrem Element – mit einem Individuenbereich als Grundbereich wie etwa in Typentheorien) bereits vorausgesetzt, während in der Mereologie, sofern dabei Teil und Ganzes nicht ihrerseits ebenfalls bloß durch ein Axiomensystem auf einem Grundbereich bereits gegebener Einheiten charakterisiert sind, auch die einem Objektbereich zugrundeliegende Individuation in (partikulare) Objekte thematisiert werden muß. Prototyp eines Ganzen ist ursprünglich ein individuelles Lebewesen. Hier steht ‹ganz› noch ohne genauere terminologische Fixierung neben seiner allgemeinen Bedeutung eines Teilezusammenhangs zudem noch (a) mit der Bedeutung ‹unversehrt› (lat. integer; d. h. kein [wesentlicher] Teil fehlt, vgl. Aristoteles, Met. 1023b26-1024a28) im Gegensatz zu ‹verstümmelt›, (b1) mit der Bedeutung ‹voll/reichlich/viel› (lat. plenus; d. h. keiner Steigerung/Erweiterung fähig oder

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bedürftig) im Gegensatz zu ‹leer/ärmlich/wenig›, (b2) mit der Bedeutung ‹vollständig› (lat. completus; d. h. aus allen Gegenständen einer Art bestehend) im Gegensatz zu ‹unvollständig›, und (c) für ein eigenständig Eines (lat. unum, vgl. Christian Wolf, Philosophia prima sive Ontologia [Frankfurt/Leipzig 21736], § 346 und § 341: „omne totum est unum“ als Zusammenfassung der beiden Definitionen „Unum, quod idem est cum multis, dicitur Totum“ und „Multa, quae simul sumta idem sunt cum uno, dicuntur Partes ejus“) und damit für etwas eine Einheit bildendes Zusammenhängendes im Gegensatz zu etwas bloß Zusammengesetztem (lat. compositum/aggregatum, auch: Summe [der Teile]), einer Vielheit und damit einem Ganzen minderen Ranges. Weil Lebewesen die prototypischen Ganzen sind, tritt schon bei Platon (Tim. 30–32) auch der Kosmos selbst als ein Organismus auf, der insbesondere alle ihrerseits noch der Form (εἶdoς) eines Teiles unterworfenen Lebewesen umfaßt, und daher unter Anspielung auf die Formel des Parmenides ἓν καὶ πᾶν (Eines und Alles) nur Eines, das ‹All-Eine› oder ‹Weltganze›, sein kann. Zugleich wird in diesem Bild die später von Gottfried W. Leibniz in die systematische Form der Monadentheorie gebrachte Zusammengehörigkeit von Gegenstand und Darstellung, also inhaltbezogener (‹onto-logischer›) und formbezogener (‹epistemo-logischer›) Betrachtungsweise, durch die Unterscheidung von teilbarem Körper (σῶμα; corpus) und unteilbarer, aber alles durchdringender Seele (ψυχή; anima) eingefangen: Das Band (δεσμός), das die (körperlichen) Teile (in Platons Fall des Kosmos die vier Elemente, Tim. 38e) unter Einschluß seiner selbst zu einem Ganzen zusammenbindet, ist der zur Tätigkeit der Seele gehörende, ihren rationalen Anteil ausmachende Logos. Er tritt auf in Gestalt jeweils einer Proportion, dem Aufstellen von (ganzzahligen, eben ‹rationalen›) Verhältnissen zwischen den Teilen eines Ganzen, das die Einheit des Ganzen allererst erzeugt (bei Platon – ‹totum pro partibus› – durch Konstruktion der Weltseele, Tim. 34–36). Die in der Antike umstrittene Vorstellung, auch alle Vorgänger einer positiven ganzen Zahl, die größer oder gleich 2 ist, als deren (additive) Teile aufzufassen, die 1 hingegen als unteilbar, hat keinen Eingang in den neuzeitlichen Sprachgebrauch gefunden, wohl aber werden bis heute die (multiplikativen) Teile einer ganzen Zahl, ihre ‹Faktoren›, als deren ‚Teiler/Divisoren‘ bezeichnet, was zum Anlaß für den Aufbau einer Teilbarkeitstheorie über dem Bereich der Grundzahlen wird, die ihrerseits ein wichtiges Teilgebiet der Zahlentheorie bildet, einem Ganzen, das als ein Teil [des Gebietes] der Mathematik gilt. Aristoteles verallgemeinert die bei Platon auf Lebewesen bezogene Rolle der Seele als das eine Zusammensetzung von Teilen in ein Ganzes, einen Teilezusammenhang, überführende Prinzip auf beliebige partikulare Objekte und verfährt dabei zunächst so, daß zwei begrifflich nicht scharf voneinander getrennte Redeweisen eingeführt werden: die Rede von einem Partikulare (καθ᾿ ἕκαστον) zum

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einen als etwas auf der Gegenstandsebene dem Entstehen und Vergehen unterworfenes und dort durch Wahrnehmung (αἴσθησις) zugängliches ‹Zusammengestelltes› (σύνθετον) aus Stoff (ὕλη) und Gestalt (μορϕή), zum Beispiel ein Haus aus Steinen (Met. 1023a31-33, vgl. Met. 1052a20-21), zum anderen als etwas auf der dem Entstehen und Vergehen entzogenen Darstellungsebene durch Denken (διάνοια) gewonnenes ‹Zusammengefügtes› (σύνολον) aus Stoff und Form (εἶδoς), wobei Stoff das ist, wovon etwas ausgesagt wird (ὑπoκείμενoν), z. B. Steine, und Form das, was ausgesagt wird (κατηγoρεῖσθαι), z. B. HausSein. Dies wiederum ermöglicht die begriffliche Bestimmung eines Partikulare (vgl. Met. 999b12-24 sowie das Beispiel eines Menschen mit Seele in Met. 1037a2630), und zwar deshalb, weil die ‹vernünftige Seele› (ψυχὴ νoητική, lat. anima rationis [= animus]), unbeschadet der Teillosigkeit der anima – diese ist in scholastischer Terminologie eine Ganzheit wirklicher Kräfte (totum potestatium), deren jede, auch der animus, von keiner der anderen abgetrennt ist – der ‹Ort der Formen› (τόπoς εἰδῶν, de an. 429a27ff) ist, was es erlaubt, von einem auf diese Weise möglichen Erfassen des (unveränderlichen) Wesens (oὐσία) eines Partikulare zu sprechen, also seines ‹Logos› in der schon von Platon im Dialog Kratylos verwendeten Lesart von Usia als durch einen Ein-Wort-Satz dargestellte Tatsache, daß ein (zugrundeliegender) Stoff in einer (einheitstiftenden) Gestalt auftritt (vgl. Met. 1041a6-b33). Vom teillosen Einfachen, darunter auch allem, was keinen Stoff hat, dem nur Gedachten, gibt es keinen Logos, lediglich eine dem Berühren analoge Artikulation (ϕάσις). Dann aber setzt Aristoteles seine für die Behandlung jeder Art von Veränderung (κίνησις/μεταβoλή) ersonnenen begrifflichen Werkzeuge Dynamis, d.i. ‹Möglichkeit› im Sinne von Veränderungsvermögen, und Energeia, d.i. ‹Wirklichkeit›/‹Tätigkeit› im Sinne von Verwirklichung, dafür ein, eine differenziertere Bestimmung von Teil und Ganzem vorzunehmen, und zwar durch Einbettung in den Kontext analytischer und synthetischer Untersuchungsverfahren. Das erlaubt es ihm, die beiden ursprünglichen Redeweisen – Partikularia sind einerseits, nämlich phänomenal, ein Ganzes aus Stoff und Gestalt, und andererseits, nämlich begrifflich, ein Ganzes aus Stoff und Form – als das Ergebnis einer begrifflichen Bestimmung von Teil und Ganzem im Rahmen ihrer Rolle für die Konstitution partikularer Objekte zu verstehen. Ursprünglich war das Begriffspaar ‹Dynamis – Energeia› sowohl Ergänzung als auch Alternative zu Platons (in der nur in Bruchstücken überlieferten Vorlesung ‚Über das Gute‘ enthaltenen) Lehre vom, dem Unbegrenzten (ἄπειρoν) Grenzen setzenden, Einen (τò ἕν) gegenüber der in polar-konträren Gegensätzen auftretenden und deshalb unvollendet (ἀτελῆ) bleibenden Unbestimmten Zweiheit (ἡ ἀóριστoς δυάς). Unter Berücksichtigung der hinzukommenden Unterscheidung zwischen unvollendeter und vollendeter Verwirklichung – als ein Zum-Ziel-kommen ist

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Letzteres grundsätzlich durch die Verwendung des Terminus ‚Entelechie‘ hervorgehoben – kann nun jedes Ganze bei Aristoteles als durch eine Entelechie bestimmt angesehen werden (vgl. de an. 431a3-5). Insbesondere tritt daher an die Stelle der Seele bei Platon, die die Teile eines Körpers zu einem Ganzen zusammenbindet, bei Aristoteles die Seele als erste Entelechie eines Körpers, der das Vermögen zu leben hat, ihn also als ein in ein lebendiges Ganzes überführten charakterisiert (de an. 412a27-28; vgl. Leibniz, Essais de Théodicée [Amsterdam 1710], § 87). Nicht beschränkt auf Lebendiges beginnt in der Analyse – dem Vergehen (ϕθoρά) nach – die Wahrnehmung (auf der Objektebene) mit dem Ganzen, der Entelechie, und führt zur Bestimmung der Teile unabhängig vom Ganzen, während in der Synthese – dem Entstehen (γένεσις) nach – das Denken (auf der Darstellungsebene) mit den Teilen hinsichtlich ihrer Dynamis, daraus ein Ganzes zu bilden, beginnt und zum Aufbau des Ganzen aus seinen Teilen führt (vgl. Met. 1018b32-1019a14 sowie 1035b3-14 und 1084b10-13). Weil jedoch jede Entelechie nur im Vollzug das Ganze ‹ist›, artikuliert sich hier zum ersten Mal die Einsicht, daß das Ganze (eigentlich: der Stoff eines Ganzen), und zwar ebenso wie das Allgemeine (eigentlich: die Form eines Allgemeinen), kein gewöhnlicher Gegenstand ist, sondern darauf nur (extensional bzw. intensional) referiert werden kann, d. h. beide ‹gibt es› allein in Gestalt einer sie betreffenden Zeichenhandlung, insbesondere einer Artikulation. Das ist auch der Kern der Argumentationen Baruch de Spinozas (in: Korte Verhandeling van God, de Mensch en deszelvs Welstand I.2., dt. Kurze Abhandlung von Gott, dem Menschen und dessen Glück; in: Werke in drei Bänden I, hg. W. Bartuschat, Hamburg 2006, 17–128) dafür, daß sowohl Teil und Ganzes als auch Genus/Gattung und Species/Art keine entia realis sind, vielmehr entia rationis und damit modi cogitandi. Mit Vollzügen von Zeichenhandlungen, singularen Aktualisierungen, z. B. einem Äußern von Namen (ὀνóματα) in Verbindung mit einer Zeigehandlung, wird der Stoff eines Ganzen angezeigt (Ostension, cf. Exkurs Ostension), während mit Bildern von Zeichenhandlungen, den ‹Eindrücken in der Seele› (παθήματα τῆς ψνχῆς, de int. 16a6-7), jeweils ihrem universalen Schema, z. B. einem Verstehen von Namen bei deren Äußerung, die Form eines Genus ausgesagt wird (Prädikation, cf. Exkurs Prädikation). So lassen sich Aristoteles’ Überlegungen systematisch rekonstruieren, auch wenn, trotz der Unterscheidung von zweierlei Einessein bei einem Ganzen und einem Allgemeinen (Met. 1023b26-34), begrifflich unentschieden ein Ganzes teils mit einer (als etwas Allgemeines und damit generisch aufgefaßten) Form, teils mit einem ihrer partikularen Träger (ἔχoν τò εἶδoς) identifiziert wird (Met. 1023b20), zumal auch Arten, begrifflichen Verwirrungen Vorschub leistend, selbst bei logisch höherstufiger Verwendung von ‚Art‘ und ‚Gattung‘, regelmäßig als Teile (lat. totum individuale) ihrer als ein Ganzes (lat. totum universale) geltenden gemeinsamen Gattung

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behandelt werden, was insbesondere durch Anicius M. T. S. Boethius‚ Schrift de divisione liber in die grundsätzlich an Aristoteles orientierte Behandlung von Teil und Ganzem in der Scholastik Eingang gefunden hat. Es ist der für die Entwicklung der modernen Mereologie einflußreichen dritten Logischen Untersuchung Edmund Husserls (Zur Lehre von den Ganzen und Teilen, 1901) zuzuschreiben, daß die in ihrer Bestimmung auf Aristoteles zurückgehende Teil-Ganzes-Beziehung im Kontext der Konstitution und Beschreibung von Einzelgegenständen, wie sie für die vorneuzeitliche philosophische Tradition grundsätzlich maßgebend gewesen ist, wieder in die zeitgenössische Diskussion überführt wurde. Dabei ist Husserls Arbeit weitgehend von der Auseinandersetzung mit der seinerzeit modernen ‹Gestalttheorie› geprägt. Diese Disziplinenbezeichnung geht auf den Gestaltpsychologen Wolfgang Köhler zurück, der so die von ihm und seinen Schülern (Max Wertheimer, Kurt Koffka u. a.) vertretene Gestaltpsychologie von anderen Schulen der Gestaltpsychologie zu unterscheiden suchte, die sich in unterschiedlicher Weise mit der ‹Elementenpsychologie› Wilhelm Wundts und seiner Schule auseinandergesetzt haben. Die Gestalttheorie beruft sich, ebenso wie die anderen Schulen der Gestaltpsychologie, zur Rechtfertigung ihrer Eigenständigkeit auf ein von Christian v. Ehrenfels (1890), einem Schüler Franz Brentanos und Alexius Meinongs, zurückgehendes Beispiel für die als Übersummativität eines Ganzen bezeichnete und schon von Aristoteles (vgl. Met. 1045a8 – 1045b7) behandelte Differenz zwischen Einheit eines (aktuellen) Ganzen und Vielheit einer Summe von (potentiellen) Teilen. Bei diesem Beispiel handelt es sich um das Ganze einer Melodie mit ihren einzelnen Tönen als Teilen, weil hier besonders sinnfällig zum Ausdruck komme, daß das Ganze ‹mehr› ist als die Summe seiner Teile, es mithin Eigenschaften eines Ganzen gibt, die sich allein durch Eigenschaften ihrer Teile nicht ausdrücken lassen, also ‹emergent› sind. Der Grund dafür liege in der Transponierbarkeit der Gestalt einer Melodie, weil sie dieselbe bleibe, auch wenn alle Töne verändert werden, solange keine Änderung bestimmter Relationen, die zwischen ihnen bestehen, erfolge. (Die Existenz von Menschen mit absolutem Gehör beweist übrigens, daß die Invarianz der Gestalt gegenüber Lageveränderung hier nicht für das Ergebnis eines, noch dazu experimentell erhebbaren, bloßen sinnlichen Erlebens gehalten werden darf, vielmehr das Ergebnis einer hinzutretenden ausdrücklichen Vereinbarung als einheitstiftendes Prinzip für ein Ganzes aus Teilen ist.) Da es in der gestalttheoretischen Behandlung von Teil und Ganzem vor allem um Gestaltqualitäten als jeweils in ein Ganzes verwandelte Komplexe von Sinnesqualitäten geht, spielen Husserls begriffliche Analysen insbesondere in der modernen Diskussion um den Status solcher Sinnesqualitäten oder Qualia (cf. Exkurs Qualia) eine Rolle. Seine Untersuchungen gelten vor allem der Fundierung einer für die Teil-Ganzes-Beziehung wichtigen Unterscheidung zwischen selbständigen

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und unselbständigen Teilen. Erstere werden im Falle räumlich ausgedehnter, zum Typ Ding gehörender Teile auch als ‹Stücke› bezeichnet, im Falle zeitlich andauernder, zum Typ Ereignis gehörender Teile als ‹Phasen› (von Husserl jedoch nicht eigens terminologisch hervorgehoben). Diese können auch ohne Einbettung in ein Ganzes als eigenständige Gegenstände auftreten, weil sie auf derselben logischen Stufe wie das Ganze stehen (z. B. der Garten eines Hauses mit Garten). Unselbständige Teile, die es nur vom Ganzen ausgesagt gibt, weil sie logisch höherer Stufe, nämlich abstrakt, gegenüber dem konkreten Ganzen sind, werden hingegen als ‹Momente› bezeichnet. Dazu gehören neben den zeitlichen Abschnitten bei Dingen (weil deren zeitliche Dauer im Unterschied zur räumlichen Erstreckung für sie nicht konstitutiv ist) und den räumlichen Abschnitten bei Ereignissen (weil deren räumliche Erstreckung im Unterschied zur zeitlicher Dauer für sie nicht konstitutiv ist) zum Beispiel die einer geraden Zahl zukommende Eigenschaft der Teilbarkeit oder die einem Haus mit Garten zukommende Eigenschaft Gartenhaben, wenn beide, das Teilbar-Sein ebenso wie das Mit-Garten-versehen-Sein, auf einer Klassifikation eines Grundbereichs, dem der Grundzahlen in teilbare und unteilbare, dem der Häuser in solche mit und ohne Gärten, und nicht auf einer eigenständigen Schematisierung beruht. Unter dieser Bedingung stehen sowohl ‚teilbar‘ als auch ‚Gartenhaben‘ nur in apprädikativer Verwendung zur Verfügung, im Fall der Teilbarkeit aufgrund einer wissenschaftssprachlichen Terminologie, im Fall des Gartenhabens dann, wenn – in einer gegebenen natürlichen Sprache samt deren üblicher logischen Analyse – dem Gartenhaben kein Eigenprädikator ‚Garten‘ zugeordnet ist. Das ist zwar bei diesem Beispiel nicht so, bei den (vermeintlich ausschließlich) apprädikativ verwendeten Farbprädikaten aber die Regel; es erklärt Husserls Beispiele für selbständige und unselbständige Teile: der Kopf eines Pferdes versus die Rotfärbung von etwas Ausgedehntem. Unabhängig vom Problem der Selbständigkeit oder Unselbständigkeit von Teilen ist der Fall einer Artikulation zu behandeln, bei der in der zugehörigen Prädikation ausdrücklich auf das Teil-eines-Ganzen-Sein Bezug genommen wird, z. B. bei Abschnitten (etwa einer Abhandlung, eines Bauprojekts, . . .) oder Portionen (etwa einer Mahlzeit, einer Nachricht, . . .). Hier handelt es sich nicht um einfache Artikulatoren, sondern um durch Relativierung gewonnene zusammengesetzte. Aristoteles wiederum stützt sich angesichts der Differenz zwischen Einheit eines Ganzen und Vielheit einer Summe von Teilen für seine weiteren Schritte einer begrifflichen Klärung von Teil und Ganzem auf die (bereits sprachlich vorgefundene und schon von Platon [Parm. 157–158] im Zusammenhang einer Behandlung des Vielen [τὰ πoλλά] gegenüber dem Einen [τò ἕν] präzisierte) Unterscheidung zwischen τò πᾶν (das Gesamte) und τò ὅλoν (das Ganze) in Bezug auf Quanta, und zwar gleichgültig, ob es sich bei einem Quantum (τò πoσóν) um eine (kontinuierliche) Größe (τò μέγεθoς), d.i. eine (meßbare) raumzeitliche

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Einheit, oder um eine (diskrete) Klasse (τò πλῆθoς), d.i., gemäß der Bestimmung von Anzahl (ἀριθμóς) durch Klasse von Einheiten (πλῆθoς μoνάδων), um eine (zählbare) Ansammlung von Teilen eines als (raumzeitlich) Ganzes verstandenen Partikulare handelt. Seine Explikation dieser Unterscheidung (vgl. Met.1023b271024a10) läuft auf das Folgende hinaus: Einheiten, bei denen es auf die Relationen zwischen den Teilen ankommt – Aristoteles verwendet die Beziehung räumlicher Lage ‹pars pro toto› – sind ein Ganzes (im engeren Sinne), z. B. das ganze Gewand/the whole garment; spielen solche Relationen hingegen keine Rolle, so sind sie ein Gesamtes, z. B. das gesamte Wachs/all the wax, und weiterhin eine Vielheit, nämlich eine besondere, weil einsortige, bloße Mannigfaltigkeit im Sprachgebrauch der neuzeitlichen Philosophie, und keine wirkliche Einheit. Ein Gesamtes entsteht durch die Zusammenfassung aller gleichartigen Partikularia in einem gegebenen Kontext zu einem homogenen Ganzen in einem weiteren, Einheitsbildung ausschließenden, Sinne, während ein Ganzes im engeren Sinne charakterisiert ist durch den Zusammenhang auch verschiedenartiger Teile, wenn sie durch geeignete relationale Bestimmungen in eine grundsätzlich inhomogene Einheit überführt werden. Eine weitere für die philosophische Tradition bedeutsame Differenzierung beruht auf der Unterscheidung von zu Einheiten zusammengefaßten Aggregaten oder Komplexen in substantiell Gesamtes bzw. Ganzes (wie bei den beiden genannten Beispielen) und in akzidentell Gesamtes bzw. Ganzes, etwa im Fall des ‹sitzenden Theaitetos›, wenn diese (inhomogene) Einheit als ein von der Beziehung zwischen einem Sitzereignis und dem Menschen Theaitetos geprägtes Ganzes aufgefaßt wird, weil Theaitetos natürlich nicht ständig sitzt. Unterscheidungen wie die zwischen ‚homogen‘ und ‚inhomogen‘ machen davon Gebrauch, daß von Teil und Ganzem in Bezug auf Gegenstände nur unter geeigneten Darstellungen, wie sie von Artikulatoren markiert sind, gesprochen werden kann. Zum Beispiel ist ein seidenes Gewand als Gewand ein inhomogenes Ganzes (‚Gewand‘ ist ein Individuativum), die Seide des Gewandes eines von dessen in bestimmten Verhältnissen zueinander befindlichen (artverschiedenen) Teilen, ein Haufen solcher Gewänder daher eine (zählbare) Klasse und keine (meßbare) Größe, als Seide hingegen ist ein seidenes Gewand ein homogenes Gesamtes (‚Seide‘ ist ein Kontinuativum), und keine Klasse, vielmehr die Seide des Gewandes ein zu einer Einheit zusammengefaßtes Teil einer (meßbaren) Größe gleicher Art, nämlich der ein (maximales) Ganzes bildenden gesamten Seide. Im Falle des Haufens seidener Gewänder wiederum ist dessen Seide zwar ebenfalls ein Teil der gesamten Seide, zugleich aber aufgrund der partikularen Gewandeinheiten unterteilt in Teileinheiten des Seidenteils, die sowohl als Elemente der von dem Haufen seidener Gewänder gebildeten Klasse von Gewändern als auch als Elemente der zugehörigen Klasse von Seidenstücken aufgefaßt werden können.

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Bei dem Versuch einer zusammenfassenden logischen Rekonstruktion der Rede von Teil und Ganzem geht es daher darum, das Aristotelische Verständnis eines Partikulare als eines mixtum compositum (τò σύνoλoν, = ἡ σύνoλoς [oύσία], Met. 1037a26; vgl. 1035b32-33) aus Stoff und Form (wobei – anstelle der zweierlei Verbindung von Stoff und Gestalt einerseits und von Stoff und Form andererseits – der Stoff der Dynamis nach und die Form der Energeia nach das Partikulare ausmachen) im Sinne der Zusammengehörigkeit von Gegenstandsebene und Zeichenebene (und nicht etwa zweier Gegenstandsebenen: Zeichen bloß als Gegenstände wären keine Zeichen mehr, nur noch die Träger der Zeichenfunktion) ernst zu nehmen und die diesem Verständnis zugrundeliegende Analyse um gerade so viel zu verfeinern und zu präzisieren, daß ein Partikulare, z. B. ein einzelner Mensch, zum einen in Hinsicht auf jeden seiner Teile verstanden werden kann als Exemplifikation des zugehörigen Konkretum (etwa unter Bezug auf seine Wirbelsäule als Exemplifikation des aus sämtlichen Wirbelsäulen zusammengesetzten Ganzen), zum anderen aber in Hinsicht auf jede seiner Eigenschaften als Repräsentation des zugehörigen Abstraktums (er tritt etwa unter Bezug auf die Eigenschaft, eine Wirbelsäule zu haben – Aristoteles verwendet die Zweifüßigkeit (διπoδία) als ein einschlägiges Merkmal –, als Repräsentation des (allgemeinen) Typs Wirbeltier auf, eines ‹generic object› oder Abstraktums mit dem betreffenden Menschen als einer konkreten Wirbeltier-Instanz, einem ‹individual object›). Im Grenzfall eines Menschen, verstanden als Teil seiner selbst, hat das zur Folge, daß er zum einen das Ganze aller Menschen exemplifiziert, also ‹die [nicht nur gegenwärtige] Menschheit› (er ist daher seinerseits eines der Teile dieses Ganzen, im traditionellen Selbstverständnis unter Bezug auf die Eigenschaft Lebendigsein eine Exemplifikation des Ganzen aller Lebewesen: ein animal sociale); zum anderen repräsentiert ein einzelner Mensch in Bezug auf die in diesem Grenzfall tautologische Eigenschaft Menschsein die Art Mensch (er ist dann im traditionellen Selbstverständnis unter Bezug auf dieselbe Eigenschaft Lebendigsein eine Repräsentation der Gattung Lebewesen: ein animal rationale). Um die erforderlichen Präzisierungen zu erreichen, genügt es, in einem ersten Schritt ein Partikulare (bei Aristoteles: καθ᾿ ἕκαστoν) als eine Einheit ιQ (gelesen: dieses Q) eines mit dem Artikulator ‚Q‘ artikulierten Quasiobjekts aufzufassen. Dieses tritt zunächst jedoch allein verfahrensbezogen in Gestalt von universalem Schema χQ und singularen Aktualisierungen δQ (nämlich mit ‚χQ‘ [gelesen: Q qua Q] symbolisiert und mit ‚δQ‘ [gelesen: dies Q; bei Aristoteles: τóδε τι] in Verbindung mit einer Zeigehandlung indiziert) auf und ist nur so im Denken und Tun semiotisch zugänglich bzw. pragmatisch vorhanden. Dabei ist die Artikulation mit dem Artikulator ‚Q‘ (z. B. ‚Sitzen‘ oder ‚Mensch‘) bei einer dialogischen Modellierung der Objektbildung (cf. die Abb. im Exkurs Qualia) fundiert, und zwar unter Bezug sowohl auf die das Denken

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vergegenständlichende Zeichenebene als auch auf die das Tun vergegenständlichende Handlungsebene, im Umgehen mit dem Quasiobjekt Q (etwa in den Handlungen Zu-sitzen-Beginnen – d.i. Sich-Setzen – oder Einen-Menschen-Grüßen, und zwar ausschließlich in dem von der jeweiligen Handlungssituation bestimmten Ausschnitt des Schemas χQ mit seinen Aktualisierungen δQ, einem Zwischenschema von Q. Bei den Handlungen des Umgehens mit Q handelt es sich schemabezogen um Aspekte von Q und aktualisierungsbezogen um Phasen von Q, wobei deren Verselbständigung in eigenständigem semiotischen bzw. pragmatischen Umgang im Falle der Aspekte wiederum schemabezogen als (sinnliches [vergegenständlicht: sensorisches]) Wahrnehmen von Unterschieden (an Q) und aktualisierungsbezogen als (theoretisches) Artikulieren [Wissen weitergebend] auftritt, im Falle der Phasen jedoch schemabezogen als (praktisches) Vermitteln [Können weitergebend] und aktualisierungsbezogen als (hantierendes [vergegenständlicht: motorisches]) Hervorbringen von Einteilungen (an Q). Nur als Verfahren und noch nicht objektiviert läßt sich kein Zwischenschema mit seinen Aktualisierungen unterscheiden von dem das Quasiobjekt Q ausmachenden Gesamtschema mit seinen Aktualisierungen. Es bedarf der Hinzuziehung der jeweiligen Handlungssituation des Umgehens mit Q und damit einer für die Individuation von Q unerläßlichen Untergliederung des Gesamtschemas χQ in gröbere oder feinere Gitter von Teilschemata, die verbunden ist mit der (die Objektivierung der Q-Ausschnitte ausmachenden, Schema und Aktualisierungen voneinander sondernden) sprachlichen Bezugnahme auf sie, z. B. ‹dieses Sitzen [von Anfang bis Ende oder auch nur einem Ausschnitt daraus]› oder ‹dieser [einzelne] Mensch› oder auch ‹diese [Gruppe mehrerer] Menschen›, um von mit Individuatoren ‚ιQ‘ benannten (partikularen) Q-Objekten sprechen zu können. Diese Objektivierung wird zugleich mit der Individuation des Quasiobjekts vollzogen und besteht darin, zum einen das Schema χQ durch Identifikation aller Aktualisierungen δQ in die jedem ιQ zukommende Eigenschaft σQ, das Q-Sein, zu überführen, zum anderen darin, die Aktualisierungen δQ durch deren Summation in die jedem ιQ zugrundeliegende Substanz κQ, das Gesamt-Q, zu überführen. Zunächst ist damit allein das zum Quasiobjekt Q gehörende gröbste und daher maximale Zwischenschema, nämlich χQ selbst, in ein Objekt verwandelt worden, und zwar in das durch die Überführung der Substanz κQ mittels σQ in eine Einheit erzeugte Q-Ganze (auch: Q-Ganzheit), nämlich die einzige (konkrete) Instanz γQ eines (abstrakten) Typs τ0Q. Alle übrigen Partikularia ιQ sind echte Q-Teile des Q-Ganzen. Zum Beispiel ist dies Wasser (eines Wassertropfens) ein Teil jenes Wassers (in einer Flasche) oder eben auch ein Teil des ganzen Wassers (im Universum). Das Wasser-Ganze, zugänglich nur kraft einer Artikulation (etwa mithilfe von ‚Wasser‘), ist die durch die Eigenschaft Wasser-Sein als dessen Form in

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eine Einheit überführte Substanz Gesamt-Wasser, der Stoff des Wasser-Ganzen, und zwar so, daß sich von jedem Wasser-Partikulare (unter Einschluß des Wasser-Ganzen als dem maximalen Wasser-Partikulare) die Eigenschaft Wasser-Sein aussagen und am Wasser-Ganzen die Substanz Gesamt-Wasser anzeigen läßt (Wassermoleküle spielen in diesem Beispiel die Rolle von Wasser-Individuen im engeren Sinne, weil unter deren echten Teilen kein Wasser-Teil mehr vorkommt). Bei Beispielen mit Artikulatoren, die im Deutschen grammatisch Adjektive oder Individuativa sind, ist Entsprechendes der Fall; so ist etwa dieses Rot (einer Apfelschale) ein Teil von jenem Rot (vieler Apfelschalen, unter denen die erstgenannte vorkommt) und stets auch Teil des ganzen Rot (im Universum) oder dieser Garten (eines Hauses) Teil der Gärten (von Häusern, zu dem der erstgenannte gehört) und natürlich ein Teil des Ganzen aus allen Gärten, der ‹Gartenheit›. Allgemein wird mit ‚εQ‘ bei der zu einer Eigenaussage führenden Prädikation ιQεQ von jedem ιQ unter Einschluß des Q-Ganzen γQ die Eigenschaft σQ, das Q-Sein, ausgesagt und entsprechend mit ‚δQ‘ bei der zu einer Eigenanzeige führenden Ostension δQιQ an jedem ιQ unter Einschluß des Q-Ganzen γQ die Substanz κQ, das Gesamt-Q, angezeigt. Um die mit der Benennung ‚ιQ‘ vollzogene, jedoch streng situationsabhängig bleibende Objektivierung der auf echten Untergliederungen von χQ beruhenden Zwischenschemata schrittweise derart weiter zu explizieren, daß die vom Q-Ganzen verschiedenen Q-Partikularia ιQ auch situationsunabhängig voneinander unterscheidbar werden, bedarf es allerdings noch eines zweiten, ebenfalls zur Individuation von Q gehörenden Schrittes, mit dem sich zudem klären läßt, was es mit der (regulativen) Idee einer ‹vollständigen› Bestimmung eines Partikulare durch ‹alle› seine Eigenschaften oder durch ‹alle› seine Teile für eine Bewandtnis hat. Schließlich ist jedes ιQ als Teil des Q-Ganzen zunächst seinerseits ein Ganzes – ein Teilganzes – aus einem Anteil κ(ιQ) der Substanz Gesamt-Q zusammen mit der allen ιQ eigenen Eigenschaft σQ, dem Q-Sein, ist also – in einer (aristotelischen) Ausdrucksweise, bei der die Differenz der logischen Stufen von Stoff und Form nicht explizit gemacht ist – ein Ganzes aus individuellem Stoff und allgemeiner Form. Die Unterscheidbarkeit der ιQ voneinander beruht auf der Verfügbarkeit weiterer, aus den Aspekten und Phasen im Umgang mit dem Quasiobjekt Q hervorgehenden Artikulatoren ‚P‘ (P≠Q), wenn sie als Prädikatoren ‚εP‘ in elementaren Prädikationen der Form ‚ιQεP‘ und als logische Indikatoren ‚δP‘ in elementaren Ostensionen der Form ‚δPιQ‘ eingesetzt werden. Von ιQ die Eigenschaft σP (berechtigt) auszusagen ebenso wie an ιQ die Substanz κP (zutreffend) anzuzeigen, heißt, einen Q-Teil von ιQ als übereinstimmend mit einem P-Teil (des P-Ganzen) zu identifizieren, also dieses P-Partikulare als einen (echten) Teil von ιQ: ιP < ιQ. Die der so bestimmten Teil-Ganzes-Beziehung zugrundeliegende

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Koinzidenz der entsprechenden Aktualisierungen δQ und δP – sie tritt in der Mereologie bei N. Goodman (1951) als ‹togetherness› auf – darf nicht mit der Identität verwechselt werden, weil es sich bei Aktualisierungen um Singularia handelt, für die sich ‚gleich‘ und ‚verschieden‘ nicht erklären lassen. Anders ist es bei ihren beiden mittels Summierung und Identifikation von Aktualisierungen gewonnenen Objektivierungen erster und zweiter Stufe in Gestalt von Substanzen und Eigenschaften. Diese bilden aber erst jeweils zusammengenommen (partikulare) Objekte, d.s. mit Nominatoren benannte, aus (individueller) Stoff- und (allgemeiner) Formkomponente bestehende Ganzheiten oder Individuen im weiteren Sinn, von denen mit Prädikationen die Eigenschaften ausgesagt und an denen mit Ostensionen die Substanzen angezeigt werden. Dabei betrifft die Benennung ‚ιQ‘ beim Aussagen einer Eigenschaft σP genau genommen nur die Stoffkomponente κ(ιQ) von ιQ, weil – mit anderen Worten – ausgesagt wird, daß ein Anteil dieses Stoffes mit der Stoffkomponente κ(ιP) eines P-Partikulare koinzidiert. Dieselbe Benennung ‚ιQ‘ betrifft hingegen beim Anzeigen einer Substanz κP an ιQ eigentlich nur die (individuelle) Formkomponente σ(ιQ) von ιQ, weil in diesem Falle (gleichwertig mit der Aussage ιQεP) – in der Terminologie Platons – zwar angezeigt wird, daß ιQ an der Form σP eines einen Teil von ιQ bildenden P-Partikulare teilhat, genauer jedoch – in der (ebenfalls von Platon verwendeten) Terminologie der Teilhabe (μέθεξις) allein der Formen untereinander –, daß σP teilhat an der individuellen Form σ(ιQ) von ιQ, und das heißt, zu dessen Eigenschaften gehört. Jedes Partikulare ιQ ist vollständig bestimmt durch seine individuelle Form σ(ιQ), das Bündel ‹aller› seiner Eigenschaften σP, seine allgemeine Form σQ eingeschlossen, und ist zugleich vollständig zusammengesetzt aus ‹allen› seinen echten Teilen ιP (deren Stoffkomponenten κ(ιP) – es handelt sich um die Anteile κ(ιP) derjenigen Substanzen κP, die sich an ιQ anzeigen lassen – mit dem individuellen Stoff κ(ιQ) von ιQ, einem Anteil der Substanz κQ, koinzidieren und ihn aufsummiert auch erschöpfen). Zwar läßt sich eine solche vollständige Bestimmung eines (konkreten) Partikulare – seine Monade in der Terminologie von Leibniz – wegen der Offenheit des Bereichs der Artikulatoren ‚P‘ (die beiden markierten ‚alle‘ sind ‹indefinite› Allquantoren) nicht real vornehmen – individuum est ineffabile –, wohl aber reichen schon endlich viele geeignet vorgenommene Bestimmungen, um sie eindeutig zu kennzeichnen. Teile und Eigenschaften eines Partikulare lassen sich bei diesem Aufbau umkehrbar eindeutig aufeinander abbilden (Lorenz 1977). Dabei ist allerdings unterstellt, daß es sich um selbständige Teile und eigenständige Eigenschaften handelt. Sollte ein Prädikator ‚εP‘, wie im übrigen regelmäßig bei mehrstelligen Prädikatoren, allein klassifikatorisch (auf einem Grundbereich von partikularen Gegenständen) durch exemplarische Bestimmung anhand von Beispielen und Gegenbeispielen eingeführt sein und nicht von einem Artikulator abstammen,

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was in Wissenschaftssprachen für alle Prädikatoren über den Gegenstandsbereichen der fraglichen Wissenschaft der Regelfall ist, so muß eine Aussage ‚ιQεP‘ (P≠Q) stets gelesen werden als ‚ιQε(PQ)‘. Es gibt in diesem Falle neben der apprädikativen Verwendung von ‚P‘, bei der ‚P‘(in der Regel aber erst zusammen mit weiteren Apprädikatoren) die Rolle eines Merkmals von ιQ spielt, keine eigenprädikative, in diesem Sinne also keine eigenständige, Verwendung von ‚P‘ und wegen der Identität ι(PQ) = ιQ auch keinen selbständigen P-Teil von ιQ. Zum Beispiel ist ‚dieser Mensch sitzt‘ zu lesen als ‚dieser Mensch ist ein sitzender Mensch‘, und die in ‚dieser Mensch sitzt aufrecht‘ ebenfalls benötigte eigenprädikative Verwendung von ‚sitzen‘, weil hier einem Sitzereignis und nicht einem Menschen Aufrecht-Sein zukommt, ist dann nicht verfügbar. Es gibt den Ausweg, den Ausdruck ‚aufrecht‘ als bloßen Modifikator von ‚Sitzen‘ (oder auch von seiner durch Relativierung erzeugten Spezialisierung ‚Sitzen-eines-Menschen‘) zu behandeln, nämlich zur Herstellung der durch Modifizierung erzeugten Spezialisierung ‚Aufrechtsitzen‘ (bzw. ‚Aufrechtsitzen-eines-Menschen‘) von ‚Sitzen‘, die sich dann, ebenso wie ‚Sitzen‘ selbst, von einem Menschen aussagen läßt. Aber unter der Voraussetzung bloßer Klassifikationen spielen alle drei Eigenschaftsausdrücke ihrerseits nur die Rolle von Modifikatoren von ‚Mensch‘. Einzelnen Menschen lassen sich in einer Sprache, die ausschließlich auf (ein- oder mehrstelligen) Klassifikationen des Bereichs der Menschen beruht, keine selbständigen Teile zuordnen, es sei denn, die Rede von Teil und Ganzem wird durch einen eigens klassifikatorisch eingeführten (zweistelligen) Prädikator ‚Teil von‘ auf einem Objektbereich ermöglicht, der außer Menschen mindestens noch diejenigen Objekte umfaßt, die zu Klassen gehören, die den Modifikatoren von ‚Mensch‘ zugeordnet sind und deren Individuation durch die Individuation von ‚Mensch‘ induziert ist. (Es handelt sich hier um den ersten Schritt einer induktiven Definition der darüber hinaus als transitiv vereinbarten Relation ‹Teil von›, um auch von Teilen von Teilen von . . ., usw., bezogen auf einen Ausgangsbereich, hier den der Menschen, reden zu können). Z. B. erlaubt bei diesem Verfahren der Klassifikator ‚skeletttragendes Lebewesen‘ auf dem Bereich der Lebewesen die Rede von ‚dies Skelett ist Teil von diesem Lebewesen‘, ohne zuvor über einen unabhängigen Artikulator ‚Skelett‘ verfügt zu haben. Als unselbständige Teile oder Eigenschaften eines einem individuierten Quasiobjekt angehörenden Partikulare wiederum haben im Fall bloß klassifizierend vorgenommener Bestimmungen dieses Partikulare (die Unterscheidung zwischen Teil und Eigenschaft läßt sich dann nicht mehr sinnvoll treffen) die mit Klassen des Grundbereichs übereinstimmenden Abstraktionsklassen zu gelten, die als Klassen von Elementen einer durch Partition der Substanz des Grundbereichs gewonnenen Gliederung derselben in Einheiten auftreten und Teile logisch zweiter Ordnung bilden.

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Exkurs Ostension Im dialogisch-konstruktiven Aufbau einer logischen Grammatik steht ‚Ostension‘ für die die signifikative Funktion (= Wortrolle) eines Artikulators ‚P‘ explizierende Sprachhandlung des Anzeigens im Unterschied zu der die kommunikative Funktion (= Satzrolle) des Artikulators ‚P‘ explizierenden Sprachhandlung des Aussagens, eine Prädikation. Jede Ausübung einer Artikulation von P wird im Kontext einer ausgebildeten verbalen Sprache in der Regel gleich symbolisch verstanden, hat daher eine bereits begriffliche, die Austauschbarkeit von ‚P‘ durch ‹gleichwertige› Artikulatoren einschließende Funktion und findet in der für jede Handlung charakteristischen dialogischen Polarität von Aktualisierung und Schematisierung, nämlich singularem Vollzug im ausführenden Tun und universalem Bild im anführenden Erleben, also in ‹Performation› und ‹Kognition›, stets auf zwei Ebenen statt: auf der Handlungsebene pragmatisch und auf der Sprach[handlungs]ebene semiotisch. Eine solche Ausübung dient auf der semiotischen Ebene einerseits, nämlich ausführend, der Indizierung einer Aktualisierung δP des (noch nicht zu einem Objekt vergegenständlichten) ‹Quasiobjekts› P, und andererseits, nämlich anführend, einer Symbolisierung der Schematisierung χP des Quasiobjekts P. Verfahrensbezogen, also mit dem Äußern von ‚P‘ sich das Quasiobjekt P im Ausführen der Äußerungshandlung aneignend und im Anführen der Äußerungshandlung distanzierend, ‹gibt es› P nur in Gestalt des P ausmachenden universalen Schemas χP – es ist, weil ein Mittel und kein Gegenstand des Denkens, ebenfalls bloß ein ‹Quasiobjekt›, und zwar, unter Bezug auf die so rekonstruierbare ‹Ideenschau› Platons, des ‹schauenden Geistes› – zusammen mit seinen singularen Aktualisierungen δP, den ihrerseits, weil ein Mittel und kein Gegenstand des Tuns, auch nur Quasiobjekten des ‹tätigen Geistes›, wobei sich beide Anteile allein den für die beiden Seiten der Artikulation ‚P‘ verwendeten Zeichen, dem Symbol ‚χP‘ und den Indices ‚δP‘, verdanken. Diese Zeichen dürfen also nicht mit Namen für Gegenstände verwechselt werden. Erst durch Objektivierung sowohl des Schemas χP zur Eigenschaft σP (= P-sein) mittels (zu logisch höherer Stufe führender) Identifikation ‹aller› Aktualisierungen δP (Formbildung) als auch der Aktualisierungen δP zur Substanz κP (= Gesamt-P) mittels deren (logisch grundstufig bleibender) Summation (Stoffbildung), einer Überführung zweier dialogisch gekoppelter Verfahren in einen Gegenstand, gewinnt man auch ergebnisbezogen ein Objekt, das P-Ganze, d.i. der durch die Form ‹P-sein›, ein Allgemeines, zu einer individuellen Einheit, der (einzigen) Instanz eines Typs, dem token eines type, gemachte Stoff ‹Gesamt-P›. Allerdings ist das so als ‹das ganze P› ausgezeichnete P-Objekt in der Sprechsituation einer [P-]Artikulation zwar semiotisch, mit Hilfe von Sprachhandlungen

Exkurs Ostension

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indiziert und symbolisiert, zugänglich, pragmatisch aber hat es jeder Sprecher nur mit Ausschnitten, den P-Partikularia, zu tun, wobei auch diese mit schlichten Handlungen des Wahrnehmens nur einer beschränkten Zahl von Unterschieden (mittels Eigenschaften) und des Hervorbringens nur einer beschränkten Zahl von Gliederungen (mittels Teilen) stets unvollständig bestimmt bleiben. Prädikationen und Ostensionen lassen sich jeweils eigenständig erst artikulieren, wenn zwei Operatoren eingesetzt werden, die dazu dienen, jeweils die signifikative bzw. die kommunikative Funktion eines Artikulators ‚P‘ abzublenden. Ist die Signifikation betroffen, so geschieht dies mit der Kopula ‚ε‘, so daß ‚εP‘ (= ist P), ein Prädikator, allein die Sprachhandlung des [P-]Aussagens, eine Prädikation der Eigenschaft des P-seins, artikuliert, während dann, wenn es um die Abblendung der kommunikativen Funktion geht, der Demonstrator ‚δ‘ diese Aufgabe übernimmt: ‚δP‘ (= dies P), ein logischer Indikator, artikuliert ausschließlich die Sprachhandlung des [P-]Anzeigens, eine Ostension der Substanz Gesamt-P, was nicht verwechselt werden darf mit der Benennung eines [P-]Partikulare, das als eine Einheit aus Stoff κ(ιP), dem Durchschnitt der Substanzen aller seiner Teile, und Form σ(ιP), dem Bündel aller seiner Eigenschaften, konstituiert ist, an der die Substanz Gesamt-P angezeigt und von der die Eigenschaft P-sein ausgesagt wird, etwa im Fall der Benennung eines Stuhles oder eines Holz[stück]es durch ‚dieser Hölzerne‘ bzw. ‚dieses Holz[stück]‘, wenn ‚P‘ für ‚Holz‘ steht. Solange keine weiteren Artikulationen als vollzogen unterstellt sind, wird mit der Artikulation des Quasiobjekts P im Aussagen der Eigenschaft P-sein und im Anzeigen der Substanz Gesamt-P auch noch nicht explizit zwischen P und nicht-P unterschieden. Die Konstitution von Partikularia über das jeweilige Ganze hinaus verlangt eine Individuation der artikulierten Quasiobjekte, im Fall von P-Partikularia also eine Individuation des Quasiobjekts P in partikulare P-Objekte als logisch grundstufige Instanzen (engl. individual objects) von ebenso partikularen logisch höherstufigen Typen von P-Objekten (engl. generic objects); sie gehen aus Gliederungen des Schemas χP in durch Individuatoren ιP artikulierte Zwischenschemata hervor. Die Prädikatoren ‚εP‘ ebenso wie die logischen Indikatoren ‚δP‘ haben daher, werden sie nicht mehr verfahrensbezogen als bloßes Mittel des Aussagens bzw. Anzeigens, sondern ergebnisbezogen als eigenständige Zeichengegenstände verstanden, als ungesättigte Ausdrücke im Sinne Gottlob Freges zu gelten, nämlich als der Prädikation dienende (einstellige) Aussageformen (engl. propositional forms) ‚_εP‘ bzw. als der Ostension dienende (einstellige) Anzeigeformen (engl. indicational forms) ‚δP_‘, mit je einer Leerstelle bzw. Variablen für Nominatoren. Bei den Aussage- und Anzeigeformen handelt es sich um die modernen Äquivalente der traditionellen, das erkenntnistheoretische Subjekt objektiv darstellenden (in der Regel in Kategorien zusammengefaßten) ‹Denkformen› bzw. das erkenntnistheoretische Objekt subjektiv vorstellenden (mangels Berücksichtigung tätigen Zugriffs, des

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Anzeigens, regelmäßig nur auf das raumzeitliche Erstrecktsein von Substanzen bezogenen) ‹Anschauungsformen›. Das, wovon [etwas] ausgesagt und woran [etwas] angezeigt wird, ist in den Aussage- und Anzeigeformen von den Nominatoren für die grundsätzlich von der Sprechsituation bestimmten (konkreten oder abstrakten) Partikularia sprachlich repräsentiert; darunter fallen auch z. B. durch ‚hier und jetzt‘ benannte raumzeitliche Gebiete, wie etwa im Fall P ⇋ Regnen. Derart gewinnt man sowohl einstellige (elementare) Aussagen als auch einstellige (elementare) Anzeigen in der üblichen Notation für vollzogene und objektivierte Prädikationen bzw. Ostensionen. Im ‹nichtssagenden› und deshalb ‹tautologischen› Falle der als Lesart des traditionellen identischen Urteils ‚P ist P ‘ brauchbaren Eigenaussage ‚ιPεP ‘ (= dieses P ist P) mit der rein deiktischen Kennzeichnung ‚ιP ‘ als Nominator wird von einem P-Objekt ιP mit ‚εP‘ die allen P-Objekten gemeinsame Eigenschaft P-sein ausgesagt, während man im korrespondierenden Fall einer Eigenanzeige ‚δPιP‘ an einem P-Objekt ιP und ebenso an jedem anderen P-Objekt mit ‚δP‘ die Substanz Gesamt-P anzeigt. Sind in einer Sprechsituation hingegen mehrere Artikulationen, etwa mit den beiden Artikulatoren ‚P‘ und ‚Q‘ (z. B. ‚Holz‘ und ‚Stuhl‘) im Spiel, so bedarf es der Einführung einer Verknüpfung Q⊗P zwischen ‚P‘ und ‚Q‘, um die gewöhnlich für den einfachsten Fall einer Aussage gehaltene Elementaraussage ‚ιQεP‘ (im Beispiel: ‚dieser Stuhl ist [aus] Holz‘, was heißt, die Eigenschaft Hölzernsein von diesem Stuhl auszusagen) ebenso wie die dazugehörige Elementaranzeige ‚δQιP‘ (im Beispiel: ‚dies Stuhl[moment] – es ist indiziert von einer Aktualisierung der Handlung des Umgehens-mit-[einem]Stuhl, sprachlich vertreten durch ‚δQ‘ – an diesem Holz[stück]‘, was heißt, die Substanz ‹Gesamtheit der Stuhl[momente]› an diesem Holz[stück] anzuzeigen) als (objektiviertes) Ergebnis einer Prädikation εP bzw. einer Ostension δQ zur Verfügung zu stellen. Bei Peter F. Strawson (1959) übrigens tritt das der Substanz ‹Gesamtheit der Stuhl[momente]› korrespondierende Schema der Stuhl[momente] unter der Bezeichnung ‚feature universal‘ auf. Die Aussage ‚ιQεP‘ ist eine Darstellung der kommunikativen Funktion eines komplexen Artikulators Q⊗P (im Beispiel: Stuhl-Holz), also von ε(Q⊗P), und die Anzeige ‚δQιP‘ eine Darstellung der signifikativen Funktion von Q⊗P, also von δ(Q⊗P). Wenn ε(Q⊗P) durch εPQ und δ(Q⊗P) durch δ(PQ) definiert werden (im Beispiel: ‚ist Stuhl-Holz‘ durch ‚ist Holz eines Stuhls‘ bzw. ‚dies Stuhl-Holz‘ durch ‚dies hölzerne-Stuhl[moment]‘, so folgt daraus, daß sich jedes Q⊗P-Partikulare in einstelliger Projektion als ein P-Partikulare mit einer durch Relativierung gewonnenen Spezialisierung P zu PQ (‹P eines Q›; im Beispiel: Holz eines Stuhls) oder alternativ als ein Q-Partikulare mit einer durch Modifizierung gewonnenen Spezialisierung von Q zu PQ (‹P-iges Q›; im Beispiel: hölzerner Stuhl) darstellen

Exkurs Ostension

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läßt. Konvers, bei Vertauschung von ‚Q‘ und ‚P‘, ergeben sich für die aus P⊗Q (im Beispiel: Holz-Stuhl) abgeleiteten Bildungen entsprechende Lesarten. Im übrigen ist festzuhalten, daß mit ‚ιQεP‘ im Modus einer Behauptung, daß ιQ als Ganzes die Eigenschaft P-sein trage, in genauerer Analyse ausgesagt wird, daß es einen Teilgegenstand ιP von ιQ (ιP < ιQ) gibt, dessen Stoff κ(ιP), also ein Teilganzes, zugleich einen Anteil der Substanz κQ bildet, und aus diesem Grund läßt sich an eben diesem P-Gegenstand die Substanz κQ anzeigen, so daß ‚δQιP‘ als Artikulation des Verstehens von ‚ιQεP‘ anzusehen ist, und zwar bei der Gegebenheitsweise von ιP durch eben ‚ιP‘ (und nicht etwa durch einen von der Sprechsituation unabhängigen Eigennamen). Zugleich wird deutlich, daß die in der Aussage ‚ιQεP‘ mit ‚ιQ‘ angezeigte Benennung von ιQ – sie wird im Zuge des Aussagens nicht etwa vorgenommen, sondern als bereits vollzogen vorausgesetzt – genau genommen nur als die Benennung seines Stoffes κ(ιQ) zu gelten hat – bei Thomas von Aquin wird deshalb ιQ, tritt es als Subjekt einer Aussage auf, ein ‚obiectum materialiter acceptum‘ genannt –, von dem, durch das Aussagen der Eigenschaft σP von ιQ als Ganzem, gesagt wird, daß er einen Anteil habe, der mit dem Stoff κ(ιP) eines P-Gegenstandes, seinerseits einem Anteil von Gesamt-P, koinzidiere. In der Anzeige ‚δQιP‘ wiederum, bei der die Substanz κQ an ιP angezeigt wird, es also eine Teilgegenstand ιQ von ιP gibt (ιQ < ιP), wird mit ‚ιP‘ genaugenommen nur auf die allgemeine Form σP von ιP Bezug genommen – ιP ist in diesem Kontext ein ‚obiectum formaliter acceptum‘ in der Ausdrucksweise Thomas von Aquins, der allerdings die Anzeige nicht kennt und daher das Prädikat einer Aussage ‚ιQεP‘ ebenfalls für einen Gegenstand hält, der vom Prädikatausdruck benannt ist –, und deshalb, innerhalb der Anzeige der Substanz κQ an ιP, dem Platonischen Sprachgebrauch folgend, die Feststellung der Teilhabe (Methexis) von ιQ (oder auch nur von σQ) an σP getroffen, d. h. σQ gehört zu den Eigenschaften von ιP. Die Einführung komplexer Artikulatoren Q⊗P macht es möglich, sowohl das Aussagen der Schematisierung eines ιQ mittels einer Prädikation εP als auch das Anzeigen der Aktualisierung eines ιP mittels einer Ostension δQ zu artikulieren, ohne zugleich auch die Berechtigung dazu beizubringen, also in der Lage zu sein, die Schematisierung bzw. Aktualisierung selbst in Gestalt von Handlungen des Umgehens mit einem ι(Q⊗P) zu praktizieren, zumal es sein kann, daß ein solches komplexes (Q⊗P)-Partikulare, abgesehen von seiner semiotischen Existenz als so genannter fiktionaler Gegenstand, überhaupt nicht existiert (z. B. ein ‹gehörnter Hase›, aus: ‹Hasen-Horn›) oder existieren kann (z. B. ein ‹eckiger Kreis›, aus: ‹Kreis-Ecke›). Mit den auf der Grundlage von Ostension und Prädikation verfügbaren weiteren Sprachhandlungen wird im Anschluß an die Einführung komplexer Artikulatoren die Eigenständigkeit der Sprachebene zwischen Gegenstandsebene und Beurteilungsebene konstituiert.

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Exkurs Prädikation Neben der Artikulation gehört die Prädikation zusammen mit der Ostension zu den grundlegenden, vor allem in Logik und Sprachphilosophie behandelten Sprachhandlungen. Mit einer Prädikation werden Eigenschaften von einem partikularen Gegenstand, den konkreten oder abstrakten Partikularia, insbesondere von den individuellen Einheiten ausgesagt, etwa Altsein von einem einzelnen Menschen. Da allerdings von Eigenschaften häufig nicht ‹absolut› sondern nur ‹relativ›, also im Vergleich zu einem anderen Gegenstand, dem als Maßstab dienenden Vergleichsgegenstand, die Rede ist, gehören dergleichen Eigenschaften zu den Relationen, etwa das Altsein eines Menschen als Ältersein dieses Menschen im Vergleich zu einem jüngeren Menschen: Die Eigenschaft Altsein wird verstanden als die Relation Ältersein-als mit ihrer durch Vertauschung der beiden Relata, des älteren und des jüngeren Menschen, zu gewinnenden Umkehrung, der zu Ältersein-als konversen Relation Jüngersein-als. In einer sprachlogischen Rekonstruktion der Rede von Gegenständen und deren mit einer Prädikation ausgesagten Eigenschaften, die sich von einer sorgfältigeren Beachtung derjenigen Differenz leiten läßt, die zwischen den Sprachhandlungen, etwa den Prädikationen und ihrem Ergebnis, den logisch einfachen Aussagen, auf der einen Seite und den Mitteln, derer sich die Sprachhandlungen bei ihrer Ausübung bedienen, also den sprachlichen Bausteinen, auf der anderen Seite, besteht, einer Differenz, die man traditionell mit der Unterscheidung zwischen sprachlichen Ausdrücken und ihrer Bedeutung zu erfassen versucht und gegenwärtig wesentlich allgemeiner unter der Frage behandelt, wie Gegenstände eine Zeichenrolle bekommen und was darunter zu verstehen ist, wird eine Prädikation im Kontext der Gewinnung von Elementaraussagen wie folgt beschrieben: Mit einem eine Prädikation artikulierenden (ein- oder mehrstelligen) Prädikator ‚P‘ wird auf einem bereits gegebenen und für die Prädikation einschlägigen Bereich von Q-Partikularia (Q ≠ P) bzw. auf dem Bereich der Paare oder Tripel, usw., solcher Partikularia gemäß einer vorangegangenen Einführung von ‚P‘, etwa, im einstelligen Fall, durch P-Beispiele und P-Gegenbeispiele, eine Unterscheidung getroffen: Der Bereich der Q-Partikularia erfährt eine Klassifikation durch ‚P‘ in der Rolle eines Klassifikators. Mit ‚P‘ wird, streng genommen, nicht die Eigenschaft des P-Seins von Q-Partikularia ausgesagt, vielmehr werden Q-Partikularia, die zugleich P-Partikularia sind, von solchen unterschieden, die ausdrücklich keine P-Partikularia sind. Ein klassifizierend verwendeter Prädikator ‚P‘ steht mit dem dieser Klassifikation zugrundeliegenden Kriterium, nämlich einer Eigenschaft des M-Seins von Q-Partikularia, die sie als P-Partikularia qualifizieren, in der Verbindung der Modifikation: Mit dem für das Aussagen des M-Seins verwendeten Prädikator ‚M‘ wird ‚Q‘ modifiziert und so ein zusammengesetzter Prädikator ‚MQ‘

Exkurs Prädikation

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in der Rolle eines oder auch des Bereichs von Q-Partikularia klassifizierenden Prädikators ‚P‘ genommen. In der Tradition repräsentiert ‚M‘ die differentia specifica bei einer Definition der Art P – intensional der Begriff des P-Seins oder auch extensional die Klasse der P-Partikularia – durch Angabe der Gattung Q – des Begriffs des Q-Seins oder auch der Klasse der Q-Partikularia – und der spezifischen Differenz M. Wenn ‚P‘ derart einem bzw. mehreren jeweils durch einen Nominator vertretenen Q-Partikulare bzw. Q-Partikularia n, m, . . . zugesprochen (affirmative P.) oder abgesprochen (negative P.) wird, sind affirmative oder negative Elementaraussagen der Form ‚n, m, . . . η P‘ – ‚η‘ dient als Mitteilungszeichen für die affirmative Kopula ‚ε‘ und die negative Kopula ‚ε′ ‘ – das Ergebnis. Sie lassen sich am Maßstab der unterstellten Einführung von ‚P‘ auf die Rechtmäßigkeit des Zu- oder Absprechens beurteilen, also ob ‚P‘ zukommt oder nicht zukommt, mithin die entsprechenden Elementaraussagen wahr oder falsch sind. Ist eine solche Beurteilung erfolgreich, so gilt im Falle des Zukommens: Aussagen der Form ‚n, m, . . . ε P‘ sind wahr, Aussagen der Form ‚n, m, . . . ε′ P‘ hingegen falsch. Daher gilt für solche Elementaraussagen unter der Voraussetzung einer für den zugrundegelegten nicht notwendig alle Q-Partikularia umfassenden Bereich von Q-Partikularia stets erfolgreichen Beurteilung der Rechtmäßigkeit des mit ihnen artikulierten Zu- oder Absprechens eines Prädikators das bereits von Aristoteles formulierte Prinzip vom ausgeschlossenen Dritten (principium exclusi tertii): sie sind entweder wahr oder falsch und damit wertdefinit. Auch der betreffende Prädikator gilt aus diesem Grunde als wertdefinit auf dem betreffenden Bereich der Q-Partikularia. Die dabei für das Zu- und Absprechen verwendeten Kopulae dürfen als Zeichen für interne (und zwar im Sinne semiotischer, die Konstitution von Gegenständen mit Zeichenfunktion betreffender) Beziehungen nicht mit Zeichen für gewöhnliche externe Relationen zwischen bereits konstituierten Gegenständen, deren Zu- und Absprechen von mehrstelligen Prädikatoren artikuliert wird, verwechselt werden). Diese Verwechslungsgefahr bildet den Hintergrund schon der ausgedehnten Dispute in der Scholastik darüber, ob Subjekt-Prädikatsätze als sprachliche Darstellungen einer Prädikation dreigliedrig, z. B. ‚Socrates est currens‘, oder zweigliedrig, im Beispiel: ‚Socrates currit‘, zu verstehen seien, was wiederum vom Ausgang eines besonderen Streits um die Rolle von ‚est‘ in einer Prädikation abhängig gemacht wurde. In einer Äquivokationstheorie von ‚est‘ ist ‚est‘ einerseits Kopula mit der ausschließlichen Funktion, eine Verbindung zwischen den beiden Referenten von Subjektausdruck und Prädikatausdruck herzustellen, wobei im Regelfall der Stoff (materia) eines Gegenstandes die Rolle des Referenten des Subjektausdrucks und die Form (forma) eines (anderen) Gegenstandes die Rolle des Referenten eines Prädikatausdrucks spielen, und andererseits ist ‚est‘ ein eigenständiger Prädikatausdruck, mit dem vom

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Subjekt dessen Existenz. ausgesagt wird, wie etwa im Fall ‚Socrates est‘. In einer Interrelationstheorie von ‚est‘ hingegen werden Kopulafunktion und Prädikationsfunktion in einer jeweils zu bestimmenden gegenseitigen Abhängigkeit zugleich ausgeübt, was allerdings erfordert, insbesondere den bei einem Satz mit einem ‹leeren› Subjektausdruck, wie z. B. ‚Chimaera est opinabilis‘, entstehenden inneren Widerspruch auflösen zu können Im übrigen blieb bei dem Streit zwischen Äquivokationstheorie und Interrelationstheorie unberücksichtigt, daß sich mit einer regelmäßigen Eingliederung des kopulativen ‚est‘ in den Prädikatausdruck, wie es bei Verben in finiter Verbform als Prädikatausdrücken ohnehin der Fall ist, der ursprüngliche Disput um die Zwei- oder Dreigliedrigkeit eines Subjekt-Prädikat-Satzes unmittelbar lösen läßt. Abaelard hat dies getan und gegen die Mehrheitsmeinung seiner Zeit die Zweigliedrigkeit eines elementaren Subjekt-Prädikat-Satzes vertreten. Bei internen Beziehungen nämlich, wie der mit der Kopula hergestellten, geht es um die Verbindung eines Stückes Sprache mit einem Stück Welt, d. h. weder um Beziehungen allein auf der Ebene der (konkreten oder abstrakten) Objekte, den Bereich der Gegenstände um ein Reich von Sachverhalten oder denjenigen der Begriffe um ein Reich von Gedanken oder gar Urteilen erweiternd, noch um Beziehungen allein auf der Ebene der (sprachlichen) Zeichen, Namen in der (grammatischen) Funktion von Subjekt und Prädikat zu (Aussage-)Sätzen verbindend. Bei einer Behandlung der Prädikation als Fall einer externen Relation auf der Objektebene würde der Klassifikator als ein Eigenname, extensional (im einstelligen Fall) für eine Klasse – die Kopula ‚ε‘ wird zum ‚Element-von‘-Relator ‚ϵ‘ – oder intensional für einen Begriff – die Kopula wird zum ‚fällt-unter‘-Relator –, auftreten, er hätte seine aussagende Kraft verloren; dasselbe geschähe, würden die Kopulae bloß als Zeichen für syntaktische Relationen einer Grammatik verstanden. Auch die auf Frege (1879) zurückgehende Deutung der Prädikation als Anwendung einer von einem Prädikator ‚P‘ in Gestalt einer Aussageform, d.i. im einstelligen Fall ‚P(x)‘, dargestellten Aussagefunktion – mit Gegenständen als Argumenten und mit Aussagen bzw. ihren extensionalen Abstrakta, den Wahrheitswerten, oder ihren intensionalen Abstrakta, den Propositionen (auch: Sachverhalten oder, bei Frege, Gedanken) als Werten – eliminiert aufgrund der Behandlung von Aussageformen als Objektformen oder Termen die Kopula zwar in der Objektsprache und gegebenenfalls, bei Fortsetzung dieses Vorgehens, auch in höheren logischen Sprachstufen, in der jeweils obersten Metasprache aber kehrt sie für die Formulierung von Gleichheits(-meta-)aussagen zwischen solchen Termen zurück. Z.B. ‚P(n),⋎ ε = ‘ (in Worten: Der Wert der Aussagefunktion P(x) für das Argument n ist ⋎, das Wahre). Als Hintergrund für die Fregesche Gleichbehandlung der Nominatoren und Aussagen – beide sind gesättigte Ausdrücke – läßt sich die seit Platon vertraute

Exkurs Prädikation

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doppelte Funktion der Namen identifizieren, die im Zuge einer nicht auf die Gewinnung von Elementaraussagen beschränkten sprachlogischen Rekonstruktion der Prädikation und anderer Sprachhandlungen den Ergebnissen der auch einer Prädikation in logischer Genese vorangehenden Sprachhandlung der Artikulation zuzuordnen sind, den Artikulatoren in Zeichenrolle. In seiner kommunikativen Funktion nämlich – in Platons Kratylos (388b) dem διδάσκειν τι ἀλλήλoυς, der Rolle der Namen (ὀνóματα), einander etwas beizubringen – ist ein Artikulator inhaltlich das (gewöhnlich in Gestalt einer Laut- oder Schriftmarke realisierte) Ergebnis einer (einstelligen) Prädikation und damit ein Prädikator; die Prädikation wird dabei formal in einem Modus, z. B. im Behauptungsmodus oder anderer mithilfe von Sprechakten hervorgebrachter Modi, vollzogen, so daß der Artikulator als ein [Einwort-]Satz auftritt. In seiner signifikativen Funktion hingegen – bei Platon dem διακρίνειν τὰ πράγματα, der Rolle der Namen, die Sachen zu unterscheiden – liegt ein Artikulator inhaltlich in einer wahrnehmbaren Gegebenheitsweise vor; er bildet formal das Ergebnis einer (einstelligen) Ostension und ist damit ein logischer Indikator mit der Folge, als Wort aufzutreten. Dabei gibt es sprachliche Hilfsmittel sowohl für die ausdrückliche Trennung beider Funktionen als auch für den Übergang von einer Funktion zur anderen. Mit der Kopula ‚ε‘ als einem Operator, der einen Artikulator ‚P‘ in einen Artikulator mit ausschließlich prädikativer Rolle, also einen Prädikator ‚εP‘ (gelesen: ist [ein] P) oder, besser noch, in eine Aussageform ‚_εP‘, einen ungesättigten Ausdruck im Sinne Freges, überführt, wird die signifikative Funktion des Artikulators ‚P‘ abgeblendet und allein dessen kommunikative Funktion aufrechterhalten. Hingegen dient der Demonstrator ‚δ‘ dazu, einen Artikulator ‚P‘ in einen seine Funktion des Zeigens nur in Verbindung mit dem Vollzug einer Zeigehandlung erfüllenden logischen Indikator ‚δP‘ (gelesen: dies P), zu überführen, wobei die kommunikative Funktion von ‚P‘ abgeblendet und allein dessen signifikative Funktion aufrechterhalten wird; auch in diesem Fall sollte der gewonnene logische Indikator ‚δP‘ besser als eine Anzeigeform ‚δP_‘ verstanden werden und damit als ein ebenfalls ungesättigter Ausdruck im Sinne Freges. Mit Aussageformen und Anzeigeformen lassen sich im übrigen besser als mit Prädikatoren und logischen Indikatoren die einem scheinbar eigenständigen mentalen Bereich für zugehörig erklärten Denkformen bzw. Anschauungsformen der philosophischen Tradition als Ergebnisse von Zeichentätigkeit und damit semiotisch rekonstruieren. An die Stelle der noch immer verbreiteten traditionellen Gegenüberstellung von (physischer) Außenwelt und (psychischer) Innenwelt tritt die Differenz von pragmatischer und semiotischer Funktion von Handlungen. Bei einer Artikulation mittels ‚P‘, z. B. ‚Holz‘, pragmatisch einer Äußerung und semiotisch einer Bezeichnung, wird zunächst ein noch nicht auf irgendeine Weise in partikulare Einheiten gegliederter Objektbereich artikuliert, nämlich ein allein in Gestalt seiner im Ausüben der Artikulation auftretenden beiden

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11 Über die sprachlichen Werkzeuge ‚Teil‘ und ‚Ganzes‘ mit drei Exkursen

Seiten: das durch ‚χP‘ symbolisierte universale Schema und die durch ‚δP‘ indizierten singularen Aktualisierungen. Der artikulierte Bereich ist anfangs ein bloßes Quasiobjekt, da auch das verbale Artikulieren neben anderen Arten des Artikulierens wie etwa graphischem Skizzieren nichts anderes ist als eine Verselbständigung der semiotischen Funktion des Schematisierens und Aktualisierens eines Bereichs P im distanzierenden und aneignenden Umgang mit ihm, nämlich einem Handeln in epistemischer und nicht in eingreifender Rolle. In dieser Rolle ist der distanzierende Umgang, etwa mit Holz, ein durch Artikulieren – auf seiner (universalen) Handlungsbild-Seite – theoretisch vermitteltes, d.i. im verbalen Fall redend und verstehend sich äußerndes, Wahrnehmen von [Eigenschafts]-Unterschieden, etwa von rauh versus glatt oder von zu-Stühlen-geformt versus zu-Schränken-geformt, der aneignende Umgang indessen ein durch Artikulieren – auf seiner (singularen) Handlungsvollzug-Seite – praktisch vermitteltes, d.i. weitergegebenes, Hervorbringen von Einteilungen, etwa von rauhe Stellen versus glatte Stellen oder von Stuhlholz versus Schrankholz; wie jedes Quasiobjekt erscheint auch Holz – es sind das Schema χHolz und seine Aktualisierungen δHolz – in Entfaltung seiner Grundbestimmung ‚Holz‘ (distanziert) unter Aspekten und ist (angeeignet) verkörpert in Phasen. Erst mit der Objektivierung des Schematisierens und Aktualisierens jedoch, und zwar durch Summierung der Aktualisierungen δP zur Substanz κP (= Gesamt-P) zusammen mit der Identifizierung der Aktualisierungen δP zur Eigenschaft σP, wird das Quasiobjekt P in ein Objekt überführt, nämlich den durch die (allgemeine) Form σP zu einer besonderen individuellen Einheit geformten Stoff κP, nämlich in die (einzige) Instanz γP, das token eines (maximalen) type τ0P, also das P-Ganze. Dieses P-Ganze, im Beispiel ‹das ganze Holz›, ist allerdings nur semiotisch, durch Artikulation indiziert und symbolisiert, zugänglich, pragmatisch hingegen hat es jeder Sprecher nur mit Teilen des P-Ganzen zu tun, den P-Partikularia, die im Umgang mit ihnen – nur semiotisch, nicht aber pragmatisch vom Umgang mit dem P-Ganzen unterschieden – sowohl (distanziert) unter Aspekten als auch (angeeignet) in Phasen – wahrnehmend und hervorbringend zugänglich werden. Die Rekonstruktion der bei dieser Redeweise unterstellten Individuation des Quasiobjekts P, einer auf zahllose Weise möglichen Überführung von P in Bereiche von jeweils auch jenseits der Äußerungssituation grundsätzlich identifizierbaren P-Partikularia, erfolgt in Schritten, um insbesondere die Trennung von kommunikativer und signifikativer Funktion eines Artikulators und damit die Artikulation sowohl von Prädikationen von Objekten als auch von Ostensionen an Objekten auch und gerade dann durchsetzen zu können, wenn die Situation, in der sich die miteinander Redenden befinden, und die Situation, über die sie dabei reden, voneinander unterschieden sind. Der erste Schritt einer Individuation, der

Exkurs Prädikation

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zu lediglich situativ bestimmten Partikularia führt, besteht darin, der gleichsam ‹natürlichen›, durch die jeweilige Situation der Äußerung von ‚P‘ festgelegten Untergliederung des Quasiobjekts P in allein der Handlungsebene zugehörige Abschnitte in Gestalt von (nicht notwendig disjunkten) Zwischenschemata des Schemas χP zu folgen. In diesem Fall werden Zwischenschemata zu partikularen Objekten ιP (gelesen: ‚dieses P‘, im Unterschied zu ‚dies P‘ im Fall von ‚δP‘) ‹objektiviert›, indem durch Summierung der Aktualisierungen δP eines Zwischenschemas zu einem Anteil κ(ιP) der Substanz κP in Verbindung mit der Überführung von κ(ιP) in eine P-Einheit durch Identifizierung aller Aktualisierungen des Schemas χP und damit auch des Zwischenschemas zur allgemeinen Form σP eine Bezugnahme auf das dialogisch konzipierte, sich im Schematisieren (Du-Rolle) und Aktualisieren (Ich-Rolle) verwirklichenden, Handeln ermöglicht wird. Die durch ‚ιP‘, einen Individuator, benannten P-Einheiten, d.s. die Partikularia als Instanzen eines P-Typs, bestehen aus Stoff κ(ιP) und – seine allgemeine Form, die Eigenschaft des P-seins, einschließender – individueller Form σ(ιP), zum Beispiel ein Holzstück aus Stoff, einem Anteil des Materials, d.i. der Substanz, Holz, und Form, der Gesamtheit seiner Eigenschaften, insbesondere des Hölzern-Seins der durch die Hinzufügung von ‚Stück‘ markierten Holzeinheit. Über Identität und Verschiedenheit der durch die Individuatoren rein deiktisch gekennzeichneten Partikularia ist unabhängig von der Äußerungssituation noch keine Aussage möglich. Die Ergebnisse einer Prädikation von einem Partikulare ιP und einer Ostension an einem Partikulare ιP sind nach dem ersten Schritt einer Individuation von P allein (wahre) ‹Eigenaussagen› der Form ‚ιPεP‘ (dieses P ist [ein] P, z. B.: dieser Mensch ist ein Mensch, d. h. von diesem Menschen wird [berechtigt, und zwar bereits ‹analytisch›, d. h. nach Konstruktion] die Eigenschaft Mensch-Sein ausgesagt, oder: diesem Menschen kommt die Eigenschaft Mensch-Sein zu) und (treffende) ‹Eigenanzeigen› der Form ‚δPιP‘ (dies P an diesem P, z. B.: dies Holz an diesem Holz[stück], d. h. an dem Holzstück wird [treffend, und zwar ebenfalls ‹analytisch›] die Substanz Gesamt-Holz angezeigt). Sie scheinen daher dem Sokratiker Antisthenes rechtzugeben, der, wie Aristoteles, dabei Platons impliziter Kritik (Soph. 259a) folgend, berichtet und kritisiert (Met. 1024b32-34), keinen anderen Elementaraussagen die Möglichkeit zubilligte, wahr zu sein. Erst mit den nächsten Schritten einer Individuation von P, die sukzessive durch die Artikulation je der Aspekte und Phasen eines zunächst nur durch die Äußerungssituation bestimmten P-Partikulare ιP gewonnen werden und daher die Artikulation von deren Zusammenhang mit den Aspekten und Phasen eines weiteren durch dieselbe Äußerungssituation bestimmten Q-Partikulare ιQ betreffen, lassen sich auch (partielle) Identität und Verschiedenheit zwischen den ιP artikulieren. Für die Artikulation des gesuchten Zusammenhangs aber gibt es zwei Möglichkeiten, die sich mit den vertrauten zweigliedrigen Elementaraussagen

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11 Über die sprachlichen Werkzeuge ‚Teil‘ und ‚Ganzes‘ mit drei Exkursen

‚ιPεQ‘ und ‚ιQεP‘, den Ergebnissen der Prädikationen εQ von ιP bzw. εP von ιQ wiedergeben lassen. (Mit den Beispielen ‚P‘ = ‚Holz‘ und ‚Q‘ = ‚Stuhl‘ besagt die Aussage ‚dieses Holz[stück] ist [ein] Stuhl‘ in genauerer Analyse: Von dem mit ‚dieses Holz[stück]‘ benannten bloßen Stoff des Holzstücks wird mit dem Aussagen der Eigenschaft Stuhlsein gesagt, daß er einen Anteil habe, der mit dem Stoff eines Stuhls im Sinne der Mereologie koinzidiert, d. h. der Stuhl ιQ tritt als ein Teil des Holzstücks ιP auf, weil der Stoff κ(ιQ) mit einem Anteil des Stoffes κ(ιP) übereinstimmt; Form von ιQ und Stoff von ιP ‹passen› zueinander: κ(ιQ) ⊂ κ(ιP), also ιQ < ιP. Die Aussage ‚dieser Stuhl ist [aus] Holz, also hölzern‘ hingegen besagt, daß ein Anteil der Substanz Holz mit dem Stoff des Stuhls koinzidiert, d. h. es gibt eine Holzeinheit, die Teil des Stuhls ist; Form von ιP und Stoff von ιQ ‹passen› zueinander: κ(ιP) ⊂ κ(ιQ), also ιP < ιQ.) Bei der Elementaraussage ‚ιQεP‘ (im Beispiel: dieser Stuhl ist [aus] Holz) hat man es mit einer Darstellung der kommunikativen Funktion eines zusammengesetzten Artikulators ‚Q⊗P‘ (im Beispiel: Stuhl-Holz) zu tun, bei der Q⊗P-Partikularia in einstelliger Projektion als P-Partikularia mit einer durch Relativierung gewonnenen Spezialisierung von P zu PQ (im Beispiel: Holz von [einem] Stuhl) aufgrund der Definition ε(Q⊗P) ⇋ εPQ auftreten. Entsprechendes ergibt sich bei einer Vertauschung von ‚P‘ und ‚Q‘. Für die jeweils zugehörigen beiden elementaren Anzeigen ‚δQιP‘ und ‚δPιQ‘ hat man es im Fall der das Verstehen von ιQεP artikulierenden Anzeige ‚δQιP‘ (im Beispiel: dies Stuhl[moment] an diesem Holz [stück]) mit einer Darstellung der signifikativen Funktion von Q⊗P zu tun, bei der Q⊗P-Partikularia in einstelliger Projektion als Q-Partikularia mit einer durch Modifizierung gewonnenen Spezialisierung von Q zu PQ (im Beispiel: hölzerner Stuhl) aufgrund der Definition δ(P⊗Q) ⇋ δ(PQ) auftreten. In genauerer Analyse besagt die Anzeige ‚dies Stuhl[moment] an diesem Holz[stück]‘ Folgendes: Unabhängig davon, daß in diesem Fall die durch Hinzutreten von ‚Stück‘ artikulierte Einheit des vom Artikulator ‚Holz‘ artikulierten Quasiobjekts von der vom Artikulator ‚Stuhl‘ bereits mitgeführten Einheitenbildung induziert ist – ‚Stuhl‘ ist ein Individuativum, ‚Holz‘ hingegen ein Kontinuativum – besagt die Ostension der Substanz κStuhl an dem Holz[stück] von der Form eines Stuhls in platonischer Redeweise die Partizipation, nämlich ‹Teilhabe›, also Methexis, des Stuhls oder auch nur der Form σStuhl an der Form σHolz; das aber heißt: die Eigenschaft Stuhlsein gehört zu den Eigenschaften von diesem Holz[stück]. Mit der Möglichkeit, zwei Partikularia als ein komplexes Partikulare zu behandeln, etwa, wie im klassischen Beispiel aus Platons Dialog Sophistes, einen einzelnen Menschen Theaitetos und einen einzelnen Akt der Handlung Sitzen miteinander verbunden entweder als ein Sitzen des Theaitetos oder als einen sitzenden Theaitetos, läßt sich verständlich machen, daß man zwar einerseits Theaitetos seinem Stoff nach als Träger der Eigenschaft Sitzen, auffassen kann,

Exkurs Prädikation

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wobei die Substanz Gesamt-Sitzen, d.i. der Stoff des aus allen Sitzakten gebildeten Ganzen, unter der Form eines Menschen verkörpert erscheint, man zugleich aber auch andererseits den Sitzakt seinem Stoff nach zum Träger der Eigenschaft, Theaitetos zugehörig zu sein, erklären kann, wobei die Substanz Gesamt-Mensch, d.i. der Stoff der das Ganze aus allen Menschen bildenden ‹Menschheit› in Gestalt eines einzelnen Menschen unter der durch ihn verkörperten Form Sitzen erscheint. Jedes P-Partikulare ιP, insbesondere diejenigen, die kein anderes P-Partikulare als echten Teil haben und damit als Individuen i. e.S. ausgezeichnet sind, hat als vollbestimmt zu gelten, wenn sein Stoff κ(ιP) als Vereinigung aller seiner zu Stoffen κ(ιQ) summierten Phasen δQ von Q-Aktualisierungen an ιP und seine (individuelle) Form σ(ιP) als Menge aller seiner durch Identifikation der δQ zu Eigenschaften σQ gewordenen Aspekte χQ von Q-Schematisierungen von ιP gewonnen sind. Dieser Bestimmungsprozeß ist grundsätzlich unabgeschlossen, zumal bei jedem Schritt des Aussagens einer Eigenschaft σQ von ιP durch die Prädikation mit ‚εQ‘ und des Anzeigens einer Substanz κQ an ιP durch die Ostension mit ‚δQ‘ noch die Berechtigung der vorgenommenen Zuschreibungen nachzuweisen ist: Die Aussage ιPεQ ist berechtigt, wenn für einen Teilgegenstand ιQ < ιP dessen Stoff κ(ιQ) mit einem Anteil des Stoffes κ(ιP) koinzidiert (κ(ιQ) ⊂ κ(ιP)), während die Anzeige δQιP berechtigt ist, wenn für einen Teilgegenstand ιQ < ιP die Eigenschaft σQ zu den Eigenschaften von ιP gehört (σQ ε σ(ιP)). Bei Individuen sind die ihnen mit einer Prädikation attribuierten ‹äußeren› Eigenschaften und die ihnen durch Partition einer Substanz im Zuge einer Ostension zugeordneten ‹inneren› Anteile dieser Substanz eineindeutig aufeinander abbildbar. Damit steht eine sprachlogische Rekonstruktion und zugleich Legitimation des auf Aristoteles zurückgehenden Verständnisses einer Prädikation zur Verfügung: Prädizieren ist ein begriffliches Bestimmen eines bereits unter einer (allgemeinen) Form (εἶδoς) aufgefaßten zugrundeliegenden Stoffes (ὕλη) und damit eines Einzelnen, was im übrigen immer wieder von einem Prioritätsstreit darüber begleitet war und ist, ob dabei dem Allgemeinen oder dem Einzelnen der Vorrang gebühre, etwa ontologisch dem Allgemeinen, epistemologisch hingegen dem Einzelnen. Zugleich ist in dieser Rekonstruktion die Prädikation mit einem zu jeder Sprachhandlung, z. B. einer Bitte, einer Warnung, einer Erwartung oder einer Behauptung, in ihrer kommunikativen Funktion gehörenden Aussagekern (engl. propositional kernel) identifiziert und deshalb jede Sprachhandlung in ihrer kommunikativen Funktion als Prädikation in einem Modus, nämlich unter Vollzug eines Sprechakts, aufzufassen. Das bedeutet, daß die Prädikation nicht selbst zu den Sprechakten gehört, und damit ist sie weder gleichwertig – was aber gegenwärtig noch umstritten ist – der als bloßes Benennen mißverstandenen Artikulation noch der zudem einen Wahrheitsanspruch erhebenden Behauptung.

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11 Über die sprachlichen Werkzeuge ‚Teil‘ und ‚Ganzes‘ mit drei Exkursen

Die weitergehenden Unterscheidungen von Aristoteles in zehn verschiedene Prädikationsarten (σχήματα τῶν κατηγoριῶν, Top. A9) machen von besonderen Strukturen einzelner natürlicher Sprachen Gebrauch und gehören nicht mehr zu einer universalsprachlich konzipierten logischen Grammatik. Wohl aber lassen sich schon mit den bisher bereitgestellten allgemeinen sprachlogischen Mitteln die in der philosophischen Tradition seit der mittelalterlichen Logik miteinander rivalisierenden Prädikationsstheorien, einer Prädikation durch Inhärenz und einer Prädikation durch (partielle) Identität, als verschiedene Darstellungen derselben Sache verstehen. Im ersten Fall wird die zwischen dem Anteil einer Substanz und einer Eigenschaft eines (partikularen) Objekts bestehende interne Beziehung der Inhärenz, also die Attribution [der Eigenschaft ihrem Träger], als Lesart einer elementaren Prädikation in den Mittelpunkt gestellt; im zweiten Falle wird die damit gleichwertige und zunächst mit einer elementaren Ostension erfaßte interne Beziehung zwischen der Form eines (partikularen) Objekts und einem seiner substanziellen Anteile (meist in der als analytische Urteilstheorie – praedicatum inest subiecto – bezeichneten Fassung, daß der Begriff eines Objekts, sein Individualbegriff, den Begriff eines seiner Teile, gelesen als Eigenschaft, diesen Teil zu haben, einschließe), also die Partition [einer Substanz in Anteile], unter der Beschreibung einer (partiellen oder, bei Gottfried W. Leibniz, virtuellen begrifflichen) Identität als elementare Prädikation behandelt. Es wird dabei berücksichtigt, daß sich (1) sowohl eine Substanz κP auf viele verschiedene Weisen in Anteile zerlegen läßt, die den Stoff von Elementen einer Klasse ϵP bilden, als auch (2) die verschiedenen von P-Partikularia aussagbaren Eigenschaften auf genau eine Weise zu einem Begriff |P| zusammenfassen lassen. Dessen Merkmale werden von den wesentlichen Eigenschaften von P-Partikularia realisiert, d.s. solche, die sich von allen P-Partikularia berechtigt aussagen lassen. Die Elemente der Klasse ϵP sind Exemplifikationen eines Konkretums, d.i. des P-Ganzen γP, einer ‹natürlichen Art [natural kind]› im Sinne Saul Kripkes (1972), während die Eigenschaften, die von den Merkmalen des Begriffs |P| begrifflich erfaßt sind, als Repräsentationen eines Abstraktums zu gelten haben, nämlich des von γP instantiierten Typs τ0P, des ‹Urbilds› oder Paradigmas von P im Sinne des antiken Urbild-Abbild-Modells des Erkennens dann, wenn P eine Standardindividuation hat, wie sie, etwa im Falle grammatischer Individuativa, vom Artikulator ‚P‘ mitgeführt wird. Damit steht den beiden Komponenten Klasse ϵP (extensionaler Sinn) und Eigenschaft σP (intensionale Referenz) die Bedeutung (meaning) eines Artikulators ‚P‘ gegenüber, unter der in Verfeinerung der üblichen Unterscheidung zwischen intensionaler und extensionaler Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks (sense and reference) beide Komponenten zusammengenommen, Begriff |P| (der intensionale Sinn) und Substanz κP (die extensionale Referenz), verstanden werden sollten (cf. die folgende Abb.).

Exkurs Prädikation

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In einer (einstelligen) Elementaraussage ‚ιP εQ‘ kann ιP, außer im Falle P = Q, als mit einem echten Q-Teil ιQ ausgestattet begriffen werden, gleichwohl ist ιP selbst keines der Q-Objekte: Der Prädikator ‚εQ‘ tritt in ‚ιP εQ‘ als ein Apprädikator auf, während ‚εQ‘ in ‚ι(PQ) εQ‘, weil auch ι(PQ) zu den Q-Objekten gehört, die Rolle eines Eigenprädikators hat. Dabei ist nach Konstruktion ‚ι(PQ) εQ‘ gleichwertig mit ‚ιQ ε(PQ)‘, so daß hier auch ‚(PQ)‘ im Unterschied zum apprädikativ verwendeten ‚P‘ eigenprädikativ auftritt: ‚PQ‘ ist ein Klassifikator auf dem Bereich der Q-Objekte, der ihn in (PQ)-Beispiele und (PQ)-Gegenbeispiele einteilt. Der für die Spezialisierung von ‚Q‘ verwendete Modifikator ‚M‘ ist der für die Klassifizierung herangezogene, der Unterscheidung dienende Gesichtspunkt. In Aussagen ‚ιP εQ‘ ist dabei stets erst der Übergang von ‚Q‘ zu ‚(QP)‘ auszuführen, wenn man sagen will, daß im Bereich der P-Objekte eine Unterscheidung, nämlich eine Klassifikation mit ‚(QP)‘ getroffen wurde. Artikulation [P] pragmatische Seite Äußerung/utterance

Zeichenproduktion (sprechen,schreiben…)

semiotische Seite Bezeichnung/designation

Zeichenrezeption (hören,lesen…)

(pragmatischer) Modus (der Prädikation, das aussagende Subjekt im Hervorbringen von Nominatoren bei einer Prädikation betreffend)

Kommunikation (sagen/saying)

Signifikation (nennen,zeigen/naming,showing)

(Inhalt/content der) Prädikation [ _εP] : die Aussage /proposition ιQεP

(Gemeintes/intent der) (semiotische) Ostension [δP_]: Gegebenheitsweise die Anzeige (der Ostension, das Objekt der /indication δPιQ Anzeige im Wahrnehmen von Nominatoren bei einer Ostension betreffend)

Perlokution Illokution (mitteilen, (behaupten, auffordern,…) empfehlen,…) Attribution [von σP an ιQ] [Rhema]

Performation Recognition [Vollzug] [Bild]

Nomination [von κ(ιP) mit ‘ιQ’] [Thema]

Partizipation [von ιQ an σP]

Intension

Eigenschaft/property [σP]

Extension

Begriff/concept [⎟P⎢] (Begriffsbestimmung der Eigenschaft σP durch Merkmale σ(ιQ); ι(QP) fällt unter⎟P⎢)

Referenz

Partition [von κP mit ‘ιQ’]

Klasse [εP] Substanz [κP] (Klasseneinteilung der Substanz κP durch Anteile κ(ιQ); ιPQ ist Element von εP)

Bedeutung/meaning Sinn

Verwirklichung/realization [der Eigenschaft durch Merkmale ihrer Begriffsbestimmung] [der Substanz durch Elemente ihrer Klasseneinteilung]

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11 Über die sprachlichen Werkzeuge ‚Teil‘ und ‚Ganzes‘ mit drei Exkursen

In einer Prädikation ist bei einer Attribution ebenso wie bei einer Klassifikation eine Benennung unterstellt, die aufgrund der Prädikation – durch Überführung des apprädikativ verwendeten Prädikators (bei einem Klassifikator ist dieser erst als Modifikator herauszuziehen) in attributive Stellung bezüglich des zur Benennung verwendeten Artikulators – in eine bestimmtere Benennung umgewandelt werden kann, z. B. ‚dieser Stuhl ist hölzern‘ in ‚dieser hölzerne Stuhl ist . . .‘. Umgekehrt wird bei einer mit einem zusammengesetzten Artikulator vorgenommenen Benennung in einer Prädikation eine Attribution oder Klassifikation offengehalten, während eine andere Attribution dabei als bereits vollzogen unterstellt ist; z. B. wird mit ‚dieser Holzstuhl ist . . .‘ die Attribution ‚dieser Stuhl ist aus Holz/hölzern präsupponiert‘. Ein in der konstruktiven Wissenschaftstheorie unternommener Versuch, die elementare Prädikation weiter zu differenzieren, wobei die eigenprädikative und apprädikative Verwendung von Prädikatoren Anlaß zur Einführung verschiedener Prädikatorensorten werden und die Unterscheidung insbesondere von Tatprädikatoren (entspricht gewissen Verben) und Dingprädikatoren (entspricht gewissen Substantiven) wiederum neben der üblichen, dann ‚Seinskopula‘ genannten, Kopula noch weitere Kopulae, darunter eine Tatkopula (gelesen: tut), zu berücksichtigen nach sich zieht, kann als Wiederaufnahme und Weiterführung des Aristotelischen Programms einer Klassifikation von Aussageweisen relativ zu einer gegebenen natürlichen Sprache bzw. Sprachfamilie verstanden werden. Die Ebene einer in Bezug auf die Sprachhandlung Prädikation bloß logischen Analyse der Sprache und deren Rekonstruktion durch den Aufbau einer logischen Grammatik ist damit allerdings verlassen.

Exkurs Qualia Quale ist ein von Clarence I. Lewis (1929) eingeführter Terminus im Zusammenhang einer kritischen Behandlung der Theorie der Sinnesdaten als empirischer Basis der Naturwissenschaften. Er steht für „the content of a presentation“, wobei er unter Präsentation „the given element in a single experience of an object“, die (elementare) phänomenale Gegebenheit bei einem Erfassen eines Objekts, versteht, also eine ‹Sinnesqualität› (auch: [Sinnes-]Eindruck oder [Sinnes-]Empfindung) im herkömmlichen, terminologisch meist nicht näher fixierten Sprachgebrauch. Aber erst zusammen mit diesem Erfassen eines Quale oder eines bereits als aus Qualia zusammengesetzt aufgefaßten QualiaKomplexes (etwa durch ‚Baum[eindruck]‘ oder eine, vielleicht sogar farbige, Baumskizze), mit seiner Artikulation also, läßt sich die Sinnesqualität zu einem auch intersubjektiv zugänglichen Sinnesdatum oder einen Komplex

Exkurs Qualia

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solcher auf äußerer Wahrnehmung beruhender Daten objektivieren. Eine zugleich auch Einheitenbildung der Qualia ermöglichende Artikulation wird, wie im komplexen Fall der Wahrnehmung eines Baumes, wortsprachlich oder mit Hilfe anderer Zeichenhandlungen, etwa bildnerischer oder gestischer, vorgenommen, im einfachen Fall einer somatischen Wahrnehmung, etwa eines spezifischen Schmerzes, durch ‚stechend‘ oder durch eine entsprechende Geste, im ebenso einfachen Fall einer visuellen Wahrnehmung wiederum, etwa eines bestimmten blaugrünen Farbtons, durch ‚türkis‘ oder die Herstellung eines passenden Farbflecks. Schmerzeindrücke und Farbeindrücke (what it is like for a person to experience a specific pain or a specific colour) sind in der gegenwärtigen Diskussion als Paradigmata von Qualia ausgezeichnet. Das liegt hauptsächlich daran, daß sie, anders als Sinnesqualitäten wie, zum Beispiel, die meist als Empfindungen (sensations) und nicht als rein passive Eindrücke (impressions) behandelten Inhalte von Temperatur- oder Gewichtswahrnehmungen, artikuliert durch ‚heiß‘ oder ‚schwer‘, die sich auf intersubjektiv verfügbare und dabei sogar physikalisch normierte, Vergleichsskalen, etwa ‚heiß‘ auf ‚heißer als‘ und ‚schwer‘ auf ‚schwerer als‘, zurückführen lassen, eine derartige Zurückführung und damit Elimination nicht zuverlässig zu erlauben scheinen. Allerdings wird ein solcher Schritt durch die Annahme auch relationaler Qualia, wie sie schon von Lewis als Möglichkeit eingeräumt worden waren und bei Rudolf Carnap (1928) eine systematische Rolle bei der Einführung des Begriffs der Ähnlichkeitserinnerung (recognition of similarity) spielen, seines Gewichts im Streit um die Existenz unbezweifelbarer, durch die Autorität der ersten Person gedeckter, Gewißheiten beraubt. Weil Qualia stets unmittelbar gegeben sind und daher mangels noch fehlender Objektivierung weder ein von ihnen unterscheidbarer Bezug auf sie noch eine ihnen zuschreibbare Darstellungsfunktion möglich ist, spricht man von ihrer Transparenz und, daraus folgend, von ihrer Präsenz und ihrer Nicht-Intentionalität, und zwar ausschließlich für die wahrnehmende Person und niemand anderen. Lewis besteht auf dem Unterschied und zugleich der Zusammengehörigkeit von dem ein Quale ausmachenden unvermittelten (subjektiven) Erleben eines solchen (immediate awareness) und dessen durch Interpretation des Gegebenen (conceptualization) bewerkstelligter Objektivierung zu einer von einem Objekt – im Falle von Schmerzen dem eigenen Körper oder, genauer lokalisiert, einem seiner Teile, etwa dem Kopf – getragenen Eigenschaft, eben einem seinerseits ‹objektivierten›, etwas darstellenden Sinnesdatum, was im übrigen vom Wissen um die Differenz zwischen Erleben und dessen Objektivierung, wie es bereits von Moritz Schlick (1918) als Differenz zwischen Erleben und Erkennen auf den Begriff gebracht worden war, untrennbar ist.

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11 Über die sprachlichen Werkzeuge ‚Teil‘ und ‚Ganzes‘ mit drei Exkursen

Anders als bei äußeren Wahrnehmungen bildet der Inhalt innerer Wahrnehmungen, handle es sich etwa um inneres Hören, inneres Sehen, inneres Sprechen/Denken ohne oder mit begleitendem Darum-Wissen – im Falle des auch Darum-Wissens, und zwar sowohl bei innerer als auch bei äußerer Wahrnehmung, spricht man von ‹bewußtem Hören› oder, besser noch, von ‹denkendem Hören› usw. – oder auch nur um (sinnliche) Nachbilder, Einfälle, etwa Vorstellungen, oder um Phantasien oder gar Halluzinationen, dann, wenn er durch Artikulation, z. B. sprechend oder zeichnend, objektiviert wird, einen Bestandteil der wahrnehmenden Person, speziell ihres ‹Seelenlebens›, also eines mentalen Prozesses in Gestalt eines seiner Momente, eines ‹mentalen Zustands› (mental state) in der gegenwärtig üblichen Ausdrucksweise. Dieser Unterschied zwischen äußerer und innerer Wahrnehmung beruht darauf, daß es zwar zu jeder äußeren Wahrnehmung auch eine innere gibt, nämlich wenn man das zunächst nur als Mittel einer äußeren Wahrnehmung und deshalb transparent auftretende Quale in ein dem Wahrnehmungsakt und damit dem wahrnehmenden Subjekt zugehöriges Objekt verwandelt, das zwar weiterhin präsent, aber nicht mehr transparent ist, nicht jedoch umgekehrt. Denn zu einer zum Beispiel im Traum geschauten und so zu Papier gebrachten Blume braucht es kein durch äußere Wahrnehmung zugängliches Pendant zu geben, fiktionale Objekte gibt es ausschließlich als durch allgemeine Bestimmungen bezeichnete und nicht als Gegenstände intersubjektiv möglichen tätigen Umgangs. Im Zuge seiner Objektivierung zu einem Sinnesdatum läßt sich der Inhalt einer äußeren Wahrnehmung, ein Quale oder ein Qualia-Komplex, als ein ikonisches Zeichen für ein Objekt auffassen, so daß dieser Inhalt jeweils einen schematischen Aspekt dieses Objekts erlebbar und so das Objekt als Instanz eines Schemas begreifbar macht, und zwar auch dann, wenn es sich bei dem Objekt um die wahrnehmende Person selbst handelt. Bei einer inneren Wahrnehmung hingegen ist dann, wenn sie nicht mit einer zum Vollzug einer Handlung statt nur ihrem Erleben gehörenden äußeren Wahrnehmung einhergeht, die Übernahme einer Zeichenrolle für ihren (objektivierten) Inhalt – Ikon für die Eigenschaft eines (natürlichen) Objekts – nicht möglich, wohl aber bleiben die objektivierten Qualia Zeichen für nur kraft Bezeichnung, mithin allgemeiner Bestimmungen, existente, bloß semiotische und nicht natürliche Objekte. Es handelt sich, vorausgesetzt, diese Bestimmungen sind nicht, wie etwa bei ‚rund und eckig‘, schon in sich widersprüchlich, in hergebrachter Ausdrucksweise um allein gedachte Objekte, tätigen Zugriffs entzogene, von denen sich aber, neben anderen Arten der Bezugnahme, durchaus, wie etwa im Märchen vom Rotkäppchen von seiner roten Kappe oder in der science fiction ‹Raumschiff Enterprise› von Vulkaniern, erzählen läßt. Selbst die auf optischen Täuschungen beruhenden ‹unmöglichen› Figuren M. C. Eschers sind in diesem Sinne existent, wenngleich

Exkurs Qualia

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nicht herstellbar. Sowohl als Zeichengegenstand – das ist nicht der bezeichnete Gegenstand, den es gar nicht neben seinem bloßen Gedachtsein zu geben braucht – als auch bloß als Gegenstand ist ein objektiviertes Quale ein Bestandteil des wahrnehmenden Subjekts, und zwar in Gestalt eines mentalen Zustands im ersten Fall und in Gestalt eines Gehirnzustands (brain state) als dessen Symptom im zweiten Fall. Es geht in dieser Fassung des Leib-Seele-Problems um eine genauere Bestimmung und damit Klärung des Zusammenhangs von Zeichengegenständen und bloßen Gegenständen angesichts der Dualität von Gegenstand (Objekt) und Verfahren (Operation). In der gegenwärtigen Philosophie des Geistes, einem der Ergebnisse der Auseinandersetzung mit der weitgehend vom cartesischen Dualismus ‹res extensa versus res cogitans› beherrschten neuzeitlichen Philosophie, gehört die Debatte um Wesen und Funktion der Qualia im Kontext der für wissenschaftliche Darstellung fragwürdig bleibenden Autorität der ersten Person – damit kontrastiert die zunehmend für wissenschaftliche Forschung als unentbehrlich begriffene Kreativität der ersten Person, z. B. beim bildhaften Denken – zum Kern einer Theorie des Bewußtseins, insbesondere seiner kognitiven Leistungen. Dabei wird vor allem, und dabei die Argumentationen häufig mit kunstvoll ersonnenen Gedankenexperimenten stützend (vgl. etwa die Einleitung zu Thomas Metzinger 52005, pp. 15–56), darüber gestritten, ob zur empirischen Basis einer solchen Theorie allein die neurophysiologisch erhebbaren Daten des Zentralnervensystems, insbesondere Eigenschaften von Gehirnzuständen gehören, oder ob mentale Daten, wie sie in objektivierten individuellen Erlebnissen der prima facie einfachen Qualia vorliegen, zumindest in einem gewissen Umfang eine weitere nicht-physikalische empirische Basis, genannt: ‹das phänomenale Bewußtsein›, bilden, die in dem Sinne eigenständig ist, als nicht bloß in einer anderen Sprache, einer Sprache der Psychologie anstelle einer Sprache der Physiologie, vom Selben die Rede ist. Es gilt als eine Aufgabe der insbesondere mit der Untersuchung des Zusammenhangs von neuronalen Prozessen und psychischen Phänomenen befaßten Neurowissenschaften, zu denen auch die kognitive Psychologie und die neuerdings aus der klinischen Psychologie ausgegliederte Neuropsychologie gehören, überzeugende Argumente zur Schlichtung dieses Streits beizusteuern. Dort, wo es in der Philosophie des Geistes vor allem um diesen Problemkreis geht, spricht man auch von ‹Neurophilosophie› (Patricia S. Churchland 1986). In einer, ebenso wie ursprünglich schon bei Lewis, der Methodologie des Pragmatismus verpflichteten, diese dabei weiterentwickelnden dialogisch-konstruktiv verfahrenden Genese des Sprechens von Objekten und damit von deren Artikulation (cf. die beiden Exkurse Ostension und Prädikation) auf der Basis von Handlungen des Umgehens mit Objekt[bereich]en, bilden Qualia jeweils das

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in deren Vollzug allein von der handelnden Person erlebte universale Schema einer Wahrnehmung des Objekts in einer zu seinem jeweiligen Aspekt gehörenden Gegebenheitsweise. Vorausgesetzt ist dabei, daß im Zuge einer solchen Rekonstruktion mit ‚Wahrnehmung‘ die in eine eigenständige Handlung verwandelte passive Seite eines Aspekts des Objekts der Wahrnehmung artikuliert wird. Diese Gleichsetzung von Qualia mit subjektiven Wahrnehmungsschemata wiederum ist in ihren Konsequenzen durchaus gleichwertig damit, Qualia als die wiederholbaren, jedoch, weil singular und nicht individuell, nicht nennbaren Aktualisierungen – auf die Nichtnennbarkeit wurde bereits von Lewis mit ‚ineffability of the given‘ aufmerksam gemacht – solcher Wahrnehmungsschemata gelten zu lassen. Jede bloß beschreibende Bezugnahme auf Qualia bleibt unvollständig, solange die vertrauten Artikulatoren für sie, z. B. ‚stechend‘ oder ‚türkis‘, nicht durch Hinzufügung des Indikators ‚mein‘ in Spezialisierungen verwandelt werden, damit die Relativierung auf die von ihren Wahrnehmungen gerade sprechende Person zum Ausdruck kommt. Schon aus methodischen Gründen ist es daher unerläßlich, bei der Rekonstruktion der Rede von Qualia neben der subjektinvarianten Bestimmung der Objekte beim Umgehen mit ihnen auch die intersubjektive Zugänglichkeit des unhintergehbar subjektiven Wahrnehmens – diese Zugänglichkeit ist wegen der regelmäßig vorhandenen sozialen Sprachkompetenz für Farbwörter ebenso wie für andere Ausdrücke von Qualia eine grundsätzlich unbezweifelbare Tatsache – eigens zu rekonstruieren. Störungen oder sogar partielle Ausfälle der sinnlichen Ausstattung zwingen dabei dazu, sich zu Beginn auf intersensuale Wahrnehmungsschemata, wie sie von den Gegebenheitsweisen von Objekten beim Umgang mit ihnen in der Regel induziert werden, zu beschränken und monosensuale Schemata, wie Farben, Schmerzen oder Gerüche, sowie multisensuale Schemata, wie sie etwa durch ‚groß‘, ‚fröhlich‘, oder ‚aufrecht‘ artikuliert sind, komplexeren Konstruktionen zu überantworten. In einem solchen Umgehen nämlich, etwa mit [einem] Baum durch Erklettern, erfolgt mit jedem Kletterakt sowohl – im singularen Handlungsvollzug – eine (aktualisierende) Aneignung, als auch – im universalen Handlungserleben – eine (schematisierende) Distanzierung des Baums. Der Akt des Kletterns fungiert in Bezug auf Baum pragmatisch als ein Index und semiotisch als ein Ikon von Baum, wobei mit der Verselbständigung der Distanzierung zu einer eigenständigen Handlung das Ikonisieren seinerseits aktiv als ein (noch nicht durch eigenständige Zeichenhandlungen vertretenes) Artikulieren und passiv als ein (äußeres) Wahrnehmen (von Baum in der Gegebenheitsweise aller dem Subjekt beim Erklettern verfügbaren Sinne) auftritt.

Literatur

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(natürliches) Objekt

(Aneignung durch) Phase(nhandlung/›Aktion‹) [führt zum Stoff des Objekts als Durchschnitt der Substanzen seiner Teile]

(reelle) Hervorbringung [ohne Vollzug nur virtuelle H., d.i. semiotischer Objekte]

(prakt.) Vermittlung



H.s-Versuch

motorisches Tätigsein (Bewegung [locomotion])

H.s-Erfolg

Herstellung [making]



(Distanzierung durch) Aspekt(ehandlung/›Kognition‹) [führt zur Form des Objekts als Bündel seiner Eigenschaften]

(theoret.) Artikulation



(äußere) Wahrnehmung [ohne Vollzug nur innere W., d.i. semiotischer Objekte]



W.s-Akt

Vorstellung [idea]

W.s-Inhalt/Quale (Eindruck [impression])

sensorisches Erleben (Empfindung [sensation])

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12 Die Entwicklung des dialogischen Prinzips bei der Herausbildung eines dialogischen Konstruktivismus Bei der Wahl meines Titels habe ich mich davon leiten lassen, daß die Thematisierung eines Prinzips nicht gleich den Eindruck entstehen läßt, es handle sich bei Prinzipien um bereits fertige Grundlagen, eben Anfänge, für theoretisches und praktisches Handeln, in den Wissenschaften zum Beispiel für Argumentieren und Experimentieren unter Einschluß von Messen und Zählen, und dabei in dieser Rolle etwas Unumstößliches, das es aufzusuchen und zu finden gilt. Auch, wer solche Anfänge, seien es in theoretischen Zusammenhängen Axiome oder Postulate, in praktischen Zusammenhängen Leitfäden oder Gebote, für ihrerseits begründungspflichtig hält, vergißt leicht, daß auch Begründungen einer Beurteilung auf Stichhaltigkeit bedürfen. Und die Kriterien dafür? Wir stehen am Beginn eines ‹semantic ascent› in den Worten Willard V. Quines1, und das ist ein Aufstieg ohne ein Ende, das als Anfang dienen könnte. Es bleibt nur der Ausweg, den Paul Lorenzen wiederholt mit einem auf Otto Neurath2 zurückgehenden Bild für den Aufbau der Wissenschaften beschrieben hat: Ein Schiff auf hoher See (unsere Lebenswelt, nicht nur die Wissenschaften, wir selbst eingeschlossen) ist vom Kentern bedroht und muß wieder in hinreichendem Umfang fahrtüchtig gemacht werden, ohne es stillegen zu können. Ein Trockendock steht nicht zur Verfügung. Die Reparatur ist daher auf ein schrittweises Vorgehen angewiesen, das die Bedingung erfüllt, nach jedem Schritt auch eine Unterbrechung zu erlauben, ohne dabei die Fahrtüchtigkeit zu gefährden. In dieser Formulierung steckt bereits die einfachste Gestalt des philosophischen Konstruktivismus, wie er einst mit der als Programmschrift verstandenen ‹Logischen Propädeutik› von Wilhelm Kamlah und Lorenzen unter der Maxime eines methodischen Denkens die wissenschaftliche Öffentlichkeit erreichte: Ich spreche an dieser Stelle von dem Prinzip pragmatischer Ordnung, mit dem auf die im praktischen Handeln häufig anzutreffende Unmöglichkeit aufmerksam gemacht wird, daß bestimmte Reihenfolgen von Handlungsschritten nicht umkehrbar sind. Erst die Erweiterung dieser auch als Zirkelfreiheit aller Verfahrensschritte in den Wissenschaften bezeichneten pragmatischen Ordnung von der praktischen

1 W. V. O. Quine, Word and Object, Cambridge/Mass 1960, § 56. 2 O. Neurath, Foundations of the Social Sciences [1944], in: ders./R. Carnap/Ch. Morris (eds.), Foundations of the Unity of Science. Toward an International Encyclopedia of Unified Science II, Chicago/London 1970, pp. 1–51, p. 47. https://doi.org/10.1515/9783110670301-012

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Ebene bloßen Handelns auf die Ebene auch des sprachlichen Handelns bei der Darstellung der handelnd gewonnenen Erfahrungen, wobei auf der Darstellungsebene die Forderung nach Lückenlosigkeit der sprachlichen Schritte deren Verständlichkeit sichern soll, öffnet die Tür für zahlreiche Rückfragen an die Interpretation der nunmehr ‚methodisches Prinzip‘ genannten Maxime für wissenschaftliches Tun und Denken. Hinzukommt, daß es in den Wissenschaften ja nicht nur auf die bloße Darstellung wissenschaftlicher Ergebnisse ankommt, vielmehr argumentative Verfahren die Aufgabe einer Begründung solcher Ergebnisse, sie derart als wissenschaftliche qualifizierend, übernehmen. Für die nicht mit dem methodischen Prinzip erfaßten Begründungsleistungen des philosophischen Konstruktivismus, z. B. alle jenseits der in der Protologik angewendeten Beweisverfahren für gewisse Sorten von Aussagen über Kalküle, wird deshalb ein zunächst nur für Sprachhandlungen formuliertes und vor allem für die normativen Wissenschaften in Anspruch genommenes Prinzip rationaler Argumentation herangezogen, das die Gestalt einer Forderung nach Transsubjektivität hat und deshalb auch ‚Vernunftprinzip‘ heißt. Schließlich ist die Forderung nach Transsubjektivität von sprachlich geführten Auseinandersetzungen, eben ‹Dialogen›, eine Invarianzforderung in Bezug auf alle an der Auseinandersetzung beteiligten Personen. Vor fast einem halben Jahrhundert hat Friedrich Kambartel versucht, diese Invarianzforderung als erfüllt nachzuweisen, wenn dergleichen Dialoge unvoreingenommen, zwanglos und nicht persuasiv verlaufen.3 Die gemeinsame Sprache allerdings – übrigens auch das Ergebnis einer Invarianzforderung, nämlich an die von verschiedenen Personen verwendeten sprachlichen Mittel in Bezug auf diese Personen – wird dabei als bereits vorhanden unterstellt. Ihre Verfügbarkeit, zumindest für wissenschaftliche Zwecke, war im Zuge des Erlanger Programms als ebenfalls von der Maxime eines methodischen Denkens gefordert und mittels exemplarisch lehr- und lernbarer sprachlicher Unterscheidungen einschließlich terminologischer Regeln als einlösbar verstanden worden, nämlich in Gestalt einer über bloße Normierungen der alltagssprachlich getroffenen Unterscheidungen hinausgehenden Orthosprache. Es blieb unbeachtet, daß eine Gleichbehandlung von Gegenstandsaufbau und Sprachaufbau unter Berufung auf einen dem methodischen Prinzip folgenden Erwerb von Handlungskompetenzen, gleichgültig ob es um schlichte Handlungen oder um Zeichenhandlungen, darunter die wortsprachlichen, geht, die eigentümliche Beziehung zwischen beiden Handlungssorten einer eigenständigen Untersuchung entzieht. So entsteht auch nicht die Frage nach der Genesis der Differenz zwischen beiden Sorten, geschweige denn eine Aufmerksamkeit auf die beiden

3 F. Kambartel (ed.), Praktische Philosophie und Wissenschaftstheorie, Frankfurt/M 1974.

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Rollen, die jede Handlung spielt, sie sogar unter allen Gegenständen auszeichnet, nämlich ihrer pragmatischen im Vollziehen und ihrer semiotischen im Erleben, d. h. dem ‹Wissen, um welches Schema es sich handelt, das man im Vollzug aktualisiert›. Dabei unterstreicht diese Ausdrucksweise ihre Rolle, darauf aufmerksam zu machen, daß die vermeintliche Alternative zwischen einem Behaviorismus und einem Mentalismus in der Handlungstheorie, speziell der Sprachhandlungstheorie, in der Tat eine bloß scheinbare ist. Es bleibt aber noch mehr verborgen, nämlich daß gerade Handlungen an der im mathematischen Zusammenhang als Dualität von Gegenstand und Funktion (objet und opération bei Gilles-Gaston Granger in Anknüpfung an Jean Cavaillès4) geläufigen Beziehung unterworfen sind, sie neben ihrem gegenständlichen Charakter – wir greifen unablässig handelnd in den Lauf der Dinge ein und sind zugleich ebenso unablässig Handlungsfolgen ausgesetzt – auch einen funktionalen Charakter haben, nämlich im Zuge des mit ihrer Hilfe möglichen Zugriffs auf Gegenstände. Handlungen sind dann bloße Mittel im Einsatz, beim Verfügbarmachen von Gegenständen, sie sind Verfahren und nicht selbst Gegenstände. Das Verfügbarmachen aber geschieht unter Verwendung der beiden Handlungsrollen: Im Vollziehen werden Gegenstände angeeignet, im Erleben werden sie distanziert. Der funktionale Charakter von Handlungen ist ein epistemischer, wir lernen Gegenstände durch Aneignung und Distanzierung kennen, und zwar praktisch in der Aneignung und theoretisch in der Distanzierung. Ein solches Handeln an Gegenständen ist streng vom eingreifenden Handeln mit Gegenständen zu unterscheiden, was in den Blick gerät, wenn von Handlungen im gegenständlichen Charakter die Rede ist. Natürlich kann jedes Handeln sowohl unter Bezug auf seinen epistemischen Charakter als auch unter Bezug auf seinen eingreifenden Charakter weiter untersucht werden, sofern man beachtet, daß Verfahren, werden sie selbst zu Gegenständen einer Untersuchung, gerade nicht mehr Verfahren im Einsatz sind. Man denke nur an den Übergang von Aussagen zu Metaaussagen, bei denen die ursprüngliche Aussage ihre aussagende Kraft gerade nicht mehr ausübt, im Unterschied übrigens zu Aussagen auf der von Antinomien und anderen Vexierbildern verminten Ebene der Reflexion. Diese Überlegungen schon führen zu einer Stelle, an der sich zumindest der Keim des dialogischen Prinzips erkennen läßt, dem ich die Fassung gegeben habe: „Achte beim Umgang mit Menschen und Sachen stets auf den Unterschied von Ich-Rolle und Du-Rolle einer Handlungsausübung.“ Wir haben es nämlich

4 G.-G. Granger, Formal Thought and the Sciences of Man, Dordrecht 1983, Postface, in Anknüpfung an: J. Cavaillès, Méthode axiomatique et formalisme. Essai sur le problème du fondement des mathématiques, Paris 1938.

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mit einer Beteiligung zweier Handlungsrollen zu tun, einer aktiven Ich-Rolle im Vollziehen und einer passiven Du-Rolle im Erleben, wobei man schon durch die Grammatik hätte aufmerksam werden können auf die besondere Funktion der beiden letzten aristotelischen Kategorien Tun (ποιεῖν) und Leiden (πάσχειν), die erst von John Dewey unter den Titeln ‚doing‘ und ‚suffering‘ wieder zu neuem systematischen Leben erweckt wurden.5 Darüber hinaus läßt sich ebenfalls schon hier erkennen, daß der Bezug auf zwei Personen in einem Argumentationsverfahren pro und contra einer These nur einen Spezialfall darstellt, der sich auf der Ebene des Umgangs mit Behauptungen abspielt und zu Urteilen, nämlich transsubjektiven Beurteilungen, führt. Die Ebene der Gegenstände, handlungstheoretisch also die Ebene des Umgangs mit Gegenständen, ist nicht involviert. Ich mache an dieser Stelle ausdrücklich von der pragmatischen Maxime Gebrauch, wie sie Charles S. Peirce einst aufgestellt hat, nämlich Gegenstände mit jeweils dem – unabschließbaren – Ganzen der Umgangsweisen mit ihnen zu identifizieren: „Consider what effects, that might conceivably have practical bearings, we conceive the object of our conception to have. Then, our conception of these effects is the whole of our conception of the object.“6 In der operativen Logik Lorenzens, die der Begründung logischer Schlußregeln gewidmet war und zusammen mit der (auf Arithmetik und Analysis beschränkten) operativen Mathematik für das spätere Erlanger Programm eines an methodischem Denken orientierten wissenschaftlichen Vorgehens Pate gestanden hat, gibt es noch keinen Bezug auf zwei Personen. Behauptungen über die Allgemeinzulässigkeit von Regeln in einer Hierarchie von uneigentlichen Kalkülen – den Grundkalkül ausgenommen – werden durch Handlungen nach protologischen Prinzipien bewiesen. Wir haben den ersten Schritt des Programms eines methodischen Aufbaus von Wissenschaft vor uns, den Beginn, statt mit ersten Aussagen über die Gegenstände einer Wissenschaft, mit Aussagen über Herstellungsverfahren für die Gegenstände der Wissenschaft, also unter Bezug auf die aktive Rolle von Handlungen. Aussagen unter Bezug auf die passive Rolle von Handlungen, die Wahrnehmungsseite beim Umgehen mit bereits gegebenen Gegenständen, wie sie im Anschluß an eine apriorische Grundlage in den empirischen Wissenschaften auftreten, wurden erst nach und nach ebenfalls dem Programm einer methodischen Rekonstruktion unterworfen. Zugleich aber fällt auf, daß in der operativen Logik der Unterschied zwischen Gegenstandsebene und Sprachebene noch nicht konsequent Beachtung fand: Aussagen treten sowohl

5 J. Dewey, Reconstruction in Philosophy, London 1921. 6 C. S. Peirce, How To Make Our Ideas Clear [1878], in: C. Hartshorne/P. Weiss (eds.), Collected Papers of Charles Sanders Peirce I–VI [= CP], Cambridge/Mass. 1931–1935, 5.388–5.410, 5.402.

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unter den Kalkülfiguren auf, als auch in Gestalt von Ableitbarkeits- oder Zulässigkeitsaussagen über Kalküle, spielen also sowohl die Rolle von Objekten als auch von Aussagen und nicht die Rolle von Aussagen und Metaaussagen. Erst die damit zusammenhängende Unzulänglichkeit des metasprachlichen Begriffs der Definitheit – in Bezug auf den Begriff eines uneigentlichen Kalküls ebenso wie auf den Begriff der Allgemeinzulässigkeit von Regeln – als Verallgemeinerung des Begriffs der Entscheidbarkeit in Bezug auf Begriffe bzw. Mengen, auf die Lorenzen von Alfred Tarski während seines Gastjahres am Institute for Advanced Study in Princeton 1957/58 aufmerksam gemacht wurde, hat den Anstoß zur Fortentwicklung der operativen Logik zur dialogischen Logik, dem Paradigma für einen dialogischen Konstruktivismus, gegeben. Und auch hier war es ein langer Weg, um die Gleichsetzung der Dialogspielregeln, die auf Dialogpartien um logisch zusammengesetzte Aussagen bezogen sind, mit Argumentationsregeln, die auf zum Gewinn führende Dialogstrategien bezogen sind, als unangemessen einzusehen. Es ging schließlich darum, anstelle des für die Wahrheit von Aussagen in der operativen Logik herangezogenen Beweis- bzw. Widerlegungsbegriffs – beide sind in der operativen Logik nicht entscheidbar – einen entscheidbaren Begriff zu finden, auf den sich der Begriff der Wahrheit von Aussagen, und jetzt nicht mehr beschränkt auf kalkülbezogene Aussagen, gründen läßt. Und das leistet der Begriff des Gewinns einer Partie in einem offenen partienendlichen Zweipersonen-Nullsummenspiel um Aussagen unter Einschluß auch logisch zusammengesetzter Aussagen. Die Dialogdefinitheit als Entscheidbarkeit des Gewinnbegriffs einer Dialogpartie um eine Aussage wird zum Charakteristikum einer Aussage schon in der sich noch allein vom methodischen und vom Vernunftprinzip geleitet verstehenden konstruktiven Philosophie und Wissenschaftstheorie, ist Dialogdefinitheit doch eine gemeinsame Erweiterung von Beweisdefinitheit und Widerlegungsdefinitheit von Aussagen, die sich nicht auf die Entscheidbarkeit einer wie immer gearteten gemischten Iteration von Beweis- und Widerlegungsdefinitheit zurückführen läßt. Die Assoziationskette ‹Dialog-Argumentation-Begründung› blieb noch lange die maßgebende, auch wenn in der Erlanger Schule durchaus schon von einem dialogischen Prinzip als konstitutiv für Philosophie und Wissenschaftstheorie die Rede war, obwohl damit nur auf den besonderen Charakter der Begründungsverfahren verwiesen werden sollte, denen man zu folgen hatte, sollten Geltungsansprüche eingelöst werden. Schließlich gab es eine lange, für das Abendland mit Platon beginnende philosophische Tradition, in der Dialoge als Mittel sprachlicher Darstellung von Auseinandersetzungen, gerade auch von solchen, bei denen eine von beiden Seiten anerkannte Lösung scheinbar ausgeschlossen war, sich ohnehin breiter öffentlicher Anerkennung erfreuten. Man denke nur an Gottfried W. Leibniz’ dialogisch aufgebaute Auseinandersetzung mit John Locke in seinen Nouveaux Essais.

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Es ist daher nichts dagegen einzuwenden, wenn man anstelle des Transsubjektivität verlangenden Vernunftprinzips der Erlanger Schule von einem dialogischen Prinzip spricht, beide also dasselbe besagen läßt, nur muß man sich dann darauf einstellen, daß bei einer Erweiterung des derart eingeschränkten dialogischen Prinzips über seinen ursprünglichen Anwendungsbereich der Begründungsverfahren hinaus auch das Vernunftprinzip entsprechend erweitert verstanden werden sollte. Eine solche Erweiterung nun betrachte ich seit langem als unerläßlich.7 Versucht man nämlich, der Aufforderung zur Überwindung der eigenen Subjektivität folgend, das Reden über Gegenstände transsubjektiv zu gestalten, also sich nur so auszudrücken, wie auch jeder andere sich ausdrücken könnte, der mit demselben Gegenstand zu tun hat, so gibt es zwei Probleme, die darüber hinaus sogar noch miteinander aufs Engste verbunden sind. Zum einen: Wie kann ich wissen, ob ein anderer angesichts desselben Gegenstandes sich ebenso wie ich ausdrücken könnte? Mit anderen Worten: Wie lautet das, natürlich seinerseits transsubjektiv zu formulierende Kriterium, wann ‹meine› Aussage über einen Gegenstand dasselbe besagt wie ‹deine› Aussage über denselben Gegenstand? Und zum anderen: Wie kann ich überhaupt wissen, ob ein anderer über ‹denselben› Gegenstand spricht wie ich? Mit anderen Worten: Wie läßt sich ein transsubjektiver Bezug zu einem Gegenstand herstellen? Kann ‹mein› Gegenstand jemals ‹dein› Gegenstand sein? Es sieht so aus, als bildete sich jeder von uns letztlich nur ein, daß die Welt, in der wir leben, eine von uns gemeinsam geteilte ist, in Wirklichkeit lebte jeder nur in seiner eigenen Welt, in der die anderen mit allem, was sie sagen und tun, wiederum nur als Projektionen des jeweiligen Subjekts auftreten. Einer ‹virtual reality› könne man mit einem dialogischen Prinzip selbst dann nicht entrinnen, wenn es von der Ebene der Aussagen in Gestalt des Konzepts dialogischer Begründbarkeit auch auf die Ebene der Gegenstände im allgemeinen, nämlich in Gestalt eines Konzepts dialogischer (Re)Konstruktion, ausgedehnt werde. An dieser Stelle hilft das Konzept des Voneinander-Lernens weiter, ein Konzept, das in der Beschränkung auf ein Modell für den Erwerb von Sprachkompetenz in Gestalt dialogischer Elementarsituationen in der bereits erwähnten Logischen Propädeutik enthalten ist. Es hat auf seine Erweiterung zu einem Modell für den Erwerb beliebiger Handlungskompetenzen buchstäblich ‹gewartet›. 7 Vgl. K. Lorenz, Zum dialogischen Prinzip in der Philosophie der ‹Erlanger Schule›, in: P. E. Bour/M. Rebuschi/L. Rollet (eds.), Construction. Festschrift for Gerhard Heinzmann, London 2010, pp. 477–488; abgedruckt auch in: Zeitschrift für Interdisziplinäre Systembildung 2 (2009), H.3, pp. 27–38; eine kondensierte Version unter dem Titel ‚Das dialogische Prinzip‘ in: K. Lorenz, Philosophische Variationen, Berlin/New York 2011, pp. 509–519.

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Als Ergebnis tritt nämlich jeweils eine von zwei Personen geteilte Handlungskompetenz auf, weil beide im Modell des Erwerbsprozesses jeweils wechselnd in Ich-Rolle, also aktiv vollziehend, und in Du-Rolle, also passiv erlebend, die Handlung ausüben. Das übriggebliebene Problem, ein Modell für die Erweiterung dieser an eine Ich-Du-Dyade gebundenen Handlungskompetenz auf weitere Personen zu konstruieren, ist dann mit demselben Mittel dialogischer Elementarsituationen, höherer Stufe nämlich, lösbar. Gleichwohl galt auch in der Erlanger Schule aus bereits angesprochenen Gründen die Aufmerksamkeit zunächst primär dem dialogischen Charakter allein sprachlichen Handelns mit allen sich daran anschließenden Betrachtungen, seien es etwa sprachwissenschaftliche, argumentationstheoretische oder auch nur dem Verständnis alltäglicher Praxis dienende. Es herrschte Einklang mit einer bis in die Antike zurückgehenden Tradition, auch vielen ihrer zeitgenössischen Zweige in Gestalt zahlreicher Varianten von Sprechakttheorien. Es wurde dabei aber regelmäßig unterlassen, sich vom Unterschied zwischen Ich-Rolle und Du-Rolle beim Ausüben jeder Art von Zeichenhandlungen einen klaren und deutlichen Begriff zu bilden. So ist es, um nur ein Beispiel zu geben, durchaus irreführend, den Unterschied von Ich-Rolle und Du-Rolle aus der Kommunikationsfunktion von Zeichenhandlungen abzuleiten. Man versteht umgekehrt die Kommunikationsfunktion viel besser als eine Erscheinungsform der Differenz von Ich-Rolle und Du-Rolle bei Zeichenhandlungen, dem Zu-Verstehen-Geben seitens Ich und dem Verstehen seitens Du, und zwar bei Zeichenhandlungen als Zeichen und nicht etwa als gewöhnliche Handlungen, die sie ja auch sind. Damit ist zugleich ausgesprochen, daß es nicht nur bei Zeichenhandlungen, sondern auch bei gewöhnlichen Handlungen auf die Differenz von IchRolle und Du-Rolle bei ihrer Ausübung ankommen wird, es also die dialogische Polarität von Handlungen im allgemeinen ist – eben dadurch sind sie unter allen Gegenstandsbereichen ausgezeichnet –, die im Zentrum insbesondere von Handlungstheorien stehen sollte, was leider noch immer nur in Ansätzen geschieht. Zu den Ausnahmen zählt vor allem der von George H. Mead begründete symbolische Interaktionismus.8 Und man erkennt schon sehr deutlich, daß das dialogische Prinzip, und zwar ganz unabhängig davon, daß es eine entscheidende Rolle bei der philosophischen Aufgabe einer Rekonstruktion unserer Erfahrung, nicht nur der wissenschaftlichen, spielt, in der dialogischen Verfaßtheit des Menschen verankert ist. Die Differenz von Ich-Rolle und DuRolle in einer Handlungsausübung hat einen anthropologischen Status.

8 Vgl. G. H. Mead, Mind, Self, and Society, Chicago 1934.

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Man möchte vielleicht – in rationalistischer Manier – gern sagen, daß sie zum ‹Wesen des Menschen› gehöre, oder – in empiristischer Manier – zur Grundausstattung der biologischen Spezies Mensch. Man hat dann aber übersehen, daß es sich bei Ich-Rolle und Du-Rolle in Handlungsausübungen gerade nicht um beobachtbare Daten und schon gar nicht um Setzungen handelt, ja gar nicht handeln kann, sie und ihre Differenz vielmehr zu der Zwillingserfahrung des zugleich Innen- und Außen-Seins gehören, die von jedem gemacht wird, der bewußt lebt. Die dialogische Polarität von Handlungen ist auch dafür verantwortlich, daß Handlungen einem Menschen oder potentiellen Akteur nicht wie alle übrigen Gegenstände nur gegenüberstehen können, so daß der potentielle Akteur ihnen gegenüber allein in der Er/Sie-Rolle des unbeteiligten Dritten aufzutreten in der Lage wäre. Vielmehr können Menschen Handlungen gegenüber, und nur ihnen, auch die Ich-Rolle eines Agenten und die Du-Rolle eines ‹Patienten›, des dialogischen Gegenübers eines Agenten, einnehmen. Dabei kann natürlich auch ein aktueller Akteur seinen eigenen Handlungsausübungen oder Akten gegenüber eine ‹neutrale› Er/Sie-Rolle spielen, nämlich wenn er nach der Handlungsausübung umschaltet und gleichsam ‹vergißt›, daß er einmal unmittelbar beteiligt gewesen ist: in IchRolle handelnd und in Du-Rolle seinem Handeln ‹zuschauend›, d. h., um sein Handeln beim Handeln auch ‹wissend›. Der Akt hat dann den Status eines gewöhnlichen, zwar nicht zur Kategorie der Dinge, wohl aber zu der der Ereignisse, gehörenden Gegenstands, dem gegenüber die Er/Sie-Rolle eingenommen wurde.9 Ich habe anfangs schon darauf hingewiesen, daß Handlungen, anders als alle anderen Gegenstände, neben ihrem gegenständlichen Charakter noch einen funktionalen Charakter haben, wobei beide Charaktere unvergleichbar sind, weil es im ersten Fall um Gegenstände (von Verfahren) geht, im zweiten Fall hingegen um Verfahren (mit Gegenständen) im Zuge von deren Ausübung. Erst durch das Vergleichbarmachen beider Charaktere bei der Objektivierung dieser Differenz, nämlich durch Überführung des funktionalen Charakters in einen Gegenstand logisch zweiter Stufe, gewinnt man die schon erwähnte Dualität von Funktion und Gegenstand. Mit dem Ausdruck ‚Verfahren‘ für den funktionalen Charakter von Handlungen ist also nicht gemeint, daß ein Gegenstand außerdem auch noch als ein Mittel für etwas anderes angesehen werden kann – dergleichen instrumenteller Gebrauch von Gegenständen gehört schließlich zu den Selbstverständlichkeiten (z. B. ein Heraufklettern, um hinunterzuspringen) –, was dann als der Zweck gilt, für den das Mittel eingesetzt wird. Vielmehr wird mit dem funktionalen Charakter einer Handlung zum Ausdruck gebracht, daß im Zuge der Ausübung,

9 Vgl. hierzu meinen Artikel ‚Handlung‘ in: J. Mittelstraß (Hg.), Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie, Bd. 3, Stuttgart/Weimar 2008, pp. 273–282.

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nicht vorher und auch nicht nachher, jede Bezugnahme auf die Handlung und damit ihr gegenständlicher Charakter verschwindet, der ausübende Akteur im Zuge der Ausübung mit ihr gleichsam verschmilzt, er ‹im Handeln aufgeht›. Für Wahrnehmungshandlungen ist dieses Phänomen seit langem immer wieder beschrieben worden und hinlänglich bekannt.10 Die dialogische Polarität von Handlungen kommt ihnen allerdings nicht im gegenständlichen Verständnis zu – dort gilt Komplementarität von Herstellen und Vorstellen. Erst im funktionalen Verständnis, also verfahrensbezogen, werden sie in Ich-Rolle ausgeführt oder vollzogen, in Du-Rolle hingegen angeführt oder erlebt. Mit anderen Worten: Die dialogische Polarität von Handlungen in ihrem funktionalen Charakter erscheint als Komplementarität von Herstellen einer Instanz in Ich-Rolle und Vorstellung eines Typs in Du-Rolle bei einer als instantiierter Typ verstandenen Handlung in ihrem gegenständlichen Charakter und erlaubt es, auf diese Weise die Dualität von Funktion und Gegenstand auch zu begründen. Die hier im Zusammenhang mit der Einnahme der IchRolle und der Du-Rolle verwendeten Termini sind streng technisch gemeint, auf mögliche Assoziationen kommt es nicht an, auch wenn z. B. mit dem Ausdruck ‚erleben‘ auf historische Zusammenhänge mit der Philosophie Wilhelm Diltheys angespielt ist, auf die einzugehen hier nicht der Platz ist. Zu dem, was wir jetzt schon wissen, gehört, daß ein Akteur in Ich-Rolle, als Agent, sich aktiv verhält, in Du-Rolle, als ‹Patient›, hingegen passiv. Das aber ist der Ausgangspunkt für die den Subjektbegriff betreffende Frage, welchen Unterschied es macht, ob derselbe Akteur beide Rollen einnimmt oder – systematisch primär – ob beide Rollen von verschiedenen Akteuren eingenommen werden. Wir werden darauf noch zurückkommen. Von derselben Bedeutung wie die personbezogene Unterscheidung zwischen aktiv und passiv ist jedoch die sachbezogene Unterscheidung der beiden Handlungsrollen, die darin besteht, daß ein Handlungsvollzug singular und nicht etwa ein gewöhnlicher partikularer Gegenstand ist, während ein Handlungsbild im Erleben universal ausfällt. Es ist üblich und dem Kenner vertraut, die singularen Vollzüge ‚Aktualisierungen‘, die universalen Bilder hingegen – wer möchte darf hier durchaus an die Ideen Platons denken – ‚Schemata‘ zu nennen. Leider sind jedoch dieselben Termini auch in Gebrauch, wenn es – bei Handlungen im gegenständlichen Charakter, also ‹als Gegenständen› – um das Ausüben von Handlungen im Sinne des Herstellens von Instanzen eines vorgestellten Typs geht. Auch dann ist leider von Handlungsaktualisierungen (oder

10 Vgl. in Bezug auf G. W. F. Hegel: H. Schmitz, Subjektivität. Beiträge zur Phänomenologie und Logik, Bonn 1968.

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‹token›) eines Handlungsschemas (oder ‹type›) die Rede, ganz analog zu den dinglichen Instanzen einer Art aus der Gattung der Dinge. Das war lange Zeit auch die terminologische Praxis in der Erlanger Schule, als die Dualität von ‚gegenständlich‘ und ‚funktional‘ bei Handlungen noch nicht begriffen war. Der wichtige und alles entscheidende Unterschied ist der, daß Instanzen und Typen, also auch Akte (engl. individual actions) und Handlungstypen (engl. generic acts) selbstverständlich Gegenstände sind, also eine Bezugnahme auf sie erlauben. Akte sind dabei konkret, sie werden ‹getan›, und Handlungstypen abstrakt, sie werden ‹gedacht›; durch Abstraktion und Konkretion gehen sie jeweils auseinander hervor. Die Handlungsvollzüge und Handlungsbilder jedoch, also ‹was› ein Akteur bei der Handlungsausübung, dem Herstellen eines Aktes, in Ich-Rolle tut und in Du-Rolle erlebt, sind keine eigenständigen Gegenstände, weil es keine Bezugnahme auf Singulares geben kann – getan und vorbei – und auch nicht auf Universales, es ist erlebt und sonst nichts. Dem sprachlich möglichen Übergang vom Vollziehen zum Vollzug, dem wenigstens für einen Moment Bleibenden ‹nach› oder ‹vor› dem Vollziehen, wie es die grammatische Konstruktion suggeriert, liegt nichts Wirkliches zugrunde, ebensowenig wie zwischen Erleben und erlebtem Bild ein Unterschied besteht, es sei denn, man läßt dergleichen Nominalisierungen als Mittel zur sprachlichen Darstellung des Übergangs vom funktionalen Charakter einer Handlung zu ihrem gegenständlichen Charakter gelten. In dem Moment, wo wir von einer Handlung reden oder auf andere Weise uns auf sie beziehen, hat sie gegenständlichen Charakter, ist ein konkreter Akt oder ein abstrakter Typ. Vollziehen und Erleben hingegen sind ‹unmittelbar›, machen den polar organisierten funktionalen Charakter einer Handlung aus und dokumentieren so die dialogische Polarität von Handlungen beim Handeln als Verfahren im Zuge des Verfahrens und nicht als Gegenstand. Wir bedürfen der Handlungen, um uns Gegenstände überhaupt zugänglich zu machen. Allein im Umgehen mit Gegenständen werden wir mit ihnen vertraut – so hatte es uns bereits Peirce gelehrt –, und dabei tragen diese Handlungen des Umgehens selbst gerade keinen gegenständlichen Charakter, sie wären uns ihrerseits sonst unzugänglich und bedürften eines Umgehens logisch zweiter Stufe mit ihnen, um zugänglich zu werden. Der Zusammenhang zwischen beiden Charakteren einer Handlung läßt sich am besten so ausdrücken: Ein Akt als Instanz eines Handlungstyps ist eine solche Handlungsausübung eines Akteurs, die er – in Ich-Rolle, als Agent – durch Vollziehen aktualisiert und – in Du-Rolle, als Patient – durch Erleben schematisiert. Wer daher aus der Perspektive einer dritten Person eine Handlungsausübung zum Beispiel sieht und dem Ausübenden die Tat zuschreibt, unterstellt, daß dieser IchRolle und Du-Rolle eingenommen, also die Handlung aktualisiert und schematisiert hat, was sich gerade nicht sehen oder in/mit irgendeinem anderen

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Sinn feststellen läßt: ‹Tätiger Geist› und ‹Schauender Geist› bleiben zeit- und ortlos. Nur dadurch, daß der Dritte zu einem Gegenüber des Akteurs wird und genau dann die Du-Rolle einnimmt, wenn der Akteur selbst in Ich-Rolle auftritt, was sich nur so dingfest machen läßt, daß der Dritte auch fähig ist, die Ich-Rolle einzunehmen, wenn der Akteur in Du-Rolle auftritt, kann der Dritte tatsächlich dem Akteur die Tat zuschreiben – er ist dann aber nicht mehr bloß ein Zuschauer (in der dritten Person), sondern ein Mitspieler geworden, ein zur Übernahme von Ich-Rolle und von Du-Rolle fähiges dialogisches Gegenüber. Es bedarf schließlich noch der Klärung des in unserem Zusammenhang abschließenden Schrittes, zum einen von der Ich-Rolle zum Handlungssubjekt in der 1. Person und zum anderen von der Du-Rolle zum Handlungssubjekt in der 3. Person. Wir wissen schon, daß nur durch Handlungen des Umgehens mit einem Gegenstand dieser Gegenstand zugänglich wird. Dieses Zugänglich-Machen ist natürlich wieder dialogisch strukturiert. Zum einen erfolgt eine Aneignung des Gegenstandes durch Vollzüge des Umgehens, d.i. seine Pragmatisierung bei Einnahme der Ich-Rolle. Zum anderen erfolgt eine Distanzierung des Gegenstandes durch Bilder des Umgehens, d.i. seine Semiotisierung bei Einnahme der Du-Rolle. Die Handlungen des Umgehens sind dabei funktional und nicht etwa gegenständlich zu verstehen. Sind die Gegenstände keine Handlungen, so wird ein solcher Gegenstand vermittelt angeeignet und distanziert – eben durch Einnahme der Ich-Rolle eines Umgehens mit dem Gegenstand im Aneignungsfall und durch Einnahme der Du-Rolle des Umgehens mit dem Gegenstand im Distanzierungsfall. Damit aber wird der Handlungsvollzug vergegenständlicht zu einem Index des Gegenstandes und das Handlungsbild vergegenständlicht zu einem Ikon desselben. Die Handlungen des Umgehens mit einem Gegenstand haben im funktionalen Modus – ich habe ihn den epistemischen genannt – den Status einer Handlungssprache: Ich kann handelnd auf den Gegenstand sowohl zeigen als auch ihn bezeichnen, übrigens unbeschadet dessen, daß mit der Handlung im gegenständlichen Charakter auf die Gegenstände, mit denen man dabei umgeht, eingewirkt wird, wovon beim Zeigen und Bezeichnen abgeblendet ist. Sind die Gegenstände hingegen Handlungen, so gibt es eine unvermittelte, eben ‹unmittelbare›, Möglichkeit ihrer Aneignung und Distanzierung, eben durch den Übergang in den epistemischen Modus, das Vollziehen und Erleben. Nun aber geht es darum, die Akteure in ihren beiden Rollen, also eine Ich-Du-Dyade, als ein Selbstverhältnis zu begreifen, indem sie einer Aneignung und einer Distanzierung logisch höherer Stufe unterworfen werden. In der Selbstaneignung, der Ich-Perspektive des Selbstverhältnisses, wird die Du-Rolle internalisiert: Der Akteur in IchRolle übernimmt durch Aneignung der Ich-Du-Dyade auch noch in einer reflexiven Wendung eine Ich-und-Du-Rolle. Das reale Gegenüber wird virtualisiert. Wir alle

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sind mit dieser Situation aufs Beste vertraut. Wir wissen oft schon vorab, wofür jemand das, was ich gerade tue, halten wird, oder was jemand auf das, was ich jetzt sage, antworten wird. Im wissenschaftlichen Geschäft gehört es geradezu zur Pflicht, mögliche Einwände auf Thesen bereits vorwegnehmend zu behandeln und nicht erst auf wirkliche Einwände zu warten, Wissenschaft wäre anders gar nicht möglich. Geht allerdings die Fähigkeit, auf ein reales Gegenüber einzugehen, gänzlich verloren, sehe ich in Du nur noch ein Alter-Ego, so wird Selbstaneignung zur Ichbefangenheit. Korrespondierend zur Selbstaneignung führt das Verfahren der Distanzierung zur Selbstdistanz, das Selbstverhältnis aus der Du-Perspektive. In diesem Fall wird die Du-Rolle externalisiert, indem der Akteur in Du-Rolle durch Distanzierung der Ich-Du-Dyade seine Du-Rolle auf der Ebene der Reflexion in eine Er/Sie-Rolle verwandelt. Das reale Gegenüber – auch mich selbst! – halte ich mir dann vom Leibe. Auch mit dieser Situation sind wir alle bestens vertraut, etwa wenn wir Menschen, unter Umstanden gar uns selbst, als bloße Objekte aller möglichen Tätigkeiten, zum Beispiel als wissenschaftliche Versuchsobjekte, ansehen und, wiederum zum Beispiel, selbst Antworten auf Fragen nur als stimulus-response-Phänomene behandeln, d. h. als Reiz-Reaktions-Mechanismen wie im klassischen Behaviorismus. Die auf diese Weise nur noch vergegenständlicht auftretende Ich-Rolle eines Gegenübers erscheint dann in Gestalt seiner Präferenzen (engl. preferences), also ‹Lebensweisen›, die ebenso vergegenständlicht auftretende Du-Rolle des Gegenübers nur noch in Gestalt seiner Überzeugungen (engl. beliefs), also ‹Weltansichten›. Man mag sogar fragen, was es mit der Ambivalenz allein schon des Ausdrucks ‚Wissenschaft vom Menschen‘ in diesem Zusammenhang für eine Bewandtnis hat. Betrifft das nur naturwissenschaftliches Vorgehen oder ist sozialwissenschaftliches ebenso betroffen? Geht allerdings die Fähigkeit, einem realen Gegenüber und damit auch gegenüber sich selbst nicht nur in Er/Sie-Rolle, als Objekt, sondern auch in Du-Rolle zu begegnen, verloren, so wird Selbstdistanz zur Selbstentfremdung. Das reflektierte Ich als Ich-und-Du oder reines Subjekt ebenso wie das reflektierte Du als Er/Sie oder bloßes Objekt sind für sich nicht ‹lebensfähig›. Vielmehr sollte man von einem (Handlungs-)Subjekt in der 1. Person sprechen, wenn es über die Ich-Rolle und über die Ich-und-Du-Rolle verfügt, und von einem Subjekt in der 3. Person, wenn es über die Er/Sie-Rolle und über die Du-Rolle verfügt. In der vom dialogischen Konstruktivismus betriebenen Fortentwicklung des methodischen Konstruktivismus wird der dialogische Charakter des Vernunftprinzips deutlicher herausgearbeitet, indem es nicht mehr auf Argumentationen beschränkt verstanden wird, vielmehr als das für Gegenstände, insbesondere Handlungen, und für Zeichen, insbesondere die vor allem Sprachhandlungen betreffenden Zeichenhandlungen, sowie für deren gegenseitigen Bedingungszusammenhang maßgebende dialogische Prinzip. Es sorgt dafür, daß bei jeder

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Handlung die Ich-Rolle des Vollziehens und die Du-Rolle des Erlebens sowie deren Aneignung in einer für ein (individuelles) Subjekt konstitutiven Ich-undDu-Rolle (Selbstaneignung) und deren Distanzierung in einer Transsubjektivität ausmachenden und so auch die Konstitution von (partikularen) Objekten ermöglichenden Er/Sie-Rolle (Selbstdistanz) auseinanderzuhalten ist.11 Dabei zeigt es sich, daß das methodische Prinzip allein den methodischen Aufbau in Gestalt einer regelgeleiteten Erzeugung von lehr- und lernbarem Können, einem ‹knowing-how›, regiert, und zwar sowohl auf der Ebene der nicht nur die Wissenschaft betreffenden Handlungen als auch auf der Ebene der nicht nur eine Wissenschaftssprache betreffenden Sprachhandlungen, während ein bisher in seiner Eigenständigkeit unbemerkt gebliebenes begriffliches Prinzip für die begriffliche Organisation von Wissen, ein ‹knowing-that›, verantwortlich ist, und zwar in Gestalt von Invarianzforderungen an die sprachlichen Hilfsmittel jeder Sprache, nicht nur der Wissenschaftssprache. Nur im Zusammenspiel beider Prinzipien, läßt sich die systematische Rolle der Differenz zwischen (lebensweltlichem) Können und (wissenschaftlichem) Wissen unter Berücksichtigung der ebenfalls eigenständigen Ebenen von (wissenschaftlichem) Können und (lebensweltlichem) Wissen voll entfalten. Die gegenseitige Abhängigkeit von methodisch aufgebautem Können und begrifflich organisiertem Wissen tritt besonders hervor, wenn man beachtet, daß es im Zuge der Rekonstruktion von Können und Wissen noch zweier weiterer, vom dialogischen Prinzip geleiteter, Schritte bedarf, um methodisches Können und begriffliches Wissen auch allgemein verfügbar zu machen: Das Können betreffend vermöge der normierenden Funktion des praktischen Vermittelns, einer auf der Handlungsebene stattfindenden ‹regimentation› im Sinne Quines12, und damit der Tradierbarkeit eines Könnens – ein Akt der Distanzierung überführt das methodisch aufgebaute Können in sinnlich-symptomatisches Wissen oder Objektkompetenz: Können ist stabilisiert – und das Wissen betreffend vermöge der Übersetzungsfunktion des theoretischen Vermittelns, insbesondere des sprachlichen Artikulierens, und damit der Zugänglichkeit eines Wissens – ein Akt der Aneignung überführt das begrifflich organisierte Wissen in sprachlich-symbolisches Können oder Metakompetenz: Wissen ist objektiviert. Im Detail ist das Wechselspiel von Aneignung und Distanzierung von hoher Komplexität, auf die ich an dieser Stelle nicht mehr eingehen kann. Es hängt alles davon ab, im Reden und Antworten ebenso wie im Agieren und

11 Vgl. zum systematischen Zusammenhang die Aufsätze in: K. Lorenz, Dialogischer Konstruktivismus, Berlin/New York 2009. 12 W. V. O. Quine, Word and Object, Kap. 5.

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Reagieren auf die beiden dialogischen Rollen zu achten, die an jeder der vier Handlungsarten beteiligt sind: auf Ich-Rolle und Du-Rolle und darüber hinaus auf die durch Reflexion daraus hervorgehenden beiden das Subjekt-Sein ermöglichenden Rollen, die Ich-und-Du-Rolle und die Er/Sie-Rolle. Reaktion auf eine Aktion wäre nicht möglich, würde man nicht zuvor wissen, was der Agierende tut. Ganz entsprechend würde eine Antwort nicht als Antwort gelten, ginge nicht irgendein Wissen davon voraus, was der Redende gesagt hat. Jeder Handelnde verfügt im Vollzug auch über ein Bild seiner Handlung, ebenso wie jeder Redende beim Reden damit auch etwas meint. Dann nämlich ist die Konfrontation mit dem regelmäßig davon verschiedenen Verstehen des Handelns und Redens seitens des handelnd und redend darauf Reagierenden überhaupt erst artikulierbar. Das aber ermöglicht einen Prozeß des Voneinander-Lernens, in dem die anfängliche Konfrontation, auch der von Paul Lorenzen so geliebte verbale Agon, der theoretische Wettkampf, in eine Folge immer wieder neuer Auseinandersetzungen im Sinne verallgemeinerter Dialoge, auf der Sprach- und auf der Handlungsebene, verwandelt wird.

13 Logical Construction and Phenomenological Reduction. Towards a Dialogical Reconstruction of Experience with Special Reference to Peircean and Husserlian Methods I Historical Relations I.1 Historical Setting of Pragmatism and Phenomenology Philosophy at the turn of the 20th century may be characterized by the appearance of two new kinds of fundamental opposition against classical tradition – besides the two previous ones, in the 19th century, already, initiated by Karl Marx’ Materialism and Søren Kierkegaard’s Existentialism – as represented by its culmination in German Idealism from Immanuel Kant to Georg F. W. Hegel. On the one hand, I refer to the uprising of Analytical Philosophy with its two branches of Logical Empiricism and Linguistic Phenomenalism which has its origin in their inception by Bertrand Russell and George E. Moore, respectively, and, on the other hand, to the foundation of that kind of Phenomenology that owes its set-up and influence to the work of Edmund Husserl. Analytical Philosophy reproaches traditional philosophy for its neglect to investigate into the qualifications of the linguistic means for treating matters of fact; hence its call for a ‘logical analysis of language’. The corresponding reproach of Husserl is contained in his slogan ‘Back to the things themselves!’ In both cases it is these methodological tenets that keep philosophical work in Analytical Philosophy and in Phenomenology going though they suffer from two respective presuppositions that undermine the very intentions of their implementation. In case you ask for a logical analysis of linguistic expressions you depend on standards in order to distinguish correct analyses from incorrect ones, and both Russell and Moore obviously believe that it is formal structure and material content of our world, respectively, that are, without interference of any, linguistic or other, means, accessible to be used as standards of judging the correctness of logical analyses of linguistic expressions. In case you call for a move to investigate into the nature of objects that you deal with rather than into the words used for such a purpose, you dispel any upcoming distrust of

https://doi.org/10.1515/9783110670301-013

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their qualification for disclosing this nature by holding the belief that training the ability of oneself and of others to report on evidences of introspection will enhance the reliability of verbal representation.1 Yet, at the time when both Analytical Philosophy and Phenomenology appeared on the scene, i.e. around 1900, another two philosophical movements that seemed to have nothing in common, were in full blossom, already. They were based on different methodological principles while fighting with philosophical tradition, that were less prone to doubt regarding their sound applicability, though only much later they became influential in the development of Analytical Philosophy and Phenomenology: It is the Pragmatism of Charles S. Peirce – he himself, after 1905, called it ‘Pragmaticism’ in order to reduce the chance of misleading identifications with the Pragmatism of his friend William James – as based on his Pragmatic Maxim for determining the meaning of linguistic expressions by non-linguistic activity,2 and the Historicism of Wilhelm Dilthey who asked to pay attention to the Hermeneutic Circle, because understanding a way of life by using verbal language for its articulation is a way of life by itself,3 i.e. mental activity will never be prior to just living, it is part and parcel of the ways of life. Peirce as well as Dilthey try to take account of the fact that making an experience and articulating an experience are dependent on each other, in the sense

1 In the Introduction to his „Logische Untersuchungen, II.1“ (Logical Investigations I–II, London/ New York 1970, repr. 2001), Husserl discusses extensively the difficulties involved, especially those of representation [Darstellung] and of communication [Übermittlung an andere], when turning from performing an act, e.g., of perceiving (an object), to performing an act of reflection on the original act, now having become an object and not being anymore a performance in the course of performing. 2 Contained in Peirce’s programmatic paper, “How to make our ideas clear” (cf. Collected Papers 5.402); it should be read together with the preceding abbreviation (5.400): “what a thing means is simply what habits [= schemata of action] it involves”. 3 Dilthey’s generalisation of a well-known observation that understanding a text is dependent on understanding its context and vice versa, is contained in various treatises where he uses ‘Erleben’ instead of ‘living’ and ‘Verstehen’ instead of ‘articulating living’, i.e., on both levels, opposite to Peirce’s usual verbiage, he uses expressions that focus on, in John Dewey’s terms, ‹suffering› an action rather than ‹doing› it; e.g., in „Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften“ (cf. Gesammelte Schriften VII, 79–188, p 145 f ) he writes: „. . . [das] Grundverhältnis von Erleben und Verstehen [ist ein] Verhältnis wechselseitiger Bedingtheit . . . Die Dunkelheit des Erlebnisses wird verdeutlicht, die Fehler, die aus der engeren Auffassung des Subjekts entspringen, werden verbessert, das Erlebnis selbst erweitert und vollendet im Verstehen anderer Personen, wie andererseits die andern Personen verstanden werden vermittels der eigenen Erlebnisse . . . So entsteht . . . eine Zirkulation von Erleben, Verstehen und Repräsentation der geistigen Welt in allgemeinen Begriffen“.

I Historical Relations

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that, using the terminology of Ludwig Wittgenstein in his “Tractatus”, the relation between world and language is an internal and not an external one. This means that both sides of the relation do exist only in terms of that relation and cannot be investigated separately, apart from giving an account of their relation. Both Peirce and Dilthey proceed with an attempt to fulfill this task by establishing a common ground for both world and language.4 Unfortunately, it was done only halfway, by reducing language and other sign-systems to verbal and other activities that use signs, but not the world of objects wholly to the world of actions dealing with objects, though, at least in Pragmatism, the Pragmatic Maxim might be read as envisaging such a radical step. We have arrived at a substitution of the difference between language and world – ‹word and object› in the terminology of Willard V. O. Quine – by the difference of the world of sign-actions and the world of actions, yet with another world of objects beyond actions and sign-actions that, once more, are considered to exist independently from dealing with them, a reminder of Kant’s ‹Dinge an sich›. By way of digression an additional remark at this place might be in order that is concerned with a relation between Analytical Philosophy on the one hand and Pragmatism as well as Phenomenology on the other hand. It turned out that Peirce’s Pragmatism became seminal for the development of the Logical Empiricism branch of Analytical Philosophy as represented by Rudolf Carnap (Vienna Circle), into the holistic evolutionism of Quine, whereas Husserl’s Phenomenology exerted great influence within the Linguistic Phenomenalism branch of Analytical Philosophy as represented by Gilbert Ryle (Oxford Philosophy) in his treatment of the mind-body-problem, by conceiving mind as a special function on ordinary activity such that mental terms should be construed adverbially.5 These two different ways of stimulating developments within

4 In classical philosophical tradition, and that includes authors like Peirce and Husserl as well, the term ‘language’ is often missing, because it is thought of as denoting the means of ordinary communication by natural language, only, under exclusion of the full power of language when used to conceptualize experience and to judge its adequacy by reasoning. Hence, on occasions like this one, you will regularly find ‘reason’ and its cognates instead of ‘language’, quite in line with the use of λόγος in classical antiquity. 5 Cf. B. N. Rao, A Semiotic Reconstruction of Ryle’s Critique of Cartesianism. Berlin, New York 1994. The frequent terminological reference to Husserl’s phenomenological method by Carnap in his early work – „Der Raum“ (1921) and „Der logische Aufbau der Welt“ (1928) – that has been investigated thoroughly by G. E. Rosado Haddock (The Young Carnap’s Unknown Master. Husserl’s Influence on Der Raum and Der logische Aufbau der Welt. Farnham 2008) did not develop into a lasting influence of Husserl within Logical Empiricism for the simple reason that Carnap, around 1930, exchanged his phenomenalism, i.e., rational reconstruction of experience on the basis of sentences that articulate ‹Ähnlichkeitserinnerungen› about ‹Elementarerlebnisse›,

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Analytical Philosophy derive their impact from the fact that Peirce’s method asks primarily for programs of construction of objects, i.e., for poietic procedures on the level of iconic signs for objects that you deal with by any kind of activity,6 whereas Husserl’s method is primarily concerned with programs of description of objects of a special kind, i.e., with perceptual procedures of intuition that are self-reflective mental acts directed at universals that he calls ‘eide’.7 Now, Pragmatism and Historicism follow different strategies to overcome the remaining difference between the world of actions and the world of signactions. Basically, Pragmatism treats sign-actions as being just a kind of actions. This feature belongs to the consequences of identifying the meaning of a sign with the sequence of its interpretants, i.e., its effects on the mind, where, according to Peirce, on three levels of an emotional, an energetic, and an intellectual or logical interpretant, a sequence of ever more developed signs of one and the same object is generated, such that in practice each sequence will be finite, because it stops at some place and time. Hence, the arising last logical interpretant being the (linguistic) meaning of the sign, cannot be a sign anymore, but has, in accordance with the Pragmatic Maxim, to be identified with a habit, i.e., an action competence, with respect to the open set of possible dealings with the original object.8 Historicism follows the opposite procedure of for a version of physicalism that starts with ‹Protokollsätze› about veridical empirical observations; this did happen, although Moritz Schlick, the spiritual head of the Vienna Circle, in his „Allgemeine Erkenntnislehre“ (Frankfurt/M 21925) had outlined a way from ‹knowledge by acquaintance› to ‹knowledge by description› that avoids the hidden pitfalls in both Dilthey’s and Husserl’s procedures, i.e., presupposed respectively postulated transsubjectivity, by de facto following a version of Peirce’s Pragmatic Maxim. But, due to various methodological shortcomings, Schlick’s way was eventually overshadowed by the success of Carnap’s further work, cf. my paper „Erleben und Erkennen. Stadien der Erkenntnis bei Moritz Schlick“ (Grazer Philosophische Studien 16/17 (1982), 271–282; repr. in: K. Lorenz, Philosophische Variationen. Berlin, New York 2011, pp. 153–164). 6 In the philosophy of science that follows the maxims of Logical Empiricism, such constructions, having passed at least some sort of logical analysis of language, are in general restricted to linguistic objects that are presented autonymously, a trivial way of iconic signification, rather than under inclusion of non-linguistic objects, as in the case of technical constructions where other devices like, e. g., drawings, are needed. 7 Cf. Husserl’s definition of ‘eidos’ in § 3 of „Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie I [Jahrbuch für Philosophie und phänomenologische Forschung 1, Halle 1913]/Ideas Pertaining to a Pure Phenomenology and to a Phenomenological Philosophy I [Collected Works I, Den Haag 1976]”, and, in addition, to op.cit. § 24, where Husserl refers to a ‹principle of all principles› that he identifies as being the primordial right of the given in intuition to count as true knowledge. 8 Cf. A Survey of Pragmatism, Collected Papers 5.467–469, p. 476; as this paper is only one of five versions of an unpublished article, being MS 318 in R. Robin’s Annotated Catalogue of the

I Historical Relations

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treating each and every activity as a kind of language for the simple reason that it is bound to be understood. In each case the difference between the world of actions and the world of sign-actions lost its fundamental importance. However, another conspicuous difference between both procedures deserves closer scrutiny. Pragmatism, on the one hand, treats actions basically with respect to ‹doing› that is, by using the Aristotelian category of ποιεῖν, a performance from the perspective of the person who executes the performance, being the agent in I-role, and not in the You-role of cognizing the performance that is the perspective of an agent with respect to ‹suffering› an action, i.e., by using the Aristotelian category of πάσχειν, the agent as ‹patient›,9 though Peirce is well aware of such a dialogical polarity and makes use of it when investigating signactions rather than actions by conceptually distinguishing the utterer of a sign from the interpreter of a sign.10 The dialogical polarity of actions when paying attention to the I-role and the You-role of a performance may be expressed by saying that executing an action is done by producing an action-token, i.e., an ‹individual action› in the usual terminology, and cognizing an action is suffered by imagining an action-type, i.e., a ‹generic act› in the usual terminology. Yet, one should notice that this way of rendering the two roles of a performance is an objectival one, pertaining to two kinds of objects, apparently belonging in a Cartesian manner to a common external world in the I-role of its individual perspectives and to an individual internal world of mental life in the You-role of its general apprehension without a chance to check its adequacy.11

Papers of Charles S. Peirce (Amherst Mass. 1967), one should consult its partial publication in: The Essential Peirce. Selected Philosophical Writings [= Essential Papers] II (1893–1913) under the title ‘Pragmatism (1907)’, pp. 398–433. It contains an extensive discussion – in Peircean terms: experiments of thinking – about an adequate analysis of the term ‘logical interpretant’ without restriction to its specialization ‘last logical interpretant’, because any logical interpretant may happen to be the last logical interpretant on some occasion: “. . . there remains only habit as the essence of the logical interpretant” (p. 412), where habit as self-controlled habit is determined as the ability to act consciously “in certain ways (including motive) on certain conditions” (p. 550). 9 Cf. note 3. 10 Cf., e.g., Essential Papers II, p. 404; more elaborate in: Prolegomena for an Apology to Pragmatism, Collected Papers, 4.530–572, p. 551. 11 Cf. section II of my paper ‘Pragmatic and semiotic prerequisites for predication’ in: D. Vanderveken (ed.), Logic, Thought and Action. Dordrecht 2005, pp. 343–357 [reprinted with the subtitle ‘A dialogue model’ in: K. Lorenz, Logic, Language and Method. On Polarities in Human Experience. Philosophical Papers. Berlin, New York 2010, pp. 42–55] where, in a slightly different terminology – e. g., instead of ‘imagining an action-type’ I use ‘witnessing an action-type’ – this issue is extensively discussed.

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13 Logical Construction and Phenomenological Reduction

In Historicism, on the other hand, studies are concentrated on what it means when we speak of experiencing something in the course of activities as ways of life; they are treated as ‹events that make sense› (in German: Sinngeschehen), they befall us and are not produced, if producing is understood as considering an individual person to be the source of its activity with respect to its being meaningful. Only in reflecting on what a person is doing, this person will have a chance to identify the sense of what she or he is doing. Not by observation alone the sense of activities will be grasped, it needs participation, too. It is the Yourole, the agent as patient while being active, second-order activities like observations of actions included, that stands in the focus of Dilthey’s investigations. Besides, a striking similarity to Husserl’s method of phenomenological description comes to the fore, though Dilthey and Husserl seem to apply it to totally different areas of ‹objects›, Dilthey to experiences of public activity by participating in it, Husserl to experiences of individual mental activity by reflecting upon it while being active, items of (history-bound) culture in the first case, items of (communication-bound) consciousness in the second case.

I.2 The Dialogical Polarity of Actions and the Problem of Transsubjectivity from Peirce and Dilthey via Russell and Husserl to Wittgenstein and Buber Some further steps are needed in order to grasp the real impact of the two methodological tenets of Analytical Philosophy and Phenomenology by returning to the task of coping with the unfounded presuppositions mentioned in the beginning. Logical analysis is in need of standards to conduct it, whereas the call to return to what is (objectively, i.e. in general) given undisturbed by the (subjective, i.e. particular) means in order to present the intuitions, is in need of an account of transsubjectivity.12 Such steps have been taken, on the one side, by Wittgenstein when he was able to lay a foundation to one of the most crucial

12 In the articulations of the relevant distinctions, Husserl treats schematic generality of a proposition – it is generated by using schematic letters at appropriate places, such that it is independent of generalizing elementary propositions that Husserl count to be, by definition, empirically true propositions [in German: Tatsachenwahrheiten], if they are true – to be a way of articulating rational truths, if there are any: The distinction ‘rational-empirical’ regarding validity is identified with the distinction ‘objective-subjective’ regarding range of application, though it is of outmost importance for Husserl to demonstrate that eidetic truth cuts through these distinctions, because it is intuited individually concerning something universal, cf. especially § 3 – § 8 of „Ideen zu einer reinen Phänomenologie I“.

I Historical Relations

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distinctions he had made in his “Tractatus”, the one between saying and showing, the latter in reflexive usage, by moving from passively experiencing what shows itself while saying something to actively showing something by means of language games, in his “Philosophical Investigations”.13 This move turned out to provide – in this respect, Wittgenstein acts like an intellectual heir of Peirce – the standards necessary for displaying adequate judgment on logical analyses of linguistic expressions that were looked for. On the other side, the steps taken by Martin Buber depend on lessons he had learned from his teacher Dilthey by enlarging Husserl’s method of phenomenological description of intuitions to a method of presenting ways of life as an interplay of I-role and Yourole in transsubjective common activity.14 In fact, without explicitly stating it, both Wittgenstein and Buber did not only follow the two moves by Pragmatism and Historicism of treating sign-actions as actions and actions as sign-actions, respectively, in order to avoid the traditional cleavage between epistemology and ontology, but they even took the outstanding radical step of reducing objects to the open set of actions dealing with them. Besides, both Wittgenstein and Buber appear to be completely aware of the methodological implications that arise from distinguishing systematically I-role and You-role as soon as actions, respectively sign-actions, are performed. Wittgenstein is never just taking account of the I-role of acting without including the You-role as represented by the agents as patients. A language game is, strictly speaking, not an affair of one person only, it, rather, is a dialogical model of acquiring an action competence with ‹I› teaching and ‹You› learning, switching roles from repeating the action – performance in I-role – to imitating

13 Cf. K. Lorenz, What Do Language Games Measure?, Crítica. Revista Hispanoamericana de Filosofia 21, no. 63 (1989), pp. 59–73; reprinted in: K. Lorenz, Logic, Language and Method. On Polarities in Human Experience. Berlin, New York 2010, pp. 81–91. 14 Husserl’s own attempt (cf. the fifth meditation in „Méditations Cartésiennes. Introduction à la phénoménologie“ (Paris 1931, in German: den Haag 1950 [= Husserliana I]) to let transsubjective activity appear within the reach of phenomenological description, being a prerequisite of what he calls to be an outline of a ‹theory of the transcendental constitution of an objective world› (§ 57), uses the concept of pairing Ego and alter ego (§ 51) such that within Ego alter ego constitutes itself and is turning Ego into a community of monads that is called ‘transscendental intersubjectivity’ (§ 56). This construction of his should meet the charge of having fallen victim to transcendental solipsism (§ 42), yet remains, nevertheless, dependent on assuming the identity of the world of alter ego with the world of Ego (§§ 47–49) as, in the eyes of Husserl, this identity is confirmed and evermore reconfirmed by daily life: Transcendental intersubjectivity is merely an intended one by the privileged ‹Urmonade› of the author of intentions (§§ 60–62), and cannot, by its very construction, account for transsubjectivity.

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the action – performance in You-role – and vice versa, included.15 Due to the treatment of sign-actions as mere actions, there is no conceptual differentiation between linguistic and ordinary activity within a language game.16 Buber, likewise, gives equal weight to the You-role of receiving a sign-action (= understanding its performance) and to the I-role of sending a sign-action (= giving its performance a meaning) with nature considered to be an agent and a patient as well. He even invokes a ‹dialogical principle› the essence of which is a plea for acknowledging the mutual dependency of I-role and You-role, such that the relation between I and You that in English translations of Buber’s writings is usually rendered by ‘I-Thou’, should be treated as being – in Wittgenstein’s terms – an internal one that has carefully to be distinguished from external relations that may obtain between objects of whatever kind, human individuals included.17 Buber contrasts the inseparable ‘I-You’-relation with the separable ‘I–It’-relation including the ‘I-He/She’-relation as its specialization. But, unfortunately, neither Wittgenstein nor Buber renounce the previous step of eliminating the difference between actions and sign-actions that had been taken, respectively, by Peirce in favor of actions, only, and by Dilthey in favor of sign-actions, only. Wittgenstein keeps to treating sign-actions basically as ordinary actions, conversely alike Buber who takes actions to be basically sign-actions. By, thus, barring an investigation into nature and origin of this distinction, they both forego the chance to develop the full power of the dialogical polarity that characterizes the realm of actions in general, and extends to a way of establishing the very difference between sign-actions (word) and actions (object). Of particular importance are the consequences of such investigations 15 The terms ‘repetition’ and ‘imitation’ correspond conceptually to ‘assimilation’ and ‘accommodation’ within genetic epistemology devised by Jean Piaget as an empirical theory of origin and development of the ability to acquire knowledge in childhood and adolescence of humans, cf. J. Piaget, Introduction à l’épistémologie génétique, I–III. Paris 1950. 16 Wittgenstein says: „[. . .] eine Sprache vorstellen heißt, sich eine Lebensform vorstellen/ [. . .] to imagine a language means to imagine a form of life“, Philosophische Untersuchungen/ Philosophical Investigations. London, New York 1953, § 19. 17 Buber has published a collection of four essays together with a postscript „Zur Geschichte des dialogischen Prinzips“ for the first time 1954 under the heading „Die Schriften über das dialogische Prinzip“ that were reedited together with an additional postscript from 1957 to „Ich und Du“, as „Das dialogische Prinzip“ (Heidelberg 1962). The rough sketch of the history of the dialogical principle contains a reference to “Daniel”, an early treatise of his that appeared 1913 in Leipzig [Berlin 2011], where he had made the distinction of two attitudes, a representing [vergegenwärtigenden] one that serves orientation, i.e., a knowing-how, and an objectifying [vergegenständlichenden] one that serves realization, i.e., a knowing-that, and Buber suggests that this distinction is his first attempt to articulate the difference between the two relations of ‘I-You’ and ‘I–It’ (cf. Das dialogische Prinzip, 41979, p. 309).

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with respect to solving the paradox of man who is, on the one side, by bodily and mental activity, part of a common world, and who occupies, on the other side, during self-reflection becoming conscious of this embedment, a place opposite to the world around him that seems to be impenetrable from the outside.18 As a result, in the work of both Wittgenstein and Buber we are faced with simplifications of how signification works that runs counter an adequate understanding of the inseparability of thinking and acting, or, even more general, of theory and praxis beyond their merely conceptual, i.e. theoretical, separation. By treating sign-actions as ordinary actions that has led Wittgenstein to entrust language games as a piece of praxis with the theoretical task of acting as measuring-rods vis-à-vis the use of language without, hereby, acknowledging their role as full-fledged sign-actions on a par with ordinary verbal activity19 – they function, in the terminology of Peirce, as iconic presentations and not as symbolic representations of the world around us, language included – he is unable to differentiate between actions being used as signs and actions being sign-actions. In the opposite case of treating actions as sign-actions, Buber cannot anymore distinguish between the dialogical polarity of doing and suffering when performing an action, and the dialogical polarity of saying something by doing something, namely speaking, and understanding something by suffering something, namely listening; doing ‹means› saying, and suffering ‹means› understanding, praxis is turned into a case of theory. There is no chance anymore for somebody in You-role to suffer what somebody else in I-role does beyond understanding what the latter ‹said› by performing an action. Interaction, then, deteriorates into an essentially mental affair among the two participants as it would be in the case of exchanging speech acts where the action of uttering the sounds is restricted to just serving as a carrier of its meaning, without any further functions a voice might be able to serve, e g., rhetorical ones like inciting or pacifying the other party, sometimes even unintentionally.

18 Helmuth Plessner refers to this paradox by attributing to man an ‹eccentric position› being man’s specific character that Plessner studies under the heading of ‹three fundamental laws of anthropology› in his „Die Stufen des Organischen und der Mensch“ [1928] (= Helmuth Plessner. Gesammelte Schriften, I–X, ed. by G. Dux/O. Marquard/E. Ströker, vol. IV. Frankfurt/Main 1981, chap. 7, pp. 360–415). 19 When Wittgenstein refers to grammar in stating: „Der Begriff der übersichtlichen Darstellung ist für uns von grundlegender Bedeutung. Er bezeichnet [. . .] die Art, wie wir die Dinge sehen/The concept of a perspicuous representation is of fundamental significance for us. It earmarks [. . .] the way we look at things” (Philosophical Investigations, § 122), he actually treats grammar to be part of the rules that regulate the ways of life and not as a self-contained system.

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Essentially two programs were drawn up for solving the ensuing problems: the program of naturalizing language and the program of symbolizing objects. Both are carried out in distinctly different ways. The one of naturalizing language appears basically in two competing versions, the behavioristic one as proposed by Burrhus F. Skinner,20 or, in a logically purified form, by Quine with his stimulus-response-theory of language acquisition as part of a naturalized epistemology,21 and the mentalistic one as initiated most forcefully by Noam Chomsky’s critique of Skinner22 and later on expanded by him in into a naturalistic notion of cognition that permits to defend Cartesianism without subscribing to the dualism of matter and mind.23 The program of symbolizing objects shows up, again basically, in two consecutive versions, a traditional one as worked out by Ernst Cassirer with the result of a theory of ‹symbolic forms› that, in tune with the ancient Greek term ‘πρᾶγμα’ (derived from ‘πράττειν’, i.e., intentionally doing something) for ‘object’, accounts for the role that objects play in human life,24 and a modern one that appears as a theory of culture in the frame-work of modern semiotics, paradigmatically displayed in the work of Umberto Eco.25 But neither program, be it the one of naturalization or the one of symbolization in any of their versions, is sufficient to establish a uniform account of the world of objects together with the ways of dealing with them by ordinary and verbal activities, the interactions among the agents included. The only way out is an attempt to combine the two procedures of Buber and Wittgenstein, that is, the treatment of actions as sign-actions, a case of symbolizing objects, and the treatment of sign-actions as actions, a case of naturalizing language, together with the dialogical context that both authors make use of systematically, in such a way that sign-actions will keep their character of being ordinary actions, and actions will show the character of being signs as well. The latter case occurs intentionally, when, e.g., an action is performed on

20 Cf. B. F. Skinner, Verbal Behavior. New York 1957. 21 Cf. W. V. O. Quine, Word and Object. Cambridge Mass. 1960; a comprehensive descriptive theory of natural sign processes, but without Quine’s embedding of such an account in a theory of holistic evolution as envisaged by Peirce, had been presented earlier in: Ch. W. Morris, Signs, Language, and Behavior. New York 1946. 22 Cf. N. Chomsky, A Review of B. F. S.’s “Verbal Behavior”. Language 35 (1959), pp. 26–58. 23 Cf. N. Chomsky, Cartesian Linguistics. A Chapter in the History of Rationalist Thought. New York, London 1966. 24 E. Cassirer, Philosophie der symbolischen Formen I–III. Berlin 1923–1929 [The Philosophy of Symbolic Forms I–III. New Haven Conn, London 1953–1957]. 25 Cf., among many others, Eco’s Trattato di semiotica generale, Milano 1975 [Theory of Semiotics, Bloomington Ind., London 1976] and Semiotica e filosofia del linguaggio, Torino 1984 [Semiotics and the Philosophy of Language, Bloomington Ind., London 1984].

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stage thereby showing itself which amounts to having performed the sign-action of presentation in addition. The danger of falling prey to simplifications will be met by carefully paying attention to the dialogical polarity connected with performances of any kind of action, especially to those that are needed in an attempt to reconstruct experience that seems to be actually available, though without knowing how it came about, by constructing a possible model under the guidance of reducing the actual system of articulations by dispensing with available experiences that are irrelevant for the respective step of construction. In fact, the very difference of the I-role in doing and the You-role in suffering while performing an action, will become the gateway to the distinction between actions and sign-actions that eventually leads to a reconstruction of the common world of natural and cultural objects amidst individual and social activities that account for such an ‹objective› world being split into ‹subjective› perspectives. The chance to follow this way is dependent on paying attention to another crucial feature connected with speaking of objects and dealing with objects irrespective of their kind. It belongs to the consequences of the fact mentioned earlier and explicitly recognized from Peirce to Wittgenstein and from Dilthey to Buber that making an experience and articulating an experience are inseparably tied together. Whoever deals with or speaks of a well-determined (particular) object presupposes that, in principle, it may be identified to be the same object or a different one by anybody on other occasions, but everybody is likewise able to recognize that such a presupposition is in need of being justified, because misapprehensions abound. To secure the invariance of objects, their ‹sameness›, when exposed to the subjective means of dealing with them by the use of ordinary actions or sign-actions, especially verbal ones, is a task yet to be accomplished, and, obviously, such a task extends to the means as well, as soon as these means become the objects of attention. Neither objects are something given as the same to everybody nor are actions, being special objects, uniformly available by virtually everybody without explicit procedures that account for such an availability. We are in danger of a regressus in infinitum when trying to account for the means to make objects ‹known›, as being themselves a kind of special objects that are in need of ‹proving› their uniform availability. Actions in the role of experiencing objects by dealing with them, lead to stricto sensu ‹private› experiences, unless there is a way that makes other persons having like experiences of the same objects. In other words: How is it possible that reflection on one’s own activity is accessible to others? That it is possible cannot be questioned without entering a vicious circle, either on the level of actions, because reflecting on them makes use of sign-actions, usually verbal ones, or on the level of sign-actions, because in this case second-order sign-actions are used that lead to antinomies alike the one of the liar.

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Both Peirce and Dilthey evaded the issue by treating actions, respectively sign-actions, as invariant objects from the outset, whereas Russell and Husserl responded to the challenge by devising two methods of coping with the problem of transsubjective accessibility to objects: logical construction and, respectively, phenomenological reduction. Unfortunately, neither of them is sufficient to solve the problem generally. But a kind of partial solution may be attributed to either program. Russell succeeded in a certain sense with respect to actions in the active mode such that sign-actions follow suit, and Husserl in his turn succeeded in another sense with respect to sign-actions in the passive mode such that actions beyond acts of reflection will, as a means of scientific investigation, gain that kind of trustworthiness that is needed when empirical truths as well as schematic truths in formal sciences like Mathematics are at stake. Russell’s procedure of logical construction that was intended to justify his belief in logical atomism during a period of about twenty years (1905–1924), a position that he himself once called ‘analytical realism’,26 was based on the principle “Wherever possible, substitute constructions out of known entities for inferences to unknown entities”.27 The lowest level of known entities should consist of logically indivisible elements, logical ‹atoms›, such that a logically perfect language would provide for a one-to-one correspondence of verbal signs and logical atoms, and the constructions a fortiori for a faithful representation of the logical structure of the world inasmuch as it is the realm of scientific investigations. Russell, of course, knew that such logical atoms will never be found by empirically searching for them, it might at most be possible to stipulate that they are limits of potentially infinite series of conceptual analyses. But such analyses depend not only on successful logical analyses of linguistic expressions but equally on diverging linguistic competences of the parties involved as uniform standards will not be available without begging the question. Russell’s program leads only to a conditional solution of the problem. Husserl’s move, though triggered by a similar discomfort vis-à-vis the lack of justification for the assumption that there are invariant domains of objects given to research and representation by the various rational and empirical sciences, took another direction. He developed a method of phenomenological reduction as a path leading to the achievements of ‹pure consciousness›, among them the belief in invariantly given objects. The first step towards a system of

26 Cf. Le réalisme analytique, Bulletin de la société française de philosophie 11 (1911), pp.53–82 [engl. transl.: ‘Analytic Realism’, in: Bertrand Russell. Logical and Philosophical Papers 1909– 13, ed. by J. G. Slater. London, New York 1992, pp. 132–146. 27 Logical Atomism. In: R. C. Marsh (ed.), Bertrand Russell. Logic and Knowledge. Essays 1901–1950. London 1956, pp. 323–343, p. 326.

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‘phenomenological idealism’ as he had labelled his phenomenology,28 consists in ‹bracketing›, not waiving, each and every belief in the existence of objects. Such a suspension of judgment or ‹epoche›, recommended in antiquity as a means to gain the highly praised imperturbability of the soul when being faced with unending conflicts of opinion, if taken together with other features of phenomenological reduction as, finally, the suspension of judgments concerning the subject of consciousness with respect to its being a special object, – because otherwise we would be confronted with a particularization of the domain of consciousness – receives a different role by Husserl. The epoche should extinguish everything in the course of experiencing consciousness that leads astray by obstructing the reflective attitude to be gained. It is obligatory to get rid of whatever mark remains of the ordinary attitude towards the world of objects with its usual categorizations into, e.g., goods, values, practices, that inhibits the awareness of the transcendental character of pure consciousness. Phenomenological reduction is transcendental reduction.29 Pure consciousness should by no means be confused with an internal world of mental acts and objects that is specific for each human individual and may be studied by psychology, possibly in the traditional way of a rational psychology as the general frame for psychology as an empirical science. The reflective attitude as the gateway to ‹viewing universals› (in German: Wesensschau) as an area of eide – beyond what Husserl calls ‘material eide’,30 being the schematic forms of the formal sciences – that has to be discovered and investigated by phenomenology, is not anymore authored by an empirical ego, for this ego fell victim to phenomenological reduction, but by ‹the› pure ego, i.e. the pure presence of mental activity, to be called ‹the transcendental ego› being marked by instantaneity only as revealed by Husserl’s appeal to Kant’s dictum „Das ‘Ich denke’ muß alle meine Vorstellungen begleiten können“.31 Pure consciousness, being the ‹phenomenological residue› of ordinary consciousness, is staging the phenomena of the pure stream of experiences (reiner Erlebnisstrom) such that the ordinary world of objects that transcends consciousness is replaced by the feature of intentionality inherent in some but not all phenomena of consciousness. Now, the crucial division of act [directed at objects] and object [of an act] disguised by the terms ‘noesis’ and

28 Cf., e. g., Husserls „Nachwort zu meinen ‚Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie‘“, Jahrbuch für Philosophie und phänomenologische Forschung 11 (1930), pp. 549–570. 29 Cf. e.g., Ideen I, § 33. 30 Cf. Ideen I, § 60. 31 Cf. I. Kant, Kritik der reinen Vernunft, B 131; E. Husserl, Ideen I, § 57.

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‘noema’ is used by Husserl within the field of phenomenology, too. It is done without realizing that acts of reflection using sign-actions that are themselves dependent on general availability, introduce perspectives of phenomena in need of a principle of invariance in order to guarantee the identity of phenomena. The intended immediacy of phenomena that are displayed by the acts of reflection, Husserl’s ‹primordial right of the given in intuition›,32 is violated. But, even when the distinction of noesis and noema is dropped, the question of how general accessibility of phenomena may be guaranteed remains unanswered; it is obtained surreptitiously, only, by claiming the uniqueness of the pure ego instead of realizing that the given in intuition is inseparably tied to an activity of constructing fixed-points within the stream of experiences,33 with the consequence that the inseparability of making experiences and articulating them cannot be understood without taking account of the dialogical context of every activity.

II Systematic Issues II.1 The First Step of Reflection Leading to Logical Construction and Phenomenological Reduction as the Two Sides of Dialogical Reconstruction of Experience The task we are confronted with consists in making an attempt to combine the procedures of logical construction of objects and of phenomenological reduction of them by using the dialogical context of activities in such a way that, on the one hand, a logical construction of complex actions and sign-actions that starts with logically simple ones, together with building up further objects out of actions and sign-actions may serve as a rational model of how already available individual as well as social experience, practically as an empirical knowing-how and theoretically as an empirical knowing-that, may be made and articulated comprehensibly. But such a construction on the level of representations of objects, will function as an ideal model, only, when it allows for judgments of being successful and to what degree. Hence, in addition to the ‹synthetic› procedure by logical constructions, in order to get them fit for acting as a measuring rod of making and

32 Cf. note 6. 33 At the end of Ideen I, § 34, Husserl suggests that such fixed-points are generated by the stream of experiences itself, obviously without having recourse to the activity of reflecting, hence a kind of self-organization of pure consciousness that runs counter to the very intentions of Husserl when he calls for a philosophy that proceeds as strict as science.

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articulating experiences, there must exist an account of how what has happened, already, works. As a complement to logical constructions on the level of representation we need, on the other hand, an ‹analytic› procedure of deconstruction by phenomenological reductions, i.e., a rational procedure, on the level of objects that again is conceived dialogically and, together with logical construction, leads to a dialogical reconstruction of experience. Phenomenological reduction proceeds by using exactly the same actions and sign-actions that are gained as objects of logical constructions, in this case not as objects but as a means of dissolving the seemingly invariant objects of actual experience into individual perspectives that depend on the respective context of the objects of experience, i.e., the situations. But, these in turn have to be reconstructed with the help of the distinction between foreground and background in the field of experience such that experience of objects expands into an experience of both interior and exterior connections of objects. The fundamental duality of actions as objects and as a means that is well-known in mathematics, e.g., in two-dimensional projective geometry with respect to connection [of two points] and intersection [of two lines], and generalized as duality of ‹objet et opération› by Jean Cavaillès,34 reappears in the dialogical approach to the task of reconstructing experience by logical construction and phenomenological reduction that, on the one hand, was initiated by Peirce with respect to sign-actions, and that, on the other hand, was not seen by Husserl as a way to substitute the mere claim that the realm of pure consciousness is transsubjectively accessible by the procedure that consists in counterbalancing phenomenological reductions devoted to what is given and how, by logical constructions committed to what can be made and how, in order to provide for transsubjective availability. In order to grasp the importance of the condition that the elementary steps while deconstructing real experiences have to reappear as elementary items in the construction of ideal experiences, it is essential to realize that the actions within deconstruction and construction enjoy a different status: they occur as a means of deconstruction and as objects or results of construction. By way of caution, it should be added that the steps of construction will only be available on the sign level of (verbal) representation – that is the reason why the acts of construction count as objects – and, hence, without a guarantee that they are

34 Cf. G.-G. Granger, Formal Thought and the Sciences of Man. Dordrecht 1983, Postface, pp. 181–193; matter and manner in: N. Goodman, Ways of Worldmaking. Hassocks, Sussex 1978, play a similar role.

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determined in an invariant way, independent of how they are represented. In order to provide for this feature, the corresponding steps of deconstruction on the ground level are needed, where the acts of construction have to reappear as a dialogically organized and, hence, at least I-You-invariant means of experience and not as objects of experience, though in a text like this one, deconstruction by reductions is, in turn, only represented and not actually performed. It belongs to the task of the reader to change the level of her or his activities by moving from the level of representation to the ground level and, in this way, to check by one’s own experience the adequacy of what is written here about the reconstruction of experience as a simultaneous affair of construction and reduction. Husserl was guided by the idea that real reductions of actual experiences exhibit ideal experiences, whereas Russell wanted to exhaust actual experiences by ideal constructions of possible experiences; Peirce, however, was aware of how praxis and theory of sign processes, i.e., semioses, might serve to intertwine reductions with constructions in order to understand what it means to make and to articulate experiences. In fact, Peirce observed that the classical distinction of ontology and epistemology together with the move from ‘what there is’ to ‘what is true’ being the leading questions of the respective sections of philosophy in the course of its development from antiquity via medieval times to enlightenment and modern times that had led philosophy into dealing with the methodological difficulties that accompany the difference of subject and object, does not apply simpliciter to the kind of questions that may be raised with respect to the realm of actions and sign-actions. To ascribe actions totally to subjects would neglect the internal and external conditions that have to be satisfied in order to produce a performance. It is action-competence, only, that may be treated as just being part of a subject, and not the performances as realizations of the competence. If, instead, actions would be considered to be nothing but a kind of objects, the concurrence of subjects, i.e., the agents as the source of their existence and themselves not merely objects, would be neglected. In this case, performances count as independent results of an action, the action ‹in statu agendi›, essential for calling events of this kind performances, remains out of sight. Actions partake in objecthood as well as in belonging to a subject; performances or individual actions, being tokens of action-types or generic acts, realize an action-competence that is the ability to generate ‹the same action once more›. Now, another important feature with respect to the duality of actions as objects and as a means should be focused. If actions as a means are understood in such a way that they are objects as tools to be used for a certain purpose, e.g., as functions that transform objects into other objects, actions as a means become objects of logically second order. The duality is transformed into its usual objectival form that, e.g., may be studied by category theory, with the result

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that actions as a means in the noninterfering sense of serving an otherwise unavailable accessibility of objects to subjects as agents have disappeared. Their reintroduction as objectival tools at whatever place would initiate an infinite regress. There is one way, only, out of this aporia: to realize that acting ‹in statu agendi› has lost its objecthood. You may observe that, while acting, being absorbed into one’s activity, no reference to it is possible, because there is no distance anymore ‹between› agent and her or his activity. Thus, the duality of actions as a means and as objects in the strict sense will be restored again. And it is performance of an action ‹in statu agendi› and not as an object, that exhibits the dialogical polarity of actions that was referred to earlier, already,35 using the objectival terminology of producing a token, i.e., an individual action, and imagining a type, i.e., a generic act, when the dialogic character of a performance had to be made explicit, in its primeval form of executing and cognizing an action. Executing and cognizing are not themselves full-fledged actions as it is the case with producing and imagining that are, like any object, dependent on activities that make them accessible, because there is no point in speaking of doing and suffering an execution or of doing and suffering a cognition. Or, rather, it will become the point of reflection, both to treat executions as if being objects by turning them into cognitions of actions associated with executions, and to treat cognitions as if being objects by turning them into executions of an action associated with cognitions. Hence, just the other way round, one should say that performing in (active) I-role is done by executing an action and performing in (passive) You-role is suffered by cognizing an action. These are the two dialogical sides of performing, and in order to avoid falling victim to an apparent alternative of following behaviorism or mentalism, it would be advantageous to use the technical terms of actualizing an action ‹in statu agendi› instead of executing it, and of schematizing an action ‹in statu agendi› instead of cognizing it. Neither actualizations nor schemata are ordinary objects, i.e., particulars, split into first-order tokens and second-order types, for the simple reason that actualizations are unique, unretrievable, and schemata simple, unduplicable, reference to them is out of question. They are codependent ‹immediate› entities, by means of execution as singular ingredients of an action in the case of actualization, and by means of cognition as the universal feature of an action in the case of schematization. Their immediacy is reflected by the fact that identity is not applicable to singularia, i.e., singular ingredients or actualizations,36

35 Cf. notes 10 and 11. 36 Quine’s pertinent slogan ‘no entity without identity’, under this title investigated by D. Gottlieb in: R. W. Shahan/C. Swoyer (eds.), Essays on the Philosophy of W. V. Quine. Norman, Oklahoma 1979, pp- 79–96, that goes back to Quine’s claim that to be [an entity] means to be the value of a

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and diversity is not applicable to universalia, i.e., universal features or schemata.37 Speaking, as we did in the beginning, in an objectival way of repeating and imitating an action as being the two dialogical roles that Wittgenstein and Buber had recognized independently from Peirce to be of systematical importance in making and articulating experience by means of actions and sign-actions, may now be refined by including the role of actions as a means ‹in statu agendi› that leads to a better understanding of repetition and imitation with respect to actions: The I-role of repeating derives from iterating singular actualizations, and the You-role of imitating derives from ‹seeing› these iterations as actualizations of ‹the same› universal schema.38 It is this dialogical polarity of actions as a means that explains how you do and suffer actions as objects and that will serve to solve the problem of how to combine logical construction and phenomenological reduction such that actions will be transsubjectively available. We have got to study how actions come about. They are neither objectively and actually present as individual actions nor subjectively and potentially as a generic act, i.e., as an action competence; they come about by having been learned, and it is irrelevant whether we ask for how to learn to perform an action or how to learn to acquire an action competence. Both questions ask for the same thing. For the process of learning we start with primary dialogical situations that are methodologically related to the procedure of language games as measuring rods with respect to any kind of actions, though without Wittgenstein’s renunciation of differentiating between actions and sign-actions, especially verbal ones. They qualify for judging whether, indeed, learning by repetition and imitation of performances takes place and not external training as in behavioristic

variable, in his early paper “Designation and Existence” (The Journal of Philosophy 36 (1939), pp. 701–709) implies the denial of objecthood to singulars. 37 This is the background for Husserl’s banishment of material eide from the realm of eide that make up pure consciousness, because material eide are schematic forms, hence, special types that should better not be called universals. Eide of pure consciousness, being universals that are not individuated into types, are claimed to be the same for all subjects. The term ‘schema’ is likewise equivocal, because besides being used as a synonym of ‘universal [as the characteristic of the indefinite series of indistinguishable singular actualizations]’ it is used instead of ‘type [of particular tokens]’ as well. 38 In the restricted contexts of sensory experience on the one hand and of truthful mental recognition on the other hand, Peirce – in “Some amazing mazes, fourth curiosity” (CP 6.318– 6.343), 6.335, cf. 6.343 – speaks of existents, when in executions an action exists (as a singular), and – in “What Pragmatism Is” (CP 5.411–5.437), 5.430 – he speaks of reals, when in cognitions an action is understood (as a universal).

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approaches to learning processes, or internal knowledge transfer as in mentalistic approaches. The qualification is ensured by the crucial feature that a primary dialogical situation of learning to perform an action or to acquire an action competence, with the result of gaining actions as situation-bound objects, is at the same time using the action as a means by execution in I-role and cognition in You-role that, being, respectively, the pragmatic and the semiotic side of an action as an object, just take place and are not observable from the outside by a third party without making further steps of reflection that cause growing structural complexity of learning processes. In fact, the difference between action as an object and action as a means does not simply consist in two descriptions of the same matter, it originates from choosing the viewpoint towards the dialogical situation as a learning process. You look from the process of dialogically deconstructing a ‹real› action, being an individual action or a generic act, to the process of constructing an ‹ideal› action as a prototype of real ones, dialogically by execution and cognition, or vice versa. We, thus, are able to observe how the initial stage of a dialogical reconstruction of experience exhibits the embryonic shape of the interdependence between sign [for an object] in the form of moves of deconstruction on the ground level, and object [of a sign] in the form of moves of construction on the level of representation. It can be shown, though not done in this paper, that even in historical perspective ontology outside the formal sciences (logic fighting psychologism in order to establish its independence from the non-formal sciences as far as formal truths are concerned, is a well-known special case) with its interdependent areas of mind and matter that evolved into the ongoing fight between psychologism, for some time under the label of rationalism, and physicalism, for some time under the label of empiricism, may be understood as an outcome of the interplay between epistemology in the framework of semiotics, and praxeology in the framework of pragmatics, both on the level of actions and on the higher level of sign-actions, a fortiori regarding objects of different logical levels. It will even be possible to arrive at an understanding of why both rationalism and empiricism show often a bipolar structure regarding the method of their scientific investigations: they proceed behavioristically or mentalistically in matters of psychology and the social as well as cultural sciences, and, respectively, by looking for efficient causes or for final causes in matters of physics and the other natural sciences, especially the life sciences. Back to the primary dialogical situation of two agents learning an action by repetition and imitation, we are faced with the fact that both agents partake in a common skill that is bound to the situation of learning common to both of them. In addition, we should note that neither the agent has the action fully at her or his disposal, because a perfect action competence would require the

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ability to produce a potentially infinite series of action-tokens with each token being an instance of the same action-type, which is obviously an impossibility. But even the acquisition of a restricted real action competence, that does include learning to identify the tokens (while being engaged in the learning process) as being tokens of the same type, e.g., climbing up a tree, is furthermore dependent on many conditions the situation of learning must satisfy in order to make learning possible, e.g., enduring bodily strength on the side of the agents, constant presence of a suitable tree, and innumerable others. And, still, there is not yet anything that would qualify such a primary learning situation as providing a prototype of, e.g., individual acts of climbing up a tree. By way of digression it should be remarked that, in case one of the agents is in the possession of a skill, already, the situation of learning by repetition and imitation loses its symmetry with respect to the two agents: one of them takes on the role of a teacher, the other becomes a student. But this additional feature is not sufficient to pass on a skill that B has learned from A, and a third agent C has learned from A, too, in such a way from B to C, that what C may learn from B coincides with what C has learned from A, because it is impossible to design a situation of learning for B and C in such a way that it will basically be either a situation of learning for A and B, or for A and C. Primary situations of learning are not comparative and, hence, not transitive: Transsubjective availability of actions without an everlasting first possessor of a skill who teaches, cannot be guaranteed. Hence, on this elementary level of learning, traditions including being aware of them – otherwise they would not be recognized as being traditions – cannot be established, either. In order to endow ‹real› primary dialogical situations, including the tokens and types of the actions that are learned by two agents in total dependence on the situation of learning, with a feature that permits to turn them into ‹ideal› primary dialogical situations that may count as the rock-bottom for constructing a prototype of the real actions, you have to change from ‹looking at› actions as objects to ‹looking at› actions as a means (unfortunately, the phrase ‘to look at’ implies, already, that it is objects that are looked at; it is obligatory to suppress those categories of grammar when describing the initial stage of reconstructing experience that presuppose the very distinctions that are described as being in need of introducing them). The process that leads from real actions in real learning situations to context-free ideal actions is one of deconstruction by phenomenological reductions in the spirit of Husserl. For this purpose, the agents as well as the situations together with all the conditions that the real situations have to satisfy, should not anymore be considered to be something separate from the actions. They all are treated as fused with each other that may be understood as the outcome of ‹bracketing› all the distinctions that make them

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appear as separate entities. Making distinctions within the primary dialogical situation is suspended rather than – on a logically higher level – exercising judgments on their existence as an indefinite number of matters of fact as Husserl had done, such that, for him, distinctions are kept, but as mere phenomena of consciousness, eventually of pure consciousness, only, that appear as the domain of study for phenomenologists. What, in our case, remains after having suspended the distinctions in the afore-mentioned way, such that learning an action counts as the only distinguishable feature of the primary dialogical situation being an otherwise undifferentiated object, is performing an action, not anymore as producing an action-token or as imagining an action-type, but in the active I-role as executing the action – Peirce says: it ‹exists› as an indefinite series of singular actualizations – and in the passive You-role as cognizing the action – Peirce says: it is ‹real› as a universal schema. The dialogically organized steps of phenomenological reduction consist in the appropriation of the real action by executing it, and in the detachment from the real action by cognizing it.39 Both actualizations and schema, being immediate in execution and cognition, respectively, are not proper objects, and should, therefore, better be called ‘quasi-objects’ that make up the ideal action ‹in statu nascendi›. On a logically higher level, we may say: Who is ‹doing› phenomenological reduction of real primary dialogical situations with respect to learning a real action by repetition and imitation, ‹suffers› logical construction of ideal primary dialogical situations with respect to gaining the germ of an ideal prototype of the real action. To speak of a mere germ of an ideal prototype is due to the fact that the usual distinctions accompanying real learning situations are not yet available, e.g., the two agents appear as I-role and You-role of performances, only, and the distinction between individual act and general action is likewise dependent on further steps of reconstruction on the basis of singular actualizations (in I-role) and universal schema (in You-role). By phenomenological reduction we suspend not only the relations of consciousness with the external world as envisaged by Husserl, but each and every distinction effected by consciousness in the context of real primary dialogical situations as well, except those that are actually acquired: appropriation of an

39 The reader should note that we do not follow Peirce’s usage of the terms ‘exist’ and ‘real’, cf. note 36; we rather follow the terminology that goes back to Plato by using ‘real’ when referring to particulars of whatever logical order, and ‘ideal’ when referring to what can be ‹seen› with the mental eye, only, i.e., a usage close to the one of Husserl, too, although it is unfortunate that Plato’s picture of calling first order particulars of a kind the imperfect copies of an idea, has lent support for thinking that ideas are objects as well, something that Aristotle, already, had criticized: Ideas being universals are means (of experience, but on the theoretical side, only, neglecting the singularia on the practical side), not objects.

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action and detachment from it. In an ideal primary dialogical situation there are neither action-tokens nor action-types but simply an action split into an indefinite series of singular actualizations and a universal schema bare of any separated context. Therefore, the two agents of the real situation that are learning the same action, are as yet indistinguishable in the ideal situation and have to be treated as an I-You-dyad of I-role and You-role in performing an action. The objectival view of producing (particular) action-tokens and imagining an (second-order particular) action-type in the real learning situation is changed into viewing at actions as a means that exhibits their dialogical polarity: In the ideal learning situation ‹there are› singular actualizations of an action by execution and universal schematization of an action by cognition. The traditional opposition of two realms of objects, of res extensa and res cogitans in Cartesianism as the objectival version and generalization of the original polarity of doing and suffering an action that we had discussed in the first part and used for starting the project of reconstructing experience with real primary dialogical situations for learning actions, has found its mirror image by referring to the basic duality of actions as objects and as a means, such that executing phenomenological reductions of the real learning situations appears as cognizing logical constructions of ideal learning situations. Reconstructions by using primary dialogical situations with respect to their dual character of being both objects (as real situations) and means (as ideal situations) may count as the prototype of reflective activity, be it ordinary activity or sign activity as in the special case of verbal activity.40 Again by way of caution, it is essential to distinguish between the objectmeans-duality of actions whatsoever, and the dialogical polarity of actions that does not apply when actions are treated as objects, i.e., as particular tokens – individual actions – of (second order) particular types – generic acts – related to each other by the well-known operations of abstraction and concretion, unless the dialogical polarity is itself referred to as an object, such that the traditional categories of doing and suffering are understood as being objectival tools of recognizing actions to be one of the types of objects that are characterized by the ten different categories in Aristotle’s list.41 With respect to the special action of dialogical reconstruction of experience, being an action on the level of reflection that transcends the hierarchy of object-levels, because this hierarchy is itself an item

40 With this concept of reflection the difficulties Husserl has discussed in his „Logische Untersuchungen“, cf. note 1 above, may be resolved. 41 Cf. Topica, 103b 20–29.

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that belongs to what is gained by reflection, the difference between reconstruction as an object and reconstruction as a means may be described as follows: As an object dialogical reconstruction is the twin procedure out of logical construction of an ideal object and phenomenological reduction of a real object being dependent on each other, because it comes about, on the one hand, by constructing possible experience, i.e., an experience that may be made, in using sign-actions as a means – their execution and cognition on the level of theoretical representation –, and, on the other hand, by deconstructing actual experience, i.e., an experience that is articulated, in using ordinary actions as a means – their execution and cognition on the level of practical activity –; dialogical reconstruction as a means, however, is simply cognizing logical constructions while executing phenomenological reductions. In this way, paying attention to the difference between reconstruction as a means and reconstruction as an object clarifies that, on the side of being a means, it turns a mere matter-of-fact experience of real objects into a comprehended experience, whereas, on the side of being an object, it takes place as a practical deconstruction of real objects that is dependent on being accessible by (deictic) sign-actions as a means – with respect to their cognition they appear in Husserl’s program under the label of ‹intentionality of consciousness› –, together with a theoretical construction of ideal objects that is dependent on being accessible by (iconic) sign-actions – with respect to their execution they appear in Russell’s program as the initial state of (eventually formal) theories being models of the (external) world. When mental activity becomes the object of scientific inquiry, we arrive at present-day cognitive science, whereas brain processes, if treated as objectival carriers of mental activity – a special case of ordinary actions functioning as carriers of sign-actions – when becoming objects of scientific inquiry, we are faced with present-day neuroscience, ‹neurophilosophy› (Patricia S. Churchland) being the hybrid child of cognitive science and neuroscience.

II.2 Further Steps of Reflection by Following a Rule of Self-Similarity in Order to Cope with the Issue of How Making and Articulating Experience are Intertwined The importance of distinguishing the two sides of reconstruction will become evident as soon as actions are to be released from being bound to the primary dialogic situations where they have been learned by two agents who alternate in taking on I-role and You-role, such that an arbitrary third agent will be able ‹from the outside› to identify the performances of either agent as being, indeed, performances of ‹the same› action. Hence, the next step of reconstructing

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experience on the way to a transsubjective experience asks for a transformation of the internal identity of actions, their local I-You-invariance – they are the same for just the two agents in the primary learning situation – into an external identity of actions, their general I-You-invariance, by introducing additional third agents exposed to primary learning situations being objects that have to be made accessible by actions of dealing with a primary action as it is learned in the primary learning situation. Of course, learning such an action of dealing with an action by its execution and cognition on the side of being a means to experience the action that is dealt with as an object (rather than to experience it by actually performing it) will be a more complex affair than in the primary case where executing and cognizing the primary action on the side of being a means is nothing but the other side, already, of an appropriation of the primary action and, respectively, of the detachment from it as an object, though only for the two primary agents, i.e., locally, and not yet, globally, for anybody. A further step of reflection by devising secondary dialogical situations for learning secondary actions of dealing with primary actions is asked for, such that these secondary actions may be used to establish different (subjective) perspectives of (objectively) the same primary action. We know, already, that primary situations of learning are not comparative. Hence, it is impossible to work with just one third agent to be confronted with many primary learning situations of the same action, because a concept of sameness of actions across different primary learning situations for them cannot be introduced. In order to achieve general I-You-invariance of actions secondary learning situations have to be set up by confronting arbitrary outsiders with just one primary learning situation such that the original agents in the role of an outsider are included. A secondary dialogical situation, therefore, has to consist of a primary dialogical situation of two agents learning an action enlarged by a third agent – the original agents as special cases of outsiders have to be included – who is learning an action of dealing with the original action by taking a two-fold external perspective towards the primary I-You-dyad, a secondary I-role towards the primary You-role and a secondary You-role towards the primary I-role. Of course, learning to view the primary learning situation from an external perspective includes internal perspectives by entering two new primary dialogical situations with either of the two original agents that yield variants of the primary action, because only one of the two roles coincides with one of the two roles of the primary action. The three agents in the role of outsiders who develop external perspectives towards the primary learning situation and its variants, acquire the ability both to change the I-role of executing the primary action (in either of its three variants) into the You-role of cognizing an action of ‹participating› in the primary action, and to change the You-role of cognizing the primary action into

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the I-role of executing an action of ‹observing› the primary action. We, thus, get two types of dealings with the original action, I-perspectives in the participation case by ‹cognizing the (primary) executions›, so to speak, that lead to phases of the primary action, and You-perspectives in the observation case by ‹executing the (primary) cognitions›, so to speak, that lead to aspects of the primary action. Thus, both phase actions (or participations) and aspect actions (or observations) appear on two levels, a further functional split of derived actions that originates in the familiar duality of actions being objects as well as a means, together with the dialogical polarity of actions as a means by distinguishing (singular) execution in I-role and (universal) cognition in You-role: Phases and aspects appear pragmatically as ordinary actions and semiotically as actions with a sign-function. As ordinary actions they are the primary actions or its two variants: With respect to their dialogical polarity they are (actively) executed (primary I-role!) and (passively) cognized (primary You-role!). As actions with a sign-function, however, we have to distinguish: In case of a phase (primary I-role and secondary You-role!) such an action appears with respect to cognizing the action of executing the primary action as semiotically singular or ‹indexical› – phrased paradoxically: ‘executing the primary action is cognized’ – instead of pragmatically universal when considered to be a mere (secondary) action; in case of an aspect (primary You-role and secondary I-role!) such an action appears with respect to executing the action of cognizing the primary action as semiotically universal or ‹iconic› – phrased paradoxically: ‘cognizing the primary action is executed’ – instead of pragmatically singular. No such differentiation happens, neither with respect to the execution of a phase nor with respect to the cognition of an aspect. They both remain on the pragmatical level. An execution of a phase, as it concerns the I-role of participating in the primary action (or one of its two variants), remains an execution of the primary action in an indirect way, mediated by the phase, such that, after the next step of reflection that turns executions of phases into cognitions of poietic actions vis-à-vis the primary action, these poietic actions contribute to the internal structuring of the corresponding primary action by determining parts (= the whole out of the singular ingredients of the mediating phase action) of the primary action; correspondingly, the cognition of an aspect, as it concerns the You-role of observing the primary action (or one of its two variants), remains the cognition of the primary action in an indirect way, mediated by the aspect such that, after the next step of reflection that turns cognitions of aspects into executions of perceptual actions vis-à-vis the primary action, these perceptual actions contribute to the external structuring of the corresponding primary action by being determined by properties (= the universal feature of the mediating aspect action) of the primary action.

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With the split, of cognitions concerning phases and of executions concerning aspects, into two levels, a pragmatic and a semiotic one, due to the second step of reflection, the distinction between actions as ordinary actions and actions functioning as signs, but not yet as full-fledged sign-actions, belongs to the items of experience that may have found a dialogical reconstruction by treating logical construction and phenomenological reduction as mutually dependent procedures. The agents, by learning to play the two secondary roles beyond the two primary roles, have, in traditional terminology, become ‹conscious› of their executions and cognitions. No wonder, then, that a way is cleared to attain the transsubjective availability of actions that was one of the problems to be solved when moving from real dialogical situations to ideal dialogical situations as dialogical reconstruction of experience by putting together phenomenological reduction and logical construction. We have reached a situation where the primary action, from being an internal object (for the two primary agents), only, that is guaranteed by the internal I-You-invariance of the real as well as ideal primary dialogical situation, can be turned into an external object that may be appropriated by phase actions and from which one may detach oneself by aspect actions. Objectification comes about by the identification of ‹all› dealings with the primary action with respect to their universal cognitions, i.e., as aspects, together with the summation of ‹all› dealings with the primary action with respect to their singular executions, i.e., as phases. Of course, a real primary action as an object will coincide to a certain degree, only, with its objectival reconstruction as an ideal primary action that consists out of the invariant of its aspects, its ‹form›, together with the whole of its phases, its ‹matter›. Neither are ‹all› aspects available, nor ‹all› phases, and the real agents will never be exhausted by their dialogical roles as they appear in the course of making steps of reflection while being engaged in the process of dialogical reconstruction. Learning both types of dealings with the primary action, phases and aspects, in a real secondary dialogical situation takes place as an affair of a third agent C with either one of the two original agents A and B, such that all three agents will eventually dispose of two further roles, a secondary I-role vis-à-vis the primary You-role and a secondary You-role vis-à-vis the primary I-role. Then, by executing phenomenological reduction of the real secondary situation you cognize the logical construction of an ideal secondary dialogical situation where, instead of real agents, only their roles occur: Besides the primary dialogical roles – those deriving from A and B lead to the primary action, the other two combinations, A and C as well as B and C, belong to mere variants of the primary action, as explained above – there are two secondary dialogical roles, connected with phases and aspects, that occur in secondary I-You-dyads where,

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in the case of a phase action, the primary dyad itself is replaced by the secondary dyad of primary I-role vis-à-vis secondary You-role, and, in the case of an aspect action, the primary dyad is replaced by the secondary dyad of primary You-role vis-à-vis secondary I-role. It is easy to recognize that in the first case, where the primary I-role, due to the loss of its partner, has to play the primary You-role, too, the primary You is internalized by the primary ego as ‹alter ego›, such that vis-à-vis the secondary You-role, ‹Ego› appears in I-and-You-role. In the second case, however, where the primary You-role is deprived of its co-player, because the primary I-role changed into the secondary I-role, the primary You is externalized by the primary ego as ‹Alter› and appears vis-à-vis the secondary I-role, in He/She-role. With the ability of playing the He/She-role in addition to the Yourole an agent has done a step towards exercising self-distance (You as He/She, too), and, correspondingly, by being able to play the I-and-You-role in addition to the I-role, a step is done towards self-appropriation (I as I-and-You, too). If an agent forgets about the primary You-role by remaining in He/She-role, only, he follows a path towards a version of self-estrangement – a loss of the ability to show sympathy for the other –, if, however, he forgets about the primary I-role by remaining in I-and-You-role, only, he is on the way developing a kind of selfconsciousness – a loss of the ability to show respect for the other. Universalizing the I-role by dropping the primary You-role leads to permanent self-appropriation, whereas objectifying the You-role by dropping the primary I-role leads to permanent self-distance. As generating self-distance counteracts self-appropriation and vice versa, both universalization of Ego and objectification of Alter cannot stand side by side, either of them disavows the all-pervading dialogic character of our individual and social life in a common world split into different perspectives. Taking up the example of climbing up a tree, a phase action of participating in climbing up a tree might be in I-perspective the action of grasping a branch of the tree (eventually the basis for identifying the motor area of the brain); it will, after further steps of reconstruction, lead to the stipulation of calling the branch a part of the tree: trees as appropriated by phase actions get gradually equipped with an internal structure by turning each one of them as well as any group of trees, into wholes out of parts. The same action of grasping a branch of the tree may also be treated in You-perspective (eventually the basis for identifying the sensory area of the brain) to be an aspect-action of observing climbing up a tree; in this case, again after further steps of reconstruction, the tree appears as a particular unit with the property of being branched: trees as detached by aspect actions get gradually equipped with an external

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structure by turning them into particular units with properties they own.42 Phases and aspects as they have just been described, occur in their semiotic function; as mere actions, however, described with respect to their pragmatic function, they are actions in their own right, e.g., grasping a branch of the tree is to be treated as an action independent of any semiotic relation with climbing up a tree. Of course, the action of grasping a branch of the tree may enter all kinds of pragmatic relations with other objects, e.g. the instrumental relation as one of the causes that effects a performance of climbing up the tree. Dialogical reconstruction of experience that had been initiated as a, hopefully, more satisfactory answer than historically prior ones to the discovery that commonness of experience is a conviction without foundation – the Cartesian doubt – in need of being regained as a trustworthy conviction by procedures that are common by way of their introduction, is bound to go further ahead beyond primary and secondary dialogical situations. It is done by a hierarchically ordered sequence of steps of reflection that follow a rule of self-similarity which means that the cognition of an action on a certain level of reflection as well as an execution of an action on that level of reflection are turned, respectively, into an execution of an action on the next level of reflection (e.g., the cognition of a primary action into an execution of an aspect of it on the secondary level), and into the cognition of an action on that next level (e.g., an execution of a primary action into the cognition of a phase of it on the secondary level). This rule serves, on each level, as a procedure of objectifying the actions that are introduced, both, as a means of phenomenological reduction (by singular appropriation of objects and universal detachment from them, the way of their being objects of experience), and, at the same time, as quasi-objects of logical construction (out of the singulars of appropriation by summation and the universals of detachment by identification) in the preceding step of reflection. In this way, tertiary dialogical situations vis-à-vis the primary action, if used with respect to aspects and phases as secondary actions on their semiotic level – on their pragmatic level they permit to introduce both perceptual actions and poietic actions, as indicated above, already –, lead, with respect to aspects, to cognitions of iconic sign-actions, which means that while executing an observation of the primary action you cognize an iconic sign-action, and as, in this case, cognizing is a way of theoretical mediation by articulating the

42 After certain terminological adjustments it can be shown that the language of parts and wholes (out of parts) is equivalent with the language of objects and properties (of objects), cf. K. Lorenz, On the Relation between the Partition of a Whole into Parts and the Attribution of Properties to an Object, Studia Logica 36 (1977), pp. 351–369 [reprinted in: K. Lorenz, Logic, Language and Method (note 11), pp. 20–32].

II Systematic Issues

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primary action, we are confronted with passing on theoretical experience that is gained by perceptual actions. With respect to phases, tertiary dialogical situations lead to executions of indexical partial actions, which means that while cognizing a participation in the primary action I execute an indexical partial action, and as, in this case, executing is a way of practical mediation by showing the primary action, we are confronted with passing on practical experience that is gained by poietic actions. Now, by a further step of reflection with respect to both executing and cognizing articulations, i.e., with respect to articulation pragmatically, as a mere action, and with respect to articulation semiotically, as a designation, two procedures are set going. On the one hand, executing an articulation on the pragmatic level is turned into cognizing a reception of signs, e.g., hearing a verbal articulation, and cognizing an articulation on the pragmatic level is turned into executing a production of signs, e.g., uttering a verbal articulation; on the other hand, executing a designation is turned into cognizing (an act of) signifying the primary action, and cognizing a designation is turned into executing (an act of) communicating the primary action.43 As with each step of reflection the previous action as a means is turned into an object, it is important to realize that with such an objectification the real dialogical situations of learning an action induce an individuation of these actions as objects that is beyond the scope of gaining logical constructions by phenomenological reductions. Primary actions as (ideal) objects had been introduced as units out of a universal as the result of identifying the (universal) cognitions of its aspects and the sum of singulars being the executions of its phases, in short: as the invariant of its aspects together with the whole out of its phases. But, a real primary action being an action type (generic act) that is usually considered to be an action competence, a mental entity, together with an indefinite sequence of action tokens (individual actions) as the (first order particular) instances of the (second order particular) action type that are usually called performances of the action being physical entities, may well occur as a different type-token-entity if different grainings of actions are taken into account, e.g. one performance of walking may be an individual whole out of many steps or out of few steps. Hence, the ideal primary action (and the consecutive ones) as an object should be treated as participating in the specific individuation of the real primary action as a type of tokens. Of course, particular objects of other categories but actions are included in the process of a dialogical reconstruction

43 For further details, especially those that are concerned with procedures that yield symbolic articulations out of iconic ones by rules of translations for them, and comprehensive practical mediations out of indexical partial actions by rules of construction for them, the reader may consult my paper ‘Pragmatic and semiotic prerequisites for predication’ (note 11).

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13 Logical Construction and Phenomenological Reduction

of experiencing them, as they may be constituted by actions of dealing with them in a Peircean fashion. The only difference: the process of reconstruction starts with the secondary actions of phases, i.e., appropriations of particulars, and aspects, i.e., detachments from particulars, instead of primary ones that are not available. With these additional features in mind, we may, finally, conclude that, indeed, the process of dialogically reconstructing experience by phenomenological reduction and logical construction demonstrates that making experiences and articulating experiences are two sides of the same coin. We have learned that phenomenological reduction of a real particular implies two steps, the step of appropriation of the particular by executing a phase action and the step of detachment from the particular by cognizing an aspect action: You are actualizing and schematizing the particular. The step of appropriation leads to making an experience, the step of detachment leads to articulating an experience. Appropriation takes place by ‹dissolving› the particular into singular executions of phases such that the cognitions of the respective phases appear as schematizations of generated partitions (parts are the means of poietic actions vis-à-vis the particular) of the particular. In this way, the logical construction of the ideal particular with respect to its matter, is, if cognized, (theoretically) understood as the whole out of the actualizations of its phases. The real particular, considered to be given by (subjective) sensation, has transsubjectively been reconstructed on the pragmatic level, and is, hence, pragmatically stabilized. Detachment from the particular, however, takes place by ‹enveloping› the particular in universal cognitions of aspects such that the executions of the respective aspects appear as actualizations of perceived distinctions (properties are the means of perceptual actions vis-à-vis the particular) of the particular. In this case, the logical construction of the ideal particular with respect to its form, is, if executed, (practically) understood as the identification of the schematizations of its aspects. The real particular, considered to be grasped by (subjective) intellection, has transsubjectively been reconstructed on the semiotic level, and is, hence, semiotically accessible.

Nachweise 1.

Arithmetik und Logik als Spiele. Auszüge. Erstveröffentlichung der vorliegenden Auszüge aus der Dissertation (Kiel 1961) in: P. Lorenzen/K. Lorenz (Hg.), Dialogische Logik, Darmstadt 1978, pp. 17–95. Wiederabdruck mit freundlicher Erlaubnis der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft, Darmstadt. 2. Die Ethik der Logik. Erstveröffentlichung der ursprünglichen Fassung in: H.-G. Gadamer (Hg.), Das Problem der Sprache. VIII. Deutscher Kongreß für Philosophie – Heidelberg 1966, München 1967, pp. 81–86. Wiederabdruck der in: M. Riedel (Hg.), Rehabilitierung der praktischen Philosophie II, Freiburg 1974, pp. 371–379, erschienenen überarbeiteten Fassung mit freundlicher Erlaubnis des Rombach Verlags, Freiburg im Breisgau. 3. Dialogspiele als semantische Grundlage von Logikkalkülen. Erstveröffentlichung in: Archiv für Mathematische Logik und Grundlagenforschung (hg. v. H. Hermes/J. von Kempski/K. Schütte, W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart u.a.) 11 (1968), pp. 32–55, 73–100. 4. Die dialogische Rechtfertigung der effektiven Logik. Erstveröffentlichung der ursprünglich als Anhang der ohne diesen Anhang unter dem Titel „Elemente der Sprachkritik. Eine Alternative zum Dogmatismus und Skeptizismus in der Analytischen Philosophie“ (Frankfurt a. M. 1970) veröffentlichten Habilitationsschrift „Sprachphilosophische Untersuchungen. Über Sinn und Grenzen der Analytischen Philosophie und ihre Überwindung“ geschriebenen Arbeit (Erlangen 1968) in: F. Kambartel/J. Mittelstraß (Hg.), Zum normativen Fundament der Wissenschaft, Frankfurt a. M. 1973, pp. 250–280. 5. Zur pragmatischen Fundierung semantischer Strukturen am Beispiel der Dialoglogik. Erstveröffentlichung in: P. Schröder/H. Steger (Hg.), Dialogforschung. Jahrbuch 1980 des Instituts für deutsche Sprache, Düsseldorf 1981, pp. 128–134. 6. Der Entwurf der operativen Logik. Überarbeitete Fassung des ursprünglich unter dem Titel „Logik, operative“ als Beitrag für das Historische Wörterbuch der Philosophie, Bd. 5 (hg. J. Ritter † /Karlfried Gründer), Basel/Stuttgart 1980, pp. 444–452, erschienenen Erstveröffentlichung, deren Wiederverwendung mit freundlicher Erlaubnis des Schwabe Verlags geschieht. 7. Über die Gründe des Übergangs von der operativen zur dialogischen Logik. Erstveröffentlichung in: J. Mittelstraß (Hg.), Zur Philosophie Paul Lorenzens, Münster/Westfalen 2012, pp. 41–53. Wiederabdruck mit freundlicher Erlaubnis des mentis Verlags der Brill Deutschland GmbH, Paderborn. 8. Zur Herkunft der Dialogbedingung im dialogischen Aufbau der Logik. Erstveröffentlichung in: J. Mittelstraß/Chr. von Bülow (Hg.), Dialogische Logik, https://doi.org/10.1515/9783110670301-014

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9.

10.

11.

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Nachweise

Münster/Westfalen 2015, pp. 55–74. Wiederabdruck mit freundlicher Erlaubnis des mentis Verlags der Brill Deutschland GmbH, Paderborn. Zur Rolle der Logik in den Wissenschaften. Erstveröffentlichung in: N. Zeise/ M. Fischer/M. Link (Hg.), Anwendungsorientierte Organisationsgestaltung, Hamburg 2011, pp. 19–25. Wiederabdruck mit freundlicher Erlaubnis des Baar Verlags, Hamburg. Logic as a Tool of Science Versus Logic as a Scientific Subject. Erstveröffentlichung in: J. van Benthem/G. Heinzmann/M. Rebuschi (eds.), The Age of Alternative Logics. Assessing Philosophy of Logic and Mathematics Today, Dordrecht 2006, pp. 299–310. Wiederabdruck mit freundlicher Erlaubnis von Springer Nature Ltd by its agent Springer Nature Customer Service Center GmbH („SNCSC“). Über die sprachlichen Werkzeuge ‚Teil‘ und ‚Ganzes‘ mit drei Exkursen: Ostension, Prädikation, Qualia. Erstveröffentlichung in Gestalt von vier Artikeln – ‚Teil und Ganzes‘, ‚Ostension‘, ‚Prädikation‘, ‚Qualia‘ – in: J. Mittelstraß (Hg.), Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie, 2., neu bearbeitete und wesentlich ergänzte Auflage, I-VIII, Stuttgart u.a. 2005–2018, VII pp. 678–686, VI pp. 65–67, VI pp. 395–402, VI pp. 527–530. Wiederabdruck mit freundlicher Erlaubnis des Metzler Verlags im Springer Verlag, Stuttgart, Teil von Springer Nature Ltd. Die Entwicklung des dialogischen Prinzips bei der Herausbildung eines dialogischen Konstruktivismus. Erstveröffentlichung unter dem Titel „Zur Entwicklung des dialogischen Prinzips“ in: J. Mittelstraß (Hg.), Paul Lorenzen und die konstruktive Philosophie, Münster/Westfalen 2016, pp. 39–50. Wiederabdruck mit freundlicher Erlaubnis des mentis Verlags der Brill Deutschland GmbH, Paderborn. Logical Construction and Phenomenological Reduction. Towards a dialogical reconstruction of experience with special reference to Peircean and Husserlian methods. Erstveröffentlichung in: M. Shafiei/A.-V. Pietarinen (eds.), Peirce and Husserl: Mutual Insights on Logic, Mathematics and Cognition, Cham 2019, pp. 17–42. Wiederabdruck mit freundlicher Erlaubnis von Springer Nature Ltd by its agent Springer Nature Customer Service Center GmbH („SNCSC“).

Personenregister Abaelard, Peter 268 Althaus, Hans P. 172, 177 Angelelli, Ignacio 282 Antisthenes 271 Aristoteles/Aristotle 77, 193, 223, 235, 250–257, 267, 271, 273–274, 319–320 Austin, John L. 171, 177 Azzouni, Jody 282

Driesch, Hans 281 Drieschner, Rudolf 89, 138 Dux, Günter 307

Barnes, Jonathan 174, 177 Berge, Claude 11, 72–73, 103, 138, 151 Beth, Evert W. 33, 43, 73, 112, 138 Block, Ned 283 Bocheński, Józef 96, 138 Brentano, Franz 217, 221, 254 Britzelmayr, Wilhelm 96 Brouwer, Luitzen E. J. 141–142, 179, 188, 195, 198, 202, 225, 227 Buber, Martin 304–309, 316 Burkamp, Wilhelm 281

Feys, Robert 143 Flanagan, Owen 283 Frege, Gottlob 7, 73, 171, 174–175, 236, 246, 263, 268–269, 283

Carnap, Rudolf 277, 283, 285, 301–302 Carrier, Martin 283 Cassirer, Ernst 308 Cavaillès, Jean 287, 313 Chomsky, Noam 308 Church, Alonzo 35, 73 Churchland, Patricia S. 279, 284, 321 Clark, Austen 284 Cocchiarella, Nino B. 282 Cohen, Jonathan 284 Cresswell, Max J. 143 Crone, Katja 284 Curry, Haskell B. 112, 138, 179, 189, 196, 202, 225 Dascal, Marcelo 221, 245, 247, 283 Dennett, Daniel C. 284 Dewey, John 237, 247, 288, 300 Dilthey, Wilhelm 293, 300–302, 304–306, 309–310 Dingler, Hugo 179, 189 Diodoros Kronos 142–143 Dretske, Fred 284 https://doi.org/10.1515/9783110670301-015

Eco, Umberto 237, 247, 282, 308 von Ehrenfels, Christian 254, 281 Englebretsen, George 282 Escher, M. C. 278

Gabbay, Dov M. 283 Gadenne, Volker 284 Geach, Peter T. 283 Gethmann, Carl F. 172, 177 Gödel, Kurt 10 Goodman, Nelson 235, 247, 260, 281, 284, 313 Gottlieb, Dale 315 Granger, Gaston-Gilles 235, 247, 287, 313 Grelling, Kurt 281 Guenthner, Franz 283 Güzeldere, Güven 283 Haller, Rudolf 283 Heckmann, Heinz-Dieter 284 Hegel, Georg W. F. 293, 299 Henne, Helmut 172, 177 Herrmann, Theo 281 Hertz, Paul 187, 189 Heyting, Arend 138–139, 141–143, 179, 188–189, 195, 202, 225 Hilbert, David 4, 73, 179, 196, 225 Hintikka, Jaakko 112, 138, 283 Hughes, George E. 143 Husserl, Edmund 254–255, 281–282, 299–302, 304–305, 310–314, 316, 318–321, 330 Jacobi, Klaus 283 James, William 177, 300

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Personenregister

Kambartel, Friedrich 175, 286, 329 Kamlah, Wilhelm 202, 283, 285 Kant, Immanuel 12, 75, 77–78, 88, 299, 301, 311 Kierkegaard, Søren 299 Kindt, Walter 3, 73, 118 Kirk, Robert 284 Kleene, Stephen C. 3, 18, 28, 32, 59, 65, 68, 73, 119, 126, 129, 138, 142 Köhler, Wolfgang 254 Körner, Stephan 283 Koffka, Kurt 254 Kolmogorov, Andrej N. 143, 201–202, 230 Kreisel, Georg 68, 73 Kripke, Saul A. 143, 274, 283 Langford, Cooper H. 142 Lanz, Peter 284 Leibniz, Gottfried W. 221, 245, 247, 251, 253, 260, 274, 282, 289 Lenk, Hans 189 Levine, Joseph 284 Leśniewski, Stanisław 249, 281 Lewis, Clarence I. 142–143, 194–196, 202, 224–225, 276–277, 279–280, 284 Locke, John 289 Lorenz, Kuno 80, 83, 88, 118, 126, 136, 138, 146, 150, 172, 177, 179, 189, 200–202, 205, 209, 211, 220–221, 235–237, 240, 242, 245, 247, 260, 282–283, 290, 297, 302–303, 305, 326, 329 Lorenzen, Paul 5–6, 8, 10, 18, 26, 28, 68, 71, 73, 83, 129, 138, 143–144, 146, 150, 172, 177, 179, 182, 184, 189–190, 196–198, 200, 202, 210, 221, 225, 227, 283, 285, 288–289, 298, 329–330 Lycan, William G. 284 Mackie, John L. 33, 73, 83, 138 Marion, Mathieu 204, 221 Marquard, Otto 307 Marsh, Robert C. 310 Marx, Karl 299 McKinsey, John C. C. 133, 138, 143, 196, 202 McLaughlin, Brian P. 284 Meinong, Alexius 254 Metzinger, Thomas 279, 284

ter Meulen, Alice 282 Moore, George E. 299 Morris, Charles W. 237, 247, 285, 308 Neurath, Otto 285 Northoff, Georg 284 Oppenheim, Paul 281 Papineau, David 284 Peirce, Charles Sanders 49, 135, 187, 206–207, 236–238, 247, 288, 294, 300–310, 313–314, 316, 319, 328, 330 Piaget, Jean 306 Platon/Plato 221, 251–253, 255, 260, 262, 265, 268–269, 271–272, 289, 293, 319 Plessner, Helmuth 307 Prior, Arthur N. 143 Quine, Willard V. O. 35, 73, 283, 285, 297, 301, 308, 315 Rahman, Shahid 143 Rao, B. Narahari 301 Reichenbach, Hans 217, 221, 245, 247 Richter, Vladimir 190 Rosado Haddock, G. E. 301 Roth, Volkbert 209, 221 Rückert, Helge 143 Russell, Bertrand 210, 221, 299, 304, 310, 314, 321 Ryle, Gilbert 210–211, 221, 301 Scherer, Bernd M. 238, 247 Schlick, Moritz 277, 282, 284, 302 Schmidt, H. Arnold 143, 187, 190 Schmidt, Franz 282 Schmitz, Hermann 293 Schneider, Hans J. 283 Schneider, Susan 284 Schroeder-Heister, Peter 198, 202, 227 Schütte, Kurt 10, 27, 33, 73, 143, 329 Searle, John R. 171, 177, 283–284 Simons, Peter 282 Shahan, Robert W. 315 Skinner, Burrhus F. 308

Personenregister

Slater, John G. 310 Smith, Barry 282 Sokolowski, Robert 282 Stegmüller, Wolfgang 88, 126, 138, 190 Strawson, Peter F. 264, 282–283 Ströker, Elisabeth 307 Swoyer, F. Chris 315 Tałasiewicz, Mieszko 282 Tarski, Alfred 18, 73, 88, 138, 143, 196, 202, 289 Taylor, Richard 27 Thomas von Aquin 265 Tomberlin, James 284 Twardowski, Kazimierz 282 Tye, Michael 284 Velmans, Max 284

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Wajsberg, Mordechai 133, 139 Walter, Sven 284 Wertheimer, Max 254, 282 Wiegand, Herbert E. 172, 177, 202 Wierzbicka, Anna 282 Wiles, Andrew 27 Wittgenstein, Ludwig 171–172, 177, 205, 212, 221, 236–237, 243, 247, 301, 304–309, 316 Wright, Edmond L. 284 von Wright, Georg H. 143, 221, 283 Wundt, Wilhelm 254 Yakira, Elhanan 245, 247 Zermelo, Ernst 14, 128, 139

Sachregister ableitbar[-e Kalkülregel]/Ableitbarkeit 3–10, 17–18, 26, 30, 32, 54, 56, 59, 67–68, 84, 87–88, 94, 112, 114–116, 118, 123–124, 127, 144–148, 153–154, 157, 179–187, 196–198, 205, 225–227, 289 Abstraktum 257, 274 Abstraktum, Exemplifikation eines 257 Äquivalenz, logische 99, 132–133, 142, 195–196, 225 Äquivokationstheorie der Kopula 267–168 Aktualisierung/aktualisieren 213–214, 216, 253, 257–258, 260, 262, 264–265, 270–271, 273, 280, 293 Allgemeingültigkeit [eines Aussageschemas] 9–10, 31, 35, 42, 69, 83–84, 110, 165, 197, 227 Allgemeinungültigkeit [eines Aussageschemas] 9–10 Allgemeinzulässigkeit [einer Kalkülregel] 146, 186–189, 197–198, 219, 226–227, 288–289 Aneignung/appropriation [im Handlungsvollzug] 207–209, 240, 280–281, 287, 295, 297, 319, 322, 326, 328 Angriff [einer Aussage] 3, 7, 9, 20–24, 29, 36–37, 39, 43–44, 46–48, 50, 69, 85–86, 89–93, 95–98, 102, 105, 108–109, 112–113, 116–117, 121–122, 131, 135–137, 146–150, 152–153, 155–156, 158–161, 163–164, 166, 177, 199–200, 203–204, 218, 223, 228–230 Angriffsschranke 92, 109, 119–122, 126, 136, 150–152, 154–156, 158–159, 162–164, 166–167, 203 Anschauungsformen/forms of intuition 243, 264, 269 [an]zeigen/showing 37, 208, 212, 216, 243–244, 259–260, 262–265, 269, 271–273, 275, 295, 305, 309, 327 Anzeigeformen/indicational forms 244, 263–264, 269 Apprädikator 261, 275

https://doi.org/10.1515/9783110670301-016

Argumentation 3, 71, 85, 147, 172–173, 175, 177, 191, 201, 204, 216, 218, 220, 230, 235, 253, 279, 286, 289, 296 Argumenteregel 91, 93–94, 103, 149, 175 Artikulation/articulation 192, 205, 209–214, 241–246, 252–253, 255, 257–258, 262–266, 269–271, 273, 275–279, 281, 300, 304, 309, 327 Artikulator 209–217, 219–220, 255–257, 259–265, 269–270, 272, 274, 276, 280 Aspekt [einer Handlung]/aspect 173–174, 207, 212–215, 241–242, 244–245, 258–259, 270–271, 273, 278, 280–281, 323–328 Attribution [einer Eigenschaft ihrem Träger] 274–276, 326 Aussageformen/propositional forms 15, 101, 200, 229, 244, 263, 268–269 [aus]sagen/saying 175, 238, 243–244, 259, 261, 274–275, 305, 307 Basis, formale 31–33 Basis, faktische 31–34, 69 Begründung 3–4, 6, 8, 26, 75–76, 78–81, 83, 88, 94, 145–146, 152, 166, 172–173, 175–177, 192–193, 202, 216–220, 223, 285–286, 288–290 beweisdefinit[-e Aussage] 5, 17–18, 67, 85, 147, 173, 183, 196, 198–199, 226–228, 289 Deduktionsprinzip 180, 188 Demonstrator 212, 243–244, 263, 269 Denkformen/forms of thinking 243, 263, 269 Diagonalprinzip 107 dialogäquivalent[-e Aussagen] 97, 99–100, 102, 132 Dialogbasis 102, 132–134 Dialogbedingung 177, 199–200, 203–204, 218–219, 228–230, 329 dialogdefinit[-e Aussage] 7, 15–18, 22, 34, 67, 81, 86–87, 91, 93–94, 97, 101–103, 148, 151–152, 156–157, 173, 184, 199–200, 203, 218, 228–229, 289

336

Sachregister

dialogische Konstruktion [von Partikularia] 203, 206–208, 211, 217, 290 Dialogpartie 149–150, 153–156, 159, 162–164, 289 Dialogregel, globale [= Strukturregel] 191, 203–205, 218–219 Dialogregel, lokale 203–204, 218 Dialogsituation, elementare/elementary dialogue situation 236–238, 240–241 Dialogspiel/dialogue game 3, 6–8, 10, 15–16, 18–22, 24–25, 27, 29–31, 33, 36, 43, 66–70, 72, 83–84, 88–90, 92–93, 97, 102–112, 119–123, 126–128, 130–133, 136, 146, 149–154, 156–159, 162–166, 199–200, 203–205, 218, 228–229, 236, 242, 303, 329 Dialogspiel, faktisches 8, 10, 30–31, 33, 66, 69 Dialogspiel, formales 8–9, 31, 33–36, 66, 69, 110, 114, 119–120, 135–136, 146 Dialogspiel, symmetrisches 8–9, 16, 18, 25, 43, 71, 80 Disjunktion, klassische 96, 161 Distanzierung/detachment [im Handlungserleben] 207–209, 240, 280–281, 287, 295–297, 319–320, 322, 326, 328 Dualität [von Handlungen als Verfahren und als Gegenstand]/duality [of actions being a means and an object] 235, 279, 287, 292–294, 313–315, 320, 323 duplex negatio affirmat 138, 165–166 Du-Rolle [beim Ausüben/performing und Erkennen/recognizing einer Handlung] 206–207, 211–213, 271, 287–288, 291–298 Eigenanzeige 259, 264, 271 Eigenaussage 259, 264, 271 Eigenprädikator 255, 275 Eigenschaft 35, 107, 133, 171, 175, 195, 198, 208, 213–215, 225, 227, 254–255, 257–263, 265–266, 270–275, 277–279, 281 Eigenschaft, eigenständige 260–261, 263

Eigenschaften aussagen [mit Prädikationen von Objekten, genauer: von der Stoffkomponente eines Objekts] 264–266, 271–274 eingreifend[-er Handlungsstatus] 207, 270, 287 Eliminierbarkeit [einer Kalkülregel] 180, 185 emergent[-e Eigenschaften eines Ganzen] 254 epistemisch[-er Handlungsstatus] 207–208, 270, 287, 295 Erfüllbarkeit [eines Aussageschemas] 9–10, 31 Erkennen 76–77, 174, 205–206, 210–211, 249, 274, 277, 287–288, 302 Erleben 207–208, 212, 254, 262, 277–278, 280–281, 287–288, 291, 293–295, 297, 300, 302 falsum 27, 157, 184 feature, universal 239–240, 264, 315–316, 323 Form, logische [einer Aussage] 97, 110, 120, 165 Ganzes, substantiell 256 Ganzes, akzidentell 256 Gedanke [im Sinne Freges] 7, 174, 268 Geist, tätiger 262, 295 Geist, schauender 262, 295 Geltung [einer Aussage] 8, 16, 109, 141, 145, 149, 158–159, 162, 174, 176–177, 191–194, 197, 199, 204–205, 212–215, 218–220, 223, 228 Geltung, hypothetische 193 Geltung, kategorische 193 Geltungsproblem 193, 220, 223 Gewinngarantie [für ein Spiel] 14, 17, 40–41, 46 Gewinnstellung 47, 109–111, 115–117, 120, 127–128, 130–131 Gewinnstellung, formale 107, 109–112, 114–117, 120, 123, 126–127, 130, 132, 136, 151, 158 Gewinnstrategie [eines Spiels] 7, 9, 14, 16–18, 27, 29–30, 34–36, 38, 41–42, 45–46, 49–54, 68–69, 71–72, 86–87,

Sachregister

92, 98, 107, 109–110, 117, 119–121, 128–129, 131, 135–136, 146–149, 151–153, 156, 158–160, 162–166, 173, 199–200, 218, 220, 228–229 Gewinnstrategie, formale 98, 107–108, 110, 112, 119, 121, 129–130, 136, 146, 150–151, 154, 156, 158, 162, 164–167, 200, 229–230 Gewinnstrategie, materiale 154, 156, 162, 166–167 Halbformalismus 8, 27–28, 128–129, 156–157, 220 Halbformalismus, semantischer 8, 28, 129 Handlungserleben, universales 280 Handlungssprache 209, 295 Handlungsvollzug, singularer 270, 280, 293–295 Ich-Du-Dyade/I-You-dyad 291, 295–296, 320, 322, 324–325 Ich-Du-Polarität [von Handlungen im epistemischen Status, erscheint im eingreifenden Status als Komplementarität von Herstellen/ producing einer Handlungsinstanz/an action-token in Ich-Rolle und Vorstellen/ imagining eines Handlungstyps/an action-type in Du-Rolle] 206 Ich-Rolle [beim Ausüben/performing und Erkennen/recognizing einer Handlung] 206–207, 211, 213, 271, 287–288, 291–298 Identität 214, 260–261, 271 [partielle] Identität, Prädikation durch 271, 274 Ikon [eines Objekts, = Vergegenständlichung eines distanzierenden Erlebens im Umgehen mit dem Objekt] 208–210, 278, 280, 295 Implikation 9–10, 12, 27, 30, 56–58, 65–66, 68, 129, 132, 134, 137, 142, 153–154, 156–159, 165, 175–176, 191–196, 201, 218–220, 223–225, 230 Implikation, strikte 142–143, 194–196, 224–225 Index [eines Objekts, = Vergegenständlichung eines

337

aneignenden Vollzugs im Umgehen mit dem Objekt] 19, 86, 92, 105–106, 123, 147, 154, 208–209, 243, 245, 280, 295, 323, 327 Individuation [eines Quasiobjekts] 250, 258–259, 261, 263, 270–271, 274, 327 Individuator 244, 258, 263, 271 Induktion, unendliche 128 Induktionsprinzip 180–181 ingredient, singular 239–240, 315, 323 Inhärenz, Prädikation durch 274 Interrelationstheorie der Kopula 268 Inversionsprinzip 180, 182, 188 Kalkül 3–10, 17–18, 26–27, 30–32, 66–68, 71, 79, 83–88, 104, 111, 114, 117–119, 124, 127, 143–146, 148–149, 153, 158–159, 179–186, 188–189, 195–196, 202, 217, 224–226, 231, 286, 288–289 Klassifikator 213, 260–261, 266, 268, 275–276 Konkretum 257 Konkretum, Exemplifikation eines 274 Konstruktion, logische [von Erfahrung] 66 Kopula 212, 263, 267–269, 276 Korrespondenzbedingung 192 Logikspiel, optimales 10, 67 Maxime, pragmatische/pragmatic maxim 207, 238, 288, 300–302 Mereologie 249–250, 254, 260, 272 Metakalkül 5–6, 144, 146–147, 184–185, 197, 226 Metakompetenz [= propositionales Wissen]/ knowing that 210–211, 297, 306, 312 mixtum compositum [aus individuellem Stoff und allgemeiner Form] 257 Nominator 171, 212, 217, 236, 244, 260, 263–264, 267–268, 275 Objektkompetenz [= operationales Wissen]/knowing how 210–211, 297, 306, 309, 312 Obligation 176–177

338

Sachregister

Ordinalzahlen als Angriffsschranken 120, 154–156, 158, 200, 229 Orthosprache 286 Ostension, elementare 259, 274 Paradoxien [der Implikation] 142, 194–196, 224–225 Partie eines Spiels/play of a game 6–9, 11–16, 21–23, 25, 29, 35–38, 43–44, 47–48, 71–72, 103–104, 106, 120, 126, 136, 149, 151, 173, 199, 203–204, 220, 228, 289 partikular[-es Objekt] 207–208, 213–215, 217, 220, 249–253, 256–261, 263–267, 269, 271–274, 293, 297 Partikularia/particulars 196, 207, 213–215, 217, 220, 226, 236, 239–240, 242, 244–246, 249, 251–252, 256–261, 263–267, 270–274, 315, 319, 328 Partition [einer Substanz in Anteile] 261, 273–275, 326 Peircesche Aussage 49, 135, 187 Phase [einer Handlung]/phase 207, 215, 241–242, 244–245, 255, 258–259, 270–271, 273, 281, 323–328 Polarität, dialogische [von Handlungen in Verwendung] 206–207, 262, 291–294 Prädikation, elementare 259, 274, 276 Prädikator 84, 86–87, 89, 97, 145, 171, 175–176, 212, 259–261, 263, 266–269, 275–276 Primdialog 103–105, 107–109, 111, 119, 151, 153–154, 158 Prinzip, begriffliches 297 Prinzip, dialogisches 285, 287, 289–291, 296, 306, 330 Prinzip, methodisches 286, 296–297 Prinzip der Selbstähnlichkeit [principle of self-similarity] 241, 321, 326 Prinzip vom ausgeschlossenen Dritten [= tertium non datur] 4, 10, 29, 137, 141–142, 161–166, 267 Protologik 172, 177, 179, 182–183, 196, 226, 286 Quasiobjekt 257–259, 261–263, 270–272

Rahmenregel 92–93, 102–103, 111, 149–150, 152, 175 Reduktion, phänomenologische [von Erfahrung] 206, 217 Regel, zulässige [eines Kalküls] 5–6, 20, 58–60, 117, 144–146, 149, 180–181, 184–186, 196–197, 226 Runde [einer Dialogpartie] 22–25, 33, 36–39, 42–45, 47–50, 67, 91, 98, 100, 104, 107, 109, 111, 116–117 Runde, offene 22–24, 37, 39, 47–48, 50, 91 Sattelpunktsatz 8, 128, 151, 228 Satzaspekt [einer Artikulation] 174 Schematisierung/schematisieren 213, 216, 255, 262, 265, 271, 273 semantic ascent 235, 285 Singularia/singular ingredients 239, 242, 260, 294, 315, 319, 323 Sinnbestimmung 173, 214, 217, 219–220 Sinnesdatum 276–278 Spezialisierung [eines Prädikators], durch Relativierung vorgenommene 184, 213, 215, 261, 264, 272, 280 Spezialisierung [eines Prädikators], durch Modifizierung vorgenommene 213–215, 261, 264, 272 Spielregel 7, 9–12, 14–16, 18, 20–21, 23–24, 30, 33, 35–36, 39–48, 50, 66, 69, 72, 92–93, 104–105, 109, 112, 121–122, 146–148, 158, 172–173, 175, 177, 191, 198–201, 204–205, 217–219, 227–230, 289 Spielregel, allgemeine 7–8, 18–23, 31, 33, 36, 66 Spielregel, formal zulässige 35, 40, 42–43 Spielregel, spezielle 7–10, 18, 21–23, 33–36, 43, 45, 65–66, 69 Sprachkritik 75, 80, 329 Stabilität 165 Sternoperator/asterisque operator 217, 245 Strategie eines Spiels/strategy of a game 13–14, 17, 41, 71, 92, 112, 121–122, 126, 130–131, 135, 148, 160, 193, 205, 223, 246 Subjekt-Objekt-Differenz 206

Sachregister

Subjunktion 6, 20, 22, 36, 70, 96, 100–101, 115, 129, 131, 134, 142–147, 152–153, 165, 183–187, 192, 195–200, 218–220, 225–227, 229 Subjunktion, operative 6, 197, 227 Subjunktion, effektive 6, 131–133, 142–144, 147, 187, 199–200, 218, 229 Subjunktion, klassische 194, 224 Substanz 213–215, 258–265, 270–275, 281 Substanzen anzeigen [mit Ostensionen an Objekten, genauer: an der Formkomponente eines Objekts] 260, 263–264 Teil und Ganzes 250, 253, 330 Teil, selbständiges 254–255, 260–261 Teilhabe [= Partizipation] 260, 265, 272, 275 Tun und Leiden 288 Typ/type und Instanz/token 182, 237–240, 258, 262–263, 270–271, 182, 293–294, 314–316, 318–320, 327 Übersummativität 254 Unableitbarkeitsprinzip 180, 183–184, 187 Universalia/universal features 239–240, 242, 315–316, 323 Urteil 174–175, 193, 212, 223, 264, 268, 274, 288 Vernunftprinzip 286, 289–290, 296

339

Verteidigung [einer Aussage gegen einen Angriff] 7, 9, 20–24, 29, 33, 36–37, 39, 43, 47–49, 85–86, 89–95, 97–102, 105, 109, 112–113, 117, 122, 135–137, 146–150, 152–153, 158–164, 166–167, 177, 199–200, 203–204, 228–229 Verteidigungsschranke 136, 150–152, 158–159, 162–163, 165–166 Verum 27, 96, 184, 194, 197, 224, 226 Verwerfbarkeit [eines Aussageschemas] 9–10 Wahrheitserblichkeit 191–193, 195, 225 Wahrheitswert [einer Aussage] 28–29, 83–84, 152, 172, 268 Wahrnehmung, äußere 212, 277–278, 281 Wahrnehmung, innere 212, 278 wenn-dann, praktisches 144, 146, 167, 191–192, 196, 198, 201, 205, 226, 230 Wenn-dann-Satz 142, 175–176, 191, 198, 227 widerlegungsdefinit[-e Aussage] 17–18, 22, 85, 173, 198–199, 227–228, 289 Wortaspekt [einer Artikulation] 174 zulässig[-e Kalkülregel]/Zulässigkeit 5–6, 9, 11, 19–20, 35, 37, 40–43, 46, 57–66, 85–86, 111, 117–118, 126, 131, 141, 144–147, 150, 179–189, 196–200, 219, 226–227, 229, 288–289 Zwischenschema 258–259, 263, 271