Videografisches Arbeiten in Psychiatrie und Psychotherapie [1 ed.] 9783896447944, 9783896730183

Die auf der 17. Tagung (1995) des Internationalen Arbeitskreises für Audiovision in Psychiatrie und Psychotherapie (IAAP

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Videografisches Arbeiten in Psychiatrie und Psychotherapie [1 ed.]
 9783896447944, 9783896730183

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Internationaler Arbeitskreis für Audiovision in Psychiatrie und Psychotherapie (IAAPP)

Joachim Ronge (Hrsg.)

Videografisches Arbeiten in Psychiatrie und Psychotherapie Mit Beiträgen von:

Abele, N., Brandecker, R., Czogalik, D., Dauenhauer, R., Doerr, U., Franz, U., Grube, M., v. Gülick-Bailer, M., Hartwich, P., Hilken, S., Hubmann, W., Kiessascheck, M., Kost, R., Luderer, H. J., Maurer, K., Pils, A., Pittrich, W., Ronge, J., Sander, U., Ullrich, S., Vanger, P., Wenzel, Th.

Verlag Wissenschaft & Praxis

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Videografisches Arbeiten in Psychiatrie und Psychotherapie / [Internationaler Arbeitskreis für Audiovision in Psychiatrie und Psychotherapie (IAAPP)]. Joachim Ronge (Hrsg.). Mit Beiträgen von: N. Abele ... - Sternenfels ; Berlin : Verl. Wiss, und Praxis, 1997 ISBN 3-89673-018-5 NE: Ronge, Joachim [Hrsg.]; Abele, Norbert [Mitverfasser]; Internationaler Arbeitskreis für Audiovision in Psychiatrie und Psychotherapie

ISBN 3-89673-018-5

© Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 1997 D-75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. 07045/930093 Fax 07045/930094

Alle Rechte vorbehalten

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwer­ tung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Über­ setzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektro­ nischen Systemen.

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Vorwort In Fortführung der Tradition des 1977 in Berlin gegründeten In­ ternationalen Arbeitskreises für Audiovision in Psychiatrie und Psychotherapie (IAAPP) werden die Tagungsbeiträge gesammelt herausgegeben. Der vorliegende Band beinhaltet die überarbeite­ ten Video-Beiträge der 17. Tagung, die 1995 zum 3. Mal in Lud­ wigsburg stattfand. Die anschaulich aufbereiteten Themen gewähren einen Einblick in das Arbeiten mit dem Video in verschiedenen Kliniken und Einrichtungen. Aspekte des Videos in der Qualitätssicherung und des Qualitätsnachweises sowie eine Synopsis audiovisueller Ver­ fahren in Psychiatrie und Psychotherapie veranschaulichen die Bedeutung videografischer Hilfsmittel für die Arbeit mit Kranken. Die einzelnen Beiträge zeigen die unverändert große Bedeutung des Videos für die Dokumentation der klinischen Wirksamkeit therapeutischer Maßnahmen, für die Verdeutlichung von Interak­ tionsprozessen, für die Veranschaulichung von Lehr- und Lernin­ halten und für das (AMDP-)Training in Psychopathologie, das in der neuen Weiterbildungsordnung gefordert wird. Weitgehend in sich geschlossene, ganz unterschiedliche Einzelthemen, die als fertige Videofilme gestaltet wurden, werden inhaltlich beschrie­ ben. Die entsprechende Video-Kassette kann von dem Autor bzw. den Autoren ausgeliehen oder bezogen werden.

Der Informations-, Erkenntnis- und therapeutische Gewinn, der in den videografischen Möglichkeiten steckt, klingt in den hier vor­ gestellten Arbeiten an. Die Beiträge werden dem großen Kreis de­ rer zugänglich gemacht, die in der Psychiatrie und Psychotherapie tätig oder an ihr interessiert sind. Dem Verlag Wissenschaft und Praxis gebührt Dank für die erneut bewährte und engagierte Zusammenarbeit bei der Gestaltung und Herausgabe des Buches. Für die mit Sorgfalt erledigten Schreibar­ beiten danke ich Frau Bulla und Frau Klotz.

Ludwigsburg

J. Ronge 5

INHALT Klinische Bedeutung der Videografie

P. Hartwich Entwicklung der audiovisuellen Verfahren in Psychiatrie und Psychotherapie.......................................................................... 11

J. Ronge Video unter dem Aspekt der Qualitätssicherung und des Qualitätsnachweises in Psychiatrie und Psychotherapie....... 31 Diagnostik, Aus- und Weiterbildung

K. Maurer ♦ M. van Güiick-Bailer ♦ 5. Ullrich Interrater-Reliabilitäts-Prüfung nichtpsychotischer Symptome und korrespondierender ICD 10-Diagnosen mittels video­ aufgezeichneter SCAN-Interviews....................................................35

M. Grube Zur Rezeption audiovisueller Lehrbeispiele im Psychiatrie-Unterricht ................................................................. 51 H. J. Luderer AMDP-Seminar.................................................................................. 64

J. Ronge ♦ R. Kost Die Methode der bitemporalen Elektrokonvulsionstherapie (EKT) Video-Demonstration........................................................................65 Therapeutische Verfahren

J. Ronge Eine Patientin mit wahnhafter Depression vor, während und nach bitemporaler Elektrokonvulsionstherapie (EKT) Eine videografische Zusammenfassung...........................................77 R. Brandecker ♦ P. Hartwich Computergestützte Maltherapie - Erfahrungen mit Psychosen....83

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Psycho-, Sozio- und Verhaltenstherapie P. Vanger ♦ D. Czogalik Untersuchung der psychotherapeutischen Interaktion mittels Video.....................................................................................103 M. Kiessascheck Videoeinsatz in der Gruppenpsychotherapie zur Förderung der sozialen Kompetenz - ein Erfahrungsbericht -..................... 121

N. Abele ♦ R. Dauenhauer ♦ J. Ronge Selbstsicherheitstraining zur beruflichen Begleitung und Wiedereingliederung psychisch Langzeitkranker......................... 133

U. Franz ♦ W. Hubmann Therapieprogramm zum eigenverantwortlichen Umgang mit Medikamenten.......................................................................... 143

Video-Forum W. Pittrich Im-Pulse der Kunst Innovationen in kunst- und kreativtherapeutischer Praxis......... 149

S. Hilken ♦ A. Pils ♦ U. Sander „Im Moment trinke ich nichts" - Betroffene berichten über den Verlauf der Alkoholabhängigkeit............................................ 151 Th. Wenzel ♦ U. Doerr Aufarbeitung von biographischem Material anhand der Interaktion sprachlicher und assoziativer visueller Darstellungam Beispiel einer historischen Autobiographie..... 157

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Referenten Abele, N., Dipl. Sozialarbeiter (FH), Förderverein für Psychische Gesundheit e. V., Königsallee 59, 71638 Ludwigsburg Brandecker, R., Ergotherapeut, Klinik für Psychiatrie u. Psychothe­ rapie, Städt. Kliniken Frankfurt a. M.-Höchst, Gotenstr.6 - 8, 65907 Frankfurt a. M. Czogalik, D., PD Dr. phil., Forschungsstelle für Psychotherapie, Christian-Belser-Str. 79 a, 70597 Stuttgart

Dauenhauer, R., Dipl.-Sozialpädagogin (FH), Förderverein für Psychische Gesundheit e. V., Königsallee 59, 71638 Lud­ wigsburg Doerr, U., freiberuflicher Regisseur und Dramaturg, A-1010 Wien

Franz, U., Ärztin, Bezirkskrankenhaus Haar, Postfach 1111, 85529 Haar Grube, M., Dr. med., Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Städt. Kliniken Frankfurt a. M.-Höchst, Gotenstr.6 - 8, 65907 Frankfurt a. M.

v. Güiick-Bailer, M., Dr. rer. soc., Dipl.-Psych., Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Postfach 122120, 68072 Mannheim

Hartwich, P., Prof. Dr. med., Klinik für Psychiatrie und Psychothe­ rapie, Städt. Kliniken Frankfurt a. M.-Höchst, Gotenstr.6 - 8, 65907 Frankfurt a. M.

Hilken, S., Dr., Nds. Landeskrankenhaus, Rosdorfer Weg 70, 37081 Göttingen

Hubmann, W., Dr. med., Bezirkskrankenhaus Haar, Postfach 1111,85529 Haar Kiessascheck, M., Arzt, Psychiatrische Universitätsklinik, Sig­ mund-Freud-Str. 25, 53105 Bonn

Kost, R., Dr. med., Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Kli­ nikum Ludwigsburg, Posilipostr. 4, 71640 Ludwigsburg

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Luderer, H. /., Prof. Dr. med., Zentrum für Psychiatrie Weinsberg, 74184 Weinsberg-Weißenhof Maurer, K., Dr. sc. hum., Dipl. Psych., Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Postfach 122120, 68072 Mannheim

Pils, A., Abt. Medizin, Institut für den Wissenschaftlichen Film Göttingen, Nonnenstieg 72, 37075 Göttingen Pittrich, W., Dr. med., Landesrat, Landschaftsverband WestfalenLippe, Abt. Gesundheitswesen, Warendorfer Str. 24, 48145 Münster Ronge, /., Dr. med., Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Klinikum Ludwigsburg, Posilipostr. 4, 71640 Ludwigsburg Sander, U., Dr., Abt. Medizin, Institut für den Wissenschaftlichen Film Göttingen, Nonnenstieg 72, 37075 Göttingen

Ullrich, S., Dipl. Psych., Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Postfach 122120, 68072 Mannheim Vanger, P., Dr., Dipl.-Psych., Forschungsstelle für Psychotherapie, Christian-Belser-Str. 79 a, 70597 Stuttgart

Wenzel, Th., Dr. med., Videoreferent, Unversitätsklinik für Psych­ iatrie, Währinger Gürtel 18-20, A-1190 Wien

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P. Hartwich

Entwicklung der audiovisuellen Verfahren in Psychiatrie und Psychotherapie Die Entwicklung der audiovisuellen Verfahren in Psychiatrie und Psychotherapie ist gleichzeitig die Entwicklung unseres Arbeits­ kreises seit 1976. Es ist derzeit eine Tradition von etwa 20 Jahren. Ich möchte in dieser Übersicht mein persönliches Erleben dieser Entwicklung zum roten Faden machen und mich an den Beiträgen unserer Tagungen und an den vielen intensiven Diskussionen ori­ entieren.

Aus einer Initiative von G. Köhler und D. Schneider-Helmert hat sich 1976 in Günzburg der Arbeitskreis für Audiovision in Psych­ iatrie und Psychotherapie zur Gründung zusammengefunden und im Oktober 1977 in Berlin konstituiert. Es wurde damals angestrebt, die relativ neue und seinerzeit noch kompliziert zu handhabende Technik in Psychiatrie und Psychotherapie stärker bekanntzuma­ chen. Es sollten all diejenigen erreicht werden und zusammen­ kommen, die mit dem Medium Video in diesem Felde arbeiteten. Dadurch wurde erreicht, daß sich Mitglieder ganz unterschiedli­ cher Berufsgruppen zu Symposien zusammenfanden. Ich selber habe die Arbeit mit Videokamera und riesiger Band­ maschine - die Kassetten waren noch nicht populär - 1970 be­ gonnen und zunächst zur Spiegelung beim Rollenspiel von Psy­ chosekranken angewendet (Hartwich 1974). Als ich kurz nach dessen Gründung zu unserem Arbeitskreis stieß, hatte mich be­ sonders beeindruckt, daß hier nicht nur Fachleute einer bestimm­ ten Spezies, so wie sonst in Monokulturen üblich, versammelt wa­ ren. Hier war es viel interessanter: Es trafen sich Regisseure (Flamm aus Gailingen), Videotechniker (Gütt; Kluge), Psycholo­ gen, Ärzte, Psychoanalytiker, Ergotherapeuten, Soziologen, Sozial­ arbeiter, angehende Videotherapeuten usw. Zum Stichwort Video­ therapeuten: Herr Köhler hatte sich seinerzeit vorgenommen, eine Ausbildungsstätte für Videotherapeuten ins Leben zu rufen. Ich

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denke, es schien ihm vor allem deswegen notwendig, weil seiner­ zeit die Technik noch recht schwerfällig war.

Um gleich einen Sprung zu machen: heute kann fast jeder eine Videokamera leicht handhaben, die Aufnahmebedingungen sind wesentlich besser geworden, insbesondere, was das Ausleuchten der Gegenstände anbelangt. Heute kann man beinahe ohne zu­ sätzliches Licht gut unter dem Tisch filmen. Die 1 '/2 Zoll-Maschi­ nen, mit denen wir zunächst Schwarzweißaufnahmen machten, sind heute zur farbigen VHS-, SVHS- oder Video 8-Kleinheit zu­ sammengeschmolzen. Zurück zum Beginn: Bei der Konstitution 1977 wurden eine Reihe von Zielsetzungen in unserer Satzung festgelegt, denen wir uns heute noch genauso verpflichtet fühlen: Es sollen die persönlichen Bekanntschaften der mit dem Medium Tätigen gepflegt und der Austausch über den Umgang mit audiovisuellen Methoden weiter­ entwickelt und vor allem in Lehre, Forschung und Behandlung in Psychiatrie und Psychotherapie sowie in der klinischen Psychologie zum gegenseitigen Nutzen eingesetzt werden.

Spannungsfeld Wir kamen aber schnell in ein Spannungsfeld zwischen einerseits sachlich eingegrenzter Orientierung an unseren Grundideen und andererseits der faszinierenden Vielfältigkeit, die durch die zahl­ reichen Berufsgruppen eingebracht wurden. Ich denke, daß die integrative Kraft einiger inzwischen älter gewordenen Mitglieder (z. B. Herr Ronge) dazu geführt hat, daß Neuerungen und Verän­ derungen, die die Zeit einfach mit sich bringen, in unserem Ar­ beitskreis ihren Platz finden konnten. Der kreative Austausch blieb nicht im Verbalen, d. h. in der Diskussion der Tagungen stecken, sondern fand auch jeweils in unseren Tagungsbänden seinen Niederschlag.

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Beginn und Entwicklung Der Bericht des Symposions von 1977 in Berlin, gedruckt 1978 im Thieme-Verlag und herausgegeben von Renfordt und Heim­ chen, ist hier zu nennen: „Fernsehen in der Psychiatrie". Renfordt in Berlin war einer der Motoren der ersten Tagungen und einer derjenigen, die seinerzeit das Medium Video in mehrfacher Hin­ sicht systematisch bearbeitet haben:

1. im Studentenunterricht, 2. bei der Erforschung und Auswertung von Effekten von Thera­ piemaßnahmen, wo zeitblind Videoaufnahmen im nachhinein ausgewertet werden können, 3. im Rahmen der Facharztweiterbildung, wo im audiovisuellen Feedback die Supervision auch in bezug auf den Interviewer erfolgen kann.

Bei allem Enthusiasmus hat er auch in der Anfangsperiode schon auf kritische Faktoren hingewiesen: 1. Das unmittelbare Erleben des Patienten wird durch das dazwi­ schengeschaltete Medium Fernsehen verändert. 2. Kameraführung, Bildfeldbegrenzung und FrequenzfilterimTonkanal sowie Schnittselektion liefern immer nur Ausschnitte aus der realen Gesamtheit und können manipuliert werden.

Aus der Universität Heidelberg hat Ronge (1978) die Bereicherung der Vorlesung durch Video beschrieben. Janzarik ließ sich aus dem Aufnahmestudio Aufzeichnungen in den Hörsaal für die psychia­ trische Hauptvorlesung überspielen. Das unmittelbare Aufeinan­ derfolgen der Darstellungen von akuten und remittierten Krank­ heitsbildern desselben Patienten konnte in anschaulicher Weise erläutert werden. Herr Ronge wies darauf hin, daß die Patienten, entgegen einem häufigen Vorurteil, so gut wie nie Einwände ge­ gen eine Videoaufzeichnung erheben. Hingegen kam es eher bei den Kollegen zu skeptischer oder gar ablehnender Haltung. Diese Beobachtung ist von den Mitgliedern unseres Arbeitskreises später vielfach bestätigt worden.

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An dieser Stelle gilt es, die Arbeiten von Herrn Flamm zu erwäh­ nen, er war ein Filmregisseur, der in den Kliniken in Gailingen ein filmtherapeutisches Studio aufgebaut hat. Er hat zusammen mit Psychiatern und Psychologen Anfang der 70er Jahre ein audiovi­ suell gestütztes Training entwickelt, um Merk- und Konzentrati­ onsstörungen infolge von Hirnschäden zu beüben. Er produzierte hierzu 20 Sendungen in dem klinikeigenen Fernsehstudio, die zu festgesetzten Zeiten auf die Krankenstationen gesendet wurden (Flamm 1978, 1979).

Ich fand seine Demonstrationen immer sehr lehrreich. Er zeigte uns, wie man eine Kamera führt, welche Fehler bei Aufnahmen gemacht werden, wie Filme zu schneiden sind und wie man die Tonqualität verbessert.

Einen ganz anderen Bereich bearbeitete Frau Gebhardt (1978, 1983) aus Berlin. Sie berichtete über Videorückmeldung in der Ver­ haltenstherapie und stellte Selbstkonfrontation und Selbstbewer­ tung in den Vordergrund. Daneben hatte selbstverständlich - und das gehört zur guten Tradition unseres Arbeitskreises - die Psy­ choanalyse ihren Platz. Herr Stille (1979) aus Berlin hat im psy­ chosomatischen Fachbereich Videobeispiele in der Didaktik ein­ gesetzt, um den Auszubildenden die subtilen Beobachtungen des Psychoanalytikers nahezubringen. Er analysierte die Interaktion zwischen Untersucher und Patienten. Bei Einzel- und Gruppen­ psychotherapiesitzungen konnte im nachhinein die Gruppendyna ­ mik in Supervisions- und Arbeitsbesprechungen mittels Video­ band bearbeitet werden.

Rechtliche Aspekte Ein weiterer Gesichtspunkt, der in unserem Arbeitskreis zu inten­ siven Diskussionen geführt hat, ist die Frage des § 203 StGB, der Schweigepflicht. So hatte Rüger (1978) aus Berlin darauf hinge­ wiesen, daß sich Videoaufnahmen grundlegend von üblichen Da­ tensammlungen unterscheiden, und zwar durch die Unmittelbar­ keit und Lebhaftigkeit, mit der die Betreffenden sich direkt mittei­ len. Kügelgen (1982,1989) hat später diesen Aspekt vertieft und bei 14

unseren Tagungen Seminare über dieses Thema angeboten. In einer Podiumsdiskussion des IAAPP 1977 wurde Übereinkunft erzielt, wie vorzugehen sei, um die Einwilligung des Patienten, die ärztli­ che Schweigepflicht und den Datenschutz bei Anwendung audio­ visueller Methoden zu gewährleisten; dies wurde im Nervenarzt publiziert. Insbesondere muß gewährleistet sein, daß unsere Video­ aufzeichnungen niemals in das öffentliche Fernsehen übertragen würden. Ein Kranker wäre schutzlos den Blicken der Öffentlich­ keit preisgegeben. In unserem Haus ist es üblich, daß Bänder von Patienten, sofern sie nicht nach einiger Zeit sowieso gelöscht wer­ den, in einem besonderen Schrank zusätzlich verschlossen werden. Sie sind also noch besser geschützt als Krankengeschichten.

Videospiegelung und Demonstration Auf der Jahrestagung in Oberhausen im Oktober 1979 haben wir die Selbstkonfrontation bei Schizophrenen vorgestellt und eine empirische Untersuchung über die Wirkungsweise der Videospie­ gelung vorgelegt. Mittels eines zweiten Kamerasystems, das die Reaktion auf Spiegelung aufzeichnen konnte, wurden - anders als bei den bisherigen Fragebogenmethoden - Ich-Störungen Schizo­ phrener systematisch beobachtet und ausgewertet (Ich-Demarkation, Ich-Spaltung, Ich-Aktivität). In einem gezielten Videospiege­ lungsverfahren konnte eine Verstärkung der Ich-Demarkation und eine Verbesserung der Ich-Aktivität als signifikant herausgestellt werden (Hartwich, Lehmkuhl 1979).

Zu erinnern ist auch an einen eindrucksvollen Videofilm von Schneider-Helmert (1979). Er demonstrierte mittels einer InfrarotVideographie bei polygraphischen Nachtschlafuntersuchungen einen Pavor nocturnus bei einem Erwachsenen. Bisher waren TVÜberwachung und Videographie nur vereinzelt und unsystema­ tisch eingesetzt worden. Seit dem eindrucksvollen Miterleben ei­ nes solchen Pavor nocturnus-Zustandes mit den primitiven Bewe­ gungsformen und den Lautäußerungen, die am ehesten als primär prozeßhaft imponierten, konnten in Praxis und Klinik solche Stö­ rungen häufiger diagnostiziert und behandelt werden. 15

Später haben wir zusammen mit Deister die Videospiegelung bei Schizophrenen in Aachen weiter untersucht und Interview- und Konfrontationssitzungen gegenübergestellt. Wir konnten damals zeigen, daß eine hohe Faszination insbesondere am Anfang der Sitzungen überzufällig war. Die erzielte Antriebsaktivierung wur­ de bei entsprechenden Störungen eingesetzt: zur Motivation, zur Verbesserung der affektiven Schwingungsfähigkeit und später zur Verminderung der kognitiven Störungen (Hartwich, Deister 1983). Lehmkuhl hat 1982 in Gailingen über den Einsatz von Video bei Jugendlichen berichtet. In Gruppentherapien konnten er und sei­ ne Mitarbeiter wichtige Effekte darstellen. Ähnlich wie bei einer unserer Untersuchungen (Hartwich, Lehmkuhl 1983) in der Grup­ penpsychotherapie von Erwachsenen, kam es in Sitzungen, bei denen die Videospiegelung während der Gruppenpsychotherapie durchgeführt wurde, zu einer Verstärkung der Abwehr.

Bei der Durchsicht des Tagungsbandes 1979 fällt auf, wie sorgfäl­ tig, aber auch aus heutiger Sicht umständlich, damals die Video­ labors aufgebaut waren ( z. B. von Ronge, Universität Heidelberg, Kluge, Universität Berlin und Köhler, Oberhausen). Die aufwen­ dige Technik mit großen Maschinen benötigte Fachleute, die so­ wohl etwas von Videotechnik, Ton- und Bildaufnahme, als auch etwas von Psychiatrie und Psychotherapie verstanden.

Wir hatten seinerzeit in Aachen ab 1970 und jetzt auch in Frank­ furt seit 1986 versucht, kleinere Einheiten zu nutzen, die der in­ teressierte Therapeut im Videostudio oder in seinem Zimmer nut­ zen konnte, um dort ohne großen Aufwand ein Interview aufzu­ nehmen. Die professionellen Geräte und Schneideeinheiten in ei­ nem eigens dafür eingerichteten Videolabor, wie wir das heute in Frankfurt haben, sind aufwendiger, damit mit höherer Präzision gearbeitet werden kann. Aus unserer Jahrestagung 1981 in Berlin möchte ich noch einen bemerkenswerten Beitrag zur Therapie hervorheben. Ellgring hatte Mimik und Blickzuwendung mit Video registriert, es ging um sub­ tile Verhaltensbeobachtung. Aus seinen Untersuchungen hat er u. a. therapeutische Überlegungen und Ansätze bei lernbeein­ 16

trächtigten Kindern abgeleitet, indem er positive Sequenzen er­ folgreich spiegelte (Ellgring 1983).

Zeitschrift An dieser Stelle ist eine Zeitschrift hervorzu heben, die von Ell­ gring und Wallbott herausgegebene „Video-Informationen", die seit 1978 erscheint. Möglich wurde das Herstellen und Vertreiben der Zeitschrift dadurch, daß am Max Planck-Institut in München die Herstellung nicht kostenintensiv war. Sie trug zum Austausch zwischen den Interessierten bei. Als Ellgring 1985 dem Ruf auf den Lehrstuhl nach Berlin folgte, sollte die Herausgabe der Zeit­ schrift modifiziert werden. Kügelgen hatte sich später bemüht, ei­ ne Folgezeitschrift ins Leben zu rufen, die, in Kontrast zu den ein­ fachen Fotokopier- und Vervielfältigungsverfahren von Ellgring, auf besserem Papier von einem Verlag gedruckt wurde. Die Ko­ sten waren jedoch zu hoch und die Zahl der Beiträge zu niedrig, um kontinuierlich zu bleiben.

Untersuchung des psychiatrischen Urteils Eine wichtige Untersuchung von Renfordt ist zu erwähnen. Er setzte das audiovisuelle Verfahren ein, um die psychiatrische Ur­ teilsbestimmung zu überprüfen. Er hatte damals 12 Videoauf­ zeichnungen von Explorationen mit psychiatrischen Patienten an­ gefertigt: Es handelte sich um Schizophrene, endogen-depressive und hirnorganische Diagnosen. Die Filmbeispiele wurden insge­ samt 102 Untersuchern aus 6 verschiedenen Kliniken (Basel, Ber­ lin, Düsseldorf, München, Zürich, Max Planck/München) gezeigt. Er berechnete die Übereinstimmung der einzelnen Kliniken sowie die Übereinstimmung zwischen den Kliniken. Ausgewertet wurde mit dem AMP. Er konnte feststellen, daß sich klinisch-spezifische psychopathologische Urteilsbesonderheiten herausbildeten. Er lei­ tete daraus ab, daß wissenschaftliche Befunde aus einzelnen Kli­ niken nur bedingt miteinander vergleichbar sind (Renfordt 1983).

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Anorexia nervosa Aus unserer Jahrestagung in Bern 1983 sei zunächst der Beitrag von Badura erwähnt. Er führte eine Fremdkonfrontation bei der Anorexia nervosa durch und konnte zeigen, daß mittels dieser audiovisuellen Methodik eine Verbesserung der Introspektionsfä­ higkeit, der Auseinandersetzung mit sich selbst und auch der Mo­ tivation zur Psychotherapie gelang (Badura 1984).

Spiegelungen des eigenen Videobildes wurden bei eßsüchtigen Patienten, beispielsweise von Brüggemann (1984), bei Magersüch­ tigen von Meermann (1984) sowie von uns mit Schumacher (1984) vorgestellt. Es liegt nahe, Patienten, die Probleme mit ihrer eige­ nen Körperlichkeit haben, mit Hilfe der Spiegelung zu behandeln.

Manipulierbarkeit des Zuschauers durch den Film Kolitzus hat eine weitere Perspektive in den Arbeitskreis einge­ bracht. Er war am Max Planck-Institut für Psychiatrie in München tätig. Er ist Psychiater und hat vor seiner medizinischen Ausbil­ dung Erfahrungen in einer Filmakademie sammeln können. Da­ durch lag es nahe, sich mit dem Verhältnis zwischen Psychiatrie und Massenmedien, insbesondere Fernsehen und Kinofilm zu be­ fassen. Auf unseren Tagungen hat er uns eine ganze Reihe von Kinofilmen vorgespielt und die Manipulationen und Verzerrungen bezüglich psychiatrischer Krankheitsbilder, deren Behandlungen und die damit manipulierte Einstellung der Öffentlichkeit heraus­ gearbeitet. In seinem Beitrag „War Frau T. verrückt?", legt er dar, wie ein Fernsehfilm auf unsachliche Weise die psychiatrischen Behandlungsstätten mit Schuldzuweisungen eindeckt. Eine ähnli­ che Analyse legte Kolitzus von dem Film „Die Kinder vom Bahn­ hof Zoo" vor. Durch bestimmte Selektion von Fakten, Kameraein­ stellung, Einsatz von Musik konnte Objektives verzerrt werden, ohne daß der Zuschauer es bemerkte (Kolitzus 1984, 1985, 1989).

Grundsätzlich wird hier eine Problematik aufgegriffen, der wir uns alle stellen müssen. Wenn wir mit der Videotechnik umgehen, kann es uns passieren, daß wir unbewußt oder bewußt Verände­ rungen vornehmen.

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Familiendiagnostik und Therapie Um einen weiteren Bereich aufzugreifen, nämlich den der Familiendiagnostik und Familientherapie, seien die Beiträge von Lehmkuhl und Bonney (1985) und auch Wille und Lechmann genannt. Durch Videospiegelung konnten beispielsweise emotionale Reaktionen einzelner Familienmitglieder verstärkt werden, die es wiederum den anderen Familienmitgliedern erlaubten, stärker emotional zu reagieren, als sie es sonst zu tun pflegen. Ferner konnten charakte­ ristische Interaktionsstile gespiegelt werden, die zwischen Eltern und Kindern ablaufen. An dieser Stelle sei auch an die auf der Jahrestagung in Bern 1983 vorgestellte videounterstützte Motivationsarbeit bei alkoholab­ hängigen Patienten hingewiesen, wie sie Luderer und Böcker (1984) vorgelegt haben. Hier sind eindrucksvolle Filmabschnitte geschaffen worden, die uns heute noch vor Augen sind.

Persönlichkeitsstruktur und Gegenübertragung Nochmals sei Stille (Universität Berlin) erwähnt, mit dem ich zu­ sammen zwei Tagungsbände herausgegeben habe. Stille hat sich aus psychoanalytischer Sicht mit der Interaktion zwischen Patient, Therapeut und Video auseinandergesetzt. Er zeigte einige Fallbei­ spiele, in denen er darlegte, daß sowohl Mutter- als auch VaterUbertragungen auf die Videokamera zu beobachten waren. Bei­ spiel: „Da ist jemand, der immer zusieht, alles weiß, vor dessen strengem Blick es kein Entrinnen gibt". Hochinteressant sind auch seine Beobachtungen bezüglich des Therapeutenverhaltens mit unterschiedlicher Persönlichkeitsstruk­ tur. Bei schizoider Struktur des Therapeuten kann er mit Video die Distanzgrenze durchbrechen, da er Video zur Unzeit und zu un­ vermittelt einbringt. Der mehr depressiv strukturierte Therapeut plagt sich mit Schuldgefühlen und schlechtem Gewissen herum, wieder einmal vom Patienten zu viel zu verlangen. Der zwanghaft strukturierte Therapeut setzt die Kamera allzu rigide ein, die Affekt­ isolierung kann in der Therapie durch den Einsatz des technischen

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Mediums noch verstärkt werden. Der hysterische Therapeut ist durch das Medium Video so fasziniert, daß seine Tendenzen zur Selbstdarstellung herausgefordert werden, er agiert mit der Kame­ ra und vergißt die gründliche Bearbeitung und Absicherung. Ich habe in unserem Arbeitskreis immer eine gute Mischung der Strukturelemente beobachten können. Dieses hat sich in den in­ tensiven Diskussionen sehr bemerkbar gemacht, die in den Ta­ gungsbänden nicht zu finden sind (Stille 1984).

Internationale Aktivitäten Die 9. Jahrestagung in Aachen haben wir zusammen mit Badura ausgerichtet. Der Arbeitskreis war damals zahlreich, in einer gu­ ten Tradition mit konstanten Mitgliedern und Beiträgen konsoli­ diert. Eine Reihe von Ansätzen, die vorher als Werkstattbericht dargestellt worden waren, konnten inzwischen in methodisch ab­ gesicherter Weise vorgetragen und vorgeführt werden. Es ging um die Möglichkeiten und Grenzen der Audiovision in Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik. Um diese Zeit wurde ein von mir verfaßter Beitrag im Lexikon der Psychiatrie, herausgegeben von Christian Müller, mit dem Titel „Audiovisuelle Verfahren" ge­ druckt. Die Bereiche: 1. Dokumentation, 2. Diagnostik, 3. Lehre, 4. Forschung und 5. Therapie konnten in breiterer Form dargelegt werden (Hartwich 1986).

Über einige internationale Aktivitäten ist zu berichten, denn unser IAAPP hat Mitglieder aus der Schweiz, Österreich und Finnland. 1982 fuhr ich mit Badura nach Finnland auf Einladung von Prof. Achte (1982) zur Psychiatrischen Universitätsklinik Helsinki. Hier haben wir über unsere Studien an Schizophrenen und Anorexia nervosa mittels Videospiegelung berichtet. 1983 in Wien und 1989 in Athen, jeweils auf dem Weltkongreß für Psychiatrie, habe ich über die Fortschritte bei der empirischen Bearbeitung der Videospiegelung bei Schizophrenen berichtet. Auf dem Internationalen Kongreß: „Audiovisual Communication and Mental Health" Helsinki, Juni 1983, haben Ellgring und Hart­ wich als Vertreter des IAAPP mitgewirkt. 1984 war ich in den 20

USA eingeladen: In Boston, Chicago, Pittsburgh und Houston ha­ be ich über Videotherapie, Spiegelungserfahrungen sowie über die unterschiedlichen Spiegelungsreaktionen bei depressiven, zwanghaften, schizoiden und hysterischen Persönlichkeitsstruktu­ ren vorgetragen (Hartwich 1986). 1990 habe ich in Houston, Texas, auf einem Symposion über die psychotherapeutische Bearbeitung von kognitiven Störungen bei Schizophrenen mittels Videospie­ gelung vorgetragen. Im April 1995 habe ich auf einem internatio­ nalen Symposion der Universität Houston über die von uns ent­ wickelte computer-unterstützte Maltherapie bei Schizophrenien berichtet.

Weitere Jahrestagungen 1987 fand in Bayreuth die Jahrestagung des 10jährigen Bestehens des IAAPP statt. Die Beiträge, die inzwischen nicht mehr im ein­ fachen Druckverfahren für die Mitglieder und Interessierte in Form von Tagungsbänden herausgegeben wurden, sind jetzt als Buch beim Springer-Verlag (Hrsg. Kügelgen 1989) erschienen. Hierzu mußten einige Investitionen eingebracht werden. Köhler sagte hierzu: „Mit der Publikation der Tagungsberichte schuf der Arbeitskreis eine lebendige, aktuelle und umfassende Dokumen­ tation der psychiatrischen Videoarbeit, die Rückgriffe auf Erfah­ rungen und Ideen der Mitglieder und der dem IAAPP angehören­ den Referenten bzw. Autoren erlaubt" (Köhler, Miller 1989).

1993 wurden von Ronge und Kügelgen die Beiträge der Video­ tagung in Ludwigsburg 1989 herausgebracht. Eine Reihe der vor­ genannten Autoren konnten hier ihre inzwischen weitergeführten Forschungen und Erkenntnisse vortragen. Als Neuestes wurden die Vorträge der 16. Tagung, die wiederum in Ludwigsburg im Jahre 1993 stattfanden, in einem Band von Ronge herausgegeben mit dem Titel: „Videounterstütztes Arbeiten in der klinischen Psychiatrie und Psychotherapie" im Verlag Wissenschaft & Praxis, Ludwigsburg - Berlin 1994. Hervorzuheben sind hier unsere Weiterentwicklungen der computer-unterstützten Malthe­ rapie bei Psychosen mit Brandecker (Hartwich, Brandecker 1994).

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Köhler und Mitarbeiter haben über Grundlagen und Tendenzen der Video Art Therapy (VAT) vorgetragen. Frau Bernhard-Köhler, eine Kunsttherapeutin, hat eine neue Perspektive der Video Per­ formance vorgestellt, die Patienten machen hier selbst Videomon­ tage und Videofotographie (Köhler 1994). Ebenfalls originell ist die videounterstützte Untersuchung von Herrn Grube: „Zur Reliabilität der intrapsychischen Verarbei­ tungsstadien tödlicher Erkrankungen am Beispiel HIV-positiver Polytoxikomaner" (Grube 1994).

Weiter hervorzuheben ist die von Ronge und seinen Mitarbeitern vorgetragene Arbeit über „Videounterstütztes Rollenspiel in einer Tagesklinik" (Ronge et al. 1994). Ferner wurde das Mannheimer Trainingsprogramm zum SCAN-System (PSE 10) unter Einsatz der Videotechnik von Güiick-Bailer und K. Maurer (1994) vorgestellt.

Ausblick Wie wird die Zukunft aussehen: Die beiden gegensätzlichen Pole: Technik einerseits und Psychia­ trie und Psychotherapie andererseits schließen sich schon lange nicht mehr aus. Dem Grundgedanken, nämlich der Integration dieser beiden Perspektiven, hat die Entwicklung unseres Arbeits­ kreises in den letzten 20 Jahren Recht gegeben. Für folgerichtig halte ich es deswegen, wenn neben Video und Audio die Erweite­ rung durch die Computertechnik in unserem Kreis eine entspre­ chende Integration und Weiterentwicklung erfährt. Hier werden eine Reihe von Ergänzungen, die den Videoeinsatz optimieren, möglich. Ferner kann mit Computerprogrammen durch die Visua­ lisierung ebenfalls das bewegte Bild geschaffen werden, das uns zu neuen Ansätzen herausfordert.

Für unseren Arbeitskreis gilt, was der Biologe und Philosoph Humberto Maturana 1994 über Organisation, Struktur und Autopoiese ausführt: „Britische Clubs hängen oft ihr Gründerjahr aus und man ist stolz auf ein hohes Alter. Doch was blieb bewahrt? Da aus der Gründungsriege von anno 1789 niemand mehr leben

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dürfte, überdauerte die clubtypische Organisation". Die gegen­ wärtige Struktur wird durch die jeweiligen Menschen geformt. „Die Mitglieder laufen einfach durch: treten ein, treten aus, treten ab - und sofort".

Für den IAAPP gilt: Ideen, roter Faden, Satzung, wissenschaftliche Arbeit mit ihren Ergebnissen und Schrifttum bleiben, das ist mit der überdauernden Organisation gemeint, auch wenn Struktur und Mitglieder sich ändern.

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Literatur Achte, K.; Visuri, O. (1982): Die Anwendung des Fernsehens in der Psych­ iatrie in Finnland. In: Kügelgen, B. (Hrsg.): Video und Medizin, perimed, Erlangen Badura, H. O. (1984): Audiovisuelle Fremdkonfrontation bei Anorexia ner­ vosa. In: Aebi, E.; Hartwich, P.; Stille, D. (Hrsg.): Video in Psychia­ trie und Psychotherapie, Bd. 5. IAAPP, Bern Badura, H. O.; Hartwich, P. (1982): Audio-visuelle Untersuchung zur Frage des Weiblichkeitserlebens bei Mammaplastik. In: Kügelgen, B. (Hrsg.): Video und Medizin, perimed, Erlangen Badura, H. O.; Heizmann, Chr. (1983): Psychotherapeutische Effekte im Rahmen audiovisueller Konfrontation bei Anorexia nervosa. In: Stil­ le, D.; Hartwich, P. (Hrsg.): Video in der klinischen Arbeit von Psychiatern und Psychotherapeuten. Platane, Berlin

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Hartwich, P.; Brandecker, R. (1993): Computer Art Therapy (CAT) in Bor­ derline States and Schizophrenia. Z. Fortschritte der Neurologie, Psychiatrie. Sonderheft 1, 61 Abstract Hartwich, P.; Brandecker, R. (1994): Maltherapie an Bildschirm und Com­ puter bei psychotischen Erkrankungen. In: Ronge, J. (Hrsg.): Video­ unterstütztes Arbeiten in der klinischen Psychiatrie und Psychothe­ rapie. Verl. Wissenschaft & Praxis, Ludwigsburg - Berlin Hartwich, P.; Deister, A. (1983): Empirische Studie zur audiovisuellen Selbstkonfrontation bei Schizophrenen. In: Stille, D.; Hartwich, P. (Hrsg.): Video in der klinischen Arbeit von Psychiatern und Psycho­ therapeuten. Platane, Berlin Hartwich, P.; Grube, M. (1989): Videospiegelung in der Therapie schizo­ phrener Ich-Störungen. lAAPP-Tagung, Ludwigsburg

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J. Ronge

Video unter dem Aspekt der Qualitäts­ sicherung und des Qualitätsnachweises in Psychiatrie und Psychotherapie In letzter Zeit ist die Qualitätssicherung in der Medizin - auch in der Psychiatrie und Psychotherapie - in den Blickpunkt des Inter­ esses gerückt. Hier wird die Rolle des Videos für die ärztliche Weiterbildung und Therapie hervorgehoben.

Durch die Richtlinien der Weiterbildungsordnung zum Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie erlangt das Video eine besondere Bedeutung für die ärztliche Qualifikation, für die Qualitätssiche­ rung und Qualitätskontrolle ärztlichen Tuns in der klinischen Psychiatrie und Psychotherapie.

Diese Überlegungen werden in den folgenden Thesen präzisiert: 1. Das Explorationstraining (die psychiatrische Untersuchungs­ technik) wird halb standardisiert durchgeführt.

Patient und Assistent werden in der Untersuchungssituation mit dem Video aufgenommen. Die Aufnahme wird mit dem Oberarzt oder im Seminar besprochen, ggf. geratet.

Analoges gilt für die Interviewtechnik (die tiefenpsychologisch fundierte Untersuchung). Die videografisch festgehaltene Unter­ suchungssituation verdeutlicht und veranschaulicht dem Betrach­ ter das Zusammenspiel verbaler und nonverbaler Informationen, gibt Auskunft über die Art der Befunderhebung, über den Umgang des Untersuchers mit dem Patienten, insbesondere wie beide mit Interaktionen umgehen, wie sich Übertragung und Gegenüber­ tragung der Arzt-Patient-Beziehung in der konkreten Situation ge­ stalten, wie Distanz und Nähe gehandhabt werden. Weiterhin ist der Wissensstand beurteilbar, das Können des Untersuchers, wo er Hilfe, Aufmunterung und Führung durch den Supervisor benötigt.

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2. Das Videotraining psychiatrischer Anamnese- und Befund­ erhebung unter Zugrundelegung des AMDP-Systems* (Prof. Luderer hat ein solches AMDP-Seminar im Rahmen der Tagung durchge­ führt). Die Teilnahme an mindestens einem Fremdrater-Seminar, wie z. B. diesem Training in Psychopathologie, wird in den Weiterbil­ dungsrichtlinien gefordert. Mit dem Video aufgenommene Krank­ heitsbilder oder Ausschnitte daraus sind Voraussetzung für ein solches Seminar. Die beobachteten Verhaltensauffälligkeiten und die erfragten Erlebnisinhalte des Kranken werden von den Teil­ nehmern auf einem Kriterienbogen angestrichen und danach ge­ meinsam besprochen, besonders schwierig zu beurteilende Sym­ ptome diskutiert bzw. erläutert, ggf. durch nochmalige Einspielung der betreffenden Sequenz verdeutlicht. Verlaufsbeobachtungen lassen sich auf die gleiche Weise dokumentieren.

3. Im kasuistischen Seminar können Sequenzen aus dem Verlauf einer Krankheit eingespielt und die den Sequenzen zugeordneten therapeutischen Maßnahmen und Begleittherapien (z. B. Beschäftigungs-, Bewegungs-, Musiktherapie u. a. m.) diskutiert werden; auch Ausschnitte aus einzel- oder gruppentherapeutischen Situa­ tionen können eingespielt und Interventionen oder Interaktionen erläutert werden. 4. Bei tiefenpsychologisch und verhaltenstherapeutisch fundierten Einzel- und Gruppentherapien unterstützt und ermöglicht das Video therapeutische Prozesse und eröffnet damit neue Wege in der Therapie.

Die Patienten sehen sich mit dem oder den Therapeuten Aus­ schnitte aus der Therapiestunde an und analysieren gemeinsam Aktionen, Reaktionen bzw. Interaktionen, die in der bestimmten Sequenz ablaufen. Die Patienten können nach einer gewissen zeitlichen und damit auch inneren Distanz zu ihrem Verhalten und Reagieren, zu sich selbst Stellung nehmen.

Manual zur Dokumentation psychiatrischer Befunde. Herausgegeben von der Arbeits­ gemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie. 5. korrigierte Auf­ lage, Springer-Verlag 1995

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5. Vergleichbares gilt für den sozialtherapeutischen Bereich, z. B. das Rollenspiel, das Selbstsicherheitstraining und für andere Cruppenarbeiten. Hier hilft Video beim Sichtbarmachen und Verstärken positiver Verhaltens- und Reaktionsweisen, hilft zur Auseinandersetzung mit sich und der Gruppe und zum Lernen am Erfolg.

6. Psychiatrische Behandlungsmethoden und ihre Wirksamkeit lassen sich mit dem Video für Aus-, Weiter- und Fortbildungsauf­ gaben dokumentieren, transparent machen und ggf. einer kriti­ schen Betrachtung unterziehen. Entsprechende Videoaufnahmen verdeutlichen (positive) Wirkungen und Nebenwirkungen, wie z. B. Dyskinesien im Rahmen der Psychopharmakotherapie. Videoaufnahmen vor, während und nach einer Elektrokonvulsions­ therapie veranschaulichen - zum Teil in sehr eindrucksvoller Weise - die Wirkungen einer solchen Behandlung, da der Patient sich selbst über sein Befinden und seine innere Einstellung zu die­ ser Behandlungsmethode äußert und gleichzeitig das, was er sagt und wie er es sagt, von verschiedenen Betrachtern beurteilt wer­ den kann.

Diese thesenartig dargelegten Punkte erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie zeigen aber die fundamentale Bedeutung des Video für die Qualifikation, die Qualitätssicherung und für den Qualitätsnachweis in der klinischen Weiterbildung zum Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Das Video ermöglicht eine Vertiefung der diagnostisch-therapeutischen Arbeit und erschließt eine neue Dimension klinischer Forschung. In diesem Sinne sind weiterhin Kompetenz und Kreativität derer gefordert, die mit dem Video in der Klinik arbeiten, das neuer­ dings mit der Computertechnik kombiniert wird. Video- und Computertechnik eröffnen neue Möglichkeiten der Behandlung und des interaktiven Lernens.

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K. Maurer ♦ M. van Gülick-Bailer ♦ S. Ullrich

Interrater-Reliabilitäts-Prüfung nicht­ psychotischer Symptome und korrespon­ dierender ICD 10-Diagnosen mittels video­ aufgezeichneter SCAN-Interviews* Vorbemerkung Die Mannheimer SCAN-Arbeitsgruppe berichtet hier zum dritten Mal in einem Tagungsband der IAAPP über ihre Arbeit: aus der Abfolge unserer Beiträge, beginnend 1989 bei der 13. IAAPPTagung zu „Perspektiven des Videos in der Klinischen Psychiatrie und Psychotherapie" (Ronge & Kügelgen 1992), gefolgt von ei­ nem Vortrag auf der 16. lAAPP-Tagung über „Videounterstütztes Arbeiten in der klinischen Psychiatrie und Psychotherapie" (Ronge 1994), läßt sich die Entwicklung unserer Arbeit anschaulich ver­ folgen. Einleitend wird im folgenden kurz über das SCAN-System informiert. Danach wird die Arbeit des Mannheimer SCANZentrums skizziert, um dann zu der zu berichtenden Reliabilitäts­ studie überzuleiten.

Das SCAN-System SCAN steht für „Schedules for Clinical Assessment in Neuropsych­ iatry" (WHO 1992, 1994, 1995). Es ist ein Instrumenteneinsatz zur Erfassung der Psychopathologie und zur Klassifikation der wichtigsten psychiatrischen Störungsbilder des Erwachsenenalters. SCAN wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu­ sammen mit dem Londoner Institute of Psychiatry und der amerika­ nischen Alcohol, Drug Abuse and Mental Health Administration

Diese Studie wurde mit Fördermitteln des Bundesministeriums für Gesundheit im Jahre 1994 am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim (im Rahmen seiner Tätigkeit als SCAN-Trainingszentrum der WHO) durchgeführt.

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(ADAMHA) entwickelt und besteht aus vierTeilen:der 10. Version des Present State Examination (PSE10), der Item Group Checklist (IGC), der Clinical History Schedule (CHS) und dem Glossar zur Differentiellen Klassifikation Psychiatrischer Symptome. Das PSE10 - also das Erhebungsinstrument des SCAN-Systems besteht aus zwei Teilen: in den Sektionen des Teil I werden somatoforme, dissoziative, Angst-, depressive und bipolare Stö­ rungsbilder behandelt sowie Probleme, die im Zusammenhang mit Appetit, Alkohol oder Drogen und Medikamentenmißbrauch auftreten. Der Teil II behandelt psychotische und kognitive Stö­ rungen sowie beobachtbare Auffälligkeiten der Sprache, des Af­ fekts und des Verhaltens. Beide Teile I und II umfassen zusammen 24 Sektionen.

Alternativ zum PSE10 kann die Item Group Checklist (IGC) ver­ wendet werden. Sie umfaßt 40 Itemgruppen und bildet eine ein­ fache Beurteilungsmöglichkeit aufgrund von Akten oder Informa­ tionen Dritter. Die IGC sollte dann eingesetzt werden, wenn der Patient z. B. keine Angaben zu früheren Krankheitsepisoden ma­ chen kann, ein Interview mit dem Patienten nicht möglich ist, oder wenn z. B. im Rahmen von Forschungsprojekten vorhandene Akteninformationen voll ausgeschöpft werden sollen. Die Clinical History Schedule (CHS) ist optional einsetzbar. Sie erlaubt die Kodierung ergänzender Informationen zur Vorge­ schichte, Primärpersönlichkeit und zusätzlich vorhandener sozia­ ler Beeinträchtigungen und organischer Erkrankungen.

Das Glossar wird als wichtigste Komponente des SCAN-Systems bezeichnet: es führt in die Handhabung des SCAN ein, enthält Richtlinien für die Auswahl von Beurteilungszeiträumen und defi­ niert die zu erfassenden Phänomene bzw. grenzt diese von ähnli­ chen Symptomen ab. Das SCAN ist als Instrument für psychopathologisch erfahrene Kliniker gedacht - somit nicht für Laieninterviewer geeignet. Seine Anwendung sollte erst nach einer angemessenen Schulung erfol­ gen, z. B. nach dem Besuch eines einwöchigen Trainingskurses

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bei einem von der WHO designierten SCAN-Trainingszentrum in Deutschland sind dies Mannheim und Lübeck. Die Durchführung des SCAN-Interviews beträgt ca. 1 bis 1 !6 Stunden, im Einzelfall auch mehr. Bei der Durchführung des Inter­ views können die Ratings in einem Score-Sheet eingetragen wer­ den, doch es wird bereits eine computerisierte Version des Inter­ views erprobt mit direkter Eingabe der Symptombeurteilungen über die Tastatur.

Für die Auswertung sind mehrere Computeralgorithmen vorgese­ hen, die im Catego5-Programm zusammengefaßt sind: es besteht die Möglichkeit zur Berechnung von Symptomprofilen und IGCScores, eines Index of Definition (für die Fallidentifikation) und diagnostische Algorithmen für operationalisierte ICD10-, DSMIIIR- und DSM-IV-Diagnosen. Leider hat sich die Entwicklung der Computeranwendungen beträchtlich verzögert, so daß in Mann­ heim bisher nur eine vorläufige Testversion des Catego-Pro­ gramms zur Verfügung steht.

Entwicklung des SCAN Die Entwicklung des SCAN läßt sich in drei Phasen unterteilen: eine Field Trial Phase, eine SCAN 1.0 Phase und eine SCAN 2.0 Phase. Die Field Trial Phase umspannt die 80er Jahre, aufbauend auf den früheren PSE-Versionen (dem PSE9, aber verstärkt noch auf dem PSE7 und 8, welche vom Item-Umfang her eher dem PSE10 ent­ sprechen als das nur 140 Symptome enthaltende PSE9) und be­ ginnt mit der Itemsammlung, der Entwicklung der Field Trial Ver­ sion des SCAN und dessen Erprobung in einer internationalen Feldstudie, an welcher weltweit über 20 Zentren beteiligt waren (Wing et al. 1990). Ziel dieser Studie war die Prüfung der Akzep­ tanz und Durchführbarkeit des SCAN sowie die Bestimmung sei­ ner Inter-Rater-Reliabilität. Von den Zentren wurden bereits erste Übersetzungen in die Landessprache vorgenommen. Über unsere Erfahrungen dieser Field-Trial-Phase haben wir bereits berichtet (Hillig et al. 1992).

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Die zweite Phase endet für die WHO im Jahre 1992 mit der Pu­ blikation des englischen SCAN, der sog. Version 1.0 (WHO 1992). Auf den Abschluß der Erprobungsphase im Field Trial folgte die Fertigstellung des Glossars und die Entwicklung eines Trainings­ programms. Ebenfalls in dieser Phase wurde die Beta-Version des Catego-Programms, eine Testversion, an die Zentren verteilt. In Mannheim wurden bis Ende 1993 das Instrument, das Glossar und die Trainingsunterlagen vollständig übersetzt. Ende 1992 wurde in Mannheim ein SCAN-Trainingskurs erprobt, und seit 1993 finden SCAN-Kurse statt (van Gülick-Bailer & Maurer 1994). In den beiden zurückliegenden Jahren wurden durch das Mann­ heimer SCAN-Zentrum ca. 200 Personen in die Handhabung des SCAN eingewiesen. Die zweite zentrale Aufgabe eines SCAN-Zentrums neben der Ein­ richtung eines Trainingsprogramms besteht in der Übersetzung der SCAN-Dokumente (also des Instruments, des Glossars und der Score-Sheets) und deren Publikation. Da zwischen der Fertigstel­ lung der englischen Originalversion und dem Abschluß der Über­ setzung zwangsläufig eine gewisse zeitliche Latenz besteht, konn­ ten wir erst Ende 1993 das deutschsprachige SCAN an den Verlag Hans Huber nach Bern schicken, der bereits andere von der WHO im Zusammenhang mit der ICD10 übersetzte bzw. verfaßte Arbeiten veröffentlicht. Leider hat sich die Publikation der deut­ schen SCAN 1.0 Version beträchtlich verzögert, doch ist sie An­ fang 1995 (WHO, 1995) erschienen. Der Grund der Verzögerung war die zwischenzeitlich erfolgte Weiterentwicklung des SCAN bei der WHO zur Version 2.0, die Ende 1994 von der American Psychiatrie Press publiziert wurde. Diese Überarbeitung wurde deshalb notwendig, weil zwischen­ zeitlich die diagnostischen Forschungskriterien der ICD10 er­ schienen waren und auch das DSM-IV kurz vor dem Abschluß stand. SCAN sollte nun dem aktuellen Stand der Diagnosesysteme entsprechen! Da jedoch die dazu erforderliche Überarbeitung des SCAN 1.0 einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert, haben wir uns nach langer Auseinandersetzung mit der WHO dafür ent­ schieden, SCAN 1.0 herauszubringen und mit der Folgeversion

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solange zu warten, bis auch das Catego-Programm und die PCVersion verabschiedet und ans Deutsche adaptiert sind.

Reliabilitätsstudie SCAN-Zentren sollen neben den genannten Aufgaben auch me­ thodische oder inhaltliche Fragestellungen im Kontext des SCAN bearbeiten und SCAN-Anwender bei Bedarf beraten. Aus diesem Verständnis heraus werden in Mannheim zur Zeit zwei kleinere Teilstudien durchgeführt: die erste befaßt sich mit der Entwicklung einer diagnose-orientierten SCAN-Kurzversion und eines darauf basierenden Diagnosealgorithmus. Die zweite untersucht die Re­ liabilität des Teil I des SCAN aufgrund der Beurteilung video­ aufgezeichneter Interviews durch das Mannheimer SCAN-Team. Über diese zweite Teilstudie wird nun berichtet. Sie wurde als notwendig erachtet, da die Informationen zur Reliabilitätsprüfung der Field-Trial-Version nur auf Diagnosenebene bekannt sind und für die veröffentlichte SCAN 1.0-Version und insbesondere zum Teil I der deutschen Übersetzung bisher keine Reliabilitätsprüfung erfolgt ist. Eine solche Reliabilitätsprüfung sollte gleichzeitig zur Standardisierung der Beurteilung innerhalb des Teams beitragen und den Bestand an Trainingsvideos für den Einsatz in den Kursen komplettieren.

Die Relia-Studie wurde mit Patienten des Zentralinstituts durchge­ führt, die wegen Alkohol- oder Drogenabhängigkeit, einer affekti­ ven Störung, einer Angst- oder Zwangsstörung stationär behandelt wurden. Die Interviewerin - es handelte sich bei der überwiegen­ den Zahl der Interviews um die Mitautorin Simone Ullrich - führte mit den Patienten das PSE1O durch und zeichnete es auf Video auf. Insgesamt wurden 30 Interviews aufgezeichnet, die jeweils von einem Corater (zu etwa gleichen Teilen von Martina van GüiickBailer und Kurt Maurer) betrachtet und beurteilt wurden. Nach der abschließenden Vervollständigung der Ratings durch sämtli­ che ICD9-, ICD10- und DSM-IIIR-Diagnosen, welche von Inter­ viewer und Corater nach Überprüfung der Kriterien verschlüsselt wurden, konnten die Symptomratings des Interviewers/Coraters

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mit Hilfe eines sog. Data Entry Programms am PC eingegeben werden. Anschließend wurden die Catego-Läufe durchgeführt. Die Auswertung erfolgte teilweise auf dem Großrechner der Uni­ versität Mannheim mittels SPSS-X, teilweise auf dem PC mit SAS. Die Prüfung der Übereinstimmung der Beurteilungen erfolgte auf drei Ebenen: auf der Symptomebene, auf der Ebene der CategoSubscores und auf der Ebene der ICD10-Diagnosen. Neben den von Interviewer und Corater direkt vergebenen Diagnosen liegen auch die des behandelnden Arztes vor, sowie die des Catego-Pro­ gramms, basierend auf den Daten des Interviewers und des Cora­ ters. Von den 30 in der Auswertung berücksichtigten Patienten erhielten ca. 2/3 eine Depressionsdiagnose. Die beiden anderen Diagnosegruppen mit nennenswerten Fallzahlen sind Alkoholiker und Patienten mit einer Zwangsstörung (Tabelle 1).

Die Übereinstimmung der Beurteilung der depressiven Symptome fiel zufriedenstellend aus, sofern man die prozentualen Überein­ stimmungsraten (Pairwise Agreement Rates, PARs) heranzieht. Diese werden als Prozentsatz übereinstimmender Urteile bezogen auf alle Urteile berechnet, d. h. durch Division der Summe der Übereinstimmungen durch die Gesamtsumme aller Beurteilungen multipliziert mit 100 (Tabelle 2). Die PARs liegen mit Ausnahme des Symptoms Energieverlust durchgängig über 80 % und stimmen für das Symptom Minder­ wertigkeitsgefühle sogar 100 %ig überein (die Hälfte der Proban­ den hatte dieses Symptom). Wegen der Überschätzung der Relia­ bilität aufgrund von Zufallsübereinstimmungen wird jedoch dem 1960 von Cohen veröffentlichten Koeffizienten Kappa gegenüber der Übereinstimmungsrate der Vorzug gegeben: Kappa entspricht dem Anteil Übereinstimmungen nach Beseitigung des Anteils zu­ fälliger Übereinstimmungen: K = (po - pc)/(1 - Pc)-

Für die meisten Symptome fallen auch die Kappas zufriedenstel­ lend aus. Lediglich für die Items „depressive Stimmung", „Ermüdbarkeit/Erschöpfung" und „pathologische Schuldgefühle" liegen sie unter .50. Hierbei ist jedoch auf eine Besonderheit der KappaStatistik zu verweisen: sie erreicht ihr Maximum nur bei gleicher Besetzung der Zellen der Übereinstimmungsdiagonalen. Je un­

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gleicher diese Verteilung - und gerade bei für die Depression charakteristischen Symptomen wie depressive Stimmung, Ener­ gieverlust und pathologische Schuldgefühle - resultieren solche extrem schiefen Verteilungen zwangsläufig, mit der Konsequenz niedriger Kappas trotz guter Übereinstimmungsraten (Tabelle 3). Ein ähnliches Bild resultiert bei den somatischen Symptomen der Depression: die PARs liegen zwischen 80 und 96 %. Die Kappas fallen für die meisten Symptome ebenfalls zufriedenstellend aus, doch für motorische Verlangsamung und Ruhelosigkeit fallen die­ se Kennwerte auf Null und bringen damit gerade eine Zufallsüber­ einstimmung zum Ausdruck. Diese Symptome werden für die meisten Probanden übereinstimmend ausgeschlossen, doch soweit sie positiv beurteilt werden, erfolgt diese Beurteilung leider nur durch einen der beiden Rater, obwohl es sich z. B. bei der Ruhe­ losigkeit nur um insgesamt 2 diskrepante Beurteilungen handelt (Tabelle 4). Auf der nächsten Aggregationsebene der Catego-Scores wurden Subscores basierend auf neurotischen Symptomen, für Substanz­ mißbrauch, positive Funktionsfähigkeit, sowie ein Gesamtscore berechnet. Diese Scores unterscheiden sich im Mittel nur uner­ heblich voneinander, wenn sie mit den Interviewer- und den Corater-Daten berechnet werden. Die Korrelationen dieser Scores fallen mit Ausnahme der positiven Funktionsfähigkeit durchweg zufriedenstellend aus, mit Korrelationskoeffizienten zwischen .85 und .99. Auf diagnostischer Ebene sind mehrere Vergleiche möglich, näm­ lich zwischen der Diagnose des behandelnden Arztes, des Inter­ viewers, des Coraters und den Diagnosen des Catego-Programms, basierend auf den Daten des Interviewers und denen des Coraters. Der Diagnosenvergleich bleibt auf die 26 Patienten begrenzt, die wenigstens eines der depressiven Symptome aufweisen konnten. Hinsichtlich der Depressionsdiagnose stimmen der Arzt und der Interviewer nur in 2/3 der Fälle überein, hingegen beträgt die Übereinstimmungsrate von Interviewer und Corater 96 % für die direkt vergebene Diagnose und 92 % für die Catego-Diagnose. Auch hinsichtlich der Übereinstimmung des Verlaufs, d. h. ob es

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sich um eine singuläre Episode oder um einen rezidivierenden Verlauf handelt, sind die auf dem PSE1O basierenden Rater- bzw. Catego-Übereinstimmungen besser als die von Interviewer und behandelndem Arzt. Bei der Zusatzkategorie mit bzw. ohne soma­ tische Symptome wird das Fehlen somatischer Symptome bei ca. % der Urteile unabhängig von der Datenquelle beurteilt, und die Übereinstimmung hinsichtlich des Vorhandenseins somatischer Symptome fällt zwischen Arzt und Interviewer am höchsten aus (Abbildung 1).

Abschließend soll die Anzahl unterschiedlicher Diagnosen vergli­ chen werden: von den Ärzten werden die wenigsten Diagnosen vergeben (im Durchschnitt 1,3 bei einem Maximum von 3), von Interviewer oder Corater durchschnittlich 1,7 (mit Maximum 4), und schließlich vom Catego-Programm durchschnittlich 3,6 (mit Maximum 8!). Dies deutet darauf hin, daß die uns vorliegende Testversion beträchtlich überdiagnostiziert, wahrscheinlich weil Ausschlußkriterien noch nicht vollständig implementiert waren. Der Sachverhalt einer höheren Anzahl Diagnosen durch den In­ terviewer und/oder Corater im Vergleich zum behandelnden Arzt mag dadurch bedingt sein, daß in der Klinik mehr Wert auf eine klare und für die Behandlung relevante Diagnose gelegt wird als auf die Überprüfung aller möglichen Diagnosen im Sinne der Komorbidität. Es könnte natürlich auch sein, daß durch das Inter­ view die vorhandene Symptomatik systematischer und vollständi­ ger erfaßt wird als bei der klinischen Anamnese, und daß die In­ terviewer aufgrund der Instruktion, sämtliche zutreffenden Dia­ gnosen zu kodieren, auch bewußt das gesamte diagnostische Spektrum überprüft haben.

42

43

F40/F41

3 1

4

F43/F51/F55

8

2

9

2

2

8

6

4

3

F45 Sonstige:

Somatoforme Störungen:

F42

Zwangsstörung:

21

20

3

1

6

Co-Raters

11

2

Affektive Störungen Depression: F32/F33 Neurotische Störungen Angststörungen:

F1x2

6

5

— —

F1x1

-

Interviewers

Diagnosen des:

2

3

8

5

22

3

1

7

CATEGO Interviewers

2 -1 5 5

behandelnden Arztes

F102

F101

Störungen durch Alkohol & psychotrope Substanzen

Diagnosegruppen

Tabelle 1: Verteilung der Diagnosen in der untersuchten Stichprobe (Stichprobenumfang: N = 30; Mehrfachdiagnosen sind zulässig)

5

3

8

4

20

4

2

5

Co-Raters

CATEGO

Tabelle 2: Interrater-Reliabilität depressiver Symptome + DEPRESSIVE SYMPTOME

-

PAR (%)

Kappa

83.3

0.45

88.5

0.76

73.1

0.21

92.0

0.83

88.0

0.75

100.0

1.00

81.8

0.40

92.6

0.85

88.9

0.72

84.0

0.68

95.7

0.91

92.0

0.83

84.0

0.60

96.3

0.91

93.1

0.63

+ Depressive Stimmung

Interessen Verlust Energieverlust

Ermüdbarkeit und Erschöpfung Selbstunsicherheit im Umgang mit anderen

Minderwertigkeitsgefühle

Pathologische Schuldgefühle Lebensüberdruß

Suizidalität oder Selbstverletzung

Nachlassen der Konzentrationsfähigkeit Schlafstörungen im Zusammenhang mit depressiver Stimmung Einschlafschwierigkeiten Nächtliches Aufwachen Gewichtsabnahme

Gewichtszunahme

44

3 2 9 2 2 5 8 2 13

1 22 1 14 2 17 0 15 1

2 12 0 16 1 13 1 18 2 9 1 10 0

9 0 12 3 2 1 12 1 6 3 12 1 12

14 1 16 2 18 0 25 0

1 9 2 5 1 8 2 2

Tabelle 3: Interrater-Reliabilität somatischer Symptome der Depression

+ SOMATISCHES SYNDROM

-

PAR (%)

Kappa

80.0

0.58

88.5

0.76

86.7

-0.05

93.3

-0.03

87.5

0.6

81.5

0.54

92.3

0.75

92.6

0.71

96.2

0.92

95.0

0.9

+

Fähigkeit, Freude zu empfinden Interessen verlust

Motorische Verlangsamung Ruhelosigkeit

Unveränderbare Depression Verlust der Empfindungsfähigkeit

Frühmorgendliches Erwachen Gewichtsabnahme

Libidoverlust

Libidoverlust im Zusammenhang mit Depression

8 1 9 2 26 1 28 1 18 0 17 3 20 0 22 0 15 0 10 0

5 16 1 14 3 0 1 0 3 3 2 5 2 4 2 3 1 10 1 9

45

'

46

.99 .58

11.4 10.9

2.8

23.87

22.00

6.17 12.73

67.27

12.2

11.7

3.7

26.0

22.67 6.50 12.00

65.73

Depressive Symptome

Substanzmißbrauch

Positive Funktionsfähigkeit

Gesamtscore

.89

.85

.87

11.4

24.23

11.7

22.46

Neurotische Symptome

r

StandardMittelwert Standardabweichung abweichung

Co-Rater

Mittelwert

Interviewer

Tabelle 4: Pearson Korrelationen der CATEGO-Subscores

.0001

.001

.0001

.0001

.0001

p