Urgeschichte der Wenden. Eine historisch-ethnologische Untersuchung über die vor den Deutschen in Mitteleuropa eingewanderten Völker

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Urgeschichte der Wenden. Eine historisch-ethnologische Untersuchung über die vor den Deutschen in Mitteleuropa eingewanderten Völker

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Urgefchichte

der Wenden.

Eine

historisch- ethnologische Untersuchung

über die

vor den Deutschen

in Mittel-Europa eingewanderten Völker 114616

JO

SE P . L AE .A DN EDE R D E N T S

von

J

Wilhelm Obermüller, Mitglied der geogr. und anthropol. Gesellschaften in Wiep sowie der ethnolog. Gesellschaft in Paris.

Berlin, 1874. Denice's

Verlag

Link & Reinke.

А 3130

ER S NDDE NE A E E . / B LU .

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E OS

J

J

I. Apis-Kultus in Aegypten. Im November-Hefte der Mittheilungen der Wiener anthropologischen Gesellschaft vom Jahre 1872 hat Dr. Heinrich Wankel die Ansicht ausgesprochen , daß eine in der Byciskala-Höhle , nördlich von Brünn im Adams-Thale , aufgefundene Broncefigur, die einen Stier darstellt, mit dem ägyptischen Apiskultus in Verbindung gebracht werden könne. Gegen diese Auffaſſung ist im December-Hefte derselben Zeitschrift Dr. Jos. Karabacek aufgetreten, worauf sodann Dr. Wankel im MärzHefte 1873 seine Ansicht zurücknahm, ohne jedoch, wie mir scheint, von deren Unrichtigkeit überzeugt worden zu sein. Da ich mich schon seit längerer Zeit vielfach mit ågyptischen, wie slavischen Alterthümern befaßt habe, und auf ähnliche Ergebnisse gekommen bin, wie Dr. Wankel, so möchte ich mir erlauben, den Gegenſtand nochmals zur Sprache zu bringen und ein Votum für die von Dr. Wankel ursprünglich aufgestellte Ansicht abzugeben. Dr. Karabacek hat offenbar bei seiner Entgegnung sich die Sache zu leicht gemacht und das fragliche Stierbild ohne genügenden Grund den „ prähistorischen Vorfahren der Slaven auf mährischem Boden “ zugeschrieben, wofür er als Beleg die Auffindung eines ähnlichen, wohl etruskischen oder teukrischen Bildes an dem Griff eines Broncebeckens aus der Gegend von Hallstadt in Ober-Oesterreich anführt.

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Nach Dr. Karabacek wären die Anfertiger dieses Broncebeckens, wie die des Byciskalaer Stieres älter, als die „ Slaven “ in Mähren. Es ist dies eine Ansicht, welche, wenn sie historisch durchgeführt werden wollte , sofort auf die unlösbarſten Räthſel stoßen müßte , denn geschichtlich nachweisbar hat vor den Slaven, bezw. Czechen, wohl kein Volk in Mähren gehauſt, welches die Bronce in dieſer Weiſe zu verarbeiten im Stande geweſen. Die älteste Bevölkerung Europas war nach den Mongoliten, über deren Vorhandensein aber nur zweifelhafte Spuren vorliegen, die atlantidis che, oder die dunkelhäutige ZigeunerRace, neben den Gegen oder Giganten in Albanien und Calabrien. Die Zigeuner-Race kommt bei den alten Autoren unter verschiedenen Namen vor , als Sigynnen , Sicaner , Sikuler bei Griechen und Römern, als Cegails bei den Kelten, als Siluren in Wales , als Thursen und Turcilingen in Scandinavien und als Agathyrsen in Siebenbürgen, aber von keinem dieser Völker wird berichtet , daß es sich besonders mit Viehzucht beschäftigt habe; sie waren Fischer und Jäger , wie ihre Stammesbrüder, die Rothhäute Amerika's , und nirgend wird von ihnen erzählt, daß sie den Stier besonders verehrt hätten ; ihr wie der Gegen nationales Thier war die Ziege , wie heute noch bei den Liguren in den Apeninen und den Albanesen in Epyrus . Im alten Aegypten war die Ziege, oder vielmehr der Bock, wohl auch ein Gegenstand des Kultus , in dem mendeſiſchen Gau nämlich , in andern Gauen wurde dagegen der Stier angebetet, in andern wieder andere Thiere. Jede Landschaft hatte nämlich ihr eigenes heiliges Thier , oder ihren Sondergott , entsprechend der besonderen Abstammung einer jeden Gau-Bevölkerung ; denn schon zu Osiris Zeiten, alſo vor Beginn der regelmäßigen Königsreihe, die mit Menes, vierthalbtausend Jahre vor Chr., anfängt, waren die Ufer des Nil von verschiedenen Völkern bewohnt, die Osiris , Isis und Horus unter ein Scepter vereinten , woraus sich dann die allen Aegyptern schließlich gemeinsamen Götterkreise bildeten, indem sämmtliche Lokalgötter in einen oder zwei Vereine verbunden wurden. Osiris war ein Are und gehörte

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der hellhäutigen Race an, und zwar nach den arabischen Sagen dem Stamme der Aditen (aithead ist felt. Riese) ; er kam aus Arabien über Meroë nach Theben, das ursprünglich ein ZigeunerTempel war , wie alle die vielen anderen Theben.

Von dem

rothhäutigen Typhon erschlagen, rächten ihn Isis, seine Schwester und Frau und Horus oder Orus, sein Sohn , indem sie den Typhon besiegten; mit andern Worten die hellhäutige , arische Race erlangte über die Rothhäute die Oberhand . Lettere wurden indeß nicht völlig vertilgt , sondern nur zu Slaven oder Sclaven gemacht , und ab und zu bei hohen Feſtlichkeiten geopfert, wie in Diodor, Buch I. Cap. 88. zu lesen. Da Typhon eine rothe Haut hatte , so durften auch rothe Stiere geopfert werden , nicht aber schwarze, weil der Apis schwarz war (nicht weiß, wie Dr. Wankel nach Baumgartens Welthistorie annimmt. Nach Strabo, Buch XVII. wenigstens war der Apis blos weiß an der Stirn und an einigen andern kleinen Stellen des Körpers, im Uebrigen schwarz). Da Apis und Osiris (bei den Griechen Dionysus) als gleichbedeutend angesehen wurden, so ergiebt ſich daraus, daß der Apiskult, oder die Einführung des Rindviehes in Aegypten den Ariern zugeschrieben werden muß, gerade wie der Ackerbau der Ifits, und daß vor dem Erscheinen des Osiris in Aegypten blos Ziegen gehalten worden waren. Daher wurde Pan , der Ziegengott, als Vorfahre und weit älter denn Osiris bezeichnet. Dieser phallische Gott war der Führer der Satyrn , oder jenes bockbeinigen, beschwänzten Geschlechtes , das wohl zunächſt aus der Daſe Ammon nach Theben kam ; von dieſer geſchwänzten Menschenrace wußten auch die Griechen zu Homers Zeiten noch allerhand zu erzählen, und soll sie sogar heute noch unter den Gegen in Albanien vorkommen, wie aus dem Buche des österr. Generalkonsuls Dr. v. Hahn zu ersehen.

Die Nachkommen der alten

Giganten , die Gegen, finden sich nämlich noch im nördlichen Albanien , wenigstens find die Namen Gegen und Giganten identisch; sie bedeuten rohe, gefräßige Gesellen, nach dem Kelti schen ; in ältester Zeit hausten sie namentlich in der Bergland-

6 schaft von Pallene, nördlich von Athen , wo sie mit Zeus aus Kreta im Kampfe lagen. Osiris , der Gott von Nysa , weshalb ihn die Griechen. Dionysos nannten , ist derselbe, der sonst auch Bakchus oder (nach Mone) „ Becher-Mann" heißt ; richtiger aber wohl Bog oder Gott bedeutet, bei den Juden Noë , Schiff-Mann , von naoi, navis Schiff. Dieser Noë war, wie Dionys, der Verbreiter des Weinbaues, und landete nach den perſiſchen Keil-Inschriften von Ninive , wie ſie in der lehten Zeit George Smith`entziffert hat, mit seiner Arche am Berge Nizir, der wohl mit Nysa in Aethiopien als identisch betrachtet werden kann . Bei den Assyrern hieß Noë indeß Sithit, was nach dem Keltischen Versöhnung bedeutet, also die Wiederversöhnung zwischen Gott und den Menschen nach der Sündfluth, gerade so wie es in der Genesis dar= gestellt wird . Diese Abschweifung auf Aegypten und Aethiopien , welche, um erschöpfend zu sein, leicht noch viel weiter hätte ausgedehnt werden können, war nöthig, um zu zeigen, was der Apiskultus war und wie sich derselbe mit deu Stierbildern in Böhmen und, sei es gleich hier bemerkt , mit denen Wendlands an der Ostsee in Zusammenhang bringen läßt.

II.

Aren in Aegypten. Nun eine Excursion auf sprachliches Gebiet , weil ohne Sprachvergleichung die Urgeschichte der Völker ebenso im Dunkeln bleibt, wie die Schädelvergleichung ohne Zuziehung der alten Geschichte und der Sagen. Die oben angeführten ägyptischen Namen find sämmtlich ariſch oder, was dasselbe besagt, altkeltisch, bezw. chaldäiſch, denn die Aditen kamen aus Babel, dem Stammlande der Chaldäer oder Kelten.

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Das Wort Apis findet sich heute noch im Frischen in der Form abhus und bedeutet hier einen wilden Stier. Abiskrüge, Obiskrüge, oder mit vorgeseztem Nasal, der aber nicht zur Wurzel gehört, Nobiskrüge, giebt es noch in Holstein, im alten Wendlande, desgleichen bei Hildesheim im CheruskerGebiet, und bezeichnet dort das Volk damit einen Viehſtall mit Wirthschaft. Von dem Obiskruge bei Rendsburg werden allerhand schauerliche Mähren erzählt, als hause dort der Teufel in Gestalt eines schwarzen Stiers. Hier hätten wir also den ägyp= tischen Apis mit Namen und Gestalt noch leibhaftig vor uns . Osiris hieß bei den Aegyptern auch Sar- apis , Herr-Apis , Sar, vom indischen sura, oder sri, sru, Held, felt. sair, engl. sir, Herr. Die Form Os - iris enthält in Os den Ochsen und in air den Mann, König, den for oder Pharao, zu deutſch den Farren oder Fürsten, felt. tuath, duais, dews, Deus od . Zeus, ägyptisch toth ; denn der griechische Zeus war über Kreta aus Aegypten nach Griechenland importirt worden, wie die Isis als Jo, Demeter , Hera und Proserpina ; ebenso wurde sie mit der Diana, der Venus , der Minerva und sogar der phrygisch atlantischen Kybele identificirt. Wie Osiris der Urgott aller Aren war, der die Viehzucht und als Dionys den Wein unter die Rothhäute brachte, so war die Isis die Urgöttin, welche den Ackerbau lehrte, denn Isis , des Osiris Frau und Schwester , bedeutet Fruchtfrau , von ith, ioth, Korn ; daher die Jötunen in der Edda, die alten wendischen Ackerleute Scandinaviens , bei welchen die „göttlichen“ Aſen einfielen, um sich bei ihnen satt zu eſſen und voll zu trinken. Diese Asen , nordisch Aesir , nach dem Tuskischen soviel als Götter oder „ Osirier ", waren nämlich ein mäotisches oder kaukasisches Räubervolk, das mit Hilfe der Alfen oder Sachsen und einer Anzahl übergetretener Wanen oder Wenden einige Menschenalter vor Chriſtus die Nordlande theils durch Trug, theils durch Gewalt eroberte. Außer den Jötunen oder ioth-Bauern unterjochten sie auch die noch ältern Thursen oder Zigeuner, denn tuirse bedeutet braunroth, und nicht durstig, wie Jacob Grimm meinte ; denn gerade diese Thursen waren, wie

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alle Atlantiden, im Eſſen und Trinken weit mäßiger , als die asiatischen Steppenvölker , erlaubten sich dagegen etwas mehr Freiheit in puncto der Liebe. Der Jsis, oder bei den Griechen zunächst der Jo , war die Kuh heilig , weshalb beide, Jo wie Isis , mit Hörnern abgebildet wurden, gleich Osiris oder Dionysus ; die griechischen Götter kamen nämlich, wie gesagt, meist über Kreta durch die Teukrer, und Pelasger , d. h. durch ägyptisch- feniziſch - canaanitiſche und aditiſch-titaniſch-libysche Seeräuber, nach dem südlichen Griechenland und wurden dort nationaliſfirt ; einige, wie Herkules dagegen direct aus Fenien oder Phönizien , denn iarkal , archal, nargal war der Titel jedes sidonischen Königs, wie Pharao der der ägyptischen. Herkul bedeutet stark, Jörgel steht daher gleich St. Georg dem Drachentödter. Die Venus-Aphrodite oder Anais kam endlich von Babylon über Philistäa nach Kypros . Horus oder Orus, der Sohn der Isis, bedeutet das, was er war, einen Jungen, denn or oder ur ist keltisch jung , frisch , neu , lebhaft. Typhon kommt von dubh , schwarz und on , Mann , iſt alſo dasselbe, was dubh-il, schwarz-groß oder Teufel ; Pan dagegen, der älteste Gott der Ur-Aegypter rother oder dunkler Race, kommt in der Bedeutung als Herr- Gott im Keltischen und Sanscrit nicht vor, wird also wohl ein Zigeuner - Wort und von diesen auf alle mit ihnen unterdrückten Völker übergegangen sein ; daher es heute noch in ganz Ost-Europa, also auch bei den Wenden, als Anrede an den Herrn gebraucht wird . Der Bruder des Apis, welcher nicht in Memphis, ſondern in Heliopolis verehrt wurde , hieß Mnevis , oder Menevis ; es war dies zugleich der Name eines durch Weisheit berühmten Königs , denn mean ist klug (Meinung), aibh Geschlecht und is Mann (vergl. Diodor, I. 94.); Kronos , der angebliche Vater des Osiris, kommt von cron, Ring, Festung, denn er baute deren, um seine Herrschaft zu befestigen, in den westlichen oder atlantiſchen Ländern, so namentlich auf Sicilien und Kreta; während der Kinderfresser Saturn , der Vater des Pan, gleich Satan steht ; sadh ist böse, torn Herr ; sein Name deutet auf jene Periode, wo die

― Rothhäute gleich den Karaiben noch Menschenfresser waren, ein Greuel, der von Osiris unterdrückt wurde, wofür aber dann die Menschenopfer im Großen eingeführt wurden ,

wenigstens

bei

allen Magiern oder Baalsdienern, wozu auch Osiris gehörte, ſintemalen er oder seine Vorfahren aus Babel über Arabien nach Aegypten gekommen waren, und dahin den wendischen Ackerbau brachten, denn maidh oder magh (Magier) ist Feld. Von Kronos , der erst am Atlas hauste, stammt das Geschlecht der Titanen oder wilden Männer (teidh , teidhidh ist wild , heiß , higig) ; denn sie eroberten von dort aus das füdwestliche Europa , namentlich Kreta , den Ursiß der griechischen Misch- Race, von wo sie ihre Einfälle gegen die Giganten in Griechenland und Calabrien machten , und sie unter Zeus Führung allmälig zurückdrängten. Dies ist der Sinn des Kampfes der Götter vom Jda oder Olymp gegen die Giganten, mit welch' leztern die Titanen niemals im Bunde ſtanden, im Gegentheil, die sog. Götter waren selbst titanischen Ursprungs, lagen indeß wegen Thronstreitigkeiten unter sich oft in Hader. Kronos gehörte zum Riesengeschlecht der Aditen, das unter Tearko von Arabien aus Afrika erobert hatte. In dieser Weise könnte ich sämmtliche ägyptisch - libyschen Personen- und Ortsnamen durchgehen, um zu zeigen, daß fie faſt alle ariſch sind , doch wird das Gegebene genügen , und wende ich mich nun nach Böhmen. Das Erste, was uns hier entgegentritt, ist der Name der Byciskala-Höhle. Nun , Dr. Wankel hat ihn schon richtig erklärt, denn byk im Slaviſchen und buaigh im Keltischen ist Stier, übereinstimmend mit bog im Polnischen, boh im Czechiſchen , Bagaios im Phrygischen und Bacchus im Lateiniſchen, lauter Bock-Formen, die, der atlantischen Urmythologie entsprechend, ſoviel als Gott bedeuten *) ; sgal iſt Fels . Auch im Deutſchen, d. h. der im heutigen Deutſchland von den Nachkommen der alten Atlantiden, Kelten und Slaven einerseits und

*) Die Pagani, slav. Pohan , oder Heiden waren eben die Verehrer dieses Bog oder Bacchus.

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denen der Sachsen und Sueven andererseits in Uebung gekommenen Mengsprache, findet sich die Form gal als Fels in den vielen Kallenbergen , Kallenfelsen , Wind - Gellen , Kahlenbergen (die in der That als Felsenberge auch oft kahl ſind) und in den Kaltenbergen, sodann mit vorgeziſchtem 3 in den Schellenbergen und Schalfelsen.

III. Verbreitung der Slaven in Europa. Hier anknüpfend ſei maniſten

leider zum Verdruſſe vieler Ger-

die Thatsache hervorgehoben, daß diejenige Völker-

Sippe , welche man jetzt die slavische nennt , lange vor Ankunft der deutschen Sachsen und Sueven sich nicht blos in ihren heutigen Sitzen befand , sondern sich auch längs der Ostsee und Nordsee über den Harz bis nach Belgien gezogen hatte , wo sie am Rheine neben Franken und Friesen als Warnen oder Weriner von Procop (gothischer Krieg , IV. 20.) und in den Ardennen als Kymbern oder Nervier von Appian , dann als Neurer von Herodot ( IV. Buch) in Podolien genannt wird . Die Vangionen am Oberrhein auf dem Wormsfelde waren sicher ebenfalls Wenden, oder nach dermaligem Sprachgebrauche Slaven , denn uain ist Wiese, und uaindae find die Wenden, Viehzüchter , gerade wie uang oder fang Viehpferch bedeutet ; daher die vielen Orte, die auf Wangen endigen. Der Name der Weriner oder Warnen bedeutet wieder dasselbe, denn fearan oder fuirion ist Feld , Wiese. Die Vangionen ſaßen in Gormatia oder auf dem Borbetomaghus , d . h . dem grünen Feld ; gorm ist grün , magh Feld , auch Hof , und iathia Landschaft, woraus dann später Worms wurde ; die Warnen dagegen hausten ursprünglich von Thüringen bis zum Niederrhein, wurden aber hier schließlich von Sueven und Sachsen überfluthet, gerade wie die Vangionen zuerst von den belgischen , zunächst aus Irland

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und England gekommenen Nemedern , deren Hauptfiß Speier wurde, sodann von den suevisch-chattischen Alemannen. Die ursprünglichen Chatten waren indeß nicht minder nemediſchen Stammes ; sie kamen nach den irischen Sagen aus Unterägypten über Spanien nach der Bataver-Insel und eroberten von da aus sämmtliche Rheinlande, in Folge dessen die früher wendische oder vangionische Bevölkerung theils vertrieben, theils ſlaviſirt, d . h. zu Knechten gemacht wurde. Die in Heſſen angeſeſſenen wurden von dieſen Chatten nach Thüringen zurückgeschoben, wo ſie ſpäter als Weriner genannt werden, und mit den deutschen Angeln (oder Fremdlingen , denn dies bedeutet das Wort angul) verbunden, zum Volke der Thüringer erwuchsen , wie aus der Lex Angliorum et Werinorum id est Thuringorum ersichtlich; die oberrheiner Warnen zogen in die Schweiz und von da als Umbern nach Italien ; die Sabiner oder Sabeller, ein AckerbauVolk , waren ein Zweig dieser Umbern ; sabhal bedeutet Tenne, amber, umber, omber wilder Krieger. Ihre Isis oder FruchtGöttin war die Feronia , gleichen Namens wie der der Werinen, während in Holstein in ter Form Sabalinger die Sabeller wiederkehren. Die noch ältern Wenden dagegen erhielten sich im nördlichsten Jütland im Wendsyssel bis heute. Warum die irischen Sagen benebst der alten Sprache Erins und Schottlands für die Urgeschichte West- Europa's maßgebend sind, kommt daher, daß diese Insel die einzige ist , auf welcher fremde Eroberer niemals solchen Fuß fassen konnten , daß sie im Stande gewesen , die alten Erinnerungen gänzlich auszulöschen , wie dies leider in faſt ganz Mittel-Europa durch die wiederholten Einbrüche der ſkytiſch kaukaſiſchen und ſächſiſch-gothiſchen Steppen- Völker geschehen ist. In den sogen. Slavenländern Ost - Europa's hat sich indeß die alte Sprache sammt vielen Erinnerungen ebenfalls erhalten, nur laborirt die Slavologie zur Zeit meist noch an dem Bestreben, die ganze Slavenwelt lediglich von Kiew herleiten und damit alle noch tiefer gehenden Forschungen abschneiden zu wollen. Diese Absicht scheint denn auch den Einwürfen des Dr. Ka-

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rabacet gegen Dr. Wankels Annahme eines Apiskultus in Böh= men zu Grunde zu liegen, denn anders wüßte ich mir den Sah von den „ prähistorischen Vorfahren der Slaven auf mährischem Boden" nicht zu erklären ; Karabacek faßt wohl die von den Avaren ein halbes Jahrtausend nach Chr. veranlaßten SlavenEinbrüche, die von den Karpathen aus in die Süd - Donaulande ſtattfanden , als den Anfang der slavischen Geschichte auf und übersieht, daß die Frage, wie und woher denn vorher schon diese Slaven in die Karpathen gekommen , dabei gänzlich ungelöst bleibt. Oder sollte Dr. Karabacek gar der „ germanistischen “ Ansicht huldigen, daß vor den Slaven ganz OftEuropa in deutschen Händen gewesen , und erstere in Böhmen und Mähren nur Eindringlinge auf urgermanischer Erde wären ? Diese Ansicht gilt zwar auf allen norddeutschen Schulen und Univerſitäten jezt als Glaubensartikel, erſonnen, um der Eroberung und Germaniſirung Wendlands und Polens eine Art von rechtlich begründeter Unterlage zu geben ; sie ist aber hiſtoriſch unerweislich und stellt die ganze Völker- Geschichte Ost-Europa's auf den Kopf.

IV.

Urheimath der Slaven. Die Slaven sind vor den Deutschen in Europa eingewandert, aber nach den Gegen und Atlantiden oder Zigeunern, von denen die letzten ziemlich rein erhaltenen Reſte in den weſtlichen Pyrenäen als Basken dermalen wieder von sich reden machen , während die Gegen in den Albanesen fortleben , und wohl auch in den Calabresen. Die Slaven kamen , wie ihre Sprache darthut, ursprünglich aus Arien oder Medien, gerade wie die Chaldäer oder Kelten ; der Unterschied zwischen beiden

13 besteht nur darin , daß die Slaven aus der Kaste der Landbe= bauer und Viehzüchter hervorgingen , daher ihr eigentlicher und allein richtiger Name Anten , Wanen oder Wenden (von uain, Gras, grün), während die Chaldäer der Kriegerkaſte entſprangen, denn gal , oder auch goil ist stark, kriegerisch , galliſch , gaulois, dasselbe Wort , das in der unorganischen Natur Fels bedeutet, wie wir an der Byciskala-Höhle sahen. Die alten Kaukasus - Skythen und die von denselben abgezweigten Amazonen - Sarmaten können den Slaven oder Wenden nicht beigezählt werden , obwohl sie ursprünglich chaldäiſchen , also ebenfalls ariſchen Stammes waren , denn sie gehörten nicht der Ackerbau - Kaste an ; darum darf auch der polnische Adel, der die Sarmaten zu Ahnen hat, streng genommen, nicht den Slaven zugerechnet werden , ebensowenig als die Jazygen und Magyaren in Ungarn. Die Czechen müßten aus einem ähnlichen Grunde ebenfalls von den Slaven ausgeschlossen werden, denn sie stammen zunächst ganz wo anders her, als die Wenden und Skythen, aus Teukrien oder Troas nämlich, wo sie Burgen bauten und Handwerk trieben ; denn anders läßt sich ihre Urgeschichte sammt ihren heutigen nationalen Eigenthümlichkeiten nicht erklären.

Das , was dem

jezigen Czechenvolke den Charakter, giebt, ist nicht der wendische Ackerbau, sondern die teukrisch - lydische Industrie , und da diese nordalpinen Trojaner in ihren seit Anbeginn der Geschichte nach teukrischer Art befestigten Städten ihre Existenz gegen alle Eindringlinge leidlich zu wahren wußten , so wurden sie auch niemals Slaven oder Sclaven , wie dies in bedauerlicher Weise fast allen wendischen oder Ackerbau-Völkern widerfuhr. Nun höre ich freilich wieder den Zuruf : Slowo , Slowo , die Redenden, die sich verſtändigen konnten, während die Niemce oder Deutschen die „ Stummen “ sein sollen ! Darauf erinnere ich zunächst bezüglich der " Stummen ", daß Jac. Grimm die Germanen, alſo in seinem Sinne die Deutschen, als „ Schreier“ denuncirte, und meinerseits weiß ich, daß ghear keltisch die Grenze bedeutet , und daß von den Galliern und nach ihnen von den

14 Römern alle Völker jenseits ihrer Grenzen, also die in Belgien sowohl, als die auf dem rechten Rhein-Ufer hauſenden, Germanen genannt wurden, gleichviel ob sie Belgen, Weriner, Kymbern oder Sachsen (Sigkambern) und Sueven oder Alemannen waren. So sind unter Cäsars Germanen im ersten Buche seines gallischen Krieges, da wo er von den Kämpfen der Belgen und Helvetier mit den Germanen des rechten Rhein-Ufers spricht, unter den letzteren die Kymbern zu verstehen, dieselben, welche unter Ariovist als germanische Markomannen auftreten, allerdings im Bunde mit Sueven, sowie mit Wangionen, Nemedern, Harudern und andern belgischen oder aber wendischen Völkern. Im zweiten Buche nennt er die Belgen den dritten Theil der Gallier, läßt sie aber (Cap . 4.) meist von den Germanen abstammen, durch welche die Gallier verdrängt worden seien ; dieſe Belgen hätten sich auch tapfer gegen die Cimbern und Teutonen gehalten, welche doch ebenfalls Germanen waren. Die Nervier , die tapfersten der Belgen , waren aber wieder ethnisch wesentlich von diesen verschieden , ebenso die Condruser , Eburonen , Famenner und andere Ardennen-Völker, die wiederum gemeinfam Germanen genannt wurden. Die Aduatiker bei Tongern waren ihm wieder Cimbern, die Usipier und Tenkterer wieder Germanen , und ebenso die Sueven , obwohl erstere von den leztern gleich den ebenfalls germanischen Ubiern von Haus und Hof vertrieben wurden. Die Hauptbeschreibung, welche Cäsar im 6. Buch, 21. Cap. von seinen Germanen giebt, paßt indeß nur auf die Sueven, denn vorher im 4. Buch, 1. Cap. giebt er dieſelbe Beſchreibung, nennt aber hier blos Sueven . Im 10. Cap. des 4. Buches spricht er im Bataverland weiter von wilden und barbarischen Völkern, die nur von Fiſchen und Vogel- Eiern lebten, also wohl Zigeuner - Völkchen waren . Im 16. Cap . des 4. Buches werden die sächsischen Sigkambern wieder als Germanen aufgeführt. In Britannien nennt er neben den blau gefärbten Ureinwohnern, den Siluren , ebenfalls Belgier, ohne sie aber als Germanen zu bezeichnen. Daß am Rheine Völker verschiedenen

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Stammes nicht blos neben, sondern übereinander, als Adeliche, Hörige und Sclaven lebten, giebt Cäsar zu wiederholten Malen an , so bei den Helvetiern , Nerviern , Trierern , Markomannen und Sueven. Dasselbe Verhältniß fand sich aber auch bei den eigentlichen Galliern , wo die dunkelhäutigen Aquitanen oder Basken sich unter der Herrschaft der hellen Galen bis zur Loire erstreckten. Von dem Volke der Franken, welches nach den Sigkambern am Niederrhein die Oberhand erlangte , und offenbar von eben diesen Sigkambern abstammte , wenigstens was die Herrschende Bevölkerungs- Schichte betrifft , spricht Cäsar noch nicht, wohl aber möchte es hier am Orte sein, auf die altfränkische Sage hinzuweisen, daß Askiburg , das heutige Xanthen, der angebliche Ursiz der Franken, von Trojanern erbaut worden sein soll, was lange nicht mehr so abentheuerlich klingt, sobald man in's Auge faßt, daß auch die Czechen aus Teufrien kamen. Der große Teukrer - Zug aus Mysien oder den trojanischen Gegenden über den Hellespont nach Thrazien und Mösien , an das adriatische Meer und an die Donau steht nach Herodot, VII. 20. geschichtlich fest , er geschah unter Führung Tithons , des Priamus älterem Bruder , vor der Zerstörung von Troja und vor der Herrschaft der Lyder in Klein-Asien und der von diesen abgezweigten Tusken in Ober- Italien. Die Teufrer kamen übrigens der Hauptmaſſe nach aus Kreta nach Mysien ; die Dardaner dagegen, welche mit ihnen zum Volke der Troer erwuchsen, aus Arkadien im Peloponnes . Der Auszug der Teufrer aus Troas geschah wegen einer zu Laomedons Zeiten ausgebrochenen Hungersnoth, in Folge deren ein Theil des Volkes unter Tithon , Laomedons ältestem Sohne, erst gen Oſten und dann über den Hellespont wanderte , während Priamos , der jüngere Sohn, im Lande zurückblieb . Dazu kam noch ein Raubzug der Griechen unter Jason , dem Argonauten, welcher angeblich mit Herkules Hülfe auf der Rückkehr von Kolchis Troja überrumpelte und den alten Laomedon erschlug, worauf Priamos die Herrschaft erhielt , denn dieser vertrug sich mit dem Argo-

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nauten und überließ ihm seine Schwester Hefione , sowie eine Anzahl Pferde, die in den Sagen oft genannten „ Pferde des Laomedon". Der Name des Tithon könnte in der Form Czesi, womit die Czechen in ältester Zeit bezeichnet wurden, wieder gefunden werden , desgleichen in Czech , dem Stammvater des Volkes, denn ceadh, ceudh, ceachd stehen sich sprachlich gleich und bedeuten den Erſten, Vornehmsten, auch Geſchickten, das heißt den " Zeug " Arbeiter ; ceuchd endlich ist Pflug ; im heutigen Slavischen bedeuten die Formen cze, czeti, czati dasselbe , ceacht ist Macht, Wissenschaft, Verſtändniß. Kamen die Teukrer in ihrer Hauptmasse aus Kreta , so entſteht die weitere Frage, weshalb und durch wen gedrängt sie die Insel verließen. Darüber giebt die kretische Geschichte Auskunft. Nach Herodot, I. 173. desgleichen nach Diodor von Sicilien, V. 79. u. Strabon, Buch. XII ., brachen unter den Söhnen der von einem kretischen Fürsten, tuais oder Zeus, an der feni-

schen Küste geraubten Europa Thronstreitigkeiten aus. Dieſe Söhne waren zunächſt Sarpedon , der älteste oder das große Kind, und Minos , der kleinere, mion ; leßterer siegte und vertrieb seinen Bruder sammt dessen Anhang, der vorzugsweise aus Lykiern oder Lelegern, d. h. dunkelhäutigen Ureinwohnern , bestand. Sarpedon landete in Klein-Asien und besetzte das Bergland Milhas (mael, Berg, Maalstätte), welches von da an Lykien genannt worden sein soll . Nun wohnten aber solche Lykier oder Leleger auch am Südfuße des troiſchen Ida , uud werden wohl diese unter Sarpedons Leuten zu verstehen sein, denn die anderu im südlichen Klein-Asien waren älterer Herkunft und hießen eigentlich Solymer (tolm, Bergkopf mit Burg) , auch Termilen (tearm, Schußwehr, il, groß). Sie fielen in diesem Sinne mit den Karern zusammen, welche ebenfalls von Minos aus Kreta vertrieben wurden , denn caer ist Ringwall , gleich tolm. Die Karer aber waren von den Feniern angesiedelte kanaanitische Soldknechte , wie ihre Sprache zeigt , auf Kreta gemischt mit Lelegern , die sie im Zaum zu halten beſtimmt waren ; die

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Solymer waren wirkliche Phönizier, dort angefiedelt, um Schiffbauholz zu fällen, weshalb sie auch Kabalier hießen, von kabal, Schiff, gleich Cabalo, Chalons an der Saone. Die Fahrt der Europa, der Tochter des fenischen Seemanns Agenor, auf einem Stier, d. h. auf einem mit einem ägyptischen Apiskopf geschmückten tretischen Schiffe , denn die Fenier hatten den Fischgott Dagon an ihren Schiffschnäbeln , leitet in solcher Weise den Ursprung der Teufrer und damit der Czechen mütterlicherseits bis nach Phönizien zurück, denn die ganze Osthälfte von Kreta war von

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Feniern colonisirt ; andererseits nach Aegypten, dem Stammlande des Apis oder Osiris und der mancherlei Zeuſſe, welche von da aus Libyen, Sicilien und Kreta erobert und das Geschlecht der ariſchen oder aditiſchen Titanen zum herrschenden gemacht hatten, und so erklärt sich denn auch ohne Zwang, weshalb dieses halb fenische, halb kretisch-ägyptische Geschlecht bis auf den heutigen Tag mehr ein Induſtrie- , als ein Ackerbau- Volk geblieben ist ; die böhmischen Landleute aber oder die Bauern sind dem Stamme nach, wie schon bemerkt, weniger Czechen als Wenden, allerdings im Laufe der zwei Jahrtausende , während welcher die Czechen in Europa weilen, czechifirt , wie die Slowaken in den benachbarten Karpathen, die einſt ebenfalls zum czechiſchen oder großmährischen Reiche gehörten. Karer (Chaldäer) , Lydier (Egypter) und Myfier (Troer) waren nach Herodot homoglossoi , gleichsprachig, alſo ursprünglich ein und desselben Stammes ; sie sprachen „kretisch“ oder teukrisch, gerade wie die nach dem Untergange Trojas öftlich geflüchteten Pamphilier , von denen bestimmt gemeldet wird , daß sie wie die Kreter sprachen ; so sagten z. B. beide habelios für helios, Sonne, phabos für phaos, Licht. Die Teukrer waren dagegen sprachlich wie ethniſch verschieden von den noch ältern lygischen oder lelegischen Urbewohnern, die auf Kreta Eteokreten , ächte Kreter, hießen, indeß hier, wie überall, mit den Einwanderern allmählig verſchmolzen, ebenso der Sprache als dem Blute nach , denn die „ schwarzbraunen Mägdelein " , wie das deutsche Volkslied ſie nennt, 2

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fanden überall Gnade in den Augen der hellhäutigen keltischen und deutschen Kriegsknechte, die, wie bekannt, allmählich VorderAsien, Nord-Afrika und Europa unterjochten. Doch genug für jezt von den Czechen, in einer zweiten Schrift gedenke ich deren Zug aus Teukrien über Thrazien nach Böhmen und ihre Verwandtschaft mit den Joniern und Spartanern , desgleichen mit den Makedoniern und Aetolern oder illyrischen Toskaren, den heutigen Süd- Albaneſen , und endlich mit den Tusken in Italien darzulegen, und kehre nun wieder zu unserem „ Slowo “ zurück. Slowo bedeutet im Slawischen das Wort , den Ruf oder den Ruhm ; aus der Geschichte ergiebt sich aber , daß auf die Anten oder Wenden dieses Merkmal oder Prädikat am allerwenigſten paßt ; denn dieſe Wenden, die sich als Ackerbauern nicht leicht den Angriffen der Nomaden durch die Flucht entziehen konnten, weil sie sonst immer ihre Aecker im Stiche laſſen mußten, wurden vom Anbeginn der Geschichte an von den Skythen und Sarmaten, mit denen sie an der Mäotis zuerſt in ſchlimme Berührung kamen , stets als Sclaven oder Sklabenoi behandelt, und ein solches Verhältniß kann doch nicht wohl ruhmreich genannt werden. Dagegen, daß die Slaven endlich Diejenigen geweſen, die sich „ unter sich verstanden ", wäre es Papierverschwendung , mehr als drei Worte zu verlieren.

Hat es denn je ein

Volk gegeben , das sich nicht , sei es unter sich , sei es mit Andern, verständlich machen konnte? Zudem war ja die Ursprache all' dieser Völker ein und dieselbe , die arische.

V.

Herkunft der Kymbern. Als die chaldäischen Skythen, oder das Gaal-sgioth (Pfeilvolk nach der iriſchen Bezeichnung) unter ihrem, auch von dem ·

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jüdischen Propheten Hesekiel mit Schrecken genannten Og (jung) aus Armenien über den Kaukasus zog, fand es an der Mãotis bereits das Volk der Kymmerier oder Kymbern in großen Massen vor. Dasselbe trieb Ackerbau, namentlich auf der Krim, daher sein Name, oder es weidete seine Heerden längs der Ufer der südrussischen Flüsse , bis weit hinein nach Podolien und Volhynien. Von den Skythen durch Raubanfälle belästigt, ge= rieth es mit denselben in Kampf und unterlag ; ein Theil der Kymmerier unterwarf sich und zahlte Tribut (wie bei Strabo im VII. Buche nachzulesen) , ein anderer Theil , und wohl der bedeutendste, zog sich mehr gegen Nordwesten an die Ufer der Ostsee und von da als Kymbern bis nach Belgien und Süddeutschland, schließlich sogar bis nach Italien, wo er von Marius geschlagen wurde ; ein dritter Theil floh von der Krim aus , durch die Skythen von Norden her gedrängt, über die Meerenge von Kertsch und gelangte , am Rande des westlichen Kaukasus herziehend, nach Kleinaſien, wo er, Alles weit und breit verheerend, endlich von den Lydern unter Alyattes geschlagen und zur Ruhe gebracht wurde. Alyattes war des Krösus Vater, sonach ergiebt sich für diesen Einfall in Kleinasien die Zeit um 633 vor Chr.; indeß hatte anderthalb hundert Jahre vorher schon ein ähnlicher Zug nach Vorder-Asien stattgefunden. Diese Kymmerier wurden auch Trerer genannt , was offenbar derselbe Name ist , wie der der Drewier oder Derewljane bei Neſtor, der darunter einen Zweig der Slowenen verstand , welcher im Waldland (doire) am obern Dnieper seine Heerden weidete ; die Hauptorte der Drewier waren Owrucz oder Wruczaj, nordwestlich von Kiew und Korosten oder Jskorostjen. In denselben Gegenden war vor Nestor der Name der Anten im Gebrauch. Nicht blos die Waldvölker der Karpathen und der oberen Dnieperlande wurden indeß in alten Zeiten Trerer genannt, sondern auch die Bewohner des Hämus in Thracien , wie Strabon (Buch XIII.) angiebt , ſo daß alſo dieſer alt-ſlaviſche oder kymbrische Name sich schon im Stammlande der wendischen oder getischen Völker findet ,

woraus dann um so sicherer auf die 2*

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getische oder mysische Wanderung dieſes phrygisch-medischen AckerVolkes aus Klein-Asien nach der Donau und von da nach dem gesammten Mittel-Europa geschlossen werden kann. Diese Wanderung ging übrigens der teukrischen voran. Nach Troja's Fall kehrte indeß ein Theil dieser thrakischen Trerer wieder nach Myſien oder Troas zurück, offenbar weil die Herrschaft ihrer Unterdrücker , der kretischen Teukrer , gebrochen war. Denn lettere bildeten den Adel des Landes, das arbeitende Volk bestand dagegen im Norden und Osten dieses alt berühmten Reiches aus Phrygen oder Thrakern , im Süden des Jda aus dunkelhäutigen Lelegern (kleinen Ligyern oder Liguren), die aber während der Belagerung Troja's von Achill weit nach Süden versprengt wurden. In jedem der acht oder neun Diſtrikte, in welche das teukrische Gebiet zerfiel, herrschte einer der Söhne oder Vettern des Priamus als Statthalter über die unterworfenen Völker, ſo daß, was Sprache und Abstammung der Teufrer betrifft , von einer Einheit nicht die Rede sein kann ; denn die Phrygen waren medische Aren , die Leleger Zigeuner oder Atlantiden und die regierenden Teukrer kretisch - titanische Seeräuber , Pelasger, Mischlinge von chaldäiſch- aditischem oder ägyptischem Blute, wozu dann noch die arkadischen Dardaner famen. Die Wenden des Asovschen Meeres also wurden, namentlich durch die Sarmaten, immer mehr gegen die Karpathen gedrängt , ein Theil blieb wohl um Kiew zurück, und zwar als Slaven des wilden Amazonen - Volkes, andere Abtheilungen ge= langten aber , wie bemerkt , immer weiter westlich , und so kam auch ein Schwarm nach Böhmen und Mähren, sammt dem Vieh und den Götterbildern, wie im nächsten Capitel erörtert werden wird. Damit kommen wir nun auch auf den Apis der ByciskalaHöhle. Die Kymbern oder Drewier verehrten nämlich den Stier als ihren Gott oder bog ; den historischen Beleg dafür giebt Plutarch im Marius , Capitel 23. , wo er wörtlich sagt : „Die Barbaren (Kymbern) gewährten der römischen Besatzung eines

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Lagers am Atiso oder der Etsch durch eine Capitulation freien Abzug, und beschworen dies bei dem ehernen Stier , welcher später (von den Römern) erobert und nach der Schlacht in das Haus des Catulus gebracht worden sein soll ." Hier haben wir also bog oder Gott, denselben, zogthum Wendland , jezt führt ; im Wendland aber

den kymbriſch-wendiſchen Stier , den deſſen Kopf heute noch das alte HerMecklenburg geheißen, im Wappen saßen die Kymbern, ehe sie nach Gal-

lien und Italien abzogen.

Den Namen Apis oder Abhus

haben wir aber, wie in dem Vorgehenden gezeigt, in den Abisoder Debiskrügen bei Rendsburg und Hildesheim gefunden. Daß Cäsar und andere alte Schriftsteller die Kymbern für ་ Germanen“ erklären , ändert nichts an der Sache , denn weil jenseits der gallischen Grenzen wohnend, als Nervier oder Neurer sogar in den Ardennen, waren sie in der That Germanen, oder ein Grenzvolk; wenn unsere Germanisten sie aber darum glatt weg für Deutsche" ausgeben , so sind sie hierfür auch den lei= festen Beweis schuldig geblieben ; melden doch sogar die Römer, daß ihr oder der Ambronen Schlachtruf den Liguren im römischen Heere bekannt gewesen, was sich leicht dadurch erklärt, daß die Umbern, welche vor den Kymbern, Teutonen und Ambronen in Italien eingerückt und mit den Liguren vermengt waren, dieselbe Sprache hatten, wie ihre später erschienenen Stammgenoffen. Umber und Ambron, keltisch amb-air, ist aber identisch und bedeutet, wie schon angeführt , wilder Krieger. Die Ambronen waren eine eigene Schaar im Kymbernheere , die den Vortrab bildete, die Garde des Königs. Von diesen hieß einer Bojorich, zu deutsch Stier-König , denn rich oder righ ist rex und Boj das stets wiederkehrende byk, buaigh , bewch , bu , Kuh , Viech, Bock , bog, hier aber vom Rindvich verstanden. Ein anderer König hieß Teutobog, wo der Gott oder Bock am Ende steht, teut , tuath ist Fürst, Zeus. Der Czernobog oder schwarze Bock wurde bekanntlich) bei den Slaven namentlich an der mittleren Elbe verehrt, und dürfte das Erzbild von Byciskala wohl einen solchen schwarzen Gott oder Czernobog vorstellen.

22 Der Ausdruck bog oder boh ist ethnologisch höchst wichtig, denn er giebt die Straße an, auf welcher die Wenden nach Europa gelangten. Im Phrygischen hieß der oberste Gott Bagaios, bei den alten Franiern oder Medern Bagha , im Sanscrit ist baga so viel wie Glück , bei den Litthauern bedeutet na-bagas ohne Glück, arm, gleich dem irischen am-bag. Bogin ist dadagen indisch auch König, Herr, und endlich ist Bakchus die römisch-sabinische Bezeichnung für den Bog , den die Griechen gewöhnlich Gott von Nysa oder Dionysus , die Aegypter Osiris oder Apis nannten. Also aus Medien stammt der Bog und wurde mit dem Apis, der auch daher kam, in Thrazien wieder identificirt, denn hier war es , wo der Bakchuskult im höchſten Flore stand. Die Teutonen , welche gemeinsam mit den Kymbern in Italien einfielen, waren trotz ihres teutonischen Namens darum doch keine Deutsche, sondern Slaven, wie die Andern, denn tuath hat mehrere Bedeutungen ,

es steht bald für Fürst , bald für

Norden, bald für Volksmasse, lat. totus.

Daher heute noch in

Ungarn die Slowaken , die doch sicher slavisch sind , Magyaren ebenfalls toth genannt werden.

von den

Für die hier aufgestellte Ansicht von der wanisch-kymmerischen Abstammung der Kymbern besitzen wir noch einen vollgiltigen Beleg in dem Ausspruche Plutarchs, der in seinem Marius, Cap. 11. sich über dieselben also vernehmen läßt : „Die Kymbern waren bei ihrer Abgeschlossenheit nach außen und bei der Ausdehnung der Ländermaſſe, über sie heranzogen, (den Römern) eigentlich unbekannt. Man wußte weder ihre Abſtammung noch ihren Ausgangspunkt, von welchem aus sie nun über Gallien und Italien wie eine Wetterwolke hereinbrachen. Am wahrscheinlichsten rechnete man sie noch zu denjenigen „ germanischen" Stämmen, deren Gebiet sich an das nördliche Weltmeer erstreckte.

Man schloß dies aus der Größe ihrer Gestalten, der

hellblauen Farbe ihrer Augen (die im Wendſyſſel im nördlichen Jütland noch heute die einzige ist), wie aus dem Umſtande, daß Timbern bei den (rheinisch-belgiſchen) Germanen der Name für

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Räuber ist." Sie kamen nämlich bei ihrem Zuge von NordOsten her als Feinde an den Rhein und durchplünderten und eroberten ganz Nordfrankreich bis zur Seine , schließlich blieben ſie in geschloffenen Maſſen jedoch nur als Nervier an der Sambre und dann noch als Aduatiker bei Tongern in Brabant fißen. Gallisch bedeutet campair Kämpfer, der alte Name Kimmerier rührt jedoch von der Krim her , welches Land den Teufrern oder kleinaſiatiſchen Griechen nördlich lag ; gleam ist aber Winter, Norden, gheam- air, Kimmerier also Nordvolk, Hyperboräer. „ Einige behaupten “, fährt Plutarch fort ,

„ daß Gallien

(richtiger der galliſche oder keltische Stamm) bei der Tiefe und Größe seines Gebietes sich von dem äußern Meere (dem atlantischen Ocean) und den Regionen des hohen Nordens in östlicher Richtung gegen den mäotischen Sumpf (das Asowsche Meer) hinziehe und das pontische Skythien (die Krim) berühre .

Von

diesem Punkte, wo eine Mischung der Stämme vor sich ging, hätten sich nun diese Horden erhoben. Sie seien jedoch nicht in Einem Sturme, oder ohne Unterbrechungen, sondern im Verlauf einer langen Zeit kriegerisch über den Continent hingezogen, indem sie (weil Viehhirten) nur eben in der guten Jahreszeit alljährlich vorwärts rückten. Deswegen nannte man, so zahlreich die Benennungen der einzelnen Theile sein mochten, doch den Heereszug im Allgemeinen Kelto - Skythen. " Eine andere, ebenfalls von Plutarch mitgetheilte Anschauung giebt noch ein genaueres Bild von der Abstammung der Kymbern, er sagt nämlich : „ Die Kimmerier, welche den alten Griechen zuerst bekannt wurden , machten einen nicht beträchtlichen Theil des Ganzen aus . Es seien vielmehr nur Vertriebene oder eine gewisse Partei gewesen, die von den Skythen gedrängt , unter einem Anführer , Namens Lygdamis , von dem mäotischen See barste Theil Meere wohnte, unzugängliches

nach Asien überseßte. Der größere und streitderselben, der an der äußersten Grenze am äußern habe ein düsteres, wälderreiches, der Sonne fast Land inne gehabt , was von der Größe und

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Dichtigkeit der Waldungen herrühre, welche sich in's Innere bis zu den Herkynischen Wäldern fortsetten. " Es ist hier klar die waldige Zone vom obern Dnepr , wo die Neurer und Dre= wier im doire oder Wald saßen , bis zu den Höhen MittelDeutschlands bezeichnet , wo das Wort doire in den Duringen oder Thüringern sich bis heute erhalten hat. "1 Von hier ", schließt Plutarch, „ ſei der Angriff der fraglichen Barbaren , welche anfänglich Kimmerier , und jezt nicht mit Unrecht Kimbern genannt wurden, gegen Italien ursprünglich ausgegangen. "

VI.

Kymbern unter Ariovist. Die Züge der Kymbern , Teutonen und Ambronen nach Gallien und Italien, um das Jahr 102-101 vor Chr., waren indeß sowie nicht die ersten, so auch nicht die letzten.

Dieses

kriegerische Ackervolk versuchte es noch einmal in Gallien einzudringen , und zwar unter Ariovist. Sein Heerzug ist allgemein bekannt , nicht aber , daß er , sowie der Haupttheil seiner Völker , nicht suevischen , sondern kymbriſchen Stammes waren. Dies geht klar aus Cäsar's galliſchem Krieg, Buch I. Cap . 40., hervor, wo dieser römische Feldherr seinen Soldaten, welche vor den hochstämmigen „ Germanen" förmlich in Schrecken gerathen waren, Muth einſpricht, „da es ja derselbe Feind ſei, mit welchem sich ihre Väter gemessen , als Cajus Marius die Cimbern und Teutonen geschlagen. Man habe sich ferner mit dieſem Volke neuerdings wieder in Italien gemessen , beim Sklaven - Aufſtande , " insofern als die Schaaren des Spartakus großentheils dem Kymbern-Stamme angehörten (72-71 vor Chr.) . „Auch die Helvetier (in ihrer herrschenden Kaste bojiſche Gallier) hätten

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den Kymbern oft die Spize geboten , sowohl in ihrem eigenen Lande, als nördlich vom Rhein " (im heutigen Schwaben und am Oberrhein). Gewöhnlich wurden nun diese Kymbern Markomannen genannt , ein Ausdruck, der wohl eine bestimmte Kriegsschaar, wie die Umbern oder Ambronen, und zwar speciell zur Bewachung der Grenzen, bezeichnet , aber keine ethnologiſche Bedeutung hat ; denn Grenzwächter stellte jedes Volk auf, welches seine Grenze gegen raubsüchtige Nachbaren zu schüßen hatte, vor Allem die Acker-Völker gegen die Nomaden. Die Kymbern trieben aber Ackerbau , für sie war eine Markomannen- oder Ambronenwache eine Nothwendigkeit , für die Sueven dagegen, welche als Eroberer aus Asien hereinrückten, also keine Grenzen kannten, bestand ein solches Bedürfniß nicht. Dieser Grund allein zwingt schon zu der Annahme, daß die Markomannen von Hause aus keine Sueven waren , wenn auch unter Ariovist mit denselben im Bunde. Die Schaaren des Ariovist oder Kriegs-Vogtes (ar-fiubbaid) bestanden nämlich nach Cäsar, Buch I. Cap . 51. , aus Harudern , Markomannen , Tribokern , Vangionen , Neme = tern, Sedusiern und Sueben. Was an dieser Zusammenstellung zunächst auffällt, iſt, daß Markomannen und Sueben als gesonderte Völker unterschieden werden , was unmöglich der Fall sein könnte , wenn die Markomannen nur eine Unterabtheilung suevischen Stammes gewesen wären. Da nun die andern vier rheinischen Völker, die Haruder, Triboker, Vangionen und Nemeter sowohl was ihre Wohnorte , als was ihre Nationalität betrifft , bekannt sind , — es waren nämlich von den belgischen Nemetern zu einem Bunde vereinte ſlaviſch-atlantidiſche Stämme, welche im Rheinthale vom Sundgau bis hinab an und über den Taunus , im heutigen Hairich, hausten - so bleiben nur die Sedusier zur weiteren Erörterung übrig. In Holstein saßen Eudosier, die, von ioth Korn und eus Leute, unbedenklich als Wenden bezeichnet werden dürfen , neben ihnen oder mit ihnen identiſch die Seidunen von saidhe Saat, beide in Scandinavien als Jötunen und Su=

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thungen wiederkehrend . Darnach wird man nicht fehlgreifen, auch die Seduster des Ariovist als saidhe-eus Saat-Leute, oder Wenden aufzufassen und fie , Cäſar's Ausspruch folgend, für eine kymbrische Schaar anzuerkennen , deren Stamm- Eltern in der fymbrischen Halb-Inſel ſaßen. Was die Haruder insbesondere betrifft, so nennt sie Ptolemäus Karitnoi , Charitnoi, und giebt als ihre Size den Hairich oder Hägerich, das Waldland , oder den Harz zwischen dem Taunus und der Lahn an; ste kamen Ariovist nachgerückt, nach-= dem dieser schon mehrere Jahre im Sundgau und an der Saone im Lande der galliſchen Sequaner Poſto gefaßt und denselben ein Drittel ihres Ackerlandes abgepreßt hatte ; der Grund , daß die Haruder aber im Elsaß erschienen, war, weil sie neben den Sueven, die in großen Maſſen an der Lahn einbrachen, sich nicht mehr sicher fühlten. Diese Sueyen trieben damals schon und vollständig noch später die belgischen Ubier auf das linke Rheinufer , nnd seßten sich als Suevi Lokkobardoi (suevische tapfere Bogenschüßen) in jenen Gegenden fest , rückten aber ſchließlich im Bunde mit allen dortigen Völkern als Alemannen in das obere Rheingebiet. Bei ihrem ersten Erscheinen am Rheine standen diese Sueven , wie die Trevirer , oder Trierer, deren Gebiet damals noch bis an den Strom reichte, dem Cäsar berichteten, unter den Brüdern Nasua und Cimberius. In lezterem wird man einen Cimbern erkennen dürfen, in ersterem wohl einen Asen , denn das vorgeſetzte N bedeutet in der Regel nichts, so daß dieſe erſten und vorderſten Sueven unter der Führung von Asen und Kymbern an den Rhein gelangt wären, wie die Sachsen (oder Alfen) sammt einem Theil der Wanen unter dem Asen Odin nach Scandinavien , oder endlich die Gothen unter farmatiſcher Leitung an die untere Donau. (Vergl. über das Leztere mein Büchlein : Die Amazonen, Sarmaten, Jazygen und Polen.) Im Bunde mit den Sueven stand Ariovist , der große Heervogt , jedenfalls ; die eine seiner zwei Frauen war sogar eine Schwäbin , die andere eine Schwester des Königs

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Voctio (Vogt) aus Noricum , also wohl eine Bojerin oder Illyrin; dazu bestand ein Theil seines Heeres aus wirklichen Sueven. Kaspar Zeuß, der doch dem Deutschthume nichts vergiebt, meint ebenfalls, Ariovist stamme wohl aus dem Kymbernlande, und diesmal dürfte er das Richtige getroffen haben. (Vergl. „ Die Deutschen", S. 152., wo er

übrigens auch die

Charuder aus Jütland herbeikommen läßt.) Im Kymbernlande , d . h. auf der kymbrischen Halb-Inſel, saßen aber niemals Sueven , konnte also Ariovist , insofern er dort geboren war, kein Sueve gewesen sein. Uebrigens könnte man unter den Harudern des Ariovist auch Cherusker vom Harze verstehen , denn auch diese waren sowohl von den Sachsen , als den suevischen Lokkobarden von der Elbe her bedrängt. Der Abis-Krug bei Hildesheim könnte für diese Annahme als Fingerzeig dienen, zugleich auch dafür, daß dieſe Harzer oder Cherusker ebenfalls Kymbern waren. Ariovist's kymbrische Markomannen hausten nach den Angaben Cäsars zwischen Main und Bodensee ; als Grenznachbaren der Gallier und mit ihnen stets im Krieg hießen sie bei diesen, wie alle anderen Ueberrheiner, Germanen ; daß diese Germa nen aber Kymbern waren und auch nichts anderes sein konnten, das geht unwiderleglich daraus hervor, daß damals in Süddeutschland kein anderes Volk eriſtirte, welches den Kymbern gewachsen gewesen, troß deren Niederlagen in Italien und in der Provence. Die Bojer hatten vorher , nämlich seit den Zeiten des Sigoves, 400 Jahre vor Chr. , Süddeutschland sammt Böhmen, Ungarn und Mösien erobert und beherrscht ; durch das Aufkommen der Kymbern in Norddeutschland wurden sie aber allmälig eingeengt, endlich sogar von den obern Donau-Ufern verdrängt, ſo daß sie einerseits nach Thrazien und Klein - Asien abrückten, andererseits vom rechten Rhein- Ufer und vom Bodensee wieder in ihre alte Heimath nach Gallien zurückkehrten , und zwar zur Zeit, als die Helvetier ihren verunglückten Zug dahin unternah-

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men , und dort von Cäsar geschlagen wurden. Die mit ihnen verbündeten Bojer wurden nach der Schlacht von den Aeduern (Eidgenossen, aoi, aoidh ist Ehe, Bund , Eid) im Cote d'Or aufgenommen , während der Rest der Helvetier von Cäsar wieder nach der Schweiz geschickt wurde , um zu verhindern , daß dies Land in die Hände der Kymbro - Germanen falle , welche nach dem Abzuge der Bojer in Schwaben nun völlig die Oberhand hatten (Cäsars galliſcher Krieg, I. 28.) . Indeß muß dieſe kymbrische Oberhoheit schon früher, und zwar schon zu der Zeit bestanden haben, als das Volk, um nach Italien einzubrechen, erſt am Nordrande der Alpen ungehindert hin und her zog, um einen passenden Uebergang zu finden ; denn während die Ambronen und Teutoneu an der Rhone abwärts sich nach der Provence wendeten, stiegen die Kymbern über die norischen Alpen, oder kamen durch das Etschthal nach Ober-Italien.

Vorher schon waren ſie

bis nach Illyrien und die Ambronen sogar bis nach Spanien gelangt. Hätte ein anderes Volk damals an der oberen Donau gesessen , das im Stande gewesen , den Kymbern die Spiße zu bieten , so konnten sie nicht nach Belieben am Nordrande der Alpen von Noricum bis zur Provence hin- und herrücken. Sie waren also, bevor sie von Marius geschlagen, weitaus das mächtigste Volk in Mittel - Europa , und ſelbſt nach der Niederlage blieb ihr Uebergewicht im Norden der Alpen unangetastet , bis auf die Zeiten Cäsars , der vom Westen her gegen sie rückte , und bis zum Eindringen der Sueven , welche von Osten aus den sarmatiſchen Steppen allmählich heranzogen und zunächst der Elbe und Havel ihr erstes Standquartier im Semnonen - Walde aufschlugen ; vor ihnen hatten sich indeß schon die Sachsen über die nordischen Ebenen verbreitet , und diese waren es ohne Zweifel , durch welche die Kymbern erst nach dem Süden gedrängt wurden , um von da durch die Sueven weiter westlich geschoben zu werden. Thüringen und das nördliche Böhmen blieben aber

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noch lange das Standquartier dieses kriegerischen Hirtenvolkes, und dahin zogen sich denn auch die Markomannen des Ariovist wieder zurück, als sie im Sundgau von Cäsar geschlagen waren.

VII.

Kymbern nach Böhmen.

Als Drusus, 12 Jahre vor Chr., seinen ersten Zug gegen die Usipeter am Niederrhein, die Tenkterer im Sauerlande und die Chatten im heutigen Heſſen unternahm , stieß er hinter den leztern, alſo in Thüringen, auf Markomannen. Von hier führte fie nicht lange darauf Marbod völlig nach Böhmen zurück, von wo schon früher die Bojer eben durch diese Markomannen vertrieben worden waren , wie Tacitus in der Germania , 42. , be= richtet ; dasselbe meldet auch Vellejus Paterculus, 2. 108. u . 109. in folgender Weise : "1„ Außer dem Volksstamme der Markomannen gab es (damals , zu Auguſts Zeiten nämlich , und bevor Varus von den keltisch - nemediſchen und kymbriſchen Cheruskern , Chatten und Marsen aus dem Nord - Westen wieder vertrieben war) nichts mehr in Germanien, was noch ununterworfen war. Dieses Volk war unter Marbod aus seinen alten Sißen (in Thüringen und am Main) aufgebrochen , hatte sich in das Innere von Germanien geflüchtet und bewohnte jezt die vom Herzyniſchen Walde umgebenen Gegenden (oder Bojohämum, wie Vellejus dieſelben später nennt). Marbod, von altadelichem Geschlechte (maur ist Beamter, maire und bod , buadh ſiegreich , beutereich , vornehm, edel), von großer Körperkraft und wilder Sinnesart, war er mehr von Abstammung ein Barbar, als an Verstand .

Er behauptete

unter den Seinen keine augenblickliche, zufällige, wechselnde und in dem guten Willen der Gehorchenden ihren Bestand habende

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Oberherrschaft, sondern beschloß bei sich ein festes und geordnetes Königreich zu gründen , sein Volk weit von dem römiſchen zu entfernen , und da , wohin er aus Furcht vor fremden Waffen geflohen war, wenigstens die seinen zu den mächtigſten zu machen. Darauf besetzte er die ganze schon erwähnte Gegend und unterwarf entweder oder gewann durch Unterhandlungen ſeine ſämmtlichen Nachbaren " (worunter wohl die Czechen die namhafteſten gewesen find , wenn sie auch mit diesem Namen erſt ſpäter in den fränkischen Annalen genannt werden ; denn waren sie, wie schwer zu bezweifeln, mit den Teukrern identisch, so mußten ſie lange vor Marbod in Böhmen sich ansässig gemacht haben, und zwar deshalb, weil die Tusken vor den Galliern des Belloves (400 vor Chr.) nach Italien kamen, also die Teukro-Czechen, die noch vor den Tusken über den Hellespont gingen , auch vor Sigoves , dem Bruder des Belloves , nach Böhmen gekommen sein müssen. Die Kymbern rückten aber erst hinter den Bojern oder Galliern in Italien ein , ebenso waren sie es , welche die Herrschaft der Bojer in Böhmen und Bayern brachen , sonach muß die Ankunft der Teukro- Czechen in Böhmen nicht nur vor die der Markomannen, sondern auch noch vor die der Bojer gesetzt werden. ) „Marbods Person", fährt Vellejus fort,

war stets von

einer Leibwache umringt (Amronen oder nach der Edda Berserfern, von baire oder faire, Wache, sarach, gewaltig) . Sein Reich brachte er durch beständige Uebungen der Truppen fast bis zur Art römischer Disciplin und zu einer hohen und selbst unserer Herrschaft furchtbaren Macht-Entwickelung. Gegen die Römer benahm er sich so , daß er uns zwar nicht durch Krieg reizte, aber doch zeigte, daß er , selbst gereizt , Kraft und Willen zum Widerstande haben würde. „ Völkerschaften und Einzelne, welche von uns abfielen, fanden bei ihm einen Zufluchtsort. Sein aus 40,000 Mann Fußvolk und 4000 Mann Reiterei bestehendes Heer bereitete er da= durch, daß er es in beständigen Kriegen gegen die Nachbaren abhärtete und einübte , zu einem größern Werke vor , als das

31 war, welches er jetzt unter den Händen hatte.

Man mußte ihn auch deswegen fürchten, weil er Germanien links und nach vorn, Pannonien nach rechts , im Rücken seines Gebietes die Noriker

liegen hatte , und so , gleich als komme er überall hin , überall gefürchtet wurde. Ja selbst Italien konnte seine Fortschritte nicht ohne Besorgniß mit ansehen, da ja von den hohen AlpenPässen, welche die äußerste Grenze Italiens bilden, der Anfang der seinigen nicht mehr, als 200 (römische) Meilen entfernt war. Diesen Mann nun beschloß Tiberius Casar im darauf folgenden Jahre von verschiedenen Seiten her anzugreifen. Dem Sentius Saturninus wurde aufgegeben , durch das Gebiet der Katten, mit Durchbrechung der angrenzenden herzyniſchen Wälder, die Legioneu nach Bojohämum (so hieß die von Marbod bewohnte Gegend) zu führen. Er selbst wollte von Carnuntum (jezt Petronell , Altenburg oder Haimburg) , einem Orte Noricums ; der nahe an der betreffenden Gegend lag , das in Illyrien stehende Heer gegen die Markomannen führen . “ So weit Vellejus ; der Feldzug kam indeß nicht zu Stande, weil sich mittlerweile ganz Pannonien gegen die Römer empörte und sie alle Hände voll zu thun hatten , mit diesem Lande fertig zu werden ; sodann folgten der Aufstand der Harzer und Katten und die Schlacht im Teutoburger Walde , darauf lang= wierige Kriege gegen sämmtliche Rhein-Völker , die bekanntlich mit der Vertreibung der Römer nicht blos aus dem Nordwesten, sondern auch aus Süddeutschland endigten. Im Nordwesten waren es die Sachsen und die von ihnen abgezweigten Sigkambern , welche im Verein mit den belgischen Kymbern als Saal - Franken die römische Herrschaft in Gallien zertrümmerten; in Süddeutschland waren es die aus den Lahnfueven hervorgegangenen Alemannen , welche die Römer über die Vogesen und Alpen zurücktrieben , und zwar im Verein mit den Jutugen, Yueten, Jatagen oder Vats, welche mittlerweile vom Orus bis an die Elbe und an die obere Donau gekommen waren. Dieſe Yats, Yueten oder Gothen, dieselben , welche jezt noch als Hauptvolk am Indus ſizen und den Kern der Siks

32 bilden, dieselben Gothen,

als schlimme Gesellen auch Quaden

genannt, zerstörten nun das von den Römern unangefochten gebliebene Reich des Marbod in Böhmen , nachdem es vorher durch die Cherusker oder Harzer unter Armin im Verein mit den Lokkobarden uud Semnonen schwer erschüttert worden war. Diese schwäbischen Völker waren nämlich von Marbod erſt unterjocht worden, befreiten sich aber mit Hülfe der Harzer. Sodann befand sich unter den Gothen, die in ihrer Masse damals noch weiter östlich in Polen oder Sarmatien hausten , ein junger Edelmann Namens Catualda , wie Tacitus in seinen Annalen, II. 62. , erzählt, der einst vor Marbod aus dem Lande geflohen war , und nun , da deſſen Sachen zweifelhaft ſtanden , sich zu rächen wagte. Er brach mit einem starken Heerhaufen in das Gebiet der Markomannen, verleitete die Angesehenſten zu einem Bund und drang in die Königsburg und in das daneben liegende Castel (etwa das in Trümmern noch vorhandene Markomannen-Lager bei Znaim), wo er eine Menge Beute fand. Marbod aber floh über die Donau und endete nach 22 Jahren sein Leben in Ravenna, wo ihm die Römer den Aufenthalt angewiesen hatten. Bald darauf hatte auch Catualda dasselbe Schicksal, er wurde von den suevischen Hermunduren unter Vibilius (Waibel, uibhil, übel, gewaltig) vertrieben und von den Römern nach Narbonne im südlichen Gallien geschickt. Die Sueven nämlich, welche schon unter Ariovist einen ſtarken Theil der kymbrischen Heermacht gebildet hatten , schwollen durch Gothen oder Yutugen , Quaden , verstärkt , immer mehr an, und errichteten in Thüringen ein mächtiges Reich, das unter Hermanrich bis zur mittlern Donau reichte ; sie beseßten dann auch das nördliche Böhmen deshalb wird dort jezt noch deutsch gesprochen und zerstörten mit Hülfe der Lygier oder Polen das Reich des Vannius an der March, welches die Römer dort aus den Anhängern des Marbod wie des Catualda gebildet hatten,

um ihre Provinzen an der Donau gegen die

Sueven und Quaden zu schüßen. Dieser Vannius war übrigens sammt Clientel selbst ein Quade, d. h. aus dem Volke der

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Yutugen oder Gothen entſproſſen ,

aber von Druſus über die

Sueven, bezw. Markomannen gesetzt. Von dieser Zeit an wurden nämlich beide Völker nicht mehr unterschieden , gerade wie bei den Saalfranken die Kymbren allmählich auch in den Sachsen aufgingen ; ursprünglich hatten lettere beide Völker gleiches Wehrgeld, waren also gleichberechtigt, wie die lex Salica angiebt, und so verhielt es sich wohl auch zwischen Kymbern und Sueven, wie zwischen diesen und den Gothen oder, um speciell auf Thüringen zu kommen, zwischen den Angeln (suevischen Fremdlingen) und den Werinern oder den slavischen Feldbauern , aus denen dann im Laufe des Mittelalters die heutigen Thüringer erwuch= sen, wie die lex Angliorum et Werinorum id est Thurngorum schon in ihrer Ueberschrift anzeigt. Will man für die Entstehung des ehernen Stierbildes in Mähren eine bestimmte Periode aufstellen , so könnte man die Zeit des Marbod oder des Vannius wählen, denn um diese Zeit ist die Anwesenheit von markomannischen Kymbern in Mähren historisch belegt. Die Thüringer zerstörten indeß auch des Vannius Reich und setzten an deſſen Stelle seine Neffen oder Schweſterkinder Wangio und Sido (Wangione und Sidone, beides alte Wenden-Namen), welche sich mit den Thüringern gegen Vannius, den Quaden oder Schlimmen, verbunden hatten , während dem leztern sarmatische Jazygen zu Hülfe gekommen waren , denen aber das Belagertwerden in den (czechischen) Burgen des Vannius zu langweilig wurde , so daß sie herausbrachen , und nun von den Thüringern geschlagen wurden. Vannius floh , wie Marbod und Katwald , über die Donau zu den Römern und wurde sammt seinem Anhang in der Krain, wohl bei Godſchee angesiedelt, denn guasach, woraus Godschee wurde, bedeutet dasselbe, was guais nämlich Quade. Was die Thüringer des Weiteren betrifft, so vermochten ſie fich indeß troß ihrer Siege für die Dauer in Böhmen und Mähren auch nicht zu halten , wohl eben wegen der czechischen Burgen ; den Beweis dafür liefert die heutige Sprache des Volfes , welche nur im nördlichen Böhmen mit der thüringischen 3

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übereinstimmt , desgleichen in einzelnen Enclaven Mährens , im übrigen ſlaviſch, und zwar hier wendo-czechisch geblieben iſt. Diese czechischen Burgen , in welchen sich Vannius mit

seinem Fußvolke und den jazygiſch - sarmatiſchen Reitern gegen die Uebermacht der thüringischen Sueven und der mit ihnen verbundenen Lygier zu halten suchte , wie dies Tacitus im XII. Buche, 24. u. 25. Capitel seiner Annalen erzählt , liefern nebenbei den Beweis , daß es nicht Heinrich der Finkler war, welcher die ersten Castelle in Germanien erbaute, sondern daß solche schon zu Drusus Zeiten , also ein Jahrtausend früher in Böhmen und Mähren vorhanden waren , ohne daß ſie von den Römern herrührten , denn die Herrschaft dieſer leßtern reichte in diesen Strichen um jene Zeit nicht über die Donau, sondern blos bis Carnuntum oder Haimburg.

VIII.

Sklabenen, Bastarnen, Sporen. Nun ein Wort über die Entstehung des Namens Slaven oder Sklabenoi. In letterer Form kommt dieſe Bezeichnung zuerst bei Procop , und zwar an der untern Donau und in Beßarabien vor, dann als Sclavi bei Jornandes ; beide ſchrieben ein halbes Jahrtausend nach Chr. , weiter findet sich der Ausdruck im neunten Jahrhundert bei den suevisch-deutschen Laffobarden, - und nicht Longobarden, denn dieser Name kam nicht von ihren

langen Bärten " , sondern von laogh, Held , und

von bard , Pfeil , also tapferes Skythen- oder Bogenschüßen― Volk und erst im zehnten kommen die vielgedeuteten Slaven auch in Deutſchland , und zwar immer in der Bedeutung als Sclaven, Schlaven, Knechte vor. Aus ihren Sumpfwäldern in Beßarabien machten diese Slaven Einfälle in das römische

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Gebiet im Süden der Donau , wurden dort öfter geschlagen, blieben aber doch im Ganzen unabhängig. Bei Kaspar Zeuß, „ Die Deutschen und ihre Nachbarstämme", sind Seite 592 alle Stellen des Procop und Jornandes verzeichnet, welche von ihren Zügen Meldung thun; bemerkenswerth ist , daß sie hier bereits von den Anten oder Wenden (uaindae) unterschieden , und die Siße der leztern hinter ihnen , also mehr nördlich angegeben werden. Indeß hatten beide wesentlich ein und dieselbe Sprache, auch im körperlichen Aussehen unterschieden sie sich nicht ; sie werden als hochgewachsen und stark geschildert. Ihre Hautfarbe war übrigens nicht völlig weiß , auch das Haar nicht gelblich (wie bei den Skythen), aber auch nicht völlig schwarz (wie bei den Atlantiden), sondern etwas röthlich (sub erythros). "Ihre Nahrungsmittel", erzählt Procop ( III. 14.) , „find roh, wie bei den Massageten , und leben sie in stetem Schmuß . Im Uebrigen ist ihr Charakter nicht bösartig noch betrügerisch. " Einſt hießen beide Stämme (Anten wie Sklabenen) Sporen , was nach Procop daher gekommen sein soll , daß sie nur sporadisch, d. h. in weiter Zerstreuung von einander wohnten , eine Erklärung, welche nicht ganz mit der Angabe harmonirt, daß sie schon damals in großen Maſſen über die Donau Einfälle gemacht hätten. Nach ihrem Aussehen waren sie also weder blonde Arier, noch schwarzhaarige Zigeuner oder Atlantiden, ſondern eine Mischrace aus beiden , und darnach wird der Ausdruck Sporoi auf spurii zurückzuführen sein, als auf eine „ Bastard "-Race, wie fie denn in der That auch von den Skythen Baſtarden oder Bastarnen genannt wurden. Schon Plinius kennt an der untern Donau, genau da , wo später die Sklabenoi aufgeführt wurden , diese Bastarnen. Strabo bezeichnet sie dort als ein „wahrscheinlich germanisches “ Volk , was unsere Germaniſten, so namentlich Kaspar Zeuß, glatt weg in ein „ deutsches “ überjeßen und die Bastarnen als Bartträger erklären, als wenn die andern benachbarten Völker bartlos gewesen wären ! Zudem bedeutet, troß Jac. Grimms Vermuthung, bazd nicht so viel als Bart, sondern es ist das keltisch-skythische baos, Unzucht ; 3*

dair,

36 die zweite Sylbe bedeutet Brunst, Liebeshiße, und dae oder nae find Leute; Bastarnen befagt also genau dasselbe, was die Ausdrücke Bastarde sowohl, als spurii oder Sporen. Ueber die Herkunft dieſer Baſtarde giebt nun Herodot in seinem vierten Buche vom ersten bis dritten Capitel folgende höchſt intereſſante und bis jezt ethnologisch völlig übersehene Erklärung ; ich theile sie ihrer Wichtigkeit wegen hier möglichst vollständig mit : „ Ueber Vorder-Afien haben die Skythen (die spätern Alanen und heutigen Tscherkessen , die Ahnen des polnischen und ungariſchen Adels) acht und zwanzig Jahre geherrscht, “ (nämlich von 633 vor Chr., gerade um die Zeit , als die Meder Ninive belagerten , indeß , von den Skythen geschlagen , darauf verzichten mußten, bis zum Rückzug der letztern über den Kaukasus). „In Verfolgung der Kimmerier (oder Kymbern, Trerer, Anten) fielen fie nämlich in Asten ein, wo sie den Medern die Herrschaft ent= rissen. Diese nämlich herrschten vor Ankunft der Skythen über Asien. Als nun die Skythen , welche achtundzwanzig Jahre (ſonach von 633 bis 605 vor Chr.) im Auslande waren , nach so langer Zeit in ihre Heimath zurückkehrten, wartete ihrer keine geringere Kampf-Arbeit, als die medische war, indem sie da ein nicht kleines Heer von Gegnern fanden. Die Weiber der Skythen waren nämlich, wie ihre Männer so lange ausblieben , zu ihren Sklaven gegangen." Folgt nun bei Herodot die Art, wie die Skythen ihre Sklaven behandelten, wie sie dieselben blendeten, und sodann bei der Fabrikation des Kumis, eines gegohrenen Getränkes aus Pferdemilch, verwendeten. Die Sklaven mußten nämlich die Milch so lange rühren, bis sie sich in ein „Obers " und Unters " schied, worauf die Herren das Obere für sich nahmen, dem Sklavenvolk aber das Untere überließen. „ Deshalb blenden denn", fährt Herodot fort, die Skythen Jeden, den sie fangen ; denn sie sind keine Feldbauer (wie die Anten oder Kymmerier) , sondern ein Waidevolk. Von diesen ihren Sklaven also und ihren Weibern war ihnen ein junges

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Volk aufgewachsen , und wie diese ihre Herkunft inne wurden, stellten sie sich ihnen bei der Rückkehr aus Medien entgegen. Und für's Erste schnitten sie das Land ab durch einen breiten Graben, den sie einstachen, welcher vom tauriſchen Gebirge bis zum See Mäotis , dem größten See, sich erstreckte. " (Sie suchten also das bebaute Land

im Westen der Halbinsel von Kertſch

durch diesen Graben gegen die Anfälle der Skythen, welche von Osten oder von dem Kaukasus her erfolgen mußten, zu schüßen. Spuren des Grabens sollen noch zwischen Feodosia und Arabat zu sehen sein.)

"„ Sodann rückten die Sclavenkinder auch gegen die Skythen, als sie einzudringen verſuchten, zur Schlacht aus. Da nun nach öftern Schlachten die Skythen mit keiner Schlacht einen Vortheil gewinnen konnten , sagte Einer von ihnen Folgendes : " " Ihr Skythen, was machen wir? In Schlachten mit unsern Sklaven laſſen wir uns tödten, und werden so immer weniger, und tödten fie, und werden so in's Künftige über wenigere herrschen. Nun aber halte ich dafür , wir begeben uns der Speere und Bogen und gehen Jeder mit ſeiner Pferdepeitſche (nach heutiger Kosackenmanier mit dem Kantſchu) auf sie los, denn die Zeit her, da fie uns mit Waffen in der Hand sahen, glaubten sie uns gleich und von gleichem Samen zu sein ; werden sie aber erst Peitschen anstatt Waffen in unserer Hand erblicken, so wird ihnen beigehen, daß sie unsere Knechte sind , und in diesem Bewußtsein werden fie nicht Stand halten. " " „Auf das hin brachten es die Skythen in Ausübung ; da wurden jene so stußig durch den Streich, daß ſie an keine Schlacht mehr dachten, sondern flohen." Damit schließt Herodot ſeine Erzählung über diese Sklavenkinder oder Baſtarnen und fährt in der Urgeschichte der Skythen weiter fort, giebt namentlich den Targitaos als deren Stammvater an, denselben , der in den irischen Jahrbüchern Dorka genannt und von dem erzählt wird, daß er die Lande im Norden des Kaukasus weit und breit erobert habe. Die Baſtarnen alſo flohen , natürlich gen Westen, in die

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Sümpfe Bessarabiens , oder sie zogen sich gleich den 28 Jahre früher von den Skythen vertriebenen Anten oder Kymmeriern mehr nordwestlich nach Podolien und kamen auf dieſer Route sammt den Wenden allmählich bis zur Oſtſee, ja ſogar über dieselbe nach Scandinavien, wo sie als geschickte Bierſieder unter dem Namen Suthungs - Söhne von den ihnen folgenden skythischen Asen zum öftern heimgesucht wurden, wie die Edda berichtet.

IX .

Atmonen, Sitonen und Geten. Man merke wohl, daß die Namen Sporen oder Baſtarnen diesen Sklavenkindern oder skythisch - slavischen Mischlingen blos von den übermüthigen Skythen gegeben wurden, und von dieſen an die pontischen Griechen gelangten, und daß die Geschichte von der Vertreibung mittelst des Kantschus auch wohl nur eine Aufschneiderei sein wird, wie wir solche bei den Nachkommen der Skythen jezt noch in Ungarn zu hören gewöhnt sind ; daher denn auch ihre Bezeichnung als Sklabenoi, vom keltischen hlaip, glaib, schmutzig, klebrig, woraus schließlich Sklave wurde, oder windisch hlapez, Knecht. Sie selbst, die Sklabenoi nämlich, nannten sich ganz anders, wie aus Strabon, VII., zu ersehen. Derselbe sagt nämlich : „Weiter im Lande ſind die Baſtarnen, die an die Tyrigeten und Germanen stoßen, sie sind wahrscheinlich auch ger= manischer Abkunft uud in mehrere Stämme getheilt. Denn einige heißen Atmonen , andere Sidonen und die , so die Insel Peuke am Ister bewohnen, Peukiner. " Man sieht, Strabo ist seiner Sache nicht gewiß und wirft die Baſtarnen in jenes große Faß, in welches auch Tacitus allejene Völker verwies, mit denen er nicht wußte, was anfangen, in das germanische nämlich ; von den Slaven hatten die alten

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Autoren überhaupt blutwenig Kenntniß und verwechselten fie stets mit andern Völkern, so bald mit den Skythen, bald mit den Deutschen. Polyb , XXVI. 9., nennt die Baſtarnen Galater, also Kelten, was der Wahrheit etwas näher kommt; Livius Gallier, Plutarch und Aemilius Paulus wieder Galater. Tacitus dagegen meint , daß sie in Rede , Sitten und Wohnsitzen wie die Germanen (ut germani) sich benähmen ; beſtimmt ist also sein Ausspruch auch nicht. Appian trifft ziemlich das Richtige, indem er sie Geten nennt , denn die thrakischen Geten waren in der That die Stammväter aller slavischen Abtheilungen, der Wenden so gut wie der Feronier, der Anten wie der Kymbern, und ebenso der Baſtarnen oder Sklabenen, nur waren die Mütter der letztern Skythinnen , wie umgekehrt bei der ſarmatischen Mischrace die Männer Skythen waren , die Weiber aber dunkelhäutige Amazonen, welche nach Diodor (III. 53. u . folg.) schon vor Osiris oder Dionys aus dem westlichen Afrika vom Atlas her unter der "1 toll-verwegenen " Myrina (denn dies bedeutet muirean) bis nach Klein-Asien gekommrn waren , und dann vom Thermodon aus durch teukriſche Griechen nach der Krim vertrieben wurden, wie in meinem Büchlein über die Amazonen, Sarmaten, Jazygen und Polen, desgleichen in dem über die Myrina des Weiteren zu lesen. Alle Unsicherheit über die Abstammung der Bastarnen wird übrigens durch die Wort - Erklärung baos- dair nae (UnzuchtBrunſt-Leute) und Herodots obige Erzählung gehoben, und will ich hier jezt nur noch zeigen , was die Ausdrücke Atmonen und Sidonen , womit sie sich wohl unzweifelhaft ſelbſt benannten, zu bedeuten haben : at, aith ist hoch, groß, riesig, gleich den Titanen am Atlas und den Aditen in Arabien und Aethiopien, den Stammgenoffen des Osiris in Aegypten ; mon , maon iſt Mann ; heutzutage lautet das Wort bei den Kosacken Hetman und bedeutet Anführer. Die Sidonen oder Seitunen find Ackerleute , von saidhe , Saat , und on , Mann ; im Norden wurde naſal daraus die Form Suthung. Nach diesen beiden Namen zerfiel das Volk alſo in eine Krieger- und eine Arbeiter - Kaſte ;

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die erstere stand als Wache an der Donaugrenze, die andere zog sich am Außenrande der Karpathen , den Sarmaten weichend, immer mehr nordwestlich , bis sie an der Ostsee wieder mit den Kymbern oder Wanen, die vor ihnen schon dahin gelangt waren, zuſammenſtieß. Da es für die Geschichte von hoher Bedeutung ist , über dieſe Baſtarnen völlig in's Klare zu kommen, ſo ſeien hier noch die Kriegszüge erwähnt, welche dieselben unter dem Makedonier Perseus gegen die Römer thaten. Polybius und nach ihm Livius berichten darüber, daß im 2. Jahrhundert vor Chr. baſtarniſche Schaaren in die Dienste des Perseus getreten ; ihre Menge sei, nach Angabe der Dardaner, gewaltig, ihr Körper hoch und stark und groß ihre Kühnheit in Gefahren. Dasselbe sagt Plutarch, sie hatten als Erbstück ihrer doppelten Abkunft sowohl Reiter, gleich den Skythen , als Fußvolk , gleich den Teukrern und Geten ; dem Perseus stellten sie 10,000 Reiter und dieselbe Anzahl Fußvolk, das mit den Pferden gemischt vorwärts stürmte, und im Falle ein Reiter stürzte , sich auf deffen Pferd schwang. Diese Art zu fechten verbreitete sich mit diesen skythisch-getischen Mischlingen allmählich über ganz Dentſchland, ſogar die deutſchen Sigkambern nahmen sie an , indem bei ihnen jeder Reiter zwei Fußknappen neben sich hatte ; die Griechen nannten leßtere darum Parabaten, Nebenherläufer, und erhielt sich diese Einrichtung beim Ritterstande durch das ganze Mittelalter hindurch. Unter den Hilfsschaaren des Mithridat standen die slavis schen Bastarnen oder Atmonen als die Tapfersten voran, neben Sarmaten, Jazygen, Goralen und Thraken. Als Alexander an die untere Donau kam , fand er daselbst nur noch Geten vor, die Atmonen werden also, den Sitonen folgend, sich mehr nordwestlich gezogen haben, um an der Rhone und am Po Ausdruck Geten hier gerade was sprachlich in der That

vereint mit den Kymbern am Rhein, wieder aufzutreten , falls nicht der so viel als Sitonen bezeichnen soll, der Fall ist , denn geth wird wohl

von ioth, joth, Korn abzuleiten, sonach also Gete und Jote, Jötune gleichbedeutend sein.

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Der Name der thrakischen Geten , der wortgetreu in den Tyssa-Geten des Herodot an der Ostsee, als Nord-Geten, wiederfehrt , denn tuath ist Norden , hat sich demnach auch in Scandinavien in den Jöten und auf der kymbriſchen Halbinsel als Füten erhalten. Die heutigen Gothen in Schweden stammen ebenfalls von dieſen Jöten oder Jüten ; Goth ist nur eine aspirirt-schärfere, heute bei den Isländern ſelbſt für die dänischen Jüten noch gebrauchte Form ; während dagegen die deutschen Ost- und Westgothen sprachlich wie stammlich von dieſen thrakischen Kornbauern verschieden waren , troß der Gleichheit ihrer heutigen Bezeichnung.

X.

Suthungs-Meth. Bezüglich der Sitonen oder Suthungen sei hier noch einer absonderlichen Mähr gedacht , welche in der Edda enthalten iſt. In der Bragi-Rede oder den angeblich von Bragi , dem Gotte der Dichtkunſt, ſtammenden Erzählungen (der Name mag mit precare beten und den Brachmanen in Indien zuſammenhängen) wird berichtet , daß der Jötune Degir von der Insel Hlesen bei einem Schmause den Bragi gefragt habe , wie die Asen (Skythen) an Suthungs - Meth gekommen seien.

Bragi

antwortete : „ Odin ſei einſt auf einem ſeiner Streifzüge an einen Ort gelangt, wo neun Knechte Heu mähten ( also zu einem Wenden, denn uain iſt foin, fenum, Heu), zwiſchen dieſen ſtiftete er Streit, ſo daß sie sich gegenseitig mit ihren Sicheln die Hälse abschnitten. Darauf suchte Odin Nachtherberge bei Baugi (bog Stier-Gott), dem Bruder Suttungs ; dieser beklagte sich über den Tod seiner Knechte , worauf Odin sich erbot, deren Arbeit zu übernehmen; zum Lohne verlangte er einen Trunk von Suttungs

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Meth. Der wurde ihm zugesagt, und nachdem Odin den ganzen Sommer über für Baugi die Neun-Männer-Arbeit gethan, fuhr er mit Degir zu Suttung ; aber dieser verweigerte jeden Tropfen seines herrlichen Trankes.

Da machte sich Odin an Gunnlöd,

Suttungs Tochter, die den Meth zu bewachen hatte , und gewann ihre Liebe , worauf sie ihm für die drei Brautnächte erlaubte, drei Trünke von dem Meth zu thun. Der war in drei großen Fässern aufbewahrt, aber Odin trank alle drei hinter einander aus und machte sich dann eilends davon, und zwar in Adler-Gestalt ; Suttung aber flog ihm nach in gleicher Verwandlung. Als die Aſen Odin daherfliegen sahen, feßten ſie in Asgard schnell Gefäße in den Hof , in welche Odin den Meth ausspie. Als aber Suttung ihm so nahe gekommen, daß er ihn fast erreicht hätte, ließ er von hinten einen Theil des Methes fahren. Darnach verlangte Niemand ; „habe sich das , wer da "1 wolle, wir nennen es der schlechten Dichter Theil.' Aber Suttungs-Meth, das von vorn abgegangen, gab Odin den Asen und denen , die da schaffen können. Darum nennen wir die Skaldenkunſt (Dichtkunſt) Odins Fang oder Odins Trank und Gabe und der Asen Getränk. " Das ist eine von den vielen jedenfalls höchst geschmackvollen Geschichten, wie sie die „ heilige " Edda in Menge enthält, und worüber unsere germanischen Poeten in wohlberechtigtem Entzücken schwelgen ; in Verſe hat indeß diese Bragi - Rede noch Keiner gebracht , auch nicht behufs theatralischer Aufführung in Muſik geseßt , was immerhin als eine Undankbarkeit aufgefaßt werden muß, da Vater Odin gerade für die Dichter so reichlich gesorgt hat. Ernsthaft gesprochen ergiebt sich indeß aus dieſer Erzählung ein Bild, wie es die Skythen und andern Steppenvölker getrie= ben haben , wenn sie bei den Arbeitsvölkern mit List oder Gewalt sich zu Gaste luden , und wie es gerade der Seitune oder Suttung war, der sich, als ehemaliger Slave der Skythen, deren Kumis er bereiten mußte, am besten auf das Meth- oder BierDiese Sitonen saßen nämlich vorzugsweise brauen verstand.

43 erst an den Oſtabhängen des Riesengebirges ,

wo die wilden Bienen den Honig in Maffe zusammentrugen, weshalb sie denn auch Silinger hießen , von seilean , wilde Biene ; Silen oder Seilen war bekanntlich der Biergott schon in Thrazien und OberAegypten, von der Race der geschwänzten Kerkopen oder Satyrn, und aus Honigwaffer wurde eben die beste Qualität des herrlichen Methes fabrizirt, nach welchem die Aſen ſo lüſtern waren. Diese Silinger zogen zur Zeit der Völkerwanderung mit

Vandalen, ihren Stammgenoffen , nach Spanien ; während aber diese sich zuerst im Lande der alten chaldäischen Galegos niederließen, geriethen die Silinger nach Andalusien und wurden dort von dem mit Rom verbundenen West-Gothen-König Wallia vollständig vernichtet , wie Idatius in seinem Chronikon erzählt, während ihre wendischen Vettern , die Vandalen , nach Afrika übersetzten, Karthago eroberten und von da aus unter Gaiſerich (auf deutsch Heldenkönig) Rom zerstörten. Schließlich unterlagen fie aber dort den Byzantinern. Von den Vandalen giebt Procop ( Bellum Vandalicum, I. 3.) an, daß sie ursprünglich an der Mäotis gesessen, darnach also Kymmerier oder Kymbern waren ; von diesen Bandilern (wie die Griechen schreiben) ſtammen nun vorzugsweise die heutigen Pommern ab, obwohl selbe jezt deutsch sprechen.

XI.

Nordischer Götterkreis. In derselben Bragi - Rede in der Edda wird auch der aus zwölf Göttern und ungefähr ebensoviel Göttinnen bestehende Götterkreis bekannt gemacht, den diese Mäoten den zwölf griechischen Göttern nachgebildet hatten, gerade wie dieſe hierin die Aegypter als Muster genommen. Bei leßtern hatten dieſe Göt-

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terkreise indeß einen historischen Sinn ,

da Osiris und später

Menes dadurch , daß sie die einzelnen Lokal- oder Gau - Götter in einen Ring zuſammenfaßten, damit auch diese Gaue kirchlich und politisch zu einem Ganzen verbanden. Bei den Griechen lag eine solche politiſche Zuſammenfassung nicht vor, ſonach hatte ihr Zwölf - Götterkreis keine innere Nothwendigkeit , blieb alſo einfach Nachahmung des ägyptischen Muſters, wobei indeß nicht außer Acht zu lassen , daß nicht alle griechischen Götter aus Aegypten stammten, fondern Poseidon z . B. aus Lybien, Pluton aus dem Aetna auf Sicilien , die Venus aus Babel , Herkules aus Fenien und die Kybele mit ihrem Kabyren- oder Geburtshelferdienste aus Phrygien, bezw. dem Atlas . Mit dem nordischen Götterkreise verhält es sich ähnlich; da nun ein Theil dieser Götter slavisch - wanischer Abkunft war, wird es sich rechtfertigen , wenn ich hier das Nöthige darüber mittheile. Nach Bragis Rede bestand der nordische Götterring aus folgenden Göttern und Göttinnen : Thor , Niördr, Freyr , Tyr , Heimdal , Bragi , Widar , Wali , Uller , Hönir , Forseti und Loki ; die Göttinnen aber waren nach Bragis Rede: Frigg, Freya , Gefion , Idun , Gerdr, Sigyn , Fulla und Nanna. In diesem Götterkreis fehlt Odin, der, um nicht zur Unglückszahl 13 zu gelangen , als oberster Gott ausgeschieden wurde und erster Kampfrichter blieb; denn es handelt sich bei dem Gelage , gelegentlich welches dieser Götterring erwähnt wird, um einen Richterspruch. Auch Balder fehlt, der ſonſt an Loki's, des hinkfüßigen Dämons Stelle eingeſchoben wird. Nach Gylfaginning besteht der Ring dagegen aus folgenden zwölfen : Erstens Odin , der Aſe oder Skythe. Zweitens Thor , wohl schon bei den Rothhäuten als Donnergott gefürchtet und noch lange nach Odin in Norwegen als oberster Gott verehrt. Drittens Balder , der blonde Kelte oder bal-dear, Baalgroß ; er wurde beſonders, gleich Forsithe, auf der Heiligen-Insel, Helgoland ,

von den Kelien angebetet, welche von Irland und

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Britannien aus sich über alle Nordlande verbreitet und die zu Land von Süd-Osten her gekommenen Wenden civiliſirt hatten. An der Ostsee entſtanden in dieſen keltisch-wendischen, also vordeutschen Zeiten , eine Reihe angesehener Städte und Handelspläge, Ptolemäus nennt z . B. Laßburg, Aliſo (beides von llys , Hof), Virunum (Verona, Bern, Gras-Ort , von fuirion und on, Ort, gleich var-zin), Susudata, angenehmer Wohnort, Viritium, wieder von fear und aition, Ort ; Bunitium, von buinne, Wasſer, Sumpf, Pfahlburg ; Nhugium (Königsſiß) ; Scurgium (sgor, Fels) ; Askaukalis , Seehafen ; Setidava, Saat-Hofen ; alle ſpäter durch die Steppenvölker zerstört ; blos in den „ britanniſch“ redenden aois-dae oder Eſthen hat sich noch ein Reſt dieser keltischen , des Bernsteins wegen von den Feniern angesiedelten Colonisten erhalten ; aois ist Bund, Colonie. Balder, der große Baal , wurde erst nachträglich in den Götterkreis aufgenommen, zur Zeit nämlich, als die Asen, Alfen und Wanen von der Mäotis nach dem Norden gekommen und hier ein neues Geschlecht und damit einen neuen Gott, den spe= cifiſch_keltiſch-chaldäiſchen, vorgefunden ; an der Mäotis, wo der erste Götterbund mit den Wanen abgeschlossen worden, hatten sie noch keine West - Kelten kennen gelernt.

Um Baal Platz zu

machen, wurde nun Loki, der Zigeuner, wegen seines bösen Maules aus dem Bunde herausgeworfen und ſammt seiner Sigynn, d. H. seinem kleinen Weibchen, in eine Schlangenhöhle gesperrt, bezw. angeschmiedet, und damit zum nordischen Prometheus gestempelt. Dem Baal war das Feuer heilig, sonach auch dem Balder, darum hatte er hellglänzende (feltisch-blonde) Augenbrauen. Viertens Niördr , ein Grieche von Noatun oder Neustadt auf dem Südrande der Krim und durch Krieg in Odins Hände

gerathen. Die Pfahlburg oder Askiburg, von der aus Odin seine Raubzüge unternahm , lag nämlich öftlich von der Krim am Ausfluß des Kuban in die Mäotis, wie Strabon genau angiebt. Niördr war bei den Wanen oder Wenden erzogen worden , und dieſe gaben ihn den Asen als Geisel , während sie von leztern den Hönir oder Hunnen in gleicher Eigenschaft erhielten. Lez-

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(terer war sammt dem Zigeuner Loki Odins Begleiter bei ſeinen ersten Zügen. Asen und Wanen verglichen sich indeß nach langen Kämpfen einmal und etwelche Wanen traten mit den Aſen in den Bund. Niördr, der griechische Seemann, galt als Gott der Winde und machte das Wetter, gleich den Telchinen auf Rhodus, den Stammvätern der Schmiede und anderer Zauber-Künstler. Fünftens : Freyr und Freya sollen die Kinder Niördr's Neidhards), des Teukrers, ſein, mit andern Worten Apollo und Venus , die griechischen Götter , durch Niördr den Aſen bekannt geworden, wurden von ihnen, und zwar er als Freier oder Bräutigam und sie als Braut , Frau oder Liebesgöttin in den Götterring eingereiht. Im Uebrigen war die Verehrung der Venus am Nordrande des schwarzen Meeres weit älter als die Bildung des Asgartischen oder Askiburgschen Staates, denn die Vanadis oder Wanen -Göttin in Phanagoria , nahe bei Asgard , wurde weit und breit verehrt; sie war wohl von Troja dahin gekommen , als diese Stadt zerstört wurde , denn die Venus war die Schußheilige der Teukrer oder Trojaner, ihrer Abstammung nach indeß eine „jonische Babylonierin. “ Sechstens Tyr, der Kriegsgott , derselbe Name wie Sir, vom indischen sura, felt. sair, Held . Siebentens Bragi , von precare, beten, Brachmane, frommer Mann, Priester in Indien. Achtens Heimdal , der weiße Aſe , ſeiner Abstammung nach ein Alfe oder Sachſe , d . h. ein Deutscher , von dem durch die Veten oder Gothen aus Bactrien vertriebenen Sakenvolke. Diese Alfen bildeten die Leibgarde oder die Berserker der Aſen, darum war auch Heimdal mit seinem gellenden Horne (GyallarHorne) in Walhalla weiter nichts als Nachtwächter ; er hörte das Gras und die Wolle auf den Schaafen wachsen. Von diesem Heimdal soll das Menschen - Geschlecht abstammen , denn er zog, wie im Rigs-mal zu lesen, als righ, rex oder König durch die Lande und beschlief die Weiber des Adels , der Bauern und der Sklaven ; mit andern Worten : die norddeutsch-skandinavische Bevölkerung entstand aus der Mischung der alfischen oder weiß-

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häutigen Sachsen mit den frühern Bevölkerungsschichten, nämlich dem belgischen und kymbriſchen Adel , dem wendischen oder jötunischen Bauernstand und den turfiſchen oder dunkelhäutigen Zigeunern, die schon von den Wenden zu Sclaven oder Slaven herabgedrückt worden waren. Im Süden Deutſchlands beſorgten die Sueven dasselbe Geschäft , doch ist von diesen in der Edda nicht die Rede. Die übrigen Götter waren neuntens der blinde Hödur , welcher auf Loki's Antrieb den Balder mit einem Mistelzweig tödtete, eine Andeutung der Bestegung der Westkelten durch die Slaven ; dann zehntens Widar mit dem dicken Schuh, der dem Fenriswolf damit den Rachen zertreten soll ; ferner Ali oder Wali , der Schüße ; Uller , der Byzantiner ; oulios war bei den Milesiern der heilende Apoll, und Byzanz von Teufrern bewohnt ; endlich Forsethi , der Sohn Balders , ebenfalls auf Helgoland verehrt; alle nur in den Ring aufgenommen, um die Zahl zwölf möglichst voll zu machen ; schließlich noch Loki. Balder und Loki wurden indeß nicht immer in den Kreis gerechnet , so daß die übrigen zuſammen ihrer zwölf waren.

XII.

Nordische Göttinnen.

Mit den Göttinnen machten die nordischen Mythologen noch weniger Umstände , fie nahmen außer der Wanen - Göttin Venus-Freya , der einzigen nachweislich von außen unter die Nordvölker gekommenen, Alles auf, was ihnen zur Hand stand, als die Frigg , Odins Gemahlin, frigh, auch fridh ist flein, lieb, fraig, frog, munter, lebhaft, freudig ; dies wird auch der ursprüngliche Sinn von Freya oder Frau ſein. Dazu kamen die Saga , die Eir (eine Aerztin) und die jungfräuliche Gefion ,

48 die aber trotzdem mit einem weißen Jötunen (also einem Wenden) vier Ochsen erzeugte, welche, vor den Pflug gespannt, dänisch Seeland von Schweden abpflügten, so daß zwiſchen beiden Ländern der Dereſund entstand . Als einer Jungfrau gehörten ihr alle unvermählt gestorbenen Seelen. Die Gefion war dem Namen nach eine weiße Ziege oder Kuh, also eine Ifis , denn fion ist feltisch weiß und gabh , gaibh Ziege , auch Kuh, kaib, kübe, wie die Hessen aussprechen. Die Fulla war ebenfalls eine Jungfrau und Dienerin bei der Frigg, der sie das Schmuckkästchen nachzutragen hatte ; sie war eine Fylgie oder ein Folgegeist, keltisch fuil oder fol, Familie, fuilik, zur Familie gehörig ; Fylgien waren alle Ahnfrauen , Hausgötter , Hamingien oder Schuhgeister. In den füdslavischen Ländern spielen dieſe Fuilen als Wylen , Willis , Wilwen , im Norden als Wölen , Wülvur, Walen, Walven , Wölfe noch heutzutage im Volksglauben eine große Rolle, auch die slavischen Mythologen machen sich viel mit denselben zu schaffen. Die Wal-kyren oder Wal- Mädchen gehören ebenfalls in diese Götter-Sippe ( vergl. darüber den Artikel Fylgien in meinem deutsch-keltischen Wörterbuch) . Eine andere Walhalla-Dame war die Siöfn oder Siafni, speciell die Göttin der Zärtlichkeit und Liebe, sie war der Freya amtliche Stellvertreterin, weil diese auf der Fahrt nach ihrem ungetreuen Odhur zu oft abwesend war ; Odhur , kelt. aodhair , bedeutet Schäfer, derselbe verließ sie nämlich wegen ihrer steten Untreue , denn sie trieb ähnliche Streiche , wie sie der griechischen Venus nacherzählt werden ; als ihr Schäfer (wohl eine Erinnerung an den Teukrer Paris) in der Ferne selbst auf fremde Abentheuer ausgegangen, bekam sie wieder Sehnsucht nach ihm und durchsuchte alle Länder und Völker, ohne ihn wiederzufinden ; ihre Klagen darüber hauchte sie in dem bis heute in Schottland erhaltenen Liede von Robin Adair aus, einem Liede,

das seiner schönen

Melodie wegen jezt in ganz Europa geſungen wird, wenn auch modernisirt. Während Freyas Irrfahrt besorgt nun, wie geſagt, Siafni deren Liebesgeschäfte. Siöfn kommt von siobban , zart, mild, freundlich. Eine dritte Liebesgöttin war die Lofn , welche

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von Odin und Frigg die Ermächtigung erhalten hatte, alle Liebenden zu kopuliren , welche Schwierigkeiten dem Bunde auch sonst entgegenstehen mochten ; logh oder lof ist Erlaubniß oder Urlaub. Sie versah also das Geschäft des Schmieds von Gretna Green , und , merkwürdig , auch in der Edda werden die Hochzeiten durch einen Schlag mit Thors Hammer perfect gemacht. Der Schmied von Gretna-Green ist also Thors Nachfolger und Geschäftsführer. Die betreffende Stelle in der ThrymsSage lautet: „ Da hob Thrym an, der Thurſenfürſt : Bringt mir den Hammer, die Braut zu weihen, Legt den Miölnir (Thors Hammer) der Maid in den Schooß, Und gebt uns zuſammen nach ehelicher Sitte. " Darnach war es thursische Sitte, mit dem Hammer zu trauen , Thor war der Thursen Gott , und die Zigeuner sollen heute noch mit dem Hammer den Ehebund vernieten. Die Wara gewahrt und wahrt Eide und Verträge und bestraft die, welche sie brechen ; die Syn ist Thürsteherin; suain war der Name des Seiles oder Strickes, womit vor Eiuführung der eisernen Schlösser die Thüren und Kastendeckel zugebunden wurden. Hlin rettet aus Gefahren, wenn man sich an ſie wendet oder „ lehnt “ , nordisch hleinir.

Die Snotr ist klug und

artig , von feinem Aussehen , snuadh iſt eine „schnaße “ Frau, wie man heute noch am Rhein sagt. Die Gna thut der Frigg die Kurierdienste und reitet auf einem Pferde durch die Lüfte. Gna oder ena, ein alt - keltisches , jetzt nicht mehr gebrauchtes Wort, bedeutet gnädig. Außerdem gab es in Walhalla noch eine lange Reihe anderer Damen, welche das Tischzeug in Ordnung zu halten hatten, den Trank verabreichten, die Bierschaalen aufbewahrten ; dazu noch , wie gesagt, die Walkyren , welche die zum Sterben bestimmten Heiden während der Schlacht auswählten, weiter die drei Nornen , genau dieselben wie die römischen Parzen und griechischen Moiren, marw ist felt. der Tod, dat. mors , morbus. Die Mutter Thors, des Donnergottes, war 4

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Förd, die Erde , wohl dieselbe , die bei den Griechen Hertha hieß ; die schönste der Göttinnen war aber troß der Frigg und Freya die Gerda , die Braut Freyers ; sie war eine Jotune oder Wendin, gerade wie Freyr ebenfalls von den Wanten stammte, darum kommt ſein Name heute noch in den Slavenländern als Freyer oder Bräutigam vor. Der Vater der Gerda hieß Gymir , war also ein Kymmerier; er wohnte in Jötunheim oder Gymisgard, wie Alles in dem Stirnisför oder der Fahrt des Skirnir berichtet wird . Skirnir war nämlich Freyrs Brautwerber, und das Lied von dieser Fahrt gehört zu den anmuthigeren Theilen der Edda, iſt anständig gehalten und hat hohen Werth , weil es neben manchen historischen Andeutungen eine uralte kymbrisch- wendiſche Brautwerbung beschreibt. Ich gebe es darum hier vollständig nach Simrocks Uebersetzung.

XIII.

Skirnirs Fahrt.

Freyr , der Sohn Niörds , hatte sich einst auf Hlid-ſkialf (cloidh Laube , sgialg Schatten) gesezt und überschaute die Welten alle. Da sah er nach Jötunheim und sah eine schöne Jungfrau aus ihres Vaters Haus in ihre Frauenkammer gehen. Stirnir hieß Daraus erwuchs ihm große Gemüthskrankheit. Freyrs Diener. Da sprach:

Niördr bat ihn, Freyr zum Reden zu bringen.

Stadi. 1) 1. Steh' nun auf Skirnir, ob Du unſern Sohn Magst zu reden vermögen,

1) Niördrs Frau , ebenfalls eine Jötune, des Joten Thiaffy (duais,

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Und das zu erkunden, warum der Kluge wohl So unfreudig aussieht.

Stirnir. 2) 2. Uebler Antwort verseh' ich mich bei Eurem Sohn, Wenn ich Rede an ihn richte, Um das zu erkunden, warum der Kluge wohl So unfreudig aussieht. 3. Sage mir, Freyr, volkwaltender Gott, Was ich zu wissen wünsche : Was weilst Du allein im weiten Saale, Herr, den heilen Tag?

Freyr. 4. Wie soll ich sagen Dir jungem Gesellen Der Seele großen Gram? Die Alfenbestrahlerin (Sonne) leuchtet alle Tage, Doch nicht zu meiner Liebeslust. Skirnir. 5. Dein Gram mag so groß nicht sein, Daß Du ihn mir nicht sagen solltest. Theilten wir doch die Tage der Jugend ; So mögen wir Zwei uns Zutrauen ſchenken. Freyr. 6. In Gymir's Gärten sah ich gehen Mir liebe Maid,

Fürst, Zeus) Tochter, der aber auch an anderen Stellen der Edda ein Thurſ genannt wird. Skadi gezischt für caid, castus, rein, was sie aber nach Lolis Behauptung durchaus nicht war , denn ſie verging ſich mit Loki ſelbſt, der übrigens den Walhalla-Damen ſammt und ſonders während des Trinkgelages bei dem Kymbern Oegir ein über die Maßen schlechtes Testimonium ausstellte. 2) Bon sgairn, thätig, lebhaft, oder wie ein Wolf oder Hund brüllend. 4*

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Ihre Arme leuchteten, und Luft und Meer Schimmerten von dem Scheine. 7. Mehr lieb' ich die Maid, als ein Jüngling mag Im Lenz seines Lebens. Von Asen und Alfen will es nicht Einer, Daß wir beiſammen seien. ³)

Sfirnir. 8. Gieb mir Dein rasches Roß, das mich sicher Durch die flackernde Flamme führt. 4) Gieb mir das Schwert, das von selbst sich schwingt Gegen der Rhymthurſen 5) Brut. Freyr.

9. Nimm denn mein rasches Roß, daß Dich sicher Durch die flackernde Flamme führt, Nimm mein Schwert, das von selbst sich schwingt In des Beherzten Hand.

Skirnir sprach zum Roß : 10. Dunkel ist's draußen, wohl dünkt es mich Zeit, Ueber feuchte Berge zu fahren. Wir beide vollführen's, fängt uns nicht beide Jener kraftreiche Riese. Skirnir fuhr nun gen Jötunheim zu Gymir's Wohnung. Da waren wüthige Hunde an die Thüre des hölzernen Zaunes

3) Weil die Jötunen nicht zum herrschenden Stamme gehörten , also deu Asen oder Skythen und den Alfen oder Sachsen nicht ebenbürtig waren. 4) Womit ihr Gemach gleich dem der Brynhilde umgeben gedacht war; es find dies Erinnerungen an die Baalsfeuer. 5) Dieſe Rhymthursen bedeuten nicht Reif- Riesen , wie Simrock nach Grim übersetzt, sondern ,,grimmige Braunhäute", Zigeuner. 6) Gerda's Vater, der Kymbre..

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gebunden , der Gerda's Saal umschloß. Er ritt dahin , wo der Viehhirt am Hügel saß, und ſprach zu ihm :

11. Sage mir, Hirt, der am Hügel sizt Und die Wege bewacht, Wie mag ich schauen die schöne Maid

Vor Gymir's Grauhunden?

Der Hirt. 12. Bist Du dem Tode nah' oder todt bereits ? Willst Du Dein Leben verlieren ? Zu sprechen ungegönnt bleibt Dir immerdar Mit Gymir's göttlicher Tochter. Sfirnir. 13. Kühnheit steht besser als Klage ihm an, Der da fertig ist zur Fahrt.

Bis auf Einen Tag ist mein Alter bestimmt Und meines Lebens Länge. Gerda. 14. Welch tosend Getöse ertönen hör' ich Hier in unsern Hallen? Die Erde bebt davon und alle Wohnungen In Gymirs-Gard erzittern.

Die Magd. 15. Ein Mann ist hier außen von der Mähre gestiegen Und läßt sie im Graſe graſen.

Gerda. 16. Bitt' ihn einzutreten in unsern Saal, Und den milden Meth zu trinken, 1

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Obwohl mir ahnt, daß hier außen ſei Meines Bruders 7) Mörder.

17. Wer ist es der Alfen oder Asen-Söhne Oder weisen Wanen ? 8) Durch flackernde Flamme was fuhrst Du allein, Unsere Säle zu schauen ?

Stirnir. # 18. Bin nicht von den Alfen, noch von den Asen-Söhnen, Noch den weisen Wanen. Durch flackernde Flamme doch fuhr ich allein, Eure Säle zu schauen.

19. Der Aepfel eilf hab' ich allgolden, 9) Die will ich, Gerda, Dir geben, Deine Liebe zu kaufen, daß Du Freyr bekennst, Daß Dir kein Lieb'rer lebe.

Gerda. 20. Der Aepfel eilf nehm' ich nicht an von Dir, und keines Mannes Minne, Noch mag ich und Freyr, dieweil wir athmen Beide, Je zusammen sein.

7) Als ihr Bruder wird in andern Stellen Beli, Beel, Baal, der Sonnengott der Kelten , angeführt, der von Freyr erſchlagen worden. Darnach, waren die Jötunen , wozu Gerda gehörte , Baalsdiener , und siegte Freyr oder die neue nordiſch-afiſche Lehre, über dieselben. € Gerda's Scharfsinn merkte alsbald , wer der Fremde sei , entſprechend ihrem Namen , denn gearr ift scharf, verständig und dae Person, gleichbedeutend mit Hildegard, von hild, gild, Mädchen. 8) Die Wanen waren alſo weiſe, d. h. gebildeter als die Asen , Offe then oder Skythen , desgleichen als die Alfen , Sachſen , als deren Stammvater Halfdan, der Alte, gilt. 9) Orangen.

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Skirnir. 21. So geb' ich Dir den Ring, der in der Bluth lag Mit Odhin's jungem Erben. Acht entträufeln ihm ebenschwere In jeder neunten Nacht. Gerda. 22. Den Ring verlang' ich nicht, der in der Lohe lag Mit Odhin's jungem Erben. In Gymire -Gard bedarf ich Goldes nicht ; Mir schont der Vater die Schäße. Stirnir. 23. Siehst Du, Mädchen, das Schwert, das scharfe, zaubernde, Das ich halt' in der Hand? Das Haupt hau' ich vom Hals Dir ab, So Du Dich ihm weigern willst.

Gerda. 24. Zu keiner Zeit werd' ich 3wang erdulden Um Mannes-Minne. Wohl aber wähn' ich, gewahrt Dich Gymir, Daß Ihr Kühnen zum Kampfe kommt.

Stirnir. 25. Siehst Du, Mädchen, das Schwert, das scharfe, zaubernde, Das ich halt' in der Hand ? Seine Schneide erschlägt den alten Riesen, Fällt Deinen Vater tødt.

26. Mit der Zauber-Ruthe zwingen werd' ich Dich, Maid, zu meinem Willen. Dahin wirst Du kommen, wo Kinder der Menschen Dich nicht mehr sollen sehen.



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27. Auf des Aaren Felsen in der Früh' sollst Du ſizen, Weg von der Welt gewandt zur Hel (Hölle), Speise sei Dir widriger als Wem auf Erden Der menschenleide Midgards-Wurm. 10) 28. Ein scheußlich Wunder wirst Du draußen, Daß Hrimnir Dich angafft, Dich Alles anstarrt, Weit kunder wirst Du als der Wächter der Götter ; " ) Gaffe denn hervor am Gitter.

29. Einsamkeit und Abscheu, Zwang und Ungeduld Mehren Dir Trübfinn und Thränen. Sig' nieder, so sag' ich Dir des Leides schwellenden Strom Den zweischneidigen Schmerz.

30. Riegel sollen fortan Dich ängsten all den Tag Hier im Gehege der Joten, Vor der Hrimthursen Hallen sollst Du den heilen Tag Dich krümmen koſtberaubt, Dich krümmen kostverzweifelt, Leid für Luft wird Dir zum Lohne, Mit Thränen trägst Du Dein Unglück. 31. Mit dreiföpfigem Thursen theilst Du das Leben Oder alterst unvermählt. Sehnsucht scheucht Dich Von Morgen zu Morgen ; Wie die Distel dorrst Du, die sich gedrängt hat In des Ofens Oeffnung.

32. Zum Hügel ging ich, in's tiefe Holz, Zauber-Ruthen zu finden, Zauber-Ruthen fand ich.

10) Der um die Erde liegt. 11) Heimdal, der viel gereiste nomadische Alfe.

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33. Gram ist Dir Odhin, gram iſt Dir der Aſen-Fürſt (Thor) Freyr verflucht Dich, Flieh, üble Maid, bevor Dich vernichtet Der Götter Zauber-Zorn. 34. Hört es, Joten, hört es, Hrimthursen, Suttungs Söhne, Ihr Aſen ſelber ! Wie ich verbiete, wie ich banne Mannesgesellschaft der Maid, Mannes Gemeinschaft.

35. Hrim-grimnir 12) heißt der Riese, der Dich haben soll, Hinterm Todtenthor, Wo verworfene Knechte in knotige Wurzeln Dir Geißenharn gießen, Anderer Trank wird Dir nicht eingeschenkt, Maid, nach Deinem Willen, Maid, nach meinem Willen! 36. Ein Thurs 13) schneid' ich Dir und drei Stäbe: Ohnmacht, Unmuth, Ungeduld, So schneid' ich es ab, wie ich es einſchnitt, Wenn es Noth thut, so zu thun.

Gerda. 37. Heil sei Dir vielmehr, Held , und nimm den Eiskelch, Firnen-Methes voll . Ahnte mir doch nie, daß ich einen würde Vom Stamme der Wanen wählen. Stirnir. 38. Meiner Werbung Erfolg wüßt' ich gesichert gern, Ehe ich mich hinnen hebe. 12) Arg-grimmig. 13) Th, eine schlimme Rune.

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Wann meinſt Du in Minne dem mannlichen Sohne Des Niördr zu nahen ?

Gerda. 39. Barri 14) heißt, den wir beide wissen, Stiller Wege Wald, Nach neun Nächten will Niörds Sohn da Gerda Freude gönnen.

Da ritt Stirnir heim , Freyr stand draußen , grüßte ihn und fragte nach der Zeitung.

Freyr. 40. Sage mir, Skirnir, ehe Du den Sattel abwirfſt, Oder verrückst den Fuß, Was Du ausgerichtet hast in Riesenheim Nach meiner Meinung und Deiner.

Stirnir. 41. Barri heißt, den wir beide wiffen, Stiller Wege Wald, Nach neun Nächten will Niörds Sohn da Gerda Freude gönnen.

Freyer. 42. Lang ist Eine Nacht, länger find zweie, Wie mag ich dreie dauern? Oft däucht ein Monat mich minder lang, Als eine halbe Nacht des Harrens.

14) Bar, for, Fürst, rus, Wald, also Forst, Farriswald in Jütland, dem alten Kymbernfiße.

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XIV.

Ergebnisse für die Geſchichte. Aus dem Inhalte des vorstehenden Liedes, welches in Dänemark unter dem Namen Swenda-Lied bis in unsere Zeiten sich erhalten hat , zusammengestellt mit dem weiter voran Erörterten, geht 1) vor Allem die für die Geschichte entscheidende Thatsache hervor, daß Freyr ein Wane oder Wende war , daß also bei der Eroberung und dauernden Beseßung der Nordlande die Wenden neben den Asen und Alfen , oder den Skythen und Sachsen eine hervorragende Rolle spielten ; 2) ergiebt sich aus der Schönheit der Gerda, daß die Jötunen , deren Stamme sie angehörte , keine unfläthigen Riesen waren , wie die sächsischen Poeten der späteren Zeit, und dazu gehören auch die isländischen Zuſammenſteller und Bearbeiter der Edda, fie auszumalen beliebten ; 3) zeigt der Name des Vaters der Gerda, der als Gymir oder Kimmerier bezeichnet wird , daß diese von den Griechen statt des Ausdrucks Kimbern gebrauchte Form auch noch im Norden üblich war , so daß Plutarchs Annahme, die Kimbern des Marius stammten von den mäotischen Kymmeriern ab, auch in der Edda ihre Bestätigung findet ; 4) weist der Barri oder Farriswald , wo das Stelldichein zwischen Freyr und Gerda stattfinden sollte, auf Jütland, den alten Sitz der Kimmerier , oder auf die Kimbriſche HalbInsel; 4 5) Gymisgard oder Gymirshof lag in Jötunheim, im Lande der Jöten, oder wie man heutzutage schreibt , der Jüten ; 6) sonach sind die alten Jötunen die heutigen Jüten ;

60 7) da das Wort Jötun von ith , ioth , Korn, und on, Mann, abgeleitet werden muß, - eine andere Erklärung giebt es nicht so fallen die Jötunen schon dem Wortfinne nach mit den Wenden zusammen , deren Name , uaindae , ebenfalls auf Viehzucht und Ackerbau hinweiſt; 8) die Nordspite Jötunheims , Jütlands oder der Kymmerischen Halb- Insel heißt aber heute noch Wendsyssel, Sih, Bezirk oder Gerichtssessel der Wenden ; 9) die heutigen Bewohner des Wendſyffels sind noch ebenso hellblond , blauaugig und glänzend weißhäutig , wie der Gerda ihre Arme , die vor „ Glanz leuchteten , so daß Luft und Meer vom Wiederscheine schimmerten " . Diese Gerda war , in sofern als die Cherusker ebenfalls Kymbern , bezw . Jötunen waren, eine Stammschwester der nicht minder als schön , hellblond und blauaugig beschriebenen Thusnelda, der Braut Armins , des Hauptmanns der Harzer ; 10) Baal, Beel oder Beli wird als Bruder der Gerda bezeichnet, sonach ſtanden die Jötunen mit den irischen und belgischen Kelten oder Chaldäern in guten Beziehungen, und in der That wird in den irischen Sagen von einer Einwanderung von Belgen unter Jobath nach dem Osten Europa's berichtet , und zwar zu derselben Zeit, als das heutige Belgien und Rheinland von den Nemediern unter Breag erobert wurde, in Folge dessen dann die vorher schon an Rhein und Weser anſäßig geweſenen Wenden oder Vangionen theils nach Thüringen, theils durch die Schweiz nach Italien gedrängt wurden. In Ost - Europa dagegen erlangten die Wenden die Oberhand über die Kelten, was in der Ermordung Beli's durch den Wanen Freyr ausgedrückt wird. Im Uebrigen waren Wenden und Kelten ursprünglich Brüder , beide stammten aus Medien , nur kamen erstere direkt über Phrygien und Thracien oder das Getenland , Jötenland, nach Mittel-Europa, während die dem Kriegerſtamme angehörigen medischen Chaldäer zu Schiff mittelst der Fenier über Afrika, Spanien und Irland dahin gelangten ; 11) die Wenden wurden auch Warnen oder Weriner

61 genannt, was denselben Sinn giebt, wie Wanen oder Jötunen, denn fearan oder fuirion iſt Wiese. Ihre Saaten-Göttin hieß darum Feronia , dem Sinne nach dasselbe, was Iſis ; 12) die Feronia wurde namentlich von den Sabinern verehrt , die auch Sabeller hießen ; dieselben Sabeller finden sich in der Form Sabalingen in Holstein. Sabhal ist Scheune; 13) die Sabiner gehörten zum Stamme der Umbern oder wilden Krieger ; an der Nordsee in Holſtein aber saßen die Ambronen , die als tapferste Schaar mit den Kymbern und Teutonen gegen Gallien und Italien zogen ; ambra iſt wild, on oder fear Mann; 14) Freyr und seine Schwester Freya , die Wenden- Göttin oder Vanadis , werden als Kinder Niörds bezeichnet , Niörd stammte aber aus Noatun oder Neustadt, Noviðunum, Neapolis an der taurischen Küste der Halb- Insel Krim (vergl. Strabon, Buch 7. Cap. 4.) ; er war von den Wanen an die Asen als Geisel übergeben worden, wie diese den Wanen einen Hönir oder Hunnen zugeschickt hatten ; 15) Noatun war aber eine griechische oder teukriſch-milesische Colonie, die zum sogen. bosporanischen Reiche gehörte , das in den Städten von klein-aſiatiſchen Griechen (alſo Teukro-Czechen), auf dem Lande von Wanen, Kymmeriern, oder wie sie von den Griechen auch genannt wurden, Georgen, d. h. Acker-Arbeitern, bewohnt war. Aus diesen Gegenden, so berichtet Strabon , kam in frühern Zeiten die Getreide - Zufuhr zu den Griechen , sowie aus dem mäotischen See das Eingesalzene. Leukon soll aus Theodosia den Athenern zwei Millionen einmal Die weiter hundert Tausend Scheffel Korn geschickt haben. sich nährten (Skythen) Nomaden nördlich und östlich wohnenden von ebenso Pferdefleisch, von , namentlich Fleisch dagegen von Käse, Milch, besonders der ſauern Milch der Pferde (welche ihre Sclaven bis zum Gerinnen rühren mußten). Diese Milch, oder der Kumis, war ihre Lieblingsspeise, weshalb sie von den Dichtern auch kurzweg Milcheſſer genannt wurden. „ Diese Nomaden waren mehr kriegerisch als räuberisch ; Krieg führten sie aber

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wegen des Tributs , denn sie überlassen , sagt Strabon , ihr Land zum Bebauen Jedem , der Luft hat , und ziehen vor, fich dafür einen bestimmten Tribut auszubedingen. Dieser ist mäßig , nicht übermäßig , sondern bloß für die Bedürfnisse des Lebens , weun er aber nicht gegeben wird , so fangen ſie Krieg an. So konnte der Dichter (Homer) dasselbe Volk gerecht und arm nennen , denn wenn der Tribut richtig einging , so fingen sie nicht leicht Krieg an. Sie selbst zahlen keinen Tribut und vertrauen auf ihre Macht, weil sie fühlen, daß sie einen angreifenden Feind zurückschlagen oder ihm das Eindringen verwehren können. Die Ackerbauer werden für sanfter und bürgerlich gebildeter gehalten (wegen der Miſchung mit Griechen), doch suchen sie sich, da sie am Meere wohnen, Reichthum zu erwerben und enthalten sich auch nicht des Raubes und ähnlicher Ungerechtigkeiten und Uebervortheilungen. " Hier giebt, wie ersichtlich, Strabon ein vollständiges , naturgetrenes Bild der Entstehung des ackerbautreibenden Wendenthums , wie es sich von da aus an die Ostsee , nach Polen und Ungarn verbreitete, immer mit einem Zuſaß von herrschendem Skythenthum, d. h. polnischem und ungarischem Adel ; 16) die Wenden- Göttin Vanadis oder Venus war seit alten Zeiten die Schußgöttin von Troja , der Hauptstadt der Teukrer im nordwestlichen Klein-Asien, wo sie indeß gleich der Isis und Athene mit einem Vogelkopf abgebildet wurde ; sie kam durch trojanische Flüchtlinge in alle Welt , so namentlich auch nach Albalonga und von da nach Rom, ebenso nach Phanagoria an dem kimbrischen Bosporus, Kertsch gegenüber ; 17) daraus ergiebt ſich , daß der nordisch-wendiſche Freyr sammt der Freya teukrisch - griechischen Ursprunges sind und mit Apoll und Venus zusammenfallen ; 18) Apoll ist aber Niemand anders, als der alt-babilonische Baal und die Venus die babilonische Anaitis (die Neidh von Sais in Unter-Aegypten) ; beide kamen durch Vertreibung chaldäischer Abtheilungen aus dem Ur-Lande der Cultur vom Tigris erst nach Canaan , von da auf pelasgischem Wege nach

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Delos und Kypros, endlich im Verein mit den ägyptisch-titaniſchtretischen Herrschaften, Zeus und Hera, nach dem übrigen Griechenland und Italien; 19) in ähnlicher Weise kam die ägyptische Isis mit ihrer weißen Kuh oder Gefion als Demeter (Land Mutter, du-mathair) nach Eleusis bei Athen , und Osiris oder Dionysos , Gott von Nýſa , sammt seinem schwarzen Apis oder Czernobog , Bakchus, nach Thrazien in's alte Geten- oder Jötenland; 20) die Wenden , Geten oder Jöten , die ursprünglich aus Thrazien nach der Donau kamen , verbreiteten sich von hier aus fächerförmig über ganz Mittel-Europa vom Rhein bis zum Asowschen Meere und von Scandinavien und Finnland bis an die Ufer der Tiber, wo sie als Sabiner den arbeitsamsten Theil des römischen Volkes bildeten. Am Rheine hießen sie erst Brukterer oder Boroktrer, oder wie Ptolemäus schreibt, Busakterer , d . h. Viehbeſitzer (buasach, Einer der viel Vieh hat, tir, Land, und ui, Leute) . Wegen ihrer Weiden kamen sie mit den sächsischen Chamaven oder Sigkambern (Art-Kämpfern) und Engern in Conflikt , bei welchem , wie Tacitus erzählt , ihrer 60,000 zusammengehauen worden sein sollen (Tac. Germ. 33.) . Hätten die Buſakterer mit den Sigkambern (cam ist Kampf und sig Art) zu ein und demselben „ germanischen " Stamme gehört, wie unsere Germaniſten wähnen, ſo bliebe ihr Zwift unerklärlich ; die Brukterer waren aber warnische Viehzüchter, die Andern ein aus den östlichen Steppen gekommenes Reitervolk, und ihr Streit hatte denselben natürlichen Grund , wie der der Ubier mit den Sueven an der Lahn, sie wurden am Ackerbau verhindert, weil die Steppen-Völker Alles zur Weide machten , und wanderten die Ubier deshalb auf das linke Rhein-Ufer zu den Römern ; 21) in Finnland´ heißen die Wenden Fennen , was dem lat. foenum oder franz. foin, Heu, genau entspricht; bei den alten Scandinaven wurden sie Forn - Joten genannt , entstanden aus Warnen und Joten, ein Doppelname , wie er sich bei Völkern, welche die Bedeutung der einzelnen Worte nicht genau kannten, öfter bildete. Indeß bedeutet fuar, fuaran auch Frost,

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Kälte, Norden , und damit fiele der Ausdruck Forn - Joten mit dem altgriechischen der Tyssa - Geten zusammen , welche nach Herodot eben da saßen , wo bei den Scandinaven die FornJoten oder Nord-Jötunen (denn tuath, tis iſt Norden) genannt werden ; Mongolen sind die Finnen jedenfalls nicht; 22) die Isländer bezeichnen die Jüten auf Jütland als Gothen, woraus ersichtlich, daß Jote, Jöte , Gothe , Gete , ein und dasselbe Wort sind , sonach also die Geten Thraziens schon dem Namen nach dieselben sein mußten , wie die Jöten oder Wenden der Nordlande ; 33) dabei ist jedoch nicht außer Acht zu laſſen ,

daß die

sogen. Ost- und Westgothen ganz andern, nämlich deutschtartarischen oder yuetischen *) Stammes waren, als die jötnischen Geten, und daß die Jötunen oder Geten in ihrer Masse nicht aus den Steppen Hoch-Asiens , sondern aus Phrygien und Medien kamen , wie nicht nur ihre gemeinsame Sprache , ſondern auch der ihnen eigene atlantiſch-phrygiſche Kybele - Dienſt beweisen, von welchem in den folgenden Abschnitten die Rede sein ſoll; ein Dienſt, der sich merkwürdiger Weise schon in ältester Zeit auch bei den Wendenvölkern des heutigen Mecklenburg zeigte ; 24) daß dieser Kybele-Dienſt indeß auch in Aegypten Wurzel gefaßt hatte, insofern der Apis und die Isis' , die hier mit der Kybele identifizirt wurde, in einem Wagen herumgeführt wurden, zeigt die hebräiſch - ägyptische Bundeslade mit

ihrem

goldenen Kalbe , worüber in den nächſten Capiteln ebenfalls das Nähere zu ersehen.

*) Der Name dieser Gothen kommt wie der der Jutugen , oder heutigen Schwaben , ebenso wie der der Fataken oder Juts am Indus von juth, juthag Pfeil , französisch jeter werfen , daher die chinesische Bezeichnung Yueten für alle suevisch- gothischen Nomadenvölker. Vergl. hierüber den Artikel Yueten in meinem deutsch-keltischen Wörterbuche.

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XV. Ein germanistisches Dogma. Bei den Germanisten gilt es als eine unumstößliche Thatsache, daß an der Ostsee früher als die Wenden schon Deutsche oder was zu dem Behufe hiermit als gleichbedeutend angenommen wird, Germanen geſeſſen hätten , sonach die Wenden oder Slaven des Mittelalters, als Eindringlinge auf urdeutſchen Boden, mit vollem Rechte wieder von den Deutschen verdrängt oder unterjocht worden seien. J. Grim , Kaspar Zeuß und F. W. Barthold in seiner Geschichte von Rügen und Pommern geben sich alle erdenkliche Mühe , für dieſes Dogma eine hiſtorische Unterlage zu schaffen , indeß ohne den geringsten Erfolg ; denn eine gewaltsamere Entstellung und Verdrehung der von den griechischen und römischen Autoren gelieferten Belege , als fie diese teutonischen Eiferer sich hier zu Schulden kommen laſſen, wird schwerlich noch weiter aufgefunden werden können. Man müßte dicke Bücher schreiben, um Punkt für Punkt zu widerlegen, was z . B. Barthold, sonst ein tüchtiger und in andern als germanistischen Fragen sogar sehr unparteiischer Forscher , im 1., 2. und 3. Capitel seines ersten Buches über die Urgermanen der Ostsee zusammengefabelt hat. Als untrügliche Quelle gilt ihm Tacitus , selbst auch da , wo dieser Tendenz-Hiſtoriker mit andern Geschichtschreibern des Alterthums im Widerspruche steht. Germanen gelten Barthold aber durchweg als Deutsche, obwohl ihm die grünhäutigen Heruler für sich schon ganz allein die Augen hätten öffnen können, der braunrothen Thursen, Turcilinger, Skyrren und Rygir gar nicht zu gedenken , und eben so wenig der raben-schwarz-haarigen Burgunden , wie doch Alles in der Edda klar zu lesen, oder mit Hilfe jedes irischen oder schottischen Lerikons leicht zu entziffern iſt. Die alten Namen find ja alle keltisch, wie Barthold S. 89 selbst erklärt ; 11 die Kelten," sagt er, die Erstlinge der Brüder, die sich in den Nord-Weſten drängten, haben das spätere Deutſch5

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land einst ganz besessen , dann theilweise sich zwischen nachdrängenden „ Germanen " behauptet. Cäsar kennt noch die Ueberlegenheit der Gallier über die Germanen , und Tacitus beruft sich auf dessen Angaben. Von den Kelten stammen die noch bis auf diese Stunde üblichen Benennungen aller großen Naturmerkmale Deutschlands, der Gebirgsstöcke, der Berge, der Wälder, der Ströme und Flüsse u. s. w. " Diese von Barthold aufgestellten Säße sind richtig , jedoch nur mit der Erläuterung , daß die Wenden, wie alle slavischen Völker, ebenfalls zum großen Kelten-Stamme zu rechnen sind, als Ost-Kelten nämlich, hervorgegangen wie die Weſt-Kelten aus mediſchem oder ariſchem Blute, aber getrennt und eigends nationalisirt in Folge ihrer ursprünglichen Kasten-Verschiedenheit und des Weges , welchen sie einschlugen, um nach Europa zu gelangen; die erstern nämlich über Phrygien und Thrazien als Geten, die andern über Afrika oder das Mittelmeer und Spanien als Gaelag oder Gallier. Eine Abzweigung dieser Gaelag waren die Belgier, Nemeder und Chatten, in den iriſchen Sagen CathagGälen genannt , welche die Rheinlande von Britannien aus eroberten , mit den Galliern dadurch in steten Kampf geriethen, und von diesen , als über der Grenze (ghearr) wohnend , in erster Zeit vorzugsweise Germanen genannt wurden, später kamen dann noch die Kymbern aus dem Osten dazu. Erst lange Jahrhunderte nach diesen belgischen und kymbrischen Germanen, bezw. gallischen und getiſchen Medern, erschienen die deutschen Sachsen und Gothen in Europa , und zwar von Baktrien her, wo die Sachsen (Safen, chinesisch Sai) um 177 vor Chr. das mazedonisch-baktrische Reich zertrümmert hatten, aber 127 vor Chr. von den Yeten oder Gothen weiter westlich getrieben wurden. Beide, Saken und Gothen (als deren Unterabtheilung die Sueven zu betrachten sind) , kamen nun , ein Schwarm dem andern folgend, allmählich nach den europäiſchen Skythen- und Sarmaten-Ländern, und so auch an die Ost- und Nordsee, wo sie die schon Jahrhunderte daselbst angesiedelten verschiedenen Wenden - Stämme unterjochten, indeß allmählich

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durch die Kriege mit den Römern immer weiter westlich und südlich gelockt, es der alten Bevölkerung möglich machten, sich nach und nach wieder zu erheben und zu befreien, ein Zustand, der weit bis in das Mittelalter sich erhielt, schließlich aber damit endete, daß an der Ostsee die Wenden nochmals unterjocht wurden, in Folge dessen die deutsche Sprache (d . H. das belgiſch-ſächſiſche oder rheiniſch - fränkische Sprach - Gemengsel) auch an der Ostsee die Oberhand erlangte, während in den heutigen sogen. Slavenländern die ostkeltischen, d . h. die getischen, polnischen und czechischen Mundarten sich erhielten. Dies der einfache geschichtliche Verlauf der Dinge, der aber von unsern Germanisten durch Aufstellung einer baltiſch-deutschen Urbevölkerung, wie schon bemerkt, geradezu auf den Kopf gestellt wird. Als Gegenstück dazu haben nun die neuern Slaviſten 3. B. Sembera in Wien und Wojciechowski in Krakau den Spieß umgekehrt und nicht blos alle Ostsee-Völker, sondern auch noch die Sueven des Tacitus für Slaven erklärt, wodurch denn freilich die gesammte oberdeutsche Bevölkerung um ihre Ahnen gebracht wird. Sollte es einem dieser slavischen Forscher nun noch weiter gefallen, auch die Sachſen für Slaven zu halten , so wären wir Deutsche völlig elternlos und müßten dann wohl oder übel uns zu der Auffassung des Prof. Schaumann , derzeit, wenn ich nicht irre, in Hannover, bekennen, daß unsere Stammväter eines schönen Morgens aus dem Schlamme der Elbe unterhalb Hamburgs hervorgekrochen seien. Die Beweisführung für eine baltiſch- deutſche Urbevölkerung ist bei Zeuß , Barthold und der ganzen allteutonischen Schule folgende : 1. Die Suartonen (bei Schwerin), von denen Tacitus spricht, wären Deutsche, denn sie hatten „ Schwerter oder Suarten. 2. Ihr Nerthusdienst war ein deutscher , denn die Förd kommt auch in Scandinavien als Erdmutter vor. 3.

Die (leider grünen) Heruler waren die Nachkommen

dieser Suartonen, denn cheru bedeutet ebenfalls Schwert. 3. Ergo waren die Ostseelande ursprünglich deutſch ! 5*

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Also lautet das Dogma , und wer nicht daran glaubt, iſt ein Landes- und Vaterlandsverräther, was dem Verfaſſer dieſer Schrift denn richtig auch schon zu verschiedenen Malen an den Kopf geworfen wurde, ohne ihn jedoch besonders zu derangiren. Was nun Punkt 1 , die „ Schwertonen“, betrifft, so muß es, auch ohne eine Sylbe keltisch zu verstehen , schon einem jeden vorurtheilsfreien Forscher auffallen, daß nur gerade dieſes Völkchen der Suartonen allein zu Schwertern gekommen sein soll, die andern kleinen Nachbar - Völker aber, als die Reudigner, Avionen, Angler, Variner, Eudosen und Vuithonen, die alle von Tacitus im Holsteinschen und Mecklenburgschen genannt werden, keine gehabt haben sollen. Denn hätten sie Alle Schwerter und nicht blos Steinwaffen besessen , so lag kein Grund vor , blos eines derselben als schwertbewaffnet namentlich auszuzeichnen. Damit allein schon fällt die ganze Beweisführung in ihrer Grundlage zusammen. Nun aber bedeutet Suartonen gar nicht einmal SchwertMänner, sondern Fluß-Leute, Fischer, Schiffer; von suar, Saar, Waſſer, und don, duin , Leute, also Anwohner der Schwartau, oder der Gegend von Schwerin, des suar-ions od . Waſſer-Ortes ; denn die Stadt liegt heute noch am Schweriner See. Suar-don ist eben ein keltisches Wort , wie alle andern dabei genannten ; denn die Reudigner sind Feldleute, von reidh, Feld, und duin, Leute, die Avionen wieder Fischer, von abha, Wasser, gleich den Ubiern am Rhein, die Variner sind die schon öfter genannten Warnen oder Weriner, die Eudosen , auch Edusen, Euduren, Eduren genannt, find ioth-aire, Kornleute, wie die Jötunen der Edda. Die Angeln endlich sind Fremdlinge, denn dies bedeutet angul, hier also Sachsen, und die Vuithonen bewohnten die Wälder, denn widd, gwidd ift Wald ; es könnten diese eine Abtheilung Semnonen- Sueven oder Jutungen gewesen sein, die im Verein mit Markomannen und Alemannen im Anfang des 3. Jahrhunderts die obern Donau-Lande besetzten. Diese sämmtlichen Völkchen waren nach Tacitus

( Ger-

mania 40) „ durch Flüſſe und Wälder geschüßt und an den Ein-

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zelnen war nichts Bemerkenswerthes (es hatten also die Suardonen keine Extra - Schwerter ), als daß sie gemeinsam die Nerthus , die Mutter Erde", verehrten ; " dies thaten die Semnonen im Havellande, die eigentlichen Sueven, nicht, troßdem rechnet Tacitus die Nerthus -Völkchen quamquam unter die Sueven (Germ. 38) und zeigt damit an , daß er nicht weiß, welchem Stamme er sie einreihen soll ; er nennt übrigens ganz Ostdeutschland Suevenland , wie alle Länder östlich vom Rhein Germania, ein Verfahren , mittelst dessen er bequem über alle Racen-Unterschiede der alten Völker hinwegkommt. Bei den eigentlichen Sueven macht er auf deren chinesische Zöpfe aufmerkſam , d . h. auf das über dem Scheitel zusammengebundene Haar, wie es heute noch die Weiber unserer Schwälmer, Vogelzberger und Oberheffen, dann der Jutungen in Schwaben tragen. Die Sueven , oder Yueten , Yats , Dschats , kamen nämlich in der That von den Grenzen China's , ja , lange Jahrhunderte herrschten suevische, suabische oder, chinesisch nasal ausgesprochen, sianpische Geschlechter in Nordchina, so namentlich die Dynaſtie der Goei, der Helden oder Hunde, denn dies bedeutet cu . Die Nerthus - Völkchen hatten keine solche Zöpfe, wohl aber war ihr Gottesdieuſt ganz dem der phrygischen Kybele analog , wie ſelbſt Barthold zugesteht , woraus sich denn ohne großen Muth der Saß abstrahiren läßt , daß die NerthusVölkchen von den Phrygen , bezw. thrakischen Geten stammten, fonach Wenden waren , die aber zu Tacitus Zeiten bereits von den Angeln und Vithonen zu Slaven oder wenigstens gezwungenen Bundesgenossen gemacht worden. Außer den hier genannten Wenden-Völkchen gab es aber an der Ostsee noch verschiedene andere als die Faradeinoi, die Farren-Leute, denn buar ist Rindvieh, Farren; die Sithenen, Seithunen, Sidenen , Suthungen bei Sedinum , Scezino

oder Stettin ; dann Rutikler , Rothhäute an der pommerschen Küste; Chalusen an der Trame- Mündung , wohl belgische oder fenische Seefahrer , von cala , calas , Calais , Hafen , und andere mehr.

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XVI.

Kybele, Nerthus , Berta, Frau Holle. Der Nerthus - Dienſt beſtand nach Tacitus (Germ. 40) darin, daß die obengenannten Wenden-Völker glaubten, die Erdgöttin, falls Tacitus die Nerthus richtig auffaßt, mische sich in menschliche Angelegenheiten und fahre unter ihnen umher. „Es ist", sagt er, auf einer Insel des Oceans (wohl auf Femern) ein heiliger Hain und in ihm ein geweihter Wagen, mit Gewand bedeckt; dem Priester allein ist es gestattet , ihn zu berühren, dieser merkt , daß im Innern die Göttin ſei , und geleitet die von weiblichen Rindern Gezogene mit tiefer Ehrfurcht. Dann find die Tage froh, feierlich der Ort, welcher irgend der Ankunft und der Einkehr gewürdigt wird .

Sie führen keine Kriegė,

tragen keine Waffen , alles Eisen ist verschlossen , Frieden und Ruhe sind dann nur bekannt , dann nur geliebt , bis derselbe Priester die am Verkehr mit den Sterblichen gesättigte Göttin wieder in ihr Heiligthum zurückführt. " Alſo förmlich eine Treuga - Dei oder ein Gottes - Vertrag , wie ihn ebenfalls die Kirche im Mittelalter durchseßte, um wenigstens einige Tage in der Woche Frieden im Lande zu bekommen. Dann fährt Ta= citus fort,

wird Wagen und Gewand und, wenn Du es glau-

ben willst , die Gottheit selbst in geheimnißvoller See gebadet. Sclaven bedienen sie, welche sogleich derselbe See verschlingt. Daher denn ein geheimer Schauer und eine fromme Unwiſſenheit , was schauen. "

dasjenige sei ,

was nur die dem Tode Bestimmten

Ganz in derselben Weise wurde die Götter-Mutter Kybele, die Frau Holle nach unserem Volksausdruck, in Phrygien verehrt; sie hieß dort auch mater Idaea, was wieder an ioth, Korn, und die Isis erinnert, wenn man nicht an den Berg Ida denken

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will , an deffen Ostfuß sie besonders verehrt wurde , als Berefynthia, die Frau vom Kuh - Walde ; denn buar oder bwr ist Rind, cunt Wald nnd dia Frau, Göttin, also immer wieder die Isis mit ihrer weißen Kuh, die Jo der Griechen , welche von Argos nach Aegypten entführt wurde , und die Bertha , oder buar-da unserer Volkssagen, die magna mater, welche ebenfalls auf einem Wagen durch die Länder fuhr, die an dem Tage der lavatio matris , der Mutter (Mariä) Reinigung , gebadet und deren Wagen abgewaschen wurde. Die phrygische Landschaft, in welcher die Berecynthia vorzugsweise verehrt wurde , führt heute noch den Namen Tschan ; es ist das waldige Gebirge, welches sich vom Ida am Buſen von Adramyttion bei Lesbos bis zum Marmormeer erstreckt ; allda hauste auch Tantalus lange vor Priamos , wohl ein lele= gischer Zigeuner-König, der von seinem Reichthum rühmte, daß „ der Ida vom Gebrülle der Rinder wiederhalle und Schaafge= blöck, wovon der ganze Boden bebe." Die Kybele , die mit der Isis zuſammenfiel , war übrigens

keine ursprünglich phrygische Göttin , sondern wurde durch die Amazonen, insbesondere durch die Myrina vom Atlas her , dahin importirt ; denn die Amazonen kamen vom Atlas nach Klein-Asien an den Thermodon (vergl . meine Abhandlung über Myrina, die Amazonen-Königin). Ein Zug nach entgegengesetter Richtung, von Phrygien nach dem Atlas, ist nicht nachweisbar. Am Atlas war die Kybele oder , wie sie von den Griechen dort genannt wurde , die Bafileia , Königin über die aditischen Titanen, sie war Tochter des Uranos und der Titäa, und Schweſter der Rhea, welche erst deń Ammon in Lybien und dann ihren Bruder Kronos , den Burgenbauer (cron Burg) ge= Heirathet hatte. Die Rhea stachelte aus Machtneid den Kronos und die andern Titanen , d . h. ihre und der Bafileia Brüder, gegen lettere auf und ließ deren Geliebten Hyperion und ihren Sohn Helios (aille schön, auch Sonne) ermorden ; darüber und weil auch Selene (die Kleine , Biene , auch der Mond) sich von einem Dache herabgestürzt hatte, als sie den Tod ihres Bruders

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erfuhr , wurde Baſileia wahnsinnig , raffte das Spielzeug ihrer Kinder zusammen, sang und tanzte (gleich den spätern Bakchantinnen) durch die Länder, schlug die Cymbel (cuible, daher Kybele), sah alle Kinder für die ihrigen an, trug sie auf den Armen umher und heilte ihre Krankheiten durch mysteriöse, wahnsinnige Zaubersprüche; daher ihr Name große KinderMutter , Hulda, oder gilda, giolda, denn gil, giol iſt Kind und dae Frau. In Phrygien wurde die atlantische Sage lokalisirt, die Kybele auf den Berg Ida versezt , oder auch auf einen andern Berg, den Kybelos nämlich ; ihr Geliebter Hyperion wurde zum Attis oder Papos , beides , Aette wie Papa , soviel als Vater (bezw. Sonne), denn sie wurde von ihm schwanger, worüber erbost, ihre Eltern Mäon (der Feld-Mann) und Dindyme (tinn übel, ärgerlich, tiom zahm ) den Attis ermorden ließen ; da wurde Kybele wahnsinnig, und that nun, was soeben von der Baſileia erzählt wurde. Die Nachkommen des Mäon, namentlich König Midas von Phrygien, vergötterten aber die Wahnsinnige, bauten ihr Altäre und Tempel , so namentlich einen herrlichen in Pesinus, und führten die Mysterien der "1 Götter- und MenschenMutter" ein , Mysterien , die dem Wahnsinn entsprossen , noch mit denen der Venus - Anaitis aus Babylon und dem Iſis-, Bakchus- und Priapus-Dienſt der Aegypter verbunden, schließlich zu den Tollheiten der Bakchanalien führten. Auch die Schauspiele der alten Griechen entstanden aus dieſen Dionysosfeſten, und war dieser alte Aethiope Schußgott aller Bühnenkünstler, deren Hauptsitz in Teos in Klein-Asien sich befand . Seit der Wagen der Kindermutter nicht mehr aus dem See in Femern (oder auch wohl aus andern , z . B. aus dem Schweriner oder dem auf Rügen) leibhaftig herbeigeholt wird, fliegt er in Wolkengestalt sammt der Holle oder Bertha durch die Luft über die Länder , und bringt den Wöchnerinnen — in Folge des ägyptischen Mythus von der Seelen wanderung mittelst des durch die Storchen und Schwäne organisirteu Separat-Dienstes die neugeborenen Kinder, die bis dahin im See

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oder in der Wolfe bei der Bertha oder der Kuh-Frau (buar-da) gehauft hatten. Sprachlich kommt Nerthus , und nicht Herthus , wie öfter gedruckt wurde, von neart , neirt streng , gewaltig , und thus Fürst ; neartor oder neartmor ist gewaltig , geschickt , daher der Niördr bei den Scandinaven, woraus bei uns Neidhard wurde ; dieser Niördr hat aber mit der Nerthus nichts zu schaffen , wie bis jest unsere Germanisten annahmen , um dieselbe für das Deutschthum zu retten. Wenn Tacitus die Nerthus mit MutterErde überseht, so ist dies zwar nicht dem Wortſinn, wohl aber der Sache nach richtig ; zudem kommt bei den Scandinaven die Jörd auch als Frau Odhins , oder als Beiname der Frigga vor ; indeß sind dies Odinsche oder noch spätere Anschauungen , von dem Eroberer gelehrt und gewaltsam durchgeführt, um die unterjochten Völker durch Unterschiebung der eigenen Göttlichkeit an Stelle der von Alters her verehrteu Götter gefügiger und gehorAus dieser Tendenz ging die gesammte samer zu machen. Odinsche sogen. Reformation hervor, und zeigt sich dies namentlich auch bei dem Kybele - Dienst ; denn die Frau Holle wurde in die Frigga umgewandelt und diese ward nun Helferin der Gebärenden und Schüßerin der Kinder. Die Kybele war in Phrygien von den Kabiren begleitet, cabair ist felt. Helfer , also von Priestern , die ihr beistanden, namentlich wenn und insofern sie als Erd- Göttin oder Mutter aller Geschöpfe vom Fenris-Wolf gefressen werden sollte ; bei der Kybele freilich war es die Sonne, die während jeder Sonnenfinsterniß vom Wolf oder Drachen angefallen wurde ; denn cuibhle iſt jeder Kreis , nicht blos die Cymbel ; darum mußten die Kabiren mit Pauken und Posaunen einen gewaltigen Lärm erheben, um das Unthier zu verscheuchen. Dasselbe geschieht heute noch in China bei jeder Sonnenfinsterniß. Odhin sette nun statt der Kabiren die Einheriar , oder gewaltigen Helden, um den Asen dereinst gegen den Feuer- oder Fenris - Wolf beizustehen, und zu dem Ende mußten die Walkyren die tapfersten Helden auf dem Schlachtfelde aussuchen und nach Walhalla be-

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fördern , wo sie in Erwartung des Wolfs , einstweilen mit dem schon öfter erwähnten köstlichen Meth getränkt, sich stets in den Waffen übten. Bei den Griechen war es Saturn, der dunkelhäutige böse Kinderfresser , welcher auf Kreta dem Zeus nachstellte, dem Sohne des Kronos und der Rhea, und den dort die Kabiren (auch Kureten genannt, Hirten, von caor Schaaf) schüßten und der Ziege Amalthea zur Erziehung übergaben, die Gefion war bekanntlich auch eine weiße Ziege oder Kuh , und noch einmal mußten . die Kabiren helfen, als die Leto den Apollo und die Diana gebären wollte , die Juno aber aus Eifersucht, denn Zeus, ihr Mann, war der Uebelthäter gewesen, es verhindern wollte. Bei unserm Volke heißen die dem Freyr und der Freya geheiligten Marien- oder Herrgotts -Käferchen (coccinella septem punctata) Herrgottskühle , Frauenfühle, franz . vache à Dieu, sächs. Bu-Köken, czech. bozi-kravka (bos Ochse), lett. Dews Jautis , Gottes-Ochs, ind. Indra poga, Indras -Kuh ; bei den Aegyptern war der gehörnte Miſtkäfer der scarabäus sacer , alles darum, weil Freyr und Freya , bezw. Osiris und Iſis oder statt deren die Kybele als Stier und Kuh gedacht waren. In der christlichen Mythe trat dann die Maria überall an Stelle der Freya, der Isis, wie der Kybele. Ammon, der Ur- Gott oder Vater der Thebaner in Aegypten, wie der Bewohner der Oase Siwa, hatte dagegen Widderhörner, weil die von Westen über das noch nicht zur Wüste ausgetrocknete Sahara-Meer gekommenen Atlantiden die Ziege mitgebracht hatten , während die Kuh mit den Aren oder Aditen aus Babel nach Afrika gekommen war. Die Hörner des Moses waren ammonische Widderhörner,

denn die Juden gehörten den atlantidiſchen Racen an und verehrten noch bis zur Zeit des Erils neben dem Apis, oder dem goldenen Kalbe , auch noch die Böcke , wie die Aegypter im Bezirke von Mendes , an welchen das Land Gosen stieß (Chronik XI. 15). Was den hebräischen Apis betrifft , so wurde er gleich dem Osiris in einer Bundesla de herumgeführt , und

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von allen Juden, selbst den Enkeln Moses, verehrt, wie das Buch der Richter 17 u. 18 bezeugt. Zu dem Apis-Bilde, das Micha machen ließ, wurde ein Levit mit Namen Jonathan, Sohn Gersoms , des Sohnes Mose , bestellt (Richter XVIII. 30. ) . Dieſes Bild wurde von den Daniten gestohlen, und in deren Hauptort Lais aufgestellt , wo es blieb bis zum Eril. Darum schwuren die alten Israeliten : „ So wahr Dein Gott lebt, o Dan, und so wahr Dein Gott lebt , o Berseba. " An letzterem Orte war nämlich ein Brunnen mit einem Götterstein, oder einem Lia -fail, Prophetenſtein , wie die ebenfalls aus Aegypten , aber von der weißen Race stammenden Cathag- Gälen oder Chatten sich ausdrückten, und eine heilige Tamariske , zu der aus ganz Judäa gewallfahrtet wurde, weil dort Jehova in der Quelle, im Stein oder im Baume lebte. Der Quellen-Kultus ist heute noch in einem Theile Irlands in voller Blüthe. Die Juden verehrten gleich den Aegyptern auch die Schlange als Sinnbild der Klugheit und Gesundheit. Moses richtete eine eherne Schlange auf (Num. 21 ) , die erſt König Hiskia (II. Könige 18. 4) zerbrach. Die Griechen und Römer verehrten die Schlange bekanntlich ebenfalls als Gesundheitsspenderin, weshalb Aeskulap eine Schlange um seinen Stab gewunden hat, und verpflanzten sie von Rom nach dem Schlangenbad im Taunus, wo sie noch vorkommt ; es ist die Calopeltis flavescens, die man sonst in Deutschland nicht findet ; nach Ems versetzten sie eine andere Art, den Tropidonotus tesselatus, die auch sonst in Deutſchland nicht vorkommt. Bei den heutigen Iren bedeutet slan Schlange und slanuighear Schlangen-Mann, Arzt. Das Kriegszeichen der ägyptischen Cathag- Gälen oder Nemedier war eine grüne Schlange , sie kam mit diesen über Britannien an den Rhein und erhielt sich im Andenken des Volkes bis heute als der Lindwurm, welchen der hörnene Siegfried oder St. Georg, der Herkules des Nordens, erlegte. Aus dem Erile zurückgekehrt, schafften die Juden ihre altägyptischen Götter ab und adoptirten dafür medische. So kam jezt in die Bundeslade nicht mehr der Apis oder die Schlange,

76 sondern Jehovah, der unsichtbare Gott, wie bei den Phrygen die Kybele, oder bei den suardonischen Wenden die Nerthus, welche auch von keinem Sterblichen gesehen werden durfte ; dazu bei den Juden noch die ganze zoroastrische Hierarchie von guten und bösen Geistern, Engeln und Teufeln, wie sie durch die Wendenvölker auch nach Europa gekommen war. Ich denke, wenn in solcher Weise der Kuh-, bezw. der KybeleDienst von Aegypten , Phrygien und Griechenland bis an die Ostsee und hinüber nach Scandinavien nachweisbar ist , auch damit der Weg angedentet sein dürfte , den er genommen; aus Vorder-Asien nämlich, woher die Slaven ihre Kultur und somit auch den Apiskultus mitgebracht haben. Der Kybele-Kultus ist merkwürdigerweise selbst heutzutage noch nicht völlig erloschen , denn abgesehen von den zahllosen Frau - Holle - Sagen und dem Storchen- oder SchwanenDienst, machen jetzt noch jeden Charfreitag die Bursche in Slovenien vor der Kirche einen Heidenlärm , indem sie mit Prügeln auf dürre Bretter schlagen, sobald der Geistliche drinnen den Gottesdienst beendet und das Buch zugeschlagen hat , um wie es jetzt, ausgelegt wird den Teufel zu verhindern, sich der Seele Christi zu bemächtigen, der in diesem Momente seinen Geist aushaucht. Die Slovenen sind meines Wissens Slaven und keine Germanen im deutschthümlichen Sinne, werden also wohl die Suardonen bei Schwerin mit ihrer Nerthus, ebenfalls keine Deutsche, gewesen sein.

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XVII.

Grüne Germanen .

Nun ein paar Worte über die Heruler , die angeblichen Nachkommen der „ teutschen “ Suardonen. Sidonius Apollinaris in seiner Epistel aus Burdegala (8. 9.) singt von ihnen :

Hic glaucis Herulus genis vagatur, Imos Oceani colens recessus, Algoso prope concolor profundo.

Zu deutsch : Hier schweift mit grünen (oder blau - grünen) Wangen der . Heruler, Die hintersten Winkel des Oceans bewohnend, Dem tiefen Seetangwaffer an Farbe beinahe gleich. Mit solcher Hautfarbe durchschweiften also dieſe „ Germanen “ Europa von Thrazien aus bis nach Spanien , bald verbunden, bald im Kampfe mit den Gothen , schließlich jedoch in römischbyzantinischem Solde und den Ostgothen in Italien die gefährlichsten Gegner ; nachdem sie, wie bekannt, eine Zeit lang unter Odoaker im Verein mit andern Zigeuner-Völkern, als den Rugischen Jägern und den Turcilingern (Thursen und Schrren in Scandinavien, Agathyrsen in Siebenbürgen), sich in Rom zu Herrschern aufgeworfen und den letzten italiſch-römischen Kaiser, Romulus-Auguſtulus, abgesetzt hatten. Von der Westseite des baltischen Meeres, aus den alten Sißen der Suartonen, kamen diese Heruler nicht , sondern ihr erstes Erscheinen wird 11 als Skythen", oder mit denselben von der Mäotis gemeldet , von Georgius Syncellus zur Zeit der Kaiser Gallienus und Claudius, als die Gothen ihre Einfälle in römisches Gebiet zu unter-

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nehmen anfingen. Unter diesen Gothen find aber nicht die ſcandinavischen Joten , sondern die aſiatiſch-tartariſchen Veten oder Dschats, wie sie heute noch in Indien genannt werden, zu verstehen. Dort bilden sie, wie gesagt, jetzt noch die Hauptmaſſe der Sifs, während sie im östlichen Beludchistan durchweg Ackerbauern geworden sind, indeß auch dort noch denselben Namen führen , wie ihre Stammesbrüder einst in Schwaben , nämlich Jataken, Jutugen oder Jutungen . Yet, jut, juthaid oder juthaig bedeutet Spize, Pfeil, gleich ith, ioth Kornähre ; daher ihr griechischer Name Indo - Skythen, aber Niemand wird wohl den Sah aufstellen wollen , daß die Jutugen oder Jataken von Kelat und Gundava aus Scandinavien dahin gekommen , also Jötunen seien ; (vergl. hierüber Trumpps ,,Bevölkerung des Penjab" im letzten Novemberhefte der Mittheilungen der Wiener anthropologischen Gesellschaft 1872 und den Artikel Yeten in meinem deutsch-keltischen Wörterbuche) Mit diesen Gothen im Bunde plünderten also die Heruler die Gestade des Pontus wie des ägäischen Meeres . So lange sie in Skythien hausten , waren sie den Gothen unterthan, namentlich hielt sie Alarich im Zaume,

troß ihrer velocitas ,

oder ihrer noch heute den Zigeunern eigenen Geschwindigkeit, womit sie bald hier, bald dort erschienen ; so auch mit Chavionen, Burgundern und Alemannen einmal in Gallien. Diese Chavionen, Kaibonen oder Cavionen werden wohl Wenden oder Faradeiner gewesen sein, denn Kübe ist noch heute in Hessen die Form für Kuh oder Farren, als Schimpfname Kaib . Die Griechen bezeichneten die Heruler als Airuloi oder Ailuroi , fremdartige Leute ,

von ail-oir Fremd - Mann ,

während air-ul

gleich „Mann-wild " steht. Bei Herodot werden am Nordufer des Pontus am Hyle-Wald die Alazonen genannt (ail fremd, don Mann), und Jornandes läßt die Heruler gerade aus diesem Sumpswald kommen , der von der Mäotis sich bis nach Beßarabien erstreckt; von hier wurden sie ohne Zweifel durch die Sarmaten und Gothen aufgescheucht und sowohl über die Donau als den Rhein getrieben. Sie waren sehr leicht bewaffnet, wie

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Procop erzählt (perfiſcher Krieg 2. 25.) , ohne Helm und Bruſtharnisch, noch sonst irgend ein Schußmittel, ja oft ohne Schild ; ihren kurzen Rock aufgeschürzt, gingen sie wie Knechte oder Wilde fast nackt in den Kampf. Auch an der Ostsee zeigten sie sich, und wurden hier von den Dänen vertrieben, mit einem Worte, fie waren überall in kleinern Abtheilungen, wie heute noch ihre Nachkommen , die Zigeuner ; einſt über ganz Europa verbreitet, dann durch die Kelten und Slaven in die Wälder und Sümpfe vertrieben , so namentlich in die lithauischen , kamen sie zur Zeit der Gothen - Züge wieder in größeren Schaaren zum Vorſchein, bis sie nach langen Irrfahrten in den ewigen Kriegen mit und gegen Hunnen , mit und gegen die Gothen, Longobarden und Gepiden, mit und gegen die Römer zu Grunde gingen ; ein Reſt flüchtete nach Thrakien und wurde von Kaiser Anastasius dort vertheilt, ein anderer kehrte an die Ostsee, ja wenn man Procop glauben darf, bis nach Scandinavien zurück. Kaspar Zeuß in seinem sonst vortrefflichen Sammelwerke W Die Deutschen“ und auch Barthold geben sich nun viele Mühe, diese Zigeuner als Urgermanen herauszupußen , müssen indeß doch gestehen, daß es sehr kuriose Gesellen waren, zwar flink

und tapfer, aber wie Procop (gothischer Krieg 2. 14.) ausführt, das schlimmste Volk der Welt. Sie wohnten auch nach diesem einſt jenseits der Donau in Beßarabien "1 im Hyle - Wald und verehrten viele Götter, deren Zorn sie durch Menschenopfer zu besänftigen pflegten. In ihren Gebräuchen unterschieden sie sich gewaltig von den übrigen Völkern ; denn weder ihren Alten, noch ihren Kranken war es Sitte , das Leben zu verlängern ; denn wenn Einer alt und schwach oder krank ward , wurde er gezwungen, seine Verwandten zu bitten , ihn baldmöglichst aus der Zahl der Männer zu vertilgen. Die Verwandten bauten nun einen großen Scheiterhaufen und legten den Menschen darauf ; sodann schickten ſie irgend einen Heruler, der aber nicht mit ihm verwandt war , mit einem Dolche zu ihm , denn sie hielten es für verboten , daß ein Verwandter den Mord begehe. Sobald der , welcher ihren Verwandten getödtet, zurückkam , steckten sie

80 den Scheiterhaufen an und warfen noch Bündel Holz darauf. Nachdem die Flamme sich gelegt, lasen sie die Knochen zusammen und vergruben sie in die Erde. Wenn ein Heruler dem Schicksal unterlegen war , so mußte sich seine Frau , um ihre Tugend zu beweisen, und sich ewigen Ruhm zu erwerben, an dem Grabhügel ihres Gatten mit einem Strick erhängen.

Thäte sie es

nicht, so wäre ihr dies ewige Schande, und setzte sie sich den Beleidigungen der Verwandten des Gatten aus. " Dies sind offenbar keine „ deutschen“ Sitten und Gewohnheiten, wohl aber fanden sie sich in ähnlicher Weise bei den Cantabern in Spanien , ebenfalls einem dunkelhäutigen Zigeunervolk, von dem in der Mehrzahl die heutigen Basken ſtammen, und dann bei den Indern , wohlverſtanden bei den dortigen Ur-Einwohnern oder Drawida's , nicht bei den eingewanderten arischen Hindu's, denn die Wittweu-Verbrennung geschieht nicht nach einem Gefeße der Brachmanen, sondern ist freiwilliger Gebrauch bei den dunkelhäutigen Urvölkern, in welchen übrigens die einst hellen Arier dort schon längst aufgegangen find . Auch einige Kaukasus - Völker nicht arischer Race tödteten ihre Alten und Kranken (vergl. Strabon XI. 11) . Man ersieht aus obigen Daten über die Heruler , daß aus ihnen kein Capital für das Urdeutschthum der Ostseelande zu schlagen ist, und wenn cherù Schwert heißen soll , alſo die Heruler als Schwertträger Deutsche sein sollen , so übersieht man völlig , daß alle Völker jener Zeit Schwerter trugen , kein einzelnes also besonders darnach benannt worden sein kann (im Uebrigen bedeutet cheru wohl eher Geer , kurzer Wurfspieß) ; zweitens aber zeichnete sich die Hauptwaffe der Sachsen , an die man doch zunächst denken müßte, wenn die Heruler die Vorfahren der Deutschen im Osten der Elbe wären, gerade dadurch aus , daß sie kein Schwert , ſondern eine scharfgeschliffene Doppel - Art war, mit kurzem Stiele, die statt des Wurfspießes dem Gegner in den Schild geworfen wurde , um ihn an dessen leichtem Gebrauche zu verhindern , wie dies Procop von den Franken, den Nachkommen der sächsischen Sigkambern, in seinem

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gothischen Krieg , Buch II. Cap. 24 , genau beschreibt. Diese Sahse oder Art gab eben den Saſen oder Saſonach den Namen, und zwar nicht blos erst in Europa, sondern schon in Asien den Saken , den Stammvätern der Sasonach.

Herodot beſchreibt

deren Hauptwaffe gerade so , wie Procop die der Franken , da wo er Buch VII. Cap . 64 die Völker des Xerres aufführt. Keines der andern Völker in des Perser-Königs zahllosem Heere trug die Sagaris " wie diese Sag-dae. In neuester Zeit hat Prof. Watterich in seinem sonst verdienstlichen Buche über die „ Germanen des Rheins " die Sigoder Seaghkambern als „ Siegessänger“ erklärt, er spricht sogar von der Wacht am Rhein, welche diese Germanen - ohne Geere schon vor 1800 Jahren angeſtimmt , es iſt mir indeß bis jezt unmöglich geblieben, einen sprachlichen, hiſtoriſchen oder ethnologischen Grund für dieſe patriotische Phantasie zu entdecken. Die Saken hausen übrigens heute noch in den Alpengebirgen am oberen Orus und Hirmend, nordöstlich von Kabul als Say oder Sia. Die Araber bezeichnen sie als Kaffern, Kaffir, Ungläubige.

Sie haben also noch ihre alte Religion bewahrt,

und intereſſant wäre es , zu erfahren, ob sie auch noch ihre DoppelArt im Gebrauch haben.*) Mit cheru wäre also auch nichts zu beweisen, bleiben sonach die baltischen Ackerbau-Völker Wenden, und zwar von Urzeit an, *) W. W. Grigorjew , Vorsitzender in der Orientalischen Section der archäologiſchen Geſellſchaft in Petersburg , hält in seiner Monographie über das „skythische Volk der Saken“ dieselben für Slaven , wonach also auch die Sachsen den slavischen Völkern beigezählt werden müßten , nicht minder als nach Sembera die Sueven. J. H. Cuno in Berlin hatte in seinen Forschungen im Gebiete der alten Völker" bezüglich der Saken schon die gleiche Ansicht ausgesprochen , Beide haben keine Ahnung davon , daß Saken und Sachſeu identiſch ſind, ebensowenig als sie in den heutigen Quazag Turkestans , troß deren jetziger „ türkischen“ Mundart , die alten suevischen Quaden, so wie die Guasachen , Guduscaner oder Gottscheer der Krain zu erkennen vermögen. (Vergl. meine Schrift : Die Zips und die alten Gepiden ) 6

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d. H. von der Zeit, wo sie aus Getien oder Thrakien nach NordEuropa kamen, und die noch ältern Thurſen oder Zigeuner vertrieben. Es gab in Europa keine „ Urdeutsche" troß des Dogma's unſerer deutsch-nationalen Eiferer ; und da das Lebens- Element der wendischen Ackerbau-Völker das Rindvieh war, dies aber von Aegypten bis zur Ostsee als Apis

oder Abhus verehrt wurde,

so wird auch nichts dagegen einzuwenden sein , daß das in der Byciskala-Höhle gefundene Stierbild so gut wie das, bei welchem die Kimbern des Marius schwuren, ein Apis - Bild war ; wogegen es nichts verschlägt, wenn anderwärts , wie z. B. bei Hallstadt , eherne Kühe gefunden wurden , denn auch die Kühe waren heilig, und zwar der Isis, bei Teukrern wie bei Tusken. Bei den Slaven hieß die Isis Yaßni, bei den Kelten Hes oder Ais , als Mann Jesns oder Hesus , so an der Notre - Dame zu Paris, wo er Zweige von einem Baume haut.

XVIII.

Ob Wenden oder Czechen, Kelten oder Fenier? Eine weitere Frage wäre nun die ,

ob die Wenden ihre

Götter-Bilder selbst verfertigten, oder durch den Handel von den Tusken oder Czechen als fertiges Fabrikat eintauschten, eine Frage, auf die wohl schwer eine bestimmte Antwort zu geben sein wird, da die Wanen an der Mäotis ihre Götter-Bilder wohl eben so gut von den teukrischen oder griechischen Colonien längs der Gestade des nördlichen Pontus, als die Wenden an der March und Elbe sie von den Teukro -Czechen erhalten konnten. Die Tusfen waren ein den Teukrern verwandtes Volk, ein Gemisch aus Mäonen oder Phrygen und Lydern, lettere als Ludim ſchon in Aegypten bekannt, denn dies war ihre Heimath, und von da aus gelangten sie über die Inseln und die Westküsten Vorder-

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Aftens nach Griechenland und Thrazien , dann an die Donau und von da theils nach Ober-Italien, wo sie die wendiſchen oder feronischen Umbro - Sabiner einengten , theils nach Mähren und Böhmen, wo sie Städte oder Castelle anlegten, gleich den Tusfen am Arno , und die wendischen Bauern auf das flache Land beschränkten. Im Laufe der Zeiten flossen indeß Czechen und Wenden in einander, während zwei neue Stämme, der bojiſch-gallische und später der deutsche , sich in Böhmen ausbreiteten , die ältesten Bewohner aber, die Zigeuner , in den Höhlen und Klüften der

Gebirge, wie in den Pfahlbauten der Sümpfe, ihr armseliges Dasein in spärlichen Familien fristeten, verfolgt von Allen, von den Wenden so gut, wie von den Czechen, von den Bojern, wie von den Deutschen, und gelegentlich auch geopfert und verbrannt, wie sie selbst einſt ihren eigenen Eltern, Kranken und Wittwen es angethan hatten und in Indien noch jezt thun. Die Aschenhaufen in der Byciskala-Höhle und an andern Orten mögen wohl solche Opferstätten sein ; wer aber da all' verbrannt worden ist, Alte und Kranke von ihren eigenen Verwandten, gefangene Zigeuner von den Wenden , gefangene Wenden und Czechen von den gallischen Bojern, oder endlich, ob es einfache Verbrennungsstätten für die eigenen Todten jeden Volkes waren , dies Alles zu eruiren und festzustellen wäre von historischem Interesse, und könnte die Kranometrie da , wo Schädel gefunden wurden, vielleicht Auskunft ertheilen ; indeß wird diese Aufgabe immer eine unendlich schwere bleiben, und ohne die Auffindung und Vergleichung einer größern Anzahl von Schädeln kaum zu bestimmten Ergebnissen führen. In der Byciskala-Höhle möchten wohl die ältesten Bewohner gleichsam im Verborgenen ihre Opfer verbrannt haben , die andern freigelegenern Aschenheerde im Eger-Thale dagegen dürften den Wenden oder Kymbern aus der Zeit ihrer Herrschaft angehören. Die Czechen bestatteten wohl ihre Todten in und bei ihren Städten, die Bojer und Deutschen endlich machten, so lange sie als Kriegsvölker im Felde lagen, schwerlich viel Um6*

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stände mit ihren Gefallenen , die Häuptlinge abgerechnet , und später , als sie feſter ansässig wurden , verbreitete sich auch bald das Christenthum unter ihnen und begruben sie ihre Todten auf 1 den Kirchhöfen . Einen Anhaltspunkt für die Beurtheilung der böhmischen Opferstätten möchten die Gräber der Ostsee - Lande geben. In den wendischen Gegenden des Nordens nämlich war der Leichenbrand allgemeine Sitte und kam erst durch das Christenthum in Wegfall. Die Knochen - Ueberreste wurden in Urnen gesammelt , wie man jezt noch deren faſt aller Orten findet ; so in der letzten Zeit wieder bei Leipzig ; in den sogen. Wenden- Kirchhöfen stehen diese Urnen hart neben einander in großer Menge, blos durch Steinplatten abgetheilt, dazwischen Eisen- und Bronce-Waffen und allerhand Zierrathen, selbst von Gold und Silber , und Glasperlen. Bis in die letzten Jahrzehnte des 12. Jahrhunderts verbrannten in dieser Weiſe an der Ostsee die Wenden ihre Todten, in Preußen hat man sogar Urnen entdeckt, in welchen Münzen von Hochmeistern lagen. Wohl über ein Jahrtausend älter als diese Wenden-Kirchhöfe mit ihren Urnen sind die Hünen - Gräber , d . h. HügelGräber (denn huanna, chuanna iſt Hügel), innen mit aufgeſeßten Steinen und Platten. Diese Gräber hießen schon bei den Wen= den tumuli gigantis, oder Heiden-Gräber.

Deutsch waren dieſe

Hünen-Gräber jedenfalls fchon deshalb nicht, weil vor den Wenden keine Deutsche im Lande ansässig waren, und die einzelnen Nomaden-Horden, die ab und zu bis an den Rhein vorstreiften, sich schwerlich die Zeit nahmen, künstliche Gräber zu bauen ; fie steckten, wie die Longobarden, Stangen auf das Grab, und darauf eine hölzerne Taube, in welche nach Gutbefinden die Seele des Verstorbenen sich begeben und weiter fliegen konnte (vergl. Paul Diac de gest. Longob. B. V. c. 34) . Die Hünen-Gräber zerfallen aber in Kegel - Gräber und . lange mit Stein eingefaßte gemeinsame Grabſtätten, erſtere sind entschieden keltisch (nicht speciell germanisch), denn sie kommen in gleicher Weise von den Pyrenäen bis nach West-Rußland

85 Sie enthalten vor, desgl. in Schottland und Scandinavien. = selten Eisen , wohl aber Bronce Waffen und Schmucksachen, manchmal in Gold , nie in Silber ; die Form der Gegenstände erinnert an italische , alſo tuskische Vorbilder ; das Erz ist gegossen ; so fand sich bei Demmin in Pommern sogar eine förmliche Guß-Fabrik für Speerspißen aus Bronce. In solchen keltisch- tuskischen oder auch fenischen Fabriken werden wohl die ehernen Stiere gegoffen worden sein , welche den Wenden als Götter dienten.

XIX .

Bigeuner-Periode. Die länglichen noch ältern gemeinsamen Stein- Gräber, 3. B. bei Kolberg, enthalten blos Steinwaffen, Feuersteine und rühren wohl von den Thursen oder Zigeunern her ; man findet sie auch im nordwestlichen Deutschland, wo die Tubanten (schwarze Leute) hausten , dann in Belgien , Nord - Frankreich , England (Siluren - Gräber) und in Scandinavien. Bei den Corcontiern des Riesen-Gebirges, die wohl zu einem der mancherlei ZigeunerGeschlechter gehörten, werden sie einst auch noch entdeckt werden, denn diese Race war , wie man nie aus den Augen verlieren darf, in ihren Höhlen und Sumpfburgen älter und früher in Europa vorhanden , als die erft aus Getien allmälig hereinwandernden Wendenvölker. Daß die Zigeuner alle aus Indien zu uns kamen, wie man jezt gewöhnlich annimmt , möchte sehr zu bezweifeln sein , trog der indischen oder arischen Worte in ihrer sehr mangelhaften und aus allerlei Idiomen zusammengejeßten Sprache. Diese große Völker-Sippe , deren dunkele Haut in ihren verschiedenen Nüancen auf eben so viele verschiedene Stämme deutet, war einst über die ganze warme Zone von West- bis Ost-Indien verbrei-

86 tet , überall nahm sie von der Sprache ihrer Unterdrücker eine Anzahl Worte an, aber darum blieb sie doch ethnisch , was sie von Anfang ihrer Entstehung war , insoweit nicht Kreuzungen mit anderen Racen , als den noch dunkelern Negern oder den hellern Ariern , oder endlich den gelben Malayen , ihre Kupferhaut abänderten; und schwerlich dürfte die Ansicht des oben genannten Dr. Trumpp das Richtige treffen , wenn er glaubt, „die indischen Zigeuner oder Tschampars, Zingaren, wären arischen Stammes, weil sie entweder reines Sindhi oder einen mit dem Panjabi vermischten Dialekt sprechen", denn dann müßte man auch die nordamerikanischen Neger für Angel-Sachsen halten , da dieselben alle englisch sprechen. Der Name der Zigeuner kommt in der Form Sigynnen oder Sikaner schon zu Anfang der europäischen Geschichte in Ungarn , Sicilien und Spanien vor, kann also nicht wohl erst zur Zeit der Mongolen-Einbrüche zu uns gelangt sein. Sigynn bedeutet kleiner, verächtlicher Mann, ähnlich wie im Keltischen Cegail, woraus Siculer wurde. Die alten Liguren, deren Behendigkeit und Ausdauer wie ihre kleine Statur alle römischen Schriftsteller bezeugen, besagen in dieſem ihrem Namen dasselbe, denn ligh oder lugh ist klein, und ur, or, oir Leute ; man wird also wohl thun , wenn man bei Auffindung kleiner Skelette in den ältesten Grabſtätten vor Allem diese Zigeuner-Race in das Auge faßt und sie von den ihr folgenden größern Geschlechtern scheidet ; auch die Tusken waren nicht besonders groß, so wenig als ihre Stamm-Eltern, die Aegypter, beide gehörten, wenn man will, eben der Zigeuner- Race an ; groß gebaut waren nur die Gegen und Aren , alſo die Albaneser, Skythen, Wenden, Sachsen, Gothen, Belgen und Gallier. Nur von den hier genannten Völkern darf man sprechen, wenn man die alten Stämme richtig unterſcheiden und kranometriſch ordnen will, nicht aber von Germanen oder Slaven, denn dieſe beiden sind Mischvölker , wie die Romanen , wenn auch heute. sprachlich verbunden , ethnologisch doch aus verschiedenen Racen emporgewachsen, welche von der Urzeit an Europa, Vorder-Asien und Nord-Afrika bevölkerten.

87 Ueber die Sikuler oder Sekler habe ich unlängst (Wien, bei Brüder Winter) das zur Hand stehende Material zuſammengetragen, über die Magyaren desgleichen, über die Sarmaten und Polen (Berlin , Denicke's Verlag). Was von der Urzeit der Wenden zu sagen , dürfte in der hier vorliegenden Schrift angedeutet sein ; Teukrer, Lyder, Tusken, Czechen und ihre Her= kunft aus Phrygien , Lydien , vom Atlas und aus Aegypten würden als Seitenstück dazu die Abstammung der Slaven vollständig klar stellen und erübrigte dann nur außer den Gegen oder Giganten noch die älteste Geschichte der Deutſchen, nämlich der Sachsen und Gothen von ihrer aſiatiſchen Heimath an zu behandeln , um sodann , nach den irischen Quellen , den einzig detaillirten für West-Europa, die Einwanderung der Basken aus Afrika und die der Kelten im engern Sinn, d . h. der Galegos, Belgen und Chatten aus Chaldäa oder Babel über Sidon, Aegypten und Spanien darzulegen, um das ethnologische Bild der Entstehung unserer heutigen mittel-europäiſchen Bevölkerung in ihren Hauptzügen zu entwerfen. Solange dies nicht geschehen und so lange die Sprachforschung, verbunden mit dem Studium der ältesten Geschichtsquellen , nicht die ethnologische Scheidung der Urvölker mehr als bisher ermöglicht hat , dürften auch die paläontologischen Forschungen zu keinen beſtimmten Ergebniſſen gelangen , so schäßenswerth das Material , welches durch sie zu Tage gefördert wird, immerhin auch sein mag.

XX .

Schluß. Als Haupt-Ergebniß der in dieſer Schrift enthaltenen Forschungen dürfte sich nun Folgendes herausstellen : Die Kymbern verehrten den Stier als Gott, als Apis oder als Bog.

88 Der Name des Apis oder Abhus findet sich heute noch im alten Wenden- oder Kymbern-Lande in den Abis -Krügen. Das Stierbild desgleichen . im Wappen Wendlands oder Mecklenburgs . Bog oder boh ist heute noch der Name Gottes bei den Slaven. Pagani sind die Heiden oder Stier-Anbeter. In Aegypten stand Apis gleich Osiris , die Kuh gleich der Isis. Die Isis aber war gleichbedeutend der Kybele in Phrygien, der Jo unter den Griechen, der Gefion in Scandinavien, der Feronia bei den Sabinern , der Yaßny bei den Slaven, der Ais oder Hes bei den Galliern. Sie wurde in altphrygischer Weise auch bei den Suardonen an der Ostsee verehrt. Die Phryger stammten nach ihrer Sprache aus Medien, wie die ägyptischen Aditen , die Titanen Kreta's, die Wenden der Ostsee und die Wanen der Krim. Die Kimmerier oder Kymbern waren oder wurden zum Hauptstamme der Wenden oder Slaven , namentlich durch Ariovist in Südwest - Deutſchland und durch Marbod in Böhmen und Mähren. Beides Markomannen - Könige , denn die Markomannen waren eben Kymbern und keine Sueven, also auch keine Deutsche. Sonach hat Dr. Wankel wohl das Richtige ge =

troffen , wenn er das Stierbild der Byciscala - Höhle in Mähren mit dem ägyptischen Apis - Kultus in Verbindung brachte.

R DEE ES EF A. ND EN E U L B . J

S JO

Drud von Hermann Blanke in Berlin.

15. V.

1929

Denicke's Verlag Link & Reinke in Berlin, Luisenstraße 45.

Wilhelm Obermüller Deutsch-keltisches, geſchichtlich-geographiſches

Wörterbuch zur Erklärung der Fluß-, Berg-, Orts-, Gau-, Völker- und Perſonen-Namen Europas, West-Asiens und Nord-Afrikas im Allgemeinen wie insbesondere Deutschlands

nebst den daraus sich ergebenden Folgerungen für die Urgeschichte der Menschheit. 1872. 2 Bde. 102 Bogen. Gr. 8. Elegant broch. Preis 8 Thlr. 15 Sgr.

Urtheile. „Ich habe“, ſchreibt Herr Profeffor Henri Mac Cormac in Belfast, mit unendlichem Vergnügen Ihr großes Buch, das deutsch-keltische Lexicon, durchgelesen ; es ist in der That ein bewunderungswürdiges Werk. Es steht jezt außer Zweifel, daß die alten Fluß-, Berg-, Orts- und andere Namen nur aus der keltischen Sprache, wie Sie es beweisen, erklärt werden können. Man mag vielleicht einige von Ihren Erklärungen anfechtbar finden, aber die Mehrheit, so weit meine Kenntniß des Deutſchen reicht, ist unzweifelhaft richtig. Es ist für mich ganz neu und höchst überraschend, daß in Deutschland, ja in ganz Mitteleuropa, bis in das Mittelalter keltisch gesprochen wurde, ſönach daselbſt Kelten wohnten ; es war alſo gleich wie in den Grafschaften Cumberland und Cornwall in England, wo jezt ebenfalls das Keltische erloschen ist, u. s. w. u. s. m.“ • „Indem der Verfaſſer“, ſchreibt Herr Dr. Gräſſe im Dresdener Journal 1873 Nr. 37 (24/2), „von der Ansicht ausgeht , daß sich in den meiſten Sprachen Europa's ein Mehr oder Minder von keltischen Lauten oder Wortformen nachweiſen läßt, hat er sich vorzugsweise bemüht, dies in Deutschland, und zwar hier nicht blos an einzelnen Ausdrücken und Namen, sondern auch an Mythen und Gebräuchen nachzuweisen. Er hat dies mit einem wahrhaft ftaunenswerthen Aufwande von Gelehrsamkeit gethan und überall ein eingehendes Studium derjenigen Werke an den Tag gelegt, welche sich ähnliche Deductionen zur Aufgabe gestellt hatten."

Denicke's Verlag Link & Reinke in Berlin, Luisenstraße 45.

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