Unternehmenssanierung im neuen Insolvenzrecht: Eine Analyse aus Sicht der Kreditinstitute [1 ed.] 9783896448354, 9783896730770

Im Hinblick auf die hohe Zerschlagungsquote der Konkurs- und Vergleichsordnung untersucht der Verfasser, ob sich mit der

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Unternehmenssanierung im neuen Insolvenzrecht: Eine Analyse aus Sicht der Kreditinstitute [1 ed.]
 9783896448354, 9783896730770

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Untemehmenssanierung im neuen Insolvenzrecht

Schriftenreihe Finanzmanagement Herausgeber: Prof. Dr. Reinhold Hölscher

Band 3

Wolfgang Ritter

Unternehmenssanierung im neuen Insolvenzrecht Eine Analyse aus Sicht der Kreditinstitute

Verlag Wissenschaft & Praxis

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Ritter, Wolfgang: Untemehmenssanierung im neuen Insolvenzrecht. Eine Analyse aus Sicht der Kreditinstitute / Wolfgang Ritter. - Sternenfels : Verl. Wiss, und Praxis, 2000 (Schriftenreihe Finanzmanagement; Bd. 3) Zugl.: Kaiserslautem, Univ., Diss., 1999 ISBN 3-89673-077-0 NE: GT

ISBN 3-89673-077-0

© Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2000 D-75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. 07045/930093 Fax 07045/930094

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Printed in Germany

Geleitwort

Seite 5

Geleitwort Anfang 1999 ist die neue Insolvenzordnung in Kraft getreten. Die Insolvenzordnung begreift die Vermögensverwertung umfassender als im alten Recht. Der Gesetzgeber hat die Sanierung eines insolventen Unternehmens zum gleichrangigen Verfahrensziel neben der gesetzlichen Zwangsverwertung erhoben. Durch eine Reihe gesetzlicher Neuregelungen soll die Zerschlagungstendenz im alten Recht beseitigt werden. Hierzu wurden die Rahmenbedingungen für eine Sanierung im Insolvenzverfahren vom Gesetzgeber durch die Vorverlegung der Insolvenzeröflhung, die Einführung eines Insolvenzplanverfahrens, die Erweiterung der Anfechtungsrechte, die Einschränkung der Aufrechnungsmöglichkeiten, die Abschaffung allgemeiner Konkursvorrechte sowie durch eine Reihe von arbeitsrechtlichen Erleichterungen bei Kündigungen und durch finanzwirtschaftliche Neuregelungen zur Aufrechterhaltung der Zahlungs­ fähigkeit im Insolvenzverfahren verbessert.

In der vorliegenden Arbeit werden die Rechtsvorschriften der Insolvenzordnung inter­ disziplinär auf ihre ökonomische Werthaftigkeit untersucht. Insbesondere wird der Beitrag der Insolvenzordnung zur früheren Insolvenzeröflhung umfassend diskutiert und das neue Sanierungsinstrumentarium einer kritischen Würdigung unterzogen. Der Autor gibt anhand deduktiver Schlußfolgerungen gesicherte Prognosen über die Wirk­ samkeit der gesetzlichen Regelungen zur Untemehmenssanierung ab und zeigt zu­ gleich deren Schwächen auf. Er legt ferner dar, unter welchen Voraussetzungen die Zerschlagungsquote zukünftig erheblich reduziert werden kann. Der Verfasser hat sich mit einem höchst aktuellen Problemkreis beschäftigt und die Diskussion über die Untemehmenssanierung im neuen Insolvenzrecht um vielver­ sprechende Ansätze bereichert. Ich wünsche daher der vorliegenden Schrift, daß sie sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis auf reges Interesse stößt und als umfassende Arbeitsgrundlage dienen wird.

Kaiserslautem, im September 1999

Reinhold Hölscher

Vorwort

Seite 7

Vorwort Im Hinblick auf die hohe Zerschlagungsquote unter der alten Konkurs- und Vergleichsordnung stellt sich seit der Einführung der Insolvenzordnung zum 1. Januar 1999 die Frage, ob die Untemehmenssanierung im Insolvenzverfahren für die Gläubiger zu einer interessanten Verwertungsaltemative geworden ist. In diesem Zusammenhang werden die sanierungsrechtlichen Vorschriften der Insol­ venzordnung eingehend diskutiert und untersucht, in wieweit es dem Gesetzgeber gelungen ist, die Chancen für eine Untemehmenssanierung wesentlich zu vergrö­ ßern. Neben der Darstellung unterschiedlicher Ansätze und Lösungsmöglichkeiten zur wirksameren Vorverlegung der Insolvenzeröflhung wird in einem ökonomischen Entscheidungsmodell die Sanierungsbereitschaft und -entscheidung der Gläubiger in Abhängigkeit von der Insolvenzeröflhung dargestellt und somit eine wichtige Entscheidungshilfe für die Beteiligten im Insolvenzverfahren erarbeitet.

Da die Kreditinstitute eine Schlüsselstellung bei der Sanierung eines insolventen Unternehmens einnehmen, werden die Auswirkungen der Insolvenzordnung auf die Kreditinstitute besonders ausführlich dargestellt. Neben der grundlegenden Analyse der verschiedenen Kreditstrategien im Vorfeld der Insolvenzeröflhung wird die Kreditentscheidung im Spannungsfeld zwischen Insolvenzvermeidung und Gläubi­ gerschädigung aufgezeigt. Zusätzlich werden die Risiken eines Forderungsausfalles dargelegt. Die Arbeit entstand auf der Grundlage meiner Tätigkeit in einer Wirtschaftsprüfimgs- und Steuerberatungsgesellschaft und wurde im Sommersemester 1999 vom Fachbereich Sozial- und Wirtschaftswissenschaften der Universität Kaisers­ lautern als Dissertation angenommen. An dieser Stelle sei denjenigen gedankt, die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben.

Mein großer Dank gilt zunächst meinem Doktorvater, Herm Prof. Dr. Reinhold Hölscher, der mich durch zahlreiche Anregungen und Hinweise während meiner Promotionszeit gefördert hat. Herm Prof. Dr. Dr. Jürgen Ensthaler danke ich sehr für die Übernahme des Zweitgutachtens der interdisziplinären Arbeit.

Seite 8

Vorwort

Ein besonderer Dank gebührt Frau Sonja Köberle, die in großer Geduld die ver­ schiedenen Fassungen der Arbeit Korrektur gelesen hat, und Frau Isolde Blau, die mir bei der Erstellung der Abbildungen und der Formatierung der Arbeit stets hilf­ reich zur Seite stand. Ferner sei Herm Dr. Rolf Kußmaul und allen Freunden gedankt, die mir während meiner Promotionszeit als interessierte Gesprächspartner zur Verfügung standen. Schließlich gilt der Dank meinen Eltern, auf deren Unterstützung ich mich stets verlassen konnte. Ihnen sei daher die Arbeit gewidmet.

Stuttgart, im September 1999

Wolfgang Ritter

Inhaltsverzeichnis

Seite 9

Abbildungsverzeichnis......................................................................... 17 Abkürzungsverzeichnis........................................................................ 19

Einleitung................................................................................................ 23 Erster Teil: Die Insolvenzordnung....................................................29

A. Begriffsbestimmungen.................................................................. 29 I. Insolvenz......................................................................................................... 29

II. Untemehmenssanierung................................................................................ 31 III. Kreditinstitute............................................................................................... 33

B. Grundzüge des neuen Insolvenzrechtes....................................... 35 I. Die Reform des Insolvenzrechtes.................................................................. 35

1. Der Funktionsverlust der alten Rechtsordnung........................................36

2. Der Leitgedanke der Untemehmenssanierung in der Reform................ 39 3. Die Zielsetzungen der Insolvenzordnung................................................ 44

a) Marktkonformität der Insolvenzabwicklung...................................... 45 b) Mehrung der Insolvenzmasse............................................................. 47

c) Mehr Verteilungsgerechtigkeit im Insolvenzverfahren..................... 48

II. Anforderungen an ein Insolvenzverfahren aus ökonomischer Sicht........... 49

Seite 10

Inhaltsverzeichnis

III. Der Insolvenzplan........................................................................................ 52 1. Die Stellung des Insolvenzplanes im Insolvenzverfahren...................... 53 2. Der Aufbau und Inhalt des Insolvenzplanes............................................ 57 a) Der darstellende Teil............................................................................ 57

b) Der gestaltende Teil............................................................................. 61

3. Die Annahme und Bestätigung des Insolvenzplanes...............................64 a) Vorprüfung........................................................................................... 64

b) Erörterungs- und Abstimmungstermin............................................... 65 c) Gerichtliche Bestätigung...................................................................... 67

C. Auswirkungen der Insolvenzordnung auf die Kreditinstitute... 69 I. Besondere gesetzliche Neuregelungen.......................................................... 69

1. Aufrechnung.............................................................................................. 70 2. Anfechtung................................................................................................ 71 II. Die Behandlung von Kreditsicherheiten in der Insolvenzordnung............ 78

1. Ökonomische Aspekte der Bestellung von Kreditsicherheiten.............. 79

2. Der Konflikt zwischen kreditwirtschaftlichen und insolvenzrechtlichen Zielsetzungen im Insolvenzverfahren............... 82

a) Die Funktion der Kreditsicherheiten im Insolvenzverfahren............ 83

b) Die Abwertung von Kreditsicherheiten zum Ausgleich von Informationsasymmetrien.................................................................... 85 c) Die Notwendigkeit insolvenzfester Kreditsicherheiten..................... 90

3. Die SicherheitenVerwertung im Insolvenzverfahren................................ 92

Inhaltsverzeichnis

Seite 11

III. Konsequenzen fur das Kreditgeschäft........................................................ 96

1. Die verschärfte Aufrechnungs- und Anfechtungslage............................ 96

2. Die Verwertungssperre und Kostenbeteiligung.......................................99 3. Änderungen der Kreditvergabepraxis.................................................... 105

Zweiter Teil: Die Insolvenzeröffnung............................................. 107

A. Die Auslösung eines Insolvenzverfahrens................................ 108 I. Anforderungen an die Insolvenztatbestände................................................ 108

1. Die ökonomische Notwendigkeit einer frühzeitigen Insolvenzeröffhung............................................................................. 109

2. Die Insolvenztatbestände im Spannungsfeld zwischen Bestimmbarkeit und Effektivität........................................................ 112

3. Die Auslösekriterien eines Insolvenzverfahrens aus

ökonomischer Sicht.............................................................................114

II. Die Insolvenztatbestände in der Insolvenzordnung................................... 116 1. Zahlungsunfähigkeit................................................................................ 117 a) Rechtspolitische Grundlagen der Zahlungsunfähigkeit................... 117

b) Feststellung der Zahlungsunfähigkeit............................................... 119 c) Kritische Würdigung der Zahlungsunfähigkeit................................. 123

2. Drohende Zahlungsunfähigkeit...............................................................125 a) Rechtspolitische Grundlagen der drohenden

Zahlungsunfähigkeit

125

b) Feststellung drohender Zahlungsunfähigkeit.................................... 127 c) Kritische Würdigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit............. 128

Seite 12

Inhaltsverzeichnis

3. Überschuldung........................................................................................ 130 a) Rechtspolitische Grundlagen der Überschuldung............................. 130

b) Feststellung der Überschuldung......................................................... 134 aa) Aufbau der Überschuldungsprüfung.......................................... 135 bb) Fortbestehensprognose............................................................... 136

cc) Überschuldungsstatus.................................................................. 140 c) Kritische Würdigung der Überschuldung......................................... 151

III. Das Prognoseproblem bei der Feststellung der Insolvenztatbestände.... 154 1. Die prognostischen Elemente im Insolvenztatbestand.......................... 154 2. Die Überprüfbarkeit von Prognosen....................................................... 156

3. Der Ermessensspielraum des Schuldners................................................157

B. Die späte Insolvenzeröffhung in der Praxis............................... 159 I. Der Insolvenzantrag.......................................................................................160 1. Die gesetzliche Antragsfrist.................................................................... 160

2. Die Antragspflicht des Schuldners.......................................................... 162 3. Das Antragsrecht der Gläubiger.............................................................. 164

II. Die Bestimmbarkeit des Insolvenzzeitpunktes für die Gläubiger............. 166 1. Krisenursachen.........................................................................................166

2. Die Rechnungslegung als zentrales Informationsinstrument.................170 a) Die Informationsfunktion von Jahresabschluß und Lagebericht.................................................................................... 171

b) Die Aufrechterhaltung des Fortführungsgrundsatzes in

der Untemehmenskrise................................................................ 177 c) Die Aussagefähigkeit von Jahresabschluß und

Lagebericht................................................................................... 180

Inhaltsverzeichnis

Seite 13

3. Möglichkeiten der Insolvenzerkennung................................................. 184 a) Der technische und der fundamentale Ansatz................................. 185

b) Der Principal-Agent-Konflikt zwischen Kapitalgeber und Schuldner.......................................................................................189 c) Die Frühwampflicht des Abschlußprüfers........................................ 194

III. Die Antragstellung des Schuldners............................................................198

C. Die Vorverlegung der Insolvenzeröffhung im neuen Insolvenzrecht....................................................................... 201 I. Die Interessenlage der Gläubiger................................................................. 202

1. Ein ökonomisches Entscheidungsmodell der Gläubiger für den Zeitpunkt der Insolvenzeröffhung...............................................202 2. Die Auswirkungen der divergierenden Gläubigerinteressen auf den Zeitpunkt der Insolvenzeröffhung............................................207

II. Das Verhalten der Kreditinstitute............................................................... 210 1. Die Kreditstrategien................................................................................211 a) Stillhalten............................................................................................ 211

b) Vergabe neuer Kredite...................................................................... 215 c) Kündigung.......................................................................................... 220

2. Die Kreditentscheidung im Spannungsfeld zwischen

Insolvenzvermeidung und Gläubigerschädigung.............................. 223 3. Der Einfluß der Kreditstrategien auf den Zeitpunkt der

Insolvenzeröffhung............................................................................. 227

III. Der Beitrag der Insolvenzordnung zur Vorverlegung der

Insolvenzeröffiiung............................................................................... 230

Inhaltsverzeichnis

Seite 14

Dritter Teil: Die Unternehmenssanierung im Insolvenzverfahren...............................237

A. Grundlagen der Untemehmenssanierung.................................. 238 I. Das sanierungsrechtliche Instrumentarium der Insolvenzordnung............ 239 1. Arbeitsrechtliche Sanierungsmaßnahmen.............................................. 241

a) Der Interessenausgleich.....................................................................242

b) Die Beendigung und Änderung von Arbeits Verhältnissen.............. 244 c) Der Sozialplan.................................................................................... 250

2. Finanzwirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen....................................... 251 a) Die Beseitigung der Überschuldung................................................. 253

b) Die Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit..................................258 II. Die Sanierungsprüfung................................................................................ 263 1. Das Sanierungskonzept........................................................................... 264

2. Der Einfluß des Insolvenzverwalters und der Kreditinstitute in der Sanierungsprüfung

266

3. Die engen Grenzen der Sanierungsfähigkeit eines insolventen Unternehmens.....................................................................................271

III. Die Sanierungsentscheidung aus Sicht der Kreditinstitute...................... 275 1. Die ökonomischen Grundlagen.............................................................. 276

2. Das Entscheidungsmodell zur Sanierung............................................... 278 3. Die Entscheidung als Persönlichkeitsphänomen des

Entscheidungsträgers......................................................................... 280

Inhaltsverzeichnis

Seite 15

B. Die notwendigen Voraussetzungen für eine

Untemehmenssanierung im Insolvenzverfahren............... 282 I. Der Eigenantrag des Schuldners bei drohender

Zahlungsunfähigkeit................................................................................. 282 II. Die Untemehmensfortführung bis zur Sanierungsentscheidung............... 285

III. Die Bereitschaft der Gläubiger zur Finanzierung der Sanierung............ 289

C. Möglichkeiten zur Verbesserung der Voraussetzungen

für eine Untemehmenssanierung

293

I. Ansätze zur wirksamen Vorverlegung der Insolvenzeröffhung.................293

1. Die Frühwampflicht des Schuldners.................................................... 294 2. Das Informationsbedürfhis der Gläubiger im Konflikt mit dem

Schutzbedürfhis des Schuldners....................................................... 299 3. Die modifizierte bilanzielle Überschuldung als Auslösekriterium...... 301 II. Ein ökonomisches Modell für die Sanierungsbereitschaft der

Gläubiger................................................................................................. 305 III. Die freie Sanierung..................................................................................... 311

1. Die ökonomische Notwendigkeit einer freien Sanierung..................... 312 2. Der Sanierungszeitpunkt........................................................................ 315 3. Die Grundzüge eines außergerichtlichen Sanierungsrechtes................ 317

Zusammenfassung.............................................................................. 323

Literaturverzeichnis........................................................................... 327

Abbildungsverzeichnis

Seite 17

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:

Insolvenzstatistik der Jahre 1991-1997........................................... 24

Abbildung 2:

Übersicht der Anfechtungsmöglichkeiten in der Insolvenzordnung.................................................................. 75

Abbildung 3:

Ein ökonomisches Entscheidungsmodell der Gläubiger für den Zeitpunkt der Insolvenzeröffhung.................................... 204

Abbildung 4:

Der spätest mögliche Sanierungszeitpunkt aus Sicht der Gläubiger................................................................................. 307

Abkürzungsverzeichnis

Seite 19

Abkürzungsverzeichnis a.A.

anderer Ansicht, anderer Auffassung

Abs.

Absatz

AFG

Arbeitsforderungsgesetz

AG

Die Aktiengesellschaft

AGB

Allgemeine Geschäftsbedingungen

AktG

Aktiengesetz

BAK

Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen

BB

Betriebs-Berater

Bd.

Band

bearb.

bearbeitet

BetrAVG

Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung

BetrVG

Betriebsverfassungsgesetz

BFuP

Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BMJ

Bundesministerium der Justiz

bspw.

beispielsweise

BT-Drucks.

Bundestag Drucksache

bzw.

beziehungsweise

DB

Der Betrieb

DBW

Die Betriebswirtschaft

ders.

derselbe, dieselben

Diss.

Dissertation

DStR

Deutsches Steuerrecht

Abkürzungsverzeichnis

Seite 20

EGHGB

Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch

EG InsO

Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung

erw.

erweiterte

ff.

fortfolgende

FLF

Finanzierung-Leasing-Factoring

Fn.

Fußnote

FN

IDW-Fachnachrichten

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbHG

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung

GmbHR

GmbH-Rundschau

GuV

Gewinn- und Verlustrechnung

H.

Heft

h. M.

herrschende Meinung

HFA

Hauptfachausschuß

HGB

Handelsgesetzbuch

Hrsg., hrsg.

Herausgeber, herausgegeben

HuRB

Handwörterbuch unbestimmter Rechtsbegriffe im Bilanzrecht des HGB

i.S.d.

im Sinne der

i.S.v.

im Sinne von

IDW

Institut der Wirtschaftsprüfer

InsO

Insolvenzordnung

IO

IO Management Zeitschrift

i.V.m.

in Verbindung mit

JoF

Journal of Finance

JZ

Juristenzeitung

Abkürzungsverzeichnis

Seite 21

KO

Konkursordnung

KonTraG

Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Untemehmensbereich

KSchG

Kündigungsschutzgesetz

KTS

Zeitschrift für Konkurs-, Treuhand-, Schiedsgerichtswesen

KWG

Gesetz über das Kreditwesen

MDR

Monatszeitschrift für das Deutsche Recht

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

neubearb.

neubearbeitete

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

Nr.

Nummer

o.O.

ohne Ort

o.V.

ohne Verfasser

PubIG

Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten

Unternehmen und Konzernen (Publizitätsgesetz)

Rdn.

Randnummer

RGBl

Reichsgesetzblatt

Rz.

Randziffer

SEC

Securities and Exchange Commission

S.

Seite

SGB

Sozialgesetzbuch

sog.

sogenannte(n)

Tz.

Textziffer

u.a.

unter anderem/n

überarb.

überarbeitete

VAG

Gesetz über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsuntemehmen und Bausparkassen

VerglO

:

Vergleichsordnung

vgl.

:

vergleiche

Seite 22

Abkürzungsverzeichnis

WiSt

Wirtschaftswissenschaftliches Studium

WISU

Das Wirtschaftsstudium

WM

Wertpapier Mitteilung

WSI-Mitt.

Monatszeitschrift des wirtschafte- und sozialwissenschaftlichen Institutes des Deutschen Gewerkschaftebundes

WPg

Die Wirtschaftsprüfung

WPK-Mitt.

Wirtschaftsprüferkammer-Mitteilungen

Wprax

Wirtschaftsrecht und Praxis

ZBB

Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft

ZfB

Zeitschrift für Betriebswirtschaft

ZfbF

Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung

ZGR

Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschafterecht

ZHR

Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht

ZIP

Zeitschrift für Wirtschafterecht und Insolvenzpraxis

ZInsO

Zeitschrift für Insolvenzordnung

ZRP

Zeitschrift für Rechtspolitik

ZVG

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung

Einleitung

Seite 23

Einleitung Ausgangspunkt der Überlegungen ist ein Unternehmen, über dessen wirtschaftlichen Fortbestand Unsicherheit besteht und dem die Insolvenzeröffhung droht. Mit der Insolvenzeröffhung erfolgt der Übergang von der wirtschaftlichen Privatautonomie zur gesetzlich geregelten Vermögens Verwertung. Ein Insolvenzverfahren dient einer ökonomisch sinnvollen Haftungsverwirklichung unter dem Blickwinkel der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung.1 Diese Aufgabe nimmt bislang die Konkursordnung2 aus dem Jahre 1877 und die Vergleichsordnung3 von 1935 wahr. Während die Unternehmen nach der Konkursordnung fast ausnahmslos zerschlagen wurden, kam ein Vergleich nach der Vergleichsordnung nur in wenigen Fällen zustande. Ein Vergleichsverfahren mündete zumeist in den Anschlußkonkurs. Diese unbefriedigenden Rechtsfolgen veranlaßten den Gesetzgeber - nicht zuletzt vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren ständig steigenden Insolvenzen4 - ein neues, einheitliches Insolvenzrecht, die Insolvenzordnung, zu schaffen.

Die Insolvenzordnung begreift die Vermögens Verwertung umfassender als im alten Recht. Aus diesem Grunde ist die Sanierung des insolventen Unternehmens zum gleichrangigen Verfahrensziel neben der gesetzlichen Zwangsverwertung erhoben worden. Eine Untemehmenssanierung gestaltet sich für die Gläubiger zumeist günstiger, da die mit der Zerschlagung des Unternehmens verbundene Auflösung des technisch-organisatorischen Verbundes zu einer erheblichen Wertevemichtung und zu gesamtwirtschaftlich negativen Auswirkungen führt. Die Wertevemichtung umfaßt z.T. auch den Wert der Sicherungsgüter.5

1

2 3 4

5

Das Insolvenzrecht wird daher auch als „wirtschaftliches Krisenrecht“ bezeichnet. Uhlenbruck, W., [100 Jahre KO], 1977, S. 4. Vgl. die Konkursordnung vom 10.2.1877; RGBl IS. 351. Vgl. die Vergleichsordnung vom 26.2.1935; RGBl IS. 321. Vgl. o.V., [Insolvenzstatistik], 1998, S. 1982. Der Aussagegehalt der in den Veröffentlichungen des statistischen Bundesamt enthaltenen Angaben über die Insolvenzentwicklung wird dadurch einge­ schränkt, daß nur gerichtliche Insolvenzverfahren erfaßt werden. Außergerichtliche Verfahren oder stille Liquidationen bleiben unberücksichtigt. Vgl. Hesselmann, S.; Stefan, U., [Empirische Ergeb­ nisse], 1990, S. 11-12. Nach Einschätzung der Hermes Kreditversicherungs-AG, Hamburg, wird die Zahl der Insolvenzen in 1998 trotz der verbesserten Konjunkturlage nochmals zunehmen. Vgl. o. K, [Pleitewelle], 1998, S. 9. Der Wert eines partikulären Sicherungsgutes, insbesondere der Halbfertigerzeugnisse, ist immer geringer als der Wert innerhalb des Vermögensverbundes. Vgl. Kilger, J., [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 40.

Seite 24

Einleitung

Emst Jaeger formulierte hierzu: “Der Konkurs ist ein Wertevemichter schlimmster Art und obendrein das teuerste Schuldentilgungsverfahren.“6 In der Praxis zeigt sich jedoch, daß die Werte bei einer zu späten Verfahrenseröffhung zumeist schon verloren sind.7

Abbildung 1: Insolvenzstatistik der Jahre 1991-1997

Verantwortlich für die hohe Zerschlagungsquote im alten Recht ist vornehmlich die späte Antragstellung auf Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens. Der Gesetzgeber hat die zu späte Verfahrenseröffhung als Mangel erkannt und versucht, die Insolvenzeröflhung vorzuverlegen, da mit zunehmender substanzieller Gefährdung des Unternehmens die Krisenbewältigungsanforderungen die

6

7

Jaeger, E., [Konkursrecht], 1932, S. 216. Der volkswirtschaftliche Schaden wurde im Jahr 1995 bereits auf 60 Milliarden geschätzt. Gemessen an der Anzahl der Insolvenzen in 1997 dürfte sich der Schaden mittlerweile auf mehr als 70 Milliarden belaufen. Vgl. Böckenförde, B., [Untemehmens­ sanierung], 1996, S. 6. Ähnlich dazu auch Balz, M., [Insolvenzverfahren], 1988, S. 276.

Einleitung

Seite 25

vorhandenen Krisenbewältigungspotentiale rasch übersteigen und die Sanie­ rungschancen im Insolvenzverfahren erheblich mindern.8 Im Hinblick auf die angestrebte Vorverlegung der Insolvenzeröfihung als notwendige Voraussetzung einer Sanierung und auf das zusätzliche sanierungs­ rechtliche Instrumentarium in der Insolvenzordnung stellt sich nunmehr die Frage, ob das neue Recht insgesamt die Möglichkeiten einer Untemehmenssanierung im Insolvenzverfahren verbessert hat und die Zerschlagungsquote zukünftig erheblich reduziert werden kann. Ziel dieser Arbeit ist die Beantwortung dieser Fragestellung.

Die Insolvenzordnung wird in dieser Arbeit auf ihre ökonomische Zweckmäßigkeit hin untersucht. Als Voraussetzung für eine Sanierung ist insbesondere der Beitrag der Insolvenzordnung zur früheren Insolvenzeröfihung zu untersuchen, da der Zeitpunkt der Insolvenzeröfihung maßgeblich die wirtschaftliche Dispositions­ freiheit der Beteiligten im Insolvenzverfahren und damit die Verwertungsform bestimmt. In diesem Zusammenhang ist besonders der Frage nachzugehen, ob die Gläubiger in der Untemehmenskrise überhaupt die Insolvenztatbestände erkennen und somit ein Insolvenzverfahren beantragen können und ob der Schuldner bereit ist, sich rechtzeitig i.S.d. Gesetzes in ein Insolvenzverfahren zu begeben. Ferner ist das neue sanierungsrechtliche Instrumentarium der Insolvenzordnung kritisch zu würdigen. Die rechtlichen Aspekte der Insolvenzordnung werden nur insoweit behandelt, als sie die notwendige Grundlage für betriebswirtschaftliche Überle­ gungen darstellen. Die Insolvenzordnung ist ein bisher unerprobtes Recht. Deshalb sind die angestellten Überlegungen, soweit keine Analogien zum alten Recht hergestellt werden können, deduktiver Natur. Prognosen über die Auswirkungen einer Gesetzesänderung sind bekanntlich schwierig und werden in dieser Arbeit anhand betriebswirtschaftlicher Plausibilitätsüberlegungen vorgenommen. Verbraucherinsolvenzverfahren und sonstige Kleinverfahren (§§ 304 ff. InsO) sind nicht Gegenstand der Betrachtungen. Das Spannungsfeld zwischen der Finanzierungsfreiheit der Unternehmen und dem Bedürfnis nach Gläubigerschutz in der Insolvenz ist vor dem Hintergrund der hohen Fremdfinanzierung9 deutscher Unternehmen und der großen Anzahl der Untemeh-

8 9

So auch Krystek, U., [Krisenbewältigungs-Management], 1981, S. 39 und Schwarzecker, J.; Spandl, F, [Krisenmanagement], 1996, S. 8-9. Vgl. Schacht, G, [Risikomanagement], 1995, S. 4. Hierbei übersteigt der Anteil der Bankkredite im Durchschnitt den der Lieferantenkredite. Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R, [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 95. Die mit dem Kapitalaufhahmeerleichterungsgesetz eingeföhrte Freistellung der sog. nichtuntemehmerischen Kleinbeteiligung von 10% oder weniger nach § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG wird kaum geeignet sein, die angestrebte Verbesserung der Eigenkapitalquote zu fördern. Vgl. Dauner-Lieb, B., [Sanierungsprivileg], 1998, S. 1518.

Seite 26

Einleitung

menszusammenbrüche ein rechtspolitisch schwieriges Problem geworden.10 Aufgrund der geringen Eigenkapitalquote wird ein nicht unerheblicher Teil des unternehmerischen Risikos auf die Gläubiger verlagert. Es wäre jedoch unter keinem Gesichtspunkt zu rechtfertigen, die ungünstige Kapitalstruktur der Unternehmen und die damit verbundene Insolvenzanfälligkeit den Kreditinstituten anzulasten.11 Die vielzitierte Aussage des Berliner Konkursrichters Leopold Levy, „die Quelle der Konkurse ist der Kredit“12, spiegelt vielmehr das kreditimmanente Ausfallrisiko13 und damit zugleich auch das Schutzbedürfhis der Kreditinstitute in der Insolvenz wider.14 Darüber hinaus zeigen empirische Untersuchungen, daß die Kreditinstitute neben den Insolvenzverwaltem eine Schlüsselstellung bei der Sanierung eines insolventen Unternehmens einnehmen.15 Ohne ihre Mitwirkung kommt eine Sanierung selten zustande.16 So sind die Auswirkungen der Insolvenzordnung auf die Kreditinstitute im besonderen zu untersuchen.17

Die Arbeit gliedert sich in drei Teile. Im ersten Teil werden die allgemeinen Grundlagen behandelt. Zuerst werden die Schlüsselbegriffe der Arbeit festgelegt. Nachfolgend wird die Insolvenzordnung in ihren Grundiligen vorgestellt. Im Mittelpunkt der Betrachtungen steht hierbei das für eine Sanierung neu geschaffene Rechtsinstitut des Insolvenzplanes. Am Ende des ersten Teils werden die Auswir­ kungen der wichtigsten insolvenzrechtlichen Neuregelungen auf die Kreditinstitute vorgestellt und die möglichen Folgen für das Kreditgeschäft aufgezeigt.

10 11 12 13 14

15 16 17

Vgl. Mayer, D„ [Rechtsprechung des BGH], 1993, S. 206. Vgl. Uhlenbruck, W., [Sanierungskredit], 1982, S. 146. Levy, L., [Konkursrecht], 1926, S. 2. Vgl. zur Systematik des Kreditrisiko bei Schierenbeck, H; Hölscher, R, [BankAssurance], 1998, S. 432-433. Die Fremdfinanzierung bildet zugleich eine unverzichtbare Voraussetzung unseres Wirtschafts­ systems. Vgl. Claussen, C. P., [Sanierungen], 1983, S. 208-209 und Schierenbeck, H; Hölscher, R, [BankAssurance], 1998, S. 361. Vgl. Hesselmann, S; Stefan, U., [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 77-78. Vgl. Böckenförde, B., [Untemehmenssanierung], 1996, S. 165 und Uhlenbruck, W., [Sanierungs­ kredit], 1982, S. 141. Aus insolvenzrechtlicher Sicht besteht zwischen den einzelnen Gläubigem aus dem normalen Lieferungs- und Leistungsaustausch mit dem Schuldner und den Kreditinstituten kein Unterschied. So haben die allgemeinen Ausführungen im Bezug auf die Gläubiger auch für die Kreditinstitute uneingeschränkt Gültigkeit.

Einleitung

Seite 27

Im zweiten Teil wird der Insolvenzzeitpunkt als eine maßgebende Voraussetzung für eine erfolgreiche Untemehmenssanierung im Insolvenzverfahren diskutiert. Hierbei werden die Insolvenztatbestände in der Insolvenzordnung im Zusammenhang mit den an sie gestellten ökonomischen Anforderungen vorgestellt. Anschließend wird das problematische Spannungsfeld zwischen Schuldnerpflichten und den z.T. divergierenden Gläubigerinteressen bei der Antragstellung auf Insolvenzeröfihung aufgezeigt. Auf der Grundlage der verschiedenen Interessenlagen sowie den Prognoseproblemen bei der Bestimmung des Insolvenzzeitpunktes werden die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Antragstellung und der Beitrag der Insolvenzordnung zur Vorverlegung der Insolvenzeröffhung dargestellt. Im dritten Kapitel wird die Untemehmenssanierung im Insolvenzverfahren behandelt. Neben der Darstellung der Grundlagen einer Sanierung im neuen Recht ist zu untersuchen, inwieweit der zu erwartende Zeitpunkt der Insolvenzeröffhung die Möglichkeiten einer Sanierung im Insolvenzverfahren beeinflußt oder sogar verwehrt und den Gläubigem, denen die Verwertungsentscheidung obliegt, ein aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoller Rechtsrahmen für diese Aufgabe zur Verfügung gestellt wird. Abschließend wird eine Möglichkeit zur Verbesserung der Voraussetzungen für eine Sanierung vorgestellt.

Erster Teil: Die Insolvenzordnung

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Erster Teil: Die Insolvenzordnung Für die Untersuchung der Sanierungsmöglichkeiten im neuen Insolvenzrecht aus Sicht der Kreditinstitute sind zunächst die der Thematik zugrunde liegenden zentralen Begriffe zu erläutern. Anschließend werden die Grundzüge der Insol­ venzordnung insoweit vorgestellt, als sie Vorschriften für die Untemehmens­ sanierung und wichtige Rechtsänderungen für die Kreditinstitute enthält. Insbeson­ dere wird das neben dem Regelabwicklungsverfahren neu eingefilhrte Insolvenz­ planverfahren diskutiert. Die für die Kreditinstitute zentralen Fragestellungen ihrer Rechtsstellung und der Behandlung ihrer Sicherheiten im Insolvenzverfahren bilden den Abschluß des ersten Teils. In diesem Zusammenhang werden auch die möglichen Auswirkungen auf das Kreditgeschäft untersucht.

A. Begriffsbestimmungen Im ersten Kapitel werden die in der Arbeit verwendeten Schlüsselbegriffe Insolvenz, Untemehmenssanierung und Kreditinstitute - definiert.

I. Insolvenz Bei der Abgrenzung der Insolvenz ist zunächst zwischen der juristischen und der betriebswirtschaftlichen Betrachtung zu unterscheiden.18 Im juristischen Sinne ist ein insolventes Unternehmen ein das Tatbestandsmerkmal der Insolvenzordnung erfüllendes Unternehmen.19 Die Insolvenzordnung kennt drei Insolvenztat­ bestände:20



die Zahlungsunfähigkeit,



die drohende Zahlungsunfähigkeit und



die Überschuldung.

Der Überschuldungstatbetand ist auf juristische Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine

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So die vorherrschende Meinung bei Brandstätter, J., [Sanierungsfähigkeit], 1993, S. 6. Vgl. Braun, E.;Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 36-37. Gesetzestechnisch kann nur der Untemehmensträger, nicht dagegen das Unternehmen in die Insolvenz fallen. Vgl. hierzu Schmidt, K., [100 Jahre KO], 1977, S. 250. Die Insolvenztatbestände werden aufgrund des Sachzusammenhangs erst im Zweiten Teil unter Kapitel A. „Die Auslösung eines Insolvenzverfahrens“ eingehend diskutiert.

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natürliche Person ist, beschränkt.21 Mit dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung ist der Schuldner verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen, wogegen die drohende Zahlungsunfähigkeit dem Schuldner zunächst noch ein Wahlrecht zur Antragstellung einräumt. Den Gläubigem steht nur bei Zahlungsun­ fähigkeit oder Überschuldung ein Antragsrecht zu. Die Untemehmenskrise22 wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur sehr ausführlich behandelt, wogegen die Insolvenz als ökonomischer Endpunkt einer Untemehmenskrise in der Literatur als eigenständiges Themengebiet noch vergleichsweise wenig Beachtung findet.2"* Im Schrifttum wird die Insolvenz zumeist als letztes Krisenstadium unter dem weitgefaßten Begriff der Untemehmenskrise subsummiert.24 In der Vergangenheit war es insbesondere der Rechtswissenschaft vorbehalten, sich mit der Insolvenz als „wirtschaftlichem Endpunkt“ auseinanderzu­ setzen.25 Bislang hat sich noch kein eigenständiger betriebswirtschaftlicher Insolvenzbegriff im Schrifttum durchgesetzt, nicht zuletzt, da es sich auch aus ökonomischer Betrachtung im Ursprung um einen Rechtsbegriff handelt, der durch betriebswirtschaftliche Sachverhalte fixiert wird. Demzufolge besteht nach h.M. für eine Differenzierung des Insolvenzbegriffes nach rechtlicher und betriebswirtschaft­ licher Sicht keine Notwendigkeit.26 Die Arbeit folgt dem juristisch-teleologisch determinierten Insolvenzbegriff

Die Insolvenz wird im folgenden als deijenige Zustand eines Unternehmen in der Untemehmenskrise bezeichnet, bei dem die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens aufgrund eines Insolvenztatbestandes gegeben sind.27 Die

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Vgl. § 19 Abs. 1 und 3 InsO. Wesensbestimmend fiir die Untemehmenskrise ist das Überwiegen destruktiver gegenüber konstruktiven Elementen. Als Untemehmenskrise wird allgemein deijenige Zustand eines Unter­ nehmens betrachtet, in dem die wesentlichen Ziele und Vermögenswerte unmittelbar bedroht sind und damit der Fortbestand substantiell gefährdet oder aufgrund der materiellen Insolvenz unmöglich gemacht wird. Vgl. Brandstätter, J., [Sanierungsfähigkeit], 1993, S. 5 und Krystek, U, [Untemehmungskrisen], 1987, S. 6. Vgl. Franke, G., [ökonomische Überlegungen], 1983, S. 37, Gless, S.-E., [Untemehmenssanierung], 1996, S. 17 und Groß, P. J„ [Sanierung], 1982, S. 6. Vgl. Brandstätter, J., [Sanierungsfähigkeit], 1993, S. 6 und Steiner, M., [Insolvenzrisiko], 1980, S. 6. Kritisch zur mangelnden Harmonie zwischen der Rechts- und Wirtschaftswissenschaft Krystek, U, [Untemehmungskrisen], 1987, S. 2 und Uhlenbruck, W., [Aufgabe], 1981, S. 185-187. Vgl. Braun, E.;Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 37; Burger, A., [Zahlungs­ schwierigkeiten], 1988, S. 287; Gless, S.-E., [Untemehmenssanierung], 1996, S. 12 und Uhlenbruck, W., [Gläubigerberatung], 1983, S. 1. Vgl. Braun, E.;Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 37 und Schmidt, K, [Gutachten], 1982, S. 17.

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Insolvenz steht somit am Ende eines existenzvemichtenden Krisenverlaufes, bei der die Möglichkeit zur Fortführung des Unternehmens in der bisherigen Form nicht mehr gegeben ist.28 Sie tritt in fast allen Fällen nicht als plötzlich hereinbrechendes Ereignis ein.29 Der unerwartete Eintritt ist allenfalls ein Problem der nicht wahrgenommenen Untemehmenskrise.

IL Unternehmenssanierung Der Begriff der Untemehmenssanierung oder kurz Sanierung30 wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur sehr unterschiedlich gehandhabt, so daß von keinem allgemeingültigen Sanierungsbegriff gesprochen werden kann.31 Auch ist der Begriff der Sanierung weder gesetzlich geregelt noch hat sich in der rechtspoliti­ schen Diskussion ein eigenständiger, normativer Sanierungsbegriff herauskristalli­ siert.32 Unterschiede ergeben sich durch den Zeitpunkt, die Art und den Umfang der Sanierungsmaßnahmen.33

Den unterschiedlichen erfolgs- und tätigkeitsbestimmten Definitionen gemeinsam ist das kausale und finale Element des Sanierungsbegriffes, die Sanierungsbedürftigkeit, der Sanierungserfolg, und das Bestreben, die Liquiditäts- und Ertragsfähigkeit des Unternehmens wieder herzustellen.34 Unter einer Untemehmenssanierung im weitesten Sinne wird die grundlegende Verbesserung betrieblicher Schwachstellen verstanden, die Änderung der Aufbau- und Ablauforganisation zur Stärkung der

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Vgl. Hess, H;Fechner, D., [Sanierungshandbuch], 1991, S. 23; Lutter, M., [Haftungsrisiken], 1997, S. 332 und Scheffler, E., [Bilanzen], 1993, S. 1570. Vgl. Rödl, H, [Insolvenzen], 1976, S. 359; Wagner, W., [Überschuldung], 1995, S. 174 und Wieselhuber, N., [Früherkennung], 1986, S. 172. Ethymologisch stammt das Wort „Sanierung“ vom lateinischen „sanare“ ab, was soviel wie Heilen oder Gesundmachen heißt. Vgl. Swoboda, P., [Untemehmenssanierung], 1983, S. 3. Leist weist zurecht darauf hin, daß das Wort Sanierung kein rechtstechnischer Ausdruck ist. Vgl. Leist, E. [Sanierung], 1905, S. 6. So auch Claussen, C. P., [Sanierungen], 1983, S. 195 und Köndgen, J., [Sanierung], 1995, S. 144. A. A. Emmerich, H, [Sanierung], 1930, S. 6-9, der in der seitherigen Übung und in dem im Rechtsleben stets anerkannten und vielfach gebrauchten Ober­ begriff einen gewohnheitsrechtlichen Rechtsbegriff ableitet. Das Steuerrecht bedient sich in § 3 Nr. 66 EStG in Verbindung mit dem BFH-Urteil vom 14.3.1990 entgegen dem Anschein eines normativen Charakters eines problemspezifischen Sanierungsbegriffes. Vgl. Schmidt, K, [Gutachten], 1982, S. 19-20. und Uhlenbruck, W.t [Sanierung], 1981, S. 535. Vgl. Kilger, J., [Reorganisationsverfahren], 1982, S. 781 und Wegmann, J., [Untemehmensbewertung], 1988, S. 801. Vgl. Gless, S.-E., [Untemehmenssanierung], 1996, S. 44 und Schmidt, K., [Gutachten], 1982, S. 20.

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Wettbewerbsfähigkeit, ohne daß zugleich eine existenzbedrohende Situation gegeben sein muß.35

Die Arbeit folgt jedoch einer engeren Auslegung des Sanierungsbegriffes. Die Untemehmenssanierung umfaßt demnach alle leistungs- und fmanzwirtschaftlichen Maßnahmen, die geeignet sind, ein Unternehmen aus einer bestandsgefährdenden Krise, wie der Insolvenz, herauszuführen und es im wesentlichen Teil dauerhaft als wirtschaftliche Einheit zu erhalten.36 Die Möglichkeiten einer Untemehmens­ sanierung werden hierbei nicht unwesentlich von äußeren Umweltfaktoren wie Gesetzgebung, Wirtschaftspolitik, Konjunktur oder Wettbewerbsstrukuren beeinflußt.37 Maßgebend sind jedoch im allgemeinen die untemehmensintemen Gegebenheiten. Eine Sanierung ist letztendlich der Versuch, das wirtschaftliche Können mit dem rechtlichen Sollen dauerhaft in Einklang zu bringen.38

Als das zu sanierende Unternehmen wird jede private, erwerbswirtschaftlich­ rechtlich organisierte Gesellschaft verstanden.39 Versicherungsuntemehmen sowie Kreditinstitute, für die Sondervorschriften des KWG und VAG im Insolvenzfall zu beachten sind, bleiben außer Betracht. Da die GmbH mit weitem Abstand die Insolvenzstatistiken anführt, steht diese Rechtsform im Mittelpunkt der Betrach­ tungen.40

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Vgl. Harz, M.; Hub, H.-G.; Schlarb, E„ [Sanierungs-Management], 1996, S. 30-31. Der Begriff der Reorganisation entstammt aus dem angelsächsischen Sprachgebrauch und wird weitgehend synonym zur Sanierung gebraucht. Eine Differenzierung erscheint mir daher nicht notwendig. Ebenso Flessner, A., [Sanierungsverfahren], 1981, S. 1283. A.A. Jordan, A., [Reorganisationsverfahren], 1993, S. 14 und Uhlenbruck, W., [Sanierung], 1981, S. 537, die die Reorganisation als verfahrens­ rechtlichen Prozeß der Sanierung begreifen, wogegen Hesselmann/ Stefan unter Reorganisation lediglich eine Änderung der Aufbau- und Ablauforgaisation verstehen. Vgl. Hesselmann, S.; Stefan, U, [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 41. Vgl. Böckenforde, B., [Untemehmenssanierung], 1996, S. 7, Hesselmann, S; Stefan, U, [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 40; Kayser, G., [Sanierungsfähigkeit], 1983, S. 7 und Schwarzekker, J; Spandl, F, [Krisenmanagement], 1996, S. 72. Vgl. Zdrowomyslaw, N.; Spies, B.-G.; Gellink, M., [Sanierung], 1994, S. 25. Vgl. Flessner, A., [Sanierung], 1982, S. 242. Der Begriff des Unternehmens wird hier im institutioneilen Sinne gebraucht. Vgl. Gutenberg, E., [Betriebswirtschaftslehre], 1983, S. 510-512. Die Forderungen von Albach, das Unternehmen als wirtschaftliche Einheit zu betrachten und ein eigenes Konzeminsolvenzrecht zu schaffen, wurde vom Gesetzgeber nicht umgesetzt. Vgl. Albach,H., [Insolvenzen], 1984, S. 780. Etwa die Hälfte der Insolvenzen betrifft die Rechtsform der GmbH, ein weiteres Viertel entfällt auf die ebenfalls die Haftung beschränkende GmbH & Co. KG. Vgl. Deutsche Bundesbank (Hrsg), [Monatsbericht], 1992, S. 32. Als Gründe werden vor allem die beschränkte Haftung und das geringe Mindestkapital genannt. Vgl. Lauer, J, [Kreditmanagement], 1994, S. 33.

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In der gegenwärtigen Insolvenzpraxis wird das (sanierte) Unternehmen häufig auf einen neuen Rechtsträger übertragen.41 Die übertragende Sanierung, eine euphemi­ stische Ausgestaltung der Sanierung, ist ein in das Zwangsvollstreckungsverständnis des Konkursrechtes eingebundenes Liquidationsmodell, um auf dem Wege des „Assets Deals“ die erhaltenswerten Vermögensteile auf eine Auffanggesellschaft zu übertragen.42 Die Gläubiger werden dabei aus dem Verwertungserlös befriedigt.43 Der bisherige Untemehmensträger wird, wenn es sich um eine Gesellschaft handelt, liquidiert. Die Insolvenzordnung schafft in erweitertem und in vom Gesetzgeber pointiert gewolltem Maße die Möglichkeit der Sanierung des Rechtsträgers eines Unternehmens.44 Der dieser Arbeit zugrunde liegende Sanierungsbegriff klammert die übertragende Sanierung aus, da diese letztendlich nur eine bessere Form der Zwangsvollstreckung darstellt.45

III. Kreditinstitute Unter Kreditinstituten werden die i.S. der Legaldefinition nach § 1 Abs. 1 KWG definierten Unternehmen verstanden.46 Zu dieser Gruppe zählen insbesondere die Universalbanken.47 Durch den Institutsbegriff des § 1 Abs. 1b KWG wird verdeutlicht, daß nur die Unternehmen aus der Gesamtheit der Unternehmen des finanzwirtschaftlichen Sektors betrachtet werden, die der Kontrolle durch das

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Eine Übertragung gestattet einen klaren Neuanfang und gestaltet sich vom Verfahrensablauf weit weniger kompliziert. Vgl. Stümer, R, [Sanierung], 1982, S. 771. Vgl. Braun, E.;Uhlenbruck, W„ [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 424-425. Durch die Trennung von Aktiv- und Passivvermögen, nehmen die Alt-Gläubiger am Fortführungsmehrwert der übertra­ genen Gesellschaft nicht teil. Mißbräuche können sich insbesondere durch die Veräußerung unter Wert oder an bestimmte Interessengruppen ergeben. Im Bereich der übertragenden Sanierung stellt die Gesetzesfassung gegenüber dem Regierungsentwurf, der eine Veräußerung des Unternehmens oder eines Betriebes an bestimmte Interessengruppen oder unter Wert nur auf der Grundlage eines Insolvenzplan vorsah, einen beträchtlichen Rückschritt dar, da die Zustimmung im neuen Recht nur einer vereinfachten Legitimation der Gläubigerversammlung bedarf. Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu §§ 181,182, S. 38. Häufig scheitert die Auffanglösung am Barkapital der Beitrittswilligen. Die Vermeidung einer Barablösung gelingt nur, wenn viele Gläubiger der Auffangkonstruktion beitreten wollen. Vgl. Flessner, A., [Sanierungsverfahren], 1981, S. 1286. Vgl. Schmidt-Räntsch, R, [Insolvenzordnung], 1995, Teil 1, Rdn. 56, 58. So auch Kilger, J., [Reorganisation], 1984, S. 47. Vgl. SüchtingJ., [Bankmanagement], 1992, S. 3. Zur Begriffsffassung aus einzel- und gesamtwirt­ schaftlicher Sicht bei Büschgen, H. E., [Bankbetriebslehre], 1998, S. 33-35. Die Bezeichnung „Bank“ wird als Synonym ftir den Rechtsbegriff „Kreditinstitut“ verwandt. Vgl. § 1 Abs. 1 KWG. Unter den Universalbanken werden die Kreditbanken, die Institute des Genossenschaftsbanksektors sowie die Sparkassenorganisationen subsumiert. Ausführlich dazu Schierenbeck, H; Hölscher, R, [BankAssurance], 1998, S. 63-91.

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Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen unterliegen.48 Finanzdienstleistungs­ institute nach § 1 Abs. la KWG bleiben hierbei außer Betracht.

Die mit der sechsten KWG-Novelle vorgenommene Erweiterung des Begriffs der Kreditinstitute hinsichtlich des Umfangs der betriebenen Bankgeschäfte sowie der konstitutiven Elemente des Bankgeschäftes sind von untergeordneter Bedeutung, da die Arbeit aus sachlichen Erwägungen allein auf die Einlagenkreditinstitute nach § 1 Abs. 3d Satz 1 KWG abstellt.49 Einlagenkreditinstitute i.S.d. Gesetzes betreiben u.a. das Kreditgeschäft. Trotz des besonderen Förderungsauftrages, den die öffentlich-rechtlichen und genossenschaftsrechtlichen Institute haben, wird aufgrund deren Notwendigkeit zu wirtschaftlichem Geschäftsgebaren und dem scharfem Wettbewerb zu den Privatbanken keine bevorzugte Präferenz für Sanierungen angenommen.50 Das Verhalten aller Kreditinstitute in der Untemehmenskrise ihres Schuldners orientiert sich neben dem Gewinnstreben bzw. Rentabilitätsstreben vornehmlich an der Risiko Vermeidung.51

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Hierbei bleiben die neu (subsidiär) hinzugekommenen Finanzdienstleistungsinstitute nach § 1 Abs. la KWG außer Betracht. Zur Institutstypologie vgl. Luz, G,; Scharpf, P., [Bankenaufsicht], 1998, S. 6. Einlagenkreditinstitute sind Kreditinstitute, die Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG annehmen und das Kreditgeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG betreiben. Vgl. Luz, G.; Scharpf, P., [Bankenaufsicht], 1998, S. 7. Vgl. zu dem Zielkonflikt bei SüchtingJ., [Bankmanagement], 1992, S. 315-317. In der neueren Bankbetriebslehre wendet man sich zunehmend von der engen Annahme eines monovariablen Zielmaximimierungsansatzes ab. Vielmehr wird ein im Zeitablauf angepaßtes ,Anspruchsniveau“ multi variabler Satisfizierungsansätze finanzieller und nicht-finanzieller Zielset­ zungen bevorzugt. Vgl. Büschgen, H. E., [Bankbetriebslehre], 1998, S. 509.

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B. Grundzüge des neuen Insolvenzrechtes Das Insolvenzrecht regelt die Abwendung oder Abwicklung einer existenzbedro­ henden Untemehmenskrise, insbesondere die Sicherung und Verwertung des Schuldnervermögens im Rahmen eines Insolvenzverfahrens.52 Die Konkurs- und Vergleichsordnung gehen im Rahmen der Insolvenzordnung in einem einheitlichen Insolvenzverfahren auf. Gleichzeitig wird die innerdeutsche Rechtseinheit durch den Wegfall der Gesamtvollstreckung als Übergangsrecht in den neuen Bundesländern und in Ost-Berlin vollzogen. Aufgrund der weitgehenden Übereinstimmung einiger Vorschriften der Insolvenzordnung mit dem alten Recht kann teilweise auf die bisherige Literatur und Rechtsprechung zurückgegriffen werden.53

L Die Reform des Insolvenzrechtes Die Neugestaltung des Insolvenzrechtes begann im Jahr 1978 mit der Bildung der Kommission für Insolvenzrecht unter dem damaligen sozialdemokratischen Justizminister Vogel. Mit dem Regierungsentwurf vom 15. April 1992 wurde das förmliche Gesetzgebungsverfahren eingeleitet. Der Regierungsentwurf wurde in den Beratungen des Rechtsausschusses wesentlich gestrafft und vereinfacht und vom Deutschen Bundestag am 21. April 1994 nach der Beschlußlage des Rechtsaus­ schusses verabschiedet, vom Bundesrat am 8. Juli 1994 bestätigt, vom Bundespräsi­ denten am 5. Oktober 1994 ausgefertigt und am 18. Oktober veröffentlicht.54 Die Insolvenzordnung tritt nicht wie ursprünglich vorgesehen am 1. Januar 1997, sondern erst am 1. Januar 199955 in Kraft.56 Die ungewöhnlich lange Frist soll den Bundesländern ermöglichen, die zusätzlichen Stellen bei den Insolvenzgerichten zu schaffen und für die notwendige Ausbildung der erforderlichen Rechtspfleger zu sorgen.57 Verfahren die vor dem 1.1.1999 beantragt werden, werden weiterhin nach Maßgabe der Konkurs-, der Vergleichs- oder der Gesamtvollstreckungsordnung58 abgewickelt. Im Gegensatz zur Konkurs- und Vergleichsordnung stellt die Insol­

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Vgl. Schmidt, K., [Gutachten], 1982, S. 17 und Uhlenbruck, W., [Insolvenzrecht], 1979, S. 33. Vgl. die Synopse bei Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, S. 995-1006. Vgl. zum Gesetzgebungsverfahren bei Bork, R., [Insolvenzrecht], 1995, S. 6-7. Vgl. § 335 InsO i.V.m. Artikel 110 Abs. 1 EG InsO. Vgl. dazu die berechtigte Kritik bei Balz, M.;Landfermann, H.-G.,[Insolvenzgesetz], 1995, L. Vgl. Früh, H.-J., [Insolvenz], 1995, S. 795. Die Bundesländer werden jedoch trotz der Verschiebung des Inkrafttretens um zwei Jahre außerstande sein, den Personalbedarf für die der Reform erforder­ lichen Größenordnung bereitzustellen. Vgl. Stüdemann, K., [Fortführung], 1995, S. 1. Vgl. die Gesamtvollstreckungsordnung für die neuen Bundesländer als Übergangsrecht vom 23.5.1991; BGBl IS. 1185.

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venzordnung ein Verfahren mit offenem Ausgang dar, um marktwirtschaftliche, rationale Verwertungsentscheidungen zu ermöglichen.59 Die Insolvenzordnung wird sich daran messen lassen müssen, inwieweit es gelungen ist, die Untemehmens­ sanierung zu einem Leitgedanken zu erheben.60

L Der Funktionsverlust der alten Rechtsordnung In den alten Bundesländern wurden in den Jahren 1991 bis 1997 über 70% der Konkursanträge mangels Masse abgewiesen.61 in den neuen Bundesländern sank die Eröffhungsquote seit 1991 von 83% kontinuierlich und erreichte im Jahr 1997 nur noch 30%. Aufgrund des fortgeschrittenen Vermögens Verzehrs bis zur Antrag­ stellung steht den Unternehmen bei der Insolvenzeröflhung kein Kapitalpuffer mehr zur Verfügung.62 Zu einem bestätigten Vergleich kam es seit 1983 in weniger als 1% der Insolvenzverfahren.63 Wenn ein Konkurs nicht eröffnet oder ein Vergleich nicht bestätigt wird, findet keine geordnete Gläubigerbefriedigung statt.64 Vielmehr unterliegt die Gläubigerbefriedigung in denjenigen Fällen dem Prioritätsprinzip.65 Der Funktionsverlust fuhrt zu schweren Mißständen, da vermögenslose Schuldner, insbesondere insolvente GmbHs, am Rechtsverkehr teilnehmen und andere Gläubiger dadurch schädigen können. Desweiteren bleiben dadurch Vermögens­ manipulationen vielfach unentdeckt. Diese Tatsache stellt die alte Rechtsordnung nicht zuletzt dadurch in Frage, daß die Wirtschafts- und Rechtsmoral der Beteiligten Schaden nimmt.

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Entgegen der herrschenden Verkehrsauffassung sieht die Konkursordnung mit dem Begriff der Verwertung in § 117 Abs. 1 KO nicht zwingend eine Untemehmenszerschlagung vor. Folgt man der Auslegung des Gesetzes, so weisen die Vorschriften der §§ 129 Abs. 2, 132 Abs. 1 und 133 Nr. 1 KO auf eine Fortführung des insolvent gewordenen Unternehmens hin, wenn nach dem allgemein­ verbindlichen Gebot der Anwendung des schonendsten Mittel auch durch eine Untemehmensfortführung eine Schuldentilgung möglich ist. Vgl. Stüdemann, K., [Fortführung], 1995, S. 4-6. Vgl. Stüdemann, K., [Fortführung], 1995, S. 7. Vgl. o.K, [Insolvenzstatistik], 1998, S. 1982. In diesem Zusammenhang sei auf das unzureichende gesetzliche Mindestkapital bei Kapitalgesell­ schaften hingewiesen. Büschgen weist im Zusammenhang auf die geringe Eigenkapitalausstattung darauf hin, daß nicht allein finanzielle Risiken den Bestand von Unternehmen gefährden, sondern daß die Insolvenz immer in Verbindung mit leistungswirtschaftlichen Defiziten eintritt. Der Verschuldungsgrad ist somit eine Funktion des leistungswirtschaftlichen Risikos. Vgl. Büschgen, H. E., [Insolvenzgefahr], 1975, S. 106-109. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 72 und Uhlenbruck, W„ [Insolvenzordnung], 1994, S. 18. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 73. Die Rechtsprechung hat in jüngster Zeit der Vertragbruchstheorie den Vorrang gegeben, wogegen in der Literatur vereinzelt eine Quotierung für jede Gläubigergruppe gefordert wird. Vgl. Hopt, K. J., [Asymmetrische Information], 1984, S. 751.

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Der Funktionsverlust der Konkurs- und Vergleichsordnung trat in den verschiedenen wirtschaftlichen Rezessionen, die mit der Ölpreiskrise 1973/1974 teilweise zu Strukturkrisen angewachsen sind, offen zu Tage und offenbarte die Mängel der alten Rechtsordnung.66 Wie die Insolvenzstatistiken eindrücklich zeigen, tragen sowohl die durch die späte Insolvenzeröffhung verursachte Massearmut als auch das mangelnde sanierungsrechtliche Instrumentarium maßgeblich zu dem Funktions­ verlust der alten Rechtsordnung bei.67 Die Feststellung vom „Konkurs des Konkurses“68 machte die Runde. Der wohl folgenschwerste Mangel im alten Recht ist, daß die Konkursverfahren regelmäßig in der Zerschlagung münden und den Beteiligten im Vergleichsverfahren kein funktionsfähiger rechtlicher Rahmen zur Sanierung zur Verfügung steht.69 Infolgedessen ist das Vergleichsverfahren zur Sanierung insolventer Unternehmen vollends zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken. Darüber hinaus hat sich die Dichotomie von Konkurs und Vergleich als weiterer Schwachpunkt herausgestellt.70 So muß die Entscheidung über die Eröffnung eines Konkurs- oder Vergleichsverfah­ ren zu einem Zeitpunkt getroffen werden, in dem die Sanierungsfähigkeit noch gar nicht beurteilt werden kann.

Neben der Sanierungsfeindlichkeit vermag die Konkursordnung aufgrund der zu späten Insolvenzeröffhung auch als Verfahren zur Gesamtvollstreckung nicht zu überzeugen, da sich die ungesicherten Gläubiger mit Deckungsquoten von weniger als 5% begnügen müssen.71 Pointiert dazu bei Häsemeyer: „Ein Konkursverfahren, das sich darauf beschränkt, den Arbeitnehmern aus öffentlichen Kassen zu ihrem Lohn zu verhelfen und die gesicherten Gläubiger vor Beeinträchtigungen ihrer Sicherheiten zu schützen, und darüber das letzte verfügbare Schuldnervermögen aufzehrt, verfehlt seinen Zweck.“72 Die ausschließlich exekutorische Auslegung des Konkursverfahrens findet sich nicht zuletzt in der Rechtsprechung wieder: „Die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Einzeluntemehmers oder auch einer Gesellschaft markiert ein wirtschaftliches Stadium, das im Interesse der Gläubiger eine Weiterführung des betroffenen Unternehmens verbietet und zur

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Umfassend dazu Uhlenbruck, [Erfahrungen], 1983, S. 97-111. Gesicherte Erkenntnisse über den durch die fehlerhafte Kapitalallokation entstehenden volkswirt­ schaftlichen Schaden liegen nicht vor. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 73. Kilger, J„ [Konkurs], 1975, S. 143. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 73; Mönning, R.-D„ [Betriebsfortführung], 1997, S 42-43 und Uhlenbruck, W., [Sanierung], 1981, S. 515. Vgl. Schmidt, K, [Gutachten], 1982, S. 40. Vgl. Flessner, A., [Sanierungsverfahren], 1981, S. 1287, Mönning, R.-D., [Betriebsfortführung], 1997, S. 6-7 und Schmidt, K, [Gutachten], 1982, S. 10. Häsemeyer, L., [Insolvenzrecht], 1992, S. 73.

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Verwertung noch vorhandener Vermögensteile zum Zwecke gleichmäßiger Gläubigerbefriedigung zwingt.“73 So kommt den Sanktionsgedanken gegenüber dem Untemehmensträger im Konkursverfahren ein unangemessenes Gewicht zu.74

Das Scheitern der Vergleichsordnung als derzeitiges Sanierungsrecht und damit Anknüpfungspunkt der Sanierungsdiskussion beruht insbesondere auf den betriebswirtschaftlichen Mängeln des Gesetzes. Dies sind die unter den heutigen Eigenkapitalverhältnissen unrealistisch hohen Mindestquoten von 35 Prozent sowie der Verzicht auf betriebswirtschaftliche Planrechnungen zur Beurteilung der Sanierungsfähigkeit.75 Ob ein Unternehmen fortgefuhrt werden soll hängt weniger von der Schuldendeckungsquote als vielmehr von dem zu erzielenden Fortführungswert ab. Ferner stellt die Vergleichsordnung kein Instrumentarium zur Verfügung, um das Unternehmen in seiner Finanz- und Kapitalstruktur umzuorga­ nisieren.76 Desweiteren können gläubigerschädigende Manipulationen im Vorfeld der Verfahrenseröffhung mangels besonderer Anfechtungsmöglichkeiten nicht rückgängig gemacht werden. Das Vergleichsverfahren kennt lediglich die von den Anfechtungsvorschriften unabhängige Rückschlagsperre nach § 28 Abs. 1 VerglO. Ein weiterer entscheidender Nachteil ist, daß die bevorrechtigten Gläubiger, auf deren Mitwirkung es bei der Überwindung der Krise gerade ankommt, nicht am Vergleichsverfahren beteiligt sind.77 Im Vergleichsverfahren sind nach § 26 Abs. 1, §§ 27, 29 VerglO weder die absonderungsberechtigten noch die nachrangigen Gläubiger mit einbezogen. Somit können die gesicherten Gläubiger dem Unter­ nehmen die unentbehrlichen Betriebsmittel entziehen und somit die Zerschlagungs­ automatik auslösen. Auch erscheint die unterschiedliche Behandlung von eigenkapitalersetzenden Darlehen und sonstigen Verbindlichkeiten wenig einleuchtend. Während im Vergleichsverfahren die Befriedigung eigenkapitalersetzender Darlehen mit der gleichen Quote wie echtes Fremdkapital erfolgt, können die Gläubiger eigenkapitalersetzende Darlehen im Konkursfall nach § 32a Abs. 1 Satz 1 GmbHG

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BGH-Urteil vom 10.4.1979, S. 123. Vgl. Schmidt, K, [Gutachten], 1982, S. 25. Vgl. Balz, M., [Sanierung], 1986, S. 15 und Uhlenbruck, W., [Aufgabe], 1981, S. 181-182. Emmerich weist zu Recht daraufhin, daß nicht der Höhe der Quote sondern vielmehr der Sicherung der Erfüllung der Gläubigeransprüche anhand eines Finanzplanes die entscheidende Bedeutung zukommt. Vgl. Emmerich, H., [Sanierung], 1930, S. 51. Karsten Schmidt kritisiert ferner die charakteristische Unstimmigkeit in der Vergleichsordnung. Einerseits wird in § 18 Abs. 4 VerglO die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens vorausgesetzt, während andererseits an der moralisierenden Vergleichswürdigkeit des Schuldners festgehalten wird. Vgl. hierzu Schmidt, K, [Gutachten], 1982, S. 42-43. Vgl. Kilger, J., [Reorganisationsverfahren], 1982, S. 780. Vgl. Arnold, H., [Reorganisationsverfahren], 1986, S. 398; Kilger, 1, [Reorganisationsverfahren], 1982, S. 783-785 und Uhlenbruck, W., [Untemehmenskrisen], 1983, S. 1489.

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nicht geltend machen. Ferner hat es sich als unvorteilhaft erwiesen, dem Schuldner im Vergleichsverfahren das alleinige Antragsrecht zukommen zu lassen, da der Schuldner den Gläubigem dadurch Zugeständnisse abverlangen kann.78 Der Schuldner läßt sich seine Zustimmung zur Antragstellung häufig mit dem Fortbe­ stand seines Eigentums oder einer Restschuldbefreiung abgelten. Die Gläubiger können nur ein Konkursverfahren direkt einleiten, wobei im Konkursverfahren wiederum nur der Schuldner zum Antrag eines Zwangsvergleiches berechtigt ist. Allerdings konnte die Zwangsvergleichspraxis in der Vergangenheit keinen nennenswerten Beitrag zur Sanierung leisten.79 Die Funktionsunfähigkeit des Vergleichsverfahrens fiihrt in der Praxis nicht zuletzt zu einer Zweckentfremdung des Konkursverfahrens als Sanierungsinstrument in der Weise, daß im Wege der übertragenden Sanierung das Aktivvermögen des Schuldners von seinen Verbindlichkeiten getrennt und auf einen neuen Unter­ nehmensträger übertragen wird. Diese Technik ist insofern problematisch, da die konkursbefangenen Unternehmen in der Praxis aufgrund der intransparenten Marktverhältnisse häufig unter ihrem Fortfilhrungswert veräußert worden sind und die Gläubiger mit der Übertragung des Vermögens am höheren Fortfilhrungswert nicht mehr partizipieren. Sind einzelne Gläubiger hingegen am neuen Unternehmen beteiligt, so erhalten sie entgegen dem Gebot der Gleichbehandlung aller Konkurs­ gläubiger Vorteile.

2. Der Leitgedanke der Unternehmenssanierung in der Reform Mit dem Funktionsverlust änderte sich gleichzeitig auch die Auffassung von einem Insolvenzrecht. Bisher wurde vornehmlich von einer Auslesefunktion ausgegangen, um durch einen erzwungenen Marktaustritt die Freisetzung und Neuverteilung der in dem insolventen Unternehmen gebundenen Produktionsfaktoren zu ermöglichen.80 Wissenschaft und Praxis waren sich jedoch darüber einig, daß ein modernes Insolvenzrecht neben der Zerschlagung des schuldnerischen Vermögens die gleichwertige Möglichkeit einschließen müsse, eine Untemehmenskrise durch

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Im Gegensatz zum Konkursverfahren bleibt der Vergleichsschuldner Herr seines Vermögens. So kann der Schuldner durch einen Vergleichsantrag - Anlaß sind oft Vollstreckungen sowie Konkursanträge - die Eröffnung des Konkursverfahren unbillig hinauszögem und sein Vermögen weiter verwirtschaften. VerfUgungsbeschränkungen nach §§58 und 59 VerglO müssen gesondert erlassen werden. Vgl. Künne,K., [Reform], 1978, S. 729-730. Vgl. Gessner, V. u.a., [Konkursabwicklung], 1978, S. 57. Vgl. Uhlenbruck, W., [Umverteilungstatbestand], 1996, S. 811.

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Sanierung des notleidenden Unternehmens auf eine für Gläubiger zumutbare und für die Volkswirtschaft unschädliche Weise zu überwinden.81 Der Kreis der Beteiligten im Insolvenzverfahren hat sich längst um Personen erweitert, die nicht nur zur Verfügung gestelltes Kapital, sondern wirtschaftliche Potentiale repräsentieren, wie z.B. Arbeitnehmer, Lieferanten und Abnehmer. Damit gewinnt ein den Bedürfnissen der Beteiligten anzupassendes Insolvenzrecht zunehmend Schadensbegrenzungsund Ordnungsfunktion.82 Krisenzeiten erfordern neben der Auslese unrentabler und verlustbringender Unternehmen auch das rechtliche Instrumentarium für die Sanierung erhaltenswerter Unternehmen. Neben den rechtstechnischen Voraussetzungen für eine Sanierung muß ein Insolvenzrecht auch die Legitimationsvoraussetzungen einer Untemeh­ menssanierung sichern.8’’ Ein Insolvenzrecht muß daher die Möglichkeit schaffen, die Sanierungsfähigkeit im Einzelfall unter Würdigung der Interessen aller Beteiligten zu prüfen.84 Die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs fordert nicht allein eine Auslese sog. Grenzanbieter, d.h. deijenigen Unternehmen, deren soziale Produktionskosten die volkswirtschaftlichen Erträge ihrer Produktion übersteigen. Die Schadensbegrenzungs- und Ordnungsfunktion des Insolvenzrechtes in der sozialen Marktwirtschaft erweist sich vielmehr in der Synthese zwischen Sanierung und Liquidation.85

Aufgrund des langen Zeitraumes und der sich verändernden politischen Rahmen­ bedingungen sowie der wissenschaftlichen und interessenbezogenen Kritik wurden die Entwürfe zur Insolvenzordnung insgesamt mehrmals überarbeitet und z.T. wesentlich verändert.86 Kübler hat bei der Arbeitstagung der IG-Metall 1981 das zu überwindende Übel der Untemehmenszerschlagung in einer allgemeinen Sanierungseuphorie folgendermaßen zum Ausdruck gebracht: „Den Sanierungsskeptikem sei empfohlen, ihre Kräfte nicht gegen die Einführung eines Sanierungs­

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Vgl. Flessner, A., [Sanierungsverfahren], 1981, S. 1283; Lutter, M.; Hommelhoff, P.; Timm, W., [Finanzierungsmaßnahmen], 1980, S. 737 und Uhlenbruck, W., [Aufgabe], 1981, S. 178-180. Vgl. Uhlenbruck, W., [Sanierung], 1981, S. 518-519. Das Konkursrecht regelt im Unterschied zur Einzelvollstreckung des Zivilprozeßrechts die Gesamtvollstreckung gegen einen in Vermögensverfall geratenen Schuldner. Vgl. Schmidt, K., [Gutachten], 1982, S. 23. Vgl. Flessner, A., [Sanierungsverfahren], 1981, S. 1283 und Schmidt, K., [Gutachten], 1982, S. 27. Vgl. Stümer, R, [Sanierung], 1982, S. 762 und Uhlenbruck, IE, [Sanierung], 1981, S. 521-525. Die Kritik von Stümer markiert hierbei die Spitze. Die Insolvenzrechtsreform ist „...wie die Unter­ nehmensleiche aus der verfahrensrechtlichen Anatomie in die Intensivstation des Gesellschafts-, Arbeits- und Wirtschaftsrecht gefahren wird, um dort wiederbelebt oder dem Scheintod entrissen zu werden - ob zu einem natürlichen Leben oder zu einem Vegetieren an medizinischen Hilfsgeräten bleibt abzuwarten.“ Stümer, R, [Sanierung], 1982, S. 772.

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verfahrens zu richten,...sondern sie darauf zu konzentrieren, daß Problempunkte bestmöglich erkannt und negative Auswirkungen durch eine sachgerechte Ausgestaltung des Sanierungsverfahrens vermieden werden.“87

Von der anfänglichen Sanierungseuphorie ist am Schluß wenig übrig geblieben. Die in der Reformkommission noch vorrangig angestrebte Erhaltung und Sanierung des Schuldneruntemehmens ist in der endgültigen Fassung der Insolvenzordnung einer Haftungsverwirklichung gewichen. Hierzu haben nicht zuletzt die Befürchtungen beigetragen, daß der Schuldner die Insolvenzordnung als Schutzmantel für eine Umstrukturierung seines Unternehmens mißbrauchen könnte.

Die Neugestaltung des Insolvenzrechtes begann zunächst sehr verheißungsvoll, da der Reorganisations- bzw. Sanierungsgedanke im Leitsatz 1.1.1. des Ersten Kommissionsberichtes ausdrücklich hervorgehoben wird: „(1) Es ist ein einheitliches Insolvenzverfahren einzuführen, in dem entweder die Reorganisation oder die Liquidation des Schuldnervermögens als Verfahrensziel verwirklicht werden kann. (2) Darüber, ob das Reorganisationsverfahren oder das Liquidationsverfahren eingeleitet werden soll, wird nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in einem Vorverfahren entschieden.“88 Der Gedanke, zuerst die Chancen eines Sanierungsverfahrens auszuloten, findet seinen Niederschlag in der Begründung des Leitsatzes 1.1.1. „Die Reorganisation ist anzustreben, wenn hinreichende Aussichten bestehen, das Unternehmen des Schuldners zu erhalten. Ist diese Aussicht nicht gegeben oder schlägt ein Reorgani­ sationsverfahren fehl, so ist innerhalb des einheitlichen Insolvenzverfahrens von der Reorganisation zur konkursmäßigen Liquidation überzugehen.“89 Durch die Begründung des Leitsatzes 1.3.4.4. erhält das Sanierungsbestreben zusätzliches Gewicht: „Hat das Gericht sich die Meinung gebildet, ein Reorganisationsverfahren werde voraussichtlich zum Erfolg führen, so ist es gerechtfertigt, eine Reorganisa­ tion auch um den Preis zu versuchen, daß die Befriedigung der Gläubiger hinausgezögert wird.“90

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Kübler, B. M., [Sanierungsrecht], 1981, S. 1392. BMJ, [Erster Kommissionsbericht], 1985, S. 27. BMJ, [Erster Kommissionsbericht], 1985, S. 91. BMJ, [Erster Kommissionsbericht], 1985, S. 150.

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Bereits der folgende Diskussionsentwurf fällt in die tradierten Denkstrukturen des bonorum distractio91 zurück und distanziert sich deutlich von den hoffnungsvollen Überlegungen im Ersten Kommissionsbericht, das Schuldnervermögen vorzugs­ weise in seiner Gesamtheit dauerhaft zu erhalten und die Gläubiger aus den zukünftigen Erträgen zu befriedigen. So ist in § 1 des Diskussionsentwurfes zu lesen: „Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, das Vermögen des Schuldners abzuwickeln und die Verbindlichkeiten des Schuldners zu bereinigen. Dabei können die Beteiligten in einem Insolvenzplan von den gesetzlichen Regelungen abweichen.“92 In der Begründung zum Diskussionsentwurf heißt es weiter: „Damit wird zunächst zum Ausdruck gebracht, daß die Befriedigung der Gläubiger regelmäßig im Wege der Verwertung dieses Vermögens und der Verteilung des Erlöses erfolgt. Die Erhaltung von Unternehmen, von Betrieben oder von Arbeitsplätzen ist kein eigenständiges Ziel des Insolvenzverfahrens. Das Verfahren bietet den Beteiligten aber einen rechtlichen Rahmen, in dem die Verhandlungen über die Fortführung oder die Stillegung eines insolventen Unternehmens nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen stattfinden können.“93 Der Terminus „Verwertung und Verteilung des Erlöses“ steht hierbei für Zerschlagung.94

Der Referentenentwurf schließt sich mit vordergründig unwesentlichen Änderungen dem Diskussionsentwurf an. In § 1 Satz 2 heißt es nunmehr: „Die Beteiligten können ihre Ansprüche in einem Insolvenzplan abweichend von den gesetzlichen Vor­ schriften regeln.“95 Die Streichung des Wortes „dabei“ läßt eine deutliche Zäsur zwischen den Sätzen 1 und 2 erkennen. Hierdurch erlangt der Satz 2 die Qualität einer Kannvorschrift, so daß den Gläubigem keinerlei Verpflichtungen zur anderweitigen Regelung ihrer Ansprüche auferlegt werden können.96 Im Regierungsentwurf wird an der Streichung der Untemehmenserhaltung aus dem Zielkatalog festgehalten. Im weiteren wird die Trennung zwischen der gesetzlichen Abwicklung und der Gestaltungsfreiheit der Beteiligten unverändert übernommen.

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Das römische Rechtsinstitut des bonorum distractio ist ein der heutigen Singularvollstreckung ähnliches Verfahren. BMJ, [Diskussionsentwurf], 1988, S. 1. BMJ, [Diskussionsentwurf], 1988, S. B2 und B3. Vgl. Stüdemann, K„ [Fortführung], 1995, S. 10. BMJ, [Referentenentwurf], 1988, S. 1 Vgl. Stüdemann, K., [Fortführung], 1995, S. 22. Grundlegend zur Kannvorschrift als ermächtigende Rechtsnorm bei Nawiasky, H., [Rechtslehre], 1948, S. 106

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In § 1 Abs. 1 und Abs. 3 heißt es dazu:

„(1) Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemein­ schaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt wird.“97 „(3) Die Beteiligten können ihre Rechte in einem Insolvenzplan abweichend von den gesetzlichen Vorschriften regeln. Sie können insbesondere bestimmen, daß der Schuldner sein Unternehmen fortfiihrt und die Gläubiger aus den Erträgen des Unternehmens befriedigt werden.“98

In der Begründung des Regierungsentwurfes steht dazu, daß das Hauptziel des Verfahrens, die bestmögliche Befriedigung der Gläubiger, der Verwertungsform vorangeht.99 Zusätzlich wird in Absatz 1 zum Ausdruck gebracht, daß die Befriedigung der Gläubiger regelmäßig im Wege der Verwertung dieses Vermögens und der Verteilung des Erlöses erfolgt.100

Die Vorschrift des Regierungsentwurfs in § 1 Abs. 1 und Abs. 3 wurde vom Rechtsausschuß ohne inhaltliche Änderungen aus redaktionellen Gründen wieder zu einem Satz zusammengefaßt und in die Insolvenzordnung als § 1 Satz 1 InsO aufgenommen:101 „Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird.“102 In der Reihenfolge von § 1 InsO - Verwertung, Insolvenzplanerstellung und Restschuldbe­ freiung - kommt die vorrangige Zerschlagung des insolventen Unternehmens deutlich zum Ausdruck. In diesem Zusammenhang ist im weiteren festzuhalten, daß die Untemehmensfortfilhrung in der Insolvenzordnung keinen eigenständigen Gesetzesteil zugewiesen bekommen hat. Die Vorschriften über die Untemehmens­ fortfilhrung beschränken sich auf wenige Einzelvorschriften. Insgesamt befassen sich nur vier Vorschriften mit der Untemehmensfortfilhrung im Zusammenhang mit dem Insolvenzplan: §§ 229,230 Abs. 1,233 und 260 Abs. 3 InsO.103

” ” ” 100 101 102 103

BT-Drucks. 12/2443 zu § 1, S. 9. BT-Drucks. 12/2443 zu § 1, S. 9-10. Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 1, S. 108-109. Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 1, S. 108. Vgl. BT-Drucks. 12/7302 zu § 1, S. 155. § 1 Sau 1 InsO. Vgl. Stüdemann. K„ [Fortführung], 1995, S. 16.

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3. Die Zielsetzungen der Insolvenzordnung Ziel des Insolvenzverfahrens ist die gemeinschaftliche Befriedigung der Gläu­ biger.104 Neben der gesetzlichen Zwangsverwertung wurde im neuen Insolvenzrecht die Sanierung als gleichwertige Form der Haftungsverwirklichung aufgenommen. Ein Insolvenzrecht kann jedoch weder gesamtwirtschaftliches noch einzelwirtschaft­ liches Versagen oder die Folgen einer wirtschaftlichen Rezession verhindern.105 Das Scheitern einer Sanierung liegt zumeist daran, daß die wirtschaftlichen Voraussetzungen für ein Überleben fehlen.106 Der Konkurs macht zumeist nur sichtbar, daß eine längere Untemehmensfehlentwicklung zu Ende geht und daß die Werte bereits verloren sind.107 Eine ökonomische Legitimation für eine Sanierung „um jeden Preis“ kann daher nicht abgeleitet werden.108 Die Insolvenzordnung kann lediglich einen funktionierenden Rechtsrahmen für eine Sanierung als gleichwertige Alternative zur Liquidation zur Verfügung stellen, um ein insolventes oder insolvenzbedrohtes Unternehmen vor der Zerschlagung und Liquidierung zu bewahren, wenn sein finanzieller Zusammenbruch sich auf eine den Gläubigem zumutbare Weise überwinden läßt.109 Die Erfahrungen mit dem bisherigen französischen Insolvenzrecht, dessen Zielsetzung vornehmlich auf die Erhaltung des Unternehmens und der Sicherung der Arbeitsplätze ausgerichtet war, zeigen, daß die überwältigende Mehrheit der Insolvenzen trotzdem mit einer Liquidation endete. Außerdem hat die Sanierungspräferenz im französischen Recht zu einer allgemeinen Zurückhaltung und zu einem Mißtrauen bei den Kreditinstituten geführt, was der Fremdkapitalausstattung der französischen Unternehmen sehr abträglich war.110 Aus diesem Grund ist auch der Vorrang eines Sanierungsverfahrens für Großunter­ nehmen im italienischen Recht bedenklich.111 Gegenteilige Ansichten sind mehr von ökonomisch-ideologischen Dogmen als von einem meßbaren Vor- und Nachteils­

Vgl. §1 InsO. Vgl. Baur, Ft [Insolvenzrecht], 1982, S. 579. Vgl. Grunsky, W., [Untemehmenssanierung], 1982, S. 772. Vgl. Junge, W.y [Diskussion], 1982, S. M 50. Vgl. Flessner, A., [Sanierungsverfahren], 1981, S. 1284 und Stümer, R, [Sanierung], 1982, S. 762. Vgl. Arnold, H, [Sanierungsverfahren], 1982, S. 4. Vgl. hierzu Celestine, P.; Felsner, M., [Insolvenzrecht], 1996, S. 425-427; Köndgen, J, [Sanierung], 1995, S. 176 und Stümer, R, [Sanierung], 1982, S. 764. In der jüngsten Reform des französischen Insolvenzrecht vom 10. Juni 1994 wurden daher die Rechte der Gläubiger, insbesondere der dinglich gesicherten Gläubiger, wieder erheblich gestärkt. Vgl. Dammann, R, [Insolvenzrecht], 1996, S. 301-302. 111 Vgl. Grunsky, W., [Sanierungsverfahren], 1981, S. 1304. Das französische und italienische Recht ist, wenngleich in unterschiedlichem Ausmaß, mehr auf eine Wirtschaftsreglementierung als auf eine echte Insolvenzbereinigung ausgerichtet. Hohloch, G., [Sanierungsverfahren], 1982, S. 1031. 104 105 106 107 108 109 110

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vergleich geprägt.112 Zudem ist es nur ein kurzer Weg von der wirtschaftlichen Sterbehilfe zur Planwirtschaft.113 Die wichtigsten Zielsetzungen der Insolvenzordnung lassen sich insgesamt in drei Gruppen aufgliedem.

a) Marktkonformität der Insolvenzabwicklung Ein Ziel der Insolvenzordnung ist die Herstellung marktkonformer Rahmenbe­ dingungen für die Masseverwertung, um die in dem insolventen Unternehmen gebunden Produktionsfaktoren der wirtschaftlichsten Verwertungsform zuzuftihren.114 Die Insolvenzrechtskommission hat bewußt von einem Eingriff in die wirtschaftliche Privatautonomie der Gläubiger abgesehen.115 Die Insolvenzordnung als zentraler Bestandteil des Wirtschaftsprivatrechtes116 dient als Rechtsrahmen für einen geordneten Marktaustritt nicht lebensfähiger Unternehmen und für die Sanierung erhaltenswerter Unternehmen.117 Ihr kommen weder Aufgaben der gesamtwirtschaftlichen Investitionslenkung noch Eingriffe in die einzelwirtschaft­ liche Dispositionsfreiheit der Marktteilnehmer zu.118 Der Dispositionsfreiheit der Marktteilnehmer obliegt es, den Marktaustritt nicht lebensfähiger Unternehmen zu bestimmen oder die Sanierung erhaltenswerter Unternehmen vorzunehmen.119 Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die Vorverlegung der Insolvenzeröflhung.120 Nur bei einer rechtzeitigen Insolvenzeröflhung können die Gläubiger eine echte Verwertungsentscheidung treffen.

112 Ausführlich dazu Schmidt, K., [Gutachten], 1982, S. 23-26. 113 Vgl. Braun, E.;Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, 5. 114 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 77. Die Marktkonformität wird durch die Teilziele des Art. 109 Abs. 2 GG und des Stabilitätsgesetz relativiert. 115 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 75-77. 116 Die funktionellen Interdependenzen zwischen dem Gesellschafts- und Insolvenzrecht, die Dichotomie des Gesellschafts- und Arbeitsrechts sowie die Rechtsformabhängigkeit des Gesell­ schaftsrechtes zeigen den Bedarf eines Strukturwandels vom Konkursrecht der Gesellschaften zum Insolvenzrecht der Unternehmen auf. Vgl. Schmidt, K„ [Unternehmen], 1982, S. 233-234. 117 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 73 und 75-76. 118 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 75. Uhlenbruck weist in diesem Zusammenhang zu Recht daraufhin, daß die Insolvenz kein Umverteilungstatbestand sei. Vgl. Uhlenbruck, W., [Umverteilungs­ tatbestand], 1996, S. 811. 1,9 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 77-78. Der Auffassung von Ehlers, H.; Drieling, Z, [Untemehmens­ sanierung], 1998, S. 3 kann daher nicht gefolgt werden, daß die Sanierung primäres Ziel sei und nicht die Zerschlagung eines Unternehmens. 120 Vgl. Wagner, W„ [Insolvenzrecht], 1996, S. 287.

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Der entscheidende Beitrag zur marktkonformen Insolvenzabwicklung liegt somit in den erhöhten Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten der Gläubiger im Insolvenzverfahren. Das Verfahrensziel ist im Gegensatz zum alten Recht, in dem der Schuldner zwischen Konkurs- und Vergleichsverfahren wählen konnte, nicht mehr mit der Antragstellung durch den Schuldner festgelegt.121 Es entspricht den marktwirtschaftlichen Grundsätzen, daß die Personen, die ein Unternehmen finanzieren, ohne obrigkeitliche Vorgabe darüber entscheiden können müssen, ob sie ihr finanzielles Engagement beenden oder in der Hoffnung auf zukünftige Erträge ihre finanziellen Mittel im Unternehmen lassen.122 Die Verwertung des Schuldner­ vermögens ist ausschließlich an die Vermögensinteressen der Gläubiger geknüpft, um unter einzelwirtschaftlichen Rentabilitätsgesichtspunkten die beste Investitions­ oder Desinvestitionsentscheidung treffen zu können. Das- neu geschaffene Rechtsinstitut des Insolvenzplans dient den Gläubigem als Rechtsrahmen, um im Rahmen von Verhandlungen und privatautonomen Austauschprozessen eine von der gesetzlichen Zwangsverwertung und -Verteilung abweichende Verwer­ tungsentscheidung, insbesondere zur Erhaltung des Unternehmens, zu treffen.123 Hierbei darf kein Beteiligter gegen seinen Willen schlechter gestellt werden als bei einer gesetzlichen Zwangsverwertung. Von einem gesetzlichen Typenzwang für die Verwertung des Schuldnervermögens, insbesondere einem normativen Sanierungs­ leitbild, wurde abgesehen. Ferner wird finanziell Unbeteiligten keine Einflußnahme zugestanden und den Beteiligungsgruppen ein Obstruktionsverbot nach § 245 InsO auferlegt. Mit dem Obstruktionsverbot können mißbräuchliche Verwertungsent­ scheidungen einzelner Gläubiger abgewehrt werden. Dadurch soll ein Höchstmaß an wirtschaftlicher Effizienz erreicht werden.

Der Erfolg einer Sanierung wird nicht zuletzt auch von einer möglichst raschen Reduzierung der Belegschaft abhängen.124 Die Möglichkeiten eines notwendigen Personalabbaus und dessen zügige Durchführung aufgrund von Betriebsänderungen oder -Stillegungen wurde durch ein neues insolvenzarbeitsrechtliches Instrumen­ tarium verbessert. Die Änderungen zielen auf eine rasche Klärung von Streitigkeiten über die Wirksamkeit von Kündigungen ab, wie die Begrenzung der Kündigungs­ frist für Dienstverhältnisse und für Betriebsvereinbarungen auf drei Monate, die Ausdehnung der Dreiwochenfrist einer Kündigungsschutzklage für alle Gründe der Unwirksamkeit einer Kündigung, die Beantragung einer arbeitsgerichtlichen

121 Der Schuldner ist somit im Innenverhaltnis nicht mehr den Haftungsansprüchen der Gesellschaft, z.B. nach § 43 GmbHG, ausgesetzt, wenn er statt eines Vergleichs einen Konkursantrag gestellt hat. 122 Vgl. Funke, R., [Befriedigung], 1995, S. 28. 123 Vgl. §§217 ff. InsO. 124 Vgl. Kübler, B. [Sanierungsrecht], 1981, S. 1390.

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Zustimmung zu einer Betriebsänderung, um Nachteilausgleichsansprüche der Arbeitnehmer nach § 113 BetrVG abzuwehren, sowie die Einleitung eines vereinfachten gerichtlichen Beschlußverfahrens zum Kündigungsschutz von Arbeitsverhältnissen.

b) Mehrung der Insolvenzmasse Der Massearmut im geltenden Konkurs- und Vergleichsrecht soll sowohl durch eine frühzeitige Insolvenzeröflhung als auch durch eine Anreicherung der Masse begegnet werden. Eine Sanierung ist nur dann möglich, wenn noch genügend Substanz im Unterneh­ men vorhanden ist. Es wird daher allgemein als wünschenswert angesehen, daß insolvente Schuldner früher als bisher in ein Insolvenzverfahren gelangen. Von einer früheren Antragstellung kann eine wesentliche Verbesserung der Sanierungschancen erwartet werden. Einen Beitrag zur rechtzeitigen Verfahrenseröffhung leistet die Verschärfung des Überschuldungstatbestandes sowie die Einführung der drohenden Zahlungsunfähigkeit. Zusätzlich werden dem Schuldner im neuen Recht verschie­ dene Anreize gegeben, wie die Eigenverwaltung oder die Restschuldbefreiung, sich freiwillig frühzeitig in ein Insolvenzverfahren zu begeben.

Es gehört zu den Ungereimtheiten des alten Rechtes, daß nur im Konkursverfahren, nicht aber im Vergleichsverfahren, gläubigerschädigende Manipulationen im Vorfeld der Insolvenzeröflhung rückgängig gemacht werden können. Die Vergleichsordnung kennt nur die Rückschlagsperre nach § 28 Abs. 1 VerglO, die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einen Monat vor Antragstellung versagt. Die Massearmut der Insolvenzverfahren liegt neben der zu späten Antragstellung auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens häufig auch daran, daß der Schuldner bei einer herannahenden Insolvenz erhebliche Vermögenswerte, wie Untemehmensbeteiligungen oder Grundstücke, unter Marktpreisen auf Dritte überträgt und somit den Gläubigem entzieht. Somit werden z.T. erfolgversprechende Sanierungschancen im Vorfeld vereitelt. Im neuen Recht soll das bisherige Recht der Konkursanfechtung zu einem Institut des einheitlichen Insolvenzverfahrens ausgebaut werden, so daß gläubigerbenachteiligende Handlungen unabhängig von der Vermögens Verwertung wieder rückgängig gemacht werden können.

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Problematisch bleibt hingegen die Masseentreicherung durch Aussonderungsrechte. Am bedeutsamsten ist hierbei das Institut des einfachen Eigentumsvorbehaltes, das nicht unterschätzt werden sollte.125 Zusätzlich umfaßt die Insolvenzmasse nunmehr auch den Neuerwerb des Schuldners nach der Insolvenzeröflhung.126 Hinzu kommt eine Haftung der antragspflichtigen Organe für die Verfahrenskosten bei schuldhafter Verletzung ihrer Antragspflicht.

c) Mehr Verteilungsgerechtigkeit im Insolvenzverfahren Zur Vermeidung ungerechtfertigter Vermögensverlagerungen zu Gunsten bevorrechtigter Gläubiger dient neben der Neuregelung der Rangfolge der Massegläubiger vor allem die Abschaffung des Privilegienkatalogs filr Konkurs­ vorrechte.127 Die bisherigen Konkursvorrechte beruhen auf keinem einleuchtenden wirtschaftlichen Grundgedanken und führen zu ungerechten Verteilungsergebnissen. Dazu stellte das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zu Sozialplanan­ sprüchen fest: „...jede Ausweitung der Rangordnung und jedes Mehr an Forderungen in vorgehenden Rangstellen bewirkt eine Minderung der den nachrangigen, insbesondere letztrangigen Konkursgläubigem verbleibenden Haftungsmasse, die regelmäßig schon durch die ausgedehnten Sicherungsrechte der Geld- und Warenkreditgeber geschmälert ist.“128 Hinzu kommt, daß Konkursvorrechte die Insolvenzabwicklung erheblich erschweren können, da die bevorrechtigten Gläubiger kein besonderes Interesse an dem Zustandekommen einer gesamtunter­ nehmensbezogenen wirtschaftlich sinnvollen Verwertungsentscheidung haben.

Im Konkursverfahren verursachen die Absonderungsrechte z.T. erhebliche Bearbeitungskosten, die im alten Recht aus der Masse aufgebracht werden müssen und zu einer Kürzung der Quote fuhren. Dies wird allgemein als unbillig angesehen. Durch die Erhebung von Kostenbeiträgen für die Feststellung und Verwertung der Mobiliarsicherheiten durch den Insolvenzverwalter wird im neuen Recht eine verusachungsgerechte Kostenbelastung der gesicherten Gläubiger vorgenommen. Dadurch wird die einseitige Belastung der ungesicherten Gläubiger aufgehoben und diese Unbilligkeit vermieden. Die einfachen Insolvenzgläubiger können gegenüber 125 Vgl. Kilger, J„ [Konkurs], 1975, S. 148. 126 Findige Schuldner konnten im alten Recht einen Teil des entzogenen Haftungsvermögens den Gläubigem filr den Fall des Zwangsvergleiches zur Vertilgung stellen, um mit dem anderen Teil haftungsfrei neu beginnen zu können. Vgl. Uhlenbruck, W., [Krise], 1975, S. 898. 127 „Das Vorrecht ist das Feind jeden Rechts.“ Braun, E.; Uhlenbruck, W„ [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 101. Die Abschaffung der allgemeinen Konkursvorrechte stellt eine längst überfällige Korrekur dar, da jeder Vorrechtskatalog letztendlich willkürlich ist. 128 BvertG-Urteil vom 19.10.1983, S. 142.

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dem gegenwärtigen Rechtszustand mit höheren Quoten rechnen, was das Interesse an der Mitwirkung im Verfahren stärken kann.

Die bisherige Obergrenze für Sozialplanansprüche auf ein Drittel der Insolvenz­ masse wurde beibehalten.129

II. Anforderungen an ein Insolvenzverfahren aus ökonomischer Sicht Die Reform eines Insolvenzrechtes gestaltet sich besonders schwierig, da ökonomi­ sche Sachverhalte in Rechtsvorschriften abzubilden sind. Damit wird das Span­ nungsfeld zwischen der Rechtswissenschaft und der Betriebswirtschaftslehre einmal mehr offenkundig.130 Diese interdisziplinäre Aufgabe bedarf zuerst der Untersu­ chung ökonomischer Sachverhalte. Aus ökonomischer Sicht lassen sich unbeachtlich der einzelfallspezifischen Gegebenheiten und Notwendigkeiten folgende grundle­ gende Anforderungen an ein Insolvenzverfahren formulieren:131



Insolvenzverfahren sollen Verluste der Gläubiger nach Möglichkeit verhindern oder zumindest begrenzen. Verluste sind im Sinne einer Risiko- und Vermö­ gensverschiebung zu Lasten der Gläubiger zu verstehen. Deshalb soll es dem Schuldner nicht möglich sein, die Gläubiger über den Verzehr des Eigenkapitals hinaus an Verlusten zu beteiligen.



Der Insolvenztatbestand ist funktional als Terminierungsregel zu verstehen, die bestimmt, zu welchem Zeitpunkt die Verfügungsrechte auf die Gläubiger über­ gehen sollen. Eine Voraussetzung hierfür ist, daß den Gläubigem objektiv bestimmbare und von außen erkennbare Auslösemodalitäten für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Verfügung stehen.

129 Vgl. § 123 Abs. 2 InsO. 130 Problematisch insofern, da Rechtsschöpfungen auf konsensfähige Lösungen und nicht auf die absolute Richtigkeit abzielen sollten. Das Möglichen deckt sich nicht immer mit ökonomischen Idealvorstellungen eines Pareto-Optimums. Vgl. Esser, 1, [Rechtsfindung], 1972, S. 87 und 118. 131 Vgl. Bitz, M; Hemmerde, W.; Rausch, W., [Gläubigerschutz], 1986, S. 277-288; Hax, H; Marschdorf H.-J., [Anforderungen an ein Insolvenzrecht], 1983, S. 122-124; Drukarczyk, J., [Auslösung], 1981, S. 246-247; ders., [Kapitalerhaltungsrecht], 1994, S. 1738 und Uhlenbruck, W., [Insolvenzrechtsreform], 1983, S. 365.

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Um die Sanierung als gleichwertige Verwertungsform vorhalten zu können, muß die Antragstellung früher als im alten Recht erfolgen.132 Neben der notwendigen Bestimmbarkeit der Insolvenztatbestände ist eine frühzeitige Antragstellung seitens des Schuldners durch ein entsprechendes Anreiz- und Sanktionssystem zu fördern.



Die mit dem Insolvenzfall verbundenen Ausfallrisiken müssen für die Kredit­ institute zum Zeitpunkt der Kreditentscheidung abschätzbar sein. Täuschungen über den Bestand von Sicherheiten, Sicherungskollisionen und Auseinander­ setzungen über die Vorrangigkeit von Ansprüchen im Insolvenzfall stellen ein unkalkulierbares Besicherungsrisiko dar.lj3 Deshalb ist die Rechtsbeständigkeit privatrechtlich vereinbarter Sicherungs- und Zugriffsrechte im Insolvenzfall sicherzustellen.



Mit der Insolvenzeröfihung darf keine bestimmte Form der Vermögensver­ wertung präjudiziert oder bereits ausgeschlossen werden. Allein den Gläubigem obliegt es, die Entscheidung über die Vermögensverwertung zu treffen. Entspre­ chend sind alle Gläubiger unter Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Interessenlage im Insolvenzverfahren mit einzubeziehen. Hierbei soll es einzelnen Gläubigem nicht möglich sein, wirtschaftlich vorteilhafte Entscheidungen zu ihren eigenen Gunsten verhindern zu können. Ferner darf finanziell Unbeteiligten keine Einflußnahme möglich sein.



Ein Insolvenzverfahren dient der gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger in einem geordneten Verwertungs verfahren. Die Vermögensverwertung wird nachhaltig gestört, wenn einzelne Sicherungsgläubiger das ihnen haftende Sicherungsgut aus dem technisch-organisatorischen Vermögensverbund früh­ zeitig herauslösen und dadurch die Zerschlagungsautomatik auslösen können. Deshalb ist das Schuldnervermögen mindestens bis zum Zeitpunkt der Verwer­ tungsentscheidung zusammenzuhalten.



Die Vermögens Verwertung muß eine optimale Haftungs Verwirklichung ermöglichen. Unter optimaler Haftungsverwirklichung ist die Erhaltung immate­ rieller Untemehmenswerte sowie die Vermeidung direkter und indirekter Insol­ venzkosten zu verstehen.134

132 Vgl. Wagner, W., [Insolvenzrecht], 1996, S. 287. 133 Durch die hochentwickelte Rechtsprechung und Kautelaijurisprudenz, die eine Vielzahl von Erweiterungs- und Verlängerungsformen des Eigentumsvorbehalts entwickelt und im Rechtsverkehr durchgesetzt haben, kann dieses Problem kaum überschätzt werden. 134 Vgl. Uhlenbruck, W., [Sanierung], 1981, S. 523-524.

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Der Untemehmenssanierung muß ein entsprechendes Instrumentarium zur Seite gestellt werden. Hierzu muß die Möglichkeit geschaffen werden, unfähige Organe auszuwechseln, Änderungen in der Gesellschafter- und Personalstruktur vorzunehmen sowie die Aufnahme von neuem Kapital zu ermöglichen.



Diejenigen Gläubiger, die bei einer sofortigen Verwertung ihrer Sicherheiten ihr Geld bekommen, dürften das Risiko, Gläubiger eines sanierten Unternehmens zu bleiben, regelmäßig scheuen. Deshalb muß ein Insolvenzverfahren so geordnet sein, daß sich die Rechtsstellung der gesicherten Gläubiger nicht verschlechtert, falls die Sanierung scheitert. Andererseits darf die Sicherung der Gläubiger nicht dazu fuhren, daß die Sanierung erschwert wird.



Der Schwebezustand des insolventen Unternehmens bis zur Vermögens­ verwertung muß im Interesse des Vertrauensschutzes und im Hinblick auf eine Sanierung zeitlich begrenzt sein. Viele Sanierungen scheitern an dem Faktor Zeit. Um einen zügigen Ablauf sowie eine Minimierung der Abwicklungskosten zu ermöglichen, bedarf es einer raschen Klärung von Beschwerden und Rechts­ streitigkeiten, um Unsicherheiten über die Rechtmäßigkeit getroffener Entschei­ dungen zu beseitigen. Andererseits besteht die Notwendigkeit einer ausrei­ chenden „Atempause“, in der Möglichkeiten einer Untemehmenssanierung erörtert werden können.

In den folgenden Ausführungen ist im Einzelnen noch festzustellen, inwieweit die aus ökonomischer Sicht formulierten Zielsetzungen im neuen Insolvenzrecht aufgegriffen und umgesetzt worden sind.

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IIL Der Insolvenzplan Der Insolvenzplan (oder kurz Plan) bildet das zentrale Element in der Verfah­ rensordnung der Insolvenzordnung.135 Mit dem Rechtsinstitut des Insolvenzplanes stellt die Insolvenzordnung ein Einigungsverfahren zur Verfügung, um abweichend von den allgemeinen Vorschriften der Insolvenzordnung im Wege der Privatauto­ nomie durch Mehrheitsentscheidungen eine Regelung zur Verwertung des schuldnerischen Vermögens, insbesondere zur (übertragenden) Sanierung, zu treffen.136 Der Insolvenzplan kann als Verwertungsvertrag der zwangs- und gesamtvollstreckungsberechtigten Gläubiger über das Schuldnervermögen angesehen werden.137 Das Institut des Insolvenzplanes ist für das deutsche Recht neu, es hat kein Vorbild.138 Er tritt an die Stelle des Vergleichs und Zwangsvergleichs.

Der Insolvenzplan kann jede Form der Masseverwertung von der Liquidation bis zur Sanierung vorsehen. Der Insolvenzplan steht zwar allen Verwertungsarten zur Verfügung, doch dürfte der Anwendungsbereich vornehmlich in der Sanierung liegen.139 Der Insolvenzplan als Liquidationsplan wird bspw. nur dann in Betracht

135 Die Bezeichnung Insolvenzplan ist sprachlich mißglückt. Entgegen dem Wortlaut handelt es sich nicht um einen Plan zur Herbeiführung einer Insolvenz sondern vornehmlich zur wirtschaftlichen Wiedergesundung. 136 Im geltenden Recht steht nach Konkurseröffnung der Zwangsvergleich nach §§ 173-201 KO zur Verfügung, wenn der Schuldner und die Mehrheit seiner Gläubiger die Insolvenz in anderer Weise bereinigen wollen. Solange noch kein Konkursverfahren eröffnet worden ist, bietet die Vergleichs­ ordnung die Möglichkeit einer solchen Übereinkunft. Beide Rechtsinstitute erwiesen sich dagegen in der Praxis als völlig ungeeignet, eine Sanierung herbeizuführen. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 194. 137 Vgl. ausführlich zur Rechtsnatur bei Braun, E.;Uhlenbruck, W„ [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 463-468. 138 Mit den Regelanforderungen und Handlungsmöglichkeiten der Vergleichsordnung gibt es nur wenige Berührungspunkte. Der Insolvenzplan adaptiert jedoch zumindest strukturell Erfahrungen aus dem US-amerikanischen Insolvenzrecht, wie bei der Gruppenbildung sowie der Möglichkeit bei der Abstimmung negativ votierende Gruppen überstimmen zu können. Vgl. Braun, E.; Uhlenbruck, JK, [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 461-462; Bull, L. L„ [Bankruptcy], 1980, S. 847-849 und Möhlmann, T, [Reorganisationsverfahren], 1997, S. 1. 139 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 90-91. Insgesamt bietet das Rechts institut des Insolvenzplanes eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten an. Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 253, S. 195. Bei einem Übertragungsplan werden die Gläubiger aus dem Veräußerungserlös über Mitglieds- oder Anteils­ rechte oder Beteiligungen an einer Fortführungs- oder Auffangsgesellschaft befriedigt. Der Insol­ venzplan kann sich auch darauf beschränken, die Verwertung des Schuldnervermögens zu regeln. Abweichend zu den gesetzlichen Regelungen kann der Insolvenzplan eine vergleichsweise längere Liquidationsdauer und niedrigere Liquiditätsintensität zum Gegenstand haben. Vgl. Burger, A.; Schellberg, B., [Insolvenzplan], 1994, S. 1834.

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kommen, wenn sich durch einen wesentlich längeren Liquidationszeitraum sowie einen Verkauf en bloc ein höherer Liquidationserlös gegenüber der normalen Regelliquidation erzielen läßt.140 Im folgenden wird davon ausgegangen, daß der Insolvenzplan die Fortsetzung des Untemehmensträgers durch den Schuldner vorsieht. Die Erfüllung der Gläubigeransprüche erfolgt hierbei aus zukünftigen Einzahlungsüberschüssen.

L Die Stellung des Insolvenzplanes im Insolvenzverfahren Ein Insolvenzverfahren beginnt mit der Antragstellung des Schuldner oder eines Gläubigers.141 Dieser Antrag leitet das Eröfihungsverfahren ein.142 Das Gericht kann bereits im Eröfihungsverfahren einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen.143 Das Gericht kann den vorläufigen Insolvenzverwalter zusätzlich beauftragen, als Sachverständiger zu prüfen, welche Aussichten auf eine Untemehmenssanierung bestehen.144 Im Eröfihungsverfahren prüft das Insolvenzgericht die materiellen und formellen EröffhungsVoraussetzungen. Die Voraussetzungen umfassen im wesentlichen einen Eröfihungsgrund145, die Insolvenzfähigkeit des Schuldners146 sowie genügend Masse147 zur Deckung der Verfahrenskosten.148 Sind alle Eröfihungsvoraussetzungen ausnahmslos erfüllt, wird das Insolvenzverfahren mit Eröffhungsbeschluß vom Insolvenzgericht eröffnet.149 Mit der Insolvenzeröffhung geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter150 über.151 Nach der

140 Vgl. Burger, A. ;Schellberg, B., [Vermögensverwertung], 1995, S. 698. 141 Vgl. § 13 Abs. 1 InsO. Ausführlich zum Ablauf eines Insolvenzverfahrens bei Landfermann, H.-G., [Insolvenzverfahren], 1995, S. 1649-1556. 142 Vgl. §13 InsO. 143 Durch die Festlegung der Rechtsstellung des vorläufigen Insolvenzverwalter nach § 22 InsO wurde die Grauzone des nicht gesetzlich geregelten Sequesters im alten Recht beseitigt. Vgl. Smid, S., [Sequester], 1995, S. 790. 144 Vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 3 InsO. 145 Vgl. §16 InsO. 146 Vgl. §§ 11 und 12 InsO. Wer rechtsfähig oder zumindest passiv parteifähig ist, ist auch insolvenz­ fähig. Die Insolvenzfähigkeit korrespondiert nicht mit der Geschäfts- oder Prozeßfähigkeit. Vgl. Bork, R., [Insolvenzrecht], 1995, S. 14. 147 Vgl. §26 InsO. 148 Vgl. ausführlich dazu bei Bork, R., [Insolvenzrecht], 1995, S. 38. 149 Vgl. §27 InsO. 150 Die zivilrechtliche Stellung des Insolvenzverwalters ist besonders umstritten. Auswirkungen ergeben sich insbesondere für die Parteistellung im Prozeß. Die Bedeutung des Streites sollte insgesamt nicht überbewertet werden, da die nicht endenwollenden rechtsdogmatischen Debatten eher systematisch­

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Eröffnung des Insolvenzverfahrens nimmt der Insolvenzverwalter das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen in Besitz und in Verwaltung.152 Im Eröflhungsbeschluß legt das Insolvenzgericht den Berichtstermin fest.153 Im Berichtstermin hat der Insolvenzverwalter darzulegen, ob das Unternehmen im Ganzen oder in Teilen erhalten werden kann, sei es durch eine Sanierung des Unternehmens selbst oder durch eine übertragende Sanierung.154 Um den wirtschaftlichen Schwebezustand des insolventen Unternehmens so kurz wie möglich zu halten, soll der Berichtstermin nicht später als sechs Wochen, höchsten jedoch drei Monate nach dem Wirksamwerden des Eröffhungsbeschlusses anberaumt werden.155 Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die absonde­ rungsberechtigten Gläubiger, die an der Durchsetzung ihrer Rechte bis zum Berichtstermin gehindert sind.156 Entsprechend dem Grundsatz der Gäubigerautonomie beschließt die Gläubigerversammlung im Berichtstermin auf der Grundlage des Berichtes des Insolvenzverwalters über den Fortgang des Verfahrens.157 Nach dem Berichtstermin hat der Insolvenzverwalter unverzüglich das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwerten, soweit die Beschlüsse der Gläubiger­ versammlung dem nicht entgegenstehen.158 Somit kommen zwei Möglichkeiten der Verwertung und Verteilung des Schuldnervermögens in Betracht: Zum einen kann über die gesetzlichen Vorschriften der Zwangsverwertung und -Verteilung vorgegangen werden, zum anderen kann auf der Grundlage eines Insolvenzplanes, abweichend von den insolvenzrechtlichen Vorschriften, die Insolvenz bereinigt werden.159

151 152 153 154 135 156 157 15’ 159

erklärenden als heuristischen Wert besitzten. Vgl. hierzu m.w.N. Bork, R., [Insolvenzrecht], 1995, S. 28-31. Vgl. §80 Abs. 1 InsO. Vgl. §§ 81 Abs. 1 und 148 Abs. 1 InsO. Vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Vgl. §156 Abs. 1 InsO. Vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 187, S. 39 i.V. mit § 30d ZVG i.d.F. des Artikel 20 Nr. 4 EG InsO sowie § 107 Abs. 2 InsO. Vgl. § 157 Satz 1 InsO. Vgl. § 159 InsO. Vgl. §217 InsO.

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Der Insolvenzplan bildet das entscheidende betriebswirtschaftliche Instrument zur flexiblen und deregulierten Insolvenzabwicklung.160 Die Vorschrift des § 217 InsO stellt ausdrücklich klar, daß der Insolvenzplan, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht an die gesetzlichen Vorgaben der Insolvenzordnung gebunden ist. Bereits im Referentenentwurf zur Insolvenzordnung wurde die Auffassung vertreten, daß der Inhalt des Insolvenzplanes vom Gesetzgeber nicht vorbestimmt werden kann, da die Planinhalte von den Umständen des Einzelfalles abhängen.161 So wird die Rechtsnatur des Insolvenzplanes auch nicht durch eine Legaldefinition bestimmt.162 Der Gesetzgeber hat sich darauf beschränkt, die wesentlichen Planbestandteile als Orientierungshilfe vorzugeben, ohne zugleich den Spielraum der Beteiligten einzuengen. Es bleibt den Beteiligten im Planverfahren vorbehalten, ein ihren Interessen und Zielvorstellungen entsprechendes Sanierungskonzept zu entwickeln. Zur Vorlage eines Insolvenzplanes nach § 218 Abs. 1 InsO sind der Insolvenz­ verwalter und der Schuldner berechtigt.163 Der Schuldner kann die Einreichung eines Insolvenzplanes bereits mit der Antragstellung verbinden. Dem Schuldner verbleibt somit ausreichend Zeit, ein Sanierungskonzept zu entwerfen. In der Literatur ist es umstritten, ob der Insolvenzverwalter ohne weiteren Auftrag der Gläubigerver­ sammlung einen Plan vorlegen darf. Erhält der Insolvenzverwalter den „offiziellen“ Auftrag zur Planerstellung erst im Berichtstermin nach § 157 InsO, der wegen des dreimonatigen Insolvenzausfallgeldes häufig erst nach diesem Zeitraum stattfindet, verstreicht sehr viel Zeit, ohne daß für die Beteiligten ein konkretes Verfahrensziel erkennbar wird.164 So geht die h.M. davon aus, daß auch dem Insolvenzverwalter ein eigenständiges Planinitiativrecht zusteht.165 Im Regelfall wird sich der Insolvenz­ verwalter bereits mit der Prüfung der Fortführungsmöglichkeiten nach § 22 Abs. 1 Nr. 3 InsO ein Bild der Sanierungsfähigkeit machen und gegebenfalls konkrete Vorstellungen über einen Insolvenzplan entwickeln. Im Gegensatz zum geltenden Vergleichsrecht, wo nur der Schuldner das Vorschlagsrecht für eine einvernehmliche

160 Vgl. Wagner, W„ [Insolvenzrecht], 1996, S. 291-292. 161 Vgl. BMJ; [Referentenentwurf], 1989, S. 189. 162 Bereits im alten Recht konnte keine Theorie die Rechtsnatur des (Zwangs-)Vergleiches wider­ spruchsfrei aufreigen. Ingesamt deutet die Annahme des Insolvenzplanes nach den verfahrensrecht­ lichen Grundsätzen der ZPO sowie die Bestätigung durch das Insolvenzgericht auf einen „urteilstypischen“ Charakter hin. Vgl. Braun, E.; Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 463-464. 163 Dem Insolvenzverwalter kommt hierbei ein eigenes Planinitiativrecht zu. Vgl. Haberhauer, S.; Meeh, G., [Insolvenzverwalter], 1995, S. 2011; Hess, H; Goetsch, H.-W., [Insolvenzrechtsreform], 1993, S. 25 und Uhlenbruck, W., [Recht D], 1995, S. 209. 164 Vgl. Maus, K. H„ [Insolvenzplan], 1997, S. 715. 165 Vgl. Braun, E.;Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 473-474.

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Regelung hatte, kann im neuen Recht auch die Gläubigerversammlung den Insolvenzverwalter im Berichtstermin nach § 157 Satz 2 InsO beauftragen, einen (weiteren) Insolvenzplan aufzustellen und dem Verwalter das Ziel des Planes vorgeben.166 Die wirtschaftliche Effektivität des Insolvenzverfahrens wird dadurch erhöht, daß der Schuldner und der Insolvenzverwalter Insolvenzpläne mit verschiedenem Inhalt vorlegen können. Durch konkurrierende Insolvenzpläne wird der Wettbewerb um die beste Verwertungsart aufrechterhalten. Das im Regierungsentwurf vorgesehene Vorlagerecht filr andere Beteiligte, wie starke Minderheiten der Gläubiger sowie der nicht vertretungsberechtigten Gesellschafter des Unternehmens, wurde im Ausschußbericht gestrichen.167 Der Wettbewerb um die wirtschaftlichste Verwertungsart wird dadurch erheblich beschnitten, daß diese anderen Beteiligten auch dann einen Plan hätten vorlegen können, wenn die Gläubigerversammlung die Ausarbeitung eines Planes abgelehnt hat.168 Hier ließ sich der Rechtsausschuß des Bundestages nicht zuletzt von den Sorgen der Richterschaft und der vehementen Kritik etablierter Insolvenzverwalter, die nicht zuletzt eine Einbuße ihres eigenen Einflusses befürchteten, beeindrucken.169 Die Vorlage eines Insolvenzplanes durch den Schuldner kann bereits mit der Antragstellung verbunden werden.170 Dem Schuldner bleibt damit mehr Zeit für die Ausarbeitung eines Sanierungskonzeptes. Der Schuldner wird von seinem Planinitiativrecht sinnvollerweise in Verbindung mit einer frühzeitigen Antragstellung Gebrauch machen. Inwieweit der Schuldner damit sein Vertrauensmanko bei den Gläubigem ausgleichen und eine Weichenstellung in Richtung Sanierung vornehmen kann, bleibt abzuwarten.

166 Der Insolvenzverwalter wird trotz seines eigenen Planinitiativrechtes keinen Insolvenzplan ausarbeiten, der ein von der Gläubigerversammlung abweichendes Planziel verfolgt. So werden in der Praxis von den drei theoretisch möglichen Insolvenzplänen höchstens zwei verschiedene Insol­ venzpläne vorgelegt werden. In dieser Richtung auch Haberhauer, S.; Meeh, G, [Insolvenz­ verwalter], 1995, S. 2011. 167 Vgl. BT-Drucks. 12/7302 zu §§ 254,255, S. 181 sowie BT-Drucks. 12/2443 zu § 255, S. 50. Vgl. Balz, M„ [Insolvenzverfahren], 1988, S. 285 und BT-Drucks. 12/2443 zu § 255, S. 196. 169 Vgl. Balz, M.;Landfermann, H.-G., [Insolvenzgesetz], 1995, XLIV. 170 Vgl. § 218 Abs. 1 Satz 2 InsO.

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2. Der Aufbau und Inhalt des Insolvenzplanes Aus betriebswirtschaftlicher Sicht stellt der Insolvenzplan vom Grundsatz nichts anderes als einen kodifizierten Sanierungsplan oder ein Sanierungskonzept - die Begriffe sind i.d.R. identisch - dar.171 Da der Insolvenzplan in der Praxis vornehmlich der Sanierung dienen wird, ist der Terminus Insolvenzplan eine sprachliche Variante des Sanierungsplanes. Unterschiede ergeben sich darin, daß der Insolvenzplan, was in diesem Zusammenhang vemachläßigt werden kann, förmlichrechtlich auszugestalten ist, um den Anforderungen des Gesetzes über den Ablauf des Insolvenzverfahrens zu entsprechen.172 Der Insolvenzplan enthält im Kem Aussagen über die wesentlichen Untemehmensdaten, Analysen über Ursachen- und Wirkungszusammenhänge sowie die im Hinblick auf das Leitbild des zu sanierenden Unternehmens notwendigen Sanie­ rungsmaßnahmen und deren rechtliche und ökonomische Auswirkungen auf die Beteiligten. Die Erstellung eines Insolvenzplanes ist eine ausgeprägt interdiszi­ plinäre, betriebswirtschaftliche und rechtliche Gestaltungsaufgabe mit spezifisch planrechnerischen und verfahrensrechtlichen Anforderungen. Inhalt des Insolvenz­ planes ist insbesondere die finanzwirtschaftliche Umgestaltung des Unternehmens. Der Insolvenzplan setzt sich aus einem darstellenden und einem gestaltenden Teil zusammen.

a ) Der darstellende Teil Im darstellenden Teil wird dargelegt, „...welche Maßnahmen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens getroffen worden sind oder noch getroffen werden sollen, um die Grundlage ftir die geplante Gestaltung der Rechte der Beteiligten zu schaffen.“173 Während der gestaltende Teil die Rechtsänderungen enthält, die durch den Insolvenzplan konstitutiv verwirklicht werden sollen, wird im darstellenden Teil das zugrunde liegende Sanierungskonzept erläutert. Eine der wichtigsten Aussagen besteht darin, inwieweit der Insolvenzplan die Befriedigungsquote der Gläubiger verbessert.

171 So auch Braun, E., [Sanierungskonzept], 1989, S. 684 und Mönning, R.-D., [Betriebsfortführung], 1997, S. 69. 172 Vgl. Braun, E., [Sanierungskonzept], 1989, S. 684. 173 § 220 Abs. 1 InsO. 174 Vgl. Ehlers, H.; Drieling, L, [Untemehmenssanierung], 1998, S. 69-70.

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Ausgangspunkt für eine intersubjektiv nachvollziehbare Darstellung der Sanierungs­ fähigkeit ist die Erarbeitung eines Sanierungskonzeptes. Hierbei handelt es sich um eine besonders schwierige interdisziplinäre Gestaltungsaufgabe. Entsprechend den Anforderungen an ein Sanierungskonzept muß der darstellende Teil folgende Pflichtbestandteile enthalten:175



Beschreibung des Unternehmens,



Analyse des Unternehmens,



Leitbild des Unternehmens nach Durchführung des Insolvenzplanes,



Darstellung der zur Planumsetzung erforderlichen Sanierungsmaßnahmen und



Planverprobungsrechnung.

Die Grundlage eines Sanierungskonzeptes bildet zunächst die Aufnahme des IstZustandes, der Erfassung aller relevanten Untemehmensdaten. Hierzu gehören insbesondere die Beschreibung der bisherigen Untemehmensentwicklung sowie die Darstellung der rechtlichen, wirtschaftlichen und organisatorischen Verhältnisse. Die Analyse des Unternehmens umfaßt neben der systematischen Betrachtung der spezifischen Markt- und Wettbewerbsverhältnisse ein objektives Urteil darüber, welche Ursachen zu der Untemehmenskrise geführt haben. Dabei können sowohl interne Ursachen aus den verschiedenen Untemehmensbereichen als auch Gründe aus dem Untemehmensumfeld in Betracht kommen. Die Krisenursachenanalyse bildet eine wichtigen Grundlage für die Erarbeitung geeigneter Sanierungsmaß­ nahmen. Sowohl bei der Durchführung der Analyse als auch bei der Datenerfassung sollte der Schuldner mit einbezogen werden.

Das Leitbild zeigt den zukünftigen Soll-Zustand des sanierten Unternehmens auf. Das sich daraus ergebende Untemehmensbild ist mehr als Ausdruck einer unternehmerischen Vision zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit sowie des finanziellen Gleichgewichtes und weniger als Ergebnis einer Fortschreibung gegenwärtiger Strukturen zu verstehen.

175 Vgl. IDW, [Sanierungskonzept], 1991, S. 319-320 und Ley, D., [Sanierungskonzepte], 1991, S. 49-51.

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Die Sanierungsmaßnahmen zeigen den Weg auf, auf welchem das zuvor skzizzierte Leitbild erreicht werden soll. Zu den Sanierungsmaßnahmen zählen insbesondere Betriebsänderungen und die damit verbundenen organisatorischen, personellen und fmanzwirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen zur Wiederherstellung der Ertrags­ kraft.176 Insbesondere sind die Auswirkungen dieser Maßnahmen ausführlich darzustellen, denn nur auf der Grundlage einer solchen Darstellung kann die Sanierungsfähigkeit einigermaßen sicher beurteilt werden.177 Die finanzwirtschaft­ lichen Sanierungsmaßnahmen zielen auf die Änderung der Kapitalstruktur sowie eine Neuordnung der Gläubigeransprüche ab.178. Hier kann der Insolvenzplan Stundung oder Erlaß von Forderungen, häufig auch die Umgestaltung der Qualität der Finanzierungsmittel vorsehen: •

die Gläubiger verzichten auf ihre Sicherheiten,



die Gläubiger ungesicherter Forderungen wandeln diese in ein partiarisches Darlehen um oder



partiarische Darlehen werden in einen Genußschein oder ein Darlehen mit Besserungsklausel umgewandelt.179

Ferner ist der notwendige Kapitalbedarf zur Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen zu bezifffem.

Die abschließende Planverprobungsrechnung dient vor allem dem Nachweis zur Finanzierbarkeit der beabsichtigten Sanierungsmaßnahmen. Der darstellende Teil des Insolvenzplan sollte insbesondere Klarheit über den Umfang der entstehenden Sozialplanverbindlichkeiten schaffen.180 Sollte der Sozialplan, der alle mit der Sanierung verbundenen Betriebsänderungen berücksichtigt, zum Zeitpunkt der Erstellung noch nicht vorliegen, ist zumindest der Stand der Verhandlungen anzugeben. Darlehen, die der Insolvenzverwalter während des Verfahrens bereits aufgenommen hat und für den organisatorischen Umbau noch aufhehmen muß, sind ausführlich zu beschreiben. Die vom Insolvenzverwalter begründeten Verbindlich­ keiten stellen für die Gläubiger ein erhöhtes Risiko dar, da diese sog. Masseverbind­ lichkeiten nach den Vorschriften des § 209 InsO vorweg befriedigt werden. Die Ergebnisse des Prüftermins181 bilden eine wichtige Grundlage für die Schätzung der

176 177 178 179 180 181

Vgl. Wagner, W., [Insolvenzrecht], 1996, S. 293. Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 258, S. 197. Vgl. Swoboda, P., [Untemehmenssanierung], 1983, S. 4. Vgl. Wagner, W., [Insolvenzrecht], 1996, S. 293. Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 258, S. 197. Im Prüftermin nach § 29 InsO werden die zur Tabelle angemeldeten Forderungen geprüft. Vgl. hierzu auch §§ 174-181 InsO.

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Gesamtverbindlichkeiten des Schuldners und gleichzeitig für die Beurteilung, ob die Gestaltung der Rechte sachgerecht ist.182 Jede Unsicherheit über den Gesamtbetrag der zu erwartenden finanziellen Belastungen wird die Bereitschaft der Gläubiger zur Annahme des Insolvenzplanes herabsetzen. Das Interesse der Gläubiger an einer Durchführung des Insolvenzplanes hängt im wesentlichen davon ab, ob sie durch den Plan besser gestellt werden als bei einer Zwangsverwertung des Schuldnervermögens. Die Gläubiger sind deshalb besonders an Unterlagen interessiert, aus denen ihr wirtschaftlicher Vorteil an einer Untemeh­ mensfortfilhrung hervorgeht.183 Die Insolvenzordnung sieht vor, daß dem Sanierungsplan eine Vermögensübersicht beizufügen ist, aus der ersichtlich wird, welche Aktiva und Passiva sich bei einer Bestätigung des Planes gegenüber stehen würden.184 Zur besseren Beurteilung der Vorteilhaftigkeit sind die Vermögens­ gegenstände der Insolvenzmasse sowohl zu Zerschlagungs- als auch zu Fortfüh­ rungswerten anzusetzen.185 Mit der Angabe von Fortführungswerten sollen die Gläubiger einen Hinweis erhalten, welche Werte den Vermögensgegenständen bei einem Wirksamwerden des Planes beizumessen sind, während die Zerschlagungs­ werte die Alternative zur gesetzlichen Regelliquidation aufzeigen. In beiden Fällen dürfte der Ansatz und die Bewertung in der Vermögensübersicht erheblich von den Ansatz- und Bewertungsvorschriften der Handelsbilanz abweichen, da weder das Anschaffungskosten-, das Realisations- noch das Vorsichtsprinzip gilt. Dieser für die Entscheidung über die Planannahme notwendige Vorteilhaftigkeitsvergleich birgt allerdings derzeit noch nicht abschätzbare Haftungsrisiken in sich, wenn die tatsächliche Befriedigungsquote bei einer Fortführung unter den prognostizierten Werten der Liquidation liegt.186

Die Vermögensübersicht ist durch eine Plan-Gewinn- und Verlustrechnung sowie durch eine daraus abgeleitete Plan-Liquiditätsrechnung zu ergänzen.187 Die PlanLiquiditätsrechnung hat den Ist-Bestand an flüssigen Mitteln unter Einschluß der Kreditlinien zu erfassen und mit dem Ein- oder Auszahlungssaldos jeder weiteren Planungsperiode fortzuschreiben. Eine Planungsperiode sollte, um Scheingenauig­ keiten zu vermeiden, nicht kürzer als eine Woche sein. Für längere Planungszeit­ räume erscheint ein Monatsraster sinnvoll. Anhand diesen betriebswirtschaftlichen

182 Der Prüftermin, zu dem die angemeldeten Forderungen geprüft werden, wird im Eröffhungsbeschluß festgelegt. Vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 2 InsO. 183 Im einzelnen dazu Braun, E.;Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 550-553. 184 Vgl. § 229 Saiz 1 InsO. 183 Ausführlich dazu Eilenberger, G., [Insolvenzrechtsreform], 1996, S. 56 und S. 61-67. 186 Ähnlich kritisch Burger, A. .Schellberg, B., [Insolvenzverwalter], 1995, S. 76. 187 Vgl. §229 Satz 2 InsO.

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Planrechnungen ist für die Gläubiger erst ersichtlich, welche Erträge und Aufwen­ dungen zu erwarten sind und mit welchen Einzahlungsüberschüssen ihre Ansprüche befriedigt werden. Ein Plan, der die Gläubiger nur in geringerem Umfang als bei einer sofortigen Liquidation befriedigt, dürfte nur in Ausnahmefällen angenommen werden, etwa wenn sich die Mehrzahl der Gläubiger in der Fortsetzung der Geschäftsbeziehung mit dem Schuldner künftige Gewinne oder sonstige Vorteile verspricht. Ferner muß mit der Planrechnung der Nachweis erbracht werden, wie die Zahlungsfähigkeit sichergestellt werden kann. Mit dem Ergebnis- und Finanzplan kann zugleich die Finanzierbarkeit der beabsichtigten Sanierungsmaßnahmen belegt werden.188 Der Planungshorizont bemißt sich nach dem Zeitraum, in dem die Gläubiger befriedigt werden sollen. Da dieser Zeitraum mehrere Geschäftsjahre umfassen dürfte, stellt sich insbesondere das Prognoseproblem. Zur Berück­ sichtigung von Planunsicherheiten erscheint es zweckmäßig, Altemativrechnungen oder Sensitivitätsanalysen durchzufuhren.189

b ) Der gestaltende Teil Im gestaltenden Teil des Insolvenzplanes wird festgelegt, wie sich die Rechts­ stellung der absonderungsberechtigten Gläubiger, der sonstigen Insolvenzgläubiger, des Schuldners und - wenn dieser keine natürliche Person ist - der am Schuldner beteiligten Gesellschafter, durch den Plan ändert.190 Neben der Regelung schuld­ rechtlicher Verhältnisse können auch die für das Erfüllungsgeschäft geltenden Erklärungen in den gestaltenden Teil des Planes aufgenommen werden.191 Dies hat zur Folge, daß mit der Bestätigung des Planes nach § 254 Abs. 1 InsO nicht nur die schuldrechtlichen, sondern zugleich auch die dinglichen Wirkungen für und gegen alle Beteiligten eintreten. Ferner kann im gestaltenden Teil ein Kreditrahmen für Sanierungskredite festgelegt werden.192

188 Vgl. IDW, [Sanierungskonzept], 1991, S. 321. 189 Vgl. Ehlers, H.; Drieling, L, [Untemehmenssanierung], 1998, S. 71 und Wagner, W., [Insol­ venzrecht], 1996, S. 294. 190 Vgl. §221 InsO. 191 Vgl. § 228 InsO. 192 Diese Kredite erhalten einen Vorrang in einem möglicherweise folgenden zweiten Insolvenz­ verfahren, das noch vor Aufhebung der sog. Überwachungszeit eröffnet wird. Vgl. § 264 i.V.m. § 266 InsO sowie die Ausführungen zu „Finanzwirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen“ im Dritten Teil unter A. I. 2.

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Für die Festlegung der Rechte sind die Beteiligten in folgende Gruppen aufzuteilen:



die absonderungsberechtigten Gläubiger193, soweit durch den Plan in ihre Rechte eingegriffen wird,194



die sonstigen Insolvenzgläubiger, die im Normalfall eine quotale Befriedigung aus der Insolvenzmasse erwarten können, und



die nachrangigen Insolvenzgläubiger,195 die ohne Insolvenzplan im Regelfall leer ausgehen würden.196

Die Arbeitnehmer können auch eine eigene Gruppe bilden, wenn sie mit ihren Forderungen auf rückständiges Arbeitsentgelt, die nicht durch das Insolvenzaus­ fallgeld abgedeckt sind, als Insolvenzgläubiger beteiligt sind.197 Die Insol­ venzordnung übernimmt den Gleichbehandlungsgrundsatz des geltenden Rechtes.198 Jeder Gläubiger hat einen Anspruch darauf, mit den anderen Gläubigem der Gruppe gleichgestellt zu werden; die gleiche Rechtsstellung und die gleichartigen wirt­ schaftlichen Interessen verlangen die Gleichbehandlung der Gruppenmitglieder.199 Um die wirtschaftliche Effektivität des Planes zu steigern, ist eine weitere Unterteilung innerhalb der jeweiligen Gruppen nach gleichartigen wirtschaftlichen Interessen, z.B. nach der Werthaltigkeit der Forderungen, möglich, soweit sich die Untergruppen sachgerecht voneinander trennen lassen.200 Folgende Beispiele mögen den Vorteil einer weiteren Unterteilung verdeutlichen:201 Nicht selten werden die Lieferanten des Schuldners an einer Fortsetzung der Geschäftsbeziehung interessiert sein, sie werden daher möglicherweise zu größeren finanziellen Zugeständnissen bereit sein. Auch werden absonderungsberechtigte Gläubiger, deren Forderungen durch den Fortführungswert der Sicherheit, nicht jedoch durch deren Liquidations­ wert gedeckt sind, gegenüber den anderen absonderungsberechtigten Gläubigem stärker am Erhalt des Unternehmens interessiert sein. Die gleiche Interessenlage kann bei Gläubigem, die am Schuldner gesellschaftlich beteiligt sind, vermutet werden. Für diese Gläubiger wäre eine gesonderte Gruppe sinnvoll.

193 Vgl. §49 InsO. 194 Ist im Insolvenzplan nichts anderes bestimmt, so wird das Recht der absonderungsberechtigten Gläubiger zur Befriedigung aus den Gegenständen, an denen Absonderungsrechte bestehen, nicht berührt. Vgl. hierzu § 223 Abs. 1 InsO. 195 Vgl. §39 InsO. 196 Vgl. §222 Abs. 1 InsO. 197 Vgl. §222 Abs. 3 InsO. 198 Vgl. § 226 InsO. 199 Vgl. Burger, A. ;Schellberg, B., [Insolvenzplan], 1994, S. 1835. 200 Vgl. § 222 Abs. 2 InsO. Kritisch dazu Grub, V., [Insolvenzordnung], 1993, S. 398. 201 Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 265, S. 199.

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Nach altem Recht können die Rechte der absonderungsberechtigten Gläubiger durch Mehrheitsentscheidungen weder gekürzt noch in anderer Weise beeinträchtigt werden. Auch die Insolvenzordnung läßt keinen Zwangseingriff in die Rechte der bevorrechtigten Gläubiger zu.202 In der Praxis dürften die absonderungsberechtigten Gläubiger daher kaum bereit sein, freiwillig einen Teil ihrer Sicherungsrechte aufzugeben.203 Eine Kürzung, eine Stundung oder sonstige Regelungen zu Lasten der Absonderungsberechtigten sind nur dann möglich, wenn diese Gläubiger durch die Fortführung des Unternehmens anderweitige Wertvorteile, bspw. durch Anteils-, Mitgliedschaftsrechte oder Beteiligungen am Unternehmen, erhalten können.204 Aufgrund der Quotenarmut ist die Beschneidung der Rechte der übrigen Insolvenz­ gläubiger vergleichsweise unproblematisch. Die Forderungen der nachrangigen Insolvenzgläubiger gelten, soweit der Insolvenzplan nichts anderes bestimmt, als erlassen.205 Der Schuldner kann im Rahmen des Insolvenzverfahrens nicht damit rechnen, daß ihm in einem Plan wirtschaftliche Werte aus der Insolvenzmasse zugewiesen werden. Sein Interesse richtet sich vielmehr auf die Frage, inwieweit er von seinen Verbindlichkeiten gegenüber seinen Gläubigem befreit wird. § 227 Abs. 1 InsO sieht vor, daß der Schuldner, wenn im Plan nichts anderes geregelt ist, mit der im gestaltenden Teil vorgesehenen Befriedigung der Insolvenzgläubiger von seinen restlichen Verbindlichkeiten gegenüber diesen Gläubigem befreit wird.

202 Die zivilrechtliche Güterordnung ist durch das Rechtstaatsgebot der Verfassung geschützt. Vgl. Balz, M, [Insolvenzverfahren], 1988, S. 276. 203 Vgl. Franke, G., [ökonomische Überlegungen], 1983, S. 42. 204 Eine solche Regelung kann nur mit dem Einverständnis aller Betroffenen in den Plan aufgenommen werden. Vgl. § 230 Abs. 2 InsO. 205 Vgl. § 225 Abs. 1 InsO.

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3. Die Annahme und Bestätigung des Insolvenzplanes Die Annahme eines Insolvenzplanes verlangt von den Gläubigem eine Entscheidung darüber, ob die mit dem Plan angestrebte Sanierung mit den vorgeschlagenen Maßnahmen erreicht werden kann. Voraussetzung hierfür ist, daß sie durch den Plan wirtschaftlich nicht schlechter gestellt werden, als sie im Zerschlagungsfall stünden. Mit der gerichtlichen Bestätigung stellt das Gericht fest, daß die notwendigen Mehrheiten zustande gekommen sind und die im gestaltenden Teil des Insolvenz­ planes festgelegten Wirkungen für und gegen die Beteiligten eintreten können. Die Entscheidung des Gerichtes erfordert hierbei eine intensive inhaltliche materielle Auseinandersetzung, die einen Blick für die wirtschaftliche Angemessenheit erfordert.

a) Vorprüfung Das Insolvenzgericht führt nach den Bestimmungen des § 231 InsO zunächst eine Vorprüfung durch. Ein Insolvenzplan wird von Amts wegen zurückgewiesen, wenn



die Vorschriften über das Recht zur Vorlage und den Inhalt des Planes nicht eingehalten worden sind, z.B. die Gruppen im Insolvenzplan nicht sachgerecht voneinander abgegrenzt sind,



der vom Schuldner vorgelegte Plan offensichtlich keine Aussicht auf Annahme durch die Gläubiger hat, weil sich bspw. die Gläubigerversammlung bereits mit großer Mehrheit gegen eine Unternehmensfortführung durch den Schuldner ausgesprochen hat,



grundlegende Rechte des Schuldners, wie Anspruch auf Restschuldbefreiung oder auf ein Existenzminimum, verletzt worden sind oder



die Ansprüche, die den Beteiligten zustehen, offensichtlich nicht erfüllt werden können.206

Die Zurückweisung durch das Gericht erfolgt nur bei offensichtlichen Verstößen. Damit wird zum Ausdruck gebracht, daß nur in eindeutigen Fällen das Gericht von seinem Zurückweisungsrecht Gebrauch machen darf, andernfalls würde das Gericht

206 Vgl. § 231 Abs. 1 InsO. Hatte der Schuldner in dem Insolvenzverfahren bereits einen Plan vorgelegt, der von den Gläubigem abgelehnt und vom Insolvenzgericht nicht bestätigt wurde oder vom Schuld­ ner nach der öffentlichen Bekanntmachung wieder zurückgezogen wurde, so muß das Gericht auch einen neuen Plan vom Schuldner zurückweisen, wenn dies vom Insolvenzverwalter mit der Zustim­ mung des Gläubigerausschusses beantragt wird. Vgl. § 231 Abs. 2 InsO.

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in unzulässiger Weise in die Gläubigerautonomie eingreifen.207 Trotzdem ist zu erwarten, daß die Insolvenzgerichte zur Prüfung der Vermögensübersicht, der Planbilanzen, der Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen sowie der Plan-Liquiditäts­ rechnungen mangels spezifischer handelsrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Sachkenntnisse gutachterlichen Beistand einholen müssen, was zu einer uner­ wünschten Verteuerung und Verlängerung des Insolvenzverfahrens führen wird. Erfolgt keine Zurückweisung des Insolvenzplans, holt das Insolvenzgericht innerhalb einer festzusetzenden Frist Stellungnahmen zum Plan ein. Zwingende Adressaten sind der Gläubigerausschuß, wenn ein solcher bestellt ist, der Betriebsrat und der Sprecherausschuß der leitenden Angestellten sowie der Schuldner oder der Insolvenzverwalter, abhängig davon, wer den Insolvenzplan vorgelegt hat.208 Diese Stellungnahmen werden das Abstimmungsverhalten der Gläubiger nicht unwesent­ lich beeinflussen. So werden die Kreditinstitute einer Sanierung kaum zustimmen, wenn die kritischen Stimmen zu dem Sanierungskonzept überwiegen. Nach Fristablauf für die Stellungnahmen wird der Insolvenzplan zur Einsichtnahme der Beteiligten in der Geschäftsstelle des Gerichtes niedergelegt.209

Soweit die Durchführung des Insolvenzplanes durch die Fortsetzung der Verwertung und Verteilung des Schuldnervermögens gefährdet würde, ordnet das Insolvenz­ gericht auf Antrag des Schuldners oder Insolvenzverwalters eine Aussetzung der Verwertung und Verteilung an.210

b) Erörterungs- und Abstimmungstermin Das Insolvenzgericht bestimmt einen Termin an dem der Insolvenzplan erörtert und über diesen abgestimmt wird.211 Im Interesse einer zügigen Verfahrensabwicklung können beide Termine miteinander verbunden werden.212 Der Erörterungstermin dient der Erläuterung des Insolvenzplanes durch den Insolvenzverwalter oder den Schuldner.213 Im Mittelpunkt stehen die Durchführbarkeit und die möglichen Erfolgsaussichten.214 Den Beteiligten wird hierbei die Möglichkeit gegeben,

Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 275, S. 204. Vgl. § 232 Abs. 1 InsO. Vgl. § 234 InsO. Vgl. § 233 InsO. Vgl. § 235 Abs. 1 InsO. BT-Drucks. 12/7302 zu § 279, S. 183. Zur Durchführung der Prüfung eines Sanierungskonzeptes Peemöller, K H; Weigert, S. J., [Sanierungskonzept], 1995, S. 2312-2317. 214 Vgl. Leffson, U„ [Wirtschaftsprüfung], 1991, S. 162. 207 208 209 210 2,1 2,2 213

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inhaltliche Änderungen vorzunehmen.215 Desweiteren wird das Stimmrecht der Gläubiger festgelegt.216 Gläubiger, deren Forderung durch den Insolvenzplan unberührt bleiben, haben kein Stimmrecht.217 Absonderungsberechtigte Gläubiger sind nur insoweit zur Abstimmung berechtigt, als sie auf eine abgesonderte Befriedigung verzichten oder bei ihr ausfallen.218 Die Zustimmung der nachrangigen Insolvenzgläubiger gilt, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nach der Insol­ venzordnung als erteilt.219 Auch kann die Zustimmung des Schuldners angenommen werden, soweit er durch den Plan nicht schlechter als im Zerschlagungsfall gestellt wird und kein Gläubiger einen wirtschaftlichen Wert erhält, der den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigt.220

Jede Gläubigergruppe stimmt gesondert über den Insolvenzplan ab.221 Zur Annahme des Insolvenzplanes ist eine Summen- und Kopfmehrheit in jeder Gruppe notwendig.222 Durch eine gezielte Gruppenbildung kann das Abstimmungsverhalten beeinflußt und zugleich können unliebsame Gläubiger überstimmt werden. Für die Kreditinstitute besteht dadurch ein erhöhtes Risiko, da sie gegenüber dem alten Recht an Einfluß verlieren können.

Bei der Berechnung der Mehrheiten werden nur die abstimmenden Gläubiger berücksichtigt; passives Verhalten hat somit keinen Einfluß auf das Abstimmungs­ ergebnis.223 Wenn in einer Abstimmungsgruppe die erforderlichen Mehrheiten nicht erreicht werden, kann in dieser Verweigerung auch ein Mißbrauch vorliegen. Das in § 245 InsO geregelte Obstruktionsverbot soll daher verhindern, daß ein wirtschaft­ lich sinnvoller Plan am Widerstand einzelner Gläubiger in einer Gruppe scheitert. Diese Regelung sieht vor, daß auch ohne die erforderlichen Mehrheiten die Zustimmung einer Gruppe als erteilt gilt, wenn die Gläubiger dieser Gruppe durch den Plan nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne Plan stünden. Zusätzlich muß gewährleistet sein, daß die Gruppe an dem durch den Plan realisierten Mehrwert im Verhältnis zu den anderen Gruppen nicht unbillig benachteiligt wird und daß die

215 Über den geänderten Plan kann nach § 240 InsO noch in demselben Termin abgestimmt werden. 216 Nach § 77 InsO gewähren die Forderungen ein Stimmrecht, die angemeldet sind und weder vom Insolvenzverwalter noch von einem stimmberechtigten Gläubiger bestritten worden sind. Gläubiger, deren Forderungen bestritten sind, sind nur dann stimmberechtigt, wenn sich der Verwalter und die stimmberechtigten Gläubiger im Erörterungstermin über das Stimmrecht geeinigt haben. 217 Vgl. § 237 Abs. 2 InsO. 218 Vgl. § 237 Abs. 1 InsO. 219 Vgl. die Einzelregelungen in § 246 InsO. 220 Vgl. § 247 InsO. 221 Vgl. § 243 InsO. 222 Vgl. § 244 Abs. 1 InsO. 223 Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 289, S. 208.

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Mehrheit der Gruppen - ohne die nachrangigen Gläubiger - dem Plan mit den erforderlichen Mehrheiten zustimmt.

c) Gerichtliche Bestätigung Nach der Annahme des Insolvenzplanes durch die Gläubiger sowie der Zustimmung des Schuldners bedarf der Plan noch der gerichtlichen Bestätigung.224 Ist im darstellenden Teil vorgesehen, daß bestimmte Leistungen oder Maßnahmen vor der Bestätigung noch erbracht oder verwirklicht werden müssen, so ist die Bestätigung, wenn die Voraussetzungen innerhalb einer angemessenen Frist nicht erfüllt worden sind, zu versagen.225 Mit der Rechtskraft der Bestätigung treten die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen für und gegen die Beteiligten ein.226 Sobald die Bestätigung des Insolvenzplanes rechtskräftig ist, beschließt das Insolvenzgericht die Aufhebung des Verfahrens.227 Auf Antrag eines Gläubigers ist die Bestätigung des Insolvenzplanes dann zu versagen, wenn der Gläubiger gegen seinen Willen durch den Insolvenzplan wirtschaftlich schlechter gestellt wird, als er ohne einen Plan stünde.228 Wenn die Mehrheit einer Gruppe dem Plan zustimmt, dann ist noch nicht gewährleistet, daß ein wirtschaftliches Optimum erreicht und die Interessen der überstimmten Minderheiten angemessen berücksichtigt worden sind.229 Die Vorschrift des Minderheitenschutzes schützt daher den einzelnen Gläubiger in seiner Gruppe vor einer schlechteren Stellung als im Falle einer Liquidation. Hierbei ist aus der Sicht des einzelnen Gläubigers festzustellen, ob der zu realisierende Fortführungswert hinter jener Erfüllungsquote, die der Gläubiger im Falle einer Liquidation erhält, bleibt.

Die beiden rechtsmittelbelastenden Schutzvorschriften des Obstruktionsverbotes sowie des Minderheitenschutzes führen unweigerlich zu einer Verlängerung des Verfahrens und zu einer Überforderung der Insolvenzgerichte, da der Vergleich eines hypothetischen Wertes aus einer liquidationsrechtlichen Zwangsverwertung mit einem nicht immer exakt in Geldeinheiten quantifizierbaren Fortführungswert im Falle einer Sanierung eine Wertungsentscheidung erfordern und zwangsläufig zu

224 Vgl. § 248 Abs. 1 InsO. 225 Vgl. 249 InsO. 226 Vgl. § 254 InsO. Die Gläubiger können aus einem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan nach § 257 InsO wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben. 227 Vgl. §258 Abs. 1 InsO. 228 Vgl. §251 Abs. 2 InsO. 229 Vgl. Balz, [Insolvenzverfahren], 1988, S. 278.

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Rechtsstreitigkeiten führen wird.230 Die Hauptprobleme ergeben sich durch die Unsicherheiten zukünftiger Überschußgrößen sowie der Transformation in Entscheidungsgrößen unter Zugrundelegung der verschiedenen Risikopräferenzen der Gläubiger.231 Mit diesen Schutzvorschriften wird einerseits die Vermögens­ position der einzelnen Gläubiger gewahrt, andererseits wird damit ein derzeit noch nicht abschätzbares Risiko für das Zustandekommen eines Insolvenzplanes geschaffen. Darüber hinaus steht jedem Gläubiger die Möglichkeit zu, auch wenn er seine Rechte nach § 251 InsO erfolglos ausgeübt hat, gegen die gerichtliche Bestätigung die Beschwerde nach § 253 InsO einzulegen.2j2

Es bleibt insgesamt zu befürchten, daß die verfahrensrechtliche Effizienz sowohl durch eine zu starke Gläubigerautonomie in der Verfahrensgestaltung als auch durch ein kompliziertes, rechtsmittelbehaftetes Insolvenzplanverfahren ausgehöhlt wird.233 Die Gruppenbildung kann zu einer starken Zersplitterung der Gläubigerschaft führen und somit schnelle und eindeutige Entscheidungen verhindern.234 Die Diskussionsund Abstimmungsprozesse innerhalb der Gruppen sowie die Überweisung des Insolvenzplanes an das Insolvenzgericht zur abschließenden Überprüfung wird den Entscheidungsprozeß erheblich verzögern.235 Die im Gegensatz zum alten Recht reduzierten Mehrheitserfordemisse können dazu führen, daß entsprechend mehr überstimmte Gläubiger Rechtsmittel einlegen werden. Stümer stellt zu Recht die Frage, ob das zukünftige Sanierungsverfahren „...nicht häufig im Labyrinth vielfältiger Abstimmungsentscheidungen und rechtsmittelbehafteter Gerichtsbeschlüsse steckenbleiben wird.“236 Es sind ferner Zweifel anzumelden, ob marktwirtschaftlich rationale Verwertungsentscheidungen in freien Verhandlungen überhaupt herbeigeführt werden können.2j7

230 Die negativen Erfahrungen im US-amerikanischen Recht stimmen wenig optimistisch. Vgl. Braun, E.; Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 432. 231 Vgl. Burger, A. .Schellberg, B„ [Insolvenzplan], 1994, S. 1837. 232 Vgl. Wutzke, W., [Insolvenzpläne], 1999, S. 4. 233 Vgl. Stümer, R, [Sanierung], 1982, S. 767, o.K, [Insolvenzrechtsreform], 1992, S. 658 und o.V.t [Altemativentwurf], 1993, S. 626-627 und Uhlenbruck, W., [Recht II], 1995, S. 211. Flessner sieht hingegen mit Blick auf das US-amerikanische Recht in der Reichhaltigkeit der Rechtsmittel kein Problem. Vgl. Flessner, A., [Sanierung], 1982, S. 308. Karsten Schmidt weist in diesem Zusammen­ hang auf den letztendlich unlösbaren Zielkonflikt zwischen Effektivität und Legitimation hin. Vgl. Schmidt, K., [Gutachten], 1982, S. 58. 234 Vgl. Grub, V., [Insolvenzordnung], 1993, S. 398 und o. K, [Insolvenzrechtsreform], 1992, S. 658. 235 Vgl. Mönning, R-D., [Betriebsfortftlhrung], 1997, S. 87. 236 Stümer, R, [Sanierung], 1982, S. 767. 237 Vgl. Uhlenbruck, W. u.a., [Übeijustizialisierung], 1992, S. 1735.

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C. Auswirkungen der Insolvenzordnung auf die Kreditinstitute Die Insolvenzordnung hat im Insolvenzverfahren durch die verursachungsgerechte Umverteilung und Anreicherung der Masse zu Lasten der gesicherten Gläubiger erhebliche Auswirkungen auf die Kreditinstitute. Das Kreditgeschäft in der Vorphase der Insolvenz bleibt von der Insolvenzordnung zunächst unberührt, so daß der bisherigen Rechtsprechung und Literatur unverändert Gültigkeit zukommt. Im folgenden werden die filr die Kreditinstitute wichtigsten gesetzlichen Neurege­ lungen, die wirksamer gestalteten Anfechtungsmöglichkeiten des Insolvenzver­ walters und die restriktiveren Aufrechnungsmöglichkeiten, kurz dargestellt. Anschließend werden die Auswirkungen der Neuregelungen in der Insolvenzord­ nung auf die Kreditsicherheiten ausführlich diskutiert. Im Ergebnis erfolgt eine abschließende Beurteilung der Auswirkungen auf das Kreditgeschäft.

L Besondere gesetzliche Neuregelungen Die filr das Kreditgeschäft bedeutsamen Neuregelungen umfassen die Aufrechnung und die Anfechtung. Die Aufrechnung bewirkt, daß die Forderungen und Verbind­ lichkeiten zwischen Gläubiger und Schuldner, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet gegenüber­ getreten sind.238 Die Aufrechnung dient den Gläubigem neben der Zahlungser­ leichterung hauptsächlich als Sicherungsftmktion ihrer Forderungen.239 Die Anfechtungsvorschriften dienen dem Insolvenzverwalter als Rechtsgrundlage, um gläubigerbenachteiligende Vermögensverschiebungen vor Insolvenzeröflhung rückgängig zu machen und den Bestand des den Gläubigem haftenden Schuldner­ vermögens wiederherzustellen.240 Diese Vorschriften sind damit in besonderer Weise Ausdruck des das gesamte Insolvenzrecht prägenden Prinzips der Gläubiger­ gleichbehandlung.241 Dadurch soll verhindert werden, daß sich einzelne Gläubiger Vorteile im Vorfeld der Insolvenzeröflhung verschaffen und eine gemeinschaftliche Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigen. Der Gesetzgeber erwartet mit der Einschränkung der Aufrechnungsmöglichkeiten sowie der Verschärfung des Anfechtungsrechtes eine beträchtliche Anreicherung der

238 239 240 241

Vgl. § 389 BGB. Zu den Voraussetzungen der Aufrechnung bei Pottschmidt, G., [Privatrecht], 1992, Rdn. 3901-390q. Vgl. Kuhn, G.; Uhlenbruck, IE, [Kommentar], § 29, Rz. 1. Grundlegend zum Prinzip des par conditio creditorum bei Jaeger, E„ [Konkursrecht], 1932, S. 59.

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Insolvenzmasse.242 Den hohen Erwartungen an die Wirkung der Neuregelungen sollte allerdings mit einer gewissen Zurückhaltung begegnet werden.243

1. Aufrechnung Die Aufrechnung in der Insolvenzordnung ist in den §§ 94-96 InsO geregelt. Sie verschafft dem Gläubiger im Insolvenzverfahren seines Schuldners die Möglichkeit, sich hinsichtlich seiner Forderung durch eine Verrechnung mit der gegen ihn gerichteten Forderung zu befriedigen. Eine vor Insolvenzeröffhung vom Gläubiger erworbene Aufrechnungslage bleibt nach § 94 InsO korrespondierend mit den Vorschriften des BGB wie bisher durch das Insolvenzverfahren unberührt.

Voraussetzung für die „Insolvenzfestigkeit“ der Aufrechnungslage ist, daß sich zwei gleichartige Forderungen gegenüberstehen, die Hauptforderung erfüllbar und die Gegenforderung durchsetzbar ist, also fällig, erzwingbar und einredefrei ist. Gegenüber dem alten Recht sind jedoch die erleichterten Aufrechnungsmöglich­ keiten des § 54 KO nach der Insolvenzeröffhung weitgehend gestrichen worden, da diese Regelungen in systemwidriger Weise zum Nachteil der übrigen Gläubiger zu einer Vorzugsstellung der aufrechnenden Gläubiger geführt haben, die vom materiellen Recht her nicht gerechtfertigt ist.244 Infolgedessen ist die Aufrechnung nicht mehr gestattet, wenn eine Forderung später fällig oder später unbedingt wurde als die zur Insolvenzmasse gehörende Gegenforderung. Auch kann der Gläubiger einer Naturalleistung die Aufrechnung einer Geldforderung im Insolvenzverfahren nicht mehr vornehmen. Sie würde zu einem Wertungswiderspruch führen, da der Gläubiger einer Geldforderung, der seinerseits zu einer Naturalleistung verpflichtet ist, weder aufrechnen noch das allgemeine Zurückbehaltungsrecht des § 273 BGB geltend machen kann. Ferner kann keine Sicherstellung mehr verlangt werden, damit eine aufschiebend bedingte Forderung beim Eintritt der Bedingung aufgerechnet werden kann.245

Bestand die Aufrechnungslage bereits mit der Verfahrenseröffhung, ist sie aber in einer anfechtbaren Weise herbeigeführt worden, so ist die Aufrechnung nach § 96 Nr. 3 InsO kraft Gesetzes ausgeschlossen. Wurde die Aufrechnung bereits vor der Verfahrenseröffhung erklärt, so wird diese Erklärung mit der Eröffnung rückwirkend

242 243 244 245

Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 85. So auch Hess, H; Goetsch, H-W., (Insolvenzrechtsreform], 1993, S. 35. Vgl. §§ 54 KO, VerglO. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, § 107, S. 140.

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unwirksam.246 Offen ist hingegen, ob das Recht der Bank zur Aufrechnung durch die Anordnung eines VerfügungsVerbotes nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 berührt wird.247 Im Falle einer Anfechtung läuft die Bank Gefahr, daß sie die vor Insolvenzeröfihung eingegangenen Zahlungen an die Masse herausgeben muß und für ihre Kredit­ forderung nur eine quotale Befriedigung erhält. Für eine Aufrechnung ist daher stets der Anwendungsbereich der Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO, die im folgenden Abschnitt noch näher erläutert wird, zu beachten. Ferner schließt § 96 InsO eine Aufrechnung in folgenden Fällen aus:



wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Insolvenzeröfihung etwas zur Masse schuldig geworden ist



wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Insolvenzeröfihung von einem anderen Gläubiger erworben hat oder



wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.

Allerdings scheitert die Aufrechnung künftig nicht mehr daran, daß die Forderungen auf unterschiedliche Währungen lauten.248

2. Anfechtung Durch die Anfechtung wird dem Insolvenzverwalter eine Handhabe gegeben, eine vor der Insolvenzeröflhung vorgenommene Schmälerung der Masse wiedergutzu­ machen. Das Anfechtungsrecht ist ein Gestaltungsrecht, das erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsteht. Zur Anfechtung ist nach Maßgabe des § 129 InsO nur der Insolvenzverwalter berechtigt. Dem vorläufigen Insolvenzverwalter stehen im Antragsverfahren diese Rechte also noch nicht zu, er muß erst noch die Eröffnung des Verfahrens abwarten. Im Gegensatz zum alten Recht, wo eine Anfechtung nur im Konkurs- und im Gesamtvollstreckungsverfahren, nicht aber im Vergleichsverfahren, gegeben ist, ist die Anfechtung nunmehr unabhängig von dem Verfahrensziel mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens möglich. Anfechtungs­ gegner kann nur der Begünstigte oder dessen Rechtsnachfolger sein.249 Der Anwendungsbereich der Insolvenzanfechtung erstreckt sich auf Rechtshand­ lungen, die in zeitlicher Nähe vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorge­

246 247 248 249

Vgl. BT-Drucks. 12/2443, § 108, S. 141. Ablehnend Obermüller, M., [Kontobeziehung], 1998, S. 257. Vgl. § 95 Abs. 2 InsO. Vgl. § 145 InsO.

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nommen worden sind und die die anderen Gläubiger objektiv benachteiligen.250 Der Begriff der Rechtshandlung ist weit auszulegen und umfaßt neben dem aktiven Tun des Schuldners auch das Unterlassen sowie Rechtshandlungen Dritter.251 Voraus­ setzung sämtlicher Anfechtungstatbestände ist die Benachteiligung der Gläubiger in ihrer Gesamtheit.252 Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die gemein­ schaftliche Befriedigung vermindert, vereitelt, erschwert oder verzögert wird.253 Die Frage nach der Vermögensbenachteiligung ist allein nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden. So können sog. Bargeschäfte, also Geschäfte, bei denen gleichwertige Leistungen ausgetauscht werden, nicht angefochten werden.254 Ferner fehlt es bei der Verrechnung von Zahlungseingängen an einer Gläubigerbe­ nachteiligung, wenn sich die Bank die zugrunde liegende Forderung zur Sicherheit hat abtreten lassen.255 Im Bereich der Kreditsicherheitenbestellung ist die Gleichwertigkeit dann gegeben, wenn der Wert der Sicherheit den gewährten Kredit nicht wesentlich übersteigt. Ferner muß die Auszahlung des Kredites und die Gewährung der Sicherheit in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehen. Für die Sicherheitenbestellung bedeutet dies, daß lediglich die übliche Bearbeitungszeit verstreichen darf.256 In ihren Grundzügen folgt die Insolvenzordnung den vier grundlegenden Anfech­ tungstatbeständen im alten Recht: der besonderen Konkursanfechtung der §§ 130132 InsO, der Absichtsanfechtung nach §§ 133 InsO, der Schenkungsanfechtung nach § 134 sowie der Anfechtung der Sicherung oder Befriedigung eines kapitalersetzenden Darlehens nach § 135 InsO.257 Der Anfechtungstatbestand des kapitalersetzenden Darlehens wurde auf die offene Handelsgesellschaft, die Kommanditge­ sellschaft und die Aktiengesellschaft ausgedehnt. Gleichfalls sind durch den Begriff des Insolvenzgläubigers erstmals auch die nachrangigen Gläubiger mit einbezogen.

Die Konkursanfechtung im alten Recht stellt wegen den Beweisschwierigkeiten des Insolvenzverwalters oftmals ein stumpfes Schwert dar.258 Durch eine Vielzahl von Anfechtungserleicherungen, wie der teilweisen Beseitigung der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen, der teilweisen Beweislastumkehr als auch durch die Gleichstellung der Kenntnis mit Umständen, die zwingend auf die Kenntnis 250 251 252 253 254 255 256 257 258

Vgl. §129 Abs. 1 InsO. Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 144, S. 157. Vgl. Obermüller, M.;Hess, H, [InsO], 1995, S. 51. Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 144, S. 157. Vgl. § 142 InsO. Vgl. Obermüller, M., [Kontobeziehung], 1998, S. 257. Vgl. Obermüller, M.;Hess, H, [InsO], 1995, S. 52. Vgl. Obermüller, M.;Hess, H., [InsO], 1995, S. 49. Vgl. Uhlenbruck, W„ [Recht II], S. 208.

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schließen lassen, sind die Anfechtungsvoraussetzungen im neuen Recht erheblich verbessert worden.259 Die damit verbundene Masseanreicherung läßt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilen und wird sich erst in der Praxis erweisen müssen.

Der Anfechtungszeitraum knüpft einheitlich an den Tag der Antragstellung auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens an. Die bisherige alternative Anknüpfung an die Zahlungseinstellung oder den Antrag auf Eröffnung des Verfahrens nach § 30 KO sowie auf die Eröffnung des Verfahrens nach §§ 31-33 KO wurde gestrichen. Damit wurden zum einen die zahlreichen Unsicherheiten bei der Feststellung des maßgeblichen Zeitpunktes beseitigt, zum anderen wurde der Verlust des anfech­ tungsrelevanten Zeitraum aufgrund einer z.T. längeren Sequestrationsphase vermieden.260 Der für die Anfechtung maßgebende Zeitpunkt der Rechtshandlung wird durch den Eintritt der Rechtswirkung bestimmt. Bei der Anfechtung von Sicherheiten ist der maßgebliche Zeitpunkt derjenige der tatsächlichen Gewährung der Sicherheit.261 Der Anfechtungszeitraum wurde im Hinblick auf die praktische Durchsetzbarkeit und die Rechtsicherheit allgemein von 30 Jahren auf 10 Jahre bzw. von 6 Monaten auf 3 Monate verkürzt. Bei vorsätzlicher Benachteiligung der Gläubiger durch Rechtshandlungen des Schuldners mit nahestehenden Personen wurde er hingegen auf 2 Jahre und bei Schenkungen auf 4 Jahre erweitert. Für die Kreditinstitute ist die Einführung der subjektiven TatbestandsVoraussetzung nach § 130 Abs. 2 InsO von großer Bedeutung. Aufgrund dieser Vorschrift wird die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröfihungsantrages der Kenntnis von Umständen gleichgesetzt, die auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffhungsantrag schließen lassen. Die Kreditinstitute sind deshalb einem besonderen Anfechtungsrisiko ausgesetzt, da sie aufgrund der laufenden Kontoüberwachung über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, insbesondere seiner Zahlungsfähigkeit, fortlaufend unterrichtet sind. Im Ergebnis kann damit eine Kreditrückzahlung oder Nachbesicherung innerhalb der letzten drei Monate vor dem Eröffhungsantrag nach den Vorschriften der §130 Abs. 1 InsO angefochten werden.262

259 Im Vergleich zur bisherigen Rechtsanwendungspraxis bleibt es sehr fraglich, ob die Gleichstellung von Kenntnis und grob fahrlässiger Unkenntnis im neuen Recht nach § 130 Abs. 2 InsO eine schär­ fere Ausgestaltung des Anfechtungsrechtes mit sich bringt. Vgl. Breutigam, A.;Tanz, M., [Insolvenzanfechtungsrecht], 1998, S. 720. 260 Vgl. Breutigam, A.;Tanz, M., [Insolvenzanfechtungsrecht], 1998, S. 718. 261 Vgl. Hopt, K. J., [Asymmetrische Information], 1984, S. 752. 262 Vgl. Obermüller, M.;Hess, H, [InsO], 1995, S. 133.

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Die nachfolgende Tabelle vermittelt einen Überblick über die verschiedenen Anfechtungstatbestände, den zugrunde liegenden Anfechtungszeitraum und die jeweiligen subjektiven und objektiven AnfechtungsVoraussetzungen im neuen Recht:263 Dabei wird ein Begünstigter, der an sich nicht Gläubiger i.S.d. Insol­ venzordnung ist, z.B. bei einer Schenkung, in der Tabelle aus Vereinfachungs­ gründen ebenfalls als Gläubiger bezeichnet.

263 Vgl. §§ 130-136 InsO.

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Anfechtungszcitraum

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A nfechtungstatbestand

Anfechtungsvoraussetzungen. Bewcisiast

von der Eröffnung des

Gesetzesgrundlage

Rechtshandlung

objektive Tatbestands­

Insolvenzverfahrens bis

InsO

des Schuldners

voraussetzungen

10 Jahre vor Antrag auf

§ 133 Abs. 1

Vorsätzliche Gläubiger­

wirtschaftliche Lage

Kenntnis des Gläubigers

benachteiligung

des Schuldners

vom Vorsau des Schuldners.

InsoIvcnzerOffnung

subjektive Tatbestands­ voraussetzungen

unerheblich

Bewcisiast Verwalter

drohende

Kenntnis des Gläubigers

Zahlungsunfähigkeit,

vom Vorsatz und der drohenden

Beweislast Verwalter

Zahlungsunfähigkeit des

Schuldners. Entlastungsbeweis Gläubiger § 135 Nr. 1

4 Jahre vor Antrag auf

§ 134 Abs. 1

Besicherung kapital-

wirtschaftliche Lage

ersetzender Darlehen

des Schuldners unerheblich

unentgeltliche Leistung

wirtschaftliche Lage

unerheblich.

des Schuldners

Entlastungsbeweis des

unerheblich

Gläubigers für den Zeitpunkt des Rechtserwerbes

InsolvenzerOffnung

2 Jahre vor Antrag auf

J 133 Abs. 2

InsolvenzerOffnung

Vorsätzliche Gläubiger­

wirtschaftliche Lage

benachteiligung durch

des Schuldners

Gläubigers sowohl für die

entgeltliche Verträge mit

unerheblich

Kenntnis als auch für den Zeit­

nahestehenden Personen

1 Jahre vor Antrag auf

§ 135 Nr. 2

InsolvenzerOffnung

unerheblich

Entlastungsbeweis des

punkt des Vertragsabschlusses

Befriedigung kapital-

wirtschaftliche Lage

ersetzender Darlehen

des Schuldners

unerheblich

unerheblich

3 Monate vor Antrag

§ 136 Abs. 1

Einlagcnrückgewähr oder

Vereinbarung nach

ehern. § 237 HGB

Verlusterlaß gegenüber stillem Gesellschafter

Eröffnungsgrund getroffen

§ 130 Abs. 1 Nr. 1

auf Insolvenzeröffnung

Kongruente Deckung

zahlungsunfähig,

(Gebührende Sicherung

Beweislast Verwalter

oder Befriedigung)

unerheblich

Kenntnis oder zwingende

Schlußfolgerung des Gläu­ bigers von der Zahlungsun­ fähigkeit des Schuldners.

Beweislast Verwalter § 130 Abs. 3

Entlastungsbeweis für

nahestehende Personen § 131 Abs. 1 Nr. 2

Inkongruente Deckung

zahlungsunfähig,

(nicht gebührende Sich­

Beweislast Verwalter

unerheblich

erung oder Befriedigung)

wirtschaftliche Lage

g 131 Abs. 1 Nr. 3

Kenntnis oder zwingende

des Schuldners

Schlußfolgerung des Gläu­

unerheblich

bigers von der Benachteiligung, Beweislast Verwalter

§ 131 Abs. 2

Entlastungsbeweis für nahestehende Personen

§ 132 Abs. 1 Nr. 1

unmittelbare Benach­

zahlungsunfähig,

Kenntnis oder zwingende

und § 132 Abs. 3

teiligung der Gläubiger

Beweislast Verwalter

Schlußfolgerung des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit.

Beweislast Verwalter § 132 Abs. 3

1 Monate vor Antrag

§ 131 Abs. 1 Nr. 1

auf InsolvenzerOffnung zum Antrag auf

§ 130 Abs. 1 Nr. 2

InsolvenzerOffnung

Entlastungsbeweis für nahestehende Personen Inkongruente Deckung

wirtschaftliche Lage

(nicht gebührende Sich­ erung oder Befriedigung)

des Schuldners unerheblich

Kongruente Deckung

Antragstellung

unerheblich

Kenntnis oder zwingende

(Gebührende Sicherung

Schlußfolgerung des Gläubigers

oder Befriedigung)

von der Zahlungsunfähigkeit

des Schuldners oder des Antrages, Beweislast Verwalter

Entlastungsbeweis für

§ 130 Abs. 3

nahestehende Personen § 132 Abs. 1 Nr. 2

unmittelbare Benach­

und § 132 Abs. 3

teiligung der Gläubiger

Antragstellung

Kenntnis oder zwingende Schlußfolgerung des Gläubigers

von der Zahlungsunfähigkeit

des Schuldners oder des Antrages. Beweislast Verwalter § 132 Abs. 3

Abbildung 2: Übersicht der Anfechtungsmöglichkeiten in der Insolvenzordnung

Entlastungsbeweis für nahestehende Personen

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Erster Teil: Die Insolvenzordnung

Der Insolvenzverwalter kann den gesetzlichen Rückübertragungsanspruch auf zwei Arten geltend machen: Er kann selbst Rückgewähr zur Masse verlangen oder den Rückgewähranspruch einredeweise vorbringen.264 Gewährt der Gläubiger die angefochtene Leistung dem Schuldner zurück, so lebt seine alte Forderung mit allen Neben- und Sicherungsrechten wieder auf.265 Eine vom Gläubiger bereits erbrachte Gegenleistung, z.B. Anzahlung, ist aus der Insolvenzmasse zu erstatten, soweit sie in der Masse noch vorhanden oder soweit die Masse um ihren Wert bereichert ist.266 Weitergehende Ansprüche können nur als einfacher Insolvenzgläubiger geltend gemacht werden.267 Auch ist eine Aufrechnung der neu entstandenen Forderung nach § 96 Nr. 1 InsO ausgeschlossen, da der Rückgewähranspruch erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist. Die Anfechtung einer Rechtshandlung fuhrt dazu, daß das dem Schuldner durch die anfechtbare Rechtshandlung entzogene Vermögen zur Insolvenzmasse zurück­ gewährt werden muß. Die rechtliche Einordnung der Rückgewähr ist dogmatisch umstritten.268 Die h. M. geht von einem mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens von Gesetzes wegen entstehenden schuldrechtlichen Rückübertragungsanspruch des Schuldners und nicht von einer dinglich rückwirkenden Aufhebung der Rechts­ handlung aus.269 Obwohl der anfechtbar erworbene Vermögensgegenstand bis zur Rückübertragung dinglich dem Vermögen des Begünstigten angehört, wird der anfechtbar erworbene Vermögensgegenstand bereits haftungsrechtlich dem Vermögen des Schuldner zugeordnet. Diese zur schuldrechtlichen Theorie widersprüchliche haftungsrechtliche Zuordnung fuhrt zu der günstigen Rechtsfolge, daß dem Insolvenzverwalter im Falle der Insolvenz des Anfechtungsgegners das Aussonderungsrecht und die Möglichkeit der Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO zusteht, wenn die Gläubiger des Anfechtungsgegners in die erhaltene Sache vollstrecken wollen.270 Für den Umfang des Rückgewähranspruches verweist § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO auf die allgemeinen Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung. Das bedeutet, daß der Empfänger auch Nutzungen und Surrogate herauszugeben hat und daß er gemäß §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB wie ein bösgläubiger Bereicherungs­

Vgl. Bork, R., [Insolvenzrecht], 1995, S. 104. Vgl. § 144 Abs. 1 InsO. Vgl. § 144 Abs. 2 Satz 1 InsO. Vgl. § 144 Abs. 2 Satz 2 InsO. Vgl. zum Meinungsstand m.w.N. bei Bork, R., [Insolvenzrecht], 1995, S. 101. So hat auch der Gesetzgeber der dinglichen Theorie bewußt eine Absage erteilt. Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 144, S. 157. 270 Vgl. Bork, R., [Insolvenzrecht], 1995, S. 101-102. 264 265 266 267 268 269

Erster Teil: Die Insolvenzordnung

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Schuldner für die schuldhafte Unmöglichkeit der Herausgabe oder Verschlechterung des Gegenstandes haftet.271 Somit wird die bisher schärfere (Zufalls)Haftung bei der unverschuldeten Unmöglichkeit der Rückgewähr im neuen Recht aufgegeben.272 Im weiteren wird in § 143 Absatz 2 Satz 2 InsO dem anfechtenden Insolvenzverwalter die Beweislast auferlegt, daß der Zuwendungsempfänger einer unentgeltlichen Leistung bösgläubig war.273 Die neuen Regelungen stehen hierbei den Bestrebungen einer Masseanreicherung entgegen.

Darüber hinaus sind dem Insolvenzverwalter bei der Ausübung der Anfechtung dann praktische Grenzen gesetzt, wenn er auf die Mithilfe des Anfechtungsgegners im Insolvenzverfahren angewiesen ist.274 Bspw. wird der Insolvenzverwalter kein Kreditinstitut belangen, solange er auf dessen finanzielle Unterstützung bei einer Sanierung, was zumeist der Fall sein dürfte, angewiesen ist. Der Schwerpunkt der Anfechtung wird deshalb in der Praxis mehr auf der Absichts- und Schenkungsan­ fechtung sowie der Anfechtung der Befriedigung eines kapitalersetzenden Darlehens liegen.

271 272 273 274

Vgl. Bork, R., [Insolvenzrecht], 1995, S. 102. Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 162, S. 167. Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 162, S. 168. Vgl. Mönning, R-D., [Betriebsfortführung], 1997, S. 256.

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Erster Teil: Die Insolvenzordnung

IL Die Behandlung von Kreditsicherheiten in der Insolvenzordnung Kreditsicherheiten sind privatrechtlich vereinbarte Zugriffsrechte auf Vermögens­ gegenstände des Schuldners.275 Die Kreditsicherheiten umfassen Personen- und Sachsicherheiten. Die Sachsicherheiten lassen sich weiter unterteilen in Mobiliarund Immobiliarsicherheiten.276 In der Literatur wird in der Hypertrophie der Sicherheiten, insbesondere im Bereich der Mobiliarsicherheiten, eine wesentliche Ursache für die Funktionslosigkeit des alten Rechtes gesehen.277 Durch Fremdrechte Dritter, die im Insolvenzfall zu Aus- und Absonderungsrechten fuhren, wird dem Unternehmen die Betriebsgrundlage entzogen und damit eine Untemehmensfortführung erschwert oder sogar vereitelt.278 Die Mobiliarsicherheiten279, denen z.T. kein gesetzlich kodifizierter Ordnungsrahmen zur Verfügung steht und die vielmehr durch Vertrags- und Richterrecht gebildet worden sind, führen zu undurchsichtigen Sperrwirkungen für nachfolgende Kreditgeber sowie zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit bei einer Sicherungskollision.280 Da für den Kreditgeber nicht erkennbar ist, ob ein Teil des Schuldnervermögens der Haftungsmasse entzogen ist, sind die Aus- und Absonderungsrechte für publizitätslose Sicherungsrechte sehr bedenklich.281 Insbesondere weil sich die Wirkung der Sicherheiten gegen jeden

275 Vgl. Burger, A.; Schellberg, B., [Kostenbeiträge], 1995, S. 416. 276 Vgl. die Arten von Kreditsicherheiten bei Schierenbeck, H; Hölscher, R., [BankAssurance], 1998, S.364. 277 Vgl. Bitz, M; Hemmerde, W.; Rausch, PK, [Gläubigerschutz], 1986, S. 293; Drobnig, U., [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 27; Henckel, W., [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 8; Hohloch, G., [Sanierungsverfahren], 1982, S. 1030; Kilger, J., [Konkurs], 1975, S. 152 und Schulze, R., [Insolvenzbewältigung], 1983, S. 44. Empirische Untersuchungen ergaben, daß die Lieferanten und Bankkredite im Durchschnitt nur etwas mehr als die Hälfte des Vermögens in Beschlag nehmen, so daß von der Vermutung einer „Hypertrophie der Sicherheiten“ nicht in dem Ausmaß ausgegangen werden kann. Die Durchschnittsangaben dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß defizitäre Unternehmen im Verhältnis zu ertragsstarken Unternehmen einen höheren Vermögensbeschlag zur Kreditgewährung hinnehmen müssen. Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R., [Mobiliar­ sicherheiten], 1985, S. 147-148. 271 Vgl. Hartwieg, 0., [Publizität], 1994, S. 113. 279 Der Begriff der Mobiliarsicherheiten ist im Gesetzt nicht definiert. Er wird in der Literatur und Rechtsprechung als Sammelbegriff fiir Sicherungsrechte an beweglichen Sachen und an Forderungen gebraucht. Vgl. Drobnig, U., [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 14 und Serick, R., [Eigentumsvorbehalt], 1982, S. 46. 280 Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R., [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 21 und 24. 281 Vgl. Dorndorf, E.; Frank, J., [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 66 und Hartwieg, O., [Publizität], 1994, S. 97 und 113.

Erster Teil: Die Insolvenzordnung

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Gläubiger erstreckt.282 Publizitätsslose Sicherheiten, wie bspw. die Sicherungsüber­ eignung, sind für die Gläubiger von außen nicht erkennbar. So führen die publizitätsund besitzlosen Sicherungsmittel zu einer heimlichen Auszehrung des Aktiv­ vermögens, was



die Anzahl der masselosen Verfahren erhöht,



die Schutzwirkung für die ungesicherten Gläubiger aushöhlt,



die Notwendigkeit einer frühzeitigen Insolvenzeröfihung für die gesicherten Gläubiger herabsetzt und



damit insgesamt einer Sanierung entgegensteht.283

Trotz berechtigter Kritik stößt eine Publizität für besitzlose Mobiliarsicherheiten auf unüberwindbare praktische Schwierigkeiten und wäre aufgrund der mit dem Transaktionsumfang und der -häufigkeit verbundenen komplizierten Verfahrens­ weisen mit unangemessen hohen Kosten verbunden.284

1. Ökonomische Aspekte der Bestellung von Kreditsicherheiten Die Notwendigkeit der Kreditsicherheiten liegt in der ausbeutungsoffenen Position der Gläubiger.285 Während der Mittelbedarf weitgehend zeit- und zustandsunab­ hängig bereitgestellt wird, liegt die Entscheidungskompetenz der Mittelverwendung und damit der Einfluß auf das Ausfall- und Terminrisiko ausschließlich in den Händen des Schuldners.286 Innerhalb der Zeitspanne zwischen der Finanzierung und der Desinvestition bestehen für den Schuldner zahlreiche Möglichkeiten, durch eine Änderung der Finanzierungs- und Investitionspolitik den Gläubigem zwischen­ zeitlich ein höheres Risiko aufzubürden.287 Den Kreditinstituten sind hingegen enge Grenzen gesetzt, während der Kreditlaufzeit Einfluß auf das Investitionsverhalten des Schuldners zu nehmen. So unterliegt bspw. ein Betriebsmittelkredit ausschließ­

282 Vgl. Adams, M., [Sicherungsrechte], 1980, S. 184-185. 283 Vgl. die Begründung hierzu bei Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R., [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 25-28. 284 Keiner der vorgeschlagenen Publizitätsformen konnte sich bis jetzt daher durchsetzen. Vgl. hierzu m.w.N. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R, [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 23; Henckel, W., [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 19 und Kilger, J., [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 43. 285 Vgl. Drukarczyk, J., [Unternehmen], 1987, S. 69 und Burger, A.; Schellberg, B., [Kostenbeiträge], 1995, S. 415-416. 286 Vgl. Adams, M., [Sicherungsrechte], 1980, S. 110. 287 Vgl. Schildbach, T, [Insolvenzrechtsreform], 1983, S. 2131 und Schmidt, R. H, [Information], 1984, S. 729.

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Erster Teil: Die Insolvenzordnung

lieh der Disposition des Schuldners. Insbesondere besteht bei hohen Fremdanteilen in der Gesamtfinanzierung ein Anreiz, das Risiko auf die Gläubiger zu verlagern.288 Ein hoher Verschuldungsgrad kann daher Investitionsprojekte begünstigen, die bei einer reinen Eigenfinanzierung für die Gesellschafter unvorteilhaft wären.289

Kreditsicherheiten sollen dem Kreditgeber daher die Möglichkeit bieten, sich anderweitig aus dem Vermögen des Schuldners zu bedienen, wenn dieser mit seinen Tilgungs- und Zinsverpflichtungen nicht nachkommen kann. Aus ökonomischer Sicht dienen Kreditsicherheiten zur Kompensation des Ausfallrisikos.290 Die Funktion der Risikoreduktion ergibt sich unmittelbar aus der unter Ökonomen unumstrittenen Risikoverteilungsfiinktion.291 Ein Schuldner kann das Risiko unter den Gläubigem dadurch verteilen, daß er risikoscheuen Gläubigem Sicherheiten anbietet und risikofreudigeren Gläubigem eine höhere Verzinsung zusagt.292 Für die Einschätzung des Ausfallrisikos benötigt der Gläubiger zweckentsprechende Informationen. Das Ausfallrisiko wird hierbei von einem Informations-TransferRisiko über die Schuldnerbonität überlagert.293 Mit zunehmend unsicheren Informationen über die wirtschaftliche Lage des Schuldners steigt der Bedarf an Sicherheiten, nicht zuletzt auch aufgrund der unsicheren Zukunft, der neben dem Gläubiger auch der Schuldner ausgesetzt ist. Kreditsicherheiten bieten eine Schutzund Sanktionsmöglichkeit, um durch die Abwehr anderer Gläubiger auf das Vermögen des Schuldners die asymmetrische Informationsverteilung zwischen Schuldner und Gläubiger zu korrigieren.294 Die asymmetrische Informations­ verteilung erschwert zusätzlich die Bewertung der ohnehin komplexen Wirkung von Verfilgungsrechten.295 Ein getrennter Ausweis von „freiem“ und „belastetem“ Vermögen gäbe insbesondere den ungesicherten Gläubigem wertvolle Hinweise.296 Von mehr als der Hälfte der Kreditinstitute wird diese Information bereits heute

288 Vgl. Franke, G., [ökonomische Überlegungen], 1983, S. 40-41 und Hax, H; Marschdorf, H-J., [Anforderungen an ein Insolvenzrecht], 1983, S. 123. 289 Dazu das Beispiel bei Swoboda, P., [Untemehmenssanierung], 1983, S. 14. 290 Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R., [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 30-31 und Obst, G.; HintnerO., [Bankwesen], 1993, S. 382. 291 Vgl. Schmidt, R H, [Information], 1984, S. 728. 292 Die Zinssatzdifferenzierung kann über die durch Bonitätsunterschiede bedingte Zinsdispersion hinausgehen, wenn der Schuldner keine genaue Kenntnis über die Sicherheitsanforderungen der Bank besitzt. Vgl. Rudolph, B., [Kreditsicherheiten], 1984, S. 24-26. 293 Vgl. Drukarczyk, J., [Unternehmen], 1987, S. 22. 294 Vgl. Burger, A.; Schellberg, B., [Kreditsicherheiten], 1995, S. 57. 295 Vgl. Schmidt, R H, [Information], 1984, S. 718. 296 Vgl. Drukarczyk, J„ [Überschuldung], 1986, S. 230.

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verlangt.297 Der Einblick in das freie Haftungsvermögen würde darüber hinaus zur Senkung der Informationskosten führen.298 Im Ergebnis können Kreditsicherheiten im weitesten Sinne als Substitut für (unsichere) Informationen verstanden werden.299 Darüber hinaus tragen die Kreditsicherheiten in einem nicht unerheblichen Maße zu einem ungehinderten Kapitalfluß und damit zur (Über)Lebensföhigkeit der Unternehmen bei.300 Der Umfang der Sicherung spiegelt im wesentlichen den Informationsstand über die Entscheidungsgrundlagen und Handlungen des Schuldners wider. Für den Sicherungsnehmer erlaubt die Abwehr des Zugriffs der ungesicherten Gläubiger auf das Sicherungsgut eine Senkung der Informations- und Kontrollkosten.301 Bei einem Informationsstand, wie ihn der Schuldner hat oder haben könnte, könnte man die Kreditbeziehung konfliktfreier und mit einem verminderten Ausfallrisiko steuern und die Sicherheiten reduzieren.302 Zusätzlich könnten die Zinsen gesenkt werden/03 In der Realität läßt sich jedoch kein gleichwertiger Informationsstand herstellen.304 Zum einen sind die Informationskosten nicht unbeträchtlich, zum anderen liegt in dem Informationsvorsprung des Schuldners ein Teil des unternehmerischen Gewinns. Die Gläubiger könnten bei einem vollständigen Informationsausgleich selbst die Position der Unternehmer einnehmen und die höhere Rendite der Investition vereinnahmen.305 Kreditsicherheiten sind daher in einem System unvollkommener Informationen unerläßlich, um die Kreditversorgung der Unternehmen aufrechtzuerhalten.306

Die Bestellung von Sicherheiten ist in der Kreditpraxis entgegen den theoretischen Überlegungen zur Substitutionskraft von Informationen weniger eine Frage des Informationsstandes, als vielmehr eine Frage der wirtschaftlichen Machtstellung des

297 Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J; Rieger, R, [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 140. 298 Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R, [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 140. 299 Vgl. Hopt, K. J., [Asymmetrische Information], 1984, S. 748; Burger, A.; Schellberg, B., [Kosten­ beitrage], 1995, S. 417 und Schildbach, T, [Insolvenzrechtsreform], 1983, S. 2134. 300 Vgl. zur Systematik von Kreditsicherheit und Kreditsicherheiten bei Rudolph, B., [Kredit­ sicherheiten], 1984, S. 18-22. 301 Vgl. Adams, M., [Sicherungsrechte], 1980, S. 153-156 und Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R, [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 29. 302 Vgl. Burger, A., [Zahlungsschwierigkeiten], 1988, S. 289. 303 Vgl. Adams, [Sicherungsrechte], 1980, S. 207-208. Die Mehrzahl der Kreditinstitute trägt diesem Sachverhalt durch Zu- und Abschläge auf den Nominalzinssatz Rechnung. Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R, [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 153. 304 So auch Burger, A., [Zahlungsschwierigkeiten], 1988, S. 289. 305 Vgl. Drukarczyk, J., [Unternehmen], 1987, S. 24. 306 Vgl. Hopt, K. J., [Asymmetrische Information], 1984, S. 747.

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Erster Teil: Die Insolvenzordnung

kreditgebenden Gläubigers. So verfugen die Kreditinstitute im Regelfall sowohl über umfangreiche Sicherheiten als auch über vergleichsweise gute Informationen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, während den ungesicherten Gläubiger, die ihr Kreditrisiko ausschließlich über Informationen steuern können, zumeist keine Kenntnis über eine existenzbedrohende Krisenentwicklung vorliegt.307 Darüber hinaus wird den ungesicherten Gläubigem durch das Bestreben der Kreditinstitute nach einer Verstärkung der Sicherheiten in der Untemehmenskrise das noch freie Haftungsvermögen weiter geschmälert. Dadurch nimmt die Insolvenzquote der ungesicherten Gläubiger mit steigendem Gesamtbetrag der gesicherten Ansprüche - bei konstanten ungesicherten Forderungen - ab.308 Dieser Sachverhalt führt zu einem problematischen Spannungsfeld zwischen den kreditwirtschaftlichen und insolvenzrechtlichen Zielsetzungen.

2. Der Konflikt zwischen kreditwirtschaftlichen und insolvenzrechtlichen Zielsetzungen im Insolvenz­ verfahren Die Verteilung des Ausfälle im Insolvenzfall stellt ein zentrales Problem im Insolvenzverfahren dar. Kreditsicherheiten fuhren in der Insolvenz zu einer Umverteilung des Ausfallrisiko zu Lasten der ungesicherten Gläubiger.309 Ein Konflikt entsteht nun dadurch, daß die mit den Kreditsicherheiten verbundene Umverteilung mit dem Grundsatz des par conditio creditorum kollidiert.310 Der Grundsatz des par conditio creditorum, die Gleich Verteilungsregel, besagt, daß im Insolvenzfall das haftende Vermögen zur gleichen anteiligen Erfüllung der Gläubigeransprüche dient. Die Gleichstellung der Gläubiger ist einer der wichtigsten

307 308 309 310

Vgl. Franke, G., [Gläubigersicherungsrechte], 1986, S. 462. Vgl. Burger, A.; Schellberg, B., [Kostenbeiträge], 1995, S. 417-418. Vgl. Drukarczyk, J., [Reform], 1983, S. 331 und Rudolph, B., [Kreditsicherheiten], 1984, S. 26. Vgl. Schildbach, T, [Insolvenzrechtsreform], 1983, S. 2129-2130. Der Grundsatz der Gleichbe­ handlung wird im Schrifttum sehr unterschiedlich verstanden. Vgl. Schmidt, R H., [Information], 1984, S. 730. Eine unterschiedslose Behandlung aller Gläubiger würde zwar ein modelltheoretisch ideales Insolvenzrecht schaffen, aber zu unerwünschten ökonomischen Ergebnissen führen. „...Gleichbehandlung bedeutet, daß gleiche Sachverhalte gleich und ungleiche nach ihrer Eigenart zu behandeln sind...die Ergebnisse heutiger Insolvenzverfahren zwingen dazu, die vorhandene, teils von den Gläubigem selbst geschaffene, Gruppenordnung neu zu durchdenken...“ Schmidt, K., [Gutachten], 1982, S. 51.

Erster Teil: Die Insolvenzordnung

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Grundsätze im Insolvenzrecht/11 Eine konsequente GleichVerteilungsregel würde das Informationsrisiko der Gläubiger mindern.312 Die umfangreiche Absicherung der Kreditinstitute im Mobiliar- und Immobiliar­ vermögen des Schuldners oder im Vermögen Dritter hat dazu geführt, daß ungefähr 81% vom Nominalwert der Forderungen im Insolvenzfall durch die Erlöse aus den entsprechenden Sicherheiten und 5% aus der freien Masse befriedigt werden können.313 Der Forderungsausfall der Kreditinstitute beträgt somit durchschnittlich 16%, während sich die ungesicherten Gläubiger mit einer Quote von 5% und weniger abfinden müssen.314 Hierbei stellt sich die Frage, inwieweit und mit welchen Mitteln die Informationsasymmetrie zu Gunsten der anderen Gläubigergruppen ausgeglichen werden kann oder muß. Bei der oftmals kritisierten geringen Ausfallquote der Kreditinstitute ist zu berücksichtigen, daß die in den Forderungen enthaltene Zinsspanne weitaus kleiner ist als der in den Forderungen der Lieferanten enthaltene Gewinnaufschlag. Im folgenden ist zu diskutieren, inwieweit eine Abwertung der Kreditsicherheiten zu Lasten der ausreichend gesicherten und zugleich gut informierten Gläubiger als Folge der ungleichen Informationsverteilung zwischen dem Schuldner und und den (ungesicherten) Gläubigem gerechtfertigt ist und diese Abwertung die gesicherten Gläubiger zu einer früheren Antragstellung zwingt.

a) Die Funktion der Kreditsicherheiten im Insolvenzverfahren Mit dem Kreditvertrag verpflichtet sich der Schuldner zu einer von seiner wirtschaftlichen Lage grundsätzlich unabhängigen Zins- und Tilgungsleistung. Spätestens mit der Insolvenz des Schuldners kommt es zu einer nachhaltigen Störung der ordnungsgemäßen Kreditabwicklung. Die Zins- und Tilgungsleistungen sind ausfallbedroht. Aus bankbetrieblicher Sicht muß der Ausfall des Gläubigers

311 So wird das Ziel der gemeinschaftlichen Befriedigung bereits zu Beginn des Gesetzes in § 1 Satz 1 hervorgehoben, da es das gesamte Insolvenzverfahren prägt. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, § 1, S. 108. 312 Die Information über die Verteilungsregel sollte nicht überbewertet werden, solange die Relation zwischen dem zu verteilenden Vermögen und den gesamten Schulden unbekannt ist. Vgl. Schild­ bach, T, [Insolvenzrechtsreform], 1983, S. 2131. 313 Vgl. Gessner, V. u.a., [Konkursabwicklung], 1978, S. 243. 314 Vgl. Hopt, K. J., [Asymmetrische Information], 1984, S. 755 und Uhlenbruck, W„ [Insolvenz­ ordnung], 1994, S. 19. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die mangels Masse nicht eröffneten Verfahren sowie die stillen Liquidationen nicht erfaßt werden können, so daß den statistischen Erhebungen der Mangel der Unvollständigkeit anhaftet.

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Erster Teil: Die Insolvenzordnung

notfalls durch den Rückgriff auf Kreditsicherheiten begrenzt sein.315 Kreditsicher­ heiten müssen somit „sicher“ sein. Dies ist dann der Fall, wenn sie rechtlich einwandfrei bestellt werden und im Verwertungsfall einen Verwertungserlös erzielen, der die ausstehenden Zinsen und die Kreditrückzahlung ebenso deckt wie die anfallenden Verwertungskosten.316 Ferner muß die Kreditsicherheit den Ausschluß des Zugriffs der anderen Gläubiger gewährleisten.317 Ein Kreditinstitut trifft seine Kreditvergabeentscheidung nach dem Erwartungswert E der Kapitalüberlassung.318 Neben dem Bonitätsrisiko trägt das Kreditinstitut auch das Verwertungsrisiko im Insolvenzfall. Entscheidungsrelevant sind der Rückzah­ lungsbetrag R des Schuldners, der die Zins- und Tilgungsleistungen umfaßt, die Höhe der Wahrscheinlichkeit einer vertragskonformen Abwicklung p und das Ausmaß der Anspruchserfüllung Q im Insolvenzfall des Schuldners. Der Erwar­ tungswert eines einperiodischen Kredites ergibt sich wie folgt:319 E = p*R + (l-p)*Q

Wenn im Insolvenzfall alle Gläubigeransprüche erfüllt, also Q = R gilt, hat die Insolvenzwahrscheinlichkeit (1—p) keinen Einfluß auf den Erwartungswert. Angesichts der geringen Quoten kann dieser Fall regelmäßig ausgeschlossen werden. Die Bedeutung von Q nimmt in dem Maße zu, wie die Insolvenzwahr­ scheinlichkeit steigt, d.h. eine vertragskonforme Abwicklung gefährdet ist. So geht das Interesse der gesicherten Gläubiger aufgrund der Substitutionsbeziehung der Variablen dahin, die Insolvenzeröffhung solange hinauszuziehen, bis ihre Sicherheiten, im Hinblick auf Anfechtungsfristen, insolvenzfest sind und ihre Forderungen soweit abgebaut sind, daß die bestellten Sicherheiten ausreichen/20

Die Gleichverteilungsregel soll jedoch Interessengegensätze zwischen den Gläubigem weitgehend verhindern und die Chancen vergrößern, eine den Gesamtwert des Unternehmens maximierende Politik durchzusetzen.321 Empirische Untersuchungen ergaben, daß das Interesse der Kreditinstitute an einer freien Sanierung dann besonders groß ist, wenn relativ große Forderungsausfälle mangels genügender Sicherheiten zu befürchten sind. So würde die Beschneidung von Sicherheiten das Interesse der Sicherungsgläubiger an einem außergerichtlichen

315 Vgl. Schierenbeck, H, /Bankmanagement II], 1997, S. 220-221. 316 Vgl. Eilenberger, G., [Insolvenzrechtsreform], 1996, S. 11. 317 Vgl. Burger, A.; Schellberg, B., [Kostenbeiträge], 1995, S. 416 und Rudolph, B., [Kredit­ sicherheiten], 1984, S. 22. 318 Vgl. Adams, M., [Sicherungsrechte], 1980, S. 50-54. 319 Vgl. Adams, M., [Sicherungsrechte], 1980, S. 67. 320 Vgl. Henckel, IK, [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 18. 321 Vgl. Schildbach, T, [Insolvenzrechtsreform], 1983, S. 2132.

Erster Teil: Die Insolvenzordnung

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Sanierungsverfahren zweifellos stärken.322 Gleichzeitig führt eine Abwertung der Sicherheiten zu einer schärferen Überwachung der ökonomischen Lage des Schuldners.323 Im Ergebnis würde den gesicherten Gläubigem ein erhöhtes Interesse an einer frühzeitigen Antragstellung zukommen/24 Damit dürfte auch eine bessere Kapitalallokation verbunden sein, da die Ertragspotentiale bei der Kreditent­ scheidung stärker mit in das Entscheidungskalkül einbezogen werden.

b) Die Abwertung von Kreditsicherheiten zum Ausgleich von Informationsasymmetrien Die Abwertung von Kreditsicherheiten bei einem zu spät eröffneten Verfahren beruht auf folgendem Grundgedanken: Denjenigen Gläubigem, die bei der Einräumung eines Kredites die Gesamtlage des Unternehmens überblicken und vor diesem Hintergrund eine informationsgesteuerte Ausgestaltung und Verwertung der Kreditsicherheiten vornehmen können, ist es am ehesten möglich, die Auswirkungen ihrer Sicherheiten auf das Ausfallrisiko der ungesicherten Gläubiger annäherungs­ weise abzuschätzen.325 Den ungesicherten Gläubiger stehen im allgemeinen keine ausreichenden Informationen über die wirtschaftliche Schieflage des Schuldners zur Verfügung.326 Eine Kompensation ihres Ausfallrisiko wäre nur durch umfangreiche Informationsbeschaffungsmaßnahmen, verbunden mit höheren Informationskosten, möglich. Ein Ausgleich ließe sich nun dadurch finden, daß denjenigen Gläubigem ein erhöhtes Ausfallrisiko auferlegt wird, die den besseren Einblick in die wirtschaftliche Lage des Unternehmens haben.327 Auch rechtspolitisch wird eine Abwertung legitimiert: „Die Möglichkeit, ein Unternehmen so hoch zu belasten, daß

322 Vgl. Gessner, V. u.a., [Konkursabwicklung], 1978, S. 262. 323 Vgl. Drukarczyk, [Reform], 1983, S. 343. 324 Vgl. Henckel, W., [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 18. Ähnlich Hopt, der durch einen pauschalen Abschlag von 25% oder mehr auf die Mobiliarsicherheiten den Informationsvorsprung der Kredit­ institute im Vorfeld der Insolvenzeröffhung ausgleichen möchte. Vgl. Hopt, K. J., [Asymmetrische Information], 1984, S. 755. 325 Vgl. Hommelhoff, P„ [Auslösemechanismen], 1984, S. 706. Die zugrunde liegende Hypothese ist problematisch, da einerseits den Kreditinstituten die besseren Möglichkeiten, allein aus der Konto­ führung, zustehen, die Krise ihres Schuldners zu erkennen. Lauer, J., [Kreditmanagement], 1994, S. 42. Andererseits nimmt das Interesse einer Überwachung mit zunehmenden Sicherheiten ab. Vgl. Hesselmann, S; Stefan, U., [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 92. Im Hinblick auf eine straff' orgainisierte Revision kann im allgemeinen von einer guten Informationslage ausgegangen werden. So auch Kilger, J., [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 44. 326 Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J„ [Mobiliarsicherheiten], 1984, S. 287. Andererseits werden die Kredit­ institute in weniger als einem Viertel aller Insolvenzfälle von der Insolvenz eines Firmenkunden überrascht. Vgl. Hesselmann, S; Stefan, U., [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 90. 327 Vgl. Henckel, W„ [Sanierungsverfahren], 1981, S. 1302.

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im Insolvenzfall die ungesicherten Gläubiger leer ausgehen oder sogar das Insolvenzverfahren wegen fehlender Kostendeckung überhaupt nicht eröffnet werden kann, verdient nicht den Schutz der Rechtsordnung.“328

Durch das erhöhte Ausfallrisiko der gesicherten Gläubiger würde eine (unfreiwillige) Gläubigerharmonie auf dem status quo der ungesicherten Gläubiger geschaffen, um damit einen nachhaltigen Anreiz zur frühzeitigen Antragstellung oder zur außergerichtlichen Sanierung zu geben. Den gesicherten Gläubigem wird somit eine Überwachungspflicht auferlegt/29 Die Antragstellung einzelner gut gesicherter Gläubiger kann somit im Interesse der ungesicherten Gläubiger genutzt werden.330

Der Ansatz von Henckel sieht hierzu vor, daß Masseverbindlichkeiten, Massekosten und bestimmte bevorrechtigte Forderungen teilweise von den mobiliargesicherten Gläubigem getragen werden müssen und nicht allein durch die ungesicherten Gläubiger gedeckt werden dürfen/31 Der Anteil der gesicherten Gläubiger an der Deckung der vorrangig zu bedienenden Verbindlichkeiten (VV) ergibt sich aus der Relation des gesamten Erlöses der Sicherungsgüter (E VS), soweit der Verwertungs­ erlös nicht als Erlösüberschuß in die freie Masse fließt, zu dem gesamten Verwer­ tungserlös (E VG). Die anteilige Belastung des Sicherungsgläubigers ergibt sich dann aus dem oben errechneten Anteil, multipliziert mit dem Verwertungserlös des Sicherungsgutes (VS) und geteilt durch den gesamten Erlös der Sicherungsgüter (E VS).332 Die Berechnung soll an einem kurzen Rechenbeispiel verdeutlicht werden:

Ein Sicherungsnehmer hat eine gesicherte Forderung in Höhe von DM 10.000,-. Bei der Verwertung des Sicherungsgutes wird ein Verwertungserlös von DM 12.000,erlöst. Der Erlösüberschuß, der an die freie Masse zurückfließt, beträgt DM 2.000,-. Damit beträgt der Erlös aus dem Sicherungsgut abzüglich des Erlösüberschusses DM 10.000,- (VS). Dieser Erlös von DM 10.000,- muß nach den Vorstellungen von Henckel einen angemessenen Anteil an den vorrangig zu bedienenden Verbindlich­ keiten (VV) tragen. Der gesamte Verwertungserlös der Sicherungsrechte abzüglich des Erlösüberschusses beträgt DM 70.000,- (E VS). Insgesamt beläuft sich der

328 BMJ, [Erster Kommissionsbericht], 1985, S. 300. 329 Die faktische Antragspflicht ist hierbei als Last im Rechtssinne und nicht als Rechtspflicht zu verstehen. Die ungesicherten Gläubiger können die mobiliargesicherten Gläubiger somit nicht auf dem Klageweg zur Antragstellung zwingen. 330 Vgl. Schildbach, T, [Insolvenzrechtsreform], 1983, S. 2132. 331 Vgl. Henckel, W., [Sanierungsverfahren], 1981, S. 1300- 1301 und ders., [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 22-29. 332 Vgl Henckel, W., [Sanierungsverfahren], 1981, S. 1300 und ders., [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 26.

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Verwertungserlös der Sicherungsgüter auf DM 100.000,- (S VG). Folglich beläuft sich der Anteil der gesicherten Gläubiger an den vorrangig zu bedienenden Verbindlichkeiten auf 70%. Betragen diese angenommen DM 20.000,- (VV), so entfällt auf die gesicherten Gläubiger DM 14.000,-. Die restlichen DM 6.000,müssen die ungesicherten Gläubiger tragen. Für den Sicherungsnehmer berechnet sich sein Anteil (A) an dieser Belastung wie folgt:

A = (Z VS / L VG * VV) * (VS / E VS) = DM 14.000,- * (10.000,- / 70.000,-) = DM2.000,-

Dem Sicherungsnehmer steht somit eine bevorrechtigte Befriedigung in Höhe von DM 8.000,- - 2.000,- = DM 6.000,- zu. Die verbleibende DM 2.000,- muß er als einfacher Insolvenzgläubiger geltend machen. Diese Forderung wird dann mit der Quote bedient. Empirische Untersuchungen zeigen, daß die den mobiliargesicherten Gläubigem auferlegte Belastungsquote in der Untemehmenskrise sinken kann. Die Bilanz­ summe von Unternehmen nimmt in den letzten Jahren vor der Insolvenz häufig zu, da die Unternehmen mit einer ausgeprägten Wachstumsstrategie neue Märkte erschließen und/oder neue Produkte einftihren und so ihre wirtschaftliche Notlage zu überwinden versuchen.333 Gleichzeitig zeigen Untersuchungen, daß der Anteil der Massekosten im Verhältnis zu der Gesamtmasse mit wachsender Untemehmensgröße aufgrund von economics of scale Effekten abnimmt.334 Der Anreiz zur frühzeitigen Antragstellung für die mobiliargesicherten Gläubiger kann sich somit ins Gegenteil umdrehen. Ob insolvenzrechtliche Verfahren daher früher ausgelöst werden, bleibt zweifelhaft.335 Die mobiliargesicherten Gläubiger könnten auch versucht sein, ihre Ansprüche verstärkt im Vorfeld der Insolvenzeröfihung durchzusetzen, wenn sie die ersten Krisensymptome wahrzunehmen glauben.336 Des weiteren wird das Vertrauen auf die Insolvenzfestigkeit der Mobiliarsicherheiten bei dem Ansatz von Henckel durch unkalkulierbare Belastungen auf bedenkliche Weise beeinträchtigt, zumal nur eine in der Praxis unrealistische Schuldendeckungsquote von 100% eine Abwertung der Sicherheiten ausschließt. Die Gesamtzahl der eröffneten Verfahren würde zwar steigen, die Quote der ungesicherten Gläubiger bliebe trotzdem bescheiden.337

333 334 335 336 337

Vgl. Weibel, P. F, [Bonitätsbeurteilung], 1978, S. 184. Vgl. Warner, J., [Bankruptcy Costs], 1983, S. 337-347. Ausführlich dazu Drukarczyk, J; Duttle, J., [Mobiliarsicherheiten], 1984, S. 281-290. Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J„ [Mobiliarsicherheiten], 1984, S. 287. Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J., [Mobiliarsicherheiten], 1984, S. 290.

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Der Ansatz von Franke beruht auf einer Abwertung der Ansprüche der mobiliarge­ sicherten Gläubiger, wenn die Befriedigungsquote der ungesicherten Gläubiger einen bestimmten Prozentsatz, z.B. 30%, der einen Monat vor Eintritt der Insolvenz bestehenden ungesicherten Schulden unterschreitet.^8 Andernfalls wird der Anspruch aus dem Sicherheitenerlös halbiert und bis auf die Hälfte der gesicherten Forderung beschränkt.339 Der Schuldenstichtag von einem Monat vor Insolvenzer­ öfihung hat gegenüber dem Henckel'schen Modell zwei Vorteile: •

die während des Insolvenzverfahrens entstehenden Massekosten werden zur Erhöhung der Rechtssicherheit der gesicherten Gläubiger ausgeklammert und



die ungesicherten Gläubiger können sich durch eine Erhöhung der Forderungen während des Insolvenzverfahrens, z.B. Sozialplanforderungen, nicht mehr zu Lasten der gesicherten Gläubiger bereichern, so daß ein Verteilungskampf nach Insolvenzeröfihung ausgeschlossen wird/40

Die Kritik an beiden Ansätzen richtet sich vornehmlich an dem aufgezwungenen Vermögensopfer, das zu unerwünschten VermögensVerschiebungen und Wettbewerbsverzerrungen unter den Gläubigem fuhren kann, da bei unverändertem Insolvenzverlauf sich an den Gläubigerverlusten insgesamt nichts ändern würde. Lediglich die Verteilung unter den Gläubigem wäre anders/41 Ob der Teilverlust der Mobiliarsicherheiten auch den ungesicherten Gläubigem zugute kommt ist unsicher, da nach § 53 InsO vorab die Massegläubiger, d.h. die Kosten des Insolvenz­ verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten, zu befriedigen sind.342 Die Ansätze stellen ferner auf die unbefriedigende Prämisse ab, daß den gesicherten Gläubigem die für eine rechtzeitige Antragstellung notwendigen Informationen bereits vorliegen oder zumindestens zugänglich sind. In der Praxis stehen den Gläubigem im Vorfeld der Insolvenz keine hinreichend genauen Prüfkriterien zur Bestimmung der Insolvenztatbestände zur Verfügung. Der in einer mathematischen Formel ausgedrückte Verfahrensbeitrag der gesicherten Gläubiger ist daher zum Zeitpunkt der Kreditvergabe völlig unkalkulierbar/43 Daß erst im nachhinein über die rechtzeitige Verfahrenseröffhung entschieden wird, ist sehr bedenklich. Durch

338 339 340 341 342 343

Vgl. Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 167. Vgl. Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 167. Vgl. Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 167-168. Vgl. Swoboda, P., [Untemehmenssanierung], 1983, S. 20. Vgl. Hommelhoff, P., [Auslösemechanismen], 1984, S. 707. Vgl. Weber, A., [Insolvenzrechtsreform], 1992, S. 1134.

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die ex post-Betrachtung ist auch die Gefahr einer zu frühen Verfahrensauslösung nicht auszuschließen?44

Auch bleibt es unklar, warum Henckel und Franke gerade den mobiliargesicherten Gläubigem eine Schutzfunktionen für die ungesicherten Gläubiger auferlegen wollen.345 Allein auf der Grundlage der Publizität eine unterschiedliche rechtspoli­ tische Behandlung ableiten zu wollen, ist schlecht nachvollziehbar, da jeder Teilnehmer am Rechtsverkehr trotz der fehlenden Publizität von Mobiliarsicher­ heiten mit dieser Art von Sicherungsgeschäft rechnen muß und in seiner Kreditent­ scheidung daher nicht unbillig beeinflußt wird.346 Ferner würde sich an den gesamten Gläubigerverlusten nichts ändern, nur die Verteilung wäre eine andere.347 Die ungleiche Behandlung im Verhältnis zu den immobiliargesicherten Gläubigem, die eine noch weit ausfallsicherere Kreditgrundlage haben, wirft zusätzlich die schwierige Frage nach der Grundrechtsverträglichkeit auf.348 Vielmehr sollte die Laufzeit der Kredite im Hinblick auf die Rechtssicherheit mit in das Entscheidungs­ kalkül aufgenommen werden.349 Deshalb ist eine grundpfandrechtliche Sicherung kurzfristiger Kredite der gut informierten Hausbank von der ökonomischen Betrachtung der Kreditsicherheiten her weniger schützenswert als die Mobiliar­ sicherheiten der i.d.R. schlecht informierten Warengläubiger.350

344 Vgl. Hommelhoff, P., [Auslösemechanismen], 1984, S. 702. 345 Vgl. Hommelhoff, P., [Auslösemechanismen], 1984, S. 705. 346 Vgl. Adams, M., [Sicherungsrechte], 1980, S. 197; Paulus, C., [Insolvenzrechtsreform], 1985, S. 1459; Schmidt, R. H, [Information], 1984, S. 733 und Stümer, R., [Sanierung], 1982, S. 768. 347 Vgl. Swoboda, P., [Untemehmenssanierung], 1983, S. 20. 348 „Dieser Eingriff wäre als Inhaltsbestimmung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG nur dann zulässig, wenn dieser der Abgrenzung des Eigentums übergeordneter oder gleichgeordneter Werte dient und hierdurch gerechtfertigt ist.“ Kilger, J., [Reorganisationsverfahren], 1982, S. 783. Ähnlich dazu Hommelhoff, P., [Auslösemechanismen], 1984, S. 706 und Uhlenbruck, W., [Untemehmenskrisen], 1983, S. 1487. 349 Mit zunehmender Kreditlaufzeit steigt die Unsicherheit der Gläubiger über den Wert und Existenz des Sicherungsgutes sowie der Ausschüttungs-, Kredit- und Investitionspolitik des Schuldners. Rudolph, B., [Kreditsicherheiten], 1984, S. 33-36. 350 Vgl. Schmidt, R H, [Information], 1984, S. 733.

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c) Die Notwendigkeit insolvenzfester Kreditsicherheiten Insgesamt bleibt festzustellen, daß die Betriebswirtschaftslehre gegenwärtig außerstande ist, eine schlüssige Argumentation für die Notwendigkeit einer Abwertung für eine bestimmte Sicherungsart sowie über deren Höhe zu liefern/51 Eine Sicherheit, die in der Insolvenz keine Gewähr für die Haftungsverwirklichung bietet, ist für die Kreditwirtschaft ohnehin wertlos.352 Damit würde sich zugleich das Problem der notwendigen Kreditversorgung stellen. Es widerspräche auch einem marktkonformen Verfahren, wenn durch Zwangseingrifffe in die private Güter­ ordnung mit der Folge von Vermögens Verlagerungen von den gesicherten zu den ungesicherten Gläubigem als Mittel zur frühzeitigen Insolvenzeröfihung eingesetzt werden würde. Insbesondere ist nicht sichergestellt, daß die ausreichend gesicherten Gläubiger auch in der Lage sind, den Schuldner zu überwachen.353 Das Verlangen nach insolvenzfesten Sicherheiten ist ein legitimes Interesse, es ist von der Rechtsordnung her zu befriedigen.354 Ferner wäre bei einem Eingriff in die Kreditsicherheiten nicht auszuschließen, daß die Informationskosten insgesamt steigen, da sich mehr Gläubiger informieren müssen und die Verteilungskämpfe im Vorfeld der Insolvenz zunehmen.355 Hierbei werden die zusätzlich anfallenden Informationskosten unbillig auf die gesicherten Gläubiger verlagert. Obwohl das jedes Insolvenzverfahren beherrschende Prinzip der gemeinschaftlichen Befriedigung die Gläubiger zu einer Interessengemeinschaft verbindet, resultiert daraus keine Solidargemeinschaft, der die Belange der ungesicherten Gläubiger aufgebürdet werden können.356 Die Bestellung von Sicherheiten dient aus Sicht des Kreditgebers gerade einer Reduktion von Informationskosten sowie einer Reduzierung des Ausfallrisikos.357 Ferner kommt die Abwertung der Mobiliar­ sicherheiten nur in eröffneten Insolvenzverfahren zum Tragen. 358 In den letzten

351 Vgl. Rudolph, Bernd, [Kreditsicherungsrecht], 1985, S. 557 und Schmidt, R H, [Information], 1984, S. 733 sowie die Kritik bei Paulus, C., [Insolvenzrechtsreform], 1985, S. 1456-1459 und Dorndorf, E.; Frank, J., [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 81, die insbesondere den recht willkürlich festgesetzten Verfahrensbeitrag von 25% kritisieren. 352 Vgl. Schröter, J.;Weber, A., [Sanierungsverfahren], 1982, S. 1024. 353 Vgl. Swoboda, P., [Insolvenzrecht], 1984, S. 184. 354 Vgl. Kilger, J., [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 35-36. Zur Wechselwirkung zwischen Kredit und Kreditsicherung bei Drobnig, U, [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 15. 355 Vgl. Franke, G., [Sanienmgsverfahren], 1984, S. 175 und Swoboda, P., [Untemehmenssanierung], 1983, S. 20. 356 Vgl. Kuhn, G.;Uhlenbruck, W., [Kommentar], § 3, Rz. 2. 357 Vgl. Domdorf, E.; Frank, J„ [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 75. 358 Vgl. Paulus, C„ [Insolvenzrechtsreform], 1985, S. 1457.

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Jahren wurden mehr als 70% der beantragten Insolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet/59

Ein Eingriff in das Kreditsicherheitenrecht ist insgesamt abzulehnen, solange keine gesicherten Erkenntnisse über den damit verbundenen Wirkungsmechanismus vorhanden sind. Nach vorherrschender betriebswirtschaftlicher Meinung wird deshalb die Insolvenzfestigkeit der Kreditsicherheiten als vorrangig angesehen.360 Es besteht nämlich auch die Möglichkeit, daß die Gläubiger



die Kapital- und Transaktionskosten zur Kompensation des Ausfallrisikos erhöhen,



die Liquidität durch Abschlagszahlungen erheblich belasten,



auf andere Sicherungsformen, z.B. auf das Privatvermögen des Schuldners, ausweichen/61



sich bereits im Vorfeld der Insolvenz durch Einzelzwangsvollstreckung oder durch andere Rechtskonstruktionen zu befriedigen versuchen oder



eine Antragstellung bis zur Masselosigkeit verzögern, sodaß ein Insolvenzverfahren, das ihnen nur eine zusätzliche Belastung aufbürdet, nicht eröffnet werden kann.362

Die in der Insolvenzrechtsreform viel diskutierte Abwertung von Mobiliarsicher­ heiten würde also nicht zwangsläufig zu einer verschärften Überwachung des Schuldners und somit zu einer früheren Antragstellung führen/63 Zudem könnte sich eine Abwertung negativ auf die Kreditversorgung auswirken/64 Solange die Begründungsdefizite nicht behoben werden können, erscheint es folgerichtig, im neuen Recht nur eine Korrektur des Sicherheitenerlöses in Höhe der von den Sicherungsgläubigem verursachten Kosten vorzunehmen.

359 Vgl. o. V., [Insolvenzstatistik], 1998, S. 1982. 360 Vgl. Balz, M., [Insolvenzverfahren], 1988, S. 290; Schildbach, T, [Insolvenzrechtsreform], 1983, S. 2136 und Swoboda, P., [Untemehmenssanierung], 1983, S. 21. Differenziert dazu Drukarczyk, J., [Reform], 1983, S. 345. Vgl. auch die Begründung bei Stümer, R., [Sanierung], 1982, S. 768, der einen Eingriff in das Sicherungsprivileg mit einer „sozialpolitische Beruhigungspille“ gleichsetzt. 361 Ausführlich dazu Franke, G.y [ökonomische Überlegungen], 1983, S. 48-49. 362 Vgl. die Diskussion der Kritikpunkte bei Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 168-169 und Paulus, C., [Insolvenzrechtsreform], 1985, S. 1458. 363 Durch die Abschwächung der Sicherheiten werden die Lieferanten zu einer intensiveren Boni­ tätsprüfung und zu einer kleineren Liefermenge veranlaßt, um das Ausfallrisiko zu reduzieren. Die Lieferanten sind von ihren Untemehmensressourcen nicht auf Bonitätsprüfung ausgerichtet. Vgl. Gessner, K u.a., [Konkursabwicklung], 1978, S. 439. 364 Vgl. Franke, G.y [Gläubigersicherungsrechte], 1986, S. 465-467.

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3. Die Sicherheitenvenvertung im Insolvenzverfahren Die Privatautonomie der Kreditinstitute gestattet es, Kreditkonditionen sowie Nebenbedingungen einschließlich der Verwertung von Kreditsicherheiten weitgehend frei zu vereinbaren.365 Eine wirtschaftlich sinnvolle Masseverwertung ist aber nur dann möglich, wenn die Inhaber dinglich gesicherter Forderungen in das Insolvenzverfahren mit einbezogen werden und ihnen der Zugriff auf die wirtschaft­ liche Einheit des Unternehmens bis zur Sanierungsentscheidung verwehrt bleibt.366 Sachsicherheiten bestehen in aller Regel im Anlage- und Umlaufvermögen des Schuldners. Das Sicherungsgut wird hierbei als wichtiger Bestandteil des technisch­ organisatorischen Vermögensverbundes des Schuldners regelmäßig genutzt. Es spricht eine starke Vermutung dafür, daß das Schuldnervermögen am besten verwertet werden kann, wenn dieser Verbund erhalten bleibt. Ferner ist der Sicherheitenerlös im Hinblick auf die Verteilungsgerechtigkeit um die im Zusammenhang mit der Sicherheitenverwertung anfallenden Kosten zu Gunsten der ungesicherten Gläubiger zu kürzen.

Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, wurde die Sicherheitenverwertung in der Insolvenzordnung neu geregelt, indem367 1. die Verwertungsrechte auf den Insolvenzverwalter übergehen und368

2. die mobiliargesicherten Gläubiger an den Kosten für die Feststellung und Verwertung des Sicherungsgutes durch den Insolvenzverwalters beteiligt werden/69 Die absonderungsberechtigten Gläubiger können jetzt die für die Untemehmens­ sanierung unentbehrlichen Betriebsmittel nicht mehr durch Einzelzwangsvoll­ streckung aus dem Untemehmensverbund herauslösen.370 Mit der Eröffnung des

365 Vgl. Hopt, K. J., [Asymmetrische Information], 1984, S. 747. 366 Vgl. Balz, M.;Landfermann, H-G., [Insolvenzgesetz], 1995,24. 367 Ausführlich dazu bei Eilenberger, G., [Insolvenzrechtsreform], 1996, S. 15-33; Obermüller, M.; Hess, H, [InsO], 1995, S. 1154-176 und Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 6.230-6.439. 368 Vgl. § 166 InsO. Ferner kann der Insolvenzverwalter nach § 165 InsO die Zwangsversteigerung einer Immobiliarsicherheit betreiben. 369 Vgl. § 171 InsO. Die InsO sieht mit Ausnahme der Feststellungskosten für das Zubehör nach § 10a Abs. 1 Nr. la ZVG in Höhe von 4% keinen Beitrag der immobiliargesicherten Gläubiger an die Insolvenzmasse vor. 370 Rechtsdogmatisch wurde der Zusammenhalt des Betriebsvermögens durch den Übergang des Verwertungsrechtes nach § 166 InsO auf den Insolvenzverwalter erreicht. Die aussonderungs­ berechtigten Gläubiger können durch das Wahlrecht des Insolvenzverwalters auf Vertragserfüllung

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Insolvenzverfahrens sind über die gesamte Dauer des Insolvenzverfahrens Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzelner Insolvenzgläubiger in die Insolvenz­ masse oder in das sonstige Vermögen des Schuldners untersagt.371 Nur dem Insolvenzverwalter obliegt jetzt die Möglichkeit, die Zwangsversteigerung eines Gegenstandes zu betreiben.372 Das Verwertungsverbot des Gläubigers gilt nicht bei Mobiliarsicherheiten, die im Besitz des Sicherungsnehmers sind. Sind unbewegliche Gegenstände mit einem Absonderungsrecht belastet, steht außer dem Insolvenzverwalter auch dem Gläubiger das Recht zu, die Verwertung im Wege der Zwangsvollstreckung zu betreiben.373 Insoweit tritt gegenüber dem alten Recht keine Rechtsänderung ein. Der Insolvenzverwalter hat jedoch das Recht, laufende Zwangsvollstreckungs­ maßnahmen absonderungsberechtiger Gläubiger einstellen zu lassen.374

Ferner erklärt die Vorschrift der Rückschlagsperre nach § 88 InsO Sicherungen für unwirksam, die einen Monat vor Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Zwangsvollstreckung erlangt wurden.375 Diese Maßnahme soll verhindern, daß sich gut informierte Gläubiger nach dem „Windhundprinzip“ vorab zu Lasten der Verlustgemeinschaft befriedigen.376

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nach § 103 i.V.m. § 107 Abs. 2 InsO an einer Aussonderung gehindert werden. Vgl. Newiger, N., [Kreditwirtschaft II], 1994, S. 536-537. Vgl. §89 Abs. 1 InsO. Die Anwendung des § 165 InsO kommt vor allem dann in Betracht, wenn ein über die Forderung hinausgehender Erlös erwartet werden kann. Würde die Verwertung ausschließlich in den Händen des Gläubigers liegen, könnten sich die Anstrengungen allein darauf beschränken, die zugrunde­ liegende Forderung auszugleichen, ohne sämtliche noch bessere Verwertungsmöglichkeiten auszu­ schöpfen, da ein Mehrerlös ohnehin an die Insolvenzmasse auszukehren wäre. Vgl. Eilenberger, G., [Insolvenzrechtsreform], 1996, S. 18-19. Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 186, S. 176. So wird bereits im Eröffhungsverfahren dem vorläufigen Insolvenzverwalter nach § 30d Abs. 4 ZVG die Möglichkeit eingeräumt, die Zwangsversteigerung an einem Grundstück oder Grundstücksrecht beim Vollstreckungsgericht einstweilen einstellen zu lassen, wenn die einstweilige Einstellung zur Verhütung nachteiliger Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners erforderlich ist. Dies dürfte regelmäßig dann der Fall sein, wenn Sanierungsaussichten bestehen. Im eröffneten Verfahren räumt der § 30d Abs. 1 ZVG dem Insolvenzverwalter ebenfalls weitreichende Möglichkeiten ein, die einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung zu erreichen, so z.B. wenn der Berichtstermin noch bevorsteht oder durch die Versteigerung die Durchführung eines vorgelegten Insolvenzplanes gefährdet würde. Schließlich sieht § 30d Abs. 1 Nr. 4 ZVG als Generalklausel die Einstellung vor, wenn in sonstiger Weise durch die Versteigerung die angemessene Verwertung des Schuldner­ vermögens wesentlich erschwert würde. Ferner ist der Insolvenzverwalter nach § 172 Abs. 2 InsO berechtigt, das Sicherungsgut zu verbinden, zu vermischen oder zu verarbeiten. Dies gilt jedoch nicht filr Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in den erweiterten pfändbaren Teil des Arbeitseinkommen filr Unterhalts- und Deliktsgläubiger. Vgl. Drukarczyk, J., [Auslösung], 1981, S. 246.

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Im alten Recht verursachen die Absonderungsrechte - insbesondere die Verlängerungs- und Erweiterungsformen des Eigentumsvorbehaltes, die Sicherungsüber­ eignung und Sicherungsabtretung - erhebliche Bearbeitungskosten.377 Diese Kosten werden im neuen Recht den absonderungsberechtigten Gläubiger durch einen Vomhundersatz vom Verwertungserlös weiterbelastet. Die Kosten für die Feststellung der Rechtsverhältnisse an dem Gegenstand betragen 4% und für die Verwertung des Sicherungsgutes seitens des Insolvenzverwalters 5% des Verwer­ tungserlöses.378 Dadurch wird eine verursachungsgerechte Entlastung der Masse erreicht. Führt die Verwertung zu einer Belastung der Masse mit Umsatzsteuer, so ist der Umsatzsteuerbetrag zusätzlich zu den Kostenpauschalen an die Masse abzuführen.379 Überläßt der Insolvenzverwalter dem Gläubiger die Verwertung, so hat dieser nur die Feststellungskosten sowie den Umsatzsteuerbetrag an die Masse abzuführen.380 Der verbleibende Verwertungserlös fließt direkt dem Gläubiger zu.

Die bisherige Verwertungsprivilegierung der Sicherungsgläubiger wurde im neuen Insolvenzrecht somit erheblich eingeschränkt, da das Kreditinstitut die Liquidation des betreffenden Vermögensgegenstandes nur noch in Ausnahmefällen selbst durchführen kann. Damit kommt das Kreditinstitut im Regelfall auch nicht mehr unmittelbar in den Genuß des Verwertungserlöses, sondern muß erst den Verteilungstermin abwarten. Gleichzeitig ist es den Kreditinstituten nicht mehr möglich, ein aus ihrer Sicht unvorteilhaftes Sanierungsvorhaben durch die Ausübung der Absonderungsrechte bereits in den Anfängen stillschweigend zu vereiteln. Der Zielkonflikt zwischen den Einzelinteressen der Kreditinstitute einerseits und einer gemeinschaftlichen Haftungsverwirklichung andererseits wurde zugunsten der Gläubigergemeinschaft gelöst,381 indem die im alten Recht oftmals beklagte Zerschlagungsautomatik durch die Ausübung der Absonderungsrechte weggefallen ist und gleichzeitig die Voraussetzungen für eine Sanierung verbessert worden sind.382

Nach § 168 Abs. 1 InsO hat der Insolvenzverwalter dem absonderungsberechtigten Gläubiger mitzuteilen, auf welche Weise der Gegenstand veräußert werden soll. Damit wird dem Gläubiger die Gelegenheit geboten, den Insolvenzverwalter auf eine bessere Veräußerungsmöglichkeit hinzuweisen. Dem Gläubiger steht nach

377 Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 195, S. 180. 378 Lagen die fiir die Verwertung entstandenen Kosten erheblich höher oder niedriger, so sind die tatsächlichen Kosten anzusetzen. Vgl. § 171 Abs. 2 Satz 2 InsO. 379 Vgl. § 171 Abs. 2 Satz 3 insO. 380 Vgl. § 170 Abs. 2 InsO. 381 So auch Eilenberger, G., (Insolvenzrechtsreform], 1996, S. 13-14. 382 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, § 191, S. 178.

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§ 168 Abs. 3 InsO auch die Möglichkeit zu, den Gegenstand selbst zu übernehmen. Der einstweilige Verwertungsstop und das Verwertungsrecht des Insolvenzver­ walters können insoweit zu Rechtsstreitigkeiten führen, als der Gläubiger aufgrund seines Mitteilungs- und Selbsteintrittsrechtes den Insolvenzverwalter wegen Schlechtverwertung auf Schadensersatz in Anspruch nehmen kann.383 Neben dem hohen Verwaltungsaufwand gestalten sich Verkäufe en bloc durch diese Neurege­ lung besonders schwierig. Ferner sind die dem Insolvenzverwalter zum Schutz des Gläubigers auferlegten Zinszahlungen bei einer Verzögerung der Verwertung nach § 169 InsO sowie die Ausgleichszahlungen für den durch die Nutzung des Sicherungsgutes entstehenden Werteverlust nach den Vorschriften des § 172 Abs. 1 InsO schwierig zu quantifizieren und daher streitbar.384 Die Möglichkeit einer weiteren Abwertung der Mobiliarsicherheiten, um die Masse dadurch nachhaltig anzureichem und einen gewissen Ausgleich für die Informa­ tionsasymmetrie zwischen den gesicherten und ungesicherten Gläubiger zu schaffen, wurde nicht aufgegriffen, da in einem marktkonformen Insolvenzverfahren entwertete Forderungen nicht durch den Eingriff in andere Vermögensrechte wieder aufgewertet werden können.385 Aus diesem Gesichtspunkt wurde auch der im Regierungsentwurf386 ursprünglich vorgesehene höhere Kostenbeitrag für die Feststellungskosten vom Rechtsausschuß um 2% gesenkt und der Abzug von Erhaltungskosten ganz gestrichen.387

Es erschien nicht sachgerecht, allein aus der Perspektive der Insolvenzrechtsreform eine über die Funktion des Insolvenzverfahrens hinausgehende materielle Änderung des Kreditsicherheitenrechtes vorzunehmen?88

383 Vgl. Stümer, R., [Sanierung], 1982, S. 768. Da die Beweislast den Kreditinstituten obliegt sollten diese sich eine bessere Verwertungsaltemative schriftlich zusichem lassen. Ob hierbei ein bindendes Angebot notwendig ist, bleibt unklar. Offen bleibt auch, wie zu verfahren ist, wenn an einem Abson­ derungsrecht mehrere Gläubiger beteiligt sind und diese sich nicht einigen können. Vgl. Newiger, N., [Kreditwirtschaft II], 1994, S. 537 und Uhlenbruck, W„ [Kredite], 1993, S. 132. 384 Verstärkt wird die Problematik der Wertfestsetzung dadurch, daß die Insolvenzverwalter, um die Verteilungsmasse hoch zu halten, den Wert möglichst niedrig ansetzen werden. Vgl. Paulus, C., [Insolvenzrechtsreform], 1985, S. 1456 und Uhlenbruck, W., [Kredite], 1993, S. 132. 385 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 81. Kritisch dazu auch Kilger, J., [Reorganisationsverfahren], 1982, S. 783. 386 Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 196, S. 181. 387 Vgl. BT-Drucks. 12/7302 zu § 196, S. 177. 388 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 86.

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III. Konsequenzen für das Kreditgeschäft Die Insolvenzrechtsreform hat mehrere Auswirkungen auf das Kreditgeschäft.389 Die Kreditinstitute müssen sich darauf einstellen, daß ihr Verwertungsrecht - wie soeben dargestellt - erheblich eingeschränkt wurde und sie wie im alten Recht nur noch Mobiliarsicherheiten, die sie im Besitz haben, sofort verwerten können. Daneben führt die verschärfte Aufrechnungs- und Anfechtungslage zu einer erhöhten Rechtsunsicherheit bei der Sicherheitenverwertung.

L Die verschärfte Aufrechnungs- und Anfechtungslage Im Vorfeld der Insolvenz stellt sich für die Kreditinstitute häufig das Problem, daß der Schuldner den ihm auf ein laufendes Konto eingeräumten Kreditrahmen bereits voll ausgeschöpft oder sogar bereits überzogen hat und keine ausreichenden Sicherheiten zur Deckung der offenen Forderung zur Verfügung stehen. Die Kreditinstitute werden daher versuchen, im Vorfeld der Insolvenz, die aus der Überweisung Dritter oder durch Einziehung von Schecks eingehenden Zahlungen, die dem debitorischen Konto gutgeschrieben werden, mit dem Soll-Saldo zu verrechnen. Für die Aufrechnung macht es keinen Unterschied, ob zwei selbständige Konten, ein debitorisches und ein kreditorisches Konto, gegeneinander aufgerechnet werden oder ob eine Verrechnung von Soll- und Habenposten auf demselben Konto erfolgt.390 Die verschiedenen Aufrechnungserweiterungen und -beschränkungen im neuen Recht führen in Verbindung mit einer verschärften Anfechtungslage insgesamt zu einer Einschränkung der Aufrechnungsmöglichkeiten im Vorfeld der Insolvenz.391 Nach § 96 Nr. 3 InsO ist der Bank dann die Aufrechnung versagt, wenn sie die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. Die Voraussetzung, unter denen eine im Vorfeld der Insolvenzeröfihung begründete Verrechnungslage anfechtbar ist, bestimmt sich im wesentlichen danach, ob die geschaffenen Deckung kongruent oder inkongruent ist, d.h. was der Gläubiger nach Maßgabe des Schuldverhältnisses zu diesem Zeitpunkt von dem Schuldner erwarten konnte.392 Ist die Aufrechnung als kongruente Deckung anzusehen, so ist

389 Die Auswirkungen auf Finanztermingeschäfte sowie das Leasinggeschaft bleiben im folgenden ausgeklammert. Ausführlich hierzu bei Bosch, U., [Finanztermingeschäfte], 1995, S. 426-428; Eckert, H.-G., [Leasing], 1996, S. 897-908 und Obermüller, M.;Hess, H, [InsO], 1995, S. 176-209. 390 Vgl. Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 3.89. 391 Vgl. Obermüller, M.;Hess, H, [InsO], 1995, S. 133. 392 Vgl. Dampf, P., [Kontokorrentkredit], 1998, S. 157.

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die Bank gegen eine Anfechtung insoweit geschützt, als sie im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage des Schuldner gutgläubig war. Ein Gläubiger, der eine ihm nicht zustehende Leistung erhält, ist dagegen weniger schutzwürdig, als ein Gläubiger, dem eine kongruente Deckung gewährt wird. So unterliegt der Anfechtungsschutz einer inkonkruenten Deckung viel strengeren Anforderungen.

Im Gegensatz zum alten Recht wurde im neuen Insolvenzrecht die Möglichkeit zur Anfechtung inkongruenter Deckungen nach § 131 InsO deshalb wesentlich verschärft.393 Zum einen wurde der Anfechtungszeitraum zunächst auf drei Monate ausgedehnt. In diesem Zeitraum ist eine inkongruente Deckung bereits dann gegeben, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt seiner Leistung zahlungsunfähig war oder der Gläubiger Kenntnis von der Benachteiligungsabsicht des Schuldners hatte. Zum anderen sind alle Rechtshandlungen im letzten Monat vor der Antragstellung unabhängig der subjektiven Voraussetzungen des Anfechtungsgegners und dem tatsächlichen Eintritt der Zahlungsunfähigkeit anfechtbar/94 Maßgebend für die Frage der Kongruenz ist die im Kreditvertrag vereinbarte Fälligkeitsregelung.395 Wenn eine Bank ihre Kreditforderung zum Zwecke der Aufrechnung verwenden will, muß sie zunächst die Fälligkeit ihrer eigenen Forderung herbeiführen. Dies gilt sowohl für einen Kredit mit fester Laufzeit als auch für einen Kredit, der bis auf weiteres gewährt wurde, da der jederzeitige Rückzahlungsanspruch der Bank nicht zugleich ein deklaratorisches Rückforde­ rungsrecht mit einschließt.396 Andernfalls liegt eine inkongruente Deckung vor. Voraussetzung für die Herstellung der Fälligkeit bleibt somit die Kreditkündigung, soweit der Ausgleich des Soll-Saldo unabhängig einer vorhergehenden Kündigung, wie beim Überziehungskredit, ist.397

Die Fiktion der Fälligkeit nach § 41 InsO kann hingegen nicht zum Zwecke der Aufrechnung geltend gemacht werden, so daß die Bank eine schon fällige Forderung ihres Kunden nicht mit einem Kredit, der erst nach der Verfahrenseröffhung gekündigt wird, aufrechnen kann.398 Nicht fällige Forderungen werden in der Insolvenzordnung nur rechtstechnisch fällig gestellt, um den Gläubigem eine klare Anspruchgrundlage im Insolvenzverfahren zu schaffen, insbesondere für das Stimmrecht in der Gläubigerversammlung und für die Berücksichtigung bei der

Vgl. hierzu Abbildung 2: Übersicht der Anfechtungsmglichkeiten in der Insolvenzordnung. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, § 146, S. 158-159. Vgl. Dampf, P., [Kontokorrentkredit], 1998, S. 158. Vgl. Dampf, P., [Kontokorrentkredit], 1998, S. 159. A.A. Obermüller, M., [Kontobeziehung], 1998, S. 256. 397 Vgl. Dampf, P.t [Kontokorrentkredit], 1998, S. 158. 398 Vgl. §95 Abs. 1 Satz 3 InsO. 393 394 395 396

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Verteilung. Die mangelnde Anwendbarkeit des § 41 InsO auf die Fälligkeit des Darlehens und den Zeitpunkt der Sicherheitenverwertung dürfte für die Kredit­ institute hingegen von nachrangiger Bedeutung sein, da diese eine Fälligkeit ihrer Kredite über die AGB zum Zeitpunkt der Insolvenzeröfihung herbeiführen können.399

So ist die Einschätzung der Kreditwirtschaft, nach der die bankenüblichen Kreditverträge den verschärften Anfechtungstatbeständen insgesamt standhalten, kritisch zu hinterfragen.400 Insbesondere deshalb, da die Frage nach der Abgrenzung fälliger und nicht fälliger Kredite, im speziellen ob die Rückführung eines täglich fälligen Kontokorrentkredites überhaupt als Sicherung oder Befriedigung der Bank nach §§ 130, 131 InsO angesehen werden kann, noch nicht abschließend geklärt werden konnte.401

Die oben geschilderten Rechtsfolgen führen insgesamt zu einer sanierungsfeind­ lichen Atmosphäre, da die Kreditinstitute zukünftig die Geschäftsbeziehung bereits dann abbrechen werden, wenn sich die krisenhafte Entwicklung verfestigt und die Sicherheiten nicht mehr zur Deckung der gewährten Kredite ausreichen. Die Fälligstellung der Kontokorrente und Darlehen zur Herstellung einer kongruenten Deckung führt zu einer wesentlichen Verschlechterung der Liquidität des Schuldners oder wirkt sogar insolvenzauslösend. Ferner haben die allgemeinen Ausführungen zum neuen Anfechtungsrecht gezeigt, daß es den Banken regelmäßig schwer fallen dürfte, ihre Gutgläubigkeit in bezug auf die materielle Insolvenz zu beweisen, so daß auch bei einer kongruenten Deckung nach § 130 InsO die gleichen ungünstigeren Rechtsfolgen wie bei einer inkongruenten Deckung greifen können.402 Im Zusammenhang mit der verschärften Anfechtungslage stellt sich auch das Problem der Sicherheitenfreigabe im Falle der Rückzahlung eines Kredites in den letzten drei Monaten vor dem Eröffhungsantrag. Die Frage nach der zeitlichen Sicherheitenfreigabe ist aufgrund des höheren Anfechtungsrisikos von besonderer

399 Die im Regierungsentwurf noch vorgesehene Einschränkung der außerordentlichen Kündigung zur Wahrung der Aufrechnungsmöglichkeiten wurde vom Rechtsausschuß gestrichen. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, § 137, S. 152 und BT-Drucks. 12/7302, § 137, S. 170. Kredite auf der Basis von Kontokor­ rentabreden werden nach § 116 InsO infolge der Insolvenzeröfihung sofort fällig. Vgl. Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 5.269. 400 Vgl. Newiger, N., [Kreditwirtschaft I], 1994, S. 497-498. Dieser Feststellung kommt in gewissem Umfang auch eine psychologische Bedeutung zu, da den zukünftigen Insolvenzverwaltem nicht bereits im Vorfeld zahlreiche Anfechtungsperspektiven eröffnet werden sollen. 401 Ablehnend hierzu Obermüller, M„ [Bankpraxis], 1997, Rdn. 3.103. 402 Vgl. § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO.

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praktischer Bedeutung.403 Die Freigabe von Sicherheiten aus dem Vermögen des Schuldners unterliegt nicht der Anfechtung, da die Gläubiger nicht benachteiligt worden sind.404 Ohne die Kreditrückzahlung wäre die Bank sowieso zur abgeson­ derten Befriedigung berechtigt. Anders hingegen ist die Freigabe von Drittsicher­ heiten, da lediglich akzessorische Sicherheiten wie die Bürgschaft oder das Pfandrecht der Anfechtung standhalten, solange der Besitz an dem Pfandgegenstand noch nicht verloren ist. So führt die Anfechtung eines Rechtsgeschäftes, dem eine nicht akzessorische Sicherheit aus dem Vermögen Dritter zugrunde lag, zum Aufleben einer ungesicherten Forderung. Das Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit des empfangenen Rückzahlungsbetrages steht damit den strengen Anforderungen an die Freigaberegelungen in Sicherungsverträgen entgegen.405 Eine Freigabe des Sicherungsgutes an den Schuldner hat zu erfolgen, sofern der realisierbare Wert406 sämtlicher Sicherheiten 110% der gesicherten Ansprüche der Bank nicht nur vorübergehend überschreitet.407 Die Rechtsprechung bleibt aufgefordert, diesem Konflikt dadurch Rechnung zu tragen, daß die Freigabeverpflichtung solange aufgeschoben wird, bis das Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters erloschen ist.408

2. Die Verwertungssperre und Kostenbeteiligung Im folgenden sind die Reaktionen der Kreditinstitute auf das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters sowie ihre Kostenbeteiligung zu untersuchen. Die ausschließliche Verwertung sicherungsabgetretener Forderungen durch den Insolvenzverwalter in der Insolvenzordnung dürfte in der Kreditpraxis zu keinen nennenswerten Änderungen führen. In der Praxis ist es durchaus üblich, daß die durch Sicherungsabtretung geschützten Kreditinstitute dem Konkursverwalter die Einziehung der Forderung übertragen, da ihnen i.d.R. die organisatorischen Voraussetzungen und die wirksamen Druckmittel für einen Forderungseinzug fehlen.409

403 Ausführlich zur Sicherheitenfreigabe bei den verschiedenen Kreditsicherheiten bei Blaurock, U., [Sicherheitenfreigabe], 1995, S. 14-31. 404 Vgl. Obermüller, M., [Insolvenzrechtsreform I], 1994, S. 1834. 405 Vgl. Ball, W., [Sicherheitenfreigabe], 1995, S. 70-71; Bruchner, H, [Sicherheitenbewertung], 1995, S. 51-56 und Lauer, J., [Kreditmanagement], 1994, S. 64-66. 406 Vgl. hierzu Bruchner, H., [Sicherheitenbewertung], 1995, S. 42-43. 407 Vgl. Weber, A., [Sicherheitenfreigabe], 1998, S. 553. 408 So auch Newiger, N., [Kreditwirtschaft I], 1994, S. 498. 409 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, § 191, S. 178.

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Im Regierungsentwurf zur Verwertung von Forderungen seitens des Insolvenz­ verwalters war ursprünglich noch vorgesehen, daß der Insolvenzverwalter für Forderungen, deren Abtretung dem Gläubiger angezeigt worden ist, kein Einzie­ hungsrecht hat.410 Im Ausschußbericht wurde diese Regelung wieder gestrichen, da die Unterscheidung zwischen der angezeigten und nicht angezeigten Abtretung zu praktischen Schwierigkeiten führen würde, zumal es unklar bliebe, bis zu welchem Zeitpunkt die Anzeige der Offenlegung nachgeholt werden kann.411 Damit kann das Kreditinstitut nicht durch eine rechtzeitige Offenlegung der Forderungsabtretung das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters verhindern. Für die Wirksamkeit einer Verwertungssperre muß die Forderung nach den Vorschriften des § 1280 BGB verpfändet werden. Unklar bleibt hierbei, wie die Abgrenzung zwischen einer angezeigten Forderungsabtretung und der Forderungsverpfändung vorzunehmen ist.412 So wird es einmal mehr der Rechtsprechung überlassen bleiben, für Rechtsicherheit in der Insolvenzordnung zu sorgen.

Während die Kreditinstitute den Besitz über pfandrechtgesicherte Mobilien regelmäßig ausüben, bleiben sicherungsübereignete Mobilien, z.B. das Warenlager, typischerweise im Besitz des Schuldners, weil dieser die Gegenstände in seinem Leistungserstellungsprozeß nutzen muß. Damit geht der Besitz dieses Sicherungsgut auf den Insolvenzverwalter über und scheidet ein Verwertungsrecht der Kreditin­ stitute aus. Kurzfristige Besitzverschiebungen im Vorfeld der Insolvenzeröffhung sind im Hinblick auf das Anfechtungsrisiko wenig sinnvoll. Durch die Verwertungssperre der Gläubiger wird der wirtschaftliche Wert des Sicherungsrechtes bei einer Verzögerung der Verwertung von Seiten des Insolvenz­ verwalters im Zeitablauf gemindert, da das Sicherungsgut im Betrieb des Schuldners weiter genutzt werden kann. Ferner entstehen den Sicherungsgläubigem Opportuni­ tätskosten durch die im Sicherungsgut gebundene Liquidität. Einer unfreiwilligen Zuwendung von Vermögenswerten an die Insolvenzmasse fehlt jedoch jegliche ökonomische Legitimation. Daraus folgt, daß den Sicherungsgläubigem ein Ausgleich für die Vorenthaltung des Sicherungsgutes zu gewähren ist. Zum Schutz der Gläubiger vor einer Verzögerung der Verwertung sind den mobiliargesicherten Gläubigem, soweit mit einer Befriedigung aus dem Verwertungserlös zu rechnen ist, ab dem Berichtstermin, spätestens drei Monate nach der Anordnung von Siche­

410 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, § 191, S. 178. 411 Vgl. BT-Drucks. 12/7302, § 191 Abs. 2, S. 176. 412 Ohnehin wird in der Literatur bezweifelt, ob es berechtigt ist, die Forderungsabtretung und die Verpfändung von Forderungen unterschiedlich zu behandeln. Vgl. Uhlenbruck, W„ [Kredite], 1993, S. 131.

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rungsmaßnahmen nach § 21 InsO, die geschuldeten Zinsen zu zahlen.413 Im Gegensatz zu den mobiliargesicherten Gläubiger erwerben die immobiliargesicherten Gläubiger erst mit der Einstellung der Zwangsversteigerung einen Anspruch auf Zinszahlungen.414 Deshalb ist es ratsam, bereits mit dem Eröff­ nungantrag die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Darüber hinaus sind die wirtschaftlichen Interessen der absonderungsberechtigten Gläubiger durch das Eintrittsrecht nach § 168 Abs. 3 InsO gewahrt. Bevor der Insolvenzverwalter den Gegenstand veräußert, hat er dem absonderungsberechtigten Gläubiger mitzuteilen, auf welche Weise der Gegenstand veräußert werden soll.415 Dem Gläubiger wird damit die Gelegenheit geboten, binnen einer Wochenfrist eine günstigere Verwertungsmöglichkeit zu eruieren.416 Zeigt der Gläubiger eine günstigere Verwertungsmöglichkeit auf, muß der Insolvenzverwalter den Gläubiger so stellen, daß diesem durch die Unterlassung kein Nachteil entsteht, d.h. der Insolvenzverwalter muß dem Gläubiger den Erlös zukommen lassen, den er bei der Realisierung der günstigeren Verwertungsmöglichkeit hätte beanspruchen können.417 Auch darf der Insolvenzverwalter eine bewegliche Sache, zu deren Verwertung er berechtigt ist, nach Maßgabe des § 172 InsO nur benutzen, wenn er den dadurch entstehenden Werteverlust seit der Eröflhung des Insolvenzverfahrens durch laufende Zahlungen ausgleicht.418 Gleiches gilt für die Nutzung von Grund' stücken.419 Die Verpflichtung zum Ausgleich des Werteverlustes entsteht nur insoweit, als der durch die Nutzung entstehende Werteverlust die Sicherung des absonderungsberechtigten Gläubigers beeinträchtigt.420

Als Reaktionen auf das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters und die zeitlich befristete Verwertungssperre nach § 166 InsO und §§ 30d und 153b ZVG wollen die im Hinblick auf die Insolvenzrechtsreform befragten Kreditinstitute folgende Maßnahmen ergreifen: •

Verringerung des Kreditvolumens für den einzelnen Kreditnehmer (31,4%),



strengere und höhere Besicherungsanforderungen (23,9%),

Vgl. § 169 Satz 1 InsO. Vgl. § 169 Satz 2 InsO i.V.m. § 30e Abs. 1 ZVG. Vgl. § 168 Abs. 1 Satz 1 InsO. Vgl. § 168 Abs. 1 Satz 2 InsO. Vgl. § 168 Abs. 2 InsO. Auf die Problematik bei der Ermittlung des Werteverlustes ist bereits in den Ausführungen im vorangegangenen Abschnitt hingewiesen worden. 419 Vgl. § 30e Abs. 2 ZVG. 420 Vgl. § 172 Abs. 1 Satt 2 InsO. 413 4,4 415 416 417 418

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höhere Zinssätze (19,4%),



intensivere Prüfung der wirtschaftlichen Lage der Kreditnehmer vor Kredit­ vergabe (13,3%),



intensivere Überwachung während der Laufzeit des Kredites (11,0%),



sonstige Maßnahmen (1,0%).421

Den Kreditinstituten entsteht durch den verzögerten Zeitablauf der Sicherheiten­ verwertung im Grundsatz wenig Schaden. Den Gläubigem stehen bei verzögerter Verwertung oder bei einer Nutzung nach §§ 169 und 172 InsO Zinsen bzw. Ausgleichszahlungen zu. Darüber hinaus gibt es im Hinblick auf die zeitliche Verwertungssperre keinen Bedarf, das Sicherungsgut vom Konkursverwalter herauszuverlangen, wenn der Kredit vertragsgemäß zurückgefiihrt wird. Ferner wird der Insolvenzverwalter angesichts des Selbsteintrittsrechtes des Sicherungsgläubiger das Sicherungsgut nicht schlechter verwerten. Da die Zielsetzung des Insolvenzver­ walters ohnehin auf die Mehrung der Insolvenzmasse, nicht zuletzt im Hinblick auf dessen Vergütung, gerichtet ist, bleibt das Interesse des Sicherungsnehmers auf eine bestmögliche Verwertung durch das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters gewahrt.

Bei diesen Ausgleichsmaßnahmen erscheinen die in der empirischen Untersuchung angegebenen Gegenmaßnahmen der Kreditinstitute überzogen. Auch bleibt unklar, was die Kreditinstitute unter dem Begriff der Sicherungsanforderungen subsumieren. Die oben erwähnte empirische Untersuchung umfaßt nicht nur die Folgen der Verwertungssperre, sondern auch die der gesetzlichen Kostenpauschale im neuen Recht. Die Untersuchungen ergaben folgende Anpassungsmaßnahmen der Kreditinstitute:



Verringerung des Kreditvolumens für den einzelnen Kreditnehmer (24,5%),



strengere Sicherheitenbewertung (22,6%),



intensivere Prüfung der wirtschaftlichen Lage der Kreditnehmer vor Kreditver­ gabe (14,6%),



höhere Zinssätze (13,7%),



intensivere Überwachung während der Laufzeit des Kredites (11,6%),



keine Kreditvergabe (12,0%) und



sonstige Maßnahmen (1,0%).422

421 Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R, [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 142.

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Die Kreditinstitute müssen als vorsichtiger Kaufmann bei der Vergabe von Krediten vorsorgen, daß auch die Kosten der Zwangsverwertung abgedeckt sind. Trotz der in den letzten Jahren immer restriktiveren Rechtsprechung des BGH zur Überbe­ sicherung423 wird in der allgemeinen Begründung zur Insolvenzordnung eine Überbesicherung in Höhe des Kostenbeitrages von bis zu 24% noch als zulässig erklärt, da die Insolvenzordnung nicht bezweckt, Sicherungsrechte zu Gunsten der ungesicherten Gläubiger zurückzudrängen.424 Die derzeitige Rechtsprechung425 sieht im Hinblick auf etwaige Risiken der Verwertung und Bewertungsdifferenzen eine Übersicherung für Einzelsicherheiten in Höhe von 20% als noch zulässig an, sofern hierbei auf den zu realisierenden Wert abgestellt wird.426 Für revolvierende Globalsicherheiten wurde nach jüngster Rechtsprechung die Deckungsgrenze, bezogen auf den realisierbaren Wert der Sicherungsgegenstände, auf 110% der gesicherten Forderung festgesetzt.427 Der pauschale Aufschlag von 10% deckt die Feststellungs- und Verwertungskosten ab. Sofern der Sicherungsgeber bei der Verwertung mit Umsatzsteuer belastet wird, ist die Deckungsgrenze entsprechend anzuheben.428 Da bereits die gegenwärtige Rechtsprechung im wesentlichen die nach der Insolvenzordnung anfallenden Kostenbeiträge bei der Überbesicherung zuläßt, dürfte hier kein weiterer Sicherungsausfall für die Kreditinstitute entstehen. Das Problem wird vielmehr darin liegen, daß der Schuldner keine weiteren Vermögens­ werte anbieten kann, die eine höhere Überbesicherung zulassen.429

In der Kreditpraxis sind höheren Zinssätzen nach der Risikoabgeltungstheorie Grenzen gesetzt. So kann ein erhöhtes Ausfallrisiko nicht beliebig mit einem Zinsrisikozuschlag abgegolten werden. Eine Kreditvergabe bei zu hohem Risiko wird im Hinblick auf die Kreditrationalisierungstheorie, der Begrenzung

422 Der empirischen Studie lag eine Pauschalbelastung von 25% zugrunde, so daß die Ergebnisse auf die neue Rechtslage, die eine Pauschalbelastung von maximal 24% vorsieht, übernommen werden können. Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R, [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 144. 423 Vgl. BGH-Urteil vom 9.6.1983 und vom 12.3.1998. Eine Überbesicherung liegt dann vor, wenn der Wert der Sicherheit in unverhältnismäßigem und ungerechtfertigtem Verhältnis zu der gesicherten Forderung steht. Eine Überbesicherung kann zur Nichtigkeit des Vertrages nach § 138 BGB oder nach den strengeren Vorschriften des § 9 AGB führen. Vgl. Blaurock, U, [Sicherheitenfreigabe], 1995, S. 4-6. 424 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 89. 425 Die bisherige Rechtsprechung bestätigt im BGH-Urteil vom 2.12.1992. 426 Vgl. Ball, W., [Sicherheitenfreigabe], 1995, S. 66; Blaurock, U, [Sicherheitenfreigabe], 1995, S. 32; Eilenberger, G., [Insolvenzrechtsreform], 1996, S. 30 und Lauer, J., [Kreditmanagement], 1994, S. 67. 427 Vgl. Weber, A., [Sicherheitenfreigabe], 1998, S. 551. 428 Vgl. Weber, A., [Sicherheitenfreigabe], 1998, S. 551. 429 Vgl. Newiger, N., [Kreditwirtschaft U], 1994, S. 538; Obermüller, M., [Verwertungsrechte], 1995, S. 32 und Uhlenbruck, W., [Insolvenzordnung], 1994, S. 71.

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risikoreicher Kredite, ohnehin nicht in Betracht kommen.430 Zudem bergen hohe Zinsen - ihre Durchsetzbarkeit am Markt vorausgesetzt - die Gefahr in sich, daß der Schuldner zur Kompensation risikoreichere Investitionen tätigt. Im Schrifttum wird deshalb die in der empirischen Untersuchung geäußerte Befürchtung geteilt, daß der erhöhte Kostenbeitrag insgesamt zu einem reduzierten Kreditvolumen bei den Unternehmen führen wird.431 Andererseits wird in der Praxis bereits heute in vielen Fällen auf der Grundlage einer freiwilligen Vereinbarung dem Konkursverwalter die Verwertung des Sicherungsgutes gegen einen Kostenbeitrag übertragen.432 Zu einer derartigen Vereinbarung sind die Kreditinstitute insbeson­ dere dann bereit, wenn ihnen die innerbetrieblichen Voraussetzungen zur Verwer­ tung sowie der Zugriff auf das Sicherungsgut fehlen. Der von den Konkursver­ waltern für die Durchführung der Verwertung erhobene Abschlag auf den Sicherheitenerlös beträgt durchschnittlich 9,4%.433 Dies entspricht ungefähr den Kostenbeiträgen für die Feststellung und Verwertung des Sicherungsgutes in der Insolvenzordnung.

Die Äußerungen über die zu erwartenden Anpassungsreaktionen im Vorfeld der geplanten Gesetzesänderungen erwecken deshalb mehr den Eindruck einer präventiven Drohgebärde, als von ernstzunehmenden Reaktionen. Da bereits in der gegenwärtigen Insolvenzpraxis die angefallenen Verwertungskosten dem Siche­ rungsgläubiger auferlegt werden, dürfte die nunmehr festgeschriebene Kostenbe­ teiligung zu keiner Mehrbelastung führen. Auch sind der Anwendungsmöglichkeit, die Umsatzsteuer den Sicherungsgläubigem aufzuerlegen, bei näherer Betrachtung Grenzen gesetzt. So fällt die Verwertung eines Sicherungsgutes durch den Gläubiger nach der Verfahrenseröffhung, das der Insolvenzverwalter nicht selbst verwerten darf, weil er nicht im Besitz der Sache ist, weder unter die Regelung des § 51 Abs. 1 Nr. 2 UStDV, da es sich nicht um eine Verwertung außerhalb eines Insolvenzver­ fahrens handelt, noch unter die Umsatzsteueabführungspflicht der §§ 170, 171 InsO.434 Diese greift nur, wenn der Verwalter das Sicherungsgut selbst hätte verwerten dürfen. Sachen, an denen der Gläubiger ein Vertragspfandrecht erworben hat, sind von dem Verwertungsrecht des Gläubigers ausgeschlossen. Das gleiche gilt für gepfändete Forderungen, soweit sie dem Drittschuldner angezeigt worden sind. Ferner können die Kreditinstitute bereits im Eröffhungsverfahren auf eine

430 Vgl. Drukarczyk J., [Finanzierungstheorie], 1980, S. 222. 431 Vgl. Obermüller, M, [Kreditgeschäft], 1992, S. 18 und Uhlenbruck, W., [Insolvenzordnung], 1994, S. 71. 432 Vgl. Kilger, J„ [Konkurs], 1975, S. 162. 433 Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R., [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 139. 434 Vgl. Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 6.350.

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Verwertung drängen, da auch hier die Möglichkeit, die Umsatzsteuer auf den Sicherungsgläubiger überzuwälzen, nicht gegeben ist.435 Da lediglich die Verwer­ tung beweglicher Sachen im Besitz des Insolvenzverwalters zur Umsatzsteuer­ belastung führt und selbst die Einführung des § 51 Abs. 1 Nr. 2 UStDV zum 1.1.1993 bisher zu keiner grundlegenden Änderung der Sicherungspraxis geführt hat436, wird bei Sicherungsübereignungen im Hinblick auf das ohnehin erhöhte Besicherungsrisiko von rund 40%4j7 auch zukünftig der Bewertung der Sicherungs­ güter die größte Aufmerksamkeit zukommen.438 Insofern stellt die Verringerung des Kreditvolumens bei gleichem Sicherheitenbestand allenfalls eine allgemeine Anpassungsreaktion zur Begrenzung des Besicherungsrisikos dar, wobei ein kausaler Zusammenhang mit den insolvenzrechtlichen Neuregelungen nicht abgeleitet werden kann.

3. Änderungen der Kreditvergabepraxis Die nachteiligen Veränderungen durch die Verschärfung des Anfechtungsrechtes bei der Sicherheitenbestellung sowie die Erhebung von Kostenbeiträgen bei der Sicherheitenverwertung sind entsprechend den obigen Ausführungen über die Auswirkungen auf das Kreditgeschäft als tragbar einzustufen. Allerdings bergen die verschärften Aufrechnungs- und Anfechtungsbestimmungen ein zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzbares Risiko. So wird inbesondere die Notwendigkeit, die wirtschaftliche Lage des Schuldners laufend zu überwachen, um die Kredite rechtzeitig zu kündigen, zunehmen. Inwieweit die Kreditpraxis eine Anpassung ihrer Sicherungsverträge vomimmt, bleibt abzuwarten.439 Die wirtschaftlichen Interessen der Kreditinstitute an einer zügigen und günstigen Verwertung sind durch die Ausgleichszahlungen bei verzögerter Verwertung nach § 169 InsO sowie durch das Eintrittsrecht nach § 168 InsO gewahrt. Nachhaltige finanzielle Belastungen gegenüber dem alten Recht sind für die Kreditinstitute im Zerschlagungsfall nicht zu erwarten. Insbesondere bestehen derzeit kaum Befürch­

435 Vgl. Onusseit, D., [Umsatzsteuer], 1994, S. 24. 436 Obermüller vermutet, daß der Verlust in der Zinskalkulation enthalten sei. Vgl. Obermüller, M., [Insolvenzrechtsreform II], 1994, S. 1875. 437 Die Ausfallquote individuell bestimmter Gegenstände beträgt durchschnittlich 37,7%, gattungs­ mäßig bestimmter Gegenstände 46,1%. Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R., [Mobiliar­ sicherheiten], 1985, S. 131. 438 So auch Eilenberger, G., [Insolvenzrechtsreform], 1996, S. 31. 439 Nach einer empirischen Studie von Drukarzcyk müßte bei ungefähr 60% aller Kreditengagement eine Anpassung an die veränderten rechtlichen Bedingungen stattfinden. Vgl. Drukarzcyk, J., [Kreditkonditionen], 1992, S. 1143-1144.

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Erster Teil: Die Insolvenzordnung

tungen, daß die Neuregelungen zu einer nennenswerten Verringerung des Kreditvolumens für den einzelnen Kreditnehmer, geschweige denn zu einer Belastung der Kreditversorgung fuhren. Eine stärkere Verteilung der Kredite auf mehrere Schuldner mit jeweils kleineren Kreditsummen würde zu höheren Transaktionskosten führen, ohne damit gleich­ zeitig einen Beitrag zur Verminderung des Ausfallrisikos zu leisten. Bei unverän­ dertem Kreditbedarf des einzelnen Schuldners würde eine solche Vorgehensweise allenfalls zu einer größeren Streuung der Verluste unter den Kreditinstituten führen. Es besteht vielmehr die Gefahr, daß die Bonitätsvoraussetzung des Schuldners durch die Mehrzahl von kleineren Kreditengagements herabgestuft wird, die Kollision von Sicherungsrechten nicht mehr überschaubar ist und sich das Verlustrisiko unter Umständen dadurch sogar erhöht. Für die Kreditinstitute insgesamt kann dadurch das Kreditrisiko nicht reduziert werden. Dies verdeutlicht zugleich den subsidiären Charakter von Kreditsicherheiten. Entscheidend für die Kreditvergabe bleibt die Innenfinanzierungskraft des Schuldners und somit eine Wirtschaftlichkeits­ betrachtung des zu finanzierenden Investitionsobjektes. Somit besteht aus heutiger Sicht noch keine Notwendigkeit, die Kreditvergabepraxis grundsätzlich neu zu regeln.440

440 Diese Auffassung teilen übereinstimmend auch leitende Angestellte von Privatbanken, öffentlichrechtlichen und genossenschaftsrechtlichen Instituten.

Zweiter Teil: Der Zeitpunkt der Insolvenzeröffhung

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Zweiter Teil: Die Insolvenzeröffnung Im zweiten Teil wird die Kernfrage der Arbeit behandelt, der Zeitpunkt der Insolvenzeröffhung. Praxis und Wissenschaft sind sich hierbei einig, daß sich die Chancen einer Untemehmenssanierung mit einer frühzeitigen Insolvenzeröffhung nachhaltig verbessern. Hierzu werden die Insolvenztatbestände aus rechtlicher und ökonomischer Sicht diskutiert und der Interessenskonflikt zwischen der Bestimm­ barkeit der Insolvenztatbestände für die Gläubiger auf der einen Seite und der größtmöglichen Effizienz im Hinblick auf eine frühzeitige Verfahrensauslösung auf der anderen Seite aufgezeigt. Darauf aufbauend wird die späte Insolvenzeröfihung in der Praxis dargelegt. Probleme bereitet insbesondere der Umstand, daß die Rechnungslegung als zentrales Informationsinstrument zur Insolvenz(früh)erkennung unzureichend ist und die Gläubiger mit Ausnahme gut informierter Kreditinstitute mangels genauer Kenntnisse über die tatsächliche Finanz- und Vermögenslage des Schuldners den Eintritt der Insolvenz im allgemeinen zu spät erkennen. Den dadurch entstehenden Freiraum kann der Schuldner zur späten Antragstellung ausnützen.

Bei der anschließenden Diskussion über die Möglichkeiten zur Vorverlegung der Insolvenzeröffhung zeigt sich, daß der Zeitpunkt der Antragstellung und die damit verbundene Wahl der Vermögens Verwertung - Sanierung versus Liquidation - auch eine Sache des Gläubigerkalküls ist. Hierbei ist insbesondere das Verhalten der Kreditinstitute zu untersuchen und das problematische Spannungsfeld zwischen Insolvenzvermeidung und Gläubigerschädigung sowie der Einfluß der Kreditstra­ tegien auf den Insolvenzzeitpunkt aufzuzeigen. Der zweite Teil schließt mit dem Beitrag der Insolvenzordnung zur Vorverlegung der Insolvenzeröfihung. Hierbei ist darzulegen, inwieweit der Informations­ vorsprung des Schuldners in Verbindung mit einem verbesserten Anreiz- und Sanktionssystem im neuen Recht genutzt werden kann, den Schuldner zu einer früheren Antragstellung auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens anzuhalten.

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Zweiter Teil: Der Zeitpunkt der Insolvenzeröflhung

A. Die Auslösung eines Insolvenzverfahrens Die Insolvenz markiert den Zeitpunkt, in der die Untemehmenskrise nicht mehr durch eine außergerichtliche Sanierung überwunden werden kann. Statt dessen muß der Schuldner in einem kollektiven Vollstreckungsverfahren sein Vermögen zur Verwertung den Gläubigem zur Verfügung stellen. Der Zeitpunkt der Verfah­ rensauslösung bestimmt dabei maßgeblich die Verwertungsart. Die alten Insolvenztatbestände erweisen sich als Auslösekriterien für eine rechtzeitige Verfahrenseröffhung als ungeeignet mit der Folge, daß das verbleibende Vermögen zum Zeitpunkt der Insolvenzeröflhung in der Mehrzahl der Insolvenzfälle nicht einmal mehr die Kosten des Verfahrens deckt. Im Zusammenhang mit den ökonomischen Anforderungen an die Auslösekriterien eines Insolvenzverfahrens sind zunächst die Insolvenztatbestände im neuen Recht ausführlich zu diskutieren. Abschließend ist das Prognoseproblem bei der Ermittlung der neuen Insolvenztat­ bestände aufzuzeigen.

L Anforderungen an die Insolvenztatbestände Die Anforderungen an die Auslösekriterien eines Insolvenzverfahrens, d.h. die Festlegung der Insolvenztatbestände, sind sowohl für die Gläubiger als auch für den Schuldner von zentraler Bedeutung in der Untemehmenskrise. Während die Auslösekriterien zum einen den materiellen Schutzbereich, d.h. die Vermögens­ gefährdung der Gläubiger in der Krise festlegen, bestimmen sie gleichzeitig die Pflichten des Schuldners gegenüber dem Rechtsverkehr. So muß der Schuldner mit Eintritt der Insolvenz einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Für die antragsberechtigten Gläubiger dient der Insolvenztatbestand als Eröffhungsgrund für ein Insolvenzverfahren und damit als gesetzliche Sanktionsmöglichkeit, um weitere Vermögensverschlechterungen über ein gesetzliches Verwaltungs- und Verfügungsverbot des Schuldners abzuwehren sowie über ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren eine gleichmäßige Gläubigerbefriedigung zu erreichen.441 In der Literatur wird hierbei von einer Dispositionsentzugsfunktion gesprochen.442 Die Insolvenztatbestände sollen insbesondere vermeiden, daß der Schuldner eines krisenbehafteten Unternehmens weitere ineffiziente Investitionsent­ scheidungen zu Lasten der Gläubiger trifft und einzelne Gläubiger durch einen

441 Vgl. Drukarczyk, J., [Betriebswirtschaftliche Aspekte I], 1986, S. 166 und Plate, G., [Insolvenz­ reife], 1980, S. 217. 442 Vgl. Eschrich, A., [Bilanzierung], 1969, S. 32-33.

Zweiter Teil: Der Zeitpunkt der Insolvenzeröffhung

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ungeordneten Zugriff auf das Untemehmensvermögens andere Gläubiger benachtei­ ligen können.44j Neben der Schutzfunktion der Gläubiger tritt die Untemehmenserhaltungsfunktion im neuen Recht stärker in den Vordergrund. Hierzu bedarf es eines frühzeitigen Auslösekriteriums, das ökonomisch legitimiert und zugleich bestimmbar ist.444 Mit der Normierung eines Insolvenzzeitpunktes durch einen Insolvenztatbestand kann nur die maximal zulässige Gläubigergefährdung festgelegt und damit die Risikoverteilung des Forderungsausfalls zwischen den Gläubigem sowie die Vermögens Verschiebung zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigem bestimmt werden. Aussagen darüber, ob ein Insolvenzzeitpunkt generell richtig oder falsch ist, können nicht getroffen werden. Bestrebungen, einen für alle Beteiligten gleichermaßen optimalen Insolvenzzeitpunktes abzuleiten, sind daher nicht möglich.445 Eine insolvenzrechtliche Regelung kann lediglich die Insolvenz des Unternehmens mit den Gläubigerinteressen annäherungsweise in Einklang bringen.446

1. Die ökonomische Notwendigkeit einer frühzeitigen Insolvenzeröffnung Eine (echte) Entscheidung der Gläubiger über die VermögensVerwertung im Insolvenzverfahren kann nur dann getroffen werden, wenn die Sanierung des Unternehmens gegenüber der Liquidation noch eine gleichwertige Verwertungsaltemative darstellt.447 Der Erhalt eines Unternehmens ist nur dann möglich, wenn auf der Grundlage einer noch nicht völlig aufgezehrten Liquidität, eines intakten Kunden- und Lieferantenstamms sowie geordneter innerbetrieblicher Strukturen und

443 Ausführlich dazu Schmidt, R., [ökonomische Analyse], 1980, S. 27-29. 444 Vgl. Drukarczyk, J., [Überschuldung], 1986, S. 210 und ders., [Unternehmen], 1987, S. 72. 445 Vgl. Beeck, V., [Konkursantragstellung], 1979, S. 82-111; Drukarczyk, J., [Finanzierungstheorie], 1980, S. 275-291; ders., J., [Auslösung], 1981, S. 236-241 und Swoboda, P., [Finanzierungstheorie] 1973, S. 47-63. Die in der betriebswirtschaftlichen Literatur diskutierten, auf die Zerschlagung ausgelegten, Konkursmodelle zeigen die Wirkung zwischen dem Auslösezeitpunkt und den Gläubi­ gerstrategien retrograd auf. Rechtspolitische Gestaltungsempfehlungen ftir einen optimalen Insol­ venzzeitpunkt lassen sich nicht ableiten, da die verwendeten Prämissenstrukturen, gleichverteilte Information, uneigennütziges und konfliktfreies Schuldnerverhalten sowie homogene Gläubigerin­ teressen, in der Realität keine Entsprechung finden. Vgl. hierzu auch die Kritik bei Drukarczyk, J., [Überschuldung], 1986, S. 225-226 und Schmidt, R. H, [Information], 1984, S. 724. 446 Vgl. Schmidt, K., [Überschuldungstatbestand], 1982, S. 166. 447 Schmidt leitet aus der funktionellen Interpretation des Überschuldungstatbestandes einen Normzweck zur Vorverlegung der Insolvenzauslösung ab. Vgl. Schmidt, K, [Überschuldungs­ tatbestand], 1982, S. 169.

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Zweiter Teil: Der Zeitpunkt der Insolvenzeröflhung

Abläufe ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Eine wichtige materielle Voraussetzung für eine Untemehmenssanierung ist daher eine frühzeitige Insolvenzeröffhung.

Die meisten Insolvenzverfahren werden erst dann ausgelöst, wenn das Vermögen des Schuldners so weit vermindert ist, daß ohnehin nur noch eine Einzelveräußerung des Restvermögens in Frage kommt.448 Um die Sanierungschancen im Insolvenz­ verfahren zu erhöhen, wird es in der Literatur deshalb als notwendig angesehen, daß insolvente Unternehmen früher als zum gegenwärtigen Zeitpunkt in das Insolvenz­ verfahren gelangen.449 Empirische Untersuchungen unter Konkursverwaltern bestätigen diese Auffassung.450 Der Zeitpunkt der Insolvenzeröflhung bildet eine entscheidende Voraussetzung für eine Sanierung im Insolvenzverfahren.451 Eine frühe Antragstellung fördert auch das notwendige Vertrauen zwischen dem Schuldner und den Gläubigem im Insolvenzverfahren.452 Hinreichend gesicherte Erkenntnisse zeigen, daß sich die Voraussetzungen für eine Sanierung insolventer Unternehmen nachhaltig mit einer frühen Insolvenzeröflhung verbessern.453 Daraus ergibt sich der zwingende Schluß, daß der Zeitpunkt der Insolvenzeröflhung vorverlegt werden muß.454

Eine frühzeitigere Auslösung ist darüber hinaus legitimiert, da die Haftungsmasse der insolventen Unternehmen in der überwiegenden Anzahl von Fällen bei weitem nicht ausreicht, alle Gläubigeransprüche zu sichern, und die Wahrscheinlichkeit von VermögensVerschiebungen zu Lasten einzelner Gläubiger mit zunehmender Insolvenzgefährdung zunimmt.455 Mit eher Vorverlegung der Insolvenzeröflhung erhöht sich ceteris paribus die unter den Gläubigem verteilbare Masse.456 Insbesondere kommt den unfreiwilligen und ungesicherten Gläubigem, die nicht Vertragsgläubiger sind oder denen die privatrechtlichen Selbstschutzmöglichkeiten verwehrt bleiben, ein höheres Schutzbedürfhis zu.457 Da die Fortführung insolventer

448 Vgl. Reheusser, P., [Untemehmensfortfilhrung], 1985, S. 220. 449 Vgl. Burger, A.; Schellberg, B., [AuslÖsetatbesUnde], 1995, S. 262, Drukarczyk, J., [Betriebs­ wirtschaftliche Aspekte I], 1986, S. 169, Loistl, O., [Reorganisationsplanung], 1986, S. 441. 450 Diese Auffassung vertraten 90% der Befragten. Vgl. Hesselmann, S; Stefan, U., [Empirische Ergeb­ nisse], 1990, S. 87. 451 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. Loistl, O., [Reorganisationsplanung], 1986, S. 441; Vormbaum, H; Baumanns, F. 1, [Auslösung], 1984, S. 1971 und Wagner, W, [Insolvenzrecht], 1996, S. 287. 452 Vgl. Braun, E.;Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 560. 453 Vgl. Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 160 und Hesselmann, S; Stefan, U., [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 87. 454 Vgl. Kilger, J., [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 38. 455 Vgl. Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 161. 456 Vgl. Früh, H-J., [Insolvenz], 1995, S. 796. 457 Vgl. Drukarczyk, J., [Kapitalerhaltungsrecht], 1994, S. 1740.

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Unternehmen zu Lasten der anderen Marktteilnehmer geht und gesunde Unter­ nehmen mit in die Krise ziehen kann, sind insolvenzreife Unternehmen frühzeitig vom Markt zu nehmen, um Neugläubigem kein über das allgemeine Geschäftsrisiko hinausgehendes Risiko aufzubürden.458

Die im Hinblick auf eine Sanierung im Insolvenzverfahren allgemein angestrebte und für gut geheißene Vorverlegung der Insolvenzeröffhung ist trotzdem kritisch zu hinterfragen. Gegen die allgemeinen Bestrebungen einer frühzeitigen Insolvenzeröffhung wird vornehmlich eingewandt, daß die mit der Antragstellung verbundene negative Publizitätswirkung den Weg einer stillen und daher besonders erfolgversprechenden Sanierung versperren kann.459 Die Gefahr, daß ein Unternehmen durch eine zu frühe Insolvenzeröfihung zerschlagen wird, obwohl es sich aus eigener Kraft oder im Wege einer außergerichtlichen Sanierung noch hätte retten können, ist zum einen relativ gering und zum anderen durch die neue Insolvenzordnung, die die Sanierung zum gleichwertigen Verfahrensziel erhoben hat, weiter abgemildert.460 Eine frühe Insolvenzeröffhung ist aus Gläubigerschutzgründen nur dann problematisch, wenn durch den Eintritt der Insolvenz die Ertragskraft derart beeinträchtigt wird, daß der Fortfilhrungswert unter den Zerschlagungswert sinkt.461 Negativ wird auch gesehen, daß die angestrebte Vorverlegung der Insolvenzer­ öffhung einem nicht unproblematischen Eingriff in die Wirtschaftsautonomie der Gläubiger gleichkomme. So ist den Kreditinstituten mit ihrer Kreditentscheidung in der Untemehmenskrise grundsätzlich freigestellt, eine außergerichtliche Sanierung zu betreiben oder die Geschäftsbeziehung durch eine Kreditkündigung zu beenden. Der Versuch, den durch die verwirtschaftete Vermögenssubstanz erlittenen Verlust für die ungesicherten Gläubiger durch einen Nutzenentgang für die gesicherten Gläubiger auszugleichen, läßt sich darüber hinaus weder einzelwirtschaftlich noch wohlfahrtsökonomisch ausreichend begründen.462 Auch sind Gerechtigkeits­ bestrebungen insofern verfehlt, da es jedem Gläubiger freisteht, seine Risikoposition in der Geschäftsbeziehung zum Schuldner durch privatrechtliche Vereinbarungen

458 Vgl. Lutter, M., [Haftung], 1994, S. 135. In der Literatur wird in diesem Zusammenhang auch von kumulativen Insolvenzen gesprochen. Vgl. Braun, E.; Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 423. 459 Vgl. Hommelhoff, P., [Bilanzrichtlinie-Gesetz], 1984, S. 631. 460 A. A. Stüdemann, K., [Haftung], 1978, S. 414. 461 Vgl. Hommelhoff, P-, [Bilanzrichtlinie-Gesetz], 1984, S. 631 und Schildbach, T, [Insolvenzrechts­ reform], 1983, S. 2131. 462 Vgl. Bretzke, W.-R., [Unternehmen], 1985, S. 410.

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selbst zu bestimmen und abzusichem.463 Allerdings dürfte es den wirtschaftlich schwächeren Gläubigem schwer fallen, sich gegen die Absicherung der wirtschaft­ lich starken Gläubiger wie den Kreditinstituten zu schützen.464

Trotz der vor allem von den Kreditinstituten vorgetragenen Einwände gegen die Vorverlegung der Insolvenzeröfihung, ist für die Mehrzahl der Gläubiger eine frühzeitige Insolvenzeröfihung von Vorteil. Die Erfahrungen im alten Recht zeigen, daß Sanierungsmaßnahmen, die erst zum Zeitpunkt der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit einsetzten, regelmäßig zu spät kommen.465 Ferner sprechen alle ökonomischen Überlegungen dafür, Insolvenzverfahren wegen der größeren Sanierungschancen frühzeitiger einzuleiten.466 Außerdem zeigt sich in vielen Fällen, daß eine frühere Konkurseröffnung nicht zu einer vermehrten UnternehmensZerschlagung führt.467

2. Die Insolvenztatbestände im Spannungsfeld zwischen Bestimmbarkeit und Effektivität Der wirtschaftliche Erfolg einer Untemehmenssanierung im Insolvenzverfahren wird insbesondere davon abhängen, daß die Insolvenzanträge frühzeitiger und nicht erst bei Zahlungseinstellung gestellt werden.468 Unter einer frühzeitigen Auslösung wird der unter ökonomischen Gesichtspunkten wünschenswerte Auslösezeitpunkt verstanden.469 Unter wohlfahrtsökonomischen Gesichtspunkten ist der wünschens­ werte Auslösezeitpunkt dann erreicht, wenn eine den Untemehmenswert erhaltende Untemehmenspolitik nicht mehr durchsetzbar ist.470 Ein Urteil über den Marktwert des Unternehmens weist allerdings ausgeprägte subjektive Prognoseelemente auf, die sich einer Beurteilung seitens Dritter und damit der objektiven Bestimmbarkeit weitgehend entziehen. Den Gläubigem fehlen zumeist die Informationen, um die Insolvenzgefährdung zu prognostizieren und selbst eine Antragstellung vorzunehmen.471 Auch stellt das Insolvenzrecht per se keine operationalisierbaren gesetzlichen Entscheidungs­

Vgl. Swoboda, P,, [Untemehmenssanierung], 1983, S. 21. Vgl. Schildbach, T., [Insolvenzrechtsreform], 1983, S. 2135. Vgl. Ulmer, P., [Konkursantragspflicht], 1981, S. 477. So auch Leffson, U, [Gefährdung der Unternehmung], 1980, S. 643. Vgl. BGH-Urteil vom 6.6.1994. Kritisch hierzu Schmidt, R. H., [Information], 1984, S. 726. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 80; Jordan, A., [Reorganisationsverfahren], 1993, S. 103; Lauer, J, [Kreditmanagement], 1994, S. 37 und Wagner, W., [Überschuldung], 1995, S. 189-190. 469 Vgl. Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 160. 470 Vgl. Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 162. 471 Vgl. Schildbach, T, [Insolvenzrechtsreform], 1983, S. 2133. 463 464 465 466 467 468

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grundlagen für die Feststellung der Insolvenz zur Verfügung. Die mangelnde Bestimmbarkeit der Insolvenztatbestände seitens der Gläubiger verschafft dem Schuldner die Möglichkeit, seine Antragspflicht zu unterlaufen und den Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Zahlungsunfähigkeit durch eine zu günstige Fortbe­ stehensprognose hinauszuschieben.472 Der Insolvenztatbestand der Zahlungsunfähigkeit ist im Hinblick auf eine Untemehmenssanierung im Insolvenzverfahren nur von geringem Interesse, da nur ein prospektiver Insolvenztatbestand zu einer Vorverlegung der Verfahrenseröff­ nung führen kann.473 So besteht weitgehend Einigkeit darüber, daß ein prospektiver Insolvenztatbestand nur mittels prognostischer Elemente bestimmbar ist.474

Während die Zahlungsunfähigkeit zwar offenkundig und damit bestimmbar ist, das Insolvenzverfahren aber zu spät auslöst, bereiten die beiden anderen Insolvenztat­ bestände „drohende Zahlungsunfähigkeit“ und „Überschuldung“ große Probleme. Je stärker die prognostischen Elemente im Insolvenztatbestand ausgeprägt sind, desto schwieriger und ungenauer wird dessen Bestimmbarkeit.475 Gleichzeitig nimmt die Rechtsunsicherheit zu. Für den Schuldner wird die schwierige Bestimmbarkeit zu einer Gratwanderung zwischen wirtschaftlicher Fehleinschätzung und verschiedener straf- und haftungsrechtlicher Risiken der Insolvenzverschleppung.476 Verfehlt er den richtigen Zeitpunkt i.S. einer zu späten Antragstellung, so wird der Geschäfts­ führer allen Neugläubigem, die erst nach Eintritt der Antragspflicht und vor verspäteter Insolvenzeröfihung Gläubiger geworden sind, gegenüber haftbar. Stellt er dagegen den Insolvenzantrag zu früh, so wird er möglicherweise der Gesellschaft aus § 43 Abs. 2 GmbHG für den dadurch enstehenden Schaden schadensersatz­ pflichtig.477

Der Zielkonflikt zwischen Bestimmbarkeit und Effektivität der Insolvenztatbestände führt dazu, daß jedes Mehr an Bestimmbarkeit auf Kosten der Vorverlegung der Insolvenzeröfihung geht und jedes Mehr an Effektivität einen Verzicht auf objektivierbare Insolvenztatbestände ab verlangt.478 Optimale Effektivität zur

472 Schmidt weist in diesem Zusammenhang zu Recht auf den im Schrifttum vemachläßigten Zielkonflikt zwischen der Forderung nach Effektivität und Bestimmtheit hin. Vgl. Schmidt, K„ [Überschuldungstatbestand], 1982, S. 165. 473 Vgl. Schildbach, T, [Insolvenzrechtsreform], 1983, S. 2132 und Schmidt, K„ [Überschuldungs­ tatbestand], 1982, S. 174. 474 Vgl. Rückle, D., [Prognosen], 1984, S. 59. 475 Vgl. Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 163. 476 Ähnlich Uhlenbruck, W., [Gmbh & Co. KG], 1988, S. 176. 477 Vgl. Lutter, [Haftung], 1994, S. 134. 478 Vgl. Schmidt, K„ [Überschuldungstatbestand], 1982, S. 165.

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frühzeitigen Verfahrensauslösung garantiert somit nur der Insolvenztatbestand der prospektiven Illiquidität, optimale Bestimmtheit ist dagegen nur durch die Zahlungseinstellung gegeben.479 Die Zahlungseinstellung markiert jedoch das letzte Stadium der Zahlungsunfähigkeit und ist daher unbrauchbar.

3. Die Auslösekriterien eines Insolvenzverfahrens aus ökonomischer Sicht Die Frage nach dem richtigen Auslösezeitpunkt kann nur mit der Zielsetzung des jeweiligen Insolvenztatbestandes beantwortet werden.480 Zu einem optimalen Insolvenzzeitpunkt führt Levy aus: „Wenn alles zertrümmert ist, hat ein Konkurs keinen Zweck. Wenn unter den Trümmern noch Werte begraben liegen, und die Gläubiger sich darüber verständigen, wie diese Werte geborgen, verwertet und verteilt werden sollen, dann ist ein Konkurs überflüssig.“481 Um die Möglichkeit einer Untemehmenssanierung im Insolvenzverfahren als gleichwertige Verwertungsaltemative zur Liquidation anbieten zu können, sind die Insolvenztatbestände nicht nur unter dem Gesichtspunkt des präventiven Gläubiger­ schutzes, sondern zugleich als Element der Krisenabwehr zu sehen.482 Entscheidend ist deshalb nicht, einen neuen Insolvenztatbestand zu schaffen, sondern die bestehenden Tatbestände mit ihren prognostischen Elementen bestimmbarer zu gestalten und von subjektiven Ermessensspielräumen zu befreien. Daraus lassen sich aus ökonomischer Sicht folgende Anforderungen ableiten:



Der materielle Insolvenztatbestand muß bereits bei einer spürbaren Gefährdung der Vermögensposition greifen, um die Sanierungsmöglichkeiten im Insolvenz­ verfahren zu wahren, ohne jedoch zugleich einer außergerichtlichen Sanierung entgegenzuwirken.483 Hierunter sind Auslösekriterien zu verstehen, die weniger auf Krisensymptome als vielmehr auf die Krisenursachen abstellen. Das alleinige Abstellen auf die verwirtschaftete Vermögenssubstanz oder die Zahlungs­ unfähigkeit erscheint daher wenig geeignet zu sein. Idealtypisch wäre ein Insolvenzauslöser, der eine mangelnde finanzielle Ertragsfähigkeit zur Erzielung

479 480 481 482 483

Vgl. Schmidt, K„ [Gutachten], 1982, S. 60. Vgl. Vormbaum, H.; Baumanns, F. J., [Auslösung], 1984, S. 1972. Levy, L., [Konkursrecht], 1926, S. 2. Vgl. Lutter, M.; Hommelhoff, P.; Timm, W., [Finanzierungsmaßnahmen], 1980, S. 739. Vgl. Burger, A.; Schellberg, B„ [Auslösetatbestände], 1995, S. 262, dies., [Vorverlagerung], 1995, S. 565; Drukarczyk, J., [Überschuldung], 1986, S. 210; ders., [Betriebswirtschaftliche Aspekte I], 1986, S. 169 und Schmidt, K., [Überschuldungstatbestand], 1982, S. 166.

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eines positiven Cash-Flows frühzeitig anzeigt.484 Aus Sicht der Gläubiger ist unabhängig vom Verschuldungsgrad die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens spätestens dann vorzunehmen, wenn der Fortführungswert unter den Liquidationswert sinkt.



Der Zeitpunkt der Insolvenzeröfihung muß die Interessen der Gläubiger widerspiegeln, „...jedoch nicht als Gegenstand eines Gläubigerkalküls sondern als Gegenstand der unternehmerischen Selbstprüfung.“486 Daher muß der Insolvenztatbestand von innen, d.h. aus dem Unternehmen selbst, ableitbar sein, um somit eine Insolvenzbetrachtung frei von individuellen Insolvenzstrategien des Schuldners oder einzelner Gläubiger zu ermöglichen.487



Der Insolvenztatbestand als Sanktionsinstrument muß für alle Beteiligten interpretationsfrei bestimmbar und erkennbar sein, um eine weitere gläubiger­ schädigende Untemehmenspolitik stoppen zu können.488



Die Antragspflicht des Schuldners muß so mit einem Anreiz- und Sanktions­ system verknüpft werden, daß bei Vorliegen eines materiellen Insolvenztat­ bestandes auch eine Antragstellung auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erfolgt. Da das Insolvenzverfahren als Antragsverfahren ausgestaltet ist, reicht insbesondere die Tatsache der Überschuldung für eine Insolvenzeröfihung noch nicht aus. Der Schuldner muß vielmehr wirksam dazu angehalten werden können, seiner Antragspflicht bei Eintritt eines Eröffhungsgrundes Folge zu leisten.

Im folgenden ist zu untersuchen, in wieweit diese Anforderungen von den Insolvenztatbständen im neuen Recht erfüllt worden sind.

484 Vgl. Vormbaum, H.; Baumanns, F. J„ [Auslösung], 1984, S. 1973. Ungeklärt bleibt jedoch, zu welchem Zeitpunkt der Zustand der Gefährdung der Gläubigerinteressen gegeben ist. 485 Vgl. Drukarczyk, J., [Auslösung], 1981, S. 243; Schmidt, K H, [Information], 1984, S. 721 und Swoboda, P., [Untemehmenssanierung], 1983, S 7. 486 Schmidt, K„ [Überschuldungstatbestand], 1982, S. 166. Vgl. hierzu auch Vormbaum, FL; Baumanns, F. J., [Auslösung], 1984, S. 1972. 487 Vgl. Schmidt, K„ [Überschuldungstatbestand], 1982, S. 166. 488 Drukarczyk, J., [Betriebswirtschaftliche Aspekte I], 1986, S. 169.

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II. Die Insolvenztatbestände in der Insolvenzordnung Zur Vorverlegung der Insolvenzeröffhung hat der Gesetzgeber die bisherigen Insolvenztatbestände teilweise neu definiert und darüber hinaus erweitert.489 Nahezu unverändert zum alten Recht ist der Insolvenztatbestand der Zahlungsunfähigkeit. An den bisher geltenden Insolvenztatbestand der Überschuldung werden in der Insolvenzordnung deutlich strengere Anforderungen gestellt. Gleichfalls wurde die erstmals kodifizierte Fortbestehensprognose im Überschuldungstatbestand aufgenommen.490 Als Eröfihungsgrund neu hinzugekommen ist die drohende Zahlungsunfähigkeit, um in den dynamischen Prozeß der Untemehmenskrise mit einem entsprechenden Instrumentarium früher eingreifen zu können. Dies gilt insbesondere dann, wenn vorhandene Sanierungsmöglichkeiten genutzt werden sollen.491 Der Schuldner kann sich damit einen Spielraum eröffnen, Liquiditätseng­ pässe zu überbrücken sowie sich von überzogenen und ohnehin nicht mehr werthaltigen Gläubigerforderungen zu befreien.492 Abweichend von dem Vorschlag der Kommission für Insolvenzrecht ist bei drohender Zahlungsunfähigkeit nur der Schuldner antragsberechtigt.493 Die Gläubiger können nur bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag stellen.

Die (drohende) Zahlungsunfähigkeit ist allgemeiner Eröfihungsgrund, während die Überschuldung nur bei einer Kapitalgesellschaft und einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der keine natürliche Person als persönlich haftender Gesellschafter vorhanden ist, einen Eröfihungsgrund bildet.494 Bei unbeschränkt haftenden Gesellschaften geht das Gesetz von der Annahme aus, daß die Kapital­ sicherung durch das Prinzip der unbeschränkten Haftung ersetzt wird.495

489 Der Gesetzgeber verwendet den Begriff des Eröffhungsgrundes. Dieser wird als Synonym zum Insolvenztatbestand verwandt. 490 Die dem Überschuldungstatbestand bisher zugrunde liegende Fortbestehensprognose war eine durch eine starke Literaturmeinung geprägte Rechtsfortbildung. 491 Vgl. Wagner, W„ [Insolvenzrecht], 1996, S. 295. 492 Vgl. Eilenberger, G., [Insolvenzrechtsreform], 1996, S. 60. 493 Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 22, S. 114. 494 Vgl. §§17,18 und 19 InsO. 495 Vgl. Mayer, D., [Rechtsprechung des BGH], 1993, S. 206

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1. Zahlungsunfähigkeit Die Zahlungsunfähigkeit bildet die materielle Voraussetzung für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.496 In der gegenwärtigen Insolvenzpraxis werden die Insol­ venzverfahren fast ausnahmslos wegen Zahlungsunfähigkeit eingeleitet.497 Die Zahlungsunfähigkeit ist nicht nur ein aus rechtlicher Sicht justitiabler, sondern auch ein aus ökonomischer Sicht einleuchtender Insolvenztatbestand.498 Wüßte man von einem Unternehmen, daß es niemals zahlungsunfähig wird, so gäbe es auch im Falle der Überschuldung keinen Grund für eine Insolvenzeröfihung.499 Die Illiquidität ist zugleich ein von der Rechtsform des Wirtschaftssubjektes unabhängiger Tatbestand, der zwingend zur Untemehmenseinstellung führt.500

a) Rechtspolitische Grundlagen der Zahlungsunfähigkeit Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit wurde im Sinne der Rechtsklarheit in § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO festgelegt:501 „Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen.“502 Dabei wurde im wesentlichen auf die bisherige von Rechtsprechung und Literatur geprägte Definition Zahlungsunfähigkeit ist das auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende dauernde Unvermögen des Schuldners, seine sofort zu erfüllenden Geldschulden noch im wesentlichen zu berichtigen - zurückgegriffen.503

496 Vgl. §17 Abs. 1 InsO. 497 Vgl. Grub, V., [Insolvenzordnung], 1993, S. 395; Roth, G. H, [Geschäftsführerpflichten], 1985, S. 142 und Schmidt, K, [Gläubigerschutz], 1978, S. 335. 498 Aus dem Charakter der Liquidität folgt, daß das finanzielle Gleichgewicht eine unabdingbare Voraussetzung filr die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit eines Unternehmens darstellt. Vgl. hierzu die Definitionen von Gutenberg: „...wenn die finanziellen Mittel gleich dem Bedarf filr die fälligen Verbindlichkeiten oder größer als dieser Bedarf sind.“ Gutenberg, E., [Einführung], 1975, S. 114. Sowie von Witte: „Liquidität ist die Fähigkeit der Unternehmung, die zu einem Zeitpunkt zwingend fälligen Zahlungsverpflichtungen uneingeschränkt erfüllen zu können.“ Witte, E., [Finanzplanung], 1983, S. 24. Im Rechtssinne ist die engere Auslegung von Witte gegenstandslos, wobei aus betriebs­ wirtschaftlicher Sicht eine Ausweitung der Zahlungsfähigkeit zweckmäßig sein kann. 499 Vgl. Schmidt, K, [Gläubigerschutz], 1978, S. 335. 500 Vgl. Gutenberg, E., [Betriebswirtschaftslehre], 1983, S. 458. 501 Vgl. Wagner, W., [Insolvenzrecht], 1996, S. 296. 502 § 17 Abs. 2 Satz 1. 503 Vgl. BGH-Urteil vom 30.4.1959 sowie Hachenburg, M.;Ulmer, P„ [Großkommentar], § 63, Rdn. 15; Kilger, J.;Schmidt, K, [Konkursordnung], 1993, § 102, Tz. 2 und Kuhn, G.; Uhlenbruck, W., [Kommentar], § 102, Rz. 2.

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Die Auffassungen über den maßgeblichen Zeitraum für die Nichterfüllung von Zahlungsverpflichtungen gehen im Schrifttum jedoch weit auseinander, sie reichen von mehreren Tagen bis einige Monate.504 Während Obermüller505 von einem Zeitraum von 10 Tagen ausgeht, schlägt Papke506 als Orientierungszeitraum 6 Wochen vor, wohingegen Veit507 zwei Monate für angemessen hält und Schlüchter508 sogar drei Monate empfiehlt, kürzere Zeiträume jedoch für denkbar hält. Die Insolvenzpraxis geht derzeit noch von einem Zeitraum von 4-6 Wochen aus. In der Literatur und Rechtsprechung wurden bislang bezüglich des Merkmals der Dauer keine sicheren Kriterien entwickelt.509 In Übereinstimmung mit der gesetzlichen Karenzfrist zur Antragstellung sollte kein Zeitraum länger als drei Wochen angesetzt werden.510 Dieser Zeitraum erscheint noch ausreichend, um soweit überhaupt noch möglich - neue Kredite aufzunehmen und fällige Außen­ stände einzuziehen. Zum anderen tritt die Zahlungsunfähigkeit in der Untemehmenskrise ohnehin bereits als letztes Krisensymptom auf. Das prognostische Element bezüglich der Dauerhaftigkeit ist insoweit auf ein Mindestmaß zu reduzieren, um den Ermessensspielraum des Antragspflichtigen so weit wie möglich einzuschränken. Gleichzeitig würde dies dem erklärten Bestreben nach einer rechtzeitigen Verfahrenseröffhung entgegenkommen.511

Im Gesetzestext der Insolvenzordnung wurde deshalb bewußt darauf verzichtet, auf ein dauerndes Unvermögen abzustellen, damit der Zeitraum der Zahlungsunfähigkeit entgegen der weit verbreiteten Neigung nicht zu großzügig ausgelegt wird.512 Damit bleibt die Möglichkeit der Selbst-Liquidation, der Veräußerung von Betriebs­ vermögen, nahezu ausgeschlossen. Eine Zahlungsstockung liegt dann vor, wenn nach Auffassung des Verkehrslebens der Geldmangel nur vorübergehend ist, z.B. bei verzögertem Eingang oder unerwartetem Ausfall von ausstehenden Forde­ rungen.513 Hierbei versteht es sich von selbst, daß eine kurzfristige, vorübergehende

504 505 506 507 508 509

510 511 512

513

Vgl. Borup, P., [Zahlungsunfähigkeit], 1986, S. 1884. Vgl. Obermüller, M., [Konkursanmeldung], 1973, S. 269. Vgl. Papke, H, [Zahlungsunfähigkeit], 1969, S. 736. Vgl. Veit, K.-R., [Zahlungsunfähigkeit], 1982, S. 276. Vgl. Schlüchter, E., [Bankrottstrafrecht]], 1978, S. 268. Die vorherrschende Meinung geht von einem Zeitraum von höchstens einem Monat aus. Vgl. Kuhn, G.;Uhlenbruck, W„ [Kommentar], § 102, Rz. 2b m.w.N., Lutter, M.;Hommelhoff, P., [Kommentar] § 63, Rz. 2 und Schaub, [Krise], 1993, S. 1483. Ebenso Wagner, W., [Insolvenzrecht], 1996, S. 296. Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 21, S. 114. Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 21, S. 114. Der bisherige Begriff der Zahlungsmittel umfaßt durch die Bezugnahme auf ein dauerndes Unvermögen auch die Möglichkeit der Transformation geldnaher Vermögensgegenstände. Ausführlich dazuZüc^e, W., [Liquidität], 1984, S. 2362-2365. Vgl. Kuhn, G.;Uhlenbruck, W., [Kommentar], § 102, Rz.2e m.w.N.

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Zahlungsstockung von begründet.514

1

bis 2

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Wochen noch keine Zahlungsunfähigkeit

Im neuen Recht wird auch davon abgesehen, auf den wesentlichen Teil der Geldschulden abzustellen, da bis jetzt weder in der Literatur noch in der Recht­ sprechung eine konkrete Bestimmung der Wesentlichkeit vorgenommen worden ist, und es bereits der allgemeinen Verkehrsauffassung entspricht, geringfügige Liquiditätslücken außer Betracht zu lassen.515 In der Literatur wird eine Liquiditäts­ lücke von 10-25% für noch vertretbar gehalten, wenngleich eingeräumt wird, daß diese Werte sachlich nicht zu begründen wären.516 In der Begründung des Regierungsentwurfes heißt es hierzu wörtlich: „Ebensowenig empfiehlt es sich, im Gesetz vorzuschreiben, daß die Unfähigkeit zur Zahlung einen wesentlichen Teil der Verbindlichkeiten betreffen muß. Insbesondere erscheint es nicht gerechtfertigt, Zahlungsunfähigkeit erst anzunehmen, wenn der Schuldner einen bestimmten Bruchteil der Gesamtsumme seiner Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen kann.“517 Somit bleibt es in der Praxis unklar, wie eine unschädliche geringfügige Liquidi­ tätslücke zu quantifizieren ist.

b) Feststellung der Zahlungsunfähigkeit Die insolvenzrechtliche Zahlungsunfähigkeit knüpft an eine reine Geldilliquidität und nicht an eine güterwirtschaftliche Illiquidität an.518 Der Schuldner kann, obgleich noch liquidierbare Vermögenswerte519 vorhanden sind, bereits zahlungsun­ fähig sein. Die Rechtsprechung des BGH sieht entgegen der strafrechtlichen Rechtsprechung in der böswilligen Zahlungsverweigerung, insbesondere wenn sich der Schuldner scheut, seine Vermögenswerte zu versilbern, noch keine Zahlungsun­ fähigkeit.520 Der Zivilsenat übersieht hierbei, daß die Zahlungsunfähigkeit als

514 Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 21, S. 114 und Burger, A.; Schellberg, B., [Vorverlagerung], 1995, S. 567. 515 Vgl. Kuhn, G.;Uhlenbruck, W., [Kommentar], § 102, Rz. 2a und Veit, K-R., [Zahlungsunfähigkeit], 1982, S. 278. 516 Vgl. Burger, A.; Schellberg, B„ [Auslösetatbestände], 1995, S. 263; Meyer-Cording, U, [Insolvenztatbestände I], 1985, S. 1925; Schedlbauer, H., [Insolvenzprüfungen], 1984, S. 2212; Kuhn, G.;Uhlenbruck, W., [Kommentar], § 102, Rz. 2a; Papke, H., [Zahlungsunfähigkeit], 1969, S. 735 und Veit, K-K, [Zahlungsunfähigkeit], 1982, S. 278. 5,7 BT-Drucks. 12/2443 zu § 21, S. 114. 518 Vgl. Kuhn, G.;Uhlenbruck, W., [Kommentar], § 102, Rz. 2 und Lücke, W., [Liquidität], 1984, S. 2361-2362. 519 Der Begriff des Vermögenswertes umfaßt auch die nicht bilanzierungsfähigen Vermögensgegen­ stände. 520 Vgl. BGH-Urteil vom 5.11.1956.

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Geldilliquidität auszulegen ist und nicht auf die Liquidierbarkeit von Vermögens­ werten abstellt.521

Die Zahlungsverpflichtungen umfassen auch Leistungsverpflichtungen, die sich aus der Nichterfüllung von ursprünglich nicht auf Geld gerichteten Forderungen nach §§ 433 Abs. 1, 325 und 440 BGB ergeben.522 Verbindlichkeiten aus dem Gesell­ schaftsverhältnis, die den Schutzvorschriften des § 30 GmbHG unterliegen, bleiben außer Betracht.523 Eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen ohne Rangrück­ trittsvereinbarung werden für die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit analog zur Passivierungspflicht im Überschuldungsstatus einbezogen.524 Die derzeit herr­ schende Meinung525 stellt nur auf die fälligen und ernsthaft eingeforderten Verbindlichkeiten ab.526 In der Insolvenzordnung wird der Kreis der einzube­ ziehenden Verbindlichkeiten erweitert. In der Legaldefinition der Zahlungsun­ fähigkeit heißt es: „Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.“527 Dadurch wird der Kreis auch auf die nicht ernsthaft eingeforderten Forderungen ausgeweitet.528 Die Insol­ venzauslösung wird dadurch zeitlich nach vorne verlagert.529 Diese Erweiterung wird insbesondere aus Gründen der Rechtsklarheit begrüßt. Bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit bleibt weiterhin unklar, wie hoch der Anteil der Verbindlich­ keiten, die der Schuldner nicht erfüllen kann, sein muß. Obwohl im neuen Recht das Merkmal der Wesentlichkeit ausgeklammert wird, ist eine Abgrenzung zu vorübergehenden, geringfügigen Liquiditätslücken notwendig, um festzustellen, ob

521 Vgl. Kuhn, G.; Uhlenbruck, W., [Kommentar], § 102, Rz. 2d. 522 Vgl. Hachenburg, M.;Ulmer, P., [Großkommentar], § 63, Rdn. 19 und und Scholz, F;Schmidt, K, [Kommentar], § 63, Rz. 6. 523 Vgl. Hachenburg, M.;Ulmer, P„ [Großkommentar], § 63, Rdn. 20 und Scholz, F.;Schmidt, K, [Kommentar], § 63, Rz. 6. 524 Vgl. Baumbach, A.;Hueck, G.;Schulze-Osterloh, J., [Kommentar], § 63, Rz. 5, Hachenburg, M.;Ulmer, P„ [Großkommentar], § 63, Rdn. 20 und Scholz, F.;Schmidt, K, [Kommentar], § 63, Rz. 6. 525 Vgl. Baumbach, A.;Hueck, G.;Schulze-Osterloh, J., [Kommentar], § 63, Rz. 3; Kuhn, G.;Uhlenbruck, W., [Kommentar], § 102, Rz. 2c und Veit, K-R., [Zahlungsunfähigkeit], 1982, S. 276 526 In der Literatur und Rechtsprechung wird immer wieder darauf hingewiesen, daß die Gläubiger nicht ständig und durchgreifend auf die Begleichung ihrer Forderungen drängen müssen. Vgl. Kuhn, G.;Uhlenbruck, W„ [Kommentar], § 102, Rz. 2c. Beispielsweise fallen Klagen oder Zwangsvoll­ streckungsmaßnahmen nicht darunter. Vgl. BGH-Urteil vom 18.5.1955. 527 § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO. 528 Vgl. Burger, A.; Schellberg, B., [Auslösetatbestände], 1995, S. 263. Zweifelnd Früh, H-J, [Insol­ venz], 1995, S. 796. 529 Vgl. Burger, A.; Schellberg, B., [Vorverlagerung], 1995, S. 568.

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die Zahlung die Regel oder die Ausnahme ist.5o° Denkbar ist wie bisher eine Relation zwischen den verfügbaren Zahlungsmitteln und den fälligen Verbindlich­ keiten. Dies würde jedoch säumige Schuldner gegenüber Schuldnern mit guter Zahlungsmoral in ungerechtfertigter Weise begünstigen, da sich das Verhältnis zwischen den finanziellen Mitteln und den Geldschulden bei abnehmendem Geldbestand verschlechtert.531 Geeignet erscheint vielmehr, ein Verhältnis zwischen den fälligen und den gesamten Verbindlichkeiten heranzuziehen.532 Da die Insolvenzordnung im Gegensatz zum alten Recht an den Insolvenztatbestand insgesamt strengere Anforderungen stellt, wäre entgegen der bisherigen Literatur­ meinung auf einen Prozentsatz von nicht mehr als 10% abzustellen.533

Mit der Aufgabe des Merkmals der Wesentlichkeit kommt zugleich dem Zeitraum für die Überprüfung der Zahlungsfähigkeit eine entscheidende Bedeutung zu. Der rechtlich bedeutsame Planhorizont für die Zahlungsfähigkeit sollte einen Zeitraum von zwei bis drei Monaten umfassen.534

Von der Zahlungsunfähigkeit ist die Zahlungsunwilligkeit des Schuldners zu trennen.535 Die Zahlungsunwilligkeit reflektiert den Unwillen des Schuldners, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Die Zahlungseinstellung bei Zahlungsunwilligkeit führt dann nicht zur Zahlungsunfähigkeit, wenn trotz vorhandener Geldmittel der Schuldner willkürlich einen wesentlichen Teil der fälligen Verbindlichkeiten nicht begleicht, nicht jedoch wenn der Schuldner vorhandene Vermögenswerte nicht liquidieren will.536 Diese von der Kommentar­ meinung vertretene Auffassung nach dem objektiven Mangel an Zahlungsmitteln ist aus Gläubigersicht nicht unproblematisch, da eine Zahlungseinstellung zunächst den Insolvenztatbestand nach § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO objektiv belegt und es für die Gläubiger unbillig wäre, den subjektiven Willen des Schuldners zu erforschen.537 Die Zahlungseinstellung ist eine nach außen erkennbare, insbesondere vom

530 So auch Jäger, K.-H., [Zahlungsunfähigkeit], 1986, S. 1445. 031 Vgl. hierzu das Rechenbeispiel bei Borup, P., [Zahlungsunfähigkeit], 1986, S. 1884. 532 Vgl. Burger, A.; Schellberg, B., [Auslösetatbestände], 1995, S. 263 und Schedlbauer, H, [Insolvenzprüfungen], 1984, S. 2212. 533 A.A. Jäger, der einen Prozentsatz von 25% für angemessen hält. Jäger, K-H, [Zahlungs­ unfähigkeit], 1986, S. 1445. 534 Vgl. IDW, [Zahlungsunfähigkeit], 1998, S. 516. 535 Vgl. Burger, A.; Schellberg, B., [Auslösetatbestände], 1995, S. 262. 536 Vgl. Hachenburg, M.;Ulmer, P„ [Großkommentar], § 63, Rdn. 15 und Kuhn, G.; Uhlenbruck, W„ [Kommentar], § 102, Rz. 2d. 537 So nimmt die strafgerichtliche Rechtsprechung auch dann eine Zahlungsunfähigkeit an, wenn der Schuldner böwillig nicht zahlt oder sich über die liquidierbaren Vermögenswerte im Irrtum befindet. Vgl. BGHSt 3,294.

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Schuldner erklärte oder aus sonstigen Umständen ersichtliche Zahlungsunfähigkeit, die keines weiteren Beweises mehr bedarf.538 Ferner würde die Verunsicherung über die Insolvenz die Sanktionsmöglichkeiten der Gläubiger stark einschränken. Die Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel dann anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.539 Indizien hierfür sind die Nichtzahlung von Löhnen und Gehältern, Mahnungen, Wechselproteste, wiederholte Hingabe ungedeckter Schecks sowie Vollstreckungsmaßnahmen.540 Während die Zahlungseinstellung - nicht die Zahlungsunwilligkeit - die Zahlungsunfähigkeit voraussetzt, muß die Zahlungsunfähigkeit noch nicht mit einer vollständigen Zahlungseinstellung verbunden sein.541 Somit ist die Zahlungseinstellung eine sich manifestierende Zahlungsunfähigkeit.542 Fehlt es an der Zahlungseinstellung, so ist die Zahlungsunfähigkeit mit Hilfe einer Liquiditätsbilanz festzustellen.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit ist der Moment der Entscheidung des Insolvenzgerichtes.543 Durch die Wiederaufnahme der Zahlungen, gleich aus welchem Grund, kann die Zahlungsfähigkeit wieder hergestellt werden. Hierbei kann eine Stundung der fälligen Verbindlichkeiten den Insolvenztatbestand nur dann beseitigen, wenn dadurch eine allgemeine Wiederauf­ nahme der Zahlungen ermöglicht wird.544 Entgegen der in der Literatur545 vertretenen Forderung nach einem Übergang auf eine Zeitraumilliquidität de lege lata, wurde mit der Einführung der drohenden Zahlungsunfähigkeit im Umkehr­ schluß klargestellt, daß bei der Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO

538 Vgl. Hachenburg, M.;Ulmer, P., [Großkommentar], § 63, Rdn. 17. 539 § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO begründet für den Fall der Zahlungseinstellung eine widerlegbare Vermu­ tung einer Zahlungsunfähigkeit. Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 21, S. 114. 540 Vgl. 1DW, [Zahlungsunfähigkeit], 1998, S. 516 und Hachenburg, M.;Ulmer, P„ [Großkommentar], §63, Rdn. 18. 541 Vgl. Kilger, J.;Schmidt, K, [Konkursordnung], 1993, § 102, Tz. 3 und Scholz, F.;Schmidt, K, [Kommentar], § 63, Rz. 8. 542 Vgl. Scholz, F.;Schmidt, K, [Kommentar], § 63, Rz. 5. 543 Vgl. Bork, R., [Insolvenzrecht], 1995, S. 40. Wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Antragstellung zahlungsunfähig war und bis zum Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung die Liquiditätslücke über­ wunden werden konnte, wird der Antrag als unbegründet zurückgewiesen. 544 Vgl. Baumbach, A.;Hueck, G.;Schulze-Osterloh, J., [Kommentar], § 63, Rz. 6, Hachenburg, M.;Ulmer, P., [Großkommentar], § 63, Rdn. 21 und Scholz, F;Schmidt, K, [Kommentar], § 63, Rz. 9. 545 Vgl. grundlegend Kilger, J., [Reorganisationsverfahren], 1982, S. 781, Baumbach, A.;Hueck, G.;Schulze-Osterloh, J„ [Kommentar], § 63, Rz. 3, Kilger, J.;Schmidt, K, [Konkursordnung], 1993, § 102, Tz. 2a, Kölner Kommentar, [Kommentar], § 92, Rz. 27, Kuhn, G.;Uhlenbruck, W„ [Kommentar], § 102, Rz. 2 und Lutter, id.;Hommelhoff, P., [Kommentar] § 63, Rz. 3. A.A. Hachen­

burg, M.;Ulmer, P„ [Großkommentar], § 63, Rdn. 15 und 22, Hüffer, U, [AktG], 1995, § 92, Rz. 8. Zweifelnd Scholz, F;Schmidt, K, [Kommentar], § 63, Rz. 7.

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auf eine Zeitpunktilliquidität abzustellen ist.546 Hierbei ist anzumerken, daß die Abgrenzung zur Zahlungsstockung eine Prognose über die in dem zugrunde liegenden Zeitraum von zwei bis drei Monaten erwartete Einnahmen und fällig werdende Verbindlichkeiten impliziert.547 Aus dieser Sicht unterliegt die Zahlungs­ unfähigkeit auch im neuen Recht zwangsläufig einer Zeitraumilliquidität im engeren Sinne.

c) Kritische Würdigung der Zahlungsunfähigkeit Der Insolvenztatbestand der Zahlungsunfähigkeit zeigt nicht nur an, daß die finanziellen Mittel im Unternehmen erschöpft sind, sondern auch, daß keine weiteren mehr beschafft werden können.548 Die Liquidität folgt der Bonität. Die Zahlungsunfähigkeit, insbesondere die Zahlungseinstellung, legt bereits eine Überschuldung offen, da das Unternehmen den Kreditgebern weder Ertragspo­ tentiale signalisieren noch weitere Kreditsicherheiten mehr anbieten kann.549 Empirische Studien zeigen, daß der Verschuldungsgrad von Unternehmen im Vorfeld der Insolvenz steigt und die Beleihbarkeit bereits voll ausgeschöpft ist.550 Ein Kreditgeber wird ein Unternehmen ohne positive Überlebensprognose nur solange mit Kapital versorgen, bis alle Vermögensgegenstände mit Sicherheiten belegt sind.551 Hierbei sei vorausgesetzt, daß ein risikoaverser Kapitalgeber den Zerschlagungsfall antizipiert und daß der Gesamtwert des Unternehmens dem Liquidationswert der einzelnen Vermögensgegenstände annäherungsweise entspricht. Eine zusätzliche Kreditierung würde bei anhaltend defizitärer Ertragslage die Zahlungsfähigkeit trotz eingetretener Überschuldung weiter aufrecht erhalten. Insbesondere fuhren die Informationsasymmetrien zwischen dem Schuldner und den Gläubigem dazu, daß die Zahlungsunfähigkeit erst nach der Überschuldung eintritt.552

Vgl. Bork, R„ [Insolvenzrecht], 1995, S. 4041. Vgl. Hachenburg, M.;Ulmer, P„ [Großkommentar], § 63, Rdn. 15. Vgl. Schmidt, R H, [Information], 1984, S. 721. Vgl. Drukarczyk, J., [Kapitalerhaltungsrecht], 1994, S. 1745 und Schmidt, R. H, [Information], 1984, S. 721. 550 Vgl. m.w.N. Drukarczyk, J, [Kapitalerhaltungsrecht], 1994, S. 1742; Weibel, P. E, [Bonitätsbeurteiiung], 1978, S. 270 und Weinrich, G., [Kreditwürdigkeitsprognosen], 1978, S. 129-131. 551 Vgl. Schmidt, R, [ökonomische Analyse], 1980, S. 113-114. 552 Vgl. Drukarczyk, J., [Überschuldung], 1986, S. 213. 546 547 548 549

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Insgesamt kann festgehalten werden, daß die Zahlungsunfähigkeit bereits eine Überschuldung anzeigt.553 In der Literatur wird in diesem Zusammenhang von einer „ökonomischen Überschuldung“ gesprochen.554 Die Zahlungsunfähigkeit ist somit als Kriterium für die Bestimmung der Insolvenzreife untauglich, da sie bereits das Ende einer gläubigergefährdenden Krise markiert.555 Der Insolvenztatbestand entfaltet infolgedessen keine präventive Schutzwirkung.556 Gerade aber um den präventiven Gläubigerschutz sollten die neuen insolvenzrechtlichen Tatbestände angesichts der enttäuschenden Konkursquoten bemüht sein. Vom theoretischen Standpunkt aus wäre die Zahlungsunfähigkeit als Insolvenztatbestand ersatzlos zu streichen, wenn nicht die Zahlungsunfähigkeit in der Insolvenzpraxis als Auffangtat­ bestand einer unerkannten Überschuldung ihre fragwürdige Existenzberechtigung hätte.557. Die Zahlungsunfähigkeit stellt kein geeignetes Auslösekriterium dar, da das Krisensignal für eine Sanierung regelmäßig zu spät erfolgt.558 In der gegenwärtigen Insolvenzpraxis führt die Zahlungsunfähigkeit fast immer zu einer Zerschlagung.559 Nicht zuletzt erweist sich dieser Insolvenztatbestand als untauglich, weil die insolvenzrechtliche Illiquidität enger gefaßt ist als der betriebswirtschaftliche Illiquiditätsbegriff.560 So werden in einer existenzbedrohenden Untemehmenskrise nur die Ausgaben getätigt, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes notwendig sind. Eine Ausweitung des Illiquiditätsbegriffes auf untemehmenswerterhaltende Ausgaben wäre daher notwendig.561 Ferner ist zu beanstanden, daß die Zahlungsunfähigkeit durch die Gläubiger, insbesondere die Kreditinstitute, steuerbar ist, da mit der Kreditentscheidung zumeist auch über die Zahlungsfähigkeit entschieden wird.

553 So auch Drukarczyk, J„ [Finanzierungstheorie], 1980, S. 291; Egner, H.; Wolff, G., [Überschuldungstatbestand], 1978, S. 101 und Uhlenbruck, W., [Sanierungskredit], 1982, S. 147148. 554 Vgl. Schmidt, R. H., [Information], 1984, S. 721. 535 Vgl. Plate, G, [Insolvenzreife], 1980, S. 218. 336 Vgl. Drukarczyk, J., [Überschuldung], 1986, S. 214 und Schmidt, K., [Gläubigerschutz], 1978, S. 336. 337 Vgl. Schaub, B., [Krise], 1993, S. 1484 und Schmidt, K., [Gutachten], 1982, S. 61. 338 Vgl. Früh, H.-J, [Insolvenz], 1995, S. 799. 339 Vgl. Schmidt, R. H„ [Information], 1984, S. 721. 360 Vgl. die hierzu Hierarchie der Auszahlungen bei Borup, P„ [Zahlungsunfähigkeit], 1986, S. 1885. 361 Vgl. Schaub, B„ [Krise], 1993, S. 1484.

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2. Drohende Zahlungsunfähigkeit Mit der Einführung der drohenden Zahlungsunfähigkeit als weiteren Eröffiiungsgrund soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers eine wirksame Voraussetzung für eine rechtzeitige Eröffnung eines Verfahrens geschaffen werden.562 Die drohende Zahlungsunfähigkeit verpflichtet den Schuldner nicht, einen Insolvenzantrag zu stellen. Sie verschafft ihm lediglich nach § 18 Abs. 1 InsO das Recht, die Gesell­ schaft unter den Schutz des Insolvenzverfahrens zu stellen. Die frühzeitige Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens ist besonders dann sinnvoll, wenn außergerichtliche Sanierungsbemühungen am Widerstand sog. Akkordstörer scheitern oder wenn der Schuldner in einer, wie sich kurze Zeit danach herausstellt, falschen Erwartung auf einen Großauftrag bereits zahlreiche Verbindlichkeiten eingegangen ist.563 In diesem Fall kann der Insolvenzverwalter mit der Insolvenzer­ öflhung die Erfüllung der noch schwebenden Geschäfte ablehnen und dadurch ein drohendes finanzielles Ungleichgewicht abwenden. Ferner steht dem Schuldner die Möglichkeit zu, sich mit der Vorschrift der Rückschlagsperre nach § 88 InsO die notwendige Liquidität für die Kosten des Verfahrens nach § 26 Abs. 1 InsO zu verschaffen.564

a) Rechtspolitische Grundlagen der drohenden Zahlungsunfähigkeit Die zeitpunktbezogene Zahlungsunfähigkeit hat sich zur Einleitung eines gesetz­ lichen Sanierungsverfahrens als völlig ungeeignet erwiesen.565 Entsprechend dem Vorschlag der Kommission für Insolvenzrecht wurde darauf im neuen Recht der Insolvenztatbestand der drohenden Zahlungsunfähigkeit eingeführt.566 Der Zeitraum der Untemehmenskrise wird damit analog zum Bankrottstrafrecht wesentlich ausgeweitet.567 Dadurch soll die Möglichkeit geschaffen werden, bereits bei einer sich abzeichnenden Insolvenz ein gesetzliches Schuldenbereinigungsverfahren einzuleiten.568 Ein Schuldner ist drohend zahlungsunfähig, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage ist, die bestehenden Zahlungsverpflichtungen im Zeitpunkt der

562 563 564 565 566 567 568

Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 84. Vgl. Uhlenbruck, [Recht II], S. 197. Vgl. Uhlenbruck [Recht II], S. 197. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 84. Vgl. §18 InsO. Vgl. Hoffmann, G., [Konkursstrafrecht], 1980, S. 1528. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, § 22, S. 114.

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Fälligkeit zu erfüllen.569 Das neue Recht stellt hierbei auf eine Zeitraumilliquidität ab. Anders als bei der bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit werden auch die bereits bestehenden, aber noch nicht fälligen Zahlungsverpflichtungen mit einbezogen. Dadurch werden auch diejenigen Verbindlichkeiten erfaßt, deren Fälligkeit durch Stundungsvereinbarungen hinausgeschoben wurde. Das Wort „voraussichtlich“ ist so zu verstehen, daß der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit wahrscheinlicher sein muß als deren Vermeidung.570 Damit liegen die Einzahlungen auf Dauer im Durchschnitt unter den Ausgaben.571 Der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bei drohender Zahlungsun­ fähigkeit ist auf die sog. Innenlösung beschränkt.572 Das Antragsrecht steht nach dem Willen des Gesetzgebers nur dem Schuldner zu, um zu vermeiden, daß Außenstehende den Schuldner im Vorfeld einer sich abzeichnenden Insolvenz unter Druck setzen und Bemühungen um eine außergerichtliche Sanierung behindern können.573 Diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen, da sich der Gläubiger bei einer rechtsmißbräuchlichen Antragstellung Schadensersatzansprüchen aussetzen würde.574 Plausibel erscheint vielmehr, daß nur der Schuldner mit hinreichender Sicherheit eine drohende Zahlungsunfähigkeit feststellen kann.575 Abgesehen von der Schwierigkeit für die Gläubiger, die drohende Zahlungsun­ fähigkeit festzustellen, scheint eine Fokussierung auf die Innenlösung als Fehlge­ wichtung zwischen Schuldner- und Gläubigerinteressen. So kommt bereits zum Zeitpunkt der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Gläubigergesamtheit aufgrund der weiteren Masseauszehrung ein schutzwürdiges Interesse zu, das Unternehmen einer geordneten Abwicklung unter rechtzeitiger Prüfung etwaiger Sanierungs­ möglichkeiten zu unterziehen.576 Zurecht weisen Burger/Schellberg darauf hin, daß ein Sanktionspotential zum Schutz der Gläubiger nicht in die Verantwortung desjenigen gelegt werden kann, vor dem Schutz gewährt werden soll.577 Deshalb kann auch der Auffassung nicht gefolgt werden, daß eine Antragstellung seitens der

Vgl. § 18 Abs. 2 InsO. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, § 22, S. 115. Vgl. Borup, P„ [Zahlungsunfähigkeit], 1986, S. 1887. Vgl. §18 Abs. 1 InsO. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, § 22, S. 114 und Burger, A., [Zahlungsunfähigkeit], 1992, S. 2152. Vgl. Pape, G., [Konkursantrag], 1995, S. 627. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 84. Eine Prognose über die prospektive Illiquidität wäre allenfalls der Hausbank des Schuldners möglich. Ebenso Meyer-Cording, U., [Insolvenztatbestände D], 1986, S.417. 576 So auch Breutigam, A.;Tanz, M., [Insolvenzanfechtungsrecht], 1998, S. 719. 577 Vgl. Burger, A.; Schellberg, B., [Auslösetatbestände], 1995, S. 265. 569 570 571 572 573 374 575

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Gläubiger die verfassungsrechtlich verankerten Eigentumsrechte des Schuldners einschränken.578

b) Feststellung drohender Zahlungsunfähigkeit Erste Anhaltspunkte für eine drohende Zahlungsunfähigkeit können Umsatzein­ brüche, ausgeschöpfte Kreditlinien oder größere Forderungsausfälle sein.579 Im Gegensatz zur Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung unterliegt die drohende Zahlungsunfähigkeit einer prospektiven Prüfung. Die Feststellung der drohenden Zahlungsunfähigkeit baut auf einer systematischen Gegenüberstellung zukünftiger Einnahmen und Ausgaben des Unternehmens auf.580 Als Planungsinstrument ist ein Finanzplan heranzuziehen.581 Das Insolvenzgericht kann den Schuldner nach § 20 InsO auffordem, einen derartigen Finanzplan zur Antragsbegründung einzu­ reichen.582 In einem Finanzplan werden die aus einer Vermögens- und Schulden­ übersicht abzuleitenden Ein- und Auszahlungen nach ihrem Zahlungszeitpunkt auf einer Zeitachse abgetragen.583 Als Hilfestellung für die Feststellung der Zahlungs­ ströme kann eine Plan-Gewinn- und Verlustrechnung zugrunde gelegt werden. Hierbei ist der Anfangsbestand der Zahlungsmittel zuzüglich der zu erwartenden Einnahmen den zum Zeitpunkt der Planerstellung schuldrechtlich entstandenen Ausgaben gegenüberzustellen; im Rahmen der gesamten Finanzplanung sind auch die zukünftigen, noch nicht begründeten Zahlungsverpflichtungen entsprechend ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit zu berücksichtigen.584 Drohende Zahlungsunfähigkeit liegt dann vor, wenn eine sich abzeichnende finanzielle Unterdeckung nicht durch Maßnahmen außerhalb des betrieblichen Leistungsprozesses, z.B. durch Kreditauf­

578 Burger, A.; Schellberg, B., [Auslösetatbestände], 1995, S. 265. 579 Vgl. auch die Anzeichen bei Hoffmann, G., [Konkursstrafrecht], 1980, S. 1529. M.E. liegt bei Wechselprotesten, erfolglosen Pfändungen sowie bei der Nichteinlösung von Schecks durch die eigene Bank bereits Zahlungsunfähigkeit vor. 580 Entgegen dem Wortlaut des § 18 Abs. 2 InsO sind auch die Verbindlichkeiten einzubeziehen, die erst innerhalb des zugrunde liegenden Zeitraumes zur Entstehung gelangen und fällig werden, z.B. Löhne und Gehälter, da diese Verbindlichkeiten gleichwohl geeignet sind, die Tilgung der bereits beste­ henden aber noch nicht fälligen Verbindlichkeiten zu verhindern. Ebenso Breutigam, A.;Tanz, M., [Insolvenzanfechtungsrecht], 1998, S. 718. A.A. Steiner, M., [Insolvenzauslösetatbestände], 1986, S. 427. 581 Vgl. Hoffmann, G., [Konkursstrafrecht], 1980, S. 1529 und Wagner, W., [Insolvenzrecht], 1996, S. 296. 582 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, § 22, S. 115. 583 Vgl. Wagner, W., [Insolvenzrecht], 1996, S. 297. 584 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, § 22, S. 114-115.

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nähme, sonstige Zuschüsse oder Veräußerung von nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenständen, behoben werden kann.585

Der Tatbestand der drohenden Zahlungsunfähigkeit ist zukunftsgerichtet. Die Prognose muß die gesamte Entwicklung der Finanzlage des Schuldners bis zur Fälligkeit der zum Prüfungszeitpunkt begründeten Verbindlichkeiten umfassen.586 Da die Prognosesicherheit mit zunehmendem Planungshorizont rasch abnimmt, dürfte ein Prognosezeitraum von länger als einem Jahr problematisch sein. Die Frage dem noch zuläßigen Prognosezeitraum ist jedoch von untergeordneter Bedeutung, da die Zuordnung subjektiver Wahrscheinlichkeiten zu den Ein- und Auszahlungen ohnehin erhebliche Bewertungsspielräume eröffnet und gleichzeitig nur dem Schuldner ein Antragsrecht zukommt. Allerdings wäre ein für die verschiedenen gesetzlichen Vorschaurechnungen - Prüfung des Fortführungsgrund­ satzes sowie der Fortbestehensprognose zur Überprüfung der Überschuldung einheitlicher Prognosezeitraum sinnvoll.

c) Kritische Würdigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit Die Feststellung der drohenden Zahlungsunfähigkeit ist vom Gesetzgeber nicht näher geregelt worden. Bei der Prüfung wird sich daher zwangsläufig die Frage stellen, wann überhaupt drohende Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Die Ermittlung und Bewertung der Zahlungsströme unterliegt somit anhand der Gegebenheiten des konkreten Einzelfalles allein den subjektiven Vorstellungen des Schuldners. Eine intersubjektive Nachvollziehbarkeit ist nur schwer oder gar nicht möglich.587 Es ist daher zu befürchten, daß die Feststellung der drohenden Zahlungsunfähigkeit von einer unüberschaubaren richterlichen Kasuistik geprägt wird.588 Dem Schuldner eröffnet sich dadurch ein erheblicher zeitlicher Spielraum zur Antragstellung, wogegen insbesondere die Kreditinstitute im Hinblick auf die Anfechtungsvor­ schriften einer erhöhten Rechtsunsicherheit ausgesetzt sind. Die Sorge der Kreditinstitute, daß der Schuldner die drohende Zahlungsunfähigkeit als Druckmittel zur weiteren finanziellen Unterstützung in der Untemehmenskrise einsetzen könnte, scheint durchaus berechtigt.

585 586 387 388

Vgl. Wagner, W„ [Insolvenzrecht], 1996, S. 297. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, § 22, S. 115. Vgl. Burger, A.; Schellberg, B., [Auslösetatbestände], 1995, S. 265. Vgl. Hoffmann, G., [Konkursstrafrecht], 1980, S. 1529.

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Bereits nach neuerer Auffassung stellt die Zahlungsunfähigkeit im alten Recht auf eine Zeitraumilliquidität ab, so daß bereits derzeit bei einer sich abzeichnenden Zahlungsunfähigkeit eine Antragstellung geboten und zulässig wäre.589 Ein Schuldner, der im Hinblick auf erfolgversprechende Sanierungsmöglichkeiten eine rechtzeitige Verfahrenseröffhung anstrebt, hätte also nach dieser Auffassung bereits im alten Recht einen Antrag stellen können. Hätte sich diese neuere Auffassung im Wege der Rechtsfortbildung bereits allgemein durchgesetzt, wäre die Einführung eines neuen Tatbestandes der drohenden Zahlungsunfähigkeit überflüssig geworden.

Im weiteren ist die Affinität der drohenden Zahlungsunfähigkeit zum Insolvenztat­ bestand der Überschuldung aufzuzeigen. So kann die drohende Zahlungsunfähigkeit als Reflex der Überzeugung potentieller Geldgeber, daß die Schulden den Gesamtwert des Unternehmens bereits übersteigen, interpretiert werden.590 Ein Schuldner, der im Prognosezeitraum seine Zahlungsdefizite nicht mehr beseitigen kann, hat in aller Regel die Beleihbarkeit seiner Vermögensgegenstände bereits voll ausgeschöpft.591 Bei Vorliegen der drohenden Zahlungsunfähigkeit muß gleichzeitig die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit eindeutig verneint werden. Der mit einer negativen Fortbestehensprognose nach neuem Recht verbundene Ansatz von Liquidationswerten im Überschuldungsstatus dürfte aufgrund der angespannten Eigenkapitalsituation in der Untemehmenskrise mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Überschuldung führen.592 Somit gehen im Ergebnis der Insolvenztatbestand der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Insolvenztatbestand der Überschuldung ineinander auf. Die drohende Zahlungsunfähigkeit führt damit entgegen dem Willen des Gesetzgebers zur Antragspflicht für den Schuldner.593 Dieser Zustand ist in zweierlei Hinsicht problematisch: Zum einen entfaltet die drohende Zahlungsun­ fähigkeit damit nur die gleiche präventive Wirkung wie der Überschuldungstat­ bestand.594 Da allein dem Schuldner die Ermittlung des Insolvenztatbestandes und zugleich auch das Antragsrecht obliegt, und dieser nach der derzeitigen Insolvenz­ praxis geneigt ist, die Antragstellung hinauszuzögem, ist mit einer übermäßigen

589 Vgl. Borup, P„ [Zahlungsunfähigkeit], 1986, S. 1886; Braun, E.;Uhlenbruck, W„ [Untemehmens­ insolvenz], 1997, S. 279 und Kuhn, G,; Uhlenbruck, W„ [Kommentar], § 102, Rz. 2. 590 Vgl. Drukarczyk, J., [Auslösung], 1981, S. 250, Kupsch, P., [Überschuldungsmessung], 1984, S. 159 und Meyer-Cording, U, [Insolvenztatbestände II], 1986, S. 416. 591 Vgl. Drukarczyk, J„ [Kapitalerhaltungsrecht], 1994, S. 1742. 592 Vgl. Drukarczyk, J., [Kapitalerhaltungsrecht], 1994, S. 1744 und Schüppen, M., [Konkurs­ verschleppung], 1994, S. 199. 593 Ähnlich Drukarczyk, J„ [Kapitalerhaltungsrecht], 1994, S. 1743. 594 Vom theoretischen Standpunkt bleibt die drohende Zahlungsunfähigkeit der schärfere Insolvenz­ tatbestand, da mit einer negativen Fortbestehensprognose eine Überschuldung nicht zwingend ausgeschlossen werden kann.

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Inanspruchnahme des Eröffhungsgrundes nicht zu rechnen. Zum anderen ergeben sich derzeit noch nicht abschätzbare rechtstechnische Probleme, da durch faktisch identische Insolvenztatbestände unterschiedliche Rechtsfolgen ausgelöst werden.595

3. Überschuldung Die Überschuldung als Überwiegen der Passiva gegenüber den Aktiva muß nach dem rechtlichen Wesen der Insolvenz als der originäre Tatbestand angesehen werden. Im Interesse der Gläubiger sichert der Insolvenztatbestand der Überschul­ dung eine bestimmte Haftungsmasse und damit eine Mindestquote filr schlecht informierte und machtlose Gläubiger. Mit der Festlegung einer Mindestschulden­ deckungsquote begrenzt der Überschuldungstatbestand das mit der Haftungsbe­ schränkung von Kapitalgesellschaften verbundene Schädigungspotential.596 Im Hinblick auf die hohe Insolvenzanfälligkeit von Kapitalgesellschaften ist die durch die Insolvenzordnung vorgenommene Verschärfung des Überschuldungstat­ bestandes von besonderer praktischer Bedeutung.597 Ohnehin scheint sich in der Insolvenzpraxis eine sehr nachlässige Handhabung mit dem Überschul­ dungstatbestand eingebürgert zu haben.598 Vonnemann stellt hierzu nüchtern fest, daß der Ermittlung der Überschuldung vornehmlich ein Wertfindungsproblem zugrunde liegt, vor dem in aller Regel stillschweigend kapituliert wird.599

a) Rechtspolitische Grundlagen der Überschuldung Die Überschuldung als Insolvenztatbestand ist im Schrifttum sehr umstritten. Manche Autoren fordern eine ersatzlose Abschaffung des Insolvenztatbestandes, da die Unbestimmtheit der zur Überschuldungsmessung anzuwendenden Ansatz- und Bewertungsvorschriften zur faktischen Ineffizienz führt.600 Diese Unbestimmtheit trägt maßgeblich dazu bei, daß der Überschuldungstatbestand in der gerichtlichen Praxis von untergeordneter Bedeutung ist.601 Darüber hinaus stellt nach anderer

595 Vgl. Drukarczyk, J., [Kapitalerhaltungsrecht], 1994, S. 1743. 596 Vgl. Drukarczyk, J„ [Auslösung], 1981, S. 250-253. 397 Mehr als die Hälfte aller Insolvenzen betreffen die Rechtsform der Kapitalgesellschaften. Vgl. o. V., [Insolvenzstatistik], 1998, S. 1983. 598 Roth, G. H, [Geschäftsfiihrerpflichten], 1985, S. 142. 399 Vgl. Vonnemann, W., [Überschuldung], 1991, S. 867. Ähnlich dazu Meyer-Cording, U, [Eröff­ nungstatbestände], 1989, S. 485. 600 Vgl. Drukarczyk, J., [Auslösung], 1981, S. 236; Egner, H;Wolff, G., [Überschuldungstatbestand], 1978, S. 106; Fenske, R., [Überschuldungstatbestand], 1997, S. 559; Haack, M., [Überschuldungs­ feststellung], 1981, S. 883 und Uhlenbruck, W., [Krise], 1975, S. 899. 601 Vgl. Hachenburg, M.;Ulmer, P„ [Großkommentar], § 63, Rdn. 14.

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Auffassung die Überschuldung als Folge eines schlechten Managements kein zweckmäßiges Kriterium für die Einleitung eines Insolvenzverfahrens dar, wenn nur die relevanten Entscheidungsträger auszuwechseln wären.602 Andere Literatur­ meinungen treten hingegen für eine Ausdehnung des Überschuldungstatbestandes auf alle Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform ein,603 da die persönliche Haftung der Gesellschafter kein ausreichender Ersatz bei fehlender Solvenz des Untemehmensträgers ist und dem Untemehmensträger im Rechtsverkehr eine gesteigerte Verantwortung zukommt.604 Trotz dieser berechtigten Kritik hat der Gesetzgeber auch im neuen Recht den Anwendungsbereich des Überschuldungstat­ bestandes auf die Rechtsform der Kapitalgesellschaften beschränkt. Das Gesetz definiert in § 19 InsO die Überschuldung als wirtschaftliche Situation, in der das Vermögen der Gesellschaft die Schulden nicht mehr deckt. Der Überschul­ dungstatbestand bezweckt im Interesse des Gläubigerschutzes eine zeitliche Vorverlegung der Antragstellung vor den Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit.605 So versteht Moxter die Überschuldung als „Unfähigkeit zur Auszahlungsdeckung im Zeitablauf.“606 Die teleologische Auslegung des Insolvenztatbestandes fuhrt somit entgegen dem Gesetzeswortlaut von einer Vermögensinsuffizienz zu einem Prognosetatbestand der prospektiven Illiquidität.607 Eine rein exekutorische Auslegung als liquidationsrechtliche Vermögensinsuffizienz würde den ökono­ mischen Erkenntnissen der Einheitsbewertung von Unternehmen608 und dem dynamischen Aspekt der Aktivenbewertung widersprechen.609 Ein ausschließlich

602 Vgl. Drukarczyk, J., [Auslösung], 1981, S. 250. 603 Vgl. Kilger, J„ [Reformbedürftigkeit], 1976, S. 193 und Schmidt, K, [Überschuldungstatbestand], 1982, S. 171. 604 Vgl. Schmidt, K, [Gutachten], 1982, S. 65. Die rechtspolitische Forderung einer Ausdehnung des Insolvenztatbestandes auf alle Rechtsformen greift der Entwurf zur Insolvenzordnung nicht auf, da eine nachhaltige Vorverlegung der Insolvenzeröffhung sich dadurch nicht erreichen läßt. Vgl. BTDrucks. 12/2443, S. 84. Wie die Ausführungen zu der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit zeigen, ist dieser Argumentation nicht zu folgen. 605 Vgl. IDW, [Überschuldungsprüfung], 1997, S. 23 und Schmidt, K, [Überschuldungstatbestand], 1982, S. 168. 606 Vgl. Moxter, A., [Finanzwirtschaftliche Risiken], 1976, Sp. 635. 607 Vgl. Hachenburg, M.;lllmer, P., [Großkommentar], § 63, Rdn. 26 und Schmidt, K, [Gutachten], 1982, S. 62. 608 Die traditionelle juristische Überschuldung“ der Vermögensinsuffizienz wird im ökonomischen Schrifttum zu Recht kritisiert. Vgl. Schmidt, R., [ökonomische Analyse], 1980, S. 127. 609 Vgl. Schmidt, K, [Überschuldungstatbestand], 1982, S. 169.

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statisch ausgelegter Überschuldungsbegriff hätte darüber hinaus zur Folge, daß die Mehrzahl der gesunden, aber fremdfinanzierten Unternehmen überschuldet wäre.610

Aus den vorhergehenden Überlegungen abgeleitet, entstand der von Karsten Schmidt entwickelte dynamische Überschuldungsbegriff.611 Dieser sog. modifizierte zweistufige Überschuldungsbegriff unterscheidet zwischen der rechnerischen Überschuldung, der Vermögensinsuffizienz, und der rechtlichen Überschuldung, die allein zur Antragspflicht führen soll. Ein Unternehmen ist rechtlich nur dann überschuldet, wenn das nach Liquidationswerten zu bewertende Vermögen zur Befriedigung der Gläubiger unzureichend ist und die Finanzkraft des Unternehmens mit überwiegender Wahrscheinlichkeit mittelfristig nicht zur Untemehmens­ fortfilhrung ausreicht.612 Der so verstandene Überschuldungsbegriff trennt die Vermögensinsuffizienz von der prospektiven Illiquidität und weist der Fortbe­ stehensprognose die Hauptlast der Prognose zu.613 Die Prognose wird aus dem Rechenwerk des Überschuldungsstatus abgekoppelt und als eigenständige Prüfung institutionalisiert.614 Der Fortbestehensprognose kommt somit die entscheidende Bedeutung zu.615 Die Gratwanderung zwischen einer objektiven Selbstprüfung und der Freiheit zum Selbstbetrug liegt hierbei auf der Hand.616 Der in der Rechtsprechung617 und Theorie618 gegenwärtig anerkannte modifizierte zweistufige Überschuldungsbegriff wurde daher nicht in die Insolvenzordnung

610 Vgl. Moxter, A., [Finanzwirtschaftliche Risiken], 1976, Sp. 635 und Kühn, G., [Bewertungs­ probleme], 1970, S. 550. 611 Vgl. Schmidt, K, [Gläubigerschutz], 1978, S. 337-338; ders., [Unternehmen], 1980, S. 236 und ders., [Überschuldungstatbestand], 1982, S. 170. 612 Vgl. Schmidt, K, [Gutachten], 1982, S. 65; zustimmend Ulmer, P., [Konkursantragspflicht], 1981, S. 478, der jedoch die logische Prüfungsreihenfolge ablehnt. Bei einer positiven Fortbestehens­ prognose kommt es auf die Aufstellung einer Überschuldungsbilanz nicht mehr an. 6,3 Stümer weist hierbei m.E. zu Recht auf das Problem hin, daß ein Insolvenzgericht mit einem Prognoseentscheidungzwang überfordert sein dürfte. Vgl. Stümer, R., [Sanierung], 1982, S. 766. 614 Vgl. Scholz, F.-.Schmidt, K, [Kommentar], § 63, Rz. 10. 615 Der durch die modifizierte zweistufige Überschuldungsprüfung bestimmte Überschuldungsbegriff kommt in bedenkliche begriffliche Nähe zum Tatbestand der drohenden Zahlungsunfähigkeit. Vgl. Drukarczyk, J., [Kapitalerhaltungsrecht], 1994, S. 1742 und Uhlenbruck, IK, [Reformkommission], 1984, S. 1951. 616 Vgl. Meyer-Cordmg, U, [Insolvenztatbestände I], 1985, S. 1925 und Uhlenbruck, W., [Refonnkommission], 1984, S. 1951. 617 Hierzu das grundlegende BGH-Urteil vom 13.7.1992b sowie die Beibehaltung der jüngeren Recht­ sprechung im BGH-Urteil vom 20.3.1995 618 Vgl. Baumbach, A.-.Hueck, G.;Schulze-Osterloh, J., [Kommentar], § 63, Rz. 8; Hachenburg, M.;Ulmer, P„ [Großkommentar], § 63, Rdn. 36; Kuhn, G.;Uhlenbruck, W., [Kommentar], § 102, Rz. 5c; Lutter, M.;Hommelhoff, P„ [Kommentar] § 63, Rz. 6; Scholz, F.;Schmidt, K, [Kommentar], § 63, Rz. 10 und Ulmer, P.y [Konkursantragspflicht], 1981, S. 478.

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übernommen.619 Die aus betriebswirtschaftlicher Sicht schlüssige Gleichwertigkeit und Selbständigkeit der rechnerischen Überschuldung und der Fortbestehens­ prognose hat sich in der Rechtspraxis als ungeeignet erwiesen, wenn sich die Fortbestehensprognose als falsch erweist.620 Das prognostische Element allein scheint nicht sicher genug zu sein, um die rechnerische Überschuldung ganz auszu­ schließen.621 Die positive Fortbestehensprognose - „the huge order of Utopia“622 ist allzuoft als Alibi für die Nichtprüfung der rechnerischen Überschuldung mißbraucht worden.623 Der Gesetzgeber ist im neuen Insolvenzrecht wieder zu dem sog. alternativen zweistufigen Überschuldungsbegriff zurückgekehrt, der kumula­ tiven Betrachtung von wirtschaftlicher Lebensfähigkeit und rechnerischer Überschuldung.624 Damit kommt der Vermögensinsuffizienz gegenüber der antizipativen Zahlungsunfähigkeit das stärkere Gewicht zu. Die wesentliche Änderung zum bisherigen Überschuldungsbegriff ergibt sich dadurch, daß eine positive Fortbestehensprognose allein den Tatbestand der Überschuldung nicht mehr von vornherein auszuschließen vermag, sondern lediglich den Bewertungsansatz des Vermögens und der Schulden bestimmt. Im neuen Recht sind bei einer positiven Fortbestehungsprognose Fortfuhrungswerte, bei einer negativen Fortbestehensprognose Liquidationswerte anzusetzen. Eine positive Fortbestehensprognose, die oft vorschnell zugrunde gelegt wird und der Schwäche der unvollkommenen Nachprüfbarkeit unterliegt, darf die Annahme einer Über­ schuldung nicht ausschließen.625 Dies würde sich im Falle eines Irrtums zum erheblichen Nachteil der Gläubiger auswirken.626 Insgesamt ist zu vermuten, daß die

619 Die Kommission für Insolvenzrecht hat sich in ihrem ersten Bericht noch für eine Übernahme des modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriffes ausgesprochen. Vgl. BMJ, [Erster Kommissi­ onsbericht], 1985, S. 113. In der Begründung des Regierungsentwurf zu § 23 InsO wird jedoch klargestellt, daß die Überschuldungsprüfung nur auf der Grundlage einer Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden getroffen werden kann. Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 23, S. 115. 620 Vgl. BT-Drucks. 12/7302 zu § 23 Abs. 2, S. 157. 621 Vgl. Kuhn, G.;Uhlenbruck, W., [Kommentar], § 105, Rz. 5g. 622 Uhlenbruck, W., [Reformkommission], 1984, S. 1951. 623 Vgl. Kuhn, G.;Uhlenbruck, W„ [Kommentar], § 102, Rz. 5h. 624 Drukarczyk kritisiert zu Recht an dem modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriff, daß bei einer drohenden Zahlungsunfähigkeit bereits eine rechnerische Überschuldung vorliegt, was zu einer Kollision der zwei Insolvenztatbestände und zu einem Konflikt unterschiedlicher Rechtslagen führen würde. Drukarczyk, J., [Kapitalerhaltungsrecht], 1994, S. 1744. 625 Vgl BT-Drucks. 12/2443 zu § 23, S. 115. 626 Vgl. BT-Drucks. 12/7302 zu § 23 Abs. 2, S. 157.

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strengere Auslegung und Ausgestaltung des Überschuldungstatbestand zu einer zeitlichen Vorverlegung der Insolvenzeröflhung fuhren wird.627

b) Feststellung der Überschuldung Auslöser filr eine Überschuldungsprüfung sind insbesondere anhaltende Verluste in Zwischen- und Jahresabschlüssen, eventuell verbunden mit einer buchmäßigen Überschuldung.628 Die im Schrifttum vertretenen Auffassungen über die Bestand­ teile und Schritte der Überschuldungsprüfung sowie über die Ansatz- und Bewertungsgrundsätze im Überschuldungsstatus haben in der Vergangenheit einen wesentlichen Wandel erfahren.629 Die wesentliche Änderung lag in der Abkehr von einem statischen Überschuldungsbegriff, in dem zur Überschuldungsmessung nur Liquidations- oder Fortfilhrungswerte herangezogen wurden, hin zu einem dynamischen Überschuldungsbegriff, in dem eine Fortbestehensprognose in die Bewertung mit einfließt.630 Aus dieser Sichtweise wandelt sich das Vermögen von dem Schuldendeckungspotential hin zum Erfolgspotential.631 Die Vorgehensweise bei der Überschuldungsprüfung ist weder gesetzlich geregelt noch in der Literatur und in der Rechtsprechung abschließend geklärt.632 Der Feststellung der Überschuldung liegt somit kein kodifiziertes Ansatz- und Wertermittlungsverfahren zugrunde.633 Aufgrund der lediglich rudimentären gesetzlichen Regelungen ist die inhaltliche Ausgestaltung der Überschuldungs­ prüfung weitgehend frei.634 Die mangelnde gesetzliche Festlegung und damit die Bestimmbarkeit des Überschuldungstatbestandes wird in der Literatur kritisiert, da die präventive Wirkung der zivil- und strafrechtlichen Sanktionen für den Fall

627 Vgl. Früh, H.-J., [Insolvenz], 1995, S. 797. A.A. Schüppen, M,, [Konkursverschleppung], 1994, S. 199. Da der Ansatz von Fortführungswerten kaum zur rechnerischen Überschuldung führen wird, wogegen der Ansatz von Liquidationswerten in den Fällen, wo eine Überschuldung zu prüfen ist, stets zur Überschuldung führen wird, wird das Hauptgewicht wie bisher auf der Fortbestehenspro­ gnose liegen. 628 Vgl. Wagner, W., [Insolvenzrecht], 1996, S. 299. 629 Vgl. m.w.N. Arians, G„ [Sonderbilanzen], 1985, S. 232-248 und Müller, W., [WP-Handbuch], 1996, S. 1657-1658, Rdn. 21-22. Einen Überblick über die funktionale Wirkungen der Überschuldungs­ konzeptionen gibt Kupsch, P., [Überschuldungsmessung], 1984, S. 163. 630 Vgl. Uhlenbruck, [KO], § 102, Rz. 3 631 Vgl. Stüdemann, K, [Fortführung], 1995, S. 5. 632 Vgl. Drukarczyk, J., [Auslösung], 1981, S. 235; IDW, [Überschuldungsprüfung], 1997, S. 22 und Müller, W., [WP-Handbuch], 1996, S. 1656, Rdn. 19. 633 N&Burger, A.; Schellberg, B., [Auslösetatbestände], 1995, S. 265 und Klar, M., [Überschuldungs­ tatbestand], 1990, S. 2079. 634 Vgl. IDW, [Überschuldungsprüfung], 1997, S. 23.

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verspäteter Antragstellung verlorengeht.635 Die gesetzlichen Vorschriften des § 130a HGB, § 64 Abs. 1 GmbHG sowie § 92 Abs. 2 AktG regeln den Überschuldungstat­ bestand, enthalten jedoch keine weiteren Angaben über die Bilanzierungs­ vorschriften zur Ermittlung der Überschuldung. Da das Schuldnervermögen nur ausnahmsweise in Geldform vorliegt, stellt sich zwangsläufig die Frage nach der Bewertung. Der Vermögensbewertung kommt bei der Überschuldungsmessung eine zentrale Bedeutung zu, da der Wertansatz den Zeitpunkt der Überschuldung entscheidend bestimmt.636 In der Begründung des Regierungsentwurfes heißt es dazu:“ Dabei ist das vorhandene Vermögen realistisch zu bewerten, damit das Ziel einer rechtzeitigen Verfahrenseröffhung nicht gefährdet wird.“637

aa) Aufbau der Überschuldungsprüfung Die Feststellung der Überschuldung erfolgt in zwei Schritten. Die beiden Prüfungs­ schritte sind eng miteinander verzahnt:638 1. In der ersten Stufe ist die wirtschaftliche Lebensfähigkeit anhand einer Fortbestehensprognose zu beurteilen.639 Die Fortbestehensprognose gibt Aufschluß darüber, ob das Unternehmen in der vorgesehenen Form weitergefiihrt werden kann.

2. In der zweiten Stufe sind Vermögen und Schulden in einem stichtagsbezogenen Status gegenüberzustellen. Das Ergebnis der vorangegangene Fortbestehens­ prognose bestimmt den Ansatz und das Bewertungskonzept im Überschuldungs­ status.

Aus dem Aufbau der Überschuldungsprüfung ergibt sich, daß bei negativer Fortbestehensprognose jeder Vermögensgegenstand einzeln zu bewerten ist, ohne die Einbindung in das übrige Betriebsvermögen. Bei positiver Fortbestehens­ prognose ist die Bewertung der Vermögensgegenstände vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Gesamtverbandes vorzunehmen. Die Bewertung zu Liquidations­ werten erfolgt nach statischen Gesichtspunkten und ist zeitpunktbezogen. Hingegen

635 Vgl. Richter, H., [Strafrechtspraxis], 1984, S. 141, Schmidt, K., [Gläubigerschutz], 1978, S. 339 und Vennemann, W„ [Überschuldung], 1991, S. 867. 636 Vgl. Schmidt, R H, [Information], 1984, S. 725. 637 BT-Drucks 12/2443 zu § 23, S. 115. 638 Vgl. IDW, [Überschuldungsprüfung], 1997, S. 23 und Wagner, W„ [Insolvenzrecht], 1996, S. 300-303. 639 Anders bei Braun, E.;Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 289, die den Vermögens­ status zu Liquidationswerten der Fortbestehensprognose voranstellen. Diese vereinfachte Überschul­ dungsmessung empfiehlt sich nur dann, wenn der Wert der einzelnen Vermögensgegenstände die Schulden offensichtlich übersteigt. Vgl. Früh, H.-J., [Insolvenz], 1995, S. 800.

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erfordert der Ansatz von Fortfuhrungswerten eine dynamische, zeitraumbezogene Betrachtung, da sich das Schuldendeckungspotential aus dem Erfolg aller im Unternehmen gebundenen Vermögensgegenstände ergibt.

Bei negativem Reinvermögen im Überschuldungsstatus liegt ein gesetzlich definierter Insolvenztatbestand vor. Eine Antragspflicht ist gegenüber dem alten Recht unabhängig davon gegeben, ob dem Wertansatz eine positive oder eine negative Fortbestehensprognose zugrunde liegt. Eine positive Fortbestehens­ prognose signalisiert allerdings erfolgversprechende Sanierungsmöglichkeiten.640 Bei positivem Reinvermögen und negativer Fortbestehensprognose liegt eine nicht der gesetzlichen Antragspflicht unterliegende „drohende Überschuldung“ vor. Eine weitere Untemehmensfortfilhrung ist dann nur noch bis zum Verzehr des verblei­ benden Reinvermögens möglich.

bb) Fortbestehensprognose Die Fortbestehensprognose ist das qualitativ wertende Gesamturteil über die mittelfristige Lebensfähigkeit des Unternehmens.641 Die Fortbestehensprognose ist auf die Finanzkraft des Unternehmens gerichtet. Eine positive Fortbestehens­ prognose kann dann angenommen werden, wenn das finanzielle Gleichgewicht im Prognosezeitraum erhalten oder wiedererlangt werden kann.642 Die Fortbe­ stehensprognose setzt die Erstellung eines Finanzplanes - eine systematische Gegenüberstellung der geplanten Einnahmen und Ausgaben - voraus. Der Finanzplan ist im Zweifel mit Hilfe eines unabhängigen Sachverständigen zu erstellen. Eine positive Fortbestehensprognose liegt vor, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Einzahlungen mittelfristig die fälligen Auszahlungen decken. Die Fortbestehensprognose ist damit weitgehend identisch mit der Prüfung der drohenden Zahlungsunfähigkeit.643 In einer Pattsituation, in der genau soviel für wie gegen das Fortbestehen der Gesellschaft spricht, wäre nach dem BGH-Urteil vom 13.7.1992 noch keine Überschuldung gegeben, wogegen nach der vorherrschenden

640 641 642 643

Vgl. Früh, H.-J., [Insolvenz], 1995, S. 802. Vgl. IDW, [Überschuldungsprüfung], 1997, S. 24. Vgl. Wagner, W., [Insolvenzrecht], 1996, S. 301. Vgl. Braun, E.; Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 292; Fenske, R, [Überschul­ dungstatbestand], 1997, S. 558 und Nonnenmacher, R., [Sanierung], 1994, S. 1330-1331.

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Kommentarmeinung644 mindestens eine 50%ige Wahrscheinlichkeit für eine positive Fortbestehensprognose gegeben sein muß.645 Ausgangspunkt für die Prognose ist das zugrunde liegende Sanierungskonzept.646 In einem Sanierungskonzept wird der Soll-Verlauf des Unternehmens und die hierfür notwendigen Sanierungsmaßnahmen dargestellt.647 Ihrer Natur nach unvorherseh­ bare oder unkalkulierbare Ereignisse, wie ein unerwarteter Umschwung des Marktes oder überraschende politische Ereignisse, dürfen nicht mit einbezogen werden.648 Das Sanierungskonzept wird anschließend in einen Finanzplan umgesetzt.649 Der Finanzplan bildet die Entscheidungsgrundlage, ob das Unternehmen seine Zahlungsverpflichtungen im Prognosezeitraum erfüllen kann oder nicht.650 Hierbei sind bereits eingeleitete oder beabsichtigte interne Sanierungsmaßnahmen mit ihren Auswirkungen zu berücksichtigen, wenn „...die beabsichtigten Effekte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eintreten werden.“651 Externe Sanierungsmaß­ nahmen, wie z.B. Forderungsverzicht oder Kapitalerhöhungen, sind in die Fortbestehensprognose mit einzubeziehen, wenn deren Zustandekommen hinrei­ chend gesichert ist.652 Zur Ableitung der Fortbestehensprognose hat sich die Szenariotechnik als besonders geeignet erwiesen, da sie der vom Gesetzgeber geforderten Berücksichtigung mehrwertiger Ergebniserwartungen Rechnung trägt.653 Eine positive Fortbestehensprognose setzt die geplante Fortführung des Unter­ nehmens voraus, wobei eine Liquidation von nicht betriebsnotwendigem Vermögen sowie von Teilbetrieben dieser Annahme nicht entgegensteht. Anderenfalls ist die Realisierung eines Liquidationskonzept zur Abwendung der Insolvenz zu prüfen.654

644 Vgl. Baumbach, A.;Hueck, G.;Schulze-Osterloh, J, [Kommentar], § 63, Rz. 8; Hachenburg, M.;Ulmer, P., [Großkommentar], § 63, Rdn. 37 und Scholz, F.;Schmidt, K., [Kommentar], § 63, Rz. 10. 645 Da sich der BGH in seiner Urteilsbegründung ausdrücklich auf die h.M. berufen hat, ist von einer sprachlich mißglückten Formulierung auszugehen. Vgl. Schaub, B., [Krise], 1993, S. 1487 646 Vgl. IDW, [Überschuldungsprüfung], 1997, S. 23. 647 Vgl. Früh, H-J, [Insolvenz], 1995, S. 801. 648 Vgl. Müller, W., [Grund- oder Stammkapital], 1985, S. 203. 649 Vgl. Früh, H-J., [Insolvenz], 1995, S. 801 und Wagner, W., [Insolvenzrecht], 1996, S. 300. 650 Vgl. Wagner, W„ [Überschuldung], 1995, S. 179. 651 IDW, [Überschuldungsprüfung], 1997, S. 24. In der Insolvenzpraxis bringt diese Erkenntnis m.E. wenig, da der Schuldner eine Sanierungsmaßnahme immer nur dann einleiten wird, wenn er auch von deren Erfolg überzeugt ist. 652 Vgl. IDW, [Überschuldungsprüfung], 1997, S. 24. 653 Vgl. Wagner, W., [Überschuldung], 1995, S. 180. 654 Vgl. IDW, [Überschuldungsprüfung], 1997, S. 24.

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Die vorherrschende Literaturmeinung stellt bei der Bestimmung des Begriffes „Finanzkraft“ in Anlehnung an die Rechtsprechung655 auf die zukünftige Zahlungs­ fähigkeit ab.656 Drukarczyk sieht hingegen in einer ausgeglichenen Plan-Gewinnund Verlustrechnung die Lebensfähigkeit gesichert.657 Da längerfristig ein finanzielles Gleichgewicht ohne eine positive Ertragslage nicht möglich ist, wollen Hachenburg/Ulmer die Fortbestehensprognose an der Ertragskraft und der Zahlungsfähigkeit messen.658

Die Vorgehensweise von Drukarczyk hat den Vorzug, daß bei der Erstellung der Plan-Gewinn- und Verlustrechnung auf bestehendes Recht - die Rechnungslegungs­ vorschriften des HGB - zurückgegriffen werden kann.659 Die handelsrechtlichen Vorschriften ermöglichen einen deutlich geringeren Manipulationsspielraum als eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung.660 So findet bspw. der Werteverzehr des Anlagevermögens in einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nur zum Zeitpunkt der Ersatzinvestition seinen Niederschlag. Darüber hinaus ist das Rechnungswesen der Unternehmen i.d.R. nicht als finanzielle Bewegungs- und Bestandsrechnung ausgestaltet.661 Mit der Transformation der Ertragsgrößen in Zahlungsgrößen wird darüber hinaus ein weiteres prognostisches Element und damit ein zusätzliches Moment der Unsicherheit eingefilhrt. Schließlich würde eine nach HGBVorschriften ausgestaltete Überschuldungsmessung auch widerspruchsfrei zu den geltenden Kapitalerhaltungsvorschriften stehen.662 Der für die Fortbestehensprognose maßgebliche Zeitraum wird in der Literatur zumeist offengelassen. Der BGH hat in seiner jüngsten Entscheidung auf einen

635 Vgl. BGH-Urteil vom 13.7.1992b. 656 Vgl. Baumbach, A.; Hueck, G.;Schulze-Osterloh, J., [Kommentar], § 63, Rz. 8; Fenske, R, [Über­ schuldungstatbestand], 1997, S. 557; Früh, H.-J., [Insolvenz], 1995, S. 801; IDW, [Überschuldungs­ prüfung], 1997, S. 24; Kuhn, G.;Uhlenbruck, W„ [Kommentar], § 105, Rz. 5f, Kupsch, P., [Überschuldungsmessung], 1984, S. 165 und Scholz, F.;Schmidt, K, [Kommentar], § 63, Rz. 12. 637 Vgl. Drukarczyk, J, [Kapitalerhaltungsrecht], 1994, S. 1743. 638 Vgl. Hachenburg, M.;Ulmer, P„ [Großkommentar], § 63, Rdn. 35. In dieser Richtung auch Bähner, E., [Fortbestehensprognose], 1988, S. 447. Anderer Auffassung ist Wagner, der eine Prüfung der Ertragsfähigkeit für nicht sachgerecht hält und diese nur bei der Beurteilung des Untemehmenskonzeptes vornehmen möchte. Vgl. Wagner, W., [Überschuldung], 1995, S. 181-182. Dem vorgetra­ genen Einwand ist hierbei nicht zu folgen, da die Sanierungsausgaben und -einnahmen in einem Prognosezeitraum von zwei Jahren in ähnlichem Maße zeitversetzt sind wie die Sanierungsauf­ wendungen und -erträge. Die Betrachtung der Ertragsfähigkeit würde daher zu keiner substaniellen Verzerrung führen. 639 Vgl. Drukarczyk, J„ [Kapitalerhaltungsrecht], 1994, S. 1744, der methodenkongruent auch die Überschuldung aus der Handelsbilanz ableiten würde. 660 Vgl. Drukarczyk, J., [Kapitalerhaltungsrecht], 1994, S. 1743. 661 Vgl. Kupsch, P., [Überschuldungsmessung], 1984, S. 165. 662 Vgl. Drukarczyk, J, [Kapitalerhaltungsrecht], 1994, S. 1745.

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* Zeitraum von fünf Monaten abgestellt, ohne eine Aussage über die Mittelfristigkeit zu treffen.663 Die h.M. geht, von einzelfallbezogenen Besonderheiten abgesehen, von einem Zeitraum aus, der neben dem laufenden Geschäftsjahr auch noch das nächste Geschäftsjahr umfaßt.664 Ein kürzerer Zeitraum bildet keine ausreichende Beurteilungsbasis.665 Eine Prognose über zwei Jahre unterliegt dagegen der nicht zu leugnenden Schwäche der Überprüfbarkeit und ist im Hinblick auf die Gläubigerin­ teressen nicht vertretbar, wobei ein Zweijahreszeitraum den Schuldner bereits zu sehr optimistischen Vorstellungen verleiten kann.666 Da die Prognosesicherheit mit zunehmendem Prognosezeitraum rasch abnimmt, gleichzeitig die getroffenen Annahmen durch eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit abgesichert sein müssen, ist ein Zeitraum von mehr als 12 Monaten für ein insolvenzgefährdetes Unternehmen mitunter kaum nachprüfbar. Andererseits zeigt sich der Sanierungserfolg häufig erst nach ein oder zwei Jahren.667 Eine starre Regelung ist ohnehin schwierig, da ein hinreichend verläßlich zu überblickender Prognosezeitraum von Unternehmen zu Unternehmen verschieden ist.668 Deshalb sind mit zunehmender Überschul­ dungsgefahr strengere Anforderungen an die Fortbestehensprognose zu stellen, der Prognosezeitraum zu verkürzen sowie die Prognoserechnung in kürzeren zeitlichen Abständen zu wiederholen. Kritisch anzumerken bleibt, daß die Betriebswirtschaftslehre bisher noch keine gesicherte Methodik zur Verfügung stellt, um den Zusammenhang zwischen bereits getätigten oder noch zu tätigenden Ausgaben und den erwarteten Einnahmen im voraus hinreichend genau zu bestimmen. Die Richtigkeit der Fortbestehensprognose läßt sich nur ex post beurteilen.669 Die vom IDW entwickelte systematische Vorgehensweise zur Überschuldungsmessung ermöglicht zwar eine Objektivierung

663 Vgl. BGH-Urteil vom 13.7.1992b. 664 Vgl. Drukarczyk, J, [Kapitalerhaltungsrecht], 1994, S. 1741; Früh, H.-J, [Wirtschaftsprüfer], 1995, S. 801; Hachenburg, M; Ulmer, P„ [Großkommentar], § 63, Rdn. 37, IDW, [Überschuldungs­ prüfung], 1997, S. 24 und Lutter, Mr,Hommelhoff, P., [Kommentar] § 63, Rz. 8; Schaub, B., [Krise], 1993, S. 1486 und Wagner, W„ [Insolvenzrecht], 1996, S. 300. Ähnlich Bahner, E., [Fortbestehens­ prognose], 1988, S. 452. Dagegen ftir sechs Monate Müller, W., [Grund- oder Stammkapital], 1985, S. 200-201. 665 Vgl. Wagner, W„ [Insolvenzrecht], 1996, S. 300. 666 So auch Schaub, B., [Krise], 1993, S. 1486 und Drukarczyk, J, [Kapitalerhaltungsrecht], 1994, S. 1741. A.A. Jordan, A., [Reorganisationsverfahren], 1993, S. 70, der für einen Prognosezeitraum von drei Jahren eintritt. 667 Vgl. Nonnenmacher, R., [Sanierung], 1994, S. 1323. 668 Vgl. Plate, G., [Insolvenzreife], 1980, S. 220. 669 Vgl. Klar, M„ [Überschuldungstatbestand], 1990, S. 2078. Der BGH weist in seiner Entscheidung vom 6.6.1994 daraufhin, daß bei der Fortbestehensprognose nicht auf nachträgliche Erkenntnisse, sondern auf die damalige Sicht eines ordentlichen Geschäftsführers abzustellen sei.

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des Prognoseverfahrens, nicht aber der Prognose selbst.670 Die Unbestimmtheit der Fortbestehensprognose wird damit nicht beseitigt, sondern lediglich in das Zahlenwerk des Überschuldungsstatus verlagert.671

cc) Überschuldungsstatus Der Überschuldungsstatus dient der Beurteilung einer gesetzlichen Überschuldung. In § 19 InsO wird die Bewertung der Vermögensgegenstände näher spezifiziert: „Bei der Bewertung des Vermögens des Schuldners ist jedoch die Fortführung des Unternehmens zugrunde zu legen, wenn diese nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist.“672 Aus dem Umkehrschluß ergibt sich, daß bei einer negativen Fortbestehensprognose die Vermögensgegenstände unter Liquidationsgesichts­ punkten zu bewerten sind.673 Ob bei der Bewertung der Schulden ebenfalls zwischen einer positiven und einer negativen Fortbestehensprognose zu differenzieren ist, geht aus dem Gesetzeswortlaut nicht hervor. Ferner ist die Gliederung im Überschul­ dungsstatus nicht kodifiziert.674

Bislang unklar ist, ob die Überschuldung aus einem gesonderten Überschuldungs­ status oder aus der Handelsbilanz abzuleiten ist. Die vorherrschende Meinung geht derzeit davon aus, daß die Überschuldung nur in einem gesonderten Überschul­ dungsstatus festzustellen ist, in der die für die Handelsbilanz geltenden Ansatz- und Bewertungsvorschriften nicht anzuwenden sind.675 Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat sich dieser Ansicht angeschlossen.676 Trotzdem ist bei der Erstellung des Überschuldungsstatus zunächst von einer auf den Prüfungsstichtag zu

Vgl. Wagner, W., [Insolvenzrecht], 1996, S. 298-304. Vgl. Schmidt, K, [Gutachten], 1982, S. 62-63. § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO. Vgl. IDW, [Überschuldungsprüfung], 1997, S. 24. Vgl. Arians, G., [Sonderbilanzen], 1985, S. 231. Vgl. Auler, W-D, [Überschuldungsstatus], 1976, S. 2169; Braun, E.; Uhlenbruck, W„ [Untemeh­ mensinsolvenz], 1997, S. 292; Förschle, G.;Kofahl, G.; [Überschuldungsstatus], 1994, Rdn. 81; Hachenburg, M.;Ulmer, P„ [Großkommentar], § 63, Rdn. 29; Hüffer, U, [AktG], 1995, § 92, Rz. 10; Kuhn, G.;Uhlenbruck, W., [Kommentar], § 102, Rz. 6b; Obermüller, M, [Konkursanmeldung], 1973, S. 269; Scherrer, G.;Heni, B., [Liquidationsrechnungslegung], 1996, S. 235; Scholz, F.;Schmidt, K, [Kommentar], § 63, Rz. 14; und Wimmer, R., [Haftung], 1996, S. 2547. A.A. Kölner Kommentar, [Kommentar], § 92, Rz. 31; Roth, G. H, [Geschäftsftihrerpflichten], 1985, S. 142; Vonnemann, W., [Überschuldung], 1991, S. 869 und Wolf, T., [Überschuldungssstatus], 1995, S. 862, die auf der Grundlage der handelsrechtlichen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften eine Überschuldung ableiten wollen. 676 Vgl. beispielhaft BGH-Urteil vom 27.10.1982 und vom 3.2.1987. Allerdings zieht der Bundes­ gerichtshof in in einer jüngeren Entscheidungen implizit die Handelsbilanz als Indiz ftir die Fest­ stellung der Überschuldung heran. Vgl. BGH-Urteil vom 24.9.1990. 670 671 672 673 674 675

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erstellenden Handelsbilanz auszugehen, da das Mengengerüst der Vermögensgegenstände zunächst aus der Handelsbilanz übernommen werden kann.677 Ungeklärt ist hingegen der Wertansatz, da die erforderliche Ableitung der Zeitwerte aus den Buchwerten zur Auflösung stiller Reserven führen kann. Werden die stillen Reserven zu hoch bewertet, führt dies eventuell zu einer Verneinung der rechne­ rischen Überschuldung. Problematisch ist hierbei, daß die stillen Reserven bekanntlich nur bei demjenigen vorhanden sind, der sie nicht benötigt, da sie bei demjenigen, der sie benötigt, nicht mehr da sind. Der Ansatz stiller Reserven wird daher in der Literatur kritisch beurteilt, da sich in der Untemehmenskrise die stillen Reserven, insbesondere der Firmenwert, genauso unmerklich auflösen, wie sie sich gebildet haben.678 Davon unberührt bleiben vor allem die stillen Reserven bei Immobilien. Heftig umstritten ist auch die Passivierung von Ansprüchen der Arbeitnehmer aus einem Sozialplan oder der Nachteilsausgleich nach den §§112 und 113 BetrVG, da die Verbindlichkeiten einerseits erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahren ausgelöst werden, andererseits aber bereits mit der antizipierten Lebensunfähigkeit des Unternehmens wirtschaftlich verursacht sind.679 Die praktische Bedeutung dieser Fragestellung liegt darin, daß ein Ansatz von Sozialplanverbindlichkeiten schnell über die Überschuldung entscheidet.680 Die frühere Literaturmeinung sah eine uneingeschränkte Passivierungspflicht bereits durch die mit einer negativen Fortbestehensprognose zu erwartende Insolvenzeröfihung geboten.681 Die derzeit vorherrschende Meinung sieht eine Passivierungspflicht' der Sozialplanansprüche nur dann als geboten an, wenn auf der Grundlage der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betriebes oder Teilbetriebes zum Prüfungszeitpunkt, z.B. wegen mangelnder Rentabilität oder unzureichender Finanzierung, mit einer Entstehung zu rechnen ist.682 Entgegen der vorherrschenden Literaturmeinung lehnt insbesondere

677 Vgl. Bilo, F, [Überschuldung], 1981, S. 75 und IDW, [Überschuldungsprüfung], 1997, S. 24. 678 Vgl. Moxter, A., [KonTraG], 1997, S. 723 und Wolf, T, [Überschuldungssstatus], 1995, S. 859. Ganz ablehnend Vonnemann, W„ [Überschuldung], 1991, S. 870. 679 Vgl. Förschle, G.; Kofahl, G.; [Überschuldungsstatus], 1994, Rdn. 116 und Kuhn, G.; Uhlenbruck, W., [Kommentar], § 102, Rz. 6q mit weiteren Hinweisen zum Streitstand. 680 Für eine überschlägige Ermittlung der Sozialplanverbindlichkeiten kann folgende heuristische Formel verwendet werden: Dauer der Betriebszugehörigkeit x monatliches Bruttogehalt x Faktor 0,4 - 0,6. 681 Vgl. insbesondere Hommelhoff, P., [Gesellschafterdarlehen], 1988, S. 256 und Scherrer, G.;Heni, B., [Liquidationsrechnungslegung], 1996, S. 268. 682 Vgl. Baumbach, A.;Hueck, G.;Schulze-Osterloh, J„ [Kommentar], § 63, Rz. 17; Hachenburg, M.;Ulmer, P„ [Großkommentar], § 63, Rdn. 45; Lutter, M.;Hommelhoff P„ [Kommentar] § 63, Rz. 7; Müller, W., [WP-Handbuch], 1996, S. 1670, Rdn. 51; Scholz, F.;Schmidt, K, [Kommentar], § 63, Rz. 31 und Zilias, M., [Überschuldung], 1977, S. 453-454.

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Uhlenbruck einen Ansatz der Sozialplanansprüche der Arbeitnehmer grundsätzlich ab, da es sich um Kosten handelt, die erst durch das Insolvenzverfahren selbst ausgelöst werden.683 Neuerdings wird in der Literatur eine differenziertere Meinung vertreten, wonach im Interesse eines umfassenden Gläubigerschutzes bei einer geplanten oder bereits beschlossenen Betriebsänderung eine Ansatzpflicht für notwendig erachtet wird.684

Auch wird in der Literatur die Behandlung eigenkapitalersetzender Darlehen nach § 32a GmbHG, alte Fassung, ebenfalls heftig diskutiert.685 Einigkeit besteht im Schrifttum für die alte Rechtslage lediglich darin, daß bei einer Rangrücktritts­ erklärung kapitalersetzende Darlehen nicht angesetzt werden.686 Umstritten war hingegen die Frage, ob die Geschäftsführer auch beim Fehlen einer Rangrücktritts­ erklärung von einer Passivierung absehen dürfen. Der Bundesgerichtshof hat zu dieser Streitfrage bislang noch keine Stellung genommen.687 Diese Frage muß in der Insolvenzordnung jedoch nicht mehr weiter vertieft werden, da im Gegensatz zum alten Recht nach § 39 InsO Forderungen auf Rückgewähr des kapitalersetzenden Darlehens eines Gesellschafters oder gleichgestellte Forderungen stets als nachrangige Forderungen zu behandeln sind. Entsprechend wurde der § 32a GmbHG im Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung redaktionell angepaßt.688 Im Überschuldungsstatus sind folglich die nachrangigen Verbindlichkeiten zu passivieren.689 Damit ist die bestehende Rechtsunsicherheit bei der Behandlung der

683 Vgl. Kuhn, G.;Uhlenbruck, W., [Kommentar], § 102, Rz. 6q und Schmidt, K; Uhlenbruck, W., [Insolvenz], 1997, S. 268. 684 Vgl. IDW, [Überschuldungsprüfung], 1997, S. 24; Vonnemann, W., [Überschuldung], 1991, S. 872 und Wagner, W„ [Insolvenzrecht], 1996, S. 302. 685 Die zur GmbH entwickelten Grundsätze sind sinngemäß auf die Aktiengesellschaft zu übertragen. Vgl. BGH-Urteil 26.3.1984. 686 Vgl. Baumbach, A.;Hueck, G.; Schulze-Osterloh, J., [Kommentar], § 63, Rz. 15; Lutter, M.;Hommelhoff, P., [Kommentar] § 63, Rz. 7; Hachenburg, M.; Ulmer, P„ [Großkommentar], § 63, Rdn. 46; Kuhn, G.;Uhlenbruck, W„ [Kommentar], § 102, Rz. 6v und Scholz, F.;Schmidt, K, [Kommentar], § 63, Rz. 27. 687 Im Leitsatz des BGH-Urteils vom 6.12.1993 heißt es: „Jedenfalls bei Fehlen einer Rücktritts­ vereinbarung sind eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen auch in der zum Zwecke der Ermittlung einer etwaigen Vorbelastungs- oder Unterbilanzhaftung der Gesellschaft aufzustellenden Vorbelastungsbilanz der GmbH als Verbindlichkeit zu passivieren.“BGH-UrteiI vom 6.12.1993. Da die Vorbelastungs- und Überschuldungsbilanz unterschiedliche Zielsetzungen verfolgt, kann dieser Entscheidung kein zusätzlicher Erkenntniswert zugesprochen werden Vgl. Fleischer, H, [Überschuldungsstatus], 1996, S. 774. 688 Vgl. BGBl. I, 1994, S. 1682. 689 Vgl. Braun, E.;Uhlenbruck, W„ [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 298; Schmidt, K; Uhlenbruck, W„ [Insolvenz], 1997, S. 273; Wolf, T, [Gesellschafterdarlehen], 1997, S. 1835; zweifelnd Fleischer, H., [Überschuldungsstatus], 1996, S. 779.

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kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen im neuen Recht beseitigt.690 Darüber hinaus findet die mit der Passivierungspflicht verbundene Vorverlegung der Antragspflicht in der allgemeinen Begründung des Regierungsentwurfes eine nachhaltige Stütze.691

Trotz allem soll auch im neuen Recht die Möglichkeit, durch Umqualifizierung der Gesellschafterdarlehen in Eigenkapital eine Überschuldung abzuwehren, im neuen Recht offen. In der Begründung des Regierungsentwurfes zu § 23 Abs. 2 wird hierzu ausgeführt: „Dem Bedürfnis der Praxis, durch Rangrücktritt eines Gläubigers den Eintritt einer Überschuldung zu vermeiden oder eine bereits eingetretene Überschul­ dung wieder zu beseitigen, kann in der Weise Rechnung getragen werden, daß die Forderung des Gläubigers filr den Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erlassen wird.“692 Die Umorientierung vom Rangrücktritt zum Forderungsverzicht führt jedoch zu wirtschaftlich unerwünschten Ergebnissen, da der Forderungs­ verzicht dazu führt, daß der Unterschiedsbetrag zwischen dem Wert und dem Nennbetrag der Forderung zu einem körperschaftssteuerpflichtigen Gewinn und u.U. zu einer Verrechnung mit den Verlustvorträgen führt.693 So geht eine neuere Literaturmeinung davon aus, daß - entgegen dem Anschein des § 39 Abs. 2 InsO ein Rangrücktritt ausreicht, um Gesellschafterdarlehen von einer Passivierung im Überschuldungsstatus auszunehmen.694 Da der qualifizierte Rangrücktritt695 dem Forderungsverzicht mit Besserungsklausel wirtschaftlich gleichkommt und das für die Befriedigung der nicht nachrangigen Gläubiger zur Verfügung stehende Vermögen dadurch nicht berührt wird, sind rangrückgetretene Forderungen im Überschuldungsstatus außer Ansatz zu lassen.696

690 Im Zweifel ist analog den für den Jahresabschluß geltenden Grundsätzen im Überschuldungsstatus eine Rückstellung zu bilden. Vgl. Baumbach, A.;Hueck, G.;Schulze-Osterloh, J., [Kommentar], § 63, Rz. 15 und Braun, E.;Uhlenbruck, FK, [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 289. 691 Vgl. BT-Drucks 12/2443, S. 84-86. 692 BT-Drucks 12/2443 zu § 23, S. 115. 693 Vgl. BFH-Urteil vom 9.6.1997. 694 Zur Begründung führt Schmidt an, daß die Vollabwicklung des Rechtsträgers im neuen Insolvenz­ recht, die im alten Recht als Sache der Liquidatoren angesehen wurde, nicht auch dazu führen dürfe, den Eigenkapitalersatz von dem Risikokapital zu trennen, um wegen vermeintlichen Liquidations­ quoten an die Gesellschafter ein Insolvenzverfahren zu eröffnen. Vgl. Schmidt, K., [Eigenkapital­ ersatz], 1999, S. 13. 695 Der Gläubiger tritt im Rang hinter den Forderungen der anderen Gläubiger in der Weise zurück, daß die Tilgung und Verzinsung seines Darlehens nur aus einem zukünftigen Bilanzgewinn oder einem Liquidationsüberschuß verlangt werden kann. 696 In Teilen der Literatur wird aufgrund der gegenwärtigen Rechtsunsicherheit ergänzend ein aufschiebend bedingter Forderungsverzicht vorgeschlagen. Vgl. Groß, P. J, [Sanierungsfähigkeit], 1997, S. 75.

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Im folgenden ist nun darzustellen, wie bei einer negativen und bei einer postiven Fortbestehensprognose der Überschuldungsstatus zu ermitteln ist. Die in der Literatur geforderte Bewertung zu Zeitwerten697 trägt zur Wertfindung wenig bei, da der Begriff des Zeitwertes zunächst keine operationalisierbare Größe darstellt, und seine Ermittlung entsprechend einer positiven oder negativen Fortbestehensprognose zu sehr unterschiedlichen Wertansätzen fuhren kann.698

Bei einer negativen Fortbestehensprognose sind die Aktivwerte mit ihrem Liquidationswert abzüglich der Liquidationskosten unter Berücksichtigung der Steuerbelastung und die Passivwerte in Höhe der im Insolvenzfall zu bedienenden Verbindlichkeiten anzusetzen.699 Ausgangspunkt für den Überschuldungsstatus bildet das Verwertungskonzept.700 Für die intersubjektive Nachvollziehbarkeit der Vermögensbewertung bedarf es zuerst der Festlegung der Liquidationsdauer und der -intensität.701 In der Praxis ist dies ein nicht zu unterschätzendes Unterfangen, da der Grad der Zerschlagung und der zur Verfügung stehende Verwertungszeitraum maßgeblich die Höhe des Veräußerungserlöses bestimmen. Der Veräußerungserlös kann sich hierbei in einem sehr breiten Spektrum bewegen.702 So weist Moxter darauf hin, daß sich der Liquidationswert wegen der Schwierigkeit, die Zerschla­ gungssituation zutreffend zu antizipieren, nur der Größenordnung nach ermitteln läßt.703 Eine erhebliche Manipulationsanfälligkeit kann daher nicht ausgeschlossen werden, da an den Nachweis für konkrete Veräußerungsmöglichkeiten aufgrund fehlender Kaufangebote keine besonders hohen Anforderungen gestellt werden können. Im übrigen können die im alten Recht herausgebildeten allgemeinen Grundsätze für Ansatz und Bewertung der Aktiva und Passiva im Überschuldungs­ status zu Liquidationswerten im wesentlichen übernommen werden. Auf die bisherige meinungsbildende Literatur kann daher verwiesen werden.704

697 Vgl. Forschte, G.;Kofahl, G.; [Überschuldungsstatus], 1994, Rdn. 100; IDW, [Überschuldungs­ prüfung], 1997, S. 24; Wagner, W„ [Insolvenzrecht], 1996, S. 302 und Wolf, T, [Überschuldungssstatus], 1995, S. 860. 698 Vgl. Clemm, H., [Bestätigungsvermerk], 1977, S. 149-150 und Förschle, G.;Kofahl, G.; [Überschul­ dungsstatus], 1994, Rdn. 100. 699 Vgl. IDW, [Überschuldungsprüfung], 1997, S. 25. Eine Übersicht der oberen und unteren Wert­ grenzen siehe bei Schedlbauer, H., [Insolvenzprüfungen], 1984, S. 2210. 700 Vgl. Wagner, W, [Insolvenzrecht], 1996, S. 302. 701 Vgl. Burger, A.; Schellberg, B„ [Überschuldung], 1995, S. 227 und IDW, [Überschuldungsprüfung], 1997, S. 24. 702 Vgl. Burger, A.; Schellberg, B„ [Auslösetatbestände], 1995, S. 266. 703 Vgl. Moxter, A., [Ordnungsmäßige Untemehmensbewertung], 1983, S. 103. 704 Vgl. Baumbach, A.;Hueck, G.;Schulze-Osterloh, J„ [Kommentar], § 63, Rz. 12-21; Förschle, G.;Kofahl, G.; [Überschuldungsstatus], 1994, Rdn. 100; Kuhn, G.;Uhlenbruck, W., [Kommentar], § 102, Rz. 6i-6t; Kupsch, P.t [Überschuldungsmessung], 1984, S. 164, Lutter, M.;Hommelheff, P.,

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Dem Überschuldungsstatus zu Liquidationswerten dürfte in der Praxis nur eine unwesentliche Bedeutung zukommen, da mit der Aufgabe einer positiven Fortbestehensprognose implizit eine wirtschaftliche Lebensunfähigkeit eingestanden wird und eine Untemehmensfortfilhrung über diesen Zeitpunkt hinaus mit weitreichenden zivil- und strafrechtlichen Problemen beladen wäre. Darüber hinaus dürften die hohen Abschläge auf die Wertansätze der Jahresbilanz bei der zu diesem Zeitpunkt zumeist kritischen Eigenkapitalausstattung zwangsläufig zur Überschul­ dung führen. Untersuchungen ergaben, daß bereits bei einem durchschnittlichen Abschlag von 30%, der im Liquidationsfall noch als sehr niedrig erscheint, eine große Anzahl von Unternehmen überschuldet wären.705 Höhere Abschläge sind vor allem bei untemehmensspezifischen Vermögensgegenständen sowie bei unfertigen und halbfertigen Erzeugnissen vorzunehmen, mitunter sind bereits Schrottwerte anzusetzen.706

Die Vermögenswerte und Schulden im Überschuldungsstatus zu Fortführungswerten sind mit dem Betrag anzusetzen, der ihnen als Bestandteil im Rahmen eines gedachten Gesamtkaufpreises bei konzeptgemäßer Untemehmensfortfilhrung beizulegen wäre.707 Über die Vorgehensweise der Wertermittlung besteht hingegen weitgehend Unklarheit, da dem Überschuldungsstatus zu Fortführungswerten ein aus betriebswirtschaftlicher Sicht methodisches Problem zugrunde liegt.708 Grund hierfür ist der Dualismus zwischen Substanz- und Erfolgsbetrachtung des schuldne­ rischen Vermögens. Für die Bewertung sind zunächst die zeitraumbezogenen Ertragswerte maßgebend; diese sind im Überschuldungsstatus dann wieder auf zeitpunktbezogene Substanzwerte zurückzuführen.709 Der Untemehmenswert unter Fortführungsgesichtspunkten spiegelt sich weder in den Anschaffungs- noch in den Wiederbeschaffungskosten noch in anderweitigen Marktpreisbewertungen der einzelnen Vermögensgegenstände wider; vielmehr bilden die Verbundeffekte des unitären Vermögens die zugrunde liegende

705 706 707 708

709

[Kommentar] § 63, Rz. 7; Schmidt, K.; Uhlenbruck, W., [Insolvenz], 1997, S. 268-271 und Scholz, F.;Schmidt, K, [Kommentar], § 63, Rz. 16-33. Vgl. Egner, H;Wolff, G., [Überschuldungstatbestand], 1978, S. 105. Vgl. Hachenburg, M.;Ulmer, P„ [Großkommentar], § 63, Rdn. 43 und Klar, M., [Überschuldungs­ tatbestand], 1990, S. 2078. Vgl. IDW, [Überschuldungsprüfung], 1997, S. 25. Der Gesetzgeber hat zur Lösung dieser Problematik weder im Gesetz noch in den Gesetzesbe­ gründungen eine Hilfestellung gegeben. Vgl. Früh, H.-J., [Insolvenz], 1995, S. 800.

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Bewertungseinheit.710 Die Betrachtung erfordert damit eine dynamische Bewertung des Unternehmens als organisatorisches Ganzes.711 Die Fähigkeit zur Erfüllung der Gläubigeransprüche bei positiver Fortbestehensprognose resultiert allein in der zukünftigen Ertragskraft des betrieblichen Leistungserstellungs- und Leistungs­ verwertungsprozesses, also in einer Erfolgsbetrachtung, inwieweit Erträge in Form von zukünftigen Einnahmen erzielt werden können.712 Die Bewertung des einheitlichen Vermögens muß daher nach vorherrschender Meinung ertragswert­ orientiert sein, um ein zeitraumbezogenes Schuldendeckungspotential zu ermif teln.713 Ein Unternehmen ist dann nicht überschuldet, wenn die Ertragskraft ausreicht, um langfristig den vereinbarten Zins- und Tilgungsraten nachzukommen. Selbst wenn die Ertragslage so schlecht geworden ist, daß nur noch die Fremdkapi­ talzinsen, nicht aber eine Eigenkapitalverzinsung erwirtschaftet werden kann, führt dies - trotz schlechter Kapitalallokation - nicht zum Ausweis der Überschuldung.714 Die Vermögensbewertung lehnt sich damit stark an die für Untemehmensbewertungen entwickelten Grundsätze an.715 Allenfalls können nicht betriebsnot­ wendige Vermögensgegenstände mit ihrem Realisationswert angesetzt werden.716

Die zur Ermittlung des Zukunftserfolges gegenwärtig vorherrschende Methode ist mit verschiedenen Modifikationen - die Ertragswertmethode.717 Unter dem Einfluß investitionstheoretischer Gedanken drang die Auffassung vor, daß der Zukunfts­ erfolg den Überschuß der zukünftigen Einnahmen über den zukünftigen Ausgaben

710 Vgl. Fischer, W., [Überschuldungsprüfiing], 1981, S. 1347; Klar, M., [Überschuldungstatbestand], 1990, S. 2079; Moxter , A.,[Gewinnermittlung], 1982, S. 107 und Münstermann, H, [Unterneh­ mung], 1970, S. 18-20. 711 Vgl. Bilo, F, [Überschuldung], 1981, S. 75. 712 N£.Burger, A.; Schellberg, B., [Auslösetatbestände], 1995, S. 265-266; Fischer, W., [Überschuldungsbilanz], 1980, S. 84 und Sieben, G., [Untemehmensbewertung], 1995, S. 722. Im Kem liegt hierbei das römische Rechtsinstitut der missio in bona zugrunde, in dem es den Gläubi­ gem oblag, durch eine zweckentsprechende Nutzung des vorhandenen Schuldnervermögens eine vollständige Befriedigung ihrer Ansprüche zu erlangen. Stüdemann, K, [Haftung], 1978, S. 416. 713 Vgl. Burger, A.; Schellberg, B., [Auslösetatbestände], 1995, S. 266, Egner, H.;Wolff, G., [Überschuldungstatbestand], 1978, S. 103; Fischer, W„ [Überschuldungsbilanz], 1980, S. 62; IDW, [Überschuldungsprüfiing], 1997, S. 25; Kupsch, P., [Überschuldungsmessung], 1984, S. 162 und Wolf, T„ [Überschuldungssstatus], 1995, S. 861. A.A. Haack, M.t [Überschuldungsfeststellung], 1981, S. 886-887. 714 Vgl. zu diesem Problem auch bei Wagner, W., [Überschuldung], 1995, S. 182. 715 Vgl. Auler, W^D, [Überschuldungsstatus], 1976, S. 2170. 716 Vgl. Förschle, G.;Kofahl, G.; [Überschuldungsstatus], 1994, Rdn. 101 und Müller, W„ [WPHandbuch], 1996, S. 1662, Rdn. 26. 717 Vgl. Bähner, E., [Fortbestehensprognose], 1988, S. 447; Ballyvieser, W., [Untemehmensbewertung], 1997, S. 186, Heurung, R, [Untemehmenswertverfahren], 1997, S. 837; Piltz,D. J., [Untemehmens­ bewertung], 1994, S. 16 und Steiner, M., [Insolvenzauslösetatbestände], 1986, S. 434.

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verkörpere.718 Infolgedessen wird der Zukunftserfolg neuerdings auch mit dem Discounted Cash Flow-Verfahren ermittelt.719

Sowohl die Ertragswertmethode als auch das Discounted Cash Flow-Verfahren stellen eine aus betriebswirtschaftlicher Sicht korrekte, aus praktischer Sicht jedoch problematische Methode zur Überschuldungsmessung dar.720 Die Probleme liegen vornehmlich in den technischen Grenzen des Rechnungswesens, eine Ertrags- oder Einzahlungsüberschußrechnung über einen längeren Zeitraum aufzustellen, und in der Bemessung des Kapitalisierungszinssatzes.721 Die jeder Untemehmensbewertung anhaftende Problematik, nur die Zahlen aus der Vergangenheit, nicht aber aus der Zukunft zu kennen, verstärkt sich in der Untemehmenskrise in besonderem Maße, da zusätzlich die Auswirkungen der noch einzuleitenden oder bereits durchgefiihrten Sanierungsmaßnahmen abzuschätzen sind.722 Somit kann der in der Untemehmensbewertungspraxis anzutreffende mehljährige Betrachtungszeitraum auf unüberwindbare praktische Prognose­ probleme stoßen.723 Während sich die Einschätzung der Ertragsaussichten eines mit nachhaltigen Gewinnen wirtschaftenden Unternehmen noch sachgerecht lösen läßt, unterliegt die Ertragseinschätzung bei einem defizitären Unternehmen über mehrere

718 Vgl. Matschke, M. J., [Bewertung], 1984, S. 547-548 und Piltz,D. J., [Untemehmensbewertung], 1994, S. 17. 719 Insbesondere greifen die Untemehmensberatungsgesellschaften sowie die Investmentbanken im Rahmen der Umsetzung einer wertorientierten Untemehmensfilhrung auf die Discounted Cash FlowVerfahren zurück, während die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und M&A - Beratungen die traditionelle Ertragswertmethode bevorzugen. Vgl. Peemöller, V.;Bömelburg, P.; Denkmüller, A., [Untemehmensbewertung], 1994, S. 749. Sieben kommt bei einer Gegenüberstellung beider Verfah­ ren zu dem Ergebnis, daß es unter Praktikabilitätsaspekten keinen Grund gibt, sich vom Ertragswert­ verfahren ab und dem Discounted Cash Flow -Verfahren zuzuwenden, zumal beide Verfahren trotz Unterschiede in der Methodik auf die gleichen konzeptionellen Grundlagen zurückgreifen. Vgl. Sieben, G., [Untemehmensbewertung], 1995, S. 736. Bei identischen Prämissen ergibt sich nach den Discounted Cash Flow -Verfahren und nach der Ertragswertmethode derselbe Untemehmenswert. Ballyvieser, W., [Discounted Cash-Flow], 1998, S. 82. Zu gleichem Ergebnis kommt auch Drukarczyk, J., [DCF-Methoden], 1995, S. 330. Bewertungsdivergenzen bei der Ermittlung eines Untemehmenswertes mittels beider Verfahren beruhen vornehmlich auf unterschiedlichen Bewer­ tungsannahmen und -Vereinfachungen. Von Bedeutung sind insbesondere die unterschiedlichen Finanzierungsannahmen. Vgl. Sieben, G., [Untemehmensbewertung], 1995, S. 728. 720 Ob die sich die Rechtsprechung einer Gesamtbewertung nach den Grundsätzen moderner Untemehmensbewertung anschließen wird, bleibt daher ungewiß. Vgl. Schedlbauer, H., [Insolvenz­ prüfungen], 1984, S. 2211. 721 Vgl. Bähner, E., [Fortbestehensprognose], 1988, S. 445 und IDW, [Untemehmensbewertung], 1983, S. 469. 722 Vgl. Fischer, W., [Überschuldungsprüfung], 1981, S. 1351. 723 Vgl. Peemöller, V,;Bömelburg, P.;Denkmüller, A., [Untemehmensbewertung], 1994, S. 743 und Wagner, W., [Überschuldung], 1995, S. 182.

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Jahre einem zu großen Beurteilungsspielraum.724 Diese Einschätzung wird letztendlich vom Prinzip der Hoffnung getragen. Die Manipulationsmöglichkeiten im Rahmen der Untemehmensbewertung sind daher unbestritten. Darüber hinaus eröffnet die Festlegung der wertbestimmenden Parameter im Rahmen der Unter­ nehmensbewertung einen unbefriedigenden Ermessensspielraum.725 So unterliegt die Ableitung eines geeigneten Wachstums- und Risikozuschlagsatzes sowie die Einbeziehung von Steuern den subjektiven Vorstellungen des Antragspflichtigen.726 Eine ertragswertorientierte Untemehmensbewertung ist insgesamt ein methodisch problematisches Instrumentarium für eine objektive Überschuldungsmessung.727 Insbesondere kann die Ertragswertmethode bei defizitären Unternehmen versa­ gen.728 Andererseits weist die Bewertung ertragsschwacher Unternehmen729 gegenüber ertragsstarken Unternehmen keine konzeptionelle Besonderheit auf; die Bewertung ertragsschwacher Unternehmen ist somit nicht Gegenstand einer besonderen Bewertungstheorie.730

Die anschließende Transformation des Ertragswertes auf die Vermögenssubstanz des Unternehmens durch Zuschreibung oder Abwertung der einzelnen Vermögens­ gegenstände ist methodisch besonders angreifbar, da der Untemehmenserfolg auf dem Zusammenwirken der einzelnen Vermögensgegenstände beruht und allein dem Vermögensverbünd als Gesamtheit zugeordnet werden kann.731 Moxter stellt hierbei zutreffend fest, daß es unmöglich sei, das Fortführungsvermögen hinreichend zuverlässig bilanziell darzustellen.732 Das unitäre Vermögen kann weder durch eine rechnerische noch durch logische Operationen in trennbare Einheiten zerlegt werden. Eine verursachungsgerechte Zuweisung der Ertragsanteile auf einzelne

724 Vgl. Brandstätter, J., [SanierungsfÜhigkeit], 1993, S. 67; Jordan, A., [Reorganisationsverfahren], 1993, S. 143; Matschke, M. J., [Bewertung], 1984, S. 552-554 und Wagner, W., [Überschuldung], 1995, S. 182. 725 Burger, A.; Schellberg, B„ [Überschuldung], 1995, S. 228. 726 Vgl. Burger, A.; Schellberg, B„ [Überschuldung], 1995, S. 230, Siegel, T, [Untemehmens­ bewertung], 1997, S. 2390-2392 und Wolf, T, [Überschuldungssstatus], 1995, S. 861. 727 Vgl. Fischer, W., [Überschuldungsprüfung], 1981, S. 1349; Wolf, T, [Überschuldungssstatus], 1995, S. 862 und Haack, M., [Überschuldungsfeststellung], 1981, S. 886. 728 Vgl. IDW, [Untemehmensbewertung], 1983, S. 479. 729 Ertragsschwache Unternehmen sind solche Unternehmen, deren Reinerträge nicht die landesübliche Verzinsung unter Berücksichtigung betrieblicher Risiken erreichen. Vgl. Matschke, M. J, [Bewertung], 1984, S. 546. 730 Vgl. Münstermann, H, [Unternehmung], 1970, S. 123. 731 Vgl. Kupsch, P., [Überschuldungsmessung], 1984, S. 162 und Stüdemann, K, [Fortführung], 1995, S. 5. 732 Vgl. Moxter, A., [Untemehmensfortfilhrung], 1980, S. 346.

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Vermögensgegenstände ist daher nicht möglich.733 Allenfalls kann unter Liquiditäts­ gesichtspunkten eine Zuordnung auf einzelne Vermögensgegenstände vorgenommen werden, nicht hingegen bei der Fortführung des Unternehmens. Letztendlich bleibt ein Überschuldungsstatus zu Fortführungswerten als Substanzbetrachtung ein unvollkommener Versuch, einen Untemehmenswert auf einzelne bilanzierungs­ fähige Vermögensgegenstände abzubilden.

Ein positiver oder negativer Ertragswert kann allenfalls in einem Betrag als positiver bzw. negativer Firmenwert ausgewiesen werden.734 Diese Vorgehensweise findet ihre Rechtfertigung darin, daß der Ertragswert einer Gesellschaft abzüglich dem Firmenwert ihrem Substanzwert entspricht.735 In der Praxis wird aufgrund der unsicheren Erwartung über einen zukünftigen Geschäftserfolg und über den Umfang notwendiger Sanierungsmaßnahmen einem negativen Firmenwert u.U. die größere Bedeutung zukommen. Nicht zuletzt fordert das IDW in seiner Stellungnahme zur Überschuldungsprüfiing besonders strenge Maßstäbe für den Ansatz und die Bewertung eines positiven Firmenwertes, wie eine konkrete Veräußerungs­ möglichkeit für das Unternehmen als Ganzes oder eines entsprechenden Untemehmensteils.736 Die Bewertungspraxis geht daher in Untemehmenskrisen regelmäßig von der widerlegbaren Vermutung aus, daß dem technisch-organisatorischen Vermögensverbünd kein zusätzlicher Wert mehr zugemessen werden kann, da ein Käufer eines defizitären Unternehmens trotz positiver Fortbestehensprognose nur in wenigen Ausnahmefällen bereit sein wird, für ein defizitäres Unternehmen einen über den Liquidationswert hinausgehenden Kaufpreis zu entrichten.737 Auch kommt das IDW in seiner Stellungnahme zu Untemehmensbewertungen zu dem Ergebnis, daß bei einer defizitären Ertragslage der Ertragswert auch bei Annahme der Untemehmensfortfilhrung unter den Liquidationswert sinken kann.738

733 Vgl. Auler, W.-D., [Überschuldungsstatus], 1976, S. 2170, Egner, H.;Wolff, G., [Überschuldungs­ tatbestand], 1978, S. 103; Fischer, W., [Überschuldungsbilanz], 1980, S. 102 und Plate, G., [Insolvenzreife], 1980, S. 221. 734 Vgl. Fischer, W., [Überschuldungsbilanz], 1980, S. 102. Hierbei ist eine zeitnahe Handelsbilanz als Ausgangspunkt für den Überschuldungsstatus heranzuziehen. 735 Vgl. Auler, W.-D., [Überschuldungsstaius], 1976, S. 2170; Bilo, F, [Überschuldung], 1981, S. 76 und Kühn, G., [Bewertungsprobleme], 1970, S. 552. 736 Vgl. IDW, [Überschuldungsprüfiing], 1997, S. 25. 737 Vgl. Bähner, E., [Fortbestehensprognose], 1988, S. 450; Bretzke, W.-R, [Untemehmungsbewertung], 1976, S. 154-155; Früh, H.-J., [Wirtschaftsprüfer], 1995, S. 802 und Ulmer, P., [Konkursantragspflicht], 1981, S. 478. 738 Vgl. IDW, [Untemehmensbewertung], 1983, S. 479. Ähnlich dazu Bilo, F, [Überschuldung], 1981, S. 76.

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Im Gegensatz zu der in der praktischen Anwendung problematischen gesamt­ wertorientierten Bewertung ist den nun darzustellenden einzelwertorientierten Ansätzen, die auf eine Bewertung einzelner Vermögensgegenstände zu Nutzungs­ oder Wiederbeschaffungswerten abstellen, jegliche methodische Legitimation abzusprechen.739 Ein sachlogischer Widerspruch ist dadurch begründet, daß den einzelnen Vermögensgegenständen in dem betrieblichen Umwandlungsprozeß kein originärer Wert zugeordnet werden kann. Erst wenn die in den Sachwerten gebundenen materiellen Kapitalbeträge in Umwandlungsprozessen zu einem geldlichen Rückfluß fuhren, kann ihr wirklicher Wert zutreffend festgestellt werden.740 Gleichwohl wird den einzelwertorientierten Ansätzen wegen ihrer besseren Handhabbarkeit in der Insolvenzpraxis eine gewisse Bedeutung zukommen. Die folgenden Bewertungsansätze können jedoch nur ergänzend verwendet werden. Der Bewertungsansatz von Klar741 zielt auf die Ermittlung eines Nutzungswertes der im Unternehmen vorhandenen materiellen und immateriellen Güter ab, die zur betrieblichen Leistungserstellung zur Verfügung stehen. Der Nutzungswert des Produktionspotentials wird durch die Kapazitätsausnutzung der im Produktions­ prozeß zusammengefaßten Güter bestimmt. Die Anschaffungskosten der im Produktionsprozeß eingesetzten Vermögensgegenstände werden entsprechend der Kapazitätsausnutzung mit Zu- und Abschlägen korrigiert. Kritisch anzumerken ist, daß der Nutzungswert der nicht dem Produktionsprozeß zugeordneten Vermögens­ gegenstände unberücksichtigt bleibt und sich die aufwendige Berechnung des Wirkungsverbundes der materiellen und immateriellen Güter im Produktionsprozeß jeglicher Praktikabilität entzieht.742 Ferner ist die (schlechte) gegenwärtige Kapazitätsausnutzung des Produktionspotentials beim Schuldner kein Bewertungs­ maßstab für eine Überschuldung, da die Kausalität zum wirtschaftlichen Erfolg am Markt sowie die Drittverwendungsmöglichkeiten unberücksichtigt bleiben.743

Die gegenwärtig vorherrschende Literaturmeinung vertritt die Auffassung, als Zeitwert für die betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände seien die Wiederbe­ schaffungskosten heranzuziehen.744 Der Bewertung zu Wiederbeschaffungskosten

739 Auch ftlr insolvente Unterenhmen gilt weitgehend das von Münstermann aufgestellte Postulat: „Für das Gewesene gibt der Kaufmann nichts.“ Münstermann, H, [Unternehmung], 1970, S. 21. 740 Vgl. IDW, [Untemehmensbewertung], 1983, S. 479. 741 Vgl. Klar, M„ [Überschuldungstatbestand], 1990, S. 2079-2081. 742 Vgl. Vonnemann, W„ [Überschuldung], 1991, S. 869. 743 Vgl. Vonnemann, W„ [Überschuldung], 1991, S. 869. 744 Vgl. Bilo, F, [Überschuldung], 1981, S. 76-78 und 104-105; Förschle, G.;Kofahl, G; [Überschul­ dungsstatus], 1994, Rdn. 101; Müller, W., [WP-Handbuch], 1996, S. 1662, Rdn. 26 und Wagner, W„ [Überschuldung], 1995, S. 185.

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als Ersatzgröße für den Zukunftserfolg kann nicht gefolgt werden, da von einem Reproduktionswert keine Aussage über den zukünftigen Erfolg und damit über die Fähigkeit zur Schuldendeckung abgeleitet werden kann.745 Ferner bleibt in der Einzelbewertung zu Wiederbeschaffungskosten der Marktpreis filr den Vermögens­ verbund im sog. Firmenwert unberücksichtigt. Auch vermag der Vorteil der Manipulationsimmunität nicht zu überzeugen, da für die einzelnen Zeitwerte häufig keine Marktwerte vorliegen und ein Vollreproduktionswert den originären Firmenwert und somit den unerwünschten Bewertungsspielraum der ertragswert­ orientierten Verfahren mit einschließen würde.746

c) Kritische Würdigung der Überschuldung Der Insolvenztatbestand der Überschuldung hat in der gegenwärtigen Insolvenz­ praxis seine gläubigerschützende Wirkung weitgehend eingebüßt. So kann sich der Schuldner im alten Recht allein durch eine positive Fortbestehensprognose einer rechtlichen Überschuldung entziehen. Im folgenden wird dargelegt, daß die methodischen und praktischen Schwierigkeiten bei der Überschuldungsmessung im neuen Recht zu keiner substantiellen Vorverlegung der Insolvenzeröfihung führen, und daß der Überschuldungstatbestand im Ergebnis dem gegenwärtigen zwei­ stufigen modifizierten Überschuldungsbegriff gleichkommt. Die Zielsetzung des Gesetzgebers nach einer Vorverlegung der Insolvenzeröfihung ließe sich daher nur über den neu zu schaffenden Insolvenztatbestand der „drohenden Überschuldung“ erreichen.

Die Kritik an dem Überschuldungstatbestand richtet sich zunächst gegen den logischen Zirkelschluß der Überschuldungsprüfiing. Bei der Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden zu Fortführungswerten wird bereits in der zugrunde liegenden Fortbestehensprognose das mit dem Überschuldungsstatus erst noch zu ermittelnde Ergebnis, die Lebensfähigkeit des Unternehmens, verwandt. So wird die Erkenntnis, ob die Fortführung des Unternehmens wirtschaftlich sinnvoll und möglich ist, schon vor der Aufstellung des Überschuldungsstatus mit der Aufstellung einer Fortbestehensprognose gewonnen.747 Eine positive Fortbestehensprognose ist stets als Beleg dafür zu werten, daß eine rechnerische Überschuldung wieder überwunden werden kann. Es erscheint deshalb unlogisch, anhand von Fortfüh­ rungswerten eine Überschuldung zu messen und gleichzeitig den Fortbestand des

745 Ebenso Burger, A.; Schellberg, B„ [Auslösetatbestände], 1995, S. 266 und Klar, M„ [Über­ schuldungstatbestand], 1990, S. 2079. 746 N$.Burger, A.; Schellberg, B., [Überschuldung], 1995, S. 228. 747 Vgl. Auler, W.-D., [Überschuldungsstatus], 1976, S. 2169-2170.

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Unternehmens aufgrund der Prognoseunsicherheiten in Frage zu stellen. Es wäre daher aus ökonomischer Sicht unverständlich, wenn der Überschuldungsstatus zu einem anderen Ergebnis käme als die dem Überschuldungsstatus zugrunde liegende Fortbestehensprognose.748 Die Diskrepanz zwischen der wirtschaftlichen und rechtlichen Lebensfähigkeit bleibt somit im neuen Recht ungelöst. Eine der Rechtsklarheit besser dienende Alternative zur Überschuldung, die u.U. dessen Streichung erlaubt, ist leider nicht in Sicht.749 Dem aufgezeigten Widerspruch ist insgesamt entgegenzuhalten, daß dem Über­ schuldungstatbestand lediglich die Funktion einer rechtzeitigen Eröffnung des Insolvenzverfahrens zukommt und er nicht wie im alten Recht bereits eine Liquidation präjudiziert.750 Da der Überschuldungstatbestand dem Gläubigerschutz dient und auf den Haftungsfonds der Gesellschaft abstellt, muß der betriebswirt­ schaftliche Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit zwangsläufig in den Hintergrund treten,751 zumal sich manche Fortbestehensprognose in der Praxis als falsch erwiesen hat.752

Der Entscheidung über den Wertansatz im Überschuldungsstatus liegt zunächst eine Fortbestehensprognose zugrunde. Dieser Fortbestehensprognose kommt auch im neuen Recht die entscheidende Bedeutung für die Beurteilung der Überschuldung zu.753 Bei einer negativen Fortbestehensprognose führt der Ansatz von Liquidati­ onswerten fast ausnahmslos zu einer rechnerischen Überschuldung, da der Wert der Gläubigeransprüche insolventer Unternehmen den Wert der Vermögensgegenstände im Durchschnitt um mehr als das Doppelte übersteigt.754 Damit dürfte ein Wertansatz zu Liquidationswerten zwangsläufig mit einer Überschuldung einhergehen, ein aus Sicht des Gläubigerschutzes vernünftiges Ergebnis.755 Ein ähnliches, wenngleich entgegengesetztes Bild, könnte sich bei einer positiven Fortbestehensprognose ergeben, da die methodische Vorgehensweise bei der

Vgl. Egner, H.;Wolff, G., [Überschuldungstatbestand], 1978, S. 104. So auch Schmidt, K., [Gläubigerschutz], 1978, S. 340. Vgl. Vonnemann, W., [Überschuldung], 1991, S. 868. So auch Vonnemann, W., [Überschuldung], 1991, S. 868. Vgl. BT-Drucks. 12/7302 zu § 23 Abs. 2, S. 157. Vgl. Drukarczyk, J„ [Kapitalerhaltungsrecht], 1994, S. 1742; Fenske, R, [Überschuldungs­ tatbestand], 1997, S. 556 ; Hachenburg, M.;Ulmer, P„ [Großkommentar], § 63, Rdn.33 und Schüp­ pen, M., [Konkursverschleppung], 1994, S. 199. 754 Bei einer durchschnittlichen Verlustquote von 54% sind die von dem Konkursverwalter im Laufe des Konkursverfahrens realisierten Werte zu berücksichtigen. Vgl. Gessner, V. u.a., [Konkursabwicklung], 1978, S. 45. 755 Vgl. Clemm, H, [Bestätigungsvermerk], 1977, S. 152; Egner, H;Wolff, G., [Überschuldungs­ tatbestand], 1978, S. 105 und Moxter, A„ [Finanzwirtschaftliche Risiken], 1976, Sp. 635. 748 749 750 751 752 753

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Ermittlung der Fortbestehensprognose und der Vermögensbewertung im Überschul­ dungsstatus eine unstreitbare Affinität aufweisen. Der neue Überschuldungsbegriff kommt im Ergebnis dem gegenwärtigen Überschuldungsbegriff sehr nahe, da der Überschuldungsstatus zur Bestätigungs­ rechnung der zugrunde liegenden Fortbestehensprognose degradiert wird.756 Ein aus ökonomischer Sicht systemgerechtes, wenngleich vom Gesetzgeber unbeabsichtigtes Ergebnis. Solange der Schuldner der Vermögensbewertung noch eine positive Fortbestehensprognose zugrunde legen kann, wird er allein zur Wahrung seiner eigenen wirtschaftlichen Interessen kaum bereit sein, sich bereits zu diesem Zeitpunkt unfreiwillig in ein Insolvenzverfahren zu begeben. Vielmehr wird er mangels genauer Definition der Fortführungswerte in der Insolvenzordnung einen Bewertungsansatz wählen, der seinen eigenen Vorstellungen gerecht wird und eine Schuldendeckung ermöglicht. Verschärft wird dieser Sachverhalt, daß der Überschuldungstatbestand für die Gläubiger nicht bestimmbar ist und der Schuldner folglich ex ante keiner Drittkontrolle unterliegt. Somit bleibt trotz der materiellen Verschärfung des Überschuldungstatbestandes zu befurchten, daß ein noch zahlungsfähiger, jedoch überschuldeter Schuldner seiner Antragspflicht nicht nachkommt und damit das Ziel einer nachhaltigen Vorverlegung der Insolvenzer­ öfihung unterläuft.757 Im Hinblick auf die Anforderungen eines Auslösekriteriums ist die Beibehaltung der Fortbestehensprognose im Überschuldungsstatus mangels kodifizierten Ansatz- und Bewertungsvorschriften für die Fortführungswerte unbefriedigend.

756 Ebenso Burger, A.; Schellberg, B„ [Auslösetatbestände], 1995, S.266 und Vonnemann, W„ [Über­ schuldung], 1991, S. 868. 757 Ähnlich dazu Bähner, E., [Fortbestehensprognose], 1988, S. 445 und Meyer-Cording, U., [Insolvenz­ tatbestände I], 1985, S. 1926.

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IIL Das Prognoseproblem bei der Feststellung der Insolvenztatbestände Mit der Einführung der drohenden Zahlungsunfähigkeit sowie der nunmehr kodifizierten Fortbestehensprognose im Überschuldungstatbestand wird ein Bewertungsspielraum geschaffen, den der Schuldner sowohl zur frühzeitigen Antragstellung als auch zur Insolvenzverschleppung nutzen kann. Die bisherigen Erfahrungen in der Insolvenzeröffhungspraxis zeigen, daß die antragspflichtigen Organe auch in einer anhaltenden Untemehmenskrise im Zweifel einer positiven Fortbestehensprognose den Vorrang geben.758 Gleichzeitig nimmt dadurch die Rechtsunsicherheit der Gläubiger zu, da der Überschuldungstatbestand von außen nicht hinreichend genau bestimmbar ist.

Hinter der scheinbaren Prägnanz und begrifflichen Schärfe der Insolvenztatbestände verbirgt sich im Kem eine Prognose über die zukünftige Untemehmensentwicklung. Eine Prognose ist eine durch nachvollziehbare, realitätsbezogene Argumente gestützte Aussage über das Eintreten bestimmter Zustände, Ereignisse und Entwicklungen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes und/oder über die entspre­ chende Eintrittswahrscheinlichkeit.759 So kann die Prognose über die wirtschaftliche (Über-)Lebensfähigkeit eines Unternehmens nicht auf ihren empirischen Wahrheits­ gehalt untersucht werden; aufgrund ihres spekulativen Charakters kann nur die Folgerichtigkeit der Argumente geprüft werden.760

1. Die prognostischen Elemente im Insolvenztatbestand Im Schrifttum besteht weitgehend Einigkeit darüber, daß nur ein Prognosetatbestand ein Sanierungsverfahren rechtzeitig einzuleiten vermag.761 Ferner besteht kein Zweifel darüber, daß ein prospektiver Insolvenztatbestand prognostische Elemente enthalten muß.762

Sowohl die drohende Zahlungsunfähigkeit wie auch die Überschuldung stellen letztendlich auf die Finanzkraft des Unternehmens ab. Hierbei ist eine prospektive Aussage über das finanzielle Gleichgewicht des Unternehmens zu treffen. Bei der

758 Vgl. Hachenburg, M.;Ulmer, P„ [Großkommentar], § 63, Rdn.33 und Wolf, T, [Überschuldungs­ status], 1995, S. 860. 759 Vgl. Bretzke, W.-R, [Prognoseprüfung], 1992, Sp. 1436. 760 Vgl. Braun, E., [Sanierungskonzept], 1989, S. 685 und Bretzke, W.-R, [Untemehmungsbewertung], 1976, S. 164. 761 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 80 und Schmidt, K., [Überschuldungstatbestand], 1982, S. 174. 762 Vgl. Rückle, D.t [Prognosen], 1984, S. 59.

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Darstellung der zukünftigen Entwicklung sowie der Abwägung von Chancen und Risiken handelt es sich um eine prognostische Einschätzung des Schuldners. Prognosen, die auf wirtschaftliche Zustände, Abläufe oder Ereignisse gerichtet sind, richten sich mindestens teilweise auf menschliches Handeln, so daß der Anwendung naturwissenschaftlicher deterministischer Gesetzesaussagen enge Grenzen gesetzt sind.763 Vor allem dann, wenn neben qualitativen Zusammenhängen auch quantitative Aussagen zu Einnahmen und Ausgaben sowie über die Wertansätze der Vermögens- und Schuldposten getroffen werden. Insbesondere können keine sinnvollen Erkenntnisse aus der Extrapolation vergangener Daten gewonnen werden, da eine Untemehmenskrise zwangsläufig nur durch strukturverändernde Sanie­ rungsmaßnahmen überwunden werden kann.764

Aus diesem Grunde werden die prognostischen Einschätzungen des Schuldners maßgeblich von seinen persönlichen Zukunftserwartungen zum Zeitpunkt der Prognoseerstellung bestimmt, die sich allerdings nicht immer mit denen der Gläubiger decken.765 Auch fehlt es dem Schuldner im allgemeinen an Erfahrung und Zeit, sorgfältige Bewertungen vorzunehmen.766 Die Unsicherheiten und Ungenau­ igkeiten bei der Wertermittlung sind offensichtlich, wenn demjenigen, der mangels richtiger wirtschaftlicher Prognosen sein Unternehmen in die Krise gesteuert hat, die Überprüfung der Insolvenzreife übertragen werden soll.767

Der Gesetzgeber hat die Prognoseprobleme bewußt als Preis für die Vorverlegung der Insolvenzeröffhung in Kauf genommen. Ein Unternehmen kann kaum mehr mit Erfolg saniert werden, wenn die Insolvenzeröffhung erst mit der Zahlungseinstellung erfolgt.768 Die Einschätzung der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit des Unternehmens eröffnet allerdings einen sehr breiten Ermessensspielraum, da die Betriebswirt­ schaftslehre noch keine gesicherten Erkenntnisse über die Kausalitäten von Erfolgsfaktoren vorzuweisen hat.

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Vgl. Rückle, D., [Prognosen], 1984, S. 57. Vgl. Brown, R G., [Forecasting], 1964, S. 210. Vgl. Kühn, G., [Bewertungsprobleme], 1970, S. 549. Vgl. Moxter, A., [Untemehmensfortfilhrung], 1980, S. 348. Vgl. Meyer-Cording, U., [Insolvenztatbestände I], 1985, S. 1926. Vgl. Hommelhoff, P., [Auslösemechanismen], 1984, S. 702.

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2. Die Überprüfbarkeit von Prognosen Das eigentliche Problem bei der Feststellung der Insolvenztatbestände sind die nicht objektivierbaren, subjektiven Einschätzungen über den Untemehmenserfolg.769 Neben dem Ermessensspielraum steht hinter jeder Prognose für die Gläubiger zugleich das zentrale Problem der Informationsgewinnung.770 Die prognostischen Elemente sind für die Gläubiger zumeist nicht bestimmbar, da ihnen kein vollstän­ diger Zugang zu den Dispositionsunterlagen gewährt wird. Dadurch wird die Auslösung des Verfahrens ausschließlich in die Hände des Schuldners gelegt. Pointiert dazu folgende Feststellung: „Wenn bei einer Weste erst geprüft werden muß, ob sie noch weiß ist, ist sie es nicht mehr; wenn man bei einer Dame erst prüfen muß, ob sie eine Dame ist, dann ist sie keine Dame, und wenn bei einer GmbH geprüft werden soll, ob das Vermögen die Schulden nicht mehr deckt, dann deckt das Vermögen nicht mehr die Schulden.“771

Die subjektiven Einschätzungen eröffnen einen beträchtlichen Ermessensspielraum zu Lasten der Bestimmbarkeit.772 Die Unsicherheit kann hierbei auch nicht über eine kodifizierte Meßvorschrift wegdefiniert werden.773 Moxter fuhrt dazu treffend aus: „Die Unsicherheit des zukünftigen Ertrages ist nicht aufhebbar; auch bei sorgfältiger Ertragsanalyse läßt sich die Ertragsskala nicht auf eine einzige Ertragsgröße reduzieren.“774 Der Untemehmenserfolg ist oftmals auch eine Frage des Glücks oder des Pechs.

Sowohl die Fortbestehensprognose als auch die nachfolgende Vermögensbewertung läßt sich nur in einem sehr weiten Rahmen abschätzen. Allerdings könnte die Bandbreite der subjektiven Einschätzungen über ein normiertes Verfahren zur Prognoseerstellung eingegrenzt werden. So kann bspw. eine Mindesteintritts­ wahrscheinlichkeit für die in der Prognose verwendeten Größen vorgeschrieben werden. Ferner kann ein direkter Kausalzusammenhang zwischen der zu prognosti­ zierenden ökonomischen Größe und derren Einflußgrößen in der Vergangenheit gefordert werden. Baetge/Schulze schlagen im Hinblick auf eine Objektivierung die Verwendung einer Rating-Klassifikation auf der Basis von Planabschlüssen mittels moderner empirischer-statistischer Verfahren der Jahresabschlußanalyse vor, um ein

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Vgl. Schmiedel, E., [Sanierungswürdigkeit], 1984, S. 761. Vgl. Foquet, K. P., [Sanierungswürdigkeitsanalyse], 1987, S. 51. o. V., [Überschuldung], 1994, S. 79. N^Burger, A.; Schellberg, B., [Überschuldung], 1995, S. 230. Vgl. Fleischer, H., [Überschuldungsstatus], 1996, S. 776. Moxter, A„ [Untemehmensbewerter], 1977, S. 254.

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genaueres Urteil über die künftigen Entwicklungsrisiken des Unternehmens zu geben.775 Darüber hinaus muß die Vorgehensweise der Wertermittlung auf Plausibilität und inhaltliche Konsistenz geprüft werden können. Problematisch bleibt, daß die jedem Prognoseverfahren anhaftende allgemeine Unsicherheit der Zukunft nicht beseitigt werden kann. So läßt sich ein prognostizierter Wert, auch wenn allen Beteiligten mehr oder weniger klar sein dürfte, daß sich dieser nicht realisieren läßt, nur beanstanden, wenn das zugrunde liegende Wertermittlungs­ verfahren Fehler aufweist. Praktische Erfahrungen mit der Prüfung von Prognosen zeigen, daß den möglichen Plausibilitätsprüfungen sehr enge Grenzen gesetzt sind. Die Richtigkeit des Wertansatzes sowie der zugrunde liegenden Fortbestehenspro­ gnose kann zum Zeitpunkt der Prüfung nur in Ausnahmefällen abschließend beurteilt werden. Der wahre Wert läßt sich erst zum Zeitpunkt der Vermögensverwertung im Insolvenzverfahren bestimmen. Allenfalls kann die Prüfung zu einer Einschätzung „realistisch“ oder „unrealistisch“ bzw. „glaubwürdig“ oder „unglaubwürdig“ führen. Da der Gesetzgeber weder ein allgemein anerkanntes Insolvenzprognosemodell zur Verfügung gestellt hat, noch einen objektivierbaren Schwellenwert für einen drohenden Untemehmenszusammenbruch fixiert hat, sind die Prüfungsmöglich­ keiten prospektiver Sachverhalte und deren Schlußfolgerungen stark eingeschränkt. Allenfalls können anhand eines normativen Anknüpfungspunktes Regeln aufgestellt werden, wer das Risiko bei einer fehlerhaften Prognose zu tragen hat.776

3. Der Ermessensspielraum des Schuldners Die Prognosetatbestände eröffnen insgesamt ein zu großes Spektrum an Hypo­ thesen.777 Jede Aussage über die Untemehmensentwicklung stellt zwangsläufig eine Mischung zwischen Wunsch und Wirklichkeit dar, vor allem wenn mit der Zunahme des Prognosezeitraumes ein Verlust an Informationsgehalt und -Sicherheit verbunden ist.778 Kuhn/Uhlenbruck weisen in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, daß die Fortbestehensprognose nicht selten vom Prinzip der Hoffnung gespeist wird.779 So unterliegt insbesondere der Überschuldungstatbestand in Verbindung mit der schwierigen Überprüfbarkeit von Prognosen einem zu großen Ermessensspielraum von Seiten des Schuldners.

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Vgl. Baetge, J.;Schulze, D., [Lageberichterstattung], 1998, S. 946-948. Vgl. Fleischer, H., [Überschuldungsstatus], 1996, S. 776. Vgl. Vormbaum, H.; Baumanns, F. J., [Auslösung], 1984, S. 1972. Vgl. Bea, F.X.;Kötzle, A., [Ursachen], 1983, S. 568. Vgl. Kuhn, G.; Uhlenbruck, W„ [Kommentar], § 105, Rz. 5h.

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Da die Zerschlagung des Unternehmens in der gegenwärtigen Insolvenzpraxis die vorherrschende Verwertungsform ist, besteht für den Schuldner keine ökonomische Notwendigkeit zur frühzeitigen Antragstellung, solange er sein Unternehmen aus Liquiditätsgesichtspunkten fortführen und eine außergerichtliche Sanierung betreiben kann.780 Dies führt unweigerlich auch beim redlichen Schuldner zu einer sehr positiven Einschätzung der wirtschaftlichen Überlebensfähigkeit. Aus der Entscheidungstheorie ist ferner bekannt, daß die Wahl der Handlungen vom wirtschaftlichen Nutzen abhängt.781 Die antragspflichtigen Organe treffen, um eine drohende Insolvenz abzuwenden, nur diejenigen Sanierungsentscheidungen, an deren Erfolg sie glauben können. Dies schließt gleichzeitig die Annahme einer negativen Fortbestehensprognose weitgehend aus. Da der Schuldner von dem Erfolg der von ihm initiierten Sanierungsmaßnahmen überzeugt ist, kann ihm kein zu selbstkritisches Prognoseverhalten abverlangt werden. So wird ein Schuldner bei Sanierungsverhandlungen mit den Banken nicht zu bedenken geben, daß die Fortführung des Unternehmens überaus ungewiß und daher in Frage zu stellen sei. Letztendlich muß deijenige, der die Sanierungsmaßnahmen zu verantworten hat, auch von dessen Erfolg überzeugt sein und diese Überzeugung nach außen vertreten.

Die prognostischen Elemente der Insolvenztatbestände werden für sich allein betrachtet zu keiner nachhaltigen Vorverlegung der Insolvenzeröffhung führen.782 Die Beibehaltung der Fortbestehensprognose im Überschuldungstatbestand führt vielmehr dazu, daß auch der neue Überschuldungstatbestand in die bedenkliche Nähe der Zahlungsunfähigkeit rückt. Da ein zeitraumbezogenes Auslösekriterium einen erheblichen Ermessensspielraum für den Schuldner eröffnet und zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit bei den Gläubigem führt, ist im folgenden das Antragsverhalten des Schuldners näher zu untersuchen.

780 So auch Franke, G., [ökonomische Überlegungen], 1983, S. 53 und Stüdemann, K., [Haftung], 1978, S.414. 781 Vgl. Thießen, F, [Covenants], 1996, S. 23. 782 So auch Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 163.

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B. Die späte Insolvenzeröflhung in der Praxis Der Gesetzgeber hat im neuen Recht mit der formellen Verschärfung und Erweiterung der Insolvenztatbestände um prognostische Elemente eine notwendige, nicht jedoch gleichzeitig auch eine hinreichende Voraussetzung für eine frühzeitige Auslösung eines Insolvenzverfahrens geschaffen, da die Insolvenzeröfihung eines Antrages bedarf und nicht kraft Gesetzes bei Vorliegen eines Insolvenztatbestandes selbständig in Gang gesetzt wird.783 Nach allgemeiner Meinung werden die Insolvenzverfahren viel zu spät eröffnet.784 Die gegenwärtig späte Insolvenzeröfihung ist weniger auf die Insolvenztatbestände selbst sondern vielmehr auf die späte Antragstellung des Schuldners zurückzuführen. Die schwierige Bestimmbarkeit der Insolvenztatbestände für die Gläubiger eröffnen dem Schuldner mühelos den Rückzug in einen angeblich schuldlosen Irrtum.785 Die geringen Konkursquoten zeigen, daß die derzeitigen zivil- und strafrechtlichen Sanktionen bei der Verletzung der Antragspflicht, insbesondere der Überschuldung, keine ausgeprägte Präventivwirkung entfalten.786 Der Schuldner wird aufgrund des Entzuges seiner Verwaltungs- und Verfügungshoheit über sein Vermögen im Insolvenzverfahren nur dann zum Insolvenzantrag greifen, wenn er dadurch seine eigene Position halten oder verbessern kann. Solange der Schuldner von den Vorteilen einer frühzeitigen Insolvenzeröfihung nicht überzeugt ist und wie im alten Recht die Antragstellung mit der Untemehmenszerschlagung gleichsetzt, sind dem Konflikt zwischen den Individualinteressen des Schuldners und den Kollektiv­ interessen der Gläubiger, also zwischen Insolvenzverschleppung und wirkungs­ vollem Gläubigerschutz, Tür und Tor geöffnet.

Im folgenden sind daher zunächst die gesetzlichen Grundlagen für die Auslösung eines Insolvenzverfahren darzustellen. Anschließend sind die Möglichkeiten der Gläubiger zu untersuchen, die Insolvenz des Schuldners rechtzeitig zu erkennen und

783 Wie sich aus § 13 InsO ergibt ist das Insolvenzverfahren als Antragsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit unterworfen. Sein Charakter wird gleichermaßen durch streitentscheidende und durch ftirsorgerische Elemte geprägt. Vgl. Häsemeyer, L., [Insolvenzrecht], 1992, S. 60. 784 Vgl. Burger, A.; Schellberg, B., [Vorverlagerung], 1995, S. 566; Drukarczyk, J; Duttle, J., [Mobiliarsicherheiten], 1984, S. 280; Meyer-Cording, U, [Insolvenztatbestände I], 1985, S. 1925 und Uhlenbruck, W., [Sanierung], 1981, S. 544. 785 Vgl. Schröter, 1; Weber, A., [Sanierungsverfahren], 1982, S. 1024. 786 Obwohl Antragspflichtverletzungen häufig vorkommen, wird in der bisherigen Rechtspraxis mangels Unbestimmbarkeit der Insolvenztatbestände, insbesondere der Überschuldung, ein Strafverfahren nur in ganz offenkundigen Fällen eingeleitet. Vgl. Castan, E., [Konkursantragspflichtverletzung], 1986, S. 130-131 und Uhlenbruck, W„ [Krise], 1975, S. 899.

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dadurch selbst Einfluß auf den Schuldner nehmen zu können. Erst auf dieser Grundlage kann das Antragsverhalten des Schuldners in der Insolvenzpraxis beurteilt werden.

L Der Insolvenzantrag Dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens liegt der kollektivrechtliche Schutz der Gläubiger vor der Vermögensinsuffizienz des Schuldners zugrunde. Der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kann als kollektivrechtliches Korrelat zu den privatrechtlich vereinbarten Kreditsicherheiten angesehen werden.787 So steht mit der Insolvenzeröfihung allen Gläubigem gemeinschaftlich der Zugriff auf das freie, nicht mit Sicherheiten belegte Schuldnervermögen offen. Mit der Insolvenzeröffhung werden die Interessen der gesicherten und ungesicherten Gläubiger gebündelt.788 Ferner geht im Regelfall die Geschäftsfuhrungsbefugnis des Schuldners auf den Insolvenzverwalter über.789 Von diesem Zeitpunkt an können die auf den eigenen Vorteil bedachten Schuldner- und Gläubigerstrategien vom Insolvenzverwalter unterbunden werden. Der Gesetzgeber stellt mit der Antragspflicht des Schuldners bzw. dem Antragsrecht der Gläubiger auf die Grundsätze der sog. Innenlösung bzw. der Außenlösung ab.790 Damit wird die Antragstellung im Hinblick auf den Gläubigerschutzgedanken auf zwei scheinbar voneinander unabhängige Säulen gestellt, um damit eine breite Ausgangsbasis zur Antragstellung zu schaffen.

1. Die gesetzliche Antragsfrist Der Schuldner ist nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zunächst verpflichtet, alle in Betracht kommenden Sanierungsmöglichkeiten zu prüfen und entsprechende Initiativen bei seinen Gesellschaftern und den Gläubigem zu unternehmen.791 Danach muß er nicht unmittelbar mit Eintritt der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag stellen. Zuerst muß er mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns prüfen, ob nicht andere, außergerichtliche und weniger einschneidende Maßnahmen besser als ein Insolvenzverfahren geeignet sind, Schaden von dem Unternehmen und der

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Vgl. Drukarczyk, J, [Unternehmen], 1987, S. 27. Vgl. Drukarczyk, J., [Unternehmen], 1987, S. 27. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 222. Eine Ausnahme bildet die Eigenverwaltung nach § 270 InsO. Vgl. Steiner, M., [Insolvenzauslösetatbestände], 1986, S. 422-423. Vgl. Lutter, [Haftungsrisiken], 1997, S. 331.

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Allgemeinheit abzuwenden.792 Dafür stehen ihm längstens drei Wochen zur Verfügung. Spätestens nach Ablauf dieser Drei-Wochen-Frist muß der Schuldner ohne schuldhaftes Zögern einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen.

Diese Dreiwochenfrist zwischen Eintritt des Insolvenztatbestandes und der Antragstellung ist keine Antragsfrist im verfahrensrechtlichen Sinne.793 Sie zieht dem Schuldners auch bei erfolgversprechenden Sanierungskonzepten und bemühungen für die Prüfung nur eine zeitliche Grenze.794 Wenn objektiv keine Chance zur Sanierung besteht oder sich die Sanierungsbemühungen vor dieser DreiWochen-Frist zerschlagen haben, muß der Antrag unverzüglich gestellt werden.795 Schöpft der Schuldner die Drei-Wochen-Frist trotzdem aus, handelt er pflicht­ widrig.796 Ein Überschreiten der Dreiwochenfrist ist auch bei aussichtsreichen Sanie­ rungsbemühungen unzulässig und führt bei Verschulden des Antragspflichtigen zu Schadensersatzpflicht und zu strafrechtlichen Sanktionen.797 Die Frist beginnt nach allgemeiner Meinung mit positiver Kenntnis oder böswilliger Unkenntnis.798 Im Falle der Zahlungsunfähigkeit sind strengere Anforderungen zu stellen. Hier läuft die Frist bereits bei deren Eintritt.799 Für die Einleitung von Sanierungsmaßnahmen zur Abwehr der Antragspflicht dürfte eine Dreiwochenfrist von wenigen Ausnahmen abgesehen ohnehin nicht ausrei­ chen.800 Deshalb wäre eine Verkürzung der Frist sinnvoll, um weitere Vermögens­ verluste zu vermeiden.

792 Vgl. Lutter, M.; Hommelhoff, P.; Timm, W., [Finanzierungsmaßnahmen], 1980, S. 737. Unvernünf­ tige oder spekulative Gewinnerwartungen können nicht von der Haftung entlasten. Vgl. Karollus, M., [Konkursverschleppungshaftung], 1995, S. 269. 793 Vgl. Scholz, F.;Schmidt, K, [Kommentar], § 64, Rz. 16. 794 Sinn und Zweck der Dreiwochenfrist ist, den Altgläubigem die noch vorhandene Haftungsmasse ungeschmälert zu erhalten und zugleich einer Konkursverschleppung vorzubeugen. Eine Zulässigkeit ftlr eine außergerichtliche Sanierung läßt sich - trotz gängiger Praxis - nicht ableiten. Vgl. Uhlen­ bruck, W., [Sanierungsbemühungen], 1980, S. 73-74. 795 Der BGH hat dies im Herstatt-Fall ausdrücklich betont. Vgl. Lutter, M., [Haftungsrisiken], 1997, S.331. 796 Vgl. Maser, P.; Sommer, A., [Haftung], 1996, S. 68. 797 Vgl. Harz, M.; Hub, H-G.; Schlarb, E., [Sanierungs-Management], 1996, S. 72-73 und Scholz, F;Schmidt, K, [Kommentar], § 64, Rz. 16. 798 Vgl. Hüffer, U, [AktG], 1995, § 92, Rz. 9 und Kübler, B. M., [Konkursverschleppungshaftung], 1995, S. 497. A. A. Roth, G. H, [Geschäftsführerpflichten], 1985, S. 141 und Scholz, F.;Schmidt, K, [Kommentar], § 64, Rz. 16, die den Fristbeginn ab Eintritt des objektiven Tatbestandes rechnet. 799 Vgl. Mayer, D., [Pflicht I], 1994, S. 135. 800 So auch Roth, G. H, [Geschäftsführerpflichten], 1985, S. 141.

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2. Die Antragspflicht des Schuldners Wird die Gesellschaft zahlungsunfähig oder tritt eine Überschuldung ein, hat der Schuldner innerhalb der Antragsfrist die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen.801 Die gesetzliche Antragspflicht des Schuldners führt für die antragspflichtigen Organe zu einer permanenten Eigenprüfung der maßgebenden Insolvenztatbestände. Ein Verstoß gegen die Antragspflicht löst verschiedene strafund zivilrechtliche Sanktionen für den Schuldner aus.802 Auch entbindet eine interne Geschäftsaufteilung den Geschäftsführer nicht von seiner gesetzlichen Antrags­ pflicht.803 Der BGH hat in diesem Zusammenhang die Pflicht eines jeden Geschäftsführers804 zur laufenden Beobachtung der wirtschaftlichen Lage nachdrücklich festgestellt.805 Bei mangelnder Sachkunde muß der Geschäftsführer fachkundigen Rat einholen.

Der Gesetzgeber stellt mit der Antragspflicht des Schuldners auf die sog. Innen­ lösung ab.806 Eine Innenlösung ist ökonomisch sinnvoll, da letztendlich der Schuldner die besten Möglichkeiten hat, eine sich anbahnende Insolvenz frühzeitig zu erkennen.807 Der Schuldner ist aufgrund des Informationsgefälles i.d.R. immer

801 Vgl. § 130a Abs. 1 HGB, § 64 Abs. 1 GmbHG sowie § 92 Abs. 2 AktG. 802 Die strafrechtlichen Sanktionen sind in den §§ 130 b und 177 a HGB, 401 Abs. 1 Nr.2 AktG, 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG, 148 GenG normiert. Aus den §§ 130 a HGB, 92 Abs. 2 AktG, 64 Abs. 1 GmbHG, 99 GenG wird zugleich eine zivilrechtliche Deliktshaftung begründet. Anspruchsgrundlage der zivilrechtlichen Deliktshaftung ist § 823 Abs. 2 BGB, weil die zivilrechtlichen Vorschriften als Schutzgesetz im Sinne dieser Vorschrift anerkannt werden. Bei vorsätzlicher sittenwidriger Schädi­ gung eines Gläubigers bildet § 826 BGB die Anspruchsgrundlage. Vgl. Maser, P.; Sommer, A., [Haftung], 1996, S. 68-71; Mayer, D., [Pflicht II], 1994, S. 163-168; Schüppen, M., [Konkursverschleppung], 1994, S. 200 und Wimmer, R., [Haftung], 1996, S. 2546-2551. 803 Vgl. BGH-Urteil vom 1.3.1993. Dies gilt auch dann, wenn die Geschäftsführer nur gesamtver­ tretungsberechtigt sind. Vgl. Scholz, F;Schmidt, K, [Kommentar], § 64, Rz. 6. 804 Nach h.M. unterliegt auch ein faktischer Geschäftsführer, d.h. ein Geschäftsführer der entweder nicht rechtswirksam bestellt ist oder der nach außen und innen Aufgaben wie ein Geschäftsführer wahmimmt, der Antragspflicht. Vgl. Scholz, F.;Schmidt, K, [Kommentar], § 64, Rz. 7. Umstritten ist jedoch die strafrechtliche Verantwortlichkeit des „faktischen“ Geschäftsführers. Vgl. Schüppen, M., [Konkursverschleppung], 1994, S. 203-204. Gleichfalls sind im Schrifttum Bemühungen erkennbar, die Haftung für einen beherrschenden Gesellschafter, der den Insolvenzantrag verhindert oder verzögert, zu entwickeln. Vgl. Kübler, B. M., [Konkursverschleppungshaftung], 1995, S. 502-503. 803 Vgl. BGH-Urteil vom 6.6.1994. Die Verpflichtung wird in dem Urteil jedoch nicht näher konkretisiert. 806 Burger, A.; Schellberg, B„ [Überschuldung], 1995, S. 230. 807 Vgl. Burger, A., [Zahlungsunfähigkeit], 1992, S. 2151.

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besser als die Gläubiger über die wahre Lage des Unternehmens informiert. 808 „Es entspricht der Lebenserfahrung, daß der Unternehmer die Krise seines Unter­ nehmens wahmimmt, ohne daß es hierzu des Einsatzes eines komplizierten betriebswirtschaftlichen Krisenfrühwamsystems bedarf.“809 Des weiteren ist der Schuldner verpflichtet, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens fortlaufend zu überwachen und bei Anzeichen einer Untemehmenskrise sich durch Aufstellung eines Überschuldungsstatus einen Überblick über den Vermögensstand zu verschaffen.810 Die methodische Notwendigkeit der Innenlösung zur rechtzeitigen Insolvenzeröffhung liegt somit im Umkehrschluß zum Informationsvorsprung des Schuldners begründet.811

Das zentrale Problem der Innenlösung ist, daß die Entscheidung über die Antrag­ stellung und das Risiko eines VermögensVerlustes bei zu später Verfahrenseröffhung verschiedenen Personen zukommt. Während der Schuldner regelmäßig die Entscheidung über die Kapitalverwendung trifft, tragen vornehmlich die ungesi­ cherten Gläubiger die negativen wirtschaftlichen Folgen einer späten Antrag­ stellung.812 In dem betriebswirtschaftlichen Schrifttum wird dieses Problem mit der Divergenz zwischen Verfügung und Haftung umschrieben.813 Da das Antragsrecht auf eine zumeist auslöseunwillige Partei übertragen wird und es in der Untemeh­ menskrise kein endogenes, eindeutiges Insolvenzkriterium i.S. einer erkennbaren, objektiven Meßgröße gibt, sind Vermögens Verschiebungen und Fehlentscheidungen zu Lasten der Gläubiger möglich.814 So kann der Schuldner das Informationsgefälle zu den Gläubigem zum zeitlichen Hinausschieben des Insolvenzantrages nutzen. Daß der Schuldner durch den mit der Insolvenzeröffhung verbundenen Entzug der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis kein wirtschaftiches Eigeninteresse an einer frühen Antragstellung hat, läßt sich

808 Vgl. Drukarczyk, J, [Auslösung], 1981, S. 251; Menzel, H.-J., [Gesellschafterdarlehen], 1982, S. 200 undSdimäft, R H., [Information], 1984, S. 717. 809 Schmidt, K.; Uhlenbruck, W„ [Insolvenz], 1997, S. 2. 810 Die höchsrichterliche Rechtsprechung hat sich der vorherrschenden Meinung im Schrifttum diesbezüglich angeschlossen. Vgl. insbesondere BGH-Urteil vom 3.2.1987 m.w.N. und vom 6.6.1994. 811 Vgl. Jordan, A., [Reorganisationsverfahren], 1993, S. 117 und Schmidt, R H., [Information], 1984, S. 717. 812 Dieser Problematik ist entgegenzuhalten, daß es keinen gültigen Rechtssatz von einem Gleichlauf zwischen Verfügung und Haftung gibt. Vgl. Hommelhqff, P., [Auslösemechanismen], 1984, S. 700. 813 Vgl. Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 161 und Schmidt, R, [ökonomische Analyse], 1980, S. 61-71. 814 Die Annahme vollkommener, informationseffizienter Märkte kann in der realen Welt nicht aufrecht erhalten werden Vgl. Drukarczyk, J, [Unternehmen], 1987, S. 75 und ders., [Überschuldung], 1986, S.219.

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darüber hinaus empirisch bestätigen.815 Die Innenlösung fuhrt letztendlich zu dem ungewollten Ergebnis, daß der Gläubigerschutz in die Hände desjenigen gelegt wird, vor dem die Gläubiger zu schützen sind.816 Der kollektivrechtliche Gläubigerschutz­ gedanke kann somit, begünstigt durch die prognoseorientierten Insolvenztat­ bestände, untergraben werden. Die Innenlösung bedarf somit eines flankierenden Anreiz- und Sanktionssystem.817 Der Gesetzgeber hat diese Notwendigkeit erkannt und mit dem Institut der Eigenverwaltung und der Restschuldbefreiung entspre­ chende Voraussetzungen geschaffen. Hinzu kommt die verschärfte Rechtsprechung zur Insolvenzverschleppung.818

3. Das Antragsrecht der Gläubiger Dem Antragsrecht der Gläubiger nach § 14 Abs. 1 InsO liegt der Gedanke der Außenlösung zugrunde.819 Das Insolvenzrecht stellt den Gläubigem filr die Fälle zusätzlich ein Schutz- und Sanktionspotential zur Verfügung, in denen privat­ rechtlich vereinbarte Sicherungsrechte nicht vorhanden sind oder nicht mehr ausreichen.820 Die individuellen und kollektiven Sicherungsrechte sind als Reflex der asymmetrischen Informationsverteilung zwischen den Beteiligten zu werten.821 Eine Duplizierung der Sanktionspotentiale soll jedoch vermieden werden.822 Das Gericht kann den Insolvenzantrag eines Gläubigers nach § 14 InsO823 wegen des fehlenden Rechtsschutzbedürfriisses bei ausreichender Sicherung ablehnen.824 Das Rechtsschutzbedürfhis fehlt, wenn der Gläubiger auf einfachere und zweckmäßigere

815 Vgl. Drukarczyk, J., [Überschuldung], 1986, S. 219. 816 Vgl. Burger, A., [Zahlungsunfähigkeit], 1992, S. 2152; Burger, A.; Schellberg, B., [Auslösetatbestände], 1995, S. 265 und Drukarzcyk, J., [Insolvenzrecht], 1988, S. 7. 817 Vgl. Steiner, M., [Insolvenzauslösetatbestände], 1986, S. 422. 818 Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel C. Ö. 3 , Anreize und Sanktionen filr den Schuldner zur frühzeitigen Antragstellung“. 819 Burger, A.; Schellberg, B., [Überschuldung], 1995, S. 230-231. 820 V&Burger, A.; Schellberg, B., [Überschuldung], 1995, S. 226, ders., [Auslösetatbestände], 1995, S. 261-262 und Drukarczyk, J., [Überschuldung], 1986, S. 208. 821 Vgl. Schmidt, R H., [Information], 1984, S. 719. 822 Vgl. Drukarczyk, J„ [Überschuldung], 1986, S. 209. 823 Die Vorschrift wurde aus dem § 105 Abs. 1 und 2 KO übernommen und um den Hinweis auf das rechtliche Interesse ergänzt. Damit kommt nur den im Insolvenzverfahren beteiligten Gläubigem ein Antragsrecht zu. Ein aussonderungsberechtigter Gläubiger ist daher nicht zur Antragstellung berech­ tigt. Ferner wird dem Mißbrauch vorgebeugt, Zahlungen von solventen Schuldnern durch eine Antragstellung zu erzwingen. Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 16, S. 113. 824 Vgl. Kuhn, G.tühlenbruck, W., [Kommentar], § 105, Rz. 6b.

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Weise eine Befriedigung erlangen kann, z.B. wenn der Gläubiger im Schuldner­ vermögen oder im Vermögen Dritter ausreichend abgesichert ist.825

Das Ausschöpfen sämtlicher privatrechtlich vereinbarter Sanktionsmöglichkeiten826 ist jedoch nicht Voraussetzung für einen Insolvenzantrag, da die Gesamtvoll­ streckung vorbehaltlich des Rechtsschutzinteresses neben der Einzelzwangs­ vollstreckung als selbständige Vollstreckungsart steht.827 Umstritten ist hierbei, ob und in welcher Form der Gläubiger bei der Antragstellung den Eröfihungsgrund glaubhaft machen muß, um sich nicht etwaigen Schadensersatzansprüchen wegen fahrlässig gestelltem Insolvenzantrag auszusetzen.828 Da nicht allen Gläubigem die Möglichkeit zusteht, privatrechtliche Sanktionen am Markt durchzusetzen und die Durchsetzung darüber hinaus hohe Kosten verursacht, sind die Sorgfaltspflichten nicht besonders hoch anzusetzen. Es dürfte deshalb ausreichend sein, wenn der Gläubiger darauf hinweist, daß er bei weiterer Nichtzahlung fälliger Verbindlich­ keiten einen Insolvenzantrag stellen wird. Das Antragsrecht der Gläubiger setzt voraus, die Insolvenztatbestände rechtzeitig erkennen zu können. Insbesondere muß der Insolvenztatbestand der Überschuldung als das frühere Auslösekriterium von außen bestimmbar sein. Solange es für die Gläubiger nicht möglich ist, sich ein abschließendes Bild über die Haftungsmasse des Schuldners zu machen, bleibt ihr Antragsrecht auf die Zahlungsunfähigkeit beschränkt. Damit würde den Gläubigem kein gleichwertiges Sanktionspotential zur Verfügung stehen und den Anwendungsbereich der Außenlösung weitgehend einschränken.829 Im weiteren ist daher zu untersuchen, inwieweit es den Gläubigem überhaupt möglich ist, den Übergang von der Untemehmenskrise zur Insolvenz zu erkennen.

825 Vgl. Drukarczyk, J, [Überschuldung], 1986 und S. 209; Kuhn, G.;Uhlenbruck, W., [Kommentar], § 105, Rz. 6b. Von einigen Gerichten wird das Rechtsschutzinteresse nur in den Fällen bejaht, in denen die zugrunde liegende Forderung in einem angemessenen Verhältnis zum schuldnerischen Vermögen und den Verfahrenskosten steht. Vgl. m.w.N. Uhlenbruck, W., [Krise], 1975, S. 898. 826 Die Ausbeutungsoffenheit allein auf der Grundlage deterministischer Verträge auschließen zu wollen, ist aufgrund der unüberschaubaren Möglichkeiten der Vermögensverschiebung ein unmög­ liches Unterfangen. Vgl. zu den verschiedenen Schutz und Sanktionsmöglichkeiten bei Drukarczyk, J., [Unternehmen], 1987, S. 24. 827 Vgl. Kuhn, G.; Uhlenbruck, W., [Kommentar], § 105, Rz. 6b und Meyer-Cording, U, [Eröffhungstatbestände], 1989, S. 486. 828 Eine Meinungsübersicht bei Pape, G., [Konkursantrag], 1995, S. 623-625. 829 Vgl. Kuhn, G.; Uhlenbruck, W., [Kommentar], § 105, Rz. 3d und Meyer-Cording, U, [Eröffhungstatbestände], 1989, S. 486.

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II. Die Bestimmbarkeit des Insolvenzzeitpunktes für die Gläubiger Der Eintritt der Insolvenz kann von den Gläubigem nur dann sanktioniert werden, wenn die bestandsgefährdende Untemehmenskrise rechtzeitig erkannt wird. Die vorhergehenden Ausführungen haben gezeigt, daß das Antragsrecht der Gläubiger insbesondere dann ins Leere läuft, wenn sie die Überschuldung des Schuldners nicht erkennen können.

Den Bestrebungen nach einer frühzeitigeren Auslösung eines Insolvenzverfahrens liegt ein systemimmanenter Konflikt zugrunde, da die materiellen Insolvenztat­ bestände zwar auf einen untemehmensbezogenen, weitgehend objektiven Beurtei­ lungsmaßstab abstellen, die zur Aufstellung eines Finanzplanes sowie zur Überschuldungsmessung notwendigen Informationen und Ausgangsdaten hingegen allein in den Händen des Schuldners liegen. Der Schuldner ist gegenüber den Gläubigem zunächst nur im Rahmen seiner gesetzlichen Rechnungslegungspflicht verpflichtet, Informationen über die wirtschaftliche Lage offenzulegen. So ist im folgenden der Frage nachzugehen, inwieweit die Gläubiger anhand der im Jahresabschluß enthaltenen Angaben die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit ableiten können und welche weiteren Möglichkeiten und Informationen den Kreditinstituten zur Krisenfrüherkennung zur Verfügung stehen.

1. Krisenursachen Die Untemehmenskrise umfaßt den ungewollten, zeitlich begrenzten Zustand zwischen potentieller Ertragsschwäche und existenzbedrohender, substanzieller Gefährdung. Im allgemeinen wird zwischen der strategischen Krise, der Ertragssowie der Liquiditätskrise unterschieden. Hierbei kann die Intensität und die Zeitdauer der einzelnen Krisenstadien sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Der Übergang von der Untemehmenskrise zur Insolvenz ist zumeist fließend.830 Aus diesem Grund muß das Beobachtungsfeld des Schuldners und der Gläubiger bereits auf die Untemehmenskrise ausgedehnt werden. Das Erkennen der Untemeh­ menskrise in einem frühen Krisenstadium bildet die wichtigste zeitliche und sachliche Voraussetzung für die rechtzeitige Einleitung eines Insolvenzverfahrens.831

830 Vgl. Wegmann, J„ [Insolvenzforschung], 1989, S. 570. 831 Vgl. Drukarczyk, J., [Auslösung], 1981, S. 246.

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Entscheidend für die Beurteilung ist hierbei die gesamtwirtschaftliche Situation des Unternehmens.832 Um eine Untemehmenskrise oder bereits eine Insolvenz frühzeitig erkennen zu können, müssen die zugrunde liegenden Ursachen bekannt sein. Die Ursachen, die zu einer Krise führen, sind oftmals auch die Ursachen, die einer Sanierung im Insolvenzverfahren entgegenstehen. Die Ursachenanalyse liefert wichtige Auf­ schlüsse für die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit.833 Problematisch ist hierbei, daß für die Gläubiger zumeist nur die Krisensymptome, nicht aber die Krisen­ ursachen sichtbar sind. In der betriebswirtschaftlichen Literatur werden Krisenursachen, die tatsächlich zu einer Krise geführt haben, überwiegend in endogene und exogene Ursachen aufgeteilt.834 Unter den endogenen Ursachen werden alle ursächlichen untemehmensintemen Faktoren zusammengefaßt. Die untemehmensintemen Ursachen liegen zumeist im finanz- und leistungswirtschaftlichen Bereich des Unternehmens. Exogene Ursachen enstehen aus der Veränderung von Umweltbedingungen. Die Untemehmenskrise resultiert aus der mangelnden Anpassung an ein verändertes Untemehmensumfeld.

Die Primäraufteilung nach endogenen und exogenen Krisenursachen darf nicht zu dem Schluß verleiten, auch einen getrennten Kausalzusammenhang abzuleiten.835 Nur in wenigen Fällen lassen sich Insolvenzen monokausal erklären.836 Vielmehr führt die kumulative Wirkung exogener und endogener Ursachen - entgegen dem Anschein vieler Untersuchungen - zu einer Untemehmenskrise.837 Die Multi­ kausalität erschwert hierbei die Ursachenanalyse besonders. Es sind auch Fälle denkbar, bei denen das Krisensymptom, das Ausprägungsmerkmal einer Krise, und die Krisenursache zusammenfallen.838 So kann die Fluktuation im Management ein

832 Vgl. Schmidt, K; Uhlenbruck, W., [Insolvenz], 1997, S. 1 833 Vgl. Groß, P. J., [Untemehmenssanierung], 1991, S. 1574 und Mönning, R.-D., [Betriebsfortftihrung], 1997, S. 165. 834 Diese Aufteilung geht auf Fleege-Althoff zurück. Vgl. dazu bei Böckenförde, B., [Untemehmens­ sanierung], 1996, S. 27. 835 Vgl. Hesselmann, S; Stefan, U, [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 36; Krystek, U, [Untemehmungskrisen], 1987, S. 67-68 und Mönning, R.-D., [Betriebsfortftlhrung], 1997, S. 151-152. 836 Vgl. Deutsche Bundesbank (Hrsg.), [Monatsbericht], 1992, S. 33 und Krystek, U; Müller, M., [Krisenauslöser], 1995, S. 18. 837 Dies ist insbesondere auf das Fehlen einer umfassenden Theorie der Untemehmenskrise zur Modellierung unterschiedlicher Typen und Entwicklungsstadien einer Krise unter Berücksichtigung der Multikausalitüt von Ursachen zurückzuftlhren. Vgl. Oser, P., [Kreditwürdigkeitsprüfung], 1996, S. 375. 838 Vgl. Böckenförde, B., [Untemehmenssanierung], 1996, S. 29.

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Krisensymptom eines falschen Führungsstils sein, zugleich aber eine Krisenursache darstellen, falls dadurch wichtige Entscheidungen verzögert werden oder gar nicht zustande kommen. Die Rechtsform, Branche, Altersstruktur sowie die Untemehmensgröße sind nicht als verursachende Faktoren, sondern allenfalls als Krisen­ symptome, zu betrachten.839 Empirische Untersuchungen ergaben jedoch für verschiedene Untemehmensgrößen zum Teil Unterschiede in der Rangfolge der Krisenursachen.840 Als häufigste endogene Krisenursache werden im Schrifttum Managementfehler sowie eine zu geringe Eigenkapitalausstattung genannt.841 Empirische Studien belegen, daß die überwiegende Anzahl der Untemehmensinsolvenzen im weitesten Sinne auf Managementfehler zurückzufilhren ist.842 Managementfehler können in Bereich der Untemehmensfilhrung selbst liegen oder auf eine unzureichende Aufbau- und Ablauforganistion zurückgefiihrt werden. Vor allem reagieren die im Wachstumsprozeß befindlichen und neu gegründeten Unternehmen auf Führungs­ krisen besonders anfällig.843 Schwachstellen in den einzelnen Funktionsbereichen des Unternehmens, insbesondere im Produktions- und Absatzbereich, sind i.d.R. nur durch zeit- und kostenintensive Restrukturierungsmaßnahmen zu beheben. Die Untemehmenssanierung im Insolvenzverfahren stellt daher in all denjenigen Fällen eine erfolgversprechende Form der Vermögensverwertung dar, wo Management­ fehler im engeren Sinne zum wirtschaftlichen Niedergang geführt haben und ein Insolvenzverwalter mit ausgeprägten unternehmerischen Fähigkeiten bestellt wird.

Eine zu geringe Eigenkapitalausstattung wirkt aufgrund des damit verbundenen Verschuldungsdruckes insbesondere in einem wirtschaftlich schwierigen Umfeld insolvenzbeschleunigend, stellt aber keine unmittelbare, allenfalls eine mittelbare

839 In der Insolvenzursachenforschung erfolgt häufig keine klare Trennung zwischen Ursachen und Symptomen. Vgl. Bea, F.X.;Kötzle, A., [Ursachen], 1983, S. 566 und Brandstätter, J., [Sanierungsfähigkeit], 1993, S. 59. 840 Vgl. Reske, W.; Brandenburg, A.;Mortsiefer, H.-J., [Insolvenzursachen], 1976, S. 188-190. 841 Vgl. Bea, F.X.;Kötzle, A., [Ursachen], 1983, S. 566; Krystek, U, [Untemehmungskrisen], 1987, S. 68-69; Uhlenbruck, W., [Sanierung], 1981, FN 31 und Stümer, R, [Sanierung], 1982, S. 769. Eine Differenzierung innerhalb der endogenen Ursachen erscheint mir nicht unproblematisch, da unter dem Oberbegriff Management-Fehler alle untemehmensintemen Mißstände zusammengefaßt werden können. Ein zu geringes Eigenkapital oder die versäumte Anpassung an geänderte Wettbe­ werbsverhaltnisse sind letztlich Fehler der Untemehmensfilhrung. So auch Lauer, J., [Kreditmanagement], 1994, S. 30-31. 842 Ausführlich dazu Büschgen, H. E., [Insolvenzgefahr], 1975, S. 101; Ehlers, H.; Drieling, L, [Untemehmenssanierung], 1998, S. 40 und Krystek, U;Müller, M., [Ursachen], 1995, S. 28-29 und dies., [Managementfehler], 1995, S. 21-23. 843 Vgl. Greiner, L. E., [Organisations grow], 1972, S. 40 und Lauer, J., [Kreditmanagement], 1994, S. 33-35.

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Krisenursache dar.844 In der Literatur wird auf die Bedeutung des Verschuldungs­ druckes bei einem überproportionalen Fixkostenanstieg im Rahmen der Erweiterung von Produktions-, Absatz- und Verwaltungskapazitäten besonders hingewiesen.845 Eine mit den Benachrichtigungsvorschriften des § 92 Abs. 1 AktG und des § 49 Abs. 3 GmbHG bei Verlust der Hälfte des Grund- bzw. Stammkapitals korrespon­ dierende AufiÜlIregel im Wege der Außenfinanzierung wäre zur Begrenzung des Kapitalstrukturrisikos besonders wirkungsvoll.846 Als exogene Krisenursachen werden überwiegend konjunkturelle und strukturelle Fehlentwicklungen aufgefuhrt. Diese fuhren zu einer ungünstigen Auftrags- und Absatzentwicklung mit den entsprechend negativen Folgen für die Ertrags- und Finanzlage. Hierbei ist es umstritten, ob die Konjunktur eine Krisenursache darstellt oder nur die Wirkung endogener Ursachen offenbart, da zum einen alle Unter­ nehmen einer Branche mehr oder weniger denselben Einflüssen ausgesetzt sind und zum anderen auch ein günstiges konjunkturelles und strukturelles Umfeld eine Insolvenz nicht per se auszuschließen vermag.847 Die Insolvenzursachenforschung kommt zu dem Ergebnis, daß Rezessionen oftmals nur untemehmensspezifische Schwächen - z.B. veraltete Produkte oder mangelnde Wettbewerbsfähigkeit aufdecken, die in guten Konjunkturphasen durch anderweitige Effekte aufgefangen werden konnten.848 Ferner kann ein entsprechendes strukturelles Umfeld, in dem bspw. die Marktmechanismen durch Monopolbildung oder Subventionen außer Kraft gesetzt sind, wettbewerbsverzerrend und damit auch krisenverursachend wirken. Insbesondere erweist sich die wachsende Verflechtung zwischen den Unternehmen und die starke Ausrichtung auf wenige Kunden als wichtige Insolvenz­ ursache.849 Als weitere exogene Krisenursache ist die schlechte Zahlungsmoral der Kunden anzufilhren, zunehmend auch im Bereich der öffentlich-rechtlichen Auftraggeber.850 Bei einer ohnehin angespannten Finanzlage führen schleppende

844 Zu einer anderen Feststellung kommt eine Untersuchung der Deutschen Bundesbank, die als häufigste Insolvenzursache die mangelnde Eigenkapitalausstattung anftihrt. Gerade bei jungen Unternehmen führen Anlaufverluste rasch zur Aufzehrung des Eigenkapitals. Vgl. Deutsche Bundesbank (Hrsg.), [Monatsbericht], 1992, S. 33. 845 Vgl. m.w.N. Bea, F.X.;Kötzle, A., [Ursachen], 1983, S. 567. 846 Vgl. Bitz, M; Hemmerde, W.; Rausch, W., [Gläubigerschutz], 1986, S. 82-92 und Drukarczyk, J., [Kapitalerhaltungsrecht], 1994, S. 1739. 847 Vgl. Hesselmann, S.; Stefan, U., [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 27. 848 So ist eine starke Zunahme von Insolvenzen etwa ein Jahr nach Abruch der sog. Boomphase zu verzeichnen. Vgl. Krystek, U., [Untemehmungskrisen], 1987, S. 61-62 und Rödl, H, [Kreditrisiken], 1979, S. 30. 849 Vgl. Deutsche Bundesbank (Hrsg), [Monatsbericht], 1992, S. 33. 850 Vgl. Eichhorn, F J., [Wirtschaft im Osten], 1998, S. 7.

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Zahlungseingänge oder sogar Forderungsausfälle rasch zu erheblichen Liquidi­ tätsengpässen bis hin zur Zahlungsstockung.

2. Die Rechnungslegung als zentrales Informationsinstrument Die Kreditinstitute sind neben wirtschaftlichen Eigeninteressen auch unter dem Zwang aufsichtsrechtlicher Bestimmungen verpflichtet, insbesondere durch die Vorlage von Jahresabschlüssen, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners fortlaufend zu prüfen, um Kreditausfälle zu vermeiden.851 Daraus folgt, daß die Kreditinstitute im Interesse ihrer Einleger die Bonität ihrer Schuldner ständig überwachen müssen.852 Empirische Untersuchungen ergaben, daß die Kreditinstitute in 70% der Fälle eine Beurteilung der wirtschaftlichen Lage auf der Grundlage von (geprüften) Jahresabschlüssen vornehmen; prospektive Informationsinstrumente werden dagegen in weniger als 10% der Fälle herangezogen.853 Auch wird die laufende Kreditkontrolle in der Mehrzahl der Fälle anhand der regelmäßig einzureichenden Jahresabschlüsse vorgenommen.854 Insgesamt kann festgehalten werden, daß der (geprüfte) Jahresabschluß das zentrale Informationsinstrument der Kreditinstitute zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage darstellt.855

831 Nach § 18 KWG sind die Kreditinstitute - von bestimmten Ausnahmen abgesehen - verpflichtet, sich die wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Kreditnehmer - vor der ersten Kreditvergabe und während der gesamten Laufzeit - insbesondere durch Vorlage der Jahresabschlüsse offenlegen zu lassen, wenn nicht die Offenlegung offensichtlich unbegründet ist, weil im Hinblick auf die gestellten Sicherheiten oder die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Mitverpflichteten keinerlei vernünftige Zweifel bestehen, daß die Bedienung des gewährten Kredites nicht gewährleistet ist. Vgl. hierzu die ausführliche Verlautbarung des BAK zur Auslegung des § 18 KWG, sowie die Anmerkungen der Verlautbarung, abgedruckt in o. K, [BAK], 1995, S. 518-521 und ders., [Anmerkungen], 1995, S. 521-523. Ein Verstoß gegen die Kreditsicherungsvorschriften des § 18 KWG, sich vor der Kreditvergabe die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers offenzulegen lassen, hat darüber hinaus strafrecht­ liche Folgen. Vgl. Ehlers, H.; Drieling, [Untemehmenssanierung], 1998, S. 7 und Lauer, J., [Kreditmanagement], 1994, S. 205. 852 Vgl. Rümker, D, [Verhaltenspflichten], 1981, S. 497. 853 Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R., [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 116 und Gessner, K u.a., [Konkursabwicklung], 1978, S. 246. 854 Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R., [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 124. 835 Konzemabschlüsse bleiben aufgrund der zahlreichen Gestaltungsspielräume bei der Untemehmensanalyse zumeist unberücksichtigt. Vgl. Bötzel, S.; Hauschildt, J., [Konzernbilanzen], 1995, S. 558.

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a) Die Informationsfunktion von Jahresabschluß und Lagebericht Als Informationsinstrument der Krisenerkennung stehen den Gläubigem hauptsäch­ lich nur diejenigen Informationen zur Verfügung, die der Schuldner aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen veröffentlicht.856 Die Rechnungslegung und die darauf aufbauende Jahresabschlußanalyse dient in einem unvollkommenen Kapitalmarkt im Hinblick auf die Risikodiversifizierung als wichtiges Instrument für die Einschätzung der künftigen Erträge sowie einer Insolvenzgefährdung.857 Die Informationen, die ein Schuldner in der Unternehmenskrise freiwillig an die Gläubiger weitergibt, sind vergleichsweise vemachlässigbar.858 Auch haben die Gläubiger i.d.R. keinen Zugang zu untemehmensintemen Informationen, die eine bessere Einschätzung der wirtschaftlichen Lage des Schuldners erlauben. Dies verdeutlicht die zentrale Stellung des Jahresabschlusses bzw. Konzemabschlusses859 einschließlich des Lageberichtes als wichtigstes, häufig sogar als einziges Informationsinstrument der Gläubiger.860 Selbst Kreditinstituten fällt es aus Konkurrenzgründen mitunter schwer, auf die Einreichung eines Finanzplanes als Ergänzung zu dem mageren Informationsgehalt des Jahresabschlusses zu bestehen.861 Der Jahresabschluß als zentrales Informationsinstrument wirft zugleich eine Reihe von Problemen auf, die seine Zweckmäßigkeit zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage in Frage stellen. Ursächlich dafür ist, daß eine Vielzahl bedeutender Bilanzpositionen gesetzliche Wahlrechte eröffnen oder notwendigerweise auf Prognosen und Schätzwerten beruhen.862 Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Wertermittlung nicht unmittelbar aus einem Anschaffungs- oder Herstellungs­ vorgang abgeleitet werden kann oder noch keine quantifizierbare wirtschaftliche

856 Empirische Untersuchungen ergaben, daß freiwillige Angaben oder Ergänzungen in Jahreab­ schlüssen die Ausnahme bilden und in zahlreichen Fällen die Rechnungslegungsvorschriften offen­ kundig verletzt sind. Ballwieser, W.;Häger, R., [Jahresabschlüsse], 1991, S. 150. 857 Vgl. Schneider, D., [Frühwarnsysteme], 1985, S. 1490. 858 Vgl. Wolz, M„ [Erwartungslücke], 1998, S. 123. 859 Die Analyse eines Konzemabschlusses gestaltet sich aufgrund den umfangreichen Wahlrechte besonders schwierig. Vgl. Clemm, H., [Bilanzpolitik], 1989, S. 361 und Scheffler, E., [Bilanzen], 1993, S. 1570. 860 Vgl. Döring, U., [Bilanzanalyse], 1995, S. 134. 861 Vgl. Steiner, M., [Insolvenzrisiko], 1980, S. 158. 862 So wird der Jahresabschluß oftmals als ein Gemisch von Dichtung und Wahrheit bezeichnet. Vgl. Clemm, H, [Jahresbilanzen], 1990, S. 780.

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Verpflichtung vorliegt.863 Hinzu kommt die an dem Vorsichtsprinzip orientierten Rechnungslegungsregeln in Verbindung mit dem Imparitätsprinzip. Diese entgegenlaufenden Bilanzierungsprinzipien führen zu einer Entkoppelung von Erträgen und den zugrunde liegenden Aufwendungen und damit zu einer Gewinn­ realisation in der falschen Periode.864 Die Unsicherheit und Ungenauigkeit ist meist um so größer, je risikoreicher und langfristiger das zugrunde liegende Bewertungs­ objekt ist.865 Nicht zuletzt mehren sich die Stimmen in der Literatur, die aus Gläubigersicht einen zunehmenden Bedeutungsverlust des Jahresabschlusses konstatieren.866 Gemäß § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB hat der Jahresabschluß von Kapitalgesellschaften unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung ein den tatsäch­ lichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln. Diese Formulierung resultiert aus der Umsetzung des Artikel 2 Abs. 3 der 4. EG-Richt-linie.867 Der Wortlaut ist dem britischen „a true and fair view“ entlehnt. Obwohl die britische Literatur868 bereits zu der Feststellung kommt, daß sich der Begriff des „true and fair view“ nicht operationalisieren läßt und selbst die Abschlußprüfer869 und Leiter des Finanzwesens870 wenig mit dem Begriff anzufangen wissen, wurde die handlungsleitende Zielnorm zur Generalnorm in der deutschen Rechnungslegung erhoben.871 Hier zeigt sich im Besonderen das

863 Als Beispiele seien Beteiligungen an ertragsschwachen oder defizitären Unternehmen, Überbestände im Vorratsvermögen, längerfristige Forderungen an notleidende Unternehmen sowie auf der Passiv­ seite ungewisse Verbindlichkeiten einschließlich der Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften genannt. 864 Vgl. Clemm, H, [Abschlußprüfung], 1984, S. 652 und ders., [Bilanzpolitik], 1989, S. 362. 865 Vgl. Clemm, H, [Jahresbilanzen], 1990, S. 781. 866 Vgl. Clemm, H, [Jahresbilanzen], 1990, S. 783, Scheffler, E, [Bilanzen], 1993, S. 1569 sowie m.w.N. Steiner, B., [Abschlußprüfer], 1991, S. 471. 867 Vgl. BGBl I 1985, S. 2355-2433 und Schruff, L, [EG-Richtlinie], 1986, S. 28-31. Streim weist in diesem Zusammenhang daraufhin, daß der deutsche Gesetzgeber Artikel 2 Abs. 5 der 4. EG-Richtlinie nicht in nationales Recht transformiert hat mit der Folge, daß die Einzelnormen über den Jahresabschluß der Generalnorm des § 264 Abs. 2 HGB vorgehen. Vgl. Streim, H, [Generalnorm], 1994, S. 396. 868 Vgl. Chastney, J. G., [True and Fair View] 1975, S. 91-93 und Flint, D., [True and Fair View], 1982, S. 8 und 31-32. 869 Vgl. Walton, P., [true and fair view], 1993, S. 55. Neuere Empirische Studien in Großbritannien zeigen, daß sich die Befragten zumeist in nichtssagende Formulierungen flüchten. Vgl. Higson, A.;Blake, J., [True and Fair View Concept], 1993, S. 111-112. 870 Vgl. Nobes, C W.;Parker, R H, [True and Fair], 1991, S. 371. 871 Vgl. Flint, D., [True and Fair View], 1982, S. 33-34 und Streim, H, [Generalnorm], 1994, S. 395. Kritisch dazu auch Havennann, da dem „true and fair view“ bis heute eine Positivdefinition fehlt und nur, ähnlich wie die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, eine sehr weitgespannte Konvention darstellt. Vgl. Havermann, H, [Aussagewert], 1988, S. 615.

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Spannungsverhältnis zwischen der Generalnorm und dem Informationsinteresse der Gläubiger in Untemehmenskrisen. Aus Sicht der Gläubiger stellt sich die tatsächliche Vermögens-, Finanz- und Ertragslage wie folgt dar:872



Die Vermögenslage gibt den Gläubigem Aufschluß über die Schuldendeckungs­ quote. Das Schuldnervermögen kann sowohl das Effektivvermögen, als auch das Zerschlagungsvermögen umfassen. Als Effektivvermögen bezeichnet man den Wert eines Unternehmens im Sinne seines Ertragswertes. Das Zerschlagungs­ vermögen stellt das Vermögen dar, das im Rahmen einer fiktiven Liquidation zur Deckung der Schulden zur Verfügung stehen würde. Da im Normalfall von einer Untemehmensfortführung auszugehen ist, zielt das Gläubigerinteresse somit eher auf das Effektivvermögens ab.



Mit der Finanzlage verbinden die Gläubiger Aussagen über das Ausmaß der Fähigkeit zum künftigen Ausgleich der betrieblichen Ein- und Auszahlungen, d.h. die Auszahlungsdeckung im Zeitablauf i.S. eines dynamischen Schulden­ deckungspotentials.



Der Begriff der Ertragslage umfaßt die Fähigkeit eines Unternehmens, in Zukunft Ausschüttungs-, Zins- und Tilgungszahlungen leisten zu können. Moxter bezeichnet die so definierte Ertragslage im Interesse der Gesellschafter als ,,Ausschüttungspotenz“.873

Das Informationsinteresse der Kreditinstitute ist vornehmlich auf die Kreditwürdig­ keit874 des Unternehmens gerichtet.875 Hierbei steht insbesondere die langfristige Zahlungsfähigkeit im Mittelpunkt der Überlegungen: Der kumulierte Auszah­ lungsstrom nimmt Einfluß auf das Effektivvermögen und gibt somit Aufschluß über eine mögliche Insolvenzgefährdung.876

872 Vgl. Lange, C, [Generalnorm], 1992, Sp. 614-616 und Moxter, A„ [Untemehmensbewerter], 1977, S. 254. 873 Vgl. Moxter, A., [Bilanzlehre I], 1984, S. 139. 874 Als kreditwürdig wird ein Schuldner bezeichnet, der seine Verpflichtungen erfilllen will, als kreditfähig ob er sie erfilllen kann. Im Schrifttum werden die beiden Begriffe zumeist unter dem der Begriff der Kreditwürdigkeit subsummiert. Vgl. zur Terminologie bei Rudolph, B., [Kreditsicherheiten], 1984, S. 18-19. Entgegen des in der stündigen Rechtsprechung des BGH unbestimmten Kriteriums der Kreditunwürdigkeit, wonach es darauf ankommt, ob ordentliche Kaufleute der Gesellschaft Eigenkapital zugefilhrt hätten, wird im BGH-Urteil vom 19.9.1988 erstmals anhand der Innenfinanzierungskraft eine betriebswirtschaftliche Regelhypothese herausge­ arbeitet. 875 Vgl. Baetge, J., [Kreditrisiken], 1995, S. 192-193 Clemm, H., [Bilanzpolitik], 1989, S. 359. 876 Vgl. Moxter, A., [true and fair view], 1996, S. 676.

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Die Informationsfunktion des Jahresabschlusses beschränkt sich hingegen auf die im Rahmen der Ansatz- und Bewertungsvorschriften vermittelten Informationen.877 Da den Rechnungslegungsvorschriften nach den Vorstellungen des Gesetzgebers insbesondere eine Ausschüttungsbemessungs- und Gewinnermittlungsfunktion zukommt, wird beim Jahresabschluß dem Informationsinteresse der Gläubiger nur unvollkommen Rechnung getragen.878 Budde sieht in dem Jahresabschluß nur einen „...Weg, um einen Teil der im Rahmen der Rechenschaft geschuldeten Informa­ tionen zu vermitteln.“879 Der Erläuterungsbericht im Anhang zu den einzelnen Jahresabschlußpositionen trägt hierbei nur wenig zur Einblicksentzerrung bei.880 Insbesondere fuhren das Vorsichts- und Maßgeblichkeitsprinzip zu einem unvollkommenen Bild der wirtschaftlichen Lage. Auch übt die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz, die de facto zu einer umgekehrten Maßgeblich­ keit geworden ist, einen negativen Einfluß auf den Aussagegehalt des handelsrecht­ lichen Jahresabschlusses aus.881 So werden in der Praxis eine Vielzahl der aufgestellten Jahresabschlüsse von steuerminimierenden Erwägungen getragen.882 Hinzu kommt, daß den Angaben im Anhang nicht der gleiche Stellenwert zukommt wie der Bilanz oder der Gewinn- und Verlustrechnung. Die Anhangsangaben werden in der Praxis häufig nicht zur Kenntnis genommen oder z.T. falsch verstanden.883 Auch konnte sich die Abkoppelungsthese von Moxter nicht durchsetzen, nach der die Informationsfunktion auf den Anhang verlagert und § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB zur Generalnorm für den Anhang wird.884 Nach herrschender Meinung erlauben die Rechnungslegungsvorschriften nur in begrenztem Umfang ein Bild der tatsächlichen Finanz-, Vermögens- und Ertrags­ lage.885 Aus dem Zahlenwerk des Jahresabschlusses lassen sich weder genaue

877 Vgl. Grewe, W„ [WP-Handbuch], 1996, S. 1148, Rdn. 288 und Havermann, H, [Aussagewert], 1988, S. 617. 878 Vgl. Leker, J., [Untemehmenskrisen], 1993, S. 34; Moxter, A., [Jahresabschluß], 1987, S. 374 und Wolz, M, [Erwartungslücke], 1988, S. 124. 879 Budde, W.D., [Rechenschaftslegung], 1993, S. 816. 880 Eine praxisrelevante Ausnahme sind Abschreibungen, die aufgrund steuerrechtlicher Vorschriften vorgenommen oder beibehalten wurden (§ 285 Nr. 5 HGB). 881 Vgl. Havermann, H, [Aussagewert], 1988, S. 614. 882 Vgl. Havermann, H, [Aussagewert], 1988, S. 615. 883 Vgl. Forster, K.-H, [Erwartungslücke], 1994, S. 794. 884 Danach soll der Anhang als eigenständige, von der Bilanz und GuV unabhängiges Informations­ instrument werden, um Fehlinterpretationen zu einzelnen Jahresabschlußpositionen zu vermeiden. Vgl. Moxter, A., [Bilanzlehre II], 1986, S. 67-68. 885 Empirische Untersuchungen ergaben, daß die Vorschrift des § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB ein stiefmütterliches Dasein in der deutschen Bilanzierungspraxis fristet. Vgl. Ballwieser, W.;Häger, R, [Jahresabschlüsse], 1991, Tz. 148, die in keinem Fall eine Berichterstattung nach § 264 Abs. 2

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Aussagen über die Überschuldung noch über die Zahlungsunfähigkeit noch anderweitige Aussagen über die tatsächliche wirtschaftliche Lage unmittelbar ableiten. Der Jahresabschluß kann und soll nur gewisse Anhaltspunkte über das Effektiwermögen sowie über die Zahlungsfähigkeit geben.886 Der Ansatz der Vermögensgegenstände zu Buchwerten sowie eine statische Liquiditätsbetrachtung lassen daher nur wage Mutmaßungen auf die insolvenzrechtliche Überschuldung bzw. (drohende) Zahlungsfähigkeit zu. Das bilanzielle Vermögen bildet weder das Effektiv- noch das Zerschlagungsvermögen zutreffend ab.887 Auch läßt sich die Liquidität aus dem Jahresabschluß nicht erkennen, weil dieser nicht alle nach dem Bilanzstichtag folgenden Ein- und Auszahlungen abbildet und die potentielle Liquidität keine Größe im Jahresabschluß ist.888 Aussagen über die Zahlungsfähig­ keit lassen sich nur aus einem Finanzplan ableiten. Um den Gläubigem trotzdem einen besseren Informationsstand über eine insolvenz­ gefährdende Entwicklung des Schuldners zu geben, besteht neben dem Jahres­ abschluß das Rechtsinstitut des Lageberichtes. Die Pflicht zur Aufstellung eines Lageberichtes nach § 289 HGB besteht allerdings nur für große und mittelgroße Kapitalgesellschaften.889 Der Lagebericht ist nicht Bestandteil des Jahresab­ schlusses, nimmt jedoch zu dem Jahresabschluß eine komplementäre Informationsftmktion ein und wird mit diesem zusammen erstellt und geprüft.890 Während sich wesentliche Informationen nicht oder nur mit erheblichem Zeitverzug in dem Zahlenwerk des Jahresabschlusses niederschlagen, hat der Lagebericht nach § 289 Abs. 1 HGB die Aufgabe, den Geschäftsverlauf und die Lage der Gesellschaft so darzustellen, daß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird. In der einschlägigen Literatur wird ein Prognosezeitraum von längstens zwei Jahren nach dem Abschlußstichtag des Geschäftsjahres als sinnvoll angesehen.891 Da die Prognosesicherheit mit der Länge des Prognosezeitraumes erheblich abnimmt, gleichzeitig die Konsequenzen mit einer hohen Eintrittswahrscheinlichkeit

8,6 887 888 889

890

891

Satz 2 HGB vorfanden. Insbesondere ist in der Literatur umstritten, wann die Vorschrift anzuwenden ist und wann nicht. Vgl. Forster, [Erwartungslücke], 1994, S. 794 m.w.N. Vgl. Moxter, A„ [Jahresabschluß], 1987, S. 372. Vgl. Harms, J. E.;Küting, K„ [Eigenkapitalbeurteilung], 1983, S. 1071-1072; Hölscher, [Reserven], 1995, S. 45 und Streim, H„ [Generalnorm], 1994, S. 401. Vgl. Leffson, U„ [Bilanzanalyse], 1984, S. 33. Kleine Kapitalgesellschaften i.S. des § 267 HGB sind nach § 264 Abs. 1 Satz 3 HGB von der Aufstellung befreit. Nach § 264 Abs. 1 HGB kommt nur mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften die Pflicht zur Aufstellung eines Lageberichtes zu. Eine Ausdehnung auf alle Rechtsformen und Größenklassen wäre aufgrund der wichtigen Informationsfimktion sinnvoll. Vgl. m.w.N. Baetge, J.;Schulze, D., [Lageberichterstattung], 1998, S. 946.

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abgesichert sein müssen, erscheint ein kürzerer Zeitraum von einem Jahr durchaus angebracht. Die Darstellung der Lage des Unternehmens im Lagebericht verdeutlicht und ergänzt die aus dem Jahresabschluß ableitbaren Erkenntnisse über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens. Insbesondere kommt dem Lagebericht in der Untemehmenskrise aufgrund seiner prospektiven Ausrichtung eine erhöhte Bedeutung zu. Durch die Änderung des § 289 Abs. 1 HGB i.d.F. des KonTraG ist die Lageberichterstattung auch auf Risiken der zukünftigen Geschäftsentwicklung auszudehnen.892 Neben dem erweiterten Informationsgehalt des Lageberichtes werden auch an seine Prüfung höhere Anforderungen gestellt. Nach der Gesetzes­ begründung hat sich der Abschlußprüfer Gewißheit zu verschaffen, daß „...für alle Risiken die verfügbaren Informationen verwendet wurden, die grundlegenden Annahmen für die Berichterstattung des Vorstandes realistisch und in sich widerspruchsfrei sind und Prognoseverfahren richtig gehandhabt wurden.“893 In Verbindung mit § 317 Abs. 2 HGB i.d.F. des KonTraG soll die risikoorientierte Prüfung des Lageberichtes künftig stärker an die Erwartungen der Öffentlichkeit angepaßt werden.894 Sofern Anhaltspunkte vorliegen, daß die Untemehmensfortführung bedroht ist, ist dies im Lagebericht unter Nennung der Gründe deutlich darzustellen.895 Hierbei sollten die Risiken quantifiziert oder zumindest verbal umschrieben werden.896 Das IDW hat bereits im altem Recht in der Untemehmens­ krise bezüglich des Informationsgehaltes an den Lagebericht besonders hohe Anforderungen gestellt: So müssen im Lagebericht auf sämtliche bestandsge­ fährdende Tatsachen hingewiesen werden, auch wenn sie nach Einschätzung der Unternehmensleitung am Abschlußstichtag noch nicht der Annahme des Untemehmensfortbestands entgegenstehen.897 Es bleibt zu hoffen, daß die Umwandlung der Empfehlungen des IDW in eine Rechtspflicht in der Praxis zu einem verbesserten Informationsgehalt des Lageberichtes führen wird.

892 Die Vorschriften des KonTraG über die Abschlußprüfung sind spätestens auf die nach dem 31.12.1998 beginnende Geschäftsjahre anzuwenden. Die geänderte Fassung des § 319 HGB findet erst nach dem 31.12.2001 Anwendung. Vgl. Artikel 46 Abs. 1 EGHGB. Zur synoptischen Darstel­ lung der Neuregelungen bei Böcking, H.-J.;Orth, C., [KonTraG], 1998, S. 1242-1246. 893 Vgl. BT-Drucks. 13/9712 zu § 289, S. 27. 894 Vgl. Schindler, 1; Rabenhorst, D., [KonTraG], 1998. S. 1889. 895 Vgl. Dörner, D, [KonTraG], 1998, S. 1 896 Vgl. Gelhausen, H. F, [Reform], 1997, S. 74. 897 IDW, [Lagebericht], 1997, S. 219.

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b) Die Aufrechterhaltung des Fortfuhrungsgrundsatzes in der Unternehmenskrise Anders als die Gläubiger haben der Schuldner sowie der Abschlußprüfer den besten Einblick in die wirtschaftliche Lage des Unternehmens. In der Diskussion über den Aussagegehalt des Jahresabschlusses wird besonders kritisiert, daß die insolvent gewordenen Unternehmen zuvor ihren Jahresabschluß unter dem Fortfilhrungsgrundsatz aufgestellt und dafür noch einen uneingeschränkten Bestätigungs" vermerk898 erhalten haben.899 In der bisherigen Bilanzierungspraxis ging man davon aus, daß der Fortführungsgrundsatz in der Unternehmenskrise sehr lange aufrechterhalten werden kann und muß.900 Für die Gläubiger wird die Beibehaltung des Fortfuhrungsgrundsatzes jedoch fälschlicherweise oftmals als Hinweis dafür gesehen, daß die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit nicht in Frage gestellt werden muß. Im Hinblick auf die angestrebte frühzeitige Insolvenzeröffhung im neuen Recht ist die gegenwärtige Handhabung des Fortführungsgrundsatzes in der Unternehmenskrise neu zu überdenken. Die entscheidende Frage ist hierbei, nach welchem Beurteilungs­ maßstab und zu welchem Zeitpunkt der für wahrscheinlich gehaltene Untemehmenszusammenbruch bilanziell zu antizipieren ist und die unter Objektivierungs-

898 Der Bestatigungsvermerk ist eine subjektive Erklärung des Abschlußprüfers, daß die Jahresab­ schlußprüfung nach den geltenden Berufsgrundsätzen pflichtgemäß durchgeführt wurde und die Buchführung und die Rechnungslegung den gesetzlichen Vorschriften sowie den ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages und der Satzung entsprechen. Der Bestatigungsvermerk ist hingegen kein Urteil über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und dessen Geschäftsführung. Die Interpretation des Ergebnisses einer Jahresabschlußprüfung führt daher in der Öffentlichkeit häufig zu Mißverständnissen, da dem Bestätigungsvermerk mehr eine Beglaubigungs- als eine Mitteilungsfunktion zukommt. Vgl. Baetge, J, [Redepflicht], 1995, S. 3; Erle, B., [Bestätigungsvermerk], 1990, S. 80 und S. 127; Hofineister, H., [Bestatigungsvermerk], 1984, S. 1585 und IDW, [Bestätigungsvermerk], 1989, S. 28. Dieser auch als Erwartungslücke bezeichnete Dissens zwischen dem Gesamturteil des Abschlußprüfers über die Normenkonkruenz des Prüfungsgegenstandes im Rahmen des Prüfungsauftrages und des Prüfungsumfangs und den Vorstellungen der Öffentlichkeit von dem Informationsgehalt des Bestätigungsvenmerkes beruht auf dem falschen Grundverstandnis über den Normzweck der Rechnungslegung. Vgl. Steiner, B., [Prüfungsbericht], 1991, S. 254-262 und Forster, K.-H., [Erwartungslücke], 1994, S. 789. Solange die ungünstige wirtschaftliche Lage in einem Jahresabschluß und Lagebericht richtig dargestellt ist, muß der Abschlußprüfer einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilen. Vgl. Zilias, M., [Überschuldung], 1977, S. 455. ,w Vgl. Luik, H„ [Going-Conem-Prinzip], 1985, S. 64. 900 Das Going-Concem-Prinzip ist ein formales Bilanzierungsprinzip, das neben Bewertungsfragen, wie Abschreibungen, auch Ansatzfragen, Bilanzierungshilfen und Rechnungsabgrenzungsposten, regelt. Siehe dazu ausführlich bei Janssen, F C., [Going concern], 1984, S. 342.

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erfordemissen überwiegende statische Bilanzierung zu revidieren ist, wenn auf der einen Seite die insolvenzrechtliche Rechnungslegung die Buchführungs- und Rechnungslegungsvorschriften des Handelsrechtes unberührt läßt und auf der anderen Seite das bilanzrechtliche Prinzip der Untemehmensfortfilhrung nicht ad absurdum geführt werden soll.901

Die Prüfung der Fortführungsprämisse ist schlechthin das Kernproblem der Rechnungslegung in der Untemehmenskrise.902 Für den Abschlußprüfer ist das rechtzeitige Erkennen des Zeitpunktes, in dem die Regelvermutung der Untemeh­ mensfortfuhrung entfällt, eine der schwierigsten Fragen der Bilanzierung überhaupt.903 Nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB ist bei der Bewertung der im Jahresabschluß ausgewiesenen Vermögensgegenstände und Schulden von der Fortführung der Untemehmenstätigkeit (Going-Concem-Prinzip) auszugehen, sofern keine rechtlichen oder tatsächlichen Gegebenheiten dem entgegenstehen. Als rechtliche Gegebenheiten kommen insbesondere die Eröffnung eines Insolvenzver­ fahrens oder anderweitige gesetzliche Vorschriften, Satzungsvorschriften oder privatrechtliche Vereinbarungen, die die Auflösung und Abwicklung des Unterneh­ mens zum Gegenstand haben, in Betracht.904 Weitgehend ungeklärt ist hingegen, was im einzelnen unter dem Begriff der tatsächlichen Gegebenheiten zu verstehen ist, da jede Untemehmenstätigkeit risikobehaftet ist. Hierbei werden häufig wenig hilfreiche Leerformeln wie „nicht behebbare betriebswirtschaftliche Schwierig­ keiten“905 aufgeführt. Übereinstimmung besteht lediglich für den Insolvenzfall.906 In der Praxis bereiten die Grenzfälle besondere Schwierigkeiten, in denen sich eine Insolvenzgefährdung deutlich abzeichnet, die Geschäftsleitung jedoch nachweisbar bemüht ist, durch Sanierungsmaßnahmen die Krise zu überwinden.907

Die von einer starken Literaturmeinung908 vertretene Auffassung, daß von der Fortführung erst dann nicht mehr auszugehen ist, wenn die Untemehmenstätigkeit eingestellt wird, ist zu weitgehend und wird dem Gläubigerinteresse nicht gerecht.

901 Vgl. §155 Abs. 1 InsO. 902 Vgl. Clemm, H., [Abschlußprüfung], 1984, S. 654. 903 Vgl. Beck'scher Bilanz-Kommentar, [Jahresabschluß], § 252, Rdn. 13 und Luik, H., [Untemehmenslage], 1983, S. 16. 904 Vgl. Adler, H.; Düring, W.;Schmaltz, K, [Kommentar], § 252, Rdn. 29 und Kölner Kommentar, [Kommentar], § 252, Rz. 11. 905 Kölner Kommentar, [Kommentar], § 252, Rz. 11. 906 Vgl. Adler, H.;Düring, W.;Schmaltz, K, [Kommentar], § 252, Rdn. 25 und Beck'scher BilanzKommentar, [Jahresabschluß], § 252, Rdn. 15. 907 Vgl. Sarx, M., [Grenzfälle], 1995, S. 571. 908 Vgl. Leffson U., [Going-Concem-Prämisse], 1984, S. 604; Luik, H., [Going-Conem-Prinzip], 1985, S. 66 und Moxter, A., [Untemehmensfortfilhrung], 1980, S. 348-349.

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Obwohl dem Going-Concem-Prinzip als tragendem Bilanzierungsgrundsatz vom Gesetzgeber keine Warnfunktion zugewiesen wurde, würde eine solche Auslegung selbst bei einer drohenden Zahlungsunfähigkeit die Anwendung des Fortführungsgrundsatzes nicht ausschließen und somit den Grundsatz zu einer inhaltsleeren Formel herabsetzen.909 Die neuere Literaturmeinung neigt daher zu einer gewissen Antizipationspflicht der Going-Concem-Prämisse.910 Deshalb fordert Nonnen­ macher zu Recht, daß der Fortführungsgrundsatz dann aufgegeben werde müsse, wenn die Sanierungsfähigkeit nicht mehr gegeben sei.911 Entscheidend bleibt hierbei das Ausmaß der Bestandsgefährdung, so daß sich generelle Beurteilungskriterien hierbei nicht aufstellen lassen.912

Andererseits erfordert der Fortführungsgrundsatz als Objektivierungsregel eine Präzisierung.913 Zudem legt der Gesetzeswortlaut eine objektivierbare Beurteilungs­ grundlage dahingehend nahe, daß nicht die subjektive Auffassung des Bilanzie­ renden, sondern die tatsächlichen oder rechtlichen Gegebenheiten über den Fortführungsgrundsatz entscheiden. Wenngleich die Festlegung gesetzlicher Kennzahlen oder sonstiger Grenzwerte für die Normierung wirtschaftlicher Schwierigkeiten außerhalb der Insolvenz ein hoffnungsloses Unterfangen darstellt, muß zumindestens ein Mindestzeitraum festgelegt werden, in dem die wirtschaft­ liche Lebensfähigkeit gegeben sein muß. Da es sich bei der Going-Concem-Prüfung und bei der Fortbestehensprognose im Rahmen der Überschuldungsprüfung trotz unterschiedlicher Zielsetzungen um die gleiche Fragestellung handelt,914 ist eine Angleichung des Prognosezeitraumes an den für die Fortbestehensprognose maßgebenden Zeitraum erforderlich.915 Darüber hinaus ist eine Annäherung an die insolvenzrechtlichen Vorschriften auch aus ökonomischen Gründen erforderlich, da die Überschuldung der Zahlungsunfähigkeit zumeist zeitlich vorgelagert ist und eine negative Fortbestehensprognose im Überschuldungsstatus regelmäßig zur Insolvenz führt.

909 Ebenso Adler, H.;Düring, W.;Schmaltz, K, [Kommentar], § 252, Rdn. 24 und Gross, G., [Untemehmensfortftlhrungsannahme], 1995, S. 247. 910 Vgl. Moxter, A., [Untemehmensfortftlhrung], 1980, S. 345. 911 Vgl. Nonnenmacher, K, [Sanierung], 1994, S. 1331. 912 Vgl. Sarx, M, [Grenzfälle], 1995, S. 571. 913 Vgl. Moxter, A., [Untemehmensfortftlhrung], 1980, S. 347. 914 Vgl. IDW, [Überschuldungsprüftmg], 1997, S. 22 und Müller, W., [Grund- oder Stammkapital], 1985, S. 201. A.A. Wagner, W„ [Insolvenzrecht], 1996, S. 301. 915 Die vorherrschende Meinung stellt derzeit noch auf einen Zeitraum von einem Jahr ab dem zugrunde liegenden Bilanzstichtag ab.Vgl. Beck'scher Bilanz-Kommentar, [Jahresabschluß], § 252, Rdn. 11; Janssen, F. C., [Going concern], 1984, S. 346 und Sarx, M., [Untemehmensfortftlhrung], 1987, S.29.

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c) Die Aussagefahigkeit von Jahresabschluß und Lagebericht Im Vorfeld der Insolvenz ist die Aussagefähigkeit des Jahresabschlusses besonders kritisch zu hinterfragen, da der Schuldner vorbehaltlos die ihm zur Verfügung stehenden Ansatz- und Bewertungswahlrechte entsprechend seiner Zielsetzungen ausschöpfen kann. Die gesetzlichen Wahlrechte werden zumeist ergebnisglättend und -korrigierend eingesetzt. Der Schuldner versucht zumeist positive und negative Ergebnissprünge zu vermeiden und eine nach außen hin stetige, positive Untemehmensentwicklung zu vermitteln. Folglich wird der Schuldner in der Untemehmens­ krise ein schlechtes Jahresergebnis zuerst durch sämtliche Bewertungsreserven zu verbessern versuchen, bevor er den tatsächlich eingetretenen Verlust ausweist. Praktische Erfahrungen in diesem Zusammenhang zeigen, daß die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse eines Unternehmens mit gutem Jahresergebnis weit besser sind, während die wirtschaftlichen Verhältnisse bei einem schlechten Jahresergebnis zumeist noch schlechter sind als der Jahresabschluß selbst erkennen läßt.916 Prognosen über den gegenwärtigen und zukünftigen Gesundheitszustand des Unternehmens können nur noch in sehr eingeschränktem Umfang abgeleitet werden.917 An dieser Problematik vermag auch ein geprüfter Jahresabschluß nichts zu ändern.918 Ob ein nach angloamerikanischem Vorbild einzurichtendes Audit Committees zu einem verbesserten Informationsgehalt des Jahresabschlusses führt, läßt sich nicht grundsätzlich bejahen, da dies insbesondere von der Organisa­ tionsstruktur des Unternehmens und der zeitlichen und fachlichen Bereitschaft des Aufsichtsrates zur Mitarbeit abhängt.919

916 So auch Clemm, H., [Bilanzpolitik], 1989, S. 360. 917 Vgl. Clemm, H., [Bestätigungsvermerk], 1977, S. 152; Schaub, B., [Krise], 1993, S. 1484 und Streim, H., [Generalnorm], 1994, S. 402. 918 Gegenstand und Unfang der gesetzlichen Abschlußprüfung ergeben sich aus § 317 HGB. Die Prüfung des Jahresabschlusses erstreckt sich auf die gesetzlichen Vorschriften und die ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages und der Satzung. Der Abschlußprüfer muß im besonderen prüfen, ob durch die Rechnungslegung insgesamt nicht ein zu günstiges oder zu ungünstiges Bild von der Lage des Unternehmens gezeichnet wird. 919 Dem Audit Committee (Aufsichtsratausschuß) kommt insbesondere die Auswahl des Abschluß­ prüfers, die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen und effizienten Abschlußprüfung sowie die vorbereitende Prüfung des Jahresabschlusses für den gesamten Aufsichtsrat zu. Vgl. Coenenberg, A. G.;Reinhart, A.;Schmitz, J., [Audit Committees], 1997, S. 997 und Langenbucher, G.;Blaum, U., [Audit Committees], 1994, S. 2204. Die gesetzlichen Regelungen zur Einrichtung eines dem Audit Committees vergleichbaren Ausschusses sind durch die Vorschriften des § 171 Abs. 1 AktG bereits gegeben; eine gesetzliche Neuregelung bedarf es hierzu nicht. Vgl. Forster, K.-H., [Abschlußprüfer], 1995, S. 6.

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Der Jahresabschluß gibt zwar einen ersten Anhaltspunkt für eine Überschuldung, ist zum Zeitpunkt der Offenlegung aufgrund fehlender Aktualität jedoch schon unbrauchbar.920 Die Zeitspanne zwischen der Veröffentlichung zweier aufeinander­ folgender Jahresabschlüsse ist in der Unternehmenskrise ohnehin zu lang.921 Für eine wirksame Reaktion bleibt deshalb zu wenig Zeit.922 Insbesondere ist den Gläubigem eine Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse zwischen den Bilanzstichtagen versagt. Trotzdem kann dem Jahresabschluß nicht jeglicher Informationsgehalt abgesprochen werden. So zeigen die vergangenen Zahlen zumindestens die Quelle des vergan­ genen Erfolges oder Mißerfolges. Ferner können durch den Vergleich mehrerer Jahre Entwicklungstendenzen aufgezeigt werden.923 Das Geschäftsjahrergebis ist zwar eine vergangenheitsbezogene Größe, wird jedoch der Fortführungsgrundsatz aufrecht erhalten, lassen sich zumindest gewisse Aussagen darüber treffen, mit welchen künftigen Ergebnissen und Nettoausschüttungen zu rechnen ist, wenn sich die Zukunft als durchschnittliches Spiegelbild des abgelaufenen Geschäftsjahres erweist.924 Die richtige Beurteilung der wirtschaftlichen Lage anhand eines Jahresabschlusses hängt nicht zuletzt von den Sachkenntnissen und Erfahrungen des Bilanzlesers sowie von dessen Bereitschaft ab, Bilanzierungsspielräume kritisch zu untersuchen.925 Bezeichnend dazu ist die Aussage eines erfahrenen Wirtschafts­ prüfers: „Ich weiß von Bankprüfungen her, wie sich die Banken bemühen, die Abschlüsse von Industriekunden zu analysieren. Gelegentlich bin ich an Analysen gekommen, die von mir selber geprüfte Industrieunternehmen betrafen. Ich war dann immer fasziniert, was an Urteilen herausgekommen war; ich dachte oft, daß die Auswerter auf einer anderen Hochzeit als ich gewesen sein müssen.“926

Dies vermag nichts daran zu ändern, daß der Jahresabschluß an sich und unabhängig vom Bilanzleser konzeptionell weniger geeignet ist, ein den tatsächlichen Verhält­ nissen entsprechendes Bild der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens zu

Vgf Burger, A.; Schellberg, B., [Überschuldung], 1995, S. 231. Vgl. Drukarczyk, J., [Unternehmen], 1987, S. 97. Vgl. Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 1.154a. Vgl. Moxter, A., [Kreditwürdigkeitsbeurteilung], 1978, S. 322. Vgl. Moxter, A., [true and fair view], 1996, S. 677. Vgl. Hofmeister, H, [Bestätigungsvermerk], 1984, S. 1587. Häufig wird auch die schwere Lesbarkeit der Prüfungsberichte beanstandet,die wirtschaftliche Fehlentwicklungen nicht in dem Ausmaß erkennen lassen. Die Analysen der Prüfungsberichte von in die Insolvenz geratenen Unternehmen zeigen jedoch, daß es an einer gewissenhaften Offenlegung der tatsächlichen Verhält­ nisse nicht gefehlt hat Vgl. Forster, K.-H., [Abschlußprüfer], 1995, S. 3 und Moxter, A., [Abschlußprüfer], 1995, S. 135. 926 Heine, K.-H, [Diskussionsbeitrag], 1989, S. 85. 920 921 922 923 924 925

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vermitteln. Wie bereits ausgeführt wurde, kommen dem Jahresabschluß primär andere Funktionen zu. Moxter stellt hierzu nüchtern fest:,,...außerdem hält sich hartnäckig das Vorurteil, daß wenigstens die vom redlichen Kaufmann erstellte Bilanz ein nützliches Universalinstrument zur Untemehmensbeurteilung...sei.“927 Auch erweisen sich die in der Praxis anzutreffenden wenig konkreten und meist geschönten Aussagen des Lageberichtes zumeist als unbrauchbar, da der Lage­ bericht häufig als Instrument zur Selbstdarstellung mißbraucht wird. Eine kritische Darstellung der wirtschaftlichen Lage, insbesondere in der Untemehmenskrise, ist kaum anzutreffen. Die Qualität des Lageberichtes läßt in vielen Fällen zu wünschen übrig, da die Prognosen zu vage und unpräzise sind. Solange eine existenzge­ fährdende Krise noch nicht im Zahlenwerk des Jahresabschlusses erkennbar ist, wird der Schuldner in seinem Lagebericht eine drohende Insolvenz auch nicht ankün­ digen. Es ist zu vermuten, daß der Schuldner auch im Lagebericht nach dem neuen KonTraG nur ein sehr pauschales, undifferenziertes Bild der wirtschaftlichen Lage, insbesondere hinsichtlich der Insolvenzgefahr, abgeben wird.928

Die inhaltliche Unbestimmtheit liegt in der Natur des Lageberichtes selbst, da die voraussichtliche Entwicklung der Kapitalgesellschaft darzustellen ist und damit auf subjektive Einschätzungen des Schuldners abgestellt wird.929 Eine zu optimistische Betrachtungsweise wird dadurch unterstützt, daß der Begriff des Risikos weder im Gesetzestext noch in der Gesetzesbegründung eine nähere Konkretisierung erfahrt und keine Abgrenzung gegenüber dem normalen unternehmerischen Risiko erfolgt.930 Dem Abschlußprüfer sind somit enge Grenzen für eine Prüfung gesetzt. Eine Einschränkung oder eine Versagung des Bestätigungsvermerkes aufgrund der Lageberichtprüfung kann daher nur bei groben Fehlinformationen oder Nichtan­ gaben wesentlicher Ereignisse in Betracht kommen.931 Im Bestätigungsvermerk

927 Moxter, A., [Kreditwürdigkeitsbeurteilung], 1978, S. 321. 928 Vgl. Moxter, A„ [KonTraG], 1997, S. 723. 929 Zur Weiterentwicklung und Intensivierung der Lageberichtsprüfung siehe die Vorschläge bei Clemm, H., [Krisenwamer], 1995, S. 72-73 sowie IDW, [Prüfung des Lagerbericht], 1997, S. 226-230. 930 Vgl. Lück, W., [Risikomanagementsystem], 1998, S. 1925. Unter Risiko wird die positive oder negative Abweichung von dem zu erwartenden Wert verstanden. In der handelsrechtlichen Bilan­ zierung wird Risiko als Nettovermögensminderung aus eingeleiteten Geschäften, deren Eintritt am Bilanzstichtag noch ungewiß ist, definiert. Vgl. Leffson, U., [GoB], 1987, S. 393-397. Es ist davon auszugehen, das der Gesetzgeber eine analoge verlustorientierte Sichtweise zu § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB bei der Begriffsbestimmung in § 289 HGB vor Auge hatte. Vgl. Baetge, J.;Schulze, D., [Lageberichterstattung], 1998, S. 939-940 und Kromschröder, B.;Lück, W., [UnternehmensÜberwachung], 1998, S. 1573. 931 Vgl. Hofineister, H., [Bestätigungsvermerk], 1984, S. 1588. Aufgrund der starken positiven Ausstrahlungskraft des Bestätigungsvermerkes als Gesamturteil der Jahresabschlußprüfung wird von

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sollte daher eine Formulierung aufgenommen werden, die der eingeschränkten Prüfungsmöglichkeit gerecht wird.932

Insgesamt besteht die Gefahr, daß mit dem KonTraG gegenüber den Gläubigem eine zu hohe Erwartungshaltung aufgebaut und damit eine neue Erwartungslücke eröffnet wird.933 Bedenkt man allerdings, daß die Erweiterung des Lageberichtes für den Schuldner durchaus problematisch sein kann, überrascht die relativ deutliche Zustimmung der Führungskräfte zu dieser Neuregelung in einer jüngst durchge­ führten Fragebogen-Untersuchung über die Einstellung der Führungskräfte zum KonTraG.934 Das Ergebnis dieser Umfrage ist wohl nur so zu deuten, daß sowohl der Jahresabschluß als auch der Lagerbericht einer eingeschränkten Publizität unter­ liegen. Nach § 325 Abs. 2 HGB müssen nur große Kapitalgesellschaften sowie die in § 1 PubIG aufgeführten Unternehmen i.V.m. § 9 Abs.l PubIG ihren Jahres­ abschluß und Lagebericht im Bundesanzeiger veröffentlichen. Die anderen Kapitalgesellschaften haben diese Unterlagen nach § 325 Abs. 1 HGB nur beim Handelsregister zu hinterlegen. Wird diese Pflicht nicht befolgt, kann das Register­ gericht nur auf Antrag eines Gläubiger die Einreichung über die Festsetzung von Zwangsgelder erreichen.935 Bis dieser Erfolg eingetreten ist, sind die aus den Unterlagen ersichtlichen Informationen zumeist überholt. Hinzu kommt, daß bei sich nähernder Insolvenz der Jahresabschluß und Lagebericht entweder nur noch mit erheblichen Verzögerungen oder gar nicht mehr erstellt wird.936 Insgesamt ist es für die Kreditinstitute kaum möglich, allein anhand der Rechnungs­ legung des Schuldners eine existentielle Unternehmenskrise rechtzeitig zu erkennen,

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einem Zusatz, einer Einschränkung oder sogar der Versagung in der Praxis wenig Gebrauch gemacht. Die Anzahl der Zusätze und Einschränkungen der im Bundesanzeiger 1997 veröffent­ lichten und hinterlegten Jahresabschlüsse lag unter 1% bzw. unter 2%. Vgl. o.K, [Bundesanzeiger], 1998, S. 9. Allein der Zweifel an der Untemehmensfortftlhrung rechtfertigt einen Testatzusatz noch nicht. Vgl. Adler, H.;Düring, W.;Schmaltz, K., [Kommentar 5. Auflage], § 322, Rdn. 41. Dieser Grundsatz verliert dann an Gültigkeit, sobald sich die Unsicherheit der Untemehmensfortftlhrung im Zahlenwerk des Unternehmens in der Weise niederschlagt, daß die Werthaiti gkeit bestimmter Vermögensgegenstände, allen voran langfrisitige Forderungen sowie Überbestände an Vorräten, sowie der Umfang ungewisser Verbindlichkeiten, z.B. Restrukurierungsaufwendungen, nicht mehr abschließend beurteilt werden können. Vgl. das Beispiel des US-amerikanischen Unternehmens Lockheed, wo eine Einschränkung im Zusammenhang mit der Einstellung des TriStar-Programmes vorgenommen wurde, bei Marks, P., [Bestätigungsvermerk] 1982, S. 212. Vgl. Forster, K.-H., [Runderneuerung], 1996, S. 259. Vgl. Dörner, D, [KonTraG], 1998, S. 2; Gelhausen, H F, [Reform], 1997, S. 82 und Schindler, J.; Rabenhorst, D., [KonTraG], 1998, S. 1891. Vgl. Förschle, G;Glaum, M.; Mandler, U„ [KonTraG], 1998, S. 893. Das Antragsrecht sonstiger Personen nach § 335 HGB ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Vgl. Gawaz, K.-D., [Bankenhaftung], 1997, S. 29.

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geschweige den selbst rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen. Die in der Literatur vorherrschende Auffassung, die Krisenursachen im endogenen Bereich des Unternehmens zu vermuten, verdeutlicht zugleich die Problematik der Krisenfrüher­ kennung für die Gläubiger. Während exogene Krisenursachen auch für die Gläubiger zugänglich sind, entziehen sich Managementfehler zunächst ihren Wahmehmungsmöglichkeiten. Aufgrund der eingeschränkten Möglichkeiten, Krisenursachen zu identifizieren, ist die betriebswirtschaftliche Forschung noch intensiv bemüht, zuverlässige Krisensymptome zu ermitteln, von denen zwingend auf eine Insolvenz geschlossen werden kann.937

3. Möglichkeiten der Insolvenzerkennung Die Möglichkeit der Insolvenzerkennung für die Gläubiger hängt im wesentlichen davon ab, in welcher Geschäftsbeziehung sie zu dem Schuldner stehen.938 Den Warenlieferanten stehen bspw. Krisensymptome zur Verfügung, die für die Kreditinstitute nur bedingt erkennbar sind.939 Trotz allem ist der von den restlichen Gläubigem gegenüber den Kreditinstituten oftmals erhobene Vorwurf des „Informationsvorsprungs der Banken“ nicht von der Hand zu weisen.940 Aufgrund der Kreditbeziehung haben die Kreditinstitute vielfältige Informationsmöglichkeiten, die den anderen Gläubigergruppen, insbesondere den Warengläubigem, weitgehend nicht zur Verfügung stehen.941 So haben ungefähr 84% der Kreditinstitute Kenntnisse von bestimmten Anzeichen, die auf eine drohende Insolvenz hin­ weisen.942 Die Intensität der Informationssuche wächst mit dem abnehmendem Bestand und Verzehr der Sicherheiten.943 Der im allgemeinen gute Kenntnisstand darf insgesamt nicht darüber hinwegtäuschen, daß Kreditinstitute oftmals erhebliche

937 Kritisch zu diesen Bemühungen Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 1.148 und Schmidt, K.; Uhlenbruck, W., [Insolvenz], 1997, S. 13. Krisensymptome können zumindestens wertvolle Anhalts­ punkte über eine bestandsgefährdende Entwicklung geben. Vgl. Harz, M.; Hub, H.-G.; Schlarb, E., [Sanierungs-Management], 1996, S. 40-42. 938 Vgl. auch den qualitativen Indizienkatalog zur Krisenfrüherkennung für Kreditinstitute bei Ober­ müller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 1.149. 939 Vgl. Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 1.152. 940 Vgl. Hopt, K. J., [Asymmetrische Information], 1984, S. 754. A.A. Obermüller, M„ [Bankpraxis], 1997, Rdn. 1.151. 941 Bei der positiven Einschätzung der Unternehmen war m.E. vielmehr der Wunsch der Vater des Gedankens. 942 Vgl. Gessner, V. u.a., [Konkursabwicklung], 1978, S. 251 und Hesselmann, S.; Stefan, U, [Empiri­ sche Ergebnisse], 1990, S. 90. 943 Vgl. Hesselmann, S.; Stefan, U, [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 92.

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Forderungsausfälle zu verzeichnen haben, da mitunter Blanko-Kredite944 betroffen sind und das Besicherungsrisiko falsch eingeschätzt wird.945

a) Der technische und der fundamentale Ansatz Eine Warnung in der Unternehmenskrise macht nur dann Sinn, wenn sie zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem noch hinreichende Möglichkeiten bestehen, eine drohende Insolvenz abzuwenden. Die strategische Krise, der Verlust von Erfolgspotentialen, ist für die Kreditinstitute von besonderer Bedeutung, da diese in der Mehrzahl der Fälle der Grundstein für eine Ertragsschwäche und in der Folge eine unbewältigte Liquiditätskrise ist.946 Sie stellt daher eine ernsthafte Gefahr für eine drohende Überschuldung sowie eine sich anbahnende Illiquidität dar. Die vorhergehenden Ausführungen haben gezeigt, daß die retrospektive Rechnungslegung den Insolvenzzeitpunkt nicht rechtzeitig anzuzeigen vermag. Infolgedessen benötigen die Kreditinstitue ein weiteres, prospektives Instrumentarium zur Identifikation von potentiellen Schwächen im Unternehmen. In der Betriebswirtschaftslehre spricht man in diesem Zusammenhang von Frühwarnsystemen.947 Zur Früherkennung von insolvenzgefährdeten Unternehmen sind in der Betriebs­ wirtschaftslehre zwei Wege beschritten worden: der technische und der funda­ mentale Ansatz.948 Der technische Ansatz basiert auf mathematisch-statistischen Verfahren mit der Zielsetzung, anhand von repräsentativen Jahresabschlußdaten diejenigen Kennzahlen oder Kombinationen von Kennzahlen zu finden, die eine Klassifikation in solvente und insolvente Unternehmen zulassen. Kennzahlen sind betriebswirtschaftlich relevante Zahlen mit Erkenntniswert.949 Sie stützen sich hierbei auf einen in der Vergangenheit gewonnenen Ursache-Wirkungs-Zusammen­ hang sowie auf eine kritisch zu hinterfragende Zeitstabilitätshypothese.950 Als Wegbereiter der mathematisch-statistischen Verfahren setzte Altmann die

944 Insgesamt beträgt der Anteil ungesicherter Bankkredite im Durchschnitt 22%. Davon entfallen auf den kurz- und mittelfrisitgen Bereich ungefähr 30%. Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R., [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 57 und 114. 945 Die durchschnittliche Ausfallquote der Kreditinstitute bei Mobiliarsicherheiten beträgt fast 40%. Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R., [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 131. 946 Vgl. die Differenzierung zwischen der strategischen Krise, der Erfolgskrise und der Liquiditätskrise bei Schwarzecker, J.; Spandl, R, [Krisenmanagement], 1996, S. 14-15. 947 Vgl. Hahn, D.; Krystek, U., [Frühwarnsysteme], 1984, S. 4-6 und Leffson, U., [Gefährdung der Unternehmung], 1980, S. 639 und 642. 948 Vgl. Matschke, M. J., [Insolvenzprognose], 1979, S. 486-504. 949 Vgl. Schwarzecker, J.; Spandl, R, [Krisenmanagement], 1996, S. 26. Einen Überblick gibt Wegmann, J., [Insolvenzforschung], 1989, S. 578-579. 950 Vgl. Bea, RX.tHaas, J„ [Früherkennung], 1994, S. 488.

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multivariate lineare Diskriminanzanalyse951 erstmals im Jahre 1968 ein, um insolvenzgefährdete von nicht insolvenzgefährdeten Unternehmen mittels aus Jahresabschlüssen gewonnenen Kennzahlen zu trennen.952 Der fundamentale Ansatz basiert auf einer subjektiven, zukunftsbezogenen Wertung aller wesentlichen außerund innerbetrieblichen Einflußfaktoren, um zu einem umfassenden Urteil über die Untemehmensentwicklung zu gelangen. In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird häufig auch von operativen und strategischen Frühwarnsystemen gesprochen. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Verfahren beruht auf den zugrunde liegenden Ausgangsdaten. Während das sog. operative Frühwarnsystem auf „harte Informationen“ aus vergangenen Jahresabschlüssen zurückgreift, liegen dem strategischen Frühwarnsystem „schwache Signale“, qualitative Einschätzungen und Vermutungen, bevorzugt aus dem Untemehmensumfeld, zugrunde.95'’

Bei den technischen Ansätzen hat sich die multivariate Diskriminanzanalyse gegenüber der univariaten Diskriminanzanalyse durchgesetzt. In einer neueren Studie kommt Hüls zu dem Ergebnis, daß sieben bzw. sechs Kennzahlen eine im Vergleich zu früheren Studien hohe Trennfähigkeit erlauben.954 Neuere Entwick­ lungen gehen dahin, die Unternehmen mit einem fraktionierenden Klassifikations­ system in verschiedene Krisenstadien aufzuspalten.955 Auch stimmen die bisher veröffentlichten Ergebnisse der neuentwickelten neuronalen Netze zu verhaltenem Optimismus, lassen aber gegenüber den Diskriminanzanalysen bei der Früher­ kennung von Untemehmenskrisen bisher noch keine wesentlich verbesserte Insolvenzprognose zu.956 Zentraler Kritikpunkt zur Verwendung neuronaler Netze

951 Unter Diskriminanzanalyse versteht man ein mathematisch-statistisches Verfahren zur Trennung einer Menge von Objekten in überschneidungsfreie voneinander abgegrenzte Teilmengen anhand bestimmter Merkmale. Bei der Kreditwürdigkeitsprüfung erfolgt die Trennung nach solventen und insolventen Unternehmen mit Hilfe von Kennzahlen aus der Rechnungslegung. Vgl. Deutsche Bundesbank (Hrsg.), [Monatsbericht], 1992, S. 30. 952 Altmann will 95% der Unternehmen, die innerhalb eines Jahres, und 72%, die innerhalb von zwei Jahren illiquid werden, anhand von fünf Bilanzkennzahlen trennen. Vgl. Altmann, E. J., [Discriminant Analysis], 1968, S. 599-600. 953 Vgl. Krystek, U, [Frühwarnsysteme], 1989, S. 106-107 und Schmidt, K; Uhlenbruck, W„ [Insolvenz], 1997, S. 3 und 5. 954 Die Trennschärfe beträgt drei Jahre vor der Insolvenz 88,5% bzw. 86,3%. Der Prozentsatz steigt bei einem Jahr vor der Insolvenz bei beiden Kennzahlensystemen auf 97,7% an. Vgl. Hüls, D., [Früherkennung], 1995, S. 232-241. 955 Vgl. Leker, J., [Untemehmenskrisen], 1993, S. 249-271. 956 Vgl. Erxleben, K; u.a., [Klassifikation], 1992, S. 1256. Einen aktuellen Überblick der empirischen Studien über die Klassifikation von Unternehmen mit neuronalen Netzen gibt Pfeifer, A., [Früherkennung], 1998, S. 180-188. Der gegenwärtig trennstärkste Klassifikator, der mittels der Künstlichen Neuronalen Netz-Analyse ermittelt wurde, ist das Backpropagation-Netz mit 14 Kenn­ zahlen. Die Validierung hat gezeigt, daß mit einer Zuverlässigkeit von über 91,25% insolvenzge­

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ist die Tatsache, daß die Ergebnisse nicht erklärbar und damit nicht objektiv nachvollziehbar sind.957 Trotz der verbesserten Insolvenzprognosegenauigkeit der mathematisch-statistischen Verfahren in den letzten Jahren bleibt die Diskriminanzanalyse hinsichtlich der Krisenfrüherkennung ein problematisches Hilfsmittel, weil die Diskriminanzanalyse ein Klassifikations- und kein Prognoseverfahren ist.958 So eröffnet die Diskri­ minanzanalyse keine genaue Aussagemöglichkeit über einen möglichen Insolvenz­ zeitpunkt, da nicht die Primärursachen selbst, sondern nur deren Krisensymptome verarbeitet werden.959 Die mathematisch-statistischen Verfahren schlagen daher nur an, wenn sich die Unternehmenskrise im Zahlenwerk des Unternehmens manifestiert hat. Die Zuverlässigkeit der Jahresabschlußinformationen nimmt allerdings mit zunehmendem Krisenstadium deutlich ab.960 Auch hat sich die Manipulationsan­ fälligkeit der Jahresabschlußdaten fiir die Krisenfrüherkennung als äußerst problematisch herausgestellt.961 Die grundsätzliche Schwierigkeit bei Prognosen anhand von Jahresabschlußdaten liegt darin, daß nur vollständige und zuverläßige Eingabewerte annähernd richtige Aussagen ermöglichen 962 Denn auch hier gilt das von Brown geprägte Wort des „GIGO“, Garbage In, Garbage Out.963

Insgesamt ermöglichen die Diskriminanzanalysen nur sehr kurzfristige Insolvenz­ prognosen von 1 bis 2 Jahren.964 Der Vorschlag von Rösler, die Diskriminanz­ analyse auf der Grundlage eines prognostizierten Jahresabschlusses anzuwenden, hat sich in der Praxis mangels geeigneter Fortschreibealgorithmen für die Projektion vergangener Daten nicht durchgesetzt.965 Der derzeitige Stand der Insolvenz­

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fährdeter Unternehmen bis zu drei Jahren vor der Insolvenz als solche korrekt klassifiziert werden konnten, während 66,5% der gesunden Unternehmen richtig identifiziert wurden. Vgl. Baetge, J.;Jerschensky, A., [Jahresabschlußanalyse], 1996, S. 1581-1584. Vgl. Schierenbeck, H; Hölscher, R., [BankAssurance], 1998, S. 459. Die Ausgangsdalenbasis für die Bildung von signifikanten Kennzahlen wird durch die NichteinbeZiehung deijenigen insolvenzreifen Unternehmen verfälscht, bei denen es nicht zu einer Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gekommen ist. Vgl. Oser, P., [Kreditwürdigkeitsprüfung], 1996, S. 368 und Schmidt, K.; Uhlenbruck, W., [Insolvenz], 1997, S. 4. Vgl. Bea, F.X.;Kötzle, A., [Ursachen], 1983, S. 568; Clemm, H, [Krisenwamer], 1995, S. 70 und Günther, T.; Scheipers, T„ [Insolvenzprognoseforschung], 1993, S. 1082. Vgl. Groß, P. J„ [Sanierung], 1982, S. 5 und Uhlenbruck, W„ [Gläubigerberatung], 1983, S. 48. In diesem Zusammenhang resigniert Leffson bezüglich den Früherkennungsmöglichkeiten „...da die gesetzte Aufgabe angesichts der fast durchweg manipulierten deutschen Jahresabschlüsse unlösbar ist“ Leffson, U, [Bilanzanalyse], 1984, S. VIU. Vgl. Steiner, M., [Insolvenzrisiko], 1980, S. 160. Vgl. Brown, R G„ [Forecasting], 1964, S. 23. Vgl. Bea, F.X.;Kötzle, A., [Ursachen], 1983, S. 570. Vgl. Rösler, J. [Bilanzanalyse], 1986, S. 114-136.

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prognoseforschung zeigt, daß den empirisch-statistischen Insolvenzprognose­ modellen nicht unerhebliche Fehler 1. und 2. Art anhaften.966 Deshalb nimmt die Trefferquote mit zunehmender Entfernung von der Insolvenzeröflhung stark ab. Im Schrifttum wird besonders bemängelt, daß die Wahrscheinlichkeit von Insol­ venzereignissen in der Zukunft wegen bestimmter Jahresabschlußkennzahlen aus der Vergangenheit keiner bekannten Gesetzmäßigkeit unterliege, da eine hinreichend bestätigte Finanzierungshypothese als logisches Verbindungsglied zwischen den Jahresabschlußkennzahlen und den insolventen Unternehmen fehle.967 Liebig vergleicht die retrospektive Analyse treffend mit einem Autofahrer, der vorwärts fährt, aber nur in den Rückspiegel schaut.968 Die Mängel der technischen Ansätze haben die Entwicklung der fundamentalen Ansätze gefordert.969 Da zumeist keine internen Informationsquellen zur Verfügung stehen und sich die strategische Krise selbst noch nicht im Zahlenwerk des Unternehmens niederschlägt, scheidet der technische Ansatz zur langfristigen Insolvenzprognose ohnehin aus. Die strategischen Frühwarnsysteme verlassen den vergleichsweise engen zeitlichen Planungshorizont der operativen Systeme.970 Der Beobachtungsbereich der strategischen Frühaufklärung umfaßt neben den einzelnen Funktionsbereichen des Unternehmens auch das Umfeld des Unternehmens.971 Hierbei sind verschiedene Kriterienkataloge mit Krisensymptomen zur Früher­ kennung von Insolvenzen entwickelt worden.972 Um zu einer Prognose über die Insolvenzgefährdung zu kommen, wird in der Literatur vorgeschlagen, die ausgewiesenen Symptome mit einer Gewichtung zu versehen.973 Die fundamentalen Ansätze sind aufgrund der mangelnden intersubjektiven Nachprüfbarkeit und der mit großer Unsicherheit und mit Wunschdenken behafteten Daten kritisch zu hinter­ fragen, zumal keine zuverlässigen empirischen Studien über die Prognosesicherheit

966 Vgl. Baetge, J„ [Kennzahlen], 1980, S. 656, ders., [Kreditrisiken], 1995, S. 217-218 und Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 165. 967 Vgl. Gless, S.-E., [Untemehmenssanierung], 1996, S. 35; Gunther, T; Scheipers, T, [Insolvenz­ prognoseforschung), 1993, S. 1082; Schneider, D„ [Frühwarnsysteme], 1985, S. 1492-1493 und ders., [Bilanzanalyse], 1989, S. 641. 968 Vgl. Liebig, P., [Ergebnissteuerung], 1995, S. 2381. So auch Schierenbeck, H; Hölscher, R, [BankAssurance], 1998, S. 449. 969 Vgl. Brunner, H., [Analysen], 1995, S. 7. 970 Vgl. Schmidt, K.; Uhlenbruck, W., [Insolvenz], 1997, S. 5. 971 Vgl. Bea, F.X.;Kötzle, A., [Ursachen], 1983, S. 569 und Schmidt, K.; Uhlenbruck, W., [Insolvenz], 1997, S. 6. 972 Vgl. hierzu die Schimmelpfeng-Checkliste, abgedruckt bei Steiner, M., [Insolvenzrisiko], 1980, S. 155 sowie der Indizienkatalog im Handelsblatt vom 18.1.1983, S. 15. 973 Vgl. Rödl, H, [Insolvenzen], 1976, S. 360 und Uhlenbruck, W., [Gmbh & Co. KG], 1988, S. 13.

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vorliegen.974 In der wissenschaftlichen Literatur haben die überwiegend auf qualitativen Aspekten beruhenden Symptomchecklisten keine Bedeutung erlangt, da unter anderem erhebliche Probleme bei der Datenbeschaffung bestehen.975 Die Kreditinstitute wären sowohl in zeitlicher wie auch in sachlicher Hinsicht über­ fordert, strategisch relevante Umweltveränderungen ihres Schuldners wahrzunehmen und zu interpretieren. Die ständige Suche nach schwachen Signalen ist den für diesen Zweck implementierten betrieblichen Kriseninformationssystemen des Schuldners vorbehalten. Hinzu kommt, daß die relevanten Beobachtungsfelder im voraus nicht bekannt sind.976 Die Fragestellung lautet daher nicht, welche Informa­ tionen für bestimmte Entscheidungen benötigt werden, sondern welche Entschei­ dungen bei den vorliegenden Informationen überhaupt möglich und sinnvoll sind.977 Trotz der in der Literatur vorgetragenen Kritik an der retrospektiven Wirkungs­ analyse aus Jahresabschlüssen kann sich Diskriminanzanalysen mit den fundamen­ talen Ansätzen zur Früherkennung durchaus messen lassen.978 Empirische Studien belegen, daß die Diskriminanzanalyse im Vergleich zu erfahrenen Kreditanalysten, die nach individuellen Erfahrungen und nicht einer im Detail festgelegten Vorgehensweise vorgingen, vergleichbar gute Ergebnisse liefert.979 Trotzdem bleibt zu vermuten, daß die qualitative Beurteilung der Marktstellung, der Wettbewerbs­ fähigkeit des Unternehmens sowie der Untemehmensführung, soweit dafür ausreichende Informationen zur Verfügung stehen, in denjenigen Fällen zu einem besseren Prognoseergebnis führt, in denen der Krisenverlauf nicht nach einem bekannten Muster verläuft.

b) Der Principal-Agent-Konflikt zwischen Kapitalgeber und Schuldner Die oben dargestellten Ansätze zur Insolvenzfrüherkennung zeigen die einge­ schränkten Möglichkeiten der Kreditinstitute auf, die drohende Insolvenz ihrer Schuldner mit hinreichender Sicherheit frühzeitig zu erkennen und die Finanzie­ rungsbeziehung rechtzeitig zu beenden. Diese Tatsache führt dazu, daß der Schuldner den ihm dadurch eröffneten Freiraum nutzen kann, seine eigenen wirtschaftlichen Interessen zum Nachteil der Kreditgeber zu verfolgen. Dieses 974 975 976 977 978 979

Vgl. Steiner, M., [Insolvenzrisiko], 1980, S. 156. Vgl. Steiner, M., [Insolvenzrisiko], 1980, S. 156. Vgl. Bea, F.X.;Kötzle, A., [Ursachen], 1983, S. 569. Vgl. Ansoff, H. L, [Weak Signals], 1976, S. 150. Vgl. Jährig, A.; Schuck, H., [Kreditgeschäft], 1989, S. 515. Die Quote der Übereinstimmungen betrug 76%. Vgl. Drukarczyk, J, [Kreditkonditionen], 1992, S. 1143.

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kreditimmanente Problem zwischen Kapitalgeber und Schuldner wird in der Literatur allgemein als Principal-Agent-Konflikt bezeichnet.980 So ist die späte Insolvenzeröfihung in erster Linie die Folge der zeitlichen Hinauszögerung der Antragstellung durch den Schuldner.981 Der Schuldner hat äußerst selten ein wirtschaftliches Interesse an einer frühzeitigen Auslösung eines Insolvenzver­ fahrens.982 Begünstigt wird die Hinauszögerung durch die geringe Reaktions­ geschwindigkeit der Gläubiger und des Rechtsweges.983 Als Grund dafür wird im Schrifttum der Informationsmangel angeführt.984 Der Informationsmangel führt zu einem temporär verzerrten Bild der Schuldnerbonität, so daß die Gläubiger oftmals nicht in der Lage sind, ihre Vermögensposition durch eine rechtzeitige Antrag­ stellung zu wahren.985 Wie die vorangegangenen Ausführungen zur Früherkennung von Untemehmenskrisen gezeigt haben, kann der Schuldner die asymmetrische Informationsverteilung über die wirtschaftliche Lage seines Unternehmens zu seinem eigenen Vorteil nutzen. Während für das Kreditinstitut überwiegend die Sicherung des Kredites im Mittelpunkt steht, ist der Schuldner aufgrund der emotionalen Bindung an das Unternehmen und der Existenzsicherung einem starken Zwangsoptimismus verhaftet, der über die tatsächlichen Gegebenheiten hinweg­ täuscht und zuweilen zu einer geschönten Darstellung der wirtschaftlichen Lage führen kann. Hierbei unterliegen die Kapitalgeber, die nicht an der Untemehmensführung beteiligt sind, einem besonderen Finanzierungsrisiko. Die Kreditinstitute versuchen sich daher im wesentlichen durch zweierlei Maßnahmen vor Ausfällen zu schützen:



die Bestellung von Sicherheiten sowie



die Vereinbarung von Informations- und Kündigungsrechten.

Einerseits kann mit der Bestellung von Sicherheiten das Kreditrisiko auf das Besicherungsrisiko begrenzt werden. Das Informationsbedürfhis der Kreditinstitute beschränkt sich hierbei auf den Nachweis und die Werthaltigkeit der gestellten Sicherheiten. Für die Fälle, daß Sicherheiten nicht in dem erforderlichen Ausmaß vom Schuldner gestellt werden können oder wollen, kann sich das Kreditinstitut weitgehende Informationsrechte über die wirtschaftliche Lage einräumen lassen. Gleichzeitig muß bei einer sich verschlechternden Vermögenslage die Möglichkeit

980 Allgemein zur Lehre des Principal-Agent-Konfliktes bei Schneider, D., [Unternehmung], 1997, S. 23-27 und Perridon, L.; Steiner, M., [Finanzwirtschaft], 1997, S. 520-526. 981 Vgl. Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 163. 982 Vgl. Schildbach, T„ [Insolvenzrechtsreform], 1983, S. 2133. 983 Vgl. Borup, P., [Zahlungsunfähigkeit], 1986, S. 1886. 984 Vgl. Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 164. 985 Vgl. Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 164.

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der außerordentlichen Kreditkündigung gegeben sein, um sich vor weiteren Ausfällen schützen zu können. Vor dem Hintergrund dieses Principal-Agent-Konflikts versuchen die Kreditin­ stitute, sich auf vertraglicher Basis mit dem Schuldner durch die Vereinbarung von Financial Covenants, sog. Schutzklauseln, zusätzliche Früherkennungsmöglichkeiten über die Insolvenzgefährdung zu verschaffen.986 Financial Covenants sind insbesondere im internationalen Kreditgeschäft sowie in der Projektfmanzierung gebräuchlich und finden mit der entsprechenden transatlantischen Zeitverschiebung auch zunehmend in der deutschen Kreditpraxis Bedeutung.987 Sie dienen dazu, daß Ausfallrisko zu senken, indem der Handlungsspielraum des Schuldners in der Unternehmenskrise beschränkt wird und er bei Erreichen eines im voraus festgelegten, kritischen Schwellenwertes in die finanzielle Disziplin genommen wird.988 Dazu werden dem Schuldner zum Kreditvertrag weitere Informa­ tionspflichten oder sonstige Maßnahmen auferlegt.989 Je nach Ausgestaltung kann dem Kreditinstitut Einblick oder sogar Einfluß auf das finanzwirtschaftliche Wohlverhalten des Schuldners gewährt werden.990 Financial Covenants können auch so ausgestaltet werden, daß die Gläubiger die Verletzung einer vereinbarten Leistungspflicht als Indikator für eine Überschuldung oder drohende Zahlungsun­ fähigkeit deuten können.991 Umfragen unter deutschen Groß- und Regionalbanken ergaben, daß nur in wenigen Fällen die Insolvenz vor der Frühwampflicht des Schuldners eintrat.992 Covenants lassen sich offensichtlich so definieren, daß sie bereits vor der Insolvenzeröffhung greifen. Der Vorteil gegenüber den gesetzlichen Sanktionsmechanismen besteht darin, daß sowohl die Kontrollmethode als auch der festzulegende kritische Wert auf die speziellen Gegebenheiten des Schuldners abgestimmt werden können. Eine Mißachtung der Covenants gewährt vor allem bei den Unternehmen, die im Vorfeld einer Insolvenz stehen, den Kreditgebern weitreichende Mitwirkungsrechte, die

986 Eine ausführliche Übersicht gibt hierzu Thießen, F, [Covenants], 1996, S. 20-21. 987 Vgl. Schmidt, K.; Uhlenbruck, W., [Insolvenz], 1997, S. 15. und Thießen, F, [Covenants], 1996, S. 19. 988 Vgl. Fleischer, H., [Covenants], 1998, S. 314 und Gauch, U P., [Covenants], 1997, S. 30. 989 Vgl. Rudolph, B., [Kreditsicherheiten], 1984, S. 20-21. 990 Vgl. Fleischer, [Covenants], 1998, S. 313; Smith, C; Warner, J., [Covenants], 1979, S. 117 und Schmidt, K.; Uhlenbruck, W„ [Insolvenz], 1997, S. 15. 991 Vgl. Gauch, U P., [Covenants], 1997, S. 32-35 und Thießen, F, [Covenants], 1996, S. 21. Neben der Risikoerkennungsfunktion ist die Risikofixierungs- sowie die Risikovermeidungsfunktion einer der drei Hauptfunktionen der Covenants. Ausführlich dazu Albert, M R, [Covenants], 1997, S. 747. 992 Vgl. Thießen, F, [Covenants], 1996, S. 29-30.

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bisher nur über das Insolvenzrecht erreichbar waren.993 Die Sanktionen können vom Rückzug der finanziellen Mitteln994 bis zum Mitspracherecht bei der Geschäfts­ führung reichen.995 Covenants mit erheblicher Einflußnahme auf den Schuldner sind allerdings nicht unproblematisch. So setzt sich eine um die Sanierung bestrebte Bank einem hohen Risiko der Gläubigerhaftung aus.996

Die Schwächen solcher Schutzklauseln liegen darin, daß auch die Covenants zumeist auf das Rechnungswesen des Schuldners abstellen, und dieses desto mehr an Zuverlässigkeit verliert, je näher die Insolvenz des Schuldners rückt.997 Nur in wenigen Fällen ist es möglich, daß die Informationspflicht des Schuldners nicht zugleich seiner Einflußnahme unterliegt, z.B. wenn alle abgetretenen Forderungen nur über ein bestimmtes Konto eingezogen werden dürfen und mit dem Schuldner ein bestimmtes Deckungsverhältnis zwischen den eingegangenen Zahlungen und den ausstehenden Tilgungsverpflichtungen vereinbart worden ist. Neben dem metho­ dischen Instrumentarium zur Krisenerkennung ist die persönliche Bereitschaft und Fähigkeit des Schuldners, Krisensymptome wahrzunehmen und den Kreditinstituten mitzuteilen, entscheidend. Ersteres ist bei kleinen und mittleren Unternehmen oftmals nicht vorhanden, während das letztere ein größenunabhängiges Phänomen ist. Oftmals werden die Anzeichen einer Untemehmenskrise verdrängt oder durch stille Reserven sowie durch sachverhaltsgestaltende und sachverhaltsabbildende Maßnahmen in der stillen Hoffnung verschleiert, daß Fehleinschätzungen und entscheidungen noch in Eigenregie unbemerkt behoben werden können und sich nicht negativ auf die Kreditversorgung auswirken.998 Erfahrungsgemäß läßt der Schuldner in der Untemehmenskrise keinen Versuch ungenutzt, das Unternehmen noch aus eigener Kraft zu sanieren. Darüber hinaus sind dem Anwendungsbereich von Covenants durch die Rechtsprechung999 und das AGB-Gesetz1000 Grenzen

993 Vgl. Thießen, F, [Covenants], 1996, S. 22. 994 Ein außerordentliches Kündigungsrecht steht den Kreditinstituten auch dann, falls keine Covenants im Kreditvertrag aufgenommen worden sind, nach Nr. 19 Abs. 3 AGB Banken und Kreditgenossen­ schaften sowie Nr. 26 Abs. 2 AGB Sparkassen zu, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Vgl. Ober­ müller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 5.70. 995 Vgl. Albert, M R., [Covenants], 1997, S. 748 und Thießen, F, [Covenants], 1996, S. 22. 996 Vgl. Sundermeier, B.; Wilhelm, A., [Bankkredit], 1997, S. 1132. 997 Vgl. Groß, P. J., [Sanierung], 1982, S. 4-5 und Schmidt, K; Uhlenbruck, W„ [Insolvenz], 1997, S.30. 998 Vgl. Küting, K; Kaiser, T, [Bilanzpolitik], 1994,10-12. 999 Die Möglichkeit durch Covenants Einblick und Einfluß auf unternehmerische Entscheidungen zu bekommen birgt ferner die Gefahr einer gesellschaftsrechtlichen Haftung nach § 32a GmbHG. Diese wird vor allem damit begründet, daß gesellschafterlicher Einfluß eine gesellschaftergleiche Finanzie­ rungsverantwortung nach sich ziehe. Vgl. BGH-Urteil vom 13.7.1992a.

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gesetzt.1001 Nach der in der Literatur vorherrschenden Auffassung ist das berechtigte Interesse der Kreditinstitute an einer effektiven Kreditüberwachung hoch anzusetzen, so daß die Grenzen unzulässiger Covenants weit gesteckt sind.1002 Als Ergebnis ist festzustellen, daß die Covenants die Insolvenzgefährdung zwar früher anzeigen, daß aber die dadurch gewonnene Zeit für Gegenmaßnahmen immer noch relativ kurz ist.1003

Die oben dargelegten eingeschränkten Informationsmöglichkeiten der Kreditinstitute haben in der Kreditpraxis überwiegend zu einer Sicherheitenkreditierung geführt.1004 So werden Kredite von wenigen Ausnahmen abgesehen nur gegen entsprechende Sicherheiten bereitgestellt. Für die Kreditinstitute bleibt dennoch die Notwendigkeit bestehen, die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu überwachen.1005 Zum einen erfolgen die vertragskonformen Zins- und Tilgungsleistungen aus zukünftige Einnahmen und nicht über die Verwertung des Sicherungsgutes, zum anderen bestehen häufig Unsicherheiten über den Bestand sowie die Werthaltigkeit der Sicherheiten, insbesondere bei längerer Laufzeit der Kredite.1006 Insbesondere bleibt der Verwertungserlös von Sachsicherheiten aufgrund der schwierigen Verwertung sowie der oftmals unkalkulierbaren Altlastenproblematik häufig hinter den veranschlagten Beleihungswerten zurück.1007 Zudem können Sicherheiten durch Verarbeitung oder Eigentumsübergang nach §§ 947 und 950 BGB gänzlich untergehen.1008

1000 Indirekt fallen Covenants in den Anwendungsbereich des AGB-Gesetzes, da sich bestimmte Klauseln mit zumindest standardisiertem Grundmuster in Kreditverträgen vorformuliert sind. Vgl. Ulmer, P.; Brandner, H E.; Hensen, H-D., [AGB-Kommentar], § 1, Rz. 76-85 sowie § 9 Rz. Iff. 1001 Vgl. hierzu die Übersicht bei Thießen, F., [Covenants], 1996, S. 28. 1002 Vgl. dazu ausführlich Fleischer, H, [Covenants], 1998, S. 319-321. 1003 So auch Albert, M. R, [Covenants], 1997, S. 748 und Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 1.154a. 1004 Vgl. Steiner, M., [Insolvenzrisiko], 1980, S. 159. 1005 Trotz der Notwendigkeit ist das Interesse der gesicherten Gläubiger vergleichsweise gering, ob es dem Unternehmen gut geht oder nicht. Vgl. dazu Schildbach, T, [Insolvenzrechtsreform], 1983, S. 2134-2135. 1006 Vgl. Baetge, J., [Kreditrisiken], 1995, S. 192, Häuser, F, [Kreditinstitute], 1995, S. 78 und Kilger, J., [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 37. 1007 Vgl. Thießen, F, [Covenants], 1996, S. 20. Empirische Untersuchungen ergaben, daß mehr als die Hälfte der Kreditinstitute den aus Marktwerten abgeleiteten durchschnittlichen Beleihungswert ftlr Grundbesitz mit 78%, ftlr maschinelle Anlagen mit 57%, ftlr Fertigerzeugnisse und Waren mit 57%, ftlr Rohstoffe mit 54% und ftlr Forderungen mit 65% ansetzen. Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R., [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 119. 1008 Vgl. Plate, G„ [Insolvenzreife], 1980, S. 217.

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c) Die Frühwarnpflicht des Abschlußprüfers In den vorhergehenden Ausführungen wurden die methodischen und praktischen Probleme der Krisenfrüherkennung aufgezeigt. Hierbei hat sich gezeigt, daß es den Kreditinstituten nur in begrenztem Umfang möglich ist, aus der Rechnungslegung des Schuldners mittels statistischer Verfahren rechtzeitig auf die Insolvenzreife zu schließen. Ferner schränken die Eigeninteressen des Schuldners den Zugang zu relevanten Informationen ein. Im weiteren kann das Ausfallrisiko nicht vollständig durch Kreditsicherheiten abgedeckt werden. Im Ergebnis bleibt damit das Informationsbedürfhis der Kreditinstitute über eine bestandsgefährdente Entwick­ lung unverändert bestehen. Ein Ausweg aus dieser Problematik stellt die einem unabhängigen Dritten auferlegte Informationspflicht über eine den Bestand des Unternehmens gefährdende Entwicklung dar. In diesem Zusammenhang ist die Stellung des Abschlußprüfers zu diskutieren.

Es erhebt sich die Frage, ob der Abschlußprüfer eine zentrale Funktion bei der Frühwarnung - verbunden mit seiner Wampflicht nach § 321 HGB - übernehmen kann. Mit der Neuregelung des KonTraG ist dem Prüfungsbericht nach § 321 Abs. 1 HGB i.d.F. des KonTraG eine Stellungnahme des Abschlußprüfers über die von den gesetzlichen Vertretern vorgenommenen Lagebeurteilung der Gesellschaft voranzustellen, wobei insbesondere auf die Beurteilung des Fortbestandes und der künftigen Entwicklung des Unternehmens einzugehen ist, soweit die geprüften Unterlagen eine solche Beurteilung erlauben. Durch seine Berufsausübung gewinnt der Abschlußprüfer ein breites Spektrum an Erfahrungen und Vergleichsmöglichkeiten, so daß er die wirtschaftliche Situation des zu prüfenden Unternehmens im allgemeinen gut einschätzen kann.1009 Ferner ist er mit der Untemehmenssituation und dem Untemehmensumfeld normalerweise gut vertraut.1010 Darüber hinaus muß der Abschußprüfer sich bereits zu Beginn der Prüfung ein genaues Bild der gesamtwirtschaftlichen Lage machen, damit er die Auswahl und Intensität seiner Prüfungshandlungen bestimmen kann.1011 Insbe­ sondere bei der Frage nach der Aufrechterhaltung des Fortfilhrungsgrundsatzes in der Untemehmenskrise ist eine sich anbahnende Insolvenz besonders sorgfältig zu untersuchen.1012 Anders als der Schuldner ist der Abschlußprüfer nicht für unter­ nehmenspolitische Entscheidungen verantwortlich und damit auch nicht in die

1009 1010 1011 1012

Vgl. Steiner, B., [Abschlußprüfer], 1991, S. 476. Vgl. Schedlbauer, H., [Sanierungsfähigkeitsprüfung], 1993, S. 218. Vgl. Baetge, J., [Redepflicht], 1995, S. 4 und Potthoff, E., [Geschäftsführung], 1994, S. 82. Vgl. Luik, H., [Untemehmenslage], 1983, S. 10.

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wirtschaftlichen Interessen des Schuldners eingebunden.1013 Der Abschlußprüfer ist darüber hinaus per Gesetz zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung angehalten.1014 Er ist daher an sich geeignet, soweit es seine insolvenzanalytische Qualifikation zuläßt, die Bedrohlichkeit der wirtschaftlichen Lage aufzuzeigen.1015 Insbesondere darf vom Abschlußprüfer bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben erwartet werden, daß er Jahresabschlüsse, die eine sich verschlechternde Vermö­ gens-, Finanz- und Ertragslage nicht anzeigen, beanstandet.1016

Aus Sicht der Gläubiger ist die Frühwampflicht des Abschlußprüfers zeitlich so weit wie möglich nach vorne zu verlagern, obwohl die Bewertung der wirtschaftlichen Lage noch mit großer Unsicherheit behaftet ist.1017 In der Diskussion um den Inhalt der Frühwampflicht ist die Frage von entscheidender Bedeutung, ob der Abschluß­ prüfer nur über die Krisensymptome selbst oder auch über deren Ursachen zu berichten hat. Zu konstatieren ist, daß in der Praxis überwiegend über nachteilige Veränderungen berichtet wird, wobei diese nur das Ergebnis von bestandsgefährdenten Tatsachen darstellen und gegenüber dem Zahlenwerk des Jahresab­ schlusses i.d.R. keinen zusätzlichen Erkenntniswert liefern.1018 Neben einer Analyse der Krisenursachen, wie z.B. der Stellung des Unternehmens im Markt, dem Produktprogramm, der Organisations- und Kostenstruktur, wäre nicht zuletzt, entgegen der vorherrschenden Kommentarmeinung,1019 eine Beurteilung der Geschäftsführung notwendig, da die meisten Untemehmenskrisen durch Managementfehler verursacht sind und die Überlebensfähigkeit eines Unternehmens vornehmlich an der Qualität der Geschäftsführung zu messen ist.1020 Die Frage, ob ein Unternehmen in der Krise saniert und in eine positive wirtschaftliche Lage geführt werden kann, hängt ganz wesentlich von den Fähigkeiten der Geschäfts­ führung ab.1021 Leffson führt hierzu aus, daß „...die Prüfung der Geschäftsführung nicht, wie mitunter angenommen, eine kaum hinreichend zu bewältigende Aufgabe

1013 Vgl. Janssen, F. C, [Going concern], 1984, S. 344. 1014 Die Verantwortlichkeit des Abschlußprüfers ist in § 323 Abs. 1 HGB geregelt. Vgl. Clemm, H, [Krisenwamer], 1995, S. 74; IDW, [Abbschlußprüfungen], 1989, S. 10 und ders., [Unregel­ mäßigkeiten], 1998, S. 9. 1015 Vgl. Hess, H.;Fechner, D., [Sanierungshandbuch], 1991, S. 29 und Strobel, W„ [Krisenwamproblem], 1977, S. 2156. 1016 Vgl. Moxter, A., [true and fair view], 1996, S. 680. 1017 Vgl. Baetge, J, [Kennzahlen], 1980, S. 661. 1018 Vgl. Clemm, H, [Krisenwamer], 1995, S. 70. 1019 Vgl. m.w.N. Beck'scher Bilanz-Kommentar, [Jahresabschluß], § 321, Rdn. 39. 1020 Ebenso Clemm, H, [Abschlußprüfung], 1984, S. 654. 1021 Vgl. Clemm, H, [Krisenwamer], 1995, S. 71.

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ist. Der Prüfer muß allerdings ausgezeichnete betriebswirtschaftliche Kenntnisse besitzen und einsetzen können.“1022

Die besondere Problematik bei der Beurteilung der Geschäftsführung liegt in dem Prüftingsprozeß. Der Abschußprüfer vergleicht bei der Jahresabschlußprüftmg den von ihm ermittelten Sachverhalt mit kodifizierten Normen, verankert in den Gesetzen und den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung. Diese Vorgehensweise ist bei der Prüfung der Geschäftsführung nicht möglich. Hier kann der Abschlußprüfer lediglich - so weit vorhanden - auf seine eigenen betriebswirtschaftliche Kenntnisse und seine Erfahrungen zurückgreifen. In diesem Zusammenhang stellt Pothoff nüchtern fest: „Sowohl wissenschaftlich-theoretische Untersuchungen als auch Erfahrungen aus der Praxis kommen zu dem Ergebnis, daß der Abschlußprüfer überfordert ist, wenn er die unternehmerische Qualifikation der Geschäftsführung zu prüfen und ein Urteil über die Zweckmäßigkeit der Geschäftspolitik abgeben soll.“1023 Allenfalls kann eine Aussage darüber getroffen werden, ob unternehmerische Entscheidungen sachgerecht zustande gekommen sind.1024 Die Tatsache, daß der Schuldner als Auftragsgeber des Abschlußprüfers angesichts der Konkurrenzsituation unter den Abschlußprüfern auf diesen einen nicht unerheblichen Einfluß ausüben kann, erweckt darüber hinaus Zweifel an der ungeschminkten Darstellung der wirtschaftlichen Lage seitens der Abschluß­ prüfer.1025 Selbst angesichts der standesrechtlich normierten Unparteilichkeit des Abschlußprüfers darf nicht übersehen werden, daß sich dieser nicht zuletzt aufgrund der oft jahrelangen Geschäftsbeziehung zu dem Unternehmen mehr diesem als den Gläubigem verpflichtet fühlt. Darüber hinaus ist der Abschlußprüfer nach § 321 Abs. 1 HGB i.d.F. des KonTraG nur insoweit zur Frühwarnung verpflichtet, als die geprüften Unterlagen und der Lagebericht eine solche Beurteilung erlauben. Durch

1022 1023 1024 1025

Leffson, U., [Wirtschaftsprüfung], 1988, S. 380. Potthoff E, [Geschäftsführung], 1994, S. 81. Vgl. Potthoff, E., [Geschäftsführung], 1994, S. 82. Vgl. Götz, H., [Untemehmenskrisen], 1995, S. 340-341, 343; Lutter, M., [Wirtschaftsprüfer], 1975, S. 234-238 und Wolz, M., [Erwartungslücke], 1998, S. 125. So kann die geringe Anzahl der Einschränkungen oder Versagungen bei dem Bestätigungsvermerkes als Indiz für eine mangelnde Unabhängigkeit des Abschlußprüfer gewertet werden. Vgl. Erle, B., [Bestätigungsvermerk], 1990, S. 3. Die Neuregelungen des KonTraG zur Wahl des Abschlußprüfers bei Aktiengesellschaften durch den Aufsichtsrat (§318 Abs. 1 Satz 4 HGB i.d.F. des KonTraG i.V.m. § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG i.d.F. des KonTraG) sowie die Absenkung des hochstzulässigen Honorars aus einem Prüfungsauftrag von 50% auf 30% (§319 Abs. 2 Nr. 8 HGB i.d.F. des KonTraG) als auch die interne Prüfungs­ rotation (§§319 Abs. 3 Nr. 6 i.V.m. Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 HGB i.d.F. des KonTraG) bringt formal eine sichtbare Förderung der Unabhängigkeit des Abschlußprüfers.

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diese Einschränkung wird klargestellt, daß der Abschlußprüfer nur die Beurteilung des Vorstandes überprüfen soll und keine eigene Prognoseentscheidung darzulegen hat.1026 Angesichts dieser Einschränkung sollte die Erwartung an eine eigenständige und unabhängige Frühwampflicht deshalb nicht zu hoch angesetzt werden.1027

Dem Abschlußprüfer sollte wegen seiner wirtschaftlichen Eigeninteressen und der damit verbundenen Interessenkonflikte keine erweiterte Frühwampflicht aufgebürdet werden. Es entspricht weder dem Willen des Gesetzgebers noch kann es im Interesse der Gläubiger liegen, daß der Abschlußprüfer als Scharfrichter das Schicksal des geprüften Unternehmens besiegelt. Ferner kann eine falsche Warnung unüberseh­ bare Haftungsansprüche gegen den Abschlußprüfer auslösem1028 Praktische Erfahrungen mit Untemehmenskrisen zeigen, daß Prognosen häufig von dem Phänomen der self-fulfilling prophecy1029 getragen werden.1030 Ein Hinweis auf die kritische Situation kann die sofortige Illiquidität auslösen und das zu verhindernde Ereignis herbeifuhren.1031 Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Untersuchung, in der ein Vergleich zwischen Unternehmen mit ausdrücklich vermerkter Bestandgefährdung und Unternehmen ohne eine solche Einschränkung angestellt wurde. Das überraschende Ergebnis war, daß es bezüglich der Überlebensquote keine Unterschiede gab.1032 Entweder wird der Warnung zu wenig Stellenwert beigemessen oder - und das ist wahrscheinlicher - kommt der geprüfte Jahresabschluß mit der Warnung nur in die Hände deijenigen, die ohnehin schon ausreichend Bescheid wissen. Nur Gläubiger mit einer starken wirtschaftlichen Machtstellung, wie die Kreditinstitute, können

1026 Vgl. Dörner, D, [KonTraG], 1998, S. 3. 1027 Vgl. Wolz, M., [Erwartungslücke], 1998, S. 131. 1028 Vgl. Hofmeister, H, [Bestätigungsvermerk], 1984, S. 1590; Luik, H, [Untemehmenslage], 1983, S. 15 und Pohl, U., [Haftung], 1996, S. 3-6. In der Literatur mehren sich die Stimmen, die eine Dritthaftung des Abschlußprüfers nach anderen als deliktsrechtlichen Grundsätzen ftlr Fahrlässigkeit nach vorvertraglicheren, vertraglichen bzw. vertragsähnlichen Grundsätzen bejahen Vgl. Ebke, W. E, [Dritthaftung], 1997, S. 109. Die ausufemden Schadensersatzansprüche gegen Prüftmgsgesellschaften in den USA, die einigen Prüfungsgesellschaften bereits die Existenz gekostet haben, führt mitunter zu der unerwünschten Folge, daß die formelle Prüfung gegenüber der substanziellen Prüfung an Bedeutung gewinnt. Vgl. Lück, W.; Holzer, H P., [Berufsstand], 1993, S. 240-241 und Leffson U., [Going-Concem-Prämisse], 1984, S. 605. Zur Vermeidung von Haftungsansprüche fordert Baetge, ohne dafür eine stichhaltige Begründung zu liefern, bereits eine Frühwampflicht bei geringer Insolvenzwahrscheinlichkeit. Vgl. Baetge, J., [Kennzahlen], 1980, S. 661. M.E. würde sich der Abschlußprüfer dadurch noch größeren Haftungsrisiken aussetzen. 1029 Die Wahrscheinlichkeit des Verhaltens eines Menschen nimmt zu, wenn dieses Ereignis oder Verhalten von ihm erwartet wird. Vgl. Häcker, H, [Self-fulfilling-prophecy], 1994, S. 705. 1030 Vgl. Leffson, U., [Gefährdung der Unternehmung], 1980, S. 643. 1031 Vgl. Leffson, U., [Gefährdung der Unternehmung], 1980, S. 643. 1032 Vgl. aK, [Grünbuch], 1996, S. 284.

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einen Prüfbericht vom Schuldner einfordem. Daraus folgt, daß der Prüfbericht offensichtlich zu wenig Publizität erlangt und sich deshalb ein Ausbau der Frühwarnung im Prüfbericht als „zahnloser Tiger“ erweist. Die Ausführungen haben gezeigt, daß die Mehrzahl der Gläubiger den genauen Insolvenzzeitpunkt in der Untemehmenskrise des Schuldners im allgemeinen nicht bestimmen können und daher von einer Antragstellung weitgehend ausgeschlossen sind. Während den Kreditinstituten noch vergleichsweise gute Möglichkeiten der Krisenfrüherkennung zukommen, dürfte es den sonstigen Gläubiger regelmäßig schwer fallen, rechtzeitig Kenntnis von der Bestandsgefährdung des Schuldners zu erlangen.

III. Die Antragstellung des Schuldners Die hohe Anzahl der mangels Masse nicht eröffneten Insolvenzverfahren von über 70% sowie die geringe Anzahl der erfolgreichen gerichtlichen Sanierungen zeigen die gegenwärtig unzureichenden Voraussetzungen für eine Untemehmenssanierung auf.1033 Obwohl Nullquoten die Kosten für den Verteilungskampf sowie die Abwicklungskosten im Insolvenzfall senken, sind sie gleichzeitig als starkes Indiz dafür zu werten, daß die Insolvenzverfahren zu spät ausgelöst werden.1034 Dies führt trotz einer durchschnittlichen Eigenkapitalquote der Unternehmen von rund 30%1035 dazu, daß der Vermögens verzehr bis zur Antragstellung bereits so weit fortgeschritten ist, daß das verbleibende Vermögen i.d.R. nicht mehr die Kosten des Verfahrens deckt und die Verwertung in der Mehrzahl der Fälle außerhalb eines gesetzlichen Insolvenzverfahrens stattfmden muß.1036 Die Wirkungslosigkeit der materiellen Insolvenztatbestände beruht vornehmlich darauf, daß die Zahlungsunfähigkeit zur Zahlungseinstellung degeneriert ist, während die Überschuldung mangels inhaltlicher Bestimmtheit und der fehlenden Offenlegung für die ungesicherten Gläubiger nicht sanktionierbar ist.1037 Wie oben

1033 Vgl. Borup, P„ [Zahlungsunfähigkeit], 1986, S. 1886 und Kübler, B. M., [Konkursverschlep­ pungshaftung], 1995, S. 483. Die ohnehin geringfügige Anzahl der Vergleichsverfahren einschließ­ lich Anschlußkonkurse sank im Jahr 1997 weiter auf 35 Verfahren (in 1996: 53; in 1995: 56). Vgl. o.K, [Insolvenzstatistik], 1998, S. 1981. 1034 Vgl. Burger, A.; Schellberg, B., [Auslösetatbestände], 1995, S. 262; Steiner, M., [Insolvenzauslöse­ tatbestände], 1986, S. 423 und Swoboda, P., [Untemehmenssanierung], 1983, S. 17. 1035 Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R., [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 57. 1036 Vgl. Wagner, W., [Überschuldung], 1995, S. 171. 1037 Vgl. Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 163, Haack, M., [Überschuldungsfeststellung], 1981, S. 883, Kupsch, P„ [Überschuldungsmessung], 1984, S. 159 und Meyer-Cording, U., [Insol­ venztatbestände 11], 1986, S. 415.

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ausgeführt, ist die Überschuldung, da sie weder aus der Handelsbilanz noch anderweitig von außen ersichtlich ist, ein stumpfes Schwert.1038 Gerade die Unbestimmtheit der Insolvenztatbestände macht sich der Schuldner erfahrungs­ gemäß zu eigen.1039 Infolgedessen kommt dem Antragsrecht der Gläubiger in der Praxis keine Bedeutung zu.1040

Hierbei ist festzustellen, daß neben den Gläubigem auch der Schuldner oftmals nicht rechtzeitig erkennt, daß das Unternehmen längst überschuldet ist.1041 So kommt es häufig vor, daß viele Schuldner mangels unteijähriger Ergebnisrechnungen ihr erwirtschaftetes Ergebnis erst nach Ablauf des Geschäftsjahres, manche sogar mit mehrmonatiger Verspätung, erfahren.1042 Hinzu kommt, daß der Schuldner emotional und existentiell stark seinem Unternehmen verhaftet ist und bei einem Insolvenzantrag nicht nur mit einem Verlust seiner Verwaltungs- und Verfü­ gungsbefugnis rechnen muß, sondern - und dies ist besonders belastend - mit einer Zerschlagung seines Unternehmens.1043 Neben den laufenden Vergütungen ist auch häufig seine Altersversorgung an den Fortbestand des Unternehmens geknüpft. Nach der öffentlichen Meinung beinhaltet der Insolvenzantrag das Eingeständnis, wirtschaftlich versagt zu haben und somit eine Einbuße des sozialen Status.1044 Beim Schuldner kann deshalb vor diesem Hintergrund kein originäres Interesse zur rechtzeitigen Antragstellung abgeleitet werden. Vor dem Hintergrund der schwierigen Bestimmbarkeit der Überschuldung ftlr die Gläubiger dürfte deshalb auch die Verschärfung des Überschuldungstatbestandes im neuen Recht nicht zwangsläufig zu einer entsprechend früheren Verfahrensauslösung führen, solange der Schuldner seiner Antragspflicht nicht nachkommt. Da die Überschuldung der Zahlungsunfähigkeit - wie bereits dargelegt - zeitlich vorangeht, erhält der Schuldner neben der gesetzlichen Antragsfrist von drei Wochen bei Eintritt der Überschuldung eine zusätzliche Frist bis zur Zahlungsunfähigkeit, mitunter sogar bis zur endgültigen Zahlungseinstellung. Diese Zeitspanne kann der Schuldner zur Verfolgung seiner eigenen wirtschaftlichen Interessen nutzen.

Vgl. Schmidt, K., [Gläubigerschutz], 1978, S. 338. Vgl. Schmidt, K., [Gläubigerschutz], 1978, S. 339. Vgl. Gessner, V. u.a., [Konkursabwicklung], 1978, S. 126. Vgl. Hommelhoff, P., [Auslösemechanismen], 1984, S. 700. Vgl. Liebig, P„ [Ergebnissteuerung], 1995, S. 2381. Vgl. Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 161; Hesselmann, S.; Stefan, U., [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 75; Meyer-Cording U., [Insolvenztatbestände II], 1986, S. 416 und ders., [Eröffhungstatbestände], 1989, S. 485. 1044 Vgl. Meyer-Cording, U., [Insolvenztatbestände I], 1985, S. 1925.

1038 1039 1040 1041 1042 1043

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Die Antragstellung vom Schuldner wird in den meisten Fällen aus der wirtschaft­ lichen Zwangslage vorgenommen, fällige Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen zu können. Der Zeitpunkt der Antragstellung reduziert sich im Endstadium einer Untemehmenskrise regelmäßig auf die Frage nach der Zahlungsfähigkeit. In der Insolvenzpraxis werden die überwiegende Mehrzahl der Verfahren aufgrund der Zahlungsunfähigkeit eröffnet. Der Tatbestand der Überschuldung spielt deshalb eine untergeordnete Rolle.

Durch die gegenwärtig späte Antragstellung verbaut der Schuldner sämtliche Möglichkeiten einer Sanierung im Insolvenzverfahren und entzieht gleichzeitig den ungesicherten Gläubigem die Haftungsmasse. Dieser Zustand ist sowohl aus rechtspolitischer wie auch aus ökonomischer Sicht unerwünscht. Wenn die überwiegende Anzahl der Verfahren bereits mangels Masse nicht eröffnet werden können, so ist eine Sanierung in diejenigen Fällen ohnehin ausgeschlossen. Nur wenn die Eröffhungsquoten von gegenwärtig weniger als 30% wesentlich angehoben werden kann, dringt die Sanierung als Verwertungsaltemative stärker in das Bewußstsein der Beteiligten ein.1046 Eine Untemehmenskrise muß, solange noch konstruktive Elemente in ausrei­ chendem Umfang vorhanden sind, nicht zwingend zur Zerschlagung fuhren. Mittel der ersten Wahl zur Beseitigung der Krise ist eine außergerichtliche Sanierung im Vorfeld eines Insolvenztatbestandes. Aber auch im Insolvenzverfahren will der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Sanierung offenhalten. Während im alten Recht die Antragstellung zwangsläufig mit der Zerschlagung des Unternehmens verbunden war, ist der Insolvenzantrag im neuen Recht vielmehr als eine Chance zu verstehen, das Unternehmen einem geordneten Sanierungsverfahren zuzuführen. Die Vorleistung muß hierbei der Schuldner mit einer frühzeitigen Antragstellung bringen. Die materiellen Voraussetzungen einer frühzeitigen Antragstellung sind im neuen Recht durchaus gegeben, wenngleich die Insolvenztatbestände für die Gläubiger unverändert schwierig zu bestimmen sind.

1045 Vgl. Grub, V„ [Insolvenzordnung], 1993, S. 395; Kilger, J., [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 37; Kupsch, P., [Überschuldungsmessung], 1984, S. 159; Roth, G. H., [Geschäftsftlhrerpflichten], 1985, S. 142 und Schmidt, K, [Gläubigerschutz], 1978, S. 335. 1046 Vgl. o.V„ [Insolvenzstatistik], 1998, S. 1982.

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C. Die Vorverlegung der Insolvenzeröffnung im neuen Insolvenzrecht Eine grundlegende Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg der neuen Insolvenzordnung ist die Vorverlegung der Insolvenzeröfihung. Die Erfolgs­ aussichten einer Sanierung verbessern sich nachhaltig mit einer frühzeitigen Insolvenzeröfihung, da der fortschreitende Vermögens- und Potentialverzehr als auch die zunehmenden Sachzwänge in der Unternehmenskrise die Sanierungs­ chancen negativ beeinflussen.1047 Das sanierungsrechtliche Instrumentarium der Insolvenzordnung kann nur dann zur Anwendung kommen, wenn die Insolvenzer­ öfihung zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem eine Sanierung aus betriebswirtschaft­ licher Sicht noch als gleichwertige Alternative zur Zerschlagung in Betracht kommt. Eine Vorverlegung der Insolvenzeröffhung zum Zwecke der Untemehmens­ sanierung ist nur dann möglich, wenn allen Beteiligten ein gleichgerichtetes Interesse an einer frühzeitigen Antragstellung zukommt. So sind zunächst die Interessenlagen der Gläubiger an einer frühen Insolvenzeröffhung darzustellen und die Interessenunterschiede zwischen den gesicherten und ungesicherten Gläubigem aufzuzeigen. In diesem Zusammenhang ist darüber hinaus der wichtigen Frage nachzugehen, inwieweit die Kreditinstitute mit ihrer Kreditentscheidung ihren gegenwärtigen Einfluß auf den Insolvenzzeitpunkt auch im neuen Recht aufrecht erhalten können. Eine frühzeitige Insolvenzeröffhung wird aufgrund der gegenüber dem alten Recht unverändert schwierigen Bestimmbarkeit des Überschuldungstat­ bestandes für die Mehrzahl der Gläubiger nicht zuletzt davon abhängen, ob dem Schuldner ein originäres wirtschaftliches Eigeninteresse an einer frühzeitigen Antragstellung zukommt. Nur wenn der Schuldner die Vorteile einer rechtzeitigen Antragstellung zu nutzen weiß, wird er seiner Antragspflicht nachkommen und darüber hinaus den neuen Insolvenztatbestand der drohenden Zahlungsunfähigkeit als Mittel zur Sanierung einsetzen. Ferner muß ein Verstoß des Schuldners gegen seine Antragspflicht wirkungsvoller sanktioniert werden können.1048 Im Ergebnis ist darzulegen, inwieweit das Anreiz- und Sanktionssystem der Insolvenzordnung einen Beitrag zur Vorverlegung der Insolvenzeröffhung zu leisten vermag.

1047 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 81. 1048 Vgl. Wagner, W., [Überschuldung], 1995, S. 172.

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L Die Interessenlage der Gläubiger Die Interessen der Gläubiger an der Auslösung eines Insolvenzverfahrens ergeben sich vornehmlich aus dem Wert ihrer jeweiligen Vermögensposition.1049 Die Gläubiger bilden hierbei keine Interessengemeinschaft, sondern allenfalls eine Gefahrengemeinschaft.1050 Das den Bestrebungen nach einer Vorverlegung der Insolvenzeröfihung zugrunde liegende Problem ist, daß die gesetzlich fixierten Insolvenztatbestände nicht alle Gläubigerinteressen gleichermaßen auf einen optimalen Insolvenzzeitpunkt fokussieren können. Die divergierenden Gläubigerin­ teressen in der Untemehmenskrise haben somit zur Folge, daß jede Antragstellung für einen Teil zu früh und für den anderen Teil zu spät erfolgt.

1. Ein ökonomisches Entscheidungsmodell der Gläubiger für den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung Die Insolvenzreife eines Unternehmens wird aus Gläubigersicht sehr unterschiedlich beurteilt, da die Gläubiger entsprechend ihrer Informationen und Risikopräferenz divergierende Einschätzungen über die Fortführungsaussichten des Unternehmens haben. Außerdem wird ihre Vermögensposition durch die mit der Insolvenzer­ öfihung ausgelösten Kosten und Erlöse aus der Sicherheitenverwertung unter­ schiedlich belastet bzw. entlastet werden.1051 In diesem Zusammenhang stellt sich das Problem, die auf privatrechtlichen Vereinbarungen basierenden Gläubiger­ strategien in ein kollektives Verfahren einzubinden.1052 Das Interesse des Gläubigers an einer Insolvenzeröflhung bestimmt sich überwiegend nach dem Erwartungswert E der Kapitalüberlassung.1053 Wie die anfangs gemachten Ausführungen gezeigt haben, richten die Gläubiger ihre Kreditentscheidung vornehmlich an dem Erwartungswert ihrer Kapitalüberlassung aus.1054 Der Erwartungswert setzt sich aus zwei Komponenten zusammen, dem gewichteten Fortführungserlös und dem gewichteten Liquidationserlös. Es gilt im Zeitablauf t die Formel:

E(t) = f(t)*R + p(t)*Q(t)

1049 1050 1051 1052 1053 1054

Vgl. Franke, G., [ökonomische Überlegungen], 1983, S. 41-42. Vgl. Mönning, R-D., [Betriebsfortführung], 1997, S. 44. Vgl. Bretzke, W.-R., [Unternehmen], 1985, S. 409 und Drukarczyk, J., [Unternehmen], 1987, S. 27. Vgl. Drukarczyk, J., [Unternehmen], 1987, S. 28. So auch Bretzke, W.-R., [Unternehmen], 1985, S. 411. Vgl. hierzu die Ausführungen „Kreditsicherheiten im Insolvenzverfahren“ im Erster Teil unter C. II. 2. a).

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Sinkt der Erwartungswert im Zeitablauf unter den Nominalbetrag des hingegebenen Kapitals, so muß der Gläubiger einen Ausfall befürchten. Der Ausfall der gesicherten Gläubiger im Insolvenzfall wird durch den Umfang und die Werthaltigkeit der Sicherheiten bestimmt. Im Hinblick auf die vergangenen Erfahrungen wird im Insolvenzfall zunächst die Liquidation des Unternehmens unterstellt. Folglich wird der Gläubiger nur dann von einer Antragstellung absehen, solange er davon ausgehen kann, daß der Schuldner entweder aus dem laufenden Umsatz­ prozeß seine Zins- und Tilgungsleistungen bedienen kann oder daß der Schuldner noch über ausreichende Vermögenswerte verfügt, um auch im Zerschlagungsfall das hingegeben Kapital zuzüglich Zinsen vollständig zurückzubezahlen.

Das nachfolgende Modell soll unbeschadet der kaum lösbaren Problematik der Quantifizierung und Verifizierung des Vermögens Verzehrs in der Untemehmenskrise und der Zuordnung von Insolvenzwahrscheinlichkeiten in den verschiedenen Krisenstadien den Erwartungswert der ungesicherten und gesicherten Gläubiger qualitativ aufzeigen. Quantitative Aussagen können hingegen nicht abgeleitet werden. Anhand des Erwartungswertes läßt sich die Präferenz der Gläubiger für eine Insolvenzeröfihung oder eine zeitweilige Untemehmensfortführung aufzeigen.

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E, Q

P(t krit)

Abbildung 3: Ein ökonomisches Entscheidungsmodell der Gläubiger für den Zeitpunkt der Insolvenzeröfihung

In dem Modell ist auf der Ordinate die Schuldendeckungsquote Q - die Relation von Vermögenswerten zu Liquidationswerten und Schulden - abgetragen. Der Verlauf von Q(t) soll den Vermögensverzehrs in einer für viele Untemehmenskrisen wohl typischen Ausprägung im Zeitablauf widerspiegeln.1055 Hierbei wird die Annahme zugrunde gelegt, daß dieser schematisierte Verlauf für die Gläubiger allgemein bekannt ist. Zuerst werden die immateriellen Güter, z.B. der Firmenwert, im weiteren Zeitablauf auch die materiellen Güter aufgezehrt. Der Vermögens­ verzehr ist als Auswirkung der Unternehmenskrise im Zeitablauf zu verstehen. Im Modell wird angenommen, daß ein Teil der Vermögensgegenstände aufgrund privatrechtlicher Sicherungsvereinbarungen insolvenzfest und somit der Haftungs-

1055 Vgl. Krystek, U., [Krisenbewältigungs-Management], 1981, S. 39.

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masse entzogen ist. Der Zeitpunkt, zu dem der Vermögensverzehr die mit Sicherheiten belastete Masse erreicht, wird als t bezeichnet. Die in dem Schaubild festgesetzte Quote Q ist hierbei ad libitum gewählt. Da insbesondere die Sachsicherheiten einem gewißen Besicherungsrisiko unterliegen, kann eine Untemehmensfortfilhrung über den Zeitpunkt t knt auch die Vermögenssubstanz der gesicherten Gläubiger angreifen.

Mit Fortgang der Untemehmenskrise steigt gleichzeitig die Insolvenzwahrschein­ lichkeit p(t), da die Sanierungsmöglichkeiten mit zunehmendem Substanzverlust eingeschränkt werden.1056 Die auf der Abszisse abgetragene Insolvenzwahrschein­ lichkeit p(t) ist ein entscheidungslogisches Glaubwürdigkeits- oder Wahrscheinlich­ keitsurteil der Gläubiger, ob der Tatbestand der Insolvenz zum Zeitpunkt t eintreten wird.1057 Mit der Zunahme der Insolvenzwahrscheinlichkeit nimmt entsprechend die Fortführungswahrscheinlichkeit f(t) = l-p(t) im Zeitablauf ab. Die divergierenden Erwartungen der Gläubiger über die Fortführungswahrscheinlichkeit können, ohne die Aussagefähigkeit des Modells zu beeinträchtigen, vernachlässigt werden. Die Insolvenzwahrscheinlichkeit wird per Definition zum Zeitpunkt t = 0 mit p(t) = 0 angesetzt. Im weiteren wird angenommen, daß die Schuldendeckungsquote Q (t) zum Zeitpunkt t = 0 auch bei erfolgreichen Unternehmen aufgrund der mangelnden Drittverwendungsmöglichkeiten der Aktiva sowie der geringen gesetzlich vorgeschriebenen Eigenkapitalausstattung bereits unter 100% liegt. Dies zeigt zugleich, daß ein rein exekutorisches Auslösekriterium beim Unterschreiten der 100%igen Schuldendeckungsquote den Gläubigerschutzgedanken zu weit ausdehnen würde, ohne zugleich einen besseren Gläubigerschutz zu entfalten.1058 Zu der ohnehin problematischen Ermittlung der Überschuldung ist anzumerken, daß die Überschuldung als Eröflhungsgrund nicht mechanistisch ausgelegt werden darf. So wäre bei einem Ansatz von Liquidationswerten im Überschuldungsstatus angesichts der geringen Eigenkapitalausstattung in manchen Wirtschaftsbranchen ungefähr die Hälfte der deutschen Unternehmen überschuldet, obwohl ihre Ertragsfähigkeit und

1056 Vgl. Bitz, M; Hemmerde, W.; Rausch, W., [Gläubigerschutz], 1986, S. 80-81. 1057 Zur Vereinfachung wird in dem Modell die Annahme zugrunde gelegt, daß den Gläubigem der gleiche Informationsstand über die Insolvenz des Schuldners zur Verfügung steht. 1058 Vgl. Drukarczyk, J., [Überschuldung], 1986, S. 227-228; ders., [Kapitalerhaltungsrecht], 1994, S. 1740 und Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 163. In dieser Richtung bereits Moxter, A., [Bilanzierung], 1966, S. 56-57. Manche Autoren gehen auch davon aus, daß der Verschuldungsgrad die Insolvenzwahrscheinlichkeit, nicht beeinflußt. Vgl. Haugen, R. A.; Senbet, L. W., [Capital Structure], 1978, S. 272-284; Swoboda, P., [Untemehmenssanierung], 1983, S. 15. A.A. Bitz, M; Hemmerde, W.; Rausch, W., [Gläubigerschutz], 1986, S. 80-83.

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damit auch ihre Fähigkeit, aus zukünftigen Erträgen den Verbindlichkeiten nachzukommen, außer Zweifel steht.1059 Der Erwartungswert E ist in dem Modell auf der Ordinate als E-Kurve abgebildet, und zwar für die gesicherten Gläubiger als E(t) ges]chert und für die ungesicherten Gläubiger als E(t) ungesichert- Der Verlauf von E(t) kann für die einzelnen Gläubiger wie folgt skizziert werden:

Den gesicherten Gläubigem steht bis zum Zeitpunkt t mindestens Q zur Verfügung. Hierbei sei unterstellt, daß die Besicherung neben der Nominalforderung R die bei der Sicherheitenverwertung im Insovenzfall erhobenen Feststellungs- und Verwertungskosten mit abdeckt. Ferner wird angenommen, daß die Gläubiger bislang noch nicht auf einen Teil ihrer Forderungen und Sicherheiten verzichtet haben, um die Fortführung überhaupt zu ermöglichen. Für die ausreichend gesicherten Gläubiger kann somit zumindestens bis zum Zeitpunkt t R = Q unterstellt werden. Somit ergibt sich nach der obigen Formel ein Erwartungs­ wert E(t) mindestens in Höhe der Nominalforderung R. Den ausreichend gesicherten Gläubigem droht trotz zunehmendem Vermögens verzehr erst dann ein Vermögens­ verlust, wenn der Liquidationswert der Mobiliarsicherheiten durch die weitere Untemehmensfortftlhrung unter den veranschlagten Beleihungswert fällt. Dies ist bspw. dann der Fall, wenn sicherungsübereignete Gegenstände in dem betrieblichen Leistungserstellungsprozeß der fortlaufenden Nutzung und damit einer Wertmin­ derung unterliegen. Somit kann auch der Erwartungswert der mobiliargesicherten Gläubiger ab dem Zeitpunkt 1unter die Nominalforderung R absinken.

Ein anderes Bild ergibt sich für die ungesicherten Gläubiger. Das den ungesicherten Gläubigem im Insolvenzfall zur Verfügung stehende freie Vermögen nimmt im Zeitablauf rasch ab. Der Erwartungswert nimmt bis zum Zeitpunkt t progressiv ab, da zum einen die Hoffnung auf eine vertragskonkonforme Kapitalrückzahlung durch eine Untemehmensfortftlhrung sinkt und zum anderen das den ungesicherten Gläubiger zur Verfügung stehende freie Vermögen rasch abnimmt. Ab dem Zeitpunkt t gehen die ungesicherten Gläubiger im Insolvenzfall leer aus, da ihnen ein Zugriff auf das restliche, mit Sicherheiten belegte Vermögen des Schuldners versagt bleibt. Eine Untemehmensfortftlhrung über diesen Zeitpunkt hinaus ist für die ungesicherten Gläubiger trotzdem noch von Vorteil, da ihnen die Hoffnung auf einen Fortführungserlös p(t)*R bleibt. Dieser nähert sich ab dem Zeitpunkt t aufgrund der zunehmenden Insolvenzwahrscheinlichkeit schnell der Null-Marke an.

1059 Vgl. Fischer, W., [Überschuldungsprüfung], 1981, S. 1346 und Ulmer, P., [Konkursantragspflicht], 1981, S. 474.

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2. Die Auswirkungen der divergierenden Gläubiger­ interessen auf den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung In dem vorangegangenen Modell wurde gezeigt, daß die Erwartungswerte der Gläubiger und damit ihr Interesse an einer Insolvenzeröfihung sehr unterschiedlich verlaufen können. Aus Sicht der Gläubiger ist eine Antragstellung nur dann vorzunehmen, wenn die Finanzkraft des Schuldners nicht mehr ausreicht, den ungesicherten Teil ihrer Forderungen zu begleichen.1060 Solange die Gläubiger aufgrund ausreichender Sicherheiten oder der Unkenntnis über das Vorliegen eines Eröffhungsgrundes von einer Antragstellung absehen, kann der Schuldner trotz eines Verstoßes gegen seine gesetzliche Antragspflicht das Unternehmen fortführen. Im folgenden sind unbeachtlich der bereits angesprochenen Problematik der Informa­ tionsgewinnung über den Vermögensverzehr sowie über die Einschätzung der Insolvenzwahrscheinlichkeit anhand der in dem vorangegangenen Modell gewonnenen Erkenntnisse die Auswirkungen auf die Insolvenzeröflhung aufzuzeigen.

Für die ausreichend gesicherten Kreditinstitute besteht offenkundig kein Interesse an einer frühzeitigen Insolvenzeröfihung: zum einen ist mangels Ausfallrisiko kein wirtschaftliches Eigeninteresse zur frühzeitigen Antragstellung abzuleiten, zum anderen gestaltet sich der Weg der Einzelzwangsvollstreckung einfacher und zweckmäßiger.1061 In der Praxis haben die Kreditinstitute eine Formularpraxis1062 entwickelt, die eine einfache und schnelle Befriedigung ermöglicht.1063 Aufgrund ihrer insolvenzfesten Position besteht somit kein Handlungsbedarf, die Geschäfts­ beziehung zum Schuldner frühzeitig abzubrechen. Rechtspolitisch ist dieser Umstand problematisch, da die Kreditinstitute eine exekutorische Insolvenz­ betrachtung bevorzugen und dies zu einem gesamtuntemehmensbezogen uner­ wünschten und unkalkulierbaren Ergebnis führt.1064 Es widerspricht zudem dem kollektiven Gläubigerschutzgedanken, daß die Möglichkeit der Antragstellung nur den gut informierten und zugleich ausreichend gesicherten Gläubigem zusteht. Den Kreditinstituten ist es vergleichsweise gut möglich, die Zahlungsunfähigkeit des

1060 Vgl. Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 162. 1061 Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R, [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 25. 1062 Unter Formularpraxis werden standardisierte Vertragsbestandteile verstanden, die den Kredit­ instituten eine eigenständige Verwertung gestatten. 1063 Vgl. Vormbaum, H.; Baumanns, F. J., [Auslösung], 1984, S. 1974. 1064 Vgl. Schmidt, K., [Überschuldungstatbestand], 1982, S. 166.

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Schuldners zeitnah zu erkennen und pflichtgemäß zum Antrag zu schreiten.1065 Die Außenlösung ist damit einer Gläubigergruppe vorbehalten, die mit ihrer im allgemeinen insolvenzfesten Position kein originäres Interesse an einer frühzeitigen Antragstellung hat. Allerdings besteht auch für die mobiliargesicherten Gläubiger ab dem Zeitpunkt t ein erhöhtes Besicherungsrisiko, da der weitere Vermögens­ verzehr auch den Bestand ihrer Sicherheitenrechte mindern kann. Allerdings ist eine Antragstellung ab dem Zeitpunkt t nur dann sinnvoll, wenn die zu erwartenden Verluste im Insolvenzfall den Abbruch der Geschäftsbeziehung rechtfertigen. Hierbei sind auch die bei den Kreditinstituten anfallenden hausintemen Bearbeitungs- und Abwicklungskosten mit einzubeziehen. Die Kreditinstitute setzen deshalb die Antragstellung erst als letzte Maßnahme bei Zahlungsverzug des Kreditnehmers ein.1066 Ein weiterer Grund für die späte Antragstellung ist - vor allem angesichts der hohen Arbeitslosigkeit - die negative Auswirkung auf die öffentliche Meinung, die stets geneigt ist, dem Antragsteller die Schuld für die wirtschaftliche Notlage zuzusprechen.1067

Aufgrund der vergleichsweise niedrigen Befriedigungsquote im Insolvenzfall sind die ungesicherten Gläubiger in besonderem Maße auf eine Fortführung des Unternehmens angewiesen, da sie eine vollständige Befriedigung allein aus den laufenden Erträgen der Gesellschaft erwarten können.1068 Dieser Sachverhalt verstärkt sich mit dem Verzehr der freien Masse. Ab dem Zeitpunkt t ist eine weitere Untemehmensfortftlhrung für die ungesicherten Gläubiger nur noch mit Vorteilen verbunden, da sie in Höhe der Fortführungswahrscheinlichkeit einen Aufwertungsvorteil ihrer ohnehin wertlosen Forderung erhalten.1069 Die Interessen der ungesicherten und gesicherten Gläubiger an einer späten Insolvenzeröffhung sind jedoch nur scheinbar gleichgerichtet, da die Möglichkeit einer Sanierung des Unternehmens aus eigener Kraft im Zeitablauf schnell schwindet. Während die gesicherten Gläubiger im Falle eines Scheiterns der außergerichtlichen Sanierungsbemühungen noch auf die restliche Substanz zurückgreifen können, verbleibt den ungesicherten Gläubigem nur ein wertloser rechnerischer Erwartungswert E(t) in Höhe von f(t)*R. Eine Vorverlegung der Insolvenzeröffhung ist für die ungesicherten Gläubiger im Hinblick auf einen

1065 Vgl. Schedlbauer, H, [Insolvenzprüfungen], 1984, S. 2212 und Uhlenbruck, W„ [Gmbh & Co. KG], 1988, S. 26. 1066 Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R., [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 127. 1067 Vgl. Obermüller, M„ [Bankpraxis], 1997, Rdn. 1.19. 1068 Vgl. Hommelhoff, P., [Bilanzrichtlinie-Gesetz], 1984, S. 631. 1069 Vgl. Hax, H; Marschdorf, H.-J., [Anforderungen an ein Insolvenzrecht], 1983, S. 125 und Stümer, R, [Sanierung], 1982, S. 767.

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Liquidationserlös weniger interessant, da selbst die Befriedigungsquote bei drohender Zahlungsunfähigkeit, was in dem Modell einer 50%igen Insolvenzwahr­ scheinlichkeit entsprechen dürfte, nur einen Bruchteil der Nominalforderung umfaßt. Wer ein Unternehmen mit einem prospektiven Eröfihungsgrund frühzeitig in die Insolvenz zwingt, wird auch nach neuem Recht keinen nennenswerten Zuwachs an freier Masse filr die ungesicherten Gläubiger erreichen.1070 Wenn man den ungesicherten Gläubigem unter dem Aspekt des Liquidationserlöses ausreichend Schutz bieten will, müßte man die Insolvenzeröfihung unverhältnismäßig weit vorverlegen. Dies ist jedoch weder rechtspolitisch durchsetzbar noch ökonomisch sinnvoll. Nur unter dem Aspekt der Untemehmenssanierung ist eine frühzeitige Antragstellung filr die ungesicherten Gläubiger von Vorteil. Der im Schrifttum allgemein vorgetragene Grundsatz ,je früher, desto besser“ muß deshalb filr die einzelnen Gläubigergruppen sehr differenziert beurteilt werden. So trifft dieser Grundsatz auf die gesicherten Gläubiger nur begrenzt zu, weil sie aufgrund ihres geringen Vermögensverlustes kein Interesse an einer frühzeitigen Antragstellung haben.1071 Empirische Untersuchungen belegen, daß die Boni­ tätsprüfung mit zunehmendem Angebot an Sicherheiten abnimmt.1072 So wären die gesicherten Gläubiger im Falle einer frühzeitigen Insolvenzeröflhung auch kaum bereit, einen nachhaltigen Sanierungsbeitrag zur Entschuldung zu leisten, solange ihre offenen Forderungen durch Sicherheiten abgedeckt sind.

Die ungesicherten Gläubiger haben dagegen im Hinblick auf das neue Insolvenz­ recht ein großes Interesse an einer frühzeitigen Insolvenzeröflhung, da sie ihre Forderungen nur durch eine Untemehmenssanierung aufwerten können. Allerdings dürfte es den ungesicherten Gläubigem schwerfallen, ihr Antragsrecht wahrzu­ nehmen, da sie den Tatbestand der Überschuldung nicht erkennen können. Aus diesen Gründen ist es verständlich, daß die ungesicherten Gläubiger zumeist nur ihre Forderungen wertberichtigen und die Geschäftsbeziehung zum Schuldner abbrechen, ohne einen Insolvenzantrag zu stellen.1073 Die ungesicherten Gläubiger ziehen ein Inkasso in kleinen Schritten vor, da die durchschnittliche Befriedigungs­ quote im Insolvenzfall ohnehin nahe bei Null liegt.1074 Der Schuldner hat mit dem Verzehr des Eigenkapitals ohnehin nichts mehr zu verlieren. Anreize zur weiteren Reichtumsverschiebung zu Lasten der ungesicherten

1070 1071 1072 1073 1074

Vgl. Bretzke, W.-R, [Unternehmen], 1985, S. 410. Vgl. Drukarczyk, J., [Überschuldung], 1986, S. 213. Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R, [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 118. Vgl. Drukarczyk, J., [Unternehmen], 1987, S. 102. Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R, [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 97 und Swoboda, R, [Finanzierung], 1981, S. 144-148.

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Gläubiger sind daher mit stillschweigender Duldung der ausreichend gesicherten Gläubigem naheliegend. Dieser Anreiz verstärkt sich dann, wenn das Privatver­ mögen des Schuldners ebenfalls dem Sicherheitenbeschlag unterliegt. Ein Schuldner wird die Antragstellung in der Erwartung einer erfolgreichen Sanierung aus eigener Kraft solange hinauszögem, bis er außerstande ist, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger abzuwehren.1075

Die Ausführungen haben gezeigt, daß die Beteiligten in der Praxis die optimale Durchsetzung ihrer Ziele zu Lasten der Ansprüche der anderen Gläubiger anstreben.1076 Der Gesetzgeber ist daher zu Unrecht von der Annahme ausgegangen, daß alle Beteiligten ein gleichgerichtetes Interesse an einer frühzeitigen Insolvenzer­ öfihung haben und sich zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles, der bestmög­ lichen Verwertung der Insolvenzmasse, solidarisch verhalten und nicht ausschließ­ lich ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgen.1077 Da die Kreditinstitute neben dem Schuldner eine Schlüsselstellung bei der Antragstellung einnehmen, ist ihr Verhalten im folgenden noch näher zu untersuchen.

IL Das Verhalten der Kreditinstitute In den bisherigen Ausführungen wurde davon ausgegangen, daß der Insolvenzzeit­ punkt eine für alle Gläubiger unbeeinflußbare Größe darstellt. In der Praxis üben jedoch die Kreditinstitute mit ihrer Kreditentscheidung einen erheblichen Einfluß auf den Insolvenzzeitpunkt aus.1078 Insbesondere obliegt es den Kreditinstituten, eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit durch die Vergabe neuer Kredite zu verhindern oder mit einer Kreditkündigung rasch herbeizuführen. Aufgrund der Vertrags- und Abschlußfreiheit läßt das deutsche Recht, bspw. im Gegensatz zum französischen Recht, den Kreditinstituten bei der Kreditentscheidung in der Unternehmenskrise weitgehend freie Hand.1079 Mit der Kreditentscheidung versucht die Bank letztendlich weitere Ausfälle zu verhindern oder bereits eingetretene Ausfälle wieder rückgängig zu machen. Im folgenden sind zunächst die verschiedenen Kreditstrategien - Stillhalten, Vergabe neuer Kredite sowie die Kreditkündigung - ausführlich zu diskutieren. Im Zusammenhang mit der Vergabe eines Sanierungskredites ist das Kreditinstitut einem besonderen Interessenkonflikt zwischen Insolvenzvermeidung und -Verschleppung ausgesetzt. So stellt sich

1075 1076 1077 1078 1079

Vgl. Vormbaum, H; Baumanns, F. J., [Auslösung], 1984, S. 1974. Vgl. Mönning, R-D., [Betriebsfortführung], 1997, S. 44. Zu den potentiellen Interessenkonflikten vgl. Früh, H-J., [Insolvenz], 1995, S. 797. Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J; Rieger, R, [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 126. Vgl. Hopt, K. J„ [Asymmetrische Information], 1984, S. 746.

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insbesondere bei einem gescheiterten Sanierungversuch die Frage, wer den weiteren Vermögenverlust zu tragen hat. Im weiteren ist der Einfluß der Kreditentscheidung auf den Zeitpunkt der Insolvenzeröfihung aufzuzeigen. Dieser Sachverhalt ist insofern von besonderem Interesse, da den Kreditinstituten als zumeist ausreichend gesicherten Gläubigem kein Interesse an einer nachhaltigen Vorverlegung der Insolvenzeröflhung zukommt und den Instituten zugleich die Möglichkeit zusteht, den Schuldner durch eine Besicherung seines Privatvermögens an ihre Interessen zu binden.

1. Die Kreditstrategien Im folgenden ist zu untersuchen, inwieweit die Kreditinstitute durch Stillhalten, Vergabe eines Sanierungskredites oder der Kündigung bestehender Kreditverträge ihr Ausfallrisiko steuern können. Da die Bank als gewerbliches, auf Gewinner­ zielung ausgerichtetes Unternehmen handelt, bestimmt sich deren Bereitschaft, den Schuldner in der Untemehmenskrise weiter zu stützen, im wesentlichen danach, was sie im Insolvenzfall zu erwarten haben.1080

a) Stillhalten Die Bank kann in der Untemehmenskrise zunächst abwartend stillhalten und die Sanierungsbemühungen des Schuldners intensiv verfolgen. Unter Stillhalten ist vor allem die Aufrechterhaltung der Kreditlinien zu verstehen, zum einen durch das Zugeständnis, einen noch nicht in Anspruch genommenen Kreditrahmen auszu­ schöpfen, zum anderen auf die gerichtliche Beitreibung eines fälligen Kredites zu verzichten. Dazu gehört auch die Prolongation eines Roll-over-Kredites sowie die Stundungsabrede.1081 Die Herabsetzung des Ausfallriskos durch Stillhalten ist besonders dann sinnvoll, wenn ein bereits zurückgeführter Kredit noch dem Anfechtungsrisiko unterliegt. Hierbei muß mindestens eine kritische Anfechtungs­ frist von 3 Monaten überbrückt werden können. Im weiteren kommt ein Stillhalten dann in Betracht, wenn ein ungesicherter Kreditrahmen im Zeitablauf zurückgeführt werden kann oder eine nachträgliche Aufstockung der Kreditsicherheiten möglich ist. Diese beiden Möglichkeiten sind in der Praxis selten anzutreffen, da der Schuldner mit dem Übergang von der Ertrags- zur Liquiditätskrise kaum mehr in der Lage ist, seine Warenverbindlichkeiten fristgerecht zu begleichen, geschweige denn Kredite zu tilgen. Ferner dürften im Zusammenhang mit der Liquiditätskrise bereits

1080 Vgl. Paulus, C., Pnsolvenzrechtsreform], 1985, S. 1457. 1081 Vgl. Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 5.19.

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alle Vermögensgegenständen besichert sind. Zudem kann eine Aufstockung von Globalsicherheiten zu Lasten anderer Gläubiger Schadensersatzansprüche nach § 826 BGB auslösen.1082 In dieser Phase versuchen die Kreditinstitute zumeist das Privatvermögen des Schuldners, als Konsequenz der oben diskutierten Divergenz zwischen Haftung und Verfügung, in die Sicherheitenabrede mit einzubeziehen.

Dem Kreditinstitut kann kein sittenwidriges Verhalten angelastet werden, wenn es davon absieht, durch einen Verzicht auf die in den AGB verankerten Kündigungs­ rechte einen Kredit fällig zu stellen.1083 Allein durch Stillhalten verstößt das Kreditinstitut nach geltender Rechtsprechung auch dann nicht gegen die guten Sitten, wenn eine Insolvenzeröfihung geboten wäre und andere Gläubiger dadurch zu Schaden kommen.1084 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegt dann vor, wenn



das Kreditinstitut erheblich in die Untemehmensführung des Schuldners eingreift,



durch eine zwischenzeitliche Verstärkung und Aufwertung der Sicherheiten eine bessere Befriedigung zu einem späteren Zeitpunkt erhält oder



andere potentielle Geldgeber zu einem Sanierungsbeitrag auffbrdert, ohne diese vollständig über die Risiken aufzuklären.1085

Fordert das Kreditinstitut während des Stillhaltens eine Verstärkung der Kredit­ sicherheiten, so unterliegt die Nachbesicherung nach den Vorschriften der inkon­ gruenten Besicherung im Zweifel der Anfechtung. Ferner können die durch die Aufstockung der Sicherheiten geschädigten Gläubiger gegen die Bank Schadens­ ersatzansprüche wegen Gläubigergefährdung nach § 826 BGB geltend machen.1086 Eine Verstärkung der Sicherheiten dürfte in der Praxis vielmehr an wirtschaftlichen Hindernissen scheitern. Für einen Großteil der Schuldner ist aufgrund der geringen Eigenkapitalausstattung kein Raum für die Gewährung weiterer werthaltiger Sicherheiten.1087 Da die Liquidität des Schuldners im Vorfeld der Insolvenz bereits sehr angespannt sein dürfte, ist mit einer planmäßigen Rückführung i.d.R. nicht mehr

1082 Vgl. Neuhof, Ä, [Sanierungsrisiken], 1998, S. 3226. 1083 Vgl. Gawaz, K.-D., [Bankenhaftung], 1997, S. 30; Schmitz, M., [Bankenhaftung], 1992, S. 70 und Uhlenbruck, W., [Sanierungskredit], 1982, S. 151. 1084 Vgl. Uhlenbruck, W., [Insolvenzordnung], 1994, S. 60. 1085 Vgl. Gawaz, K.-D., [Bankenhaftung], 1997, S. 31; Obermüller, M., [Kreditgeschäft], 1992, S. 17 und Rümker, D., [Verhaltenspflichten], 1981, S. 512. 1086 Ausführlich dazu Schmitz, M., [Bankenhaftung], 1992, S. 48-61. 1087 Vgl. Sundermeier, B.; Wilhelm, A., [Bankkredit], 1997, S. 1133.

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zu rechnen. Allenfalls kann noch ein größerer Forderungseingang des Schuldners abgepaßt werden. Das Stillhalten ist filr Banken, die zugleich Gesellschafter sind, im Hinblick auf § 32a GmbHG, der die Umqualifizierung von Darlehen in Eigenkapitalersatz regelt, sehr problematisch. Hierbei muß sich das Kreditinstitut eines erhöhten Ausfallrisikos im Insolvenzfall bewußt sein, da mit der Zurückstufung der Darlehen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO auf einen Nachrang und der Freigabe der bestellten Sicherheiten eine Befriedigungsquote von annähernd Null verbunden ist. Darüber hinaus müssen die Kreditinstitute in der Doppelrolle von Gesellschafter und Kreditgeber fürchten, daß die Forderung nach Rückführung des Kredites als nachteilige Weisung eines herrschenden Unternehmens von konzemrechtlichen Sanktionen nach §§ 311, 317 AktG bedroht ist. Allerdings dürfte eine Abhängigkeit von einer nicht auch mehrheitlich beteiligten Bank als unwahrscheinlich gelten, da die Kreditbeziehung als ungeeignet erscheint, eine Konzemherrschaft zu begründen.1088 Für die Darlehen eines am Kapital des Schuldners beteiligten Kreditinstituts finden nach bisheriger Rechtslage unabhängig von der Beteiligungsquote die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über eigenkapitalersetzende Darlehen zur Kapitalerhaltung1089 in der Untemehmenskrise Anwendung.1090 Durch Artikel 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Konzerne und zur Erleichterung der Aufnahme von Gesellschafterdarlehen vom 20. April 1998 wurde § 32a Abs. 3 GmbHG in der Weise ergänzt, daß die Regeln über den Eigenkapitalersatz nicht für den Gesellschafter gelten, der mit 10% oder weniger am Stammkapital beteiligt ist, soweit es sich nicht um den geschäftsführenden Gesellschafter handelt.1091

Strittig ist, ob die Vorschriften über kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen auf die Aktiengesellschaften übertragen werden können, und wo die Grenze zwischen Gesellschafter- und Sanierungsdarlehen und dem qualifizierten Eigenkapital zu ziehen ist. In Teilen des Schrifttums wird eine Übertragung des § 32a GmbHG auf

1088 Vgl. Westermann, H. P„ [Kreditgeber], 1982, S. 382-387. 1089 Vgl. §§ 30,31 GmbHG .Der Rückzahlungsanspruch nach § 31 Abs. 3 GmbHG ist nicht nur auf das ursprüngliche Stammkapital, sondern auch auf den Kapitalersatz anzuwenden. Vgl. BGH-Urteil vom 5.2.1990. 1090 Vgl. die Entwicklung des dualen Haftungssystems bei Mayer, D„ [Rechtsprechung des BGH], 1993, S. 207-208. 1091 Eine Senkung des Anteils unter diesen Schwellenwert oder eine Aufgabe der Organstellung führt nicht unmittelbar zum Wegfall eines kapitalersetzenden Darlehens. Entscheidend ist in denjenigen Fällen, ob vor diesen nachträglichen Maßnahmen bereits eine Kapitalersatzfunktion vorgelegen hat.

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die Rechtsform der AG mangels geeigneter Rechtsgrundlage abgelehnt.1092 Die vorherrschende Meinung sowie die höchstrichterliche Rechtsprechung bejahen hingegen eine sinngemäße Anwendung des Kapitalersatzrechtes auf die AG, wenn der Gläubiger über eine qualifizierte Mehrheit von mehr als 25% verfügt.1093 Die Grenze dürfte wohl nicht gelten, wenn die Bank gleichzeitig im Vorstand der AG tätig ist.

Gesellschafterdarlehen werden nach ständiger Rechtsprechung als Ersatz für Eigenkapital betrachtet, wenn die Gesellschaft von dritter Seite den zur Fortführung ihres Unternehmens benötigten Kredit zu marktüblichen Bedingungen nicht erhält, d.h. kreditunwürdig ist, und deshalb liquidiert werden müßte, wenn nicht der Gesellschafter mit seiner Leistung einspringt oder eingesprungen wäre.1094 Im Zusammenhang mit der als „Hamburger Stahlwerke Fall“ bekannt gewordenen Entscheidung stellt die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Kreditunwürdigkeit soweit ersichtlich zum ersten Mal - auf eine meßbare betriebswirtschaftliche Regelhypothese ab: Deijenige Schuldner, der seinen TilgungsVerpflichtungen sowie den notwendigen Reinvestitionen zur Aufrechterhaltung der betrieblichen Produktionseinrichtungen aus seinem Innenfmanzierungspotential nicht nach­ kommen kann, ist kreditunwürdig.1095 Eine zusätzliche Verschärfung brachte die Entscheidung des BGH, wonach ein Gesellschafterdarlehen auch dann als haftendes Eigenkapital behandelt wird, wenn das Darlehen nach Eintritt der ersten Kündi­ gungsmöglichkeit in Kenntnis der Unternehmenskrise stehengelassen wird.1096 Unbefriedigend ist, daß oft erst im nachhinein unter Zuhilfenahme der Gerichte über den Rang eines solchen Darlehens im Insolvenzfall entschieden wird. Um der Umqualifizierung von Darlehen in nachrangiges Haftkapital zu entgehen, muß die Bank in der Unternehmenskrise fortlaufend die Kreditwürdigkeit prüfen, um, entgegen etwaiger Treuepflichten aus dem Gesellschaftsverhältnis, bestehende Kündigungsmöglichkeiten nicht ungenutzt zu lassen, Anfechtungsfristen zu

1092 Vgl. hierzu Hopt, K. J., [Asymmetrische Information], 1984, S. 754; Menzel, H-J., [Gesell­ schafterdarlehen], 1982, S. 205 und Westermann, H. P., [Kreditgeber], 1982, S. 382-387. 1093 Vgl. Neuhof, R., [Sanierungsrisiken], 1998, S. 3225 und Schmitz, M., [Bankenhaftung], 1992, S. 21. So auch Obermüller, da sich die Einordnung als kapitalersetzender Kreditgeber aus § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO ergibt. Vgl. Obermüller, M, [Bankpraxis], 1997, Rdn. 5.318. 1094 Vgl. BGH-Urteil vom 13.7.1992b. Die Diskussion um die Kreditwürdigkeit einer GmbH bei Umqualifizierung eines Gesellschafterdarlehens in Eigenkapitalersatz hat in dieser Entscheidung einen vorläufig Abschluß erhalten. Vgl. hierzu auch die signifikanten Kriterien zur Beurteilung der Kreditunwürdigkeit bei Schaub, B., [Krise], 1993, S. 1488-1489. 1095 Vgl. BGH-Urteil vom 19.9.1988 sowie die Anmerkungen von Braun, E., [Kreditunwürdigkeit], 1990, S. 555-556. 1096 Vgl. BGH-Urteil vom 26.11.1979. Bestätigend BGH-Urteil vom 24.9.1990.

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umgehen und, in Verbindung mit der Kreditkündigung, einen günstigen Insolvenz­ zeitpunkt abzuwarten.1097 Dies setzt die Möglichkeit einer laufenden Kreditüber­ wachung voraus. Die Kreditwürdigkeitsprüfung mündet letztendlich in der Abwägung, ob das Unternehmen mit weiteren Fremdmittel fortgefiihrt werden kann oder ob bereits ein Insolvenztatbestand vorliegt. Erfahrungsgemäß stellt sich eine Besserung der wirtschaftlichen Lage nicht ohne durchgreifende Sanierungs­ maßnahmen ein. Daher sollte der Schuldner zur Durchführung eigener Sanierungs­ maßnahmen oder zur Fremdsanierung angehalten werden.1098 Da aber die Einflußnahme auf die Geschäftsführung zur Abwehr endogener Krisenursachen sowie eine Aufstockung der Sicherheiten aus rechtlichen Gesichtspunkten zumeist ausscheidet, stellt das Stillhalten allenfalls eine temporäre Strategie dar, um das Sanierungskonzept des Schuldners zu prüfen und sich zwischenzeitlich weitere Informationen für eine Entscheidung zur Kündigung oder zur Vergabe eines Sanierungskredites zu verschaffen.1099 Dem können jedoch die gesetzlichen Regelungen des Kapitalersatzes entgegen stehen, wenn man im Schrifttum zur Sanierung eine schlüssige Finanzierungszusage verlangt, die sich zumindest im Stehenlassen der Mittel manifestiert.1100

b) Vergabe neuer Kredite In der Untemehmenskrise nehmen die Banken, nicht zuletzt bei einer Sanierung, zweifellos eine Schlüsselstellung ein, was auch von Seiten der Kreditwirtschaft ausdrücklich anerkannt wird.1101 Grundsätzlich hat die Bank gegenüber ihrem Kunden keine Sanierungspflicht, sofern sie nicht im Einzelfall einen Sanierungs­ kredit1102 verbindlich zugesagt hat.1103 Die Vergabe und Sicherung neuer Kredite, die dem Zwecke der Sanierung dienen und zu einer nachhaltigen Gesundung des Schuldners beitragen, ist dem Kreditinstitut grundsätzlich frei gestellt. Die These der Kreditversorgungspflicht von Canaris1104 konnte sich weder in der Literatur noch in

1097 Ausführlich dazu Schierenbeck, H; Hölscher, R, [BankAssurance], 1998, S. 431-459. 1098 Vgl. Sundermeier, B.; Wilhelm, A., [Bankkredit], 1997, S. 1133-1134. 1099 Vgl. Lauer, J., [Kreditmanagement], 1994, S. 91 und Neuhof, R., [Sanierungsrisiken], 1998, S. 3227. 1100 Vgl. Westermann, H P., [Kreditgeber], 1982, S. 389. 1101 Vgl. Häuser, F„ [Kreditinstitute], 1995, S. 78. 1102 Sanierungskredite sind Kredite, die einem Unternehmen in der Krise zum Zwecke der Sanierung, entweder durch neue Kredite oder durch Umschuldung alter Kredite, gewährt werden. Vgl. zur Abgrenzung zu anderen Stützungskredite bei Gawaz, K-D., [Bankenhaftung], 1997, S. 16-19. 1103 Vgl. Hopt, KJ., [Kreditversorgung], 1979, S. 169 und Braun, E.;Uhlenbruck, W., [Untemehmens­ insolvenz], 1997, S. 57. 1104 Vgl. Canaris, C. W„ [Kreditkündigung], 1979, S. 120-122.

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der Rechtsprechung durchsetzen, so daß keine Sanierungspflicht fiir die Kreditin­ stitute nach Treu und Glauben abgeleitet werden kann.1105 Wer eine Rechtspflicht der Kreditinstitute zur Kreditversorgung der Wirtschaft trotz unseres privatwirt­ schaftlich organisierten Kreditsystems bejaht, darf das unternehmerische Risiko notleidender Unternehmen nicht über Sanierungskredite und die damit verbundene Haftung auf die Bankeinleger verlagern wollen - eine Lösung die dem KWG zuwiderlaufen würde.1106 Eine öffentliche Verantwortung zur allgemeinen Kreditversorgung wäre darüber hinaus marktwirtschaftlich systemwidrig.1107 Hierbei wird auch leicht übersehen, daß die Kreditinstitute gegenüber einer weit größeren Anzahl von Gläubigem Schuldner sind. Aus ökonomischer Sicht kommen neue Kredite vor allem dann in Betracht, wenn das Unternehmen in der Substanz gesund ist und nur kurzfristige Liquiditätseng­ pässe überwunden werden müssen, z.B. wenn ein Produkt unmittelbar vor der Markteinführung steht oder sich der Forderungseingang durch ein langes Zahlungs­ ziel oder durch ein zu nachlässiges Mahnwesen verzögert hat.1108 Da die Sanierungs­ fähigkeit nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann und letztlich auf Einschätzungen des Schuldners beruht, wird das Kreditinstitut im Vorfeld der Insolvenz gut beraten sein, bei der Kreditierung auf die Substanz des Schuldners abzustellen. Ferner ist zu überprüfen, ob die Sicherheiten auch den Kostenbeitrag an den Insolvenzverwalter sowie die auflaufenden Zinsen decken würden. Neue Kredite in der Unternehmenskrise sind daher, auch nach sorgfältiger Prüfung der Sanie­ rungsfähigkeit, nur gegen insolvenzfeste Sicherheiten sinnvoll.1109 Die Bereitstellung der notwendigen Sicherungsmittel aus dem betrieblichen Bereich dürfte im Vorfeld der Insolvenz jedoch kaum mehr möglich sein. Auch sind einer zusätzlichen Besicherung aus dem Privatvermögen sowie Bürgschaften der öffentlichen Hand enge Grenzen gesetzt. Die Finanzhilfen der öffentlichen Hand sind regional verschieden geregelt und insgesamt sehr unübersichtlich.1110 Darüber hinaus erfolgt diese Subventionierung in der Praxis häufig nach wenig durchschaubaren Kriterien.1111

1105 Vgl. Claussen, C. P., [Sanierungen], 1983, S. 200 und Hopt, K.J., [Kreditversorgung], 1979, S. 150 und 168. 1106 Vgl. Uhlenbruck, W., [Sanierungskredit], 1982, S. 147. 1107 Vgl. Hopt, K. J., [Asymmetrische Information], 1984, S. 746. 1108 Vgl. zum Betriebsmittelkredit bei Schierenbeck, H; Hölscher, R., [BankAssurance], 1998, S. 372. 1109 Zur Notwendigkeit einer Sanierungsprüfung Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 5.122-5.133. Die oftmals freizügige Kreditvergabe bei entsprechenden Sicherheiten wird von den Konkurs­ verwaltern gerügt. Vgl. Hesselmann, S.; Stefan, U, [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 95. 1110 Vgl. Ehlers, H; Drieling, L, [Untemehmenssanierung], 1998, S. 28-29. 1111 Vgl. Eichhorn, F. J., [Wirtschaft im Osten], 1998, S. 7.

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Bei der Vergabe neuer Kredite zur Insolvenzabwendung ist das Kreditinstitut neben dem erhöhten Ausfallrisiko auch dem Vorwurf der Gläubigerbenachteiligung und Insolvenzverschleppung bei einem fehlgeschlagenem Stützungs- oder Sanierungs­ versuch ausgesetzt.1112 Dies hat zur Folge, daß die Kreditinstitute häufig Klagen auf Herausgabe der Sicherheiten ausgesetzt sind mit der Begründung, daß die Sicherheitenbestellung gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB verstoßen habe, daß Schadensersatzansprüche wegen Gläubigergefährdung nach § 826 BGB oder wegen Beihilfe zur Insolvenzverschleppung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 64, 84 GmbHG bzw. §§ 92, 401 AktG bestehen.1113 Ferner steht eine mit der Kreditvergabe notwendig gewordene umfassende Kreditüberwachung, z.B. durch ein weitgehendes Mitbestimmungsrecht bei unternehmerischen Entscheidungen als Beiratsmitglied, einer zunehmend verschärften Haftung aus faktischer Geschäfts­ führung gegenüber. Nimmt die Bank selbst oder unter Vorschaltung einer ihr nahestehenden Untemehmensberatung Einfluß auf den Schuldner und führt dies zu einer faktischen Entmachtung der bisherigen Geschäftsführer, so liegt eine gesellschafterähnliche Stellung der Bank vor.1114 Dies hat zur Folge, daß sie in vollem Umfang als Normadressatin des § 32a GmbHG anzusehen ist. Um eine Quasi-Gesellschafterhaftung zu umgehen, muß die Bank bei der Kreditvergabe von dem Sanierungskonzept des Schuldners und seinen Fähigkeiten, die Sanierungsmaß­ nahmen umzusetzen, überzeugt sein, da ihr von einer nachhaltigen Einflußnahme aus vorgenannten Gründen abzuraten ist. Hierbei spielen neben den Krisenursachen die bisherigen Erfahrungen mit dem Schuldner eine maßgebende Rolle. Darüber hinaus sind bei der Vergabe neuer Kredite die allgemeinen Anfechtungsvorschriften sowie die Kapitalerhaltungsvorschriften zu beachten. Ist das Kreditinstitut am notleidenden Unternehmen mittelbar oder gar unmittelbar beteiligt, so fällt der Sanierungskredit im Insolvenzfall u.U. unter die Vorschriften der eigenkapitalersetzenden Darlehen nach § 32a GmbHG.1115 Ferner unterliegen die Rückführung sowie die hierfür bestellten Sicherheiten den Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30, 31 GmbHG. Die obigen Ausführungen zur Qualifizierung eigenkapitalersetzender Darlehen bei Belassung des Darlehens in der Untemehmenskrise sind für die Vergabe neuer

1112 Zu den zwei typischen Fallgruppen Rümker, D., [Verhaltenspflichten], 1981, S. 507. 1113 Vgl. Ehlers, H; Drieling, Z, [Untemehmenssanierung], 1998, S. 6-7; Gawaz, K.-D., [Banken­ haftung], 1997, S. 135-137; Häuser, F., [Kreditinstitute], 1995, S. 109-113 und Lutter, Kd.; Hommelhoff, P.; Timm, W., [Finanzierungsmaßnahmen], 1980, S. 737. Zur strafrechtlichen Proble­ matik Tiedemann, K., [Insolvenzstraftaten], 1983, S. 516-518. 1,14 Ausführlich dazu Neuhof, R, [Sanierungsphase], 1999, S. 20-21. 1115 Vgl. Uhlenbruck, W., [Sanierungskredit], 1982, S. 142. Kritisch dazu Claussen, da die Altgläubiger ihre Vermögensposition durch einen Sanierungsversuch der Banken ohne eigenes Risiko aufwerten können. Vgl. Claussen, C. P.t [Sanierungen], 1983, S. 203.

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Kredite in der Unternehmenskrise analog anzuwenden. Wenn ein Kreditinstitut bereits vor Eintritt der Krise eine Beteiligung von mehr als 10% an einer GmbH bzw. 25% an einer AG erworben hat und einen Sanierungskredit einräumt, dann unterliegen sowohl der neue Kredit als auch die bisherigen Kredite in vollem Umfang den Regeln über kapitalersetzende Darlehen. Deshalb laufen die Kreditin­ stitute insgesamt Gefahr, durch ein gesellschaftsrechtliches Engagement zur Sanierung des Unternehmens über die Regelungen des § 32a GmbHG alle Gläubigerrechte und Vollstreckungspositionen zu verlieren, falls der Sanierungs­ versuch scheitert.1116

Aus ökonomischer Sicht ist es daher unverständlich, wenn sich die Bank in der Krise als Anteilseigner engagiert und dann dadurch bestraft wird, daß Altkredite als eigenkapitalersetzend qualifiziert werden. Wer seinen notleidenden Kredit retten will, will nicht automatisch auch das notleidende Unternehmen retten.1117 Vor diesem Hintergrund stellt die durch Artikel 10 KonTraG vorgenommene Ergänzung des § 32a Abs. 3 GmbHG eine längst überfällige Regelung dar: „Erwirbt ein Darlehensgeber in der Krise der Gesellschaft Geschäftsanteile zum Zweck der Überwindung der Krise, fuhrt dies für seine bestehenden oder neu gewährten Kredite nicht zur Anwendung der Regeln über den Kapitalersatz.“1118 Mit dieser Neuregelung soll die Bereitschaft der Banken gefordert werden, zu einer Sanierung des Unternehmens beizutragen. Honoriert wird damit die Sanierungsbeteiligung und nicht etwa der Sanierungskredit als solcher. Das Sanierungsprivileg enthält keine zeitliche Beschränkung. Somit erstreckt sich der Schutz auch auf die nach der überwundenen Krise mögliche nächste Krise. Das Sanierungsprivileg greift unabhängig davon, ob das Kreditinstitut neue Gesellschaftsanteile aus einer Kapitalerhöhung zeichnet oder ob es bestehende Anteile von Altgesellschaftem übernimmt.1119 Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob § 32a Abs. 3 Satz 3 GmbHG auch dann greift, wenn das Kreditinstitut bereits vor Eintritt der Unternehmenskrise Gesellschafter war. Hierbei ist folgendermaßen zu

1116 Vgl. insbesondere das „Sonnenring“-Urteil vom 21.9.1981 in dem der BGH erstmals zu dem Verhältnis von Gesellschafter- und Gläubigerinteressen Stellung nimmt und dazu ausfiihrt, daß eine Trennung nicht möglich sei. 1117 Unbenommen sei hierbei, daß das eine mit dem anderen fast zwangsläufig einhergeht. Maßgebend für die Beurteilung ist jedoch, daß die Rechtsgrundlage der Kreditgewährung - zumindest bei einer Minimalbeteiligung - nicht im Gesellschaftsverhältnis begründet ist. So auch Uhlenbruck, W., [Sanierungskredit], 1982, S. 152. 1118 § 32a Abs. 3 Satz 3 i.d.F. des KonTraG. Kritisch zur Beteiligung von Banken an Nichtbanken Volkmann, G.; Kronenberg, B., [Bankenmacht], 1994, S. 487. 1119 So kann auch die bloße Übernahme von Altanteilen in Verbindung mit dem Austausch des Management ein wichtiger Beitrag zur Sanierung sein. Vgl. BT-Drucks. 13/10038, S. 28.

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differenzieren: wenn das Kreditinstitut bereits vor Eintritt der Krise eine Beteiligung über 10% besaß und nicht mehr unter die Freistellungsvorschrift des § 32a Abs. 3 Satz 2 fällt, kann es eine Umqualifizierung nicht durch die Aufstockung der Altbeteiligung vermeiden. Das Sanierungsprivileg kann nicht rückwirkend von den Bindungen des Eigenkapitalersatzrechtes befreien.1120 Etwas anderes gilt für die nachträgliche Aufstockung einer nichtuntemehmerischen Kleinbeteiligung. Diese Form der Sanierungsbeteiligung ist durch die neue Regelung in vollem Umfang geschützt. Unklar bleibt hingegen, wie das Tatbestandsmerkmal „zum Zwecke der Überwindung der Krise“ auszulegen ist. Um einem Mißbrauch vorzubeugen, sind für die Zuführung von Kapital strenge Maßstäbe anzulegen. Zusätzlich besteht für das Kreditinstitut die Gefahr, daß die Übernahme unternehmerischer Kontrolle im Zuge der Kapitalbeteiligung den Vorwurf der Sittenwidrigkeit nach sich zieht.

Für das Aktienrecht wurde keine entsprechende Regelung im KonTraG getroffen. Offen bleibt damit, ob die Rechtsprechung und Literatur das für die GmbH entwickelte Kapitalersatzrecht an die ganz anders geartete Organisationsstruktur der AG anpaßen wird. Da eine schnelle Zuführung liquider Mittel oftmals notwendig ist, um eine Antragstellung beim Insolvenzgericht abzuwenden, unterliegt die Entscheidung über die Vergabe eines Sanierungskredites einem hohen Zeitdruck.1121 Zum Zeitproblem kommt hinzu, daß sich die Erfolgschancen von Sanierungskrediten ex ante nur ungenau abschätzen lassen. So sind die Kreditinstitute bei der Vergabe eines Sanierungskredites einem besonderen Spannungsfeld zwischen Insolvenzver­ meidung und Gläubigerschädigung ausgesetzt. Zur Entlastung von sittenwidrigem Verhalten sind die Kreditinstitute - auch unterhalb des kritischen Schwellenwertes grundsätzlich verpflichtet, vor Kreditgewährung von einem unabhängigen Sachverständigen eingehend und objektiv prüfen zu lassen, ob das Sanierungsvor­ haben Erfolg verspricht.1122 Sind die Erfolgsaussichten einer Sanierung fachkundig geprüft und die Sanierungsfähigkeit des Schuldners attestiert worden, so kann sich die Bank für den Sanierungskredit aus dem Vermögen des Schuldners angemessene Sicherheiten bestellen lassen.1123 Im Falle eines Scheiterns und der Insolvenzeröffhung unterliegt die Sicherheitenbestellung, da es sich um ein sog. Bargeschäft

1120 Vgl. BT-Drucks. 13/10038, S. 28 und Dauner-Lieb, B., [Sanierungsprivileg], 1998, S. 1518. 1121 Vgl. Lutter, M.; Hommelhoff, P.; Timm, W., [Finanzierungsmaßnahmen], 1980, S. 738. 1122 Vgl. Gawaz, K.-D., [Bankenhaftung], 1997, S. 215-219; Rümker, D., [Verhaltenspflichten], 1981, S. 508-509 und Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 5.123 m.w.N. 1123 Vgl. Neuhof, R, [Sanierungsrisiken], 1998, S. 3228 und 3230.

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handelt, nicht der Anfechtung.1124 Nach überwiegender Ansicht in der Literatur wird eine Offenlegungspflicht der Bank, den Sanierungsversuch oder die Sanierungs­ kreditvergabe an ihre Mitgläubiger anzuzeigen, abgelehnt.1125

Für die Praxis stellt sich die Frage, wie groß die Wahrscheinlichkeit einer Haftungsrealisierung bei einem gescheiterten Sanierungsversuch einzuschätzen ist. Im Hinblick auf die neue Insolvenzordnung werden sich die Kreditinstitute bei einer mißlungenen Sanierung verstärkt mit dem Insolvenzverwalter über die Qualifi­ zierung des Sanierungskredites auseinander setzen müssen.1126 Nicht zuletzt wegen der vom BGH aufgestellten Prüftingspflicht ist bei Sanierungen eine Kreditvergabe in der Unternehmenskrise insgesamt als problematisch einzustufen.1127 Trotz der Änderungen des § 32a Abs. 3 GmbHG über Minderheitenbeteiligungen kann den Banken die Vergabe neuer Kredite nur dann empfohlen werden, wenn damit ein außergerichtliches Sanierungsverfahren erfolgverspechend umgesetzt werden kann.1128 Die Banken sollten bei der Umsetzung darauf achten, daß unabhängige externe Sanierungsberater, die Gesellschafter sowie die verantwortlichen Organe und nach Möglichkeit weiterer wichtiger Großgläubiger mit eingebunden werden.

c) Kündigung Die problembehafteten Strategien des Stillhaltens sowie der Vergabe neuer Kredite legen den Schluß nahe, die ungesicherten Kredite bei einer wesentlichen Verschlechterung oder einer erheblichen Gefährdung der VermögensVerhältnisse sowie die eventuell unter § 32a GmbHG fallenden Kredite in der Unternehmenskrise vorsorglich zu kündigen. Eine Kündigung ist nicht zuletzt im Hinblick auf die kaum abschätzbaren Haftungsrisiken bei einem gescheiterten Sanierungsversuch sowie der Erhaltung der Aufrechnungslage überlegenswert. Da die konkursrechtlichen

1124 Bargeschäfte nach § 142 InsO sind Geschäfte, bei denen wirtschaftlich gleichwertige Leistungen Zug um Zug ausgetauscht werden. Hierbei muß ein enger zeitlicher Zusammenhang bestehen. Vgl. Häuser, F, [Kreditinstitute], 1995, S. 115. Newiger stellt hingegen nicht auf den zeitlichen sondern den direkten Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung ab. Newiger, N, [Kreditw'irtschaft I], 1994, S. 496. 1125 Vgl. m.w.N. Gawaz, K.-D„ [Bankenhaftung], 1997, S. 123-124 und 219-221. 1126 Vgl. Neuhof, R., [Sanierungsphase], 1999, S. 25. 1127 Vgl. Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 5.108 m.w.N. 1128 So weist Claussen zu Recht daraufhin, daß die Bereitstellung weiterer Liquidität nur in Verbindung mit leistungswirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen erfolgversprechend ist. Claussen, C. P., [Sanierungen], 1983, S. 197-198.

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Aufrechnungserleichterungen weitgehend wegfallen, kommt der Kündigung von Krediten größere Bedeutung zu.1129

Eine Kündigung oder Rückführung der Kreditlinie ist wie bereits besprochen einem erhöhten Anfechtungsrisiko nach § 131 InsO ausgesetzt, da die Anwendung von Insolvenzprognosemodellen die Kenntnis über die wirtschaftliche Schieflage vermuten läßt. So kann eine Kündigung der Kredite innerhalb des Dreimonate­ zeitraumes vor Eröflhungsantrag zum Zwecke der Aufrechnung regelmäßig an der anfechtbaren inkongruenten Deckung scheitern.1130 Hinzu kommt die Anfechtung einer kurzfristigen Nachbesicherung sowie die Problematik der zeitlichen Freigabe nicht akzessorischer Sicherheiten aus dem Vermögen Dritter. Trotz der privatautonom vereinbarten ordentlichen und außerordentlichen Kündigungsrechte darf die Bank ihr Kündigungsrecht nicht willkürlich und nach Belieben ausüben.1131 Insbesondere sind die Einschränkungen bei Kündigung zur Unzeit und Kündigung trotz ausreichender Sicherheiten sowie die Rücksichts­ pflichten gegenüber dem Schuldner zu beachten.1132 Die Bedeutung des Grundsatzes liegt darin, daß dem Schuldner eine angemessene Frist zur anderweitigen Kapitalbe­ schaffung eingeräumt werden muß. Andererseits muß die Bank ihr Sicherungsbedürfhis wahren können. Deshalb ist eine Kündigung aus wichtigem Grunde grundsätzlich möglich. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn



der Kunde unrichtige Angaben über sein Vermögen macht,



eine erhebliche Verschlechterung der VermögensVerhältnisse eintritt oder



der Schuldner der Aufforderung nach Verstärkung der Sicherheiten nicht nachkommt.1133

Hierbei schließt die Vereinbarung einer festen Darlehenssumme und einer festen Laufzeit eine Kündigung nicht aus.1134 Die einseitige Auflösung der Geschäfts­ beziehung setzt allerdings voraus, daß eine Fortsetzung des Vertrages für das Kreditinstitut unzumutbar geworden ist.1135 Insbesondere ist das Recht zur

1129 Vgl. Obermüller, M., [Insolvenzrechtsreform I], 1994, S. 1835. 1130 Vgl. Obermüller. M.;Hess, H, [InsO], 1995, S. 133. 1131 So die höchstrichterliche Rechtsprechung im BGH-Urteil vom 14.7.1983. Ausführlich zu den Schranken des Kündigungsrechtes bei Canaris, C. W., [Kreditkündigung], 1979, S. 114-120; Häuser, F, [Kreditinstitute], 1995, S. 89-98 und Schmitz, M., [Bankenhaftung], 1992, S. 66-69. 1,32 Vgl. Hopt, K. J., [Asymmetrische Information], 1984, S. 749 und Obermüller. M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 5.71. 1133 Vgl. Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 5.70 und Rümker, D., [Verhaltenspflichten], 1981, S. 494. 1134 Vgl. BGH-Urteil vom 18.12.1980. 1135 Vgl. Hopt, K. J., [Asymmetrische Information], 1984, S. 749.

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Verstärkung der Sicherheiten an Treu und Glauben gebunden.1136 So wird man das Recht zur Kündigung absprechen müssen, wenn die Bank über vollwertige Sicherheiten verfügt und durch das Hinausschieben der Kündigung keine Beein­ trächtigung der Sicherheit zu befürchten hat.lb7 Rechtsstreitigkeiten ergeben sich zumeist bei der Auslegung einer erheblichen Vermögensgefährdung, da Liquiditäts­ schwierigkeiten des Schuldners eine Kreditkündigung allein noch nicht rechtfer­ tigen.1138 Die Rechtsprechung stellt hierbei die erst nach der Kreditzusage erlangte Kenntnis über die Vermögensgefährdung der Kenntnisse bei Kreditvergabe gleich, es sei denn Risikoeinschätzungen erweisen sich später als nicht zutreffend.1139 Da im neuen Recht die Untemehmenssanierung als gleichwertige Verwertungsaltemative zur Verfügung steht, bekommt die Frage nach Kündigung sowohl in sachlicher wie zeitlicher Hinsicht eine neue Qualität. Mit der Ausübung des Kündigungsrechtes ist das Kreditinstitut nicht mehr in dem Maße dem Vorwurf ausgesetzt, die Zerschlagung des Unternehmens zu betreiben. Vielmehr kann das Kreditinstitut mit einer rechtzeitigen Kündigung die Voraussetzung zur Sanierung verbessern. Gleichzeitig kann sich das Kreditinstitut mit einer Kündigung u.U. dadurch Vorteile verschaffen, daß die anderen Gläubiger im Insolvenzverfahren auf einen Teil ihrer (ungesicherten) Forderungen verzichten und damit dem Schuldner mehr Luft verschaffen, um dem Kapitaldienst - zum eigenen Vorteil - besser nachzukommen. Eine Kündigung ist dann vorzunehmen, wenn die Sanierungs­ fähigkeit sehr zweifelhaft erscheint und sich das Ausfallrisiko durch eine Untemehmensfortführung erhöhen würde, weil z.B. die Werthaltigkeit der Sicherheiten abnimmt oder mit einer Inanspruchnahme ungesicherter Kreditlinien, bei sich zunehmend verschlechternder wirtschaftlicher Lage, zu rechnen ist.

1136 Vgl. BGH-Urteil vom 18.12.1980 1,37 Vgl. Obermüller, M., [Insolvenz], 1992, S. 24 und Sundermeier, B.; Wilhelm, A., [Bankkredit], 1997, S. 1132. 1138 Vgl. Hopt, K. J„ [Asymmetrische Information], 1984, S. 749-750. 1139 Vgl. Hopt, K. J., [Asymmetrische Information], 1984, S. 750.

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2. Die Kreditentscheidung im Spannungsfeld zwischen Insolvenzvermeidung und Gläubigerschädigung Mit der Kreditentscheidung in der Unternehmenskrise sind die Kreditinstitute, insbesondere die Hausbank, einem besonderen Konflikt zwischen den Untemehmenserhaltungs- und Schadensminimierungsinteressen der Beteiligten ausgesetzt.1140 Durch die Aufrechterhaltung der Liquidität besteht einerseits die Chance, die Unternehmenskrise aus eigener Kraft meistem zu können, andererseits besteht bei der Vergabe eines Sanierüngskredites die Gefahr, daß dadurch der endgültige Zusammenbruch des Unternehmens nur zeitlich hinausgeschoben wird, ohne zur Gesundung beizutragen.1141 Während der Schuldner, häufig unterstützt vom Betriebsrat, auf weitere Kredite zur Abwendung der Insolvenz drängt, steht bei den Kreditinstituten notwendigerweise die Sicherung der bisherigen Kredite im Vordergrund der Überlegungen.1142 In der Praxis dienen neue Kredite häufig dazu, ungesicherte Kredite zurückzufuhren, eine nachträgliche Sicherung für alte Kredite zu erwirken oder alte Sicherheiten, bspw. durch die Ausproduktion von Halbfertigerzeugnissen, aufzuwerten. Die Bank wird dem Verlangen des Schuldners nach weiteren Krediten nur dann nachkommen, wenn dieser weitere Sicherheiten bereitstellen kann.1143 Ungesicherte Kredite zur Insolvenzabwendung sowie zur Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe kommen zumeist nicht in Betracht.1144 Somit nehmen bei einer gescheiterten Sanierung die ungesicherten Gläubiger den größten Schaden, solange noch freie Masse vorhanden gewesen wäre. Obwohl erfolgversprechende Sanierungsbestrebungen in der rechtspolitischen Literatur erwünscht sind sowie von der Rechtsprechung befürwortet werden,1145 führen die Rechtsfolgen bei einem gescheiterten Sanierungsversuch zu nicht abschätzbaren Schadensersatzansprüchen wegen sittenwidriger Insolvenzver­ schleppung und Ansprüchen des Insolvenzverwalters auf Rückgewähr bestellter

So auch Häuser, F, [Kreditinstitute], 1995, S. 84. Vgl. Vormbaum, H; Baumanns, F J., [Auslösung], 1984, S. 1971. Vgl. Obermüller, [Bankpraxis], 1997, Rdn. 5.99- 5.101. Vgl. hierzu die empirische Untersuchung bei Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R., [Mobiliar­ sicherheiten], 1985, S. 121. 1144 Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.: Rieger, R, [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 113 und Stümer, R., [Sanierung], 1982, S. 768. 1145 Vgl . Claussen, C. P., [Sanierungen], 1983, S. 198-199; Hopt, K.J., [Kreditversorgung], 1979, S. 141 und Uhlenbruck, W., [Sanierungsbemühungen], 1980, S. 74-75 sowie BGH-Urteil vom 9.7.1979.

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Sicherheiten wegen Nichtigkeit nach § 138 BGB.1146 Ferner droht die oben dargestellte Umqualifizierung von Darlehen in Eigenkapital. Geßler umschreibt die Problematik treffend: „Gelingt die Sanierung, dann kümmert sich niemand um die rechtliche Wirksamkeit der geschilderten Vorgänge. Wehe aber, wenn...die Sanierung nur vorübergehend wirkt und die Gesellschaft nach einiger Zeit...Konkurs anmelden muß, weil sich ihre Großgläubiger nunmehr weder zu weiteren Krediten noch zur Teilnahme an einer Kapitalerhöhung bereit erklären.“1147

So ist die Bank bei jedem fehlgeschlagenen Sanierungsversuch zur Insolvenzver­ meidung zusätzlich dem Vorwurf der Gläubigerbenachteiligung nach § 826 BGB ausgesetzt. Obermüller weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß bei der Abgrenzung zwischen Sanierungskredit und sittenwidriger Insolvenzverschleppung im wesentlichen darauf abzustellen sei, ob das Kreditinstitut bei der Vergabe eines Sanierungskredites eigennützig oder uneigennützig handelt.1148 Die Rechtsprechung sieht es als eigennützig an, wenn in rücksichtsloser und eigensüchtiger Weise versucht wird, die eigene Stellung auf Kosten der anderen Gläubiger zu verbessern.1149 Deshalb ist zu überprüfen, ob ernste Zweifel an dem Gelingen des Sanierungsversuchs bestehen und deshalb damit zu rechnen ist, daß die Untemeh­ menskrise allenfalls verzögert, aber nicht auf Dauer behoben werden kann.1150 Die Grenzen können hierbei nicht allgemeingültig gezogen werden, so daß auf den Einzelfall abzustellen ist. Problematisch ist in diesem Zusammenhang, daß im wesentlichen immer noch auf eine individualethische Gesinnungsmoral abgestellt wird. Auch widerspricht die Sichtweise der Rechtsprechung dem Grundsatz des ökonomischen Handelns einer Bank insofern, da eine Kreditvergabe in der Untemehmenskrise letztendlich immer darauf ausgerichtet ist, das Kreditengagement insgesamt zu retten und erst zweitrangig den Erhalt des Unternehmens bezweckt. Die Diskriminierung von Eigennützigkeit als Antriebsfeder der eigenen Gewinner­ zielung ist insofern verfehlt.1151 Die Beurteilung der Erfolgsaussichten eines Sanierungsvorhaben ist ein Prognose­ problem ersten Ranges.1152 Hierzu sind zum einen Marktdaten aus dem Untemeh-

Vgl. Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 5.101. Geßler, E„ [Kredite], 1975, S. 173. Vgl. Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 5.109-5.121. Vgl. grundlegend dazu BGH-Urteil vom 9.12.1969. In der jüngeren Rechtsprechung des BGH vom 9.7.1979 wird ein bedeutender Schritt in Richtng Objektivierung und Präzisierung des Beurtei­ lungsmaßstabs gemacht. Vgl. auch Coing, H, [Gläubigergefährdung], 1980, S. 1029. 1150 Mit ausführlichen Nachweisen Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 5.108. 1151 Vgl. Häuser, R, [Kreditinstitute], 1995, S. 78. Ähnlich dazu auch Schmidt, R. H, [Information], 1984, S. 737. 1152 Vgl. Rümker, D., [Verhaltenspflichten], 1981, S. 509. 1146 1147 1148 1149

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mensumfeld, zum anderen Informationen über das Unternehmen selbst erforderlich. Da die Kreditinstitute im allgemeinen über weniger Informationen verfügen als der Schuldner selbst und deshalb auch keine exakteren Prognose anstellen können, ist allenfalls eine Plausibilitätsprüfung des Sanierungskonzeptes möglich. Solange der Schuldner unter der Annahme einer positiven Fortbestehensprognose eine Überschuldung ausschließen kann und darüber hinaus über entsprechende Sicherheiten verfügt, wird die Prüfung der Sanierungsfähigkeit zwangsläufig zu demselben Ergebnis führen. Obermüller bemerkt hierzu: „Nachträglich wird es jedoch einem Gericht naturgemäß leicht fallen, den Kredit als für die Sanierung unzureichend und die Prüfung als zu oberflächlich zu bewerten.“1153

Da zum Zeitpunkt der Kreditentscheidung in der überwiegenden Anzahl der Fälle eine Gläubigerschädigung nicht ex ante ausgeschlossen werden kann, ist letztendlich jeder Sanierungsversuch einem hohen Risiko ausgesetzt. Andererseits können den Kreditinstituten bei der Kreditvergabe keine über das normale Maß hinausgehenden Sorgfaltspflichten aufgebürdet werden, solange das Unternehmen nicht zu Lasten der anderen Gläubiger am Leben erhalten wird.1154 Ein sinnvoller, wenngleich auch fehlgeschlagener Sanierungsversuch macht allein noch nicht haftbar.1155 Darüber hinaus wäre es widersinnig, Kreditinstitute durch im voraus unberechenbare Haftungsrisiken abzuschrecken.1156 Entsprechend umstritten ist daher die Frage, ob Sanierungskredite1157 privilegiert werden sollen, da sie zur Insolvenzvermeidung beitragen, oder vielmehr diskrimi­ niert, da mit einer möglichen Insolvenzverschleppung eine besondere Gefährdung der Drittgläubiger verbunden ist. Bei der Behandlung von Sanierungskrediten ist daher zwischen den Chancen einer Sanierung und den Gefahren der Gläubiger­ schädigung abzuwägen.1158 In der Literatur wird von einer generellen Diskrimi­ nierung von Sanierungskrediten Abstand genommen, da sie sanierungsfeindlich wirken würde.1159 Andererseits steht eine betriebswirtschaftlich fundierte

Vgl. Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 5.130. Vgl. Hopt, K. J., [Asymmetrischeinformation], 1984, S. 754. Vgl. Obermüller, [Bankpraxis], 1997, Rdn. 5.106. Vgl. Hopt, K. J., [Asymmetrische Information], 1984, S. 753. Der Begriff des Sanierungskredites wird in der Rechtsprechung über die Insolvenzreife festgelegt, ohne dies weiters zu definieren. Dem Sinn nach kann die Insolvenzreife bei einer Sanierungsbedürf­ tigkeit angenommen werden. Vgl. Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 5.104. 1158 Vgl. Westermann, H P„ [Kreditgeber], 1982, S. 386. 1159 Vgl. Claussen, C. P., [Sanierungen], 1983, S. 214-215; Menzel, H.-J., [Gesellschafterdarlehen], 1982, S. 203; Obermüller, M, [Bankpraxis], 1997, Rdn. 5.304; Schmidt, R. H, [Information], 1984, S. 735, Uhlenbruck, W., [Sanierung], 1981, S. 572, ders., [Sanierungskredit], 1982, S. 152-153 und Westermann, H. P., [Kreditgeber], 1982, S. 386. 1153 1154 1155 1156 1157

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Begründung für eine Privilegierung von Sanierungskrediten aus. Allein die Tatsache, daß eine stille Sanierung ohne die Publizitätswirkung eines Insolvenz­ verfahrens häufig erfolgversprechender ablaufen, vermag nicht zu überzeugen.1160 Eine Privilegierung von Sanierungskrediten ist daher überaus problematisch, zumal bei einem Scheitern die Vermögensposition der Altgläubiger geschützt werden muß. Die den Altgläubigem zum Zeitpunkt einer weiteren Kreditvergabe zustehende Vermögenssubstanz darf nicht zu weiteren Sicherungszwecken verwandt werden. Andererseits muß ein risikoreiches Sanierungsengagement entsprechend entlohnt werden, wenn kein anderer Kreditgeber mehr bereit ist, Kapital zur Verfügung zu stellen, und zusätzliche finanzielle Mittel die letzte Möglichkeit zur Überwindung der Untemehmenskrise darstellen.1161 Aus Gründen des Gläubigerschutzes können Sanierungskredite im Sinne von Risikokapital nur über eine bevorzugte Partizipation zukünftiger Erträge privilegiert werden. Die Insolvenzrechtsreform hat dem Sanierungskredit außerhalb des Insolvenzverfahrens jedoch keine bevorzugte Stellung eingeräumt. Durch die Verweisung von kapitalersetzenden Darlehen auf den Nachrang nach §§ 264 Abs. 3 i.V.m. 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO werden die Sanierungsbestrebungen von denjenigen, von denen am ehesten ein Sanierungskredit zu fordern oder zu erwarten wäre, sogar ins Gegenteil umgedreht.1162 Allenfalls genießen die unter den § 32a Abs. 3 Satz 3 GmbHG erfaßten Sanierungskredite ein Sanierungsprivileg. Solange mit der Zurückstufung im Insolvenzfall kein korrespondierender Ausgleich im Falle einer erfolgreichen Sanierung geschaffen wird - bspw. durch einen angemessenen Vorab-Anteil an dem Jahresüberschuß des sanierten Unternehmens, bis erneut eine Umqualifizierung des Darlehens nach Beseitigung der Überschul­ dung erfolgen kann - ist die Kreditgewährung eines am Unternehmen beteiligten Institutes zur Abwendung einer Insolvenz wenig ratsam.

Der Vorwurf der Insolvenzverschleppung bleibt für die Kreditinstitute trotz der zum Teil neuen Rechtslage von zentraler Bedeutung.1163 Der ausgeprägte Schutzgedanke in Gesetz und Rechtsprechung führt zu einer schlechten Kapitalallokation und schafft insgesamt eine sanierungsfeindliche Atmosphäre. Hier zeigt sich einmal

1160 So Westermann, H. P., [Kreditgeber], 1982, S. 386. 1161 Das gerade in der Bundesrepublik drängende Problem der Wagnisfinanzierung bedarf noch einer interdiziplinären Anstrengung, insbesondere im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht. Einseitige Schuldzuweisungen an die Banken haben sich dabei nicht als besonders hilfreich erwiesen. Vgl. Hopt, K. J., [Asymmetrische Information], 1984, S. 746-747. 1162 Ausführlich zur haftungsrechtlichen Diskriminierung von Sanierungskrediten bei Uhlenbruck, W., [Sanierungskredit], 1982, S. 144-149. 1163 Vgl. Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 5.103.

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mehr, daß ein zu stark ausgeprägter Schutz bestimmter Gläubiger sich als kontraproduktiv erweist und demjenigen, dem der Schutz zugedacht ist, letztendlich schadet.

3. Der Einfluß der Kreditstrategien auf den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung Um das Ausfallrisiko im Insolvenzfall minimieren zu können, versucht die Bank mit ihrer Kreditentscheidung letztendlich Einfluß auf den Zeitpunkt der Insolvenzer­ öffhung zu nehmen, um entweder mögliche (weitere) Ausfälle zu verhindern oder bereits eingetretene Ausfälle wieder rückgängig zu machen. Die Einflußnahme seitens der Kreditinstitute ist deshalb möglich, weil nur der Insolvenztatbestand der Zahlungsunfähigkeit zur Einstellung des Geschäftsbetriebes zwingt, während die (unerkannte) Überschuldung aus ökonomischer Sicht einer Untemehmensfortfiihrung zunächst nicht entgegensteht. Die Antragstellung des Schuldners wird infolgedessen von dem Verhalten der Kreditinstitute - abhängig von deren jeweiligen Sicherungsposition und Informa­ tionsstand - nicht unwesentlich beeinflußt.1164 So kann ein Stillhalten der Kreditinstitute oder die Vergabe neuer Kredite zu einer zeitlichen Verzögerung der Antragstellung fuhren. Insofern werden die Banken aufgrund ihrer eigenen ökonomischen Zielsetzungen die Zahlungsfähigkeit so lange aufrecht erhalten, wie der Schuldner insolvenzfeste (Dritt-)Sicherheiten anbieten kann. Im Gegensatz dazu kann die Bank durch die Kündigung der Kreditlinien die Zahlungsunfähigkeit herbeiführen und somit den Schuldner in kurzer Zeit zur Antragstellung zwingen. In der gegenwärtigen Insolvenzpraxis wird die Mehrzahl der Eröffhungsanträge vom Schuldner gestellt, wobei letztendlich die Kreditinstitute mit ihrem Vertrauens- und Kapitalentzug die Zahlungsunfähigkeit herbeifuhren und damit die Insolvenz auslösen.1165 Mit der Kreditstrategie des Stillhaltens wird weder die Bilanzstruktur berührt noch die Liquidität betroffen. Somit bleibt zunächst die Vermögens- und Finanzlage des Schuldners unverändert; das Stillhalten hat somit keinen unmittelbaren Einfluß auf den Insolvenzzeitpunkt. Wenn allerdings die Innenfinanzierungskraft des Schuldners erschöpft ist, wie dies in der fortgeschrittenen Unternehmenskrise der Fall sein dürfte, droht eine Zahlungsunfähigkeit. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, daß dem Schuldner im neuen Recht mit dem Insolvenztatbestand der drohenden

1164 Vgl. Vormbaum, H.; Baumanns, F. J., [Auslösung], 1984, S. 1974. 1165 Vgl. Gessner, V u.a., [Konkursabwicklung], 1978, S. 126.

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Zahlungsunfähigkeit eine freiwillige Auslösung des Insolvenzverfahrens vorbehalten ist. So wird der Schuldner insbesondere beim Stillhalten die Möglichkeit einer frühzeitigen Antragstellung in Erwägung ziehen, da er von seiner Hausbank ohnehin keine finanzielle Unterstützung mehr erwarten kann. Dem Schuldner wird dadurch ein Insolvenzzeitraum eröffnet, der sich dem Einfluß der Kreditinstitute weitgehend entzieht. Für die Kreditinstitute ist es somit nicht mehr möglich, den Zeitpunkt der Antragstellung seitens des Schuldners exakt zu bestimmen. Die Praxis wird sich darauf einstellen müssen.

Die Kreditinstitute werden daher auch im neuen Recht bestrebt sein, eine Antrag­ stellung des Schuldners solange hinauszuzögem, bis ihre Sicherheiten insolvenzfest sind, also nicht mehr dem Anfechtungsrisiko unterliegen, und ihre Forderungen soweit reduziert sind, daß ihre Sicherheiten ausreichen.1166 Insbesondere werden sie versuchen, eine für sie unkalkulierbare und möglicherweise ungünstige Antragstel­ lung des Schuldners bei drohender Zahlungsunfähigkeit zu verhindern. Deshalb werden die Banken den Schuldner bereits im Vorfeld der Insolvenz mit entspre­ chenden Maßnahmen an ihre eigenen Interessen binden. Eine Bindung des Schuldners an die Vorstellungen und Ziele der Kreditinstitute kann bspw. durch eine umfangreiche Absicherung in das Privatvermögen des Schuldners oder ihm nahestehender Personen erreicht werden. Damit können die Verluste der Kredit­ institute durch eine „zu frühe“ Insolvenzeröflhung wirkungsvoll auf den Schuldner zurückverlagert werden. Der Schuldner ist durch seine persönliche Haftung den Interessen der Kreditinstitute ausgesetzt. Gleichzeitig wird der Innenlösung, insbesondere dem Insolvenztatbestand der drohenden Zahlungsunfähigkeit, die Existenzgrundlage entzogen. Anders verhält es sich mit der Kreditkündigung. Durch die aktive Beendigung der Kreditbeziehung - die nach einhelliger Auffassung von Literatur und Recht­ sprechung gewissen Schranken unterliegt - nimmt das Kreditinstitut eine insolvenz­ beschleunigende Rolle ein.1167 So dürfte mit der Kreditkündigung die Zahlungsun­ fähigkeit und nach kurzer Zeit die Zahlungseinstellung herbeigeführt werden. Untersuchungen ergaben, daß es nur Unternehmen mit geordneten finanziellen Verhältnissen möglich ist, die Hausbank ohne größere Barrieren zu wechseln.1168 Im Umkehrschluß steht einem Unternehmen in der Krise diese Wahlmöglichkeit nicht

1166 Vgl. Henckel, W., [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 18. 1167 Vgl. Lauer, J, [Kreditmanagement], 1994, S. 93. A.A. Jährig, Alfred; Schuck, Hans: [Untemeh­ menskrisen], 1989, S. 16. 1168 Vgl.^MZ, [Kreditwirtschaft], 1979, Tz. 516.

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mehr zur Verfügung. Die Kreditkündigung dürfte somit in der Praxis einer Insolvenzauslösung gleichkommen. Neue Kredite können den Tatbestand der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit beseitigen, nicht dagegen eine ungünstige Kapitalstruktur abwehren.1169 Der Insolvenztatbestand der Überschuldung als der zeitlich vorgelagerte Eröflhungsgrund bleibt somit weiterhin im Raum stehen. Deshalb ist zu untersuchen, ob neue Kredite auch den Überschuldungstatbstand beseitigen können:

Mit der Vergabe eines größeren Kredites wird die Finanzkraft des Unternehmens nachhaltig gestärkt und eine weitere Untemehmensfortftlhrung dadurch wieder ermöglicht. Die deduktiven Überlegungen zum Überschuldungsstatus zu Fortfuhrungswerten haben gezeigt, daß der zweistufige Prüfungsansatz sich auf die Beurteilung der finanziellen Ertragskraft des Unternehmens im Prognosezeitraum reduziert. Dadurch könnte eine bereits eingetretene Überschuldung wieder abgewandt werden. Dieser Vorgehensweise steht jedoch die Pflicht der Kreditin­ stitute zur Prüfung der Sanierungsfähigkeit im Wege. Die Kreditinstitute dürfen im Hinblick auf den Vorwurf der Insolvenzverschleppung nur noch dann einen Kredit vergeben, wenn die Sanierungsfähigkeit im Vorfeld eingehend geprüft ist und bejaht werden kann. Die Sanierungsfähigkeit ist nur solange gegeben, als eine positive Fortbestehensprognose angenommen werden kann.1170 Hat der Schuldner alle in dem zugrunde liegenden Sanierungskonzept vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen umgesetzt und tritt trotzdem keine Gesundung ein, muß er von seiner positiven Fortbestehensprognose abrücken. In diesem Fall tritt - von außergewöhnlich hohen Liquidationswerten abgesehen - der Tatbestand der Überschuldung ein. Diese Situation wird im folgenden unterstellt. Der Gleichlauf von Sanierungsfähigkeit und positiver Fortbestehensprognose hat dann zur Folge, daß das Kreditinstitut bei einer bereits eingetretenen Überschuldung in Verbindung mit einer negativen Fortbeste­ hensprognose keinen Sanierungskredit mehr vergeben darf, und zwar auch dann nicht, wenn dadurch die Finanzkraft für einen längeren Zeitraum wieder hergestellt werden kann. Ausschlaggebend ftlr die Vergabe eines Kredites bleibt die Beur­ teilung der Sanierungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Kreditvergabe. In diesem Stadium ist somit bei der Kreditvergabe ftlr die Banken allergrößte Vorsicht geboten. Dem Vorwurf der Insolvenzverschleppung bei eingetretener Überschul­ dung werden sie nur dann entgehen können, wenn damit gleichzeitg ein neues

1169 Vgl. Gawaz, K.-D., [Bankenhaftung], 1997, S. 16; Häuser, F, [Kreditinstitute], 1995, S. 85 und Rümker, D., [Verhaltenspflichten], 1981, S. 493. 1170 Vgl. Nonnenmacher, R., [Sanierung], 1994, S. 1319.

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Sanierungskonzept im Rahmen einer umfassenden außergerichtlichen Sanierung verbunden ist.

IIL Der Beitrag der Insolvenzordnung zur Vorverlegung der Insolvenzeröffnung Aufgrund den vorhergehenden Ausführungen besteht die starke Vermutung, daß die gegenwärtig späte Antragstellung des Schuldners in nicht unerheblichem Maße auch dem Entscheidungskalkül der Kreditinstitute unterliegt, da diesen ebenfalls kein ausgeprägtes Interesse an einer frühen Insolvenzeröfihung zukommt. Im Hinblick auf die Sanierung als erfolgversprechende Verwertungsaltemative im neuen Recht kann ein solcher Interessengleichlauf vom Schuldner und den ausreichend gesicherten Gläubigem schädlich sein, da der Schuldner und die Kreditinstitute i.d.R. keine aus gesamtunternehmensbezogener Sicht vermögensmaximierende Politik verfolgen.

Die bisherigen Untersuchungen haben gezeigt, daß die drohende Zahlungsun­ fähigkeit in den meisten Fällen bereits mit einer Überschuldung einhergeht und deshalb zu keiner wesentlichen Vorverlagerung der Insolvenzeröfihung führen dürfte. Ein besseres Ergebnis würde dadurch erreicht werden, wenn - wie bereits dargelegt - neben oder vielmehr statt dem Tatbestand der drohenden Zahlungsunfä­ higkeit der Tatbestand der drohenden Überschuldung eingeführt würde. Ferner wurde dargelegt, daß der Wertansatz zu Fortführungswerten im Überschuldungs­ status nicht von der zugrunde liegenden Fortbestehensprognose sachlogisch als eigene Prüftmgsstufe abgekoppelt werden kann. Damit wird im Überschuldungs­ status lediglich das Prognoseergebnis bestätigt. Durch diese Konsequenz hat der Überschuldungsstatbestand gegenüber dem alten Recht weder eine wesentliche Verschärfung noch eine bessere Bestimmbarkeit erfahren. Im Ergebnis ist davon auszugehen, daß der Schuldner die jeder Prognose anhaftende Unsicherheit entsprechend seinen persönlichen Zielsetzungen und seiner Risikobereitschaft ausfüllen wird. Nicht zuletzt dadurch gestaltet sich die Sanktionierbarkeit bei Mißachtung der Antragsstellung weit schwieriger, da die erforderliche Prognose­ sorgfalt und -genauigkeit des Antragspflichtigen im Streitfall den Wertungen der Gerichte überlassen werden muß.1171

Somit konnte auch im neuen Recht der problematische time-lag zwischen dem Insolvenzzeitpunkt und der Antragstellung vom Gesetzgeber nicht beseitigt werden.

1171 Ferner ist es fraglich, ob ein auf subjektive Wertungen abstellender Straftatbestand dem Bestimmt­ heitsgrundsatz genügt. Vgl. Kölner Kommentar, [Kommentar], § 92, Rz. 29.

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Folglich wird der Schuldner seine Schlüsselstellung bei der Antragstellung beibehalten. Aufgrund der verschiedenen prognostischen Elemente in den Insolvenztatbeständen wird es auch kaum möglich sein, die Antragstellung verstärkt in die Hände der Gläubiger zu legen. Wie die Insolvenzpraxis zeigt, setzen nur 6,6% der Lieferanten den Insolvenzantrag als Sanktionspotential ein, ausstehende Forderungen einzutreiben.1172 Selbst wenn einige Kreditinstitute als Gläubiger die drohende Insolvenz erkennen könnten, besteht für sie in der gegenwärtigen Rechtsordnung kein Anreiz zu einer frühzeitigen Insolvenzeröfihung, da ihre vermögensrechtliche Position erst zu einem relativ späten Zeitpunkt angetastet wird.1173 Insbesondere halten sich die Banken aus geschäftspolitischen Gründen mit Anträgen auf Eröffnung eines Insolvenzverfahren zumeist zurück.1174 So muß eine frühzeitige Insolvenzeröffhung letztendlich durch den Schuldner selbst herbeigeführt werden.

Im Hinblick auf das oben dargestellte Prognoseverhalten des Schuldners sind neben einer strengen postjudikativen Überwachung auf Einhaltung der Antragspflicht diesem nachhaltige Anreize zu geben, die Prognosen realistisch zu fassen. Solange der Schuldner das Insolvenzgericht als Friedhofsamt und den Insolvenzverwalter als Bestattungsuntemehmer sieht, wird er wenig motiviert sein, sich frühzeitig in ein Insolvenzverfahren zu begeben.1175 Wenn der Schuldner dagegen die Möglichkeiten einer frühzeitigen Antragstellung in Verbindung mit dem neuen sanierungsrecht­ lichen Instrumentarium der Insolvenzordnung zu nutzen weiß, wird er eine frühzeitige Insolvenzeröffhung vielmehr als Sanierungschance sehen. Der Beitrag der Insolvenzordnung zur früheren Insolvenzeröffhung ist weniger an den materiellen Insolvenztatbeständen, als vielmehr daran zu messen, inwieweit die Insolvenzordnung den Schuldner zur Antragstellung motivieren oder zwingen kann.

Das zentrale Problem der Innenlösung ist, daß der Schuldner seinen Informations­ vorsprung nicht im Interesse der Gläubiger einsetzt, wenn der Einsatz den eigenen Interessen entgegensteht.1176 Dies gilt insbesondere dann, wenn der Schuldner an einem verbleibenden Unternehmenswert nicht mehr partizipiert.1177 Somit steigt im Regelfall die Attraktivität zur Vermögensverschiebung bei einer sich verschlech­ ternden Vermögenslage.1178 Deshalb muß insbesondere beim Schuldner durch ein

1172 1173 1174 1175 1176 1,77 1178

Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J; Rieger, R, [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 83. Vgl. Franke, G, [Sanierungsverfahren], 1984, S. 164. Vgl. Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 1.19. Vgl. Maus, K. H, [Insolvenzplan], 1997, S. 714. Vgl. Drukarczyk, J., [Unternehmen], 1987, S. 94. Vgl. Drukarczyk, J., [Gläubiger], 1993, S. 7. Vgl. Drukarczyk, J., [Reform], 1983, S. 335-336.

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entsprechendes Anreiz- und Sanktionssystem ein starkes derivatives Interesse an einer frühzeitigen Antragstellung erzeugt werden.1179 Im folgenden ist zu erörtern, welche Möglichkeiten im neuen Insolvenzrecht offenstehen, das Verhalten des Schuldners zur frühzeitigen Antragstellung zu beeinflussen: Ein starker Anreiz für den Schuldner zur frühzeitigen Antragstellung geht von dem Rechtsinstitut der Eigenverwaltung aus, wenn der Schuldner bei der Antragstellung damit rechnen kann, nach der Verfahrenseröffhung nicht völlig aus der Geschäfts­ führung verdrängt zu werden.1180 Dies ist zugleich der stärkste ökonomische Anreiz für den Schuldner. Die Eigenverwaltung nach § 270 InsO berechtigt den Schuldner, unter Aufsicht eines Sachverwalters, die Insolvenzmasse weiterhin zu verwalten und über sie zu verfügen.1181 Voraussetzung hierfür ist, daß das Verfahren dadurch nicht verzögert wird und dem Gläubiger keine sonstigen Nachteile entstehen. Die Eigenverwaltung kommt vor allem dann in Betracht, wenn das Vertrauen in die Fähigkeit und Aufrichtigkeit des Schuldners durch die Insolvenzeröfihung nicht nachhaltig gestört worden ist. Dieses Vertrauen dürfte nur dann gegeben sein, wenn sich der Schuldner freiwillig frühzeitig in ein Insolvenzverfahren begibt.

Die EigenVerwaltung ist jedoch nicht unumstritten, da die Insolvenz die einzige rechtliche Möglichkeit bietet, das Unternehmen dem Einfluß der bisherigen Geschäftsführung zu entziehen.1182 Es ist nur in Ausnahmefällen vorstellbar - wenn bspw. ausschließlich exogene Krisenursachen zur Insolvenz geführt haben - daß deijenige, der sein Unternehmen aus eigener Kraft nicht sanieren konnte, im Insolvenzfall die Verfügungsbefugnis beibehalten soll.1183 Auch im Hinblick auf die zunehmende Zahl der Bankrottdelikte ist die Eigenverwaltung sehr restriktiv einzusetzen.1184 Gesicherte Erkenntnis ist, daß die Rechtsform der GmbH nicht nur besonders insolvenzanfällig, sondern auch in besonderem Maße kriminalitätsanfällig ist.1185 Auf der anderen Seite könnte das Verfahren kostengünstiger abgewickelt

Vgl. Steiner, M., [Insolvenzauslösetatbestände], 1986, S. 422. So die Begründung des Regierungsentwurfes. Vgl. dazu BT-Drucks. 12/2443, S. 223. Ausführlich dazu Jordan, A., [Reorganisationsverfahren], 1993, S. 104-108. Kritisch hierzu Grub, V., [Insolvenzordnung], 1993, S. 396 und Groß, P. J, [Insolvenzordnung], 1997, S. 7. 1183 So zeigen auch die US-amerikanische Erfahrungen, daß die Eigenverwaltung, auch wenn sie unter der Aufsicht eines Sachverwalters steht, mit Vorbehalten zu sehen. Vgl. Drukarzcyk, J., [Verwer­ tungsformen], 1995, S. 57. 1184 So auch Ehlers, H.; Drieling, Z, [Untemehmenssanierung], 1998, S. 19 und Mönning, R-D., [Betriebsfortführung], 1997, S. 79. Zur zunehmenden Zahl von Bilanz- und Rechnungsfälschung vgl. Lohse, D., [Wirtschaftskriminalitität], 1996, S. 144. 1185 Vgl. Richter, H., [Strafrechtspraxis], 1984, S. 115, Schüppen, M., [Konkursverschleppung], 1994, S. 197; Tiedemann, K., [Wirtschaftskriminalität], 1980, S. 206 und Uhlenbruck, W., [Gmbh & Co. KG], 1988, S. 22.

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werden, da der hohe Einarbeitungsaufwand des Insolvenzverwalters in das Unternehmen und dessen Produkte und Märkte entfiele.1186 Die Erfahrungen im amerikanischen Recht zeigen, daß sich das Konzept der Eigenverwaltung für die Durchführung leistungswirtschaftlicher Sanierungsmaßnahmen besonders bewährt hat.1187 Ein weiteres Argument für die Eigenverwaltung liefert die Praxis selbst, da die zeitlichen und fachlichen Restriktionen des Insolvenzverwalters zumeist nur eine Überwachungsfunktion zulassen. Ferner ist eine VermögensVerschiebung seitens des Schuldners kaum zu befürchten. Wenn die Gläubigerschädigung nicht bereits im Vorfeld stattgefunden hat, so wird der Schuldner hierfür keine Veranlassung im Insolvenzverfahren finden, da er sich Schadensersatzansprüchen aussetzen und die Möglichkeit der Restschuldbefreiung nach § 286 InsO verbauen würde.1188

Als weiteren Anreiz zur frühzeitigen Antragstellung sieht das neue Insolvenzrecht die Restschuldbefreiung vor. Sie befreit den redlichen Schuldner bei Verwertungs­ defiziten im Insolvenzverfahren nach einer siebenjährigen Wohlverhaltensperiode von dem unbeschränkten Nachforderungsrecht der Gläubiger, die im Insolvenzver­ fahren keine vollständige Befriedigung erhalten haben.1189 Dadurch wird dem Schuldner die Möglichkeit eines wirtschaftlichen Neuanfanges ermöglicht. Für die Erlangung der Restschuldbefreiung muß der Schuldner innerhalb von sieben Jahren nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens den pfändbaren Teil seines Einkommens an einen Treuhänder abgeben, der daraus die restlichen Insolvenzgläubiger anteilig befriedigt.1190 Während der Dauer der Wohlverhaltensperiode sind Zwangsvollstrek­ kungsmaßnahmen einzelner Gläubiger nicht zulässig.1191 Im Insolvenzplan können

1186 Vgl. Kilger, J., [Reorganisationsverfahren], 1982, S. 782 und Zybon, A., [Eigenverwaltung], 1986, S.414. 1187 Vgl. Wagner, W., [Insolvenzrecht], 1996, S. 293. 1188 In der deutschen Rechtstradition wird der Schuldner häufig als Schurke betrachtet. So ist im Gegensatz zum „Discharge“, dem ersatzlosen Streichen der Verbindlichkeiten nach Abschluß des Insolvenzverfahren, im englischen und US-amerikanischen Recht dem Schuldner im deutschen Recht die Einrede der Veijährung erst nach Ablauf der allgemeinen Veijährungsfrist von 30 Jahren möglich. Vgl. Schmidt-Räntsch, R., [Insolvenzordnung], 1995, Teil 1, Rdn. 191. 1189 Die restlichen Verbindlichkeiten werden gemäß § 301 Abs. 3 InsO zu erfüllbaren, aber nicht erzwingbaren Verbindlichkeiten. Damit erlischt das Nachforderungsrecht der Gläubiger nach Beendigung des Insolvenzverfahrens. Im alten Recht konnte der Schuldner eine Restschuldbefreiung nur durch einen Vergleich oder Zwangsvergleich erreichen. Vgl. Balz, M., [Schuldbefreiung], 1989, S. 18-21 und Jordan, A., [Reorganisationsverfahren], 1993, S. 108. Kritisch zur Restschuldbefreiung Ohle, C. D., [Restschuldbefreiung], 1993, S. 20 und Scholz, F, [Restschuldbefreiung], 1989, S. 3638. Die nach § 290 Abs. 1 Nr. 3 vorgesehene Sperrfrist von 10 Jahren ftlr die wiederholte Erteilung der Restschuldbefreiung erscheint mir ftlr eine wirksame Einschränkung von Mißbrauchsgefahren zu kurz. So auch Prütting, H„ [Restschuldbefreiung], 1992, S. 883. 1190 Vgl. § 287 InsO. 1191 Vgl. §294 Abs. 1 InsO.

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die Gläubiger nach § 227 InsO eine kürzere Frist vereinbaren oder bereits mit Beendigung des Verfahrens eine Restschuldbefreiung gewähren.1192 Die Rest­ schuldbefreiung für natürliche Personen stellt aus gesamtwirtschaftlichen Überle­ gungen eine längst überfällige Neuregelung dar, um der Abdrängung in die Schattenwirtschaft sowie der wirtschaftlichen Betätigung über Dritte entgegenzu­ wirken.1193 Zusätzlich führt die Restschuldbefreiung für die am Einkommen des Schuldners dinglich gesicherten Gläubiger zu einem Konsensdruck im Insolvenz­ planverfahren.1194 Ferner soll das Planvorlagerecht des Schuldners zu einer frühzeitigen Antragstellung führen. Dem Schuldner steht hierbei die Möglichkeit zu, einen Insolvenzplan auszuarbeiten und den Gläubigem Sanierungsvorschläge zum Erhalt des Unter­ nehmens zu unterbreiten. Hierbei kann bereits im Vorfeld der Insolvenz ein Sanierungskonzept ausgearbeitet und dessen Akzeptanz mit der Hausbank und den sonstigen Großgläubigem erörtert und somit zugleich die bisher uneingeschränkte Machtstellung des Verwalters etwas zurückgedrängt werden. Eine Planvorlage ist nur in Verbindung mit einer frühzeitigen Antragstellung bei drohender Zahlungsun­ fähigkeit sinnvoll, da sich sonst der Schuldner seine eigenen Sanierungspläne verbauen würde.

Anreize allein werden jedoch selten genügen, den Schuldner zu einer frühen Antragstellung zu bewegen. Das Risiko des Schuldners, im Insolvenzverfahren neben seiner Organstellung auch sein Unternehmen zu verlieren, schwebt als Damoklesschwert immer über ihm.1195 Deshalb muß auch ein wirksam ausgestaltetes Schadenersatz- und strafrechtliches Sanktionssystem vorhanden sein. Die Sanktionen bei zu später Antragstellung umfassen die allgemeinen Haftungsansprüche gegen den Schuldner sowie den Anspruch auf Ersatz von Kostenvorschüssen nach § 26 Abs. 3 InsO bei Abweisung des Insolvenzverfahrens mangels Masse. Mit seinen jüngsten Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof die Haftung des Geschäfts­ führers bei Insolvenzverschleppung gegenüber Neugläubigem deutlich ver­ schärft.1196 Die Haftung gegenüber Gläubigem, die ihre Forderung gegen die Gesellschaft nach dem Zeitpunkt erworben haben, zu dem ein Konkursantrag hätte 1192 Das Abstellen auf eine irgendwie geartete Würdigkeit des Schuldners als subjektives Element findet bereits in der Gesamtvollstreckungsordnung keine Stütze mehr. 1193 Andererseits bleibt die Befürchtung, daß die Restschuldbefreiung als „Freifahrschein zum Schuldenmachen“ angesehen wird. Vgl. Uhlenbruck, W. u.a., [Übeijustizialisierung], 1992, S. 1737. 1,94 Vgl. Balz, M., [Schuldbefreiung], 1989, S. 18. 1195 Vgl. Franke, G., [ökonomische Überlegungen], 1983, S. 53. 1196 Vgl. BGH-Urteil vom 6.6.1994 sowie vom 7.11.1994 sowie die Besprechung bei Karallus, M., [Konkursverschleppungshaftung], 1995, S. 269-273 und Kübler, B. M., [Konkursverschleppungs­ haftung], 1995, S. 489-493.

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gestellt werden müssen, ist nunmehr nicht mehr auf den Quotenschaden beschränkt. Der Geschäftsführer haftet den Neugläubigem nunmehr in Höhe des vollen Vertrauensschadens der ihnen dadurch entsteht, daß sie in eine Rechtsbeziehung zu der überschuldeten oder zahlungsunfähigen Gesellschaft getreten sind.1197 Darüber hinaus wird die Verletzung der Insolvenzantragspflicht als Insolvenzverschleppung strafrechtlich geahndet.1198 Durch das nunmehr beträchtlich ausgeweitete Haftungsrisiko wird der Druck zur rechtzeitigen Stellung eines Insolvenzantrages erhöht.1199

Als weitere Sanktion bei verspäteter Antragstellung kommt die Versagung der Rest­ schuldbefreiung in Betracht.1200 Sanktionen bei verspäteter Antragstellung sind jedoch in zweierlei Hinsicht problematisch.1201 Zum einen kann der den Gläubigem entstandene Vermögens­ verlust nur in begrenztem Umfang durch Regreßansprüche gegen den Schuldner ersetzt werden, zum anderen entfalten Sanktionen nur begrenzt präventive Wirkung, da der Schuldner von dem wirtschaftlichen Erfolg seiner Sanierungsmaßnahmen überzeugt ist und ihm dadurch kein Fehlverhalten angelastet werden kann.1202 Jeder dieser Anreize und Sanktionen wird für sich allein betrachtet das allgemeine Ziel einer frühzeitigen Insolvenzeröffhung nur zu einem kleinen Teil fördern. Die kumulative Wirkung wird sich in der Insolvenzpraxis erst noch erweisen müssen. Der Schuldner wird jedoch nur dann frühzeitig einen Insolvenzantrag stellen, wenn er sich durch ein Insolvenzverfahren insgesamt einen Vorteil verschaffen kann, wie die Fortführung seines Unternehmens oder den Erhalt seiner organschaftlichen Stellung. Den zentrale Anreiz zur früheren Insolvenzeröffhung bildet letztendlich die Sanierungsoption im Insolvenzverfahren. Da der Verlauf und Ausgang eines Insolvenzverfahrens als ultima ratio mit vielen Unwägbarkeiten verbunden ist und eine frühzeitige Antragstellung nicht zwangsläufig mit einem Sanierungserfolg

1197 Kritisch gegenüber diesem Paradigmenwechsel Schüppen, [Konkursverschleppung], 1994, S. 201-203. Weitere kritische Stimmen bei Lutter, M., [Haftung], 1994, S. 134-135. Ausschlag­ gebend ist daher die Frage nach der rechtspolitischen Wünschbarkeit einer verschärften Haftung. Vgl. Medicus, D., [Haftung], 1995, S. 1435. 1198 Ausführlich dazu Richter, H., [Strafrechtspraxis], 1984, S. 118-121. 1199 Vgl. Kübler, B. M., [Konkursverschleppungshaftung], 1995, S. 495. 1200 Vgl. § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO. 1201 So auch Schröter, J.;Weber, A., [Sanierungsverfahren], 1982, S. 1024. Fleischer sieht hingegen in den der straf- und zivilrechtlichen Verantwortung des Geschäftsführers eine beträchtliche Präven­ tivwirkung. Vgl. Fleischer, H., [Überschuldungsstatus], 1996, S. 776. 1202 Solange die antragspflichtigen Organe noch an eine Sanierung glauben durften, ist der subjektive Tatbestand für eine Haftung nicht gegeben. Vgl. Lutter, M., [Haftung], 1994, S. 135 und Maser, P.; Sommer, A., [Haftung], 1996, S. 70.

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Zweiter Teil: Der Zeitpunkt der Insolvenzeröfihung

verbunden sein muß, setzt sich der Schuldner mit einem freiwilligen Insolvenzantrag einem hohen wirtschaftlichen Risiko aus, da er im Interesse der Rechtssicherheit seinen Antrag mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr zurückziehen kann und gleichzeitig seine Rechtsstellung, und damit seine Einflußmöglichkeit im Insolvenzverfahren, im wesentlichen aufgibt. Der Schuldner steckt somit in einem Dilemma.

Ein sanierungswilliger Schuldner wird daher bestrebt sein, sich außergerichtlich im Vorfeld der Insolvenz zu sanieren.1203 Etwa 20% aller Krisenfälle können im Vorfeld außergerichtlich saniert werden.1204 Im Vergleich zur Erfolglosigkeit der gerichtlichen Vergleichsverfahren eine stolze und zugleich ermutigende Quote. Solange die materiellen Voraussetzungen für eine Vorverlegung der Insolvenzer­ öflhung unverändert bleiben und die zukünftige Rechtsprechung keine strengeren Maßstäbe für die Antragspflicht entwickelt, stimmt der Beitrag der Insolvenz­ ordnung zur früheren Insolvenzeröflhung nur verhalten optimistisch.

1203 Der Anteil der Sanierungsversuche steigt mit der Beschäftigtenanzahl im Unternehmen. Von 27% bei Unternehmen bis 10 Beschäftigte bis auf 89% bei Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten. Vgl. Gessner, K u.a., [Konkursabwicklung], 1978, S. 262. 1204 Vgl. Uhlenbruck, W., [Sanierung], 1981, S. 533. Bei den Kunden der Kreditinstitute ergibt sich ein ähnliches Bild: Ein Drittel aller Insolvenzfälle werden über eine außergerichtliche Sanierung oder stille Liquidation abgewickelt. Vgl. Gessner, K u.a., [Konkursabwicklung], 1978, S. 261.

Dritter Teil: Die Untemehmenssanierung

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Dritter Teil: Die Unternehmenssanierung im Insolvenzverfah ren Im dritten und letzten Teil der Arbeit werden die Möglichkeiten und Probleme der Untemehmenssanierung im Insolvenzverfahren erörtert. Zunächst werden die Grundlagen der Untemehmenssanierung behandelt. Hierbei werden das arbeits­ rechtliche und finanzwirtschaftliche Sanierungsinstrumentarium der Insolvenz­ ordnung vorgestellt sowie die vielfältigen Schwierigkeiten bei der Sanierungs­ prüfung und der Einfluß der Kreditinstitute auf die Sanierungsentscheidung ausführlich diskutiert und kritisch gewürdigt. In diesem Kontext werden anschließend die Probleme und notwendigen Voraus­ setzungen für das Gelingen einer Sanierung im Insolvenzverfahren dargestellt. Besonders wichtig ist hierbei der Eigenantrag des Schuldners bei drohender Zahlungsunfähigkeit sowie der Gläubigerkonsens zur finanziellen Sanierung. Es zeigt sich insgesamt, daß der Gesetzgeber bei seinen Sanierungsbestrebungen auf halbem Wege stehen geblieben ist, da die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Sanierung unzulänglich geregelt sind. Neben den im zweiten Teil dargelegten Schwierigkeiten einer frühzeitigen Insolvenzeröfihung zeigt sich ferner, daß die Finanzierung im Insolvenzverfahren auch im neuen Recht ein kaum zu überwin­ dendes Problem geblieben ist, weil die Sicherheitenkonkurrenz zwischen Alt- und Neugläubigem auch in der Insolvenzordnung fast ausschließlich zu Gunsten der Altgläubiger entschieden worden ist.

Die Arbeit schließt mit Lösungsansätzen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für eine Untemehmenssanierung. Neben neuen Möglichkeiten zur wirksameren Vorverlegung der Insolvenzeröfihung wird die Notwendigkeit einer freien Sanierung anhand eines ökonomischen Modells für die Sanierungsbereitschaft der Gläubiger aufgezeigt. Daraus wird die Forderung nach einer freien, d.h. außergerichtlichen Sanierung im Vorfeld der Insolvenzeröfihung abgeleitet. In Verbindung mit einem optimalen Sanierungszeitpunkt werden die ökonomischen Anforderungen an eine freie Sanierung und die dazu notwendigen gesetzlichen Vorgaben dargestellt.

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Dritter Teil: Die Untemehmenssanierung

A. Grundlagen der Untemehmenssanierung Die Insolvenz als Schuldenbereinigungsverfahren ist aus ökonomischer Sicht auf die Erhaltung oder Mehrung wirtschaftlicher Werte ausgerichtet.1205 Damit wird die Verlustminimierung im Insolvenzverfahren zum vorrangigen Gebot. Während im alten Recht die Verlustminimierung als Ausfluß der statischen Bilanztheorie fast ausnahmslos in der Zerschlagung des Vermögens und der Veräußerung seiner Einzelteile gesehen wurde, faßt das neue Recht i.S. einer stärkeren dynamischen Bilanzauffassung das Untemehmensvermögen als Potential auf, um zukünftige Erträge zu erwirtschaften.1206 Hierbei tritt der Wert des einzelnen Vermögensgegen­ standes hinter den wirtschaftlichen Gesamtverband zurück. Der Wert des Untemehmensvermögens ist somit nicht mehr einzelnen Vermögensgegenständen direkt zuzuorden. Die Gläubiger sind, so gesehen, Träger einer von einzelnen Vermögens­ gegenständen losgelösten Verwertungsgemeinschaft.1207 Die so verstandene Form eines unitären Vermögens bedarf zwangsläufig einer veränderten Form der Vermögens Verwertung, die zunächst auf eine Untemehmensfortführung gerichtet ist. Erst wenn sich herausstellt, daß eine Schuldentilgung auf diese Weise nicht mehr möglich ist, weil kein ausschüttungsfähiger Mehrwert für die Gläubiger geschaffen werden kann, ist eine Zerschlagung des Schuldnervermögens in seine Einzelteile und deren Veräußerung vertretbar.

Mit der so verstandenen Form der VermögensVerwertung kommt der Untemeh­ menssanierung eine wichtige Bedeutung zu, der auch das neue Insolvenzrecht Rechnung tragen will. Die Insolvenzordnung stellt dazu ein Instrumentarium für Sanierungen zur Verfügung, wobei kein allgemeingültiges Muster für eine erfolgreiche Untemehmenssanierung vorgegeben wird, da die praktische Durch­ führung einer Sanierung von den individuellen Gegebenheiten und Bedürfnissen des einzelnen Unternehmens abhängt.

1205 Vgl. Stüdemann, K, [Haftung], 1978, S. 414. 1206 Die Handelsbilanz folgt keiner bestimmten Bilanzauffassung. Sie wird zwar primär als statische Bilanz aufgefaßt, wobei zunehmend auch dynamische Elemente, z.B. Steuerabgrenzung und Aufwandsrückstellungen, Eingang finden. Vgl. Beck'scher Bilanz-Kommentar, [Jahresabschluß], § 274, Rdn 4. 1207 In dieser Richtung auch Stüdemann, K, [Haftung], 1978, S. 423.

Dritter Teil: Die Untemehmenssanierung

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L Das sanierungsrechtliche Instrumentarium der Insolvenzordnung Die Insolvenz eines Unternehmens schlägt sich letztendlich immer in dessen Finanzsphäre nieder.1208 Ein anhaltendes Mißverhältnis zwischen den Ein- und Auszahlungsströmen führt unweigerlich zur Überschuldung und damit zur Zahlungsunfähigkeit. Um ein erhaltenswertes Unternehmen an den Markt zurückzufuhren, bedarf es zunächst der Wiederherstellung des finanzwirtschaft­ lichen Gleichgewichtes des insolventen Unternehmens.1209 Darüber hinaus werden in erheblichem Maße finanzielle Mittel benötigt, um den notwendigen leistungs­ wirtschaftlichen Umbau durchführen zu können. Für die Überwindung der Insolvenz ist stets ein Bündel von finanz- und leistungswirtschaftlichen Maßnahmen notwendig.1210 Die leistungswirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen setzen im Bereich der Leistungserstellung und -Verwertung an, um das Verhältnis Aufwand zu Ertrag und damit die Wirtschaftlichkeit positiv zu beeinflussen.1211 Die einzelnen Sanierungs­ maßnahmen lassen sich nach den betrieblichen Funktionsbereichen in organisa­ torische, beschaffimgs- und produktionswirtschaftliche sowie. absatzpolitische Maßnahmen einteilen.1212 Unter den organisatorischen Maßnahmen sind insbe­ sondere alle personellen Maßnahmen zu subsumieren. Da die Inhalte eines leistungswirtschaftlichen Sanierungskonzeptes stets an den Einzelfall geknüpft sind, sind allgemein vorgeschriebene Regelungen nur bei typischen Sanierungsmaß­ nahmen sinnvoll.1213 So erfordert fast jede Untemehmenssanierung eine Straffung des Personalbestandes. Hierzu ist ein entsprechendes arbeitsrechtliches Instrumen­

1208 Vgl. Böckenförde, B., [Untemehmenssanierung], 1996, S. 138. 1209 Vgl. Emmerich, H., [Sanierung], 1930, S. 17; Gless, S.-E., [Untemehmenssanierung], 1996, S. 7382; Groß, P. J., [Untemehmenssanierung], 1991, S. 1572 und Maus, K. H., [Insolvenzplan], 1997, S. 712. 1210 Häufig ergeben sich zwischen finanz- und leistungswirtschaftlichen Maßnahmen Zielkonflikte. So etwa wenn die Produktivitätssteigerung durch den Kauf einer neuen Maschine dem Ziel der Liqui­ ditätssicherung zuwider läuft. Die sich im Falle konfliktärer Ziele ergebenden Entscheidungs­ probleme sind durch Zielhierarchien zu lösen. Vgl. Brandstätter, J., [Sanierungsfähigkeit], 1993, S. 247. 1211 Vgl. Brandstätter, Jt [Sanierungsfähigkeit], 1993, S. 283 und Vormbaum, H.y [Finanzierung], 1995, S. 530. 1212 Vgl. Brandstätter, J.t [Sanierungsfähigkeit], 1993, S. 285; Jordan, A.y [Reorganisationsverfahren], 1993, S. 164-167, Schwarzecker, J.; Spandl, F., [Krisenmanagement], 1996, S. 161 und Swoboda, P., [Untemehmenssanierung], 1983, S. 4. 1213 Allenfalls können für Unternehmen in derselben Branche ähnliche Sanierungsmuster herausgear­ beitetwerden. Vgl. Rohe, C.y [Untemehmenskrisen], 1988, S. 36.

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Dritter Teil: Die Untemehmenssanierung

tarium vorgesehen, um die Belegschaft möglichst schnell und mit entsprechender Rechtssicherheit an die neuen Gegebenheiten anpassen zu können. Weitere Eingriffsregelungen in die betriebliche Strukturen und Abläufe des Unternehmens zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit sehen die Vorschriften des Insolvenzplanes aus gutem Grund nicht vor, da leistungswirtschaftliche Sanierungs­ maßnahmen vom Einzelfall abhängen und nicht allgemeingültig vorgeschrieben werden können. Die finanzwirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen setzen bei der Entschuldung sowie der Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit an.1214 Das insolvenzrechtliche Instrumentarium sieht hierfür keine vordefinierten Finanzierungsmaßnahmen vor. Vielmehr wird im Planverfahren den Gläubigem die Möglichkeit gegeben, eine einvernehmliche Regelung über die Behandlung alter und zukünftiger Schulden zu treffen.

Insgesamt ist zu konstatieren, daß die Vorschriften über die Untemehmensfortfuhrung in der Insolvenzordnung spärlich ausgefallen sind.1215 Vorherrschend bleibt die rechtstechnische Abwicklung des Schuldners. In diesem Zusammenhang wird deutlich, daß die Untemehmenssanierung im Insolvenzverfahren darauf gerichtet ist, eine Zerschlagung des Schuldnervermögens abzuwenden und die rechtliche Bestandsfähigkeit wieder herzustellen. Der Gesetzgeber sieht die Insolvenzordnung nicht als wirtschaftspolitisches Instrument zur Wiederbelebung notleidender Unternehmen an, da eine Sanierung allein mit den Mitteln des Insolvenzrechtes nicht möglich ist, sondern vielmehr eine gemeinsame Aufgabe des Schuldners und seiner Gläubiger ist.1216 Insbesondere muß im Anschluß an ein Insolvenzverfahren eine tiefgreifende Restrukturierung, die Neuorganisation betrieblicher Abläufe und Arbeitsprozesse, vorgenommen werden Trotzdem wären mehr gesetzliche

1214 Vgl. Brandstätter, J., [Sanierungsfähigkeit], 1993, S. 283 und Vormbaum, H., [Finanzierung], 1995, S. 530. 1215 Vgl. hierzu die Übersicht bei Stüdemann, K., [Fortführung], 1995, S. 13-16. Die Untemehmens­ sanierung wird durch die Abschaffung des § 419 BGB, Artikel 33 Nr. 16 EGInsO, der bislang bei Vermögensübemahmen eine Haftung des Übernehmers gegenüber den Gläubigem des Schuldners konstituiert, gefördert; allerdings verbleiben weiterhin die sanierungsfeindlichen Regelungen der Haftung des Übernehmers für die Steuerschulden nach § 75 AO und die Bestimmungen zur Über­ nahme von Rechten und Pflichten aus Arbeitsverhältnissen nach § 613 a BGB. Vgl. Uhlenbruck, W., [Insolvenzordnung], 1994, S. 48. Die übertragende Sanierung wird hierbei mit einer unerträglichen Unsicherheit belastet. Vgl. o.V, [Insolvenzrechtsreform], 1992, S. 659. 1216 Vgl. Balz, M., [Insolvenzverfahren], 1988, S. 277 und Manning, R.-D., [Betriebsfortführung], 1997, S. 338-339.

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Hilfestellungen bei dieser Aufgabe, wie die Abschaffung des § 613a BGB, wünschenswert gewesen.1217

1. Arbeitsrechtliche Sanierungsmaßnahmen Der in einem Insolvenzverfahren unumgängliche Personalabbau sowie die rasche Durchführung von Betriebsänderungen zur Fortführung des insolventen Unter­ nehmens wurde durch ein neues insolvenzarbeitsrechtliches Instrumentarium verbessert. Damit leistet die Insolvenzordnung einen wichtigen Beitrag zur leistungswirtschaftlichen Sanierung. Ist das Unternehmen nur mit einem Teil seiner Produkte wettbewerbsfähig, muß zunächst die Produktion eingeschränkt werden mit der Folge, daß die Belegschaft reduziert werden muß.1218 Defizitäre Teilbereiche müssen ganz geschlossen werden. Die Beendigung und Änderung von Arbeitsver­ hältnissen ist für den leistungswirtschaftlichen Umbau des Unternehmens daher von zentraler Bedeutung, um effizientere Strukturen zu schaffen. Sämtliche im Insolvenzverfahren vom Insolvenzverwalter ergriffenen Sanierungsmaßnahmen zielen im wesentlichen auf eine schnelle Verbesserung der Kostenstruktur ab. Die Verbesserungen der neuen Vorschriften sind vorwiegend darauf gerichtet, die Belegschaft rasch an die neuen wirtschaftlichen Gegebenheiten anpassen zu können. So ist auch Arbeitnehmern kündbar, die unter regulären Bedingungen ordentlich gar nicht mehr kündbar wären. Eine Änderung von materiellen Rechtsnormen, wie Eingriffe in einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag, ist hingegen nicht vorge­ sehen. Der im alten Recht geltende Grundsatz, daß das Arbeitsrecht auch in der Insolvenz des Arbeitnehmers gilt, wird durch insolvenzrechtliche Sondervorschriften teilweise eingeschränkt.1219

Die folgenden Ausführungen geben einen kurzen Überblick über das neue arbeitsrechtliche Sanierungsinstrumentarium.

1217 So auch Wutzke, W., [Insolvenzpläne], 1999, S. 5. 1218 Vgl. Bork, R., [Insolvenzrecht], 1995, S. 164. 1219 In der allgemeinen Begründung zum Gesetzentwurf heißt es hierzu: „Insbesondere dient das gerichtliche Insolvenzverfahren auch nicht dazu, das Arbeitsplatzinteresse des Arbeitnehmers gegenüber Rentabilitätsgesichtspunkten durchzusetzen.“ BT-Drucks. 12/2443, S. 76.

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Dritter Teil: Die Untemehmenssanierung

a) Der Interessenausgleich Die mit der Insolvenz verbundenen notwendigen Einschränkungen oder Stillegungen von Betriebsteilen erfüllen, von Ausnahmen abgesehen, regelmäßig den Tatbestand der Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG i.V.m. § 112a BetrVG.1220 Betriebsände­ rungen lösen neben den Unterrichtungs- und Beratungsrechten des § 111 BetrVG zusätzlich die Verpflichtung zur Herbeiführung eines Interessenausgleichs und Sozialplans aus, soweit ein Betriebsrat vorhanden ist.1221 Nach § 111 BetrVG hat der Insolvenzverwalter den Betriebsrat rechtzeitig zu informieren und die Betriebsände­ rungen mit dem Betriebsrat zu besprechen. Ziel der Beratungen ist ein Interessen­ ausgleich. Der Interessenausgleich ist eine Kollektivvereinbarung eigener Art zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Betriebsrat und dient der Vermeidung von wesentlichen Nachteilen i.S. v. § 111 BetrVG. Hierbei wird der Zeitpunkt, der Umfang und die Form einer geplanten Betriebsänderung geregelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes darf eine Betriebsänderung erst dann durchgeführt werden, wenn ein Interessenausgleich zustande gekommen oder das zugrunde liegende Einigungsverfahren voll ausgeschöpft worden ist.1222 Andernfalls entstehen den Arbeitnehmern Ansprüche auf Nachteilsausgleich nach § 113 Abs. 3 BetrVG.1223 Die Verhandlungen dienen vornehmlich der Befreiung der Insolvenzmasse von Ansprüchen auf Nachteilsausgleich, können aber gleichzeitig auch zur Motivation der Arbeitnehmer führen, die sich sonst in existentiellen Fragen schnell übergangen fühlen.1224 Scheitert ein innerbetrieblicher Interessenausgleich, so können nach § 112 Abs. 2 Satz 1 BetrVG i.V.m. § 121 InsO der Insolvenzverwalter und der Betriebsrat gemeinsam den Präsidenten des Landesarbeitsamtes um einen Vermittlungsversuch ersuchen. Dieses zeitraubende Verfahren läßt sich mit der Zielsetzung einer zügigen Verfahrensabwicklung zur weiteren Vermeidung von Verlusten kaum vereinbaren. Auch die Erleichterungen des § 121 InsO über die Abkürzung des Weges zur Einigungsstelle reichen in diesem Zusammenhang nicht aus, da die Möglichkeit zur Sanierung oftmals nur durch eine unverzügliche

1220 Vgl. Lakies, T., [Betriebsänderungen], 1999, S. 206. 1221 Die beteiligungspflichtigen Betriebsänderungen sind in § 111 Satz 2 BetrVG aufgeftlhrt. Ob diese Aufführung abschließend ist, ist umstritten. Dieser Streitfrage kommt in der Insolvenz keine Bedeu­ tung zu, weil schwerlich Betriebsänderungen vorstellbar sind, die von § 111 Satz 2 BetrVG nicht erfaßt werden. Vgl. Schwerdtner, P., [Sozialplan], 1997, S. 1131. 1222 Vgl. BAGE 47, 329 und 49, 160. 1223 Vgl. Braun, E.; Uhlenbruck, W„ [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 124. 1224 Vgl. Warrikoff, A., [Arbeitnehmer], 1994, S. 2339-2340.

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Stillegung unrentabler Bereiche gewahrt werden kann und ein Interessenausgleich über die Einigungsstelle darüber hinaus nicht erzwingbar ist.1225 Aus diesem Grund sieht die Neuregelung des § 122 InsO vor, die Interessenausgleichsverhandlungen abzukürzen und Nachteilsausgleichsansprüche zu vermeiden.1226

Kommt ein Interessenausgleich zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Betriebsrat innerhalb von 3 Wochen nicht zustande, obwohl der Verwalter den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend unterrichtet hat, so kann der Insolvenzver­ walter beim Arbeitsgericht die Zustimmung einer Betriebsänderung beantragen, ohne das zugrunde liegende Verfahren nach § 112 Abs. 2 BetrVG durchlaufen zu müssen.1227 Die Vorschrift des § 113 Abs. 3 BetrVG findet insoweit keine Anwendung. Dem Antrag des Insolvenzverwalters wird stattgegeben, wenn die wirtschaftliche Lage des Unternehmens unter Beachtung der sozialen Belange der Arbeitnehmer eine alsbaldige Betriebsänderung gebietet.1228 Eine Rechtsbeschwerde ist nur an das Bundesarbeitsgericht möglich, wenn das Arbeitsgericht sie zugelassen hat.1229 Wird dem Antrag zur Durchführung einer Betriebsänderung stattgegeben, so können die Kündigungen nach dem Berichtstermin, ohne einen Nachteilsausgleich auszulösen, ausgesprochen werden. Wird der Antrag abgelehnt, so bleibt dem Insolvenzverwalter nur der vom Betriebsverfassungsgesetz vorgeschriebene, sehr schwerfällige Weg über die Einigungsstelle. Scheitert die Einigung vor der Einigungsstelle, so kann die Betriebsänderung jetzt ebenfalls ohne Interessen­ ausgleich durchgeführt werden.1230

Dem Insolvenzverwalter steht zur schnellen Anpassung des Personalbestandes an die neuen Gegebenheiten bereits während des laufenden Beschlußverfahrens nach § 122 InsO zusätzlich die Möglichkeit zu, einen Interessenausgleich zur Kündigung nach § 125 herbeiführen oder oder das beschleunigte Kündigungsschutzverfahren nach § 126 InsO zu betreiben.1231 Er muß somit nicht das Ende des Beschlußver­ fahrens nach § 122 InsO abwarten.1232

1225 Vgl. Lakies, T., [Betriebsänderungen], 1999, S. 206. 1226 Vgl. Berscheid, E.-D., [Massenentlassung], 1997, S. 1099. 1227 Hanau kritisiert in diesem Zusammenhang, daß dem Verfahren nach § 112 BertVG vor der Einigungstelle keine Frist gesetzt ist. Vgl. Hanau, P., [Harmonisierung], 1989, S. 424. 1228 Vgl. § 122 Abs. 2 InsO. 1229 Vgl. § 122 Abs. 3 InsO. 1230 Vgl. Obermüller, M.;Hess, H, [InsO], 1995, S. 119. 1231 Vgl. § 122 Abs. 1 Satz 3 InsO. 1232 Vgl. Lakies, T, [Betriebsänderungen], 1999, S. 207.

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Dritter Teil: Die Untemehmenssanierung

b) Die Beendigung und Änderung von Arbeitsverhältnissen Der Insolvenzverwalter nimmt mit dem Übergang der Verwaltungs- und Verfugungsrechte auch die Rechte und Pflichten des Schuldners aus den Arbeitsverhält­ nissen wahr. Der Insolvenzverwalter wird allerdings nicht Rechtsnachfolger des Schuldners. Ansonsten hat die Insolvenzeröffhung zunächst keinen Einfluß auf den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse.1233 Die rechtliche Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bleibt unberührt, d.h. die individual- und kollek­ tivrechtlichen Ansprüche des Arbeitnehmers sowie Betriebsvereinbarungen bleiben über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinaus bestehen.1234

Die Bezüge der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis vor Insolvenzeröffhung erhalten gegenüber dem geltenden Recht keinen Vorrang mehr.1235 Die letzten 3 Monate vor Insolvenzeröffhung sind durch das Insolvenzausfallgeld abgesichert. Ansprüche nach Insolvenzeröffhung sind nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO Massever­ bindlichkeiten. Ist der Insolvenzverwalter nach Verfahrenseröffhung außerstande, die Löhne und Gehälter zu bezahlen, so sind die Arbeitnehmer nach § 117 Abs. 4 AFG zum Bezug von Arbeitslosengeld berechtigt. Eine Untemehmenssanierung ist von nur wenigen Ausnahmen abgesehen immer mit einer umfassenden personellen Umorganisation, vielfach sogar mit Massenent­ lassungen verbunden.1236 Betriebsänderungen i.S.d. § 111 BetrVG erfordern neben der Kündigung von Arbeitsverhältnissen oftmals auch eine Änderung von Arbeitsverhältnissen, da den Arbeitnehmern andere als im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeiten zugewiesen werden und übertarifliche Leistungen oder Nebenleistungen wie Gratifikationen oder Urlaubsgeld gekürzt oder sogar gestrichen werden müssen. Vorrang vor jeder Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat die Weiterbeschäftigung

1233 Dies ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Gesetzestext, geht jedoch aus dem Umkehrschluß des § 113 InsO hervor. Vgl. Obermüller, M.;Hess, H„ [InsO], 1995, S. 97. 1234 Dies ergibt sich indirekt aus § 108 InsO. Vgl. Düwell, F. J., [Beendigungskündigung], 1997, S. 1108. Ungeklärt ist hingegen, ob sich der Insolvenzverwalter einseitig von einem Tarifvertrag lösen kann. Im Interesse einer aussichtsreichen Sanierung sollte es zumindest im Insolvenzplan möglich sein, die Beendigung eines Firmentarifvertrages zu regeln. Vgl. Braun, E.;Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 109. 1235 Ein Vorrecht ließe sich auch damit nicht rechtfertigen, daß den Arbeitnehmern der rechtsgeschäft­ liche Erwerb einer Sicherheit nicht möglich ist, da viele andere Gläubiger auch nicht die Möglichkeit haben, sich durch insolvenzfeste Rechte abzusichem. 1236 Ausführlich zum Personalabbau durch Massenentlassungen bei Berscheid, E.-D., [Massen­ entlassung], 1997, S. 1045-1061.

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auf einem anderen Arbeitsplatz, wenn auch zu geänderten Arbeitsbedingungen.1237 Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens selbst begründet allerdings noch kein erweitertes Direktionsrecht für den Insolvenzverwalter, wobei dem Arbeitnehmer aufgrund seiner Treuepflicht in Ausnahmesituationen vorübergehend eine andere Arbeit, die nicht in sein Tätigkeitsgebiet fällt, zugeteilt werden kann.1238 Nach h.M. sind dem Arbeitnehmer in der Insolvenz seines Arbeitgebers Änderungen von Arbeitsbedingungen eher zuzumuten als die Beendigung des Arbeitsver­ hältnisses.1239 Soll es aufgrund einer Betriebsänderung jedoch zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen kommen, stehen dem Insolvenzverwalter drei verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl:1240



Er vereinbart mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich nach § 125 InsO und spricht danach die entsprechenden Kündigungen aus.



Er betreibt ein arbeitsgerichtliches Beschlußverfahren nach § 126 InsO und kündigt nach Einleitung oder nach rechtskräftigem Abschluß des Verfahrens.



Er spricht ohne Inanspruchnahme der nach den §§ 125, 126 InsO vorgesehenen Erleichterungen die notwendigen Kündigungen aus.

Auch in der Insolvenz gelten die Grundsätze der betriebsbedingten Kündigung. Eine außerordentliche Kündigung ist unverändert nur unter den Voraussetzungen des § 626 BGB möglich, wobei die Insolvenzeröflhung selbst keinen wichtigen Grund im Sinne des Gesetzes darstellt.1241 Nach § 113 Abs. 1 InsO kann jedoch der Insolvenzverwalter1242 wie der Arbeitnehmer das fortbestehende Arbeitsverhältnis ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluß des Rechtes zur ordentlichen Kündigung mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten beenden, wenn nicht eine kürzere Frist maßgebend ist.1243 Diese

Vgl. § 1 Abs. 2 Satz 3 KSchG. Vgl. Braun, E.;Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 117. Vgl. Obermüller, M.;Hess, H., [InsO], 1995, S. 108. Vgl. Lakies, T.t [Betriebsänderungen], 1999, S. 207. Vgl. Obermüller, M.;Hess, H„ [InsO], 1995, S. 100. Das Kündigungsrecht steht auch dem vorläufigen Insolvenzverwalter, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übergegangen ist, zu. Allerdings gelten für ihn nicht die besonderen Kündigungserleicherungen nach den §§ 113 ff. InsO. Dies wird zurecht als Fehlleistung des Gesetzgebers kritisiert. Vgl. Düwell, F. J., [Beendigungskündigung], 1997, S. 1109. 1243 Ausführlich dazu Giesen, R., [Kündigungsschutz], 1998, S. 47-48. Die Dreimonatsfrist gilt nicht nur gegenüber gesetzlichen sondern auch gegenüber tarifvertraglichen Kündigungsfristen. Vgl. Kania, T, [Arbeitrecht], 1996, S. 834 und Warrikoff, A., [Arbeitnehmer], 1994, S. 2338. Belastende Betriebsvereinbarungen können nach § 120 Abs. 1 Satz 2 InsO ebenfalls mit einer Dreimonatsfrist gekündigt werden.

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Dritter Teil: Die Untemehmenssanierung

verkürzte Kündigungsfrist gilt auch für Änderungskündigungen.1244 Nicht betroffen sind Werkverträge, Auftragsverhältnisse und Geschäftsbesorgungsverträge. Angesichts der langen Kündigungsfristen erscheint es problematisch, daß nicht bereits dem vorläufigen Insolvenzverwalter die Möglichkeit der Kündigung zusteht.

Die Möglichkeit einer kurzfristigen Personalreduzierung gilt für alle Kündigungsformen. Der Insolvenzverwalter kann auch die nicht betriebsbedingten Kündi­ gungen, also die personen- und verhaltensbedingten Kündigungen, mit der verkürzten Kündigungsfrist nach § 113 InsO aussprechen.1245 Die Kündigung beendet nur das Anstellungsverhältnis, nicht hingegen eine in Personalunion vorhandene Organstellung.1246 Die Abberufung der Organmitglieder obliegt dem zuständigen Gesellschaftsorgan.1247 Unverständlich ist in diesem Zusammenhang, daß eine personelle Neuordnung als wichtige Voraussetzung der Kapitalbeschaffung durch Ab- und Neuwahl der Gesellschafter-Geschäftsführer, der Arbeitnehmer­ vertretungen und der Aufsichtsräte nicht geregelt ist.1248 Alle übrigen arbeitsrecht­ lichen Regelungen über die Kündigung von Arbeitsverhältnissen bleiben bestehen.

Auf alle Kündigungen des Insolvenzverwalters ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar. Eine ordentliche Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.1249 Die dreiwöchige Ausschlußfrist für die Erhebung einer Kündigungs­ schutzklage wurde nach § 113 Abs. 2 InsO auf alle Gründe für die Unwirksamkeit einer Kündigung ausgedehnt, um eine zügige Klärung von Kündigungs-Streitig­ keiten zu ermöglichen. Für die Arbeitnehmer sind die vielen Umstände, die eine Unwirksamkeit der Kündigung rechtfertigen können, oft nicht durchschaubar. Daher besteht die Gefahr, daß die betroffenen Arbeitnehmer allein zur Wahrung der Fristen vorsorglich Klage erheben werden.1250 Die Grundsätze der betriebsbedingten Kündigung greifen vor allem dann, wenn die Sanierung des Unternehmens einen

1244 Vgl. Braun, E.;Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 110 und Warrikoff, A., [Arbeit­ nehmer], 1994, S. 2338. 1245 Vgl. Obermüller, M.;Hess, H, [InsO], 1995, S. 109. 1246 Vgl. Düwell, F. J., [Beendigungskündigung], 1997, S. 1110. 1247 In ungefähr der Hälfte aller GmbH-Insolvenzen erfolgt die Abberufung des verantwortlichen Geschäftsführers bereits vor der Antragstellung. Vgl. Manning, R-D., [Betriebsfortführung], 1997, S. 270. 1248 Vgl. Stümer, R, [Sanierung], 1982, S. 769-770. 1249 § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG enthält keinen Katalog für die bei einer betriebsbedingten Kündigung erheblichen Sozialdaten. Ausführlich zu den wichtigsten sozialen Gesichtspunkten bei Obermüller, M.;Hess, H, [InsO], 1995, S. 105. 1250 Vgl. Giesen, R, [Kündigungsschutz], 1998, S. 55 und Hess, H; Goetsch, H-W., [Insolvenz­ rechtsreform], 1993, S. 28.

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drastischen Personalabbau notwendig macht.1251 Die Darlegungs- und Beweislast, daß die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist, trifft den Insolvenzverwalter.1252

Ist eine Kündigung geplant und kommt ein Interessenausgleich zustande, in dem die betroffenen Arbeitnehmer namentlich aufgeführt sind, kann der Insolvenzverwalter die Vorschrift des § 125 InsO in Anspruch nehmen.1253 Der Interessenausgleich gemäß § 125 InsO für Kündigungen bleibt von dem Interessenausgleich nach § 112 BetrVG i.V.m. § 122 Abs. 1 Satz 3 InsO bei Betriebsänderungen unberührt. § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO sieht folgende Erleichterungen vor:



Es wird vermutet, daß die Kündigung der bezeichneten Arbeitnehmer betriebs­ bedingt ist. Bestreiten die betroffenen Arbeitnehmer dies, sind sie entgegen § 1 Abs. 2 Satz KSchG beweispflichtig.1254



Die Auswahlkriterien einer Kündigung werden eingeschränkt. Die schwierige einzelfallbezogene Prüfung der auswahlrelevanten Sozialdaten hat sich nur an drei Eckdaten zu orientieren: die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebens­ alter sowie die Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers.

Die nach den vorstehenden Kriterien getroffene Sozialauswahl kann insoweit auch nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.1255 Eine grobe Fehlerhaftigkeit ist dann zu verneinen, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen worden ist.1256 Bei einer Änderungskündigung sind die Sozialan­ forderungen in dem oben skizzierten Beschlußverfahren zum Kündigungsschutz geringer anzusetzen als bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Betriebswirtschaftliche Kriterien, wie die Qualifikation der Arbeitnehmer, stellen kein Auswahlkriterium dar. Damit soll dem Schuldner nicht die Möglichkeit zustehen, unter dem Schutz eines Insolvenzverfahrens sich eine „olympiareife Mannschaft“ zusammenzustellen. Andererseits spricht § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO ausdrücklich von dem Erhalt oder der Schaffung und nicht von der Sicherung der Personalstruktur. So soll es nach h.M. in der Insolvenz möglich, über die

1251 1252 1253 1254 1255 1256

Vgl. Braun, E.; Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 112. Vgl. § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG. Vgl. Braun, E.;Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 113. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, § 128, S. 149. Vgl. § 126 Abs. 1 Satz 2 InsO. Unklar bleibt hingegen, was der Gesetzgeber unter dem unbestimmten Rechtsbegriff einer ausgewogenen Personalstruktur versteht. Vgl. Giesen, R, [Kündigungsschutz], 1998, S. 50 und Warrikoff, A., [Arbeitnehmer], 1994, S. 2342.

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Sozialauswahl bisherige Versäumnisse bei der Einstellungspolitik des Unternehmens zu korrigieren.1257

In vielen Fällen dürfte der Betriebsrat nicht bereit sein, einen Interessenausgleich mit dem Insolvenzverwalter nach § 125 InsO abzuschließen, in dem die zu kündigenden Arbeitnehmer namentlich benannt sind, und damit zu einer Beschleunigung der Verfahrensabwicklung beizutragen.1258 Abhilfe soll hierbei das in § 126 InsO neu geregelte Beschlußverfahren zum Kündigungsschutz schaffen. Die Rechtsvorschrift bringt dem Insolvenzverwalter erhebliche Erleichterungen hinsichtlich der Betriebsbedingtheit der Kündigung.1259 Ob damit die nachteiligen Wirkungen des § 613a BGB beim Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils vermieden werden können, bleibt sehr fraglich.1260 Der Insolvenzverwalter kann nach § 126 InsO, falls kein Betriebsrat vorhanden oder ein Interessenausgleich mit diesem nicht zustande gekommen ist, die Rechtmäßig­ keit der Kündigung - dringende betriebliche Erfordernisse und Sozialauswahl durch ein Beschlußverfahren beim Arbeitsgericht feststellen lassen, um der Eilbedürftigkeit im Insolvenzverfahren nachzukommen. Die soziale Auswahl kann nur im Hinblick auf die Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhalts­ pflichten nachgeprüft werden.1261

Die Rechtsfolge einer fehlerhaften Sozialauswahl kann bei Massenentlassungen zu verheerenden Auswirkungen führen, da ein Fehler in einem einzigen Fall dazu führt, daß eine Vielzahl von Kündigungen unwirksam ist und der Insolvenzverwalter keine

1257 Vgl. Lakies, T, [Betriebsänderungen], 1999, S. 208. 1258 Vgl. Braun, E.;Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 114. Kommt ein solcher Interessenausgleich zu stände, so wird in Anwendung von § 1 Abs. 2 KSchG vermutet, daß die Kündigung der Arbeitsverhältnisse der bezeichneten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Dies hat für den Insolvenzverwalter günstige Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast im Kündigungsschutzprozeß. Vgl. Berscheid, E.-D., [Massen­ entlassung], 1997, S. 1062. 1259 Beide Vorschriften können parallel verfolgt werden. Vgl. Warrikqff, A., [Arbeitnehmer], 1994, S. 2343. 1260 Kritisch zur Beibehaltung des § 613 a BGB Hess, H; Goetsch, H.-W., [Insolvenzrechtsreform], 1993, S. 30; Mönning, R.-D., [Betriebsfortführung], 1997, S. 85 und Wellensiek, J., [Erfahrungen], 1995, S. 547. So scheitern ungefähr 25% aller im Konkurs geplanten Betriebsveräußerungen an dem § 613 a BGB. Vgl. Gless, S.-E., [Untemehmenssanierung], 1996, S. 95. Nicht zuletzt deshalb wurden die arbeitsrechtlichen Vorschriften der Insolvenzordnung vorweg zum 1. Oktober 1996 in Kraft gesetzt. Vgl. BT-Drucks. 13/5107, S. 31 und o.V., [Inkraftsetzung], 1996, 1722-1724. 1261 Vgl. §126 Abs. 1 Sau 2 InsO.

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nachträgliche Korrekturmöglichkeit hat.1262 Als problematisch erweist sich auch, daß der Betriebsrat immer geltend machen kann, daß er nicht rechtzeitig und umfassend unterrichtet worden sei. Die Kündigungsschutzklage eines einzelnen Arbeitnehmers wird durch die Regelung des § 126 InsO nicht ausgeschlossen, allerdings nach § 127 Abs. 1 InsO an die rechtskräftige Entscheidung des Arbeitsgerichtes nach § 126 InsO gebunden. Die Entscheidung des Arbeitsgerichtes präkludiert nach § 127 InsO die Kündigungsschutzklage in der Weise, daß sich der betroffene Arbeitnehmer nicht mehr auf die Fehlerhaftigkeit einer betriebsbedingten Kündigungen berufen kann.1263 Gleichzeitig verschafft § 127 Abs. 2 InsO dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit, das Kündigungsschutzverfahren einzelner Arbeitnehmer bis zur Rechtskraft des Beschlusses nach § 126 InsO auf Antrag aussetzen zu lassen. Ob das gerichtliche Beschlußverfahren zum Kündigungsschutz nach § 126 InsO ungeachtet des kaum absehbaren verfahrenstechnischen Aufwands bei den Arbeitsgerichten zu der erwarteten Beschleunigung führt, bleibt zweifelhaft, da dem Arbeitnehmer im eigenen Kündigungsschutzprozeß die Möglichkeit offen bleibt, außer der Sozialwidrigkeit alle anderen Gründe gegen die Rechtmäßigkeit der Kündigung vorzutragen. Ebenso kann sich der Arbeitnehmer nach § 127 Abs. 1 Satz 3 InsO darauf berufen, daß sich die Sachlage zwischenzeitlich wesentlich geändert habe.1264

Die in der Praxis zu Mammutverfahren ausufemden Beschlußverfahren zum Kündigungsschutz mit ungewissen Prozeßfolgen könnten eine rasche und flexible Anpassung des Personalbestandes an den zukünftigen Geschäftsbetrieb verhindern. Da der Gesetzgeber von nachhaltigen Einschnitten in die materielle Rechtsstellung des Arbeitnehmers abgesehen hat, sind an der Effizienz der im neuen Recht vorgesehenen Kündigungserleichterungen und V erfahrensbeschleunigungsmaßnahmen deshalb durchaus Zweifel angebracht.1265 Die Beibehaltung eines langwierigen Kündigungsverfahrens vermag aus ökonomischer und arbeitspoli­ tischer Sicht nicht zu überzeugen, da die als Alternative drohende Liquidation zu einem Verlust aller Arbeitsplätze führen könnte. Folglich ist es fragwürdig, wenn einzelne Arbeitnehmer mit ihrem Kündigungsschutzprozeß das schutzwürdige Interesse der Restbelegschaft, deren Arbeitsplätze mit einer Sanierung erhalten werden könnten, insoweit verletzten, als sie damit die Sanierung zeitlich in der

1262 Die Schutzvorschriften zu Massenentlassungen sind kumulativ zu den übrigen Kündigungs­ schutzvorschriften zu beachten. Vgl. Berscheid, E.-D., [Massenentlassung], 1997, S. 1056-1057 und Braun, E.; Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 116. 1263 Vgl. Giesen, R., [Kündigungsschutz], 1998, S. 51. 1264 Vgl. Hanau, P., [Harmonisierung], 1989, S. 425. 1265 So auch Kania, T., [Arbeitrecht], 1996, S. 836.

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Schwebe halten und damit die Sanierungschancen erheblich mindern. Da man aus verständlichen Gründen bei den gekündigten Arbeitnehmern kein altruistisches, dem Wohl des Unternehmens verpflichtendes Verhalten erwarten kann, sollten bei aussreichenden Sanierungschancen keine einzelnen Kündigungsschutzklagen mehr zulässig sein, sondern alles in einem Sammelverfahren nach § 126 InsO abgewickelt werden können.

c) Der Sozialplan Im Falle einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG ist zwischen dem Insolvenz­ verwalter und dem Betriebsrat neben dem Interessenausgleich zusätzlich ein Sozialplan aufcusteilen.1266 Während der Interessenausgleich das Wann und Wie der Betriebsänderung regelt, dient der Sozialplan zum Ausgleich oder zur Milderung finanzieller Nachteile, die den Arbeitnehmern bei einer Betriebsänderung entstehen. Der Sozialplan ist kein Sanierungsinstrument. Deshalb dürfen die in einem Sozialplan rückständige Lohnforderungen nicht angetastet werden. Ebenfalls kommen Lohnkürzungen für die Zukunft nicht in Betracht.1267 Hat eine Betriebsän­ derung keine negativen Folgen für die Arbeitnehmer, so besteht auch kein Anspruch auf Abschluß eines Sozialplanes.1268 Sozialplanforderungen sind Masseverbindlichkeiten und nicht mehr wie im alten Recht bevorrechtigte Konkursforderungen.1269 Im Gegensatz zum Interessenaus­ gleich hat der Betriebsrat ein echtes Mitbestimmungsrecht und die Möglichkeit, durch die Einigungsstelle einen bindenden Spruch durchzusetzen.1270 Das Insolvenzrecht sieht trotz den im allgemeinen zeitraubenden Sozialplanverhand­ lungen keine beschleunigende Regelung zur Aufstellung eines Sozialplanes vor.1271 Mit Rücksicht auf die Vielfältigkeit der konkreten Umstände in der Insolvenz enthält die Insolvenzordnung auch keine Vorschriften über den Gegenstand des Sozial­ planes. Das Sozialplanvolumen darf wie nach geltendem Recht eine absolute Grenze, die Summe von zweieinhalb Monatsverdiensten aller von der Entlassung

1266 Vgl. Lakies, T, [Betriebsänderungen], 1999, S. 210. 1267 Vgl. Schwerdtner, P., [Sozialplan], 1997, S. 1135. Auch wurde die im Regierungsentwurf noch vorgesehene Vorschrift, die es den Arbeitnehmern ermöglicht aktiv am Sanierungsprozess in der Gestalt mitzuwirken, daß sie ftlr einen Zeit von ein bis zu vier Jahren bei zukünftigen Betriebsände­ rungen das Sozialplanvolumen im vorhinein beschränken, in die Insolvenzordnung nicht über­ nommen. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, § 143, S. 155-156. 1268 Vgl. Obermüller, M.;Hess, H, [InsO], 1995, S. 116. 1269 Vgl. § 123 Abs. 2 Satz 1 InsO. 1270 Vgl. § 112 Abs. 4 BetrVG. 1271 Vgl. Kania, T, [Arbeitrecht], 1996, S. 835.

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betroffenen Mitarbeiter, sowie eine relative Grenze, ein Drittel der zu verteilenden Masse, nicht überschreiten.1272 Die absolute Grenze ist nicht so zu verstehen, daß jeder von der Entlassung betroffene Arbeitnehmer zweieinhalb Monatsverdienste erhalten soll. Bei besonderen sozialen Härten oder sonstigen Ausnahmen kann die absolute Grenze höher angesetzt werden bzw. ganz entfallen.1273 Ein Schuldner der gut beraten ist, weiß diese Erleichterungen zu nutzen. Die relative Grenze deckt auch den Fall ab, daß in einem Insolvenzverfahren zeitlich nacheinander mehrere Sozialpläne aufgestellt werden.1274 In diesem Fall ist die Grenze auf die Gesamtsumme anzuwenden. Die relative Grenze schränkt jedoch nicht die Wirksamkeit des Sozialplanes ein, sondern stellt nach § 123 Abs. 2 Satz 3 InsO eine innerverfahrensrechtliche Verteilungssperre dar.1275 Übersteigt der Gesamtbetrag der Sozialplanforderungen diese Grenze, so sind die einzelnen Forderungen anteilig zu kürzen. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll im Falle der Untemehmenssanierung mangels Teilungsmasse nur die absolute Grenze anwendbar sein.1276 Im Insolvenzplan sind die Beteiligten an keine festge­ schriebenen Grenzen gebunden.1277 Ob sich die Beteiligten auch ohne Grenzen zu maßvollem Handeln veranlaßt sehen, bleibt zu hoffen.

2. Finanzwirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen Die fmanzwirtschaftlichen Maßnahmen sind auf die Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichtes gerichtet. Das finanzielle Gleichgewicht als ökono­ mische Zielgröße ist für die Existenz eines Unternehmens unverzichtbar.1278 Das finanzielle Gleichgewicht umfaßt:



die dispositive Liquidität (die Sicherung der jederzeitigen Zahlungsfähigkeit)



die strukturelle Liquidität (die Sicherung einer angemessenen Kapitalstruktur) sowie



die Rentabilität (die Sicherung einer hinreichenden Ertragskraft).1279

1272 Die Neuregelung des § 123 Abs. 1 und 2 InsO löst das bisherige Gesetz über den Sozialplan im Konkurs- und Vergelichsverfahren vom 20.2.1985 ab. 1273 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, § 141, S. 154. 1274 Vgl. Lakies, T, [Betriebsänderungen], 1999, S. 210. 1275 Vgl. Schwerdtner, P., [Sozialplan], 1997, S. 1142. 1276 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 98. So auch Warrikoff, A„ [Arbeitnehmer], 1994, S. 2344. 1277 Vgl. Schwerdtner, P., [Sozialplan], 1997, S. 1138. 1278 Vgl. Borup, P., [Zahlungsunfähigkeit], 1986, S. 1883. 1279 Vgl. Perridon, L; Steiner, M„ [Finanzwirtschaft], 1997, S. 529.

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Im Insolvenzverfahren stellt die Entschuldung des insolventen Unternehmens und die Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit eines der schwierigsten Probleme und bei Mißlingen zugleich Ausschlußkriterium einer Sanierung dar.1280

Das finanzwirtschaftliche Sanierungsinstrumentarium zielt deshalb in erster Linie auf die Beseitigung der Insolvenztatbestände ab, um die Bestandsfähigkeit des insolventen Unternehmens wieder herzustellen und aus der Insolvenz herausführen zu können. Hierzu sind folgende kumulative Maßnahmen erforderlich:1281 •

Für die Beseitigung der Überschuldung sind entweder die Passivseite zu entlasten oder auf der Aktivseite neue Vermögensgegenstände zuzufuhren.



Die Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit bedarf der Zuführung von neuem Kapital oder der Vereinbarung abweichender Fälligkeiten von Verbindlich­ keiten.1282

Ohne diese finanzwirtschaftlichen Maßnahmen kann der materielle Eröfihungsgrund nicht beseitigt sowie der Insolvenzplan nicht bestätigt werden.1283 Daher werden die finanzwirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen in den Insolvenzplänen vorherrschend • 1284 sein. Für eine nachhaltige Reorganisation ist es darüber hinaus entscheidend, daß dem Unternehmen nach der Bestätigung des Insolvenzplanes weitere Kredite gewährt werden, um die Voraussetzungen für einen umfassenden leistungswirtschaftlichen Umbau zu schaffen. Infolgedessen ist eine Liquidität bereitzustellen, um den laufenden Geschäftsbetrieb wieder aufzunehmen, und die schwierige Anlaufzeit nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens bis zur Umsetzung der Sanierungs­ maßnahmen zu überbrücken.

1280 Vgl. Grunsky, W., [Sanierungsverfahren], 1981, S. 1305; Kilger, J„ [Reorganisationsverfahren], 1982, S. 786 und Lauer, J., [Kreditmanagement], 1994, S. 147. 1281 Die beiden Maßnahmen lassen sich in der Praxis nicht voneinander trennen, da die Gläubiger nur dann zu einem Forderungsverzicht bereit sind, wenn gleichzeitig neues Kapital zugeftlhrt wird. Vgl. Wirth, G., [Kapitalherabsetzung], 1996, S. 868. 1282 Vgl. Braun, E.;Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 571. 1283 Vgl. Braun, E.;Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 571. 1284 So auch die Erfahrungen in den USA. Vgl. Braun, E.;Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 571.

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a) Die Beseitigung der Überschuldung Die Beseitigung der Überschuldung ist durch eine Verminderung des Fremdkapitals mittels eines Forderungsverzichts sowie durch die Zuführung von Eigenkapital durch einen entsprechenden Aktivposten möglich. Die Vorteile der Kapitalerhöhung sind darin zu sehen, daß sie zum einen zur Verlustbeseitigung fuhren und zum anderen die Liquidität verbessert.1285 Auch ist die Kombinationsform durch Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital denkbar. Die Aufnahme von Fremdkapital hat dagegen keinen Einfluß auf die Überschuldung. Die bereits in Kraft getretenen Vorschriften der §§ 58 a bis f GmbHG, die sowohl im eröffneten Insolvenzverfahren wie auch bei einer außergerichtlichen Sanierung eine vereinfachte Kapitalherab­ setzung bei der GmbH vorsehen, stellen kein insolvenzrechtliches Sanierungsin­ strumentarium dar.1286 Zudem kann die Kapitalherabsetzung wohl eine Unterbilanz, aber keine rechnerische Überschuldung beseitigen.1287 Für die Entschuldung sind die rechtlichen Ansprüche auf ein Niveau herabzusetzen, das den zur Verfügung stehenden wirtschaftlichen Möglichkeiten entspricht. Hierbei kommt dem Forderungsverzicht der Gläubiger in den verschiedensten Variationen in der Sanierungspraxis die größte Bedeutung zu. Zivilrechtlich stellt der Forderungs verzieht einen Erlaß vertrag zwischen Gläubiger und Schuldner dar.1288 Waren Sicherheiten für die Forderung bestellt, so können diese nicht mehr beansprucht werden. Akzessorische Sicherheiten erlöschen automatisch, wogegen abstrakte Sicherheiten zurückzuübertragen sind.1289 Für den Schuldner führt der Forderungsverzicht zur ertragswirksamen Ausbuchung der Verbindlichkeit und damit zur Entlastung der Passivseite. Die Sanierung durch Inanspruchnahme der Gläubiger hat für den Schuldner zwei Vorteile: Mit der Herabsetzung der Verbindlichkeiten können entsprechend dem Kürzungsbetrag die Verluste beseitigt werden. Im weiteren führt der Forderungsverzicht zu einer Verbesserung der Zahlungsfähigkeit in dem Maße, wie kurzfristig fällige Verbindlichkeiten erlassen werden.1290

1285 Vgl. Vormbaum, H.t [Finanzierung], 1995, S. 539. 1286 Die durch Art. 48 Nr. 4 EGInsO in das GmbHG eingeführten Vorschriften der §§ 58 a bis f gelten bereits seit dem 19.10.1994. 1287 Vgl. Wirth, G., [Kapitalherabsetzung], 1996, S. 867. 1288 Vgl. § 397 Abs. 1 BGB. 1289 Nicht zuletzt aufgrund des Sicherheitenverlustes stellt der Forderungsverzicht für die Kreditinstitute ein problematisches Sanierungsinstrument dar. Vgl. Böckenförde, B., [Untemehmenssanierung], 1996, S. 160. 1290 Vgl. Vormbaum, H, [Finanzierung], 1995, S. 544.

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In der Sanierungspraxis wird zumeist ein Forderungsverzicht mit Besserungsver­ sprechen vereinbart.1291 Im Gegensatz zum isolierten Forderungsverzicht kann die verzichtende Bank damit erreichen, daß ein Sanierungserfolg dem Schuldner erst dann zugute kommt, wenn sie für den Forderungsverzicht entschädigt worden ist. Einer solchen Besserungsklausel kommt, wie Groß treffend feststellt, eher psychologische als materielle Bedeutung zu.1292 Hierbei ist zu beachten, daß kein neuer zukünftiger Liquiditätsengpaß geschaffen wird.1293 So wird bspw. in der Praxis häufig ein Forderungsverzicht in Höhe der wertberichtigten Forderungen des Schuldners mit der Maßgabe vereinbart, daß Zahlungseingänge auf den abge­ schriebenen Teil der Forderungen dem verzichtenden Gläubiger zufließen. Somit kann die Bilanzstruktur bereinigt werden, ohne die Liquidität des Schuldners zu belasten. Obwohl die Besserungsvereinbarung und der Rangrücktritt in der Praxis als wirtschaftlich gleichwertig behandelt werden,1294 dient der Rangrücktritt vielmehr zur Vermeidung oder Beseitigung der Überschuldung im Vorfeld der Insolvenz und damit zur Abwendung der Antragspflicht.1295

Andere Kapitalmaßnahmen wie die Kapitalerhöhung oder die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital sind dagegen vergleichsweise problematisch und für die Praxis von geringer Bedeutung.1296 Zwar kann eine Kapitalerhöhung auch noch nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beschlossen werden, dürfte jedoch allein wegen der mit der Verfahrenseröffhung verbundenen negativen Publizität ausscheiden.1297 Auch scheidet eine Zuzahlung der bisherigen Gesellschafter zumeist aus, da diese ihre finanziellen Ressourcen bereits im Vorfeld der Insolvenz ausgeschöpft haben und daher nicht mehr in der Lage oder auch nicht mehr gewillt sind, weitere Mittel zuzuführen.1298 Neues Beteiligungskapital über institutionelle Investoren, Venture-Capital-Untemehmen und Kapital-Beteiligungsgesellschaften, steht in der Praxis weitgehend für die Wachstumsfinanzierung kleiner und mittlerer

1291 Vgl. Herlinghaus, A., [Forderungsverzicht], 1994, S. 104-107 und Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 1.166-1.173. 1292 Vgl. Groß, P. J., [Sanierung], 1982, S. 125. 1293 In der Praxis ist daher auch die Vereinbarung anzutreffen, daß das Kreditinstitut in Höhe der (noch) notwendigen Wertberichtigung auf zweifelhafte Forderungen verzichtet und zugleich das Recht erwirbt, den etwaigen Geldeingang dieser Forderungen zu vereinnahmen. 1294 Zur dogmatischen Abgrenzung gegenüber der Besserungsvereinbarung ausführlich bei Herlinghaus, A., [Forderungsverzicht], 1994, S. 86-94. 1295 Die Möglichkeit der Umqualifizierung der Gesellschafterdarlehen in Eigenkapital bleibt trotz der Neuregelung des § 39 InsO auch im neuen Recht offen. Vgl. BT-Drucks 12/2443 zu § 23, S. 115. 1296 Zum Problem der verdeckten Sacheinlage Geßler, E., [Kredite], 1975, S. 179-186. 1297 Vgl. Obermüller, [Bankpraxis], 1997, Rdn. 1.158. 1298 Vgl. Vormbaum, H, [Finanzierung], 1995, S. 538-540.

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Unternehmen ohne Börsenzugang zur Verfügung, nicht hingegen für die Sanierung notleidender Unternehmen.1299 Neben den bisherigen Gesellschaftern können auch Gläubiger an Kapitalmaß­ nahmen mitwirken. In Betracht kommt hierbei die Umwandlung von Forderungen in Eigenkapital.1300 So vordergründig günstig die Umwandlung erscheint, enthält sie jedoch beträchtliche Risiken, die den Anwendungsbereich erheblich ein­ schränken.1301 Hierbei besteht die Gefahr der Differenzhaftung, da der wirtschaft­ liche Wert der nach allgemeiner Ansicht zugrunde liegenden Sacheinlage unter dem Nominalbetrag der Kapitaleinlage liegt und damit eine Nachschußpflicht begründet.1302 Ferner wird dadurch die Finanzkraft nicht verbessert.1303 Mit der Umwandlung besteht darüber hinaus das Risiko, daß die restlichen Kredite den Regeln über die eigenkapitalersetzenden Darlehen unterworfen werden.1304 Im Gegensatz zur Umgestaltung der Fremdkapitalseite verzichtet der Gesetzgeber in der Insolvenzordnung auf einen Eingriff in die Eigenkapitalstruktur.1?05 Gerade eine Veränderung der Kapitalstruktur ist oftmals eine notwendige Voraussetzung für eine erfolgreiche Sanierung.1306 Zwar werden die Gesellschafter in das Insolvenzver­ fahren über das Vermögen der Gesellschaft grundsätzlich einbezogen, jedoch nur insoweit, als ihre Zustimmung zum Insolvenzplan als erteilt gilt, wenn sie durch den Plan nicht schlechter gestellt werden als sie ohne Plan stünden. Da bei einer überschuldeten Gesellschaft die Gesellschaftsanteile regelmäßig wertlos sein dürften, wird die Zustimmung der Gesellschafter für entbehrlich gehalten.1307

1299 1300 1301 1302

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Ausführlich dazu Böckenförde, B„ [Untemehmenssanierung], 1996, S. 184-186. Vgl. Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 1.159. Vgl. Böckenförde, B., [Untemehmenssanierung], 1996, S. 162. Vgl. Heinzmann, F., [Kapitalverhältnisse], 1992, S. 68 und Hüffer, U, [AktG], 1995, § 183, Rz. 21 m.w.N. Kritisch zur Vollwertigkeitserfordemis Karollus, da der Eigenkapitalgeber eine ebenso „schlechte“ Beteiligung wie sein zunächst eingesetztes „schlechtes“ Darlehenskapital erhält, aus­ führlich dazu Karollus, M., [Umwandlung], 1994, S. 595-596. Die Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit kann nur über den Zufluß liquider Mittel erfolgen. Nicht unproblematisch ist hierbei die Vorfinanzierung einer künftigen Bareinlage im Wege der Verrechnung oder der Hin- und Herzahlung. Vgl. BGH-Urteil vom 13.4.1992. Dieser Gefahr kann durch die Umwandlung von nachrangigem Haftkapital in Genußrechte, die dem Inhaber keine gesellschaftsrechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten schaffen, vorgebeugt werden. Vgl. dazu Lauer, J., [Kreditmanagement], 1994, S. 183-187 und Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 1.160. Im US-amerikanischen Recht ist die Einbindung der Eigenkapitalseite möglich und darüber hinaus durchaus üblich. Vgl. Braun, E.;Uhlenbruck, W„ [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 583. Vgl. Uhlenbruck, W.y [Insolvenzrechtsreform], 1983, S. 365. Vgl. Uhlenbruck, W.y [Gesellschaftsrechtliche Aspekte], 1997, S. 892.

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So gibt es keine Möglichkeit, die Gesellschafter, z.B. Aktionäre, an den Lasten einer Sanierung zu beteiligen. Die Banken sind häufig nur dann bereit einen weiteren Kredit zur Verfügung zu stellen, wenn die bisherigen Eigentümer sich am Risiko einer Sanierung beteiligen. Wenn die bisherigen Gesellschafter am Mehrwert des sanierten Unternehmens partizipieren wollen, sollen sie auch finanzielle Opfer bringen.1308 Die Gesellschafter müssen durch einen finanziellen Beitrag ihren Gesellschaftsanteil im Sanierungsverfahren revalutieren; andernfalls muß ein Ausschluß möglich sein.1309 Eine Abfindung würde ohnehin entfallen, da der Anteil in den meisten Fällen auf Null steht.1310 Desweiteren läßt die Insolvenzordnung das Instrumentarium vermissen, um den Rechtsinhaber ganz oder teilweise auszutauschen und das Unternehmen mit neuem Kapital fortzufuhren.1311 Im neuen Recht ist die verfahrensrechtliche Einbindung der Gesellschafter unzulänglich geregelt.1312 Ohne eine Änderung der Beteiligungsver­ hältnisse lassen sich neue Kapitalgeber kaum finden.1313 Der Gesellschafter kann in der Insolvenzordnung nicht im Interesse der Gläubigergemeinschaft durch Mehrheitsentscheidung gezwungen werden, seinen Anteil aufzugeben und eintrittswillige Neugesellschafter mit neuem Kapital wirtschaften zu lassen.1314 Gesellschaftsrechtliche Beschlüsse müssen deshalb außerhalb des Insolvenzver­ fahrens gefaßt werden. Eine gesetzliche Regelung über den Ausschluß eines Gesellschafters ins Insolvenzrecht aufzunehmen, ist im Hinblick auf Art. 14 GG nicht unproblematisch. Allerdings gehen dadurch wesentliche Gestaltungsmöglich­ keiten verloren. So kann auch in denjenigen Fällen, in denen die schuldrechtliche Position des gemeinschuldnerischen Unternehmens Lebens- und Vorausset­ zungsbasis für die Fortführung des Geschäftsbetriebes, bspw. die Nutzung eines

1308 Vgl. Balz, M., [Sanierung], 1986, S. 56 und Uhlenbruck, W., [Insolvenzrechtsreform], 1983, S. 364. Eine Pflicht zu Nachschüssen stößt auf nicht unerhebliche verfassungsrechtliche Bedenken und dürfte mit Art. 14 GG unvereinbar sein. Ferner ist eine Nachschußpflicht mit erheblichen Bewer­ tungsproblemen verbunden, da der Gesellschaftsanteil nur bei einer Zerschlagung wertlos ist, nicht hingegen bei positiver Fortbestehensprognose. Vgl. Schmidt, K, [Gutachten], 1982, S. 83. 1309 Karsten Schmidt tritt in diesem Zusammenhang ftlr ein außerordentliches (freiwilliges) Austrittsrecht der Gesellschafter ein. Vgl. Schmidt, K, [Gutachten], 1982, S. 83. Ähnlich dazu Balz, M., [Insolvenzverfahren], 1988, S. 280. Kritisch dazu Ulmer, P., [Regelungsvorschläge], 1985, S. 550-551. 1310 Vgl. Grub, V.; Kübler, B. M.; Wellensiek, [Stellungnahme], 1986, S. 11. 1311 Vgl. Braun, E.;Uhlenbruck, W„ [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 583. 1312 Vgl. Uhlenbruck, W., [Gesellschaftsrechtliche Aspekte], 1997, S. 893. 1313 Vgl. Heinzmann, F., [Kapitalverhältnisse], 1992, S. 7. 1314 Vgl. Manning, R.-D., [Betriebsfortführung], 1997, S. 187.

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Verlustvortrages, ist, die Verwertungsaltemative der übertragenden Sanierung nicht helfen.1315 Der finanzwirtschaftliche Handlungsspielraum wurde in den letzten Jahren durch den Wegfall verschiedener steuerlicher Vorrechte bei Sanierungen eingeengt. Untemehmenspolitisch unverständlich ist in diesem Zusammenhang die Aufhebung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen nach § 3 Nr. 66 EStG.1316 In diesem Zusammenhang sei auf die Rechtsprechung des Großen Senats hingewiesen, wonach nur noch der werthaltige Teil der Forderung als ergebnisneutrale Einlage anzusehen ist.1317 Verzichtet ein Gesellschafter auf seine nicht mehr voll werthaltige Forderung, so entsteht in Höhe des nicht mehr vollwertigen Teilbetrages ein steuerpflichtiger Gewinn. Soweit Sanierungsgewinne nicht gegen Verlustvorträge verrechnet werden können, droht selbst in der Insolvenz eine Besteuerung und somit eine weitere Belastung der ohnehin angespannten Liquidität. Auch ist die Verrechnung mit Verlustvorträgen problematisch, da diese im Falle einer Veräußerung dem zukünftigen Erwerber nicht mehr zur Verfügung stehen. Insofern werden die Gläubiger, insbesondere die Kreditinstitute, wenig bereit sein, mit ihrem Forde­ rungsverzicht den Fiskus zu sanieren.1318 Ferner wurden die Möglichkeiten der Verlustvortragsnutzung im Falle eines Gesellschafterwechsels beim sog. Mantelkauf nach § 8 Abs. 4 KStG weiter eingeschränkt.1319 Steuerschädlich ist nunmehr, wenn mehr als die Hälfte der Anteile, bisher mehr als 75%, an einer Kapitalgesellschaft übertragen werden und die Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortführt oder wieder aufhimmt. Die Zuführung ist jedoch unschädlich, wenn sie allein der Sanierung dient und das Unternehmen noch mindestens fünf Jahre fortgeführt wird. Diese Neuregelungen stehen insgesamt im Widerspruch zu den volkswirtschaftlichen Bestrebungen des Gesetzgebers, Firmenzusammenbrüche zu vermeiden und Arbeitsplätze zu erhalten.1320

1315 Vgl. Braun, E.;Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 582-583. 1316 Sanierungsgewinne sind letztmals ftir die Wirtschaftsjahre steuerfrei, die vor dem 1.1.1997 enden. Vgl. BT-Drucks. 13/8325, Art. 1 Nr. 1, S. 3. 1317 Vgl. BFH-Urteil vom 9.6.1997. 1318 Vgl. Plewka, H.;Höppner, T, [Untemehmenssteuerreform], 1997, S. 987. 1319 Vgl. Roser, F., [Verlustvortragsnutzung], 1997, S. 886-888. 1320 Vgl. o. K, [Finanznachrichten], 1982, S. 2548.

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b) Die Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit Im Gegensatz zur Beseitigung der Überschuldung ist die Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit mit dem Zufluß neuer liquider Mittel verbunden. Ausnahmen hiervon bilden Stundungsabkommen zur Herstellung der Fristenkongruenz mit zukünftigen Einnahmen aus dem Leistungserstellungsprozeß sowie dem Verzicht kurzfristiger Forderungen. Da die Fortführung oder Wiederaufnahme des neuorgani­ sierten Geschäftsbetriebes nur mit zusätzlicher Liquidität möglich ist, die nur zu einem geringen Teil durch diese Maßnahmen bereitgestellt werden kann, sind in der Insolvenz weitere Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.

Der Außenfinanzierung durch Kreditaufnahme und Kapitalerhöhung kommt gegenüber der Innenfinanzierung durch VermögensVerwertung die größere Bedeutung zu. Die Möglichkeiten einer Innenfinanzierung durch die Verwertung von Sachen, Rechten oder eines Teilbetriebes sind entweder nicht gangbar, da dem Unternehmen dadurch die Geschäftsgrundlage entzogen würde oder bereits im Vorfeld der Insolvenz weitgehend ausgeschöpft worden. Ferner sind die Veräuße­ rungserlöse zumeist wenig ergiebig.1321 Das Risiko einer Außenfinanzierung kann allerdings nicht einseitig auf die neuen Gläubiger abgewälzt werden.1322 So werden neue Kredite nur dann gewährt, wenn der Rückzahlungsanspruch im Falle eines Scheiterns der Sanierung abgesichert ist.1323 In der Insolvenz stehen jedoch freie Sicherungsmittel nicht mehr oder in nicht ausreichendem Umfang für einen wirtschaftlichen Neuanfang zur Verfügung.1324 Grunzky bezeichnete die Sicherungskonkurrenz zwischen Alt- und Neugläubiger bei einer Sanierung zutreffend als Quadratur des Kreises.1325 Da die Altgläubiger nach § 251 InsO im Sanierungsverfahren nicht schlechter gestellt werden dürfen als im Liquidationsfall, ist ein Rücktritt von Sicherheiten, um dem Unternehmen Luft zu verschaffen, nur schwer vorstellbar. Ein Blanko-Kredit kommt dagegen nur in den Fällen in Betracht, in denen eine Sicherung über die mit der Fertigstellung und

1321 Vgl. Ehlers, H.; Drieling, I., [Untemehmenssanierung], 1998, S. 32. 1322 In der Begründung des Regierungsentwurfes heißt es dazu, daß die Wahrscheinlichkeit des Erfolges hier die Erfüllung der eingegangenen Verbindlichkeit - stets größer sein muß als die seines Schei­ terns. Vgl. BT-Drucks. 12/2443 zu § 72, S. 129. 1323 Vgl. Stümer, R, [Sanierung], 1982, S. 770. 1324 Vgl. Braun, E., [Kreditrahmen], 1997, S. 861 und Stümer, R, [Sanierung], 1982, S. 768. 1325 Vgl. Grunsky, W., [Sanierungsverfahren], 1981, S. 1306.

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Auslieferung bestehender Aufträge verbundene Masseanreicherung gewährleistet ist.1326 Auch kommen staatliche Finanzierungshilfen, i.d.R. Landesbürgschaften, wegen des oft umständlichen und langwierigen Genehmigungsverfahrens nur in Ausnahme­ fällen in Betracht.1327 Diese finden zudem ihre Grenzen in dem Beihilfeverbot des Art. 92 EG-Vertrag. Nach Art. 92 EG-Vertrag besteht ein grundsätzliches Verbot für aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen.1328 Zudem stellt sich das Legitimationsproblem im Bereich der staatlichen Sanierungshilfen.lj29 Eine ausgebaute Insolvenzhilfe des Staates würde zur „Sozialisierung der Verluste“ fuhren, da alte Gläubigerpositionen ohne substantielle Gegenleistung aufgewertet werden.1330 Insofern stellt die Neuaufnahme von Krediten insgesamt ein schwieriges Unterfangen dar. Die Verpflichtung des vorläufigen Insolvenzverwalters nach § 22 Abs. 1 Nr. 2 InsO, das Unternehmen bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortzuführen, erfordert ein Finanzierungsinstrumentarium zur schnellen Wiederher­ stellung der Liquidität, um mindestens die laufenden Personalkosten decken zu können. Im Gegensatz zum geltenden Recht nehmen die bereits von einem vorläufigen Insolvenzverwalter, auf den die Verfügungsbefugnis übergegangen ist, aufgenommenen Sanierungs- oder Überbrückungskredite nach § 55 Abs. 2 InsO den Rang einer Masseverbindlichkeit ein.1331 Diese Vorschrift dient zum Schutz deijenigen, die bereits Geschäfte mit einem vorläufigen Insolvenzverwalter abschließen.1332 Massegläubiger werden nach § 53 InsO vorweg befriedigt. Damit erfolgt eine vorrangige Befriedigung vor den Altgläubigem. Dies gilt für alle Kreditarten, also nicht nur Bar- sondern auch Aval- und Diskontkredite, nicht

1326 In der Praxis wird die Möglichkeit der Erfüllungsablehnung gegenseitiger Verträge, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom Vertragspartner nicht oder nicht vollständig erfüllt sind, als wirkungsvolles Druckmittel für die Gewährung weitere Kredite einge­ setzt. 1327 Ferner ist die staatliche Förderung kaum mehr durchschaubar. Vgl. dazu Eichhorn, F J., [Wirtschaft im Osten], 1998, S. 7. 1328 Vgl. und Ehlers, H.; Drieling, L, [Untemehmenssanierung], 1998, S. 30 und Obermüller, M„ [Bankpraxis], 1997, Rdn. 1.155. 1329 Zu dem haushaltsrechtlichen, förderungspolitischen und rechtsstaatlichen Problem vgl. Schmidt, K„ [Gutachten], 1982, S. 116-118. 1330 Vgl. Flessner, A., [Sanierungsverfahren], 1981, S. 1285-1286. 1331 Ein Kreditinstitut, das bereits im Eröffhungsverfahren einen sog. Massekredit gewährt, hat daher darauf zu achten, daß dem Schuldner ein Verfügungsverbot auferlegt wurde. Vgl. Uhlenbruck, W., [Neukredite], 1992, S. 284. 1332 Vgl. § 53 i.V.m. § 55 InsO.

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hingegen für kapital ersetzende Gesellschafterdarlehen.lj33 Die Bestellung von entsprechenden Sicherheiten bleibt trotzdem von großer Bedeutung, da sich das Kreditinstitut im Insolvenzverfahren einem erhöhten Rückzahlungsrisiko aussetzt und die Befriedigung der aufgenommenen Kredite nach Anzeige der Masseunzu­ länglichkeit nach § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO auf den dritten Rang zurückgesetzt wird.1,334 Die persönliche Haftung des Insolvenzverwalters filr die Nichterfüllung von Masseverbindlichkeiten dürfte trotz der Beweislast des Insolvenzverwalters keine zusätzliche Sicherheit darstellen, da die Sorgfaltsanforderungen an den Insolvenzverwalter den schwierigen Umständen im Insolvenzverfahren Rechnung tragen und dementsprechend niedriger angesetzt werden müssen.1,335

Im Eröfihungsverfahren ist die Kapitalversorgung ähnlich wie bisher auch künftig über die Vorfinanzierung von Insolvenzausfallgeld möglich, um die Masse von den Arbeitsentgeltzahlungen filr die benötigten Arbeitnehmer zu entlasten.1336 Im Gegensatz zum alten Recht, wo nur die Eröffnung eines Konkursverfahrens, nicht hingegen die Eröffnung eines Vergleichsverfahrens Ansprüche auf Konkursaus­ fallgeld auslöst, ist dieses im Insolvenzverfahren unabhängig von der Verwertungs­ form zu gewähren.1337 Nach § 141b AFG hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzausfallgeld gegen das zuständige Arbeitsamt, wenn ihm noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses zustehen, die der Insolvenzeröfihung oder der Abweisung des Insolvenzantrages mangels Masse vorausgehen. Die Vorfinanzierung war nach der Novelle des Arbeitsforderungs­ gesetzes von 1988 (§ 141k Abs. 2a AFG) nur noch dann möglich, wenn die Bank kein Kreditengagement beim Schuldner hat. Dies hat sich nunmehr geändert, indem es auch der Hausbank gestattet ist, Insolvenzausfallgeld zu finanzieren. Die Vorfinanzierung erfolgt gegenwärtig nur noch über das sog. Forderungskaufver­ fahren, indem die Bank dem Arbeitnehmer seine Lohnforderung zum Nennwert abkauft und als Ersatz einen Anspruch auf Insolvenzausfallgeld gegen die Bundes­ anstalt für Arbeit erwirbt.1338

1333 Vgl. §264 Abs. 3 InsO. 1334 So auch Newiger, N., [Kreditwirtschaft I], 1994, S. 494. 1335 Bereits im BGH-Urteil vom 10.4.1979 wies das oberste Gericht daraufhin, daß bei der Fortführung eines insolventen Unternehmens nicht dem Verwalter allein die Verantwortung auferlegt werden könne. Zur Bweislastregelung vgl. BT-Dnicks. 12/2443 zu § 71, S. 129. 1336 Allerdings dürften die Grundsätze des Bundessozialgericht und der Durchfilhrungsanweisung der Bundesanstalt für Arbeit vom 24.7.1992 nur noch eingeschränkt gelten. Vgl. Uhlenbruck, W., [Insolvenzordnung], 1994, S. 55. 1337 Vgl. Berscheid, E.-D., [Konkursausfallgeld], 1994, S. 9. 1338 Vgl. auch zu dem heute nicht mehr zulässigen Kreditierungsverfahren bei Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 5.242-5.243.

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Die Bundesanstalt für Arbeit begegnet der Vorfinanzierung von Insolvenzausfallgeld in den letzten Jahren allerdings mit zunehmender Zurückhaltung, um Mißbrauch vorzubeugen.1339 Es ist mit der marktwirtschaftlichen Ausrichtung des Insolvenzver­ fahrens unvereinbar, daß die Vorfinanzierung zur Subventionierung notleidender Unternehmen durch ihre umlagepflichtigen Wettbewerber zweckentfremdet erfolgt.1340 Eine Vorfinanzierung ist nur dann gestattet, wenn nach sachverständiger Würdigung das Kreditinstitut nicht eigennützig zum Nachteil der anderen Gläubiger eine verlängerte Teilnahme des Schuldners am Markt ermöglicht.1341 Insbesondere kann die Abtretung von Lohnforderungen in revolvierender Weise dem Vorwurf der Insolvenzverschleppung unterliegen.1042 Um einer mißbräuchlichen Inanspruch­ nahme des Insolvenzausfallgeldes vorzubeugen, knüpft der Gesetzgeber mit dem neugeregelten § 187 Abs. 4 SGB III eine Vorfinanzierung über Insolvenzausfallgeld an die Zustimmung des zuständigen Arbeitsamtes.1043

Eine weitere Finanzierungsmöglichkeit ergibt sich aus der Leistungspflicht des Pensions-Sicherungs-Vereins auf Gegenseitigkeit (PSVaG).1344 Für die vom Schuldner versprochenen Versorgungszusagen tritt nach Maßgabe der § § 7, 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG der Pensions-Sicherungs-Verein ein. Im Gegensatz zur Vergleichs­ ordnung, in der nur die „vertikale“ Aufteilung der Versorgungsrechte, die Übernahme der Ausfallquote seitens des PSVaG, geregelt war, ist nach neuem Recht im Insolvenzplan auch eine „horizontale“ Aufteilung vorgesehen: Der Träger der Insolvenzsicherung übernimmt die Finanzierung der betrieblichen Altersversorgung für einen bestimmten Zeitraum nach der Insolvenz in voller Höhe und wird nach Ablauf dieses Zeitraumes von seiner Leistungspflicht freigestellt.1345 Für das insolvente Unternehmen bedeutet diese Regelung eine spürbare Liquiditätshilfe nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Die ohnehin knappen Finanzmittel können dann anderweitig eingesetzt werden. Dem PSVaG bietet eine horizontale Aufteilung den Vorteil einer erheblichen Verwaltungsvereinfachung.1046 Darüber hinaus kann

1339 Vgl. m.w.N. Ehlers, H.; Drieling, Z, [Untemehmenssanierung], 1998, S. 28-29. 1340 Vgl. Berscheid, E.-D., [Konkursausfallgeld], 1994, S. 10. 1341 Vgl. Braun, E.;Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 24 und Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 5.254 und 5.258-5.260. 1342 Vgl. Lauer, J., [Kreditmanagement], 1994, S. 270.273. 1343 Vgl. BR-Drucks. 550/96, § 187, S. 188, abgedruckt in o. V„ [Insolvenzgeld], 1997, S. 564. 1344 Vgl. Artikel 91 § 7 Abs. 4 EG InsO. 1345 Von dieser Möglichkeit wird bereits heute in außergerichtlichen Vergleichsverfahren Gebrauch gemacht. Im Hinblick auf die neue Rechtslage wurde die horizontale Aufteilung bereits im Vergleichsverfahren der Klöckner AG 1993 mit gutem Erfolg eingesetzt. Vgl. Paulsdorff, J., [PSVaG], 1997, S. 1165. 1346 Vgl. Diller, [PSV], 1997, S. 770.

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vermieden werden, daß nach einer erfolgreichen Sanierung die Arbeitnehmer Ansprüche gegen den PSVaG erwerben, obwohl der Schuldner längst wieder in der Lage wäre, die Renten in voller Höhe zu bezahlen. Ob allerdings der PSVaG einer solch risikoreichen Regelung zustimmen wird, bleibt ungewiß, da im Falle eines Scheiterns der Sanierung und der Eröffnung eines zweiten Insolvenzverfahrens der PSVaG sowohl filr die während des bestimmten Zeitraumes als auch für die nach Eintritt des neuen Sicherungsfalls zu erbringende Versorgungsleistungen in voller Höhe haftet.1347

Der Erfolg einer Sanierung hängt letztlich davon ab, ob dem Unternehmen nach der Bestätigung des Insolvenzplanes oder nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens die für die Reorganisation benötigten Mittel zugefiihrt werden. Da dem Kreditgeber i.d.R. keine Sicherheiten angeboten werden können, kann im gestaltenden Teil des Insolvenzplanes vereinbart werden, daß diejenigen Kredite, die während der Zeit der Überwachung aufgenommen oder in die Zeit der Überwachung1348 hinein stehen gelassen worden sind, im Rang vor den Forderungen, die den Insolvenzgläubigem nach dem Plan zustehen, befriedigt werden.1349 Zum Schutz der Insolvenzgläubiger ist ein Gesamtbetrag für derartige Kredite in einem sog. Kreditrahmen festzu­ legen.1350 Der Kreditrahmen darf hierbei den Wert der Vermögensgegenstände nicht überschreiten, der in der Vermögensübersicht des Planes aufgeführt ist.b51 In § 264 Abs. 3 InsO wird auch klargestellt, daß der Nachrang von Forderungen aus kapitalersetzenden Leistungen nicht durch die Aufnahme solcher Forderungen in den Kreditrahmen beseitigt werden kann. Der Vorrang gilt sowohl gegenüber Insolvenzgläubigem als auch gegenüber Neugläubigem, die nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens mit der Gesellschaft kontrahieren.1352 Der Anwendungsbereich ist allerdings auf die Insolvenzverfahren beschränkt, die in der Zeit der Überwa­ chung erneut eröffnet werden.1353 Die Kreditlaufzeit sollte daher die Dauer der Überwachung nicht überschreiten.1354

1347 Vgl. Paulsdorff, J., [PSVaG], 1997, S. 1165. 1348 Die Überwachung nach § 268 InsO ist nach einer Höchstfrist von 3 Jahren aufzuheben. 1349 Vgl. § 264 Abs. 1 Satz 1 InsO. Der Vorrang erstreckt sich auch gegenüber denjenigen Gläubigem, die wahrend der Zeit der Überwachung neu begründet werden. Vgl. § 265 InsO. 1350 Vgl. § 264 Abs. 1 Satz 2 InsO. Hierdurch sollen die Gläubiger vor einer übermäßigen Kredit­ aufnahme geschützt werden. Vgl. § 264 Abs. 1 Satz 3 InsO. 1351 Vgl. §264 Abs. 1 Satz 3 InsO. 1352 § 52 InsO ist insoweit nur unglücklich formuliert, da der absonderungsberechtigte Gläubiger nicht Insolvenzgläubiger im Sinne des § 264 InsO ist. Vgl. Braun, E., [Kreditrahmen], 1997, S. 861 und 872. 1353 Vgl. § 266 Abs. 1 InsO. 1354 Vgl. Obermüller, M., [Insolvenzrechtsreform I], 1994, S. 1837.

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Mit der Vorrangregelung wird das Ausfallrisko hauptsächlich auf die Insolvenz­ gläubiger verlagert. Gleichzeitig können die gesicherten Gläubiger ohne zusätzliches Risiko ihre alten Forderungen weiter aufwerten. Die ungesicherten Gläubiger dürften einem solchen Vorhaben deshalb sehr skeptisch gegenüber stehen. Auch werden die Kreditinstitute sehr zurückhaltend sein, neues Kapital im notwendigen Umfang zur Verfügung zu stellen, da der Kreditrahmen die Absonderungsrechte nicht antastet, sondern nur ein Vorrecht in der Folgeinsolvenz einräumt,.1355 Dem Kreditrahmen als Finanzierungsinstrument zur Sanierung sind daher enge Grenzen gesetzt. Für die Beschaffung von neuem Kapital wird es ausschlaggebend sein, inwieweit es dem Insolvenzverwalter gelingt, die aus- und absonderungsberechtigten Gläubiger zu überzeugen, Handlungsspielräume für die Sicherung von Neukrediten durch eine Kürzung ihrer Rechte zu eröffnen. Die Finanzierung im Insolvenzverfahren bleibt somit auch im neuen Recht ein kaum zu überwindendes Problem.

II. Die Sanieningsprüfung Die Sanierungsprüfung umfaßt neben dem Ist-Zustand, der zur Insolvenz geführt hat, ein Urteil über den mit den Sanierungsmaßnahmen angestrebten Soll-Zustand.1356 Ein Sanierungsverfahren hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn die Ursachen, die einer Fortführung entgegenstehen, beseitigt werden können und das Unternehmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit aus eigener Kraft am Markt nachhaltige Einnahmeüberschüsse erzielen kann.1357 Erst eine umfassende Untemehmensanalyse kann Aufschluß über die Sanierungsaussichten im Insolvenzverfahren geben.1358 Bevor eine Entscheidung über die Sanierung eines insolventen Unternehmens getroffen wird, muß daher im Rahmen einer betriebswirtschaftlichen Sonderprüfung die Sanierungsbedürftigkeit, -Fähigkeit und -Würdigkeit zuverlässig geklärt werden.1359 Die Sanierungsbedürftigkeit kann im Insolvenzfall als hinreichend

1355 Vgl. Braun, E.t [Kreditrahmen], 1997, S. 873. 1356 Vgl. Wegmann, J., [Untemehmensbewertung], 1988, S. 801. 1357 Vgl. Braun, E., [Sanierungskonzept], 1989, S. 690; Franke, G., [ökonomische Überlegungen], 1983, S. 37 und Nonnenmacher, R, [Sanierung], 1994, S. 1316. 1358 Vgl. Becker, R., [Sanierungsfähigkeit], 1988, S. 563-566; Harz, M.; Hub, H-G.; Schlarb, E., [Sanierungs-Management], 1996, S. 103-121 und Homburg, C.; Demmler, W., [Instrumente], 1994, S. 1593-1604. 1359 Diese Vorgehensweise entspricht dem klassischen Triadenablauf. Ausführlich dazu Jordan, A., [Reorganisationsverfahren], 1993, S. 140-155 und Wegmann, J. [Sanierungsprüfung], 1987, S. 1905-1907. Der Triadenablauf stellt eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für eine positive Sanierungsentscheidung dar. Der Fall, daß die Sanierungsbedürftigkeit, -fähigkeit und -

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gesichert unterstellt werden. Während die Sanierungsfähigkeit ein objektives Urteil darstellt, ist die Sanierungswürdigkeit eine subjektive Einschätzung der Beteiligten über die Möglichkeit zur Sanierung im Insolvenzverfahren.

1. Das Sanieningskonzept Ausgangspunkt jeder intersubjektiv nachvollziehbaren Sanierungsprüfung ist das im Insolvenzplan dargestellte Sanierungskonzept.1360 Erst auf der Grundlage des Sanierungskonzeptes ist die Sanierungsfähigkeit beurteilbar.1361 Die Entwicklung des Sanierungskonzeptes erfolgt auf der Basis der im Rahmen der Untemehmensanalyse gewonnenen Erkenntnisse über die Untemehmenssituation.lj62 Für eine eingehende Analyse steht im Insolvenzverfahren i.d.R. nicht genug Zeit zur Verfügung. Damit beschränkt sich die Untemehmensanalyse zunächst darauf, ein übersichtliches Bild vom insolventen Unternehmen zu bekommen. Insbesondere muß sich der Insolvenzverwalter mit den Marktverhältnissen befassen.1363 Jede Sanierung ist sinnlos, wenn es für die vom Schuldner angebotenen Waren oder Dienstleistungen keine Nachfrage gibt oder die Nachfrage von der Konkurrenz dauerhaft befriedigt werden kann.

Mit dem Sanierungskonzept als Handlungs- und Verfahrensanweisung ist die Divergenz zwischen dem Ist-Zustand und dem angestrebten Soll-Zustand aufzu­ lösen. Das Ziel eines Sanierungskonzeptes besteht nicht nur darin, kurzfristige Verlustquellen zu beseitigen. Es muß auch die mittel- und langfristige Lebens­ fähigkeit ermöglichen.1364 Das Sanierungskonzept muß hierzu alle finanz- und leistungswirtschaftlichen Maßnahmen zur Wiederherstellung der untemehmenserhaltenden Ertragskraft aufiühren.1365 Der Inhalt muß sich an dem Leitbild des zu sanierenden Unternehmen orientieren. Zunächst sind die angestrebten strategischen Erfolgspotentiale festzulegen, d.h. mit welchen Fähigkeiten sich das Unternehmen

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Würdigkeit vorliegen und eine Sanierung trotzdem nicht durchgeführt wird, ist z.B. bei einem Verstoß gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen denkbar. Andererseits kann bei einem rationalen Verhalten der Beteiligten davon ausgegangen werden, daß nur bei positivem Ausgang aller drei Prüfungsschritte eine Sanierung vorgenommen wird. Vgl. hierzu auch Wegmann, J., [Untemehmensbewertung], 1988, S. 802. Vgl. IDW, [Sanierungskonzept], 1991, S. 319; Ley, D., [Sanierungskonzepte], 1991, S. 49 und Wegmann, J. [Sanierungsprüfüng], 1987, S. 1905. Vgl. IDW, [Sanierungskonzept], 1991, S. 319. Vgl. Böckenförde, B„ [Untemehmenssanierung], 1996, S. 84. Vgl. Bork, R., [Insolvenzrecht], 1995, S. 164. Vgl. Krystek, U., [Untemehmungskrisen], 1987, S. 232. Vgl. Peemöller, V. H.; Weigert, S. J., [Sanierungskonzept], 1995, S. 2311.

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gegenüber der Konkurrenz langfristig den Erfolg sichern kann.1366 Daraus abgeleitet sind die Teilstrategien in ihrer sachlichen und zeitlichen Abfolge festzulegen. Sie dienen zugleich den am Sanierungsprozeß Beteiligten als Handlungsrichtlinie. Gleichzeitig kann daran die Umsetzbarkeit anhand der verfügbaren Ressourcen, z.B. Mitarbeiter und Finanzmittel, beurteilt werden. Die Umsetzbarkeit stellt eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Annahme eines Sanierungskonzeptes dar. Das Sanierungskonzept muß sämtliche Abhängigkeiten und Restriktionen berücksichtigen. Die Behebung der leistungs- und finanzwirtschaftlichen Defizite steht in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis. Ohne die Beseitigung der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit ist eine Reorganisation des betrieblichen Leistungserstellungs- und Verwertungsprozesses grundsätzlich ausgeschlossen, während auf der anderen Seite die Gläubiger nur dann bereit sind, einen Sanierungs­ beitrag zur finanziellen Gesundung zu leisten, wenn die leistungswirtschaftlichen Krisenursachen erkannt und mittels eines Sanierungskonzeptes nachhaltig behoben werden können. Der Insolvenzplan muß daher neben einem finanziellen auch ein leistungswirtschaftliches Sanierungskonzept umfassen.

Die Erstellung eines Sanierungskonzeptes wird weniger ein Instrument des Insolvenzverwalters als vielmehr ein Instrument des Schuldners und seines Sanierungsberaters im Zusammenhang mit der drohenden Zahlungsunfähigkeit sein. Der Schuldner kann bereits bei den ersten Anzeichen einer drohenden Insolvenz einen Insolvenzplan ausarbeiten, um sich dann nach Eintritt der drohender Zahlungsunfähigkeit in den Schutz eines Insolvenzverfahrens zu begeben. Ferner dürften dem Schuldner auch die besseren Informationen für eine detaillierte Untemehmensanalyse zur Verfügung stehen. Die im Vorfeld der Insolvenz ausgearbeiteten Sanierungspläne, sog. „prepackaged plans“, haben zwei wesentliche Vorteile: Zum einen fördert eine frühzeitige Planeinreichung das notwendige Vertrauen zwischen Schuldner und Gläubigem, so daß die Gläubiger eher zur weiteren finanziellen Unterstützung im Insolvenzverfahren bereit sind. Zum anderen verbleibt dem Schuldner im Vorfeld der Insolvenz ausreichend Zeit für die Ausarbeitung eines leistungs- und finanzwirtschaftlichen Sanierungskonzeptes und dessen Abstimmung mit den wichtigsten Gläubigem.1367 Je später ein Sanierungs­ konzept in den zeitlichen und sachlichen Wirren eines Insolvenzverfahrens erarbeitet wird, desto stärker treten die reagierenden und schadensbegrenzenden Planelemente in den Vordergrund. Darüber hinaus kann der Insolvenzverwalter auf einem sinnvollen Sanierungskonzept des Schuldners besser aufbauen.

1366 Vgl. Böckenförde, B., [Untemehmenssanierung], 1996, S. 86. 1367 Vgl. Braun, Er, Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 560.

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Insgesamt wird dem Insolvenzplan des Schuldners, wenn dieser bereits mit der Antragstellung vorgelegt wird, die größere Bedeutung zukommen. Die Planvorlage des Schuldners wird in der zukünftigen Insolvenzpraxis eng mit dem Rechtsinstitut der Eigenverwaltung verknüpft sein, da der Schuldner mit dem Insolvenzplan ein grundlegendes Interesse an der Fortführung des Unternehmens und die Möglichkeit dazu signalisiert.1368

2. Der Einfluß des Insolvenzvenvalters und der Kredit­ institute in der Sanierungsprüfung Die Aufgabe der Sanierungsprüfung ist es, ein Gesamturteil darüber zu treffen, ob das insolvente Unternehmen sanierungsfähig ist.1369 Die Grundlage hierfür bildet das Sanierungskonzept. Die Sanierungsfähigkeit stellt auf die objektive Überlebens­ fähigkeit des Unternehmens ab. Ziel der Sanierungsfähigkeitsprüfung ist eine Aussage über die Erhaltungsfähigkeit des Unternehmens. Zur Beurteilung der Sanierungsfähigkeit ist insbesondere eine Einschätzung der zukünftigen Ertragskraft des Unternehmens notwendig.1370 Die Sanierungsfähigkeit ist grundsätzlich dann zu bejahen, wenn mit der Umsetzung des Sanierungskonzeptes nachhaltig positive Ertrags- bzw. Einnahmeüberschüsse erzielt werden können. Als wichtigster Beurteilungsmaßstab für die Einschätzung der Ertragskraft ist der wirtschaftliche Organismus des Unternehmens selbst, vor allem die Geschäftsführung, zu untersuchen.1371 Des weiteren ist anhand der Marktverhältnisse zu prüfen, ob der Fortbestand des Unternehmens durch einen entsprechenden Auftragsbestand abgesichert ist und dem Unternehmen für die Auftragsabwicklung die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stehen oder gestellt werden können.lj72 Besteht in der Branche Überkapazität, so wird der schwächste Wettbewerber ohnehin ausscheiden müssen. Im weiteren sind die Aussichten für einen Gläubigerkonsens zur finan­ ziellen Sanierung zu prüfen.1373 Nur wenn die zur Sanierung notwendige Aufnahme von Kapital sowie der Verzicht der Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen als wahrscheinlich anzusehen ist, können die Sanierungsmaßnahmen umgesetzt werden.

1368 Vgl. Eilenberger, G., [Insolvenzrechtsreform], 1996, S. 55. 1369 Vgl. Groß, P. J., [Sanierungsfähigkeit], 1997, S. 61. 1370 Einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Ansätze zur Sanierungsfähigkeitsprüfung gibt Maus, K.-H., [Insolvenzrechts-Handbuch], 1990, S. 57-63 und Kayser, G., [Sanierungsfähigkeit], 1983, S. 50-66. In fast allen Ansätzen klingen die Grundzüge der Untemehmensbewertung an. 1371 Vgl. Schedlbauer, H., [Sanierungsfähigkeitsprüfung], 1993, S. 219. 1372 Vgl. Schedlbauer, H., [Sanierungsfähigkeitsprüfung], 1993, S. 219 und Uhlenbruck, W., [Sanierung], 1981, S. 560-561. 1373 Vgl. Groß, P. J., [Sanierungsfähigkeit], 1997, S. 81-82.

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Bei der Prüfung der Sanierungsfähigkeit geben weder eine Substanzbetrachtung noch die Erträge und Aufwendungen der Vergangenheit Hilfestellungen.1374 Wenig erfolgversprechend erscheint daher auch der von Kayser1375 beschrittene Weg, mit Hilfe einer Diskriminanzfunktion eine Trennung in sanierungsfähige und nicht sanierungsfähige Unternehmen vorzunehmen, solange die Unzulänglichkeiten des Jahresabschlusses als Datenbasis noch nicht behoben sind. Allenfalls kann die Extrapolation vergangener Erfahrungen eine Hilfestellung für die Umsetzbarkeit des Sanienmgskonzeptes geben. Sämtliche Prognoseverfahren scheitern letztendlich an der Tatsache, daß die Unsicherheit in der Natur zukünftiger Ereignisse liegt und damit auch nicht beseitigt werden kann. Schwierig ist nicht nur die Vorhersage über die Ausprägung zukünftiger Ereignisse. Viel schwieriger ist es, den Eintritt eines bis dato unbekannten Ereignisses zu prognostizieren, d.h. die Suche nach der Vollständigkeit aller einzubeziehenden Einflußfaktoren. Die Betriebswirtschafts­ lehre ist deshalb auch außerstande, deduktiv eine gesicherte Aussage über den Sanierungserfolg abzuleiten.1376 Die Ermittlung des Sanierungserfolges ist nicht zuletzt deshalb so schwierig, da es bislang keine Wenn-Dann-Kriterien gibt, die ein hinreichend verläßliches Urteil über die Sanierungsfähigkeit zulassen.1377 Darin liegt zugleich der Schwachpunkt im Insolvenzverfahren. Der Gesetzgeber geht stillschweigend von der Annahme aus, daß die Vorteilhaftigkeit einer Sanierung im voraus ermittelt werden kann. Daß aber in der Praxis weitgehend Unsicherheit über den zu erwartenden Liquidationserlös sowie über die in der Zukunft zu erzielenden Erträge besteht, und somit keine echte Entscheidungsgrundlage über die Verwer­ tungsform geschaffen werden kann, bleibt ausgeblendet. Gerade dieser Umstand verdeutlicht die engen Grenzen einer objektiven und intersubjektiv nachvollzieh­ baren Prüfung der Sanierungsfähigkeit aus betriebswirtschaftlicher Sicht und fuhrt dazu, daß die Sanierungsfähigkeit ein subjektiver Entscheidungswert aus der Perspektive des Insolvenzverwalters wird.1378 Wegen der vielfältigen Schwierigkeiten und Anforderungen an eine Untemehmens­ sanierung hat ein großer Teil der vom Gericht eingesetzten Verwalter bisweilen

1374 Vgl. Moxter, A., [Untemehmensbewerter], 1977, S. 254 und Schedlbauer, H., [Sanierungs­ fähigkeitsprüfung], 1993, S. 219. 1375 Vgl. Kayser, G., [Sanierungsfähigkeit], 1983, S. 112-181. 1376 Vgl. Kayser, G., [Sanierungsfähigkeitsprüfung], 1983, S. 415. 1377 Vgl. Kayser, G., [Sanierungsfähigkeitsprüfung], 1983, S. 415 und Manning, R.-D., [Betriebsfortfilhrung], 1997, S. 34. 1378 So auch Wegmann, J., [Untemehmensbewertung], 1988, S. 807-809.

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noch keine Sanierung durchgefuhrt.1-579 Diese Tatsache ist insofern bedenklich, da der Insolvenzverwalter aufgrund seiner starken Position im Insolvenzverfahren die Entscheidung über die Art der Vermögensverwertung maßgeblich prägt.1380 Obendrein obliegt die Ernennung des Insolvenzverwalters ausschließlich dem Insolvenzgericht, dessen Auswahl sich nicht immer als besonders fachkundig erwiesen hat.1381 Von der Möglichkeit, einen vom Gericht vorgeschlagenen Insolvenzverwalter nicht zu wählen, wird in der Praxis kein Gebrauch gemacht.1382 Fehlen die notwendigen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse und die Möglichkeit, sich einem sehr zeitintensiven und zuweilen risikoreichen Engagement zu widmen, ziehen viele Verwalter die Liquidation des Unternehmen auch in solchen Fällen vor, in denen vom betriebswirtschaftlichen Standpunkt aus eine Sanierung in Betracht käme.1-583 Die Sanierung trägt in erheblich höherem Maße das Risiko eines Scheiterns in sich als die Liquidation.b84 Gelingt dem Insolvenzverwalter die Untemehmenssanierung, so ist ihm Anerkennung gewiß. Mißlingt sie dagegen, so hat der Insolvenzverwalter für die Nichterfüllung von Masseverbindlichkeiten persönlich einzustehen, soweit er bei der Begründung der Verbindlichkeit erkennen konnte, daß die Masse voraussichtlich nicht zur Erfüllung ausreicht.1385 Ein rational handelnder Verwalter wird deshalb sein persönliches Haftungsrisiko nach § 60 InsO durch die Einschränkung des Betätigungsfeldes begrenzen.1386 In diesem Zusam­ menhang wird der Insolvenzverwalter bspw. bereits bei seiner Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter im Antragsverfahren darauf hinwirken, daß dem Schuldner kein allgemeines Verfügungsverbot nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO auferlegt wird, da er in diesem Falle für die Nichterfüllung der von ihm begründeten

1379 Eine Umfrage aus den 70er Jahren ergab, daß die überwältigende Mehrheit der Konkursverwalter (84%) selten oder nie das Unternehmen fortgeführt haben. Vgl. Reheusser, P., [Untemehmens­ fortfilhrung], 1985, S. 25. 1380 Vgl. BGH-Urteil vom 8.12.1954. Ausführlich zu dem Problem der Rechtsmacht und dem Interessenkonflikt zwischen dem Schutzbedürfhis der Gläubigergemeinschaft und dem Vertrauens­ schutz im Rechtsverkehr bei Jauernig, O., [Rechtsmacht], 1975, S. 307-310. 1381 Vgl. Grub, V„ [Insolvenzordnung], 1993, S. 398 und Mönning, R.-D., [Betriebsfortführung], 1997, S. 285. Schröter/Weber schlagen in diesem Zusammenhang vor, die Ernennung des Insolvenzver­ walters einer sachverständigen Stelle zu übertragen. Vgl. Schröter, J; Weber, A., [Sanierungsver­ fahren], 1982, S. 1026. 1382 Vgl. Gessner, V. u.a., [Konkursabwicklung], 1978, S. 537 und Newiger, N., [Kreditwirtschaft I], 1994, S. 493. 1383 Vgl. Hesselmann, S.; Stefan, U, [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 63. 1384 Vgl. Smid, £, [Haftung], 1997, S. 338. 1385 Vgl. § 61 InsO. 1386 Durch eine überspannte persönliche Verantwortung des Konkursverwalters im Falle der Untemeh­ mensfortfilhrung muß jegliche Risikobereitschaft zwangsläufig erlahmen. Vgl. Kilger, J, [Konkurs], 1975, S. 147 und Uhlenbruck, W., [Krise], 1975, S. 902.

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Verbindlichkeiten nach § 61 InsO persönlich haften würde. Dies kann zu einer erheblichen Liquiditätsbelastung führen, wenn die Lieferanten im Antragverfahren nur gegen Vorauskasse liefern, solange ihre Verbindlichkeit nicht den Rang einer Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 2 InsO einnehmen. Das Wort von Uhlenbruck: „Der Konkursverwalter ist oft das Schicksal des Verfahrens“1387, gewinnt im neuen Insolvenzrecht an Bedeutung, da der Insolvenzverwalter neben der (zeitweiligen) Unternehmensfortfilhrung zusätzlich die Sanierungsfähigkeit zu prüfen hat.

Im neuen Recht hat der Insolvenzverwalter spätestens bis zum Berichtstermin die Sanierungsfähigkeit darzulegen.1388 Da im alten Recht bereits mit der Verfahrenser­ öffhung, Konkurs- oder Vergleichsverfahren, eine Entscheidung über die Sanierung getroffen wird, stellt diese Regelung zunächst eine Verbesserung dar, da die Sanierungsentscheidung noch nicht zu einem Zeitpunkt getroffen werden muß, in dem die Sanierungsfähigkeit noch gar nicht beurteilt werden kann. Das Insolvenz­ gericht kann jedoch bereits im Eröfihungsverfahren den vorläufigen Insolvenz­ verwalter beauftragen, die Sanierungsfähigkeit des insolventen Unternehmens zu untersuchen.1389 Insofern fällt wie bisher im Vorverfahren eine Entscheidung seitens des Insolvenzverwalters.1390 Da das Eröfihungsverfahren in der Insolvenzordnung kürzer sein wird, ist die dem Insolvenzverwalter verbleibende Zeit, ein Sanierungs­ konzept zu entwickeln, knapp bemessen.1091 Da viele Prüfungsunterlagen unvollständig oder nicht vorhanden sind und wichtige Informationsträger das Unternehmen bereits verlassen haben, gestaltet sich die Beurteilung ohnehin besonders schwierig.1392 Gleichwohl wird stillschweigend unterstellt, daß man die Erfolgsaussichten einer Untemehmenssanierung bereits zum Berichtstermin und darüber hinaus grundsätzlich beurteilen kann.1393

Während die Prüfung der Sanierungsfähigkeit dem Insolvenzverwalter zukommt, obliegt es den Gläubigem, die Sanierungswürdigkeit zu beurteilen. Die Sanierungs­ würdigkeit ist eine subjektive und personenbezogene Betrachtung. Mit der Sanierungswürdigkeitsprüfung untersuchen die Gläubiger die Vorteilhaftigkeit einer

Kuhn, G.;Uhlenbruck, W„ [Kommentar], § 78, Rz. 2. Vgl. §156 Abs. 1 InsO. Vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Vgl. Manning, R.-D., [Betriebsfortführung], 1997, S. 70. Vgl. Grub, V„ [Insolvenzordnung], 1993, S. 394. Als besonderes Charakteristikum einer Sanierungs­ fähigkeitsprüfung wird zumeist der Zeitdruck angeführt. Vgl. hierzu Schedlbauer, H., [Sanierungsfähigkeitsprüfung], 1993, S. 219. 1392 Vgl. Schedlbauer, H., [Sanierungsfähigkeitsprüfung], 1993, S. 219. 1393 Kritisch dazu auch Kayser, G., [Sanierungsfähigkeitsprüfung], 1983, S. 415 und Wellensiek, J., [Erfahrungen], 1995, S. 544. 1387 1388 1389 1390 1391

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Untemehmenssanierung im Hinblick auf ihre persönliche Interessenlage.1394 Die Gläubiger richten sich dabei nach ihren eigenen Interessen und bewerten die Sanierungswürdigkeit aufgrund ihren heterogenen Erwartungen sehr unter­ schiedlich.b95 Infolgedessen werden so viele unterschiedliche Einschätzungen vorliegen, wie es an der Sanierung maßgeblich Beteiligte gibt.1396 Im Gegensatz zur Ermittlung der Sanierungsfähigkeit können auch außerökonomische, zuweilen sogar persönliche Faktoren bei der Beurteilung der Sanierungswürdigkeit von Bedeutung sein.1397 So ist nicht jedes sanierungsfähige Unternehmen auch sanierungswürdig.1398 Nur zu oft wird die Sanierungswürdigkeit aus der Interessenlage der Gläubiger zum Imperativ für die Sanierungsfähigkeit.1399 Als typisches Beispiel wird in der Literatur hierfür das Engagement der Karstadt AG bei der Sanierung von Neckermann Versand KGaA angeführt.1400

In der Praxis ist die Prüfung der Sanierungsfähigkeit und -Würdigkeit ein in zeitlicher und sachlicher Hinsicht verwobener, sich gegenseitig beeinflussender Prozeß. Da der Insolvenzverwalter bei der Gewährung von Massekrediten auf die Unterstützung der Kreditinstitute angewiesen sind, werden in der Praxis zeitgleich zur Sanierungsfähigkeitsprüfimg Gespräche mit den Gläubigerbanken sowie den wichtigsten Großgläubigem geführt, um deren Sanierungsbereitschaft auszuloten. Es ist daher naheliegend, daß die Sanierungsfähigkeit von der Sanierungswürdigkeit in der Weise beeinflußt oder sogar bestimmt wird, daß der Insolvenzverwalter eine Sanierung nur dann für gutheißen wird, wenn er mit der Zustimmung der Kreditin­ stitute rechnen kann. Die Prüfung der Sanierungsfähigkeit wird somit zum Spiegelbild der Interessenlage des Insolvenzverwalters und der Kreditinstitute.1401 Die Erfolgsaussichten einer Sanierung hängen daher nicht nur von der Qualität des schuldnerischen Sanierungskonzeptes ab, sondern ebenso oder fast mehr von den

1394 Vgl. Böckenförde, B., [Untemehmenssanierung], 1996, S. 45; Schedlbauer, H., [Sanierungsfähig­ keitsprüfung], 1993, S. 221 und Schwarzecker, J.; Spandl, F., [Krisenmanagement], 1996, S. 79. 1395 Vgl. Schmiedel, E., [Sanierungswürdigkeit], 1984, S. 761 und Wegmann, J. [Sanierungsprüfung], 1987, S. 1907. 1396 Vgl. Hesselmann, S.; Stefan, U., [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 50 und Wegmann, J, [Untemeh­ mensbewertung], 1988, S. 809. 1397 Vgl. Mönning, R.-D., [Betriebsfortftihrung], 1997, S. 169. 1398 Hierbei können Überlegungen wie die das Ausscheiden lästiger Konkurrenten oder die Überwindung eigener Liquiditätsengpässe eine entscheidende Rolle spielen. Vgl. Jordan, A., [Reorganisations­ verfahren], 1993, S. 130. 1399 Vgl. Böckenförde, B., [Untemehmenssanierung], 1996, S. 45. 1400 Vgl. Schedlbauer, H., [Sanierungsfähigkeitsprüfung], 1993, S. 221. 1401 Einen Hinweis auf die gute Beziehung gibt auch die verschwindend geringe Anzahl gerichtlicher Auseinandersetzungen zwischen dem Insolvenzverwalter und den Banken. Vgl. Gessner, K u.a., [Konkursabwicklung], 1978, S. 265.

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persönlichen Interessen des Insolvenzverwalters und der Kreditinstitute an einer Sanierung.1402 Dieser Einfluß kann bei einer Verneinung der Sanierungsfähigkeit maßgebend werden. Die vielgepriesene Gläubigerautonomie bei der Entscheidung über das Verfahrensziel kommt daher nur sehr eingeschränkt zum. Tragen.

3. Die engen Grenzen der Sanierungsfahigkeit eines insolventen Unternehmens Die Insolvenzverfahren werden in der Praxis - wie bereits ausgeführt - in der Mehrzahl der Fälle dann eingeleitet, wenn die Kreditinstitute der Auffassung sind, das Unternehmen sei aus eigener Kraft nicht mehr zu sanieren, weil die verantwort­ lichen Organe außerstande sind, die ursächlichen Krisenursachen durch geeignete Sanierungsmaßnahmen zu beseitigen, um somit ein finanzielles Ungleichgewicht abzuwenden oder wieder herzustellen. Insofern wäre bei einer ökonomischen Betrachtung im Interesse einer optimalen Kapitalallokation ein insolventes Unternehmen sofort zu liquidieren und der Verwertungserlös einem effizienteren Untemehmensträger zuzuführen. Voraussetzung für die Sanierungsfähigkeit eines Unternehmens ist zunächst, daß ein Sanierungsmehrwert geschaffen werden kann.1403 Der Sanierungsmehrwert zeigt als Differenz zwischen dem Fortführungswert und dem Untemehmenswert ohne Sanierungsmaßnahmen das Sanierungspotential des Schuldners auf. Aus Sicht der Gläubiger ist eine Sanierung nur interessant, wenn der durch die Restrukturierung geschaffene Sanierungsmehrwert zu einer höheren Gesamtbefriedigung führt.1404 Der Fortführungswert wird auf der Basis abgezinster Zahlungsströme ermittelt. Zur Bestimmung wird neben dem Discounted Cash Flow-Verfahren häufig auch die Ertragswertmethode angewandt.1405 Damit ist die Prüfung der Sanierungsfähigkeit methodisch eng mit der Überschuldungsprüfung verknüpft.1406 In beiden Fällen wird der Barwert künftiger Erfolge ermittelt. Der so ermittelte Untemehmenswert dient den Beteiligten als Entscheidungswert und setzt die Grenze ihrer Konzessions­

1402 Vgl. Maus, K. [Insolvenzplan], 1997, S. 715. 1403 Ausführlich dazu Groß, P. J,, [Sanierungsfähigkeit], 1997, S. 76-78 und Nonnenmacher, R, [Sanierung], 1994, S. 1315-1320. 1404 Vgl. Groß, P. [Sanierungsfähigkeit], 1997, S. 78. 1405 Vgl. Braun, E., [Sanierungskonzept], 1989, S. 688; Gless, S.-E., [Untemehmenssanierung], 1996, S. 59; Groß, P. J., [Sanierungsfähigkeit], 1997, S. 76 und Steiner, M, [Insolvenzauslösetatbestände], 1986, S. 434. 1406 Vgl. Brandstätter, J., [Sanierungsfähigkeit], 1993, S. 64-66; Braun, E., [Sanierungskonzept], 1989, S. 692; Maus, K.-H., [Insolvenzrechts-Handbuch], 1990, S. 63 und Wegmann, J., [Untemehmens­ bewertung], 1988, S. 804.

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bereitschaft.1407 Die Sanierungsfähigkeitsprüfung muß somit zuerst die Hürde der Untemehmensbewertung nehmen. Aufgrund der identischen Vorgehensweise zur Überschuldungsprüfung tauchen die bereits bei der Überschuldungsprüfung beschriebenen Probleme wieder auf. So mündet die Beurteilung der Sanierungs­ fähigkeit auch hier in ein Informationsbeschaffungs- und Prognoseproblem.1408 Bislang ist in der betriebswirtschaftlichen Literatur noch kein Bewertungskonzept zur Ermittlung des Fortführungswertes eines insolventen Unternehmens vorgestellt worden.1409

Die Sanierungsfähigkeit eines insolventen Unternehmens ist ungeachtet der vielen praktischen Probleme schließlich dann zu bejahen, wenn der Fortführungswert den Liquidationswert übertrifft und das insolvente Unternehmen nach der Sanierung ohne fremde Hilfe auf Dauer weiterbestehen kann, d.h. wenn ein positiver Ertragswert erwirtschaftet werden kann.1410 Nur in diesem Fall besteht die Möglichkeit, durch entsprechende Vereinbarungen jeden Kapitalgeber besser zu stellen als im Falle einer Liquidation und damit die notwendigen Abstimmungs­ mehrheiten zu erreichen.1411 Hierbei ist es unbeachtlich, ob die Schulden den Gesamtwert des Unternehmens bereits übersteigen oder nicht. Unverständlich ist daher, daß der Gesetzgeber den Vorteilhaftigkeitsvergleich zwischen Liquidationsund Fortfilhrungswert als Terminierungsregel nicht aufgreift.1412

Aus der methodischen Verknüpfung der Sanierungsprüfung mit der Überschul­ dungsprüfung ergibt sich für die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit folgender sachlogischer Konflikt: Der Schuldner ist in der Unternehmenskrise zur fortlaufenden Prüfung seiner Antragspflicht angehalten. Neben seinem wirtschaftlichen Eigeninteresse gebietet seine organschaftliche Stellung, keinen Sanierungsversuch ungenutzt zu lassen, um

1407 Vgl. Wegmann, J, [Untemehmensbewertung], 1988, S. 809. 1408 Vgl. Becker, R., [Sanierungsfähigkeit], 1988, S. 561-562; Foquet, K. P., [Sanierungswürdig­ keitsanalyse], 1987, S. 51 und Wegmann, J. [Sanierungsprüfung], 1987, S. 1903-1904. 1409 Vgl. Brandstätter, J., [Sanierungsfähigkeit], 1993, S. 67 und Gless, S.-E., [Untemehmenssanierung], 1996, S. 109. 1410 Vgl. Braun, E., [Sanierungskonzept], 1989, S. 687; Böckenförde, B., [Untemehmenssanierung], 1996, S. 45; Flessner, A., [Sanierung], 1982, S. 185; Hax, H; Marschdorf, H-J., [Anforderungen an ein Insolvenzrecht], 1983, S 118; Jordan, A., [Reorganisationsverfahren], 1993, S. 129 und Wegmann, J, [Untemehmensbewertung], 1988, S. 805. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, daß dieser hypothetischen Vergleichsrechnung noch keine verbindlichen Standards zugrunde liegen. Vgl. Mönning, R-D., [BetriebsfortfUhrung], 1997, S. 35. 1411 Vgl. Swoboda, P., [Insolvenzrecht], 1984, S. 181. 1412 Vgl. die Vorschläge von Bitz, M; Hemmerde, W.; Rausch, W., [Gläubigerschutz], 1986, S. 315-344.

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die Ertragskraft des Unternehmens wieder herzustellen.1413 Die Insolvenzverhütung ist in erster Linie eine unternehmerische Aufgabe.1414 Hierbei muß der Schuldner die Sanierungsbedürftigkeit und -Fähigkeit im Vorfeld der Insolvenz laufend überprüfen und gegebenenfalls geeignete Sanierungsmaßnahmen einleiten.1415 Solange er von seinem Sanierungskonzept überzeugt ist und die Gläubiger bereit sind, das Unternehmen durch Stillhalten oder die Vergabe eines weiteren Sanierungskredites weiter finanziell zu stützen, kann auch eine positive Fortbestehensprognose zu Grunde gelegt werden. Die Sanierungsfähigkeit deckt sich insoweit mit der Fortbestehensprognose.1416 Die Überlegungen zur Überschuldungsprüfiing haben u.a. gezeigt, daß eine positive Fortbestehensprognose eine rechnerische Überschul­ dung zu Fortführungswerten auszuschließen vermag. Insofern besteht für den Schuldner noch keine Notwendigkeit zu einem Vermögensvergleich. Der Schuldner wird deshalb in der Praxis erst bei einer negativen Fortbestehensprognose, d.h. wenn alle Sanierungsmaßnahmen ausgeschöpft sind und sich trotz dieser Maßnahmen keine wirtschaftliche Besserung eingestellt hat, eine Überschuldungsprüfiing durchführen.1417 In diesem Zusammenhang wurde bereits darauf hingewiesen, daß der Ansatz von Liquidationswerten bei einer negativen Fortbestehensprognose fast ausnahmslos zur Überschuldung führt. Mit anderen Worten: Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, in dem die Sanierungsfähigkeit in Frage gestellt werden muß, liegt zumeist schon eine Überschuldung vor.

Ein Sanierungskonzept zur Rettung eines insolventen Unternehmens setzt stets eine positive Fortbestehenshypothese als integrale Grundprämisse voraus. Andererseits haben die vorangegangenen Überlegungen gezeigt, daß die Annahme einer positiven Fortbestehensprognose bei einem insolventen Unternehmens nur in wenigen Fällen möglich ist. Diesem systemimmanenten Sanierungshemmnis gilt es zuvorzu­ kommen.

1413 Die Vernachlässigung, Sanierungsaussichten zu prüfen und Sanierungsmaßnahmen frühzeitig und nachhaltig einzuleiten, kann eine Verletzung der organschaftlichen Pflichten darstellen und einen Schadensersatzanspruch nach § 43 Abs. 2 GmbHG und § 93 Abs. 2 AktG begründen. Vgl. Maus, K.-H., [Insolvenzrechts-Handbuch], 1990, S. 66; Schmidt, K., [Konkursantragspflichten], 1978, S. 663; ders. Schmidt, K„ [Gutachten], 1982, S. 122 und Uhlenbruck, W., [Betriebswirtschaftliche Aspekte], 1996, S. 216. 1414 Vgl. Schmidt, K, [Gutachten], 1982, S. 122. 1415 Vgl. Kayser, G., [Sanierungsfähigkeit], 1983, S. 28 und Uhlenbruck, W., [Betriebswirtschaftliche Aspekte], 1996, S. 216. 1416 So auch Nonnenmacher, R., [Sanierung], 1994, S. 1325. 1417 Vgl. Uhlenbruck, W., [Sanierungsbemühungen], 1980, S. 82.

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Hierzu sind zwei Lösungsansätze vorstellbar:

1. der Insolvenzverwalter ist gegenüber dem Schuldner der „bessere“ Sanierer, d.h. sein Sanierungskonzept eröffnet neue Möglichkeiten einer Untemehmens­ sanierung oder 2. der Schuldner stellt bei noch positiver Fortbestehensprognose aufgrund „drohender Überschuldung“ einen Insolvenzantrag.

In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird die Auffassung vertreten, daß zwischen Führung und Führungssituation ein enger Zusammenhang besteht.1418 Untemehmenserfolge sind zumeist Untemehmererfolge.1419 Der Insolvenzverwalter ist jedoch weitgehend vom good will der Großgläubiger abhängig, da das sanierungsrechtliche Instrumentarium der Insolvenzordnung keinen Eingriff in die Rechte der Gläubiger und des Schuldners zuläßt und weder dem Gläubiger noch dem Schuldner ein Sanierungsbeitrag auferlegt werden kann. Der Insolvenzverwalter kann nur dann der bessere Sanierer sein, wenn er zugleich auch der bessere Unternehmer ist und die Gläubiger davon überzeugen kann.1420 Ungeachtet der ausgebauten Gläubigerau­ tonomie bleibt der Insolvenzverwalter die zentrale Figur im Verfahren, da sich die Gläubigerversammlung erfahrungsgemäß den Empfehlungen des Verwalters anschließt.1421 Ohne die Überzeugungskraft des Insolvenzverwalters sowie seine fachliche Qualifikation und Erfahrung ist eine Sanierung kaum möglich.1422 Im Umkehrschluß bedeutet dies, daß eine Sanierung ohne die Bereitschaft und das Zutun des Insolvenzverwalters nicht zustande kommt. Der Insolvenzverwalter trägt wie bereits dargelegt bei einer Sanierung ein nicht unerhebliches Haftungsrisiko. Deshalb wird er kein zusätzliches Sanierungsrisiko auf sich nehmen und vielmehr ein vergleichsweise nüchternes Bild von der Sanierungsfähigkeit aufzeigen: „The worst case is the best case.“1423

1418 Vgl. Böckenförde, B., [Untemehmenssanierung], 1996, S. 68-69 und Hesselmann, S.; Stefan, U., [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 54. 1419 Vgl. Vogelsang, G., [Untemehmenskrisen], 1988,S. 111. 1420 Der Schuldner dürfte in vielen Fällen bereits sämtliche Möglichkeiten einer stillen, außergericht­ lichen Sanierung voll ausgeschöpft haben. 1421 Vgl. Haberhauer, S.; Meeh, G., [Insolvenzverwalter], 1995, S. 2005 und 2010; Groß, P. J., [Insol­ venzordnung], 1997, S. 7; Lauer, J., [Kreditmanagement], 1994, S. 228; Mönning, R,-D.y [Betriebsfortfilhrung], 1997, S. 201 und Stüdemann, K., [Haftung], 1978, S. 421. 1422 Vgl. Ehlers, H; Drieling, Z, [Untemehmenssanierung], 1998, S. 108; Maus, K. H, [Insolvenzplan], 1997, S. 715; Schulze, R., [Insolvenzbewältigung], 1983, S. 45 und Stüdemann, K., [Haftung], 1978, S.417. 1423 Schwarzecker, J.; Spandl, F, [Krisenmanagement], 1996, S. 86.

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Die zweite Alternative, eine Antragstellung aufgrund „drohender Überschuldung“ ist nach der Insolvenzordnung nicht möglich. Dies zeigt das rechtliche Dilemma auf, die Insolvenzeröffhung auf einen chancenreichen Zeitpunkt vorzuverlagem. Im Ergebnis wird deutlich, daß die Sanierungsfähigkeit eines insolventen Unter­ nehmens die Ausnahme bleiben wird und nicht, wie allgemein erwartet, zum Regelfall erhoben werden kann. So darf nicht verkannt werden, daß das Insolvenz­ verfahren in der großen Mehrzahl der Fälle Vollstreckungsrecht bleibt.1424 Nach vorsichtigen Schätzungen werden im neuen Recht ungefähr 5% der insolventen Unternehmen einem Sanierungsverfahren zugeführt werden.1425 Dabei dürften die Insolvenzanträge von Großunternehmen am aussichtsreichsten sein.1426

IIL Die Sanierungsentscheidung aus Sicht der Kreditinstitute Wie die vorhergehenden Ausführungen zur Sanierungsprüfung gezeigt haben, nehmen die Kreditinstitute maßgeblichen Einfluß auf die Sanierungsentscheidung. Die Kreditinstitute haben neben ihrem wirtschaftlichen Einfluß als Großgläubiger und als umfangreiche Sicherungsnehmer eine starke Position im Insolvenzverfahren, ein Verfahrensziel durchzusetzen.1427 Eine Sanierung kommt ohne die weitere Kapitalzufuhr durch die Kreditinstitute kaum zustande.1428 Somit ist die Interessen­ lage der Keditinstitute von besonderer Bedeutung und im folgenden näher zu untersuchen. Der Entscheidung, ob saniert oder liquidiert werden soll, liegt eine subjektive, institutsbezogene Prüfung zugrunde. Diese Prüfung schließt neben den Fähigkeiten des Insolvenzverwalters auch außerökonomische Faktoren mit ein, wie bisherige persönliche Erfahrungen mit dem Schuldner oder der Druck seitens der öffentlichen Hand und der Medien zur Erhaltung der Arbeitsplätze.1429 Bei der Entscheidung

Vgl. Wutzke, W., [Insolvenzpläne], 1999, S. 1. Vgl. Uhlenbruck, W., [Untemehmenskrisen], 1983, S.1485. Vgl. Ehlers, H; Drieling, /., [Untemehmenssanierung], 1998, S. 111. Insgesamt ist die starke Abhängigkeit des Schuldners von seiner Hausbank einer zunehmenden Kritik ausgesetzt, da ein Wechsel der Bankverbindung mit erheblichen Mühen und Kosten verbun­ den ist. Vgl. BMJ, [Kreditwirtschaft], 1979, Tz. 518-519. 1428 Vgl. Hesselmann, S; Stefan, U, [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 41; Lutter, M.; Hommelhoff, P.; Timm, W., [Finanzierungsmaßnahmen], 1980, S. 742 und Schwarzecker, J; Spandl, F., [Krisen­ management], 1996, S. 114. 1429 Vgl. Neuhof, R., [Sanierungsrisiken], 1998, S. 3225. Inwieweit der vielzitierte Druck der Öffent­ lichkeit Einfluß auf die Sanierungsentscheidung hat, bleibt der Spekulation vorbehalten. Da die 1424 1425 1426 1427

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zwischen Sanierung und Liquidation handelt es sich um eine einzelwirtschaftliche Investitions- bzw. Desinvestitionsentscheidung.

L Die ökonomischen Grundlagen Die Ursachen der Insolvenz sind für die Entscheidung zwischen Sanierung und Liquidation von entscheidender Bedeutung. Das Erkennen der Ursachen und die Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit, sie dauerhaft beseitigen zu können, bilden eine wichtige materielle Einflußgröße im Entscheidungsprozeß. In der Literatur wird von der Mehrzahl der Autoren die Ansicht vertreten, daß die Insolvenzursachen im Bereich der Untemehmensführung liegen.1430 Eine Sanierung wird für die Gläubiger nur dann in Betracht kommen, wenn die Teile der Untemeh­ mensführung, die die Insolvenz mitverursacht haben, ausgetauscht werden können, und der Insolvenzverwalter als der bessere Unternehmer ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept vorlegt.1431 Empirische Untersuchungen ergaben, daß eine Sanierung vornehmlich dann angestrebt wird, wenn das Unternehmen nur eine schlechte Geschäftsführung hat, im Kem aber gesund ist.14j2 Dies verdeutlicht zugleich, wie schwierig eine aus Sanierungsgesichtspunkten gebotene frühzeitige Antragstellung aufgrund der Befürchtung des Schuldners, die Organstellung einzubüßen, umzusetzen ist. Aufgrund der vielfältigen Schwierigkeiten, den Sanierungserfolg zu prognostizieren, wird ein Kreditinstitut nur dann einer Sanierung zustimmen, wenn der notwendige Sanierungsbeitrag in Form eines Forderungsverzichtes oder eines Sanierungskredites den Desinvestitionsverlust bei der Verwertung der Sicherheiten nicht übersteigt. Hierbei sind die aus dem Schuldnervermögen fließenden Zahlungen im Sanierungsund Liquidationsfall gegenüberzustellen. Die positiven und negativen Auswir­ kungen, die sich aus dem Fortbestand oder Verlust der Geschäftsbeziehung in Verbindung mit einer Altemativanlage ergeben, sind, soweit sie überhaupt quantifizierbar sind, mit einzubeziehen. Bilanzpolitische Erwägungen dürften zu diesem Zeitpunkt keine Rolle mehr spielen, da sowohl die Forderungen als auch vorhandene Beteiligungen bereits wertberichtigt sind. Da der Entscheidungsträger seinerseits die Entscheidung innerhalb des Bankhauses zu vertreten und haftungs­ rechtlich zu verantworten hat, kann die Entscheidungsgrundlage nur hinreichend

Kreditinstitute in erster Linie ihren Verpflichtungen gegenüber ihren Einlegern und Anteilseigner nachkommen müssen, sollte dieser Druck nicht überbewertet werden. 1430 Vgl. Hesselmann, S.; Stefan, U., [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 36. 1431 In dieser Richtung auch Schmiedel, E., [Sanierungswürdigkeit], 1984, S. 763. 1432 Vgl. Hesselmann, S; Stefan, U., [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 72.

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sichere und quantifizierbare Größen umfassen. Die Entscheidung der Kreditinstitute für eine Sanierung oder eine Zerschlagung im Insolvenzverfahren wird aus diesem Grund entscheidend durch das zu erwartende Ausfallrisiko bestimmt.1433 Der Ausfall im Insolvenzverfahren stellt eine maßgebliche bankbetriebliche Zielgröße dar.1434 Bei der Bestimmung des Ausfallrisikos sind neben dem Umfang und der Werthaltigkeit der Sicherheiten die eingeschränkte Ausübung des Sicherheitenverwertungs­ rechtes sowie die Kostenbeiträge zu beachten.

Obwohl die Regelung des Minderheitenschutzes nach § 251 InsO den Kreditin­ stituten im Sanierungsfall eine Wertgarantie ihrer Vermögensposition bietet, bleibt jedoch zu befurchten, daß die Banken aus generalpräventiven Gründen der Sanierung zurückhaltend gegenüber stehen werden. Eine nachhaltige Verschiebung ihrer Präferenzen für eine Sanierung ist aufgrund der neuen Rechtslage nicht ableitbar. Die Vergabe eines Sanierungskredites wird auch im neuen Recht davon abhängen, daß



noch ausreichende Substanz vorhanden ist,



die positiven Zukunftsaussichten in einem überzeugenden Sanierungskonzept dargelegt werden können,



der Insolvenzverwalter und/oder der Schuldner vertrauenswürdig erscheinen und



die anderen Gläubiger und Gesellschafter zu einem Sanierungsbeitrag bereit sind.1435

Für die Kreditinstitute sind die Erfahrungen mit dem eingesetzten Insolvenzver­ walter sowie seine bisherigen Sanierungserfolge von entscheidender Bedeutung, da der Erfolg eines Sanierungskonzeptes im voraus keineswegs abschließend beurteilt werden kann. Die Kreditinstitute müssen den Aussagen und Einschätzungen des Insolvenzverwalters vertrauen können. Darüber hinaus muß die (neue) Geschäfts­ führung auch imstande sein, das Sanierungskonzept umzusetzen. Groß spricht in diesem Zusammenhang von der Beherrschbarkeit des insolventen Unternehmens.1436 So ist die fachliche Qualifikation der Geschäftsführung mitentscheidend, da der Sanierungserfolg zwar vom Insolvenzverwalter initiiert, jedoch von dem Unter­ nehmer herbeigeführt werden muß.

1433 Die Kreditinstitute unterscheiden zwischen dem Liquiditäts-, Sicherungs- und Ausfallrisiko. Vgl. Lauer, J., [Kreditmanagement], 1994, S. 25. 1434 Vgl. Schierenbeck, H., [Bankmanagement I], 1997, S. 416-422. 1435 Vgl. Lauer, J., [Kreditmanagement], 1994, S. 143. 1436 Vgl. Groß, P. J., [Untemehmenssanierung], 1991, S. 1573.

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2. Das Entscheidungsmodell zur Sanierung Aus Sicht der Kreditinstitute liegt der Entscheidung über das im Insolvenzplan­ verfahren ausgearbeitete Sanierungskonzept ein Finanzierungsproblem zugrunde.1437 Die Sanierung des insolventen Unternehmens mit der Vergabe neuer Kredite und dem möglichen Zugeständnis eines ForderungsVerzichtes kommt hierbei einer Investition, die Veräußerung des Unternehmens einer Desinvestition der gewährten Kredite gleich. Der Vorteilhaftigkeitsvergleich zwischen dem Fortfilhrungswert und dem Liquidationswert stellt keine hinreichende Bedingung aus einzelwirtschaftlicher Sicht dar. Eine Sanierung ist für das Kreditinstitut erst dann vorzunehmen, wenn über einen hinreichend genau bestimmbaren Zeitraum der Barwert des Forderungs­ verzichtes und der risikobehafteten Zins- und Tilgungsraten der alten und neuen Kredite den Barwert des Desinvestitionsverlustes und der Zins- und Tilgungsraten einer entsprechenden Altemativanlagemöglichkeit übersteigt.1438

Zur Lösung des Finanzierungsproblemes ist zunächst eine operationalisierbare Diskussions- und Entscheidungsgrundlage zu schaffen und die Entscheidung zu objektivieren, um diese gegenüber Dritten darlegen zu können und eine Vergleich­ barkeit mit anderen, ähnlichen Fällen zu ermöglichen.1439 Ziel eines Entscheidungs­ modells ist es, die vorliegende Entscheidung widerspruchsfrei und vollständig abzubilden, um eine diskursive Entscheidung zu ermöglichen. Besonders schwierig ist hierbei die Bewertung der verschiedenen Einflußfaktoren und die Bestimmung der entsprechenden Verknüpfungen. Aufgrund der hohen Komplexität der Entscheidung wird aber die Objektivität durch das entscheidende Subjekt festgelegt. Da sich die Arbeit insgesamt auf eine deduktive Vorgehensweise stützt, ist der Aufstellung eines präskriptiven Entscheidungsmodells der Vorzug zu geben, zumal die Abbildung personenbezogener Ziele, wie z.B. Prestige- oder Machtstreben, im Rahmen eines deskriptiven Ansatzes zu unerwünschten ökonomischen Ergebnissen fuhren kann. Die Entscheidungsgrundlage umfaßt vorwiegend das Volumen und die Qualität der bisherigen und der zu erwartenden Geschäftsbeziehung mit dem Schuldner, die wirtschaftliche Verflechtung anderer Kunden des Kreditinstitutes mit

1437 Hierbei sei angemerkt, daß sich im Gegensatz dazu aus volkswirtschaftlicher Sicht ein anderes Bild von der optimalen Vermögensverwertung ergeben kann, da mit der Zerschlagung eines Unter­ nehmens nicht nur eine Umschichtung von Kapital, sondern von sämtlichen Ressourcen verbunden ist und obendrein weitere Unternehmen in Mitleidenschaft des Zusammenbruchs gezogen werden. Dabei geht ein Teil, voran die immateriellen Werte, verloren, während ein anderer Teil auf externe Wirtschaftssubjekte, die sog. Allgemeinheit, verlagert wird. 1438 Vgl. Balz, M, [Sanierung], 1986, S. 19. 1439 Ausführlich dazu Staroßom, H., [Kreditentscheidung], 1990, S. 110-126.

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dem Schuldner, die Höhe der ausstehenden und der für eine Sanierung notwendigen Kredite sowie eingeräumte und noch verfügbare Sicherheiten.1440

Dem Entscheidungsmodell liegt i.d.R. ein mehrdimensionales Entscheidungs­ problem zugrunde. In der Literatur wird vorrangig das Gewinn- und Sicherheits­ streben als sachliches Zielelement aufgeführt. So kann aber auch dem Imageverlust eine hohe Bedeutung zukommen. Die Differenzierung der Zielelemente hängt stark von der jeweiligen Entscheidungssituation ab, wobei sich die Auseinandersetzungen über die Zielelemente meist auf das angestrebte Ausmaß der Zielerreichung richten.1441 Neben den sachlichen Zielelementen ist das zeitliche Zielelement festzulegen, d.h. der Zeithorizont, in dem die Auswirkungen der Handlungsaltemativen erfaßt werden. In diesem Zusammenhang stellt sich das Problem, daß die Kreditsicher­ heiten im Zeitablauf, insbesondere durch deren weitere Nutzung im Unternehmen oder durch den Wiedergeldwerdungsprozeß, einem nicht unerheblichen Werte­ verlust unterliegen bzw. ganz untergehen können. Folglich muß das Kreditinstitut sicherstellen, daß der Insolvenzplan zu jedem Zeitpunkt der Untemehmensfortführung eine wertkongruente Deckung ihrer offenen Forderungen vorsieht.

Bei der Festlegung des Zeithorizontes ist stets die Informationsunsicherheit gegen die Planungskosten abzuwägen. Die Informationsunsicherheit stellt ein zentrales Problem der Kreditentscheidung dar, da sämtliche Prognosen über die zukünftige Untemehmensentwicklung nicht ex ante verifizierbar sind.1442 Dem Entscheidungs­ modell könnten jedoch aufgrund des bei gleichgelagerten Fällen gewonnenen Erfahrungsschatzes teilweise subjektive Wahrscheinlichkeiten zugrunde gelegt werden, wobei motivationale und kognitive Verzerrungen zu berücksichtigen sind.1443 Ferner sind aufgrund des besonderen Interessenkonfliktes in Krisensitua­ tionen zwischen Schuldner und Kreditinstitut aber auch innerhalb des Kreditinsti­ tutes zwischen den Firmenbetreuem, den Kredit- und Abwicklungsabteilungen personelle Zielkonflikte zu berücksichtigen. Trotz der aufgezeigten vielfältigen Schwierigkeiten sind die Ergebnisse eines Entscheidungsprozesses nur dann von Wert, wenn über die zugrunde liegenden Sachverhalte Urteile abgegeben werden, auf deren Richtigkeit die an der Entschei-

1440 Vgl. Hesselmann, S.; Stefan, U., [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 50. 1441 Vgl. SüchtingJ., [Bankmanagement], 1992, S. 314. 1442 Grundsätzlich zur Entscheidung unter Unsicherheit Schneider, D., [Unternehmung], 1997, S. 134-185. 1443 So ist im allgemeinen eine Entscheidung unter Risiko möglich. Ausführlich dazu Bamberg, G; Trost, R, [Risiko], 1996, S. 640-660.

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dung Interessierten vertrauen können. Die Kreditinstitute werden i.d.R. nicht in der Lage sein, eine bessere Entscheidungsgrundlage herbeizufuhren. Dies bedeutet, daß das Vertrauen auf die Ordnungsmäßigkeit des vom Insolvenzverwalter oder vom Schuldner erstellten Sanierungskonzepts ein konstitutives Element einer Sanierungs­ entscheidung darstellt. Hierbei wird das Vertrauen in den Schuldner als (Mit-) Verursacher der Insolvenz deutlich hinter dem Vertrauen in den Insolvenzverwalter stehen.

3. Die Entscheidung als Persönlichkeitsphänomen des Entscheidungsträgers Das Kreditinstitut kann nicht als homogene Entscheidungseinheit betrachtet werden. Interessenkonflikte und Reibungsverluste können sich zwischen dem kreditge­ währenden Institut vor Ort und dem übergeordneten Institut sowie durch institutsinteme Verflechtungen ergeben. Die Sanierungsbereitschaft erhöht sich dann, wenn das dominante Kreditinstitut örtlich ansässig und klein ist.1444 In der Praxis haben die Schuldner zumeist mehrere Kreditgeber. So haben bereits Unternehmen mit einer Kreditverbindlichkeit von mehr als 2 Millionen Deutsche Mark häufig Geschäftsbeziehungen zu mehreren Kreditinstituten.1445 Großunternehmen sind ohnehin gewohnt, Kredite von einer Vielzahl von Kreditinstituten aufzunehmen. Hierbei sind die Interessen der Banken untereinander zu koordinieren oder in einem Pool zusammenzufuhren. Um Interessenkonflikte zwischen den Banken zu vermeiden, werden in der Praxis - soweit dies möglich ist - die Kreditinstitute mit den kleineren Geschäftsvolumen beim Schuldner von der Hausbank abgelöst. Innerhalb des Kreditinstitutes ergibt sich das Problem, daß sich der Entscheidungs­ träger im Sanierungsfall gegenüber den Vorgesetzten und der internen Revision verantworten muß und daher u.U. unangreifbare, risikoaverse Entscheidungen treffen wird. Es dürfte leichter fallen, die Notwendigkeit einer Liquidation zu begründen, als das Scheitern einer Sanierung zu erklären. Sanierungsbestrebungen sind für den Entscheidungsträger mit einem höheren persönlichen Risiko verbunden. Dadurch läßt sich auch die von den Konkursverwaltern häufig beklagte risikoaverse Haltung der gesicherten Gläubiger erklären.1446 Empirische Untersuchungen ergaben, daß die Banken, die über hohe Sicherheitsbestände verfügen, eher zur Liquidation neigen.1447

1444 1445 1446 1447

Vgl. Hesselmann, S; Stefan, U., [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 82. Vgl. BMJ, [Kreditwirtschaft], 1979, Tz. 525. Vgl. Hesselmann, S; Stefan, U„ [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 89. Vgl. Hesselmann, S.; Stefan, U., [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 74.

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Ungeklärt bleibt, inwieweit die persönliche Interessenlage des Entscheidungsträgers Einfluß auf die Sanierungsentscheidung nimmt. Einerseits werden subjektive Werthaltungen in komplexen Organisationsstrukturen, bei denen Entscheidungs­ vorgänge eher losgelöst von persönlichen Einstellungen und Dispositionen ablaufen, automatisch zurückgedrängt. Andererseits können komplexe Entscheidungen auf der Grundlage einer prognostischen und letztendlich unsicheren Datenbasis nur begrenzt standardisiert und formalisiert werden. Empirische Studien brachten ein sog. habituelles Phänomen der Kreditinstitute zu Tage. Mehr als die Hälfte der untersuchten Kreditinstitute hatte überhaupt keinen Sanierungsfall unter ihren Krisenfällen, während dagegen 10% der untersuchten Kreditinstitute fast jeden Krisenfall saniert hatten.1448 Offenbar ist die Sanierungsbereitschaft der Kreditinsti­ tute mitunter ein Persönlichkeitsphänomen der jeweiligen Entscheidungsträger.1449 Die Parallele zur Sanierungsbereitschaft der Insolvenzverwalter ist offenkundig und zeigt zugleich auf, wie stark das personale Element die Sanierungsentscheidung beeinflußt.

1448 Vgl. Gessner, K u.a., [Konkursabwicklung], 1978, S. 241 und S. 263. 1449 In dieser Richtung auch Staroßom, H., [Kreditentscheidung], 1990, S. 64.

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B. Die notwendigen Voraussetzungen für eine Unternehmenssanierung im Insolvenzverfahren Eine Sanierung kommt nur dann zustande, wenn es gelingt, in der Anfangsphase des Insolvenzverfahrens das Unternehmen fortzuführen und das Vertrauen der Beteiligten in eine Sanierung herzustellen. Die Unruhe ist zu Beginn eines Insolvenzverfahrens am größten.1450 Während die Entscheidung über die Sanierung noch aussteht, ist das Unternehmen in einem Zustand zu erhalten, der auf der einen Seite das Schuldnervermögen nicht mindern und auf der anderen Seite die Möglichkeit einer Sanierung nicht verbauen darf. Das beste Sanierungskonzept nützt nichts, wenn die Kunden, Lieferanten und Arbeitnehmer dem Unternehmen das Vertrauen entzogen haben und keine weiteren Kapitalgeber mehr bereit sind, die Übergangszeit zu finanzieren. So ist es gerade am Anfang des Insolvenzverfahrens von großer Bedeutung, daß dem Unternehmen noch ausreichende liquide Mittel zur Verfügung stehen, um den laufenden Geschäftsbetrieb bis zur Entscheidung über den Insolvenzplan aufrecht zu erhalten. Hierzu wird ein Eigenantrag des Schuldners bei drohender Zahlungsunfähigkeit für dringend notwendig erachtet.

Maßgebend für die Annahme eines Insolvenzplanes ist die Bereitschaft der Gläubiger, einen Sanierungsbeitrag zu leisten und neue Finanzmittel zur Aufrechter­ haltung der Liquidität und für den notwendigen leistungswirtschaftlichen Umbau zur Verfügung zu stellen. Zur finanziellen Sanierung ist ein Gläubigerkonsens notwendig. Mit dem Planverfahren stellt die Insolvenzordnung den Gläubigem einen Rechtsrahmen zur Verfügung, um verbindliche Mehrheitsentscheidungen herbeizuführen.

L Der Eigenantrag des Schuldners bei drohender Zahlungsunfähigkeit Es ist im Schrifttum unbestritten, daß insolvenzreife Unternehmen früher als bisher in ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren übergeführt werden müssen.1451 Der Gesetzgeber hat mit der Einführung eines Anreiz- und Sanktionssystems einen wichtigen Beitrag geleistet. Die folgenden Ausführungen sollen die Möglichkeiten und Grenzen eines frühzeitigen Eigenantrages in der Insolvenzpraxis zeigen.

1450 Vgl. Maus, K. H., [Insolvenzplan], 1997, S. 715. 1451 Vgl. Jordan, A., [keorganisationsverfahren], 1993, S. 103; Lauer, J, [Kreditmanagement], 1994,

S. 37 und Wagner, W., [Überschuldung], 1995, S. 189-190.

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Bei der Antragstellung ist der Schuldner an einen Eröfihungsgrund gebunden. Der frühest mögliche Zeitpunkt, insolvent zu sein, ist der Tatbestand der drohenden Zahlungsunfähigkeit. Ferner wurde bereits dargelegt, daß die drohende Zahlungsun­ fähigkeit im allgemeinen bereits mit der Überschuldung einhergeht und somit zu keiner materiellen Vorverlegung führt. In diesem Zusammenhang ist die Forderung zu unterstreichen, den Insolvenztatbestand der Überschuldung auf alle Rechtsformen auszudehnen. Im Gegensatz zum deutschen Recht ist es dem Schuldner im USamerikanischen Recht nach § 301 Bankruptcy Act freigestellt, zu welchem Zeitpunkt er einen Antrag stellt. Die Voraussetzung, insolvent zu sein, gibt es nicht. Um Mißbräuchen vorzubeugen, ist von der amerikanischen Rechtsprechung die Voraussetzung des „good faith“ entwickelt worden.1452 Trotz der gesetzlichen Restriktionen im deutschen Recht erscheint eine Antrag­ stellung zum Zeitpunkt der drohender Zahlungsunfähigkeit aus ökonomischer Sicht zunächst ausreichend, da sowohl die strategische Krise als auch die Ertragskrise nicht mit dem Sanierungsinstrumentarium eines gesetzlich geregelten Gesamtvoll­ streckungsverfahren behoben werden kann und selbst die ungesicherten Gläubigem bei einer hohen Fortführungswahrscheinlichkeit noch kein wirtschaftliches Interesse an einer Verfahrenseröfihung haben.

Mit dem Zeitpunkt der Antragstellung auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kann der Schuldner innerhalb gewisser Grenzen den Bestand an flüssigen Mitteln bestimmen. Viele Anträge werden erst, oder vielmehr aufgrund der Zahlungsein­ stellung gestellt. Zu diesem Zeitpunkt sind sowohl die flüssigen Mittel restlos aufgezehrt als auch der Bestand ungesicherter Vermögensgegenstände, der die Aufnahme eines Massekredites im Insolvenzverfahren ermöglicht, erschöpft. Da die Fristen, innerhalb derer vorgenommene Rechtshandlungen der Anfechtung unterliegen, einheitlich ab dem Zeitpunkt der Antragstellung auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gerechnet werden, ergeben sich für den Schuldner zahlreiche Möglichkeiten, sein Antragsrecht der drohenden Zahlungsunfähigkeit gezielt einzusetzen. Mit einer gezielten Antragstellung können besondere Liquiditätseng­ pässe umgangen oder größere Zahlungseingänge noch abgepaßt werden.1453 Damit kann der Schuldner den finanziellen Grundstein für eine, wenn auch zeitlich begrenzte, Untemehmensfortführung im Insolvenzverfahren legen.

1452 Vgl. Bull, L. L, [Bankruptcy], 1980, S. 844-845 und Möhlmann, T., [Reorganisationsverfahren], 1997, S. 4. 1453 Typische saisonale Liquiditätsschwankungen ergeben sich beispielsweise in der Schuh- und Bekleidungsindustrie, wo die Kollektionen Frühjahr/Sommer bzw. Herbst/Winter Monate mehrere Monate im voraus produziert und an den Handel ausgeliefert werden, wogegen die Forderungen oftmals erst mit dem Absatz der Waren an den Kunden beglichen werden.

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Ferner geht von einer frühzeitigen Antragstellung eine starke Signalwirkung für eine Sanierung aus. Damit dokumentiert der Schuldner auch in der Öffentlichkeit seine Bereitschaft und unterstreicht zugleich auch die Notwendigkeit, das noch in Teilen gesunde Unternehmen im Wege eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens zu retten. Gleichzeitig nimmt dadurch der Druck auf die Banken zu, einen entsprechenden Sanierungsbeitrag zu leisten.

Der Schuldner ist im Insolvenzverfahren kein autarker Akteur, sondern steht in einem engen wirtschaftlichen Beziehungsgeflecht zu wirtschaftlich starken Gläubigem. Die wirtschaftlichen Interessen des Schuldners und der Gläubiger können bei einer frühzeitigen Insolvenzeröfihung diametral verlaufen, wenn der Schuldner mit einer gezielt frühzeitigen Antragstellung den bisherigen Vermögens­ verzehr auf die zu diesem Zeitpunkt nicht ausreichend gesicherten Gläubiger überzuwälzen versucht, um diesen im Insolvenzfall mehr Zugeständnisse abver­ langen zu können. Ein sanierungswilliger Schuldner wird die Antragstellung zu einem Zeitpunkt vornehmen, in dem die Verluste der Großgläubiger, insbesondere der Kreditinstitute, mangels entsprechender Sicherheiten oder aufgrund der Anfechtungsmöglichkeiten besonders hoch sind. Die Kosten einer frühzeitigen Insolvenzeröflhung würden somit u.a. die Kreditinstitute tragen. Andererseits ist der Schuldner bei einer Untemehmenssanierung auf die Mithilfe der Kreditinstitute als wichtige Entscheidungsträger im Insolvenzverfahren und deren Bereitschaft zur Gewährung eines Massekredites angewiesen. Es ist naheliegend, daß die Kreditin­ stitute nicht bereit sein werden, hohe Verluste durch eine frühzeitige Antragstellung zu tragen und darüber hinaus weitere finanzielle Mittel im Insolvenzverfahren zur nachhaltigen Gesundung bereitzustellen. Wie bereits ausgeführt, versuchen die Kreditinstitute den Schuldner durch eine persönliche Haftung an ihre Interessen zu binden.1454 Eine frühzeitige Antragstellung stellt für den Schuldner daher kein konfliktfreies Unterfangen dar.

1454 Vgl. dazu die Ausführungen „Der Einfluß der Kreditstrategien auf den Zeitpunkt der Insolvenzeröfihung“ im Zweiten Teil unter C. n. 3.

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IL Die Unternehmensfortfiihrung bis zur Sanierungsentscheidung Die Prüfung der EröflhungsVoraussetzungen, insbesondere die Feststellung der Insolvenztatbestände, nimmt einige Zeit in Anspruch. Um bis zur Entscheidung über den Antrag eine für die Gläubiger nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten, setzt das Insolvenzgericht als wichtigste Maßnahme einen vorläufigen Insolvenzverwalter nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO ein.1455 Zusätzlich werden die Gerichte in der Praxis nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen oder zumindestens anordnen, daß Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. Da das Schuldnervermögen frühestens mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwertet werden darf, bestimmt § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 weiter, daß das Unternehmen zumindest bis zur Entscheidung über den Eröffhungsantrag fortgeführt werden muß, um erhebliche Vemögensminderungen zu vermeiden. Diese Verpflichtung geht nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Umkehrschluß zu § 158 InsO auf den Insolvenzverwalter über, wenn sich die Aussichten für eine Verlustminimierung verbessern und sich dadurch eine insgesamt günstigere Haftungsverwirklichung ergibt.1456 Ferner steht dem Gericht bereits im Eröfihungsverfahren die Möglichkeit zu, die Sanierungsfähigkeit vom vorläufigen Insolvenzverwalter als Sachverständigen prüfen zu lassen.1457 Bestehen Sanie­ rungschancen, so ergibt sich aus der Fortführungspflicht des (vorläufigen) Insolvenzverwalters zugleich die Zuläßigkeit sämtlicher Maßnahmen, wie z.B. die Verhandlung mit den Kreditinstituten über Sanierungskredite, mit denen die Sanierung vorbereitet wird.1458

Um überhaupt das Risiko einer Untemehmensfortführung bis zur Sanierungs­ entscheidung eingehen zu können, sind die Auftragslage, die vorhandenen Produktionspotentiale sowie die Finanzsituation zu untersuchen.1459 Vor allem sind

1455 Für die Auswahl und Überwachung gilt dasselbe wie für den endgültigen Insolvenzverwalter. Vgl. §§ 21 Abs. 2 Nr. 1, 55, 58-66 InsO. 1456 Dies gilt nur insoweit, als eine Sanierung als aussichtsreich erscheint. So hat der Insolvenzverwalter nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Sanierungsfhhigkeit des Unternehmens zu prüfen und im Berichtstermin nach § 156 Abs. 1 Satz 2 InsO darzulegen, ob Aussichten bestehen das Unternehmen zu sanieren. Andernfalls ist unverzüglich die Liquidation einzuleiten oder das Verfah­ ren wegen Masseunzulänglichkeit einzustellen. Vgl. §§ 207 und 208 InsO. 1457 Vgl. § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 InsO. 1458 Vgl. Bork, R., [Insolvenzrecht], 1995, S. 48. 1459 Vgl. Mönning, R-D., [Betriebsfortführung], 1997, S. 167-169.

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Sofortmaßnahmen zu ergreifen, um den weiteren wirtschaftlichen Niedergang zu stoppen.1460 So wird der Insolvenzverwalter, auf den die Verwaltungsbefugnis übergegangen ist, unverzüglich unrentable Betriebsteile stillegen und Überkapa­ zitäten abbauen. Diese erste wichtige Sofortmaßnahme erfordert vom Insolvenz­ verwalter viel Erfahrung, da die verlustbringenden Teilbereiche aufgrund wirtschaftlicher Verflechtungen oder mangels einer zuverläßigen Kostenrechnung sich nicht immer eindeutig bestimmen lassen. So ist der Insolvenzverwalter bei der Bestimmung defizitärer Teilbereiche neben Fremdvergleichen auch auf die Mithilfe des Schuldners angewiesen. Ferner sind die Motivation der Arbeitnehmer und das Vertrauen der Kunden und Lieferanten zurück zu gewinnen. Viele Kunden brechen, um das eigene Unternehmen nicht zu gefährden, die Lieferantenbeziehung sehr schnell ab. Kunden sind ebenfalls verunsichert, da wichtige Fragen wie Gewähr- und Serviceleistungen ungeklärt sind. Der Personalbereich stellt ein weiteres Problem dar. Qualifizierte Arbeitnehmer orientieren sich zur eigenen Existenzsicherung rasch um. In der Praxis begegnet man häufig einer Negativ-Selektion bei der verblei­ benden Belegschaft. Dieses Szenario verdeutlicht die Bedeutung, eine schnelle Entscheidung über den Erhalt des Unternehmens zu treffen. In der Insolvenzpraxis sind daher die ersten Wochen nach der Antragstellung entscheidend.1461 In der ersten Phase des Insolvenzverfahrens gilt der Grundsatz: „Liquidität vor Rentabilität“.1462

In der Praxis findet die notwendige Aufrechterhaltung des Leistungserstellungs- und -Verwertungsprozeß ihre Grenzen in der Finanzierbarkeit der Untemehmens­ fortfilhrung.1463 Insbesondere wirft die Übergangsfinanzierung vom Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Bestätigung des Insolvenzplanes besonders schwierige Probleme auf, da die Entscheidung über den Erhalt des Unternehmens noch aussteht.1464 Nach Einleitung eines Insolvenzverfahrens sind meist die liquiden Mittel bereits restlos erschöpft.1465 Aufgrund des Vertrauensschwundes der Lieferanten sind diese häufig nur noch gegen Vorauskasse bereit, dem Unternehmen weitere Waren zu liefern. Ferner müssen die Löhne und Gehälter weiter bezahlt werden. Dadurch entsteht ein hoher Liquiditätsbedarf, der jedoch dadurch gemildert

Vgl. Ehlers, H.; Drieling, L, [Untemehmenssanierung], 1998, S. 25. Vgl. Grub, K, [Insolvenzordnung], 1993, S. 393. Mönning, R.-D., [Betriebsfortftlhrung], 1997, S. 342. Vgl. Wutzke, W., [Insolvenzpläne], 1999, S. 1. Vgl. Uhlenbruck, W., [Untemehmenskrisen], 1983, S. 1488. So sind im französischen Recht diejenigen Kredite, die in der Übergangszeit gewährt, werden privilegiert. Vgl. Balz, M., [Reform], 1983, S. 1162. 1465 Vgl. Braun, E.; Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 562 und Schröter, J.; Weber, A., [Sanierungsverfahren], 1982, S. 1027. 1460 1461 1462 1463 1464

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wird, daß keine Fremdkapitalzinsen zu entrichten sowie keine Altverbindlichkeiten zu begleichen sind.

Die Kreditinstitute werden ohne entsprechende Sicherheiten kaum mehr bereit sein, neue finanzielle Mittel zur Verlustfinanzierung zur Verfügung zu stellen.1466 Einen Massekredit von demjenigen zu fordern, der bereits vor der Insolvenzeröffhung nicht mehr bereit war, weiteres Kapital bereitzustellen, ist nahezu hoffnungslos, solange noch kein genehmigtes Sanierungskonzept vorliegt. Wenn das Unternehmen aufgrund leistungswirtschaftlicher Defizite operative Verluste erzielt, werden die Kreditinstitute nicht einmal mehr Massekostenvorschüsse zur Fertigstellung begonnener Investitionen leisten.1467 Dies gilt besonders dann, wenn es einer leistungswirtschaftlichen Restrukturierung bedarf und eine Fortführungsfinanzierung zur Überbrückung eines Liquiditätsengpasses mit wenigen Eingriffen betriebswirtschaftlicher Art, wie der Stillegung eines defizitären Teilbetriebes, allein nicht mehr ausreicht. Ist die Finanzierung nicht sichergestellt, darf der Insolvenz­ verwalter das Unternehmen nicht fortführen, wenn er sich nicht einer persönlichen Haftung nach § 61 InsO aussetzen will.1468 Andererseits lassen es weder die Marktgegebenheiten noch die untemehmensintemen Belange wie die Arbeitneh­ merinteressen zu, den Betrieb bis zum Berichtstermin stillzulegen und im Falle einer positiven Sanierungseinschätzung wieder aufzunehmen. In diesem Zusammenhang ist besonders der Wertungswiderspruch zwischen der Fortführungspflicht nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO und der persönlichen Haftung des Insolvenzverwalters zu beanstanden.1469 Die Zuführung neuen Kapitals und die Möglichkeit der rechtlichen Absicherung wird ein wesentliches Problem jeder Sanierung, gerichtlich wie außergerichtlich, bleiben. Ein neuer Kapitalgeber wird einen Anspruch auf zukünftige Zahlungen stellen, der mindestens so viel wert ist wie der von ihm hingegebene Geldbetrag.1470 Hauptsächlich sehen die ausreichend gesicherten Gläubiger das Vermögen mehr als Zugriffsmasse und weniger als Erfolgspotential. Stehen für neue Kredite keine Sicherheiten mehr zur Verfügung, so sind die Banken durch das in Sicherheiten geprägte Denken nicht mehr bereit, neues Kapital zur Verfügung zu stellen.1471 Auch wird ein Vorrang als Massegläubiger nach § 55 Abs. 2 InsO mangels Masse nicht

1466 Vgl. Braun, E.; Uhlenbruck, W., [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 562. 1467 Vgl. Uhlenbruck, W„ [Krise], 1975, S. 897-898. 1468 Ausführlich zu den Haftungsfragen einer gescheiterten Untemehmensfortfiihrung bei Mönning, R.D., [Betriebsfortfilhrung], 1997, S. 366-376. 1469 Vgl. Wutzke, W„ [Insolvenzplane], 1999, S. 2. 1470 Vgl. Schmidt, R, [ökonomische Analyse], 1980, S. 111. 1471 Vgl. Hesselmann, S.; Stefan, U„ [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 75.

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ausreichen. Eine weitere Fremdfinanzierung wird daher nur gegen Anteile am Unternehmen oder gegen (Dritt-)Sicherheiten möglich sein.1472

Neben der Finanzierungproblematik in der Übergangszeit bereitet das Wahlrecht des Insolvenzverwalters bei gegenseitigen Verträgen nach § 103 InsO, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner oder vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt sind, ein weiteres Problem.1473 Auf diese Weise kann der Insolvenzverwalter die vom Schuldner noch vor der Insolvenz abgeschlossenen Verträge den neuen wirtschaftlichen Verhältnissen anpassen. Problematisch ist hierbei, daß der Insolvenzverwalter nach § 117 Abs. 2 Satz 2 InsO unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern,1474 zu erklären hat, ob er die Erfüllung verlangen will. Dem Insolvenzverwalter steht somit für die Entscheidung über die Vertragser­ füllung kaum Zeit zur Verfügung. Unterläßt der Insolvenzverwalter diese, so kann er nicht mehr auf die Erfüllung bestehen. Lehnt er die Erfüllung des Vertrages ab, so geht ihm womöglich ein wichtiger Auftrag und somit die Möglichkeit der Betriebsfortführung verloren. Andererseits werden, wenn er im Interesse der Untemehmensfortführung die Erfüllung wählt, der Insolvenzmasse weitere Masseverbindlichkeiten aufgedrängt, die die Quote im Liquidationsfall erheblich belasten können. Falls die eingegangenen Masseverbindlichkeiten das vorhandene Schuldnervermögen gar übersteigen, kann der Insolvenzverwalter in bestimmten Fällen sogar persönlich zu Schadensersatz verpflichtet werden.1475 Ferner kann das Wahlrecht dadurch unterlaufen werden, daß die anderen Vertragspartner die für sie ungünstigen Verträge bereits bei Insolvenzeröflhung auflösen.1476 Noch im Regierungsentwurf war vorgesehen, daß die anderen Vertragspartner für den Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sich nicht mehr einseitig vom Vertrag lösen können.1477 Im Ausschußbericht wurde diese Regelung als zu sanierungsfeindlich angesehen und mit folgender Begründung gestrichen: Potentielle Vertragspartner würden nicht mehr das Risiko einer Bindung an den Schuldner im Falle der drohenden Insolvenz eingehen, wenn eine Vertragsauflösung für sie umöglich wäre.1478 Hier kommt der zu starke Gläubigerschutzgedanke im deutschen Recht besonders deutlich zum tragen, da die Vertragspartner bei einer ordnungsgemäßen Vertragsabwicklung keinem unzumutbarem Risiko ausgesetzt sind.

1472 1473 1474 1475 1476 1477 1478

Vgl. Uhlenbruck, W., [Sanierung], 1981, S. 544. Vgl. Grub, K, [Insolvenzordnung], 1993, S. 397. Vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB. Vgl. §61 InsO. Vgl. Haberhauer, S.; Meeh, G., [Insolvenzverwalter], 1995, S. 2006. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, § 137 Abs. 2, S. 152. Vgl. BT-Drucks. 12/7302, § 137, S. 170.

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IIL Die Bereitschaft der Gläubiger zur Finanzierung der Sanierung Die Erfolgsaussichten einer Sanierung hängen neben den bereits aufgezeigten Voraussetzungen im wesentlichen von der Möglichkeit ab, neues Kapital zuzu­ führen, um das insolvente Unternehmen auf eine gesunde finanzielle Basis zu stellen.1479 Die Beschaffung von neuen Finanzmitteln stellt das zentrale Problem einer Sanierung dar. Als Sanierer im Insolvenzverfahren kommen zumeist nur die bisherigen Kapitalgeber in Betracht, da Altgläubiger durch zukünftige Sanierungs­ gewinne vergangene Verluste ausgleichen können, wogegen Neugläubiger an einem Sanierungsgewinn nicht partizipieren.1480 Für eine Sanierung ist deshalb der Konsens der Gläubiger und deren gemeinsame Bereitschaft, einen Sanierungsbeitrag zu leisten, unumgänglich. Während die ungesicherten und nachrangigen Gläubiger aufgrund ihrer meist aussichtslosen Ausgangslage ohnehin nichts mehr zu verlieren haben und vornehm­ lich eine Sanierung verfolgen, werden die gesicherten Gläubiger zur Begrenzung ihres wirtschaftlichen Risikos auf eine rasche Verwertung ihrer Sicherheiten drängen und sich nicht auf ein risikoreiches Sanierungsverfahren einlassen.1481 Wenn ein Gläubiger mit einer alternativen Investitionsanlage eine höhere Rentabilität als mit dem zu sanierenden Unternehmen erzielen kann, wird er gegen die Fortführung und für eine sofortige Zerschlagung des Unternehmens stimmen. Vor allem werden die Gläubiger eine riskoärmere Investition, auch bei gleicher Rendite, anstreben. Dies kann im Ergebnis dazu führen, daß trotz eines Positivbeftmdes der Sanierungs­ fähigkeit das insolvente Unternehmen nur unter einer „Teilliquidation“ fortgeführt werden kann. Gläubiger, deren Liquidationsaltemative eine höhere Rendite verspricht, oder die aus anderweitigen Gründen eine risikoaverse Haltung einnehmen, werden auf ihre bevorrechtigte Befriedigung bestehen und damit den Zerschlagungsprozeß in Gang setzen.

1479 Vgl. Groß, P. 1, [Sanierungsfähigkeit], 1997, S. 81 und Häuser, F, [Kreditinstitute], 1995, S. 98. 1480 Vgl. Hopt, K. J., [Asymmetrische Information], 1984, S. 753 und Schmidt, R. H, [Information], 1984, S. 734-735. 1481 Vgl. Franke, G., [Gläubigersicherungsrechte], 1986, S. 469. Die Regelungen des Minderheiten­ schutzes nach § 251 InsO sichern den Gläubigem im Planverfahren eine Wertgarantie zu und begrenzen somit das wirtschaftliche Ausfallrisiko im Falle einer Sanierung. Aufgrund einer zeit­ punktbezogenen Betrachtungsweise kann sich diese Regelung ftlr die Mobiliargläubiger im Falle einer späteren Insolvenz als sehr nachteilig erweisen, wenn ihre Sicherheiten zwischenzeitlich an Wert verlieren.

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Mit dem Insolvenzplan stellt die Insolvenzordnung den Beteiligten einen Rechts­ rahmen zur Verfügung, um eine einvernehmliche Insolvenzbewältigung durch Verhandlungen und privatautonome Entscheidungsprozesse zu ermöglichen.1482 Dieser Rechtsrahmen stellt eine entscheidende Verbesserung zum alten Recht dar, wobei es sich in der Praxis als schwierig erweisen wird, die unterschiedlichen Gläubigergruppen als eine mitgestaltende Zufallsgemeinschaft in den Abwicklungsund Verwertungsprozeß einzubinden. Durch eine geschickte Gruppenbildung und einen gut vorbereiteten Abstimmungstermin kann die Zustimmungsbereitschaft verbessert werden.1483 Allerdings erscheint das starke Vertrauen auf die ökono­ mische Vernunft der Gläubiger als Allheilmittel einer marktkonformen Verwertung des Schuldnervermögens hierbei problematisch.1484 In der Insolvenzpraxis sind daher umfangreiche Verhandlungen notwendig, um die Vorstellungen und Interessen aller Beteiligten zu koordinieren und sowohl für das Unternehmen selbst als auch für die Gläubiger ein einvernehmliches Sanierungskonzept zu finden.1485 Hier stellt sich besonders die Frage, wer das Sanierungsverfahren finanzieren soll und wer letztendlich die Gefahr trägt, daß das eingebrachte Kapital nicht mehr zurückgezahlt werden kann.

Ein Kreditinstitut wird - wie bereits ausgeführt - nur noch bei wertkongruenten Sicherheiten bereit sein, einen weiteren Kredit zu gewähren. Im Falle der Zahlungs­ unfähigkeit oder der Überschuldung müßten dann die bisherigen Gläubiger mangels freien Vermögens Ansprüche aufgeben oder zurückstellen.1486 Im Hinblick auf den unsicheren Sanierungserfolg wird kein Gläubiger bereit sein, sein Sicherungsrecht aufzugeben.1487 Eine Ausnahme von diesem Verhalten wird nur dann gegeben sein, wenn die Gläubiger durch die Untemehmensfortführung anderweitige Wertvorteile erzielen können. Da neues Fremdkapital allein gegen Sicherheiten gegeben wird, besteht für deren Beschaffung wenig Spielraum, wenn man die alten Gläubiger nicht ihrer Sicher­ heiten beraubt oder Sanierungskredite anderweitig privilegiert. Ferner werden Sicherheiten im Vermögen Dritter nur schwer zu finden sein. Durch ein ausufemdes Kautelarsytem der kreditierenden Praxis sind die Sicherungsmöglichkeiten zumeist

1482 Vgl. Burger, A. ;Schellberg, B., [Insolvenzplan], 1994, S. 1833. 1483 Vgl. Groß, P. J., [Sanierungsfähigkeit], 1997, S. 83. 1484 So auch Mönning, R-D., [Betriebsfortfilhrung], 1997, S. 393, da im freien Markt das Gesetz des Stärkeren gilt. 1485 Vgl. Hesselmann, S.; Stefan, U., [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 51. 1486 Vgl. Schmidt, R H, [Information], 1984, S. 721. 1487 Vgl. Schmidt, R. H, [Information], 1984, S. 722.

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restlos erschöpft.1488 Kapitalgeber, die neue finanzielle Mittel bereitstellen, können sich bei einer fehlgeschlagenen Sanierung bestenfalls aus den neu angeschafften Vermögensgegenständen befriedigen. Umfangreiche Neuanschaffungen sind bei einer Sanierung jedoch selten, so daß die Kapitalgeber leer ausgehen würden.1489 Neue Kapitalgeber scheiden damit regelmäßig aus. Für die bisherigen Kapitalgeber besteht nur dann ein Anreiz, einen Kredit zu geben, wenn dadurch der bisher gegebene Kredit aufgewertet werden kann. In Verbindung mit einem Forderungs­ verzicht kommt folgende Erschwernis hinzu: Je höher der Forderungsverzicht eines Gläubigers, der einen Sanierungskredit geben soll, sein soll, desto besser muß sein Sanierungskredit gesichert sein, da ein partieller Forderungsverzicht den Aufwer­ tungsvorteil des bisherigen Kredites einschränkt.1490 Im Gegensatz zum deutschen Recht läßt das amerikanische Reorganisationsrecht auch einen Eingriff in die Rechtsposition der gesicherten Gläubiger zu.1491 Die hierzulande oftmals erhobene Befürchtung einer negativen Kreditauswirkung ist hierbei unbegründet. Die Kreditvergabepraxis in den USA ist durch das Reorgani­ sationsverfahren nicht verändert oder sogar eingeschränkt worden.1492 Aus diesem Grunde wäre es auch im deutschen Recht notwendig, den Waren- und Geldkredit­ gläubigem, die die Fortführung erst ermöglichen, ein besonderes Privileg mit Vorrang vor den anderen (gesicherten) Forderungen einzuräumen.1493

Eine Privilegierung von Sanierungskrediten gegenüber den alten Sicherungs­ gläubigem ist für das Verfahrensziel der Sanierung von zentraler Bedeutung. Zwar birgt jede Privilegierung die Gefahr, daß durch einen erfolglosen Sanierungsversuch die Insolvenzmasse zu Lasten der Altgläubiger noch weiter geschmälert wird und die Versuchung zur Gläubigerschädigung steigern würde.1494 Andererseits ist eine Sanierung ohne die Zuführung von neuem Kapital nur schwer vorstellbar. Eine annähernde Gleichstellung mit den gesicherten Gläubigem ermöglicht am ehesten, neue Kapitalgeber und Lieferanten zu gewinnen. Auch wäre eine Privilegierung von Sanierungskrediten sinnvoll, um das Trittbrettfahrerproblem der Altgläubiger zu mindern.1495 Hierbei ist zwischen zwei Rechtsgütem abzuwägen, und zwar den

1488 Vgl. Drobnig, U, [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 93 und Uhlenbruck, W„ [Krise], 1975, S. 898899. 1489 Vgl. Franke, G., [ökonomische Überlegungen], 1983, S. 42. 1490 Vgl. Franke, G., [ökonomische Überlegungen], 1983, S. 51. 1491 Vgl. Flessner, A., [Sanierung], 1982, S. 131-136 undKöndgen, J., [Sanierung], 1995, S. 149. 1492 Vgl. Hohloch, G., [Sanierungsverfahren], 1982, S. 1036. 1493 Vgl. Uhlenbruck, W., [Insolvenzrechtsreform], 1983, S. 364. 1494 Vgl. Schmidt, R. H, [Information], 1984, S. 735 und Uhlenbruck, W., [Insolvenzrechtsreform], 1983, S. 364. 1495 Vgl. Franke, G., [Gläubigersicherungsrechte], 1986, S. 467.

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grundrechtlich verankerten Vermögens- und Eigentumsrechten der Altgläubiger und dem angestrebten Leitbild eines zu sanierenden Unternehmens. Unstrittig ist, daß die Ab- und Aussonderungsrechte dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterliegen.1496 Dies bedeutet allerdings nicht, daß eine Vorrangregelung zu Gunsten der Neugläu­ biger verfassungsrechtlich bedenklich wäre, da auch diese den Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG genießen. Würde den neuen Kapitalgebern ein Vorrang einge­ räumt, so wäre lediglich zwischen zwei Schutzberechtigten abzuwägen.1497 Der Gesetzgeber hat es trotz eines weiten Gestaltungsspielraums versäumt, die notwendigen Voraussetzungen für eine finanzielle Sanierung zu schaffen. Hierbei wurde die Möglichkeit nicht genutzt, mit dem Grundsatz des par conditio creditorum i.e.S. eine wichtige Voraussetzung zur finanziellen Sanierung zu schaffen.1498 Solange es nicht möglich ist, Sanierungsmaßnahmen mit entsprechenden Vermögensopfem der an der Untemehmensfortfilhrung interessierten Beteiligten durchzusetzen, wird ein Gläubigerkonsens zur finanziellen Sanierung nur schwer zustande kommen.1499 Zu Recht bemerkt Stümer: „Wer nur ein Sanierungsverfahren schafft, schenkt eine Flasche ohne Inhalt, weil das Kapital ohne öffentliche Subventionen überwiegend fehlen wird.“1500

1496 Vgl. Baur, F; Stümer, R, [Konkursrecht], 1990, Rdn. 6.29 und 6.30. 1497 Vgl. Braun, E., [Kreditrahmen], 1997, S. 871. 1498 In dieser Richtung auch Bitz, M; Hemmerde, W.; Rausch, W., [Gläubigerschutz], 1986, S. 292-293. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers wird durch den Wegfall der Konkursvorrechte das Interesse der Gläubiger an einer Mitwirkung am Verfahren gestärkt. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 81. Der Gesetzgeber hat hierbei nur eine Gleichbehandlung der ungesicherten Gläubiger geschaffen. 1499 Vgl. Balz, M., [Insolvenzverfahren], 1988, S. 276; Mönning, R.-D., [Betriebsfortführung], 1997, S. 187 und Ulmer, P., [Konkursantragspflicht], 1981, S. 477. i5°o ^rner> [Sanierung], 1982, S. 771. So gibt das italienischen Recht die Möglichkeit, auf staatliche Garantiezusagen, höchstens 500 Milliarden Lire, zurückzugreifen. Kritisch dazu Grunsky, W., [Sanierungsverfahren], 1981, S. 1305.

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C. Möglichkeiten zur Verbesserung der Voraus­ setzungen für eine Untemehmenssanierung Die vorhergehenden Ausführungen haben gezeigt, daß trotz der starken Gläubi­ gerautonomie im Insolvenzverfahren bei der Vermögens Verwertung die Gläubiger bei der Verfahrenseröffhung weitgehend ausgeschlossen bleiben. Die Entscheidung über eine frühzeitige Antragstellung kommt alleine dem Schuldner zu. Es bleibt hierbei unschlüssig, daß die Gläubiger auf der einen Seite darüber entscheiden sollen, ob und in welcher Weise versucht werden soll, das Schuldneruntemehmen zu sanieren, und auf der anderen Seite bei der so wichtigen Fragestellung wie dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffhung, als maßgebende Voraussetzung für eine optimale Vermögens Verwertung, ausgeschlossen bleiben. Trotz der vielfältigen Anreize für den Schuldner zur früheren Antragstellung bleibt zu befürchten, daß dieser im Einverständnis mit den ausreichend gesicherten Gläubigem auch im neuen Recht sein Unternehmen bis zur Zahlungseinstellung fortführt. Damit bleiben die Eingangsvoraussetzungen für eine Sanierung denkbar ungünstig.

Eine wichtige Voraussetzung für eine Untemehmenssanierung ist die Möglichkeit der Gläubiger, bei einer wirtschaftlichen Fehlentwicklung des Schuldners frühzeitig eingreifen zu können. Die Abweisung der Verfahren mangels Masse muß von der Regel wieder zur Ausnahme werden.

I. Ansätze zur wirksamen Vorverlegung der Insolvenzeröffnung Im Hinblick auf einen möglichst effektiven Rechtsschutz muß das Insolvenzrecht eine bessere gesetzlich kodifizierte Sanktionsmöglichkeit schaffen, die allen Gläubigem gleichermaßen ohne zusätzliche Kosten zugänglich ist.1501 Festzustellen ist, daß die Rechtsunsicherheit im neuen Recht bei der Überschuldungsmessung mangels Bestimmbarkeit weiterhin besteht, da der Überschuldungsmessung kein eingespieltes System objektivierter Ansatz- und Bewertungsregeln zugrunde liegt.1502 Das Problem der Wertfmdung wurde trotz der Bestrebungen einer

1501 Vgl. Drukarczyk, J„ [Unternehmen], 1987, S. 27 und Plate, G„ [Insolvenzreife], 1980, S. 217. 1502 Treffend dazu Uhlenbruck, W., [Überschuldungsprüfung], 1996, R. 53-54, der die der Überschul­ dungsprüfung anhaftenden Probleme karikierend, aber zugleich in treffender Weise aufzeigt.

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frühzeitigeren Insolvenzeröfihung vom Gesetzgeber nicht aufgegriffen.1503 Die Unbestimmbarkeit des Überschuldungstatbestandes für die Gläubiger in Verbindung mit den divergierenden Gläubiger- und Schuldnerinteressen werden auch im neuen Recht nicht zu der gewünschten Vorverlegung der Insolvenzeröflhung führen. Nur mit einer über die jetzigen gesetzlichen Regelungen hinausgehenden Bestimmbarkeit der Insolvenztatbestände würden Innen- und Außenlösung gleichberechtigt nebeneinander stehen. Allein mit einer solchen Gleichstellung könnten die Gläubiger ihr Antragsrecht durchsetzen.

Zur Vermeidung der aufgezeigten Schwierigkeiten ist an erster Stelle die Frühwam­ pflicht des Schuldners auszubauen. Dadurch kann das Informationsgefälle zwischen Schuldner und Gläubigem ausgeglichen und gleichzeitig der Druck zur außerge­ richtlichen Sanierung erhöht werden. Zugleich wird es einzelnen, gut informierten Gläubigem wie den Kreditinstituten schwerer fallen, sich im Vorfeld der Insolvenz Vermögensvorteile zu verschaffen. Dadurch wäre auch der Anwendungsbereich des Prioritätsprinzips, welches die Einzelzwangsvollstreckung beherrscht und als ungerecht angesehen wird, eingeschränkt.1504 Der Frühwampflicht des Schuldners sind Grenzen gesetzt, wo das Informationsbedürfhis der Gläubiger in unbilligem Verhältnis zum Schutzbedürfhis des Schuldners steht. Zusätzlich sind zeitpunkt­ bezogene Verfahrensauslöser einzurichten, um die Unsicherheit der Gläubiger über den maßgebenden Insolvenzzeitpunkt zu reduzieren.

1. Die Frühwarnpflicht des Schuldners Ziel der Frühwampflicht ist es, eine normierte Schutzvorschrift zur Wahrung der Gläubigerinteressen im Vorfeld der Insolvenz zu schaffen, wenn eine nachhaltige Verlagerung der Vermögens- und Risikoposition eintritt.1505 Viele Unternehmen wären nicht insolvent geworden, wenn die Probleme frühzeitiger erkannt worden wären.1506 Darüber hinaus soll es dem Schuldner nicht möglich sein, ein den Fortbestand des Unternehmens gefährdendes Risiko in ungebührlicher Weise auf die Gläubiger zu verlagern. Der Schuldner würde dadurch vielmehr gezwungen werden, eine die Überschuldung vermeidende oder beseitigende Untemehmensstrategie zu wählen. Durch die mit der Offenlegung verbundene Publizitätswirkung wäre

1503 Vgl. Drukarczyk, J., [Überschuldung], 1986, S. 228. So wird in § 151 Abs. 2 InsO lediglich darauf hingewiesen, daß im Rahmen der Erstellung einer Vermögensübersicht seitens des Insolvenzver­ walters besonders schwierige Bewertungen auf einen Sachverständigen übertragen werden können. 1304 Vgl. Henckel, W., [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 9 und Mönning, R.-D., [Betriebsfortführung], 1997, S. 234-235. 1505 Vgl. Hommelhoff, P., [Auslösemechanismen], 1984, S. 708-709. 1306 Vgl. aK, [Grünbuch], 1996, S. 284.

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zugleich auch ein Druckmittel zur außergerichtlichen Sanierung im Vorfeld einer Insolvenz gegeben.1507

Eine risikoorientierte Untemehmensüberwachung ist vor dem Hintergrund der wachsenden Untemehmenszusammenbrüche in einer zunehmend dynamischen Untemehmensumwelt immer wichtiger. Die Notwendigkeit zukunftsorientierter Informationen ist daher unbestritten. Der Schuldner verfügt gegenüber Dritten erfahrungsgemäß über mehr und bessere Informationen hinsichtlich wichtiger Einflußfaktoren einer Untemehmensgefährdung.1508 Einige dieser Einflußfaktoren sind für die Gläubiger selbst bei hohem Informationsaufwand nicht mit ausreichen­ der Genauigkeit zu ermitteln. Während der Schuldner im Rahmen der strategischen Untemehmensführung Informationen zur Früherkennung untemehmensgefährdender Sachverhalte gewinnt, steht Außenstehenden, wenn überhaupt, nur ein Einblick in den vergangenheitsorientieren Jahresabschluß zu. Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, daß die Gläubiger zur Entscheidungs­ findung zukunftsorientierte Informationen benötigen.1509 Zur Verbesserung des Informationsstandes der Gläubiger müßte dem Schuldner eine Frühwampflicht auferlegt werden. Empirische Untersuchungen ergaben, daß - zumindestens bei etablierten Unternehmen - Managementprognosen signifikant besser sind als die Extrapolation von Vergangenheitsdaten.1510 Der Gesetzgeber hat nicht zuletzt mit dem KonTraG versucht, den Unternehmen in der Rechtsform der AG ein gesetzlich normiertes Krisenfrühwamsystem zur Insolvenzprophylaxe aufzuerlegen.1511 So ist der Vorstand nach § 91 Abs. 2 AktG i.d.F. des KonTraG verpflichtet, ein Risiko­ managementsystem1512 einzurichten, um eine insolvenzgefährdende Entwicklung frühzeitig erkennen zu können und entsprechende Sanierungsmaßnahmen im Zusammenwirken mit den Gesellschaftsorganen, den wesentlichen Eigen- und Fremdkapitalgebem sowie den Arbeitnehmervertretungen frühzeitig zu ergreifen.1513

1507 Vgl. Emmerich, H., [Sanierung], 1930, S. 46-47. A.A. Hommelhoff, P., [Auslösemechanismen], 1984, S. 705, der auf die nicht unbeträchtliche Gefahr hinweist, wenn die Sanierungsversuche nur zu einer verzögerten Antragstellung führen. 1508 Vgl. Dorndorf, E.; Frank, J„ [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 74. 1509 Die Forderung nach Prognosen wird u.a. darauf gestützt, das sich zwischen publizitätsfreundlichen und publizitätsfeindlichen Unternehmen eine wachsende Diskrepanz auftut. Vgl. Rückle, D., [Prog­ nosen], 1984, S. 59 und 61. 1510 Vgl. m.w.N. Rückle, [Prognosen], 1984, S. 61. 1511 Vgl. hierzu die Grundsätze einer risikoorientierten Untemehmensüberwachung bei Kromschröder, B.;Lück, W., [Untemehmensüberwachung], 1998, S. 1574-1576. 1512 Ausführlich zur Einrichtung und Verbesserung eines Risikomanagementsystems bei Lück, W., [Risikomanagementsystem], 1998, S. 1925-1928. 1513 Bereits im altem Recht kommt dem Vorstand im Rahmen seiner Gesamtverantwortung nach § 76 Abs. 1 AktG eine Überwachungsaufgabe zu. Die Pflicht zur Einführung eines Risikomanagement­

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Problematisch ist jedoch, daß dem Risikomanagementsystem keine Außenwirkung zukommt. Die bisherigen Erfahrungen mit einem gesetzlich normierten Krisensignal als Informationsinstrument stimmen wenig optimistisch. Der Anzeigepflicht des Schuldners nach den Vorschriften der §§92 Abs. 1 AktG und 49 Abs. 3 GmbHG bei einem Verlust der Hälfte des Grund- oder Stammkapitals kommt wegen der bei der GmbH fehlenden Publizitätswirkung der Gesellschafterinformation als Frühwamsignal keine besonders große praktische Bedeutung zu.1514 Bei der Aktiengesellschaft hat die Anzeigepflicht wegen der zu diesem Zweck einzube­ rufenden Hauptversammlung eine gewisse Außenwirkung, wobei die Fälle einer Mitteilung nach § 92 Abs. 1 AktG in einer eigens dafür einberufenen Hauptver­ sammlung mehr die Ausnahme als die Regel darstellen.1515 Aus diesem Grund müßte eine gesetzliche Frühwampflicht so ausgestaltet werden, daß der Schuldner nicht nur die GmbH-Gesellschafter und Aktionäre, sondern jeden Gläubiger, dessen Forderung einen bestimmten Betrag überschreitet, schriftlich zu unterrichten hätte. Eine solche Frühwampflicht unterliegt hierbei den gleichen Problemen wie die Innenlösung bei der Antragstellung. Ein Schuldner wird die Gläubiger nur dann frühzeitig in Kenntnis setzen, wenn er sich dadurch eine für ihn vorteilhafte Reaktion erhoffen kann. Das Problem einer sich selbst erfüllenden Zusammenbruchsprognose bei der Offenlegung einer krisenhaften Entwicklung darf hierbei nicht verkannt werden,1516 wobei der Frühwampflicht des Schuldners im Gegensatz zur Antrag­ stellung auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ein anderes qualitatives Gewicht beizumessen ist. Ein Schuldner wird eher bereit sein, die Gläubiger über die wirtschaftliche Schieflage in Kenntnis zu setzen, wenn er dadurch ein gerichtliches Insolvenzverfahren vermeiden kann.

Da eine Frühwampflicht im Kem eine Prognose über die Insolvenzgefährdung enthält, tauchen auch hier die allgemeinen Probleme der Genauigkeit und Überprüfbarkeit von Prognosen auf. Informationen über die Insolvenzgefahr können daher immer nur sehr bedingt verläßlich sein.1517 Folglich wird die Akzeptanz als auch die Durchsetzbarkeit einer Frühwampflicht maßgeblich von dem Anspruchs-

1514 1515 1516 15,7

system stellt somit keine materielle Änderung dar Vgl. Götz, H., [Untemehmenskrisen], 1995, S. 338. Da die Rechtsform der GmbH besonders insolvenzanfhllig ist, wäre eine Ausdehnung, zumindest auf große Kapitalgesellschaften, überlegenswert. Die Zweckmäßigkeit wird sich daran messen lassen müssen, ob das Überwachungssystem den Zielen und Strategien des Unternehmens gerecht wird und wie die Erfassung und Auswertung der Risikopotentiale erfolgt. Vgl. Schindler, J.; Rabenhorst, D., [KonTraG], 1998, S. 1892. Vgl. Müller, W., [Grund-oder Stammkapital], 1985, S. 191. Vgl. Müller, JK, [Grund-oder Stammkapital], 1985, S. 192. Vgl. Franke, G., [ökonomische Überlegungen], 1983, S. 40-41. Vgl. Moxter, A., [KonTraG], 1997, S. 723.

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niveau an den Prognoseumfang sowie an die Prognosegenauigkeit abhängen.1518 Eine Frühwampflicht sollte daher nur auf hinreichend gesicherten, intersubjektiv nachvollziehbaren Tatsachen aufbauen.1519 In der Betriebswirtschaftslehre wurden bereits mehrfach Versuche unternommen, signifikante Größen und Kennzahlen zu entwickeln, die eine gläubigergefährdende Konstellation anzeigen.1520 Im Gegensatz zur problematischen Überschuldungs­ messung weist die Ermittlung einer kritischen Kennzahl den Vorteil auf, daß sich das Unsicherheitsmoment sowie die Manipulationsmöglichkeiten durch eine im voraus festgelegte Verfahrensanweisung einschränken lassen.1521 Eine permanente Selbstinformation durch Kennzahlen setzt die Einrichtung eines gut funktio­ nierenden Rechnungswesens voraus.1522 Hierbei könnte die Vorgabe des franzö­ sischen Rechtes, halbjährliche Liquiditätsbilanzen, vorausschauende Ergebnis­ rechnungen sowie einen jahresperiodischen Finanzierungsstatus aufzustellen, erste Hilfestellungen geben.1523 Eine gesetzliche Frühwampflicht über Kennzahlen erscheint aufgrund der Bestimmbarkeit zunächst ein einfaches und wirkungsvolles Instrument des Gläubigerschutzes. Allerdings ist die betriebswirtschaftliche Forschung bisher außerstande, eine Kennzahl zu bilden, die eine hinreichend gesicherte Kausalität zwischen der Merkmalausprägung und der Insolvenz des Schuldners erlaubt.1524 Kennzahlen erscheinen daher nicht sonderlich geeignet, eine Frühwampflicht auszulösen.

Um dieses Problem zu umgehen, kann die Frühwampflicht auch an die Verhaltens­ weisen der gesicherten Gläubiger im Vorfeld der Insolvenz geknüpft werden.1525 Als

1518 So zeigen die Erfahrungen in den USA, daß die Unternehmen auf freiwillige Prognosen verzichten, wenn sie sich dabei den strengen Anforderungen des SEC für eine Prognosepublikation unterwerfen müssen. Vgl. Rückle, D., [Prognosen], 1984, S. 62. 1519 Empirische Studien belegen die hohe Standardabweichung zwischen den vorhergesagten und den tatsächlichen Gewinnen. M.w.N. bei Rückle, D., [Prognosen], 1984, S. 61-62. 1520 Vgl. m.w.N. Plate, G., [Insolvenzreife], 1980, S. 221. So kommt Hauschildt zu dem Ergebnis, daß der nach der DVFA-Methode entwickelte Cash-Flow ein guter Krisensignalwert ist. Vgl. Hauschild, J.;Rösler, J.;Gemünden, H G., [Cash Flow], 1984, S. 361. 1521 Vgl. Plate, G, [Insolvenzreife], 1980, S. 221. 1522 Bei kleinen und mittleren Unternehmen, wo das Jahresergebnis oftmals erst feststeht, wenn der Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer das Haus verlassen hat, erscheint eine Frühwampflicht ohnehin kaum möglich. 1523 Vgl. Balz, [Reform], 1983, S. 1154. 1524 Ebenso Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 166, und Schildbach, T, [Insolvenz­ rechtsreform], 1983, S.2132. 1525 Vgl. Vormbaum, H; Baumanns, F J., [Auslösung], 1984, S. 1973. So tritt beispielsweise die Zahlungsunfähigkeit durch eine Handlung oder Erklärung des Schuldners zutage oder durch eine Handlung, die ein einzelner Gläubiger gegen ihn vomimmt. Von dieser Handlung oder Erklärung

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Dritter Teil: Die Untemehmenssanierung

Maßnahme zur Rechtsverwirklichung ihrer Ansprüche im Vorfeld der Insolvenz steht den gesicherten Gläubigem insbesondere die Einzelzwangsvollstreckung als Sanktionsmöglichkeit zur Verfügung.1526 Im Gegensatz zum Insolvenztatbestand der Zahlungsunfähigkeit greifen privatrechtlich vereinbarte Sicherungsrechte bereits dann, wenn der Schuldner den vertraglichen Zahlungsverpflichtungen gegenüber einem einzelnen Gläubiger nicht nachkommt. Insofern lassen Zwangsvoll­ streckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger Rückschlüsse über eine Insolvenz­ gefährdung des Unternehmens zu.1527 Spätestens zu diesem Zeitpunkt kommt denjenigen Gläubigem, denen weder Sanktionspotentiale zur Verfügung stehen noch Informationen über die wirtschaftliche Lage des Schuldners zugänglich sind, ein erhöhtes Schutzbedürfhis zu. Als präventive Schutzmaßnahme vor weiteren Vermögensverschiebungen zu Lasten der ungesicherten Gläubiger wäre dem Schuldner eine Frühwampflicht auch im Falle der Einzelzwangsvollstreckung einzelner Gläubiger aufzuerlegen. Unter der Annahme, daß der Schuldner rational handelt, wird dieser nur dann Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen sich geltend machen lassen, wenn seine finanzielle Leistungsfähigkeit bereits eingeschränkt ist.1528 Ferner werden die gesicherten Gläubiger das zuweilen recht langwierige Rechtsdurchsetzungsverfahren nur dann anstrengen, wenn sämtliche „weichen“ Sanktionsmaßnahmen, z.B. Versenden von Mahnungen, ausgeschöpft sind, da der Einsatz „harter“ Sanktions­ maßnahmen dem Anfechtungsrisiko unterliegt.1529 Eine durch Zwangsvollstreckung im letzten Monat vor dem Eröffhungsantrag erlangte Sicherheit wird mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam.1530 Somit dürfte auch die Gefahr,

erhalten die anderen Gläubiger notwendigerweise keine Kenntnis. Vgl. Niesert, B., [Konkurs­ anfechtung], 1996, S. 807 und Schmidt, R. H., [Information], 1984, S. 717. 1526 Wahrend die Kreditinstitute vornehmlich ihre Kreditlinien kündigen oder zurückfilhren, setzen die übrigen gesicherten Gläubiger die Zwangsvollstreckung als Maßnahme zur Sicherung ihrer Ansprü­ che im Vorfeld der Insolvenz ein. Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R., [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 83 und 126. 1527 So kann beispielsweise die Einzelzwangsvollstreckung in einen Nachlaß Tatsachen offenbaren, die das Vorliegen einer Überschuldung vermuten lassen. Vgl. Kuhn, G.; Uhlenbruck, W„ [Kommentar], § 105, Rz. 3d. 1528 Vgl. Vormbaum, H.; Baumanns, F. J„ [Auslösung], 1984, S. 1974. 1529 Die jüngste Rechtsprechung, vgl. hierzu das BGH-Urteil vom 15.12.1994, stellt mit der Einführung des objektivierten Kenntnisbegriffes nicht auf die neue Rechtslage ab, da sich die Insolvenzordnung eindeutig gegen diesen ausspricht. Diese Rechtsprechung kann auf die Insolvenzordnung nicht übertragen werden, zumal die Zwangsvollstreckung in der Insolvenzordnung im Gegensatz zur Konkursordnung ausdrücklich geregelt worden ist. Vgl. Niesert, B., [Konkursanfechtung], 1996, S. 808. 1530 § 88 InsO lehnt an die sog. Rückschlagsperre der Vergleichsordnung an (§§ 28, 87, 104 VerglO). Die Vorschrift erfaßt nur Gegenstände der Insolvenzmasse. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ftlr

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daß einzelne Gläubiger Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen als Druckmittel zur Zahlung einsetzen, nicht groß sein. Da eine Zahlungsunwilligkeit bereits vor dem Hintergrund einer Zahlungsunfähigkeit stehen dürfte, ist der Vorschlag von Vormbaum/ Baumanns1531 überlegenswert, an die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger bereits eine Verfahrensauslösung zu knüpfen.1532

2. Das Informationsbedürfnis der Gläubiger im Konflikt mit dem Schutzbedürfnis des Schuldners Bei den Überlegungen zur Vorverlegung der Insolvenzeröfihung und der Frühwam­ pflicht des Schuldners ist das Informationsbedürftiis der Gläubiger mit dem Schutzbedürfiiis des Schuldners abzuwägen. Mit jeder Frühwampflicht ist eine Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit des Schuldners verbunden, was zu einem nicht unproblematischen Eingriff in die rechtlich verankerte wirtschaftliche Privatautonomie fuhrt. Diese Privatautonomie stellt es jedem Schuldner an sich frei, den über die gesetzlichen Mindestanforderung hinausgehenden Informationsfluß inhaltlich und zeitlich selbst zu bestimmen. Andererseits muß demjenigen Gläubiger, der in Unkenntnis der wirtschaftlichen Lage des Schuldners einen gesicherten Kredit gewährt und damit in Konkurrenz zu anderen Sicherungsnehmer steht, ein erhöhtes Informationsbedürfhis zukommen.1533 Noch mehr muß dieses für den ungesicherten Gläubiger gelten, der mit zunehmender Verschuldung ein erhöhtes Informationsbedürfiiis hat.1534 Die Notwendigkeit, dem Schuldner trotz Privatautonomie eine Informationspflicht aufzuerlegen, nimmt entsprechend dem Risiko der Gläubiger zu. Nur so kann das Problem der asymmetrischen Informationsverteilung zwischen den Beteiligten gelöst werden.1535 Aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive ist ein Informationsausgleich darüber hinaus legitimiert, weil ein Mangel an Informationen im allgemeinen zu einer Verschwendung von Ressourcen führt.1536

1531 1532

1533 1534 1535 1536

Unterhalts- und Deliktsgläubiger in den erweitert pfändbaren Teil des Arbeitseinkommen bleiben unberührt. Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 137. Eine vor Eintritt dieser Rückschlagsperre erworbenes Pfändungspfandrecht bleibt grundsätzlich wirksam. Vgl. Obermüller, M., [Bankpraxis], 1997, Rdn. 1.396 und 1.397. Vgl. Normbaum, H; Baumanns, F. J„ [Auslösung], 1984, S. 1975. Eine weitere Möglichkeit bestünde, wie beispielsweise im italienischen Recht, eine Antragspflicht von Amts wegen festzustellen. Vgl. Grunsky, W., [Sanierungsverfahren], 1981, S. 1304. Ablehnend Drukarczyk, J., [Unternehmen], 1987, S. 101.. Vgl. Henckel, W„ [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 11. Vgl. Hommelhoff, P., [Auslösemechanismen], 1984, S. 698-699 und Swoboda, P., [Untemehmens­ sanierung], 1983, S. 15. Vgl. Dorndorf, E.; Frank, J., [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 74. Vgl. Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 174.

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Trotz der ökonomischen Notwendigkeit eines Informationsausgleichs ist zu bedenken, daß demjenigen Gläubiger, der weiß, daß sein Schuldner alle Vermö­ gensgegenstände als Sicherheit vergeben hat, oder der sich dieses Wissen nicht verschafft hat, sein Risiko letzten Endes nicht abgenommen werden kann.1537 Zudem gibt es derzeit noch keine gesicherten Erkenntnisse über den gesamtwirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Informationskosten und Informationsnutzen.1538 Somit ist insgesamt ein Ausgleich von Informationsasymmetrien im Vorfeld der Insolvenz mit einem rechtlichen Instrumentarium nur sehr begrenzt möglich, da ein solcher Ausgleich, wie die moderne Wettbewerbstheorie lehrt, u.U. auch marktverzerrend wirken kann.1539 So wurde in diesem Zusammenhang wie bereits ausgeführt eine Abwertung der Mobiliarsicherheiten als Ausgleich der Informationsasymmetrien abgelehnt. Allerdings erscheint es notwendig zu sein, den Gläubigem die Möglich­ keit zu einer eigenen Einschätzung der wirtschaftlichen Lage und künftiger Entwicklungsrisiken zu geben, damit eine Einordnung des Unternehmens in eine Risikoklasse im Sinne der Kapitalmarkttheorie möglich ist.1540 Hierbei ist sicherzustellen, daß von der Frühwampflicht ein starker Impuls auf außergericht­ liche Sanierungsbestrebungen ausgeht und keine Probleme und Kosten verursacht werden, die sonst nicht entstünden.1541 Mit einer so verstandenen Frühwampflicht kann somit gleichzeitig dem Schutzbedürfhis des Schuldners Rechnung getragen werden. Im weiteren wird die Bereit­ schaft des Schuldners zur Frühwarnung von den Kreditinstituten im allgemeinen als positives Bonitätssignal gewertet.1542 Damit besteht für den Schuldner die Möglichkeit, im Rahmen seiner Frühwampflicht den Gläubigem ein niedriges Kreditrisiko zu signalisieren. Durch die Einstufung in eine günstigere Risikoklasse kann er bessere Kreditkonditionen erhalten.1543 Je früher Gläubiger informiert werden, desto vernünftiger werden ihre Reaktionen ausfallen, insbesondere dann, wenn sie gewöhnt sind, auch über negative Untemehmensentwicklungen rechtzeitig

1537 Vgl. Henckel, W„ [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 11. 1538 Vgl. Hopt, K. J„ [Asymmetrische Information], 1984, S. 748 und Rückle, D., [Prognosen], 1984, S. 62. 1539 Vgl. Burger, A., [Zahlungsschwierigkeiten], 1988, S. 289 und Hopt, K. J., [Asymmetrische Information], 1984, S. 755. 1540 So auch Baetge, J.;Schulze, D., [Lageberichterstattung], 1998, S. 946; Moxter, A., [KonTraG], 1997, S. 723 und Weinrich, G., [Kreditwürdigkeitsprognosen], 1978, S. 37-41. Zum Konzept der Risiko­ klassen nach Modigliani/Miller bei Perridon, L; Steiner, M„ [Finanzwirtschaft], 1997, S. 490. 1541 Vgl. Hax, H; Marschdorf, HM., [Anforderungen an ein Insolvenzrecht], 1983, S. 127. 1542 Vgl. Franke, G., [Sanierungsverfahren], 1984, S. 173. 1543 Vgl. Adams, M., [Sicherungsrechte], 1980, S. 98-100; Baetge, J., [Kreditrisiken], 1995, S. 193; Domdorf, E.; Frank, J., [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 74; Drukarczyk, J, [Finanzierungstheorie], 1980, S. 237 und Weinrich, G., [Kreditwürdigkeitsprognosen], 1978, S. 39.

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informiert zu werden.1544 So kann der mit der Anzeige verbundene Zeitgewinn zu Verhandlungen zwischen Schuldner und Gläubigem genutzt werden. Obwohl man sich mit diesen Feststellungen im Bereich der Alltagstheorien bewegt, wird eine Frühwampflicht zu einer besseren Kapitalallokation führen. Außerdem gibt es Beispiele dafür, daß Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit fortsetzen können, obwohl bekannt ist, daß sie Liquiditätsprobleme haben und eine Änderung der Kapital­ struktur im Gespräch ist.1545 Eine gegenteilige Reaktion kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, Reaktionen der Gläubiger liegen eben im Bereich des Spekulativen. In diesem Zusammenhang darf nicht übersehen werden, daß sich in der Mehrheit der Fälle eine Frühwampflicht für den Schuldner positiv auswirkt.

3. Die modifizierte bilanzielle Überschuldung als Auslösekriterium Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, daß die Insolvenztatbestände im neuen Recht zu spät greifen und für die Gläubiger nicht bestimmbar sind. Sanierungs­ maßnahmen, die erst zum Zeitpunkt der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit einsetzten, kommen erfahrungsgemäß zu spät.1546 Der Forderung nach einer Vorverlegung der Insolvenzauslösung kann entweder durch



einen prospektiven, zeitraumbezogenen Auslöser oder



einen zeitpunktbezogenen Auslöser mit strengeren Maßstäben

nachgekommen werden.1547

In der Diskussion um die Reform der Insolvenztatbestände standen die prospektiven Auslösemechanismen im Mittelpunkt der Betrachtungen, die schließlich auch als Insolvenztatbestände übernommen worden sind.1548 In den vorhergehenden Ausführungen wurde dargelegt, daß sich die Auslösekriterien der Insolvenzordnung für die Einleitung eines Sanierungsverfahren als ungeeignet erweisen. Insbesondere vermag die rechtspolitische Wirksamkeit des neuen Überschuldungstatbestandes nicht zu überzeugen. Problematisch erscheint insbesondere die zu große Bewer­ tungsdifferenz im Überschuldungsstatus zwischen den Fortführungs- und Liquida­

1544 Vgl. Leffson, U, [Gefährdung der Unternehmung], 1980, S. 643. 1545 Vgl. aK, [Grünbuch], 1996, S. 284. 1546 Insbesondere dann, wenn die grundlegenden Sanierungsmaßnahmen nicht mit entsprechenden Vermögensopfem der an der Untemehmensfortfilhrung interessierten Beteiligten verbunden sind. Vgl. Ulmer, P., [Konkursantragspflicht], 1981, S. 477. 1547 Vgl. Steiner, M., [Insolvenzauslösetatbestände], 1986, S. 421. 1548 Vgl. m.w.N. Steiner, M., [Insolvenzauslösetatbestände], 1986, S. 439.

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tionswerten, die allein auf der Grundlage einer zuweilen sehr fragwürdigen Fortbe­ stehensprognose beruht. Stellt sich die Fortbestehensprognose im nachhinein als falsch heraus, so ist die Vermögenssubstanz zumeist weitgehend aufgezehrt. Gesucht wird daher ein Auslösekriterium, das für alle Beteiligten möglichst widerspruchsfrei, eindeutig erkennbar und bestimmbar ist und zugleich eine Vorverlegung der Insolvenzeröfihung ermöglicht. Da die Insolvenzeröfihung insbesondere dem Schutz der ungesicherten und schlecht informierten Gläubiger dient, muß der gesetzliche Insolvenztatbestand eine untere Sanktionsschwelle einnehmen, jenseits welcher der Schuldner von den ungesicherten Gläubigem keine Zugeständnisse an eine Untemehmensfortführung mehr zu erwarten hat.1549 Im Hinblick auf die unbefriedigende gegenwärtige Insolvenzpraxis ist der Ausbau der prognostischen Elemente in der Insolvenzordnung wenig erfolgversprechend. Deshalb muß auch auf einen Vorteilhaftigkeitsvergleich zwischen Fortführungs- und Liquidationswert verzichtet werden. Benötigt wird ein zeitpunktbezogener, mit strengen Maßstäben belegter Insolvenztatbestand. Eine modifizierte bilanzielle Überschuldung als Auslösekriterium erscheint hierbei besonders erfolgversprechend.1550 Dieser Tatbestand kann den etwas unscharf gefaßten Begriff der „drohenden Überschuldung“, der bereits im zweiten Teil unter Kapitel A.IL3.C. gefordert worden ist, enger umreißen. Mit dem Anknüpfen dieses Tatbestandes an die Rechnungslegungsvorschriften könnte - wenn auch mit Modifikationen versehen - der höchste Grad an Objektivierbarkeit erreicht werden.1551 Die bilanzielle Überschuldung erweist sich in der Praxis als Zwischen­ stufe zwischen den gesetzlichen Benachrichtigungspflichten nach § 49 Abs. 3 GmbHG und § 92 Abs. 1 AktG und einer Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinne und dürfte deshalb auch zu einer Vorverlagerung der Antragstellung führen.1552 Zudem erscheint ein präzise quantifizierbarer Kapitalverlust als Auslösekriterium für eine Insolvenz im Hinblick auf die Manipulationsarmut und die Justitiabilität unter den bisher vorgeschlagenen Überschuldungstatbeständen am besten geeignet zu sein.1553

Während es den Gesellschaftern obliegt, das Unternehmen mit einer den wirtschaft­ lichen Erfordernissen angepaßten Kapitalausstattung zu versorgen, und der

1549 Vgl. Drukarczyk, J., [Unternehmen], 1987, S. 71. 1550 In dieser Richtung auch Drukarczyk, J„ [Auslösung], 1981, S. 248. 1551 Vgl. Drukarczyk, J., [Kapitalerhaltungsrecht], 1994, S. 1744 und Steiner, M., [Insolvenzauslöse­ tatbestände], 1986, S. 440. 1552 Vgl. Schedlbauer, H., [Insolvenzprüfungen], 1984, S. 2208. 1553 So auch Drukarczyk, J., [Überschuldung], 1986, S. 230 und Steiner, M„ [Insolvenzauslöse­ tatbestände], 1986, S. 439.

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Gesetzgeber einer Mißbilligung der nunmehr eingetretenen Kapitalstruktur durch eine Anzeigepflicht nach § 49 Abs. 3 GmbHG und § 92 Abs. 1 AktG Rechnung trägt, sind die Gläubiger ab dem Zeitpunkt zu schützen, in dem eine nachhaltige Änderung ihrer wirtschaftlichen Risiken eintritt. Wenn man das Eigenkapital als „...Pufferzone zwischen den normalen wirtschaftlichen Risiken eines Unternehmens und dem Eintritt der Überschuldung...“1554 interpretiert, stellt der Ausweis eines nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrages ein signifikantes Zeichen einer „drohenden Überschuldung“ dar. Die bilanzielle Überschuldung läßt zwar noch keine zwingende Schlußfolgerung auf eine Überschuldung im herkömmlichen Sinne oder auf eine Zahlungsunfähigkeit zu, kann aber als starkes Indiz über eine anhaltende Unternehmenskrise gewertet werden.1555 Untersuchungen der Deutschen Bundesbank ergaben, daß bei 41% der insolvent gewordenen Unternehmen im letzten verfügbaren Jahresabschluß vor der Insolvenz das Eigenkapital durch Verluste bereits aufgezehrt war und das Unternehmen buchmäßig überschuldet Zu Recht weist Wöhe darauf hin, daß die handelsrechtliche Rechnungslegung von dem Prinzip der kaufmännischen Vorsicht beherrscht wird und den Interessen der Gläubiger dient.1557 Insbesondere können die Bewertungsregeln des § 253 HGB unter Beachtung des Fortführungsgrundsatzes nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB als eine Annäherung an die Verkehrswerte aufgefaßt werden. Dies gilt in besonderem Maße für die Wertuntergrenze. Die planmäßigen und außerplanmäßigen Abschreibungen dienen neben der periodengerechten Gewinnermittlung über die Nutzungsdauer auch der Darstellung der fortschreitenden bzw. unerwartet eingetretenen Wertminderung.1558 Darüber hinaus bietet die Handelsbilanz den Vorzug, den subjektiven Bewertungsspielraum des Schuldners durch ein anerkanntes und eingespieltes Ansatz- und Bewertungssystem einzuschränken.1559 Die Rechtsun­ sicherheit bei der Bestimmung der Überschuldung könnte erheblich reduziert werden, da der Bilanzzweck auf eine Vermögensübersicht ausgerichtet ist.1560 Das Kriterium der Überschuldung wäre für die Gläubiger erkennbar und zugleich für das Insolvenzgericht nachprüfbar.1561 Gleichzeitig würden dem gesellschaftsrechtlichen

Lutter, M.; Hommelhoff, P.; Timm, W., [Finanzierungsmaßnahmen], 1980, S. 739. So auch Rütschi, K. A., [Untemehmenskrisen], 1989, S. 54. Vgl. Deutsche Bundesbank (Hrsg,), [Monatsbericht], 1992, S. 34. Vgl. Wöhe, G„ [Bilanzierung], 1992, S. 356. Vgl. Adler, H;Düring, W.;Schmaltz, K., [Kommentar] § 253, Rn. 294. Vgl. Drukarczyk, J„ [Überschuldung], 1986, S. 230 und ders., [Unternehmen], 1987, S. 97. Vgl. Meyer-Cording, U., [Eröffhungstatbestände], 1989, S. 487 und Scholz, F.;Schmidt, K., [Kommentar], § 63, Rz. 14. 1561 Vgl. Drukarczyk, J„ [Überschuldung], 1986, S. 232. 1554 1555 1556 1557 1558 1559 1560

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Gläubigerschutz - der Überschuldungsfeststellung als auch der Pflicht zur Verlustanzeige nach § 49 Abs. 3 GmbHG und § 92 Abs. 1 AktG - einheitliche Ansatz- und Bewertungsvorschriften zugrunde liegen.1562 Der Gesetzgeber ist bei den Insolvenztatbeständen auf halbem Wege stehengeblieben, da er die gesetzlich verankerte Pflicht zur Anzeige bei einem Verlust des halben Stamm- oder Grundkapitals nicht zur untemehmensextemen Insolvenzauslösung bei einem Verlust des gesamten Stamm- oder Grundkapitals ausgebaut hat. Die Überschul­ dungsprüfung würde sich damit nahtlos in das gesetzliche System der Vermö­ gensinsuffizienz einfugen. Zugleich wäre eine Überschuldung ausgeschlossen, ohne daß ein Verlust in Höhe der Hälfte des Stamm- oder Grundkapital vorliegt.1563

Als Ansatz- und Bewertungsgrundlage zur Messung der Überschuldung dient die Handelsbilanz.1564 Die Ermittlung eines zeitraumbezogenen Schuldendeckungs­ potentials im Fortfiihrungsfall erfordert eine dynamische Betrachtung des Unter­ nehmens. Aus diesem Grund ist im ersten Schritt zunächst eine periodengerechte Erfolgsabgrenzung vorzunehmen, d.h. Vermögenswerte und Schulden sind der richtigen Periode zuzuordnen. So wären bspw. Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebes zu aktivieren, Teilgewinne nach dem Leistungsfortschritt zu realisieren, Verlustvorträge zu aktivieren oder Aufwands­ rückstellungen nach § 249 Abs. 2 HGB zu bilden. Zur Verbesserung der Aussagefähigkeit sind im zweiten Schritt die stillen Lasten und Reserven erfolgs­ neutral unter Bildung einer der Ausschüttungssperre unterliegenden Kapitalrücklage für Bewertungsdifferenzen aufzulösen bzw. zuzuführen.1565 Auch bei einer derartigen Bewertungskonzeption ist zu beachten, daß die Wertfindung einen erheblichen Ermessensspielraum und damit ein Prognoseproblem in sich birgt. Das Problem der Quantifizierung, z.B. bei Grundstücken oder gebrauchten Anlagegütem, kann dadurch eingedämmt werden, daß die Auflösung stiller Reserven auf die Aktiva beschränkt wird, bei denen ein hinreichend gesicherter Marktwert vorliegt.1566 Der Ausweitung des handelsrechtlichen Mengengerüstes sind darüber hinaus sehr enge Grenzen gesetzt. So ist die „Materialisierung“ selbst geschaffener immaterieller, vom originären Firmenwert unterscheidbare Werte, nur dann zulässig,

1562 Vgl. Drukarczyk, J., [Unternehmen], 1987, S. 96 und Kölner Kommentar, [Kommentar], § 92, Rz. 31. A.A. Schedlbauer, H., [Insolvenzprüfungen], 1984, S. 2207, da die Verlustanzeige in erster Linie an die Gesellschafter gerichtet ist, wogegen die Feststellung einer Überschuldung vornehmlich dem Schutz der Gläubiger dient. 1563 Vgl. Förschle, G.;Kofahl, G; [Überschuldungsstatus], 1994, Rdn. 102. 1564 So auch Drukarczyk, J., [Unternehmen], 1987, S. 96. 1565 Vgl. Küting, K; Weber, C.-P„ [Rechnungslegung], § 253, Tz. 8. 1566 Vgl. Moxter , A.,[Gewinnermittlung], 1982, S. 106-107 und Wolf, T., [Überschuldungssstatus], 1995, S. 862.

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wenn diese Werte durch ein konkretes Kaufangebot unterlegt sind. Der problema­ tische Bewertungsspielraum im Insolvenzstatus bei positiver Fortbestehensprognose würde damit entscheidend eingeschränkt werden.1567 Dadurch wäre dem Rechtschutzbedürfhis der Gläubiger und dem Ziel einer Vorverlegung der Insolvenzeröfihung in genügendem Umfang Rechnung getragen. Trotz der methodisch angreifbaren Substanzbetrachtung spiegeln die modifizierten Fortführungswerte der Handelsbilanz den Untemehmenswert aus Sicht der Gläubiger in der Unternehmenskrise am besten wider, da ohnehin nur noch in Ausnahmefällen dem Unternehmen ein positiver Firmenwert beizumessen sein dürfte.1568 Gleichfalls erscheinen die Substanzwerte als Korrelat unsicherer Erwartungen über den Zukunftserfolg des notleidenden Unternehmens am besten geeignet, die Gläubiger vor weiteren VermögensVerlusten zu schützen. Darüber hinaus ist ein in dieser Weise ermittelter zeitpunktbezogener Auslösetatbestand für die Mehrzahl der Gläubiger weitgehend interpretationsfrei bestimmbar und damit auch - und das ist in diesem Zusammenhang das wichtigste - sanktionierbar.

IL Ein ökonomisches Modell für die Sanierungs­ bereitschaft der Gläubiger In den vorausgegangenen Ausführungen wurde dargelegt, daß von einer nachhal­ tigen Vorverlegung der Insolvenzeröfihung im neuen Recht nicht ausgegangen werden kann, und daß die Insolvenzordnung keinen über die Kostenbeiträge hinausgehenden Eingriff in das materielle Kreditsicherheitenrecht erlaubt. Den gesicherten Gläubigem kann somit kein Sanierungsopfer auferlegt werden. Hieraus abgeleitet wurde das Problem des Gläubigerkonsenses zur finanziellen Sanierung, das jeder Sanierung im Insolvenzverfahren entgegen stehen dürfte, da die gesicherten Gläubiger nicht bereit sind, sich dem Risiko einer Sanierung zu unterziehen soweit ihre offenen Forderungen durch einen Liquidationserlös abgedeckt sind. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse stellt sich nunmehr die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt eine finanzielle Sanierung durch die Inanspruch­ nahme der Gläubiger überhaupt noch möglich ist.1569

1567 Der „richtige“ Ansatz der Veräußerungswerte bei negativer Fortbestehensprognose stellt, wie bereits ausgeftlhrt, kein praxisrelevantes Problem dar. 1568 A.A. Klar, M., [Überschuldungstatbestand], 1990, S. 2079 und Stüdemann, K, [100 Jahre KO], 1977, S. 424. 1569 Ausgeklammert bleibt hierbei die Zuzahlungssanierung der bisherigen Gesellschafter sowie eine Kapitalerhöhung, da diese Sanierungsmaßnahmen im Vorfeld der Insolvenz zumeist ausgeschöpft

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In dem vorliegenden eindimensionalen Modell, das wiederum nur qualitativ und nicht quantitativ verstanden werden darf, soll der spätest mögliche Sanierungszeit­ punkt aus Sicht der Gläubiger dargestellt werden. Soweit eine Insolvenzeröffhung bis zu diesem Zeitpunkt erfolgt, stellt die Untemehmenssanierung zur Zerschlagung eine gleichwertige Verwertungsaltemative dar. Wenn dieser Zeitpunkt bei der Verfahrenseröffhung überschritten ist, rücken die Sanierungsaussichten aufgrund den vorgenannten Gründen in weite Feme, es bleibt die Zerschlagung. In dem Modell sind die Kosten der beiden Verwertungsaltemativen - Sanierung oder Liquidation - auf der Ordinate in Abhängigkeit der Insolvenzwahrschein­ lichkeit dargestellt. Eine Sanierung im Insolvenzverfahren ist bei ganzheitlicher Betrachtungsweise dann nicht mehr mehrheitsfähig, wenn der gesamte Sanierungs­ verlust S(t) Gesamt, d.h. die Vermögensopfer der Gläubiger für eine Sanierung, den gesamten Desinvestitionsverlust D(t) Gesamt, dem Liquidationsverlust bei der VermögensVerwertung, übersteigt. Die Vorschriften des Minderheitenschutzes nach § 251 InsO setzen hier eine rechtlich erzwingbare Grenze. Dieser Schnittpunkt markiert den spätest mögliche Sanierungszeitpunkt aus Sicht der Gläubiger. In dem Modell wird unterstellt, daß der Barwert der zukünftigen Zins- und Tilgungsraten einer Altemativanlage keinen signifikanten Unterschied zum Barwert bei einer erfolgsversprechenden Sanierung aufweist und damit in der vorliegenden Entschei­ dung vernachlässigt werden kann.

oder nicht mehr gangbar sind. Vgl. hierzu auch die Übersicht der fmaziellen Sanierungsmaßnahmen bei Vormbaum, H., [Finanzierung], 1995, S. 535.

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S, D, Q

P(tkrit)

Abbildung 4: Der spätest mögliche Sanierungszeitpunkt aus Sicht der Gläubiger

Die auf der Ordinate abgetragene Schuldendeckungsquote Q(t) in der Untemeh­ menskrise verläuft gleich wie in dem ersten Modell degressiv fallend.1570 Auf der Abszisse ist entsprechend der vorhergehenden Überlegungen die Insolvenzwahr­ scheinlichkeit p(t) qualitativ abgetragen. Somit ist die Grundstruktur mit dem vorhergehenden Modell identisch.

Der Desinvestitionsverlust D(t) GeSamt kn Falle der Liquidation setzt sich aus dem Forderungsausfall, den Feststellungs- und Verwertungskosten sowie den allgemeinen Kosten des Insolvenzverfahrens zusammen. Da die Kosten des Insolvenzverfahrens sowohl im Falle der Liquidation als auch der Sanierung in

1570 Vgl. hierzu das ökonomische Entscheidungsmodell im Zweiten Teil unter B. II. 2.

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ungefähr gleicher Höhe anfallen, beeinflussen sie die Verwertungsentscheidung nicht und können daher filr eine Vorteilhaftigkeitsentscheidung vemachläßigt werden.1571 Für die Kosten der Feststellung und Verwertung der Sicherheitenrechte zuzüglich Umsatzsteuer seitens des Insolvenzverwalters müssen die Mobiliar­ gläubiger aufkommen, soweit diese Kosten nicht durch eine entsprechende Übersicherung abgedeckt werden konnten. In dem Modell werden diese Kosten mit D(t) Sicherheiten bezeichnet. Der Verlauf von D(t) Sicherheiten wird als konstant ange­ nommen. Im Liquidationsfall kommt dem Forderungsausfall als der Differenz zwischen dem Nominalbetrag der noch offenen Forderung und dem anteiligen Verwertungserlös vom Betrag her die größte Bedeutung zu. Dieser Forderungs­ ausfall wird mit D(t) Forderungen bezeichnet. Da die Schuldendeckungsquote den Vermögensverzehr zu Einzelliquidationswerten abbildet, verläuft D(t) Forderungen spiegelbildlich zur Schuldendeckungsquote Q(t). Der im Rahmen einer Sanierung anfallende Sanierungsverlust setzt sich aus zwei Komponenten zusammen, dem zu leistenden Forderungsverzicht S(t) Forderungen zur Beseitigung der Überschuldung sowie dem potentiellen Ausfall der neuen Sanierungskredite S(t) Kredit zur Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit sowie zur Durchführung der im Sanierungskonzept vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen. Aufgrund des gesetzlichen Minderheitenschutzes im Insolvenzverfahren werden die Gläubiger nur auf den Teil ihrer Forderung verzichten, den sie bei einer Regelab­ wicklung im Falle der Zerschlagung ohnehin verlieren würden.1572 Dies entspricht aufgrund der zu vemachlässigbaren Quote zumeist dem ungesicherten Teil der Forderung. Somit markiert der hypothetische Zerschlagungsfall die Obergrenze des durchsetzbaren Forderungsverzichtes S(t) Forderungen- Der potentielle Ausfall des Sanierungskredites ergibt sich aus der Höhe des ungesicherten Teils bewertet mit der erneuten Insolvenzwahrscheinlichkeit des zu sanierenden Unternehmens. Wie bereits ausgeführt, kann der Sanierungskredit i.d.R. nur mit der noch vorhandenen freien Masse gesichert werden, da Drittsicherheiten meist nicht zur Verfügung stehen. In dem Maße, in dem sich der Vermögensverzehr der mit Sicherheiten belastete Masse nähert, schwinden auch die Möglichkeiten für die Absicherung eines Sanierungskredites. Zugleich sinkt die Bereitschaft der Kreditinstitute, weitere Kredite zur Verfügung zu stellen, soweit eine Rückzahlung nicht als hinreichend gesichert erscheint. Ferner wird die plausible Annahme zugrunde gelegt, daß sowohl

1571 Die Verfahrenskosten im amerikanischen Recht im Planverfahren betragen ungefähr 3% der Bilanssumme. Vgl. Drukarczyk, J., [Verwertungsformen], 1995, S. 49. 1572 A.A. Hohloch: Die Sanierung folgt eigenen Gesetzen; sie verdrängt daher ein Liquidationsverfahren, so daß eine Bezugnahme zum Liquidationswert unangebracht erscheint. Hohloch, G., [Sanierungs­ verfahren], 1982, S. 1038.

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die erneute Insolvenzwahrscheinlichkeit als auch der Finanzbedarf mit fortschrei­ tendem Krisenstadium progressiv steigt. Insgesamt steigt damit der voraussichtliche Sanierungsverlust S(t) Kredit hn Zeitablauf überproportional an. Der ohnehin kaum exakt zu quantifizierende Sanierungsmehrwert wird nicht als eine den Sanierungsverlust mindernde Größe in das Modell mit einbezogen. Eine Einbeziehung wäre für die Kreditinstitute problematisch, da sie im Falle eines Scheiterns der Sanierung schlechter dastehen würden als bei einer Liquidation.

Dem finanziellen Engagement der Banken sind in der Sanierung dadurch Grenzen gesetzt, daß die Organe der Kreditinstitute kaum auf besicherte Kredite verzichten und ungesicherte Sanierungskredite nicht gewähren können, da sie sich sonst dem Straftatbestand der Untreue aussetzen würden. Hinzu kommt, daß das Ausfallrisiko eines risikobehafteten Sanierungskredites nur teilweise mit einem höheren Zinssatz auf den Schuldner verlagert werden kann.1573 Eine übermäßige Finanzbelastung würde zugleich den Grundstein ftlr die nächste Insolvenz legen. Gleichfalls schafft eine Erhöhung der Zinssätze die relative Attraktivität für riskantere Investitions­ projekte.1574 Die gesicherten Warengläubiger verzichten ebenfalls nur auf den ungesicherten Teil ihrer Forderungen, gewähren aber darüber hinaus keinen Sanierungskredit. Insgesamt entspricht damit der gesamte Forderungsverzicht der Gläubiger im Sanierungsfall annäherungsweise dem Forderungsverlust im Liquidationsfall. Es gilt daher. S(t) Forderungen — D(t) Forderungen.

Im Ergebnis kann folgendes festgestellt werden: Da den ungesicherten Gläubigem mangels Sicherheitenverwertung keine zusätzlichen Kosten entstehen und der gesamte Desinvestitionsverlust in etwa ihrem Sanierungsbeitrag entspricht, stehen diese der Verwertungsentscheidung indifferent gegenüber. Somit wären die ungesicherten Gläubiger mangels wirtschaftlicher Vor- oder Nachteile zu jedem Zeitpunkt zur Sanierung bereit. Differenzierter stellt sich hingegen die Situation bei den gesicherten Gläubigem dar. Diesen wird im Liquidationsfall für die Feststellung und Verwertung ihrer Sicherungsgüter ein Kostenbeitrag D(t) Sicherheiten auferlegt, der im Sanierungsfall vollständig entfallen würde. Allerdings übersteigt aufgrund der vorhergehenden Überlegungen der Ausfall eines Sanierungskredites S(t) Kredit in1 Sanierungsfall den Kostenbeitrag D(t) Sicherheiten bereits nach kurzer Zeit. Spätestens ab diesem Zeitpunkt t knt gestaltet sich die Sanierung für die Kreditinstitute unvorteilhaft. Unbeachtlich

1573 Empirische Untersuchen ergeben, daß die Hälfte der Kreditinstitute Ausfallrisiken mit Risiko­ prämien zu kompensieren versucht. Vgl. Drukarczyk, J; Duttle, J.; Rieger, R, [Mobiliarsicher­ heiten], 1985, S. 121-122. 1574 Vgl. Dorndorf E.; Frank, J„ [Mobiliarsicherheiten], 1985, S. 73.

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der genauen Quantifizierung wird in dem Modell deutlich, daß das Ende einer Sanierungsmöglichkeit bereits vor der drohenden Zahlungsunfähigkeit liegen kann. Diese Erkennntis deckt sich mit den Ergebnissen des vorangegangenen Modells insofern, als die ungesicherten Gläubiger einer Insolvenzeröffhung zu diesem Zeitpunkt zustimmen würden, weil nur mit einer Sanierung ihre aus Liquiditäts­ gesichtspunkten fast wertlosen Forderungen aufgewertet werden könnten. Eine Antragstellung zu diesem frühen Zeitpunkt ist nach der Insolvenzordnung allerdings noch nicht möglich.

Somit stellt sich die Frage, inwieweit eine Sanierung im Insolvenzverfahren mit den gegenwärtigen Auslösekriterien überhaupt noch möglich ist. Die Überlegungen zum Sanierungszeitpunkt zeigen, daß es wenig erfolgversprechend ist, in einem einheitlichen Verfahren zwei gegensätzliche Verfahrensziele bei gleichen Auslösetatbeständen und damit gleichen Insolvenzzeitpunkten aufzunehmen, da eine Untemehmenssanierung anderer Voraussetzungen bedarf als eine Liquidation.1575 Auch wenn der Schuldner bereits zum Zeitpunkt der drohenden Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag stellt, kann bereits der erforderliche Sanierungsbeitrag den Desinvestitionsverlust übersteigen und damit den notwendigen Gläubigerkonsens blockieren.

Insgesamt stellen die unsicheren Sanierungsaussichten im neuen Recht trotz des sanierungsrechtlichen Instrumentariums keinen starken Anreiz für den Schuldner dar, sich frühzeitig einem gerichtlichen Sanierungsverfahren zu unterziehen. Als wesentlich ausichtsreichere Alternative bleibt dem Schuldner eine außergerichtliche Sanierung im Vorfeld der Insolvenz. So erscheint es für den Schuldner in vielen Fällen u.U. sinnvoller, eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigem im Vorfeld der Insolvenz anzustrengen.

1575 In dieser Richtung auch Grunsky, W., [Untemehmenssanierung], 1982, S. 779.

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IIL Die freie Sanierung Die Möglichkeit der Untemehmenssanierung im Insolvenzverfahren darf nicht zu dem Schluß führen, andere Sanierungsmethoden ersatzlos zu verdrängen. Daher ist „...allen Versuchen, die „Flucht“ in die freie Sanierung zu diskreditieren, mit Entschiedenheit entgegenzutreten.“1576 Ein Insolvenzrecht sollte neben der optimalen VermögensVerwertung im eröffneten Verfahren auch der Insolvenz­ verhütung dienen.1577 Festzustellen ist, daß dem Schutz der Gläubiger regelmäßig am besten dadurch entsprochen wird, daß notwendige Sanierungsmaßnahmen frühzeitig durch eine freie Sanierung eingeleitet werden.1578 Der beste Insolvenz­ schutz ist eine Sanierung des in die Krise geratenen Unternehmens im Vorfeld der Insolvenzeröflhung.1579

Empirische Untersuchungen ergaben, daß die geringe Sanierungsquote im Insolvenzverfahren vornehmlich auf die späte Antragstellung sowie auf gescheiterte, außergerichtliche Sanierungsbemühungen im Vorfeld der Insolvenz zurückzufuhren ist.1580 Dem Schuldner ist daher bereits im Vorfeld der Insolvenz ein rechtliches und administratives Instrumentarium für eine außergerichtliche Sanierung ohne die disziplinierende Wirkung eines insolvenzrechtlichen Verfahrens zur Verfügung zu stellen.1581

Unter freier Sanierung sind alle Sanierungsversuche außerhalb eines Insolvenz­ verfahrens zu subsumieren. Die freie Sanierung beruht auf der Freiwilligkeit und diese auf der wirtschaftlichen Einsicht der Gläubiger, die drohende Illiquidität und Verluste wegen anhaltender negativer Rentabilität des Schuldners außergerichtlich zu beseitigen.1582 Statt von einer insolvenzverfahrensfreien Sanierung zu sprechen, ist es zweckmäßiger, im folgenden kurz den Begriff der „freien Sanierung“ zu gebrauchen. Eine freie Sanierung bietet eine im Vergleich zum gerichtlichen Sanierungsverfahren zumeist kostengünstigere, schnellerer und flexiblere Hand­

1576 Schmidt, K, [Gutachten], 1982, S. 103. 1577 Vgl. Albach, H., [Insolvenzen], 1984, S. 780; Drukarzcyk, J., [Insolvenzrecht], 1988, S. 15 und Gessner, K u.a., [Konkursabwicklung], 1978, S. 544. 1578 Vgl. Schedlbauer, H., [Insolvenzprüfungen], 1984, S. 2210. 1579 Vgl. Arnold, H., [Reorganisationsverfahren], 1986, S. 396. 1580 Vgl. Hesselmann, S; Stefan, U., [Empirische Ergebnisse], 1990, S. 88 und Mönning, R.-D., [Betriebsfortfilhrung], 1997, S. 260. 1581 Vgl. Drukarczyk, J., [Überschuldung], 1986, S. 233, Schmidt, K, [Gutachten], 1982, S. 103 und Stümer, R., [Sanierung], 1982, S. 763, die ebenfalls eine freie Sanierung vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens durch stützende Maßnahmen fordern. 1582 Vgl. Künne, K, [Vergleichsordnung], 1968, S. 38.

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habung.1583 Sie ist einer gerichtlichen Sanierung, die sich vor den Augen der Öffentlichkeit abspielt, zweifellos überlegen.1584

1. Die ökonomische Notwendigkeit einer freien Sanierung Die Zerschlagungsautomatik eines Konkursantrages im alten Recht ist nach den bisherigen Erfahrungen geradezu unausweichlich.1585 Auch das reformierte Insolvenzrecht gibt derzeit noch keinen Anlaß, von einer wesentlichen Verbesserung der Sanierungschancen auszugehen.1586 Die Insolvenzordnung bettet die Sanierung in das Prokrustes-Bett zu starrer, rechtsmittelbehafteter Verfahrensschritte ein, die von so vielen prognostischen Elementen geprägt sind, daß das Gelingen der Sanierung mehr ein Zufallsergebnis wird. Dies hängt damit zusammen, daß der Gesetzgeber den am Insolvenzverfahren Beteiligten in dem zuweilen sehr theoretisch konstruierten Verfahren viel zu sehr eine konstruktive Zusammenarbeit und uneigennütziges Verhalten unterstellt.1587 In der Praxis verfolgen die Gläubiger ausschließlich ihre wirtschaftlichen Eigeninteressen. Es bleibt daher zu befürchten, daß die heterogene Gläubigergruppen unvernünftige wirtschaftliche Mehrheits­ entscheidungen herbei fuhren werden. Ferner kann die weitgehende Verrechtlichung wirtschaftlicher Sachverhalte im Insolvenzplanverfahren zu einem Erlahmen des Verfahrens fuhren.1588 Die Hauptkritik richtet sich jedoch dagegen, daß die Sanierung in Rahmen eines Insolvenzverfahrens zu spät einsetzt und die Insol­ venzordnung diesen schlechten Ausgangspunkt durch sanierungsfördemde gesetzliche Vorschriften, z.B. im Arbeitsrecht, nicht mehr auszugleichen vermag. Für die Masse aller Insolvenzfälle ist daher durch das neue Recht keine Änderung im Ergebnis zu erwarten.1589

Es bleibt zu befurchten, daß die Antragstellung im neuen Recht wiederum als gescheiterte außergerichtliche Sanierung zu werten ist. Die Insolvenzpraxis zeigt, daß die Sanierungsbemühungen im eröffneten Verfahren meist vergeblich sind, wenn die Gläubiger ihre Sicherungsrechte geltend machen und die Zerschlagungs­

1583 Vgl. Böckenförde, B., [Untemehmenssanierung], 1996, S. 173 und Schröter, J.;Weber, A., [Sanie­ rungsverfahren], 1982, S. 1024. 1584 Nach h.M. wird eine stille Sanierung als beste Lösung angesehen. Vgl. Schröter, J.; Weber, A., [Sanierungsverfahren], 1982, S. 1024 und Thießen, F, [Covenants], 1996, S. 19. 1585 Vgl. Stüdemann, K., [Haftung], 1978, S. 414. 1586 Vgl. insbesondere Baur, F, [Insolvenzrecht], 1982, S. 577. 1587 Vgl. Stüdemann, K., [Fortführung], 1995, S. 2. 1588 Vgl. Uhlenbruck, W. u.a., [Übeijustizialisierung], 1992, S. 1736. 1589 Vgl. Stümer, R., [Sanierung], 1982, S. 762.

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maschinelle in Gang setzen.1590 Wer bei einer sofortigen Liquidation seinen Kredit zuzüglich Zinsen sofort zurückerhält, dürfte das Risiko scheuen, Gläubiger eines noch zu sanierenden Unternehmens zu bleiben, dessen Zukunft höchst ungewiß ist. Emst Jaegers Feststellung zur Antragspflicht wird voraussichtlich weiterhin ihre Gültigkeit behalten: „Gedacht als Maßnahme zum Schutz der Gläubiger...wirkt sie sich nur allzuoft zum Unsegen derer aus, die sie schützen sollte. Sie vereitelt Sanierungen und fordert den Zusammenbruch.“1591 Eine Sanierung muß deshalb einsetzen, bevor ein Insolvenztatbestand vorliegt und der Schuldner das Vertrauen der Gläubiger bereits verspielt hat.1592 So finden in ungefähr der Hälfte aller Insolvenzfälle bereits im Vorfeld der Insolvenzeröfihung Verhandlungen zwischen Schuldner und Gläubigem statt, die die Abwendung der Insolvenz zum Ziel haben.1593 Wegen der mit jeder Insolvenz verbundenen Wertezerschlagung sowie der hohen Sozialbelastung sind Sanierungsversuche im Vorfeld der Insolvenz aus ökono­ mischer Sicht insgesamt zu befürworten.1594 Dabei können die Vorteile der fehlenden Publizität, des formlosen Einigungsverfahrens sowie des frühen Verhandlungszeitpunktes genutzt werden.1595 Mit der Insolvenzeröfihung werden der Ruf und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit im Mitleidenschaft gezogen. Zahlreiche Insolvenzen der letzten Jahre haben gezeigt, daß die Publizität zu einem nicht unerheblichen Vertrauensschwund vor allem bei den Lieferanten und Abnehmern führt.1596 Nach dem Bekanntwerden der Insolvenz werden häufig Lieferungen und Leistungen mangelhaft sowie fällige Zahlungen verweigert oder zumindestens verzögert.1597 Auch dürften die Verfahrenskosten geringer ausfallen

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Vgl. Baur, F, [Insolvenzrecht], 1982, S. 578. Jaeger, E„ [Konkursrecht], 1932, S. 169. So auch Kilger, J, [Reorganisationsverfahren], 1982, S. 780. Vgl. Franke, G., [ökonomische Überlegungen], 1983, S. 43; Gessner, V. u.a., [Konkurs­ abwicklung], 1978, S. 261 und Paulus, C., [Insolvenzrechtsreform], 1985, S. 1457. Vgl. Uhlenbruck, W., [Sanierungsbemühungen], 1980, S. 75. Die ökonomische Legitimation eines Sanierungsverfahren findet keine Stütze in allgemein anerkannter und verbreiteter wirtschafts­ wissenschaftlicher Erkenntnis. Jedoch kann eine Notwendigkeit aus dem sozialen Konflikt, der in der Insolvenz losbricht, abgeleitet werden, um die Gegensätze der Beteiligten in einem geregelten Prozeß auszutragen und zu einem rechtsgültigen Abschluß zu bringen. Vgl. Flessner, A., [Sanierungsverfahren], 1981, S. 1284-1285. Ähnlich dazu auch Schmidt, K, [Gutachten], 1982, S. 26-27. Vgl. Balz, M., [Reform], 1983, S. 1156; Heinzmann, F, [Kapitalverhältnisse], 1992, S. 55; Lauer, J., [Kreditmanagement], 1994, S. 199 und Uhlenbruck, W., [Sanierung], 1981, S. 516. Vgl. Uhlenbruck, W., [Untemehmenskrisen], 1983, S. 1488. Vgl. Neuhof, R., [Sanierungsrisiken], 1998, S. 3225.

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als bei einer gerichtlichen Sanierung.1598 Obendrein dürfte der Versuch einer freien Sanierung in der Unternehmenskrise den Grundregeln der kaufmännischen Vernunft entsprechen. Insofern besteht ftlr den Schuldner kein Anlaß, die Sanierung des Unternehmens aufzuschieben und in die Hände des Insolvenzverwalters zu legen. Treffend hierzu Schäfer: „...ehe es zu dieser äußersten Konsequenz kommt, wird man versuchen, das Unternehmen aus dem Krisenzustand herauszufilhren, sofern weitere positive Entwicklungsmöglichkeiten erkennbar sind.“1599 Bereits die organschaftliche Pflicht des Schuldner erfordert es, die wirtschaftliche Lage fortlaufend zu überwachen und rechtzeitig sowie energisch Sanierungsmaßnahmen einzuleiten.1600 Der Vorteil der außergerichtlichen Sanierung liegt darin, daß der Schuldner nicht mehr warten muß, bis ein Eröfihungsgrund vorliegt.1601 Um diesen Vorteil zu nutzen, muß der Schuldner bei der Einleitung einer freien Sanierung bereits ein Sanierungskonzept vorlegen können.1602 Dieses Konzept kann nach Prüfung und Zustimmung der Gläubiger ohne weiteren verfahrensrechtlichen Zeitverlust umgesetzt werden. Insgesamt erscheint eine freie Sanierung als komplementäres Element zu einem rechtsförmlichen Insolvenzverfahren sinnvoll, da viele sanie­ rungshemmenden Elemente teilweise entfallen.1603 Die latente Gefahr, daß ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden müßte, weil sich die Beteiligten nicht einig werden, könnte einen wirksamen Druck auf die Bereitschaft ausüben, den außergerichtlichen Einigungsprozeß voranzutreiben.1604 Insgesamt dürfte das Vorhaben eines Schuldners, seine Schuldverhältnisse freiwillig auf außergericht­ lichem Wege zu bereinigen, bei den Gläubigem auf größeres Entgegenkommen stoßen. Dies hängt auch in starkem Maße von der Persönlichkeits- und Überzeu­ gungsleistung des Schuldners oder eines hinzugezogenen Sanierers ab.1605

1598 Vgl. Franke, G., [ökonomische Überlegungen], 1983, S. 55 und Lauer, J., [Kreditmanagement], 1994, S. 199. 1599 Schäfer, E„ [Unternehmung], 1980, S. 297. 1600 Die gesellschaftsrechtliche Pflicht ergibt sich bei der GmbH aus § 43 GmbHG und bei der AG aus § 93 Abs. 2 Satz 1 AktG. Vgl. Maus, K.-H., [Insolvenzrechts-Handbuch], 1990, S. 66; Schmidt, K., [Konkursantragspflichten], 1978, S. 663; ders., [Gutachten], 1982, S. 122; Uhlenbruck, W., [Gläubigerberatung], 1983, S. 6 und ders., [Recht I], 1995, S. 86. 1601 Vgl. Schulze, R, [Insolvenzbewältigung], 1983, S. 41-42. 1602 Vgl. Schulze, R., [Insolvenzbewältigung], 1983, S. 42 -43. 1603 Vgl. Flessner, A., [Sanierungsverfahren], 1981, S. 1286. 1604 Eine positive Fortbestehensprognose könnte bei einem gescheiterten Sanierungsversuch nicht mehr lange aufrecht erhalten werden, so daß eine Überschuldung anhand von Liquidationswerten zu prüfen wäre. Ähnlich dazu Kilger, J., [Reorganisationsverfahren], 1982, S. 782. 1605 In dieser Richtung auch Flessa, R., [Sanierung], 1990, S. 76-77.

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Die Notwendigkeit einer freien Sanierung ist somit sowohl aus ökonomischer wie auch aus untemehmensrechtlicher Sicht begründbar. Es erscheint daher unver­ ständlich, daß der Gesetzgeber angesichts der Quotenarmut - oder besser Quotenlosigkeit - erfolgreicher Vergleichsverfahren der außergerichtlichen Sanierung im Rahmen der Insolvenzrechtsreform so wenig Bedeutung beigemessen hat.

2. Der Sanierungszeitpunkt Der weit fortgeschrittene Vermögensverzehr zum Zeitpunkt der Insolvenzeröflhung ist in der Insolvenzpraxis ein entscheidendes Sanierungshemmnis.1606 Wie die vorangegangenen Ausführungen gezeigt haben, bleibt auch im neuen Recht in den meisten Fällen zu befürchten, daß der spätestmögliche Sanierungszeitpunkt bei der Antragstellung zumeist schon überschritten ist. Der mit der späten Insolvenzeröffhung verbundene Substanz- und Vertrauens vertust kann allein durch die Einleitung einer freien Sanierung im Vorfeld der Insolvenz vermieden werden. Dadurch könnte einem Hauptproblem im Insolvenzverfahren, der (Anschub-) Finanzierung eines Sanierungsverfahrens, wirkungsvoller begegnet werden. Dies wird weniger durch Normen erreicht, die die Einleitung erzwingen, als durch das Eigeninteresse aller Beteiligten, ihre Vermögenspositionen zu verbessern.1607 Ein freies Sanierungsverfahren kann daher allein aus rechtlichen Erwägungen nur vom Schuldner selbst eingeleitet werden. Gegenstand der Selbstprüfung ist insbesondere die Untemehmensfinanzierung. Unklar bleibt hingegen, zu welchem Zeitpunkt der Schuldner eine freie Sanierung einleiten sollte.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist der Sanierungszeitpunkt bereits dann gegeben, wenn das Unternehmen nicht nur vorübergehend außerstande ist, aus dem betrieblichen Leistungsprozeß Einzahlungsüberschüsse aus dem gebundenen Kapital in einer Größenordnung zu erwirtschaften, um betriebsnotwendige Ersatzinvesti­ tionen zu tätigen sowie dem Kapitaldienst, zumindest den Zinszahlungen, nachzukommen. Von diesem Zeitpunkt an zehrt das Unternehmen von seiner Vermögenssubstanz, den stillen Reserven sowie dem buchmäßigen Eigenkapital. Die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit ist nur noch eine Frage der Zeit. Ungeeignet für die Auslösung eines Sanierungsverfahrens erscheinen deshalb die Insolvenztat­ bestände, da sowohl die Überschuldung als auch die (drohende) Zahlungsun­

1606 Die Rechtsprechung hat dazu beigetragen, indem sie den Eröffhungsgrund der Zahlungsunfähigkeit regelmäßig erst dann bejaht, wenn die Masse im Wege der Einzelzwangsvollstreckung restlos ausgezehrt ist. Vgl. Uhlenbruck, W., [Krise], 1975, S. 898. 1607 Vgl. Kilger, J., [Mobiliarsicherheiten], 1976, S. 38.

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Fähigkeit an dem Ergebnis eines kumulierten Rentabilitätsverlustes und nicht bereits an dessen Entstehung anknüpft. Die Bestimmung des Sanierungszeitpunktes knüpft an die Innenfinanzierungskraft aus dem betrieblichen Umsatzprozeß an. Diese Form der Innenfinanzierung als Auslösekriterium weist enge Parallelen zur Definition des Cash-Flows auf.1608 Dient eine neue (Außen-) Finanzierung nur noch der Tilgung alter Verbindlichkeiten oder der reinen Ersatzinvestition ohne gleichzeitig einen Vermögensmehrwert zu schaffen, so ist das Unternehmen im weitesten Sinne zahlungsunfähig, da kein Dritter Fremdkapital zur Verfügung stellt, das nur dazu dient, den vorhandene Bestand an Vermögen zu erhalten und die Verbindlichkeiten zu refinanzieren.1609

Für die Gläubiger besteht mit zunehmendem dynamischen Verschuldungsgrad, dem Verhältnis zwischen Cash-Flow und Verbindlichkeiten, ein erhöhtes Termin- und Ausfallrisiko.1610 Für die ungesicherten Gläubiger besteht in Höhe der Differenz zwischen den zukünftig zu erwirtschaftenden erfolgswirksamen Zahlungs­ mittelüberschüsse und den vorhandenen Verbindlichkeiten ein latentes Ausfallrisiko. Im Insolvenzfall steht ihnen nur ein Zugriff auf den Gegenwert des (noch) vorhandenen Eigenkapital zu. Da der Schuldner seine Verbindlichkeiten mit den durch den Umsatzprozeß freigesetzten und in liquide Form überführten Abschrei­ bungsgegenwerten tilgt, geht auch den substanzgesicherten Mobiliargläubigem im Zeitablauf ihre Sicherheit verloren. Ab diesem Zeitpunkt ist eine untemehmenswerterhaltende Untemehmensstrategie erforderlich. Mit dem Verlust des finanzwirt­ schaftlichen Gleichgewichtes ist das Unternehmen zur Aufrechterhaltung seines status quo auf die Zuführung von Kapital von außen angewiesen, entweder auf dem Wege der Beteiligungs- oder Kreditfinanzierung.1611 Das bedeutet gleichzeitig, daß das Unternehmen von seiner Vermögenssubstanz zehrt.1612 Für die Beurteilung der Frage, welche Mittel dem Unternehmen zur Verfügung stehen, ist eine Prognose des Zahlungsmittelbestandes notwendig. Bei der Ermittlung des betriebsnotwendigen Finanzbedarfs sind die Wettbewerbs- und Marktverhältnisse zu berücksichtigen. So können bspw. kürzer werdende Produkt­ lebenszyklen, höhere Qualitätsanforderungen seitens der Kunden oder die

1608 Vgl. Coenenberg, A., [Jahresabschlußanalyse], 1995, S. 517. 1609 Vgl. Braun, E., [Kreditunwürdigkeit], 1990, S. 558. 1610 Vgl. Schierenbeck, H; Hölscher, R, [BankAssurance], 1998, S. 432-433. Das Verhältnis zwischen dem Cash-Flow und den Verbindlichkeiten wird auch als Tilgungsdauer-Kennzahl bezeichnet. Vgl. Coenenberg, A., [Jahresabschlußanalyse], 1995, S. 534. 1611 Vgl. Schwarzecker, J.; Spandl, F, [Krisenmanagement], 1996, S. 56. 1612 Scheffler spricht in diesem Zusammenhang von einem erhöhten Finanzierungsrisiko. Vgl. Scheffler, £., [Bilanzen], 1993, S. 1574.

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Verschärfung gesetzlicher Auflagen zu einem erhöhten Finanzbedarf führen. Unbe­ achtlich ist dagegen zunächst die Ertragskraft des Unternehmens. Allein ein positiver Jahresüberschuß läßt noch keine Aussage über die Finanzkraft zu. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der ausgewiesene Jahresüberschuß maßgeblich aus nicht zahlungswirksamen Erträgen, wie der Auflösung von Rückstellungen, gespeist worden ist.1613 Andererseits ermöglicht der Ausweis von Ertragspotentialen die Aufnahme von Fremdkapital. Bei der Ermittlung der Innenfinanzierungskraft ist insbesondere auf die Überschußfinanzierung abzustellen. Bewertungsreserven sowie außerordentliche Einflüsse bleiben hierbei außer acht. Der oben beschriebene Cash-Flow weist als Krisenindikator für die Gläubiger besondere Vorzüge auf.1614 Zum einen kann der Cash-Flow für Analysezwecke in angemessener Genauigkeit aus dem Zahlenwerk des Jahresabschlusses nach der indirekten Methode ermittelt werden, zum anderen zeigt der Cash-Flow den materiellen Substanzverlust im Unternehmen an und kann Anhaltspunkte für die zukünftige Entwicklung geben.1615 Ferner ist der Cash-Flow in erheblich geringerem Umfang durch bilanzpolitische Maßnahmen beeinflußbar.1616

3. Die Grundzüge eines außergerichtlichen Sanierungsrechtes Die bessere Alternative zur Sanierung im Insolvenzverfahren ist ein vertraglich zu vereinbarendes partielles außergerichtliches Entschuldungsverfahren, wenn auf diese Weise Aussicht auf eine Untemehmenssanierung besteht.1617 Die Insolvenz­ rechtsreform will die freie Sanierung keineswegs ausschließen, sondern ist bestrebt, die außergerichtliche Schuldenbereinigung zu fördern.1618 Der Gesetzgeber hat mit der Einführung der Insolvenzordnung folgende Neuregelungen geschaffen:



Wegfall der Haftung für Vermögensübemahme nach § 419 BGB,1619



Verschärfung des Gesetzes über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens1620 und

1613 Vgl. Braun, E., [Kreditunwürdigkeit], 1990, S. 561. 1614 Auch wird in der Literatur häufig auf die besondere Aussagekraft des Cash-Flow im Rahmen der Bilanzanalyse hingewiesen. Vgl. Leker, J., [Untemehmenskrisen], 1993, S. 84-85 und Scheffler, E., [Bilanzen], 1993, S. 1570-1571. 1615 Vgl. Foquet, K. P., [Sanierungswürdigkeitsanalyse], 1987, S. 166. 1616 Vgl. Baetge, J„ [Rating], 1994, S. 6. 1617 Vgl. §§ 397 und 779 BGB. 1618 Vgl. Uhlenbruck, W„ [Recht I], 1995, S. 83. 1619 Vgl. Art. 33 Nr. 16EGInsO.

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Einführung der vereinfachten Kapitalherabsetzung bei einer GmbH.1621

Trotz dieser neugeschaffenen Sanierungserleichterungen stellt der Gläubigerkonsens ein nach wie vor ungelöstes Problem dar. Eine freie Sanierung kann nur im Wege des gegenseitigen Nachgebens aller Beteiligten erreicht werden. Der Schuldner kann hierbei nicht auf das gesetzeskonfektionierte Amt des Insolvenzverwalters zurückgreifen, das diesem vorweg ein gewisses Maß an Integrität und Autorität bei den Gläubigem verleiht. In der Praxis wird diese Rolle häufig von der Hausbank übernommen, da ihr bei allen Beteiligten ein hohes Maß an Vertrauenswürdigkeit zukommt.1622 Die für den Erfolg einer Sanierung ausschlaggebende Bereitschaft der Gläubiger, den Schuldner von einem Teil seiner Verbindlichkeiten zu befreien, kann nicht über ein gerichtliches Beschlußverfahren erzwungen werden, auch dann nicht, wenn ihnen insgesamt ein Vorteil erwachsen würde. Als praktisches Hindernis erweist sich häufig, daß die freie Sanierung durch sanierungsunwillige Gläubiger leicht zu Fall gebracht werden kann und sich einzelne Gläubiger auf Kosten des Schuldners und der anderen Gläubiger entgegen dem im Insolvenzverfahren geltenden Grundsatz der Gleichbehandlung Sondervorteile aushandeln können.1623 In der Sanierungspraxis wird besonders beklagt, daß der Pensions-SicherungsVerein seine außergerichtliche Zustimmung verwehrt und öffentlich-rechtliche, insbesondere auch EG-rechtliche Bestimmungen die außergerichtlichen Sanierungs­ bemühungen zum erlahmen bringen.1624 Ferner verweigert das Finanzamt regelmäßig seine Zustimmung zu einem Vergleich, da die Erlaßvoraussetzungen nach der Abgabenordnung nicht erfüllt sind.

In der Literatur wurden daher zahlreiche Versuche unternommen, eine Bindungs­ wirkung nicht vergleichsbereiter Gläubigers durch die Bildung einer materiellen Rechtsgemeinschaft mit gesellschaftsähnlichem Charakter zu erreichen.1625 Der BGH hat indessen mit seiner Entscheidung vom 12.12.1991 eine BindungsWirkung des von der Gläubigermehrheit abgeschlossenen freien Sanierungsvergleichs

1620 Vgl. Art. 1 EGInsO. 1621 Vgl. Art. 48 EGInsO. 1622 Hierbei wird gleichzeitig die Notwendigkeit eines „Relationship-Banking“ notwendig. Vgl. Rösler, Peter, [Untemehmenssanierung], 1993, S. 76-77 und 79. 1623 Vgl. Flessa, R., [Sanierung], 1990, S. 76 und Lauer, J., [Kreditmanagement], 1994, S. 199. 1624 Vgl. Braun, E/, Uhlenbruck, IK, [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 561-562. Die Erfolgsquote von Anträgen beim PSV an einer Beteiligung an einem außergerichtlichen Vergleich liegt bei ungefähr 30%. Unklar ist hingegen, ob mit der Streichung des § 7 Abs. 1 Nr. 5 BetrAVG - Sicherungsfall der wirtschaftlichen Notlage - mit Wirkung zum 1.1.1999 der Schuldner einen Anspruch gegen den PSV auf Abschluß eines außergerichtlichen Vergleichs hat. Zustimmend hierzu Diller, M., [PSV], 1997, S. 772-773. 1625 Ausführlich dazu Ebenroth, C. T; Grashoff, D., [Sanierungsvergleich], 1992, S. 868-869.

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endgültig abgelehnt. Damit bleibt das Problem der Gleichbehandlung aller Gläubiger bei einem Sanierungsvergleich im geltenden Recht bestehen. Die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erfolgt insoweit, als diejenigen Gläubiger vorrangig bedient werden, die am unbequemsten sind.1626 Das außerge­ richtliche Entschuldungsverfahren birgt die Gefahr einer unkontrollierten Gläubigerbefriedigung.1627 Ferner können einzelne Gläubiger an Einzelzwangsvoll­ streckungsmaßnahmen nicht gehindert werden.1628 Auch lassen sich Management­ mängel des Schuldners nicht beseitigen.1629 Die Durchsetzung eines außergerichtlichen Sanierungsverfahrens gelingt in der Praxis nur dann, wenn alle Großgläubiger die Untemehmensfortfuhrung unterstützen und nicht vergleichswillige Gläubiger abgefunden werden können.1630 Probleme ergeben sich mangels eines geeigneten Rechtsrahmens zur Einigung und Beschluß­ fassung unter den Beteiligten hauptsächlich dadurch, einen gemeinsamen Gläubiger­ konsens zur Entschuldung zu finden.16jl

Es ist deshalb auch für die freie Sanierung ein rechtlicher Rahmen zu schaffen, der die angeführten Mängel beseitigt. Folglich muß eine freie Sanierung ähnlich wie im Insolvenzplanverfahren ein für alle Gläubiger bindendes Beschlußverfahren ermöglichen, in dem der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt und Mehrheitsent­ scheidungen herbeigeführt werden können.1632 Die Kontrolle der Gerichte würde sich auf die Einhaltung der vorgesehenen Mehrheiten beschränken. Die Pflicht der Teilnahme aller Gläubiger an einem außergerichtlichen Sanierungs­ verfahren muß allerdings voraussetzen, daß die Sanierungsbedürftigkeit und fähigkeit des Schuldners gewährleistet ist.1633 Die Gefahr, daß der Schuldner ein allzu leicht zugängliches Sanierungsverfahren dazu einsetzt, sich seiner Schulden

1626 In der Praxis werden häufig Kleingläubiger sofort abgefunden, um u.a. die Anzahl der Gläubiger in den Sanierungsverhandlungen zu reduzieren. Vgl. Schwarzecker, J.; Spandl, F, [Krisenmanage­ ment], 1996, S.261. 1627 Vgl. Lauer, J., [Kreditmanagement], 1994, S. 199. 1628 Vgl. Emmerich, H., [Sanierung], 1930, S. 46. 1629 Vgl. Franke, G., [ökonomische Überlegungen], 1983, S. 43. 1630 Vgl. Schedlbauer, H., [Insolvenzprüfungen], 1984, S. 2213 und Uhlenbruck, W., [Sanierung], 1981, FN9. 1631 Vgl. zur Koordination in Entscheidungsgremien und das Problem rationaler Gruppenentscheidungen bei Schneider, D., [Unternehmung], 1997, S. 121-133. 1632 Vgl. Flessner, A., [Sanierungsverfahren], 1981, S. 1283; Lauer, J., [Kreditmanagement], 1994, S. 200 und Schulze, R, [Insolvenzbewältigung], 1983, S. 41. Parallelen dazu weist der Entwurf des französischen Güteverfahren im Vorfeld der Insolvenz auf. Vgl. Balz, M., [Reform], 1983, S. 1155-1156. 1633 Vgl. Schmidt, K., [Gutachten], 1982, S. 104 und Uhlenbruck, W., [Aufgabe], 1981, S. 204.

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und sozialen Lasten zu entledigen, kann nicht ernst genug genommen werden.1634 Deshalb hat der Schuldner als Voraussetzung ftlr die Einleitung eines freien Sanierungsverfahrens den objektiven Nachweis der Sanierungsbedürftigkeit und -fähigkeit durch einen unabhängigen Sachverständigen, z.B. einen Wirtschaftsprüfer, zu erbringen. Dessen Qualifikation, Erfahrung und Bindung an die Berufsgrundsätze lassen ihn als geeigneten Sachverständigen und Prüfer erscheinen.1635 Die Sanierungsbedürftigkeit wäre bspw. mit der drohenden Zahlungsunfähigkeit gegeben. Da der Gesetzgeber dem Schuldner bei drohender Zahlungsunfähigkeit ein Wahlrecht zur Antragstellung auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens eingeräumt hat, wäre es deshalb folgerichtig, ihm auch ein Wahlrecht bei der Verfahrensart außergerichtlich oder gerichtlich - zu geben.

Durch die Sanierungsfähigkeit sollen die privatautonome Opferbereitschaft legitimiert und die Gläubiger vor einem Mißbrauch des Sanierungsverfahrens geschützt werden. Eine mit der freien Sanierung verbundene Gefährdung Unbetei­ ligter, z.B. der Neugläubiger, muß gesetzlich ausgeschlossen werden. Der Rechtsrahmen soll hierbei nicht in erster Linie rechtsgebundene Gerichtsent­ scheidungen ermöglichen, sondern vielmehr den privatautonom disponierenden Beteiligten einen geschützten Freiraum verschaffen, in dem sich ein nicht zu billigender Widerstand einzelner Gläubiger überwinden läßt. Ferner muß der Ordnungsrahmen ein Schutzschild gegenüber Zwangsvollstreckungen einzelner Gläubiger und der Verwertung von Sicherheiten bieten. Mit der Einleitung eines Sanierungsverfahrens muß den Gläubigem für die Dauer des Einigungsverfahrens der Zugriff auf das schuldnerische Vermögen verwehrt bleiben, schwebende Verfahren müssen unterbrochen werden. Dieses Zwangsvollstreckungsverbot soll den Beteiligten eine Atempause verschaffen, um verschiedene Sanierungsmaß­ nahmen auszuarbeiten und umzusetzen.1636 Um den gütlichen Einigungsprozeß zu fördern, wäre im Falle des Scheiterns eine Prüfung der Antragspflicht auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens von Amts wegen durchzuführen, weil die Prüfung der Sanierungsfähigkeit eine unbestreitbare Affinität zur Überschuldungsprüfung aufweist.

Das Hauptproblem bei einer freien Sanierung ist, wie auch im Insolvenzverfahren, daß in die Rechte aller Beteiligten, Gläubiger wie Schuldner, eingegriffen werden

1634 Vgl. Arnold, H., [Reorganisationsverfahren], 1986, S. 396. Zu den Erfahrungen im US-amerikani­ schen Recht bei Möhlmann, T, [Reorganisationsverfahren], 1997, S. 4-5. 1635 Vgl. Brandstätter, J., [Sanierungsfähigkeit], 1993, S. 43. 1636 In der Praxis werden bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Zwangsvollstreckungs­ maßnahmen angestrengt, was die Bemühungen um eine außergerichtliche Sanierung scheitern lassen kann. Vgl. Gessner, V. u.a„ [Konkursabwicklung], 1978, S. 261.

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muß, um durch eine Verminderung der Schulden die Zuführung von neuem Kapital1637 zu ermöglichen und durch eine Veränderung der Geschäftsführung die Ertragsfähigkeit wieder herzustellen.1638 In der freien Sanierung wird es kaum möglich sein, dem Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zu entziehen. Insbesondere führt die restriktive Rechtsprechung bei einem Eingriff in die Geschäftsführung zu einer Verzerrung der relativen Vorteilhaftigkeit einer freien Sanierung.1639 Passives Gläubigerverhalten wird dadurch gegenüber aktiven Sanierungsbestrebungen indirekt belohnt. Der Behauptung von Arnold, „die sogenannte „stille“ oder „freie“ Sanierung entzieht sich der staatlichen Einwirkung und Reglementierung, sie ist in erster Linie Sache der Banken“1640 kann im Hinblick auf die gegenwärtige Rechtsprechung deshalb nicht gefolgt werden. Gerade in einem Sanierungsverfahren muß den Gläubigem eine gewisse Kontrolle über den Schuldner als Kompensation zu ihren finanziellen Zugeständnissen eingeräumt werden. So ist bspw. der Abschluß bestimmter Geschäfte an die mehrheitliche Zustimmung der Gläubiger zu binden. Diese Aufgabe könnte ein von den Gläubigem gewählter Sanierungsbeirat erfüllen.

Gleichzeitig muß die Möglichkeit gegeben sein, in die Rechte der Gesellschafter einzugreifen, deren Anteile wertlos geworden sind.1641 Das neue Insolvenzrecht enthält hier eine empfindliche Lücke.1642 Solange das Unternehmen weder überschuldet noch zahlungsunfähig ist und seine Liquidation noch nicht die unausweichliche Alternative bildet, ist ein Eingriff in die Eigentumspositionen des Schuldners und der Gläubiger allerdings verfassungs­ rechtlich bedenklich.1643 Der Gesetzgeber muß daher die Zielkonflikte auch bei einer freien Sanierung sorgfältig abwägen. Deshalb muß ein außergerichtliches Sanie­ rungsverfahren so ausgestaltet werden, daß sich die Rechtsstellung der Gläubiger nicht verschlechtert, wenn die Sanierung scheitert und das Unternehmen in ein insolvenzrechtliches Verfahren überführt werden muß. Andererseits darf die Sicherung der Gläubiger nicht dazu führen, daß ein Sanierungsverfahren unverhält­

1637 Ausführlich zur Problematik, bis zu welchem Zeitpunkt die zugeflossenen Mittel der Gesellschaft unverbraucht zur Verfügung stehen müssen Heinzmann, F, [KapitalVerhältnisse], 1992, S. 55-75. 1638 Vgl. Arnold, H, [Reorganisationsverfahren], 1986, S. 396 und Kilger, J„ [Reorganisations­ verfahren], 1982, S. 781. 1639 Vgl. Thießen, F, [Covenants], 1996, S. 28. 1640 Arnold, H„ [Reorganisationsverfahren], 1986, S. 396. 1641 Vgl. Franke, G., [ökonomische Überlegungen], 1983, S. 43. 1642 Vgl. Braun, E.;Uhlenbruck, W„ [Untemehmensinsolvenz], 1997, S. 584. 1643 Vgl. Arnold, H, [Reorganisationsverfahren], 1986, S. 396 und Henckel, W., [Sanierungsverfahren], 1981, S. 1302.

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nismäßig erschwert wird.1644 Aus ökonomischer Sicht ist die Zustimmung zu einer Sanierung nur von den Gläubigem und Gesellschaftern einzuholen, die im Falle der Liquidation noch Zahlungen auf ihre Forderungen erhalten würden. Dies setzt voraus, daß der Untemehmenswert zu Liquidationsgesichtspunkten ermittelt werden muß. Ferner muß unter Beachtung aller rechtsstaatlichen Erfordernisse ein Kündigungsverfahren mit der gebotenen Zügigkeit möglich sein. Notwendige (Massen-)Entlassungen dürfen jedoch keine ungerechtfertigte Privilegierung unter dem Schutzmantel der freien Sanierung erfahren. Bei den Kreditinstituten besteht die berechtigte Befürchtung, daß ein außergericht­ liches Sanierungsverfahren die Disziplin des Schuldners schwächt und gleichzeitig die Anreize erhöht, die Gläubiger am Investitionsrisiko zu beteiligen.1645 Ferner darf der redliche Konkurrent aus einem Sanierungsverfahren seines Mitbewerbers keine Nachteile erleiden, wenn dem Schuldner Rechtserleichterungen gewährt werden, über die der Mitbewerber nicht verfügt.

Insgesamt wird es in Detailfragen nicht einfach sein, den Zielkonflikt zwischen der Wirtschaftsautonomie der Beteiligten und den ökonomischen Erfordernissen einer freien Sanierung verfassungsrechtlich auszuloten.1646 Rechtspolitisches Ziel muß es aber bleiben, die Wege einer freien Sanierung zu ebnen. Stümer schlägt in diesem Zusammenhang vor, dem Insolvenzverwalter und den Beteiligten auch nach Verfahrenseröffhung die Möglichkeit zu geben, die bekannten Methoden der privatautonomen Sanierung für eine angemessene Zeit weiter zu praktizieren.1647 Dadurch wäre es noch im Insolvenzverfahren möglich - ohne das schwerfällige insolvenzrechtliche Sicherungssystem anzutasten - eine Verhandlungsplattform für eine schnelle Einigung zu schaffen und gleichzeitig die Transaktionskosten und die negativen Auswirkungen auf die Untemehmensumwelt zu begrenzen.

1644 1645 1646 1647

Vgl. Henckel, W., [Sanierungsverfahren], 1981, S. 1296. Vgl. Drukarczyk, J., [Unternehmen], 1987, S. 65. Vgl. Uhlenbruck, W., [Insolvenzrechtsreform], 1983, S. 351 Vgl. Stümer, R, [Sanierung], 1982, S. 763.

Zusammenfassung

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Zusammenfassung Eine Untemehmenssanierung muß sachlogisch in eine Untemehmenskrise eingebettet werden und darf nicht an das Ende einer wirtschaftlich ausweglosen Situation gestellt werden. Die Chancen einer erfolgreichen Sanierung im Insolvenz­ verfahren werden daher in nicht unerheblichem Maße von dem Zeitpunkt der Insolvenzeröfihung bestimmt. Im neuen Insolvenzrecht wurde eine Reihe von Vorschriften für eine rechtzeitige und leichtere Eröffnung der Insolvenzverfahren eingeführt. Besonders hervorzuheben.ist die Verschärfung des bisherigen Insolvenz­ tatbestandes der Überschuldung sowie die Einführung der drohenden Zahlungsun­ fähigkeit als neuem Eröffhungsgrund, der jedoch nur dem Schuldner zusteht.

Das Ziel einer Vorverlegung der Insolvenzeröfihung und damit einer Verbesserung der Sanierungmöglichkeiten wurde jedoch nicht in erforderlichem Umfang erreicht. Zum einen sind die Insolvenztatbestände für die Gläubiger zumeist nicht rechtzeitig erkennbar und daher nicht sanktionierbar, zum anderen eröffnen die prognostischen Elemente der Insolvenztatbestände einen zu großen Ermessensspielraum und sind daher ungeeignet, den zumeist auslöseunwilligen Schuldner zur rechtzeitgen Antragstellung anzuhalten. Inwieweit die Eigenverwaltung sowie die Restschuld­ befreiung dem Schuldner einen Anreiz zur frühzeitigen Verfahrensauslösung geben, bleibt abzuwarten. Eine Verbesserung hätte der Insolvenztatbestand der modifi­ zierten bilanziellen Überschuldung gebracht, da dieses Auslösekriterium frühzeitig greift und für die Gläubiger weitgehend erkennbar und interpretationsfrei bestimm­ bar ist. Es bleibt deshalb sehr fraglich, inwieweit der Schuldner das ausschließlich ihm zustehende Antragsrecht bei drohender Zahlungsunfähigkeit wahmimmt, obwohl dieser Zeitpunkt meist die letzte Chance für eine Sanierung bieten dürfte. Die Rahmenbedingungen für eine Sanierung im Insolvenzverfahren wurden insbesondere durch die Einführung des Insolvenzplanes verbessert. Der Insolvenz­ plan tritt an die Stelle des Vergleichs und Zwangsvergleichs und gestaltet diese grundlegend um. Das Institut des Insolvenzplanes bietet den Beteiligten einen Rechtsrahmen für eine einvernehmliche Bewältigung der Insolvenz, um im Wege der Privatautonomie durch Mehrheitsentscheidungen eine Regelung zur Vermö­ gensverwertung, insbesondere zur Sanierung, zu treffen. Ferner wurden durch die Einbeziehung der gesicherten Gläubiger in das Insolvenzverfahren, die Erweiterung der Anfechtungsrechte, die Einschränkung der Aufrechnungsmöglichkeiten, die Abschaffung allgemeiner Konkursvorrechte sowie durch arbeitsrechliche Erleich­ terungen bei Kündigungen die Voraussetzungen für eine Sanierung verbessert.

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Zusammenfassung

Die weitgehende Verrechtlichung und Überregulierung wirtschaftlicher Sachverhalte steht aber einer verfahrensrechtlichen Effizienz entgegen. Die bei einer Sanierung gebotene Eile wird durch ein rechtsmittelbehaftetes Insolvenzplanverfahren stark behindert. Die sanierungsfördemden Vorschriften verbessern kaum die allokative Effizienz der Entscheidungsprozesse. So führen die Schutzvorschriften des Obstruktionsverbotes sowie des Minderheitenschutzes unweigerlich zu einer Verlängerung des Verfahrens. Ferner müssen durch die stark ausgebaute Gläubi­ gerautonomie viele untemehmensinteme Informationen offengeigt werden, was einer stillen Sanierung sehr abträglich ist. Aus diesem Grund ist dem Schuldner im eröffneten Verfahren zu empfehlen, parallel zum Insolvenzverfahren eine außergerichtliche Einigung mit den wichtigsten Gläubigem anzustreben, da ein Insolvenzverfahren nach den Vorschriften des § 212 InsO bei Wegfall des Eröffnungsgrundes zu jedem Zeitpunkt wieder eingestellt werden muß.

Mit der nach wie vor zu erwartenden späten Insolvenzeröfihung ist das Problem, die Bilanzstrukur zu bereinigen und neues Sanierungskapital zu beschaffen, nicht entschärft, da freie Sicherheiten nicht mehr in entsprechendem Umfang angeboten werden können und die Insolvenzordnung keinen Eingriff in die Sicherheitenrechte der Gläubiger zuläßt. So ist der Vorschlag in • der Reformdiskussion wieder verworfen worden, den mobiliargesicherten Gläubigem einen zusätzlichen Verfahrensbeitrag aufzuerlegen. Damit wird ein Gläubigerkonsenz zur finanziellen Sanierung nur in Ausnahmefällen zustande kommen. Die Quote der erfolgreichen insolvenzrechtlichen Sanierungsverfahren wird daher nur unwesentlich über der Quote des alten Rechts liegen. Es bleibt zu befürchten, daß sich die Funktions­ losigkeit der Konkurs- und Vergleichsordnung in der Insolvenzordnung fortsetzt. Die unbefriedigenden Möglichkeiten einer erfolgreichen Untemehmenssanierung im neuen Insolvenzrecht verdeutlichen die Notwendigkeit einer freien Sanierung im Vorfeld der Insolvenzeröffhung. Dies ist auch im Zusammenhang mit einer ständig verbesserten Insolvenzprognose sowie der organschaftlichen Pflicht des Schuldners zur Schadensabwendung zu sehen. Sobald sich erste Anzeichen einer drohenden Überschuldung abzeichnen und das notleidende Unternehmen voraussichtlich nicht aus eigener Kraft die Ertragsfähigkeit wieder herstellen kann, muß der Schuldner ein vertraglich zu vereinbarendes partielles außergerichtliches Entschuldungsverfahren einleiten. In der Praxis scheitern außergerichtliche Sanierungsversuche meist an einem Gläubigerkonsens zur Entschuldung. Einzelne Gläubiger können, auch wenn sie durch den Vergleich wirtschaftlich nicht schlechter oder sogar besser gestellt werden, nicht zur Zustimmung gezwungen werden. Sog. Akkordstörer können damit den Einigungsprozeß verhindern.

Zusammenfassung

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Es bedarf daher zur Förderung der freien Sanierung der Einrichtung eines für alle Gläubiger verbindlichen Rechtsrahmens zur Einigung und Beschlußfassung, um die Vorteile eines außergerichtlichen Einigungsprozesses nutzen zu können. Ferner müssen sämtliche Sanierungsinstrumente der Insolvenzordnung auch bei einer freien Sanierung anwendbar sein. Insbesondere müssen die arbeitsrechtlichen Erleichterungen auch für eine freie Sanierung gelten. In diesem Zusammenhang sollte auch die umstrittene Beibehaltung des § 613a BGB nochmals überdacht werden. Eine außergerichtliche Einigung ist zumeist einfacher, schneller und mit niedrigeren Kosten verbunden. Im weiteren kann damit die negative Publizität eines gericht­ lichen Verfahrens weitgehend vermieden werden. Der Gesetzgeber bleibt daher aufgefordert, die Möglichkeiten einer außergerichtlichen Sanierung zu verbessern.

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