Unternehmensbezogene Dienstleistungen im Land Brandenburg - Strukturen, Defizite und Entwicklungsmöglichkeiten [1 ed.] 9783428499410, 9783428099412

Die quantitative Bedeutung, die unternehmensbezogene Dienstleistungen inzwischen erreicht haben, und ihre Funktion im ge

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Unternehmensbezogene Dienstleistungen im Land Brandenburg - Strukturen, Defizite und Entwicklungsmöglichkeiten [1 ed.]
 9783428499410, 9783428099412

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D E U T S C H E S I N S T I T U T FÜR

WIRTSCHAFTSFORSCHUNG

gegründet 1925 als INSTITUT FÜR KONJUNKTURFORSCHUNG von Prof. Dr. Ernst Wagemann Königin-Luise-Straße 5 · D-14195 Berlin (Dahlem)

VORSTAND Präsident Prof. Dr. Lutz Hoffmann Kollegium der Abteilungsleiter Dr. Kurt Hornschild · Prof. Dr. Rolf-Dieter Postlep · Wolfram Schrettl, Ph. D. Dr. Bernhard Seidel · Dr. Hans-Joachim Ziesing

DEUTSCHES

INSTITUT

FÜR

WIRTSCHAFTSFORSCHUNG

BEITRÄGE ZUR STRUKTURFORSCHUNG

HEFT 183 -1999

Kurt Geppert

Unternehmensbezogene Dienstleistungen im Land Brandenburg Strukturen, Defizite und Entwicklungsmöglichkeiten

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Schriftleitung: Dr. Bernhard Seidel ISBN 3-428-09941-9

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DUNCKER & HUMBLOT · BERLIN

Die Deutsche Bibliothek— CIP-Einheitsaufnahme

Geppert, Kurt: Untemehmensbezogene Dienstleistungen im Land Brandenburg Strukturen, Defizite und Entwicklungsmöglichkeiten / Kurt Geppert. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung. — Berlin : Dunckerund Humblot, 1999 (Beiträge zur Strukturforschung ; H. 183) ISBN 3-428-09941-9

Herausgeber Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Königin-Luise-Str. 5, D-14195 Berlin Telefon (0 30) 8 97 89-0 — Telefax (0 30) 8 97 89 200 Schriftleitung: Dr. Hans-Joachim Ziesing Alle Rechte vorbehalten © 1999 Duncker & Humblot GmbH, Carl-Heinrich-Becker-Weg 9, D-12165 Berlin Druck: Druckerei Conrad GmbH, Oranienburger Straße 172, 13437 Berlin Printed in Germany ISSN 0171-1407 ISBN 3-428-09941-9 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ©

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 2 Unternehmensbezogene Dienstleistungen und wirtschaftliche Entwicklung

7 12

2.1 Unternehmensbezogene Dienstleistungen im sektoralen Strukturwandel

12

2.2 Unternehmensbezogene Dienstleistungen im räumlichen Strukturwandel

15

2.3 Hypothesen zur Entwicklung der Unternehmensdienste in Brandenburg

21

3 Unternehmensbezogene Dienstleistungen im Land Brandenburg

23

3.1 Vorbemerkung

23

3.2 Zahl der Unternehmen und Umsatz im Jahr 1994

24

3.3 Zahl der Erwerbstätigen

26

3.4 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte - Regionen in Brandenburg

31

3.5 Unternehmensbefragung

39

4 Auswertung von Spezialstudien zu anderen Regionen

52

4.1 Vogelsbergkreis

52

4.2 Region Stuttgart

56

4.3 Rhein-Neckar-Raum

60

5 Entwicklungsperspektiven für unternehmensbezogene Dienstleistungen im Land Brandenburg

64

6 Handlungsbedarf für die Wirtschaftspolitik?

70

7 Zusammenfassung

74

Literaturverzeichnis

85

Tabellenanhang

87

3

Verzeichnis der Übersichten 1

Regionale Nachfrage nach unternehmensbezogenen Dienstleistungen

10

2

Regionales Angebot an unternehmensbezogenen Dienstleistungen

11

Verzeichnis der Texttabellen 1

Umsatz je Einwohner 1994

25

2

Umsatzsteueipflichtige je 100 000 Einwohner 1994

27

3

Erwerbstätige in Dienstleistungsunternehmen 1996

28

4

Freie Mitarbeiter in % der Festangestellten bei Anbietern wissensintensiver Unternehmensdienste

61

5

Erwerbstätige im Sektor unternehmensbezogener Dienste je 1 000 Einwohner im Land Brandenburg im Jahr 2010

66

Erwerbstätige im Sektor unternehmensbezogener Dienste im Land Brandenburg 1996 und 2010

67

6

Verzeichnis der Anhangtabellen A 1

Steuerpflichtige und steuerpflichtiger Umsatz in Ostdeutschland 1994

88

A2

Umsatz je Einwohner 1994

89

A3

Umsatz 1994 je Steuerpflichtigen

90

A4

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 nach Bundesländern

91

A5

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 in Ballungsräumen

92

A6

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 in Großstädten

93

A7

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 im Umland von Großstädten

94

A8

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 in wenig verdichteten Regionen

95

A9

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 nach Bundesländern - Branchenstruktur

96

AIO

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 in Ballungsräumen - Branchenstruktur

97

All

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 in Großstädten - Branchenstruktur

98

A 12

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 im Umland von Großstädten - BranchenStruktur

A 13

99

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 in wenig verdichteten Regionen - BranchenStruktur

100

A 14

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 nach Bundesländern - je 1 000 Einwohner

A 15

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 in Ballungsräumen - je 1 000 Einwohner

102

A 16 A 17

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 in Großstädten - je 1 000 Einwohner Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 im Umland von Großstädten - je 1 000 Einwohner

103

4

101

104

A 18

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 in wenig verdichteten Regionen - je 1 000 Einwohner

105

A 19

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 nach Planungsregionen

106

A 20

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 nach Planungsregionen - Branchenstruktur

107

A 21

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 nach Planungsregionen - je 1 000 Einwohner

108

A 22

Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Zahl der Unternehmen und Beschäftigte nach Bundesländern Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Branchenstruktur nach Bundesländern

110

Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Einschätzung der Kapazitätsauslastung Ende 1996 nach Bundesländern

111

Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Einschätzung der Auftragslage Ende 1996 nach Bundesländern

112

Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Einschätzung der Ertragslage 1995 nach Bundesländern

113

Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Einschätzung der Ertragslage 1996 nach Bundesländern

114

Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Räumliche Absatzstruktur - Angaben in % aller Unternehmen nach Bundesländern

115

Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Lokale Standortprobleme - Angaben in % aller Unternehmen nach Bundesländern

116

Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Inanspruchnahme und Wirkungen der Maßnahmen zur Wirtschaftsforderung nach Bundesländern

117

A 31 Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Beurteilung der Förderungsmaßnahmen als „sehr nützlich" in % aller begünstigten Unternehmen nach Bundesländern

118

A 23 A 24 A 25 A 26 A 27 A 28 A 29 A 30

A 32 A 33 A 34 A 35

109

Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Zahl der Unternehmen und Branchenstruktur in Brandenburg

119

Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Einschätzung der Auftragsund Ertragslage in Brandenburg

120

Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Räumliche Absatzstruktur - Angaben in % aller Unternehmen in Brandenburg

121

Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Lokale Standortprobleme - Angaben in % aller Unternehmen in Brandenburg

122

5

Verzeichnis der Abbildungen 1

Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung im Land Brandenburg

7

2

Arbeitslosigkeit im Land Brandenburg

9

3

Beschäftigungsentwicklung in Westdeutschland

12

4

Umsatz im Bereich hochwertiger Unternehmensdienste

24

5

Erwerbstätige in Dienstleistungsunternehmen 1996

29

6

Unternehmensbezogene Dienste nach Bundesländern

34

7

Unternehmensbezogene Dienste nach Raumtypen

35

8

Unternehmensbezogene Dienste in Ballungsräumen

36

9

Unternehmensbezogene Dienste in Berlin

37

10

Untemehmensbezogene Dienste im Umland von Berlin

37

11

Unternehmensbezogene Dienste in Süd-Brandenburg

38

12

Unternehmensbezogene Dienste in Nord-Brandenburg

38

13

Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Beurteilung von Auftragslage und Kapazitätsauslastung Ende 1996 nach Bundesländern

40

Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Beurteilung der Ertragslage 1995 und 1996 nach Bundesländern

42

Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Fernabsatzorientierung nach Bundesländern

43

Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Geforderte Unternehmen in % aller Unternehmen nach Bundesländern

45

Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Beurteilung der Hilfen als „sehr nützlich" in % aller jeweils begünstigten Unternehmen nach Bundesländern

47

18

Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Ertragslage in Brandenburg

48

19

Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Beurteilung der Auftragslage in Brandenburg

49

Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Fernabsatzorientierung in Brandenburg

50

Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste - Lokale Standortprobleme in Brandenburg

50

14 15 16 17

20 21 22

Räumliche Verteilung der Nachfrage nach ausgewählten Unternehmensdiensten im Vogelsbergkreis

54

23

Betriebsformen der Anbieter von Unternehmensdiensten in der Region Stuttgart

57

24

Bedeutung von Standortfaktoren für Anbieter von Unternehmensdiensten in der Region Stuttgart

58

25

Anbieter von Unternehmensdiensten, die sich nicht wieder im Raum Stuttgart ansiedeln würden, nach Unternehmensgröße

59

26

Anbieter wissensintensiver Unternehmensdienste nach der Größe der Kundenfirmen

62

27

Auf welchen Wegen gewinnen Anbieter wissensintensiver Unternehmensdienste neue Kunden?

63

6

1

Einleitung

Das Land Brandenburg hat in der wirtschaftlichen Entwicklung mit den übrigen neuen Bundesländern Schritt gehalten. Das Bruttoinlandsprodukt ist im Zeitraum 1991 - 1996 etwas stärker gewachsen, die Zahl der Erwerbstätigen ist schwächer zurückgegangen und auch die Arbeitslosigkeit hat sich etwas günstiger entwickelt als in Ostdeutschland insgesamt (Abbildung 1). Abbildung 1 Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung im Land Brandenburg

B r u t t o i n l a n d s p r o d u k t und Erwerbstätigenzahl 1991 = 100 150 BIP Brandenburg 130

BIP Ostdeutschland

110

Erwerbstätige Brandenburg 90 Erwerbstätige Ostdeutschland 70

50 1991

1992

1993

H-

1995

1994

1996

Arbeitslosenquoten 2 ) 19

17 Ostdeutschland 15 Brandenburg

13 11

1991

1992

1993

1994

1995

1) Zu Preisen von 1991. - 2) Arbeitslose in % der abhängigen, zivilen Erwerbspersonen. Quellen: Statistisches Bundesamt; Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Brandenburg.

1996

DIW 7

Dieses positive Bild ist indes in mehrfacher Hinsicht zu relativieren und zu differenzieren: -

Brandenburg hat - wie die anderen neuen Bundesländer - bei weitem noch nicht die Wirtschaftskraft der alten Bundesländer erreicht. Der Aufholprozeß ist in letzter Zeit sogar ins Stocken geraten, und selbst wenn er bald wieder in Gang kommen sollte, wird er sich wahrscheinlich deutlich langsamer vollziehen als in den Jahren 1992 bis 1995. Es wird also noch lange dauern, bis die Lücke zum westdeutschen Produktivitätsniveau geschlossen ist.

-

Innerhalb Brandenburgs gibt es große regionale Unterschiede in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage. Die Spanne bei den Arbeitslosenquoten reichte im September 1997 von 12 Vi % im südwestlichen Umland Berlins bis 23 % im Norden des Landes. Die Arbeitslosigkeit im südlichen Landesteil hat sich inzwischen fast dem hohen Niveau des Nordens angeglichen, so daß immer mehr von einer Zentrum-Peripherie-Dichotomie ausgegangen werden muß (Abbildung 2). 1

-

Mit hohen Anteilen der Landwirtschaft, des Bergbaus, der Energiewirtschaft und einigen Zweigen der Grundstoffindustrie ist die Wirtschaftsstruktur Brandenburgs vergleichsweise wenig wachstumsträchtig. Sie macht das Land darüber hinaus anfällig für die Exporte der aufstrebenden mittel- und osteuropäischen Länder, während von deren Importen, die sich auf Investitionsgüter konzentrieren, Brandenburg möglicherweise nur unterdurchschnittlich profitiert. 2 Wie in den übrigen neuen Bundesländern haben das Baugewerbe sowie vorgelagerte Industrie- und Dienstleistungsbranchen in Brandenburg weit höhere Beschäftigtenanteile, als es in Westdeutschland der Fall ist. In der Tendenz wird es in diesen Bereichen zu Schrumpfungen kommen.

Die zu befürchtenden Beschäftigungsverluste in manchen Teilen der privaten Wirtschaft und im öffentlichen Sektor können nur dadurch kompensiert werden, daß das industrielle Potential des Landes weiter modernisiert und ausgebaut wird und daß vermehrt Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich geschaffen werden. Zuwächse können vor allem bei unternehmensbezogenen Diensten erwartet werden, während die Versorgung mit haushaltsorientierten Dienstleistungen in Brandenburg, wie in Ostdeutschland insgesamt, bereits ein hohes Niveau erreicht hat (vgl. DIW, IfW, I W H 1997). Unternehmensbezogene Dienstleistungen sind für die wirtschaftliche Entwicklung einer Region unter zweierlei Aspekten von Bedeutung: Sie stellen zum einen Vorlieferungen dar und haben insofern Infrastrukturcharakter für die übrige Wirtschaft der Region und für potentielle Neuinvestoren. Zum anderen können sie aber auch einen eigenständigen, von der lokalen Nachfrage unabhängigen Beitrag zum Export der Region leisten (Export im Sinne von überregionalem Absatz). Beide hier angesprochenen Aspekte, lokal angebotene unternehmensbezogene Dienste als InputFaktoren und der eigenständige Fernabsatz solcher Dienstleistungen, lassen sich nicht streng voneinander trennen. Zunächst lokale Anbieter können in eine zunehmend überregionale Orientierung hineinwachsen. Auf der anderen Seite kann sich die lokale Versorgung mit unter-

1

Zum Teil dürfte der überdurchschnittliche Anstieg der Arbeitslosigkeit im Süden Brandenburgs Reflex des Abbaus von ABM-Plätzen sein. 2

In den letzten beiden Jahren hat sich die Ausfuhr Brandenburgs in diese Länder relativ günstig entwickelt. Dies heißt jedoch nicht, daß es das hier angesprochene strukturelle Risiko nicht gäbe. 8

Abbildung 2 Arbeitslosigkeit im Land Brandenburg Arbeitslosenquoten1 ) jeweils im September

9

nehmensbezogenen Diensten auch durch die Ansiedlung von eigentlich überregional orientierten Anbietern verbessern. In die vorliegende Untersuchung zur Situation und zu den Entwicklungsaussichten des Bereichs unternehmensbezogener Dienstleistungen im Land Brandenburg sind deshalb beide Gesichtspunkte einbezogen worden. Ein erheblicher Teil der unternehmensbezogenen Dienste wird von den Unternehmen, die Bedarf an solchen Leistungen haben, selbst erbracht. Diese „internen" Unternehmensdienste werden hier nur am Rande betrachtet. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen die über den Markt getauschten „externen" Dienste. Es handelt sich also im Schwerpunkt um eine sektorale Perspektive, die institutionell abgegrenzte Wirtschaftszweige und nicht funktional definierte Tätigkeiten zum Gegenstand hat. Welche relative Bedeutung die verschiedenen Wege der Befriedigung des Bedarfs an unternehmensbezogenen Diensten haben, ist in Übersicht 1 skizziert. Übersicht 1

Die Untersuchung konzentriert sich zwar auf die von den Ziffern KA72 (Datenverarbeitung), KA73 (Forschung und Entwicklung) und KA74 (Dienstleistungen überwiegend für Unternehmen) der amtlichen Wirtschaftszweigsystematik (WZ 93) abgedeckten Branchen. An manchen Stellen kann dies aber nicht voll durchgehalten werden - entweder aus inhaltlichen Gründen, wenn es geboten erscheint, die sektorbezogenen Tatbestände in einen größeren Zusammenhang einzuordnen, oder aus formalen Gründen, die sich aus dem verfügbaren statistischen Ausgangsmaterial ergeben. Wo immer möglich, wird zwischen hochwertigen und einfachen Unternehmensdiensten differenziert. Hochwertige Dienste wie Unternehmensberatung, Ingenieurleistungen und Werbung 10

sind wegen ihrer Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung der Regionen wesentlich besser erforscht als einfache. Sie stehen auch in dieser Untersuchung im Zentrum der Betrachtung. Eine gewisse Unschärfe in der Abgrenzung unternehmensbezogener Dienste resultiert daraus, daß manche Branchen ihre Leistungen zwar schwerpunktmäßig, aber keineswegs ausschließlich an Unternehmen oder staatliche Institutionen verkaufen. Vor allem in der Rechts- und Steuerberatung, der Bauplanung, der Datenverarbeitung und der Gebäudereinigung spielen auch private Haushalte als Kunden eine Rolle. Schon deswegen ist eine gewisse Grundausstattung mit solchen Diensten in allen Regionen in Abhängigkeit von Bevölkerung und Kaufkraft gegeben. Die relative Bedeutung der verschiedenen Kundenkreise für die regionalen Anbieter von unternehmensbezogenen Diensten ist - für den Durchschnitt über alle Branchen in Übersicht 2 schematisch dargestellt. Im weiteren Verlauf der Untersuchung wird bei den Empfängern von Unternehmensdiensten sektoral weiter differenziert. Übersicht 2

Ziel der Untersuchung ist es, eine möglichst umfassende Bestandsaufnahme zur Größe und Struktur des Sektors unternehmensbezogener Dienstleistungen im Land Brandenburg und seinen Regionen zu erstellen, die Resultate mit der Situation in anderen Bundesländern und Regionen zu vergleichen, eventuelle Defizite Brandenburgs beim Angebot solcher Leistungen zu ermitteln und deren Relevanz für die Entwicklung der übrigen Wirtschaft des Landes abzuschätzen, künftige Entwicklungsperspektiven für den Sektor unternehmensbezogener Dienste in Brandenburg aufzuzeigen und die Fragen zu erörtern, ob und an welchen Stellen politischer Handlungsbedarf besteht und welche Optionen zur Umsetzung ggf. zur Verfügung stehen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn auf der einen Seite der Betrachtungshorizont über Ostdeutschland und auch über Deutschland hinaus erweitert wird; Erkenntnisse zum allgemeinen wirtschaftlichen Strukturwandel sind ebenso einzubeziehen wie deutsche und ausländische Forschungsarbeiten zum Bereich unternehmensbezogener Dienste (Kapitel 2). Auf der anderen Seite muß aber auch versucht werden, aus Spezialuntersuchungen für andere Regionen, die meist auf eigens zu diesem Zweck durchgeführten Untemehmensbefragungen beruhen, Informationen zu gewinnen, die Licht auf diesen statistisch schlecht erschlossenen Sektor werfen und aus denen sich Schlußfolgerungen auch für Brandenburg ableiten lassen (Kapitel 4). 11

2

Unternehmensbezogene Dienstleistungen und wirtschaftliche Entwicklung

2.1

Unternehmensbezogene Dienstleistungen im sektoralen Strukturwandel

Im Jahr 1980 trugen Dienstleistungsunternehmen in Westdeutschland 18 Vi % zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung bei, bis 1996 ist dieser Anteil auf 28 % gestiegen.3 Ähnlich stark war die Strukturverschiebung bei der Beschäftigung. Im Jahr 1996 waren 23 % der westdeutschen Erwerbstätigen in Dienstleistungsunternehmen tätig (1980: 14 Vi %). Am stärksten expandiert haben dabei die unternehmensbezogenen Dienste, d. h. diejenigen, die nicht unmittelbar der Befriedigung der Endnachfrage dienen, sondern von anderen Unternehmen als Input eingesetzt werden (Abbildung 3). Abbildung 3 Beschäftigungsentwicklung in Westdeutschland^ 1980 = 100

1980 1985 1990 1) Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. - 2) In sektoraler Abgrenzung. Quelle: Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.

1995

DIW

Diese sektorale, an der Zuordnung der Unternehmen zu Wirtschaftszweigen orientierte Betrachtung läßt indes den wirtschaftlichen Strukturwandel nur zum Teil erkennen. Zusätzlich zum Bedeutungsgewinn eigenständiger Dienstleistungsunternehmen hat sich nämlich auch innerhalb der warenproduzierenden und -verteilenden Sektoren ein Tertiärisierungsprozeß vollzogen. So ist im verarbeitenden Gewerbe Westdeutschlands der Anteil der in der Fertigung Beschäftigten im Zeitraum 1980 bis 1996 von 60 % auf 56 % zurückgegangen, während die Bereiche Management und Verwaltung sowie Tätigkeiten, die in sektoraler Betrachtung als unternehmensbezogene Dienste bezeichnet werden (Forschung, Entwicklung, Datenverarbeitung, technische und wirtschaftliche Beratung, Werbung), ihren Beschäftigtenanteil von 24 % auf 27 % erhöht haben.

3

Ohne Wohnungsvermietung.

12

Die Kräfte, die das Wachstum unternehmensbezogener Dienstleistungen vorantreiben, sind im Grunde keine neuen Erscheinungen, sondern seit langem wirksame Trends. Zum Teil hat sich ihre Intensität und Ausprägung aber deutlich geändert. Eine dieser Triebkräfte ist die fortschreitende internationale Arbeitsteilung in der Warenproduktion - und immer mehr auch in der Erstellung von Dienstleistungen. In Europa hat diese Entwicklung durch die Öffnung der Grenzen eine zusätzliche Dimension erhalten. Die wirtschaftlich hochentwickelten Länder verlieren ständig einfachere und routinisierbare Fertigungen an Entwicklungs- und Schwellenländer, durch Innovation bei Produkten und Verfahren erschließen sie sich aber auch neue Märkte. Um ihr Einkommensniveau zu halten und Innovationsrenten abzuschöpfen, müssen die Hochlohnländer ihre Aufwendungen für Forschung, Entwicklung, Markteinführung, Qualitätssicherung, Design und nicht zuletzt für die Ausbildung der Arbeitskräfte ständig ausweiten. Diese Veränderungen in der internationalen Arbeitsteilung sind nur Teilaspekte in einem umfassenderen Prozeß der Globalisierung der wirtschaftlichen Aktivitäten, in dessen Verlauf sich auch die hochentwickelten Länder gegenseitig wirtschaftlich intensiver durchdringen. Nicht nur die weltweiten Handels- und Produktionsverflechtungen, sondern auch die Kapitalverflechtungen werden immer enger und verzweigter. Bei den Kapitalströmen ist es in den vergangenen 10 Jahren zu einer starken Beschleunigung der Globalisierung gekommen. Dies gilt nicht nur für die Bildung von Sachkapital und den Erwerb von Beteiligungen (Direktinvestitionen), sondern auch für Finanzanlagen bzw. die Beschaffung von Finanzierungsmitteln (DIW 1997a). Im Zuge dieser Entwicklung ist beispielsweise die Nachfrage nach Investmentbanking sowie nach juristischen und unternehmensstrategischen Beratungsleistungen stark gestiegen. Der rasante technologische Fortschritt in der Datenverarbeitung und der Telekommunikation stellt die Basis dar, auf der sich die Globalisierung erst vollziehen kann. Er führt aber darüber hinaus auch zu veränderten Fertigungstechnologien und Organisationsformen des Produktionsprozesses. Die automatisierte Herstellung großer Serien wird immer mehr abgelöst von ebenfalls hochautomatisierten, aber flexibleren Fertigungsprozessen, bei denen die Umstellung auf neue Varianten oder Produkte leichter möglich ist und, da mit entsprechenden Konsumentenwünschen zusammentreffend, auch realisiert wird. Produktvielfalt und Produktinnovation gewinnen in der Konkurrenz zwischen den Unternehmen immer mehr an Bedeutung. Auch in räumlicher Hinsicht wird die Herstellung von Waren und Dienstleistungen flexibler. Fortschritte bei der computergestützten datenmäßigen Vernetzung erleichtern es, die Unternehmensabläufe, aber auch den Produktionsprozeß im engeren Sinne zu zerlegen und Einzelprozesse nach Kostengesichtspunkten räumlich optimal zu allozieren (vgl. die Erörterung dieses Aspekts bei Gornig u. a. 1996, S. 9 ff.). Durch die erhöhte zeitliche, produktbezogene und räumliche Flexibilität wird der Fertigungsprozeß selbst indes keineswegs arbeitsintensiver, das Gegenteil ist der Fall. Vermehrter Bedarf entsteht aber an produktionsbegleitenden Dienstleistungen wie Softwareentwicklung, Datenverarbeitung, Steuerung und Koordination und auch an Transport. Auswirkungen auf den Bereich unternehmensorientierter Dienstleistungen hat auch die Tendenz der Dezentralisierung der Unternehmen und der Auslagerung einzelner Teilfunktionen. Unter Dezentralisierung ist die Aufspaltung großer Unternehmen in mehrere rechtlich und zum Teil auch wirtschaftlich selbständige Einheiten zu verstehen, wobei eines der wesentlichen Ziele die Effizienzsteigerung durch Abbau von Bürokratie und unübersichtlichen Strukturen sowie durch die Stärkung des Wettbewerbs innerhalb des Unternehmensverbundes ist. 13

Bei der Auslagerung handelt es sich dagegen um die Beauftragung fremder Unternehmen (contracting-out) mit einzelnen Teilleistungen, die zuvor selbst erstellt worden sind. Bei der Entscheidung „make or buy" spielen viele Faktoren eine Rolle. Von Bedeutung sind vor allem Transaktionskosten, die eher für die Selbsterstellung sprechen, sowie Spezialisierungsvorteile und Skalenerträge, die eher den Zukauf von Diensten nahelegen (O'Farrell, Moffat, Hitchens 1993, S. 386 ff.). In funktionaler Hinsicht kommt es durch diese Verlagerungen allerdings nicht zu einer Beschäftigungsausweitung bei unternehmensbezogenen Dienstleistungen. Wenn die angestrebten Effizienzsteigerungen tatsächlich realisiert werden, müßte insgesamt betrachtet sogar eine Reduzierung eintreten. Anders sieht dies in institutioneller, an der Zuordnung der Unternehmen zu Wirtschaftszweigen orientierten Betrachtung aus. Im Wirtschaftsbereich unternehmensbezogener Dienstleistungen erhöht sich die Beschäftigung, wenn entsprechende Leistungen aus anderen Sektoren ausgegliedert werden. Zur quantitativen Bedeutung dieses Faktors gibt es sehr unterschiedliche und sogar gegensätzliche Forschungsergebnisse. In einer Untersuchung für Großbritannien wird fast die Hälfte der von 1979 bis 1985 in den Sektoren Distribution, Finanzierung und Unternehmensdienste geschaffenen Arbeitsplätze der Verlagerung aus anderen Wirtschaftsbereichen zugeschrieben (Rajan, Pearson 1986). Völlig im Gegensatz dazu steht eine Untersuchung auf der Basis einer 1990 durchgeführten Befragung von Industrieunternehmen und von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste4 in Schottland und in Südostengland. Danach gibt es in beiden Sektoren sowohl Integrationsais auch Desintegrationsprozesse. Per saldo überwiegt aber die Internalisierung von Dienstleistungen - bei den Anbietern von Unternehmensdiensten sehr deutlich, bei den Industrieunternehmen weniger stark (O'Farrell, Moffat, Hitchens 1993, S. 396 ff.). Die Expansion im Bereich eigenständiger Anbieter von unternehmensbezogenen Diensten ist dieser Untersuchung zufolge im wesentlichen der gestiegenen Gesamtnachfrage nach solchen Leistungen und nicht ihrer verstärkten Auslagerung zuzuschreiben. Dieser Befund nährt Zweifel an der Gültigkeit des in den 80er Jahren in einer Vielzahl von Forschungsbeiträgen herausgearbeiteten Konzepts des flexibel spezialisierten Unternehmens, das sich zunehmend auf Kernbereiche seiner Kompetenz konzentriert und eingebettet ist in ein Netz von Zulieferern und Kooperationspartnern, die Güter und Dienste je nach Bedarf bereitstellen (für eine kritische Betrachtung vgl. auch Sternberg 1995). Die Befragungsergebnisse aus Schottland und Südostengland beziehen sich zwar auf die Aufschwungjahre 1987 bis 1990; offen bleibt, ob sich für rezessive Phasen möglicherweise ein anderes Bild ergeben würde. Vieles spricht aber gegen eine allzu starke Betonung der Auslagerungsthese. So haben in Westdeutschland im Zeitraum 1980 bis 1996 - wie bereits erwähnt - hochwertige Dienstleistungen nicht nur in der Form eigenständiger Unternehmen, sondern auch innerhalb des produzierenden Gewerbes expandiert (vgl. dazu auch Reissert, Schmid, Jahn 1989). Bei einfachen Unternehmensdiensten wie Gebäudereinigung dürfte allerdings die Auslagerung eine größere Rolle spielen. Ebensowenig wie die hier dargestellten Entwicklungstendenzen stellt das starke Wachstum des Sektors unternehmensbezogener Dienstleistungen etwas grundlegend Neues dar. Bereits

4

Anbieter von Unternehmensdiensten versorgen andere Unternehmen mit Beratungsleistungen etc., sie selbst stehen aber bei ihrer Produktion auch vor der Frage „Selbsterstellung oder Zukauf 4. 14

für die 60er und 70er Jahre ist eine deutlich überdurchschnittliche Entwicklung der „producer services" nachgewiesen worden (Elfring 1989, S. 342)5, und in Anbetracht der weiter zunehmenden Komplexität der Produktions-, Verteilungs- und Finanzierungsprozesse spricht wenig dafür, daß es in absehbarer Zeit zu einer Trendwende kommt. Fast alle Strategien und Maßnahmen der Unternehmen, die die Produkte verbessern und die Produktion effizienter machen sollen, sind unweigerlich mit einem erhöhten Einsatz von unternehmensbezogenen Dienstleistungen verbunden. Dies gilt nicht nur für die industrielle, sondern auch für die Dienstleistungsproduktion selber, in der sich die Kapitalintensität ebenfalls erhöht und einfachere Arbeitsplätze wegrationalisiert werden. „Thus, increased capital intensity in service production does not necessarily reduce reliance on service labour, but simply shifts it to new skills" (Marshall, Wood 1992, S. 1265). An dem trendmäßigen Bedeutungsgewinn der unternehmensbezogenen Dienstleistungen wird sich also nichts ändern, wohl aber werden sich die Tätigkeitsprofile und die relativen Gewichte der einzelnen Zweige dieser Dienstleistungen verschieben - nicht zuletzt als Folge weiterer Umwälzungen auf dem Gebiet der Informationstechnologien (Daniels 1995). Die quantitative Bedeutung, die unternehmensbezogene Dienstleistungen inzwischen erreicht haben, und ihre Funktion im gesamtwirtschaftlichen Produktionsprozeß machen deutlich, daß die gelegentlich immer noch anzutreffende Auffassung, die Industrie sei sozusagen der Motorwagen und die unternehmensbezogenen Dienste der Anhänger, völlig obsolet ist. Auf der einen Seite geht in die Wertschöpfungskette der Warenproduktion von Anfang bis Ende eine Vielzahl von intern und extern erstellten Dienstleistungen ein, und andererseits gewinnen Industriegüter in der Dienstleistungsproduktion immer mehr Bedeutung; sie wird kapitalintensiver und der Rationalisierung zugänglicher. Warenproduktion und unternehmensbezogene Dienstleistungen durchdringen sich gegenseitig und werden sich tendenziell immer ähnlicher. Dies geht in manchen Bereichen so weit, daß die statistische Trennung dieser beiden Sektoren ihren Sinn verloren hat (Marshall, Wood 1992, vor allem S. 1264). nieris (1989) betrachtet denn auch die Industrieproduktion und die unternehmensbezogenen Dienste als komplementäre, gleichrangige Elemente im volkswirtschaftlichen Wertschöpfungsprozeß; die Dienste stellen für ihn dabei aber die „dynamic components" dar.

2.2

Unternehmenbezogene Dienstleistungen im räumlichen Strukturwandel

Wie schlägt sich der Bedeutungsgewinn der unternehmensbezogenen Dienstleistungen räumlich nieder? Wird die Position der Großstädte als Dienstleistungszentren weiter gestärkt oder führen die verbesserten Möglichkeiten der Telekommunikation und des Datentransfers zur räumlichen Diffusion der „business services"? Wie schnell kann Ostdeutschland seine aus DDR-Zeiten tradierte Dienstleistungsschwäche wettmachen und welche räumlichen Muster zeichnen sich dabei ab? Die regionalökonomische Theorie bietet zur Beantwortung dieser Fragen kaum mehr als einige wenige Bruchstücke. Allerdings gibt es eine Vielzahl von empi-

5

Noch stärker als die unternehmensbezogenen Dienste haben in dieser Zeit die - vorwiegend vom Staat erbrachten - sozialen Dienste expandiert. Im Zeitraum 1980 - 1996 hat sich die Beschäftigungsausweitung in den Unternehmensdiensten aber eher noch beschleunigt, während die Sozialdienste wesentlich schwächer expandierten als in den 60er und 70er Jahren. 15

tischen Untersuchungen, auf deren Basis sich generalisierende Hypothesen ableiten lassen, die dann zur Analyse, Erklärung und Prognose der Ausstattung Brandenburgs mit unternehmensbezogenen Dienstleistungen herangezogen werden können. Die räumliche Beschäftigungsentwicklung in Westdeutschland ist seit vielen Jahren durch zwei Tendenzen geprägt: Suburbanisierung und großräumliche Dezentralisierung (Bade 1990; DIW 1996a).6 Die Kernstädte der großen Agglomerationen verlieren Beschäftigtenanteile an ihr Umland und die Agglomerationsräume insgesamt verlieren Anteile an weniger verdichtete Räume. A m günstigsten hat sich die Beschäftigung in ländlichen Gebieten entwickelt. Dieses Muster gilt nahezu für alle Wirtschaftszweige, ganz ausgeprägt auch für unternehmensbezogene Dienstleistungen (Bade 1996). Sogar bei den in der Beschäftigtenstatistik als hochwertig zu identifizierenden Unternehmensdiensten hat sich die Position der wenig verdichteten Räume deutlich verbessert, wenn auch nicht so stark wie bei den einfachen Diensten. Insgesamt sind die regionalen Unterschiede in der Beschäftigtenentwicklung bei den unternehmensbezogenen Diensten wesentlich größer als bei haushaltsorientierten Diensten (Bade 1990, S. 15). An dieser Stelle muß man sich allerdings der Grenzen der Aussagekraft solcher sektoral gegliederten Beschäftigtendaten bewußt sein. Durch die Einteilung der Unternehmen und Betriebe in das Raster der Wirtschaftszweige verschwinden zum Teil sehr unterschiedliche Dinge in einheitlichen statistischen Kategorien. 7 So hat der Bankensektor Südhessens nicht nur ein anderes Volumen, sondern auch eine völlig andere Struktur als derjenige Nordhessens. Die realen räumlichen Differenzen in den Wirtschaftsstrukturen und in der Wirtschaftskraft kommen durch die Beschäftigtendaten nicht richtig zum Ausdruck, wobei die auftretenden Verzerrungen nicht zufallsverteilt, sondern räumlich systematisch sind; in der Tendenz wird die Position der Ballungsräume als zu ungünstig dargestellt. Dies zeigt sich, wenn man Einkommensdaten zur Kennzeichnung der räumlichen Wirtschaftsentwicklung verwendet. Die gesamtwirtschaftliche Bruttowertschöpfung je Erwerbstätigen sowie die höhn- und Gehaltssumme je Industriebeschäftigten sind von 1980 bis zum Beginn der 90er Jahre in den Kernstädten und in den Ballungsräumen insgesamt mindestens ebenso stark gestiegen wie in den übrigen Regionen. Ungeachtet der von den Beschäftigtendaten angezeigten Tendenz zum Ausgleich räumlicher Strukturdiskrepanzen hat sich offenbar an der pyramidenförmigen Verteilung der Wirtschaftsaktivitäten bislang nichts geändert: „Die jeweils am höchsten entlohnten Tätigkeiten bleiben in überproportionalem Maße in den Kernstädten bzw. entstehen dort neu. Je niedriger die Produktivität ist, um so höher sind tendenziell der Suburbanisierungsgrad und der Grad der großräumlichen Dezentralisierung" (DIW 1996a, S. 667). Zu einem ganz ähnlichen Ergebnis kommt eine Untersuchung zur Entwicklung großer Agglomerationen in den USA (Geppert 1996). Daß diese für die Wirtschaft insgesamt und für die Industrie geltenden Aussagen auf den Bereich unternehmensbezogener Dienstleistungen übertragen werden können, läßt sich mangels

6

Bade nennt als dritte raumdifferenzierende Entwicklungstendenz das Süd-Nord-Gefälle. Dieses war in den 80er Jahren stark ausgeprägt. Durch die von der Vereinigung Deutschlands, der Norderweiterung der EU und der Öffnung Osteuropas ausgehenden ökonomischen Effekte ist es in letzter Zeit aber zu einer Aufweichung dieses räumlichen Musters gekommen. Allerdings ist keineswegs sicher, daß es sich um eine nachhaltige Trendwende handelt. 7

Das Problem besteht in ähnlicher Weise bei der Einteilung der Beschäftigten nach ausgeübten Tätigkeiten (DIW 1996a, S. 667). 16

geeigneter Wertschöpfungs- oder Einkommensdaten nicht zeigen, es kann nur vermutet werden. Stark unterstützt wird diese Vermutung durch Untersuchungsergebnisse für Großbritannien. Eine Befragung von Anbietern verschiedener hochwertiger Unternehmensdienste - Unternehmensberatung, Marktforschung, Design - ergab, daß die im Südosten Englands angesiedelten Unternehmen im Durchschnitt eine um fast ein Viertel höhere Bruttowertschöpfung je Beschäftigten erzielen als schottische Anbieter. Bei einer Matched-Pairs-Auswertung, in der Unternehmen aus den beiden Regionen gegenübergestellt werden, die hinsichtlich Alter, Größe und Art der Leistung weitgehend gleich sind, reduziert sich die Produktivitätsdifferenz etwas, mit 17 % ist sie aber immer noch deutlich (O'Farrell, Hitchens, Moffat 1992, S. 523). Diese quantitativen Befunde werden untermauert durch die Herausarbeitung qualitativer Unterschiede im Tätigkeitsprofil der Unternehmen in beiden Regionen. Die Dienstleistungsanbieter im Ballungsraum London sind stärker spezialisiert. Durch intensiven, hauptsächlich über Qualität und weniger über Preise ausgetragenen Wettbewerb untereinander und durch die Ansprüche der Kunden unterliegen sie einem vergleichsweise hohen Druck, ständig Spitzenleistungen und Innovationen hervorzubringen. Dies gestattet es ihnen, höhere Gebühren zu verlangen als ihre schottischen Counterparts und versetzt sie in die Lage, einen erheblichen Teil ihrer Leistungen im Ausland abzusetzen. Die Ergebnisse der Untersuchung wiegen um so schwerer, als die schottischen Vergleichsunternehmen zu 80 % in Edinburgh und Glasgow und nicht etwa auf dem flachen Land angesiedelt sind. Bei einem Vergleich zwischen Ballungsräumen und wirklich ländlichen Regionen wären wohl noch deutlich größere Produktivitätsdifferenzen zu erwarten. Im Zusammenhang mit der räumlichen Verteilung unternehmensbezogener Dienstleistungen spielt es eine Rolle, wie wichtig die räumliche Nähe zwischen Anbietern und Abnehmern solcher Leistungen ist. Nur wenn auf diese Frage eine Antwort gefunden wird, kann abgeschätzt werden, welche Bedeutung unternehmensorientierte Dienstleistungen für eine Region haben, und zwar unter zwei Aspekten: Zum einen geht es um die Entwicklungsperspektiven dieser Dienste im Licht ihrer Abhängigkeit von lokalen Auftraggebern und zum anderen um den Beitrag, den das Potential an unternehmensbezogenen Diensten zur Entwicklung der übrigen Teile der regionalen Wirtschaft und zur Attraktivität der Region als Standort leistet. Die empirische Forschung bietet hier keine völlig eindeutigen und allgemeingültigen Antworten, einige grobe Tendenzen lassen sich aber bestimmen. Anbieter von hochwertigen unternehmensbezogenen Diensten setzen ihre Leistungen zu etwa zwei Dritteln auf dem jeweiligen regionalen Markt ab (vgl. O'Farrell, Hitchens, Moffat 1992, S. 524). Dies spiegelt sich wider in Untersuchungen zum Beschaffungsverhalten der Industrie als eines wichtigen Abnehmers externer Unternehmensdienste. So sind 70 % der Dienstleistungslieferanten südostenglischer Industrieunternehmen in der Region angesiedelt (O'Farrell, Moffat, Hitchens 1993, S. 395; vgl. auch Brake, Bremm 1993 nach v. Einem 1994, S. 40). Diese Zahlen sprechen dafür, daß räumliche Nähe im Verhältnis von Anbieter und Abnehmer unternehmensbezogener Dienste eine große Rolle spielt.8 Dabei gibt es Unterschiede zwischen den verschie8

Die hier angeführten Unternehmensbefragungen beziehen sich nur auf hochwertige Dienste. Bei einfachen Unternehmensdiensten wie Bewachung und Gebäudereinigung kann aber von der Natur der Sache her unterstellt werden, daß räumliche Nähe ein hohes Gewicht hat. Allerdings ist in diesen Branchen der Konzentrationsgrad relativ hoch, so daß als regionale Anbieter häufig Zweigstellen von multiregionalen Unternehmen auftreten. 17

denen Branchen. Nimmt man die verfügbaren Informationen zusammen, so scheinen intraregionale Absatzbeziehungen in den Bereichen Rechts- und Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung, Werbung und Marketing von besonders hohem Gewicht zu sein. In der Unternehmensberatung, der Technologieberatung, der Forschung und Entwicklung, der Marktforschung und der Weiterbildung ist dies offenbar in deutlich geringerem Maße der Fall. Unabhängig von branchenspezifischen Aspekten hängt die räumliche Bindung zwischen Anbieter und Abnehmer in der Tendenz von der Know-how-Intensität und dem Spezialisierungsgrad der Leistung ab. Unternehmensdienste des nahezu täglichen Bedarfs werden - sofern sie nicht ohnehin intern erstellt werden - im näheren Umkreis eingekauft. Für die entsprechenden Anbieter bedeutet dies, daß eine von dem lokalen Nachfragepotential losgelöste Entwicklung kaum möglich ist. Dienstleistungen hingegen, die hochspezialisiertes Know-how verkörpern oder die von dem einzelnen Kunden nur in größeren Abständen nachgefragt werden (z. B. Marktstudien), benötigen größere Absatzgebiete, um rentabel erstellt werden zu können. Schon deswegen stellen für sie Ballungsräume, die über ein großes eigenes Marktpotential und über gute überregionale Verkehrs- und Kommunikationsverbindungen verfügen, die geeigneten Standorte dar. Hinzu kommt, daß diese Räume auch die für solche Dienstleistungen erforderlichen Agglomerationsbedingungen wie Informationsdichte, Kommunikationsmöglichkeiten und ein ausreichendes Potential an hochqualifizierten Arbeitskräften bieten (vgl. hierzu auch v. Einem 1994, S. 39 ff.). Diese Zusammenhänge zeigen sich auch in den bereits zitierten Untersuchungen für Großbritannien, die darüber hinaus den räumlichen Diffusionsprozeß von Innovationen im Bereich unternehmensbezogener Dienste verdeutlichen. Es dauert teilweise Jahre, bis im Raum London entwickelte Neuerungen in die Peripherie durchsickern: „... skills and solutions used several years ago in London were now applied in Scotland" (O'Farrell, Hitchens, Moffat 1992, S. 525). Bei der räumlichen Arbeitsteilung im nationalen Rahmen sind offenbar ganz ähnliche Prozesse wie auf internationaler Ebene wirksam. Die Metropolen verlieren an Zentralität in Know-how-Bereichen, die sich weitgehend zum Standard entwickelt haben; dieser Prozeß wird von der Nachfrage her unterstützt durch die räumliche Dispersion der Bevölkerung und der Industrieproduktion. Die Zentren bringen aber ständig neue Lösungen und Spezialisierungen hervor, „die ihren Vorsprung gegenüber den Großstädten der zweiten Liga sowie den Mittelzentren im ländlichen Raum sichern" (v. Einem 1994, S. 43). Die bisherigen Überlegungen zur räumlichen Verteilung unternehmensbezogener Dienstleistungen beziehen sich im wesentlichen auf den großräumlichen Zusammenhang. Gerade im Hinblick auf mögliche Schlußfolgerungen für Brandenburg ist darüber hinaus aber auch von Interesse, welche kleinräumlichen Entwicklungstendenzen innerhalb von Ballungsgebieten, d. h. im Stadt-Umland-Verhältnis, zu beobachten und künftig zu erwarten sind. Die Ergebnisse der empirischen Forschung zu dieser Frage sind eindeutig: Nicht nur in der Produktion und Verteilung von Waren und bei Konsumdiensten, sondern auch bei unternehmensbezogenen Diensten gab es in Westdeutschland in den 80er und 90er Jahren einen deutlichen Prozeß der Suburbanisierung, d. h. der Verlagerung aus den Kernstädten ins Umland (vgl. z. B. DIW 1996a, S. 665 f.). Dabei zeigen sich zwischen einfachen und hochwertigen Diensten keine großen Unterschiede. Mit der Ansiedlung in verkehrsgünstig gelegenen Gemeinden im Stadtumland versuchen die Unternehmen, den Standortnachteilen der Kernstädte - hohe Mieten und Grundstückspreise, Verkehrsstaus etc. - zu entfliehen, ohne auf die Agglomerationsvorteile ganz verzichten zu müssen. Eher technisch ausgerichtete Unternehmensdienste, die sich 18

an industrielle Kunden wenden und in engem Zusammenhang mit dem Fertigungsprozeß stehen, wählen vielfach auch deswegen Standorte am Ballungsrand, weil die Industrieproduktion ihrerseits stark suburbanisiert (und großräumlich dezentralisiert) ist. Ähnlich wie in deutschen Ballungsräumen, aber eher noch mit größerer Geschwindigkeit, verläuft die Entwicklung im Südosten Englands. Der Anteil von Greater London an der Gesamtbeschäftigung der Region im Bereich „sonstiger unternehmensbezogener Dienste"9 ist von 70 % im Jahr 1981 auf 63 % 1989 gesunken, entsprechend gestiegen ist der Anteil der Subzentren im Umland Londons (Bryson zitiert nach O'Farrell, Hitchens, Moffat 1992, S. 520). Dabei hat die absolute Zahl der Beschäftigten freilich auch im Stadtgebiet Londons in diesem Zeitraum sehr stark - um 146 % - zugenommen. Die zweite im Zusammenhang mit räumlicher Nähe zwischen Anbietern und Abnehmern unternehmensbezogener Dienste hier zu diskutierende Frage ist, inwieweit Quantität und Qualität des lokalen Angebots solcher Leistungen die Entwicklung der übrigen Zweige der regionalen Wirtschaft beeinflussen. In der regionalökonomischen Diskussion wird hier vor allem der Frage nachgegangen, ob periphere Räume aufgrund der relativ schwachen Ausstattung mit hochwertigen Unternehmensdiensten zusätzlich benachteiligt sind - einmal, weil die ansässige Wirtschaft auf diese wichtigen Inputs weniger zurückgreifen kann, und zum anderen, weil potentielle auswärtige Investoren abgeschreckt werden. Bisher gibt es auf diese Frage keine hinreichend konkreten und generalisierbaren Antworten. Möglicherweise ist dies aufgrund jeweils national unterschiedlicher Verhältnisse sowie aufgrund der Vielgestaltigkeit und schnellen Veränderung der Wirtschaftsaktivitäten auch gar nicht möglich. Arbeiten zur Situation in Großbritannien heben zwar hervor, daß das Angebot an und die Nachfrage nach hochwertigen unternehmensbezogenen Diensten in peripheren Regionen hinsichtlich Aktualität, Spezialisierung und Know-how-Intensität hinter den Standards im Raum London zurückbleiben und daß zudem die Preise für vergleichbare Leistungen oft höher sind als im konkurrenzintensiven Südosten Englands. Es wird auch auf die erhöhten Transaktionskosten verwiesen, die peripher gelegene Unternehmen beim Einkauf solcher Dienste von außerhalb der Region zu tragen haben (O'Farrell, Hitchens, Moffat 1992, S. 522 ff.). Dennoch kann ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem regionalen Angebot an Unternehmensdiensten und der Konkurrenzfähigkeit der regionalen Wirtschaft nicht belegt werden. Es erscheint auch fraglich, ob dies überhaupt gelingen kann. Was bedeuten erhöhte Kosten bei der Beschaffung von Unternehmensdiensten, wenn periphere Standorte bei anderen Aufwendungen erhebliche Vorteile bieten? Standortentscheidungen werden ja gerade im trade-off zwischen verschiedenen Kostenarten getroffen. Das räumliche Muster der Wirtschaft, das aus einer Vielzahl von Einflußfaktoren resultiert, muß in seiner Gesamtheit und in seiner arbeitsteiligen Struktur betrachtet werden. Zwischen den unterschiedlichen Raumtypen gibt es strukturelle Diskrepanzen, die in statistischen Aggregaten nicht voll zum Ausdruck kommen. 10 Es ist durchaus denkbar, daß ein Industriebetrieb im ländlichen Raum zwar weniger - oder andere - Dienstleistungen einsetzt als ein statistisch zur selben Branche gehörender Betrieb in einem Ballungsraum. Dennoch kann der räumlich periphere Betrieb in seinem spezifi-

9

Nummer 8395 der Standard Industrial Classification.

10

Vgl. dazu die Darstellung weiter oben in diesem Abschnitt. 19

sehen Tätigkeitsfeld seinen.

sehr wohl ebenso konkurrenzfähig sein wie der zentral gelegene in dem

Hinzu kommt, daß es sich bei den Betrieben in peripheren Regionen häufig um Zweigbetriebe multiregionaler Unternehmen handelt. Da diese ihren Bedarf an Dienstleistungen zum Teil durch unternehmensinternen Beratungstransfer decken, ist ihre Nachfrage nach externen Unternehmensdiensten im allgemeinen relativ gering; auf das lokale Angebot sind sie kaum angewiesen. In Regionen, in denen sich solche Betriebe häufen, haben daher auch Anbieter von unternehmensbezogenen Dienstleistungen relativ schlechte Entwicklungsaussichten. Welche Rolle das regionale Angebot an unternehmensbezogenen Diensten für die Chancen von Regionen spielt, bei der Neuansiedlung von Unternehmen und Betriebsstätten erfolgreich zu sein, läßt sich anhand der verfügbaren Informationen kaum beurteilen. In den üblichen Befragungen nach der Bedeutung von Standortfaktoren wird zwar meist auch das Kriterium „Nähe zu Lieferanten" ausgewiesen, es wird aber nicht nach Waren- und Dienstleistungsbezügen unterschieden (vgl. z. B. Grabow, Henckel, Hollbach-Grömig 1995, S. 328). Abgesehen davon wäre es für die hier diskutierte Fragestellung angemessener, gezielt diejenigen Unternehmen, die aktuell Standortentscheidungen treffen, nach den dabei maßgeblichen Kriterien zu fragen. Derartige Untersuchungen gibt es aber auf repräsentativer Basis nicht. Hier stellt sich auch die Frage nach dem Verhältnis zwischen der räumlichen Abgrenzung von Regionen und der letztlich entscheidenden zeitlichen Distanz, die von Unternehmen im Hinblick auf die Kooperation mit Dienstleistungszulieferern toleriert wird. Letztere wird in einer Untersuchung aus jüngster Zeit für diejenigen Geschäftsbeziehungen, die häufige - auch persönliche - Kontakte implizieren, auf 1 bis 2 Stunden veranschlagt (v. Einem 1994, S. 72). Dies würde bei der in Deutschland vorhandenen Verkehrsinfrastruktur bedeuten, daß nur wenige Regionen deswegen durch das Entscheidungsraster von Investoren fallen, weil die Erreichbarkeit unternehmensbezogener Dienste nicht gegeben wäre. Freilich kann sich diese Aussage nur auf solche Unternehmen bzw. Betriebsstätten beziehen, für die eine Ansiedlung in weniger verdichteten Gebieten überhaupt in Frage kommt. Für Unternehmen, die stark auf Agglomerationsvorteile angewiesen sind, wird selbst das l-bis-2-Stunden-Kriterium nicht hinnehmbar sein. Im Hinblick auf die von unternehmensbezogenen Dienstleistungen ausgehenden Effekte auf die übrige Wirtschaft einer Region ist ein weiterer Aspekt zu berücksichtigen. Inwieweit kann dieser Sektor auch außerhalb der großen Städte - abgesehen von Know-how-Transfers zu anderen lokalen Unternehmen - eine eigenständige Motorfunktion im Sinne des ExportbasisKonzepts übernehmen? Der Spielraum dafür scheint nicht sehr groß zu sein, werden doch Unternehmensdienste zu etwa zwei Dritteln im regionalen Rahmen abgesetzt.11 Zum einen ist

11

Bei dieser starken regionalen Bindung ist es nicht verwunderlich, daß zwischen der Entwicklung der Unternehmensdienste und der Entwicklung anderer Wirtschaftsbereiche auf regionaler Ebene hohe Korrelationen festgestellt werden (Bade 1990, S. 14, v. Einem 1994, S. 34 ff.). Da die regionale Industrie einer der größten Abnehmer von regional erstellten Unternehmensdiensten ist, treten auch hier meist deutliche Korrelationen auf. Damit ist allerdings noch nichts über Kausalitätsbeziehungen gesagt. Ob beispielsweise eine regional günstige Industrieentwicklung die unternehmensorientierten Dienste nachzieht oder ob es umgekehrt ist, bleibt offen. Wahrscheinlich handelt es sich um Prozesse mit wechselseitigen Impulsen (Reissert, Schmid, Jahn 1989, S. 74 ff.), die ausgelöst und vorangetrieben werden von übergeordneten Faktoren wie der räumlichen Lage, der Infrastrukturausstattung oder dem „Wirtschaftsklima" in einer Region. Wenn einmal ein bestimmtes Entwicklungsniveau erreicht ist, treten zudem Effekte kumulativer Verstärkung auf. 20

dies aber nur ein Durchschnittswert, von dem einzelne Branchen, z. B. Unternehmens- und Technologieberatung, deutlich abweichen. Zum anderen anderen muß auch räumlich differenziert werden. Die weiter vorn angesprochene Suburbanisierung macht in der näheren Umgebung der Großstädte nicht halt, und sie ist auch bei unternehmensbezogenen Diensten nicht auf lokal orientierte Aktivitäten beschränkt. Vielmehr bilden sich auch im weiteren Umkreis Subzentren, die davon profitieren, daß die Kernstädte für bestimmte - zum Teil durchaus fernabsatzorientierte - Aktivitäten zu teuer werden. „They handle two major kinds of processes: research and development, and large-scale routine electronic data input, processing and retrieval" (Hall 1994, S. 26). Voraussetzungen fur solche Spillovers über weitere Entfernungen sind freilich eine hohe Dichte und damit hohe Kosten im Zentrum auf der einen Seite und schnelle Verkehrsverbindungen sowie eine gute Ausstattung mit sonstigen Infrastruktureinrichtungen in den potentiellen Entlastungsstandorten auf der anderen Seite. Diese Entwicklungen sind nicht neu, sie dürften aber durch technologische Fortschritte auf dem Gebiet der Kommunikation und der Datennetze neuen Schwung erhalten. Es handelt sich hier um die auf Raumtypen bezogene Konkretisierung dessen, was im Abschnitt 2.1 zur Aufspaltung von Produktionsprozessen und der Optimierung der räumlichen Allokation der Teilprozesse ausgeführt wurde. Im Falle der unternehmensbezogenen Dienstleistungen spricht man von einer Trennung in „front offices" und „back offices", wobei letztere in manchen Fällen Tausende von Kilometern entfernt angesiedelt werden (Daniels 1995, S. 107 f.). In der Regel sind die Entfernungen aber - je nach Notwendigkeit persönlicher Kontakte - wesentlich kleiner. Eine noch junge und stark expandierende Spielart sind in diesem Zusammenhang die CallCenters. Während Kundenbetreuung und Marketing traditionell zu den ureigensten Aufgaben jedes Unternehmens zählten, werden die routinisierbaren Teile dieser Funktionsbereiche jetzt zunehmend ausgelagert. Häufig werden eigenständige Unternehmen beauftragt; eine ganz neue Branche unternehmensorientierter Dienste ist entstanden. Auch hier dürften kleine und mittelgroße Städte innerhalb und am Rand von Ballungsräumen zu den bevorzugten Standorten gehören.

2.3

Hypothesen zur Entwicklung der Unternehmensdienste in Brandenburg

Anknüpfend an die in den vorigen Abschnitten dargestellten Erkenntnisse zum sektoralen und räumlichen Strukturwandel sowie zu Veränderungstendenzen beim Angebot an und der Nachfrage nach Unternehmensdiensten werden im folgenden einige vorläufige Schlußfolgerungen und Hypothesen zur Struktur und zur Entwicklung des Bereichs unternehmensbezogener Dienstleistungen im Land Brandenburg formuliert. Den Hintergrund dafür bilden Untersuchungen zu den wirtschaftlichen Entwicklungstendenzen in Ostdeutschland insgesamt (vgl. z. B. DIW, IfW, IWH 1997) und speziell in den Ländern Brandenburg und Berlin (vgl. DIW 1996b; Eickelpasch, Pfeiffer 1997). -

Hochwertige unternehmensbezogene Dienste, die sich allgemein durch eine starke Großstadtaffinität auszeichnen, müßten in Brandenburg bisher eher schwächer ausgeprägt sein als in den anderen neuen Bundesländern. Das relativ große und vielfaltige Potential Berlins ist für weite Teile Brandenburgs leicht zu erreichen. Vor allem bei spezialisierten, know-how-intensiven Leistungen dürften die Berliner Anbieter die neuen Absatzchancen 21

nutzen, während es Unternehmen in der Umgebung der Stadt schwerfallen dürfte, in den Markt zu kommen - es sei denn, es handelt sich um Niederlassungen größerer auswärtiger Unternehmen. -

Bei einfachen Unternehmensdiensten müßte die Situation eher umgekehrt sein. Diese Leistungen sind zwar ebenfalls stark auf die Großstadt als Absatzgebiet bezogen, sie sind aber weniger als hochwertige Dienste an innerstädtische Standorte gebunden. Die Konkurrenz unter den Unternehmen wird im wesentlichen über den Preis ausgetragen, und spezielles Know-how, dessen Erwerb im allgemeinen sehr zeitaufwendig ist, spielt als Marktzutrittsbarriere keine große Rolle. Der Bereich einfacher Unternehmensdienste müßte also in der Umgebung Berlins vergleichsweise hohe Beschäftigtenanteile aufweisen.

-

Eventuelle Defizite beim lokalen Angebot an unternehmensbezogenen Diensten dürften kein Hindernis für die Entwicklung der übrigen Wirtschaft in den Teilräumen Brandenburgs darstellen. Bei einfachen Diensten ist dies ohnehin nicht zu erwarten, und wenn es stimmt, daß bei kontaktintensiven Lieferbeziehungen eine zeitliche Distanz zum Anbieter von 1 bis 2 Stunden noch toleriert wird, kommt es auch für hochwertige Leistungen kaum in Frage. Dies würde auch bedeuten, daß das jeweils lokale Angebot an Unternehmensdiensten für die Neuansiedlung von Unternehmen in Brandenburg wenig relevant ist, zumal sich Zweigbetriebe häufig unternehmensintern mit den erforderlichen produktionsbegleitenden Dienstleistungen versorgen.

-

Dies ändert nichts daran, daß sich die unternehmensbezogenen Dienste in Brandenburg auch in den kommenden Jahren in engem Zusammenhang mit den übrigen Wirtschaftsbereichen der Region entwickeln werden. Das Ergebnis wird auch davon abhängen, inwieweit dämpfende Effekte, die aus der zu erwartenden Schrumpfung der - planungs- und damit dienstleistungsintensiven - Bautätigkeit resultieren, von steigender Nachfrage durch die Industrie und andere Wirtschaftsbereiche kompensiert wird. Der Nettoeffekt dürfte in den Teilräumen des Landes unterschiedlich ausfallen.

-

In den nächsten Jahren werden die unternehmensbezogenen Dienste in der näheren Umgebung Berlins stärker expandieren als in den übrigen Landesteilen. Ebenso wie in westdeutschen Ballungsräumen werden zum Teil auch hochwertige Dienste aus der Kernstadt heraus in Subzentren des Umlands verlagert. Dieser Prozeß wird durch die allgemeine Randwanderung von Bevölkerung und Gewerbe unterstützt.

-

In dem Maße, wie Berlin seine wirtschaftliche Schwäche überwindet und beginnt, eine Rolle als überregionales Dienstleistungszentrum und als Standort für leitende Unternehmensfunktionen zu spielen, werden sich auch für die weiter von Berlin entfernten brandenburgischen Oberzentren neue Chancen der Ansiedlung von unternehmensbezogenen Dienstleistungen ergeben. Dabei wird sich zwischen diesen Städten je nach Wirtschaftsstruktur, örtlichen Standortgegebenheiten und Infrastrukturangeboten eine Arbeitsteilung herausbilden. Nach den andernorts gemachten Erfahrungen wird es sich bei diesen Diensten zum Teil um typische „back offices", zum Teil aber auch um hochwertige und fernabsatzorientierte Tätigkeiten handeln.

Diese Hypothesen werden im folgenden mit dem verfügbaren Datenmaterial konfrontiert und ggf. korrigiert oder ergänzt. Soweit sie sich auf die Zukunft beziehen, werden sie am Schluß noch einmal aufgegriffen und möglichst zu einem Gesamtbild der künftigen Entwicklung des Bereichs unternehmensbezogener Dienstleistungen in Brandenburg verdichtet. 22

3

Unternehmensbezogene Dienstleistungen im Land Brandenburg

3.1

Vorbemerkung

In den neuen Bundesländern erreichte der Anteil der Dienstleistungsunternehmen an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung 1991 rund 88 % des westdeutschen Niveaus. Seither hat sich diese Lücke verringert, sie betrug 1996 noch rund 8 Prozentpunkte. Eine noch deutlichere Annäherung vollzog sich beim Anteil der Dienstleistungsunternehmen an der Gesamtbeschäftigung. Er war 1991 mit rund 12 % in Ostdeutschland um ein Drittel niedriger als im Westen12, im Jahr 1996 betrug der Abstand noch rund ein Zehntel (21 % zu 23 %). Diese aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung abgeleiteten Relationen skizzieren den Gesamtrahmen, in den sich die unternehmensbezogenen Dienstleistungen einordnen. Eine für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung geeignete sektorale und regionale Differenzierung ist aber auf dieser Basis nicht möglich, und andere zur Verfügung stehende Informationen können diese Lücke nur unvollständig füllen. Die Analysemöglichkeiten werden vor allem dadurch eingeschränkt, daß für den hier betrachteten Sektor keine Daten zur Wertschöpfung oder zu anderen Einkommenskategorien vorliegen. Damit sind Aussagen zur wirtschaftlichen Leistung und zur Produktivität nicht möglich. Um diesen Mangel wenigstens etwas zu lindern, wird hier auf die Umsatzsteuerstatistik zurückgegriffen. Sie bietet in tiefer sektoraler Gliederung Informationen zur Zahl der Unternehmen und zum Umsatz nach Bundesländern. Ein wesentlicher Nachteil liegt allerdings in der mangelnden Aktualität; die neuesten Daten beziehen sich auf das Jahr 1994. Dies kann daher nur ein Einstieg in eine vertiefte und zeitnähere Analyse der Strukturen im Bereich unternehmensbezogener Dienstleistungen sein. Dabei spielt die detaillierte Auswertung der Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten eine zentrale Rolle. Auf dieser Basis und mit Hilfe weiterer Informationen aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und dem Mikrozensus wird zunächst die Zahl der Erwerbstätigen in den einzelnen Zweigen der unternehmensbezogenen Dienste geschätzt, und zwar für das Land Brandenburg sowie für Ost- und Westdeutschland. Die regional tiefergehende Analyse für Teilgebiete Brandenburgs und für andere, zum Vergleich herangezogene Raumtypen und Regionen kann sich nur auf die Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stützen. Selbständige, die in Ostdeutschland einen Anteil von gut 12 % (in Westdeutschland rund 22 Vi %) an der gesamten Erwerbstätigenzahl im Bereich unternehmensbezogener Dienste haben, bleiben damit in der detaillierten Regionalbetrachtung unberücksichtigt. Allerdings kann zur Vermeidung von Fehlinterpretationen - insbesondere im Ost-West-Vergleich - auf die im vorigen Absatz skizzierte Analyse von Erwerbstätigendaten zurückgegriffen werden. Einen großen Stellenwert für die empirische Aufarbeitung der Strukturen im Bereich hochwertiger unternehmensbezogener Dienste im Land Brandenburg nimmt die Auswertung einer vom DIW durchgeführten Befragung von mehr als 1 100 ostdeutschen Unternehmen dieses Sektors ein. Die in anderen Untersuchungsschritten vorgenommene Analyse von Beschäftig12

Ohne WohnungsVermietung. 23

tenstrukturen läßt sich mit diesem Datenmaterial in einer Reihe von Aspekten mikroökonomisch fundieren. Die Auswertung gestattet vor allem Aussagen zur Kapazitätsauslastung, zur Auftrags- und Ertragslage, zur räumlichen Absatzstruktur, zu örtlichen Standortbedingungen und zur Bedeutung von Maßnahmen der Wirtschaftsförderung.

3.2

Zahl der Unternehmen und Umsatz im Jahr 1994

Die Produktivität (Bruttowertschöpfung je Erwerbstätigen) im gesamten privaten Dienstleistungssektor Ostdeutschlands liegt gegenwärtig bei der Hälfte des westdeutschen Niveaus (DIW, IfW, IWH 1997, S. 30); ein erheblicher Teil dieser Differenz ist auf Unterschiede in der Branchenstruktur zurückzuführen. Für unternehmensorientierte Dienste liegen solche Informationen nicht vor; ersatzweise wird hier auf Umsatzdaten zurückgegriffen. In der Abbildung 4 und der Tabelle 1 (sowie ausführlicher in den Tabellen A 1 und A 2) sind die Umsätze des Jahres 1994 bezogen auf die Einwohnerzahl für die neuen Bundesländer sowie für Bayern und Schleswig-Holstein dargestellt. 13 Das Land Brandenburg liegt in diesem Vergleich etwas unter dem ostdeutschen Durchschnitt, der ganz erheblich durch die Spitzenstellung Sachsens geprägt wird. Im Bereich Rechts-, Steuer- und Unternehmensberatung liegt Brandenburg mit deutlichem Abstand vor den anderen neuen Ländern, ebenso deutlich ist aber die relative Umsatzschwäche des Landes bei Architektur- und Ingenieurbüros. Abbildung 4 Umsatz

1)

im Bereich hochwertiger Unternehmensdienste DM je Einwohner 1994

1 600 1 400 1 200

• Brandenburg • Ostdeutschland ^Schlesw.-Holstein • Bayern

1 000 800 600 400 200

0 W erbung Rechts-, Architektur-, Steuer-, Ingenieurbüros, Untern.Labors beratung 1) Lieferungen und Leistungen nach Umsatzsteuerstatistik. Bayern o. Beteilig.gesellsch.. Quellen: Statistische Landesämter. Datenverarb., Software

13

Erfaßt sind nur Unternehmen mit einem steuerbaren Umsatz von 25 000 D M und mehr.

DIW

25

6

58 20 36 30

89 30 36 28

48

8

8

35112 32 736

33 537

1 665 33 395

1 622

32 041

1 896

75

10

33

Quellen: Statistische Landesämter, Umsatzsteuerstatistik 1994.

1 779 33 422

1) Lieferungen und Leistungen. - 2) Ohne Ostberlin. - 3) Ohne Beteiligungsgesellschaften.

Wirtschaft insgesamt

Ausgewählte Dienste insgesamt

6

Sachsen 70

SachsenAnhalt

17

622 21

111

86 060

64 394

1 396

25

1 708

332

1 622

5

4 075

3 637

3

Bayern *

5180

4 447

16 415

2

Insgesamt *

434 28 292

Thüringen

1 585 1 557 1 777 1 723 1 311 401 223 310 282 266 302 1 455 961 595 658 843 660 635 703 951 614 61 146 77 67 71 80 526 46 50 35 69 36 46 43 167 140 137 124 90 132 209 197 313 340 374 519 213 359 1 171 1 475

17

Forschung und Entwicklung

63 56

Dienste überwiegend für Unternehmen Rechts-, Steuer-, Unternehmensberatung Architektur-und Ingenieurbüros, Labors Werbung Detekteien und Schutzdienste Reinigung v. Gebäuden, Invent., Verkehrsm. Sonstige Dienste

DM

Umsatz11 je Einwohner 1994 MecklenburgBrandenburg Vorpommern

Datenverarbeitung, Datenbanken Softwarehäuser Datenverarbeitungsdienste

Tabelle 1

SchleswigHolstein

Da die Umsatzsteuerstatistik für Brandenburg nicht in ausreichender sektoraler Differenzierung zur Verfügung steht (vgl. Tabelle A l ) , fällt es schwer, diese regionalen Unterschiede zu interpretieren. Konkurrenz durch Berliner Unternehmen wäre ein möglicher Erklärungsansatz für die relativ niedrigen Umsätze von Architektur- und Ingenieurbüros. Offen bleibt aber, warum dann die - zusammengefaßten - Branchen Rechts-, Steuer- und Unternehmensberatung in Brandenburg einen höheren Umsatz je Einwohner erzielen als im Durchschnitt Ostdeutschlands. Im Ost-West-Vergleich fallen die Unterschiede innerhalb Ostdeutschlands indes kaum ins Gewicht. Im Durchschnitt der neuen Bundesländer erreichte der Sektor unternehmensbezogener Dienste im Jahr 1994 nicht einmal die Hälfte des westdeutschen Leistungsniveaus. Lediglich die Architektur- und Ingenieurbüros sowie einfache Unternehmensdienste (Schutzdienste und Gebäudereinigung) kamen auf Umsätze je Einwohner, die mit den entsprechenden Werten für die alten Bundesländer vergleichbar waren. Auch wenn man berücksichtigt, daß die Umsatzsteuerstatistik das Gefälle etwas überzeichnet 14 und daß sich der Rückstand Ostdeutschlands von 1994 bis heute verringert haben dürfte, bleibt festzuhalten, daß die im Sektor unternehmensorientierter Dienste erzeugte Wirtschaftsleistung bezogen auf die Bevölkerung in Ostdeutschland noch immer wesentlich geringer ist als in Westdeutschland. Zwar dürften auch die Kapazitätsauslastung und die Produktivität im Osten niedriger und die Unternehmen im Durchschnitt kleiner sein als im Westen (vgl. Tabelle A 3), von größerer Bedeutung ist aber die Tatsache, daß es in Ostdeutschland wesentlich weniger Unternehmen gibt. Dies macht die Relation von Umsatzsteuerpflichtigen und Einwohnern deutlich (Tabelle 2). Die Unternehmensdienste entwickeln sich in engem Zusammenhang mit den übrigen Wirtschaftszweigen. Von dieser Regel können sich zwar einzelne, kleine Regionen - vor allem Großstädte - abkoppeln, für größere Räume oder ganze Volkswirtschaften gilt sie aber (vgl. dazu auch Abschnitt 2.2). Die Nachfrage nach Unternehmensdiensten hat in Ostdeutschland 1994 je 100 000 Einwohner 250 Anbieter solcher Leistungen getragen, in Bayern und Schleswig-Holstein waren es 465. Dies resultiert sowohl aus der in Ostdeutschland geringeren Wirtschaftsleistung je Einwohner als auch aus der spezifischen Struktur - hoher Anteil von Zweigbetrieben und Tochterunternehmen westdeutscher und ausländischer Muttergesellschaften (vgl. DIW, IfW, IWH 1997, S. 61 ff.).

3.3

Zahl der Erwerbstätigen

Im Rahmen dieser Untersuchung wurde eine eigene Schätzung der Erwerbstätigenzahlen für das Jahr 1996 auf der Basis der Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten erstellt (Tabelle 3). In diesen Daten fehlen zwar - anders als in den Berechnungen im Rahmen der

14

Alle Umsätze werden am Sitz der Unternehmen erfaßt und in der regionalen Gliederung der Ergebnisse entsprechend zugeordnet. Regionen mit vielen Zweigniederlassungen und relativ wenigen Unternehmenszentralen erscheinen damit nach dieser Statistik wirtschaftlich schwächer, als es ihrer tatsächlichen Leistung entspricht. Allerdings ist diese Verzerrung im Regional vergleich vor allem in der Industrie und im Handel von Bedeutung. In dem hier untersuchten Bereich unternehmensbezogener Dienstleistungen, in dem kleine und mittelgroße rechtlich selbständige Einheiten vorherrschen, dürfte sie eine wesentlich geringere Rolle spielen.

26

2697,1

2483,2

Quellen: Statistische Landesämter, Umsatzsteuerstatistik 1994.

1) Ohne Ostberlin.

Wirtschaft insgesamt

245,4

238,0

3,1

Ausgewählte Dienste insgesamt

2,5

2,3 6,6

227,2 51,3 94,5 19,4 4,3 2,0 21,5 35,6

2,8

Forschung und Entwicklung

8,3 1,9 5,8

Dienste überwiegend für Unternehmen 234,6 Rechts-, Steuer-, Unternehmensberatung 51,8 Architektur-und Ingenieurbüros, Labors 98,9 Werbung 19,5 Detekteien und Schutzdienste 3,0 Reinigung v. Gebäuden, Invent., Verkehrsm. 24,2 Sonstige Dienste 37,0

7,9 1,1 6,3

Sachsen

1,5

2714,4

277,8

264,6 62,9 109,3 27,1 3,8 2,3 19,6 42,0

1,2

7,4

8,8 3,9

2351,6

223,8

5,6

29,1 2,7 24,7

2812,5

242,0

29,6

Insgesamt1*

2628,6

3249,9

465,1

SchleswigHolstein

465,0

29,2 137,3

429,8 121,6 132,7 33,3

3491,4

18,3 101,0

21,1 35,4 250,1

428,6 137,1 105,7 36,1

Bayern

239,0 56,4 100,2 21,8

25,6

Thüringen

231,9 57,7 100,3 20,2 1,4 18,2 31,8

SachsenAnhalt

215,0 52,0 89,7 18,2 2,9 1,4 22,9 26,5

2,3

10,1 7,6 8,7 2,1 3,2 2,2 3,6

MecklenburgBrandenburg I Vorpommern I

Umsatzsteuerpflichtige je 100 000 Einwohner 1994

Datenverarbeitung, Datenbanken Softwarehäuser Datenverarbeitungsdienste

Tabelle 2

28 6

20 36

58

1 622

1 896

35112 32 736 33 537 33 395 32 041

1 665

28

48

8

8

Quellen: Statistische Landesämter, Umsatzsteuerstatistik 1994.

75

10

33

70

SachsenAnhalt

17

622 21

111

33 422

1 396 86 060 64 394

1 779

1 708

5 180

4 447

5

16 415

2

Insgesamt *

434 28 292

Thüringen

557 1 777 1 723 1 311 1 622 282 266 302 1 455 961 660 635 703 951 614 77 67 71 80 526 332 35 69 36 46 43 25 124 90 132 209 197 519 213 359 1 171 1 475

30

30 36

89

Sachsen

1) Lieferungen und Leistungen. - 2) Ohne Ostberl n. - 3) Ohne Beteiligungsgesellschaften.

Wirtschaft insgesamt

Ausgewählte Dienste insgesamt

6

1 585 1 401 223 310 595 658 843 61 146 46 50 167 140 137 313 340 374

17

Forschung und Entwicklung

63 56

Dienste überwiegend für Unternehmen Rechts-, Steuer-, Unternehmensberatung Architektur- und Ingenieurbüros, Labors Werbung Detekteien und Schutzdienste Reinigung v. Gebäuden, Invent., Verkehrsm. Sonstige Dienste

DM

Umsatz1* je Einwohner 1994 MecklenburgBrandenburg Vorpommern

Datenverarbeitung, Datenbanken Softwarehäuser Datenverarbeitungsdienste

Tabelle 3

4 075

3 637

Bayern *

3

SchleswigHolstein

volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung - die geringfügig Beschäftigten, sie erlauben aber eine weitgehende sektorale und regionale Untergliederung. 15 Es zeigt sich, daß die Erwerbstätigenanteile von Unternehmen, die haushaltsbezogene Dienstleistungen anbieten, in Ostdeutschland und vor allem in Brandenburg deutlich höher sind als in den alten Bundesländern. Bei Finanzdienstleistungen und unternehmensbezogenen Diensten ist das Bild dagegen genau umgekehrt, und auch dabei hebt sich Brandenburg vom Durchschnitt der neuen Länder ab (vgl. auch Abbildung 5). Abbildung 5 Erwerbstätige 1* in Dienstleistungsunternehmen 1996 Je 1 000 Einwohner

45 40 35 30

• Brandenburg • Ostdeutschland • W estdeutschland

25 20 15 10

Finanzdienste

Hochwertige Unternehmensdienste

Einfache Unternehmensdienste

Konsumdienste

1) Ohne geringfügig Beschäftigte. Quellen: Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten; Schätzungen des DIW.

IDIW

Für den Sektor Unternehmensdienste insgesamt ist die Differenz im Ost-West-Vergleich zwar nicht sehr groß, deutliche Unterschiede treten aber in einer differenzierteren Betrachtung hervor. Hochwertige Dienste sind in den neuen Ländern vergleichsweise schwach, einfache Dienste dagegen stark vertreten. Eine weitere Differenzierung zeigt, daß die Diskrepanzen noch größer wären, wenn nicht der bedeutendste Zweig hochwertiger Unternehmensdienste, Architektur- und Ingenieurbüros, in Ostdeutschland einen vergleichsweise hohen Beschäfti-

15

Da die Schätzung auf den Daten der Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aufbaut, muß die sektorale Gliederung der - schon sehr alten - Systematik der Bundesanstalt für Arbeit folgen. Dies hat Abweichungen gegenüber der aktuellen Wirtschaftszweigsystematik des Statistischen Bundesamtes (WZ 93) zur Folge. So fehlt in der Beschäftigtenstatistik die Branche Datenverarbeitung. Die entsprechenden Unternehmen sind entweder dem Zweig Wirtschaftsberatung (kaufmännische und organisatorische DV) oder den Architektur- und Ingenieurbüros (DV im Zusammenhang mit technischer Beratung) zugeordnet. Derzeit wird die Beschäftigtenstatistik auf die W Z 93 umgestellt. Die Daten für 1997 werden sowohl in der alten als auch in der neuen Gliederung zur Verfügung stehen.

29

gungsbeitrag leisten würde. Letzteres erklärt sich durch das hohe Niveau der Bautätigkeit in Ostdeutschland; die gesamtwirtschaftlichen Bauinvestitionen waren 1996 bezogen auf die Bevölkerung um 80 % höher als in den alten Bundesländern. Die dadurch ausgelöste Nachfrage nach baubezogenen Planungs- und Ingenieurdiensten wird zum allergrößten Teil nicht durch Eigenleistung der Investoren, sondern durch Einkauf bei spezialisierten Unternehmen gedeckt. Dabei ist offenbar die räumliche Nähe zwischen Anbietern und Nachfragern von großer Bedeutung, so daß ostdeutsche Anbieter gute Marktchancen haben und westdeutsche sich häufig gezwungen sehen, Niederlassungen in Ostdeutschland zu gründen. 16 Für die relativ hohen Erwerbstätigenanteile einfacher Unternehmensdienste in Ostdeutschland sind die Zweige Gebäudereinigung und Wachdienste maßgeblich. Zum Teil läßt sich dies damit erklären, daß sich im Zuge der Privatisierung und Umstrukturierung der Wirtschaft in den neuen Bundesländern ein höherer Grad an Externalisierung solcher Leistungen herausgebildet hat, als es in Westdeutschland, wo sich die gewachsenen Strukturen langsamer ändern, der Fall ist (DIW, IfW, IWH 1997, S. 25 und 49). Da diese Leistungen noch weniger als etwa Planungs- und Ingenieurdienste „handelbar" sind, sondern vor Ort sowohl erstellt als auch verbraucht werden, unterliegen einheimische Anbieter nur insoweit der Konkurrenz durch auswärtige Unternehmen, als letztere Niederlassungen in Ostdeutschland einrichten. Darüber hinaus dürfte von Bedeutung sein, daß die Marktzutrittsbarrieren bei einfachen Diensten gering sind. Bei hoher Arbeitslosigkeit drängen viele Menschen in diese Tätigkeiten, auch wenn die erzielbaren Einkommen relativ niedrig sind. Die in Abschnitt 2.3 formulierte Hypothese zum Bereich hochwertiger Unternehmensdienste im Land Brandenburg wird durch diese Daten bestätigt. Sowohl in der Summe als auch in jeder einzelnen Branche liegt der Erwerbstätigenbesatz deutlich unter dem Wert für Ostdeutschland insgesamt. Nur teilweise unterstützt wird hingegen die Hypothese zu den einfachen Unternehmensdiensten; die Erwartung, daß Brandenburg hier über ein vergleichsweise großes Potential verfügen müßte, bestätigt sich ansatzweise nur im Falle der Wach- und Botendienste. Allerdings ist das „Defizit" Brandenburgs gegenüber den anderen neuen Bundesländern bei den einfachen Unternehmensdiensten weniger als halb so groß wie bei den hochwertigen Diensten. Die Tatsache, daß die Zahl der Anbieter von unternehmensbezogenen Dienstleistungen in Relation zur Bevölkerung in Ostdeutschland wesentlich geringer ist als in Westdeutschland (vgl. den vorigen Abschnitt), schlägt sich auch in der Struktur der Erwerbstätigen nieder. Der Anteil der Selbständigen ist in den neuen Bundesländern - und auch in Brandenburg - im Durchschnitt der Branchen mit gut 12 % nur etwas mehr als halb so hoch wie in Westdeutschland. Bei hochwertigen Diensten ist die Diskrepanz relativ betrachtet geringer als bei einfachen (16 % zu 26 % gegenüber 8 Vi % zu 17 Vi %). Dies resultiert aber allein aus unterschiedlichen Strukturen im Bereich Grundstücks- und Wohnungswesen. In Ostdeutschland prägen größere Wohnungsgesellschaften diesen - sehr heterogenen - Zweig offenbar stärker als in Westdeutschland.

16

Eine gewisse Rolle dürfte auch das Angebot spielen. Technische Ausbildungsgänge und Berufe hatten in der DDR ein relativ hohes Gewicht, Dienste wie Rechts- und Wirtschaftsberatung, Werbung etc. gab es dagegen kaum. Dementsprechend haben Ingenieurbüros, vor allem solche, die baubezogene Dienste anbieten, deutlich weniger Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden, als die übrigen Branchen des Bereichs hochwertiger Unternehmensdienste (vgl. DIW, IfW, I W H 1997, S. 34 und 42 ff.). 30

Die vergleichsweise geringe Nachfrage nach hochwertigen Unternehmensdiensten in Ostdeutschland hat sowohl zur Folge, daß die Unternehmen in diesem Bereich kleiner sind als in Westdeutschland, als auch, daß ihre Zahl bezogen auf die Bevölkerung niedriger ist als im Westen. Allerdings war die Abweichung bei der Zahl der Unternehmen bzw. Betriebe mit sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 1996 nicht sehr groß. Dies läßt - vor dem Hintergrund der in Abschnitt 3.2 dargestellten Daten aus der Umsatzsteuerstatistik - darauf schließen, daß es in den neuen Bundesländern deutlich weniger allein tätige Selbständige im Bereich hochwertiger Unternehmensdienste gibt als in Westdeutschland.

3.4

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte - Regionen in Brandenburg

Die Analyse auf Landesebene reicht nicht aus, um die Position Brandenburgs als Standort unternehmensbezogener Dienstleistungen beurteilen zu können. Dazu sind die raumstrukturellen Unterschiede zwischen den Bundesländern zu groß. Besonders deutlich wird dies, wenn man Sachsen zum Vergleich heranzieht. Das Land wird wesentlich geprägt durch drei für ostdeutsche Verhältnisse große Ballungsräume mit jeweils etwa 1 Million Einwohnern. Dies findet seinen Niederschlag nicht nur in der Wirtschaftskraft und der Wirtschaftsstruktur des Landes insgesamt, sondern auch in der räumlichen funktionalen Arbeitsteilung zwischen den unterschiedlichen Teilgebieten. Die Großstädte Dresden, Leipzig und Chemnitz sind die beherrschenden Zentren unternehmensbezogener Dienstleistungen in Sachsen. Im Falle des Wirtschaftsraumes Berlin-Brandenburg stellt Berlin das dominierende Zentrum dar, es gehört aber nicht zum Land Brandenburg. Die funktional zusammenhängende Region ist administrativ zerschnitten. Daraus resultiert: Brandenburg und Sachsen sind wirtschaftsstrukturell nicht vergleichbar. Ein zweiter Grund für eine regional differenzierte Betrachtung innerhalb Brandenburgs ergibt sich aus der Unterschiedlichkeit der Teilräume des Landes. Ein Durchschnittswert, der stark von den Verhältnissen im Umland Berlins geprägt wird, sagt wenig über die Situation in den äußeren Landesteilen. Entsprechend diesen Überlegungen werden hier drei Teilgebiete Brandenburgs gebildet: der ländliche Norden, der Verflechtungsraum mit Berlin und der etwas verstädterte (und altindustriell geprägte) Süden. Aus Datengründen muß eine kreissscharfe Abgrenzung gewählt werden, auch wenn dabei raumstrukturell erhebliche Unschärfen in Kauf genommen werden müssen (vgl. Karte). 17 Diesen brandenburgischen Regionen werden als Referenzkulisse die GebieXstypen Ballungsräume, verstädterte Räume und ländliche Räume gegenübergestellt - jeweils für Ost- und Westdeutschland. Um die Spannweite zwischen den zu diesen Kategorien gehörenden Regionen zu skizzieren, werden darüber hinaus unterschiedlich strukturierte einzelne Vergleichsregionen herangezogen: Raum München Raum Stuttgart

17

-

Dienstleistungs- und High-Tech-Zentrum wachstumsstarkes Industriezentrum

Zusätzlich werden die Beschäftigtendaten auch für die brandenburgischen Planungsregionen ausgewertet.

31

Raum Hannover Raum Hamburg Raum Dresden Raum Leipzig Nord-Hessen Oberpfalz Nord

wachstumsschwaches Industriezentrum Dienstleistungszentrum Dienstleistungs- und High-Tech-Zentrum Dienstleistungszentrum schwach verstädterter Raum ländlicher Raum

Analyseregionen für das Projekt Unternehmensbezogene Dienstleistungen im Land Brandenburg"

Norden Umland Berlins Süden

32

Die räumlich differenzierte Betrachtung innerhalb Brandenburgs kann sich aus Datengründen allerdings nur auf (sozialversicherungspflichtige) Arbeitnehmer beziehen. B e i den hier vorgenommenen Regionalvergleichen innerhalb Ostdeutschlands dürfte dies aber kein Problem darstellen, denn die Selbständigenquote Brandenburgs entspricht dem Durchschnittswert der neuen Bundesländer, und es ist nicht zu erwarten, daß die drei nach raumstrukturellen Gesichtspunkten gebildeten Teilgebiete des Landes sich hinsichtlich der Selbständigenanteile wesentlich vom Durchschnitt der entsprechenden Raumtypen i n Ostdeutschland unterscheiden. Anders sieht es bei Vergleichen m i t westdeutschen Regionen und Raumtypen aus. Hier sind die i m vorigen Abschnitt diskutierten Unterschiede i n den Anteilen von Selbständigen an allen Erwerbstätigen i n Rechnung zu stellen. Die bloße Gegenüberstellung von Arbeitnehmerzahlen liefert für die ostdeutschen Regionen ein zu günstiges Bild. Dies w i r d deutlich, wenn man die Tabellen 3 und A 14 vergleicht. Die Auswertung der Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die die Basis für die regional differenzierte Analyse darstellt, ist i n den Tabellen A 4 bis A 21 ausführlich dokumentiert. Die textliche Darstellung konzentriert sich auf die Kommentierung des regionalen Vergleichs der Besatzkennziffern (Beschäftigte j e 1 000 Einwohner), wie sie i n den Tabellen A 14 bis A 18 und A 21 dargestellt sind. Die wichtigsten Eckwerte werden zusätzlich i m Textteil als Abbildungen präsentiert. Das Land Brandenburg insgesamt ist i m Vergleich m i t den anderen neuen Bundesländern unterdurchschnittlich m i t unternehmensbezogenen Dienstleistungsfunktionen ausgestattet. Dieses bereits durch die Analyse von Umsatz- und Erwerbstätigendaten gefundene Resultat ergibt sich auch anhand der Arbeitnehmerzahlen. Die Betrachtung der einzelnen neuen Länder macht aber deutlich, daß es sich ausschließlich u m Differenzen i m Vergleich mit Sachsen handelt. Gegenüber den drei anderen Ländern weist Brandenburg - zumindest bei den hochwertigen Unternehmensdiensten - keinen Rückstand auf (Abbildung 6 und Tabelle A 14). I m Bereich einfacher Dienste ergibt sich die relativ ungünstige Position Brandenburgs i m wesentlichen aus der geringen Bedeutung von Leiharbeitsfirmen. 18 Ausstrahlungseffekte Berlins kommen hier als Erklärung kaum i n Betracht, denn auch dort ist diese Beschäftigungsform nur schwach vertreten (Tabelle A 16). Welche Bedeutung raumstrukturelle Unterschiede für Regionalvergleiche bezüglich des Potentials an unternehmensbezogenen Diensten haben, zeigen die Abbildungen 7 und 8. Sowohl hochwertige als auch einfache Dienste sind stark auf Ballungsräume und dort wiederum auf die Kernstädte konzentriert. Während es in Westdeutschland dabei aber eine eindeutige, hierarchische Rangfolge von Kernstädten über das Stadtumland und die weniger verdichteten Gebiete bis zu den ländlichen Räumen gibt, ragen i n Ostdeutschland die Großstädte vergleichsweise stark heraus. Die übrigen Raumkategorien verfügen - bei minimalen Differenzen untereinander· nur über ein Drittel des Beschäftigtenbesatzes der Z e n t r e n . D i e s e s räumliche

18

Die bei diesen Unternehmen angestellten Arbeitnehmer werden in der sektoralen Abgrenzung voll den Unternehmensdiensten zugerechnet, tatsächlich beschäftigt sind sie aber auch in anderen Wirtschaftsbereichen. 19

Bei dieser Betrachtung ist die Teil-Stadt Ostberlin ausgeklammert worden, weil das Bild sonst stark verzerrt würde (vgl. Tabellen A 15 bis A 17).

33

Verteilungsmuster gilt für hochwertige Dienste ebenso wie für einfache (vgl. dazu auch DIW 1997b). In Berlin ist die Beschäftigtenzahl im Bereich unternehmensbezogener Dienstleistungen in Relation zur Bevölkerung deutlich niedriger als in anderen deutschen Großstädten; dies gilt vor allem für hochwertige Unternehmensdienste (Abbildung 9 und Tabelle A 16). Der Rückstand gegenüber dem westdeutschen Spitzenreiter München ist riesig. Mit Blick auf Brandenburg interessiert aber weniger das relative als das absolute Potential Berlins, und dieses ist sehr groß. Berlin nimmt als Zentrum unternehmensbezogener Dienste für Brandenburg die Postion ein, die Dresden, Leipzig und Chemnitz zusammen für Sachsen haben. Das Land Brandenburg kann deshalb mit hochwertigen Unternehmensdiensten nicht so gut ausgestattet sein wie Sachsen (vgl. auch die erste Hypothese in Abschnitt 2.3). Abbildung 6 Unternehmensbezogene Dienste nach Bundesländern Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 je 1 000 Einwohner

30

25

20

15

10

Bra

S-A

M-V • Alle

• Hochwertig

NBL 1) • Einfach

1) Einschließlich Ostberlin. Quelle: Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.

! DIW

Der Vergleich der einzelnen Teilräume Brandenburgs mit den entsprechenden Raumkategorien West- und Ostdeutschlands offenbart, daß das Angebot an unternehmensbezogenen Dienstleistungen keineswegs kleiner ist als in vergleichbaren Regionen. Eher ist das Gegenteil der Fall. Im Umland von Berlin ist das Potential hochwertiger Unternehmensdienste etwas größer als im Durchschnitt ostdeutscher Ballungsrandgebiete (Abbildung 10 und Tabelle A 17). Gegenüber der entsprechenden Raumkategorie in Westdeutschland ist der Rückstand insgesamt nicht sehr groß, hier ist aber auf eine breite Streuung zu verweisen. Das Umland von Stuttgart und vor allem das von München weisen wesentlich höhere Besatzziffern auf.

34

Abbildung Unternehmensbezogene Dienste

n a u m e n

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 je 1 000 Einwohner

Unternehmensdienste insgesamt 35 • Ostdeutschland • Westdeutschland

30 25 20 15 10 5

0 Ballungsräume

Wenig verdichtete Regionen

Ländliche Regionen

Insgesamt

Hochwertige Dienste 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2

0 Ballungsräume

Wenig verdichtete Regionen

Ländliche Regionen

Insgesamt

Einfache Dienste 18 16 14 12 10 8 6 4 2

0 Ballungsräume

Wenig verdichtete Regionen

Ländliche Regionen

Quelle: Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten

Insgesamt

DIW

35

Abbildung 8 Unternehmensbezogene Dienste in Ballungsräumen1* Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 je 1 000 Einwohner

Unternehmensdienste insgesamt 60 • Ostdeutschland • Westdeutschland

50 40 30 20 10

Ballungsräume

Großstädte

Stadtumland

Hochwertige Dienste 40 35 30 25 20 15 10 5

0 Ballungsräume

Großstädte

Stadtumland

Einfache Dienste 35 30 25 20 15 10 5

0 Ballungsräume

Großstädte

1) Ohne Ballungsraum Berlin. Quelle: Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.

36

Stadtumland

DIW

Abbildung Unternehmensbezogene Dienste in B l n Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 je 1 000 Einwohner

Berlin

Ostdeutsche Großstädte 1)

1) Ohne Ostberlin. - 2) Ohne Westberlin. Quelle: Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.

Westdeutsche Großstädte 2)

DIW

Abbildung 10 Unternehmensbezogene Dienste im Umland von Berlin Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 je 1 000 Einwohner 25

20

15

10

Umland Berlins

Stadtumland Ostdeutschland 1)

1) Ohne Umland Berlins. Quelle: Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.

Stadtumland Westdeutschland

DIW I

37

Abbildung Unternehmensbezogene Dienste in

Banen

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 je 1 000 Einwohner

SüdBrandenburg

Ostdeutsche Regionen 1)

Westdeutsche Regionen 1)

1) Wenig verdichtete Regionen in Ostdeutschland bzw. Westdeutschland. Quelle: Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.

DIW I

Abbildung 12 Unternehmensbezogene Dienste in Nord-Brandenburg Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 1996 je 1 000 Einwohner

NordOstdeutsche Brandenburg Regionen 1) 1) Ländliche Regionen in Ostdeutschland bzw. Westdeutschland. Quelle: Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.

38

Westdeutsche Regionen 1)

DIW I

Ganz ähnliche Resultate zeigen sich für die beiden anderen Teilgebiete Brandenburgs. Sowohl der Norden als auch der Süden nehmen gegenüber vergleichbaren Regionen eher eine etwas günstigere Position im Hinblick auf das Angebot an hochwertigen unternehmensbezogenen Dienstleistungen ein (Abbildungen 11 und 12 sowie Tabelle A 18). In beiden Fällen ist dafür ein vergleichsweise großes Potential im Bereich Architektur- und Ingenieurbüros maßgeblich. Dies führt auch im Ost-West-Vergleich zu günstigen Werten für die brandenburgischen Regionen. Obwohl die brandenburgischen Planungsregionen sich raumstrukturell insofern ähneln, als alle an Berlin grenzen und damit einen Teil des Berliner Umlandes einschließen, gibt es zwischen ihnen deutliche Unterschiede im Besatz mit unternehmensbezogenen Dienstleistungen (Tabellen A 19 bis A 21). Zu einem erheblichen Teil hängen die Differenzen davon ab, wie sich das Berliner Umland - nach Größe und Wirtschaftskraft - auf die einzelnen Planungsregionen verteilt. Die höchsten Besatzziffern weist die südwestlich an Berlin grenzende Region Havelland-Fläming auf, und zwar sowohl bei den hochwertigen als auch bei den einfachen Unternehmensdiensten (vgl. dazu auch Abbildung 2 zur Arbeitslosigkeit in Brandenburg). Die mit Abstand ungünstigste Position nimmt die Region Prignitz-Oberhavel ein. Bei den hochwertigen Diensten resultiert dies fast ausschließlich aus einer geringen Beschäftigtenzahl in Architektur- und Ingenieurbüros. Für die einfachen Unternehmensdienste zeigen sich durchgängig deutlich niedrigere Besatzziffern als im Durchschnitt Brandenburgs.

3.5

Unternehmensbefragung

Im Rahmen einer im Herbst 1996 durchgeführten großen Unternehmensbefragung, die der Beobachtung und Analyse des wirtschaftlichen Entwicklungsprozesses in Ostdeutschland diente, hat das DIW auch Angaben von rund 1 100 Anbietern hochwertiger unternehmensbezogener Dienstleistungen erhalten. Diese Daten sind für die vorliegende Untersuchung nach Bundesländern und innerhalb Brandenburgs nach Regionen ausgewertet worden. Bei rund 200 beteiligten brandenburgischen Unternehmen erschien es allerdings sinnvoll, nur zwei Regionen zu bilden, die Mitte und die äußeren Landesteile (Tabellen A 22, A 23 und A 32). Die Befragung liefert Informationen zur wirtschaftlichen Situation der Unternehmen (Kapazitätsauslastung, Auftrags- und Ertragslage), zur räumlichen Absatzstruktur, zur Beurteilung der örtlichen Standortbedingungen sowie zur Inanspruchnahme und Bedeutung der Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung. Da ausschließlich ostdeutsche Unternehmen befragt wurden, sind freilich nur Aussagen zur relativen Position Brandenburgs im Vergleich zu den übrigen neuen Bundesländern, nicht aber im Ost-West-Vergleich möglich. Einschätzungen von Unternehmen zu einem bestimmten Zeitpunkt stellen zwar immer eine Momentaufnahme dar, in der sich neben strukturellen Gegebenheiten auch die jeweils aktuelle Wirtschaftslage spiegelt. Da aber konjunkturelle Schwankungen im Sektor unternehmensbezogener Dienste wesentlich schwächer sind als etwa in der Industrie und da sich der Aufholprozeß Ostdeutschlands gegenüber Westdeutschland allmählich vollzieht, kann davon ausgegangen werden, daß die Ergebnisse der hier ausgewerteten Befragung nicht nur von kurzfristiger Gültigkeit sind. Die Kapazitäten waren Ende 1996 bei mehr als einem Viertel der Unternehmen „eher gut" und bei der Hälfte „eher befriedigend" ausgelastet, ein Fünftel der Befragten klagte über zu 39

niedrige Auslastungsgrade (Tabelle A 24 und Abbildung 13). Dieses Bild ist in allen hier betrachteten Dienstleistungsbereichen gleich. Differenzen zeigen sich erst auf der Ebene der Bundesländer. Die brandenburgischen Unternehmen waren insgesamt etwas besser ausgelastet als die in den übrigen Ländern. Vergleichsweise ungünstig ist dabei aber die Situation der Anbieter von Datenverarbeitungsdiensten. Abbildung 13 Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste Beurteilung von Auftragslage und Kapazitätsauslastung Ende 1996 nach Bundesländern

Kapazitätsauslastung

Bin (O) • Eher gut

• Befriedigend

lEher schlecht

Auftragslage

Bin (O)

Bra • Eher gut

• Befriedigend

Quelle: Unternehmensbefragung des DIW im Herbst 1996.

40

lEher schlecht

DIW

Zwischen den Einschätzungen der Unternehmen zur Kapazitätsauslastung Ende 1996 und denen zur Auftragslage gibt es keine großen Unterschiede (Tabelle A 25). Dies dürfte im wesentlichen dadurch bedingt sein, daß zwischen der Hereinnahme und der Bearbeitung von Aufträgen nur wenig Zeit verstreicht. Aktuelle Nachfrageveränderungen müßten schon sehr deutlich und abrupt sein, wenn sie zu einer größeren Diskrepanz in der Beurteilung der beiden Tatbestände führen sollen. Dies scheint allerdings im Bereich Datenverarbeitung Ende 1996 auch der Fall gewesen zu sein. Die Auftragssituation wurde - auch von den ohnehin relativ schlecht ausgelasteten brandenburgischen Anbietern - als erheblich ungünstiger eingeschätzt als die Kapazitätsauslastung.1 Eine spürbare Nachfrageabschwächung hat es offenbar auch bei den Architektur- und Ingenieurbüros in Brandenburg (und in Ostberlin) gegeben. In diesem Bereich war die Ausgangsposition in Brandenburg allerdings günstiger als in den anderen Bundesländern. Die Ertragslage der ostdeutschen Anbieter von Unternehmensdiensten muß - auch ohne, daß westdeutsche Vergleichswerte zur Verfügung stehen - als ungünstig bezeichnet werden. Knapp die Hälfte der Unternehmen operierte 1995 ohne Gewinn, und weniger als ein Viertel erzielte Überschüsse, die von den Geschäftsleitungen als akzeptabel eingeschätzt wurden (Tabellen A 26 und A 27 sowie Abbildung 14). Und wie die Angaben für 1996 zeigen, kann von einer eindeutigen Tendenz zur Verbesserung nicht die Rede sein. Zwar hat sich der Anteil der Unternehmen, die mit Verlusten arbeiten, verringert, noch stärker ist aber der Anteil derjenigen zurückgegangen, die befriedigende Gewinne erzielen. Diese Entwicklung hat sich offenbar 1997 fortgesetzt (vgl. DIW, IfW, IWH 1997, S. 41). Dabei spielt ein konjunktureller Aspekt eine wesentliche Rolle. Die deutlich nachlassende Baunachfrage in Ostdeutschland hinterläßt ihre Spuren in den Auftragsbüchern und mehr noch in den Bilanzen vieler Architektur- und Ingenieurbüros, und dies beeinflußt das Gesamtbild für die hier betrachteten hochwertigen Unternehmensdienste ganz erheblich. In den übrigen Bereichen - Datenverarbeitung, Unternehmensberatung, Werbung, Marktforschung - hat sich die Ertragssituation von 1995 auf 1996 alles in allem nicht verschlechtert. Diese für Ostdeutschland insgesamt geltenden Aussagen lassen sich im großen und ganzen auf Brandenburg übertragen. Die bereits im Zusammenhang mit der Kapazitätsauslastung und der Auftragslage beobachteten Abweichungen vom Durchschnitt der neuen Länder - in der Datenverarbeitung auf der einen sowie bei Architektur- und Ingenieurbüros auf der anderen Seite - finden ihre Fortsetzung in den Angaben zur Ertragslage. Anhaltspunkte zur Leistungsfähigkeit der Anbieter von Unternehmensdiensten lassen sich aus ihrer Stellung auf überregionalen und ausländischen Märkten ableiten. Daß es dabei große regionale Unterschiede - vor allem zwischen Ballungsräumen und peripheren Gebieten - gibt, wurde anhand von Forschungsergebnissen aus Großbritannien gezeigt (vgl. Abschnitt 2.2). Auf der Ebene der ostdeutschen Bundesländer zeigt sich ein solches Muster indes (noch) nicht. Aufgrund der Siedlungsstruktur wäre zu erwarten, daß in Sachsen der Anteil fernabsatzorientierter Anbieter von Unternehmensdiensten höher ist als in den anderen Ländern; dies ist aber nicht der Fall (vgl. Tabelle A 28 und Abbildung 15). In einem großräumigeren Sinn haben die ostdeutschen Ballungsräume bisher kaum überregionale Ausstrahlung entwickeln können (vgl. auch DIW 1997b).

1

In Anbetracht der Zahl der beteiligten Unternehmen sollten branchenbezogene Aussagen auf Länderebene eher als Hinweise denn als Befunde mit Anspruch auf statistisch gesicherte Repräsentativität interpretiert werden. 41

Abbildung 14 Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste Beurteilung der Ertragslage 1995 und 1996 nach Bundesländern

Ertragslage 1995

% 20

Bin (O) • Akzeptabler Gewinn

DGeringer Gewinn

DAusgegl. Ergebnis

•Deutlicher Verlust

Ertragslage 1996

Bin (O) • Akzeptabler Gewinn

DGeringer Gewinn

DAusgegl. Ergebnis

Quelle: Unternehmensbefragung des DIW im Herbst 1996.

42

IDeutlicher Verlust

DIW

Abbildung 15 Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste Fernabsatzorientierung nach Bundesländern Unternehmen mit einem Fernabsatzanteil 1 ) von mehr als einem Viertel in % aller Unternehmen 30 • 1995

25

• 1996

20

% 15 10

Bin (O)

Bra

M-V

Sa

S-A

Th

NBL

1) Fernabsatz = Absatz in den alten Bundesländern oder im Ausland. Quelle: Unternehmensbefragung des DIW im Herbst 1996.

DIW

Rund 40 % der ostdeutschen Anbieter unternehmensbezogener Dienste sind weitgehend auf den lokalen Markt konzentriert; sie setzen ihre Leistungen zu mehr als zwei Dritteln i n einem Umkreis von etwa 30 k m ab. 2 Die brandenburgischen Unternehmen unterscheiden sich i n dieser Hinsicht nicht von denen in den anderen neuen Bundesländern. Bei der Präsenz auf weiter entfernten Märkten ist dies etwas anders. Unternehmen, die mehr als ein Viertel ihrer Leistungen an Kunden i n Westdeutschland oder i m Ausland verkaufen, hatten 1995 i n Brandenburg einen Anteil von 15 % an allen befragten Anbietern von Unternehmensdiensten. I m Durchschnitt Ostdeutschlands lag der Wert bei 18 %. Auch in dieser Differenz dürfte sich die Zentrumsfunktion Berlins bei hochwertigen Unternehmensdiensten niederschlagen. Die räumliche Absatzstruktur der ostdeutschen Anbieter von unternehmensbezogenen Dienstleistungen verbessert sich i m Zeitverlauf, und dies nicht nur i m Durchschnitt, sondern - wie Abbildung 15 nahelegt - auf breiter Front, auch i m Land Brandenburg. Die Begrenztheit auf das lokale Umfeld nimmt ab, und die Erfolge auf weit entfernten, konkurrenzintensiven Märkten nehmen zu. Allerdings ist das erreichte Niveau immer noch niedrig. A u f der Basis der Unternehmensangaben i m Rahmen der hier dargestellten Befragung kann der auf Westdeutschland und das Ausland entfallende Umsatzanteil der ostdeutschen Anbieter von Unternehmensdiensten für 1996 auf knapp ein Zehntel geschätzt werden. Auch wenn v o l l vergleichbare Zahlen für westdeutsche und andere westeuropäische Regionen nicht existieren, wird anhand von zumindest ähnlichen Informationen deutlich, daß der Fernabsatzanteil dort

2

Dabei ist zu bedenken, daß Branchen, die üblicherweise fast ausschließlich im lokalen Rahmen operieren - Rechtsberatung, Steuerberatung -, in die Befragung nicht einbezogen waren.

drei- bis viermal so hoch ist wie in Ostdeutschland (vgl. IFO Dresden 1997, S. 16; O'Farrell, Hitchens, Moffat 1992, S. 524). Diese Diskrepanz zeigt, wie stark sich die Marktstellung der ostdeutschen Anbieter von Unternehmensdiensten noch verbessern muß, wenn sie einen ähnlichen Beitrag zum „Export" und damit zum regionalen Einkommensniveau leisten wollen wie entsprechende Unternehmen in Westdeutschland. Unter den Faktoren, die die Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen bestimmen, spielen auch die örtlichen Standortbedingungen eine Rolle. Die hier dargestellte Befragung bietet Informationen darüber, wie die Unternehmen die Qualität der Infrastruktur und die der kommunalen Verwaltung einschätzen. Nimmt man Ostberlin, wo es kaum ernsthafte Infrastrukturprobleme gibt, aus der Betrachtung heraus, so zeigt sich, daß ein Viertel der Anbieter von Unternehmensdiensten in Ostdeutschland erheblich mit Defiziten in der örtlichen Infrastruktur zu kämpfen hat (vgl. Tabelle A 29). Mit Ausnahme von Sachsen gibt es dabei zwischen den einzelnen Bundesländern keine großen Unterschiede. Knapp die Hälfte der Unternehmen hält die jeweilige Kommunalverwaltung für zu schwerfällig und sieht darin gleichzeitig ein erhebliches Hindernis für die eigene Tätigkeit. In überdurchschnittlichem Maße gilt dies für die mit Bauplanung befaßten Architektur- und Ingenieurbüros (DIW, IfW, I W H 1997, S. 34). Im Land Brandenburg ist die Unzufriedenheit deutlich größer als in fast allen anderen neuen Ländern (Tabelle A 29). Dies signalisiert politischen Handlungsbedarf, auch wenn die Probleme anhand der Befragungsergebnisse nicht weiter spezifiziert werden können. Die ostdeutsche Wirtschaft wird durch eine Vielzahl von Förderungsmaßnahmen unterstützt. Diese Hilfen stehen auch den Anbietern von unternehmensbezogenen Diensten zur Verfügung. Mehr als 80 % von ihnen werden in irgendeiner Form gefördert, die meisten durch mehrere Maßnahmen gleichzeitig (vgl. Tabelle A 30). Am stärksten in Anspruch genommen werden diejenigen Hilfen, die im Steuerrecht verankert sind - die Investitionszulagen3 und die Sonderabschreibungen. Eine große Rolle spielen aber auch Zuschüsse für die Einstellung bestimmter Arbeitnehmer (z. B. Auszubildende, Langzeitarbeitslose), die von mehr als der Hälfte der Unternehmen genutzt werden, sowie verbilligte Kredite, die meist im Zusammenhang mit Investitionen gewährt werden. Die relative Bedeutung der einzelnen Förderungsarten ist zwar in allen Bundesländern ähnlich. An einigen Stellen weicht Brandenburg aber doch signifikant vom ostdeutschen Durchschnitt ab (vgl. Abbildung 16): Die Investitionszulage wird von weniger, die Investionszuschüsse im Rahmen der GRW 4 dagegen von mehr Unternehmen in Anspruch genommen als in den anderen neuen Bundesländern. Beratungs- und Qualifizierungshilfen werden von den brandenburgischen Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste vergleichsweise stark genutzt. Dies gilt auch für Finanzhilfen zur Konsolidierung und zur Liquiditätssicherung. Den Gründen für die regionalen Unterschiede in der Bedeutung der verschiedenen Maßnahmenbündel kann hier nicht weiter nachgegangen werden. Dazu müßten die Branchenstrukturen, die Betriebsgrößenstrukturen und vor allem die Förderungspolitik aller neuen Bundesländer im einzelnen untersucht werden.

3

Die Investitionszulagen sind im Investitionszulagengesetz geregelt. Ebenso wie bei den Sonderabschreibungen haben die Unternehmen - bei Erfüllung der Voraussetzungen - einen Rechtsanspruch auf die Vergünstigung. 4

Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur".

44

Abbildung 16 Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste Geförderte Unternehmen in % aller Unternehmen nach Bundesländern

Investitionszulagen Investionszuschüsse Sonderabschreibungen Verbilligte Kredite Eigenkapitalhilfen Existenzgründungshilfen Innovationsförderung • Ostdeutschland • Brandenburg

Absatzförderung Beratungshilfen £ Managementqualifizierung p Konsolidierungshilfen £ Einstellungszuschüsse Γ

X

Arbeitnehmerqalifizierung £ 0

10

20

30

Quelle: Unternehmensbefragung des DIW im Herbst 1996.

40

50

60

70

80

DIW

Informationen zur Inanspruchnahme staatlicher Hilfen führen zwar zu einer groben Vorstellung davon, welche Bedeutung die Förderungsmaßnahmen im Wirtschaftsprozeß haben. Sie sagen aber wenig darüber aus, wie die Unternehmen konkret reagieren. Dies herauszufinden und für die Gestaltung der Förderungspolitik nutzbar zu machen, erforderte eine eingehende Wirkungsanalyse der einzelnen Maßnahmen, und auch dann blieben manche Fragen offen (vgl. Brenke u. a. 1989). Eine solche umfassende Evaluation kann hier nicht geleistet werden, die Ergebnisse der Unternehmensbefragung gestatten aber einige erste Einblicke in die Effekte der Förderungsmaßnahmen. Nur bei der Hälfte der - auf welche Weise auch immer - geförderten Unternehmen wirken sich die Maßnahmen unmittelbar auf das Investitionsverhalten aus (vgl. Tabelle A 30). In diesen Fällen werden Projekte zeitlich vorgezogen und/oder quantitativ und qualitativ aufgestockt. In den Einschätzungen und Verhaltensweisen unterscheiden sich die brandenburgischen Anbieter von Unternehmensdiensten nicht von denen in den anderen neuen Ländern. Die Diskrepanz zwischen der Inanspruchnahme von Förderungsmitteln und der Umsetzung in Investitionen steckt die Größenordnung ab, in der mit Mitnahmeeffekten zu rechnen ist. Allerdings ist zu beachten, daß die Hilfen sehr wahrscheinlich auch indirekte Auswirkungen haben. Der Zufluß von finanziellen Mitteln und von Know-how stärkt in der Regel die Erträge und damit die Finanzbasis für Investitionen, auch wenn ein unmittelbarer Zusammenhang mit bestimmten Projekten nicht besteht.

45

Von den subjektiven Einschätzungen der Begünstigten kann zwar nicht unbedingt auf die letztendlichen Auswirkungen der staatlichen Hilfen geschlossen werden. Die Aussagen der Unternehmer zum Nutzen der einzelnen Förderungsmaßnahmen können aber Hinweise darauf geben, ob die Programme und die Förderpraxis den Bedürfnissen der Wirtschaft entsprechen. Ist dies nicht der Fall, so sind die Bedingungen für einen zufriedenstellenden Wirkungsgrad der Maßnahmen von vornherein schlecht. Im Rahmen der Befragung haben die Anbieter hochwertiger Unternehmensdienste auch Angaben darüber gemacht, wie nützlich die einzelnen Unterstützungen für sie waren - „sehr nützlich", „auch nützlich" oder „wenig nützlich". Für die Beantwortung dieser Frage spielt natürlich der Fördersatz bzw. das Subventionsäquivalent der jeweiligen Maßnahme eine große Rolle. Darüber hinaus ist aber auch von Bedeutung, ob ein Vorhaben durch öffentliche Hilfen nur begleitend unterstützt oder überhaupt erst ermöglicht wird. Letzteres trifft z. B. bei Existenzgründungen und Innovationen häufig zu. Diese Überlegungen spiegeln sich deutlich wider in den Antworten der Unternehmen auf die Frage, welche der von ihnen genutzten Präferenzen „sehr nützlich" waren. Investitionszuschüsse, verbilligte Kredite, Eigenkapital- und Existenzgründungshilfen sowie die Innovationsförderung erreichen die höchsten Werte (Tabelle A 31). Die brandenburgischen Anbieter von Unternehmensdiensten beurteilen nahezu alle Fördermaßnahmen zurückhaltender, als es im Durchschnitt Ostdeutschlands der Fall ist (Abbildung 17). Ein schärferes Bild schält sich heraus, wenn man die Daten etwas differenzierter betrachtet. Die Ostberliner Unternehmen ragen mit ausgesprochen positiven Bewertungen deutlich heraus.5 Sieht man davon ab, so zeigen sich für Brandenburg bei den meisten Förderungsarten ähnliche Unternehmerurteile wie für andere Bundesländer. Stark ausgeprägt sind aber die Diskrepanzen bei den Investitionszuschüssen im Rahmen der GRW sowie bei der Innovationsförderung durch verschiedene Bundes- und Landesprogramme. Warum die brandenburgischen Dienstleister den Nutzen dieser beiden Förderungsarten deutlich niedriger einschätzen als diejenigen in allen anderen neuen Bundesländern, kann anhand der verfügbaren Informationen nicht geklärt werden. Bei den Investitionszuschüssen und bei einem Teil der Hilfen zur Innovationsförderung ist die Vergabe der Mittel Sache des Landes. Es sollte geprüft werden, ob es in der Gestaltung der Programme oder in der Förderpraxis Schwächen gibt, die die Verwendbarkeit der Hilfen für die Anbieter hochwertiger Unternehmensdienste einschränken. Entsprechendes gilt für Beratungsangebote sowie Hilfen zur Management- und Arbeitnehmerschulung. Auch diese Förderungsmaßnahmen werden von den brandenburgischen Unternehmen weniger günstig beurteilt als von denen in anderen Bundesländern. Dies ist um so wichtiger, als Know-how und Innovationen von großer Bedeutung für die Erschließung überregionaler Märkte und damit für die Loslösung von der begrenzten lokalen Nachfrage sein dürften. Staatliche Hilfen können dabei entscheidende Anstöße geben, denn im Durchschnitt sind die ostdeutschen Anbieter von hochwertigen unternehmensbezogenen Dienstleistungen aus eigenen Erträgen nicht in der Lage, mit den Innovationsaktivitäten entsprechender westdeutscher Unternehmen mitzuhalten (IFO Dresden 1997, S.18).

5

Die vergleichsweise hohe Wertschätzung der Ostberliner Unternehmen für die verschiedenen Förderungsmaßnahmen deckt sich mit den Angaben zu den Wirkungen der Hilfen. Der Zusammenhang zwischen der Inanspruchnahme von Förderungsmitteln und dem Investitionsverhalten ist bei den Ostberliner Unternehmen deutlich stärker als bei denen aus anderen Bundesländern (vgl. Tabelle A 30). 46

Abbildung 17 Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste Beurteilung der Hilfen als „sehr nützlich" in % aller jeweils begünstigten Unternehmen nach Bundesländern

Investitionszulagen Investionszuschüsse Sonderabschreibungen Verbilligte Kredite Eigenkapitalhilfen Existenzgründungshilfen Innovationsförderung Absatzförderung • Ostdeutschland • Brandenburg

Beratungshilfen Managementqualifizierung Konsolidierungshilfen Einstellungszuschüsse Arbeitnehmerqalifizierung 0

10

20

30

Quelle: Unternehmensbefragung des DIW im Herbst 1996.

40

50

60

70

80

DIW

Die Unternehmensbefragung kann prinzipiell auch für Regionen Brandenburgs ausgeweitet werden. Wegen der begrenzten Fallzahl ist es dabei aber nicht sinnvoll, den Norden und den Süden des Landes getrennt zu betrachten (vgl. Karte in Abschnitt 3.4). Die Region „Mitte" reicht in kreisscharfer Abgrenzung deutlich über den Verflechtungsbereich mit Berlin hinaus, und dies führt - abgesehen von damit verbundenen analytischen Unschärfen - zu einem Ungleichgewicht im Verhältnis zu den „äußeren Landesteilen" (vgl. Tabelle A 32). Dennoch dürfte sich auf der Basis der vorliegenden Angaben für die beiden Teilgebiete ein weitgehend zuverlässiges Bild im Hinblick auf einige wesentliche Strukturmerkmale im Bereich hochwertiger Unternehmensdienste ergeben. Trotz der unter raumstrukturellen Gesichtspunkten nicht ganz befriedigenden Regionsabgrenzung zeigt sich ein deutliches Zentrum-Peripherie-Muster. Die Ertragslage der Anbieter hochwertiger Unternehmensdienste war 1995 in den äußeren Landesteilen insgesamt betrachtet vergleichsweise ungünstig. Der Anteil der Unternehmen mit akzeptablen Gewinnen war dort zwar höher, der Anteil derjenigen, die überhaupt Überschüsse erzielen, aber niedriger als in der Mitte des Landes. Von 1995 auf 1996 hat sich dieses Bild eher noch akzentuiert (Tabelle A 33 und Abbildung 18). In dieselbe Richtung deuten die Einschätzungen zur Auftragslage Ende 1996. Im Gebiet Mitte beurteilt rund ein Fünftel der Unternehmen die Situation als schlecht, in den äußeren Landesteilen ist es dagegen fast ein Drittel (Tabelle A 33 und Abbildung 19).

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Abbildung 1 Befragung von Anbietern hochwertiger Unternehmensdienste rtragslage in Brandenburg

Ertragslage 1995 40 35 30 25 20 15 10 5 η

I 1II 1 Γ1

Akzeptabler Gewinn

• Mitte