Ueber die Folgen der Verletzungen auf Eisenbahnen insbesondere der Verletzungen des Rückenmarks: Mit Hinblick auf das Haftpflichtgesetz 9783111477879, 9783111110851

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Ueber die Folgen der Verletzungen auf Eisenbahnen insbesondere der Verletzungen des Rückenmarks: Mit Hinblick auf das Haftpflichtgesetz
 9783111477879, 9783111110851

Table of contents :
Inhalts - Verzeichniss.
Einleitung .
Abschnitt I. Die äusseren Verletzungen, sowie die Verletzungen innerer Organe, mit Ausnahme der Läsionen des Rückenmarks
Abschnitt II. Die Verletzungen und Erschütterungen des Rückenmarks und ihre Folgen
Abtheilung I. Fälle sicher constatirter traumatischer Erkrankungen des Rückenmarks und seiner Häute.
Abtheilung II. Fälle erwiesener Simulation von traumatischer Erkrankung· des Rückenmarks und seiner Häute.
Abtheilnog III. Fälley bei denen es zweifelhaft blieb, ob organische Erkrankung des Rückenmarks, Functionsstörung oder lediglich Simulation vorlag.

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Ueber

die Folgen der Verletzungen auf

Eisenbahnen insbesondere

der Verletzungen des Rückenmarks.

Mit Hinblick auf das Haftpflichtgesetz dargestellt von

Dr. Johannes Rigler, pr. A r z t etc.

Berlin, Druck und Verlag von G. R e i m e r . 1879.

V o r w o r t .

W enn ich es wage, in Nachstehendem das Ergebniss von Untersuchungen, zu denen ich durch zufällige Umstände veranlasst wurde, der Oeffentlichkeit zu übergeben, so geschieht dies lediglich in der Hoffnung, durch meine Mittheilungen möglicherweise zur weiteren Klärung eines bisher weniger durchforschten und doch in mehrfacher Beziehung überaus

inter-

essanten Gebietes anzuregen. Ueber die nächsten Ziele, sowie den Plan

der

Arbeit, berichtet die einleitende Vorbemerkung; hier

IV

Vorwort.

genüge es anzudeuten, wie äusserst schwierig es war, das in umfangreichen

Acten zerstreute und

durch

vielfache Nachforschungen erst zu ergänzende Material zu

sammeln,

um

meine

Darlegungen

der

Nach-

sicht des Lesers und einer milden Beurtheilung empfehlen. Berlin 15. Januar 1879.

Dr. Johannes Rigler, pract. Arzt etc.

zu

Inhalts - Verzeichniss.

Seite

Einleitung

1

Abschnitt I. Die äusseren Verletzungen, sowie die Verletzungen innerer Organe, mit Ausnahme der Läsionen des Rückenmarks Fall L

Angeblich plötzlich entstandener Hodensackbruch

F a l l II.

Fraktur beider Unterschenkel

9 13 15

F a l l I I I . Angeblich chronisches Lungenleiden, durch Stoss gegen die Brust entstanden

15

F a l l IV. Chronisches Lungenleiden in Folge eines Stosses gegen die Brust. Leichte Erschütterung des Rückenmarks

17

F a l l V. Chronischer Lungenkatarrh, angeblich in Folge eines Stosses gegen die rechte untere Brustgegend

19

F a l l VI. Angebliche Erwerbsunfähigkeit durch eine leichte Contusion am Kopf veranlasst

20

F a l l VII. Contusion an der linken Seite des Kopfes; angeblich hierdurch veranlasstes chronisches Hirnleiden

22

F a l l VIII.

24

Contusion am Hinterkopf; angeblich chronisches Hirnleiden

VI

Inhalts - Verzeichniss.

Abschnitt II. Seite

Die Verletzungen und Erschütterungen des Rückenmarks und ihre Folgen

33

A. Anatomische, physiologische, diagnostische und therapeutische Vorbemerkungen 33 B. Casuistik

47 Abtheilnng I .

Fälle sicher

constatirter traumatischer Erkrankungen Rückenmarks und seiner Häute

des 47

F a l l IX. Fall vom Bremssitz bei einem Zusammenstoss; chronische Myelomeningitis

47

F a l l X. Entgleisung. Myelomeningitis

50

Heftiger Fall auf den Rücken.

Chronische

F a l l X I . Zusammenstoss. Chronische Myelitis. Relativ sehr günstiger Verlauf und Ausgang in theilweise Genesung

52

F a l l X I I . Zusammenstoss. Acute Myelomeningitis ascendens, wahrscheinlich ausgehend von einem Blutaustritt in den Häuten . . . Ε a 11 X I I I . Entgleisung. Starke Stösse in den Rücken. Chronische Myelitis

55

F a l l XIV. Zusammenstoss. theiligung der Medulla

57

54

Acute Meningitis spinalis mit geringer Be-

F a l l XV. Rückenmarks-Erschütterung Myelitis chronica cerebro - spinalis

durch Fall

F a l l X V I . Heftiger Stoss gegen den Rücken. chronica

auf den Rücken. '. Meningitis

58

spinalis 60

Abtheilung Π . Fälle erw iesener Simulation von traumatischer Erkrankung des Rückenmarks und seiner H ä u t e . . . F a l l XVII. Angeblich bei einer Entgleisung erlittene Erschütterung des Rückenmarks F a l l X V I I I und X I X . Zusammenstoss. Angeblich dabei acquirirte Rückenmarks-Erkrankungen. Simulationen

66 68

Jahrelang erfolgreich durchgeführte 69

Inhalts - Verzeichniss.

VII

F a l l XX. Entgleisung. Angeblich erlittene Erschütterung des Rückenmarks. Eingestandene Simulation

Seite

7G

F a l l X X I . Entgleisung. Angeblich hierbei erlittene Erschütterung des Rückenmarks. Entlarvte Simulation

79

F a l l X X I I . Entgleisung. marksleiden

81

Angeblich hierdurch veranlasstes Rücken-

F a l l X X I I I . Zusammenstoss. Contusion des Rückens. Angeblich chronisches Rückenmarksleiden. Eingestandene Simulation . . . F a l l X X I V . Auflaufen einer Maschine auf stillstehende Wagen. Angeblich dabei erlittene Erschütterung des Rückenmarks. Schlecht durchgeführte Simulation

83

84

Abtheilung HF. F ä l l e , b e i d e n e n es ζ w e i f e l h a f t b l i e b , o b o r g a n i s c h e E r k r a n k u n g des R u c k e n m a r k s , F u n c t i o n s s t ö r u n g oder lediglich Simulation vorlag

87

Von der spinalen Irritation nach Eisenbahn-Unfällen und der „ S i d e r o dromophobie"

87

F a l l X X V . Zusammenetoss. scheinlich Simulation

88

F a l l XXVI.

Zusammenstoss.

F a l l X X V I I . Entgleisung. liehe Simulation

Angeblich chronische Myelitis.

Wahr-

Angeblich chronische Myelitis . . . . Angeblich chronische Myelitis.

90

Vermuth-· 91

F a l l X X V I I I und X X I X . Zusapamenstoss. Angeblich dabei veranlasste zwei Fälle von chronischer Myelitis, von denen der eine nach 3 Jähren den Tod herbeigeführt haben soll

92

F a l l X X X . Zusammenstoss. Chronische Myelitis, wahrscheinlich Simulation

98

F a l l XXXI. Myelitis

Zusammenstoss.

Angeblich dabei acquirirte chronische

F a l l X X X I I . Fall vom Bremssitz schütterung des Rückenmarks

100 bei einem Zusammenstoss.

Er-,

F a l l X X X I I I . Unbedeutender Zusammenstoss. Angeblich dabei veranlasste , durch einen Tumor in den Häuten bedingte chronische Myelitis . . •

102

103

F a l l X X X I V . Entgleisung. Angeblich chronische Myelitis, wahrscheinlich Simulation 10G

VIII

Inhalts - Verzeichniss. Sefeite

F a l l X X X V . Fall vom Bremssitz bei Gelegenheit einer Entgleisung. Fraglich, ob chronische Myelitis vorliegt 1C08 F a l l X X X V I und X X X V I I . Entgleisung. Zwei angeblich dabei veranlasste Fälle von chronischer Erkrankung des Rückenmarks. . .

1(09

F a l l X X X V I I I . Zweimalige Entgleisung. Angeblich chronisches Leiden des Rückenmarks

1 16

E i n l e i t u n g .

Die ausserordentliche Gewalt der in dem Betriebe von Eisenbahnen zur Verwendung kommenden Kräfte, die unvorsichtig gehandhabt so leicht zerstörende Wirkungen auch auf Leben und Gesundheit von Personen herbeiführen kann, hatte frühzeitig schon die Aufmerksamkeit der Gesetzgebung auf sich gelenkt, deren Aufgabe es ist, für die Sicherheit jeden Besitzes, vor Allem auch des der Gesundheit zu sorgen. Ausgehend von der Erwägung, dass der Grösse der Gefahr auch die Verantwortlichkeit des Unternehmers entsprechen müsse, wurden bereits durch § 25 des ersten Preussischen Gesetzes über die Eisenbahn-Unternehmungen vom 3. November 1838 die Eisenbahn-Gesellschaften haftbar gemacht für allen Schaden, welcher bei der „ B e f ö r d e r u n g " entstand. Obgleich dem Vorbilde Preussens alsbald auch die Gesetzgebungen in einigen anderen Staaten Deutschlands folgten, so erschienen dennoch die Anordnungen des Preussischen Gesetzes theils nicht umfassend genug, theils auch gewährte die Mehrzahl der deutschen Rechtsbestimmungen dem Geschädigten keine oder doch nur eine ungenügende Garantie. Unter diesen Umständen beschloss der deutsche Reichstag, auf Grund einer betreffenden Petition, die Revision und einheitliche Reform auf dem Gebiete der Schaden-Ansprüche von Privat-Personen bei unverschuldeten Unglücksfällen etc. als eine w i r t s c h a f t liche, sociale und politisch-sittliche Pflicht des deutschen Staates anzuregen, um den durch das Preussische Gesetz dem Geschädigten gewährten Entschädigungs-Anspruch zu verallgemeinern und zuJ. R i g l e r ,

Eisenbahn-Verletzungen.

1

2

Einleitung.

gleich die Möglichkeit vertragsmässiger schriften überall auszuschliessen.

Abänderung

dieser

Vor-

Nach eingehender Erörterung, und nicht ohne auch einer wohlbegriindeten Opposition zu begegnen, kam das Reichsgesetz in Bezug auf die Haftpflicht am 7. Juni 1871 zu Stande, erweiterte in hohem Grade den Kreis der zur Entschädigungs-Klage Berechtigten, indem es die Haftverhindlichkeit der Gesellschaften auf alle Unfälle in dem gesammten „ B e t r i e b e " der Bahnen ausdehnte, regelte das Maass der Entschädigung, welche zuvor fast niemals einen ausreichenden Ersatz für die Einbusse des Beschädigten aus zeitiger oder dauernder Arbeitsunfähigkeit, beziehungsweise den Hinterbliebenen aus dem Verluste ihres Ernährers geboten hatte, lenkte aber auch gleichzeitig die allgemeine Aufmerksamkeit auf Bestimmungen hin, welche bis dahin theilweise gewissermaassen in der Partikular-Gesetzgebung verborgen gewesen waren. Das Streben der Unternehmer, die schweren Folgen der verschärften Haftpflicht von sich abzuwenden, das entgegengesetzte Verlangen des Publikums, wenn irgend möglich, die Vortheile des neuen Gesetzes in Anspruch zu nehmen 1 ), hatten die heftigsten Controversen über Sinn und Tragweite jeder einzelnen Bestimmung des Gesetzes bei den Gerichten zur Folge und in zahlreichen, auf Grund des neuen Reichs-Gesetzes angestrengten Prozessen wurden der richterlichen Interpretation Fragen unterbreitet, die in den verschiedenen Instanzen die verschiedenste Beantwortung fanden und zu den widersprechendsten Aussprüchen Anlass gaben. Ungleich grössere Schwierigkeiten aber, als dem Richter, traten in der Mehrzahl derartiger Streitfragen den begutachtenden Aerzten entgegen, denen es oblag, zunächst das Fundament etwaiger Entschädigungs-Ansprüche: das Vorhandensein und die Bedeutung einer erlittenen Beschädigung festzustellen, oder nachzuweisen, ob zwischen einem vorhandenen Leiden und dem etwa erlittenen Unfall auch wirklich ein ursächlicher Zusammenhang bestehe. Häufig handelte es sich hierbei um Zustände, die sich objectiver Beur-

In den ersten

3 Jahren

wurden

auf Grund

des

Gesetzes

von

30

Preussischen Bahnen beinahe 2 Millionen Mark von Entschädigungsgeldern gezahlt cf. das Reichshaftpflieht-Gesetz von Dr. G. E g e r , Breslau

1876.

3

Einleitung.

theilung mehr oder weniger leicht entziehen, und sehr begreiflich erscheint es in Folge dessen, wenn auch u n t e r den begutachtenden Aerzlen

oftmals

geltend machten.

die

auffälligsten Meinungsverschiedenheiten

sich

Obgleich auch in England die Gesetzgebung b e -

treffs der civilrechtlichen Haftung der Eisenbahnen bei Körperverletzungen wobei

und

Tödtungen

nur

langsam

wir des höchst sonderbaren

und

Versuchs

stückweise einer

gedieh,

Klassificirung

der Passagiere gedenken wollen, der zufolge ein Passagier I. Klasse auf 1 0 0 0 Pfd., ein solcher II. Klasse auf 5 0 0 Pfd., ein desgleichen III. Klasse auf 3 0 0 Pfd. Sterling gewerthet w u r d e , so war dennoch die Haftverbindlichkeit bei Weitem f r ü h e r , als in Deutschland, in umfassender Weise gesetzlich geregelt u n d von dem industrielleren Publikum reichlich in Anspruch genommen.

Demgemäss hatte sich

auch die Aufmerksamkeit der Aerzte frühzeitig schon auf die hierbei in Betracht k o m m e n d e n Fragen gerichtet, vor Studium

der

Erschütterungen

des

Rückenmarks,

Allem auf das wie solche

be-

sonders häufig bei Eisenbahn-Unfällen bewirkt werden sollen, und sind ausser dem W e r k e J. E r i c h s e n ' s „On railway and other injuries of the n e r v o u s system, London 1 8 6 6 " , welches in erweiterter Form und unter verändertem Titel 1 S 7 5 neu erschien, auch von Morris,

Syme,

Savory,

J. A. L i d e i l u. A. hierauf

bezügliche

Arbeiten veröffentlicht worden, während in Deutschland bisher n u r wenige derartige Fälle (cfr. Berliner klinische Wochenschrift 1 8 7 6 No. 2 0 und Archiv f ü r Psychiatrie u n d

Nervenkrankheiten

1877,

1. Heft pag. 3 2 ff.) zur öffentlichen Kenntniss gelangten, u n d erst in neuester Zeit durch L e y d e n (Klinik der Rückenmarks-Krankheiten Berlin 1 8 7 4 Band II, Abtheilung I, pag. 9 9 ff.) der „railway s p i n e " eine besondere Beachtung zugewendet wurde.

Ueberhaupt ermög-

lichte es zunächst wohl das klassische W e r k dieses ausgezeichneten Klinikers dem practischen Arzte, sich aus

dem Dunkel herauszu-

arbeiten, welches bisher gerade für ihn die Pathologie des Rückenm a r k s umhüllte. Doch nicht allein in Fällen angeblich erlittener R ü c k e n m a r k s Erschütterung ist u n t e r Umständen

die ärztliche Beurtheilung

in

so besonderer Weise erschwert, häufig ist sie es auch, wo es sich um die relativ einfachsten Formen der Beschädigung, um äusserlich sichtbare Verletzungen handelt, o d e r wo angeblich ein a n d e r 1*

4

Einleitung.

weitiges inneres Leiden mit dem erlittenen Unfall in Zusammenhang gebracht wird. Wie nun die Erkrankungen des Rückenmarks, welche durch Eisenbahn-Unfälle veranlasst werden, sich im Wesentlichen nicht unterscheiden von solchen, die im gewöhnlichen Leben auch sonst wohl entstehen können, wie auch die sonstigen Verletzungen, welche durch derartige Unfälle bedingt sind, eines specifischen, mit ihrer Entstehung zusammenhängenden Charakters entbehren, wie also somit die gleichen Fragen auch bei der criminalistischen Rechtspflege dem Arzte entgegentreten können, so ist dennoch im praktischen Interesse ebenso gerechtfertigt, von den „Verletzungen auf Eisenbahnen" im Allgemeinen als von etwas Eigenartigem zu reden, wie die von den Engländern gewählte Bezeichnung „railway spine" für alle AfFectionen des Rückenmarks, welche bei Gelegenheit eines Eisenbahn-Unfalles entstanden, durchaus dem practischen Bedürfniss entsprach. Bei einer Gesammtbeförderung von beinahe 205 Millionen Reisender auf allen deutschen Bahnen im Jahre 1876 wurden, nach Ausweis der deutschen Eisenbahn-Statistik, durch Unfälle bei der „ B e f ö r d e r u n g " , 3 Reisende, 18 Bahnbeamte und Arbeiter getödtet, 69 Reisende und 212 Bahnbeamte und Arbeiter mehr oder minder schwer verletzt. Ausserdem wurden in demselben Jahre, mit oder ohne eigenes Verschulden, in dem gesammten anderweitigen Betriebe sämmtlicher deutscher Bahnen: 675 Personen getödtet und 1275 beschädigt. Obgleich somit nur der bei Weitem geringere Theil der Uberhaupt vorgekommenen Personen-Beschädigungen durch Unfälle bei der Beförderung selbst sich zutrug, so werden wir dennoch nur diesen letzteren unsere Aufmerksamkeit zuwenden, weil sie allein die recht eigentlichen Eisenbahn-Unfälle repräsentiren, während die sonst im Bahnbetriebe vorkommenden Ereignisse, bei denen Beschädigungen an Personen vorfallen, durchaus analog ähnlichen Vorkommnissen im Fabrik- und Maschinenwesen erscheinen. Wir werden ausserdem Fälle Von nur vorübergehender Arbeitsunfähigkeit, oder solche, die unmittelbar den Tod herbeiführten, event, nur nebensächlich bemerken, unser Hauptaugenmerk aber auf diejenigen Fälle beschränken, in denen aus der erlittenen Beschädigung eine dauernde Beeinträchtigung der Arbeitskräfte entstanden sein soll.

5

Einleitung. Unfälle entweder

bei

der

Beförderung

aus Zusammenstössen

auf

Eisenbahnen

oder

aus

gehen

hervor

Entgleisungen.

Erstere

sind gradweise ausserordentlich verschieden, j e nach der Heftigkeit, mit der sie e r f o l g e n , von dem leichteren Auflaufen einzelner F a h r z e u g e a u f stillstehende W a g e n oder andere, genügenden Widerstand bietende Gegenstände,

bis zu dem verhängnissvollen

Aufeinander-

r e n n e n zweier in entgegengesetzter R i c h t u n g laufender Züge. oder weniger umfassende Z e r t r ü m m e r u n g e n heftigen Zusammenstössen

unvermeidlich, wodurch alsdann

liche, oft s e h r s c h w e r e Verletzungen an P e r s o n e n , gen

und

ganzer

Abtrennungen

Mehr

der F a h r z e u g e sind bei

Gliedmaassen

äusser-

Zerschmetterun-

veranlasst

werden,

während bei Z u s a m m e n s t ö s s e n l e i c h t e r e r Art, bei denen B e s c h ä d i gungen

von

F a h r z e u g e n nicht

oder

n u r in geringem Maasse ein-

t r e t e n , e r n s t e c h i r u r g i s c h e Verletzunger. ausgeschlossen, hingegen leicht des

noch

die

Bedingungen

Rückenmarks

herbeizuführen. erfolgt sie

bei Bei

der

veranlasst

der

sind,

an

um

dem

Erkrankungen

Unfall

grossen S c h n e l l i g k e i t

bei Zusammenstössen

überhaupt

gegeben

einzelnen

der

Betheiligten

Fortbewegung

die Z e r t r ü m m e r u n g der W a g e n , falls

wird,

so m o m e n t a n , dass der Stoss als

s o l c h e r sich kaum fortpflanzen k a n n ,

vielmehr seine Kraft in der

Zerstörung der F a h r z e u g e erschöpft, und wenn E r i c h s e n

behauptet,

dass ein Mensch, w e l c h e r bei einem Eisenbahn-Unfall einen K n o c h e n bruch

davonträgt,

keine

weil sich bei i h m erschöpfte,

so s c h e i n t

Richtigkeit

allerdings

dürfte

der Grund

s u c h e n sein.

Erschütterung

des R ü c k e n m a r k s

erleide,

die Kraft des S t o s s e s in B e w i r k u n g der F r a c t u r diese Deutung die

viel

Wir

Erfahrung

eher

in

einer T h a t s a c h e , spricht,

den

etwas

für

Entgleisungen,

die

während

Schienen

der

geräth,

schädlichen

Fahrt

können

Einfluss

Wagen

Befindlichen

zeuges

springen

auf

häufigste

Form

vollständig an und den

ausüben.

haben,

zurückzukommen. der

Eisenbahn-Unfälle,

w e l c h e darin b e s t e h e n , dass ein einzelner W a g e n oder ein Zug

und

angeführten Verhältnissen zu

werden später noch einmal Gelegenheit

a u f diesen P u n k t ausführlicher

deren

gewagt,

für

Körper

oder

theilweise

sich kaum einen eines

Die R ä d e r

in

dem

ganzer

von

den

besonders entgleisten

des betreffenden

Fahr-

von S c h w e l l e zu S c h w e l l e , wobei rasch auf ein-

a n d e r folgende S t ö s s e erfolgen, die j e d o c h durch die starken F e d e r n

6

Einleitung.

der Wagen, resp. die Polsterung der Sitze gemildert werden. nun

die in

einzelnen

Da

einem solchen Wagen befindlichen Personen von den

Erschütterungen

ganz universel

und

etwa in derselben

Art, nur intensiver, getroffen werden, wie dieses im gewöhnlichen Leben

bei schnellem Fahren

in

einem

federlosen

Fuhrwerk

auf

schlechtgepflasterten Wegen geschieht, wobei der Körper allerdings stark

geschüttelt

wird,

so

kann

wohl,

wie

nach

ungewohntem

Reiten, zumal wenn das Ueberspringen von Schwelle zu Schwelle längere Zeit andauerte, allgemeine Abgeschlagenheit und Schmerzhaftigkeit in der gesammten Muskulatur noch

einige Zeit nachher

bei den hierbei Betheiligten sich bemerklich machen, gewiss h ö c h s t selten

aber,

und

wohl

nur

unter Hinzutreten

ganz

besonderer

Umstände — direct gegen einen bestimmten Körpertheil gerichteter Stösse, Aufschlagen fester Gegenstände etc., wovon stets sichtbare Spuren an dem Orte des erlittenen Insults zurückbleiben müssen! wird bei dem Einen

oder Andern

eine ernstliche

und



dauernde

Schädigung der Gesundheit veranlasst werden. Seit einigen Jahren als Arzt an einer der hiesigen Eisenbahnen thätig, hatte der Verfasser mehrfach

Gelegenheit, sich

Uber die Folgen

die angeblich bei Eisenbahn-

von Verletzungen,

Unfällen entstanden Verantwortung,

waren,

deren

zu äussern.

er sich

Angesichts

gutachtlich der

dabei bewusst wurde,

grossen

sowie

der

Schwierigkeit,, in einzelnen Fällen zu einem bestimmten und sicheren Urtheil zu gelangen,

hielt er es für Pflicht,

den hier in Betracht

kommenden Fragen näher zu treten, und unterzog sich einem sorgfältigen Studium

des sich bei der betreffenden Bahn

Materials, dabei

nicht allein

einen

Ueberblick

darbietenden

über eine

längere

Reihe von Jahren gewinnend, sondern auch die Erfahrungen vieler Beobachter für die eigene Belehrung nutzbar machend. erwartet und überraschend war nun das bei gen zunächst sich ergebende Resultat, d a s s ,

diesen

Höchst unUntersuchun-

während bei der Be-

förderung auf der betreffenden Bahn von ihrer Begründung an bis zum Juni 1 8 7 1 :

1 9 Zusammenstösse und 15 Entgleisungen sich zu-

getragen hatten, bei diesen Unfällen angeblich nur 6 Persoifen eine dauernde

Beschädigung

dass hingegen vom Juni

ihrer

Gesundheit

erlitten

1 8 7 1 bis Ende 1 8 7 6 bei

haben 12

sollten,

Zusammen-

Einleitung. stössen

und

7 Entgleisungen

7

angeblich

3 0 Personen

in

gleicher

Art beschädigt wurden, dass also mit E m a n a t i o n des Haftpflichtgesetzes die Zahl der E i s e n b a h n - I n v a l i d e n gestiegen

ist.

Ausdrücklich

ist

relativ auf

hierbei

zu

das Nennfache

bemerken,

dass

die

m e c h a n i s c h e n Momente bei den betreffenden Unfällen in beiden Zeitabschnitten

genau

Zusammenstösse

dieselben

w a r e n , j a dass s o g a r

in früherer Zeit bei zum Theil

schaffenheit der Bahn häufiger v o r k a m e n , und

die

heftigeren

eingeleisiger

Vorhandensein der erlittenen Beschädigung, resp. die schwere deutung, die derselben bei den vor 1 8 7 1

von den Verletzten beigelegt w u r d e ,

beschädigten

Be-

dass das wirkliche

6 Personen keineswegs

Be-

selbst

unzweifel-

haft feststeht. Bei

15 E n t g l e i s u n g e n

Entgleisung

eines

vor 1 8 7 1 ,

ganzen Zuges

in

unter

voller

denen

2 Mal die

F a h r t stattfand,

trugen

sich angeblich 2 Verletzungen zu, die dauernden Nachtheil für die Betreffenden

zurückliessen

7 Entgleisungen XIII, X V I I I — X X ,

( c f r . Fall X

nach

XXVII,

1871:

12

und X V I I ) ,

Personen

XXXIV—XXXVIII)

während

bei

(cfr. Fall I I , VI,

in s o l c h e m Grade b e -

schädigt wurden, dass sie a u f Grund der erlittenen Verletzung vollständig erwerbsunfähig geworden zu sein vorgaben. aus

19 e r n s t e n

Zusammenstössen

(cfr. Fall I X , X I V , X X I I , XX1I1)

vor 1 8 7 1

dauernde

Erwerbsunfähigkeit

den dabei Verletzten sich e r g a b , veranlassten nach

1871

Wagen

(von

beim

18 F ä l l e n

denen

Rangiren

3

sich

auf ganz

beschränkten!)

Und während

angeblich 4 Mal

12

leichtes

eine

bei

Zusammenstösse

solche

Auflaufen

von

angeblich

(cfr. Fall I, HI, V, VII, VIII, XI, X I I , X I V , X X I ,

in

XXV,

XXVI, XXVIII—XXXIII). ~ E s wären demzufolge seit 1 8 7 1 die Z u s a m m e n s t ö s s e : die E n t g l e i s u n g e n :

7 Mal,

12 Mal so gefährlich geworden, wie sie es VOP-

dem waren, ein S a c h v e r h ä l t n i s s , welches keine a n d e r e Deutung g e stattet, als dass vielfach die durch das Gesetz verschärfte Haftverbindlichkeit der Eisenbahn-Gesellschaften von S o l c h e n missbräuchlich in Anspruch g e n o m m e n so

ernste

Verletzung

glauben zu m a c h e n

wurde,

vorlag,

bei denen keine oder doch

wie die Betreffenden

es

keine

von

sich

wussten.

Unter diesen Umständen schien

es nicht u n z w e c k m ä s s i g ,

die

einzelnen Fälle eingehender zu prüfen, wobei sich ergab, dass a n -

Einleitung.

8

gebliche Erwerbsunfähigkeit entstanden sein sollte, 2 Mal in Folge äusserer Verletzungen, innerer

Organe,

6 Mal in

6 Mal in Folge

Folge

vermeintlicher Verletzung

sicher constatirter traumatischer

Erkrankungen des Rückenmarks; 8 Mal lag nachweisbar Simulation traumatischer

Rückenmarks-Rrankheiten

vor,

1 4 Mal endlich

er-

schien das Vorhandensein, resp. die Natur des behaupteten, gleichfalls das Rückenmark betreffenden Leidens zweifelhaft. Von 3 6 Fällen beziehen sich somit, gleichgültig, ob dieselben in Bezug auf die Diagnose sicher festgestellt, zweifelhaft oder als simulirt erkannt sind, 2 8 auf das Rückenmark, und sehr bemerkenswerth

ist e s ,

dass

diese Fälle sämmtlich

oder der Post betrafen,

dass

Beamte der Eisenbahn

nur ein einziger Fall bald vorüber-

gehender Arbeitsunfähigkeit in Folge von Erschütterung des Rückenmarks auf Seiten

des reisenden Publikums zur Beobachtung kam.

Bei dieser Präponderanz angeblich oder wirklich Affektionen

des

Rückenmarks

nach

vorhandener

Eisenbahn-Unfällen

und

bei

dem ganz besonderen Interesse, welches grade diese Erkrankungsformen in neuerer Zeit gefunden, schien es zweckmässig, eine

gesonderte

knüpfung

denselben

Betrachtung zuzuwenden, zuerst aber unter An-

einiger Bemerkungen

alle übrigen Fälle in

möglichster

Kürze, wenn schon in aktenmässiger Genauigkeit, initzutheilen.

Abschnitt I. Die äusseren Verletzungen, sowie die Verletzungen innerer Organe, mit Ausnahme der Läsionen des Rückenmarks. Alle Verletzungen, selbst die scheinbar leichteren, welche durch E i s e n b a h n - U n f ä l l e veranlasst w e r d e n , dadurch

eine besondere

Bedeutung,

erhalten

unter

Umständen

dass sich bei i h n e n ,

relativ

nicht selten, der Einfluss des „ S h o c k " bemerklich macht. Meist vorüber, zeit einen einen

zwar

gehen

oft aber letalen

die

dauern

Erscheinungen sie

desselben

längere Zeit

Ausgang herbeiführen und

an,

sehr

können

scheinen

bald jeder-

fast stets

nachtheiligen Einfluss auf die Heilung der Verletzung

aus-

zuüben. Der 5 6 j ä h r i g e , am

bisher g e s u n d e

2 1 . November 1 8 6 3 ,

zweier Eisenbahnziige·,

Chaussee-Aufseher

bei Gelegenheit eines

T.

erlitt

Zusammenstosses

auf deren einem er sich als Passagier be-

fand , eine Contusion der Tibia des linken Unterschenkels. d e r scheinbar höchst u n b e d e u t e n d e n

Trotz

Verletzung machte der All-

gemein-Zustand des Beschädigten seine W e i t e r b e f ö r d e r u n g unmöglich,

er w u r d e in das K r a n k e n h a u s

der nahen Station

gebracht,

wo er, trotz sorgsamster Pflege, u n t e r fortwährend sich steigernder Schwäche

und

anhaltender

Verschlechterung

16. Dezember ejusd. ann. seinem Leiden erlag.

der

Wunde,

am

Da sich sonst f ü r

den letalen Ausgang absolut kein Anhalt finden liess, dürfte derselbe

mit Recht dem

erlittenen

Shock

zur Last gelegt

werden,

dessen erste Erscheinungen sofort nach der Verletzung sich in so auffälliger Weise b e m e r k b a r m a c h t e n .

Abschnitt I.

10

H o o d 1 ) beobachtete, dass nach Eisenbahn-Unfällen, lediglich in Folge

des dabei erlittenen Schrecks und der allgemeinen Er-

schütterung des K ö r p e r s ,

ohne dass sonst eine Verletzung

vor-

handen war, grosse und andauernde Schwäche der Herzthätigkeit vorkam und allgemeines Darniederliegen

der Kräfte, Neigung zu

Ohnmächten etc. selbst Jahre hindurch bestehen blieb. Für die Richtigkeit dieser Beobachtung scheint der Fall einer Frau P. zu sprechen, welche im October 1873 bei einem Eisenbahn-Unfall bei B. beiheiligt war.

Ohne irgend welche Verletzung

davongetragen zu haben, erkrankte alsbald die früher rüstige und gesunde F r a u ,

an hysterischen Beschwerden und einer so

hoch-

gradigen allgemeinen Schwäche und Hinfälligkeit, dass sie Monate hindurch

ihren häuslichen Obliegenheiten

nachzugehn

verhindert

wurde und sich, wenngleich vollständig, so doch nur sehr langsam wieder erholte. Es kann nicht unsere Aufgabe sein, den Versuch einer Erklärung des Shock zu wagen, wir verweisen in Bezug hierauf auf die treffliche Abhandlung H. F i s c h e r ' s (in V o l k m a n n ' s klinischer Vortrage einandersetzungen

1871,

Heft 1 0 ) ,

sowie auf

Sammlung

Leyden's

(KliYiik der Rückenmarks-Krankheiten

pag. 172 ff. und Band 11, pag. 106).

Hier genüge

dass, während F i s c h e r den Shock für eine d u r c h

Aus-

Band 1,

mitzutheilen,

traumatische

E r s c h ü t t e r u n g b e d i n g t e R e f l e x l ä h m u n g der G e f ä s s n e r v e n , b e s o n d e r s d e s S p l a n c b n i c u s und durch letztere herbeigeführte Stagnation der gesammten Blutmenge in den Gefässen des Unterleibs erklärt,

Leyden

denselben auf e i n e ' d i r e c t e Affektion des

Rückenmarks zurückführt und die Erklärung, welche G o l t z von der Reflexhemmung giebt, auch auf ihn angewendet wissen

will,

dass nämlich ein heftiger Reiz, gleichgiltig ob er das Rückenmark direct oder indirect, durch Vermittelung peripherer Nerven betreffe, in

demselben eine Molekularbewegung

eine Funktionsstörung veranlasst wird, welche ihren Einfluss nicht allein

hervorrufe, durch eine

welche

Reflexhemmung,

auf Motilität und

Sensibilität,

sondern auch auf Respiration und Circulation äussere.

') L a n c e t