Studien zum Römischen Völkerrecht: Kriegserklärung, Kriegsbeschluss, Beeidung und Ratifikation zwischen- staatlicher Verträge, internationale Freundschaft und Feindschaft während der römischen Republik bis zum Beginn des Prinzipats 9783897441392

In den Mittelpunkt der Studien zum römischen Völkerrecht stellt der Autor die quellen- und sachkritische Betrachtung der

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Studien zum Römischen Völkerrecht: Kriegserklärung, Kriegsbeschluss, Beeidung und Ratifikation zwischen- staatlicher Verträge, internationale Freundschaft und Feindschaft während der römischen Republik bis zum Beginn des Prinzipats
 9783897441392

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Inhaltsverzeichnis
I. Ausgangspunkte, Zusammenhänge und zentrale Thesen
II. Untersuchungen über die Quellen zum
und ihre historische Auswertung
III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung während der Römischen Republik bis zum B
IV. Zur vertraglichen Begründung der
Verhältnisse Roms
V. Das Problem der "Natürlichen Feindschaft"

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Beihefte zum Göttinger Forum für Altertumswissenschaft Herausgegeben von Siegmar Döpp und Jan Radicke

Band 5

Andreas Zack Studien zum »Römischen Völkerrecht« Kriegserklärung, Kriegsbeschluss, Beeidung und Ratifikation zwischenstaatlicher Verträge, internationale Freundschaft und Feindschaft während der römischen Republik bis zum Beginn des Prinzipats

Inh. Dr. Reinhilde Ruprecht e.K.

Die Umschlagabbildung zeigt eine römische Münze (225 - 212 v. Chr.), Vorderseite ist ein Janus-Kopf, Rückseite ist ein knieender junge Mann zwischen zwei Soldaten, deren Speere auf ein Schwein zeigen, das er hält (BMCRR: RomanoCampanian 75 / II S. 131; Crawford:: 28/1 / S. 144), abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Numismatischen Bilddatenbank der Universität Eichstätt.

2. Auflage 2007 Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. © Edition-Ruprecht Inh. Dr. R. Ruprecht e.K. Postfach 1716, 37007 Göttingen – 2007 www.edition-ruprecht.de © Dührkohp & Radicke Wissenschaftliche Publikationen Göttingen – 2001 Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urhebergesetzes bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Verlags. Diese ist auch erforderlich bei einer Nutzung für Lehr- und Unterrichtszwecke nach § 52a UrhG. Layout und Satz: Andreas Zack Druck: Digital Print Group, Erlangen ISBN: 978-3-89744-139-2

JAN RADICKE IN FREUNDSCHAFT GEWIDMET

Vorwort Bei der vorliegenden Publikation handelt es sich um die überarbeitete Fassung meiner Dissertation, die im Sommersemester 1999 von der philosophischen Fakultät der Universität zu Köln angenommen wurde. Die einschlägige Literatur wurde bis zum Ende des Jahres 1999, soweit es mir möglich war, erschlossen und verarbeitet. Es ist mir ein Anliegen, beim Abschluß der Forschungen allen unmittelbar Beteiligten meinen herzlichen Dank für die vielfältige Hilfe auszusprechen: Betreut wurde die Dissertation von meinem akademischen Lehrer Herrn Professor Dr. Gustav Adolf Lehmann, der meine Forschungen stets mit Rat und Interesse begleitete. Das Korreferat übernahm freundlicherweise Herr Professor Dr. Werner Eck. Er hat der Überarbeitung einige Wegweisungen gegeben. Herr Professor Dr. Bruno Bleckmann las eine frühere Fassung des Manuskripts. Er trug zur Präzisierung mancher Fragestellung bei. Sebastian Mußfeldt, Jan Radicke, Patricia Simon und Andreas Töller lasen das Manuskript während verschiedener Phasen seiner Entstehung Korrektur. Jan Radicke war mir während der gesamten Zeit der Entstehung der Arbeit ein kritischer Diskussionspartner und hat auch auf die endliche Anordnung der einzelnen Untersuchungsabschnitte beratend eingewirkt. Die Gerda Henkel-Stiftung förderte das Forschungsprojekt mit einem zweijährigen Promotionsstipendium. Dieses Stipendium erst ermöglichte mir die unbelastete Konzentration auf das Untersuchungsthema. Schließlich hat die Gerda HenkelStiftung die Publikation der Ergebnisse in den Beiheften des GFA mit der Gewährung einer Druckkostenbeihilfe ermöglicht. Herr Professor Dr. Siegmar Döpp hat freundlicherweise der Aufnahme der Arbeit in die Beihefte des GFA zugestimmt. Ihnen allen sei für die Hilfe herzlich gedankt. Am Ende möchte ich meiner Mutter und meinen Freunden für den menschlichen Beistand von ganzem Herzen danken, den sie mir in mitunter schweren Zeiten gaben.

Köln, im Oktober 2000

Andreas Zack

IX

Inhaltsverzeichnis Vorwort Inhaltsverzeichnis I. Ausgangspunkte, Zusammenhänge und zentrale Thesen II. Untersuchungen über die Quellen zum ius fetiale und ihre historische Auswertung

IX-XII 1 13

1. Quellen, Fragen und Methoden

13

2. Die Kriegserklärung der fetiales 2.1 Die Schilderung im ersten Buch des Livius 2.1.1 Die literarische und historiographische Funktion 2.1.2 Quellen und Authentizität der Formeln 2.2 Der Aufbau und die verschiedenen Quellen der livianischen Schilderung der bellicae caerimoniae 2.3 Ergebnis der Quellenanalyse zu Liv. 1,32 2.4 Die ursprüngliche Bedeutung des Lanzenwurfs innerhalb der förmlichen Kriegseinleitung 2.5 Die Kriegserklärung und Kriegseröffnung der fetiales

18 18 18 21 23 30 31 48

3. Die Vertragsbeeidung der fetiales 3.1 Die Schilderung des Livius: Ihre literarische bzw. historiographische Funktion und ihre Quellen 3.2 Kritik des livianischen Berichts 3.3 Fazit

52 55 59

4. Der Bericht des Dionys zum ius fetiale und seine Bedeutung für die modernen Rekonstruktionen: Kompetenzen und Voraussetzungen des ius fetiale 4.1 Die historiographische Funktion der Schilderung des Dionys 4.2 Die Richtertätigkeit der fetiales 4.3 Die Anwendung des ius fetiale nur gegenüber den Vertragspartnern Roms

61 61 62 68

5. Das Alter des bekannten ius fetiale und Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse

69

52

X

Inhaltsverzeichnis

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung während der Römischen Republik bis zum Beginn des Prinzipats

75

1. Einleitung 1.1 Begrifflichkeit und Fragestellung 1.2 Forschungsüberblick 1.3 Quellenproblematik und Methoden

75 75 78 84

2. Die staatsrechtliche Funktion der lex de bello indicendo und ihr "verfassungsrechtliches" Verhältnis zur Kriegserklärung 2.1 Das Verhältnis der lex de bello indicendo zur Kriegserklärung 2.2 Die staatsrechtliche Funktion der lex de bello indicendo

88 88 94

3. Die Typologie der Kriegseröffnungen von 219 bis 167 v.Chr. ohne leges de bello indicendo und die politische Auslegung der rechtlichen Regeln bezüglich der korrekten Einleitung von Kriegen 3.1 Die Kontinuierung des Krieges in den spanischen und norditalischen Kommandogebieten 3.2 Varianten und rechtliche Prinzipien der Kriegseröffnung ohne lex de bello indicendo – Beispiele 3.3 Bestätigung der Beobachtungen durch weitere Beispiele aus der Zeit zwischen 219 und 167 v.Chr. 3.4 Die politischen Auslegungsmöglichkeiten der Prinzipien ordnungsgemäßer Kriegseröffnung 3.5 Die Auslegung der Prinzipien ordnungsgemäßer Kriegseröffnung als Mittel in der innenpolitischen Auseinandersetzung

111

4. Zwischenergebnis

115

5. Das verfassungsgeschichtliche Alter der lex de bello indicendo

119

6. Kontinuitäts- und Wandlungsphänomene bei der Anwendung und Deutung der traditionellen Regeln zur „verfassungskonformen“ Kriegseröffnung in der Zeit von 167 bis 19 v.Chr. 6.1 Fragestellung und Methode 6.2 Die Entwicklung von 167 bis 19 v.Chr. 6.2.1 Die lex Cornelia maiestatis 6.2.2 Die andauernde Wirkung der traditionellen Regeln und ihre politische Auslegung

131 131 132 132

98 98 99 108 110

133

Inhaltsverzeichnis

6.2.3 Der Rückgang der Beteiligung der Komitien an der Schaffung militärischer Kommandos seit dem 2. Jh. v.Chr. 6.2.4 Kriegseröffnungen auf der Grundlage bestehender Kommandos 6.2.5 Konflikte um die Auslegung der traditionellen Regeln 6.3 Elemente des Wandels der traditionellen Regeln 6.3.1 Die lex Cornelia de maiestate und das Privileg der Entscheidung über Krieg und Frieden 6.3.2 Der staatsrechtliche Handlungsspielraum des Prinzeps in der Außenpolitik am Beginn des Prinzipats 7. Zusammenfassung der Ergebnisse

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia-Verhältnisse Roms

XI

137

139 140 143 143 149 159

167

1. Die Untersuchungen von Alfred Heuß und ihre Bedeutung für die folgenden Überlegungen zur amicitia

167

2. Zur Bedeutung der Wendung amicitiam renovare

175

3. Überlegungen zur Interpretation von Pomponius, lib. 37 ad Mucium Dig. 49,15,5,1f

179

4. Die vertragliche Begründung der amicitia-Verhältnisse des Syphax und des Massinissa mit Rom

184

5. Der Feldherrnvertrag als foedus 5.1 Feldherrnvereinbarungen als förmlicher Vertrag 5.2 Der iussus populi und die Ratifikation der Feldherrnverträge 5.3 Die Begründung eines dauerhaften Vertragsverhältnisses durch Feldherrnverträge 5.4 Das Römisch-Attalidische Bündnis in der Zeit des 1. Makedonischen Krieges 5.5 Die dauerhaften völkerrechtlichen Wirkungen befristeter Feldherrn-foedera für Rom und seine Vertragspartner 5.6 Fazit

190 190 193 201 205 210 213

6. Das zwischenstaatliche Verhältnis zwischen Rom und Rhodos bis zum Jahr 167 v.Chr.

214

7. Die civitates liberae

222

8. Das Problem des urkundlichen amicitia-Vertrags

231

9. Fazit zum Problembereich der amicitia

239

XII

Inhaltsverzeichnis

V. Das Problem der "Natürlichen Feindschaft"

243

1. Der Zusammenhang zwischen amicitia, foedus und Kriegserklärung

243

2. Gab es für Rom aufgrund des ius fetiale eine Verpflichtung zur förmlichen Kriegserklärung nur gegenüber Vertragspartnern?

243

3. Fazit und weitere Argumente

253

4. Zusammenfassung in Hinsicht auf das Problem der "Natürlichen Feindschaft" Roms gegenüber dem vertraglich unverbundenen Ausland

254

Abkürzungsregeln Literaturverzeichnis Quellenindex, Staatsverträge, Juristische Quellen, Inschriften Personen- und Ortsindex

263 263 283 295

1

I. Ausgangspunkte, Zusammenhänge und zentrale Thesen Im folgenden werden zentrale Funktionen des römischen Völkerrechts behandelt. Die Zeit vom Anfang der Römischen Republik bis zum Beginn des Prinzipats bildet dabei den zeitlichen Rahmen der Untersuchung. Im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen die Formalitäten und völkerrechtlichen Funktionen der diplomatischen Kriegserklärung und des Vertragsschlusses. Außerdem werden die innerrömische Anordnung und Ratifikation dieser Funktionen behandelt. Die Ergebnisse werden auch eine Deutung der charakteristischen Prinzipien römischer Rechtsanschauung hinsichtlich des zwischenstaatlichen Rechtsverhältnisses ermöglichen. Die erste diplomatische Kontaktaufnahme, der Krieg, der vertragliche Friedensschluß und der Abschluß anderer internationaler Verträge waren stets vorhandene formale Begleiterscheinungen der Entstehung des imperium Romanum, an denen sich deshalb im besonderen Maße die wesentlichen Tendenzen der römischen Völkerrechts-1 und Verfassungsgeschichte ablesen lassen – diese allgemeinen Tendenzen herauszuarbeiten ist das vorrangige Interesse der folgenden Studien2. Der Un1

Die Frage, ob von einem antiken Völkerrecht gesprochen werden kann, ist umstritten. In neuerer Zeit hat es nun ausführliche und m. E. überzeugende Versuche gegeben, dies gegen die gelegentliche Kritik nachzuweisen (zuletzt z. B. Plescia, RIDA 3. Ser. 41, 1994, 301-351; Ziegler, Völkerrechtsgeschichte passim; Baldus, Vertragsauslegung 191ff [mit Forschung]. 207f. 487f). Problematisch ist es, von einem „Römischen Völkerrecht“ zu sprechen; denn offensichtlich ist Völkerrecht international und somit nicht ausschließlich als „römisch“ zu qualifizieren. Mit diesem Begriff, der aus pragmatischen Gründen auch in den Titel der vorliegenden Studien hineingenommen wurde, soll zum Ausdruck gebracht werden, daß die Römer einerseits Instrumente und Prinzipien eines geregelten zwischenstaatlichen Verkehrs kannten und im Alltag – immer auch politisch interpretierend – anwendeten und daß die Römer andererseits ihre Instrumente und Prinzipien des zwischenstaatlichen Verkehrs als strukturell gleichgeartet und rechtlich gleichverpflichtend zu den völkerrechtlichen Rechtsinstrumenten und -anschauungen anderer Völker begriffen (vergl. Cic. off. 3,29,107 und vergl. z. B. auch den Versuch der Samniten, sich mit einer deditio noxae von der Vertragsverletzung gegenüber Rom zu lösen: Liv. 8,39,10ff; App. Samn. 4,1; D.C. 8 frg. 36,8. 10; Zon. 7,26). 2 Überblicke über die Forschung der neueren Zeit, insbesondere zur "Imperialismusdiskussion": Kostial, Rom 17ff; J. Rich, in: ders. u. a. (Hsgg.), War and Society in the Roman World (London 1993) 38-68; M.R. Errington, Neue Forschungen zu Ursachen der römischen Expansion im 3. und 2. Jh. v. Chr., HZ 250, 1990, 93-106; E. Hermon, L’ imperialisme romain répuplicain. Approches historiographiques et approches d’ analyse, Athenaeum 87, 1989, 407-416; K. Christ, Neue Forschungen zur Geschichte der späten Römischen Republik und den Anfängen des Prinzipats, Gymnasium 94, 1987, 307-340 insbes. 320ff; Harris, War passim; J. Linderski, Si vis pacem, para bellum. Concepts of Defensive Imperialism, in: W.V. Harris (Hsg.), The Imperialism of Mid Repu-

2

I. Ausgangspunkte, Zusammenhänge und zentrale Thesen

tersuchungszeitraum ist mit Absicht weit gewählt, und die daraus fließenden vielfältigen Nachteile und Schwierigkeiten sind bewußt in Kauf genommen worden3. Die quellen- und sachkritische Analyse der Überlieferung zum ius fetiale (insbes. Liv. 1,24,3-9. 32,6-14; D.H. 2,72) ist ein sinnvoller Ausgangspunkt der Untersuchung der genannten Stukturelemente des römischen Staats- und Völkerrechts, denn die Schilderungen über die Zeremonien der fetiales bilden seit langem die wichtigste Grundlage für die modernen Rekonstruktionen der Förmlichkeiten der Kriegserklärung und derjenigen der foedus-Beeidung. Außerdem ist das ius fetiale ein Überrest der ältesten römischen Verfassung, so daß es auch ein geeigneter Ausgangspunkt für den Versuch ist, die historische Fortentwicklung der mit ihm verbundenen völkerrechtlichen Förmlichkeiten und Prinzipien zu rekonstruieren. Selten wurde bisher die Frage nach der Komposition und dem Quellenwert der livianischen Berichte gestellt. Erst vor kurzem geriet die Schilderung des Livius zu den bellicae caerimoniae der fetiales (Liv. 1,32,6-14) durch die Untersuchungen von Christiane Saulnier (1980) und Thomas Wiedemann (1986) in das Blickfeld der modernen Kritik4. Ihre unabhängig voneinander gewonnene Erkenntnis, daß der Bericht des Livius aus verschiedenen Vorlagen zusammengefügt ist, stellt die moderne Diskussion über die Form und die historische Entwicklung der römischen Kriegserklärung auf eine neue Grundlage. Ihre Beobachtungen sind eine wichtige

blican Rom (Rom 1982) 133-164 (Forschungsüberblik seit Mommsen); A.W. Lintott, What was the Imperium Romanum?, G & R 18, 1981, 53-67; F. Hampl, Das Problem des Aufstiegs Roms zur Weltmacht. Neue Bilanz unter methodisch-kritischen Aspekten, in: ders., Geschichte als kritische Wissenschaft 3 (Darmstadt 1979) 48-119. 3 Z. B. unterschiedlich genaue Rekonstruktionen für die verschiedenen Phasen der römischen Geschichte aufgrund der Überlieferungslage; nur zielgerichtete und deshalb enge Betrachtung des einzelnen historischen Geschehens. So ist das Instrument der Patronatsverhältnisse der römischen Nobilität mit den Gemeinden des imperium Romanum zum Verständnis der römischen Außenpolitik, aber auch bzgl. des völkerrechtlichen Charakters des imperium Romanum, ohne Zweifel von zentraler Bedeutung für das Verständnis der Entstehung des imperium Romanum – es bleibt aber ganz außerhalb der Betrachtungen der folgenden rechtlich-strukturgeschichtlichen Untersuchungen dieser Arbeit (zu den Patronatsverhältnissen vergl. z. B. Badian, Clientelae 154ff; Gruen, World 158ff; J. Touloumakos, Zum römischen Gemeindepatronat im griechischen Osten, Hermes 116, 1988, 304-324; J. Rich, Patronage Intersate Relations in the Roman Republic, in: A. WallaceHadrill, Patronage in Ancient Society (London u. a. 1989) 117-135 und neuerdings Lehmann, Tod 22ff passim). 4 Saulnier, RD 58, 1980, 171ff; Wiedemann, CQ 36, 1986, 478ff und teilweise im Anschluß an Wiedemann neuerdings Rüpke, Domi 103ff u. ö.

I. Ausgangspunkte, Zusammenhänge und zentrale Thesen

3

Ergänzung zu den Forschungsergebnissen von John Rich (1976)5, der die Meinung vertritt, daß Rom ein festes Schema für die Förmlichkeiten der völkerrechtlichen Kriegserklärung im 3. und 2. Jh. v. Chr. nicht befolgte, womit er die bis dahin allgemein akzeptierte entwicklungsgeschichtliche Deutung von Frank William Walbank (seit 1937)6 zu widerlegen sucht, wonach sich der im ius fetiale vorgesehene ursprüngliche Ablauf einer Kriegserklärung (Liv. 1,32,6-14 res repetuntur, bellum denuntiatur, senatus censet; populus iubet, bellum indicitur) und zugleich auch ihr außenpolitischer Charakter am Ende des 3. Jh. v. Chr. verändert habe (senatus censet, populus iubet, res repetuntur; bellum denuntiatur, bellum indicitur). Weiterhin ermöglichen Saulniers und Wiedemanns quellenkritische Beobachtungen ein genaueres Verständnis der staatsrechtlichen Funktion der lex de bello indicendo, die gewöhnlich, nach dem Bericht des Livius (Liv. 1,32,6-14), in eine rechtliche und zeitliche Verbindung mit der völkerrechtlichen Kriegserklärung gerückt wird. Ihre Erkenntnisse ergänzen die Beobachtung von Rich, daß in der Zeit zwischen 219 und 168 v. Chr. leges de bello indicendo nur für solche Kriegsschauplätze berichtet werden, in denen zuvor noch keine provincia eingerichtet war7. Aus Saulniers und Wiedemanns Erkenntnis, daß Livius den Bericht über die bellicae caerimoniae aus ursprünglich nicht zusammengehörigen Quellen zusammenstellte, ergibt sich angesichts der Beobachtung Richs die Frage, ob der von Livius suggerierte Ablauf und religiöse bzw. rechtliche Zusammenhang der geschilderten Zeremonien wirklich gegeben war. Damit aber wird die gedankliche Voraussetzung der älteren Deutungen fraglich, die die lex de bello indicendo in einen staatsrechtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Kriegserklärung bringen8. Die Zeremonien der völkerrechtlichen Kriegserklärung und der rechtliche Gehalt der lex de bello indicendo lassen sich demnach wie folgt rekonstruieren: Die Kriegserklärung, die in früher Zeit den fetiales und später den legati oblag, wurde mit dem letzten ultimativen res repetere abgeschlossen (23-51). Die Kriegserklärung war zu keiner Zeit und in keiner Weise von einer vorherigen Zustimmung der 5

Rich, Declaring passim. Kritisch zur Deutung Richs und wieder weitgehend Walbanks Deutung folgend neuerdings: Kostial, Rom 118ff insbes. 128, Händl-Sagawe, Beginn 104; vergl. auch die Überlegungen bei: Ferrary, in: Ed. Frézouls/A. Jacquemin (Hsgg.), Relations (1995) 424ff. 6 Vor allem Walbank/McDonald, JRS 27, 1937, 192ff; Walbank, CPh 44, 1949, 15ff [= ders., Papers 101ff] u. ö. 7 Rich, Declaring 13ff. 8 Z. B. Mommsen, Staatsrecht 2 (3. Aufl.) 689 A.2; 3, 342 A.2 u. ö.; Herzog, Geschichte 1, 115 A.1 und Walbank/McDonald, JRS 27, 1937, 192ff; Walbank., CPh 44, 1949, 15ff u. ö.

4

I. Ausgangspunkte, Zusammenhänge und zentrale Thesen

Komitien abhängig. Sie erfolgte lediglich auf Beschluß des Senates und konnte deshalb vor oder nach dem Komitienbeschluß geschehen (88-98). Es war der alleinige Zweck der lex de bello indicendo, die es wahrscheinlich erst seit der Einrichtung der Zenturiatskomitien gab (119-130), eine neue militärische Kommandogewalt für den mit der Kriegsführung beauftragten Magistraten zu schaffen (88-115). Der Lanzenwurf, den die fetiales in früher Zeit an der Grenze des Gegners und seit 280 v. Chr. am ager hostilis am Bellonatempel ausführten (Schol. Dan. Aen. 9,529), diente nicht, wie bisher angenommen, dem Abschluß der diplomatischen Kriegserklärung, sondern vollzog lediglich die zeremonielle Eröffnung der Kriegshandlungen (48-51) – nur dieser Kriegseröffnungszeremonie mußte der Komitienbeschluß vorausgehen. Ferner bildet die kritische Betrachtung des grundlegenden livianischen Berichts über die Zeremonien bei der Beeidung eines foedus durch fetiales (Liv. 1,24,3-9) einen geeigneten Ausgangspunkt bei der Suche nach einer sinnvollen Einteilung der internationalen Verträge Roms, von der Karl Heinz Ziegler (1972) resignierend feststellte: "Wir müssen nach alledem darauf verzichten, ein irgendwie in sich geschlossenes System der römischen Staatsverträge aufzustellen ..."10. Die sachkritische Gegenüberstellung der foedus-Zeremonien der fetiales (Liv. 1,24,3-9) mit anderen Berichten über foedus-Abschlüsse bei Livius und in der übrigen Überlieferung vermitteln die Kenntnis verschiedener Vertragseide, verschiedener Eidleister (55-60) und verschiedener Arten der Vertragsratifikation (193-201). Dies ermöglicht zugleich die Lösung anderer kontroverser Probleme des römischen Völkerund Staatsrechts. Bisher wirkt hier die Meinung des Livius (Liv. 1,24,3-4) ein11, nur solche Verträge, die durch fetiales beeidet wurden, seien als foedera zu bewerten, womit sich die ebenfalls durch Livius geförderte Anschauung verbindet, dieser Eidleistung sei notwendig ein iussus populi vorausgegangen12, und foedera seien überhaupt vom iussus populi abhängig13. Die historische Überlieferung zeigt bei 9

Der Lanzenwurf der fetiales war also keine Erfindung des Augustus; dies gegen Wiedemann, CQ 36, 1986, 478ff und Rüpke, Domi 103ff u. ö. 10 Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 85; vergl. neuerdings Nörr, Aspekte 59f. 11 Z. B. Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 90ff mit Literatur und traditionell entwicklungsgeschichtlicher Deutung der widersprüchlichen Überlieferung zum Begriff foedus. 12 Im Zusammenhang mit seiner Schilderung der pax Caudina Liv. 9,5,1ff Schmitt, StVA 3, Nr. 416 [27-30]. 13 Dies war z. B. die durchgängige Meinung von Täubler, Imperium 46f. 99. 129 passim; vergl. aber auch ders. ebenda 113; ihm folgt weitgehend O’Brien, RE Suppl. 6 (1935) 732ff s.v. senatus [er unterscheidet Senats- und Feldherrnverträge (lösbar durch Senatsbeschlüsse) von dem dauerhaft gültigen foedus der fetiales, dem ein iussus populi vorausgehen müsse; und vor Täubler ebenso z. B. Nissen, RhM 25, 1870, 46ff; Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 291].

I. Ausgangspunkte, Zusammenhänge und zentrale Thesen

5

genauer Betrachtung hingegen, daß ähnlich wie beim Beschluß über den Krieg, die Komitien nichts mit der Anordnung der völkerrechtlich und religiös erheblichen Handlungen beim Abschluß eines foedus zu tun hatten14, so daß auch keine Veranlassung besteht, die Eidleistung vom Komitienbeschluß zeitlich oder rechtlich abhängig sein zu lassen. Mit dieser Erkenntnis gewinnt Theodor Mommsens Einteilung der römischen Staatsverträge (zuletzt 1887) in "fetialisches foedus", "feldherrliches foedus" und "feldherrliche sponsio"15 eine argumentative Unterstützung. Die Frage nach der Einteilung der römischen Staatsverträge wandelt sich somit zu einer Frage nach den angewandten Eidformen, den Eidleistern und schließlich der Art und Weise, wie die verschiedene Organe der römischen Gemeinde bei Eidanordnung, -versprechen oder -ratifikation zusammenwirkten. Damit aber gerät das Problem, wie man sich den rechtlichen Zusammenhang zwischen dem römischen Völkerrecht und dem innerrömischen Staatsrecht vorzustellen hat16, in den Mittelpunkt der Betrachtung. Es gab in der historischen Zeit (seit dem 6. Jh. v. Chr.) gleichzeitig immer verschiedene Arten der foedus-Beeidung, und auch die beeidenden Organe der römischen Gemeinde differierten. Foedera wurden nicht nur von fetiales beeidet, sondern konnten auch ohne ihre Mitwirkung von Feldherren, Magistraten oder deren Beauftragten mit verschiedenen Eidformeln und Eidzeremonien förmlich abgeschlossen werden (55-60. 190-214). Der völkerrechtlich und religiös erheblichen Handlung der Vertragsbeeidung mußte kein iussus populi vorausgehen (193-201). Denn der Volksbeschluß betraf in der Regel lediglich die innerrömische Seite des Vertragsschlusses. Dieser wurde als magistratische Anordnung durch die Ratifikation der Komitien zu einem Teil der innerrömischen Rechtsordnung17. Durch diese nachträgliche Ratifikation erreichten Feldherrn-foedera außerdem dauernde völkerrechtliche Verbindlichkeit (201-204. 210-213). Die Art und Weise der Ratifikation 14

Wie Alfred Heuß bereits andeutete: Heuß, Klio 27, 1934, 16f. 35ff. insbes. 40ff und zuvor die Überlegungen bei Täubler, Imperium 113 (die dortige Interpretation wird von Täubler allerdings nicht konsequent verfolgt). 15 Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 251 A.1 u. ö.; ein Feldherrn-foedus nimmt auch Herzog, Geschichte 1, 707f an. 16 Heuß, Klio 27, 1934, 16f (wohl als Reaktion auf Täublers, Imperium 44ff. 99ff überkonstruierten Interpretationsversuch hinsichtlich der Beurkundungsstufen eines römischen foedus zu verstehen). 17 Damit verfolge ich einen Gedanken weiter, den Täubler, Imperium 113. 120 äußert, dem er aber innerhalb seiner Gesamtrekonstruktion zum römischen Vertragswesen zu wenig Bedeutung beimißt, weil er eine Einteilung der römischen Verträge nach urkundlichen Gesichtspunkten unternehmen will. Ein wichtiger Anstoß zu meinen Überlegungen waren auch die Äußerungen von Heuß, Klio 27, 1934, 39ff insbes. 41 A.4.

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I. Ausgangspunkte, Zusammenhänge und zentrale Thesen

konnte differieren, so daß gewöhnlich nicht jedem Vertrag ein gesonderter iussus populi folgen mußte, sondern dies wohl sogar die Ausnahme war. In der Regel wurden die magistratischen Maßnahmen (also auch die außenpolitischen Handlungen) en bloc nach dem Ende der Amtszeit im Rahmen der förmlichen Entlastung des Magistraten von den Komitien und dem Senat ratifiziert18. Wenn der Feldherr dem Gegner lediglich ein foedus in der Form der sponsio in Aussicht stellte19, dann konnte der Eid auch auf den Komitienbeschluß folgen. Aber auch dann hatte der Komitienbeschluß nichts mit der Anordnung des Vertragseides zu tun (193-201). Mit den Beobachtungen zum foedus gewinnt zugleich ein bisher wenig beachteter Einwand Heinrich Triepels (1938) an Bedeutung20, mit dem er einem Teil der Argumentation von Heuß für die vertragslose amicitia entgegentritt21. Heuß versucht in seiner grundlegenden Arbeit "Die völkerrechtlichen Grundlagen der römischen Außenpolitik in republikanischer Zeit"22, mit Hilfe einiger Fallbeispiele zu zeigen, "daß am Anfange eines Freundschaftsverhältnisses keineswegs der 'Freundschaftsvertrag' zu stehen braucht. Vielmehr ist die Tatsache der völkerrechtlichen amicitia durch jede Art friedlichen, zwischenstaatlichen Verkehrs gegeben und vollkommen unabhängig von dem Akt einer formellen Begründung. Der Anstoß zu diesem dauernden Verhältnis kann in den mannigfachen Möglichkeiten liegen, die der außenpolitische Verkehr der Völker mit sich bringt, und es kann die amicitia an den einfachen Vorgang der Absendung einer Gesandtschaft ... anknüpfen ... wie an eine momentane formlose Vereinbarung ... oder an eine wirkliche vertragliche Abmachung ..." (Heuß, Grundlagen 46). Triepel wendet gegen eines der Fallbeispiele, das Heuß nennt, ein: "Wenn Heuß ... hier den Abschluß eines Vertrages für ausgeschlossen hält, weil dazu Senat und Volk von Rom mitgewirkt haben müßten, so ist dagegen zu sagen, daß Freundschaftsverträge durch bloße sponsio geschlossen werden konnten."23 An diesem kurzen Einwand ist noch manches zu präzisieren, er 18

Dies ist eine gelegentlich erwähnte moderne Vorstellung zum Verfahrensablauf bei der Ratifikation der Feldherrnverträge (z. B. neuerdings Eckstein, Senate 193f. 231 passim). 19 Die sponsio im engeren Sinne war lediglich ein foedus- und Eid-Versprechen [vergl. 56f A.224. 58f A. 232.]. 20 Triepel, Hegemonie (1. Aufl.) 470ff insbes. 473 A.45; gleichzeitig erhob Frezza, SDHI 4, 1938, 363ff gegen zentrale Grundlagen der Argumentation von Heuß Einspruch; von den jüngeren Kritikern (Kritik nur an Teilbereichen der Deutung und Argumentation von Heuß) sind vor allem Ziegler (neuerdings in Pensamiento D.A. Truyol Serra 2 [1986] 1263ff), Cimma, Reges passim und Sherwin-White, Policy 58ff zu nennen. 21 Heuß, Grundlagen 25ff insbes. 29ff. 22 Klio Beiheft 31, 1933 (= ND 1963). 23 Triepel, Hegemonie (1. Aufl.) 473 A.45.

I. Ausgangspunkte, Zusammenhänge und zentrale Thesen

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weist jedoch auf eine problematische Voraussetzung von Heuß’ Argumentation für die vertragslose amicitia hin. Je mehr man sich mit der Position von Heuß auseinandersetzt, um so deutlicher wird nämlich, daß es ihr zum Nachteil gerät, daß er sie als Polemik gegen die voraussetzungsreiche Interpretation von Eugen Täubler (1913)24 entwickelt, so daß unzutreffende Elemente der Deutung Täublers ungewollt auch stillschweigende Voraussetzung der Gegenargumentation von Heuß werden. Dennoch gilt die vertragslose amicitia heute – weit über Heuß’ eigentliches Darstellungsziel hinausgehend25 – sogar als charakteristisches Mittel der römischen Außenpolitik für die Zeit seit dem 3. Jh. v. Chr.26 Einen urkundlich festumrissenen amicitia-Vertrag hat es in der Tat nicht gegeben (231-238). Dennoch stand am Anfang des amicitia-Verhältnisses zwischen Rom und einem fremden Gemeinwesen in aller Regel ein förmlicher Vertragsschluß (184-242). Häufig waren dies Verträge von Feldherren, deren durch eine bestimmte kriegerische Situation bedingte Vereinbarungen zwar nur kurzfristig für die Vertragsschließenden verbindlich waren, die aber über den konkreten Vertragszweck hinaus am Anfang des dauerhaften zwischenstaatlichen amicitia-Verhältnisses standen, das völkerrechtliche Verpflichtungen mit sich brachte, die in der Regel unausgesprochen (d.h. ohne vertragliche Vereinbarung) von Rom als Zubehör des Vertragsverhältnisses interpretiert wurden. Die moderne Vorstellung von der vertragslosen amicitia als ein typischen Instrument römischer Außenpolitik seit dem 3. Jh. v. Chr. gründet sich auf sehr fragwürdige Voraussetzungen. In aller Regel stand am Anfang des zwischenstaatlichen Verhältnisses ein Vertragsschluß. Die variable Gestaltung und politische Interpretation dieser Verträge ist als ein charakteristisches Merkmal römischer Außenpolitik anzusehen27. Auf Grund dieses Befundes stellt sich nunmehr erneut die Frage, ob es in der römischen Rechtsanschauung überhaupt ein zwischenstaatlichen Verhältnis ohne Vertrag gab, womit ein zentrales völkerrrechtsgeschichtliches Problem berührt wird. Heuß (1933)28 vertrat – in Opposition zur bis dahin vorherrschenden Meinung 24

Täubler, Imperium 44ff. 99ff passim. Heuß ging es vor allem um das Problem der völkerrechtlichen Staatenanerkennung in der römischen Rechtsanschauung, vergl. ders. Grundlagen IV und 57ff; dazu seine bereits 1934 erschienenen juristischen Beiträge, die sich mit dieser Frage befassen, in: Zeitschr. f. Völkerrecht 18, 1934, 37ff und 19, 1934, 1ff. 26 Insbes. Badian, Clientelae 36ff passim; Kienast, ZRG 85, 1968, 330ff; Dahlheim, Struktur passim; ders., Gewalt passim; Gruen, World 54ff passim. 27 Vergl. insbes. Badian, Clientelae passim; Dahlheim, Struktur passim; Gruen, World passim. 28 Heuß, Grundlagen passim. 25

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I. Ausgangspunkte, Zusammenhänge und zentrale Thesen

Mommsens29 –, wie bereits erwähnt, in dieser Frage die Auffassung, daß ein zwischenstaatliches Verhältnis auch unabhängig von Verträgen bestand. Seine Ansicht, das zwischenstaatliche amicitia-Verhältnis habe unabhängig von Verträgen bestanden, fällt als Argument für seine völkerrechtliche Hauptthese weg, so daß sich zwangsläufig auch die Frage stellt, wie es um sein zweites zentrales Argument bestellt ist. Heuß meint nämlich, es habe in der römischen Rechtsanschauung einer förmlichen Kriegserklärung bedurft, ganz unabhängig davon, ob eine vertragliche Bindung Roms zum beklagten Gemeinwesen bestand30. Die Annahme, daß eine Kriegserklärung nicht nur der förmlichen Auflösung des Vertragsverhältnisses diente (so aber Mommsen), gebraucht Heuß als ein wesentliches Argument für seine These, daß ein zwischenstaatliches Rechtsverhältnis auch unabhängig von Verträgen bestand. Mit seiner Deutung findet Heuß bis heute allgemeine Zustimmung. Pierangolo Catalano (1965) hat es unternommen, die Deutung von Heuß hinsichtlich der Kriegserklärung mit weiteren Argumenten zu unterstützen31. Erste Bedenken erhob Fritz Dickmann (1971), ohne allerdings auf Heuß' Argumentation detailliert einzugehen32. Zuletzt hat Christiane Saulnier (1980) mit Hilfe der Überlieferung zum ius fetiale überprüft, inwiefern Catalanos Argumente stichhaltig sind, und kommt wie Mommsen zu dem Ergebnis, daß im ius fetiale Kriegserklärungen wahrscheinlich nur gegenüber Vertragspartnern vorgesehen waren33. Die Beweisführung hat allerdings noch viele Lücken, wahrscheinlich deshalb verfolgte man ihre Überlegungen nicht weiter bzw. verwarf sie34. Unabhängig von Saulnier rechnet nun auch Wiedemann (1986) mit der Möglichkeit, daß sich die gesamte Tätigkeit der fetiales nur auf Vertragspartner Roms bezog, aber seine diesbezüglichen Ausfüh29

Mommsen, Staatsrecht 3, 341f. 590f u. ö. Heuß, Grundlagen 18ff. 31 Catalano, in: Synteleia V. Arangio Ruiz 1 (1964) 373ff; ders., Linee 14ff passim. 32 Dickmann, Friedensrecht 95ff und zuvor Frezza, SDHI 4, 1938, 374ff passim und ders. SDHI 32, 1966, 301ff. 33 Saulnier, RD 58, 1980, 186ff. 34 Ablehnend Rüpke, Domi 117 mit A.108. Der Einwand, es handele sich um eine Konstruktion der Autoren der späten Republik, um auf diese Weise eine nicht mehr verstandene ferne Vergangenheit zu begreifen, greift nicht tief genug. Erstens ist das Merkmal des ius fetiale, daß es sich nur auf Vertragspartner bezog, auch in der antiquarischen Überlieferung zu finden (die letztlich auf pontifikales Überlieferungsgut zurückgeht), und zweitens ist die Deutung der Autoren in erster Linie als religiöser und verfassungsgeschichtlicher Überrest früherer Zustände, die noch in die späte Republik hineinwirkten (oder sogar noch lebendig waren), zu begreifen – sinnfälligster Ausdruck dieser Tatsache ist die bekannte Tendenz der römischen Annalistik, alle Kriege Roms als iusta bella und die Vertragslage stets im Sinne Roms darzustellen und außerdem z. B. gegnerische Kriegserklärungen (oder auch nur berechtigte Forderungen aus bestehenden Verträgen) gegenüber Rom in der historiographischen Darstellung zu unterdrücken (ein klassisches Beispiel hierfür ist die Überlieferung zum 1. Punischen Krieg). 30

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rungen sind sehr kurz35. Die Konsequenzen der noch unzureichend entwickelten Beobachtungen zum ius fetiale für die angesprochene Frage nach der völkerrechtlichen Rechtsanschauung der Römer liegen auf der Hand. Da Saulnier und Wiedemann ihre Beobachtungen nicht dazu benutzten, auf die heute allgemein anerkannte Argumentation von Heuß kritisch einzugehen, soll hier einerseits diese Verbindung hergestellt werden, andererseits sollen die noch unzureichenden Darstellungen von Dickmann, Saulnier und Wiedemann präzisiert werden. Wieder wird die Betrachtung der Überlieferung zum ius fetiale ein geeigneter Ausgangspunkt für weiterführende Überlegungen sein, welche Heuß’ Meinung von der völkerrechtlichen Voraussetzungslosigkeit der römischen Kriegserklärung in Frage stellen werden. Die Überlieferung zum ius fetiale führt zu der Einsicht, daß sich die gesamte Tätigkeit der fetiales – also auch die förmliche Kriegserklärung – nur auf die römischen Vertragspartner bezog (68. 243-263). In Verbindung mit den Beobachtungen zum vertraglichen Anfang des zwischenstaatlichen amicitia-Verhältnisses führt dies zu Mommsens Deutung zurück, daß in der römischen Rechtsanschauung ein zwischenstaatliches Rechtsverhältnis lediglich dann gegeben war, wenn ein solches durch einen Vertragsschluß hergestellt worden war. Eine feindliche Grundeinstellung der Römer gegenüber den vertraglich unverbundenen Gemeinwesen und seinen Bürgern36 läßt sich aus dieser völkerrechtlichen Anschauung der Römer allerdings nicht ableiten. Dies deutete auch Mommsen bereits an37, ohne daß er damit Beachtung fand, weswegen sich das unzutreffende Schlagwort der "Natürlichen Feindschaft" Roms gegenüber dem vertraglich unverbundenen Ausland entwickeln konnte (Täubler), das der Ansatzpunkt der Kritik von Heuß38 wurde. Der Untersuchungsgegenstand birgt zahlreiche erkenntnistheoretische Probleme in sich, die vor allem die Verwendung moderner Begrifflichkeit und die Ordnungsprinzipien in der systematischen Darstellung und Analyse betreffen. Auf die Entstehung des imperium Romanum wirkten immer sowohl soziale, politische und rechtliche als auch kulturelle Faktoren gleichzeitig und gleichberechtigt ein. Klare Trennlinien zwischen den genannten Faktoren sind oft nicht vorhanden, so daß moderne Rekonstruktionen z. B. der staatsrechtlichen Regeln Roms histo35

Wiedemann, CQ 80, 1986, 488. So die zugespitzte Meinung Eugen Täublers, Imperium 1 passim. 37 Mommsen, Staatsrecht 3, 590f. 38 Heuß, Grundlagen 1ff passim. 36

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I. Ausgangspunkte, Zusammenhänge und zentrale Thesen

risch unvollständig bleiben, wenn sie den Wandel bei der politischen Interpretation dieser Regeln unbeachtet lassen, der im Verlauf der historischen Entwicklung auch auf ihren Rechtsgehalt einwirken konnte. Die unvermeidliche Anwendung moderner Begrifflichkeit (z. B. Souveränität, Verfassung u. a.) und Ordnungsprinzipien (z. B. Völker- und Staatsrecht, Innenund Außenpolitik) zur Beschreibung der römischen Verhältnisse kann hinderlich sein, wenn der moderne Inhalt der selbstverständlich historisch gewachsenen Begriffe unreflektiert auf das Untersuchungsmaterial angewendet wird. Sinnvoll ist lediglich ihre möglichst voraussetzungslose Verwendung, so daß stets zu klären bleibt, mit welchem historisch wandelbaren Inhalt der spezielle Begriff im römischen Alltag auszufüllen ist. Die Begriffsproblematik kann, wie mir scheint, nicht durch Gebrauch moderner Definitionen überwunden werden, weil durch sie oft moderne (oder im besten Fall historische) Erwartungshaltungen an den Untersuchungsgegenstand herangetragen werden und damit zum Teil das Ergebnis präjudiziert wird. Auch die ausschließliche Verwendung der zeitgenössischen Begriffe bietet hier keine Lösung. Denn dies hieße, die politischen, historiographischen und interessensbedingten Tendenzen des Überlieferungsgutes zu übersehen, die auch die jeweilige Terminologie als Ergebnis einer bewußten oder unbewußten antiken Interpretationsarbeit erscheinen lassen, weshalb auch die Begrifflichkeit unserer Quellen nur einen Teil der historischen Wirklichkeit beschreibt. In diesem Zusammenhang ist weiterhin zu beachten, daß der überwiegende Teil der Überlieferung in erster Linie literarischen und nicht juristischen Bedürfnissen genügen wollte und außerdem oft mit großer zeitlichen Entfernung von den beschriebenen Ereignissen verfaßt wurde – weshalb anachronistische Geschichtsklitterungen (aus verschiedensten Ursachen heraus) gängige Erscheinungen sind39. Aufgrund dieser Überlieferungslage sind für die gewählten Untersuchungsgegenstände nur allgemeine und lediglich approximative rechtliche Erklärungsmodelle möglich und nur allgemeine historische Entwicklungstendenzen nachzuzeichnen. Eine weitere methodische Schwierigkeit bildet die in der historischen Wissenschaft begründete Tendenz, alle gewonnenen Daten in die Darstellung einer kontinuierlich fortschreitenden historischen Entwicklung einzubinden40. Gerade im Be39

Vergl. z. B. die Beispiele anachronistischer Darstellungen in Livius' zweiter Pentade, vergl. dazu z. B. Oakley, Commentary 1, 86ff. 40 Dies hat sich vor allem bei der Frage nach der Einteilung der römischen Staatsverträge ausgewirkt, vergl. z. B. Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 82ff; Nörr, Aspekte 59f mit Literatur.

I. Ausgangspunkte, Zusammenhänge und zentrale Thesen

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reich der Strukturgeschichte (z. B. der römischen Verfassungsgeschichte) stellt sich dieses Problem mit aller Schärfe. Denn die Möglichkeiten des gleichzeitigen Bestehens ungleichzeitiger und widersprüchlicher Strukturen oder der kontroversen politischen Interpretation der gesellschaftlichen (z. B. rechtlichen) Regeln werden mit dieser Betrachtungsweise zugunsten harmonisierender historischer Entwicklungsmodelle übersehen. Gerade das gleichzeitige Bestehen ungleichzeitiger Regeln ist jedoch, wie bekannt, ein charakteristisches Merkmal vieler europäischer vor- und frühneuzeitlicher Herrschaftsordnungen. Es verdient deshalb als historisches Deutungsmodell auch für die römische Verfassungsgeschichte besondere Beachtung. Damit aber erscheinen Versuche umfassender dogmatischer Systematisierungen auch für den Bereich der römischen Verfassungs- und Völkerrechtsgeschichte sowie der Geschichte der römischen Außenpolitik als fragwürdig bzw. als der historischen und politischen Wirklichkeit "vormoderner" Herrschaftsordnungen unangemessen41.

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Zur Methode der Quellenauswertung und Problematik eines "Römischen Völkerrechts" s. auch die Überlegungen bei D. Timpe, Herrschaftsidee und Klientelstaatenpolitik in Sallusts Bellum Iugurthinium, Hermes 90, 1962, 334-375 insbes. 335f; Nörr, Imperium (1. Aufl.) 1ff; Dahlheim, Struktur 1ff; Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 68ff; Timpe, Chiron 2, 1972, 277f; Cimma, Reges 2ff; Badian, in: Actes, hsg. J. Harmatta (1984) 397ff; Dahlheim, Gewalt 4ff; Ritter, Rom 9ff; Nörr, Aspekte 136ff passim; Nörr, Fides 1ff passim. Zu der in der vorliegenden Untersuchung verfolgten Methode der sachkritischen und quellenkritischen Ordnung, Kritik und Auswertung der historischen und antiquarischen Quellen zum ius fetiale vergl. die methodisch instruktiven Fallbeispiele aus dem Bereich der römischen Religiongeschichte bei Dahlmann, in: Atti del congresso internazionale di studi varroniani. Rieti Settembre 1974 Bd. 1 (Rieti 1974) 168ff (eine stemmatologische Ordnung der Überlieferung zum ius fetialforderte bereits Schwarte, Historia 21, 1972, 218 – wichtig ist hierbei vor allem die Rekonstruktion der Rechtsanschauungen der republikanischen Überlieferung, die in den antiquarischen Werken des Varro ihren Abschluß fand).

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II. Untersuchungen über die Quellen zum ius fetiale und ihre historische Auswertung 1. Quellen, Fragen und Methoden Will man die verstreuten Mitteilungen über die fetiales zu einem Gesamtbild des ius fetiale und dessen historischer Entwicklung zusammenfügen, sieht man sich zahlreichen Schwierigkeiten gegenüber, die von verschiedenen Seiten her immer wieder die Frage berühren, welcher Quellenwert den jeweiligen Erwähnungen zukommt. Das Anliegen einer möglichst genauen Rekonstruktion des ius fetiale erfordert deswegen vor allem vergleichende, quellen- und sachkritische Analysen der Überlieferung. Es wäre vorschnell, wollte man die über viele Jahrhunderte verteilten Zeugnisse42, die sich in unterschiedlichen literarischen Zusammenhängen43 und in verschiedensten Quellengattungen44 befinden, bei der Rekonstruktion als insge42 Die unmittelbar mit den fetiales verbundenen Zeugnisse reichen von Naevius’ Bellum Punicum 1, frg. 2 (Strzlecki) (zur Plazierung des Fragments innerhalb des Bellum Punicum überzeugend Schwarte, Historia 21, 1972, 206ff. 222, der es mit dem Friedensschluß zwischen Rom und Karthago 241 v. Chr. verbindet) bis hin zu mittelalterlichen Glossen, die zur Überlieferung zählen, weil ihnen heute verlorene Werke der Antike zugrunde liegen. Augenfälligstes Beispiel für den Überlieferungswert der mittelalterlichen Zeugnisse ist Paulus Diaconus (z. B. Paulus Fest. 81L), der in karolingischer Zeit eine Epitome der Schrift de significatione verborum des Sex. Pompeius Festus anfertigte. Leicht zugängliche, aber leider nicht vollständige Stellensammlungen bieten: Lackenbacher, ThLL 6, 633f s.v. fetiales und Samter, RE 6 (1909) 2259ff s.v. fetiales und neuerdings Auliard, in: Melanges P. Lévêque Bd. 6, hsgg. M.M. Mactou u. a. (1992) 1-16. Eine Liste der durch Inschriften der Kaiserzeit bekannten fetiales gibt: Saulnier, RD 58, 1980, 194ff mit den Referenzen. Prosopographisch ergibt das Material nichts, was nicht durch die Prosopographie der besser überlieferten Staatspriestertümer bereits bekannt wäre (L. Schumacher, Die vier hohen Priesterkollegien unter den Flaviern, den Antoninen und den Severern, ANRW 16,1 (1978) 655819). 43 Am häufigsten begegnen die fetiales im Zusammenhang mit historiographischen Darstellungen; dafür vor allem die Zeugnisse bei Livius und Dionys (z. B. Liv. 4,30,13f; D.H. 3,2f). Daneben begegnen sie in poetischen und publizistischen Werken; in antiquarischen Sammlungen und Kommentaren (z. B. bei Varro, Festus und Servius; z. B. Varro ling. 5,86; Paulus Fest. 81L, Serv. Aen. 1,62), in philosophischen Werken (z. B. bei Cic. rep. 2,17,31), als Argument in Reden und Briefen (z. B. Cicero, Sidonius und Symmachus; z. B. Cic. Verr. 2,5,49; Sid. Apoll. epist. 8,16,4; Symm. or. 5,2), als gelehrte Anspielung in amourösem Zusammenhang in den Metamorphosen des Apuleius von Madaura (= Apul. met. 2,16). Oft sind die Erwähnungen mit der Erzählung eines historischen Ereignisses verbunden (z. B. Liv. 8,22,8f; 4,30,14f); selten sind allgemeine Erläuterungen zum ius fetiale (z. B. D.H. 2,72; Plut. Num. 12,4ff und mit gewissen Einschränkungen auch Liv. 1,24,4ff. 32,6ff [antiquarisches Überlieferungsgut ist hier in eine historiographische Darstellung eingefügt]; in verkürzter Form gibt Cic. leg. 2,9,21 vor, einen alten Gesetzestext wiederzugeben). 44 Vor allem historiographische (z. B. Livius, Dionys und Ammianius Marcellinus; z. B. Liv. 4,30,13f; D.H. 9,60; Amm. Marc. 18,5,7), antiquarische (z. B. Varro, Ovid und Festus; z. B. Varro, ling. 5,86; Ov. fast. 6,205ff; Paulus Fest. 81L), kommentatorische bzw. glossographische (z. B.

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1. Quellen, Fragen und Methoden

samt gleichwertig schätzen und deshalb unkritisch zu einem Gesamtbild verbinden. Dies verbietet sich, weil es offensichtlich die Fragen nach den Quellen und der Zuverlässigkeit unserer vergleichsweise späten Überlieferung unberücksichtigt läßt45. Den älteren Beiträgen zu den fetiales fehlt die quellen- und sachkritische Untersuchung der Überlieferung fast vollständig; vergl. z. B. den Beitrag Ernst Samters zu den fetiales46. Bei ihm findet sich auch die ältere Literatur, die sich in der Tradition der Aufklärung mit den fetiales vor allem unter dem Aspekt "Gab es in der Antike ein Völkerrecht oder ist z. B. das römische ius fetiale ein Äußeres Staatsrecht" befaßte bzw. die fetiales in Handbüchern als Teil der römischen Religions- und Rechtsgeschichte oder allgemeinen Völkerrechtsgeschichte abhandelte47.

Servius und Placidus; z. B. Serv. Aen. 9,52; Placidus, in: Lindsay, Corp. Gloss. Lat. 4,55 (= 5,50,8 Goetz), philosophische (z. B. Cicero; z. B. Cic. off. 1,11,36), poetische (z. B. Naevius und Apuleius; z. B. Naevius, Bellum Punicum 1, frg. 2 (Strzlecki); Apul. met. 2,16) und lexikographische Werke (die Suda s.v. ÑÜíá~äÉáD?, dort begegnet nur das Stichwort, die zugehörigen Ausführungen fehlen). Die Grenzen zwischen den Quellengattungen sind fließend. So sind die Fasten des Ovid (die für das ius fetiale einschlägige Stelle ist Ov. fast. 6,205ff) als poetisches und zugleich als antiquarisches Werk zu beurteilen (die antiquarischen Vorlagen des Ovid waren die Werke des Varro und Verrius Flaccus). Die Historiographen Livius (Liv. 1,24,4ff. 32,6ff) Plutarch (Plut. Num. 12,4ff) und Dionys (D.H. 2,72) verarbeiten in ihren Erläuterungen zum Inhalt und den Zeremonien des ius fetiale antiquarisches Material. 45 Die Mehrzahl der Zeugnisse, die das ius fetiale bzw. die fetiales direkt behandeln, sind in der römischen Kaiserzeit entstanden. Wenige der erhaltenen Quellen sind von republikanischen Autoren: Naevius, Bellum Punicum 1, frg. 2 (Strzlecki); Gn. Gellius, HRR 1 (2. Aufl.) p. 152, frg. 16 (= D.H. 2,72,2); Cic. Verr. 2,5,49, Caec. 98, rep. 2,17,31 (wohl im Zusammenhang mit dem ius fetiale), Cic. leg. 2,9,21, off. 1,11,36. 3,29,107, de or. 1,181. 2,137 (daneben zahlreiche andere Erwähnungen des ius belli ac pacis, aber ohne ausdrückliche Nennung der fetiales oder ihrer Insignien)]; Varro, ling. 5,86 und ders., de vita populi Romani 2, frg. 75. 76 Riposati (= Nonius 848L [528M] 850L [529fM]) und ebenda 3, frg. 93 Riposati (= Nonius 850L [529M]). Die Schriften Varros, in denen er die fetiales behandelt, entstanden noch vor 32 v. Chr. (zur Datierung der Schriften vergl. Seite 14 A.154 mit Literatur). Der heutige Historiker kann die Vorstellungen der spätrepublikanischen Autoren zum ius fetiale vor allem durch den quellenkritischen Vergleich zwischen Livius und Dionys in den Grundzügen rekonstruieren (so auch der quellenkritische Ansatz Saulniers [RD 58, 1980, 171ff], Wiedemanns [CQ 36, 1986, 478ff] und Rüpkes [Domi 103ff]). 46 RE 6 (1909) 2259ff s.v. fetiales. 47 Wichtig sind im Zusammenhang mit dem ius fetiale z. B. die Arbeiten von: André Weiss [Le droit fétial et les fétiaux a Rome. Étude de droit international (1883)]; Guido Fusinato [Dei Feziale e del diritto feziale (1884)]; Giovanni Baviera [Il diritto internazionale dei romani (1898)]. Von den handbuchartigen Beiträgen genügt es auf Lange, Altertümer 1 (3. Aufl.) 322ff; Willems, Sénate 2, 466ff passim; Mommsen, Staatsrecht 2 (3. Aufl.) 675ff passim; Marquardt, Staatsverwaltung 3 (3. Aufl.) 415ff; Wissowa, Religion (2. Aufl.) 550ff und Phillipson, Law 2, 315ff passim hinzuweisen. Weitere Hinweise bei Baldus, Vertragsauslegung 413 A.410. Einen Überblick über die Vertreter und Phasen der Forschung, deren Hauptinteresse das römische Völkerrecht war, gibt Ilari, Interpretazione 155ff passim.

II. Untersuchungen über die Quellen zum ius fetiale und ihre historische Auswertung

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Kritische Überlegungen zur Zuverlässigkeit der Überlieferung rief schon früh die Nachricht der Scholia Danielis über die Verlegung des Lanzenwurfs der fetiales an den Bellonatempel hervor (Schol. Dan. Aen. 9,5248). Aus der Kritik an dieser Geschichte entwickelte sich bei einigen Historikern die Erkenntnis, daß der Quellenwert der einzelnen Zeugnisse zum ius fetiale erst gesichert werden müsse. Auf die Notwendigkeit einer stemmatologischen Ordnung der Überlieferung machte zuerst Karl-Heinz Schwarte49 aufmerksam50. Unabhängig von Schwartes Bemerkung haben Christiane Saulnier51 und Thomas Wiedemann52 Livius’ Bericht zum Prozedere einer Kriegserklärung der fetiales (Liv. 1,32,6-14) kritisch untersucht und mit der übrigen Überlieferung konfrontiert. Sie kamen zur Einsicht, daß Livius seinen Bericht über die Kriegserklärung der fetiales (Liv. 1,32,6-14) aus unterschiedlichen Quellen zusammenstellte. Neuerdings hat Jörg Rüpke, Domi 97-122, die Interpretationen Saulniers und Wiedemanns vertieft und um Beobachtungen zur Überlieferung über die Vertragsbeeidung durch fetiales bereichert.

Im Traditionsgut fallen Widersprüchlichkeiten und Inkonsequenzen auf, die den zeremoniellen und rechtlichen Inhalt des ius fetiale betreffen. Die Methoden ihrer historischen und quellenkritischen Auswertung können am Beispiel der Überlieferung zu den sagmina/verbenae veranschaulicht werden: In einem Teil der Überlieferung werden die sagmina/verbenae der fetiales mit dem caduceus gleichgesetzt53, während sie andernorts als Kopfbedeckung der fetiales begegnen54. Die sagmina/verbenae sind bei einigen Autoren ein Attribut der fetiales55. Andere berichten, sie gehörten den legati56. Solche Widersprüchlichkeiten verbieten die beschriebene 48

Vergl. dazu: Wissowa, Religion (2.Aufl.) 554 [Rechtsfiktion]; weitergehende sachliche Kritik bei Latte, Religionsgeschichte 122 mit A.3; kritisch auch: Dahlheim, Struktur 175; Rawson, JRS 63, 1973, 166ff ("very doubtful"); Rich, Declaring 57 A.3 ("this information ... is of no value); Ilari, Interpretazione 12f A.18 mit Literatur; Badian, in: Actes, hsg. J. Harmatta 1 (1984) 406 A.44 rechnet mit einem historischen Kern der Erzählung. 49 Historia 21, 1972, 218. 50 Methodisch instruktiv die Behandlung der Fallbeispiele aus der römischen Religionsgeschichte im Rahmen der Rekonstruktion der varronischen Werke: H. Dahlmann, in: Atti del congresso internazionale di studi varroniani Rieti settembre 1974 (Rieti 1974) 168ff. 51 RD 58, 1980, 184ff. 52 CQ 80, 1986, 478ff. 53 Varro, de vita populi Romani 2, frg. 76 (Riposati) bei Nonius 848L (= 528M); Marcianus Dig. 1,8,8,1. 54 Serv. Aen. 12, 120; zur übrigen Überlieferung zu den sagmina/verbenae und zu ihren ikonographischen und religiösen Bedeutungen vergl. Seite 70f mit Literatur. 55 Z. B. Liv. 1,24,4ff; 30,43,9; Serv. Aen. 12,120. 56 Z. B. Plin. n.h. 22,5f; Festus 424. 426L; Paulus Fest. 425L.; Marcianus Dig. 1,8,8,1. Terminologische Inkonsequenzen beim Gebrauch von legati, oratores und fetiales begegnen oft (z. B.: Janzer, Untersuchungen 23, frg. 71 [M. Porcius Cato Maior]; Liv. 1,38,2 (legati-oratores); Paulus Fest. 17L. [oratores-legati]; Cic. leg. 2,9,21 [fetiales-nuntii]; vergl. Mommsen, Staatsrecht 2 (3. Aufl.) 676f A.5; Claverdetscher, Bellum 167 und neuerdings: Linderski, in: J. Frézouls/A.

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1. Quellen, Fragen und Methoden

unkritische Ineinanderarbeitung aller Quellen zu einem nur scheinbaren Gesamtbild vom ius fetiale. Oft wird man die Widersprüche glaubhaft als Ausdruck der historischen Entwicklung deuten können. Ist dies nicht möglich, helfen die Beobachtungen zumindest, echte Informationen von unechten zu trennen. So ist z. B. die Gleichsetzung der sagmina/verbenae mit einer Kopfbedeckung der fetiales sicher falsch. Sie begegnet nur in einem späten kompilatorischen Werk. Sie hat sich aus einer oberflächlichen Verbindung der verbena tempora vincti bei Verg. Aen. 12, 120 mit den verbena der fetiales entwickelt57. Die Mehrzahl der Nachrichten und vor allem die ältesten verstehen die sagmina/verbenae als Stabattribut58. Diese Interpretation wird durch die Notiz des Livius bestätigt, der zum res repetere entsendete fetialis sei capite velato filo – lanae velamen est bei seiner Gesandtschaft gewesen (Liv. 1,32,6). Die Kopfbedeckung des fetialis bestand also nicht in einem Kranz aus sagmina/verbenae59. Dagegen wird man die Verbindung der sagmina/verbenae mit den Jacquemin (Hsgg.), Les relations international (Paris 1995) 457ff). Vergl. auch z. B. Inc. Auct. vir. ill. 5,4 ius fetiale, quo legati ad res repetundas uterentur ..., obwohl man aufgrund der livianischen Überlieferung (z. B. Liv. 7,9,2) erwarten würde, daß ursprünglich fetiales das res repetere vornahmen. Wegen der immer wieder begegnenden Trennung der säkularen legati von den priesterlichen fetiales (sehr bezeichnend D.H. 15,7,8 - 8,13) sollte man die fetiales nicht mit den legati gleichsetzen, und deshalb sollte man auch nicht an allen Stellen, wo nur legati genannt werden, auch fetiales vermuten. Die zitierte Stelle verdeutlicht, daß man zwischen dem ius fetiale, das auch für die legati galt, und der aktiven diplomatischen Tätigkeit der fetiales trennen muß. Wenn die legati einer res repetere-Gesandtschaft keine fetiales waren, und auch wenn überhaupt keine fetiales die Gesandtschaft begleiteten (z. B. Liv. 1,22f; 3,25,6-8 und bei anderen lateinischen Autoren: Val. Max. 2,2,5 und in der griechischen Überlieferung z. B. D.H. 8,64,1-3. 91,1-2; 9,60,1-6; 15.5,1), erfüllte eine solche Gesandtschaft dennoch Notwendigkeiten des ius fetiale. Fetialis ist wahrscheinlich adjektivisch gebildet, so daß die legati, die Mitglieder der Priesterschaft der fetiales waren, ursprünglich wohl legati fetiales hießen (so Rüpke, Domi 103). Die etymologische Ableitung von fetiales ist schon unter den antiken Autoren umstritten gewesen, Varro, ling. 5,86 [facere| fides]; Serv. Aen 1,62 [foedus]; Paulus Fest. 81L [facere]; Plut. Num. 12,5 [äçîÖï/ = fando?]; nach R. Maltby, A Lexicon af Ancient Latin Etymologies (Wittshire 1991) 231. Sie ist auch heute noch unsicher, vergl. z. B. A. Walde/J.B. Hoffmann, Lateinisches Etymologisches Wörterbuch 1 (3. Aufl. Heidelberg 1938) 489f; E. Ernout/A. Meillet, Dictionnaire etymologique de la langue latine 1 (Paris 1951), s.v. fetialis und z. B. Lange, Altertümer 1 (3. Aufl.) 323 (von fari); Marquardt, Staatsverwaltung 3 (3. Aufl.) 417 A.9 (von foedus ferire oder fides); Wiedemann, CQ 80, 1986, 484 (foedus, fides, facio) und vergl. auch Watson, Law 74 A1. 57 Serv. Aen. 12,120. Zum kompilatorischen Charakter der servianischen Zeugnisse zu den fetiales vergl. 34f. Zum angesprochenen Fehler des Servius vergl. Wissowa, Religion (2. Aufl.) 551 A.7. 58 Varro, de vita populi Romani 2, frg. 76 (Riposati) (= Nonius 528M 848L) setzt die sagmina/verbenae mit dem caduceus gleich. Plin. n.h. 25,105 zeigt, daß die sagmina/verbenae eine Art Reisig waren, das auch zu Besen für Altäre verarbeitet werden konnte. Zur religiösen Bedeutung der sagmina/verbenae vergl. Seite 70f mit Literatur. 59 Die Notiz des Serv. Aen. 12,120 meint, daß die fetiales bzw. der pater patratus die sagmina/verbenae als Kranz bei der Kriegserklärung und bei der Vertragsbeeidung trugen. Im Zusam-

II. Untersuchungen über die Quellen zum ius fetiale und ihre historische Auswertung

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priesterlichen fetiales einerseits und den säkularen legati andererseits als Ausdruck einer historischen Entwicklung deuten dürfen. Mit dem fast vollständigen Verlust ihrer aktiven Beteiligung an diplomatischen Missionen ist den fetiales vermutlich im Verlauf des 3. Jh. v. Chr. auch die alleinige Verfügung über die Gesandteninsignien an die legati verlorengegangen60. Gelegentlich sind die Widersprüche gleichzeitig wichtige Indizien für die ebenfalls angestrebte Wiederherstellung der verschiedenen Etappen der literarischen Traditionsbildung zum ius fetiale. Die unterschiedlichen Meinungen der frühkaiserzeitlichen Autoren zum Gründer und der Herkunft des ius fetiale in Rom61 beispielsweise sind die einzigen erfaßbaren Reflexe der zugrundeliegenden Diskussion nicht mehr erhaltener republikanischer Autoren. Die Geschichte der literarischen Traditionsbildung ist zugleich eine wesentliche Voraussetzung und notwendiger Bestandteil der Rekonstruktion der Geschichte des ius fetiale. Mit den Fragen, in welcher Zeit die uns faßbare Tradition entstand bzw. bis zu welchem Zeitpunkt man sie zurückverfolgen kann, zielt man einerseits auf die Phasen der Auseinandersetzung mit dem ius fetiale in der Antike; andererseits wird das Alter einer Tradition auch Anhaltspunkte für die notwendige Frage nach ihrer Historizität bieten – wie dies bereits bei der Frage nach der Gestalt der sagmina/verbenae versucht wurde. Im Zusammenhang mit der Überprüfung neuerer Interpretationen zur Historizität des Lanzenwurfes der fetiales wird dem Aspekt des Alters der Tradition besondere Bedeutung zukommen.

menhang mit Gesandtschaften zur Vertragsbeeidung und Kriegserklärung erwähnt sie auch Festus 424. 426L und Paulus Fest. 425L, ohne die sagmina/verbenae als Kranz zu bezeichnen. 60 So z. B. begegnen die fetiales seit dem 3. Jh. v. Chr. nicht mehr als Teilnehmer der res repetereGesandtschaften; dies heben hervor z. B. Wissowa, Religion (2. Aufl.) 554; Mommsen, Staatsrecht 3, 689; Samter, RE 6 (1909) 2264 s.v. fetiales; Dahlheim, Struktur 175 mit A.15; Wiedemann, CQ 80, 1986, 480; Jäger, Unverletzlichkeit 7. Bei Varro ling. 5,86 wird dieser Tätigkeitsbereich der fetiales ausdrücklich als Vergangenheit bezeichnet. 61 Vergl. die Belegstellen Seite 18 A.52.

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2. Die Kriegserklärung der fetiales

2. Die Kriegserklärung der fetiales 2.1 Die Schilderung im ersten Buch des Livius 2.1.1 Die literarische und historiographische Funktion Unter den antiken Autoren war es umstritten, welcher König das ius fetiale in Rom einführte, ob die Römer es von einem fremden Volk übernahmen, und wenn ja, von welchem Volk62. Numa Pompilius, Tullus Hostilius und Ancus Marcius werden als Stifter genannt. Vereinzelt ist die Nachricht, die Römer hätten in der Zeit der Zwölftafelgesetzgebung iura fetialia von den Faliskern übernommen63. Als Herkunftsorte bzw. -stämme werden die Aequicoler bzw. Aequer, Ardea und die Falisker genannt. Gelegentlich wird ergänzend angemerkt, der König der Aequicoler, Fertor Resius (auch Ferter bzw. R(h)es(i)us), habe das ius fetiale erfunden. Die heute noch verfügbare Überlieferung, die überwiegend in die Kaiserzeit gehört, stellt nur einen späten und schwachen Ausläufer der gelehrten Diskussion zwischen den spätrepublikanischen Autoren dar. Livius, der im ersten Buch seiner römischen Geschichte ab urbe condita an zwei Stellen die Zeremonien der fetiales erläutert64, verarbeitet unterschiedliche Quellen, die die Frage, welcher König das ius fetiale in Rom einführte, anders beantworteten als er selbst65. Die bellicae caerimoniae der fetiales läßt Livius den Ancus Marcius 62

Gründer bzw. Gründungszeit: Numa Pompilius bei D.H. 2,72,1ff und Plut. Num. 12,5; Tullus Hostilius bei Cic. rep. 2,17,31; Ancus Marcius bei Liv. 1,32,4f; Inc. Auct. vir. ill. 5,4 und Serv. Aen. 10,14; Zeit der Zwölftafelgesetzgebung bei Serv. Aen. 7,695. Herkunft: Eigene Erfindung des Tullus Hostilius so Cic. rep. 2,17,31 (per se iustissime inventum heißt wohl, daß Tullus Hostilius das ius fetiale selbst erfand [anders Büchner, Kommentar 200]). Ardea so Cn. Gellius, HRR 1 (2. Aufl.) p. 152, frg. 16 (= D.H. 2,72,2); Aequicoler bzw. Aequer Liv. 1,32,5; D.H. 2,72,2; ILS 61; Inc. Auct. vir. ill. 5,4; Inc. Auct. praen. 1 (= Val. Max. p. 588 Kempf); Serv. Aen. 10,14 vergl. zur Lesung der Inschrift ILS 61 und zur korrekten Namensform Fertor Resius bzw. Rhesus E. Peruzzi, Ferter Resius, Maia 18, 1966, 55f. 277f; Radke, Götter 127 und C. Ampolo, Ferter Resius Rex Aequicolus, PP 27, 1972, 409-412. Palmer, Community 53 vermutet, Fertor sei der Königstitel der Aequiculani gewesen); Falisker so Serv. Aen. 7, 695. Zum aitiologischen Hintergrund der Tradition, die das ius fetiale von den Aequicolern stammen läßt (von aequum colere), vergl. z. B. Ogilvie, Commentary 129f; Rüpke, Domi 115; Watson, Law 4. 75 A20. 63 Serv. Aen. 7,695. 64 Liv. 1,24,4ff. 32,6ff. 65 Die folgenden Beobachtungen finden sich zum Teil auch bei Penella, CPh 82, 1987, 233ff. Dort wird das literarische Konzept des Livius für die Darstellung der frühen römischen Könige und seine Auswirkung auf die livianische Darstellung der fetiales interpretiert. Zuvor kamen zu ähnlichen Interpretationen wie Penella bereits Burck, Erzählkunst 156 und Erb, Kriegsursachen 36f.

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in Rom einführen66, obwohl er die diplomatischen Präliminarien des Krieges zwischen Rom und Alba Longa bereits für die Zeit des Tullus Hostilius ganz entsprechend den angeblich erst später eingeführten res repetere- Zeremonien der fetiales schildert67. Im Parallelbericht des Dionys wird die Beteiligung der fetiales ausdrücklich erwähnt68. Für Dionys ist dies problemlos, weil er Numa Pompilius das ius fetiale in Rom gründen läßt (D.H. 2,72). Livius weicht wahrscheinlich im Interesse seiner chronologischen Einordnung der bellicae caerimoniae von seinen historiographischen Vorlagen ab und berichtet nur von res repetere- Zeremonien der legati. Eine Beteiligung der fetiales erwähnt er nicht. Die Zeremonien der fetiales bei der foedus-Beeidung schildert Livius ausführlich im Zusammenhang mit seiner Erzählung vom römisch-albanischen Krieg ebenfalls für die Zeit vor Ancus Marcius69. Während die übrige Überlieferung das gesamte ius fetiale mit einem Gründungsakt in Rom heimisch werden läßt, scheint Livius dagegen die Einführung der unterschiedlichen Zeremonien des ius fetiale in zeitlich aufeinanderfolgenden Schritten geschehen zu lassen. Die fetiales gab es seiner Darstellung nach schon zur Zeit des Tullus Hostilius; dagegen erfolgte die Beauftragung der fetiales mit den bellicae caerimoniae erst in der Zeit des Ancus Marcius. Livius sucht damit wohl einen Kompromiß zwischen den widerstreitenden Meinungen über die Gründungszeit des ius fetiale zu schaffen70. Auch Dionys nimmt in der Frage nach der Gründungszeit eine vermittelnde Haltung ein. Er deutet zumindest die Unsicherheit an, indem er bemerkt, ihm genüge es festzustellen, daß es in Rom die fetiales nicht vor der Zeit des Numa Pompilius gegeben habe71.

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Liv. 1,32,4f. Liv. 1,22,3-7 mit 1,32,6ff. 68 D.H. 3,2f; zu vergleichen ist auch Diod. 8,25f (ohne ausdrückliche Erwähnung der fetiales). Wenn Diod. 8,26 zur Erzählung des römisch-albanischen Krieges gehören sollte, ist die Erwähnung der fetiales sehr wahrscheinlich. Diodor hätte dann das lateinische fetialis mit âÜDêìñ ins Griechische übersetzt. Eine verbindliche griechische Übersetzung für fetiales gab es anscheinend nicht (vergl. H.J. Mason, Greek Terms for Roman Institutions. A Lexicon and Analysis (Toronto 1974) 97 s.v. ÑÜíá~Däá ). Alternative Übersetzungen geben z. B. D.H. 2,72,1 ÉáàêÜåçÇáîâ~á; Plut. Moralia 279B ÉáàêÜåçéçáçáî, Num. 12,5 ÉáàêÜåçÑìîä~âÉ?. 69 Liv. 1,24,4ff. 70 Bei Cic. rep. 2,17,31 wird nur erwähnt, daß Tullus Hostilius die Kriegserklärungszeremonien einführte. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, daß Livius mit seiner Darstellung der stufenweisen Einführung des ius fetiale dem Vorbild früherer Autoren folgte – die spezielle Ausführung ist aber livianisch. 71 D.H. 2,72,2f. 67

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2. Die Kriegserklärung der fetiales

Livius verknüpft die beschriebene Darstellungsabsicht kunstvoll mit der von ihm geschaffenen Charakteristik der ersten Könige Roms. In der Erzählung des ersten Buches kommt jedem König eine bestimmte Charaktereigenschaft zu, die sich in der militärischen und gesetzgeberischen Tätigkeit des jeweiligen Königs auswirkt72. Livius beschreibt Ancus Marcius mit den Worten: medium erat in Anco ingenium, et Numae et Romuli memor (Liv. 1,32,4). Entsprechend ist es bei ihm gerade dieser König, der die bellicae caerimoniae der fetiales in Rom einführt. Denn er ist nach dem kriegsliebenden Romulus, dem friedliebenden und frommen Numa Pompilius und dem kriegslüsternen, tüchtigen, aber arglistigen Tullus Hostilius der erste König, der die verschiedenen Charaktere seiner Vorgänger in sich verbindet, die Voraussetzung für die Einführung der bellicae caerimoniae sind. Durch diese wird der Krieg nicht um jeden Preis vermieden, aber die vorhergehende Suche nach friedlichem Ausgleich institutionell und religiös gesichert. Numa Pompilius, der bei Livius als unkriegerischer König porträtiert wird, kam als Stifter von bellicae caerimoniae nicht in Betracht, ebenso nicht der arglistige Tullus Hostilius; denn die Arglist wurde aus der Kriegsvorbereitung mit den bellicae caerimoniae verdrängt. Die bei der Frage nach der Gründungszeit des ius fetiale beobachtete eigenständige und absichtsvolle Verarbeitung der literarischen Vorlagen durch Livius wird um weitere Aspekte bereichert, wenn nach den Quellen und der Funktion der fetiales-Exkurse im Geschichtswerk des Livius gefragt wird. Im Zusammenhang mit der Kriegserklärung der fetiales interessiert vor allem Livius’ Bericht zu den bellicae caerimoniae (Liv. 1,32,4-14). Livius’ Schilderung der Zeremonien ist deutlich als Einschub aus anderen Quellen73 in die Erzählung seiner historiographischen Vorlagen zu erkennen74. Diese erwähnten die diplomatischen Präliminarien des Krieges zwischen Rom und den 72

Vergl. Burck, Erzählkunst 156; Erb, Kriegsursachen 36f; Penella, CPh 82, 1987, 233ff. Wichtige Stellen für die Charakterisierung der frühen Könige durch Livius: Liv. 1,15,6ff (Romulus); 18,1ff (Numa); 22,2ff (Tullus Hostilius); 32,4f (Ancus Marcius). 73 Zu den möglichen Quellen und ihrem Alter vergl. Seite 21ff mit Literatur. 74 Als historiographische Grundquelle des Livius (Liv. 1,24-31) nimmt Ogilvie, Commentary 106 Valerius Antias an. In Liv. 1,32 wäre demnach eine neue historiographische Grundquelle von Livius benutzt worden (Ogilvie, Commentary 129 erwägt Licinius Macer als Livius' Quelle); doch scheinen mir so genaue Rekonstruktionen unmöglich zu sein. Nur ein Quellenwechsel ist wahrscheinlich, weil von dem in Liv. 1,32,3 erwähnten Bündnis der Latiner mit Rom (nicht nur Alba Longas mit Rom, von dem Liv. 1,24,3ff berichtet) zuvor nicht berichtet wurde; ob die vorherige Quelle Valerius Antias und die folgende Licinius Macer waren, ist ungewiß und für unseren Zusammenhang nicht sehr wichtig. Zu den annalistischen Quellen des Livius in der ersten Dekade vergl. Ogilvie, Commentary 5-17; Oakley, Commentary 1, 13ff passim.

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Latinern nur kurz, und sie wußten nichts von einer Beteiligung der fetiales daran75. Daß es sich um einen Exkurs handelt, wird daraus deutlich, daß der Zusammenhang der historischen Erzählung auch ohne ihn vollständig ist76. Verfassungsrechtliche bzw. -geschichtliche Einschübe von der Art des bellicae caerimoniaeExkurses begegnen im ersten Buch des Livius und auch in den übrigen Büchern immer wieder77. Mit ihnen möchte Livius die Leser mit zentralen Institutionen der religiösen und rechtlichen Verfassung Roms bei ihrer Einführung bzw. ihrem ersten Gebrauch bekannt machen. Gleichzeitig erweckt Livius damit beim römischen Leser bewußt den Eindruck, die Einrichtungen der Verfassung Roms seien das Ergebnis einer langen historischen Entwicklung, an der viele Generationen weiser Gesetzgeber mitgewirkt hätten. Livius nähert sich mit dieser Tendenz seiner Darstellung den allgemein- und verfassungsgeschichtlichen Perspektiven z. B. M. Porcius Cato Maiors und Ciceros an, die den Erfolg Roms und die Überlegenheit der römischen Verfassung gegenüber den griechischen Verfassungen unter anderem so erklären78. Der bellicae caerimoniae-Exkurs und die Beschreibung der Beeidungszeremonien im ersten Buch des Livius erfüllen für zwei Teilbereiche der römischen Verfassung diese Funktion innerhalb der livianischen Darstellung79.

2.1.2 Quellen und Authentizität der Formeln Nach den bisherigen Beobachtungen ist der Einschub Liv. 1,32,4-14 in besonderem Maße geprägt von livianischen Darstellungsabsichten: Liv. 1,32,4-5 stellt die Beziehung zwischen dem Charakter des Ancus Marcius und der fetialesGesetzgebung her und leitet zur Beschreibung der bellicae caerimoniae über. Liv. 1,32,6-14 stammt nicht aus den von Livius verarbeiteten historiographischen Hauptquellen. Während Liv. 1,32,4-5 deutlich als livianisches Eigengut zu erkennen ist, gilt dies für den Teil Liv. 1,32,6-14 nicht. Wie der Vergleich zwischen Liv. 75

Liv. 1,32,3. Liv. 1,33,1ff schlösse nahtlos an Liv. 1,32,3 an. 77 Z. B. für den Bereich der Institutionen des römischen Völkerrechts Liv. 1,24,4ff (foedus). 32,6ff (bellicae caerimoniae). 38,1ff (deditio); zu den aitiologischen Abschnitten in Livius’ Darstellung vergl. Burck, Erzählkunst 159. 78 Cic. rep. 2,1,1ff passim. Cicero läßt P. Cornelius Scipio Minor in der Art Catos die römische Geschichte darstellen und macht sich so dessen Geschichtsdeutung zu eigen; vergl. die Darstellung des gesamten zweiten Buches der Schrift de re publica, deren Exkurs zur römischen Geschichte u. a. der Verdeutlichung des allmählichen Wachsens der römischen Verfassung dient (Büchner, Kommentar 169. 171ff). 79 Bemerkenswert ist es, daß Liv. 1,24,5 der fetialis als regius nuntius bezeichnet wird, während er bei Liv. 1,32 als nuntius populi Romani bezeichnet wird. Es ist erwägenswert, daß Livius mit diesem Detail einen Aspekt der Verfassungsentwicklung beschreiben wollte. 76

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2. Die Kriegserklärung der fetiales

1,32,6-10 und D.H. 2,72,6-8 und vor allem zwischen Liv. 1,32,12f und Cincius, de re militari 3, frg. 12 Huschke (= Gell. n.a. 16,4,1) zeigt, folgt Livius ohne wesentliche Veränderungen der Schilderung einer ihm mit den genannten Autoren gemeinsamen literarischen Tradition80. Das Alter, die Herkunft und der Grad der Authentizität des Abschnittes Liv. 1,32,6-14 sind umstritten81. Auf die Annahme, Livius gebe die authentischen Formelworte wieder, die in der Frühzeit gesprochen worden seien, wird man verzichten dürfen. Denn erstens zeigt die Parallelüberlieferung (vergl. insbes. D.H. 2,72) in Details und im ganzen Unterschiede zu den bei Livius beschriebenen Formeln, und zweitens gehört die Sprache des Abschnittes offensichtlich nicht in das 4. Jh. v. Chr. Sehr bezeichnend sind die Unterschiede zwischen dem livianischen Bericht und D.H. 2,72,6ff und den Worten des fetialis anläßlich der Kriegserklärung Roms gegenüber den Samniten bei D.H. 15,8,13. Diese Berichte lassen sich mit der livianischen Darstellung nicht vollständig in Übereinstimmung bringen. Davon wird jedoch die grundsätzlich übereinstimmende Konzeption der Autoren von zeremoniellem und rechtlichem Gehalt der Kriegserklärung durch fetiales nicht berührt. Deshalb wird man die der Darstellung des Livius zugrundeliegenden zeremoniellen und

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Die Übereinstimmung mit dem spätrepublikanischen und augusteischen Antiquar L. Cincius und auch der wohl aus antiquarischer Tradition gespeiste Bericht des Dionys (D.H. 2,72). Dionys hat die antiquitates rerum divinarum des Varro eingesehen; vergl. D.H. 4,62,5 mit Cardauns, Antiquitates Bd. 1, frg. 60 mit Kommentar des., ebenda Bd. 2 127. Dies läßt auch an antiquarische Sammlungen als Vorlagen des Livius denken (wenngleich eine nur indirekte Vermittlung nicht auszuschließen ist, vergl. Ogilvie, Commentary 6, aber auch Oakley, Commentary, 1, 33ff). An eine gemeinsame Quelle für Liv. 1,24,4ff und 1,32,6ff denkt Rüpke, Domi 105. Rüpke sieht in den Überschüssen des Livius gegenüber Cincius (z. B. Quiritium fehlt bei Cincius; dico statt indico bei Livius) "juristisch übergenaue Einfügungen"; vergl. auch Schmidt, ZRG 9, 1888, 129 (Cincius wahrscheinlich jünger als Livius); Wissowa, Religion (2. Aufl.) 554 A.2 (Cincius’ Formel schlechter als die des Livius) und Harris, War 168 A.4 ("The version in Gell. N.A. XVI 4.1 needs no attention here (it is a forgery of Augustan date or later)"). 81 Z. B. E. Norden, Aus altrömischen Priesterbüchern (Leipzig u. a. 1939) 131 A.3 (Überarbeitung der Formel und auch ursprüngliches Vokabular); Siber, Verfassungsrecht 28 (im Kern alte, aber teilweise später überarbeitete Formeln); Hampl, HZ 184, 1957, 257 [= Staatsdenken, hsg. Klein (1966) 125f] (alte Überlieferung des 4. Jh. v. Chr.); Hausmaninger, Österr. Zeitschr. öffentl. Recht 11, 1961, 339 (ungestörte Weitergabe des Formelschatzes); Latte, Religionsgeschichte 5 A.1. 37f. 121 A.2 (Formeln des Livius zum Vertragseid und der Kriegserklärung eigene literarische Leistung des Livius); Ogilvie, Commentary 128 (durch eine Mittlerquelle geht Livius’ Bericht auf eine Überlieferung des 2. Jh. v. Chr. zurück); Catalano, Linee 37f A.76 (für die Authentizität; mit älterer Literatur); Dahlheim, Struktur 171 A.3 (antiquarische Quelle des Livius); Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 107f (Formelschatz der fetiales; in der Substanz authentisches Überlieferungsgut, das Livius sprachlich modernisierte); Gjerstad, ANRW 1,1 (1972) 147 A.12 (antiquarische Überlieferung vom Ende des 2. Jh. v. Chr. mit historischem Kern); Saulnier, RD 58, 1980, 174 (Rekonstruktion des 2. Jh. v. Chr.; antiquarische und historiographische Quelle bei Livius verarbeitet); Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 567 A.23. 215 (commentarii der fetiales); v. Ungern Sternberg, in: Vergangenheit, hsg. ders. (1988) 252 A.72 (Rekonstruktion aus antiquarischer Quelle); Rüpke, Domi 104f (gelehrte Konstruktion); Nörr, Fides 52 A.11 (authentische Überlieferung).

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rechtlichen Konzeptionen der Kriegserklärung durch fetiales als authentisch ansehen dürfen82, auch weil das res repetere-Verfahren auffällige Parallelen im alten ius civile hat83, und auch weil mit den Verfahren bei der Kriegserklärung offensichtlich alte Zeremonien (ständige Eidleistungen; dreißig Tage-Frist) und rituelle Insignien (z. B. wollene Kopfbedeckung Liv. 1,32,6) verbunden sind. Livius formte den Bericht seiner wohl antiquarischen Vorlage eigenständig, so daß die Sprache des Abschnittes überwiegend ihm zuzurechnen ist. Das genaue Alter seiner Vorlage kann nicht bestimmt werden; der Vergleich mit Dionys zeigt zumindest, daß es bereits in vorlivianischer Zeit eine vergleichbare Tradition gab.

2.2 Der Aufbau und die verschiedenen Quellen der livianischen Schilderung der bellicae caerimoniae Im ersten Teil seiner Darstellung schildert Livius die Etappen des res repetere (Liv. 1,32,6-10)84: (6) Legatus ubi ad fines eorum venit unde res repetuntur, capite velato filo – lanae velamen est –'Audi, Iuppiter,' inquit; ' audite, fines' – cuiuscumque gentis sunt, nominat –; 'audiat fas. Ego sum publicus nuntius populi Romani; iuste pieque legatus venio, verbisque meis fides sit.' Peragit deinde postulata. (7) Inde Iovem testem facit: 'Si ego iniuste impieque illos homines illasque res dedier mihi exposco, tum patriae compotem me nunquam siris esse.' (8) Haec, cum fines suprascandit, haec, quicumque ei primus vir obvius fuerit, haec portam ingrediens, haec forum ingressus, paucis verbis carminis concipiendique iuris iurandi mutatis, peragit. (9) Si non deduntur quos exposcit diebus tribus et triginta – tot enim sollemnes sunt – peractis bellum ita indicit: 'Audi, Iuppiter, et tu, Iane Quirine, dique omnes caelestes, vosque terrestres vosque inferni, audite; (10) ego vos testor populum illum'– quicumque est, nominat – 'iniustum esse neque ius persolvere; sed de istis rebus in patria maiores natu consulemus, quo pacto ius nostrum adipiscamur.' Tum is nuntius Romam ad consulendum redit.85 82

Vergl. Hausmaninger, Österr. Zeitschr. öffentl. Recht 11, 1961, 338ff. Z. B. legis actio sacramento und legis actio per condicionem, vergl. z. B. Danz, Schutz 180ff; Schmidt, ZRG 9, 1888, 129f (kritisch zum Vergleich mit den legis actiones); Donatuti, Iura 6, 1955, 31ff; Hausmaninger, Österr. Zeitschr. öffentl. Recht 11, 1961, 340f; Ogilvie, Commentary 127; Ilari, Interpretazione 7 mit Literatur in A.8; Rüpke, Domi 117ff; Watson, Law 10. 13ff. 21f. 25ff. 77 A.1 mit Literatur und neuerdings Albert, Vox Latina 34, 1998, 214f mit A. 219ff. 84 Kommentar auch zur Sprache von Liv. 1,32,6ff bei Ogilvie, Commentary 130ff. 85 Übersetzung Liv. 1,32,6-10: (6) Wenn der legatus an die Grenze derer ankommt, von denen Genugtuung gefordert wird, spricht er (dabei hat er das Haupt mit einem filum umwunden – dies ist eine Kopfbedeckung aus Wolle): ‘Höre Iuppiter! Hört ihr Grenzen!’ – das betreffende Volk nennt er hier – ‘Hören soll es das fas! Ich bin der publicus nuntius des römischen Volkes. In or83

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2. Die Kriegserklärung der fetiales

Ein römischer Gesandter geht geschmückt mit einer wollenen Kopfbedeckung86 an die Grenze der beklagten Gemeinde. Unter Anrufung Jupiters, der Grenzen des Gegners und des fas87 stellt er fest, daß er in Übereinstimmung mit göttlichen und menschlichen Satzungen88 als römischer Gesandter an der Grenze erscheine und daß seinen Worten deshalb Vertrauen gebühre. Er testiert also die Ordnungsmäßigkeit seiner Gesandtschaft. Danach zählt er die römischen Forderungen gegenüber dem beklagten Gegner auf. Er ruft nun Jupiter als Zeugen89 an und verflucht sich selbst mit Heimatverlust, wenn er zu Unrecht und gegen göttliche Satzungen Wiedergutmachungsleistungen fordere90. Diese Spruchformeln nimmt er vor, wenn er dentlicher und frommer Weise [bestellt und eingesetzt] komme ich als legatus und meinen Worten darf Vertauen entgegengebracht werden.’ Hierauf faßt er die Forderungen in Worte. (7) Dann ruft er Iuppiter als testis an: ‘Wenn ich auf ungerechte und unfromme Weise fordere, daß diese Personen und diese Sachen mir ausgeliefert werden, dann laß mich in meinem Vaterland nicht mehr [als vollberechtigter Bürger] leben.’ (8) Dies sagt er, wenn die Grenze überschreitet, dies sagt er dem Mann, dem er zuerst begegnet, dies sagt er, wenn er durch das Stadttor geht, dies sagt er, wenn er das forum betritt, wobei er [jeweils] nur wenige Worte des carmen und bei der Leistung des ius iurandum ändert. (9) Wenn die zur Auslieferung geforderten nicht ausgeliefert werden, erklärt er nach 33 [30] Tagen – dies ist nämlich die übliche Frist – folgendermaßen den Krieg: ‘Höre, Iuppiter, und du Ianus Quirinus, und höret all ihr Götter des Himmels, der Erde und der Unterwelt! (10) Ich rufe euch zu Zeugen an, daß dieses Volk (er nennt es) iniustum ist und das ius nicht erfüllt. Doch wegen dieser Dinge werden wir in unserer Vaterstadt die maiores natu befragen, wie wir unser ius bekommen können.’ Dann kehrt der Gesandte zur Beratung nach Rom zurück. 86 Zu dieser Kopfbedeckung der fetiales und ihrer religiösen Bedeutung (= heiliges und rituelles Kleidungsstück vor allem im kultischen bzw. priesterlichen Zusammenhang) vergl. Wissowa, Religion (2. Aufl.) 499f; Latte, Religionsgeschichte 404; Wolf, in: Sympotica F. Wieacker (Göttingen 1968) 63ff mit reichem Material (Material auch bei: Lackenbacher, ThLL 6, 760ff s.v. filum). Das Leinenverbot für die fetiales (Serv. Aen. 12,120) wird dadurch verständlich, daß ihnen als friedlichen Gesandten der Stoff der archaischen Rüstung (= Leinen) verboten sein mußte (so Rüpke, Domi 103); vergl. Wissowa, Religion (2.Aufl.) 552 A.1, Latte, Religionsgeschichte 404 mit Bezug auf das Leinenverbot für die Frau des flamen dialis, der bekanntlich nichts Kriegerisches sehen und berühren durfte (vergl. Gell. n.a. 10,15; Latte, Religionsgeschichte 402f und Rüpke, Domi 64ff). 87 Latte, Religionsgeschichte 38f mit 39 A.11 interpretiert den Gebrauch von fas als Subjekt bei Livius als späte Entwicklung (auch Ogilvie, Commentary 130 und Wieacker, in: Festgabe M. Kaser (1986) 349f A.4), worin man ein Element der livianischen Interpretation seiner Vorlagen erkennen kann. Zur Bedeutung von fas vergl. Hausmaninger, Österr. Zeitschr. für öffentl. Recht 11, 1961, 337; Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 275; zur Bedeutung von ius z. B.: Kaser, Ius 20ff passim; Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 267f mit A.1. 270f. 275. 299. 88 D. h. in Übereinstimmung mit den religiösen Voraussetzungen für eine res repetere-Gesandtschaft (iusta causa) und als ordentlich beauftragter Gesandter der römischen Gemeinde. 89 D.H. 2,72,6 zeigt, daß zumindest im Verständnis des Dionys die Rolle der Götteranrufung in der Zeugenanrufung bestand [dies auch zum Interpretationsansatz von Watson, Law passim (vergl. Seite 25f A.93)]. 90 Zur religiösen Funktion der Götteranrufung vergl. Danz, Schutz 33ff. 42 "Der endliche und letzte Zweck, weshalb man die Götter zu Ohrenzeugen beim Eide macht, war also kein anderer als den Eidbrüchigen ihrem Zorne zu unterwerfen." 47ff "Aber die erzürnten Götter rächen nicht

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die gegnerische Grenze überschreitet, sobald er dem ersten Bürger des angeklagten Gemeinwesens begegnet, wenn er das Stadttor des Gegners durchschreitet und wenn er auf das Forum des beklagten Gemeinwesens gelangt. Dabei variiert er die Schwurformeln, indem er sie der jeweiligen Situation anpaßt, ob er sie etwa gegenüber einer Person, einer Institution oder einem Gegenstand verkündet. Wenn nach 33 (besser 30) Tagen91 die gegenüber den Göttern und Menschen als berechtigt festgestellten Wiedergutmachungsforderungen nicht geleistet werden, erklärt er unter Anrufung Jupiters, des Ianus Quirinus92 und der Erd- und Unterweltgottheiten dem feindlichen Gemeinwesen den Krieg, indem er feststellt, daß das gegnerische Volk die berechtigten Forderungen nicht erfüllt habe93. Er kündigt Beratungen des durch eigene Hand das impium facinus des periurus, sondern durch Menschenhand, der sie gestatten, ohne Furcht vor Unrecht und Sünde, den Act der Vergeltung zu vollziehen ..." Zur Beziehung des res repetere zu den legis actiones ders., ebenda 180ff. Zum "Oralismus" des römischen Rechts mit einem Beispiel aus dem ius civile vergl. z. B. Wieacker, in: Festgabe M. Kaser (1986) 359f mit A.38 (Literatur). 91 Eine 33-Tage-Frist wäre ohne Parallele in der römischen Rechts- und Religionsordnung (Schol. Dan. Aen. 9,52 ist von Livius abhängig). Dagegen begegnet die 30-Tage-Frist häufig (z. B. bei der legis actio sacramento seit der lex Pinaria [Gai. inst. 4,15]; im Kult der Salier [Plb. 21,13,12]). Auch im Zusammenhang mit den Kriegsvorbereitungen begegnet die 30-Tage-Frist (iusti dies vergl. Paulus Fest. 92L; 30-Tage-Frist für Gesandte des Perseus in Rom, um Italien zu verlassen, nachdem die Kriegsentscheidung gefallen war). In Livius’ Schilderung der diplomatischen Präliminarien des römisch-albanischen Krieges begegnet die geläufige 30-Tage-Frist (Liv. 1,22,5 im selben Zusammenhang auch Diod. 8,25), so daß die 33 Tage sicher auf einen Fehler des Livius zurückgehen (so z. B. neuerdings auch Rüpke, Domi 104 mit A.31und zuvor z. B. bereits Kaser, Ius 21; vergl. auch Ogilvie, Commentary 131). Dem Fehler des Livius ist schon einer der späten Autoren der Scholia Danielis (Schol. Dan. Aen. 9,52) aufgesessen. Dionys (D.H. 2,72,8) nennt in seinem Parallelbericht zu Livius die richtige 30-Tage-Frist, womit diese Frist endgültig gesichert sein dürfte. Allgemein zur 30-Tage-Frist in Rom vergl. R. Düll, Triginta dies, in: Festschrift P. Koschaker 1 (Weimar 1939) 27-41 und Rüpke, Domi 118f. Für die Authentizität der 33-Tage-Frist treten Danz, Schutz 198f und Voigt, Ius 2, 184f ein. Ihre Interpretation scheitert an Liv. 1,22,5, wo die 30-Tage-Frist bis zum Abschluß des res repetere ebenfalls begegnet. 92 Ein von Ogilvie, Commentary 131f entdecktes Indiz (Ianus Quirinus erst eine späte Verbindung), das die Bearbeitung der ursprünglichen Formelworte durch Livius bzw. seine Vorlagen zeigt. Zu Quirinus vergl. Radtke, Götter 268ff. 93 Watson, Law 11ff. Fazit 17. schlägt vor, daß testes im Sinne von "judges" zu verstehen sei und dies die ursprüngliche – in den Formelworten der fetiales begegnende – Bedeutung sei, aber seine Beweisführung ist zu voraussetzungsreich, um angenommen zu werden (ablehnend neuerdings auch: A. R. Dyck, A Commentary on Cicero de officiis (Ann Arbor 1996) 134), wenngleich neben Liv. 1,22f auch Liv. 44,15,5 geeignet sind, Watsons Deutung zumindest partiell in einem ganz allgemeinen Sinne zu unterstützen. Diese Darstellungen zeigen nämlich, daß die Götter als übergeordnete Garantiemächte der Vertragsrechte angesehen wurden und als solche auch über die Berechtigung der geltend gemachten Rechtsansprüche entschieden und ihre Entscheidung noch vor Beginn des Krieges (!) etwa durch günstige Opfer zeigten. Die Aufnahme der Kriegshandlungen ist – wenn man es auf diese Weise betrachtet – also nur die Durchsetzung des "Urteils" der römischen Götter. Ob die Anrufung der Götter in den Formelworten des fetiales als testes auf diese Funktion auch unmittelbar Bezug nehmen, ist eher von sekundärer Bedeutung [D.H. 2,72,6 zeigt, daß zumindest im Verständnis des Dionys die Rolle der Götteranrufung in der Zeugenanrufung

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Senates (= maiores) an, der darüber entscheiden werde, auf welche Weise Rom sein Recht erhalten könne. Der paraphrasierte erste Teil des livianischen Exkurses (Liv. 1,32,6-10) unterscheidet sich durch charakteristische Merkmale von den folgenden, ebenfalls zum bellicae caerimoniae-Exkurs gehörenden Schilderungen (Liv. 1,32,11-14)94. Das Erzähltempus des Abschnitts ist das Präsens. Im folgenden Teil wechselt das Tempus zum Imperfekt. Der Bericht über das res repetere ist idealtypisch gestaltet. Die Formelworte werden nicht auf den konkreten Fall des Krieges gegen die Latiner bezogen. Eben dies zeichnet dagegen den folgenden Teil der Schilderung aus; denn die Formelworte bei den Senatsberatungen in Rom und beim Lanzenwurf des fetialis werden auf die Prisci Latini bezogen. Dort wird auch vorausgesetzt, daß der pater patratus die res repetere-Zeremonien vollzog. Im ersten Teil des Berichtes dagegen wird der Gesandte lediglich als nuntius populi Romani bezeichnet (Liv. 1,32,6-10). Am Ende des res repetere erklärt der nuntius mit den beschriebenen Formelworten den Krieg (Liv. 1,32,9 bellum ita indicit:...). Dagegen scheint es am Ende des Exkurses über die bellicae caerimoniae erst der Lanzenwurf zu sein, mit dem der Krieg erklärt wird (Liv. 1,32,14, abschließende Worte des fetialis: bellum indico facioque95). Es kann daher als sicher gelten, daß Livius den ersten Teil des bellicae caerimoniae-Exkurses aus einer anderen Quelle nahm als die folgenden Schilderungen. Der Vergleich des ersten Teils des livianischen Berichts (Liv. 1,32,6-10) mit der Parallelüberlieferung bei Dionys (D.H. 2,72,6ff) zeigt, daß beide gemeinsam ihre Darstellung aus einer vorlivianischen (= spätrepublikanischen) Tradition nehmen96. Denn Dionys97 berührt sich oft mit der livianischen Schilderung, ist aber keinesfalls abhängig vom frühaugusteischen Livius des ersten Buches98. Auch die voraugubestand – dies kritisch zum zugespitzten Interpretationsansatz von Watson]. 94 Das Folgende zum Teil im Anschluß an: Saulnier, RD 58, 1980, 184f; Wiedemann, CQ 80, 1986, 479ff; Rüpke, Domi 103ff 106ff. 95 dico statt indico (Liv. 1,32,13) hat Cincius, de re militari 3, frg. 12 Huschke (= Gell. n.a. 16,4,1). Den Widerspruch bemerkte bereits Schmidt, ZRG 9, 1888, 126 A.2, ohne ihn allerdings quellen- und sachkritisch zu verwerten. 96 Vergl. Saulnier, RD 58, 1980, 184f; Wiedemann, CQ 80, 1986, 479ff; Rüpke, Domi 103f. 97 7 v. Chr. Dieses Publikationsdatum der antiquitates des Dionys ergibt sich aus D.H. 1,6,1. 7,2ff. 8,1. 98 Das belegen die nicht zu übersehenden Unterschiede zwischen Dionys’ und Livius’ Schilderungen. Zur Entstehungszeit der ersten Pentade des Livius zwischen 29 und 25 v. Chr. (aufgrund Liv. 1,19,3f) z. B. Dessau, Hermes 41, 1906, 143f mit A.5 [= Augustus, hsg. W. Schmitthenner (1969) 3 A.5] und Mette, Gymnasium 68, 1961, 274f. Ob Teile (z. B. die praefatio) bereits vor 29 v. Chr.

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steische Literatur beschrieb also die Zeremonien des res repetere ähnlich wie Livius und Dionys. Auf den ersten Teil des livianischen Exkurses (Liv. 1,32,6-10) folgt im zweiten Teil die Beschreibung der weiteren Etappen der Kriegseinleitung (Liv. 1,32,1112)99: (10) Tum is nuntius Romam ad consulendum redit. (11) Confestim rex his ferme verbis patres consulebat: 'Quarum rerum litium causarum condixit pater patratus populi Romani Quiritium patri patrato Priscorum Latinorum hominibusque Priscis Latinis, quas res nec dederunt nec fecerunt nec solverunt, quas res dari fieri solvi oportuit, dic,' inquit ei quem primum sententiam rogabat, 'quid censes?' (12) Tum ille: 'Puro pioque duello quaerendas censeo, itaque consentio consciscoque.' Inde ordine alii rogabantur; quandoque pars maior eorum qui aderant in eandem sententiam ibat, bellum erat consensum.100

In Liv. 1,32,11-12 wird die innerrömische Beschlußfassung über den Krieg geschildert. Der König fragt die Senatoren der Reihe nach, was sie zu den mit dem pater patratus der Prisci Latini verhandelten Klagegegenständen meinen, die die Prisci Latini nicht erfüllen wollten. Als die Senatoren mehrheitlich das duellum (= bellum) als purum piumque bewerten, ist der Krieg beschlossen101. entstanden, bleibt unsicher: Burck, jetzt in: Wege zu Livius, hsg. E. Burck (1967) 323 A.16 und Oakley, Commentary 1, 109f (er rechnet mit einer Überarbeitung der ersten Pentade [erste Fassung] vor 30 v. Chr.) zwischen 28 und 26 v. Chr.). 99 In Liv. 1,32,10 sind nur wenige Worte ausgefallen; mißverständlich ist Rüpke, Domi 104, der meint, ein Teil des livianischen Berichts sei zerstört. Zum "iuristischen Charakter" der Sprache dieses Abschnitts vergl z. B. Watson, Law 25. 100 Übersetzung Liv. 1,32,11-12: (11) Sogleich befragte der rex die patres mit etwa folgenden Worten: ‘Wegen der res, lites und causae, die der pater patratus des römischen Volkes der Quiriten beim pater patratus der Alten Latiner und bei den Alten Latinern gefordert hat, die sie [billigerweise] hätten ausliefern, sühnen und leisten müssen, die sie aber weder ausgeliefert, noch gesühnt, noch geleistet haben, sage’, sprach er zu dem, den er als ersten um seine Meinungsäußerung fragte, ‘was meinst du dazu?’ (12) Darauf sagte dieser: ‘Ich meine, man soll sie durch einen ordentlichen und frommen Krieg zu erlangen suchen, und dazu stimme ich bei und ebenso beschließe ich.’ Dann wurden der Reihe nach die anderen [patres] gefragt. Sobald die Mehrheit der Anwesenden auch für diese Meinung stimmte, war der Krieg beschlossen. 101 Ogilvie, Commentary 132ff hat aufgrund sprachlicher und sachlicher Untersuchungen diese Partie der livianischen Schilderung zu Recht als archaisierend bewertet. Die Verbindung purum piumque duellum statt iustum piumque bellum ist dennoch ein wichtiger, wenn auch später Reflex auf einen ursprünglichen Aspekt des iustum bellum, der unter anderem auch Roms religiös unbedenklichen Kriegseintritt meint. Zu der Bedeutung von purum "religiös bzw. kultisch rein" vergl. Latte, Religionsgeschichte 49; Danz, Schutz 85 (bzgl. der devotio-Formel) purum = nicht dem Zorn der Götter ausgesetzt, also religiös schuldlos. Latte, ZRG, 67, 1950, 57 meint, die Verbindung iustum et pium bellum sei erst möglich geworden, nachdem pius seine älteste Bedeutung

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Auch dieser zweite Teil des Exkurses (Liv. 1,32,11-12) unterscheidet sich vom folgenden Teil durch charakteristische Merkmale und geht deshalb ebenfalls auf eine eigene Quelle zurück102. Zuerst fällt die archaisierende Sprache (purum piumque duellum103) auf. In der folgenden Beschreibung der Formeln beim Lanzenwurf ist die Sprache moderner (Liv. 1,32,13 bellum statt duellum). Außerdem wird dort in den Formelworten vorausgesetzt, daß der Senat und das Volk von Rom über den Krieg beschlossen haben104. Von einem Beschluß der Volksversammlung hört man hingegen zuvor nichts, nur die Beschlußfassung des Senats wird geschildert. Ferner ist der Anschluß der Lanzenwurferzählung an den Bericht vom Senatsbeschluß reichlich ungelenk (Liv. 1,32,12 ... Fieri solitum ut fetialis ...) und deutet gleichfalls auf einen Quellenwechsel hin. Auch der zweite Abschnitt (Liv. 1,32,11-12) des livianischen Exkurses läßt sich mit einer vorlivianischen Tradition verbinden. Nach Livius’ Angaben nimmt der pater patratus das res repetere vor105. Eben dies wird auch in der Beschreibung des Dionys angedeutet, denn dort nimmt ein von den fetiales erwählter und besonders geschmückter fetialis das res repetere vor106. Demnach ist die Angabe des Livius ebenfalls einer vorlivianischen Tradition entnommen, weil wiederum eine direkte Abhängigkeit des Dionys von Livius ausgeschlossen ist. Auch diese Tradition kannte res repetere-Gesandtschaften vor der Beschlußfassung des Senates in Rom107. Im anschließenden dritten Teil der Schilderung beschreibt Livius das Ende der bellicae caerimoniae, indem er die Formelworte und die Zeremonie des Lanzenwurfes schildert (Liv. 1,32,12-14): "kultisch rein" zugunsten der umfassenderen Bedeutung "pietätvoll" verloren habe. Die Begriffsverbindung von purum piumque duellum erfaßt also trotz der bewußt archaisierenden Sprache des Livius dennoch ein wesentliches Element der ursprünglichen Bedeutung des bellum iustum (= religiös unbedenklicher Krieg). 102 Das Folgende wieder zum Teil im Anschluß an: Saulnier, RD 58, 1980, 184f; Wiedemann, CQ 80, 1986, 479ff; Rüpke, Domi 105. 103 Duellum z. B. auch in den Formelworten des ver sacrum Liv. 22,10,2f; zum archaistischen Gebrauch bei Livius und Cicero vergl. Briscoe, Commentary 2, 219 (mit Literatur). Duellona statt Bellona Varro ling. 5,73. 104 Statt des senatusve (Liv. 1,32,13) der Handschriften stellen alle modernen Ausgaben zu Recht senatusque her; die Verschreibung ist geläufig, vergl. Ogilvie, Commentary 136. 105 Liv. 1,32,11. 106 D.H. 2,72,6. 107 Zur Verbindung dieser Tradition mit der des Servius vergl. Seite 39ff mit den Anmerkungen.

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(12) Fieri solitum ut fetialis hastam ferratam aut sanguineam praeustam ad fines eorum ferret et non minus tribus puberibus praesentibus diceret: (13) 'Quod populi Priscorum Latinorum hominesque Prisci Latini adversus populum Romanum Quiritium fecerunt deliquerunt, quod populus Romanus Quiritium bellum cum Priscis Latinis iussit esse senatusque populi Romani Quiritium censuit consensit conscivit, ut bellum cum Priscis Latinis fieret, ob eam rem ego populusque Romanus populis Priscorum Latinorum hominibusque Priscis Latinis bellum indico facioque.' (14) Id ubi dixisset, hastam in fines eorum emittebat. Hoc tum modo ab Latinis repetitae res ac bellum indictum, moremque eum posteri acceperunt.108

Ein fetialis geht mit einer Lanze109 an die Grenze des Feindes. In Anwesenheit von mindestens drei volljährigen Zeugen wirft der fetialis die Lanze in das gegnerische Gebiet, wobei er feststellt, daß die Prisci Latini sich gegen Rom vergingen und der Senat und das Volk von Rom deshalb den Krieg gegen sie beschlössen. Mit den Formelworten und dem Lanzenwurf erkläre und vollziehe er den Krieg mit ihnen (Liv. 1,32,13 indico facioque110). Die Unabhängigkeit auch dieses dritten Teils (Liv. 1,32,12-14) von den beiden vorhergehenden Teilen der livianischen Schilderung (Liv. 1,32,6-10 und 1,32,1112) ergab sich bereits aus den obigen Beobachtungen. Das traditionsgeschichtliche Alter des dritten Abschnitts soll später behandelt werden111. Die Übereinstimmung der Formelworte bei Livius mit dem Bericht in der Schrift de re militari des Cincius

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Übersetzung Liv. 1,32,13-14: (12) Gewöhnlich kam es dann so, daß der fetialis eine Lanze mit einer Eisenpitze oder aus Kornelkirschholz, die feuergehärtet war, an die Grenze [des beklagten Gemeinesens] trug und in Anwesenheit von mindestens drei erwachsenen Männern sagte: (13) ‘Da die Völker der Alten Latiner und die einzelnen Alten Latiner selbst gegen das römische Volk der Quiriten gehandelt und sich vergangen haben und das römische Volk der Quiriten einen Krieg mit den Alten Latinern beschlossen und der Senat des römischen Volkes der Quiriten dafürhielt, einig war und beschloß, daß mit den Alten Latinern Krieg geführt werden soll, deshalb eröffne und und vollziehe ich und das römische Volk der Quiriten den Krieg mit den Menschen der Alten Latinern.’ (14) Mit diesen Worten warf er die Lanze in ihr Gebiet hinüber. Auf diese Weise wurde damals von den Latinern Wiedergutmachung gefordert und der Krieg angekündigt, und diese Sitte haben die Späteren übernommen. 109 Liv. 1,32,12. Zu Liv. 1,32,12 hastam ferratam aut sanguineam praeustam vergl. Amm. Marc. 19,2,6; D.C. 71,33,3. Heute besteht Einigkeit darüber, daß sanguineam als Attribut zu hastam dem Ausdruck ferratam grammatisch entspricht und mit "aus Kornelkirschholz" zu übersetzen ist, vergl. Latte, Religionsgeschichte 122 A.1 (er schließt sich Bayet, MEFR 52, 1935, 29ff [= ders., Croyances (1971) 9ff und zuvor Cary, JRS 11, 1921, 285f] an; dort auch die ältere Literatur). 110 Dico statt indico bei Cincius: Beleg Seite 30 A.112 111 Seite 31ff.

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läßt ebenfalls an eine gemeinsame vorlivianische Tradition denken, denn auch die direkte Benutzung des Livius durch Cincius ist auszuschließen112.

2.3 Ergebnis der Quellenanalyse zu Liv. 1,32 Livius verbindet die Einführung der bellicae caerimoniae im Interesse seines literarischen Konzeptes des ersten Buches mit dem König Ancus Marcius und beschreibt sie ausführlich, weil sie einen Baustein zur Entfaltung seines historiographischen Konzeptes für die römische Verfassungsentwicklung bildet. 112

L. Cincius, de re militari 3, frg. 12 Huschke (= Gell. n.a. 16,4,1): Cincius in libro tertio de re militari fetialem populi Romani bellum indicentem hostibus telumque in agrum eorum iacientem hisce verbis uti scripsit: 'Quod populus Hermundulus hominesque populi Hermunduli adversus populum Romanum bellum fecere deliqueruntque quodque populus Romanus cum populo Hermundulo bellum iussit, ob eam rem ego populusque Romanus populo Hermundulo hominibusque Hermundulis bellum dico facioque. Die Testimonien zu L. Cincius sind übersichtlich z. B. bei G. Funaioli, Grammaticae Romanae Fragmenta 1 (1907) p. 371f und Wissowa, RE 3 (1899) 2555f s.v. L. Cincius Nr. 3 zusammengestellt. Die juristischen und grammatischen Fragmente sind bei Ph. E. Huschke/E. Seckel/B. Kübler, Iurisprudentia anteiustiniana 1 (6. Aufl. 1908) p. 24ff und Funaioli gesammelt. Bei L. Cincius de fastis frg. 6 [= Funaioli, GRF 1 (1907) p. 374 = Macrob. sat. 1,12,13] wird davon berichtet, daß Varro dem Cincius in einer strittigen antiquarischen Frage zustimmte. Aus dieser Nachricht geht nicht hervor, daß er ein älterer Zeitgenosse des Varro war (so aber einige moderne Interpreten, z. B. Wissowa, RE 3 (1899) 2555f s.v. L. Cincius Nr. 3 [vorsichtige Erwägung]; Ogilvie, Commentary 128. 135; Ilari, Interpretazione 15 A.20 (identifiziert den Cincius bei Gellius mit dem Antiquar); Rawson, Life 200. 217. 247f. 298 [unentschieden]; Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 108 A.35 ["wohl vor Varro"]; L. HolfordStrevens, Aulus Gellius (London 1988) 14f ["probably Triumviral antiquary"]). Dieser L. Cincius ist wahrscheinlich auch der am Ende der zwanziger Jahre des 1. Jh. v. Chr. von Livius verarbeitete Antiquar namens Cincius (Liv. 7,3,7; die zweite Pentade des Livius wird gewöhnlich vor 20 v. Chr. datiert, vergl. Mette, Gymnasium 68, 1961, 275). Der Text aus Cincius' Schrift de re militari 3, frg. 12 (Huschke = Gell. n.a. 16,4,1) nennt als Kriegsgegner Roms Hermunduli. Ein Stamm dieses Namens ist unbekannt; deshalb nimmt man gewöhnlich an, es handele sich um eine Verschreibung aus Hermunduri (so schon Th. Mommsen, Römische Chronologie bis auf Caesar [2. Aufl. Berlin 1859] 318f A.10 und unabhängig von Mommsen z. B. Latte, Religionsgeschichte 122 A.2; Ogilvie, Commentary 135f; Rawson, JRS 63, 1973, 168 A.70; Saulnier, RD 58, 1980, 191 A.117). Abwegig scheint mir der Gedanke Rüpkes, Domi 105, die Worte gäben die 32 v. Chr. von Octavian gesprochenen Formelworte wieder, in denen Marcus Antonius als gbêãçìD= ÇçìDäç? verspottet worden sei. Denn es bedurfte beim Lanzenwurf doch einer korrekten Benennung des Kriegsgegners. Die Kriege Roms gegen die Hermunduri begannen erst am Ende des 1. Jh. v. Chr. (vergl. Haug, RE 8 (1912) 906ff s.v. Hermunduri), deshalb wird man die Schrift des Cincius, de re militari, sehr wahrscheinlich in diese Zeit verlegen dürfen. L. Cincius war demnach ein jüngerer Zeitgenosse des Varro, der noch bis an das Ende der Zeit des Augustus geschrieben haben dürfte (so auch schon Th. Mommsen, Römische Chronologie bis auf Caesar (2. Aufl. Berlin 1859) 318f A.10). L. Holford-Strevens, Aulus Gellius (London 1988) 14f hält die Hermunduri für eine nachträgliche Einfügung des Gellius in die ursprünglichen Formelworte im Werk des Cincius; aber diese Annahme ist wohl aus dem Bedürfnis erwachsen, Cincius als älteren Zeitgenossen des Varro zu deuten.

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Als Ergebnis der quellenkritischen Analyse des livianischen Exkurses zu den bellicae caerimoniae der fetiales kann festgehalten werden, daß Livius ihn aus drei unterschiedlichen Quellen zusammenstellte, die ursprünglich nicht zusammengehörten113. Der erste Teil reicht von Liv. 1,32,6 bis 10, der zweite Teil von Liv. 1,32, 11 bis 12 und der dritte Teil von Liv. 1,32,12 bis 13. Die Einleitung zum Exkurs Liv. 1,32,4-5 ist originär livianisch. Erläuternde bzw. die Vorlage verkürzende Bemerkungen des Livius finden sich in den verschiedenen Teilen des Exkurses bei Liv. 1,32,12 und 14. Im ersten Teil finden sie sich überall und sind Ausdruck der selbständigen, aber getreuen Verarbeitung seiner Vorlage114.

2.4 Die ursprüngliche Bedeutung des Lanzenwurfs innerhalb der förmlichen Kriegseinleitung Der Bericht des Livius bildet den Ausgangspunkt aller modernen Interpretationen zum Ablauf einer förmlichen Kriegserklärung115. Livius stilisiert seine Schilderung bewußt als geschichtlichen Anfangspunkt der bellicae caerimoniae in Rom116. Diese Tendenz der livianischen Darstellung wirkt noch auf die modernen Interpretationen, indem allgemein angenommen wird, mit dem bei Livius beschriebenen Prozedere werde der ursprüngliche Zustand erfaßt117. Damit wird sein Bericht zwangsläu113

Die bisherigen Beobachtungen treffen sich zum Teil mit denen Saulniers, Wiedemanns und Rüpkes. 114 Nochmals ist auf den Vergleich mit D.H. 2,72,6ff hinzuweisen. 115 Ohne die Einsicht, daß der livianische Bericht aus verschiedenen Quellen zusammengestellt ist, schilderten die älteren Erklärer den Ablauf nach Liv. 1,32,6ff; z. B.: Lange, Altertümer 1 (3. Aufl.) 326f; Willems, Sénate 2, 466ff; Schmidt, ZRG 9, 1888, 125ff; Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 282f; Marquardt, Staatsverwaltung 3 (3. Aufl.) 421f; Samter, RE 6 (1909) 2263f s.v. fetiales; Wissowa, Religion (2. Aufl.) 553f; Heuß, Grundlagen 19ff insbes. 21; Walbank/Mc. Donald, JRS 27, 1937, 192ff (Walbank, CPh. 44, 1949, 15ff [= ders., Papers (1985) 101ff]); Haffter, in: Politik, hsg. ders. (1967) 22f; DeMartino, Storia 2,1 (1. Aufl.) 43ff; Hampl, HZ 184, 1957, 257 [= Staatsdenken, hsg. R. Klein (1966) 126 mit A.10]; Ogilvie, Commentary 127ff; Dahlheim, Struktur 171f; Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 102; Rich, Declaring 56f; Albert, Bellum 13ff; Moskalev, CO 67, 1989, 106f (kennt die Beiträge Wiedemanns und Saulniers). Trotz der Untersuchungen Saulniers, Wiedemanns und Rüpkes neuerdings noch: z. B. Plescia, BIDR 31/32, 1989/1990, 506ff; Ziegler, Völkerrechtsgeschichte 51; Jäger, Unverletzlichkeit 6; Albert, Vox Latina 34, 1998, 216ff; Ziegler, in Vae victis! Über den Umgang mit Besiegten, hsg. O. Kraus (Göttingen 1998) 45. 116 Liv. 1,32,4f. 14. Zur Bedeutung der exempla in Livius' Geschichtswerk vergl. z. B. Erb, Kriegsursachen 7. 117 Entsprechend haben die älteren Autoren die historische Entwicklung aufgrund der Differenzen des livianischen Berichts mit der übrigen Überlieferung rekonstruiert: Zuerst seien die fetiales für alle Zeremonien bei einer Kriegserklärung zuständig gewesen. Im 3. Jh. v. Chr. hätten die fetiales

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fig auch zum Ausgangspunkt aller entwicklungsgeschichtlichen Interpretationen. So hat man lange Zeit geglaubt, im 3. Jh. v. Chr. hätte sich der bei Liv. 1,32 berichtete ursprüngliche Ablauf der förmlichen Kriegserklärung (res repetuntur; bellum denuntiatur; senatus censet; populus iubet; bellum indicitur) verändert (senatus censet; populus iubet; res repetuntur; bellum denuntiatur; bellum indicitur)118. Die Interpretation wirft nur scheinbar ein bezeichnendes Bild auf den Wandel der römischen Außenpolitik119. die res repetere-Gesandtschaften an die säkularen legati verloren und nur noch den Lanzenwurf als abschließende Zeremonie der förmlichen Kriegserklärung am Bellonatempel vorgenommen; vergl. z. B. Mommsen, Staatsrecht 2 (3. Aufl.) 689 mit A.2; Willems, Sénate 2, 468; Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 283f; Wissowa, Religion (2.Aufl.) 554 mit A.2; Haffter, in: Politik, hsg. ders. (1967) 22f. Das Datum der Reform ist für einige zweifelhaft, da sie der Überlieferung bei Schol. Dan. Aen. 9,52 wenig Vertrauen schenken (kritisch neuerdings auch Nörr, Aspekte 117 A.19, Dahlheim, Struktur 175 [läßt das Datum offen]; ebenso Schwarte, Historia, 21, 1972, 208; einen historischen Kern billigt der Überlieferung in den Scholia Danielis neuerdings Badian, in: Actes, hsg. J. Harmatta 1 [1984] 406f A.4 zu.). 118 Mit dieser Interpretation erweiterte Frank William Walbank die älteren entwicklungsgeschichtlichen Vorstellungen zum Ablauf der förmlichen Kriegserklärung um einen neuen Aspekt: Walbank/McDonald, JRS 27, 1937, 192ff; Walbank, JRS 31, 1941, 86ff; ders., CPh 44, 1949, 15ff [= ders., Papers (1985) 101ff] (verlegt den Wandel in die Zeit des Konfliktes zwischen Rom und Karthago um Sardinien); ders., Commentary 1, 680f. Seiner Interpretation haben sich mit Ausnahme Elias Bickermans (CPh 40, 1945, 138ff, vergl. aber ders., REG 66, 1953, 498f) lange Zeit fast alle Historiker angeschlossen, so z. B. Oost, AJPh 75, 1954, 147f. 151f; Dahlheim, Struktur 175ff mit A.19, dort weitere Literatur (verlegt den Wandel in die Zeit des 1. Punischen Krieges); Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 104; Schwarte, Historia 21, 1972, 209; Briscoe, Commentary 1, 47. 77; Ilari, Interpretazione 13f mit Literatur in A.19. Harris, War 267 verlegt den Wandel zum ultimativen res repetere nach dem Kriegsbeschluß bereits in die Zeit des Tarentinischen Krieges. Weitere Literatur zur Rezeption der Interpretation von Walbank bei Rich, Declaring 58ff in den Anmerkungen (z. T. kitisch zu Walbank zuvor bereits: Sumner, PACA 9, 1966, 17). 119 Das hat Rich, Declaring 60ff. 102ff passim nachgewiesen. Er kommt im Gegensatz zu Walbank zu dem Ergebnis, daß Rom seit dem Ende des 3. Jh. v. Chr. keine verbindlichen Regeln für den Zeitpunkt und die Form der diplomatischen Kriegspräliminarien befolgte und daß Rom nur ausnahmsweise bei der notwendigen Gesandtschaft zur abschließenden Kriegserklärung dem Gegner mit Hilfe eines Ultimatums eine Wahlmöglichkeit ließ. Zustimmend fast alle Rezensenten, z. B. Schwarte, Gnomon 53, 1981, 565f (er äußert aber Zweifel, ob ein res repetere, verbunden mit einer ultimativen Kriegsandrohung, nicht dennoch möglich, wenn auch nicht die Regel war); Richardson, JRS 69, 1979, 158f; Ogilvie, CR 92, 1978, 371. In neuerer Zeit zustimmend auch z. B. Baronowski, Phönix 44, 1990, 364 A.39; Rüpke, AU 33, 5 1990, 7f; ders., Domi 109 (macht darauf aufmerksam, daß die kritische Analyse des Berichts Liv. 1,32,6ff die Ergebnisse Richs von der Seite des ius fetiale her bestätigen). An Walbanks Entwicklungsschema halten trotz der Untersuchung von Rich fest: Albert, Bellum 13f mit A.17 und Harris, War 267ff, der nur den Zeitpunkt des Wandels anders als Walbank bestimmt (Harris verlegt den Wandel in die Zeit des Tarentinischen Krieges); Ziegler, Völkerrechtsgeschichte 51; Kostial, Rom 46. insbes. 118ff und 128; Händl-Sagawe, Beginn 104. 108. Die entwicklungsgeschichtlichen Überlegungen bei Ogilvie, Commentary 131: "The indictio belli was properly the spear-throwing not the testatio, but by historical times the spear-throwing had ceased to be a significant part of the ceremony and there was no longer a gap between the testatio and the announcment of war, the legati were empowered to carry out on the same occasion without further consultation" überzeugen nicht, weil ein ursprüngliches "völkerrechtliches Kriegserklä-

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Stillschweigende Voraussetzung dieser entwicklungsgeschichtlichen Deutung ist es, daß der ursprüngliche Ablauf einer förmlichen Kriegserklärung im livianischen Bericht erfaßt wird. Dagegen erheben sich nach der vorhergehenden quellenkritischen Analyse in zweifacher Hinsicht Bedenken. Es hat sich gezeigt, daß Livius seine Schilderung aus verschiedenen Quellen zusammenstellt. Dies führt zur Frage, ob er sie zu Recht miteinander verbindet und ob er den ursprünglichen Ablauf der förmlichen Kriegserklärung richtig beschreibt. Denn offenbar hatten Livius’ Vorlagen seine spezifische Quellenverbindung nicht. Darüber hinaus fehlt im Parallelbericht des Dionys der Lanzenwurf als abschließende Handlung, obwohl auch Dionys behauptet, die diplomatischen Präliminarien des Krieges vollständig zu beschreiben120. Grundsätzlich scheint es daher nicht möglich, den livianischen Bericht uneingeschränkt zum Ausgangspunkt sachlicher oder entwicklungsgeschichtlicher Interpretationen zur förmlichen Kriegserklärung zu nehmen. Aufschluß über den tatsächlichen Ablauf der Kriegserklärung und den Wert des livianischen Berichts kann nur ein sach- und quellenkritischer Vergleich mit der übrigen Überlieferung bieten. Dabei wird man von der liviusinhärenten Analyse zum Vergleich des Livius mit Dionys fortschreiten, um so ein Bild von der vorlivianischen Tradition und ihren Vorstellungen vom Ablauf der förmlichen Kriegserklärung zu gewinnen. Die direkten Zeugnisse spätrepublikanischer Autoren sind kurz und fragmentarisch, so daß ein Vergleich des Livius mit ihnen zur Beantwortung der drängenden Fragen nicht ausreicht, weil angesichts der Überlieferungslage zweifelhafte Schlüsse e silentio vermieden werden sollten. Wenn man die übrigen Berichte des Livius über Kriegserklärungen der fetiales mit dem im ersten Buch mitgeteilten Prozedere vergleicht, fällt auf, daß der Lanzenwurf als abschließender Vollzug der diplomatischen Kriegserklärung nie erwähnt wird121. In der ersten Dekade werden die fetiales stets auf Beschluß des Senats an das beklagte Gemeinwesen zum res repetere geschickt. Nach dem Kriegsbeschluß in Rom beginnt der Krieg unmittelbar, ohne daß Livius jemals von einer rungselement" dem Lanzenwurf des fetialis fehlt und deshalb kein urprünglicher, zeremonieller Zusammenhang zwischen der testatio deorum und der indictio belli erschlossen werden kann. 120 D.H. 2,72,6ff. 121 Ebenso Wiedemann, CQ 80, 1986, 483; Rüpke, Domi 107.

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anschließenden Gesandtschaft zur förmlichen Kriegserklärung berichtet122. Es entsteht der Eindruck, die diplomatischen Präliminarien des Krieges seien bereits mit der letzten res repetere-Gesandtschaft beendet. In seiner Erzählung über die Kriegserklärung beim Ersten Samnitenkrieg legt Livius sogar wahrscheinlich die förmliche Kriegserklärung der fetiales vor den römischen Kriegsbeschluß123. Das aus der inhärenten Kritik des Livius gewonnene Bild stimmt mit dem im ersten Teil der livianischen Schilderung beschriebenen überein (Liv. 1,32,6-10). Dort wird der Krieg dem gegnerischen Gemeinwesen bereits vor dem Kriegsbeschluß in Rom nach 33 (richtiger 30) Tagen erklärt124. Diese Beobachtung wird durch den Vergleich des livianischen Berichts mit dem des Dionys (D.H. 2,72) bestätigt. In seiner Schilderung der förmlichen Kriegserklärung durch fetiales erwähnt dieser den Lanzenwurf nicht125, und auch in seinen übrigen ausführlichen Berichten zu Kriegserklärungen der fetiales liest man nichts vom Lanzenwurf. Die Kriegserklärung erfolgt dort wie im ersten Teil des livianischen Berichts, indem der fetialis der res repetere-Gesandtschaft die Götter zu Zeugen des Unrechts des Gegners anruft126. Dionys und Livius gehen unabhängig voneinander auf die vorlivianische Tradition zurück127. Diese scheint vom Lanzenwurf, der die diplomatische Kriegserklärung abschloß, nichts gewußt zu haben. Aus diesem Befund ergibt sich, daß die Einfügung des Lanzenwurfes in die livianische Schilderung des ersten Buches ein historisch zweifelhaftes Konstrukt darstellt. Diese Erkenntnis veranlaßte in neuerer Zeit, wie mir scheint, gewagte Versuche einer politischen Deutung128. So soll Octavian im Jahr 32 v. Chr. als Mitglied der fetiales-Priesterschaft den Lanzenwurf der fetiales erfunden haben, um mit dem 122

Liv. 4,30,12ff. 58,1ff; 7,6,7ff. 9,2. 16,2. 32,1ff; 8,22,8; 9,45,6ff; 10,12,2ff. 45,7ff. Liv. 7,32,1. Dieses sprachlich naheliegende Verständnis der Stelle Oakley, Commentary 2, 314 und bei Rüpke, Domi 124 A.158, der die Stelle als Beispiel für die in der Überlieferung immer wieder begegnende Verwechslung der testatio deorum [= Liv. 1,32,9f] mit der indictio belli [= Liv. 1,32,13f] anführt (krasse Beispiele dafür z. B. Serv. Aen. 9,52 10,14; vergl. auch Rüpke, Domi 107 A.45 zur verwirrten Verwendung der Begriffe testatio deorum; clarigatio und indictio belli in der Überlieferung). 124 Liv. 1,32,6-10. 125 D.H. 2,72,6ff so auch Wiedemann, CQ 80, 1986, 479ff; Rüpke, Domi 107. 126 D.H. 3,2f; 9,60; 10,23; 15,7,8-8,13 (dort wird ausdrücklich hervorgehoben, daß alles â~í~X íçìX?=ágÉêçìî? vorgenommen worden war); vergl. auch Rüpke, Domi 107. 127 Vergl. 21ff. 128 Wiedemann, CQ 80, 1986, 479ff; Rüpke; Domi insbes. 105ff, wiederholt in ders., AU 33,5 1990, 7f. Ohne politische Deutung der Beobachtungen am livianischen Bericht Saulnier, RD 58, 1980, 184f. Ohne Wiedemann direkt zu nennen, kritisch zu dessen Interpretation Broughton, Phönix 41, 1987, 60 A.34; zurückhaltend auch Moskalev, CO 67, 1989/1990, 106f; kritisch wohl auch Watson, Law 56ff; Ferrary, in: Ed. Frézouls/A. Jacquemin (Hsgg.), Relations (Paris 1995) 421. 123

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Lanzenwurf am Bellonatempel das bellum externum und iustum in Rom publikumswirksam gegenüber Kleopatra erklären zu können129. Den antiquarischen Vorwand für die Verbindung des Lanzenwurfes mit der Kriegserklärung soll eine Nachricht Varros gegeben haben, die berichtet (in den Schol. Dan. Aen. 9,52 überliefert), in früheren Zeiten hätten die Feldherren beim ersten Einfall in feindliches Gebiet ominis causa ... ut castris locum caperent die Lanze geworfen130. Die historische Legitimation für sein Vorgehen soll Octavian mit einer scheinbar deutlich als Erfindung erkennbaren Geschichte geschaffen haben, die in den Scholia Danielis erhalten geblieben ist: Servius und Schol. Dan. Aen. 9,52: PRINCIPIUM PUGNAE hoc de Romana sollemnitate tractum est. cum enim volebant bellum indicere, pater patratus, hoc est princeps fetialium, proficiscebatur ad hostium fines, et praefatus quaedam sollemnia, clara voce dicebat se bellum indicere propter certas causas, aut quia socios laeserant, aut quia nec abrepta animalia nec obnoxios redderent. et haec clarigatio dicebatur a claritate vocis. post quam clarigationem hasta in eorum fines missa indicabatur iam pugnae principium. [post tertium autem et tricesimum diem quam res repetissent ab hostibus, fetiales hastam mittebant. denique cum Pyrrhi temporibus adversum transmarinum hostem bellum Romani gesturi essent nec invenirent locum, ubi hanc sollemnitatem per fetiales indicendi belli celebrarent, dederunt operam, ut unus de Pyrrhi militibus caperetur, quem fecerunt in circo Flaminio locum emere, ut quasi in hostili loco ius belli indicendi implerent. denique in eo loco ante aedem Bellonae consecrata est columna. Varro in Caleno ita ait duces cum primum hostilem agrum introituri erant, ominis causa prius hastam in eum agrum mittebant, ut castris locum caperent. ergo bene hoc poeta de more Romano tractum Turno utpote duci dedit.

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D.C. 50,4,4f (vergl. auch Prop. 4,6,55). Damit ergänzen die Autoren die seit Gardthausen verbreitete Interpretation, daß Octavian mit dem Lanzenwurf das bellum civile [= nefas] gegen Antonius als bellum iustum und als Krieg gegen Kleopatra darstellen wollte, um die Annahme, die Möglichkeit dazu habe Octavian sich durch Manipulation am ius fetiale geschaffen. Vertreter der älteren Deutung z. B. Gardthausen, Augustus 1, 364; Syme, Revolution 291f; ders., jetzt in: Prinzipat, hsg. R. Klein (1969) 219f; DeVisscher, jetzt in: Augustus, hsg. W. Schmitthenner (1969) 203; Dahlheim, Struktur 177f mit A.25; Fadinge, Quellenuntersuchungen 176. 252f; Saulnier, RD 58, 1980, 191; Reinhold, CJ 77, 1981/1982, 102. Die Kritik an der Historizität des Lanzenwurfes an sich entwickelte sich einerseits aus der Kritik an der Erzählung der Scholia Danielis (Schol. Dan. Aen. 9,52; Höhepunkt der sachlichen Kritik: Latte, Religionsgeschichte 122 mit A.3) und andererseits aus der fraglichen völkerrechtlichen Qualität des Lanzenwurfes (Schwarte, Historia 21, 1972, 222 [nur für den Lanzenwurf am Bellonatempel bemerkt] und Rich, Declaring 105f. 106 "It (sc. der Lanzenwurf) was never a proclamation of war to the enemy"). Erst mit den Untersuchungen Saulniers, Wiedemanns und Rüpkes geriet der Bericht des Livius in den Mittelpunkt der Diskussion. 130 So die Interpretation Wiedemann, CQ 80, 1986, 482f.

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sed in hac consuetudine fetialis, qui bellum indicebat, antequam hastam iaceret, etiam terram hostium contestabatur ...]131. Übersetzung Servius und Schol. Dan. Aen. 9,52: PRINCIPIUM PUGNAE: Dieser Ausdruck ist der Sakralsprache der Römer entnommen. Denn im-

mer wenn sie den Krieg erklären wollten, begab sich der pater patratus, dies ist das Oberhaupt der Fetialen, zum Gebiet der Gegner, und sagte nach einigen einleitenden Formelworten mit lauter Stimme, er erkläre den Krieg auf Grund gewisser Gründe, entweder weil sie Bundesgenossen geschädigt hatten, oder weil sie geraubtes Vieh oder Straftäter nicht ausgeliefert hatten. Und das nannte man clarigatio nach der claritas der Stimme. Nach dieser clarigatio wurde eine Lanze in ihr Gebiet geworfen und dadurch nunmehr der Beginn des Kampfes erklärt. [Aber die Fetiales warfen dreiundreißig Tage, nachdem sie Wiedergutmachung von den Feinden gefordert hatten, die Lanze. So bemühten sich die Römer, als sie zur Zeit des Pyrrhus gegen den überseeischen Feind Krieg führen mußten und keinen Platz fanden, wo sie diese Zeremonien der fetialen Kriegseröffnung feierlich vollziehen konnten, einen Soldaten des Pyrrhus gefangen zu nehmen, den sie ein Stück Land im circus Flaminius kaufen ließen, um sozusagen in Feindesland den Krieg rechtmäßig zu erklären. So ist an derselben Stelle vor dem Tempel der Bellona eine Säule geweiht worden. Varro sagt folgendermaßen im Calenus: „Wenn die Feldherrn Feindesland zum ersten Mal betreten wollten, warfen sie zuvor des Omens wegen eine Lanze in dieses Gebiet, um einen Platz für das Heerlager in Besitz zu nehmen.“ Also hat der Dichter diesen der römischen Sitte entnommenen Vorgang zutreffend dem Turnus als einem Heerführer beigelegt. Doch rief nach römischer Gewohnheit der Fetiale, der den Krieg erklärte, bevor er die Lanze warf, auch das Land der Feinde zum Zeugen an...]132.

Die Scholia Danielis berichten, daß die Römer in der Zeit des Tarentinischen Krieges einen gefangenen Soldaten des pyrrhischen Heeres gezwungen hätten, ein Stück Land im Gebiet des späteren Circus Flaminius vor dem Bellonatempel zu kaufen. Weil sie gegenüber dem überseeischen Gegner die Zeremonie des Lanzenwurfes über die Grenze des Gegners nicht ausführen konnten, soll es Absicht der Römer gewesen sein, den fetiales wenigstens zu ermöglichen, in das künstlich geschaffene Feindesland die Lanze zu werfen, damit den zeremoniellen Notwendig-

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Die Bewertung dieser Geschichte als Gründungslegende für Octavians Lanzenwurf 32 v. Chr. bei Wiedemann, CQ 80, 1986, 181f und Rüpke, Domi 106. Diese Interpretation wurde durch die bereits vorher verbreitete Meinung gefördert, die Zeremonie des Lanzenwurfes sei 32 v. Chr. schon lange obsolet gewesen, vergl. z. B. Latte, Religionsgeschichte 122 A.2 und 297. Mit der Ausführung des Lanzenwurfes noch im 2. Jh. v. Chr. rechnet Rich, Declaring 106. 132 Weder ist die Sprache des Servius terminologisch genau, noch ist der Gedankengang überall kohärent.

II. Untersuchungen über die Quellen zum ius fetiale und ihre historische Auswertung

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keiten der Kriegseröffnung Genüge geleistet würde. An diesem Ort soll eine columna geweiht worden sein133. Tatsächlich ergeben sich mehrere Bedenken gegenüber dieser Geschichte134. Pyrrhus trat als Bundesgenosse Tarents in den Krieg ein, nachdem Rom Tarent gegenüber bereits förmlich den Krieg erklärt hatte135. Einer völkerrechtlichen Kriegserklärung gegenüber Pyrrhus, die durch den Lanzenwurf beendet worden wäre, bedurfte es also überhaupt nicht. Von res repetere-Gesandtschaften Roms an Pyrrhus erfährt man nichts. Bei Cicero ist es sogar Pyrrhus, der von sich aus mit den kriegerischen Handlungen gegen Rom beginnt136. Auch fehlte der Zeremonie, da sie in Rom stattfand, jede völkerrechtliche Qualität, die aber zu fordern wäre, wenn man den Lanzenwurf wie Livius als Abschluß der diplomatischen Präliminarien eines Krieges verstehen wollte137. Allerdings ist die Hypothese, Octavian habe diese Geschichte, deren Erfindung ein hohes Maß an Phantasie voraussetzt, zur Legitimation seines Lanzenwurfes fingiert, erst dann wirklich annehmbar, wenn zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, daß der Lanzenwurf in der vorlivianischen Überlieferung nicht im Zusammenhang mit den fetiales und nicht im Zusammenhang mit der Kriegseröffnung erwähnt wurde. Denn die bisherigen Beobachtungen zeigen nur, daß der Lanzenwurf nicht mit den diplomatischen Präliminarien, das heißt der völkerrechtlichen Kriegserklä-

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Die Parallelüberlieferung zu dieser Geschichte ist spärlich (vergl. Francisi, Atti Pont. Acc. Rom de Arch. ser. 3, Rendiconti 27,3 (1952/1954) 189): Ov. fast. 6,205ff (ohne direkten Bezug auf die Reform in der Zeit des Pyrrhus; nur die Tatsache des Lanzenwurfes am Bellonatempel wird erwähnt, vergl. Bömer, Kommentar 2, 348f); Placidus, in: Lindsay, Corp. Gloss. Lat. 4,55 (= 5,50,8 Goetz) mit Bezug auf die Reform in der Zeit des Pyrrhus und unabhängig von den Scholia Danielis; Paulus Fest. 30L (wie bei Ovid ohne direkten Bezug auf die Reform in der Zeit des Pyrrhus). 134 Vor allem Latte, Religionsgeschichte 122 A.3; Francisi, Atti Pont. Acc. Rom de Arch. ser. 3, Rendiconti 27,3 (1952/1954) 192ff und ausführlich Wiedemann, CQ 80, 1986, 481 A.13. Der Einwand, daß ein hostis in Rom kein Kaufgeschäft vornehmen könne, scheint mir zweifelhaft zu sein (vergl. auch den Erklärungsversuch bei Francisi, a.a.O. 196ff und die Bemerkungen von Watson, Law 56. 92 A.11); denn Legalfiktionen sind eine gängige Erscheinung im römischen ius civile, das mit ihrer Hilfe sich den neuen Erfordernissen der sich im 4./3. Jh. v. Chr. wandelnden Lebenswirklichkeit(en) anpaßte – vergl. z. B. die Bürgerrechtsfiktion in Legisaktionsverfahren (Gell. n.a. 20,10,1ff; Cic. Mur. 26). 135 D.H. 19,5,8ff. 136 Cic. off. 3,22,86. 137 Auf die fehlende völkerrechtliche Relevanz des Lanzenwurfes am Bellonatempel macht Schwarte, Historia 21, 1972, 222 aufmerksam. Jede völkerrechtliche Bedeutung spricht Rich, Declaring 105f dem Lanzenwurf ab.

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rung verbunden war138. Ist ein solcher Nachweis nicht zu führen, wird man davon absehen müssen, die neueren politischen Deutungen zu übernehmen; zumal ein derart kühnes Verhalten Octavians in der politisch gefährlichen Lage des Jahres 32 v. Chr. sehr befremden würde139. Ein bisher zumeist übersehenes Fragment der Historischen Bibliothek des Diodor140 in den Historiarum variarum chiliades des Johannes Tzetzes berichtet, die Römer hätten keinen Krieg ohne Beteiligung von Herolden eröffnet; sie hätten eine Lanze als Zeichen der Eröffnung der Feindseligkeiten in das gegnerische Land geworfen; danach sei der Krieg begonnen worden. Dies sollen Diodor und alle lateinischen Autoren berichten. Tzetzes fügt hinzu, in seiner Zeit übe man seines Wissens diese Zeremonie nicht mehr aus, sondern stattdessen werfe man einen Hahn141, um den Krieg zu eröffnen142. Die Datierung der Publikation der Historischen Bibliothek Diodors ist umstritten. Als terminus post quem wird z. B. das Jahr 36 v. Chr. genannt143. Die Mehrzahl der Interpreten tendiert dahin, das Werk in die frühen dreißiger Jahre des 1. Jh. v. Chr. zu datieren144. Die Unsicherheit der Datierung ist beim gegenwärtigen Stand der 138

Zum Unterschied dieser „technischen Begriffe“ des Völkerrechts („Kriegseröffnung“ und „Kriegserklärung“) vergl. Seite 75ff. 139 Darauf weist auch Broughton, Phönix 41, 1987, 60 A.34 hin. Zur politischen Vorgeschichte und Lage des Jahres 32 v. Chr. vergl. z. B. Schmitthenner, Historia 7, 1958, 218ff. 226; Fadinge, Quellenuntersuchungen 137ff insbes. 195ff; Reinhold, CJ 77, 1981/1982, 97ff (mit der älteren Literatur und Quellen). 140 Diod. 8,26 (= Annalen p. 12 Drachmann). Das Fragment befindet sich bei Tz. H. 5,555ff íçX éêçîíÉêçå= ÖÉîåç?= ãÉXå= goïã~áîïå= íïDå= i~íáîåïå= | çìàÅáX= ëìåÜDéíÉ= éçîäÉãçå= ~àâÜêìâíÉáX= éêçX? Éxèåç?I=| ~àää~X= íÜLD= Åïîê~L= éêçîíÉêçå=Éxèåçì?=íçìD= éçäÉãáîçì=| Ççîêì=ëÜãÉáDçå=ÉxêàêgáéíÉå=ÉxÅèê~? ~àêÅÜXå= ëÜã~áDåçåW= | ÉxéÉáí~= ÇÉX= â~íÜîêÅÉíç= éçäÉîãçì= éêçX?= íçX= Éxèåç?K= | qçìDíçî= ÑÜëá aáçîÇïêç?I=é~D?=íÉ=i~íáDå~=Öê~îÑïåK=| h~áX=íçìDíç=ãÉXå=Üyå=é~ä~áçXå=íçX=Éxèç?=íçìD=éçäÉîãçìK=| kìDå=ÇD= ïg?=ÇçâÉáD= ãçáI=éÉîé~ìí~áW=~àäÉîâíçê~=ÇÉX= ãçîåçå=| êgáîéíçìëáåI=çáöëéÉê=ãÉîääçìëá=éçîäÉJ ãçå=ëìÖâêçíÜDë~á. Nur Marquardt, Staatsverwaltung (3. Aufl.) 422 A.3 hat den Zusammenhang der Stelle mit den fetiales erkannt; danach wird sie bei den modernen Autoren nicht mehr erwähnt. 141 = apotropäisches Zeichen. 142 Nach Marquardt, Staatsverwaltung 3 (2. Aufl.) 422 A.3 wäre diese Sitte griechisch (mit Hinweis auf Diogenian. prov. 2,96 und Apostol. 3,94). Aber Liv. 29,27,2ff belegt einen vergleichbaren Ritus (= zeremonielle Wegbereitung des Kriegszuges) auch für Rom (P. Cornelius Scipio Maior wirft die Eingeweide des Opfertieres vor der Überfahrt nach Afrika in das Meer). 143 Schwartz, RE 4 (1903) 663 s.v. Diodoros Nr. 38 und aus neuerer Zeit: Reinhold, Republic 32; M. Sartori, Note sulla datazione die primi libri della Bibliotheka Historico di Diodoro Siculo, Athenaeum 61, 1983, 545ff (545-552); K. Sacks, Diodorus Siculus and the First Century (Princeton 1990) 207ff. 144 Auf den von S.C. Stone III, Sextus Pompey, Octavian and Sicily, AJA 87, 1983, 11ff. 21 A.88 (11-22) unternommenen Versuch, die von Diodor erwähnte Koloniegründung Tauromenions (Diod. 16,7,1) aufgrund des archäologischen Befundes in die zwanziger Jahre zu datieren, hat C.R.

II. Untersuchungen über die Quellen zum ius fetiale und ihre historische Auswertung

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Überlieferung nicht zu überwinden. Es ist wahrscheinlich, daß Diodor bereits vor der angeblichen Erfindung des Lanzenwurfes diesen mit den Zeremonien der Kriegseröffnung verband; denn Diodor arbeitete 30 Jahre an der Fertigstellung seines Werkes, so daß die Erwähnung des Lanzenwurfes (in den frühen Büchern) lange Zeit vor Octavians Lanzenwurf von Diodor verfasst worden sein muß. Damit wird die chronologische Voraussetzung der neueren politischen Deutungen zum Lanzenwurf fragwürdig. Weiterhin gehört die von Diodor in den "römischen Annalen" verarbeitete annalistische Quelle wahrscheinlich in die Zeit der Wende vom 2. zum 1. Jh. v. Chr.145, so daß es sehr wahrscheinlich ist, daß der von Diodor verarbeitete Annalist bereits vom Lanzenwurf der fetiales wußte. Ebenfalls bleibt bei Wiedemanns und Rüpkes Deutung das Alter der bei Servius und den Scholia Danielis verarbeiteten Überlieferung unsicher146. Deutliche terminologische und sachliche Unterschiede trennen Servius und die Scholia Danielis von der livianischen Überlieferung; auch wenn sie oder ihre Vorlagen Livius’ Geschichtswerk nachweislich kannten. Unterschiede zwischen Servius und Livius: Serv. Aen. 9,52 und 10,14 berichtet, daß der pater patratus die Lanze warf (anders Liv. 1,32,12ff, dort wirft ein beliebiger fetialis die Lanze). Servius Rubicam, The Chronology of the Punishment and Reconstruction of Sicily by Octavian/Augustus, AJA 98, 1985, 521-522 ablehnend geantwortet. Selbst wenn die Koloniegründung in die zwanziger Jahre gehörte, ist dies kein entscheidendes Argument für die Datierung der Historischen Bibliothek. Diodor berichtet (Diod. 40,8), daß Teile seines Werkes schon vor der endgültigen Fertigstellung der Historischen Bibliothek ohne seine Erlaubnis veröffentlicht wurden. Er macht außerdem die Angabe (Diod. 1,4), daß er dreißig Jahre an dem Werk gearbeitet habe. Damit käme man, wenn man von 21 v. Chr. aus rechnet, an das Ende der fünfziger Jahre des 1. Jh. v. Chr. als spätestmöglichen Anfangspunkt der literarischen Tätigkeit des Diodor. Die frühen Bücher der Historischen Bibliothek müßten also weit vor 21 v. Chr. konzipiert worden sein (also auch Diod. 8,26). 145 Vergl. A. Klotz, Diodors römische Annalen, RhM 86, 1937, 206-224 (= Geschichtsschreibung, hsg. V. Pöschl (1969) 201-221); F. Altheim, Diodors römische Annalen, RhM 93, 1949/1950, 267286 vertritt die m. E. überzeugende These, der griechisch schreibende C. Acilius sei die Quelle des Diodor für die frühe römische Geschichte gewesen – so auch neuerdings E. Ruschenbusch, Die Sprache der Vorlagen Diodors für die Römische Geschichte, Historia 46, 1997, 192ff. 195 (185195); vergl. auch Oakley, Commentary 1, 106ff. 146 Insbes. Serv. Aen. 9,52; 10,14; Schol. Dan. Aen. 9,52. Zu den Quellen der Scholia Danielis vergl. Wessner, RE 22 (1923) 1838 s.v. Servius Nr. 8 (Hauptquelle ist der Vergilkommentar des Aelius Donatus, den auch Servius verarbeitete, ders., ebenda 1839f. 1841). Zu Servius’ Quellenverarbeitung (meistens aus zweiter Hand) vergl. ders., ebenda 1841f. Zu den zahlreichen Zitaten republikanischer Autoren in den Scholia Danielis und Servius vergl. Lloyd, HSPh 65, 1961, 291ff. Aus neuerer Zeit zu Servius und Donatus, vergl. R. A. Kastner, Guardians of language. The Grammarian and Society in Late Antiquity (Berkeley 1988) 169ff. 356ff. zu Scholia Danielis ders., ebenda 169f A.2. Für das hohe Alter der Überlieferung tritt Francisi, Atti Pont. Acc. Rom de Arch. ser. 3, Rendiconti 27,3 (1952/1954) 192ff ein.

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kennt den Begriff clarigatio, den Livius im Zusammenhang mit den fetiales nicht erwähnt. Clarigatio wird von Quintilian zu den obscurioribus et ignotioribus verbis gezählt147, so daß der Gebrauch des Wortes bei Servius sicher auf seine gut informierte Quelle zurückgehen dürfte148. Er berichtet vom Lanzenwurf unter dem Stichwort principium pugnae, obwohl bei Livius (Liv. 1,32,6-14) der Eindruck entsteht, daß der Lanzenwurf die diplomatischen Präliminarien des Krieges abschloß. Übereinstimmungen des Servius und der Scholia Danielis mit Livius: Der typische Fehler der 33-Tage-Frist verbindet eine der Notizen der Scholia Danielis (Schol. Dan. Aen. 9,52) mit Livius. In Schol. Dan. Aen. 9,52 werden Informationen unterschiedlicher Quellen nur sehr äußerlich mit autem – denique – denique ita (dort wird Varros Calenus als Quelle genannt) – etiam – unde miteinander verbunden; deshalb wird man Schol. Dan. Aen. 9,52 nicht insgesamt wegen der 33Tage-Frist auf Livius zurückführen dürfen. Eine direkte Liviusbenutzung scheint wenig wahrscheinlich, erstens weil bei Servius der fetialis die Lanze erst nach 33 Tagen warf. Livius berichtet dagegen, daß nach 33 Tagen die testatio deorum erfolgte (Liv. 1,32,9f). Zweitens berichtet Livius auch nicht, daß beim Lanzenwurf die Erde des Gegners zum Zeugen angerufen wurde [bei Livius ebenfalls im Zusammenhang mit der testatio deorum]. Es handelt sich bei den zwei besprochenen Notizen der Scholia Danielis also vermutlich um spätes Überlieferungsgut, das den livianischen Bericht und seine anderen Quellen nur sehr oberflächlich verarbeitete. Erwähnungen des Livius bei Servius: Ausdrücklich wird auf Liv. 1,22 als Quelle in Serv. Aen. 10,14 im Zusammenhang mit den iura fetialia hingewiesen149. Da in dem von Servius angesprochenen livianischen Bericht des römisch-albanischen Krieges die fetiales nicht am res repetere beteiligt waren, zeigt dies Servius’ oberflächliche (wohl mittelbare) Kenntnis des Livius. Denn treffend wäre der Hinweis auf den Krieg Roms gegen die Prisci Latini gewesen (Liv. 1,32,4ff). Als Indizien für unterschiedliche Quellen des Servius und der Scholia Danielis zu den fetiales sind folgende Beispiele besonders hervorzuheben: Unterschiedliche Nachrichten zur Herkunft des ius fetiale: Aequicoler, Serv. Aen. 10,14; Falisker, Serv. Aen. 7,695150; vergl. auch die wider-

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Quint. inst. 7,3,13. clarigatio begegnet selten: Liv. 8,14,6 (im Sinne von Lösegeld); Plin. n.h. 22,5 (= res repetere); Arn. adv. 2,67 (= res repetere); Serv. Aen. 9,52; 10,14 (= res repetere). 149 Dies sah bereits Schmidt, ZRG 9, 1888, 126 A.2. 150 Der erste Teil von Serv. Aen. 7,695 wird von Funaioli auf Varro zurückgeführt = Varro GRF p. 349, frg. 390 [Funaioli]. 148

II. Untersuchungen über die Quellen zum ius fetiale und ihre historische Auswertung

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sprüchlichen Etymologien zum Wort foedus Serv. Aen. 1,62; 8,641151; vergl. außerdem die unterschiedlichen Erklärungen für das Wort clarigatio: Serv. Aen. 9,52; 10,14.

Darüberhinaus finden sich einige Elemente der offensichtlich aus unterschiedlichen Quellen fließenden Informationen des Servius und der Scholia Danielis zu den fetiales auch bei C. Plinius Secundus Maior, dessen Zeugnisse mit großer Wahrscheinlichkeit auf Varro zurückgeführt worden sind152. Übereinstimmungen des Plinius mit Servius bzw. den Scholia Danielis: Das Wort clarigatio, das er von clara voce ableitet, Serv. Aen. 9,52; 10,14 mit Plin. n.h. 22,5 ...id est res raptas clare repetitum... . Er berichtet von den sagmina/verbenae auch im Zusammenhang mit der förmlichen Kriegserklärung durch fetiales, Serv. Aen. 12,120 mit Plin. n.h. 22,5f. Ebenso Festus 424. 426L; Paulus Fest. 425L, der bekanntlich die Schrift de verborum significatu des Verrius Flaccus ausschrieb, womit das Alter der Tradition zumindest für dieses Detail sicher bis in die Zeit des Augustus zurückverfolgt werden kann153.

Es ist demnach sehr wahrscheinlich, daß Servius bzw. die Scholia Danielis, die auch vom Lanzenwurf der fetiales wissen, zumindest teilweise auf eine letztlich varronische Tradition zurückgehen. Die Schriften Varros, in denen er von den fetiales berichtet haben könnte, erschienen vor 32 v. Chr.154, so daß auch von dieser Seite her die neueren politischen Interpretationen zum Lanzenwurf an Überzeu151

Vergl. die übrigen antiken Zeugnisse zu dieser Etymologie bei R. Maltby, A Lexicon of Ancient Etymologies (Wittshire 1991) 237f. 152 Münzer, Beiträge 258. 277; Kroll, RE 21 A (1951) 352. 368 s.v. C. Plinius Secundus Nr. 5. Wie Varro, de vita populi Romani 2, frg. 76 Riposati (= Nonius 848L 528M), weiß auch Plinius bei Gesandtschaften vom verbenarius (Plin. n.h. 22,5f), der die verbenae/sagmina trägt. Gesichert scheint mir nur, daß Plin. 22,5-13 Varro als Hauptquelle verarbeitet; eigene Zusätze des Plinius aus seiner Kenntnis anderer Autoren bzw. eigener Anschauung sind in Plin. 22,5-13 nicht zu übersehen. Zu den von Plinius befolgten Prinzipien der Quellenverarbeitung: Münzer, Beiträge 7ff, Verrius Flaccus und Varro bei Plinius ders. ebenda 252ff. 299ff. 153 Zu Verrius Flaccus und Festus: z. B. Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 101 A.106 mit Literatur. 154 Die antiquitates rerum humanarum et divinarum erschienen vor 45 v. Chr., vergl. Dahlmann, RE Suppl. 6 (1935) 1230 s.v. M. Terentius Varro Nr. 84. In Frage kommt auch noch das Buch de bello et pace; Pius de pace das vor 54/53 v. Chr. erschien, vergl. Dahlmann, RE Suppl. 6 (1935) 1266; de vita populi Romani erschien vor 32 v. Chr., vergl. Dahlmann, RE Suppl. 6 (1935) 1243 und Riposati, Vita (1. Aufl.) 84ff. De lingua latina erschien vor 43 v. Chr., Dahlmann, RE Suppl. 6 (1935) 1204. Die letzte datierbare Schrift Varros gehört in das Jahr 34/33 v. Chr. Im Jahr 27 v. Chr. starb Varro in sehr hohem Alter, vergl. Dahlmann, RE Suppl. 6 (1935) 1178. Kaum jemand wird ernstlich annehmen, Varro habe seine Schriften auf dem Sterbebett im Interesse der Manipulation Octavians am Lanzenwurf geändert. Als Schriften, in denen Varro auch das ius fetiale behandelt haben könnte, kommen noch die tres libri legationum und das staatsrechtliche Handbuch für Pompeius (Gell. n.a. 14,7) in Frage vergl. Dahlmann, in: Atti del congresso internazionale di studi varroniani. Rieti settembre 1974 (Rieti 1974) 165.

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2. Die Kriegserklärung der fetiales

gungskraft verlieren. Auch verbände sich die Nachricht des Tzetzes, alle lateinischen Autoren wüßten vom Lanzenwurf155, gut mit der Möglichkeit, daß auch Varro von ihm wußte. Tzetzes berichtet, alle lateinischen Autoren wüßten vom Lanzenwurf156. In der Zeit des gelehrten Tzetzes (12. Jh. n. Chr.) waren heute verlorene Werke noch erhalten 157. Er wird sich mit seinen Worten kaum auf die heute noch verfügbaren Quellen beziehen, die als Quellen zu den fetiales zu seiner Zeit (bzw. der seiner Vorlagen) nur untergeordnete Bedeutung haben konnten. Auch diese Überlegung verdeutlicht die quellenkritische Unsicherheit der neueren politischen Interpretationen.

Aufgrund der vorangegangenen Überlegungen erscheint die Annahme, Octavian habe den Lanzenwurf erfunden, als nicht annehmbar. Dagegen bleibt die Beobachtung bestehen, daß die vorlivianische Tradition den Lanzenwurf nicht als abschließenden Bestandteil der diplomatischen Kriegserklärung durch fetiales berichtet. Es stellt sich damit die Frage, welche religiöse und zeremonielle Funktion der Lanzenwurf im Rahmen der bellicae caerimoniae erfüllte. Das Diodorfragment158 gibt auch hier den Lösungsweg vor. Bei ihm werden mit dem Lanzenwurf die Kriegshandlungen eröffnet159. Diese Bedeutung des Lanzenwurfes wird bei Livius nicht deutlich, weil dieser ihn mit den Zeremonien der diplomatischen Kriegserklärung verbindet, als deren Abschluß er ihn erscheinen 155

Tz. H. 5,560. Tz. H. 5,560. 157 Vor allem solche Werke, die die Schriften z. B. republikanischer Autoren noch aus eigener Kenntnis zitierten. Auf solche Werke dürften Tzetzes’ Zitate republikanischer Autoren zumeist zurückgehen. Zu den Quellen des Tzetzes vergl. Wendel, RE 7 A (1939) 2007f s.v. Tzetzes Nr. 1 mit Literatur (vor allem Chr. Harder, De Iohannis Tzetzae historiarum fontibus quaeationes selectae, diss. Kiel 1886, passim mit bequemer Zusammenstellung des Materials). Ob Ov. fast. 6,205ff seine Kenntnis dem Varro oder dem Verrius Flaccus verdankt, ist nicht zu entscheiden (z. B. Münzer, Beiträge 262 scheint eine durchgängige Abhängigkeit Ovids von Varro anzunehmen; vergl. auch Kraus, RE 18 (1942) 1955ff s.v. Ovidius und Bömer, Kommentar Bd. 1, 22-28). Die Unsicherheit zeigt erneut, daß die politischen Interpretationen zum Lanzenwurf (Wiedemann; Rüpke) die Quellen- und Überlieferungsprobleme vernachlässigen. Selbst wenn Ovid Verrius Flaccus benutzte, kann man nicht ausschließen, daß Verrius für die Schilderung des Lanzenwurfes der fetiales Varro exzerpierte, wie er es nachweislich in anderen Zusammenhängen machte (Dihle, RE 8 A (1958) 1644 s.v. M. Verrius Flaccus Nr. 2). 158 Diod. 8,26. 159 Diod. 8,26 (= Tz. H. 5,558) Ççîêì=ëÜãÉáDçå=ÉxêàêgáéíÉå=ÉxÅèê~?=~àêÅÜXå=ëÜã~áDåçå; vergl. auch Tzetzes’ Vergleich des Lanzenwurfes mit dem Wurf eines Hahnes über die Grenze des Gegners, Tz. H. 5,563f, mit dem gleichfalls der Kriegszug eröffnet wurde. 156

II. Untersuchungen über die Quellen zum ius fetiale und ihre historische Auswertung

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läßt160. So erklärt sich die bemerkenswerte Tatsache, daß der Lanzenwurf in der vorlivianischen Tradition bei der Schilderung von diplomatischen Kriegserklärungen durch fetiales nicht erwähnt wird. Er gehört eben nicht in diesen Zusammenhang, sondern zur zeremoniellen Eröffnung der Kriegshandlungen, die ebenfalls von fetiales vorgenommen wird. Diese Zeremonie ist aber im Gegensatz zur diplomatischen Kriegserklärung durch fetiales ohne völkerrechtliche Bedeutung161. Dieses Verständnis der Bedeutung des Lanzenwurfes wird auch durch die übrige Überlieferung bestätigt. So erläutert Servius die Bedeutung des Lanzenwurfes zweimal mit dem Stichwort principium pugnae162. Seine Darstellung berührt also die des Tzetzes/Diodor, die den Inhalt des Lanzenwurfes mit ÉxÅèê~?= ~àêÅÜXå ëÜã~áDåçå beschreibt163. In diese Richtung weist auch Ammianus Marcellinus’ Erzählung vom Lanzenwurf des Grumbates, dessen Wurf er mit dem altrömischen Speerwurf der fetiales vergleicht164. Ammianus’ Bericht zeigt deutlich, daß es sich bei Grumbates’ Wurf um das Zeichen zur Schlachteröffnung handelt. Der Vergleich ergibt nur einen Sinn, wenn Ammianus auch den Lanzenwurf der fetiales als Schlacht- bzw. Kampferöffnungszeichen versteht. Ferner berichtet Placidus in einer seiner längeren Glossen, in der Zeit des Pyrrhuskrieges sei die bellica columna vor dem Tempel der Bellona errichtet worden, um den in den Krieg ausziehenden Truppen zu ermöglichen, die Lanze über die columna zu werfen veluti conspectu hostis essent165. Auch in dieser Notiz wird die beschriebene Bedeutung des Lanzenwurfes als Zeichen für die Aufnahme der Kriegshandlungen angedeutet. 160

Daß es sich beim Lanzenwurf um eine "Kriegseröffnung" und nicht um eine "Kriegserklärung" handelt, bemerkt aufgrund anderer Überlegungen auch Rüpke, Domi 109 mit A.55 (diese Einsicht wurde durch Schwarte und Rich vorbereitet). Er bedenkt die Folgen seiner Deutung nicht konsequent, wenn er das Prozedere der "förmlichen Kriegserklärung" wieder an Liv. 1,32,6-13 orientiert beschreibt (= res repetuntur, senatus censet, populus iubet, bellum indicitur) und wenn er meint, der römischen Kriegsvorbereitung fehle ein "originäres Kriegserklärungselement", denn der "Kriegserklärung" entspricht das letzte ultimative res repetere (testatio deorum Liv. 1,32,9f), das zum alten ius fetiale gehört und das deshalb ein "originäres Kriegserklärungselement" darstellt. 161 Die von Livius erwähnten drei volljährigen Zeugen beim Lanzenwurf des fetialis (Liv. 1,32,12) deutet Rüpke, Domi 98 A.7 109 als römische Öffentlichkeit bzw. als comites des fetialis (ebenso bereits Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 282f [drei comites des fetialis]). Dem wird man angesichts der Reform in der Zeit des Tarentinischen Krieges zustimmen (Schol. Dan. 9,52; Placidus, in: Lindsay, Corp. Gloss. Lat. 4,55 (=5,50,8 Goetz). 162 Serv. Aen. 9,52; 10,14. 163 Diod. 8,26. 164 Amm. Marc. 19,2,4ff (zum gelehrten Vergleich des Ammianus Marcellinus vergl. Oost, AJPh 75, 1954, 147 A.1; Ziegler, Festgabe W. Preiser (1983) 27 A.112; Rüpke, Domi 106 A.41; Mantovani, Bellum 61). 165 Placidus, in: Lindsay, Corp. Gloss. Lat. 4,55 (= 5,50,8 Goetz). Zu Placidus vergl. Dahlmann, RE 20 (1950) 1937ff s.v. Placidus Nr. 13 insbes. 1940ff zu seinen Quellen; und aus neuerer Zeit:

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Wenn man den Inhalt der Zeremonie auf diese Weise interpretiert, wird gleichzeitig der historische Kern der nur scheinbar zweifelhaften Erzählung in den Scholia Danielis verständlich, die jemand kaum erfunden haben kann166. Handelt es sich beim Lanzenwurf nicht um den Abschluß der völkerrechtlichen Kriegserklärung, wie gewöhnlich aufgrund von Livius’ Schilderung angenommen wird, sondern um die völkerrechtlich unbedeutsame zeremonielle Eröffnung der kriegerischen Handlungen, entfallen damit gleichzeitig auch die völkerrechtlichen Bedenken gegen die Historizität der veränderten Lanzenwurfzeremonien in und seit der Zeit des Pyrrhus. Denn einer diplomatischen Kriegserklärung, die durch den Lanzenwurf abgeschlossen worden wäre, bedurfte es gegenüber Pyrrhus nicht, weil er als Bundesgenosse Tarents in den bereits förmlich erklärten Krieg eintrat167. Hingegen mußte man wohl noch die Kriegshandlungen gegen Pyrrhus’ Königreich förmlich eröffnen. Rom hatte mit Epiros keine gemeinsame Grenze. Das war aber für den Vollzug der Zeremonie notwendig168. Deshalb suchte Rom eine Möglichkeit, den zeremoniellen Erfordernissen gerecht zu werden. Es schuf durch ein erzwungenes Kaufgeschäft künstlich Feindesland außerhalb des Pomeriums Roms169, um dort den Lanzenwurf ausführen zu können. Religiös und außenpolitisch war dies unbedenklich, denn der Lanzenwurf brauchte, weil er nicht Teil der diplomatischen Präliminarien des Krieges war, keine völkerrechtliche Öffentlichkeit. Deshalb beziehen sich die im Kern alten Formelworte beim Lanzenwurf anders als die Formeln beim res repetere nicht auf die völkerrechtliche Öffentlichkeit eines etwaigen Feindes bzw. der Götter170. Es wird lediglich festgestellt, daß der Gegner an Rom Unrecht verübt hat und deshalb die römische Gemeinde den Krieg beschlossen hat, den der fetialis mit den Formelworten sprachlich, mit dem Lanzenwurf durch zeremonielle Handlung vollzieht (dico facioque171). Auch die Formelworte beim Lanzenwurf zeigen also, daß der Lanzenwurf nicht die diplomatische Kriegserklärung abschließt. R. A. Kastner, Guardians of Language. The Grammarian and Society in Late Antiquity (Berkeley u. a. 1988) 341f (mit Literatur). 166 Schol. Dan. Aen. 9,52; das Folgende gegen Wiedemann, CQ 80, 1986, 481f und Rüpke, Domi 106. 167 D.H. 19,5,7ff; vergl. Broughton, MRR 1, 189f. 168 Liv. 1,32,12ff; Serv. Aen. 9,52; 10,14. 169 Der Bellonatempel lag auf dem Marsfeld; "in circo Flaminio " (= Schol. Dan. Aen. 9,52) heißt wohl nur "im Gebiet des späteren Circus Flaminius". Zum Bellona Tempel vergl. S.B. Platner, A Topographical Dictionary of Ancient Rome (London 1929) 82f. 131 (zur columna bellica). 170 Auf die fehlende Anrufung der Götter macht Wissowa, Religion (2. Aufl.) 554 A.2 aufmerksam. 171 Liv. 1,32,13; Cincius, de re militari 3, frg. 12 Huschke (= Gell. n.a. 16,4,1).

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Der Lanzenwurf Octavians im Jahr 32 v. Chr. diente ebenfalls lediglich der Kriegseröffnung172. Der Bericht Cassius Dios zählt den Lanzenwurf zu den éêçéçJ äÉîãá~. Mit diesem Begriff werden die religiösen Handlungen vor Beginn des Krieges bezeichnet, wie z. B. die Opferschau173. Auch nach dem Kriegsbeschluß im Jahr 32 v. Chr. wurde die alte Zeremonie vom fetialis Octavian ausgeführt, die in der Erzählung des Cassius Dio deutlich als Teil der Kriegsauszugsriten gekennzeichnet ist. Denn die Senatoren legen vorher die Kriegsmäntel an, als stünden Kriegshandlungen unmittelbar bevor174. In den Zusammenhang mit der diplomatischen Kriegserklärung kann diese Zeremonie nur gerückt werden, wenn man sich an Livius’ Darstellung der bellicae caerimoniae orientiert175. Aus Dios Erzählung geht nicht hervor, daß mit dem Lanzenwurf die völkerrechtliche Kriegserklärung abgeschlossen wird176, sondern daß er zu religiösen Zeremonien vor Beginn des Krieges gehört, die jedoch von der Kriegserklärung sorgfältig zu unterscheiden sind. Dios Bericht verbindet sich also mit den übrigen Zeugnissen, die Livius’ Darstellung zweifelhaft machen. Ovids kurze Notiz zum Lanzenwurf am Bellonatempel spricht von der Lanze als Vorbotin des Krieges, wenn es Rom gefällt, gegen fremde Könige und Völker die Waffen zu ergreifen177. Damit rückt auch er den Lanzenwurf in die Nähe der Kampferöffnung. Bemerkenswert ist es, daß Ovid einige Zeit nach 32 v. Chr. die so beschriebene Zeremonie als Teil seiner Gegenwart erscheinen läßt. Auch dies zeigt, daß Livius’ unzutreffende Verbindung des Lanzenwurfes mit den Zeremonien der diplomatischen Kriegserklärung nicht als das Ergebnis einer 32 v. Chr. erfolgten 172

D.C. 50,4,4f (vergl. auch Prop. 4,6,55) Francisi, Atti Pont. Acc. Rom. de Arch ser. 3, Rendiconti 27,3 (1952/1954) 198f. 173 D.C. 46,33,2; D.H. 3,9,1; Phot. Lex. rec. S.A. Naber 2 (1865) p. 110 s.v. éêçéçäÉîãá~W=ÉxçáâÉå Éáyå~á=í~X=éêçX=íçìD=éçäÉîãçì=èìçîãÉå~=ìgéÉXê=íÜD?=åáîâÜ?. 174 D.C. 50,4,4; auffallend ist die Parallele zu Placidus, in: Lindsay, Corp. Gloss. Lat. 4,55 (5,50,8 Goetz) ut exeuntes in bellum super iacerent eam (sc. die bellica columna) veluti conspectu hostis essent oder ut exeuntes ad bellum superiacerent eam hasta, veluti conspectu hostis essent. Zum Auszug im Kriegsmantel gekleidet z. B. Liv. 36,3,13f und Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 63. 175 Liv. 1,32,6-14. 176 Auch vom Beschluß des offenen Krieges gegen Kleopatra ist die Erzählung durch zwei â~áî und die Nachricht, man habe Kriegsmäntel angelegt (D.C. 50,4,4), deutlich getrennt. Aus der Erzählung Dios geht nicht hervor, daß Octavian beim Lanzenwurf das paludamentum trug (so Rüpke, Domi 106). Dio berichtet ausdrücklich, Octavian habe wie ein fetialis die Lanze als eine Zeremonie der éêçéçäÉîãá~ geworfen. 177 Ov. fast. 6,205ff; vergl. Francisi, Atti Pont. Acc. Rom. de Arch. ser. 3, Rendiconti 27,3 (1952/1954) 199; Bömer, Kommentar 2, 348f.

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2. Die Kriegserklärung der fetiales

politischen Manipulation gedeutet werden kann. Er war immer Zeichen der Kampferöffnung und hatte nichts mit der diplomatischen Kriegserklärung zu tun. Dies wird noch einmal sehr deutlich durch Dios Bericht von Marc Aurels Lanzenwurf gegen die Markomannen im Jahr 179 n. Chr.178. Die dem Bericht vom Lanzenwurf vorangehende Erzählung zeigt, daß der Krieg gegen die Markomannen bereits zuvor mehrere Jahre erfolglos von Marc Aurels Statthaltern geführt wurde179. Einer abschließenden förmlichen Kriegserklärung bedurfte es also nicht mehr, weil der Krieg schon lange andauerte. Dennoch warf Marc Aurel vor seinem Auszug aus Rom die Lanze am Bellonatempel. Damit wird die bisherige Interpretation des Lanzenwurfes erneut bestätigt. Marc Aurels Lanzenwurf wird lediglich als Teil der religiösen éêçéçäÉîãá~ verständlich, die den Kriegszug zeremoniell vorbereiteten180. Nach diesen Erwägungen zur religiösen Funktion des Lanzenwurfes der fetiales rückt der Lanzenwurf in die Nähe einer Nachricht im Calenus des Varro181. Dieser berichtet, in alten Zeiten hätten die Feldherren, wenn sie zuerst in feindliches Gebiet eindrangen ominis causa ... ut castris locum caperent eine Lanze in das gegnerische Land geworfen182. Die von Varro deutlich als Vergangenheit gekennzeichnete Handlung der römischen Feldherren wurde also wahrscheinlich zu einem späteren Zeitpunkt der römischen Verfassungsentwicklung an die fetiales übertragen. Denn es ist kaum denkbar, daß es während der frühen Republik gleichzeitig einen Lanzenwurf des Feldherrn und der fetiales vor der Kampferöffnung gab. Die Übertragung königlicher bzw. magistratischer Handlungen an die fetiales ist nicht ohne Parallele im ius fetiale. Die Zeremonien bei der Vertragsbeeidung (Liv. 1,24,4ff) zeigen deutlich, daß die fetiales im Auftrag des Königs bzw. Magistraten ihre Zeremonien ausführten183. Die Ableitung ihrer Tätigkeit aus der königlichen bzw. magistratischen Kompetenz läßt auch ihre Beteiligung an der Vertragsbeeidung als 178

D.C. 71,33,1-3 (vergl. zur Stelle auch Mantovani, Bellum 66f). D.C. 71,33,1. 180 Zu den modernen Theorien über den religiösen Gehalt des Lanzenwurfes vergl. Seite 48f. 181 Varro, Calenus bei Schol. Dan. Aen. 9,52. Die Schrift entstand Ende der vierziger Jahre des 1. Jh. v. Chr., Wiedemann, CQ 80, 1986, 482f; ihm schließt sich Rüpke, Domi 107 an. 182 Wiedemanns Zweifel (CQ 80, 1986, 483), ob Varro vom Lanzenwurf der duces im Zusammenhang mit römischen Sitten berichtete, überzeugen nicht. Erstens ist die Bezeichnung dux für den römischen Feldherrn geläufig (z. B. Liv. 28,17,8f), und zweitens begegnet der Lanzenwurf als Zeichen der Schlachteröffnung auch im römischen Kult (z. B. Stat. Theb. 4,6 (Bellona); Liv. 2,46,3 (Pilumwurf zur Schlachteröffnung). 183 Vergl. auch Liv. 30,43,9. 179

II. Untersuchungen über die Quellen zum ius fetiale und ihre historische Auswertung

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spätere Entwicklung erscheinen184, wie man dies mit einiger Plausibilität auch für den Lanzenwurf annehmen kann.

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In diesem Sinne: Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 246ff. insbes. 250f; 3, 340f. 1158ff.

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2. Die Kriegserklärung der fetiales

2.5 Die Kriegserklärung und Kriegseröffnung der fetiales Damit ist das Ende der quellen- und sachkritischen Überlegungen zu den bellicae caerimoniae der fetiales erreicht. Man kommt auch ohne die Annahme einer politisch motivierten Erfindung des Lanzenwurfes aus. Auch muß keine Überlieferung als unhistorische Erfindung bewertet werden. Alle Nachrichten und auch die offensichtlichen Widersprüchlichkeiten der Überlieferung können zu einem Gesamtbild vom Inhalt und der historischen Entwicklung dieses Teilbereichs des ius fetiale zusammengefügt werden. Zugleich können die verschiedenen Phasen der Traditionsbildung zum Lanzenwurf rekonstruiert und die Ursachen für die mißverständliche Schilderung des Livius im ersten Buch erklärt werden: Der Lanzenwurf gehörte nicht zu den Zeremonien, mit denen die fetiales die völkerrechtliche Kriegserklärung vollzogen. Deren Abschluß bildete dreißig Tage nach der ersten res repetere-Gesandtschaft die Anrufung der Götter zu Zeugen des gegnerischen Unrechts am Ende der letzten ultimativen res repetere-Gesandtschaft. Während der frühen Römischen Republik waren die priesterlichen fetiales zusammen mit den säkularen legati bei der Ausführung der diplomatischen Präliminarien des Krieges beteiligt185. Später waren es allein die legati. Den fetiales verblieb nur noch eine allgemeine Beratungstätigkeit in diesen Dingen ohne eigenes Initiativrecht186. Der Lanzenwurf war Teil der religiösen éêçéçäÉîãá~, mit denen, wie z. B. bei der Opferschau der haruspices, die Zustimmung der Götter zum Krieg erforscht wurde. Der Lanzenwurf war eine vielschichtige Zeremonie, mit der gleichzeitig unterschiedliche religiöse Aspekte der Kriegseröffnung erfüllt wurden. Mit dem Lanzenwurf wurde der Krieg gegenüber dem feindlichen Gebiet (Wurf der Lanze in die fines des Gegners) und vor der römischen Öffentlichkeit (ursprünglich wohl die römischen Soldaten, vergl. Placidus, in: Lindsay, Corp. Gloss. Lat. 4,55 [= 5,50,8 Goetz]) religiös eröffnet – wobei die Zeremonie gleichzeitig auch ein omen bringen sollte187 . Gleichzeitig wurde der römische Kriegszug gegenüber den feindlichen und eigenen Göttern vorbereitet188 bzw. vollzogen189 Der Lanzenwurf sollte die Rachegötter ge185

Dies geht z. B. aus D.H. 15,7,8 - 8,13 deutlich hervor. Liv. 31,8,3f; 36,3,7-12; Zum Umfang und zur rechtlichen Qualität der Gutachtertätigkeiten der fetiales vergl. Seite 62ff. 187 Vergl. zu den Typen der römischen omina (überwiegend oblativer Charakter aber auch aktive Einholung): E. Riess, RE (1939) 250-378 s.v. omen insbes. 352f. 356. 188 Varro in Schol. Dan. 9,52 ominis causa; D.C. 50,4,4f éêçéçäÉîãá~). 186

II. Untersuchungen über die Quellen zum ius fetiale und ihre historische Auswertung

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gen den ungerechten Feind wecken, und ihre üblen Wirkungsmöglichkeiten sollten auf den Feind übertragen werden190. Ferner sollte der Lanzenwurf den Anspruch Roms als Vollzieher der göttlichen Rache auf das feindliche Gebiet (das mit frevlerischem Unrecht belastet war) symbolisieren (hasta = Symbol191 für iustum dominium192).

Mit diesen vielschichtigen religiösen Absichten warfen zuerst die römischen Feldherren, wenn sie in den Krieg zogen, eine Lanze in das gegnerische Gebiet ominis causa ... ut castris locum caperent193. Später wurde der feldherrliche Lanzenwurf an die fetiales übertragen. Als sich in der Zeit des Tarentinischen Krieges Schwierigkeiten ergaben, die Zeremonie auszuführen, verlegte man sie nach Rom. Seitdem wurde die Lanze von den fetiales in fingiertes Feindesland vor dem Bellonatempel geworfen und damit den zeremoniellen Notwendigkeiten der Kriegseröffnung Rechnung getragen, selbst wenn Rom keine gemeinsame Grenze mit dem Kriegsgegner hatte. Einen Grenzersatz bildet die im ager hostilis geweihte columna bellica, welche die Grenze symbolisiert, denn wie die Lanze ursprünglich über die Grenze in das feindliche Gebiet geworfen wurde (Liv. 1,32,14), so wird sie über die columna bellica vor dem Bellonatempel geworfen194. Die Verlegung des Lanzenwurfes war außenpolitisch und religiös unbedenklich, weil sie nichts mit der völker189

bellum [in]dicere/facere Liv.1,32,12f; Cincius, de re militari 3, frg. 12 Huschke [= Gell. n.a. 16,4,1]. 190 Kornelkirschholz = arbor infelix, vergl. auch Weihung des Gegners bei der devotio an die Manen und den casus belli Liv. 1,25,12. 191 Materialsammlung zur hasta und ihren unterschiedlichen religiösen Bedeutungen: Ehlers, ThLL 6, 2550ff s.v. hasta; Klingmüller, RE 7 (1912) 2501ff s.v. hasta. Zur Verbindung mit Mars, anderen Kriegsgöttern und dem Krieg allgemein s. z. B. Serv. Aen. 8,3; Gell. n.a. 4,6,2; Stat. Theb. 2,719; Plb. 24,12,1; Gell. n.a. 10,27; Paulus Fest. 90L.; vergl. Klingmüller, RE 7 (1912) 2502f; Zeichen der Schlachteröffnung z. B. Liv. 2,46,3; Stat. Theb. 4,6; Zeichen des iustum imperium bzw. dominium Paulus Fest. 55L; vergl. Klingmüller, RE 7 (1912) 2502f; A. Alföldi, Hasta – summa imperii. The Spear as Embodiment of Souvereignity in Rome, AJA 63, 1959, 9f (1-27). 192 Literatur zur religiösen Symbolik des Lanzenwurfes, auf die die oben gegebene Interpretation größtenteils zurückgeht: Danz, Schutz 196; M. Cary, Note on "sanguine virgae", JRS 11, 1921, 285-286; M. Cary/A.D. Nock, Magic Spears, CQ 21, 1927, 122-127; Bayet, MEFRA 52, 1935, 29ff (= ders., Croyances (1971) 9ff); A. Alföldi, Hasta – summa imperii. The Spear as Embodiment of Souvereignity in Rome, AJA 63, 1959, 1-27; ders., Zum Speersymbol in der Antike, in: Festschrift P.E. Schamm 1 (1964) 3-6; Latte, Religionsgeschichte 122 mit A.1. 2; J. André, arbor felix, arbor infelix, in: Hommages à J. Bayet, hsgg. R. Schilling u. a. (1964) 35-46; Rüpke, Domi 107ff. 193 Varro, Calenus bei Schol. Dan. Aen. 9,52. Der religiöse Gehalt des Lanzenwurfes begegnet indirekt auch bei Tzetzes, wenn dieser das Werfen eines Hahnes (= apotropäisches Zeichen) über die Grenze mit dem Lanzenwurf vergleicht, s.Tz. H. 5,662f. 194 So auch z. B. Aust, RE 3 (1897) 255 s.v. Bellona; Samter, RE 6 (1909) 2264 s.v. fetiales und Francisi, Atti Pont. Acc. Rom. de Arch. ser. 3, Reniconti 27,3f (1952/1954) 200ff. Zum Gott Terminus vergl. Radtke, Götter 299f.

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2. Die Kriegserklärung der fetiales

rechtlichen Kriegserklärung zu tun hatte. Die Modifikation des Lanzenwurfes ist ein Beleg für den bekannten Traditionalismus der römischen Religion, die an alten Vorschriften oder Riten festhielt, auch wenn diese ihre zweckmäßige Verwurzelung im alltäglichen Leben bereits verloren hatten195. Noch in der Zeit Ovids und Marc Aurels gehörte der Lanzenwurf zum erlebbaren Alltag Roms. Überliefert werden nur die Lanzenwürfe Octavians und Marc Aurels, weil sie mit bedeutenden Persönlichkeiten der römischen Geschichte verbunden waren. Die historisch unmotivierte Nachricht vom Lanzenwurf gegen die Hermunduri in einem antiquarischen Werk des L. Cincius zeigt dagegen, mit welchen Überlieferungslücken man zu rechnen hat196. Übrigens sind auch die immer vollzogenen Opferschauen vor Beginn eines Krieges verhältnismäßig selten überliefert. Der vorlivianischen Tradition war der Unterschied zwischen den Zeremonien der diplomatischen Kriegserklärung durch fetiales und der Kriegseröffnung mit Hilfe ihres Lanzenwurfes noch bewußt. Deshalb berichtet sie im Zusammenhang mit der diplomatischen Kriegserklärung niemals vom Lanzenwurf. Diese Verbindung stellt wohl erst Livius her, der seine Schilderung im ersten Buch aus unterschiedlichen Quellen zusammenfügt. Die Ungenauigkeit des Livius ist leicht verständlich. Erstens waren für beide Zeremonien die fetiales zuständig. Zweitens gehörten beide Handlungen unter die Überschrift bellicae caerimoniae. So lag es nahe, sie als aufeinanderfolgende Phasen einer zeremoniellen Handlung zu verstehen, auch wenn sie innerhalb der förmlichen Kriegseinleitung tatsächlich unterschiedliche rechtliche und religiöse Funktionen erfüllten. Gefördert wurde dieses Mißverständnis des Livius noch dadurch, daß sowohl der Abschluß des res repetere-Verfahrens als auch derjenige des Lanzenwurfes in den Quellen mit bellum indicere beschrieben wurde, obwohl jeweils etwas anderes gemeint war197. Bei der letzten ultimativen res repetere-Gesandtschaft bedeutete es "Krieg erklären" im eigentlichen völkerrechtlichen 195

Vergl. z. B. Wissowa, Religion (2. Aufl.) passim; Latte, Religionsgeschichte passim. Cincius, de re militari 3, frg. 12 Huschke (= Gell. n.a. 16,4,1). Ein Erlöschen der Zeremonie seit dem Ende des 3. Jh. v. Chr. braucht man also nur wegen der fehlenden Erwähnungen nicht anzunehmen. Diese verbreitete Meinung z. B. bei: Latte, Religionsgeschichte 122. 297; vergl. aber Broughton, Phoenix 41, 1987, 59ff für die Indizien der ungebrochenen Tätigkeit der fetiales in anderen Bereichen auch nach dem 2. Jh. v. Chr.; Rich, Declaring 106 rechnet damit, daß der Lanzenwurf noch im 2. Jh. v. Chr. vorgenommen wurde; vergl. auch Moskalev, CO 67, 1989, 106f. 197 Auf die ambivalente Verwendung von indicere wiesen bereits Schwarte, Historia 21, 1972, 214 und Rich, Declaring 106f. 125 hin – ohne allerdings die vielfältigen Folgerungen zu entwikkeln, die sich aus dieser einfachen Beobachtung ergeben. Ein anschauliches Beispiel für die unterschiedlichen Bedeutungen von indicere bietet die 191 v. Chr. erteilte Antwort der fetiales auf die Anfrage des Konsuln bzgl. der förmlichen Kriegserklärung gegenüber Antiochos und den Aetolern (Liv. 36,3,9ff). 196

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Sinn198, beim Lanzenwurf aber meinte es "Krieg beginnen". Um diesen Unterschied deutlich zu machen, wurde indicere in den Formelworten beim Lanzenwurf mit facere näher bestimmt199. Livius war sich der Unterschiede im Zusammenhang mit den bellicae caerimoniae der fetiales wohl nicht bewußt. Ebenso verhält es sich mit vielen anderen kaiserzeitlichen Autoren, die vom Lanzenwurf berichten; die Verwirrung beim Gebrauch von res repetere, clarigatio und bellum indicere im Zusammenhang mit dem Lanzenwurf ist charakteristisch für die gesamte Überlieferung. In der außerlivianischen Überlieferung ist aber die wirkliche Bedeutung des Lanzenwurfes zumindest angedeutet, während ein Hinweis auf sie bei Livius ganz fehlt. Die Ergebnisse der quellen- und sachkritischen Untersuchung der Überlieferung ermöglichen genauere Vorstellungen von den aufeinanderfolgenden Etappen und den innerstaatlichen Voraussetzungen bei einer förmlichen Kriegserklärung. Aufgrund der bisherigen Untersuchungen ergibt sich folgendes Bild: Zur völkerrechtlichen Kriegserklärung gehören mehrmalige res repetere-Gesandtschaften. Wenn der Gegner sich bei der letzten Gesandtschaft nach dreißig Tagen weigert, Genugtuung zu leisten, werden die Götter zu Zeugen seines Unrechts angerufen und Beratungen der römischen Gemeinde über den Krieg angekündigt200. Die völkerrechtlichen Handlungen sind in keiner Weise von einem vorhergehenden Beschluß der römischen Volksversammlung abhängig, sie erfolgen nur auf Beschluß des Senats. Lediglich die Eröffnung der aktiven Kriegshandlungen durch den Lanzenwurf ist an die Mitwirkung des Volkes gebunden. Mit den völkerrechtlich erheblichen Handlungen bei der förmlichen Kriegseinleitung hat das Volk ursprünglich nichts zu tun. Diese Interpretation wird im Verlauf des dritten Kapitels von anderen Seiten her bestätigt und vertieft werden201.

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Vergl. Seite 75ff. Liv. 1,32,13; Cincius, de re militari 3, frg. 12 Huschke (= Gell. n.a. 16,4,1). Bei Cincius ist übrigens bemerkenswert, daß er nur dico statt indico in den Formelworten des fetialis beim Lanzenwurf schreibt. 200 Liv. 1,32,6-10; D.H. 2,72,6ff. 201 Vergl. Seite 75ff. 199

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3. Die Vertragsbeeidung der fetiales

3. Die Vertragsbeeidung der fetiales 3.1 Die Schilderung des Livius: Ihre literarische bzw. historiographische Funktion und ihre Quellen Die kritische Untersuchung der Überlieferung zu den bellicae caerimoniae führte zu genaueren Vorstellungen über die religiösen und rechtlichen Inhalte der verschiedenen Zeremonien dieses Teilbereichs des ius fetiale. Im folgenden soll mit demselben Ziel auch der livianische Bericht über die Vertragsbeeidung der fetiales betrachtet werden. Im Zusammenhang mit seiner Schilderung des römisch-albanischen Krieges beschreibt Livius die Zeremonien bei einer Vertragsbeeidung durch fetiales (Liv. 1,24,4-9202): (4) Fetialis regem Tullum ita rogavit: 'iubesne me, rex, cum patre patrato populi Albani foedus ferire?' Iubente rege, 'Sagmina' inquit 'te, rex, posco.' Rex ait: 'Puram tollito.' (5) Fetialis ex arce graminis herbam puram attulit. Postea regem ita rogavit: 'Rex, facisne me tu regium nuntium populi Romani Quiritium, vasa comitesque meos?' Rex respondit: 'Quod sine fraude mea populique Romani Quiritium fiat, facio.' (6) Fetialis erat M. Valerius; is patrem patratum Sp. Fusium fecit, verbena caput capillosque tangens. Pater patratus ad ius iurandum patrandum, id est, sanciendum fit foedus; multisque id verbis, quae longo effata carmine non operae est referre, peragit. (7) Legibus deinde recitatis, 'Audi,' inquit, 'Iuppiter; audi pater patrate populi Albani; audi tu, populus Albanus. Ut illa palam prima postrema ex illis tabulis cerave recitata sunt sine dolo malo, utique ea hic hodie rectissime intellecta sunt, illis legibus populus Romanus prior non deficiet. (8) Si prior defexit publico consilio dolo malo, tum illo die, Iuppiter, populum Romanum sic ferito ut ego hunc porcum hic hodie feriam; tantoque magis ferito quanto magis potes pollesque.' (9) id ubi dixit porcum saxo silice percussit. Sua item carmina Albani suumque ius iurandum per suum dictatorem suosque sacerdotes peregerunt.203 202

Zu Liv. 1,24,4ff. vergl. Täubler, Imperium 130ff; Oateghem, Les études classique 23, 1955, 310ff; Ogilvie, Commentary 110ff; Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 90f mit A.186. 203 Übersetzung Liv. 1,24,4-9: (4) Der fetialis fragte den König Tullus: ‘Beauftragst du mich, König, mit dem pater patratus der Albaner ein foedus zu schließen?’ Als der der König den Auftrag erteilte, sagte der fetialis: ‘Sagmina fordere ich von dir, König.’ (5) Darauf sagte der König: ‘Pura [herba] sollst du dir holen!’ Der fetialis holte von der arx eine herba pura herbei. Dann richtete er an den König die Frage: ‘König, machst du mich zusammen mit meinen Begleitern und dem [Gesandtschafts-] Gerätschaften zum königlichen nuntius des römischen Volkes der Quiriten?’ Der König antwortete: ‘Ich tue es, soweit es ohne Schaden für mich und das römische Volk

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Wie der bellicae caerimoniae-Bericht ist auch dieser Teil seiner Darstellung als Einlage in den Bericht der historiographischen Vorlage zu erkennen204. Livius verbindet die idealtypische Schilderung mit der historischen Erzählung sehr äußerlich. Er nennt Tullus Hostilius als den beauftragenden König205 und fügt mit erläuternden Bemerkungen die Namen des beteiligten fetialis und des pater patratus hinzu206. Mit dem Exkurs verfolgt Livius die bereits bei der Analyse über die bellicae caerimoniae herausgearbeiteten Absichten207. Einerseits will er den Leser mit wichtigen Einrichtungen der römischen Verfassung bei ihrem ersten Auftreten bekannt machen, andererseits will er mit der zeitlichen Staffelung solcher Berichte die in seiner Zeit gültige Ordnung als das Ergebnis einer langen historischen Entwicklung darstellen. Livius verarbeitet seine wohl antiquarische Vorlage selbständig208. Rüpke, Domi 101f glaubt, Liv. 1,24,4-9 verbinde zwei ursprünglich nicht zusammengehörige Quellen (Beauftragungszeremonie für eine Gesandtschaft: Liv. 1,24,4-6; Abschlußzeremonie: Liv. 1,24,7-9), doch überzeugt seine Deutung nicht. Die Beauftragungszeremonie ist deutlich mit der Vertragsbeeidung verbunden (Liv. 1,24,4 iubesne me, rex, cum patre patrato populi Albani foedus ferire?). Rüpke meint, Plin. n.h. 22,5 belege, daß sagmina/verbenae ursprünglich nicht mit dem Vertragseid der fetiales verbunden gewesen seien, und dies erweise den sekundären Charakter der livianischen Quellenverbindung. Die Verbindung der sagmina/verbenae mit der Kriegserklärung und mit dem Vertragsschluß durch legati findet sich aber bei Festus 424. 426L; Paulus Fest. 425L, sie fand sich also bereits bei Verrius Flaccus. Speziell für den Vertragsschluß durch fetiales vergl. Livius’ Refeder Quiriten geschehen kann.’ (6) Der fetialis war M. Valerius; er machte Sp. Fusius zum pater patratus, indem er dessen Haupt und Haar mit den verbena berührte. Ein pater patratus wird ernannt, um ein ius iurandum zu leisten; d. h. dem foedus die religiöse Weihe zu geben. Er tut dies mit vielen Worten, und einem langen carmen, die wiederzugeben die Mühe nicht lohnt. (7) Er laß dann die Vertragsbestimmungen vor und sprach dann: ‘Höre Iuppiter! Höre, pater patratus des Albanervolkes! Höre auch du, Volk von Alba! So, wie dies alles vom ersten bis zum letzten Wort ohne jede Arglist von diesen Wachstafeln verlesen wurde, und so, wie es hier und heute ganz richtig verstanden wurde, wird das römische Volk sich diesen Bestimmungen nicht zuerst entziehen. (8) Wenn es dies zuerst auf Staatsbeschluß mit Arglist tun sollte, dann sollst du, Iuppiter, das römische Volk an diesem Tag so schlagen, wie ich hier und heute dieses Schwein schlagen werde; und du sollst mit um so größere Wucht schlagen, je stärker und mächtiger du bist.’(9) Nach diesen Worten erschlug er das Schwein mit einem silex. In der gleichen Weise sprachen auch die Albaner den Eid durch ihren dictator und ihre Priester. 204 Ogilvie, Commentary 110 denkt an eine antiquarische Quelle. 205 Liv. 1,24,4. 206 Liv. 1,24,6. 207 Vergl. Seite 18ff. 208 Badian, in: Actes, hsg. J. Harmatta 1 (1984) 406 hält dagegen die Darstellung für eine selbständige Nachschöpfung des Livius.

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3. Die Vertragsbeeidung der fetiales

rat des Senatsbeschlusses von 201 v. Chr., der das Prozedere für die Beeidung des Friedensvertrages mit Karthago regelte (Liv. 30,43,9, daß es sich hier um ein Konstrukt aus Liv. 1,24,4ff handeln soll, so Rüpke, Domi 113, ist eine unbewiesene Behauptung; vergl. anders z. B. Täubler, Imperium 129ff209). Der Bericht des Livius setzt eine Beauftragungszeremonie voraus, wie sie bei Liv. 1,24,4ff berichtet wird. Damit wird der Zusammenhang der Beauftragungszeremonie mit der Vertragsbeeidung durch fetiales als ursprünglich erwiesen210.

Im ersten Teil schildert Livius die Beauftragungszeremonien für eine Gesandtschaft, die einen Vertrag beeiden soll211. Er berichtet die Formelworte anscheinend in engem Anschluß an seine Quelle. Auf die Frage des fetialis hin beauftragt der König diesen mit der Vertragsbeeidung. Auf die erneute Anfrage des fetialis hin stattet der König den fetialis und seine comites mit den notwendigen Utensilien einer Gesandtschaft aus212. Am Ende erhebt der König sie, wieder auf die Frage des fetialis hin, zu Gesandten des römischen Volkes, wobei er für sich und das römische Volk betrügerische Handlungen ausschließt. Im anschließenden zweiten Teil seiner Darstellung kürzt Livius den Bericht seiner Quelle213. Mit wenigen Worten beschreibt er die Zeremonie, mit der der fetialis einen seiner comites zum pater patratus weiht. Der fetialis berührt dessen Haupt mit den verbenae und macht ihn damit zum pater patratus. Dies veranlaßt Livius zu einer etymologischen Erklärung des Ausdrucks pater patratus214. Er leitet es von ius iurandum patrandum her, das er mit sanciendum fit foedus gleichsetzt215. Auf eine ausführliche Schilderung der Schwurformeln verzichtet Livius, weil diese ihm 209

Kritisch auch die Rezensenten Rüpkes: Welwei, ZRG Rom. Abt. 109, 1992, 621; Briscoe, CR 42, 1992, 220. 210 Auch hat Schwarte, Historia 21, 1972, 206ff es als zumindest wahrscheinlich nachgewiesen, daß Naevius, Bellum Punicum 1, frg. 2 (Strzlecki) in den Zusammenhang mit dem Friedensschluß von 241 v. Chr. gehört. 211 Liv. 1,24,4f. 212 Liv. 1,24,4f sagmina (= herba pura) und vasa. Zur religiösen Bedeutung der sagmina/verbenae vergl. Seite 70f mit Literatur. 213 Liv. 1,24,6. 214 Zum pater patratus: Zu den antiken Etymologien vergl. Lange, Altertümer 1 (3. Aufl.) 323f (zeitweise Oberhaupt der fetiales); Marquardt, Staatsverwaltung 3 (3. Aufl.) 419 (der zum Vater Geweihte); Samter, RE 6 (1909) 2261 s.v. fetiales (von patrare); Wissowa, Religion (2. Aufl.) 551f A.8 (von patrare); Latte, Religionsgeschichte 121 A.3 (gemachter Vater); O. Behrends, Ius und ius civile. Untersuchungen zur Herkunft des ius-Begriffes im römischen Zivilrecht, in: ders. (Hsg.), Sympotica F. Wieacker (1979) 40f (11-58) (Vertreter des Gemeinwesens); Zurli, ZRG 123, 1980, 338 A.3 (weitere Literatur); Wiedemann, CQ 80, 1986, 487 (Repräsentant der römischen Gemeinde); Mitchell, in: Struggles, hsg. K.A. Raaflaub (1986) 158 ("father of the fatherhood"); Rüpke, Domi 98. 116 (von patrare; wird eigens für jede Aufgabe neu gewählt). 215 Dazu vergl. neuerdings Zurli, RhM 123, 1980, 337ff.

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zu langatmig scheinen216. Zusammenfassend bemerkt er, die Vereinbarungen des Vertrages seien einzeln verlesen und lange Formeln hergesagt worden, um den Vertrag heilig zu machen. Im abschließenden dritten Teil seines Berichts schildert Livius den Exsekrationseid und die Zeremonie des Eidopfers wieder im engen Anschluß an seine Quelle217. Der pater patratus ruft Iupiter, den pater patratus der Albaner und das Albanervolk als Zeugen an. Er versichert, daß das römische Volk die von den Wachstafeln verlesenen Verpflichtungen nicht zuerst brechen will. Wenn es aber mit böser Absicht und auf öffentlichen Beschluß den Vertrag breche, solle Jupiter mit aller Kraft das römische Volk so schlagen, wie er jetzt das Schwein bei der Vertragsbeeidung schlage. Erläuternd fügt Livius hinzu, der pater patratus ersteche das Schwein mit einem Steinmesser218 und die Albaner hätten ebenfalls Vertragseide durch ihre Priester und ihren Diktator geleistet219.

3.2 Kritik des livianischen Berichts Bemerkenswert sind die Worte des Livius, die den Exkurs einleiten (Liv. 1,24,3f): Foedera alia aliis legibus, ceterum eodem modo omnia fiunt. Tum ita factum accepimus, nec ullius vetustior foederis memoria est. Livius erweckt beim Leser den Eindruck, alle foedera der folgenden Zeit seien immer auf die beschriebene Art – also auch nur von fetiales – beeidet worden. Im Zusammenhang mit der Darstellung der pax Caudina wird deutlich, daß dieses die Meinung des Livius war220. 216

Liv. 1,24,6. Liv. 1,24,7f. 218 Zu Recht wenden sich Täubler, Imperium 128ff. 150. 352ff; Heuß, Klio 27, 1934, 23ff mit A.4; Nörr, Aspekte 77 mit A.32; Rüpke, Domi 113ff gegen die Identifizierung des Eides der fetiales mit dem Steineid und dem Eid bei Iuppiter Lapis; so z. B. Wissowa, Religion (2. Aufl.) 118. 552 A.6; J.S. Reid, Human Sacrifices at Rome and other Notes on Roman Religion, JRS 2, 1912, 49ff (34-52); Walbank, Commentary 1, 351ff; Ogilvie, Commentary 110 [Mißverständnis bei Plb. 3,25,6ff]; Schwarte, Historia 21, 1972, 221 A.56. Quellen zum silex : Plb. 3,25,6ff; Liv. 1,24,8f; 30,43,9; 21,45,8 (silex bei einer Vertragsbeeidung Karthagos; Opfertier ein Lamm); Paulus Fest. 81. 102L. Bei Eiden des ius civile: Gell. n.a. 1,21,4; Plut. Sull. 10 und auch Apul. Soc. 5. Zum Steineid neben den oben genannten Beiträgen vergl. z. B. Täubler, Imperium 350f, Latte, Religionsgeschichte 122 A.4. 123 A.1, J. Bleicken, Coniuratio. Schwurszenen auf Münzen und Gemmen der Römischen Republik, JNG 13, 1963, 58f A.32 (5170); Speyer, RAC 7 (1969) 1201ff s.v. Fluch; Wiedemann, CQ 80, 1986, 485; Rüpke, Domi 112ff. 219 Liv. 1,24,9. 220 Liv. 9,5,1ff. 8,1ff; weitere Quellen bei: Schmitt, StVA 3, Nr. 416 [27ff]. Zur Kritik der livianischen Darstellung vergl. Täubler, Imperium 148; Kniep, Commentarius tertius 93ff (Forschung). 217

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3. Die Vertragsbeeidung der fetiales

Gegen das ausdrückliche Votum seiner Quellen meint er, die pax Caudina sei kein foedus, unter anderem weil ein foedus nur von fetiales beschworen werden könne221. Da Namen der fetiales in der Vertragsurkunde fehlten und nur „säkulare“ Schwurzeugen genannt würden, sei die pax Caudina kein foedus222, sondern eine das römische Volk religiös nicht verpflichtende sponsio gewesen223; dabei faßt Livius die sponsio lediglich als ein förmliches Vertragsversprechen auf224. 97f. 101f. 103ff. Neuerdings zur Pax Caudina: Baldus, Vertragsauslegung 395ff. 221 Die Darstellung des Livius wirkt noch auf die modernen Deutungsversuche, indem oft von "solennen oder förmlichen foedera" der fetiales gesprochen wird und diese foedera entwicklungsgeschichtlich und/oder terminologisch von den "Feldherrnverträgen" unterschieden werden. Damit wird den "Feldherrnverträgen" ganz im Sinne des Livius die Dignität des foedus abgesprochen; vergl. Sittl, Gebärden 137ff insbes. 137 A.2; Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 290f; Täubler, Imperium 129. 146f. 148f. 320f; DeMartino, Storia 2 (1. Aufl.) 30ff. 35 u.ö; Nörr, Aspekte 40 A.16 (" ... so ist der Feldherrnvertrag im Sinne eines auch die Römer unmittelbar verpflichtenden foedus eine wenig plausible Konstruktion"), Watson, Law 34ff; Plescia, RIDA 3. Ser. 41, 1994, 326; Ziegler, Völkerrechtsgeschichte 48 „ ... Der vom Feldherren ohne Ermächtigung des Senats geschlossene Vertrag wurde in der mittleren Republik als sponsio (oder Feldherrenvertrag) vom foedus geschieden. ... “; Jäger, Unverletzlichkeit 8 „ ... So lag der rituelle Bündnisschluß in der Hand der Fetialen. ... “; Baldus, Vertragsauslegung 220 „ ... Das foedus unterscheidet sich von anderen Verträgen durch die eidliche Form, bei der Fetialpriester tätig wurden. ... “. Anders aber bereits Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 246ff insbes. 251 A.1, der die feldherrliche sponsio lediglich vom foedus der fetiales und dem foedus der Feldherren trennt – also nicht alle Verträge der Feldherren sponsiones sein läßt (vergl. zuvor bereits die Überlegungen zur Vertragsqualität der sponsio bei Danz, Schutz 105ff. 116ff); vergl. auch die Überlegungen bei Heuß, Klio 27, 1934, 44f mit Anm. 222 Zum Bedeutungsfeld von foedus vergl. Vollmer, ThLL 6, 1001ff s.v. foedus. Die der Argumentation des Livius zugrundeliegende Einschränkung von foedus auf zwischenstaatliche Verträge ist fraglich, weil foedus auch für innerrömische Eide benutzt wird, vergl. z. B. Liv. 22,38,3f (Eid der Soldaten gegenüber dem Feldherrn); Liv. 3,36,9 (Verschwörung der Decemvirn); D.H. 6,89 berichtet sogar, fetiales hätten den Vertrag zwischen Patriziern und Plebeiern beeidet (foedera wären also unabhängig davon, ob sie zwischenstaatlich oder innerrömisch waren, leges sacratae; vergl. H. Grziwotz, Das Verfassungsverständnis der Römischen Republik (Bern u. a. 1985) 85f 99ff). Mit foedus wird auch der Eheschluß bezeichnet (Freyburger, Fides 170ff). Ähnlich verhält es sich im Deutschen: Einen zwischenstaatlichen Vertrag kann man als "Vertrag" oder als "Abkommen" bezeichnen. Die terminologischen Variationen in den antiken Quellen, die sich vor allem um eine ansprechende literarische Form bemühen, zwischen pactum, foedus, sponsio u. ä. erklären sich so am leichtesten. Eigene Vertragsarten z. B. des foedus, der sponsio und des pactum braucht man nicht anzunehmen, auch wenn es nachweislich verschiedene Arten der Vertragsbeeidung gab. Daß sponsio als Begriff für zwischenstaatliche Abkommen nicht genau ist, hat bereits Gaius in einer leicht mißverständlichen Stelle (Gai. inst. 3,94f) festgestellt (vergl. dazu Kniep, Commentarius tertius 93ff). Aber seine um terminologische Genauigkeit bemühte Sprache ist in der antiken Überlieferung singulär: Cic. Balb. 29; vergl. auch Liv. 9,41,20 (sponsio - amicitia). 223 Liv. 9,5,1ff. Als foedus bezeichnet von Claudius Quadrigarius, HRR 1 (2. Aufl.) p. 214 frg. 18 und Cic. inv. 2,91f (dort erfährt man zeremonielle Details des Eidopfers, mit dem die pax Caudina abgeschlossen wurde). Zur pax Caudina vergl. Nissen, RhM 25, 1870, 43ff; Täubler, Imperium 140ff. 146ff zur Kritik der livianischen Darstellung ders. ebenda 148; Kniep, Commentarius tertius 93ff; Schmitt, StVA 3, Nr. 416 mit Literatur; aus neuerer Rüpke, Domi 110f; Nörr, Aspekte 76ff mit Literatur; Baldus, Vertragsauslegung 395ff mit Literatur. 224 Auf diese engere „technische Bedeutung“ des Begriffs sponsio, die sich aus der Formel der fetiales zur Lösung der sponsio bei Liv. 9,10,9 ergibt, weisen mit Recht hin z. B. Kaser, Ius 260f;

II. Untersuchungen über die Quellen zum ius fetiale und ihre historische Auswertung

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Die Argumentation des Livius wird nicht bestätigt, wenn man sie mit seinen Darstellungen an anderen Orten und mit der außerlivianischen Überlieferung vergleicht. Livius bezeichnet an anderen Stellen seines Geschichtswerkes Verträge ausdrücklich als foedera, die nicht von fetiales beeidet wurden225. Gelegentlich berichten Livius und die außerlivianische Überlieferung bei Vertragsschlüssen von anderen Eidleistern226, von anderen Eidzeremonien227 und anderen Eidgöttern228 als den im ersten Buch genannten bzw. beschriebenen229. v. Lübtow, Volk 476; DeMartino, Storia 2 (1. Aufl.) 34ff. Daneben begegnet der Begriff sponsio als Bezeichnung für das vollgültige (d.h. kein Vorvertrag) kaiserliche bzw. magistratische Bündnis (Täubler, Imperium 146ff) z. B. bei Gai. Inst. 3,94. 225 Vergl. z. B. den von P. Cornelius Scipio Maior beschworenen Vertrag zwischen Rom und Syphax bei Liv. 28,18,12; 29,24,3 (Anspielung auf Eidgötter des Vertrages); 30,13,8; die von P. Cornelius Scipio Maior beschworenen Verträge mit Indibilis (Schmitt, StVA 3 Nr. 540 [277]) und Edekon [Plb. 10,35,1; Liv. 27,17,1f]. Und aus späterer Zeit z. B. den Frieden von Dardanos (Feldherrnvertrag), dazu vergl. Täubler, Imperium 326f und allgemein 134ff. 137ff (beeidete Feldherrnvertäge). 320ff. Wenn bei den meisten überlieferten Vertragsschlüssen fetiales nicht erwähnt werden, bedeutet dies natürlich nicht, daß sie nicht dennoch gelegentlich bei der Beeidung beteiligt waren. Hinzuweisen ist dafür vor allem auf Varro, ling. 5,86 fetiales ... et per hos etiam nunc [!] fit foedus ... (vergl. auch den Hinweis bei Badian, in: Actes, hsg. J. Harmatta 1 (1984) 407). Auch Liv. 9,5,1ff setzt voraus, daß Vertragsbeeidigungen von fetiales zur erlebbaren Wirklichkeit in der Zeit des Livius gehörten. Reynolds, Aphrodisias 39. 89f vermutet zu Inschrift Nr. 8 II. Z. 85, èÉëãáíÜê~? (sc. de Aphrodisiensibus 39 v. Chr.) könne sich auf die Beteiligung der fetiales an der Vertragsbeeidung beziehen. Die seltenen Erwähnungen wird man zumindest als Indiz dafür nehmen dürfen, daß ihre Teilnahme am Eid nicht die Regel war und nicht, wie Livius meint, unerläßlich für ein foedus war. 226 Der König bzw. der Magistrat leistet den Vertragseid: Liv. 1,1,8f; Verg. Aen. 12,196ff; Serv. Aen. 12,206 (Latinus hält beim Schwur ein Szepter ... non quasi rex, sed quasi pater patratus) u. ö. Der Magistrat schließt Vertrag mit Schwurzeugen: z. B. pax Caudina Schmitt StVA 3, Nr. 416. Ein Quaestor schließt den Vertrag: Plut. Tib. Gr. 5. Ein Legat des Magistraten schließt den Vertrag: Liv. 33,17,15. Ein Legat schließt den Vertrag: Val. Max. 6,3,3; D.C. 12 frg. 45 (Bois.); Zon. 8,18 (vergl. auch Täubler, Imperium 134 A.1-2). Ein Zenturio schließt den Vertrag mit Gades: Cic. Balb. 34 (weitere Quellen und Literatur: Schmitt, StVA 3, Nr. 541 und Brunt, CQ 76, 1982, 136ff); nicht näher bezeichnete Priester werden zum Friedensschluß entsendet: Liv. 2,39,12. 227 Z. B. mit coniunctio dextrarum (Danz, Schutz 131ff insbes. 135; Sittl, Gebärden 135ff [lehnt ohne überzeugenden Grund die coniunctio dextrarum als Mittel der Vertragsbeeidung ab]; Täubler, Imperium 340ff [coniunctio dextrarum = Mittel der symbolischen Selbstvergeiselung]; Kotting, RAC 3 (1957) 881ff s.v. dextrarum iunctio; P. Boyancé, La main de fides, in: R. Schilling u. a. (Hsgg.) Hommages à J. Bayet (1964) 101-113; Kötzsche, RAC 13 (1986) 455ff s.v. Hand insbes. 459). Quellenbelege z. B.: Liv. 1,1,8; 28,35,1 mit 28,35,13; 45,12,6f; Verg. Aen. 6,613.; 12,196ff (erhobene Rechte beim Vertragseid); Tac. ann. 2,58; Plut. Sull. 24. Crass. 30. Ant. 37; Cic. inv. 2,91f (beim Opfer hält ein Knabe das Opfertier). Eid mit Szepter und silex des Iuppiter Feretrius: Paulus Fest. 81. 102L; Serv. Aen. 8,641;12,206. Eid bei Iuppiter Lapis, mit Wegwerfen des Steines: Plb. 3,25,6. Eid am Altar, mit Opferschalen in der Hand: Verg. Aen. 8,640f. Rasenaltar mit Feuerbecken: Verg. Aen. 12,117ff. Ein anderes Opfertier als das gewöhnlich verwendete Schwein beim Eid (z. B. Varro R. 2,4,9;

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3. Die Vertragsbeeidung der fetiales

Das foedus der fetiales war also nur eine von vielen Möglichkeiten einer Vertragsbeeidung, weshalb auch keine Notwendigkeit besteht, den Verträgen (z. B. der Magistrate im Felde), die ohne Beteiligung der fetiales geschlossen wurden, die religiöse Dignität eines foedus abzusprechen. Auch Verträgen, die nicht von fetiales beeidet wurden, kam die religiöse Qualität eines foedus zu. Das war der vorlivianischen Tradition bekannt, denn sie bezeichnete z. B. die pax Caudina im Gegensatz zu Livius als foedus, obwohl auch sie wissen mußte, daß der Vertrag nicht von fetiales beeidet wurde. Die auf verschiedene Weise entstandenen foedera banden die römische Gemeinde auf jeweils unterschiedliche Art. Dies zeigt sich an den differierenden Formulierungen der Exsekrationseide. Es werden Exsekrationseide berichtet, die sich nur auf den Eidleistenden beziehen230, und solche wie der Eid der fetiales, die unmittelbar die gesamte römische Gemeinde binden231. Der Eid der fetiales ist also auch bei der Formulierung des Exsekrationseides als eine besondere Art der Vertragsbeeidung zu erkennen232. Verg. Aen. 8,640f; Paulus Fest. 267L; Isidor, Orig. 18,1,11 u. ö.) deutet sich im Fall des Vertrages Roms mit Gabii an, der auf einer Stierhaut aufgezeichnet war: D.H. 4,58 und Paulus Fest. 48L (Plut. Mar. 23,6 belegt den Stier als mögliches Opfertier bei einem zwischenstaatlichen Vertragseid). Opfertiere Schwein und Schaaf: Verg. Aen. 12,169ff. Schwert Opferwerkzeug: Verg. Aen. 12,169ff. 228 Z. B. Eid bei Iuppiter Lapis: Plb. 3,25,6ff; bei Mars und Quirinus: Plb. 3,25,6; bei der Fides: Plut. Num. 16; D.H. 2,75; bei der Erde: Sil. Ital. 8,105. Als Eidgötter kommen vor allem in Frage: Iuppiter (vergl. Radtke, Götter 155ff); Iurarius (Radtke, Götter 160); Feretrius (Radtke, Götter 123f); Pistia (Radtke, Götter 256f); Semones (Radtke, Götter 286f); Sancus (Radtke, Götter 279ff); Fides (Radtke, Götter 128); Fidius (Radtke, Götter 128); Fisos (Radtke, Götter 128f). 229 Wesentlich für die völkerrechtliche Verbindlichkeit des Vertrages war der Eid. Dies ist ein charakteristisches Merkmal der Vertragspraxis des gesamten Altertums; vergl. Ziegler, Israel Law Review 29, 1995, 233-249. Die Vertragsurkunde war nur "Beweisurkunde": Täubler, Imperium 318ff insbes. 323f; Heuß, Klio 27, 1934, 15ff; Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 98. Zu den Gebärden beim Eid und dem typischen "Oralismus" im römischen Vertragswesen vergl. Danz, Schutz 54ff passim; Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 68 A.28 (Literatur zur Gebärdenforschung). 327 (Oralismus). Reiches ethnographisches Vergleichsmaterial zu den symbolischen Handlungen und Schwurformeln bei Vertragseiden, das oft mit der römischen Praxis parallel geht, bei: R. Lasch, Der Eid. Seine Entstehung und Beziehung zu Glauben und Brauch der Naturvölker (Stuttgart 1908) passim. Zum Eid bei den Griechen vergl. die Materialsammlung bei: E.v. Lasaulx, Der Eid bei den Griechen (Verzeichnis der Vorlesungen an der königlich-bayrische Iulis Maximilian Univ. zu Würzburg S.S. 1844 [Würzburg 1844] 3-34. 230 Paulus Fest. 102L; Plb. 3,25,6ff. Die unterschiedliche Bindewirkung der Exsekrationseide hebt bereits Täubler, Imperium 149ff. 351f hervor. 231 Liv. 1,24,7f; 9,5,3. 232 Neben den förmlichen foedera gab es das völkerrechtliche Mittel der sponsio (dies ergibt sich deutlich aus der Argumentation des Livius, die die sponsio als Form des Vorvertrages zur Voraussetzung hat). Mit der sponsio versprachen die Eidleistenden lediglich einen zukünftigen Vertragsschluß, wobei die Eidleistenden sich selbst zum Pfand für die Einlösung des Versprechens stellten.

II. Untersuchungen über die Quellen zum ius fetiale und ihre historische Auswertung

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Mit den obigen Beobachtungen zu den vielfältigen Formen der foedus-Beeidung wird die Einteilung der römischen Staatsverträge durch Mommsen233 in das foedus der fetiales, foedus der Feldherren (bzw. ihrer Beauftragten) und sponsio der Feldherren234 bestätigt. Im vierten Kapitel der vorliegenden Untersuchung soll dieser Aspekt vertieft werden.

3.3 Fazit Wie beim Lanzenwurf, so zeigt sich auch bei der Vertragsbeeidung, daß man sich von der suggestiven, aber einseitigen Darstellung des Livius lösen sollte. Die fetiales waren nur für eine bestimmte Art der Vertragsbeeidung zuständig235; daneben gab es eine Vielzahl anderer Eidformeln und Zeremonien, die von anderen Organen der römischen Gemeinde vorgenommen werden konnten. Charakteristisches Merkmal des Eides der fetiales war es, daß er die römische Gemeinde unmittelbar und auf Dauer band. Dies ist wahrscheinlich auch die Ursache, warum Rom nur selten den Eid der fetiales anwendete. Im Gegensatz zur aktiven Beteiligung der fetiales beim res repetere endete offensichtlich ihre Mitwirkung beim Abschluß solch heiliger Verträge im Verlauf der römischen Republik niemals. Dies ergibt sich vor allem daraus, daß noch Varro ihre Tätigkeit bei der Vertragsbeeidung als Teil der erlebbaren Wirklichkeit seiner Zeit Diese Form der sponsio im engeren Sinne ergibt sich aus der Formel der fetiales zur Lösung der religiösen Bindung Roms, die auch eine solche sponsio bewirkte: Liv. 9,10,9 fetialis ita verba: fecit 'Quandoque hisce homines iniussu populi Romani Quiritium foedus ictum iri spoponderunt atque ob eam rem noxam nocuerunt, ob eam rem quo populus Romanus scelere impio sit solutus hosce homines vobis dedo; vergl. z. B. den Vertrag des P. Cornelius Scipio Maior mit Antiochos, der zunächst wahrscheinlich eine solche sponsio und kein feldherrliches foedus war, denn das foedus wurde erst nach Beschluß des Senates und der Komitien in Rom förmlich beeidet – dies wäre nicht notwendig gewesen, wenn Scipio den Vertrag bereits im Felde (z. B. mit Hilfe der bei Plb. 3,25,6ff beschriebenen Eidformeln) beeidet hätte. 233 Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 246ff insbes. 251 A.1. 234 = im engeren Sinne lediglich förmliches Vertragsversprechen. 235 Vielleicht waren sie nur für die Beeidung von Friedensverträgen zuständig; vergl. D.H. 2,72,5 ÉáàêÜîåÜå=éçáÉáDëè~á; alle bekannten Verträge, die von fetiales beeidet wurden, sind im allgemeinen Sinne verbindliche "Friedensverträge" (= unlösbare Bündnisse nach vorherigem Krieg): Liv. 1,24,3ff (Rom – Alba); 30,43,9 (Rom – Karthago); D.H. 6,21 (Rom – Latiner). 6,88f (Patrizier – Plebeier, die aus Rom ausgewandert waren). Die ersten drei Karthagerverträge (= Bündnisse ohne vorherige kriegerische Verwicklung der Vertragspartner) wurden nicht mit ihren Formeln und Zeremonien beeidet (Plb. 3,25,6ff).

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3. Die Vertragsbeeidung der fetiales

erwähnt236. Die Beauftragungszeremonien bei der Vertragsbeeidung durch fetiales zeigen, daß sie ihr Handlungsrecht aus der wahrscheinlich ursprünglich allein beim König bzw. beim Magistrat liegenden Kompetenz bezogen237. Die Beteiligung der fetiales am Vertragsabschluß war also wahrscheinlich eine spätere Entwicklung238. Die kritische Distanz zum livianischen Bericht wird später präzisere Fragen zur innerrömischen Ratifizierung und Einteilung der Verträge ermöglichen.

236

Varro, ling. 5,86 (z. B. Badian, in: Actes, hsg. J. Harmatta 1 (1984) 407 nimmt Varros Zeugnis als authentisch an). Der Vertrag zwischen Rom und Laurentium wurde noch in der Zeit des Claudius vom laurentischen pater patratus beeidet: CIL 10,797 (vergl. Liv. 8,11,15 für die augusteische Zeit; vergl. Täubler, Imperium 313f). Der Kaiser Claudius beeidete selbst als pater patratus Verträge: Suet. Claud. 25,5. Reynolds, Aphrodisias 39. 89f vermutet zu Inschrift Nr. 8 II. Z. 85, èÉëãáíÜê~? (sc. de Aphrodisiensibus 39 v. Chr.) könne sich auf die Beteiligung der fetiales an der Vertragsbeeidung beziehen. Das Schweigen der literarischen Überlieferung zu den zeremoniellen Details der immer wieder berichteten Vertragsschlüsse Roms mit dem Ausland beweist nichts. Denn man würde unsere vornehmlich literarisch interessierten Quellen offensichtlich überfordern, wenn man überall ausführliche Beschreibungen der Eideshandlungen erwarten würde. 237 Liv. 1,24,4ff; 30,43,9; auch z. B. Täubler, Imperium 130ff. 352f weist darauf hin, daß der Eid von den fetiales aus der Machtbefugnis des Magistraten heraus geleistet wird; vergl. auch Wissowa, Religion (2. Aufl.) 551 A.2 (hebt die Abhängigkeit der fetiales vom magistratischen Befehl hervor). 238 Vergl. die entsprechenden entwicklungsgeschichtlichen Überlegungen bei: Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 246ff; 3, 340f. 1158ff (die Polemik gegen Mommsen bei Täubler, Imperium 153ff überzeugt nicht und basiert auf der unzutreffenden argumentativen Voraussetzung, daß der Eid der fetiales nur nach einem vorherigen iussus populi erfolgen könne).

II. Untersuchungen über die Quellen zum ius fetiale und ihre historische Auswertung

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4. Der Bericht des Dionys zum ius fetiale und seine Bedeutung für die modernen Rekonstruktionen: Kompetenzen und Voraussetzungen des ius fetiale 4.1 Die historiographische Funktion der Schilderung des Dionys Bei Dionys führt Numa Pompilius das Priesterkollegium der fetiales in Rom ein239. Diese Tat wird bei Dionys durch Numas Absicht ausgelöst, die Fidenaten wegen ihrer räuberischen Überfälle in römisches Gebiet zur friedlichen Beilegung des Konfliktes zu veranlassen. Ob Numa das ius fetiale von den Aequicolern oder von den Ardeaten übernimmt, läßt Dionys offen. Eine ähnlich moderate Haltung nimmt er bei der Frage nach dem römischen Gründer des ius fetiale ein. Er entscheidet sich für Numa Pompilius, weist aber auf die Unsicherheit seiner Aussage mit der Bemerkung hin, daß lediglich feststehe, daß es die fetiales vor Numa in Rom nicht gab240. Nachdem er am Anfang seines Exkurses über die fetiales bereits die Zusammensetzung dieses Priesterkollegiums berührt hat, indem er bemerkt, es setze sich aus Mitgliedern der vornehmsten Familien zusammen und das Priesteramt sei auf Lebenszeit verliehen241, kommt er auf die Tätigkeitsbereiche der fetiales zu sprechen242. Veranlaßt wird dieser Teil des Exkurses über die fetiales einerseits durch Dionys’ Wunsch, die Griechen mit der ihnen fremden Einrichtung vertraut zu machen. Andererseits möchte er zeigen, daß die Ursache für die kriegerischen Erfolge während der römischen Frühzeit vor allem in der immer in ihrer gerechten Veranlassung und frommen Einleitung lag243. Für diese Geschichtsdeutung des Dionys ist es grundlegend, die fetiales zu erwähnen. Dionys beansprucht nicht, alle Geschäfte der fetiales zu behandeln. Er will nur in den Grundzügen über ihre Tätigkeitsbereiche berichten. Für den heutigen Historiker ist seine Schilderung das ausführlichste zusammenhängende Zeugnis der Antike zum ius fetiale.

239

Dionys kennt Varros Schriften und schätzt sie vor allem als Autorität für römische Sakralaltertümer: D.H. 1,14,1; 2,47,4. 48,4; 4,62,6. Die direkte Einsichtnahme des Dionys in die antiquitates rerum divinarum des Varro (einer unzweifelhaft einschlägigen Quelle zur römischen Religion am Ende des 1. Jh. v. Chr.) ist gesichert; vergl. Cardauns, Antiquitates rerum divinarum Bd. 1, frg. 60 (=D.H.4,62,5); ders., ebenda Bd. 2, 127. Zu Dionys vergl. neuerdings: E. Gabba, Dionysios and History of Archaic Rome (Berkeley u. a. 1991) 60ff passim. 240 D.H. 2,72,1-3. 241 D.H. 2,72,1. 242 D.H. 2,72,4ff. 243 D.H. 2,72,3f.

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4. Der Bericht des Dionys zum ius fetiale und seine Bedeutung

4.2 Die Richtertätigkeit der fetiales244 Ein herausragendes Merkmal der Schilderung des Dionys ist, daß sie von politisch relevanten Entscheidungs- und Handlungsrechten der fetiales berichtet245. Augenfälligster Ausdruck dieser Tatsache ist seine Übersetzung des lateinischen Wortes fetiales mit ÉáàêÜåçÇáîâ~á246. D.H. 2,72,4f: (4) ~ôé~åí~=ãÉXå=çìyå=çôë~=~àå~îâÉáí~á=íçìîíçá?=íçáD?=ÉáàêÜåçÇáîâ~á?=ÉàéÉäèÉáDå Çá~X= éäÜDèç?= çìà= êg~LîÇáçåI= âÉÑ~ä~áïîÇÉá= ÇD= ìgéçÖê~ÑÜDL= ÇÜäïDë~á= íçá~îÇD’= ÉàëíáK= Ñìä~îííÉáå= áôå~ ãÜÇÉîå~= goïã~áDçá= éçîäÉãçå= ÉàñÉåÉîÖâïëá= â~í~X= ãÜÇÉãá~D?= ÉàåëéçîåÇçì= éçîäÉï?= ~xÇáâçåI ~àêñ~îåíïå=ÇÉX= é~ê~ëéçåÇÉáDå=Éáà?=~ìàíçìX?=ÉgíÉîêïå=éêÉëÄÉìîÉëè~áî= íÉ=â~áX= í~X= Çáîâ~á~=éêïDíçå ~áàíÉáDå= äçîÖïLI= Éà~Xå= ÇÉX= ãÜX= éÉáîèïåí~á= íçáD?= ~àñáçìãÉîåçá?I= íçîí’D= ÉàéáâìêçìDå= íçXå= éçîäÉãçåKE5) çgãçáîï?= ÇÉX= â~zå= ~àÇáâÉáDëè~á= íáåÉX?= ìgéçX= goïã~áîïå= ÉxåéçåÇçá= äÉîÖçåíÉ?= í~X= Çáîâ~á~= ~áàíïDëáI íçìîíçì?= Çá~ÖáåïîëâÉáå= íçìX?= ~xåÇê~?= Éáx= íá= éÉéçîåè~ëáå= ÉxâëéçåÇçå= â~áX= Éà~Xå= Ççîñïëá= í~X éêçëÜîâçåí~=ÉàÖâ~äÉáDå=íçìX?=ÉàåçîÅçì?=í~áD?=~áàíáî~á?=ëìää~Äçîåí~?=ÉàâÇçîíçì?=íçáD?=~àÇáâÜèÉáDëá é~ê~ÇáÇçîå~á= í~î= íÉ= éÉêáX= íçìX?= éêÉëÄÉìí~X?= ~àÇáâÜîã~í~= Çáâ~îòÉáå= â~áX= í~X= éÉêáX= í~X? ëìåèÜîâ~?= çôëá~= Ñìä~îííÉáå= ÉáàêÜîåÜå= íÉ= éçáÉáDëè~á= â~áX= ÖÉÖÉåÜãÉîåÜåI= Éà~Xå= ãÜX= â~í~X= íçìX? ágÉêçìX?= ÇçîñÜL= éÉéê~DÅè~á= åçîãçì?I= ~àâìêçìDå= â~áX= í~X?= íïDå= ëíê~íÜÖïDå= é~ê~åçãáî~?I= çôë~á éÉêáî= íÉ=çôêâçì?=â~áX= ëéçåÇ~X?=ÉàéáíÉäçìDåí~áI=Çá~Öáåïîëâçåí~?=~àÑçëáçìDëè~áI=éÉêáX= ïöå=â~í~X íçìX?=çáàâÉáîçì?=â~áêçìX?=éçáÜîëçã~á=íçXå=äçîÖçå. Übersetzung D.H. 2,72,4f247: (4) Alle den Fetialen obliegende Geschäfte durchzugehen, ist ihrer Menge wegen, nicht leicht. Doch, um einen kurzen Abriß davon zu geben, sind es folgende: dem Ausbruch eines ungerechten Krieges der Römer gegen einen verbündeten Staat vorzubeugen; die Gesandtschaft an ein gegen 244

Verbreitet sind seit langem die Zweifel an der rechtlich und politisch relevanten Richtertätigkeit der fetiales. Siehe schon die Zweifel bei: J.M. Henze, Drey Bücher von den Gesetzen aus dem Lateinischen übersetzt und mit eigegen Anmerkungen und auch einer Abhandlung von den Fetialen des alten Rom (Göttingen 1788) 179ff und neuerdings: Baldus, Vertragsauslegung 439ff (keine politischen „Richter-Entscheidungen“ der fetiales). Mit einer Funktion der fetiales als Rechtsgutachter rechnet aber neuerdings: Ziegler, Völkerrechtsgeschichte 54. 245 Diese Eigenart des dionysischen Berichtes bemerkt auch Ilari, Interpretazione 9 mit A.11. Er weist ebenso auf Cic. leg. 2,9,21 und Varro, de vita populi Romani 3 frg. 93 (= 850L [529M]) hin; vergl. auch die Hinweise bei Danz, Schutz 196 A.8; Karlowa Rechtsgeschichte 1, 281f A.4; Schmidt, ZRG 9, 1888, 124f. 246 D.H. 2,72,1. 247 Übersetzung mit kleinen Variationen nach: G.J. Schaller und A.H. Christian (Stuttgart 18271850).

II. Untersuchungen über die Quellen zum ius fetiale und ihre historische Auswertung

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die Römer zuerst bundbrüchig gewordenes Volk zu übernehmen und anfangs mit Worten Genugtuung zu fordern und, wenn ihren Forderungen nicht Folge geleistet würde, den Krieg zu bestätigen. (5) Ferner, wenn Bundesvölker von den Römern Unrecht erlitten zu haben vorgeben und ihr Recht verlangen, so sollten diese Männer untersuchen, ob ihnen etwas Bundwidriges widerfahren sei, und, wenn ihnen die Klage gerecht schiene, die Schuldigen greifen und den Beleidigten ausliefern. Über die an Gesandten begangene Frevel urteilen; über die Bundesrechte wachen, Frieden schließen und, wenn er ihnen nicht nach heiligen Gesetzen geschlossen scheint, ungültig machen. Über die Verfehlungen der Feldherren, die gegen Eid und Bündnisse begangen werden, erkennen und sie aussühnen. Doch hiervon werde ich am gehörigen Orte sprechen.

Sie sollen ungerechte Kriege gegen römische Bundesgenossen verhindern, Genugtuungsgesandtschaften an die Bundesgenossen übernehmen und Kriege bestätigen, wenn keine Genugtuung geleistet wird. Sie sollen über Klagen der Bundesgenossen gegenüber Rom entscheiden und gegebenenfalls Sühneleistungen veranlassen. Über Verstöße gegen das ius legationis sollen sie urteilen; die von Rom eingegangenen Bündnisse bewahren; selbst Frieden schließen bzw. Friedensverträge aufheben, wenn sie religiös bedenklich scheinen. Über vertragswidrige Handlungen der Feldherren sollen sie urteilen und angemessene Sühneleistungen anordnen248. Es folgt die ausführliche Schilderung der res repetere-Gesandtschaften der fetiales, womit Dionys einen der zuvor genannten Tätigkeitsbereiche näher erläutert, der in besonderem Maße mit den erklärungsbedürftigen Kriegserfolgen Roms zusammenhängt249. Von Entscheidungs- und Handlungsrechten der fetiales berichtet auch Varro im dritten Buch seiner Schrift de vita populi Romani (3 frg. 93 Riposati = Nonius 850L [529M]), die vor 32 v. Chr. veröffentlicht wurde: siqui ius legati violatum esset, qui id fecissent, quamvis nobiles essent, uti dederentur civitati statuerunt; fetialesque viginti, qui de his rebus cognoscerent, iudicarent,[et] statuerent, [et] constituerunt250.

248

D.H. 2,72,4f. D.H. 2,72,6-8. 250 Text nach Müller. 249

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4. Der Bericht des Dionys zum ius fetiale und seine Bedeutung

Übersetzung Varro im dritten Buch de vita populi Romani (3 frg. 93 Riposati = Nonius 850L [529M]): „Wenn auf irgendeine Weise das Gesandtenrecht verletzt worden wäre, so setzten sie fest, sollten die Schuldigen, auch wenn es nobiles wären, dem Gemeinwesen ausgeliefert werden; und sie setzten zwanzig fetiales ein, die über diese Dinge befinden, urteilen und beschließen sollten“.251

Auch Cicero berichtet in de legibus 2,9,21 (nach 52 v. Chr.), deren Lesung unsicher ist, von solchen Rechten der fetiales252. Besonderer Quellenwert kommt diesem Zeugnis zu, weil Cicero im Exkurs über die Religionsgesetze beansprucht, alte Gesetze Roms zumindest in verkürzter Form wiederzugeben253: Cic. leg. 2,9,21: Foederum pacis, belli indotiarum oratorum fetiales iudices † non † sunto. bella disceptanto254. Übersetzungsvorschlag für Cic. leg. 2,9,21: Im Fall von Bitten um einen Friedensvertrag oder einen Waffenstillstand sollen die fetiales Richter und Gesandte sein. Kriege sollen sie beurteilen.

Unabhängig von der jeweils bevorzugten Lesart und Interpunktion des sicher verderbten Textes führt jede Möglichkeit dazu, daß die fetiales iudices über völker-

251

Zur Bedeutung von cognoscere und iudicare vergl. Kunkel, Staatsordnung 145f (cocnoscere = die für die Sachentscheidung notwendige Kenntnisnahme; iudicare/statuere = Feststellung des Sachverhaltes und seiner rechtlichen Konsequenzen). 252 Zur Funktion des Religionsexkurses in de legibus und zur Frage, ob Cicero dort authentisches Material verarbeitet, vergl. H. Dörrie, Ciceros Entwurf einer Neuordnung des römischen Sakralwesens, in: Classica et Mediaevalia F. Blatt, hsgg. O.S. Due u. a. (Kopenhagen 1973) 224-240; M. van Bruwaene, Précisions sur la loi religieuse du de legibus 2. 19-22 de Cicéron, Helikon 1, 1961, 40-93. Cicero setzt sich im Religionsexkurs mit Themen auseinander, die auch Varro beschäftigten – eine Abhängigkeit von Varro kann nicht ausgeschlossen werden; vergl. R. Gordon, From Republic to Principat: Priesthood, Religion and Ideology, in: M. Beard/J. North, Pagan Priests. Religion and Power in Ancient World (London 1990) 181 A.9. 253 Cic. leg. 2,9,21. 254 Die Handschriften haben: Foederum pacis belli indotiarum oratorum fetiales iudices non sunto. bella disceptatio. Hier wird der Textherstellung und Interpunktion von Vahlen (1871 und 1878) gefolgt. Unproblematisch scheint allen Herausgebern die Verbesserung von bella diceptatio in bella disceptanto. G. Nenci, Feziali ed aruspici Cicerone (de leg. 2,9,21), PP 13, 1958,134-143 gibt eine Zusammenstellung der unterschiedlichen Lesungen und Verbesserungen der Stelle.

II. Untersuchungen über die Quellen zum ius fetiale und ihre historische Auswertung

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rechtliche Angelegenheiten waren255. Bemerkenswert ist, daß dieser Tätigkeitsbereich der fetiales sowohl bei Varro als auch bei Cicero (bei ihm indirekt256) als vergangener Zustand begegnet. Dies wird auch von Dionys angedeutet, indem er zu Beginn seiner Erläuterungen bemerkt, er wolle die Geschäfte der fetiales beschreiben, um die Griechen nicht unwissend über die Gottesfurcht der Römer zu lassen, die çág=íçîíÉ=~xåÇêÉ? pflegten257. Die Entscheidungsrechte der fetiales gehörten also zumindest am Ende des 1. Jh. v. Chr. der Vergangenheit an258. Dieses Ergebnis wird durch die übrige Überlieferung bestätigt und chronologisch näher bestimmt. Im Kontext historischer Erzählungen wird niemals von politischen Entscheidungen der fetiales berichtet. Sie begegnen als Zeremonienmeister, die auf Beschluß des Senates res repetere-Gesandtschaften übernehmen259, dem Senat darüber berichten260, Sühneleistungen Roms gegenüber den Bundesgenossen vornehmen261 und Verträge auf Geheiß des Senates und der Magistrate beeiden262. Die politisch relevanten Entscheidungen fällt immer der Senat, und er ordnet auch deren Vollzug an263. Zweimal wird für das 2. Jh. v. Chr. davon berichtet, daß ein Gutachten der 255

Vergl. auch den Hinweis bei A.R. Dyck, A Commentary on Ciceros de officiis (Ann Arbor 1996) 134 zum Verständnis von disceptatio. Auch Plut. Num. 12,4ff. Cam. 17f weiß davon, daß die fetiales über die Gerechtigkeit des Kriegsgrundes entschieden und überhaupt Entscheidungsbefugnisse hatten. Plutarchs Nachrichten zu den fetiales treffen sich nur z.T. mit denen des Dionys (vergl. z. B. die Unterschiede bzgl. der Übersetzung von fetiales ins Griechische; Plut. Moralia 279B Num. 12,3 Cam. 18). Es ist deshalb erwägenswert, daß Plutarch noch eine andere Quelle neben Dionys benutzte. Mit dem Historiker und Gelehrten Iuba bringt Funaioli, GRF p. 456 die Etymologie für fetiales bei Num. 12 in Verbindung, den Plutarch in den quaestiones nachweislich oft benutzte. 256 Cic. leg. 2,7ff will alte Gesetze dem Inhalt nach und in der Sprache der Gesetze wiedergeben (vergl. auch Cic. leg. 2,10 nach dem Ende des Gesetzesexkurses). 257 D.H. 2,72,3f. 258 Z. B. Dahlheim, Struktur 174 weist auf ihr fehlendes Initiativrecht während dieser Zeit hin. 259 D.H. 2,72; 3,2f; 9,60; 10,23; 15,7,8 - 8,13; Liv. 1,32,6ff; 4,30,13ff. 58,1ff; 7,6,7ff. 9,2ff. 16,2ff. 32,1ff; 8,22,8ff. 39,13ff; 9,45,6ff; 10,12,1ff. 45,7ff; 31,8,3ff; 36,3,7ff; 38,46,12f. 260 Liv. 1,32,11. 261 Cic. Verr. 2,5,49 (deditio noxae des vertragsbrüchigen Magistraten durch fetiales noch als gegenwärtige Möglichkeit erwähnt); Caec. 98; de or. 1,181; 2,137; Liv. 9,10f; 38,42,7; Vell. Pat. 2,1,5; Val. Max. 6,6,3. 5 (Kempf); Gell. n.a. 17,21,36; App. Sam. 4,1ff nach Dionys (zu den Quellen des Appian vergl. B. Goldmann, Einheitlichkeit und Eigenständigkeit der Historia Romana des Appian, diss. Göttingen 1985/1986 (Hildesheim 1988) 2 A.2. 4 A.12). Zur Tätigkeit der fetiales bei der Auslieferung von Gesandtenbeleidigern z. B. 266 v. Chr.: Val. Max 6,6,5; D.C. frg. 10,42; 188/187 v. Chr.: Liv. 38,42,7; vergl. Broughton, Phönix 41, 1987, 50ff; zu ihrer Tätigkeit bei der Auslieferung römischer Feldherren vergl. z. B. Rüpke, Domi 110ff. 262 Varro ling. 5,86; Liv. 1,24,4ff; 30,43,9; D.H. 6,21. 88f; Paulus Fest. 81L. 263 Z. B. Cic. de or. 1,181 Auslieferung des Mancinus auf Beschluß des Senates; Liv. 30,43,9 der Senat instruiert die fetiales für die Vertragsbeeidung (iubere bezeichnet auch Anordnungen des Senats z. B. Liv. 21,17,1; 36,2,13; 42,33,4; Liv. 31,8,4, so daß sich die Unschlüssigkeit Schwartes, Historia 21, 1972, 220 bzgl. der beauftragenden Instanz für die Gesandtschaft der fetiales erüb-

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4. Der Bericht des Dionys zum ius fetiale und seine Bedeutung

fetiales von Konsuln eingeholt wurde (200 und 191 v. Chr.). Auch in diesen Fällen betrifft das Gutachten nur zeremonielle Fragen264. Die politischen Entscheidungen und die diplomatischen Anordnungen blieben dem Senat vorbehalten265. Die Beobachtungen legen folgende historische Deutung nahe266: Politisch relevante Beschlüsse der fetiales gehörten nicht zur erfahrbaren Wirklichkeit der Autoren, die z. B. von Livius und Dionys verarbeitet werden. Deshalb begegnen solche auch nicht in deren Erzählungen über die römische Frühzeit. Dagegen erhielt sich die Kenntnis davon in der antiquarischen Überlieferung, auf die Dionys in seinem Exkurs offensichtlich zurückgreift und auf die auch Varro und Cicero zurückgehen267. Dieser Traditionszweig steht im Vergleich zu den historiographischen Quellen in größerer Nähe zur pontifikalen Überlieferung, von der er direkt oder über Zwischenstufen abhängt268. Livius’ Referat über die Gutachten der fetiales am Beginn des 2. Jh. v. Chr. zeigt, daß sie spätestens von diesem Zeitpunkt an politirigt); der Senat ordnet die Kriegserklärungsgesandtschaft an Philipp an. M. Beard, Priesthood in the Roman Republic, in: ders./J. North (Hsgg.), Pagan Priests. Religion and Power in the Ancient World (London 1990) 30ff billigt den pontifices für die ebenfalls eine Richtertätigkeit in Religionsangelegenheiten überliefert wird (Cic. Att. 4,2,4) nur eine den Senat beratende Funktion zu, weil die endliche Ratifikation der "Gutachten" stets der Senat insgesamt beschließt (vergl. auch G.J. Szemler, The Priests of the Roman Republic. A Study of Interaction between Priesthood and Magistracies [Brüssel 1972] 34ff). Allerdings ist zu beachten, daß in früher Zeit religiöse "Gutachten" bereits politische Entscheidungen präjudizierten. Auch für die Gutachten der fetiales ist anzunehmen, daß sie seit frühester Zeit der endlichen „politischen Ratifikation“ durch den Senat bedurften. 264 fetiales seit dem 2. Jh. v. Chr. nur noch Experten: z. B. Rüpke, Domi 104f. 265 Liv. 31,8,3f; dort wird der Verlust der politischen Entscheidungen sehr deutlich, denn die fetiales antworten (vergl. Rich, Declaring 75f. 86f): fetiales decreverunt, utrum eorum (sc. der Senat) fecisset, recte facturum; 36,3,7ff (dazu Frezza, SDHI 35, 1969, 9f und Rich, Declaring 61. 63). 266 Vergl. die ähnlichen entwicklungsgeschichtlichen Erwägungen bei Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 281f. 267 Vergl. Seite 21ff. 61 A. 239; 64 A.252 268 Zum Wert der antiquarischen Überlieferung vergl. neuerdings z. B. Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 100f. 568ff passim; zum pontifikalen und sakralrechtlichen Schrifttum der Republik ders. ebenda 586ff mit Belegen und Literatur insbes. G. Rhode, Die Kultsatzungen der römischen Pontifices (Berlin 1936) 14ff passim; Latte, Religionsgeschichte 205f; Rawson, Live 298f. Zur Einschätzung des antiquarischen Überlieferungsgutes als „Ort theologischer Diskussion“ und „externen Reflexionsunternehmens" vergl. J. Rüpke, Innovationsmechanismen kultischer Religionen: Sakralrecht im Rom der Republik, in: H. Cancik (Hsg.), Geschichte–Tradition–Reflexion. Festschrift M. Hengel zum 70. Geburtstag. Bd. 2 (Tübingen 1996) 83f; vergl. auch: M. Fuhrmann, Erneuerung als Wiederherstellung des Alten, in: Epochenschwelle und Epochenbewußtsein, hsgg. R. Herzog/R. Koselleck (München 1987) 131-151; T.J. Cornell, The Value of the Literary Tradition Concerning Archaic Rome, in: Social Struggles in Archaic Rome. New Perspectives on the Conflict of Orders, hsg. K.A. Raaflaub (Berkeley 1986) 52-76. Ein Beispiel pontifikalen Überlieferungsgutes in antiquarischen Schriften ist z. B. die Schrift des M. Valerius Messalla Rufus über das Auguralwesen (Gell. n.a. 13,15,4).

II. Untersuchungen über die Quellen zum ius fetiale und ihre historische Auswertung

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sche Entscheidungen nicht mehr fällten269. Als Rest umfassenderer Entscheidungskompetenzen, die ursprünglich auch in den politischen Bereich hineinreichten, verblieb ihnen die Gutachtertätigkeit bei zeremoniellen Fragen270. Da sie jeglichen Initiativrechtes entbehrten271, übten sie auch keine Kontrolle aus, sondern waren nur Erfüllungsgehilfen einer von anderen Organen der römischen Gemeinde bestimmten Außenpolitik. Den Verlust der politischen Qualität der Entscheidungen der fetiales wird man am ehesten in die Phase der römischen Verfassungsentwicklung verlegen, während der die religiösen und der politischen Entscheidungsebenen zunehmend als voneinander getrennt empfunden wurden272.

269

Vergl. Liv. 31,8,3f; 36,3,7ff. Ähnlich die pontifices, vergl. Cic. Att. 4,2,4 pontifices iudices religionis (vergl. die Hinweise bei Danz, Schutz 79f mit A.19; Schmidt, ZRG 9, 1888, 124f und außerdem Paulus Fest. 113L; Festus 200L). 271 Vergl. Rüpke, Domi 101. 272 Vergl. etwa die ursprüngliche Einheit von auspicium und imperium (= zwei Aspekte einer allgemeinen Handlungskompetenz, nämlich der religiöse [auspicium = Befugnis zur gemeindlichen Interaktion mit den Göttern], und der zwischenmenschliche [imperium = Befugnis zum gemeindlichen imperare]). Der historische Prozeß der "Entsakralisierung der politischen Macht" (vergl. dazu auch die Überlegungen von Heuß, ZRG 64, 1944, 128ff. Gleichwohl hat sich in Rom niemals eine – modern gesprochen – Säkularisierung der politischen Macht oder des politischen Denkens gänzlich vollzogen) gehört in den Zusammenhang der Ständekämpfe, d.h. in den Zusammenhang der politischen Entmachtung der vor allem religiös privilegierten Patrizier, die bestrebt waren, politische Handlungen von der Fähigkeit zur religiösen Handlung bzw. religiösen Begutachtung abhängen zu lassen (z. B. augurium; auspicium; patrum auctoritas), um so die Plebeier von der kompletten Teilnahme an der politischen Macht in Rom auszuschließen bzw. vor allem seit 367 v. Chr. zu kontrollieren. Mit der lex Ogulnia des Jahres 300 v. Chr. wurde diesem politischen Konfliktfeld die Spitze genommen. 270

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4. Der Bericht des Dionys zum ius fetiale und seine Bedeutung

4.3 Die Anwendung des ius fetiale nur gegenüber den Vertragspartnern Roms Dionys' Schilderung zeichnet ein weiteres Merkmal gegenüber der übrigen Überlieferung aus. Jede Tätigkeit der fetiales scheint an die Voraussetzung eines Vertragsverhältnisses zwischen Rom und dem jeweiligen Gegner gebunden zu sein273. Weiterhin zeigt eine sehr ausführliche Schilderung einer res repetereGesandtschaft mit fetiales bei Dionys274, daß es im Rahmen der diplomatischen Kriegserklärung die Funktion der fetiales war, in feierlicher Form den Vertragsbruch des Gegners gegenüber den Göttern festzustellen275. Auch Livius’ Erzählung zur römischen Kriegserklärung gegenüber Veii im Jahr 427 v. Chr. weist in diese Richtung276. Obwohl Veii mit Rom nur einen Waffenstillstand geschlossen und diesen bereits vor Ablauf seiner Frist verletzt hatte und obwohl die Frist des Waffenstillstandes abgelaufen war, schickte der römische Senat dennoch fetiales zum res repetere nach Veii. Anscheinend wäre der Senat, Livius' Meinung nach, dazu nicht mehr verpflichtet gewesen, weil die Kriegsabsicht und der Vertragsbruch Veiis eindeutig waren und es nach Ablauf des Waffenstillstandes mit Veii keine vertragliche Bindung für Rom gab, die aufgelöst werden mußte277. Im fünften Kapitel wird im Zusammenhang mit dem Problem der "Natürlichen Feindschaft" zu untersuchen sein, ob Dionys' Bericht sich mit der übrigen Überlieferung sachlich verbinden läßt bzw. von ihr bestätigt wird, auch wenn z. B. Livius nicht ausdrücklich von dieser Eigenart des ius fetiale berichtet278.

273

D.H. 2,72,4f. Dieses Merkmal des Berichts des Dionys bemerkte auch Catalano, Linee 19f A.3, er verwirft diese Überlieferung allerdings; ebenso neuerdings Cursi, Struttura 88 mit Literatur in den Anmerkungen und dies. ebenda 94 – vergl. auch Cic. Verr. 2,5,49, wo das ius fetiale in die Nähe der Bewahrung der Vertragsrechte gerückt wird. Der Wert gerade dieser Überlieferung wird damit unterschätzt – zumal sie sich mit Varros Darstellungen zu den fetiales verbindet. Dionys kennt Varros Schriften und schätzt sie vor allem als Autoriät für römische Sakralaltertümer: D.H. 1,14,1; 2,47,4. 48,4; 4,62,6 (auffällig die Häufung im 2. Buch der antiquitates des Dionys). Die direkte Einsichtnahme des Dionys in die antiquitates rerum divinarum des Varro (einer unzweifelhaft einschlägigen Quelle zur römischen Religion an Ende des 1. Jh. v. Chr.) ist gesichert; vergl. Cardauns, antiquitates Bd. 1, frg. 60 (=D.H. 4,62,5) mit ders., ebenda Bd. 2, 127. Zu erinnern ist auch an die sachliche Verbundenheit der dionysischen Darstellung mit Varro bgzl. der Gutachtertätigkeit der fetiales (vergl. Seite 62ff). 274 D.H. 15,7,8 -8,13 und 3,2f. 275 Bestätigt wird diese Darstellung des Dionys auch durch die ausführliche Schilderung eines res repetere durch legati bei Liv. 3,25,5ff. 276 Liv. 4,30,14f, vergl. zur Interpretation auch Täubler, Imperium 29f. 277 Vergl. Täubler, Imperium 29f. 278 Seite 243ff.

II. Untersuchungen über die Quellen zum ius fetiale und ihre historische Auswertung

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5. Das Alter des bekannten ius fetiale und Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse Bevor die Ergebnisse in Hinblick auf die folgenden, vertiefenden Fragestellungen zusammengefaßt werden, soll das Problem erörtert werden, an welchem Zeitpunkt der römischen Verfassungsentwicklung das ius fetiale entstanden ist279. Die antiken Autoren verlegen seine Gründung mehrheitlich in die frühe Königszeit280. Ein Teil der modernen Historiker möchte die fetiales bis in die vorgeschichtliche Zeit zurückverfolgen281. Das kultische Werkzeug des Steinmessers bildet dabei den Hauptbeleg für diese Deutung. Jörg Rüpke hat darauf hingewiesen, daß Steinmesser noch in der hellenistischen Zeit übliche Opferwerkzeuge waren und daß die Verwendung des Steinmessers in der Überlieferung als spätere Erfindung der fetiales begegnet, durch welche die Verwendung des Schwertes beim Eidopfer abgeschafft wurde282. Damit entfällt die Möglichkeit, das ius fetiale aufgrund des rituellen Opferwerkzeuges der fetiales in die vorgeschichtliche Zeit zurückzuverlegen. Das Steinmesser könnte auch noch in hellenistischer Zeit als rituelles Werkzeug der fetiales bestimmt worden sein283. Gegen die frühe Datierung des uns bekannten ius fetiale spricht ferner, daß die bekannten Formeln der fetiales voraussetzen, daß sich Rom als einheitliches Gemeinwesen bereits formiert hatte284. Dies führt aufgrund der archäologischen Befunde zu einem terminus post quem, der frühestens in der

279

Rüpke, Domi 98ff. 115ff versucht, den fetiales ihr Recht zur Vertragsbeeidung erst im 3. Jh. v. Chr. zuwachsen zu lassen. Dies erscheint angesichts der gegenteiligen Überlieferung als unhaltbar (Liv. 1,24,6ff). Grundsätzlich richtig gesehen hat Rüpke, daß das ius fetiale nicht bis zur präurbanen Zeit Roms zurückverfolgt werden kann. Wichtig ist, daß er die Möglichkeit der historischen Entwicklung des ius fetiale herausgestellt hat – vergl. zuvor bereits die entwicklungsgeschichtlichen Überlegungen bei Täubler, Imperium 330ff. insbes. 334f. 338f (seine Überlegungen führen letztlich dazu, im Eid der fetiales eine spätere Entwicklung aus dem Magistrateid zu erkennen. Täubler zieht diese Konsequenz nicht); vergl. neuerdings auch die Überlegungen bei Watson, Law 7f. 280 Vergl. Seite 18 A.52. 281 Z. B.Wissowa, Religion (2. Aufl.) 30; Samter, RE 6 (1909) 2259. 2262 s.v. fetiales; Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 75. 72f mit A.24ff mit Literatur (ders. ebenda 80 nimmt er aber an, das ius fetiale sei erst im frühen 5. Jh. v. Chr. gänzlich ausgebildet gewesen); Ziegler, Völkerrechtsgeschichte 45. 282 Rüpke, Domi 112ff, wichtiger Hinweis auf Serv. Aen. 8,641, der aber die chronologische Bestimmung der Verbindung der fetiales mit dem Vertragseid im 3. Jh. v. Chr. nicht beweist. Gegen die Deutung des silex als Relikt der Steinzeit bereits Täubler, Imperium 350. 283 So z. B. bei einem karthagischen Vertragseid: Liv. 21,45,8; vergl. Rüpke, Domi 112ff insbes. 114. 284 Liv. 1,24,4ff. 32,6ff; D.H. 2,72,6ff; Cincius, de re militari 3, frg. 12 Huschke (= Gell. n.a. 16,4,1); vergl. Rüpke, Domi 98.

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5. Das Alter des bekannten ius fetiale und Zusammenfassung

Zeit des 7./6. Jh. v. Chr. liegt285. In dieselbe Zeit führen auch die kultischen Werkzeuge der fetiales. Die sagmina/verbenae waren wie der caduceus ein Stabattribut, das die Gesandten als unverletzlich erkennbar machen und sie auf diese Weise schützen sollte (ius legationis). Jeder Gesandte bekam die sagmina/verbenae und die silices verliehen, wenn er zum Vertragsschluß entsendet wurde (Liv. 30,43,9), worin man den Insigniencharakter dieser Gegenstände erfassen kann (auch Plin. n. h. 22,4f). Bei der res repetere-Gesandtschaft gab es einen speziellen Träger der sagmina/verbenae, den verbenarius286. Die Zeremonien bei der Weihung des pater patratus (Liv. 1,24,6) zeigen, daß die sagmina/verbenae über die Insignienfunktion hinaus auch ein rituelles Werkzeug waren. Die sagmina/verbenae wurden mit der Muttererde auf dem Kapitol ausgegraben (Plin. n.h. 22,4f). Bei Kapitulationen wurden in früher Zeit sagmina/verbenae symbolisch übergeben. Die sagmina/verbenae waren also ein Symbol für die Gemeinde287. So wird auch die Zeremonie bei der Weihung des pater patratus verständlich, der als "gemachter Vater der Gemeinde" den Eid für die Gemeinde und bei den Heimatgöttern schwört288. Die moderne Diskussion konzentrierte sich auf die alternative Befürwortung oder Ablehnung bestimmter antiker Zeugnisse zur Bedeutung der sagmina/verbenae. Dazu besteht keine Veranlassung, denn bereits beim Lanzenwurf konnte man sehen, daß die religiöse Bedeutung einer Zeremonie vielschichtig sein kann.

Die fetiales nahmen die sagmina/verbenae, silices und vasa vom Kapitol (bzw. der arx)289. Die Werkzeuge waren Eigentum der römischen Gemeinde, und sie versinnbildlichen die Gemeinde290. Das Kapitol wurde erst in der Zeit des ausgehenden 285

Vergl. z. B. H.H. Scullard, The Etruscan Cities and Rome (London 1967) 243ff; Ampolo, in: Palast und Hütte, hsgg. D. Papenfuß u. a. (1982) 319ff; auch Rüpke, Domi 111 A.69. 114f.

286

Plin. n.h. 22,4f; Varro, de vita populi Romani 2, frg. 76 Riposati (= Nonius 848L [528M]). Muttererde und Pflanze vom heiligsten Platz Roms, in dem gleichzeitig die Heimatgötter wohnten bzw. wirkten, bei denen man z. B. beim Vertragseid und den Eiden bei der res repetereGesandtschaft schwor. 288 Diese Deutung zuerst angedeutet bei J.S. Reid, Human Sacrifices and other Notes on Roman Religion, JRS 2, 1912, 47ff insbes. 48 (34-52). 289 Vergl. Liv 1,24,4ff; 30,43,9. 290 Literatur zur Bedeutung der sagmina/verbenae: Samter, RE 6 (1909) 2261 s.v. fetiales (verbena = Insignie); Wissowa, Religion (2. Aufl.) 551 (Schutzzeichen für die Gesandten); J.S. Reid, Human Sacrifices and other Notes on Roman Religion, JRS 2, 1912, 47ff insbes. 48 (34-52) (Symbol für die Gemeinde); Täubler, Imperium 130ff. 348ff (in der Erde sitzen die Eid- und Rachegötter); Ogilvie, Commentary 111 (lehnt Vergleich mit caduceus ab); Latte, Religionsgeschichte 121 A.2. 386 (Schutzzeichen der Gesandten); Dahlheim, Struktur 172 (durch verbena wird göttliche Ernennung bewirkt); Rich, Declaring 127 A. 38 (Schutzzeichen für die fetiales); Wiedemann, CQ 80, 1986, 484f (Schwur bei römischer Erde wird mit sagmina/verbenae ermög287

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Königtums zum religiösen Zentrum Roms291. Die rituelle Verwendung vor allem der sagmina/verbenae setzt aber voraus, daß sie als Gegenstände vom religiösen Zentrum Roms die Stadt in besonderem Maße repräsentierten. Die spärlichen Indizien führen zur Datierung des uns bekannten ius fetiale frühestens an die Wende vom 6. zum 5. Jh. v.Chr292. Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß es auch in der präurbanen Zeit Institutionen gab, die, ähnlich wie die fetiales, mit völkerrechtlichen Zeremonien des "Bundes der römisch/latinisch/sabinischen Siedlungen bzw. Häuptlinge" betraut waren. Nur erfassen wir ihre Riten und Rechte nicht mit der auf uns gekommenen Überlieferung zum ius fetiale. Während der frühen römischen Republik waren die fetiales aktiv an der förmlichen Kriegserklärung beteiligt. Als spezialisierte Teilnehmer der wiederholten res repetere-Gesandtschaften waren sie für die notwendigen Schwurakte bei diesen Gesandtschaften zuständig. Die politischen Verhandlungen fielen in die Kompetenz säkularer legati. Es ist wahrscheinlich, daß diese Kompetenztrennung erst später erfolgte und ursprünglich die religiösen Handlungen von den politischen Verhandlungen wesensmäßig nicht unterschieden waren. Die völkerrechtliche Kriegserklärung schlossen die fetiales mit der Anrufung der Götter zu Zeugen des Unrechts der Gegner ab (= testatio deorum), und sie kündigten gleichzeitig Beratungen Roms über den Krieg an. Das Ziel der testatio deorum war es, den Kriegszug als berechtigt gegenüber den Göttern festzustellen, deren positives Urteil (sichtbar schon vor Aufnahme der Feindseligkeiten bei den Opfern vor Beginn des Krieges) durch die iusta causa belli und die Einhaltung der religiösen Förmlichkeiten gesichert wurde. Es scheint, daß sich die Zeremonien der förmlichen Kriegserklärung und auch alle anderen Tätigkeitsbereiche der fetiales nur auf Vertragspartner Roms bezogen. Diese Eigenart des ius fetiale wird später weiterverfolgt werden293. Die Beteiligung der fetiales an der völkerrechtlichen Kriegserklärung endete im Verlauf des 3. Jh. v. Chr. Seitdem waren allein die legati dafür zuständig. Sie übernahmen gleichzeitig die Gesandtschaftsinsignien der fetiales, ohne daß diese Insignien den fetiales je ganz verloren gingen.

licht); Rüpke, Domi 101f (Schutz und Legitimation für die Gesandten). 291 Vergl. z. B. H.H. Scullard, The Etruscan Cities and Rome (London 1967) 251ff. 292 Zur umstrittenen Datierung dieser Phase der römischen Geschichte vergl. z. B. Kienast, BJ 175, 1975, 85 A.7. 293 Seite 243ff.

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5. Das Alter des bekannten ius fetiale und Zusammenfassung

Der Lanzenwurf gehörte nicht in einen zeremoniellen Zusammenhang mit der völkerrechtlich erheblichen Kriegserklärung, die in der frühen römischen Republik offenbar auf Beschluß des Senates noch vor dem Kriegsbeschluß der Komitien erfolgte294. Vielmehr eröffneten die fetiales mit dem Lanzenwurf zeremoniell die Kriegshandlungen gegenüber dem Feind, nachdem auch die römische Gemeinde für den Krieg gestimmt hatte. Diese Handlung war Teil der religiösen éêçéçäÉîãá~ zur Markierung des Kriegsschauplatzes und ursprünglich fiel die Zeremonie in die Kompetenz des Feldherrn; erst später (der Zeitpunkt bleibt ungewiß) wurde sie an die fetiales übertragen, wie sie auch das Recht zum für Rom sofort und dauernd verbindlichen Vertragseid erst später erhielten. In der Zeit des Tarentinischen Krieges wurde die Lanzenwurf-Zeremonie nach Rom an den Bellonatempel verlegt, weil Pyrrhus’ Königreich Epiros keine gemeinsame Grenze mit Rom hatte, wie es für die Handlung des Lanzenwurfes ursprünglich notwendig war. Seit dieser Zeit wurde die Lanze auch gegenüber anderen Kriegsgegnern über eine Säule (= Sinnbild des Grenzsteins) in künstlich geschaffenes Feindesland vor dem Bellonatempel geworfen295. Die Verlegung des Lanzenwurfes nach Rom war politisch und religiös unbedenklich, weil er nie völkerrechtliche Bedeutung hatte. Während der frühen römischen Republik waren religiöse und politische Entscheidungen und Handlungen auch im außenpolitischen Bereich noch nicht getrennt. Religiöse Entscheidungen waren zugleich auch politische Entscheidungen. Die ursprünglich auch politisch bedeutsamen Entscheidungs- und Handlungsrechte verloren die fetiales wohl im Verlauf der Ständekämpfe an den Senat296. Reste ihrer Entscheidungstätigkeit blieben in ihrer Gutachtertätigkeit bei zeremoniellen Fragen erhalten. Von ihren Tätigkeiten blieben vor allem die zeremoniellen Handlungen übrig, die sie jetzt auf Beschluß des Senats und veranlaßt durch den Magistrat (Vertragseid) ausführten. Da ihrem Kollegium jedes Initiativrecht fehlte, konnten die fetiales auch keine politische Kontrolle ausüben.

294

Diese zunächst nur aus der quellen- und sachkritischen Untersuchung der Überlieferung zu den fetiales gewonnene Interpretation wird später weiterverfolgt werden, um zu genaueren Vorstellungen vom Inhalt der lex de bello indicendo zu kommen; s. das dritte Kapitel Seite 75ff. 295 Ov. fast. 6,205ff prospicit a templo summum brevis area Circum/ est ibi non parvae parva columa notae:/ hinc solet hasta manu belli praenuntia mitti/ in regem et gentes cum placeret arma capi. 296 Zur „Entsakralisierung der politischen Macht“ im Verlauf der Ständekämpfe vergl. auch die Überlegungen bei Heuß, ZRG 64, 1944, 128ff.

II. Untersuchungen über die Quellen zum ius fetiale und ihre historische Auswertung

73

Allein die fetiales leisteten während der gesamten Republik einen bestimmten Vertragseid, der die römische Gemeinde unmittelbar und auf Dauer band. Noch in der Zeit Varros gehörte diese Tätigkeit der fetiales zur erlebbaren Wirklichkeit Roms. Foedera wurden aber nicht nur von fetiales beeidet. Neben ihren besonders heiligen Eidformeln und Zeremonien der fetiales gab es zahlreiche andere, von der Mitwirkung der fetiales unabhängige Möglichkeiten der zeremoniellen Eidleistung. Auch solche Verträge hatten die Dignität "förmlicher foedera". Die verschiedenen Eide banden die römische Gemeinde gegenüber den Göttern auf unterschiedliche Weise: Die Unterschiede betrafen vor allem die jeweils zuständigen Eidgötter und die Art, in der die Bindung für Rom eidlich festgestellt wurde. Der Exsekrationseid konnte die römische Gemeinde direkt oder durch die Stellvertretung der fides des beeidenden Magistraten und der übrigen Schwurzeugen binden. Letzteres ließ Rom gewisse Zeit die Möglichkeit zur Vertragslösung mit Hilfe der deditio noxae des eidleistenden Magistraten durch die fetiales297. Die Lösungsmöglichkeit betraf die zwischenzeitliche religiöse und damit zugleich völkerrechtliche Gültigkeit des Vertrages nicht298, denn ohne die Empfindung einer vorhandene religiösen und rechtlichen Bindung Roms hätte es der deditio noxae nicht bedurft299. Aus der quellenund sachkritischen Untersuchung des livianischen Berichts wurden präzisere Vorstellungen zum foedus-Begriff gewonnen.

297

Vergl. Lisowski, RE Suppl. 7 (1940) 605; Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 79; Michel, Latomus 39, 1980, 675ff; Nörr, Aspekte 72ff; Kostial, Rom 47f. 298 Z. B. Heuß, Klio 27, 1934, 39ff insbes. 44; Dahlheim, Struktur 177 A.22 "Die rechtlichreligiöse Bindung des Volkes an den Vertrag ist also beim Fetialen und Feldherreneid die gleiche." 299 Anders Watson, Law 36f und 39ff. M. E. zeigt aber gerade die Beteiligung der fetiales an der deditio noxae, daß es nicht das Unrecht der Einzelperson, sondern der religiös bedenkliche Meineid eines offiziellen Vertreters der römischen Gemeinde war, der die spezielle religiöse Sühneleistung der deditio noxae erforderte (vergl. insbes. die Formelworte bei der deditio noxae bei Liv. 9,10,9 zur Lösung einer sponsio (im engeren Sinne lediglich ein Vertragsversprechen) und Varro, de vita populi romani 2, frg. 63 Riposati (= Nonius 485L) dort auch deditio noxae für foedera (!) "sine publice consilio " vorausgesetzt – vergl. auch Plut. Tib. Grac. 7 mit Liv. 9,8). Solange die zu deditio noxae vorgesehenen Personen im Amt waren, war ihre Auslieferung nicht zulässig (vergl. App. Gall. 4,3; Liv. 9,9,1) – wohl, weil der römische Staat damit das Unrecht auf sich genommen hätte.

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III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung während der Römischen Republik bis zum Beginn des Prinzipats 1. Einleitung 1.1 Begrifflichkeit und Fragestellung Dieter Nörr erfaßt den Stand der Erforschung der staats- bzw. verfassungsrechtlichen Voraussetzungen300 der römischen Außenpolitik zutreffend, wenn er bemerkt: "Doch müssen wir an dieser Stelle die noch ungelösten Probleme der Kompetenzabgrenzungen und -überschneidungen von Magistrat, Senat und Volk im außenpolitischen Bereich ebenso beiseite lassen, wie die ihnen zugrundeliegenden Prämissen über die Anwendbarkeit des (modernen) Kompetenzbegriffes im römischen Verfassungsleben. Das derzeitige Bild ist eher verwirrend."301 Dies trifft vor allem 300

Die im folgenden verwendeten Begriffe "Staatsrecht", "Verfassungsrecht" u. ä. könnten durch modernes (Vor-)Verständnis zu Irritationen führen. Deshalb einige kurze Bemerkungen [vergl. auch die Überlegungen bei O. Behrends, Der römische Gesetzesbegriff und das Prinzip der Gewaltenteilung, in: Zwischen römischen und neuzeitlichen Gesetzesbegriff, hsgg. C. Link u. a. (Göttingen 1987) 34ff. 67ff (34-122)]: Natürlich hat es keine römische Verfassungsurkunde gegeben. Diese Form der verfassungsmäßigen Organisation eines Staates mit einem "Grundgesetz" ist eine verhältnismäßig junge Erscheinung, die sich während der frühen Neuzeit im Verlauf der politischen Auseinandersetzung zunächst der Stände, dann des emanzipierten Bürgertums gegen den Fürstenstaat entwickelte. Die Zeitgenossen der späten Republik dagegen empfanden die römische res publica als das Ergebnis einer langen historischen Entwicklung, an der viele Gesetzesgeber mitgewirkt haben (vergl. z. B. M. Porcius Cato Maior in Ciceros de re publica [Cic. rep. 2,1,1ff]). Historisch gewachsene Verfassungszustände (durch Herkommen und auch durch eine Vielzahl verschieden alter leges fundamentales) sind in Europa bis zum Ende der frühen Neuzeit die gängigste Form der staatlichen Organisation eines Herrschaftsgebietes (bzw. Personenverbandes). Unter Verfassung versteht man im Rechtssinn bezogen auf die römischen Verhältnisse die Summe der geschriebenen und ungeschriebenen grundlegenden Rechtssätze über die Organisation und Funktionsweise der Staatsgewalt (Formulierung in enger Anlehnung an Brockhaus, Enzyklopädie 23 (20. Aufl. 1994) 191). Im soziologischen und politischen Sinn erweitert man dieses von Verfassungsurkunden unabhängige Verfassungsverständnis um den Aspekt der "tatsächlichen Machtverhältnisse, Kräftegruppierungen und Wirkungszusammenhänge in einem Staat" (Brockhaus, Enzyklopädie 23 (20. Aufl. 1994) 192). Damit wird auch der Aspekt der im Verlauf historischer Entwicklung wandelbaren Anwendung und Interpretation (im politischen Alltag und auch in der literarischen Überlieferung) der überkommenen "Verfassungsregeln" erfaßt. Die soziologische und politische Fragestellung bewahrt vor rechtsdogmaticher Vereinfachung, die den sich historisch entwickelnden römischen Verfassungszuständen nicht gerecht würde. 301 Nörr, Aspekte 59. Der von Nörr angesprochene Problematik bzgl. der Verwendbarkeit des Kompetenzbegriffes zur Beschreibung römischer Verhältnisse wird man wohl am ehesten gerecht, wenn die Möglichkeit des politisch, historisch oder verfassungsrechtlich bestehenden Kompetenz-

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1. Einleitung

für die modernen Interpretationen zu, die den Fragen nachgehen, seit wann und in welcher Weise das römische Volk an der Kriegseinleitung beteiligt war302. Eine wesentliche Ursache der Verwirrung ist die ungenaue Verwendung „ ... technischer Begriffe des Völkerrechts ... “, die letztlich auf die unpräzise Terminologie der Quellen zurückgeht. Außerdem behandeln die Deutungsversuche zum römischen Völkerrecht traditionell vor allem völkerrechtliche und außenpolitische Fragestellungen, so daß die staatsrechtlichen Voraussetzungen der völkerrechtlichen Handlungen oft aus der Betrachtung ausgeklammert werden303 oder zumindest nicht vorrangiges Interesse wecken304. Während der Analyse der literarischen Quellen zum ius fetiale wurde bereits deutlich, daß die Quellen "rechtliche Begriffe" ungenau gebrauchen. Diese Tendenz der Überlieferung setzt sich in der Terminologie der modernen Untersuchungen fort und behindert so rechtliche Differenzierung und genaue Fragestellungen auch bei konfliktes in die Überlegungen miteinbezogen wird: 1) Zeitgenössische politische Interpretation der bestehenden Verfassungsregeln. 2) Gleichzeitiges Bestehen ungleichzeitiger Verfassungsregeln. 3) "Weiße Flecken", die durch die bestehenden Verfassungsregeln nicht abgedeckt werden. Auf einer anderen Ebene der Quellenkritik ist außerdem die Tatsache tendenzieller Vermittlung rechtlicher Regeln durch die literarische Tradition (Annalisten) als Deutungsmöglichkeit mit in die Überlegungen miteinzubeziehen (zur Tendenz z. B. des Annalisten Licinius Macer vergl. z. B. Ogilvie, Commentary 11 mit Sall. hist. frg. 5). 302 Die Literatur zur lex de bello indicendo vergl. Seite 78ff. Häufig wurde diese Problematik des römischen Völkerrechts mit z.T. widersprüchlichen Ergebnissen im Teilbereich des Vertragsabschlusses bzw. der -ratifizierung (vergl. Nörr, Aspekte 59f mit Literatur in A.56 und insbes. Täubler, Imperium 113. 120; Heuß, Klio 27, 1934, 39ff. insbes. 41ff A.) behandelt. Ein Ausgangspunkt der modernen Diskussion ist die bei Livius begegnende Kontroverse über die völkerrechtliche Verbindlichkeit der pax Caudina und deren foedus-Qualität (z. B. Kniep, Commentarius tertius 93ff; Schmitt, StVA 3, Nr. 416 [27ff]; Nörr, Aspekte 74. 76ff). Diese Kontroverse ist wiederum ein wichtiger Ausgangspunkt für die Frage gewesen, wie die völkerrechtlichen Instrumentarien und Prinzipien der römischen Außenpolitik politisch (völkerrechtlich) zu bewerten seien (zur Imperialismusdiskussion vergl. die auf Seite 1 A.2 genannte Literatur.). 303 Z. B. St. Brassloff, Der römische Staat in seinen internationalen Beziehungen (Wien u. a. 1928) 12 (einzige Stelle, an der er sich mit dieser Problematik befaßt); Heuß, Klio 27, 1934, 16f (dennoch ist es nicht zu übersehen, daß viele der von Heuß behandelten Fragen die Problematik berühren, obwohl sie ihm zufolge "in diesen Zusammenhang gar nicht gehört". Heuß’ pointierte Stellungnahme ist wohl vorrangig als Reaktion auf Täublers komplizierten und überkonstruierten Deutungsversuch [Täubler, Imperium 99ff] zu verstehen, der dem innerrömischen Beschlußverfahren große Bedeutung innerhalb seiner Interpretation zur Einteilung römischer Verträge beimaß). 304 So wird dieses Problem in den neueren Untersuchungen von Dahlheim, Struktur passim; Cimma, Reges passim; Gruen, World passim; Sherwin-White, Policy passim kaum noch behandelt (dies wird man als späte Auswirkung der Position von Heuß werten dürfen, von dessen Arbeiten diese Beiträge direkt oder indirekt beeinflußt sind). Natürlich ist die speziell staatsrechtliche Fragestellung der Forschung nicht neu, und vor allem im Bereich der Vertragsratifizierung hat man sich in der älteren Literatur (vergl. z. B. Mommsen, Staatsrecht 3, 1170ff; Täubler, Imperium 99ff passim) eingehend mit ihr befaßt. Daß das Problem auch heute nicht gänzlich übersehen wird, zeigen z. B. Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 91f und Nörr, Aspekte 59f mit Literatur.

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

77

der im folgenden zu behandelnden Problematik. Der Begriff "Kriegserklärung" wird häufig nicht in seiner genauen Bedeutung verwendet305. "Kriegserklärung" und verwandte Wortverbindungen meinen etwas anderes als "Kriegseröffnung" bzw. "Krieg eröffnen". "Kriegserklärung" bzw. "Krieg erklären" sind verhältnismäßig junge deutsche Lehnübersetzungen des französischen "déclaration de guerre"306. Die "Kriegserklärung" meint ursprünglich und in der Praxis des gegenwärtigen Völkerrechts "die den Feindseligkeiten zwischen Staaten vorausgehende unzweideutige Benachrichtigung über den Beginn des Kriegszustandes, auch als bedingte Erklärung in Form eines befristeten Ultimatums"307. Seit dem 3. Haager Abkommen vom 18. Oktober 1907 ist auch die Mitteilung der Kriegsabsicht an neutrale Staaten vorgesehen308. Die "Kriegserklärung" ist also eine von der "Kriegseröffnung" geschiedene Handlung. Letztere bezeichnet den erstmaligen offenen Vollzug der mi305

Z. B. identifizieren die Interpreten den Volksbeschluß über den Krieg zu Unrecht, wie sich zeigen wird, mit einem Beschluß über die förmliche Kriegserklärung (wobei der Lanzenwurf der fetiales ausdrücklich oder implizit als Abschluß der völkerrechtlichen Kriegserklärung gedeutet wird): Lange, Altertümer 2 (3. Aufl.) 431 ("Rücksichtlich der auswärtigen Angelegenheiten war das älteste Recht des Senates ohne Zweifel das der Mitwirkung bei dem Beschlusse einer Kriegserklärung, das materiell weit wichtiger war als das entsprechende Recht des Volkes zu einer Bestätigung derartiger Senatusconsulta"); Heuß, Grundlagen 109 A.; Walbank, JRS 31, 1941, 88 A.50 ("For it still remained true that a major war could not be declared until it had been authorised by the people"); Oost, AJPh 75, 1954, 146. 151f; Hampl, HZ 184, 1957, 257 [= Staatsdenken, hsg. R. Klein (1966) 126]; Longo, NDDI 9 (1963) 628. In neuerer Zeit z. B. Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 102ff; Schwarte, Historia 20, 1971, 370; Bleicken, Lex 108f; Schleussner, Legaten 27f A.64; Millar, JRS 74, 1984, 4 ("The declaration of war and the making of peace treaties both depended on the vote of the people"); Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 408 mit A.47 ("In der älteren Zeit hatte die Kriegserklärung auch in der Sache bei den Zenturiatskomitien gelegen"); Rüpke, Domi 123, Oakley, Commentary 2, 313. Ein anschauliches Beispiel für die begriffliche Verwirrung bietet auch Noethlichs, JbAC 34, 1991, 189 in seiner Rezension zu Rüpke, Domi: „ ... Dieser (sic. der Speerwurf des fetialis) bedeutet Kriegseröffnung, nicht Kriegserklärung, die (theoretisch) nur nach Volksentscheid möglich war ... “; Kunkel, Staatsordnung 384 „ ... Der Anteil der Bürgergemeinde an der römischen Außenpolitik bestand nach alter Tradition in der Abstimmung über Kriegserklärung, Friedensverträge und förmliche Bündnisse. ... “ Von "Beschlüssen der Kriegseröffnung" spricht Siber, Verfassungsrecht 70. 306 J. und W. Grimm, Deutsches Wörterbuch 11 (1873, ND 1984) 2265f. 307 Brockhaus, Enzyklopädie 12 (20. Aufl. 1990) 500; vergl. auch Meyers Enzyklopädisches Lexikon 14 (1975) 356; Mosler, Wörterbuch 2, hsg. H.J. Schlochauer (1961) 327ff s.v. Kriegsbeginn und ausführlich: H.J. Wolff, Kriegserklärung und Kriegszustand nach klassischem Völkerrecht mit einem Beitrag zu den Gründen für eine Gleichbehandlung Kriegführender (Bonn 1989) insbes. 21ff (mit Literatur). 308 Convention relative à l'ouverture des hostilités Art. 2. Art. 1 sieht die ultimative, bedingte oder die mit Gründen versehene Kriegserklärung gegenüber dem Kriegsgegner vor. Seit dem BriandKellogg-Pakt vom 27. August 1928 (vergl. Wehberg, Wörterbuch 1, hsg. H.J. Schlochauer (1960) 249f) ist der Krieg als Mittel der Lösung zwischenstaatlicher Streitfälle geächtet, so daß die Ausführung der Kriegserklärung in der Theorie des Völkerrechts überflüssig wurde und als Indiz der völkerrechtlichen Aggression gedeutet werden konnte [Hinweis bei: Wilke, Leitsätze 105]. Die politischen Verhältnisse entwickelten sich nach 1928 allerdings am Grundgedanken des BriandKellogg-Pakts vorbei.

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1. Einleitung

litärischen bzw. feindlichen Handlungen. Die "Kriegserklärung" geht der "Kriegseröffnung" zeitlich voraus309. Die Trennung der "Kriegserklärung" von der "Kriegseröffnung" half bereits, den unterschiedlichen rechtlichen und zeremoniellen Gehalt der von Livius geschilderten bellicae caerimoniae zu begreifen. Es wurde festgestellt, daß Livius nicht die aufeinanderfolgenden Phasen einer Kriegserklärung beschreibt, sondern daß er die Zeremonien einerseits der völkerrechtlich erheblichen Kriegserklärung (letztes res repetere) und andererseits der darauf folgenden förmlichen Kriegseröffnung (Lanzenwurf) schildert, die während der frühen Republik von den fetiales vorgenommen wurden.

1.2 Forschungsüberblick Die heute gängigen Antworten auf die Frage, aufgrund welcher staatsrechtlichen Regeln das Volk, der Senat und die Magistrate bei der förmlichen Kriegseinleitung zusammenwirkten, gehen mittel- oder unmittelbar auf die Interpretationsversuche vom Ende des 19. Jh. zurück. In besonderem Maße wirken bis heute die Deutungen Ludwig Langes, Theodor Mommsens, Otto Karlowas, Ernst Herzogs und George Willis Botsfords fort. Für die von Dieter Nörr bemängelte Verwirrung310 sind neben der bereits erwähnten begrifflichen Ungenauigkeit auch die argumentativen Unschärfen und Widersprüchlichkeiten innerhalb der einzelnen Deutungsversuche und zwischen den einzelnen Erklärungsmodellen verantwortlich. Lange meint, der iussus populi zur Kriegserklärung sei seit ältester Zeit nur für die Erklärung von Angriffskriegen notwendig gewesen311, und er sei nach dem notwendig vorangegangenen Senatsbeschluß erfolgt312. In der frühesten Zeit sei der iussus populi in den Kuriats-, seit der Zeit des Servius Tullius in den Zenturiatskomitien vorgenommen worden313. Wenn die Schriftsteller gelegentlich nur den Se309

Tatsächlich hielten und halten sich die Vertragspartner der Haager Konvention selten an ihre Verpflichtung – wohl vor allem, weil jeder Staat bemüht ist, seine jeweilige Kriegseröffnung als Selbstverteidigung darzustellen; vergl. Brockhaus, Enzyklopädie 12 (1990) 500; Meyers Enzyklopädisches Lexikon 14 (1975) 356 und ausführlicher Mosler, Wörterbuch 2 (1961) 328f s.v. Kriegsbeginn. Über die Vorgeschichte und das Zustandekommen der Haager Konventionen handelt ausführlich: J. Dülffer, Regeln gegen den Krieg? Die Haager Friedenskonferenzen von 1899 und 1907 in der internationalen Politik (1981) 273ff passim. 310 Nörr, Aspekte 59. 311 Lange, Altertümer 2 (3. Aufl.) 599ff. 312 Lange, Altertümer 2 (3. Aufl.) 431. 313 Lange, Altertümer 2 (3. Aufl.) 599.

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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natsbeschluß erwähnten, dann erkläre dies vor allem dessen herausragende politische Bedeutung, die z. B. Livius veranlassen konnte, die nur bestätigenden Volksbeschlüsse in seiner Darstellung zu übergehen314. Auch nach Mommsens Ansicht ist der iussus populi seit ältester Zeit für die Ausführung der Kriegserklärung notwendig315. Dies entnimmt Mommsen vor allem den Formelworten des fetialis beim Lanzenwurf316. Der übliche Ort des Beschlusses seien "von jeher" die Zenturiatskomitien gewesen317. Dies habe nicht verhindert, daß nach 287 v. Chr. gelegentlich auch in den Tribuskomitien über die lex de bello indicendo abgestimmt worden sei318. Mommsen legt den Beschluß der Komitien über die Kriegserklärung zeitlich vor die res repetere-Gesandtschaften, so daß er alle Phasen der Kriegserklärung von der Zustimmung des Senates und des Volkes abhängig sein läßt319. Die Senatsverhandlungen nach der letzten ultimativen res repetere-Gesandtschaft interpretiert er als Erteilung der patrum auctoritas320.. Er meint weiterhin, ein Beschluß des Volkes sei nur für solche Kriege notwendig gewesen, in denen Rom Vertragspartnern den Krieg erklärte321. Einschränkend stellt er fest, "sollte er (sc. der Feldherr) in den Fall kommen in Ausführung des ihm gewordenen Auftrags gegen eine verbündete Gemeinde mit den Waffen vorzugehen, so bedarf er der comitalen Kriegserklärung nicht"322. Kriege gegen offensichtliche Feinde, gegen Gemeinden, mit denen Rom ein Waffenstillstandsverhältnis besaß, oder gegen mit Rom vertraglich nicht verbundene Gemeinwesen bedurften, wenn man Mommsen folgt, keines vorherigen Komitienbeschlusses, weil solche Kriege auf der Grundlage des militärischen imperium des Magistrates geführt werden konnten323. So erklärt Mommsen z. B. die bemerkenswerte Tatsache, daß die römischen Konsuln während der ersten Hälfte des 2. Jh. v. Chr. die Kriege im nördlichen

314

Lange, Altertümer 2 (3. Aufl.) 431. 601f. Mommsen, Forschungen 1, 246; Mommsen, Staatsrecht 2 (3. Aufl.) 689 A.2; 3, 342 A.2. Daß Mommsen den Kriegsbeschluß der Komitien als uraltes Recht des römischen Volkes ansah, geht z. B. aus ders., Staatsrecht 3, 342 A.1 hervor. 316 Mommsen, Staatsrecht 3, 342 A.2. 317 Mommsen, Staatsrecht 3, 343. 318 Mommsen, Staatsrecht 3, 343. Dieser Aspekt der Fortentwicklung der lex de bello indicendo wird auch neuerdings wieder hervorgehoben: Paananen, Athenaeum 78, 1990, 180ff mit Literatur. 319 Mommsen, Forschungen 1, 246; ders., Staatsrecht 2 (3. Aufl.) 675 A.1 und ders., Staatsrecht 3, 387 A.3. 320 Mommsen, Staatsrecht 2 (3. Aufl.) 675 A.1. 321 Mommsen, Staatsrecht 3, 341f. 342 A.2. 591 A. 322 Mommsen, Staatsrecht 3, 1248 mit Hinweis lediglich auf Sall. Cat. 29,2f. 323 Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 55. 99f. 121; 3, 1248. 315

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1. Einleitung

Italien ohne Beschluß des römischen Volkes führten324. Einen Volksbeschluß hält er auch dann für möglich, wenn der Vertragspartner selbst den Krieg von sich aus eröffnete bzw. erklärte325. Mit dieser Deutung entfernt er sich von Langes Theorie, nur Angriffskriege seien beschlossen worden, und gerät in Widerspruch zu seiner eigenen Deutung. Denn falls der Komitienbeschluß über die lex de bello indicendo auch erfolgte, nachdem ein Vertragspartner Rom den Krieg förmlich erklärt hatte, kann der folgende Beschluß wohl kaum etwas mit der Veranlassung der in diesem Fall völkerrechtlich und politisch sinnlosen römischen Kriegserklärung zu tun gehabt haben. Auch andere Punkte in der Deutung Mommsens sind zu bezweifeln, denn es leuchtet auf der Grundlage der Überlieferung weder ein, daß der Komitienbeschluß vor den res repetere-Gesandtschaften erfolgte, noch, daß er die unerläßliche Voraussetzung für solche Gesandtschaften war326. Die einzelnen Aspekte der im Vergleich zu Langes Interpretation ungleich differenzierteren Deutung Mommsens wurden in den auf ihn folgenden Untersuchungen nicht alle gleichermaßen wiedergegeben bzw. weiterverfolgt. Seine Theorie vom Komitienbeschluß nur gegen Vertragspartner Roms verlor nach Alfred Heuß’ Untersuchung „Die völkerrechtlichen Grundlagen der römischen Außenpolitik in republikanischer Zeit“ an Überzeugungskraft327. Herzog, Willems, Karlowa, Botsford und die ihnen folgenden Darsteller des römischen Staatsrechts blieben mehr der Interpretation Langes verbunden. Auch sie meinen, daß die Komitien von Anfang an über die Kriegserklärung nur bei Angriffskriegen abstimmten328. Ergänzend fügen sie hinzu, daß die Kriegsführung (also auch die Erweiterung des Kriegsgebietes) nach dem Beschluß des Volkes allein

324

Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 55. 99f. Mommsen, Staatsrecht 3, 342f ohne einen Beleg für seine Vermutung (ein solcher Beleg ist m. E. Liv. 9,42,8–43,2). 326 Vergl. die Aüsführungen auf den Seiten 18-51. 327 Heuß, Grundlagen 1ff (seiner Ablehnung der Existenz einer "Natürlichen Feindschaft" wird heute allgemein zugestimmt z. B. DeMartino, Storia 1 (1. Aufl.) 355 mit A.31 (gegen die Theorie, Kriegserklärungen seien nur gegen Vertragspartner notwendig gewesen); Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 68f A.1f mit Literatur; Hantos, Bundesgenossensystem 85f A.11; Ilari, Guerra 40 mit A.6; Plescia, BIDR 31/32, 1989/1990, 500ff; Plescia, RIDA 3. Ser. 41, 1994, 321ff; Kaser, Ius gentium 26 A.87); vergl. zum Problem des amicitia-Vertrages und der "Natürlichen Feindschaft" ausführlich auf den Seiten 167ff. 243ff. 328 Willems, Sénate 2, 467f (beschränkt die Volksentscheide nicht nur auf Angriffskriege); Herzog, Geschichte 1, 107 mit A.6. 114ff. 944ff. 1071; Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 42. 50f. 82f. 375. 409f; Botsford, Assemblies 174f. 230ff und in neuerer Zeit z. B. Hampl, HZ 184, 1957, 258; Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 103; Kostial, Rom 49. 122 A.44 und 128.. 325

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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in der Hand des Magistraten und des Senates liege329. Willems und Karlowa lassen den Komitienschluß auf die letzte Senatsberatung folgen und sehen in ihm eine Voraussetzung für die letzte Handlung der förmlichen Kriegserklärung330. Herzog geht, wohl veranlaßt durch Mommsens Deutung, einen Schritt weiter, indem er zumindest die Promulgierung der lex de bello indicendo vor den res repetereGesandtschaften erfolgen läßt. Herzog bemüht das "konstitutive Prinzip", um die von Karlowa und Willems bevorzugte Möglichkeit auszuschließen, daß die res repetere-Gesandtschaften durch Senatsbeschluß veranlaßt wurden331. Spätere Autoren folgen, meistens ohne Erläuterungen, der Interpretation von Karlowa und Willems332. Einzelne Gesichtspunkte der am Ende des 19. Jh. entwikkelten Erklärungsmodelle wurden von der Forschung weiterverfolgt. Dabei blieb die Verbindung des Komitienbeschlusses mit der Kriegserklärung ausgesprochene oder stillschweigende Voraussetzung fast aller Deutungen333. Die kritischer werdende Einstellung gegenüber der annalistischen Überlieferung gab Anlaß zu Deutungen, die die bereits für die Königszeit überlieferte Mitwirkung 329

Dies ist auch in Mommsens Interpretation impliziert (Mommsen, Staatsrecht 3, 1248); Herzog, Geschichte 1, 115. 707f mit A.6. 945. 1071; Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 375. 330 Willems, Sénate 2, 466ff; Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 375. 331 Herzog, Geschichte 1, 115 A.1. Der Ansatzpunkt der Überlegungen von Herzog waren wohl die dies iusti (Paulus Fest. 92L; Macrob. sat. 1,16,15), deren 30-Tagefrist in Parallele zu den 30 Tagen des res repetere stehen – allerdings ist ein unmittelbarer rechtlicher Zusammenhang der dies iusti mit der Sühnefrist des res repetere nicht zu erweisen (anders aber Mommsen, Staatsrecht 3, 387 A.3; R. Düll, Triginta dies, in: Festschrift P. Koschaker 1 [Weimar 1939] 31 [27-41]). Diese Deutung erscheint als sehr fraglich, weil Rom dann schon vor dem mutmaßlichen Ausgang des res repetere das Heer zusammengerufen hätte, wozu es aber eine praktische Veranlassung erst nach dem Scheitern des res repetere gegeben hätte. 332 Ihre Anordnung der Entscheidungsabläufe hat Walbank stillschweigend als gegeben vorausgesetzt (Nachweise auf Seite 82 in A.336). Mit der Verbreitung seiner Interpretation zum gewandelten Verfahren bei der förmlichen Kriegserklärung seit dem 3. Jh. v. Chr. hat sich diese Ansicht zum Zeitpunkt des Komitienbeschlusses in der Forschung durchgesetzt [z. B. Ferrari, NDDI 7 (1961) 255 s.v. fetiales; Sumner, PACA 9, 1966, 17; Hausmaninger, Österr. Zeitschr. f. öff. Recht 11, 1961, 339; Ogilvie, Commentary 127]. 333 Aus neuerer Zeit z. B. Bleicken, Lex 108f [Kompetenz der Komitien zur Kriegserklärung]; Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 408 mit A.47; Rüpke, Domi 123. Das auffallend häufige Fehlen von leges de bello indicendo seit dem 2. Jh. v. Chr. erklären einige Historiker mit dem allmählichen Absterben dieser Kompetenz der Komitien (z. B. Mommsen, Staatsrecht 3, 345 [Komitienbeschlüsse verloren in der späten Republik an Bedeutung]; Harris, War 41 [Recht der Komitien kurze Zeit nach Polybios nicht mehr praktiziert]; Rich, Declaring 17 [erwägt ein Absterben der leges de bello indicendo nach dem 1. Mithradatischen Krieg]; Lintott, Constitution 197). Oft aber hat man fehlende Nachrichten über leges de bello indicendo mit Überlieferungslücken erklärt, z. B. Lange, Altertümer 2 (3. Aufl.) 431. 601f; für die Zeit vor dem 1. Mithradatischen Krieg erwägt auch Rich, Declaring 15 diese Möglichkeit.

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1. Einleitung

des Volkes am Beschluß der Kriegserklärung bezweifelten334. Man faßte diese als eine Errungenschaft der Republikgründung oder der Ständekämpfe auf. Der Grund dafür war vor allem die Erzählung bei Liv. 4,30,14-15, die die Beteiligung des Volkes am Kriegsbeschluß als etwas staatsrechtlich Umstrittenes erscheinen läßt335. Frank William Walbank versuchte in mehreren Untersuchungen zu zeigen, daß seit dem Ende des 3. Jh. v. Chr. der Beschluß der Komitien schon vor der ultimativen res repetere-Gesandtschaft erfolgte. Darin erkannte er eine veränderte Handhabung der überkommenen Verfassungsregeln, die auch den sich verändernden Charakter der römischen Außenpolitik beleuchte336. Die Berechtigung dieser Interpretation ist von John Rich bestritten worden337. Ein weiteres Element der Fortentwicklung erkannte Walbank darin, daß im 3. und 2. Jh. v. Chr. einige Kriege ohne Komitienbeschluß geführt wurden. Diese Kriege seien als Fortsetzung oder Folge bereits bestehender Kriege gedeutet und deshalb nicht eigens in den Komitien beschlossen worden338. Bei den älteren Deutern wurde das von Walbank beobachtete Phänomen als verfassungsmäßige Auswirkung des magistratischen imperium bzw. des völkerrechtlichen Verhältnisses der Feinde zu Rom gedeutet. Einen Versuch, den Problemen der lex de bello indicendo nachzugehen, unternahm in neuerer Zeit John Rich339. Ohne auf die oben skizzierten Kontroversen einzugehen, untersucht er die auffallend wenigen für die Zeit zwischen 237 und 88 v. Chr. überlieferten leges de bello indicendo. Seine Vorstellungen zum "war vote" entwickelt er vor allem anhand der gut überlieferten Ereignisse zwischen 219 und 167 v. Chr. Er zeigt, daß die leges de bello indicendo offensichtlich immer am An334

Botsford, Assemblies 174f. 230f; Siber, ZRG 57, 1937, 261ff. 264f; Frezza, SDHI 5, 1939, 180f [entwickelt seine Interpretation aufgrund einer Kritik an Liv. 1,32]; Siber, Verfassungsrecht 70 [mit Anspielung auf Liv. 4,30,14f]; v. Lübtow, Volk 155f; Ogilvie, Commentary 198; Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 102ff [wiederholt in ders., Archiv für Völkerrecht 1989, 52]; Flach, Gesetze 251 zu Liv. 4,30. 335 Den strittigen Punkt beschreibt Herzog, Geschichte 1, 945 zutreffend: "... ob nach einem Waffenstillstand ein Senatsbeschluß allein ohne Rogation ans Volk genügt, scheint kontrovers zu sein ..."; vergl. auch Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 286; Täubler, Imperium 29f. 336 Walbank/Mc. Donald, JRS 27, 1937, 192ff; Walbank, JRS 31, 1941, 88ff; ders., CPh 44, 1949, 15ff (= ders., Papers [1985] 101ff); ders., Commentary 1, 680f. 337 Rich, Declaring 56ff passim. Seine Deutung hat Zustimmung unter den Rezensenten gefunden. Kritisch aber: z. B. Harris, War 263; Kostial, Rom 118ff insbes. 122. 125. 128; Händl-Sagawe, Beginn 104. 338 Walbank, JRS 31, 1941, 88f A.50 und zuvor Heuß, Grundlagen 22f. 339 Rich, Declaring 6ff und Rich, in: ders. u. a. (Hsgg.), War and Society in the Roman World (London 1993) 55ff.

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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fang des Konsulatsjahres verabschiedet wurden340, und beobachtet, daß das Volk in dieser Zeit nur bei überseeischen Kriegen befragt wurde, die in Gebieten geführt wurden, in denen es vor Beschluß der Komitien noch keine Provinz gab341. Das auffallende Fehlen der leges de bello indicendo bei den norditalischen Kriegen Roms während der ersten Hälfte des 2. Jh. v. Chr. erklärt er einerseits damit, daß es in Norditalien ständige Provinzen gab; andererseits erwägt er die Möglichkeit, daß auch der Zivilisationsgrad des Gegners darüber entschied, ob das römische Volk eine lex de bello indicendo beschließen mußte342. Die letztere Vermutung ist zu Recht als Erklärungsmodell verworfen worden. Die Auseinandersetzungen um den Histrischen Krieg des C. Cassius ist eines von vielen Beispielen, die diese Interpretationsmöglichkeit ausschließen343. Die ebenfalls auffallende Tatsache, daß im 2. Jh. v. Chr. auch einzelne Kriege in Übersee nicht vom Volk beschlossen wurden, sondern nur auf Beschluß des Feldherrn oder des Senates geführt bzw. erklärt wurden, deutet Rich, ebenso wie Walbank, damit, daß der Magistrat im Felde allein oder im Zusammenwirken mit dem Senat entscheidungsbefugt gewesen sei (wobei der Senat offensichtlich nach Belieben von der Befragung des Volkes habe absehen können)344. Die wesentlichen Erkenntnisfortschritte Richs gegenüber den älteren Erklärungsmodellen sind erstens, daß die leges de bello indicendo im 2. Jh. v. Chr. nur beschlossen wurden, wenn es noch keine (ständige) Provinz im intendierten 340

Rich, Declaring 18ff (kritisch aber: Ogilvie, CR 92, 1978, 371). Im Verlauf der folgenden Interpretation zur Funktion der lex de bello indicendo soll auch gezeigt werden, daß es für den Senat Möglichkeiten gab, während eines laufenden Amtsjahres Amtsträger zu neuen Kriegsherden zu schicken – nur geschah dies nicht mit Hilfe einer lex de bello indicendo. Die innenpolitischen Schlußfolgerungen Richs bzgl. des Zeitpunktes der lex de bello indicendo überzeugen deshalb nicht gänzlich. Notwendige Kriegsentscheidungen mußten nicht regelmäßig auf den Beginn des neuen Konsulatsjahres verschoben werden. Übrigens sah schon Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 376, daß die Verhandlungen des Senates über die auswärtigen Angelegenheiten und die Kriegsführung im 1. Jh. v. Chr. am Anfang des Jahres stattfanden; mit Hinweis auf Cic. ad. Quint. 2,12,3 und fam. 1,4,1 (vergl. auch Mommsen, Staatsrecht 3, 1155f und Rotondi, Leges 399f). 341 Rich, Declaring 15 neuerdings weist er darauf hin, daß Komitienbeschlüsse über den Krieg nur gegen „major powers“ erfolgten Rich, in: ders. u. a. (Hsgg.), War and Society in the Roman World (London 1993) 55 – ebenso Harris, War 263. 342 Rich, Declaring 16. 343 Vorgeschichte: Liv. 42,31,1. 32,1ff; der Konflikt: Liv. 43,1,4ff. 5,1ff. Ablehnend gegenüber Richs These: Schwarte, Gnomon 53, 1981, 566; vergl. auch Nörr, Fides 54 mit A.17 (Literatur zu Roms ideologisch unbelastetem Verhältnis zu "Barbaren"). 344 Rich, Declaring 15 A.10 und Rich, in: ders. u. a. (Hsgg.), War and Society in the Roman World (London 1993) 56f ders. ebenda 55 erwägt, daß der Volksbeschluß nur gegen größere Kriegsgegner notwendig gewesen sei – vergl. auch Harris, War 263. Neuerdings sieht Loreto im Rahmen seiner Behandlung der Kriegseröffnungen von 327-265 v. Chr. Anhaltspunkte dafür, daß ein foedus Roms mit dem von Dritten angegriffenen Gemeinwesen es den Feldherren ersparte die Komitien mit Hilfe einer lex de bello indicendo über den Krieg zu befragen (Loretto, BIDR 33-34, 1991-1992, 217).

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1. Einleitung

Kriegsgebiet gab, und zweitens, daß diese Gesetze am Beginn des Konsulatsjahres beschlossen wurden. Bei Rich bleibt aber die Frage unbeantwortet, in welcher Weise die rechtliche Funktion der lex de bello indicendo die Beobachtungen erklärt345. Mit den folgenden Untersuchungen sollen auf der Grundlage quellenkritischer und sachkritischer Auswertung der Überlieferung genauere Vorstellungen von der Funktion der lex de bello indicendo gewonnen werden. Dabei wird – zur staatsrechtlichen Seite hin – eine Präzisierung der Deutungen Mommsens und Richs unternommen.

1.3 Quellenproblematik und Methoden Bei Deutungsversuchen sollte man bedenken, daß die Quellen hauptsächlich literarischen Bedürfnissen genügen wollen. Es ist deshalb Vorsicht geboten, wenn man sie für staatsrechtliche Fragestellungen auswerten will. Denn es ist damit zu rechnen, daß die historiographischen Quellen entweder im Interesse der literarischen Gestaltung, aus Nachlässigkeit346, oder weil sie die innerstaatlichen Abläufe als bekannt voraussetzen, die aufeinanderfolgenden Phasen der Kriegseinleitung nicht vollständig schildern347. Man wird aber mit dieser Erklärung nicht alle "Unregelmäßigkeiten" in rechtlicher Hinsicht im Interesse "staatsrechtlicher Logik" übergehen dürfen. Da auch bei den gut überlieferten Kriegseinleitungen zwischen 218 und 167 v. Chr. von leges de bello indicendo selten berichtet wird, ist es angebracht, ehe man mit Überlieferungslücken rechnet, zunächst zu fragen, aufgrund welcher rechtlichen Regel die Komitienbeschlüsse fehlen könnten348. Bieten sich plausible Erklärungen an, dann wird man diese bevorzugen, um so auch das Schweigen der Über345

In der Darstellung Richs deutet sich die Trennung der lex de bello indicendo von der Kriegserklärung an, aber dies bleibt für weitergehende Überlegungen zur Funktion der lex de bello indicendo ungenutzt, vergl. insbesondere sein Verständnis des Lanzenwurfes Rich, Declaring 105f. 346 Zur Unzuverlässigkeit z. B. der Terminologie Appians und Cassius Dios (z. B. App. Hisp. 13 [48]: Die "Römer" schicken Gesandte nach Karthago, um die Kriegserklärung mitzuteilen; ähnliche Ungenauigkeiten auch immer wieder bei Cassius Dio z. B. D.C. 12, frg. 49,2ff: Teuta erfährt, daß "die Römer" den Krieg beschloßen haben). Zur schwankenden Überlieferungsqualität vergl. z. B. Simon, Kriege 125 A.45; B. Goldmann, Einheitlichkeit und Eigenständigkeit der Historia Romana des Appian. diss. Göttingen 1985/1986 (Hildesheim 1988) 87 mit A.6; Nörr, Aspekte 58 A.47 und 48; Kostial, Rom 120f. 347 So z. B. die Überlegungen von Lange, Altertümer 2 (3. Aufl.) 601; Schleussner, Legaten 27f A.64 (ergänzt einen nicht überlieferten Kriegsbeschluß der Komitien gegen Viriathus; kritisch dazu Briscoe, JRS 70, 1980, 195). 348 Rich, in ders. u. a. (Hsgg.), War and Society in the Roman World (London 1993) 55; vergl. auch (mit anderem Zusammenhang befaßt) die methodischen Überlegungen bei Dahlheim, Gewalt 3f mit A.6.

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lieferung als Ausdruck einer zugrundeliegenden zeitgenössischen "Verfassungswirklicheit" zu begreifen349. Das verhältnismäßig geringe traditionsgeschichtliche Alter des größten Teils der Quellen birgt weitere Schwierigkeiten in sich. Die Hauptzeugen (Diodor), Livius, Dionys, (Plutarch), Appian und Cassius Dio gehen größtenteils mittel- oder unmittelbar auf Quellen zurück, die im Verlauf des 1. Jh. v. Chr. entstanden sind350. Die aus ihren Darstellungen zu gewinnenden Regeln werden demnach zunächst Gültigkeit nur für die Verfassungs- und Bewußtseinslage des 1. Jh. v. Chr. beanspruchen dürfen. Augenfällig wird dies, wenn man nach dem Quellenwert der ersten Dekade des Livius fragt, die bekanntlich "keine Geschichte, sondern eine an historische Ereignisse anknüpfende, politisch ausgestaltete Erinnerung"351 ist, deren Tradition vor allem im 1. Jh. v. Chr. entstand. Die herausgearbeiteten Regeln werden deshalb für das 2. Jh. v. Chr. nur dann Gültigkeit beanspruchen können, wenn sie auch durch die Darstellung des Polybios bestätigt werden352. Weitere Probleme bringt die Lückenhaftigkeit der Überlieferung mit sich. Ihretwegen sind für die einzelnen Phasen der römischen Republik nur unterschiedlich 349

Kloft, Gnomon 53, 1981, 465f (Rez. zu Schleussner, Legaten) macht zu Recht darauf aufmerksam, daß es die tendenziöse Darstellungsweise und Nachlässigkeit der zumeist literarischen Quellen erschweren, staatsrechtliche Fragen an die Quellen heranzutragen und Verfassungsregeln aus ihnen herauszulösen. Dies wird man bei der Analyse des Einzelfalles immer bedenken müssen. Es würde aber zu weit gehen, wenn man damit jedem Versuch begegnete, mit einer verfassungsrechtlichen Fragestellung den literarischen Quellen entgegenzutreten. Denn bekanntlich ist es ein Interesse der römischen Historiographen, dem Leser exempla des innerrömischen Lebens und also auch seiner staatsrechtlichen Regeln [vergl. z. B. Liv. 1,24. 32. 38] zu vermitteln [vergl. etwa Liv. praef. 9ff]. Also ist die staatsrechtliche Fragestellung berechtigt, weil sie nach Dingen fragt, die die Historiographen vermitteln wollten. Zeichnen sich also in den Darstellungen des Livius Regelmäßigkeiten der innerrömischen Beschlußverfahren bei der Kriegseröffnung ab und können diese durch den Vergleich mit anderen Autoren (z. B. Polybios) bestätigt werden, dann kann man sie mit historischer Plausibilität als Niederschlag tatsächlich gegebener Verfassungszustände begreifen (dies auch als Erwiderung auf die Kritik an Richs methodischem Ansatz, der hier weiterverfolgt wird, bei: Harris, War 263 und Kostial, Rom 117ff insbes. 122. 125). In Schwierigkeiten gerät man nur, wenn man an jeder Stelle der literarisch gestalteten historiographischen Darstellungen gleichermaßen genaue Beschreibungen der Verfassungsregeln erwarten möchte; denn eine juristisch genaue Berichterstattung lag nicht im Darstellungsinteresse der römischen Historiographen. 350 Dies kann man als sicheres Ergebnis der Quellenforschung zu den genannten Autoren festhalten, vergl. Rosenberg, Einleitung passim; Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 87ff [mit reichen Literaturangaben]. 351 L. v. Ranke, Weltgeschichte 2 (3. Aufl.) 45 [zitiert nach Karlowa, Rechtsgeschichte 1,27 A.1]; vergl. auch zum Quellenwert der ersten Dekade des Livius z. B. Ziegler, ZRG 102, 1985, 43. 45; E. Burck, Das Geschichtswerk des T. Livius (Heidelberg 1992) 29ff. 352 Und ebenso im polybianisches Überlieferungsgut bei Livius vergl. Walsh, Livy 125f; Briscoe, Commentary 1, 1ff; 2, 2; Tränkle, Livius 27ff.

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1. Einleitung

detaillierte Rekonstruktionen möglich. Verhältnismäßig gut ist die Quellenlage für die Zeit zwischen 218 bis 167 v. Chr. Da auch die annalistische Überlieferung dieser Zeit mittel- oder unmittelbar auf zeitgenössisches Überlieferungsgut zurückgeht, ist es möglich, in den Grundzügen die praktische Handhabung und jeweilige politische Deutung der staatsrechtlichen Regeln zu erfassen. Deshalb nimmt die folgende Rekonstruktion der staatsrechtlichen Regeln zur verfassungsgemäßen Kriegseröffnung ihren Ausgang von einer Betrachtung der Verhältnisse zwischen 218 und 167 v. Chr. Wesentlich schlechter ist dagegen die historiographische Überlieferung für die folgende Zeit, so daß man die Entwicklungstendenzen dieser Zeit weniger detailliert nachzeichnen kann. Es fehlt eine kontinuierliche historiographische Darstellung der Ereignisse, die in Qualität und Ausführlichkeit der Erzählung des Livius nahekäme353. Die Überlieferungslage für die Zeit vor Einsetzen der dritten Dekade des Livius ist noch schlechter, weil einerseits zeitweise ausführliche und für unsere Fragestellung ergiebige Darstellungen fehlen und andererseits die Berichte nicht auf zeitgenössische römische Historiographen zurückgehen354. Die Beteiligung des Volkes an der Kriegseinleitung während dieser Zeit ist in der Historiographie nur noch in den nachträglich rekonstruierenden Darstellungen späterer Autoren des 2. und 1. Jh. v. Chr. zu erfassen. Die Verfassungszustände und Entwicklungstendenzen der Zeit vom Beginn der Republik bis zum Anfang des 1. Punischen Krieges können deshalb nur durch die bekannte Methode des "verfassungsrechtlichen Rückschlusses" erfaßt werden355. Die verfassungsrechtlichen Zustände des 2. und 1. Jh. v. Chr. werden dabei als das Ergebnis der historischen Entwicklung vom 6. bis zum 3. Jh. v. Chr. gedeutet. Wenn man z. B. die lex curiata de imperio untersucht, wird das Ergebnis zugleich Licht auch auf die Zustände der älteren Verfassung Roms werfen. Die politische Gewichtsverteilung zwischen den einzelnen Organen der Gemeinde (also die Rahmenbedingungen staatlichen Handelns), mit de353

Als Quellen bleiben vor allem die späten und ungenauen Darstellungen Appians und Cassius Dios. 354 Die römische Historiographie begann erst mit Q. Fabius Pictor frühestens am Ende des 3. Jh. v. Chr. (Zur Abfassungszeit des Werkes: Ende des 3. Jh. v. Chr. oder 216 v. Chr.: G. Perl, Der Anfang der römischen Geschichtsschreibung, in: Forschungen und Fortschritte 38, 1964, 215f mit A.45. 50 (mit Literatur) (185-218) und E. Badian, The Early Historians, in: Historians, hsg. T.A. Dorey (1966) 4 (Abfassungszeit Ende 3. Jh. v. Chr.) (1-38). Fabius Pictor kann erst für die Ereignisse seit dem 1. Punischen Krieg als Ohren- bzw. Augenzeuge die Ereignisse gelten (z. B. D. Timpe, Fabius Pictor und die Anfänge der römischen Historiographie, ANRW 1,2 (1972) 954 (928-969). 355 Z. B. Gercke/Norden, Einleitung 3, 391f; Heuß, ZRG 64, 1944, 76f; Bleicken, Lex 5ff. 76 mit A. (vergl. auch 7f und 10 A.9); Bleicken, Amtsgewalt 258; Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 390 mit Literatur in A.12 und 488ff; Momigliano, in: Struggles, hsg. K.A. Raaflaub (1986) 177f; Giovannini, in: Staat, hsg. W. Eder (1990) 428.

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nen zusammen das Volk während der frühen Republik über die Kriegseinleitung entschied, wird so wenigstens tendenziell deutlich werden (z. B. patrum auctoritas, ius augurale, ius fetiale). Dagegen wird man kaum etwas darüber aussagen können, wie im einzelnen die rekonstruierten Verfassungsregeln in der Zeit vor dem 1. Punischen Krieg im politischen Alltag gehandhabt wurden356.

356 Fabius Pictor wird allgemein als eine von Polybios in der éêçâ~í~ëâÉìÜî benutzte Hauptquelle genannt (z. B. Rosenberg, Einleitung 123ff; Gelzer, Hermes 68, 1933, 129ff [= ders., Schriften 3, 51ff oder Geschichtsschreibung, hsg. V. Pöschl (1969) 83ff]; ders., Hermes 69, 1934, 46ff [= ders., Schriften 3, 93ff oder Geschichtsschreibung, hsg. V. Pöschl (1969) 130ff]; Petzold, in: Festschrift E. Burck, hsg. E. Lefèvre (1983) 248f. 250. 251f; Flach, Einführung 63ff; kritisch P. Bung, Q. Fabius Pictor, der erste römische Annalist. Untersuchungen über Aufbau, Stil und Inhalt seines Geschichtswerkes an Hand von Polybius 1-2, diss. Köln 1951, 202ff passim). Zu Beginn des 1. Punischen Krieges war Fabius Pictor bereits Zeitgenosse der von ihm beschriebenen Ereignisse und konnte sie also aus eigener Erfahrung bzw. auch aufgrund von Augenzeugenberichten schildern (D. Timpe, Fabius Pictor und die Anfänge der römischen Historiographie, ANRW 1,2 (1972) 954 (928-969)).

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2. Die staatsrechtliche Funktion zur Kriegserklärung

2. Die staatsrechtliche Funktion der lex de bello indicendo und ihr "verfassungsrechtliches" Verhältnis zur Kriegserklärung 2.1 Das Verhältnis der lex de bello indicendo zur Kriegserklärung In den Formelworten des fetialis beim Lanzenwurf wird ein vorhergehender Beschluß des römischen Volkes und des Senates über den Krieg erwähnt: ... quod populus Romanus Quiritium bellum cum Priscis Latinis iussit esse senatusque Populi Romani Quiritium censuit consensit conscivit ut bellum cum Priscis Latinis fieret ...357. Der Beschluß des Volkes über den Krieg ist demnach mit Sicherheit als Voraussetzung für die zeremonielle Eröffnung der kriegerischen Handlungen anzusehen. Es schließt sich die weitergehende Frage an, in welchem rechtlichen und zeitlichen Verhältnis der Volksbeschluß über den Krieg zur förmlichen Kriegserklärung steht. Ordnen die Komitien die Kriegserklärung an? Ist der Komitienbeschluß zumindest Voraussetzung für ihre Ausführung, indem er ihr regelmäßig vorangeht? Oder stehen Kriegserklärung und Kriegsbeschluß weder in einem festen rechtlichen noch in einem notwendigen zeitlichen Verhältnis zueinander? Livius’ Schilderung der bellicae caerimoniae gibt auf diese Fragen keine Antwort, weil der Zeitpunkt, an dem der Volksbeschluß erfolgt, unklar bleibt. Die modernen Historiker legen ihn bzw. zumindest seine Promulgierung entweder vor die res repetereGesandtschaften358 oder hinter die von Livius geschilderten Senatsberatungen359. In beiden Fällen sieht man im Komitienbeschluß eine rechtliche Voraussetzung für die Kriegserklärung, indem man entweder eine rechtliche Verbindung zwischen dem Komitienbeschluß und den res repetere-Gesandtschaften konstruiert oder den Lanzenwurf als Abschluß der völkerrechtlich erheblichen Kriegserklärung begreift.

357

Liv. 1,32,13 und Cincius, de re militari 3, frg. 12 Huschke (= Gell. n.a. 16,4,1). Z. B. Mommsen, Forschungen 1, 246; Mommsen, Staatsrecht 2 (3. Aufl.) 675 A.1; Herzog, Geschichte 1, 114ff insbes. 115 mit A.1. 359 Liv. 1,32,11f z. B. Willems, Sénate 2, 466ff; Liebemann, RE 5 (1903) 592 s.v. dilectus; Botsford, Assemblies 230ff; Walbank, JRS 27, 1937, 193ff; ders., JRS 31, 1941, 88f A.50; ders., CPh. 44, 1949, 15ff (= ders., Papers [1985] 101ff) und ders., Commentary 1, 680f. 687f. Diese Interpretation hat sich heute allgemein durchgesetzt, ohne daß sie ausführlich begründet worden wäre (auf die alternative Lösungsmöglichkeit machte noch Frezza, SDHI 5, 1939, 180f in anderem Zusammenhang aufmerksam); vergl. z. B. Briscoe, Commentary 1, 47. 77; Rich, Declaring, 6ff (dort wird dieser Verfahrensablauf stillschweigend vorausgesetzt); Rüpke, Domi 123; Kostial, Rom 46 passim; Händl-Sagawe, Beginn 108; Oakley, Commentary 2, 313f. Die Befürworter der von Walbank vertretenen republikanischen Entwicklungsgeschichte der förmlichen Kriegserklärung übernehmen stillschweigend dessen Plazierung des Volksbeschlusses über den Krieg direkt vor die indictio belli. 358

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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Ein Zusammenhang zwischen dem Komitienbeschluß und der Kriegserklärung wäre jedoch nach den bisherigen Ergebnissen der Untersuchung nur gegeben, wenn er notwendig zumindest den letzten res repetere-Gesandtschaften vorausgehen müßte. Dem aber widersprechen die überlieferten leges de bello indicendo, die mehrheitlich nach der letzten res repetere-Gesandtschaft vorgenommen werden360. Sie können deshalb nicht die Voraussetzung für diese Gesandtschaften sein, die in der Praxis des ius fetiale mit der förmlichen Kriegserklärung enden361. Darüber hinaus fehlt in der Mehrzahl der überlieferten Fälle jeder Hinweis auf Gesandtschaften zum Zweck der förmlichen Kriegserklärung nach dem Komitienbeschluß362. Gewöhnlich werden im Anschluß an den Komitienbeschluß die Aushebungen der Legionen bzw. der Beginn des Feldzuges berichtet363. Ein rechtlicher Zusammenhang zwischen der lex de bello indicendo und den Gesandtschaften zur Kriegserklärung ist deshalb fragwürdig. Es konnte zwar im 3./2. Jh. v. Chr. gelegentlich die förmliche Kriegserklärung dem Komitienbeschluß folgen, zwingend notwendig aber war diese zeitliche Abfolge nicht. So zeigt z. B. die Antwort der fetiales im Jahr 191 v. Chr. auf die Frage, ob man den Aetolern noch den Krieg erklären und die Freundschaft kündigen müsse, daß eine Gesandtschaft zu diesem Zweck nach dem Komitienbeschluß nicht notwendig war364. Ihre Entsendung war lediglich eine Frage der politischen Opportunität. Vorheriges und vergebliches res repetere erfüllte ebenfalls den Tatbestand der förmlichen Kriegserklärung und gleichzeitigen Freundschaftsaufkündigung.

360

Z. B. Liv. 4,30,12ff; 7,9,2; 8,22,8f; 10,45,7ff u. ö.; D.H. 8,91,2ff. Die Erzählung bei Liv. 7,32,1f zum Jahr 343 v. Chr.: Hac legatione Romam relata, positis omnium aliarum rerum curis patres fetialibus ad res repetendas missis, belloque, quia non redderentur, sollemni more indicto, decreverunt ut primo quoque tempore de ea re ad populum ferretur; iussuque populi consules ambo cum duobus exercitibus [ab urbe] profecti ... legt den Gedanken nahe, daß hier die Kriegserklärung vor dem Komitienbeschluß erfolgte. Diese sprachlich naheliegende Interpretation der Stelle auch bei Rüpke, Domi 124 A.158; Oakley, Commentary 2, 313f. 361 Liv. 1,32,9ff; D.H. 2,72,6ff. 362 Z. B. Liv. 4,30,12ff; 7,32,1f; 8,22,8f; D.H. 8,91,2ff u. ö. 363 Z. B. Liv. 4,30,15f; 7,32,1f; 8,22,8f; D.H. 8,91,2ff u. ö. 364 Liv. 36,3,10-13 amicitiam renuntiatam videri, cum legatis totiens repetentibus res nec reddi nec satisfieri aequum censuissent; Aetolos ultro sibi bellum indixisse, cum Demetriadem, sociorum urbem, per vim occupassent, Chalcidem terra marique oppugnatum issent, regem Antiochum in Europam ad bellum populo Romano inferendum traduxissent. Zur Stelle auch Mommsen, Forschungen 1, 342f mit A.32 (stellt fest, daß im ius fetiale die Weigerung der Vertragserfüllung gleichzeitig die Kündigung des Vertrages bewirkte); Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 292; Täubler, Imperium 416; Watson, Law 38f.

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2. Die staatsrechtliche Funktion zur Kriegserklärung

Die völker- und verfassungsrechtlichen Präliminarien des 2. Punischen, des 2. Makedonischen und des Antiochoskrieges erweitern deshalb die vorhergehende Beobachtung lediglich um einen weiteren Aspekt. Rom (bzw. der mit dem Krieg beauftragte Magistrat) entsendete in diesen Fällen nach dem Komitienbeschluß, allerdings aufgrund eines Senatsbeschlusses, Gesandtschaften, die den Gegner über den beschlossenen Kriegszustand informieren und ihn wohl zur Erfüllung der römischen Forderungen nochmals auffordern sollten. So forderte im Jahr 218 v. Chr. eine römische Gesandtschaft nach dem Kriegsbeschluß der Komitien in Karthago Genugtuung365. Als diese nicht geleistet wurde, erklärte sie Karthago den Krieg. Die Gesandtschaften in den Jahren 200 und 191 v. Chr. hatten kaum noch politische Bedeutung366. Denn dem mit dem Krieg beauftragten Feldherrn wurde von den fetiales freigestellt, ob er die Gesandtschaft an Philipp oder Antiochos schicken wollte oder an einen Grenzposten in deren Herrschaftsgebiet367. Die Auswahl der Gesandten überließ der Senat dem Feldherren368 – den Auftrag aber erhielten die Gesandtschaften nach der Schaffung des militärischen Kommandos jetzt vom Feldherrn369.

365

Liv. 21,18,1ff; Plb. 3,20,6ff. 9. 33,1ff; weitere Belege bei Broughton, MRR 1, 239. 200 v. Chr.: Liv. 31,8,2ff [Liv. 31,8,4 erwähnt den Senatsbeschluß über die Gesandtschaft zur Kriegserklärung. Strittig ist, ob sie mit der des M. Aemilius Lepidus zu identifizieren ist, vergl. Rich, Declaring 128ff]. 191 v. Chr.: Liv. 36,3,7ff [ein Senatsbeschluß über eine Gesandtschaft wird nicht erwähnt]. 367 Liv. 31,8,3f; 36,3,7ff. 368 Belegt für die Gesandtschaft 200 v. Chr.: Liv. 31,8,4. 369 Nach dem iussus poluli gehörte der Kontakt mit dem feindlichen Gemeinwesen in den Bereich militiae, weshalb im Krieg auch die Friedensverhandlungen des Senates mit Gesandten des Feindes der Vermittlung des Feldherren bedurften (Gewährung einer indutiae, vergl. Linderski, in: Ed. Frézouls/A. Jacquemin (Hsgg.), Relations (1995) 466ff) und außerhalb des pomerium stattfanden (z. B. im Bellonatempel: Liv. 42,36,1f oder Tempel des Apollo in campo martio Liv. 34,43,1f). Die Entsendung einer Gesandtschaft zum Zweck eines Ultimatums nach dem iussus populi durch einen Konsuln im Felde (Q. Fabius Maximus Verrucosus; Broughton, MRR 1, 224) belegt Gell. n.a. 10,27 (vergl. Zon. 8,18) – aus alter Quelle – auch für das ausgehende 3. Jh. v. Chr. Die dort geübte symbolische Ultimatumsstellung durch die römischen Gesandten – Speer und caduceus werden den Karthagern zur Auswahl gegeben – bezieht sich auf die von Paulus Fest. 90L als karhagische Eigenheit charakterisierte symbolische Handlung bei der Kriegsbenachrichtigung, womit die römischen Gesandten den Karthagern gegenüber wohl bewußt bekannte Symbolhandlungen vornahmen. Der allgemeinen radikalen Kritik an der Überlieferung der römisch-karthagischsardinischen Beziehungen nach 237 v. Chr. [vergl. z. B. E. Täubler, Die Vorgeschichte des Zweiten Punischen Krieges (Berlin 1921) 28ff und neuerdings B.D. Hoyos, Unplanned Wars. The Origins of the First and Second Punic Wars (Berlin u. a. 1998) 144ff (mit Literatur)] kann ich mich, soweit es die "Annalisten-Fälschungstheorien" betrifft, nicht anschließen, da Gell. n.a. 10,27 in sachlichen Details als gut informiert begegnet. 366

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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In den lateinischen Belegstellen der leges de bello indicendo wird die Verabschiedung des Beschlusses gelegentlich mit Formulierungen wie der folgenden geschildert: id patres ... decreverunt ut primo quoque tempore ad populum ferretur de bello eis indicendo370. Die Formulierung de bello eis indicendo legt den Gedanken nahe, daß die Gesetzesvorlage die Kriegserklärung anordnete. Diese Deutung wird jedoch fragwürdig, wenn man beachtet, daß in der Mehrzahl der Berichte derselbe Sachverhalt mit anderen Worten beschrieben wird. Es finden sich Wortverbindungen wie bellum iniri371 oder fieri372 (auch in den überlieferten Rogationstexten selbst), daneben bellum iubere, entweder zusammen mit bellum indicere, iniri, fieri oder allein als Umschreibung des Komitienbeschlusses373. Die Tatsache, daß bellum indicere synonym mit bellum iniri und fieri gebraucht wird, zeigt, daß bellum indicere u. ä. nicht die Bedeutung "Krieg erklären", sondern "Krieg eröffnen" hat374. Der Begriff bellum indicere sollte deswegen nicht an jeder Stelle als terminus technicus für "Krieg erklären" mißverstanden werden375. Mit diesen Beobachtungen entfällt zugleich die Notwendigkeit, den Komitienbeschluß in die Nähe der förmlichen Kriegserklärung zu rücken. Einen weiteren Beleg für diese Annahme bietet Livius innerhalb seiner Darstellung zum Jahr 307 v. Chr. Die Stelle ist darüber hinaus wahrscheinlich ein Nachweis für Mommsens Vermutung, eine lex de bello indicendo habe es auch bei Verteidigungskriegen gegeben376. 370

Liv. 6,21,3f und z. B. 10,45,7f u. ö. Liv. 42,30,11. 372 Liv. 8,22,8f; 9,45,8. 373 Neben den oben angeführten Belegen: Liv. 6,22,4; 7,6,7. 12,6. 19,10; 8,25,2; nur mit iubere z. B. Liv. 7,32,1f; 6,14,1; 7,11,2; 8,29,6f u. ö. Daneben gibt es noch die Verbindung mit mandare Liv. 6,25,5. 374 Vergl. auch Liv. 36,3,9ff fetiales responderunt ... Aetolos ultro sibi bellum indixisse, cum Demetriadem, sociorum urbem, per vim ocupassent ... (bellum indixisse also im Sinne von bellum inferre, denn eine Gesandtschaft der Aetoler nach Rom zwecks einer förmlichen Kriegserklärung ist nicht bekannt, und in der Antwort der fetiales bewirkte offenbar die kriegerische Handlung der Aetoler das bellum indixisse) und Ennius, ann. (2. Aufl.) frg. 223V. mit Frontin, Strat. 1,4,11; Val. Max. 7,5,2; Liv. 7,12,6. 19,10; vergl. auch die Belege bei Müller, ThLL 2, 1835ff s.v. bellum u. ö. Auch im Griechischen differiert die Terminologie. Plut. Ant. 60 berichtet nur einen Beschluß in Rom, gegen Kleopatra Krieg zu führen. D.C. 50,4,4 spricht im selben Zusammenhang von einem Beschluß über die Kriegserklärung. 375 Schwarte und Rich sind in anderen Zusammenhängen ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen, daß bellum indicere in der lateinischen Literatur nicht immer als terminus technicus verstanden werden darf (Schwarte, Historia 21, 1972, 214; Rich, Declaring 106f). 376 Mommsen, Staatsrecht 3, 342f. Ulp. Dig. 49,15,24 Hostes sunt, quibus bellum publice populus Romanus decrevit vel ipsi populo Romano ... ist kein Gegenbeleg, denn die Gegenüberstellung schließt nicht aus, daß dem feindlichen Kriegsbeschluß ein Kriegsbeschluß der Komitien in Rom 371

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2. Die staatsrechtliche Funktion zur Kriegserklärung

Id aegre passi Hernici; concilium populorum omnium habentibus Anagninis in circo quem Maritimum vocant, praeter Aletrinatem Ferentinatemque et Verulanum omnes Hernici nominis populo Romano bellum indixerunt ... Marcio (sc. der Konsul) novi hostes – iam Anagninis Hernicisque aliis bellum iussum erat – decernuntur (Liv. 9,42,11-43,2).

Nachdem die Herniker den Krieg gegen Rom beschlossen hatten, wurde also auch in Rom ein Beschluß zum Krieg gegen diese gefaßt. Es liegt auf der Hand, daß dieser Beschluß nichts mit der förmlichen Kriegserklärung zu tun haben kann. Denn eine durch Volksbeschluß autorisierte Kriegserklärung Roms gegenüber den Hernikern ergibt weder einen völkerrechtlichen noch einen politischen Sinn, nachdem diese ihrerseits vorher den Krieg beschlossen hatten. Die Funktion der lex de bello indicendo kann es demnach nicht gewesen sein, die förmliche Kriegserklärung anzuordnen. Polybios bestätigt diese vor allem aus dem Traditionsgut des 1. Jh. v. Chr. entwickelte Deutung auch als Verfassungswirklichkeit des 2. Jh. v. Chr. Er betont einerseits, daß das Volk über Krieg und Frieden entschied377, andererseits sagt er aber, daß die Entsendung von Gesandtschaften zur Kriegserklärung allein dem Senat oblag378. Widersprüchlich ist dies nur, wenn man den Kriegsbeschluß und die Kriegseröffnung nicht genau von der Kriegserklärung trennt379. Die scheinbare Inkonsequenz in der Darstellung des Polybios bestätigt damit auch für das 2. Jh. v. Chr. das aufgrund anderer Überlegungen und Quellen gewonnene Ergebnis, daß allein der Senat die förmliche Kriegserklärung veranlaßte. Man kann also festhalten, daß auch in der politischen Praxis des 2. Jh. v. Chr. die Kriegserklärung nicht auf den Komitienbeschluß folgen mußte380. Es war eine Folge des politischen Willens und keine Notwendigkeit des Staatsrechtes oder des ius fetiale, wenn Rom nach dem Komitienbeschluß den Gegner vom Beginn des Kriegszustandes informierte. Der Tatbestand der Kriegserklärung war bereits er-

folgte. Eine lex de bello indicendo sei bei feindlichen Angriffen nicht notwendig gewesen sein: so z. B. auch Hampl, HZ 184, 1957, 258 und neuerdings Kostial, Rom 122 A.44 und 128 u. ö. 377 Plb. 6,14,10f. 378 Plb. 6,13,6f. 379 Für den Bereich des Vertragsabschlußes hat dies bereits Heuß, Klio 27, 1934, 39f bei seiner Interpretation von Plb. 6,14,10f bemerkt. 380 Damit werden von anderer Seite her die Ergebnisse von Rich, Declaring 6. 56ff. 102ff vertieft.

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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füllt, wenn Rom sich noch vor dem Komitienbeschluß vergeblich bemüht hatte, seine Forderungen durch res repetere-Gesandtschaften durchzusetzen381. Wenn aber die leges de bello indicendo nicht notwendig der Kriegserklärung vorangingen, dann stellt sich die Frage, welche rechtliche Funktion sie im Rahmen der Kriegseinleitung erfüllten. Bei der Suche nach einer Antwort auf diese Frage wird man verschiedene Phänomene berücksichtigen müssen, die bei den erklärten bzw. unerklärten und den beschlossenen bzw. unbeschlossenen Kriegen Roms begegnen. Dabei ist vor allem die Typologie der Einleitung solcher Kriege von Interesse, in denen Rom mit neuen Kriegsgegnern konfrontiert wurde382. Warum wurden manche Kriege erklärt und von den Komitien beschlossen, andere zwar erklärt, aber nicht beschlossen? Weshalb wurden sogar manche Kriege weder erklärt noch beschlossen? Warum wurden einige Kriege nach dem Komitienbeschluß erklärt und andere schon vor ihm? Wie ist es zu verstehen, daß gelegentlich Feldherren im Felde die förmliche Kriegserklärung veranlaßten oder die Eröffnung des Krieges in ihre Kompetenz fiel, während sie in anderen Fällen gerade dafür in Rom angeklagt wurden? Weshalb genügte gelegentlich allein ein Senatsbeschluß für die Kriegserklärung bzw. die Kriegseröffnung?

381

Damit wird die im Verlauf der Analyse zur Überlieferung des ius fetiale gewonnene Vermutung von anderer Seite her bestätigt. Die Kriegserklärung wurde von der letzten res repetereGesandtschaft ausgesprochen, die ihre Forderungen ein letztes Mal in ultimativer Form vorbrachte. Nachdem das Unrecht des Gegners vor den Göttern festgestellt worden war, kündigten die Gesandten Beratungen des Senates über die Einleitung des Krieges an (Liv. 1,32,9f; D.H. 2,72,6ff). Dies war die völkerrechtlich verbindliche Kriegserklärung, die nicht notwendig nach dem Beschluß des Volkes stattfinden mußte. Sie bedurfte lediglich einer Entsendung der Gesandten durch den Senat und konnte deshalb auch vor dem Komitienbeschluß erfolgen. 382 Unter "Krieg" versteht man solche militärischen Konflikte, in denen Rom mit einem politisch und militärisch organisierten völkerrechtlichen Subjekt (Stammesstaaten; Stadtstaaten; Bundesstaaten etc.) kämpfte. Zum Kriegsbegriff vergl.: Bothe, in: Lexikon, hsg., J. Seidl-Hohenveldern (2. Aufl. 1992) 186f s.v. Kriegsbegriff zur Problematik des modernen völkerrechtlichen Kriegsbegriffes. Die Römer bezeichneten nur einen als Gemeinwesen organisierten Gegner als hostes [vergl. Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 101 und ders., Festgabe U. v. Lübtow (1980) 97ff], und sie entwickelten damit Vorstellungen, die sich dem modernen Begriff des "Völkerrechtssubjektes" nähern.

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2. Die staatsrechtliche Funktion zur Kriegserklärung

2.2 Die staatsrechtliche Funktion der lex de bello indicendo Es stellt sich nun zunächst die Frage, worin die staatsrechtliche Funktion der lex de bello indicendo bestand, wenn sie nicht mit der förmlichen Kriegserklärung zusammenhing. Wie Rich beobachtet hat, wurde während des 3. und 2. Jh. v. Chr. der Beschluß der Komitien nur dann eingeholt, wenn das Kriegsgebiet außerhalb Italiens lag und es im Kriegsgebiet keine "ständige Provinz" gab383. Außerdem erkannte er, daß die leges de bello indicendo während dieser Zeit regelmäßig am Anfang des Konsulatsjahres eingebracht wurden384. Nachdem der Krieg sich im Verlauf des vorhergehenden Jahres als unvermeidlich herausgestellt hatte, entschied der Senat also, den Konsuln des folgenden Jahres den neuen Kriegsherd zuzuweisen. Der Krieg war deshalb oft bereits beschlossen, wenn die Konsuln die lex de bello indicendo vor die Komitien brachten385, was sich auch darin zeigt, daß regelmäßig vor dem Beschluß des Volkes auf Veranlassung des Konsuls und des Senates Opfer für den glücklichen Ausgang des Krieges vorgenommen wurden386. Ferner führt der Zeitpunkt des Gesetzes zu der Vermutung, daß den Konsuln am Anfang ihres Konsulatsjahres eine über ihre üblichen Geschäfte hinausgehende Aufgabe übertragen wurde. Dieser Gedanke soll im folgenden weiter vertieft werden. Die ausführlich überlieferten Fälle des 3. und 2. Jh. v. Chr. lassen sich in zwei Gruppen unterteilen: I. Für das intendierte Kriegsgebiet gab es zum Zeitpunkt der Gesetzespromulgierung bereits einen Senatsbeschluß, der es als konsularisches Aufgabengebiet bzw. Provinz festlegte und die Konsuln anwies, um die Provinz zu losen. Danach brachte der Konsul, dem die Provinz des neuen Kriegsgebietes zugefallen war, den vom Senat zuvor formulierten Antrag einer lex de bello indicendo an das Volk. Auf den

383

Rich, Declaring 15. Rich, Declaring 5f. 18ff. 385 Darauf macht zu Recht Schwarte, Gnomon 53, 1981, 564 (Rezension zu Rich, Declaring) aufmerksam und vergl. auch Rich, in: ders. u. a. (Hsgg.), War And Society in the Roman World (1993) 56. Die innenpolitische Bewertung.der lex de bello indicendo als "Konsensritual" vergl. E. Flaig, Entscheidung und Konsens. Zu den Feldern der politischen Kommunikation zwischen Aristokratie und Plebs, in: Demokratie in Rom? Die Rolle des Volkes in der Politik der römischen Republik, hsg. M. Jehne (Stuttgart 1995) 81ff (77-127). 386 200 v. Chr.: Liv. 31,5,2ff (Briscoe, Commentary 1, 67ff); 191 v. Chr.: Liv. 36,1,1ff (Briscoe, Commentary 2, 218ff); 171 v. Chr.: Liv. 42, 28, 4ff. 384

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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Komitienbeschluß folgten die Aushebungen und sonstigen Kriegsvorbereitungen (2. Punischer Krieg; 2. Makedonischer Krieg)387. II. Der zweite Typus unterscheidet sich vom ersten durch eine Variation des Verfahrensablaufes. Einer der Konsuln brachte den vom Senat formulierten Antrag der lex de bello indicendo beim Volk ein. Erst nach dem Komitienbeschluß über den Krieg verlosten die Konsuln die festgelegten konsularischen Provinzen (Antiochoskrieg; Perseuskrieg)388. Mit dieser Variante des Verfahrens wurde wohl ausgeschlossen, daß die Abstimmung über die lex de bello indicendo zu einer Personenentscheidung wurde389. Beiden Typen ist gemeinsam, daß die für den Krieg notwendigen militärischen Vorbereitungen und die Eröffnung der militärischen Angriffshandlungen erst nach dem Komitienbeschluß erfolgten. Dies ist auch sonst für die überlieferten leges de bello indicendo charakteristisch. Der iussus populi schuf demnach das mit einer neuen Provinz verbundene militärische Kommando, indem er einerseits den Auftrag zur aktiven Kriegsführung gab und andererseits in aller Regel Vorbedingung für die vom Senat und Magistrat veranlaßte bzw. geleitete Aushebung der Legionen war390. Dies läßt sich sowohl der Formulierung der Gesetzesanträge (centuriatis comitiis primo die ferre ad populum consules iusserunt, ut .... bellum cum eo (sc. Perseus) iniretur. haec rogatio ad populum lata est.391) als auch der üblichen Abfolge der Handlungen entnehmen. Eine neue Kommandogewalt konnte der Senat also nicht ohne Mitwirkung des Volkes schaffen392. Dies bietet zugleich eine Erklä387

218 v. Chr.: Liv. 21,17,4ff (Liv. 21,17,1 berichtet von Aushebungen bereits vor dem iussus populi, aber dies geschieht wahrscheinlich, um "besondere Entschiedenheit im Handeln vorzugeben" (vergl. Händl-Sagawe, Beginn 101f); denn Polybios (Plb. 3,40,2f. 41,2) verlegt die Mobilmachung nach die Rückkehr der Gesandtschaft nach Karthago). 200 v. Chr.: Liv. 31,8,1ff (zum innenpolitischen Hintergrund der anfänglichen Verweigerungshaltung der Komitien überzeugend: Briscoe, Commentary 1, 49f. 69f. 80). Auf den Kriegsbeschluß folgt auch in den Schilderungen der frühen römischen Republik stets der Beginn des Kriegszuges, z. B. Liv. 7,32,1f; 8,22,8f; D.H. 8,91,2ff. 388 191 v. Chr.: Liv. 36,1,1ff; 171 v. Chr.: Liv. 42,30,10ff. 31,1. 33,4. 389 Auch in den Schilderungen der Geschichte der frühen Römischen Republik finden sich Beispiele dieser Handlungsablaufes, z. B. Liv. 8,29,6; 10,12,3. 390 Mommsen, Staatsrecht 3, 1071ff. 1074f; Liebemann, RE 5 (1903) 592 s.v. dilectus; Rüpke, Domi 67ff (mit neuerer Literatur zum dilectus). 391 Liv. 42,30,10f (vergl. 42,33,4) und Liv. 36,1,5. 2,2 u. ö. 392 Dagegen konnte der Senat bereits bestehende Imperien durch Prorogation verlängern (vergl. Kloft, Prorogation insbes. 47ff; Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 641ff; O’Brien, RE Suppl. 6 (1935) 723f s.v. senatus. Theoretisch blieb das ursprüngliche Mitbestimmungsrecht der Komitien bei der Prorogation erhalten, aber es wurde seit dem 3. Jh. v. Chr. allmählich durch alleinige Senatsbeschlüsse zurückgedrängt) oder durch erneute Festsetzung der Provinz vor Beginn des neuen

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2. Die staatsrechtliche Funktion zur Kriegserklärung

rung für die von John Rich beobachtete Tatsache, daß leges de bello indicendo lediglich für Kriegsgebiete berichtet werden, in denen es noch keine Provinz gab393. Das Kommando für eine bestimmte Provinz bestand aber fort, wenn es erst vom Volk beschlossen worden war, solange der Senat wollte, daß es die Provinz gab. Das Volk stimmte dann in der Regel nicht mehr darüber ab, ob überhaupt eine militärische Kommandogewalt bestehen sollte (wie es dies mit der lex de bello indicendo tat)394. Amtsjahres beibehalten (z. B. Liv. 43,11,7f: die gewählten Prätoren erhalten die bereits zuvor bestehenden Provinzen Spanien, Sardinien, Sizilien und die Flotte). 393 Dies ist die rechtliche Erklärung für das von Rich, Declaring 15 beobachtete Fehlen der leges de bello indicendo in "ständigen Provinzen". 394 Das Volk wurde im 3. und 2. Jh. v. Chr. gelegentlich gefragt, welchen der gewählten Magistrate es in eine bestehende Provinz schicken wolle. Die Komitien griffen damit zugunsten bestimmter Personen in die übliche Provinzvergabe (durch Vereinbarung der Magistrate untereinander, Los oder Senatsbeschluß) ein. Dies geschah z. B. 204 [Liv. 29,13,7; Rotondi, Leges 263], 201 [Liv. 30,41,4; Rotondi, Leges 264, rogatio in den Tribuskomitien: Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 638 A.2] und 200 v. Chr. [Liv. 31,50,11; Rotondi, Leges 266] bei der Verteilung der spanischen Provinzen [auch die Streitigkeiten um die Vergabe der spanischen Provinz an P. Cornelius Scipio Maior 211 und 205 v. Chr. gehören in den Zusammenhang mit Personenentscheidungen, die das Volk treffen konnte (Rotondi, Leges 256. 260f)]. Mit diesen Volksbeschlüssen wurden also keine neuen Provinzen geschaffen. Sie entsprechen ihrer rechtlichen Wirkung nach deshalb nicht der lex de bello indicendo. Die politischen Möglichkeiten solcher Provinz- bzw. Personalentscheidungen in den Komitien wurden seit dem 2. Jh. v. Chr. oft genutzt (vergl. Bleicken, Lex 115ff). Das Recht der Komitien zu solchen Personalentscheidungen konnte in der Form der Abwahl eingesetzter Feldherren erfolgen (z. B. Rotondi, Leges 325) oder in der Form der Schaffung außerordentlicher Kommandos bzw. Magistraturen (z. B. Rotondi, Leges 371f. 375 [außerordentliches Kommando für eine Privatperson]; 251. 252 [Beschluß einer Prodiktatur]), und zuletzt erfolgte es in Form einer Wahl einer bestimmten Privat- oder Amtsperson extra sortem für ein bestehendes Kommando (z. B. Rotondi, Leges 294. 298. 324). Die bedeutenden Provinzen (vor allem solche, die mit attraktiven Kriegsaufträgen verbunden waren) wurden häufig durch Volksbeschluß ordentlichen bzw. außerordentlichen Magistraten in Form einer Personalentscheidung übertragen (vergl. Bleicken, Lex 115ff) oder bereits eingesetzte Feldherren wurden zugunsten anderer Amts- oder Privatpersonen abgelöst (z. B. lex Sulpicia de bello Mithradatico C. Mario decernendo, vergl. Rotondi, Leges 345). Unter außerordentlichen Imperien versteht man: 1) Imperien, die extra sortem an gewählte Magistrate vergeben wurden (vergl. insbes. Ciceros Argumentation in der 11. Philippica: Cic. Phil. 11,17ff); 2) Imperien, die auf Beschluß des Volkes an Privatpersonen vergeben wurden, obwohl auch gewählte Magistrate zur Verfügung gestanden hätten (z. B. Cic. dom. 24 und Ciceros Argumentation für Pompeius' imperium 66 v. Chr., Cic. de imp. Cn. Pomp. 59ff); 3) Imperien, mit denen außergewöhnliche Sondervollmachten verbunden waren, bzw. die ungewöhnlich viele Provinzen umfaßten (z. B. Caes. civ. 1,85,8; Cic. leg. agr. 2,8; Brut. ad Cic. bzw. Atticus 1,10,3. 17,6). Mit dem Begriff des imperium extraordinarium bezeichneten die antiken Autoren also nicht immer denselben Typus von Imperien. Wenn sie vom imperium extraordinarium sprachen, meinten sie keine rechtlich fest definierte Gruppe von Imperien. Vielmehr ist jede der oben genannten Variationsmöglichkeiten, die ein imperium zu einem imperium extraordinarium machen konnten, als politisch motivierte Anwendung traditioneller Möglichkeiten der verfassungsmäßigen Povinzenbzw. Imperienvergabe und -begrenzung zu deuten (vergl. auch Gruen, Generation 535ff. 542f; Ridley, Historia 30, 1980, 280ff).

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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Wenn es bereits eine Provinz gab, waren die Komitien an der Entscheidung über die Kriegsführung nur noch mittelbar beteiligt. Das Volk entschied dann in der Regel lediglich durch die Wahl der Magistrate über die potentiellen Kandidaten für das Feldherrnamt. Über die Ausweitung des Kriegsgebietes hingegen entschieden in der Regel der Senat und der Feldherr395. Wenn das römische Volk die mögliche Verzögerung des Kriegsendes verhindern wollte, so konnte es lediglich die Aushebungen mit Hilfe des Volkstribunen durch Interzession behindern396. Denn die Aushebung für eine bereits bestehende Provinz erfolgte allein auf Beschluß des Senates und war unabhängig von der vorherigen Zustimmung der Komitien. Hätte es für jeden neuen Krieg in den bestehenden Provinzen einzelner leges de bello indicendo bedurft, wäre diese Art des Widerstandes gegen die Senatspolitik nicht notwendig gewesen.

395 Die lex de piratis persequendis belegt darüber hinaus, daß die Komitien auch über die Vergrößerung der für einen Feldherren vorgesehenen provincia beschließen konnten (Hassall u. a., JRS 64, 1974, 202 Knid. Col. III 35ff u. ö. mit Sherwin-White, JRS 66, 1976, 6ff; ders., JRS 67, 1977, 70 und zum umstrittenen historischen Kontext des Gesetzes Bulin, Untersuchungen 15ff und Pohl, Politik 219ff. 224ff). Aber der Feldherr durfte, wenn es im öffentlichen Interesse notwendig schien, seine Provinz auch ohne Senatsbeschluß verlassen (vergl. Pohl, Politik 232; Klodt, Rede 36f A.68 und 69). 396 Z. B. Liv. 4,58; vergl. weitere Belege bei: Liebemann, RE 5 (1903) 603 s.v. dilectus. Zu den Aushebungsproblemen im 2. Jh. v. Chr. vergl. Harris, War 49ff.

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3. Die Typologie der Kriegseröffnungen

3. Die Typologie der Kriegseröffnungen von 219 bis 167 v. Chr. ohne leges de bello indicendo und die politische Auslegung der rechtlichen Regeln bezüglich der korrekten Einleitung von Kriegen 3.1 Die Kontinuierung des Krieges in den spanischen und norditalischen Kommandogebieten Das vorgestellte Erklärungsmodell wird durch die Typologie der Kriegseinleitungen während der Zeit zwischen 218 und 167 v. Chr. bestätigt. Dieser Zeitraum bietet sich als Beobachtungsfeld an, weil die Überlieferung verhältnismäßig ausführlich und fast ununterbrochen ist. Außerdem geht sie mittel- oder unmittelbar auf zeitgenössische Quellen zurück397. Man darf deshalb authentische Erkenntnisse erwarten, wenn man die unterschiedlichen Arten der "verfassungsmäßigen" Kriegseinleitung (ohne lex de bello indicendo) betrachtet und die ihnen zugrundeliegenden Prinzipien sucht398. Für die zahlreichen Kriege Roms in Norditalien und Spanien zwischen 218 und 167 v. Chr. werden keine leges de bello indicendo überliefert399. Rom entsandte seit 218 v. Chr. Jahr für Jahr Imperienträger nach Norditalien und Spanien400. Bis 201 v. Chr. richteten sich ihre militärischen Handlungen vor allem gegen Karthago und seine Bundesgenossen. Die Kommandos nahmen demnach ihren Anfang beim Kriegsauftrag gegen Karthago, der wegen der großen Zahl karthagischer Bundesgenossen koordinierte militärische Aktionen an verschiedenen Orten erforderte. Im Verlauf des 2. Punischen Krieges bildeten sich in Spanien und Norditalien neue Koalitionen der einheimischen Stämme, in die Rom als Bundesgenosse der einen oder anderen Partei einbezogen war. Rom blieb auch nach dem Ende des 2. Puni397

Vergl. etwa Livius’ Verwendung des Polybios (Walsh, Livy 125f; Briscoe, Commentary 1, 1ff; 2, 2; Tränkle, Livius 27ff) oder seine Verarbeitung des Coelius Antipater, der z.T. auf Fabius Pictor zurückgeführt wird (z. B. W. Herrmann, Die Historien des Coelius Antipater, diss. Köln 1979 (Meisenheim a. Glan 1979) 60 A.2 [Coelius Antipater ist wahrscheinlich eine Quelle des Livius für den Beginn des 2. Punischen Krieges]; ders. ebenda 65 [Fabius Pictor ist wahrscheinlich eine Quelle des Coelius Antipater für die Vorgeschichte des 2. Punischen Krieges]). 398 Vergl. auch die methodischen Überlegungen bei Rich, Declaring 14f mit A.7 und ders., in: ders. u. a. (Hsgg.), War and Society in the Roman World (London 1995) 55. 399 Bemerkt z. B. von Rich, Declaring 15f; vergl. auch den Erklärungsversuch Mommsens, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 55; 2 (3. Aufl.) 99f, der meint, diese Kriege hätten die Konsuln als Teil ihres konsularischen imperium ohne Mitwirkung des Senates geführt. Zu den Kriegen in Spanien und Oberitalien bis 191 v. Chr. vergl. Schlag, Regnum 24ff. 40ff. 400 Hierfür genügt es, allgemein auf die Sammlungen bei Broughton, MRR 1 für die Zeit von 218 v. Chr. an zu verweisen.

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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schen Krieges in diesen Gebieten, entweder um die ehemaligen Verbündeten Karthagos weiter zu bekämpfen, mit denen es noch keinen Frieden geschlossen hatte401, oder um seine Bundesgenossen (d. h. die römischen Interessen) gegen feindliche Koalitionen zu schützen402. Nach 201 v. Chr. gelang es Rom weder in Spanien noch in Norditalien, einen dauerhaften Frieden (der den römischen Interessen entsprach) zu erzwingen403. Deshalb wurden immer wieder Feldherren nach Spanien und Norditalien geschickt. Neuer Volksbeschlüsse (in der Form der lex de bello indicendo) bedurfte es aber nicht, weil seit 218 v. Chr. die Reihe der in diese Provinzen entsandten Imperienträger nicht abriß. Der Senat beschloß seitdem ununterbrochen norditalische und spanische Provinzen für die Konsuln und Prätoren404.

3.2

Varianten und rechtliche Prinzipien der Kriegseröffnung ohne lex de bello indicendo – Beispiele

Die Imperienträger konnten auf der Grundlage ihres militärischen Kommandos eigenverantwortlich oder auf Beschluß des Senates innerhalb und außerhalb ihres ursprünglich vorgesehenen Einsatzgebietes militärisch handeln, wenn Gefahr für die Bundesgenossen oder die römischen Interessen bestand405. Die Präliminarien des 1. Makedonischen Krieges, der Kriege Roms gegen Syrakus, die Auseinandersetzungen um den Feldzug des M. Popillius Laenas gegen die Ligurer (173 v. Chr.) und die Ereignisse in Histrien 171/170 v. Chr. sind treffende Beispiele dafür. 401

So fehlte etwa nach 201 v. Chr. ein Frieden mit den Galliern in Norditalien. Z. B. Liv. 34,11,1f: Ilergeten bitten Römer um Hilfeleistung; vergl. auch den bei Hackl, Senat 55f geschilderten Fall aus der Mitte des 2. Jh. v. Chr. 403 Vergl. Liv. 39,1,8 (zum Jahr 187 v. Chr.) bzgl. des norditalischen Kriegsschauplatzes: nec deerat unquam cum iis vel materia belli vel causa, quia propter domesticam inopiam vicinos agros incursabant. nec tamen in discrimen summae rerum pugnabatur. Zur Verbindung der ligurischen mit den gallischen Kriegen vergl. Liv. 36,39,6ff. 404 Bei der Verteilung der spanischen Provinzen griffen die Komitien 204, 201 und 200 v. Chr. durch die Wahl bestimmter Personen bzw. (Pro-)Magistrate ein. Diese Komitienbeschlüsse waren aber keine Entscheidungen über das Fortbestehen der einmal eingerichteten Kommandos, sondern lediglich Personenentscheidungen. Im Jahr 198 v. Chr. versuchte man wegen des voraussichtlich dauerhaften Engagements in Spanien mit einem Gesetz die Zahl der verfügbaren Prätoren zu erhöhen, um ordentliche Magistrate zum Kriegsschauplatz Spanien schicken zu können (198 v. Chr. lex de creandis praetoribus sex [Rotondi, Leges 266] und 181 v. Chr. lex Baebia de praetoribus [Rotondi, Leges 277f und Hantos, Res 91 A.5]). Zu Catos Stellungnahme gegen die lex Baebia de praetoribus vergl. B. Janzer, Historische Untersuchungen zu den Redefragmenten des M. Porcius Cato. Beiträge zur Lebensgeschichte und Politik Catos (Würzburg 1936) 53. 405 Dies wurde z. B. von Mommsen (Staatsrecht 3, 1248) erkannt (vergl. auch Walbank, JRS 31, 1941, 88f A.50 und Rich, Declaring 15 A.10), aber nicht für die Frage nach der Funktion der lex de bello indicendo genutzt. 402

100

3. Die Typologie der Kriegseröffnungen

Der Prätor Peregrinus M. Valerius Laevinus erhielt 215 v. Chr. die aus Sizilien zurückgekehrten Legionen406. Er wurde für Apulien und Lucanien als Feldherr eingesetzt. In Apulien sollte er das Heer des M. Terentius Varro übernehmen407. Als im Verlauf des Jahres die Verhandlungen und der Vertragsschluß zwischen Philipp und Hannibal bekannt wurden408, erhielt Valerius Laevinus auf Beschluß des Senates den Auftrag, die italische Küste zu schützen und auf den neuen Bundesgenossen Karthagos Obacht zu geben409. Zu diesem Zweck begab sich Valerius Laevinus zunächst nach Brundisium zur römischen Flotte410. Als ihn Apollonia und Orikum gegen Philipp zur Hilfe riefen, setzte er nach Griechenland über und vertrieb die makedonische Besatzung411. Kurze Zeit später erhielt er vom Senat Griechenland und Makedonien mit einer Legion und der Flotte, deren Oberbefehlshaber er bereits war, als Provinzen zugeteilt412. In der folgenden Zeit führte Laevinus den Krieg gegen Philipp, weshalb er später eine Koalition mit Aetolien und anderen einging413. Man erfährt nichts von einer lex de bello indicendo der Komitien gegen Makedonien, weil das neue Kriegsgebiet414 als Teil des Krieges gegen Karthago verstanden wurde. Deshalb konnte ein ursprünglich für diesen Krieg vorgesehener Imperieninhaber ohne speziellen Auftrag der Komitien und allein auf Senatsbeschluß an den neuen Kriegsschauplatz abkommandiert werden und Truppen gegen Makedonien einsetzen, die ursprünglich zum Krieg gegen Karthago ausgehoben worden waren. Die Präliminarien der Kriege gegen Syrakus erweitern diese Interpretation um zusätzliche Aspekte415. In Sizilien standen seit 218 v. Chr. römische Feldherren416. Sie bekämpften zusammen mit Hieron die karthagischen Truppen und Flotte von Sizilien aus417. Mit der militärischen Präsenz sicherte Rom den strategisch wichti406

Liv. 23,32,2; weitere Belege bei Broughton, MRR 1, 255. Liv. 23,32,16. 408 Liv. 23,33f. 38f; weitere Belege und Literatur zum Vertrag zwischen Hannibal und Philipp bei Schmitt, StVA 3, Nr. 528 [245ff]. 409 Liv. 24,10,4. 410 Liv. 24,11,4. 20,12ff. 411 Liv. 24,40,1ff. 412 Liv. 24,44,5. 413 Schmitt, StVA 3, Nr. 536 [258ff]. 414 Siehe den Text der beabsichtigten Koalition zwischen Philipp und Hannibal: Schmitt, StVA 3, Nr. 528 [245ff]. 415 Quellen bei Broughton, MRR 1, 254. 256. 258ff passim; vergl. Eckstein, Senate 136ff. 416 Broughton, MRR 1, 238. 248. 250. 254 passim. 417 Z. B. Liv. 21,49,2ff. 50,7ff; 22,56,6ff u. ö. 407

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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gen Stützpunkt gegen Separationsversuche der Sizilioten und karthagische Angriffe. Nach dem Tod des Hieron kam es zum Bruch zwischen Rom und Hieronymos von Syrakus418. Der römische Feldherr in Sizilien, App. Claudius Pulcher, versuchte mit zwei Gesandtschaften Hieronymos als Bundesgenossen Roms zu erhalten419, doch verbündete sich dieser mit Karthago und erteilte der zweiten Gesandtschaft des Appius Claudius eine Antwort, die einer Kriegserklärung gleichkam420. Auf die Nachricht vom unvermeidlichen Krieg gegen Hieronymos verlängerte der Senat die in Sizilien bestehenden Kommandos und schickte weitere Imperienträger dorthin421. Im Jahr 214 v. Chr. wurde der Konsul M. Claudius Marcellus nach Sizilien entsandt422. Nach der Ermordung des Hieronymos423 kam es zu inneren Wirren in Syrakus, an deren Ende die römerfreundliche Partei siegte und einen Vertrag zwischen Syrakus und Rom erreichte424. Der unterlegenen Partei unter Hippokrates gelang es jedoch schon bald, durch geschickte Fehlinformation der syrakusanischen Bevölkerung den Sturz der Römerfreunde zu erreichen425. Nach syrakusanischen Angriffen auf römische Gesandte426 stellte Claudius Marcellus, der gegen Syrakus marschierte, mit einer weiteren Gesandtschaft ein Ultimatum427. Als dieses nicht erfüllt wurde, begann er den Krieg. Eine lex de bello indicendo wird weder im ersten noch im zweiten Fall berichtet. Auf Veranlassung der römischen Feldherren wurden Gesandtschaften nach Syrakus geschickt, die einen friedlichen Vergleich suchen und den Krieg ultimativ ankündigen sollten428. Ein Mandat des römischen Senates oder der Komitien brauchten die Feldherren dazu und zur folgenden Eröffnung der kriegerischen Handlungen anscheinend nicht429. Zumindest am Beginn des zweiten Konfliktes hatte Syrakus ein gültiges Vertragsverhältnis mit Rom. Damit verliert Mommsens Vermutung, einer lex de bello indicendo hätte es nur gegen Vertragspartner Roms bedurft, ihre Über418

Liv. 24,4-6 (polybianisch Walsh, Livy 125 A.6). Liv. 24,6,4f (polybianisch Walsh, Livy 125 A.6); Plb. 7,3. 5. (Walbank, Commentary 2, 33ff). 420 Insbes. Plb. 7,5. 421 Liv. 24,10,3. 5. 11,2. 12,7f (annalistisch). 422 Liv. 24,21,1 (polybianisch Walsh, Livy 125 A.6); zur unsicheren Chronologie vergl. Eckstein, Senate 345ff. 347. 349. 423 Liv. 24,7,2ff (polybianisch Walsh, Livy 125 A.6). 21f (polybianisch Walsh, Livy 125 A.6). 424 Liv. 24,23ff. 27f (polybianisch Walsh, Livy 125 A.6); Schmitt, StVA 3, Nr. 530 [252ff]. 425 Liv. 24,30ff (polybianisch Walsh, Livy 125 A.6). 426 Liv. 24,33,2 (polybianisch Walsh, Livy 125 A.6). 427 Liv. 24,33,3ff. 6 (Kriegserklärung) (polybianisch Walsh, Livy 125 A.6). 428 Liv. 24,6,4f; Plb. 7,3. 5; Liv. 24,33,2ff. 429 Vergl. die Überlegungen bei Eckstein, Senate 137. 154. 419

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3. Die Typologie der Kriegseröffnungen

zeugungskraft430. Es ist auch nicht einzusehen, weshalb die Verabschiedung einer lex de bello indicendo vom völkerrechtlichen Verhältnis des Gegners zu Rom abhängen sollte, wenn sie nur eine Art der vom Volk kontrollierten Kommandoschaffung war. Die fehlende lex de bello indicendo und die eigenverantwortlichen Verhandlungsversuche der Feldherren vor Ort werden erneut durch die Tatsache erklärt, daß die Kriege gegen Syrakus431 als Teil des Krieges gegen Karthago verstanden wurden. Die in Sizilien stationierten Feldherren waren durch ihr militärisches Kommando befugt, den Krieg gegen den neuen sizilischen Verbündeten Karthagos diplomatisch einzuleiten und zu eröffnen. Innerhalb der für den Feldherrn bestimmten Provinz waren dessen eigenverantwortliche militärische Handlungsmöglichkeiten umfangreich, aber nicht grenzenlos. Das Beispiel des M. Popillius Laenas zeigt dies deutlich432. Dieser erhielt als Konsul des Jahres 173 v. Chr. Ligurien als Provinz zugeteilt, das als Kriegsherd seit kurzem fast ganz zur Ruhe gekommen war433. Deshalb bestimmte der Senat in diesem Jahr eine Zehnerkommission, die das in Ligurien und Gallien gewonnene Land verteilen sollte434. Nach seiner Ankunft in Ligurien besiegte Popillius Laenas die ligurischen Stateller bei Carystus, woraufhin die Ligurer sich ihm ergaben. Nach ihrer Entwaffnung zerstörte er Carystus und versklavte die Ligurer entgegen ihrer Erwartung, weil sie sich durch die deditio davor gesichert glaubten. In einem Brief an den Senat rühmte sich Popillius Laenas seines Erfolges, worauf der Senat entsetzt reagierte und den Konsuln aufforderte, die versklavten Ligurer wieder zurückzukaufen, frei zu lassen und ihnen ihre geraubte Habe zurückzuerstatten. Darüber hinaus solle er die Ligurer wieder bewaffnen435. Der Senat beabsichtigte, wie die Entsendung der Zehnerkommission kurz zuvor zeigte, eine Befriedung Liguriens, der das Verhalten des Popillius Laenas politisch entgegenstand. Auch dessen be430

Mommsen, Staatsrecht 3, 341f. 342 A.2. 591 A. Siehe das Bündnis zwischen Hieronymos und Karthago und Hippokrates’ enge Verbindung zu Hannibal: Liv. 24,6,1ff (polybianisch Walsh, Livy 125 A.6); Schmitt, StVA 3, Nr. 529 [251ff]. 432 Belege bei Broughton, MRR 1, 407f. 410f; Eder, Repetundenverfahren 24ff; Graeber, WJ 15, 1989, 144ff; Rich, in: ders. u. a. (Hsgg.), War and Society in the Roman World (London 1993) 58; vergl. auch die ähnlich gelagerten Fälle bei Liv. 9,42,1; 10,37. 46,16; 29,19,6; 36,39 mit Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 57 mit A.3; 128 mit A.3; 629 A.4 und ders., Staatsrecht 2 (3. Aufl.) 320 A.3. 433 Liv. 42,1,1f. Vor 173 v. Chr. Feldherren in Ligurien vergl. Broughton, MRR 1, 397 (177 v. Chr.); 400ff (176 v. Chr.); 401f (175 v. Chr.); für 174 v. Chr. fehlen Berichte über Kriegshandlungen in Ligurien bzw. Gallien. 434 Liv. 42,4,3f. 435 Liv. 42,7,3 - 8,8. 431

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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herztes Auftreten gegen den Beschluß des Senates blieb erfolglos436. Er kehrte nach seinem Auftreten im Senat in seine Provinz zurück. Der Bruder des Popillius Laenas, C. Popillius Laenas, wurde im folgenden Jahr Konsul437 und verhinderte den Versuch des Senates und seines Kollegen, über Ligurien noch einmal zu verhandeln und den alten Senatsbeschluß zu erneuern, indem er seine Interzession gegen entsprechende Schritte seines Kollegen in Aussicht stellte. Dies hielt seinen Kollegen davon ab, einen Antrag im Senat zu stellen. Der Senat, dem dies nicht recht war, versuchte daraufhin erfolglos, die Konsuln bei der Provinzvergabe unter Druck zu setzen. Beide Konsuln erhielten gegen ihren Willen Ligurien als Provinz zugeteilt438. Popillius Laenas, der einige Zeit als Promagistrat in Ligurien blieb, weil die Streitigkeiten um die Provinzvergabe die Abreise der Konsuln verzögerten, berichtete von neuerlichen Erhebungen in Ligurien439. Diese waren das Ergebnis seines politisch unklugen Verhaltens gegenüber den ligurischen Statellern. Deshalb veranlaßte der Senat zwei Volkstribunen, einen Gesetzesantrag zugunsten der verständigungsbereiten Ligurer beim Volk zu stellen, der Untersuchungen auch gegen den schuldigen Popillius Laenas vorsah. Den Konsuln sollte eine Geldbuße auferlegt werden, wenn sie nicht unverzüglich in ihre Provinz gingen. Nach der Annahme des Gesetzesvorschlages wurde der Prätor C. Licinius Crassus mit der Untersuchung beauftragt440. Nachdem Popillius Laenas von den Konsuln in Ligurien abgelöst worden war, versuchte er zunächst, sich dem Verfahren durch Nichterscheinen zu entziehen441. Durch ein zweites Gesetz wurde er zur Rückkehr gezwungen. In einem Senatsbeschluß wurde erneut die Restituierung der friedwilligen Ligurer beschlossen und später durchgeführt442. Popillius Laenas entging dem Prozeß durch einen Verfahrenstrick des Prätors Licinius Crassus, der von den Popilliern und den abwesenden Konsuln dazu bewogen wurde443. Die skizzierten Ereignisse zeigen, daß der Senat zusammen mit den übrigen Magistraten und Volkstribunen politisch unkluge militärische Handlungen der Feldherren in ihren Provinzen durch Senats- oder Komitienbeschlüsse rückgängig machen 436

Liv. 42,9,1ff. Broughton, MRR 1, 410f. 438 Liv. 42,10,9-15. 439 Liv. 42,21,1ff. 440 Liv. 42,21,1ff; Broughton, MRR 1, 411. 441 Liv. 42,22,1ff. Für die Strategie, sich durch Nichterscheinen einem Verfahren zu entziehen, vergl. auch Liv. 10,37,6ff. 442 Liv. 42,22,3. 443 Liv. 42,22,7f. 437

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3. Die Typologie der Kriegseröffnungen

bzw. durch Prozesse die verantwortlichen Feldherren bestrafen konnte. Wären die Magistrate des Jahres 172 v. Chr. mit dem Senat einig gewesen, wäre diese Art der stadtrömischen (politischen) Kontrolle über den Feldherrn Popillius Laenas sicher erfolgreich gewesen. Zu Konflikten über die Auslegung der beobachteten feldherrlichen Rechte konnte es kommen, wenn der Feldherr sie gegen den Willen des Senates zu Angriffskriegen außerhalb der Provinz nutzte. Die histrischen Ereignisse von 171 v. Chr. zeigen dies beispielhaft444. Der Konsul C. Cassius Longinus erhielt nach der Auseinandersetzung um die Provinzvergabe durch das Los Italien (bzw. Gallien) als Provinz445. Er begab sich nach Gallien und versuchte, von dort über den Landweg nach Illyrien zu gelangen. Als die römischen Senatoren durch Gesandte Aquileias davon erfuhren, konnten sie es nicht glauben und suchten Cassius Longinus’ eigenmächtige Truppenbewegung446 als Krieg gegen die Carner oder Histrier zu erklären447. Der mit Italien bzw. Gallien beauftragte Konsul konnte demnach ohne Mandat des Senates solche Verteidigungszüge für Bundesgenossen Roms auch außerhalb seiner Provinz führen. Er konnte darüber hinaus mit Hilfeleistungen für römische Kolonisten, wie im Falle Aquileias, vom Senat beauftragt werden. Das zeigt das Angebot des Senates auf das aquileische Hilfegesuch: ... cum peterent ut senatus curae haberet quomodo ea colonia muniretur, interrogati vellentne eam rem C. Cassio consuli mandari ...448. Hätten sich die Aquileer sofort an den Konsuln wenden können, hätte es sicher in seiner Kompetenz gelegen, ihnen von sich aus Hilfe zukommen zu lassen. Strafbar war Cassius Longinus’ Verhalten nur, weil er ohne akzeptablen Grund (wie z. B. einen Verteidigungskrieg) eigenmächtig seine Provinz verließ und diese gegen feindliche Angriffe schutzlos zurückließ, um ohne Mandat des Senates in einen anderen Amtsbereich (Makedonien/Illyrien) vorzudringen. Angriffskriege außerhalb seiner Provinz waren vom Mandat des Senates abhängig, wie die vom Senat unverzüglich an Cassius Longinus entsendeten Gesandten klarstellen sollten:... nuntient ne bellum cum ulla gente moveat nisi cum qua senatus gerendum censuerit449. 444

Belege bei Broughton, MRR 1, 416; vergl. Eder, Repetundenverfahren 41ff. Liv. 42,31,1. 32,1ff. 446 Liv. 43,1,4-12. 447 Liv. 43,1,7 ea res primo incredibilis visa, et pro se quisque credere Carnis forsitan aut Histris bellum inlatum. 448 Liv. 43,1,6f. 449 Liv. 43,1,10f. 445

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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Ferner konnten auch neue militärische Kommandos ohne ausdrücklichen Kriegsauftrag (also auch ohne lex de bello indicendo) mit Beteiligung der Volksversammlung geschaffen werden. 193 v. Chr. wurde kein Imperienträger nach Griechenland entsendet450. Als sich 193/192 v. Chr. der Konflikt zwischen Nabis und Achaia wegen der Küstenstädte zuspitzte, benachrichtigten die Achaier Rom von Nabis’ Vertragsverletzung451. Noch vor der Rückkehr der zu Antiochos geschickten Gesandtschaft, die Rom über die politische Entwicklung im Osten informieren sollte452, beschlossen der Senat und die Komitien, die Provinzen der 192 v. Chr. für Spanien vorgesehenen Magistrate zu ändern. Die Prätoren A. Atilius Seranus und M. Baebius Tamphilus erhielten auf Beschluß des Senates und der Komitien neue Provinzen und die damit verbundenen militärischen Kommandos453. Atilius Seranus bekam Makedonien (bzw. Griechenland) und die Flotte zugeteilt, Baebius Tamphilus erhielt Bruttium als Provinz. Die notwendigen Anordnungen zur Truppenausstattung der Feldherren veranlaßte der Senat454. Livius berichtet über den eigentlichen Zweck dieser Provinzänderung, daß sie gegen Nabis gerichtet war455, und in der Tat wurde Atilius Seranus einige Zeit später nach Griechenland entsandt456. Die in Bruttium stationierten Truppen des Baebius Tamphilus setzten später nach Griechenland über457. Bemerkenswert an dem geschilderten Fall ist, daß zum Senatsbeschluß ein Volksbeschluß über die Provinzänderung hinzutreten mußte, offensichtlich weil es seit 193 v. Chr. keine Kommandos in den vorgesehenen neuen Einsatzgebieten (oder in deren Nähe) gab. Dieser Volksbeschluß war aber keine lex de bello indicendo. Denn den Auftrag zum Schutz der Bundesgenossen, der den Krieg mit Nabis zur Folge haben mußte, erteilte der Senat erst einige Zeit nach der Provinzän450

Broughton, MRR 1, 346ff. Vorgeschichte: Liv. 35,12,3ff. 13,1ff (polybianisch Tränkle, Livius 27, Briscoe, Commentary 2,2). Die Gesandtschaft an Antiochos vergl. Liv. 35,13,2ff (polybianisch Tränkle, Livius 27; Briscoe, Commentary 2,2). 452 Liv. 35,22,1f (annalistisch); weitere Quellen zur Gesandtschaft vergl. Broughton, MRR 1, 348f. 453 Liv. 35,20,9ff. 21,1f (annalistisch); Briscoe, Commentary 2, 174ff weitere Quellen bei Broughton, MRR 1, 350. 454 Liv. 35,21,1. 24,7 (annalistisch). 455 Liv. 35,20,13 (annalistisch) hi duo praetores et duo exercitus, terrestris navalisque, adversus Nabim aperte iam oppugnantem socios populi Romani dicebantur parari ... 456 Liv. 35,22,2 (annalistisch) cum classe missus in Graeciam est ad tuendos socios . 457 Liv. 35,24,7 (annalistisch). 451

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derung458. Neben der lex de bello indicendo, die unmittelbar den Kriegszustand herstellte und auf diese Weise ein militärisches Kommando (oder mehrere) begründete, gab es also noch eine andere Möglichkeit, ein solches Kommando zu schaffen. Ohne speziellen Kriegsauftrag konnten (auch während des laufenden Konsulatsjahres) neue "Beobachtungskommandos" unter Mitwirkung des Volkes geschaffen werden, die auf Beschluß des Senates zu defensiven Kriegskommandos (Schutz der Bundesgenossen) erweitert werden konnten. Die Kriegsmandate des Senates an Imperieninhaber in "ständigen Provinzen" sind die häufigste Spielart dieser Möglichkeit. Den politischen Entscheidungsspielraum zur Erweiterung der "Beobachtungskommandos" nutzte der Senat 201/200 und 191 v. Chr. nicht. Er entschloß sich trotz bereits bestehender Kommandos in Makedonien bzw. Griechenland, eine lex de bello indicendo einbringen zu lassen459. Wenn es ein "Beobachtungskommando" im intendierten Kriegsgebiet gab, dann war es also vornehmlich eine politische Entscheidung, ob man die lex de bello indicendo einbringen wollte. Die auch innenpolitische Bedeutung der Kriegsentscheidungen von 200 und 191 v. Chr. erklärt das damalige Vorgehen des Senates zur Genüge. Im Jahr 193/192 v. Chr. dagegen beabsichtigte der Senat wohl, keine deutliche Kriegsaussage zu treffen, wie es eine lex de bello indicendo gewesen wäre460. Mit dem defensiven Auftrag zum Schutz der Bundesgenossen konnte der Konflikt Roms/Achaias mit Sparta/Aetolien auf Griechenland begrenzt werden. Dies war wahrscheinlich als politisches Signal an Antiochos gedacht461. Ferner gilt es festzuhalten, daß das militärische Kommando auch nicht zwangsläufig mit dem Ende des Krieges aufhörte. So erhielt der Konsul des Jahres 189 v. Chr., M. Fulvius Nobilior, auf Beschluß des Senates Aetolien als Provinz und zusätzlich den Auftrag, nach Kephallenia überzusetzen462. Nachdem die Amphilocher, Doloper und Ambrakier von der römischen Allianz gegen Aetolien abgefallen wa458

Liv. 35,22,2 (annalistisch). 200 v. Chr.: M. Valerius Laevinus erhält die ehemals sizilische Flotte mit der neuen Provinz Makedonien (Liv. 31,3,1ff; vergl. Broughton, MRR 1, 321. 324; gegen die Kritik an der Authentizität der Überlieferung vergl. Briscoe, Commentary 1, 60). 460 Deshalb wohl auch das verhältnismäßig späte Erscheinen des A. Atilius Seranus vor Gytheion: Liv. 35,37,1ff (polybianisch Tränkle, Livius 27). 461 Auf die auch sonst kriegsvermeidende Politik Roms im Vorfeld des Krieges weist in anderem Zusammenhang E. Badian, Rom und Antiochos der Große. Eine Studie über den Kalten Krieg, WG 20, 1960, 208ff. 219f (203-225) hin. 462 Liv. 37,50,4ff; weitere Quellen zu seinem Amtsjahr vergl. Broughton, MRR 1, 360. 459

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ren463, zog Fulvius Nobilior auf den Rat der Epiroten hin gegen Ambrakia464. Dieser Feldzug wurde offensichtlich als Teil seines Auftrages gegen Aetolien verstanden und bedurfte keines gesonderten Senatsmandates. Während erneuter Friedensverhandlungen der Aetoler in Rom forderte Fulvius Nobilior mit einer Gesandtschaft Kephallenia zur Kapitulation auf465. Nach der Kapitulation der Inselgemeinden fiel allein Same von Rom ab und wurde eingenommen466. Mit diesem Feldzug erfüllte Fulvius Nobilior den zweiten Teil seines Auftrages467. Danach setzte er auf die Peloponnes über und mischte sich in den Konflikt zwischen Sparta und Achaia ein468. Er befahl die Einstellung der kriegerischen Handlungen469. Nach dem Senatsbeschluß über die Angelegenheit wurde ihm das Kommando vom Senat für ein Jahr verlängert, wobei er angewiesen wurde, in seine Provinz zurückzukehren470, obwohl der Krieg gegen Aetolien durch einen Friedensvertrag beendet worden war471. Fulvius Nobiliors Intervention auf der Peloponnes war, auch wenn sie außerhalb seiner Provinz stattfand, durch sein Kommando gedeckt, weil die Spartaner sich ihm im Verlauf des Krieges mit Achaia ergeben hatten472. Nach der Entscheidung des Senates über Sparta war Fulvius Nobiliors Anwesenheit dort nicht mehr notwendig473. Das Kriegskommando endete – wie der Senatsbeschluß zeigt – aber nicht notwendig mit einem förmlichen Friedensvertrag zwischen Rom und dem Hauptkriegsgegner. Die unterschiedlichen Varianten "verfassungskonformer" Kriegseinleitung, die indirekt die spezifische Funktion der lex de bello indicendo beleuchten, wurden bisher exemplarisch vor allem mit Hilfe annalistischen und polybianischen Traditionsgutes im Geschichtswerk des Livius rekonstruiert. Sie können auch unmittelbar den Kriegserzählungen des Polybios entnommen werden, so daß sie als Verfassungswirklichkeit des 2. Jh. v. Chr. als gesichert gelten dürfen474. Polybios berichtet von 463

Liv. 38,3,3ff (polybianisch Tränkle, Livius 28). Liv. 38,3,9ff (polybianisch Tränkle, Livius 28). 465 Liv. 38,28,5 (polybianisch Tränkle, Livius 28). 466 Liv. 38,28,7ff (polybianisch Tränkle, Livius 28). 467 Liv. 37,50,4ff (annalistisch). 468 Liv. 38,30. 32,3ff (polybianisch Tränkle, Livius 28). 469 Liv. 38,32,4f (polybianisch Tränkle, Livius 28). 470 Liv. 38,32,9f (polybianisch Tränkle, Livius 28). 471 Liv. 38,8f (polybianisch Tränkle, Livius 28); Plb. 21,29f. 472 Liv. 38,31,5f (polybianisch Tränkle, Livius 28). 473 Liv. 38,32,9 (polybianisch Tränkle, Livius 28). 474 Vergl. auch die polybianischen Partien bei Livius, die mit diesem Thema unmittelbar zusammenhängen, insbes.: Krieg des T. Quinctius Flamininus gegen die Boiotier bzw. Nabis, Liv. 33,27464

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den Präliminarien des Krieges gegen die ligurischen Oxybier und Dekieten475. Gesandte Massilias baten im römischen Senat um Hilfe gegen die Oxybier und Dekieten. Daraufhin schickte der Senat eine römische Gesandtschaft zu den Oxybiern und Dekieten, um den Konflikt friedlich zu schlichten. Die Gesandtschaft blieb erfolglos und wurde sehr unfreundlich behandelt. Auf diese Nachricht hin schickte der Senat den Konsuln Q. Opimius, um den Krieg zu beginnen. Dieser versammelte sein Heer in Placentia476 und zog gegen die Dekieten und Oxybier. Gallien und/oder Ligurien477 waren wahrscheinlich seine Provinz, als er vom Senat mit diesem Kriegszug beauftragt wurde. Andernfalls hätte er neue Truppen in Rom versammeln müssen. Der Krieg wurde demnach von einem Imperienträger außerhalb seiner Provinz auf Veranlassung allein des Senates geführt. Diese Möglichkeit begegnete uns bisher indirekt durch die Überlegungen des Senates im Jahr 171 v. Chr.

3.3 Bestätigung der Beobachtungen durch weitere Beispiele aus der Zeit zwischen 219 und 167 v. Chr. Es ist unwahrscheinlich, daß leges de bello indicendo oder Senatsbeschlüsse regelmäßig wegen zufälliger Überlieferungslücken fehlen, denn Beispiele der rekonstruierten Variationsmöglichkeiten finden sich in der gut überlieferten Zeit von 218 bis 167 v. Chr. immer wieder. T. Quinctius Flamininus z. B. beabsichtigte 196 v. Chr. nach vergeblichen Wiedergutmachungsforderungen, allein auf der Grundlage seines Kommandos (also ohne Volks- oder Senatsbeschluß) in Griechenland zusammen mit den römischen Bundesgenossen gegen die Boioter Krieg zu führen, um deren Räubereien gegen römische Soldaten zu bestrafen478. Derselbe Quinctius Flamininus führte 195 v. Chr. nach einigen Vermittlungsversuchen479 gegen Nabis Krieg480, nachdem der Senat ihm Entscheidungsfreiheit ge29 mit Plb. 18,43 (Tränkle, Livius 27; Briscoe, Commentary 1, 1f); Liv. 34,22,4-40 (Tränkle, Livius 27; Briscoe, Commentary 2, 2). 475 Plb. 33,8,1 - 10,14; vergl. Liv. per. 47 Obseq. 17 [76]; Broughton, MRR 1, 449. 451. 476 Plb. 33,8,1 - 10,14; vergl. Walbank, Commentary 3, 549ff. 477 Zumindest Ligurien war im Jahr zuvor eine Provinz, vergl. Broughton, Magistrates 1, 448. 478 Liv. 33,27-29 insbes. 29,8ff (polybianisch Tränkle, Livius 27; Briscoe, Commentary 1, 1f); Plb. 18,43; weitere Quellen zu seinem Prokonsulat 196 v. Chr. bei Broughton, MRR 1, 336f. 479 Liv. 32,38f. 40,1ff (polybianisch Briscoe, Commentary 1, 1f). 44,8 - 45,4.

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lassen hatte, ob er wegen der Streitigkeiten zwischen Nabis und dem Achaischen Bund den Krieg gegen Nabis beginnen wolle481. Im Jahr 183 v. Chr. bat der Konsul M. Claudius Marcellus, dem die Provinz Ligurien zugefallen war, den Senat schriftlich um die Erlaubnis, gegen die Histrier Krieg führen zu dürfen482. Zum Zeitpunkt seines Schreibens stand er anscheinend in histrischem Gebiet483. Der Senat lehnte Claudius Marcellus’ Bitte ab484. Der Konsul kehrte daraufhin aus Histrien nach Rom zurück, um die Wahlen abzuhalten485. Zwei Jahre später werden defensive militärische Handlungen der Feldherren in Gallien gegen die Histrier berichtet486. Defensive Maßnahmen waren also von der Entscheidung des Senates offensichtlich nicht betroffen. Nur die Fortsetzung des aktiven Kriegszuges war demnach an das Mandat des Senates gebunden. Der Prätor Peregrinus L. Anicius Gallus erhielt für 168 v. Chr. zunächst die Provinz Illyrien circa Lychnidum487. Er sollte App. Claudius Centho ablösen. Nachdem es zum Bündnis zwischen dem bis dahin neutralen Genthios und Perseus gekommen war488 und Genthios römische Gesandte gefangengesetzt hatte, die an ihn geschickt worden war489, wurde Anicius Gallus vom Senat mit der Kriegsführung gegen Genthios beauftragt490. Damit begann er nach seiner Landung in Griechenland. Einer lex de bello indicendo bedurfte es für den Beginn der militärischen Handlungen offensichtlich nicht, weil der Krieg gegen Genthios als Teil des Perseuskrieges begriffen wurde. Ebenso ist der Kriegszug des Claudius Centho gegen den abgefalle-

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Liv. 34,24,6-29; weitere Quellen vergl. Broughton, MRR 1, 341. Liv. 33,45,3ff; 34,22,4ff (polybianisch Tränkle, Livius 27; Briscoe, Commentary 2, 2) (s. auch die Erklärungsversuche von Rich, Declaring 15 A.10 und Rich, in: ders. u. a. (Hsgg.), War and Society in the Roman World (London 1993) 56 und Eckstein, Senate 304 A.149 (entscheidet sich gegen die Historizität von Liv. 34,22,5; aber das hier vorgeschlagene Deutungsmodell macht eine solche Annahme überflüssig). Heuß, Grundlagen 45 hebt hervor, daß Quinctius Flamininus sich hinter dem Kriegsbeschluß der hellenischen Koalition verschanzt habe; ebenso E. Badian, Rom und Antiochos der Große. Eine Studie über den Kalten Krieg, WG 20, 1960, 212 [203-225]). 482 Liv. 39,55,4f (annalistisch), weitere Quellen zu seinem Amtsjahr bei Broughton, MRR 1, 378. 483 Liv. 39,56,3 (annalistisch). 484 Liv. 39,55,4f (annalistisch). 485 Liv. 39,56,3 (annalistisch). 486 Liv. 40,26,2f (annalistisch). 487 Liv. 44,21,4 (annalistisch); weitere Quellen zum Amtsjahr bei Broughton, MRR 1, 428. 488 Liv. 44,23,2ff (polybianisch Tränkle, Livius 28). 489 Broughton, MRR 1, 430; Liv. 44,27,11 (polybianisch Tränkle, Livius 28). 490 Liv. 44,30,1 (polybianisch Tränkle, Livius 28). 481

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3. Die Typologie der Kriegseröffnungen

nen Teil von Epiros in den Jahren 170/169 v. Chr. zu verstehen, dem keine innerrömische Beschlußfassung über den Krieg vorausging491.

3.4 Die politischen Auslegungsmöglichkeiten der Prinzipien ordnungsgemäßer Kriegseröffnung Mehrfach begegnet es bei Polybios und den Annalisten, daß der durch Waffenstillstand unterbrochene Krieg nach vergeblichen Friedensgesandtschaften des Gegners allein auf Beschluß des Senates fortgesetzt wurde492. Eines Komitienbeschlusses bedurfte es deshalb nicht, weil der Imperienträger in der Regel noch vor Ort war493. Schwierigkeiten der Kompetenzabgrenzung zwischen den Komitien und dem Senat wurden erst sichtbar, wenn nach langjährigem Waffenstillstand der Krieg wieder aufgenommen wurde. Hierfür bietet Livius in der ersten Dekade ein Beispiel, das vor allem als indirekte Spiegelung der Situation im 1. Jh. v. Chr. gewertet werden sollte494. Der Senat schickte 427 v. Chr. eine Gesandtschaft der fetiales nach Veii, um Genugtuung zu fordern, obwohl Veii nur einen Waffenstillstand (und keinen Frieden) mit Rom abgeschlossen hatte, dessen zeitliche Begrenzung abgelaufen war, und gegen den es zuvor verstoßen hatte. Der aktuelle Kriegszustand, das Unrecht und die Kriegsabsicht Veiis waren deshalb nicht zu bezweifeln. Umstritten war es in Rom, ob der Krieg allein auf Senatsbeschluß geführt werden dürfe oder ob es einer lex de bello indicendo bedürfe. Die Drohung eines Volkstribunen, er würde die Aushebungen durch Interzession verhindern, veranlaßte schließlich den Konsuln, den iussus populi einzuholen. Man konnte den iussus populi nur dann für unnötig halten, wenn man im Waffenstillstand nur die vorübergehende Unterbrechung des Krieges sah495, dessen zugehöriges Kommando zwar zeitweise ruhte, aber erst 491

Vorgeschichte: Liv. 42,18,3. 36,8f. 38,1. 55,1 (polybianisch Tränkle, Livius 28); Beginn des Konfliktes: Liv. 43,18,3. 21,4ff (polybianisch Tränkle, Livius 28); weitere Belege vergl. Broughton, MRR 1, 422. 425. 492 Z. B. Plb. 18,12,1f; 35,3,1ff; Sall. Iug. 35,10 - 36,1. 493 Gesandtschaften feindlicher Staaten wurden in Rom nur auf Vermittlung des Feldherren (z.B. Plb. 18,10; Liv. 8,2,4; 37,49,8) vom Senat außerhalb des pomerium empfangen, da sie in den Bereich militiae gehörten; vergl. Linderski, in: Ed. Frézouls/A. Jacquemin (Hsgg.), Les relations international (Paris 1995) 466ff (mit Quellen und Literatur). 494 Liv. 4,30,13ff; vergl. Herzog, Geschichte 1, 945; Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 286 und Täubler, Imperium 29f. 495 Dies war die gängige Vorstellung: Täubler, Imperium 29f.

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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mit dem förmlichen Frieden endete. Dies ist die Ursache dafür, daß in der Regel nur ein Senatsbeschluß nötig war, wenn der Krieg durch einen Waffenstillstand unterbrochen war. Das übliche Verfahren konnte aber, wie das Beispiel zeigt, variabel gehandhabt werden. Falls es die politische Opportunität gebot, konnte der iussus populi auch eingeholt werden, wenn er nicht zwingend notwendig war. Denn die staatsrechtlichen Regeln ließen die Möglichkeit zur Interpretation offen, so daß sie bei Bedarf gemäß der innenpolitischen Situation gehandhabt werden konnten. Ein starres Regelwerk hat es also nicht gegeben. Dagegen gab es interpretierbare Prinzipien und Regeln, nach denen sich die Feldherren in den Provinzen richten mußten, um nicht in Schwierigkeiten mit dem Senat insgesamt bzw. mit einzelnen Standesgenossen zu geraten.

3.5 Die Auslegung der Prinzipien ordnungsgemäßer Kriegseröffnung als Mittel in der innenpolitischen Auseinandersetzung Die weiten Auslegungsmöglichkeiten der herausgearbeiteten Regeln begünstigten innenpolitisch motivierte Anklagen gegen Feldherren, die ohne Mandat des Senates die Grenzen ihrer Provinz in kriegerischer Absicht überschritten496. Die Schicksale der Manlier (die Konsuln von 189 und 178 v. Chr.) sind dafür beispielhaft497. 178 v. Chr. entschied der Konsul A. Manlius Vulso, dem Gallien als Provinz zugeteilt war, nach Beratungen mit dem consilium, ohne vorherige Befragung des Senates gegen die Histrier zu ziehen, weil schnelles Handeln strategische Vorteile gegenüber dem sich rüstenden Feind brächte498. Manlius Vulso verstand demnach den Kriegszug als Defensivfeldzug. Ein Teil des consilium trat für eine Hinzuziehung des Senates ein499, wohl weil der Senat in den Jahren zuvor den aktiven Krieg gegen die Histrier abgelehnt hatte500. Auf die Nachricht vom anfänglichen Mißerfolg 496

Vergl. die ähnlichen Erscheinungen bei den Repetundenverfahren: Eder, Repetundenverfahren 15ff. 54ff. 88ff passim und die Materialsammlung bei Bauman, Crimen 22ff. 497 Vergl. zu Cn. Manlius Vulso die bei Nörr, Aspekte 123ff und die ebenda A.60 genannte Literatur; Scullard, Politics 139ff (zum innenpolitischen Hintergrund des Falls von Cn. Manlius Vulso). 186ff (zum innenpolitischen Hintergrund des Falls von A. Manlius Vulso) und neuerdings: Rich, in: ders. u. a. (Hsgg.), War and Society in the Roman World (London 1993) 57f. 498 Liv. 41,1,1f (annalistisch); weitere Quellen vergl. Broughton, MRR 1, 395. 499 Liv. 41,1,1 (annalistisch). 500 183 v. Chr.: Liv. 39,55,4f (der Senat lehnt die Bitte des M. Claudius um Erlaubnis zu einem Kriegszug gegen die Histrier ab).

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3. Die Typologie der Kriegseröffnungen

des Manlius Vulso in Histrien wurden vom Senat in Rom, Italien und der Provinz Gallien außergewöhnliche Aushebungen angeordnet501. Einige Prätoren des Jahres erhielten spezielle Aufträge zur Verteidigung der Nordprovinzen502. Als der Konsul M. Iunius Brutus berichtete, daß die Nachrichten von der vollständigen Niederlage des Manlius Vulso nicht zutrafen, wurde die beschlossene Mobilisierung abgebrochen503. Eigene Komitienbeschlüsse werden für die Mobilisierung nicht berichtet, da die Aushebungen für bereits bestehende Provinzen angeordnet wurden. Die weitere Kriegsführung in Histrien wurde nicht untersagt, und es wurde auch kein nachträglicher Komitienbeschluß für sie erwirkt. Während der von Iunius Brutus geleiteten Wahlen wurden von Volkstribunen in einer contio Vorwürfe gegen Manlius Vulso erhoben: deinde quaerentes quid ita non potius A. Manlius Romam venisset, ut rationem redderet populo Romano cur ex Gallia provincia, quam sortitus esset, in Histriam transisset. quando id bellum senatus decrevisset, quando populus Romanus iussisset?504. Der Beschluß des Volkes war, wie man an zahlreichen Beispielen sehen konnte, nicht notwendig. Streiten konnte man lediglich darüber, ob Manlius Vulso vor dem Kriegszug den Senat hätte befragen müssen505. Die Volkstribunen legten in der contio auf den angeblich fehlenden iussus populi vor allem deshalb Wert, weil sie Manlius Vulso vor der Volksversammlung diskreditieren wollten. Für das folgende Jahr erhielt der Konsul C. Claudius Pulcher auf Beschluß des Senates Histrien als Provinz506. Ein nachträglicher iussus populi zum Krieg in Histrien war offensichtlich nicht notwendig. Nach der Beendigung des Histrischen Krieges führte Claudius Marcellus gegen ligurische Stämme Krieg507. Den Histrischen Krieg führte Claudius demnach als Inhaber einer großen Nordprovinz, die Ligurien und Histrien umfaßte. Diese Provinz wurde nicht durch einen Volksbeschluß geschaffen, weil ihr Kern (Ligurien) in den Jahren zuvor bereits bestand508. Der Senat allein veranlaßte die Erweiterung der bereits bestehenden Nordprovinz um Histrien509. Claudius Pulcher feierte Triumphe über die Histrier und die Ligurer510. Von den angekündigten Anklagen gegen A. Manlius Vulso hört man in der 501

Liv. 41,5,3ff (annalistisch). Liv. 41,5,7. 6,4 (annalistisch); weitere Quellen Broughton, MRR 1, 395. 503 Liv. 41,5,9ff (annalistisch). 504 Liv. 41,7,7f (annalistisch). 505 Vergl. die Überlegungen im consilium des A. Manlius Vulso, Liv. 41,1,1f (annalistisch). 506 Liv. 41,8,4. 9,1. 8. 12,1ff (annalistisch); weitere Quellen bei Broughton, MRR 1, 397f. 507 Liv. 41,10ff (annalistisch). 508 Broughton, MRR 1, 391f. 395 passim. 509 Liv. 41,8,4. 9,1. 8. 12,1ff (annalistisch). 510 Liv. 41,13,6 (annalistisch) und Broughton, MRR 1, 397f. 502

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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folgenden Zeit nichts, weil die Kompetenzüberschreitung einerseits nicht so eindeutig war, wie es die Volkstribunen 178 v. Chr. erscheinen ließen. Andererseits wäre es außenpolitisch fragwürdig gewesen, Manlius Vulso für den Beginn eines Kriegszuges zu bestrafen, für dessen Beendigung Claudius Marcellus einen Triumph feierte. Das wäre einem Eingeständnis der römischen Kriegsschuld nahe gekommen. Der Fall des Cn. Manlius Vulso veranschaulicht, wie der politische Gegner die Regeln der verfassungskonformen Kriegseinleitung in der innenpolitischen Auseinandersetzung nach Belieben auslegen und ausnutzen konnte511. Der Krieg gegen Antiochos ging mit den Verhandlungen in Rom seinem Ende entgegen512. Dennoch wurde einer der Konsuln des Jahres 189 v. Chr. in die Provinz Asien geschickt, weil der Frieden noch nicht abgeschlossen war und der Senat fürchtete, mit den Galliern Asiens Krieg führen zu müssen513. Denn diese beteiligten sich, obwohl sie Bundesgenossen des Antiochos gewesen waren, nicht an den Friedensverhandlungen. Als Cn. Manlius Vulso seine Provinz erreichte, fehlte es ihm nicht an Gründen, gegen die Gallier Krieg zu führen514, die Antiochos Hilfstruppen gestellt hatten. Er gewann die Unterstützung des Attalos für den Kriegszug515 und gelangte nach einem Hilfs- und Bestrafungsfeldzug endlich in das Gebiet der asiatischen Gallier516. Nach gescheiterten Vermittlungsversuchen des Eposagnatos eröffnete er den Krieg gegen die Gallier517, die er so zu Friedensgesandtschaften an ihn zwang518. Am Ende seines Konsulatsjahres verlängerte der Senat sein imperium und gab damit sein Einverständnis zu Cn. Manlius Vulsos Feldzügen zu verstehen519. Nach dem förmlichen Abschluß des Friedens mit Antiochos520 erhielten auch die Gallier ihre Friedensbedingungen521. Bei der Provinzvergabe für 511

Quellen bei Broughton, MRR 1, 360. 366. 369; Nörr, Aspekte 123 A.60 (mit Literatur); zum innenpolitischen Hintergrund Scullard, Politics139ff. 142. 512 Zu den Präliminarien des Friedens von Apameia vergl. z. B. Täubler, Imperium 101ff. 513 Liv. 37,51,10 (vergl. auch 37,50,8) (annalistisch). 514 So auch Liv. 37,60,1f (annalistisch). 515 Liv. 38,12,7f (polybianisch Tränkle, Livius 28); Plb. 21,33,2. 516 Liv. 38,13ff (polybianisch Tränkle, Livius 28; ein Einfluß poseidonischen Gedankengutes auf die Darstellung des Livius bzw. seiner Quelle ist aufgrund von Liv. 38,17,9 wahrscheinlich; vergl. J. Malitz, Die Historien des Poseidonios [München 1983] 289). 517 Liv. 38,18,1ff (polybianisch Tränkle, Livius 28). 518 Liv. 38,25. 27 (polybianisch Tränkle, Livius 28). 519 Liv. 38,35,3. 7f (annalistisch]. 520 Vergl. Täubler, Imperium 101ff. 521 Liv. 38,40 (polybianisch Tränkle, Livius 28); Plb. 21,47; App. Syr. 44 (229ff).

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3. Die Typologie der Kriegseröffnungen

das Jahr 187 v. Chr. erhob der Konsul M. Aemilius Lepidus Vorwürfe gegen M. Fulvius Nobilior und Cn. Manlius Vulso522. Sie seien gegen jede Tradition bereits zwei Jahre in Provinzen, die wegen ihrer Bedeutung eher Konsuln und nicht "Privatleuten" zukämen. Er beschuldigte sie: vagari eos cum belli terrore per nationes quibus bellum indictum non sit, pacem pretio venditantes523. Es blieb dennoch bei der beschlossenen Provinzvergabe. Fulvius Nobilior und Manlius Vulso sollten mit ihren Heeren aus den Provinzen zurück nach Rom kommen524. Zuerst erwirkte Aemilius Lepidus gegen den eben zurückgekehrten Fulvius Nobilior einen nachteiligen Senatsbeschluß, weil er Ambrakia bestraft hatte525. Cn. Manlius Vulso verzögerte die Rückkehr nach Rom, bis die Konsuln des Jahres 187 v. Chr. (und vor allem M. Aemilius Lepidus) in ihre Provinzen aufbrachen526. Er beantragte für seine Erfolge in Asien einen Triumphzug beim Senat. Mitglieder der Zehnergesandtschaft, die zusammen mit ihm den Frieden in Kleinasien geregelt hatten, erhoben gegen ihn Vorwürfe unter anderem wegen seiner angeblich unautorisierten Kriegsführung gegen die Gallier. Ihr Ziel war die Verhinderung des Triumphes527. Die Argumentation des L. Furius Purpurio528 und L. Aemilius Paulus erinnert sehr an die des M. Aemilius Lepidus529. Manlius Vulso hielt den Vorwürfen entgegen, er habe die Gallier bestraft und zum Frieden gezwungen, die Antiochos im Krieg gegen Rom unterstützt hätten, deshalb habe er für den Krieg gegen die Gallier keines gesonderten Mandates bedurft530. Gegen den Vorwurf, er habe keinen friedlichen Ausgleich gesucht (bzw. den Krieg nicht förmlich eingeleitet), konnte er die vergeblichen Vermittlungsversuche des Epasagnatos geltend machen531. Die politisch motivierte Verdrehung der wirklichen Verhältnisse durch Furius Purpurio und Aemilius Paulus wird einerseits durch den Bericht des Feldzuges belegt. Andererseits zeigen die Überlegungen des Senates über einen bevorstehenden Krieg gegen die Gallier am Beginn des Jahres 189 v. Chr. und die Prorogierung des imperium 188 v. Chr. (also während des Feldzuges), daß Cn. Manlius Vulso in Übereinstimmung mit den 522

Liv. 38,42,9ff (annalistisch). Zu den persönlichen Motiven des Aemilius Lepidus (er war zweimal bei der Bewerbung um das Konsulat gescheitert, Liv. 37,47,6; 38,35,1) vergl. Klebs, RE 1 (1894) 553 s.v. Aemilius Nr. 68 und Eder, Repetundenverfahren 22ff. 523 Liv. 38,42,11 (annalistisch). 524 Liv. 38,42,13 (annalistisch). 525 Liv. 38,43f (annalistisch). 526 Liv. 38,44,5ff (annalistisch). 527 Liv. 38,44,9 - 50,3 (annalistisch). 528 Auch als Opponent der Scipionen bekannt, Liv. 38,54,6ff. 529 Liv. 38,42,9ff (annalistisch). 530 Liv. 38,47 - 49 insbes. 48,6ff (annalistisch). 531 Liv. 38,18,1ff (polybianisch). 48,11f (annalistisch).

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Absichten des Senates handelte532. Sein Feldzug war in den Augen des Senates auch staatsrechtlich unproblematisch, denn sonst hätte er Manlius Vulsos imperium wohl kaum verlängert. Livius eignet sich die Argumentation der Gegner des Manlius Vulso an und meint, dieser habe wegen der Intervention seiner einflußreichen Familie und traditionalistischer Überlegungen der älteren Mitglieder des Senates endlich den Triumph zugesprochen bekommen533. Dem kann man, soweit es die Rechtsfrage betrifft, nicht zustimmen, da die Argumentation des Manlius Vulso der tatsächlichen politischen und militärischen Entwicklung zwischen 189 und 187 v. Chr. besser entspricht. Die Vorwürfe der Opponenten, hinter denen wohl der Konsul Aemilius Lepidus stand, halten dagegen einer Überprüfung nicht stand. Deshalb wurde auch Manlius Vulso nicht angeklagt, sondern erhielt vom Senat den gewünschten Triumph534.

4. Zwischenergebnis Die lex de bello indicendo ordnete weder die förmliche Kriegserklärung an, noch erfolgte sie notwendig vor der Kriegserklärung. Mit der lex de bello indicendo schufen die Komitien ein militärisches Kommando, das die üblichen Kompetenzen des gewählten Magistrats um das Recht zur Kriegsführung erweiterte. Noch vor der Verabschiedung der lex de bello indicendo durch die Zenturiatskomitien bestimmte der Senat das Gebiet bzw. den rechtlichen Umfang des allgemeinen Kriegskommandos, indem er einen Magistrat (in der Regel einen der neugewählten Konsuln) mit der Promulgierung eines vorformulierten Antrages der lex de bello indicendo beauftragte. Der Senat bestimmte außerdem die für die Kriegsführung notwendige(n) Provinz(en). In der Regel war der promulgierende Magistrat zugleich der mit dem Krieg zuvor durch Los beauftragte Feldherr. Gelegentlich wurde der Antrag vor der Losung an die Komitien gebracht, wahrscheinlich um zu verhindern, daß die Kriegsentscheidung zu einer Abstimmung über eine Person geriet. Ein allgemeiner Kriegsbeschluß der Komitien schuf bei begrenzten Konflikten nur ein Kriegskommando. Er konnte auch eine Vielzahl von Kriegskommandos 532

Liv. 37,51,10 (vergl. auch 37,50,8); 38,35,3. 7 (annalistisch). Liv. 38,50,1ff. 534 Broughton, MRR 1, 369. 533

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4. Zwischenergebnis

hervorrufen, wenn der Krieg an verschiedenen Fronten gegen eine Allianz zahlreicher und weit verstreuter Kriegsgegner geführt werden mußte (z. B. im 2. Punischen Krieg). Die notwendigen Provinzen beschloß der Senat. Eigene Volksbeschlüsse über die mit diesen Provinzen verbundenen Kommandos waren überflüssig, weil diese als Folge des allgemeinen Kriegsauftrages verstanden wurden. Zu Kommandoinhabern wurden ordentliche oder außerordentliche Magistrate durch Los oder Senatsbeschluß bestimmt. Hatte das römische Volk einmal ein Kommando erteilt, dann befand in der Regel allein der Senat darüber, wie lange die aus dem Auftrag hervorgegangenen Provinzen beibehalten werden sollten535. Die Komitien entschieden nur noch mit der Wahl der Magistrate536, welche Kandidaten für die festgesetzten Provinzen in Frage kamen. Wer von den gewählten Magistraten welche der festgesetzten Provinzen bekommen sollte, bestimmte in der Regel das Los oder ein Senatsbeschluß. Die aufgrund einer lex de bello indicendo geschaffenen Kriegskommandos endeten nicht automatisch mit der vertraglichen Beendigung des Krieges gegen den ursprünglich vorgesehenen Hauptgegner. Fanden sich z. B. Vertragspartner des ursprünglichen Gegners nicht zum Friedensschluß bereit, dann konnte der Krieg gegen sie in den betreffenden Provinzen weitergehen, bis auch sie dem vertraglichen Frieden beitraten. Über die Beibehaltung der bestehenden Provinzen entschied nun allein der Senat. Da z. B. in Spanien und Norditalien ein Konflikt den anderen abbzw. auslöste, führte dies nach dem Ende des 2. Punischen Krieges zur andauernden Entsendung römischer Imperienträger dorthin. Die Kriege wurden nach dem Ende des 2. Punischen Krieges in den genannten Provinzen auf der Grundlage der Kriegskommandos fortgesetzt, die ihren Ursprung in einem Kriegsbeschluß hatten, dessen Objekt (Krieg gegen Karthago und Hannibal) bereits beseitigt war. Es bedurfte keiner neuen Beschlüsse der Komitien über diese Kommandos, da die Reihe der z. B. nach Spanien entsendeten Imperienträger nicht abriß. Über die Vergrößerung der bestehenden Provinzen (z. B. über einen Kriegsauftrag außerhalb der Provinz) entschieden in der Regel der Senat bzw. der Feldherr vor Ort. Äußere Anlässe der Kontinuierung oder Ausdehnung des bestehenden 535

Hierfür sind die seit 218 v. Chr. in Norditalien und Spanien bestehenden Kommandos offensichtliche Beispiele. 536 Oder mit der komitialen Prorogierung [diese blieb stets eine Möglichkeit, obwohl sie in der Praxis allmählich von alleinigen Senatsbeschlüssen bzgl. der prorogatio abgelöst wurde; vergl. Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 641ff; O’Brien, RE Suppl. 6 (1935) 732f s.v. senatus; Kloft, Prorogation 46ff und Hantos, Res 90 A.3].

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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Kriegskommandos waren z. B. die Hilfe für einheimische Bundesgenossen Roms oder feindliche Handlungen anderer Gemeinwesen (bzw. Stämme) gegen römische Truppen. Mit der lex de bello indicendo kontrollierten die Komitien die Schaffung des militärischen Kommandos, das mit einem ausdrücklichen Kriegsauftrag verbunden war. Ein militärisches Kommando konnte auch auf andere Weise beschlossen werden. Das Volk konnte (Pro-)Magistrate mit bestimmten defensiven Aufträgen (z. B. Schutz der italischen Küste, Hilfe für bedrohte Bundesgenossen etc.) mit Truppen entsenden. Die Mission konnte kriegerische Verwicklungen zur Folge haben, die zum Krieg gegen neue Feinde führen konnten. Diese Kriege wurden auf der Grundlage des bereits bestehenden Kommandos geführt, dessen Umfang sich in der Regel durch Entscheidungen des Senates und der Feldherren (nur gelegentlich auch der Komitien, vergl. lex de piratis persequendis) um die neuen Gegner erweiterte. Einer lex de bello indicendo bedurfte es in diesen Fällen nicht, weil ein militärisches Kommando im intendierten Kriegsgebiet bereits bestand. Die für eine koordinierte Kriegsführung notwendigen Provinzen bestimmte wiederum der Senat, sobald die außenpolitischen Folgen des defensiven Kommandos eine umfangreichere Kriegsführung notwendig machten. Die militärtaktischen, außen- und innenpolitischen Vorteile der auf diese Weise vom Volk beschlossenen Kommandos wurden im Vorfeld absehbarer Kriegseröffnungen je nach politischer Opportunität genutzt. Die angedeutete variable Anwendung der verschiedenen Typen verfassungskonformer Kriegseröffnung bzw. komitialer Kommandoschaffung ist ein charakteristisches Merkmal der römischen Verfassungspraxis. Die unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten wurden je nach militärtaktischer, innen- und außenpolitischer Intention von den unterschiedlichen Organen (Senat, Feldherr) der römischen Gemeinde genutzt. So war z. B. eine lex de bello indicendo in der Regel nicht notwendig, wenn der Krieg nur durch einen Waffenstillstand (auch bei längerfristigen Waffenstillständen) unterbrochen worden war. Waren innenpolitische Auseinandersetzungen (z. B. bei den Aushebungen) zu befürchten, wenn die lex de bello indicendo nicht eingebracht würde, konnte dennoch aufgrund innenpolitischen Kalküls ein Gesetz beantragt werden. Ähnlich weit waren die Handlungsspielräume des Senates und der Feldherren bei Kriegen in der unmittelbaren Nachbarschaft bestehender Provinzen. In der Regel wurde der Entscheidungsspielraum genutzt, vielleicht auch um die theoretisch mögliche Mitbestimmung des Volkes bei Kriegsentscheidungen zu umgehen. Eine Befragung der Komitien über die Eröffnung eines neuen Kriegs-

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4. Zwischenergebnis

gebietes war dennoch immer möglich. Sie war aber nicht in jedem Fall staatsrechtlich zwingend notwendig. Die interpretablen Prinzipien einer regelgerechten Kriegseröffnung wurden seit dem 2. Jh. v. Chr. je nach Bedürfnis auch in innenpolitischen Konflikten der Aristokraten untereinander als Instrument populistischer Agitation verwendet. Der Hinweis, ein Feldherr habe ohne Beschluß des Senates und des Volkes außerhalb oder innerhalb seiner Provinz Krieg geführt, wurde seit der ersten Hälfte des 2. Jh. v. Chr. zu einem propagandistischen Mittel im innenpolitischen Wettbewerb der Nobilität um die Provinzen bzw. in politischen Auseinandersetzung mit Vertretern einer entgegengesetzten Außen- und Innenpolitik. Es ist ein indirekter Beleg für die innenpolitische Brisanz dieses Themas seit der ersten Hälfte des 2. Jh. v. Chr., wenn es in contiones polemisch verwendet werden konnte, um Sympathien beim Volk zu erlangen.

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5. Das verfassungsgeschichtliche Alter der lex de bello indicendo Es stellt sich weiterhin das Problem des verfassungsgeschichtlichen Alters der lex de bello indicendo. In der Überlieferung entsteht das Bild, das Volk sei von Beginn an für die Bestätigung des Kriegsbeschlusses zuständig gewesen. Zunächst sei dieses Recht in den Kuriats- dann in den Zenturiats- und am Ende gelegentlich auch in den Tribuskomitien ausgeübt worden537. Dem haben sich die Historiker des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jh. mehrheitlich angeschlossen538. Es schwand jedoch infolge der allgemein kritischeren Einstellung zur annalistischen Überlieferung – im Gefolge der Fastenkritik und Quellenforschung539 – auch das Vertrauen in ihre Zuverlässigkeit, was die frühe römische Verfassungsgeschichte betrifft. Deswegen neigt man heute dazu, den Volksentscheid über den Krieg als ein Ergebnis der Ständekämpfe zu bewerten540. Den wichtigsten Anstoß zur Kritik der 537

D.H. 2,14,3 (Beschlußrecht der Kurien über den Krieg in der Verfassung des Romulus); 4,20,2ff (Komitienreform des Servius Tullius; Beschlußrecht über den Krieg seitdem in den Zenturiatskomitien); 6,66,3ff (allgemeine Äußerung zum Mitbestimmungsrecht des Volkes); 8,91,2ff (Kriegsbeschluß) u. ö.; Liv. 1,49,7 (Vorwurf gegen Tarquinius Superbus, das traditionelle Mitbestimmungsrecht der Komitien bei der Eröffnung von Kriegen verletzt zu haben); 4,30,15f (Kriegsbeschluß in den Zenturiatskomitien); 6,21,5 (Kriegsbeschluß in den Tribuskomitien); u. ö. 538 Z. B. Lange, Altertümer 2 (3. Aufl.) 599. 600 meint er, erst seit 426 v. Chr. (Anspielung auf Liv. 4,30,12ff) sei dieses Recht nicht mehr in Frage gestellt worden; vergl. aber Mommsen, Staatsrecht 3, 342 mit A.1. 343; Herzog, Geschichte 1, 114ff. Eine beachtenswerte Relativierung der damals gängigen Interpretation findet sich bei Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 50f. 82f (lex de bello indicendo verfassungsmäßig unumgänglich erst seit der Einführung der Zenturiatskomitien durch Servius Tullius; zuvor habe man sich gelegentlich allein mit Senatsbeschlüssen begnügen können). Rotondi, Leges 57 A.1 ist unsicher, ob leges de bello indicendo bereits von den Kuriatskomitien beschlossen worden seien. Mit Kriegsbeschlüssen auch in der Kurienversammlung rechnet Palmer, Community 214. Selten wurde hervorgehoben, daß auch der Kreis der bei einer lex de bello indicendo befragten Komitien sich im Laufe der Verfassungsentwicklung erweiterte (z. B. Mommsen, Staatsrecht 3, 343), so daß sich die m. E. unbegründete Meinung bilden konnte, leges de bello indicendo könnten nur in den Zenturiatskomitien verabschiedet worden sein (z. B. Bleikken, Lex 109f A.9 hält es für wahrscheinlich, daß allein die Zenturiatskomitien die kompetente Versammlung für den Kriegsbeschluß blieben und deutet Liv. 6,21,5 [= lex de bello indicendo in Tribuskomitien] als Versehen). 539 Dazu vergl. z. B. Gercke/Norden, Einleitung Bd. 3, 414ff. 421. 423f. 427f; Rosenberg, Einleitung 113ff und U. Bredehorn, Senatsakten in der republikanischen Annalistik. Untersuchungen zur Berichterstattung über den römischen Senat bei annalistischen Vorgängern des Livius unter besonderer Berücksichtigung der römischen Ostpolitik zwischen 205 und 171 v. Chr., diss. Marburg 1968, 1-30. 540 Auf das umstrittene Alter der lex de bello indicendo gehen wenige Interpreten ein, z. B. Rich, Declaring 13ff; Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 408 mit A.47. Meinungsäußerungen zur angeblich republikanischen Entstehungszeit der lex de bello indicendo finden sich z. B. bei Botsford, Assemblies 230ff; Siber, ZRG 57, 1937, 261. 264f; Frezza, SDHI 5, 1939, 180f; Siber, Verfassungsrecht 28. 70; v. Lübtow, Volk 155f; Ogilvie, Commentary 198; Gjerstad, ANRW 1,1 (1972) 158 (verwirft u. a. die annalistische Überlieferung zum Alter des komitialen Kriegsbeschlusses als

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5. Das verfassungsgeschichtliche Alter der lex de bello indicendo

annalistischen Überlieferung gab vor allem eine Interpretation der livianischen Erzählung zum Jahr 427 v. Chr.: Tunc quoque ne confestim bellum indiceretur neve exercitus mitterentur, religio obstitit; fetiales prius mittendos ad res repetendas censuere. Cum Veientibus nuper acie dimicatum ad Nomentum et Fidenas fuerat, indutiaeque inde, non pax facta, quarum et dies exierat, et ante diem rebellaverant; Missi tamen fetiales; nec eorum, cum more patrum iurati repeterent res, verba sunt audita. Controversia inde fuit utrum populi iussu indiceretur bellum an satis esset senatus consultum. Pervicere tribuni, denuntiando impedituros se dilectum, ut Quinctius consul de bello ad populum ferret. Omnes centuriae iussere (Liv. 4,30,13-15)541.

Diese Erzählung wurde bisher oft dahingehend gedeutet, daß bis dahin die Mitbestimmung des Volkes am Kriegsbeschluß an sich in Frage gestellt wurde bzw. noch nicht "verfassungsmäßig" verankert war542. Doch zeigt dies die Darstellung des Livius keinesfalls. Umstritten war Livius zufolge lediglich, ob das Volk auch im Fall des durch Waffenstillstand unterbrochenen Krieges nochmals über den Krieg zu befinden habe (bzw. über die zur Kriegführung notwendige Kommandogewalt). Die Erzählung berührt also nicht die Frage des verfassungsgeschichtlichen Alters der lex de bello indicendo, sondern die Frage ihrer verfassungsrechtlichen Funktion543. Die Ergebnisse zur staatsrechtlichen Funktion der lex de bello indicendo erlauben nun auch die Bestimmung ihres verfassungsgeschichtlichen Alters. Seit wann stimmte die römische Gemeindeversammlung über das Kriegskommando ab? Ausgangspunkt der Untersuchung ist die Frage nach der Funktion der lex curiata de "anachronistische Aussage"); Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 102ff (folgt Frezza); Ziegler, Archiv f. Völkerrecht 1989, 52; Rüpke, Domi 123 (mit deutlicher Anspielung auf Liv. 4,30,12ff); Flach, Gesetze 251 (zu Liv. 4,30). Aus Bleickens Deutung der lex curiata de imperio ergibt sich, daß er in ihr die ursprüngliche (königszeitliche) Form des komitialen Kriegsbeschlusses sieht (Bleicken, Lex 78f. 106; ders., Amtsgewalt 269ff), so daß er in der Konsequenz meinen muß, das Volk habe seit Bestehen der Kuriatskomitien über bevorstehende Kriegszüge entschieden, indem es die notwendigen "militärischen Imperien" mit Hilfe von ad hoc verabschiedeten leges curiatae de imperio dem König übertrug. Und zuvor explizit in diesem Sinne: Versnel, Triumphus 355. 541 Zum Streit bei Liv. 4,30,12-16 bemerkt Nörr, Aspekte 59 A.51 "... der eine Mischung von Rechts- und Machtfragen erkennen läßt ..."; vergl. auch Flach, Gesetze 251 zur Stelle. 542 S. aber auch die Deutung Frezzas (SDHI 5, 1939, 180f), die ihren Ausgang von der Kritik an der livianischen Schilderung der bellicae caerimoniae (Liv. 1,32,6ff) nahm. 543 So schon Herzog, Geschichte 1, 945; vergl. auch Mommsen, Staatsrecht 3, 343 A.3. 1087; Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 286; Täubler, Imperium 29. Zur indutiae als Unterbrechung, aber nicht Beendigung des Krieges: Gell. n. a. 1,25; Paulus Dig. 49,15,19,1 weitere Belegstellen bei: Gumpoltsberger, ThLL 7, 1277ff s.v. indutiae.

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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imperio544 und danach welche Amtsbefugnisse sie übertrug545. Wenn ihr Elemente zueigen sind, die sie mit der lex de bello indicendo verbinden, dann dürfte man das mit einigem Recht als Indiz dafür ansehen, daß das Volk bereits in der Königszeit über das Kriegskommando entschied. Denn die lex curiata de imperio war bekanntlich während der späten Republik nur noch ein Relikt der Vorzeit und ist deshalb als "Verfassungsüberrest" der frühen römischen Geschichte zu bewerten546. Finden sich 544

Vergl. zur lex curiata de imperio vor allem Mommsen, Forschungen 1, 238f. 241. 247ff. 270f; Mommsen; Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 99 A.3. 609ff; Herzog, Geschichte 1, 61ff. 111. 113f. 678ff. 1060ff; Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 29. 47f. 52. 83ff. 129f. 132. 213. 405; Latte, Schriften 341ff [= Nachr. d. Gesell. d. Wiss. Gött., phil.-hist. Klass. NF 1 (1934/1936) 59ff]; Siber, ZRG 57, 1937, 234ff; Heuß, ZRG 64, 1944, 70ff; Kaser, Ius 349-359 (grundsätzlich gegen den Interpretationsversuch zum frührömischen imperium von Heuß); Siber, Verfassungsrecht 26ff. 71. 73. 123; v. Lübtow, ZRG 69, 1952, 159ff. 167ff; ders., Volk 154ff. 184ff. 192ff. 165 (Kritik an Heuß Deutungsversuch zum ursprünglichen Gehalt des imperium); DeMartino, Storia 1 (1. Aufl.) 128f; Staveley, Historia 5, 1956, 86ff; Nicholls, AJPh 88, 1967, 258ff insbes. 270; Magdelain, Recherches 5ff passim; Versnel, Triumphus 320ff, Kunkel, ANRW 1,2 (1972) 7ff. insbes. 12 mit A.34 (gegen Heuß’ Deutung); Bleicken, Lex 72ff. 106 (folgt Heuß); Develin, Mnemosyne 30, 1977, 49ff insbes. 61. 64; Heuß, Gedanken 441f. 445; Bleicken, Amtsgewalt 269ff (folgt Heuß); O. Behrends, Der römische Gesetzesbegriff und das Prinzip der Gewaltenteilung, in: Zum römischen und neuzeitlichen Gesetzesbegriff, hsgg. C. Link u. a. (Göttingen 1987) 44. 46 A.40 (34-112) (folgt Heuß); Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 224f mit A.18 und 210 mit A.36; Mitchell, in: Struggles, hsg. K.A. Raaflaub (1986) 135f mit A.14 (nur militärischer Charakter des Gesetzes); Develin, ebenda 338f; Linderski, in: Staat, hsg. W. Eder (1990) 395; Badian, ebenda 467; Timpe, ebenda 370 (folgt Latte); Rüpke, Domi 47ff; Flach, Gesetze 14 A.69 (gegen Heuß’ Interpretation zum Umfang des ursprünglichen imperium). 545 Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 22ff passim ging davon aus, daß das imperium ursprünglich den zivilen und den militärischen Bereich gleichermaßen umfaßte und ungeteilt war. Moderne Kritiker dieser "Theorie vom totalen imperium" bestritten dies und versuchten u. a. mit Hilfe der lex curiata de imperio zu beweisen, daß mit ihr nur eine militärische Kompetenz übertragen wurde, so daß die älteste bekannte Imperienübertragung nur den militärischen Bereich betreffen soll. Zivilrechtliche Kompetenzen der Höchstmagistrate seien deshalb erst eine spätere Fortentwicklung des ursprünglich auf den militärischen Bereich beschränkten imperium. Es leuchtet ein, daß, je nachdem, wie man sich entscheidet, die Vorstellung von der staatlichen Gewalt im frührömischen Gemeinwesen ausfällt. Von den Kritikern Mommsens vergl. vor allem Heuß, ZRG 64, 1944, 57ff; für weitere Kritiker Mommsens bis zum Beginn der 50er Jahre vergl. die Übersichten bei: Wesenberg, ZRG 70, 1953, 59ff; Staveley, Historia 5, 1956, 84ff; Versnel, Triumphus 320ff und Kunkel, ANRW 1,2 (1972) 7ff. Kritiker der Deutung Mommsens in neuerer Zeit z. B. Bleicken, Lex 106; Heuß, Gedanken 377ff insbes. 441f. 445; Bleicken, Amtsgewalt 269ff; O. Behrends, Der römische Gesetzesbegriff und das Prinzip der Gewaltenteilung, in: Zum römischen und neuzeitlichen Gesetzesbegriff, hsgg. C. Link u. a. (Göttingen 1987) 72ff; vergl. auch die Literaturangaben bei Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 376 A.11 und 195. 224. 429f. In gewisser Hinsicht bereitete Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 129f. 405 einzelne Elemente der Kritik an Mommsen argumentativ vor, indem er die lex curiata de imperio nur die militärische Befehlsgewalt (die Bedeutung von imperium beschränkt Karlowa auf den militärischen Bereich: Rechtsgeschichte 1, 83f) übertragen läßt. Dennoch vertrat auch Karlowa die Theorie von der ursprünglich "totalen Herrschergewalt", weil er die lex curiata de imperio für eine Entwicklung der späten Königszeit hielt: ders., Rechtsgeschichte 1, 52. 546 Man erkennt dies daran, daß zur Zeit Ciceros nur noch 30 Liktoren die "Kurienversammlung" symbolisierten (Cic. leg. agr. 2,12,31; vergl. dom. 29,77; Gell. n.a. 15,27,1f) und diese Versamm-

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5. Das verfassungsgeschichtliche Alter der lex de bello indicendo

jedoch keine Parallelen, dann bleibt als verfassungsgeschichtlich ältester Anhaltspunkt für die Entstehungszeit der lex de bello indicendo die Zeit der Entstehung der Zenturiatskomitien, in denen in der Regel über die lex de bello indicendo abgestimmt wurde547. Man schließt also vom verfassungsgeschichtlich ältesten Abstimmungsort zugleich auf das ungefähre Alter des speziellen Abstimmungsgegenstandes548. Eine gewisse Unsicherheit bleibt dabei; denn es kann nicht völlig ausgeschlossen werden, daß eine ursprüngliche Beteiligung der Kuriatskomitien am Kriegsbeschluß früh erlosch und deshalb keine Spuren in der (schlecht) überlieferten spätrepublikanischen Praxis der lex curiata de imperio hinterließ549. Betrachten wir also zunächst die lex curiata de imperio und ihre Praxis. Im 1. Jh. v. Chr. brachten die gewählten Höchstmagistrate (Diktatoren, Konsuln und Prätoren) am Beginn ihrer Amtszeit550 eine lex de imperio vor die Kuriatskomitien551. lungsart nur noch auspiciorum causa (Cic. leg. agr. 2,10,26f. 12,31) beibehalten wurde, womit der mehr traditionalistische Charakter der Kurienversammlung von Cicero angedeutet wird. Und ebenso z. B.: DeMartino, Storia 1 (1. Aufl.) 128; Nicholls, AJPh 88, 1967, 266; Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 224f. 547 Vergl. z. B. Liv. 4,30,15f; 42,30,10 (Abstimmung über die lex de bello indicendo in den Zenturiatskomitien anläßlich des 3. Makedonischen Krieges). 548 Die Methode des "verfassungsgeschichtlichen Rückschlusses" wird traditionell bei der Rekonstruktion der frührömischen Verfassungsgeschichte angewendet, z. B. Gercke/Norden, Einleitung Bd. 3 (Leipzig 1912) 391ff; Heuß, ZRG 64, 1944, 76f; Bleicken, Lex 5ff. 76 A.; Bleicken, Amtsgewalt 258; Giovannini, in: Staat, hsg. W. Eder (1990) 428. 549 Eine kritische Voraussetzung des hier verfolgten methodischen Deutungsansatzes ist zugegebenermaßen, daß er die Überlieferung, die vom Kriegsbeschlußrecht der Kurien in der Königszeit berichtet als anachronistische Konstruktion des 2. und 1.Jh. v. Chr. bewertet und deshalb den methodischen Nachweis einer kurialen Beteiligung am Kriegssbeschluß außerhalb dieser Tradition mit Hilfe der Untersuchung des Verfassungsfossiels der lex curiata de imperio sucht. 550 Bleicken, Amtsgewalt 270 A.39 vermutet ohne ausreichenden Anhaltspunkt, die lex curiata de imperio hätte in früher Zeit erst anläßlich des militärischen Auszugs aus der Stadt verabschiedet werden können. Versnel, Triumphus 355 erkannte bereits zuvor in der lex curiata de imperio den alten Kriegsbeschluß der Komitien. Zur Zusammenkunft der Kurien auf den Forum und auch auf dem Kapitol (also außerhalb des Bereiches militiae, womit eine Beschränkung der lex curiata auf den miltärischen Bereich fragwürdig wird) vergl. insbes. Varro, ling. 5,155; Gell. n.a. 15,27,1 mit Mommsen, Staatsrecht 3, 378f. 551 Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 610 A.2 unterließ es, diese Deutung ausführlich zu belegen: Cic. rep. 2,13,25 (Numa bringt selbst die lex curiata de imperio vor die Komitien; vergl. auch Cic. rep. 2,17,31. 18,33. 20,35. 21,38); Liv. 9,38,15f (der Diktator bringt nach seiner Wahl zweimal seine lex curiata de imperio ein). Die Pläne im Jahr 54 v. Chr., die Einbringung der lex curiata de imperio nachträglich zu fingieren, sind nur verständlich, wenn die Konsuln selbst das Recht hatten, die lex curiata de imperio einzubringen (Cic. Att. 4,19(17),2) [anders Magdelain, Recherches 26ff, dessen Hypothese (Amtsvorgänger bringt das Gesetz ein – als vorsichtige Erwägung neuerdings auch bei Kunkel, Staatsordnung 98ff) vom Rezensenten Christian Meier, ZRG 86, 1969, 489 mit Recht bezweifelt wird]. In dieselbe Richtung weisen auch die Überlegungen des App. Claudius Pulcher, die er Cicero gegenüber äußerte: Appius in sermonibus antea dictitabat, postea dixit etiam in senatu palam sese, si licitum esset legem curiatam ferre (Cic. fam. 1,10(9),25). Wenn

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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Die Versammlung der Kuriatskomitien war zu dieser Zeit zu einem Zusammentreffen von dreißig Liktoren degeneriert, die als symbolische Vertreter der Kurien der lex curiata de imperio zustimmten552. Für die niederen Magistrate und außerordentlichen Magistraturen brachten die Höchstmagistrate entweder eine gesonderte lex curiata de imperio ein (so vorgesehen bei der lex curiata de imperio der außerordentlich eingesetzten Decemviri im Jahr 63 v. Chr.)553, und/oder die lex curiata de imperio der Konsuln schloß zugleich die kuriale Bevollmächtigung der niederen Magistrate ein, indem sie den Konsuln ausdrücklich die förmliche Ernennung der niederen Magistrate übertrug554. Die zuletzt genannte Interpretation scheint naheliegend durch die Kombination von Tac. ann. 11,22555 mit einer leicht mißverständlichen Schilderung des M. Valerius Messalla Rufus, die in

sich die lex curiata de imperio des Camillus auf die Übertragung des diktatorischen imperium bezieht, was aufgrund von Liv. 5,46,11 lex curiata de imperio lata est dictatorque absens dictus naheliegt (anders z. B. Mommsen, Forschungen 1, 272 A.8, dessen Deutung, die lex curiata habe Camillus das verlorene Bürgerrecht zurückgegeben, allgemein übernommen wird, z. B. Siber, Verfassungsrecht 123, vergl. auch Flach, Gesetze 269), dann wäre dies ein Beleg dafür, daß eine lex curiata de imperio ausnahmsweise auch in absentia verabschiedet werden konnte (vergl. auch Mommsens [Forschungen 2, 407ff] Lesung für Festus 480L; kritisch dazu: Herzog, Geschichte 1, 679 A.2; und Kloft, Prorogation 66 A.89). 552 Cic. leg. agr. 2,12,31; Cicero benutzt die Tatsache, daß die Kuriatskomitien nur 30 Liktoren besuchten, um die faktisch fehlende politische Beteiligung des Volkes beim beabsichtigten Beschlußverfahren über die lex Servilia agraria zu entlarven; vergl. auch Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 224f (bemerkt, daß die lex curiata de imperio zum "Staatsritual" verkümmerte); Nicholls, AJPh 88, 1967, 270, der betont, daß sich ein ursprüngliches politisch und verfassungsrechtlich materielles Mitbestimmungsrecht der Kuriatskomitien im Verlauf der historischen Entwicklung zur Formalität entwickelte (vergl. Überlegungen dazu schon bei Mommsen, Forschungen 1, 238f). 553 Cic. leg. agr. 2,10,26. Mit der Möglichkeit, daß die Höchstmagistrate leges curiatae de potestate bzw. de imperio für niedere bzw. außerordentliche Magistrate einbrachten, rechnen z. B. Mommsen, Forschungen 1, 270f; Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 610 A.3; Herzog, Geschichte 1, 678; Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 132 (er hält diese von den Höchstmagistraten für die niederen Magistraturen eingebrachten leges curiatae für eine Entwicklung der frühen Republik); Liebemann, RE 4 (1901) 1828 s.v. lex curiata; Siber, ZRG 57, 1937, 244f, Siber, Verfassungsrecht 77; v. Lübtow, Volk 194f; Kunkel, Staatsordnung 100. 554 Diese Interpretation zu Tac. ann. 11,22 erwägen in Ansätzen Herzog, Geschichte 1, 114; Latte, Schriften 341 (= Nachr. d. Gesell. d. Wiss. Gött., phil.-hist. Klass. NF 1, 1934/1936, 59) als eine Möglichkeit. 555 Die Historizität der Nachricht bei Tacitus wird von einigen Historikern bezweifelt, z. B. Latte, Schriften 365f (= TAPhA 67, 1936, 32f); Heuß, ZRG 64, 1944, 100f; Staveley, Historia 5, 1956, 86; Bleicken, Amtsgewalt 273 A.50; Flach, Gesetze 56f (Tacitus soll Quästoren angeblich nicht genau von den Quaestores parricidi getrennt haben). 68f. 190. Andere vertrauen ihrer Historizität (vor allem solche, die auch leges curiatae der bzw. für die niederen Magistrate akzeptieren), z. B. Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 613 A.1; Siber, ZRG 57, 1937, 244f mit A.1; Wesener, RE 24 (1963) 803f s.v. quaestor; Nicholls, AJPh 88, 1967, 274f; Develin, Mnemosyne 30, 1977, 51f.

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5. Das verfassungsgeschichtliche Alter der lex de bello indicendo

den Noctes Atticae des Aulus Gellius erhalten geblieben ist556. Tacitus berichtet: sed quaestores regibus etiam tum imperantibus instituti sunt, quod lex curiata ostendit ab L. Bruto repetita. mansitque consulibus potestas deligendi, donec eum quoque honorem populus mandaret557. In der lex curiata de imperio des Konsuln L. Iunius Brutus war demnach das Recht zur Ernennung der Quaestoren festgeschrieben. Im Buch über das Auguralwesen schrieb Valerius Messalla minoribus creatis magistratibus, tributis comitiis magistratus, sed iustus curiata datur lege558. Zu den minores magistratus gehörten auch die Quaestoren559, für die nach Tacitus der Konsul L. Brutus das Ernennungsrecht aufgrund der lex curiata de imperio hatte. Dieses Recht hatten die Konsuln wohl noch zur Zeit des Messalla. Es war aber – auf der politischen Ebene – zur Formalität erstarrt, da vor der Ernennung z. B. der Quaestoren durch den Konsuln diese in den Tribuskomitien gewählt wurden. Die Personenentscheidung fiel also seit Einführung der Volkswahl auch für die Quaestoren bereits vor der abschließenden Ernennung durch die Konsuln. Auf die in der lex curiata festgelegte abschließende Ernennung z. B. der Quaestoren durch die Konsuln könnte Valerius Messalla mit seinen Worten anzuspielen, indem er sinngemäß feststellt, die niederen Magistrate würden erst durch die in der lex curiata de imperio festgelegt560 Ernennung durch die Höchstmagistrate zu "ordentlichen" Magistraten. In diesem Sinne ist wahrscheinlich sed iustus curiata datur lege zu verstehen, und Textverbesserungen sind überflüssig.

Die Abstimmung über die lex curiata de imperio trug von Anfang an nicht den Charakter einer Wahl561, weil sich den Kurien bei ihrer Verabschiedung niemals eine irgendwie geartete Auswahl zwischen mehreren Kandidaten bot. Denn in der Zeit der Republik brachte ein bereits in den Zenturiatskomitien gewählter Kandidat

556

Gell. n.a. 13,15,4 (= frg. 1 H.). Dem überlieferten Text bzw. seiner positiven Aussage vertrauen z. B. Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 613 A.1; Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 132; Siber, ZRG 57, 1937, 244f mit A.1; Nicholls, AJPh 88, 1967, 271ff. 271 A. 33 (weitere Literatur zur Auseinandersetzung mit der Textüberlieferung); Magdelain, Recherches 14ff; Develin, Mnemosyne 30, 1977, 51f. Den Text verbessern wollen bzw. eine korrupte Textüberlieferung nehmen an z. B. Latte, Schriften 342ff (= Nachr. d. Gesell. d. Wiss. Gött., phil.-hist. Klass. NF 1, 1934/1936, 60ff); Heuß, ZRG 64, 1944, 75f; v. Lübtow, ZRG 69, 1952, 170f; v. Lübtow, Volk 194f; Staveley, Historia 5, 1956, 86; Versnel, Triumphus 325 A.1; Bleicken, Amtsgewalt 273 A.50. 265 A.23 (mit weiterer Literatur); Rüpke, Domi 47f; Kunkel, Staatsordnung 100. 557 Tac. ann. 11,22. 558 Gell. n.a 13,15,4 (= frg. 1 H.). 559 Vergl. Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 19f. 560 Ein ähnliches Phänomen begegnet in der lex Domitia des Jahres 104 v. Chr. Die Kandidaten für die Priesterämter wurden zwar nun von den Komitien gewählt, aber zu Priestern wurden sie erst durch die zur Formalität erstarrte Cooptation durch das betreffende Priesterkollegium; vergl. Mommsen, Staatsrecht 2 (3. Aufl.) 24ff. insbes. 26f (Quellen z. B. Cic. leg. agr. 2,7,18; Suet. Nero 2,1). 561 Z. B. Bleicken, Lex 72f mit A.2.

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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in der Regel selbst562 das Gesetz vor die Kurien, so daß diese nur (in welcher Form563 und zu welchem Zweck auch immer564) zustimmen oder ablehnen konnten. Glaubt man der spätrepublikanischen Überlieferung, erfolgte die Auswahl des Königskandidaten während der Königszeit im Senat565. Danach bestätigte das Volk die Wahl des Senates, und anschließend brachte der gewählte König die lex curiata de imperio vor die Kurien566. Die freie Volkswahl der Höchstmagistrate war demnach erst eine Entwicklung der Republik567.

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Vergl. Seite 122f A.551. Sicher ist nur eine curiatim vollzogene Abstimmung: Liv. 9,38,15. 564 Mommsen, Forschungen 1, 238f. 271 (Treueeid; aber in der Frühzeit auch politische Abstimmung); Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 609ff (kein Investiturgesetz). 611 (Selbstverpflichtung des Volkes); Herzog, Geschichte 1, 111. 113f (durch Zuruf bestätigt das Volk den König und damit einen Grundvertrag über seine Kompetenzen). 1060f ("Anerkennung der Gehorsamspflicht als Frage"; nur eine "Deklaration"); Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 47ff (Bestätigung des imperium) Latte, Schriften 345ff insbes. 352f [= Nachr. d. Gesell. d. Wiss. Gött., phil.-hist. Klass. NF 1, 1934/1936, 63ff insbes. 71f] (einseitige Eidvervpflichtung der Gemeinde); Siber, ZRG 57, 1937, 235 (einseitige Ergreifung des imperium durch eine feierliche Erklärung des Imperiuminhabers); Heuß, ZRG 64, 1944, 78 (in der Königszeit "wahlähnliches Verfahren"); Kaser, Ius 342 (ursprünglich ein Gesetz, später nur noch Zeugnis); v. Lübtow, ZRG 69, 1952, 167 (kein Eid und kein Treuegelöbnis, sondern notwendiges Verbindungsstück zwischen der Wahl und der Ergreifung des imperium – diese erfolgt als einseitiger Akt des Magistraten; vergl. ders., Volk 154. 192f); Nicholls, AJPh 88, 1967, 258f (für den Gesetzescharakter der lex curiata de imperio); Magdelain, Recherches passim (Investiturgesetz); Bleicken, Lex 72f mit A.2 (keine Wahl, sondern Übertragung des militärischen Kommandos); Bleicken, Amtsgewalt 269 (Formalakt); Heuß, Gedanken 441 (ursprünglich ein Wahlakt); Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 224f mit A.18 mit Literatur (keine Wahl, sondern eidliche Verpflichtung des Volkes durch Akklamation); Timpe, in: Staat, hsg. W. Eder (1990) 370 (folgt der Interpretation Lattes); Rüpke, Domi 50 (ursprünglich ein Wahlakt); Kunkel, Staatsordnung 102 (ritueller Bestallungsakt). 565 Darauf weist z. B. Ed. Meyer, Römischer Staat und Staatsgedanke (Darmstadt 2. Aufl. 1961) 25 hin. 566 Z. B. Cic. rep. 2,17,31 (interrex stellt den König zur Wahl und der König bringt die lex de imperio selbst vor die Kurien) u. ö. 567 Die lex curiata de imperio halten v. Lübtow, Volk 184ff. 192f. 215 (seine Interpretation gründet sich auf zweifelhaften Vorstellungen zum praetor maximus, ders. ebenda 196ff) und Latte, Schriften 352 [= Nachr. d. Gesell. d. Wiss. Gött., phil.-hist. Klass. NF 1, 1934/1936, 70f] für eine Schöpfung der frühen Republik (neuerdings auch: Mitchell, in: Struggles, hsg. K.A. Raaflaub (1986) 136 A.14). Latte argumentiert vor allem damit, daß dem interrex die lex curiata de imperio fehle. Wenn die ursprüngliche Funktion des aus dem patrizischen Teil des Senates gewählten interrex (J. Jahn, Interregnum und Wahldiktatur, diss. Frankfurt a. Main 1967 (Kallmünz 1970) 14f) nur die Leitung der Kandidatenauswahl im Senat war, ist das Fehlen einer lex curiata de imperio für ihn nicht verwunderlich und deshalb kein Argument dafür, daß auch dem gewählten König die lex curiata de imperio fehlte. Der interrex war kein Magistrat im eigentlichen Sinne (optima lege), und deshalb war einerseits seine Amtszeit sehr kurz, und andererseits leistete er auch keinen Amtseid (Jahn, a.a.O. 22; kurzer Forschungsüberblick zum interrex und interregnum bei E. Ferency, Über das Interregnum, in: Festgabe v. Lübtow (1980) 45ff). 563

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5. Das verfassungsgeschichtliche Alter der lex de bello indicendo

Kurt Lattes Vermutung, die lex curiata de imperio sei ursprünglich eine Eidverpflichtung der Gemeinde gewesen, läßt sich ebenso wie andere Deutungen (Treuegelöbnis, einseitige förmliche Machtergreifung etc.) nicht bestätigen, weil das Verfahren bei der Verabschiedung der lex curiata de imperio weitgehend unbekannt ist568.

Die Kurien übertrugen während der Republik mit der lex curiata de imperio keine materiellen Amtsbefugnisse (Imperien bzw. Auspizien des militärischen und/oder zivilen Bereichs569) an den bereits gewählten Magistrat570. Denn erstens 568

Sicher ist eine kurienweise betriebene Abstimmung, Liv. 9,38,15. Latte, Schriften 341ff [= Nachr. d. Gesell. d. Wiss. Gött., phil.-hist. Klass. NF 1, 1934/1936, 59ff]. Fraglich ist Lattes Parallelisierung der lex curiata de imperio mit der coniuratio, denn die letztere war eine Form der Truppenbildung. Mit den Gesetzgebungsverfahren der Komitien verbindet die coniuratio nur die durch sie hervorgerufene wechselseitige Selbstbindung unter römischen Bürgern. Von demselben Ergebnis der Handlungen kann aber wohl nicht auf identische Verfahrensabläufe zurückgeschlossen werden (kritisch zur Deutung Lattes auch Linderski, in: Staat, hsg. W. Eder (1990) 395). 569 I. Ursprünglich nur Übertragung des militärischen imperium bzw. der militärischen Auspizien (= u. a. Kritiker der Theorie Mommsens vom ursprünglich ungeteilten imperium), z. B. Latte, Schriften 344f [= Nachr. d. Gesell. d. Wiss. Gött., phil.-hist. Klass. NF 1, 1934/1936, 62ff] (lex curiata de imperio überträgt nur das militärische imperium); Siber, ZRG 57, 1937, 241ff. 245f (überträgt nur das militärische imperium); Heuß, ZRG 64, 1944, 70ff. 76f. 84. 71f (Magistrat erhält auspicia militaria übertragen); Versnel, Triumphus 320ff. insbes. 349ff; Bleicken, Lex 72f mit A.2. 106 (wie Heuß); Heuß, Gedanken 441ff. 445 (ursprünglich Wahlakt; dann als Auspizienübertragung gedeutet); Bleicken, Amtsgewalt 270 A.41. 270ff. 273 (militärisches imperium und Auszugsauspizien). 269 A.37 (mit Literatur); Mitchell, in: Struggles, hsg. K.A. Raaflaub (1986) 135f mit A.14; O. Behrends, Der römische Gesetzesbegriff und das Prinzip der Gewaltenteilung, in: Zum römischen und neuzeitlichen Gesetzesbegriff, hsgg. C. Link u. a. (Göttingen 1987) 72ff; Badian, in: Staat, hsg. W. Eder (1990) 467 (Magistrat erhält auspicia militaria); ); Rüpke, Domi 51 (schließt sich mit leichter Abweichung der Interpretation von Heuß an). Weitere Kritiker Mommsens vergl. die Übersichten bei: Wesenberg, ZRG 70, 1953, 59ff; Staveley, Historia 5, 1956, 84ff; Versnel, Triumphus 320ff und Kunkel, ANRW 1,2 (1972) 7ff; vergl. auch die Literaturangaben bei Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 376 A.11 und 195. 224. 429f). II. Übertragung bzw. Bestätigung eines imperium bzw. der Auspizien, die ursprünglich den zivilen und militärischen Bereich gleichermaßen umfaßten, z. B. Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 99 A.3 (Voraussetzung für die Erlangung der magistratischen Auspizien). 612 A. (lex curiata de imperio überträgt nicht das Provinzkommando, sondern ist eine Voraussetzung dafür, vergl. auch ders., Staatsrecht 2 [3. Aufl.] 242 A.2); Herzog, Geschichte 1, 29 (für das ursprünglich ungeteilte imperium). 679 (lex curiata de imperio überträgt ziviles und militärisches imperium); Kaser, Ius 349ff (gegen Heuß’ Kritik am ursprünglich ungeteilten imperium); Siber, Verfassungsrecht 71 (gegen Heuß’ Kritik am ursprünglich ungeteilten imperium); v. Lübtow, ZRG 69, 1952, 159f (lex curiata de imperio wichtig für die Ausübung des militärischen imperium; er ist aber gegen Heuß’ Kritik am ursprünglich ungeteilten imperium, vergl. ders., Volk 165 mit A.281); Staveley, Historia 5, 1956, 88f (überträgt seit Beginn der Republik die auspicia publica); Nicholls, AJPh 88, 1967, 264ff (überträgt nicht nur militärisches imperium; Kunkel, ANRW 1,2 (1972) 9 (dezidierte Stellungnahme gegen Heuß’ Deutung); Develin, Mnemosyne 4, 1977, 52f. 59; Giovannini, in: Staat, hsg. W. Eder (1990) 434 (Übertragung der Auspizien); Develin, in: Struggles, hsg. K.A. Raaflaub (1986) 338f (überträgt auspicia populi); Flach, Gesetze 14 A.69 (gegen Heuß’ Kritik am ursprünglich auf den militärischen Bereich beschränkten imperium). 570 Daß die lex curiata de imperio im 1. Jh. v. Chr. bestimmte Kompetenzen nicht mehr übertrug, sie diese Funktion aber während der frühen Republik gehabt haben könnte, hat Nicholls, AJPh 88,

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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brachte der Magistrat in der Regel das Gesetz selbst vor die Kurien, so daß er bereits vor der lex curiata de imperio zumindest das zum konsularen imperium gehörige ius cum populo agendi und die entsprechenden Auspizienrechte hatte571. Zweitens wird berichtet, daß der Diktator C. Papirius Cursor bereits vor der Verabschiedung seiner lex curiata de imperio den magister equitum C. Iunius Bubulcus ernannte572. Auch dieses mit dem militärischen imperium verbundene Recht war, dem Verständnis der Annalisten des 1. Jh. v. Chr. nach, anscheinend nicht von der vorhergehenden Verabschiedung der lex curiata de imperio abhängig. Im Gesetzesantrag des P. Servilius Rullus für die Decemvirn wurde entsprechend vorgesehen, daß diese ihre Amtsbefugnisse besitzen sollten, auch wenn die lex curiata de imperio nicht verabschiedet würde573. Hatten einmal die Komitien grundsätzlich der Schaffung der Sondermagistratur zugestimmt, sollte deren Einsetzung nicht mehr durch Verfahrenstricks (z. B. tribunizische Interzession gegen die lex curiata de imperio574; Obnuntiation usw.) verhindert werden können. Deshalb liefen drittens die Staatsgeschäfte ungestört weiter, als in den 50er Jahren des 1. Jh. v. Chr. die Verabschiedung der lex curiata de imperio mehrfach verhindert wurde575. Man 1967, 270 passim zu Recht hervorgehoben (ähnlich stellte sich wohl bereits Mommsen, Forschungen 1, 238 die Entwicklung vor). 571 Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 609f mit A.3. 611f mit A. 4 hebt hervor, daß der Magistrat bereits vor der lex curiata de imperio das imperium besaß (vergl. ähnlich Develin, Mnemosyne 30, 1977, 51 und Versnel, Triumphus 332). Die Fähigkeit, Auspizien einholen zu können, war wohl auch für die Abhaltung der comitia curiata unerläßliche Voraussetzung: Liv. 5,52,15f; vergl. Liv. 9,38,15-39,1. 572 Liv. 9,38,15. Liebemann, RE 4 (1901) 1829 s.v. lex curiata de imperio betont, daß auch ohne die lex curiata de imperio Magistrate ein militärisches imperium führen konnten (hierfür sind die Imperien der Pompeianer (49/48 v. Chr.) ein Beispiel, denn ihnen fehlte die lex curiata de imperio; vergl. Caes. civ. 1,6,6; D.C. 41,43,3). Auch App. Claudius Pulcher führte ohne lex curiata de imperio das konsularische und danach das statthalterische Amt; vergl. insbes. Cic. fam. 1,10(9),25; Att. 4,19(17),2ff. 20(18),3f. 573 Cic. leg. agr. 2,11,28f (und zur grundsätzlich möglichen Interzession der Tribunen gegen die lex curiata de imperio D.C. 39,19,3). 574 Auch die grundsätzlich mögliche tribunizische Interzession gegen das Kuriatsgesetz wurde untersagt, Cic. leg. agr. 2,12,30. 575 Z. B. 56 v. Chr. D.C. 39,19,3. Einer der Versuche des Clodius, Unruhe in Rom zu stiften, zielte auf die Verhinderung der lex curiata de imperio des Pompeius. Cassius Dio verwechselte an der zitierten Stelle m. E. die theoretisch gegebene, verfassungsmäßige Bedeutung der lex curiata de imperio mit dem von Clodius erzielten Effekt. Denn die Staatsgeschäfte und die Gerichtshöfe liefen damals trotz der verhinderten lex curiata de imperio weiter. Diese Deutung der dionischen Schilderung bewahrt vor ihrer allzu schnellen Verwerfung als "Fälschung" u. ä. (dagegen auch Magdelain, Recherches 18ff). Vergl. Sibers und Lattes weitergehende Kritik an D.C. 39,19,3; Latte, Schriften 344 [= Nachr. d. Gesell. d. Wiss. Gött., phil.-hist. Klass. NF 1, 1934/1936, 62]; Siber, ZRG 57, 1937, 242f und danach z. B. Heuß, ZRG 64, 1944, 75 (kritisch dazu Staveley, Historia 5, 1956, 86); Nicholls, AJPh 88, 1967, 270f; Bleicken, Amtsgewalt 270 A.41. Man fragt sich unweigerlich, welchen Zweck diese Fälschung gehabt haben soll. Der Wert der Erzählung

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5. Das verfassungsgeschichtliche Alter der lex de bello indicendo

konnte seit der Provinzengesetzgebung des Sulla in Konfliktfällen der Meinung sein, daß man sein Kommando in der Provinz aufgrund der sullanischen Gesetze besitze576. Offensichtlich nur noch die Abhaltung der Wahlen für die Konsuln des folgenden Jahres wurden durch fehlende Kuriatgesetze der Amtsvorgänger bedenklich577. Außerdem empfanden die betroffenen Magistrate eine fehlende lex curiata de imperio als Mangel578, nicht nur weil ihre Magistratur nicht optima lege579 war, sondern auch weil die fehlende lex curiata de imperio in zukünftigen Konflikten z. B. um einen Triumph580 oder das Provinzkommando vom politischen Gegner leicht ausgenutzt werden konnte581. Mit dieser Deutung der Befugnisse der Kuriatskomitien wird es auch verständlich, weshalb diese Komitien zur Versammlung von dreißig Liktoren verkümmern konnten. Hätten die Kurien das imperium in all seinen Aspekten (oder auch nur im militärischen Aspekt) erst begründet, wäre diese Entwicklung politisch unverständlich, denn die Bürger hätten auf ihre Anwesenheit in den Kuriatskomitien sicherlich mehr Wert gelegt. Die lex curiata de imperio wurde lediglich als notwendige Voraussetzung "ordentlicher" Magistraturen angesehen, weswegen man auf ihre Verabschiedung Wert legte582. War sie aber ausnahmsweise nicht zu erreichen, konnte man darauf verzichten, ohne daß deshalb die Staatsgeschäfte ruhen mußten. Denn die einzelnen mit der Magistratur verbundenen militärischen und zivilen Amtsrechte konnte man auch aufgrund anderer Gesetze als gewählter Magistrat für sich in Anspruch nehmen583. Das Fehlen der lex curiata de imCassius Dios für die Frage nach der ursprünglichen staatsrechtlichen Bedeutung der lex curiata de imperio liegt m. E. darin, daß er bzw. seine Quelle die lex curiata de imperio als traditionelle Voraussetzung auch ziviler Aspekte des imperium kannte, wie z. B. die Abhaltung von Gerichtshöfen. Zu dieser Vorstellung konnte man nur gelangen, wenn das durch die lex curiata de imperio übertragene/bestätigte imperium wirklich auch den zivilen Bereich betraf. Den modernen Interpretationen, nach denen die lex curiata de imperio nur das militärische Kommando übertrug, steht also auch das in D.C. 39,19,3 sichtbar werdende Verständnis der lex curiata de imperio entgegen. 576 Vergl. die Überlegungen des App. Claudius Pulcher bei Cic. fam. 1,10(9),25 und ebenso das entsprechende Gesetz des Sulla bei Rotondi, Leges 553 (lex Cornelia de provinciis ordinandis). Zur politischen Zielsetzung des sullanischen Gesetzes. Vergl. neuerdings Schulz, Herrschaft insbes. 43ff. 577 D.C. 41,43,3. 578 Vergl. Cic. fam. 1,10(9), 25 ... legem curiatam consuli ferri opus esse, necesse non esse ... und die Tatsache, daß die Pompeianer 49 v. Chr. in den Osten gingen, ohne daß ihre Magistrate die lex curiata de imperio verabschiedet hatten, und sie dennoch ihr imperium besaßen (D.C. 41,43,3). 579 Dieser Begriff fällt bei Cic. leg. agr. 2,11,29 im Zusammenhang mit der lex curiata de imperio in einem Zitat aus der rogatio Servilia agraria; vergl. auch die Überlegungen von Meier, ZRG 86, 1969, 490f. 580 Eine Voraussetzung für einen Triumph war ein ordentliches imperium (z. B. Liv. 28,38,4; Val. Max. 2,8,5), das man bestreiten konnte, wenn z. B. die lex curiata de imperio fehlte. 581 Vergl. z. B. die Vorwürfe Caesars gegen die Pompeianer Caes. civ. 1,6,6. 582 Vergl. Cic. fam. 1,10(9),25 und leg. agr. 2,11,29. 583 Z. B. Cic. fam. 1,10(9),25.

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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perio konnte dann der politische Opponent zum Anlaß nehmen, die iustitia der nicht formgerechten Magistraturen seiner politischen Gegner publikumswirksam zu kritisieren, wie dies z. B. Caesar gegenüber den Pompeianern tat584.

Die lex curiata de imperio übertrug also keine speziellen Amtsvollmachten, sie wurde aber als traditionell notwendige Voraussetzung aller mit dem imperium verbundenen Befugnisse angesehen. Die Annahme, die lex curiata de imperio habe ausschließlich der Übertragung militärischer oder religiöser Kompetenzen (zivile und/oder militärische Auspizien) gedient, läßt sich nicht mit der Überlieferung vereinbaren, weil die lex curiata de imperio von den Autoren des 1. Jh. v. Chr.585 gleichzeitig als Voraussetzung sowohl für zivile als auch für militärische und religiöse Rechte des imperium dargestellt wird586. Für den hier verfolgten Untersuchungsgegenstand bedeutet dies, daß die lex curiata de imperio ihrem Inhalt nach der lex de bello indicendo nicht entsprach. Die lex curiata de imperio übertrug noch am Ende der Republik in der Regel am Beginn der Amtszeit587 dem Magistraten einmalig ein imperium, das alle Aspekte der staatlichen (natürlich auch religiösen) Gewalt berührte588. Sie erfüllte demnach urprünglich (in der Königszeit vor Einführung der Zenturiatskomitien) die Funktion einer "Generalbevollmächtigung". Dem vom Senat ausgewählten König übertrugen also die Komitien alle staatlichen Kompetenzen mit dem einmaligen Kuriatsgesetz de imperio. Eine situationsabhängige Beteiligung des Volkes am Kriegsbeschluß hat es 584

Caes. civ. 1,6,6. Deren Vorstellungen (als einzige Zeugnisse des alten Verfassungsrestes der lex curiata de imperio) die Grundlage der modernen Rekonstruktion bilden müssen. 586 Z. B. Cic. leg. agr. 2,11,27. 12,31 (auspicia; das nunc in Cic. leg. agr. 2,11,27 zeigt weiterhin, daß im 1. Jh. v. Chr. die lex curiata de imperio nur noch wegen der Auspicien abgehalten wurden – diese Darstellung impliziert für die frühere römische Verfassung umfassendere Bedeutungen und rechtliche Inhalte der lex curiata de imperio). 2,11,28 (... sine curiata lege ... potestatem habere non posse ...). 2,12,30 (quod consuli, si legem curiatem non habet, attingere rem militarem non licet; vergl. dagegen Cic. fam. 1,10(9),25 (imperium für die Provinz; vergl. auch Caes. civ. 1,6,6); D.C. 39,19,3 (lex curiata de imperio als Voraussetzung für alle wichtigen Angelegenheiten, z. B. Gerichtsverfahren); D.C. 41,43,3ff (Abhaltung der Wahlen); Tac. ann. 11,22 (konsularisches Ernennungsrecht für die Quästoren); Liv. 5,52,16 (comitia curiata, quae rem militarem continent) etc. 587 Liv. 9,38,15; am Beginn der Diktatur des C. Papirius Cursor bringt er die lex curiata de imperio ein. 588 Darauf weist z. B. Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 610 A.4 hin. Gjerstad, ANRW 1,1 (1972) 158 geht aufgrund der republikzeitlichen Funktion der lex curiata de imperio (Bestätigung der von anderen Komitien gewählten Höchstmagistrate) davon aus, daß die lex curiata de imperio in der Königszeit der Einsetzung des Königs selber und der vom König eingesetzten Beamten (z. B. Quästoren, Tac. ann. 11,22) diente. 585

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5. Das verfassungsgeschichtliche Alter der lex de bello indicendo

in der Zeit in der Kurienverfassung wohl nicht gegeben – zumindest hat sich davon kein verfassungsgeschichtlicher Überrest erhalten. Der König hatte also wahrscheinlich aufgrund dieses Gesetzes auch das Recht zur eigenverantwortlichen Kriegseröffnung bzw. -führung589. Erst nach der Einführung der Zenturiatskomitien entschied dann das Volk mit der neu geschaffenen lex de bello indicendo auch im Einzelfall über die jeweilige militärische Kommandogewalt des Königs bzw. Magistraten, wenn ein Kriegszug notwendig wurde. Damit nahm die direkte Beteiligung des Volkes am Kriegsbeschluß ihren Anfang. Ob die lex de bello indicendo bereits mit der Einführung der Zenturiatskomitien am Ende der Königszeit geschaffen wurde oder ob sie eine Schöpfung der frühen Republik war590, ist nicht zu entscheiden. Vermutlich wurde sie während des Übergangs vom Königtum zur Republik eingeführt. Ihr Entstehen wäre dann als eine Auswirkung der sich wandelnden Wehr- und Sozialverfassung der römischen Gemeinde zu bewerten591. An der Wende vom 6. zum 5. Jh. v. Chr. erreichte die jetzt in der militärtaktisch bedeutsamen Hoplitenphalanx dienende Bürgerschaft größere Mitbestimmungsrechte auch bei der Entscheidung über die Kriegseröffnung, indem sie von nun an das zur Kriegsführung erforderliche militärische Kommando beschließen konnte.

589

Dieses Recht wurde aber durch das ius fetiale, das ius augurale und die Mitwirkungsrechte des Senates und anderes mehr eingeschränkt, so daß man keinesfalls von einem außenpolitisch souveränen frührömischen Königtum sprechen kann. Natürlich hatten Senatoren die Kontrolle über das ius fetiale, das von fetiales aus Reihen der patres bewahrt wurde. Der König und später die Gemeindemagistrate hatten komplizierte Regeln beim Auszug aus der Stadt zu beachten, vergl. z. B. Cic. nat. deor. 2,9ff; dazu z. B. Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 63f. 97 A.1. 99ff, Rüpke, Domi 29ff; Heuß, Gedanken 390f. 390 "In Rom monopolisierte den staatlichen Verkehr mit den Göttern in eindeutiger Weise die politische Macht, und eines ihrer Mittel war das Auspikalwesen"; vergl. auch die Überlegungen bei Heuß, ZRG 64, 1944, 82ff. vergl. Liv. 1,32,11f (der König erfragt die patrum auctoritas, die während der frühen Republik bis zur lex Maenia auch auf die Kriegsgesetze der Komitien folgen mußte. Zur patrum auctoritas z. B. Mommsen, Staatsrecht 3, 1037ff; Willems, Senate 2, 33ff; Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 46ff; Giovannini, MH 42, 1985, 28ff; Giovannini, in: Staat, hsg. W. Eder (1990) 430f). 590 Vergl. zur umstrittenen Datierung dieser Phase der römischen Geschichte z. B. Kienast, BJ 175, 1975, 85 A.7 (mit Literatur). 591 Vergl. Kienast, BJ 175, 82ff insbes. 94. 96. 100.

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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6. Kontinuitäts- und Wandlungsphänomene bei der Anwendung und Deutung der traditionellen Regeln zur „verfassungskonformen“ Kriegseröffnung in der Zeit von 167 bis 19 v. Chr. 6.1 Fragestellung und Methode Im folgenden sollen die Kontinuität und der Wandel der Prinzipien verfassungskonformer Kriegseröffnung für die Zeit zwischen 167 und 19 v. Chr. untersucht werden. Der Zeitpunkt, seit dem der Prinzeps Augustus mit allen für den Untersuchungsgegenstand relevanten Sonderrechten versehen war, bildet das Ende der Betrachtungen; denn in der Prinzipatsordnung finden die verfassungsrechtlichen Entwicklungen der späten Republik ihren Abschluß. Die Sonderrechte, die der Prinzeps in Hinsicht auf die Außenpolitik besaß, lassen sich unter anderem als politische Weiterentwicklung der spätrepublikanischen "großen bzw. außerordentlichen imperia" interpretieren592. Es empfiehlt sich für den Untersuchungsabschnitt (167-19 v. Chr.), die Darstellung auf einige gut überlieferte Beispiele zu beschränken, da die historiographische Überlieferung für diese Phase der römischen Geschichte, im Vergleich zu Livius, von geringer Qualität ist und weder eine kontinuierliche noch eine überall gleichermaßen genaue Rekonstruktion der innerrömischen Verfahrensabläufe bei der Mehrzahl der Kriegseröffnungen zuläßt. Die Darstellungen Appians und Cassius Dios sind häufig für den Untersuchungsgegenstand wenig ergiebig, weil sie in großem zeitlichen Abstand von den geschilderten Ereignissen schrieben und die Verfassungspraxis der späten Republik weder aus eigener Erfahrung kannten noch in der Darstellung großes Interesse an sich dafür aufbrachten593. Ihre Erzählungen beruhen auf kaiserzeitlichen Autoren, die ihrerseits bereits die republikanischen Autoren exzerpierten. Charakteristisch für die Darstellungen Appians und Cassius Dios ist z. B. die ungenügende Differenzierung zwischen den verschiedenen Organen der römischen Gemeinde bei der Schilderung einzelner Kriegseröffnungen594. Häufig er592

Vergl. z. B. W.F. Jashemski, The Origins and History of the Proconsular imperium to 27 BC (Chicago 1950) 95ff; Kienast, ZRG 101, 1984, 132 mit A.62. 593 Anderen Quellenwert haben dagegen die Darstellungen des Livius und des Dionys, denn für ihre historiographischen Vorlagen (zum größten Teil die jüngere Annalistik) waren die Konflikte zwischen den verschiedenen Organen der römischen Gemeinde z. B. bei der Kriegseröffnung noch Teil des Alltags. 594 Dazu z. B. die Bemerkungen bei Rich, Declaring 14 A.7. 16.

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6. Kontinuitäts- und Wandlungsphänomene

klären "die Römer" den Krieg, ohne daß deutlich wird, wie Senat, Feldherr und Komitien bei der Kriegseröffnung zusammenwirkten. Aus diesen Gründen scheint es angebracht, die Darstellung auf die von Appian und Cassius Dio genauer geschilderten Beispiele zu beschränken. Daneben sind allgemeine Äußerungen der spätrepublikanischen Autoren zur verfassungsgemäßen Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung für die Rekonstruktion von Bedeutung.

6.2 Die Entwicklung von 167 bis 19 v. Chr. 6.2.1 Die lex Cornelia maiestatis Die für die Zeit der ersten Hälfte des 2. Jh. v. Chr. beobachteten Varianten der Kriegseröffnung blieben während der späten Republik gültig. Die lex Cornelia de maiestate595 kannte außerhalb der festgelegten Provinzen zwei Möglichkeiten der von Organen der römischen Gemeinde autorisierten Kriegseröffnung. Entweder das Volk oder der Senat konnten den jeweiligen (Pro-)Magistraten (oder eine Privatperson) mit der Kriegsführung beauftragen596. Die lex Cornelia de maiestate schrieb in dieser Hinsicht, wie Cicero bemerkt, Verfahrensregeln fest, die bereits durch ältere Gesetze verbindlich gemacht worden waren – deren Wirkung konnte bereits bei der Betrachtung der Kriege von 218-167 v. Chr. beobachtet werden597: ...exire de pro595

Cic. Pis. 50; vergl. auch Cic. Pis. 49; D.C. 38,41,1 und 39,56,4; Rotondi, Leges 360; vergl. Bauman, Crimen 68ff insbes. 75ff; Daly, in: Studies 1, hsg. C. Deroux (1979) 307 (zu den innenpolitischen Absichten des sullanischen Majestätsgesetzes); Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 413 A.10 (mit Literatur). 596 Mommsens Kritik (Staatsrecht 2 (3. Aufl.) 100 A.1; 3, 1256 A.) am aut bei Cic. Pis. 50 überzeugt nicht (er will stattdessen et konjizieren) angesichts Cic. Pis. 49, wo sich aut im selben Zusammenhang nochmals findet (vergl. auch die Überlieferung bei D.C. 38,41,1; dort ist der Volksbeschluß über den Krieg ebenfalls nur eine Möglichkeit des innerrömischen Beschlusses [neben dem Beschluß des Senates] über den Krieg). 597 Für das Ende des 2. Jh. v. Chr. belegt die lex de piratis die kontinuierliche Wirksamkeit der herausgearbeiteten Regeln – vergl. Pohl, Politik insbes. 228ff. Die lex de piratis persequendis belegt, daß die Komitien auch über die Vergrößerung der provincia beschließen konnten, die für einen Feldherrn vorgesehen worden war (Hassall u. a., JRS 64, 1974, 202; Knid. Col. III Z. 35ff u. ö. mit Sherwin-White, JRS 66, 1976, 6ff; ders., JRS 67, 1977, 70 und zum umstrittenen historischen Kontext des Gesetzes vergl. Bulin, Untersuchungen 15ff). Allerdings durfte der Statthalter seine Provinz auch ohne Senatsbeschluß verlassen, wenn es ihm im Interesse des populus Romanus dringlich schien (vergl. Hinweis bei Klodt, Rede 36f A.68/69 und Pohl, Politik 228ff. 231f. 234) – womit der traditionell große Handlungsspielraum in konkreten Krisensituationen potentiell erhalten blieb. Die Möglichkeit der Autorisierung eines Kriegszuges außerhalb der provincia wird durch die Bestimmungen einer lex Porcia ebenfalls als eine Alternative dank der lex de piratis

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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vincia, educere exercitum, bellum sua sponte gerere, in regnum iniussu populi aut senatus accedere, quae cum plurimae leges veteres, tum lex Cornelia maiestatis, Iuliae de pecuniis repetundis planissime vetat ...598.

6.2.2 Die andauernde Wirkung der traditionellen Regeln und ihre politische Auslegung Im 1. Jh. v. Chr. war es in der popularen Publizistik ein Gemeinplatz, daß ein Krieg iniussu populi nicht geführt werden könne, z. B. Sall. Cat. 29,2-3: ... senatus decrevit, darent operam consules, ne quid res publica detrimenti caperet. ea potestas per senatum more Romano magistratui maxuma permittitur: exercitum parare, bellum gerere ... domi militiaeque imperium atque iudicium summum habere; aliter sine populi iussu nullius earum rerum consuli ius est599.

Der dezidierten Formulierung des Sallust kann man nicht zustimmen, denn es entsteht beim Leser unweigerlich der durch die weitere Überlieferung nicht zu bestätigende Eindruck, alle Kriegseröffnungen hätten immer der vorhergehenden Autorisierung des Volkes bedurft, doch zeigen die genannten Regelungen der lex Cornelia de maiestate, daß die Mitwirkung des Volkes an der Kriegseröffnung auch während des 1. Jh. v. Chr. nur eine Art der Kriegseröffnung war. Auch während des 2. und 1. Jh. v. Chr. gab es Kriege, die ohne vorherigen Beschluß des Volkes in bereits bestehenden Provinzen bzw. in ihrer Nachbarschaft geführt wurden:

persequendis deutlich: Hassall u. a., JRS 64, 1974, 202; Knid. Col. III. Z. 4ff (lex Porcia; vergl. auch ihre Erwähnung in der lex Antonia de Termessibus FIPR 1 [2. Aufl.] Nr. 11 Z. 15ff [Hinweis von Sherwin-White, JRS 66, 1976, 6; vergl. auch Pohl, Politik 232ff]; zur Identifizierung des Gesetzgebers der lex de piratis persequendis vergl. Hassall u. a., JRS 64, 1974, 210 und den Datierungsvorschlag bei Lintott, ZPE 20, 1976, 81 [100 v. Chr.] und Bulin, Untersuchungen 15ff; Pohl, Poltik 219ff [Datierung der lex de piratis persequendis]. 233f [Datierung der lex Porcia]). 598 Cic. Pis. 50; vergl. aus neuerer Zeit zur lex Cornelia de maiestate z. B. Bauman, Crimen 68ff insbes. 75ff; Daly, in: Studies 1, hsg. C. Deroux (1979) 306ff (im Zusammenhang mit dem Prozeß gegen C. Cornelius Gallus) und Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 413 A.10 (mit Literatur). 599 Sall. Cat. 29,2f Übersetzung nach W. Eisenhut/J. Lindauer: So faßte der Senat den Beschluß: „Die Konsuln sollen achtgeben, daß der Staat keinerlei Schaden nehme“. Diese Vollmacht die höchste, die nach römischen Herkommen vom Senat einem Magistraten übertragen wird; er ist dann befugt, ein Heer auszurüsten, Krieg zu führen, bei Bundesgenossen und Bürgern mit allen Mitteln die Ordnung aufrechtzuerhalten, in der Heimat und im Feld die oberste militärische und richterliche Gewalt auszuüben; sonst hat der Konsul ohne Genehmigung des Volkes kein Recht zu diesen Maßnahmen“. Zur Stelle vergl. Vretska, Kommentar 2, 374f.

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6. Kontinuitäts- und Wandlungsphänomene

Während der zweiten Hälfte des 2. Jh. v. Chr. wurden Kriegseröffnungen in Spanien vom Senat oder vom Feldherrn vor Ort ohne Mitwirkung des Volkes beschlossen600: 154/153 v. Chr. weigerte sich die spanische Gemeinde Segeda, die römischen Forderungen zu erfüllen, die der Senat auf der Grundlage des Vertrages der spanischen Stämme und Städte mit Tib. Sempronius Gracchus erhob601. Daraufhin löste der Senat das Vertragsverhältnis mit Segeda auf602, und der Konsul Q. Fulvius Nobilior (Hispania citerior) zog mit neuen Truppen gegen Segeda. Ein Beschluß des Volkes über die Kriegseröffnung wird nicht überliefert und war auch nicht notwendig, weil ein spanisches Kommando im Jahr zuvor bereits bestand603. Das spanische Kommando erweiterte sich also lediglich um den Krieg gegen Segeda. Deshalb wurde zusätzlich ein Konsul mit neuen Truppen nach Spanien entsendet, offensichtlich weil die verschiedenen Kriegsgebiete nicht von einem Feldherrn befehligt werden konnten. Dem Feldherrn (Prätor in Hispania ulterior) des Vorjahres wurde ein Nachfolger (wieder ein Prätor) geschickt, damit dieser den zweiten Kriegsschauplatz leite604. Im nächsten Jahr (152 v. Chr.) schloß der Konsul M. Claudius Marcellus (Hispania citerior) einen Waffenstillstand mit den Belli, Titti und Aravaci, um Friedensverhandlungen der keltiberischen Gesandten mit dem römischen Senat zu ermöglichen605. Die Verhandlungen scheiterten, und auf Beschluß des Senates wurde der Krieg wieder aufgenommen. Erneut war die Mitwirkung des Volkes an diesem Kriegsbeschluß unnötig; denn das spanische Kommando blieb während der Verhandlungen bestehen. Der Kriegszustand war mit dem Waffenstillstand nur zeitweise ausgesetzt und nicht beendet worden. In diesen Fällen entschied traditionell allein der Senat über die Fortsetzung des Krieges. 140 v. Chr. erreichte der Konsul Q. Servilius Caepio (Hispania ulterior)606, daß der Senat den vom Volk bestätigten Friedensvertrag des Q. Fabius Maximus Servilianus (141 v. Chr. Hispania ulterior)607 mit Viriathus aufhob. Danach begann Servilius Caepio als spanischer Feldherr den Krieg gegen Viriathus608, ohne daß ein iussus populi für den Krieg eingeholt wurde. Auch am Ende des 2. Jh. v. Chr. änderte sich die kontinuierliche Anwendung der traditionellen Prinzipien ordnungsgemäßer Kriegseröffnung nicht. Dafür ist die Erneuerung des Krieges gegen 600

Vergl. auch: Rich, in: ders. u. a. (Hsgg.), War and Society in the Roman World (London 1993) 56f. 59. 601 App. Hisp. 44ff (180ff); Diod. 31,39; Plb. 35,4,2. 602 Dies ergibt sich aus Diod. 31,39. 603 Broughton, MRR 1, 450 (Niederlage des [L.] Calpurnius Piso Praetor in Hispania ulterior gegen die Lusitanier). 604 Broughton, MRR 1, 452 (L. Mummius, Hispania ulterior). 605 Plb. 35,2f; App. Hisp. 49 (206ff); Broughton, MRR 1, 453; Walbank, Commentary 3, 641ff. 606 Broughton, MRR 1, 479f. 607 App. Hisp. 69ff (294ff); Broughton, MRR 1, 477f. 608 App. Hisp. 70 (296ff); Diod. 33,1,4; vergl. Hackl, Senat 68ff; Simon, Kriege 125 A.45, der den "zu erwartenden Volksbeschluß" in der Überlieferung vermißt.

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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Iugurtha 110 v. Chr. ein gut überliefertes Beispiel609. Nach dem Scheitern der Verhandlungen Iugurthas in Rom befahl der Senat ihm, Italien zu verlassen, womit der Kriegszustand erneuert wurde (renovato bello Sall. Iug. 36,1). Unmittelbar nach dem Senatsbeschluß erhielt Sp. Postumius Albinus die für die Fortsetzung des Krieges notwendigen Mittel und kehrte zum Kriegsschauplatz zurück610. Für das 1. Jh. v. Chr. fehlen aufgrund der beschriebenen Quellenlage gut überlieferte Beispiele für solche Kriege, die allein auf Beschluß des Senates eröffnet wurden. Die genannten Regelungen der lex Cornelia de maiestate611 und einige Beispiele, in denen der Senat auf sein Mitbestimmungsrecht gegenüber eigenmächtig handelnden Magistraten bestand, belegen aber, daß die traditionellen Prinzipien der Senatsbeteiligung auch im 1. Jh. v. Chr. erhalten blieben. Deshalb konnte z. B. der Senat L. Licinius Murena befehlen, auf Mithradates Rücksicht zu nehmen (d.h. von dessen Bekriegung abzusehen), weil mit diesem noch ein Vertragsverhältnis bestand612. 56 v. Chr. hinderte der Senat den Feldherrn von Syrien, A. Gabinius, an der unautorisierten Kriegsführung gegen die Parther613. Des unautorisierten Feldzuges in Ägypten beschuldigte Cicero im Jahre 55 v. Chr. den A. Gabinius in seiner Rede gegen L. Calpurnius Piso Caesoninus, wobei er auch auf Gabinius’ Verstoß gegen die nach wie vor gültige lex Cornelia de maiestate hinwies614. Seit der zweiten Hälfte des 2. Jh. v. Chr. häuften sich die Fälle eigenmächtiger (und vom Senat ungewollter) Kriegseröffnungen der in "ständige Provinzen" entsendeten Feldherren. 151 v. Chr. wurde der Konsul L. Licinius Lucullus nach Spanien geschickt615. Die Hilfe für die Karpetaner diente Licinius Lucullus als Vorwand, den Krieg gegen die Vakkaier zu eröffnen616. Dabei fühlte

609

Broughton, MRR 1, 543f. Sall. Iug. 35,10 - 36,1. 611 Cic. Pis. 50. 612 App. Mith. 65 (272); weitere Quellen zur Statthalterschaft des L. Licinius Murena bei Broughton, MRR 2, 64. 77 passim; zum Frieden von Dardanos, dessen Gültigkeit der Senat gegenüber Licinius Murena betonte, vergl. Täubler, Imperium 325ff insbes. 328; Bulin, Untersuchungen 73ff; vergl. auch den Disput zwischen Mithradates und M’. Aquilius (App. Mith. 15f [51ff]; D.C. 30/35, frg. 99,2), dem dieselbe Vorstellung vom Entscheidungsrecht des Senates zugrunde liegt (vergl. Hackl, Senat 211). 613 Str. 12,3,34 (558), weitere Quellen bei Broughton, MRR 2, 210. 218. Zum Umfang des imperium des A. Gabinius vergl. z. B. B.A. Marshall, Crassus. A Political Biography (Amsterdam 1976) 140ff. 614 Cic. Pis. 50. 615 App. Hisp. 50ff (211ff); Broughton, MRR 1, 454f; vergl. Hackl, Senat 60ff; Simon, Kriege 49f (er meint, Licinius Lucullus habe als Imperieninhaber das Recht gehabt, Kriege gegen Völker eigenmächtig zu eröffnen, die mit Rom "nicht in einer Beziehung des öffentlichen Rechts" gestanden hätten). 616 App. Hisp. 51 (216). 610

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6. Kontinuitäts- und Wandlungsphänomene

er sich zur Befragung des Senates nicht verpflichtet. Nach seiner Rückkehr aus der Provinz wurde Licinius Lucullus dafür nicht bestraft617. Die Ausnutzung der innenpolitischen Möglichkeiten dieser Art der verfassungskonformen Kriegseröffnung (ohne Beteiligug des Senates und des Volkes) erreichte ihren folgenreichsten Höhepunkt mit Caesars Kriegsführung in Gallien618 (daneben noch die Fälle des A. Gabinius619 und M. Licinius Crassus Dives620). Caesar führte diese Kriege auf der Grundlage seiner durch die lex Vatinia und einen Senatsbeschluß übertragenen Kommandos621, ohne daß er zur Kriegseröffnung eigens vom Senat oder der Volksversammlung autorisiert worden war. Den Bedenken seiner Soldaten, er führe den Krieg nur aus eigenem Ehrgeiz, ohne daß er in Rom beschlossen worden sei, hielt Caesar sein traditionelles Verständnis des Provinzkommandos entgegen. Er wies darauf hin, daß ein großer Teil der römischen Kriege ohne Vorberatung des Senates und vorherigen Volksbeschluß von den Magistraten in den Provinzen geführt wurden. Diese Kriege seien Eingebungen des Augenblicks gewesen, in denen der Feldherr berechtigterweise auf die militärischen/politischen Entwicklungen in seiner Provinz reagierte622. Politisch problematisch war Caesars Argumentation, weil auch in der alten Verfassungspraxis die eigenmächtige aktive Kriegsführung eines Feldherrn außerhalb seiner Provinz unzulässig war, wenn kein zwingender Grund vorlag. Es stand also zur Diskussion, ob Caesars Kriegszug defensive Ziele hatte623. In dieser Frage war ein Teil der Senatoren anderer Ansicht als Caesar. Eine Befragung des Senates hätte deshalb dem innenpolitischen Grundgedanken der alten Ordnung entsprochen, worüber 617

App. Hisp. 55 (233); vergl. den Fall des Cn. Manlius Vulso 113ff. Broughton, MRR 2, 197f. 203 passim. 619 Broughton, MRR 2, 203. 210f. 218. 620 Broughton, MRR 2, 214. 224. 621 Rotondi, Leges 392; Broughton, MRR 2, 190. 197 passim. 55 v. Chr. Verlängerung der Kommandos, ders. ebenda 2, 215. 622 D.C. 38,35,2 und D.C. 38,41, insbes. 1-4. Die bekannte Tendenz von Caesars bellum Gallicum, die eigenmächtigen Kriegszüge als bella iusta bzw. als notwendig darzustellen, dient u. a. dazu, der römischen Öffentlichkeit zu verdeutlichen, daß der Statthalter Caesar zu den eigenmächtigen Kriegszügen außerhalb seiner Provinzen immer durch den Gegner und die von ihm drohenden Gefahren gezwungen wurde. Literatur zum bellum iustum bei Caesar z. B. E. Burck, Römische Politik im Spiegel der römischen Geschichtsschreibung, AU 1,1 1951, insbes. 36ff (36-63); M. Gelzer, Der Antrag des Cato Uticensis, Caesar den Germanen auszuliefern, in: Festschrift P. Kirn, hsg. E. Kaufmann (1961) 46-53 (vor allem zur Geschichte der Überlieferung über den Auslieferungsantrag des M. Porcius Cato); J. Straub, Caesars "Gerechter Krieg" in Gallien, jetzt in: Regeneratio Imperii 2 (1986) 1-35; Dahlheim, Gewalt 163f; Schwarte, Ausbruch 99 mit A.11. 100 A.12, Claverdetscher, Bellum 129ff. 129 A.8 (Kritik an Gelzer, Schriften 2, 319f, der Caesar den Nachweis des bellum iustum unterstellt); A.W. Lintott, What was the Imperium Romanum?, G&R 28, 1989, 57f (53-67); Flach, Einführung 98ff; Mantovani, Bellum 64f; Sibenhorn, AU 33,5, 1990, 47. 623 Diesen Eindruck zu erwecken, bemüht sich Caesar z. B. im ersten Buch des bellum Gallicum konsequent, um seine Aktionen gegen die Helvetier als defensive Maßnahmen des Statthalters erscheinen zu lassen. 618

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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Caesar ganz im Sinne seiner argumentativen Absicht hinwegging. Denn eine Zustimmung des Senates zu seiner Kriegsführung war nicht zu erwarten. Caesar hatte Veranlassung, den Senat nicht zu befragen, und unterließ es, wobei er vor den Soldaten seinem Verhalten den Anschein verfassungskonformen Vorgehens gab. Der Erfolg im Gallischen Krieg und die innenpolitische Entwicklung in Rom bewahrten Caesar vor den denkbaren Folgen seines eigenmächtigen Vorgehens. Der spätere Versuch des M. Porcius Cato und anderer, Caesar für die Kriegseröffnung gegen die Tenkterer und Usipiter als bundbrüchigen Feldherrn auszuliefern, scheiterte am mangelnden politischen Konsens im Senat624.

6.2.3 Der Rückgang der Beteiligung der Komitien an der Schaffung militärischer Kommandos seit dem 2. Jh. v. Chr. Die Autorisierung des Feldherrn zur Kriegsführung durch den Senat oder die eigenmächtige Kriegseröffnung durch den Feldherrn vor Ort waren auch am Ende des 2. und im 1. Jh. v. Chr. gängige Typen verfassungskonformer Kriegseröffnung, während man von leges de bello indicendo der Komitien u. ä. nach 167 v. Chr. nur noch selten hört. Ob dem 3. Punischen Krieg eine lex de bello indicendo der Komitien voranging, ist unsicher625. Die Überlieferung berichtet von einem Beschluß des Senates über die Kriegserklärung, der den Karthagern von einem römischen Gesandten förmlich übermittelt wurde626. Gleichzeitig erfuhren die Karthager von ihm, daß die Abfahrt der römischen Truppen nach Afrika schon veranlaßt worden war. Appian berichtet noch vor dem Beschluß des Senates über die Kriegserklärung, daß Rom während des Krieges zwischen Massinissa und Karthago Aushebungen in Italien veranlaßte, um im Bedarfsfall Truppen zur Verfügung zu haben627. Es erscheint deshalb als wahrscheinlich, daß noch vor dem endgültigen Kriegsbeschluß des Senates ein "Beobachtungskommando für Afrika" (wohl unter Mitwirkung der Komitien) geschaffen wurde, das nach dem Be624

Antrag zur Auslieferung Caesars Suet. Iul. 24,3 [dazu z. B. M. Gelzer, Der Antrag des Cato Uticensis, Caesar den Germanen auszuliefern, in: Festschrift P. Kirn, hsg. E. Kaufmann (1961) 4653 (vor allem zur Geschichte der Überlieferung über den Auslieferungsantrag des M. Porcius Cato) und P.A. Brunt, Laus imperii, in: Imperialism, hsgg. P.D.A. Garnsey u. a. (1978) 327f A.81 (159-191); Nörr, Aspekte 75 A.26]. 625 Rich, Declaring 14 mit A.7 nimmt eine dem Krieg vorausgehende lex de bello indicendo an, Rotondi, Leges 88f hat ein solches Gesetz nicht in seine Sammlung aufgenommen – zur Vorgeschichte und Beginn des 3. Punischen Krieges vergl. Walbank, Commentary 3, 653f; A.E. Astin, Scipio Aemilianus (Oxford 1967) 48ff. 270ff.. 626 App. Pun. 75. 76 (348. 352); Plb. 36,3,9ff (vergl. Walbank, Commentary 3, 655f). 627 App. Pun. 74 (340).

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6. Kontinuitäts- und Wandlungsphänomene

schluß des Senates zur Grundlage der Kriegskommandos gegen Karthago wurde. Einer lex de bello indicendo bedurfte es deshalb wahrscheinlich vor der Überfahrt der Truppen nach Afrika nicht mehr. Einen iussus populi anläßlich des Iugurthinischen Krieges berichten Livius und Orosius628. Sallust erwähnt lediglich, daß der Senat nach der lex Sempronia de provinciis consularibus für die Konsuln des Jahres 111 v. Chr. Italien und erstmals Numidien festlegten629. L. Calpurnius Bestia sei die Provinz Numidien zugefallen. Wahrscheinlich legte der Senat 112/111 v. Chr. zunächst Numidien als eine Provinz der nächsten Konsuln fest, und nachdem Calpurnius Bestia Numidien durch das Los zugefallen war, holte dieser den iussus populi zum Krieg gegen Iugurtha ein, der Voraussetzung für das neue militärische Kommando war. Im Jahr 58 v. Chr. erhielt M. Porcius Cato durch Beschluß der Komitien einen Auftrag zur Besitzergreifung der Insel Zypern, die Rom durch Testament vermacht worden war630. Damit war auch die Ermächtigung zur Kriegsführung verbunden, falls sich Ptolemaios und andere Zyprioten den Maßnahmen Roms widersetzen sollten631. Das bedingte militärische Kommando ist also ein Beispiel komitialer Mitwirkung bei der Schaffung neuer militärischer Kommandos, auch wenn der Volksbeschluß keine regelrechte lex de bello indicendo war. Am Ende der Republik im Jahr 32 v. Chr. erhielt Octavian aufgrund einer lex de bello indicendo der Komitien den Kriegsauftrag gegen Kleopatra 632.

Die zeitlich weit auseinanderliegenden Beispiele und die erwähnten Bestimmungen der lex Cornelia de maiestate633 zeigen, daß die Beteiligung der Komitien an der Schaffung neuer militärischer Kommandos auch im 1. Jh. v. Chr. immer eine Möglichkeit des Kriegsbeschlusses blieb.

628

Liv. per. 64; Oros. 5,15,1, Val. Max 7,5,2; Broughton, MRR 1, 540. Sall. Iug. 27,3ff. Weshalb Sallust den Kriegsbeschluß überging, dazu vergl. D. Timpe, Herrschaftsidee und Klientelstaatenpolitik in Sallusts Bellum Iugurthinum, Hermes 90, 1962, 345f (334-375). 630 Rotondi, Leges 397; Broughton, MRR 2, 198. 631 Cic. dom. 20. 632 D.C. 50,4,4f; Plut. Ant. 60. 633 Cic. Pis. 50. 629

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6.2.4 Kriegseröffnungen auf der Grundlage bestehender Kommandos Die wenigen Belege zu leges de bello indicendo während der späten Republik sind zum Teil sicherlich durch die schlechte Überlieferungslage verursacht634. Die Mehrzahl der bekannten Kriege wurde aber von Imperieninhabern geführt, denen ein Kommando in zuvor bereits bestehenden Provinzen zugewiesen worden war. Mit diesem Kommando wurde entweder auf Beschluß des Volkes, des Senates635 oder aus Befugnis der Feldherren (zum Defensivkrieg) ein neuer Kriegsauftrag verbunden, so daß ein iussus populi (in der traditionellen Form der lex de bello indicendo) unnötig war. Zumindest in diesen Fällen wird man Überlieferungen zu leges de bello indicendo vergeblich erwarten. So wurde der 1. Mithradatische Krieg von Sulla geführt, der als Statthalter der Provinz Asia auch den Auftrag zur Bekriegung des Mithradates erhielt636. Eine lex de bello indicendo der Komitien wird nicht überliefert637. Den 3. Mithradatischen Krieg führte in der Hauptsache zunächst L. Licinius Lucullus, dem auf Beschluß des Volkes und des Senates die bereits zuvor bestehenden Provinzen Kilikien und wahrscheinlich auch Asia übertragen wurden638. Mit diesen Provinzen wurde der Kriegsauftrag gegen Mithradates verbunden. Der Beschluß des Volkes betraf lediglich die nach dem Tod des L. Octavius von Lucullus angestrebte persönliche Übertragung der Provinz (ihm war als Konsul durch Los bereits Gallia Cisalpina zugefallen). Eine lex de bello indicendo wird nicht überliefert. Neben den weiter oben genannten Beispielen eigenverantwortlicher Kriegseröffnung der Feldherren gibt es weitere Beispiele: Q. Caecilius Metellus, der Inhaber des Kommandos gegen Iugurtha, führte nach (von ihm veranlaßten) vergeblichen Gesandtschaften an Bocchus auch gegen diesen Krieg, offensichtlich ohne daß darüber der Senat oder sogar das Volk befragt werden mußten639. M. Antonius Creticus eröffnete als Inhaber eines großen Kommandos gegen die Piraten auch den Krieg gegen die Kreter, nachdem er vergeblich eine Gesandtschaft zu ihnen geschickt

634

Vergl. auch Rich, Declaring 14 A.7. 16f. Vergl. Seite 132f A.597. 636 App. B.C. 1,55 (241ff); Mith. 22 (84ff); Vell. Pat. 2,18,6; Plut. Sull. 6ff. Und vergl. auch den Versuch, Sulla mit der lex Sulpicia de bello Mithridatica C. Mario decernendo (Rotondi, Leges 345) das Kommando nachträglich zu entreißen; Broughton, MRR 2, 39f. 48 (zu Sullas Kommando). 637 App. Mith. 22 (83ff) ist wohl nicht im Sinne der Verabschiedung einer lex de bello indicendo zu interpretieren (vergl. Harris, War 263). 638 Plut. Luc. 6; App. Mith. 72 (305); weitere Quellen Broughton, MRR 2, 101f. 106f. 639 Sall. Iug. 83; weitere Quellen bei Broughton, MRR 1, 549. 635

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6. Kontinuitäts- und Wandlungsphänomene

hatte640. Den Kretern wurde Kollaboration mit Mithradates und den Seeräubern vorgeworfen. Den Krieg gegen die Parther eröffnete M. Licinius Crassus Dives als Kommandant in der Provinz Syrien641. Er war durch die lex Trebonia de provinciis consularibus642 wahrscheinlich ausdrücklich von den mehrfach erwähnten Bestimmungen der lex Cornelia de maiestate befreit worden643. Auf dieser Grundlage konnte er ohne Befürchtung späterer Prozesse in Rom den Krieg beginnen. Einen Kriegszug gegen die Parther hatte bereits sein Vorgänger in der syrischen Statthalterschaft A. Gabinius ins Auge gefaßt, so daß Licinius Crassus die Notwendigkeit des (Defensiv-)Feldzuges leicht rechtfertigen konnte644 – wenn er nicht sogar einen Kriegsbeschluß in Rom erwirkt hatte645.

6.2.5 Konflikte um die Auslegung der traditionellen Regeln Das während des 2. und 1. Jh. v. Chr. durch unterschiedliche innen- und außenpolitische Faktoren begünstigte Entstehen "ständiger Provinzen" brachte es mit sich, daß das Volk immer seltener an der Kriegsentscheidung (bzw. Schaffung neuer Kommandos646) beteiligt werden mußte647. Diesen seit dem 2. Jh. v. Chr. allgemein empfundenen und z. B. bei Aushebungen und zu langen Dienstzeiten unmittelbar erlebten Mißstand (der auch zu innenpolitischen Konflikten z. B. bei Fällen tribuni640

App. Sic. 6,1ff, zur Vorgeschichte vergl. D.C. 30/35, frg. 111,1ff. Broughton, MRR 2, 217. 224. 230 passim und Ziegler, Beziehungen 32ff; B.A. Marshall, Crassus. A Political Biography (Amsterdam 1976) 139ff; Albert, Bellum 112ff. 642 Rotondi, Leges 408; Broughton, MRR 2, 217. 643 D.C. 39,33,2. 644 D.C. 39,56,2ff. Die Überlieferung zum Partherfeldzug des Licinius Crassus beherrscht die Tendenz, den Feldzug als iniustum bellum erscheinen zu lassen (z. B. Ziegler, Beziehungen 32f; B.A. Marshall, Crassus. A Political Biography (Amsterdam 1976) 143ff; Albert, Bellum 112ff), für das allein Licinius Crassus verantwortlich sei. Deshalb erfährt man kaum etwas über die von Licinius Crassus sicherlich vorgebrachten Vorwände bzw. Motive für den Feldzug. [Ein Teil der Überlieferung berichtet sogar, daß Licinius Crassus einen Kriegsbeschluß der Komitien erwirkt hatte (Liv. per. 105; Eutrop. 6,18; vergl. Marshall, a.a.O 142f. 144)]. Mit der tendenziellen Darstellung der Ereignisse gelang es den römischen Historikern, die alleinige Verantwortung für die römische Niederlage Licinius Crassus zuzuschieben. Dieses Verfahren, römische Niederlagen zu kaschieren, indem man sie allein der Verantwortung unfähiger bzw. ungerechter Feldherren zuwies, ist auch an anderen Orten zu beobachten (vergl. H. Bruckmann, Die römischen Niederlagen im Geschichtswerk des T. Livius, diss. Münster 1936 passim mit reichem Material für die diesbezügliche Darstellungskunst des Livius). Die Nachricht über den Partherfeldzug des A. Gabinius, der kurze Zeit vor dem Feldzug des Licinius Crassus geplant war (App. Syr. 51 [257]; Str. 12,3,34 [558] und Broughton, MRR 2, 210f) rät zur Vorsicht, den tendenziellen Darstellungen zu Crassus’ Feldzug zuviel Glauben zu schenken. Wahrscheinlich stand in Rom seit längerem ein Feldzug gegen die Parther zur Diskussion, d.h. es gab Gründe, die ein Feldherr vor Ort leicht zur Rechtfertigung eines Kriegszuges benutzen konnte. 645 Vergl. B.A. Marshall, Crassus. A Political Biography (Amsterdam 1976) 142ff. 646 Vergl. Seite 132f A.597. 647 Vergl. z. B. Millar, JRS 74, 1984, 3f zu den Arten der Provinzschaffung und -vergabe. 641

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zischer Interzession gegen Aushebungen führte) lassen z. B. Sallust den C. Memmius und Appian den L. Calpurnius Piso Caesoninus deutlich aussprechen648. Es hat den Anschein, daß die auffallend verkürzte Darstellung der Verfassungsregeln dem vulgären Verfassungsverständnis der Bürgerschaft entgegenkam, das man je nach politischer Opportunität zu wecken suchte, um die in Komitien bzw. contiones versammelte Bürgerschaft für sich zu gewinnen. Dies war schon für die Opponenten des Cn. Manlius Vulso ein Mittel, populistisch Stimmung zu machen. Die Konflikte um die Auslegung der traditionellen Handlungsrechte der Imperieninhaber bei der Kriegsführung in den Provinzen blieben eine gängige Erscheinung auch während der zweiten Hälfte des 2. und im 1. Jh. v. Chr.: Zum Feldzug des L. Licinius Lucullus gegen die Vakkaier649 (151 v. Chr.) bemerkt Appian: çg= ÇÉX içìîâçìääç?I= ÇçîñÜ?= íÉ= ÉàéáèìãïDå= â~áX= Éàâ= éÉåáî~?= ÅêÜLîòïå= ÅêÜã~íáëãçìDI= Éà?= lìà~ââ~áîçì?I ÉôíÉêçå=ÖÉîåç?=hÉäíáÄÜîêïåI=ÉàåÉîÄ~äÉåI=çáõ=ÖÉáîíçåÉ?=íïDå=à^êçì~âïDå=ÉáàëáåI=çìxíÉ=íáåçX?=~ìàíïDL óÜÑáîëã~íç?= ÖÉÖçåçîíç?= çìxíÉ= lìà~ââ~áîïå= goïã~áîçá?= éÉéçäÉãÜâçîíïå= çìàÇD= Éà?= ~ìàíçîå= íá içìîâçìääçå= ~gã~êíçîåíïå650. Licinius Lucullus nutzte also seinen traditionellen Entscheidungsspielraum als Feldherr, um einen neuen Krieg zu beginnen. Den Vorwand für die Kriegseröffnung bildete die Hilfeleistung für die Karpetaner651. Lucullus wurde für seine unautorisierte Kriegseröffnung nach seiner Rückkehr nicht zur Verantwortung gezogen652. Eine Anklage gegen ihn wäre rechtlich sicherlich möglich gewesen. Ihr Zustandekommen hing aber neben dem notwendigen Verstoß gegen geltendes Recht vor allem davon ab, ob sich in Rom Senatoren fanden, die einen Prozeß wollten.

648

Sall. Iug. 31,20: nisi forte nondum etiam vos dominationis eorum satietas tenet et illa quam haec tempora magis placent, cum regna provinciae leges iura iudicia bella atque paces, postremo divina et humana omnia penes paucos erant; vos autem, hoc est populus Romanus, invicti ab hostibus, imperatores omnium gentium, satis habebatis animam retinere. nam servitutem quidem quis vostrum recusare audebat? Zur Stelle vergl. Koestermann, Bellum 135f. Das von Sallust geschilderte Problem begegnet auch in ähnlichen Zusammenhängen bei: Liv. 31,6,3f und Liv. 4,58; 6,27,7 und vergl. App. B.L. 3,55 [228f]: = KKK= çìõ?= ÉxÇÉá= ãÉí~éÉáîèÉáåI= çìàÅáX= ëìåèÉîãÉåçå ìgÄêáîòÉáåI= çìàÇÉX= íÜXå= Åïîê~å= aÉîâãïL= ãÉXå= éáëíÉìîÉáåI= çõå= çg= ÇÜDãç?= ÉàÇáîïñÉå= ÉàéáX= íïLD= ÑçîåïLI à^åíïåáîïL= ÇÉX= ~àéáëíÉáDåI= çõíá= çg= ÇÜDãç?= ÉxÇïâÉåK= çìà= Ö~Xê= Éìy= ÄçìäÉìçãÉîåïå= ÉàëíáX= Çá~J ëí~ëá~îòÉëè~á= éêçX?= íçXå= ÇÜDãçå= Éàå= â~áêçáD?= ã~îäáëí~= ÉàéáâáåÇìîåçá?= çìàÇÉX= ~àãåÜãçåÉáDåI= çôíá â~áX=íçîÇÉ=~ìàíçX=íçìD=ÇÜîãçì=éêçîíÉêçå=ÜàDåI=íçX=âêáîåÉáå=í~X=Ñáîäá~=â~áX=éçäÉîãá~K 649 App. Hisp. 50ff (211ff); Broughton, MRR 1, 454f; Hackl, Senat 60ff; Rich, in: ders. u. a. (Hsgg.), War and Society in the Roman World (London 1993) 57. 650 App. Hisp. 50 (215). 651 App. Hisp. 50 (216). 652 App. Hisp. 55 (233).

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6. Kontinuitäts- und Wandlungsphänomene

Gegen Ser. Sulpicius Galba fanden sich zur selben Zeit Ankläger, obwohl er sich kaum weniger schlimmer außen- und innenpolitischer Vergehen schuldig gemacht hatte653. Sulpicius Galba war gleichzeitig mit dem Konsuln Licinius Lucullus als Prätor 151/150 v. Chr. nach Spanien (Hispania ulterior) geschickt worden. Er besiegte einige lusitanische Stämme. Er zwang sie zur deditio, entwaffnete sie und metzelte sie anschließend nieder. Die außenpolitische Wirkung dieser Tat auf die anderen lusitanischen Stämme und alle spanischen Kriegsgegner Roms muß verheerend gewesen sein. Innenpolitisch ungeschickt war es auch, daß Sulpicius Galba seine Soldaten kaum an der Beute beteiligte. Der Volkstribun L. Scribonius Libo stellte nach Galbas Rückkehr den Antrag: ... ut Lusitani, qui in fidem populo Romano dediti ab Servio in Galliam venissent, in libertatem restituerentur ...654. Für den Antrag Libos trat M. Porcius Cato Maior in der berühmten Rede contra Ser. Galbam pro direptis Lusitanis ein655. Nur das Mitleid erweckende Auftreten des Sulpicius Galba vor der Volksversammlung verhinderte eine Anklage gegen ihn. Sein Fall erinnert in vielem an den des M. Popillius Laenas, der ebenfalls, allerdings noch durch einen Verfahrenstrick des Prätors, der Anklage entging656. Dagegen wurde 136 v. Chr. M. Aemilius Lepidus Porcina657 vom Senat und der Volksversammlung für seine ungenehmigte Kriegseröffnung gegen die Vakkaier bestraft. Der Senat ließ ihm durch Gesandte mitteilen: çáõ= íÜXå= ÄçìäÜXå= ÉxÑ~ë~å= ~àéçêÉáDåI= Éáà= íçëïDåÇÉ= éí~áëã~îíïå ëÑáîëáå=Éàå=àfÄÜêáî~L= ÖÉåçãÉîîåïå=çg= ^áàãáîäáç?=éçîäÉãçå=ÉôíÉêçå=~àêÉáDí~áI=â~áX= óÜîÑáëã~=ÉàéÉîÇçJ ë~å=~ìàíïDL= éêç~ÖçêÉìDçå=^áàãáîäáçå=lìà~ââ~áîçì?=ãÜX= éçäÉãÉáDå658. Die Gesandten übermittelten ihm zugleich den Beschluß des Senates: ~ìàíïDL= éêç~ÖçêÉìDçå= ^áàãáîäáçå= lìà~ââ~áîçì?= ãÜX= éçäÉJ ãÉáDå659. Die Komitien enthoben Lepidus seines Kommandos660, und nach seiner Rückkehr wurde ihm eine Geldbuße auferlegt. 104 v. Chr. wurde M. Iunius Silanus (Konsul 109 v. Chr.) vom Volkstribun Cn. Domitius Ahenobarbus u. a. mit dem Vorwurf angeklagt, er habe rem cum Cimbris iniussu populi gessis-

653

Liv. per. 49; App. Hisp. 59ff (247ff); Broughton, MRR 1, 459; Rotondi, Leges 292; Eder, Repetundenverfahren 51ff; Hackl, Senat 60ff. 654 Liv. per. 49,17. 655 Vergl. A.E. Astin, Cato the Censor (Oxford 1978) 112. 118f; Briscoe, Historia 18, 1969, 67; Nörr, Aspekte 132ff. 656 Vergl. Seite 102ff. 657 App. Hisp. 80ff (349ff); Broughton, MRR 1, 487f; Hackl, Senat 73ff; Graeber, WJ 15, 1989, 147ff; Rich, in: ders. u. a. (Hsgg.), War and Society in the Roman World (London 1993) 57. 658 App. Hisp. 81 (351). 659 App. Hisp. 81 (351). 660 App. Hisp. 83 (358) fehlt bei Rotondi, Leges.

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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se661, obwohl der Kriegszustand zwischen Rom und den Kimbern seit der Niederlage des Cn. Papirius Carbo bei Noreia (also einem Ort, der in Nachbarschaft des Gallischen Kommandos lag) zweifelsfrei gegeben war662. Es handelte sich also wahrscheinlich wieder um einen populistischen Vorwurf, der den Angeklagten vor der römischen Bürgerschaft diskreditieren sollte, dessen rechtliche Begründung aber zumindest anfechtbar war. Die vorrangig persönlichen Motive des Domitius Ahenobarbus für seine Anklage überliefert Cicero663.

6.3 Elemente des Wandels der traditionellen Regeln 6.3.1 Die lex Cornelia de maiestate und das Privileg der Entscheidung über Krieg und Frieden Die vom Senat oder den Komitien unautorisierte Kriegseröffnung durch die Feldherren wurde in der Majestätsgesetzgebung des Sulla nach dem Vorbild älterer Gesetze und dem traditionellen Herkommen als ein möglicher Straftatbestand festgestellt, der mit Prozessen de maiestate verfolgt werden konnte664. Die Gesetzgebung Sullas beseitigte aber in keiner Weise die traditionellen Konflikte, weil sie die weiten Interpretationsmöglichkeiten der feldherrlichen Entscheidungsbefugnisse (zur Eröffnung von Defensivkriegen) nicht abschaffte und die Anklageerhebung nach wie vor vom politischen Willen der Senatoren abhing. Eine (in Gesetzen festgelegte) automatische Bestrafung solcher Feldherren, die auf der Grundlage ihres mehr oder weniger beschränkten Kommandos am politischen Willen der römischen Zentrale vorbei Kriege eröffneten, gab es auch nach Sullas Gesetz nicht. Die eigenmächtigen (und z.T. ungeahndeten) Kriegseröffnungen des L. Licinius Murena gegen Mithradates665, die des C. Iulius Caesar gegen die Helvetier666 (und des A. 661

Asconius 62 Stangl (= 87 Giarrantano); weitere Quellen bei Broughton, MRR 1, 545f. 559f; Hackl, Senat 160f; Rich, in: ders. u. a. (Hsgg.), War and Society in the Roman World (London 1993) 57. 662 Broughton, MRR 1, 535 passim. 663 Cic. div. Caec. 20,67; Verr. 2,2,118. 664 Cic. Pis. 50; einen vergleichbaren (früheren) Fall einer gesetzlichen Regelung stellt die lex Porcia dar (Hassall u. a., JRS 64, 1974, 202; Knid. Col. III Z. 4ff) – aber auch dieses Gesetz ließ weiten Interpretationsspielraum, vor allem durch Formulierungen wie ÉáàîÇï?=Ççîäïá=éçåÜêïDá und ~àîåÉì= Ççîäçì= éçåÜîêçì [zur Datierung des Gesetzes vergl. die Vorschläge bei Lintott, ZPE 20, 1976, 81 und ders., G&R 28, 1989, 54 (100 v. Chr.); Bulin, Untersuchungen 15ff; Pohl, Politik 233f; vergl. auch Klodt, Rede 36f mit A. 68/69). 665 App. Mith. 64ff (264ff); Broughton, MRR 2, 64. 77 passim; vergl. auch Bulin, Untersuchungen 77f. 666 Broughton, MRR 2, 197f passim.

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6. Kontinuitäts- und Wandlungsphänomene

Gabinius außerhalb seiner Provinz Syrien in Ägypten667) sind geläufige Beispiele dafür. Der Vorwurf unautorisierter und ungerechter Kriegsführung blieb nach wie vor ein je nach Opportunität nutzbares Mittel in der politischen Auseinandersetzung. Cicero verwendete z. B. diesen Vorwurf gegen A. Gabinius, um ihn und seinen Gefolgsmann L. Calpurnius Piso beim Volk zu diskreditieren668. C. Memmius versuchte, den Triumph des L. Licinius Lucullus zu verhindern669, indem er ihn der unnötigen Kriegsverlängerung anklagte, wobei er offensichtlich den von diesem veranlaßten Kriegszug gegen Tigranes meinte670. Dieser Vorwurf war nur einer von vielen, die Licinius Lucullus beim Volk unbeliebt machen sollten, um so vor allem die Bestätigung seiner umstrittenen Anordnungen im Osten zu verhindern. Während der späten Republik wurden wohl vor allem wegen der Gefahr "politischer Majestätsprozesse" (nach dem Ende des Kommandos) einige wenige große bzw. außerordentliche Kommandos führender Persönlichkeiten (die von innerrömischen Anfeindungen besonders gefährdet waren) mit dem Privileg versehen, daß die Imperieninhaber im Einzugsgebiet ihrer Provinz(en) nach eigenem Ermessen Kriege eröffnen und Frieden schließen dürften671. Praktisch lief dieses Privileg auf eine Exemtion der auf diese Weise privilegierten Imperieninhaber von den entsprechenden Strafbestimmungen der lex Cornelia maiestatis hinaus. Eine unmittelbare Sus667

Broughton, MRR 2, 218. Cic. Pis. 49f. 84f. D.C. 39,56,4 berichtet in seiner Erzählung zum Fall des Gabinius von einem Gesetz, daß den Statthaltern verbot, fremdes Gebiet außerhalb ihrer Provinz zu betreten und eigenmächtig Kriege zu beginnen. Es unterlag aber sehr der Interpretation, ob ein Kriegszug wegen "Gefahr im Verzug" oder "Interesse des populus Romanus" ohne Rücksprache mit dem Senat sofort eröffnet werden konnte, und außerdem war es der politischen Interpretation überlassen, was als fremdes Gebiet zu betrachten sei, weil etwa kriegerische Bewegungen in an die Provinz angrenzenden Gebieten vom Statthalter als Gefahr für die Provinz empfunden werden konnten. Zu Gabinius’ Verteidigung gegen die Vorwürfe vergl. Klodt. Rede 36f. 30ff und Schulz, Herrschaft 189ff zu den Prozessen gegen Gabinius insgesamt. Bemerkenswert bzgl. des Handlungsspielraums der Provinzstatthalter im 1. Jh. v. Chr. auch die Überlieferung zu Ciceros Provinzkommando: vergl. Schulz, Herrschaft 193ff. 669 Broughton, MRR 2, 153f; vergl. Seager, Pompey 31f; Gelzer, RE 13 (1926) 399. 405f s.v. Licinius Nr. 104 und ders., Schriften 2, 176f. 670 Plut. Luc. 37; vergl. Broughton, MRR 2, 133. 153f; Gelzer, RE 13 (1926) 399. 405f s.v. Licinius Nr. 104 und ders., Schriften 2, 176. 671 Allgemein zu den "außerordentlichen bzw. großen imperia" vergl. Täubler, Imperium 157ff (zum Friedens- bzw. Vertragsrecht); Boak, AHR 24, 1918, 1ff; Schönbauer, ZRG 47, 1927, 264ff; Gelzer, Schriften 2, 146ff (= Abh. Preuß. Akad. Wiss. phil. hist. Kl. 1943, Heft Nr. 1); Gruen, Generation 534ff; Bleicken, Lex 115ff; Ridley, Historia 30, 1980, 280ff; Kienast, ZRG 101, 1984, 132 A.62. 668

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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pension der außenpolitischen Mitbestimmungsrechte des Senates bzw. der Komitien für die Dauer des Kommandos bzw. für das Kommandogebiet bewirkte das Privileg allerdings nicht. Überliefert wird dieses Privileg für die Kommandos des Pompeius 66 v. Chr.672, des Pompeius und des Crassus 55 v. Chr.673 und für die Diktatur Caesars674. Es ist sehr wahrscheinlich, daß das Privileg nicht notwendig zu jedem großen bzw. außerordentlichen imperium gehörte. Pompeius bekam es erst mit dem Mithradateskommando verliehen,

672

App. Mith. 97 (446); weitere Belege zur lex Manilia de imperio: Rotondi, Leges 375f; Broughton, MRR 2, 155 passim (zu Pompeius’ auch völkerrechtlichen Handlungen während seines Kommandos auf der Grundlage des großen bzw. außerordentlichen imperium). Speziell zum "Krieg-und-Frieden-Privileg" z. B. Mommsen, Staatsrecht 3, 1104ff. 1105 spricht er vom Recht, "jedem auswärtigen Staat nach Ermessen den Krieg zu erklären"; Täubler, Imperium 157; Boak, AHR 24, 1918, 13; Schönbauer, ZRG 47, 1927, 304; Gelzer, Schriften 2, 181ff [= Abh. Preuß. Akad. Wiss. phil.-hist. Kl. 1943, Heft Nr. 1, 35f] (alle wie Mommsen); Heuß, Grundlagen 23 (Befreiung von der Befragung des Senates und Volkes; Heuß äußert erste Zweifel an der Interpretation Mommsens. Er hebt gegen Täubler hervor, daß Pompeius trotz des Privilegs nicht außerhalb des traditionellen ius pacis et belli gestanden habe; damit berührt er scheinbar die Einschränkung des Privilegs durch traditionelle Regeln des römischen Völkerrechts); M. Gelzer, Pompeius. Lebensbild eines Römers (2. Aufl. 1959 ND Wiesbaden 1984) 215 A.17 (erhebt Zweifel an der Authentizität der Nachricht bei Appian); Sattler, Augustus 45 (Recht nur für das spezielle Kommandogebiet); Jameson, Historia 19, 1970, 558 (Appian beschreibt ein de facto-Recht); Schleussner, Legaten 81 mit Literatur (hebt Ratifikationsrecht des Senates hervor); Seager, Pompey 42f. 130f (erkennt das Privileg als Bestandteil des imperium an, warnt aber angesichts des Ratifikationsvorbehaltes vor einer politischen Überbewertung des Privilegs); Jehne, Staat 47ff (im Rahmen seiner Auseinandersetzung mit Seagers Interpretation hält er einerseits das Privileg für eine aus der großen Erstreckung des imperium heraus entwickelte sekundäre Deutung [insbes. ebenda 50f], andererseits meint er, angeregt durch Überlegungen Brunt/Stocktons, Historia 14, 1965, 39 A.66 zum "Krieg-und-Frieden-Recht" des Augustus, das Privileg habe Pompeius von der dezidierten Regelung der lex Cornelia de maiestate (Cic. Pis. 50) befreit). Im folgenden wird die Anregung Brunt/Stocktons zur Interpretation des "Krieg-und-FriedenRechtes" des Augustus mit den Bemerkungen Seagers zur lex Manilia und zur lex Trebonia verbunden und das Privileg auf diese Weise als tatsächlichen Bestandteil der lex Manilia de imperio interpretiert (was schon aufgrund von App. Mith. 97 (446) naheliegt). 673 D.C. 39,33,2; Plut. Cat. 43; Rotondi, Leges 408; Broughton, MRR 2, 217. 224. 225. 230 passim (zu den auch völkerrechtlichen Handlungen der Imperieninhaber). Speziell zum Privileg z. B. Mommsen, Staatsrecht 3, 1105 A.4; Boak, AHR 24, 1918, 19; Schönbauer, ZRG 47, 1927, 304f; Sattler, Augustus 45 (Privileg nur im Kommandogebiet gültig); Seager, Pompey 130f (Privileg soll Feldherren Handlungsfreiheit geben); B.A. Marshall, Crassus. A Political Biography (Amsterdam 1976) 142f; Jehne, Staat 48ff (mit Literatur). 674 D.C. 42,20,1f; Rotondi, Leges 417 (sieht es anscheinend als Teil der durch Volksbeschluß verliehenen diktatorischen Rechte Caesars). Speziell zum Privileg: Andersen, Cassius 12 mit A.4 (ablehnend; Caesar soll das Recht nie ausgeübt haben); Ehrenberg, AJPh 74, 1953, 127f (zum imperium maius des Diktators Caesar); Sattler, Augustus 45 (unumschränktes Recht des Dikators); Jehne, Staat 43ff mit Literatur.

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6. Kontinuitäts- und Wandlungsphänomene

wie aus Appians Darstellung hervorgeht675. Hätte das Privileg bereits zum Seeräuberkommando des Pompeius gehört676 (= großes und außerordentliches imperium), dann hätte es nicht später eigens verliehen werden müssen. Mit der Mehrzahl der bekannten großen und außerordentlichen Imperien war ein entsprechendes Recht wohl nicht verbunden677. Wenn also z. B. Caesar auf der Grundlage seines großen imperium ohne Befragung des Senates Kriege gegen die Gallier eröffnete, dann tat er dies wahrscheinlich nicht, weil mit seinen imperia ein Privileg zur uneingeschränkten Kriegsführung verbunden war, sondern weil er seine Kriegszüge als Defensivkriege betrachtete, die der Feldherr traditionell aus eigener Befugnis heraus eröffnen durfte678.

Das genannte Vorrecht sicherte die betroffenen Feldherren gegen politisch motivierte Angriffe (die unter Umständen der sachlichen Begründung entbehren konnten) bezüglich ihrer Kriegsführung und Vertragspolitik, die mit der Verurteilung de maiestate679 und mit der Amtsentsetzung durch die Komitien680 enden konnten. Das Privileg übertrug dem Feldherrn aber nicht die außenpolitische Souveränität681 des Senates bzw. des Volkes – nicht einmal nur für den Bereich des spezi675

App. Mith. 97 (446). Ein Beleg für die Interpretabilität des Privilegs, je nach Opportunität, scheint die Reaktion des Pompeius gegenüber Tigranes' Hilfegesuch gegen Phraates (D.C. 37,7,1) zu sein. M. Gelzer, Pompeius. Lebensbild eines Römers (2. Aufl. 1959 ND Wiesbaden 1984) 215 A.17 meint dagegen, D.C. 37.7,1 belege, daß App. Mith. 97 (446) übertreibe. Er zweifelt also auch an der Authentizität des mit dem imperium verbundenen Privilegs. Pompeius’ Argumentation wird aber an der genannten Stelle von Cassius Dio deutlich als éêçîÑ~ëá gekennzeichnet, so daß aufgrund von D.C. 37,7,1 keine Veranlassung besteht, an der Historizität des Privilegs zu zweifeln. Gelzer betont zu Recht, daß Pompeius’ Maßnahmen der abschließenden Bestätigung bedurften. 676 Rotondi, Leges 371f; Broughton, MRR 2, 146. 155; vergl. Boak, AHR 24, 1918, 11ff; Schönbauer, ZRG 47, 1927, 303f; Gelzer, Schriften 2, 175ff [= Abh. Preuß. Akad. Wiss. phil.-hist. Kl. 1943, Heft Nr. 1, 30ff]; Ehrenberg, AJPh 74, 1953, 118ff; Sattler, Augustus 45; Seager, Pompey 33ff. 35f; Ridley, Historia 30, 1980, 282. 677 Vergl. die Zusammenstellungen bei Schönbauer, ZRG 47, 1927, 303ff. Zum imperium des Octavian 43 v. Chr. auch noch Ehrenberg, AJPh 74, 1953, 135f. 678 Vergl. dazu Caesars Argumentation gegenüber den Bedenken seiner Soldaten D.C. 38,35,2f (Bedenken der Soldaten). 38,41 (Caesars Antwort). Brunt, ZPE 13, 1974, 166 A.15 rechnet mit einer Befreiung des imperium Caesars von der lex Cornelia maiestatis, aber ein positiver Quellenbeleg für diese Interpretation fehlt. 679 Aufgrund der lex Cornelia de maiestate Rotondi, Leges 360; insbes. Cic. Pis. 50. 680 So z. B. geschehen bei M. Aemilius Lepidus 136 v. Chr.; er mußte nach seiner Rückkehr wegen seiner widerrechtlichen Handlungen eine Geldbuße zahlen App. Hisp. 80ff (349ff), Broughton, MRR 1, 487f (mit der lex Cornelia de maiestate wurde die Strafe für entsprechende Straftatbestände anscheinend erheblich verschärft). 681 Die Verwendung des Begriffes "Souveränität" zur Beschreibung antiker Verhältnisse ist nicht unproblematisch, weil der Begriff selbst ein Ergebnis der frühen Neuzeit ist (vergl. Cimma, Reges 2ff und Badian, in: Actes, hsg. J. Harmatta (1984) 398ff) und deshalb mit ihm Vorstellungen verbunden sind, die keinesfalls als immer gültig postuliert werden können. Hier soll der Begriff nur ein Phänomen aller organisierten Gemeinwesen erfassen, nämlich „die Staatsgewalt, die über das Recht verfügt, die Kompetenzzuweisungen zu ändern“, die sog. "Kompetenz-Kompetenz". be-

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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ellen Kommandoauftrages682. Denn einerseits wurden konkurrierende Beschlüsse des Senates nicht verboten, und andererseits blieb dem Feldherrn immer die Möglichkeit, den Senat bei der außenpolitischen Entscheidungfindung zu beteiligen683. Ferner war die Bestätigung aller Maßnahmen des Feldherrn nach dem Ende des Kommandos nach wie vor notwendig, um sie für Rom verbindlich zu machen und um den Feldherrn nach dem Ende seines Kommandos zu entlasten684. Dafür ist der innenpolitische Kampf um die Ratifizierung der Maßnahmen des Pompeius im Osten nach 62 v. Chr. ein bekanntes Beispiel685. Außerdem waren auch die privilegierten Feldherren zumindest theoretisch durch die traditionellen Verpflichtungen des ius pacis ac belli gebunden, so daß sie einer indirekten Kontrolle unterworfen waren. Das Privileg beschnitt also lediglich die traditionellen Möglichkeiten direkter und aktiver Einwirkung des Senates auf die Kriegsführung des Feldherrn.

schreiben (Seidl-Hohenveldern, Lexikon (2. Aufl.) 293ff). Zum Souveränitätsbegriff und seiner idealtypischen Verwendbarkeit auch zur Beschreibung vorneuzeitlicher Herrschaftsorganisation vergl. Kelsen, Wörterbuch, hsg. H.J. Schlochauer 3 (1961) 278ff s.v. Souveränität; Meyers Lexikon 22 (1978) 95ff s.v. Souveränität; Brockhaus, Enzyklopädie 20 (20. Aufl. 1993) 499ff s.v. Souveränität. 682 So die Interpretationen im Gefolge Mommsens, die zu dieser Meinung tendieren. Niederschlag der tradtionellen Deutungen etwa neuerdings z. B. bei: Kostial, Rom 129f. 683 Caesar und später die IIIviri beteiligten trotz ihrer "Vertragsschlußprivilegs" nachweislich den Senat am Abschluß zwischenstaatlicher Verträge; vergl. bereits die Ausführungen bei Täubler, Imperium 159ff insbes. 163. 167. 171 (Caesar) .177 (IIIviri). 684 Vergl. z. B. die Königsanerkennung durch römische Feldherren, die nachträglich vom Senat bestätigt wurde: D.C. Braund, Rome and the Friendly King. The Character of the Client Kingship (London u. a. 1984) 24f (mit Beispielen). Während der frühen und mittleren Republik erfüllte der Amtseid des scheidenden Konsuls, dem die Komitien zustimmten, diese Funktion (zu diesem Amtseid: Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 625f; Kunkel, Staatsordnung 93ff; vergl. insbes. Cic. fam. 5,2,7 zum Prozedere, das die Bestätigung des magistratischen Eides durch das Volk vorsah). Als die Feldherren nicht mehr ausschließlich aus den Reihen der gewählten Jahresmagistrate genommen wurden, mußten die Maßnahmen der Promagistrate nach dem Ende des Kommandos in eigenen Beschlußverfahren durch den Senat und das Volk bestätigt werden (Mommsen, Staatsrecht 3, 1166ff). 685 Plut. Pom. 48,4; App. B.C. 2,13 (46); D.C. 38,7,5 u. ö. Zu den acta gehörten auch seine außenpolitischen Handlungen, vergl. D.C. 37,14,2 (Pharnakes erhält von Pompeius den Titel amicus et socius populi Romani); vergl. M. Gelzer, Caesar. Der Politiker und Staatsmann (6. Aufl. 1960 Wiesbaden ND 1983) 68. Das Ratifikationsrecht wird zu Recht betont, vergl. Jehne, Staat 47ff. Auch die acta des Diktators Caesar wurden im voraus zu seinen Lebzeiten durch den Eid der Magistrate bestätigt: App. B.C. 2, 106 (442). Nach seiner Ermordung wurden auch die alten und geplanten acta Caesars in ihrer dauerhaften Gültigkeit bestätigt: App. B.C. 4, 132 (554) lex Antonia de actis Caesaris confirmandis (Rotondi, Leges 429f). Die acta der IIIviri unterlagen prinzipiell dem Vorbehalt ihrer nachträglichen Bestätigung: App. B.C. 5,75 (318), D.C. 49,41,4; vergl. Millar, JRS 63, 1973, 54; Bringmann, EA 2, 1983, 67; ders., Festschrift K. Christ, hsgg. P. Kneissl u. a. (1988) 35f; v. Premerstein, Werden 180 hebt die geringe politische Bedeutung des Bestätigungsrechtes hervor, das sich einer "Huldigung" nähere.

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6. Kontinuitäts- und Wandlungsphänomene

Diese Möglichkeiten gesetzlich zu schützen, hatte kurz zuvor noch die Strafgesetzgebung der lex Cornelia de maiestate versucht. Dieses Gesetz wurde damit zum Ansatzpunkt eines bedeutenden Wandels, indem es den Anlaß bot, bestimmte imperia durch ein Privileg von Anklagen de maiestate wegen eigenmächtiger Kriegseröffnung und Vertragsschlüsse zu schützen. Mit dem Privileg, über Krieg und Frieden zu entscheiden, das mit einigen imperia ausnahmsweise verbunden wurde, schuf man also lediglich eine Option zur legitimen Umgehung des sullanischen Majestätsgesetzes, indem man zum Mittel der ausnahmsweisen Exemtion einzelner Kommandos von bestehenden Gesetzen griff686. Das politische Ziel der Privilegienerteilung war es wohl, die Inhaber der damit ausgezeichneten imperia gegen innenpolitisch motivierte Anklagen de maiestate z. B. wegen eigenmächtiger Kriegseröffnung zu schützen687. Der Senat und das Volk blieben also „souverän“, doch ihre traditionellen politischen Mitbestimmungsrechte (vor allem des Senates) während eines Krieges wurden zumeist auf die Zeit nach seinem Ende verschoben, so daß die außenpolitische Relevanz der aus der Souveränität fließenden Abstimmungsrechte abnahm. Die staatsrechtliche Stellung der privilegierten Feldherren in ihren Kommandogebieten näherte sich dem Status der Diktatoren, die während ihrer Amtszeit im Kriegsgebiet ebenfalls "Herr über Krieg und Frieden"688 waren. Aber auch ihre Maßnahmen bedurften der traditionellen, abschließenden Bestätigung durch den Senat oder das Volk689. Wesentliche Unterschiede der privilegierten Kommandos zur Diktatur waren erstens die Beschränkung des Privilegs allein auf den speziellen Kommandobereich und zweitens die längere Dauer der Kommandos.

686

Die Befreiung einer einzelnen Person von Gesetzen der römischen res publica durch ein Volksgesetz war ein auch in der Zeit vor 66 v. Chr. bekanntes Mittel der ausnahmsweisen Gesetzesumgehung: Asconius 63 Giarantano (= 58C) und D.C. 36,39 mit Mommsen, Staatsrecht 3, 337f. 989 A.4; 1231; M. Gelzer, Cicero. Ein biographischer Versuch 1969 ND Wiesbaden 1983) 62ff; Baumann, Crimen 70ff. 687 Vergl. die Bemerkung Brunts/Stockton (Historia 14, 1965, 39 A.66) bzgl. der lex Iulia maiestatis. 688 D.H. 5,73,1. 689 Hierfür z. B. die zugleich nachträgliche und vorauseilende Bestätigung der acta Sullas: Cic. leg. agr. 3,2,5 (zu den bestätigten Maßnahmen des Diktators gehörten auch außenpolitische Handlungen, vergl. Plut. Sull. 33 und Sall. Hist. 1,55,13). Zur bewußten Beteiligung des Senates bei außenpolitischen Handlungen durch den Diktator Sulla vergl. Täubler, Imperium 158f; und allgemein zu Sullas außenpolitischen Vollmachten Täubler, Imperium 157f; v. Premerstein, Werden 182; Ehrenberg, AJPh 74, 1953, 126f (zu Sullas imperium). Aus früherer Zeit sind die vom Senat 217 v. Chr. abgelehnten Vereinbarungen des Diktators Q. Fabius Maximus mit Hannibal ein Beleg für das Ratifikationsrecht des Senates auch gegenüber den "Herren über Krieg und Frieden" (= Diktatoren, vergl. D.H. 5,73,1), Schmitt, StVA 3, Nr. 521 [235f].

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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Das Privileg brachte für den Feldherrn zwei Vorteile. Einerseits hatte er einen vom innenpolitischen Kalkül freieren Entscheidungsspielraum während des Kommandos. Denn die Kontroll- und Direktivmöglichkeiten des Senates waren durch das Privileg erheblich eingeschränkt. Es hing also vornehmlich vom Willen des Imperieninhabers ab, ob er den Senat z. B. bei Vertragsabschlüssen zu Rate ziehen wollte. Andererseits mußte der Feldherr sich nach dem Ende des Feldzuges nicht vor Majestätsklagen wegen unautorisierter Kriegseröffnung fürchten. Er brauchte lediglich die Zustimmung zu seinen Maßnahmen insgesamt zu erreichen. War ein Kommando erfolgreich beendet, stand zu erwarten, daß die Maßnahmen bestätigt würden, auch wenn während der Kommandozeit der Senat nicht immer mit der Kriegsführung bzw. -ausdehnung einverstanden gewesen war. Daß es im Fall des Pompeius nach 62 v. Chr. anders kam, hat Pompeius überrascht, und dies war nicht voraussehbar als 66 v. Chr. das Privileg verliehen wurde690.

6.3.2 Der staatsrechtliche Handlungsspielraum des Prinzeps in der Außenpolitik am Beginn des Prinzipats Ebensowenig wie den Inhabern der privilegierten großen imperia der späten Republik wurde dem Prinzeps die außenpolitische Souveränität des Volkes und des Senates übertragen691. Es wurde jedoch gelegentlich angenommen, daß er sie empfing. Diese Ansicht gründete sich erstens auf eine Bestimmung der lex Iulia de maiestate, in der u. a. festgesetzt wurde: Lege Iulia maiestatis tenetur is ... quive iniussu 690

Die Streitigkeiten betrafen bezeichnenderweise nicht die Kriegsführung, sondern die anschließende Ordnung der Provinzen durch Pompeius. 691 Die staatsrechtliche Stellung des Prinzeps bei außenpolitischen Handlungen bewerten als verfassungsmäßig souveräne (im gesamten Römischen Reich oder nur für den Provinzbereich des Prinzeps) z. B. Lange, Altertümer 2 (3. Aufl.) 431 (Recht der Kriegserklärung an den Prinzeps als obersten Feldherrn übertragen); Mommsen, Staatsrecht 2 (3. Aufl.) 954f; ders., Strafrecht 558; Herzog, Geschichte 2, 689f; Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 496; Täubler, Imperium 158 A.5; B. Kübler, Geschichte des römischen Rechts (Leipzig u. a. 1925) 206 ("Dem Senat wurde der Einfluß auf die äußere Politik völlig entzogen. Das Recht Krieg zu erklären, Frieden oder Bündnisverträge zu schließen, hatte der Herrscher allein."); Schönbauer, ZRG 47, 1927, 274f. 277; v. Premerstein, Werden 181f; Siber, Verfassungsrecht 276. 302 (außenpolitische Handlungsrechte des Prinzeps mit seinem imperium verbunden); Jones, jetzt in: Augustus, hsg. W. Schmitthenner (1969) 294 (wahrscheinlich erhielt Augustus 27 v. Chr. Kriegserklärungs- und Vertragsschlußrecht); Sattler, Augustus 46 (das Recht über Krieg und Frieden soll mit dem imperium des Prinzeps verbunden gewesen sein); Rich, Declaring 17 ("war and peace were now prerogative of the Princeps"); Brunt, JRS 67, 1977, 103 A.41; Kienast, Augustus 151 (von der Mitwirkung des Senates unabhängige außenpolitische Handlungsrechte des Prinzeps auf der Grundlage seines imperium proconsulare maius); Rüpke, Domi 123 ("... in der Prinzipatszeit und Kaiserzeit wird es sie [sc. leges de bello indicendo] nicht mehr geben ..."); Kostial, Rom 130.

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6. Kontinuitäts- und Wandlungsphänomene

imperatoris bellum gesserit ...692, und zweitens auf einen Paragraphen der lex de imperio Vespasiani693: [...] foedusve cum quibus volet facere liceat, ita uti licuit divi Aug. Ti. Iulio Caesari Aug. Tiberioque Claudio Caesari Aug. Germanico694. Darüber hinaus wurden auch Nachrichten Strabons und Cassius Dios zitiert, in denen berichtet wird, Augustus sei als Inhaber des höchsten Kommandos "Herr über Krieg und Frieden" gewesen695. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: All diese

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Paulus Sent. 5,29,1 (= Paulus Sent. Frg. Leiden 9 ed. G.G. Archi, M.David. u. a.); vergl. Marcianus Dig. 48,4,3 eadem lege tenetur et qui iniussu principis bellum gesserit ... (Cloud, ZRG 80, 1963, 206f. 217f; Allsion/Cloud, Latomus 21, 1962, 715f [vergl. Daly, in: Studies, hsg. C. Deroux 1 (1979) 309 A.58] hält principis für interpoliert. Der Vergleich zwischen Paulus und Marcianus zeigt, daß es sich bei ihren Überlieferungen um lehrbuchartige Zusammenfassungen der unter die lex Iulia de maiestate fallenden Straftatbestände handelt (vergl. den Hinweis bei Allison/Cloud, Latomus 21, 1962, 715), so daß m. E. der Gedanke an Interpolationen den Sachverhalt nicht trifft. Zur u. a. militärischen Bedeutung von princeps vergl. Piganiol, jetzt in: Saeculum 1, hsg. G. Binder (1987) 155ff. Die lex Iulia de maiestate wurde z. B. von Mommsen, Staatsrecht 2 (3. Aufl.) 954ff insbes. 955f; ders., Strafrecht 558 im Zusammenhang mit dem unbeschränkten Kriegsführungsrecht des Prinzeps genannt; ebenso Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 496 mit A.5f. 693 Zur Datierung der lex de imperio Vespasiani überzeugend: Brunt, JRS 67, 1977, 104f; ausführliche Darstellung der vielfältigen Probleme, die mit dem hochrangigen Dokument verbunden sind, bei Grenzheuser, Kaiser 71ff. 227ff und neuerdings A. Pabst, ... ageret faceret quaecumque e re publica censeret esse – Annäherungen an die lex de imperio Vespasiani; in Festschrift: R. Werner, hsg. W. Dahlheim (Konstanz 1989) 125-148. 694 ILS 244 = Ehrenberg-Jones, Documents (2. Aufl.) Nr. 364 (vergl. Tac. hist. 4,3,3f; D.C. 66,1,1). Vor allem dieses Gesetz wird als Beleg der außenpolitisch souveränen Handlungsrechte der Prinzipes seit Augustus genannt, z. B. Mommsen, Staatsrecht 2 (3. Aufl.) 954ff; Herzog, Geschichte 2, 145 mit A.3 (Recht mit dem imperium des Prinzeps verbunden) 689f; Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 496; Hellems, JPh 1903, 123 mit A.2; Täubler, Imperium 158 A.5 (dem erhaltenen Text "voraus ging ohne Zweifel eine Bestimmung über das Kriegsrecht") 186; v. Premerstein, Werden 181f (dem erhaltenen Text soll eine Bestimmung über das Empfangsrecht des Augustus für fremde Gesandtschaften vorangegangen sein); Siber, Verfassungsrecht 276; Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 112 (Vertragsschluß des Prinzeps, der Senat ist nur noch Publikationsinstanz); Liebeschütz, Studies 4, hsg. C. Deroux (1986) 351 mit A.38 und 354 mit A.61. Kritisch äußerte sich bereits Syme, Revolution 412 A.2 zu dieser Interpretation der lex de imperio Vespasiani (vergl. auch Ogilvie, Commentary 198). 695 Str. 17,3,25 (840C). Erwähnt z. B. von Mommsen, Staatsrecht 2 (3. Aufl.) 954ff; Täubler, Imperium 158 A.5; Herzog, Geschichte 2, 145 mit A.3; Siber, Verfassungsrecht 276; v. Premerstein, Werden 181f (er trennt Str. 17,3,25 [840C] und D.C. 53,17,5 von der lex de imperio Vespasiani); Sattler, Augustus 45f (bemerkt einschränkend, daß Augustus das unkontrollierte Kriegsführungsrecht nur in seinen Provinzen besaß, die er für befristete Zeiträume und nicht lebenslänglich verliehen bekam); Brunt, JRS 67, 1977, 103 A.41; Liebeschütz, Studies 4, hsg. C. Deroux (1986) 351 A.38. 354 A.61. Kritisch zur verbreiteten Deutung der Überlieferung bei Strabon bereits Syme, jetzt in: Augustus, hsg. W. Schmitthenner (1969) 155, der auf die weiterhin bestehenden Ratifizierungsrechte des Senates und der Volksversammlung hinweist. D.C. 53,17,5 wird z. B. von Mommsen, Staatsrecht 2 (3. Aufl.) 954f; Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 496 mit A.5f und Brunt, JRS 67, 1977, 103 A.41 in diesem Zusammenhang genannt (kritisch zu dieser Stelle: Andersen, Cassius 61f). Mommsen, Strafrecht 558 A.5 nennt noch D.C. 54,3 (Prozeß des M. Primus) in diesem Zusammenhang.

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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Quellen beweisen nicht, daß dem Prinzeps die außenpolitische Souveränität Roms übertragen wurde696. Betrachten wir zunächst die lex Iulia de maiestate: Die oder der Urheber und damit zugleich die Datierung der lex Iulia (oder leges Iuliae) de maiestate sind umstritten697. Selbst wenn man von der Annahme ausgeht, daß die zitierte Bestimmung in den zwanziger Jahren des 1. Jh. v. Chr. geschaffen wurde, dann ist sie trotzdem kein Beleg dafür, daß dem Prinzeps verfassungsmäßig die außenpolitische Souverä696

Mit der folgenden Interpretation wird versucht, verschiedenen Beobachtungen älterer Beiträge zu den privilegierten großen imperia der Republik, zu den imperia des Augustus und zur lex Iulia maiestatis im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand zu einem Deutungsversuch zusammenzufügen: Syme, jetzt in: Augustus, hsg. W. Schmitthenner (1969) 155 weist auf den Ratifizierungsvorbehalt des Senates und des Volkes in Hinsicht auf die außenpolitischen Handlungen des Prinzeps hin (er berührt also die Frage "Kompetenz-Kompetenz"). Piganiol, Journal des Savants 1937, 151 [= Saeculum 1, hsg. G. Binder (1987) 142] weist darauf hin, daß Augustus bestrebt war, noch vor Ablauf seiner zeitlich befristeten imperia deren Verlängerung zu erreichen. Jones, jetzt in: Augustus, hsg. W. Schmitthenner (1969) 291ff zu den staatsrechtlichen Herrschaftsgrundlagen des Augustus 27-19 v. Chr.; insbes. zur Bedeutung des imperium consulare 27 bis 23 v. Chr. ders., jetzt in: Augustus, hsg. W. Schmitthenner (1969) 295 mit A.7 und des imperium maius ders., jetzt in: Augustus, hsg. W. Schmitthenner (1969) 298. Millar, JRS 56, 1966, 156ff (zur Tätigkeit des Prinzeps in den Senatsprovinzen und zum Zusammenwirken von Senat und Prinzeps in der Reichsverwaltung; Millar, Britannia 13, 1982, 4f weist auf die "formal role" der Senatsbeteiligung in der römischen Außenpolitik hin). Brunt/Stockton, Historia 14, 1965, 39 A.66 (meinen, die lex Iulia de maiestate habe Augustus lediglich von der lex Cornelia de maiestate befreit – sie habe diese [also auch nicht die traditionellen Rechte z. B. des Senates] aber nicht aufgehoben); Bauman, Crimen 276 (Erweiterung der lex Cornelia de maiestate durch die lex Iulia de maiestate, weil die Formel iniussu populi aut senatus in der Zeit des Augustus nicht mehr ausgereicht habe; dagegen aber Sherwin-White, Gnomon 41, 1969, 290). Seager, Pompey 42f. 130f (weist auf Ratifikationsrechte des Senates und der Volksversammlung bei den großen imperia der späten Republik hin). Jehne, Staat 43ff insbes. 46ff (verarbeitet Seager und Brunt/Stockton). Zum "althergebrachten" imperium maius der Konsuln gegenüber den Promagistraten, dem in der folgenden Interpretation besondere Bedeutung zukommt, vergl. z. B. Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 53 A.3; Boak, AHR 24, 1918, 10; Last, JRS 37, 1947, 160. 163; Ehrenberg, AJPh 74, 1953, 115f. 697 Vergl. insbes. Chilton, JRS 45, 1955, 73 u. ö. (nimmt Gesetz des Augustus an); Atkinson, Historia 9, 1960, 453ff [rechnet mit einem augusteischen Gesetz; dagegen Stockton, Historia 14, 1965, 18ff insbes. 39 A.66]; Allison/Cloud, Latomus 21, 1962, 711ff; Bauman, Crimen 266ff [nimmt ein augusteisches Majestätsgesetz der frühen 20er Jahre an; dagegen die Rezensenten Sherwin-White, Gnomon 41, 1969, 290 und Garnsey, JRS 59, 1969, 283; Waldstein, ZRG 87, 1970, 520f hält Baumans augusteische lex Iulia maiestatis zumindest für "diskutabel"] und neuerdings Levick, Historia 28, 1979, 361 A.19 (gegen Atkinson und Bauman) und Jehne, Staat 427 mit A.21. Wie mir scheint, geht die lex Iulia de maiestate auf ein sehr allgemein gehaltenes Gesetz Caesars zurück, dessen Katalog möglicher Straftatbestände in der Zeit des Prinzipats allmählich durch Senatsbeschlüsse anwuchs (also durch gewachsenes Prozeßrecht). Deshalb gehen alle Versuche, eine nachcaesarische lex Iulia de maiestate mit Hilfe der bekannten Straftatbestände zu erfassen (z. B. in neuerer Zeit Atkinson und Bauman), grundsätzlich in die Irre (eine Interpretation, die der meinigen entspräche, wird schon bei Mommsen, Strafrecht 542f angedeutet). Es besteht nämlich keine Notwendigkeit, mit jedem offensichtlich neuen (nachcaesarischen) Straftatbestand auch eine neue Gesetzgebung (z. B. in der Zeit des Augustus) zu fordern.

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6. Kontinuitäts- und Wandlungsphänomene

nität übertragen wurde698. Denn während des frühen Prinzipats durften iniussu imperatoris bzw. ohne den Willen des Augustus keine Kriege in den "kaiserlichen und senatorischen Provinzen" begonnen werden, einerseits weil Augustus seit 29/27 v. Chr. Oberbefehlshaber699 in den "kaiserlichen Provinzen" war700, andererseits weil er seit 23 v. Chr. als Inhaber des imperium maius auch eine Oberaufsicht über die senatorischen Provinzen inne hatte701. Vor 23 v. Chr. konnte Augustus die Oberauf698

Vergl. Brunt/Stockton, Historia 14, 1965, 39 A.66. Auf der Grundlage des imperium proconsulare (Salmon, Historia 5, 1956, 466f). Die Deutung Brunts JRS 51, 1961, 237 und ZPE 13, 1974, 165, daß 27 v. Chr. nur ein Beschluß über den Umfang der provincia des Augustus gefaßt wurde, mag zutreffen, aber D.C. 53,32,5 belegt m. E. mittelbar, daß Augustus vor 23 v. Chr. ein imperium proconsulare besaß, das noch nicht mit dem Privileg versehen worden war, daß er es immer (wenn er ein solches besaß) innerhalb des pomerium ausüben dürfe. 700 Zu der lange Zeit umstrittenen Frage, welche staatsrechtliche Stellung Octavian im Jahr 32 v. Chr. hatte und ob es einen "Staatsstreich" gab (z. B. Chilver, Historia 1, 1950, 409ff; Fadinge, Quellenuntersuchungen 18ff. 214ff passim; Petzold, Historia 18, 1969, 235 A.5 [mit Literatur]; K.M. Girardet, Per continuos annos decem (Res gestae Divi Augusti 7,1). Zur Frage nach dem Endtermin des Trimvirats, Chiron 25, 1995, 147-161), vergl. jetzt die größtenteils überzeugenden Deutungsversuche von Girardet, RhM 133, 1990, 322ff und Lewis, LCM 16, 1991, 57ff. Gewöhnlich wird D.C. 52, 41,3f und zuvor 52,40,2 (zum Jahr 29 v. Chr.) so interpretiert, daß der Senat Octavian das Recht des praenomen imperatoris bestätigte, so z. B. die Deutung bei Herzog, Geschichte 2, 127f A.3; v. Premerstein, Werden 132. 251; Andersen, Cassius 34 und 53f. 55; Manuwald, Cassius 82ff; (weitere Literatur: Rosenberg, RE 9 (1914) 1139ff insbes. 1143f s.v. imperator; Nesselhauf, Klio 30, 1937, 306ff; Syme, Historia 7, 1958, 172ff (= Augustus, hsg. W. Schmitthenner [1969] 264ff); Kienast, ZRG 78, 1961, 403ff; Combes, Imperator 121ff. insbes. 151ff; Deininger, ANRW 1,1 (1972) 993ff). Das Recht Caesars und seiner Nachkommen, das praenomen imperatoris zu führen (wenn sie es überhaupt führen wollten; denn diese Entscheidung stand ihnen frei), war vermutlich an die Voraussetzung überhaupt des Besitzes eines militärischen imperium gebunden. Deshalb ist ein historischer Kern der Nachricht bei Cassius Dio zum Jahr 29 v. Chr. wahrscheinlich der, daß Octavian nach den Triumphen des Jahres 29 v. Chr. (= Ende der alten militärischen imperia) im Jahr 29 v. Chr. ein neues imperium verliehen bekam. Im Jahr 27 v. Chr. legte er das wahrscheinlich umfangreiche imperium des Jahres 29 v. Chr. nieder (zu seinem Umfang vergl. Augustus, R.G. 34 dazu Adcock, jetzt in: Augustus, hsg. W. Schmitthenner [1969] 233 und Petzold, Historia 18, 1969, 340ff [Forschungsüberblick]) und bekam das imperium verliehen (vergl. z. B. Kienast, ZRG 101, 1985, 131f), das die Grundlage seiner Herrschaft über die "kaiserlichen Provinzen" bis zum Jahr 23 v. Chr. bildete [Zum praenomen imperatoris Caesars und seiner Nachfolger vergl. D.C. 43,44,2ff; 53,17,4; 57,2,1f; App. praef. 6 (22f); Suet. Iul. 76,1 [vergl. Catull 29,11. 54,7; Cic. Lig. 7]; Suet. Tib. 26,2 Claud. 12,1; ILS 70; Degrassi, F. Cap. 80 F. Triumph. 109; Crawford, RRC 1 Nr. 457. 480. 481. 490. 534 (38 v. Chr. erstmals auf den Münzen praenomen imperatoris)]. 701 D.C. 53,32,5; z. B. Cossus Cornelius Lentulus führt im Jahr 6 n. Chr. als Prokonsul Afrikas auspiciis imp. Caesaris Aug. das bellum Gaetulicum, vergl. Ehrenberg-Jones, Documents (2. Aufl.) Nr. 43. Zur "Regierungstätigkeit" des Augustus in den Senatsprovinzen vergl. z. B. Millar, JRS 56, 1966, 156ff; Brunt, CQ 34, 1984, 432ff; Liebeschuetz, Studies 4, hsg. C. Deroux (1986) 357ff. Erst seit 23 v. Chr. besaß Augustus das imperium maius, das m. E. erstmals ausdrücklich mit dem Privileg versehen wurde, daß er es auch innerhalb der pomerium-Grenzen Roms ausüben dürfe, solange er es besitze. Zum imperium maius des Jahres 23 v. Chr. vergl. z. B. Piganiol, Journal des Savants 1937, 156 (= Saeculum 1, hsg. G. Binder (1987) 148); Last, JRS 37, 1947, 163f; Salmon, Historia 5, 1956, 466. 469f. 699

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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sicht über die senatorischen Provinzen als traditionelles Recht der Konsuln beanspruchen702; denn er bekleidete den Konsulat von 31 bis 23 v. Chr. ununterbrochen703. Die politischen Verhältnisse nach 27 v. Chr. ließen aber Kompetenzkonflikte nicht aufkommen, und Augustus kam wahrscheinlich nur selten in die Lage, unmittelbar mit dem imperium maius des Konsulats agieren zu müssen704. Die lex Iulia de maiestate bestrafte also ganz in der Tradition der republikanischen Verfassungsordnung die Nichtbeachtung des rechtmäßigen Oberbefehls, z. B. bei eigenmächtigen Kriegseröffnungen kaiserlicher Legaten oder von Imperieninhabern in den Senatsprovinzen705. 702

Zum traditionellen imperium maius des Konsuls gegenüber den Promagistraten vergl. insbes. Cic. Att. 8,15,3; fam. 13,26, Phil. 4,9; Sest. 24; Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 53 mit A.3; Pelham, JPh 17, 1888, 33; Boak, AHR 24, 1918, 10; Last, JRS 37, 1947, 160 (mit weiteren Quellen). 163 (bzgl. der Situation von 27 bis 23 v. Chr.) "technically he (sc. Augustus) could get his way on the ground that by republican tradition his own imperium as consul was maius than that of a proconsule"; Ehrenberg, AJPh 74, 1953, 115f; Salmon, Historia 5, 1956, 463f; Bringmann, Chiron 7, 1977, 232 A.67 (äußert Zweifel an der gängigen Interpretation der Quellen; kritisch auch Brunt, ZPE 13, 1974, 166 A.17, der bemerkt, das imperium maius der Konsuln sei im 1. Jh. v. Chr. obsolet gewesen – dem widerspricht aber die wiederholte Bezugnahme des Zeitgenossen Cicero auf das imperium maius der Konsuln). Den Konsuln konnte nur ein Diktator befehlen (vergl. Last, JRS 37, 1947, 159; Ehrenberg, AJPh 74, 1953, 122ff). Dies zeigt etwa die bezeichnende Geschichte bei Liv. 30,24,1ff: Nachdem Hannibal Italien geräumt hatte, setzte der Konsul Cn. Servilius Caepio von Italien nach Sizilien über, um von dort den Krieg nach Afrika zu bringen. Der Senat beschloß daraufhin, ein Prätor solle Servilius Caepio mitteilen, der Senat halte es für angemessen, daß er nach Italien zurückkehre. Als der Prätor einwendete, der Konsul werde ihm als Prätor keine Aufmerksamkeit entgegenbringen, wurde P. Sulpicius Galba Maximus zum Diktator gewählt, der iure maioris imperii den Konsul nach Italien zurückberief (vergl. auch Liv. 5,49,2 zum höchsten Aufsichtsrecht des Diktators über den Abschluß zwischenstaatlicher Verträge). 703 Vergl. Last, JRS 37, 1947, 163f; Jones, jetzt in: Augustus, hsg. W. Schmitthenner (1969) 295 mit A.7; dagegen ohne überzeugendes Argument Brunt, ZPE 13, 1974, 166 A.17. So läßt sich die staatsrechtliche Grundlage von Augustus' "Regierungstätigkeit" in den senatorischen Provinzen vor 27 v. Chr. (vergl. z. B. Brief des Octavian an den Prokonsul von Asia, C. Norbanus Flaccus, am Ende der 30er oder Anfang der 20er Jahre des 1. Jh. v. Chr. bei Jos. AJ 16,3 [Octavians Brief an Flaccus] mit 16,6 [Flaccus’ anschließende "Befehlserfüllung"]) und vor 23 v. Chr. erklären (vergl. z. B. das Edikt von Kyme bei H. Engelmann, Die Inschriften von Kyme (1976) Nr. 17 = Ehrenberg-Jones (3. Aufl.) Nr. 365; Augustus’ Anordnungen bzgl. Amyntas und Juba 26 v. Chr. bei D.C. 53,26,2ff). 704 So wahrscheinlich geschehen im Edikt des Augustus für Asia aus dem Jahre 27 v. Chr. Ehrenberg-Jones (3.Aufl.) Nr. 365. 705 Und deshalb auch iniussu imperatoris. imperator bezeichnete im 1. Jh. v. Chr. u. a. den mit einem imperium ausgestatteten Feldherrn; vergl. Prinz, ThLL 7, 554ff s.v. imperator. Liv. 27,4,6; Cic. rep. 3,25,37; Phil. 11,7,16. 14,35 bestätigen die von D.C. 43,44,2 erwähnte zweite Bedeutung des Imperatortitels (neben der des Akklamationstitels für den siegreichen Feldherrn) während der späten Republik íçî=íÉ=íçìD=~ìàíçâê~îíçêç?=çxåçã~=KKK=ïg =çáô=íáå~=~ìàíçíÉäÜD=ÜgÖÉãçåáî~å=Üz=â~áX ~xääÜå=íáå~X=Éàñçìëáî~å=ä~ÄçîåíÉ =ïàåçã~îòçåíç=... (vergl. App. praef. 6 [23] und Plut. Luc. 21, wo ebenfalls die Bedeutung von imperator als traditionelle Benennung der mit Vollmachten ausgestatteten Feldherren deutlich wird und neuerdings: M. Freyburger-Galland, Aspects du vocabulaire politique et institutionel de Dion Cassius (Paris 1997) 149ff. 202ff). Zur unterschiedlichen Verwendung von imperator während der Republik vergl. auch G. DeSanctis, Imperator, in: Studi in

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6. Kontinuitäts- und Wandlungsphänomene

Die zitierte Bestimmung der lex Iulia de maiestate ist demnach nicht Ausdruck einer staatsrechtlich festgeschriebenen Abtretung der außenpolitischen Souveränität Roms an den Prinzeps. Vielmehr bedurften seine außenpolitischen Maßnahmen bedurften weiterhin zumindest der nachträglichen eidlichen Bestätigung durch Organe der römischen Gemeinde706. Außerdem blieb sein feldherrliches Kommando in den "kaiserlichen Provinzen" befristet707, womit ihm also auch die mit dem prokonsularen imperium verbundenen traditionellen außenpolitischen Handlungsrechte und Privilegien708 nicht dauerhaft verliehen wurden. Ferner bestanden weiterhin die poonore di Salvatore Riccobono nel XL anno del suo insegnamento Bd. 2 (Palermo 1936) 57-61; Combes, Imperator passim. Der Imperatortitel wurde nicht nur vom durch die Soldaten als imperator akklamierten Feldherrn getragen, wie bereits aus den oben zitierten Belegen hervorgeht. 706 Dies geschah durch den seit 29 v. Chr. begegnenden Eid der Magistrate und/oder des Senates auf die acta des Prinzeps (vergl. z. B. Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 621f; 2 (3. Aufl.) 909f; v. Premerstein, Werden 195; Herrmann, Kaisereid 107f). Unmittelbares Vorbild dieser nachträglichen Bestätigung der auch außenpolitischen Maßnahmen des Prinzeps war der von Caesar noch zu seinen Lebzeiten eingeführte Eid der neuangetretenen Magistrate auf seine acta (App. B.C. 2,106 [442]; vergl. Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 621f; Hermann, Kaisereid 73 mit A.67. 107f). Nach 44 v. Chr. erreichten die Triumvirn die Bestätigung aller acta Caesaris (auch solcher acta, die auszuführen Caesar lediglich geplant hatte), zu denen auch außenpolitische Maßnahmen gehörten (D.C. 47,18,3; vergl. Cic. Phil. 5,4,11: Antonius vergibt Königsthrone und Immunitäten und beruft sich dabei auf die acta Caesaris; vergl. Cic. Phil. 1,10,23f). Die Triumvirn, wohl auch der Senat und die Magistrate beschworen diese acta Caesaris (vergl. Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 621f). Damit begann eine Verfassungspraxis, die noch in der Zeit des Cassius Dio ausgeübt wurde. Die acta der ehemaligen Prinzipes, die nicht geächtet worden waren, und des gegenwärtigen Prinzeps wurden im 2./3. Jh. v. Chr. regelmäßig am Beginn des Jahres von den Magistraten und dem Senat durch Eid in ihrer Gültigkeit festgestellt (D.C. 47,18,3). Ob der jährliche Eid auf die acta des lebenden Prinzeps bereits in der Zeit des Augustus und des Tiberius so institutionalisiert war wie in der Zeit des Cassius Dio, erscheint als fraglich (vergl. v. Premerstein, Werden 195 A.3). D.C. 51,20,1: (29 v. Chr.). Bestätigung der acta Octavians am Beginn des Amtsjahres (vergl. Herrmann, Kaisereid 107). Wer an dieser Handlung beteiligt war, bleibt unklar. D.C. 53,28,1: (24 v. Chr.) Senat bestätigt eidlich acta des Augustus am Beginn des Amtsjahres. Tac. ann. 1,72 (14 n. Chr.): Tiberius lehnt den vom Senat beantragten Eid auf seine acta ab (vergl. Suet. Tib. 26 und Herrmann, Kaisereid 108f). Aus der Sicht des republikanischen Staatsrechtes sind diese Eide eine Erweiterung und Fortentwicklung des republikanischen Amtseides der Magistrate am Beginn der Amtszeit (vergl. Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 620ff). Indem die Magistrate am Beginn ihrer Amtszeit den Eid auf die gültigen leges leisteten, bestätigten sie gleichzeitig die Gültigkeit z. B. der außenpolitischen Maßnahmen ihrer Vorgänger. In der Zeit des Prinzipats wurden die acta des Prinzeps, ohne daß sie vom Senat oder dem Volk bestätigt werden mußten, durch ihre Aufnahme in den Amtseid zugleich in ihrer Verbindlichkeit festgestellt. 707 Die Imperienbeschlüsse bzw. -verlängerungen für Augustus seit 29 v. Chr.: D.C. 53,13,1. 16,2; 54,12,3f. 12,5; 55,6,1; 56,28,1. Auf die zeitliche Befristung des imperium des Prinzeps in der Zeit des Augustus weist z. B. Jehne, Staat 46f hin. Piganiol, jetzt in: Saeculum 1, hsg. G. Binder (1987) 142 bemerkt, daß Augustus immer bestrebt war, sein imperium vor Ablauf des festgesetzten Termins zu verlängern. Dies belegt indirekt die politische Bedeutung der zeitlichen Befristung. 708 D.C. 53,17,5: Befreiung seines imperium von der bei Cic. Pis. 50 überlieferten Bestimmung der lex Cornelia de maiestate.

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

155

tentiellen Mitbestimmungsrechte des Senates und des Volkes z. B. bei der Kriegseröffnung fort709. Eine verfassungsmäßig verankerte außenpolitische Souveränität des Prinzeps gab es also nicht. Auch das zitierte Privileg der lex de imperio Vespasiani wird somit verständlich als späte gesetzliche Zusammenfassung710 der mit dem imperium proconsulare, im-

709

D.C, 54,3,2ff, M. Primus [Prokonsul von Makedonien, s. L. Schumacher, Die imperatorischen Akklamationen der Triumvirn und die auspicia des Augustus, Historia 34, 1985, 213f (191-222)] wurde wohl 23 v. Chr. wahrscheinlich auf der Grundlage der lex Cornelia de maiestate angeklagt, ohne Befehl des Senates Krieg gegen die Odrysen geführt zu haben (zur umstrittenen Datierung des Prozesses vergl. z. B. Millar, Cassius 88f; Schmitthenner, in: Augustus, hsg. ders. (1969) 423 A.97 und 476 A.326; Daly, in: Studies 1, hsg. C. Deroux (1979) 292 A.12; Raaflaub, in: Saeculum 1, hsg. G. Binder (1987) 261 mit A.30). Andernfalls (Anklage aufgrund der zitierten Bestimmung der lex Iulia de maiestate) ergibt sein im Verlauf des Prozesses vorgebrachter Rechtfertigungsversuch, er habe auf Befehl des Augustus den Krieg geführt, keinen Sinn. Mit einer Anklage aufgrund der lex Cornelia de maiestate rechnet ebenfalls Stockton, Historia 14, 1965, 39 A.66; anders Atkinson, Historia 9, 1960, 453ff und Bauman, Crimen 266ff. Sie denken an eine lex Iulia de maiestate des Jahres 22 oder 27 v. Chr., die wie die lex Cornelia de maiestate die Kriegsführung iniussu senatus aut populi (Cic. Pis. 50) unter Strafe stellte und ergänzend (den neuen Verhältnissen des Prinzipats angepaßt) die Kriegsführung iniussu imperatoris (Paulus Sent. 5,29,1) als Straftatbestand feststellte. Zwingende Gründe für diese Interpretation fehlen (gegen Atkinson vergl. Stockton, Historia 14, 1965, 18ff insbes. 32ff; gegen Bauman vergl. die Rezensenten: SherwinWhite, Gnomon 41, 1969, 290; Garnsey, JRS 59, 1969, 283). In Hinsicht auf die hier interessierende Fragestellung laufen beide Deutungen darauf hinaus, daß der Senat und das Volk auch in der Zeit des Prinzipats ihre Mitbestimmungsrechte behielten (dafür sprechen die positiven Belege für die außenpolitische Tätigkeit bzw. Beteiligung des Senates während des Prinzipats z. B. am Abschluß des Vertrages mit Mytilene im Jahr 25 v. Chr. (Ehrenberg-Jones (3. Aufl.) Nr. 307), vergl. Täubler, Imperium 180. 182f; in der literarischen Überlieferung: D.C. 52,31,1. 32,2; 53,21,6; 56,40,3. 41,3. 43,4-45,1; Suet. Tib. 30ff; Tac. ann. 3,12. 65; D.C. 60,23,6; SHA Tacitus 12; vergl. auch Brunt, CQ 34, 1984, 432ff, der zu Recht auf die in Fragen des staatsrechtlichen Verfahrensablaufes notorisch unzuverlässige literarische Überlieferung unserer Hauptquellen hinweist und annimmt, daß auch Augustus den Senat an außenpolitischen Handlungen bewußt beteiligte). Sonst hätte ein Verstoß gegen diese Mitbestimmungsrechte bei der Kriegseröffnung nicht unter Strafe gestellt werden können. Ob dies auch im Gesetzestext der lex Iulia de maiestate festgeschrieben wurde oder ob es sich aus dem Gesetzestext der während des Prinzipats gültig gebliebenen lex Cornelia de maiestate (vergl. Tac. ann 1,72: Augustus erhebt aufgrund der lex Cornelia de maiestate Anklage de famosis libelli gegen Cassius Severus) ergab, ist letztlich unerheblich. Eine ganz parallele Erscheinung des Fortbestehens alter Handlungsrechte des Senates während des Prinzipats gab es im Bereich des dilectus (vergl. Brunt, ZPE 13, 1974, 161ff). Dieser wurde entweder allein vom Prinzeps befohlen oder vom Senat veranlaßt (D.C. 53,15,6). Marcianus Dig. 48,4,3 und Paulus Sent. 5,29,1 zählen die Aushebung iniussu imperatoris unter die Straftatbestände, die nach der lex Iulia de maiestate bestraft wurden. Cassius Dio zeigt in diesem Fall unzweifelhaft, daß das traditionelle Mitbestimmungsrecht des Senates trotz der Bestimmung lex Iulia de maiestate nicht aufgehoben wurde. 710 Daß es sich bei der lex de imperio nicht um eine unselbständige Reproduktion älterer Gesetze handelt, sondern um einen bewußt konzipierten Gesetzestext, zeigt z. B. die bewußte Auswahl der genannten kaiserlichen Vorgänger und außerdem, daß die kaiserlichen Vorgänger so benannt wer-

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6. Kontinuitäts- und Wandlungsphänomene

perium maius711 und, wie mir scheint, auch dem imperium consulare712 verbundenen außenpolitischen Handlungs- und außerordentlichen Sonderrechte des Augustus. Die Konsuln durften, so lange sie im Amt waren, Verträge mit den Völkerrechtssubjekten beeiden, die einen Vertrag beim Senat erreichten713. Der Kreis der möglichen Vertragspartner war räumlich nicht beschränkt, weil theoretisch Völkerrechtssubjekte aus aller Welt den Senat um einen Vertrag bitten konnten. Seit 19 v. Chr. konnte Augustus, ohne Konsul zu sein, aufgrund seines imperium consulare dieses Recht für sich in Anspruch nehmen714. Als oberster Feldherr in den Provinzen des römischen Volkes durfte der Prinzeps außerdem "Feldherrnverträge" mit den Völkerrechtssubjekten schließen, die zum Umfeld seines Kommandogebietes gehörten715, was bei der weiten Erstreckung des Kommandogebietes des Prinzeps faktisch alle denkbaren Gemeinwesen und Könige miteinbezog. Die Gesetzgeber des Jahres 69 n. Chr. konnten also rückblickend zu Recht schreiben: [...] foedusve cum quibus volet facere liceat, ita uti licuit divi Aug. Ti. Iulio Caesari Aug. Tiberioque Claudio Caesari Aug. Germanico 716. Wegen der Formulierung des Privileges muß man deshalb nicht annehmen, daß schon in der Zeit des Augustus traditionelle Ratifikations- bzw. Mitwirkungsrechte beim Vertragsabschluß des Senates oder des Volkes außer Kraft gesetzt wurden. Der Gesetzestext der lex de imperio Vespasiani beschreibt rückblickend lediglich die tatsächliche Auswirkung der im Rahmen der

den, wie man es zur Zeit des Vespasian für richtig hielt (Claudius wird z. B. nicht als divus bezeichnet). 711 D.C. 53,32,5. 712 D.C. 54,10,5. Die Fragen nach der Bedeutung des imperium consulare-Beschlusses des Jahres 19 v. Chr. und danach, ob Augustus ihn annahm, sind umstritten: Pelham, JPh 17, 1888, 32. 43; v. Premerstein, Werden 140f. 237ff (nach ihrer Meinung wurden nur konsulare Insignien verliehen); Andersen, Cassius 40f (Augustus lehnte es ab); v. Lübtow, Volk 395 mit A.629 (consulare imperium wurde von Augustus abgelehnt); Siber, Verfassungsrecht 283. 342 (nicht nur Ehrenrechte); Jones, jetzt in: Augustus, hsg. W. Schmitthenner (1969) 304ff (für das consulare imperium); Salmon, Historia 5, 1956, 472f (Augustus mit den Privilegien des Konsulats ausgestattet); Kienast, Augustus 95 mit A.114 (für das consulare imperium); Kienast, ZRG 101, 1984, 133f (für das consulare imperium). 713 Ehrenberg-Jones, Documents (2. Aufl.) Nr. 307 = IG 12,2 Nr. 35: Augustus beauftragte 25 v. Chr. seinen Amtskollegen M. Silanus brieflich (Augustus war zu dieser Zeit in Spanien und empfing dort z. B. auch eine Gesandtschaft aus Tralleis) mit dem Vertragsschluß mit Mytilene, falls der Senat dem Vertrag zustimme. Nach dem Senatsbeschluß erfolgte der Vertragsschluß mit Mytilene. Suet. Aug. 21: Augustus nimmt Skythen und Inder in seine amicitia und die des römischen Volkes auf. Augustus, R.G. 26: Germanische Stämme bitten Augustus um seine amicitia und die des römischen Volkes. 714 Verleihung des imperium consulare an Augustus im Jahr 19 v. Chr.: D.C. 54,10,5. 715 Zur dauerhaften völkerrechtlichen Bindung Roms auch durch Feldherrnverträge vergl. Seite 201ff. 210ff. 716 ILS 244 = Ehrenberg-Jones, Documents (2. Aufl.) Nr. 364.

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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republikanischen Verfassung gesicherten Sonderimperien und -rechte auf den Handlungsspielraum des Augustus beim Abschluß völkerrechtlicher Verträge. Strabons Nachricht, Augustus sei "Herr über Krieg und Frieden"717 gewesen, ist ebenfalls lediglich als Umschreibung der privilegierten Imperien des Augustus zu verstehen718 und deshalb kein Beleg für die Abtretung der außenpolitischen Souveränität an Augustus719. Cassius Dio verbindet das besagte Recht, über Krieg und Frieden zu entscheiden, ausdrücklich mit der Imperatorenschaft des Augustus, d.h. mit dessen Besitz eines großen und außerordentlich privilegierten imperium720. Das militärische imperium des Augustus (aufgrund dessen er sich imperator nennen konnte) war also wahrscheinlich wie die oben besprochenen imperia des Pompeius, des Crassus und des Diktators Caesar ebenfalls mit dem Privileg versehen, daß er eigenverantwortlich im Einzugsgebiet seiner Provinzen über Krieg und Frieden entscheiden durfte721. Anklagen gegen Augustus auf der Grundlage der lex Cornelia de maiestate wegen unautorisierter Kriegseröffnung (innerhalb oder außerhalb seiner Provinzen) waren deshalb ausgeschlossen722. Durch die Exemtion des Augustus von der lex Cornelia de maiestate verlor der Senat ihm gegenüber traditionelle außenpolitische Initiativ- und Kontrollrechte, so daß man zumindest angesichts der (im Vergleich zur republikanischen Praxis) außerordentlich langfristigen Kommandos

717

Str. 17,3,25 (840C). Die lebenslange Inhaberschaft dieses Rechtes stellt Strabon in der Zeit nach dem Tod des Augustus lediglich rückblickend fest (so z. B. auch Sattler, Augustus 46; Jehne, Staat 46f); das Recht wurde Augustus nicht lebenslänglich verliehen. 718 Daß das "Krieg-und-Frieden-Recht" mit dem imperium des Augustus verbunden gewesen sei, betonen auch z. B. Mommsen, Staatsrecht 2 (3. Aufl.) 954; Siber, Verfassungsrecht 276. 300. 302; Sattler, Augustus 45f; Jehne, Staat 46f. 719 Einen inschriftlichen Beleg für die trotz des privilegierten imperium des Augustus auch nach 27 v. Chr. bestehenden Beschlußrechte des Senates bei Vertragsschlüssen sind z. B. die Präliminarien des Vertrages zwischen Rom und Mytilene 25 v. Chr. (vergl. Ehrenberg-Jones, Documents (2. Aufl.) Nr. 307). 720 D.C. 53,17,4ff. Aufgrund eines neu verliehenen imperium durfte Augustus sich 29 v. Chr. imperator nennen. Seit der Verleihung des "praenomen imperatoris-Rechtes" an Caesar und seine Nachkommen war es den Mitgliedern der gens Iulia wahrscheinlich erlaubt, den Imperatortitel als praenomen zu führen, wenn sie ein imperium besaßen und das Privileg auch in Anspruch nehmen wollten. Augustus nahm dieses Recht seit 40 v. Chr. für sich in Anspruch, seit 38 v. Chr. benutzte er es gegenüber einer breiten Öffentlichkeit auch auf den Münzen. 721 Brunt/Stockton, Historia 14, 1965, 39 A.66. 722 Eine solche Exemtion des Prinzeps von den Bestimmungen der römischen leges begegnet als Privileg seit Augustus in sehr allgemein gehaltener Formulierung auch in der lex de imperio; vergl. Ehrenberg-Jones, Documents (2. Aufl.) Nr. 364 [Z. 22ff]. Diese Exemtion des Prinzeps von Gesetzen stützte sich auf das Vorbild der republikanischen Tradition (vergl. Asconius 63 Giarantano (=58C) und D.C. 36,39), vergl. Mommsen, Staatsrecht 3, 337f. 989 A.4. 1230f.

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6. Kontinuitäts- und Wandlungsphänomene

des Augustus, die überdies immer wieder verlängert wurden, von einer Bestimmung der römischen Außenpolitik durch Augustus sprechen kann. Die Exemtion des Augustus von der lex Cornelia de maiestate versuchte 23 v. Chr. M. Primus für seine Verteidigung nutzbar zu machen723. Mit dem Hinweis, Augustus habe ihm den Kriegszug befohlen, versuchte M. Primus die Anklage (wohl auf Grundlage der lex Cornelia de maiestate) wegen seiner eigenmächtigen Kriegseröffnung gegen die Odrysen zu entkräften. Augustus erschien unaufgefordert persönlich vor Gericht und verneinte auf Anfragen des Gerichtsprätors, Primus mit dem Krieg beauftragt zu haben. Damit brach die Verteidigung des Primus zusammen. Die Argumentation des Primus und schließlich die Frage des Prätors an Augustus belegen indirekt, daß es eine Entlastung von der Anklage gewesen wäre, wenn Augustus der Behauptung des Primus zugestimmt hätte.

Die Kompetenz hinsichtlich des verfassungsgemäßen Kriegsbeschlusses wurde also nicht allein auf den Prinzeps übertragen. Das Volk und der Senat behielten zumindest in der Theorie ihre traditionellen Rechte. Die politische Bedeutung ihrer Beteiligung an Entscheidungen der römischen Außenpolitik nahm allerdings im Vergleich zur späten Republik weiter ab, weil einerseits die Optionen des Prinzeps (als Prokonsul zahlreicher Provinzen, als Konsul, als Inhaber des imperium maius und m. E. des imperium consulare und auch mit Hilfe der tribunicia potestas) für eigenverantwortliche außenpolitische Handlungen (und Initiativen) zunahmen und weil andererseits die nach wie vor notwendige Bestätigung seiner außenpolitischen Maßnahmen zur Formalität verkümmerte. Denn es wurde nur noch (zunächst wohl in unregelmäßigen Abständen) ein Eid auf die acta des Augustus insgesamt (zu denen natürlich auch die Provinzmaßnahmen gehörten) geleistet. Auf der politischen Ebene kontrollierte der Prinzeps also faktisch die römische Außenpolitik. Er kontrollierte sie jedoch nicht aufgrund einer Verfassungsänderung, sondern auf der Grundlage der republikanischen Ordnung, die aber durch langfristige Imperien- und Privilegienhäufung bei einer Person politisch in ihr Gegenteil verkehrt wurde. Die außenpolitischen Handlungsmöglichkeiten der Feldherren in den Provinzen hingegen nahmen ab, vor allem weil sie dem imperium maius des Augustus untergeordnet waren (seit 23 v. Chr. dauerhaft), so daß ihr Ermessensspielraum enger war als derjenige der republikanischen Feldherren724. Seit der Verleihung des imperium maius 723

Prokonsul der Provinz Makedonien, vergl. L. Schumacher, Die imperatorischen Akklamationen der Triumvirn und die auspicia des Augustus, Historia 34, 1985, 213f (191-222). 724 Nicht zu unterschätzen ist auch der soziale Faktor des durch seine Erfolge und das Übergewicht seiner Anhänger unter der Nobilität geschaffenen überragenden Prestiges (bzw. der Empfin-

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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23 v. Chr. und m. E. auch des consulare imperium 19 v. Chr. konnte Augustus unabhängig von der Bekleidung des Konsulates auch den Imperieninhabern in den Senatsprovinzen eigenverantwortlich oder in Zusammenwirkung mit dem Senat Befehle z. B. zur Kriegsführung erteilen725.

7. Zusammenfassung der Ergebnisse Die lex de bello indicendo ordnete weder die förmliche Kriegserklärung an, noch erfolgte sie notwendig vor der förmlichen Kriegserklärung. Mit der lex de bello indicendo schufen die Komitien ein militärisches Kommando, das die üblichen "Geschäfte" des gewählten Magistrats um das Recht zur Kriegsführung erweiterte. Dies geschah vermutlich bald, nachdem die Zenturiatkomitien geschaffen worden waren. In der Zeit zuvor hatten die Kuriatskomitien wahrscheinlich lediglich der senatorischen Designation eines Kandidaten für die Position des Königs zugestimmt, indem sie die vom Kandidaten selbst promulgierte lex curiata de imperio annahmen. Mit der lex curiata de imperio wurden dem König wahrscheinlich in einer Handlung sowohl die militärische als auch die zivilen Aspekte des imperium für die Dauer seiner Herrschaft übertragen. Der so durch das Volk bestätigte König wurde in der Zeit seiner Regierung lediglich durch die Mitbestimmungsrechte des Senates und vor allem durch die religiöse Kontrolle (ius fetiale, ius augurale etc.) seiner "Standesgenossen" an der Möglichkeit willkürlicher Kriegsführung gehindert. Im Gegensatz dazu wurde durch die lex de bello indicendo das Volk nun auch im Einzelfall am Kriegsbeschluß beteiligt. Dabei sah das Verfahren dergestalt aus, daß der Senat vorab das Gebiet bzw. den rechtlichen Umfang des allgemeinen Kriegskommandos bestimmte und einen Magistrat (in der Regel einen der neugewählten Konsuln) mit der Promulgierung eines vorformulierten Antrages der lex de bello indicendo beauftragte. Der Senat bestimmte außerdem die für die Kriegsführung notwendige(n) Provinz(en). dung außerordentlicher außenpolitischer Fachkompetenz) des Augustus, das etwa oppositionelle Haltungen gegenüber seinen außenpolitischen "Empfehlungen" politisch überaus schwierig sein ließ (Augustus und seine Zeitgenossen hätten diese Situation wohl u. a. mit dem Ausdruck der auctoritas umschrieben). 725 Augenscheinlicher Ausdruck der veränderten politischen Rahmenbedingungen war es z. B., daß der Senat sich bei Kriegsentscheidungen seit Ende des 1. Jh. v. Chr. nun im Mars UltorTempel auf dem Forum des Augustus versammelte (D.C. 55,10,2-5; Suet. Aug. 29), womit der Tempel auf dem Kapitol als traditioneller Versammlungsort des Senates in diesem Bereich (z. B. Mommsen, Staatsrecht 1 (3.Aufl) 617 A.1; ders. ebenda 3, 928 A.2-3) seine Bedeutung verlor.

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7. Zusammenfassung der Ergebnisse

Im Fall von begrenzten Konflikten schuf der iussus populi nur ein Kriegskommando. Er konnte aber auch eine Vielzahl von Kriegskommandos hervorrufen, wenn der Krieg an verschiedenen Fronten gegen eine Allianz zahlreicher und weit verstreuter Kriegsgegner geführt werden mußte (z. B. im 2. Punischen Krieg). Die notwendigen Provinzen aber beschloß der Senat. Eigene Volksbeschlüsse über die mit diesen Provinzen verbundenen Kommandos waren überflüssig, weil diese Kommandos als Folge des allgemeinen Kriegsauftrages verstanden wurden. Zu Feldherren wurden ordentliche oder außerordentliche Magistrate durch Los oder Senatsbeschluß bestimmt726. Hatte das römische Volk einmal einen Kriegsauftrag erteilt, dann befand in der Regel allein der Senat darüber, wie lange die aus dem Auftrag hervorgegangenen Provinzen beibehalten werden sollten727. Die Komitien entschieden nur noch mit der Wahl der Magistrate728, welche Kandidaten für die festgesetzten Provinzen in Frage kamen. Wer von den gewählten Magistraten welche der festgesetzten Provinzen bekommen sollte, bestimmte in der Regel das Los oder ein Senatsbeschluß. Es gab jedoch auch die Möglichkeit für die Komitien, durch Gesetzgebung an bestimmte Personen (Privat- und Amtspersonen) bestehende Provinzen zu übertragen bzw. bereits eingesetzte Feldherren abzusetzen. Damit konnte das übliche Verfahren auf doppelte Weise umgangen werden. Seit dem 3. Jh. v. Chr. wurde diese Möglichkeit in zunehmendem Maße von bedeutenden Einzelpersönlichkeiten im Wettbewerb um die attraktiven Provinzen (bzw. Kriegsaufträge) genutzt. Außerdem wurde das Volk gelegentlich bei der Erweiterung des Provinzbereichs um einen neuen militärischen Aufgabenbereich beteiligt, aber diese Komitienbeschlüsse hatten nicht mehr die althergebrachte Form der lex de bello indicendo. Die aufgrund einer lex de bello indicendo geschaffenen Kriegskommandos endeten nicht automatisch mit der vertraglichen Beendigung des Krieges gegen den ursprünglich vorgesehenen Hauptgegner. Blieben Vertragspartner des ursprünglichen Gegners dem Friedensschluß fern, konnte der Krieg gegen sie in den betref726

Vergl. auch Millar, JRS 74, 1984, 3f. Hierfür sind die seit 218 v. Chr. in Norditalien und Spanien bestehenden Kommandos offensichtliche Beispiele. 728 Oder mit der komitialen Prorogierung bestehender Imperien [diese blieb stets eine Möglichkeit, obwohl sie in der Praxis allmählich von alleinigen Senatsbeschlüssen bzgl. der prorogatio abgelöst wurde; vergl. Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 641ff; O’Brien, RE Suppl. 6 (1935) 732f s.v. senatus; Kloft, Prorogation 46ff und Hantos, Res 90 A.3]. 727

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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fenden Provinzen weitergehen, bis auch sie sich zum vertraglichen Frieden bereitfanden. Über die Beibehaltung der bestehenden Provinzen entschied der Senat. Da z. B. in Spanien und Norditalien ein Konflikt den anderen ab- bzw. auslöste, führte dies nach dem Ende des 2. Punischen Krieges zur andauernden Entsendung römischer Imperienträger dorthin. Die Kriege wurden nach dem Ende des 2. Punischen Krieges in den genannten Provinzen auf der Grundlage der Kriegskommandos fortgesetzt, die ihren Ursprung in einem Kriegsbeschluß hatten, dessen Objekt (Krieg gegen Karthago und Hannibal) bereits beseitigt war. Es bedurfte keiner neuen Beschlüsse der Komitien über die Provinzen, da die Reihe der nach Spanien entsendeten Imperienträger nicht abriß. Über die Vergrößerung der bestehenden Provinzen (z. B. über einen Kriegsauftrag außerhalb der Provinz) entschieden in der Regel der Senat bzw. der Feldherr vor Ort. Äußere Anlässe der Kontinuierung oder Ausdehnung des bestehenden Kriegskommandos waren z. B. die Hilfe für einheimische Bundesgenossen Roms oder feindliche Handlungen anderer Gemeinwesen (bzw. Stämme) gegen römische Truppen. Mit der lex de bello indicendo kontrollierten die Komitien die Schaffung des militärischen Kommandos, das mit einem ausdrücklichen Kriegsauftrag verbunden war. Ein militärisches Kommando konnte aber auch auf andere Weise beschlossen werden. Das Volk konnte (Pro-)Magistrate mit bestimmten defensiven Aufträgen (z. B. Schutz der italischen Küste, Hilfe für bedrohte Bundesgenossen etc.) mit Truppen entsenden. Die Mission konnte kriegerische Verwicklungen zur Folge haben, die zum Krieg gegen neue Feinde führen konnten. Diese Kriege wurden auf der Grundlage des bereits bestehenden Kommandos geführt, dessen Umfang sich in der Regel durch Entscheidungen des Senates und der Feldherren (nur gelegentlich auch der Komitien, vergl. lex de piratis persequendis) um die neuen Gegner erweiterte. Einer lex de bello indicendo bedurfte es in diesen Fällen nicht, weil ein militärisches Kommando im intendierten Kriegsgebiet bereits bestand. Die für eine koordinierte Kriegsführung notwendigen Provinzen bestimmte wiederum der Senat, sobald die außenpolitischen Folgen des defensiven Kommandos eine umfangreiche Kriegsführung notwendig machten. Die militärtaktischen, außen- und innenpolitischen Vorteile der auf diese Weise vom Volk beschlossenen Kommandos wurden im Vorfeld absehbarer Kriegseröffnungen je nach Opportunität genutzt. Der 1. Punische Krieg z. B. nahm seinen Anfang von einem militärischen Auftrag, der zum Schutz der Marmertiner gegen Syra-

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7. Zusammenfassung der Ergebnisse

kus geschaffen wurde729. Eine eigene lex de bello indicendo gegen Syrakus und Karthago wurde wohl aus außenpolitischen Gründen nicht promulgiert. Rom wollte seine Kriegsabsicht gegen Syrakus und Karthago hinter dem Auftrag zur defensiven Hilfeleistung verstecken. Anders verhielt es sich beim 2. Makedonischen Krieg und dem Antiochoskrieg. Auch dort hätten sich dem Senat Möglichkeiten geboten, bereits vorhandene defensive Beobachtungskommandos zu erweitern, auf deren Grundlage der Krieg gegen Philipp und Antiochos geführt werden konnte. Er verzichtete darauf – wahrscheinlich, um die außen- und innenpolitisch bedeutsamen Kriegsentscheidungen auf eine breite innenpolitische Basis zu stellen. Die leges de bello indicendo der neuen Konsuln am Anfang ihres Konsulatsjahres hatten in den genannten Fällen nur noch deklaratorische Bedeutung, denn die Entscheidung zum Krieg war schon lange zuvor im Senat gefallen. Im Fall des 2. Makedonischen Krieges scheiterte der Kriegsantrag zuerst an der Kriegsmüdigkeit der römischen Bürgerschaft, die auch von Teilen der Nobilität (wohl mit politisch andersgearteten Intentionen) unterstützt wurde730. Erst eine Rede des Konsuln P. Sulpicius Galba (Liv. 31,7,2-15) in der contio und die anschließende wiederholte Promulgierung der lex de bello indicendo brachte die gewünschte Kriegsentscheidung der Komitien. Der Senat konnte die Magistrate also so oft mit der Gesetzespromulgierung beauftragen, bis die Komitien den für die Kriegsführung notwendigen Kriegsauftrag (verbunden mit dem militärischen Kommando) erteilten. Deutlich wird damit die außen- und innenpolitisch wenig bedeutsame Beteiligung des Volkes an der Kriegsentscheidung. Die Komitien wurden erst gefragt, wenn die außenpolitische Entscheidung bereits gefallen war731. Es 729

Plb. 1,11,1ff (weitere Belege bei Broughton, MRR 1, 203). Daß keine lex de bello indicendo bis zur Überfahrt römischer Truppen nach Sizilien verabschiedet worden war, geht sehr deutlich aus Frontin. Str. 1,4,11 hervor. Appius Claudius Pulcher erhielt von den Karthagern das Fahrrecht für die Meerenge von Messana, indem er sie beruhigte, er könne keinen Krieg iniussu populi führen. Dennoch nutzte er die Gelegenheit, entgegen den Erwartungen der Karthager, nach Messana überzusetzen. Claudius Pulcher interpretierte also seinen Auftrag für Messana als defensiv. Zur Hilfeleistung für Messana bedurfte es also nicht notwendigerweise zugleich eines Kriegsbefehls gegen Karthago, dessen Existenz Claudius Pulcher bestritt (Eckstein, Senate 79ff. 85ff. 89ff. 100). 730 Liv. 31,6,3ff (zum vor allem innenpolitischen Hintergrund der auffälligen Verweigerungshaltung Briscoe, Commentary 1, 69ff und auch Rich, Declaring 79f; Eckstein, Senate 271 mit A.7); zu beachten sind auch die den Auszug der Truppen nach Makedonien verzögernden Aktionen des Pontifex Maximus P. Licinius Crassus Dives bei Liv. 31,9,7ff (vergl. Briscoe, Commentary 1, 79ff). Vergl. auch die parallele Verweigerungshaltung in Livius' Schilderung der Geschichte der frühen Römischen Republik (Liv. 4,58-60). 731 Vergl. auch etwa die Einschätzungen bei: Rich, in: ders. u.a. (Hsgg.), War and Society in the Roman World (1993) 56; E. Flaig, Entscheidung und Konsens. Zu den Feldern der politischen Kommunikation zwischen Aristokratie und Plebs, in: Demokratie in Rom? Die Rolle des Volkes

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

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ist offensichtlich, daß der Senat die Führung in außenpolitischen Grundsatzfragen beanspruchte, was praktisch z. B. in der traditionellen Vorberatung über die lex de bello indicendo im Senat und in der Vorformulierung des Antrages in einem Senatsbeschluß zum Ausdruck kommt. Als 167 v. Chr. der Prätor M’. Iuventius Thalna ohne Vorberatung des Senates eine lex de bello indicendo gegen Rhodos wohl in einer contio forderte, wurde dies als Bruch mit dem üblichen Verfahren empfunden und die Verabschiedung des Gesetzes mit tribunizischer Interzession und Gewalt verhindert732. Die variable Anwendung der verschiedenen Typen verfassungskonformer Kriegseröffnung bzw. komitialer Kommandoerschaffung ist ein charakteristisches Merkmal der römischen Verfassungspraxis. Die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten wurden je nach militärtaktischer, innen- und außenpolitischer Intention von den unterschiedlichen Organen (Senat, Feldherr) der römischen Gemeinde genutzt. So war z. B. eine lex de bello indicendo in der Regel nicht notwendig, wenn der Krieg nur durch einen Waffenstillstand (auch bei längerfristigen Waffenstillständen) unterbrochen worden war. Waren innenpolitische Auseinandersetzungen (z. B. bei den Aushebungen) zu befürchten, wenn die lex de bello indicendo nicht eingebracht würde, konnte dennoch aufgrund innenpolitischen Kalküls ein Gesetz beantragt werden. Ähnlich weit waren die Handlungsspielräume des Senates und der Feldherren bei Kriegen in der unmittelbaren Nachbarschaft bestehender Provinzen. In der Regel wurde der Entscheidungsspielraum genutzt, wohl auch um die theoretisch mögliche Mitbestimmung des Volkes bei Kriegsentscheidungen zu umgehen. Eine Befragung der Komitien über die Eröffnung eines neuen Kriegsgebietes war dennoch immer möglich, aber nicht in jedem Fall zwingend notwendig. Die interpretablen Prinzipien einer regelgerechten Kriegseröffnung wurden seit dem 2. Jh. v. Chr. je nach Bedürfnis auch in innenpolitischen Konflikten der Aristokraten untereinander als Instrument populistischer Agitation verwendet. Das Volk hatte in der Regel kein Mitbestimmungsrecht über den Umfang der Kriegsführung innerhalb und außerhalb der bestehenden Provinzen, weil es in der Praxis des römischen Staatsrechts nur an der Schaffung der militärischen Kommandos und der Wahl der möglichen Kandidaten beteiligt war. in der Politik der römischen Republik, hsg. M. Jehne (Stuttgart 1995) 81ff (77-127) (lex de bello indicendo "Konsensritual"); Kostial, Rom 125. 126f (Komitien wurden erst spät in die politische Entscheidung einbezogen; geringe politische Bedeutung ihrer Beteiligung). 732 Liv. 45,21,1ff; Plb. 30,4,5f; Diod. 31,5,3.

164

7. Zusammenfassung der Ergebnisse

Dieses Prinzip der römischen Verfassung erfüllte die praktischen Notwendigkeiten einer Zeit, in der die gewählten Konsuln jährlich auf Beschluß der Komitien zu immer neuen (Verteidigungs-)Kriegen in die nähere Umgebung Roms entsendet wurden. Die Kontinuierung eines Kriegskommandos gegen immer wieder wechselnde Allianzen in weit von Rom entfernten Gebieten lag außerhalb der Vorstellungskraft der Welt, für die dieses Prinzip der Volksbeteiligung an der Kriegseröffnung entwickelt wurde. Die innenpolitische Problematik der Verfassungsregeln, die den neuen Verhältnissen des 2. Jh. v. Chr. nicht angepaßt waren, führte zu Konflikten, die bis in das 1. Jh. v. Chr. andauerten. Denn die im Vergleich zum 4. und 3. Jh. v. Chr. infolge der "römischen Provinzialisierung der Mittelmeerwelt" abnehmende Mitbestimmung des Volkes an grundsätzlichen Entscheidungen römischer Außenpolitik und deren Folgen (dauernder Kriegsdienst der Bürgersoldaten) waren im 2. und 1. Jh. v. Chr. offensichtlich. Wollte das Volk die Kriegsführung in bestehenden Provinzen verhindern, konnte es nur mit Hilfe der tribunizischen Interzession die Entscheidung dafür behindern oder Mitglieder der Nobilität wählen, die keinen Krieg wollten. Die tribunizische Interzession gegen die Aushebungen begegnet als Mittel des innenpolitischen in der zweiten Hälfte des 2. Jh. v. Chr. vor allem bei den Aushebungen für die spanischen Kriege. In der ersten Dekade des Livius findet sich diese Art des Widerstandes auch während der frühen römischen Republik733, doch wird man darin vor allem einen indirekten Reflex der Verhältnisse des 2. und 1. Jh. v. Chr. erkennen müssen, nach deren Vorbild die römischen Annalisten ihre historiographische Darstellung des Ständekampfes gestalteten ("eine an historische Ereignisse anknüpfende, politisch ausgestaltete Erinnerung"734). Der Hinweis, ein Feldherr habe ohne Beschluß des Senates und des Volkes außerhalb oder innerhalb seiner Provinz Krieg geführt, wurde seit der ersten Hälfte des 2. Jh. v. Chr. zu einem propagandistischen Mittel im innenpolitischen Wettbewerb der Nobilität um die Provinzen bzw. im Kampf gegen Vertreter einer entgegengesetzten Außen- und Innenpolitik. Es ist ein Beleg für die Brisanz dieses Themas seit der ersten Hälfte des 2. Jh. v. Chr., wenn es in contiones polemisch verwendet werden konnte, um Sympathien beim Volk zu erlangen. 733 734

Vergl. Liebemann, RE 5 (1903) 603 s.v. dilectus mit Belegen. Ranke, Weltgeschichte (3. Aufl.) 45 (zitiert nach Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 27 A.1).

III. Die Beteiligung des Volkes, des Senates und der Feldherren an der Kriegseinleitung

165

Sulla versuchte, die traditionellen Kontrollrechte des Senates und des Volkes bei der Kriegseröffnung gegenüber den Feldherren in den Provinzen mit Hilfe seiner Majestätsgesetzgebung zu sichern, indem er den Feldherren, die sich nicht am Willen der Senatsmehrheit orientierten, mit Majestätsprozessen und nun drastischen Strafen drohte. Sein Gesetz versuchte (wie wohl auch die lex Porcia einige Jahrzehnte zuvor) lediglich alte Regeln des römischen Staatsrechts zu sichern. Grundsätzlich neue Regeln zur Kriegseröffnung schuf Sulla nicht, die den sich rasch wandelnden Verhältnissen vielleicht angepaßt gewesen wären, vermutlich weil dies außerhalb seiner am Vorbild des mos maiorum orientierten restaurativen Vorstellungswelt lag. Es ist eine paradoxe Wendung der Geschichte, daß gerade die Majestätsgesetzgebung Sullas zur Auflösung der traditionellen Regeln beitrug. In der folgenden Zeit wurde mit privilegierten Imperien eine Möglichkeit geschaffen, das sullanische Gesetz zu umgehen, indem die großen Imperien der führenden Männer Roms mit dem "Krieg-und-Frieden-Recht" ausgestattet wurden. Damit waren die von politischen Angriffen besonders gefährdeten Personen zumindest vor Anklagen de maiestate hinsichtlich ihrer Kriegsführung und Vertragspolitik in ihren Provinzen gesichert. Das "Krieg-und-Frieden-Recht" der großen Imperien der späten Republik bildete ein bedeutendes Vorbild für die Prinzipatsordnung des Augustus, in der die traditionellen staatsrechtlichen Regeln der Republik nicht aufgehoben, aber durch die politische Dominanz eines einzigen, mehrfach privilegierten Imperieninhabers politisch in ihr Gegenteil verkehrt wurden. Die Kompetenz zum verfassungsgemäßen Kriegsbeschluß wurde nicht allein auf den Prinzeps übertragen. Das Volk und der Senat behielten zumindest in der Theorie ihre traditionellen Rechte. Die politische Bedeutung ihrer Beteiligung an Entscheidungen der römischen Außenpolitik nahm allerdings im Vergleich zur späten Republik weiter ab, weil einerseits die Optionen des Prinzeps (als Prokonsul zahlreicher Provinzen, als Konsul, als Inhaber des imperium maius und m. E. auch des imperium consulare und auch als Inhaber der tribunicia potestas) für eigenverantwortliche außenpolitische Handlungen und Initiativen zunahmen, und andererseits die nach wie vor notwendige Bestätigung seiner außenpolitischen Maßnahmen zur Formalität verkümmerte. Denn es wurde nur noch ein (zunächst wohl unregelmäßiger) Eid auf die acta des Augustus insgesamt (zu denen natürlich auch die Provinzmaßnahmen gehörten) geleistet. Auf der politischen Ebene kontrollierte der Prinzeps also faktisch die römische Außenpolitik. Die

166

7. Zusammenfassung der Ergebnisse

außenpolitischen Handlungsmöglichkeiten der Feldherren in den senatorischen Provinzen nahmen ab, insofern sie dem imperium maius des Augustus unterstellt waren (seit 23 v. Chr. auf Dauer), so daß ihr Ermessensspielraum enger war als derjenige der republikanischen Feldherren. Seit der Verleihung des imperium maius 23 v. Chr. und, wie mir scheint, auch des imperium consulare 19 v. Chr. konnte Augustus unabhängig von der Bekleidung des Konsulates auch den Imperieninhabern in den Provinzen des römischen Volkes eigenverantwortlich oder in Zusammenwirkung mit dem Senat Befehle zur Kriegsführung und Vertragschlusses erteilen. Diese Situation beschreiben die Verfasser der lex de imperio in Hinblick auf das Vertragsschlußrecht rückblickend zutreffend: [...] foedusve cum quibus volebat facere liceat, ita uti licuit divo Aug. Ti. Iulio Caesari Aug. Tiberioque Claudio Caesari Aug. Germanico735.

735

Ehrenberg-Jones, Documents (2. Aufl.) Nr. 364.

167

IV. Zur vertraglichen Verhältnisse Roms 1.

Begründung

der

amicitia-

Die Untersuchungen von Alfred Heuß und ihre Bedeutung für die folgenden Überlegungen zur amicitia

Die Untersuchung von Alfred Heuß über "Die völkerrechtlichen Grundlagen der römischen Außenpolitik in republikanischer Zeit"736 bildet neben Theodor Mommsens737 und Eugen Täublers738 Beiträgen einen bedeutenden Ausgangspunkt für die gegenwärtige Diskussion über die Struktur, die historische Entwicklung und den politischen Charakter der römischen Außenpolitik während der Republik. Ein zentrales Anliegen von Heuß ist es zu zeigen, daß es eine "Natürliche Feindschaft"739 Roms gegenüber vertraglich unverbundenen Gemeinwesen nicht gab. Mommsen hingegen vertrat mit anderen die Auffassung740, daß nach römischer Rechtsanschauung "dem Ausländer gegenüber die gegenseitige Rechtlosigkeit die Regel ..., das internationale Rechtsverhältniss die Ausnahme"741 seien. Mit dieser Deutung waren Hypothesen verbunden, die Heuß zu widerlegen sucht. Mommsen nahm an, daß das zwischenstaatliche Verhältnis und der internationale private Rechtsverkehr mit Rom erst durch amicita-Verträge hergestellt wurden und daß die jeweilige privat- und internationalrechtliche Sicherheit nur soweit reichte, wie es diese Verträge festlegten742. Deshalb sah er sich veranlasst, einen zwischenstaatlichen "Freundschaftsvertrag" zu konstruieren, der das internationale Verhältnis erst begründet haben soll und notwendig Vereinbarungen enthalten habe, die auch den Umfang des internationalen Privatverkehrs detailliert regelten743.

736

Klio Beiheft 31, 1933 (= ND 1963). Mommsen, Forschungen 1, 326ff insbes. 348ff und ders., Staatsrecht 3, 590f. 597ff passim. 738 Täubler, Imperium (1913) passim (= ND 1964). 739 Diesen mißverständlichen Begriff benutzte zuerst Täubler, Imperium 1, um die "Rechtsanschauung" der Römer zu beschreiben; aber wohlgemerkt benutzte er auch andere, weniger zugespitze Formulierungen zur Beschreibung des rechtlichen Phänomens. 740 Auf die Verbundenheit der Deutung Mommsens mit den entsprechenden Überlegungen von Voigt, Ius 2, 102ff. 208ff passim weist Täubler, Imperium 9f hin. 741 Mommsen, Staatsrecht 3, 590f. 742 Mommsen, Staatsrecht 3, 590f. 743 Mommsen, Forschungen 1, 326ff insbes. 348ff; ders., Staatsrecht 3, 590f. 597ff und ihm folgend: z. B. Ferrenbach, Amici 53. 64f. 69, Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 279f. 286 u. ö. 737

168

1. Die Untersuchungen von Alfred Heuß zur amicitia

Täubler variierte die Deutung Mommsens, ohne ihren zentralen Grundgedanken (internationaler Privat- und Staatenverkehr basieren auf Verträgen) zu berühren. Er lehnte einerseits die Identifizierung des amicitia-Vertrages mit dem privatrechtlichen hospitium-Vertrag ab und bestritt deshalb andererseits auch Mommsens entwicklungsgeschichtliche Herleitung des römischen Staatsvertrages aus dem hospitium-Vertrag. Täubler wollte den Ursprung des römischen Staatsvertrages im Kriegsvertrag erkennen744. Trotz der Kritik an Mommsen rechnete aber auch er in der frühen Zeit Roms mit zahlreichen privaten und zwischenstaatlichen hospitium-Verträgen, ohne welche die Rechtssicherheit des römischen Bürgers im Ausland nicht garantiert gewesen wäre745.

Diesen Deutungen hält Heuß einerseits entgegen, daß amicitia auch ein vertragsloses, zwischenstaatliches Freundschaftsverhältnis bezeichnen könne746, andererseits bemerkt er, daß es keinen Beleg für den angeblich notwendigen "Freundschaftsvertrag" gebe747, der das internationale Privatrecht hergestellt haben soll. Weiterhin ging Mommsen davon aus, daß Rom sich nur gegenüber Vertragspartnern zur förmlichen Kriegserklärung verpflichtet sah, also die Kriegserklärung keinen anderen Zweck erfüllte als die Auflösung des Vertragsverhältnisses zwischen Rom und dem beklagten Gemeinwesen748. Hierin sah Mommsen einen wesentlichen Beweis für seine Deutung der völkerrechtlichen Rechtsanschauung der Römer. Heuß versucht dagegen zu zeigen, daß die förmliche Kriegserklärung unabhängig von vorhergehenden Vertragsverhältnissen gewesen sei749. Darin erkennt er neben der vertragslosen amicitia einen weiteren Beweis für seine These, daß die Deutung Mommsens zur internationalrechtlichen Rechtsanschauung der Römer nicht zutreffe. Will man zu neuen Einsichten über die Phasen, die völkerrechtlichen Grundlagen und die wesentlichen Strukturelemente der römischen Außenpolitik gelangen, dann erscheint vor allem eine kritische und zugleich konstruktive Auseinandersetzung mit Heuß’ Argumentation als zweckmäßig. Denn seine Darstellung enthält alle geläufigen Argumente der gegenwärtig herrschenden Anschauung. Seine Thesen zur 744

Täubler, Imperium 402ff. 408. 411f u. ö. Täubler, Imperium 4ff. 403. 415f u. ö. (wie Mommsen erkennt auch Täubler, Imperium 2. 10 u. ö., daß in früher Zeit, vor allem aber in späterer Zeit (seit dem 3. Jh. v. Chr.) der internationale Privatverkehr gelegentlich auch ohne staatliche hospitium-Verträge auskam). 746 Heuß, Grundlagen 25ff insbes. 29ff. 747 Heuß, Grundlagen 6ff. 12ff. 748 Mommsen, Staatsrecht 3, 341f. 342 A.2. 590f mit A.2. 601f mit A.4. 749 Heuß, Grundlagen 18ff. 745

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

169

"vertragslosen amicitia" und seine Kritik am Prinzip der "Natürlichen Feindschaft", das Mommsen und Täubler für die römische Außenpolitik als immer gültig postulierten750, sind gegenwärtig grundsätzlich kaum in Frage gestelltes Allgemeingut der althistorischen Forschung751. Die Ergebnisse seiner Untersuchung zur formlosen Begründung der amicitia bilden außerdem eine wichtige argumentative Grundlage der neueren, weit über Heuß’ Darstellungsziel752 hinausgehenden Deutungen zur völkerrechtlichen Entstehungsgeschichte des imperium Romanum753. Es ist eine heute verbreitete Meinung, daß die foeduslose754 amicitia und die foeduslose militärische Kooperation ein charakteristisches Instrument römischer Außenpolitik vom 3. bis zum 1. Jh. v. Chr. waren755. Die Kritik an Heuß richtet sich bisher lediglich gegen einige Details seiner Argumentation. Unbestritten bleibt hingegen seine zentrale These, daß die amicitia ein völkerrechtliches Verhältnis Roms zum Ausland bezeichnen konnte, das seinen Ursprung nicht in einem amicitia-Vertrag oder einem anderen "förmlichen" Vertrag 750

Mommsen, Forschungen 1, 348ff; ders., Staatsrecht 3, 341f mit A.2. 590f mit A.2. 597ff. 601 mit A.4; Horn, Foederati 6; Täubler; Imperium 1. 2. 424. 402ff. 407. 751 Z. B. Paradisi, Scritti in onore di C. Ferrini 2 (1946) 179ff; Accame, Dominio 48ff. 50ff; Siber, Verfassungsrecht 68 A.4; DeMartino, Storia 2,1 (1. Aufl.) 13f. 20ff. 37ff. 39ff. 44ff; Badian, Clientelae 44f mit A.3. 57f. 68 passim; Hampl, HZ 184, 1957, 259f [= Staatsdenken, hsg. R. Klein (1966) 128f]; Kienast, ZRG 85, 1968, 334ff; Nörr, ZRG 85, 1968, 465 A.21; Dahlheim, Struktur 128f. 137 A.33 (Literatur) passim; Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 68f mit A.1-2 (Literatur) 88f; Klose, Ordnung 150 A.647; Cimma, Reges 1ff passim; Hantos, Bundesgenossensystem 85f A.11; Ilari, Guerra 40 mit A.6; Gruen, World 54ff; Ziegler, Pensamiento D.A. Truyol Serra 2 (1986) 1264; Eckstein, Senate 193f mit A.23 passim; Nörr, Aspekte 152 A.96; Eder, in: Staat, hsg. ders. (1990) 32; Plescia, BIDR 31/32, 1989/1990, 500 passim; Ziegler, GGA 247, 1995, 73ff (Rezension Schulz, Entwicklung); Kaser, Ius gentium 26 A.87; Kallet-Marx, Hegemony 185 mit A. 4-5. 189f; DeLibero, Historia 46, 1997, 272f passim; Bleicken, in: H.-J. Gehrke (Hsg.), Alfred Heuß. Ansichten seines Lebenswerkes (Stuttgart 1998) 15ff (11-24); Baldus, Vertragsauslegung 193. 195. 218f u. ö. Kritische Stimmen aber bei: Kaser, Ius 82 A.1; Preiser, Wörterbuch 680ff insbes. 684f (= Macht, hsgg. K.H. Ziegler u. a. (1978) 27ff insbes. 35); Dickmann, Friedensrecht 95ff (Kriegserklärung nur gegenüber Vertragspartnern). 752 Heuß ging es vor allem um das Problem der Staatenanerkennung im römischen Völkerrecht: Heuß, Grundlagen IV und ders. ebenda 57ff; vergl. auch ders., Zeitschr. f. Völkerrecht 18, 1934, 37ff; 19, 1935, 1ff. 753 Insbes. Badian, Clientelae 36ff. 45. 50f. 57. 60. 68 passim [er datiert die ersten foeduslosen zwischenstaatlichen Verhältnisse in die Zeit des 1. Punischen Krieges, an dessen Anfang sich einige sizilische Städte ohne foedus an Rom angeschlossen haben sollen; diese Deutung basiert allerdings auf der unsicheren Annahme, die sizilischen civitates sine foedere immunes et liberae (Cic. Verr. 2,3,13) seien eine Schöpfung des Jahres 263 v. Chr. (vergl. Seite 230ff)]; Kienast, ZRG 85, 1968, 330ff; Dahlheim, Struktur passim, Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 68ff passim; Gruen, World 54ff. 76ff. passim. 754 Der Begriff wurde von Ritter, Numidien 11 vorgeschlagen. 755 Zu nennen sind insbes. Badian, Clientelae 36ff passim; Kienast, ZRG 85, 1968, 330ff; Dahlheim, Struktur 136ff. 163ff. 228 passim; Gruen, World 54ff. 76ff passim.

170

1. Die Untersuchungen von Alfred Heuß zur amicitia

haben mußte756. Außerdem teilt man allgemein die Meinung von Heuß, daß es einen speziellen amicitia-Vertrag nicht gab, der den entweder von Mommsen oder Täubler postulierten Inhalt gehabt und die von diesen angenommene völkerrechtliche Funktion757 erfüllt hätte758. Wenn also einige neuere Historiker mit der Möglichkeit eines urkundlichen amicitia-Vertrags rechnen759, dann billigen sie diesem eine wesentlich geringere völkerrechtliche Funktion als Mommsen und Täubler zu. Es ist hingegen umstritten, ob die Beispiele zutreffend sind, die Heuß für die Verhältnisse vertragsloser amicitiae der Zeit des 3. und 2. Jh. v. Chr. nennt760. Außerdem wird seine strikt juristische Deutung der zumeist literarischen Quellen kritisiert761. Heuß nennt im zweiten Abschnitt seiner Untersuchung762 Beispiele angeblich vertragsloser, zwischenstaatlicher amicitia-Verhältnisse Roms, um seine Deutung zu belegen, "daß sie keineswegs im Abschluß eines Freundschaftsvertrages ihren Anfang und ihre Begründung hatten" (Heuß, Grundlagen 29)763. Er tendiert am Ende des Abschnitts zu der Meinung, daß das internationale Verhältnis der amicitia

756

Kritisch aber: Frezza, SDHI 4, 1938, 400ff passim; Triepel, Hegemonie (1. Aufl.) 472ff; DeMartino, Storia 2 (1. Aufl.) 24ff. 26f A.45; Preiser, Wörterbuch 3, 680ff insbes. 684f (= Macht, hsgg. K.H. Ziegler u. a. (1978) 27ff insbes. 35) und Sherwin-White, Policy 58ff. Die Kritik Cimmas, Reges 23ff passim und Zieglers, Pensamiento D.A. Truyol Serra 2 (1986) 1269f passim an Heuß und Dahlheim berührt lediglich die Frage, ob es wirklich überall dort vertragslose amicitiaVerhältnisse gab, wo sie gemeinhin angenommen werden und ob es nicht doch einen urkundliches Formular für einen amicitia-Vertrag gab (vergl. bereits die Überlegungen bei Seckel, Krieg 22f. 25f.). 757 Herstellung des internationalen Verkehrs zwischen den Vertragspartnern und des privaten Verkehrs zwischen den Bürgern der Vertragspartner. 758 Mommsen, Forschungen 1, 326ff insbes. 331. 334ff. 348ff; ders., Staatsrecht 3, insbes. 590f. 595f. 597ff; Ferrenbach, Amici 53. 64f. 69 (typisches Beispiel der von Mommsen begründeten Meinung); Täubler, Imperium 402ff. 424 passim; weitere Rezipienten der These Täublers bei Triepel, Hegemonie (1. Aufl.) 472 A.40. 759 Z. B. DeMartino, Storia 2 (1. Aufl.) 24ff insbes. 26ff; Ziegler, Pensamiento D.A. Truyol Serra 2 (1986) 1264ff (vergl. bereits die Überlegungen bei Seckel, Krieg 22f. 25f.). 760 Hierfür insbes. Cimma, Reges 21ff passim (kritische Erwiderungen darauf: Huß, ZRG 96, 1979, 374. 377f; Ziegler, Gnomon, 52, 1980, 688 und ders., Pensamiento D.A. Truyol Serra 2 (1986) 1265) und Sherwin-White, Policy 58ff (kritische Erwiderung darauf: Walbank, JRS 75, 1985, 236). Ziegler, Pensamiento D.A. Truyol Serra 2 (1986) 1264f. 1265ff bemüht sich lediglich zu zeigen, daß es einen Vertrag, der allein amicitia vereinbarte, durchaus gegeben haben könnte. Er akzeptiert aber dennoch grundsätzlich Heuß’ Deutung des vertragslosen amicitia-Verhältnisses (vergl. neuerdings Ziegler, Völkerrechtsgeschichte 47f). 761 Z. B. Accame, Dominio 55f und Cimma, Reges 21ff passim und Sherwin-White, Policy 58ff. 762 Insbes. Grundlagen 29-37. 763 Heuß, Grundlagen 29ff und Matthaei, CQ 1, 1907, 188ff. 191, deren Untersuchung gewissermaßen die Thesen von Heuß vorwegnahm (vergl. ebenso die Überlegungen schon bei Kuhn, Verfassung 2, 14ff insbes. 16).

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

171

sogar völlig unabhängig von jeder Art von Vertragsschluß war764, womit er seine ursprüngliche Darstellungsabsicht um einen zusätzlichen Aspekt erweitert. Diese letzte Deutung von Heuß ist problematisch, weil sie auf zweifelhaften Voraussetzungen beruht, die vor allem von der unterschwellig in seine Argumentation hineinspielenden "Grundvertragstheorie" Täublers abhängen765, welcher zu zeigen versucht, daß der urkundlich fest umrissene "Freundschaftsvertrag" als notwendiger Teil des Endvertrags erst nach dem Beschluß des Volkes und des Senates vereinbart und schließlich beeidet wurde766. Ferner stellt Heuß häufig zu hohe Anforderungen an die terminologische, protokollarische und juristische Genauigkeit der literarischen Überlieferung, wenn er immer dann ein foedus leugnet, wenn das Wort selbst in den Berichten fehlt bzw. kein förmlicher Abschluß berichtet wird767. In der literarischen Überlieferung werden die Begriffe foedus, amicitia und societas häufig abwechselnd zur Bezeichnung ein und desselben internationalen Verhältnisses gebraucht768. Dies rät zu größter 764

Heuß, Grundlagen 46. 53ff. Z. B. Heuß, Grundlagen 30. 35. 36. 37 passim; Täubler, Imperium 44ff. 99ff. 766 Täubler, Imperium 44ff. 99ff. 767 Dies wird augenfällig z. B. bei Heuß’ Argumentation bzgl. der Freundschaftserneuerung (Heuß, Grundlagen 25ff). 768 Z. B. Liv. 1,1,8f dextra data fidem futurae amicitiae sanxisse inde foedus ictum inter duces (das dauerhafte amicitia-Verhältnis ist bei Livius hier also die Folge des foedus-Verhältnisses; vergl. ebenso z. B. Liv. 4,7,4; 7,27,2; 8,25,3; 9,41,20 [amicitia wird durch sponsio hergestellt]; 38,9,8 amicitiam pepigerat [bzgl. des ersten römisch-aetolischen Vertrags; vergl. societatem pepigisti bzgl. des Feldherrnvertrages des T. Quinctius Flamininus mit Nabis]; 34,31,4 [Nabis bzgl. Rom ... qui rerum divinarum foedera, humanarum fidem socialem sanctissimam habeatis ... Der Begriff foedus betrifft also vor allem die sakrale Sphäre der Vertragsverpflichtung, während die Begriffe fides und societas die zwischenmenschlichen Bindungen durch Verträge bezeichnen]; 42,12,5 (amicitiae foedus); u. ö. Cic. Verr. 2,3,123 (condicionem societatis amicitiae foederis); Sall. Iug. 80,5 (foedus et amicitiam petitum [vergl. 104,4f. 111,1f. 112,3]); Proculus Dig. 49,15,7,1 (aequo foedere in amicitiam venit). Wechselnder Gebrauch von amicitia, societas, pax, fides, pacta, sponsio und foedus zur Bezeichnung ein und desselben zwischenstaatlichen Verhältnisses: Liv. 9,41,20 (Oriculani sponsione in amicitiam accepti); 9,45,18 (ut Marrucini, Marsi, Paeligini, Frentani Romam oratores pacis petendae amicitiaeque. His populis foedus petentibus datum); 21,18,5. 19,10f (fides, societas, amicitia); 21,60,4 (pax, societas); 24,48f (amicitia, societas, fides, foedus); 28,34,7 (amicitia, foedus); 32,21 (societas, foedus; ius iurandum); 33,16 (societas, fides, amicitia); 34,31,12. 57,11. 58,1ff (amicitia, foedus); 35,12,9. 13,2. 26,1 (amicitia, foedus); 38,9,8 (amicitia für den alten Vertrag Roms mit den Aetolern); 38,37,7 (... frumentumque ex pacto cum L. Scipione iussi advehere ..,. gemeint ist das foedus des P. Cornelius Scipio Maior mit Antiochos; vergl. Liv. 37,45 mit 38,13,8. 37,7); 38,38,16 (impliziert, daß amicitia auch einen Aspekt eines bestehenden societasVerhältnisses ausdrücken kann); 39,37,10ff (foedus, amicitia, societas); 41,23,4ff (societas, foedus); 42,6,6ff (amicitia, societas); Liv. 42,12,6. 40,6. 43,4ff (amicitia, societas, foedus); 42,43,4ff (foedus, societas); 44,23 (foedus, societas) u. ö.; Sall. Iug. 14,18 (Rede des Adherbal: amicitia, societas, foedus); Sall. Iug. 38,9f (pax, foedus); Sall. Iug. 40,1 (pactum, foedus); Cic. 765

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1. Die Untersuchungen von Alfred Heuß zur amicitia

Vorsicht vor Argumenten e silentio769. Außerdem lag die Darstellung der vertragstechnischen Einzelheiten nur selten im besonderen Interesse der Historiographen770. Balb. 29 (ut quaeque nobiscum maxime societate, amicitia, sponsione, pactione, foedere est coniuncta [amicitia und societas bezeichnen hier die Folgen der durch die Mittel der sponsio, des pactum oder des foedus hergestellten zwischenstaatlichen Verbindung mit Rom, ohne daß Cicero gleichzeitig ausdrücken will, daß die etwa durch sponsio in die amicitia Roms gekommenen Gemeinwesen sich in ihrer völkerrechtlichen Stellung gegenüber Rom von denen der durch foedus mit Rom verbundenen Gemeinwesen unterschieden hätten]). Vertragliche Verpflichtungen und amicitia, societas und pax, vergl. z. B. Liv. 7,19,4 (foedere in societatem); 21,7,3 (fidem socialem); 34,31,10 (condicionibus societatis); 34,57,7 (foedus sociale [vergl. Liv. 34,57,11. 58,1ff]); Cic. Verr. 2,5,50 (condicionem sociorum memoriam foederis) u. ö.; Cic. Verr. 2,3,123 (condicionem societatis amicitiae foederis); Liv. 32,39,10 (condicionibus amicitiae) u. ö.; Liv. 34,35,3 (condiciones pacis); Varro, ling. 5,86 (ut foedere fides pacis constituretur); Sinnius Capito, GRF frg. 10 p. 461 [Funaioli = Festus 260L] (pacem a pactione condicionum putat dictam Sinnius Capito, quae utrique inter se populo sit observanda) u. ö. 769 Dies machen gelegentlich neuerdings auch Cimma, Reges 33ff passim und Sherwin-White, Policy 58ff grundsätzlich gegen einzelne (von Heuß genannte), angeblich foeduslose amicitiaVerhältnisse geltend (kritische Bemerkungen zu Heuß' strikter Quellendeutung bereits bei Accame, Dominio 55f, ohne daß er allerdings grundsätzlich die Möglichkeit einer vertragslosen amicitia gegen Heuß bezweifelt, s. ders. ebenda 46ff; ebenso Triepel, Hegemonie (1. Aufl.) 468ff. 472ff). Im Sinne von Heuß gehen von zahlreichen foeduslosen amicitia-Verhältnissen Roms mit den Gemeinwesen des Mittelmeerraums in neuerer Zeit fast alle Historiker aus, z. B. Larsen, CPh 30, 1935, 193ff; Paradisi, in: Scritti in onore di C. Ferrini 2 (1946) 178ff; Badian, Clientelae 12. 44 68. 69. A.1 passim [ebenda 44 A.3 weist er mit scharfem Blick für die wissenschaftsgeschichtliche Vorbereitung der Thesen von Heuß zu Recht auf die Untersuchung von Matthaei, CQ 1, 1907, 182ff hin; weitere Hinweise auf die Vorbereitung der Deutung von Heuß bei Larsen, CPh 30, 1935, 195 mit A.8-10]; Kienast, ZRG 85, 1968, 163ff. 330ff insbes. 335; Dahlheim, Struktur 136ff. 163ff. 228 (auch vertragslose societas) passim [kritisch dazu Larsen, JRS 60, 1970, 218, der mit Hinweis auf Liv. 34,31f bemerkt, daß Dahlheim die Bedeutung der Staatsverträge unterschätze]; Bernhardt, Imperium 21f. 26ff; Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 83ff. 87ff; Bernhardt, Historia 24, 1975, 414 (bzgl. Sagunt). 415 (bzgl. Gades). 417f (bzgl. Edesco). 423 u. ö.; Dahlheim, Gewalt 191f. 255; Hantos, Bundesgenossensystem 85f A.11; Gruen, World 54ff passim (kritisch bzgl. der illyrischen Städte Derow, ZPE 88, 1991, 261ff. 260f A.22 und 270 A.26. Leider erlaubt der fragmentarische Zustand der von Derow besprochenen Inschrift keine sicheren Ergebnisse bzgl. der ursprünglichen Stellung der illyrischen Städte); Ziegler, Gnomon 52, 1980, 688 (kritische Rez. zu Cimma, Reges; ebenso Huß, ZRG 96, 1979, 377f); Ziegler, Labeo 28, 1982, 63. 66; Ziegler, in: Idee, hsg. ders. (1983) 22; Walbank, JRS 75, 1985, 236 (kritische Rez. zu Sherwin-White, Policy); Bernhardt, Polis 79f; Ritter, Rom 11 passim; Nörr, Aspekte 152 mit A.96; D. Vollmer, Symploke. Das Übergreifen der römischen Expansion auf den griechischen Osten (Stuttgart 1990) 8 mit A.26 und 56; R. Wolters, Römische Eroberung und Herrschaftsorganisation in Gallien und Germanien. Zur Entstehung und Bedeutung der sogenannten Klientel-Randstaaten (Bochum 1990) 78f mit A.8 passim; Kallet-Marx, Hegemony 185 mit A.4-5. 189f; DeLibero, Historia 46, 1997, 272f passim; Baldus, Vertragsauslegung 218f u. ö.; Bleicken, in: H.-J. Gehrke (Hsg.), Alfred Heuß. Ansichten seines Lebenswerkes (Stuttgart 1998) 15ff (11-24). Wie stets hervorgehoben wurde, steht der genauen juristischen Interpretation der einzelnen Fälle oft die unpräzise Terminologie der literarischen Überlieferung entgegen. Man legt auf diese Tatsache aber, je nachdem welches Darstellungsziel man verfolgt, bei der Interpretation konkreter Einzelfälle mehr oder weniger Wert. Zur terminologischen Ungenauigkeit der Quellen z. B. Kuhn, Verfassung 21f; Mommsen, Staatsrecht 3, 652ff; Matthaei, CQ 1, 1907, 182ff; Dahlheim, Struktur 1 ["Der zunächst naheliegende methodische Weg, die zur Erkenntnis und Darstellung der Struktur

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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Weiterhin ist die von Heuß geschaffene Vertragskategorie "formloser (d.h. foedusloser) Vereinbarungen" fragwürdig771. Diese "formlosen Vereinbarungen" sollen keine foedera gewesen sein. Gelegentlich schließt Heuß nur mit dieser Konstruktion die Existenz von "förmlichen foedera" aus. Denn "formlose (d.h. foeduslose) Abmachungen" u. ä. will auch er bei einigen der von ihm besprochenen Fälle nicht ausschließen (so im Fall der Rhodier, des Attalos und Athens). Wenn sich auch zum größten Teil die folgende Kritik gegen Heuß’ Argumentation in den "Völkerrechtlichen Grundlagen ..." wendet, so ist dennoch als sein Verdienst hervorzuheben, daß er auf die Mängel der Deutungen von Mommsen und Täubler hinweist. Die Auseinandersetzung mit der voraussetzungsreichen und schwierigen Argumentation von Heuß führt fast zwangsläufig zu einer erneuten Betrachtung der Überlieferung. Außerdem ergeben sich dadurch, daß Heuß die kritischen Voraussetzungen seiner Argumentation deutlich ausspricht, immer wieder neue Fragestellungen, die weitere Perspektiven eröffnen. So macht Heuß bei der Erörterung der angeblich vertragslosen amicitia-Verhältnisse Roms während des 3. und 2. Jh. v. Chr. immer wieder darauf aufmerksam, daß in den genannten Fällen ein amicitia-Vertragsschluß in der von Täubler angenommenen Form (auf Beschluß des Senates und Volkes in Rom) unwahrscheinlich sei772. Damit wirft Heuß angesichts der vielfältigen Möglichkeiten bei der förmlichen Vertragsbeeidung und ratifizierung die allerdings unbeantwortet gebliebene Frage auf, ob nicht Vertragsschlüsse anderer Art und anderen Inhalts denkbar sind, deren dauernde völkerrechtliche Folge ein amicitia-Verhältnis zwischen Rom und dem Vertragspartner gewesen wäre773. In dieselbe Richtung führt die von Heuß häufig beanspruchte Kategorie "formloser (d.h. foedusloser"774) Abmachungen" der Feldherren im Felde, deren völkerrechtliche Form, Verbindlichkeit und Folge für Rom bei ihm nicht genauer der zwischenstaatlichen Beziehungen Roms notwendigen Begriffskategorien und ihre exakte Definition den antiken Quellen zu entnehmen, erweist sich damit als von vornherein als ungangbar." (vergl. dagegen optimistischer ders. ebenda 162ff bzgl. der Frage nach der vertragslosen amicitia)] 163f mit A.1 (Literatur) und 169f; Galsterer, Herrschaft 101 mit A.188. 770 So z. B., wenn sie exempla des mos maiorum geben wollten, vergl. z. B. Liv. 1,24,4ff. 771 Heuß, Grundlagen 34 (bzgl. Attalos, Athen); 39f (bzgl. der Aetoler im 2. Makedonischen Krieg); 46 (Rhodier, Attalos, Athen) u. ö. 772 Heuß, Grundlagen 30. 35. 36. 37 u. ö. 773 Vergl. die Überlegungen bei Triepel, Hegemonie (1. Aufl.) 472ff insbes. 473 A.45 (Abschluß der amicitia in Form der sponsio) und die entsprechenden Ausführungen bei Mommsen, Forschungen 1, 337f mit A.18. 774 Diesen anschaulichen Begriff bringt Ritter, Rom 11 passim in die Diskussion.

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1. Die Untersuchungen von Alfred Heuß zur amicitia

erläutert werden775. Schließlich klammert er die Zeit der frühen Republik bewußt aus seinen Betrachtungen aus, wobei er die bekannte Unzuverlässigkeit der einschlägigen historiographischen Überlieferung als Argument für die Einschränkung geltend macht776. Dabei bezieht er in seine Überlegungen nicht die Tatsache ein, daß gerade die durch pontifikale Überlieferung gespeiste antiquarische Tradition z. B. zum ius fetiale im Kern als authentischer Überrest der völkerrechtlichen Verhältnisse während der frühen Republik gedeutet werden kann777. Zumindest entspräche ein solcher Interpretationsansatz den seit langem gängigen Methoden der Erforschung der frührömischen Verfassung und Staatsreligion778. Selbst wenn man der Argumentation von Heuß in allen Punkten folgen möchte, können seine Ergebnisse bzgl. der zwischenstaatlichen amicitia-Verhältnisse nur zur Beschreibung der historischen Wirklichkeit der Zeit seit dem 3. Jh. v. Chr. dienen. Ob es während der frühen Republik ein internationales Verhältnis Roms zum Ausland auch ohne Vertrag gab, könnte lediglich bewiesen werden, indem man die Prinzipien des ius fetiale und die völkerrechtlichen Mittel untersucht, mit denen Rom zur Hegemonialmacht in Italien wurde. Große Bedeutung kommt der ein Jahr nach den "Völkerrechtlichen Grundlagen..." erschienenen Abhandlung von Heuß über "Abschluß und Beurkundung des griechischen und römischen Staatsvertrags"779 zu, aus der man (ebenso wie aus der Untersuchung Täublers) Wesentliches zum römischen foedus-Begriff lernen kann. Die Widerlegung des juristisch und urkundlich überkonstruierten Vertragsschemas Täublers durch Heuß780 erst ermöglicht eine differenzierte Betrachtung der verschiedenen Beurkundungstypen römischer foedera. Es ist außerdem in dieser Untersuchung von Heuß schon vieles enthalten, das Anlaß bietet, die Ergebnisse der "Völkerrechtlichen Grundlagen ..." kritisch zu betrachten.

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Heuß, Grundlagen 34. 39. 40. 46 u. ö.; auf Heuß gründend z. B. Badian, Clientelae 45 ("informal friends of Rome") passim; Dahlheim, Struktur 136ff. 163ff passim und Gruen, World 54ff passim; kritisch: Cimma, Reges 23ff passim und Sherwin-White, Policy 58ff. 776 Heuß, Grundlagen V. 777 Zum Wert der antiquarischen und pontifikalen Überlieferung neuerdings z. B. Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 185. 100ff. 298. 310ff passim. 778 Z. B. Gercke/Norden, Einleitung 3, 391f und Bleicken, Lex 7ff. 779 Klio 27, 1934, 14-53. 218-57 (= ND Libelli 188, 1967). 780 Heuß, Grundlagen 13ff; ders., Klio 27, 1934, 49ff.

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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2. Zur Bedeutung der Wendung amicitiam renovare Heuß vertritt die Meinung, bereits die freundliche Aufnahme fremder Gesandtschaften durch Rom habe das völkerrechtliche Verhältnis der amicitia begründen können781. Er tendiert dazu, dies unter anderem mit dem Gedanken zu untermauern, das amicitia-Verhältnis habe bei Gesandtschaften auch ohne Vertragsschlüsse (bzw. Freundschaftsvertragsschlüsse der von Täubler geforderten Art) immer wieder erneuert werden können, weil es eben ganz unabhängig von foedera bestand bzw. begründet wurde782. Schwerlich kann man jedoch aus den Förmlichkeiten der amicitia-Erneuerung etwas über die Form ihrer anfänglichen Begründung ableiten. Ferner läßt sich bei den amicitia-Erneuerungen mitunter beobachten, daß sie gleichzeitig von foedusErneuerungen begleitet wurden783. Außerdem ist bekannt, daß die literarische Überlieferung bei der Schilderung der konkreten diplomatischen Handlungsabläufe und in ihrer Terminologie notorisch unpräzise ist784. Schlußfolgerungen e silentio sind deshalb zweifelhaft – etwa, wenn man argumentieren möchte, weil in der literarischen Überlieferung oft nur von der erneuerten amicitia berichtet wird und der Begriff foedus nicht fällt, sei deshalb erwiesen, daß auch ursprünglich die amicitia ganz unabhängig von Verträgen bestand. Auch foedera-Verhältnisse konnten ohne neue Vertragsurkunde erneuert werden, insbesondere in den Fällen, in denen sich die Vertragspartner auf keine neuen Vertragsbedingungen verständigten. Die römische amicitia-Erneuerung des Jahres 173 v. Chr. mit Antiochos IV. ist ein Beispiel für eine amicitia-Erneuerung, deren vornehmlicher Zweck es war, die Gültigkeit der alten Verträge Roms mit Antiochos III. auch für den neuen Herrscher Antiochos IV. festzustellen785. Auch das Beispiel der amicitia-Erneuerung des Perseus mit Rom läßt sich mit dieser Praxis verbinden: 180/179 v. Chr. schickte Perseus eine Gesandtschaft nach Rom ad amicitiam paternam renovandum petendumque, ut rex ab senatu appelaretur ... Daß diese amicitia-Erneuerung von der Erneuerung des foedus zwischen Rom und Philipp – das Perseus in seiner Gültigkeit bestätigte bzw. anerkannte – begleitet wurden zeigen die wiederholten Bezugnahmen Roms auf dieses foedus in der Zeit des beginnenden Konfliktes zwischen Rom und Perseus Ende der 70er Jahre des 2. Jh. v. Chr. 781

Heuß, Grundlagen 46 passim. Heuß, Grundlagen 25ff 29. 45ff. Die entgegenstehenden Überlegungen bei Täubler, Imperium 121ff werden von Heuß zuwenig beachtet. 783 Vergl. z. B. Täubler, Imperium 121ff; Accame, Dominio 85. 784 Vergl. z. B. Mommsen, Staatsrecht 3, 652f bzgl. der liberi und foederati. 785 Liv. 42,6,6ff (polybianisch Tränkle, Livius 28); vergl. Ferrenbach, Amici 33f. 782

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2. Zur Bedeutung der Wendung amicitiam renovare

Die römische Argumentation setzt stets die Gültigkeit des foedus voraus786. Perseus Argumentation im Jahr 172 v. Chr. konnte diese Tatsache nicht entkräften. Die Argumentation des Perseus hat außerdem zur Voraussetzung, daß die foedus/amicitia-Erneuerung nicht von der Ausfertigung einer neuen Vertragsurkunde begleitet wurde; denn andernfalls hat seine Formulierung foedus cum patre ictum ad se nihil perinere kein Objekt787. Ein Beispiel dieser römischen Vertragserneuerungspraxis aus früher Zeit bieten auch die ersten drei Karthagerverträge. Denn die Verträge wurden bis zum Jahr 279/278 v. Chr. viermal erneuert788. Es hätten also vier789 (manche Interpreten meinen sogar fünf790) Vertragsurkunden791 existieren müssen, wenn jede Vertragserneuerung die 786

Liv. 40,58,9 [polybianisch Tränkle, Livius 28] (180/179 v. Chr. Gesandschaft erbittet Erneuerung der amicitia: vergl. Plb. 25,3,1 mit Walbank, Commentary 3, 274ff); 41,24,6 [polybianisch Tränkle, Livius 28] (Perseus hatte die 180/179 v. Chr. erbetene Königsanerkennung erhalten; vergl. auch 45,9,3); 41,19,6 [polybianisch Tränkle, Livius 28] (175 v. Chr. Senat fordert von Perseus ut sanctum habere foedus, quod ei cum Romanis esset); 42,25,4 [annalistisch] (im Jahr 172 v. Chr. foedus-Erneuerung zwischen Rom und Perseus im Anschluß an Philipps Tod 180/179 v. Chr. vorausgesetzt, vergl. auch 44,16,5 [annalistisch] ); 42,40,3-6 [polybianisch Tränkle, Livius 28] (172 v. Chr. Bezugnahme auf bestehendes foedus); 42,41,9-11 [polybianisch Tränkle, Livius 28] (172 v. Chr. Bezugnahme auf bestehendes foedus); 42,46,3 [polybianisch Tränkle, Livius 28] (172/171 v. Chr. Bezugnahme auf foedus); 42,62,5 [polybianisch Tränkle, Livius 28] (172/171 v. Chr. Überlegungen im Kriegsrat des Perseus mitteret ad consulem, qui foedus in easdem leges renovarent, quibus Philippus, pater eius, pacem ab T. Quinctio victore accepisset – womit wohl gesichert sein dürfte, daß der Kriegsrat zum status quo vor dem Krieg zurückkehren wollte und Perseus 180/179 v. Chr. lediglich den Vertrag Roms mit Philipp in seiner Gültigkeit anerkannte, vergl. die Überlegung bei Walbank, Commentary 3, 275). Auch in den polybianischen Partien der livianischen Darstellung begegnet die foedus-Termonologie; deshalb wird auch in der Darstellung des Polybios die amicitia-Erneuerung von der foedus-Erneuerung begleitet gewesen sein. In der außerlivianischen/außerpolybianischen Überlieferung begegnet als Inhalt der amicitia-Erneuerung bei App. Mac. 11,5 ausdrücklich die Vertragserneuerung. 787 Liv. 42,25,10 Perseus gibt zwar die Erneuerung des Vertrages zu, er bestreitet aber, daß der Vertrag ihn persönlich und politisch verpflichte. Dies ist nur unter der Voraussetzung verständlich, daß die Ausfertigung einer neuen Vertragsurkunde 180/179 v. Chr. unterblieb, denn diese hätte den Namen des Perseus nennen müssen. Das im Brief des Perseus sichtbar werdende Verständnis der amicitia/foedus-Erneuerung verbindet sich gut mit der hellenistischen Vertragserneuerungspraxis, die im Fall der Vertragserneuerung zwischen Achaia und den Ptolemäern 185 v. Chr. sichtbar wird: Plb. 22,9 (vergl. Walbank, Commentary 3, 190ff). 788 Liv. per. 13; Werner, StVA 2 (2. Aufl.) Nr. 121 [16ff]; Nr. 326 [306ff]; Schmitt, StVA 3 Nr. 438 [53ff m. E. unhistorisch; vergl. Seite 176f A.791] Nr. 466 [101ff]. 789 Z. B. G.F. Unger, Römisch Karthagische Verträge, RhM 37, 1882, 153ff (153-205); M. Cary, A forgotten Treaty between Rome and Carthago, JRS 9, 1919, 71 (67-77); R. Werner, Der Beginn der römischen Republik. Historisch-chronologische Untersuchungen über die Anfangszeit der libera res publica (München 1963) 290f. 300. 790 Z. B. H: Nissen, Beiträge zur älteren römischen Geschichte, I Die römisch Karthagischen Bündnisse, JbPhPäd 95, 1867, 321ff (321-332); F. Hampl, Das Problem der Datierung der ersten Verträge zwischen Rom und Karthago, RhM 101, 1958, 70ff (58-75). Zum diesen Deutungen zugrundeliegenden Verständnis von foedus renovare vergl. die Bemerkungen bei Last, CAH 2 (1.Aufl. 1928) 860. 791 In diesem Zusammenhang ist die umstrittene Frage nach der Historizität des Philinosvertrages (Schmitt, StVA 3, Nr. 438 [53-55]) von Bedeutung. Die urkundliche Historizität dieses Vertrages steht sehr in Frage. Einerseits weil die „Belege“ für die Existenz dieses Vertrages in ihrer Inter-

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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Anfertigung einer neuen Urkunde mit sich gebracht hätte792. Dennoch sah Polybios im Schatzhaus der Aedilen auf dem Kapitol793 für die Zeit vor 264 v. Chr. nur drei römisch-karthagische Vertragstexte auf bronzenen Tafeln eingegraben (die Tafeln waren wohl an der Wand des Schatzhauses befestigt794). Nicht jede Vertragserneuerung brachte also im Fall der römisch-karthagischen Verträge auch eine neue Vertragsurkunde mit sich. Die Überlieferung zur Vertragserneuerung Achaias mit Ptolemaios V. durch die Gesandtschaft des Lykortas bietet ein sehr augenfälliges Beispiel für die ganz parallele Handhabung bei Vertragserneuerungen der hellenistischen Staaten untereinander795, womit sich die beobachtete römische Praxis in den Rahmen der klassischen und hellenistischen Vertragspraxis einfügt.

Foedus-Erneuerungen konnten also ohne gleichzeitige Ausfertigung einer neuen öffentlich zu publizierenden Vertragsurkunde vollzogen werden796. Gelegentlich pretation umstritten sind und andererseits Polybios ausdrücklich überliefert, daß die dritte Vertragsurkunde aus der Zeit des Pyrrhuskrieges (Schmitt, StVA 3, Nr 467 [106-109]) den Text der zweiten Urkunde zumindest dem Inhalt nach (wenn nicht gar wörtlich) wiederholte (Plb. 3,25,2) und um eine Zusatznote zum Zweck der gemeinsamen Bekriegung der Vertragspartner ergänzte. Ein urkundlicher Philinosvertrag ist damit eine historische und politische Unmöglichkeit, denn Rom und Karthago hätten im Jahr 279/278 v. Chr. – einen urkundlichen Vertrag zwischen Rom und Karthago mit dem von Philinos überlieferten Inhalt aus dem Jahre 306 v. Chr. vorausgesetzt – eine bereits obsolete Urkunde (den zweiten römisch-karthagischen Vertrag: Werner, StVA 2, Nr. 326 [306-309]) erneuert und den „historischen Philinosvertrag“ aufgegeben. 792 Vergl. auch den Deutungsversuch bei Täubler, Imperium 272, der zeigt, daß Täubler nicht jeder Freundschaftserneuerung eine neue Vertragsurkunde folgen läßt. 793 Plb. 3,26,1. Zur umstrittenen Identifizierung/Lokalisierung des Schatzhauses (atrium publicum oder aedes thensarum vergl.: H. Jordan, Topographie der Stadt Rom im Altertum 1,2 (Berlin 1885) 52 mit A54. 60 mit A.62; Mommsen, Staatsrecht 2 (3. Aufl.) 500 A.1; S.B. Platner, A Topographical Dictionary of Ancient Rome (Oxford 1929) 57; Walbank, Commentary 1, 353f; Neuerdings vermutet ansprechend R.E.A. Palmer, Rome and Carthago at Peace (Stuttgart 1997) 17ff insbes. 20, daß die Karthagerverträge vor allem deshalb im Schatzhaus der Aedilen aufbewahrt wurden "for no other reason than that they and they alone oversaw execution of these treaties in the city of Rome", womit auf die Handelsbestimmungen in den Vertragstexten angespielt wird. 794 So bereits die Vermutung von A. Stein, Römische Inschriften in der antiken Literatur (Prag 1931) 20 und ebenso Walbank, Commentary 1, 353f. Die Urkunden waren auf dem ganzen Areal des Kapitols an den Heiligtumsummauerung und den Wänden der Heiligtümer angebracht, vergl. Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 257 A.3.; S.B. Platner, A Topographical Dictionary of Ancient Rome (London 1929) 49f. 209. Der Aufstellungsort (in Rom auf das Kapitol, dem Haupttempel des Schwurgottes Iupiter), ebenso das dauerhafte und kostbare Material der Vertragstafeln (Bronze) und die kunstvolle Zisilierung des Vertragstextes auf Bronzetafeln sollten die besondere Wertschätzung, Heiligkeit und Unverletzlichkeit der vereinbarten Vertragsinhalte den Besuchern des Kapitols augenfällig machen [z. B. Liv. 26,24,14 (Publikation des Aetolervertrag) und als Bsp. der ganz parallelen giechischer Anschauung Liv. 39,37,16 (Rede des Lykortas). Ausführlich und mit zahlreichen Belegstellen neuerdings: C. Williamson, Monuments of Bronze: Roman Legal Documents on Bronze Tablets, CA 6, 1987, 160-183]. 795 Plb. 22,9 (vergl. Walbank, Commentary 3, 190ff). 796 Die hier vorgetragene Deutung zum materiellen und zeremoniellen Inhalt von foedus renovare verbindet sich mit den seit langem bekannten – ganz paralellen – Bedeutungen von Ñáäáî~å=~å~åÉJ çì}ëíè~á vergl.: Täubler, Imperium 122; G. Daux, Delphes au Iie et au Iier siècle depuis l’

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2. Zur Bedeutung der Wendung amicitiam renovare

genügte eine religiöse Geste bzw. symbolische Handlung797 zur Erneuerung des foedus. Diese bemerkenswerte Erscheinung römischer Vertragspraxis findet ihre rechtliche Erklärung in der Tatsache, daß die öffentlich aufgestellten Vertragsurkunden im Rechtsinn lediglich "Beweisurkunden" waren798. Die öffentliche Publikation der Urkunden war nicht Bestandteil des rechtlichen Vertragsvollzuges. Zum rechtlichen Vollzug des Vertrages genügte bereits eine religiöse Geste bzw. der Eid. Wenn bei den Vertragserneuerungen gelegentlich keine neue Urkunden angefertigt wurden, war das deshalb rechtlich völlig unbedenklich. Aus praktischen Gründen war die allein symbolische Erneuerung der Verträge dann naheliegend, wenn bei der Vertragserneuerung keine neuen Vertragsinhalte vereinbart wurden799. Wenn man diese römische Vertragspraxis in die Überlegungen miteinbezieht, entfällt die gedankliche Grundlage der oben beschriebenen Interpretation von Heuß bezüglich der Erneuerung bzw. Begründung der amicitia. Aus der Tatsache, daß man bei den amicitia-Erneuerungen oft nichts von der Ausfertigung bzw. Beeidung neuer Vertragsurkunden erfährt, kann man nicht ableiten, daß amicitia-Verhältnisse überhaupt von Anfang an unabhängig von Vertragsabschlüssen waren. Denn selbst bei foedus-Erneuerungen konnte der förmliche Vertragsabschluß bzw. die Ausfertiabaissement de l`É tolie jusque à la paix romaine 191-31 av. J.-C. (Paris 1936) 304 A.2. 437f A.3; ders. Alcibiade, Proxenie de Lacédomaine (Thucydide, V 43,2 et VI 89,2) in: Mélanges offerts a A.-M. Desrousseuax par ses amis et ses éléves (Paris 1937) 119ff (117-122); L. Robert, Pergame d’ epire, in: ders. Hellenica Bd. 1 (Limoges 1940) 96f A.5 (95-105); Walbank, Commentary 3, 275; Elwyn, TPhA 123, 1993, 227 A.49; Kallet-Marx, Hegemony 185. 797 Im Fall der amicitia-Erneuerung zwischen Rom und Pamphylien im Jahr 169 v. Chr. begegnen etwa die Erlaubnis der Kranzweihung auf dem Kapitol und das Opfer auf dem Kapitol durch die pamphylischen Gesandten als religiöse Begleithandlungen (nachfolgenden Symbol-Handlungen) der politischen Entscheidung des Senats für die amicitia-Erneuerung. Römischerseits war das Gastgeschenk an die pamphylischen Gesandten (2000 As) symbolischer Ausdruck der politischen Entscheidung. 798 Täubler, Imperium 318ff. 322f. 328f.; Heuß, Klio 27. 1934, 16 mit A.3. Etwa erfolgte die Anfertigung der öffentlichen Vertragsurkunden des Aetolervertrages unbeschadet seiner zwischenzeitlichen Gültigkeit erst zwei Jahre nach den Vertragsabschluß Liv. 26,24,14, Schmitt, StVA 3 (2. Aufl.) Nr. 326 (306ff). Deshalb konnte sogar, wie im Fall des Mithradates geschehen, auch die Ausfertigung der Urkunde völlig unterbleiben: App. Mith. 64 (269). 67 (283) Mithradates hatte von Sulla keine schriftliche Ausfertigung des Vertrages erhalten; gleichwohl war dieser Vertrag vom Senat und Sulla in der Zeit zuvor als bestehend erachtet worden (App. Mith. 65 [272]. 66 [279]). 799 S. Täubler, Imperium 121f, und vergl. auch seine Deutung zum Fall der Freundschaftserneuerung zwischen Rom und Astypalaia ders. ebenda 124. In diesen speziellen Fällen unterblieb auch die Ausfertigung neuer Vertragsurkunden, offensichtlich weil die öffentliche Urkunde des unverändert gebliebenen vertraglichen Verhältnisses bereits beim erstmaligen foedus-Abschluß zur öffentlichen Publikation angefertigt worden war. Natürlich gab es auch Freundschaftserneuerungen, die gleichzeitig Verträge (Vertragsurkunden) mit sich brachten, vergl. z. B. Täubler, Imperium 212ff; Accame, Dominio 85.

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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gung einer Vertragsurkunde unterbleiben. Heuß überfordert die juristische Aussagekraft der zumeist literarischen Quellen, und er überfordert die protokollarischen Aussagekraft der Überlieferung bzgl. der amicitia-Erneuerungen. Er schließt unpräzise von der Form des Bestätigungsaktes der amicitia auf ihren Begründungsakt.

3. Überlegungen zur Interpretation von Pomponius, lib. 37 ad Mucium Dig. 49,15,5, pr. 1f Als ein Argument für die vertragslose amicitia führt Heuß eine Überlieferung im lib. 37 ad Mucium des Sextus Pomponius800 (Dig. 49,15,5,1f801) an. Seine Gegenüberstellung von amicitia und foedus amicitiae causa belege802, daß die zwischenstaatliche amicitia nicht zwangsläufig mit einem foedus-Abschluß verbunden sein mußte803. Es gilt daher, diese Überlieferung noch einmal auf die Frage hin zu überprüfen, ob sich diese Deutung notwendig aus ihren Wortlaut und Sachgehalt ergibt. Pomponius lib. 37 ad Mucium Dig. 49,15,5 pr. 1f: postliminii ius competit aut in bello aut in pace. In bello, cum hi, qui nobis hostes sunt, aliquem ex nostris ceperunt et intra praesidia sua perduxerunt: nam si eodem bello is reversus fuerit, postliminium habet, id est perinde omnia restituuntur ei iura, ac si captus ab hostibus non esset. antequam in praesidia perducatur hostium, manet civis. tunc autem reversus intellegitur, si aut ad amicos nostros perveniat aut intra praesidia nostra esse coepit. In pace quoque postliminium datum est: nam si cum gente aliqua neque amicitia neque hospitium neque foedus amicitiae causa factum habemus, hi hostes quidem non sunt, quod autem ex nostro ad eos pervenit, illorum

800

Zur Person und zum Werk des Sextus Pomponius vergl. Fitting, Alter 33ff. Zum historischen Hintergrund der Aufnahme des Pomponiustextes in die Digesten vergl. Schulz, Entwicklung 158ff passim. 801 Zu vergleichen sind noch: Liv. 28,34,7 (als Niederschlag des livianischen Verständnis zu amicitia-Verständnisses); 34,57,7ff (Rede des Menippos). 802 Von Heuß, Grundlagen 12f. 4ff wird die Stelle besprochen ; zuvor schon Seckel, Krieg 9f. 803 Ihm folgen z. B. Triepel, Hegemonie (1. Aufl.) 468 A.16; Accame, Dominio 48f, vergl. seine Zurückhaltung 46ff. 55f; Preiser, Wörterbuch 3, 680ff insbes. 684f (= Macht, hsgg. K.H. Ziegler u. a. (1978) 27ff insbes. 35); Ziegler, in: Idee, hsgg. ders. u. a. (1983) 22; Paradisi, in: Scritti in onore di C. Ferrini 2 (1946) 187. Besprechungen der zentralen Stelle aus neuerer Zeit finden sich bei: Grelle, in: L. Canfora u. a. (Hsgg.), Trattati 254ff (zu Pomponius); Maffi, Ricerche 130ff (Forschungsüberblick); Cursi, Struttura 126ff. insbes. 128ff. 134ff; Baldus, Vertragsauslegung 257ff.

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3. Überlegungen zur Interpretation von Pomponius, lib. 37 ad Mucium

fit, et liber homo noster ab eis captus servus fit et eorum: idemque est, si ab illis ad nos aliquid perveniat ... 804. Übersetzung Pomponius lib. 37. ad Mucium Dig. 49,15,5, pr. 1f 805: „Das postliminium findet sowohl im Krieg als auch im Frieden Anwendung. Im Krieg, wenn die Feinde einen der Unsrigen gefangen und in ihr Lager hineingebracht haben: Denn wenn dieser aus dem Krieg wieder zurückkommt, so hat er das postliminium, er wird also in alle seine Rechte wieder eingesetzt, als ob er vom Feinde nicht gefangen genommen worden wäre. Bis er in das Lager der Feinde hineingebracht wird, bleibt er Bürger; für zurückgekehrt aber wird er erachtet, wenn er entweder zu unseren amici gelangt oder sich wieder innerhalb unseres Lagers befindet. Auch im Frieden gibt es das postliminium. Denn wenn wir mit einen Volk weder amicitia, noch hospitium, noch einen auf Freundschaft beruhenden Vertrag geschlossen haben, so sind diese zwar keine Feinde, was aber von dem unsrigen in ihre Hände fällt, wird ihr Eigentum, und ein freier Mensch aus unserer Mitte, der von ihnen gefangen wird, wird ihr Sklave. Und ebenso verhält es sich, wenn etwas von ihnen in unsere Hände fällt.“

Heuß wendet mit seiner Interpretation die negative Aussage des Pomponius in eine positive Aussage. Ob dies mit Recht geschieht steht sehr in Frage. Stillschweigende Vorraussetzung dieser Deutung ist es nämlich, daß Pomponius alle Spielartenarten der römischen Außenverhältnisse nennt und sie zur rechtlichen Seite hin voneinander scheidet. Das ist aber nachweislich nicht der Fall. Dies macht etwa das Fehlen der socii und foederati in der Aufzählung des Pomponius augenfällig. Es kann deshalb aus der pomponischen Gegenüberstellung von amicitia und foedus amicitiae causa factum nicht herausgelesen werden, daß der von Pomponius vorausgesetzte Unterschied in der Existenz oder dem Fehlen eines foedus zu suchen ist. Denn diese Deutung wäre nur zwingend, wenn die von Pomponius gegebene Reihe römischer Außenverhältnisse vollständig wäre. Pomponius will lediglich zeigen, 804

Der Text nach den Handschriften in Zeile 7 statt amicitia amicitiam. Zur Stelle vergl. Wirth, Historia 16, 1967, 242 „Wir kennen zwar nach oben erwähnter Digestenstelle die Scheidung in amici, hospites und foederati; aber was im einzelnen die Begriffe beinhalten oder wie sie gegeneinander abzugrenzen sind, frühere Verhältnisse umschreibend und realiter kaum mehr gültig, darüber ist erschöpfende Nachricht nicht vorhanden, nicht zuletzt, da unsere ergänzenden Quellen, Rhetoren, Historiker, Kirchenhistoriker, in blütenhafter Umschweifigkeit die Tatbestände eher vernebeln als klären und in der Verwendung diesbezüglicher Schlagworte so gut wie alles durcheinandergeht.“ Wichtig ist auch Wirths Hinweis, daß die Aufnahme der Pomponiusstelle in die Digesten die andauernde Gültigkeit des Rechtsinhaltes in der Spätantike belege (Wirth, Historia 16, 1967, 231 A.1; 243). 805 Übersetzung nach M. Bretone, Geschichte des römischen Rechts von den Anfängen bis zu Justinian (dt. München 1992) 128f, wobei die Fachbegriffe in Latein gegeben werden.

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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daß, wenn Rom zwischenstaatliche „Minimalbindungen“ mit einem fremden Gemeinwesen fehlten, die römischen Bürger dort keinerlei Rechtssicherheit genössen. Eine systematische Trennung der Außenverhältnisse Roms zum Ausland lag ihm fern. Heuß’ Deutung der pomponischen Gegenüberstellung von amicitia und foedus amicitiae causa factum ist außerdem wegen ihrer strikten Deutung der pomponischen Terminologie problematisch: Es ist bekannt, daß in der Überlieferung amicitia, societas und pax abwechselnd zur Bezeichnung ein und desselben Vertragsverhältnisses gebraucht werden konnten806. Pomponius könnte mit amicitia auch beliebige Vertragsverhältnisse (societas, pax) meinen, deren gemeinsame außenpolitische Folge für die Vertragspartner das Verhältnis der amicitia mit Rom war. Von dieser allgemeinen Gruppe römischer Vertragspartner würde Pomponius mit der Gegenüberstellung des foedus amicitiae causa factum eine spezielle Gruppe römischer Vertragspartner trennen, deren Vertrag mit Rom allein der Erschaffung der zwischenstaatlichen amicitia gedient hätte807. Einem solchen Vertrag hätte also z.B. eine Verpflichtung zur Waffenhilfe für Rom gefehlt808. Die pomponische Reihe amicitia, hospitium und foedus amicitiae causa factum würde also vom allgemeinen Begriff zu zwei ausgewählten Begriffen für spezielle Verhältnisse Roms zum Ausland fortschreiten809. Die von Heuß postulierte Gegenüberstellung bestünde also nicht. Es ist weiterhin zu bedenken, daß die Darstellung des Pomponius, selbst wenn man sie wie Heuß deutet, zunächst lediglich als Beleg für die Interpretationen in der Zeit des Pomponius benutzt werden kann. Im besten Fall kommt man mit seiner Darstellung den entsprechenden Überlegungen der Autoren aus der Zeit an der Wende des 2. zum 1. Jh. v. Chr. nahe. Denn den Überlegungen des Pomponius liegen sehr wahrscheinlich inhaltlich entsprechende Ausführungen des Q. Mucius Scaevola zugrunde810. Außerdem ist es wichtig zu sehen, daß – wenn man Mucius Scae806

S. auch z. B. Matthaei, CQ 1, 1907, 182ff. Vergl. Zieglers Deutung der Stelle (Pensamiento D.A. Truyol Serra 2 (1986) 1265ff). 808 Vergl. z. B. die entsprechenden Überlegungen zum Inhalt des amicitia-Vertrags bei Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 286; v. Lübtow, Volk 642. 809 Frezza, SDHI 5, 1939, 400ff dachte an eine Reihe, die in aufsteigender Folge die möglichen zwischenstaatlichen Verhältnisse bezeichnete. 810 Heuß, Grundlagen 4. Eine direkte Einwirkung des Q. Mucius Scaevola auf Pomponius’ Darstellung erwägen auch Kreller, ZRG Rom. Abt. 69, 1952, 179; Kreller, RE 22 (1953) 868 s.v. postliminium und Gelzer, Gnomon 21, 1949, 22. Zur Wirkung der Schriften Mucius Scaevolas zum ius civile vergl. Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 596ff. Das ius postliminii erweckte zur Lebenszeit des Q. Mucius Scaevola das besondere Interesse der Rechtsgelehrten. Es war strittig, ob 807

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3. Überlegungen zur Interpretation von Pomponius, lib. 37 ad Mucium

vola/Pomponius wie Heuß deutet – die foeduslose amicitia bei Mucius Scaevola/Pomponius auch dann nur eine von mehreren Möglichkeiten eines völkerrechtlichen Verhältnisses Roms zum Ausland darstellt. Ob sie die Regel war, geht aus Pomponius’ Darstellung nicht hervor.

Ein weiterer kritischer Punkt in Heuß’ Deutung der Pomponiusstelle ist seine Meinung, das Eintreten des ius postliminii in pace für aus der Gefangenschaft geflohene römische Bürger bei den amici Roms sei überhaupt unabhängig von der Existenz eines bestehenden Vertragsverhältnisses Roms mit den amici gewesen811. Heuß zitiert die civitates liberae als Gruppe von Völkerrechtssubjekten, die ohne foedus das ius postliminii mit Rom hatten. Dabei stützt er sich auf eine fragwürdige Interpretation812 einer Überlieferung bei Proculus (Dig. 49,15,7), in der der Begriff liber populus definiert wird. Seine Interpretation ist jedoch auch hier zweifelhaft, wie später noch gezeigt werden wird (222ff). Die Überlieferung des Proculus zeigt eher, daß Rom in der Theorie der von Proculus kritisierten republikanischen Autoren das ius postliminii in pace nur mit Gemeinden gemeinsam hatte, die auch ein foedus mit Rom besaßen. Eine Vorstellung von den entsprechenden Ansichten der republikanischen Autoren gibt die zi-

C. Hostilius Mancinus schon durch die den Numantinern angebotene deditio noxae des Feldherrn das römische Bürgerrecht unwiderrruflich verloren hatte oder ob er es, nachdem die Numantiner die deditio noxae abgelehnt hatten, in Rom aufgrund des ius postliminii wiedererlangen konnte (Cursi, Struttura 57ff Pompomius, Dig. 50,7,18; Cic. de orat. 1,181. 238; Cic. Top. 37 – zu vergleichen ist auch die diesbezügliche Überlieferung zur Pax Caudina: Liv. 9,11,11). M. Claudius Clineas hatte in ähnlicher Lage im Jahr 236 v. Chr. in die Verbannung gehen, also sein römisches Bürgerrecht aufgeben müssen (D.C. 12 frg. 45; Zon. 8,18,8). 811 Heuß, Grundlagen 9ff. Soweit es das ius postliminii in Kriegszeiten betrifft, war die Inanspruchnahme des ius postliminii z. B. römischer Bürger, die aus der Gefangenschaft nach Rom entfliehen konnten, natürlich unabhängig vom aktuellen völkerrechtlichen Verhältnis des Kriegsgegners mit Rom. Diese Situation war aber nicht die einzige Art des eintretenden ius postliminii, so daß in Hinsicht auf die hier zu erörternde Fragestellung vor allem zu untersuchen ist, ob die römische Gewährung (z. B. gegenüber fremden Bürgern, die aus der Kriegsgefangenschaft geflohen waren) des ius postliminii in Friedenszeiten unabhängig von bestehenden Vertragsverhältnissen eintrat. 812 Heuß, Grundlagen 9f und z. B. David, in: Symbolae, hsg. ders. 250 A.57. Das sprachliche Verständnis des Proculus-Textes ist von Krampe, Epistulae 88-93 entscheidend vorangetrieben worden. Seinem Textverständnis und seinen behutsamen Ergänzungen – die allein dem Verständnis des Gedankengangs des Proculus dienen – stimme ich weitgehend zu. Krampe, Epistulae 90 lehnt die von Heuß, Grundlagen 9f mit 10 A.1) vorgenommene Veränderung des Textes (ac nach dem sint des ersten Satzes) als methodisch fragwürdig ab, da sie allein der "Harmonisierung von Widersprüchen" diene. Die Stelle wird neuerdings außerdem in größerem Zusammenhang mit der historischen Entwicklung des ius postliminii von Cursi, Struttura 145 ff (mit weiterer Literatur) besprochen und von Baldus, Vertragsauslegung 266ff.

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

183

tierte Darstellung des Pomponius813. Ein ius postliminii in pace trat nach ihrer Auffassung z. B. ein, wenn ein römischer Bürger von einem Gemeinwesen, das keine amicitia, kein hospitium und kein foedus amicitiae causa factum mit Rom hatte und das auch keinen Krieg mit Rom führte, versklavt wurde und es den römischen Bürger gelang aus seiner "Gefangenschaft" in das Gebiet einer befreundeten Gemeinde (amici) Roms zu fliehen. Ein ius postliminii in pace war dies insofern, als Rom sich mit keinem der in diesem Fall beteiligten Gemeinwesen im Kriegszustand befand814. Im 2. römisch-karthagischen Vertrag begegnet dieser Fall des ius postliminii in pace mit umgekehrten Vorzeichen: In den Vertragsbedingungen war vorgesehen, daß lediglich kriegsgefangene Bürger aus vertraglich mit Rom verbundenen Gemeinwesen, die sich im Friedenszustand mit Rom befanden, und die außerdem Roms Herrschaft nicht unterworfen waren, wenn sie von den Karthagern in römische Häfen gebracht würden, durch Handauflegen eines römischen Bürgers befreit werden könnten815. Diese Vertragsbedingung des Karthagervertrags hat zur Voraussetzung, daß Rom sich zur aktiven Gewährung des ius postliminii nur gegenüber Bürgern vertraglich mit Rom verbundener Gemeinwesen verpflichtet fühlte816. Eine Verpflichtung zur Befreiung kriegsgefangener Bürger gab es in der römischen Rechtsanschauung also nur gegenüber vertraglich verbundenen Gemeinwesen, die sich im Friedenszustand mit Rom befanden. Deshalb ist nach diesem römischen Verständnis des ius postliminii also auch für die von Pomponius genannten amici, bei denen römische Bürger in Kriegs- und Friedenszeiten das ius postliminii in Anpruch nehmen konnten, bzgl. ihres völkerrechtlichen Verhältnisses zu Rom ein Vertrag vorauszusetzen. Damit aber entfällt eine wesentliche gedankliche Voraussetzung für die oben beschriebene Interpretation des Pomponius und Proculus von Heuß.

813

Und vergl. ebenfalls Paulus, Sabinus lib. 16 Dig 49,15,19,3; zur Person und zum Werk des Iulius Paulus vergl. Fitting, Alter 81ff. 814 Hierin liegt der einzige Unterschied zu dem von Pomponius beschriebenen ius postliminii kriegsgefangener römischer Bürger bei den amici Roms (Pomponius Dig. 49,15,5,1 tunc autem reversus intellegitur, si aut ad amicos nostros perveniat aut intra praesidia nostra esse coepit) – vergl. auch Paulus Dig. 49,15,19,3; dazu Plut. Flam. 13; Liv. 37,60. 815 Plb. 3,24,6f. Werner, StVA 2 (2. Aufl.) Nr. 326 [306ff]. 816 Deshalb wurde diese Vereinbarung zur Vermeidung zukünftiger Konflikte im Vertrag mit Karthago festgehalten. In der politischen Konsequenz mußte Karthago deshalb nun bemüht sein; z.B. latinische versklavte Kriegsgefangene nicht in römisches Einflußgebiet zu bringen.

184

4. Die vertragliche Begründung der amicitia-Verhältnisse

Heuß’ Deutung der Aussagen des Pomponius und Proculus ist somit in mehrfacher Hinsicht fragwürdig. Seine Theorie von vertragslosen internationalen amicitiaVerhältnissen Roms zum Ausland müßte deshalb durch zweifelsfreie, historische Beispiele vertragsloser amicitiae belegt werden. Weiterhin bleibt festzuhalten, daß Pomponius’ Überlieferung lediglich einen Beleg für die völkerrechtlichen Interpretationen des 2. und 1. Jh. v. Chr. darstellt. Es darf auch nicht vergessen werden, daß Pomponius die vertragslose amicitia (wenn er sie überhaupt meint) keinesfalls als übliches Strukturelement römischer Außenpolitik kennzeichnet, wie dies von Heuß’ Ergebnissen ausgehend in neuerer Zeit angenommen wird817. Dies ließe sich erst beweisen, wenn zahlreiche historische Beispiele vertragsloser amicitiae nachgewiesen werden könnten.

4. Die vertragliche Begründung der amicitia-Verhältnisse des Syphax und des Massinissa mit Rom Heuß faßt das Ergebnis seiner Betrachtungen zu den einzelnen Freundschaftsverhältnissen folgendermaßen zusammen: "Die Betrachtung lehrt also, daß am Anfange eines Freundschaftsverhältnisses keineswegs der 'Freundschaftsvertrag' zu stehen braucht. Vielmehr ist die Tatsache der völkerrechtlichen amicitia durch jede Art friedlichen, zwischenstaatlichen Verkehrs gegeben und vollkommen unabhängig von dem Akt einer formellen Begründung. Der Anstoß zu diesem dauernden Verhältnis kann in den mannigfachen Möglichkeiten liegen, die der außenpolitische Verkehr der Völker mit sich bringt, und es kann die amicitia an den einfachen Vorgang der Absendung einer Gesandtschaft ... anknüpfen ... wie an eine momentane formlose Vereinbarung ... oder an eine wirkliche vertragliche Abmachung ..." (Heuß, Grundlagen 46). Betrachtet man die argumentative Entfaltung dieser These in der vorhergehenden Darstellung, dann wird deutlich, daß Heuß in der Regel lediglich zeigen kann, daß es keinen speziellen und förmlichen amicitia-Vertrag gab, der das internationale Verkehrsverhältnis regelte (Mommsen) und der als "Grundvertrag" notwendig in Rom abgeschlossen werden mußte (Täubler)818.

817

Diesen Beweis zu führen, bemüht sich Heuß, Grundlagen 29ff. Heuß, Grundlagen 28f (bzgl. der Freundschaftserneuerung ohne Abschluß des Grundvertrags); 30 (bzgl. Syphax); 35 (bzgl. Attalos); 36f (bzgl. Antiochos III.); Täubler, Imperium 44ff. 99ff.

818

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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Deutlich wird dies beispielsweise beim Fall des Syphax, den Heuß zu Unrecht als Beispiel eines vertragslosen amicitia-Verhältnisses nennt819. Heuß schreibt im Zusammenhang mit seiner Erörterung des wechselseitigen Gesandtschaftsverkehrs zwischen den Feldherren P. und Cn. Cornelius Scipio und Syphax (213 v. Chr.)820, der die amicitia des Syphax mit Rom begründete (ita cum Syphace Romanis coepta amicitia est Liv. 24,48,13): „.. Abschluß eines Freundschaftsvertrages ist hier ausgeschlossen, wenn man ihn an sich auch für möglich hält, da er in diesem Fall nicht durch Senat und Volk abgeschlossen werden konnte“ (Heuß, Grundlagen 30)821. Dasselbe Argument begegnet unter anderem auch bei seiner Deutung der amicitiaVerhältnisse Roms mit Attalos und Antiochos822. Die notwendige Zustimmung des Senates und des Volkes zum "Freundschaftsvertrag" kann aber Heuß nur fordern, wenn er unterstellt, das amicitia-Verhältnis müsse in der Form eines "Grundvertrags" in Rom vereinbart und abgeschlossen werden. Dies war die Meinung Täublers823, und Heuß tritt an anderer Stelle seiner Untersuchung dieser Deutung Täublers entgegen, indem er dessen "Grundvertragstheorie", die sich wesentlich auf die Interpretation der römischen Friedensverträge mit Antiochos gründet824, überzeugend als überkonstruiert nachweist825. Die Argumentation von Heuß erweist sich also als inkonsequent und widersprüchlich, da er einerseits die „Grundvertragstheorie“ zurückweist, sie andererseits jedoch gegen die Annahme eines Freundschaftsvertrages ins Feld führt826. Darüber hinaus beweist im konkreten Einzelfall das Fehlen eines Freundschaftsvertrags der von Täubler geforderten Art noch nicht, daß es am Anfang des amicitia-Verhältnisses überhaupt keinen förmlichen Vertrag gab. Die Argumentation von Heuß fällt in sich zusammen, sobald in die Überlegung die Möglichkeit einbezogen wird, daß jede Art eines Vertrages notwendig ein amicitiaVerhältnis mit sich brachte827. 819

Kritisch zu den Beispielen vertragsloser amicitia schon Triepel, Hegemonie (1. Aufl.) 472f; DeMartino, Storia (1. Aufl.) 26 A.45. 820 Liv. 24,48f. 821 Im Sinne von Heuß neuerdings noch Dahlheim, Struktur 229f; Ritter, Rom 36ff. Gegen Heuß’ Deutung z. B. Cimma, Reges 41ff insbes. 45. 822 Heuß, Grundlagen 35 (bzgl. Attalos); 36f (bzgl. Antiochos III.). 823 Täubler, Imperium 99ff (entwickelt am Beispiel des Friedens von Apameia seine Deutung). 824 Täubler, Imperium 99ff. 825 Gegen die Interpretation Täublers überzeugend Heuß, Grundlagen 13ff. 16 "Ist es so Täubler wohl schwerlich gelungen, den 'Grundvertrag' aus dem Antiochosvertrag herauszuschälen, dann fällt mit ihm aber überhaupt der 'Freundschaftsvertrag' als fester, sowohl inhaltlich als insbesondere formal umrissener Vertragstypus." 826 Heuß, Grundlagen 28. 30. 35ff. 827 Diese Deutungsmöglichkeit ergibt sich z. B. schon durch Heuß’ Behandlung des Aetolervertrags, vergl. Heuß, Grundlagen 37ff und zusammenfassend 46.

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4. Die vertragliche Begründung der amicitia-Verhältnisse

Die Überlieferung zur amicitia zwischen Rom und Syphax zwischen 213 und 204 v. Chr. eröffnet eine von Täublers "Grundvertragstheorie" und der These über die Existenz eines speziellen amicitia-Vertrags (Mommsen/Täubler) unabhängige Interpretationsmöglichkeit zum Anfang und Inhalt der zwischenstaatlichen amicitia828. Im Jahr 213 v. Chr. schickten die römischen Feldherren P. und Cn. Cornelius Scipio eine Gesandtschaft zu Syphax, um diesen in seiner Kriegsführung gegen Karthago zu bestärken und amicitia und societas mit ihm zu vereinbaren (cum eo amicitiam societatemque facerent et pollicerentur829). Sie stellten Syphax römische Unterstützung in Aussicht830. Dieser bat einen der militärisch erfahrenen Gesandten, bei ihm zu bleiben, um numidische Fußtruppeneinheiten auszubilden831. Die Bitte wurde Syphax erfüllt mit der Auflage (fide accepta832), daß der Gesandte nach Spanien zurückkehren dürfe, wenn die Feldherren die Entscheidung der Gesandten nicht billigten. Mit den römischen Gesandten gingen drei Gesandte des Syphax nach Spanien, um dort von den Feldherren die Zusage zu erhalten (ad accipiendam fidem ab imperatoribus Romanis833). Nachdem diese sie gegeben hatten, begann der in Afrika zurückgebliebene Gesandte mit der Truppenausbildung, und Rom gewann auf die Nachricht der Kontakte zwischen Rom und Syphax einige numidische Hilfstruppen Karthagos in Spanien für sich834. Den Bericht schließt Livius mit: ita cum Syphace Romanis coepta amicitia835. Der Bericht des Livius erwähnt zumindest zwei Vereinbarungen zwischen Syphax und Vertretern Roms. Daß die Übereinkünfte der Gesandten des Syphax mit den römischen Feldherren als foedus zu interpretieren sind, macht die folgende Erzählung deutlich836. Karthago bemühte sich um ein Bündnis mit dem Wüstenfürsten 828

Liv. 24,48f (vergl. App. Pun. 101[474]). In Zusammenhang der folgenden Interpretation sind Täublers Deutungen bzgl. des Feldherrenvertrages von Bedeutung (ders. Imperium 140. 150. u.ö.). 829 Liv. 24,48,3. 830 Liv. 24,48,3. 831 Liv. 24,48,4ff. 832 Liv. 24,48,8. 833 Liv. 24,48,9. 834 Liv. 24,48,10ff. 835 Liv. 24,48,13. 836 Liv. 24,49,1-5; übersehen von Heuß, Grundlagen 29ff; Dahlheim, Struktur 229f; Eckstein, Senate 204. Nicht nachvollziehbar ist Ritters Deutung (Ritter, Rom 37 bzgl. Liv. 24,49,3): "Der Historiker hat also keine Bedenken, für ein societas-Verhältnis den Begriff foedus zu verwenden,

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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Gala. Ein Argument der karthagischen Gesandten gegenüber Gala für einen raschen Bündnisschluß mit Karthago war: ... docent melius fore Galae quoque Carthaginiensibus iungi quam primum, antequam Syphax in Hispaniam aut Romani in Africam transeant: opprimi Syphacem nihildum praeter nomen ex foedere Romano habentem posse837. Ein foedus der römischen Feldherren mit den Gesandten des Syphax war es also, das die gewünschte amicitia et societas zur Folge hatte und den Anfang der von Livius erwähnten amicitia bildete. Der Fall der anfänglichen amicitia des Syphax mit Rom belegt also lediglich die auch sonst bekannte Tatsache, daß Livius amicitia, societas, fides und foedus abwechselnd zur Bezeichnung ein und desselben Vertragsverhältnisses gebraucht, wobei er die jeweiligen Begriffe wählt, um unterschiedliche Aspekte des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zu erfassen. Einen Beleg vertragsloser amicitia bietet das Beispiel des Syphax nicht. Es besteht auch kein Grund, das foedus der Cornelier mit Syphax als "formlose Vereinbarung" zu interpretieren838. Das Bündnis des Feldherrn P. Cornelius Scipio mit Syphax im Jahr 206 v. Chr. zeigt, daß auch solche "Feldherrnverträge" förmlich (d.h. mit Eiden gegenüber den Göttern) abgeschlossen wurden839. Syphax hatte sich irgendwann zwischen 210 und 206 v. Chr. von Rom entfernt und an Karthago angenähert840, da die ihm von Rom in Aussicht gestellte Hilfe ausgeblieben war. Das Bündnis, das er mit Karthago schloß841, machte dasjenige mit Rom aus dem Jahr 213 v. Chr. hinfällig, dessen fortdauernde Gültigkeit nochmals nach dem Tod der beiden älteren Scipionen (211 v. Chr.) durch den wechselseitigen Gesandtschaftsverkehr, also durch diplomatische Gesten, im Jahr 210 v. Chr. deobwohl nach seiner eigenen Schilderung kein foedus im technischen Sinne abgeschlossen worden war." 837 Liv. 24,49,3. 838 Vergl. auch die Überlegungen Zieglers, ANRW 1,2 (1972) 89 zum Vertragscharakter der "formlosen Vereinbarungen"; Mommsen, Forschungen 1, 335 "... es [ist] nie bezweifelt worden, daß für diesen [sc. Gastvertratg] wie überhaupt für jeden Staatsvertrag die einfache Paction ausreicht ..." u. ö. 839 Liv. 28,17f. 18,12: Scipio erreicht ein foedus mit Syphax (fehlt bei Schmitt, StVA 3, obwohl z. B. das vergleichbare foedus zwischen Scipio und Indibilis aufgenommen wurde, StVA 3, Nr. 540 [277]; bei Eckstein, Senate 221ff als Beispiel eines Feldherrnvertrags genannt). Auf die Förmlichkeiten des Bündnisschlusses bezieht sich Scipio z. B. in seinem Mahnschreiben an Syphax im Jahr 204 v. Chr. bei Liv. 29,24,3. 840 Liv. 29,23f. Zwischenzeitlich hatte sich Rom informell an Massinissa angenähert (206 v. Chr. erste Kontaktaufnahme: Liv. 28,16,11ff; anschließend Vertragsschluß zwischen Scipio und Massinissa: Liv. 28,35 [fehlt bei Schmitt, StVA 3; vergl. zum Problem, ob Massinissa ein foedus mit Rom hatte, vergl. Seite 188f]). 841 Schmitt, StVA 3, Nr. 546 [287ff].

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4. Die vertragliche Begründung der amicitia-Verhältnisse

monstriert wurde842. 206 v. Chr. schickte Cornelius Scipio C. Laelius zu Syphax, um seine Unterstützung für den langfristig geplanten Übergang römischer Truppen nach Afrika zu gewinnen843. Syphax verhielt sich freundlich (amicitiam se Romanorum accipere adnuit844), aber er bestand darauf, daß Cornelius Scipio persönlich zu ihm komme (firmandae eius fidem nec dare nec accipere nisi cum ipso coram duce Romano845). C. Laelius ließ sich von Syphax das freie Geleit für Cornelius Scipio zusichern und kehrte zum Feldherrn nach Spanien zurück846. Cornelius Scipio erfüllte den Wunsch des Syphax und kam nach Afrika847. Nach einem vergeblichen Vermittlungsversuch des Syphax zwischen Cornelius Scipio und karthagischen Gesandten, die gleichzeitig bei Syphax weilten, schlossen Syphax und Cornelius Scipio ein foedus (Scipio foedere icto cum Syphace ...848). Auf diesen Vertrag bezog sich Cornelius Scipio später in einem Schreiben an Syphax, nachdem sich dieser erneut auf Karthagos Seite gestellt hatte. Cornelius Scipio wies Syphax eindrücklich auf den Vertragsbruch hin, wobei er auch die religiösen Zeremonien beim Vertragsschluß erwähnte (monet eum ne iura hospitii secum, neu cum populo Romano initiae societatis, neu fas fidem dextras deos testes atque arbitros conventorum fallat849), um Syphax durch die Furcht vor göttlicher Strafe wegen des Bündnisbruches zum Nachgeben gegenüber Rom zu bewegen. In derselben Art wie Syphax erhielt auch der ehemals mit Karthago verbündete Numiderfürst Massinissa850, der seit dem Tod des Gala um sein Königreich stritt, von Cornelius Scipio im Jahr 206 v. Chr. ein foedus, das in der folgenden Zeit eine wesentliche Grundlage des römisch-numidischen Verhältnisses bildete. Massinissa kam zu Cornelius Scipio: volebat atque eius dextra fidem sancire851. Ein foedus 842

Liv. 27,4,5ff. Liv. 28,17,6ff (zu vergleichen sind insbes. App. Hisp. 29f [115ff]. Pun. 10 [40ff]; Zon. 9,10). 844 Liv. 28,17,8. 845 Liv. 28,17,9. 846 Liv. 28,17,9. 847 Liv. 28,17,10ff. 848 Liv. 28,18,12. 849 Liv. 29,24,3, womit die coniunctio dextrarum als Mittel des foedus-Abschlusses gesichert ist (gegen z. B. Sittl, Gebärden 137ff mit A.2). 850 Liv. 28,35. Gegen ein foedus zwischen Rom und Massinissa entscheiden sich entgegen den ausdrücklichen Zeugnissen von Liv. 28,35,1; Sil. Ital. 16,168; App. Hisp. 37 [149f]; Pun. 10 [40]; Zon. 9,10,11 Dahlheim, Struktur 230ff (Liv. 28,35 wird nicht ausreichend besprochen; kritisch zu Dahlheim: Cimma, Reges 46f mit A.39 und 46ff); Ritter, Rom 44 (verwirft die außerlivianische "Vertragsterminologie", auf die "nicht viel zu geben" sei, gegenüber Livius' amicitiaTerminologie. Liv. 28,35,1: Massinissas Absicht, congredi Scipione ... atque eius dextra fidem sancire ..., die auf einen Vertragsabschluß hinweist, bleibt ungewürdigt). 851 Liv. 28,35,1. 843

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wurde also von Cornelius Scipio und Massinissa förmlich beeidet. Die Überlieferung bei Livius wird durch Silius Italicus und Appian ergänzt, die den bei Livius angedeuteten Abschluß des foedus ausdrücklich erwähnen852. Seit 206 v. Chr. wird Massinissa bei Livius als socius bzw. amicus populi Romani bezeichnet, und es werden Hilfeleistungen des Massinissa im Krieg gegen Karthago berichtet853. Dafür erkannte ihn zuerst Cornelius Scipio und dann der römische Senat als König der Numider an, und der Senat belohnte ihn nach dem Sieg über Karthago mit Gebietsgewinnen854. Auch bei Massinissa stand am Anfang des amicitia-Verhältnisses also ein förmlicher Feldherrnvertrag.

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Sil. Ital. 16,168; App. Hisp. 37 [149f]; Lyb. 10 [40]. Z. B. Liv. 29,29; 30,14,4; 31,11,14; Sall. Iug. 5,4. 14,5 u. ö. 854 Liv. 30,15,11f. 17,7ff; 30,44,12 u. ö. 853

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5. Der Feldherrnvertrag als foedus

5. Der Feldherrnvertrag als foedus 5.1 Feldherrnvereinbarungen als förmlicher Vertrag Wie die Beispiele zeigen, waren die Vereinbarungen von Feldherren keine "formlosen Abkommen", sondern förmliche Verträge. Den überlieferten zwischenstaatlichen Eidesformeln855 läßt sich entnehmen, wie man sich die Beeidungsformeln von Feldherrnverträgen vorzustellen hat856. Die neben dem Eid der fetiales angewendeten Eidformeln verpflichteten die römische Gemeinde lediglich durch die Stellvertretung eines beauftragten oder bevollmächtigten Gemeindeorgans (Magistrat, Feldherr, Legaten des Senats bzw. vom Feldherrn beauftragte Eidleister etc.857). Die göttliche Strafe für einen zukünftigen Eidbruch von römischer Seite nahmen in diesen Formeln nur die eidleistenden Personen auf sich858. Solche Eidformeln ließen dem Senat die Möglichkeit, die Verträge der grundsätzlich zum Vertragsschluß bevollmächtigten Feldherren/Magistrate859 nachträglich zu kassie855 Liv.

1,24,4ff (Eid der fetiales); Plb. 3,25,6; vergl. Paulus Fest. 81L mit 102L (Eid der Feldherren bzw. der durch Auftrag bevollmächtigten Magistrate bzw. Amtsinhaber; vergl. z. B. Täubler, Imperium 133ff. 351ff und 150). Gegen Täubler, Imperium 128f. 352f kann Heuß, Klio 27, 1934, 23ff mit A.4 und 244 mit A.3 zeigen, daß der von Polybios beschriebene Steineid (also allgemein der magistratische Eid) die römische Gemeinde auch über die Amtszeit des beeidenden Magistraten binden konnte (vergl. auch Nörr, Fides 7f; Baronowski, Phönix 44, 1990, 348 A.7 mit Hinweis auf den Fall von Gades). Diese Tatsache sah allerdings auch Täubler, Imperium 140 beim Vertragsverhältnis zwischen Gades und Rom als gegeben an, das auf einem Feldherrnvertrag beruhte. Als rituelle Förmlichkeiten des Feldherrnvertrags sind die coniunctio dextrarum (z. B. Liv. 29,24,3 – vergl. auch die Belege auf Seite 57f), Tieropfer (Liv. 29,24,3; Cic. inv. 2,91f bzgl. pax Caudina) und die Götteranrufung gesichert (Liv. 29,24,3). 856 Gegen die Identifikation des Steineides mit dem fetiales-Eid (so z. B. Wissowa, Religion [2. Aufl.] 118. 552 A.6) zu Recht z. B. Täubler, Imperium 128ff. 352ff; Heuß, Klio 27, 1934, 23ff mit A.4 und 244 A.3 und neuerdings Nörr, Aspekte 77 mit A.32; Rüpke, Domi 111ff (der Versuch, den Eid bei Iuppiter Lapis des Polybios von dem silex-Eid des Paulus zu trennen, ist problematisch); Kaser, Ius gentium 27 A.90. Die scharfe Kritik von J.S. Reid, Human Sacrifies at Rome and other Notes on Roman Religion, JRS 2, 1912, 50ff (34-52) an Plb. 3,25,6 überzeugt angesichts Paulus Fest. 81L mit 102L nicht, der Polybios’ Darstellung bestätigt. 857 Vergl. Täubler, Imperium 134 mit A.2 "Als Abschließende erscheinen nicht nur die Imperienträger, sondern auch die Legaten, aber wohl nur kraft mandierten Rechts des Oberfeldherren ..." mit Beispielen. 858 Plb. 3,25,6; vergl. Paulus Fest. 102L si sciens fallo, tum me Dispiter salva urbe arceque bonis eiciat, ut ego hunc lapidem, worauf bereits Täubler, Imperium 133ff hinweist (seiner Vertragseinteilung nach unterschiedlichen Beurkundungsstufen und Ratifikationsgraden [Feldherrn-, Senatsund vollgültiges Komitien-foedus] folge ich nicht). 859 Vergl. z. B. App. Pun. 56 [245]. 60 [262]. 64 [288]. P. Cornelius Scipio droht, den Frieden mit Karthago ohne Beschluß des Senates eigenverantwortlich abzuschließen, wenn in Rom die Verhandlungen über den Frieden bis zum Ablauf seines Kommandos hinausgezögert würden. Die verfassungsrechtliche Bedeutung des Zeugnisses hat erstmals Täubler, Imperium 109 erkannt (vergl. auch Plut. Luc. 29f: Vertragsverhandlungen des L. Licinius Lucullus im Felde). Das Feld-

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ren. Die religiöse Bindung der feldherrlichen Vertragseide konnte – entsprechend den Eidformeln860 – durch die deditio noxae der Eidleistenden bzw. – verantwortlichen gelöst werden861. Dies sicherte die Kontrolle des Senates und des Volkes über die völkerrechtlichen Handlungen der Feldherren, weil diese im eigenen Interesse immer die notwendige politische Billigung ihrer Handlungen in Rom berücksichtigen mußten862. Die angesprochenen Eidformeln waren ein besonders geeignetes Mittel für Vertragsschlüsse von Feldherren im Felde, die mit der zunehmenden Entfernung der provinciae von Rom immer öfter gezwungen und willens waren, ohne Rücksprache mit dem Senat Verträge abzuschließen863.

herrn-foedus mit Gades betrachtete Cicero als gültig (vergl. Bleicken, Lex 108 A.5.; Baronowski, Phönix 44, 1990, 348 A.7). 219 v. Chr. argumentieren die römischen Gesandten in Karthago für die Gültigkeit des Hasdrubalvertrags, obwohl er nicht vom karthagischen Volk bestätigt worden war, Plb. 3,29,2f. Unverbindlich seien Feldherrnverträge nur (so die Deutung des Polybios), wenn ihnen, wie im Lutatiusvertrag, ein Ratifikationsvorbehalt beigefügt werde – dies sei im Fall des Hasdrubalvertrags unterblieben. Die Argumentation der Römer bzw. des Polybios hat also zur Voraussetzung, daß sie Feldherrnverträge in der Regel unabhängig von der vorherigen oder nachträglichen "Ratifikation" als dauerhaft verbindlich ansahen (vergl. auch die Deutungen von Heuß, Klio, 27, 1934, 44f; Bleicken, Lex 108 A.5; Schwarte, Ausbruch 43 A.21). 860 Plb. 3,25,8 ÉìàçêâçìDåíá=ãÉîå=ãçá=ÉáxÜ=í~àÖ~è~îK=Éáà= ÇD= ~xääï?=Çá~åçÜèÉáîÜå=íá=Üz= éê~îñ~áãáI é~îåíïå=íïDå=~xääïå=ëïLòçãÉîåïå=KKK=ÉàÖïX=ãçîåç?=ÉàâéÉîëçáãá=çìôíï?=ïg?=çôÇÉ=äáîèç?=åìDå; Paulus Fest. 102L. 861 Bekannte Beispiele dafür sind die pax Caudina 312 v. Chr. (Kniep, Commentarius tertius 93ff; Schmitt, StVA 3 Nr. 416 [27ff] und neuerdings Baldus, Vertragsauslegung 395ff) und der Fall des C. Hostilius Mancinus 137 v. Chr. (Täubler, Imperium 138ff mit Quellen. Für weitere Beispiele kassierter Verträge vergl. Nörr, Aspekte 76ff und die unten genannte Literatur. Zu Livius' Deutung der Pax Caudina vergl insbes. Kniep, Commentarius tertius 97f. 101f. 103ff; Täubler, Imperium 148 „... weil Livius die rechtliche Beziehungen nicht richtig darstellt, weil er die Beeidung der Sponsion nicht erwähnt hat ...“; Heuß, Klio 27, 1934, 41f A.). Den religiösen Zweck dieser deditio noxae beschreibt Cic. Caec. 98 folgendermaßen: ut religione civitas solvatur civis Romanus deditur (vergl. Plut. Tib. Gr. 7, Liv. 9,8,6. 11,13; D.C. 8 frg. 36,18a und vor allem die Übergabeformel bei Liv. 9,10,9: Quandoque hisce homines iniussu populi Romani Quiritium foedus ictum iri spoponderunt atque ob eam rem noxam nocuerunt, ob eam rem quo populus Romanus scelere impio sit solutus hosce homines vobis dedo). In dieselbe Richtung weist Varros Vergleich dieser deditio noxae mit der devotio (zur devotio vergl. Latte, Religionsgeschichte 125f): Varro, de vita populi Romani 2, frg. 63 (Riposati = Nonius 485L): quibuscum turpe fecerant foedus sine publico consilio, dediderunt hosti. quid quod Decimus imperator pro exercitus salute se dis Manibus devovit (vergl. auch Plut. Num. 12). Zum Typus der deditio noxae des eidbrüchigen Feldherrn vergl. z. B. Lisowski, RE Suppl. 7 (1940) 605; Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 93f; Michel, Latomus 39, 1980, 675ff; Nörr, Aspekte 72ff. 76ff; Plescia, RIDA 3. Ser. 41, 1994, 347ff. 862 In diesem Zusammenhang ist auch die Formel dum populus senatusque Romanus vellet von Interesse; denn durch die Hinzufügung dieser Formel zum Feldherren-foedus schützten sich die römischen Feldherren vor den unangenehmen Folgen etwa einer verweigerten Ratifikation ihrer magistratischen Handlungen durch den Senat und/oder die Komitien (vergl. Ebel, Historia 40, 1991, 439-448; Nörr, Aspekte 56ff). 863 Vergl. Kloft, Prorogation 25f. 66f und aus neuerer Zeit die Untersuchung von Eckstein, Senate 320ff passim.

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5. Der Feldherrnvertrag als foedus

Wenn erkannt ist, daß die Eide bei zwischenstaatlichen Vertragsabschlüssen nicht nur in den von Liv. 1,24,4ff beschriebenen Formen geleistet wurden, dann entfallen größtenteils die von Jochen Bleicken, Coniuratio. Die Schwurszenen auf den Münzen und Gemmen der Römischen Republik, JNG 13, 1963, 51-70 (zustimmend H.U. Instinsky, Schwurszene und coniuratio, JNG 14, 1964, 83-87) vorgebrachten ikonographischen Argumente gegen die traditionelle Deutung864. Bleicken will die Szene auf die coniuratio von 216 v. Chr. beziehen – kritisch dazu Crawford865, dessen Zweifel ich teile. Cic. inv. 2,91f sichert einen knieenden Jüngling, der das Eidopfer (Schwein) beim Abschluß eines Feldherrnvertrags hält (pax Caudina), wie es auf den Münzen dargestellt wird866. Das Randrelief einer lanx (kriegerische Darstellungen), die ebenfalls die Opferszene zeigt, macht wahrscheinlich, daß die zentrale Szene der lanx mit der Beendigung der kriegerischen Handlungen im Zusammenhang steht867.

Die Eidformeln der Feldherrnverträge hat man sich nach dem Modell der Eidformeln vorzustellen, die nur die eidleistenden Personen verpflichteten. Denn nur diese ließen die Möglichkeit der deditio noxae offen, während hingegen der spezielle Eid der fetiales die römische Gemeinde insgesamt unmittelbar und dauernd band868. Wenn der Eid der Feldherrnverträge, wie die Eidformeln deutlich zeigen, zunächst nur den eidleistenden Feldherrn unwiderruflich banden, dann bedeutet dies nicht, daß durch diesen Eid überhaupt keine völkerrechtliche und religiöse Ver864

Darstellung eines zwischenstaatlichen foedus-Opfers; vergl. die Belege bei J. Bleicken, Coniuratio. Die Schwurszenen auf den Münzen und Gemmen der Römischen Republik, JNG 13, 1963, 64 mit A.56f [51-70]) der römischen und italischen Münzen, die auf dem Revers ein Eidopfer darstellen (Crawford, RRC 1, 144 Nr. 28,1 Taf. II 28,1f [225-212 v. Chr.]; 145 Nr. 29,1f [225-212 v. Chr.]; 266f Nr. 234,1 Taf. XXV 23 [137 v. Chr.]; 320 Nr. 312,1-4 Taf. XLI 312,1 [106 v. Chr.]. Die Münzen italischer Gemeinden: J. Friedländer, Die oskischen Münzen (1850) Nr. 2. 9. 10 und BMC (Italy) 81 Nr. 6 und Bleicken, JNG 13, 1963, Taf. VII 3; E.A. Sydenham, RRC 1, Nr. 619. 619a. 620 Taf. 19,620. Die Münzen der Italiker 90-88 v. Chr., vergl. H. Grueber, BMC 3 (1910) Taf. XCIX 5. 9 und neuerdings L. Cappelletti, Il giuramento degli Italici sulle monete del 90 a.C., ZPE 127, 1999, 85-92. Auf Gemmen findet sich das Motiv auch, s. E. Zwierlein-Diehl, Die antiken Gemmen im KHM Wien 2 (1979) 129f Nr. 1098 Taf. 84 und 56 Nr. 725 Taf. 29. Auf einer lanx: B. Svoboda,The Silver Lanx as Means of a Roman Family, JRS 58, 1968, 124ff Taf. II/IV). 865 RRC 2, 715 A.5. 866 Auch die außerlivianische Überlieferung weiß von der Beeidung der Pax Caudina App. Samn. 4,17f; D.C. 8 frg. 36,18a. 19f; Zon. 7,26 (vergl. Täubler, Imperium 148). Ebenso begenet die Beeidung beim Vertrag des C. Hostilius Mancinus mit den Numantinern: Plut. Tib. Gr. 7 (vergl. Täubler, Imperium 138ff). 867 B. Svoboda,The Silver Lanx as Means of a Roman Family, JRS 58, 1968, 124ff Taf. II/IV. 868 Liv. 1,24,7f ... illis legibus populus Romanus prior non deficiet. Si prior defexit publico consilio dolo malo, tum illo die, Iuppiter, populum Romanum sic ferito ut ego hunc porcum hic hodie feriam; tantoque magis ferito quanto magis potes pollesque; vergl. Täubler, Imperium 150.

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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pflichtung für Rom entstand869. Die von Organen (Senat/fetiales) der römischen Gemeinde eingeleitete und ausgeführte deditio noxae zeigt, daß Rom sich auch durch Feldherrnverträge völkerrechtlich und religiös gebunden glaubte. Sonst ergäbe die offizielle Lösung der Eidverpflichtung durch die Auslieferung des eidbrüchigen Feldherrn keinen Sinn870.

5.2 Der iussus populi und die Ratifikation der Feldherrnverträge871 In der Überlieferung findet sich gelegentlich die Nachricht, iniussu populi könne ein foedus nicht geschlossen werden. Die Überlieferung zu den foedera zeigt aber, daß ein iussus populi dem Vertragseid (d.h. dem förmlichen Vertragsabschluß) nicht unbedingt vorangehen mußte872. Der iussus populi verlieh den foedera der Feldherren lediglich die dauerhafte Gültigkeit für Rom – ohne daß dadurch die zwischenzeitlich völkerrechtliche Verbindlichkeit der Feldherrnverträge berührt wurde. So z. B. die Zeugnisse bei Sallust: 1) Sall. Iug. 38,9f (Koestermann, Bellum 158f): Aulus Postumius Albinus (legatus und Bruder des Konsuls, Broughton, MRR 1, 544) schließt ein foedus mit Iugurtha, das, nachdem der Bruder des Aulus Postumius Albinus, der Konsul Sp. Postumius Albinus (Sall. Iug. 39,2; Koestermann, Bellum 160), es im Senat zur Diskussion gestellt hatte, auf 869

Ebenso z. B. Nissen, RhM 25, 1870, 48f; Täubler, Imperium 118. 123f. 140. 225 passim [der angeblich dauerhaften aber dennoch nur unsicheren Gültigkeit des "unbeschworenen" Vertrags (ders. ebenda 140. 146f. 150) kann ich nicht folgen; diese Interpretation Täublers ist offensichtlich von Mommsen, Staatsrecht 3, 1170 u. ö. angeregt, der zu Unrecht meinte, ein Vertragseid habe nur nach vorherigem iussus populi geleistet werden können); Heuß, Klio 27, 1934, 23ff; 27ff. 44. 53. passim; Braunert, in: M. Zahrnt u. a. (Hsgg.), Politik und Gesellschaft in der griechisch-römischen Antike. Gesammelte Aufsätze (Stuttgart 1980) 204; Dahlheim, Struktur 177 mit A.22; Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 79. 93 u.ö; Nörr, Aspekte 40f A.16 "... so ist der Feldherrenvertrag im Sinne eines auch die Römer unmittelbar verpflichtenden foedus eine wenig plausible Konstruktion." Nörr, Fides 7f (auch ein iniussu populi geschlossener Vertrag erzeugte eine Bindung Roms)]; Baronowski, Phönix 44, 1990, 348 A.7 "... but the enduring toleration of the Gaditane treaty, not really challenged by Ciceros tardy theoretical objection, indicates that the foedus was considered binding." 870 Vergl. Plut. Tib. Gr. 7, Cic. Caec. 98; Liv. 9,8,6 (mit Liv. 9,11,13). 871 Mit den folgenden Überlegungen verfolge ich eine wichtige Beobachtung von Heuß weiter: Heuß, Klio 27, 1934, 25ff. 39. 41ff (s. zuvor schon Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 251 A.1 u. ö.; Täubler, Imperium 113. 120) und aus neuerer Zeit z. B. Crawford, PBSR 41, 1973, 1ff. 872 Darin erkennt man wohl eine Auswirkung der Tatsache, daß der iussus populi zu zwischenstaatlichen Verträgen wahrscheinlich erst eine Errungenschaft der Ständekämpfe war; vergl. die entwicklungsgeschichtlichen Überlegungen schon bei Mommsen, Staatsrecht 1, 246f. 251 A.1; 3, 340. 343f mit A.2 aber auch 1170. 1171f A.2. [die gegenteiligen Überlegungen bei Täubler, Imperium 153ff. 146f. 150. u. ö. basieren auf der unzutreffenden Meinung, ein Eid der fetiales habe erst nach dem iussus populi erfolgen können]; aus neuerer Zeit Schleussner, Legaten 28 A.65.

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5. Der Feldherrnvertrag als foedus

Beschluß des Senates als ungültig aufgehoben wurde (Sall. Iug. 39,3 senatus ita, uti par fuerat, decernit suo atque populi iniussu nullum potuisse foedus fieri). Die eigentlich zu erwartende deditio noxae des Aulus Postumius Albinus an Iugurtha unterblieb wahrscheinlich deshalb, weil vor allem der Vertrag eines zum verbindlichen und eigenverantwortlichen Vertragsabschluß unautorisierten Legaten mit einem Ratifikationsvorbehalt versehen sein mußte873. An der Tatsache des Abschlusses eines foedus durch Aulus Postumius Albinus kann kein Zweifel bestehen. Die Forderung des Iugurtha gegenüber Aulus Postumius Albinus nach einem foedus wird nur verständlich, wenn Iugurtha meinte, daß der Legat zum Abschluß des foedus berechtigt sei. 2) Die Worte des C. Memmius nisi forte nondum etiam vos dominationis eorum satietas tenet et illa quam haec tempora magis placent, quom regna provinciae ... bella atque paces ... penes paucos erant (Sall. Iug. 31,20; Koestermann, Bellum 135f) legen ebenfalls den Gedanken nahe, daß in der von Memmius beklagten Zeit die vertraglichen Regelungen des Friedens oder der Provinzverwaltung faktisch allein in der Hand des Senates und der Feldherren lagen. Diese Situation wird nur verständlich, wenn der Senat und die Feldherren die Möglichkeit hatten, zumindest die aktive Beteiligung der Komitien in diesen Angelegenheiten (z. B. bei Vertragsabschlüssen) auszuschalten. 3) Sall. Iug. 104,1ff (Koestermann, Bellum 366ff. insbes. 369): Bocchus bemüht sich um ein Bündnis mit Rom und erwirkt dazu eine indutiae von Marius und die Erlaubnis, eine Gesandtschaft wegen des Bündnisses nach Rom abzusenden. Das Verfahren zeigt lediglich, daß Marius sich um die Beteiligung des Senates und des Volkes am Vertragsschluß bemühte. Der Senat antwortet der Gesandtschaft des Bocchus senatus et populus Romanus benefici et iniuriae memor esse solet. ceterum Boccho, quoniam paenitet, delicti gratiam facit: foedus et amicitia dabuntur, quom meruerit (Sall. Iug. 104,5). Damit ist nichts über die innerrömische Beschlußfassung über das in Aussicht gestellte foedus ausgesagt. 4) Sall. Iug. 112,1ff (Koestermann, Bellum 381ff): Iugurtha vertraut dem von Sulla in Aussicht gestellten (posse condicionibus bellum poni Sall. Iug. 112,1) vertraglichen Frieden nicht: ... saepe antea cum imperatoribus Romanis pacem conventam frustra fuisse. ceterum Bocchus si ambobus consultum et ratam pacem vellet ... (Sall. Iug. 112,2f) solle Bocchus ein Zusammentreffen mit Sulla arrangieren und diesen dann gefangennehmen, quom talem virum in potestatem habuisset, tum fore uti iussu senatus aut populi foedus fieret; neque hominem nobilem non sua ignavia, sed ob rem publicam in hostium potestate, relictum iri (Sall. Iug. 112,3). Der Plan des Iugurtha hat also lediglich zur Voraussetzung, daß nur ein vom römischen Senat und Volk gebilligter Vertrag eine pacem ratam sichere. Keinesfalls spricht Iugurtha dem Feldherrn Marius die Möglichkeit zum eigenverantwortlichen Vertragsschluß ab; Iugurtha vertraut allerdings den Feldherrnvereinbarungen wegen seiner schlechten Erfahrungen nicht mehr.

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Täubler, Imperium 151f A.6. Zur dum vellet-Klausel in Staatsverträgen, die z. B. beim Lutatiusfrieden (Schmitt, StVA 3 Nr. 493 [173ff]) angewendet wurde, vergl. auch Ebel, Historia 40, 1991, 439ff; Nörr, Aspekte 56ff.

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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Auch die sonstigen Zeugnisse für angeblich iniussu populi unmögliche foedera verbinden sich mit dieser Interpretation, daß die foedera iniussa populi lediglich noch nicht rata seien z. B.: 1) Plb. 6,14,11 (spricht nur von einem Beratungsrecht der Komitien über Krieg und Frieden [vergl. D.H. 4,20; 6,66] und ein letztinstanzliches Bestätigungsrecht der Komitien éÉêáX= ëìãã~Åáî~?=â~áX Çá~äìîëÉï?= â~áX= ëìåèÜâïDå (vergl. ebenso Plb. 21,30,16 bzgl. des Vertrages zwischen Rom und Aetolien und 21,17,9. 32,1), während andererseits die Entsendung der Gesandtschaften z. B. wegen Çá~äìëáî~?= íáå~î? bei Plb. 6,13,6 allein in die Kompetenz des Senats fällt). 2) Liv. 1,49,7 (spricht nur von iussus populi ac senatus allgemein); 9,9,4 (sed iniussu populi nego quicquam sanciri posse quod populum teneat relativiert die Verbindlichkeit von Liv. 9,9,12f, wo aber ebenfalls die momentane Gültigkeit des Vertrags nicht geleugnet wird, sondern lediglich seine Verbindlichkeit für den römischen Senat und das römische Volk; vergl. auch Liv. 9,4,5. 5,1f. 9; vergl. Täublers Kritik an der livianischen Darstellung ders. Imperium 148). 3) Liv. 21,16,10 bezieht sich auf den Lutatiusfrieden, dem ausdrücklich ein Ratifikationsvorbehalt beigeschrieben war. 4) Liv. 32,23,2 (das foedus ist hier nur nicht ratum iniussu populi; anschließend Liv. 32,23,3 berichtet Livius von einer achaiischen Gesandtschaft zu T. Quinctius Flamininus, deren Zweck wohl der Abschluß eines vorläufig gültigen Feldherrnvertrags war). 5) Liv. 37,19,2f: Die Darstellung des Livius ist ungenau, wie der Vergleich mit seiner Vorlage Polybios zeigt ( In Plb. 21,10,6-8 wendet Eumenes gegen den unverzüglichen Vertragsabschluß nur ein, daß ein rechtskräftiger Vertrag nur zusammen mit dem Konsul ausgehandelt werden könne; lediglich der römische Truppenabzug ist bei Polybios abhängig von der nachträglichen Bestätigung des Vertrags durch den Senat und die Komitien Roms). 6) Cic. off. 3,30,109 (bzgl. der pax Caudina, die für Cicero ebenso wie für die Annalistik vor Livius ein foedus war; vergl. z. B. Cic. inv. 2,91 und Täubler, Imperium 140ff). 7) Cic. leg. agr. 2,22,58f: Hiempsal zweifelt lediglich, ob das foedus, das er vom Konsul C. Aurelius Cotta 75 v. Chr. (vergl. Cic. leg. agr. 1,3,10f und Ritter, Rom 122ff) allerdings ohne eigenen iussus populi erhalten hatte, satis firmum sit et ratum. 8) Cic. Balb. 34f. 39 behandelt den Feldherrnvertrag zwischen Rom und Gades als gültig, obwohl der iussus populi wohl nachträglich erfolgt war874.

Die Überlieferung zwingt keinesfalls anzunehmen, daß dem römischen foedusAbschluß (also dem Vertragseid) ein iussus populi vorangehen mußte875. Die Bei874

Weitere Beispiele solcher ohne vorherigen iussus populi geschlossener Verträge im 2. Jh. v. Chr.: Vertrag des Q. Fabius Maximus Servilianus mit Viriathus (App. Hisp. 69f [294ff]; Liv. per. 59; Vell. Pat. 2,1,4); Vertrag des Q. Pompeius mit den Numantinern (App. Hisp. 79 [339ff]; Cic. off. 3,30,109). 875 Vergl. hierfür die deutliche Trennung der innerrömisch und völkerrechtlich erheblichen Bereiche beim Vertragsabschluß bei Heuß, Klio 27, 1934, 35ff insbes. 38ff. 41 A. "Jedenfalls rechtfertigt die Überlieferung nicht die Annahme, daß die innerstaatliche Abstimmung über einen Vertrag in einem direkten rechtlichen Zusammenhang mit dem völkerrechtlichen Abschluß steht, etwa so daß die Abschlußhandlung ipso iure nichtig ist, d.h. daß ohne die Mitwirkung von Volk und Senat

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5. Der Feldherrnvertrag als foedus

spiele der vom Volk unautorisierten Feldherrnverträge, das Institut der deditio noxae eidbrüchiger Feldherren und indirekt auch die verschiedenen Eidformeln zeigen, daß foedera ohne vorhergehenden iussus populi beeidet werden konnten. Der iussus populi veranlaßte also (ebenso wie bei der lex de bello indicendo) nicht die Vornahme der völkerrechtlich erheblichen Handlung (also die Leistung des Vertragseides876). Er ratifizierte lediglich die magistratische Handlung877. Die Anordnungen zur Vertragsbeeidung fielen in die Kompetenz des Senates und des Feldherrn, bzw. unter Umständen allein in die des Feldherrn. Selbst die Leistung des besonders heiligen Eides der fetiales war nicht von einem diesbezüglichen iussus populi abhängig, sondern erfolgte lediglich auf Anordnung des Senates878.

überhaupt kein völkerrechtlich gültiges Vertragverhältnis denkbar ist." Dies hat zuvor – allerdings weniger deutlich – auch Täubler, Imperium 133ff passim erkannt, indem er die (nicht im voraus vom römischen Senat und Volk angeordneten) Feldherrnverträge Roms mit Achaia und Gades als fortdauernde Grundlage des zwischenstaatlichen Vertragsverhältnisses deutet; z. B. ders. ebenda 225 "Es ist nun zunächst festzustellen, daß die Vertragserneuerung (sc. mit Achaia) von 183 keineswegs mit Notwendigkeit auf einen vorausgehenden von Senat oder Volk geschlossenen Vertrag deutet. Hier kann vielmehr die Parallele zu dem gaditanischen Vertrage und den nach diesen gedeuteten Beispielen ... vorliegen. Wie in diesen beginnt hier das Vertragsverhältnis mit einem Feldherrenvertrage, und ebenso kann der alte Vertrag nach einer langen Frist vom Senat – vel renovatum vel ictum [sc. Anspielung auf Cic. Balb. 34] – zugleich erneuert und abgeschlossen worden sein." 876 Daß der Eid bzw. die mündliche Handlung den Vertragsabschluß vollziehe, betont zu Recht Heuß, Klio 27, 1934, 16 mit A.3 und zuvor bereits Täubler, Imperium 318ff insbes. 323f. Aus neuerer Zeit: Ziegler, Israel Review 29, 1995, 233-249 (als allgemeines Phänomen antiker Vertragspraxis charakterisiert). 877 Vergl. die entsprechenden Überlegungen bei Täubler, Imperium 113. 120, die er allerdings für seine Einteilung der römischen Staatsverträge unzureichend verwertet. 878 Die Meinung Täublers, Imperium 146f. 150. 129. 183. 100 u. ö., "nur der vom Volke bestätigte Vertrag wird durch Fetialeid bekräftigt und ist ewig" (vergl. im Sinne der Deutung von Täubler O’Brien, RE Suppl. 6 (1935) 732ff s.v. senatus; zuvor bereits Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 291 und neuerdings; Baldus, Vertragsauslegung 220 „Das foedus unterscheidet sich von anderen Verträgen durch die eidliche Form, bei der die Fetialpriester tätig wurden ...“, womit nach Baldus nur dem Fetialeid ein foedus folgt), steht erstens im Widerspruch mit seiner für Gades entwickelten Interpretation bzgl. des auf einem beschworenen Feldherrnvertrag beruhenden dauerhaften ("ewigen") Vertragsverhältnisses zwischen Rom und Gades (ders. ebenda 140). Zweitens bleibt die These unbewiesen, daß der "Fetialeid" von einem vorherigen iussus populi abhängig sei. Verständlich werden die Inkongruenzen der Interpretation Täublers bzgl. des Zusammenhanges zwischen den völkerrechtlich bzw. innerrömisch erheblichen Handlungen nur durch ihre gedankliche Abhängigkeit von Mommsen, der meinte, "unwiderruflich wird er [sc. der Vertrag] nur durch den magistratischen Eid, welcher aber dem Anschein nach in der späten Republik zu dem auf Volksbeschluß beruhenden internationalen Akt regelmäßig und nur zu diesem hinzutrat." [Mommsen, Staatsrecht 3, 1170; vergl. aber seine entwicklungsgeschichtlichen Modifikationen ders. ebenda in A.1, die ebenso wie das "dem Anschein nach" zeigen, daß Mommsen sich seiner Sache nicht sicher war, zumal er auch die angebliche Feldherrn-sponsio bei der pax Caudina als foedus bewertete; vergl. ders. ebenda 1 (3. Aufl.) 251 A.1].

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

197

Die ganze Bandbreite der Möglichkeiten einer komitialen Beteiligung am Vertragsabschluß wird bei den konfliktreichen Präliminarien des Friedens zwischen Rom und Karthago im Jahr 201 v. Chr. sichtbar879. Der Konsul des Jahres 201 v. Chr., Cn. Cornelius Lentulus, versuchte im letzten Augenblick, die Provinz des P. Cornelius Scipio zu erhalten, obwohl die von diesem geführten Friedensverhandlungen mit Karthago kurz vor ihrem erfolgreichen Abschluß standen (Liv. 30,40,7ff). Als Cornelius Lentulus die öffentlichen Geschäfte blockierte (Liv. 30,40,7f), um die Übertragung der Provinz Afrika für sich zu erzwingen, brachten die Volkstribunen Q. Minucius Thermus und M’. Acilius Glabrio ex auctoritate patrum eine rogatio an das Volk, cuius vellent imperium in Africa esse; omnes quinque et trigenta tribus P. Scipioni id imperium decrevisse (Liv. 30,40,10). Da mit diesem Beschluß der Komitien der Widerstand des Cornelius Lentulus offensichtlich noch nicht gebrochen worden war (Liv. 30,40,11f), kam der Senat mit einem ergänzenden Senatsbeschluß den Wünschen des Lentulus entgegen, mit dem er ihm zumindest die Hoffnung auf die Provinz Afrika und den persönlichen Abschluß des Friedens mit Karthago geben konnte: patres igitur iurati – ita enim convenerat – censuerunt uti consules provincias inter se compararent sortirenturve uter Italiam, uter classem navium quinquaginta haberet; cui classis obvenisset, in Siciliam navigaret. si pax cum Carthaginiensibus componi nequisset, in Africam traiceret; consul mari, Scipio eodem quo adhuc iure imperii terra rem gereret. si condiciones convenerint pacis, tribuni plebis populum rogarent utrum consulem an P. Scipionem iuberent pacem dare, et quem, si deportandus exercitus victor ex Africa esset; deportare. si pacem per P. Scipionem dari atque ab eodem exercitum deportari iussissent, ne consul ex Sicilia in Africam traiceret. alter consul cui Italia evenisset duas legiones a M. Sextio praetore acciperet (Liv. 30,40,12-16). Als die nachfolgenden Verhandlungen der karthagischen Gesandten mit dem Senat ergaben, daß Karthago den Frieden wollte, war auch der Senat zum Frieden geneigt (Liv. 30,42,11ff). Gegen einen entsprechenden Senatsbeschluß interzedierte jedoch Cornelius Lentulus (Liv. 30,43,1), dem in der Zwischenzeit die Flotte als provincia zugefallen war. Die Volkstribunen M. Acilius Glabrio und Q. Minucius Thermus 879

Schmitt, StVA 3, Nr. 548 (291-308); Täublers Quellenparaphrase und Deutung des von Livius geschilderten Verfahrensablaufes (Imperium 108ff) ist ungenau und unvollständig. Die Parallelüberlieferung bei Appian (Lib. 56ff [245ff]) ist für unsere Fragestellung nur deshalb bedeutsam, weil sie zeigt, daß Cornelius Scipio dazu bereit und fähig war, den Vertrag mit Karthago auch auf eigene Faust zu schließen, und damit drohte, falls er vorzeitig aus Afrika abberufen würde (darauf macht Täubler, Imperium 109 mit Hinweis auf App. Pun. 56 [245]. 60 [262]. 64 [288] mit Recht aufmerksam).

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5. Der Feldherrnvertrag als foedus

brachten, um den Widerstand des Lentulus zu brechen, und in Übereinstimmung mit dem oben zitierten Senatsbeschluß, eine rogatio an die Komitien: vellent iuberentne senatum decernere ut cum Carthaginiensibus pax fieret; et quem eam pacem dare, quemque ex Africa exercitum deportare iuberent. de pace 'Uti rogas' omnes tribus iusserunt; pacem dare P. Scipionem, eundem exercitum deportare. Daraufhin beschloß der Senat, ut P. Scipio ex decem legatorum sententia pacem cum populo Carthaginiensi quibus legibus ei videtur faceret. Der Senat beschloß880 weiterhin die Entsendung der fetiales zur Vertragsbeeidung, stattete sie mit den dazu notwendigen Utensilien aus und erteilte ihnen detaillierte Instruktionen für die Förmlichkeiten des Vertragsabschlusses (Liv. 30,43,9). Der Vertrag wurde nun von Cornelius Scipio und den zehn Legaten mit Karthago ausgehandelt und am Ende von den fetiales und den Karthagern förmlich beeidet (Liv. 30,43,10-13: keine detaillierten Schilderungen). Nach Cornelius Scipios Rückkehr nach Rom wurden die von ihm und den zehn Gesandten ausgehandelten Bedingungen vom Senat und von den Komitien bestätigt (Liv. 30,44,13 quae ab se ex decem legatorum sententia acta essent, ea patrum auctoritate populi iussu confirmarentur). Bemerkenswert ist an diesen Präliminarien erstens, daß die zwei Beschlüsse des Volkes über den Frieden und darüber, wer ihn abschließen sollte, offensichtlich nur notwendig wurden, weil Cornelius Lentulus den üblichen Verfahrensablauf störte881, und zweitens, daß das Volk vor der förmlichen Beeidung des Vertrags lediglich darüber abstimmte, ob Frieden sein solle, wer ihn aushandeln und wer die Truppen abziehen solle. Alle mit dem förmlichen Abschluß des Vertrags und der Aushandlung seines Inhaltes zusammenhängenden Fragen wurden durch Senatsbeschlüsse geregelt (wer an der Aushandlung der Vertragsbedingungen beteiligt sein sollte, wer den Eid leisten sollte und auf welche Weise). Drittens fällt auf, daß die Komitien und der Senat nach dem förmlichen Vertragsabschluß (also nach dem Vertragseid) und am Ende des Kommandos des Cornelius Scipio noch einmal über 880

Schwarte, Historia 21, 1972, 220 will offen lassen, ob Liv. 30,43,9 iuberentur sich auf einen Beschluß „vom Senat oder den Tribus“ beziehe. Für diese Unsicherheit besteht keine Notwendigkeit; denn iubere begegnet bei Livius auch im Zusammenhang mit Senatsbeschlüssen, vergl. z. B. Liv. 21,17,1; 42,33,4 u. ö. und deshalb haben Weissenborn/Müller iuberentur in Liv. 30,43,9 als auf ein Sc bezüglich interpretiert (Titi Livi ab urbe condita, bearb. W. Weissenborn/H. Müller Bd. 6 zu Buch 27-28 (4. Aufl. Berlin 1910 ND 1962) p.176). 881 In diesem Zusammenhang ist auch der iussus populi zum Frieden mit Philipp zu verstehen: Liv. 33,24,5-7. 25,4-7(vergl. Plb. 18,42). Der Abschluß des Friedens (Liv. 33,30,1-33,8; vergl. insbes. Plb. 18,44-46; Plut. Flam. 10,1-12,13; App. Mac. 9,3-4) erfolgte erst nach der Grundsatzentscheidung des Volkes, daß Frieden sein solle. Der Text der rogatio „vellent iuberentne cum rege Philippo pacem esse“ berührte die Formalitäten der Eidleistung nicht.

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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das Verhandlungsergebnis abstimmen mußten. In diesem letzten Abstimmungsverfahren erkennt man die traditionelle, nachträgliche "Ratifikation" des foedus durch die Komitien (= iussus populi zum foedus). Mit dem Auftrag zum Vertragsschluß oder der Eidleistung hatte dieser Beschluß der Komitien nichts zu tun. Deshalb war der bei Verträgen übliche iussus populi auch keinesfalls eine notwendige Voraussetzung für verbindliche Vertragseide bzw. für den förmlichen Abschluß von foedera überhaupt. Nur in Konfliktfällen konnte das Volk auch im voraus an den Beschlüssen über Verträge beteiligt werden, wie das Beispiel des Jahres 201 v. Chr. zeigt. Aber diese Komitienbeschlüsse hatten auch dann nichts mit dem Vertragsabschluß an sich zu tun, sondern betrafen lediglich Fragen, die mit dem militärischen Kommando verbunden waren (ob Frieden sein und das Kommando enden sollte; ob die Truppen abgezogen werden sollten; wer zuständig sein sollte). Diese Deutung der innerrömischen Ratifikation macht erstens verständlich, warum auch Verträgen ohne vorherigen iussus populi die Dignität von foedera zukam. Zweitens weist sie den Weg zur Antwort auf die Frage, weshalb auch unautorisierte Feldherrnverträge ein dauerhaftes Vertragsverhältnis zwischen Rom und einem fremden Gemeinwesen begründen konnten (z. B. Gades). Die "Ratifikation" der auch völkerrechtlich erheblichen Amtshandlungen der Provinzstatthalter durch die Komitien war ein nachträglicher iussus populi, wie das Beispiel des Friedens von 201 v. Chr. indirekt zeigt, indem alle dem Vertragsschluß vorausgehenden iussa populi nur notwendig waren, weil Cornelius Lentulus das übliche Verfahren behinderte. Natürlich konnte der iussus populi zum foedus auch vor der Leistung des Vertragseides erfolgen. Denn die oben herausgearbeitete rechtliche Funktion des iussus populi zum zwischenstaatlichen Vertrag erforderte keine feste zeitliche Abfolge zwischen diesem und der Leistung des Vertragseides. Er konnte je nach Opportunität entweder vor oder nach dem iussus populi erfolgen882. Der Präliminarvertrag des P. Cornelius Scipio mit Antiochos III. ist ein Beispiel für eine Vertragsbeeidung erst nach dem iussus populi. Dieser Vertrag wurde im Jahr 189 v. Chr. von römi-

882

Es hing davon ab, ob der Friedensvertrag vom Feldherrn im Feld als sponsio [= im engeren Sinne ein Vertragsversprechen, wie sich aus Liv. 9,10,9 ergibt] oder als beeidetes Feldherrnfoedus abgeschlossen wurde.

200

5. Der Feldherrnvertrag als foedus

scher Seite erst nach seiner Bestätigung durch die Volksversammlung in Rom beeidet883. Dem Eid auf den endgültigen Friedensvertrag der antiseleukidischen Koalition und des Gn. Manlius Vulso mit Antiochos III. (Plb. 21,45-46; Diod. 29,11; Liv. 38,38f; Str. 13,4,2; App. Syr. 44) ging dagegen kein eigener iussus populi voraus. Dies wäre auch überflüssig gewesen, weil das Volk durch die Bestätigung des Vertrags des P. Cornelius Scipio grundsätzlich dem Friedenszustand mit Antiochos III. zugestimmt hatte884.

Die Eidleistungen waren also grundsätzlich von vorhergehenden iussus populi unabhängig885. Verträge, die ohne vorhergehenden iussus populi beeidet worden waren, wurden nachträglich vom Volk bzw. vom Senat ratifiziert. Die Maßnahmen des Feldherrn in seiner provincia wurden insgesamt nachträglich bestätigt886, indem die Komitien entweder diesen insgesamt zustimmten oder die spezielle Handlung des Vertragsabschlusses nachträglich gesondert ratifizierten887. Lediglich in diesem weitgefaßten Sinne trifft die Aussage zu, iniussu populi könne kein foedus abgeschlossen werden. Die Verhältnisse bei der Vertragsbeeidung und -ratifizierung verhalten sich also parallel zu den für die Kriegserklärung herausgearbeiteten Regeln888.

883

Plb. 21,24,2; Liv. 37,55,1-3. Zum Vertrag vergl.: Plb. 21,18-24,15; Diod. 29,11; App. Syr. 38f [193ff]. 44 [229ff]; Iust. 31,8,9; Eutrop. 4,4,3. Vergl. ebenso der Frieden von Phoinike Liv. 29,12,15f; Schmitt, StVA 3, Nr. 543 [281-284]. 884 Zur gegenwärtigen Unsicherheit bei der Interpretation der mehrmaligen römischen Vertragseide gegenüber Antiochos vergl. Täubler, Imperium 101ff; Heuß, Klio 27, 1934, 20. 49ff und Walbank, Commentary 3, 116f. 885 Vergl. auch Täubler, Imperium 355 "... zumeist handelt es sich für den Senat und das Volk nur um Bestätigungen [sc. der präliminaren Feldherrnverträge]." Aber sonst ging er zu Unrecht davon aus, daß die Vertragseide der fetiales, die allein das foedus zur Folge hatten, erst auf den Komitienbeschluß folgten. 886 So geschehen z. B. bei der nachträglichen Bestätigung der acta (wozu auch zahlreiche zwischenstaatliche Verträge gehörten) des Pompeius im Osten durch die Komitien: Plut. Pomp. 48; App. b.c. 2,13 [46]; D.C. 38,7,5 u. ö. Weitere Beispiele der nachträglichen Bestätigung der acta der Feldherren aus dem 3. bis 1. Jh. v. Chr. vergl. allgemein Mommsen, Staatsrecht 3, 1166ff; Briscoe, Commentary 2, 137f. Eckstein, Senate 156. 169 (acta des M. Claudius Marcellus). 183 (acta des M. Valerius Laevinus). 221f. 231 (acta des P. Cornelius Scipio Maior). 294f. 313 (acta des T. Quinctius Flamininus); vergl. auch Scheussner, Legaten 47f; Millar, JRS 74, 1984, 4ff (bzgl. des Ratifikationsvorbehaltes gegenüber den feldherrlichen acta). 887 Die passive Rolle der Komitien beim Vertragsabschluß entspricht ihrer auch sonst gut bekannten passiven Rolle bei der Gesetzgebung (vergl. Giovannini, in: Staat, hsg. W. Eder (1990) 406ff; Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 280ff [mit zahlreichen Literaturangaben]). Erst spät und unter dem Einfluß griechischer Gelehrsamkeit entwickelte sich in Rom die Vorstellung einer Volkssouveränität. 888 S. dazu das dritte Kapitel.

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

201

Wenn das "iniussu populi-Argument" im 2. und 1. Jh. v. Chr. gelegentlich verwendet wurde, um Feldherrnverträge nachträglich aufzulösen und politische Gegner beim Volk zu diskreditieren, illustriert dies lediglich das Recht der Komitien, über die noch unratifizierten feldherrlichen Handlungen nach Ablauf des Kommandos nochmals entscheiden zu dürfen. Zu den prekären Amtshandlungen der Feldherren gehörten auch die Feldherrnverträge, die erst nach der nachträglichen Ratifikation der römischen Komitien eine dauerhafte Bindung Roms mit dem Vertragspartner herstellten. Verträge, die nicht in einem gesonderten Beschlußverfahren der Komitien ratifiziert worden waren, wurden gelegentlich im 1 Jh. v. Chr. als weniger gesichert bewertet889, weil grundsätzlich immer die Möglichkeit bestand, daß mit dem populistischen und unpräzisen Argument, der Vertrag sei iniussu populi zustande gekommen, der Vertrag in Rom erneut zur Disposition gestellt werden konnte890 (natürlich nur, wenn sich für diese Position im Senat eine Mehrheit fand).

5.3 Die Begründung eines dauerhaften Vertragsverhältnisses durch Feldherrnverträge Eine dauerhafte völkerrechtliche und religiöse Bindung Roms konnte auch durch einen Feldherrnvertrag (bzw. allgemeiner durch einen Vertrag, dessen Eidfomel zunächst nur die eidleistende Person band) entstehen891, sobald die Handlungen des Feldherrn vom Senat und/oder von der Volksversammlung nachträglich bestätigt 889

Vergl. z. B. Hiempsal, der wegen des 75 v. Chr. vom Konsuln C. Aurelius Cotta erhaltenen foedus zweifelte: hoc quia vos foedus non iusseretis, veretur Hiempsal, ut satis firmum sit et ratum (Cic. leg. agr. 2,22,58). 890 So Cicero im Zusammenhang mit seiner kunstvollen Polemik gegen den Gesetzesantrag des P. Servilius Rullus, Cic. leg. agr. 2,22,58f, und im Zusammenhang mit der Frage der Verbindlichkeit des Vertrags mit Gades, Cic. Balb. 34 passim (vergl. neuerdings Baldus, Vertragsauslegung 274ff). 891 Mit dieser Möglichkeit rechnete bereits Täubler, Imperium 225 u. ö., z. B. im Zusammenhang mit der Vertragserneuerung zwischen Rom und Achaia 183 v. Chr. und für das Vertragsverhältnis zwischen Rom und Gades 206/205-78 v. Chr. Im Rahmen seiner Gesamtinterpretation der römischen Vertragsverhältnisse arbeitet Täubler diesen Aspekt nicht deutlich genug heraus. Heuß, Klio 27, 1934, 39ff. 44 mit Bezug auf den Lutatiusfrieden: "An sich ist deshalb der vom Magistrat abgeschlossene Vertrag völkerrechtlich gültig, wenn sein Inkrafttreten nicht durch einen besonderen Zusatz suspendiert wird." Im Rahmen seiner Interpretation der amicitia-Verhältnisse möchte Heuß – ganz im Sinne seiner Darstellungsabsicht [amicitia-Verhältnisse nicht von bestehenden Verträgen abhängig] – den Verträgen Roms mit Messenien, Sparta (und Elis) aus der Zeit des 1. Makedonischen Krieges nur zeitlich befristete Wirksamkeit zubilligen (Heuß, Grundlagen 39f; dagegen Lehmann, Untersuchungen 368f, dessen Beobachtung auch die völkerrechtlich dauerhafte Wirksamkeit römischer foedera augenfällig macht, die nur für einen bestimmten Konflikt geschlossen wurden); bzgl. Gades s. z. B. Baronowski, Phönix 44, 1990, 348 A.7.

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5. Der Feldherrnvertrag als foedus

("ratifiziert") wurden, z. B. indem der Feldherr regelmäßig nach Ablauf des Kommandos förmlich "entlastet" wurde. Der erste Karthagervertrag wurde mit dem Steineid bei Jupiter beschworen, dessen Eidformel zunächst nur den Eidleistenden band892. Dennoch bildete dieser Vertrag bis zum Abschluß des zweiten Vertrages die Grundlage der römischkarthagischen Beziehungen bis zum Ende des 4. Jh.v. Chr.893. Das Beispiel des gaditanischen Vertrags aus der Zeit des 2. Punischen Krieges zeigt, daß von Feldherrnverträgen dauerhafte zwischenstaatliche Verpflichtungen ausgingen894. Der Vertrag wurde von einem Vertreter des Feldherrn im Jahr 206/205 v. Chr. mit Gades vereinbart und bildete bis zur Vertragserneuerung im Jahr 78 v. Chr. durch den römischen Senat eine wesentliche Grundlage des Verhältnisses zwischen Rom und Gades. Cicero bezweifelt in der Rede für Balbus die Gültigkeit des Vertrags grundsätzlich nicht, obwohl in diesem Fall der iussus populi zum ursprünglichen foedus wohl erst nachträglich erteilt wurde. Die von Valerius Laevinus nach 212 v. Chr. vereinbarten foedera mit Messene895, Elis896 und Sparta897 (zu Attalos vergl. die Ausführungen weiter unten) gegen 892

Werner, StVA 2 (2. Aufl.) Nr. 121 [16ff]; Plb. 3,25,6ff. Aus neuerer Zeit vergl. Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 266f A.140 (mit Literatur); Gruen, World 59f; B. Scardigli, I trattati RomanoCartaginesi (Pisa 1991). Meines Erachtens gehören der erste und zweite römisch-karthagische Vertrag in die zweite Hälfte des 4. Jh. v. Chr. – dies zu entwickeln, werde ich bald in einer gesonderten Publikation unternehmen. 893 Werner, StVA 2 (2. Aufl.) Nr. 326 [306ff]. 894 Schmitt, StVA 3 Nr. 541 [277ff]; Täubler, Imperium 118f. 123. 225; Heuß, Klio 27, 1934, 42ff A.; Braunert, in: M. Zahrnt u. a. (Hsgg.), Politik und Gesellschaft in der griechisch-römischen Antike. Gesammelte Aufsätze (Stuttgart 1980) 191ff; Brunt, CQ 76, 1982, 136ff; Gruen, World 30 A.88; Nörr, Aspekte 40f; Baronowski, Phönix 44, 1990, 348 A.7. 895 Liv. 26,24,9f (Messene wird nicht unter den Staaten genannt, die dem Aetolerbündnis von 212 v. Chr. eodem iure amicitiae beitreten könnten); Liv. 27,30,13 (Aetoler fordern von den Achaiern Pylos für Messenien); Plb. 11,11ff (207 v. Chr.: Sparta und wohl auch Elis und Messenien scheiden als aktive Teilnehmer nach der Niederlage Mantineias aus der antimakedonischen Koalition aus); Liv. 29,12,14 (unter den subscripti des Friedens von Phoinike auf der Seite der römischen socii genannt); Liv. 34,32,16f; vergl. Plb. 16,13; Paus. 4,29,10. 8,50,5 (T. Quinctius Flamininus wirft Nabis den Angriff (201 v. Chr.) auf das mit Rom verbündete Messene vor); Liv. 34,32,16 (eodem iure foederis quo et Lacedaemonem in amicitiam nostram acceptam ..., vergl. Liv. 26,24,9f); Täubler, Imperium 214f (gegen separates foedus mit keinesfalls überzeugendem Hinweis auf Plb. 10,25,3); Heuß, Grundlagen 39f (ad hoc-Allianz); Larsen, CPh 30, 1935, 211f (für separates Bündnis); Badian, Clientelae 57f (für separates foedus); Walbank, Commentary 2, 516f, vergl. 196 (für separates foedus); Lehmann, Untersuchungen 366ff (mit Forschungsüberblick). 367f (für ein separates foedus); Dahlheim, Struktur 203f. 210f mit A.75. 221ff (gegen dauerndes foedus); Briscoe, Commentary 2, 103 (für separates foedus); Sherwin-White, Policy 63 (für sepa-

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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Philipp wurden nach ihrer Ratifikation von Rom und den griechischen Verbündeten über das Ende des 1. Makedonischen Krieges hinaus noch in der Zeit des 2. Makedonischen Krieges als gültig angesehen, obwohl der Anlaß der Bündnisse (Krieg gegen Philipp) nach dem Frieden von Phoinike (205 v. Chr.)898 nicht mehr gegeben war899. Die Fortdauer dieser foedus-Verhältnisse über das Jahr 205 v. Chr. hinaus wird in der Überlieferung mehrfach belegt. T. Quinctius Flamininus’ Antwort auf Nabis’ Argumentation im Jahr 198 v. Chr. setzt die Fortdauer des Vertrags mit Messene auch nach 205 v. Chr. voraus900. Auch für Sparta bezweifelt Quinctius Flamininus die Existenz des foedus-Verhältnisses nicht901. Er bestreitet aber in sophistischer Manier die Gültigkeit des Vertrags für Nabis, der ein unrechtmäßiger Tyrann Spartas sei. Auch in den von Nabis aufgeworfenen Fragen nach dem Zeitpunkt und der stillschweigenden römischen Duldung der spartanischen Besetzung von Argos902 geht Quinctius Flamininus im Interesse seiner außenpolitischen Absichten an den eigentlichen Argumenten des Nabis vorbei903. Als die Aetoler 197 v. rates foedus); Gruen, World 20 (kein dauerndes Bündnis; wenn, dann befristet verpflichtende pacta). 896 Liv. 26,24,9 (an der Seite Spartas Elei Lacedaemonique unter den Staaten genannt, die eodem iure amicitiae dem römisch-aetolischen Bündnis beitreten könnten); Plb. 11,11ff (207 v. Chr.: Sparta und wohl auch Elis und Messenien scheiden als aktive Teilnehmer nach der Niederlage Mantineias aus der antimakedonischen Koalition aus); Liv. 29,12,14 (unter den adscripti des Friedens von Phoinike auf römischer Seite genannt); Larsen, CPh 30, 1935, 212 (für separates foedus); Lehmann, Untersuchungen 367ff (mit Literatur; für ein separates Bündnis). 897 Liv. 26,24,9 (unter den Staaten genannt, die eodem iure amicitiae dem römisch-aetolischen Bündnis beitreten können); Liv. 27,29,9, vergl. auch 28,5,4; Plb. 10,25ff. 41,1ff (koordinierte militärische Aktion der Aetoler und Spartaner gegen Achaia); Liv. 28,7,14 (Sparta greift Elis an); Liv. 29,12,14 (Nabis und Lacedaimonier sind adscripti des Friedens von Phoinike auf der Seite der römischen socii); Liv. 34,32 (T. Quinctius Flamininus kann nicht bestreiten, daß es ein über das Jahr 205 v. Chr. andauerndes Vertragsverhältnis zumindest mit den Spartanern gab; anders könnte er Nabis z. B. nicht den Angriff auf Messene im Jahr 201 v. Chr. als Vertragsbruch auslegen). Larsen, CPh 30, 1935, 211 (für separates foedus); Badian, Clientelae 57f (für separates foedus); Walbank, Commentary 2, 516f (für separates foedus); Lehmann, Untersuchungen 366ff (für separates foedus); Schmitt, StVA 3 Nr. 536 [264. 266 mit Literatur zum Problem] (befristetes foedus); Briscoe, Commentary 2, 98f (für separates foedus); Gruen, World 20 A.36. 39 (kein permanent gültiges foedus). 77 (wenn überhaupt, dann nur befristetes Abkommen). 898 Schmitt, StVA 3 Nr. 543 [281ff]; Cimma, Reges 57ff; Will, Histoire 2 (2. Aufl.) 94ff; Gruen, World 78 mit A.129. 389f; D. Vollmer, Symploke. Das Übergreifen der römischen Expansion auf den griechischen Osten (Stuttgart 1990) 148 A.23 (zu den adscripti). 899 Lehmann, Untersuchungen 366ff insbes. 368f. 900 Liv. 34,32 insbes. 34,32,16f; vergl. Larsen, CPh 30, 1935, 211; Lehmann, Untersuchungen 368f; Larsen, JRS 60, 1970, 218. 901 Liv. 34,32 passim. 902 Liv. 34,31,8ff. 903 Über die Eigenheiten der Argumentation von T. Quinctius Flamininus treffend z. B. Heuß, Grundlagen 45f; Briscoe, Commentary 1, 101 (mit Literatur) und neuerdings Lehmann, ZPE 127, 1999, 76 A.22.

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5. Der Feldherrnvertrag als foedus

Chr. gegenüber Quinctius Flamininus aufgrund des Vertrags von 212 v. Chr. die Übergabe von Larisa Kremastes, von Pharsalos, des phthiotischen Thebens und von Echinos forderten904, bestritt dieser die Gültigkeit des Vertrags, weil die Aetoler im Jahr 206 v. Chr. entgegen der Vereinbarung mit Rom von 212 v. Chr. einen Sonderfrieden mit Philipp geschlossen hatten905. Seine Argumentation setzt demnach voraus, daß die Aetoler 197 v. Chr. mit Recht die Forderungen aufgrund des Vertrags von 212 v. Chr. hätten vorbringen können, wenn sie nicht vorher den Vertrag gebrochen hätten. Übrigens lehnt er, trotz der alten Vertragskündigung der Aetoler, nicht grundsätzlich die aetolischen Forderungen als unbegründet ab (er gibt zu, daß er das phthiotische Theben abtreten müsse906), sondern verweist die Aetoler an den Senat, weil er bei dedierten Städten nicht eigenverantwortlich entscheiden könne907. Der Vertrag des M. Valerius Laevinus mit den Aetolern bildete bemerkenswerterweise von 212 bis 210 v. Chr. die Grundlage der koordinierten Kriegsführung gegen Philipp, obwohl die abschließende innerrömische Ratifizierung und die damit verbundene offizielle Anfertigung der Vertragsurkunde von Valerius Laevinus wahrscheinlich erst nach seiner Rückkehr nach Rom (210/209 v. Chr.) erreicht wurde908.

904

Liv. 33,11ff insbes. 13,6ff; Plb. 18,33ff insbes. 38; vergl. Eckstein, Senate 291ff. Hat keine eigene Nummer bei Schmitt, StVA 3; aber ebenda unter Nr. 543 [283] sind die wichtigsten Quellen zusammengestellt. 906 Plb. 18,38,4 ; vergl. Walbank, Commentary 2, 598f; Lehmann, Untersuchungen 81. 907 Liv. 33,24,5ff; Plb. 18,39. 42,6; vergl. Walbank, Commentary 2, 604ff. Die offenen Fragen blieben wieder unerledigt, so daß die Mitteilungen der römischen Zehnergesandtschaft (Plb. 18,44f; Liv. 33,30ff) und die gut inszenierte Freiheitserklärung bei den Isthmenien (Plb. 18,46f; Liv. 33,32ff) eine herbe Enttäuschung für die Aetoler sein mußten. Ihre weitreichenden Forderungen wurden von Quinctius Flamininus und der Zehnergesandtschaft erneut zum größten Teil an den Senat verwiesen (Plb. 18,47; Liv. 33,34,7f). Der Senat verwies jedoch die Aetoler wieder an Quinctius Flamininus zurück (Liv. 33,49,8). 908 Schmitt, StVA 3 Nr. 536 [258ff]; Deininger, Widerstand 28 A.14 (Literatur); Cimma, Reges 55ff; Will, Histoire 2 (2. Aufl.) 88f; Gruen, World 17ff; Sherwin-White, Policy 60f; Nörr, Aspekte 96ff; zur nachträglichen Ratifikation des Vertrags (Liv. 26,24,14) vergl. Lehmann, Untersuchungen 44ff. 905

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

205

5.4 Das Römisch-Attalidische Bündnis in der Zeit des 1. Makedonischen Krieges909 Ein "förmliches" foedus zwischen Rom und Attalos während des 1. Makedonischen Krieges wird seit Täublers Interpretation zum Aetolervertrag und seiner damit verbundenen Deutung zum Frieden von Phoinike (205 v. Chr.) gewöhnlich bezweifelt910. Täubler meint, Attalos habe als Verbündeter der Aetoler am Krieg gegen Philipp teilgenommen (mit Hinweis auf Liv. 27,29,10). Sein Verhältnis zu Rom unterscheide Livius 29,11,1-2 ausdrücklich von dem der mit Rom verbündeten Gemeinwesen. Auch 205 v. Chr. sei er (entgegen dem Zeugnis bei Liv. 29,12,14) nicht dem Vertrag von Phoinike beigeschrieben worden, denn andernfalls hätte Attalos nicht 201 v. Chr. von den Aetolern aufgrund des alten Vertrags Hilfe gegen Philipp fordern können911. Das letzte Argument überzeugt nicht, weil es den politischen und strategischen Zweck des attalidischen Hilfegesuchs verkennt. Einen Bruch des Friedenszustandes von seiten Philipps konnte Attalos 201 v. Chr. durchaus zum Anlaß nehmen, die Aetoler erneut zur Teilnahme am Krieg gegen Philipp aufzufordern; auch wenn die909

Liv. 26,24,9 (Attalos als einer derjenigen genannt, die eodem iure amicitiae dem Vertrag beitreten könnten); Liv. 26,37,5 (Attalos als socius Roms bezeichnet); Plb. 9,42,5; 22,8,9 (Attalos kauft Aegina, das von Rom und den Aetolern erobert worden war); Liv. 27,29,9f (aetolische Gesandtschaft an Attalos; Gerücht, Attalos wolle nach Europa übersetzen; vergl. Plb. 10,25. 41,1; App. Mac. 3; D.C. 17, frg. 57; Zon. 9,9); Liv. 27,30,7ff (Attalos' Landung; er segelt in Richtung Euboia; er landet auf Aegina); Liv. 28,5,1ff (gemeinsame Flottenoperationen von Rom und Attalos; vergl. Plb. 10,41ff; App. Mac. 3; D.C. 17,57; Iust. 29,2); Liv. 28,5,14ff (Rom und Attalos belagern Oreum); Liv. 28,7,4ff (Attalos nimmt Opus); Liv. 29,11,1f (Attalos 205 v. Chr. erster und einziger amicus Roms in Asien; vergl. Plb. 21,20,3; Liv. 37,53,7); Liv. 29,12,14 (Attalos gehört zu den adscripti des Friedens von Phoinike und wird auf seiten der römischen Koalitionäre genannt). 910 Täubler, Imperium 215 (Attalos tritt als Verbündeter Aetoliens in den Krieg ein; mit Hinweis auf Liv. 27,29,10; 29,11,1f); Heuß, Grundlagen 32ff insbes. 34 ("formlose Vereinbarungen"); Larsen, CPh 30, 1935, 210f; ders., CPh 32, 1937, 16f (für separates Bündnis; aber neuerdings gegen separates foedus ders., JRS 60, 1970, 218); Petzold, Eröffnung 15ff insbes. 16f mit 23f und 24 A.50; Badian, Clientelae 57f (kein separates Bündnis); Dahlheim, Struktur 210f A.75 und 223. 252 (kein förmlicher Vertrag); Lehmann, Untersuchungen 366ff (Forschungsüberblick). 369ff (kein formelles Bündnis); Schmitt, StVA 3 Nr. 536 [265]; E.V. Hansen, The Attalids of Pergamon (Ithaka u. a. (2. Aufl. Ithaka u.a. 1971) 46ff insbes. 48 (für separates Bündnis); Briscoe, Commentary 1, 56 (kein foedus); Gruen, World 20 (kein eigenes Bündnis). 77 ("The alliance, if such there were, were contracted for the particular conflict."); Sherwin-White, Policy 60f (befristetes Bündnis). Der Exkurs über den Beginn des amicitia-Verhältnisses zwischen Rom und Attalos ist im Rahmen des begrenzten Darstellungsziels vor allem als Erwiderung auf die angeblich formlose Vereinbarung des Attalos mit Rom gemeint, die Heuß, Grundlagen 32ff insbes. 34 bemüht, um auch im Fall des Attalos ein Beispiel einer vertragslosen amicitia zu finden. 911 Liv. 31,46,3; Täubler, Imperium 215.

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5. Der Feldherrnvertrag als foedus

se durch ihr Sonderabkommen mit Philipp 206 v. Chr.912 gegen ihr altes Bündnis mit Attalos verstoßen hatten. Die Anfrage des Attalos ist mehr eine Folge seiner politischen und strategischen Kalkulation (und Vertragsinterpretation) als Ausdruck der tatsächlichen Vertragslage gewesen913. Der politischen Lage entsprechend lehnten die Aetoler die Hilfeleistung gegen Philipp ab, weil dieser seit 206 v. Chr. mit ihnen verbündet war und eine Hilfeleistung für Attalos keinen Gewinn versprach. Dafür revanchierte sich Attalos, als 199 v. Chr. die Aetoler ihn ex foedere um Hilfe gegen Philipp baten, indem er ihr Hilfegesuch ebenfalls ablehnte914. Daß Liv 29,11,1-2 den amicus Attalos von den mit Rom verbündeten Staaten unterscheide bzw. die Begriffe societas und amicitia gegenüberstelle, trifft nicht zu915. Livius schreibt: nullasdum in Asia socias civitates habebat populus Romanus; tamen memores Aesculapium quoque ex Graecia quondam hauddum ullo foedere sociata valetudines populi causa arcessitum, tunc iam cum Attalo rege propter commune adversus Philippum bellum coeptam amicitiam esse – facturum eum quae posset populi Romani causa – legatos ad eum decernunt M. Valerium Laevinum, qui bis consul fuerat ac res in Graecia gesserat ... Livius sagt lediglich, daß Rom im Jahr 205 v. Chr. in Asien, wie ehemals (vor 293 v. Chr.916) in Griechenland, keine verbündeten Städte (socias civitates) hatte; nur mit dem König Attalos (cum Attalo rege) habe seit dem gemeinsamen Krieg gegen Philipp eine amicitia bestanden. Wenn Livius überhaupt einen Gegensatz ausgedrücken will, dann wohl den, daß im Jahr 205 v. Chr. keine Stadt Asiens mit Rom verbündet war, dagegen in Asien allein der König Attalos zu Rom eine freundschaftliche Beziehung hatte. Eine Gegenüberstellung der civitates sociae, die foedera gehabt hätten, mit dem amicus Attalos kann Livius schon deshalb nicht meinen, weil die kleinasiatischen Städte mit Rom damals nicht verbündet waren. Man kann dem livianischen Text die Gegenüber912

Liv. 29,12,1; App. Mac. 3,4 weitere Belege bei: Schmitt, StVA Nr. 543 [283]. Vergl. auch das Hilfegesuch der Aetoler an Rom 202 bzw. 201/200 v. Chr. bei Liv. 31,29,4; App. Mac. 4; Briscoe, Commentary 1, 130 zur Problematik der Datierung und Historizität des Vorgangs. 914 Liv. 31,46,3. 915 Im Sinne Täublers (Imperium 215) auch z. B. Dahlheim, Struktur 164f; Lehmann, Untersuchungen 370; Gruen, World 20 mit A.35; Sherwin-White, Policy 60 (akzeptiert für die Dauer des 1. Makedonischen Krieges lediglich ein befristetes separates Bündnis zwischen Rom und Attalos; mit Bezug auf die Situation nach 205 v. Chr.: "Livy records under the year 205 that the Roman people had no allies in Asia at that time, but that they had entered into friendship with Attalos on account of the war against Macedon" und deutet ebenda 60 A.8 Liv. 29,11,1f also im Sinne von Täubler). 916 Zum Anfang des Aeskulapkultes in Rom vergl. Latte, Religionsgeschichte 225ff mit der einschlägigen Parallelüberlieferung. 913

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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stellung einer vertragslosen amicitia des Attalos mit Rom mit einer societas bzw. einem foedus nur entnehmen, wenn man das foedus zwischen Rom und Attalos im 1. Makedonischen Krieg glaubt bestreiten zu können und man die schon oft erwähnte variable Verwendung des Begriffs amicitia bei Livius ganz außer acht läßt917. Ein foedus des Attalos mit Rom während des 1. Makedonischen Krieges widerlegt daher Liv. 29,11,1-2 nicht. Gustav Adolf Lehmann versucht, das von Jakob A. O. Larsen vorgebrachte Argument für einen Vertrag zwischen Rom und Attalos zu entkräften. Larsen bemerkt, daß die Beuteteilungsklauseln des Aetolervertrags von Rom während des 2. Makedonischen Krieges gegenüber Attalos angewendet worden seien; mithin sei es wahrscheinlich, daß Rom und Attalos sich auf entsprechende Abmachungen bereits während des 1. Makedonischen Krieges vertraglich geeinigt haben müßten918. Die Einladung des Aetolervertrags von 212 v. Chr. an Sparta, Elis, Attalos u. a., dem Bündnis mit Rom und Aetolien unter gleichen Bedingungen beizutreten, habe also auch Attalos genutzt, wie es nachweislich Sparta, Elis und Messenien getan haben (separate Bündnisse Spartas, Messeniens und Elis’ mit Rom befürwortet auch Lehmann919). Diese Interpretation lehnt Lehmann ab. Er möchte mit Heuß nur "formlose Vereinbarungen, wie sie die gemeinsame Kriegsführung mit sich brachte" (Heuß, Grundlagen 34), annehmen. Die unzureichenden argumentativen Grundlagen dieser Konstruktion in Heuß' Darstellung wurden oben behandelt. Überzeugend kann Lehmann Karl Ernst Petzolds ungenaue Interpretation von Liv. 28,7 widerlegen. Damit ermöglicht er ein besseres Verständnis des römisch-attalidischen Verhältnisses während des 1. Makedonischen Krieges. Attalos hatte wahrscheinlich nur Anteilrechte an der beweglichen Beute solcher Städte, die er zusammen mit Rom eroberte920. Daß die von Römern und Atta917

Hätte Livius das Verhältnis Roms zu Attalos an dieser Stelle mit socius bzw. societas ausgedrückt, wäre der Ausdruck offensichtlich eintönig gewesen (statt dessen begrifflich abwechslungsreich: socias civitates ... ullo foedere sociata ... amicitia Liv. 29,11,1f); deshalb wählte Livius zur literarisch ansprechenden und variationsreichen begrifflichen Gestaltung der Passage bewußt den Begriff amicitia – nicht weil er societas, foedus und amicitia voneinander juristisch trennen wollte! 918 Lehmann, Untersuchungen 369 gegen Larsen, CPh 32, 1937, 17. 919 Lehmann, Untersuchungen 368f. 920 Lehmann, Untersuchungen 369f. Übrigens wird man den gönnerhaften Ton, mit dem bei Livius 28,7,4 P. Sulpicius Galba Maximus dem Attalos die Beute von Oreos (vergl. Liv. 28,6) überläßt, kaum ernst nehmen dürfen. Denn Attalos bezwang die Stadt offensichtlich ohne römische Unterstützung, deshalb stand den Römern wohl überhaupt kein Anteil an der Beute zu. Diese Annahme ergibt sich zumindest aus den detaillierten Beuteteilungsvereinbarungen des römischaetolischen Vertrags (Schmitt, StVA 3 Nr. 536 [258f insbes. Z. 4-10]), die je nach Beteiligung der

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5. Der Feldherrnvertrag als foedus

los gemeinsam eroberten Städte an Attalos abgetreten werden sollten, wie es das Abkommen Roms mit Aetolien entsprechend für die Aetoler vorsah, wird durch Livius’ Erzählung zum Fall von Oreos (207 v. Chr.) nahezu ausgeschlossen921. Die Beobachtung Lehmanns zeigt lediglich, daß Attalos nicht, wie es das Bündnis Roms mit Aetolien vorgesehen hatte, einen Vertrag mit Bedingungen aushandelte, die dem römisch-aetolischen Bündnis in allem genau entsprochen hätten. Attalos’ Vereinbarungen mit Rom regelten wohl nur die Teilung der Beute bei gemeinsam errungenen Erfolgen. Übrigens hätten solche bilateralen Absprachen (die spiegelbildlich zu den römisch-aetolischen Absprachen gewesen wären) zwischen Rom und Attalos auch den weitgehenden Ansprüchen der Aetoler politisch widersprochen. Wenn Attalos dem Vertrag von 212 v. Chr. (etwa durch Hinzuschreibung) vielleicht dennoch dem Aetolervertrag förmlich beitrat, dann erkannte er damit vor allem die im Vertrag Aetoliens mit Rom festgeschriebenen territorialen Ansprüche der Aetoler und die Verpflichtung zum gemeinsamen Friedensschluß der Koalition mit Philipp politisch an. Im separaten Bündnis der Aetoler mit Attalos war anscheinend eine verpflichtende Hilfeleistung in Form einer Bereitstellung von 1000 Soldaten vorgesehen, wenn eine Vertragspartei gegen Philipp Krieg führen müsse922. Im römisch-aetolischen Vertrag fehlte eine entsprechende verpflichtende Vereinbarung923. Das Angebot des römisch-aetolischen Bündnisses zum Beitritt zur Koalition eodem iure amicitiae (Liv. 26,24,9) hielten also auch die Aetoler gegenüber Attalos nicht ein!

Lehmann lehnt ein förmliches Bündnis Roms mit Attalos ab und weist dafür auf Liv. 29,11,1-2924 und Plb. 16,25,4 hin, die einen förmlichen Vertrag Roms mit Attalos "nahezu" ausschließen sollen. Wenn Plb. 16,25,4 die römisch-attalidische ZuVertragspartner auch die Teilung der beweglichen Beute regeln. Einen Anteil an der beweglichen Beute gab es für Aetolien nur, wenn es zusammen mit Rom die betreffende Stadt allein bezwungen hatte. Ein Ersatz für die entgangene Beute von Opus war Oreos für Attalos also keinesfalls. Geradezu absurd wird diese Darstellung des Livius, wenn man bedenkt, daß Attalos Opus gegen Philipp überhaupt nicht behaupten konnte. 921 Liv. 28,6; Lehmann, Untersuchungen 370. 922 Liv. 31,46,3 petitum ex foedere ab Attalo est ut mille milites ; tantum enim numerum bellum gerentibus adversus Philippum debebat. 923 Verpflichtend war für Rom lediglich eine militärische Unterstützung Aetoliens vom Meer aus und mit mindestens 25 Quinqueremes vorgesehen (Liv. 26,24,10). Dennoch schickte P. Sulpicius Galba Maximus 209 v. Chr. römische Matrosen als Hilfstruppen zu den Aetolern und den auxilia des Attalos (Liv. 27,30,2 habebant et ab Attalo auxilia secum et mille ferme ex Romana classe a P. Sulpicio missos). Es könnte eine vertragliche Vereinbarung zwischen Aetolien und Rom dergestalt zugrundeliegen, wie sie im römisch-karthagischen Vertrag des Jahres 279/278 v. Chr. (Schmitt, StVA 3 Nr. 466 [101ff]) begegnet. In diesem war von karthagischer Seite her lediglich die Hilfeleistung von See aus vorgesehen (Plb. 3,25,4f) und außerdem wurde festgelegt, daß niemand die Schiffsmannschaften zwingen dürfe, an Land zu gehen (Plb. 3,25,5). Eine solche Vereinbarung ließ Karthago im Verlauf des Krieges zwischen Rom und Pyrrhus zumindest theoretisch die Möglichkeit zur Entsendung eines Freiwilligenkorps. 924 Zur Interpretation von Liv. 29,11,1-2 vergleiche die Ausführungen oben.Seite 206f

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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sammenarbeit während des 1. Makedonischen Krieges rückblickend mit dem Begriff âçáåçéê~Öáî~ beschreibt und dieser Begriff "nur eine Verabredung für die Dauer des Krieges gegen den gemeinsamen Feind" meint925, dann entscheidet dies noch nicht darüber, daß die "Verabredung" nicht in der Form eines foedus vereinbart wurde. Denn auch die Gültigkeit der in römischen foedera festgelegten Vereinbarungen konnte befristet sein926. Für einen Feldherrnvertrag zwischen M. Valerius Laevinus und Attalos spricht eine bisher übergangene Notiz bei Iustin: Dum haec aguntur (der Einfall der Dardaner in Makedonien; Philipps Rückkehr nach Makedonien), Laevinus praetor iuncta cum Attalo rege societate Graeciam populatur (Iustin 29,4,7). Einen Feldherrnvertrag des Valerius Laevinus mit Attalos anzunehmen, ist angesichts der parallelen Beispiele unter anderem des Syphax und des Massinissa durchaus plausibel. Außerdem spricht für ein foedus des Attalos mit Valerius Laevinus, daß auch die anderen Partner Roms (Aetolien, Messenien, Sparta, Elis) nachweislich separate foedera mit diesem hatten927. Dagegen haben sich die Einwände gegen ein förmliches foedus des Attalos mit Rom als wenig begründet erwiesen. Das foedus des Attalos mit Rom aus der Zeit des 1. Makedonischen Krieges hat im Gegensatz zu den Bündnissen Spartas, Messeniens und Elis' während des 2. Makedonischen Krieges nicht mehr als Grundlage der gemeinsamen Kriegsführung gegen Philipp gedient928. Denn als Oreos im Jahr 199 v. Chr. erneut von Rom und Attalos erobert wurde, erhielten die Römer die Gefangenen, Attalos dagegen die Stadt929. Zu Beginn des 2. Makedonischen Krieges haben sich Rom und Attalos also wohl auf eine Erneuerung und Ergänzung der alten Vertragsbestimmungen geeinigt (etwa durch eine Ergänzungsnote zum alten Vertrag930). Ergänzungen des alten Vertrags waren auch 925

Lehmann, Untersuchungen 370 A.5 mit Hinweis auf O. Leuze, Die Feldzüge Antiochos des Großen in Kleinasien und Thrakien, Hermes 58, 1923, 190f (187-229. 241-287) (Leuze ging es in ganz anderem Zusammenhang allerdings nur darum zu zeigen, daß Antiochos und Attalos 216 v. Chr. kein dauerhaftes Bündnis schlossen – die Form des Abschlusses berührt er nicht). Walbank, Commentary 2, 534 "perhaps (it) implies that there had been non foedus between Rome and Attalos" vergröbert die Interpretation von Badian, Clientelae 58 A.4; neuerdings im Sinne Leuzes: Gruen, World 20. 926 Vergl z. B. das Bündnis Roms mit Hieron II. bei Schmitt, StVA 3 Nr. 479 [137ff], das zunächst auf 15 Jahre befristet war (Diod. 23,4,1; Zon. 8,16,2), weil die im Vertrag vorgesehenen Tributzahlungen von Syrakus an Rom anfänglich als vorübergehend gedacht waren. 927 Lehmann, Untersuchungen 368f. 928 Vergl. die Bemerkungen bei Lehmann, Untersuchungen 370f. 929 Liv. 31,46,16. 930 Diese Möglichkeit der Vertragsergänzung begegnet etwa beim römisch-karthagischen Vertrag 237 v. Chr., s. Schmitt, StVA 3 Nr. 497 [185ff], der den Frieden von 241 v. Chr. (StVA 3 Nr. 493

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5. Der Feldherrnvertrag als foedus

aus römischer Sicht politisch notwendig, weil im 2. Makedonischen Krieg Attalos die Position des Hauptkriegsgegners Makedoniens einnahm, während im 1. Makedonischen Krieg die Aetoler diese Position eingenommen hatten931. In den Ergänzungen war anscheinend vorgesehen, daß die Städte, die Attalos und Rom gemeinsam eroberten, Attalos gehören sollten, solange er sie bis zum Ende des Krieges allein behaupten konnte (wie etwa Andros, das Eumenes nach 196 v. Chr. behielt932). Oreos und Eretria fielen nach 199 v. Chr. wieder in die Hände Philipps und mußten erst 196 v. Chr. auf Geheiß Roms von diesem geräumt werden933. Karystos hatte sich Rom ergeben934. Einen Anspruch auf die Städte konnte Eumenes also nicht mehr geltend machen, wenn der Vertrag des Attalos mit Rom nur die Abtretung solcher Städte vorsah, die er auch am Ende des Krieges besetzt hielt. T. Quinctius Flamininus’ Engagement gegen die vom Senat befürwortete Abtretung von Oreos und Eretria an Eumenes wird nur unter Voraussetzung einer solchen zugrundeliegenden Vereinbarung zwischen Rom und Attalos verständlich935, die zum Anfang der militärischen Kooperation Roms mit Attalos im 2. Makedonischen Krieg vereinbart worden sein wird.

5.5 Die dauerhaften völkerrechtlichen Wirkungen befristeter Feldherrnfoedera für Rom und seine Vertragspartner Aufgrund ihres alten Vertrags mit Attalos forderten die Aetoler im Jahr 199 v. Chr. von Attalos 1000 Soldaten gegen Philipp: tantum enim numerum bellum gerentibus adversus Philippum debebat (sc. ex foedere)936. Attalos lehnte die Hilfeleistung ab, weil die Aetoler sich 201 v. Chr. geweigert hatten, gegen Makedonien zu ziehen, als Philipp im attalidischen Reich marodierend umherzog937. Sowohl die Forderung der Aetoler als auch die Antwort des Attalos zeigen, daß auch die griechischen Vertragspartner untereinander die Vereinbarungen des Bündnisses aus der Zeit des 1. Makedonischen Krieges über das Jahr 205 v. Chr. als gültig ansehen

[173ff]) ergänzte; vergl. Täubler, Imperium 94ff insbes. 96; s. die Vertragsänderungsklauseln z. B. bei Plb. 21,45,27; D.H. 6,95 u. ö. 931 Die hegemoniale Stellung des Attalos im 2. Makedonischen Krieg hebt z. B. auch Täubler, Imperium 216 hervor. 932 Liv. 31,45,3ff; vergl. Larsen, CPh 32, 1937, 17 A.7; Walbank, Commentary 2, 618; Lehmann, Untersuchungen 371 A.6. 933 Für Oreos und Eretria im Jahr 196 v. Chr. vergl. Plb. 18,45,5 (s. Walbank, Commentary 2, 612). 934 Für Karystos’ deditio 198 v. Chr. vergl. Liv. 32,17,2. 935 Plb. 18,47,10; Liv. 33,34,10 (vergl. Briscoe, Commentary 1, 315). 936 Liv. 31,46,3; vergl. Briscoe, Commentary 1, 99f. 155; s. auch den aetolischen Hilferuf an Rom 201 v. Chr. bei Liv. 31,29,4; App. Mac. 4 mit Briscoe, Commentary 1, 130. 937 Liv. 31,46,3.

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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konnten, wenn dieses sich mit ihren politischen und strategischen Absichten verbinden ließ. Diesem Rechtsverständnis entsprechend fiel im Jahr 197 v. Chr. T. Quinctius Flamininus’ Erwiderung auf die Vorwürfe des Nabis aus938. Quinctius Flamininus machte in seiner Erwiderung vor allem auf die bilateralen foedera zwischen Rom und Messenien bzw. Sparta aus der Zeit des 1. Makedonischen Krieges aufmerksam, um den Bündnisbruch des Nabis festzustellen939. Er betrachtete diese Bündnisse also grundsätzlich als über das Jahr 205 v. Chr. hinaus fortbestehend. Andernfalls hätte Quinctius Flamininus den Überfall des Nabis auf Messene im Jahr 201 v. Chr. nicht als Vertragsbruch gegenüber Rom auslegen können940. Die römische Vertragspraxis und -interpretation entsprachen also genau den griechischen Mustern. Einstmals ad hoc geschlossene foedera brachten in der Auslegung des Quinctius Flamininus zumindest eine dauerhafte Friedenspflicht der Vertragspartner untereinander mit sich, die über den aktuellen Anlaß des Vertragsschlusses andauerte941. Für Rom war es also eine über den aktuellen Anlaß der Vertragsschlüsse hinausgehende außenpolitische Folge der foedera, den Anfang und die dauerhafte Grundlage des friedlichen zwischenstaatlichen Verhältnisses zu bilden, bis der Vertragsbruch einer Seite das Völkerrechtsverhältnis und dessen Grundlage (foedus) auflöste942 oder neue vertragliche Vereinbarungen die alten ablösten bzw. ergänzten943. Diese Vertragspolitik und -interpretation Roms (und der griechischen Gemeinwesen) hatten außenpolitische Konsequenzen. Sie erfüllten vor allem den Zweck, Rom nicht unnötig lange auf bestimmte – vom Vertragspartner einforderbare – Vertragsinhalte festzulegen (dies gilt umgekehrt natürlich auch für die griechischen Vertragspartner Roms). Es war z. B. nach dem Ende des 1. Makedonischen Krieges 938

Liv. 34,32; vergl. Lehmann, Untersuchungen 366ff. Damit ging Quinctius Flamininus vor allem der Tatsache aus dem Weg, daß Nabis einer der in den Frieden von Phoinike aufgenommenen Friedensteilnehmer war und auf der Seite der römischen Koalitionäre genannt wurde. Für Quinctius Flamininus’ effektvolle Trennung zwischen dem guten König Pelops und den schuldlosen Spartanern einerseits und dem bösen Tyrannen Nabis andererseits war diese Tatsache natürlich wenig dienlich und mußte deshalb übergangen werden. 940 Liv. 34,32,16; vergl. Plb. 16,13,3; Plut. Phil. 12,4ff; Paus. 4,29,10; 8,50,5; Briscoe, Commentary 2, 103 mit Literatur. 941 Zur dauerhaften Neutralitätspflicht der amici untereinander vergl. z. B. App. Sic. 1 (dieser Hinweis z. B. bei Triepel, Hegemonie (1. Aufl.) 474); s. auch Liv. 32,8,13ff. 942 Vergl. das Verhalten der Aetoler im Jahr 206 v. Chr.; das von Nabis im Jahr 201 v. Chr. 943 Vergl. die Haltung des Attalos im Jahr 200 v. Chr. 939

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5. Der Feldherrnvertrag als foedus

lediglich eine Frage der politischen Opportunität, ob z. B. Rom die Vereinbarungen der Verträge der Jahre vor 205 v. Chr. auch für die Kriegsführung in neuen Konflikten verwenden wollte, ob es überhaupt an der Seite der Vertragspartner für diese in neue Kriege eintreten wollte944 oder ob es neutral bleiben wollte945. Die wenigen Beispiele inschriftlich überlieferter Verträge Roms mit griechischen Gemeinwesen aus späterer Zeit zeigen, daß auch in der Zeit der unbestrittenen Hegemonie Roms die Verträge in der Regel immer so unverbindlich wie irgend möglich formuliert wurden und lediglich die gegenseitige Neutralitäts- und Friedenspflicht verbindlich durch unterschiedliche Vertragsvereinbarungen gesichert wurden946. Großen Wert legten die Vertragspartner außerdem auf die bewußt zweiseitige Stilisierung des Vertragstextes, wohl um damit ihrer gegenseitigen Anerkennung als selbständige Gemeinwesen Ausdruck zu verleihen947.

944

Vergl. die Antwort der Aetoler gegenüber Attalos 201 v. Chr. Vergl. Roms Werben um die Aetoler zu Beginn des 2. Makedonischen Krieges und später um Nabis oder Roms Neutralität in den griechischen Konfliktfeldern bis 201 v. Chr. trotz des Friedens von Phoinike. 946 So auch neuerdings z. B. Lehmann, Tod 23f A.23. Vergl. den vor kurzem gefundenen Vertrag Roms mit Maroneia SEG 35, 1985, Nr. 823 [218f mit neuerer Literatur; Sherwin-White, Policy 68; Gruen, World 738ff; Derow, ZPE 88, 1991, 269f mit A.25], in dem für den Kriegsfall Hilfeleistung Maroneias für Rom â~í~X=íçX=Éìxâ~áêçå (wie im Vertrag mit Kibyra Dittenberger, OGIS 762 Z. 4f; s. Täubler, Imperium 57f; Dahlheim, Gewalt 177 A.9) vereinbart wird. Vergl. auch den Vertrag zwischen Rom und Astypalaia aus dem Jahr 105 v. Chr. bei Sherk, Documents 16B, in dem der Umfang der gegenseitigen Hilfeverpflichtung unklar bleibt (zum Vertrag zwischen Rom und Asypalaia Täubler, Imperium 45; Heuß, Klio 27, 1934, 248f; Accame, Dominio, 80ff; Bernhardt, Imperium 110. 190 mit A.503. 219 mit A.610). Eine Zusammenstellung und Erörterung der inschriftlich überlieferten Staatsverträge bei Gruen, World 731ff; kurze Angabe der Referenzen bei Sherwin-White, Policy 67f A.35; Ferrary, in: L. Confora u. a. (hsgg.), Trattati (1990) 222ff. 231ff und ausführlicher Kallet-Marx Hegemony 186ff. 947 Z. B. noch im Vertrag zwischen Rom und Mytilene aus dem Jahr 25 v. Chr., Sherk, Documents Nr. 26 [146ff]; s. Täubler, Imperium 46; Heuß, Klio 27, 1934, 245; Dahlheim, Gewalt 177. 181f. 243ff. 945

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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5.6 Fazit Die Beobachtungen zur Förmlichkeit der Feldherrnverträge, zu ihrer (in der Regel) nachträglichen Ratifikation in Rom und zu ihren dauerhaften völkerrechtlichen Folgen sind von zentraler Bedeutung für die Beantwortung der Ausgangsfrage nach der Begründung des dauerhaften amicitia-Verhältnisses. Am Anfang der amicitia konnten auch Feldherrnverträge stehen, wie das z. B. der Fall des Syphax zeigt. Der Beginn der amicitia hing also nicht vom Abschluß eines imaginären amicitiaGrundvertrags in Rom ab (Täubler), sondern war grundsätzlich das notwendige völkerrechtliche Ergebnis jeder Art von Vertragsschluß – unabhängig davon, welchem speziellen außenpolitischen Zweck der jeweilige Vertrag diente und ob der Vertrag vor seinem Abschluß vom Senat und vom Volk gebilligt wurde. Feldherrnverträge konnten während der frühen Republik und vor allem seit dem 3. Jh. v. Chr. am Anfang der amicitia Roms mit einem fremden Gemeinwesen stehen. Sobald die umstrittenen foedera der Feldherren in Rom bestätigt wurden, war zumindest die ihnen innewohnende wechselseitige Friedens- und Neutralitätspflicht der Vertragspartner bis zum Vertragsbruch einer Seite dauerhaft verbindlich. Ob aus dem Vertragstext weitergehende Verpflichtungen als dauerhaft gegeben angesehen wurden, hing entweder vom Vertragstext selbst oder vom Willen der Vertragspartner ab. Die Feldherrnverträge scheinen seit dem 3. Jh. v. Chr. die bevorzugte Art vertraglicher Bindungen Roms zum Ausland gewesen zu sein; weil sie einerseits in der Regel Rom außenpolitisch nicht dauerhaft auf bestimmte – vom Vertragspartner einforderbare – Vertragsinhalte festlegten und andererseits das dauerhafte Verhältnis der amicitia zur Folge hatten, das Rom in zukünftigen militärischen Konflikten z. B. in Griechenland zur Einforderung zumindest der Neutralität der Vertragspartner geltend machen konnte948. Die foedus-Verhältnisse Roms mit Syphax, Massinissa, Gades, Attalos, den Aetolern, Messenien und Elis sind Beispiele solcher dauerhaften Verbindungen949, die mit einem Feldherrnvertrag begründet wurden950. 948

Ein weiterer wichtiger Grund für die wachsende Bedeutung der Feldherrnverträge war es, daß die Kriegsschauplätze und damit zugleich die neuen Vertragspartner Roms immer weiter von Rom entfernt waren, so daß die ehemals übliche vorherige Zustimmung zumindest des Senates zum Vertragsschluß aus Gründen der Praktikabilität in der Regel nur noch in wichtigen Fällen von den Feldherren eingeholt wurde; vergl. Kloft, Prorogation, 25f. 66f; Eckstein, Senate passim. 949 184ff (Syphax). 188f (Massinissa). 202 u. ö. (Gades). 205ff (Attalos). 202f u. ö. (Messenien). 203 A. A896 u. ö. (Elis). 203f u. ö. (Aetoler); s. außerdem den Vertrag des T. Quinctius Flami-

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6. Das zwischenstaatliche Verhältnis zwischen Rom und Rhodos

Die Feldherrnverträge erfüllten also die außenpolitische Funktion, die man gegenwärtig der foeduslosen amicitia zurechnen will951. Mit diesen Beobachtungen zum Feldherrnvertrag werden die angesprochenen grundlegenden Voraussetzungen für die formlose amicitia-Gründung in der Argumentation von Heuß fragwürdig, weil sie die Möglichkeit förmlicher Feldherrnverträge, die am Anfang des dauerhaften amicitia-Verhältnisses stehen konnten, zu Unrecht aus den Überlegungen herausläßt, bestreitet oder ihnen unbegründet die Dignität eines "förmlichen" foedus abspricht. Bei genauer Betrachtung kann Heuß lediglich das Fehlen eines amicitia-Grundvertrags der von Täubler geforderten Art zeigen.

6. Das zwischenstaatliche Verhältnis zwischen Rom und Rhodos bis zum Jahr 167 v. Chr.952 Es bleibt zu untersuchen, ob das anscheinend eindeutige Beispiel des römischrhodischen Verhältnisses zutrifft, das man traditionell als Beleg für ein vertragsloses amicitia-Verhältnisse nennt. Polybios (Plb. 30,5,6f) berichtet, Rhodos habe es in den 140 vergangenen Jahren der römisch-rhodischen Beziehungen vermeiden können, sich durch eine ëìãã~Åáî~ an Rom zu binden. Das Ziel der pragmatischen rhodischen Außenpolitik sei es gewesen, den freien Entscheidungsspielraum gegenüber den Mittelmeermächten (d.h. auch gegenüber Rom) zu bewahren, wenn es galt, in den kriegerischen Konflikten des griechischen Ostens Partei zu ergreifen. Dem hätte auch eine ëìãã~Åáî~ (als [dauerhaft] verbindliche, eidlich bekräftigte Verpflichtung aufgefaßt) zwischen ninus mit Nabis (Liv. 34,35,2. 42,1. 43,1f; Diod. 28,13 mit Schleussner, Legaten 46f), den Vertrag des T. Sempronius Gracchus mit den Keltiberern (App. Hisp. 43 [179]; Plut. Tib. Gr. 5) und wahrscheinlich auch den Vertrag zwischen Rom und Boiotien (Liv. 33,1f; Plut. Flam. 6). 950 Bsp. aus dem 3. Jh.v. Chr. Vertrag des M. Claudius: Val. Max. 6,3,3; D.C. 12 frg. 45; Amm. Marc. 4,11,32; Zon. 8,18. Bsp. aus dem 2. Jh.v. Chr. Vertrag des Servilianus mit Viriathus: App. Hisp. 69f; Vertrag des Q. Pompeius mit den Numantinern: Vell. Pat. 2,1,4; Cic. off. 3,30,109; Vertrag des Mancinus mit den Numantinern: Täubler, Imperium 138ff; Vertrag des A. Postumius Albinus mit Iugurtha: Sall. Iug. 38,9. 951 Z. B. Badian, Clientelae 60 passim; Kienast, ZRG 85, 1968, 330ff; Dahlheim, Struktur 260ff passim; Gruen, World 54ff passim. 952 Zur politischen Entwicklung des römisch-rhodischen Verhältnisses vergl. Gruen, CQ 69, 1975, 58ff.

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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Rhodos und Rom nur entgegengestanden, weil sie die Richtung der rhodischen Außenpolitik im voraus eingeschränkt hätte953. Die Befürworter der Existenz des vertragslosen bzw. foeduslosen amicitiaVerhältnisses erkennen in der Erzählung des Polybios einen Beleg für ihre These, amicitia und sogar militärische Kooperation habe auch ohne "förmliches" Bündnis zwischen Rom und einem fremden Gemeinwesen bestehen können954. Heuß interpretiert Polybios folgendermaßen: "... und der Sinn würde danach sein, daß die Rhodier, obwohl sie während vierzig Jahren955 im Verein mit den Römern die 953 Plb. 30,5,6ff: (6) çìöíï?= Ö~Xê= Üyå= éê~Öã~íáâçXå= íçX= éçäáîíÉìã~= íïDå= goçÇáîïå= ïg?= ëÅÉÇçXå ÉxíÜ= íÉíí~ê~îâçåí~= éêçX?= íçáD?= Égâ~íçXå= âÉâçáåïåÜâïX?= çg= ÇÜDãç?= goïã~áîçá?= íïDå= ÉàéáÑ~åÉJ ëí~îíïå= â~áX= â~ääáîëíïå= ÉxêÖïå= çìàâ= ÉàéÉéçáîÜíç= éêçX?= ~ìàíçìX?= ëìãã~Åáî~åK= (7) íáîåç?= ÇÉX Å~îêáå=çìôíï?=ÉàÅÉáîêáòçå=çág= o g çîÇáçá=í~X= â~è D= ~ìgíçìX?=çìàâ=~xñáçå=é~ê~äáéÉáDåK=(8) ÄçìäçîãÉåçá Ö~Xê=ãÜÇÉîå~=íïDå=Éàå=í~áD?=ìgéÉêçÅ~áD?=â~áX= Çìå~ëíÉáî~á?=~àéÉäéáîòÉáå=íÜXå=Éàñ=~ìgíïDå=ÉàéáâçìJ êáî~å= â~áî= ëìãã~Åáî~åI= çìàâ= ÉàÄçìîäçåíç= ëìåÇì~îòÉáå= çìàÇÉX= éêçâ~í~ä~ãÄ~îåÉáå= ëÑ~D?= ~ìàíçìX? çôêâçá?=â~áX=ëìåèÜîâ~á?I=~àääD =~àâÉîê~áçá=Çá~ãÉîåçåíÉ?=âÉêÇ~áîåÉáå=í~X?=Éàñ=Égâ~îëíïå=ÉàäéáîÇ~? – vergl. Liv. 45,25,7ff nach Polybios; D.C. 20, frg. 68,2f. Für das Ende des 4 Jh. v. Chr. findet sich eine ganz entsprechende Charakterisierung der rhodischen Außenpolitik bei Diod. 20, 81,2-3 (vergl. dazu: P. Funke, Rhodos und die hellenistischen Staatenwelt an der Wende vom 4. Zum 3. Jh. v.Chr, in: Donum amicitiae, hsg. Ed. Dabrowa (Krakau 1997) 35-41). Diodors Darstellung zeigt, daß es schon damals das Ziel der rhodischen Außenpolitik war, eine direkte militärische Parteinahme für einen der hellenistischen Dynasten zu vermeiden. Die Darstellung des Polybios ist in diesem Sinne zu verstehen und schließt deshalb vertragliche Freundschaftsbeziehungen nicht aus. Die Formulierung des Polybios éêçâ~í~ä~ãÄ~îåÉáå ëÑ~D?=~ìàíçìX?=çôêâçá?=â~áX= ëìåèÜîâ~á? ist nicht als vertragstechnische Terminologie mißzuverstehen, sondern als Synonym zu ëìãã~Åáî~. 954 Heuß, Grundlagen 31f; DeMartino, Storia 2 (1. Aufl.) 26f A.45; Schmitt, Rom 16ff: "Bestanden haben sicher strategische Abreden zwischen den Feldherren der beiden Länder ... Nicht völlig ausgeschlossen ist ein Freundschaftsvertrag ... Hingegen hat mit Sicherheit ein Freundschaftsverhältnis (amicitia) bestanden, das duch die militärische Zusammenarbeit automatisch gegeben war"; vergl. aber ders. ebenda 18 A.3: "Polyb. XXX 5,6ff ist also ein Beweis für Heuß’ Ansicht von der vertraglosen Begründung der amicitia!"; ebenso ders. ebenda 169 A.1. 57 "vertraglose Verbindung" (Lehmann, Untersuchungen 371; Dahlheim, Struktur 164f A.2; 141 unter der Rubrik "Amicitiaverhältnisse" genannt; Walbank, Commentary 3, 423ff sieht das Problem der Stelle mehr in den 140 Jahren, die Rom mit Rhodos schon vor 167 v. Chr. in Kontakt gewesen sei; Gruen, World 22 mit A.46. 39f. 68f A.74 u. ö; Berthold, Rhodes 235f. Gegen die heute verbreitete Deutung von Plb. 30,5.7ff vergl. Mommsen, Staatsrecht 3, 663 A.1; Täubler, Imperium 206 und 204: "Man deutet diesen Satz allgemein im Sinne einer vertragsmäßigen Verbindung ohne Bundesgenossenschaft, als Handelsvertrag ..."; Cimma, Reges 171ff; Sherwin-White, Policy 69 mit A. 39 schließt sich Cimma an: "Polybios noted it as exceptional that the state of Rhodos in its heydey preferred not to enter into permanent treaty relationship with Rome." – vergl. neuerdings D. Vollmer, Symploke. Das Übergreifen der römischen Expansion auf den griechischen Osten (Stuttgart 1990) 21ff. 22: "... man wird den Vertrag [sc. des Jahres 306 v. Chr.] nach Lage der Dinge weder leugnen noch beweisen können." 955 Heuß liest mit Täubler, Imperium 204ff statt 140 nur 40 Jahre. Zum Alter der römischrhodischen Beziehungen vergl. neuerdings D. Vollmer, Symploke. Das Übergreifen der römischen Expansion auf den griechischen Osten (Stuttgart 1990) 21f und vor allem die von Vassa Kontorini, JRS 73, 1983, 24ff publizierte Inschrift. Bei der Frage nach dem Alter der römisch-rhodischen

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größten Taten vollbracht hatten, dennoch kein formelles Bündnis mit ihnen eingegangen waren, d.h. daß die politische und militärische Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten seit ungefähr der Zeit des zweiten makedonischen Krieges sich ohne Verträge, seien es Freundschafts- oder Bundesverträge, abspielte."956 Heuß übergeht die seiner Interpretation entgegenstehenden Überlegungen von Täubler: "Wenn Polybios einen Bundesgenossenschaftsvertrag bis zum Jahre 163 v. Chr. negiert, so meint er dies im Sinne eines ewigen Vertrags957, und schließt damit nicht feldherrliche Verabredungen aus [mit Hinweis auf Plb. 30,5,8], die im Jahre 200 nicht gefehlt haben können, als die römischen Gesandten nach den in Athen getroffenen Vereinbarungen mit Attalos und den Athenern nach Rhodos gingen..."958 Täubler wußte, daß solche Feldherrnverträge durchaus förmlich waren959 und sie außerdem ein dauerhaftes völkerrechtliches Verhältnis Roms zu fremden Gemeinwesen begründen konnten960. Separate Feldherrnverträge zwischen Rom und Rhodos sind in der Überlieferung nicht direkt belegt – wenn man sie auch wegen der zahlreichen Beispiele für diese Vertragspraxis Roms im 3./2. Jh. v. Chr. für möglich halten möchte. Doch ist Täublers Überlegung, Polybios habe bei seinen Äußerungen lediglich ein dauerhaftes Symmachieverhältnis im Auge gehabt, sehr erwägenswert. Demnach schlösse die Darstellung des Polybios lediglich die spezielle Art einer dauerhaft für Rom und Rhodos verbindlichen ëìãã~Åáî~ aus961. Beziehungen sollte man die jüngeren zwischenstaatlichen Beziehungen unbedingt von den bis in frühe Zeit gehenden privatrechtlichen Beziehungen (Handel) trennen, so daß sich die 140 Jahre bei Polybios, so man sie halten möchte, vielleicht allenfalls auf diese Verbindungen beziehen, die nicht notwendig mit staatsvertraglichen Vereinbarungen einhergehen mußten [Es ist bekannt, daß das Jahr 306 v. Chr. in der rhodischen Lokalgeschichte ein wichtiges Datum war (Abwehr der Belagerung des Demetrios Poliorketes, Diod. 20,81ff. 91ff), so daß sich mit diesem "Befreiungsjahr" in der rhodischen Geschichte leicht die Aufnahme der selbstbestimmten Außenpolitik verbinden ließ – dies sei als Erklärungsmöglichkeit für die 140 Jahre bei Polybios zumindest erwogen; vergl. Berthold, Rhodes 235f A.10]. 956 Heuß, Grundlagen 31. 957 Vergl. ähnlich Mommsen, Staatsrecht 3, 663 A.1. 958 Täubler, Imperium 206. 959 Täubler, Imperium 133ff. 330ff. 339ff. 351ff passim; im Rahmen seiner Gesamtinterpretation zum römischen Vertragswesen (Grundvertragstheorie) sind diese Beobachtungen nicht konsequent verfolgt worden, denn sie hätten Täubler eigentlich von der Vorstellung unterschiedlicher "Beurkundungsstufen" römischer foedera wegführen müssen. 960 Vergl. seine Interpretation zum Fall von Gades und Achaia, Täubler, Imperium 225 u. ö. 961 Täubler, Imperium 206. Anders aber die Deutung von Heuß. Kritisch zur von Heuß vertretenen Deutung des Polybios neuerdings auch Cimma, Reges 171ff; Sherwin-White, Policy 69.

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Die militärische Kooperation zwischen Rom und Rhodos während des 2. Makedonischen Krieges, während des Antiochoskrieges und schließlich während des Perseuskrieges ist in den Quellen gut belegt962. Charakteristisch war es, daß die Rhodier in der Regel zusammen mit Attalos bzw. später mit Eumenes Rom Hilfe leisteten963. Als die Achaier 198 v. Chr. zur antimakedonischen Koalition wechselten und sich mit Rom964 und Attalos verbündeten, schlossen sie auch mit den Rhodiern ei-

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Z. B. Liv. 31,23f (2. Makedonischer Krieg); Liv. 36,45,5 (Antiochoskrieg); Liv. 42,56,6: Hilfeangebot wird zurückgewiesen (3. Makedonischer Krieg). Erste Erwähnung römisch-rhodischer Fühlungsnahme Liv. 31,2,1. 963 Z. B. Liv. 31,47,2f (Attalos schickt das rhodische Flottenkommando im Winter zurück); Liv. 32,16,6ff (Attalos’ und Rhodos’ Flotte macht sich gemeinsam auf den Weg nach Griechenland); Liv. 37,14,2ff (Flottenhilfe Athens, Rhodos’ und Eumenes’). 964 Liv. 32,23,1f Ceteri populi Achaeorum cum sententias perrogarentur, societatem cum (cum Romanis codd.: cum Attalo edd.) ac Rhodiis praesenti decreto confirmarunt: cum Romanis, quia iniussu populi non poterat rata esse, in id tempus quo Romam mitti legati possent dilata est; in praesentia tres legatos ad L. Quinctium mitti placuit ... Es ist gegenwärtig umstritten, wann Achaia das angestrebte foedus bekommen hat, denn wir erfahren über den angestrebten baldigen Abschluß des foedus in Rom nichts. Erst zum Jahr 183/182 v. Chr. erfahren wir die förmliche Vertragserneuerung: Plb. 23,4,12 (vergl. auch Plb. 24,11ff). Daß aber bereits im Jahr 184 v. Chr. ein foedus zwischen Rom und Achaia bestand, zeigt Liv. 39,37,10, so daß im Jahr 183/182 v. Chr. nicht der erstmalige Vertragsabschluß erfolgt sein kann (so aber Täubler, Imperium 221ff). Unterschiedliche Datierungsversuche seit Täubler z. B. bei Horn, Foederati 31ff (Abschluß des Vertrags zwischen 197 und 189 v. Chr.); Larsen, CPh 30, 1935, 212ff (für den Abschluß 196 v. Chr.); Badian, JRS 42, 1952, 76ff und ders., Clientelae 86 (Datierung in das Jahr 191 v. Chr.; foedus als Belohnung für die Unterstützung Achaias gegen Antiochos gewährt); Dahlheim, Struktur 261f A.8 (schließt sich bei der Datierungsfrage Badian an und nennt Achaia als Beispiel für eine vertragslose amicitia und societas; dagegen vergl. Cimma, Reges 103); Lehmann, Untersuchungen 233 A.180 (läßt die Datierungsfrage offen; kritisch aber zu Badians Datierungsversuch); Deininger, Widerstand 45 A.25 (198 v. Chr. Feldherrnvertrag; zwischen 196 und 183 v. Chr. Bündnisvertrag); Briscoe, Commentary 1, 211f (schließt sich Badians Datierung an); Walbank, Commentary 3, 219f (folgt Badians Datierung, die von Walbank als Argumente für diese Interpretation genannen Belege bei Liv. 35,48,8 und Plb. 39,3,8 beweisen nichts); Gruen, World 33ff. 34 A.108 (Literatur zur Datierungsfrage). 34: "A date not long after the Aetolan and Antiochene treaties would seem suitable."; Sherwin-White, Policy 61f (Abschluß 198/197 oder 196 v. Chr.). Die Diskussion um die Datierung des foedus erübrigt sich, sobald in die Überlegungen miteinbezogen wird, daß die von Livius erwähnte achäische Gesandtschaft an T. Quinctius Flamininus (Liv. 32,23,2) die bereits in Liv. 32,25,3 erwähnte pactam cum Romanis societatem mit dem römischen Feldherrn abschloß. Wenn wir in der folgenden Zeit über den Abschluß eines foedus in Rom nichts erfahren, die Existenz eines solchen aber 184 v. Chr. vorausgesetzt wird (Liv. 39,37,10), erklärt sich dies am einfachsten durch die Deutung, daß am Anfang des römisch-achaiischen Verhältnisses ein Feldherrnvertrag stand, der nachträglich zusammen mit Quinctius Flamininus’ anderen Maßnahmen in Rom bestätigt wurde (deshalb konnten die Achaier noch 197 v. Chr. in Rom wegen des [noch unratifizierten] Bündnisses anfragen) und der auf diese Weise die dauerhafte Grundlage des foedus-Verhältnisses zwischen Rom und Achaia bildete, bis der Vertrag 183/182 v. Chr. in Rom erneuert wurde.

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nen Vertrag965. Der Parteiwechsel der Achaier war also nicht ein Wechsel von Philipp zu Rom, sondern von Philipp zu einer antimakedonischen Koalition, an der Rom, Attalos und Rhodos als führende Mächte (die í~áD?= ìgéÉêçÅ~áD?= â~áX= Çìå~J ëíÉáî~á? bei Plb. 30,5,8) gemeinsam teilnahmen. Ein Bündnisschluß mit Rom, Attalos und Rhodos erschien den Achaiern notwendig. Dagegen hören wir von einem Bündnisschluß zwischen Achaia und z. B. Athen nichts, obwohl auch Athen damals als militärisch aktives Mitglied zur antimakedonischen Koalition gehörte. Eigene Bündnisschlüsse zwischen allen Mitgliedern der militärischen Koalition waren also wahrscheinlich in der griechischen Vertragspraxis nicht unbedingt erforderlich966. Es ist deshalb auch nicht zwingend notwendig, einen separaten Bündnisschluß von Rhodos mit Rom z. B. während des 2. Makedonischen Krieges anzunehmen. Das bedeutet aber nicht, daß es deshalb überhaupt keine vertraglichen Verpflichtungen zwischen Rom und Rhodos gab (und deshalb das wechselseitige amicitia- bzw. societas-Verhältnis unabhängig von Verträgen existierte). Der Beitritt zu einer außenpolitischen Koalition konnte in der griechischen Vertragspraxis z. B. auch durch die Hinzuschreibung zu einem multilateralen Vertrag erreicht werden (vergl. dazu den Aetolervertrag 212 v. Chr. [potentiell multilaterales Kriegsbündnis]967 und den Frieden von Phoinike [multilaterales Friedensbündnis]968). Durch die Hinzuschrei965

Liv. 32,23,1f; zu Attalos’ Bündnis s. auch Plb. 22,7,8. Briscoe, Commentary 1, 211f zur Lesung von Liv. 32,23,1; Walbank, Commentary 3, 92. 188f zum Bündnis zwischen Achaia und Attalos. 966 So rechnen z. B. die Kritiker separater römischer Bündnisse mit Messenien und Sparta während des 1. Makedonischen Krieges immer mit dieser Möglichkeit, indem sie Messenien und Sparta lediglich als Vertragspartner Aetoliens gelten lassen wollen. 967 Schmitt, StVA 3 Nr. 536 [258ff]. 968 Schmitt, StVA 3 Nr. 543 [281ff]. 282: "Da der Vertrag nicht multilateral, sondern bilateral ist und keine Sanktionsklausel gegen Friedensstörer überliefert ist, kann er nicht mit Bickerman als eine âçáåÜX= ÉáàêÜîåÜ nach Art der Verträge des 4. Jh.s aufgefaßt werden. Er stellt insofern eine 'pax communis ' her, als er für den Augenblick alle Feindseligkeiten beendet." Schmitts Ansicht ist nur zum Teil überzeugend. Daß der Vertrag nicht multilateral war, wird bereits durch die Tatsache fraglich, daß ihm adscripti zugefügt waren. Eine solche adscriptio mußte aber nicht unbedingt eine wechselseitige Verpflichtung zur militärischen Bundeshilfe im Fall des Vertragsbruches mit sich bringen (in diesem Sinne erfaßt Schmitt eine wichtige Tatsache). Dies zeigt schon allein die abwartende Haltung Roms bis 200 v. Chr., obwohl Philipp den Krieg gegen die adscripti des Friedens von Phoinike wiederaufnahm. Rom begnügte sich zunächst mit Gesandtschaften an Philipp, die diesen warnen sollten. Die Vorstellung einer âçáåÜX= ÉáàêÜîåÜ und eines multilateralen Bündnisses ist also nur dann unbefriedigend, wenn man sie sich nach dem Modell der Beispiele des 4. Jh. v. Chr. vorstellt. Die Gesandtschaften Roms an Philipp vor dem Beginn des 2. Makedonischen Krieges zeigen zumindest, daß Rom die Friedenspflicht Philipps gegenüber den adscripti des Friedens von Phoinike als eine verpflichtende Pertinenz des "bilateralen" Bündnisses mit Philipp ansah, also das Vertragswerk als multilaterales Friedenswerk betrachtete (Liv. 30,26,2ff. 40,4ff. 42,1ff. Diese Erzählungen werden seit langem als annalistische Fälschung bewertet [vergl. U. Bredehorn, Senatsakten in der republikanischen Annalistik. Untersuchungen zur Berichterstattung über den römischen Senat bei den annalistischen Vorgängern des Livius unter besonderer Berück-

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bung entstanden vertragliche Verpflichtungen auch für die nicht durch separate Bündnisse untereinander verbundenen Vertragspartner. Durch seinen Beitritt zum Frieden von Phoinike969 war z. B. Attalos zugleich eine der potentiellen Garantiemächte, die sich zur Sicherung der vereinbarten Friedensvereinbarungen und Friedenspflicht allen Bündnispartnern gegenüber implizit bereit erklärten, auch wenn er z. B. mit den Boiotern970 (Koalitionäre des Philipp) sicher kein separates Bündnis hatte.

Die wechselseitigen Verpflichtungen zwischen Rom und Rhodos bei der Beuteteilung sind für die Zeit des Antiochoskrieges, was bisher übersehen wurde, zudem bei Livius ausdrücklich belegt. L. Aemilius Regillus (Prätor für die Flotte) befahl laut Livius im Jahr 190 v. Chr. nach einem Seesieg über Antiochos: ... Rhodios parte praedae et spoliis navalibus decoratos domum redire ... (Liv. 37,31,6). Dies hat zur Voraussetzung, daß die Römer auch den Rhodiern gegenüber, die Mitglieder der antiseleukidischen Koalition waren, zur Einhaltung der doch wohl vertraglich vorgesehenen Beuteteilung verpflichtet waren. Deswegen gerät man, wenn man die Darlegungen des Polybios trotz aller Bedenken streng im Sinne eines vertragslosen amicitia- und societas-Verhältnisses zwischen Rom und Rhodos auslegen und deshalb sogar befristete separate Feldherrn-ëìãã~Åáî~á zwischen Rom und Rhodos vor 167 v. Chr. leugnen möchte, in die Schwierigkeit, daß Rom vor 167 v. Chr. nachweislich Verpflichtungen über die Modalitäten der Beuteteilung befolgte und diese Regelungen in den bekannten Fällen in aller Regel in Verträgen festgelegt wurden971. Es bliebt demnach nur die Erklärung, daß die wechselseitigen Verpflichtungen zwischen Rom und Rhodos über den Umweg der Hinzuschreibung Roms zu einem multilateralen Kriegsbündnis entstanden972. In den Jahren 200 und 191 v. sichtigung der römischen Ostpolitik zwischen 205 und 171 v. Chr., diss. Marburg 1968, 100ff], doch scheint mir nur ihre Tendenz anachronistisch zu sein, nicht aber das Faktum des römischmakedonischen Gesandtschaftsverkehrs an sich). 969 Schmitt, StVA 3 Nr. 543 [281ff]. 970 adscriptio zum Vertrag auf der Seite der Koalitionäre des Philipp, Liv. 29,12,14. Boiotien ist erst seit 197 v. Chr. mit Rom verbündet; vergl. Deininger, Widerstand 51ff insbes. 53 A.30; am Anfang des römisch-boiotischen Verhältnisses stand wohl wie im Fall Achaias ein Feldherrnvertrag (Liv. 33,2,6. 9; Plut. Flam. 6). 971 Vergl. z. B. A. Aymard, Le partage des profits de la guerre dans les traités d' alliance antiques, RH 217, 1957, 233-249 [= jetzt dtsch. in: F. Gschnitzer (Hsg.), Zur Griechischen Staatskunde (Darmstadt 1969) 503-527]. 972 Die Bundesgenossen Roms konnten in einem Vertrag inbegriffen sein, auch wenn sie nicht eigens genannt wurden, indem sie in toto in den Vertrag einbezogen wurden, vergl. z. B. den römisch-karthagischen Vertrag, in dem die römischen socii auf diese Weise Vertragspartner Karthagos wurden (Plb. 3,22,4f. 24,3f). Auf ähnliche Weise sind auch die Bundesgenossen Roms in den Vertrag mit Antiochos einbezogen (Plb. 21,43ff).

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Chr. wäre Rom also durch das Mittel der Hinzuschreibung zu Kriegsbündnissen anläßlich bestimmter Konflikte (Krieg gegen Philipp; Krieg gegen Antiochos) beigetreten, an denen auch Rhodos als direkter Bündnispartner der Attaliden Anteil hatte. Daraus ergaben sich dann auch für Rom und Rhodos gegenseitige Beistandsund Beuteteilungspflichten nur für die Dauer des militärischen Konfliktes, der die Koalition auslöste, nicht jedoch darüber hinaus. Dies macht auch verständlich, weshalb Rom laut Livius vor Beginn des Krieges gegen Perseus 172 v. Chr. eine Gesandtschaft mit dem Auftrag nach Kreta und Rhodos schickten mußte, simul renovare amicitiam, simul speculari num sollicitati animi sociorum ab rege Perseo essent (Liv. 42,19,8). Schließlich erreichte die Gesandtschaft Roms in Rhodos mit Unterstützung des Hegesilochos, daß die bereits gerüsteten Rhodier Romam societatem, unam tum in terris vel viribus vel fide stabilem, retinerent. bellum imminere cum Perseo (Liv. 42,45,4f). Aus diesem Bericht ergibt sich erstens, daß Rhodos bis dahin ein socius Roms war, und zweitens, daß Rhodos bis zu diesem Zeitpunkt dennoch keine dauerhaften militärischen Beistandsverpflichtungen gegenüber Rom eingegangen war973. In den Jahren 196 und 188 v. Chr. nahm neben Rom, den Attaliden u. a. auch Rhodos als Verhandlungspartei an den Friedenskonferenzen mit Philipp bzw. Antiochos teil974. Im Fall des Angriffs von Philipp bzw. von Antiochos gegen irgendeinen der Friedenspartner lag es seitdem im Ermessen Roms, ob es den Bündnisbruch zum Anlaß einer Erneuerung der alten militärischen Zusammenarbeit z. B. mit Rhodos gegen Philipp oder Antiochos nehmen wollte975. Gleiches galt ebenso 973

Vergl. auch die wiederholten Hinweise auf die fides bei Liv. 42,45,5. 7, die m. E. sogar auf vorherige bilaterale Feldherrnverträge zwischen Rom und Rhodos hinweisen. 974 Z. B. Plb. 18,1ff; Liv. 32,32 insbes. 33,6ff (die Forderungen von Rhodos an Philipp); Plb. 21,10,1ff; Liv. 37,18,10ff (Rhodos als Mitglied des Kriegsrates, der über Antiochos’ Friedensangebot beriet); Plb. 21,18ff; Liv. 37,52,1ff (Gesandtschaft des Antiochos und der römischen Bundesgenossen zu Verhandlungen nach Rom). 55,4ff. 56,1ff; Plb. 21,42ff; Liv. 38,37ff (die Anordnungen der römischen Zehnergesandtschaft und Aushandlung des Vertrags mit Antiochos unter Beteiligung auch von Rhodos). 975 Vergl. auch die lykische Beschwerdegesandtschaft (Liv. 41,6,8ff) nach Rom, die Klagen gegen Rhodos’ Politik in Lykien erhob, weil sie nach Meinung der Lykier nicht der Bündnerschaft Lykiens (s. aber Anordnungen bzgl. Lykien im Jahr 188 v. Chr. bei Liv. 38,39,13) mit Rom entsprach. Vergl. auch Täubler, Imperium 206 "Appians Worten (sc. App. b.c. 4,67 [286]), die Appian rhodischen Gesandten in Rom in den Mund legt: 'wir haben gegen Antiochos mitgekämpft, worüber bei euch Inschriften auf Stein, zu unseren Gunsten angefertigt, vorhanden sind' wird man nur gerecht, wenn man sie auf den Vertrag mit Antiochos und die in diesem zugunsten der Rhodier festgestellten Leistungen bezieht." Also sahen sich die Rhodier im 1. Jh. v. Chr. rückblickend als Teilnehmer am Frieden Roms mit Antiochos III.

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umgekehrt auch für Rhodos. Auch diese Friedensverträge enthielten also potentielle Beistandspflichten zwischen Rom und Rhodos auf der Grundlage von beeideten Verträgen. Als Ergebnis läßt sich demnach festhalten, daß, soweit es sich der Überlieferung entnehmen läßt, das amicitia -Verhältnis zwischen Rom und Rhodos in der Zeit vor 167 v. Chr. sowohl in Kriegs- als auch in Friedenszeiten auf langfristig politisch unverbindlichen Verträgen beruhte. Den wechselseitigen Verpflichtungen lagen stets Verträge (entweder bilaterale oder multilaterale) zugrunde, die auch den Ausgangspunkt der amicitia zwischen Rom und Rhodos bildeten. Es können jedoch auch weitergehende separate vertragliche Vereinbarungen (ohne militärische Beistandspflichten – also keine ëìãã~Åáî~á) zwischen Rom und Rhodos für die Zeit vor 167 v. Chr. nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden: Im Jahr 169 v. Chr. erreichte eine Gesandtschaft der Rhodier in Rom die Erneuerung der amicitia976. Gleichzeitig gestattete der Senat ihnen, Getreide aus Sizilien auszuführen977. Die rhodische Bitte um die Ausfuhrerlaubnis hat zur Voraussetzung, daß Rhodos Sizilien als römisches Hoheitsgebiet anerkannte und sich deshalb das Handelsrecht in Sizilien jeweils vom Senat ausnahmsweise einräumen ließ. Es ist eine zumindest erwägenswerte Hypothese, daß dem beschriebenen Fall ein Abkommen zwischen Rom und Rhodos zugrunde lag, in dem, wie z. B. in den frühen Karthagerverträgen978, römische und rhodische Herrschafts- bzw. Einflußsphären voneinander getrennt wurden. Wenn man diese Hypothese ablehnt, dann zeigt der Fall doch zumindest, daß die amicitia mit Rom für Rhodos nicht nur eine allgemeine Friedenspflicht diesem gegenüber mit sich brachte, sondern Rhodos auch zur Anerkennung der außenpolitischen und ökonomischen Herrschafts- bzw. Einflußsphären Roms verpflichtete979.

976

Plb. 28,2,2. Plb. 28,2,5; zum historischen Hintergrund der rhodischen Bitte um Getreideausfuhr vergl. Schmitt, Rhodos 144f. 978 Werner, StVA 2 (2. Aufl.) Nr. 121 [16ff]; Nr. 326 [306ff]. 979 Es sei abschließend noch darauf hingewiesen, daß man in der von Kontorini, JRS 73, 1983, 24ff publizierten Inschrift vom Ende des 3. Jh. v. Chr. wahrscheinlich etwas von Opferhandlungen der rhodischen Gesandten auf dem römischen Kapitol erfährt, wie dies für "Freundschaftserneuerungen" in Rom üblich war (z. B. Liv. 7,38,2 und weitere Belege bei Ferrenbach, Amici 68 mit A.5 und 6), wobei nach den Ausführungen zur Bedeutung von amicitiam renovare (Seite 175ff) nicht mehr ausgeschlossen werden kann, daß auch diese "Freundschaftserneuerung" nichts anderes war als eine symbolische Bestätigung eines bereits zuvor bestehenden Vertragsverhältnisses. Die römische Erlaubnis zum Opfer der Gesandten auf dem Kapitol würde also allgemein auf die Erinnerung auf den gemeinsam auch gegenüber Jupiter (z. B. Iuppiter Lapis) geschworenen Vertrag zielen, und so römischerseits den Fortbestand des Vertragsverhältnisses symbolisieren. 977

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7. Die civitates liberae

In jedem Fall kann jedoch das römisch-rhodische Verhältnis bis 167 v. Chr. nicht als Beleg dafür gewertet werden, daß ein amicitia- oder societas-Verhältnis zwischen beiden ganz ohne vertragliche Grundlage "formlos" entstehen bzw. bestehen konnte. Denn auch der Beitritt Roms durch Hinzuschreibung zu einem multilateralen beschworenen Bündnis ist eine völkerrechtlich und außenpolitisch erhebliche Handlung – die auch politische (religiös-eidliche) Bindungen mit sich brachte980.

7. Die civitates liberae Im Sinne von Heuß’ Theorie über die vertragslose amicitia Roms mit dem Ausland könnte man als zusätzliches Argument die civitates liberae nennen, die angeblich ohne Vertrag eine amicitia mit Rom hatten981. Wenn sich zeigen ließe, daß civitates liberae kein foedus mit Rom hatten, wäre dies ein Beleg auch für die These, daß die vertragslose amicitia zu den gängigen Mitteln römischer Außenpolitik seit dem 3. Jh. v. Chr. gehörte. Mommsen scheidet die civitates liberae bzw. populi liberi in solche, die föderiert sind (= civitates foederatae ac liberae bzw. populi foederati ac liberi), und solche, deren Freiheit "durch nicht beschworenen Vertrag oder einseitiges Gesetz von den Römern anerkannt ist"982 (= bloße liberi). Die Freiheit bzw. "die Anerkennung der republikanischen Souveränität"983 der Föderierten bringe das foedus zwangsläufig mit sich984. Die Freiheit der bloßen liberi (= ohne foedus) sei dagegen eingeschränkt durch die Möglichkeit des Widerrufs, weil diese Freiheit sich lediglich auf einen römischen Gesetzgebungsakt gründe und nicht auf einen unwiderruflichen Exse-

980

Weiterhin wird das römisch-rhodische Verhältnis vor 167 v. Chr. von Polybios implizit als Sonderfall gekennzeichnet. Es ist deshalb nicht möglich, es zum Paradigma der römischen Außenpolitik im griechischen Osten seit dem 3. Jh. v. Chr. zu erheben. Selbst wenn man der vorgeschlagenen Deutung keinen Glauben schenken will und das römisch-rhodische Verhältnis vor 167 v. Chr. als vertragslos bewerten möchte, belegt doch gerade die Hervorhebung des rhodischen Sonderfalles durch Polybios, daß das "vertragslose amicitia-Verhältnis" nicht zu den üblichen Mitteln römischer Außenpolitik im 3. und 2. Jh. v. Chr. gehörte. Darauf machen Sherwin-White, Policy 69 und Derow, ZPE 88, 1991, 267 A.16 aufmerksam. 981 Heuß, Grundlagen 9f tendiert im Zusammenhang mit der Erörterung des ius postliminii zu der Meinung, populi liberi hätten nicht unbedingt ein foedus mit Rom gehabt (ebenso z. B. Badian, Clientelae 36ff). 982 Mommsen, Staatsrecht 3, 655ff; s. zuvor schon Kuhn, Verfassung 2, 14ff insbes. 16 passim. 983 Mommsen, Staatsrecht 3, 656. 984 Zu den foederati: Mommsen, Staatsrecht 3, 653f.

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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krationseid985. Die Meinung Mommsens, es habe auch vertragslose civitates liberae bzw. populi liberi gegeben, blieb weitgehend ohne Widerspruch986. In der Definiti985

Mommsen, Staatsrecht 3, 656. 657 mit A.1 (dort muß Mommsen zugeben, daß es für seine Behauptung keine positiven Beweise gibt. Er spricht deshalb vom "Wesen der Freiheit mit foedus und sine foedere"; im Sinne Mommsens Täubler, Imperium 218. 226 A.2. 226f). Dieser Deutung Mommsens ist von Alfred Heuß und neuerdings von Werner Dahlheim überzeugend widersprochen worden (Heuß, Grundlagen 99ff; Dahlheim, Gewalt 247ff. 249 A.123 [Literatur, die Mommsens Deutung folgt]). Es läßt sich die von Mommsen angenommene ungesicherte völkerrrechtliche Position der bloßen civitates liberae bzw. populi liberi weder juristisch noch historisch nachweisen. Dem entspricht es, daß die zwischenstaatliche amicitia die gegenseitige Friedenspflicht und wechselseitige Anerkennung der "Souveränität" mit sich brachte (s. z. B. App. Sic. 1). Auch wenn also Regelungen über das wechselseitige Verhältnis zwischen Rom und einem Vertragspartner außerhalb der beschworenen Verträge getroffen wurden, heißt dies nicht, daß die Regelungen z. B. eines senatus consultum ohne völkerrechtliche Verbindlichkeit für Rom gewesen wären. Es wäre sehr hypothetisch, z. B. die Verpflichtungen Roms gegenüber Aphrodisias, die im Senatsbeschluß festgehalten wurden, als unsicher zu betrachten, nur weil sie nicht beschworen wurden. Es liefe aber gerade darauf hinaus, wenn man im Sinne Mommsens lediglich den beschworenen Vertragsvereinbarungen verpflichtenden Charakter zubilligen wollte. Das Vertragsverhältnis an sich enthielt die Verpflichtung zum Verzicht auf ungerechtfertigte und einseitige Veränderungen des zwischenstaatlichen Verhältnisses, und es schützte also auf diesem Wege auch die Regelungen des Senatsbeschlusses dauerhaft (Reynolds, Aphrodisias Nr. 8). 986 Mommsen, Staatsrecht 3, 656f; ihm folgend Henze, de civitatibus 1. 5. 7. passim; Marquardt, Staatsverwaltung 1, 73ff. 76ff; Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 337f (rechnet mit civitates liberae mit und ohne foedus); Täubler, Imperium 411; Abott/Johnson, Administration 40f mit a. 40; Horn, Foederati 7ff; Heuß, Grundlagen 9ff; Triepel, Hegemonie (1. Aufl.) 467f; A.H.M. Jones, The Greek City from Alexander to Justinian (Oxford 1940) 117 (unterscheidet civitates foederatae und civitates liberae sine foedere, wobei er das Verhältnis der zuletzt genannten zu Rom von der Grundlage römischer Volks- oder Senatsbeschlüssen abhängen läßt); Accame, Dominio 46f. 48. 58ff passim; Gelzer, Gnomon 21, 1949, 23; v. Lübtow, Volk 663; Sherwin-White, Citizenship (2. Aufl.) 174ff insbes. 181 A.5 (bzgl. der Verhältnisse in Afrika); Bernhardt, Imperium 248, vergl. auch 102. 112 A.122 passim (aber ders. ebenda 134 A.230 macht kritisch gegen Täubler bzgl. Knidos, Tyros und Sidon geltend, daß aufgrund des nachlässigen Sprachgebrauchs in den Quellen nicht entschieden werden könne, ob die Städte nur frei oder foederiert gewesen seien); Bernhardt, Historia 26, 1977, 66ff insbes. 67; Dahlheim, Struktur 186 passim; Bernhardt, Polis 290 u. ö.; Yoshimura, Hermes 120, 1992, 334f. Aber kritische Überlegungen (veranlaßt durch den Befund der Inschriften von Aphrodisias) neuerdings bei Sherwin-White, JRS 73, 1983, 221. Gelegentlich findet man die Tendenz, Städte und Völker, für die nur ihre libertas überliefert ist, von den föderierten Städten zu trennen und zur Gruppe der bloßen liberi zu zählen. Damit geht man weit über Mommens Deutung hinaus. Denn dieser meint wohl eher – und das zu Recht –, daß die ungenaue Terminologie der zudem dürftigen Überlieferung Zuweisungen einzelner Städte vor allem Griechenlands zu der einen oder anderen Gruppe unmöglich mache [Das ergibt sich durch die vielschichtige und immer nur um die Herausarbeitung der rechtlichen Prinzipien bemühte Darstellung bei Mommsen, Staatsrecht 3, 652ff; und vergl. insbes. Mommsens Zweifel bzgl. der griechischen civitates liberae in Plinius' Städteliste ebenda 658 A.: "Für den Orient besteht diese terminologische Dreiteilung (sc. civitates stipendiariae, foederatae und liberae) nicht."]. Als Beispiel sei Bernhardt, Imperium passim genannt, dessen Geschichte des rechtlichen Verhältnisses der griechischen Gemeinwesen zu Rom sich gelegentlich auf diese Voraussetzung gründet (der Unterschied zwischen civitates liberae und civitates foederatae bestehe in der Existenz bzw. dem Fehlen eines foedus) und ebenso Kallet-Marx, Hegemony 195f. Eine andere Meinung, die leider nicht argumentativ entfaltet wird, deutet sich bei Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 371f an: "Viele griechische und einige nichtgriechische (besonders punische und hispanische) Städte behielten als

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7. Die civitates liberae

on des Juristen Proculus zum liber populus, die in den Digesten erhalten ist, erkennt Mommsen den deutlichsten Anhaltspunkt für die notwendige Trennung von "foederati et liberi und solchen, die bloss liberi sind"987. Proculus definiere den liber populus und setze "dann hinzu, daß dieser auch foederatus sein könne"988. Diese Deutung ergibt sich jedoch aus dem Text nur, wenn man der Textherstellung Mommsens folgt und mit Mommsen in der Darstellung des Proculus eine rechtliche Scheidung der civitates liberae bzw. populi liberi des imperium Romanum von den civitates foederatae bzw. populi foederati finden möchte. Diese Interpretation ist jedoch keineswegs frei von Bedenken989. Proculus vertrat im achten Buch der Epistulae ad Q. Mucium im Zusammenhang mit dem umstrittenen Geltungsbereich des ius postliminii990 (Dig. 49,15,7 pr. 12991) folgende Meinung: Non dubito, quin foederati et liberi nobis externi sint, nec inter nos atque eos postliminium esse; etenim quid inter nos atque eos postliminio opus est, cum et illi apud nos et libertatem suam et dominium rerum suarum aeque atque apud se retineant et eadem nobis apud eos contingant? Liber autem populus est is, qui nullius alterius populi potestati est subiectus, sive is, foederatus est

freie Bundesgenossen (socii externarum gentium; civitates foederatae) oder als 'frei erklärte' Städte (civitates liberae) Autonomie und eigenes Recht; doch war das Bündnis hier immer zu ungleichem Recht (foedus iniquum)." 987 Mommsen, Staatsrecht 3, 657 mit A.3. 988 Mommsen, Staatsrecht 3, 657 A.3. 989 Den entscheidenden Fortschritt für das Verständnis des Textes brachte Krampe, Epistulae 88ff, und vergl. noch: Maffi, Ricerche 128ff; Cursi, Struttura 145ff (mit Literatur); Baldus, Vertragsauslegung 266ff und 305ff. 990 Einen Aspekt dieser Diskussion beschreibt Kreller, ZRG Rom. Abt. 69, 1952, 179 „ ... Deshalb dürfte es nur eine Richtung innerhalb der Iurisprudenz gewesen sein, die auf die Wiedergewinnung des Bürgerrechts bei Rückkehr aus dem exilium das ius postliminii analog anwandte. Diese Ansicht führte Aelius Gallus an, Proculus lehnte sie ab. ... “ Zu vergleichen ist auch das Fallbeispiel eines freigelassenen römischen Sklaven, der als römischer Bürger potentiell das heimatliche Bürgerrecht im Verständnis der von Proculus kritisierten Deutungen qua ius postliminii zurückgewann, wenn er in seine Heimatgemeinde zurückkehrte (Cic. de orat. 1,40,182; Pomponius 37. Q. Muc. Dig. 49,15,5,3 mit Mommsen, Staatsrecht 3, 53 A.2). Umstritten war auch der Bürgerrechtsstatus des C. Hostilius Mancinius nach der Ablehnung der deditio noxae durch die Numantiner (Cursi, Struttura 57ff Cic. de orat. 1,181. 238; Top. 37; Pomponius Dig 50,7,18; zum paralellen Fall der Pax Caudina, wo sich nach der literarischen Überlieferung dasselbe Problem gestellt haben soll vergl. Liv 9,11,11). 991 Bezüglich des Proculus Einteilung der römischen foedera nach dem politischen Gewicht der Vertragspartner bzw. der Vertragsabsprachen vergl. die paralellen Darstellungen bei: Liv. 28,34,7 (wo die amicitia mit der Vereinbarung von aequis legibus verbunden wird!); Liv. 34,57,7ff (Rede des Menippos). Ungleiche Verträge vergl. z. B. Liv. 9,20,8 (319 v. Chr. Vertrag mit Teaten); 38,12 (189 v. Chr. Vertrag mit Aetolern).

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

225

item, sive aequo foedere in amicitiam venit sive foedere comprehensum est, ut is populus alterius populi maiestatem comiter conservaret. hoc enim adicitur, ut intellegatur alterum populum superiorem esse, non ut intellegatur alterum non esse liberum: et quemadmodum clientes nostros intellegimus liberos esse, etiamsi neque auctoritate neque dignitate neque viribus nobis pares sunt, sic eos qui maiestatem nostram comiter conservare debent, liberos esse intellegendum est. At fiunt nos rei ex civitatibus foederatis et in eos damnatos animadvertimus 992. Übersetzung des Proculus im achten Buch der Epistulae ad Q. Mucium Dig. 49,15,7 pr. 1-2: „Zweifellos haben föderierte und freie Völker ihr Gebiet außerhalb des römischen Staates, doch existiert zwischen uns und ihnen kein ius postliminii. Denn wozu wäre zwischen uns und ihnen ein postliminium notwendig, da sowohl sie (i.e. ihre Bürger) bei uns ihre Freiheit und ihren Besitz wie in ihrem eigenen Gemeinwesen behalten als auch uns dasselbe bei ihnen widerfährt? Ein freies Volk aber ist dasjenige, das der Macht keines anderen Volkes unterworfen ist, sei es daß es zugleich auch föderiert ist, ob es nun vertraglich gleichberechtigt das Bündnis eingegangen ist oder ob es im Vertrag vorgesehen ist, daß das eine Volk den Vorrang des anderen Volkes bereitwillig anerkennt. Das nämlich wird hinzugesetzt, damit zum Ausdruck kommt, daß das eine Volk dem anderen überlegen ist, nicht aber, daß das andere nicht frei ist. Und wie wir unsere Klienten für frei halten, auch wenn sie uns weder an Rang noch Würde noch Kräften ebenbürtig sind, so müssen wir auch diejenigen [i.e. Völker], die unseren Vorrang bereitwillig anerkennen, für frei halten. Doch kommen bei uns Leute aus föderierten Staaten vor Gericht und wir bestrafen sie nach ihrer Verurteilung.“

Die Äußerung des Proculus993 ist von besonderem Interesse bei der Frage nach der rechtlichen Position der civitates liberae bzw. populi liberi. Erstens sind seine Erläuterungen zum liber populus der einzige bekannte Versuch einer „abstrakten Definition“ des liber populus. Zweitens handelt es sich bei ihm um einen Juristen, der aufgrund seiner Profession am ehesten berufen ist, juristische Definitionen zu entwickeln. Drittens wird man seine Definition zumindest als authentischen Nieder-

992

Der Text nach den Handschriften. Statt viri boni in Zeile 10 viribus und statt praesunt in Z. 10 pares sunt mit Haloander (bzgl. viribus – kritisch aber Krampe, Epistulae 93). Mommsen möchte das erste sive in Zeile 5 streichen, aber dazu besteht kein zwingender Grund; denn die lockere Gedankenführung des Proculus ist auch ohne die Streichung nachvollziehbar – hierfür Krampe, Epistulae 90ff, dem aber bzgl. der vorgeschlagenen Textergänzungen (puto in Zeile 1 nach sint; qui nach nach is in Zeile 5) hier nicht gefolgt wird – der Text ist auch ohne Krampes Hinzufügungen verständlich. Das Komma wird hier mit Mommsen vor item gesetzt – gerade dadurch wird deutlich, daß die populi foederati in der Vorstellung des Proculus eine Untergruppe der populi liberi bilden, deren allgemeine Charakteristik es ist, daß sie nullius alterius populi potestati unterworfen sind. 993 Proculus, Dig. 49,15,7.

226

7. Die civitates liberae

schlag der Verhältnisse seiner Zeit (1. Jh. n. Chr.) deuten dürfen994. Sie bildet also einen geeigneten Ausgangspunkt für die modernen Rekonstruktionen. Die am Anfang des Textes von Proculus ins Auge gefaßten liberi sind solche, die ihr Gebiet im römischen Herrschaftsgebiet haben995. Ihrem „völkerrechtlichen Verhältnis“ zu Rom nach bewertet Proculus diese populi als externi. Das soziale Verhältnis der populi liberi zu Rom vergleicht Proculus mit dem römischer clientes. Aus der Darstellung des Proculus ergibt sich für die Frage nach dem rechtlichen Verhältnis der populi liberi des imperium Romanum zu Rom erstens, daß auch die populi foederati zu den liberi zu rechnen sind. Eine Gegenüberstellung der populi foederati mit den populi liberi hat Proculus nicht im Sinn. Keineswegs ist die Darstellung des Proculus in dem Sinne zu verstehen, daß er die populi liberi des imperium Romanum von den populi foederati iuristisch trennen möchte. Dieses Textverständnis ist fragwürdig, weil Proculus, wenn man seinen Gedankengang nachvollzieht, auch solche populi, die keinerlei Bindung mit Rom hatten, als populi liberi verstehen mußte. Denn diese waren gerade aufgrund dieser Tatsache in ihrem politischen/rechtlichen Verhältnis zu Rom ebenfalls als populi liberi einzuschätzen996. Der überlieferte Text ergibt bei dieser Deutung bezüglich der Frage nach dem rechtlichen Verhältnis der populi liberi des imperium Romanum zu Rom also nicht das, was Mommsen ihm entnehmen möchte. Denn Proculus ging es nicht um eine Definition der populi liberi des imperium Romanum, sondern lediglich um eine allgemeine Definition des liber populus. Das Augenmerk des Proculus liegt zwar überwiegend auf den Gemeinwesen des imperium Romanum, aber er hat auch die Gemeinwesen außerhalb des römischen Einflußbereiches als frei erachtet. Der skizzierte Gedankengang des Proculus läßt also die Deutung zu, daß auch die populi liberi des imperium Romanum foedera mit Rom hatten. Diese wird durch die Tatsache unterstützt, daß die von Proculus kritisierten republikanischen Autoren ebenfalls von einem ius postliminii der populi liberi und foederati des imperium Romanum mit Rom ausgingen. Die Gewährung des ius postiliminii z. 994

Seine Darstellung läßt sich bei der politischen Einteilung der zwischenstaatlichen Verträge mit ganz parallen Berichten des Livius verbinden (Liv. 28,34,7; 34,57,7ff; 9,20,8; 38,12), womit die diesbezügliche Rechtsanschauung des Proculus wohl als Niederschlag der Diskussion des 1 Jh. v. Chr. gewertet werden darf. 995 Natürlich sind auch die Völker außerhalb des imperium Romanum als externi und im Kontext der Darstellung des Proculus als liberi zu bewerten. 996 Liber autem populus est is, qui nullius alterius populi potestati est subiectus ist allgemein gehalten und umfaßt auch solche populi, die in keinem rechtlichen Verhältnis zu Rom stehen, wie sie bei Pomponius 37. ad Quintum Mucium Dig. 49,15,5,2 begegnen.

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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B. an versklavte römische Bürger bei populi liberi des imperium Romanum war, wie weiter oben ausgeführt wurde (vergl. Seite 182ff), seit früher Zeit in der römischen Rechtsanschauung an ein Vertragsverhältnis dieser populi mit Rom gebunden. Die vorgeschlagene Deutung des Proculustextes läßt sich schematisch in folgender Darstellung veranschaulichen:

Populi liberi der Ökumene Imperium Romanum Populi foederati

Gemeinwesen ohne Bindung zu Rom Populi liberi

Populi liberi

Eine Erzählung bei Appian997, die die Zeit des Mithradatischen Krieges behandelt, bestätigt die oben erwogene Deutung des Proculustextes: ÉxèåÜ=íÉ=Ö~Xê=é~îåí~=â~áX= Ä~ëáäÉáD?I=çôëçá=ëìîãã~ÅçáI=â~áX= éçîäÉá?I=çìàÅ=çôë~á=ãçîåçå=ìgéçJ íÉäÉáD?I=~àää~X= â~áX= çôë~á=Ég~ìí~X?=ÉàÖâÉÅÉáêáîâÉë~å=ÉàéáX= ëìåèÜîâ~á?=Éxåçêâçá=â~áX= Çá~X= ëìãã~ÅáJ î~å=Üx=íáå~=~àêÉíÜXå=~xääÜå=~ìàíçîåçãçáî=íÉ=â~áX=Ñçîêïå=Üyë~å=~àíÉäÉáD?I=íçîíÉ=é~Dë~á=ëìåíÉäÉáDå ÉàâÉäÉìîçåíç=â~áX=ìgé~âçìîÉáå=Åïîê~?=íÉ=Éxåá~á=â~áX=äáãÉîåïå=â~í~X=ëìåèÜîâ~?=ëÑáîëá=ÇÉÇçãÉîåïå ~àÑÜLêçìDåíçK [App. b.c. 1,102 (475)]. Übersetzung App. b.c. 1,102 (475): „Denn alle Völker und Könige, die Verbündete waren, und die Städte, nicht nur alle tributpflichtigen, sondern auch alle, die sich mit Verträgen ergeben hatten, und alle, die wegen einer Waffenhilfe oder einer anderen Leistung autonom und von Abgaben befreit waren, alle wurden damals angewiesen, Abgaben zu leisten und zu gehorchen, und manche wurden ihres Landes und ihrer Häfen beraubt, die man ihnen vertraglich überlassen hatte.“

Appian stellt zuerst die civitates stipendariae den Gemeinden gegenüber, die sich Rom mit einem foedus ergeben hatten. Dann geht er zu den civitates liberae über, die jeweils aufgrund unterschiedlicher Verdienste um Rom von Abgaben befreit 997

Die Mommsen als Beleg für seine Deutung nennt: Mommsen, Staatsrecht 3, 657f A.3; Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 337 A.7 und Horn, Foederati 8.

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7. Die civitates liberae

waren998. Alle genannten Städtetypen wurden Appian zu Folge damals zu Gehorsam verpflichtet, und ihnen wurden Land und Häfen genommen, auch wenn diese ihnen vertraglich (â~í~X= ëìåèÜîâ~?) zugestanden worden waren. Dieser Gedankengang des Appian setzt voraus, daß alle von ihm genannten Städtegruppen Verträge mit Rom hatten. Es werden bei Appian auch nicht civitates foederatae den civitates liberae gegenübergestellt, wie es Mommsen voraussetzt. Denn offensichtlich meint Appian bei den çôë~á=Ég~ìí~X?=ÉàÖâÉÅÉáêáîâÉë~å=ÉàéáX=ëìåèÜîâ~á?=Éxåçêâçá nur solche Städte, die sich Rom während des Mithradatischen Krieges mit Verträgen ergaben – Appian spricht also nicht von civitates foederatae allgemein. Appian belegt also das vorgetragene Verständnis des Proculustextes. Ein bisher in diesem Zusammenhang kaum besprochener Brief des jüngeren Plinius (ep. 8,24 an den jüngeren Maximus) trifft sich zum Teil mit Appian und der erwogenen Interpretation des Proculus, indem er den civitates liberae den völkerrechtlichen Status von mit Rom foederierten Gemeinwesen zuschreibt999: Cogita te missum in provinciam Achaiam, illam veram et meram Graeciam, in qua primum humanitas litterae, etiam fruges inuentae esse creduntur; missum ad ordinandum statum liberarum civitatum, id est ad homines maxime homines, ad liberos maxime liberos, qui ius a natura datum virtute meritis amicitia, foedere denique et religione tenuerunt... Übersetzung des Plin. Ep. 8,241000: „Bedenke, daß Du in die Provinz Achaia geschickt worden bist, das wahre und echte Griechenland, in dem zuerst Bildung, Wissenschaft und selbst der Ackerbau erfunden worden sein sollen, daß Du geschickt worden bist, um die finanziellen Verhältnisse freier Städte (civitates liberae) zu ordnen, das heißt zu Menschen, die im vollsten Wortsinn Freie (liberi) sind, die diesen von der Natur verliehenen Rechtsanspruch durch Tüchtigkeit (virtus), Verdienste (merita), Freundschaft (amicitia), durch Vertrag (foedus) schließlich, durch heilige Verpflichtung (religio) bewahrt haben ...“

998

Vergl. ebenso Str. 17,24 [839]. A.N. Sherwin-White, The Letters of Pliny. A Historical and Social Commentary (Oxford 1966) 478. 1000 Mit unbedeutenden Variationen nach Werner Krenkel, Plinius der Jüngere. Briefe in einem Band (1. Aufl. Berlin u.a 1984) 255. 999

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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Auf Grund der Zeugnisse des Proculus, Appian und Plinius muß man also von der Annahme ausgehen, daß auch civitates liberae bzw. populi liberi ein foedus mit Rom hatten1001. Gestützt wird diese Deutung außerdem durch die Tatsache, daß römische Bürger nachweislich auch in civitates liberae ins Exil gingen. Polybios aber berichtet, das ius exilii habe Rom nur mit Gemeinden besessen, die ein foedus hatten1002. Ferner läßt sich so erklären, weshalb Agrippa/Plinius in seiner Geographie Städte (Aphrodisias, Athen und Mytilene), die nachweislich zur Entstehungszeit seiner Quelle1003 und zur Zeit des Plinius1004 ein foedus mit Rom hatten1005, lediglich als civitates liberae bezeichnet1006. Auch die auffällig ähnlichen Pflichten und Rechte der civitates foederatae und der civitates liberae1007 könnten damit begründet werden. Die Ursprünge der zwischenstaatlichen Verhältnisse der civitates liberae und der civitates foederatae mit Rom unterschieden sich eben nicht1008. 1001

Mommsen; Staatsrecht 3, 654 A.3 scheint paradoxerweise sogar davon auszugehen, daß die sizilischen Städte foedera hatten, wenn er auch sie zu den ÉxåëéçåÇçá zählt. Mommsens Konstruktion des "nicht beschworenen" Vertrags (3, 656) ist offensichtlich ein Notbehelf, um die Widersprüchlichkeit der Überlieferung aufzuheben (eine Variation des Gedankens von Mommsen ist offensichtlich die von Accame, Dominio 79ff angenommene Kategorie unbeschworener Senatsverträge). 1002 Plb. 6,14,7f mit Walbank, Commentary 1, 682f, wo implizit zumindest die Existenz eines foedus als Voraussetzung des ius exilii zugegeben wird (Baronowski, CQ 38, 1988, 173 mit A.8) und Bernhardt, Imperium 99 mit Literatur in A.53. 119 A.166. 1003 Als eine wichtige Quelle des Plinius wird gewöhnlich Agrippas Reichskarte genannt, vergl. Kroll, RE 21 (1952) 304f s.v. C. Plinius Secundus Nr. 5; Magie, Rule 1, 473ff; 2, 1335f; vergl. aber auch Dahlmann, ANRW 1,3 (1973) 14 (Varro ist gelegentlich Quelle für Plinius’ Geographie; zu dieser Problematik: K.G. Sallmann, Die Geographie des älteren Plinius in ihrem Verhältnis zu Varro. Versuch einer Quellenanalyse (Berlin u. a. 1971) passim). 1004 Sicher ist dies zumindest für Athen. 1005 Aphrodisias: Reynolds, Aphrodisias Nr. 8; Athen: Tac. ann. 2,35; Suet. Cal. 3,2; vergl. Horn, Foederati 65ff; Bernhardt, Imperium 86. 117. 183f; Gruen, World 24 mit A.61; Mytilene: Sherk, Documents Nr. 26 [146ff]. 1006 Aphrodisias: Plin. n.h. 5,109; Athen: Plin. n.h. 4,24; Mytilene: Plin. n.h. 5,139. Weitere Belege für diese Widersprüchlichkeit in der Überlieferung bei Bernhardt, Historia 29, 1980, 193 A.20. 1007 Z. B. Horn, Foederati 47ff. 48 "Es ist festzustellen, daß in den Leistungen und Rechten der civitas libera kein Unterschied zu der verbündeten Gemeinde bestand." Nörr, Imperium (1. Aufl.) 57ff (ius legationis der civitates liberae); L.M. Hartmann, De exilio apud Romanos inde ab initio bellorum civilium usque ad Severi Alexandri principatum, diss. Berlin 1887, 1. 6 (ius exilii für civitates liberae und civitates foederati); Bernhardt, Imperium 97ff insbes. 99 ius exilii auch in den civitates liberae; Dahlheim, Gewalt 188 A.40 (Leistungen der civitates liberae) und ebenda 256 mit A.138. 261ff; Neesen, Untersuchungen 206f A.1. 1008 Auch die Gegenüberstellung von liberi, foederati und reges in der Stellungnahme des spätrepublikanischen Juristen C. Aelius Gallus zum ius postliminii belegt ebenfalls die vorgeschlagene Deutung des Proculus [anders Mommsen, Staatsrecht 3, 656 A.1; Horn, Foederati 46f, vergl. dazu Heuß, Grundlagen 10f A.1]: cum populis liberis et cum foederatis et cum regibus postliminium nobis est ita uti cum hostibus; quae nationes in dicione nostra sunt, cum his – der Text bei F. Funaioli, GRF 1, p. 545f frg. 2 bei Festus 244L; vergl. Cursi, Struttura 13f A1 (Literatur) 97ff. Es ist sicher, daß auch die reges foedera mit Rom haben konnten [Man denke

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7. Die civitates liberae

Die einzigen zweifelsfreien Beispiele für sine foedere immunes civitates ac liberae scheinen die fünf von Cicero in den Verrinen genannten Städte Siziliens Centuripae, Halaesa, Segesta, Halikyai und Panormus zu sein1009. Im Unterschied zu den zwei föderierten Gemeinden der Mamertini und Tauromeniums waren diese Gemeinden immunes ac liberae, auch ohne ein foedus zu besitzen. Es ist unbekannt, ob die foeduslose Immunität und Libertät dieser Städte vom Beginn der römischen Herrschaft über ganz Sizilien bestand1010. Deshalb wird man diese nicht als gängiges Instrument früher römischer Provinzialordnungen in Anspruch nehmen können. Halikyai und Segesta zumindest gehörten zu den Städten Siziliens, die sich zu Beginn des 1. Punischen Krieges den Römern freiwillig dedierten. Die Segestaner waren zuvor mit Karthago verbunden, so daß es kaum glaubhaft ist, daß Segesta mit

etwa nur an die Fälle des Syphax, des Massinissa, des Philipp und des Perseus]. Also kann der Unterschied zwischen den liberi und den foederati/reges, der bei Aelius Gallus vorausgesetzt wird nicht im Bestehen oder Nichtbestehen eines foedus mit Rom gesucht werden [vergl. ebenso Cic. Pis. 98; Sall. Iug. 31,9]. Dies verbindet C. Aelius Gallus mit dem vorgeschlagenen Verständnis des Proculus. Der vielbesprochene Unterschied zwischen der Rechtsanschauung des C. Aelius Gallus und der des Proculus bzgl. des ius postliminii (vergl. Krampe, Epistulae 89f) der populi liberi hebt sich auf, wenn man bedenkt, daß Aelius Gallus nur das theoretisch gegebene Rechtsverhältnis beschreibt, während Proculus durch die Erweiterung der Betrachtung auf das römische Alltagsleben den praktischen Widersinn dieser überzogenen iuristischen Deutungen augenfällig macht. Es mag sein, daß diese Deutung des Proculus (1. Jh. n. Chr.) zugleich Ausdruck eines im Vergleich zum 1. Jh. v. Chr. (C. Aelius Gallus) gewandelten Verhältnisses Roms zu den Völkern des imperium Romanum ist. 1009 Cic. Verr. 2,3,13. Als Beleg genannt z. B. bei Mommsen, Staatsrecht 3, 657 A.3. 654 A.3 zählt er sie zu den ÉxåëéçåÇçá, deren Kreis Mommsen weiter fassen will als den der foederati (vergl. zuvor bereits Kuhn, Verfassung 16). Auch Accame, Dominio 79ff rechnet mit unbeschworenen Verträgen [zuvor bereits ähnliche Überlegungen bei Täubler, Imperium 253], die er Senatsverträge sein läßt (dagegen aber die Rezensenten: Walbank, JRS 37, 1947, 206; Gelzer, Gnomon 21, 1949, 24). 1010 Dahlheim, Gewalt 174ff vergl. auch ders. ebenda 28ff (und zuvor Ziegler, RE 21 (1923) 2501ff s.v. páâÉäáî~). Den foeduslosen Status der sizilischen Gemeinden wollen Badian, Clientelae 36ff und neuerdings Eckstein, Senate 103ff. 106 schon in die Zeit des 1. Punischen Krieges verlegen (kritisch dazu J. Rich Patronage and Interstate Relations in the Roman Republic, in: A. Wallace-Hadrill, Patronage in Ancient Society (London u. a. 1989) 121 [117-135]). Diese Deutung wird durch die einschlägigen Quellenzeugnisse (Plb. 1,16; Diod. 23,4f; Eutrop. 2,19; Zon. 8,9,10f) nicht eindeutig bestätigt. Angesichts der Tatsache, daß Sizilien erst viel später als ständige Provinz eingerichtet wurde und daß die Verhältnisse in Sizilien im 2. Punischen Krieg und am Ende des 2. Jh. v. Chr. zahlreiche Veränderungen erlebten, scheint die Annahme, civitates sine foedere immunes et liberae habe es bereits seit 263 v. Chr. gegeben, schwer nachvollziehbar; vielmehr scheint der Entzug der foedera am Ende des 2. Jh. v. Chr. eine plausiblere Deutung zu sein. Dies vor allem auch deshalb, weil Segesta und Halikyai am Ende des 2. Jh. v. Chr. im Gebiet der Aufständischen unter Athenion lagen und deshalb die Annahme naheliegt, daß nach der Niederwerfung des Aufstandes eine Änderung bzgl. ihres Status gegenüber Rom vorgenommen wurde (vergl. Ziegler, RE 21 (1923) 2505 s.v. páâÉäáî~).

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

231

der deditio an Rom seine Stellung verschlechterte, indem es sich in ein prekäres zwischenstaatliches Verhältnis zu Rom begab. Die sizilischen Beispiele von sine foedere immunes civitates ac liberae können nicht gegen die vorgetragene Deutung des Proculus der populi liberi ausgespielt werden. Proculus will offensichtlich nur die zu seiner Zeit gängigen Arten der libertas erfassen. Die Verhältnisse auf Sizilien hatten sich jedoch während des Bürgerkrieges am Ende des 1. Jh. v. Chr. grundlegend geändert, so daß Proculus foeduslose civitates liberae vermutlich unbekannt waren, weil sie während der Republik eine auf Sizilien beschränkte Ausnahmeerscheinung waren. So löst sich der Widerspruch zwischen der vorgeschlagenen Deutung des Proculus und Cicero auf, der zudem die Sonderstellung Siziliens unter den römischen Provinzen bei der Steuererhebung deutlich hervorhebt. Es ist daher schon aus diesem Grunde höchst bedenklich, die sizilische Provinzialordnung zum Ausgangspunkt z. B. bei der Rekonstruktion der Position der civitates liberae in Griechenland zu nehmen1011.

8. Das Problem des urkundlichen amicitia-Vertrags Nachdem sich die Belege für vertragslose amicitia-Verhältnisse insgesamt als problematisch erwiesen haben, bleibt zu fragen, ob es einen speziellen urkundlichen amicitia-Vertrag gab. Heuß versucht zu zeigen, daß es keinen speziellen "Freundschaftsvertrag" gab, der die von Mommsen oder die von Täubler angenommene Form und völkerrechtliche Funktion gehabt hätte1012, doch erscheint es durchaus als möglich, daß es einen Vertragstypus gab, dessen einziger Zweck die Herstellung bzw. Regulierung der zwischenstaatlichen amicitia war1013. Es ist zwar kein Vertrag überliefert, der lediglich die zwischenstaatliche amicitia vereinbarte, doch könnte das foedus amicitiae causa factum bei Pomponius (Dig. 49,15,5,2) als Beleg für die Existenz eines speziellen Vertragstypus herangezogen werden, der in der Antike als "Freundschaftsvertrag" bezeichnet worden wäre1014. Der Ausdruck des Pomponius 1011

Cic. Verr. 2,3,12ff. Diese waren der Ansicht, daß der Freundschaftsvertrag allein bzw. in Verbindung mit hospitium-Verträgen die notwendige Voraussetzung für das zwischenstaatliche Verhältnis und den internationalen Privatverkehr gewesen sei. 1013 Mit dieser Möglichkeit rechnen: Seckel, Krieg 22f. 25f; Triepel, Hegemonie (1. Aufl.) 472ff; v. Lübtow, Volk 642 mit A.29 (Literatur); DeMartino, Storia 2,1 (1. Aufl.) 24ff insbes. 26ff; Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 87f; Ziegler, Pensamiento D.A. Truyol Serra 2 (1986) 1264ff. 1014 Vergl. auch: Liv. 28,34,7; 34,57,7ff; 42,12,5; Sil. Ital. 17,75. 1012

232

8. Das Problem des urkundlichen amicitia-Vertrags

läßt freilich offen, ob es ein festgelegtes Vertragsformular für das foedus amicitiae causa factum gab. Es besteht deshalb grundsätzlich keine Veranlassung, ein festes Vertragsformular des foedus amicitiae causa factum zu erwarten, wie dies Mommsen und Täubler tun1015. Der amicitia-Vertragstypus, den Pomponius im Auge hat (foedus amicitiae causa factum), kann durchaus alle Verträge umfassen, die keine verpflichtende Waffenbrüderschaft oder den Frieden regelten1016. Mit dieser Deutung fände das Fehlen eines festen amicitia-Vertragsformulars in der Überlieferung1017 eine plausible Erklärung. Denn ein foedus amicitiae causa factum wäre dann in der Regel lediglich mit der Festlegung beliebiger Vereinbarungen über die spezielle Ausgestaltung des zwischenstaatlichen Verhältnisses zwischen Rom und dem jeweiligen Vertragspartner verbunden gewesen. Die Vereinbarungen der amicitia-Verträge hätten also von den jeweiligen politischen Erfordernissen abgehangen. Man könnte deshalb immerhin Heuß’ Kritik an dem von Mommsen und Täubler rekonstruierten amicitia-Vertragsformular zustimmen. Seine weitergehende Kritik an der Existenz einer Vertragsgruppe, die amicitiae causa geschlossen wurde, erschiene hingegen dagegen als fragwürdig1018. Heuß bezweifelt grundsätzlich die Existenz des von Mommsen bzw. Täubler rekonstruierten amicitia-Vertrags, weil es erstens für ihn weder einen urkundlichen noch einen literarischen Beleg gibt1019. Zweitens dienten die frühen Staatsverträge Roms mit Karthago offensichtlich nicht der von Mommsen angenommenen völkerrechtlichen Erschaffung einer rechtlichen Grundlage für den sicheren Handels- und

1015

Mommsen, Forschungen 1, 326ff insbes. 348ff; ders., Staatsrecht 3 590f; 597ff; Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 286 (rechnet mit einem förmlichen amicitia-Vertrag); Ferrenbach, Amici 53. 64f. 69; Täubler, Imperium 1. 424. 402ff (möchte den Freundschaftsvertrag anders als Mommsen entwicklungsgeschichtlich nicht aus dem Gastvertrag herleiten, sondern aus dem Kriegsvertrag). 1016 Vergl. die entsprechenden Überlegungen bei Triepel, Hegemonie (1. Aufl.) 470f. Eine solche Unterscheidung liegt wohl der pointierten Gegenüberstellung bei Paulus Dig. 49,15,19,3 zugrunde: sed et si in civitatem sociam amicitiamve aut ad regem socium vel amicum venerit, statim postliminio redisse videtur. 1017 Auf das Fehlen eines solchen Formulars weist Heuß, Grundlagen 12ff passim zu Recht hin. 1018 Diese Deutung trifft sich teilweise mit den jüngeren Befürwortern eines speziellen amicitiaVertrags. Diese stellen sich sein Formular anders als Mommsen und Täubler vor und billigen ihm eine geringere völkerrechtliche Funktion zu, vergl. neuerdings Ziegler, Pensamiento D.A. Truyol Serra 2 (1986) 1264ff. 1019 Heuß, Grundlagen 12ff passim; seine Darstellung, Täubler, Imperium 403f habe Mommsens Identifizierung des Freundschaftsvertrags mit dem Gastvertrag abgelehnt, ist unvollständig. Denn Täublers, Imperium 402ff Ausführungen dienen vornehmlich dem Zweck, Mommsens entwicklungsgeschichtliche Herleitung des römischen Staatsvertrags aus dem Gastvertrag zu widerlegen.

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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Rechtsverkehrs zwischen den Bürgern der Vertragspartner1020. Vielmehr schränken sie diesen Verkehr ein, dessen vorherige staatsvertraglich ungesicherte Existenz gerade diese Einschränkungen augenfällig belegten1021. Damit entfiele also eine wichtige Voraussetzung für die Rekonstruktion des amicitia-Vertrags durch Mommsen1022. Mommsens Interpretation liegt der Gedanke zugrunde, daß für Rom und seine Bürger völkerrechtliche und internationale privatrechtliche Verpflichtungen nur aufgrund staatsvertraglicher Zusicherung entstanden und diese nur soweit reichten, wie sie vereinbart worden waren1023. Schon zur Zeit Mommsens und auch später wurde diese Deutung, die offensichtlich die Möglichkeit historischer Entwicklung des angeblichen Prinzips unbeachtet läßt, von einigen Historikern entwicklungsgeschichtlich modifiziert1024. Die Verbindung römischer Staatsverträge mit der Schaffung und Regulierung des internationalen Privatrechts habe nur während der frühen Republik bestanden. Seit dem 3. Jh. v. Chr. fehlten detaillierte Regelungen in den Staatsverträgen, weil sich das prätorische Fremdenrecht1025 bzw. das zum Teil privatrechtliche ius gentium1026 entwikkelte, das unabhängig von Regelungen in Staatsverträgen z. B. in Prozessen zwischen Römern und

1020

Mommsen, Forschungen 1, 329 A.4 (bemerkt einschränkend, daß das spätere römische Staatsrecht eine amicitia auch ohne Gastvertrag gekannt haben könnte). 326ff. 334f insbes. 348ff; ders., Staatsrecht 3, 590f. 597ff. 600; Täubler, Imperium 2. 1021 Heuß, Grundlagen 6ff. 1022 Erst der amicitia-Vertrag bzw. die amicitia-Vereinbarungen stellten nach Mommsen ein völkerrechtliches Verhältnis Roms zum fremden Gemeinwesen her (so auch Täubler), und ihr notwendigster Bestandteil sei die in ihnen festgelegte gegenseitige Garantie für Rechtsgeschäfte zwischen Bürgern der Vertragspartner gewesen. Täubler hingegen nimmt gesonderte hospitiumVerträge an, die diesem Zweck dienten. Letzteres sei notwendig gewesen, weil der Ausländer in Rom aufgrund der personalen Geltung des römischen ius civile gegenüber Römern weder geschäfts- noch klagefähig gewesen sei. Derselben Meinung waren z. B.: Ihering, Geist 1 (zit nach 9. Aufl.) 225ff; Voigt, Ius 1, 104ff. 140ff. 155ff. 158ff passim; ders., Römische Rechtsgeschichte 1 (1892) 258ff; Ferrenbach, Amici 53. 64f. 69; P. Jörs, Römische Rechtswissenschaft zur Zeit der Republik (Berlin 1888) 130ff. 1023 Vergl. insbesondere Mommsen, Staatsrecht 3, 590f: "Nach römischer Rechtsanschauung ist ... das internationale Rechtsverhältnis die Ausnahme, welche nur herbeigeführt werden kann durch ein Übereinkommen der beiden Theile und nur soweit reicht wie dieser Vertrag ..." 1024 P. Jörs, Römische Rechtswissenschaft zur Zeit der Republik (Berlin 1888) 132; ders., Privatrecht (3. Aufl.) 58f und Voigt, Ius 2, 216ff insbes. 218f; ders., Römische Rechtsgeschichte 1 (1892) 258ff; R. v. Mayr, Römische Rechtsgeschichte 2 (Leipzig 1912) 79f; Täubler, Imperium 9f u. ö. Vergl. insbes. die lex Antonia de Termessibus bei G. Bruns, Fontes iuris Romani antiqui (7. Aufl. Tübingen 1907) Nr. 14, in der gewohnheitsrechtliche Regelungen des Privatverkehrs erwähnt werden. 1025 Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 438ff. 1026 Neuerdings Kaser, Ius gentium 4ff passim; ders., Privatrecht 1, 36. 207; s. auch Voigt, Rechtsgeschichte 1 (1892) 154ff; Weiss, RE 10 (1917) 1220ff s.v. ius gentium; Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 106f.

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8. Das Problem des urkundlichen amicitia-Vertrags

Ausländern angewendet wurde. Damit wäre zumindest das von Heuß zutreffend festgestellte Fehlen der privatrechtlichen Regelungen in den Staatsverträgen seit dem 3. Jh. v. Chr. erklärt1027.

Heuß’ Beobachtungen bezüglich der privatrechtlichen Vereinbarungen der frühen Karthagerverträge bleiben beachtenswert1028, und seine darauf aufbauende Interpretation gegen den amicitia-Vertrag kann auch von anderer Seite her bestätigt werden: Das angebliche Prinzip des römischen Völkerrechts beschreibt Mommsen von zwei Seiten, indem er das internationale Rechtsverhältnis Roms gegenüber dem Ausland als Ausnahme und die Rechtlosigkeit des Ausländers in Rom als Regel ansieht1029. Den unausgesprochenen Voraussetzungen dieser Deutung kann man manches entgegenhalten. Rom sah sich gegenüber allen Vertragspartnern (auch während der frühen Republik) zur Einhaltung des ius legationis1030, des ius postliminii1031, des ius exilii1032 und des ius fetiale verpflichtet, obwohl diese Verpflichtungen in den bekannten Staatsverträgen in der Regel nicht eigens vereinbart wurden1033. Es gab also offenbar von Rom gewohnheitsrechtlich anerkannte „völkerrechtliche Verpflichtungen“, die sich aus dem Vertragsverhältnis an sich ergaben. 1027

Heuß, Grundlagen 8ff. 12ff. Heuß, Grundlagen 6ff. 1029 Mommsen, Staatsrecht 3, 590f. Täubler vergröbert die Interpretation Mommsens zum Prinzip der "Natürlichen Feindschaft" Roms gegenüber dem vertraglich unverbundenen Gemeinwesen und dessen Bürgern (Täubler, Imperium 1 passim). 1030 Z. B. Plb. 2,19. 1031 Dessen staatsvertragliche Einschränkung begegnet nur als Ausnahmeerscheinung: Tryphonius Dig. 49,15,12 pr. (vergl. Baldus, Vertragsauslegung 260ff); Pomponius 49,15,20 pr. 1032 Die Gewährung des gegenseitigen (vergl. Cic. de or. 1,177) ius exilii ist an ein bestehendes Vertragsverhältnis gebunden: Plb. 6,14,7f – vergl. auch Kleinfeller, RE 6 (1907) 1683f s.v. exilium; Kaser, Privatrecht 1 (2. Aufl.) 33 A.14; Walbank, Commentary 1, 628f; Baronowski, CQ 38, 1988, 173 A.8; J.P.V.D. Balsdon, Romans and Aliens (London 1979) 102-115. Auch das Gesandtenrecht wurde als unausgesprochenes Zubehör des Vertragsverhältnisses an sich verstanden, vergl. Plb. 2,8. 19; 15,4; Liv. 21,25; 30,25 mit Jäger, Unverletzlichkeit 24. 1033 Ebenso verhält es sich, wie mir scheint, mit der reciperatio, deren ausdrückliche Vereinbarung in den bekannten Staatsverträgen in der Regel nicht begegnet (D.H. 6,95; im foedus Cassianum werden nur Fristen für das Verfahren festgelegt). Deshalb wird C. Aelius Gallus, GRF 1, hsg. G. Funaioli, p. 550, frg. 16 (= Festus 342L) Reciperatio – cum inter populum et reges notionesque et civitates peregrinas lex convenit, quomodo per reciperatores reddantur res reciperenturque, resque privatas inter se persequantur am besten so zu verstehen sein, daß die lex eine Verpflichtung meint, die sich aus dem Vertragsverhältnis an sich ergab (anders z. B. Voigt, Ius 2, 140ff. 155ff und ders., Römische Rechtsgeschichte 1 (1892) 258ff; Schmidt, ZRG 9, 1888, 132ff und Schmidlin, Recuperatorenverfahren 6ff; Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 107); Baldus, Vertragsauslegung 327ff. Zu dieser Verwendung von lex vergl. z. B. Seneca, de remed. fortuit. 2,1 gentium lex est, quod acceperis reddere, zitiert nach Kaser, Ius gentium 53. 55). 1028

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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Die unsichere rechtliche Position des Ausländers in Rom kann auch nicht stillschweigend in Analogie zu den zwischenstaatlichen Verhältnissen gesetzt werden, wie dies bei Mommsen und Täubler geschieht. Es gab schon während der frühen Republik außerstaatsvertragliche Möglichkeiten zur Herstellung der Rechtsfähigkeit für den einzelnen Ausländer in Rom1034. So stellte die Verleihung des römischen Bürgerrechts und des hospitium publicum auf Beschluß der Komitien die Rechtsfähigkeit des Ausländers in Rom auch ohne Staatsvertrag her1035. Das hospitium privatum1036 gab dem Ausländer zumindest die Möglichkeit, durch Stellvertretung des römischen Gastfreundes Geschäfte und Klagen zu tätigen1037. Schon das Zwölftafelrecht kennt selbst den nur kurze Zeit in Rom verweilenden hostes als prozeßfähigen Kläger und Beklagten1038. Welche Form diese Fremdenprozesse hatten, ist unsicher. Ohne Aufgabe des Bürgerrechts seiner Heimatgemeinde konnte der Ausländer, der in früher Zeit in der Regel aus der unmittelbaren Nachbarschaft Roms und Latiums kam, sich als municeps in Rom niederlassen. Ursprünglich waren die municipes einzelne Ausländer, die in Rom lebten und zur Abgabe und Erfüllung der munera publica verpflichtet waren, aber an den politischen Rechten der römischen Bürger keinen Anteil hatten. Sie waren zwar keine römischen Bürger, aber ihre Geschäftsfähigkeit gegenüber römischen Bürgern kann kaum bezweifelt werden. Wovon hätten sie ohne gesicherte Geschäftsfähigkeit munera entrichten sollen, und weshalb hätten sie andernfalls ihren Wohnort nach Rom verlegen sollen? Es ist dies die von Mommsen (Staatsrecht 3, 231f) zu Unrecht als "verschollen" bezeichnete ursprüngliche Art des genus hominum der municipes (schon Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 288. 295f rechnet ausdrücklich mit dieser alten Form des municeps-Status). Paulus Fest. 155L Municipium 1034

Dies ergibt sich z. T. auch aus der Darstellung z. B. bei: Jörs, Privatrecht (3. Aufl.) 58f; Kaser, Studi V. Arangio Ruiz 2 (1954) 138f; Kiechle, Kl. Pauly 2, 1234 s.v. hospitium; Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 265ff. 1035 Kaser, Privatrecht 1 (2. Aufl.) 32. 201; vergl. Plescia, RIDA 3. Ser. 41, 1994, 328 mit A.86 (zum Inhalt des hospitium publicum). 1036 Als Beleg für die freizügige Gewährung der hospitia in Etrurien in früher Zeit vergl. Arist. Polit. 3,9 (1280a) und Täubler, Imperium 414; Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 85ff; Faschner, RAC 8 (1972) 321ff s.v. Fremder. Das hospitium privatum und publicum blieb auch in der Kaiserzeit eine gängige Art der privatrechtlichen Absicherung des Ausländers in fremden Gemeinwesen, vergl. die Belege in der Sammlung von A. Illana Balil; R. Valls Martín u. a., Tessera hospitales... (= Monogr. de Museo arqueol. de Valladolid 1988). Beim Umfang der gewährten hospitia publica gab es Unterschiede; vergl. Liv. 37,52ff. 1037 Kaser, Studi V. Arangio Ruiz 2 (1954) 138f; Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 85ff; Faschner, RAC 8 (1972) 322f s.v. Fremder. 1038 Festus 414f L 290L. 273L. 233L.; Cic. off. 1,12,37. Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 265f; Flach, Gesetze 122f.

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8. Das Problem des urkundlichen amicitia-Vertrags

id genus hominum dicitur, qui cum Romam venissent, neque cives Romani essent, participes tamen fuerunt omnium rerum ad munus fugiendum una cum Romanis civibus, praeterquam de suffragio ferendo, aut magistratu capiendo; sicut Fundani, Formiani, Cumani, Acerrani, Lanuvini, Tusculani, qui post aliquot annos cives Romani effecti sunt. Alio modo, cum id genus hominum definitur, quorum civitas universa in civitatem Romanam venit, ut Aricini, Caerites, Anagnini. Tertio, cum is genus hominum definitur, qui ad civitatem Romanam ita venerunt, uti municipia (im Sinne von municipes zu verstehen; Niebuhr will municipes konjizieren) essent sua cuiusque civitatis et coloniae, ut Tiburtes, Praenestini, Pisani, Urbinates, Nolani, Bononienses, Placentini, Nepesini, Sutrini, Luc[r]enses. Die Stelle ist seit langem heftiger Kritik ausgesetzt1039, weil sie in ihrem ersten Teil nicht mit der Definition bei Festus 126L Municeps est, ut ait Aelius Gallus, qui in municipio liber natus est. Item qui ex alio genere hominum munus functus est. Item qui in municipio ex servitute se liberavit a municipe. At Servius filius aiebat initio fuisse, qui ea conditione cives fuissent, ut semper rempublicam separatim a populo Romano haberent, Cumanos, Acerranos, Atellanos, qui aeque [lacuna] (und danach Paulus Fest. 117L) zur Deckung zu bringen ist. Den Kritikern (z. B. Hantos, Bundesgenossensystem 86ff) wird man erstens entgegenhalten können, daß Paulus Fest. 155L nicht mit Festus 126L (und danach Paulus Fest. 117L) eine gemeinsame Urquelle hat. Dies ergibt sich bereits durch die verschiedenen Städtelisten in den Stellen (man beachte z. B. die Reihenfolge und Anzahl der genannten Städte). Zweitens muß in die Überlegung mit einbezogen werden, daß Festus 126L (und danach Paulus Fest. 117L) unvollständig überliefert ist, so daß die Vorstellungen des Servius filius (es bleibt unklar, ob es sich hierbei um den republikanischen Juristen Servius Sulpicius handelt) nicht gegen Paulus Fest. 155L ausgespielt werden können, weil wir nicht wissen, wie dessen Darstellung insgesamt aussah (Paulus Fest. 117L gibt nur die Tendenz der nach qui aeque folgenden Ausführungen des Servius filius). Außerdem ist es m. E. unzulässig, die Städtelisten im Sinne einer historischen Entwicklung des genus hominum municipium zu interpretieren. Denn Paulus Fest. 155L will lediglich die verschieden Arten dieses genus hominum darstellen, so daß die Caeriten vielleicht als Beispiele der zweiten Gruppe genannt werden können, ohne daß dies bedeutet, daß die in Rom siedelnden Caeriten nicht vor der Verleihung der civitas sine suffragio an ganz Caere als municipes der ersten Gruppe in Rom lebten (vergl. die für die erste Gruppe von Paulus ausdrücklich erwähnte spätere Entwicklung). Da Paulus Fest. 155L aus anderer Quelle als Festus 126L (und danach Paulus Fest. 117L) stammt, ist es wahrscheinlich, daß der Widerspruch zwischen den zwei Überlieferungen auf unterschiedliche antike Interpretationen zu Ursprung und Geschichte des genus hominum municipium zurückgeht (daß mit dem municipium in in der Antike Kontroversen verbunden waren, zeigt auch Gell. n.a. 16,13). Die jüngere In-

1039

Mommsen, Staatsrecht 3, 232 A.2. 235f A.1 und in neuerer Zeit ausführlich zur frühesten Form des municeps-Status v. Lübtow, Volk 637f mit A.17; Badian, Clientelae 16ff; SherwinWhite, Citizenship (2. Aufl.) 200ff; Humbert, Municipium 6ff. 14ff. 16ff passim; Heuß, in: Festschrift F. Vittinghoff (1982) 123ff; Laffi, Atenaeum 63, 1985, 131ff.

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

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terpretation (Festus 126L; Paulus Fest. 117L) würde, an den Verhältnissen der eigenen Zeit orientiert (späte Republik und Kaiserzeit), die municipes von Anfang an römische Bürger sein lassen (womit sie zugleich die Bürger und ihre Gemeinwesen mit den römischen Kolonisten bzw. Kolonien gleichsetzen würde, vergl. gegen die Ungenauigkeit jener Interpretation bereits Gellius n.a. 16,13), während die historisch zuverlässigere Überlieferung (Paulus Fest. 155L) noch sah, daß die municipes ursprünglich keine cives Romani waren, sondern stets Bürger ihrer Gemeinden blieben, weil municipia anders als römische Kolonien vollwertige und selbständige Gemeinwesen (bis zur vollständigen Verleihung der civitas Romana) blieben, selbst wenn der Status der municipes allen Mitgliedern einer Gemeinde, d.h. der Gemeinde an sich, verliehen wurde. Mit dieser Interpretation des municeps ist zugleich das Problem verbunden, ob ein doppeltes Bürgerrecht römischer Bürger bereits während der Republik möglich war1040. Im Rahmen dieser Untersuchung interessieren nur die Verhältnisse während der römischen Republik. Die gegen das doppelte Bürgerrecht römischer Bürger vielzitierten Stellen bei Cicero (Balb. 28f. 32; Caec. 100) ergeben lediglich, daß ein römischer Bürger1041 nicht gleichzeitig Bürger zweier Gemeinwesen sein konnte. Wenn ein Römer also das Bürgerrecht Athens annahm, verlor er nach der bei Cicero begegnenden Interpretation gleichzeitig sein römisches Bürgerrecht1042. Wenn er aber von Athen wieder nach Rom übersiedelte, konnte er sein altes Bürgerrecht qua ius postliminii wieder beanspruchen (Cic. Balb. 28f und Pomponius Dig. 49,15,5,3). Das römische Bürgerrecht blieb also potentiell jedem römischen Bürger erhalten, auch wenn er es zugunsten eines fremden Bürgerrechts kurzfristig oder längerfristig aufgegeben hatte.

Die Rechtsfähigkeit des einzelnen Ausländers war also auch während der frühen Republik nicht unbedingt von staatsvertraglichen Vertragsvereinbarungen abhängig. Damit fällt die argumentative Voraussetzung Mommsens für den von ihm rekonstruierten amicitia-Vertrag weg.

1040

s. z. B. Mommsen, Staatsrecht 3, 47ff. 641ff. 698f; Karlowa 1, 295f; v. Lübtow, Volk 656f; Schönbauer, Iura 4, 1953, 377ff (ausführliche Auseinandersetzung mit der Position von V. Arangio Ruiz, Sul problema della doppia cittadinanza nella Repubblica e nell' Impereo romano, in: Scritti giuridici in onore di F. Carnelutti 4 (1950) 53ff); Nörr, Tijdschrift voor Rechtsgesch. 31, 1963, 556ff; insbes. 559ff; Galsterer, Herrschaft 96, vergl. 69. 77; Hantos, Bundesgenossensystem 83f mit A.4. 5. 8. 1041 Wie die Lage in der Sicht der Griechen aussah, zeigt der Fall des A. Licinius Archias, der vor dem Bundesgenossenkrieg zugleich in die Bürgerlisten Neapolis’; Herakleias, Rhegions und Tarents eingetragen war, Cic. Arch. Poet. 5f. 10; dazu Cic. Balb. 29. 1042 So auch die Interpretation bzgl. des römischen Bürgerrechts des Atticus bei Nepos, Atticus 3. Bemerkenswert ist, daß bei Nepos umstritten zu sein scheint, was Cicero als unbestritten darstellt; dies bemerkt bereits Mommsen, Staatsrecht 3, 48.

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8. Das Problem des urkundlichen amicitia-Vertrags

Die quellenmäßigen Ansatzpunkte für Mommsens Deutung waren vor allem das foedus Cassianum1043 und die Karthagerverträge1044, in denen der römische Staat und seine Vertragspartner in den internationalen Privatverkehr regelnd eingriffen1045. Angesichts der in der Überlieferung viel beschriebenen rechtlich schwierigen Lage z. B. des Römers im Ausland legte der Inhalt dieser Verträge den Gedanken nahe, daß erst die Staatsverträge das internationale Privatverkehrsverhältnis verbindlich regelten. Aufgrund der oben beschriebenen außerstaatsvertraglichen Möglichkeiten zur Herstellung der Rechtsfähigkeit des Ausländers in Rom scheint die Gewährung des conubium und commercium1046 z. B. im foedus Cassianum weniger der Schaffung des internationalen Privatverkehrs an sich zu dienen als vielmehr ein Mittel zu sein, die Latiner und die später assoziierten Gemeinwesen gegenüber anderen Ausländern zu privilegieren1047. Die Latiner z. B. konnten vollgültige Ehen mit Römern eingehen1048 und konnten Handels- und Rechtsgeschäfte ohne die Stellvertretung eines Gastfreundes, ohne Aufgabe ihres Heimatbürgerrechts oder ohne Zahlung von munera vornehmen. Gegenüber einem Bürger z. B. aus Kyme, der in Rom dauernd ein Gewerbe oder gelegentlich Handel trieb, bedeutete dies für die Bürger latinischer Gemeinden während der frühen Republik einen Wettbewerbsvorteil. Die frühen Verträge Roms mit Karthago zeigen die Möglichkeit internationalen Privatverkehrs auch ohne staatsvertragliche Grundlage von anderer Seite her, indem sie die vorherige Existenz dieses Verkehrs voraussetzen, worauf Heuß zu Recht hinweist1049. In ihnen wurde der bisher kaum geregelte Privatverkehr einerseits auf bestimmte Gebiete eingeschränkt und andererseits der so beschränkte Warenaustausch durch die staatliche Garantie der Geschäftstätigkeit ihrer Bürger besonders geschützt1050. 1043

Werner, StVA 2 (2. Aufl.) Nr. 126 [22ff]. Werner, StVA 2 (2. Aufl.) Nr. 121 [16ff]. Nr. 326 [306ff]. 1045 Ein zweiter Ansatzpunkt war das senatus consultum Asclepiade (Sherk, Documents Nr. 22 [124ff]), in dem anscheinend der Umfang des hospitium publicum zu erkennen war. Gegen die Übertragung der Bestimmungen des bekannten Senatsbeschlusses auf alle hospitia zu Recht Täubler, Imperium 411f; Marshall, AJPH 89, 1968, 39ff. 1046 Kaser, Studi V. Arangio Ruiz 2 (1954) 138ff. 150f passim; Galsterer, Herrschaft 91ff und Kaser, Privatrecht 1 (2. Aufl.) 36 1047 Vergl. auch Heuß, Grundlagen 6ff. 1048 Zum matrimonium iustum vergl. z. B. Leonard, RE 4 (1900) 1171 s.v. conubium; Jörs, Privatrecht (3. Aufl.) 272f und Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 509 mit A.34 (Literatur). 1049 Heuß, Grundlagen 6ff. 1050 Zur ÇÜãçëáî~=éáîëíá?-Formel des Vertrags vergl. Nörr, Aspekte 103ff. 105ff. 1044

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

239

9. Fazit zum Bereich der amicitia Mit Recht hat Heuß die Existenz des von Mommsen (bzw. des von Täubler) postulierten speziellen urkundlichen amicitia-Vertrags (bzw. der von Täubler angenommenen hospitium-Verträge) bezweifelt. Denn die argumentative Voraussetzung dieser Deutung ist zweifelhaft. Rechtssicherheit für den einzelnen ausländischen Bürger in Rom konnte nachweislich auch in der römischen Frühzeit nicht nur auf der Grundlage staatsvertraglicher Vereinbarungen geschaffen werden. Deshalb besteht auch kein Grund, den wesentlichen Zweck der Staatsverträge in der Sicherung des internationalen Privatverkehrs zu suchen. Die vertragslose bzw. foeduslose amicitia war – wenn man an sie glauben mag – ein spät entwickeltes und darüberhinaus selten genutztes Mittel römischer Außenpolitik, das erst seit dem 3. Jh. v. Chr. begegnet1051. Als charakteristisches Instrument römischer Außenpolitik während der Entfaltung Roms in Italien hat sie noch niemand nachzuweisen versucht1052. Deshalb könnte die vertragslose amicitia lediglich für die Verhältnisse seit dem 3. Jh. v. Chr. als Argument gegen das von Mommsen und Täubler postulierte Prinzip der "Natürlichen Feindschaft" benutzt werden. Diese entwicklungsgeschichtliche Problematik hat Heuß im Verlauf seiner Auseinandersetzung mit Mommsen und Täubler zu wenig beachtet. Selbst wenn man Heuß’ Argumentation in allem weiterhin folgen möchte, bliebe nach wie vor die Frage, ob Rom sich während des 6. bis 4. Jh. v. Chr. nur gegenüber vertraglich verbundenen Gemeinwesen durch das ius fetiale verpflichtet fühlte. Dieser Frage wird weiter unten nachgegangen werden, wenn untersucht wird, ob im ius fetiale die förmliche Kriegserklärung nur gegenüber Vertragspartnern Roms vorgesehen war. Die Argumente, die man für die Existenz der vertragslosen amicitia seit dem 3. Jh. v. Chr. nennen kann, beweisen nicht zwingend, daß "die Tatsache der völkerrechtlichen amicitia durch jede Art friedlichen, zwischenstaatlichen Verkehr gege-

1051

Als singuläre Beispiele könnte man allenfalls Rhodos und die fünf sizilischen civitates sine foedere liberae ac immunes nennen. Dabei fehlt im Fall von Rhodos jeder Beweis für das völlige Fehlen vertraglicher Beziehungen zwischen Rom und Rhodos vor 167 v. Chr. (189ff), und im Fall der sizilischen Städte ist es sehr zweifelhaft, ob am Anfang der Beziehungen zu Rom bereits der Status der civitates sine foedere liberatas bzw. immunitas stand (197ff). 1052 Darauf macht Dahlheim, Struktur 138 aufmerksam, und auch Gruen, World 69ff passim sucht die Vorbilder für die vertragslose amicitia lediglich in der hellenistischen Vertragspraxis.

240

9. Fazit zum Bereich der amicitia

ben und vollkommen unabhängig von dem Akt einer formellen Begründung"1053 war. Wenn es im 2. Jh. v. Chr. ein vertragsloses amicitia-Verhältnis Roms zu Rhodos gab, was sich keinesfalls zweifelsfrei aus der Überlieferung ergibt, dann war dies eine Ausnahmeerscheinung. Ebenfalls ist sehr fraglich, ob die foeduslose Immunität und Libertät der fünf sizilischen Städte der Anfangspunkt ihres Verhältnisses zu Rom waren. Als sichere Belege für die "formlose Begründung" der amicitia können sie also keinesfalls dienen. Die Gegenüberstellung von amicitia und foedus amicitiae causa factum bei Pomponius Dig. 49,15,5,2 ist ebenfalls nicht eindeutig in dem Sinne zu interpretieren, daß amicitia als vertragsloses Verhältnis dem "Freundschaftsvertrag" gegenübergestellt wurde. Ferner gibt es keine Indizien dafür, daß das vertragslose amicitia-Verhältnis oder sogar die vertragslose societas gängige Mittel der römischen Außenpolitik seit dem 3. Jh. v. Chr. waren. Der bloße Hinweis, es sei in den Quellen nur amicitia bzw. societas erwähnt, überzeugt als Argument nicht, da die literarischen Quellen in juristischer Hinsicht terminologisch ungenau sind. In den besser dokumentierten Fällen läßt sich der Anfang des amicitia- (oder societas-)Verhältnisses zwischen Rom und einem fremden Gemeinwesen oft zumindest auf Feldherrnverträge zurückführen, die entweder im voraus oder meistens nachträglich vom römischen Volk "ratifiziert" wurden. Auch die noch nicht "ratifizierten" Feldherrnverträge brachten völkerrechtliche Verpflichtungen für Rom mit sich, die Rom vor der "Ratifikation" des Vertrags lediglich durch die deditio noxae des eidleistenden bzw. -verantwortlichen Feldherrn lösen konnte. "Formlose Vereinbarungen" waren die Feldherrnverträge nicht; ihnen kam ebenfalls die Dignität des foedus zu. Nach der "Ratifikation" des Feldherrnvertrags bildete er, obwohl er in der Regel nur für einen bestimmten Anlaß geschlossen worden war, dennoch auch darüber hinaus die Grundlage des internationalen Verhältnisses zwischen Rom und dem jeweiligen Vertragspartner. Detaillierte Verpflichtungen ergaben sich jedoch aus dem ad hoc geschlossenen Feldherrnvertrag lediglich für die Dauer des den Vertrag auslösenden Konfliktes. In der Zeit nach Beseitigung des vertragsauslösenden Kon1053

Heuß, Grundlagen 46 passim.

IV. Zur vertraglichen Begründung der amicitia- Verhältnisse Roms

241

fliktes wurden nachweislich die wechselseitige Anerkennung der "Souveränität", die Friedenspflicht und die Neutralitätspflicht als fortbestehende Pertinenzen des Vertragsverhältnisses an sich gedacht, weil sie als verpflichtendes politisches Zubehör des Vertragsverhältnisses interpretiert wurden. Diese völkerrechtliche Rechtsanschauung ist es, welche die Begriffe amicitia, amicus, socius und societas zum Ausdruck bringen, wenn sie in Friedenszeiten zur Bezeichnung des außenpolitischen Verhältnisses benutzt werden. Das einmal begründete Vertragsverhältnis wurde von den Vertragspartnern als unbefristet fortbestehend gedacht, so daß es z. B. bei neuen Konflikten in ihrem Ermessen lag, ob und wann sie die frühere militärische Kooperation auf der Grundlage des alten Vertrags erneuern wollten, ob sie neutral bleiben oder neue Vereinbarungen treffen wollten. Die beschriebene römische Vertragspolitik (bzw. Vertragsinterpretation) erfüllte also für Rom die außenpolitischen Funktionen, die gegenwärtig gewöhnlich der vertragslosen amicitia bzw. societas zugeschrieben werden. Das Ziel dieser Politik war es einerseits, Rom nicht auf Dauer außenpolitisch auf bestimmte und einforderbare Vertragsinhalte festzulegen. Andererseits war sie ein geeignetes Mittel, ein Netz außenpolitischer Beziehungen zu knüpfen, das dauerhaft zumindest die Neutralität der römischen Vertragspartner in zukünftigen militärischen Konflikten sichern konnte.

Es sind nur wenige foedera Roms inschriftlich auf uns gekommen, was seinen Grund wohl in der insgesamt nur bruchstückhaften Überlieferung hat, doch gibt es darüber hinaus einige Anhaltspunkte, daß im 1. Jh. n. Chr. zahlreiche foederaVerhältnisse Roms mit den Völkern und Gemeinden des imperium Romanum existierten und diese auch zahlreiche publizierte foedera-Urkunden auf dem römischen Kapitol und den vertraglich verbundenen Gemeinden nach sich zogen. Appians Bericht über Sullas Strafmaßnahmen in Asien nach Ende des Mithradatischen Krieges (App. b.c. 1,102 [475]) hat für die Zeit des ersten Viertels des 1. Jh. v. Chr. die Existenz zahlreicher foedera-Verhältnisse Roms im griechischen Osten zur Voraussetzung. Der bereits besprochene Bericht des Livius zum römischattalidischen Verhältnis im Jahr 205 v. Chr. wird nur unter der Vorraussetzung verständlich, daß in der Zeit des Livius zahlreiche foedera-Verhältnisse Roms mit den Gemeinwesen der Provinzen Asien und Griechenland existierten: nullasdum in Asia socias civitates habebat populus Romanus; tamen memores Aesculapium quoque ex Graecia quondam hauddum ullo foedere sociata valetudines populi causa arcessitum, tunc iam cum Attalo rege propter commune adversus Philippum bellum

242

9. Fazit zum Bereich der amicitia

coeptam amicitiam esse – facturum eum quae posset populi Romani causa – legatos ad eum decernunt M. Valerium Laevinum, qui bis consul fuerat ac res in Graecia gesserat ... (Liv. 29,11,1-2). Auch die mehrfach besprochenen Erläuterungen des Juristen Proculus zu den populi foederati und populi liberi (Dig. 49,15,7) setzt für die Zeit des 1. Jh. n. Chr. die Existenz zahlreicher foedera-Verhältnisse Roms mit den föderierten und freien Gemeinwesen in den Provinzen des imperium Romanum voraus. Auch der Brief des Plinius an den jüngeren Maximus (Plin. Ep. 8,24) setzt für die civitates liberae Griechenlands die Existenz von zahlreichen foederaVerhältnissen mit Rom voraus1054. Diese Beobachtungen werden zur urkundlichen Seite der Problematik hin durch einen Bericht Suetons zum Brand des Kapitols 69 n. Chr. unterstützt. Sueton berichtet, daß 69 v. Chr. beim Brand des Kapitols 3000 Bronzetafeln mit Urkunden schmolzen: aerarumque tabularum tria milia, quae simul conflagraverunt, restituenda suscepit undique investigatis exemplaribus: instrumentum imperii pulcherrimum ac vetustissimum, quo continebantur paene ab exordio urbis senatus consulta, plebiscita de societate, foedere ac privilegiis cuicumque concessis1055. Diese vernichteten Urkunden ließ Vespasian durch Abschriften rekonstruieren, die von überall her zusammengesucht wurden. Bereits die große Anzahl der zerstörten Dokumente des Archivs, das – der Tendenz der Erzählung Suetons zufolge überwiegend Staatsverträge enthielt1056, macht es zweifelhaft, ob die vertragslose und also auch urkundenlose amicitia ein übliches Mittel römischer Außenpolitik seit dem 3. Jh. v. Chr. war1057. Denn es stellt sich die Frage, weshalb es unter dieser Voraussetzung 69 n. Chr. so viele Vertragsdokumente im kapitolinischen Archiv hätte geben sollen1058. 1054

In diesem Zusammenhang ist auch noch als Beleg für die vorgeschlagene Deutung auf Tac. ann. 3, 60-63 zu verweisen.; vergl. auch Tac. ann. 4,55 und 12,62; Suet. Aug. 21,2; Plin. n.h. 4,106. 1055 Suet. Vesp. 8,5; vergl. auch Cic. Verr. 2,4,67 und D.C. Braund, Rome and the Friendly King. The Character of the Client Kingship (London u.a. 1984) 25 mit A.117-120 [auf S. 31] mit weiteren Belegen. Die Stelle zeigt darüber hinaus wohl, daß die römischen Vertragsurkunden in Rom zusammen mit den zugehörigen Senats- und Volksbeschlüssen öffentlich ausgestellt und archiviert wurden. 1056 Vergl. Mommsen, Schriften 3, 303ff insbes. 305; Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 257 mit A.2.3.4.5; Accame, Dominio 80ff; U. Bredehorn, Senatsakten in der republikanischen Annalistik. Untersuchungen zur Berichterstattung über den römischen Senat bei den annalistischen Vorgängern des Livius unter besonderer Berücksichtigung der römischen Ostpolitik zwischen 205 und 171 v. Chr. diss. Marburg 1968, 40f; Ziegler, Israel Law Review 29, 1995, 242f. 1057 Schon Triepel, Hegemonie (1. Aufl.) 475 A.54 wies auf die große Zahl der umgekommenen Dokumente hin. 1058 Es sei hier noch angemerkt, daß man anläßlich des Brandes des Kapitol lediglich von den Urkunden durch Sueton eine Nachricht erhält, die aufgrund ihrer politischen Bedeutung öffentlich publiziert wurden – sicherlich gab es eine viel größere Anzahl Dokumente, die aber nicht alle eine solche Wertschätzung erhielten, daß sie auch eine öffentliche Publikation erhielten.

243

V. Das Problem der "Natürlichen Feindschaft" 1.

Der Zusammenhang zwischen amicitia, foedus und Kriegserklärung

Innerhalb der Interpretation der "Völkerrechtlichen Grundlagen ..." von Heuß bilden erstens die Widerlegung der Hypothese eines urkundlichen amicitia-Vertrags und zweitens seine Deutung von zahlreichen vertragslosen amicitia-Verhältnissen Roms mit dem Ausland wesentliche Argumente gegen die völkerrechtlichen Deutungen Mommsens und Täublers. Diese meinten, daß Rom sich gegenüber vertraglich unverbundenen Gemeinwesen im Zustand der völkerrechtlichen Rechtlosigkeit befunden habe und daß das zwischenstaatliche Verkehrsverhältnis erst mit in den Verträgen begründet und detailliert geregelt worden sei. Nachdem sich zentrale Vorausssetzungen der Argumentation von Heuß als zweifelhaft erwiesen haben, stellt sich erneut die Frage, ob es in der römischen Rechtsanschauung ein völkerrechtliches Rechtsverhältnis nur auf vertraglicher Grundlage gab. Im Zusammenhang mit den völkerrechtlichen Rechtsanschauungen der Römer ist die Frage von zentraler Bedeutung, ob Rom sich aufgrund des ius fetiale nur gegenüber Vertragspartnern zur förmlichen Kriegserklärung verpflichtet fühlte.

2. Gab es für Rom auf Grund des ius fetiale eine Verpflichtung zur förmlichen Kriegserklärung nur gegenüber Vertragspartnern? Heuß sieht in den Förmlichkeiten der Kriegserklärung einen positiven Beleg für seine These, daß es in der römischen Rechtsanschauung völkerrechtliche Verpflichtungen auch gegenüber vertraglich unverbundenen Gemeinwesen gegeben habe. Denn die Kriegserklärung sei unabhängig von vorherigen Vertragsverhältnissen Roms mit den beklagten Gemeinwesen ausgeführt worden. Dieser Grundpfeiler der Argumentation von Heuß wurde kürzlich durch die Ergebnisse der Untersuchungen von Christiane Saulnier und Thomas Wiedemann erschüttert1059. Diese vertreten die Meinung, daß die fetiales nur gegenüber den mit

1059

Unabhängig von der zuvor bereits gegenüber Heuß geäußerten Kritik bei Frezza, SDHI 4, 1938, 374ff und ders. Il momento „volontaristico“ e il momento „naturalistico“ nello sviluppo storico del rapporti „internazionali“ nel mondo antico, SDHI 32, 1966, 301ff und Dickmann, Friedensrecht 95ff.

244

2. Gab es für Rom auf Grund des ius fetiale eine Verpflichtung

Rom vertraglich verbundenen Gemeinwesen Kriege erklärten1060. Dies hieße, daß es zumindest während der frühen Republik für Rom ein zwischenstaatliches Rechtsverhältnis, das zur förmlichen Kriegserklärung zwang, nur dann gab, wenn ein Vertrag mit dem jeweiligen Gegner bestand1061. Im Formular der Kriegserklärung durch die fetiales (Liv. 1,32,6ff) glaubt Heuß dagegen ein wichtiges Argument gegen die "Natürliche Feindschaft" und für die völkerrechtliche Verpflichtung Roms auch gegenüber dem vertraglich unverbundenen Ausland erkennen zu können1062, da in den Formelworten der fetiales jeder 1060

Saulnier, RD 58, 1980, 186ff (im Zusammenhang mit einer Auseinandersetzung mit Catalano, Linee 3ff insbes. 14ff und ders., in: Synteleia V. Arangio Ruiz 1 (1964) 373ff) und Wiedemann, CQ 80, 1986, 488. Wiedemann und Saulnier setzen sich nicht direkt mit der Interpretation von Heuß, Grundlagen 18ff auseinander, sondern entwickeln ihre Interpretation vor allem aus der Überlieferung zum ius fetiale. Rüpke, Domi 117 äußert Zweifel an der Deutung Saulniers und meint: "Vertragsbruch ist für die späteren ein Denkmodell, unter dem sie frühere Auseinandersetzungen verstehen und dementsprechend erklären.“ 1061 Dies war ein Teilaspekt der Deutung Mommsens zum Prinzip der "Natürlichen Feindschaft", der auch vor der Untersuchung von Heuß nur gelegentlich von den Historikern ausdrücklich übernommen wurde (in neuerer Zeit Dickmann, Friedensrecht 95ff; Tomulescu, Rev. Int. Droit ant. 3. ser. 24, 1977, 432f): Mommsen, Forschungen 1, 342f mit A.32 (zurückhaltend bemerkt Mommsen nur, daß die Weigerung, eine vertragliche Verpflichtung zu erfüllen, die Auflösung des Vertragsverhältnisses mit sich bringe mit Hinweis auf Liv. 36,6); Mommsen, Staatsrecht 3, 341. 342 mit A. 2. 590f mit A.2. 601f mit A.4 (apodiktisch gehaltene Bemerkungen; vergl. 341f "... denn ohne Verletzung eines foedus gibt es wohl einen Kriegszustand, nicht aber eine Kriegserklärung..."); Marquardt, Staatsverwaltung 3 (3. Aufl.) 419 (res repetere bei foedus-Verletzung); Wissowa, Religion (2. Aufl.) 550; Täubler, Imperium 29 (bzgl. der Interpretation von Liv. 4,30). Ohne dezidierte Stellungnahme bzw. kritisch z. B. Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 280f (rechnet mit römischen Kriegserklärungen auch gegenüber vertraglich unverbundenen Gemeinwesen); Schmidt, ZRG 9, 1888, 123 (Kriegserklärung erfüllt nur Verpflichtungen der Römer gegenüber ihren Göttern); Seckel, Krieg 9ff (allgemein kritisch gegenüber der vergröbernden Vorstellung einer "Natürlichen Feindschaft" Roms gegenüber dem Ausland); Wenger, RE 1 A (1914) 406 s.v. reciperatio (res repetere unabhängig von vorherigen Verträgen); T. Frank, Roman Imperialism, (New York 1929) 8f. 12 A.23 (gegen das Prinzip der "Natürlichen Feindschaft" Roms gegenüber dem Ausland mit Hinweis auf das ius fetiale – womit die Deutung von Heuß vorbereitet wurde). 1062 Heuß, Grundlagen 18ff. 24f (dagegen Einwände bei Frezza, SDHI 4, 1938, 373ff. 397ff; vorsichtiger ders., Labeo 1, 1955, 323 [Rezension zu DeMartino, Storia]; Dickmann, Friedensrecht 95ff). Heuß, Grundlagen 24f kommt erst am Ende seiner Deutung auf die Interpretation Mommsens zu sprechen, und es fällt ihm leicht, sie abzulehnen, weil Mommsen es versäumt hatte, seine Meinung argumentativ zu entfalten. Heuß’ Ablehnung der "Natürlichen Feindschaft" findet seitdem allgemeine Anerkennung, womit sich gleichzeitig für die Interpreten auch die Frage nach dem Zusammenhang zwischen der Kriegserklärung und den vorhergehenden Vertragsverhältnissen erübrigte, s. Vogt, ZRG 54, 1934, 415 (zustimmende Rez. zu Heuß, Grundlagen); Larsen, CPh 30, 1935, 195; DeMartino, Storia 2,1 (1. Aufl.) 44ff; Hampl, HZ 184, 1957, 259 (= Staatsdenken, hsg. R. Klein (1966) 128f); Catalano, Synteleia V. Arangio Ruiz 1 (1964) 373ff; Catalano, Linee 8f mit A.11 (Literatur vor Mommsen zum Prinzip der "Natürlichen Feindschaft"). 14ff. 22. passim; Kienast, ZRG 85, 1968, 334ff; Dahlheim, Struktur 136; Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 68f mit A.1-2 (Literatur); Klose, Ordnung 150 A.647; Cimma, Reges 1ff. 80ff; Hantos, Herrschaft 85f A.11; Ilari, Guerra 40 mit A.6 (mit Literatur); Schwarte, Gnomon 53, 1981, 564 (Rezension zu Rich,

V. Das Problem der "Natürlichen Feindschaft"

245

Hinweis auf ein verletztes foedus fehle und in den einschlägigen Belegstellen bei Livius nur ausnahmsweise von res repetere-Gesandtschaften ex foedere berichtet werde1063. Der Bericht des Livius über die bellicae caerimoniae gibt im ersten Teil der Darstellung lediglich eine idealtypische Schilderung der Formelworte beim res repetere des nuntius populi Romani und teilt deshalb auch nichts über die speziellen Forderungen beim res repetere mit. Die Bezugnahme auf ein spezielles foedus durfte also fehlen. Außerdem weist Livius in der Einleitung seines Exkurses über die bellicae caerimoniae darauf hin, daß dem res repetere Roms ein Bündnisbruch der Latiner vorausgegangen war1064. Weiterhin ist an die Eigentümlichkeit des ius fetiale zu erinnern, die im zweiten Kapitel der vorliegenden Untersuchung in der Überlieferung bei Dionys1065 beobachtet werden konnte. Dieser verbinden die Tätigkeit der fetiales (auch bei der Kriegserklärung) ausdrücklich mit der Einhaltung vertraglicher Verpflichtungen Roms1066.

Declaring); Ilari, Interpretazione 155ff (wissenschaftliche Vorbereitung der Interpretation bzgl. der "Natürlichen Feindschaft"; gleichzeitig interessant zur Geschichte der Vorbereitung der Interpretation von Heuß); Ziegler, Pensamiento D.A. Truyol Serra 2 (1986) 1264; Blaive, RIDA 3. ser. 40, 1988, 193f; Plescia, BIDR 31/32, 1989/1990, 500ff; Rüpke, Domi 117; Eder, in: Staat, hsg. ders. (1990) 32; Maffi, Ricerche 151ff (aber kritisch zu einzelnen Argumenten von Heuß); Plescia, RIDA 3. Ser. 41, 1995, 321ff; Kostial, Rom 166ff. 174; H. Griziwotz, in: Rom und der griechische Osten. Festschrift für H.H. Schmitt zum 65. Geburtstag, hsgg. Chr. Schubert/K. Brodersen (Stuttgart 1995) 72ff (mit Literatur); Cursi, Stuttura 87ff mit A.7-8; Baldus, Vertragsauslegung 193. 195 u. ö. 1063 Heuß, Grundlagen 18ff insbes. 20f. 24f. 1064 Liv. 1,32,3. Mommsen, Staatsrecht 3, 342 A.2 benutzte gerade diese Tatsache dafür, um seine Deutung zu untermauern. 1065 D.H. 2,72. 1066 Überhaupt fällt es auf, daß Heuß, Grundlagen 18ff die Bedeutung des Berichts bei D.H. 2,72 nicht ausreichend würdigt. Catalano, Linee 19f A.31 sah die Eigenart der Überlieferung bei Dionys; er verwirft sie als unzuverlässig (ihm folgt neuerdings darin Cursi 88 mit A. 7-8. 94). Dabei übergeht er die Tatsache, daß Nonius, der aus Varro schöpfte, sich zumindest bzgl. der Richterrtätigkeit der fetiales mit der Darstellung des Dionys verbinden läßt (vergl. Seite 62ff). Dionys’ Darstellung kann also kaum das Ergebnis seiner angeblich mangelnden Kenntnis der römischen Verfassung sein [Schwarz, RE 5 (1903) insbes. 539ff s.v. Nr. 13 Dionysios von Halikarnassos]. Einiges spricht dafür, daß Dionys 2,72 den von ihm als Autorität gelobten Varro verarbeitete (D.H. 1,14,1; 2,21,2f [Varro als Quelle des Dionys für eine Information über die römischen Priesterschaften genannt]; 2,47,4. 48,4; 6,62,2. 5 [bzgl. der sibyllinischen Bücher]. Es fällt auf, daß Dionys den Varro bevorzugt in religiösen Fragen als Quelle nennt. Außerdem ist es auffällig, daß sich im 2. Buch des Dionys, das mit diesen Dingen besonders befaßt ist, die Zitate aus Varro häufen). Die direkte Einsichtnahme des Dionys in die antiquitates rerum divinarum des Varro (einer un-

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2. Gab es für Rom auf Grund des ius fetiale eine Verpflichtung

Auch ist es für die rechtliche Interpretation unerheblich, wenn innerhalb der livianischen Erzählungen nur ausnahmsweise bei res repetere-Gesandtschaften ausdrücklich auf verletzte foedera Bezug genommen wird1067. Angesichts der Tatsache, daß wir in der Regel kaum mehr als das schlichte Faktum einer res repetereGesandtschaft mitgeteilt bekommen1068, verwundert es nicht, wenn wir nur gelegentlich von einem res repetere ex foedere hören1069. Wichtiger scheint es dagegen festzuhalten, daß die ausführlich geschilderten Beispiele von Forderungen ex foedere wissen und daß sich innerhalb der Darstellung des Livius für das Gemeinwesen, gegenüber dem fetiales oder legati das res repetere ausübten, in der Regel zeigen läßt, daß es in der Vorstellung des Livius zuvor vertraglich mit Rom verbunden war. Dies ist eine bemerkenswerte Tatsache, denn offensichtlich lag es nicht im vorrangigen Interesse des Livius1070, diese Eigenart römischer Kriegserklärungen konsequent in seiner Darstellung umzusetzen bzw. seine Erzählung konsequent mit dieser Tendenz zu gestalten1071. Anders ist es kaum zu verstehen, daß die vorhergehenden foedera Roms mit dem beklagten Gemeinwesen in den Schilderungen des Livius in der Regel nur kurz erwähnt werden1072. Der Zusammenhang erschließt sich also dem Leser nur durch eine gezielte Analyse der livianischen Erzählung1073. Die erste Dekade des Livius ist ein besonders geeignetes Untersuchungsfeld für die spezielle Fragestellung. Denn einerseits findet sich dort reiches Anschauungsmaterial für Kriege, die Rom förmlich erklärte. Andererseits ist sie (ebenso wie die antiquitates des Dionys1074) ein guter Spiegel der Vorstellungen der Annalisten des 1. Jh. v. Chr. über die Voraussetzungen einer römischen Kriegserklärung, an denen orientiert sie

zweifelhat einschlägigen Quelle zur römischen Religion an Ende des 1. Jh. v. Chr. !) ist gesichert; vergl. Cardauns, antiquitates Bd. 1, frg. 60 (= D.H. 4,62,5) mit ders., ebenda Bd. 2, 127. 1067 Heuß, Grundlagen 21. 1068 Z. B. Liv. 7,6,7f. 9,2. 16,2f. 32,1f; 8,22,8f; 10,45,7f u. ö. 1069 Z. B. Liv. 8,39,13; D.H. 3,2f; 9,60; 10,23; 15,7,8-8,13. Zum res repetere ex foedere durch legati vergl. Liv. 3,25,5ff. 1070 Anders dagegen Dionys D.H. 2,72 und Erb, Kriegsursachen passim. 1071 Vergl. hierfür die Untersuchung von Erb, Kriegsursachen passim, der die Darstellung des Livius mit derjenigen des Dionys vergleicht. 1072 So kann man bei Livius vorhergehende Verträge Roms mit den beklagten Gemeinwesen häufig nur der jeweiligen Schilderung zur Kriegserklärung entnehmen. In der vorhergehenden Erzählung des Livius werden diese Vertragsschlüsse häufig nicht geschildert, z. B. Liv. 1,22f: der vorher bestehende Vertrag wird erst in Liv. 1,23,7 vorausgesetzt; Liv. 1,32,3: ein Vertrag mit den Latinern [nicht nur den Albanern, wie ihn Liv. 1,24 berichtet] wird erst hier erwähnt; Liv. 4,30,12ff: die indutiae des Vorjahres erfährt man erst Liv. 4,30,14 usw. 1073 Im folgenden verfolge ich den von Saulnier, RD 58, 1980, 186ff gewiesenen Weg weiter. 1074 Vergl. in diesem Sinne Erb, Kriegsursachen passim.

V. Das Problem der "Natürlichen Feindschaft"

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ihre "an historische Ereignisse anküpfende, politisch ausgestaltete Erinnerung"1075 formten. Wenn man die diesbezüglichen völkerrechtlichen Vorstellungen der Annalisten rekonstruiert, dann gewinnt man damit m. E. zugleich einen verfassungsgeschichtlichen Überrest der alten völkerrechtlichen Prinzipien römischer Außenpolitik. Denn die Ansichten über die völkerrechtliche Voraussetzung einer Kriegserklärung werden die Annalisten entweder den Zuständen während ihrer eigenen Lebenszeit oder der antiquarischen Überlieferung entnommen haben. Beide Möglichkeiten führen dazu, den Ursprung der Überlieferung im pontifikalen Überlieferungsgut zu erkennen, das die antiquarische Überlieferung und die Historiographie des 2. und 1. Jh. v. Chr. gleichermaßen beeinflußte1076. Die unterschiedlichen Phänomene bei der förmlichen bzw. formlosen Kriegseröffnung, erklärung bzw. -kontinuierung verdeutlicht das Beispiel der Kriege Veiis gegen Rom: (484/483 v. Chr.) Liv. 2,42,9 (Beginn des Krieges zwischen Rom und Veii; kriegerischer Einfall Veiis in römisches Gebiet – dieser wird aber erst für 482 v. Chr. direkt berichtet); (482 v. Chr.) Liv. 2,43,1 (Veii-Einfall in römisches Gebiet [keine römische Kriegserklärung Liv. 2,44,7ff. 12 (Rede des Appius Claudius) bezieht sich nur auf Pläne der Etrusker]; kriegerische Verwicklungen zwischen Rom und Veii ununterbrochen von 482-479 v. Chr.); (479 v. Chr.) Liv. 2,48,4ff (Krieg geht weiter; kein römischer Kriegsbeschluß und keine Kriegserklärung); (479 v. Chr.) pax Rom-Veii Liv. 2,49,12 (der Frieden wird von Veii sofort gebrochen [keine römische Kriegserklärung], und der Krieg geht weiter; ununterbrochen kriegerische Handlungen zwischen Rom und Veii für die Zeit von 479-474 v. Chr. berichtet); (474 v. Chr.) indutiae Rom-Veii Liv. 2,54,1 (keine kriegerischen Handlungen zwischen Rom und Veii von 474-445 v.Chr); (445 v. Chr.) Liv. 4,1,4ff (Veii-Einfall in römisches Gebiet; kein römischer Kriegsbeschluß, keine Kriegserklärung); (438/437 v. Chr.) Liv. 4,17,1ff (Krieg geht mit vergrößerter feindlicher Koalition weiter 437-434 v. Chr. kriegerische Handlungen berichtet); (vor 427 v. Chr.) indutiae Rom-Veii im Jahr vor der römischen Kriegserklärung vorausgesetzt Liv. 4,30,14; (428 v. Chr.) Einfall Veiis in römisches Gebiet Liv. 4,30,4ff; (427 v. Chr.) Liv. 4,30,12ff (förmliche Kriegserklärung Roms gegenüber Veii; römischer Kriegsbeschluß gegen Veii; kriegerische Handlungen von 427-425 v. Chr.); (425 v. Chr.) indutiae Rom-Veii Liv. 4,35,2; (408/407/406 v. Chr.) Liv. 4,58. 60,9 (kriegerische Handlungen Veiis gegen Rom; förmliche Kriegserklärung Roms gegenüber Veii; römischer

1075

Ranke, Weltgeschichte 2, 1 (3. Aufl.) 45; vergl. auch 22 [zitiert nach Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 27 A.1]. 1076 Zum Wert des antiquarischen Überlieferungsgutes für die frühe römische Geschichte vergl. z. B. Gercke/Norden, Einleitung 3, 191f und aus neuerer Zeit Momigliano, in: Struggles, hsg. K.A. Raaflaub (1986) 177f und Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 185. 100ff.

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2. Gab es für Rom auf Grund des ius fetiale eine Verpflichtung

Kriegsbeschluß der Komitien); (401 v. Chr.) Liv. 5,10,2ff (Krieg geht ununterbrochen weiter bis zur Einnahme Veiis 396 v. Chr.). Wenn die Feindlichkeiten vom Gegner Roms mit einem organisierten Feldzug in römisches Gebiet begonnen wurden, war die förmliche römische Kriegserklärung also in der Regel überflüssig1077, und der römische Kriegsbeschluß konnte in der Erzählung übergangen werden1078. Wurde der Krieg nach Ablauf der indutiae-Frist von Rom wiederaufgenommen, wurden die Formalitäten zum besonderen Beweis der außergewöhnlichen Rechtmäßigkeit des römischen Vorgehens von Livius berichtet. Nun soll eine Liste der mit res repetere-/bellum indicere-Gesandtschaften (entweder durch legati, durch fetiales oder durch Magistrate) von Rom förmlich eingeleiteten Kriege in der ersten Dekade des Livius gegeben werden (unter I.), wobei jeweils die Frage nach einem vorhergehenden Vertragsverhältnis Roms mit dem beklagten Gemeinwesen gestellt werden soll. In [ ] werden die Beispiele gesetzt, deren Zusammenhang mit der Untersuchungsfrage unsicher ist. Also z. B. solche Fälle, in denen fremde Gemeinwesen Rom den Krieg erklärten. Mit einem * werden die Beispiele versehen, für die die liviusinhärente Analyse kein Vertragsverhältnis ergibt bzw. ein bestehendes Vertragsverhältnis in der außerlivianischen Überlieferung nicht belegt ist. Kriege, für die weder ein Kriegsbeschluß noch eine Kriegserklärung berichtet werden (diese Gruppe bildet die Mehrzahl aller kriegerischen Konflikte), bleiben außerhalb der Betrachtung, da ihnen entweder ein militärisch organisierter, feindlicher Einfall in römisches Gebiet vorausging (so daß eine völkerrechtliche Kriegserklärung nicht zwingend notwendig war) oder weil ein Krieg, der noch nicht durch einen Vertrag beendet worden war, lediglich fortgesetzt wurde (so daß eine völkerrechtliche Kriegserklärung oder ein innerrömischer Kriegsbeschluß ebenfalls überflüssig waren). Kriegsberichte, bei denen unklar ist, ob die Kriege von Rom förmlich "erklärt" wurden, werden unter II. gesondert genannt, weil unsicher ist, ob sie überhaupt die Untersuchungsfrage berühren1079. Denn wir sahen bereits, daß zwar alle neuen militärischen Kommandos von den Komitien beschlossen werden mußten und dies gelegentlich mit bellum indictum u. ä. ausgedrückt wird, daß diese Formulierungen aber nicht besagen wollen, daß diese Kriege auch förmlich mit Gesandtschaften erklärt wurden (vergl. das dritte Kapitel).

1077

Ausnahmen waren nicht ausgeschlossen, vergl. Liv. 7,12,5f. Eine lex de bello indicendo im Zusammenhang mit einem Defensivkrieg Roms begegnet bezeichnenderweise in der gesamtem ersten Dekade des Livius nur einmal [Liv. 9,42,8-43,2]. 1079 Es ist angesichts der ungenauen Terminologie des Livius auch nicht ausgeschlossen, daß sich auch einige unter I. genannte Beispiele nicht auf die diplomatische Kriegserklärung beziehen. 1078

V. Das Problem der "Natürlichen Feindschaft"

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I. Rom-Alba (legati) Liv. 1,22 (vorheriger Vertrag Liv. 1,23,7 vorausgesetzt). Rom-Latiner (fetiales) Liv. 1,32 (vorheriger Vertrag Liv. 1,32,3 vorausgesetzt). [Aurunker-Rom (legati) Liv. 2,26,4, Aurunker drohen mit Krieg (in der Zeit vorher deditio der Aurunker an Rom Liv. 2,17,5ff)]. Rom-Aequer (legati) Liv. 3,25,5ff (vorheriger Vertrag Liv. 3,24,10. 25,5). [Ardea-Rom (legati) Liv. 4,7,4ff (vorheriger Vertrag Liv. 4,7,4)]. [Rom-Fidenae (römische Erkundigungsgesandtschaft, legati) Liv. 4,17,4ff (Mitglied des Latinerbundes Plin. n.h. 3,69; foedus Cassianum Werner, StVA 2 (2. Aufl.) Nr. 126 [22ff])]. Rom-Veii (fetiales) Liv. 4,30,12ff (indutiae im Vorjahr vorausgesetzt Liv. 4,30,14). Rom-Labici (legati) Liv. 4,45,3ff (latinische Stadt, die Mitglied des latinischen Bundes war [D.H. 5,61 gehörte zu den 30 mit Mamilius verbündeten Städten Latiums]; foedus Cassianum Werner, StVA 2 (2. Aufl.) Nr. 126 [22ff] ; seit 418 v. Chr. römische Kolonie). Rom-Veii (fetiales) Liv. 4,58; vergl. 5,4,14 (vorherige indutiae Liv. 4,35,1f). [Gallier-Rom (legati) Liv. 5,36,8 (kein Vertrag, aber als Beispiel für die römische Praxis nicht zu benutzen, weil die Gesandtschaft von den Galliern ausging)]. Rom-Latiner (legati) Liv. 6,10,6ff, vergl. auch 6,17,7f (foedus Cassianum Werner, StVA 2 (2. Aufl.) Nr. 126 [22ff]). Rom-Herniker (fetiales) Liv. 7,6,7 (foedus Cassianum Werner StVA 2 (2. Aufl.) Nr. 126 [22ff]). Rom-Tibur (fetiales) Liv. 7,9,2 (Tibur hatte schon in der Zeit zuvor nachweislich das ius exilii [an ein foedus gebunden] mit Rom, vergl. Liv. 3,58,10, und es war Mitglied des Latinerbundes, vergl. Cato, HRR 1, p. 72 frg. 58; foedus Cassianum Werner, StVA 2 (2. Aufl.) Nr. 126 [22ff]). * Rom-Tarquinii (res repetere; durch wen, bleibt unbestimmt) Liv. 7,12,5f (kein Vertrag aus vorheriger Zeit bei Livius überliefert). Rom-Falisker (fetiales) Liv. 7,16,2 (vorheriger Vertrag Liv. 5,27,15 pax data nach vorheriger deditio). Rom-Samniten (fetiales) Liv. 7,32,1 (vorheriger Vertrag Liv. 7,19,4). Rom-Latiner (testatio deorum des Praetors vor latinischer Versammlung) Liv. 8,6,3ff (in der testatio wird auf Vertragsbruch Bezug genommen; foedus Cassianum Werner, StVA 2 (2. Aufl.) Nr. 126 [22ff]). Rom-Paleopolis/Neapolis (fetiales) Liv. 8,22,8 (vorheriger Vertrag Liv. 8,26,6. 25,12; alte amicitia vorausgesetzt [alte amicitia wird zurückgegeben]). Rom-Samniten (durch Magistrat; es ist also nicht ausgeschlossen, daß lediglich die Kriegseröffnung gemeint ist) Liv. 8,25,2 (Vertrag Liv. 8,1,7ff. 2,1ff).

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2. Gab es für Rom auf Grund des ius fetiale eine Verpflichtung

Rom-Samniten (fetiales) Liv. 8,39,13; vergl. 9,8,6 (vorheriger Vertrag Liv. 8,39,13). Rom-Aequer (fetiales) Liv. 9,45 (in der Zeit zuvor infidae pacis Liv. 9,45,5; Vertrag: vergl. Liv. 5,23,12). Rom-Samniten (fetiales) Liv. 10,12,1 (vorheriger Vertrag Liv. 9,45,1ff). Rom-Falisker (fetiales) Liv. 10,45,7 (vorherige indutiae Liv. 7,22,5. 38,1 (foedus) 10,45,6 [viele Jahre zuvor in der amicitia Roms]). II. [Sabiner-Rom (durch Magistrat?) Liv. 1,30,4ff (vorheriger Vertrag 1,13,4)]. Rom-Sabiner (durch wen, bleibt unbestimmt) Liv. 2,18 (einen Vertrag am Ende des ersten Krieges zwischen Rom und den Sabinern anzunehmen, ist plausibel, zumal Liv. 1,37,6. 38 nach der Niederlage der Sabiner die deditio von Callatis schildert; unklar bleibt bei Livius die Regelung für die übrigen Sabiner). Rom-Volsker (durch wen, bleibt unbestimmt) Liv. 2,38,5 in einer Rede; Krieg lief schon zuvor Liv. 2,26,4ff. 30,10ff. 33,4f (vorheriger Vertrag Liv. 2,25,6). [Etrusker-Rom (durch wen, bleibt unbestimmt) Liv 2,44,12 in einer Rede eines Römers, der über angebliche Absichten der Etrusker redet (Vertrag aus früher Zeit zwischen Rom und Etruskern, vergl. Liv. 1,3,5. 55,1)]. Rom-Antium (durch wen, bleibt unbestimmt) Liv. 3,10,12 in einer Rede (römische Koloniegründung Liv. 3,1,4. 4,11. 5,15). * Rom-Volsinii/Salpina (durch wen, bleibt unbestimmt) Liv. 5,31,5 (kein Vertrag aus vorheriger Zeit bei Livius überliefert). Rom-Tuskulum (durch wen, bleibt unbestimmt) Liv. 6,26,4ff (societas für die Zeit vor dem Krieg vorausgesetzt Liv. 6,26,3). Rom-Caere (durch Magistrat; es ist also nicht ausgeschlossen, daß lediglich die Kriegseröffnung gemeint ist Liv. 7,19,10 (Caere hatte seit alters das ius exilii mit Rom, vergl. Liv. 1,60). [Aletria/Ferentinum/Verula/Herniker-Rom (durch wen, bleibt unbestimmt) Liv. 9,42,11 (deditio Ferentinums Liv. 9,16,1 bezeugt)]. Es bleiben also lediglich zwei Beispiele römischer "Kriegserklärungen" (mit * gekennzeichnet), für die Livius (bzw. die außerlivianische Überlieferung) keinen vorhergehenden Vertrag Roms mit dem bekriegten Gemeinwesen berichtet. In Fall von Rom-Volsinii/Salpina ist wahrscheinlich überhaupt nur die Eröffnung der Kriegshandlungen gemeint – d. h., daß bei diesen Kriegen also überhaupt kein Gesandtschaftsverkehr [d.h. eine förmliche Kriegserklärung] stattfand. Denn die Formulierung bellum inde duobus populis indictum (Liv. 5,31,5) bezieht sich mit großer Wahrscheinlichkeit lediglich auf den Kriegsbeschluß der Komitien, der rechtlich nichts mit der förmlichen völkerrechtlichen Kriegserklärung zu tun hatte. Im Fall von Tarquinii ging der

V. Das Problem der "Natürlichen Feindschaft"

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Kriegseröffnung [hierauf zielt wohl die Formulierung novi consules C. Fabius et C. Plautius iussu populi bellum indixere (Liv. 7,12,6)] eine res repetere-Gesandtschaft voraus. Daß Tarquinii in der Sicht der römischen Annalisten und des Livius als etruskische Stadt seit frühester Zeit mit Rom in Verbindung stand und daß es mit großer Wahrscheinlichkeit in der Sicht der Annalisten und des Livius auch einen Vertrag mit Rom hatte1080. scheint eine sehr plausible Annahme, so daß man aus dieser einzigen zweifelsfrei gesicherten Ausnahme in der Darstellung des Livius kaum ein Argument gegen die herausgearbeitete Regel gewinnen kann.

Die ausführlichste Schilderung einer res repetere-Gesandtschaft mit fetiales bei Dionys zeigt, daß es die spezielle Funktion des fetiales war, in feierlicher Form den Vertragsbruch des Gegners gegenüber den Göttern festzustellen1081. Auch Livius’ Erzählung zur römischen Kriegserklärung gegenüber Veii im Jahr 427 v. Chr. weist in dieselbe Richtung1082. Obwohl Veii mit Rom nur einen Waffenstillstand geschlossen und diesen bereits vor Ablauf seiner Frist verletzt hatte, und obwohl die Frist des Waffenstillstandes abgelaufen war, schickte der römische Senat dennoch fetiales zum res repetere nach Veii, wie Livius berichtet. Der Senat wäre Livius’ Anschauung nach dazu nicht verpflichtet gewesen, weil die Kriegsabsicht und der Vertragsbruch Veiis eindeutig waren und weil es nach Ablauf des Waffenstillstandes mit Veii keine vertragliche Bindung für Rom gab, die aufgelöst werden mußte1083. Die antiquarische Überlieferung bei Dionys wird demnach durch die historiographische Überlieferung bestätigt. Die Fälle, in denen ein foedus nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, sind deswegen als – überlieferungsbedingte – Ausnahmen anzusehen1084. Angesichts der eindeutigen antiquarischen und auch historio1080

Vertrag der Etrusker mit Rom Liv. 1,55,1 wird erneuert; vergl. auch die wiederholt ablehnenden Bescheide des etruskischen Bundes, Veii gegen Rom zu helfen, Liv. 4,23,5. 24,1f. 31,6. 61,1f, die doch wohl vertragliche Beziehungen Roms zum etruskischen Bund zur Voraussetzung haben; der etruskische Bund gestattete nur Freiwilligenhilfe Liv. 5,17,6ff. 1081 D.H. 15,7,8-8,13 und 3,2f; 9,60; 10,23 und ebenso bei res repetere-Gesandtschaften ohne fetiales z. B. D.H. 8,64. 1082 Liv. 4,30,14f; vergl. auch Täubler, Imperium 29f. 1083 Vergl. Herzog, Geschichte 1, 945; Täubler, Imperium 29f. 1084 Wenn man mit Heuß, Grundlagen 24 und Catalano, Linee 17 und ders., Synteleia V. Arangio Ruiz 1 (1964) 378 Liv. 5,27,6 (Rede des Camillus) als Beleg gegen die vorgeschlagene Deutung nennen will, muß darauf hingewiesen werden, daß diese Darstellung lediglich als Niederschlag griechischen Denkens in der Geschichtsdarstellung des Livius bewertet werden kann (so Frezza, SDHI 4, 1938, 377 A.; ders., Labeo 1, 1955, 324; Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 110f; vergl. Kaser, Ius gentium 38). Keinesfalls kann diese Darstellung als authentischer Überrest der frühen römi-

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2. Gab es für Rom auf Grund des ius fetiale eine Verpflichtung

graphischen Überlieferung ist es nicht angebracht, mit Heuß gerade diese Fälle zur Regel zu erheben. Die herausgearbeitete Rechtsanschauung blieb auch im 2. Jh. v. Chr. verbindlich. Die Frage des Konsuls an die fetiales im Jahr 191 v. Chr.1085, ob er auch den Aetolern gesondert förmlich die amicitia kündigen müsse, und die Antwort der fetiales darauf zeigen, daß die förmliche Kriegserklärung mit der Kündigung des Vertragsverhältnisses inhaltlich verbunden war und daß die Vertragskündigung sich durch die willentliche Nichterfüllung (also z. B. vergebliche res repetere-Gesandtschaften Roms) der vertraglichen Verpflichtungen automatisch ergab1086.

schen Vorstellungen dienen und auf diese Weise gegen die Prinzipien des ius fetiale ausgespielt werden. Außerdem ist von den Prinzipien der Kriegserklärung der fetiales überhaupt nicht die Rede, sondern von dem, was man Kriegsrecht nennen würde (zum römischen Kriegsrecht vergl. neuerdings: Ziegler, in: Vae victis! Über den Umgang mit Besiegten, hsg. O. Kraus (Göttingen 1998) 45-66. 1085 Liv. 36,3,7ff. 1086 Das sah bereits Mommsen, Forschungen 1, 343f mit A.32; vergl. Karlowa, Rechtsgeschichte 1, 292; Täubler, Imperium 416. App. Hisp. 70 (297) zeigt die Verbindung zwischen Vertragslösung und Kriegseröffnung nochmals für einen Krieg in Spanien für die Zeit des 2. Jh.v. Chr. Für das 3. und 2. Jh. v. Chr. kann hier auf den Nachweis der vor den Kriegserklärungen bestehenden Vertragsverhältnisse verzichtet werden. Denn es ist bekannt, daß den römischen Kriegserklärungen z. B. gegenüber Karthago, Makedonien, Aetolien, Achaia usw. immer vertragliche Bindungen Roms mit diesen Gemeinwesen vorausgingen. Im Fall des Antiochos wird man nach den Ausführungen zur amicitia zumindest vertragliche Bindungen Roms zu den Seleukiden annehmen dürfen, denn ein bestehendes amicitia-Verhältnis zwischen Rom und den Seleukiden wird im Vorfeld des Antiochoskrieges in der Überlieferung stets vorausgesetzt. Der Anfang dieses Verhältnisses wird noch in die Mitte des 3. Jh. v. Chr. zurückreichen, weshalb eine Nachricht über einen anfänglichen Vertragsschluß nicht erhalten geblieben ist. Angesichts der lückenhaften Überlieferung für die Zeit vor 219 v. Chr. kann das Fehlen einer positiven Nachricht über einen Vertragsschluß nicht verwundern. Bemerkenswert ist aber, daß Rom den Seleukiden bereits in der Zeit des Seleukos II. ein amicitia-Verhältnis anbot (Suet. Claud. 25,5, zur Historizität der Nachricht vergl. Schmitt, Untersuchungen 291f; neuerdings weist Elwyn, TAPhA 123, 1993, 280ff darauf hin, daß der Seleukos bei Suet. 25,3 auch mit Seleukos IV. identifiziert werden könne. Sicherheit in der Frage der Identifikation des Seleukos bei Sueton ist nicht zu erzielen.). Wenn Polybios in der éêçâ~í~ëâÉìÜî nichts über einen Vertrag zwischen Rom und den Seleukiden berichtet, ist dies nicht verwunderlich, denn erstens ist seine Darstellung in der éêçâ~í~ëâÉìÜî bewußt kurz gehalten und auf bestimmte Darstellungsziele konzentriert. Zweitens liegt Polybios' Augenmerk in der éêçâ~í~ëâÉìÜî vor allem auf der Darstellung der politischen Vorbereitung des 2. Makedonischen Krieges, die sich im wesentlichen in Griechenland vollzog; und drittens will Polybios die Verknüpfung der griechischen Ereignisse mit den römischen erst in der Zeit des 2. Punischen Krieges beginnen lassen. Es entsprach also dieser historiographischen Tendenz des Polybios, die Momente erster Fühlungnahme Roms mit dem griechischen Osten im Verlauf der Zeit zwischen 280 und 212 v. Chr. weitgehend unerörtert zu lassen, zumal deren Darstellung einer anderen Geschichtsdeutung des Polybios, nämlich des zielstrebigen und glorreichen Aufstrebens Roms zur Weltmacht zwischen 218 und 168 v. Chr., ihre Überzeugungskraft genommen hätte.

V. Das Problem der "Natürlichen Feindschaft"

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3. Fazit und weitere Argumente Im ius fetiale war die Kriegserklärung nur gegenüber Vertragspartnern vorgesehen. Sie erfüllte die von Georg Wissowa beschriebene religiöse Funktion, der mit seiner Deutung die Theorie Mommsens: "... denn ohne Verletzung des foedus gibt es wohl einen Kriegsstand, nicht aber eine Kriegserklärung"1087 religionswissenschaftlich zu untermauern suchte: "Der Rechtszustand zwischen zwei voneinander unabhängigen Völkern beruht auf der freien gegenseitigen Vereinbarung, dem foedus; jede Verletzung dieser Abmachungen erfordert ebenso eine Sühneleistung durch den schuldigen Teil, wie der Verstoß gegen die Vorschriften des ius sacrum ein piaculum nötig macht, und wie derjenige, der sich der Darbringung des Piacularopfers entzieht, damit zum impius wird, d.h. nunmehr außerhalb des ius divinum steht, so führt im völkerrechtlichen Verkehr die Verweigerung der Sühne die Aufhebung des Rechtszustandes herbei und berechtigte das geschädigte Volk zur Erklärung des Krieges"1088. Dem sei erstens hinzugefügt, daß die res repetere-Gesandtschaften dem religiösen Zweck dienten, den Bündnisbruch des beklagten Gemeinwesens gegenüber den betroffenenen Göttern förmlich und unzweifelhaft festzustellen1089. Sie waren also aus römischer Sicht die religiöse Vorbereitung der mit der Kriegseröffnung notwendig einhergehenden Aufkündigung des Vertrags. Zweitens sei angemerkt, daß der "Rechtszustand" zwischen Rom und seinen Vertragspartnern zwar an die Voraussetzung eines Vertrags gebunden, er aber nicht allein durch die Vereinbarungen des Vertrags begrenzt war. Das Vertragsverhältnis an sich brachte aus römischer Sicht auch wechselseitige internationalrechtliche Verpflichtungen mit sich (z. B. ius postliminii, ius legationis, Neutralitätspflicht usw.), die nicht im Vertrag eigens vereinbart worden waren, die aber dennoch zum "Rechtszustand" zwischen Rom und dem Vertragspartner gehörten1090.

1087

Mommsen, Staatsrecht 3, 341f. Wissowa, Religion (2. Aufl.) 550 und vergl. die Überlegungen bei: Lisowski, RE Suppl. 7 (1940) 605f s.v. noxae deditio. 1089 Vergl. insbes. die deutlichen Schilderungen bei D.H. 3,2f und 15,7,8-8,13 und Liv. 9,8,6. 1090 Diese charakteristische Eigenart römischer Vertragsinterpretation konnte es mit sich bringen, daß Rom eine Berechtigung zur Kriegserklärung bereits als gegeben ansah, wenn seinen außenpolitischen Interessen vom Vertragspartner entgegengearbeitet wurde. Denn dies konnte Rom immer als Verletzung der mit dem Vertragsverhältnis notwendig verbundenen Neutralitätspflicht interpretieren. 1088

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4. Zusammenfassung in Hinsicht auf das Problem der "Natürlichen Feindschaft"

Die von Wissowa erkannte Analogie des besprochenen Prinzips des ius fetiale zum ius sacrum läßt sich wahrscheinlich durch eine parallele Erscheinung im ius civile ergänzen: Es ist eine seit langem gängige Vorstellung, daß im alten Legisaktionsprozeß der Prozeßgrund durch den Meineid einer Prozeßpartei gegeben war1091. Er wurde also wahrscheinlich ursprünglich geführt, um das römische Gemeinwesen vor den üblen Folgen des Meineides eines seiner Bürger zu schützen, der durch den Meineid sacer geworden war1092. Die innerrömische Rechtsverfolgung war also wahrscheinlich an die Voraussetzung des Meineides gebunden. Die Prinzipien des ius fetiale verhalten sich dazu analog. Auch hier spielte die Feststellung des Eidbruchs (= Meineides) eine große Rolle. Zur zwischenstaatlichen Eidleistung unter Anrufung der Götter kam es aber nur beim Abschluß eines foedus. Die zeremonielle Feststellung des Eidbruchs im Rahmen einer förmlichen Kriegserklärung konnte deswegen nur gegenüber denjenigen Gemeinwesen rechtlich und religiös notwendig sein, die mit Rom ein foedus (= Eid gegenüber den Göttern) hatten. Es ist also mit der römischen Rechtsauffassung sehr gut vereinbar, daß Rom auch im ius fetiale nur gegenüber eidlich verbundenen Gemeinwesen förmlich die widereidliche Unrechtstat gegenüber den Göttern feststellen mußte1093.

4. Zusammenfassung in Hinsicht auf das Problem der "Natürlichen Feindschaft" Roms gegenüber dem vertraglich unverbundenen Ausland Nachdem sich die wesentlichen Sachargumente von Heuß gegen die Vorstellung einer "Natürlichen Feindschaft" Roms gegenüber dem vertraglich unverbundenen Ausland als zweifelhaft erwiesen haben, stellt sich erneut die Frage, ob es ein solches Prinzip in der römischen Rechtsanschauung, d.h. im ius fetiale, gab. Heuß1094 benutzt die angeblich vertragslosen amicitia-Verhältnisse und die angeblich voraussetzungslosen förmlichen Kriegserklärungen als Argumente gegen die Deutung Mommsens: "Nach römischer Rechtsanschauung ist dem Ausländer 1091

Kaser, Ius passim; D. Liebs, Römisches Recht. Ein Studienbuch (2. Aufl. Göttingen 1982) 28ff; vergl. aber auch Wieacker, Rechtsgeschichte 1, 272ff. 1092 Der homo sacer war vogelfrei und stand damit außerhalb der menschlichen und göttlichen Ordnung: Festus 424L. 1093 Vergl. auch Dickmann, Friedensrecht 96 "... denn ein unter Anrufung der Götter feierlich beschworener Vertrag war die Voraussetzung, ohne die eine rechtliche Beziehung [sc. der Staaten untereinander] nicht entstehen konnte." 1094 Heuß, Grundlagen 1ff passim.

V. Das Problem der "Natürlichen Feindschaft"

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gegenüber die gegenseitige Rechtlosigkeit die Regel, welches Verhältnis auch wohl minder genau als dauernder Kriegszustand gefasst wird1095, das internationale Rechtsverhältnis die Ausnahme, welche nur herbeigeführt werden kann durch ein Übereinkommen der beiden Teile und nur soweit reicht wie dieser Vertrag."1096 Bei Täubler verlor die pointierte Stellungnahme Mommsens ihre Wirkung, indem er einerseits den von Mommsen als "minder genau" gekennzeichneten Begriff des "Kriegszustandes" auch auf das zwischenstaatliche Verhältnis ausdehnte und andererseits die bei Mommsen wenigstens andeutungsweise getrennten Bereiche des internationalen Privatrechts und des zwischenstaatlichen Verhältnisses undifferenziert miteinander verband: "Der Staatsfremde gilt rechtlich als Feind. Der einzelne wie der Staat tritt erst durch eine Rechtshandlung, den Vertrag, aus dem Zustande der natürlichen Feindschaft in den der Verkehrsgemeinschaft".1097 Die zugespitzte Formulierung Täublers1098 forderten die Kritiker heraus1099. Wenn man den von Heuß gegen Mommsen und Täubler vorgebrachten Argumenten nicht zustimmen kann, heißt dies nicht, daß man zur Deutung Mommsens oder gar Täublers zurückkehren muß. Emil Seckel hat in einem Vortrag "Über Krieg und Recht in Rom"1100 bereits zu Beginn des 1. Weltkrieges in diesem Zusammenhang auf das Zeugnis bei Pomponius Dig. 49,15,5,2 hingewiesen: "Das ipso iure gegebene Grundverhältnis der antiken Völkerwelt ist nicht die 'Staatsfeindschaft', sondern vielmehr der Friede, die pax, da 'weder Krieg noch Freundschaft noch Gastverhältnis noch Freundschaftsbündnis' ... unter den Völkern waltet." Die Theorie der "Natürlichen Feindschaft" oder die Vorstellung des dauernden "Kriegszustandes" trifft also die Rechtsanschauung der Römer (des 2. Jh. v. Chr. bis 2. Jh.

1095

Diese Formulierung ist wohl als pointierte Antwort gedacht auf die Wortwahl von R. v. Ihring, Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung Bd. 1 (9. Aufl. Darmstadt 1953) 225f "Der Kriegfuß also gilt noch zu ihrer Zeit [sc. im 2. Jh. n. Chr.] als das von vornherein gegebene rechtliche [sc. internationale] Verhältnis ..." 1096 Mommsen, Staatsrecht 3, 590f mit A.2. 1097 Täubler, Imperium 1. 1098 Auch die anderen Rezipienten Mommsens (bzw. Täublers) tendieren zu Vergröberungen seiner Interpretation, so z. B. Ferrenbach, Amici 53. 69; Neumann, RE 6 (1907) 2818 s.v. foedus; Rostovtzeff, in: History, hsg. E.A. Walsh (1922) 35. 37. 61; St. Brassloff, Der römische Staat in seinen internationalen Beziehungen (Wien u. a. 1928) 3ff passim; mit entwicklungsgeschichtlicher Modifikation Dickmann, Friedensrecht 97f. 1099 Von den kritischen Stellungnahmen zu Mommsen s. insbes. Seckel, Krieg 9ff. 1100 1915 insbes. 9ff. 12ff.

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4. Zusammenfassung in Hinsicht auf das Problem der "Natürlichen Feindschaft"

n. Chr.) keinesfalls, wie Seckel mit diesem schlichten Hinweis auf Pomponius zeigt1101. Der Begriff "Natürliche Feindschaft" ist also ungeeignet zur Beschreibung der römischen Rechtsanschauung1102. Ein zwischenstaatliches Rechtsverhältnis (bzw. Bindungen) gab es für Rom während der frühen Republik nur gegenüber Vertragspartnern. Hierfür ist das ius fetiale als Überrest der alten rechtlichen/religiösen Prinzipien römischer Außenpolitik der wichtigste Anhaltspunkt. Die Verpflichtung zur Kriegserklärung und die anderen Notwendigkeiten des ius fetiale galten aus römischer Sicht nur gegenüber vertraglich verbundenen Gemeinwesen. Diese charakteristische Eigenart Rechtsanschauung bezüglich des zwischenstaatlichen Rechtsverhältnisses war die Folge der römischen Religions- und Rechtsauffassung. Bindungen und Verpflichtungen entstanden für Rom nur, wenn sie durch Eid oder eidähnliche Handlungen gegenüber den eigenen Göttern förmlich festgestellt worden waren. Deshalb mußten auch nur solche als religiös verpflichtend empfundenden Bindungen förmlich gelöst bzw. durch eine spezialisierte Priesterschaft, d.h. die fetiales, geschützt werden1103. Die aus einem Vertragsverhältnis entstehenden Verpflichtungen Roms reichten in der römischen Rechtsanschauung aber nicht nur soweit, wie es ausdrücklich im Vertrag formuliert wurde (gegen Mommsen). Denn das Vertragsverhältnis an sich brachte für Rom als dauerhaft empfundene völkerrechtliche Verpflichtungen mit sich (ius postliminii, Neutralitätspflicht, Friedenspflicht usw.), die in der Regel nicht im Vertrag eigens vereinbart worden waren. Selbst Verträge, die nur ad hoc geschlossen worden waren, brachten also aus römischer Sicht nach ihrer innerrömi1101 In diesem Zusammenhang ist auch auf die neuere Untersuchung von Michaela Kostial, Rom passim hinzuweisen, in der es ganz offensichtlich wird, daß in der Anschauung der Autoren des 2. bis 1. Jh. v. Chr. sich kein Hinweise für ein feindliches Verhältnis Roms zur Außenwelt finden lassen – weder in der Schilderung der politischen Praxis noch in der sichtbar werdenden Rechtsanschauung der Autoren selbst. 1102 Außerdem führt die von Täubler gewählte Formulierung "Natürliche Feindschaft" fast zwangsläufig zur (wohl von Täubler ungewollten) historisch fragwürdigen Vorstellung eines Urzustandes zwischenstaatlicher bzw. -menschlicher Ordnungen. Mit dem ius fetiale können jedoch bestenfalls Prinzipien des römischen Völkerrechts der Zeit seit dem 6. Jh. v. Chr. erkannt werden. Zur Beschreibung urgesellschaftlicher Verhältnisse kann das ius fetiale nicht dienen [Dieser Einwand begegnet indirekt auch bei DeMartino, Storia 2,1 (1. Aufl.) 12f, indem er z. B. auf die gemeinsame indoeuropäische Herkunft der italischen Stämme aufmerksam macht. Zur naturphilosophischen Vorbereitung der Theorie von der "Natürlichen Feindschaft" vergl. z. B. DeMartino, Storia 2,1 (1. Aufl.) 12 und Ilari, Interpretazione 155ff]. 1103 S. auch Dickmann, Friedensrecht 96

V. Das Problem der "Natürlichen Feindschaft"

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schen "Ratifikation" eine dauerhafte völkerrechtliche Minimalbindung (Neutralität usw.) Roms zwangsläufig mit sich1104. Daß der internationale Privatverkehr mit Verträgen (amicitia- oder hospitiumVerträge) erst geschaffen und detailliert geregelt wurde (Mommsen/Täubler), trifft ebenfalls nicht zu. Denn die argumentativen Voraussetzungen dieser Deutung haben sich als falsch erwiesen. Es gab in Rom seit frühester Zeit zahlreiche außerstaatsvertragliche Mittel zur Ermöglichung des rechtlich gesicherten privaten Handels. Deshalb ist die von Mommsen postulierte regelmäßige Rechtlosigkeit des Ausländers (aus nicht vertraglich mit Rom verbundenen Staaten) in Rom auch in früher Zeit kaum jemals eine Erscheinung des römischen Alltags gewesen1105. Seit dem 3. Jh. v. Chr. war der internationale Privatverkehr zusätzlich durch das sich entwikkelnde ius gentium (ebenfalls außerstaatsvertraglich) gesichert. Die Deutung Mommsens ist lediglich ein geeignetes Bild, mit dem das Personalitätsprinzip des römischen ius civile verdeutlicht werden kann. Die tatsächliche rechtliche Position des Ausländers in Rom verdeutlicht das Bild allerdings nicht, weil es die zahlreichen traditionellen Instrumente zur Überwindung der Prozeßunfähigkeit des Fremden in Rom unberücksichtigt läßt. Die alten im ius fetiale bewahrten Rechtsanschauungen bzgl. der zwischenstaatlichen Rechtsverhältnisse waren auch noch im 3. bis 1. Jh. v. Chr. als bestimmender Faktor römischer Außenpolitik wirksam. Hierfür spricht einerseits, daß Rom in der Regel vertragliche Bindungen mit den fremden Gemeinwesen suchte, die ein dauerhaftes zwischenstaatliches amicitia-Verhältnis zur Folge hatten. Andererseits legte Rom bei den heute noch in Umrissen erkennbaren förmlichen Kriegseinleitungen stets darauf Wert, daß es dem Gegner einen Vertragsbruch gegenüber Rom oder seinen Verbündeten vorwerfen konnte1106. Dieses Merkmal römischer Außenpolitik wird als Niederschlag des fortwährend wirkenden ius fetiale verständlich. Schließlich zeigt die gelegentliche Konsultierung der fetiales während des 2. und 1. Jh. v. 1104

In diesem Sinne trifft sogar die These Mommsens zu, römische foedera seien grundsätzlich ewig gewesen: z. B. Mommsen, Staatsrecht 1 (3. Aufl.) 251f. Mommsen kommt zur Vorstellung des ewigen foedus, weil er an dieser Stelle anscheinend nur dem mit Exsekrationseid beschworenen Vertrag (Liv. 1,24 dieser Eid bindet die römische Gemeinde ewig) die Dignität des foedus zubilligt (ders. ebenda 251 A.1 unterscheidet er aber dennoch fetiales foedus, feldherrliches foedus und feldherrliche sponsio, wobei der Unterschied des letzten Vertragstypus zum feldherrlichen foedus unklar bleibt); vergl. auch Täubler, Imperium 5. 100 und widersprüchlich zu diesen Bemerkungen 140 seine Überlegungen zur Geltungsdauer des Feldherrnvertrags. 1105 Ebenso Ziegler, ANRW 1,2 (1972) 106. 1106 Vergl. z. B. Albert, Bellum passim mit reichem Material.

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4. Zusammenfassung in Hinsicht auf das Problem der "Natürlichen Feindschaft"

Chr. die ununterbrochen andauernde Verbindlichkeit seiner Prinzipien für die römische Außenpolitik. Ein Beleg für diese Annahme ist auch Livius’ Darstellung der res repetere-Zeremonien, die er (vor 25 v. Chr.) mit der Bemerkung einleitet: ius ab antiqua gente Aequiculanis quod nunc fetiales habent descripsit, quo res repetuntur (Liv. 1,32,5). Die herausgearbeiteten Prinzipien des ius fetiale wirkten seit dem Ende des 3. Jh. v. Chr. ebenfalls fortwährend auf die historiographische Selbstvergewisserung Roms ein1107, worin man ein wesentliches Indiz für ihre dauerhafte Wirksamkeit im römischen Alltag auch dieser Zeit erkennen kann1108. Die römischen Historiographen und Annalisten waren bekanntlich stets darum bemüht, die Rechtmäßigkeit römischer Kriege z. B. durch den Bündnisbruch des Kriegsgegners zu verdeutlichen, und legten außerdem auf die Erwähnung der förmlichen Kriegserklärung Roms gesteigerten Wert1109. Dagegen erfährt der Leser in den Darstellungen der römischen Historiographen nur sehr selten etwas darüber, daß auch fremde Gemeinwesen gegenüber Rom berechtigte Forderungen haben konnten und daß sie Rom förmlich den Krieg erklärten1110. Diese Tendenz der Historiographie entspricht den Regeln des ius fetiale, das festlegte, daß derjenige, der zuerst den Krieg förmlich erklärte, auch das Recht dazu auf seiner Seite habe (Diod. 8,25f; Liv. 1,22; D.H. 3,2f). 1107

Die gegenwärtige Untersuchung ist vornehmlich an rechtlichen Strukturelementen römischer Außenpolitik interessiert; deshalb können die bedeutsamen ideen- und literaturgeschichtlichen Aspekte des Themas nur am Rande behandelt werden. 1108 Hier nur einige Hinweise zur Literatur zum bellum iustum-Topos. Materialsammlungen und ältere Literatur bei: J.W. Spaeth, A Study of Cause’s of Romes Wars from 343 to 265 B.C., diss. Princeton 1926 passim; Drexler, RhM 102, 1959, 97ff; Erb, Kriegsursachen passim ; Albert, Bellum passim; Claverdetscher, Bellum passim; Mantovani, bellum passim; Kostial, Rom passim. Methodisch und in der Art der Betrachtung des Gegenstandes instruktiv aus neuerer Zeit z. B.: Petzold, in: Festschrift E. Burck, hsg. E. Léfevre (1983) 241-263 und Schwarte, Ausbruch 78 (bzgl. der Tendenz der Darstellung des Fabius Pictor zum Beginns des 2. Punischen Krieges); Welwei, in: Krieg und Frieden im Altertum, hsgg. G. Binder/B. Effe (Trier 1989) 85-109 insbes. 88ff und 96ff; Watson, Law 64ff passim; Ferrary, in: Relations, hsgg. Ed. Frezouls/A. Jacquemin (Paris 1995) 429ff. 1109 Als typisches Merkmal der jüngeren Annalistik hat dies z. B. Erb, Kriegsursachen passim durch den Vergleich des Livius mit Dionys herausgearbeitet. 1110 In der ersten Dekade des Livius sind mir res repetere- bzw. bellum indicere-Gesandtschaften anderer Staaten gegenüber Rom nur Liv. 1,22,6; 2,26,4 (2,44,12); 4,7,4ff; 5,36,8; (6,17,7f); (9,42,11) aufgefallen (in Klammern die nur bedingt in diesen Zusammenhang gehörenden Fälle; zum iustum bellum bei Livius vergl. insbes. Burck, Die Welt als Geschichte 1, 1935, 477ff und die Quellensammlung bei Drexler, RhM 102, 1959, 97ff). Ulpianus Dig. 49,15,24 belegt, daß noch den Juristen der Kaiserzeit bekannt war, daß andere Staaten gegen Rom von sich aus den Krieg beschließen konnten.

V. Das Problem der "Natürlichen Feindschaft"

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Auf diese in den Prinzipien des ius fetiale (vergl. insbes. Cic. off. 1,11,36; Liv. 1,22f und D.H. 3,2f) verwurzelte Tendenz der römischen Historiographie weist andeutungsweise bereits Karl Heinz Schwarte, Historia 21, 1972, 216f. 222 hin. Seine Vermutung, Karthago habe 264 v. Chr. Rom den Krieg erklärt1111, wird vielleicht durch Paulus Fest. 90L gestützt: nam et Carthaginiensies cum bellum vellent, Romam hastam miserunt ... Wenn Karthago laut Paulus/Festus eine Lanze nach Rom schickte, als es den Krieg wollte, dann geschah dies wahrscheinlich im Jahr 264 v. Chr. Denn vor 264 v. Chr. werden kriegerischen Konflikte zwischen Rom und Karthago nicht überliefert, und nach dem Frieden von 241 v. Chr. war es stets Rom, das zur Durchsetzung seiner politischen Ziele Karthago mit der Eröffnung eines Krieges drohte. Die Unterdrückung der aktiven karthagischen Kriegseröffnung im Jahr 264 v. Chr. in der erhalten gebliebenen Historiographie wäre ein schlagender Beweis für die Wirksamkeit des ius fetiale auf die historiographische Traditionsbildung. Lediglich in der antiquarischen Überlieferung erhielt sich ein Rest der tatsächlichen Ereignisse des Jahres 264 v. Chr., der ein helles Licht auf die Tendenz der durchweg romfreundlichen Historiographie wirft. Denn offensichtlich werden die karthagische Interessenslage im Jahr 264 v. Chr. ebenso wie ihre diplomatischen Initiativen in der erhaltenen Historiographie nicht ausreichend gewürdigt1112.

1111

Zurückhaltende Reaktionen bei Rich, Declaring 123ff und Eckstein, Senate 85ff. Die übrigen Quellen zur Vorgeschichte des 1. Punischen Krieges bei Broughton, MRR 1, 202f. Aus der reichen Literatur zu den schwierigen Problemfeldern der Vorgeschichte des 1. Punischen Krieges vergl. insbes.: A. Heuß, Der Erste Punische Krieg und das Problem des römischen Imperialismus, HZ 169, 1949, 457-513; W. Hoffmann, Das Hilfegesuch der Marmertiner am Vorabend des ersten Punischen Krieges, Historia 18, 1969, 153-180; Schwarte, Historia 21, 1972, 206-223; K.W. Welwei, Hieron II von Syrakus und der Ausbruch des ersten Punischen Krieges, Historia 27, 1978 575-587; Eckstein, Senate 85ff u.ö; B.D. Hoyos, Unplanned Wars. The Origins of the First and Second Punic Wars (Berlin u. a. 1998). 1112

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4. Zusammenfassung in Hinsicht auf das Problem der "Natürlichen Feindschaft"

Diese Tendenzen der römischen Historiographie werden u. a. dadurch verständlich, daß die herausgearbeiteten Prinzipien des ius fetiale nach wie vor in Rom als verpflichtend empfunden wurden1113. Polybios nahm die charakteristischen Merkmale der römischen Außenpolitik1114 bzw. römischen Rechtsanschauung zum Anlaß, die griechischen Politiker davor zu warnen1115, Rom gerechtfertigte Anlässe zur Eröffnung eines Krieges zu geben1116. Statt dessen sollten sich die griechischen Politiker um die Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen mit Rom sorgen, um Rom keinen Grund zum Krieg zu bieten. Seine Darstellung römischer Kriegseröffnungen gestaltet Polybios überwiegend in diesem Sinne1117, wohl um seine griechischen Leser zur richtigen Außenpolitik gegenüber Rom zu führen1118. 1113

Zum Topos des Vertragsbruches; vergl. auch das Material bei: Baldus, Vertragsauslegung 366ff. 1114 Einige Stellen, die in diesem Zusammenhang wichtig sind: Plb. frg. 99 hebt das stete Bemühen Roms um gerechtfertigte Gründe für die Kriegseröffnung hervor; ebenso Plb. 36,2,1ff mit Walbank, Commentary 3, 653ff [vergl. Diod. 32,5]. Bündnistreue der Römer: Plb. 24,11,1ff. Die traditionellen römischen Praktiken werden von Polybios als vorbildlich charakterisiert, die zeitgenössischen griechischen Verhältnisse dagegen als Verfallserscheinung: Plb. 13,3,5; frg. 99; Liv. 42,47,5 (nach Polybios vergl. Tränkle, Livius 28); Plb. 18,37,2ff [Römer führen gegen neue Kriegsgegner (z. B. Hannibal und Philipp) niemals Vernichtungskriege]; Plb. 36,9 [Kritiker der veränderten Außenpolitik Roms seit der zweiten Hälfte des 2. Jh. v. Chr. mit Walbank, Commentary 3, 663ff]. Zum iustum bellum bei Polybios z. B.: P. Bung, Q. Fabius Pictor, der erste römische Annalist. Untersuchungen über Aufbau, Stil und Inhalt seines Geschichtswerkes an Hand von Polybius 1-2, diss. Köln 1951, 147ff; Momigliano, in: ders. Contributo (1960) 20. 22; Walbank, Polybios 164f; Bengtson, Historia 12, 1963, 101f (Polybios angeregt durch die römische bellum iustum-Lehre); Schwarte, Ausbruch 79ff insbes. 84. 86ff. 88. Polybios zu Kriegsgründen allgemein: z. B. P. Pédech, La Méthode historique de Polybe (Paris 1964) 179ff; Walbank, Polybios 157ff. 1115 Zu den erzieherischen Absichten des Polybios gegenüber seiner Leserschaft vergl. z. B. T. Ries, Polybios zwischen Polis und Imperium. Studien zum Ursprung der gemischten Verfassung, diss. Heidelberg 1975, 35ff und insbes. S. Mohm, Untersuchungen zu den historiographischen Anschauungen des Polybios, diss. Saarbrücken 1976 (Saarbrücken 1977) 150ff. 174ff. 202ff und neuerdings: A.M. Eckstein, Moral Vision in the Histories of Polybios (Berkeley 1995) 16. 20 A.89. 24ff. 194ff passim. 1116 Zur Gerechtigkeit der Römer und (Polybios zufolge) zur richtigen Politik z. B. Philopoimens gegenüber Rom vergl. Deininger, Widerstand 112f (mit Quellen und Literatur). Zur Philopoimen/Aristainos-Diskussion Plb. 24,11ff (vergl. Walbank, Polybios 166ff; A.M. Eckstein, Moral Vision in the Histories of Polybios (Berkeley 1995) 202f. Polybios’ Kritik an der verfehlten Politik des Kritolaos: Plb. 24,10,8ff. Polybios Charakterisierung der falschen Politik, die in den Ruin führte: Diaios/Kritolaos: Plb. 38,10,8ff. 1117 Auch Polybios wußte, daß die vorgegebenen Kriegsgründe mit den tatsächlichen politischen Gründen nicht immer übereinstimmten, dies zeigt etwa: Plb. 32,13 [Rom führt Krieg, um Truppen zu trainieren]. 1118 So bezweifelt Polybios z. B. im Fall des 2. Punischen Krieges bezeichnenderweise nicht die Berechtigung der römischen Vertragsauslegung (Plb. 3,21. 29f). Seine Kritik betrifft lediglich Roms Vorgehen gegenüber Sardinien im Jahr 238 v. Chr., das wohl entgegen der Darstellung des Polybios im Jahr 219 v. Chr. nach fast zwanzig Jahren wohl niemand mehr als völkerrechtlichen Kriegsgrund gegen Rom hätte ernsthaft in Anspruch nehmen können (Plb. 3,29f).

V. Das Problem der "Natürlichen Feindschaft"

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Die veränderte historiographische Perspektive des Dionys1119 am Ende des 1. Jh. v. Chr. ist auch kennzeichnend für den zwischenzeitlichen Wandel des römischen Selbstverständnisses (bzw. der Einschätzung der griechischen Welt gegenüber der römischen Herrschaft)1120. Dionys erklärt den Aufstieg Roms zur Weltmacht damit, daß es immer gerechte und fromme Kriege geführt und sie immer entsprechend dem ius fetiale förmlich erklärt habe1121. Er gestaltet seine historiographische Darstellung mit dieser Tendenz. Aus dem iustum bellum-Topos war also im Verlauf von gut 140 Jahren ein geeignetes Erklärungsmodell für den römischen Erfolg geworden. Mit dieser Beoachtung wird ein Aspekt der Entwicklung der römischen Historiographie berührt, der zeigt, welche kulturellen und ideologischen Wirkungen die Entstehung des imperium Romanum auf das Bewußtsein der Zeitgenossen des 2. und 1. Jh. v. Chr. hatte.

Siehe auch die kritische Auseinandersetzung mit Polybios’ Darstellung des 3. Punischen Krieges und den angeblichen politischen Motiven der Römer bei Welwei, Hermes 117, 1989, 316. 317f: "Man wird dem Senat schwerlich unterstellen können, daß er mehrheitlich in der Zeit von 152150/49 die Entwicklung in Karthago als ernste Gefahr für Rom wertete, die Dinge aber treiben ließ, nur um eine iusta causa für einen Kriegsbeschluß abzuwarten [...] Wäre es bei der römischen Kriegserklärung nur noch darum gegangen, eine iusta causa zu finden ... , hätte der Senat bereits während der sich längere Zeit hinziehenden Kampfhandlungen 150 v. Chr. einen willkommenen Anlaß zur bewaffneten Intervention gehabt." Ähnlich kritische Auseinandersetzungen neuerdings bei: A.M. Eckstein, Polybios, Demetrios of Pharos and the Origins of the Second Illyrian War, CPh 89, 1994, 46-59; D.W. Baronowski, Polybios on the Causes of the Third Punic War, CPh 90, 1995, 16-31; Mantel, in Rom, hsgg. Ch. Schubert/K. Brodersen (1995) 175-190; Golan, AC 58, 1989, 112ff vor allem 117ff (kritische Sicht der Darstellung des Plb.). 1119 Vergl. Burck, Erzählkunst 179f; Claverdetscher, Bellum 169ff; 1120 Vergl. auch die Beiträge von Johannes Straub, in denen weitere Aspekte des sich wandelnden iustum bellum-Topos im 1. Jh. v. Chr. entwickelt werden: Straub, Regeneratio 1 (1977) 1ff. 19ff; Regeneratio 2 (1986) 1ff und außerdem: Volkmann, Hermes 82, 1954, 468f. 473f; Hampl, HZ 184, 1957, 249ff [= Staatsdenken, hsg. R. Klein (1966) 116ff insbes. 132ff]; Hampl, HZ 188, 1959, 497ff [= Staatsdenken, hsg. R. Klein (1966) 143ff]; Hoffmann, Historia 9, 1960, 309ff [= Staatsdenken, hsg. R. Klein (1966) 309ff]. 1121 Vergl. insbes. D.H. 2,72 [der Aufstieg Roms ist entgegen den Darstellungen mancher Historiker kein Glücksfall D.H. 2,17,3; die Haltung der alten Römer wird in Kontrast zu den Zuständen der eigenen Zeit gesetzt und somit als Aufforderung, zur alten Einstellung zurückzukehren, intentional verwendet D.H. 2,18] und die Untersuchung von Erb, Kriegsursachen insbes. 103 f passim.

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4. Zusammenfassung in Hinsicht auf das Problem der "Natürlichen Feindschaft"

Die unterschiedlichen Phänomene der literarischen Umgestaltung des iustum bellum-Topos in der griechischen und römischen Literatur (insbesondere in der Historiographie) des 2. und 1. Jh. v. Chr. nachzuzeichnen, wäre eine lohnende Arbeit, die nach den grundlegenden Vorarbeiten und mit Hilfe der methodischen Instrumente der "Erzählforschung"1122 und den seriösen Ergebnissen der Quellenforschung1123 möglich geworden ist1124.

1122

Vergleiche insbes. die methodisch instruktiven und grundlegenden Beiträge von: A. Reichenberger, Studien zum Erzählstil des T. Livius, diss Heidelberg 1931; Bruck, Erzählkunst passim; H. Bruckmann, Die römischen Niederlagen im Geschichtswerk des T. Livius, diss. Münster 1936; F. Hellmann, Livius-Interpretationen (Berlin 1939); H. Hoch, Die Darstellung der politischen Sendung Roms bei Livius (Frankfurt a. Main 1951) passim; Tränkle, Livius passim. 1123 Überblick z. B. bei: Rosenberg, Einleitung passim; von besonderer Bedeutung sind die Ergebnisse der Quellenforschung zu Livius’ Quellen z. B.: A. Klotz, Livius und seine Vorgänger. Neue Wege zur Antike II, 9,10,11 (Berlin 1940/1941); Walsh, Livy 115ff (Livius' Quellen 1. Dekade) 124ff (Livius' Quellen 3. Dekade) 133ff (Livius’ Quellen 4/5. Dekade); Ogilvie, Commentary passim; Tränkle, Livius passim; Briscoe, Commentary 1-2; Händl-Sagawe, Beginn passim; Oakley, Commentary 1-2 passim, 1124 Wichtig wäre es m. E. auch, die unterschiedlichen Ebenen, auf denen man sich dem Phänomen des bellum iustum nähert, konsequenter als bisher voneinander zu trennen. Auch müßte die spezifisch historische Fragestellung und Differenzierung konsequent durchgeführt werden. Auf der Ebene der Quellenkritik: 1. Rekonstruktion des historischen Geschehens; 2. Rekonstruktion der der sich wandelnden historischen Erinnerung und ihrer Phasen: a) Phasen und Tendenzen in der literarischen Umsetzung der bellum iustum-Idee in der Literatur – wobei die einzelnen Gattungen m. E. zunächst gesondert betrachtet werden sollten b) die intentionale Verbindung des bellum iustum-Topos mit anderen Topoi [z. B. die bekannten Verfallsmodelle bzgl. der römischen Sittenverfassung] in der Überlieferung. Auf der Ebene der Sachkritik: 1) religiöse und rechtliche Konstruktion des bellum iustum; 2) innenpolitische und staatsrechtliche Rahmenbedingungen bei der politischen Praxis des bellum iustum; 3) innen- und außenpolitische Interpretation der traditionellen Regeln einerseits in der politischen Praxis und andererseits auch in der historiographischen Erinnerung. Ein gangbarer Weg zu einer umfassenden Erschließung der Phasen der literarischen Umsetzung der bellum iustum-Idee z. B. in der „römischen Historiographie“ schiene mir eine kombinierte Analyse einzelner gut überlieferter Kriege Roms zusammen mit werkinhärenten Analysen der „vollständig“ überlieferten Historiographen – wobei die griechischen von den lateinischen Autoren in der Betrachtung partiell zu trennen wären, um so auch zu Einsichten über das sich wandelnde Verhältnis der griechischen Welt zum imperium Romanum kommen.

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Abkürzungsregeln In das Literaturverzeichnis werden nur solche Titel aufgenommen, denen besondere Bedeutung bei der Urteilsfindung zukam und die deshalb in der Regel auch häufiger zitiert werden. Nicht aufgenommen werden die RE-Artikel, andere Lexikonartikel, und ebenso werden in der Regel die zitierten Quellenpublikationen aus dem Literaturverzeichnis herausgelassen. Im Anmerkungsapparat werden die in das Literaturverzeichnis aufgenommenen Monographien mit den Autorennamen und den ersten Substantiven bzw. Namen der Titel abgekürzt. Die Aufsätze werden mit dem Autorennamen und dem Sigel für die Zeitschrift (in der Regel folge ich dem Abkürzungsverzeichnis der L' Année Philologique) bzw. mit den Angaben zum Sammelband, in dem der Aufsatz erschien, abgekürzt. Titel, die nicht in das Literaturverzeichnis aufgenommen werden, werden am jeweiligen Ort stets vollständig zitiert – bei Aufsätzen wird in () hinter die einschlägige Seitenangabe die komplette Paginierung gesetzt, um den bibliographischen Notwendigkeiten zu genügen. Die Quellen werden in der Regel mit den Abkürzungen des Oxford Latin Dictionary (Oxford 1968) für die lateinischen Autoren und für die griechischen Autoren mit den Abkürzungen H.G. Liddell/R. Scott, A Greek-English Lexicon (9. Aufl. mit Suppl. Oxford 1996) zitiert.

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3,94: 38 A.142

App. praef. 6: 152 A.700. 153 A.705 B.C. 1,55: 139 A.636; 1,102: 227. 241; 2,13: 147 A.685. 200 A.886; 2,106: 147 A.685. 154 A.706; 3,55: 141 A.648; 4,67: 220 A.975; 4,132: 147 A.685; 5,75: 147 A.685 Gall. 4,3: 73 A.299 Hisp. 13: 84 A.346; 29: 188 A.843; 37: 188 A.850. 189 A.852; 43: 214 A.949; 44: 134 A.601; 49: 134 A.605; 50: 135 A.615. 141 A.649/650/651; 51: 135 A.616; 55: 136 A.617. 141 A.652; 59: 142 A.653; 69: 134 A.607. 195 A.874. 214 A.950; 70: 134 A.608. 252 A.1086; 79: 195 A.874; 80: 142 A.657. 146 A.680; 81: 142 A.658/659; 83: 142 A.660; 98: 136 A.617 Mac. 3: 205 A.909; 3,4: 206 A.912; 4: 206 A.913; 9,3: 198 A.881; 11,5: 176 A.786 Mith. 15: 135 A. 612; 22: 139 A.636/637; 64: 143 A.665. 178 A.798; 65: 135 A.612. 178 A.798; 66: 178 A.798; 67: 178 A.798; 72: 139 A.638; 97: 145 A.672. 146 A.675 Pun. 10: 188 A.843/850. 189 A.852; 56: 190 A.859. 197 A. 879; 60: 190 A.859. 197 A.879; 64: 190 A.859. 197 A.879; 74: 137 A.627; 75: 137 A.626; 76: 137 A.626; 101: 186 A.828 Samn. 4,1: 1 A.1. 65 A.261; 4,17: 192 A.866 Sic. 1: 211 A.941. 223 A.985; 6,1: 140 A.640

Syr. 38: 200 A.883; 44: 113 A.521. 200. A.883; 51: 140 A.644 Apul. met. 2,16: 13 A.43. 14 A.44 Soc. 5: 55 A.218 Arist. Polit.

3,9: 235 A.1036

Arn. adv.

2,67: 40 A.148

Asconius (Stangl) 62: 143 A.661; 63 (Giarantano): 148 A.686. 157 A.722 Brut. ad Cic. 1 10,13: 96 A.394; 17,6: 96 A.394 Caes. civ. 1 6,6: 127 A.572. 128 A.581. 129 A.584/586; 85,8: 96 A.394 Catull 29,11: 152 A.700; 54,7: 152 A.700 Cic. Arch. Poet. 5: 237 A.1041; 10: 237 A.1041 Att. 4 2,4: 66 A.263. 67 A.270; 19(17),2: 122 A.551. 127 A.572; 20(18),3: 127 A.572 8 15,3: 153 A.702 Balb. 28: 237; 29: 56 A.222. 172 A.768. 237 A.1041; 32: 237; 34: 57 A.226. 195 196 A.875. 201 A.890; 39: 195 Caec. 98: 14 A.45. 65 A.261. 191 A.861. 193 A.870; 100: 237 div. Caec. 20,67: 143 A.663 dom. 20: 138 A:631; 24: 96 A.394; 29,77: 121 A.546 fam. 1,10(9),25: 122 A.551. 127 A.572. 128 A.576/578/582/583. 129

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Rep. 2 1,1: 21 A.78. 75 A.300; 13,25: 122 A.551; 17,31: 13 A.43. 14 A.45. 18 A.62. 19 A.70. 122 A.551. 125 A.566; 18,33: 122 A.551; 20,35: 122 A.551; 21,38: 122 A.551 3 25,37: 153 A.705 Sest. 24: 153 A.702 Top. 37: 182 A.810 Verr. 2 2,118: 143 A.663; 3,12: 231 A.1011; 3,13: 169 A.753. 230 A.1009; 3,123: 171 A.768; 4,67: 242 A.1055; 5,49: 13 A.43. 14 A.45. 65 A.261. 68 A.273; 5,50: 172 A.768 Cincius de fastis frg. 3: 30 A.112 de re militari 3, frg. 12 Huschke: 22. 26 A.95. 30 A.112. 44 A.171. 49 A.189. 50 A.196. 51 A.199. 69 A.284. 88 A.357 D.C. 8 frg. 36,8: 1 A.1; frg. 36,10: 1 A.1; frg. 36,18a: 191 A.861. 192 A.866; frg. 36,19: 192 A.866 10 frg. 42: 65 A.261 12 frg. 45: 57 A.226. 182 A.810. 214 A.950; frg. 49,2: 84 A.346 17 frg. 57: 205 A.909 20 frg. 68,2: 215 A.953 30/35 frg. 99,2: 135 A.612. 140 A.640 36 39: 148 A.686. 157 A.722 37 7,1: 146 A.675 38 7,5: 147 A.685. 200 A.886; 35,2: 136 A.622. 146 A.678; 41: 146 A.678; 41,1: 132 A.595/596. 136 A.622 39 19,3: 127 A.573/575. 129 A.586; 33,2: 140 A.643. 145 A.673; 56,2: 140 A.644; 56,4: 132 A.595. 144 A.668 41 43,3: 127 A.572. 128 A.577/578. 129 A.586 42 20,1: 145 A.674

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43 44,2: 152 A.700. 153 A.705 46 33,2: 45 A.173 47 18,3: 154 A.706 49 41,4: 147 A.685 50 4,4: 35 A.129. 45 A.172/174/ 176. 48 A.188. 91 A.374. 138 A.632 51 20,1: 154 A.706 52 31,1: 155 A.709; 32,2: 155 A.709; 40,2: 152 A.700; 41,3: 152 A.700 53 13,1: 154 A.707; 15,6: 155 A.709; 16,2: 154 A.707; 17,4: 152 A.700. 157 A.720; 17,5: 150 A.695. 154 A.708; 21,6: 155 A.709; 28,1: 154 A.706; 32,5: 152 A.699/701. 156 A.711 54 3: 150 A.695; 3,2: 155 A.709; 10,5: 156 A.712/714; 12,3: 154 A.707; 12,5: 154 A.707 55 6,1: 154 A.707; 10,2: 159 A.725 56 28,2: 154 A.707; 40,3: 155 A.709; 41,3: 155 A.709; 43,4: 155 A.709 57 2,1: 152 A.700 60 23,6: 155 A.709 66 1,1: 150 A.694 71 33,1: 46 A.178/179; 33,3: 29 A.109 D.H. 1 6,1: 26 A.97; 7,2: 26 A.97; 8,1: 26 A.97; 14,1: 61 A.239. 68 A.273. 245 A.1066 2 14,3: 119 A.537; 17,3: 261 A.1121; 18: 261 A.1121; 21,2: 245 A.1066; 47,4: 61 A.239. 68 A.273. 245 A.1066; 48,4: 61 A.239. 68 A.273. 245 A.1066; 72: 2. 13 A.43. 14 A.44. 19. 22 A.80. 34. 65 A.259. 245 A.1064/1066. 246 A.1070. 261 A.1121; 72,1: 18 A.62. 19 A.68. 61 A.240/241. 62 A.246; 72,2: 18 A.62. 19 A.71; 72,3: 61 A.243. 65 A.257; 72,4: 61 A.242. 62. 63 A.248. 68 A.273; 72,5: 59 A.235; 72,6: 22. 24 A.89. 25 A.93. 26. 28 A.106. 31 A.114. 33 A.120. 34 A.125. 51 A.200. 63 A.249. 69

285

A.284. 89 A.361. 93 A.381; 72,8: 25 A.91; 75: 58 A.228 3 2: 13 A.43. 19 A.68. 34 A.126. 65 A.259. 68 A.274. 246 A.1069. 251 A.1081. 253 A.1089. 258. 259; 9,1: 45 A.173 4 20: 195; 20,2: 119 A.537; 58: 58 A.227; 62,5: 22 A.80; 62,6: 61 A.239. 68 A.273 5 61: 249; 73,1: 148 A.688/689 6 21: 59 A.235. 65 A.262; 62,2: 245 A.1066; 62,5: 245 A.1066; 66: 195; 66,3: 119 A.537; 88: 59 A.235. 65 A.262; 89: 56 A.222; 95: 210 A.930. 234 A.1033 8 64,1: 16 A.56; 91,1: 16 A.56; 91,2: 89 A.360/362/363. 95 A.387. 119 A.537 9 60: 13 A.44. 34 A.126. 65 A.259. 246 A.1069. 251 A.1081; 60,1: 16 A.56 10 23: 34 A.126. 65 A.259. 246 A.1069. 251 A.1081 15 5,1: 16 A.56; 7,8: 16 A.56. 34 A.126. 48 A.185. 65 A.259. 68 A.274. 246 A.1069. 251 A.1081. 253 A.1089; 8,13: 22 19 5,7: 44 A.167; 5,8: 35 A.135 Diod. 1 4: 39 A.144 8 25: 19 A.68; 26: 19 A.68. 25 A.91. 258; 26: 38 A.140. 39 A.144. 42 A.158/159. 43 A.163 20 81: 215 A.953; 216 A.955; 91: 216 A.955 23 4: 230 A.1010; 4,1: 209 A.926 16 7,1: 38 A.144 28 13: 214 A.949 29 11: 200. A.883 31 5,3: 163 A.732; 39: 134 A.601/602 32 5: 250 A.1114 33 1,4: 134 A.608 40 8: 39 A.144

286 Diogenian. prov.

Quellenindex

2,96: 38 A.142

Ennius, ann. frg. 223V.: 91 A.374 Eutrop. 2,19: 230 A.1010; 4,4,3: 200 A.883; 6,18: 140 A.644 Festus 126L: 236. 237 200L: 67 A.270 233L: 235 A.1038 273L: 235 A.1038 290L: 235 A.1038 414L: 235 A.1038 424L: 15 A.56. 17 A.59. 41. 53. 254 A.1092 426L: 15 A.56. 17 A.59. 41. 53 Frontin, Strat. 162 A.729

1,4,11: 91 A.374.

Gell. n.a. 1 21,4: 55 A.218; 25: 120 A.543 4 6,2: 49 A.191 10 27: 49 A.191. 90 A.369; 15: 24 A.86 13 15,4: 66 A.268. 124 A.556/558 14 7: 41 A.154 15 27,1: 121 A.546. 122 A.550 16 4,1: 22 A.80; 13: 236.237 17 21,36: 65 A.261 20 10,1: 37 A.134 GRF (Funaioli) frg. 2, p. 545: 229 A.1008 frg. 10, p. 461: 172 A.768 frg. 16, p. 550: 234 A.1033 frg. 390, p. 349: 40 A.150 p. 456: 65 A.255 HRR 1 (Peter) p. 72 frg. 58: 249; p. 152 frg. 16: 14 A.45. 18 A.62; p. 214 frg. 18: 56 A.223

Jos. AJ 16,6: 153 A.703

16,3: 153 A.703;

Isidor Orig.

18,1,11: 58 A.227

Iust. 29,2: 205 A.909; 29,4,7: 209; 31,8,9: 200 A.883 Liv. praef. 9: 85 A.349 1 1,8: 57 A.227. 171 A.768; 3,5: 250; 13,4: 250; 15,6: 20 A.72; 18,1: 20 A.72; 19,3: 26 A.98; 22: 16 A.56. 25 A.93. 40. 246 A.1072. 249. 258. 259; 22,2: 20 A.72 22,3: 19 A.67; 22,5: 25 A.91; 22,6: 258 A.1110; 23,7: 246 A.1072. 249; 24: 20 A.74. 257 A.1104; 24,3: 2. 3. 20 A.74. 55. 59 A.235. 85 A.349. 246 A.1072; 24,4: 13 A.43. 14 A.44. 15 A.55. 18 A.64. 19 A.69. 21 A.77. 22 A.80. 46. 52. A.202/203. 53. A.205. 54. A.211/212. 60 A.237. 65 A.262. 69 A.284. 70 A.289. 173 A.770. 190 A.855. 192; 24,5: 21 A.79; 24,6. 53 A.206. 54 A.213. 55 A.216. 70; 24,7: 53. 55 A.217. 58 A.231. 192 A.868; 24,8: 55 A.218; 24,9: 55 A.219; 25,12: 49 A.190; 28,17: 46 A.182; 30,4: 250; 32: 20 A.74. 21 A.79. 30. 32. 82 A.334. 85 A.349. 249; 32,3: 20 A.74. 21 A.75. 245 A. 1064. 246 A.1072. 249; 32,4: 18 A.62. 19 A.66. 20. A.72. 21. 31. A.116. 40; 32,5: 18 A.62. 258; 32,6: 2. 3. 13 A.43. 14 A.44. 15. 16. 18 A.64. 19 A.67. 21. A.77. 22. A.80. 23. A.84/85. 26. 27. 29. 31. A.115. 34. A.124. 40. 43 A.160. 45 A.175. 51 A.200. 65 A.259. 69 A.284. 120 A.542. 244; 32,9: 26. 34 A.123. 40. 43 A.160. 89 A.361. 93 A.381; 32,10: 27 A.99; 32,11: 26. 27. A.100. 28. A.105. 29. 31. 65 A.260. 88 A.359. 130 A.589; 32,12: 22. 28. 29. A.109. 31. 39. 43 A.161. 44 A.168. 49 A.189; 32,13: 28. A.104. 29. A.108. 34 A.123. 44 A.171.

Quellenindex

51 A.199. 88 A.357; 32,14: 26. 31. A.116. 49; 33,1: 21 A.76; 37,6: 250; 38: 85 A. 349. 250; 38,1: 21 A.77; 38,2: 15 A.56; 49,7: 119 A.537. 195; 55,1: 250. 251 A.1080; 60: 250 2 17,5: 249; 18: 250; 25,6: 250; 26,4: 249. 250. 258 A.1110; 30,10: 250; 33,4: 250; 38,5: 250; 39,12: 57 A.226; 42,9: 247; 43,1: 247; 44,7: 247; 44,12: 250. 258 A.1110; 46,3: 46 A.182. 49 A.191; 48,4: 247; 49,12: 247; 54,1: 247 3 1,4: 250; 4,11: 250; 5,15: 250; 10,12: 250; 24,10: 249; 25,5: 68 A.275. 246 A.1069. 249; 25,6: 16 A.56; 36,9: 56 A.222 4 1,4: 247; 7,4: 171 A.768. 249. 258 A.1110; 17,1: 247; 17,4: 249; 23,5: 251 A.1080; 24,1: 251 A.1080; 30: 82 A.334. 120 A.540; 30,4: 247; 30,12: 34 A.122. 89 A.360/362. 119 A.538. 120 A.540/541. 246 A.1072. 247. 249; 30,13: 13 A.43/44. 65 A.259. 110 A.494. 120; 30,14: 13 A.43. 68 A.276. 82. A.334. 246 A.1072. 247. 249. 251 A.1082; 30,15: 89 A.363. 119 A.537. 122 A.547; 31,6: 251 A.1080; 35,1: 249; 35,2: 247; 45,3: 249; 58: 97 A.395. 141 A.648. 162 A.730. 247. 249; 58,1: 34 A.122. 65 A.259; 60,9: 247; 61,1: 251 A.1080 5 4,14: 249; 10,2: 248; 17,6: 251 A.1080; 23,12: 250; 27,6: 251 A.1084; 27,15: 249; 31,5: 250; 36,8: 249. 258 A.1110; 46,11: 123 A.551; 49,2: 153 A.702; 52,15: 127 A.571; 52,16: 129 A.586 6 10,6: 249; 14,1: 91 A.373; 17,7: 249. 258 A.1110; 21,3: 91 A.370; 21,5: 119 A.537/538; 22,4: 91 A.373; 26,3: 250; 26,4: 250; 27,7: 141 A.648 7 3,7: 30 A.112; 6,7: 34 A.122. 65 A.259. 91 A.373. 246 A.1068. 249; 9,2: 16 A.56. 34 A.122. 65 A.259. 89 A.360. 246 A.1068. 249; 11,2: 91 A.373; 12,5: 248 A.1077. 249; 12,6: 91 A.373/374.

287

251; 16,2: 34 A.122. 65 A.259. 246 A.1068.249; 19,4: 172 A.768. 249; 19,10: 91 A.373/374. 250; 22,5: 250; 27,2: 171 A.768; 32,1: 34 A.122/123. 65 A.259. 89 A.360/362/363. 91 A.373. 95 A.387. 246 A.1068. 249; 38,1: 250; 38,2: 221 A.979 8 1,7: 249; 2,1: 249; 2,4: 110 A.493; 6,3: 249; 11,15: 60 A.236; 14,6: 40 A.148; 22,8: 13 A.43. 65 A.259. 89 A.360/362/363. 91 A.372. 95 A.387. 246 A.1068. 249; 25,2: 91 A. 373. 249; 25,3: 171 A.768; 25,12: 249; 26,6: 249; 29,6: 91 A.373; 39,10: 1 A.1. 34 A.122; 39,13: 65 A.259. 246 A.1069. 250 9 4,5: 195; 5,1: 4 A.12. 55 A.220. 57 A.225. 195; 5,3: 58 A.231; 8: 73 A.299; 8,1: 55 A.220; 8,6: 191 A.861. 193 A.870. 250. 253 A.1089; 9,1: 73 A.299; 9,4: 195; 9,12: 195; 10: 65 A.261; 10,9: 56 A.224. 59 A.232. 73 A. 299. 191 A.861. 199 A.882; 11,11: 182 A.810. 224 A.990; 11,13: 191 A.861. 193 A.870; 16,1: 250; 20,8: 224 A.991. 226 A.994; 38,15: 122 A.551. 125 A.563. 126 A.568. 127 A.571/572. 129 A.587; 41,20: 56 A.222. 171 A.768. 171 A.768; 42,1: 102 A.432; 42,8: 80 A.325. 248 A.1078; 42,11: 92. 250. 258 A.1110; 45: 250; 45,1: 250; 45,5: 250; 45,6: 34 A.122. 65 A.259; 45,8: 91 A.372; 45,18: 171 A.768 10 12,1: 65 A.259. 250; 12,2: 34 A.122; 37: 102 A.432; 37,6: 103 A.441; 45,6: 250; 45,7: 34 A.122. 65 A.259. 89 A.360. 91 A.370. 246 A:1068. 250; 46,16: 102 A.431 21 7,3: 172 A.768; 16,10: 195; 17,1: 65 A.263. 95 A.387. 198 A.880; 17,4: 95 A.387; 18,1: 90 A.365; 18,5: 171 A.768; 19,10: 171 A.768; 25: 234 A.1034; 45,8: 55 A.218. 69 A.283; 49,2: 100 A.417; 50,7: 100 A.417; 60,4: 171 A.768 22 10,2: 28 A.103; 38,3: 56 A.222; 56,6: 100 A.417

288

Quellenindex

23 32,2: 100 A.406; 32,16: 100 A.407; 33: 100 A.408; 38: 100 A.408 24 4: 101 A.418; 6,1: 102 A.431; 6,4: 101 A.419/428; 7,2: 101 A.423; 10,3: 101 A.421; 10,4: 100 A.409; 10,5: 101 A.421; 11,2: 101 A.421; 11,4: 100 A.410; 12,7: 101 A.421; 20,12: 100 A.410; 21: 101 A.423; 21,1: 101 A.422; 23: 101 A.424; 27: 101 A.424; 30: 101 A.425; 33,2: 101 A.426; 33,3: 101 A.427; 33,6: 101 A.427; 40,1: 100 A.411; 44,5: 100 A.412; 48: 171 A.768. 185 A.820. 186 A.828; 48,3: 186 A.829/830; 48,4: 186 A.831; 48,8: 186 A.832; 48,9: 186 A.833; 48,10: 186 A.834; 48,13: 185. 186 A.835; 49,1: 186 A.836; 49,3: 187 A.837 26 24,9: 202 A.895: 203 A.896/897. 205 A.909. 208; 24,10: 208 A.923; 24,14: 177 A.794. 178 A.798. 204 A.908 27 4,5: 188 A.842; 4,6: 153 A.705; 11,1: 205 A.910; 17,1: 57 A.225; 29,9: 203 A.897. 205 A.909; 29,10: 205. A.910; 30,2: 208 A.923; 30,7: 205 A.909; 30,13: 202 A.895 28 5,1: 205 A.909; 5,4: 203 A.897; 5,14: 205 A.909; 6: 207 A.920. 208 A.921; 7: 207; 7,4: 207 A.920; 7,14: 203 A.897; 16,11: 187 A.840; 17: 187 A.839; 17,6: 188 A.843; 17,8: 188 A.844; 17,9: 188 A.846; 17,10: 188 A.847; 18: 187 A.839; 18,12: 57 A.225. 188 A.848; 34,7: 171 A.768. 179 A.801. 224 A.991. 226 A.994. 231 A.1014; 35: 187 A.840. 188 A.850; 35,1: 57 A.227. 188 A.850/851; 35,13: 57 A.227; 38,4: 128 A.580 29 11,1: 205 A.909. 206. A.915. 207. A.917. 208. A.924. 242; 12,1: 206 A.912; 12,14: 202 A.895. 203 A.896/897. 205. A.909. 219 A.970; 12,15: 200 A.883; 13,7: 96 A.394; 19,6: 102 A,432; 23: 187 A.840; 24,3: 57 A.225. 187 A.839. 188 A.849. 190 A.855; 27,2: 38 A.142; 29: 189 A.853

30 13,8. 57 A.225; 14,4: 189 A.853; 15,11: 189 A.854; 17,7: 189 A.854; 24,1: 153 A.702; 25: 234 A.1032; 26,2: 218 A.968; 40,4: 218 A.968; 40,7: 197; 40,10: 197; 40,11: 197; 40,12: 197; 42,1: 218 A.968; 42,11: 197; 43,1: 197; 43,9: 15 A.55. 46 A.183. 54. 55 A.218. 59 A.235. 60 A.237. 65 A.262/263. 70. A.289. 198. A.880; 43,10: 198; 44,12: 189 A.854; 44,13: 198 31 2,1: 217 A.962; 3,1: 106 A.459; 5,2: 94 A.386; 6,3: 141 A.648. 162 A.730; 7,2: 162; 8,1: 95 A.387; 8,2: 90 A.366; 8,3: 48 A.186. 65 A.259. 66 A.265. 67 A.269. 90 A.367; 8,4: 65 A.263. 90 A.366/368; 9,7: 162 A.730; 11,14: 189 A.853; 23: 217 A.962; 29,4: 206 A.913. 210 A.936; 45,3: 210 A.932; 46,3: 205 A.910. 206 A.914. 208 A.922. 210 A.936/937; 46,16: 209 A.929; 47,2: 217 A.963; 50,11: 96 A.394 32 8,13: 211 A.941; 16,6: 217 A,963; 17,2: 210 A.934; 21: 171 A.768; 23,1: 217 A.964. 218 A.965; 23,2: 195. 217 A.964; 23,3: 195; 25,3: 217 A.964; 32: 220 A.974; 38: 108 A.479; 39,10: 172 A.768; 40,1: 108 A.479; 44,8: 108 A.479 33 1: 214 A.949; 2,6: 219 A.970; 2,9: 219 A.970; 6: 220 A.974; 11: 204 A.904; 13,6: 204 A.904; 16: 171 A.768; 17,15: 57 A.226; 24,5: 198 A.881. 204 A.907; 25,4: 198 A.881; 27: 107 A.474. 108 A.478; 30: 204 A.907; 30,1: 198 A.881; 32: 204 A.907; 34,7: 204 A.907; 34,10: 210 A.935; 45,3: 109 A.481; 49,8: 204 A.907 34 11,1: 99 A.402; 22,4: 108 A.474; 22,5: 109 A.481; 24,6: 109 A.480; 31,4: 171 A.768; 31,8: 203 A.902; 31,10: 172 A.768; 31,12: 171 A.768; 32: 203 A.897/900/901. 211 A.938; 32,16: 202 A.895. 203 A.900. 211 A.940; 35,2: 214 A.949; 35,3: 172 A.768; 42,1: 214 A.949; 43,1: 90 A.369. 214 A.949; 57,7:

Quellenindex

172 A.768. 179 A.801. 224 A.991. 226 A.994. 231 A.1014; 57,11: 171 A.768; 58,1: 171 A.768 35 12,3: 105 A.451; 12,9: 171 A.768; 13,1: 105 A.451; 13,2: 105 A.451. 171 A.768; 20,9: 105 A.453; 20,13: 105 A.455; 21,1: 105 A.453/454; 22,1: 105 A.452; 22,2: 105 A.456. 106 A.458; 24,7: 105 A.454/457; 26,1: 171 A.768; 37,1: 106 A.460; 48,8: 217 A.964 36 1,1: 94 A.386; 1,5: 95 A.391; 2,2: 95 A.391; 2,13: 65 A.263; 3,7: 48 A.186. 66 A.265. 67 A.269. 80 A.366/367. 252 A.1085; 3,9: 50 A.197. 65 A.259. 91 A.374; 3,10: 89 A.364; 3,13: 45 A.174; 6: 244 A.1061; 39: 102 A.432; 39,6: 99 A.403; 45,5: 217 A.962 37 14,2: 217 A.963; 18,10: 220 A.974; 19,2: 195; 31,6: 219; 45: 171 A.768; 47,6: 114 A.522; 49,8: 110 A.493; 50,4: 106 A.462. 107 A.467; 50,8: 113 A.513. 115 A.532; 51,10: 113 A.513. 115 A.532; 52: 235 A.1036; 52,1: 220 A.974; 53,7: 205 A.909; 55,1: 200 A.883; 55,4: 220 A.974; 56,1: 220 A.974; 60: 183 A.814; 60,1: 113 A.514 38 3,3: 107 A.463; 3,9: 107 A.464; 8: 107 A.471; 9,8: 171 A.768; 12: 224 A.991. 226 A.994; 12,7: 113 A.515; 13: 113 A.516; 13,8: 171 A.768; 17,9: 113 A.516; 18,1: 113 A.517. 114 A.531; 25: 113 A.518; 27: 113 A,518; 28,5: 107 A.465; 28,7: 107 A.466; 30: 107 A.468; 31,5: 107 A.472; 32,3: 107 A.468; 32,4: 107 A.469; 32,9: 107 A.470/473; 35,1: 114 A.522; 35,3: 113 A.519. 115 A.532; 35,7: 113 A.519. 115 A.532; 37: 220 A.974; 37,7: 171 A.768; 38: 200; 38,16: 171 A.768; 39,13: 220 A.975; 40: 113 A.521; 42,7: 65 A.261; 42,9: 114 A.522/529; 42,11: 114 A.523; 42,13: 114 A.524; 43: 114 A.525; 44,5: 114 A.526; 44,9: 114 A.527; 46,12: 65 A.259; 47:

289

114 A.530; 48,6: 114 A.530; 48,11: 114 A.531; 50,1: 115 A.533; 54,6: 114 A.528 39 1,8: 99 A.403; 3,8: 217 A.964; 37,10: 171 A.768. 217 A.964; 37,16: 177 A.794; 55,4: 109 A.482/484. 111 A.500; 56,3: 109 A.483/485 40 26,2: 109 A.486; 58,9: 176 A.786 41 1,1: 111 A.498/499. 112 A.505; 5,3: 112 A.501; 5,7: 112 A.502; 5,9: 112 A.503; 6,4: 112 A.502; 6,8: 220 A.975; 7,7: 112 A.504; 8,4: 112 A.506/509; 9,1: 112 A.506/509; 9,8: 112 A.506/509; 10: 112 A.507; 12,1: 112 A.506/509; 12,5: 171 A.768; 13,6: 112 A.510; 19,6: 176 A.786; 23,4: 171 A.768; 24,6: 176 A.786 42 1,1: 102 A.433; 4,3: 102 A. 434; 6,6: 171 A.768. 175 A.785; 7,3: 102 A.435; 9,1: 103 A.436; 10,9: 103 A.438; 12,5: 231 A.1014; 12,6: 171 A.768; 18,3: 110 A.491; 19,8: 220; 21,1: 103 A.439/440; 22,1: 103 A.441; 21,4:110 A.491; 22,3: 103 A.442; 22,7: 103 A.443; 25,4: 176 A.786; 25,10: 176 A.787; 28,4: 94 A.386; 30,10: 95 A.388/391. 122 A.547; 30,11: 91 A.371; 31,1: 83 A.343. 95 A.388. 104 A.445; 32,1: 83 A.343. 104 A.445; 33,4: 65 A.263. 95 A.388/391. 198 A.880; 36,1: 90 A.369; 36,8: 110 A.491; 38,1: 110 A.491; 40: 176 A.786; 40,3: 171 A.768; 41,9; 43,4: 171 A.768; 45,4: 220; 45,5: 220 A.973; 45,7: 220 A.973; 46,3: 176 A.786; 47,5: 260 A.1114; 55,1: 110 A.491; 56,6: 217 A.962; 62,5: 176 A.786 43 1,4: 104 A.446; 1,6: 104 A.448; 1,7: 104 A.447; 1,10: 104 A.449; 11,7: 96 A.392 44 15,5: 25 A.93; 16,5: 176 A.786; 21,4: 109 A.487; 23: 171 A.768; 23,2: 109 A.488; 27,11: 109 A.489; 30,1: 109 A.490 45 9,3: 176 A.786; 12,6: 57 A.227; 21,1: 163 A.732; 25,7: 215 A.953

290

Quellenindex

per. 13: 176 A.788; 47: 108 A.475; 49: 142 A.653; 49,17: 142 A.654; 59: 195 A.874. 214 A.950; 64: 138 A.628; 105: 140 A.644 Macrob. sat. 1,16,15: 81 A.331 Naevius Bellum Punicum (Strzlecki) 1, frg. 2: 13 A.42. 14 A.44/45. 54 A.210 Nepos, Atticus

3: 237 A.1042

Obseq. 17: 108 A.475 Oros. 5,15,1: 138 A:628 Ov. fast. 6,205: 13 A.44. 35 A.133. 41 A.157. 45 A.177. 72 A.295 Paulus Fest. 17L: 15 A.56 30L: 35 A.133 48L: 58 A.227 55L: 49 A.191 81L: 13 A.42/43/44: 16 A.56. 55 A.218. 57 A.227. 65 A.262. 190 A.855/856 90L: 49 A.191. 90 A.369. 259 92L: 25 A.91. 81 A.331 102L: 55 A.218. 57 A.227. 58 A.230. 190 A.855/856/858. 191 A.860 113L: 67 A.270 117L: 236. 237 155L: 235. 236 267L: 58 A.227 425L: 15 A.56. 17 A.59. 41. 53 Paus. 4,29,10: 202 A.895. 211 A.940; 8,50,5: 202 A.895. 211 A.940 Placidus (Goetz) 5,50,8: 14 A.44. 35 A.133. 43 A. 161/165. 45 A.174. 48 Plin. Ep.

8,24: 228. 242

Plin. n.h. 3 69: 249 4 24: 229 A.1006; 106: 242 A.1054 5 109: 229 A.1006; 139: 229 A.1006 22 4: 70. A.286; 5: 15 A.56. 40 A.148. 41. A.152. 53 25 105: 16 A.58 Plut. Ant. 37: 57 A.227; 60: 91 A.374. 138 A.632 Cam. 17: 65 A.255; 18: 65 A.255 Cat. 43: 145 A.673 Crass. 30: 57 A.227 Flam. 6: 214 A.949. 219 A.970; 10,1: 198 A.881; 13: 183 A.814 Luc. 6: 139 A.638; 21: 153 A.705; 37: 144 A.670; 29: 190 A.859 Mar. 23,6: 58 A.227 Num. 12: 65 A.255. 191 A.861; 12,3: 65 A.255; 12,4: 13 A.43. 14 A.44. 65 A.255; 12,5: 16 A.56. 18 A.62. 19 A.68; 16: 58 A.228 Phil. 12,4: 211 A.940 Pomp. 48: 200 A.886; 48,4: 147 A.685 Sull. 6: 139 A.636 10: 55 A.218 24: 57 A.227 33: 148 A.689 Tib Gr. 5: 57 A.226. 214 A.949; 7: 73 A.299. 191 A.861. 192 A.866. 193 A.870 Moralia 279B: 19 A.68. 65 A.255 Plb. 1 11,1: 162 A.729; 16: 230 A.1010 2 8: 234 A.1032; 19: 234 A.1030/1032 3 20,6: 90 A.365; 20,9: 90 A.365; 21: 260 A.1118; 22,4: 219 A.972; 24,3: 219 A.972; 24,6: 183 A.815; 25,2: 177

291

Quellenindex

A.791; 25,4: 208 A.923; 25,5: 208 A.923; 25,6: 55 A.218. 57 A.227. 58 A.228/230. 59 A.232/235. 190 A.855/856/858. 202 A.892; 25,8: 191 A.860; 26,1: 177 A.793; 29: 260 A.1118; 29,2: 191 A.859; 33,1: 90 A.365; 40,2: 95 A.387; 41,2: 95 A.387 6 13,6: 92 A.378. 195; 14,7: 229 A.1002. 234 A.1032; 14,10: 91 A.377/379; 14,11: 195 7 3: 101 A.419/428; 5: 101 A.419/420/428 9 42,5: 205 A.909 10 25: 203 A.897. 205 A.909; 25,3: 202 A.895; 35,1: 57 A.225; 41: 205 A.909 11 11: 202 A.895. 203 A.896 13 3,5: 260 A.1114 15 4: 234 A.1032 16 13: 202 A.895; 13,3: 211 A.940; 25,4: 208 18 1: 220 A.974; 10: 110 A.493; 12,1: 110 A.492; 33: 204 A.904; 37,2: 260 A.1114; 38: 204 A.904; 38,4: 204 A.906; 39: 204 A.907; 42: 198 A.881; 42,6: 204 A.907; 43: 108 A.474; 44: 198 A.881. 204 A.907; 45,5: 210 A.933; 46: 204 A.907; 47: 204 A.907; 47,10: 210 A.935 21 10,1: 220 A.974; 10,6: 195; 13,12: 25 A.91; 17,9: 195; 18: 200 A.883. 220 A.974; 20,3: 205 A.909; 24,2: 200 A.883; 29: 107 A.471; 30,16: 195; 32,1: 195; 33,2: 113 A.515; 42: 220 A.974; 43: 219 A.972; 45: 200; 45,27: 210 A.930; 47: 113 A.521 22 7,8: 218 A.965; 8,9: 205 A.909; 9: 176 A.787. 177 A.795 23 4,12: 217 A.964 24 10,8: 260 A.1116; 11: 217 A.964. 260 A.1116; 11,1: 260 A.1114; 12,1: 49 A.191 25 3,1: 176 A.786; 41,1: 203 A.897; 205 A.909

28 2,2: 221 A.976; 2,5: 221 A.977 30 4,5: 163 A.732; 5,6: 214. 215 A.953; 5,7: 215 A.954; 5,8: 216. 218 32 13: 260 A.1117 33 8,1: 108 A.475/476 35 2: 134 A.605; 3,1: 110 A.492; 4,2: 134 A.601 36 2,1: 260 A.1114; 3,9: 137 A. 626; 9: 260 A.1114 38 10,8: 260 A.1116 .frg. 99: 260 A.1114 Prop. A.172

4,6,55:

Quint. inst.

7,3,13: 40 A.147

35

A.129.

45

Sall. Cat. 29,2: 79 A.322. 133. A.599 hist. frg. 5: 76 A.301 1,55,13: 148 A.689 Iug. 5,4: 189 A.853; 14,5: 189 A.853; 14,18: 171 A.768; 27,3: 138 A.629; 31,9: 230 A.1008; 31,20: 141 A.648. 194; 35,10: 110 A.492. 135 A.610; 36,1: 135; 38,9: 171 A.768. 193. 214 A.950; 39,2: 193; 39,3: 194; 40,1: 171 A.768; 80,5: 171 A.768; 83: 139 A.639; 104,1: 194; 104,4: 171 A.768; 104,5: 194; 111,1: 171 A.768; 112,1: 194; 112,2: 194; 112,3: 171 A.768. 194 Schol. Dan. Aen. 9,52: 15. 25 A.91. 32 A.117. 35. A.129. 39 A.146. 40. 43 A.161. 44 A.166/169. 48 A.188 SHA 6 Tacitus 12:

155 A.709

Seneca, de remed. fortuit. 234 A.1033 Serv. Aen. 1 62: 13 A.43. 16 A.56. 41

2,1:

292

Quellenindex

7 695: 18 A.62/63. 40. A.150 8 3: 49 A.191; 641: 41. 57 A.227. 69 A.282 9 52: 14 A.44. 15. 34 A.123. 35. 36. 39. A.146. 40 A.148. 41. 43 A.162. 44 A.168 10 14: 18 A.62. 34 A.123. 39. A.146. 40. A.148. 41. 43 A.162. 44 A.168 12 120: 15 A.54/55. 16 A.57/59. 24 A. 86. 41; 206: 57 A.227 Sid. Apoll. epist.

8,16,4: 13 A.43

Sil. Ital. 8 105: 58 A.228 16 168: 188 A.850. 189 A.852 17 75: 231 A.1014 Stat. Theb. 2 719: 49 A.191 4 6: 46 A.182. 49 A.191 Str. 12,3,34: 135 A.613. 140 A.644; 13,4,2: 200; 17,3,25: 150 A.695. 157 A.717; 17,24: 228 A.998 Suet. Aug. 21,2: 242 A.1054; 29: 159 A.725 Cal. 3,2: 229 A.1005 Claud. 12,1: 152 A.700; 25,3: 252 A.1086; 25,5: 60 A.236. 252 A.1086 Iul. 24,3: 137 A.624; 76,1: 152 A.700 Nero 2,1: 124 A.560 Tib. 26: 154 A.706; 26,2: 152 A.700; 30: 155 A.709 Vesp. 8,5: 242 A.1055 Symm. or.

5,2: 13 A.43

Tac. ann. 1,72: 154 A.706. 155 A.709; 2,35: 229 A.1005; 2,58: 57 A.227; 3,12: 155 A.709; 3,60: 242 A.1054; 3,65: 155 A.709; 4,55: 242 A.1054; 11,22: 123.

A.554. 124 A.557. 129 A.586/588; 12,62: 242 A.1054 hist. 4,3,3: 150 A.694 Tz. H. 5,555: 38 A.140; 560: 42 A.155/156; 562: 49 A.193; 563: 42 A.159 Val. Max. 2,2,5: 16 A.56; 2,8,5: 128 A.580; 6,3,3: 57 A.226. 65 A.261. 214 A.950; 6,3,5: 65 A.261; 7,5,2: 91 A.374. 138 A.628 Varro antiquitates (Cardauns, Bd. 1) frg. 60: 22 A.80. 61 A.239. 68 A.273. 246 A.1066 Calenus: 46. A.181. 49 A.193 ling. 5 73: 28 A.103; 86: 13 A.43/44. 14 A.45. 16 A.56. 17 A.59. 57 A.225. 60 A.236. 65 A.262. 172 A.768; 155: 122 A.550 R. 2,4,9: 57 A.227 de vita populi Romani (Riposati) 2 frg. 63: 73 A.299. 191 A.861; frg. 75: 14 A.45; frg. 76: 14 A.45. 15 A. 53. 16 A.58. 41 A. 152. 70 A.286 3 frg. 93: 14 A.45. 62 A.245. 63. 64 Vell. Pat. 2,1,4: 195 A.874. 214 A.950; 2,1,5: 65 A.261; 2,18,6: 139 A.636 Verg. Aen. 6 613: 57 A.227 8 640: 57 A.227 12 117: 57 A.227; 120: 16, 169: 58 A.227; 196: 57 A.226/227 Zon. 7

26: 192 A.866

293

Quellenindex

8 9,10: 230 A.1010; 16,2: 209 A.926; 18: 57 A.226. 90 A.369. 214 A.950; 18,8: 182 A.810 9 9: 205 A.909; 10: 188 A.843; 10,11: 188 A.850 Staatsverträge Werner StVA 2 Nr. 121: 176 A.788. 202 A.892. 221 A.978. 238 A. 1044; Nr. 126: 238 A.1043 249; Nr. 326: 176 A.788. 177 A.791. 183 A.815. 202 A.893. 221 A.978. 238 A.1044 Schmitt StVA

Paulus Dig. 49,15,19,1: 120 A.543 49,15,19,3: 183 A.813/814. 232 A.1016 Paulus Sent. 5,29,1: 150 A.692. 155 A.709 Pomponius Dig. 49,15,5,1: 179. 180. 182 A.814 49,15,5,2: 226 A.996. 231. 240. 255 49,15,5,3: 224 A.990. 237 49,15,7: 182 49,15,20: 234 A.1031 50,7,18: 182 A.810. 224 A.990 Proculus Dig. 49,15,7: 225 A.993. 242 49,15,7,1: 171 A.768. 224. 225

3 Nr. 326: 178 A.798; Nr. 416: 4 A.12. 55 A.220. 56 A.223. 76 A.302. 191 A.861; Nr. 438: 176 A.788/791; Nr. 466: 176 A.788. 208 A.923; Nr. 467: 177 A.791; Nr. 479: 209 A.926; Nr. 493: 194 A.873. 209 A.930; Nr. 497: 209 A.930; Nr. 521: 148 A.689; Nr. 528: 100 A.408/414; Nr. 529: 102 A.431; Nr. 530: 101 A.424; Nr. 536: 100 A.413. 203 A.897. 204 A.908. 205 A.910. 207 A.920. 218 A.967; Nr. 540: 57 A.225. 187 A.839; Nr. 541: 57 A.226. 202 A.894; Nr. 543: 200 A.883. 203 A.898. 204 A.905. 206 A.912. 218 A.968. 219 A.969; Nr. 546: 187 A.841; Nr. 548: 197 A.879

Tryphonius Dig. 49,15,12: 234 A.1031

Juristische Quellen

Ehrenberg-Jones Nr. 43: 152 A.701 Nr. 307: 156 A.713. 157 A.719 Nr. 364: 157 A.722. 166 A.735 Nr. 365: 153 A.703/704

Gai. inst. 3,94: 56 A.222. 57 A.224 4,15: 25 A.91 Marcianus Dig. 1,8,8,1: 15 A.53/56 48,4,3: 150 A.692. 155 A.709

Ulp. Dig. 49,15,24: 91 A.376; 258 A.1110 Inschriften Augustus R.G.

26: 156 A.713

CIL 10,797: 60 A.236 Degrassi F. Cap. 80 F. Triumph. 109: 152 A.700

FIPR 1 (2. Aufl.) Nr. 11 Z. 15: 133 A.597 ILS

294

Quellenindex

61: 18 A.62 70: 152 A.700 244: 150 A.694. 156 A.716 Knid. Col. III (Hassel u.a. JRS 64, 1974) Z. 4: 133 A.597. 143 A.664 Z. 35: 97 A.395. 132 A.597 Reynolds Aphrodisias Nr. 8: 57 A.225. 60 A.236. 223 A.986. 229 A.1005. Sherk Documents Nr. 16 B: 212 A.946 Nr. 26: 212 A.947. 224 A.1005. 238 A.1045

295

Personen- und Ortsindex

Afrika 38 A.142. 137. 138. 153 A.702. 186. 187. 188. 197. A.879. 198

Personen- und Ortsindex Acerrani

236

Achaia 105. 106. 107. 176 A.787. 177. 196 A.875. 201 A.891. 203 A.897. 216 A.960. 217 A.964. 218. A.965. 219 A.970. 228. 252 A.1086

Agrippa, M. Vipsanius

229. A.1003

Alba Longa 249

19. 20 A.74. 59 A.235.

Albaner

55. 246 A.1072

Aletria

250

Aletrinas

92

M’. Acilius Glabrio 197

Ambrakia

107

Adherbal

171 A.768

Ambrakier

106

Aegina

205 A.909

Ägypten

135. 144

Ammianus Marcellinus A.164

Achaier 218

202 A.895. 217. A.964.

C. Acilius

39 A.145

Aelius Gallus 224 A.990. 229 A.1008. 230 A.1008. 236 L. Aemilius Paulus

Amphilocher 106 Anagnini

91. 236

Ancus Marcius 18. A.62. 19. 20. A.72. 21. 30: A.112

114

L. Aemilius Regillus 219 M. Aemilius Lepidus 90 A.522. 115. 146 A.680

13 A.44. 43.

A.366.

114.

M. Aemilius Lepidus Porcina

142

Aequer/Aequicoler/Aequiculani A.62. 40. 249. 250. 258

18.

Aetoler 89. A.364. 91 A.374. 171 A.768. 173 A.771. 202 A.895. A.897. 204. A.907. 205. A.909. A.913. 210. 211 A.942. 212 A.944. A.949. 224 A.991. 252

107. 203. 206. 213.

Aetolien 100. 106. 107. 195. 205 A.910. 207. 208 A.920/923. 209. 218 A.966. 252 A.1086

Andros

210

L. Anicius Gallus

109

Antiochos III. 59 A.232. 89 A.364. 90. 105. A.451. 106. 113. 162. 171 A.768. 175. 184 A.818. 185 A.822. 199. 200 A.884. 209 A.925. 217 A.964. 219. A.972. 220. A.974/975. 252 A.1086 Antiochos IV. Antium

175 250

M. Antonius 30 A.112. 35 A.119. 154 A.706 M. Antonius Creticus 139 Apameia

113. 185 A.823

296

Personen- und Ortsindex

Aphrodisias 223 A.1005/1006 Apollonia

A.985/986.

229.

100

Appian 65 A.261. 84 A.346. 85. 86 A.353. 131. 132. 137. 141. 145 A.672. 146. 189. 197 A.879. 227. 228. 229. 241 Apuleius

13 A.43. 14 A.44

Apulien

100

Aquileer

104

Aquileia

104

M. Aquilius

135 A.612

Aravaci

134

Ardea

18. A.62. 249

Ardeaten

61

Argos

203

Aricini

236

Aristainos

260 A.1116

Asien/Kleinasien/Asia 113. 114. 139. 153 A.703/704. 205 A.909. 206. 209 A.925. 241 Astypalaia

178 A.799. 212 A.946

Atelani236

A. Atilius Seranus 105. 106 A.460 Attalos 173. A.771. 184 A.818. 185. A.822. 202. 205. A.909/910. 206. A.915. 207. A.917/920. 208. A.920/922/923. 209. A.925. 210. A.931. 211 A.943. 213. A.949. 216. 217. A.963/964. 218. A.965. 219. 241 Atticus

237 A.1042

Augustus/Octavian 4 A.9. 30 A.112. 34. 35. A.129. 36 A.131. 37. 38. 39. 41 A.154. 42. 45. A.176. 131. 138. 145 A.672. 150. A.694/695. 151 A.696/697. 152. A.699/ 700/701. 153. A.702/704. 154 A.707. 155 A.709. 156. A.712/713/714. 157. A.717/718/719/720/722. 158. 159. A.724/725. 165. 166 C. Aurelius Cotta Marc Aurel

46. 50

Aurunker

249

M. Baebius Taphilus

105

Balbus, L. Cornelius

202

Belli

134

Bocchus

139. 194

Boioter

107 A.474. 108. 219

Boiotien

214 A.949. 219 A.970

Bononienses

Athen 173. A.771. 216. 217 A.963. 218. 229. A.1004/1005/1006. 237 Athener

216

Athenion

230 A.1010

195. 201 A.889

236

Brundisium

100

Bruttium

105

Q. Caecilius Metellus 139 Caere

236. 250

297

Personen- und Ortsindex

Caerites

236

Caesar, C. Iulius 128 A.591. 129. 136. A.622/623. 137. A.624. 143. 145. A.674. 146. A.678. 147 A.683/685. 152 A.700. 154 A.706. 157. A.720 L. Calpurnius Bestia 138 L. Calpurnius Piso Caesoninus 141. 144 L. Calpurnius Piso

135.

Carner

104. A.447

Carystus

102

A.551.

251

Cassius Severus

83. 104

155 A.709

Cato Maior, M. Porcius 15 A.56. 21. A.78. 75 A.300. 99 A.404. 136 A.622. 137. A.624. 138. 142 Centuripae

230

Chalcis

89 A.364

App. Claudius

247

App. Claudius Centho

109

App. Claudius Pulcher 101. 122 A.551. 127 A.572. 128 A.576. 162 A.729 C. Claudius Pulcher 112

M. Claudius Clineas 182 A.810 M. Claudius Marcellus 101. 109. 111 A.500. 112. 113. 134. 200 A.886 Clodius, P.

Cassius Dio 45. A.176. 46. 84 A.346. 85. 86 A.353. 127 A.575. 128 A.575. 131. 132. 146 A.675. 150. 152 A.700. 154 A.706. 155 A.709. 157 C. Cassius (Longinus)

60 A.236

M. Claudius 214 A.950

134 A.603

Camillus, M. Furius 123 A.1084

Claudius (Kaiser)

Cicero, M. Tullius 13 A.43. 14 A.44. 21 A.78. 37. 64. A.252. 65. 66. 75 A.300. 96 A.394. 122 A.546/551. 123 A.552. 132. 135. 143. 144. A.668. 153 A.702. 191 A.859. 195. 201 A.890. 202. 230. 231. 237. A.1042 Cincius, L. 22 A.80. 28 A.103. 29 A.110. 30. 50. 51 A.199

127 A.575

Coelius Antipater

98 A.397

C. Cornelius Gallus 133 A.598 Cn Cornelius Lentulus 199

197.

198.

Cn. Cornelius Scipio 185. 186 P. Cornelius Scipio Maior 38 A.142. 57 A.225. 59 A.232. 96 A.394. 171 A.768. 185. 186. 187. A.839/840. 188. 189. 190 A.859. 197. A.879. 198. 199. 200. A.886 P. Cornelius Scipio Minor

21 A.78

Cossus Cornelius Lentulus

152 A.701

Crassus Dives, M. Licinius 136. A.644. 145. 157 Cumani

236

Dardaner

209

Dardanos

57 A.225. 135 A.612

140

298

Personen- und Ortsindex

Dekieten

108

Demetrias

89 A.364. 91 A.374

Demetrios Polyorketes Diaios

216 A.955

260 A.1116

Diodor 19 A.68. 38. A.144. 39. 43. 85. 215 A.953 Dionys 13 A.43/44. 14 A.45. 19. 22 A.80. 23. 24 A.89. 25 A.91/93. 26. A.97/98. 27. 28. 33. 34. 61. A.239. 62. 63. 65. A.255/261. 66. 68. A.273/275. 85. 131 A.593. 245. A.1066. 246. A.1070/1071. 251. 259 A.1109. 261 Doloper

106

Q. Fabius Pictor 86 A.354. 87 A.356. 98 A.397. 259 A.1108 Q. Fabius Maximus Servilianus 195 A.874. 214 A.950

134.

Q. Fabius Maximus Verrucosus A.369

90

Q. Fabius Maximus 148 A.689 Falisker

18. A.62. 249. 250

Ferentinas

92

Ferentium

250

Fertor Resius 18

Cn. Domitius Ahenobarbus 142. 143

Festus

13 A.42/43/44. 259

Donatus

39 A.146

Fidenae

120. 249

Echinos

204

Formiani

236

Edekon

57 A.225

Frentani

171 A.768

Elis 201 A.891. 202. A.895. 203 A.806/807. 207. 209. 213. A.949 Epasagnatos 114 Epiros

44. 72. 110

Epiroten

107

Eretria

210. A.933

Etrurien

235 A.1036

Etrusker

247. 250. 251 A.1080

Eumenes

195. 210. 217. A.963

Europa

89 A.364

C. Fabius

251

M. Fulvius Nobilior 106. 107. 114 Q. Fulvius Nobilior 134 Fundani

236

L. Furius Purpurio

114

Sp. Furius,

52. 53 A.203

Gabii

58 A.227

Gades 57 A.226. 190 A.855. 191 A.859. 195. 196 A.875/878. 199. 201 A.890/891. 202. 213 A.949. 216 A.960 Gaius

56 A.255

A. Gabinius

135. 136. 140. 144. A.668

299

Personen- und Ortsindex

Gala

187. 188

Gallien/Gallia Cisalpina 102. A.433. 104. 108. 109. 111. 112. 113. 136. 139. 142 Gallier 249

99 A.401. 113. 114. 146.

Gellius, Aulus

30 A.112. 124

Hippokrates

101. 102 A.431

Histrien

99. 112

Histrier A.500. 112

104. A.447. 109. 111.

C. Hostilius Mancinus 182 A.810. 191 A.861. 192 A.866. 214 A.950. 224 A.990

Genthios

109

Ilergeten

99 A.402

Griechen

61. 65. 237 A.1041

Illyrien

104. 109

Griechenland/Graecia 100. 105. A.455. 106. 206. 209. 213. 217 A.963. 228. 231. 241

Inder 156 A.713 Indibilis

57 A.225. 187 A.839

Grumbates

43

Isthmenien

204 A.907

Gytheion

106 A.460

Halaesa

230

Halikyai

230. A.1010

Italien/Nordital./Oberital. 25 A.91. 80. 83. 98. A.399. 99. A.401. 104. 112. 116. A.535. 135. 137. 138. 153 A.702. 160 A.727. 161. 197. 239

Haloander

225 A.992

Iuba

Hannibal 100. A.408/414. 102 A.431. 116. 148 A.689. 153 A.702. 161 Helvetier

136 A.623. 143

Herakleia

237 A.1041

Hermunduri

30 A.112. 50

Herniker/Hernici Hieron

Iugurtha A.950

135. 138. 139. 194. 214

C. Iunius Bubulcus

127

L. Iunius Brutus

124

M. Iunius Brutus

112

M. Iunius Silanus (cos. 109 v.Chr.) 142

92. 249. 250

M. Iunius Silanus (cos. 25 v.Chr.) A.713

101

Hieronymos (von Syrakus) 101. A.413

65 A.255

102

156

Iulius Paulus 150 A.692. 183 A.813. 190 A.856.

Hiempsal

195. 201 A.889

Iustin 209

Hieron

209 A.926

M’. Iuventius Thalna 163

300 Karpetaner

Personen- und Ortsindex

135

Karthager/Carthaginienses 90 A. 369. 137. 162 A.729. 183. 187. 197. 198 Karthago 13 A.42. 54. 55 A.218. 59 A.235. 84 A.346. 90. 95 A.387. 98. 99. 100. 102. A.431. 116. 137. 138. 161. 162. 177 A.791. 183 A.816. 186. 187. 188. 189. 190 A.859. 197. A.879. 198. 208 A.923. 219 A.972. 230. 232. 238. 252 A.1086. 259

Latium

235. 249

Laurentium

60 A.236

A. Licinius Archias

237 A.1041

C. Licinius Crassus

103

L. Licinius Lucullus 135. 136. 139. 141. 142. 144. 190 A:589 L. Licinius Murena

135. A.612. 143

Karystos

210. A.934

P. Licinius Crassus Dives

Keltiberer

214 A.949

Licinius Macer

Kephallenia

106. 107

Ligurer

Kibyra

212 A.946

Kilikien

139

Ligurien 102. A.433. 103. 108. A.477. 109. 112

Kimbern/Cimbri

142. 143

Kleopatra A.374. 138

35. A.119. 45 A.176. 91

Knidos

223 A.986

Kreter 139. 140 Kritolaos

260 A.1116

Kyme 153 A.703. 238 Labici

249

C. Laelius

188

Lanuvini

236

Larisa Kremastes

204

Latiner 20 A.74. 21. 29 A.108 59 A.235. 238. 245. 249 Latinus

57 A.226

162 A.730

20 A.74. 76 A.301

99. 102. 112

Livius 2. 3. 4. 10 A.39. 13 A.43/44. 14 A.45. 15. 16. 18. A.65. 19. A.70. 20. A.72/74. 21. A.77/79. 22. A.80/81. 23. 24 A.87. 25 A.91. 26. A.98. 27. 28: A.101/103. 29. 30. A.112. 31. A.116. 33. 34. 37. 39. 40. 42. 43 A.161. 44. 45. 48. 50. 51. 52. 53. A.208. 54. 55. 56 A.221/222. 57. A.225. 58. A.232. 59. 66. 68. 78. 79. 85. A.349/351/352. 86. 88. 91. 98 A.397. 105. 107. A.474. 110. 113. 115. 120. 131. A.593. 138. 162 A.730. 164. 171 A.768. 186. 187. 189. 191 A.861. 195. 197 A.879. 198 A.880. 205. 206. 207. A.917. 208. A.920. 217 A.964. 218 A.968. 219. 220. 241. 245. 246. A.1071/1072. 248. A.1078/1079. 250. 251. A.1084. 258. A.1109/1110. 262 A.1123 Lucanien

100

Lucenses

236

Lusitanier/Lusitani Lykien

134 A.603. 142

220 A.975

301

Personen- und Ortsindex

Lykier

220 A.975

Lykortas

177. A.794

Makedonien 100. 104. 105. 106. A.459. 155 A.709. 158 A.723. 162 A.730. 209. 210. 252 A.1086 Mamilius

249

A. Manlius Vulso A.505

111. A.497. 112.

Messenien 201 A.891. 202 A.895. 203 A.896. 207. 209. 211. 213. A.949. 218 A.966 Q. Minucius Thermus Mithradates 178 A.798

197

135. A.612. 139. 140. 143.

Q. Mucius Scaevola 181. A.810. 182 L. Mummius 134 A.604

Cn. Manlius Vulso 111. A.497. 113. 114. 115. 136 A.617. 141. 200

Mytilene 155 A.709. 156 A.713. 157 A.719. 212 A.947. 229. A.1005/1006

Mantineia

202 A.895. 203 A.896

Marcianus

150 A.692

Marcius

92

Nabis 105. A.455. 107 A.474. 108. 109. 171 A.768. 202 A.895. 203. A.897. 211. A.939/942. 212 A.945. 214 A.949

Marius, C.

96 A.394. 194

Markomannen

46

Marmertiner 161. 230 Maroneia

212 A.946

Marrucini

171 A.768

Marsi 171 A.768 Massilia

108

Massinissa 137. 184. 187 A.840. 188. A.850. 189. 209. 213. A.949. 230 A.1008 C. Memmius

141. 144. 194

Naevius, Cn. 13 A. 42. 14 A.44 Neapolis

237 A.1041

Nepesini

236

Nepos

237 A.1041

Nolani

236

Nomentum

120

Nonius

245 A.1066

C. Norbanus Flaccus Noreia

153 A.703

143

Numa Pompilius A.72. 61

18. A.62. 19. 20.

Menippos

179 A.801. 224 A.991

Messana

162 A.729

Numantiner 192 A.866. 195 A.874. 214 A.950. 224 A.990

Messene 211

202. A.895. 203. A.897.

Numider

189

302

Personen- und Ortsindex

Perseus 25 A.91. 95. 109. 175. 176. A.786/787. 220. 230 A.1008

Numidien

138

L. Octavius

139

Octavian

s. Augustus

Odrysen

155 A.709. 158

Q. Opimius

108

Opus

205 A.909. 208 A.920

Oreum

205 A.909

Oreos 207 A.920. 208. A.920. 209. 210. A.933

Pharnakes

147 A.685

Pharsalos

204

Philinos

177 A.791

Philipp 90. 100. A.408/414. 162. 175. 176 A.786. 198 A.881. 203. 204. 205. 206. 208. A.920/922. 209. 210. 218. A.968. 219. A.970. 220. A.974. 230 A.1008. 241 Philopoimen

260 A.1116

Oriculani

171 A.768

Orikum

100

Phoinike 200 A.883. 202 A.895. 203. A.896/897. 205. A.909. 211 A.939. 212 A.945. 218 A.968. 219

Orosius

138

Phraates

146 A.675

Pisani

236

Placentia

108

Placentini

236

Placidus

14 A.44. 43. A.165

C. Plautius

251

P. Ovidius Naso. A.133. 42 A.157. 45. 50 Oxybier

108

Paeligini

171 A.768

Paleopolis

249

Pamphylien

178 A.797

Panormus

230

13 A.44. 37

Plinius Maior A.1003

41.

228. 229. 242

C. Papirius Cursor

127. 129 A.587

Plinius Minor

Cn. Papirius Carbo

143

Plutarch

Parther

135. 140. A.644

Paulus Diaconus

13 A.42. 236. 259

Peloponnes

107

Pelops

211 A.939

A.152.

229.

14 A.44. 65 A.255. 85

Polybios 81 A.333. 85. 87 A.356. 92. 98 A.397. 107. 110. 176 A.786. 177. A.791. 190 A.855/856. 191 A.859. 195. 214. 215. A.953. 216. A.955/961. 219. 222 A.980. 229. 252 A.1086. 260. A.1114/1115/1116/1117/1118

303

Personen- und Ortsindex

Pompeius Magnus 41 A.154. 96 A.394. 127 A.575. 145. A.672. 146. A.675. 147. A.685. 149. A.690. 157. 200 A.886

Quintilian

40

Quiriten A.232

29. A.108. 52. A.203. 57

Q. Pompeius 195 A.874. 214 A.950

Rhegion

237 A.1041

Sextus Pomponius 179. A.800. 180. 181. A.810. 182. 183. A.814. 184. 231. 232. 256

Rhodier 173. A.771. 215. 217. A.964. 219. 220. 221

C. Popillius Laenas

103. 104

M. Popillius Laenas 99. 102. 103. 142 Aulus Postumius Albinus 214 A.950

193.

194.

Sp. Postumius Albinus

135. 193

Praenestini

236

M. Primus 158

150 A.695. 155 A.709.

Rhodos 163. 214. 215. 216. 217. A.963. 218. 219. 220. A.973/974/975. 221. 239 A.1051. 240 Römer/Romani

passim

Romulus

20 A.72. 119 A.537

Sabiner

250

Sallust Crispus, C. 133. 138. A.629. 141. 193 Salpina

11

A.41.

250

Proculus 182. A.812. 183. 184. 224. A.990/991. 225. A.992. 226. A.994/995. 229. A.1008. 230 A.1008. 231. 242

Same 107 Samniten

1 A.1. 249. 250

Ptolemaios V.

177

Sardinien

96 A.392. 260 A.1118

Ptolemaios XII

138

L. Scribonius Libo

142

Pylos 202 A.895

Segeda

134

Pyrrhus 208 A.923

Segesta

230. A.1010

Segestaner

230

Seleukos II.

252 A. 1086

35. 36. 37. A.133. 44. 72.

L. Quinctius 217 A.964 T. Quinctius Cincinnatus Poenos

120

T. Quinctius Flamininus 107 A.474. 108. 109. 171 A.768. 195. 176 A.786. 200 A.886. 202 A.895. 203. A.897/903. 204. A.907. 210. 211. A.939. 213 A.949. 217 A.964

Seleukos IV. 252 A.1086 Tib. Sempronius Gracchus (Censor) 134. 214. A.949 Cn. Servilius Caepio 153 A.702

304

Personen- und Ortsindex

P. Servilius Rullus

127. 201 A.890

Q. Servilius Caepio 134 Servius 13 A.43. 14 A.44. 16. 28 A.107. 35. 36 A.132. 39. A.146. 40. 41. 43 Servius Sulpicius

78. 119 A.537/538

M. Sextius

197

Sidon

223 A.986

Sidonius

13 A.43

Sulla, L. Cornelius 128. A.576. 139. A.636. 143. 148 A.689. 165. 178 A.799. 194. 241 P. Sulpicius Galba

162

Sutrini

236

Symmachus

13 A.43

Syphax 57 A.225. 184. A.818. 185. 186. 18. A.839. 188. 209. 213. A.949. 230 A.1008

Silius Italicus 189 Sinnius Capito

242. A.1058. 252 A.1086

P. Sulpicius Galba Maximus 153 A.702. 207 A.920. 208 A.923

236

Ser. Sulpicius Galba 142 Servius Tullius

Sueton

172 A.768

Syrakus 209 A.926

99. 100. 102. 161. 162.

Syrien

135. 140. 144

Sizilien 96 A.392. 100. 101. 102. 153 A.702. 162 A.729. 197. 221. 230. A.1010. 231

Tacitus, P. Cornelius 123 A.555. 124

Sizilioten

101

Tarquinii

Skythen

156 A.713

Tarquinius Superbus

Spanien/Hispania ulterior 96 A.392. 98. A.399. 99. 105. 116. A.535. 134. A.603/604. 142. 156 A.713. 160 A.727. 161. 186. 188. 252 A.1086 Sparta 106. 107. 201 A.891. 202. A.895. 203. A.896/897. 207. 209. 211. 218 A.966 Spartaner/Lacedaimonier 211 A.939

203 A.897.

Stateller

102

Strabon

150. A.695. 157. A.717

Tarent 37. 44. 237 A.1041 249. 251

Tauromenion/-ium

119 A.537 38 A.144. 230

Teaten

224 A.991

Tenkterer

137

M. Terentius Varro

100

Teuta 84 A.346 Theben

204

Thrakien

209 A.925

305

Personen- und Ortsindex

Tiberius (Kaiser) 156 A.710. 166

150. 154 A.706.

A.252. 65. 66. 68 A.273. 73. 191 A:861. 229 A.1003. 245 A.1066

Tibur

249

Veientes

Tiburtes

236

Tigranes

144. 146 A.675

Veii 68. 110. 247. 248. 249. 251. A.1080

Titti

Verrius Flaccus 14 A.152/ 153. 42 A.157. 53

134

Tralleis

120

156 A.713

Tullus Hostilius 18. A.62. 19. A.70. 20. A.72. 52. A.203. 53 Tusculani

236

Tusculum

250

Tyros

223 A.986

Tzetzes A.193

38. 42. A.157/159. 43. 49

Urbinates

Verula

250

Verulanus

92

Vespasian (Kaiser) A.710. 242

A.44.

41.

150. A.693. 156.

Viriathus 214 A.950

84 A.347. 134. 195 A.874.

Volsinii

250

Volsker

250

236

Zypern

138

Usipeter

137

Zyprioten

138

Vakkaier

135. 141. 142

M. Valerius

52. 53 A.203

M. Valerius Laevinus 106 A.459. 200 A.886. 202. 204. 206. 209. 242 M. Valerius Messalla Rufus A.268. 123. 124

66

M. Valerius Laevinus 100 Valerius Antias

20 A.74

Varro, M. Terentius 11 A.41. 13 A.43/44. 22 A.80. 30 A.112. 35. 40. A.150. 41 A.152/154. 42. A.157. 46. A.182. 59. 60 A.236. 61 A.239. 63. 64.

Karsten Riedl 2001.03.28 10:56:47 Z

Studien zu Horaz Nina Mindt Die meta-sympotischen Oden und Epoden des Horaz Vertumnus. Berliner Beiträge zur Klassischen Philologie und zu ihren Nachbargebieten. Band 3

98 Seiten, Paperback ISBN: 978-3-89744-257-3

Die Untersuchung widmet sich mit Horaz einem zentralen römischen Dichter der augusteischen Zeit. Dabei wird die literarische Tradition seines Dichtens ebenso beleuchtet wie die kultursoziologische Situation seines Schaffens. Das Buch konzentriert sich – ausgehend von der auffallenden Häufigkeit, mit der Symposia in den Oden und Epoden thematisiert werden – auf die von Horaz entwickelte »Poetik des Festes«, die nicht unmittelbar auf Wirklichkeit rekurriert, sondern Symposia imaginiert, die bis heute wirken. The Greek poet Horace frequently created »literary symposia« in his odes and epodes, long after symposia ceased to be an institution for literature.

Inh. Dr. Reinhilde Ruprecht e.K., Postfach 1716, 37007 Göttingen www.edition-ruprecht.de