Strukturalternativen für eine europäische Unternehmensverfassung: Eine rechtsvergleichende Untersuchung zum 5. gesellschaftsrechtlichen EG-Richtlinienvorschlag [1 ed.] 9783428468980, 9783428068982

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Strukturalternativen für eine europäische Unternehmensverfassung: Eine rechtsvergleichende Untersuchung zum 5. gesellschaftsrechtlichen EG-Richtlinienvorschlag [1 ed.]
 9783428468980, 9783428068982

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Schriften zum Internationalen Recht Band 49

Strukturalternativen für eine europäische Unternehmensverfassung Eine rechtsvergleichende Untersuchung zum 5. gesellschaftsrechtlichen EG-Richtlinienvorschlag

Von

Thomas E. Abeltshauser

Duncker & Humblot · Berlin

THOMAS E. ABELTSHAUSER

Strukturalternativen für eine europäische Unternehmensverfassung

Schriften zum Internationalen Recht Band 49

Strukturalternativen für eine europäische Unternehmensverfassung Eine rechtsvergleichende Untersuchung zum 5. gesellschaftsrechtlichen EG-Richtlinienvorschlag

Von Dr. Thomas E. Abeltshauser LL.M. (University of Michigan)

Duncker & Humblot * Berlin

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Abeltshauser, Thomas E.: Strukturalternativen für eine europäische Untemehmensverfassung: eine rechtsvergleichende Untersuchung zum 5. gesellschaftsrechtlichen EGRichtlinienvorschlag / von Thomas E. Abeltshauser. Berlin: Duncker u. Humblot, 1990 (Schriften zum Internationalen Recht; Bd. 49) Zugl.: Florenz, Europ. Hochschulinst., Diss., 1985 ISBN 3-428-06898-X NE: GT

Alle Rechte vorbehalten © 1990 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fremddatenübernahme: Hagedornsatz, Berlin 46 Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0720-7646 ISBN 3-428-06898-X

Für meine Frau Lourdes Lopez-Cobo y Zurita

Vorwort Das Recht der Unternehmensverfassung war immer schon ein ebenso reizvolles wie rechtsvergleichend anspruchsvolles Thema und gewinnt seit neustem mit der Vollendung des europäischen Binnenmarktes 1992 sowie dem neuen Vorschlag für eine Europäische Aktiengesellschaft wieder erheblich an Aktualität. Die vorliegende Untersuchung beschäftigt sich diesbezüglich mit Rechtsangleichungsvorschlägen der Europäischen Gemeinschaft zur Struktur der Aktiengesellschaft und zur Mitbestimmung. Hierbei geht es insbesondere um den geänderten 5. Richtlinienvorschlag zur Harmonisierung des Gesellschaftsrechts. Die Frage lautet, ob die von der EG-Kommission vorgeschlagenen Struktur- und Mitbestimmungsalternativen für die Aktiengesellschaft noch dem Gleichwertigkeitsgebot des EWG-Vertrags entsprechen und falls dies nicht der Fall sein sollte, ob und nach welchen Kriterien diese Gleichwertigkeit gewährleistet werden kann. Die Untersuchung gewinnt zugleich grundlegende Bedeutung für den von der Kommission 1989 neu vorgelegten VO-Entwurf für das Statut einer Europäischen Aktiengesellschaft. Die zentralen Rechtsangleichungsprobleme auf dem Gebiet des europäischen Unternehmensverfassungsrechts bilden zugleich den Ausgangspunkt für eine eher grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Rechtsangleichungsmethodik. Die vorliegende Abhandlung ging aus meiner im WS 1984/85 fertiggestellten Dissertation am Europäischen Hochschulinstitut Florenz hervor. Angesichts der neuen Aktualität des Themas habe ich mich im Anschluß an einen längeren Aufenthalt an der University of Michigan Law School, Ann Arbor /USA entschlossen, die Arbeit zu aktualisieren und in der nunmehr vorliegenden Fassung in der Bundesrepublik zu veröffentlichen. Neuere wissenschaftliche Beiträge, Rechtsprechung und Gesetzgebung wurden vom Verfasser so weit wie möglich bis 1989 berücksichtigt. Besonderen Dank schulde ich meinem Erstgutachter Herrn Prof. Dr. Gunther Teubner (Florenz) sowie Herrn Prof. Dr. Thomas Raiser (Gießen), der das Zweitgutachten abgab. Darüber hinaus danke ich insbesondere Prof. Dr. T. Daintith (London); Prof. Dr. R. Buxbaum (Berkeley/USA); Prof. Dr. G. Gaja (Florenz); Dr. J. Pipkorn (Brüssel) sowie Herrn Dr. H.G. Deggau (Toulouse) für Kritik und Diskussionsbereitschaft. Aktuelles rechtsvergleichendes Material für den spanischen Abschnitt wurde mir freundlicherweise von Herrn Abogado Julio Prada (Madrid) zur Verfügung gestellt. Besonders möchte ich mich auch bei Fr. Sabine Löchel (Gießen) bedanken, die das überarbeitete Manuskript mit viel Geduld und Ausdauer geschrieben hat. Dem Publikationskommittee des

8

Vorwort

Europäischen Hochschulinstituts verdanke ich die äußerst großzügige Druckkostenübernahme. Schließlich danke ich dem Verlag Duncker & Humblot für die Aufnahme dieser Arbeit in die Reihe „Schriften zum Internationalen Recht". Gießen 1990 Thomas E. Abeltshauser

Inhaltsverzeichnis Einleitung

17

1. Kapitel Die Probleme unternehmensverfassungsrechtlicher Rechtsangleichung in Europa

20

I. Die unternehmensverfassungsrechtlichen Angleichungsprogramme 1.

20

Der Vorschlag für eine 5. Richtlinie zur Struktur der Aktiengesellschaft von 1972

20

2.

Die Europäische Aktiengesellschaft

21

3.

Das Übereinkommen und die neue 10. Richtlinie über die internationale Verschmelzung von Aktiengesellschaften 24

4.

Der neue Richtlinienvorschlag für die Angleichung der Aktienrechtsstrukturen

24

II. Die Funktionen unternehmensverfassungsrechtlicher Rechtsangleichung . . .

27

1.

Die E.G.-vertragsrechtlichen Grundlagen

27

2.

Funktionen der Rechtsangleichung

29

3.

Unternehmensverfassungsrechtliche wicklung, Funktionen und Probleme

Rechtsangleichung



Ent32

3.1.

Die industriepolitische Einbindung

33

3.2.

Die Wettbewerbs- und sozialpolitische Einbindung

36

3.3.

Probleme

39

3.4.

Beurteilung des veränderten Richtlinienvorschlags zur Struktur der Aktiengesellschaft

41

III. Vorüberlegungen für eine Rechtsangleichungstheorie

44

1.

Rechtsangleichung im engen Sinne

44

2.

Funktional-problemorientierte Rechtsangleichung

48

3.

Zwischenergebnis

54

nsverzeichnis 2. Kapitel Rechtsvergleich

I. Das Bezugsproblem II. Sozialkonflikte — Die europäische Dimension

55

55 56

1.

Die Arbeitnehmer

56

2.

Die Gewerkschaften

59

3.

Die öffentlichen Interessen

60

4. Zusammenfassung III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

62 63

1.

Der angel-sächsische Rechtskreis

63

1.1.

Großbritannien

63

1.2.

Irland

69

2.

Der skandinavische Rechtskreis

70

2.1.

Norwegen und Schweden

70

2.2.

Dänemark

71

3.

Der deutsch-niederländische Rechtskreis

73

3.1.

Bundesrepublik Deutschland

73

3.2.

Niederlande

79

4.

Der französische Rechtskreis

83

4.1.

Belgien

83

4.2.

Luxemburg

86

4.3.

Frankreich

88

5.

Der südliche Rechtskreis

93

5.1.

Italien

93

5.2.

Spanien

97

5.3.

Portugal

103

5.4.

Griechenland

110

6.

Ergebnisse des Rechtsvergleichs

113

nsverzeichnis

11

6.1.

Allgemein

113

6.2.

Die strukturellen Alternativen und ihre „Gleichwertigkeit"

118

6.2.1. Strukturen

118

6.2.2. Das Unternehmensinteresse

119

6.2.3. Sorgfalts- und Loyalitätspflichten

121

6.2.4. Haftung

123

6.3.

124

Zwischenergebnisse

3. Kapitel Funktionen der Willensbildungsstrukturen im Aktienunternehmen

I. Organisationsinterne Funktionen

126

126

1.

Wirtschaftswissenschaftliche und rechtliche Grundlagen

126

1.1.

Die grundlegende Ausrichtung des unternehmerischen Willensbildungsprozesses 126

1.2.

Funktionsdifferenzierungen

128

1.3.

Funktionsveränderungen

131

2.

Theoretische Grundlagen

136

2.1.

Funktionelle Strukturanforderungen

136

2.2.

Strukturanforderungen und Ressourcenmodell

141

2.3.

Organisationsrechtliche Strukturanforderungen

143

3.

Zwischenergebnis

146

4.

Reflexive Elemente im Unternehmensverfassungsrecht

148

II. Die Abstimmung mit dem organisationsexternen Unternehmensverhaltensrecht 152 1.

Unternehmensverfassung und Tarifvertragsrecht

153

1.1.

Europäisches Tarifvertragsrecht

153

1.2.

Beurteilung

155

2.

Unternehmensverfassung und Wettbewerbsrecht

160

2.1.

Der wettbewerbsrechtliche Verhaltensrahmen

161

2.2.

Strukturanforderungen

162

2.3.

Zwischenergebnis

168

nsverzeichnis 4. Kapitel Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatil·

I. Unternehmensverfassung und Mitgliedschaft

171

172

1.

Die Zugangsfunktion

172

1.1.

Das Problem der Zugangssteuerung

172

1.2.

Mitgliedschaftsrechtliche Steuerung

173

1.3.

Eintrittsvoraussetzungen nach normativ festgelegten Größen?

174

1.4.

Öffentliche Zugangskontrolle

176

2.

Die Koordinationsfunktion

180

2.1.

Das Koordinationsproblem

180

2.2.

Die Koordination auf das Unternehmensinteresse

181

2.3.

Verhaltenspflichten und Unternehmensinteresse

184

2.3.1. Sorgfalts- und Loyalitätspflichten

184

2.3.2. Organisationspflichten und Haftung

187

2.4.

189

Zusammenfassung

II. Informations- und Entscheidungsverfahren

190

1.

Die Informationsfunktion

190

1.1.

Problem und Strukturanforderungen

190

1.2.

Unternehmensrechtliche Garantien

192

1.2.1. Strukturalternative: Das mitbestimmte Aufsichtsorgan

192

a) Das Aufsichtsorgan

192

b) Zweckspezifikation über Ausschüsse (1) Konstituierung (2) Kompetenzen (3) Zusammensetzung

194 195 195 197

1.2.2. Strukturalternative: Das mitbestimmte Board-System

198

1.2.3. Strukturalternative: Arbeitnehmervertretung

200

1.2.4. Strukturalternative: Kooptation

202

1.2.5. Strukturalternative: Tarifvertrag

203

1.3.

Zusammenfassung

204

2.

Die Informationsverarbeitungsfunktion

204

2.1.

Problem und Strukturanforderungen

204

nsverzeichnis

2.2.

Unternehmensrechtliche Garantien

13

206

2.2.1. Strukturalternative: Das mitbestimmte Aufsichtsorgan

206

a) Verhandlungsbeteiligung und Problemverarbeitung

206

b) Pluralistische Gruppenstruktur versus organschaftliche Stellung und Kompetenzbereich des Aufsichtsorgans 208 c) Funktionale Spezifikation der Verhandlungsstruktur

210

2.2.2. Strukturalternative: Das mitbestimmte Board-System

210

2.2.3. Strukturalternative: Arbeitnehmervertretung

211

2.2.4. Strukturalternative: Kooptation

212

2.2.5. Strukturalternative: Tarifvertragssystem

213

2.3.

Zusammenfassung

213

3.

Die Entscheidungsfunktion

213

3.1.

Problem und Strukturanfoderungen

213

3.2.

Unternehmensrechtliche Garantien

215

3.2.1. Die Strukturalternative: Das mitbestimmte Aufsichtsorgan

215

a) Wahl und Vorauswahl von Vorstandsmitgliedern

215

b) Feststellung des Jahresabschlusses

216

c) Genehmigungspflichtige Beschlüsse

217

3.2.2. Die Strukturalternative: Das mitbestimmte Board-System

219

3.2.3. Die Strukturalternative: Arbeitnehmervertretung

219

3.2.4. Die Strukturalternative: Kooptation

220

3.3.

220

Zusammenfassung

III. Ergebnisse

221

Literaturverzeichnis

226

Autorenverzeichnis

242

Stichwortverzeichnis

246

Abkürzungsverzeichnis a. a. Ο. Abb. Abi.EG AcP AG AGBG AK-BGB AktG allg. Anm. Art. Aufl. AWD BB Bd. BetrVG BGB BGBl. BGH BKartA Bull.EG BV BVerfG bzw. ca. CMLR DB ders. d. h. dies. Diss. DJT Dok. ebd. EBR EEA EG EGKSV Einl. ER

am angegebenen Ort Abbildung Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Archiv für die civilistische Praxis Aktiengesellschaft Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Reihe Alternativkommentare-Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch Aktiengesetz allgemein Anmerkung Artikel Auflage Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters Betriebs-Berater Band Betriebsverfassungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Bundeskartellamt Bulletin der Europäischen Gemeinschaft besloten vennootschap met besperkte aansprakelijkheit Bundesverfassungsgericht beziehungsweise circa Common Market Law Review Der Betrieb derselbe das heißt diesselben Dissertation Deutscher Juristentag Dokument ebenda Europäischer Betriebsrat Einheitliche Europäische Akte Europäische Gemeinschaft Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl Einleitung Europarecht

Abkürzungsverzeichnis

etc. EuGH EWG EWGV ff. Fußn. gem. GG GmbH GmbHG GmbHR GWB HGB h.M. Hrsg. i.d.R. i. R. i.S. i.V.m. JuS JZ KG KStG LG mbH m. E. MitbestG MontanmitbestG NJW Nr. NV o. a. ÖAR OHG Rdn. RG RGZ RIW RMC S. s. S.E. sog. StabG Tz. u. u. a. unveröff.

et cetera Europäischer Gerichtshof Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft folgende Fußnote gemäß Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Herausgeber in der Regel im Rahmen im Sinne in Verbindung mit Juristische Schulung Juristenzeitung Kammergericht / Kommanditgesellschaft Körperschaftssteuergesetz Landgericht mit beschränkter Haftung meines Erachtens Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer Montanmitbestimmungsgesetz Neue Juristische Wochenschrift Nummer naamlooze vennootschap oben aufgeführt Ökonomische Analyse des Rechts Offene Handelsgesellschaft Randnummer Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der Internationalen Wirtschaft Revue du Marche commun Seite siehe Societas europae (Europäische Aktiengesellschaft) sogenannt Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft Teilziffer und und andere / unter anderem unveröffentlicht

15

16 u.U. UWG v. Verf. vgl. VO WD WRP WuR WuW z.B. ZGR ZHR ZIP ZRP

Abkürzungsverzeichnis unter Umständen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb von Verfasser vergleiche Verordnung Wirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters Wettbewerb in Recht und Praxis Wirtschaft und Recht Wirtschaft und Wettbewerb zum Beispiel Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Rechtspolitik

Einleitung Nach Verabschiedung des deutschen Mitbestimmungsgesetzes 1976 und nach dem Mitbestimmungsurteil des BVerfG 1 ist die äußerst kontrovers geführte Diskussion um eine Unternehmensverfassung sichtlich ruhiger geworden. Dennoch hat das Thema an Aktualität kaum verloren. Insbesondere Fragen nach der grenzüberschreitenden Wirkung und der Anwendbarkeit des deutschen Mitbestimmungsgesetzes sowie nach einer europaweiten Harmonisierung dieses Regelungskomplexes sorgen in Anbetracht des bis 1992 zu vollendenden europäischen Binnenmarktes für neuen Zündstoff. Rechtsangleichungs-, Verordnungs- und Übereinkommensentwürfe der Europäischen Gemeinschaft aktualisieren das Thema auf supranationaler Ebene. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem modifizierten Richtlinienvorschlag der Kommission zur 5. Strukturrichtlinie für Aktiengesellschaften, in dem die Kommission auf Anregung des Europäischen Parlaments vom 14. Juni 19822 den Plan einer einheitlichen Rechtsangleichung auf dem Gebiet der Unternehmensverfassung aufgibt 3 . Alternative Struktur- und Mitbestimmungssysteme werden nunmehr gleichwertig nebeneinander und zur Wahl gestellt. Dieser Ansatz spiegelt sich seit neustem auch in dem überarbeiteten Entwurf für das Statut einer Europäischen Aktiengesellschaft wieder 4 . So erstaunlich diese Abkehr von der bisher favorisierten deutschstämmigen Einheitslösung auch erscheinen mag, so notwendig war dieser Schritt angesichts der immer kleiner werdenden Spielräume gesellschaftsrechtlicher Rechtsangleichung. Die Probleme der momentan praktizierten Rechtsangleichung traten bereits bei den Verhandlungen zur 4. und 7. Bilanz- und Konzernbilanzrichtlinie verstärkt zutage und manifestierten sich dort in Form zahlreicher Ausnahmeund Wahlregelungen, ohne die diese Richtlinien kaum eine Verabschiedungschance gehabt hätten. Auf dem Hintergrund dieser Entwicklung stellt sich die Frage, inwieweit die Modifikation der 5. Richtlinie einer entsprechenden „Optionspolitik" zum alleinigen Zweck ihrer politischen Durchsetzbarkeit 1

Vgl. B.Verf.G. 50, S. 290ff. Vgl. Eur.Parlament in: Amtsblatt EG C 149, 1982, S. 17. 3 Vgl. Komm.EG, Geänderter Vorschlag einer fünften Richtlinie des Rates, in: Abi.EG C 240 v. 9.9.1983, S.2ff. 4 Vgl. Komm.EG, Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft — COM (89) 268 endg.-SYN 218 v. 25.8.1989 sowie den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Ergänzung des S.E. — Statuts hinsichtlich der Stellung der Arbeitnehmer COM (89) 268 endg.-SYN 219 v. 25.8.89 2

2 Abeltshauser

18

Einleitung

unterliegt. Geht es bei der europäischen Rechtsangleichung somit nur noch um eine bloße Festschreibung nationaler Normsysteme? Neuere rechtswissenschaftliche Beiträge sowie die Besinnung auf Alternativvorschläge zur Rechtsangleichung aus der Gründerzeit der EG belegen, daß ein Umdenken bezüglich der Rechtsangleichungsmethode neue Spielräume eröffnet. Einer umfassenden europäischen Harmonisierungseuphorie kann beispielsweise mit dem Konzept einer „funktional-problemorientierten" Angleichungsmethode begegnet werden. Dies könnte insbesondere in der europäischen Unternehmensverfassungsdiskussion vor allzu umfassenden Formen der Rechtsangleichung schützen. Sicher darf dies nicht gleichsam zum entgegengesetzten Extrem führen und einer engen, rein pragmatisch ausgerichteten Schaffung bestimmter Normsysteme das Wort reden, wie sich dies z.B. ansatzweise über die Beschränkung gesellschaftsrechtlicher Rechtsangleichung auf die Niederlassungsfreiheit i.S. von Art. 54 EWGV niedergeschlagen hat. Gefordert ist vielmehr eine vorsichtige funktionale Ausdifferenzierung und Ausweitung europäischer Normsysteme unter Abstimmung mit der allgemeinen Entwicklung der Gemeinschaft. Dabei ist Rechtsangleichung auch immer ein Stück Gesetzgebung und Rechtspolitik 5 . Einen Ansatzpunkt für die Untersuchung der hier zu erörternden 5. Richtlinie bietet die Frage nach möglichen Funktionen von unternehmensverfassungsrechtlichen Normen und die Frage nach der Gleichwertigkeit der vorgeschlagenen Strukturalternativen. Denn eine Regelung struktureller Alternativen kann zwar den verschiedenen nationalen Normsystemen gerecht werden. Sie wird sich allerdings der Gefahr fehlender Gleichweitigkeit in bezug auf ihre Folgen ausgesetzt sehen. Folgenkontrolle in diesem Sinne kann nur mit Hilfe von Gleichwertigkeitskriterien für alternative Normsysteme gewährleistet werden. Die Frage, wie dies gem. Art. 54 I I I g i. V. m. Art. 100 ff., 3 h EWGV zu erreichen ist, nötigt zu einer Untersuchung von Funktionen unternehmensverfassungsrechtlicher Normen. Denn erst so lassen sich einheitliche Beurteilungskriterien für alternative Strukturmodelle gewinnen. Die vorliegende Arbeit setzt sich somit das Ziel, supranationale Strukturanforderungen zu entwickeln, die Gleichwertigkeit der Strukturalternativen gewährleisten. Die Untersuchung beschäftigt sich zunächst mit grundsätzlichen Fragen von Rechtsangleichungsfunktionen. Dies führt im Ergenis zu einem neuen methodischen Ansatz (1. Kapitel). Es folgt ein problembezogener Rechtsvergleich europäischer Unternehmensverfassungsrechtssysteme, der die Schwierigkeiten einer einheitlichen Unternehmensverfassungs- und Mitbestimmungsregelung verdeutlichen soll (2. Kapitel). Das 3. Kapitel sucht dann nach geeigneten Gleichwertigkeitskriterien. Diese sollen einerseits aus dem rechtsvergleichenden Abschnitt, andererseits aus grundsätzlichen Überlegun5 Vgl. neuerdings Timmermanns, Ch.W.A., Die europäische Rechtsangleichung im Gesellschaftsrecht. — Eine integrations- und rechtstheoretische Analyse, in: RabelsZ 48 (1984), S. 1 (6 f. und 20 ff.)

Einleitung

19

gen zur Unternehmensverfassung gewonnen werden. Dabei geht die Arbeit davon aus, daß unternehmensverfassungsrechtliche Strukturvorschläge in ein weiter gespanntes Ordnungskonzept einzubauen sind. Methodisch ist der unternehmerische Willensbildungsprozeß somit nicht nur als Teil des Innenlebens einer Gesellschaft zu verstehen. Er ist auch abhängig von der Außenwelt. Als besonderes Problem stellt sich die Frage, wie unternehmerische Sozialverantwortung i.R. eines Richtlinienvorschlags definiert und in strukturelle Regelungsvorschläge umgearbeitet werden kann. Dieses Konzept ist im Ergebnis in eine Funktionstypologie einzuarbeiten (4. Kapitel), die als Gestaltungsmaßstab für Strukturvarianten dienen soll. Dieser Abschnitt bietet dem Juristen einerseits die Chance, organisationstheoretische und ökonomische Aspekte in die Untersuchung einfließen zu lassen6. Andererseits ist dieser, für eine rechtliche Untersuchung notwendige und erfolgversprechende Exkurs allerdings mit äußerster Sorgfalt und Vorsicht anzulegen, da er nur zu schnell dazu verleitet, Begrifflichkeiten und Systembildungen anderer Wissenschaftsbereiche unbesehen zu übernehmen. Der Wert der Arbeit erweist sich erst im Augenblick schlüssiger Transformation in juristische Kategorien.

6 Vgl. u.a. Vogel, W.C., Aktienrecht und Aktienwirklichkeit — Organisation und Aufgabenteilung von Vorstand und Aufsichtsrat, S. 41 f., der auf die notwendige Einbeziehung organisations- und betriebswirtschaftlicher Argumente hinweist. 2*

1. Kapitel

Die Probleme unternehmensverfassungsrechtlicher Rechtsangleichung in Europa I. Die unternehmensverfassungsrechtlichen Angleichungsprogramme 1. Der Vorschlag für eine 5. Richtlinie zur Struktur der Aktiengesellschaft von 1972

Auf dem Gebiet der unternehmensverfassungsrechtlichen Rechtsangleichung wurden bis heute verschiedenste Vorhaben in Angriff genommen. 1972 veröffentlichte die EG-Kommission den Vorschlag für eine 5. Richtlinie über die Struktur der A G 1 . Art. 2 dieser Richtlinie favorisierte hinsichtlich der Gesellschaftsstruktur die Aufsichtsratslösung. Die Gesellschaft sollte ein Leitungsorgan für die Geschäftsführung und Vertretung, ein Aufsichtsorgan sowie eine Hauptversammlung der Akionäre haben. Die verbindliche Normierung dieser Gesellschaftsstruktur stieß insbesondere in Ländern auf heftigen Widerstand, die mit dem Aufsichtsratssystem nicht vertraut waren und ein sog. „BoardSystem" bevorzugten (Großbritannien, Belgien, Italien und z.T. Frankreich). Weiteren Zündstoff lieferte Art. 4, der eine Mitbestimmungsregelung für Gesellschaften mit mehr als 500 Arbeitnehmern enthielt, die sich äußerlich betrachtet, am deutschen BetrVG orientierte. Gem. Art. 4 I I war 1/3 der Aufsichtsratsmitglieder von den Arbeitnehmern oder deren Vertretern zu bestellen. Darüber hinaus erlaubte Art. 2 I I S. 3 den Einbezug auch anderer Vertreter (sog. allgemeine oder öffentliche Interessen). Art. 2 I I I statuierte alternativ zu Art. 2 I I ein dem niederländischen System entsprechendes „Kooptationsverfahren" für das Aufsichtsorgan, d. h. Bestellung der Neumitglieder durch das Aufsichtsorgan selbst, wobei Arbeitnehmer und Anteilseigner Widerspruchsrechte erhielten. Art. 12 sah weitgehende Aufsichtsratsgenehmigungsrechte für bestimmte Geschäfte vor, die über das deutsche System gem. §111 A k t G hinausreichten. Die Art. 14, 20 enthielten weitreichende Haftungsregelungen für die Mitglieder des Leitungs- und Aufsichtsorgans für schuldhaft verursachte Schäden gegenüber der Gesellschaft, Aktionären und Dritten.

1

Vgl. Kommission EG, Vorschlag einer 5. Richtlinie über die Struktur der Aktiengesellschaft, Bull.EG Beilage 10/72.

I. Die unteehmensverfassungsrechtlichengleichung

21

2. Die Europäische Aktiengesellschaft

Mitbestimmungsregelungen fanden auch Eingang in den Statutsvorschlag der Kommission für eine europäische A G 2 . Ebenso wie der ursprüngliche 5. Richtlinienvorschlag ging der Statutsvorschlag von einem Trennungsprinzip zwischen Aufsichtsorgan und Vorstand aus. Für das Aufsichtsorgan war eine pluralistische Zusammensetzung mittels Drittelparität zwischen Anteilseignern, Arbeitnehmern und allgemeinen Intressen vorgesehen (Art. 74 a). Letztere sollten durch die Anteilseigner- und Arbeitnehmervertreter mit einer 2/3Mehrheit gem. Art. 74a, 75, 75 b „kooptiert" werden. Voraussetzung für einen Vertreter des allgemeinen Interesses war die notwendige Sachkunde sowie keine unmittelbare Abhängigkeit von einem der beiden Interessenblöcke. Diese interessenpluralistische Ausrichtung des Kontrollorgans sollte eine funktionsgerechte Legitimierung unternehmerischer Entscheidungen bewirken 3 . Die Vertreter der Arbeitnehmer sollten von den wahlberechtigten Arbeitnehmern in das Aufsichtsorgan gewählt werden, es sei denn, daß gem. Art. 138 eine solche Vertretung abgelehnt wird. Die Kompetenzen des Aufsichtsratsorgans entsprachen in etwa denen in der zuvor behandelten 5. Richtlinie. Seit Veröffentlichung des zweiten modifizierten Vorschlags 1975 ist das S.E.Statut auch heute noch von einer Verabschiedung durch den Ministerrat weit entfernt und wurde neuerdings wieder vollkommen neu gefaßt 4. Die Probleme zentrierten sich bislang auf die sehr weitgehenden Mitbestimmungsrechte für die Arbeitnehmer und die öffentlichen Interessen sowie auf die organisationsrechtliche Option zugunsten des Aufsichtsratssystems. Darüber hinaus konnten sich die Vertreter der Mitgliedstaaten auch nicht über eine Regelung des bislang nur in der Bundesrepublik und Portugal bekannten Konzernrechts, die Frage eines europäischen Betriebsrats und steuerrechtliche Vorschriften einigen. Neuerdings ist davon auszugehen, daß sich die Kommission in ihrem neuen Statutsvorschlag bezüglich der Struktur- und Mitbestimmungsproblematik weitgehend an dem neuen 5. Richtlinienvorschlag zur Angleichung der Aktienrechtsstrukturen und Mitbestimmungsformen orientiert. M i t anderen Worten erlaubt der Statutsvorschlag nunmehr die Wahl zwischen einem Aufsichtsratsund einem Verwaltungsratssystem (vgl. Art. 62 ff). Die Mitbestimmung selbst 2

Vgl. Kommission EG, Statut für eine europäische Aktiengesellschaft, Bull.EG Beilage 4/75. 3 Vgl. Pipkorn, J., Zur Entwicklung des europäischen Gesellschafts- und Unternehmensrechts II, in: ZHR 141 (1977), S. 330 (366). Pipkorn weist daraufhin, daß hinsichtlich des Begriffs der allgemeinen Interessen keine besondere Definition existiere, es sei aber wohl von einer engen, auf das Unternehmen beschränkten Auslegung auszugehen (S. 366). 4 Vg. neuerdings Komm.EG (1989) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates über das Statut für eine Europäische Aktiengesellschaft, COM (89), 208 endg. — SYN 218; sowie KommEG (1989) Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Ergänzung des S.E.-Statuts hinsichtlich der Stellung der Arbeitnehmer, CCM (89) 268 endg. — SYN 219; vgl auch das Memorandum der Kommission, in COM (88) 320 v. 15.7.1988.

22

1. Kap.: Rechtsangleichungsprobleme

wird durch eine mit dem Statut eng verbundene Richtlinie geregelt. Danach können Mitbestimmungsrechte entweder im Aufsichtsrat oder im kontrollierenden Teil des Verwaltungsrats eingeräumt werden. Neue Mitglieder können nach niederländischem Vorbild auch durch „Kooptation" bestellt werden. Darüber hinaus ist auch eine Arbeitnehmervertretung im Rahmen eines unabhängigen Organs vorstellbar bzw. durch Tarifvertrag aushandelbar. Bei nicht zustandekommender Einigung soll für die S.E. ein sog. „Standardmodell" nach dem Recht des Sitzstaates gem. Art. 6 Abs. 8 des Richtlinienentwurfs zur S.E. gelten. Dieses Modell habe der am weitesten fortgeschrittenen einzelstaatlichen Praxis zu entsprechen und den Arbeitnehmern mindestens die in den Artikeln der Richtlinie genannten Informations- und Konsultationsrechte zu gewährleisten (vgl. Art. 5 I I der Richtlinie). Insgesamt erscheint es angesichts der Komplexität der Materie, den langwierigen Verhandlungen früherer Vorschläge im Rat sowie dem inzwischen weit fortgeschrittenen EG-Angleichungsprozeß im Gesellschaftsrecht durchaus sinnvoll, das S.E.-Statut von vormals 284 Artikeln auf nunmehr 137 Artikel zusammenzukürzen. Ebenso sinnvoll ist es sicher, bestimmte Materien ganz aus dem Statutsvorschlag zu streichen, sofern man sich diesbezüglich auf bereits verabschiedete Richtlinien und angeglichenes nationales Recht beziehen kann. Im übrigen wirft der neue Statutsvorschlag aber eine Unzahl neuer Probleme auf. Diese dürften dem Optimismus der Kommission hinsichtlich einer zügigen Verabschiedung der Verordnung bis 1992 aber eher im Wege stehen. So stellt sich beispielsweise die Frage, ob es denn zwingend erforderlich ist, eine besondere S.E.-Mitbestimmungsrichtlinie zu schaffen, die im Grunde weitgehend der 5. gesellschaftsrechtlichen Richtlinie entspricht. Dies ist umso fraglicher als die Kommission im Erläuterungsteil der VO selbst davon ausgeht, daß man sich in vielen Bereichen (ζ. B. Bilanzrecht; Konzernrecht; Steuerrecht; Arbeitsrecht) auf die bereits existenten Angleichungsrichtlinien direkt beziehen könne. Warum ist dies nicht auch im Rahmen der Mitbestimmungsfrage möglich? Dies wirft natürlich auch die eher grundsätzliche Frage auf, ob eine Mitbestimmungsvorschrift im S.E.-Statut genau dasselbe ist wie eine mitbestimmungsrechtliche Angleichungsvorschrift im Rahmen einer Richtlinie. Sofern die Europäische A G nach Auffassung des europäischen Gesetzgebers eine Mitbestimmungsregelung eigenen Rechts enthalten muß, wäre diese doch nur mittels einer Verordnung selber möglich. Reicht dagegen der bloße Bezug auf das nationale Recht aus, kommt es lediglich darauf an, daß dieses in allen Mitgliedstaaten „gleichwertig" ist. Dies ist aber wieder eine Frage der Angleichung des nationalen Mitbestimmungsrechts, das über die Vorschriften der 5. Richtlinie gewährleistet werden kann. Eine doppelte Mitbestimmungsangleichung wäre somit schon aus gesetzgebungstechnischen Gründen unsinnig und vollkommen überflüssig. Zweifel sind auch in bezug zur Rechtsgrundlage des neuen Vorschlags selber vorzubringen. Denn anders als im bislang geltenden Statutsvorschlag stützt sich

I. Die unternehmensverfassungsrechtlichengleichung

23

die Kommission nicht mehr auf Art. 235 EWG-V, sondern vielmehr auf Art. 100a EWG-V. Letzerer wurde im Rahmen der Einheitlichen Europäischen Akte 5 neu in den EWG-V aufgenommen. I.V.m. Art. 8a EWG-V verfolgt die Gemeinschaft hiermit insbesondere die Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes bis zum 31.12.92. Art. 100a EWG-V bezieht sich dabei in erster Linie auf Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die sich auf die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes beziehen. Diese Angleichungsmaßnahmen können entgegen der bisherigen Regelung mit qualifizierter Mehrheit im Rat verabschiedet werden. Es kann nun sicher nicht bezweifelt werden, daß auch das Statut für eine Europäische Aktiengesellschaft ein wesentliches Element für die Stärkung des gemeinsamen europäischen Binnenmarktes ist. Fraglich ist jedoch, ob es sich bei dem Verordnungsvorschlag grundsätzlich um eine „Angleichungsmaßnahme" i.S. von Art. 100a EWG-V handelt. Selbst wenn dies seit Erlaß von Art. 100a EWG-V auch mittels Verordnungen zulässig ist, muß dennoch berücksichtigt werden, daß die Kommission bei ihren Vorschlägen nach Art. 100a EWG-V der Richtlinie den Vorzug geben sollte 6 . Schließlich handelt es sich bei der Ausgliederung der Mitbestimmungsregelung um eine gesonderte, eng mit dem Statut verbundene Richtlinie auf der Rechtsgrundlage von Art. 54 I I I g EWG-V um einen bemerkenswerten Trick zur Umgehung des Einstimmigkeitsprinzips. Denn sowohl nachArt. 100a EWG-V als auch nach Art. 54 I I I EWG-V reicht zur Verabschiedung von Verordnungen und Richtlinie nunmehr die qualifizierte Mehrheit aus. Selbst wenn die sachliche Ausgliederung von Mitbestimmungsregelungen aus dem Verordnungsvorschlag zur Reduzierung der Verhandlungskomplexität im Rat beitragen könnte, ist die Zulässigkeit der schlichten Umgehung des Einstimmigkeitsprinzips durch die eher willkürliche Wahl einer neuen Rechtsgrundlage höchst bedenklich. In der Sache selbst möchte ich auch bezweifeln, daß man mit der Auslagerung der Mitbestimmungsvorschriften sonderlich viel gewonnen hat. Denn die Verordnung für die europäische A G kann nicht ohne die neue Mitbestimmungsrichtlinie in Kraft treten (vgl. Art. 1 der Richtlinie; Art. 135 S.E.Statut). Hieraus folgt zwingend, daß neben der Verordnung auch die neue Mitbestimmungsrichtlinie verhandelt und verabschiedet als auch in nationales Recht umgesetzt werden muß. Letzteres kann sogar dazu führen, daß die Anwendbarkeit des Statuts erheblich verzögert wird. Die hier herausgestellten Problemkreise können nunmehr im Rahmen dieser Arbeit nicht näher ausdiskutiert werden und sollen Gegenstand einer besonderen Abhandlung sein 63 . Bezüglich der Frage, inwieweit die im Statut und in der Richtlinie vorgeschlagenen Struktur- und Mitbestimmungsmodelle gleichwertig 5

Vgl. Abl.EG Nr. L/169 v. 29.6.1987, S. Iff. sowie BGBl. I I 1986, S. 1102ff. Vgl. mit weiteren Nachweisen Beutler /Bieber/ Pipkorn / Streil (1987), Die Europäische Gemeinschaft — Rechtsordnung und Politik —, S. 379. 6a Vgl. hierzu eingehend meinen Beitrag, Abeltshauser, Th. E., „Der neue Statusvorschlag für eine Europäische Aktiengesellschaft", in: A G 1990. 6

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1. Kap.: Rechtsangleichungsprobleme

sind und somit dem Erfordernis von Art. 100a; 54 I I I g EWG-V entsprechen, ist auf die folgenden Erörterungen zum 5. Richtlinienvorschlag zu verweisen 7. 3. Das Übereinkommen und die neue 10. Richtlinie über die internationale Verschmelzung von Aktiengesellschaften

Seit über 11 Jahren geht es um die Einführung oder Nichteinführung von Mitbestimmungsregelungen in der Diskussion um Abschnitt 5 des Entwurfs eines Übereinkommens über die internationale Verschmelzung von AGs 8 . Die Delegationen vertreten einerseits die Auffassung, daß lediglich die Verschmelzung als solche zu regeln sei, Mitbestimmung in diesem Abkommen somit keinen Platz habe. Andererseits befürchtet insbesondere die deutsche Delegation, daß aufgrund des deutschen Mitbestimmungsrechts eine „Flucht aus der Mitbestimmung" einsetzen könne. Eine Regelung sei schon aus diesem Grunde erforderlich. Diese und andere Argumente blockieren eine rasche Verabschiedung des Verschmelzungsübereinkommens und haben 1985 dazu geführt, daß das gesamte Vorhaben nicht mehr mit einer Verordnung, sondern mit der 10. Richtlinie geregelt werden soll 9 . 4. Der neue Richtlinienvorschlag für die Angleichung der Aktienrechtsstrukturen

A m optimistischsten sind die Entwicklungen zur unternehmensverfassungsrechtlichen Rechtsangleichung i. R. der 5. Richtlinie zu beurteilen. Seitdem der 1. Vorschlag dieser Richtlinie Brennpunkt heftiger Auseinandersetzungen war, erstellte die Kommission 1975 eine umfassende rechtsvergleichende Studie zu diesem Regelungskomplex10. Das „Grünbuch" untersuchte diesbezüglich die Notwendigkeit struktur-und mitbestimmungsrechtlicher Angleichung. Die Untersuchung verweist insbesondere auf unterschiedliche Ausformungen der Gesellschaftsstrukturen (Aufsichtsrats- und Boardsystem), auf abweichende Kompetenz- und Verantwortungsbereiche der Gesellschaftsorgane und deren Mitglieder sowie auf weit auseinanderfallende Auffassungen über die Beteiligung der Arbeitnehmer am unternehmerischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß. Da diese Abweichungen sich nicht zuletzt aus grundlegenden 7 Vgl. hierzu neuerdings auch Raiser, Th. (1990) „Führungsstruktur und Mitbestimmung in der Europäischen Aktiengesellschaft nach dem Verordnungsvorschlag der Kommission vom 25. August 1989", in: Festschrift für E. Steindorff, S. 201 ff. 8 Vgl. Kommission EG, Entwurf eines Übereinkommens über die internationale Verschmelzung von Aktiengesellschaften, in: Bull.EG 13/1973, Brüssel. Dieses Vorhaben wurde inzwischen in eine 10. Rechtsangleichungsrichtlinie umgewandelt. 9 Vgl. Vorschlag für eine 10. gesellschaftsrechtliche Richtlinie in ABl. EG (23/11 v. 25.1.1985). 10 Vgl. Kommission EG, Mitbestimmung der Arbeitnehmer und Struktur der Gesellschaften-Grünbuch, Bull.EG Beilage 8/75.; kritisch hierzu Däubler, W., The Employee Participation Directive-Α Realistic Utopia?, in: C M L R 1977, S.457ff.

I. Die unternehmensverfassungsrechtlichengleichung

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politischen, historischen und kulturellen Gebundenheiten ableiten, erschien eine starre Regelung i. S. der Vorgabe nur eines einzigen Struktur- und Mitbestimmungssystems als zu eng. Die Kommission beschäftigte sich daraufhin mit der Ausweitung der Richtlinie auf alternative Strukturvorschläge, die während eines bestimmten „Übergangszeitraums" Anwendung finden sollten 11 . Das Europäische Parlament forderte daraufhin in seiner Stellungnahme zur 5. Richtlinie 12 die Öffnung für alternative Struktur- und Mitbestimmungsmodelle, um den verschiedenen Formen industrieller Beziehungen auf Unternehmensebene in den Mitgliedstaaten gerecht werden zu können. Diese Methode der gegenseitigen Anerkennung der Gleichwertigkeit unternehmensverfassungsrechtlicher Regelungen in den Mitgliedstaaten — trotz formal fortbestehender Unterschiedlichkeiten — ist eine Rechtsangleichungsmethode, die sich bereits ansatzweise in den Art. 57 I und Art. 220 EWG-Vertrag findet und wurde nunmehr auch durch die „Einheitliche Europäische Akte" in Art. 100 b EWG-Vertrag festgelegt. Die Kommission legte schließlich im August 1983 einen geänderten Richtlinienvorschlag für eine 5. Richtlinie vor. Dieser Vorschlag steht unter den Zeichen flexibler Vorschriften über die Verwaltungsstruktur und die Beteiligung der Arbeitnehmer sowie öffentlicher Interessen. Die vorgeschlagenen Strukturmodelle sollen in ihrer „Funktionsweise" angeglichen13 und zunächst für einen Experimentierzeitraum von 5 Jahren zur Wahl gestellt werden (Art. 63 c I). Gem. Kapitel I I des Vorschlags haben die Mitgliedsstaaten die Struktur der A G nach Art eines Aufsichtsratssystem zu regeln (Art. 2 I), es sei denn, sie entscheiden sich für ein Verwaltungsratssystem. Kapitel I I I regelt das Aufsichtsratssystem. Gem. Art. 3 führt das Leitungsorgan die Geschäfte der Gesellschaft unter Kontrolle des Aufsichtsorgans. Eine Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsorgan ist für Gesellschaften mit durchschnittlich mehr als 1000 Arbeitnehmern einzurichten (Art. 4 II). Gem. Art. 4 I sind einer Gesellschaft auch die Arbeitnehmer ihrer Tochtergesellschaften zuzurechnen. Gem. Art. 4 b I 11

Vgl. Dokument der Kommission EG I I I / 1 1 /1978-DE; vgl. auch Vorschlag der Kommission im Grünbuch, a.a.O., S. 43ff. Danach solle das Aufsichtsrats- und Boardsystem mit entsprechender Arbeitnehmerbeteiligung fakultativ gelten. Daneben seien weitere Alternativen i. S. einer betriebsratsähnlichen Arbeitnehmervertretung oder Mitbestimmung qua Tarifvertrag denkbar. Diese Alternativen seien allerdings an eine Übergangsregelung zu binden die den Sinn habe, den Mitgliedstaaten die Entwicklung einer sodann einheitlichen Mitbestimmungs- und Strukturregelung zu erleichtern. Vgl. zu diesem Problem auch Hopt, K.J., Grundprobleme der Mitbestimmung in Europa, in: ZfA 1981, S. 207ff.; sowie Abeltshauser, Th.E., Neuere Entwicklungen im Recht der europäischen Unternehmensverfassung und das Problem gesellschaftsrechtlicher Rechtsangleichung, in: ZERP, Eröffnungsveranstaltung des ZERP am 21. /22. April 1983-Reden und Beiträge, S. 141 (146). 12 Vgl. Europäisches Parlament, Stellungnahme und geänderter Text zur Richtlinie betreffend die Struktur der Aktiengesellschaft, in: Abl.EG 1982 Nr. C 149/17ff. 13 Vgl. Kommission EG, Geänderter Vorschlag einer fünften Richtlinie des Rates, S. 2; sowie Memorandum des geänderten Vorschlags auf S. 39f. insbes. S. 41.

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1. Kap.: Rechtsangleichungsprobleme

sind die Mitglieder des Aufsichtsorgans zu 2 / 3 von der Hauptversammlung und mindestens zu 1 / 3, jedoch höchstens zur Hälfte(!) von den Arbeitnehmern der Gesellschaft zu bestellen. Im Falle der paritätischen Bestellung ist allerdings gem. Art. 4 b I I sicherzustellen, daß die Entscheidungen des Aufsichtsorgans letztlich von den von der Hauptversammlung bestellten Mitgliedern getroffen werden. Art. 4 c regelt alternativ die Bestellung der Mitglieder im Aufsichtsorgan durch ein Kooptationsverfahren. Neben diesen beiden Formen der Aufsichtsratszusammensetzung eröffnet Art. 4 d die Möglichkeit zur Einrichtung einer eigenständigen Arbeitnehmervertretung. Dieses Arbeitnehmerorgan erhält Anhörungs- sowie Konsulationsrechte (Art. 4 d und Art. 11). Anhörungsrechte bestehen auch in bezug auf die vom Aufsichtsorgan zu genehmigenden Geschäfte i.S. von Art. 12. Die Arbeitnehmervertretung unterliegt zwar nicht dem nach Art. 10 a I I S. 1 geregelten „Unternehmensinteresse", doch obliegen ihr bestimmte „Treue- und Verschwiegenheitspflichten" gem. Art. 10 a I I S. 2. Eine weitere Alternative wird mit den Art. 4 e ff. eingeführt. Danach kann die Beteiligung der Arbeitnehmer durch „Tarifvertrag" zwischen der Gesellschaft oder einem Arbeitgeberverband und den Arbeitnehmern bzw. einem Arbeitnehmerverband geregelt werden. Die Art der Mitbestimmungsregelung muß sich allerdings nach den oben aufgezeigten Bestimmungen richten. Ebenso unterliegen die Arbeitnehmer im Falle der tariflichen Einigung bestimmten Treue- und Verschwiegenheitspflichten. Kommt ein Tarifvertrag gem. Art. 4 b nicht rechtzeitig zustande, treten die bereits behandelten Strukturalternativen substituierend in Kraft. Die Ausgestaltung genehmigungspflichtiger Beschlüsse gem. Art. 12 blieb unverändert. Gem. Art. 14 I regeln die Gesetze der Mitgliedsstaaten die zivilrechtliche Haftung der Mitglieder des Leitungs- und Aufsichtsorgans. Gem. Art. 14 I I besteht die Haftung gesamtschuldnerisch und unbeschränkt gegenüber jedem Mitglied der betreffenden Organe, es sei denn, diesem gelingt der Exkulpationsnachweis. Die Haftung entfallt auch nicht durch eine Zuständigkeitsverteilung. Die Mitglieder des Leitungsorgans können sich nicht auf eine Genehmigung durch das Aufsichtsorgan berufen. Ebenso wird die Haftung nicht durch die Entlastung, Weisung oder Genehmigung der Hauptversammlung aufgehoben. Weitere Alternativen zur Verwaltungsstruktur regeln die Art. 21 a ff. Danach kann ein Verwaltungsratssystem mit geschäftsführenden und nichtgeschäftsführenden Mitgliedern eingerichtet werden. Die Kommission versucht mit diesen Regelungen eine „funktionale Gleichwertigkeit" zum Aufsichtsratssystem herzustellen. Dies zeigt sich beispielsweise in der starken Trennung der geschäftsführenden Mitglieder, die unter die Aufsicht der nichtgeschäftsführenden Mitglieder gestellt werden. Die Zahl der nichtgeschäftsführenden Mitglieder muß durch drei teilbar sein. Diese bestellen gem. Art. 21 a I b die geschäftsführenden Mitglieder. Gem. Art. 21 a I I ist bei größeren Gesellschaften ein

II. Die Funktionen unternehmensverfassungsrechtlicher Rechtsangleichung

27

Arbeitsdirektor zu bestimmen. Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Verwaltungsrat soll sich nach den gleichen Prinzipien, die auch für das Aufsichtsratssystem Geltung erlangen, richten (vgl. Art. 21 b). Dabei erhalten die Arbeitnehmer Beteiligungsrechte an der nichtgeschäftsführenden Mitgliedergruppe des Verwaltungsorgans (Art. 21 d). Wahlweise kann wiederum eine Arbeitnehmervertretung eingerichtet werden (Art. 21 b II). Art. 21 b I I ermöglicht ebenfalls die Einführung von Mitbestimmung qua Tarifvertrag. Rechte und Pflichten der Verwaltungsmitglieder sowie der Mitglieder der Arbeitnehmervertretung sind entsprechend dem Aufsichtsratssystem festzuschreiben. Entgegen dem Vorschlag des Europäischen Parlaments, Konzernsachverhalte aus der 5. Richtlinie herauszunehmen, trifft die Kommission in Art. 63 b bestimmte Ausnahmeregelungen für Mutterunternehmen eines Konzerns, um Arbeitnehmer der Tochterunternehmen in das für das Mutterunternehmen geltende System dieser Richtlinie über die Beteiligung oder Vertretung der Arbeitnehmer einzubeziehen. Die Regelung zum Unternehmensinteresse gem. Art. 10 a I I und Art. 21 q I I gilt nicht für die betreffenden Tochterunternehmen. Darüber hifiaus braucht die Richtlinie nicht auf Beteiligungsgesellschaften angewendet werden. Ebenso können gem. Art. 63 b I a Mutterunternehmen internationaler Konzerne von den Regelungen ausgenommen werden deren ausschließlicher Zweck darin besteht, die Verwaltung und Finanzierung von Tochterunternehmen zu koordinieren. Art. 63 b I I nimmt desweiteren Tochterunternehmen von den Regelungen der neuen 5. Richtlinie aus, sofern die Arbeitnehmer dieses Tochterunternehmens in das für das Mutterunternehmen des Konzerns entsprechend dieser Richtlinie geltende System einbezogen werden. Art. 63 b I I b statuiert Abweichungsmöglichkeiten von Art. 12 (genehmigungspflichtige Beschlüsse), Art. 14 (Haftung) sowie von Art. 21 s für Tochterunternehmen eines Konzerns, sofern dies notwendig ist, um das Tochterunternehmen entsprechend der Geschäftspolitik zu führen. Voraussetzung ist allerdings die Haftung des Mutterunternehmens für die Verbindlichkeiten der Tochter gegenüber Dritten und gem. Art. 14. Wie ist der veränderte Richtlinienvorschlag zur Struktur der Aktiengesellschaft zu beurteilen? II. Die Funktionen unternehmsverfassungsrechtlicher Rechtsangleichung 1. Die E.G.-vertragsrechtlichen Grundlagen

M i t Errichtung der Europäischen Gemeinschaft 14 schufen die daran beteiligten Mitgliedsstaaten ein Vertragswerk, das nicht nur in seiner Programmwahl 15

14 Die Bezeichnung EG gilt heute als Sammelbegriff für die EG für Kohle und Stahl, EGKSV vom 18.4.1951, die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWG sowie die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) vom 25.3.1957.

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1. Kap.: Rechtsangleichungsprobleme

als einzigartig zu bezeichnen ist, sondern auch auf der Ebene des Rechts vollkommen neue Dimensionen eröffnete 16 . So gewährt der EWG-Vertrag der Gemeinschaft u.a. eigene Rechtsetzungsbefugnisse. Die Verträge und das jeweils erlassene Gemeinschaftsrecht gelten dabei unmittelbar und sind zum Teil von den Organen der Mitgliedsstaaten direkt anzuwenden. Die Durchsetzung der in Art. 2,3 EWGV global umrissenen Zielvorgaben der Gemeinschaft erfordert eine weitgehende Anpassung und Harmonisierung nationaler Vorschriften. Art. 3 h EWGV ermöglicht hier eine Angleichung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften, soweit dies für das ordnungsgemäße Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erforderlich ist. Rechtsangleichung wird somit funktional auf den jeweiligen Integrationsstand der Gemeinschaft bezogen und weist damit einen "dynamischen Charakter" auf, der sich aus einem dynamischen Verständnis der Integrationsziele ableitet 17 . Die vertragliche Rechtsgrundlage der Rechtsangleichung i.S. von Art. 3 h EWGV bildet Art. lOOi.V.m. Art. 100 a, bund Art. 189 I I I EWGV. Art. 54111g EWGV regelt als Spezialvorschrift die gesellschafts- und unternehmensrechtliche Rechtsangleichung18. Das Verfahren der Rechtsangleichung soll mit der Richtlinie (Art. 189 III), der Verordnung gem. Art. 189 I I EWGV und klassisch völkerrechtlichen Verträgen gem. Art. 220 EWGV einen möglichst flexiblen gemeinschaftlichen Normrahmen festschreiben, um den unterschiedlichen Denktraditionen, geschichtlichen Verbundenheiten und politischen Ausrichtungen der einzelnen Rechtsordnungen Rechnung tragen zu können. Im folgenden ist insbesondere der Frage nachzugehen, unter welchen Vorzeichen die unternehmensrechtliche Rechtsangleichung in den EWGV eingearbeitet wurde und wie sich ihre Funktionen im Zuge des Integrationsprozesses bis heute verändert haben. Die Ergebnisse dieser Untersuchung bieten sodann einen geeigneten Beurteilungsrahmen für das vorgeschlagene unternehmensverfassungsrechtliche Strukturkonzept.

15

Neben der Freizügigkeit des Warenverkehrs wird auch der Abbau zwischenstaatlicher Handelsschranken im Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr (Art. 3 EWGV) angestrebt, vgl. näher Beutler, B./Bieber, R./Pipkorn, J./Streil, J., Die Europäische Gemeinschaft — Rechtsordnung und Politik, S. 37 f. 16 Vgl. Ehlermann, C.-D., Die Rolle des Rechts und der Juristen in der Gemeinschaft, in: Eröffnungsveranstaltung des ZERP 21./22. April 1983 — Reden und Beiträge —, S. 45 ff.; ebenso schon Lutter, M., Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in den Aktien- und GmbH-Rechten der EWG, Sect. I, S. 1. 17 Vgl. Beutler, B./Bieber, R./Pipkorn, J./Streil, J./a.a.O., S. 344, ebenso Timmermanns, Ch.W. Α., Die Rechtsangleichung im Gesellschaftsrecht. — Eine integrations- und rechtstheoretische Analyse, in: RabelsZ 48 (1984), S. 1 (8); sowie Däubler, W., The Employee Participation Directive — A Realistic Utopia?, in: 14 C M L R 1977, S. 457 (465). 18 Vgl. im einzelnen Pipkorn, J./Abeltshauser, Th.E., Zur Entwicklung des europäischen Gesellschafts- und Unternehmensrechts III, EUI-Working Paper S. 25.

II. Die Funktionen unternehmensverfassungsrechtlicher Rechtsangleichung

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2. Funktionen der Rechtsangleichung

In den frühen Anfängen europäischer Integrationsbemühungen wurde die gesellschaftsrechtliche Rechtsangleichung als Bestandteil eines weitgespannten funktionellen Integrationskonzepts verstanden 19 . Im Gegensatz zum „pluralistischen" Integrationskonzept mit dem Ziel einer Gemeinschaft von Staaten, die über Kommunikation zum Zwecke der Konfliktlösung mit friedlichen Mitteln kooperieren, streben „funktionalistische" Konzeptionen eine internationale Gemeinschaft an, die sich über die Vergemeinschaftung bestimmter technischer Funktionsbereiche gegen die Nationalstaaten durchsetzt. Bestimmte Sachzwänge sollen zur Organisation funktioneller Einheiten auf internationaler Ebene führen. Der sog. „Neo-Funktionalismus" ging über diesen Ansatz noch hinaus. Für den Endzustand der Integration sieht er ein System kollektiver Entscheidungsprozesse vor, auf dessen Institutionen die Mitgliedsstaaten entsprechende Entscheidungsbefugnisse zu übertragen haben 20 . Entscheidend seien wiederum die „Sachzwänge", die i. R. zunehmender internationaler Wirtschaftsbeziehungen und internationaler Konkurrenz in einer notwendigen Internationalisierung der Produktionsstrukturen und der Öffnung eines großen europäischen Binnenmarktes für die noch national gebundenen Unternehmen geortet werden könnten. „Spill-over"-Effekte sollen dann als Folgewirkung die politische Einigung und Integration über einen langen Zeitraum gewährleisten. Damit wurde einerseits erwartet, daß aufgrund der Interdependenz von nicht kontroversen Bereichen mit anderen Bereichen auch dort eine Kooperation notwendig wird — die Integration also selbständig fortschreitet. Andererseits habe das Anwachsen von supranationalen 21 Aufgaben zur Folge, daß die supranationalen Institutionen immer stärker in den politischen Entscheidungsprozeß eingreifen müßten und deshalb mit politischen Kompetenzen auszustatten seien (politische Integration) 22 . Ökonomisch sollte sich der Integrationsprozeß von einer reinen Freihandelszone, die lediglich die Beseitigung von Zöllen und weiteren Handelshemmnissen zwischen den Mitgliedstaaten vorsieht, über die Zollunion (Vergemeinschaftung des Außenzolls), einen gemeinsamen Markt (Mobilität der Produktionsfaktoren), die Wirtschaftsunion (Harmonisierung der Wirtschaftspolitiken) zur Vollintegration, unter Vereinheitlichung der politischen Zielbestimmungen und der politischen Institutionen fortentwickeln 23 . 19

Vgl. allg. Beutler, B. / Bieber, R. /Pipkorn, J. / Streil, J., a. a. O., S. 58 f., im Überblick Behrens, P., Integrationstheorie, RabelsZ 45 (1981), S. 8ff., sowie Nagels/Sorge, Industrielle Demokratie in Europa, S. 30. In diesen Ansätzen vgl. auch die umfassende Studie von Cappelletti/Seccombe/Weiler (1986) Integration through Law Bd. 1-3. 20 Vgl. Behrens, P., a.a.O., S. 22. 21 Zu diesem Begriff vgl. auch grundlegend Weiler, J.H.H. (1981) „The Community System: the Dual Character of Supranationalism", in: Yearbook of European Law, S. 267 (268 ff). 22 Vgl. im einzelnen Nagels/Sorge, Industrielle Demokratie in Europa, S. 30 f.

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1. Kap.: Rechtsangleichungsprobleme

Das den Prinzipien der Marktgleichheit, der wirtschaftlichen Freizügigkeit und der Wettbewerbsfreiheit folgende Integrationskonzept der Gemeinschaft leitete sich bis Mitte der siebziger Jahre aus neo-liberalen Ordnungsvorstellungen 24 ab. Die Produktivfaktoren sollten zur Schaffung eines europäischen Binnenmarktes aus ihren nationalen Fesseln gelöst werden. Allgemeine rechtliche Rahmenbedingungen25 erhielten die Aufgabe, ein europäisches Wettbewerbssystem zu schaffen sowie Wettbewerbsfreiheit und -gleichheit zu garantieren. „Diese Freisetzung der wirtschaftlichen Kräfte läßt sich in gewisser Weise mit dem Übergang vom Zunft- zum Marktsystem im 19. Jahrhundert vergleichen" 26 . Der freie Wettbewerb spielt in diesem System eine autonom funktionierende Allokations-, Lenkungs- und Verteilungsrolle und bestimmt so den jeweils bestmöglichen Einsatz der Produktionsfaktoren. Dies gewährleistet wiederum die Sicherung gegenwärtiger und zukünftiger Bedürfnisse. Die Rolle des Rechts wurde funktional eng auf dieses Integrationskonzept bezogen. Galt es, Unternehmen i.R. der Entwicklung einer europäischen Industriegesellschaft den grenzüberschreitenden Wettbewerb zu ermöglichen 27 , um nicht zuletzt auch der starken Konkurrenz aus Übersee entgegentreten zu können 28 , mußten rechtliche, verwaltungsmäßige und steuerliche Hindernisse abgebaut werden. Europäische Marktordnung und national gebundene Unternehmensordnungen waren zur Deckung zu bringen, wollte man nicht die gemeinschaftlichen Grundlagen der wirtschaftlichen Freizügigkeit, die Marktgleichheit und Wettbewerbsfreiheit gefährden 29 . Der Integration der nationalen

23

Vgl. zur ökonomischen Integrationstypologie Behrens, P., a.a.O., S. 30. Vgl. Marx, F., Funktionen und Grenzen der Rechtsangleichung nach Art. 100 EWGV, S. 137f., sowie Tschäni, R., Funktionswandel des Gesellschaftsrechts, S. 14. 25 Zur theoretischen Fundierung rechtlicher per se Regeln vgl. Hoppmann, E., Fusionskontrolle, S. 10; sowie grundlegend v. Hayek, F.A., Freiburger Studien-Gesammelte Aufsätze, 1969. 26 Vgl. Tschäni, R., a. a. O., S. 14; zu Parallelen in der frühen Außenhandelstheorie der klassisch politischen Ökonomie vgl. Joerges, Ch., Vorüberlegungen zu einer Theorie des internationalen Wirtschaftsrechts, in: RabelsZ 43 (1979), S. 12; vgl. auch die Übersicht über eine sich entwickelnde Industriepolitik bei Fendei, F., Industriepolitik der europäischen Gemeinschaft, S.609. 24

27 Vgl. Lecourt, R, Concentration et fusion d'entreprise, facteur d'integration européenne?, in: R M C 1968, S. 6 (10); Abeltshauser, Th.E., Europäische GmbH-Fusion und Unternehmensverfassung, S. 25; Tschäni, R., a.a.O., S. 14f.; Kommission EG, Das Problem der Unternehmenskonzentration im Gemeinsamen Markt, in: WuW 1966, S. 330 ff. 28

Vgl. schon Bärmann, J., Europäische Integration im Gesellschaftsrecht, S. 2. Versuche, die nationalen Grenzen der Unternehmensverschmelzungsmöglichkeiten zu überwinden, manifestierten sich in der Vergangenheit in verschiedenen Modellen der Kautalarjurisprudenz. Die bekanntesten Modelle finden sich im Zusammenschluß von Hoesch-Hoogovens mittels einer Zentralgesellschaft sowie in der Verbindung von AgfaGaevert über sog. Parallelgesellschaften. Vgl. zu den praktischen Erfahrungen mit diesen Modellen Bayer, W.F., Horizontal Groups and Joint Ventures in Europe, Concepts and 29

II. Die Funktionen unternehmensverfassungsrechtlicher Rechtsangleichung

31

Gesellschaftsrechte wurde für die Bewältigung dieser Aufgabe besondere Bedeutung beigemessen und in Art. 54 I I I gEWGV festgeschrieben. Danach sind die Schutzbestimmungen soweit erforderlich zu koordinieren, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Art. 58 I I EWGV im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind. Dies soll Gleichwertigkeit der angeglichenen Rechtsmaterie in den Mitgliedstaaten gewährleisten. Die unternehmerische Funktion (Leitung) und Organisation sollten für die Gemeinschaft verstärkt nutzbar gemacht werden 30 . Obgleich in diesem Zusammenhang Unsicherheit hinsichtlich der Anwendungsbreite von Art. 54 I I I g EWGV bestand, dürfte inzwischen davon auszugehen sein, daß sich dieser Artikel nicht ausschließlich auf Fragen des Niederlassungsrechts beschränken darf 3 1 . Vielmehr ist auch nach heute h.M. einer breiten Interpretation zu folgen, die Art. 54 I I I g EWGV in engeren Zusammenhang mit den Generalklauseln der Art. 100,100a EWGV stellt 32 . So geht F. Marx beispielsweise davon aus, daß die Art. 27, 54 I I I g, 56 II, 57 II, 99 und 100, 101 EWGV im Gefolge der Zielnorm eine in sich geschlossene Norm darstellen, die man als Rechtsinstitut des EWG-Vertrags bezeichnen könne und die dementsprechend auf einem einheitlichen Grundgedanken beruhen und eine einheitliche Funktion im System des EWG-Vertrags einnehmen müßten 33 . Diesem System sind seit Verabschiedung der Einheitlichen Europäischen Akte insbesondere auch die Art. 100a, b EWG-V hinzuzufügen. Die Konsequenz dieser weiten Auslegung führte zur Koordination des gesamten Gesellschaftsrechts. Diese konnte auch nicht durch den Begriff der Schutzvorschrift i. S. von Art. 54 I I I g EWGV nachträglich wieder eingegrenzt Reality, in: Hopt, K.J., Groups of Companies in European Laws-Les groupes de sociétés en droit européen, S. 3 ff.; vgl. auch Lutter, M., Empfehlen sich für die Zusammenfassung europäischer Unternehmen neben oder statt der europäischen Handelsgesellschaft und der internationalen Fusion weitere Möglichkeiten der Gestaltung auf dem Gebiete des Gesellschaftsrechts?, Gutachten H für den 48. deutschen Juristentag 1970. 30 Vgl. Tschäni, R., a.a.O., S. 15; Mestmäcker, E.J., Europäisches Wettbewerbsrecht, S. 18; sowie Everling, Die Rechtsangleichung in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft auf dem Gebiete des Niederlassungsrechts, in: Aktuelle Fragen des Europäischen Gemeinschaftsrechts, Europarechtliches Kolloquium 1964, H. 29, S. 60 (66). Zu den Zielen, Grundlagen und Erwartungen gesellschaftsrechtlicher Rechtsangleichung vgl. auch Buxbaum, R./Hopt, K.J. (1988) Legal Harmonization and the Business Enterprise, S. 193 ff. 31

Vgl. zu dieser frühen Interpretation Everling, Das Niederlassungsrecht im Gemeinsamen Markt, S. 41 ff.; vgl. auch die Darstellung bei Bärmann, J., a.a.O., S. 38; danach knüpfen die Vertreter der engen Interpretation von Art. 54 I I I g EWGV insbesondere an das Nichtdiskriminierungsverbot an. 32 Vgl. u.a. Pipkorn, J., Die Angleichung des europäischen Gesellschafts- und Unternehmensrechts, in: WuR — Sonderheft Unternehmensrecht 1980, S. 85 (93 f.). 33 Vgl. Marx, F., a. a. O., S. 43 ff.; im Ergebnis ebenso Bärmann, J., a. a. O., S. 39; sowie Pipkorn, J., Zur Entwicklung des europäischen Gesellschafts- und Unternehmensrechts, in: ZHR 136 (1972), S. 499 (511).

32

1. Kap.: Rechtsangleichungsprobleme

werden, da bei genauer Interpretation alle Rechtsvorschriften des Gesellschaftsrechts als Schutzvorschriften entweder zugunsten der Gesellschafter oder Dritter (also auch Arbeitnehmer) auszulegen sind 34 . Die Rechtsangleichung wurde jedoch nicht nur auf das Prinzip der Freizügigkeit ausgerichtet, sondern auch mit „wettbewerbsrechtlichen" Überlegungen konfrontiert. Die generellen Rechtsangleichungsnormen der Art. 100 ff. EWGV dienen der Beseitigung von Wettbewerbsverfalschungen (Art. 101 EWGV), Wettbewerbsbeschränkungen (Art. 100 EWGV) oder Wettbewerbsverzerrungen (Art. 102 EWGV). Daraus ergibt sich, daß das ordnungsgemäße Funktionieren des gemeinsamen Marktes die Rechtsangleichung mit der Verwirklichung der wirtschaftlichen Freizügigkeit im Gemeinsamen Markt, mit den gemeinsamen oder koordinierten Politiken und mit dem System unverfälschten Wettbewerbs" verbindet 35 . Mestmäcker verdeutlicht damit den funktionellen Zusammenhang von Rechtsnorm und Wirtschaftssystem, der für ihn zu den unbestrittenen Grundlagen der Rechtsangleichung gehöre. Entsprechend definiere sich ein weiterer Funktionsbereich gesellschafts- und unternehmensverfassungsrechtlicher Rechtsangleichung aus der Verfolgung und Herstellung unverfälschten Wettbewerbs. Der Einfluß dieses wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunktes manifestiert sich z. B.in der Schaffung gleicher Publizitäts- und Bilanzierungsgrundsätze (1., 4., 7. und 8. Richtlinie zum Gesellschaftsrecht) 36. Konnte sich das skizzierte Integrations- und Rechtsmodell behaupten? Diese Frage soll im folgenden eng an den unternehmensverfassungsrechtlichen Vorschlägen der Kommission untersucht werden.

3. Unternehmensverfassungsrechtliche Rechtsangleichung, Entwicklung, Funktionen, Probleme

Die Untersuchung der unternehmensverfassungsrechtlichen Harmonisierungsbemühungen ist besonders interessant, da die Gemeinschaft auf diesem Rechtsgebiet tief in die grundlegenden Wertvorstellungen der Mitgliedstaaten einzugreifen sucht. Mindestens ebenso markant zeichnet sich dabei auch auf europäischer Ebene ein allgemeiner „Verrechtlichtungsschub" europäischer Unternehmensstrukturen ab 3 7 . Das Untersuchungsergebnis verspricht damit

34

Vgl. Pipkorn, J., a.a.O., S. 513. Vgl. Mestmäcker, E.J., Europäisches Wettbewerbsrecht, sect. 8 I, S. 98. 36 Vgl. hierzu schon Lutter, M., Rechtliches Gewicht und rechtspolitische Bedeutung der 4. Richtlinie, in: Bensch, M. u.a., Rechnungslegung nach neuem Recht, ZGRSonderheft 2, 1980, S. 3 ff. 37 Vgl. hierzu grundlegend Kübler, F., Verrechtlichung von Unternehmensstrukturen, in: ders. (Hrsg.), Verrechtlichung von Wirtschaft, Arbeit und sozialer Solidarität, S. 13, der auf das Problem interner und externer Verrechtlichung hinweist. Letztere i.S. von externer Rechtsvermehrung (insbes. Konzern-, Kapitalmarkt-, Steuer-, Bilanz- und 35

II. Die Funktionen Unternehmens verfassungsrechtlicher Rechtsangleichung

33

gleichsam zum Gradmesser europäischer Integration und den Grenzen gemeinschaftlicher Handlungsfreiheit zu werden.

3.1. Die industriepolitische

Einbindung

Die optimistischen und modelltheoretischen Prämissen und Hoffnungen auf eine automatische Ausdifferenzierung des europäischen Binnenmarktes und europäischer Industriestrukturen bewahrheiteten sich nicht 3 8 . Europäische Großunternehmen und gemeinsame Strategien zum Aufbau einer europäischen Industrie entwickelten sich nur zaghaft. Ein steigendes Problembewußtsein gegenüber Gefahren durch potentielle Wettbewerber aus Übersee sowie die zunehmende Sensibilisierung für ökonomische Krisensituationen führten daraufhin bereits 1962 zu ersten Vorschlägen für eine mittelfristige Wirtschaftsplanung, denen 1965 Pläne für eine europäische Industriepolitik folgten. Diesen, insbesondere den französischen planification-Grundsätzen entspringenden Ideen, wurde von deutscher Seite zunächst äußerste Skepsis entgegengebracht 39. Eine EG-Industriepolitik i.S. des erfolgreichen Strebens der EG-Kommission, eine direkte Handlungsrolle bezüglich und im Interesse der oder eines Teiles der Industrieunternehmen der Gemeinschaft zu erhalten 40 , entwickelte sich trotz anfanglicher Gegensätze41 seit 1967 Zusehens. Insbesondere die französische Auffassung über mangelhafte Betriebsgrößen europäischer Unternehmen und der daraus abzuleitenden Konzentrationsförderung 42 stieß auch in

Arbeitsrecht). Zum Stand der Integration im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht vgl. neuerdings Buxbaum/Hopt (1988) Legal Harmonization and the Business Entreprise, S. 250ff.; vgl. hierzu auch die Besprechung von Abeltshauser, Th. (1990) in A G 1990. 38 Vgl. Joerges, Ch., Vorüberlegungen zu einer Theorie des internationalen Wirtschaftsrechts, in: RabelsZ 43 (1979), S. 6 (25); der in bezug auf die Theorie des internationalen Wirtschaftsrechts konstatiert, daß die Weltwirtschaft, wenn die Binnenwirtschaftspolitik diskretionär handelt, nicht durch ein festes Regelsystem gesteuert werden .kann, sondern neuer Koordinationsformen bedarf. 39

Vgl. Fendei, F., Industriepolitik der Europäischen Gemeinschaft, S. 145; insofern zielen Beiträge in die falsche Richtung, die die Auslegung des EWGV auf ein ordoliberales Marktsystem festlegen wollen. In diese Richtung weist noch ansatzweise der Beitrag von Molitor, B., Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Industriepolitik, in: Schriftenreihe des Arbeitskreises Europäische Integration e.V., Industriepolitik in der Europäischen Gemeinschaft, S. 9 (20), der ansonsten schlüssig auf neuartige Problemzusammenhänge der kommenden Jahre hinweist und sich somit von überkommenen industriepolitischen Vorstellungen der siebziger Jahre löst. Eine Übersicht über unterschiedliche industriepolitische Konzepte im Ländervergleich gibt das Europäische Gewerkschaftsinstitut, Industriepolitik in Westeuropa, 1981. 40 Vgl. Fendei, F., a.a.O., S. 109; sowie Hellmann, R., in: v.d.Groeben, H./ v. Boeck/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, Anhang C Abschnitt zur Industriepolitik Rdn. 3 f. 41 Vgl. zu den unterschiedlichen Auffassungen Hellmann, R.,a.a.O., Rdn. 5 ff. 42 Vgl. u.a. Lecourt, R., a.a.O., R M C 1968, S. 6ff.

3 Abeltshauser

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1. Kap.: Rechtsangleichungsprobleme

der BRD auf Zustimmung. Darüber hinaus entfachte die Rezession 1967/68 sowie die Kohlekrise eine Diskussion über Eingriffe öffentlicher Stellen und über eine wirtschaftspolitische Globalsteuerung 43 . 1970 legte die Kommission ein umfangreiches Memorandum zur Industriepolitik der Gemeinschaft vor 4 4 . Trotz erheblicher Meinungsunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten über die Schwerpunktbildung bei den strukturellen oder sektoralen Aspekten einer solchen Politik, gelang es dem Rat schließlich 1973, eine Entschließung über die Industriepolitik der Gemeinschaft mit einem Aktionsprogramm für gemeinschaftliche Maßnahmen zu verabschieden 45. Die Industriepolitik der Gemeinschaft ist heute Teil der allgemeinen Wirtschaftspolitik, die mittels der vom Rat und von den im Rat vereinigten Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten verabschiedeten Programme Leitlinien über die mittelfristige Wirtschaftspolitik enthält 46 . Die Grundgedanken dieser Industriepolitik richten sich u.a. auf die Schaffung einer einheitlichen Rechts-, Steuer- und Finanzordnung sowie insbesondere auf die Umstrukturierung der Unternehmen zum Zwecke der Schaffung eines europäischen Unternehmensmarhtes. Dies soll außer durch den Einsatz des europäischen Wettbewerbsrechts über die gezielte Angleichung des bislang eine Abschottung der Märkte bewirkenden Rechts der Mitgliedstaaten sowie dessen Ergänzung durch gemeinschaftsweit geltendes Recht realisiert werden. Damit formulierte die Kommission ein an die Unternehmen adressiertes politisches Programm, das vom Prinzip der individuellen Anpassung der Unternehmen an veränderte Marktstrukturen abrückte 47 . Die Funktionen der unternehmensrechtlichen Rechtsangleichung veränderten sich mit dieser Entwicklung entsprechend 48. Gesellschaftsrechtliche Richtlinien 43

Vgl. Joerges, Ch., a.a.O., S. 25. Vgl. Kommission EG, Die Industriepolitik der Gemeinschaft-Memorandum, Brüssel 1970, sowie Fendei, F., a.a.O., S. 163. 45 Vgl. Abi. C 177 v. 31.12.1973, S. Iff., sowie Hellmann, R., a.a.O., Anhang C. 46 Vgl. zur Rechtsnatur Pipkorn, J., in: Beutler, B./Bieber, R./Pipkorn, J./Streil, J., a.a.O., S. 282ff.; zum 5. Programm vom Juli 1982 vgl. Pipkorn, J., in: v.d.Groeben / v.Boeckh/Thiesing/ Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, Vorbem. zu Art. 117-122 Rdn. 44; zur planmäßig eingreifenden Förderung der Leistungskraft durch allgemeine strukturelle bzw. auf bestimmte Industriezweige zielende öffentliche Maßnahmen siehe auch Wilkinson, Ch., European Community Industrial Policy -The stagiares conference, Brüssel 1980, S. 6 ff.; ders., Industrial Policies in the European Community, in: Schriften des Arbeitskreises Europäische Integration e.V., 1981, S. 31 ff.; vgl. auch Rat der EG, 5. Programm für die mittelfristige Wirtschaftspolitik, in: Sechzehnter Gesamtbericht über die Tätigkeit der EG 1982, S. 77, Ziff. 129. 44

47 Vgl. kritisch Mestmäcker, E.-J., Wettbewerbspolitik in der Industriegesellschaft, in: ders., Die sichtbare Hand des Rechts, S. 125 (131); Mestmäcker befürchtet auf lange Sicht eine notwendige Kollision mit der europäischen Wettbewerbspolitik und lehnt darüber hinaus die politische Indienstnahme von Unternehmen zugunsten einer Neutralisierung von Unternehmensmacht zwecks Gewährleistung einer unabhängigen politischen Willensbildung ab.

II. Die Funktionen unternehmensverfassungsrechtlicher Rechtsangleichung

35

und Verordnungen verloren ihren Charakter eines allgemeinen rechtlichen Normativrahmens. Sie wurden zunehmend materiell in das formulierte industriepolitische Programm eingebunden. Zielvorstellung war es dabei u.a., den Gesellschaften der Gemeinschaft zu ermöglichen „auf dem gesamten Gebiet der Gemeinschaft unter Bedingungen, die hinsichtlich der Formalitäten und der Rechtssicherheit mit den einzelstaatlichen Verhältnissen vergleichbar sind, unter Einhaltung der Wettbewerbsregeln mit anderen Unternehmen zusammenzuarbeiten, Geschäfte abzuschließen, Firmen zu gründen oder mit anderen Unternehmen zu fusionieren" 49 . Die „Politik des Gesetzes" offenbarte sich mit der Integration politischer Zweckvorstellungen in die Angleichungsprogramme 5 0 . Das gesellschaftsrechtliche Angleichungsprogramm umfaßt dementsprechend das Fusions- und Konzernrecht der Mitgliedstaaten, sowie Vorschläge für eine Richtlinie über die internationale Verschmelzung von AGs und die bereits erwähnte Verordnung für das Statut einer europäischen A G 5 1 . Unternehmensverfassungsrechtliche Rechtsangleichungsvorschriften erfüllten auch industriepolitische Funktionen. So können einheitliche Unternehmensverfassungsstrukturen die Zusammenarbeit von Unternehmen erheblich erleichtern (Gemeinsamer Unternehmensmarkt). Denn die Zusammenarbeit eines Unternehmens mit Board-System und eines Unternehmens mit Aufsichtsratssystem kann ggf. auf unternehmensfunktionellen Gebieten (Verständigung über unterschiedliche Kompetenzstrukturen, Zusammenspiel der Unternehmensor-

48 Daß die verschiedenen Aufgabenbereiche nur noch teilweise mit dem klassischen Konzept der Rechtsangleichung als einem Instrument zur Schaffung wettbewerbsgerechter Rahmenbedingungen übereinstimmen zeigt Pipkorn, J., Die Angleichung des europäischen Gesellschafts- und Unternehmensrechts, in: WuR — Sonderheft Unternehmensrecht, 1981, S. 85 (88). 49 Vgl. Kommission EG, Die Industriepolitik der Gemeinschaft-Memorandum, S. 140; zum materiellen Gesetzgebungscharakter vgl. auch Lutter, M., Die Entwicklung des Gesellschaftsrechts in Europa, EuR 1975, S. 44 (49). 50 Vgl. Steindorff, E., Politik des Gesetzes als Auslegungsmaßstab im Wirtschaftsrecht, Festschrift für K. Larenz 1973, S. 217 ff.; ders., Wirtschaftsordnung und -Steuerung durch Privatrecht?, Festschrift für L.Raiser 1974, S. 621. 51 Vgl. zu den Vorschlägen Kommission EG, Statut für europäische Aktiengesellschaften, in: Bull.EG Beilage 4/75 sowie den neuen Statutsvorschlag K O M (89) 268 endg. v. 25.8.1989 und die ergänzende Richtlinie K O M (89) 269 endgl. v. 25.8.1989; zur Vorgeschichte und zu den Stellungnahmen vgl. darüber hinaus das Weißbuch der Kommission EG (1985) Vollendung des Binnenmarktes, K O M (85) 310 endg. v. 14.6.1985, BR-Drucks. 289/85; Komm.EG (1988) Memorandum für das Statut einer Europäischen Aktiengesellschaft, K O M (88) endg. v. 17.7.1988 = Bulletin der A G Beilage 2/88 = BR Drucks. 392/88 v. 17.8.1988; hierzu auch Kolvenbach, W. (1988) „Statut für die Europäische Aktiengesellschaft", in: DB 1988, S. 1837 sowie Wiesner (1989) „Europäische Aktiengesellschaft im Meinungsstreit", in: A G 1989,2 zum Statut selber neuerdings auch Kolvenbach, W. (1989) „Statut für die Europäische Aktiengesellschaft (1989), in: DB 1989, S. 1957 ff. sowie Raiser, Th. (1989) „Führungsstruktur und Mitbestimmung in der Europäischen Aktiengesellschaft nach dem Verordnungsvorschlag der Kommission vom 25. August 1989", in: Festschrift für E. Steindorff, S. 201 ff.

3*

36

1. Kap.: Rechtsangleichungsprobleme

gane etc.) Abstimmungsprobleme hervorrufen. Ähnliche Argumente stützen auch mitbestimmungsrechtliche Regelungen. „Derartige Unterschiede müssen umso mehr beseitigt werden, als sie ein Hindernis darstellen für das Inkrafttreten von Gemeinschaftsregelungen über grenzüberschreitende Maßnahmen zur Reorganisation und wechselseitigen Durchdringung von Unternehmen" 52 . Auch können Auslegungsprobleme einzelner Rechtsinstitute auftreten, die eng mit der Unternehmensverfassung verknüpft sind: Organisationspflichten, Unternehmensinteresse, Sorgfalts- und Loyalitätspflichten, Haftung. Eine entsprechende Angleichung dieser Rechtsvorschriften ist somit in bezug auf die angestrebte industrielle Zusammenarbeit 53 geboten. 3.2. Die Wettbewerbs-

und sozialpolitische Einbindung

Die europäische Wettbewerbspolitik bildet in gewissem Sinne einen Gegenpol zur europäischen Industriepolitik und gewinnt somit zugleich Bedeutung für die unternehmensverfassungsrechtlichen Rechtsangleichungsvorhaben. Bezog der neoliberale Ansatz die unternehmensrechtliche Rechtsangleichung noch funktional 5 4 auf das wirtschaftsverfassungsrechtliche Gefüge, sieht sich der europäische Gesetzgeber seit den achtziger Jahren mit einschneidenden Funktionsveränderungen im Wettbewerbs- und Gesellschaftsrecht konfrontiert.Dies wirkt sich auch auf das Untenehmensverfassungsrecht aus. V.d. Groeben betonte 55 , unter Wettbewerb i.S. des EWG-Vertrags sei kein theoretisch vollkommener Wettbewerb auf einem transparenten Markt mit polypolistischer Marktform zu verstehen. Diese Auffassung folge einem allenfalls modelltheoretischen Ansatz, dem angesichts steigender Konzentration im europäischen Rahmen sowie den damit verbundenen Konflikten auf unterschiedlichen gesellschaftlichen Ebenen keine praktische Bedeutung zugesprochen werden könne. Art. 85 EWGV schütze vielmehr sog. „effektiven Wettbewerb" bzw. „workable competition". Dies bedeute, Wettbewerb wird instrumental in ein wohlfahrtsstaatliches Zwecksystem eingebunden. Rein ökonomische Funktionen (Einkommensverteilung, Angebotszusammensetzung, Produktionssteuerung, Anpassungsflexi52 Vgl. Kommission EG, Vorschlag einer 5. Richtlinie über die Struktur der Aktiengesellschaft, Bull.EG Beilage 10/72; sowie dies., a.a.O., S. 8; siehe auch Däubler, W., The employee participation directive — a realistic utopia?, in: 14 C M L R 1977, S. 457 (463). In diese Richtung zielt auch das neue Memorandum der EG-Kommission zum S.E.-Statut, a.a.O., S. 12. 53 Vgl. hierzu zuletzt Kommission EG, Zur Entwicklung der Industrie in Europa: eine Strategie der Gemeinschaft, Bull.EG 10.1981, Ziff. 2.1.20.; Europäisches Parlament Abi. C 287, 1981, S. 25, 28; sowie Rat der EG, Bull.EG 3, 1982, Ziff. 1.3.5. 54 Vgl. Tschäni, R., Gesellschafts- und Unternehmensverfassungsrecht im Lichte des Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen, in: WuR — Sonderheft Unternehmensrecht 1980, S. 62 (68); ders., Funktionswandel des Gesellschaftsrechts, S. 68. 55 Vgl. v.d.Groeben, H./v. Boeckh, H./Thiesing, J./Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, 2. Auflage, zu Art. 85; vgl. auch Kommission EG, 9. Bericht über die Wettbewerbspolitik, S. 10.

II. Die Funktionen unternehmensverfassungsrechtlicher Rechtsangleichung

37

bilität, technischer Fortschritt) seien durch gesellschaftspolitische Zielbestimmungen zu ergänzen 56. Die optimale Verwirklichung dieser Wettbewerbsfunktionen sei bei optimaler Wettbewerbsintensität gegeben, die in der Marktform des weiten Oligopois erreicht sei. Die Relativierung rein wettbewerbsorientierter Prinzipien zeigt auch Art. 85 I I I EWGV. Die dort vorgesehenen Freistellungsmöglichkeiten sehen mit Ausrichtung auf industrie-, struktur- und mittelstandspolitische Zweckgesichtspunkte Ausnahmeregelungen für schwache Marktteilnehmer vor 5 7 . Das europäische Unternehmensverfassungsrecht ist mit den wettbewerbspolitischen Zielbestimmungen abzustimmen 58 . Denn nur so kann die Angleichung des Unternehmensverfassungsrechts gleichwertige strukturelle Voraussetzungen und Sozialkostenbelastungen für grenzüberschreitend tätige Unternehmen gewährleisten. Die wohlfahrtsstaatliche Einbindung des europäischen Wettbewerbsrechts findet ihre Entsprechung in einer funktionellen „sozialpolitischen" Prägung des europäischen Unternehmensrechts. Zwar wurden Sozialkosten i. R. der Diskussion um Art. 117 EWGV als wettbewerbsneutral angesehen. Nur in Ausnahmefällen erschienen soziale Unterschiede wettbewerbsrelevant und rechtsangleichungsbedürftig 59. Demgegenüber spricht sich das 1974 verabschiedete sozialpolitische Aktionsprogramm der Gemeinschaft 60 dafür aus, daß energischen Maßnahmen im sozialen Bereich die gleiche Bedeutung zukomme wie der Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion 61 . Das 4. Programm über die mittelfristige Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft vom 14.3.197762 enthält Hinweise auf die Notwendigkeit der Einrichtung „makroö56 Vgl. grundlegend Kantzenbach, E., Die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs — weite Oligopole als Wettbewerbsbedingungen, in: Herzina, K., Wettbewerbstheorie, S. 194ff.; zur gesellschaftspolitischen Bedeutung der Fusionskontrolle vgl. Scholz, R., Konzentrationskontrolle und Grundgesetz, S. 61 ff. 57

Vgl. allg. Thompson, D., Die Wettbewerbspolitik in der Europäischen Gemeinschaft, S. 21; für das Problem der Freistellung im Falle von Gemeinschaftsunternehmen ebenda, S. 27ff.; als praktisches Beispiel vgl. die Entscheidung der EG Kommission (Amersham-Buchler) zugunsten der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens für die Herstellung und den Vertrieb von radioaktiven Stoffen und Erzeugnissen in: Abi. L 314 v.

10.11.82. 58

In diese Richtung weist der Beitrag von Pipkorn, J., The legal framework of employee participation methods on national and international level and particularly within the European Community, in: SAGE, Economic and Industrial Democracy, Vo. 1 1980, S. 99 (119); vgl. auch Kommission EG, Mitbestimmung der Arbeitnehmer und Struktur der Gesellschaften, Bull.EG Beilage 8/75, S. 8. 59 Vgl. Pipkorn, J./Abeltshauser, Th.E., a.a.O., EUI-Working Paper. 60 Vgl. Kommission EG, Sozialpolitisches Aktionsprogramm, S. 8 f. in: Abi.EG, C 13 v. 12.2.1974, S. Iff. 61 Vgl. auch Pipkorn, J., Die Bedeutung der Rechtsangleichung für die Harmonisierung sozialrechtlicher Normen in der Europäischen Gemeinschaft, in: Zacher, H.F., Sozialrechtsvergleich im Bezugsrahmen internationalen und supranationalen Rechts, Schriftenreihe für internationales und vergleichendes Sozialrecht Bd. 2 1978, S. 229 (239). 62 Vgl. in: Abi.EG L 101/1 v. 25.4.1977 Ziff. 144ff.

38

1. Kap.: Rechtsangleichungsprobleme

konomischer Konzertation". Ebenso finden sich wieder Hinweise auf die Notwendigkeit einer Beteiligung von Arbeitnehmern an den Unternehmensentscheidungen. In diesem Zusammenhang ergibt sich ein wesentlicher Gesichtspunkt unternehmensverfassungsrechtlicher Rechtsangleichung aus der Tatsache, daß eine rasch fortschreitende Internationalisierung der Produktionsstrukturen vollkommen neue Probleme und Konfliktlagen für unterschiedlichste Gruppen mit sich brachte (Arbeitnehmer, Gläubiger, Kleinaktionäre). Rechtliche Vorkehrungen für diese Entwicklung bestanden in den Mitgliedstaaten kaum und entwickeln sich heute nur zaghaft 63 . Dies zeigt sich z.B. an einem so spektakulären Fall wie Magirus-Deutz. Teile dieses Tochterunternehmens von Fiat-Iveco (Italien) waren von der Stillegung bedroht. Über eine geplante Produktionsverlagerung wurde eine Europäisierung der Produktions- und Absatzstrukturen angestrebt. Die betroffenen deutschen Arbeitnehmer und Gewerkschaften wurden erst sehr spät durch die italienische Konzernzentrale unterrichtet. Frühzeitige Informations- und Konsulationsmöglichkeiten bestanden somit nicht, da die Unternehmenspolitik ausschließlich Sache der Konzernspitze war. Die Ende 1982 durchgeführten Massenentlassungen verschärften die ohnehin durch Arbeitslosigkeit schwer belastete Arbeitsmarktsituation dieser Region drastisch. Weitere Beispiele aus neuerer Zeit können diese Entwicklung europaweit bestätigen. Ein unternehmensverfassungsrechtliches Rechtsangleichungsvorhaben rechtfertigt sich auch aufgrund der Tatsache, daß der Wirkungskreis mitbestimmungsrechtlicher Normen an der nationalen Grenze der Mitgliedsstaaten endet. Grenzüberschreitende Sachverhalte können somit nicht gleichmäßig erfaßt werden, es sei denn, die betreffenden Unternehmen entwickeln privatautonome Konfliktregelungen wie beispielsweise in der Zusammenschlußkonstruktion von Hoesch-Hoogovens 6*. Zwar wird einemRechtsangleichungsvorhaben dieser Art auch nach durchgeführter Transformation in nationales Recht der Makel anhängen, daß es sich, wenn auch in bezug auf alle Mitgliedsstaaten, nicht aus dem nationalen Kontext einer Rechtsordnung herauslösen kann. Doch schafft 63 Vgl. hierzu u. a. Wanner, M. /Peccei, R., Management Decentralisation and Worker Participation in an Multinational Company Context, in: Wilpert, B./Kudat, A./Ozkan, Y., Workers Participation in an Internationalized Economy, S. 66 f. 64 Vgl. hierzu die Darstellung bei Hoffmann, H., Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Gesellschaftsorganen und grenzüberschreitenden Untenehmenszusammenschlüssen in der EG, S. 89 ff.; der allerdings im Vergleich zur deutschen Mitbestimmung eine deutliche Abschwächung in bezug auf das Modell von Hoesch-Hoogovens feststellt (S. 120); in bezug auf die Anwendbarkeit des deutschen Mitbestimmungsgesetzes ablehnend Ebenroth, Th./Sura, Α., Transnationale Unternehmen und deutsches MitbestimmungsGesetz, in: ZHR 144 (1980), S. 610ff.; ebenso Lutter, M., Mitbestimmungsprobleme im internationalen Konzern, in: Festschrift für K.Zweigert 1981, S. 251 ff.; zustimmend Grossmann, G., Internationale Probleme der Mitbestimmung, in: ZGR 3/1973, S. 317ff.(328f.); sowie Däubler, W., Mitbestimmung und Betriebsverfassung im internationalen Privatrecht, in: RabelsZ 39 (1975), S. 444 (451 ff.).

II. Die Funktionen unternehmensverfassungsrechtlicher Rechtsangleichung

39

eine solche Richtlinie auch die Grundlage für primäres EG-Recht sowie die Möglichkeit gleichmäßiger bzw. gleichwertiger Konfliktbehandlung. 3.3. Probleme Viele Anzeichen deuten heute darauf hin, der praktizierten Rechtsangleichung eher kritisch zu begegnen. M i t dem fortschreitenden Integrationsprozeß zeigte sich, daß die Auslagerung breiter Funktionsbereiche von den Mitgliedsstaaten auf die Gemeinschaftsorgane aufgrund des damit einhergehenden politischen Entscheidungsverlusts immer schwieriger fiel. Auch stellten sich immer größere Bedenken hinsichtlich der Legitimation 65 der nur sehr indirekten Normsetzungsbefugnis des Rates unter Ausschaltung des europäischen Parlaments ein. Es kam daraufhin nicht nur im Gesellschaftsrecht seit Mitte der siebziger Jahre zu einer zunehmenden Stagnation des Harmonisierungsprozesses, schwerfälligen Abstimmungsverfahren zwischen den Mitgliedstaaten 66 und Entscheidungsstaus im Rat. Nagels/Sorge versuchten als Folge einer sich abzeichnenden Integrationsstagnation auch eine zunehmende Berücksichtigung nationaler Sonderinteressen in den Vorlagen der Kommission nachzuweisen, um der Beschlußfassung im Rat entgegenzukommen67. Desweiteren sei die Kommission um Unterstützung einflußreicher Gruppen bemüht. Hinsichtlich der Interessenberücksichtigung starker Lobbys ist diese Kritik zwar überspannt. Denn es ist doch verbreitete legislative Praxis, Anhörungen zur Zweckmäßigkeit und Ausgestaltung gesetzlicher Vorschläge durchzuführen. Trotz mangelnder praktischer Beispiele sollten die Bedenken von Nagels / Sorge allerdings nicht zu leicht genommen werden, offenbaren sich doch in ihrer Untersuchung des Entscheidungsverfahrens im Rat bedenkliche KompromißVereinbarungen 68. Im europäischen Gesellschaftsrecht zeigten sich diese Tendenzen bereits ansatzweise in den Verhandlungen zur 3. Richtlinie 69 über die Angleichung der nationalen Fusionsrechte. Diese standen unter den Vorzeichen der Integration britischer Rechtsvorstellungen, was sich in einem im Vergleich zu früheren Vorschlägen wesentlich komplizierteren Normsystem manifestierte. Deutlich traten die aufgezeigten Probleme in der 4. Bilanzrichtlinie 70 zutage. Zirka 41 nationale Gesetzgebungsoptionen prägen hier das Bild 7 1 . Eine weitergehende 65

Vgl. u.a. Pipkorn, J./Abeltshauser, Th.E., a.a.O., EUI-Working Paper. Vgl. auch Schwartz, I., a.a.O.; der einen Überblick über die EG-institutionellen Verfahrensschwierigkeiten gibt. 67 Vgl. Nagels, K.H./Sorge, Α., Industrielle Demokratie in Westeuropa, S. 35. 68 Vgl. auch Everling, U., Möglichkeiten und Grenzen der Rechtsangleichung in der Europäischen Gemeinschaft, in: Festschrift für R.Schmidt 1976, S. 165 (170). 69 Vgl. Richtlinie des Rates Nr. 78/855 EWG, Abi.EG, Nr. L 295 v. 20.10.1978, S. 36 ff. 70 Vgl. Richtl. des Rates Nr. 78/660 EWG, Abi.EG Nr. L 222 v. 14.8.1978, S. 11 ff. 71 Vgl. Darstellung bei Ladenburg, H.I., Zur Problematik der 4. EG-Richtlinie, DB 1978, S. 1361; S. 1409 ff.; zum Problemkreis der Optionspolitik vgl. neuerdings auch kritisch Timmermans, Ch.W.A., a.a.O., S. 25f. 66

40

1. Kap.: Rechtsangleichungsprobleme

Harmonisierung bilanzrechtlicher Standards wäre momentan somit nur über eine enge Zusammenarbeit der Wirtschaftsprüfer in den Mitgliedstaaten möglich. Dies gilt auch für die Konzernbilanzrichtlinie, die nach langwierigen Verhandlungen 1983 verabschiedet wurde 72 . Meinungsverschiedenheiten traten auch um einen Richtlinienvorschlag über die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer von Unternehmen mit komplexer, insbesondere transnationaler Struktur auf (Vredeling Richtlinie) 73 . Ein Richtlinienvorschlag zum Konzernrecht ist seit den 70er Jahren in Arbeit 7 4 . Ein Veröffentlichungsbeschluß der Kommission scheiterte im Juli 1984. Darüber hinaus erweist sich auf nationaler Ebene der Transformationsakt einer Richtlinie in nationales Recht als überaus schwierig und langwierig 75 . Diesbezüglich hat der EuGH in den von der Kommission gegen Belgien, Irland, Italien und Luxemburg aufgrund von Art. 169 EWGV eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren zur Umsetzung der 2. Richtlinie am 12.10.1982 entsprechende Vertragsverstöße dieser Mitgliedstaaten festgestellt 76. Schließlich traten in den Mitgliedsstaaten seit Umsetzung der ersten Richtlinien in nationales Recht Bedenken hinsichtlich der damit einhergehenden Rechtsfolgen auf. Verabschiedet der Rat eine Richtlinie i. S. von Art. 1891 EWGV, ist diese gem. Art. 189 I I I EWGV für jeden Mitgliedsstat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich. Daraus folgt, daß angeglichenes nationales Recht späteren nationalen Reformen nicht mehr voll zur Disposition steht, sofern eine dem Richtlinienziel widersprechende Veränderung vorgenommen werden soll. Dies kann nur über ein förmliches Verfahren der Richtlinienveränderung oder nach einem vereinfachten Anpassungsverfahren ermöglicht werden 77 . Lutter gibt hier zu bedenken, daß die Zementierung des Gesellschaftsrechts elastischen und schnellen Anpassungsund Reformbedürfnissen diametral entgegenstehe78. Bei genauer Prüfung 72

Vgl. Richtl. des Rates, Nr. 83/193 EWG v. 13.6.1983, Abi.EG L 193 (1983) v. 13.6.1983. 73 Vgl. Kommission EG, in: Abi.EG C 297 v. 15.11.1980, S. 3; sowie in Bull.EG, Beilage 3/1980. 74 Vgl. den neusten Vorschlag Doc. No. III/1639/74 abgedruckt in ZGR 14/1985, 446 ff. 75 Vgl. Schwartz, I, Wege zur EG-Rechtsvereinheitlichung, Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft oder Übereinkommen unter den Mitgliedstaaten?, in: Festschrift für E.v. Caemmerer 1978, S. 1067 (1081-1085); der eine aufschlußreiche tabellarische Übersicht über die Verhandlungs- und Entscheidungsdauer von Verordnungen, Richtlinien und Übereinkommen gibt. Schwartz beurteilt die Gemeinschaftsinstrumente der Richtlinie und Verordnung allerdings äußerst optimistisch und erhofft sich hierüber wesentliche Erleichterungen für ein gemeinschaftliches Einheitsrecht. 76

Vgl. EuGH-Urteile in den Rs 136/81, 148/81, 149/81, 151/81. Vgl. Pipkorn, J., in: Beutler, B. / Bieber,R. /Pipkorn, J. /Streil, J., a. a. O., S. 347, Ziff. 11.2.1.; sowie ebenda, S. 180; hinsichtlich der Anwendung und Auslegung transnationalen Rechts i.R. des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 177 EWG-V vgl. EuGH Rs 32/74 (Haaga) Slg. 1974, S. 1201; sowie BGH DB 1976, S. 1280; BGH DB 1975, S. 95.; zum Austrocknen nationaler Rechte vgl. Timmermans, Ch.W.A., a.a.O., S. 28ff. 78 Vgl. Lutter, M., Die Entwicklung des Gesellschaftsrechts in Europa, S. 44 (52f.). 77

II. Die Funktionen unternehmensverfassungsrechtlicher Rechtsangleichung

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zeigen sich die herausgearbeiteten Rechtsangleichungsprobleme auch im veränderten Richtlinienvorschlag zur Struktur der Aktiengesellschaft. 3.4. Beurteilung des veränderten Richtlinienvorschlags zur Struktur der Aktiengesellschaft Die Neuregelung des hier im Vordergrund stehenden 5. Richtlinien Vorschlags ist im Hinblick auf die im vorigen Abschnitt herausgearbeiteten Probleme europäischer Rechtsangleichung sicher zu begrüßen. Es gilt allerdings zu fragen, inwieweit die vorgesehenen Regelungen nicht auch der oben allgemein konstatierten Optionspolitik zugunsten einzelstaatlicher Interessen folgen und ob dies noch den Geboten der Art. 3 h, 54 I I I g und 100, 100a EWGV sowie den industrie-, Wettbewerbs- und sozialpolitischen Zielsetzungen der Gemeinschaft entspricht. Die Prüfung einzelner Regelungen verstärkt den angedeuteten Pessimismus: Konsequent fordern die Stellungnahme des Europäischen Parlaments sowie das neue Memorandum zur 5. Richtlinie den Einbau alternativer und insbesondere „gleichwertiger" Struktursysteme. Damit rückt dieses Konzept auch in seiner konkreten Ausgestaltung von dem noch im Grünbuch vertretenen Gedanken der Übergangsregelung zugunsten einer in Zukunft zu erreichenden Einheitsstruktur ab. Dieser Eindruck verstärkt sich neuerdings durch die Vorschriften des neuen Statutsvorschlags für eine europäische Aktiengesellschaft. Denn hier erhebt die Kommission die Wahlmöglichkeit zwischen „gleichwertigen" Struktur- und Mitbestimmungsmodellen zum generellen Prinzip. Die vorgeschlagenen Regelungen lassen jedoch Zweifel an der geforderten „Gleichwertigkeit" aufkommen. Zwar könnte das Aufsichtsratssystem mit dem Boardmodell funktional in Einklang gebracht werden 79 . Doch vermindern sich die Beteiligungs- und Eingriffsrechte der Arbeitnehmer in einer unabhängigen Arbeitnehmervertretung wesentlich. Noch einschneidender erscheint die nur sehr vage ausgestaltete Option für eine unternehmensverfassungsrechtliche Regelung qua Tarifvertrag. Diese Vorschrift läuft im Ergebnis auf die Wahl eines der zuvor dargestellten Strukturmodelle hinaus 80 . Ebenso wird übersehen, daß auch der unternehmensnahe Tarifvertrag ein äquivalentes Verhandlungssystem darstellen kann. Unbesehen übernimmt die Richtlinie somit im Ergebnis Forderungen des Grünbuchs, die nur in konsequenter Kopplung mit dem erwähnten „Übergangszeitraum" einen Sinn ergeben hätten. Ebenso sind die gewünschten organisationsfunktionellen Erleichterungen für grenzüberschreitend tätige Unternehmen über eine rein formale Festschreibung national bestehender Systeme industrieller Demokratie auf Unternehmensebene kaum zu erreichen. Industriepolitische Zielbestimmungen werden damit unterlaufen. 79 So im Ergebnis übereinstimmend neuerdings auch Raiser, Th. a.a.O., Festschrift f. Steindorff, S. 201 ff. 80 Zur funktionellen Gleichwertigkeit als Zielbestimmung der Rechtsangleichung vgl. Lutter, M., Die Entwicklung des Gesellschaftsrechts in Europa, in: EuR 1975, S. 44 (53).

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1. Kap.: Rechtsangleichungsprobleme

Gleichzeitig bleibt die Gefahr wettbewerbspolitisch unerwünschter Verzerrungen bestehen. Ebenso wenig dürfte die Gefahr einer zukünftigen Mitbestimmungsflucht gebannt sein. Grundlegende Bedenken sind auch in bezug auf die Rechtsgrundlage i. S. des EWG-Vertrags anzumelden. Zwar ergab die bisherige Prüfung, daß die unternehmensverfassungs- und mitbestimmungsrechtliche Rechtsangleichung auf der Grundlage von Art. 54 I I I g EWGV steht. Dies galt allerdings vornehmlich für Modelle, die einen entscheidenden Einfluß auf die Unternehmensorganisation als solche hatten. Denn den Unternehmen sollten gem. Art. 52 ff. EWGV keine Nachteile aus unterschiedlichen Organisationsanforderungen entstehen. In diesem Falle waren somit auch institutionelle Mitbestimmungsregelungen in einem Rechtsangleichungsvorhaben zur Struktur der A G zu berücksichtigen. Gänzlich anders stellt sich dieser Sachverhalt dar, sofern Mitbestimmung extern über tarifvertragliche Verhandlungen betrieben wird. Damit ist zu überlegen, ob die 5. Richtlinie zukünftig nicht auf die Grundlage von Art. 100 EWGV zu stellen wäre und ob es ohnehin nicht besser wäre, das gesamte Mitbestimmungsthema praktikablerweise in eine gesonderte Richtlinie aufzunehmen. Denn dies hätte nicht zuletzt den Vorteil, daß eine reine Strukturrichtlinie für Aktiengesellschaften ideologisch entlastet und ggf. sogar auf die Rechtsgrundlage des Art. 100a EWG-Vertrags gestellt werden könnte. Gerade dieser findet aber keine Anwendung auf die Freizügigkeit und die Rechte und Interessen der Arbeitnehmer. Gänzlich unverständlich ist die vom Europäischen Parlament zunächst vorgeschlagene Regelung des Art. 64a Parlamentsentwurf 81 , die das gesamte Struktur- und Mitbestimmungssystem ad absurdum geführt hätte. Die Ausblendung unternehmensverfassungsrechtlicher Regelungen für jegliche Konzerntatbestände hätte bis zum Erlaß einer gesonderten Richtlinie zur Folge gehabt, daß sich die vorgesehenen Mitbestimmungsregelungen allenfalls auf mittlere Einzelunternehmen in Form der A G hätten erstrecken können. Das eigentliche unternehmensverfassungsrechtliche Zielobjekt sind dagegen große bis Großunternehmen, die i. d. R. Konzernverhältnisse aufweisen. Darüber hinaus ist eine spezielle Mitbestimmungsregelung für Konzerne bislang kaum in Sicht, es sei denn, daß die schon lange angekündigte 9. Richtlinie zum Konzernrecht entsprechende Regelungen vorsehen sollte. Selbst wenn dem so sein sollte, ist eine gesonderte Abhandlung von Konzernmitbestimmung gesetzgebungstechnisch unglücklich. Insofern ist die von der Kommission nunmehr gefundene Regelung für Konzernsachverhalte sicher zu begrüßen. Angesichts der komplizierten Ausnahmeregelungen des Art. 63 b stellt sich jedoch auch hier die Frage, ob die Kommission nicht gut daran getan hätte, das gesamte Mitbestimmungsrecht in eine eigenständige Richtlinie aufzunehmen. Einerseits könnte Mitbestimmung damit eingehender behandelt werden, andererseits käme es zu erheblichen Erleichterungen in bezug auf die unternehmensstrukturelle Rechtsangleichung. Eine gesonderte mitbestimmungsrechtliche Richtlinie könnte auch 81

Vgl. Europäisches Parlament, a. a. O.

II. Die Funktionen Unternehmens verfassungsrechtlicher Rechtsangleichung

43

effektiver auf die Frage des Unternehmens- und Konzerninteresses eingehen, die von Art. 63 b I b gänzlich umgangen wird. An dieser Stelle ist auch festzuhalten, daß das oben angerissene Problem einer internationalrechtlichen Regelung fehlt. Die Richtlinie leistet somit keinen positiven Beitrag zu diesem rechtspolitisch wichtigen Thema. Inwieweit die vom Paralment angestrebte Verschärfung über die zwingende Regelung einer QuasiVollparität nach deutschem Vorbild für ein Richtlinienvorhaben angebracht ist, ohne neue Probleme aufzuwerfen, bleibt abzuwarten. Hopt weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß für den europäischen Gesetzgeber die wirtschaftswissenschaftlichen Auswirkungsprognosen ein weiterer Grund dafür sei, bei der Harmonisierung zurückhaltend vorzugehen und jedenfalls keine paritätische oder quasi-paritätische Unternehmensmitbestimmung allgemein und damit auch für solche Länder vorzuschreiben, in denen die maßgeblichen Gewerkschaften eine Systemüberwindung anstreben. Angebracht sei vielmehr eine elastische fakultative Ausformung dieser Regelungen82. Die Vorschriften zum „Unternehmensinteresse" (Art. 10 a I I S. 1), die Aufnahme von „Loyalitätspflichten" (Art. 10 a I I S. 2) sowie die Vorschriften zur Haftung der Organmitglieder (Art. 14-19) sind sicher zu begrüßen, da diese in engem Zusammenhang mit dem Unternehmensverfassungsrecht stehen. Eine einheitliche Auslegung dieser Rechtsinstitute auf Gemeinschaftsebene wird jedoch schwerfallen, da beispielsweise der Begriff des „Unternehmensinteresses" selbst in der schon weit fortgeschrittenen deutschen Debatte zum Unternehmensrecht noch lange nicht geklärt ist 8 3 . Ein abschließendes Urteil soll an dieser Stelle jedoch noch nicht gefallt werden. Denn eine rechtsvergleichende Untersuchung hat hierfür zunächst den nötigen Argumentationshaushalt zu liefern. Bevor dies erfolgt, ist es angesichts der herausgearbeiteten allgemeinen Rechtsangleichungsproblematik angebracht, die vorliegende Untersuchung zunächst methodisch zu untermauern.

82

Vgl. Hopt, K.J., a.a.O., S. 207 (232). Vgl. Hopt, K.J., a.a.O., S. 229; der sich für die Regelung bestimmter Einzelthemen ausspricht und dies in bezug auf Schweigepflichten verdeutlicht. Für die Diskussion um das Unternehmensinteresse vgl. grundlegend Brinkmann, Th., Unternehmensinteresse und Unternehmensstruktur, 1983; Großmann Α., Unternehmensrecht im Aktienrecht, 1981; Jürgenmeyer, Das Unternehmensinteresse, 1984; Teubner, G., Unternehmensinteresse als Interesse des Unternehmens an sich, in: Z H R 149 (1985), 470ff., neuerdings wieder äußerst kritisch Schmidt-LeithofT, Ch., Die Verantwortung der Unternehmensleitung, S. 130ff., der die Formel vom Unternehmensinteresse generell ablehnt und stattdessen die Sozialbindung der Gesellschaft aus Art. 14 I I GG abzuleiten sucht. 83

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1. Kap.: Rechtsangleichungsprobleme

I I I . Vorüberlegungen für eine Rechtsangleichungstheorie I. Rechtsangleichung im engen Sinne

Überlegungen für eine neue Rechtsangleichungstheorie ^mögen auf den ersten Blick überflüssig erscheinen, gewährleistet und definiert doch der EWGVertrag für zahlreiche Sachbereiche eine entsprechende Rechtsgrundlage und Anwendungsbreite. So folgt bereits aus der grundlegenden Rechtsangleichungsvorschrift des EWG-Vertrags (Art. 100 EWG-V) die funktionelle Verknüpfung der Rechtsangleichung mit den in Art. 2 EWG-V genannten Zielen. Dies gilt nunmehr auch für die Art. 100a und 100b im Verhältnis zu Art. 8a EWG-V. Hierunter fällt insbesondere die Schaffung eines reibungslos arbeitenden „gemeinsamen Marktes" bzw. die des „europäischen Binnenmarktes". Hieraus ergeben sich zugleich Funktion, Umfang und Grenzen der Rechtsangleichung. Denn einerseits muß man der Rechtsangleichung eine „ordnende Funktion" i. S. der Beseitigung störender Rechtsunterschiede sowie andererseits auch eine „steuernde Funktion" in bezug auf die Gemeinschaftsbelange zusprechen 85. Darüber hinaus kann Rechtsangleichung auch als „Interessenangleichung" bezeichnet werden. Dies ist dann der Fall, sofern Wertungen in unterschiedlichen nationalen Rechtssätzen gemeinschaftlich neu bewertet werden 86 . Es mag auch angesichts der Komplexität europäischer Integration verfrüht und unsachlich sein, allzu pessimistisch über die umfangreichen Rechtsangleichungsarbeiten der Gemeinschaft zu urteilen. Denn die großen nationalen Gesetzgebungskodifikationen des 19. Jahrhunderts durchschritten ebenfalls einen langen Reifungsprozeß 87, der nicht zuletzt auf ein dialektisches Wechsel Verhältnis zwischen Recht und Wirklichkeit zurückzuführen ist. Andererseits sollten kritische Stimmen zur Rechtsangleichung stärker Berücksichtigung finden, die auf den nicht mehr erkennbaren inneren Zusammenhang und Bezug zum Gemeinsamen Markt hinweisen. M i t anderen Worten wird bezweifelt, ob die praktizierte Rechtsangleichung noch den Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 100 EWG-Vertrag (insbesondere materielle Gleichwertigkeit, Erforderlich-

84

Der EWG-Vertragstext ist bezüglich dieser Begrifflichkeiten nicht eineutig, vgl. Art. 3 h; 100, 100a, 100b; 117 (Angleichung), Art. 54 I I I g, Art. 56 II, Art. 57 I I (Koordinierung), Art. 99 (Harmonisierung); zur Abstufung dieser Begrifflichkeiten und Einschätzung vgl. auch Gessler, Ziele und Methoden der Harmonisierung des Gesellschaftsrechts der GmbH, in: Centrale fürGmbH, Harmonisierung des Gesellschaftsrechts und des Steuerrechts der GmbH in Europa, 1962, S. 9ff., der eine Abstufung von der Rechtsvereinheitlichung über die Rechtsannäherung, die Koordinierung und Harmonisierung im weiten Sinne vorschlägt. Einer Rechtsvereinheitlichung gibt er allerdings kaum Chancen. 85 Vgl. hierzu u. a. Langenheine in Grabitz, Kommentar zum EWG-Vertrag (1988), zu Art. 100 Rdn. 4. 86 Ebenda Rdn. 4. 87 Vgl. zum deutschen Recht grundlegend Wiacker, F., Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 97ff. und S. 458 ff.

III. Vorüberlegungen für eine Rechtsangleichungstheorie

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keit 8 8 , notwendiges Ausmaß auch bei der Schaffung neuer und detiallierter Rechtsvorschriften, Verhältnismäßigkeit; unmittelbare Auswirkung auf die Einrichtung und das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes) entspricht 89 . Ein Ausschuß des britischen Oberhauses, das „Select Committee on the European Communities", führte die Mängel europäischer Rechtsangleichung in seinem „Report on Approximation of Laws under Art. 100 of the EECTreaty" 9 0 auf das Fehlen einer allgemeinen Rechtsangleichungstheorie zurück, die politisch konsensfähige Kriterien für die Beurteilung der Zielsetzungen und des Ausmaßes dieser Gemeinschaftsaktivität bereitstellen würde 91 . Die britische Stellungnahme möchte die Rechtsangleichungskompetenz auf ökonomische Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte eingeschränkt wissen, es sei denn, daß bestimmte politische Zielsetzungen in engem Zusammenhang hiermit einzustufen seien. Die „dynamische Auslegung" der Rechtsangleichung wurde dabei zugunsten eines engen unmittelbaren Bezugs auf die Errichtung und das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes abgelehnt. Die Angleichungsmaßnahmen müßten sich auf das wesentliche beschränken. M i t dieser Auslegung entspricht die britische Auffassung dem historischen Leitbild des EWG-Vertrags. Danach ist Rechtsangleichung nur unter ökonomische Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte subsumierbar. Rechtsangleichung beschränkt sich somit auf ein eng umrissenes Regelungsgebiet und gewährleistet Rationalität i. S. von Rechtssicherheit für den supranationalen Wirtschaftsverkehr. Erstaunlicherweise beurteilte die britische Stellungnahme die laufenden Rechtsangleichungsbemühungen recht positiv. Bis auf wenige Ausnahmen (Badewasserqualität und Schutz von Teilnehmern am Fernunterricht) seien alle Angleichungsvorhaben und Richtlinien durch Art. 100 EWGV gedeckt. Konsequenter geht Krekeler mit den „Irrwegen europäischer Rechtsangleichung" im Vergleich zum U.S.-amerikanischen Recht zu Gericht 92 . Krekeler erkennt die Rechtsangleichungsprobleme und spricht sich ebenfalls für eine Beschränkung auf rein ökonomische Tatbestände aus. Eine weite Auslegung von Art. 54 I I I g EWGV sei unangebracht. Die Schaffung gleicher gesellschafts88 Zum Erforderlichkeitsmaßstab vgl. auch Bruha, Th. „Rechtsangleichung in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft — Deregulierung durch neue Strategie"?, in: ZaöRV 1986, S. 1 (21 ff). 89 Auf die Gefahren zu weit gehender Kompetenzen der Gemeinschaftsorgane verweist auch Weiler, J.H.H. „The Community System: the Dual Character of Supranationalism", in: Yearbook of European Law 1 (1981), S. 267 sowie umfassend ders., Il sistema communitario europea, Florenz, 1985. 90 Vgl. 22nd Report of the Committee vom 18.4.1978, 131 sowie Parliamentary Debates, House of Lords, Official Report, Vol. 394 No. 107,4.7.1978; sowie Verhandlungen des Europäischen Parlaments 1978, Sitzung vom 10.10.1978, S. 111 ff. 91 Vgl. Stellungnahme von Seidel, M., Ziele und Ausmaß der Rechtsangleichung in der EWG — Zur britischen Auffassung —, in: EuR 1979, S. 171 ff. 92 Vgl. Krekeler, H.D., Wirtschaftliche Integration und Gesellschaftsrecht-Amerikanische Erfahrungen und europäische Irrwege, Diss. München 1973, S. 187ff.

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1. Kap.: Rechtsangleichungsprobleme

rechtlicher Daten für einheimische und ausländische Gesellschaften sei voll ausreichend. Darüber hinausgehende, alles umfassende Regelungen (insbesondere dem S.E.-Statut 75) käme allenfalls akademischer, jedoch kein praktischer Wert zu — eine Ansicht, die sich aufgrund der neuesten Entwicklung ganz offensichtlich nicht bestätigt hat. Im Ergebnis plädiert Krekeler für ein Wettbewerbssystem nationaler Rechte nach amerikanischem Vorbild, bei gleichzeitiger Koordination von Sitz- und Gründungstheorie je nach Intensität der Beziehungen zu einem Mitgliedsstaat 93 . Schlüssig lehnt er über diesen Ansatz mitbestimmungsrechtliche Vorschriften ab. Neuere Beiträge zur Rechtsangleichungstheorie setzen auf einer institutionellen Betrachtungsebene an 9 4 . Institutionen werden dabei als tragende Normen eines Lebenszusammenhanges und Resultat eines eigengesetzlich ablaufenden Erstarrungsprozesses verstanden. F. Marx untersucht sehr detailliert den systematischen Normzusammenhang von Art. 3 h, 100 i. V.m. den jeweiligen Spezialvorschriften (z. B. Art. 54 I I I g EWGV). Diesem Normzusammenhang werden heute auch die Art. 100a und 100b i. V.m. Art. 8a EWGV zugerechnet werden müssen. Er arbeitet dabei einen historischen Leitgedanken der Rechtsangleichung heraus, der sodann schlüssig als neo- bzw. ordoliberal klassifiziert wird. Es gelingt F. Marx im folgenden, das Rechtsangleichungsversagen als Versagen des dem EWG-Vertrags zugrundeliegenden Ordnungsmodells zu bestimmen 95 . Im Ergebnis enttäuscht die Untersuchung. F. Marx rettet sich im „Meer der Turbulenzen" buchstäblich über einen Rückzug auf den gesicherten und noch erkennbaren „Kernbereich" der Rechtsangleichung. Damit bleibt er aber letztendlich im zuvor kritisierten neoliberalen Datenkranz gefangen. Die Abgrenzungs- und Auslegungsergebnisse enthalten gemessen an dem Aufwand der qualitätsmäßig beeindruckenden Untersuchung eine magere Ausbeute. Für die „Reduktion von Regelungskomplexität" mag es zwar zweckdienlich und wünschenswert sein, Rechtsangleichung möglichst eng zu begrenzen. Die bisher angestellten Überlegungen verdeutlichen jedoch, daß der europäische Integrationsprozeß bereits wesentlich fortgeschritten ist. Die europäische Gemeinschaft ist heute nicht mehr nur reine Wirtschaftsgemeinschaft, sondern auch Sozialgemeinschaft und politische Gemeinschaft. Die Ausarbeitung und Formulierung gemeinschaftlicher Programme (Industrie-, Wettbewerbs-, Sozial·, Einfuhr- und Außenhandelspolitik, Europäische politische Zusammenarbeit -EPZ — etc.) schlagen auf die rechtichen Maßnahmen für diesen 93 Vgl. Krekeler, H.D., a.a.O., S. 221; für das amerikanische Gesellschaftsrechtssystem vgl. insbesondere Carry, W.L., Federalism and Corporate Law: Reflections upon Deleware, The Yale Law Journal 83 (1974); für die enge Begrenzung vgl. auch Everling, U., a.a.O., in: Festschrift für R.Schmidt 1976, S. 165 (183). 94 Vgl. Marx, F., a.a.O., zum Begriff „institutionell" vgl. Fikentscher, W., Methoden des Rechts Bd. I, S. 515. 95 Vgl. Marx, F., a.a.O., S. 137ff.

III. Vorüberlegungen für eine Rechtsangleichungstheorie

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Integrations- und Koordinationsprozeß durch. Rationalität der Rechtsangleichung bezieht sich somit nicht einzig und alleine auf Rechtssicherheit des Wirtschaftsverkehrs, sondern auch auf den sozialen Ausgleich 96 . Insgesamt ist der britischen Auffassung somit insofern zu folgen, als eine sorgfaltige Ausarbeitung der Angleichungsmaßnahmen zu fordern ist, doch bleiben die Ausführungen hinsichtlich der Regelungsintensität und die Beschränkung auf das sog. „Unerläßliche" unter Rücksichtnahme auf die Struktur der nationalen Rechte zu allgemein. Eine Rechtsangleichungstheorie muß Kriterien benennen können, nach denen dieses Merkmal der Unerläßlichkeit näher bestimmt werden kann. Demgegenüber beschränkt sich der Vorschlag Krekelers zu einseitig auf ökonomische Tatbestände. Seine Vorstellung, allenfalls die Anerkennung juristischer Personen in den nationalen Rechtsordnungen zu regeln, um somit in einen Wettbewerb der Systeme eintreten zu können, ist zwar reizvoll, dürfte jedoch gemeinschaftlichen Zielbestimmungen abträglich sein. Bedenklich ist auch die gleichzeitige Ankopplung an mehrere, sich u.U. überschneidende und widersprechende nationale Rechtssysteme. Die IPRPraxis zeigt darüber hinaus, daß jedes Recht im Falle einer Kollision den Geltungsvorrang beansprucht, was zu einem Auseinanderfallen des anwendbaren Rechts in den jeweils involvierten Staaten führt. Die Anwendung zweier Rechte auf eine einheitliche Organisation ist daher nur praktikabel, sofern diese Rechte in ihren Grundzügen annähernd gleich sind und die Rechtsfigur der juristischen Person in den betreffenden Rechtssystemen zumindest ähnliche Typengesetzlichkeiten aufweisen 97. Eine mangelnde Angleichung gesellschaftsrechtlicher Schutzrechte für Anteilseigner, Minderheitsaktionäre, Gläubiger oder Arbeitnehmer im Falle grenzüberschreitend tätiger Unternehmen kann auch zur Flucht aus Rechtsordnungen mit stärkerer sozial- und / oder wettbewerbspolitischer Ausrichtung führen. Hier sei nur an den bekannten Fall AKZO erinnert. Dieses Unternehmen vollzog im April 1972 eine zuvor in der Bundesrepublik und den Niederlanden geplante Massenentlassung in Belgien. Belgien hatte zu dieser Zeit ein vergleichsweise schwächer ausgebildetes Informations- und Kündigungsschutzsystem98. Die vorgestellten Rechtsangleichungstheorien sind im Ergebnis für eine nicht nur wirtschaftlich, sondern auch auf allen anderen Gebieten gesellschaftlicher Ordnung verflochtenen Gemeinschaft zu eng angelegt. Einen anderen Weg beschreiten Ansätze eines alles oder teilumfassenden ius commune i. S. europäischer Rechtsvereinheitlichung. Dies beinhaltet die Möglichkeit, einheitliche transnationale Regelungen zu entwickeln, die insbesondere für internationale 96

Ebenso Seidel, M., a.a.O., S. 180. Vgl. Grossfeld, B., Die Anerkennung der Rechtsfähigkeit juristischer Personen, in: RabelsZ 31 (1967), S. 1 (37 f.). 98 Vgl. Pipkorn, J., The Framework of Employee Participation Methods at National and International Level and particularly within the European Community, in: Economic and Industrial Democracy, Vol. I 1980, S. 99 (111). 97

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1. Kap.: Rechtsangleichungsprobleme

Sachverhalte entscheidende Rechtsverbesserungen versprechen" und in der EG ebenso einheitlichen Auslegungsregeln durch den EuGH unterstellt werden müßten. Grundsätzlich bestehen allerdings erhebliche strukturelle Unterschiede 1 0 0 zwischen Rechtsvereinheitlichungsbestrebungen nach Art verschiedenster Projekte internationaler Organisationen (ζ. B. Haager Konferenz für Internationales Privatrecht; U N C I T R A L etc.) und den funktionell gebundenen Rechtsangleichungszielen der EG. Denn Rechtsangleichungsprojekte verfolgen in erster Linie den Zweck, gemeinschaftsspezifische Funktionsstörungen zu beheben. Eine völlige Vereinheitlichung ist schon angesichts der europäischen Mitbestimmungsdiskussion für Aktiengesellschaften als aussichtslos zu bezeichnen 101 . 2. Funktional-problemorientierte Rechtsangleichung

Schmeder 102 kommt auf der Grundlage einer typologischen Betrachtungsweise zu dem Ergebnis, eine dem EWG-Vertrag immanente wirtschaftsverfassungsrechtliche Grundentscheidung sei schon aufgrund der Tatsache abzulehnen, als vollkommen widersprüchliche Wirtschaftssysteme das Bild der EG prägen. Dies zeige sich am eher dezentralen marktwirtschaftlichen System in der Bundesrepublik und dem zentralistischen System der „Planification" in Frankreich besonders deutlich. Wettbewerb sei zwar ein wichtiger, aber nicht der wesentlichste Steuerungs- und Koordinationsmechanismus im Gemeinsamen Markt. Methodisch müsse nach Schmeder zunächst ein internationaler Sachverhalt i. S. von Art. 100 EWGV vorliegen 103 . Für die hier im Vordergrund stehende Frage der Struktur von Aktiengesellschaften liegt dies vor. Denn es geht in erster Linie um eine erleichterte unternehmensfunktionelle Zusammenarbeit und gleiche Schutzrechte für Anteilseigner und Dritte. Der Rechtsangleichung sei sodann eine rechtsvergleichende Studie als Erkenntnisverfahren rechtlicher Gleichheiten und Ungleichheiten vorzuschalten. Das Problem dieses Ansatzes besteht allerdings in der Bestimmung der Sachverhalte, die miteinander verglichen und angeglichen werden sollen. Klassische Ansätze beschränken sich hier auf den eher rechtstechnischen Vergleich von Normen und Normsystemen, die sodann auf der Grundlage abstrakter Wertentscheidungen vereinheitlicht bzw. in 99

Vgl. Neuhaus, H. / Kropholler, Rechtsvereinheitlichung — Rechtsverbesserung?, in: RabelsZ 1981, S. 73 (83); zur Rechtsvereinheitlichung grundlegend David, R., The International Unification of Private Law, in: International Encyclopedia of Comparative Law I I (1971). 100 Hierzu auch Langeheine in: Grabitz, Kommentar zum EWG-Vertrag, Art. 100 Rdn. 9. 101 In diesem Zusammenhang sind optimistische Stimmen hinsichtlich eines einheitlichen Aufsichtsratssystems für Großgesellschaften heute weitgehend verklungen; vgl. noch Ficker, H.C., Die Europäische Entwicklung zu einem Aufsichtsrats-System für Großgesellschaften, in: Festschrift für Bärmann, J. 1975, S. 299. 102 Vgl. Schmeder, W., Die Rechtsangleichung als Integrationsmittel der Europäischen Gemeinschaft, 1978. 103 Vgl. Schmeder, W., a.a.O., S. 15.

III. Vorüberlegungen für eine Rechtsangleichungstheorie

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eigenes Recht des Rechtsvergleichers umgesetzt werden 104 . Weiterführende Ansätze plädieren für den Vergleich bestimmter rechtlicher Probleme und den von den Gesetzgebern gefundenen Lösungen auf diese Probleme. In diesem Zusammenhang wies Salleilles bereits im Jahre 1900 auf dem richtungsweisenden internationalen Kongreß für vergleichendes Recht auf die Notwendigkeit hin, die Suche nach verschiedenen Lösungen eines rechtlichen Problems mittels rein empirischer Methoden vorzunehmen. Diese Methode habe Rücksicht auf bestimmte Stadien wissenschaftlichen Vorgehens zu nehmen: — Feststellung rechtlicher Regeln und Gesetze anderer Rechtssysteme, — Vergleich, — Wirkungsanalyse, — Übernahme oder Angleichung 105 . Zweigert j Kötz 106 plädieren hier für die Anknüpfung an konkrete Lebensbedürfnisse auf der Grundlage funktionaler Rechtsvergleichungsmethode. Die Ausgangsfrage jeden Rechtsvergleichs müsse rein funktional gestellt, das zu untersuchende Problem frei von den Systembegriffen der eigenen Rechtsordnung formuliert werden. Grossfeld gibt darüber hinaus zu bedenken, daß allzu technokratische Betrachtungsweisen im Rechtsvergleich der Komplexität der Rechtsphänomene und ihrer Einbettung in einen bestimmten historischkulturellen Hintergrund nicht gerecht werden können 1 0 7 . In konsequenter Weiter Verfolgung dieser „funktionalen" Ansätze darf sich eine rechtsvergleichende und rechtsangleichende Studie nicht alleine mit der Erhebung von Normen und Institutionen sowie der Wirkungsanalyse zufriedengeben. Funktionale Rechtsvergleichung verlangt vielmehr die vorgeschaltete Bestimmung konkreter Probleme sowie einen Vergleich dieser Probleme. Damit wird die Rechtsvergleichung und -angleichung zugleich zum Einfallstor rechtstatsächlicher Erhebungen 108 . Diese spielen insbesondere bei der Problembestim104 Vgl. kritisch Zweigert, K. /Kötz, H., Einführung in die Rechtsvergleichung auf dem Gebiete des Privatrechts, Bd. I, S. 4; vgl. auch Ziegert, K.A., Juristische und soziologische Empirie der Rechts-Genese und Zukunft der Rechtsvergleichung als wissenschaftliches Problem des europäischen Rechts, in: RabelsZ 45 (1981), S. 51 (59); sowie Grossfeld, B., Probleme der Rechtsvergleichung im Verhältnis Vereinigte Staaten von AmerikaDeutschland, in: RabelsZ 39 (1975), S. 5. 105

Vgl. bei Ziegert, K.A., a.a.O., S. 61. Vgl. Zweigert, K . / K ö t z , H., a.a.O., S. 29f. 107 Vgl. Grossfeld, B., a.a.O., in: RabelsZ 39 (1975), S. 11. 108 Vgl. hierzu u.a. Falke, J./Gessner, V./Höland, Α., Sozialwissenschaftliche Forschung als Vorstufe internationaler Rechtsvergleichung am Beispiel des Arbeitsrechts, in: RabelsZ 45 (1981), S. 268 ff.; zur Anknüpfung an bestimmte Problembezüge vgl. auch Bartels, H.-J., Rechts Vereinheitlichung zwischen unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen, in: RabelsZ 45 (1981), S. 106 (120); zur Fruchtbarkeit und Gefahr der funktionalen Analyse im Recht vgl. grundlegend Luhmann, N., Funktionale Methode und juristische Entscheidung, in: ders., Ausdifferenzierung des Rechts, S. 173 ff.; zur Anwendung der 106

4 Abeltshauser

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1. Kap.: Rechtsangleichungsprobleme

mung und der Fragen nach der Effektivität und Wirkung rechtlicher Normen eine ganz entscheidende Rolle. Allgemein lokalisiert Schmeder den Problembezugspunkt im Interessenkonflikt von Interessenträgern. Damit wird Rechtsvergleichung vergleichende Erforschung der Interessen und Interessenkonflikte, die die einzelstaatlichen Gesetzgeber als Problem gesehen und die sie sich zur Bewertung und Entscheidung vorgelegt haben. Unternehmensverfassungsrechtliche Rechtsangleichung bezieht sich somit auf die Regulierung bestimmter Interessenkonflikte 109 , die es im Zuge der Ausdifferenzierung des gemeinsamen Marktes zu berücksichtigen gilt. Einen ergänzenden Ansatz verfolgen Friedman / Teubner 110, die in der Krise rechtlicher Dogmatik 1 1 1 ein wesentliches Kriterium für die Entwicklungsnotwendigkeit einer neuen Rechtssangleichungstheorie erblicken. Die „Politik des Gesetzes" offenbahre sich gleichsam in einer Materialisierung des Formalrechts 112 und zunehmenden Interventionen des Staates. Rechtliche Konditionalprogramme würden auch auf europäischer Ebene zu Zweckprogrammen fortentwickelt 113 . Die Autoren unterlassen es in ihrem Beitrag allerdings, diesen Ansatz auch dogmatisch näher zu begründen. So würden sich hier beispielsweise die Fragen anschließen, wie und in welche Richtung sich die Rechtsangleichungsmethode fortentwickeln muß. Führt die Tatsache, daß zunehmend staatszielbezogene Vorschriften auf EG-Ebene erlassen werden, zu einer Ausweitung der Rechtsangleichung oder besteht die Möglichkeit, Rechtsangleichung eng auf bestimmte Problembezüge des Integrationsprozesses zu beschänken? Hat unter Umständen die Einheitliche Europäische Akte (EEA) eine Rationalisierung in diese Richtung bewirkt und wie läßt sich diese „Neue Strategie" im einzelnen nachweisen? Die Beantwortung dieser grundsätzlichen Fragen würde für sich genommen eine umfassende Studie der gesamten Rechtsangleichung in der EG voraussetzen und kann im Rahmen dieser Arbeit nicht umfassend geleistet werden. Nur soviel sei an dieser Stelle gesagt: systemtheoretischen Methode in der Rechtsvergleichung vgl. Bartels, H.-J., Methode und Gegenstand intersystemarer Rechtsvergleichung, S. 123. 109 Für einen Interessenansatz plädiert auch Börner, B., Rechtsangleichung als Interessenangleichung — Die Wirtschafts- und Währungsunion, in: Festschrift für G.Kegel 1977, S. 381 (384). no Vgl. Friedman, L.M./Teubner, G., Legal Education and Legal Integration: European Hopes and American Experiences, in: Cappeletti/Seccombe/Weiler (Hrsg.), Integration Through Law, Vol. I Book 3. 111

Vgl. hierzu Kramer, E.A., Die Krise des liberalen Vertragsdenkens, 1974. Vgl. bereits Weber, M., Wirtschaft und Gesellschaft, S. 503 f.; sowie Hart, D./ Joerges, Ch., Verbraucherrecht und Marktökonomik: Eine Kritik ordnungstheoretischer Eingrenzung der Verbraucherpolitik, Assmann, H.-D./Brüggemeier, G./Hart, D./ Joerges, Ch., Wirtschaftsrecht als Kritik des Privatrechts, S. 83 ff. 113 Vgl. Joerges, Ch., Vorüberlegungen zu einer Theorie des internationalen Wirtschaftsrechts, in: RabelsZ 43 (1979), S. 6 (49 ff.). 112

III. Vorüberlegungen für eine Rechtsangleichungstheorie

51

Das grundlegende Problem der Rechtsangleichung manifestierte sich bislang in einer ausufernden Detail-Rechtsvereinheitlichung 114 , die aufgrund ihrer Komplexität und dem bis zur Verabschiedung der Einheitlichen Europäischen Akte geltenden Einstimmigkeitsprinzips (Artikel 100 EWG-V) immer längere Verhandlungszeiträume bis zur Verabschiedung durch den Rat benötigten. Dies ist nicht zuletzt auch auf die sehr weite Auslegung der Tatbestandselemente des Art. 100 EWG-V zurückzuführen. M i t anderen Worten ist die Frage zu stellen, wie der „Identifikationsprozeß" für Rechtsangleichungsprojekte anders bzw. neu formuliert werden muß. Hieran schließt sich sodann die weitere Frage an, ob nicht auch die „Inhaltsgestaltung" der einzelnen Richtlinien methodisch anders vorgenommen werden muß. Denn anderenfalls stellt sich das Problem, daß gerade die „in Geltungsetzung" und Transformation von Richtlinien in geschlossene nationale Rechtssysteme unvorhergesehene destabilisierende Wirkungen entfalten können. Diesbezüglich stellten wir bereits fest, daß eine formale Beschränkung der Rechtsangleichung auf die ökonomischen Aspekte des gemeinsamen Marktes nicht sinnvoll sein kann. Denn die aus der ökonomischen Integration folgenden Sozialkonflikte bedürfen auch einer Regelung auf Gemeinschaftsebene. Diesbezüglich ist ebenfalls zu berücksichtigen, daß die Gemeinschaft heute sowohl die Sozial- als auch die Verbraucher- oder Umweltpolitik definitiv laut EWG-V (Art. 117 ff; 130 R ff; Art. 100 a Abs. 3) in ihren Regelungsauftrag mit übernommen hat. Laut Artikel 100 a Abs. 3 EWG-V geht die EG-Kommission in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit, Umweltschutz und Verbraucherschutz jetzt sogar von einem hohen Schutzniveau aus. Eine Deregulierung der EG-Rechtsangleichung im Sinne der Vermeidung von Detailregelungen und dem Rückzug auf einige wenige Rahmenrichtlinien ist daher nicht in Sicht und wohl auch nicht immer sinnvoll. Es stellt sich somit die Frage, ob die in das sogenannte „Weißbuch" der Kommission 115 und die Einheitliche Europäische A k t e 1 1 6 aufgenommenen Gedanken und Vorschriften zur Rechtsangleichung (vgl. Art. 57 Abs. 2; 70 Abs. 1 S. 2; 100a; 100b; Art. 84 Abs. 2 I I Abs. 2; 118a; 130s; 8a EWG-V) neue methodische Perspektiven erkennen lassen, die auch für die Struktur- und mitbestimmungsrechtliche Rechtsangleichung von Nutzen sein können. Ansätze einer neuen Rechtsangleichungsmethode verkündete die EG-Kommission bereits in ihrem Binnenmarkt-Weißbuch 1985. Danach sollte es zu einer Verminderung der Detailangleichung kommen, die durch eine sogenannte Minimal- oder Kernangleichung zu ersetzen sei 1 1 7 . Ebenso sollte die weitrei114

Vgl. hierzu mit weiteren Hinweisen Bruha, Th., a.a.O., S. 2f. Vgl. Kommission EG, Vollendung des Binnenmarktes. Weißbuch der Kommission an den Europäischen Rat, 1985. 116 Vgl. BGBl. I I 1986, S. 1102. 117 Vgl. Kommission EG, a.a.O., Ziffer 61 ff. 115

4*

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1. Kap.: Rechtsangleichungsprobleme

chende Normangleichung nur noch dort betrieben werden, wo eine „Normanerkennung" durch mangelnde Gleichwertigkeit der nationalen Vorschriften nicht festgestellt werden könnte 1 1 8 . Mit der am 1. Juli 1987 in Kraft getretenen Einheitlichen Europäischen A k t e 1 1 9 finden sich diese neuen Rechtsangleichungsansätze auch im novellierten Primärrecht des EWG-Vertrages wieder (vgl. insbesondere Artikel 8a Abs. 1; Artikel 100 a und 100b EWG-V). Gemäß Artikel 100a Abs. 1 EWG-V soll der Rat nunmehr mit nur „qualifizierter Mehrheit" Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten erlassen, die die „Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes" zum Gegenstand haben. Laut Artikel 8a EWG-V soll dies bis zum 31.12.1992 geschehen sein. Angesichts dieser neuen Vorschriften sowie den Ausführungen im Weißbuch der EG-Kommission kann man durchaus der Auffassung sein, daß zukünftige Rechtsangleichungsprojekte im Bereich der Rechtsangleichungsidentifikation wesentlich stärker problembezogen definiert werden, als dies bisher der Fall war. Auch die inhaltliche Gestaltung der Richtlinien könnte durch das sogenannte „Äquivalenzprinzip", also der Gleichwertigkeitsanerkennung nationaler Normen, entlastet werden. Schließlich sorgt das Mehrheitsprinzip für eine beschleunigte Verabschiedung durch den Rat. Diesen positiven Aspekten sind allerdings auch erhebliche Bedenken entgegenzusetzen. Bereits Pescatore wies in seiner ausgesprochen scharfen Kritik an der Einheitlichen Europäischen Akte darauf hin, daß bereits der Begriff des „Binnenmarktes" gemäß Artikel 8a; 100a EWG-V im Unterschied zum „gemeinsamen Markt" lt. Artikel 100 EWG-V schwerwiegende Auslegungsprobleme nach sich ziehen würde 1 2 0 . Auch in Wissenschaft und Praxis zeigte sich inzwischen, daß dieser Begriffsunterschied durchaus zu unterschiedlichen Auslegungen führte. Denn einerseits kann man in dem Binnenmarktbegriff eine „Einschränkung" zum gemeinsamen Markt erkennen; andererseits läßt sich die Synonymität oder aber die gegenseitige Ergänzung der Begriffe genauso gut begründen 121 . Auffällig ist auch, Daß Artikel 100a im Gegensatz zu Artikel 100 EWG-V „positiv" die Identifizierung von Angleichungsmaßnahmen verlangt 1 2 2 . Hier wird man fragen müssen, ob dies nicht wieder zu einer Ausweitung

118 Hierzu vgl. schon Bruha, Th., a.a.O., S. 7 sowie Müller-Graff, Ch., Die Rechtsangleichung zur Verwirklichung des Binnenmarktes, in: Europarecht 1989, S. 107 (111). 119 Vgl. BGBl. I I 1986, S. 1102; Abi. EG Nr. L 169 vom 29.6.1987, S. Iff. 120 Ygi Pescatore, P., Die einheitliche Europäische Akte — Eine ernste Gefahr für den gemeinsamen Markt, in: EuR 1986, S. 153 (157); sowie ders., Some critical Remarks on the „Single European Act", in: C M L R 1987, S. 9ff. 121 Vgl. hierzu eingehend Müller-Graff, a.a.O., S. 123ff. m.w. Verweisungen sowie neuerdings Hayder, R., Neue Wege der europäischen Rechtsangleichung?, in: 53 Rabeis Zeitschrift, 1989, S. 622 (635 ff.).

III. Vorüberlegungen für eine Rechtsangleichungstheorie

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und eher verstärkten Detailrechtsangleichung führen wird. Wie ist „PositivIntegration" methodisch überhaupt zu betreiben, ohne in die zuvor kritisierte Ausuferung der Rechtsangleichung zurückzufallen? Schließlich stellt sich auch die Frage, ob in „funktionsbezogenen Maßnahmen" lt. Artikel 100a Abs. 1 EWG-V eine wesentliche Neuerung im Verhältnis zu dem ja auch schon früher existenten funktionalen Bezug der Rechtsangleichung gemäß Artikel 100 EWG-V zu den Gemeinschaftszielen gesehen werden kann. Im Zusammenspiel mit Artikel 100a Abs. 2 EWG-V kann hierin m. E. nur eine bedenkliche Einschränkung auf die wirtschaftlichen Aspekte des Binnenmarktes gesehen werden. Die Ausnahmeregelung gemäß Artikel 100a Abs. 2 EWG-V führt schließlich auch zu einer merkwürdigen „Zweigleisigkeit" der Rechtsangleichung bzw. zu einer „EG-Harmonisierung der zwei Geschwindigkeiten". Denn sofern es richtig ist, daß der Binnenmarktbegriff sich nur im engen Sinne auf die rein wirtschaftliche Integration bzw. den Freihandelsverkehr bezieht, würde dies zur Folge haben, daß alle übrigen Rechtsangleichungsmaßnahmen unter Artikel 100 EWG-V bzw. die jeweiligen Spezialvorschriften fallen. Diese würden somit im Ergebnis zwangsläufig nach der bisher praktizierten Rechtsangleichungsmethode zu behandeln sein. Solange somit der 5. gesellschaftsrechtliche Richtlinien Vorschlag die Mitbestimmung der Arbeitnehmer miteinbezieht, besteht schon aufgrund des Artikels 100a Abs. 2 EWG-V keine Chance, daß dieser Entwurf nach der neuen Rechtsangleichungsstrategie zu behandeln wäre. Auch aus diesem Gesichtspunkt heraus bietet sich wieder die Überlegung an, die Mitbestimmungsthematik insgesamt in eine besondere Richtlinie einzustellen. Dies würde ggf. dazu führen, daß der europäische Gesetzgeber die Strukturrichtlinie sogar auf die Rechtsgrundlage des Artikels 100a EWG-Vertrag stellen könnte, sofern die dort genannten Voraussetzungen gem. Abs. 1 erfüllt sind. Insgesamt wäre allerdings zu überlegen, ob die sich in den Artikeln 8 a und 100 a, 100 b EWG-V abzeichnende neue Rechtsangleichungsstrategie generell auf sämtliche Rechtsangleichungsprojekte und somit auch auf diejenigen, die nach wie vor unter Artikel 100 EWG-V fallen, zu beziehen wären. Denn nur so könnte man von einem generellen Umdenkungsprozeß im Bereich der Rechtsangleichung sprechen. Hierbei wird es insbesondere darauf ankommen müssen, inwieweit es möglich ist, in den Bereichen der Identifikation, der Inhaltsgestaltung sowie der Ingeltungsetzung Kriterien zu entwickeln, die eine eindeutigere Bestimmung von Angleichungsprojekten möglich machen. Im Identifikationsbereich ist es m. E. sinnvoll, Problembezugspunkte zu benennen. Diese ergeben sich zunächst aus dem Integrationsgebot des EWG-Vertrags. Darüber hinaus 122 Vgl. Müller-Graff, a.a.O. S. 129; vgl. zur Negativ- und Positiv-Integration auch Reich, N., Schutzpolitik in der Europäischen Gemeinschaft im Spannungsfeld von Rechtsschutznormen und institutioneller Integration (1988), S. 20ff.; ders., Förderung und Schutz diffuser Interessen durch die Europäischen Gemeinschaften (1987), S. 42 und S. 157 ff.

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1. Kap.: Rechtsangleichungsprobleme

sind aber auch Problembezüge mit in die Betrachtung einzubeziehen, die erst aus dem primären Angleichungsprojekt resultieren. Im Bereich des Gesellschaftsrechts würde dies bedeuten, daß man nicht nur die rein funktionelle Zusammenarbeit zwischen den europäischen Unternehmen ermöglichen und erleichtern muß, vielmehr sind die daraus entstehenden Konflikte verschiedenster Personengruppen mitzuberücksichtigen (Aktionäre, Gläubiger, Arbeitnehmer, öffentliches Interesse). Eine ganz andere Frage ist es wiederum, ob diese Konflikte direkt in das jeweilige Angleichungsprojekt miteinzubeziehen sind, oder ob diese Konflikte wiederum eigenständige Angleichungsprojekte nach sich ziehen. Der zweiten Schritt im Bereich der Identifikation würde darin bestehen, den herausgestellten Normbereich rechtsvergleichend umfassend zu untersuchen. Erst dann wird es möglich sein, Schlußfolgerungen über das Angleichungsmaß und die im einzelnen zu bestimmende Angleichungstechnik zu treffen. Erste Anhaltspunkte für eine „problemspezifisch" angelegte Rechtsangleichung finden sich bereits in den Richtlinien über Massenentlassungen sowie in der Vredeling-Richtlinie 123 . 3. Zwischenergebnis

Es ist sinnvoll, bei der Auslegung von Art. 3 h, 100,100 a, b, 54 I I I g EWGV eine Neubestimmung der Rechtsangleichungsmethode unter Ausarbeitung einer problemorientierten Rechtsangleichungstheorie zu wagen. Somit geht es nicht um die Begrenzung i. S. einer Redogmatisierung der Rechtsangleichungsgebote des EWG-Vertrags. Sofern es richtig ist, daß im Gegensatz zur Theorie der funktionellen Integration in einer Zeit zunehmender Konflikte in der Gesellschaft politische Interventionen der EG in den wirtschaftlichen Integrationsprozeß notwendig werden, ist auch die Rechtsangleichung diesem Prozeß anzupassen. Hieraus läßt sich die These ableiten, daß Rechtsangleichung sich nicht restriktiv auf diejenigen Regeln beschränken darf, die per se den Marktpartnern eines europäischen Binnenmarktes höchstmögliche Bewegungsfreiheiten gewährleistet. Rechtsangleichungsrationalität ist in einer politischen Gemeinschaft nur über eine Rechtsangleichung zu erreichen, die auch soziale Konflikte zu berücksichtigen imstande ist. Damit ist Rechtsangleichung aber auch mehr als reine Interessenangleichung. Dies wird die folgende Untersuchung zu beweisen haben.

123 Vgl. Richtl.EG v. 14.2.1977 über die Wahrung von Ansprüchen der A N beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen (77/187), Abl.EG Nr. L 61 v. 5.3.1977, S. 26ff.; sowie Komm.EG, Veränderter Vorschlag einer Richtlinie über die Information und Konsultation von Arbeitnehmern in komplexen und insbesondere transnationalen Unternehmen — Vredeling Richtlinie, in: Abl.EG C 217/3 v. 12.8.1983, sowie Pipkorn, J., The draft directive on procedures for informing and consulting employees, in: 20 E M L R 1984, S. 725 ff.

2. Kapitel

Rechtsvergleich I. Das Bezugsproblem Ein internationaler Sachverhalt ist Ausgangspunkt jeder Rechtsangleichung i.S. des EWG-Vertrags. Denn die Gerechtigkeit und die für den grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr wesentliche Rechtssicherheit und Rechtsklarheit drängen in solchen Fällen zu einer gemeinsamen, für alle Beteiligten gleichen bzw. gleichwertigen Regelung des Sachverhalts, zu einer Sachrechtsangleichung1. Dieser liegt dann vor, wenn er typischerweise über die nationalen Grenzen eines Staates hinausgreift und keinen besonderen Schwerpunkt in einem der beteiligten Staaten hat. Auf welchen internationalen Sachverhalt kann sich die hier zu erörternde Strukturrichtlinie stützen? M i t der Errichtung des Gemeinsamen Marktes und binnenmarktähnlichen Verhältnissen zwischen den Mitgliedstaaten soll der Waren-und Zahlungsverkehr, der Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr wesentlich erleichtert werden. Obgleich internationalen Fusionen oder die Gründung europäischer Gesellschaften bislang und auch in nächster Zukunft noch nicht möglich sein werden, konnten sich eine Vielzahl nationaler Unternehmen über alternative gesellschaftsrechtliche Konstruktionen (ausländische Tochtergesellschaften, Filialen, vertragliche Gleichordnungskonzerne, Parallelgesellschaften, Konsortialverträge etc.) die Vorteile des europäischen Marktes zunutze machen2. Bereits 1969 gab es ca. 4.000 Unternehmen mit ausländischen Tochtergesellschaften, Filialen oder anderen gesellschaftsrechtlichen Konstruktionen in Europa. Diese vereinigten nahezu 14.635 abhängige Firmen auf sich. 59 europäische Unternehmen erzielten bereits 1971 einen Umsatz von mehr als 1 Mrd.U.S.S. Die Wachstumsrate von Direktinvestitionen europäischer Unternehmen betrug zwischen 1967-71 um die 55%. Die Produktion aller Auslandsniederlassungen von EWG-Unternehmen wurde 1971 auf 100 Mrd. US.$ geschätzt3. Durch die supranationale Verschachtelung und Konzentration 1

Vgl. Schmeder, W., Die Rechtsangleichung als Integrationsmittel der Europäischen Gemeinschaft, S. 14 mit weiteren Verweisungen. 2 Vgl. Lutter, M., Empfehlen sich für die Zusammenfassung europäischer Unternehmen neben oder statt der europäischen Handelsgesellschaft und der internationalen Fusion weitere Möglichkeiten der Gestaltung auf dem Gebiete des Gesellschaftsrechts?, Gutachten H für den 48. DJT, München 1970, S. 91 ff. 3 Vgl. Facharbeitsgruppe transnationale Kooperation, Steuerharmonisierung, Möglichkeiten und Grenzen einer Europäischen Union, S. 18.

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. Kap.: R e c h t s g l e i c h

europäischer Unternehmen sind zwar die von der Kommission angestrebten industriepolitischen Zielbestimmungen ein großes Stück vorangetrieben worden (größeres Innovations- und Investitionspotential, Konkurrenzfähigkeit gegen nicht-europäische Großunternehmen), doch traten vollkommen neue Konflikte auf (Minderheitsaktionäre, Arbeitnehmer, Gläubiger, Verbraucher, Wettbewerber, Staaten)4. Die nationalen Rechtssysteme können diesen Sachverhalten aufgrund ihrer territorialen Eingebundenheit nur zum Teil gerecht werden. Für eine unternehmensverfassungsrechtliche Richtlinie ist es somit sinnvoll, den funktionalen Problembezugspunkt auch auf diese Konflikte zu konzentrieren. Im folgenden sollen beispielhaft einige Probleme der genannten Bezugsgruppen herausgearbeitet werden. Der rechtsvergleichende Teil konzentriert sich dann auf die rechtliche Behandlung sozialer Konflikte auf Unternehmensebene. II. Sozialkonflikte — Die europäische Dimension 1. Die Arbeitnehmer

Fall 1: Das Unternehmen A K Z O vollzog 1972 Massenentlassungen in Belgien anstatt wie zunächst geplant, in der BRD und den Niederlanden. Das belgische Recht kannte zu diesem Zeitpunkt keine besonderen Voraussetzungen für Entlassungen in dieser Größenordnung und verlangte lediglich gewisse Abfindungssummen. Fall 2: Die Enka, Tochtergesellschaft Kassel (Muttergesellschaft in den Niederlanden) sollte zwecks Rationalisierungsmaßnahmen des Gesamtkonzerns stillgelegt werden. Die Arbeitnehmer waren zu entlassen, die Produktion zu verlagern. Die Arbeitnehmervertretung des Kasseler Unternehmens wurde erst im letzten Augenblick unterrichtet. Eine Einflußnahmemöglichkeit auf die unternehmenspolitischen Entscheidungen bestand nicht, da sich der Ort der Gesamtkonzernpolitik grenzüberschreitend auf die Niederlande konzentrierte. Eine frühzeitige Information und Einflußnahme über die niederländischen Arbeitnehmer des Gesamtunternehmens kam nicht zustande, da keine konzerninternen und grenzüberschreitenden Arbeitnehmerkontakte, geschweige denn Gremien bestanden. Fall 3: Die deutsche VFW GmbH und die niederländische Fokker N.V. verbanden sich über eine Zentralgesellschaft. Die Organe der Zentralgesellschaft VFW-Fokker mbH mit Sitz in Düsseldorf wurden paritätisch mit Niederländern und Deutschen besetzt. Eine Mitbestimmung der Arbeitnehmer bestand nach der ursprünglichen Regelung für die Zentralgesellschaft nicht. Gegen diese Ausgestaltung der Zentralgesellschaft erhob die Industriegewerkschaft Metall Klage auf Feststellung, daß die Zentralgesellschaft einen Aufsichtsrat i.S. des §7 MitbestG 76 zu bilden habe. Desweiteren sei die 4 Vgl. u.a. auch Weitzig, Joachim K , Gesellschaftsorientierte Unternehmenspolitik und Unternehmensverfassung, S. 17 ff. der einige Aspekte gesellschaftlicher Ansprüche an ein Unternehmen zusammenfaßt.

II. Sozialkonflikte - Die europäische Dimension

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Zentralgesellschaft Obergesellschaft für den vorliegenden Konzern. Gem. § 5 1 MitbestG 76 seien zumindest die Arbeitnehmer der inländischen Konzernunternehmen der Zentralgesellschaft zuzurechnen, die damit mehr als 2.000 Arbeitnehmer i. S. des § 1 MitbestG 76 beschäftigen würde. Das L G Düsseldorf gab der Klage statt 5 . Neben der Arbeitnehmerzurechnung zur Zentralgesellschaft vertrat es die Auffassung, daß ein internationaler Konzern der Anwendbarkeit des deutschen Mitbestimmungsgesetzes nicht entgegenstehe. Zwar schließe sich eine Mitbestimmung der ausländischen Arbeitnehmer hinsichtlich der Wahlbeteiligung zum deutschen Aufsichtsrat aus, doch sei den deutschen Arbeitnehmern eine Mitbestimmung im Aufsichtsrat der Zentralgesellschaft zuzusprechen. Die Geltungsbeschränkung des MitbestG leite sich aus dem Territorialitätsprinzip ab. Das Modell VFW-Fokker hat sich nicht bewährt, es wurde insbesondere aus „unternehmensfunktionellen" Gründen 1979 wieder aufgehoben 6 . Die Fälle erlauben einen ersten Einblick in neuartige Konfliktsituationen für Arbeitnehmer, sofern es sich um Unternehmen handelt, die aufgrund ihrer weitverzweigten Unternehmenstätigkeit in verschiedenen Mitgliedstaaten operieren 7 . Der Fall A K Z O führte zu einem Ausspielen verschiedener Rechtsordnungen gegeneinander. Dabei kann dem Unternehmen noch nicht einmal ein besonderer Vorwurf gemacht werden, da es die notwendigen Rationalisierungsmaßnahmen nach Kostengesichtspunkten durchführte. Es wäre zum Anfall hoher Transaktionskosten gekommen, wären die Entlassungen wie geplant in Ländern erfolgt, in denen höhere Sozialkosten entstehen. Die EG reagierte 1975 mit einer Richtlinie über Massenentlassungen auf diese Rechtsunterschiede 8. Die auf Art. 100 EWGV fußende Richtlinie sieht ein Konsultationsverfahren für Arbeitnehmer (Art. 2) sowie eine Anzeigepflicht (Art. 3) vor. Damit erhalten die Arbeitnehmer allerdings noch keine Möglichkeit, schon frühzeitig auf den Entscheidungsprozeß der Unternehmensspitze Einfluß zu nehmen. Selbst in Fällen, in denen neben diesem EG-einheitlichen Konsultations- und Anzeigeverfahren umfangreiche Arbeitnehmervertretungen bestehen, ist für eine frühzeitige Information und Kontaktaufnahme mit einer ausländischen Konzernspitze noch immer nicht gesorgt. Dies offenbart Fall 2. Die Arbeitnehmer haben national gesehen zwar in bezug auf das Unternehmen in dem sie arbeiten alle Rechte, die ihnen aus einschlägigen Schutzgesetzen zustehen.Doch bedeutet dies keinen Schutz gegen 5

Vgl. L G Düsseldorf DB 1979, S. 1451 f. Zu den Gründen im einzelnen vgl. Bayer, W.F., Horizontal Groups and Joint Ventures in Europe: Concepts and Reality, in: Hopt, K.J., Groups of Companies in European Law-Les groupes de sociétés en droit européen, S. 3 (11). 7 Zum Pro und Contra vgl. auch Handelskammer Hamburg, Wie gefahrlich sind Multinationale, S. 63; sowie Kommission EG, Die multinationalen Unternehmen und die Gemeinschaft, S. 19 ff. 6

8 Vgl. Richtlinie des Rates vom 17. Dezember 1975 (75/129/EWG) in: Abl.EG Nr. L 48/29 vom 22.2.1975.

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eine italienische Konzernspitze, die das deutsche Unternehmen erst sehr spät mit den getroffenen Entscheidungen konfrontiert. Hoffnungen auf gemeinsame Gegenmachtstrategien oder Solidaritätsmaßnahmen dürften ein frommer Wunsch bleiben, solange zwischen den verschiedenen nationalen Arbeitnehmerschaften große ideologische Unterschiede bestehen. Auch wird man kaum erwarten können, daß sich ζ. B. im Falle A K Z O ein deutscher Arbeitnehmer mit seinen belgischen Kollegen solidarisch erklärt, könnte er doch selbst im Nachherein von der geplanten Massenentlassung betroffen werden 9 . Fall 3 behandelt aus deutscher Sicht das Problem der Abschwächung mitbestimmungsrechtlicher Regelungen im internationalen Konzernverbund und die Beschränkung mitbestimmungsrechtlicher Regelungen auf das nationale Territorium 10 . Zwar erhalten die deutschen Arbeitnehmer aufgrund der Entscheidung des LG-Düsseldorf eine Vertretungs- und Mitbestimmungsmöglichkeit im Aufsichtsrat der Zentralgesellschaft i. S. des deutschen MitbestG 76, doch entfallt für die niederländischen Arbeitnehmer ein entsprechendes Recht, obgleich ein dem deutschen Mitbestimmungsrecht ähnliches Modell in den Niederlanden besteht. Stellen wir uns den umgekehrten Fall vor: Die Zentralgesellschaft befindet sich in den Niederlanden. Wenden wir das Urteil des LGDüsseldorf entsprechend an, erhalten zwar die niederländischen Arbeitnehmer ein Mitbestimmungsrecht i.S. des niederländischen Systems, die deutschen Arbeitnehmer wären jedoch auf ihr betriebliches Mitbestimmungsrecht in den deutschen Betriebsgesellschaften beschränkt. Ein ähnliches Ergebnis erzielen sog. Parallelgesellschaften. Auch in bezug auf internationale Beherrschungsverträge, deren Zulässigkeit nach deutschem Aktienrecht schon deshalb angenommen wird, als die Kontrolle eines faktischen Konzerns noch schwieriger fallen dürfte 11 , ist eine Schwächung der Mitbestimmungsrechte zu verzeichnen. Hoffmann bejaht hinsichtlich der Auswirkung von § 308 deutsches A k t G zu Recht die Frage der Anwendbarkeit der §§293-310 A k t G auf ausländisch herrschende Gesellschaften. Der Beherrschungsvertrag sei ein „Organisationsvertrag", „der die körperschaftliche Verfassung der unterworfenen Gesellschaft betrifft und zu ihrem Personalstatut gehört ,, 1 2 . Die Regelung des § 308 A k t G sieht vor, daß der Vorstand der abhängigen Gesellschaft, der im Rahmen einer Weisung der herrschenden Gesellschaft ein bestimmtes Geschäft vorzunehmen hat, zunächst den Aufsichtsrat zwecks Zustimmung anrufen muß. Im Falle der Verweigerung kann die herrschende Gesellschaft die Weisung ohne Anhörung des Aufsichtsrates wiederholen. Hat die herrschende Gesellschaft selbst einen 9 Vgl. zum Problem internationaler Gegenmacht und Solidarität Davies, P.L., Labour Law and Multinational Groups of Companies, in: Hopt, K.J., a.a.O., S. 208 (213ff.). 10 Vgl. Hoffmann, H., Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Gesellschaftsorganen und grenzüberschreitenden Zusammenschlüssen in der Europäischen Gemeinschaft, S. 101 ff. und S. 137ff.; sowie Grossfeld, B., Praxis des internationalen Privat- und Wirtschaftsrechts, S. 156 f. 11 Vgl. Wiedemann, H., Gesellschaftsrecht Bd. 1, § 14 I I I 2, S. 805. 12 Vgl. Hoffmann, H., a.a.O., S. 118.

II. Sozialkonflikte - Die europäische Dimension

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Aufsichtsrat, muß dieser allerdings zustimmen. Liegt nunmehr die herrschende Gesellschaft nach erfolgter Fusion im Ausland, entfallt eine Mitbestimmungsmöglichkeit der Arbeitnehmer, da eine Konzernmitbestimmung bei ausländischen Unternehmen nach ganz überwiegender Meinung nicht in Betracht komme 13 . Neben der individuellen (Kündigung im Falle von Massenentlassungen) und organisationsbezogenen (Mitbestimmung und Information der Arbeitnehmervertretungen) Betroffenheit, wird sich der Arbeitnehmer z.B. nach durchgeführten Produktions- und/oder Unternehmensverlagerungen sowie den damit einhergehenden Freisetzungen großer Arbeitnehmerzahlen, mit ζ. T. gravierenden Krisensituationen auf regionalen Arbeitsmärkten konfrontiert sehen. Zwar können Arbeitnehmer i. R. der Grundfreiheiten des Gemeinsamen Marktes ihre Arbeitsplatzwahl auf das gesamte EG-Gebiet erstrecken, doch entstehen bezüglich sog. Wanderarbeitnehmer (Art. 118 EWGV) erhebliche Integrationskonflikte in den jeweiligen Gastländern (fehlende soziale Infrastrukturen, Sprache, Familientrennung etc.) 14 . 2. Gewerkschaften

Hier kann an die Fallgestaltungen im vorigen Kapitel angeknüpft werden. Die dort herausgearbeiteten Konflikte treffen nicht nur den individuellen Arbeitnehmer, sondern auch die für ihn tätigen Gewerkschaftsvertreter innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Ein immer wiederkehrender Vorwurf bezieht sich auf die Unterwanderung nationaler Tarifpolitik durch die hier zur Debatte stehenden Unternehmen. Obgleich die Tochtergesellschaft einer ausländischen Konzernmutter dem jeweiligen nationalen Tarifrecht unterliegt, wird die Verhandlungsfähigkeit der Gewerkschaften durch die Tatsache erheblich eingeschränkt, daß sich das eigentliche Entscheidungszentrum des Gesamtunternehmens außerhalb der Landesgrenzen befindet. Geringe Kompetenzzuweisungen an die Leitung der nationalen Tochter und mangelnde Informationsflüsse verhindern weiterreichende Tarifabschlüsse. Großunternehmen können das nationale Lohnniveau auch durch Zahlung überhöhter Löhne und Gehälter unterlaufen 15 . Trotz dieser Internationalisierung der Unternehmensstrukturen haben sich bis heute noch keine entsprechenden internationalen bzw. europäischen Gewerkschaftsstrukturen entwickelt. Dies ist einerseits auf unterschiedliche nationale Gewerkschaftsstrukturen, Organisationsgrade und Interessenvertretungs13

Ebenda, S. 131 ff. Vgl. Beutler, B./Bieber, R./Pipkorn, J./Streil, J, Die Europäische Gemeinschaft — Rechtsordnung und Politik, S. 288 f. 15 Vgl. Handelskammer Hamburg, a.a.O., S. 69; Däubler, W., Das Grundrecht auf Mitbestimmung, S. 458; Nagels, K.H./Sorge, Α., Industrielle Demokratie in Europa, S. 47. 14

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systeme zurückzuführen. Andererseits bestehen aber auch weitgehende ideologische Widersprüche zwischen den nationalen Gewerkschaften. So lassen sich beispielsweise nur sehr schwer Gemeinsamkeiten zwischen deutschen Einheitsgewerkschaften und der französischen CGT oder entsprechenden italienischen Gewerkschaften herstellen, die neben dem Wohl der Arbeitnehmer auch die Systemüberwindung anstreben. Trotz bestehender Gegensätze führten in den letzten Jahren Ansätze internationaler gewerkschaftlicher Gegenmacht zum Versuch, die gewerkschaftlichen Organisationsspitzen in europäischen Dachverbänden zusammenzufassen 16. Daneben wird der Versuch unternommen, bestehende nationale Arbeitnehmerorganisationen in bezug auf bestehende Sachprobleme besser zu koordinieren (Fachausschüsse, Informations- und Erfahrungsaustausch, gemeinsame Forderungskataloge) 17. Ein europäisches Gewerkschaftsinstitut vergibt in jährlichen Berichten einen Überblick und Einzelinformationen über die Tarifpolitik in den Mitgliedstaaten 18 . 3. Öffentliche Interessen

Den bislang behandelten Gruppenkonflikten ist eine Gruppe gegenüberzustellen, die auf den ersten Blick wenig mit unternehmensverfassungsrechtlichen Fragen zu tun zu haben scheint. Es handelt sich dabei um die sog. öffentlichen Interessen. Die Diskussion um diesen Begriff ist sehr vielschichtig und undurchsichtig 19 . Teile des Schrifttums bemühen ihn als ein nicht näher zu spezifizierendes Ordnungselement. Er sei allgemein auf den Bestand einer friedlichen sozialen Ordnung, auf die Wahrung der Würde und Ehre des Menschen ausgerichtet 20. Die Formel vom „allgemeinen Interesse" soll einer Ausrichtung auf bestimmte Gruppen dienen, die funktional mit dem Unternehmen in Beziehung stehen. Das Kriterium des Einbezugs öffentlicher Interessen wird in der gesellschaftspolitischen oder öffentlichen Bedeutung einer Unternehmenseinheit gesehen, die damit neuen Legitimationsanforderungen und einer neuen Verantwortungsstruktur zuzuführen sei 21 . Die vorgenommene

16

Vgl. Nagels, K.H./Sorge, Α., a.a.O., S. 52; sowie im Überblick Schwaiger, K . / Kirchner, E., Die Rolle der Europäischen Interessenverbände, S.47ff.; Würtenberger, Th., Die Verbändeproblematik aus europarechtlicher und integrationstheoretischer Sicht, in: Meesen, K.M., Verbände und europäische Integration, S. 29ff.; Föhr, H., Gewerkschaften und europäische Integration, in: Meesen, K.M., a.a.O., S. 103 (109). 17 Vgl. Europäischer Gewerkschaftsbund, Tätigkeitsbericht des Europäischen Gewerkschaftsinstituts, 1978. 18 Vgl. Europäisches Gewerkschaftsinstitut, Tarifverhandlungen in Westeuropa 19801981 und die Aussichten für 1982. 19 So schon Steinmann, H./Gerum, E., Reform der Unternehmensverfassung, S. 57; Abeltshauser, Th.E., Unternehmensbegriff und öffentliches Interesse, S. 68 ff. 20 Vgl. Unternehmensrechtskommission, Bericht 1980, S. 138. 21 Vgl. auch Kommission EG, Statut für eine europäische AG, Bull.EG Beilage 4/ 75 zu §74 a.

II. Sozialkonflikte - Die europäische Dimension

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Differenzierung zwischen allgemeinen- und öffentlichen Interessen erscheint mir allerdings als fruchtloses Wortspiel, da weder der eine noch der andere Begriff eine wesentliche Konkretisierung des damit Gemeinten anbietet. Insofern werde ich im folgenden nur noch den Begriff der öffentlichen Interessen benutzen. Im folgenden sind einige typische Konflikte hervorzuheben, die häufig unter den Begriff des öffentlichen Interesses subsumiert werden. Dies soll aber nicht zu dem Irrtum Anlaß geben, der Verfasser erhebe Anspruch auf umfassende Integration dieser Interessengruppen in die Willensbildungsstruktur eines Unternehmens. Verbraucherinteressen können durch die Internationalisierung der Unternehmenstätigkeit in vielen Bereichen negativ berührt werden. Dies zeigt sich beispielsweise im Bereich der Sicherheits- und Qualitätsstandards französischer Fahrradhersteller, die ihre Produkte nach Deutschland exportieren. Den deutschen Importeur treffen keine besonderen Prüfungspflichten hinsichtlich der Produktsicherheit, da die Räder in einem der sechs ursprünglichen EWGMitgliedstaaten hergestellt wurden 22 . Ebenso sind Fragen im Qualitätsbereich angesprochen. Der freie Warenhandel in der EG kann dazu führen, daß Produkte aus einem Herstellerland zugelassen werden müssen, dessen Qualitätsstandards weit unter denen des Absatzlandes liegen (Einfuhr von Fruchtlikören — Cassis de Dijon — 2 3 , unterschiedliche nationale Vorschriften über die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung von Zubereitungen gefährlicher Stoffe) 24 . Weitere Probleme treten in Verbindung mit allgemeinen Geschäftsund Lieferbedingungen zwischen europäischen Unternehmen und Verbrauchern auf. Wettbewerb: Europäische Unternehmen sind mittels Diversifikationen und regionaler Dezentralisation ihrer Aktivitäten in der Lage, Störungen und Verluste auf Teilmärkten auszugleichen. Risikoausgleich und finanzielle Ausstattung ermöglichen es ihnen, vorübergehend in einzelnen Sparten oder Regionen verlustbringende Strategien zu verfolgen, um Konkurrenten gegebenenfalls qua ruinösem Wettbewerb auszuschalten25. Staaten und Regionen: Das Verhalten großer Unternehmen kann schwerwiegende Auswirkungen auf die allgemeine Wirtschaftspolitik eines Mitgliedstaates oder einer bestimmten Region haben. Unvorhergesehene Schließungen und 22

Vgl. BGH DB 1980, S. 775 (Klapprad). Vgl. EuGH RS Nr. 120/78 Rewe-ZentraleAG / Bundesmonopolverwaltung für Branntwein; dazu auch Rabe, HJ., Garantien und Sicherung des freien Warenverkehrs im Lichte der neuen Rechtsprechung des EuGH — Cassis de Dijon und die Folgerechtsprechung, in: Schwarze, J., Das Wirtschaftsrecht des Gemeinsamen Marktes in der aktuellen Rechtsentwicklung, S. 41 ff. 23

24 Vgl. EuGH RS Nr. 148/78 Publico Ministero gegen Ratti; vgl. auch Kommission EG, Politik zum Schutz und zur Unterrichtung der Verbraucher, 3. Bericht 1981, S. 30f. 25 Vgl. Facharbeitsgruppe transnationale Kooperation, Steuerharmonisierung, a.a.O., S. 25; S. 39f.

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Unternehmensverlagerungen können tiefgreifende Krisensituationen auf nationalen Arbeitsmärkten und im sozialstaatlichen Versorgungssystem hervorrufen. Die Versorgungssituation kann insbesondere in Randgebieten gefährdet werden. Im Hinblick auf Investitionsanreize wird es großen Unternehmen möglich, einzelne Regionen im Tauziehen um Direktinvestitionen gegeneinander auszuspielen 26 . Ebenso kann über kurzfristig disponible Finanzmittel großer Unternehmen die nationale Geld- und Kreditpolitik eines Mitgliedstaates erheblich gestört werden. Die Verschiebung der Zahlungsziele, Veränderungen des Eigenund Rotationskapitals sowie Preismanipulationen im grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehr führen zur Umgehung von Kapitalverkehrskontrollen. 4. Zusammenfassung

Die Untersuchung verdeutlicht, vor welche Aufgaben sich die nationalen und insbesondere der europäische Gesetzgeber im Hinblick auf die Internationalisierung der Unternehmenstätigkeit gestellt sehen. Neben der weiteren Entwicklung und Koordination gemeinschaftlicher und nationaler Strategien kommt auch dem Gebiet der unternehmensrechtlichen Rechtsangleichung diesbezüglich wesentliche Bedeutung zu. Die Angleichung nationaler Konfliktlösungsregeln kann zu einer gleichmäßigen Behandlung der aufgeführten Sozialkonflikte über die Grenzen führen. Damit verhindert man zugleich das Ausspielen verschiedener Rechtsordnungen gegeneinander. Den Unternehmen sowie den betroffenen Interessengruppen wird ein höheres Maß an Rechtssicherheit im europäischen Raum geboten. Zugleich eröffnet sich die Chance, Rechtsangleichung auf bestimmte Sachverhalte zu konzentrieren. Dies gibt zu der im weiteren Verlauf zu belegenden These Anlaß, daß es ein Schwerpunkt unternehmensverfassungsrechtlicher Rechtsangleichung sein muß, sich auf die herausgestellten Sozialkonflikte zu beziehen. Bei konkreten Normvorschlägen muß allerdings beachtet werden, daß auch zwischen den Interessengruppen wesentliche Differenzen bestehen können. Die Arbeitnehmer plädieren beispielsweise für die Erhaltung von Arbeitsplätzen, während im Interesse anderer gesellschaftlicher Gruppen eine Beschleunigung des wachstumsfördernden Strukturwandels erforderlich ist. Dies kann aber wiederum sektorale Freisetzungen von Arbeitnehmern bedeuten, die sodann in anderen, dynamischeren Sektoren Arbeit finden müssen. Möglichkeiten und Chancen einer solchen Richtlinie hängen aber entscheidend von den beteiligten nationalen Rechtsordnungen in ihrer Offenheit für entsprechende Regelungen ab. Der rechtsvergleichende Abschnitt widmet sich somit im folgenden vornehmlich folgenden Fragen: 26

Vgl. auch OECD, Prix de Transfert et enterprise multinationales, 1979, S. 9ff.; dies. Reéxamen de la declaration et des decisions de 1976 concernant les principles directeurs a l'intention des enterprise multinationales, le traitement national, les stimulants et obstacles aux investissment internationaux, les procedures de consultation, 1976, S. 18ff.

III. Rechts vergleich einzelstaatlicher Vorschriften

1. Wie behandeln die unternehmensverfassungsrechtlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten, soweit vorhanden, Sozialkonflikte? 2. Lassen sich Gründe für unterschiedliche Konfliktstrategien und Schwerpunktbildungen der nationalen Gesetzgeber benennen? 3. Handelt es sich bei den unternehmensverfassungsrechtlichen Vorschlägen des veränderten Richtlinienvorschlags um national bereits vorhandene Systeme, die nunmehr auf europäischer Ebene festgeschrieben werden? 4. Ist diese Angleichungsmethode angesichts der großen nationalen Unterschiede in diesem Bereich sinnvoll? 5. Lassen sich aus dem Rechtsvergleich direkte Alternativen benennen?

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften Der Rechtsvergleich kann sich nicht formal auf die Vertretung bestimmter Interessen in den Gesellschaftsorganen beschränken, da dies unzulässige Verkürzungen nach sich ziehen würde. Eine umfassende Erörterung bestehender Verhandlungssysteme im und außerhalb des Unternehmens ist ebenso wenig leistbar. Insofern beschränkt sich die Untersuchung auf Regelungen, die das Unternehmen als Einheit in seiner inneren Struktur und in bezug auf die relevanten Interessenkonflikte berühren sowie auf unternehmensnahe Regelungen (Unternehmenstarifvertrag), die in einigen Ländern eine wesentliche Rolle i.R. industrieller Beziehungen spielen. „Supervisory board co-determination cannot be discussed seperately from the co-determination rights of works councils"..."and from trade union structure". ..."and that the three are closely linked functionally as well as structurally (together) and have to be seen as elements of an integrated system of representation in the enterprise" 27 .

1. Der angel-sächsische Rechtskreis

1.1. Großbritannien Seit dem EG-Beitritt Großbritanniens und Irlands gewann die europäische Rechtsangleichung und Vereinheitlichung erheblich an Komplexität. Die einzelnen Vorhaben sind mit der, stark von kontinentaleuropäischen Rechtssystemen abweichenden common law- oder genauer common/equity-law-Tradition abzustimmen. 27

Vgl. Streeck, W., Co-Determination: The Fourth Decade, in: International Yearbook of Organizational Democracy Vol. II, „International Perspectives of Organizational Democracy", 1984; vgl. ähnlich Simitis, S., Workers Participation in the Enterprise — Transcending Company Law?, in: 38 Modern Law Review 1975, S. 1 (7).

. Kap.: R e c h t s g l e i c h

Die einsetzende Industrialisierung des 19. Jahrhunderts, die damit einhergehenden politischen und sozialen Krisen sowie der Einfluß des „Benthamschen Utilitarismus" hinterließen deutliche Spuren in den Reformbewegungen, die das Common Law und die Equity-Regeln erfaßten. Das materielle Recht, das sich nur langsam aus dem case law entwickelte, wurde mehr und mehr durch eine moderne Sozialgesetzgebung ergänzt und überlagert 28 . Dieser Entwicklung konnte sich das britische Gesellschaftsrecht und das Recht der industriellen Beziehungen (industrial relations) nicht entziehen. Sowohl sozialpolitisch hochmotivierte Parteien (Labour) als auch Arbeitslosenzahlen, Inflation und steigende Preise gaben Anlaß zur Entwicklung eines „national industrial relation system" 29 . Dieses rückte zunehmend die hier herausgestellten Interessenkonflikte in den legislativen Aufgabenbereich 30. a) Unternehmensnahe Verhandlungssysteme Das „industrial relation system" entwickelte sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts auf der Grundlage des „collective bargaining" 31 . Dieses Verhandlungssystem der Sozialpartner entstand zunächst auf nationaler Ebene. Inhaltlich handelt es sich um materielle (Lohn, Arbeitsbedingungen, Kündigungsvoraussetzungen) und prozedurale Übereinkommen, die heute auch auf bestimmte Regionen beschränkt werden können. Das „collective bargaining-system" unterlag lange Zeit keinen besonderen Vorschriften. Der „Industrial Relations Act 1971 " machte zum ersten Mal den Versuch, entsprechende Rahmenregelungen aufzustellen, unter Sicherung gewerkschaftlicher Informationsrechte 32 . In diesem Gesetzeswerk sahen die britischen Gewerkschaften allerdings eher eine Neubelebung und Festschreibung restriktiver common law-Prinzipien 33 und boykottierten diesen Act geschlossen. Der „Trade Union and Labour Relations Act 1974" stellte den ursprünglichen Rechtszustand vornehmlich im kollektiven britischen Arbeitsrecht wieder her. Heute bildet das System der Kollektivverhandlungen ein überaus flexibles Konflitklösungsinstrument. Die sich auf nationale, regionale oder betriebliche Ebenen beziehenden Abkommen können eine Vielzahl von Themen aufgreifen. Dies führte in einzelnen Fällen bis zur 28 Vgl. grundlegend Zweigert, K. /Kötz, H., Einführung in die Rechtsvergleichung auf dem Gebiete des Privatrechts Bd. I, S. 227 (251). 29 Vgl. auch Winkler, J.T., Law, State and Economy: The Industry Act 1975 in Context, S. 103 (15 f.). 30 Vgl. Davies, Paul, Employee Representation on Company Boards and Participation in Corporate Planning, in: 38 The Modern Law Review 1975, S. 254. 31 Vgl. Davies, P., Codetermination by workers of decisions at plant and enterprise level in the UK;., in: Gamillscheg, F. u.a., Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Frankreich, Großbritannien, Schweden, Italien, den U.S.A. und der BRD, S. 61 (62). 32 Vgl. Nagels, K.H./Sorge, Α., a.a.O., S. 76. 33 Vgl. IDE, Industrial Relations in Europe, Wissenschaftszentrum Berlin I I M papers, 1979 Abschn. Großbritannien S. 7 VI.

III. Rechts vergleich einzelstaatlicher Vorschriften

5

Ausgestaltung einer de-facto Unternehmensverfassung (Glacier Metal Co.) 3 4 . Dies darf jedoch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, daß sich das britische System in diesem Punkt wesentlich von kontinentaleuropäischen Mitbestimmungsformen abhebt und insbesondere gewerkschaftliche Interessen favorisiert. Hierin manifestieren sich aber auch erste Anhaltspunkte für unsere These, daß der veränderte Richtlinienvorschlag insbesondere mit der Ausformung tarifvertragsrechtlicher Mitbestimmungsvereinbarungen sowie einer Arbeitnehmervertretung dem britischen System des „collective bargaining" entgegenkommen wollte. Dies zeigt sich auch anhand von Untersuchungen zur betrieblichen Verhandlungsebene. b) Betriebliche

Verhandlungsebene

Die sich seit 1910 entwickelnde Bewegung gewerkschaftlicher Verbindungsleute (shop stewards) erlebte nach dem 2. Weltkrieg einen neuen Aufschwung. Sie wurden zum Träger eines inoffiziellen Verhandlungssystems zwischen Arbeitnehmern und Kapital. „ I n such a process, agreement need never crystalize into a contract stabilizing terms and conditions of employment; collective bargaining would be a continual administrative process, not a periodic contractual process" 35 . Shop stewards übernahmen die Funktionen der alten Betriebsräte durch eine Verschmelzung der Konsultations- und Verhandlungssysteme36. In den 50er und 60er Jahren bestand die Hauptaufgabe der shop stewards in der Aushandlung von Lohntarifen auf Unternehmensebene, die i.d.R. 30% über dem nationalen oder regionalen Tarif lagen. Mit dem Aufkommen großer und weit verzweigter Unternehmen erfuhr die shop-steward Bewegung einen Funktionsverlust. Denn es stellte sich heraus, daß diese nichtinstitutionelle Form der, vornehmlich von Gewerkschaften bestimmten Vertretung, insbesondere gegenüber Einzelunternehmen ihre größten Wirkungen entfalten konnte. M i t dem Aufkommen staatlicher Lohnpolitik, Rezession und großer Arbeitslosigkeit verloren die shop stewards weiter an Gewicht. Öffentliche Interessen fanden in diesem System der betrieblichen Interessenvertretung keine besondere institutionelle Berücksichtigung.

34 Vgl. Kommission EG, Mitbestimmung der Arbeitnehmer und Struktur der Gesellschaften — Grünbuch, S. 102; sowie Hoffmann, H., a.a.O., S. 65. 35 Vgl. Summers, C.W. / Wellington, H.H., Cases and Material on Labour Law, S. 658. 36 Vgl. Kommission EG, Probleme und Aussichten der Tarifverhandlungen in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft, — Studien — Reihe Sozialpolitik, S. 111; so stoßen z.B. die Versuche im Hinblick auf die Bildung von company councils auf heftigen Widerstand des TUC, der nichts von einer nicht-gewerkschaftlichen Personalvertretung wissen will. Der Unternehmensrat von British Leyland besteht dementsprechend aus der Gesamtheit der Gewerkschaftsdelegierten.

5 Abeltshauser

2. Kap.: Rechtsvergleich

c) Verhandlungssysteme

auf Unternehmensebene

In Großbritannien entwickelte sich auch eine bemerkenswerte Diskussion um die „industrial democracy" auf unternehmenspolitischer Ebene 37 , von der man sich lange Zeit weitreichende Änderungen des britischen Unternehmensverfassungsrechts versprach. Hierbei ging es um die Frage der Berücksichtigung von Arbeitnehmer- und Gemeinwohlinteressen im unternehmenspolitischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß. „ A t present worker control over corporate decision-making is expressed primarily through joint regulation by representatives of the employees and of management as enshrined in the institutions of collective bargaining. However, it is generally accepted that the reach of collective bargaining is at present inadequate to embrace the process of corporate planning" 3 8 . Erste Beteiligungsformen für Arbeitnehmer entwickelten sich in nationalisierten Unternehmen. In der 1967 gegründeten British Steel Corp. wurde 1968 der erste Arbeitsdirektor für das „main board" ernannt. Seit 1972 werden Gewerkschaftsmitglieder und ihre Organisationen stärker in den Wahl- und Ernennungsakt für „worker-directors" einbezogen. Der privatwirtschaftliche Bereich wies dagegen keine entsprechenden Strukturen auf. In den Entscheidungen Park vs. Daily News, 1962 39 und Lenrho Ltd. vs. Shell 40 tauchten Fragen um die Definition des „Unternehmensinteresses" und um die Subsumtion der Kreditgeber unter diesen Begriff zum ersten Mal auf. „To whom are directors 4 trustees?" — dies war die entscheidende Frage, die vollkommen neue und z.T. aus kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen gewonnene Strukturvorschläge zur Legitimation und Selbstverantwortung privatwirtschaftlicher Unternehmen förderte. „Indeed it has become common form for them (directors') to declare that industry owes duties to employees, consumers and the nation, as well as to shareholders" 41 . Die „Liberal Party" forderte in diesem Zusammenhang die Einrichtung einer Arbeitnehmervertretung im Board. Erste konkrete Ansätze mitbestimmungsrechtlicher Strukturen enthielt der „Health and Safety at Work Act 1974". Dieser institutionalisierte „Committees" auf Betriebsebene, neben seinem beschränkten Anwendungsbereich enthält der Act jedoch keine weiteren Regeln zur Frage der Beteiligung an unternehmenspolitischen Entscheidungen und lehnt sich damit noch tendenziell an das „collecitv bargaining-system" an 4 2 . Der „Code of Practice on Safety Committees" enthält 37

Vgl. Gower, L.C.B./Cronin, J.B./Easson, A.J./Lord Wedderburn of Charleton, Principles of modern Company Law, S. 66 ff.; Lord Wedderburn of Charleton, The Legal Development of Corporate Responsibility, in: Hopt, K.J./Teubner, G., Corporate Responsibility and directors' duties, S. 1 ff. 38 Vgl. Davies, P., a.a.O., S. 255. 39 Vgl. Parke vs. Daily News Ltd. (1961) 1 W.L.R. 493; 105 S.J. 256. 40 Vgl. bei Lord Wedderburn of Charelton, a.a.O. 41 Vgl. Gower, L.B.C, u.a., a.a.O., S. 578; die in diesem Fall auf die Entscheidung Dodge vs. Ford Motor Co. (1919) 204 Michig. 459 hinweisen.

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

zwar auch keine Verhandlungsregeln, legt aber bestimmte Verhaltenspflichten fest. Der „Employment Protection Act 1975" enthält Vorschriften über Konsultations-, Verhandlungs- und Informationsrechte im Kündigungsfall. Erste Vorüberlegungen zur Mitbestimmung finden sich auf politischer Ebene in Vorschlägen der „Labour Party". Diese sprach sich für die Einrichtung eines Aufsichtsorgans auf Unternehmensebene aus: Die Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder sei von den Gewerkschaften zu benennen. Die Mitglieder des Aufsichtsorgans haben dem Unternehmensinteresse zu unterliegen. Ebenso schlug die TUC 1973 eine Aufsichtsratsstruktur für Gesellschaften mit mehr als 200 Arbeitnehmern vor. Der Vorschlag wurde jedoch auf dem folgenden Jahreskongreß dieser Gewerkschaft abgelehnt. Den interessantesten und wohl auch umstrittensten Vorschlag legte das „Committee on Industrial Democracy (Bullock Report)" vor 4 3 . Worker directors sollten danach in Parität zu den directors und den kooptierten allgemeinen directors nach der Formel 2X + Y vertreten sein. Diese Beteiligungsstruktur wurde für Unternehmen mit mehr als 2.000 Arbeitnehmern unter Einschluß von Holdings vorgeschlagen. Das Wahlsystem für die Arbeitnehmervertreter sollte sowohl an die „trade union machinery" als auch an ein „joint representation committee" der shop stewards angeschlossen werden. Die Verantwortlichkeit (duties) der directors war auf die Arbeitnehmervertreter auszudehnen. Rechte und Pflichten des boards sollten nicht durch die Satzung, sondern über das Gesetz bestimmt werden. Als Voraussetzung zur Einführung mitbestimmungsrechtlicher Strukturen war eine Urwahl der gesamten Arbeitnehmerschaft durchzuführen. Das Modell sollte nach einer fünfjährigen Probephase erneut erörtert werden. Der „minority report" lehnte die 2X + Y Formel für das Board System ab. Eine Arbeitnehmervertretung dieser Art könne allenfalls in ein neu zu schaffendes Aufsichtsorgan aufgenommen werden. Darüber hinaus sei zunächst ein funktionsfähiger Betriebsrat einzurichten 44 . Die Vorschläge fanden sowohl bei Arbeitgebern als auch bei Gewerkschaften keinen großen Wiederhall. Die Arbeitgeberseite befürchtete zu weitgehende Einflußnahmemöglichkeiten auf zentrale unternehmerische Entscheidungsprozesse. Die Gewerkschaften sahen sich der Gefahr eines zukünftigen Machtverlustes ausgesetzt. Participation is „largely irrelevant in the march to socialism" 45 . Darüber hinaus könne das historisch gewachsene shop-steward-system nicht durch ein fremdartiges Verhandlungssystem von heute auf morgen substituiert werden. Bislang konnte sich die Idee der worker directors in Großbritannien nicht durchsetzen und dürfte wohl auch in naher Zukunft nicht durchsetzbar sein. 42 43 44 45

5*

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Davies, P., a.a.O., S. 71 ff. Report of the Committee on Industrial Democracy, 1977. Gower, L.C.B, u.a., a.a.O., S. 74; IDE, a.a.O, S. 17f. IDE, a.a.O, S. 19.

2. Kap.: Rechtsvergleich

Dies manifestiert sich bis heute auch deutlich an der ablehnenden Haltung Großbritanniens zu den Mitbestimmungsprojekten der Europäischen Gemeinschaft. Das Gesellschaftsrecht öffnete sich im „Company Act 1980" bislang lediglich in sect. 46 I den Arbeitnehmerinteressen. Danach wird das „board of directors" auf die Berücksichtigung der Arbeitnehmerbelange neben denen der Gesellschaftsmitglieder verpflichtet 46 . Zusammenfassend zentriert sich das britische Recht somit im wesentlichen auf das System des „collective bargaining" im und außerhalb des Unternehmens. Dies sollte in seiner Effektivität allerdings nicht unterschätzt werden. Verhandlungssysteme bestehen auf allen gesellschaftlichen Ebenen und weisen neben einem hohen Flexibilitätsgrad eine große Anwendungsbreite auf. Die Gewerkschaften sichern sich über diese Systeme weitgehende Informations-, Beratungs-, Konsultations- und Kontrollmöglichkeiten. Ebenso nehmen die shop stewards insbesondere in Einzelunternehmen wesentlichen Einfluß auf unternehmensinterne Entscheidungen. Dies bestätigt zugleich unsere Annahme, daß sich die 5. Richtlinie offensichtlich mit der Variante tarifvertragsrechtlicher Mitbestimmungsformen, der AN-Vertretung und dem Board-System von britischen Rechts Vorstellungen hat leiten lassen. Kritisch ist anzumerken, daß diese Formen der Arbeitnehmervertretung zwar unter Berücksichtigung des Streikrechts erhebliche Gegenmacht bewirken können, doch ist letztere wiederum abhängig von der jeweiligen Machtstellung der einzelnen Gewerkschaftsorganisation. Diese könnte nunmehr über den Zusammenschluß einzelner Gewerkschaften gesteigert werden, doch dürfte beispielsweise auch die mächtige TUC gezwungen sein, ihr Verhandlungspotential in Zeiten ökonomischer Krisensituationen erheblich einzuschränken. Heffer konstatiert 47 , daß Gewerkschaften trotz ihres Einflusses auf den einzelnen Arbeitsplatz keinen a priori Einfluß auf unternehmenspolitisch wichtige Entscheidungen gewinnen können. Berücksichtigen wir auch den zunehmenden Funktionsverlust der shop stewards in Großunternehmen, ließe sich hier ein Indiz für die ambivalenten Stellungnahmen zur Mitbestimmung in Großbritannien ableiten. Obgleich einige Autoren neben den Anteilseigner- und Arbeitnehmern- bzw. Gewerkschaftsinteressen auch Konsumenten- und öffentliche Interessen berücksichtigt sehen wollen, dürfte dies in Großbritannien angesichts des gewerkschaftlichen Vertretungsmonopols kaum durchsetzbar sein.

46

Vgl. Prentice, D.D., Company Act 1980, S. 138 Rdn. 340. Vgl. Heffer, E.S., Industrielle Demokratie in England und EWG-Mitbestimmungentwürfe zum Gesellschaftsrecht — Anwendung auf Großbritannien, in: Vilmar, F., Industrielle Demokratie in Westeuropa, S. 132 (141). 47

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

1.2. Irland a) Unternehmensnahe Verhandlungssysteme Das irische Rechtssystem ähnelt in seinen Strukturen der britischen Rechtsordnung. Die irischen industrial relations wurden somit auch in weiten Teilen durch die common /equity-law Tradition geprägt. Die Arbeitsbeziehungen unterliegen nach britischem Vorbild keinem staatlichen Einfluß. Die auf nationaler Ebene stattfindenden Kollektivverhandlungen unterscheiden sich vom britischen System durch eine institutionalisierte „Lohnrunde". Dies ist eine regelmäßig wiederkehrende Arbeitgeber-Arbeitnehmer Konferenz. Kollektivverhandlungen finden im übrigen auf nationaler Ebene in Form von Rahmenabkommen 48 sowie auf regionaler und betrieblicher Ebene statt. Das Verhandlungssystem ist flexibel und deckt, wie im britischen Recht, einen großen Themenbereich ab. b) Betriebliche

Verhandlungssysteme

Neben freiwillig eingerichteten „works councils" und „joint consultative committees" kommt den „shop stewards" eine zentrale Stellung zu. Nach Mulvey 49 besitzen diese allerdings weniger Einfluß als in Großbritannien. Dies zeige sich u.a. daran, daß es keine joint shop stewards committees gäbe. c) Verhandlungssysteme

auf Unternehmensebene

Institutionelle Beteiligungsstrukturen im Unternehmen existieren in Irland so gut wie überhaupt nicht. Lediglich der „Factory Act 1955" gibt Arbeitnehmern einer Fabrik das Recht, beratende Sicherheitsausschüsse und Sicherheitsbeauftragte einzurichten und zu benennen. Das irische Gesellschaftsrecht verbietet es den Gründern einer Gesellschaft allerdings nicht, eine Arbeitnehmervertretung freiwillig einzurichten. In der Praxis existiert eine solche nicht. Gewerkschaftsvertreter wurden z.T. in Organe öffentlicher Unternehmen berufen 50 . In letzter Zeit mehren sich allerdings die Anzeichen dafür, daß neue Formen der industrial democracy auch in Irland erörtert werden. So empfahl beispielsweise die „Employer Labour Conference" eine allgemeine Einführung von „joint councils" 51 .1977 wurde ein Gesetz verabschiedet, das die Mitwirkung der Belegschaft im Board von vier staatlichen Großunternehmen erproben soll. Die 48

Vgl. KommissionEG, Mitbestimmung der Arbeitnehmer und Struktur der Gesellschaften-Grünbuch, S. 81. 49 Vgl. Mulvey, Ch., Forms of Employee Representation in Industrial Relations, Dublin, S. 17. 50 Vgl. Nagels, K.H./Sorge, Α., a.a.O., S. 95. 51 Vgl. Kommission EG, Probleme und Aussichten der Tarifverhandlungen in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft-Studien Reihe Sozialpolitik, S. 110.

0

2. Kap.: Rechts vergleich

Arbeitnehmer wählen aus Gewerkschaftslisten 1/3 der Ratsmitglieder. 1980 veröffentlichte das irische Arbeitsministerium einen Diskussionsbericht über die Möglichkeit der Arbeitnehmervertretung im Board oder einem neu zu schaffenden Aufsichtsorgan 52 . Im Ergebnis öffnet der veränderte Richtlinienvorschlag dem irischen System der „industrial realtions" auf Unternehmensebene eine dem britischen Recht entsprechende Optionsmöglichkeit. Die Diskussion um das öffentliche Interesse existiert in Irland so gut wie nicht. Dies erklärt sich einerseits aus dem gewerkschaftlichen Vertretungsmonopol, andererseits aus der Tatsache, daß es in Irland kaum größere Unternehmenseinheiten gibt. 2. Der skandinavische Rechtskreis

2.1. Norwegen, Schweden Die skandinavischen Staaten Dänemark, Norwegen und Schweden weisen in ihren A G - A N Beziehungen verwandte, auf einer „sozialpartnerschaftlichen Konzeption" 5 3 der industriellen Beziehungen ruhenden Strukturen auf. In Norwegen regelt das vom „Storting" 1972 verabschiedete Gesetz die Mitbestimmung von A N in Gesellschaftsorganen von Bergbau- und Manufakturunternehmen (1 /3 A N im Aufsichtsrat bei mehr als 200 AN). Ende 1973 und 1974 wurde dieses Gesetz auf weitere Industriezweige ausgedehnt und durch den „Act 1976" und „decree 1976" für alle „joint stock companies" eingeführt 54 . Erste gesetzliche unternehmensverfassungsrechtliche Regelungen tauchten in Schweden 1972 auf. Fakultativ konnten 2 Gewerkschaftsvertreter aus dem eigenen Unternehmen in den Aufsichtsrat entsandt werden. Daneben wurde die Stelle eines „Arbeitsschutzbeauftragten" geschaffen 55. Weitgehende Mitbestimmungsregelungen enthält das MitbestG 1977 für Aktiengesellschaften und Konzernobergesellschaften. Danach erhalten Gewerkschaften das Recht zum Abschluß kollektivvertraglicher „Einflußverträge". Den Arbeitgeber trifft eine primäre Verhandlungs- und Unterrichtungspflicht. Die Auslegungspriorität liegt bei den Gewerkschaften. Neben der Friedenspflicht existieren einschneidende Schadensersatzregelungen.

52

Vgl. ILO, Workers' participation in devisions and undertakings, S. 102. Vgl. Däubler, W., Das Grundrecht auf Mitbestimmung, S. 493. 54 Vgl. ILO, a.a.O., S. 95f.; IDE, Industrial Relations in Europe, Chapter II-The Norwegian Industrial Relation System. 55 Vgl. WSI-Projektgruppe, Vorschläge zum Unternehmensrecht, S. 357; I D E a.a.O., Chapter III-The swedish industrial relation System; ILO, a.a.O., S. 97; Hanau, P., Gesetzliche und kollektivvertragliche Mitbestimmung in der Privatwirtschaft-Schweden, in: Gamillscheg u.a., a.a.O., S. 89 (95); sowie Wasich, R.B., Betriebsdemokratie und Mitbestimmung in Schweden, in: Vilmar, F., a.a.O., S. 88 (93ff.). 53

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

1

2.2. Dänemark a) Unternehmensnahe Verhandlungssysteme Die dänischen Dachverbände LO (Landesorganisation Danmark, den samewirkende fagforbund — Arbeitnehmerverband) und D A (Dansk Arejdsgeverforening—Arbeitgeberverband) fanden 1899, nach einer für Europa einzigartigen Streikbewegung dieser Zeit 5 6 über das sog. Septemberabkommen, zu geregelten A G - A N Beziehungen57. Die Grundtatbestände dieses Übereinkommens bezogen sich auf vertragliche, nicht gesetzliche Regelungen der Beziehungen und auf eine prinzipielle Anerkennung der Gewerkschaften als AN-Vertreter. Das Septemberabkommen hatte nachhaltige Auswirkungen auf die dänischen „industrial relations". Die enge Zusammenarbeit zwischen den dänischen Sozialpartnern führte 1908 zur Schaffung von Standardregeln für die Bewältigung von Arbeitskonflikten. Diese wurden 1934 durch Gesetz gefestigt. b) Betriebliche

Verhandlungssysteme

Auf betrieblicher Ebene tauchten bereits im Jahre 1900 shop stewards im Schmiede- und Maschinenbaugewerbe auf (tillidsmand). Im sog. „Hauptabkommen" von 1960 wurde die Stellung der tillidsmand für die einzelnen Industriezweige gefestigt. 1947 schufen die Dachverbände Kooperationskomittees (sammarbejdsudvalg) auf Betriebsebene in Unternehmen mit mehr als 50 AN. Diese Ausschüsse waren paritätisch mit A G und A N zu besetzen. Die A N Bank setzt sich vornehmlich aus shop stewards zusammen. Die Verhandlungen beziehen sich auf die täglichen Produktionsentscheidungen, die Arbeitsplanung sowie auf die Implementation allgemeiner Veränderungen im Unternehmen. Das Kooperationskomittee besitzt Mitbestimmungsrechte über betriebliche Richtlinien für den Arbeitsplatz, die Sicherheit für die allgemeinenArbeitsbedingungen sowie für die Personalpolitik 58 . Die enge Bindung der AN-Vertreter an die shop stewards läßt vermuten, daß vornehmlich gewerkschaftliche Interessen in die Verhandlungen auf Betriebsebene einfließen. c) Verhandlungssysteme

auf Unternehmensebene

Seitdem mit dem Einbruch der Ölkrise 1973 / 74 auch die dänische Wirtschaft von hoher Arbeitslosigkeit, dem Stillstand des Bruttosozialprodukts und Zahlungsbilanzungleichgewichten heimgesucht wurde, wuchs das Interesse an der Entwicklung neuartiger wirtschafts- und sozialpolitischer Steuerungsstrukturen 59 . Insbesondere wurde der Ausbau der „economic democracy" diskutiert. 56

Vgl. Nagels, K.H./Sorge, Α., a.a.O., S. 91. Vgl. u.a. IDE, a.a.O., Chapter IV-The danish industrial relation system, S. 8. 58 Vgl. IDE, a.a.O., S. 17; sowie Kommission EG, Grünbuch, S. 58; Nagels, K.H./Sorge, Α. a.a.O., S. 92. 57

2. Kap.: Rechtsvergleich

72

Als ersten Ansatz schuf der dänische Gesetzgeber 1973 die Gesetze Nr. 370 und 371 für AGs und GmbHs, die den A N das Recht, aber nicht die Pflicht zuerkennen, 2 Arbeitsdirektoren in den Verwaltungsrat dieser Gesellschaften zu entsenden. Die Hälfte der nach diesen Gesetzen 1975 erstmals gewählten Vertreter setzen sich aus shop stewards zusammen. Die Gewerkschaften äußerten sich zunächst nicht eindeutig zu diesen AN-Vertretern. Zeitweise wurden Befürchtungen über mögliche Interessenkonflikte laut. Nach den neuen Gesetzen besteht ebenfalls die Möglichkeit, die AN-Zahl durch besondere Abkommen zu erhöhen. Gem. § 49 Stk. 2 A k t G (Dänemark) muß die Mehrheit für die AE-Vertreter allerdings gesichert bleiben. Neben den AN-Vertretern in Unternehmensorganen wird auch den,öffentlichen Interessen" Aufmerksamkeit geschenkt. Diese sollen insbesondere in gesamtwirtschaftlich bedeutsamen Unternehmen angesiedelt werden (vgl. Gesetz v. 28. März 1974 für staatlich anerkannte Vertreter in Leitungsorganen von Banken) 60 . Bezüglich der Struktur von AGs sei erwähnt, daß diese einen Aufsichtsrat einzurichten haben, sofern das Aktienkapital 400.000 Kronen überschreitet. Im Ergebnis lehnt sich das dänische System der industrial relations an das norwegische und schwedische System an. Gemeinsamkeiten sind aber auch zum britischen System festzustellen. Anders als dort beruht das dänische System allerdings auf einer engeren Sozialpartnerschaft. Ebenso zeigte sich eine Auflockerung des gewerkschaftlichen Vertretungsmonopols zugunsten der im Unternehmen arbeitenden A N . Darüber hinaus entwickelten sich auf der Grundlage der Mitbestimmungsgesetze (für die A G und die GmbH) sowie durch die nachträgliche gesetzliche Fixierung bestimmter Übereinkommen der Sozialpartner Mischtypen aus Kollektivvereinbarungen und staatlichen Normativregelungen. Zugleich wird deutlich, daß der Richtlinienvorschlag zumindest auf struktureller Ebene einer in Dänemark existierenden Unternehmensstruktur (Board und Aufsichtsrat) entspricht. Die Richtlinienvorschläge zur Beteiligung von A N und öffentlichen Interessen gehen hingegen noch über die dänischen Regelungen hinaus. Tendenziell entspricht die Integration von A N Vertretern in einen Unternehmensrat und in ein „joint committee" in Dänemark aber auch den Vorstellungen des 5. Richtlinien Vorschlags. Neben AN- und Gewerkschaftsinteressen wird auch das öffentliche Interesse problematisiert und institutionalisiert. Damit vollzieht das dänische Unternehmensrecht erste Ansätze zu einer partiellen Integration externer Interessengruppen und bewirkt somit eine Konfliktintegration über unternehmensinterne Willensbildungsstrukturen.

59 60

Vgl. IDE, a.a.O., S.24f. Vgl. Kommission EG, a.a.O., S. 59.

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

73

3. Der deutsch-niederländische Rechtskreis

3.1. Bundesrepublik Deutschland a) Unternehmensexterne

Verhandlungssysteme

§ 1 des deutschen Tarifvertragsgesetzes bestimmt, daß Tarifverträge die Rechte und Pflichten der Tarifparteien regeln und die Rechtsnormen enthalten, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können. Tarifverträge werden insbesondere auf nationaler und regionaler Ebene zwischen den Tarifvertragsparteien (vgl. § 2 TVG) abgeschlossen. Die Rechtsnormen des T V G gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits gebundenen Vertragsparteien (vgl. §4 1 TVG). Der deutsche Gesetzgeber delegierte mit diesem Rahmengesetz Quasi-Normsetzungsbefugnisse an die Sozialpartner und gab damit kollektivvertraglichen Übereinkommen einen besonderen Stellenwert 61 . Inwieweit eine betriebsnahe Tarifpolitik zulässig ist, war lange Zeit umstritten. Es handelt sich bei dieser Tarifvertragsart um die Absicherung übertariflicher Leistungen in bezug auf einzelne Betriebe oder Unternehmen. Die Arbeitgeber lehnten betriebsnahe Tarifverträge mit den Argumenten ab, daß diese ihre Koalitionsfreiheit nachhaltig verletzen und das Prinzip der Friedenspflicht denaturieren würden. Dieser Auffassung ist allerdings entgegenzuhalten, daß betriebsnahe Tarifverträge dann notwendig werden, sofern regionale oder nationale Tarifverträge von ihrem Inhalt her der besonderen Lage eines Unternehmens nicht gerecht werden können. Hinsichtlich bestimmter Großunternehmen besteht heute dementsprechend die Möglichkeit, unternehmensbezogene Verbandstarife abzuschließen62. Bestimmte Arbeitsbedingungen können tariflich geregelt werden (Arbeitszeit, Überstundenvergütung, Verbesserung der Arbeitsbedingungen etc.) 63 . Die tarifvertragliche Regelung der Betriebs- und Unternehmensverfassung ist nach überwiegender Meinung nur für die Schaffung von sog. Arbeitsgruppensprechern als Vermittlungsinstanz zwischen Belegschaft und Betriebsrat sowie für die Substitution des Betriebsrats durch ein anderes Gremium möglich. Einschränkungen der Betriebsratsbefugnisse sind unzulässig. Ein wesentlicher Streitpunkt zentrierte sich auch auf die tarifvertragsrechtliche Erweiterungsmöglichkeit von Mitbestimmungsbefugnissen. Dies wurde bislang von der

61

Vgl. Däubler, W., Das Grundrecht auf Mitbestimmung, S. 208. Vgl. Zöllner, W., Arbeitsrecht, § 34 II, S. 247f.; Däubler, W., Das Arbeitsrecht I, S. 94ff.; Beuthien, V., Unternehmensbezogene Tarifverträge und paritätische Mitbestimmung in Unternehmen, BB 1975, S. 477 ff. 63 Vgl. Europäisches Gewerkschaftsinstitut, Tarifverhandlungen in Westeuropa 19801981 und die Aussichten für 1982, S. 51 ff. 62

2. Kap.: Rechtsvergleich

überwiegenden Meinung abgelehnt 64 . Das WSI fordert die Ausweitung des tarifvertragsrechtlichen Anwendungsbereichs auf Fragen der Mitbestimmung. Diese Form der Mitbestimmung wird als wesentlich flexibler in bezug auf die Anpassung an sich verändernde Unternehmens- oder Konzernstrukturen angesehen65. Damit würde sich das deutsche Recht interessanterweise der tarifvertragsrechtlichen Option des Richtlinienvorschlags annähern. Unternehmensexterne Verhandlungssysteme werden somit im Ergebnis vornehmlich durch gewerkschaftliche Interessen okkupiert. Öffentliche Interessen erlangen nur mittelbar über das Selbstverständnis der Gewerkschaften Gehör. b) Verhandlungssysteme

auf betrieblicher

Ebene

M i t dem BetrVG 72 (Fassung 1988) erhielt der Betriebsrat weitgehende Informations-, Anhörungs-, Konsultations- und Mitbestimmungsrechte. Die allgemeinen Handlungsgrundlagen des Betriebsrats stützen sich auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit (§ 2 BetrVG) mit dem Arbeitgeber, die Pflicht zur Wahrung des Betriebsfriedens (§ 74 I I BetrVG) sowie auf die Schweigepflicht in bezug auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (§ 79 I BetrVG) 6 6 . Die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats erstrecken sich auf betriebliche Angelegenheiten und umfassen beispielsweise soziale Angelegenheiten, Arbeitsplatzsicherheit und Unfallverhütung, Berufsbildung, personelle Einzelmaßnahmen oder bestimmte wirtschaftliche Angelegenheiten (Betriebsänderungen, Sozialpläne). Neben diesen Rechten kann der Betriebsrat sog. Betriebsvereinbarungen treffen. Dabei handelt es sich um tarifvertragsähnliche Übereinkommen im Kleinformat 67 , die normativ auf die Einzelarbeitsverhältnisse einwirken (vgl. § 77IV BetrVG). Diese finden ihre Grenzen an schon vorhandenen Tarifverträgen sowie an Gegenständen, die üblicherweise tariflich geregelt werden (§ 77 I I I BetrVG).

64

Für eine Erweiterung grundlegend Däubler, W., Das Grundrecht auf Mitbestimmung, S. 300ff.; für die betriebliche Ebene, S. 325 ff.; für die Unternehmensebene; WSIProjektgruppe, a.a.O., S. 443; ablehnend Hanau, P./Ulmer, P., Mitbestimmungsgesetz, zu § 1 Rdn. 16; sowie Raiser, Th., Mitbestimmungsgesetz, Einl.Rdn. 53; der darauf hinweist, daß privatautonome Abmachungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften außerhalb des Tarifvertrags zu gewissen Erweiterungen der Mitbestimmung führen könnten; vgl. auch Beuthien, V., Mitbestimmungsvereinbarungen nach geltendem und künftigem Recht, in: 148 ZHR 1984, S. 95 ff. sowie weiter Hommelhoff, P., Vereinbarte Mitbestimmung, in: 148 ZHR 1984, S. 118 ff. 65 Vgl. WSI-Projektgruppe, a.a.O., S. 445ff. 66 Vgl. Däubler, W., Das Arbeitsrecht I, S. 200ff. 67 Vgl. Däubler, W., a.a.O., S. 240; Zöllner, W., Arbeitsrecht, §46 I Iff.; Siebert, G./Degen B., Betriebsverfassungsgesetz 72, zu §77.

III. Rechts vergleich einzelstaatlicher Vorschriften

5

In den letzten Jahren entwickelte sich neben dem institutionalisierten System der Betriebsverfassung ein sog. Vertrauensleutekörper. Dabei handelt es sich um eine informelle, gewerkschaftlich organisierte Vertretungsinstanz im Unternehmen. Die Vertrauensleute haben die Aufgabe, den Kontakt zwischen Gewerkschaft und Arbeitnehmern zu fördern. Nach den Vorstellungen des WSI bedürfen die Vertrauensleute einer größeren rechtlichen Absicherung (Kündigungsschutz, Diskriminierungsschutz etc.). c) Verhandlungssysteme

auf Unternehmensebene

Der Kampf um die Mitbestimmung auf Unternehmensebene führte in der Nachkriegszeit zur Montanmitbestimmung in der britischen Besatzungszone. Dieses Modell wurde 1951 durch das MontaninitbestG bundesweit festgeschrieben 68 . Das MontanmitbestG schreibt gem. § 3 die Bildung eines Aufsichtsrats (AR) für Gesellschaften (AG, GmbH, bergrechtliche Ges.) vor, die im Montanbereich i. S.v. § 1 tätig sind und mehr als 1000 A N beschäftigen. Der A R besteht gem. § 4 aus 11 Mitgliedern und ist paritätisch mit 4 AN-Vertretern + 1 Mitglied, 4 Anteilseigner-Vertretern + 1 Mitglied zu besetzen. § 4 1 c bestimmt i.V.m. §8 I die Kooptation eines neutralen Mitglieds. Die Zahl der ARMitglieder kann bei größeren Unternehmen gem. §9 auf 15 bzw. auf 21 Mitglieder erweitert werden. Gem. § 13 ist ein Arbeitsdirektor für den Vorstand zu wählen. Das MitbestimmungsergänzungsG 1956 sichert die Montanmitbestimmung in Konzernobergesellschaften, die nach ihrem überwiegenden Unternehmenszweck der Montanindustrie angehören. 1952 verabschiedete der bundesdeutsche Gesetzgeber nach heftigen Auseinandersetzungen ein Betriebsverfassungsgesetz, das eine Drittelbeteiligung der A N in Aufsichtsräten von AGs, GmbHs, KGaA, bergrechtlichen Ges., Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und, sofern ein A R besteht, von Versicherungsvereinen mit mehr als 500 A N vorsieht (vgl. §§ 761,77 BetrVG 52). Gem. § 76 I I wählen die A N des betreffenden Unternehmens die jeweiligen A N Vertreter für den AR. Sofern mehr als 2 AN-Vertreter zu wählen sind, können auch unternehmensexterne Vertreter (Gewerkschaften) bestimmt werden. Ende der 60er Jahre erhielt die Debatte um eine allgemeine paritätische Mitbestimmung von neuem Aufwind. Von gewerkschaftlicher Seite wurde eine Transformation des Montanmitbestimmungsmodells auf alle Unternehmen gefordert, die über 2000 A N beschäftigen und eine Bilanzsumme von mindestens 75 M i l l . D M bzw. einen Jahresumsatz von 150 M i l l . D M aufweisen 69. Die Bundesregierung richtete eine Mitbestimmungskommission ein, die 1970 ihren Bericht vorlegte. Eine Übernahme des Montanmitbestimmungsmodells wurde zugunsten einer AR-Bestellung aus 6 AE; 4 A N und 2 kooptierten Mitgliedern

68 69

Vgl. BGBl. I, S. 347 ff. Vgl. u. a. WSI-Projektgruppe, a. a. O., S. 404ff.; Reich, N., Markt und Recht, S. 335.

2. Kap.: Rechtsvergleich

verworfen 70 . Es folgte eine Flut weiterer Reformvorschläge, die hier im einzelnen nicht näher erörtert werden können 71 . Die Mitbestimmungsdebatte mündete schließlich 1976 in das MitbestG 76. Dieses Gesetz erfaßt Unternehmen, die in der Rechtsform der AG, GmbH, KGaA, bergrechtlichen Ges. mit eigener Rechtspersönlichkeit oder als Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft organisiert sind und i. d. R. mehr als 2000 A N beschäftigen (§11 Nr. 1 MitbestG 76). Gem. § 6 MitbestG ist in diesen Unternehmen ein A R zu bilden, der sich gem. § 7 MitbestG zu gleichen Teilen aus AE und A N zusammensetzen muß, wobei gem. § 7 I I MitbestG je nach Größe des A R Gewerkschaftsvertreter mit in die Bank der A N zu wählen sind. Leitende Angestellte gelangen auf der Grundlage der §§ 3 I I I Nr. 2, 6 II, 15 I I 3 MitbestG in den AR. Gem. §27 MitbestG ist ein AR-Vorsitzender mit zwei Drittel Stimmenmehrheit zu wählen. Im Falle der fehlenden Mehrheit ist der Vorsitzende gem. § 27 I I aus den Reihen der AE und sein Stellvertreter aus den Reihen der A N zu wählen. Der Vorsitzende hat bei sog. Pattsituationen grundsätzlich gem. §27 I I I zwei Stimmen. § 5 regelt die Konzernmitbestimmung. § 33 schreibt zwingend die Wahl eines Arbeitsdirektors für den Vorstand einer Gesellschaft vor, wobei dieser anders als in § 131 MontanmitbestG den allgemeinen Wahlregelungen für die Vorstandsmitglieder gem. § 31 MitbestG unterliegt. Wie bereits deutlich wird, statuiert das MitbestG 76 Homogenität für die AE-Seite und Inhomogenität für die AN-Bank (AN, Gewerkschaften, leitende Angestellte) 72 . Darüber hinaus bleibt das Letztentscheidungsrecht durch die zweite Stimme des ARVorsitzenden den AE erhalten. Die Aufgaben des mitbestimmten Aufsichtsrats richten sich nach dem AktG. Danach hat er den Vorstand zu bestellen und abzuberufen, die Geschäftsführung zu überwachen (§111 AktG) sowie weitere Funktionen auszufüllen, die sich z.B. auf die Prüfung und Feststellung des Jahresabschlusses und den Gewinnverwendungsvorschlag (§171 AktG) erstrecken. Seitdem das Bundesverfassungsgericht 73 die Verfassungsmäßigkeit des MitbestG 76 bestätigte, kam die Diskussion um diesen Regelungskomplex vorerst zur Ruhe. Allerdings dürfte damit zu rechnen sein, daß die deutschen Gewerkschaften den Ausbau der gesicherten Positionen in Zukunft anstreben werden. Dies zeichnete sich bereits in einer Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts des DGB (WSI) ab 7 4 . Gefordert wird insbesondere eine einheitliche Mitbestimmungsregelung für Großunternehmen. M i t dem Hinweis auf die 70 Vgl. Mitbestimmungsbericht: Mitbestimmung im Unternehmen, Bericht der Sachverständigenkommission, BT-Drucks. VI/334, S. 100ff.; Biedenkopf, K., Mitbestimmungs-Beiträge zur ordnungspolitischen Diskussion, S. 13 ff. 71 Vgl. im Überblick neuerdings WSI-Projektgruppe, a.a.O., S. 238ff. 72 Kritisch Kübler, F., Gesellschaftsrecht, § 32 I I I 2 b, c, S. 383. 73 Vgl. BVerfG 50, S. 290ff.; zur verfassungsmäßigen Diskussion vgl. Badura/Rittner/Rüthers, Mitbestimmung und Grundgesetz, 1977; sowie Kübler / Schmidt / Simitis, Mitbestimmung als gesetzgebungspolitische Aufgabe, 1978. 74 Vgl. Projektgruppe im WSI, a.a.O., 1981.

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

Problematik der Rechtsformabhängigkeit verfolgt die Untersuchung das Modell eines Rechtsformzwangs für bestimmte Unternehmensarten. Unter Ablehnung unternehmensrechtlicher Mitbestimmung für Mittel- bis Kleinunternehmen solle die Mitbestimmung an eine Kombination von Merkmalen anknüpfen: AN-Zahl, Bilanzsumme, Umsatz. Der Rechtsformzwang hätte sich insbesondere bei Versicherungsunternehmen sowie bei Hypotheken- und Schiffahrtsbanken bewährt 75 . Weitere Forderungen erstrecken sich auf die Mitbestimmungssicherung gegenüber Konzernierungs- und Umstrukturierungstendenzen, auf die Ausdehnung des Konzernbegriffs sowie auf die Mitbestimmungssicherung gegenüber Aushölungsbestrebungen über satzungsmäßige Kompetenzbeschneidungen des AR. Letzteres sei durch die gesetzliche Festschreibung eines Kernbereichs zustimmungsbedürftiger Geschäfte sicherzustellen. Eine Novellierung des Mitbestimmungsrechts dürfte hingegen auch in nächster Zeit kaum zu erwarten sein. Beachtung sollte jedoch der Rechtsprechungsentwicklung zum Gesellschafts- und Arbeitsrecht gewidmet werden, die gerade in letzter Zeit eine Neuorientierung erkennen läßt, die auch Auswirkungen auf Einzelfragen des Mitbestimmungsrechts mit sich bringt. In zwei Entscheidungen erweiterte der BGH ζ. B. die gesellschaftsrechtlichen Entscheidungszuständigkeiten und Informationsansprüche der Aktionäre. Gem. § 119 I I AktG hat danach bei grundlegenden Entscheidungen, die tief in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre und deren im Anteilseigentum verkörpertes Vermögensinteresse eingreifen, der Vorstand die Hauptversammlung vorher zu befragen 76 . Dies könnte wiederum erhebliche Auswirkungen auf den Stellenwert der unternehmerischen Mitbestimmung haben. Im Ergebnis hebt sich das deutsche System der industriellen Beziehungen auf Unternehmens- und Betriebsebene von den bislang behandelten Rechtsordnungen ab. Kollektivvertragliche Übereinkommen werden weitgehend aus dem unternehmensinternen Bereich eliminiert und auf externe unternehmensnahe Bereiche verlagert. Der unternehmensinterne Bereich ist gekennzeichnet durch ein gesetzlich stark formalisiertes Dualsystem der betrieblichen und unternehmenspolitischen Interessenvertretung der AN. Gewerkschaftsinteressen erhalten ab bestimmten Größenordnungen Artikulationsmöglichkeiten. Daneben bildet sich neuerdings eine tertiäre Vertrauensleutestruktur im Unternehmen heraus. Allerdings kommt dieser im Vergleich zu den shop stewards nur geringe Bedeutung zu. Mehr als deutlich wird die Bezugnahme des Richtlinienvorschlags auf das deutsche Gesellschafts- und Mitbestimmungsrecht. Insbesondere die ARVariante mit der in Zukunft anzustrebenden Quasi-Vollparität entspricht in ihrer Ausgestaltung den grundlegenden Prinzipien des deutschen Aufsichtsrats75

Ebenda, S. 430ff. Vgl. BGHZ 83, S. 122ff. (Seehafenbetriebsurteil); BGHZ 82, S. 188; Westermann, H.P., Tendenzen der gegenwärtigen Mitbestimmungsdiskussion in der Europäischen Gemeinschaft, in: RabelsZ 48 (1984), S. 123 (148 f.). 76

2. Kap.: Rechtsvergleich

systems und dem MitbestG 76. M i t dem garantierten Letztentscheidungsrecht der AE folgt die Richtlinie der Rechtsprechung des BVerfG. Das öffentliche Interesse wird im Montanmitbestimmungsmodell institutionell berücksichtigt und spielt in der deutschen Diskussion eine gewichtige Rolle 7 7 . Hinsichtlich der Anwendungsbreite betrieblicher und unternehmenspolitischer Mitbestimmung umfaßt diese wesentliche Informations-, Konsultations-, Mitsprache- und Entscheidungsrechte. Darüber hinaus erscheint dieser, im Vergleich zu anderen Rechtsordnungen größere Einfluß durch die gesetzliche Fixierung weitgehend gesichert, auch wenn in Teilbereichen Auslegungsfragen und Defizite sichtbar werden. Dies betrifft z.B. die Frage der Satzungsautonomie i.V. zur ARAutonomie im mitbestimmten Unternehmen. Sowohl das A k t G als auch das MitbestG geben hierüber nur zum Teil Aufschluß (§§ 107 ff. AktG). Einerseits wird eine Satzungsautonomie aufgrund des zwingenden Charakters der §§ 27,28 MitbestG grundsätzlich abgelehnt 78 . Andererseits wird differenzierend auf die in § 29 MitbestG zum Ausdruck kommende Funktionsfahigkeit des A R und auf die allgemeinen aktienrechtlichen Grundsätze der Gleichbehandlung der ARMitglieder verwiesen 79. Ulmers Auffassung führt in diesem Punkt zwar insofern zu überzeugenden Ergebnissen, als beispielsweise zustimmungsbedürftige Geschäfte nicht der Satzungsautonomie überlassen bleiben, doch beseitigt er damit noch nicht das Problem der nachträglichen Genehmigung derjenigen Geschäfte durch die HV, die zuvor vom A R abgelehnt wurden. Die Kontrollfunktion des A R könnte insofern objektiviert werden, als qua Gesetz bestimmte Geschäfte als zustimmungsbedürftig qualifiziert werden und Satzungsautonomie nur noch für Erweiterungen dieser Liste gewährleistet würde. Abgesehen von diesen Einzelfragen könnte die gesetzliche Institutionalisierung von Partizipationsformen nach deutschem Muster höhere Rechtssicherheit sowie eine Reduktion von Transaktionskosten für die betroffenen Interessengruppen bedeuten. Darüber hinaus bleibt zu beachten, daß gesetzliche Mitbestimmungsrechte in der praktischen Anwendung umfassender sein können als dies vom Gesetzgeber vorgesehen ist 8 0 . Ein wesentliches Merkmal des deutschen Systems liegt in der stark ausgebauten und historisch begründeten Sozialpartnerschaft.Diese manifestiert sich einerseits in sog. Einheitsgewerkschaften, Kompromißfreudigkeit der Tarifparteien sowie in der Bindung des Betriebsrates und der AN-Vertreter im A R an das Unternehmensinteresse, an Schweigepflichten in bezug auf Betriebs- und 77

Vgl. Abeltshauser, Th.E., Unternehmensbegriff und öffentliches Interesse, S. 67 ff. Vgl. Hommelhoff, P., Die Geschäftsautonomie des Aufsichtsrats — Fragen zur Gestaltungsmacht des Satzungsgebers, in: Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis 1977, S. 507 ff. 78

79 Vgl. Ulmer, P., Die Anpassung von AG-Satzungen an das MitbestG — Eine Zwischenbilanz, ZHR 141 (1977), S. 490 (498); Raiser, Th., Mitbestimmungsgesetz, zu §25 Rdn. 15. 80 Vgl. Streeck, W., a.a.O.

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

Geschäftsgeheimnisse und an allgemeine Treue- und Friedenspflichten. Insbesondere Gewerkschaftsvertreter im Betriebs- oder Aufsichtsrat geraten aufgrund dieser Regelung in nicht zu unterschätzende Interessenkonflikte, auf die in anderem Zusammenhang zurückzukommen ist. Ein weiteres Problem deutscher Mitbestimmungsregelungen liegt in der relativ statischen Ausgestaltung dieses Systems. Im Gegensatz zum schwedischen Recht wirkt das deutsche System eher schwerfällig in bezug auf flexible Anpassungsanforderungen 81. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß eine institutionalisierte Mitbestimmungsregelung noch kein Garant für eine effektive Einflußnahme auf unternehmerische Entscheidungen ist. So stellte HohmannDennhardt fest, daß die Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten i. S. von § 111 BetrVG keine wesentlichen Änderungen hinsichtlich der Entscheidungen und Maßnahmen einer Betriebsänderung bewirke 82 . Im Ergebnis sei festzustellen, daß eine interessengerechte Zuweisung von Mitbestimmungskompetenzen zu den verschiedenen Ebenen der Partizipation abhängig sei von den vordringlichen Einflußbereichen der zu entscheidenden Maßnahmen, der damit verbundenen Legitimation der jeweiligen Interessenvertreter und ihrer Informationsverarbeitungskapazität 83 . 3.2. Niederlande Neben der BRD kann das Königreich der Niederlande als das Land der EG bezeichnet werden, in dem sich ein hoher Formalisierungs- und Organisationsgrad der industriellen Beziehungen herausgebildet hat. Im Vergelich zum deutschen System können allerdings einige markante Unterschiede herausgearbeitet werden. Die industriellen Beziehungen entwickelten sich in der Nachkriegszeit in einer z.T. staatlich gesteuerten Wirtschaft und korporativen Verhandlungsstrukturen. Die „Versäulung" (verzuiling) der niederländischen Gesellschaft in katholische, protestantische und nicht-konfessionelle Träger sowie der allgemeine Konsens über den Wiederaufbau der nationalen Wirtschaft, Vollbeschäftigung und die Entwicklung und Errichtung des Wohlfahrtsstaates trugen dazu bei, eine „korporative Wirtschaftsordnung aufzubauen, die aus Selbstverwaltungsgremien bestand, in denen Sozialpartner paritätisch vertreten waren" 8 4 . Wirtschaftliche Krisensituationen in den 70er Jahren führten zu steigenden Streik81 Im Vergleich zum schwedischen Recht vgl. Goldberg, W./Wolff, R., Verhandelte oder kodifizierte Mitbestimmung, in: Chmielewicz, K. u.a., Unternehmensverfassung, S. 106 (122); Simitis, S., Von der institutionalisierten zur problembezogenen Mitbestimmung, AuR 1975, S. 321 ff. 82 Vgl. Hohmann-Dennhardt, Ch., Entscheidungsstrukturen im Unternehmen und AN-Interessen, S. 133. 83 Ebenda, S. 226. 84 Vgl. Nagels, K.H./Sorge, Α., a.a.O., S. 85; mit Hinweis auf Krisam, R., Die Beteiligung der Arbeitnehmer an der öffentlichen Gewalt, Leiden 1963; IDE, a. a. O., S. 6.

0

2. Kap.: Rechtsvergleich

wellen und sich wandelnden allgemeinen Zielvorstellungen. Kollektivverhandlungen wurden mehr und mehr auf nicht ökonomische Zwecke erweitert. Verhandlungen in und außerhalb der Unternehmen zeugten von höherer Konfliktintensität. Auf nationaler Ebene erwiesen sich kollektive Verhandlungen als unfähig, steigenden Problemdruck zu bewältigen. a) Unternehmensnahe Verhandlungssysteme Niederländische Kollektivverhandlungen werden durch ein Tarifvertragsgesetz gesetzlich vorgeformt. Tarifverträge können für das ganze Land, für einzelne Industriezweige, für Unternehmen oder sogar Betriebe abgeschlossen werden 85 . Der Anwendungsbereich eines Tarifvertrags bezieht sich auf Lohnverhandlungen, Überstunden, Ferien, Arbeitszeit, Ausbildung etc. In letzter Zeit besteht auch die Möglichkeit, Abkommen über Mitbestimmungsrechte abzuschließen. Dies entspricht im Prinzip der Tarifvertrags variante des Richtlinienvorschlags. b) Verhandlungssysteme

auf Betriebsebene

Der niederländische Gesetzgeber schuf 1950 erstmals eine gesetzliche ANVertretung auf Betriebsebene (ondernemingsraad). Dieser Unternehmensrat war eng an das „allgemeine Unternehmensinteresse" gebunden und nahm reine Konsultationsaufgaben wahr. 1971 wurde dieses, noch ganz in der sozialpartnerschaftlichen Tradition verhaftete Vertretungsorgan reformiert. Der neue Unternehmensrat nimmt nunmehr Konsultationsaufgaben sowie die effektive Vertretung von Arbeitnehmerinteressen im Unternehmen mit mehr als 100 A N wahr. Der Unternehmensrat ist je nach Unternehmensgröße mit 3 bis 25 A N zu besetzen, die direkt von der Arbeitnehmerschaft zu wählen sind. Gewerkschaften haben ein Vorschlagsrecht. Heftig umstritten ist die Regelung für den Vorsitz des Unternehmensrats. Denn dieser ist von einem Mitglied der Unternehmensleitung zu übernehmen. Dem Vertretungsorgan stehen eine Reihe von Informationsrechten sowie das Vorschlagsrecht für die Wahl von AR-Mitgliedern zu (vgl. Art. 158IV Burgerlijkwetboek). Darüber hinaus gewährt das Gesetz Mitbestimmungsmöglichkeiten in sozialen Angelegenheiten. Eine Besonderheit der niederländischen Regelung besteht in einem „enquete-Recht". Danach kann der Unternehmensrat eine öffentliche Untersuchung bei der Unternehmenskammer des Gerichtshofes zu Amsterdam beantragen, sofern der Verdacht auf gesetzliche Verstöße oder Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsführung eines Unternehmens besteht. In jedem Industriesektor und in jeder Branche bestehen paritätisch zusammengesetzte Sektorenkommittees als Berufungs- und Aufsichtsinstanz der 85 Vgl. Kommission EG, Mitbestimmung der Arbeitnehmer und Struktur der Gesellschaften-Grünbuch, Bull.EG 8/75, S. 96; IDE, a.a.O., S. 29, 36.

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

1

Unternehmensräte. Nagels I Sorge konstatieren allerdings auch auf dieser Ebene eine abnehmende Bedeutung der korporatistischen Verhandlungsstrukturen, die dem gestiegenen Problempotential nicht mehr gerecht werden könnten 86 . Das Unternehmensratsmodell wurde 1977 auf alle Wohlfahrtsorganisationen ausgedehnt. Der SER schlug 1978 eine Erweiterung des Unternehmensratssystems auf Unternehmen mit weniger als 100 A N vor. M i t einer Gesetzesnovelle 1979 wurde u.a. der umstrittene Arbeitgebervorsitz im Unternehmensrat abgeschafft (Art. 7 Wet op de ondernemingsraden). Die Unternehmensleitung hat den Unternehmensrat nunmehr auch über Investitionspläne, über die Aufnahme neuer Kredite, über die Einstellung von A N und über die Einrichtung von Zeitarbeit zu konsultieren 87 . Damit entspricht der niederländische Unternehmensrat aber zugleich in auffalliger Weise der AN-Vertretung i.S. des Richtlinien vor schlags. In Ergänzung dieses Systems entwickelte sich in den letzten Jahren eine direkte informelle gewerkschaftliche Einflußnahme im Unternehmen über ein shop steward-System. Dieses soll einen besseren Kommunikationsfluß zwischen gewerkschaftlichen Mitgliedern und Gewerkschaftsorganisation garantieren sowie als verstärktes Kontrollelement für den unternehmerischen Entscheidungsprozeß genutzt werden. Auf betrieblicher Ebene finden somit im Ergebnis Interessen der A N eines Unternehmens sowie Gewerkschaftsinteressen weitreichende Möglichkeiten, auf bestimmte Teilbereiche des unternehmensinternen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses einzuwirken. c) Verhandlungssysteme

auf Unternehmensebene

Seit 1971 unterliegen große Unternehmen mit mehr als 100 A N und einem Kapital von mehr als 20 Mill.Gulden besonderen Strukturvorschriften 88 (vgl. Art. 129 ff. Burgerlijk Wetboek II). Ein A R ist zu bilden, der gem. Art. 1581, I I I mindestens aus 3 natürlichen Personen bestehen muß. Gem. Art. 160 können weder A N , Angestellte oder leitende Angestellte des Unternehmens, Gewerkschafter oder Personen, die in einem Dienstverhältnis zu einer juristischen Person, von der die Gesellschaft direkt oder indirekt für eigene Rechnung mindestens die Hälfte der Anteile besitzt, AR-Mitglied werden. Damit verfaßt das niederländische Recht auf Unternehmensebene ein System, das die Kontrollfunktion des A R im Unternehmensinteresse und im öffentlichen Interesse betont und weniger auf bestimmte Gruppeninteressen und Konflikte Rücksicht nimmt. Die Bestellung des A R erfolgt qua „Kooptation" (Art. 158 II). Der H V und dem Unternehmensrat stehen ein Beschwerde- bzw. Vetorecht zu, das 86

Vgl. Nagels, K.H./Sorge, Α., a.a.O., S. 86; allg. vgl. IDE, a.a.O., S. 25ff. Vgl. Europäisches Gewerkschaftsinstitut, a.a.O., S. 87f. 88 Vgl. IDE, a.a.O., S. 24; Kommission EG, a.a.O., S. 99; Maeijer, J.M.M., Die Arbeitnehmermitbestimmung nach der Neuregelung für die Aufsichtsräte in großen niederländischen Kapitalgesellschaften, ZGR 1974, S. 104; ILO, a.a.O., S. 101. 87

6 Abeltshauser

2. Kap.: Rechts vergleich

82

jedoch gem. Art. 158IX durch den SER verworfen werden kann. Gem. Art. 158 X I I können Aufsichtsratsmitglieder auch durch eine Behörde ernannt werden, sofern dies in der Satzung vorgesehen ist. Im Hinblick auf den „aktiven" Aktionär kann die HV der AE gem. Art. 158 X I die ihr nach Art. 158 zustehenden Rechte auf eine AE-Kommission übertragen. Diese gewährleistet die aktive Teilnahme an unternehmenspolitischen Entscheidungen und bessere Kontrollmöglichkeiten. Probleme dürften allerdings im Verhältnis zum A R auftreten, da sich dieses Gremium leicht zu einem zweiten mächtigen Kontrollorgan entwickeln kann. Festzustellen bleibt zunächst, daß die 5. Richtlinie eine entsprechende Variante des niederländischen Systems enthält. Denn neben dem AR-System ist die Option zugunsten eines Kooptationssystems möglich. Die AR-Mitglieder unterliegen desweiteren dem „Gesellschafts- und Unternehmensinteresse". Der A R nimmt gem. Art. 162, 163, 164 die Bestellung und Entlassung von Vorstandsmitgliedern war, genehmigt die vom Vorstand errichtete Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung und besitzt hinsichtlich bestimmter Vorstandsbeschlüsse Zustimmungsrechte. Anders als das deutsche Recht legt Art. 164 zustimmungsbedürftige Geschäfte fest, die nach niederländischem Recht auch nicht durch eine nachträgliche HV-Genehmigung umgangen werden können. Dies folgt aus dem zwingenden Charakter von Art. 164 89 . Art. 153 I I I statuiert Sonderregelungen für Konzernsach verhalte. Freigestellt werden vornehmlich Muttergesellschaften internationaler in den Niederlanden ansässiger Konzerne. Ein abgeschwächtes AR-System (kein Nominierungs- und Entlassungsrecht für Vorstandsmitglieder, kein Feststellungsrecht für Jahresabschlüsse) gilt für abhängige Gesellschaften, deren A N zusammen mit den A N der sie beherrschenden juristischen Person oder Gruppe in der Mehrheit außerhalb der Niederlande beschäftigt sind (vgl. Art. 153 I I I c). Auch an dieser Stelle offenbahren sich verblüffende Parallelen zum Richtlinienvorschlag. Die Ausnahme von Konzernsachverhalten der hier beschriebenen Art wird in Art. 63 b des Richtlinienvorschlags in ähnlicher Weise festgeschrieben. Im übrigen bewegt sich die niederländische Mitbestimmungsdiskussion heute zwischen den Grenzen der Zurückdrängung von Arbeitnehmereinflüssen auf den unternehmerischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß 90, der direkten Einbeziehung von Arbeitnehmerinteressen in den A R sowie der Systemüberwindung und gesellschaftlichen Sozialisierung mit selbstverwalteten Unternehmen. Zusammenfassend bleibt somit festzuhalten, daß sich das niederländische Korporatismusmodell der industriellen Beziehungen bis 1950 auf vorwiegend unternehmensexterne paritätisch besetzte Verhandlungsgremien stützte. Dieses System der Sozialpartnerschaft wurde in den 70er Jahren zugunsten staatlicher 89 90

Vgl. Maeijer, J.M.M., a.a.O., S. 122. Vgl. IDE, a.a.O., S. 31.

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

Intervention und Planung eingeschränkt. Obgleich hierin ein Versagen korporativer Strukturen diagnostiziert werden könnte, darf nicht übersehen werden, daß seit 1971 neue Verhandlungsstrukturen auf Betriebs- und Unternehmensebene entstanden. Insbesondere die Wahl zum A R trägt Strukturmerkmale, die auf eine Rezeption und Neubelebung neo-korporativer Strukturen schließen lassen. Zwar erhalten Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsinteressen keinen direkten Zugang zu diesen Unternehmensstrukturen, doch gilt gleiches für die AE-Seite. Der A R wird damit stärker an ein hier noch nicht näher definiertes Unternehmensinteresse sowie an öffentliche Interessen gebunden. Gesamtwirtschaftliche und gesellschaftspolitische Anforderungen finden damit schneller Eingang in den unternehmerischen Willensbildungsprozeß. Wie allerdings das Kooptationsverfahren der angestrebten Vielfalt der Problemhorizonte gerecht werden kann, bleibt unklar. 4. Der französische Rechtskreis

Dem französischen Rechtskreis sollen im folgenden die Mitgliedstaaten Belgien, Luxemburg und Frankreich zugerechnet werden, da sich in diesen Ländern unternehmensinterne Beteiligungsstrukturen nur sehr zaghaft entwickelten oder erst im Entstehen begriffen sind. Dies ist einerseits auf die Tradition der unternehmensexternen Verhandlung und Sanktion über Kollektivverträge zurückzuführen, andererseits auf ein höheres Maß gewerkschaftlichen Klassenbewußtseins und Konfliktbereitschaft sowie nicht zuletzt auch auf eher paternalistische Organisationsstrukturen im Unternehmen. Die Verhaftung der Gewerkschaftsbewegung in traditionellen Denkgewohnheiten spiegelt sich nach Hondrich 91 dabei auch in der organisatorischen Aufsplitterung der Gewerkschaften nach weltanschaulichen Gesichtspunkten wieder. Die Relativität jeder Rechtskreiseinteilung wird an dieser Stelle insofern deutlich, als nationale Reformbewegungen eine Rechtsordnung in die Nähe eines anderen Rechtskreises rücken können. Ebenso sind Reformen in der Lage, einzelne Teile einer Rechtsordnung auf unterschiedliche Rechtskreise zu verteilen. 4.1. Belgien Restriktive Beschränkungen der gewerkschaftlichen Organisations- und Handlungsfreiheit 92 führten in Belgien zu Strategien, die sich auf Gegenmacht gründeten und auch heute noch wesentlichen Einfluß auf die belgischen Arbeitsbeziehungen ausüben. Das System der industriellen Beziehungen wird durch eine komplexe Vielfalt von ζ. T. korporatistisch verfaßten Verhandlungsstrukturen auf nationaler politischer Ebene (Centrale Raad voor Bedrifsleven CRB; Nationale Arbeidsraad NAR), auf industrieller Ebene (Kollektivvertrags91

Vgl. Hondrich, K.O., Mitbestimmung in Europa, S. 14f. Vgl. Nagels, K.H./Sorge, A. a.a.O., S. 87; IDE, a.a.O., Chapter IX-The Belgian Industrial Relation System, S. 8. 92

6*

2. Kap.: Rechtsvergleich

systeme) oder Unternehmens- und Betriebsebene geprägt 93 . Neben der Teilnahmeberechtigung an paritätisch besetzten Ausschüssen des politischen Systems, können Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände auf unterschiedlichsten Ebenen kollektivvertragliche Übereinkommen in bezug auf das Lohnniveau, Arbeitsbedingungen etc. treffen. Besondere Bedeutung erlangten auf der sektoralen Wirtschaftsebene die „commission paritaires", in denen A G und AN-Verbände in gleicher Zahl vertreten sind, während die Regierung einen unabhängigen Vorsitzenden und Stellvertreter bestellt. a) Unternehmensnahe Verhandlungssysteme Die Möglichkeit unternehmensnaher Tarifvertragsabschlüsse ist in Belgien umstritten. Zwar finden sich vereinzelt Kollektiv Vereinbarungen, die qua Erlaß auf alle Unternehmen eines Wirtschaftsbereichs erstreckt werden können, oder eben nur für einen Teil dieser Unternehmen Geltung beanspruchen. Diese Tarifverträge können aber nicht als typisch unternehmensnah bezeichnet werden. Die Kommission konstatierte allerdings auch für Belgien Lohnverträge mit einzelnen Unternehmen, für die eine Branchenübereinkunft aussteht oder zu bescheiden ausgefallen sei. Dieses System erlangte in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung 94 . b) Verhandlungssysteme

auf betrieblicher

Ebene

Obgleich weitgehende Verhandlungskompetenzen auf nationaler- und sektoraler Ebene eine unternehmensinterne Beteiligungsstruktur als überflüssig erscheinen ließ, schuf das BetriebsräteG von 1948 die Grundlage für betriebliche AN-Vertreter. Die Kompetenzen des Betriebsrates werden, nach Branchen getrennt, durch die paritätischen Kommissionen festgelegt. Das BetriebsräteG wurde durch verschiedene nationale Übereinkommen und königliche Erlasse modifiziert. 1973 erhielten die Betriebsräte weitgehende Informationsrechte. 1975 wurde das Gesetz auf nicht-wirtschaftliche und ähnliche Organisationen ausgedehnt. Der Betriebsrat ist ein aus den AN eines Unternehmens mit mehr als 50 A N und einem Mitglied der Unternehmensleitung zusammengesetztes Kommittee. Die Zahl der AN-Vertreter variiert je nach Belegschaftsstärke zwischen 4 bis 22. Die Gewerkschaften erhalten das Vorschlagsmonopol. Die AN-Repräsentanten und Kandidaten zur Betriebsratswahl erhalten einen allgemeinen Kündigungsschutz. Der Betriebsrat nimmt Konsultations- und Beratungsaufgaben wahr. Er besitzt bestimmte Mitsprache- und z.T. Mitentscheidungsrechte in sozialen Angelegenheiten sowie Informationsrechte. Letztere erstrecken sich seit 1973 93 Vgl. Mandel, E., Diskussion und Kampf um Arbeiterkontrolle in Belgien und Frankreich, in: Vilmar, F., a.a.O., S. 170. 94 Vgl. Europäisches Gewerkschaftsinstitut, Gewerkschaftliche Grundrechte im Unternehmen in westeuropäischen Ländern, 1980, S. 80.

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

5

auch auf die Aufschlüsselung der Bilanz nach Abteilungen, auf zukünftige Pläne der Unternehmensleitung einschließlich ihrer Auswirkungen auf die voraussichtliche Beschäftigungslage sowie auf wesentliche unternehmenspolitische Entscheidungen, die für die Situation der A N von Bedeutung sind 95 . Die Regelung erinnert an die AN-Vertretungs variante im Richtlinien vor schlag. Zwar wird diese als unternehmenspolitisches Vertretungsorgan konzipiert. In Wirklichkeit zeigen sich aber gewisse Ähnlichkeiten mit einem Wirtschaftsausschuß (i. S. des deutschen BetrVG). Die Zugangs Voraussetzungen zur A N Vertretung i.S. der Richtlinie liegen allerdings entschieden höher. Das Unternehmen muß durchschnittlich 1000 A N beschäftigen. Außerdem handelt es sich um ein reines AN-Organ ohne Beteiligung seitens der Geschäftsleitung oder der Anteilseigner. Neben dem institutionalisierten Betriebsrat bestehen sog. „délégation syndicales", die gewerkschaftliche Mitglieder auf Betriebsebene vertreten und nach „white und blue collar" Delegationen getrennt sind 96 . Die délégation syndicales besitzen nicht die Unabhängigkeit der britischen shop stewards, doch können sie mit der Unternehmensleitung in Verhandlungen über Beschäftigungsprobleme eintreten. Sie sollen die Implementation tariflicher Regelungen im Betrieb überwachen und Betriebsratsfunktionen im Unternehmen wahrnehmen, in denen ein solches Vertretungsorgan nicht gebildet wurde. c) Verhandlungssysteme

auf Unternehmensebene

Bis heute existieren in Belgien im privatwirtschaftlichen Bereich keine Mitspracherechte für A N , Gewerkschaften oder öffentliche Interessen. Diese könnten nach dem momentan geltenden Gesellschaftsrecht nur im Board bzw. im Verwaltungsrat einer belgischen Gesellschaft untergebracht werden. Die strukturellen Varianten der Richtlinie entsprechen mithin belgischem Recht. Eine Sachverständigenkommission aus dem Jahre 1968 schlug zwar die Einführung des AR-Systems in Anpassung an die schon herrschende kommerzielle Praxis vor 9 7 . Seitdem der Conseil d' Etat diesem Entwurf 1972 zustimmte, ergaben sich jedoch bis heute keine konkreten Reformbestrebungen. Von gewerkschaftlicher Seite bestehen auch heute noch Bedenken gegen die Integration der AN-Seite in den unternehmenspolitischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß. Allein die katholischen Gewerkschaften votieren für ein paritätisch besetztes Unternehmensorgan (AN, AE, öffentliche Interesse). Lediglich im öffentlichen Sektor finden sich vereinzelt Beteiligungsstrukturen. 95 Vgl. IDE, a.a.O., S. 16f.; Kommission EG, Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer und Struktur der Gesellschaften-Grünbuch, S. 53f.; Nagels, K.H./Sorge, Α., a.a.O., S. 89 f.; ILO, a.a.O., S. 135 f.; Däubler, W., Das Grundrecht auf Mitbestimmung, S. 486; Projektgruppe WSI, a.a.O., S. 502ff.; Vandermeeren, J.-C., Die Gewerkschaften und die Kontrollfunktion der Arbeiter in Belgien, in: Europäische Dokumentation 1972, S. 3; Europäisches Gewerkschaftsinstitut, a.a.O., S. 81. 96 97

Vgl. IDE, a.a.O., S. 17; Europäisches Gewerkschaftsinstitut, a.a.O., S. 83. Vgl. Kommission EG, a.a.O., S. 56f.

2. Kap.: Rechtsvergleich

Zusammenfassend ist festzuhalten, daß das belgische Recht einen geringeren Beteiligungsgrad für A N , Gewerkschafts- und öffentliche Interessen im Unternehmen aufweist. Darüber hinaus besteht ein gewerkschaftliches Vertretungsmonopol für die Wahl des Betriebsrats, der durch gewerkschaftliche Vertrauensleute auf Betriebsebene ergänzt wird. Öffentliche Interessen werden gesetzlich nicht weiter berücksichtigt. Diese finden allenfalls extern auf nationaler oder sektoraler Ebene in den paritätischen Kommissionen indirekt Eingang in das System der industriellen Beziehungen. Der Richtlinienvorschlag kommt dem belgischen Recht somit vornehmlich mit der AN-Vertretungsvariante als einem Zwitter zwischen betrieblicher und unternehmenspolitischer Partizipation entgegen. Nichts desto weniger dürfte die Richtlinie für das belgische Recht der industriellen Beziehungen auf Unternehmensebene weitreichende Veränderungen nach sich ziehen. 4.2. Luxemburg a) Unternehmensnahe Verhandlungssysteme Eine Abgrenzung zwischen der Tätigkeit von AN-Vertretern im Unternehmen und einer unternehmensnahen gewerkschaftlichen Tätigkeit fallt schwer, da beispielsweise die Angestelltenvertretungen tarifvertragsähnliche Funktionen erfüllen. In bezug auf die A N kann jedoch davon ausgegangen werden, daß durch die gesetzlichen Regelungen von 1965 Kollektiwerhandlungen zwischen den „organisation syndicales" und den AG-Verbänden auch auf unternehmensnaher Ebene möglich sind 9 8 . Tarifverträge dürfen allerdings nur von ANOrganisationen abgeschlossen werden, die auf nationaler Ebene dem Repräsentationserfordernis entsprechen. b) Verhandlungssysteme

auf betrieblicher

Ebene

Die Regelung der „délégués de personel" wurde durch ein Gesetz von 1962 zum letzten mal reformiert. Danach bestehen sowohl in privaten wie in öffentlichen Unternehmen mit mehr als 15 A N getrennte délégation ouvrière und délégation d'employes. Diesen Vertretungsorganen stehen besondere Konsultationsrechte in sozialen Fragen zu. M i t dem „ L o i du 6 mai instituant des Comités mixtes privé et organisant le represantation des salaries dans les sociétés anonymes" 99 erweiterte der luxemburgische Gesetzgeber das System der industriellen Beziehungen auf Betriebsebene. Gem. Kapitel I sind sog. „comités mixtes d'enterprise" in denjenigen Unternehmen zu schaffen, die 3 Jahre lang

98

Vgl. Kommission EG, a.a.O., S. 93. Vgl. Memorial-A-v. 10. Mai 1974, S. 619ff.; Gesetzesmaterialien: Dok.Nr. 1689Reg.E.-; sowie Leistner, G., Das neue luxemburgische Betriebsräte- und Mitbestimmungsgesetz, A W D 1974, S. 547 ff.; Kohte, W., Das luxemburgische Mitbestimmungsgesetz v. 6. Mai 1974, A G 1976, S. 35 ff. 99

III. Rechts vergleich einzelstaatlicher Vorschriften

mehr als 150 A N beschäftigen. Es handelt sich dabei um paritätische, aus AG und AN des Unternehmens gebildete Ausschüsse mit 6 bis 16 Mitgliedern. Ein betriebsfremder Berater kann dem Betriebsrat gem. Art. 4 I I I dann angehören, wenn die Fraktionen dies mit absoluter Mehrheit gebilligt haben. Der Betriebsrat hat Entscheidungs-, Informations- und Beratungskompetenzen und kann über bestimmte soziale Angelegenheiten gem. Art. 7 entscheiden. Dem Arbeitgeber obliegen unternehmenspolitische Entscheidungen sowie Entscheidungen über die allgemeine wirtschaftliche und finanzielle Situation des Unternehmens. c) Verhandlungssysteme

auf Unternehmensebene

Bis 1974 existierten in Luxemburg keine Teilnahmerechte für A N , Gewerkschaften oder öffentliche Interessen an Sitzungen eines Gesellschaftsorgans. Das Betriebsräte- und MitbestG 1974 schuf ein Mitbestimmungsrecht auf Unternehmensebene. Gem. Art. 24 I dieses Gesetzes hat sich der Verwaltungsrat derjenigen AGs, die über 3 Jahre mehr als 1000 A N beschäftigen oder eine 25% Staatsbeteiligung oder staatliche Konzession aufweisen, aus maximal 1/3 A N Vertreter zusammenzusetzen (Art. 24 II). Die AN-Vertreter sind aus den Reihen der im Unternehmen Beschäftigten zu wählen. Die bislang für das luxemburgische Recht typische Trennung zwischen Angestellten und Arbeitern wird in diesem Gesetz aufgegeben. Gem. Art. 26 sind nur für Unternehmen der Eisenund Stahlindustrie gewerkschaftliche AN-Vertreter (maximal 3) zugelassen. Eine Ausdehnung der Mitbestimmung auf Unternehmen mit mehr als 500 A N konnte sich nicht durchsetzen. Im Falle der geplanten Einführung eines fakultativen AR-Systems sei die Mitbestimmung auf dieser Ebene anzusiedeln. Ebenso wie die übrigen Verwaltungsratsmitglieder haften die AN-Vertreter solidarisch gem. Art. 29. Gem. Art. 34 wird das nach Art. 61 ff. zur Überprüfung der Gesellschaft vorgesehene „college des commissaires" bei mitbestimmten Unternehmen um einen unabhängigen „commissaire revider" ergänzt, der allerdings verhältnismäßig wenig Einflußmöglichkeiten besitzt. Im Ergebnis ist festzuhalten, daß sich das luxemburgische System der unternehmensinternen Verhandlungsstrukturen in einer ständigen Pendelbewegung zwischen benachbarten Rechtsordnungen befindet. Wies die frühere Entwicklung des Betriebsrats und der „délégués personel" zunächst deutsche Elemente auf, finden sich in der paritätischen Ausgestaltung der „comités mixtes" eher niederländische, belgische und französische Einflüsse. M i t der Einrichtung unternehmenspolitischer Mitbestimmung schien sich der luxemburgische Gesetzgeber wieder mehr an deutsche Vorstellungen anzulehnen, doch ging er über diese insofern hinaus, als AN-Vertreter Einfluß auf das Verwaltungsratsorgan (VR) nehmen können. Dies ist allerdings dahingehend zu relativieren, als sich der VR ähnlich dem belgischen oder US-amerikanischen Recht mit fortschreitender Industrialisierung und größeren Unternehmenseinheiten funktional in einen geschäftsführenden und einen kontrollierenden Teil ausdifferenzierte 100.

2. Kap.: Rechts vergleich

Insgesamt entspricht der Richtlinienvorschlag sowohl strukturell als auch in seinen Partizipationsformen dem bestehenden Unternehmensverfassungsrechtssystem in Luxemburg. Dies zeigt sich vornehmlich an den Vertretungsrechten für A N im kontrollierenden Teil des Verwaltungsrats einer Gesellschaft. Hieran wird sich auch nicht viel ändern, sollte der luxemburgische Gesetzgeber ein fakultatives AR-Organ für bestimmte Gesellschaften schaffen. Entsprechend dem französischen Recht werden Mitbestimmungsrechte im Zweifel in diesem Organ auszuüben sein. Gewerkschaftliche und öffentliche Interessen finden nur wenig Einflußmöglichkeiten und werden somit auf unternehmensexterne Konfliktlösungsmechanismen verwiesen. 4.3. Frankreich M i t dem französischen System der industriellen Beziehungen eröffnet sich dem Rechtsvergleicher ein Gebiet, das sich von eher sozialpartnerschaftlich ausgerichteten Systemen deutlich abhebt. Dies leitet sich u. a. aus frühsozialistischen Strömungen ab, die einerseits im sog. „Proudhonismus" 101 — eine Form der betrieblichen Arbeiterselbstverwaltung — und andererseits im klassisch revolutionären Syndikalismus ihre Wurzeln fanden. Marxistisch orientierte Bewegungen strebten dagegen die klassenkämpferische Überwindung des kapitalistischen Systems an. Diese ideologischen Gegensätze bestimmen bis heute das Bild der französischen „relations industrielles" 102 . Die Entwicklungsmöglichkeit eines ausgebauten Systems der industriellen Beziehungen wurde 1946 und 1958 in der Präambel der französischen Verfassung verankert (Recht auf Arbeit, Gewerkschaftszugehörigkeit, Streikrecht, AN-Vertretungen im Unternehmen, Recht auf soziale Sicherheit). Die einzelnen Materien werden heute durch eine Reihe unterschiedlicher Spezialgesetze geregelt (Tarifvertragsgesetz von 1950 und 1971; code de travail). Die weitreichende Entwicklung staatlicher Gesetze für den Bereich der industriellen Beziehungen ist insofern typisch für Frankreich, als der prinzipielle ideologische Antagonismus zwischen den einzelnen gewerkschaftlichen Gruppierungen sowie eine stark ausgeprägte paternalistisch-autoritäre Tradition auf Arbeitgeberseite eine voluntaristische Bildung von Verhandlungssystemen blockierte 103 .

100 Vgl. hierzu auch Clark, R. Ch. (1986) Corporate Law, S. 105 ff.; 113 ff.; Conard, A. F. (1976) Corporations in Perspective, S. 319ff. insbes. S. 330ff. und 349ff. sowie die Vorschläge des American Law Institutes (1982) Principles of Corporate Governance and Structure — Tentative Draft No. 1, Part III; Tentative Draft No. 2, Part I I I (1984); Tentative Draft No. 4, Note (1985). 101

Vgl. Frankreich, 102 Vgl. 103 Vgl.

Mandel, E., Diskussion und Kampf um Arbeiterkontrolle in Belgien und in: Vilmar, F., a.a.O., S. 174. IDE, a.a.O., Chapter X-The French Industrial Relation System, S. 1. Nagels, K.H./Sorge, Α., a.a.O., S. 79.

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

a) Unternehmensnahe Verhandlungssysteme Seit Einführung des TarifvertragsG 1971 existieren Tarifverträge, die für die unterzeichnenden Unternehmen Verbindlichkeit besitzen, oder Tarifverträge, die durch das Arbeitsministerium für allgemeinverbindlich erklärt werden 104 . „Negotiation collectives" tauchen allerdings anders als in der BRD nicht regelmäßig auf, sondern sind konfliktabhängig. Mit der Legalisierung sog. „section syndicales" im Unternehmen schuf der Gesetzgeber zugleich die Möglichkeit kollektiver Übereinkommen auf Unternehmens- und Betriebsebene. Dieses System stieß allerdings bei den Gewerkschaften auf wenig Gegenliebe. Die Gründe hierfür lagen einerseits im Verbandspluralismus und den daraus resultierenden Abstimmungsproblemen sowie andererseits in der nur sehr schwach ausgebildeten BindungsWirkung dieser Übereinkommen. b) Verhandlungssysteme

auf betrieblicher

Ebene

Auf dieser Ebene kennt das französische Recht drei AN-Verhandlungssysteme. Das Matignon-Abkommen von 1936 schuf die „délégués du personel" die 1946 qua Gesetz institutionalisiert wurden. Gem. Art. L 420-1 des Code de travail wählt die Belegschaft die jeweiligen Vertreter „dans tous les etablissment industriels, commerciaux ou agricoles, les offices ministériels, les professions liberales, les sociétés civiles, les syndicat professionnels, les associations, quelque soient leur forme ou leur objet" 1 0 5 , die mehr als 10 Lohn- bzw. Gehaltsempfänger haben. Gem. Art. L 420-7 code du travail bezieht sich der Begriff der Belegschaft nicht auf A N im deutschen Sinne, sondern auch auf Angestellte und leitende Angestellte (ingénieurs, chefs de service, techniciens, agents de maîtrise et animiles) 106 . Die Anzahl der zu wählenden Vertreter hängt von der Größe der Belegschaft ab. Die repräsentationsstärksten Gewerkschaften haben ein Vorschlagsrecht. Die Aufgabe der Belegschaftsvertreter besteht in der Vertretung der Beschäftigten im Falle individueller oder kollektiver Streitigkeiten 107 . Die Verhandlungsrechte haben allerdings eher konsultativen Charakter und sind auf die Kontrolle und Wahrung der AN-Interessen eingestellt. Ein zweites AN-Organ wurde 1945 mit dem „Comité d'entreprise" für Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten geschaffen (vgl. Art. L 431 -1 Code du travail). Gem. Art. L 433 -1 Code du travail setzt sich das comité d'entreprise aus Vertretern der Belegschaft zusammen. Den Vorsitz übernimmt ein Mitglied der Betriebsleitung 108. Die Gewerkschaften haben für die AN-Bank ein Vor104

Vgl. Kommission EG, a.a.O., S. 72. Vgl. Lanneree, S./Insele, L., Constitution et fonctionnement des comités d'enterprise-Les délégués du personnel, 1978, Nr. 01. 106 Vgl. Lanneree, S./Insele, L., a.a.O., Nr. 03. 107 Vgl. Europäisches Gewerkschaftsinstitut, Gewerkschaftliche Grundrechte im Unternehmen in westeuropäischen Ländern, S. 51; Kommission EG, a. a. O., S. 73; Lanneree, S./Insele, L., a.a.O., Nr. R 1. 105

0

2. Kap.: Rechtsvergleich

schlagsrecht. Jede Gewerkschaft kann ein organisiertes AN-Mitglied in beratender Funktion in das comité d'entreprise entsenden. Die Funktionen des Betriebsausschusses beschränken sich auf beratende Tätigkeiten. Hinsichtlich sozialer Einrichtungen im Unternehmen kommt ihm ein gewisses Mitentscheidungsrecht zu. Der Arbeitgeber hat den Betriebsausschuß mit Informationen über wesentliche unternehmenspolitische Entscheidungen und über die Lage des Unternehmens zu versorgen 109 . „Le comité coopère avec la direction a l'amélioration des conditions collectives d'emploi et de travail ainsi que des conditions de vie de personnel" 110 . Im allgemeinen dürfte die Effizienz des comité d'enterprise weit unter der des deutschen Betriebsrates, bzw. ähnlichen Ausschüssen in Dänemark oder den Niederlanden liegen, da keine Verhandlungs- und Vetorechte bestehen 111 . Ebenso wie in einigen der bereits behandelten Rechtsordnungen existieren auch in Frankreich Vertrauensleute im Unternehmen. Die „délègues syndicaux" stellen eine relativ gut ausgebaute gewerkschaftliche AN-Institution auf Betriebsebene dar, die durch Gesetze von 1968 und 1975 weitgehend gefestigt wurden. Ihr Einfluß nimmt heute ständig zu. Jede repräsentative Gewerkschaft hat das Recht, eine Gewerkschaftssektion im Unternehmen zu gründen (section syndicale). Heute existieren in fast allen Unternehmen mit mehr als 1000 A N entsprechende Einrichtungen, die nach dem Gesetz weder auf das Betriebsziel, noch auf den Betriebsfrieden verpflichtet sind. Ihre Funktion besteht vielmehr darin, die beruflichen Interessen der Gewerkschaftsmitglieder wahrzunehmen. Zusammenfassend fällt auf, daß gewerkschaftliche Interessen weitgehende Berücksichtigung auf Betriebsebene finden. Selbst die von den A N der jeweiligen Unternehmen zu wählenden Vertreter dürften angesichts des gewerkschaftlichen Vorschlagsrechts gewerkschaftlichen Interessen entsprechen. Dies ist insofern bedenklich, als der gewerkschaftliche Organisationsgrad in Frankreich mit ca. 20% überraschend niedrig ausfallt. c) Verhandlungssysteme

auf Unternehmensebene

Die Forderung nach verstärkter Arbeitnehmerbeteiligung auf Unternehmensebene fand nach 1945 Eingang in die Präambel der französischen Verfassung. Die Verordnung 45-280 sah für Unternehmen mit mehr als 50 A N die Teilnahme von zwei Vertretern des comité d'entreprise im Leitungsorgan dieser Gesellschaften vor. Seit 1972 ist die Zahl der AN-Vertreter für Unterneh108 Vgl. zum Wahlverfahren Lanneree, S./Insele, L., a.a.O., Nr. D. 1 ff.; Rodière, R., Droit commercial, S. 286f.; Europäisches Gewerkschaftsinstitut, a.a.O., S. 48f. 109 Vgl. Lanneree, S./Insele, L., a.a.O., F Iff.; Kommission EG, a.a.O., S. 74; Rodière, R., a.a.O., S. 287; IDE, a.a.O., S. 19. 110 Vgl. Blanc-Jauvan, X., La participation des travailleurs a la gestion des enterprise en droit français, in: Gamillscheg, F., a.a.O., S. 33 (49). 111 Vgl. Europäisches Gewerkschaftsinstitut, a.a.O., S. 52.

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

1

men, die mindestens 25 Techniker oder leitende Angestellte beschäftigen, auf 4 erhöht worden. Diese nur sehr schwach verfaßte Beteiligungsform zeichnet sich durch reine Beratungsrechte der AN-Vertreter aus 1 1 2 . M i t der Reform des französischen Handelsgesellschaftsrechts, die sich am deutschen Aktienrecht orientierte, ermöglichte der französische Gesetzgeber die Einrichtung eines besonderen Kontrollorgans (conseil de surveillance), das dem deutschen A R entspricht 113 . Für den Fall, daß ein Unternehmen sich für diese AR-Struktur entscheidet, ist die Mitbestimmung der A N in diesem Kontrollorgan anzusiedeln. Bislang hat sich die Einrichtung des „conseil de surveillance" allerdings kaum ausgezahlt, da nur wenige Unternehmen von dieser Möglichkeit Gebrauch machten. Ein praktisches Bedürfnis lag schon insoweit nicht vor, als sich der „conseil d'administration" ähnlich wie in Belgien, Großbritannien oder den U.S.A. in geschäftsführende und kontrollierende Gruppen ausdifferenzierte. Deutlich wird an dieser Stelle wiederum, daß der Richtlinienvorschlag mit der AR- und VR-Variante und den dafür vorgesehen Beteiligungsformen vorhandenen unternehmensverfassungsrechtlichen Regelungen in Frankreich entspricht. Dieser Eindruck verstärkte sich auch durch die französische Unternehmensrechtsdiskussion. 1975 legte die „Sudreau-Kommission" 114 einen Bericht zur Reform des französischen Unternehmensrechts vor, der zunächt den Eindruck erweckte, Frankreich würde sich in Zukunft auch einer weiterreichenden Mitbestimmungsform für privatwirtschaftliche Unternehmen nicht verschließen. Im Anschluß an eine allgemeine Analyse der Rolle des Unternehmens in der modernen Wirtschafts- und Industriegesellschaft lehnte die Kommission allerdings Mitbestimmungsformen (co-gestion) ab. Diese seien aufgrund gewerkschaftlicher und paternalistischer Traditionen in Frankreich kaum durchsetzbar. Vorgeschlagen wird dagegen eine Arbeitnehmerbeteiligung i. S. einer „cosurveillance" im Verwaltungs- oder Aufsichtsratsorgan von Unternehmen mit mehr als 2000 AN. Die Ziele der co-surveillance laufen auf eine „Mitaufsicht und Mitberatung" hinaus, die den AN-Vertretern mehr Informationen und Kontrollmöglichkeiten in bezug auf wesentliche unternehmenspolitische Entscheidungen sichern soll. Besondere Vertreter der Arbeiter, der Angestellten, der Meister und Techniker, der höheren und leitenden Angestellten seien mit 1/3 der Sitze im Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan eines Unternehmens zu berücksichtigen 1 1 5 . Die jeweiligen Vertreter haben das Recht, sich der Stimme zu enthalten, sofern bestimmte Fragen eher Leitungscharakter aufweisen. Für Unternehmen mit weniger als 1000 A N sei die co-surveillance auf freiwilliger Basis zu 112

Vgl. Rodière, R., a.a.O., S. 193. Vgl. Rodière, R., a.a.O., S. 191; Constantinesco, V./Hübner, U., Einführung in das französische Recht, S. 172. 114 Vgl. Rapport Sudreau, La reforme de l'enterprise, 1975; Overrath, H.-P., Zur Unternehmensreform in Frankreich, ZGR 1976, S. 373 ff. 115 Rapport Sudreau, a.a.O., S. lOOf. 113

92

2. Kap.: Rechts vergleich

ermöglichen. Neben diesen Vorschlägen erscheinen insbesondere die Gedanken zur Vermeidung von Unternehmenszusammenbrüchen und zur Einrichtung von Frühwarnsystemen interessant, die auch öffentliche Interessen berücksichtigt wissen wollen. Dieses Frühwarnsystem soll sich insbesondere durch verstärkte Publizitätsvorschriften, wirtschaftliche Informationen und bestimmte Auskunftsrechte für A N , AE, Gläubiger u.a. Gruppen auszeichnen116. Im Ergebnis zeichnet sich im Rapport-Sudreau der Ausbau einer ANKontrolle ab, die ganz in der Tradition französischer relations industrielles zu stehen scheint. Dennoch begegneten sowohl Gewerkschaften als auch AGVerbände den Vorschlägen mit äußerster Skepsis. Die Arbeitgeber befürchteten einen zentralen Angriff auf die Selbstbestimmung über ihr Eigentum, die Gewerkschaften sahen mit wenigen Ausnahmen in der co-surveillance eine für ihre Position gefährliche Einbindung der A N in den Verantwortungsbereich kapitalistischer Unternehmenspolitik, die nach französischem Recht einzig und allein auf den Gewinnzweck abzustellen scheint. „La société est un contrat par laquel deux ou plusieurs personnes conviennent de mettre quelque chose en commun dans la vue de partager le benefice qui pourra en résulter" (vgl. Art. 1832 Code civile). Die Schaffung quasi konzertierter Aktionen auf Unternehmensebene und die daraus resultierende Einbindung in ein sozialpartnerschaftliches Gefüge wurde vehement abgelehnt. Eine dementsprechende Erklärung gab der Wirtschafts- und Sozialrat am 2. Juni 1975 ab und votierte für einen Ausbau vorhandener Unterrichtungs- und Konsultationsstrukturen 117 sowie für eine verbesserte Rechtsstellung jener Organisationen, die Verhandlungsbefugnisse besitzen. Entsprechend dieser Stellungnahme konnte sich das Reformprogramm zum Unternehmensrecht von 1976 bis heute nicht durchsetzen. Dieses Programm sah u. a. eine Stärkung der Betriebsräte, die Einführung einer Sozialbilanz sowie die Mitaufsicht der A N im Unternehmen mit mehr als 2000 A N v o r 1 1 8 . Die industriellen Beziehungen Frankreichs werden somit auch in Zukunft durch eher unternehmensexterne Verhandlungssysteme, durch schwache betriebliche AN-Vertretungen mit starker gewerkschaftlicher Bindung sowie ideologischen Strömungen bestimmt. Diese Ausrichtung im privatwirtschaftlichen Sektor wird auch nicht mit Hinweisen auf mitbestimmungsrechtliche Entwicklungen in nationalisierten Wirtschaftsbereichen relativiert werden können 1 1 9 . 116

Ebenda, S. 175 ff. Vgl. Wirtschafts- und Sozialrat im Amtsblatt der Französischen Republik v. 5. August 1975. 118 Vgl. Overrath, H.-P., a.a.O., S. 384f. 119 Das Verstaatlichungsgesetz Nr. 83/155 v. 11.2.1982 sah für die verstaatlichten 5 Unternehmensgruppen eine den nationalen Wirtschaftssektoren entsprechende Unternehmensstruktur vor: Der Verwaltungsrat umfaßte Vertreter des Staates (7 für den Industriesektor, 5 für den Bereich der Banken und Finanzholdings), Vertreter der Arbeitnehmer auf Vorschlag repräsentativer Gewerkschaften (6 für den Industriesektor, 5 für den Finanzbereich), Mitglieder, die aufgrund ihrer Fähigkeiten im Bereich der von der 117

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften 5. Der südliche Rechtskreis

5.1. Italien „ L o Stato assicura il diritto dei lavoratori di partecipare alla gestione delle aziende dove prestano la loro opera. La legge stabilisce i modi e i limiti di applicazione del diritto" 1 2 0 . Der endgültige Text für Art. 46 der italienischen Verfassung lautete sodann: „ A i fini all' elevazione econimica e sociale del lavoro e in armonia con le esigenze delle produzione, la republica risconosce il diritto dei lavoratori a collaborare , nei modi e nei limite stabiliti dalle leggi, alle gestione delle aziende". Obwohl im Vergleich zum ursprünglichen Begriff „partecipare" der Ausdruck „collaborare" eine gewisse Einschränkung der Arbeitnehmerbeteilung an Unternehmensentscheidungen bedeuten könnte, kommt Carullo in seiner vergleichenden und verfassungsrechtlichen Analyse zum Ergebnis, daß die derzeit in Europa angewandten und vorgeschlagenen Mitbestimmungsformen durchaus mit der italienischen Verfassung im Einklang stünden 121 . Die italienische Verfassung garantiert somit gem. Art. 46 die Möglichkeit institutionalisierter Mitbestimmungsformen auf Betriebs- und Unternehmensebene. Angesichts der seit 1965 anhaltenden „offiziellen" Dauerkrise in Italien 1 2 2 bricht die Diskussion um die Einführung institutionalisierter Mitbestimmungsformen nicht ab. Sieht Carrullo 1 2 3 gewisse Chancen für eine harmonische Mitbestimmungsregelung als Ergebnis vorsichtig kombinierter Formen, steht Momigliano einer solchen Entwicklung eher skeptisch gegenüber 124 . Er votiert für eine Rückbesinnung auf die traditionelle Rolle der Gewerkschaften. Die industriellen Beziehungen entwickelten sich in Italien seit 1864 vornehmlich auf kollektivvertraglicher Ebene. Zwar entstanden um 1920 in einigen Industriesektoren Betriesräte, diese wurden jedoch bereits 1925 mit der faschistischen Herrschaft wieder aufgelöst 125 . In der Nachkriegsentwicklung unterlagen die industriellen Beziehungen einer ständigen Veränderung, so daß es dem ausländischen Rechtsvergleicher relativ schwer fallt, eine strukturierte Tätigkeit der jeweiligen Unternehmen betroffenen öffentlichen oder privaten Angelegenheiten, oder in ihrer Eigenschaft als Vertreter der Verbraucher; vgl. auch Pipkorn, J./Abeltshauser, Th.E., Entwicklungen im europäischen Gesellschafts- und Unternehmensrecht, EUI-Working Paper S. 19 f. 120 Ygi Carullo, F.-Α., La partecipazione dei lavoratori nel disegno della constiutzione italiana, in: Rivista di diritto del lavoro 1979, S. 430 (436). 121

Ebenda, S. 452. Vgl. Europäisches Gewerkschaftsinstitut, Tarifverhandlungen in Westeuropa 19801981 und die Aussichten für 1982, S. 4ff. 123 Vgl. Carullo, F.-A., a.a.O., S.452f. 124 Vgl. Momigliano, F., Il ruolo dei syndicati e la partecipazione dei lavoratori al controlle ο alla gestione delle imprese, in: Rivista di diritto del lavoro 1979, S. 184 (194f.); ebenso Conrad,W., Nationale Besonderheiten der Klassenauseinandersetzungen und europäische Integration: Das Beispiel Italien, in: Soziale Welt. 1973, S. 257ff. 125 Vgl. Nagels, K.H./Sorge, S., a.a.O., S. 82. 122

. Kap.: Rechtsvergleich

Übersicht über dieses System zu gewinnen 126 . Trotz allem, Italien lebt mit der Krise und bei genauer Analyse lassen sich ζ. T. überraschende Entwicklungen herausarbeiten. a) Unternehmensnahe Verhandlungssysteme Das ursprüngliche Kollektivvertragssystem (1945-1962) zentrierte sich bis auf wenige Ausnahmen auf nationale Industriesektoren. Die Vertragsparteien (Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände—confindustria) verhandelten über Lohnstufen, allgemeine Arbeitsbedingungen und Personalpolitik 127 . Seit 1963 geriet das italienische Tarifvertragssystem in einen tiefgreifenden Umgestaltungssog, der durch veränderte gesamtwirtschaftliche Bedingungen, Arbeitsmarktkrisen und Umstrukturierungen der Industriesektoren ausgelöst wurde. Eine weitläufige Dezentralisierung der industriellen Beziehungen ermöglichte unternehmensnahe Firmentarife bzw. Tarifverträge auf Betriebs- und Unternehmensebene. M i t den Ende der 60er Jahre abgeschlossenen nationalen Tarifverträgen wurde schließlich auch die bislang bestehende inhaltliche Beschränkung der Kollektivverträge auf Betriebs- und Unternehmensebene aufgehoben. Drei der größten Gewerkschaften schlossen sich zu einem Einheitsbündnis zusammen (CGIL, CISL, U I L ) und sorgten für abgestimmtere Verhaltensweisen und mehr Stabilität in ihrer Verhandlungspolitik. Dies wirkte sich wiederum positiv auf die Belegschaftsvertreter (delegati) und die Betriebsräte (consigli di fabrica) aus. Die Stellung der Gewerkschaften und A N wurde schließlich durch das „Statuto dei Diritti dei Lavorati Nr. 300" von 1970 weiter gefestigt. Insbesondere erhielten die A N und ihre Gewerkschaften das Recht, sich auf Betriebsebene zu versammeln, sich zu organisieren und Tarifverhandlungen zu führen. Die gewerkschaftliche Politik und Verhandlungsmacht ist in Italien durch die weitgehend „dezentralisierten Verhandlungsstrukturen" somit in der Lage, wesentlichen Einfluß auf den unternehmerischen Entscheidungsprozeß zu nehmen. Dies läßt sich z. B. an Unternehmenstarifen verdeutlichen, die grundlegende Investitionsentscheidungen eines Unternehmens (FIAT) „mitbestimmten". b) Verhandlungssysteme

auf betrieblicher

Ebene

Die AN-Vertretungsorgane auf Betriebsebene wurden weniger qua Gesetz als vielmehr durch langsame Ausdifferenzierung des kollektiven Verhandlungssystems bzw. selbständig einsetzenden Zusammenschlüssen von A N eines Unter126

Bezeichnend Gamillscheg, F., Mitbestimmung und Mitwirkung der Arbeitnehmer bei den Entscheidungen im Betrieb und Unternehmen: Zum Verhältnis Betriebsrat und Gewerkschaft, in: ders., Mitbestimmung der Arbeitnehmer..., S. 11 (29); für den die industriellen Beziehungen in Italien zur Zeit „nicht das Bild lateinischer Klarheit bieten, wie es den Nachfahren eines Rapinium geziemen würde — trotz allem — ein liebenswertes Land!"; eine gute Übersicht findet sich in Montalenti, Paolo, Operai ed Europa, 1981. 127

Vgl. IDE, a.a.O., Chapter X I — The Italien Industrial Relation System, S. lOf.

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

5

nehmens geschaffen. Für eine rechtliche Würdigung ist davon auszugehen, daß der italienische Betriebsbegriff nicht wie in der B R D 1 2 8 institutionell ausgelegt wird. M i t dem Begriff der „impresa" wird die berufsmäßige wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmers zur Erzeugung von Gütern oder Dienstleistungen bezeichnet. Der Ausdruck „azienda" umschreibt dagegen die Gesamtheit der sachlichen und persönlichen Mittel, die vom Unternehmer zur Ausübung seiner berufsmäßigen wirtschaftlichen Tätigkeit zusammengefaßt werden 129 . Die „organizatione del lavoro" bezieht sich in diesem Zusammenhang sowohl auf die Arbeitgeber- als auch auf die Arbeitnehmerinteressen. Die ersten Vertretungsorgane auf dieser so definierten Betriebsebene bildeten vor und nach der faschistischen Herrschaft die „commissione interna". Diese wurden seit 1968 jedoch weitgehend durch neue Vertretungsformen abgelöst. Denn sie übten einerseits nur geringen Einfluß auf den unternehmerischen Entscheidungsprozeß aus und konnten andererseits wenig Kontakt mit den zu vertretenden A N halten 1 3 0 . Im gleichen Zeitraum bildeten sich auf betrieblicher Ebene relativ unabhängige „delegati". Diese Delegiertenbewegung lehnte sich formal an die Unternehmensorganisation an. Von sog. Arbeitsgruppen wurden Sprecher gewählt, die sodann abteilungs- und betriebsweise zusammentraten und wiederum Sprecher wählten 131 . Gewerkschaften und delegati sind heute weitgehend zusammengewachsen, obwohl alle A N einer Belegschaft als „gruppo omogeno" an der Wahl teilnehmen (organisierte und nicht organisierte AN). Die Zahl der delegati variiert nach Größe des Unternehmens. Das Spitzenorgan der Delegierten präsentiert sich gleichsam als das örtliche Basisorgan der Gewerkschaften im Betrieb und Unternehmen 132 . Die Delegierten übernehmen vornehmlich Verhandlungs- und Überwachungsfunktionen auf unterster Ebene. Der „Consiglio di Fabrica" (bzw. der „Consiglio d'Azienda") kann als das wichtigste AN-Vertretungsorgan bezeichnet werden. Das „Statuto dei Diritti dei Lavoratori Nr. 300" hat dieses AN-Organ weiter gefestigt. Es räumt den A N das Recht ein, Systeme direkter Vertretung einzurichten. Darüber hinaus garantiert es die Versammlungsfreiheit, die Anerkennung der Tarifpartner sowie die Tarifautonomie auf Betriebs- und Unternehmensebene. Die Mitglieder des consiglio di fabrica werden durch die A N einer Produktionsstätte gewählt. Dies sind i.d.R. die jeweils von den „gruppi omogeni" gewählten Vertreter 133 . Als 128

Vgl. BAG AP Nr. 1 zu § 88 BetrVG 52. Vgl. zur Auslegung Runggaldier, U., Fragen der betrieblichen Arbeitnehmervertretung in Italien, in: Gamillscheg, F., a.a.O., S. 123f. 130 vgl. Europäisches Gewerkschaftsinstitut, Gewerkschaftliche Grundrechte im Unternehmen in westeuropäischen Ländern, S. 57 f. 129

131

Vgl. Nagels, K.H./Sorge, Α., a.a.O., S. 83. m Ygi Nagels, K.H./Sorge, Α., a.a.O., S. 83; sowie Taliani, E., Modelle betrieblicher Demokratie in Italien, in: Vilmar, F., a.a.O., S. 194 (22ff.). 133

Vgl. Runggaldier, U., a.a.O., S. 137.

2. Kap.: Rechtsvergleich

Folge der Dezentralisierung des Tarifvertragssystems kommen dem consiglio di fabrica weitgehende Tarifverhandlungsrechte zu. Ihm unterliegen Gesundheitsund Sicherheitsfragen, die Schlichtung von Streitfällen sowie die Auslösung von Arbeitskämpfen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem consiglio di fabrica in regelmäßigen Sitzungen Informationen über die Investitionspolitik, Produktionspläne und die Unternehmensplanung zu übermitteln. Die weitgehende Unabhängigkeit tariflicher Verhandlungssysteme auf betrieblicher Ebene sowie die zu beobachtende Ausweitung der verhandlungsfähigen Themen 134 führte und führt in einigen Fällen zu wesentlichen Mitbestimmungsmöglichkeiten der A N in bezug auf weitreichende Investitionsentscheidungen von Unternehmen. Darüber hinaus schlägt das allgemein konfliktorientierte AN-Vertretungsorgan in betrieblichen Tarifverhandlungen voll auf den Erfolg oder Mißerfolg dieser Verhandlungen durch. Hieraus erklären sich auch die im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten relativ hohen Streikziffern in Italien 1 3 5 . Dieses System der betrieblichen Tarifverhandlung mit der Möglichkeit des Arbeitskampfes kann als eine „conflittualita permanente" verstanden werden. Zugleich wird deutlich, daß auch in Italien vornehmlich gewerkschaftliche Interessen betriebliche Verhandlungssysteme okkupieren. Die einzelnen A N eines Unternehmens können allerdings über die gruppo omogeni gewisse Einflüsse ausüben. Öffentliche Interessen werden hingegen weniger problematisiert. Der Richtlinienvorschlag übernimmt den Gedanken tarifvertragsrechtlicher Mitbestimmungsformen sowohl für Unternehmen mit einem AR-System, als auch für Unternehmen mit einem VR System. Damit entspricht er tendenziell dem italienischen Recht. Im Ergebnis mißlingt dies insofern, als das italienische Tarifvertragsrecht flexibler bleibt und sich nicht auf gesetzlich vorgegebene Unternehmensverfassungsstrukturen einläßt. c) Verhandlungssysteme

auf Unternehmensebene

Bislang hat der italienische Gesetzgeber den Art. 46 der Verfassung nicht für Arbeitnehmerbeteiligungsstrukturen auf Unternehmensebene herangezogen und ausgefüllt. Weder die Arbeitgeber- noch die AN-Seite sehen eine Notwendigkeit darin, das bestehende System der industriellen Beziehungen durch Mitspracherechte im „consiglio d'administracione" zu ergänzen. Die Literatur behandelt dieses Thema entsprechend zurückhaltend und zwiespältig 136 . Lediglich in einigen öffentlichen Unternehmen finden sich mitbestimmungsrechtliche Strukturen für einen A R 1 3 7 . 134

Vgl. IDE, a.a.O., S. 20. Ebenda, S.23f. 136 Zustimmend Carullo, F.-A., a.a.O., Rivista di diritto del lavoro, 1979, S. 430 ff; vergleichend Montalenti, P., Democrazia industriale e piano d'impresa, in: Democrazia e Diritto 1981, S. 29 ff.; ablehnend Cottino, G., Teoria dell'impresa e modelli di partecipazione, in: Democrazia e Diritto, 1981, S. 43ff.; sowie Momigliano, F., a.a.O., Rivista di diritto del lavoro 1979, S. 184ff.; vgl. auch Galgano, F., Die Diskussion über das Unternehmensrecht in Italien, in: WuR-Sonderheft Unternehmensrecht, S. 122 (131). 135

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

Eine besondere Form der AN-Vertretung für unternehmenspolitische Entscheidungen hat sich mit den „consiglii di zona" herausgebildet. Hierbei handelt es sich um Gebietsräte, deren Mitglieder wiederum die zuvor behandelten delegati sind. Diese consiglii di zona beschäftigen sich insbesondere mit Fragen bedeutender Unternehmensinvestitionen, ökologischen Problemen, Produktionsstandorten oder umfangreichen Beschäftigungspolitiken eines oder mehrerer Unternehmen. Diese Gebietsräte erlangen auch direkten Zugang zur unternehmenspolitischen Entscheidungsebene. Sie können beratende Funktionen übernehmen. Obgleich somit im Ergebnis das System industrieller Beziehungen in Italien lange Zeit in bezug auf seine Funktionen, Anwendungsbereiche und innere Abgestimmtheit ein unklares Bild bot, kristallisierten sich in den 70er Jahren insbesondere auf die Betriebsebene bezogene dezentralisierte Strukturen der A G - A N Beziehungen heraus. Das Interesante an dieser Entwicklung kann vornehmlich in der nicht legislativ ausgelösten langsamen Ausdifferenzierung spezifischer Verhandlungssysteme als Antwort auf sich verändernde allgemeine Wirtschaftsstrukturen gesehen werden. Darüber hinaus fasziniert das breite Anwendungsfeld betriebs- und unternehmensbezogener Tarifverträge, die entweder zwischen den A G und den „consiglio di fabrica" oder den „consiglio di zona" ausgehandelt werden. Damit erfaßt das Tarifverhandlungssystem z.T. Themen, die in anderen Mitgliedstaaten nur über eine institutionalisierte Mitbestimmungsstruktur auf Unternehmensebene abgedeckt werden können. Die Nachteile des italienischen Systems dürften allerdings in der starken Rezessionsabhängigkeit tariflicher Verhandlungssysteme zu sehen sein. Auch erscheint die Abstimmung mit gesamtwirtschaftlichen Tarifverträgen als übergeordnete Verhaltensrichtlinien nicht eindeutig. Dies kann zu Überschneidungen und sich widersprechenden Tarifpolitiken in den Einzelsektoren führen. Eine gesetzliche Rahmenplanung und Strukturvorgabe wäre insofern wünschenswert. Weiterhin fällt auf, daß öffentliche Interessen institutionell nur wenig Berücksichtigung finden. Selbst wenn die consiglio di zona öffentliche Belange auf ihr Banner schreiben (ökologische Themen), wird dies eher zu Interessenkonflikten mit den zu vertretenden AN-Belangen führen. 5.2. Spanien Geschichtlich gesehen wurde Spanien von großen politischen und kulturellen Veränderungen geprägt. Man denke hier nur an den Einfluß der Phönizier, Griechen, Römer sowie nach 711 der Araber, die über 700 Jahre insbesondere den Süden Spaniens besetzen und auch das Rechtssystem maßgeblich beeinflußten. Im 16. und 17. Jahrhundert avancierte Spanien unter den österreichischen Königen zur Weltmacht. Das spanische Recht erhielt somit nicht nur in großen Teilen Europas Geltung, sondern auch in Amerika und denPhilippinen. Das 137

Vgl. Europäisches Gewerkschaftsinstitut, a.a.O., S. 67.

7 Abeltshauser

2. Kap.: Rechtsvergleich

kulturelle Leben wurde bereits im 15. Jahrhundert von C. Cervantes, Lope de Vega und Caldéron sowie später von El Greco, Velazquez, Morillo und Goya maßgeblich beeinflußt. Der Untergang Spaniens als Weltmacht wurde mit der Invasion Napoleons abgeschlossen. Unterschiedliche politische Strömungen beeinflußten insbesondere das 19. Jahrhundert und führten schließlich zu den sogenannten karlistischen Kriegen (1830). Im Anschluß an die Konvention von Vergara 1839 erlebte Spanien für den Rest des 19. Jahrunderts eine Zeit ständiger politischer Veränderungen, die insbesondere durch militärische Machtübernahmen und kurzlebige Regierungen geprägt wurde 12 . Die erste spanische Republik wurde sodann im Jahre 1873 ausgerufen. Durch die sich anschließende Restauration des Königshauses der Bourbonen erlebte Spanien eine Rückkehr zur Monarchie. Die zweite Republik wurde 1931 ausgerufen. Ähnlich wie in anderen europäischen Ländern wurde diese Zeit jedoch durch starke soziale Spannungen und einer steigenden politischen Polarisierung zwischen links- und rechtsgerichteten Kräften bestimmt. Dies führte schließlich 1936 zum spanischen Bürgerkrieg, der mit dem Sieg der Franco-Faschisten im Jahr 1939 endete. Die Industrialisierung Spaniens setzte mit Beginn des 19. Jahrhunderts ein und führte nach 1850, ähnlich wie in anderen europäischen Ländern, zu großen sozialen Umschichtungen und Spannungen. Bereits 1888 kam es sodann zur Gründung der ersten großen Gewerkschaft (UGT), die sich eng mit der bereits 1879 gegründeten sozialistischen Partei Spaniens (PSOE) verband. Weitere, zum Teil auf regionalen Gebieten tätige Gewerkschaften entstanden in der Folgezeit (Solidaridad de Trabajadores Vascos 1911; CNT 1910). Doch nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Arbeitgeber schlossen sich bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu Berufsvereinigungen zusammen und begegneten gewerkschaftlichen Organisationen in Arbeitskämpfen auf regionaler und nationaler Ebene mit generellen Aussperrungen. Die Arbeitskämpfe nahmen in den Jahren bis 1936 immer schärfere Formen an und wurden darüber hinaus durch eine zunehmende Linkslastigkeit der politischen Parteien begleitet. Diese Entwicklung endete jedoch mit dem Ausbruch des Bürgerkrieges und der anschließenden Machtübernahme durch die Faschisten. Die Franco-Diktatur reorganisierte die AG-AN-Beziehungen grundlegend. Dies hatte unter anderem ein Verbot aller freien Gewerkschaften und Berufs Vereinigungen zur Folge, deren Eigentum auch durch den Staat weitgehend konfisziert wurde. Alle am Produktionsprozeß beteiligten Bürger waren nunmehr gleichzeitig Mitglieder in staatlichen Gewerkschaftsorganisationen. Der zentralistisch organisierte korporative Staat regelte industrielle Beziehungen und ließ zumindest bis 1958 keine freien und autonomen Tarifverhandlungen zu. Insgesamt kann man die Franco-Ära somit auch als einen „Staatskorporatismus" bezeichnen. Dieser endete erst mit dem Tode Franco's im Jahr 1975. Schon zu diesem Zeitpunkt erlebte Spanien einen wirtschaftlichen Aufschwung, der darüber hinaus durch umfangreiche Auslandsinvestitionen und

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

dem einsetzenden Massentourismus unterstützt wurde. Heute zählt Spanien zu den modernen Industrienationen und nimmt insbesondere unter den Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft in bezug auf seine wirtschaftlichen Entwicklungsperspektiven eine besondere und intessante Stellung ein. Hinsichtlich der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeziehungen kehrte das demokratisch regierte Spanien wieder zum System weitgehend autonomer Tarifpolitik zurück. Dementsprechend finden wir heute sowohl auf Arbeitgeberals auch auf Arbeitnehmerseite ein plurales System von Berufsorganisationen vor. Der Organisationsgrad auf Arbeitnehmerseite zählt allerdings auch heute noch zu den niedrigsten in Europa (ca. 25%). Die neue spanische Verfassung von 1978 garantiert dementsprechend auch die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit (Art. 7; 22; 28) sowie ein grundlegendes Mitbestimmungsrecht. Diese Grundsätze finden sich sodann in zahlreichen Einzelgesetzen undVerordnungen sowie Dekreten wieder 138 . Darüber hinaus ratifizierte Spanien viele internationale arbeitsrechtliche Konventionen 139 . a) Unternehmensnahe Verhandlungssysteme Die Entwicklung der spanischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeziehungen läßt bereits vermuten, daß der Einfluß auf die unternehmerische Willensbildung in bezug auf Arbeitnehmerbelange weitgehend extern stattfindet. Dementsprechend wird man dem tarifvertragsrechtlichen System Spaniens heute auch eine größere Bedeutung beimessen können, als mitbestimmungsrechtlichen Vertretungsformen im Unternehmen selbst. Tarifvertragsverhandlungen finden in Spanien allerdings nicht ausschließlich auf nationaler Ebene statt, sondern können sich auch auf bestimmte wirtschaftliche Sektoren, Regionen oder Unternehmen beschränken. Allein 1983 kamen beispielsweise 301 unternehmensbezogene und 31 konzernbezogene Tarifvereinbarungen zustande, die ca. 400 Unternehmen und 550.000 Arbeitnehmer betrafen. Darüber hinaus besteht 138 Ygi z g die Arbeitnehmercharta von 1980; Royal Legislative Degree Nr. 17 betreffend die Arbeitsbeziehungen vom 4.3.1977 in Boletin Official del Estado vom 9.3.1977 Nr. 58, S. 5464; Akt Nr. 19 betreffend das Recht der Vereinigungsfreiheit in Gewerkschaften vom 1.4.1977 in Bulletin Official del Estado vom 4.4.1977 Nr. 80, S. 7510; Königliches Dekret Nr. 5 betreffend die Einrichtung eines Instituts für Mediation, Arbitration and Consiliation vom 26.1.1979 in Bulletin Official del Estado vom 6.2.1979 Nr. 32, S. 2993; A k t N r . 8 —Arbeitnehmercharta — v o m 10.3.1980 in Bulletin Official del Estado vom 14.3.1980 Nr. 64, S. 5799 geändert durch den Gesetzesakt Nr. 32 vom 2.8.1984 in Bulletin Official del Estado vom 4.8.1984 Nr. 1986, S. 22731. 139 Bis Januar 1984 waren es insgesamt 107 Konventionen. Darunter insbesondere: The right of association (agriculture) convention 1921 (Nr. 11); The freedom of association and protection of the right to organize convention 1948 (Nr. 87); The right to organize and collect the bargaining convention 1949 (Nr. 98); The workers representatives convention 1971 (Nr. 135); The plural workers organizations convention 1975 (Nr. 141); The labour relations (public service) convention 1978 (Nr. 151); The European Social Charta. Zu diesen Konventionen vgl. auch ILO, The trade union situation and industrial relations in Spain (1985), S. 17f.

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auch die Möglichkeit betriebsbezogener Vereinbarungen, die vornehmlich zwischen der Unternehmensleitung und Arbeitnehmervertretern des jeweiligen Betriebes oder Unternehmens abgeschlossen werden. Eine Koordination zwischen betriebs- und unternehmensbezogenen sowie regionalen und nationalen Tarifvereinbarungen kann zumindest teilweise durch sogenannte Rahmentarifverträge gewährleistet werden, die die generellen „Spielregeln" für Tarifabschlüsse festlegen. Inhaltlich beziehen sich unternehmensnahe Tarifverträge sodann auf Löhne, Produktionsausrichtung, Arbeitszeiten, Überstunden, Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz sowie generelle Fragen der Beschäftigungspolitik eines Unternehmens. Ebenso wie in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, in denen die industriellen Beziehungen weitgehend durch Tarifverhandlungen autonom geregelt werden, zeigt sich auch in Spanien, daß dieses System in Zeiten wirtschaftlicher Rezession Machteinbußen hinnehmen muß — die Verhandlungsspielräume also entsprechend kleiner werden. b) Betriebliche Arbeitnehmermitbestimmung Obgleich Tarifverträge das zentrale Aushandlungsinstrument zwischen den Sozialpartnern sind, existieren in Spanien auch Formen der Mitbestimmung im Unternehmen. Diese Beteiligungsstrukturen genießen sogar eine gewisse Tradition, denn bereits vor 1975 gab es sogenannte Arbeiterräte im Unternehmen (jurado de empresa) bzw. Vertretungsorgane für Arbeitnehmervertreter auf Betriebs- und sogar Unternehmensebene 140. Heute findet sich auf eher betrieblicher Ebene ein System aus Arbeitnehmerrepräsentanten und Arbeitnehmerbeiräten, die auch durch das Königliche Dekret vom 6.12.1977 zum ersten Mal rechtlich geregelt wurden. Inzwischen gibt es auch detaillierte Regelungen im Akt Nr. 8 — Arbeitnehmercharta vom 10.3.1980 unter Titel 2 Nr. 61 ff. und in der veränderten Fassung vom 2.8.1984. Danach sollen Arbeitnehmer in einem Unternehmen oder Betrieb mit weniger als 50 aber mehr als 10 Arbeitnehmern eigene Repräsentanten wählen. Arbeitnehmerbeiräte sollen dabei in Unternehmen oder Betrieben mit mehr als 50 Arbeitnehmern eingesetzt werden. Dies gilt auch für Unternehmen, die einzelne Betriebsstätten in einer Region unterhalten, die je für sich zwar weniger als 50 Arbeitnehmer beschäftigen, in ihrer Gesamtheit aber mehr als 50 Arbeitnehmer aufweisen. Je nach Unternehmensgröße weisen diese Beiräte 5 — 21 Mitglieder auf. Seit 1978 wurden regelmäßig entsprechende Wahlen in über 53.000 Unternehmen durchgeführt. Die in ein Amt berufenen Arbeitnehmervertreter erhalten dabei gesetzliche Garantien, daß sie für die Dauer dieser Tätigkeit nicht entlassen oder in irgendeiner Weise bestraft werden. Dies gilt auch für Kündigungen aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen. 140 Vgl. MitbestG vom 21.7.1962 und Verordnung vom 15.7.1965 sowie ILO, The labour and trade union situation in Spain (1969) S. 256 ff.

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Die Arbeitnehmervertreter und Beiräte haben das Recht auf ausreichende Information (bezüglich der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens; Produktivität; Bilanzeinsicht und anderen Informationen, die ein Aktionär oder Teilhaber des Unternehmens gegeben werden, standardisierte Arbeitsvertragsmuster; Strafen, die gegen Arbeitnehmer des Unternehmens verhängt wurden, sofern es sich um schwere Vergehen handelt; Statistiken; Arbeitsunfälle etc.). Sie können einen Bericht von der Unternehmensleitung anfordern, der Aufschluß über wesentliche zukünftige Veränderungen im Unternehmen gibt, sofern Arbeitnehmer hiervon betroffen sind (Entlassungen, Kurzarbeit, Versetzungen). Sie haben das Recht auf Durchsetzung gesetzlich oder tarifvertraglich festgelegter Arbeitsbedingungen. Direkte Mitbestimmungs- und Kooperationsrechte bestehen in Bereichen, die z.B. durch Tarifvertrag bestimmt werden können, in Fragen wohlfahrtsstaatlicher Zuwendungen an die Arbeitnehmer oder in Fragen der Produktivitätssteigerung. Darüber hinaus sind Arbeitnehmerrepräsentanten ermächtigt, in bestimmtem Umfang Betriebsvereinbarungen und Unternehmenstarifverträge auszuhandeln. Dabei ist allerdings davon auszugehen, daß gerade in Zeiten wirtschaftlicher Rezession diese Mitbestimmungsmöglichkeiten relativ selten wahrgenommen werden können und sich die Tätigkeit der Arbeitnehmerrepräsentanten somit stärker auf das Vorbringen genereller Forderungen und Beschwerden an die Unternehmensleitung beschränkt. Es gibt aber auch eine ganze Reihe von Unternehmen, die gerade auf eine stärkere Beteiligung ihrer Arbeitnehmer am Entscheidungsprozeß in bestimmten Bereichen Wert legen 141 . c) Mitbestimmungsformen

auf Unternehmensebene

Direkte Mitbestimmungsformen auf Unternehmensebene könnten im spanischen Recht, wenn übrhaupt, nur bei der Sociedad Anònima eingerichtet werden. Diese, der deutschen Aktiengesellschaft entsprechende Gesellschaftsform wurde mit Gesetz vom 17. Juli 1951 (Ley de sociedades anònimas, LSA) geregelt. Das spanische Recht kennt danach zwei Gründungsarten für die SA. Die eine, sogenannte simultane Gründung, geht von einem einzigen Gründungsakt durch Einigung unter den Gründern (mindestens 3) aus. Die davon zu unterscheidende „Stufengründung" sieht dagegen eine öffentliche Ausschreibung zur Kapitalzeichnung am Kapitalmarkt vor. Gemäß Art. 6 SLA entsteht die SA durch notarielle Beurkundung (Escritura Publica) und durch Eintragung in das spanische Handelsregister (registro mercantil). Wie die deutsche Aktiengesellschaft ist auch die spanische SA juristische Person. Die Gesellschaftsorgane (Art. 48 ff. LSA) der spanischen Aktiengesellschaft bestehen aus der Hauptversammlung (junta general) und dem Verwaltungsorgan (consejo de administraciòn). Zwar besteht nach spanischem Recht auch die 141

ILO, The trade union situation and industrial relations in Spain, S. 87.

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Möglichkeit, ein aufsichtsführendes Gesellschaftsorgan einzurichten, in der Praxis beschränkt sich dies aber auf die Prüfung der Bilanz sowie der Gewinnund Verlustrechnung sowie der Gewinnverteilung und des Jahresberichts des Vorstands. Die Prüfer werden von der Hauptversammlung berufen (Actionistas censores de cuentas) 142 . Das spanische Recht folgt somit dem auch in Großbritannien, Frankreich oder Italien bestehenden monistischen Verwaltungsratssystem. Allerdings gibt es auch in Spanien Reformüberlegungen, die ein besonderes Kontrollorgan für den Vorstand vorsehen. Bis heute gilt jedoch noch der ursprüngliche Rechtszustand. Dabei ist auch zu bezweifeln, ob das spanische Recht in Zukunft einen Aufsichtsrat zwingend vorschreiben würde. Vielmehr ist zu vermuten, daß der Gesetzgeber hier nach französischem Vorbild ein monistisches oder dualistisches System zur Wahl stellen würde. Auch die neuste Reform des spanischen Aktienrechts brachte diesbezüglich keine strukturellen Neuerungen, sondern setzte die bislang vom Europäischen Recht verabschiedeten gesellschaftsrechtlichen Richtlinien in spanisches Recht u m 1 4 3 . Anders als in Mitgliedsstaaten mit einem monistischen Verwaltungsratssystem kennt das spanische Recht Mitbestimmungsregelungen auch auf Unternehmensebene. Bereits mit dem Gesetz vom 21. Juli 1962 erhielten Arbeitnehmervertreter das Recht, jeweils einen Repräsentanten auf 6 Aktionärsvertreter in den Verwaltungsrat zu entsenden. Der Betriebsrat eines Unternehmens hatte ein entsprechendes Vorschlagsrecht. Der Verwaltungsrat selbst wählte sodann die notwendige Anzahl von Arbeitnehmervertretern aus der übermittelten Vorschlagsliste. Auf diese Weise wurden immerhin schon 1967 644 Arbeitnehmervertreter in den Verwaltungsrat von 377 Unternehmen gewählt. Heute ist dieses System nicht mehr existent. Es wurde mit der Arbeitnehmercharta als Relikt des korporatistisch francistischen Staatssystems wieder abgeschafft. Nur in Ausnahmefallen existieren noch Vertretungsformen für Arbeitnehmer auf Unternehmensebene. So beispielsweise in einigen Transportunternehmen in Katalunien oder in öffentlichen Unternehmen. Obgleich sogar die spanische Verfassung die Einrichtung unternehmerischer Mitbestimmung ausdrücklich nennt, gibt es bislang keine Anzeichen für ein entsprechendes Gesetzes vorhaben.

142 Vgl. u.a. Frommel und Thompson (1975), Company Law in Europe, S. 452ff.; sowie Fischer/Fischer (1983), Spanisches Wirtschaftsrecht. 143 y g i Ley 19 j 1989 d e 25 di julio, de reforma parcial y adaptacion de de la legislaciòn mercantil a las Directivas de la Comunidad Econòmica Europea (CEE) en materia de Sociedades, in: BOE 178 v. 27. julio 1989 Nr. 17832, S. 24085 ff. Die Reform umfaßt insbesondere Vorschriften zum Handelsregister, zur Rechnungslegung einschließlich der Konzernrechnungslegung, zur Gründung und Kapitalsicherung, zur Aktie sowie zur Verschmelzung und Spaltung.

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

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5.3. Portugal Die ersten portugiesischen Arbeitnehmerorganisationen lassen sich bis in das Jahr 1834 zurückverfolgen. Eine der bedeutendsten Verbindungen — die „Centro Promotor do Melhoramento da Classim Laboriosa" — wurde 1853 gegründet. Bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts bestanden ca. 392 Arbeitnehmerhilfsorganisationen und 132 Gewerkschaften, die insgesamt 130.000 Mitglieder repräsentierten. 1914 entstand die erste nationale Gewerkschaftsvereinigung — die „Uniao operarià nacional". Die Jahre nach dem ersten Weltkrieg zeichneten sich durch große wirtschaftliche Krisen sowie durch starke Streikaktivitäten aus. Die zunehmende politische Instabilität führte 1926 zu einem Militärputsch unter Gomes da Costa. Dieser löste das demokratische Regierungssystem Portugals durch eine Diktatur ab, die 1932 in die Hände des neuen Präsidenten Antonio de Olivier a Salazar überging. Der „Estado Novo" wurde insbesondere durch das EinparteienSystem, die nationale Einheit, ein zentralistisches Regierungssystem, durch eine nationalistische und klerikale Doktrin sowie einem Staatskorporatismus geprägt 1 4 4 . Ähnlich wie in Spanien wurden die bestehenden freien Gewerkschaften zum Teil aufgelöst und durch korporatistisch ausgerichtete Gewerkschaften ersetzt. Die Diktatur Salazar's währte bis 1968. In diesem Jahr wurde er durch Marcello Caetano als Präsident abgelöst. Caetano's Politik zeichnete sich durch eine vorsichtige „Öffnung" aus. Diese manifestierte sich u.a. in einer neuen Tarifvertragsgesetzgebung, die wieder zu einer Stärkung des Gewerkschaftswesens in Portugal führte. Der protugiesische Faschismus endete am 25.4.1974. Das zunächst noch existente gewerkschaftliche Einheitssystem, die sogenannte „Intersindical", bildete hier die beherrschende Kraft, wurde aber mit der neuen portugiesischen Verfassung vom April 1976 zugunsten eines pluralen Gewerkschaftssystems abgeschafft. Heute gibt es über 360 Gewerkschaften, die wiederum vertikal über ca. 26 Federationen und einigen Dachorganisationen untereinander verbunden sind. Die bekanntesten Dachorganisationen sind die U G T (Uniao Geral de Trabalhadores) und die CGTE-IN (Confederacao Geral dos Trabalhadores Portugeses-intersindical nacional). Wirtschaftlich stagnierte Portugal während der faschistischen Herrschaft. Doch auch nach 1974 bewirkte die Verstaatlichung insbesondere von Banken, Versicherungen, Energie- und Transportunternehmen sowie einigen anderen Großunternehmen erhebliche Führungs- und Finanzierungsprobleme. Das Schwergewicht der portugiesischen Wirtschaftspolitik konzentrierte sich zunächst auf die Steigerung der Exporte, Auslandsinvestitionen und die Reorgani144 Ygi European Trade Union Institute (1988). The Trade Union Movement in Portugal, S. 10.

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sation der Grundindustrie. Bis heute durchlief die portugiesische Wirtschaft verschiedenste Phasen, die einerseits von wirtschaftlicher Expansion und andererseits durch die Stabilisierung staatlicher Finanzen geprägt wurden. In den letzten Jahren ging die Inflation und auch die Arbeitslosigkeit merklich zurück. Dies basiert nicht zuletzt auf der Tatsache, daß Portugal in vielen Bereichen im Rahmen der europäischen Gemeinschaft ein attraktiver Standort für bestimmte Unternehmen geworden ist. a) Unternehmensnahe Verhandlungssysteme Die Arbeitgeber-Arbeitnehmerbeziehungen konzentrieren sich in Portugal heute weitgehend auf ein tarifvertragsrechtliches System. Dieses umfaßt allerdings nicht nur Tarifverträge auf nationaler Ebene, sondern bezieht sich auch auf sektorale sowie auf Unternehmenstarifverträge. Dies wird nicht zuletzt durch Artikel 56 Abs. 1 der portugiesischen Verfassung von 1976 in ihrer Fassung von 1982 garantiert. Neben der generellen Vereinigungsfreiheit für Arbeitnehmer erhalten diese u. a. auch das Recht, Gewerkschaften zu gründen und gewerkschaftlich auf Unternehmensebene tätig zu sein. Art. 57 Abs. 2 a der Verfassung und das Gesetz Nr. 16 / 79 vom 26.5.1979 geben den Gewerkschaften auch das Recht, an der Vorbereitung arbeitsrechtlicher Gesetzgebung mitzuwirken. Ein Mitbestimmungsrecht existiert ebenso für Institutionen der sozialen Sicherheit 145 sowie anderen Organisationen, die Arbeitnehmerbelange betreffen (z.B. Aufstellung sozialökonomischer Pläne) 140 . Gründung und Tätigkeitsbereiche portugiesischer Gewerkschaften werden durch das Gesetz 215-B/75 vom 30.4.75 näher geregelt. Danach können sich Einzelgewerkschaften zu regionalen oder auf Arbeitsbereiche bezogene Federationen verbinden. Darüber hinaus läßt das Gesetz auch die Bildung nationaler Dachorganisationen zu sowie die Bildung von Gewerkschaftsorganisationen auf Unternehmensebene oder gewerkschaftsbezogenen Shop stewards Committees innerhalb eines Unternehmens, die sich auch untereinander wieder verbinden können. Hieraus ergibt sich bereits, daß das portugiesische Recht Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeziehungen auf Unternehmensebene nicht nur formal zuläßt, sondern auch fördert. Dies unterstützt der Gesetzgeber darüber hinaus auch mit Gesetzen, die es den Arbeitnehmern ermöglichen, sich in bestimmten Zeitabständen zur Wahrnehmung ihrer Interessen am Arbeitsplatz zu versammeln 147 . Gewerkschaftsvertreter in Unternehmen mit mehr als 150 Arbeitnehmern haben 145

Vgl. Art. 57 Abs. 2 b der Verfassung; das Gesetz Nr. 549/77 vom 31.12.77; Art. 2 IV, 29-34 des Gesetzes Nr. 515/79 vom 28.2.79 sowie Art. 8 des Dekrets Nr. 26/83 vom 21.3.83. 146 Art. 57 Abs. I I c und Art. 94 I I I der Verfassung sowie Gesetz Nr. 31/77 vom 23.5.77. 147 Vgl. Gesetz Nr. 215-B/75 Art. 26-28.

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das Recht auf die Bereitstellung von Räumlichkeiten zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben 148 . Sie können auch notwendige Informationen an die Arbeitnehmer verteilen 149 . Inhaltlich haben die gewerkschaftlichen Arbeitnehmervertreter das Recht, mit derUnternehmensleitung Unternehmenstarifverträge bzw. Betriebsvereinbarungen abzuschließen. Diese betreffen sowohl das individuelle Arbeitsverhältnis (Einstellung, Beförderung, besondere Rechte und Pflichten, Sicherheit am Arbeitsplatz, Art und Weise der Arbeitsbedingungen, Entlassungsgründe, besondere soziale Zuwendungen usw.) sowie auch besondere Rechte für Gewerkschaften (Einzug von Mitgliedsbeiträgen, andere gewerkschaftliche Aktivitäten...). Tarifverträge dieser Art binden die jeweiligen Vertragspartner. Finden die Tarifverträge zwischen den· jeweiligen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervereinigungen statt, werden automatisch auch die jeweiligen Einzelmitgliedsinstitutionen gebunden. Duch einen besonderen Ministererlaß können Tarifverträge auch auf Nichtgewerkschaftsmitglieder ausgedehnt werden. Die Dauer dieser Tarifverträge beträgt in der Regel 2 Jahre, mit Ausnahme von Tarifverträgen, die Löhne und Gehälter betreffen. Diese werden in der Regel in jedem Jahr erneut abgeschlossen150. Kommt es zu keiner Einigung, besteht die Möglichkeit eines Verfahrens, das in drei Stufen eingeteilt werden kann. Zunächst kann ein Einigungsverfahren eingeleitet werden, in dem sich die beiden Parteien unter Beteiligung eines Experten der Ministerialbürokra tie abzustimmen versuchen. Gelingt dies nicht, gibt es ein Schlichtungsverfahren, in dem ein „Vermittler" eingeschaltet wird. Erst wenn auch dieses Verfahren erfolglos bleibt, können die Parteien ein Schiedsverfahren anstrengen 151 . Kommt es zum Arbeitskampf, garantiert die portugiesische Verfassung ein Demonstrations- und Streikrecht (Art. 58). Aussperrungen sind allerdings verfassungsmäßig verboten. b) Verhandlungssysteme

auf betrieblicher

Ebene

Neben den, im Unternehmen tätigen Gewerkschaftsvertretern, garantiert die portugiesische Verfassung den Arbeitnehmern eines Unternehmens laut Art. 54 Abs. 1 das Recht auf Einrichtung eines Betriebsrates. Dieser soll die Interessen der Arbeitnehmer gegenüber der Unternehmensleitung wahrnehmen und als Instrument zur Durchsetzung demokratischer Prinzipien im Wirtschaftsleben dienen. Die Gesetze Nr. 46/49 vom 12.9.86; Nr. 16/79 vom 26.9.79; Nr. 31 /77 vom 23.5.77 sowie das Dekret Nr. 407/80 vom 26.9.80 regeln die Gründung, Organisation, Leitung sowie besondere Rechte der Betriebsräte. Danach erhält der Betriebsrat ein bezüglich seiner Tätigkeit umfassendes Informationsrecht 152 .

148

Vgl. ebenda Art. 30. Vgl. ebenda Art. 31. 150 Vgl. Gesetz Nr. 519/C1/79 Art. 11. 151 Vgl. European Trade Union Institute (1988) The Trade Union Movement in Portugal, S. 43. 152 Vgl. Art. 23 des Gesetzes Nr. 46/79. 149

2. Kap.: Rechtsvergleich

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Diese relativ umfangreichen Informationsrechte betreffen die generelle Unternehmensplanung, die Gewinn- und Verlustsituation, Bilanzen, Personalplanung, das Budget etc. Bezüglich dieser Informationen sieht das Gesetz Nr. 46/79 in Art. 23 Abs. 2 und 3 eine Sorgfalts- und Verschwiegenheitspflicht für Betriebsratsmitglieder vor. Danach wird die unerlaubte Weitergabe vertraulicher Informationen strafrechtlich und disziplinarisch verfolgt. Darüber hinaus erhält der Betriebsrat Konsultations- sowie Mitbestimmungsrechte im Rahmen von Re-Organisationsmaßnahmen im Unternehmen. Diesbezüglich hat der Betriebsrat das Recht, vorab von der Unternehmensleitung konsultiert zu werden und eine entsprechende Stellungnahme abzugeben. Konsultations- und Mitbestimmungsrechte bestehen auch in bezug auf Beförderungspläne innerhalb des Unternehmens, Arbeitszeiten, Ferienplanung, die Schließung von Betriebsteilen oder Produktionsbereichen, Unternehmensstrukturveränderungen, die zu Entlassungen führen können sowie im Bereich der Schließung von ganzen Unternehmen oder Konkursfallen 153 . Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bestehen darüber hinaus in bezug auf Sozialeinrichtung für Arbeitnehmer des Unternehmens 154 . Dies betrifft beispielsweise die Einrichtung von Kantinen, Betriebsläden, Kindergärten, sportliche Einrichtungen oder kulturelle Vorhaben. Im Gegensatz zu den Gewerkschaftsvertretern auf Unternehmensebene besitzt der Betriebsrat keine direkten Rechte, Tarifverträge auf Unternehmensebene abzuschließen155. Dagegen haben Betriebsräte dasRecht, sich in regelmäßigen Zeitabständen mit der Unternehmensleitung zu treffen, um wesentliche Fragen der Unternehmenspolitik, von denen Arbeitnehmer berührt werden, zu diskutieren. Das Recht auf Bildung eines Betriebsrates erstreckt sich lt. Art. 75 f. sowohl auf den privaten als auch auf den öffentlichrechtlichen Sektor 156 . Dabei kommt es nicht auf die Größe einer Unternehmenseinheit an. Laut Art. 41 des Gesetzes Nr. 46/79 bezieht sich dies auch auf die öffentliche Verwaltung. Die jeweiligen Gesetze sehen darüber hinaus auch die Bildung von Betriebsräten innerhalb einzelner Produktionsstätten eines Gesamtunternehmens vor. Daraus folgt letzten Endes, daß dieses somit auch einen Gesamtbetriebsrat zu bilden hat 1 5 7 . Ein Betriebsrat setzt sich aus einer bestimmten Anzahl gewählter Arbeitnehmervertreter zusammen. Die Geschäftsordnung muß durch die Arbeitnehmer des Unternehmens genehmigt und im „Boletim do Trabalho e Embrego" veröffentlicht werden. Der Betriebsrat ist nach portugiesischem Recht zwar keine juristische Person, besitzt aber in gewissem Umfange Rechtsfähigkeit.

153 154 155 156 157

und 6.

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Gesetz Nr. 46/79 Art. 24. Gesetz Nr. 46/79 Art. 18 Abs. 2. Art. 3 des Dekrets Nr. 519/C1 /79. Gesetz Nr. 46/79 Art. 27 Abs. 3. Art. 54 Abs. 3 Portugiesische Verfassung sowie Gesetz Nr. 46/79 Art. 1, 2, 3

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c) Verhandlungen auf Unternehmensebene Die portugiesischen Handelsgesellschaften sind mit einer Ausnahme im Zivilgesetzbuch (Codigò civil) 1 5 8 und im Handelsgesetzbuch (Codigò Commerciale) 159 geregelt. Das Gesetz über Sociedades por Quotas v. 11.4.1901 regelt das Recht der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Sociedade por Quota oder Limitada). Beim Auftreten von Gesetzeslücken und Zweifelsfragen ist von den jeweiligen Spezialgesetzen auf das portugiesische Zivilrecht zurückzugreifen. Vertretungsformen für Arbeitnehmer auf Unternehmensebene und innerhalb eines Unternehmensorgans könnten, wenn überhaupt, nur in der sogenannten Sociedade Anònima bzw. der Sociedade Anònima responsabilidade und limitada (S.A.R.L.) vorgesehen werden. Diese Gesellschaftsform entspricht in etwa der deutschen Aktiengesellschaft, denn hier steht die Aufbringung und Erhaltung des Gesellschaftskapitals, die Aktie, die völlige Anonymität der Anteilseigner und die freie Übertragbarkeit der Aktien im Vordergrund 160 . Obgleich eine Reform des gesamten portugiesischen Gesellschaftsrechts relativ weit vorangeschritten ist und in Zukunft in einem sogenannten Gesetz betreffend der Handelsgesellschaften geregelt werden sollen, gilt bislang für die Struktur der portugiesischen Aktiengesellschaft noch das oben zitierte Handelsgesetzbuch. Danach haben portugiesische Aktiengesellschaften in der Regel drei Gesellschaftsorgane. Hierbei handelt es sich einerseits um die Unternehmensleitung, ein Aufsichtsorgan und die Hauptversammlung. Interessant ist, daß die Hauptversammlung nach portugiesischem Recht noch als höchstes Gesellschaftsorgan klassifiziert wird. Die Hauptversammlung hat auch das Recht, die Unternehmensleitung zu wählen und wieder abzusetzen. Darüber hinaus besteht ein relativ weitgehendes Weisungsrecht. Die Unternehmensleitung (conselho de administracao) ist ein Kollegialorgan mit, je nach Unternehmensgröße, drei bis sieben Mitgliedern. Diese können, müssen aber nicht aus den Reihen der Aktionäre gewählt werden 161 . Rechte und Pflichten der Unternehmensleiter sind nicht im einzelnen geregelt, doch sie dürften alle Handlungen, die mit der Unternehmensleitung verbunden sind sowie die Vertretungsmacht nach außen umfassen. Das Gesetz Nr. 49381 sieht darüber hinaus vor, daß die Satzung auch weitere Unternehmensorgane, die zum Teil Leitungsfunktionen besitzen, vorsehen können. Das Dekret Nr. 49381 bestimmt, daß die Gesellschafter für die Einrichtung eines Aufsichtsratsorgans zwischen drei verschiedenen Modellen wählen können. Das erste Modell, das sogenannte „conselho fiscal" kann drei bis fünf 158

CC; Gesetz Nr. 47344 vom 25.11.1966. CCOM; Charta de Lee vom 28.6.1888. 160 Vgl. auch Glücksmann, R./Stieb, St. (1984), Die Handelsgesellschaften im portugiesischen Recht, in: RIW, S. 516 (518). 161 Vgl. Dekret Nr. 389/77 vom 15.9.77. 159

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2. Kap.: Rechtsvergleich

Mitglieder haben, die durch die Hauptversammlung zu wählen sind. Dabei besteht durchaus die Möglichkeit, nicht nur sachkundige Gesellschafter, sondern auch Dritte in dieses Organ zu wählen. Mindestens ein Mitglied muß ein sogenannter eingetragener Prüfer sein. Das zweite Modell sieht vor, daß ein eingetragener Prüfer als sogenannter individueller „Fiscal" Aufsichtsfunktionen übernimmt. Diesem Einzelprüfer kann ein Vertreter sowie ein weiterer Prüfer, der durch das Gericht zu bestimmen ist, hinzugefügt werden. Das dritte Modell sieht vor, daß die Hauptversammlung eine Prüfungsgesellschaft mit Aufsichtsaufgaben betraut. Die Pflichten des Aufsichtsorgans beziehen sich auf die Überwachung der Unternehmensleitung, auf die Überwachung bezüglich gesetzeskonformen Verhaltens sowie der Einhaltung des Gesellschaftsvertrages (Satzung), auf die Buchprüfung sowie auf die Prüfung des Jahresberichts, die Gewinn-und Verlustrechnung sowie die Bilanz. Das Aufsichtsorgan hat das Recht, außerordentliche Hauptversammlungen einzuberufen, notwendige Informationen einzuholen sowie an Sitzungen des Leitungsorgans, sofern notwendig, teilzunehmen. Obgleich die Aufgaben des Aufsichtsrates auf den ersten Blick relativ umfangreich zu sein scheinen, beschränken sich die Aufsichtsratsmitglieder in der Praxis weitgehend darauf, die finanzielle Situation des Unternehmens und ihre Entwicklung zu beaufsichtigen. Die Mitglieder des Aufsichtsorgans unterliegen strengen Verschwiegenheitspflichten und haben die Pflicht, die Hauptversammlung über ihre Aufsichtstätigkeit regelmäßig zu unterrichten. Das portugiesische Gesellschaftsrecht nimmt keinen direkten Bezug auf die Frage der Mitbestimmung von Arbeitnehmervertretern im Aufsichts- oder Leitungsorgan einer Aktiengesellschaft. Interessant bleibt zu erwähnen, daß der neue Entwurf eines einheitlichen Gesetzes zur Regelung von Handelsgesellschaften insbesondere den Aktiengesellschaften die Möglichkeit gibt, zwischen zwei Unternehmensstrukturen zu wählen. Hierbei handeltes sich, ähnlich wie in Frankreich, um das sogenannte Verwaltungsratssystem einerseits sowie das Aufsichtsratssystem andererseits. Auch dieser Entwurf bezieht sich in keiner Weise auf die Fragen der Arbeitnehmermitbestimmung. Die Beteiligung von Arbeitnehmervertretern auf Unternehmensebene läßt sich somit nur mittelbar aus den bereits zitierten Gesetzen zur Regelung des Betriebsrates ablesen. Die in diesem Zusammenhang interessanteste Betriebsratskompetenz ist darin zu sehen, daß dieses Arbeitnehmerorgan das Recht hat, Maßnahmen der Unternehmensleitung nachzuprüfen 162 . Dieses Recht umfaßt einerseits die Konsultation mit der Unternehmensleitung über verschiedenste Maßnahmen im Unternehmen, die Arbeitnehmerinteressen berühren können. Der Betriebsrat hat hier auch das Recht, seine eigene Meinung kundzutun, Vorschläge zu machen, Kritik zu üben etc. Darüber hinaus steht es dem 162

Vgl. Gesetz Nr. 46/79, Art. 29.

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

10

Betriebsrat auch zu, den gesetzeskonformen Gebrauch technischer, menschlicher und finanzieller Ressourcen durch das Unternehmen zu überwachen. Besteht in diesem Zusammenhang Grund zur Kritik, hat der Betriebsrat das Recht, Verstöße an das Aufsichtsorgan des Unternehmens bzw. an die jeweils zuständigen öffentlichen Behörden zu melden 163 . Darüber hinausgehend gibt das Gesetz Nr. 46/79, Art. 18 Abs. 2 dem Betriebsrat Entscheidungszuständigkeiten bzw. Mitspracherechte in bezug auf soziale Einrichtungen. Untersucht man die hier genannten Mitspracherechte allerdings genauer, muß man feststellen, daß diese dort ihre Grenzen finden, wo typische Leitungsfunktionen, die nur durch die Unternehmensorgane ausgeübt werden dürfen, angesprochen sind. Dies heißt mit anderen Worten, daß der Betriebsrat keine zusätzlichen Entscheidungskompetenzen in diesen Bereichen bzw. Vetorechte haben darf. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang noch, daß das Gesetz Nr. 46 / 79 vom 12. Dezember 1979 den Arbeitnehmern durchaus ein Recht auf Mitbestimmung auf Unternehmensebene zugesteht. Denn nach diesen Vorschriften ist es möglich, daß sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusammen auf ein solches Modell einigen. Voraussetzung ist allerdings, daß die zu wählenden Arbeitnehmervertreter in einem nicht exekutiven Organ des Unternehmens vertreten sind. Bis heute haben die Sozialpartner in Portugal von dieser Möglichkeit jedoch noch keinen Gebrauch gemacht. Laut Gesetzesentwurf Nr. 334/11 (vgl. in: Diàrio da Assembleia da repùblica „serio I I Nr. 82, 27.4.1982 sowie Neuentwurf des Gesetzes Nr. 46/11, ebenda, serio II, Nr. 2 vom 9.6.1983) kann das Thema der Mitbestimmung auf Unternehmensebene auch durch ein spezielles Gesetz geregelt werden. Im Gegensatz zum privaten Sektor bestimmt die portugiesische Verfassung, daß in öffentlich-rechtlichen Unternehmen die Unternehmensleitung in zunehmendem Maße durch eine Beteiligung von Arbeitnehmern zu ergänzen sei 164 . In Ergänzung bestimmt das Dekret Nr. 260 / 76 vom 8. April 1976, daß bereits das Gründungsstatut für öffentlich-rechtliche Unternehmen hinreichende Bestimmungen in bezug auf die Vertretung von Arbeitnehmern aufnehmen sollte. Dies geht sogar soweit, daß Arbeitnehmervertreter nicht nur in das Aufsichtsorgan entsendet werden können, sondern auch gewisse Mitspracherechte bei der Ernennung der Unternehmensleitung erhalten sollen. Im übrigen bestimmt das Gesetz Nr. 46/79 vom 12. September 1979, daß in öffentlich-rechtlichen Unternehmen insbesondere der Betriebsrat das Recht erhalten soll, Arbeitnehmerrepräsentanten für ein nicht exekutives Organ in diesen Unternehmen zu wählen. Die Anzahl der Arbeitnehmervertreter sei sodann durch die Satzung im näheren zu bestimmen. Das Dekret Nr. 29/84 vom 20. Januar 1984 bestimmt darüber hinaus, daß ein Vertreter der Arbeitnehmer in die Unternehmensleitung 163

Vgl. Gesetz Nr. 46/79, Art. 29; Dekret Nr. 421/83 vom 2. Dezember 1983, Art. 6

Abs. 3. 164

Vgl. Art. 90 Abs. 3; siehe auch Art. 55 f. der portugiesischen Verfassung.

110

2. Kap.: Rechts vergleich

gewählt werden könne. Dies ähnelt in gewisser Weise dem Arbeitsdirektor nach deutschem Muster. Neben diesen Formen der Einbeziehung von Arbeitnehmern in den unternehmerischen Entscheidungsprozeß, besteht laut portugiesischer Verfassung (Artikel 61 Abs. 4) durchaus die Möglichkeit, daß Arbeitnehmer ein Unternehmen in Selbstregie führen 165 . 5.4. Griechenland Die Wurzeln der Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Beziehungen in Griechenland lassen sich zwar bis in das Jahr 1879 (Gründung der ersten Gewerkschaft) zurückverfolgen. Doch behinderten Krieg, Besetzung, Bürgerkrieg und Militärdiktatur bis 1974 die weitere Ausbildung eines freien Tarif- und Arbeitnehmervertretungssystems. Erst nach 1974 konnte sich somit der vornehmlich im Untergrund tätige Arbeitnehmerverband Griechendlands (Geniki Symomospondia Ergaton Ellados — GSEE) neu formieren. Die GSEE besteht heute aus ca. 77 nationalen Einzelgewerkschaften und 84 regionalen Arbeitnehmersektionen. Diese untergliedern sich wiederum in zahlreiche Unterabteilungen 166 . Ziel und Aufgabe dieser Gewerkschaftsorganisation ist es u. a., die verfassungsrechtlich garantierte Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit durchzusetzen, Tarifverträge abzuschließen sowie die Arbeitnehmerbeteiligung auf Betriebs- und Unternehmensebene zu fördern 167 . a) Unternehmensnahe Verhandlungssysteme Obgleich bereits die neue griechische Verfassung von 1975 das Recht zum Abschluß freier Tarifverträge zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden garantierte, regelte der Gesetzgeber die Arbeitgeber-Arbeitnehmerbeziehungen erst durch das Gesetz Nr. 1264 vom 1. Juli 1982 168 . Dieses Gesetz enthält neben Vorschriften zur Bildung, Finanzierung, Organisation, Funktionsweise und Verwaltung von Gewerkschaften auch einen Abschnitt über Rechte und Pflichten dieser Organisationen. Danach ergibt sich die Möglichkeit, nationale Rahmentarifverträge, auf bestimmte Industriesektoren bezogene Tarifverträge, lokale Tarifverträge sowie Unternehmenstarifverträge abzuschließen. Die jeweiligen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerdachverbände sind in diesem Zusammenhang vornehmlich für den Abschluß der nationalen Rahmentarifverträge 165 Vgl. u.a. interministerielles Kommittee (1980), Seif-Management in Portugal, in: Cadermos de Ciencia e tècnica fiscal", Nr. 117. 166 Ygi European Trade Union Institute (1984). The Trade Union Movement agrees, S. 7; 15 ff. 167

Ebenda S. 4 und 21 f. Vgl. Efemeris es Kuberneseos, Teil I, 1. Juli 1982, Nr. 79, S. 631 ff.; engl. Übersetzung bei ILO (1983), Legislative Series — Greece 1, insbesondere chapter V Trade Union Freedoms and Rights. 168

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

1

zuständig. Die sektoralen, lokalen, auf die Unternehmensebene bezogenen Tarifverträge werden hingegen von den Einzelverbänden bzw. den auf Unternehmensebene organisierten Arbeitnehmervertretern abgeschlossen. Letztere verhandeln direkt mit der jeweiligen Unternehmensleitung. Tarifverträge dieser Art umfassen nicht nur bloße Lohnabschlüsse, sondern auch Arbeitsbedingungen im Unternehmen und seinen Betrieben. Führen die Tarifverhandlungen nicht zu einer Einigung, besteht die Möglichkeit, den Konflikt unter Mitwirkung des Arbeitsministers zu schlichten. Mißlingt dieser Versuch, verlangt das griechische Recht bislang zwingend ein Schiedsgerichtsverfahren vor einem speziell hierfür eingerichteten Schiedsgericht. Von gewerkschaftlicher Seite wird dieses Verfahren kritisiert, da es grundlegende Verhandlungen und Auseinandersetzungen zwischen den Sozialpartnern blockiere. Dementsprechend verlangt die GSEE die Abschaffung des Schiedsgerichts sowie die Einrichtung von repräsentantiven mit Arbeitgeberund Arbeitnehmervertretern sowie einem unabhängigen Ombudsman besetzten Schiedsgerichtskommitees 169. b) Verhandlungssysteme

auf Betriebsebene

Arbeitnehmervertretungen auf Betriebsebene in Form vonBetriebsräten gehören zwar seit 1974 zum Forderungskatalog der GSEE 1 7 0 , doch hat der griechische Gesetzgeber diesbezüglich bis heute noch keine Initiative ergriffen. Arbeitnehmer eines Unternehmens werden somit vornehmlich durch die Repräsentanten der jeweiligen Einzelgewerkschaften gegenüber der Unternehmensleitung vertreten. Eine Ausnahme bilden hier lediglich öffentliche Unternehmen bzw. sogenannte „sozialisierte" Privatunternehmen, bei denen die öffentliche Hand alleinige Eigentümerin oder Mehrheitsaktionärin ist. Denn gemäß Gesetzes-Akt Nr. 1365 vom 22. Juni 1983 171 sollen in diesen Unternehmen Arbeitnehmervertreter auf unterschiedlichsten Ebenen eingesetzt werden. c) Verhandlungssysteme

auf Unternehmensebene

Die Beteiligung von Arbeitnehmervertretern am Willensbildungsprozeß auf Unternehmensebene könnte im griechischen Recht allenfalls in Kapitalgesellschaften und hier insbesondere in der Aktiengesellschaft und der Gesellschaft mit begrenzter Haftung vorgesehen werden. Aktiengesellschaft und GmbH werden in Griechenland durch Spezialgesetze geregelt 172 . Die griechische 169 Vgl. European Trade Union Institute (1984). The Trade Union Movement in Greece, S. 25. 170 Vgl. European Trade Union Institute, a.a.O., S. 4, 21. 171 Vgl. Efemeris tes Kuberneseos, Teil I, 22. Juni 1983, Nr. 80, S. 995 ff. 172 Ygj griechisches Aktiengesetz 2190/1920 sowie griechisches GmbH-Gesetz 3190/1955.

11

2. Kap.: Rechtsvergleich

Aktiengesellschaft ist eine körperschaftlich organisierte rechtsfähige Kapitalgesellschaft. Sie ist zugleich juristische Person. Das Gründungsverfahren als solches vollzieht sich in vier Stufen. Dies sind die Satzungsfeststellung, die Übernahme der Aktien, die Gründungserlaubnis sowie die Publizität 173 . Die Verwaltungsvorschriften des griechischen Aktiengesetzes sehen für die Gesellschaft drei notwendige Organe vor. Dies ist zum einen der Verwaltungsrat, die Hauptversammlung und zum anderen die sogenannten Prüfer. Oberstes Organ ist die Hauptversammlung. Diese wählt und beruft die Verwaltungsratsmitglieder sowie die Prüfer. Zwar steht die Geschäftsführung generell dem Geschäftsführungsorgan bzw. dem Verwaltungsrat zu, doch darf die Hauptversammlung sich in konkrete Geschäftsführungsmaßnahmen einmischen 174 . Jede natürliche oder juristische Person kann in den Verwaltungsrat einer griechischen A G bestellt werden. Dem Verwaltungsrat obliegt die Vertretung der Aktiengesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Der Umfang der Vertretungsmacht wird durch den Gegenstand des Unternehmens sowie durch Satzungsbestimmungen begrenzt. Eine Haftung für schuldhafte Verletzungen von Verwaltungsratspflichten sieht Art. 22 a § 1 griechisches Aktiengesetz vor. Die Hauptversammlung als oberstes Organ der griechischen Aktiengesellschaft kann gem. Art. 33 über jede Angelegenheit der Gesellschaft entscheiden. Neben der Berufung und Abberufung von Verwaltungsratsmitgliedern und den Prüfern kann die Hauptversammlung insbesondere die Geschäftsführung als solche genehmigen und über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen die Verwaltungsratsmitglieder sowie die Prüfer entscheiden. Daneben hat die Hauptversammlung eine ausschließliche Zuständigkeit für grundlegende Entscheidungen wie beispielsweise Satzungsänderungen, Änderung des Gegenstands des Unternehmens, Art der Gewinnverteilung, Fusion, Auflösung, Umwandlung, Genehmigung der Jahresbilanz, Verwendung des Jahresgewinns, etc. 1 7 5 . Als drittes Organ der griechischen Aktiengesellschaft haben die Prüfer, die jedes Jahr von der ordentlichen Hauptversammlung gewählt werden (Art. 36 § 2 griechisches AktG) die Aufgabe, während des gesamten Geschäftsjahres die Geschäfts- und Buchführung der Gesellschaft zu überwachen. Daneben haben sie ein Recht auf Einsichtnahme in Unterlagen und Bücher der Gesellschaft (Art.37 § 1 griechisches AktG). Sie überprüfen auch am Ende des Geschäftsjahres den jeweiligen Jahresabschluß. Werden Unregelmäßigkeiten festgestellt, haben die Prüfer die Möglichkeit gem. 38 griechisches A k t G vom Verwaltungsrat die Einberufung der außerordentlichen Hauptversammlung zu verlangen.

173 Vgl. Rocass, N. (1988), Gesellschaftsrecht — in: Societas Europae, Band 3, Abschnitt Griechenland, 100.10. 174 Vgl. Art. 22 § 2 griechisches AktG. 175 Vgl. im einzelnen die Art. 34 § 1 lit. a; Art. 29 § 3; Art. 66; Art. 34 § 1 lit. b; Art. 34 § 1 lit. c; Art. 34 § 1 lit. d griechisches AktG.

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

1

Mitbestimmungsregelungen finden sich im griechischen A k t G bislang nicht. Auch durch Tarifvertrag zustande gekommene Regelungen für eine unternehmerische Mitbestimmung auf Unternehmensebene bestehen in privaten Gesellschaften offensichtlich nicht. Eine Ausnahme bilden hier lediglich die sogenannten öffentlichen und sozialisierten Privatunternehmen 176 . Nach diesem Gesetz soll ein besonderes Dekret die Zusammensetzung der Unternehmensleitung sowie der Aufsichtsorgane in den betreffenden Unternehmen im besonderen regeln. 6. Ergebnisse des Rechtsvergleichs

6.1. Allgemein Der Vergleich mitbestimmungsrechtlicher Strukturen im und außerhalb des Unternehmens offenbahrt eine faszinierende Vielfalt unterschiedlichster Formen, Funktionen, Anwendungsbereiche und Bestimmungsgründe. Freiwillige Vertrags- und/oder Strukturformen (Großbritannien, Irland und z.T. Dänemark) existieren neben Systemen kooperativer Repräsentation (Deutschland, Niederlande), unternehmensexterner und/oder unternehmensinterner Gegenmacht (Italien, Frankreich, Spanien, Griechenland sowie ζ. T. Portugal) sowie Zwischen- und Übergangsformen (Luxemburg, Belgien, Portugal) 177 . Die z.T. positivrechtlich verankerten Beteiligungsrechte auf Betriebs- und Unternehmensebene (Information, Beratung, Konsultation, Vetorechte, Mitsprache, Mitentscheidung) weisen große Unterschiede in ihrer formalen Ausgestaltung sowie in ihrer meßbaren Intensität auf (vgl. Grafik 1). In bezug auf die organisationsinterne Konfliktverarbeitungsintensität können wir mit einem reinen Formen- und Strukturvergleich zwar Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Systemen industrieller Beziehungen herausarbeiten. Formale Gemeinsamkeiten verleiten jedoch allzu rasch zu vorschneller Harmonisierung, ohne daß nach funktionellen Unterschieden, Differenzen im Intensitätsgrad oder nach spezifischen legislativen Zweckgesichtspunkten gefragt würde. „ I t was not possible to arrive at such a definition, as the term participation was interpreted differently by different categories of people in different countries and at different times...However,... the expression participation of workers in decisions within undertakings allowed a comparison of the influence of workers on the preparation, making and follow-up of decisions taken at the undertaking level in various matters" 1 7 8 .

176

Vgl. wiederum Akt Nr. 1365 betreffend die Sozialisierung von öffentlichen Unternehmen vom 22. Juni 1983, in: Efemeris tes Kuberneseos, Teil I, vom 22. Juni 1983, Nr. 80, S. 995 ff. 177 Vgl. ergänzend auch Simitis, s. a.a.O., S. 3. 178 Vgl. ILO, Participation of workers in decisions within undertakings, Documents of a technical meeting, Labour-Management Relations Series, Nr. 33, S. 153. 8 Abeltshauser

χ

Niederlande

χ Kooperations-

χ

Griechenland

Portugal

χ

χ

Italien

χ

χ

Spanien

χ

Luxemburg

sentanten

U-Rat 1979

Beiräte

U-Rat

VertrauensBetriebsleute rat

AN-

χ

χ

χ

χ

χ

χ

χ

χ

χ

χ

shop st.

shop stew.

EinflußV

χ + Prüfer keine Mitbest.

χ

st.-TV Öff. I.

χ ohne Mitbest.

χ

oder 2 AN

oder χ ohne Mitbest.

2 AN

Mitbest. 1974

χ

Bindg. an

Bindg. an

χ

TV

MitbeDirekt.

χ

Montanmitbest.

Kooptat.

Mitbest. 76

χ

1/3 AN

VR

2 ANausschuß

AR

AG, AN, Gewerk.

χ

shop st. BR unit. BR mix.

Frankreich

AN-Reprä-

χ

BRD

Schweden Dänemark

Belgien

Komiss.

joint consult χ

Norwegen

Irland

Großbritannien χ

Länder

Graphik 1 Grafik der Vertretungsorgane

114 2. Kap.: Rechtsvergleich

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

115

Die Intensitätsmessung rechtlich verfaßter Beteiligungsstrukturen 179 weist nach einer ILO-Studie z.B. für die BRD, nach Jugoslawien, Schweden und Finnland, die höchste Intensitätsstufe auf, gefolgt von Belgien (!), Dänemark, Holland/Italien (!), Norwegen, Frankreich und Großbritannien. In bezug auf rechtlich verfaßte Repräsentationsorgane für unterschiedliche Interessenträger liegt die BRD sogar nach Jugoslawien mit Abstand an zweiter Stelle. Die Messung von effektiv feststellbarer Partizipation 180 ergibt für die Relationierung von Einfluß und Einbezug, daß Arbeitnehmer und deren Repräsentanten in den Mitgliedstaaten den größten Einfluß besitzen, in denen ein Trend zu rechtlicher Regulation besteht 181 . Eine verstärkte „Dezentralisierung" verlagere nach den Ergebnissen von I D E Spannungen auf untere Hierarchieebenen. Konfliktbewältigung und Spannungsabbau seien somit „mehrstufig" zu betreiben. Dies kann für die vorliegende Untersuchung zur Folge haben, daß die Ausgestaltung einer europäischen Unternehmensverfassung mehrstufig verlaufen muß. Mit anderen Worten, die gesamte Unternehmensstruktur ist zu berücksichtigen. Angesichts großer Unterschiede in der Konfliktfrequenz einzelner Länder ist bei der Ausgestaltung einer europäischen Unternehmensverfassung auch darauf zu achten, daß mit der Größe des Ungleichgewichts der Machtverteilung zwischen den organisationsinternen Gruppen das Konfliktausmaß proportional abnimmt. Die Konfliktträchtigkeit einer Organisation steigt hingegen, je höher der Machtzuwachs einzelner Gruppen ist und der Machtausgleich zwischen diesen betrieben wird. Dies kann in Extremfällen zur Handlungsunfähigkeit eines Unternehmens führen. Diese Feststellung muß zu der Frage führen, inwieweit ein Angleichungsvorhaben nach Art des neuen Richtlinievorschlags die „Wirkungen" von verschiedenen unternehmensverfassungsrechtlichen Systemen für die unterschiedlichen Beteiligungsstrukturen und Schwerpunktbildungen benennen kann. Welche Gründe können wir desweiteren für die unterschiedlichen Beteiligungsstrukturen und Schwerpunktbildungen in den untersuchten Rechtsordnungen benennen? Die Ursachen für unterschiedliche Beteiligungsformen zeigten sich in Europa schon zu Beginn der industriellen Entwicklung. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts zeichneten sich in einigen europäischen Ländern korporative Beteiligungsrechte für A N an den Unternehmensentscheidungen ab. In anderen Ländern dominierten paternalistisch ausgerichtete Willensbildungsstrukturen sowie repressive staatliche Sanktionen gegenüber gewerkschaftlichen Bewegungen. Gegenmachtstrukturen fußten auf agressiver Kampfhaltung und zukünftiger Systemüberwindung. Kontrollsysteme waren weit weniger formal und somit leichter einzurichten 182 . Demgegenüber verhielten 179 180 181

8*

Ebenda, S. 124; vgl. auch Aufstellung bei IDE, a.a.O., S. 345. Ebenda, S. 145 ff. Ebenda, S. 283.

11

2. Kap.: Rechtsvergleich

sich Länder wie Deutschland, Dänemark oder die Niederlande weniger repressiv gegenüber AN-Organisationen. Nagels/ Sorge folgern, je geringer der Rückstau des industriellen Demokratiepotentials in einem Lande sei, je mehr also staatliche Repression im vorigen Jahrhundert wettgemacht worden sei, umso eher würden Sozialrevolutionäre Ideologien von Gewerkschaften umgebildet zu pragmatisch-reformistischen Anliegen 183 . Ein weiteres Ergebnis besteht darin, daß die Forderung nach institutionellen unternehmensinternen Beteiligungsformen auch in Relation zu gesellschaftlichen und insbesondere wirtschaftlichen Krisenerscheinungen steht. Die Mitbestimmung nach dem deutschen BetriebsräteG 1920 entstand aus AN-Forderungen nach dem ersten Weltkrieg. Die weitgehende Montanmitbestimmung leitete sich aus Mitbestimmungs- und Kontrollbedürfnissen der A N , Gewerkschaften und Besatzungsmächte nach dem zweiten Weltkrieg ab. Die seit 1973 anhaltende Wirtschaftskrise in vielen Industriesektoren aller Mitgliedstaaten führte in Großbritannien und Frankreich zu interessanten Diskussionen um ein neues Unternehmensverfassungsrecht. Insofern sollte die Hypothese von Nagels/ Sorge 184 nicht unberücksichtigt bleiben. Je umfassender und einflußreicher danach die Tätigkeit einer AN-Vertretung sei, umso stärker wären deren Bestrebungen zur Mitbestimmung in Gesellschaftsorganen, und umso geringer sei auch der Widerstand der Arbeitgeber dagegen, wobei dies umsomehr gelte, als das Organ, in dem Mitbestimmung angestrebt werde, ein kontrollierendes und weniger ein exekutives sei. Diese Entwicklung kann insofern zu einer funktionalen Annäherung verschiedener Systeme führen, als wir z.B. für die Mitbestimmung im deutschen A R nicht nur kooperative, sondern auch kontrollierende Funktionen bestimmen konnten. Damit ließe sich zugleich die These vertreten, daß auftrund geschichtlicher Gegebenheiten (langsame Industrialisierung, common law-Tradition, staatliche Repressionen etc.) der Evolutionsprozeß in bestimmten Ländern weniger schnell fortschritt als in anderen Mitgliedstaaten. Welche Schlüsse lassen sich nunmehr für ein europäisches Rechtsangleichungsvorhaben unternehmensverfassungsrechtlicher Strukturen ziehen? Die gewonnenen Ergebnisse führen einerseits die Hoffnungslosigkeit bisheriger Vereinheitlichungsversuche deutlich vor Augen. Angesichts vielfältiger Beteiligungsstrukturen, unterschiedlicher Intensitätsgrade und je spezifisch nationaler, politischer, wirtschaftlicher, kultureller und ideologischer Verbundenheiten, wird andererseits ein eigenständiger Vereinheitlichungsprozeß 185, wenn überhaupt, nur äußerst langsam Zustandekommen.

182

Vgl. auch Nagels, K.H./Sorge, Α., a.a.O., S. 128. Ebenda, S. 126. 184 Ebenda, S. 132. 185 Vgl. auch Westermann, H.P., Tendenzen der gegenwärtigen Mitbestimmungsdiskussion in der Europäischen Gemeinschaft, in: 48 RabelsZ 1984, S. 123 (124). 183

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

1

Dieser Prozeß wird auch nicht durch Angleichungsmethoden beschleunigt werden können, die vielfältige Beteiligungsformen mit begrifflichen Gegensatzpaaren zu erfassen suchen. So erscheint mir die Subsumtion von Beteiligungsstrukturen unter das Begriffspaar Mitbestimmung versus Kontrolle 1 8 6 als Unterscheidungsformel für bestimmte Partizipationstypen zu undifferenziert. Zwar ist es richtig, daß z.B. der deutsche Betriebsrat sehr weitreichende Mitbestimmungsrechte in sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten wahrnehmen kann und gem. § 2 BetrVG 72 zur vertrauensvollen Zusammenarbeit sowie gem. § 74 I I BetrVG 72 zur Wahrung des Betriebsfriedens verpflichtet ist. Damit ist aber noch nicht zu unterstellen, dies sei der typische Kernbereich der Betriebsratstätigkeit in Deutschland. Dem Betriebsrat oblieben vielmehr wesentliche Kontrollrechte und -pflichten wie beispielsweise in der Kündigungssituation (vgl. § 102 BetrVG i. V. m. § 1 KSchG) oder in bezug auf die Arbeitsplatzsicherheit (vgl. u.a. §80 BetrVG). Zwar könnten wir auch hier im weitesten Sinne von Mitbestimmung reden, zumal auch das BetrVG diesen Begriff verwendet, doch geht es eher um die Kontrolle der Arbeitgeberpflichten, dem gewisse Obhutspflichten gegenüber den im Betrieb arbeitenden Arbeitnehmern obliegen (ζ. B. Organisationspflichten). Auch wird man in der Aushandlung von Betriebsvereinbarungen oder Sozialplänen im Falle der Betriebsänderung (vgl. § 112 BetrVG 72) nicht nur kooperative, sondern auch kontrollierende Elemente herausarbeiten können. Die Zuweisung des britischen, irischen und dänischen industrial relationsystems unter das angeblich dominierende Element der Kontrolle relativiert sich angesichts der „joint consultation committees" ebenfalls. Die Einteilung in kooperative Mitbestimmung versus Gegenmacht ausübende Kontrolle ist allenfalls für die Beteiligungsformen auf Unternehmensebene heranzuziehen. Auch hier sei allerdings vor gleichsam schubkastenförmigen Schematisierungsversuchen gewarnt. Mitbestimmung im A R (dieser wurde rechtlich immerhin als Kontrollorgan konzipiert) führt nicht zwingend zur Kooperation zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Sie kann auch als ein stärker auf „Verhandlung" abstellender Konfliktlösungsmechanismus verstanden werden 187 . Ebenso unmöglich erscheint die Verpflanzung eines bestimmten Rechtssystems in die Rechtsordnungen der übrigen Mitgliedstaaten, wie dies bislang mit dem alten Richtlinienvorschlag zur Struktur der Aktiengesellschaft versucht wurde. Selbst wenn eine Mehrheit der Verhandlungspartner im EG-Rat eine bestimmte Mitbestimmungsform anerkennen sollte, besagt dies noch nichts über die Transformationsmöglichkeit dieses Systems. Die Übertragung des deutschen oder niederländischen Mitbestimmungsmodells in andere Mitgliedstaaten wird nach meiner Einschätzung zu erheblichen Störungen und dem 186 Vgl. so Nagels, K.H./Sorge, Α., a.a.O., S. 98; die Mitbestimmung als kooperative AN-Beteiligung und Kontrolle als gewerkschaftlich gebundene Gegenmacht definieren. 187 Vgl. auch Rüthers, B., Die Institutionalisierung von Dauerkonflikten als Lösung gesellschaftlicher Probleme, S. 311.

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2. Kap.: Rechtsvergleich

Verlust wirtschaftlicher und sozialer Entscheidungsrationalität führen. Dies ergibt sich auch aus den offensichtlichen Wirkungsdifferenzen der untersuchten unternehmensverfassungsrechtlichen Systeme. Wie ist abschließend der neue 5. Richtlinienvorschlag auf dem Hintergrund dieser Ergebnisse zu beurteilen, und auf was für eine konzeptionelle Grundlage ist ein unternehmensverfassungsrechtliches Angleichungsvorhaben in Europa zu stellen? 6.2. Die strukturellen

Alternativen

und ihre „Gleichwertigkeit"

6.2.1. Strukturen Handelt es sich bei den unternehmensverfassungsrechtlichen Vorschriften des 5. Richtlinienvorschlags um national bereits vorhandene Systeme, die nunmehr auf europäischer Ebene festgeschrieben werden? Unsere Untersuchung bestätigt den anfangs geäußerten Verdacht, daß es sich bei den Vorschlägen der Richtlinie größtenteils um bereits national bestehende oder aber in der Diskussion befindliche unternehmensverfassungsrechtliche Systeme handelt. Ein Leitungsund Aufsichtsratsorgan für AGs gem. Art. 3 entspricht deutschem und ζ. T. französischem, luxemburgischem und niederländischem Recht. Entsprechend wird die Mitbestimmung für Arbeitnehmer in einem A R geregelt (Art. 4). Die vom Parlament vorgeschlagene Urwahl zur Einführung von Mitbestimmung gem. Art. 4 IV tauchte bereits im Bullock-Report auf. Die angestrebte Parität von A N und A G entspricht deutschen Rechts Vorstellungen. Die Garantie des Letztentscheidungsrechts für die AE findet sich im Mitbestimmungsurteil des deutschen BVerfG. Das Kooptationssystem wurde dem niederländischen Recht entnommen. Die gem. Art. 4 IV i.V.m. Art. 4 V I I wahlweise einzurichtende ANVertretung ist ein auf Gegenmacht gegründetes Vertretungsorgan, das insbesondere Ländern wie Großbritannien, Italien, Portugal oder Belgien entgegenkommen dürfte. Gleiches gilt für das gem. Art. 4 IV verfaßte Tarifvertragssystem, das gerade Ländern wie Italien, Spanien und Griechenland entgegenkommt. Dabei ist daraufhinzuweisen, daß die Kommission in ihrem Vorschlag insofern einen eigenständigen Weg beschreitet, als lediglich eine tarifvertragsrechtliche Einigung auf eines der in der Richtlinie verfaßten Mitbestimmungsmodelle zulässig ist. Inwieweit sich dieses System in den Mitgliedstaaten allerdings durchsetzen kann, dürfte äußerst fraglich sein. Alternativ wäre an die Ausgestaltung eines Verhandlungssystems zu denken, das ähnliche Wirkungen wie institutionalisierte Systeme entfaltet. Das in den Art. 21a ff. vorgesehene Verwaltungsratssystem entspricht in seiner Ausgestaltung der irischen, britischen, französischen, italienischen oder spanischen Rechtsauffassung. Die Mitbestimmungsformen für den VR tauchten bereits in der britischen und französischen Diskussion zum Unternehmensverfassungsrecht auf.

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

1

Die angeklungenen Zweifel an der vom Europäischen Parlament und in der Präambel zum neuen Richtlinienvorschlag geforderte „Gleichwertigkeit" der Optionen bestätigen sich an dieser Stelle. Zwar könnte das VR-System mit dem AR-Modell funktional in Übereinstimmung gebracht werden, da sich der Verwaltungsrat insbesondere in großen Gesellschaften heute faktisch in einen geschäftsführenden und einen kontrollierenden Teil ausdifferenziert 188 . Dies bestätigt auch die US-amerikanische Diskussion zur Reform des Gesellschaftsrechts 189 . Mitbestimmung wäre in diesem Fall dem Kontrollbereich zuzuweisen. Führen wir uns jedoch vor Augen, daß es in dem von der Kommission verfaßten Wahlsystem nicht nur um eine reine Formenangleichung, sondern vielmehr um eine sicher sinnvolle aber schwierige Funktions- und Wirkungsangleichung geht, offenbahrt sich die mangelnde Gleichwertigkeit bereits in einer Gegenüberstellung der vorgeschlagenen AN-Vertretung mit den Mitbestimmungsmodellen im Verwaltungs- und Aufsichtsratsorgan. Gänzlich unverständlich erscheint in diesem Zusammenhang die zunächst vom Europäischen Parlament vorgeschlagene tarifvertragsrechtliche Optionsmöglichkeit. Das Parlament beabsichtigte vermutlich mit seinem Vorschlag, dem italienischen und angel-sächsischen Recht entgegenzukommen. Gleichwertigkeit könnte sich aber hier nur dann einstellen, sofern auch ein entsprechender „rechtlicher Rahmen" vorgegeben wird. Dieser hätte sich insbesondere mit Fragen der Verhandlungs- und Gruppenstruktur zu beschäftigen. Die Kommission umgeht diese Problematik durch die bereits erwähnte Beschränkung tarifvertragsrechtlicher Entscheidungsautonomie auf die übrigen durch die Richtlinie verfaßten Strukturmodelle. Inwieweit hiermit allerdings ein realistisches Optionsmodell für Mitgliedstaaten mit ausschließlich kollektivvertragsrechtlichen Verhandlungsstrukturen angeboten wird, dürfte ein nicht zu unterschätzendes Problem in den Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten über den vorliegenden Richtlinienvorschlag darstellen. 6.2.2. Das Unternehmensinteresse Bedenken sind auch der Regelung des JJnternehmensinteresses" entgegenzubringen. Denn diese trägt nicht unerheblich zum Mangel an Gleichwertigkeit bei. Gem. Art. 10 a I I und Art. 21 q I I des Richtlinienvorschlags haben alle Mitglieder des Leitungs- und Aufsichtsorgans ihr Amt im „Interesse des Unternehmens" unter Berücksichtigung der Interessen der Aktionäre und Arbeitnehmer auszuüben. Der Richtlinienvorschlag schafft hiermit eine Vorschrift, die den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten bislang in positiv rechtlich verfaßter Form weitgehend unbekannt ist. Zwar findet sich die Formel vom 188

Vgl. hierzu schon Schmitthoff, Clive M., Company Structure and Employee Participation in the EEC — The British Attitude, in: 25 International and Comparative Law Quaterly 1976, S. 611 (615) sowie Davies, P., a.a.O. S. 265 189 Vgl. hierzu insbesondere das American Law Institute, Principles of Corporate Governance — Tentativ Draft No. 1 (1982).

10

2. Kap.: Rechtsvergleich

Unternehmensinteresse in einigen Mitgliedstaaten als Bestandteil der Diskussion um ein neues Unternehmensrecht (BRD, Großbritannien, Niederlande) 190 , doch besteht weitgehende Unklarheit über die Ausfüllung dieser Generalklausel 191 . Dies zeigte sich im angel-sächsischen Rechtskreis beispielsweise in der Diskussion um die „ultra vires Doktrin" sowie in bezug auf die Leitungsmacht und Treuepflichten der directors und um Fragen der „corporate social responsibility" 192 . So wird ζ. B. die Gewinnmaximierung als einziges Unternehmensziel in skandinavischen Rechtssystemen sowie in den Niederlanden und Luxemburg durch die institutionalisierte Berücksichtigung von Arbeitnehmer und öffentlichen Interessen tendenziell zurückgedrängt 193 . A m geringsten hat sich bislang die Diskussion um die Entfaltung pluraler Unternehmensziele in der belgischen, französischen oder italienischen Diskussion entwickelt, da Unternehmen hier ζ. T. noch strenge paternalistische Züge aufweisen. Doch zeichnet sich auch hier eine Entwicklung ab, die das Gewinnmaximierungsziel in Zukunft relativieren könnte. Dies belegen die durch Verstaatlichung geschaffenen öffentlichen Unternehmen (Thompson-Brandt), die aber nach wie vor nach Wettbewerbs- und erwerbswirtschaftlichen Prinzipien geführt werden 194 . Trotz allem erscheint die Aufnahme des Unternehmensinteresses in ein Richtlinienvorhaben umso gewagter, als es auch in der schon relativ weit fortgeschrittenen deutschen Debatte heftige Auseinandersetzungen um eine einheitliche Definition dieses Begriffs gibt. Die Meinungen tendieren von einem eigenständigen Unternehmensinteresse, dem Unternehmensinteresse als gesetzgebungspolitische Maxime oder Wertkategorie, dem Unternehmensinteresse als Leitschnur für Unternehmensorgane bis hin zum Unternehmensinteresse als einer Generalklausel für eine Verhaltensmaxime materiellen Inhalts 1 9 5 . In bezug auf die Gleichwertigkeitsfrage der Strukturmodelle fallt auf, daß die Unternehmensinteresseformel insbesondere in der AN-Vertretungsvariante unterschiedlich behandelt wird. Angesichts dieser Schwierigkeiten stellt sich die Frage, ob eine europäische Regelung und Festschreibung des Unternehmensinteresses sinnvoll ist. Folgen 190

Vgl. u.a. Raiser, Th., Mitbestimmungsgesetz, Rdn. 82 zu §25; Hanau, P./Ulmer, P., Mitbestimmungsgesetz, Rdn. 93 zu §25; Lord Wedderburn of Charleton, a.a.O.; BGHZ 64, S. 325 ff. 191

Vgl. Hopt, H.J./Teubner, G., Corporate Governance and Directors 4 Liabilities, 1984; für die deutsche Diskussion neuerdings wieder äußerst kritisch Schmidt - Leithoff, Die Verantwortung der Unternehmensleitung, S. 45 ff. und S. 130ff. 192 Ebenda. 193 Ebenda. 194 Vgl. Ebenda. 195

Vgl. zusammenfassend Bundesministerium der Justiz, Bericht über die Verhandlungen der Unternehmensrechtskommission, Rdn. 132 ff.; grundlegend auch Brinkmann, Th., Unternehmensinteresse und Unternehmensstruktur, 1983; sowie Grossmann, Α., Unternehmensziele im Aktienrecht, 1981.

III. Rechts vergleich einzelstaatlicher Vorschriften

1

wir den Ausführungen von Grossmann, besteht auch keine Regelungsnotwendigkeit. Über eine Analyse rechtlicher Grenzen des Leitungsfreiraums .(§§ 93, 88,148, 80, 81, 83, 92 deutsches AktG), formaler Sorgfaltspflichten sowie der Kontrolle von Leitungsfreiheit durch das politische System der A G (Kompetenzvorschriften, organisationsrechtliche Abhängigkeit, Verfahrensregeln) versucht er nachzuweisen, daß die Zwecke des deutschen Aktienrechts nicht durch besondere Zielvorschriften, sondern durch strikte Ge- und Verbots- sowie Organisationsnormen verwirklicht werde 196 . Dies gelte auch für mitbestimmte Unternehmen. Rechtsangleichung kann sich folglich nicht mit einer wagen Generalklausel für ein nicht näher definierbares Unternehmensinteresse zufriedengeben, sondern müßte eine Angleichung in bezug auf konkrete Ge- und Verbotsnormen betreiben, sofern dies nicht schon durch andere Richtlinien (Kapitalsicherung, Bilanz, Publizität) gewährleistet wird. Dementsprechend sind aber auch neuere Versuche fragwürdig, die zwar die Formel vom Unternehmensinteresse ablehnen, stattdessen aber sozialverantwortliches Verhalten der Unternehmensleitung aus der mindestens ebenso schwierigen Konkretisierung der verfassungsrechtlichen Norm Art. 14 I I GG abzuleiten suchen 1963 . 6.2.3. Sorgfalts- und Loyalitätspflichten Entsprechende Bedenken gelten der Regelung von Sorgfalts- und Loyalitätspflichten. Gem. Art. 10 a I I und Art. 21 q I I sind alle Mitglieder des Leitungsund Aufsichtsorgans sowie gem. Art. 4 d III, Art. 21 e I I I die Mitglieder der A N Vertretung verpflichtet, Informationen vertraulich zu behandeln, welche das Unternehmen betreffen und vertraulichen Charakter aufweisen. Unter Angleichungsgesichtspunkten mag es zunächst fraglich erscheinen, ob eine vom Leitungs- und Aufsichtsorgan losgelöste AN-Vertretung bestimmten „Treuepflichten" gegenüber dem Unternehmen unterworfen werden kann. Zwar besteht im deutschen Recht eine entsprechende Kooperationsmaxime für den Betriebsrat gem. § 21 BetrVG, auch obliegen dem Betriebsrat gem. § 79 BetrVG bestimmte Geheimhaltungspflichten. Gibt es jedoch ähnliche Rechtsprinzipien in den übrigen Mitgliedstaaten? Unser Rechtsvergleich ergab, daß zumindest die Mehrzahl der von uns untersuchten Rechte ähnliche Kooperationsregeln für betriebliche Vertretungen enthalten. Teilweise setzen sich diese Vertretungsorgane sogar aus Mitgliedern der A G und A N gemeinsam zusammen. Für eine A N Vertretung, die auf unternehmenspolitischer Ebene tätig wird, sollte daher nichts anderes gelten. Unter dem Aspekt der Gleichwertigkeit ist allerdings die Ausnahme der AN-Vertretung von der Bindung an das Unternehmensinteresse bedenklich. Letzteres würde somit nur für die Strukturmodelle Geltung erlangen, in denen die AN-Vertreter entweder im A R oder aber im VR Teilnahmerechte besitzen. In bezug auf den Inhalt der Treue- und Sorgfaltspflichten führt diese Regelung zu Abstimmungsproblemen. 196 196a

Vgl. Grossmann, Α., a.a.O., S. 165ff. Vgl. Schmidt-Leithoff, a.a.O., S. 130 ff.

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2. Kap.: Rechtsvergleich

Gehen wir von den Mitgliedern des Leitungs- und Aufsichtsorgans aus, obliegen diesen gem. Art. 10 a I der Richtlinie dieselben Rechte und Pflichten. Unterstellen wir nunmehr die Geltung der in Art. 10 a I I verfaßten Unternehmensinteresseformel, würde dieser die Funktion einer Verhaltensmaxime oder eines Orientierungsrahmens für die Ausübung der dem A R zustehenden Organkompetenzen zukommen. Die besondere Aufführung der AE- und A N Interessen läßt darauf schließen, daß die Verhaltensmaxime damit zugleich die Verfolgung von persönlichen-, partikularen- oder Gruppeninteressen begrenzt 197 . Besondere Bedeutung erlangt die Unternehmensinteresseformel somit auch für die Bestimmung über Umfang und Grenzen der Sorgfalts- und Treuepflichten , bzw. den daraus resultierenden Schweigepflichten der Mitglieder des Kontrollorgans über Geschäftsgeheimnisse und vertrauliche Angaben. A u f dieser Grundlage ist z.B. das Geheimhaltungsbedürfnis in bezug auf Betriebsstillegungen zu beurteilen. Dies richtet sich je nach Bedeutung und den voraussichtlichen Auswirkungen von Informationen auf den Unternehmenserfolg, die Geschäftsbeziehungen zu Dritten und die Weiterbeschäftigung der betroffenen A N 1 9 8 . Gewichtige Informationsinteressen der A N sind allerdings als Teil des Unternehmensinteresses i. R. des Geheimnisbegriffs zu berücksichtigen und können dazu führen, daß die fraglichen Tatsachen nicht der Geheimhaltung unterfallen. Wenden wir uns nunmehr der AN-Vertretung zu, dürfte diese aufgrund ihrer eher auf Gegenmacht beruhenden Stellung auf den ersten Blick nicht zu eng an das Untenehmen gebunden werden. Hieraus erklärt sich sodann die Ausnahme der AN-Vertretung vom Unternehmensinteresse. Andererseits soll dieses Organ gem. der Richtlinie weitreichende Informations- und Konsultationsrechte (Art. 4 d) auch gegenüber dem Leitungsorgan erhalten. Desweiteren soll die AN-Vertretung gem. den Vorstellungen des Europäischen Parlaments und der Präambel zur 5. Richtlinie eine gleichwertige Stellung neben den übrigen Unternehmensorganen einnehmen. Hiermit erhält die AN-Vertretung weiterreichende Funktionen als eine rein auf Betriebsebene tätige Belegschaftsvertretung. Damit stellt sich aber zugleich die Frage, ob die Ausnahme vom Unternehmensinteresse im Hinblick auf den Umfang der Sorgfalts- und Treuepflichten gerechtfertigt erscheint. M i t anderen Worten: verschiebt sich der Umfang von Sorgfalts- und Treuepflichten für AR- und VR-Mitglieder gegenüber den Mitgliedern einer AN-Vertretung durch die Bindung an das Unternehmensinteresse? An dieser Stelle wird die Ambivalenz und Auslegungsproblematik der Unternehmensinteresseformel von neuem deutlich.

197

Vgl. Hanau, P./Ulmer, P., Mitbestimmungsgesetz, Rdn. 93 zu §25; sowie Kunze, Zum Stand der Entwicklung des Unternehmensrechts, ZHR 144 (1980), S. 118f. 198 Vgl. Hanau, P./Ulmer, P., Mitbestimmungsgesetz, Rdn. 105 zu §25.

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

1

6.2.4. Haftung Die Aufnahme des Unternehmensinteresses in den Richtlinienvorschlag hat schließlich auch Auswirkungen auf die Haftungsregelung für AR-, VR- und A N Vertretungsmitglieder. Gem. Art. 14 ff. des Richtlinienentwurfs haben die Mitgliedstaaten die zivilrechtliche Haftung der Mitglieder des Leitungs- und Aufsichtsorgans (vgl. u.a. §§ 93,116 i. V.m. § 93 deutsches A k t G und § 25 11, 2 MitbestG 76) mindestens für den Ersatz von Schäden, welche die Gesellschaft für schuldhafte Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung sowie durch anderes schuldhaftes Verhalten der Mitglieder dieser Organe bei der Erfüllung ihrer Aufgaben erleidet, zu regeln. Gem. Art. 14 I I besteht die Haftung gesamtschuldnerisch und unbeschränkt gegenüber jedem Organmitglied. Schärfer als im deutschen Recht besteht diese Haftung auch im Falle der Zuständigkeitsverteilung (Art. 14 III), der Genehmigungserteilung durch den A R (Art. 14 IV) oder der Entlastung durch die HV (Art. 14 V). Neben der Haftung gegenüber der Gesellschaft regelt Art. 20 darüber hinaus das Haftungsverhältnis der Mitglieder des Leitungs- und Aufsichtsorgans gegenüber Aktionären und Dritten. Zunächst fallt auf, daß die Art. 14 ff. keine spezielle Haftungsvorschrift für Pflichtverstöße der AN-Vertretungsmitglieder enthalten. Damit müssen sich eventuelle Ansprüche der Gesellschaft, AE oder Dritter gegenüber dieser Gruppe nach den einzelstaatlichen Haftungsregelungen des Gesellschafts-, Arbeits- oder bürgerlichen Rechts richten. Das Fehlen einer Haftungsregelung ist allerdings aufgrund der besonderen, über rein betriebliche Vertretungen hinausreichende Stellung und Bedeutung der AN-Vertretung sowie dem Erfordernis der Gleichwertigkeit der Strukturmodelle bedenklich. Insbesondere die weitreichenden Informations-, Anhörungs- und Konsultationsrechte sowie die im Verhältnis zu den AR- und VR-Mitgliedern gleiche Pflichtenbindung gem. Art. 10 I I verlangen eine Haftungsregelung für die AN-Vertretung. Eine Haftungsregelung für AR-, VR- und AN-Vertretungsmitglieder aktualisiert wiederum die in der Richtlinie statuierte Unternehmensinteresseformel 199. Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches sind dann erfüllt, sofern ein Mitglied der genannten Organe bestimmte Sorgfaltspflichten schuldhaft verletzt hat. Nach deutschem Recht richtet sich dies ζ. B. nach den Pflichten eines „ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters" (vgl. § 93 I AktG). Aufgrund der im A R vertretenen unterschiedlichen Interessengruppen wird im deutschen Recht versucht, die verletzten Sorgfaltspflichten mit der Unternehmensinteresseformel inhaltlich näher zu konkretisieren. Entsprechende Definitionsanstrengungen müßten auch nach der Richtlinienregelung unternommen werden. Dies wurde bereits am Beispiel der Verschwiegenheitspflicht ausgeführt. Desweiteren könnten nunmehr die Haftungsvoraussetzungen nach den einzelnen nationalen Rechtsvorschriften erfüllt sein, sofern ein Mitglied des AR-, VR- oder AN-Vertretungsorgans bei der Vorbereitung einer Entscheidung, der 199

Für das deutsche Recht vgl. Raiser, Th., Mitbestimmungsgesetz, Anm. 88 zu § 25; ders., Recht der Kapitalgesellschaften, S. 93 ff.

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2. Kap.: Rechtsvergleich

Aufklärung des Sachverhalts oder Informationen über relevante Entscheidungsgesichtspunkte in einem mit seinem Amt nicht mehr zu vereinbarenden Ausmaß nachlässig war. Dabei darf sich das Verantwortlichkeitsmaß aber nicht nach subjektiven, in der Person des jeweiligen Organmitglieds begründeten Elementen richten, da gem. Art. 10 a I auch AN-Vertreter die gleiche objektive Pflichtenstellung einzunehmen haben wie die übrigen AR- und VR-Mitglieder 2 0 0 . Die Operationalitätsprobleme der Unternehmensinteresseformel treten auch an dieser Stelle erneut auf. Denn der Unternehmensinteressebegriff bereitet auch bei der Feststellung des der Gesellschaft entstandenen Schadens — und nur hier dürfte der Unternehmensinteressebegriff zur Anwendung kommen — Probleme. Zwar versucht Mertens, 201 im deutschen Recht den Schadensbegriff unter Einbezug von A N - und öffentlichen Interessen über die Unternehmensinteresseformel zu lösen. Da danach nicht jede Vermögensminderung ein Schaden sei, wären ζ. B. Aufwendungen für die Erfüllung einer Sozialbilanz diesem nicht zurechenbar. Von einem Schaden könne nur dann gesprochen werden, sofern die Vermögensminderung weder Gesellschafter-, AN- oder öffentlichen Interessen entspricht, wenn dieser im Verhältnis zum sozialen Zweck unverhältnismäßig hoch sei, oder wenn nach unsachlichen Kriterien entschieden wurde. Damit stellt Mertens im Ergebnis eine Relation zwischen Schaden und pflichtgemäßem Ermessen der Verwaltung her. Diesbezüglich ergibt sich aber die Frage, ob hier nicht eine unnötige Vermengung von Schadensbegriff und Pflichtenverstoß zustandekommt. Abgesehen davon, daß andere Ansätze zum gleichen Ergebnis führen würden, ist vor einem erheblichen Funktionsverlust des Schadensbegriffs zu warnen 202 . 6.3. Zwischenergebnisse Fassen wir die bisher gewonnenen Ergebnisse zusammen, offenbart die rechtsvergleichende Untersuchung große Unterschiede in der Ausgestaltung von Beteiligungsstrukturen für Arbeitnehmer und öffentliche Interessen an Unternehmensentscheidungen. Zwar ließen sich formale und strukturelle Gemeinsamkeiten der nationalen Rechte herausarbeiten, doch stellten diese noch keinen befriedigenden Ausgangspunkt für ein Angleichungsvorhaben dar, da auch formal ähnliche Rechtsstrukturen in unterschiedlichen Gesellschaftssystemen unterschiedliche Wirkungen entfalten können. Ein Rechtsangleichungsvorhaben, das auf besondere Kontextgebundenheiten und Rationalitätskriterien unternehmensverfassungsrechtlicher Strukturen Rücksicht nehmen will, hat aber auch nach den Vereinheitlichungsmöglichkeiten von Wirkungen fragen. 200

Vgl. Geßler/ Hefermehl / Eckhardt/ Kropff, Aktiengesetz Bd. II, Rdn. 12 zu § 116; sowie Raiser, Th., Mitbestimmungsgesetz, Rdn. 88 zu § 25. 201 Vgl. Mertens in: Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, §93 Anm. 14 ff. 202 Vgl. Großmann, Α., a.a.O., S. 188.

zu

III. Rechtsvergleich einzelstaatlicher Vorschriften

15

Im Ergebnis bleibt somit festzuhalten, daß sich der modifizierte 5. Richtlinienvorschlag zwar noch in den Grenzen von Art. 54 I I I g EWGV bewegen dürfte, da sich auch die tarifvertragsrechtliche Lösung der Kommission auf die Unternehmensorganisation als solche bezieht. Die Ausgestaltung struktureller Optionen entspricht jedoch nicht mehr dem aus Art. 3 h, 100, 100a, b i.V.m. Art. 54 I I I g EWGV abzuleitenden Rechtsangleichungsgebot. Denn den einzelnen Strukturmodellen fehlt die zu fordernde „Gleichwertigkeit". Dieser Eindruck verstärkt sich noch durch die Aufnahme einer Unternehmensinteresseformel, die sich einerseits nicht einheitlich auf alle Optionssysteme der Richtlinie erstreckt und andererseits die Auslegung von Sorgfalts- und Treuepflichten erheblich erschwert. Dies gilt schließlich auch für die Haftungsregelung in Art. 14 der Richtlinie. Die zentrale Fragestellung lautet somit, wie und aus welchen Prinzipien die Gleichwertigkeit zwischen den Strukturalternativen herstellbar ist. Ist die in der Richtlinie angewandte Angleichungsmethode angesichts der aufgezeigten Probleme überhaupt sinnvoll? In diesem Zusammenhang sollten wir uns auf Ansätze besinnen, die bereits früh die unüberwindlichen Probleme einer einheitlichen unternehmensverfassungsrechtlichen Systematik erkannten. G. LyonCaen 203 fordert auf der Grundlage eines strukturell-funktionalen Verständnisses der geltenden Rechte, eine funktionale Vergleichung der Mitbestimmungsmethoden vorzunehmen 204 . Er bestimmte Haupttypen der A N Beteiligung im weitesten Sinne in bezug auf ihre Ebene (Gesamtwirtschaft, Region, Unternehmen), ihren Rahmen (Gesellschaft, Unternehmen) und ihre Entscheidungsfunktion. Dieser Ansatz sollte zugleich Grundlage für alternative, aber „funktional äquivalente" Unternehmensverfassungsmodelle sein. Eine Entscheidungstypologie bildete sodann den Ausgangspunkt für die Entwicklung einer korrespondierenden Normtypologie. Der neue Richtlinienvorschlag kann auch diesen Anforderungen nicht entsprechen, da den einzelnen Strukturmodellen die Gleichwertigkeit fehlt. Ganz prinzipiell ist der Vorschlag alternativer Strukturmodelle in einem Europa unterschiedlichster Rechtstraditionen allerdings sinnvoll. Für den weiteren Verlauf unserer Arbeit gilt es somit, rechtliche Strukturanforderungen zu entwickeln, die konzeptionell wie ein Netz über den Richtlinienvorschlag geworfen werden können, um somit die Strukturalternativen auf das gebotene Gleichwertigkeitsmaß anheben zu können. Diese Strukturanforderungen sollen im folgenden aus einer funktionalen Untersuchung der Willensbildungs- und Entscheidungsstrukturen im Aktienunternehmen entwickelt werden.

203 Ygi Lyon-Caen, G., Beitrag zu den Möglichkeiten der Vertretung der Interessen der Arbeitnehmer in der Europäischen Aktiengesellschaft — Studien freier Wettbewerb — Rechtsangleichung, 1970. 204

Ebenda, S.23ff.

3. Kapitel

Funktionen der Willensbildungsstrukturen im Aktienunternehmen I. Organisationsinterne Funktionen Die Gleichwertigkeit unternehmensverfassungsrechtlicher Strukturalternativen soll mit Hilfe „supranationaler Strukturanforderungen" gewährleistet werden. Ist es möglich, auf dieser Ebene allgemeine Merkmale für europäische Unternehmensverfassungsstrukturen herauszuarbeiten? Zur Lösung dieser Frage ist es sinnvoll, Funktionen unternehmensverfassungsrechtlicher Strukturen zu bestimmen, aus denen sich die gesuchten Merkmale ableiten lassen. Methodisch wird die folgende Untersuchung daher zunächst nach den ökonomischen Grundlagen der Willensbildungs- und Entscheidungsstrukturen im Aktienunternehmen fragen. Hieran knüpft die Frage an, wie das Rechtssystem das Leitbild dieser Strukturen und deren Funktionen in rechtliche Kategorien überträgt und welchen Veränderungen diese Funktionen unterliegen. 1. Wirtschaftswissenschaftliche und rechtliche Grundlagen

Eine Funktionsanalyse aktienrechtlicher Strukturen wird nicht umhinkommen, die herauszuarbeitenden Funktionen in ihrer Abhängigkeit von sozialen, politischen und insbesondere wirtschaftlichen Faktoren zu untersuchen. Lassen sich insbesondere aus wirtschaftswissenschaftlichen Anleitungen zum unternehmerischen Willensbildungsprozeß Kriterien für eine Funktionsbestimmung gewinnen? Wie läßt sich auf diesem Hintergrund das gesetzliche Leitbild der A G funktional bestimmen und auf seine Veränderungen hin neu definieren? 1.1. Die grundlegende Ausrichtung des unternehmerischen Willensbildungsprozesses Die westlichen Wirtschaftssysteme wurden konzeptionell auf eine atomistische Unternehmergesellschaft gegründet. Gewinnorientierte Unternehmen sollen in ihrer Gesamtheit, gelenkt durch die „invisible hand" der zentralen Institution des Marktes mit freier Konkurrenz zugleich Gemeinwohl realisieren. Gesellschaftliche Harmonie ergibt sich nach dieser Vorstellung gleichsam aus „selbstregulativen" Prozessen. „Das Ethos des 19. Jahrhunderts ist die Freiheit mit dem Gedanken der Initiative, Selbständigkeit, Eigenverantwortlichkeit, Risikobereitschaft des einzelnen Individuums" 1 . 1

Vgl. Tschäni, R., Funktionswandel im Gesellschaftsrecht, S. 55.

I. Organisationsinterne Funktionen

127

Träger der unternehmerischen Willensbildung ist derjenige, dem das Eigentum an den Produktionsmitteln zusteht. „Eigentum" bewirkt somit „Einfluß" auf die Unternehmensführung. Die klassische Betriebswirtschaftslehre spricht vom sog. „Unternehmerunternehmen" (Eigentümer = Geschäftsführer). Dem Eigentümer obliegt die „alleinige Unternehmenszielentscheidungsbefugnis" 2. Oberstes und lange Zeit alleiniges Unternehmensziel bestand im „Gewinnmaximierungsprinzip". Der Unternehmer besitzt nach diesem Modell „vollständige", über den Markt vermittelte „Bedürfnisinformationen", nach denen er bzw. der Gesellschafterkreis seine Entscheidungen für eine „optimale Sicherung gegenwärtiger und zukünftiger Bedürfnisbefriedigung" treffen kann 3 . Das dieses Bild einer atomistischen Wettbewerbswirtschaft heute keine umfassende Geltung mehr beanspruchen kann, liegt auf der Hand. Dies zeigte sich schon früh an der als „Managerial Revolution" 4 bezeichneten Trennung von Eigentum und Leitung durch ein professionalisiertes Management. Obgleich diesen neuen Unternehmensleitern durch ihre treuhänderische Bindung an die Eigentümer keine eigenständigen Zielbestimmungskompetenzen zugedacht waren (Geschäftsführerunternehmen) 5, führte die Trennung von Leitung und Eigentum faktisch zu einem zweiten, mindestens ebenso wichtigen und einflußreichen Willensbildungszentrum im Unternehmen. Andere mit dem Unternehmen verbundene Interessengruppen (Arbeitnehmer) wurden als Entscheidungsträger ausgeschlossen, da diese sich dysfunktional zum bestehenden System verhalten würden 6 . Das Alleinbestimmungs- und Autonomieprinzip sowie das erwerbswirtschaftliche Prinzip bildeten die begrifflichen Determinanten eines erwerbswirtschaftlichen Unternehmens. MARKT Kapitalmarkt Dienstleistungsmarkt Unternehmen

Haushalte Gütermärkte Arbeitsmarkt

2 Vgl. Gutenberg, E., Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre 1. Bd., S. 488 ff.; Ulrich, H., Die Unternehmung als produktives soziales System, S. 198. 3 Zur Funktion wirtschaftlicher Organisationen vgl. Luhmann, N., Organisationen im Wirtschaftssystem in: ders., Soziale Aufklärung Bd. 3, S. 390 (395). 4 Vgl. u.a. Burnham, J., The Managerial Revolution, London 1944; sowie Berle, A.A./Means, G.C., The Modern Corporation and Private Property (1932), insbes. S. 220 ff. 5 Vgl. Gutenberg, E., a.a.O., S. 488ff. 6 Vgl. u. a. Prosi, G., Volkswirtschaftliche Auswirkungen des MitbestimmungsG 1976, S. 34.

128

3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

1.2. Funktionsdifferenzierungen Die moderne Betriebswirtschaftslehre relativierte diesen allein auf das Gewinnmaximierungsziel hin ausgerichteten „monistischen Unternehmensbegriff" 7 . Es sei festzustellen, daß die Unternehmung in eine vielschichtige, komplexe gesellschaftliche Umgebung eingebettet sei, die sich gedanklich nicht auf irgendeine spezifische Dimension reduzieren ließe, ohne daß die Beziehung zur Wirklichkeit in entscheidenden Punkten verlorenginge 8. Jedes Unternehmen habe somit bei seiner Zweckwahl an Umweltbedürfnisse anzuknüpfen und festzustellen, wo diese noch ungedeckt vorhanden seien. Diese möglichst umfassenden Bedürfnisinformationen sind über einen unternehmensinternen Informationsverarbeitungsprozeü in Markt- und Absatzziele umzuformen (Entscheidung). Die Aufgabe des Unternehmens bestehe somit darin, gesamtwirtschaftlich sinnvolle Zwecke zur Sicherung gegenwärtiger und zukünftiger Bedürfnisbefriedigung auszuwählen und zu erfüllen. Unter den Voraussetzungen vollständiger Konkurrenz und hoher Markttransparenz verläuft dieser Zweck- und Zielbestimmungsprozeß verhältnismäßig einfach. Im Ergebnis stellt sich der unternehmerische Willensbildungsprozeß in bezug zur Unternehmensumwelt somit als ein fortlaufender Informations-, Zielfindungs- und Problemlösungsprozeß dar. Deutlich wird aber auch, daß die sich herauskristallisierende Einbettung des unternehmerischen Willensbildungsprozesses in ein gesamtgesellschaftliches Bezugssystem weit über klassische betriebswirtschaftliche Ansätze hinausgeht. Beschränkten sich letztere auf die Frage der internen Organisationsrationalität von Willensbildungs- und Produktionsstrukturen, wird nunmehr versucht, Anhaltspunkte für Organisationsstrukturen aus der Unternehmensaußenwelt, d.h. aus wirtschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen Leistungs- und Funktionsanforderungen an das Unternehmen zu gewinnen. Dieser System / Umwelt-Bezug erlaubt gleichzeitig eine Trennung zwischen dem Verhältnis des Unternehmens zum Wirtschafts- und Gesellschaftssystem und dem Verhältnis des Unternehmens zu seinen Mitgliedern und möglichen Interessenrepräsentanten. Im Verhältnis eines Unternehmens zu seinen Mitgliedern geht es weniger um Strukturprobleme des unternehmerischen Willensbildungsprozesses, die sich aus Leistungs- und Funktionsanforderungen von Wirtschaft und Gesellschaft ergeben. Vielmehr geht es darum, ob und wie potentielle Teilnehmer am unternehmerischen Willensbildungsprozeß Zugang zu den oben aufgeführten Funktionsbereichen erlangen. Die „Zugangsfunktion" wurde ursprünglich über Eigentum und Zweckmotivation (Gewinnerzielung) gesteuert. Die Zugangsvoraussetzungen veränderten sich jedoch durch die Legitimierung professionalisierter, allein im Anstellungsverhältnis tätiger Unternehmensleiter, die nicht zugleich Eigentümer sein mußten. 7 8

Vgl. Abeltshauser, Th.E., Unternehmensbegriff und öffentliches Interesse, S. 16ff. Vgl. Ulrich, H., Die Unternehmung als produktives soziales System, S. 164.

I. Organisationsinterne Funktionen

129

Eine weitere Frage beschäftigt sich im Verhältnis Unternehmen/Mitglieder mit dem Problem, wie die Teilnehmer am unternehmerischen Willensbildungsprozeß in ihrem Verhalten miteinander und in bezug auf das Unternehmen koordiniert werden können. Mit anderen Worten geht es um die Ausgestaltung von gemeinsamen Verhaltenspflichten und um Haftungsfragen. Ursprünglich verlief die „Koordination" zwischen den genannten Gruppen transparent über den Gesellschaftsvertrag oder die Satzung. Gesellschafter und Unternehmensleiter wurden auf das „Gesellschaftsinteresse" verpflichtet. Das Verhältnis des Unternehmens zu seinen Mitgliedern und potentiellen Interessenvertretern läßt sich somit bislang wie folgt schematisieren: Zugangsfunktion Eigentum Vertrag Gesetz Koordinationsfunktion Gesellschaftsinteresse Verhaltenspflichten Haftung

Im Verhältnis eines Unternehmens zum Wirtschafts- und Gesellschaftssystem beschäftigt sich die vorliegende Untersuchung vornehmlich mit dem Problem der strukturellen Gestaltung des unternehmerischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses. Dieser kann in folgende Funktionsbereiche eingeteilt werden: Informationsphase Problemerkennung Bedürfnisartikulation Bestimmung der Ausgangslage Umweltbedingungen Mögliche Absichten Informationsverarbeitungsphase Zieldiskurs Kriterienbestimmung Diskurs über alternative Lösungsmöglichkeiten Beurteilung und Auswahl En tscheidungsphase Sollwertbestimmung Ausführung Absatz Folgenkontrolle Folgenbewertung Rückkoppelung zum Informationsbereich

Rechtlich fanden die skizzierten klassischen Funktionen des unternehmerischen Willensbildungsprozesses ihre Entsprechung in der individualistischen Konzeption des Gesellschaftsrechts sowie im gesetzlichen Leitbild der Aktienge9 Abeltshauser

130

3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

sellschaft. Das Privatrecht, und somit auch das Gesellschaftsrecht wurden als Formalrecht dem unpolitischen Bereich der privaten Wirtschaftsgesellschaft zugeordnet. Privatrecht sicherte in einem Sozialmodell der Privatrechtsgesellschaft als Eigentümergesellschaft mit der materiellen Basis des Rechtsstaates „Rahmenbedingungen, bei deren Existenz der freie Marktwettbewerb mit seinen natürlichen Gesetzmäßigkeiten als selbstregulatives System funktioniert" 9 . Die Aufgabe des Gesellschaftsrechts erschöpfte sich darin, den an privaten Zusammenschlüssen interessierten Rechtssubjekten geeignete Rechtsund Organisationsformen zur Verfügung zu stellen, die zugleich die dauerhafte Harmonisierung verschiedener unternehmerischer Interessengruppen ermöglichte. Gesellschaften wurden i.d.R. als Veranstaltungen von Eigentümern konzipiert, die aufgrund der Eigentumsverhältnisse vom Markt her steuerbar blieben 10 . Die Erscheinung der körperschaftlich verfaßten A G (die Gesellschafterversammlung bildete zunächst das oberste Organ) kann nicht nur als Ergebnis, sondern zugleich als Bedingung einer Umwälzung bezeichnet werden, die mehr veränderte als die technischen Verfahren und das organisierte Gefüge von Produktion und Verteilung 11 . „Die A G beginnt als Gesellschaftsform für ein Erwerbsunternehmen, das von einer namenlosen Schar finanziert wird, um Geschäfte zu betreiben, denen die Kräfte des einzelnen nicht gewachsen sind. Gewinnstreben und Finanzierungszwang bedingen sich wechselseitig"12. Die ursprüngliche Funktion der A G bezog sich somit weitgehend auf die Aufbringung und Bindung großen Kapitalbedarfs 13 . In konsequenter Fortsetzung des individuellen unternehmerischen Initiativprinzips, wirkten unternehmensintern allein die Kapitaleignerinteressen konstitutiv. „Diese Interessen wurden als bestimmend für Rahmen und Richtung der Unternehmensaktivität herangezogen und als rechtlicher Bezugspunkt der Unternehmensordnung angesehen"14. Faktisch ergab der noch weitgehend vorhandene Interessengleichklang zwischen den Aktionären in bezug auf den zu verfolgenden Gesellschaftszweck ideale Maßstäbe für die innere Organisation. Eigentümerinteressen und Unternehmensordnung deckten sich weitgehend; Eigentum, Leitung und Kontrolle lagen in einheitlicher Hand.

9 Vgl. Hart, D., Zur Instrumentalisierung des Wirtschaftsrechts am Beispiel der Wirtschaftsverfassung, ZHR 140 (1976), S. 31 (32). 10 Vgl. Ott, K., Recht und Realität der Unternehmenskorporation, S. 133 f. 11 Vgl. Kübler, F., Gesellschaftsrecht, § 14 I I 1, S. 158. 12 Vgl. Wiethölter, R., Interessen und Organisation der Aktiengesellschaft im deutschen und US-amerikanischen Recht, S. 4. 13 Zum Funktionswandel der A G vgl. u.a. Kübler, F., a.a.O. § 14 I I 2 e, S. 162f. 14 Vgl. Ott, C., a.a.O., S. 138.

I. Organisationsinterne Funktionen

131

1.3. Funktionsveränderungen a) M i t der Entwicklung moderner Industriegesellschaften, komplexen Produktions- und Absatzstrukturen, hohem Anspruchsniveau der Verbraucher sowie großen und miteinander verschachtelten Wirtschaftsunternehmen, geriet der unternehmerische Willensbildungsprozeß unter zunehmenden Druck. Das Unternehmen wird heute mit vollkommen neuen Forderungen und Kritik verschiedenster gesellschaftlicher Gruppen konfrontiert. Damit stellt sich nach Ulrich die Frage, ob die moderne Großunternehmung tatsächlich noch als reines Wirtschaftsgebilde aufgefaßt werden kann, oder ob sie ein Multizweckgebilde sei, das die verschiedensten Ansprüche in seinen Zielsetzungen zu berücksichtigen habe 15 . Dies bedeutet, „daß das Entwickeln eines zweckmäßigen Unternehmensverhaltens nicht nur ein Vorgang des sich Anpassens an unveränderliche Gegebenheiten der Außenwelt darstellt, sondern daß für die Unternehmung ein mehr oder weniger großer Bereich der Wahlfreiheit, des sich Entscheidens zwischen mehreren verschiedenen möglichen Verhaltensweisen und der eigenen Einflußnahme auf die Außenwelt besteht. Darüber hinaus ergibt sich aber auch, daß eine auf die Zukunft gerichtete Unternehmensführung zukünftige Veränderung der unternehmerischen Umwelt, des heute geltenden Normsystems, berücksichtigen und teilweise antezipieren muß" 1 6 . Moderne Unternehmen reagierten mit neuen und komplizierten Willensbildungs- und Produktionsstrukturen auf diese Entwicklung. Das primäre Willensbildungszentrum ist somit heute nicht mehr einheitlich mit Eigentümern oder Treuhändern besetzt, sondern mit einer Vielzahl unternehmensinterner und -externer Spezialisten (BankenVertreter, Wirtschaftsprüfer, Wirtschaftsanwälte, Steuerexperten etc.). Bürokratisierung und formale Organisation prägen das Bild der Willensbildungszentren. Großunternehmen strukturieren sich in einzelne, relativ unabhängige, selbständig entscheidende Produktionssparten und Divisionen oder Funktionsbereiche (Einkauf, Verarbeitung, Absatz etc.). Das bislang gültige Ziel der größtmöglichen Gewinnmaximierung wird Zusehens ersetzt durch ein „Zielsystem", wobei einzelne Ziele durchaus in harmonischer, neutraler oder antinomischer Beziehung zueinander stehen können 17 . Voraussetzung für ein 15

Vgl. Ulrich, H., a.a.O., S. 182; Jehle, E., Unternehmung und gesellschaftliche Umwelt, S. 3 f.; S. 117; der feststellt, daß die Unternehmung in steigendem Maße zum Fixpunkt sozialer Forderungen und zum Konfliktaustragungsort wird. Die Übernahme externer Kosten sowie die Vermeidung konjunktureller und sozialer Kosten sei immer mehr im Lichte von Gegenleistungen der Unternehmung zu sehen und zu beurteilen. 16 Vgl. Ulrich, H., a.a.O., S. 184. 17 Ebenda, S. 191; zur Bildung von Zielsystemen vgl. auch Heinen, E., Das Zielsystem der Unternehmung, 1966; Kosiol, E., Die Unternehmung als wirtschaftliches Aktionszentrum, S. 212; S. 223; Jehle, E., a.a.O., S. 43f. Vor einer kritiklosen Übernahme neuer Definitionsversuche von Unternehmenszielen ist allerdings zu warnen. Meines Erachtens schuldet die bisherige Diskussion immer noch eindeutige Beweise, daß das Gewinnziel von Unternehmen durch Zielsysteme ersetzt wurde. Auch Hinweise auf Abschreibungsgesellschaften als einschlägige Beweise für diese These laufen insofern ins Leere, als das Gewinnziel sich individuell i. R. von Steuerersparnissen eindeutig niederschlägt. Richtig *

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3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

zielorientiertes Verhalten des Unternehmens sei allerdings, daß dieses über „operational Zielsetzungen" verfügt, die den handelnden Elementen als anzustrebende Zustände vorgegeben werden müßten. Dies bedeutet wiederum, daß die unternehmerischen Entscheidungsinstanzen versuchen müssen, zukünftige Veränderungen von auf die Unternehmung einwirkenden Faktoren abzuschätzen. Die Mitgliedstaaten reagierten relativ zögernd auf diese Entwicklung. So besiegelte das deutsche A k t G von 1937 die Trennung von Eigentum und Leitung durch eine weitere Stärkung des Vorstandes zuungunsten der Hauptversammlung (vgl. §§70, 103, 125, 131 II, 126, 84, 99 A k t G 37). Die Unternehmensleitung verlagerte sich zusehends auf ein professionalisiertes Management. Dies bezeichnet nach Berle I Means diejenige Gruppe der leitenden Angestellten ohne größere Beteiligung am Aktienkapital einschließlich der kontrollierenden Manager, deren bestimmender Einfluß sich auch auf die Besetzung der obersten Unternehmensorgane erstreckt 18 . Ähnliche Tendenzen lassen sich für andere Aktienrechte ausmachen, obgleich hier die Entmachtung der Aktionäre weniger institutionell als faktisch über eine zunehmende Ausdifferenzierung des Verwaltungsrats in geschäftsführende und kontrollierende Mitglieder betrieben wurde 19 . Zugleich läßt sich aber auch folgende Beobachtung registrieren: Fremdorganschaft und Haftungsausschluß als Strukturprinzipien des Rechts der Kapitalgesellschaft werfen in jedem Fall die Regelungsprobleme des Schutzes der Gesellschafter vor der Inkompetenz und/oder der Illoyalität der Geschäftsführer sowie der Gläubiger vor dem objektiven Mißbrauch der verselbständigten Rechtsform auf 2 0 . Für die herauszuarbeitenden Funktionen desWillensbildungsprozesses ergibt sich somit bislang folgendes Bild: Die aktienrechtliche Handelsgesellschaft widersprach mit ihrem inkorporierten großen, z. T. nur auf Kapitalanlageinteressen hin ausgerichteten Gesellschafterkreis dem liberalen Leitbild des Einzelunternehmers, der aus der Perspektive allgemeiner Wohlfahrt über individuelle Vertragsbeziehungen marktvermittelte dürfte sein, daß dem alleinigen Gewinnziel neue UnterzieÌQ beizuordnen sind, die nunmehr relativierend auf das Oberziel einwirken können. Dies läßt sich auch insofern empirisch belegen, als mitbestimmte Unternehmen nicht weniger profitorientiert arbeiten als nicht mitbestimmte Unternehmen. Erst die Ebene der Unterziele differenziert erheblich. Vgl. u.a. Streeck, W., Co-Determination: The Fourth Decade, in: International Yearbook of Organizational Democracy Vol. II, „International Perspectives of Organizational Democracy", 1984. 18

Vgl. Berle/Means, The Modern Corporation and Private Property, 1932, S. 70. Insbesondere Common-law Länder, Frankreich, Belgien, Italien, Spanien; für die U.S.A. vgl. Wiethölter, R., a.a.O., S. 183ff.; S. 206; neuerdings Kübler, F., Verrechtlichung von Unternehmensstrukturen, in: ders.(Hrsg.), Verrechtlichung von Wirtschaft, Arbeit und sozialer Solidarität. 20 Vgl. Kübler, F., a.a.O.; grundlegend Jensen/Meckling, Theory of the Firm: Managerial Behaviour, Agency Costs and Ownership Structure, in: Journal of Financial Economics 1975, S. 305 ff. 19

I. Organisationsinterne Funktionen

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Bedürfnisinformationen aufnehmen, verarbeiten und befriedigen sollte. Diesem Problem konnte über die Erhebung der A G zur fiktiven juristischen Person und Rechtssubjekt mit entsprechenden Rechten und Pflichten im allgemeinen Rechtsverkehr abgeholfen werden. Die A G wurde somit als solche zum Adressaten marktvermittelter Bedürfnisinformationen (Information). Die marktkonforme Informationsverarbeitung oblag den Gründern / Anteilseignern, die sich über den Erwerb von Eigentum (Aktien) unter Verpflichtung auf den Gesellschaftszweck Zugang zum Aktienverband verschafften. Die sich aus dem erworbenen Eigentum vermittelnde Vertrags-/Satzungs und Organisationsautonomie sollte wiederum eine möglichst optimale marktkonforme Koordination der Gesellschafter auf den Untenehmenszweck besorgen. Diese privatautonome Selbstverwaltung des unternehmerischen Willensbildungsprozesses konnte zumindest bis zum A k t G 1937 in Deutschland auch den im Anstellungsverhältnis tätigen Unternehmensleitern zugerechnet werden, da diese weitgehend als Treuhänder der Unternehmenseigentümer angesehen wurden. Die sich aus diesem klassischen Strukturtypus des aktienrechtlichen Willensbildungsprozesses ableitende Entscheidungsmacht (Entscheidung) oblag damit einzig und alleine den über ihr Eigentum am Aktienunternehmen legitimierten Anteilseignern und/oder ihren Treuhändern. Andere Interessengruppen fanden keine Möglichkeit, ihre Konflikte innerhalb der Gesellschaft auszutragen. Diese wurden über vertragliche und / oder deliktische Ansprüche extern geregelt. b) Dieser Funktionswandel wird durch neue Ansätze verstärkt, die über eine Kritik der klassischen Betriebswirtschaftslehre die Integration der Arbeitnehmer in ökonomische Konzepte fordern.Namentlich Chmielewicz tritt für die Einrichtung erweiterter Mitbestimmungsmöglichkeiten für qualifizierte A N Vertreter und Gewerkschaftsrepräsentanten ein. Dies führe allgemein zu einer Steigerung politischer Macht i. S. eines ausbalancierten Machtverhältnisses und besseren Kontrollmöglichkeiten als Antwort auf real vorhandene Dysfunktionalitäten des Marktsystems durch ständig steigende externe und interne Vermachtungsprozesse 21. Rechtlich kann von einem verstärkten Einfluß materieller Normen auf die aktienrechtliche Willensbildungsstruktur gesprochen werden. Zwar lag die A G als privates Erwerbsunternehmen und Werkzeug der Kapitaleigner früheren europäischen Aktienrechten als gesetzgeberische Leitmaxime zugrunde. Dieses gesetzliche Kleid wurde jedoch durch die A G als Publikumsgesellschaft zunehmend überlagert 22 . „ I n der A G ist mithin nicht der Personenverband der A G der feste Bezugspunkt, von dem her sich die Herrschaftsverhältnisse organisch aufbauen und systematisch gliedern ließen. Sondern gerade umgekehrt sind der Unternehmenszweck und das dafür 21 Vgl. Chmielewicz, K , Arbeitnehmerinteressen und Kapitalismuskritik in der Betriebswirtschaftslehre, S. 31; S. 202; Witte, E., Die Verfassung des Unternehmens als Gegenstand betriebswirtschaftlicher Forschung, in: Chmielewicz, K., Unternehmensverfassung, S. 3 ff. 22 Zur Versachlichung der Mitgliedschaft im Unterschied zum bürgerlich-rechtlichen Verein vgl. Raisch, P., a.a.O., S.46f.

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3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

eingesetzte Vermögen fester Grund für alle Ansätze einer Organisationsgliederung. „Nicht das Volk schließt sich in der A G zusammen, um sich selbst zu regieren, sondern bestimmte geschäftliche Zwecke, zunächst von ganz wenigen verfolgt, werden in Vermögensverbandform durchgesetzt und suchen die Finanzierung in Beteiligungsform" 23 . M i t dieser Entwicklung der A G traten Probleme auf, die die Gesetzgeber in vielen Mitgliedsstaaten nur langsam zu berücksichtigen wußten. Überspitzt formulierte Wiethölter für den Rechtszustand im deutschen AG-Recht bis 1965, die Gesetze seien über das Zuständigkeitsschema von 1861 nicht hinausgekommen. Änderungen seien Flickwerk geblieben. „Und dazwischen hat sich eine Industrialisierung von faszinierenden und beklemmenden Ausmaßen vollzogen. Die Wucht dieser Entwicklung hat hier über das Recht eindeutig triumphiert" 24 . Diese Entwicklung führte in allen europäischen Aktienrechten zur Verstärkung von Gläubiger- und Minderheitenschutzrechten. Dies wurde schon von Lutter in seiner rechtsvergleichenden Arbeit zum Gesellschaftskapital, zur Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in den Aktien- und GmbHRechten der EWG eingehend untersucht 25 . Ebenso zeugen die Rechtsangleichungsbemühungen zur Kapitalsicherung (2. Richtlinie), zur Publizität (1. Richtlinie) oder zum Bilanzrecht (4. und 7. Richtlinie) von einer zunehmenden „europäischen Materialisierung" des aktienrechtlich strukturierten Willensbildungsprozesses. Die politische Einbindung rechtlicher Regelungsvorhaben auf europäischer Ebene verstärkt diese Tendenz. In den Mitgliedstaaten zeigt sich dies nach unserer rechtsvergleichenden Studie seit Anfang des 20. Jahrhunderts auch am Beispiel von Arbeitsschutzgesetzen sowie Informations-, Konsultations- und Mitspracherechten der A N . Gleichzeitig bildete sich im Zuge fortschreitender wirtschaftlicher Konzentration und Marktmacht großer Unternehmen in den westlichen Industriestaaten ein neues Problembewußtsein für die gesellschaftspolitische Bedeutung dieser Wirtschaftseinheiten. Dieses bezieht sich heute insbesondere auf die Neustrukturierung großer Unternehmen im Hinblick auf den europäischen Binnenmarkt 1992. Daß die Entwicklung großer Unternehmenseinheiten natürlich auch einer bestimmten Eigendynamik unterliegt, wurde bereits von Galbraith erkannt. Danach müsse die Firma bei zunehmend technischen Produkten und Prozessen, wachsendem Kapital, einer verlängerten Entwicklungsperiode und einer immer größeren und komplexen Organisation, „die soziale Umwelt, in der sie arbeitet, kontrollieren oder zu kontrollieren suchen — jedenfalls den Teil, der ihre 23

Vgl. Wiethölter, R , a.a.O., S. 138. Ebenda, S. 134. 25 Vgl. Lutter, M., Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in den Aktien- und GmbH-Rechten der EWG, insbesondere S. llOf.; S. 156f.; S. 216f.; S. 489 ff. 24

I. Organisationsinterne Funktionen

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Funktion beeinträchtigen könnte". Sie müsse nicht nur die eigenen Operationen planen, sondern auch so weitgehend wie möglich das Verhalten der Menschen und des Staates, soweit dies von einem solchen Verhalten berührt werde 26 . Die Sozialverantwortung des Unternehmens rückt damit in das Zentrum des Interesses 27. Insbesondere Großunternehmen wurden diesbezüglich als die entscheidenden Zentren der Produktion, Distribution, der Investitionstätigkeit und des technologischen Wissens in bezug auf ihren quasi-öffentlichen Charakter untersucht 28 . Die zunehmende Überlagerung aktienrechtlicher Willensbildungsstrukturen in den europäischen Mitgliedstaaten durch materielle Schutznormen ergibt für unsere funktionale Fragestellung folgendes Zwischenergebnis: Die sich zur großen anonymisierten Publikumsgesellschaft fortentwickelnde A G nimmt zwar nach wie vor über Märkte vermittelte Bedürfnisinformationen der Verbraucher im weitesten Sinne auf, doch wird der sich anschließende Informationsverarbeitungsund Entscheidungsprozeß nicht mehr alleine dem privatautonomen Selbstverwaltungsrecht der Eigentümer und Unternehmensleiter unterstellt. Sozialstaatliche Rahmengesetze begrenzen den unternehmerischen Willensbildungsprozeß. Gleichwohl wird der Zugang zum Willensbildungszentrum weiterhin über die zentrale Institution des Eigentums gesteuert und legitimiert. Dagegen ist festzustellen, daß die Koordination der Willensbildungsträger auf den Gesellschaftszweck durch komplizierte Sozialbeziehungen innerhalb eines großen Gesellschafterkreises sowie der Unternehmensverwaltung in bestimmten Fällen nicht mehr ausschließlich über den Gesellschaftsvertrag oder die Satzung leistbar ist. Zunehmende justizielle Kontrollen von Gesellschaftsverträgen und Satzungen zeugen von einer externen Abstimmung pluraler Interessen (Mehrheits- versus Minderheitsgesellschafter, Gesellschafter versus Verwaltung). Im Ergebnis wird der aktienrechtliche Willensbildungsprozeß somit schon im Vorfeld mitbestimmungsrechtlicher Strukturen durch plurale Interessen geprägt (AE-Gruppen, Verwaltung, Gläubiger). Eine entscheidende und einschneidende funktionale Veränderung des bis zum Ende der 60er Jahren noch weitgehend am ursprünglichen individualistischen 26

Vgl. Galbraith, I.K., Wirtschaft für Staat und Gesellschaft, S. 47. Vgl. Hay P.D./Gray, E.D., Business and Society: Cases and Text 1981 (Wohltätigkeit großer Unternehmen); zur Übersetzung in gesellschaftsrechtliche Strukturprinzipien vgl. Stone, Ch.D., Where the Law ends 1976; für das deutsche Recht in diesem Sinne Teubner, G., „Corporate Responsibility" als Problem der Unternehmensverfassung, ZGR 1/1983, S. 34ff.; ähnlich Wiethölter, R., a.a.O., S. 23; Schmücker, T., Das Unternehmen als Interessen verbünd: Theorie und Realität, Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (1976)/1, S. 13 (14ff.). 28 Vgl. Kübler, F., Aktiengesellschaft und Privateigentum — Rezensionsabhandlung zu Krüger, H., Allgemeine Staatslehre, § 25 Das Unternehmen von öffentlicher Bedeutung; Pross, H., Manager und Aktionäre in Deutschland, in: ZHR 131 (1968), S. 255 (256f.); v.Nell-Breuning, O., Unternehmensverfassung, in: Festschrift für H.Kronstein 1967, S. 47 (76). 27

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3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

Leitbild orientierten Aktienrechts vollzieht sich in Europa mit dem Ausbau von Arbeitnehmerbeteiligungsrechten auf Betriebs- und Unternehmensebene. Die bislang dem Markt überlassene Bedürfnisinformation wird in diesen Bereichen tendenziell in die Gesellschafts- bzw. Unternehmensorganisation verlagert. Insbesondere A N und Gewerkschaftsrepräsentanten erhalten die Möglichkeit, ihre Interessen direkt innerhalb des Unternehmens zu artikulieren. Die über das Eigentum vermittelte privatautonome Selbstverwaltung von Informationsverarbeitungsprozessen erhält damit sozialstaatliche Züge. Der Zugang zum Willensbildungsprozeß unterliegt nicht mehr allein der Steuerung über Eigentum und Zweckmotivation (Zugang). Zieldiffusion und das grundlegende wirtschaftliche Prinzip der Sicherung gegenwärtiger und zukünftiger Bedürfnisse beherrschen das Bild. Die Koordination der am Willensbildungsprozeß Beteiligten auf den Unternehmenszweck und das „Unternehmensinteresse" wird durch die Abstimmungsnotwendigkeit pluraler Interessen auf operationale Unternehmensziele/ Unternehmensinteresse ersetzt (Koordination). Der Entscheidungsprozeß wird entsprechend umgeformt (vgl. Graphik 2) 2 9 . Als Antwort auf den Funktionswandel 30 könnten wir nunmehr dazu übergehen, die daraus abzuleitenden Rechtsprobleme zu benennen um mögliche Strukturanforderungen für ein Rechtsangleichungsvorhaben zu entwickeln. Zur Vertiefung der herausgearbeiteten Tendenzen und zur theoretischen Absicherung von Strukturanforderungen ist allerdings in einem zusätzlichen Schritt eine geeignete theoretische Grundlage zu erarbeiten, die uns Auskunft geben kann über Art, Umfang und Grenzen einheitlicher Strukturanforderungen für gleichwertige europäische Strukturalternativen 31 . 2. Theoretische Grundlagen

2.1. Funktionelle Strukturanforderungen Funktionelle Strukturanforderungen stellen den Versuch dar, Gesellschaften in das auf Wettbewerb ausgerichtete Funktionsgefüge unseres Wirtschaftssystems zu reintegrieren und Gesellschaftsrecht gleichsam „normativ-funktionell" 29 Angesichts dieses Funktionswandels könnte auch die These Unterstützung finden, zwingendes Gesellschafts- und Unternehmensrecht ziele vielfach darauf ab, die Allokationseffizienz durch Senkung der Transaktionskosten zu verbessern. Für unsere Untersuchung hätte dies zur Folge, daß zwingendes europäisches Unternehmensverfassungsrecht qua Rechtsangleichung entsteht, um übermäßig komplexe europäische Sachverhalte zu vereinfachen und um dadurch ökonomisch sinnvolle Entscheidungsalternativen zu ermöglichen. Vgl. Kübler, Fr. (Hrsg.), a.a.O., S. (12). 30

Vgl. Raiser, Th., Sozialer Wandel durch Recht, dargestellt am Beispiel der Aktiengesellschaft, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie Bd. I I I 1973, S. 409 ff.; der am Beispiel des Gründungs-, Kompetenzverteilungs- und Konzernrechts nachzuweisen sucht, daß gesetzgeberische Initiativen nicht nur die Festschreibung existenter sozialer Realität beinhalten, sondern soziale Folgewirkungen entfalten können. 31 Vgl. Anderson, Ch. W., Political Design and the Representation of Interests, in: Comparative Political Studies 10 (1977) 1, S. 127 ff.

Über Eigentum vermittelte Entscheidungsbefugnisse

Entscheidung

Prinzip der ErtragsSicherung u. zukünft. Bedürfnisbefriedigung sozialstaatl. regi. SV

Selbstverwaltung der InformationsVerarbeitung

Über Eigentum

Informations-

sozialstaatl. regulierte

Aufnahme marktOrganisationsvermitteiter interne Artikulation Bedürfnisvon Bedürfnissen in Informationen Teilbereichen

Information

vermittelte privatautonome Informationsverarbeitungsverfahren

VerhaltensAbstimmung interner koordination der Pluralität von InterGesellschafler auf essengruppen den Ges.-Zweck über Satzung/Vertrag

Koordination

Verarbeitung

Steuerung über Zweckdiffusion Eigentum und im Zielsystem Zweckmotivation des Unternehmens

Zugang

Problem

Funktionsveränderungen

Funktion

Grafik 2 Strukturforderung.

Rolle des Rechts

I. Organisationsinterne Funktionen 137

138

3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

auszugestalten. Die innere Ordnung einer Gesellschaft hätte somit in Einklang zu stehen mit bestimmten wettbewerblichen Prinzipien der Gesamtwirtschaft. Quer zur gesellschaftsrechtlichen Formenwelt der Personen- und Kapitalgesellschaften unterscheidet namentlich Reuter zwischen Vertrags- (Vertrag als inter-partes-Recht mit den Grenzen der §§ 138, 139 BGB) und Satzungsgesellschaften 32 (Satzung i.S. von privater Normsetzung). Vehemente Bedeutung komme dabei dem Gleichlauf von Herrschaft und Haftung sowie Eigentum und Leitung als Voraussetzungen rationalen Verhaltens in einem System offener Märkte zu. Gesellschaftsrechtliche Vorschriften sind diesem Konzept anzupassen. Eine optimale Integration in das wettbewerbliche Gefüge wäre im Falle einer Vertragsgesellschaft erfüllt (direkte Beteiligung der Gründer am wirtschaftlichen Geschehen, Gleichlauf von Herrschaft und Haftung). „Der individuelle Gesellschaftsvertrag schließt bestimmte Personen zu einem gemeinsamen Zweck zusammen. Bereitschaft und Fähigkeit jedes einzelnen für das Gesellschaftsinterne sind tendenziell durch seinen Anteil daran und die wechselseitige persönliche Auswahl der Gesellschafter gesichert 33. Unter der Voraussetzung funktionierender Märkte erhält eine Vertragsgesellschaft umfassende, über den Markt vermittelte Bedürfnisinformationen (Information). Den Gesellschaftern obliegt die autonome Selbstverwaltung des unternehmensinternen Informationsverarbeitungsprozesses. Entscheidungen zur Sicherung gegenwärtiger und zukünftiger Bedürfnisbefriedigung können somit in optimaler Abstimmung mit dem externen Wettbewerbssystem gefällt werden (Entscheidung). Der Zugang zur Willensbildungsstruktur wird über Eigentum und Zweckmotivation (Gewinnerzielung) gesteuert. Der privatautonom gestaltete Gesellschaftsvertrag sorgt für eine optimale Koordination der Gesellschafterinteressen auf den Gesellschaftszweck und transferiert damit zugleich die extern durch die Wettbewerbsordnung vorgegebenen Richtigkeitskriterien in das Unternehmen. Der Bestand des Untenehmens wird unter Abstimmung mit dem externen Wettbewerbssystem gesichert. „Satzungsgesellschaften" verstoßen gegen die unternehmensinternen Funktionsvoraussetzungen einer Wettbewerbswirtschaft. Denn sie emanzipieren sich vom wettbewerblichen Marktgeschehen über Konzentrationsstrategien, Marktmacht und besonderen, auf Dauer angelegten Satzungsbestimmungen. Dies entsteht durch eine besondere Ausgestaltung der Satzung, die die Institution in Widerspruch zur Wettbewerbsordnung bringen kann. Einzelinteressen können durch die Integration in eine Institution zugunsten eines erweiterten Handlungsspielraums bestimmter Einzelakteure zurückgedrängt werden. „Reziprok zum Aufbau der externen Verantwortung entwickelt sich eine interne Verantwortlichkeit der Mitglieder für Illoyalität gegenüber den Zielen der Vereinigung, die 32

Vgl. Reuter, D., Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen,

S. 61. 33

Vgl. Reuter, D., a. a. O., S. 73; ders., Die Bestandssicherung von Unternehmen — ein Schlüssel zur Zukunft des Handelsgesellschaftsrechts, AcP 181 (1981), S. 1 (5).

I. Organisationsinterne Funktionen

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ihrerseits keineswegs notwendig mit den Ordnungs- und Gerechtigkeitsvorstellungen des staatlichen Gemeinwesens übereinstimmen und daher u. U. sogar asoziales Verhalten im Namen der Vereinigung herausfordern 34. Satzungsgesellschaften verstoßen somit gegen den Grundsatz, daß Personen und Institutionen Einzelinteressen haben müßten und diese auch verfolgen können. Spezielle Schranken der Satzungsautonomie (Austrittsrechte, Bindung an das Gesellschaftsinteresse, Mißbrauchskontrolle) seien daher notwendig 35 . Die marktvermittelte Information versagt unter diesen Voraussetzungen und wird z.T. in die Unternehmung verlagert. Damit entsteht das Problem einer interessenauthentischen Bedürfnisartikulation im Unternehmen (Information). Der Selbstverwaltungsmechanismus wird auf eine unternehmensinterne „Technostruktur" verlagert, die sich nicht mehr alleine über die Eigentumskategorie legitimiert. Das Folgeproblem lautet: Kontrolle, Legitimation und Effizienz autonomer Informationsverarbeitungs- und Entscheidungsprozesse (Informationsverarbeitung ). Der Zugang zum unternehmerischen Willensbildungsprozeß bestimmt sich nicht mehr alleine über den Eigentumserwerb unter Ausrichtung auf das Gewinnziel. Zweckdiffusion bestimmt das Geschehen und zwingt zum Ersatz des herkömmlichen Steuerungsmechanismus (Zugang). Die Koordination der Gesellschafter ist durch die Koordination pluraler Interessen auf ein Unternehmenszielsystem/Unternehmensinteresse zu ersetzen (Koordination). Im Ergebnis fordern funktionelle Strukturanforderungen somit, institutionelle Gebilde — Satzungsgesellschaften — so zu verfassen, daß die Anteilseigner soviel Einfluß auf ihr Unternehmen behalten (wieder erhalten), daß dieses marktwirtschaftlichen Daten zugänglich wird. Die Gesellschaft würde somit zugleich von ihren Mitgliedern abhängen. Die Ablösung von traditionellen Rechtsformen als Anknüpfungselemente für unternehmensverfassungsrechtliche Vorschriften sollte als rechtspolitischer Beitrag zur europäischen Debatte um ein Unternehmensverfassungsrecht aufgenommen werden. Darüber hinaus verdeutlicht der vorgestellte Ansatz, daß sich die Diskussion um ein Untenehmensverfassungsrecht nicht auf die Ausgestaltung unternehmensinterner Strukturen allein beschränken darf, sondern auch die Unternehmensaußenwelt mitzuberücksichtigen hat. Weniger erfolgversprechend erscheint mir allerdings der Versuch, unternehmensverfassungsrechtliche Strukturanforderungen für Satzungsgesellschaften einzig und alleine an vertragsgesellschaftsrechtlichen Prinzipien zum Zwecke der Reintegration dieser Gesellschaften in die Wettbewerbsordnung auszurichten. Denn in bezug auf organisationsinterne Konfliktlösungsmechanismen votiert Reuter unter Hinweis auf eine notwendige gesamtwirtschaftlich ausgerichtete Koordination nicht für Konfliktintegration, sondern für einen unter34

Ebenda, S. 6. Reuter, D., Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen, S. 69 ff. 35

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3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

nehmensexternen Interessenausgleich. Arbeitnehmerkonflikte sollen insbesondere unter dem Gesichtspunkt eines funktionsfähigen Kapitalmarktes — Mobilität von Einlagekapital und Unternehmensgewinn — über Sozialpakete (Arbeitslosenhilfe, Umschulungsförderung, Strukturpolitik etc.) gelöst werden. Reuter relativiert seine eigene Aussage aber sogleich in bezug auf Unternehmen, die in zentrale sozial- und strukturpolitische Rollen hineinwachsen (Übernahme öffentlicher Funktionen). Hier sei die zwar wünschenswerte Steuerung des Kapitaleinsatzes über den Markt zu relativieren. Denn in diesen Fällen sei die Gefahrdung des Untenehmensbestandes durch den Konkurrenzdruck günstigerer Anlagemöglichkeiten angesichts der Abhängigkeit der Umwelt — A N , Lieferanten, Kommunen etc. — ein allzu hoher Preis 36 . Eine Verobjektivierung des Unternehmens erscheine somit geboten. Für Reuter bedeutet dies allerdings, Einflüsse aus der Sphäre der Anteilseigner so umzugestalten, daß sie wieder Eigeninteressen an den unternehmerischen Entscheidungen, bzw. der Wahl und Abwahl von Managern entwickeln. Obgleich Reuter in seinen späteren Beiträgen 37 gewisse Optionen zugunsten mitbestimmungsrechtlicher Strukturen als logische legislative Ausfüllung der ohnehin in den §§70 A k t G 37, 76 I A k t G 65 zum Ausdruck kommenden Sozialpflichtigkeit unternehmerischer Leitungsmacht in bestimmten Fällen zuläßt 38 , votiert er in erster Linie für die Reaktivierung der zumeist passiven AE. Satzungsgesellschaften würden damit wieder ansprechbarer für Marktsignale. Der „aktive Aktionär" sieht sich heute allerdings mit verfestigten Marktstrukturen konfrontiert. Verwaltungen und Großaktionäre dominieren im Großunternehmen. Publikumsaktiengesellschaften entsprechen heute eher dem rein anlageinteressierten Aktionär. Hier stellt sich die Frage, ob der Grundsatz vom Gleichlauf von Herrschaft und Haftung nicht von neuen Strukturprinzipien abgelöst worden ist und ob die herausgearbeiteten Prinzipien der Vertragsgesellschaft nicht auch einer Entwicklung im Gesellschaftsrecht nachlaufen, die sich schon lange vom Vertragsgedanken gelöst hat und im Zuge eines sozialen Wandels eher als organisationsrechtliche Verbindung von Mitgliedern aufzufassen ist 3 9 . Eher grundsätzlich und in Weiterentwicklung des funktionellen Ansatzes wird man allerdings die noch ungelöste Frage stellen müssen, ob korporatives 36

Vgl. Reuter, D., a.a.O., S. 85. Vgl. Reuter, D., Die Bestandssicherung von Unternehmen — ein Schlüssel zur Zukunft des Handelsgesellschaftsrechts, AcP 181 (1981), S. 1 (6); Reuter, D., Der Einfluß der Mitbestimmung auf das Gesellschafts- und Arbeitsrecht, AcP 179 (1979), S. 511 (525). 38 Ebenda, S. 542. 39 Vgl. Flume, W., Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts 1. Bd, Die Personengesellschaft, §§ 1; 4; 7; der die Gesamthandsgesellschaft als eine Gruppe oder Organisation bezeichnet; für die BGB-Gesellschaft vgl. Ak-BGB-Teubner, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch Bd. 2 und 3, Schuldrecht und Besonderes Schuldrecht, vor §705 ff. Rdn. 18 ff. 37

I. Organisationsinterne Funktionen

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Handeln auf individuelles Handeln bezogen werden kann. Gibt es mit anderen Worten Ansätze, die das Verhältnis zwischen individuellen und korporativen Akteuren auf neue Grundlagen stellen können um unseren strukturellen Überlegungen eine neue Richtung zu weisen? 2.2. Strukturanforderungen

und Ressourcenmodell

Im Gegensatz zum Reintegrationsversuch korporativer Handlungseinheiten in ein selbstregulatives, auf Privatautonomie basierendes Vertragssystem, kann man sich dem Problem korporativen Handelns über ein sog. Ressourcenmodell nähern 40 .Danach bilden korporative Akteure sich dadurch, daß mehrere Personen bestimmte Ressourcen „poolen", über die dann nicht mehr individuell, separat, sondern im Verbund verfügt wird. Dieser Ressourcenbegriff deckt sich nicht mit den Faktoren Kapital und Arbeit, sondern wird wesentlich weiter ausgelegt. Die Ressourcenausstattung jedes Einzelakteurs unterliegt dabei Knappheitsgesichtspunkten. Dies führt zur Abwägung zwischen Erträgen alternativer Handlungsweisen, die allerdings nicht gegeneinander negiert, sondern neutralisiert werden. Unter Herausarbeitung grundlegender Gemeinsamkeiten des Austausch- und Ressourcenmodells (individualtheoretische Erklärung sozialer Strukturen, gleiche Verhaltensannahmen) könne nachgewiesen werden, daß das Ressourcenmodell im Gegensatz zum Austauschmodell auf soziale Netzwerke abstellt, deren Strukturprinzip nicht in den Koordinationsmechanismen dezentraler wechselseitiger Anpassung liegen, sondern in den zentralen Koordinationsmechanismen korporativen Handelns (dezentral / Markt versus zentral/Organisation). Der Ertrag dieses Ansatzes liegt für uns insbesondere darin, daß der Ersatz für den herkömmlichen Steuerungsmechanismus des Zugangs (Eigentum und Zweckmotivation) im Element der Ressourceneinbringung Gestalt annehmen und rechtlich durch besondere Dauerschuldverhältnisse definiert werden könnte 4 1 . Denn das Entscheidungs- und Verteilungsproblem im Falle korporativen Handelns wird durch gesellschaftsverfassungsrechtliche Normen (autonome, gesetzliche) angegangen (Stimmrechte, Gewinnverteilungsregeln, Rückstellungsvorschriften etc.). Allerdings erfaßt das geltende Gesellschaftsrecht das Problem korporativen Handelns nur zum Teil, da es lediglich Ressourceneinbringer kennt, die neben dem Mitverfügungsrecht über den Ressourcenpool auch Residualeinkommen haben. „Die mit der juristischen Unterscheidung von Austauschvertrag und Gesellschaftsvertrag gezogene Grenzlinie deckt sich also nicht mit der sozialstrukturellen Unterscheidung von Austauschnetzwerken und korporativen Strukturen 42 . Dies könnte allerdings dann gegeben sein, sofern 40

Vgl. Vanberg, V., Markt und Organisation, S. 2f. und S. 43. Dieser Ansatz erinnert stark an die Überlegungen von Fechner, Die Treuebindung des Aktionärs, S. 69. 42 Vgl. Vanberg, V., a.a.O., S. 110. 41

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3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

besondere Rechtsverhältnisse von Tausch- auf Mitgliedschaftsbeziehungen umgestellt würden. Knüpfen wir an das Prinzip der Ressourceneinbringung an, können gesellschaftsähnliche Rechtsverhältnisse wie die der partiaischen Rechtsgeschäfte oder Dauerschuldverhältnisse (insbesondere Arbeitsvertrag, Dienstleistungsvertrag, Kreditvertrag, besondere Kaufverträge etc.) herangezogen werden. Die Einbringer bestimmter Ressourcen (Arbeit, Kredite, Subventionen, Kapital) wären am Ertrag eines Unternehmens in bestimmter Weise beteiligt, ohne allerdings Dispositionsrechte zu besitzen. Die Schwäche dieser quasi-mitgliedschaftsrechtlichen Zurechnung liegt darin, daß sie nichts über die spezifischen Mitgliedschaftskonditionen im Unternehmen aussagt. Darüber hinaus ist der sehr weitgefaßte Ressourcenbegriff problematisch, zumal dieser zugleich Anknüpfungspunkt für den gesellschaftsrechtlichen Mitgliedschaftsbegriff sein soll. Dieser soll zudem nicht nur auf Vereine des bürgerlichen Rechts, sondern auf alle Verbandsformen angewendet werden und somit einen allgemeinen Mitgliedschaftsbegriff darstellen 43 . Dabei geht der Einbezug von A N , Krediteuren und anderen Ressourceneinbringern aber entschieden über eine de lege lata mögliche Rechtskonstruktion der Mitgliedschaft hinaus 44 . Des weiteren ist die Anknüpfung an Dauerschuldverhältnisse oder ähnliche Rechtsverhältnisse auch aus wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten bedenklich. Denn gehen wir davon aus, daß insbesondere Großlieferanten oder Großabnehmer ständige und enge Rechtsbeziehungen zu einem Unternehmen unterhalten, die z.B. in Form langfristiger Kredite, Eigentumsvorbehalte, einer Sicherungsüberweisung oder Zession Gestalt annehmen, würde dies zur Folge haben, daß insbesondere marktstarke Geschäftspartner mitgliedschaftsähnliche Rechtspositionen in dem betreffenden Unternehmen erhalten. Damit wäre aber u. U. in bestimmten Fällen der Tatbestand des horizontalen oder vertikalen Zusammenschlusses erfüllt und einer wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeitsprüfung zu unterziehen. Wesentliche Bedenken sind auch aus unternehmensrechtlicher Sicht anzumelden. Eine zentrale Forderung lautet hier, daß Unternehmen und insbesondere Großunternehmen stärker an das Gemeinwohl qua organisationsinterner Strukturierung zu binden sind. Gerade dieser Aspekt wird jedoch mit dem Ansatz einer privilegierten Ressourceninhaberschaft eliminiert. Dem Ressourcenansatz gelingt es im Ergebnis zwar, korporatives Handeln mit einem neuen und fruchtbaren Denkansatz zu problematisieren. Dabei gelingt es ihm aber nicht, einen allgemeinen juristischen Mitgliedschaftsbegriff zu entwickeln. Der 43

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Lutter, M., Theorie der Mitgliedschaft — Prolegomena zu einem Allgemeinen Teil des Korporationsrechts, AcP 180 (1980), S. 84 ff.; der die Mitgliedschaft auf die Elemente des Zusammenschlusses von Personen als die Zweckgemeinschaft, welche über eine Organisation zur Bildung rechtserheblicher Entschlüsse und Sicherung der Handlungseinheit sowie über eine Sondervermögensordnung zur Sicherung der Ziele dieser Zweckgemeinschaft verfügt, bezieht. 44

Vgl. Lutter, M., a.a.O., S. 147; S. 152f.

I. Organisationsinterne Funktionen

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Einbezug aller Ressourceninhaber in die Definition des Unternehmens wirkt somit auch de lege lata eher naiv und sollte hier in bezug auf die gesuchten Strukturanforderungen nicht weiterverfolgt werden. Stattdessen bleibt zu fragen, ob sog. „organisationsrechtliche Ansätze" dem Problem korporativen Handelns eher gerecht werden und als Grundlage für Strukturanforderungen dienen können. Zu Recht ist somit zu fragen, was es denn rechtfertige, Produktionsentscheidungen und die Ausübung gesellschaftlich bedeutsamer Steuerungsrechte von Bedürfnissen bestimmter Ressourceninhaber abhängig zu machen 45 . Die Verteilung von Steuerungsrechten im Unternehmen habe sich vielmehr primär an gesellschaftlichen Funktionen des Unternehmens auszurichten und nicht daran, welche Personengruppe welche Ressource einbringe. 2.3. Organisationsrechtliche

Strukturanforderungen

Organisationsrechtliche Ansätze im Unternehmensverfassungsrecht finden ihre Anfänge bereits in den 20er Jahren, als die Diskussion um „das Unternehmen an sich" zu Forderungen führte, die das Unternehmen auch unternehmensverfassungsrechtlich stärker auf das Gemeinwohl verpflichten wollten 4 *. In neuerer Zeit wurde die Diskussion um das Verhältnis von Unternehmen und juristischer Person insbesondere unter den Aspekten der Unternehmensmitbestimmung von der „SozialVerbands- oder Subjekttheorie" 47 aktualisiert. Anders als die geltende Objekttheorie, die die juristische Person losgelöst vom Vermögensobjekt des Unternehmens als Rechtsträger qualifiziert, bezieht sich die Sozialverbandstheorie auf die reale Wirkungseinheit des Unternehmens als „sozialer Verband" 48 . Der Mitgliederkreis dieses Sozialverbandes rekrutiere sich aus A N , AE, Unternehmensleitern und gegebenenfalls öffentlichen Interessen 49 . Das Untenehmen sei somit eine „interessenpluralistische Veranstaltung". Die Rechtsordnung habe daher konsequent einen entsprechend verfaßten Unternehmensverband auszuformen. Dies impliziere nach Th. Raiser , daß das Unternehmen als „Organisation" und einheitliches und integriertes soziales Gebilde Leistungen aus seiner Umwelt aufnimmt, an sie erbringt und auf mannigfache Weise auf sie einwirkt. Es dränge geradezu dahin, durch dieAner45

Vgl. Teubner, G., „Corporate responsibility" als Problem der Unternehmensverfassung, in: ZGR 1/1983, S. 34 (38). 46 Vgl. Flume, W., Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts 1. Bd. 2. Teil — Die juristische Person, § 2 III, S. 40. 47 Vgl. Wiedemann, H., Gesellschaftsrecht Bd. I — Grundlagen, § 6 I I 1 a; grundlegend Raiser, Th., Das Unternehmen als Organisation, insbes. S. 166ff.; ders., Die Zukunft des Unternehmensrechts, in: Festschrift für R.Fischer, S. 561 ff.; sowie Ott, C., Recht und Realität der Unternehmenskorporation, 1977. 48 Vgl. v.Nell-Breuning, O., Unternehmensverfassung, in: Festschrift für H.Kronstein 1967, S. 47 (49 f.). 49 Ablehnend Raiser, Th., Theorie und Aufgaben des Unternehmensrechts in der Marktwirtschaft, ZRP 1981, S. 30 (34 f.); der den Mitgliedschaftsbegriff zutreffend auf die im Unternehmen tätigen Gruppen beschränken möchte.

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3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

kennung als juristische Person in seiner Einheit und sozialen Wirksamkeit bestätigt zu werden 50 . M i t dieser Forderung und dem daraus resultierenden Einbezug pluraler Interessenträger in das mitgliedschaftsrechtliche Gefüge des Unternehmens, würde dieses zu einer „Wertschöpfungsveranstaltung" fortgebildet. M i t dem Begriff der „Veranstaltung" sei der Hinweis getan, daß es sich bei dem Unternehmen um das Zusammenwirken von Menschen handele. Damit sei das Unternehmen zugleich als ein Sozialgebilde gekennzeichnet, das i. S. eines „Handlungssystems" alle Mitglieder der betreffenden Organisation miteinander verbinde 51 . Zwar öffnet die Sozialverbandstheorie hiermit den Zugang zum unternehmerischen Willensbildungsprozeß für verschiedenste Interessenträger. Probleme treten jedoch auch hier in bezug auf die juristische Definition und Abgrenzung des Mitgliedschaftsbegriffs auf, der noch wesentlich breiter ausfallen müßte, als derjenige des Ressourcenansatzes. Entsprechend disparat fallen die Stellungnahmen im Schrifttum aus. Wiedemann befürchtet, daß ein zu umfassender Mitgliedschaftsbegriff zu viele Interessen berücksichtigen müsse und nicht mehr operationalisierbar sei 52 . Für Kunze zerfällt der Untenehmensverband in zwei Teile: den Arbeitnehmer- und den Anteilseignerverband, die je für sich eigene Leitungen haben und eine gemeinsame Leitung für den Gesamtverband einsetzen könnten 53 . Flume lehnt die Sozialverbandstheorie im ganzen ab. Für ihn diene diese, als geschickt getarnte Ideologie, allenfalls zur Rechtfertigung erweiterter Mitbestimmungsforderungen 54 . Ihm dürfte insofern zu folgen sein, als die Interpretation gesetzlicher Regelungen ebensowenig zu einem einheitlichen, heute bereits geltenden Unternehmensbegriff führt, wie das Unternehmen sicher auch noch nicht als juristische Person bezeichnet werden kann. Dies sei auch de lege ferenda rechtspolitisch kaum wünschenswert, da das Unternehmen nicht selbst — nach Art einer „Münchhausen Jurisprudenz" — zum Unternehmensträger werden könne 55 . In neuerer Zeit verlagert sich die Diskussion um das Unternehmen als juristische Person auf die Frage ihrer „sozialen Funktion" 5 6 . Ott vertritt die Auffassung, aus einer realitätsbezogenen Betrachtungsweise mißlinge die Trennung von Rechtsform und Verbandsstruktur. Die Anerkennung einer Organisation als juristische Person richte sich in der Realität danach, ob 50 Vgl. Raiser, Th., Das Unternehmen als Organisation, S. 167; ähnlich Ott, C., a. a. O., S. 36ff. 51 Vgl. Kunze, O., Zum Stand der Entwicklung des Unternehmensrechts, ZHR 144 (1980), S. 100 (105). 52 Vgl. Wiedemann, H., Gesellschaftsrecht Bd. 1 — Grundlagen, § 6 I I 1. 53 Vgl. Kunze, O., a.a.O., ZHR 144 (1980), S. 100 (122). 54 Vgl. Flume, W., a.a.O., §2 VI, S. 47. 55 Vgl. Flume, W., a.a.O., §2 VII, S. 48. 56 Vgl. grundlegend Ott, C. a.a.O., S. 36ff.; Raiser, Th., Recht der Kapitalgesellschaften, S. 8ff.; Flume, W., a.a.O., § VII, S. 48ff.

I. Organisationsinterne Funktionen

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überindividuelle Ziele auf Dauer verfolgt werden sollen, sei es durch das Zusammenwirken von Menschen in Gruppen oder Verbänden oder durch einseitige Zusammenfassung von Vermögenswerten. In diesen Fällen bestehe die Notwendigkeit, Organisationen als Einheiten zu behandeln. Dies bedeutet für Ott im Ergebnis, daß juristische Person und Verbandsstruktur zusammenfallen 5 7 . Die soziale Funktion der Organisation als juristische Person manifestiert sich somit darin, daß sie extern als solche in Verbindung treten kann mit anderen natürlichen oder juristischen Personen. Intern verselbständigt sie sich als Wirkungseinheit gegenüber ihren Mitgliedern. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Th. Raiser mit seiner Frage, in welchem Verhältnis die Begriffe der Kapitalgesellschaft und des Unternehmens stehen. Mit Hinweis auf den Unternehmensbegriff im deutschen Recht (vgl. §§ 15, ff; 291 ff. AktG; § 1; 6 MitbestG 76) identifiziert er Gesellschaftsform (AG; GmbH, KGaA) undUnternehmensform 58 . Es sei heute angemessen, das Unternehmen als „Organisation" zu begreifen. Denn die Unternehmensorganisation führe gegenüber den Gesellschaftern ein Eigenleben und verkörpere einen eigenen sozialen Wert. Die Parallele zum Eigentumsobjekt passe somit nicht mehr 59 . Entsprechend argumentiert Flume wenn er ausführt, eine ganz andere Frage sei es aber, „ob das Unternehmen nicht mit der juristischen Person, weil es ihr zugehörig ist, identifiziert werden kann" 6 0 . Anders als bei den Personengesellschaften sei bei der A G diese Identifikation in der Weise möglich, daß man die A G als das verfaßte Unternehmen begreife. Insofern sei auch hinsichtlich der Kapitalgesellschaft nicht vom Gesellschaftsrecht, sondern vom Unternehmensverfassungsrecht zu sprechen, sofern man auf die juristische Person als Wirkungseinheit abstelle. Damit wird auch die Formel „vom Gesellschafts- zum Unternehmensrecht" obsolet, da es vielmehr um die Ausformung und Fortentwicklung des Rechts der juristischen Person geht. Die juristische Person sei auch durchaus mit mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften vereinbar, da diese nur der Regelung der Organisation der juristischen Person zuzurechnen seien 61 . M i t diesen konzeptionellen Ausführungen nähern wir uns einem Ansatz, den man als „organisationsrechtlichen Durchbruch" im Gesellschafts- und Unternehmensrecht" bezeichnen kann. Für unser Funktionsschemata ergibt sich nunmehr folgendes: Im Informationsaufnahmebereich (Information) entsteht bei dem Ausfall marktvermittelter Bedürfnisartikulation das Problem, diese z.T. organisationsintern mittels einer interessenauthentischen Informations Vermittlung aufzufangen. Dies hätte für den Informationsverarbeitungsprozeß zur Folge, daß dieser neuen Legitima57

Vgl. Ott, C., a.a.O., S. 52.

58

Vglo. Raiser, Th., a.a.O., §4 I 1. Ebenda, § 4 I 2. Vgl. Flume, W., a.a.O.; § V I I 1, S. 48. Ebenda, §2 VII, S. 53.

59 60 61

10 Abeltshauser

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3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

tions- und Effizienzbedingungen zu unterwerfen ist. Die auf Ertragssicherung für gegenwärtige und zukünftige Bedürfnisbefriedigung zugeschnittene unternehmerische Entscheidungsmacht (Entscheidung) ist angesichts organisationsinterner pluraler Gruppenbeteiligung adäquat zu kontrollieren und zu legitimieren. Der Zugang zum unternehmerischen Willensbildungsprozeß ist folglich für plurale Interessenträger offenzuhalten. Die Koordination dieser Interessenträger auf bestimmte Unternehmensziele/Unternehmensinteressen, ist unternehmensintern zu reorganisieren (vgl. Graphik 3). 3. Zwischenergebnis

Die sich in ihren Funktionen modifizierende Unternehmensverfassung des Aktienunternehmens ist nach dem bisher Gesagten auf der Grundlage eines organisationsrechtlichen Ansatzes „pluralistisch auszuformen". Die Strukturanforderungen für die 5. gesellschaftsrechtliche Richtlinie können somit wie folgt formuliert werden: — Interessenadäquate Bedürfnisartikulation und adäquate Interessenaggregation im Informationsbereich, — Verhandlungsrechte für plurale Interessenträger im Informationsverarbeitungsbereich, — Entscheidungsbeteiligungsgarantien für die Interessenträger im Entscheidungsbereich, — Zugangsgarantien für zu bestimmende Interessenträger, — Unternehmensinterne Gruppenkoordination auf das Unternehmensinteresse. Dienen diese Strukturanforderungen gleichsam als Ausgestaltungsmaßstab für die Strukturalternativen der 5. Richtlinie, kann mithin auf dieser Grundlage Gleichwertigkeit nicht nur formal, sondern auch in Bezug auf die zu behandelnden Problembezüge gewährleistet werden. Das Problem pluralistischer Unternehmensverfassungsmodelle manifestiert sich allerdings gleichsam in der Tatsache, daß Ansätze dieser Art keine „Kriterien" für eine sinnvolle Abgrenzung der einzubeziehenden Interessenträger liefern können. Sie begeben sich mithin in Gefahr, die Ausgestaltung der Unternehmensverfassung dem ständig wechselnden Kräfteparallelogramm gesellschaftlicher Interessengruppen und ihrer Machtkonstellationen auszuliefern 62 . Entsprechend gibt Anderson zu bedenken: „Interest group pluralism is simply not a theory of representation... It contains no principles for defining what interests are to be taken into account in the decision — making process... There is no representation theory, no way of saying that this particular configuration of interests was entitled to participate in the formulation of this 62 Vgl. Teubner, G., a. a. O., S. 39; daher zu Recht ablehnend Ott, C., a. a. O., S. 223; der im weiteren Verlauf seiner Untersuchung Parlamentsvertreter als Öffentlichkeitsvertreter in ein Unternehmensparlament einbeziehen möchte.

10*

VerhaltensAbstimmung interner Koordination interner koordination der Pluralität von InterPluralität auf das Gesellschafter auf essengruppen Unternehmensden Ges.-Zweck interesse über Satzung/Vertrag

Aufnahme marktOrganisationsInteressenauthenvermittelter interne Artikulation tische BedürfnisBedürfnisvon Bedürfnissen in informationsinformationen Teilbereichen Vermittlung

Über Eigentum vermittelte privatautonome Informationsverarbeitungsverfahren

Über Eigentum vermittelte Entscheidungsbefugnisse

Koordination

Information

InformationsVerarbeitung

Entscheidung

Prinzip der ErtragsKontrolle und Sicherung u. zukünft. Legitimation Bedürfnisbefriedigung unternehmerischer sozialstaatl. regi. SV Entscheidungsmacht unter Bedingungen sozialstaatl. reg. SV

sozialstaatl. regulierte Organisation eines Selbstverwaltung der Zieldikurses, WertInformationsberücksichtigungsVerarbeitung potential, Diskurs über Handlungsalternativen

Steuerung über Zweckdiffusion Ersatz für den Eigentum und im Zielsystem herkömmlichen Zweckmotivation des Unternehmens Steuerungsmechnismus

Strukturforderung.

Zugang

Problem

Funktionsveränderungen

Funktion

Grafik 3 Rolle des Rechts

I. Organisationsinterne Funktionen 147

148

3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

particular policy" 6 3 . Im folgenden ist somit der Frage nachzugehen, ob und nach welchen Kriterien der Zugang zum unternehmerischen Willensbildungsprozeß offenzuhalten ist. Hier könnte die Theorie des „reflexiven Rechts" entscheidende Hilfe bieten. 4. Reflexive Elemente im Unternehmensverfassungsrecht

a) Das Thema pluralistischer Unternehmensverfassung wird mit dem Ansatz des reflexiven Rechts qualitativ auf eine neue Stufe gestellt 64 . Namentlich „G. Teubner" bezeichnet hiermit eine Fortentwicklung des Rechts von formaler — über materielle — hin zu reflexiver Rationalität in den drei Dimensionen interner Rationalität (interne Systematisierung des Rechtsstoffes), Normrationalität (spezifischer Modus der Rechtfertigung von Geltungsansprüchen) und Systemrationalität (Beitrag zur Bestandssicherung von Gesellschaft) 65. Reflexive Rechtsstrukturen zeichnen sich danach nicht durch formale —, konditionale — oder interventionistische Zweckprogramme aus, sondern vornehmlich durch abstrakte prozedurale Programme (Regulierung von Prozessen, Organisationsstrukturen, Verteilung und Neudefinition von Steuerungsrechten und Kompetenzen) (interne Rationalität) 66 . Dabei gehe es um „regulierte Autonomie" von sich selbst steuernden lernfähigen Sozialsystemen (ζ. B. Unternehmen) (Normrationalität). Beispiele für sich ausbildende reflexive Rechtsstrukturen finden sich in weiten Teilen europäischer Rechtssysteme (z.B. im Vertragsrecht, Verbraucherrecht, Arbeitsrecht, Tarifvertragsrecht, Betriebsverfassungsrecht, Mitbestimmung, konzertierte Aktion usw.). Im umfassenden Sinne kommt reflexiven Rechtsstrukturen die Funktion zu, rechtliche Strukturprämissen für eine dezentralisierte Integration von Gesellschaft über Verfahrens- und Organisationsmechanismen bereitzustellen (Systemrationalität). Unter Anknüpfung an systemtheoretische Evolutionsprämissen von Gesellschaft und Recht (Ausdifferenzierung von Gesellschaft in funktional spezifizierte Teilsysteme) konstatiert Teubner aus systemtheoretischer Sicht, daß für ausdifferenzierte gesellschaftliche Subsysteme (z.B. Wirtschaft: Unternehmen — Märkte — Haushalte) die äußeren Funktionen und internen Strukturen extrem differieren, Integration weder durch eine Zurückführung auf sozial natürliche Ordnungen noch durch konstruktivistischen Interventionismus gelingen kann (politisch-rechtliche Definition uniformer normativer Strukturen) 67 . Dezentralisierte Integration sei geboten, unter Ausrichtung jedes gesell63

Vgl. Anderson, Ch., W., Political Design and the Representation of interests, in: Competitive Political Studies 10 (1977) 1, S. 127 (130f.). 64 Vgl. zu diesem Ansatz insbesondere Teubner, G., (1982) „Reflexives Recht", ARSP, S. 13 f.; ders. (1983) „Corporate Responsibility als Problem der Unternehmensverfassung", 1 Zeitschrift für Gesellschaftsrecht, S. 34ff. 65 Vgl. Teubner, G., Reflexives Recht, ARSP, S. 18 f. 66 Ebenda, S. 20 f. 67

Vgl. Teubner, G., a.a.O., S. 53.

I. Organisationsinterne Funktionen

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schaftlichen Teilsystems auf drei grundlegende Beziehungen: Funktion — Leistung — Reflexion 68 . Reflexive Rechtsstrukturen dienen in diesem Zusammenhang dazu, zwischen mannigfaltigen Leistungsanforderungen und gesamtwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Funktionen einer Leistungseinheit zu vermitteln. Auf unsere Frage übertragen würde es somit bei der Definition von Beteiligungsrechten im Unternehmen darum gehen, diese an der Forderung nach „Selbstregulation des unternehmerischen Willensbildungsprozesses unter Einbau staatlicher Rationalität" auszurichten. Damit unterstellt man zugleich, daß die europäische Wirtschaftspolitik prinzipiell nicht in der Lage sei — weder als Spielregelsystem noch im Sinne des konstruktivistischen Interventionismus — die Balance zwischen privatem Erwerbsstreben und der Sorge für die Allgemeinheit im Sinne der Zielvorgaben gemäß Art. 2 EWG-Vertrag herzustellen 6 9 . Dies könne im Sinne des reflexiven Rechts nur durch Kommunikation beteiligter Gruppen im Wirtschaftssystem selbst geleistet werden. Die Rolle staatlicher Wirtschaftspolitik und rechtlicher Normierung würde dann darauf beschränkt bleiben, durch indirekte und abstrakte Strukturvorgaben, wirtschaftsinterne Ausbalancierungen extern zu stimulieren 70 . Die vertikale Ausdifferenzierung von Regelungsbefugnissen könne somit nicht nur auf staatliche Instanzen beschränkt, sondern auch in den Bereich der Privatautonomie hinein verlängert werden. Privatrechtliche Regelungen würden hierdurch zum Instrument der staatlichen Rechtspolitik 71 . Konkrete Versuche, reflexive Elemente in das Unternehmensverfassungsrecht einzubauen, sind zahlreich. Der Schwerpunkt der Debatte zentriert sich in der Regel auf die Frage, wie „sozial verantwortliches Verhalten von Unternehmen" mittels Recht kontrolliert werden kann. Einen interessanten Vorstoß in diese Richtung wagte Christopher Stone. Er versucht, sozial verantwortliches Verhalten von Unternehmen über eine allgemeine Form des Boards (aus amerikanischer Sicht) als oberstem Leitungsorgan eines Unternehmens zu implementieren. Unterschiedliche Funktionsbereiche im Unternehmen müßten sich in einem Repräsentationssystem widerspiegeln. Im Falle von wirtschafts- und gesellschaftspolitisch bedeutsamen Unternehmen sei das Board um sog. „outstanding directors" zu erweitern. Ebenso würde eine spezifische Funktionsbeschreibung der Direktionsbereiche zu veränderten und effizienteren Haftungsstandards für die Gesellschaft oder die jeweils Handelnden führen. Eine weiterführende 68 Ebenda, S. 43 f.; für die unternehmensverfassungsrechtliche Debatte vgl. ders., „Corporate Responsibility" als Problem der Unternehmensverfassung, ZGR 1/1983, S. 34 (52f.); ders., Verrechtlichung — Begriffe, Merkmale, Grenzen, Auswege, in: Kübler, F., Verrechtlichung von Wirtschaft, Arbeit und sozialer Solidarität. 69 Vgl. Teubner, G., „Corporate responsibility" als Problem der Unternehmensverfassung, ZGR 1/1983, S. 34 (52). 70 Ebenda, S. 52. 71 Vgl. Kübler, F., Verrechtlichung von Unternehmensstrukturen, in: ders. (Hrsg.), Verrechtlichung von Wirtschaft, Arbeit und sozialer Solidarität.

150

3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

Arbeitsteilung durch Funktionsdifferenzierung qua Assistenz (Direktionsassistenten) sei zu fördern. Interne Informationsflüsse seien entsprechend zu verbessern 72. Ein „Directors"-System habe nach Stone aus „General public directorship (GPD)" zu bestehen, das durch die „special public directorship (SPD)" zu ergänzen sei. Diese GPDs seien insbesondere bei hoher öffentlicher Bedeutung eines Unternehmens in dessen Board zu integrieren. Das Problem der Benennung dieser Directors löst Stone über Kriterien wie Umsatz und Unternehmensgröße 73 , die auch im deutschen und europäischen Recht ihre Parallelen finden. Interessant ist der Vorschlag, bestimmte GPDs durch eine staatliche Behörde benennen zu lassen, die sodann über ein dem Board zustehendes Genehmigungsverfahren in dasselbe einbezogen werden. Die in Ergänzung einzubeziehenden SPDs sind für spezifische Probleme zuständig und mit entsprechend eng gefaßten Kompetenzen auszustatten74. Der Einbezug von SPDs wird von der „demonstrated delinquency situation" abhängig gemacht. Dies bedeutet im Gegensatz zu einem zu spät einsetzen System justizieller Kontrolle, die Bestimmung von SPDs durch eine dazu eigens legitimierte Kontrollbehörde im Falle einschlägiger und wiederholter Rechtsverletzungen durch ein Unternehmen. Stone spricht sich auch für die Einbeziehung der gesamten Unternehmensstruktur in sein Sozialverantwortungskonzept aus 75 . So favorisiert er insbesondere aufgabenspezifische Kommitees, die mit besonderen Kompetenzen zur Lösung der jeweiligen Probleme zu versehen seien (Finanzkontrolle, Bilanzkontrolle, Gesetzgebungseinfluß etc.). Dem Recht komme in diesem System die Aufgabe zu, den Einbezug von Public directors in das Board, die Einsetzung bestimmter Kommitees in die entsprechenden Verfahren zu regeln und zu gewährleisten. Grundlegend diskutiert Stone die Regelung eines besonderen Informationsnetzes als Stimulanz für ein sozial verantwortlichesUnternehmensverhalten 76. Informationsflüsse seien nicht nur von der Außenwelt zum Unternehmen, sondern auch innerhalb des Unternehmens und vom Unternehmen zur Außenwelt zu gewährleisten. Dabei sei darauf zu achten, daß die einzelnen Teilsysteme eines Unternehmens nicht mit Informationen überlastet würden. Im Ergebnis entwirft Stone ein beeindruckend breitgefächertes unternehmensverfassungsrechtliches Informationssystem. 72 Vgl. Stone, Ch.D., Where the Law Ends, S. 134f.; ders., in: Hopt, K.J./ Teubner,G.(Hrsg.), Corporate Governance and Directors Liabilities: Legal, Economic and Sociological Analysis of Corporate Responsibility 1985. 73 Vgl. Stone, Ch.D. a.a.O., S. 158. 74 Vgl. Stone, Ch.D., a.a.O., S. 174f. 75 Ebenda, S. 184 f. 76 Ebenda, S. 199.

I. Organisationsinterne Funktionen

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Das Haftungssystem ist nach Stone eng an bestimmte Informations- und Organisationspflichten zu binden. Dabei ist an Bestimmungen zu denken, die das Unternehmen, die Eigentümer oder die verantwortlichen Unternehmensleiter aus Organisationsverschulden haften lassen, sofern in bestimmten Schadensfallen die vom Gesetz vorgesehenen Strukturen nicht oder nur unvollständig eingerichtet wurden. Bestimmte Informations- und Organisationsstrukturen im Unternehmen können somit solange ungenutzt bleiben, so lange keine entsprechende Nachfrage bestehe. b) Beurteilung: Obgleich die Debatte um reflexive Rechtsstrukturen die Diskussion um das Unternehmensverfassungsrecht in mancherlei Hinsicht bereichert hat, ergeben sich m. E. zahlreiche Probleme bezüglich der konkreten Umsetzung. 1. Die Debatte um das reflexive Recht bewegt sich nach wie vor auf einer Abstrationsebene, die es schwer — j a fast unmöglich macht — die prinzipiellen Ideen dieses Ansatzes in die konkrete Diskussion um unternehmensverfassungsrechtliche Vorschriften und ihre Dogmatik zu übertragen. Reflexives Recht besitzt somit zwar einen rechtsphilosophisch bzw. soziologisch hohen Wert. Allgemein gültige Ansätze praktischer Verwertbarkeit sind aber noch nicht zu erkennen. 2. Hierüber helfen auch die Hinweise auf verfahrensrechtliche Konfliktregelung abstellenden Beispiele wie Mitbestimmung, Tarifvertragsrecht oder die konzertierte Aktion nicht hinweg. Denn es dürfte falsch sein, die gesamte Steuerungsnachfrage von Gesellschaft ausschließlich über Verfahrensregeln bzw. Prozeduralisierung lösen zu wollen. Ich bezweifle in diesem Zusammenhang auch grundsätzlich, daß man reflexives Recht auf diese Beispiele verkürzen sollte. Vielmehr wird man sich die Frage stellen müssen, an welchen Stellen unseres Rechtssystems „reflexive Rechtselemente" unter Abstimmung mit materialisierten Rechtsstrukturen sowie dem verbleibenden Formalrecht notwendig und durchsetzbar sind. Damit wird aber auch deutlich, daß der Begriff des „reflexiven Rechts" relativ zu verstehen ist. Denn es kann realistischerweise nicht darum gehen, alle Rechtsvorschriften dahingehend umzugestalten, daß nur noch irgendwelche Aushandlungsprozesse zur Konfliktbewältigung vorstrukturiert werden. Reflexives Recht kann somit nur so zu verstehen sein, daß in bestimmten Teilbereichen unseres Rechtssystems Elemente eingebaut werden, die die von Teubner angestrebten Reflektionsprozesse ermöglichen und stabilisieren. 3. Schließlich — und dies ist für unsere Ausgangsfrage ein entscheidener Aspekt — liefert das bislang vorliegende reflexive Rechtskonzept auch keine Hinweise darauf, wie die wohl im Grundsatz zu befürwortende pluralistische Unternehmensverfassungsstruktur auf bestimmte Gruppenvertreter zu begrenzen sei. Hier hilft auch kein Verweis auf hochabstrakte soziologische Begriffe wie die der Funktion, Leistung oder Reflektion. Denn die angestrebte Vermittlung zwischen Leistung und Funktion durch Reflektion ist zwar ein interessanter

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3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

theoretischer Gedanke, aber m.E. in dieser Abstraktheit unbrauchbar für die Definition handfester Kriterien zur Begrenzung einer pluralistischen Unternehmensverfassungsstruktur. Die angesprochenen Probleme zeigen sich auch in den Ausführungen von Christopher Stone. Denn hier kommt das Dilemma pluralistischer Beteiligungsrechte im Rahmen der Public directorship klar zum Ausdruck. Stone ist zumindest nicht in der Lage, auch nur annähernd überzeugende Kriterien zur Bestimmung der jeweiligen Repräsentanten zu liefern. Dies gilt in der Regel auch für die bislang vorgelegten Untersuchungen zur Reform der Unternehmensverfassung, soweit diese sich für den Einbezug öffentlicher Interessen aussprechen. Das Dilemma pluralistischer Unternehmensverfassungsmodelle wird in Zukunft nur dadurch zu lösen sein, daß man Unternehmensverfassung nicht als Allheilmittel zur Lösung aller auftretenden im und um das Unternehmen auftretenden Konflikte verabsolutiert. Dabei ist grundsätzlich zu berücksichtigen, daß die Gesetzgeber in allen Mitgliedsstaaten das Unternehmensverhalten und die Lösung von Konflikten nicht ausschließlich mittels unternehmensverfassungsrechtlicher Vorschriften und Verfahrensregeln bestimmen. Ein wesentlich größerer Konfliktbereich wird über das externe Unternehmensverhaltensrecht geregelt (Umweltrecht; Wettbewerbsrecht, Unternehmensstrafrecht; Steuerrecht; Unternehmensdeliktsrecht; Handelsrecht etc.). Beteiligungsrechte am unternehmerischen Willensbildungsprozeß sind somit unter Abstimmung mit diesem externen Unternehmensverhaltensrecht zu definieren. Dies soll im folgenden Kapitel am Beispiel des Tarifvertrags- und Wettbewerbsrechts exemplarisch untersucht und erläutert werden. II. Die Abstimmung mit dem organisationsexternen Unternehmensverhaltensrecht Die Prüfung der Relation unternehmensverfassungsrechtlicher Normen und dem externen Unternehmensverhaltensrecht dient nunmehr dazu, Eingrenzungskriterien für Träger von Beteiligungsrechten aus einem breiteren Kontext zu gewinnen. Dieser Ansatz soll somit über Beiträge hinausgehen, die unternehmensverfassungsrechtliche Regelungen allenfalls als organisationsinterne Angelegenheit bemühen, das Problem der Neuordnung der Systemzusammenhänge mit anderen Regelungsebenen aber außer acht lassen. In diesem Zusammenhang stellte sich beispielsweise in der deutschenDiskussion die Frage, inwieweit unternehmensrechtliche Mitbestimmung auf das kollektive Arbeitsrecht (Tarifvertrags- und Streikrecht) sowie auf wettbewerbsrechtliche Prinzipien einwirkt und zu erheblichen Rationalitätsverlusten der jeweiligen Entscheidungsebenen beiträgt 77 . Im Verhältnis zur „intermediären Konfliktregelungsebene" des Tarifvertrags- und Arbeitskampfrechts wurden Bedenken in bezug 77 Vgl. u. a. Lerche, P., Mitbestimmungsgesetz und Rationalität, in: Festschrift für H.P. Ipsen, S. 437 (440).

II. Externes Unternehmens verhaltensrecht

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auf die funktionale Überschneidung der Anwendungsbereiche, der Gegnerunabhängigkeit sowie der Kumulation von Mitbestimmungsregeln laut. Die Argumente spitzten sich dahingehend zu, daß im Falle der Einrichtung und Ausübung paritätischer Mitbestimmung die Schutzfunktionen des Tarifvertrags- und Streikrechts entfallen, bzw. in erheblichem Maße eingeschränkt werden würden. Für die europäische Diskussion ist diese Fragestellung zwar insofern bedeutungslos, gibt es doch noch kein supranationales Tarifvertragssystem. Andererseits könnte sich ein solches — auch angesichts kritischer Stimmen im Hinblick auf die großen nationalen Differenzen dieser Regelungsmaterie — im Zuge des fortschreitenden Integrationsprozesses und dem bis Ende 1992 angestrebten Binnenmarkt herausbilden. Für die ,Rechtsangleichung" aktienrechtlicher Strukturen ist dieser Prüfungsschritt bereits deshalb zu beachten, als es sich hier um Veränderungen im nationalen Recht handelt. In bezug zum Wettbewerbsrecht ist zu fragen, ob die Berücksichtigung fremder, nicht unbedingt auf das Unternehmensinteresse verpflichteter Gruppen im Unternehmen wettbewerbsrechtlichen Prinzipien nicht diametral entgegensteht. 1. Unternehmensverfassung und Tarifvertragsrecht

1.1. Europäisches Tarifvertragsrecht Bei den Tarifvertragssystemen der Mitgliedstaaten handelt es sich um rechtlich höchst unterschiedliche Figuren zur Bewältigung von Arbeitskonflikten 7 8 . Dies erklärt sich nicht zuletzt aus den nationalen historischen, rechtlichen, ideologischen und kulturellen Verwurzelungen der einzelnen Systeme. Läßt sich der rechtliche Charakter eines Tarifvertrags einerseits als ein auf Dauer angelegter Kodex bezeichnen, versteht er sich in einem anderen nationalen Kontext als eine kurzlebige Entscheidung über Lohnerhöhungen oder aber als gesetzesähnlicher normativer Akt, der zugleich — wie im deutschen Recht — Ausfluß eines spezifischen Verfassungsgrundsatzes (Art. 9 I I I GG) ist. Dies kann einerseits als eine Garantie der sich aus der Koalitionsfreiheit ergebenden Tarifautonomie der Tarifpartner ausgelegt werden, oder aber andererseits als eine vom Gesetzgeber erteilte Ermächtigung zur autonomen Regelung der Löhne und Arbeitsbedingungen 79 . Dieser verfassungsrechtliche Schutz der Tarifautonomie kann aber nicht für jedes Rechtssystem in der Gemeinschaft als selbstverständlich unterstellt werden. In einigen Mitgliedstaaten ergibt sich die Tarifautonomie vielmehr aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit, die nach der Übertragung von den Einzelnen auf Gemeinschaften Ausdruck einer dezentralen, auf Selbstbestimmung des Einzelnen ruhenden Wirtschafts- und Sozialordnung ist 8 0 . Bevor wir das Verhältnis von Unternehmensverfassung und Tarifver78

Vgl. u.a. Dahove, G., Recht und Praxis der Tarifverträge in den sechs Ländern der EWG — Reihe Sozialpolitik, 1963. 79 Vgl. Zöllner, W., Arbeitsrecht, § 38. 80 Vgl. Lyon-Caen, G., Auf der Suche nach dem europäischen Tarifvertrag, Dok. Komm.EG Nr. V/855-72-D-, S. 13.

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3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

tragssystem näher behandeln, ist es angesichts äußerst heterogener Erscheinungsbilder tarifvertragsrechtlicher Verhandlungssysteme notwendig, diese in bezug auf ihre Ebenen und Funktionen zu vergleichen. Denn erst auf dieser Grundlage läßt sich das Verhältnis der beiden Regelungsebenen befriedigend beurteilen und für unsere Fragestellung nutzbar machen. Lyon-Caen bestimmt in seiner Untersuchung zur Entwicklung eines europäischen Tarifvertragssysteme angesichts zunehmender internationaler Unternehmenstätigkeiten und internationalerwirtschaftlicher Konzentration drei Hauptfunktionen, die allen Tarifverträgen gemeinsam seien. Die erste Funktion bezieht sich auf die Überwindung sozialer Konflikte im Wege von Verhandlungen und Vereinbarungen 81. Die zweite Funktion sei eine Ausgleichsfunktion für die Lasten, die auf dem Unternehmen ein und desselben Wirtschaftszweiges ruhen. Dies bedeute, daß die Tarifverhandlung in einem wettbewerbsorientierten Wirtschaftssystem unersetzbar sei, sofern man ein soziales Dumping vermeiden wolle 8 2 . Schließlich könne über den kollektiven Vertrag die schwache Position des einzelnen AN aufgewertet und mächtigeren Positionen der Arbeitgeber gegenübergestellt werden 83 . Eine der wichtigsten Verhandlungsebenen in fast allen Mitgliedstaaten bezieht sich auf die jeweiligen Branchen (Industriezweige oder Sektoren). Die Bestimmung, was unter einer Branche zu verstehen sei, d.h., wie der Geltungsbereich eines Tarifvertrags festzulegen ist, ist nicht einheitlich. In Deutschland und Frankreich beziehen sich Tarifverträge z.B. auf die im Metallsektor erfaßten Tätigkeiten auf nationaler und regionaler bzw. sektoraler Ebene (Bundesländer, Departements) 84 . In anderen Ländern finden sich ad hoc Zusammenschlüsse von Zentralverbänden auf der Grundlage fachlicher Gesichtspunkte (z.B. Confederation of Shipbuilding and Engineering Unions and Federation of Engineering Employers in Great-Britain). Desweiteren existieren Branchentarifverträge einer AN-Organisation, die mehrere kleine Gebiete mit jeweils einem Tarifvertrag (TV) abdecken (Nahrungsmittel, Handel etc.). Ebenso trifft man auf Zusammenschlüsse von bisher durch verschiedene TV erfaßte Bereiche (graphisches Gewerbe in Dänemark; Textilsektor in Italien). Bezieht sich die Verhandlungsebene in Deutschland auf die Bundesländer, wurde in Italien der Gesamtlandesebene der Vorrang gegeben. Obgleich BranchenTV für große Gebiete den Vorteil einer einheitlichen Regelung für viele Tausend A N und Unternehmen gewährleisten und allgemeine wirtschafts- und gesellschaftspolitische Probleme besser reflektieren, wird dieses System durch weitere Verhand81

Ebenda, S. 23. Ebenda, S. 24. 83 Ebenda, S. 25f.; zur Funktionsbestimmung des deutschen TV vgl. u.a. Badura, P./Rittner, F./Rüthers, B., Mitbestimmungsgesetz 1976 und Grundgesetz, S. 137. 84 Vgl. Kommission EG, Probleme und Aussichten der Tarifverhandlungen in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft — Reihe Sozialpolitik Nr. 40, S. 139f.; Europäisches Gewerkschaftsinstitut, Tarifverhandlungen in Westeuropa 1980-1981 und die Aussichten für 1982, S. 121 ff. 82

II. Externes Unternehmensverhaltensrecht

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lungsbereiche ergänzt und z.T. durchbrochen. Insbesondere in Deutschland, Großbritannien und Luxemburg spielten zeitweise korporative „Interprofessionelle Verhandlungen" oder „konzertierte Aktionen" zwischen den Sozialpartnern und staatlichen Vertretern eine bedeutende Rolle 8 5 . Verhandlungsformen dieser Art finden sich auch in Frankreich (1968 als Reaktion auf zunehmende Streikbewegungen). In Dänemark wurden qua interprofessioneller Verhandlungen die Spielregeln für die Sozialpartner festgelegt. Im Ergebnis bestimmen interprofessionelle Verhandlungen eher den Rahmen und die Grenzen für spezifische Branchenabkommen. Insofern kann die deutsche konzertierte Aktion m. E. nicht mit den zuvor genannten Abkommen gleichgesetzt werden, da diese informelle Informationen und Denkanstöße ohne Beeinträchtigung der Parteiautonomie zum Gegenstand hatte. Wie unsere rechtsvergleichende Studie ergab, spielen Tarifverträge auf Unternehmensebene 1 in einigen Mitgliedstaaten eine wesentliche Rolle. A N eines Unternehmens, das nicht dem Unternehmerverband einer bestimmten Branche angehört, können somit auch in den Genuß eines Tarifvertrags gelangen. Ein Unternehmenstarifvertrag kann dabei eine notwendige Ergänzungsfunktion im Verhältnis zum Branchentarifvertrag erfüllen. Interessant ist die Tatsache, daß Unternehmensverhandlungen in Großbritannien, Belgien, Frankreich und Italien nicht selten unter Beteiligung öffentlicher Stellen stattfinden 86 . Gegenstand und Inhalt von Tarifverträgen richten sich im allgemeinen auf die kollektive Lohnaushandlung. In den letzten Jahren erweiterte sich der Themenkreis jedoch erheblich. Diese Entwicklung ist nicht zuletzt auf verschärfte Krisensituationen in den nationalen Volkswirtschaften zurückzuführen. Eine Ausweitung der Handlungsspielräume auf Zusatz- und Ersatzleistungen der sozialen Sicherheit, Schutz des Arbeitsplatzes, Lebensqualität im Betrieb, Arbeitszeit, Gesundheit und Sicherheit, Arbeitsorganisation, Urlaub und Kündigungsfristen etc. erschien dringend geboten 87 . 1.2. Beurteilung Zwar haben sich die kollektiven Arbeitsbeziehungen relativ einheitlich in allen europäischen Rechtsordnungen 88 „als Antithese zum politischen staatli85

Vgl. Kommission EG, a. a. O., S. 143; Willke, H., Die Disjunktion von Rechtsformen und Machtformen am Beispiel der Konzertierten Aktion, in: Gessner, V./Winter, G.(Hrsg.), Rechtsformen der Verflechtung von Staat und Wirtschaft, S. 200 ff. 86 Vgl. Kommission EG, a.a.O., S. 151. 87 Vgl. Kommission EG, a. a. O., S. 181 f.; Europäisches Gewerkschaftsinstitut, a. a. O., S. 51 ff.; Zöllner, W., a.a.O. §35. 88 Für die deutsche Diskussion ausführlich Kübler, F./Schmidt, W./Simits, S., Mitbestimmung als gesetzgebungspolitische Aufgabe, S. 197ff.; Wiedemann, H., Gesellschaftsrecht, Bd. I — Grundfragen, § 11 IV, S. 629.

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3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

chen Recht entwickelt 89 ", doch zeichnet der bisherige Überblick über das europäische Tarifrecht ein buntes und vielschichtiges Bild verschiedenster Systeme, das bereits bei oberflächlicher Betrachtung die immensen Schwierigkeiten einer Rechtsangleichung für ein einheitliches europäisches Tarifvertragssystem deutlich werden läßt. Dieses Problem kann in unserer Analyse jedoch beiseite gelassen werden. Vielmehr interessiert hier nur die Frage, ob die Einrichtung von Beteiligungsstrukturen für Arbeitnehmer auf Unternehmensebene nicht zu erheblichen Funktionsüberschneidungen in einigen nationalen Rechtssystemen und zu unlösbaren Abgrenzungsproblemen führen kann. Diese Frage stellt sich in verschärfter Form für die im vorigen Kapitel entwickelten pluralistischen Beteiligungsstrukturen, die neben AN-Vertretern auch Gewerkschafts- und öffentliche Interessen einbezogen wissen wollen. M i t anderen Worten können wir zwar organisationsintern bestimmte gesellschaftliche Interessen berücksichtigen und in den unternehmerischen Willensbildungsprozeß einbeziehen, Fragen um die Gegnerfreiheit freier Koalitionen, Interessenkollisionen aus unterschiedlichen Rollenfunktionen der jeweiligen Repräsentanten im und außerhalb des Unternehmens sowie rein sachliche Konkurrenzen zwischen Tarif- und Unternehmensverfassungsrecht dürfen jedoch nicht eliminiert werden. In einigen Mitgliedstaten tauchten bereits mit der Ausformung von Unternehmenstarifverträgen sachliche Abstimmungsprobleme auf, die durch erste Koordinationsbemühungen (ζ. B. Industrial Relations Act in Großbritannien; Institutionalisierung der contrattazione articolata in Italien) nicht bewältigt werden konnten 90 . Ebenso schlug die formale Nachordnung branchenmäßiger nach interprofessionalen Verhandlungen in Belgien fehl. A m unproblematischsten erscheint das deutsche System, das eine strenge gesetzliche Zuständigkeitsverteilung vorsieht (Betriebs- und Unternehmensebene gem. BetrVG 72; MontanmitbestG; MitbestG 76; TVG). In den übrigen Mitgliedstaaten sind entsprechende Zuständigkeits- und Gegenstandsverteilungen auf den jeweiligen Ebenen eher zufällig und willkürlich. Ob dies nach dem Bericht der EGKommission aus strategischen Erwägungen der Gewerkschaften in bezug auf die Durchsetzbarkeit einzelner Forderungen und weniger aus einer wirtschaftlichen Logik heraus erklärt werden kann 9 1 , mag dahingestellt bleiben. Obgleich die deutsche Gesetzeslage für die Harmonisierung einzelner Verhandlungssysteme somit positiv beurteilt werden kann, zeigten sich jedoch auch hier vor Einführung der qualifizierten Mitbestimmung erhebliche Vorbehalte in bezug auf das Verhältnis zum Tarifvertragssystem 92. Akzeptiert man das Prinzip Mitbestimmung als solches, dann stellt sich bei der organisatorischen Verwirklichung des Prinzips das Problem der Abwägung und der Gewichtung mit 89 90 91 92

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Lyon-Caen, G., a.a.O., S. 18. Kommission EG, a.a.O., S. 153. Kommission EG, a.a.O., S. 155. Biedenkopf, K., Mitbestimmung im Unternehmen RdA 1970, S. 129 (135).

II. Externes Unternehmens verhaltensrecht

157

anderen, für die marktwirtschaftliche Ordnung konstitutiven Grundsätze. Für die inhaltliche Abgrenzung der Tarifautonomie kann die Reform der Unternehmensverfassung dann wesentlich werden, sofern durch diese Reform die Zielfunktion des Unternehmens verändert wird und das geltende Tarifvertragsrecht von einer bestimmten Zielfunktion des Unternehmens ausgeht 93 . Mit der Einrichtung „paritätischer" Mitbestimmung besteht die Gefahr des funktionellen Leerlaufens von Tarifautonomie und dem damit eng zusammenhängenden Arbeitskampfrecht. Denn „mit der paritätischen Mitbestimmung wird in der Organisation des Unternehmens selbst ein Mechanismus zur Entscheidung des Konflikts zur Verfügung gestellt, der aus dem Arbeitsvertrag resultiert" 94 . Das Unternehmen wird damit zum geschlossenen System. Der Streikfreiheit kann aber der Boden entzogen werden, was wiederum rechtswidrige „In-sich-Streiks" nach sich zieht. Insbesondere der Streit um das MitbestG 76 verschärfte die deutsche Debatte um das Verhältnis von Mitbestimmungs- und Tarifvertragsrecht. Denn die Rechtsgrundsätze der Tarifautonomie wurden aufgrund des Durchschlagens der zahlenmäßigen Parität im A R auf den Vorstand der betroffenen Gesellschaften in Frage gestellt. Mit anderen Worten würde der Vorstand einem schädlichen Harmoniezwang unterworfen. Der Grundsatz der Gegnerunabhängigkeit sei auch wegen der Abhängigkeit hinsichtlich tarifpolitischer und koalitionsrechtlicher Fragen gefährdet. Darüber hinaus würde der Interessengegensatz nach dem MitbestG 76 weitgehend in das Unternehmen verlagert und institutionell überbrückt. Denn die A N und Gewerkschaften sind über ihre Vertreter im A R an der Leitung der mitbestimmten Unternehmen beteiligt. Eine Befürchtung, die im rechtsvergleichenden Teil in bezug auf Stellungnahmen ausländischer Gewerkschaften zur deutschen Mitbestimmung bereits anklang. Damit bestünde aber auch die Gefahr einer Minderung und Beseitigung der Schutzfunktion des T V 9 5 . Obgleich die verfassungsrechtliche Diskussion um dieses Thema als vorerst abgeschlossen betrachtet werden kann und dieser Frage darüber hinaus in den übrigen Mitgliedstaaten aufgrund anderer Ableitungszusammenhänge der Tarifautonomie (Vertragsfreiheit) weniger verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt, wird sich das Abstimmungsproblem zwischen Unternehmensverfassungs- und Tarifvertragsrecht auf einer rein ,sachlich-funktionellen Ebene" in den jeweiligen Rechtssystemen erneut und z.T. in verschärfter Form wiederholen. Gehen wir z.B. von der nach der Richtlinie angestrebten paritätischen Mitbestimmung aus, dürften sich in bezug auf Mitbestimmung im A R oder im Board-System für die Vertreter der A N und insbesondere für Gewerkschaftsrepräsentanten Interessenkollisionen hinsichtlich bestimmter Verhandlungsthe93

Vgl. Vgl. 95 Vgl. Verhältnis 94

Biedenkopf, K., Mitbestimmung, S.216. Biedenkopf, K., Mitbestimmung im Unternehmen, RdA 1970, S. 129 (135). Badura, P./Rittner, F./Rüthers, B., a.a.O., S. 162f.; ähnlich Hanau, P., Das des MitbestG zum kollektiven Arbeitsrecht, ZGR 2/1977, S. 397 (398).

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3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

men ergeben. Dabei ist insbesondere an Tarifverträge mit der eigenen Gewerkschaft, oder an Arbeitskampfsituationen zu denken. Ähnliche Kollisionen dürften ebenso (wenn auch gegebenenfalls in abgeschwächter Form) im System einer ausgelagerten AN-Vertretung auftreten. Denn auch hier soll ja eine pluralistische Interessenstruktur nach den im vorigen Kapitel entfalteten Strukturprinzipien eingerichtet werden. Insbesondere in Ländern, die dem TV auf Unternehmensebene große Bedeutung zumessen, dürfte es auch zu weitreichenden Überschneidungen hinsichtlich der zu behandelnden Probleme und somit zu einer bedenklichen Mitbestimmungskumulation kommen. Erste Hinweise auf eine Lösung klingen im Frankfurter Gutachten an. M i t historischen Argumenten wird darauf hingewiesen, daß der Gesetzgeber dem Tarifvertragssystem keine Exklusivität zugebilligt habe. Vielmehr sei von einem Doppelsystem des Tarifvertrags- und Mitbestimmungsrechts auszugehen. Dies könne sowohl mit der VO v. 23. Dez. 1918 hinsichtlich der Einrichtung von Arbeiter- und Angestelltenausschüssen sowie mit den einschlägigen Vorschriften des Betriebsrätegesetzes von 1920 belegt werden 96 . TV und Mitbestimmung hätten seit diesem Zeitpunkt alle weiteren Gestaltungen der Arbeitsbeziehungen geprägt. Ebenso würden sich die Mitbestimmungsgesetze als Ergänzung zum TV-Recht verstehen. M i t diesen Ausführungen lehnen Befürworter der unternehmerischen Mitbestimmung eine aus Art. 9 I I I GG abgeleitete Exklusivität der Tarifautonomie ab. Was die Verfassung verlange, sei auch i.S. des BVerfG eine sinnvolle Ordnung des Arbeits- und Wirtschaftslebens. Diese Ordnung könne aber nicht zwingend einzig und alleine auf dem Weg über Tarifverträge erreicht werden 97 . Unterstelle man hingegen diesen Exklusivitätsgedanken, so würde dies unabsehbare Folgen für das MontanmitbestG sowie für das BetrVG 72 bedeuten. Dies zeige sich ζ. B. an der Vorschrift des § 87 Nr. 3 BetrVG zur Frage der Kurzarbeit. Diese habe seit langem zum Anwendungsbereich tariflicher Regelungen gehört. Dasselbe gelte auch für § 871 Nr. 10; 11 BetrVG. Obgleich eingewandt werden könne, § 77 I I I BetrVG enthalte eine eindeutige Konkurrenzregelung zugunsten des TV-Rechts, zeige sich in der Praxis dennoch eine Zunahme von Betriebsvereinbarungen in bezug zu §87 I Nr. 3, 10, 11 BetrVG. Mitbestimmung verdränge somit im Ergebnis tarifvertragliche Regelungen. Dies sei insofern auch einsichtig, als TV allenfalls „globale oder regionale" Abmachungen darstellen und nur partiell zu Konsultationen mit einzelnen Arbeitgebern führen. Dagegen würde Mitbestimmung des Betriebsrates für den einzelnen A N im Unternehmen weit effektiver unternehmensbezogene Fragen behandeln können. Die veränderten Kompetenzen des Betriebsrats „bleiben also nicht ohne Folgen für die Tarifautonomie. Der Streit über Einzelheiten ändert nichts an der Verschiebung der Gewichte" 98 . Dies habe

96

Vgl. Kübler, F./Schmidt, W./Simitis, S., a.a.O., S.210f. Ebenda, S. 214 in Anlehnung an BVerfG 4, S. 96 (107); 18, S. 18 (28); 20, S. 312 (317); Schwerdtfeger, G., Unternehmerische Mitbestimmung und GG, S. 255. 97

II. Externes Unternehmensverhaltensrecht

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allerdings keine Bedeutung für die grundsätzliche Bedeutung des Tarifvertragsrechts. Zwar könne dieses nicht mehr als alleiniger verfassungsmäßig verfestigter Pfeiler einer Wirtschaftsordnung Geltung beanspruchen", doch bleibe es auf jeden Fall neben der Mitbestimmung in modifizierter Form und als wesentliches Ordnungssystem bestehen. Damit sei dem Bedürfnis nach Systemoffenheit für ökonomische und soziale Verhältnisse Rechnung getragen 100 . M i t diesen Hinweisen wird eine flexible Koexistenz beider Regelungsebenen prognostiziert, die zugleich die Möglichkeiten einer Konfliktbewältigung maximieren 101 . Auch das Argument fehlender Gegnerunabhängigkeit im Falle der Einführung paritätischer Mitbestimmung scheint somit auf der Grundlage überkommener Vorstellungen zum Arbeitgeberbegriff zu beruhen, der eng an die Eigentümerfunktion angelehnt wird. Arbeitgeber sei vielmehr derjenige, „der einen anderen i. R. eines Arbeitsverhältnisses beschäftigt, von ihm also erwartet und verlangen kann, daß er nach seinen Weisungen und unter seiner Leitung arbeitet" 102 . TV sind daher keineswegs nur solange möglich, wie die Verfügungsfreiheit des Privateigentümers unangetastet bleibt. Gleiches spiegelt sich auch im Urteil des deutschen BVerfG zur Frage der parallelen Zulässigkeit von Mitbestimmung und TV-System wieder. Mit der zwingenden Berücksichtigung bislang außenstehender, dem Marktmechanismus anvertrauter Interessen werden nationale Gesellschaftsrechte zu Instrumenten staatlicher Wirtschafts- und Sozialpolitik fortgebildet 103 . „ I m Bereich der privatrechtlichen und sozialrechtlichen Entwicklung geht uns nur dieses Rechtspathos der Zusammenarbeit an, welches das Pathos des Wettbewerbs zurückgedrängt hat. Kooperation der einzelnen untereinander im Individualvertrag des bürgerlichen Rechts; Kooperation mehrerer in Betrieben, Gesellschaften, Berufgruppen und Verbänden; Kooperation der Betriebe; Gruppen und Verbände mit den Trägern öffentlicher Gewalt, die wiederum durch das Mandat der politischen Gruppenbildungen der Gesellschaft ermächtigt sein müssen: dies scheint das Modell der privat- und sozialrechtlichen Grundbeziehungen unserer Zeit zu sein" 1 0 4 . Mitbestimmungsrechtliche Strukturprinzipien rechtfertigen sich somit nicht nur aus einer rein organisationsneutralen Öffnung von Unternehmensstrukturen für bestimmte Interessengruppen, sondern haben sich in das System der

98 Vgl. Kübler, F./Schmidt W./Simitis, S., a.a.O., S. 225; zur Öffnung von §77 I I I BetrVG zugunsten von Mitbestimmung vgl. auch Siebert, G./Degen, B., Betriebsverfassungsgesetz, zu Abs. 3 von § 77. 99 Vgl. Schwerdtfeger, G., a.a.O., S. 257. 100 Vgl. Raiser, Th., Grundgesetz und paritätische Mitbestimmung, S. 90. 101 Zum Verhältnis von TV und Mitbestimmung vgl. auch Raiser, Th., a.a.O., S. 83. 102 Vgl. Kübler, F./Schmidt, W./Simitis, S., a.a.O., S. 234. 103 Vgl. Kübler, F./Schmidt, W./Simitis, S., a.a.O., S. 135. 1(H Vgl. Wieacker, F., Industriegesellschaft und Privatrechtsordnung, S. 24f.

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3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

„dezentralisierten Ausgestaltung einer Sozial- und Wirtschaftsordnung" mit verschiedenen Regelungsebenen harmonisch einzupassen. Denn Mitbestimmung und Unternehmensverfassung verstehen sich zugleich als ein „Basiselement" des Regelungssystems auf unterster Ebene (Unternehmen, Betrieb) 105 . Das Unternehmen übernimmt in diesem Regelungssystem „Gesellschaftliche Sozial Verantwortung", die sich in allen hier entwickelten Funktionsdimensionen des unternehmerischen Willensbildungsprozesses wiederspiegeln muß. In diesem Zusammenhang gewinnen z.B. Gewerkschaftsvertreter besondere Funktionen der Informationsvermittlung im Unternehmen. Aus diesem Konzept folgt auch, daß sowohl Arbeitnehmervertreter des Unternehmens als auch Gewerkschaftsvertreter durchaus in einem Mitbestimmungsgremium eines Aktienunternehmens vertreten sein können. Bevor aber dieses Konzept weiter ausgebaut und mit den grundsätzlichen Überlegungen des vorhergehenden Kapitels verbunden wird, stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis plurale Beteiligungsstrukturen mit dem Wettbewerbsrecht stehen. Insbesondere ist dabei der Frage nachzugehen, ob sich aus dieser Untersuchung weitere Eingrenzungskriterien für die pluralistische Gruppenstruktur ergeben. 2. Unternehmensverfassung und Wettbewerbsrecht

Die Annahme, Privatrecht habe als Formalrecht die Rahmenbedingungen (Eigentum, Vertrags- und Gewerbefreiheit) für einen Marktwettbewerb zu gewährleisten, so daß gesellschaftliche Harmonie sich gleichsam selbstregulativ herstelle, mußte der Erkenntnis weichen, daß Wettbewerb bzw. Wettbewerbsfreiheit die Tendenz innewohnt, sich selbst aufzuheben 106 . Wettbewerber drängen sich gegenseitig durch Kartelle, Syndikate oder externes Unternehmenswachstum aus dem Markt. Einstmals vorhandene polypole Marktstrukturen entwickeln sich mit fortschreitender Industrialisierung über weite zu engen Oligopolen und Monopolen. Der Markt verliert in Teilbereichen Steuerungsund Koordinationsfunktionen wirtschaftlicher Prozesse. Diese Entwicklung kann zum Ausfall marktvermittelter Bedürfnisartikulation sowie markt adäquater Informationsverarbeitung und Entscheidung führen. M i t anderen Worten reicht eine Risikoverteilung durch interne Ausdifferenzierung des Wirtschaftssystems in Haushalte, Märkte und Betriebe alleine nicht mehr aus, um auftretende Störungen zu bewältigen. Problemverarbeitung findet durch eine zunehmende Konfliktverlagerung in den Verantwortungsbereich des Gesetzgebers statt. Staatliches Handeln weitet sich dementsprechend aus und manifestiert sich unter wohlfahrtsstaatlichen Gesichtspunkten beispielsweise in wettbewerbsrechtlichen Verhaltens-, Struktur- oder Ergebniskontrollen (UWG, GWB, AGB-G, Art. 85, 86 EWGV), steuerrechtlichen Ertragsabschöpfungsund Umverteilungsregelungen sowie in mannigfaltigen Partikularregelungen im 105

Vgl. Raiser, Th., Recht der Kapitalgesellschaften, S. 55. Vgl. Kommission EG, 9. Bericht über die Wettbewerbspolitik, S. 10; Rittner, F., Wirtschaftsrecht, § 16, S. 269f. und S. 283. 106

II. Externes Unternehmens verhaltensrecht

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Zivil-, Arbeits-, Sozial- oder Verbraucherrecht. Das Recht wandelt sich in seiner Funktion, Legitimation und Normstruktur 1 0 7 . Wie kann das Verhältnis unternehmensverfassungsrechtlicher Strukturen zu diesem staatlichen Steuerungsrecht — hier dargestellt am Wettbewerbsrecht — beurteilt werden? 2.1. Der wettbewerbsrechtliche

Verhaltensrahmen

Zur Beantwortung dieser Frage muß zunächst geklärt werden, was mit Hilfe des Wettbewerbsrechts geschützt werden soll. In einem ersten Schritt kann Wettbewerb als Norm der Wettbewerbspolitik mit jenem Marktprozeß bezeichnet werden, in dem sich Wettbewerbsfreiheit, die ihrerseits wieder individuelle ökonomische Vorteile und insofern auch gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit zur Folge hat, manifestiert 108 . Dabei ist auf eine polyzentrische Ordnung des marktwirtschaftlichen Systems abzustellen, dessen systembegründendes Prinzip der Wettbewerb als solcher ist. Der Staat als Rechtsstaat nimmt in diesem Rahmen „als ausgegliedertes Handlungsorgan der Gesellschaft wirtschaftender Bürger" 1 0 9 die Aufgabe der Sicherung von Wirkungsmechanismen des Marktes und des Wettbewerbs wahr. Gesellschaftlich-ökonomische Entwicklung steht in diesem Sinne unter der Lenkung der Privatrechtsordnung und bedient sich des Marktes und des Wettbewerbs als „Koordinations- und Vergesellschaftungsmechanismus". Damit gründet sich eine zu verwirklichende Ordnung insofern auf Recht, als letzteres das wirtschaftliche Prinzip durchsetzt. D.h., Recht hat dafür Sorge zu tragen, Pläne und Einzelhandlungen auf dieses wirtschaftliche Konzept auszurichten und zu koordinieren. Sofern es also richtig ist, daß die rechtsgeschäftliche Privatautonomie und das subjektive Recht nur zu materiell vernünftigen Ergebnissen führen, wenn zwischen den Privaten keine allzu großen Machtunterschiede bestehen 110 , kommt dem Wettbewerbsrecht die besondere Aufgabe zu, für die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit privatrechtlicher Institute — also auch des Gesellschafts- und Unternehmensrechts — Sorge zu tragen. Die Grenzen privatautonomer Gestaltungsfreiheit liegen somit bei der Bildung von Machtverhältnissen, die den zentralen Wettbewerbsmechanismus in Gefahr bringen können. Nationales als auch europäisches Wettbewerbsrecht muß demgemäß auf die Wiederherstellung und Aufrechterhaltung von vollständigem Wettbewerb unter Ausrichtung auf eine dafür geeignete Marktform abzielen. Sofern dies nicht möglich ist, muß eine staatliche Aufsicht über den Mißbrauch marktbeherrschender Stellungen und Konzentrationsbestrebungen eingerichtet werden 111 . 107 Vgl. zu den Begriffen Teubner, G., Verrechtlichung — Begriffe, Merkmale, Grenzen, Auswege, in: Kübler, F., Verrechtlichung. los v g L Hoppmann, E., Wettbewerb als Norm der Wettbewerbspolitik, in: Herzina, K. (Hrsg.), Wettbewerbstheorie, S. 234. 109 110

Vgl. Assmann, H.D., Wirtschaftsrecht in der Mixed Economy, S. 162. Vgl. Tschäni, R., Funktionswandel des Gesellschaftsrechts, S. 65.

11 Abeltshauser

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3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

Diese funktionelle Betrachtungsweise von Recht läßt zugleich das Verhältnis von Unternehmensverfassungs- und Wettbewerbsrecht sowie die Koordination dieser Bereiche in ihrer Interdependenz zueinander deutlich werden. Die Lösung des „Dilemmas von Funktion und Struktur" äußert sich u. a. darin, daß die Freiheit zum Marktzugang durch zahlreiche Möglichkeiten des wirtschaftlichen Zusammenschlusses gewährleistet und aufrechterhalten bleiben muß. Das Unternehmen hat der Selbstfinanzierung durch die Marktteilnehmer zu unterliegen, die Ausübung der unternehmerischen Willensbildung muß auf die Marktfunktionen ausgerichtet sein. Unternehmensverfassung, insbesondere die Verfassung von Korporationen kann in diesem Sinne durchaus als „Transmissionsscheibe zur Weiterleitung und Verwirklichung von Marktdaten und Marktzielen in das Unternehmen verstanden werden" 1 1 2 . Dies erinnert wiederum an die oben behandelten Vertrags- und Satzungsgesellschaften, deren innere Ordnung konsequent mit wettbewerblichen Prinzipien in Einklang zu stehen habe. Dies führte uns im Ergebnis zur Ausrichtung der Strukturanforderungen auf die Funktion der Reintegration eines Unternehmens in das Wettbewerbsgefüge 113 . Der hierin zum Ausdruck kommende Koordinationsgedanke kann somit wie folgt beschrieben werden: Sowohl unternehmensrechtliche als auch wettbewerbsrechtliche Regelungen werden funktional auf das Funktionieren einer attestierten Wettbewerbsordnung ausgerichtet. Dem Staat kommt in diesem Rahmen die Aufgabe zu, eine allgemeine Rahmenordnung bereitzustellen. In diesem entsteht Wettbewerb aus Wettbewerbsfreiheit. Die institutionalisierte Wettbewerbsordnung sorgt sodann automatisch für eine optimale Koordination der Marktsubjekte. Dies bedeutet, daß die freie Wahl des Partners nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, als auch die Freiheit wirtschaftlichen Handelns und die Teilnahme am Marktgeschehen nebst Tauschgerechtigkeit zu gewährleisten und zu sichern sind. Diese funktionelle Ausrichtung von Unternehmens- und Wettbewerbsrecht bestimmt zugleich ihr Verhältnis zueinander. 2.2. Strukturanforderungen Eine pluralistische Beteiligungsstruktur widerspricht diesen ordnungstheoretischen Wettbewerbsprinzipien. Denn die Beeinflussung des unternehmerischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses durch „unternehmensfremde" Gruppen würde auch erheblichestörungen im Wettbewerbssystem hervorrufen. Signale des Kapitalmarktes könnten verfälscht (ζ. B. Veränderung der Dividendenleistung durch erhöhte unternehmensinterne Sozialkosten) und erhebliche 111

Vgl. erstmals EuGH — Continental Can / Kommission EG — NJW 1973, S. 966 ff.; zur Frage der engen oder weiten Auslegung vgl. insbes. EuGH (Ph. Morris/ Rothmans) Urteil v. 17.11. 1987 in: A G 1989, S. 24, Anm. Emmerich, V. in: JuS 1989, S. 54. 112 Vgl. Lutter, M., Unternehmensverfassung und Wettbewerbsordnung, BB 1975, S. 613 (614). 113 Vgl. oben.

II. Externes Unternehmens verhaltensrecht

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Fehlallokationen knapper Ressourcen nach sich ziehen. Wirtschaftliche Effizienz wäre nicht mehr zu gewährleisten. Die Umverteilung unternehmensinterner Beteiligungs- und Steuerungsrechte würde auch gegen die Garantie privatautonomer Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht und somit gegen das Wettbewerbsprinzip verstoßen. Fraglich ist allerdings, ob die europäischen Wettbewerbsregeln (Art. 85 ff. EWG-V) sowie die europäische Wettbewerbspolitik diesen ordnungstheoretischen Wettbewerbsprinzipien folgen. Denn anders als nationales Wettbewerbsrecht in den Mitgliedstaaten beziehen sich die europäischen Wettbewerbsregeln funktional auf die Vertragsziele des EWG-Vertrags. Wettbewerb im gemeinsamen Markt ist somit nicht Selbstzweck, sondern Mittel zur Erreichung der allgemeinen Vertragsziele 114. Europäische Wettbewerbspolitik muß sich dabei zugleich mit den übrigen Politikbereichen der Gemeinschaft (Industrie-, Handels- und Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik) koordinieren. Im Falle von Zielkonflikten sind diese über den Grundsatz der optimalen Entfaltung aller Vertragsziele zu lösen. Diese beziehen sich insbesondere gemäß Art. 2 EWG-Vertrag auf die Errichtung eines gemeinsamen Marktes, die Annäherung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedsstaaten, auf die harmonische Entwicklung des Wirtschaftslebens innerhalb der Gemeinschaft sowie auf eine ausgewogene Wirtschaftsausweitung, auf eine größere Stabilität, eine beschleunigte Hebung der Lebenshaltung und auf engere Beziehungen zwischen den Staaten. Wie stark sich Wettbewerbspolitik und Wettbewerbsrecht somit auch auf interventionistische Maßnahmen der Gemeinschaft einstellen müssen, zeigt insbesondere das Verhältnis zur Industrie- und Regionalpolitik. Denn neben der allgemeinen Aufgabe der Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs mittels strenger Kontrollen wirtschaftlicher Machtstellungen von marktstarken Unternehmen gilt es auch, mittlere und kleine Unternehmen zum Beispiel bei der Beurteilung von Kooperationsvorhaben oder mittels staatlicher Beihilfen zu fördern. Wettbewerb wird damit gezielt als Steuerungsinstrument zur Anpassung industrieller Strukturen an sich ändernde Marktbedingungen eingestuft. Daß sich die europäische Wettbewerbspolitik nicht ausschließlich an ordnungstheoretischen Wettbewerbsprinzipien orientiert, zeigt sich auch am Beispiel der Genehmigung von Strukturkrisenkartellen zum Abbau überflüssiger Produktionskapazitäten 115 oder der Anerkennung von Restrukturierungsbeihilfen 1 1 6 . Dies gilt auch für die Begrenzung wettbewerbspolitischer Zielsetzungen durch direkte wirtschaftslenkende Formen der Marktordnung, die insbesondere im Rahmen der Sektorenpolitik Bedeutung gewinnen. Ebenso hat die Kommission regionalpolitische Ziele der Gemeinschaft bei der Anwendung der 114 Vgl. Schröter, H. in: Groeben/Boeckh/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, Rn. 3 zur Vorbemerkung zu den Artikeln 85-94 EWG-Vertrag. 115 Vgl. u.a. 12. Wettbewerbsbericht der Kommission 1982, S. 14. 116 Vgl. Thiesing in: Groeben u.a., Kommentar zum EWG-Vertrag, Rn. 78 zu Art. 92 EWG-Vertrag.

11*

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3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

gemäß Art. 92 EWG-Vertrag vorgesehenen wettbewerbsrechtlichen Instrumente zu berücksichtigen. Der „Wettbewerbsbegriff" der Art. 85 ff EWG-Vertrag bezieht sich somit nicht auf den theoretisch vollkommenen Wettbewerb im Sinne des ordnungstheoretischen Denkmodells. Der EWG-Vertrag versteht Wettbewerb eher „problembezogen" oder „funktional" im Sinne des „wirksamen Wettbewerbs" oder „workable competition". Man könnte hier auch von der „Relativität wettbewerbspolitischer Grundkonzepte" zugunsten einer eher pragmatischen Ausrichtung des Wettbewerbsrechts sprechen. Auslegungsmaßstab sind die Vertragsziele und die hiermit auf das engste verbundenen gemeinschaftspolitischen Zielbestimmungen 117 . Der Europäische Gerichtshof spricht in diesem Zusammenhang auch vom „redlichen, unverfälschten und wirksamen Wettbewerb". Damit stellt sich nunmehr die Frage, in welchem Verhältnis dieses Wettbewerbskonzept mit unternehmensverfassungsrechtlichen Vorschriften steht und ob sich hieraus Rückschlüsse für die Begrenzung der Beteiligungsstruktur des unternehmerischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses ziehen lassen. Die Beantwortung dieser Frage ergibt sich einerseits aus dem Zusammenspiel der wettbewerbsrechtlichen Vorschriften mit den Vertragszielen und den Gemeinschaftspolitiken sowie andererseits aus ihrem Verhältnis zur Rechtsangleichung im Sinne von Art. 100 ff. EWG-Vertrag. Geht es, wie wir feststellten, bei dem funktionalistischen Wettbewerbskonzept darum, die Anwendung der Art. 85 ff EWG-Vertrag auf der Linie der Vertragsziele im Sinne von Art. 2 EWG-Vertrag vorzunehmen und mit den gemeinsamen Politiken zu koordinieren, schließt dieses Wettbewerbskonzept, anders als ordnungstheoretische Vorstellungen, den Einbezug von Dritten neben Anteilseignern und Arbeitnehmern in die unternehmensverfassungsrechtliche Beteiligungsstruktur nicht „per se" aus. Denn ein erklärtes Ziel der Gemeinschaft ist das der Angleichung der Sozialordnungen und sozialpolitischen Vorschriften 118 . Hierzu zählen auch die mitbestimmungsrechtlichen Vorstellungen der Gemeinschaft. Eine grundsätzliche Befürwortung von unternehmensverfassungsrechtlichen Beteiligungsstrukturen für Dritte ergibt sich auch aus dem Verhältnis zu den 117

Zur Auslegung des Wettbewerbsbegriffs vgl. u. a. EuGH, Italien / Rat und Kommission der EWG, 32/65 —Slg. 1966,457 (483); Walt, Wilhelm, 14/68 —Slg. 1969,1 (13f.); Continental Can, 6/72 — Slg. 1973, 215 (244); Commercial Solvence/Instituto, 6 und 7 / 73 — Slg. 1974,223 (254); United Brands, 27 / 76 — Slg. 1978,207 (297); Hoffmann — la Roche, 85/76 —Slg. 1979,461 (552f.); Greenwich Film, 22/79 —Slg. 1979,3275 (3288f.). Vgl. auch Kanzenbach, E., Die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbsrechts — Weite Oligopole des Wettbewerbs als Wettbewerbsbedingungen, in: Herzina, K. (Hrsg.), Wettbewerbstheorie, S. 194 ff. ne v g L pipkorn, J. in: Groeben u.a., Kommentar zum EWG-Vertrag, Rn. 4 Vorbemerkung zu den Artikeln 117-122 EWG-Vertrag.

II. Externes Unternehmensverhaltensrecht

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Rechtsangleichungsvorschriften der Gemeinschaft (Art. 100; 54 I I I g EWGVertrag). Denn hier kann es nun nach dem bisher Gesagten nicht mehr um bloße Formalrechtsangleichung von Strukturvorschriften gehen. Vielmehr kommt der Rechtsangleichung im System des EWG-Vertrags auch entscheidende wettbewerbspolitische Bedeutung bei der Beseitigung bestehender und der Verhinderung künftiger Wettbewerbsverzerrungen zu 1 1 9 . Im Verhältnis zu den Wettbewerbsregeln erfüllen sie somit eine komplementäre Funktion. Geht es bei den Wettbewerbsvorschriften um die Verhinderung privater oder hoheitlicher Eingriffe in den Markt, soll die Rechtsangleichung und somit auch die 5. Richtlinie Wettbewerbsverfalschungen beseitigen, die sich aus den unterschiedlichen Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten ergeben (Art. 100 I, 54 I I I g EWG-Vertrag) 120 . Diese wettbewerbspolitische Funktionsbestimmung der Rechtsangleichung hat auch direkte Auswirkungen auf die Angleichung unternehmensverfassungsrechtlicher Beteiligungsstrukturen. Denn wie wir schon im rechtsvergleichenden Teil der vorliegenden Untersuchung feststellten, weist gerade dieser Regelungsbereich große Unterschiede in den Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten auf. Dies führt folglich auch zu erheblichen Unterschieden in den „Sozialkostenbelastungen der Unternehmen" und zieht — bezogen auf den europäischen Binnenmarkt — wiederum Wettbewerbsverfälschungen nach sich. Schließlich kann auch ein Wettbewerb zwischen den Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten nach amerikanischem Muster entbrennen. Denn die Unternehmen werden sich in der Regel den Rechtsordnungen zuwenden, in denen sie mit den niedrigsten Sozialkosten belastet werden. Dieser Zustand würde aber eklatant gegen Art. 2 EWG-Vertrag verstoßen, nachdem insbesondere eine „harmonische" Entwicklung des Wirtschaftslebens und größere „Stabilität" angestrebt wird. Die Angleichung von gesellschafts- und sozialrechtlichen Vorschriften kann somit auch aus wettbewerbspolitischer Sicht Beteiligungsrechte für Dritte am unternehmerischen Willensbildungsprozeß umfassen. Die Frage, ob „Dritte" neben Arbeitnehmern und Gewerkschaftsrepräsentanten aber auch andere Interessenrepräsentanten bzw. Vertreter der sogenannten „Allgemeinheit oder Öffentlichkeit" mit umfassen sollten, ist aus wettbewerbspolitischer Sicht in erster Linie eine Frage der „Wirksamkeit" und „Effektivität" wettbewerbsrechtlicher Vorschriften, die das Unternehmens verhalten extern steuern 121 . Sind die Art. 85 f. EWG-Vertrag somit geeignet, das Unternehmensverhalten im gemeinsamen Markt im Hinblick auf die Vertragsziele gemäß Art. 2 EWGVertrag hinreichend zu regulieren? Eine befriedigende Beantwortung dieser 119

Vgl. Schröter, H. aaO. Rn. 9, Vorbemerkung zu den Art. 84-95 EWG-Vertrag. Zur funktionalen Ausrichtung der Rechtsangleichung auf die Vertragsziele vgl. auch Taschner, H.C. in: Groeben u. a., aaO. Rn. 2 zu Vorbemerkung Art. 100-102 EWGVertrag. 121 Zum Begriff der Wirksamkeit und Effektivität des Rechts vgl. auch Raiser, Th., Rechtssoziologie, S. 252ff.; sowie Röhl, K.F., Rechtssoziologie, S. 243-257. 120

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3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

Frage würde eine eingehende empirische Untersuchung und Rechtsprechungsanalyse verlangen. Dies würde jedoch den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen, so daß wir uns an dieser Stelle nur auf allgemeine Ausführungen beschränken können. Zweifel an der Wirksamkeit einer wettbewerbsrechtlichen Verhaltenskontrolle sind als solche nicht neu. Dabei wird immer wieder auf das Problem der justiziellen Verarbeitung normativer Vorgaben der Wettbewerbspolitik verwiesen. So ist es beispielsweise zweifelhaft, inwieweit eine von Fall zu FallBeurteilung europäisch relevanter Verschmelzungsfalle im Rahmen der Fusionskontrolle gemäß Art. 86 I EWG-Vertrag die Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung politisch bestimmter Marktstrukturen zur Herstellung des gewünschten Wettbewerbs und somit die Chance eines marktmäßigen Interessenausgleichs gewährleisten kann. Denn die Tatbestandsvoraussetzungen für unzulässige Unternehmenszusammenschlüsse verlangen neben dem Nachweis einer „beherrschenden Stellung" auf einem „relevanten Markt" auch den Nachweis der „mißbräuchlichen Ausnutzung" eines Unternehmenszusammenschlusses122. Damit wird aber die Möglichkeit für eine wirksame und umfassende Zusammenschlußkontrolle auf ein denkbar geringes Maß eingeschränkt. Ob die neue VO zur europäischen Fusionskontrolle hier wesentliche Erleichterungen bringt, wird abzuwarten sein. Methodisch bedenklich ist auch der Einbau außerrechtlicher Kriterien in die formalen Tatbestandsvoraussetzungen einer wettbewerbsrechtlichen Vorschrift. Dies gilt ζ. B. für Begriffe wie „relevanter Markt, Macht, Wettbewerb" etc. Hier besteht die Gefahr, daß dem Ursprung nach wirtschaftliche Begriffe ungefiltert in Rechtstermini übertragen werden. Zum Zeitpunkt des Einbaus in die juristische Dogmatik erweisen sich diese aber als äußerst schwer handhabbar. Wie vielschichtig und ideologisch vorbelastet alleine der Begriff des „Wettbewerbs" ist, wurde oben bereits ansatzweise deutlich. Eher grundsätzlich kommentiert G. Teubner das hierin zum Ausdruck kommende Dilemma rechtlicher Steuerung damit, daß Recht den Anforderungen der Politik und des Gesetzgebers einerseits sowie den Eigengesetzlichkeiten des zu regulierenden Lebensbereichs andererseits ausgesetzt sei 123 . Die angesprochenen Verrechtlichungsprozesse manifestieren sich dabei als komplizierte Beziehungen zwischen drei weitgehend autonomen Sozialsystemen (Politik, Wirtschaft, Recht). Steuerungsdefizite seien daher fast eher die Regel als die Ausnahme. Man würde es sich allerdings zu leicht machen, nunmehr generell vom „Rechtsversagen" des europäischen Wettbewerbsrechts zu sprechen, um sodann im Gegenzug die Beteiligungsrechte für Vertreter des allgemeinen bzw. öffentlichen Interesses am unternehmerischen Entscheidungsprozeß weit zu öffnen. 122

Vgl. erstmals EuGH, Continental Can, 6/72 — Slg. 1973, 215 (240 ff.). Vgl. Teubner, G., Verrechtlichung — Begriffe, Merkmale, Grenzen, Auswege in: Kübler, F.(Hrsg.), Verrechtlichung von Wirtschaft, Arbeit und sozialer Solidarität, S. 289 f. 123

II. Externes Unternehmens verhaltensrecht

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Der Ruf nach „Konfliktbewältigung durch Verfahren" oder moderner ausgedrückt „Prozeduralisierung" würde so sicher falsch verstanden werden und eher zum totalen Rechtsversagen von unternehmensverfassungsrechtlichen Vorschriften führen. Die Verlagerung unternehmensexterner Verhaltenssteuerung in unternehmensinterne Beteiligungsrechte läßt sich erst dann und nur dort vornehmen, wo anhand von sorgfaltigen Einzeluntersuchungen unumstritten feststeht, daß beispielsweise mit dem Verbot des Mißbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von Art. 861 EWG-Vertrag oder der Kartellvereinbarung im Sinne von Art. 851 EWG-Vertrag die gewünschten Wirkungen nicht erzielt werden können. Ein solches Rechtsversagen des europäischen Wettbewerbsrechts kann aber nicht ohne weiteres unterstellt werden. Zwar ist es richtig, daß das System der Art. 85 f. EWG-Vertrag schwierig zu handhaben ist. Doch zeugen die laufenden wettbewerbsrechtlichen Entscheidungen der Kommission sowie die umfangreiche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs von einer zunehmenden Konkretisierung und damit steigenden Rechtssicherheit auf diesem Gebiet 124 . Im Vergleich zu nationalen Wettbewerbsvorschriften (z.B. deutsches GWB) zeugen die Art. 85 ff. EWG-Vertrag auch von einer relativ einfachen Normstruktur, die weitgehend von konkretisierungsbedürftigen Begriffen geprägt wird. Obgleich es somit weitgehend der Kommission als rechtsanwendender Behörde und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs überlassen bleibt, das europäisches Wettbewerbsrecht durch die ständige Entscheidungspraxis auszuformen, gewinnt das Wettbewerbsrecht zugleich ein hohes Maß an Flexibilität. Dies ist insofern zu begrüßen, als sich die Standards wettbewerbsrechtlicher Entscheidungen ständig an den jeweiligen Integrationsstand der Gemeinschaft angleichen und diesen zugleich unterstützen und fördern können. Die dem Integrationsstand der Europäischen Gemeinschaft entsprechende Konkretisierung europäischer Wettbewerbsregeln wird darüber hinaus durch die Verordnungs- und Richtlinienkompetenz des EG-Rats gemäß Art. 87 EWGVertrag sowie durch die Ausführungsverordnungen der Kommission gemäß Art. 155 EWG-Vertrag unterstützt 125 . Konkrete Hinweise auf ein Rechtsversagen des Kartellverbots gemäß Art. 85 EWG-Vertrag lassen sich somit zur Zeit kaum hinreichend begründen. Dies gilt auch für das Mißbrauchsverbot einer marktbeherrschenden Stellung gemäß Art. 86 EWG-Vertrag. Hier könnte man allenfalls Kritik an der Wirkungslosigkeit der Zusammenschlußkontrolle üben. Doch auch in diesem Zusammenhang muß man sich die Frage stellen, ob dies nicht eher an dem Mangel einer 124 Vgl. ζ. B. die umfangreiche Falltypologie zu Art. 85 Abs. 1 und Abs. 3 EWGVertrag: Kartellfreie Kooperationen; vom Kartellverbot erfaßte Einkaufs- und Verkaufsgemeinschaften; Erwerb und Veräußerung von Unternehmen, Gemeinschaftsunternehmen, Markt-, Quoten-, Preis- und Investitionsabsprachen; Liefer- und Bezugsvereinbarungen; Vereinbarungen über gewerbliche Schutzrechte. 125 Vgl. hierzu Beutler/Bieber/Pipkorn/Streil, Das Recht der Europäischen Gemeinschaft — Textsammlung, Stand Dez. 1988, IV. 7.

168

3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

einschlägigen Fusionskontrollvorschrift denn am Rechtsversagen von Art. 86 EWG-Vertrag insgesamt liegt. Dies ergibt sich auch aus der Tatsache, daß die Verfasser des EWG-Vertrags die Fusionskontrolle nicht eindeutig in das Normprogramm der Artikel 85 ff. EWG-Vertrag aufgenommen haben. Erst der Europäische Gerichtshof eröffnete diese Möglichkeit in eingeschränktem Maße durch die bereits erwähnte Continental Can-Entscheidung. Darüber hinaus legte die Kommission dem Rat bereits am 20.7.1973 den Vorschlag für eine Verordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen v o r 1 2 6 die nunmehr konkrete Gestalt angenommen hat 1 2 7 . Zusammenfassend lassen sich somit keine Hinweise auf die mangelhafte Wirksamkeit der europäischen Wettbewerbsregeln gewinnen. Für die Begrenzung von Beteiligungsrechten Dritter am unternehmerischen Willensbildungsprozeß bedeutet dieses zugleich, daß die Berücksichtigung von Vertretern des allgemeinen oder öffentlichen Interesses aus wettbewerbspolitischer Sicht nicht sinnvoll erscheint — ja sogar zu empfindlichen Störungen im Gleichgewicht zwischen Wettbewerbsrecht und Unternehmensverfassungsrecht führen würde. 2.3. Zwischenergebnis Bei der Formulierung unternehmensverfassungsrechtlicher Vorschriften kann es nicht darum gehen, diese als einziges Steuerungsmittel für staatliche Zielvorgaben zu verabsolutieren. Insbesondere die Einrichtung pluralistischer Unternehmensverfassung sowie der Einbezug öffentlicher bzw. allgemeiner Interessenvertreter birgt die Gefahr der Ideologisierung und Politisierung unternehmensinterner Entscheidungsabläufe. Natürlich kann man einwenden, daß letztlich jedes Beteiligungsrecht an unternehmerischen Entscheidungen für Dritte — also auch für Arbeitnehmer oder Gewerkschaftsrepräsentanten — einer politischen Entscheidung bedarf. Doch sollte man sich auch bewußt sein, daß es nicht um die bloße Formulierung von Beteiligungsrechten durch den Gesetzgeber gehen kann. Entscheidend ist vielmehr die Frage, ob sich eine neue unternehmensverfassungsrechtliche Regelung der hier diskutierten Art harmonisch in das bestehende Unternehmensverfassungsrecht und ihre Dogmatik einpassen kann und ob mit dieser Regelung auch die gewünschten Wirkungen erzielt werden können. Ist dies nicht der Fall, würde der Einbezug bestimmter Interessenvertreter in die Unternehmensverfassung nur „symbolische Wirkungen" entfalten 128 . Dies gilt im besonderen Maße für den europäischen Gesetzge126

Vgl. Abi.EG 1973 Nr. C 92, S. 1 f. Vgl. Abi. EG 1982 Nr. C 36, S. 3 f.; kommentiert von Schröter, H. in: Groeben u. a., a.a.O., Rn. 71 zu Art. 86 EWG-Vertrag; zum neuesten Entwurf vgl. Abi. EG 1989 Nr. C, S. 14ff.; Sondergutachten der Monopolkommission (1989) Konzeption einer europäischen Fusionskontrolle; vgl. auch Emmerich, V., Fusionskontrolle 1988/89, in: A G 1989, S. 369; zum Entwurf aus 1988 in Abi. EG Nr. C 130/4 v. 19.5.88 vgl. auch Schroth, H.-J., Sanktionsbewährte Pflichtenstellungen von der geplanten EWG-FusionsVO, in: WuW 1989, S. 101 ff. 127

II. Externes Untemehmensverhaltensrecht

169

ber. Hier geht es auf der Grundlage von Art. 100; 54 I I I g EWG-Vertrag in erster Linie um eine Rechtsangleichung unter Ausrichtung auf die Gemeinschaftsziele. Selbst wenn man auf dieser Grundlage eine pluralistische Unternehmensverfassung bejaht, muß man die Begrenzung der Beteiligungsrechte aus dem funktionellen Verhältnis unternehmensverfassungsrechtlicher Vorschriften zu anderen, das Unternehmensverhalten steuernden Vorschriften gewinnen. Dies wurde hier am Beispiel des Tarifvertrags- und Wettbewerbsrechts exemplarisch veranschaulicht. Die grundlegende Frage lautet dabei, ob die jeweiligen Rechtsvorschriften das Unternehmensverhalten extern hinreichend regulieren — also Wirksamkeit entfalten und ob ein Einbezug von Öffentlichkeitsvertretern in die Unternehmensverfassung als Alternative sinnvoll erscheint. Wir kamen dabei zu dem Schluß, daß aus tarifvertragsrechtlicher Sicht zwar die Möglichkeit besteht, Arbeitnehmer und ggf. Gewerkschaftsrepräsentanten in ein Kontrollorgan des Unternehmens zu entsenden, aus wettbewerbsrechtlicher Sicht ergibt sich jedoch keine Notwendigkeit, Öffentlichkeitsvertreter (hier also z.B. Verbraucher oder andere Marktteilnehmer) in das Unternehmen zu berufen. Die vorgeschlagene Methode leistet zweierlei: Erstens wird die pluralistische Unternehmensverfassung „gedanklich" beibehalten. Zweitens macht man die Entscheidung darüber, welche Interessen im Unternehmen vertreten sein sollten, nicht mehr von rein politischen bzw. ideologischen Entscheidungen abhängig, sondern von einer zunächst vorzunehmenden Wirkungsanalyse bestehender Rechtsvorschriften. Fällt diese negativ aus, bleibt es schließlich dem Gesetzgeber überlassen, Prognosen darüber anzustellen, ob die Erweiterung der unternehmensverfassungsrechtlichen Beteiligungsstruktur sinnvoll erscheint. Dieses Ergebnis zeigt zugleich, daß es für den europäischen Gesetzgeber im Rahmen des RechtsangleichungsVorhabens der 5. Richtlinie äußerst schwierig sein dürfte, eine konkrete unternehmensverfassungsrechtliche Beteiligungsstruktur insbesondere für öffentliche — oder allgemeine Interessen vorzugeben. Er sollte sich vielmehr auf die generelle Möglichkeit der pluralistischen Unternehmensverfassung zurückziehen und die jeweilige Konkretisierung somit den Mitgliedsstaaten überlassen. Hierin kann in gewissem Sinne auch ein Einbau reflexiver Elemente bzw.die Prozeduralisierung von Rechtsangleichung gesehen werden. Das letzte Kapitel dieser Arbeit soll nunmehr auf der Grundlage der erarbeiteten Strukturvorgaben (vgl. Abbild) konkrete Regelungsvorschläge und den Einbau in die unternehmensverfassungsrechtliche Dogmatik erörtern.

128 Vgl. hierzu Hegenbarth, R., Symbolische und instrumentelle Funktionen der Gesetze, ZRP 1981, S.201f.

Aufnahme marktOrganisationsInteressenauthenvermittelter interne Artikulation tische BedürfnisBedürfnisvon Bedürfnissen in informationsinformationen Teilbereichen Vermittlung

Über Eigentum vermittelte privatautonome Informationsverarbeitungsverfahren

Über Eigentum vermittelte Entscheidungsbefugnisse

Information

InformationsVerarbeitung

Entscheidung

Prinzip der ErtragsKontrolle und Sicherung u. zukünft. Legitimation Bedürfnisbefriedigung unternehmerischer sozialstaatl. regi. SV Entscheidungsmacht unter Bedingungen sozialstaatl. ree. SV

unternehmensinterne Entscheidungsbeteiligung

sozialstaatl. regulierte Organisation eines Verfahrensbeteiligung Selbstverwaltung der Zieldikurses, Wert- in UnternehmensInformationsberücksichtigungsOrganen Verarbeitung potential, Diskurs über Handlungsalternativen

interessenadäquat. Artikulationschance

Prozeduralisierung von Verhaltenspflichten

VerhaltensAbstimmung interner Koordination interner koordination der Pluralität von InterPluralität auf das Gesellschafter auf essengruppen Unternehmensden Ges.-Zweck interesse über Satzung/Vertrag

Koordination

Rolle des Rechts

Steuerung über Zweckdiffusion Ersatz für den öffentliche Kontrolle Eigentum und im Zielsystem herkömmlichen und Bestimmung des Zweckmotivation des Unternehmens SteuerungsZugangs mechnismus

Strukturforderung.

Zugang

Problem

Funktionsveränderungen

Funktion

Grafik 4

170 3. Kap.: Funktionen der Willensbildung

. Kapitel

Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik Rekapitulieren wir: Mangelnde Gleichwertigkeit der von der Kommission vorgeschlagenen Unternehmensverfassungsmodelle führte uns zu einer funktionalen Analyse der Willensbildungstrukturen im Aktienunternehmen. Die Frage lautete, ob mittels dieser Prüfung Kriterien für einheitliche supranationale Strukturanforderungen gewonnen werden können, die die geforderte Gleichwertigkeit im Rahmen des 5. Richtlinienvorschlags gewährleisten können. Eine ökonomisch-rechtlich ausgerichtete Untersuchung von Funktionen dieser Willensbildungsstrukturen ergab, daß ein Wandel von unterschiedlichen Funktionen (Information, Informationsverarbeitung, Entscheidung, Zugang, Koordination) des Willensbildungsprozesses, insbesondere in großen Unternehmen, zu beobachten ist. Die bislang dem Markt überlassene Bedürfnisartikulation wird insbesondere in Bezug zu Arbeitnehmern tendenziell in das Unternehmen verlagert. Die über das Eigentum vermittelte privatautonome Selbstverwaltung des Informationsverarbeitungsprozesses erhält sozialstaatliche Züge. Der Zugang zum Willensbildungsprozeß unterliegt nicht mehr alleine der Steuerung über Eigentum und Zweckmotivation (Gewinnmaximierung). Zweckdiffusion beherrscht das Bild. Die Koordination der Gesellschafter auf den durch Gesellschaftsvertrag oder Satzung bestimmten Gesellschaftszweck wird durch die Abstimmung pluraler Interessen von einem operationalen Unternehmenszielsystem abgelöst. Im weiteren Verlauf der Arbeit versuchten wir, die sich abzeichnenden pluralen Strukturanforderungen theoretisch zu untermauern und einzugrenzen. Dabei lehnten wir Re-Integrationsversuche in attestierte wirtschaftsverfassungsrechtliche Ordnungsstrukturen als auch dezisionistische Eingrenzversuche der Beteiligungsstruktur über individual theoretische Resourcenmodelle ab. Auf der Grundlage organisationsrechtlicher Überlegungen kamen wir sodann zu folgenden vorläufigen Zwischenergebnissen für die gesuchten Strukturanforderungen: — Interessenadäquate Artikulation für betroffene Interessengruppen und ausreichende Interessenaggregation (Information), — Verhandlungsrechte für die betroffenen Interessengruppen (Informationsverarbeitung), — Entscheidungsbeteiligungsgarantie für die betroffenen Interessengruppen (Entscheidung), — Zugangsbestimmung und Zugangsgarantien (Zugang), — Unternehmensrechtliche Koordination der Interessengruppen auf das Unternehmensinteresse.

172

4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

Dieses Ergebnis wurde sodann dahingehend kritisiert, als pluralistische Konzeptionen keine Kriterien für die Eingrenzung der Gruppenstruktur benennen können. Es besteht somit die Gefahr der Überlastung des unternehmerischen Willensbildungsprozesses. Dieses Dilemma kann bislang auch nicht durch die Theorie des reflexiven Rechts bewältigt werden. Denn diese bietet nur Kriterien von hohem Abstraktionsgrad an, die zunächst noch in die juristische Terminologie übersetzt und praktisch verwertbar gemacht werden müßten. Einen juristisch handhabbaren Ansatz zur Begrenzung pluralistischer Beteiligungsrechte liegt aber in dem durch Einzelanalyse zu bestimmenden Verhältnis von Unternehmensverfassung und externem „Unternehmensverhaltensrecht". Eine Prüfung des Verhältnisses zum Arbeits- und Tarifvertragsrecht sowie zum Wettbewerbsrecht ergab, daß Unternehmensverfassungsrecht nicht nur organisationsneutrale formale Rechtsstrukturen bereitstellt, sondern auch in einem besonderen Zusammenhang mit dem externen Unternehmensverhaltensrecht steht. Dabei wird Unternehmensverfassung einerseits zur Transmissionsscheibe wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Leistungs- und Funktionsanforderungen. Andererseits wird die Beteiligungsstruktur der Unternehmens Verfassung aber auch dahingehend eingegrenzt, als die Wirksamkeit und Effektivität von externem Unternehmensverhaltensrecht Aufschlüsse darüber geben muß, ob die mit dem Unternehmen verbundenen Interessen hinreichend berücksichtigt werden, oder ob der Einbezug dieser Interessen in die Unternehmensverfassung eine sinnvolle Alternative darstellt. Für Arbeitnehmer des Unternehmens und ggf. Gewerkschaftsrepräsentanten beantworteten wir diese Frage positiv. Ein Einbezug vonVerbrauchern, Kleinlieferanten oder anderen Marktteilnehmern ist ζ. B. aus wettbewerbsrechtlicher Sicht abzulehnen. Dies dürfte auch für viele andere Bereiche gelten, bedarf aber nach dem hier vorgestellten Ansatz einer genauen Einzeluntersuchung. Der Grundgedanke unseres Ansatzes besteht somit darin, plurale Beteiligungsrechte innerhalb der Unternehmensverfassung gedanklich zu gewährleisten. Dies kann auch im Rahmen eines Rechtsangleichungsvorhabens Berücksichtigung finden. Die Konkretisierung der Beteiligungsstruktur bedarf jedoch einer eingehenden Wirkungsanalyse von externem Unternehmensverhaltensrecht. Dies kann aber nicht mehr auf europäischer, sondern erst auf nationaler Ebene geleistet werden. Auf der Grundlage dieses Konzepts sollen im folgenden Gestaltungsvorschläge für die 5. Richtlinie sowie ihre dogmatischen Zusammenhänge herausgearbeitet werden. I . Unternehmensverfassung und Mitgliedschaft 1. Die Zugangsfunktion

1.1. Das Problem der Zugangs Steuerung Wie und nach welchen Kriterien muß der Zugang zur Unternehmensverfassung im einzelnen bestimmt werden? M i t dieser Frage behandeln wir zunächst

I. Unternehmensverfassung und Mitgliedschaft

173

die Beziehung eines Unternehmens zu seinen Mitgliedern und den am Willensbildungsprozeß Beteiligten. Mit anderen Worten geht es hier vorerst weniger um die Frage, wie der unternehmerische Willensbildungsprozeß als solcher zu strukturieren ist, sondern vielmehr darum, ob und nach welchen Kriterien bestimmte Interessengruppen Zugang zu unternehmensinternen Willensbildungsstrukturen erlangen können. Wie wir feststellten, wurde der Zugang nach klassischen gesellschaftsrechtlichen Konzeptionen über Eigentum (Anteilserwerb über einen funktionsfähigen Kapitalmarkt) und Zweckmotivation (Gewinn) bestimmt. Ein Interessenausgleich sollte über Verträge und Vertragsfreiheit zustande kommen. Reflexion und Abstimmung von wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Funktions- und Leistungsanforderungen wurden unternehmensintern über einen funktionsfähigen, das heißt marktvermittelten Willensbildungsprozeß und unternehmensextern über entsprechende Vertragsbeziehungen gewährleistet. Bei dem in Teilbereichen nicht zu leugnenden Ausfall von Markt- und Vertragsmechanismen 1 wurde die Zugangssteuerung über Eigentum und Zweckmotivation auf der Grundlage des Gewinnmaximierungsprinzips zunehmend in Frage gestellt. Der Einfluß „gesellschaftsfremder" Interessen führte zwangsläufig zur Ausweitung des Zielsystems eines Untenehmens. Zugangsregelungen für die hier entworfene pluralistische Beteiligungsstruktur haben sich somit verstärkt mit dem Problem der Zweckdiffusion auseinanderzusetzen. Damit stellt sich das Problem, wie der bislang gültige Steuerungsmechanismus für den vorliegenden Funktionsbereich bzw. der Wegfall marktvermittelter Mobilität substituiert und in den Richtlinienvorschlag eingearbeitet werden kann. 1.2. Mitgliedschaftsrechtliche

Steuerung

Der Zugang könnte durch Mitgliedschaftsrechte gewährleistet werden. M i t anderen Worten ist zu überlegen, inwieweit mitgliedschaftsrechtliche Ein- und Austrittsrechte für bestimmte Interessengruppen geschaffen bzw. verstärkt werden können. Dagegen spricht allerdings der alleine auf Anteilseigner bezogene gesellschaftsrechtliche Mitgliedschaftsbegriff. Denn in Bezug auf unseren Ansatz fällt es schwer, Arbeitnehmer hierunter zu subsumieren 2. Dies kann erst gelingen, wenn ein einheitlicher unternehmensrechtlicher Mitgliedschaftsbegriff existiert 3 , was bislang de lege lata aber noch nicht der Fall ist.

1 2 3

Vgl. u.a. Kramer, E.A., Die Krise des liberalen Vertragsdenkens, 1974. Vgl. Lutter, M., Theorie der Mitgliedschaft, AcP 180 (1980), S. 84f. (152). Vgl. schon Raiser, Th., Das Unternehmen als Organisation, S. 132ff.

174

4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

1.3. Eintrittsvoraussetzungen

nach normativ festgelegten Größen?

Wie aus unserer rechtsvergleichenden Untersuchung zu ersehen ist, verbinden viele europäische Rechtssysteme Beteiligungsrechte mit bestimmten normativen Größen. Die Arbeitnehmerzahl eines Unternehmens sowie die Rechtsform der Trägergesellschaft bilden die wichtigsten Zugangskategorien zur unternehmerischen Willensbildungsstruktur für andere als Anteilseigner- oder Managementinteressen. Entsprechend bestimmt Art. 4 Abs. 1 des 5. Richtlinienvorschlags in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des europäischen Parlaments 4, das in Gesellschaften, die in der Gemeinschaft im Durchschnitt weniger als eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmern beschäftigen, welche die Gesetze der Mitgliedstaaten nicht höher als auf 1000 festsetzen dürfen, die Mitglieder des Aufsichtsorgans von der Hauptversammlung bestellt werden. Gesellschaften, die im Durchschnitt mehr als 1000 Arbeitnehmer beschäftigen, sind bestimmten Beteiligungsregeln nach Maßgabe der Richtlinie zu unterwerfen (vgl. Art. 4 Abs. 2). Unklar erscheint allerdings die gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 anzuwendende Berechnungsmethode. Sofern es dort heißt, daß Gesellschaften, „die in der Gemeinschaft im Durchschnitt weniger als eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmern beschäftigen", könnte hieraus geschlossen werden, daß nicht nur die Arbeitnehmer eines Unternehmens sowie die Arbeitnehmer der Tochtergesellschaften dieses Unternehmens eines Mitgliedstaates in die Berechnung des Schwellenwertes gemäß Art. 4 Abs. 1 einzubeziehen sind, sondern auch die Arbeitnehmer von Tochterunternehmen in anderen Mitgliedsstaaten. Abgesehen davon, daß die Richtlinie hiermit einer in Deutschland erörterten Frage der Anwendbarkeit des deutschen Mitbestimmungsgesetzes auf ausländische Tochtergesellschaften entgegenkommen dürfte, würde der Kreis mitbestimmter Unternehmen so ohne Zweifel wesentlich erweitert. Es fragt sich aber grundsätzlich, ob die normative Festlegung der Schwellenwerte (Rechtsform der A G gemäß Art. 1 Abs. 1, Arbeitnehmerzahl gemäß Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie) für Mitbestimmungsvorschriften grundsätzlich geeignet ist 5 . Die Projektgruppe im WSI weist zum Beispiel daraufhin, daß eine nach Rechtsformen abgestufte Mitbestimmungsregelung im deutschen Recht eine Mitbestimmungsflucht bzw. Abschwächung durch Rechtsformumwandlungen bewirken würde. Darüber hinaus ergebe sich die Notwendigkeit einer Mitbestimmungsregelung für Arbeitnehmer in allen Rechtsformen gleichermaßen. Die große Einzelfirma, O H G oder K G sei in ihren wirtschaftlich relevanten Organisations- und Produktionsstrukturen sowie in ihrer öffentlichen Verpflichtung in der Regel nicht von der großen A G (insbesondere der personalistischen bis hin zur Einmann-KG) zu unterscheiden 6. Ein Rechtsformzwang für 4 Vgl. europäisches Parlament, Stellungnahme zum 5. Richtlinienvorschlag der Kommission, in: Abl.E.G. Nr. C 149/17 (24). 5 Vgl. Raiser, Th., Mitbestimmungsgesetz, Rdn. 9 ff.; 13 ff. zu § 1; Hanau, P./Ulmer, P., Mitbestimmungsgesetz, Rdn. 31 ff. zu § 1. 6 Vgl. Projektgruppe des WSI, Vorschläge zum Unternehmensrecht, S. 204ff.

I. Unternehmensverfassung und Mitgliedschaft

175

Groß- und Größtunternehmen wird vorgeschlagen. Die Eingriffskriterien leiten sich dabei aus alten gewerkschaftlichen Forderungen ab. Die Größe eines Unternehmens könne durch eine Kombination von Merkmalen bestimmt werden, die für Größe und volkswirtschaftliche Bedeutung eines Unternehmens repräsentativ, genau fixierbar und ohne Schwierigkeiten feststellbar seien. Neben der Arbeitnehmerzahl eines Unternehmens sei vornehmlich die Bilanzsumme sowie der Umsatz zu ermitteln 7 . So wünschenswert ein Rechtsformzwang für bestimmte Unternehmen aus gewerkschaftlicher Sicht zwar sein mag, so problematisch ist dieser Vorschlag aus allgemeinen Gesellschafts-, Wettbewerbs- und steuerrechtlichen Gründen. So mag es sicher richtig sein, daß die Kopplung von Mitbestimmung an bestimmte Rechtsformen Ausweichmanöver von Unternehmen zur Folge haben kann, doch bleibt zu berücksichtigen, daß die Wahl einer Rechtsform auf wesentlich breiter gefacherte Entscheidungskriterien zurückzuführen ist. Der Richtlinienvorschlag sollte daher auch andere Rechtsformen (zumindest A G und GmbH) in sein Regelungssystem aufnehmen 8. Die konsequenteste Lösung würde jedoch in einem Abrücken vom Rechtsformprinzip für Mitbestimmungsfragen liegen. Dies wurde auf EG-Ebene bereits mit der „Vredeling-Richtlinie" (Informationen für Arbeitnehmer) konkret versucht. Nach unserem Ansatz wäre zunächst auf die Frage der Wirksamkeit und Effektivität von externem Unternehmensverhaltensrecht durch den Gesetzgeber abzustellen. Für die Kopplung von Beteiligungsrechten an die Arbeitnehmerzahl eines Unternehmens bleibt zu fragen, inwieweit eine normativ festgelegte Größe sinnvoll und wenn ja, durch weitere Größenmerkmale ergänzt werden muß. Die deutsche Unternehmensrechtskommission beschäftigte sich in ihrem Bericht mit möglichen unternehmensrechtlich relevanten Größenmerkmalen 9. In Bezug auf die Bestimmbarkeit von Größenmerkmalen versucht sie, allgemeine Zielvorgaben der Mitbestimmung zu klären, die wiederum Anhaltspunkte für die jeweils relevanten Schwellenwerte geben sollen. Danach kann zwar zwischen rein arbeitsrechtlichen Zweckbezügen einerseits und gesamtwirtschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen Gesichtspunkten andererseits unterschieden werden. Letzteres zielt primär auf die Kontrolle und Transparenz der im Großunternehmen mit gesamtwirtschaftlicher Bedeutung angesammelten wirtschaftlichen Macht ab und bezieht somit auch öffentliche Interessen mit ein. Die Kommission hielt jedoch die Ermittlung von Größenmerkmalen für problematisch, die zugleich Aufschlüsse über die gesamtwirtschaftliche und gesamtgesellschaftliche Bedeutung eines Unternehmens liefern. Sowohl betriebswirtschaftlichen 7

Vgl. Projektgruppe der WSI, aaO., S. 431 ; DGB Entwurf zum Mitbestimmungsgesetz von 1968 in: Das Mitbestimmungsgespräch 1968, S. 204ff. 8 Vgl. zur Ausweitung der 3. und 5. Richtlinie Abeltshauser, Th.E., Europäische GmbH-Fusion und Unternehmensverfassung, 1983. 9 Vgl. Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht über die Verhandlungen der Unternehmensrechtskommission, S. 100 ff.

176

4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

(z.B. Nennkapital, Nettoproduktionswert, Umsatz, Umsatzüberschuß, cash flow, Investitionskraft) als auch empirischen Meßmethoden wurde entgegengehalten, daß ζ. B. Größengrenzen für eine Dreierkombination von Beschäftigtenzahl, Bilanzsumme und Umsatz nur schwer in absoluten Zahlen festzulegen seien. Die Ermittlung eines Nettoproduktionswertes sei als Merkmal zu umständlich und nicht operationalisierbar. Andere betriebswirtschaftliche Größen seien nicht zweifelsfrei festzulegen. Darüber hinaus sei der Unterschied zwischen Groß- und Kleinunternehmen nicht so sehr quantitativer als vielmehr qualitativer und insbesonderer organisatorischer Natur. Rechtstatsächliche Untersuchungen würden auch Probleme aufwerfen, die das Untersuchungsergebnis mit nicht hinnehmbaren Unsicherheitsfaktoren belaste. In der Tat ist es auch für den hier gewählten Ansatz zweifelhaft, ob quantitative Meßwerte als Schwellenwert (insbesondere Beschäftigtenzahl, Umsatz, Bilanzsumme) alleine. oder kombiniert geeignete Aussagen über gleichgewichtige Markt- und Machtpositionen auf allen Märkten oder Teilmärkten treffen können. Denn der Einbezug bestimmter Gruppen würde im Ergebnis willkürlich festgelegt und sachlichen Erfordernissen nicht gerecht. Die politische Festschreibung bestimmter Eintrittsschranken stößt auch auf rechtstheoretische Bedenken. Entsprechend dem Problem der frühzeitigen Konkretisierung von Generalklauseln stellt sich für eine normative Schwellenfestschreibung hinsichtlich der Zugangsfunktion die Frage, ob dieses Programm in der Lage ist, Konflikte im Unternehmen hinreichend zu regulieren. Das Beispiel der Generalklauseln verdeutlicht nach Teubner, daß hier über das Mittel hoher Unbestimmtheit ein eigenartiger Kompromiß zwischen Wirklichkeitsanpassung und Erwartungskonstanz herstellbar und damit „lernendes Recht", also flexible Reaktionen des Rechts auf gesellschaftliche Wandlungen zu ermöglichen seien 10 . Hieraus kann gefolgert werden, daß auch der Zugang zur Beteiligungsstruktur des Willensbildungsprozesses im Unternehmen so lange wie möglich offengehalten werden sollte. 1.4. Öffentliche

Zugangskontrolle

Abgesehen davon, daß Gruppen, die in regelmäßigen Interaktions- bzw. Rollenbeziehungen zum Unternehmen stehen (Anteilseigner, Arbeitnehmer, Angestellte) 11 qua Gesetz und im Sinne der 5. Richtlinie Zugang zur Willensbildungsstruktur erhalten sollten, könnten nach den oben dargestellten Überlegungen von Ch. Stone insbesondere öffentliche und je nach Problembezug zu qualifizierende Interessen durch besonders zu beauftragende Behörden bestimmt und je nach Bewertung der Konfliktintensität, in die unternehmerische Willensbildungsstruktur integriert werden. Rechtliche Kriterien für den Zugang wären an bestimmte Verbots- und Mißbrauchstatbestände anzukoppeln 12 . So 10 11

Vgl. A.K.-BGB — Teubner, Anm. 5 zu § 242. Vgl. zu diesen Kriterien Raiser, Th., Das Unternehmen als Organisation, S. 132ff.

I. Unteehmensverfassung und Mitgliedschaft

177

könnte zum Beispiel der „wiederholte Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung" dazu führen, daß Kartell- und Monopolbehörden über eine Erweiterung ihrer wettbewerbsrechtlichen Aufsichtskompetenzen den Zugang für bestimmte Gruppenvertreter in die oben behandelten Unternehmensorgane auf eine bestimmte Zeit festlegen könnten. Diese Art der Bestimmung öffentlicher Interessenvertreter im Unternehmen würde dem von Christopher Stone vorgeschlagenen System der „Corporate Social Responsibility" nahekommen, denn auch er versucht, den Zugang pragmatisch an wiederholte Rechtsverstöße durch ein Unternehmen festzumachen. Welche Öffentlichkeitsvertreter nunmehr konkret im Falle des wiederholten Mißbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung in die Unternehmensverfassung eines Unternehmens zu integrieren sind, müßte sich letztlich nach dem Schutzzweck wettbewerbsrechtlicher Prinzipien richten. Eine Erörterung des Ausmaßes wettbewerbsrechtlicher Schutzzwecke würde an dieser Stelle allerdings zu weit führen 13 . Festzuhalten bleibt jedoch, daß nach europäischer Wettbewerbsrechtsprechung nicht nur der sogenannte Parallel- undVertikalprozeß erfaßt wird, sondern auch die „Austauschebene (Anbieter-Verbraucher). Für unseren Ansatz ließe sich somit aus den hier angestellten Überlegungen die Forderung ableiten, daß bestimmte, nämlich die von einem mißbräuchlichen Verhalten Betroffenen über ihre jeweiligen Verbände Anträge auf die Einleitung eines entsprechenden Kontrollverfahrens unter Erhebung paritizipativer Ansprüche stellen können 14 . Dabei könnte die jeweilige Besetzung von Unternehmensorganen mit Vertretern öffentlicher Interessen der Bewertung der aufsichtsführenden Behörde überlassen bleiben. Ähnliche Überlegungen ließen sich für für die Zusammenschlußkontrolle von Unternehmen anstellen. Darüber hinaus kann eine öffentliche Kontrolle des Zugangs auch an wiederholte Verstöße gegen das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen, Liefer- und Abnahmebedingungen, Umweltschutzgesetze oder sonstige Verbraucherschutzgesetze angeknüpft werden. Der Vorteil dieser Zugangsregelung läge einerseits in der flexiblen und problemorientierten Bestimmbarkeit potientieller gesellschaftlicher Konfliktgruppen. Andererseits käme die Ankopplung an bestimmte Verbots- und Mißbrauchstatbestände einer gewissen Entlastung „direkter staatlicher Aufsicht und Außensteuerung" entgegen. Die Konfliktschlichtung würde in die unmittelbare Nähe des zu ordnenden Lebensbereichs gerückt, in dem Betroffene und insbesondere Experten Einfluß- und Mitwirkungsmöglichkeiten erhalten. 12

Vgl. zu dieser Methode bereits Stone, Ch., D., aaO., S. 159f., 175 ff. Vgl. insbesondere Möschel, W., Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rn. 502; sowie Hart, D./Joerges, Ch., Verbraucherrecht und Marktökonomik: Eine Kritik ordnungstheoretischer Angrenzungen der Verbraucherpolitik, in: Assmann / Brüggemeier/ Hart/ Joerges, Wirtschaftsrecht als Kritik des Privatrechts, S. 83ff. 13

14 Für einen Anspruch auf Einschreiten der Kartellbehörde gemäß § 22 Abs. 2 GwB plädieren gegen die herrschende Meinung u.a. Scholz, R., Wirtschaftsaufsicht und subjektiver Konkurrentenschutz, 1971 S. 172fT.; Schmidt, K , Kartellverfahrensrecht, S. 578 ff.; Monopolkommission, Sondergutachten 1, Tz. 64 sowie Sondergutachten 7, Tz. 209.

12 Abeltshauser

178

4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

Zwar obliegt es nach wie vor öffentlichen Stellen, den Zugang für die jeweiligen Gruppen zu bestimmen, die eigentliche Entscheidungsfindung wird jedoch auf unternehmensinterne Konfliktverfahren deligiert. Wie wir in unserer wettbewerbsrechtlichen Untersuchung allerdings feststellten, macht es relativ wenig Sinn, Wettbewerber des betroffenen Unternehmens, Verbraucher oder andere Marktteilnehmer direkt innerhalb der Unternehmensverfassung zu berücksichtigen. Denn letztlich entfaltet das Wettbewerbsrecht als externes Unternehmensverhaltensrecht wesentlich effizientere Wirkungen als eine Regelung im Rahmen des Unternehmens Verfassungsrechts. Dies gilt auch für viele andere Bereiche, wie dem des Umweltrechts oder dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Darüber hinaus würde eine Fall zu Fallbeurteilung von Rechtsverstößen eines Unternehmens gegen besondere Schutzgesetze sowie eine Wirkungsprognose einer unternehmensverfassungsrechtlichen Regelung neue Probleme aufwerfen. So wird dieses Verfahren relativ kostenintensiv und zeitaufwendig sein. Darüber hinaus besteht auch die Gefahr der willkürlichen Einbeziehung öffentlicher Interessenvertreter sowie der Ungleichbehandlung von Unternehmen, die auf gleichen Märkten tätig sind und auch von ihrer Größe und wirtschaftspolitischen Bedeutung gleichartig sind. Denn die Ankopplung von Beteiligungsrechten für Öffentlichkeitsvertreter an Rechtsverstöße des Unternehmens würde dazu führen, daß das eine Unternehmen unter Umständen mit verschiedensten Interessenvertretern überlastet und das andere Unternehmen überhaupt nicht belastet wird. Einer Kontrollbehörde wird es auch relativ schwerfallen, die jeweils betroffenen Gruppen genau zu bestimmen und eine gerechte Auswahl unter ihnen zu treffen. Eine öffentliche Zugangskontrolle sollte somit im Ergebnis auf der Ebene des Gesetzgebers angesiedelt werden, der auch hinreichend Möglichkeiten hat, die hier vorgeschlagene Wirkungsanalyse von externem Unternehmensverhaltensrecht vorzunehmen, um sodann im Anschluß eine fundierte Prognose über die Effektivität von Öffentlichkeits Vertretern in der Unternehmens Verfassung abzugeben. Es bleibt zu fragen, wie und ob die hier entwickelte Zugangsregelung in den 5. Richtlinienvorschlag zur Angleichung der Aktienrechtsstrukturen eingearbeitet werden sollte. Dabei ist an die im ersten Kapitel dieser Arbeit herausgearbeiteten Funktionen gemäß Art. 100 i.V.m. Art. 54 Abs. 3 g EWG-Vertrag anzuknüpfen. Hinsichtlich der Rechtsangleichungsfunktionen stellten wir fest, daß Rechtsangleichung von nationalen Vorschriften angesichts des Integrationsstands der EG und ihres dynamischen Charakters nicht auf wirtschaftliche Angleichungsregelungen zur Schaffung eines gemeinsamen Binnenmarktes beschränkt werden kann.Denn die EG soll in Zukunft auch zu einer sozialen und politischen Union weiterentwickelt werden. Aber auch ohne dies wird deutlich, daß eine auf wirtschaftliche Grundlage gestützte Rechtsangleichung auch durch sozialpolitische Vorschriften zu ergänzen ist. Somit können auch Regelungen zur Beteiligung von Arbeitnehmern und ggf. öffentlichen Interessen in Kontrollorganen von Aktienunternehmen Eingang in Rechtsangleichungsvorhaben finden.

I. Unternehmensverfassung und Mitgliedschaft

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Die „Inhalte" gemeinschaftsrechtlicher Normen, die in einer Richtlinie festgeschrieben werden, richten sich nach ihren Aufgaben im Einzelfall 15 . Die sachgerechteste Norm sei dabei diejenige, die den Erfordernissen des gemeinsamen Marktes am besten entspräche. Hierfür könnten selbst Vorschriften entworfen werden, die bislang in keinem Mitgliedsstaat existieren 16 . Damit stünde einer Einbeziehung von Öffentlichkeitsvertretern in die Unternehmensverfassung im Rahmen eines Richtlinienvorschlages nichts im Wege. Zu fragen bleibt aber weiterhin, ob nicht mit einer solchen Regelung die Grenzen der Rechtsangleichung weit überschritten werden. Denn letzten Endes würde der europäische Gesetzgeber mit einer solchen Regelung tief in die politischen Entscheidungsprozesse der Mitgliedsstaaten eingreifen. Die „Grenzen" der Rechtsangleichung beziehen sich wieder auf ihre Funktion für die Errichtung oder das Funktionieren des gemeinsamen Binnenmarktes. Für eine öffentliche Zugangskontrolle gilt somit das oben Gesagte. Bedenken ergeben sich allerdings hier vielmehr in Bezug auf das Erfordernis der „unmittelbaren Auswirkung". Hieraus leitet sich die Frage nach der Angleichungsbedürftigkeit einer Norm aus der Feststellung heraus ab, ob sie die Ziele des gemeinsamen Marktes nicht fördert oder nicht im Einklang mit ihnen steht oder ihrer Erreichung sogar hinderlich ist. Insoweit ist Angleichung als Beseitigung einer solchen Nicht-Förderung oder Beeinträchtigung der Errichtung oder einer Störung des Funktionierens des gemeinsamen Marktes zu verstehen 17. Berücksichtigen wir allerdings, daß die Rechtsangleichung nicht nur ein Instrument zur Errichtung des gemeinsamen Marktes ist, sondern auch die schrittweise Annäherung der „Wirtschafts- und Sozialpolitik" der Mitgliedsstaaten zum Gegenstand hat, kommt der Rechtsangleichung auch im Gesellschaftsrecht und in Fragen der Beteiligungsrechte für Arbeitnehmer und öffentliche Interessen eine weitgehende, integrationsfördernde Aufgabe zu. Diese kann sich somit bei der Frage um eine europäische Unternehmensverfassung nicht mehr auf organisationsneutrale Vorschriften beziehen, sondern muß sich auch den sozialpolitischen Problemen stellen, so weit sie sich auf das Errichten und das Funktionieren des gemeinsamen Marktes beziehen. In Bezug zu den Grundsätzen der „Erforderlichkeit" und der „Unmittelbarkeit" der Rechtsangleichung, stehen einer öffentlichen Zugangskontrolle insbesondere für Beteiligungsrechte von Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrepräsentanten somit keine gravierenden Bedenken entgegen. Anders verhält es sich hier allerdings in Bezug auf ÖffentlichkeitsVertreter. Denn eine detaillierte Regelung würde wesentliche politische Entscheidungsfunktionen der nationalen Gesetzgeber auf die europäische Ebene transferieren. Angesichts der im rechts vergleichenden Teil festgestellten tiefgreifenden Unterschiede öffentlicher Beteili15

Vgl. Taschner, H.C., in v.d. Groeben, H./v. Boeckh, H./ThiesingJ./Ehlermann, D.D., Kommentar zum EWG-Vertrag, zu Art. 100 Rdn. 12. 16 Ebenda, Rdn. 13 und 22. 17 Ebenda, Rn. 25. 12*

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4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

gungsrechte in den Mitgliedsstaaten sollte von einer solchen Rechtsangleichung auf diesem Gebiet daher abgesehen werden. Für den europäischen Gesetzgeber sehen wir im Ergebnis somit hinreichende Möglichkeiten, eine öffentliche Zugangskontrolle dieser Art vorzunehmen. Er hat sich somit weitgehend darauf zu beschränken, plurale Beteiligungsrechte indirekt zu gewährleisten und allenfalls den Einbezug von Arbeitnehmern und ggf. Gewerkschaftsrepräsentanten direkt zu fördern. Eine Rahmenvorschrift für Beteiligungsrechte öffentlicher Interessen zeichnet sich dementsprechend auch in Art. 4 a der Richtlinie ab. Danach können die Gesetze der Mitgliedsstaaten abweichend von Art. 4 Abs. 1; 4 b Abs. 1; 4 c 1 der Richtlinie bestimmen, das nicht mehr als ein Drittel der Mitglieder des Aufsichtsorgans auf eine andere als in diesen Artikeln vorgesehene Weise bestellt werden kann. Hiermit kommt der europäische Gesetzgeber unseres Erachtens dem hier vertretenen Ansatz weitgehend entgegen. Denn er garantiert über diese Regelungen eine plurale Vertretungsstruktur, legt diese im einzelnen aber nicht fest.

2. Die Koordinationsfunktion

2.1. Das Koordinationsproblem In diesem Funktionsbereich geht es um das Problem, wie die Vielfalt der einzubeziehenden Gruppen innerhalb der jeweiligen von der Kommission vorgeschlagenen Unternehmensorgane auf eine gemeinsame Grundlage gestellt, d. h. wie diese koordiniert werden können. Die Koordination innerhalb einer Gesellschaft sollte nach rein gesellschaftsrechtlichen Prinzipien über gesellschaftsvertragliche und satzungsmäßige Bestimmungen sowie durch den Gesellschaftszweck als Basis des Gesellschaftsinteresses geleistet werden. Der Gesellschaftszweck ist Ausfluß des Willens der Gesellschaftergesamtheit und damit — unabhängig davon, ob man diese zu einer abstrakten Willenseinheit überhöht oder als vertragliche Zweckgemeinschaft ansieht — aus der Autonomie der Gesellschafter, ihrer Verfügungs-, Vertrags- und Organisationsfreiheit abgeleitet 18 . Schon mit der Ablösung und Verselbständigung der Unternehmensleitung in Aktiengesellschaften sowie der Einführung verstärkter Gläubiger- und Minderheitenschutzrechte ließ sich eine gewisse „VerObjektivierung" dieser Koordinationsgrundlage feststellen. Die inhaltliche Ausfüllung der Formel vom Gesellschaftsinteresse oblag nicht mehr der autonomen Dispositionsfreiheit von Anteilseignern 19 . Eine objektive Be18

Vgl. Brinkmann, Th., Der Übergang vom Gesellschafts- zum Unternehmensinteresse — Ein Element unternehmensrechtlicher Strukturbildung?, in: Gessner, V. / Winter, G., Rechtsformen der Verrechtlichung von Staat und Wirtschaft, S. 213 (215). 19 Vgl. so auch Flume, W., Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts 1 .Bd. 2.Teil — Die juristische Person, § 2 V I I 3., S. 59.

I. Unternehmensverfassung und Mitgliedschaft

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trachtungsweise der Geheimhaltungspflichten ist nach Lutter dafür konstitutiv, was bei vernünftiger und sachkundiger Unternehmensführung im Interesse der Gesellschaft, also im Hinblick auf ihren Nutzen und ihr Ansehen jetzt noch unbekannt bleiben solle 20 . Das objektive Gesellschaftsinteresse diente somit zugleich als Koordinationsformel zur Sicherung gegenwärtiger und zukünftiger Bedürfnisbefriedigung innerhalb der Gesellschaft. M i t dem verstärkten Einfluß unternehmensexterner Interessengruppen auf den unternehmerischen Willensbildungsprozeß gerät das ausschließlich gesellschaftsrechtliche Koordinationsmodell in zunehmende Schwierigkeiten. Die Koordination pluraler Interessengruppen auf bestimmte „Unternehmenszwekke" bzw. die sich im Unternehmen vollziehenden Kooperationsprozesse und die Integration der an ihnen Beteiligten rücken in den Brennpunkt des Regelungsinteresses. Das erfolgreiche Zusammenwirken einer Vielzahl von Menschen mit verschiedenen Beiträgen und Funktionen verlange danach, ein Mindestmaß an Verselbständigung über die Grundlagen der Kooperation, über gemeinsame Ziele und aufeinander abgestimmte Verhaltensmuster, auf die sich jeder Einzelne bei seinen Leistungen und Entscheidungen einzurichten habe 21 . In Anbetracht dieser Koordinationsproblematik, entwickelten Lehre und Rechtsprechung im deutschen Recht die Formel vom „Unternehmensinteresse" 22, die auch Eingang in den vorliegenden Rechtsangleichungsvorschlag fand (vgl. Art. 10 a II; 21 q I I der Richtlinie). Das Problem der Koordination pluraler Gruppen könnte über diese Interessenformel gelöst werden. Dagegen sprechen jedoch grundlegende Auslegungsprobleme 23. Im folgenden gilt zu fragen, ob dieser Rechtsbegriff mit Hilfe des hier verfolgten Ansatzes näher definiert und eingegrenzt werden kann. 2.2. Die Koordination

auf das Unternehmensinteresse

Es mag müßig erscheinen, die Unternehmensinteresseformel angesichts ihres oben festgestellten ambivalenten Charakters hier erneut zu bemühen. Sowohl die offensichtliche Unmöglichkeit einer genauen Unternehmenszielbestimmung 2 4 als auch die äußerst disparat verlaufende Diskussion in den Mitgliedstaaten lassen erhebliche Zweifel an einer operationalen Unternehmensinteresseformel in einem Rechtsangleichungsvorhaben aufkommen. Darüber hinaus bestreiten Teile der Lehre eine Regelungsnotwendigkeit des Unternehmensinteresses. Die Zwecke des Aktienrechts würden ohnehin schon durch eindeutige Ge20

Vgl. Lutter, M., Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, S. 103. Vgl. Raiser, Th., Unternehmensziele und Unternehmensbegriff, in: ZHR 144 (1980), S. 206 (221 f.). 22 Vgl. BGHZ 64, S. 325. 23 Vgl. oben S. 119 ff. 24 Vgl. hierzu auch Vanberg, V., Organisationsziele und individuelle Interessen, in: Soziale Welt 1983, S. 171 (180). 21

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4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

und Verbots- sowie Organisationsnormen verwirklicht und garantiert 25 . Unternehmensinteresse und Gesellschaftsinteresse seien de lege lata bei der Aktiengesellschaft — und dies könnte für alle Satzungsgesellschaften gelten — entsprechend der Identifikation von Unternehmen und juristischer Person identisch. „Dabei muß man berücksichtigen, daß das Gesellschaftsinteresse nicht mit dem Interesse der Aktionäre als der Gesellschafter gleichzusetzen sei" 2 6 . Zwar mag es richtig sein, das Unternehmensinteresse angesichts der nach wie vor kontrovers geführten Diskussion um einen rechtlichen Unternehmensbegriff de lege lata mit dem Gesellschaftsinteresse zu identifizieren. Doch stellt sich die Frage, ob diese begriffliche Reduktion auch qualitativen Veränderungen des dogmatischen unternehmensrechtlichen Orientierungsrahmens gerecht werden kann. Für Flume ist die Gleichsetzung von Unternehmensinteresse und Gesellschaftsinteresse nicht das bloße Resultat der verschiedenen beteiligten Interessen. Das Unternehmens- / Gesellschaftsinteresse bestimme vielmehr, welches der häufig divergierenden Interessen der Unternehmensbeteiligten und wie weit es im Einzelfall zur Geltung kommen solle. Diese Funktion könne das Unternehmens-/ Gesellschaftsinteresse eben nur dann erfüllen, wenn es nicht aus den beteiligten Einzelinteressen abgeleitet würde, sondern diesen zugeordnet werde 27 . Mit dieser Definition entspricht Flume zwar tendenziell einem pluralistischen und komplex strukturierten Unternehmensinteresse 28, doch dürfte er hiermit kaum über das Problem einer überlasteten materialen Ordnungskategorie hinaus kommen 29 . Neuere Beiträge tendieren dahin, das Unternehmensinteresse „prozedural" zu bestimmen 30 . Vorgegeben ist lediglich ein regulatives Postulat. Die Konkreti25

Vgl. Grossmann, Α., Unternehmensziele im Aktienrecht, S. 105 ff. Vgl. Flume, W., a. a. O. § 2 V I I 3., S. 59; wohl auch Lutter, M., a. a. O.; der den Begriff des Unternehmensinteresses konsequent vermeidet und vom objektiven Gesellschaftsinteresse spricht. 27 Vgl. Flume, W., a.a.O., S. 58. 28 Vgl. Brinkmann, Th., Der Übergang vom Gesellschafts- zum Unternehmensinteresse, in: Gessner, V./Winter, G., a.a.O. S. 217. 29 Zum Problem eines pluralistischen Unternehmensinteresses vgl. Brinkmann, Th., a.a.O., S. 218ff. 30 Vgl. allgemein zur Prozeduralisierung von Recht Wiethölter, R., Materialisierung und Prozeduralisierung von Recht, E H I Florenz 7.12.1982; grundlegend Brinkmann, Th., Unternehmensinteresse und Unternehmensstruktur, S. 216 ff.; Laske, St., Unternehmensinteresse und Mitbestimmung, ZGR 1979, S. 173 ff.; Reuter, D., Der Einfluß der Mitbestimmung auf das Gesellschafts- und Arbeitsrecht, AcP 179 (1979), S. 509 (519); Kübler, F., Dual Loyality of Labor Representatives, in: Hopt, K.J./Teubner, G., a.a.O. 1984, S. 429ff.; Teubner, G., Corporate Fiducaries and their Beneficaries: A Functional Approach to the Legal Institionalization of Corporate Responsibility, in: Hopt, K.J./Teubner, G., a.a.O., S. 149ff.; Raiser, Th., Unternehmensziele und Unternehmensbegriff, ZHR 144 (1980), S. 206ff.; ders., Mitbestimmungsgesetz, Rdn. 82ff. zu § 25. Zum Unternehmensinteresse vgl. auch Jürgenmeyer, M., Das Unternehmensinteresse, S. 85 sowie Teubner, G., Unternehmensinteresse — das gesellschaftliche Interesse des Unternehmens „an sich", ZHR 1985, S. 470 ff. 26

I. Unternehmensverfassung und Mitgliedschaft

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sierung des Unternehmensinteresses sei das jeweilige Produkt der Prozesse in der organisationsrechtlichen Ordnung des Entscheidungssystems. Die Auslegung des Untenehmensinteresses als „Regelungsleitlinie" stellt den Versuch dar, der für eine Rücknahme der Unternehmensinteresseformel aus der vordersten Reihe quasidogmatischer, unternehmensrechtlicher Kriterien in die Reihe normativ theoretischer Konstrukte zur Orientierung der Verhaltensordnung plädiert 31 . Die Grundlage der normativen Funktionsbestimmung ist danach die Erkenntnis, daß das Unternehmensinteresse nicht als transferierbares unternehmestheoretisches Kriterium oder Modell zu verstehen sei, sondern vielmehr als Problemumschreibung. Umschrieben wird das Problem, in einer pluralistischen Entscheidungsstruktur, an der Gruppierungen mit unterschiedlichen Interessen und Beziehungen zum Unternehmen und seinen Ergebnissen beteiligt sind, Pluralität und Homogenität in der Unterzielorientierung der Gesamtorganisation zu vereinbaren. Der normative Unternehmensinteressebegriff beinhaltet also das Postulat einer jeweils gelingenden, integrierten Gesamtinteressenbildung 32. Es sei allerdings davor gewarnt, die Formel vom Unternehmensinteresse mit ganz bestimmten Interessengruppen innerhalb des Unternehmens gleichzusetzen. Das Unternehmen ist vielmehr als „eigenständiges Aktionszentrum" zu verstehen, das sich gegenüber Markt, Politik und anderen Umwelten stabil erhält. Hierauf und auf die Autonomie von Organisationsentscheidungen ist das Unternehmensinteresse einzustellen. Mit anderen Worten ist die „integrierte Gesamtinteressenbildung" auf die gesellschaftliche Dimension des Unternehmens auszurichten. Dies gelingt allerdings erst dann, wenn die Wirtschaftsorganisation „über die Leistungen an ihre Umwelt, das heißt die unmittelbare Produktion von Gütern und Dienstleistungen und die Interessenbefriedigung von Konsumenten, Anteilseigner, Arbeitnehmern usw. hinaus einen Beitrag zu einer noch unbestimmten Zukunftssicherung der Gesellschaft gegenwärtig erwirtschaftet. Kostengünstige Organisation, das Wirtschaftlichkeitsprinzip sowie die Profitorientierung des Unternehmens erhalten erst von dieser gesellschaftlichen Funktionsbestimmung ihren Sinn, und zwar unabhängig von Markt- und Planstrukturen 33 . 31

Vgl. insbes. Brinkmann, Th., a.a.O., S. 22f. M i t anderen Worten, das Prinzip der Gewinnmaximierung wird aus dem Gesichtspunkt der Integration eines Unternehmens in seine gesellschaftliche Umwelt sowie der Integration der Organisationsmitglieder in das Unternehmen in Frage gestellt. „The position taken here is that maximization of return, even if possible is destructive from the viewpoint of the organization". Vgl. Yachtman/Seashore, A System Resource Approach to Organizational Effectivness, in: 32 American Sociological Review 1967, S. 900 (901); Mittels „Reflexiver Mechanismen" wird es dagegen nach Willke möglich, daß sich ein System (Unternehmen) selber als mögliche Umwelt darstellen begreifen lernt und die daraus folgenden Restriktionen in die eigene Handlungssteuerung einbaut (Relativierung des Gewinnmaximierungsziels als Oberziel durch Unterzielsystem). Vgl. Willke, H., Zum Problem der Integration komplexer Sozialsysteme: Ein theoretisches Konzept, in: 30 Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 1978, S. 228 (237). 32

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4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

Die Unternehmensinteresseformel stellt danach gem. Art. 10 a II, 21 q I I des 5. Richtlinien Vorschlags keine konkrete Verhaltensmaxime für Mitglieder des Leitungs- und Aufsichtsorgans dar, sondern eine übergeordnete Regel für Verhaltenspflichten und Kompetenzabgrenzungen. Dies bedeutet zugleich, daß sie sich nicht nur auf den engen Bereich konkreter unternehmensrechtlicher Verhaltenspflichten, sondern als Koordinationsprinzip auf alle unternehmensrechtlichen Normen erstreckt. Einerseits erscheint insofern bereits an dieser Stelle die Übernahme der Untenrehmensinteresseformel in die Art. 10 a II, 21 q I I der Richtlinie unglücklich. Andererseits zeigt sich aber auch, daß ein prozedural verstandener Unternehmensinteressebegriff unseren Ansatz positiv ergänzen kann. Neben der Ausrichtung der gesamten Unternehmens verfassungsrechtlichen Struktur- und Kompetenzordnung auf prozedurale Konfliktkanalisierung und Lösungsverfahren, würden entsprechend ausgerichtete Verhaltenspflichten für die jeweils am Konfliktdiskurs Beteiligten der Gefahr interessenegoistischer Verhaltensweisen vorbeugen (Mißbrauch von Informationen, Kooperationspflichten, Organisationspflichten usw.). Diesem letzten Punkt gelten unsere abschließenden Ausführungen. Dabei soll hier der Frage nachgegangen werden,inwieweit eine prozedurale Unternehmensinteresseformel Interessenkonflikte von Mitgliedern eines Kontrollorgans in dem Sinne steuern kann, daß deren Verhalten mit dem grundlegenden, organisationsintern organisierten Prinzip der Sicherung gegenwärtiger und zukünftiger Bedürfnisbefriedigung koordiniert werden kann. 2.3. Verhaltenspflichten

und Unternehmensinteresse

2.3.1. Sorgfalts- und Loyalitätspflichten Unter Anknüpfung an unsere Überlegungen im 1. Teil dieser Arbeit 3 4 ist von folgender Fallkonstellation auszugehen35: Das Leitungsorgan einer Gesellschaft i.S.v. Art. 1 Richtlinienvorschlag übermittelt dem mitbestimmten Aufsichtsorgan (AR / Verwaltungsorgan, Arbeitnehmervertretung, Ausschüsse) pflichtgemäß Informationen über langfristig geplante Tätigkeitsbeschränkungen. Die Arbeitnehmer- und Bankenvertreter im Kontrollorgan befürchten längerfristige Arbeitsplatzgefährdungen bzw. Finanzierungsengpässe in bezug auf bestimmte Unternehmensteile. Entsprechende Informationen werden an die A N der voraussichtlich betroffenen Betriebe sowie an verschiedenste Kreditinstitute weitergeleitet. Es kommt zu Unruhen auf A N - und Gewerkschaftsseite, potentielle Kreditgeber werden abgeschreckt. Das Unternehmen erleidet nicht unwesentliche Verluste auf dem Kapitalmarkt. 33

Vgl. Teubner, G., Unternehmensinteresse — Das gesellschaftliche Interesse des Unternehmens „an sich"?, in: ZHR 1985, S. 470 ff. 34 35

Vgl. oben S. 121 ff. Für weitere Fallbeispiele vgl. auch Kübler, F., a.a.O.

I. Unternehmensverfassung und Mitgliedschaft

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Es stellt sich die Frage, ob die genannten Vertreter im Aufsichtsorgan ihre Loyalitäts- und Sorgfaltspflichten gegenüber dem Unternehmen verletzt haben (vgl. auch §§93 I 2; 116; 404 deutsches AktG, Art. 14 Richtlinienvorschlag). Gehen wir in Analogie zu §93 I 2 deutsches A k t G davon aus, daß die Verschwiegenheitspflichten gem. Art. 10 a I I Richtlinienvorschlag einen objektiven Geheimnisbegriff enthalten 36 , ist zu fragen, ob es sich bei den vorliegenden Informationen um Geheimnisse in diesem Sinn handelt. Gehen wir weiter davon aus, daß es sich um der Allgemeinheit unbekannte Tatsachen handelt, die vom Leitungsorgan entsprechend gekennzeichnet waren, läßt der eingetretene materielle und immaterielle Schaden (guter Ruf des Unternehmens) auf eine eindeutige Verletzung der Verschwiegenheitspflichten schließen. Die genannten Mitglieder des Aufsichtsorgans würden aufgrund ihrer Verschwiegenheitspflicht gem. Art. 14 I i.V.m. Art. 14 I I der Richtlinie gesamtschuldnerisch haften. Die Tatsache, daß die Haftung der Mitglieder der AN-Vertretung in den Art. 4 d, 10 a I I i.V.m. Art. 14 der Richtlinie nicht besonders geregelt ist, dürfte ein offensichtlicher Mangel der Richtlinie sein. Es wäre zumindest nicht einzusehen, mit welchem Recht die Arbeitnehmer Vertretung weitreichende Informationsrechte besitzt, der Verschwiegenheitspflicht gerade noch unterfällt, jedoch keiner besonderen Haftung unterliegen soll. Dem Gebot der „Gleichwertigkeit" wäre auch an dieser Stelle nachzukommen. Eine andere Frage stellt sich im Hinblick auf die „berechtigten Informationsinteressen" bestimmter Interessengruppen. Führt dieses berechtigte Informationsinteresse zur teilweisen Durchbrechung der Verschwiegenheitspflichten in bezug auf objektive Unternehmensgeheimnisse? 37. Sicher darf das Argument berechtigter Informationsinteressen nicht dazu führen, daß der objektive Geheimnisbegriff zunehmend ausgehöhlt wird. Dies verbietet sich schon angesichts der Stellung eines Unternehmens auf dem Markt und im Verhältnis zu anderen Unternehmen. „Denn der Vorsprung und legitime wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens besteht in nicht geringem Maße darin, daß man ein Produkt oder eine sonstige Leistung eher entwickeln, besser fertigen, kostengünstiger finanzieren und breitflächiger vertreiben kann als der Konkurrent" 3 8 . Frühzeitige Preisgaben wesentlicher Unternehmensgeheimnisse könnten unübersehbare Schäden verursachen, die zum Zeitpunkt der Beurteilung durch einzelne Mitglieder von Unternehmensorganen noch gar nicht absehbar sind. Andererseits erscheint eine strikte Ablehnung jeglicher Offenbarungspflichten und -rechte für Aufsichtsratsmitglieder zu eng. Denn insbesondere in Fällen drohender kurzfristiger Betriebsstillegungen, Konkursanträgen, Einrichtung umweltgefährdender Betriebsanlagen etc. stellt sich die Frage, ob eine weitgehende Verschwiegenheitspflicht und Loyalitätsgebundenheit noch sachgerecht sind 39 . 36 37 38

Vgl. insbes. Lutter, M., a.a.O., S. lOOff. Vgl. Mertens, H.-J., Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, Anh. zu § 196 Anm. 94. Vgl. Lutter, M., a.a.O., S. 95.

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4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

Die Formel vom Unternehmensinteresse dürfte in diesen Situationen 40 erste Hilfestellungen anbieten. Das Gebot einer integrierten Gesamtinteressenbildung könnte dazu führen, daß jedem Mitglied eines Unternehmensorgans die Pflicht obliegt, bestimmte sich stellende Interessenkonflikte vorab zunächst eingehend innerhalb des Gesamtaufsichtsorgans zu beraten. Verletzt es diese Pflicht schuldhaft (vorsätzlich oder fahrlässig), unterliegt es bei Eintritt von Schäden den Haftungsvorschriften (Art. 14). Das gleiche prozedurale Prinzip könnte für Fälle Anwendung finden, in denen der Geheimnissachverhalt nicht eindeutig zu bestimmen ist, also Zweifel über die Offenbarungsrechte in bezug auf bestimmte Tatsachen vorliegen. Diese Fälle dürften mit steigender Größe und Komplexität von Unternehmen wesentliche Bedeutung gewinnen. Ebenso müßte die Entscheidung über die Hinzuziehung beratender Personen und Institutionen, die keiner besonderen Berufsverschwiegenheitspflicht unterliegen, vorab im Gesamtaufsichtsorgan erörtert werden. Bei Verstößen gegen diese „Kooperationspflicht" würden im Falle eintretender Schäden wiederum die genannten Haftungsregeln zur Geltung kommen. Eine „strenge Kooperationspflicht" würde allerdings entfallen, wenn es sich bei bestimmten Tatsachen um keine objektiven Unternehmensgeheimnisse handelt. Damit würde ein Aufsichtsratsmitglied der AN-Seite haftungsrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden können, sofern es bekannte Daten an Dritte weitergibt, die diese wiederum für den Aufbau eigener Informationssysteme benutzen. Dies ergibt sich schon aus der Tatsache, daß es schließlich jedem Unternehmen oder jedem Verband offensteht, allgemein bekannte und zugängliche Informationen für eigene Zwecke zu verwerten. Auf der Grundlage einer prozeduralen Unternehmensinteresseformel dürfte allerdings auch bei nicht geheimzuhaltenden Informationen das Erfordernis einer abgewogenen und vorsichtigen Offenbarung in besonders gelagerten Fällen zu berücksichtigen sein. Verstößt ein Mitglied des Aufsichtsorgans grobfahrlässig oder vorsätzlich gegen diese „abgeschwächte Kooperationspflichtkönnte neben einer Haftung die Abberufung aus „wichtigem Grund" zur Anwendung kommen. Eine andere Lösung kann darin gesehen werden, dem einzelnen und autonom, aber ohne Ermessen entscheidenden Mitglied eines Aufsichtsorgans bestimmte Richtlinien zur vorsorglichen Sicherung der Vertraulichkeit anheimzustellen. In diesem Sinne plädiert Lutter für eine ,Sicherung durch Verfahren" und für „praktische Gestaltungen" in bezug auf die technische Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsorgan 41 . Entsprechende Richtlinien könnten die Unterrichtung aller anderen Organmitglieder über vertraulichkeitsbegründende Tatbestände bei einer Verschwiegenheitspflicht aus Rechten Dritter und zum Schutze Dritter 39 Hierbei sind insbesondere Fälle angesprochen, die mehr sind als eine einfache Saldierung von Gesellschaftsvor- und Nachteilen vgl. Lutter, M., a.a.O., S. 127. 40 Vgl. auch Kübler, F., a.a.O., S. ; Raiser, Th., Recht der Kapitalgesellschaften, § 15 V I I 4., S. 96f. 41 Vgl. Lutter, M., a.a.O., S. 152f.

I. Unternehmenserfassung und Mitgliedschaft

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beinhalten. Ebenso könne der indizielle Charakter einer bestimmten Übung von Vertraulichkeit in der Gesellschaft und in Gesellschaften dieser Art sowie Beratungserfordernisse verdeutlicht werden 42 . Darüber hinaus geht es Lutter hier nicht nur um die Festlegung von einzelnen Fällen und Fallgruppen, sondern auch um die Festlegung eines Verfahrens", in dem die Meinungen der betreffenden Organmitglieder über Einzelfälle und ihrer Bedeutung mit dem Ziel ausgetauscht werden können, das nach § 93 I 2 deutsches A k t G richtige Ergebnis in gemeinsamer Anstrengung zu finden 43. Zwar bleibt Lutter mit diesem Ansatz in einem quasi-vorrechtlichen Raum von Verhaltensrichtlinien, die im besten Fall durch entsprechende Aufstellungsbeschlüsse des Aufsichtsorgans rechtlichen Charakter bekommen könnten. An diesem Ansatz offenbaren sich jedoch auch prozedurale Elemente. Insbesondere die Hinweise auf Beratungsverfahren und die Einrichtung besonderer Ausschüsse lassen darauf schließen. Der Nachteil entsprechender Richtlinien besteht allerdings darin, daß sie bei Nichtbeachtung und im Falle von Fehleinschätzungen zwar schuldhafte Pflichtverletzungen vorliegen. Anhaltspunkte dieser Art können sich jedoch nicht zu normativen Bestandteilen der Geheimhaltungspflicht verdichten, an die die Organmitglieder gebunden wären. Sanktionsfähige Verhaltenspflichten auf der Grundlage eines prozeduralen Unternehmensinteressebegriffs sind somit an dieser Stelle zu favorisieren. 2.3.2. Organisationspflichten und Haftung Nicht nur für prozedurale Sorgfalts- und Loyalitätspflichten gewinnt eine kooperative Interessenvergemeinschaftungsformel Bedeutung, sie dient auch zur Bestimmung spezifischer Organisationspflichten für Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder. Zwar findet die Lehre der deliktischen Haftung aus Organisationsverschulden nach deutschem Recht (vgl. §§831, 823 BGB) nur sehr eingeschränkt auf Mitglieder des Aufsichtsorgans bei der Auswahl von Hilfspersonen Anwendung 44 , doch spricht vieles dafür, die Grundprinzipien im Unternehmen anzuwenden45. Ein Geschäftsherr (bzw. der Rechtsträger eines Unternehmens) 4^ hat gegenüber jedermann die Verkehrspflicht, Personen, die er zu einer Verrichtung bestellt, so sorgfältig auszuwählen, anzuleiten, auszurüsten und zu beaufsichtigen sowie seinen Betrieb so zu „organisieren", daß auch durch ihr Tätigwerden in seinem Funktionsbereich die Gefahr einer Schädigung Dritter nicht erhöht wird 4 7 . § 8311 BGB wird von der h.L. als ein Fall gesetzlich geregelter Verkehrspflichten des Geschäftsherrn zur Minimierung der spezifi42

Vgl. hierzu jedoch die einschränkende Rechtsprechung des BGHZ 85, S. 293 (Hertie) sowie Hommelhoff, P., Die Autarkie des Aufsichtsrats, ZGR 4/1983, S. 551 ff. 43 Vgl. Lutter, M , a.a.O., S. 153. 44 Vgl. Lutter, M., a.a.O., S. 133f. 45 In Ansätzen schon Stone, Ch.D., a.a.O., S. 229; Teubner, G., a.a.O., S. 149ff. 46 Vgl. Mertens, H J . , Münchener Kommentar zum BGB, Anm. 37 zu§ 831. 47 Mertens, H.-J., a.a.O., Rdn. 1 zu § 831.

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4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

sehen Gefährdungen angesehen, die sich aus der Beschäftigung von Verrichtungsgehilfen und für den hier besonders wichtigen Fall der technischen Organisation des Betriebes ergeben. Unter entsprechender Ausdehnung der zugrundegelegten Organisationspflicht ließe sich für die Ausgestaltung einer im Unternehmensinteresse liegenden prozeduralen Willensbildungsstruktur folgendes ableiten: Den Gründern bzw. der Unternehmensleitung obliegt die Pflicht darauf zu achten, daß die Willensbildungs- und insbesondere die Kontroll- und Beratungsstruktur des Willensbildungsprozesses dem objektiven, prozedural verstandenen Unternehmensinteresse entspricht. Für die objektive Zurechnung einer Pflichtverletzung käme es in Analogie zum Organisationsverschulden gem. § 8311 BGB dabei auf die allgemeine — durch Interessen- und Güterabwägung unter Zugrundelegung der volkswirtschaftlichen und allgemeinen gesellschaftspolitischen Interessen an bestimmten Produktions- und Verteilungsvorgängen, der Gewerbe- und Wettbewerbsfreiheit — auf folgende Frage an: Welchen Sicherheitsstandards hat ein Unternehmen zu entsprechen, um unter Berücksichtigung der von ihm ausgehenden Gefahren in seiner volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Existenzberechtigung anerkannt werden zu können? Dabei ist für das Organisationsverschulden gem. § 831 BGB zu bedenken, „daß ein Großunternehmen oder eine Großproduktion meist — absolut gesehen — eine größere Gefahrhäufung darstellen wird als ein mittelgroßer Betrieb und daß bestimmte Technologien in kleineren Unternehmen noch hinnehmbar sein mögen, in großen aber nicht mehr. Insofern kommt eine gewisse Relativität der Sicherheitsstandards nach der Unternehmensklassifikation in Betracht, bei der auch Kostenstruktur, finanzielle Kapazität, Wirtschaftlichkeit und gesamtwirtschaftliche Bedeutung des einzelnen Unternehmens insofern nicht ganz außer Acht zu lassen sind, als ein genau einzugrenzendes volkswirtschaftliches Interesse an der Erhaltung des einzelnen Unternehmens und — wie das GWB zeigt — an einer bestimmten Unternehmensstruktur legitimerweise Berücksichtigung in der Interessen- und Güterabwägung beanspruchen d a r f ' 4 8 . Die konkrete Organisationspflicht des Vorstandes könnte somit in der Einrichtung prozeduraler Kontroll-, Beratungs- und Verhandlungsstrukturen für das Aufsichtsorgan bestehen. Besondere Bedeutung gewinnt diese Pflicht für Unternehmen, die nicht schon weitgehend gesetzlichen Strukturbestimmungen unterliegen (ζ. B. mittelgroße GmbH-Unternehmen). Dem Leitungsorgan von Unternehmen der hier behandelten Art könnten hingegen besondere Einwirkungspflichten zur Untergliederung des Kontrollorgans in besondere Unternehmensausschüsse zukommen. Die konkrete Einrichtung, Auswahl und Bestel48

Vgl. Mertens, H.-J., a. a. O., Rdn. 7 zu § 831; zur Haftung des Geschäftsherrn wegen Organisationsmängeln nach § 823 I BGB vgl. AK-BGB-Reich, N. Anm. 10 zu § 831; zur betrieblichen Organisationspflicht nach ständiger Rsp. des RGZ und BGHZ vgl. in bezug auf die Haftung der juristischen Person gem. § 31 BGB Landwehr, G., Die Haftung der juristischen Person für körperschaftliche Organisationsmängel, AcP 164 (1964), S. 482 (499 ff.).

I. Unternehmens V e r f a s s u n g und Mitgliedschaft

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lung dieser Subeinheiten würde hingegen dem Pflichtenkreis des Kontrollorgans zufallen. Organisationspflichten in dem so verstandenen Sinne obliegen somit nicht nur dem Leitungsorgan, sondern bestimmen auch prozedurale Verhandlungspflichten der Mitglieder der Aufsichtsorgane i.S. des Richtlinienvorschlags. Dies bedeutet, daß die Einrichtung und Besetzung besonderer Unternehmensausschüsse nur kooperativ, also im Unternehmensinteresse durchgeführt werden darf. Gleiches gilt für die Einbeziehung externer Berater. Die Bestellung darf nur im kooperativen Zusammenwirken erfolgen. Dabei ist auf die Unabhängigkeit, Qualität und Erfahrung der einzubeziehenden Experten zu achten. Dem jeweils zu beratenden Organmitglied obliegen darüber hinaus besondere Pflichten zur Überwachung dieser Dritten. Verstöße gegen die hier genannten Organisationspflichten würden wiederum zur gesamtschuldnerischen Haftung i.S. von Art. 14 führen. In Anbetracht der heute zunehmend komplexen Beurteilungs- und Entscheidungssachverhalte mit denen Mitglieder von Aufsichtsorganen konfrontiert werden, erscheint die hier vorgestellte Methode unter Orientierung an einem prozedural verstandenen Unternehmensinteresse sachgerechter als die sofortige Aufbürdung einer Haftung aus Organisationsverschulden einzelner, im freien Ermessen handelnder Mitglieder des Aufsichtsorgans. 2.4. Zusammenfassung Das Koordinationsproblem kann im Ergebnis auf der Grundlage der hier ausgearbeiteten unternehmensverfassungsrechtlichen Strukturanforderungen gelöst werden. Die Koordination im Hinblick auf bestimmte Unternehmenszwecke ist hingegen über die gem. Art. 10 a II, 21 q I I des Richtlinienvorschlags konzipierte Unternehmensinteresseformel zu leisten. Das Problem dieses unbestimmten Rechtsbegriffs liegt in seiner inhaltlichen Ausfüllung. Selbst pluralistische Erklärungsansätze führen eher zu einer überlasteten materialen Ordnungskategorie statt zu einer operationalen Koordinationsformel. Geeigneter ist dagegen ein prozedural bestimmter Unternehmensinteressebegriff, der von dem Erfordernis einer integrierten Gesamtwillensbildung ausgeht. Ein solches Konzept verspricht bei näherer Auslegung und praktischer Anwendung nicht zu unterschätzende Vorteile. Dies versuchten wir am Beispiel der Interpretation der Sorgfalts- und Loyalitätspflichten von Organmitgliedern sowie hinsichtlich einer Übernahme des Haftungsprinzips aus Organisationsverschulden für Organmitglieder zu belegen. Für die Gestaltung der Strukturrichtlinie folgt daraus, daß die Unternehmensinteresseformel in einen eigenständigen Artikel überführt werden sollte. Damit wäre sichergestellt, daß diese Vorschrift auf das gesamte unternehmensverfassungsrechtliche Kompetenz- und Verhaltenssystem des Richtlinienvorschlags angewendet werden kann. Hieraus folgt zugleich, daß eine Ausnahme der AN-Vertretung vom Unternehmensinteresse nicht sachgerecht ist. Die besondere Aufführung der AE- und AN-Interesseïi könnte hingegen entsprechend unserer Auslegung gestrichen werden.

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4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

II. Informations- und Entscheidungsverfahren Ging es bislang um Fragen des Zugangs zur Unternehmensverfassung sowie um die Koordination der jeweiligen Gruppen untereinander und auf das Unternehmensinteresse, wenden wir uns nunmehr den bereitzustellenden Informations· und Entscheidungsstrukturen in der Unternehmensorganisation zu. Mit anderen Worten geht es hier qualitativ weniger um Fragen, welche Gruppen Eingang in die Unternehmensorganisation erlangen und wie die jeweiligen Gruppenvertreter auszuwählen sind. Vielmehr steht das Problem der Ausgestaltung einer Unternehmensorganisation in den drei Funktionsbereichen Information, Informationsverarbeitung und Entscheidung im Vordergrund. 1. Die Informationsfunktion

1.1. Problem und Strukturanforderungen Resümieren wir mit Hilfe unserer Funktionsmatrix den Untersuchungsverlauf für den hier zu behandelnden Funktionsbereich, wird deutlich, daß die Vermittlung von Bedürfnisinformationen über den Markt mit steigender Unternehmensgröße und Unternehmensmacht problematischer wird und ζ. T. in den Dispositionsbereich eines Untenehmens übergehen kann. Das Verhalten der sich vom Markt emanzipierenden Satzungsgesellschaften wird damit politisch relevant. Nach Ott ist wirtschaftliche Unternehmensmacht als politische Herrschaftsmacht zu verstehen. Nicht wirtschaftliche Macht als diffuse gesellschaftliche Erscheinung, sondern ihre Organisation in fest etablierten Machtzentren, die ihrerseits wesentlicher Bestandteil des sozialen Herrschaftssystems seien, bilde das eigentliche Problem der modernen Industriegesellschaft und ihrer rechtlichen Bewältigung 49 . Eine Beschreibung und Präzisierung einer Übernahme und Integration typischer Informationsfunktionen durch große Unternehmen kann sich auf eine Reihe in- und ausländischer Untersuchungen zu diesem Problembereich stützen 50 . Dies soll wie folgt beispielhaft umrissen werden: — Unternehmensinterne Preispolitik, — Fremdbestimmung der Verbraucher, — Mangelnde Berücksichtigung und Information externer Effekte (Beispiel Umwelt), 49

Ebenda, S. 18. Vgl. Ott, C., a.a.O.; Ulrich, P., Die Großunternehmung als quasi-öffentliche Institution; Jehle, E., Unternehmung und gesellschaftliche Umwelt, 1980; Krüger, H., Allgemeine Staatslehre, § 25 — Das Unternehmen von öffentlicher Bedeutung, S. 407ff.; sowie Pross, H., Manager und Aktionäre in Deutschland — Untersuchungen zum Verhältnis von Eigentum und Verfügungsmacht, 1965; vgl. auch Rezension Kübler, F., Aktiengesellschaft und Privateigentum, ZHR 131 (1968), S. 255 ff.; rechtsvergleichend vgl. Hopt, K.J., Groups of Companies in European Law-Les groupes de sociétés en droit europeen, 1982; ders., European Merger Control, 1982. 50

II. Informations- und Entscheidungsverfahren

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— Mangelnde Selbstbestimmung der Arbeitnehmer, — Mangelnde Berücksichtigung wirtschafts- und sozialpolitischer Aspekte bei Investitionsvorhaben, — Informationen über Produktsicherheit, — Einfluß auf die Gesetzgebung über Hearings, Parlamentsausschüsse, Beiräte oder Kommissionen, — Einflüsse auf Subventions-, Steuer-, Handels- und Konjunkturpolitik. Diese Veränderungen in der Informationsfunktion fordern organisationsinterne Artikulationsmöglichkeiten für betroffene Interessengruppen. Denn in bezug auf Arbeitnehmer ist z.B. festzustellen: „Companies under parity codetermination paid much more attention to manpower policy and manpowerplanning" 51 . Das besondere Problem besteht nunmehr darin, wie die jeweiligen Interessen authentische Informationen an das Unternehmen übermitteln können. M i t anderen Worten: wie kann das Unternehmen ansprechbar gemacht werden für spezifische Bedürfnisprobleme ganz unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen? Dies kann mittels einer interessenadäquaten Artikulation der jeweils betroffenen gesellschaftlichen Gruppen ermöglicht werden. Das Unternehmen käme somit in die Lage, Informationen über die zu erbringenden Leistungen unter Abstimmung mit seinen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Funktionen zu erhalten. Die i. R. der Zugangsfunktion zu bestimmenden Interessenträger könnten zur effektiven Informationsvermittlung direkt an das Unternehmen verwiesen werden. Dieses System kann durch spezifische Unternehmensstellen verfeinert werden, die in ihrer Mitbestimmungsintensität Abstufungen zulassen. Dies führt zu einer horizontalen Typologie von Beteiligungsformen für Interessenvertreter. „Die fachliche Differenzierung zahlreicher Einzelbeiträge, die starke Zerstreuung der relevanten Informationen und der Außenkontakt fordern ebenfalls dazu auf, den Ablauf des Entscheidungsprozesses nach Inhalten, Zeitstruktur und zu beteiligenden Stellen so zu regeln, daß ohne Überlastung einzelner Informationsträger oder einzelner Knotenpunkte des Kommunikationsnetzes möglichst viel Informationen erfaßt, möglichst viele Alternativen abgewogen und doch die (späteren) Entscheidungen möglichst rasch getroffen werden 52 . Konkret bedeutet dies, daß Arbeitnehmermitbestimmung nicht immer zwingend auf unternehmenspolitischer Ebene angesiedelt werden muß. Denn es gibt Arbeitskonflikte, die wesentlich besser auf Betriebsebene zu lösen sind. Im folgenden stellt sich unter Beachtung unserer Strukturanforderungen interessenadäquater Artikulationsmöglichkeiten für bestimmte Gruppen sowie dem Postulat adäquater Interessenaggregation die Frage, wie die einzelnen, in

51 Vgl. Streeck, W., Co-Determination: The Fourth Decade, in: International Yearbook of Organizational Democracy Vo. II, „International Perspectives on Organizational Democracy", 1984. 52 Vgl. Luhmann, N., Legitimation durch Verfahren, S. 205 f.

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4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

der 5. Richtlinie vorgeschlagenen Unternehmensorgane strukturell zu gestalten sind, um dem Gebot der Gleichwertigkeit im Informationsbereich gerecht zu werden. 1.2. Unternehmensrechtliche

Garantien

1.2.1. Strukturalternative: Das mitbestimmte Aufsichtsorgan a) Das Aufsicht s organ Die Mitgliedstaaten haben gem. Art. 4 I I der Richtlinie die Beteiligung der A N an der Bestellung von Mitgliedern des Aufsichtsorgans in Gesellschaften, die im Durchschnitt mehr als 1000 A N beschäftigen, zu regeln. Art. 4 b bestimmt die nähere Ausgestaltung. Danach dürfen die Mitglieder des Aufsichtsorgans höchstens zu 2/3 von der Hauptversammlung und mindestens zu 1/3, jedoch höchstens zur Hälfte von den A N bestellt werden. Ganz i.S. des Urteils des deutschen BVerfG zur Mitbestimmung ist gem. Art. 4 b I I sicherzustellen, daß für den Fall der paritätischen Besetzung des Aufsichtsorgans die Abstimmungsmehrheit in den Händen der AE-Vertreter verbleibt. Art. 4 I I i. V.m. Art. 4 b I; I I weist im Vergleich zum alten Richtlinienvorschlag 53 eine deutliche Erweiterung partizipativer AN-Rechte im Aufsichtsorgan auf. Die Ausführungen in der Stellungnahme des Europäischen Parlaments 54 lassen sogar darauf schließen, daß der europäische Gesetzgeber auf lange Sicht eine Quasi-Vollparität im Aufsichtsorgan der betreffenden Unternehmen anstrebt. Mit der in Art. 4 i. V. m. Art. 4 b I; I I der Richtlinie getroffenen Regelung dürfte zumindest für die Gruppe der A N gewährleistet sein, daß diese über ihre Tätigkeit im Aufsichtsrat die hier geforderten Informations-, Anhörungs- und Konsultationsrechte erhalten. Berücksichtigen wir allerdings den Charakter einer Richtlinie als Mindestanforderung an nationale Gesetzgebungsvorgänge, besteht die Gefahr national äußerst unterschiedlicher Auslegung und Umsetzung. Dieses Problem wird von dem neuen Richtlinienvorschlag insofern geregelt, als Art. 11 Informations, Vorlage-, Auskunfts- und Prüfungspflichten des Aufsichtsorgans für den vom Leitungsorgan vorzulegenden Geschäftsbericht und Jahresabschluß statuiert. Darüber hinaus läßt Art. 12 I a-d auf entsprechende Informationsrechte für den Aufsichtsrat hinsichtlich bestimmter Geschäfte schließen. Untersuchen wir, inwieweit unseren Strukturanforderungen für den hier angesprochenen Funktionsbereich genüge getan ist, zeigt sich, daß die geforderte interessenadäquate Artikulation sehr eng ausgelegt wird. Lediglich die Gruppe der A N und AE der betreffenden Unternehmen sind teilnahmeberechtigt. Regelungen darüber, wie sich diese Gruppen im einzelnen 53 Vgl. Kommission EG, Vorschlag einer 5. Richtlinie über die Struktur der AG, Bull.EG Beilage 10/72. 54 Vgl. Eur.Parlament, Stellungnahme zur 5. Richtlinie, Abl.EG Nr. C 149/20ff.(25) zu Art. 4 V.

II. Informations- und Entscheidungsverfahren

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zusammensetzen sollen, entfallen gänzlich. Zwar könnten Vorschriften dieser Art (vgl. z.B. §7 I I deutsches MitbestG 76) den nationalen Gesetzgebern überlassen bleiben, doch ist für eine Unternehmensverfassung, die Sozialverantwortung von Unternehmen im Hinblick auf den europäischen Binnenmarkt garantieren soll, sinnvoll, entsprechende Regelungen bereits in die Richtlinie aufzunehmen. In diesem Zusammenhang stellt sich insbesondere die Frage, ob neben den Arbeitnehmern und Gewerkschaftsrepräsentanten auch Angestellte und leitende Angestellte mit auf der Vertreterbank der Arbeitnehmer Platz nehmen sollten. Dies ist für die spätere Rechtspraxis im europäischen Binnenmarkt auch von größter Bedeutung 55 . Aus europäischer Sicht könnte eine solche Differenzierung wesentlich mehr Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für den grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr garantieren. Auch aus sozialpolitischer Sicht ist ein Einbezug von Angestellten und leitenden Angestellten in die Arbeitnehmerbank durchaus gerechtfertigt. Denn es ist kaum anzunehmen, daß die Gruppe der Angestellten durch die grenzüberschreitende Tätigkeit ihres Unternehmens weniger betroffen wird als beispielsweise ein Arbeitnehmer desselben Unternehmens. Wegen der äußerst heterogenen Gewerkschaftsstrukturen in den Mitgliedstaaten sollte die einzufügende Informations- und Konsultationsregelung allerdings die Form vonRahmenvorschriften erhalten. Folgt eine Unternehmensverfassung den hier vorgestellten Gestaltungsvorschlägen, erhält das Unternehmen weitgehende Bedürfnisinformationen von seinen A N , aber auch von unternehmensexternen Gewerkschaftsrepräsentanten. Insbesondere letztere könnten den unternehmerischen Willensbildungsprozeß mit Informationen über besondere Leistungsanforderungen seitens einer intermediären gesellschaftlichen Konfliktregelungsebene (Tarifebene) versorgen. Unsere Ausführungen galten bislang vornehmlich Gruppen, die in „regelmäßigen Interaktionsbeziehungen" zum Unternehmen stehen, nicht dagegen Vertretern öffentlicher Interessen. Repräsentationsformen der damit angesprochenen Gruppen sind dem europäischen Recht insofern nicht unbekannt, als öffentlichen Interessen in der Diskussion um eine Europäische Aktiengesellschaft wesentliche Bedeutung zukam. Das in allen Diskussionsbeiträgen immer wieder auftretende Problem dieses Begriffes besteht darin, öffentliche Interessen nicht näher bestimmen zu können. Hiervon zeugen die bereits aufgezeigten dezisionistischen Festlegungsversuche auf bestimmte Interessengruppen, bzw. die nicht operationalisierbaren Begriffsmodifikationen 56 . 55

Vgl. zur Diskussion dieser Differenzierung im deutschen Recht Raiser, Th., Mitbestimmungsgesetz (2. Aufl.) Einleitung, Rn. 32; Zöllner, W., Zur Abgrenzung der leitenden Angestellten im Sinne des Betriebsverfassungsrechts, in: Gedächtnisschrift für Dietz, 1973, S. 377ff.; Fitting-Woltzke-Wißmann, Mitbestimmungsgesetz (2. Aufl.) 1978, Vorbemerkung, Rn. 59. 56 Vgl. u. a. Bericht der Unternehmensrechtskommission; die einen Eingrenzungsversuch mit dem Begriff des allgemeinen Interesses proklamiert.

13 Abeltshauser

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4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

Nach dem hier entwickelten Konzept sollte der Begriff des öffentlichen Interesses vielmehr als unbestimmter Rechtsbegriff gefaßt werden, der sodann im Rahmen einer Wirkungsanalyse von externem Unternehmensverhaltensrecht näherer Auslegung zu unterziehen ist. Zwar öffnet sich dieser Ansatz beliebter Kritik, die, sofern schon Partizipation, auf die konkrete Benennung von Roß und Reiter besonders Wert legt. Diese Vorwürfe bleiben jedoch insofern relativ, als die Legitimationsprüfung der jeweiligen Repräsentanten nach unserem Konzept gleichsam „prozeduralisiert" wird. Für den hier zur Diskussion stehenden Funktionsbereich darf zumindest die interessenadäquate Artikulation nicht von vorneherein auf Gruppen beschränkt werden, die in anteilseigner-, arbeitnehmer- oder gewerkschaftstypischen Interaktionsbeziehungen zum Unternehmen stehen. Unternehmensverfassung im Rahmen der 5. Richtlinie ist vielmehr rechtlich so auszugestalten, daß diese für ein weites Feld auftretender Konflikte gedanklich offengehalten wird. Eine ganz andere Frage dürfte die sein, ob die jeweils in den Informations-, Anhörungs- und Konsultationsbereich einzubeziehenden Interessengruppen innerhalb des Aufsichtsorgans vertreten sein müssen. M i t anderen Worten ist zu prüfen, ob Möglichkeiten existieren, den angesprochenen Gruppen die aufgezeigten Rechte in bestimmten, dem Aufsichtsorgan eng verbundenen und in ihrer Partizipationsintensität abgestuften Unternehmensstellen „zweckspezifisch" zu gewähren. b) Zweckspezifikation

über Ausschüsse

Neuere rechtstatsächliche Untersuchungen zeigen, daß insbesondere Aufsichtsorgane von Großunternehmen verstärkt dazu übergehen, problemspezifische Aufgaben auf Aufsichtsratsausschüsse zu delegieren 57. Den Ausschüssen kommt ein relativ breiter Funktionsbereich zu. Neben spezifischen Personal-, Finanz- und Bilanz- sowie technischen Fragen geht es auch um Bau-, Vertriebs-, Einkaufs-, Vergabe-, Prüfungs- und Investitionsprobleme. Ein Ausschuß muß mindestens aus zwei, sofern er beschlußfahig sein möchte, aus drei Mitgliedern bestehen. 39% der von Vogel untersuchten Unternehmen konnten Aufsichtsratsausschüsse mit mehr als vier Mitgliedern vorweisen. Im folgenden ist die Frage zu beantworten, inwieweit die Ausdifferenzierung eines Aufsichtsrats in Aufsichtsratsausschüsse dazu geeignet ist, zweckspezifischen Anforderungen in dem hier zu behandelnden Funktionsbereich zu entsprechen. Dabei werden wir uns in Anlehnung an das deutsche Recht die dort gewonnenen Erfahrungen mit der Regelung von Aufsichtsratsausschüssen in AGs gem. § 107 I I I A k t G i. V. m. § 27 I MitbestG zunutze machen.

57 Vgl. u.a. Vogel, C.W., Aktienrecht und Aktienwirklichkeit — Organisation und Aufgabenteilung von Vorstand und Aufsichtsrat, S. 186.

II. Informations- und Entscheidungsverfahren

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(1) Konstituierung Gem. § 107 I I I S. 1 l.HS deutsches A k t G kann der Aufsichtsrat einer A G kraft seiner Gestaltungsautonomie aus seiner Mitte einen oder mehrere Ausschüsse bestellen (vgl. § 108 I AktG). Die Bestellung eines Aufsichtsratsausschusses kann entweder je nach Problemlage auf längere Sicht oder aber ad hoc vorgenommen werden. Eine spätere Kooptation von weiteren Ausschußmitgliedern ist nach deutschem Recht unzulässig 58 . Ebenso sind Satzungsbestimmungen einer A G unzulässig, die in die Bestellungskompetenz des Aufsichtsrats einzugreifen suchen. Nach Mertens 59 sei die autonome Arbeitsfähigkeit und entsprechende Möglichkeit sachkundige Ausschüsse zu bilden, von überragender Bedeutung. Damit ist zugleich das Verhältnis von A R und Ausschuß angesprochen. Nach deutschem Recht kann ein Ausschuß nicht als unabhängiges besonderes Unternehmensorgan angesehen werden. Er steht in enger Beziehung zum A R und ist Teil von diesem. Dies hat wiederum Auswirkungen auf die Frage möglicher Kompetenzen und der Zusammensetzung. Da auch andere europäische Aktienrechte Ausschüsse, sei es gesetzlicher oder faktischer Natur zulassen, stünde einem Einbezug dieser Subeinheiten auf AR-Ebene für eine europäische Regelung nichts im Wege. Aufsichtsratsausschüsse könnten für den Informationsbereich herangezogen werden. Fraglich ist allerdings, ob der Kompetenzbereich von Ausschüssen für unsere Gestaltungsanforderungen ausreichend ist und ob es möglich sein wird, die mit Ausnahme von § 27 I I I MitbestG unangetastete Organisationsautonomie des A R teilweise besonderen unternehmensrechtlichen Schranken zu unterwerfen. (2) Kompetenzen Gem. § 107 I I I S. 2 deutsches A k t G können bestimmte Aufgaben einem Ausschuß nicht anstelle des A R zur Beschlußfassung überwiesen werden. Der dort genannte Katalog umfaßt u. a. die Bestellung von Vorstandsmitgliedern gem. § 481; I I I AktG, die Ernennung des Vorstandsvorsitzenden gem. § 84 II, die Einberufung der Hauptversammlung, sofern es das Wohl der Gesellschaft erfordert (§111 I I I AktG) oder aber Beschlüsse, daß bestimmte Arten von Geschäften nur mit Zustimmung des A R vorgenommen werden dürfen (§ 111IV S. 2 A k t G ) 6 0 . Zwar könnte damit angenommen werden, daß die Vorbereitung und Verhandlung der in § 107 I I I S. 2 A k t G aufgelisteten Beschlüsse den ARAusschüssen entzogen sind, doch spricht das Gesetz in § 107 I I I S. 2 ausschließlich von „Beschlußfassung". Insofern handelt es sich hier um den formellen Akt des Beschlusses, den der Gesamtaufsichtsrat zu treffen hat 6 1 . Den Ausschüssen 58 Vgl. Mertens, H.-J., Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, zu § 107 Rdn. 65; sowie Meyer-Landrut, J., Aktiengesetz, zu § 107 Anm. 13. 59 Vgl. Mertens, H.-J., a.a.O., zu § 107 Rdn. 73; Meyer-Landruth, J., a.a.O., zu § 107 Anm. 14. 60 Vgl. u.a. Mertens, H.-J., a.a.O., zu § 107 Rdn. 88ff. 1*

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4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

verbleibt damit das Recht, Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten. Darüber hinaus kommen Ausschüssen Informations-, Verhandlungs- und Entscheidungsrechte für diejenigen Aufgaben zu, die vom Gesamtaufsichtsrat auf diese delegiert werden und die nicht unter § 107 I I I S. 2 A k t G fallen. Im Falle von delegierten Überwachungsaufgaben besteht auch die Möglichkeit, Ausschüssen gem. §§90 III, 111 I I A k t G bestimmte Informations- und Einsichtsrechte zu gewähren 62 . Dieses Ergebnis kommt unserem Ansatz insofern entgegen, als AR-Ausschüsse grundsätzlich in der Lage sind, unterschiedliche Bedürfnisinformationen problemspezifisch aufzunehmen. Personalfragen und Belange der A N könnten beispielsweise in einem entsprechend zu bildenden Personalausschuß zwischen fachlich qualifizierten Sachverständigen ausdiskutiert werden. Investitionsausschüsse wären zugleich Anlauf- und Meldestellen für gewerkschaftliche-, staatliche- oder Verbraucherbedürfnisse. Rechtstatsächliche Untersuchungen betonen darüber hinaus, daß im Klima kleiner Arbeitsgruppen mit hohem Sachverstand Probleme besser aufgenommen, verhandelt und innerhalb des Unternehmens weitergegeben werden können. Ausschüsse tragen somit zugleich zu einer wesentlichen qualitativen Stärkung des Aufsichtsorgans bei 6 3 und wären so in der Lage, entscheidende Impluse für ein „sozialverantwortliches Unternehmensverhalten" zu geben. Die hiermit angedeuteten Versuche, Aufsichtsratsausschüsse stärker in unternehmensverfassungsrechtliche Strukturen und Funktionen zu integrieren (Unternehmensausschüsse), sind allerdings mit den Grundsätzen der Organisationsautonomie und dem Selbstbestimmungsrecht des Gesamtaufsichtsorgans sowie den Zusammensetzungsgrundsätzen dieser Ausschüsse abzustimmen. In diesem Zusammenhang wird man gerade in bezug auf ein Rechtsangleichungsvorhaben auf europäischer Ebene realistischerweise nicht die Meinung vertreten können, Ausschüsse müßten zwingend vorgeschrieben werden. Denn dies ist bislang auch auf nationaler Ebene in den Mitgliedstaaten nicht der Fall und wäre aus rechtspolitischer Sicht wohl kaum erwünscht. Damit kann es i.R. der 5. Richtlinie nur darum gehen, ob Ausschüsse fakultativ als mögliche Bestandteile einer Unternehmensverfassung zur Wahl gestellt werden sollten.

61

Vgl. anderer Auffassung Rose, St., Zivilrechtliche Haftung und Aufgabendelegation auf Ausschüsse im Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft, ZGR 3/1973, S. 300 (311 f.); entsprechend der hier vertretenen Auffassung vgl. v. Godin/Wilhelmi, H., Aktiengesetz, Anm. 11 zu §107. 62 Vgl. Lutter, M., Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, S. 88 ff.; Ulmer, P. / Hanau, P.,Mitbestimmungsgesetz, Rdn. 130 zu § 25; Schaub, D., Die innere Organisation des Aufsichtsrats, ZGR 2/1977, S. 293 (300). 63 Vgl. auch Ulmer in: Hanau, P./Ulmer, P., a.a.O., Rdn. 123 zu §25; zur Informationsexklusivität der Arbeit von AR-Ausschüssen vgl. Vogel, C.W., a.a.O., S. 186.

II. Informations- und Entscheidungsverfahren

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(3) Zusammensetzung Bei der Bildung und Zusammensetzung von AR-Ausschüssen ist insbesondere die Frage umstritten, ob die Organisationsautonomie des mitbestimmten A R besonderen, aus dem Mitbestimmungstelos entspringenden Grenzen unterliegt. Es fragt sich also, ob mitbestimmungsrechtliche Grundsätze für den Gesamtaufsichtsrat zu entsprechenden Repräsentationsprinzipien in den AR-Ausschüssen führen. Die überwiegende Meinung geht von einer uneingeschränkten Aufsichtsratsautonomie aus. Die Rechtsprechung begrenzt diese allenfalls durch das Verbot einer unsachlichen Nichtberücksichtigung oder grob unangemessenen Unterrepräsentation einer Gruppe von AR-Mitgliedern 64 . Eine dem MitbestG entsprechende AR-Ausschußbesetzung sei nur im Falle von § 27 I I I MitbestG geboten. Daraus ließe sich aber auch nicht im Zuge lückenschließender Rechtsauslegung ein entsprechendes Prinzip qua Analogie auf § 107 I I I A k t G für die Frage der AR-Ausschußzusammensetzung gewinnen 65 . Dies würde sich auch aus tatsächlichen Gründen verbieten, da Ausschüsse Spezialaufgaben wahrzunehmen haben und aus diesem Grunde entsprechend flexibel in ihrer Zusammensetzung gehalten werden sollten. Die Gegenmeinung versucht, die gesellschaftsrechtlichen Prinzipien mit dem Mitbestimmungstelos weitgehend zu harmonisieren. Die Verteilung des Einflusses in Ausschüssen müsse in diesem Fall die gleiche wie im A R sein. Andernfalls würden A N aller Wahrscheinlichkeit nach aus den wichtigsten Ausschüssen verdrängt 66 . Dementsprechend erscheint eine Verallgemeinerung des in § 27 I I I MitbestG enthaltenen Rechtsprinzips angebracht. Meines Erachtens sind zwar feste Paritätsansprüche in Aufsichtsratsausschüssen abzulehnen, doch ist eine gewisse Einschränkung des Selbstbestimmungsprinzips des Gesamtaufsichtsorgans zur Bildung und Zusammensetzung von AR-Ausschüssen zu befürworten. M i t Ulmer ist davon auszugehen, daß sich die Grenzen für Mehrheitsentscheidungen über die Zusammensetzung von ARAusschüssen aus dem Harmonisierungsgebot sowie dem Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben 67. Die imparitätische Zusammensetzung eines Ausschusses sei insbesondere dann unzulässig, wenn es für die Abweichung vom Paritätsprinzip an einem sachlich gerechtfertigten Grund fehle. Eine auf sachlichen Erwägungen beruhende, an den Aufgaben des jeweiligen Ausschusses und den Qualifikationen der AR-Mitglieder orientierte Abweichung vom Paritätsprin64 Vgl. ula. Lehmann, J., Die Zusammensetzung von AR-Ausschüssen in Gesellschaften für die das Mitbestimmungsgesetz gilt, in A G 1/1977, S. 14 (15); Schaub, D., a.a.O., ZGR 2/1977, S. 293 (302); L G Hamburg abgedruckt in A G 1981, S. 137. 65 Vgl. insbes. Hoffmann/Lehmann/Weissmann, Mitbestimmungsgesetz, Rdn. 30 ff. zu §25. 66 Befürwortend insbes. Säcker, Aufsichtsratsausschüsse nach dem Mitbestimmungsgesetz 1976, S. 54 ff.; ablehnend insbes. Mertens, H.-J., Aufsichtsratsausschüsse, Mitbestimmung und Methodenlehre, A G 5/1981, S. 113 (121 ff.). 67 Vgl. Ulmer, P. in: Hanau, P./Ulmer, P., a.a.O., Rdn. 127 zu §25.

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4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

zip sei aber durchaus zulässig 68 . Legen wir unsere hier entwickelten Strukturanforderungen als Auslegungskriterium in die Waagschale, verbietet sich eine strenge paritätische Besetzung von AR-Ausschüssen mit A E und A N schon aus dem Aspekt fehlender authentischer Interessenartikulation 69 . Die Möglichkeit flexibler, aufgabenspezifischer AR-Ausschüsse sollte vielmehr dazu genutzt werden, besondere Problemanlaufstellen zu schaffen. Das Aufsichtsräte und deren Ausschüsse schon heute auf der Basis freiwilliger Einflußstrukturen mit verschiedensten Interessengruppen besetzt sind, braucht nicht besonders betont werden. Neben AE, A N , Gewerkschaftsvertretern und leitenden Angestellten, nehmen insbesondere Bankenvertreter (u.a. über die Ausübung des Depotstimmrechts) sowie Großkunden, Großlieferanten und sonstige Experten (Rechtsanwälte, Steuerfachleute, Wirtschaftsprüfer) maßgeblichen Einfluß auf AR- und Ausschußberatungen sowie Entscheidungen70. Einfluß erlangen diese Gruppen allerdings eher über ihre besondere Markt- bzw. Expertenposition im Verhältnis zum Unternehmen. Unser Konzept stellt dagegen eher auf Gruppen ab, die ihre Bedürfnisinformationen nicht mehr über den Markt regulieren können. Für die hier im Vordergrund stehende Informationsfunktion wird somit ein leistungsfähiges, funktional differenziertes und professionalisiertes Beteiligungskonzept gesucht. Eine letzte Frage gründet sich auf die Tatsache, daß nach herrschender Meinung sämtliche Ausschußmitglieder auch dem Gesamtaufsichtsorgan angehören müssen. Dies folgt nach Ulmer 7 1 aus dem höchstpersönlichen Charakter der AR-Aufgaben. § 107 I I I S. 1 A k t G sorge hier für hinreichende Klarheit. Dieses Problem könnte somit nur über den Umweg der interessenauthentischen Besetzung des A R selbst mit bestimmten Öffentlichkeitsvertretern zu lösen sein. Diese Vertreter sind i.R. der Zugangsfunktion nach den dort erörterten Prinzipien zu bestimmen. Diese hätten wiederum das Recht, in bestimmten Ausschüssen vertreten zu sein. 1.2.2. Strukturalternative: Das mitbestimmte Board System Kapitel IV Art. 21 a ff. des Richtlinienvorschlags behandelt die Strukturalternative eines Boardsystems für Aktiengesellschaften. Art. 21 a I a sieht eine Trennung zwischen geschäftsführenden und nichtgeschäftsführenden Mitgliedern des Verwaltungsorgans einer Gesellschaft vor. Die Zahl der nichtgeschäfts68

Vgl. Ulmer, P. in: Hanau, P./Ulmer, P., a.a.O., Rdn. 127 zu §25; ebenso Raiser, Th., Mitbestimmungsgesetz, Rdn. 40 zu § 25; Fickel, Fr., Aufsichtsratsausschüsse nach dem Mitbestimmungsgesetz 1976, A G 5/1977, S. 134 (135). 69 Für eine adäquate Interessenberücksichtigung vgl. auch Brinkmann, Th., Unternehmensinteresse und Unternehmensstruktur, S. 232; der sich im folgenden allerdings eher dem unflexiblen Paritätsprinzip verschreibt, daß nach unserer Meinung eben nur zum Teil zu einer adäquaten Problemlösungsorientierung und Kooperation führt. 70 Vg. Vogel, C.W., a.a.O., S. 127f. 71 Vgl. Ulmer, P., in: Hanau, P./Ulmer,P., a.a.O., Rdn. 126 zu §25.

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führenden Mitglieder muß durch drei teilbar sein. Letztere übernehmen Aufsichts- und Beratungsfunktionen sowie die Bestellung der geschäftsführenden Verwaltungsratsmitglieder (vgl. Art. 21 a I b). M i t dieser Regelung entspricht der neue Richtlinienvorschlag der auch aus unserem Rechtsvergleich abzuleitenden Einsicht, daß die bislang favorisierte AR-Lösung für alle Aktiengesellschaften in der Gemeinschaft angesichts sehr unterschiedlicher Gesellschaftssysteme kaum durchsetzbar erscheint. Die gefundene Lösung alternativer und möglichst gleichwertiger Strukturmodelle ist somit sinnvoll. Eine „gleichwertige" Ausgestaltung des Board-Systems spiegelt sich auch in der scharfen Trennung von geschäftsführenden und nichtgeschäftsführenden Verwaltungsmitgliedern wieder. Diese Ausgestaltung entspricht nach unserer rechtsvergleichenden Untersuchung einer faktischen Differenzierung des Leitungsorgans in einigen Rechtsordnungen, die auch durch die US-amerikanische Entwicklung des Boards großer Corporations ihre Bestätigung findet. Denn auch hier befindet sich das Board-System heute in einem markanten Strukturwandel, der insbesondere die Geschäftsführung von der ausschließlich beratenden Funktion des übrigen Board trennt. Letzterer erhält auch die Funktion der Auswahl der geschäftsführenden Direktoren sowie weitergehende Überwachungsaufgaben 72. Dementsprechend ist die Regelung der AN-Vertretung gem. Art. 21 b I I i.V.m. Art. 21 d der Richtlinie sinnvoll, die ein dem AR-System entsprechendes alternatives Modell für den Verwaltungsrat vorsieht. Danach werden die nichtgeschäftsführenden Mitglieder eines Verwaltungsrats in AGs mit durchschnittlich mehr als 1000 A N von der Hauptversammlung und mindestens zu 1/3, jedoch höchstens zur Hälfte von den Arbeitnehmern der Gesellschaft bestellt. Rechte und Pflichten der nichtgeschäftsführenden Verwaltungsratsmitglieder entsprechen denen der AR-Mitglieder nach dem oben behandelten System. Das Problem fehlender Gleichwertigkeit von AR- und VerwaltungsratsSystem mit Partizipation wird somit kaum auftreten. Allerdings bestehen unter Berücksichtigung unserer Strukturanforderungen für den Informationsbereich des unternehmerischen Willensbildungsprozesses auch im Board-System die für das AR-System geltenden Schwierigkeiten interessenadäquater Bedürfnisartikulation. Ebenso wie die für das AR-System geforderte funktionale Gruppenstruktur, sollten auch die Art. 21 a ff. der Richtlinie eine entsprechende gedankliche Öffnung für das VR-System vorsehen. Dies bedeutet, daß unter Berücksichtigung derZugangsfunktion der nichtgeschäftsführende und eher kontrollierende und beratende Teil des VR dann mit Vertretern jeweils zu bestimmender öffentlicher Interessen zu besetzen ist, sofern sich das Problem interessenauthentischer Bedürfnisinformationsvermittlung wirklich stellt und externes Unternehmensverhaltensrecht nicht in der Lage ist, dieses Defizit 72

Vgl. u.a. den Bericht von Windbichler, Ch., Zur Trennung von Geschäftsführung und Kontrolle bei amerikanischen Großgesellschaften, ZGR 1985, S. 50 ff. und insbesondere The American Law Institute, Principles of Corporate Governance — Part I I I Structure of the Corporation — Tentative Draft No. 1 (1982).

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auszugleichen. Darüber hinaus sind auch unsere Überlegungen zur zweckspezifischen Ausgestaltung einer Unternehmensverfassung über die verstärkte Nutzbarmachung von Ausschüssen zu berücksichtigen. Die Ausführungen zur U.S.-amerikanischen Debatte um die corporate social responsibility zeigen, daß ähnliche Ansätze in gesellschaftsrechtlichen Systemen des common-law diskutiert werden. In den letzten Jahren wurden in diesem Zusammenhang insbesondere die Mißstände durch mangelnde Kontrollmöglichkeiten des Board vielbeklagt und gaben zu umfangreichen Reformdiskussionen Anlaß 7 3 . Dabei spielte die Besetzung von Kontrollausschüssen mit „outside-, independent- oder public directors" eine überragende Rolle. Ebenso erhielt die Einrichtung zweckspezifischer Unternehmensausschüsse (audit committees; nominating- and compensation committees) große Beachtung im Hinblick auf eine effektive, nicht nur auf das Wohl der Gesellschafter abstellende Kontrolle. 1.2.3. Strukturalternative: Arbeitnehmervertretung Die bislang behandelten Strukturalternativen des AR- und VR-Systems werden gem. Art. 4 I I S. 2 i. V.m. Art. 4 d sowie gem. Art. 21 b I I S. 2 i. V.m. Art. 21 e des Richtlinienvorschlags in weitere Strukturalternativen aufgeteilt. Nach den genannten Artikeln ist es den nationalen Gesetzgebern überlassen, statt mitbestimmten AR- oder VR-Organen ein gesondertes AN-Organ zu schaffen. Dieses AN-Organ erhält gem. Art. 4 d I bzw. Art. 21 ei der Richtlinie Informations-, Anhörungs- oder Konsultationsrechte in bezug auf die Verwaltung, die Lage und Entwicklung der Gesellschaft sowie über Zukunftserwartungen, Wettbewerbsstellung, Kreditlage oder Investitionspläne. Darüber hinaus stehen der AN-Vertretung Unterrichtungsrechte zu, die sich auf den Geschäftsbericht und den Jahresabschluß beziehen. Angesichts dieser Ausgestaltung stellten wir bereits im Anschluß an unsere rechtsvergleichende Studie fest, daß die AN-Vertretung erhebliche Zweifel an ihrer Gleichwertigkeit im Verhältnis zu den übrigen Strukturmodellen aufkommen läßt. Hier ist vorerst zu fragen, wie die AN-Vertretung als Informationsorgan rechtlich auszugestalten ist, um der geforderten Gleichwertigkeit zu anderen Unternehmensorganen zu entsprechen. Zunächst stellt sich die Frage, aufgrund welcher Erwägungen der europäische Gesetzgeber die vorliegende Strukturalternative in sein Rechtsangleichungsvorhaben aufgenommen hat. Rekapitulieren wir die Ergebnisse unseres Rechtsvergleichs, fallt auf, daß verschiedene Gesellschaftsrechtssysteme von einer gewissen Scheu zeugen, 73

Neben der grundlegenden Arbeit von Stone, Ch., Where the Law Ends, vgl. auch De Mott (Hrsg.), Corporations at the Crossroads: Governance and Reform 1980: Eisenberg, Legal Models of Management Strukture in the Modern Corporation: Officers, Directors and Accountance, 63 California Law Review 1975,375; Vance, The Corporate Director, A Critical Evaluation 1978; Conard, A; Reflexions on Public Interest Directors, 75 Michigan Law Review 1977, S. 941.

II. Informations- und Entscheidungsverfahren

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Aufsichtsräte oder Verwaltungsräte mit bislang gesellschaftsfremden und insbesondere AN-Vertretern zu besetzen. Dies wird z.T. auch von Gewerkschaftsseite und politischen Parteien vehement abgelehnt. Als Äquivalent bildeten sich in diesen Rechts- und Gesellschaftsordnungen Gegenmachtgruppen, die, sei es extern (betriebsnah) oder unternehmensintern, ein A N Gegengewicht zur Unternehmensleitung aufbauen. Diese Gruppen besitzen nicht selten überraschend weitreichende Kompetenzen. Eine formal verfaßte Arbeitnehmervertretung, die auf diesen Grundsätzen aufbaut, könnte somit gleichsam zum brauchbaren Ersatz für eher korporativ ausgestaltete Unternehmensorgane avancieren. Ein konkretes Beispiel für ein solches, auch gesetzlich fixiertes Organ findet sich auch im deutschen Recht. Der mit dem BetrVG 52 eingeführte Wirtschaftsausschuß (vgl. §§ 67 ff. BetrVG52) 74 wurde mit dem BetrVG 72 zu einem reinen AN-Vertretungsorgan mit auf die Unternehmenspolitik bezogenen Informations· und Anhörungsrechten ausgebaut75. Die Bildung eines Wirtschaftsausschusses auf „Unternehmensebene" ergibt sich bereits aus der Tatsache, daß auch Unternehmen mit mehreren Betrieben nur einen entsprechenden Ausschuß einrichten können. Darüber hinaus zeugt die in § 106 I I I BetrVG 72 aufgeführte Liste wirtschaftlicher Angelegenheiten von umfangreichen Informations- und Beratungsrechten als solchen, die sich nur auf einen Betrieb beziehen76. Vergleichen wir die Kompetenzen des deutschen Wirtschaftsausschusses mit denen der AN-Vertretung i.S. des Richtlinienvorschlags, lassen sich Übereinstimmungen feststellen. Der nicht abschließend geregelte Katalog gem. § 106 I I I BetrVG beinhaltet Informations- und Beratungsrechte in bezug auf den Gesellschaftsbericht sowie den Jahresabschluß eines Unternehmens. Desweiteren hat die Gesellschaft Informationen über organisatorische und technologische Bestimmungen des Herstellungsprozesses, über Fusionen und die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen, die Verlegung von Betrieben oder Betriebsteilen bzw. die Einschränkung oder Stillegung von Betrieben oder Betriebsteilen mitzuteilen 77 . Unseres Erachtens stellt die Regelung der AN-Vertretung im Richtlinienvorschlag allerdings den Versuch dar, einen Kompromiß zwischen auf die unternehmenspolitische Ebene bezogenen Partizipationsformen im A R oder VR einerseits und betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsformen andererseits zu finden. Die Frage nach der Gleichwertigkeit zwischen dieser A N Vertretung und dem AR- und VR-System ist für den hier zu behandelnden Funktionsbereich allerdings positiv zu beantworten. Die geforderte interessena-

74

Vgl. u.a. Kretschmar, Α., Teilnahmerecht des Unternehmers an den Sitzungen des Wirtschaftsausschusses, BB 1953, S. 626f. 75 Zur Entwicklung vgl. Boldt, G., a.a.O., A G 1972, S. 299f. 76 Vgl. auch Siebert/Degen, Betriebsverfassungsgesetz, zu Abs. 1 von § 106. 77 Vgl. im einzelnen Boldt, G., a.a.O., A G 1972, S. 299 (304).

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4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

däquate Bedürfnisartikulation ist angesichts des auf die unternehmenspolitische Ebene bezogenen Kompetenzbereichs der AN-Vertretung gegeben. Insbesondere die statuierten Informationsregelungen können einen entsprechenden Informationsfluß zwischen der Unternehmensaußenwelt und dem unternehmensinternen Willensbildungsprozeß gewährleisten, obgleich die jeweiligen Bedürfnisinformationen nur indirekt in das Unternehmen gelangen werden. Nachdenklich stimmen allerdings rechtstatsächliche Untersuchungen für das deutsche Recht, nach denen dem Wirtschaftsausschuß keine weitreichenden Funktionen zukommen. In der Mehrzahl der untersuchten Fälle habe der Wirtschaftsausschuß im Laufe der Zeit an Bedeutung abgenommen 78 . Allerdings bleibt zu berücksichtigen, daß Blumes Untersuchung lediglich den noch stärker korporatistisch geprägten Wirtschaftsausschuß gem. §§ 63 ff. BetrVG 52 erfaßte. Sowohl der Wirtschaftsausschuß nach dem BetrVG 72 als auch die AN-Vertretung i. S. des Richtlinienvorschlags dürften dagegen eher auf Gegenmachtvorstellungen beruhen, die in bestimmten Mitgliedstaaten auf mehr Gegenliebe stoßen werden. Ob das Modell der AN-Vertretung unseren Gestaltungsanforderungen für eine interessenauthentische Bedürfnisinformation entspricht, ist negativ zu beantworten. Denn einerseits ist die AN-Vertretung auf eine monistische Interessenstruktur ausgerichtet, andererseits entspricht es gerade der vorliegenden Strukturvariante, das AR- und VR-Organ eines Untenehmens von gesellschaftsfremden Interessen freizuhalten. Insofern verbietet sich auch eine entsprechende pluralistische Besetzung von AR- oder VR-Ausschüssen. Es fragt sich allerdings, ob die Kommission mit diesem Vorschlag nicht schon ein gewisses Maß an „Inkonsequenz" in die Richtlinie hineingeschrieben hat. Denn wie vereinbart sich die hier zum Vorschein kommende Absicht einer reinen Arbeitnehmervertretung mit dem auch im Richtlinienvorschlag festgelegten Gedanken der Einbeziehung allgemeiner Interessen, sofern dies von den Mitgliedstaaten gewünscht wird? Unserem Ansatz entspricht der Vorschlag schon deshalb nicht, als er die Zugangsfunktion nicht „gedanklich" offenhält für plurale Beteiligungsrechte, sondern dezisionistisch auf eine bestimmte Gruppe festlegt. Damit kann aber auch eine nach der Richtlinie und den EGvertraglichen Vorschriften vorgeschriebene „Gleichwertigkeit" mit den übrigen Strukturmodellen nicht erreicht werden. Insofern ist daran zu denken, die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmervertretung zu erweitern und dieses Organ sodann als ein „Beteiligungs- oder Mitbestimmungsorgan" im Unternehmen zu bezeichnen. 1.2.4. Strukturalternative: Kooptation Gem. Art. 4 c der Richtlinie können die Mitglieder des Aufsichtsorgans einer A G durch Kooptation bestellt werden. Die AE und die Vertreter der A N können gegen die Bestellung eines vorgeschlagenen Kandidaten mit der Begründung 78

Vgl. Blume, Normen und Wirklichkeit einer Betriebsverfassung 1964, S. 163 ff.

II. Informations- und Entscheidungsverfahren

203

Widerspruch einlegen, daß dieser für die Erfüllung seiner Aufgaben nicht geeignet ist, oder durch seine Bestellung das Aufsichtsorgan im Hinblick auf die Interessen der Gesellschaft, der Aktionäre und der A N nicht angemessen zusammengesetzt ist. Unsere rechtsvergleichende Untersuchung zeigte eine enge Anlehnung dieser Strukturvariante an das niederländische Recht. Die Gleichwertigkeit des Kooptationssystems mit den bislang behandelten Systemen liegt für die Gruppen der AE und A N vor. Die nur sehr indirekte Beteiligung dieser Gruppen bei der Besetzung des Aufsichtsorgans läßt noch keinen Grund erkennen, warum die notwendigen Bedürfnisinformationen keinen Eingang in den unternehmerischen Willensbildungsprozeß finden würden. Die jeweils zu kooptierenden AR-Mitglieder werden schon angesichts des Widerspruchsrechts gem. Art. 4 S. 2 der Richtlinie in Übereinstimmung mit der AE- und A N Gruppe ausgewählt. Wünschenswert wären allerdings engere Bindungen zwischen den kooptierten AR-Mitgliedern und den jeweiligen Interessengruppen. Darüber hinaus ist auch hier wiederum auf unsere Ausführungen zur gedanklichen Gewährleistung pluraler Beteiligungsrechte im AR- sowie in Ausschüssen zu verweisen. Die Bestellung der Mitglieder dieser Gremien müßte sich in der vorliegenden Strukturvariante den hier geltenden Kooptationsprinzipien angleichen. 1.2.5. Strukturalternative: Tarifvertrag Gem. Art. 4 I I S. 2 i.V.m. Art. 4 e bzw. Art. 21 b I I S. 2 i.V.m. Art. 21 f der Richtlinie kann die Frage der Beteiligung von A N in Unternehmensorganen über einen Tarifvertrag geregelt werden. Art. 4 e, 4 h (Art. 21 f I I i. V. m. Art. 21 g) verweisen hinsichtlich der tarifvertragsrechtlich zu treffenden Beteiligungsregelung auf die zuvor behandelten Strukturalternativen für die das oben Gesagte gilt. Angesichts unserer rechts vergleichenden Studie ergeben sich allerdings schwerwiegende Bedenken gegenüber der Praktikabilität einer solchen Lösung. Es ist kaum zu erwarten, daß Mitgliedstaaten mit überwiegend kollektivvertragsrechtlichen Strukturen (Italien) ihr System industrieller Beziehungen auf Unternehmensebene i. S. der Richtlinie umstellen werden. Mitgliedstaaten mit überwiegend gesetzlich institutionalisierten Mitbestimmungsformen werden dagegen das Problem zu erörtern haben, ob eine tarifvertragsrechtliche Einführung und Aufstockung von Mitbestimmung grundsätzlich zulässig ist 7 9 . Unseres Erachtens wäre auch zu überlegen, ob eine tarifvertragsrechtliche Regelung nicht in der Lage wäre, materielle kollektivvertragsrechtliche Verhandlungssysteme auf Unternehmensebene einzurichten, die auch gleichwertig zu den institutionalisierten Formen der bislang behandelten Art sind. 79 Vgl. für die deutsche Diskussion insbesondere Däubler, W., Das Grundrecht auf Mitbestimmung; Hommelhoff, P., Vereinbarte Mitbestimmung, in: 148 (1984), S. 118 ff.; für den die erstmalige Einführung von Mitbestimmung bzw. eine Aufstockung von Mitbestimmung i.S. einer Drittelparität gem. BetrVG unter die Gestaltungsmacht der Gesellschafter fallt. Starr und aufstockungsfest sei allenfalls die Organisationsstruktur im MitbestG festgeschrieben. In der A G sei eine AN-Mitbestimmung allenfalls über freiwillige Zuwahlen i. R. der Wahlen zum A R möglich.

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4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

1.3. Zusammenfassung Im Ergebnis bleibt festzuhalten, daß hinsichtlich der AR-Besetzung gem. Art. 4 I I i. V. m. Art. 4 b I, I I des Richtlinienvorschlags zwar eine AE- und A N Vertretung besteht, die unseren Strukturanforderungen einer interessenadäquaten Bedürfnisartikulation für diese Gruppen entgegenkommt (Der Aufsichtsrat als Informationsorgan). Die nach unserer Auffassung notwendige und kontrollierte Einbeziehung weitere Gruppen — insbesondere Gewerkschaftsrepräsentanten — finden jedoch keinen Niederschlag in den genannten Vorschriften. Einen für unsere Gestaltungsvorschläge wichtigen Gesichtspunkt entnahmen wir der Forderung nach Zweckspezifikation der unternehmensverfassungsrechtlichen Struktur. Unsere Prüfung von AR-Ausschüssen i.S. von § 107 I I I deutsches A k t G als spezifische Informationsorgane ergab, daß diese hinsichtlich ihrer Konstituierungsvoraussetzungen und möglichen Kompetenzen ein geeignetes Mittel für eine zweckspezifische und interessenadäquate Bedürfnisartikulation sein können. Dementsprechend lehnten wir eine strenge paritätische Zusammensetzung dieser Ausschüsse zugunsten einer offenen Gruppenstruktur ab. Die Möglichkeit flexibler aufgabenspezifischer AR-Ausschüsse soll vielmehr dazu dienen, spezifische Informationsstellen im Unternehmen bereitzustellen. Dies kann de lege lata und insbesondere i.R. eines Rechtsangleichungsvorhabens nur in fakultativer Form erfolgen. Eine entsprechende Ausgestaltung muß die Strukturvariante des VR-Systems erfahren. Die AN-Vertretungsvariante im AR- oder VR-System muß ihre Beteiligungsstruktur weiter öffnen und ist zum Zwecke der Gewährleistung von Gleichwertigkeit stärker an die übrigen Struktur-Mitbestimmungsvarianten des Richtlinienvorschlags anzupassen. 2. Die Informationsverarbeitungsfunktion

2.1. Problem und Strukturanforderungen Fassen wir die für diesen Funktionsbereich gewonnenen Ergebnisse zusammen, ergibt sich folgendes Bild: Das unternehmensinterne Informationsverarbeitungsverfahren bestimmte sich marktkonform über Eigentum. Eigentum legitimiert die Teilnahme an einem autonomen Selbstverwaltungsprozeß. Die über den Markt an das Unternehmen gestellten Leistungsanforderungen können über entsprechend vermittelte Informationen und Rückkoppelungsprozesse mit den wirtschaftsund gesellschaftspolitischen Funktionen des Unternehmens innerhalb der Informationsverarbeitungsverfahren reflektiert und koordiniert werden. Unternehmenswachstum und steigende wirtschaftliche Unternehmensmacht führen in Teilbereichen allerdings zu Marktversagen. Hier geraten Unternehmen in ein Dilemma mangelnder Abstimmung von wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Funktionen des Unternehmens einerseits sowie steigenden Leistungsanforderungen andererseits. Statt externer staatlicher Steuerung zur Wiederherstellung marktkonformer Abstimmung von Funktionen und Leistungen des

II. Informations- und Entscheidungsverfahren

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Unternehmens könnten Legitimation und Rationalität von Informationsverarbeitungsprozessen im Unternehmen über die Einrichtung von Verfahren ermöglicht werden 80 . „Legitimation durch Verfahren ist nicht etwa Rechtfertigung durch Verfahrensrecht, obwohl Verfahren eine rechtliche Regelung voraussetzen. Vielmehr geht es um die Umstrukturierung des Erwartens durch den faktischen Kommunikationsprozeß, der nach Maßgabe rechtlichen Regelungen abläuft, also um wirkliches Geschehen nicht um eine normative Sinnbeziehung" 81 . Kontrolle, Legitimation und Effizienz reflexiver und relativ autonomer Informationsverarbeitungsprozesse ist somit durch die Einrichtung entsprechender Vorschriften zu gewährleisten. „By the legal regulation of worker participation, the decision problems of the business enterprise have been shifted from the outside to the inside. They have partly changed from problems of adaptation to environmental events into „bureaucratic" problems of internal agreement of enforcement of one's point of view. This shifting is both possible and necessary since the market does not function as a perfect system of competition and leaves, therefore, room for internal discretion" 82 . Worin besteht nunmehr der Unterschied dieses Funktionsbereichs zur zuvor behandelten Informationsfunktion? Die Differenz und der Sinn einer Funktionstrennung liegt in der Möglichkeit, bestimmte Anforderungen an das Unternehmen spezifischen Unternehmensstrukturen zuzuweisen. Die gesuchten Strukturanforderungen für diesen Funktionsbereich (Informationsverarbeitung) haben sich somit auf die Konfliktintegration in Informationsverarbeitungsverfahren des Unternehmens zu konzentrieren. „This made it necessary to develop new methods of middle- and long-term manpower planning, and to integrate such planning into the company's financial and technical decisions" 83 . Die Verhandlungsstruktur ist gem. dem hier gewählten Ansatz wiederum auf plurale Aushandlungsprozesse gedanklich einzustellen. Dies führt auch zu der Frage, an welcher Stelle und durch welche Unternehmensorgane Vorhaben über Unternehmens- oder Betriebsumstrukturierungen sowie Fragen über freiwillige oder gesetzlich aufzustellende Sozialpläne am effizientesten zu behandeln wären. Geht es nur um Abfindungsansprüche betroffener A N oder sind weiterreichende Abstimmungsprozesse mit anderen gesellschaftlichen Gruppen ebenso zu garantieren? 84. 80 Vgl. im Ansatz auch Rüthers, B., Die Institutionalisierung von Dauerkonflikten als Lösung gesellschaftlicher Probleme, S. 311 (316 f.); zur Bedeutung formalisierter regulierter Konflikte vgl. Luhmann, N., Funktionen und Folgen formaler Organisation, S. 239 ff. 81 Vgl. Luhmann, N., Legitimation durch Verfahren, S. 37. 82 Vgl. Luhmann, N., Worker Participation in Decision-Making — Germany, International Political Science Association — Jablonna Round Table Meeting, Sept. 1966 (unveröffentlichtes Manuskript). 83 Vgl. Streeck, W., a.a.O., S. (11). 84 Zur Frage der Entscheidungsebene vgl. auch Hohmann-Dennhardt, Ch., Entscheidungsstrukturen im Unternehmen und Arbeitnehmerinteressen, insbes. S. 21 Iff.; zu unterschiedlichen Verhandlungsebenen vgl. Däubler, W., Das Grundrecht auf Mitbestimmung.

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4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschlge und ihre Dogmatik

2.2. Unternehmensrechtliche

Garantien

2.2.1. Strukturalternative: Das mitbestimmte Aufsichtsorgan a) Verhandlungsbeteiligung

und Problemverarbeitung

Inwieweit garantiert der vorliegende Richtlinienvorschlag die verfahrensmäßige Verarbeitung der an das Unternehmen herangetragenen und zum Teil auch organisationsintern vermittelten Informationen? M i t anderen Worten, wie können Kontrolle und Legitimation effizienter Informationsverarbeitungsprozesse geleistet werden, die den Anspruch erheben, bislang unberücksichtigte Entscheidungsdaten mit einzubeziehen? Art und Ausmaß der Beteiligung am Informationsverarbeitungsverfahren ergeben sich aus dem Kompetenzbereich des Aufsichtsorgans. Gem. Art. 3 I b der Richtlinie bestellt das Aufsichtsorgan die Mitglieder des Leitungsorgans, unter denen sich gem. Art. 3 I I I auch ein Arbeitsdirektor befinden muß. Darüber hinaus kann der Aufsichtsrat die Mitglieder des Leitungsorgans gem. Art. 13 der Richtlinie abberufen. Ähnlich dem deutschen Recht (vgl. §§ 84; 1051; 77 I, 78 I I I AktG) kommen dem A R sowie den am Informationsverarbeitungsverfahren des A R beteiligten Mitgliedern über diese Besetzungskompetenz weitreichende Einflußmöglichkeiten auf die vom Leitungsorgan auszuarbeitende Unternehmenspolitik zu 8 5 . Art. 11 und 12 der Richtlinie statuieren u.a. die schon näher bezeichneten Informations- und Prüfungsrechte des Aufsichtsorgans. Die in der Richtlinie angesprochenen genehmigungsbedürftigen Beschlüsse lassen darauf schließen, daß der A R insbesondere die Wahrnehmung der originären unternehmerischen Führungsfunktionen (Unternehmensplanung, Unternehmenskoordination, Unternehmenskontrolle) des Vorstands zu überwachen hat 8 6 . Zweifelhaft erscheint allerdings, inwieweit auch darüber hinausgehende Geschäftsführungsmaßnahmen des Leitungsorgans unter den Genehmigungsvorbehalt des Art. 12 fallen können, sofern diese wesentliche Auswirkungen auf die Untenehmenspolitik haben. Anders als im deutschen Recht (vgl. §111 AktG) zählt Art. 121 bestimmte Arten von genehmigungsbedürftigen Beschlüssen kasuistisch auf. Hierbei handelt es sich nach dem Wortlaut keineswegs nur um Tatbestandsbeispiele, sondern um Mindestanforderungen, die von den nationalen Gesetzgebern im Falle der Transformation in nationales Recht einzuhalten sind. Obgleich Art. 12 I I die Erweiterungsmöglichkeit der in Art. 12 I beschriebenen Fälle verdeutlicht, bezieht sich dies aber nur auf die Ausgestaltung der nationalen Rechtssysteme. Die Genehmigungskompetenz kann in diesem Sinne durch nationale Vorschriften oder Satzung auf die Vornahme 85

Vgl. auch Mertens, H.-J., Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, Rdn. 1 Vorbem. von § 95. 86 Vgl. auch Semler, Joh., Die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats, S. 20.

II. Informations- und Entscheidungs verfahren

207

weiterer Rechtsgeschäfte erweitert werden. Die somit vom europäischen Gesetzgeber vorgenommene Eingrenzung genehmigungspflichtiger Beschlüsse wird im vorliegenden Falle einerseits die Gefahr zukünftiger Rechtsungleichheit kaum beseitigen. Denn die Richtlinie wird nicht verhindern können, daß bestimmte Mitgliedstaaten sich auf die vorgeschriebenen Mindeststandards zurückziehen, während andere Gesetzgeber weitgehende Genehmigungskataloge verfassen. Andererseits ist auch unter dem Gesichtspunkt flexibler Aufsichtsratskontrolle, gemessen an den sich stellenden Problemen zu befürchten, daß der A R durch sehr eng umgrenzte Funktionsbereiche in seiner Handlungsfähigkeit stark eingeschränkt wird. Interessenauthentische Bedürfnisinformationen könnten das Aufsichtsorgan zwar erreichen, eine weitergehende Berücksichtigung i. R. unternehmenspolitisch relevanter Informationsverarbeitungsverfahren kann allerdings nur dann gewährleistet sein, sofern diese unter Art. 12 I a-c subsumierbar sind. Unseres Erachtens ist die Kasuistik des Art. 12 I durch eine generelle Vorschrift zu ersetzen. Diese könnte vorsehen, daß durch Gesetz, Satzung oder den A R selbst bestimmte Beschlüsse des Leitungsorgans der Zustimmung des Aufsichtsorgans bedürfen. Hiermit wäre sichergestellt, daß sich die Kompetenzen des Aufsichtsratsorgans auch dann auf die Kontrolle der Geschäftsführung erstrecken, sofern es sich um unternehmenspolitisch wesentliche Beschlüsse des Leitungsorgans handelt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, daß dem A R gem. Art. 12 nicht nur einfache Kontrollaufgaben zufallen, sondern auch Pflichten zu entsprechenden Stellungnahmen und Einwirkungen auf Geschäftsführungsmaßnahmen des Leitungsorgans. Diese finden selbstverständlich ihreGrenzen in der Übernahme geschäftsführender Funktionen 87 . Neben den genannten Überwachungsaufgaben können dem Aufsichtsorgan auch entsprechende Beratungsmöglichkeiten im Verhältnis zum Leitungsorgan zukommen 88 . Im Ergebnis kann somit eine Modifikation von Art. 12 I i.V.m. den Informations- und Aufklärungspflichten i.S.v. Art. 11 sowie dem Recht auf Bestellung und Abberufung des Leitungsorgans (Art. 3 I b; Art. 13) eine weitgehende Einbeziehung bestimmter Gruppen in den unternehmerischen Informationsverarbeitungsprozeß garantieren. Die vermittelten Informationen finden somit auch Eingang in den Informationsverarbeitungsprozeß im Unternehmen. Die ζ. T. nicht mehr über den Markt zu vermittelnden Leistungsanforderungen können unternehmensintern verhandelt werden. Es bliebe zu prüfen, ob die nach unserem Ansatz geforderte Ausdehnung der Beteiligungsrechte auf 87 Vgl. auch Semler, Joh., a. a. O., S. 83; der zwischen begleitender, unterstützender und führender Überwachung in bezug auf die Einwirkungsintensität des A R auf den Vorstand im deutschen Recht unterscheidet; vgl. auch Mertens, H.-J., a.a.O., Rdn. 33 zu § 111; Kübler, F., Gesellschaftsrecht, § 15 IV 4 b, S. 191; Raiser, Th., Recht der Kapitalgesellschaften, § 15 I 1, S. 75. 88 Vgl. Semler, Joh., a.a.O., S. 95f.

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4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

öffentliche Interessenträger mit der organschaftlichen Stellung und den gesetzlichen Kompetenzen eines A R noch vereinbar ist. b) Pluralistische Gruppenstruktur versus organschaftliche Stellung und Kompetenzbereich des Aufsichtsorgans Im folgenden ist zu prüfen, inwieweit die hier geforderte pluralistische Gruppenstruktur in die zugrundeliegende Richtlinienkonzeption eines Aufsichtsorgans als ein zur sachverständigen Kontrolle der Geschäftsleitung berufenes Organ eingegliedert werden kann. Insbesondere ist die Integrationsmöglichkeit unternehmensexterner Vertreter — und hierunter fallen auch Gewerkschaftsvertreter — mit dem oben behandelten Kompetenzbereich des A R zu hinterfragen. In verschiedensten Untersuchungen wird wiederholt betont, daß der Einbezug von A N und Gewerkschaftsvertretern im Hinblick auf das Stimmrechtsübergewicht der Anteilseigner, der Bindung aller AR-Mitglieder an besondere Loyalitäts- und Sorgfaltspflichten sowie Haftungsregelungen nicht zu einer von vielen Seiten befürchteten Funktionsunfähigkeit des unternehmerischen Willensbildungsprozesses führt. Dies könnte aber dann der Fall sein, sofern weitere unternehmensexterne Interessengruppen Einfluß auf die unternehmerische Willensbildung erlangen. Zwar ist davon auszugehen, daß das Aufsichtsorgan durch diese Forderung weit stärker als bisher für untenrehmensexterne Daten geöffnet wird. Weitreichende wirtschaftliche und soziale Probleme könnten im Informationsverarbeitungsorgan Aufsichtsrat und seinen Ausschüssen behandelt werden. Diese Konzeption birgt jedoch besondere Gefahren in sich. Unternehmensexterne Interessengruppen können der Versuchung erliegen, zu starken Einfluß auf die Unternehmensleitung auszuüben und diese u.U. blockieren. Wichtige unternehmenspolitische Informationen können somit auch wegen der Informationspflicht des Vorstandes gegenüber dem Aufsichtsorgan zu schnell nach außen gelangen und Schäden für das Unternehmen verursachen. Auch das für das deutsche Recht vom BGH entwickelte „Autarkieprinzip des Aufsichtsrates" wäre gefährdet 89 . Die Funktionsfahigkeit des unternehmerischen Willensbildungsprozesses könnte daher insgesamt außer Kontrolle geraten. Entgegen diesen Befürchtungen wird der Einbezug bestimmter Interessenvertreter in die Verhandlungsstruktur allerdings dann keine Probleme aufwerfen, sofern die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: Eine starke funktionale Trennung zwischen den genannten Verhandlungsorganen und dem Leitungsorgan eines Untenehmens ist einzuhalten. A R und Ausschüsse sind in ihrer Partizipationsintensität gegeneinander abzuheben. Teubner plädiert diesbezüglich unter Hinweis auf das deutsche, hochformalisier89

Vgl. BGHZ 85, S. 293; sowie Besprechung von Hommelhoff, P., Die Autarkie des Aufsichtsrats, ZGR 4/1983, S. 551 ff.

II. Informations- und Entscheidungsverfahren

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te verbandsrechtliche Modell von Vorstand und Aufsichtsrat für eine stärkere Differenzierung und gegenseitige Verselbständigung von „Politiksystem" und „Operationssystem" 90 . Eine entsprechende Trennung sollte auch in der Richtlinie deutlich werden. Erste Anhaltspunkte finden sich in Art. 31 a, nach dem das Leitungsorgan die Geschäfte unter Aufsicht des Aufsichtsorgans zu führen hat. Zwar kann diese eindeutige Unterscheidung von Aufsicht und Leitung in der vorliegenden Strukturvariante des mitbestimmten AR-Systems die geforderte funktionale Trennung hinreichend garantieren. Im Hinblick auf das noch zu behandelnde Board-System wird diesem Punkt jedoch stärkere Beachtung zu schenken sein. Art. 4 b II; 21 d I I der Richtlinie liefern einen weiteren Grund, der gegen die Befürchtungen einer steigenden Funktionsgefährdung des unternehmerischen Informationsverarbeitungsprozesses geltend gemacht werden kann. Nach den genannten Vorschriften ist in Entsprechung zum deutschen MitbestimmungsG (vgl. § 29 I I S. 1 MitbestG 76) für Abstimmungen innerhalb des Aufsichtsorgans sicherzustellen, daß dessen Entscheidungen letztlich von den von der Hauptversammlung bestellten Mitgliedern getroffen werden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß die jeweiligen Vertreter durch ihren Einbezug in die Verhandlungsstruktur eines Untenehmensorgans zwar entsprechende Rechte wahrnehmen können, aber auch an Pflichten gebunden sind (vgl. Art. 10 a I; II). Sie unterliegen gleichfalls den allgemeinen Haftungsvorschriften (vgl. Art. 14 ff). Diese Regelungen sollten durch besondere Qualifikationsanforderungen für die Mitglieder eines Untenehmensorgans ergänzt werden. Dies bedeutet, daß jedes Mitglied diejenigen Mindestfahigkeiten und Mindestkenntnisse besitzen sollte, die es braucht, um alle normalerweise anfallenden Geschäftsvorgänge in dem betreffenden Unternehmen auch ohne fremde Hilfe verstehen und sachgerecht beurteilen zu können 91 . Dabei ist zu beachten, daß diese Anforderungen heute nicht mehr im umfassenden Sinne an das einzelne Mitglied eines Aufsichtsorgans gestellt werden können. „Funktionale Spezifikation" und Problemorientierung bilden hier den Auslegungsmaßstab und Orientierungsrahmen. Dies bedeutet, daß die jeweils zu stellenden Anforderungen nach der Funktion des jeweiligen Mitglieds variieren (spezifische Anforderungen an einen Umweltschutzexperten, Produktionssicherheitsbeauftragter, Arbeitsdirektor, AN- und Gewerkschaftsvertreter). Nur so ist eine effiziente Kontrolltätigkeit des Aufsichtsorgans auch in bezug auf wirtschafts- und gesellschaftspolitische Funktions- und Leistungsanforderungen zu gewährleisten. Gewisse Ansätze finden sich in Art. 4 c der Richtlinie, der allerdings den A E und A N nur innerhalb des Kooptationssystems ein Widerspruchsrecht gegen die Bestellung eines Kandidaten für ein AR-Amt zuerkennt. 90

Vgl. Teubner, G., Organisationsdemokratie und Verbandsverfassung, S. 231. Vgl. entsprechend BGHZ 85, S. 293 (295 f.); sowie Mertens, H.-J., Kölner Kommentar zum AktG, Anm. 25 zu § 111 AktG; sowie auch Hommelhoff, P., Autarkiegebot des Aufsichtsrats, ZGR 4/1983, S. 551 (572f.). 91

14 Abeltshauser

210

4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

c) Funktionale Spezifikation

der Verhandlungsstruktur

Nach unserem Ansatz ist es wünschenswert, daß auch die unternehmensverfassungsrechtliche Verhandlungsstruktur funktionaler Spezifikation über den Einbezug von Aufsichtsratsausschüssen unterworfen wird. Damit stellt sich die Frage, ob AR-Ausschüsse dazu geeignet sind, nicht nur bedürfnisspezifische Informationen aufzunehmen, sondern diese auch entsprechend zu verarbeiten. Wir wir feststellten, können bestimmte Aufgaben gem. § 107 I I I S. 2 deutsches A k t G einem Ausschuß nicht an Stelle des Gesamtaufsichtsrates zur Beschlußfassung überwiesen werden. Hierunter fallen u. a. die Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern als auch zustimmungsbedürftige Geschäfte. Entgegen verschiedenen Stellungnahmen92 vertraten wir allerdings die Auffassung, daß es sich i. S. von § 107 I I I S. 2 A k t G allenfalls um den Akt der formalen Beschlußfassung handelt. Die Verarbeitung von Bedürfnisinformationen kann somit durchaus innerhalb von AR-Ausschüssen stattfinden. M i t anderen Worten können z.B. in Fällen von Unternehmens- oder Betriebsumstellungen oder Stillegungen und den damit verbundenen Fragen um die Aufstellung und Gestaltung von Sozialplänen unter Abstimmung mit anderen Leistungs- und Funktionsanforderungen an das Unternehmen, sachspezifische Ausschüsse fakultativ eingerichtet werden 93 . Der Gesamtaufsichtsrat kann so zugunsten sozialverantwortlicher Willensbildungsprozesse im Unternehmen wesentlich gestärkt werden. 2.2.2. Strukturalternative: Das mitbestimmte Board-System Wie schon deutlich wurde, konzipiert der neue Richtlinienvorschlag unter Kapitel IV Art. 21 a ff ein Board-System, das in Art. 21 a I a auch eine relativ strenge Trennung von geschäftsführenden und kontrollierenden Boardmitgliedern vorsieht. Es ist zu prüfen, wie die Verhandlungsstruktur des Boardsystems interessenauthentisch vermittelte Bedürfnisinformationen verarbeiten kann und ob dieses System gleichwertig zum mitbestimmten AR-System ist.

92

Vgl. u. a. Dose, St., Zivilrechtliche Haftung und Aufgabendelegation auf Ausschüsse im Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft, ZGR 3/1973, S. 300 (311 f.). 93 Natürlich darf nicht übersehen werden, daß zwar Unternehmens- und Betriebsänderungen in den Kompetenzbereich des Aufsichtsrates fallen. Dagegen sind nach deutschem Recht Fragen der Sozialplanaufstellung und Ausgestaltung eher Sache des Betriebsrates vgl. u.a. Dietz/Richardi, Betriebsverfassungsgesetz 72, Rdn. 26ff. zu §112; sowie Rdnr. 36 ff. zu § 112. Zu fragen wäre dagegen, ob Fragen des Sozialplans insbesondere unter dem Aspekt sehr unterschiedlicher gesellschaftlicher Leistungsanforderungen unter Abstimmung mit allgemeinen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Funktionen eines Unternehmens nicht besser in Verhandlungssystemen aufgehoben wären, die Probleme auf unternehmenspolitischer Ebene behandeln. Die Relevanz dieser Frage verschärft sich in Fällen konkursbedingter Sozialpläne, vgl. Dietz/Richardi, a.a.O., Rdn. 92ff. zu § 112; sowie Dorndorf, E., Sozialplan im Konkurs, 1978.

II. Informations- und Entscheidungs verfahren

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Art und Ausmaß der Beteiligungs- und Einflußnahmemöglichkeiten leiten sich aus den Kompetenzen der kontrollierenden Gruppe im Board ab. Die Kompetenzen der nicht-geschäftsführenden Mitglieder entsprechen denen der AR-Mitglieder im AR-System (Bestellung geschäftsführender Mitglieder gem. Art. 21 a I b, Abberufung gem. Art. 21 t, Informationspflichten der geschäftsführenden Mitglieder gegenüber den nichtgeschäftsführenden Mitgliedern in bezug auf bestimmte Beschlüsse gem. Art. 21 s). Unsere Bedenken und Modifikationsvorschläge zur Kasuistik des Art. 21 s I (genehmigungspflichtige Beschlüsse) gelten entsprechend den Ausführungen zu Art. 12 I. Besondere Aufmerksamkeit sollte an dieser Stelle dem Problem der pluralistischen Gruppenstruktur im Verhältnis zur organschaftlichen Stellung und zum gesetzlichen Kompetenzbereich der kontrollierenden Boardhälfte geschenkt werden. Weitaus stärker als im AR-System wird hier die Gefahr der zu weit gehenden Einflußnahme auf das Leitungsorgan eines Unternehmen sein. Zwar ist davon auszugehen, daß eine Integration jeweils zu bestimmender Interessenvertreter in die unternehmerische Informationsverarbeitungsstruktur positive Effekte in bezug auf bislang nicht beachtete Bedürfnisse nach sich zieht. Doch wird der europäische Gesetzgeber gut beraten sein, die keinesfalls selbstverständliche formale Trennung geschäftsführender und nicht-geschäftsführender Boardmitglieder weiter auszubauen und abzusichern. Die funktionale Trennung von Leitung und Kontrolle ist im Board-System besonders zu betonen und sauber abzugrenzen, sofern man den Anspruch erhebt, plurale Verhandlungsstrukturen einzurichten. Insofern ist auch die gem. Art. 21 q I I statuierte Pflichtenbindung der Verwaltungsratsmitglieder sowie die Haftungsvorschriften der Art. 21 u ff. sinnvoll. Die Ausführungen zu besonderen Qualifikationsmerkmalen der AR-Mitglieder gelten hier entsprechend für die kontrollierenden Boardmitglieder. Ebenso finden unsere Überlegungen zur Einrichtung von Ausschüssen Anwendung, die auch in der Board-Variante eine Intensitätsabstufung von Partizipation ermöglichen würden. 2.2.3. Strukturalternative: Arbeitnehmervertretung In Anknüpfung an unsere Ausführungen zur organisationsinternen Bedürfnisinformationsvermittlung im AN-Vertretungssystem (vgl. Art. 4 I I S. 2 i. V. m. Art. 4 d; Art. 21 b I I S. 2 i. V. m. Art. 21 e der Richtlinie) ist zu prüfen, inwieweit unsere Strukturanforderungen Gleichwertigkeit des AN-Vertretungsmodells in dem hier vorliegenden Funktionsbereich mit den zuvor behandelten Strukturvarianten garantieren können. Darüber hinaus ist zu fragen, wie das A N Vertretungsmodell an unsere strukturellen Gestaltungsprinzipien angeglichen werden kann. Für die Informationsfunktion stellten wir bereits fest, daß zwar ansatzweise die geforderte Gleichwertigkeit vorliegt, doch zeichnete sich bereits das Problem ab, daß Bedürfnisinformationen nicht direkt in die unternehmerische Willensbildungsstruktur einfließen. Erst über verhältnismäßig schwach ausgebildete 14*

212

4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

Konsultationsrechte der AN-Vertretung gegenüber dem Leitungsorgan (vgl. Art. 4 d, Art. 21 e der Richtlinie) finden Informationen Eingang in die Informationsverarbeitungsstruktur. Es zeigten sich Parallelen zum deutschen Wirtschaftsausschuß (vgl. § 106 BetrVG 72). Die negativen Folgen der Trennung von AN-Vertretung und unternehmerischer Mitbestimmung im A R oder im kontrollierenden Board verschärfen sich hier auch in bezug auf die Frage der Gleichwertigkeit. Kommen dem deutschen Wirtschaftsausschuß gem. § 106 II; I I I BetrVG 72 neben Informations- und Konsultationsrechten auch wesentliche Beratungsfunktionen der Unternehmensleitung zu, läßt der Wortlaut von Art. 4 d; 21 e der Richtlinie an entsprechenden Kompetenzen zweifeln. Danach stehen der AN-Vertretung lediglich Informationsrechte sowie die in Art. 11 genannten Unterrichtungsrechte zu. Bei genehmigungspflichtigen Beschlüssen besteht lediglich ein Anhörungsrecht. Einwirkungsmöglichkeiten i. S. konstruktiver Beratung auch in bezug auf die Vorstandbesetzung gem. Art. 3 I b, 21 a I b der Richtlinie und Abberufung (vgl. Art. 13, 21 t) bestehen nicht. Nach unseren Strukturanforderungen wäre daran zu denken, die ANVertretung von ihrem Kompromißcharakter unternehmenspolitischer Interessenvertretung und betrieblicher Interessenvertretung zu befreien. Eine verstärkte Einwirkungsmöglichkeit auf den Informationsverarbeitungsprozeß wäre in den Grenzen der bislang behandelten Strukturalternativen wünschenswert. Dies könnte über den verstärkten Ausbau eines formalen, unternehmensinternen „collective bargaining-systems" gewährleistet werden, das einerseits die gewünschte Trennung von AN-Vertretung und AE-Organen (AR; Board) aufrechterhält, andererseits aber verstärkte Kommunikationsverfahren über Sachfragen fördert und garantiert. Konkret wäre z.B. Art. 4 d der Richtlinie um Konsultations- und insbesondere Beratungsrechte zu erweitern, die nicht nur die in Art. 11; 21 r genannten Themen zum Gegenstand haben, sondern sich auch umfassend auf die zu genehmigenden Beschlüsse gem. Art. 121; 21 s I beziehen. Diese sind generalklauselartig zu verfassen. Darüber hinaus sollte der ANVertretung Informations-, Konsultations- und Beratungsrechte hinsichtlich der Vorstandsbesetzung und -abberufung zukommen. Weitergehende Vorschläge beziehen sich auf die von uns geforderten Mitbestimmungsstrukturen. Die jeweils über die Zugangsfunktion zu bestimmenden Vertreter können, soweit erforderlich, danach in spezifische fakultative Ausschüsse integriert werden. Diese sind dann mit bestimmten Anhörungs-, Konsultations- und Beratungsrechten auszustatten. Art und Ausmaß dieser Rechte müssen mit den Kompetenzen der AN-Vertretung in Einklang gebracht werden. 2.2.4. Strukturalternative: Kooptation Die Verhandlungs- und Verfahrensstruktur für das nach Art. 4 c der Richtlinie zu verfassende Kooptationssystem richtet sich in ihrer Ausgestaltung

II. Informations- und Entscheidungsverfahren

213

nach den bereits entwickelten Prinzipien für das mitbestimmte Aufsichtsorgan. Wünschenswert sind auch hier gewisse Konsultations- und Beratungsrechte für die AR-Mitglieder. Außerdem sollten unter Ausrichtung an unserem Ansatz jeweils — unter Abstimmung mit den Kooptationsprinzipien — zu bestimmende Gruppenvertreter Verhandlungsrechte im AR-Verfahren erhalten. Dasselbe gilt für die Verfahrensstrukturierung von AR-Ausschüssen. 2.2.5. Strukturalternative: Tarifvertragssystem In Anbetracht des Verweisungstechnik der Art. 4 e — 4 h; Art. 21 f — 2 1 i Richtlinie gelten die bisherigen Ausführungen entsprechend für die Beteiligung von A N am unternehmerischen Willensbildungsprozeß qua Tarifvertrag. Das verfaßte Tarifvertragssystem erscheint allerdings insofern problematisch, als die Wahrnehmung öffentlicher Interessen schwerfallen dürfte. Einerseits könnten zwar den genannten Tariforganisationen aufgrund ihrer wirtschafts- und gesellschaftspolitisch bedeutenden Stellung Wahrnehmungsfunktionen öffentlicher Interessen zufallen. Dies wird insbesondere von gewerkschaftlicher Seite in Deutschland immer wieder betont. Andererseits erscheint es aber zweifelhaft, ob eine interessengebundene Tariforganisation (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) ausreichende Legitimation zur Wahrnehmung vielfältiger Interessen aufweist. Dieser Konflikt wird sich auf europäischer Ebene umso deutlicher herauskristallisieren, als die Verbandsstrukturen sehr uneinheitlich sind (Einheitsverbände versus politisch gebundene Verbände). 2.3. Zusammenfassung Die interessantesten Fragen stellten sich in diesem Funktionsbereich für die AN-Vertretungs- und Tarifvertragsmodelle. Diese sind unter Einbau der hier genannten Elemente auf der Grundlage unserer Strukturanforderungen zu modifizieren (insbesondere Ausweitung der Konsultations- und Beratungsfunktionen der AN-Vertretung). Desweiteren sollten die Strukturalternativen Beteiligungsrechte für plurale Interessengruppen am unternehmerischen Informationsverarbeitungsprozeß gedanklich garantieren. Eine Ergänzung erfährt die Unternehmensverfassung des 5. Richtlinienvorschlags durch die Berücksichtigung fakultativer Ausschüsse. Diese Modifikationen sollen gleichzeitig dazu beitragen, daß auch im unternehmerischen Willensbildungsverfahren eine weitgehende organisationsinterne Abstimmung in bezug auf steigende Leistungsansprüche Zustandekommen kann. 3. Die Entscheidungsfunktion

3.1. Problem und Strukturanf 'orderungen Unsere Überlegungen zu diesem Funktionsbereich lassen sich wie folgt zusammenfassen:

214

4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschlge und ihre Dogmatik

Unter bestimmten Voraussetzungen läßt sich tendenziell eine Verlagerung marktvermittelter Entscheidung auf organisationsinterne Entscheidungsverfahren von Unternehmen feststellen. Funktioniert das Konzept der marktabhängigen rationalen Entscheidung durch den „rational actor" im Falle bestimmter Konstellationen nicht mehr, stellt sich in diesem Funktionsbereich die Frage, ob Unternehmen in ihrer Entscheidungsfunktion stärker auf wirtschaftliche und gesellschaftliche Funktionszusammenhänge eingestellt bzw. wieder eingestellt werden können. M i t anderen Worten, wie sind die Entscheidungen zur Ertragssicherung gegenwärtiger und zukünftiger Bedürfnisbefriedigung unternehmensintern umzusetzen? Im Falle steigender Leistungsanforderungen kann auch hier für eine beschränkte Konfliktintegration plädiert werden. Dies hat in dem vorliegenden Funktionsbereich zur Folge, daß jeweils zu definierende Interessenvertreter am Entscheidungsverfahren partizipieren können. Berücksichtigen wir allerdings die bisherigen Untersuchungsergebnisse, zeigt sich, daß jede Form von Partizipation nicht auf der letzten Entscheidungsebene im Unternehmen (Ebene der Geschäftsleitung) angesiedelt ist. Partizipation wird eher als Kontroll-, Beratungs- und Legitimationsinstrument zu erörtern sein und weniger als Mittel zur Teilnahme an der endgültigen Entscheidung über die Unternehmenspolitik, auch wenn die vorliegenden Partizipationsformen ohne Zweifel erhebliche Einwirkungen auf die jeweils zu treffenden Entscheidungen ausüben können 94 . Das Problem für den zu prüfenden Funktionsbereich konzentriert sich somit auf die Frage, wie und in welchem Ausmaß Kontrolle und Legitimation unternehmerischer Entscheidung bei steigenden Leistungsanforderungen an das Unternehmen unternehmensrechtlich garantiert werden können. Rechtliche Strukturvorgaben haben für den vorliegenden Funktionsbereich markt- oder plansubstituierende Kontroll- und Legitimationselemente zu benennen. Dabei erscheint es sinnvoll, äquivalente Entscheidungskontrollen über organisationsinterne Garantien zu gewährleisten. Dabei darf sicher nicht übersehen werden, daß beispielsweise eine Zustimmungs- und Ablehnungskompetenz des pluralistisch besetzten Aufsichtsorgans in bezug auf bestimmte Vorstandsentscheidungen, oder die Benennungs- und Abberufungsmöglichkeit von Vorstandsmitgliedern faktisch nicht nur kontrollierende Wirkungen auslöst, sondern auch schon wesentliche Einflüsse auf den vorgelagerten Informa94

Vgl. Schmid / Kübler, F./Simitis, S., Mitbestimmung als gesetzgebungspolitische Aufgabe, S. 175 ff.; ähnlich Fleischmann, G., Mitbestimmung und neue politische Ökonomie — Symposium „Neuere Politische Ökonomie als Analyse von Institutionen" 28./29.9.1981 Münster, S. 12; für den der Firmenerlös nicht durch Mitbestimmung im Unternehmen zwischen A N und A G aufgeteilt wird. Die entscheidenden Verteilungsfragen würden vielmehr in den Tarifverhandlungen entschieden, während durch die Mitbestimmung im Unternehmen in erster Linie allgemeine Ordnungsfragen behandelt würden. Selbst dies dürfte nach der gesetzlichen Ausgestaltung des deutschen MitbestG 76 nicht der Fall sein, daMitbestimmung im AR angesiedelt sei und somit dem dort geltenden Kompetenzbereich sowie der Zweitstimme des AR-Vorsitzenden unterliegt; vgl. auch Raiser, Th., Recht der Kapitalgesellschaften, S. 74.

II. Informations- und Entscheidungsverfahren

215

tionsverarbeitungsprozeß hat. Supranationale Strukturvorgaben sollten hier Vorkehrungen für einen relativ autonomen und sich selbst kontrollierenden unternehmerischen Entscheidungsprozeß treffen. Neben der hier geforderten pluralen Besetzung von Aufsichtsräten und Unternehmensausschüssen als Entscheidungsorgane sollte auch für eine klare funktionale Trennung von Leitung und Kontrolle zur Gewährleistung zweier autonomer Machtzentren im Unternehmen gesorgt werden. Dies darf allerdings nicht zu der immer wieder befürchteten künstlichen Trennung von Leitung und Kontrolle führen 95 . Gefordert ist ein arbeitsteiliges Zusammenwirken von Leitungsorgan, professionalisiertem Aufsichtsrat und Ausschüssen mit wechselseitigem Einfluß und wechselseitiger Kontrolle 9 6 . Neben eindeutigen gesetzlichen Kompetenzregeln für das Aufsichts- und Leitungsorgan sind ausreichende Kontrollkapazitäten des Aufsichtsorgans einzurichten. Sachgerechte Entscheidungen in diesem Sinne können nur sichergestellt werden, sofern folgende Bedingungen vorliegen: — — — —

ausreichende Information, ausreichende Professionalisierung der Mitglieder des Aufsichtsorgans, ein vorstandsunabhängiger Stab, Expertentum. 3.2. Untenehmensr echt liehe Garantien 3.2.1. Die Strukturalternative: Das mitbestimmte Aufsichtsorgan

Im folgenden sind einige Entscheidungssituationen gem. Art. 11, 12 des Richtlinienvorschlags herauszugreifen und in bezug auf die Strukturanforderungen zu untersuchen. a) Wahl und Vorauswahl von Vorstandsmitgliedern Gem. Art. 3 I b der Richtlinie sind die Mitglieder des Leitungsorgans durch das Aufsichtsorgan zu bestellen. Entsprechend dem deutschen Recht (vgl. § 841 AktG) obliegt diese unternehmenspolitisch wichtige Entscheidung dem Gesamtaufsichtsorgan 97. Probleme können jedoch bei der „Vorauswahl" geeigneter Kandidaten entstehen. Die Vorauswahl kann und wird häufig auf Personalausschüsse, ein Aufsichtsratspräsidium oder den Aufsichtsratsvorsitzenden delegiert. Das Bestellungsrecht wird nach Vogel darüber hinaus durch die Tatsache relativiert, daß in vielen Fällen alleine der Vorstand und/oder die Großaktionäre die Vorauswahl geeigneter Kandidaten vornehmen 98 . Ange95 Vgl. so Wiethölter, R., Interessen und Organisation der Aktiengesellschaft im deutschen und amerikanischen Recht, S. 304. 96 Vgl. für einen Verbandsrat Teubner, G., a.a.O., S. 232f. 97 Vgl. Mertens, H.-J., a.a.O., Anm. 6 zu §84; Vogel, W.C., Aktienrecht und Aktienwirklichkeit, S. 198; Semler, Joh., a.a.O., S. 3f. 98 Vgl. Vogel, W.C., a.a.O., S. 199.

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4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

sichts steigender Leistungsanforderungen an das Unternehmen sowie der Tatsache, daß die Auswahl von Vorstandsmitgliedern weitreichende, unternehmenspolitisch einschneidende Folgen nach sich ziehen kann, ist nach dem hier zugrundegelegten Ansatz die Kompetenz zur Vorauswahl stärker auf das Aufsichtsorgan zu konzentrieren. Zwar sollte nach wie vor ein Vorauswahl verfahren z.B. von einem sachverständigen Personalausschuß 99 vorgenommen werden können. Dieser ist aber einer adäquaten Besetzungsregelung zu unterwerfen. Hingegen erscheint ein Vorauswahlrecht für den Aufsichtsratsvorsitzenden, den Vorstand oder für bestimmte Großaktionäre weniger sachgerecht. Neben ausreichender Qualifikation und Professionalisierung des Personalausschusses100 ist dieser eng an den A R zu binden und vom Vorstand und einflußreichen Aktionären weitgehend unabhängig zu halten (vorstandsunabhängiger Stab). b) Feststellung des Jahresabschlusses Gem. Art. 11 IV der Richtlinie ist das Aufsichtsorgan berechtigt, den Geschäftsbericht, den Jahresabschluß sowie den Lagebericht zu prüfen. Der Richtlinienvorschlag sagt allerdings nichts darüber aus, inwieweit das Aufsichtsorgan auch an der eigentlichen Feststellungsentscheidung des Jahresabschlusses beteiligt werden muß. § 171 I I des deutschen A k t G gibt dem A R ζ. B. ein ausdrückliches Billigungsrecht des Jahresabschlusses. Berücksichtigen wir die Tatsache, daß die Überprüfung, Beurteilung und Genehmigung des Jahresabschlusses, des Geschäfts- und Lageberichts wesentliche Voraussetzungen für die später zu treffenden Entscheidungen über die Verwendung des Jahresüberschusses bzw. die weitere Unternehmenspolitik sind, erhalten der A R und seine Mitglieder mittels dieser Vorschriften wesentlichen Einfluß und Mitentscheidungsrechte. Dies äußert sich konkret in der Festsetzungsmöglichkeit von Abschreibungssätzen und -methoden, bei Wertberichtigungen oder bei der Anwendung von Bewertungsgrundsätzen in der Bilanzaufstellung. Ebenso gewinnt der A R Einfluß auf unternehmenspolitisch einschneidende Entscheidungen über Einstellungsquoten für bestimmte Rücklagen und Dividenden. Vogel stellte darüber hinaus fest, daß Entscheidungen dieser Art nur in wenigen Fällen der H V überlassen bleiben. Diese Tendenz dürfte auch im Falle von mitbestimmten Gesellschaften mit der Größe eines Unternehmens steigen. Folgen wir dem Wortlaut von Art. 11 IV der Richtlinie, ist zwar davon auszugehen, daß dem Aufsichtsorgan gewisse Unterrichtungs-, Prüfungs- und Aufsichtskompetenzen zukommen. Die Feststellung des Jahresabschlusses (Billigung) fallt jedoch in den Kompetenzbereich der Hauptversammlung. Angesichts rechtstatsächlicher Untersuchungen 101 sowie der Tatsache, daß 99 Vgl. zur Versachlichung von Entscheidungen durch Ausschüsse auch Fickel, Fr., Aufsichtsratsausschüsse nach dem Mitbestimmungsgesetz 76, A G 1977, S. 134; ebenso Mertens, H.-J., a.a.O., Anh. zu §96 Anm. 74. 100 Hommelhoff, P., Die Autarkie des Aufsichtsrats, ZGR 4/1983, S. 551 (571 f.).

II. Informations- und Entscheidungs verfahren

217

insbesondere mit der Feststellung des Jahresabschlusses zumindest mittelbar wesentliche Ertragssicherungsfunktionen im hier diskutierten Sinne wahrgenommen werden können, sollte Art. 11 eine entsprechende „Kompetenzerweiterung" für das Aufsichtsorgan vorsehen. Der Grundsatz der funktionalen Trennung von Leitung und Kontrolle läßt eine rechtstatsächlich feststellbare enge Zusammenarbeit von Vorstand und Aufsichtsorgan hinsichtlich der Feststellung des Jahresabschlusses bedenklich erscheinen. Absprachen zwischen den Unternehmensorganen über die anzustellenden Prüfungen und deren Auswirkungen auf die zukünftige Unternehmenspolitik sollten zumindest für ein frühes Untersuchungsstadium unterbunden werden. Die Entscheidungsdelegation der in Art. 11 aufzunehmenden Billigung des Jahresabschlusses auf AR-Ausschüsse als Entscheidungsträger wird insofern versperrt sein, als die Prüfung und Feststellung des Geschäfts- und Lageberichts sowie des Jahresabschlusses originäre Aufgaben des Gesamtaufsichtsorgans sind 1 0 2 . Dem steht allerdings nicht entgegen, daß entsprechende Finanzausschüsse gebildet werden können, die in der Hauptsache jedoch nur beratend tätig werden sollten. c) Genehmigungspflichtige

Beschlüsse

Abgesehen davon, daß der Katalog unternehmenspolitisch bedeutender Geschäfte gem. Art. 121 a-d der Richtlinie durch eine allgemeine Zustimmungsregelung zu ersetzen ist, sollte der A R auch die Möglichkeit erhalten, bestimmte Geschäfte selbständig der Genehmigungspflicht zu unterwerfen. Solche Entscheidungen stehen in der Regel unter der mitwirkenden Kontrolle der Geschäftsführung. Dieser Einfluß wird insbesondere im Falle von Krisensituationen ansteigen 103 . Das Problem der Einrichtung und Aufrechterhaltung funktionaler Differenzierung zwischen Leitung und Kontrolle wurde schon unter der Informationsverarbeitungsfunktion erörtert. Die Gefahren einer zu weitgehenden Kompetenzüberschneidung von Leitung und Kontrolle sind hier noch stärker zu berücksichtigen. Zu weit gehende Entscheidungsbefugnisse des AR, wie ζ. B. Entscheidungen, die als Weisungen an das Leitungsorgan formuliert werden (Richtlinien für die Geschäftsfpolitik), würden die Funktionsfahigkeit von Leitung und Kontrolle sowie den gesamten unternehmerischen Entscheidungsprozeß erheblich gefährden. Obgleich die vorliegende Strukturvariante aufgrund ihrer stark formalisierten Trennung von Leitung und Aufsicht kaum

101

Insbes. Vogel, W.C., a.a.O., S. 204f. 102 Ygi v.Godin/Wilhelmi, Aktiengesetz, Anm. 11 zu §107; Meyer-Landruth, J., Aktiengesetz, Anm. 16 zu § 107; Kübler, F., Gesellschaftsrecht, § 15 IV 5 b, S. 192. 103

Vgl. Vogel, W.C., a.a.O., S. 212ff.

218

4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

Anlaß zur Besorgnis geben sollte, ist das Problem funktionaler Differenzierung insbesondere im Augenblick der Richtlinientransformation in nationale Rechtssysteme zu berücksichtigen. Rechtstatsächlich sind in der Praxis kaum Genehmigungsversagungen des Aufsichtsorgans feststellbar bzw. bekannt geworden 104 . Die Gründe für dieses Verhalten von Aufsichtsräten sind verhältnismäßig schwer zu ermitteln. Liegt es an einer durchweg guten Unternehmensleitung? Erhält der Aufsichtsrat nur mangelhafte Informationen? Bestehen Absprachen zwischen Vorstand und AR? Finden wir die Antworten etwa in dem Problem ausreichender AR-Qualifikation, AR-Zusammensetzung und AR-Aktivität? Mit einer pluralen und problemorientierten AR-Besetzung wird zumindest die Möglichkeit bestehen, die Kontrollgremien großer Unternehmen in Zukunft transparenter zu gestalten und durch geballten und weitgestreuten Sachverstand und Professionalisierung zu größerer Reflexion anzuhalten. Garantien für qualifizierte Kontrollentscheidungen bilden hohe Qualifikationsstandards, Weisungsgebundenheit sowie Professionalisierung der AR- und Ausschußmitglieder. Das Problem der Übernahme mehrerer AR-Ämter in einem unternehmensverfassungsrechtlichen System, das unter den Vorzeichen selbstregulativer unternehmerischer Sozialverantwortung steht, kann an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden. Nur soviel sei angemerkt: Die Professionalisierung und Ausweitung der Aufsichtsratstätigkeit sowie die Garantie vor zu weitgehenden Interessenverflechtungen sollte in diesem Punkt auch auf europäischer Ebene zu einer einschränkenden Regelung führen. Die verstärkte unternehmensrechtliche Einbindung von AR-Ausschüssen ergibt für die Entscheidungsfunktion, daß diese Gremien zwar Informationen im weitesten Sinne aufnehmen und beratende Funktionen übernehmen können. Dagegen ist fraglich, ob Ausschüsse auch Entscheidungen der o.a. Art treffen dürfen. Die Bestellung oder Abberufung von Vorstandsmitgliedern, die Billigung des Jahresabschlusses oder die Einberufung der HV obliegen nach deutschem Recht der alleinigen Kompetenz des Gesamtaufsichtsrats. Dies gilt auch für Beschlüsse, die bestimmte Arten von Geschäften an die Zustimmung des A R binden 1 0 5 . Nach überwiegender Auffassung ist jedoch zwischen der Festlegung des Kreises zustimmungsbedürftiger Geschäfte einerseits und der Zustimmung im konkreten Einzelfall andererseits zu unterscheiden 106 . Zustimmungsaufgaben können durchaus von einzelnen AR-Ausschüssen wahrgenommen werden. Dem hier verfolgten Ansatz steht somit hinsichtlich der Einbeziehung von AR-Ausschüssen in dieses System auf der Ebene der Entscheidungsfunktion zumindest in Teilbereichen nichts entgegen. Interessenvertreter, denen ein Zugang zu einem derartigen Ausschuß gewährt wird, könnten somit nicht Vgl. Vogel, W.C., a.a.O., S. 219ff. Vgl. Mertens, H.-J., a.a.O., Rdn. 107 zu § 107. 106 Vgl. Mertens, H.-J., a. a. O., Rdn. 107 zu § 107; Vogel, W.C., a. a. O., S. 221 ; MeyerLandruth, a.a.O., Anm. 16 zu § 107. 105

II. Informations- und Entscheidungsverfahren

219

nur Bedürfnisse an dieses Gremium informativ herantragen, sie hätten auch die Möglichkeit, auf den Entscheidungsprozeß selbst sachdienlich einzuwirken. 3.2.2. Die Strukturalternative: Das mitbestimmte Board-System Im folgenden ist zu prüfen, inwieweit das gem. Art. 21 ff. der Richtlinie verfaßte mitbestimmte Board-System den Strukturanforderungen entspricht und Gleichwertigkeit zum mitbestimmten AR-System aufweist. Art. 21 a I b, 21 r, 21 s, 211 i. V. m. Art. 21 b, 21 d der Richtlinie verfassen ein dem AR-System entsprechendes Modell der Entscheidungsbeteiligung für den nicht-geschäftsführenden Board. Entscheidungsbeteiligungsrechte werden gem. Art. 21 d I neben den A E auch den A N gewährt. Das Problem der Gleichwertigkeit zwischen mitbestimmtem AR- und Board-System stellt sich hier nicht. Die für das AR-System entwickelten Vorschläge gelten hier entsprechend. Allerdings ist auf das Problem der sauberen Funktions und Strukturdifferenzierung zwischen geschäftsführenden und nicht-geschäftsführenden Mitgliedern des Boards hinzuweisen. Diese zwar faktisch zu beobachtende Trennung sollte auch bei der Entscheidungsfunktion rechtlich schärfer durchgeführt werden. Sonst entsteht die Gefahr weitgehender Kompetenzüberschneidungen. Diese sollten zugunsten ausgedehnter Kontroll- und Beratungsfunktionen für ein pluralistisch besetztes nicht-geschäftsführendes Board-Gremium vermieden werden. Die Ausführungen zur Kompetenzerweiterung bezüglich des Jahresabschlusses, zur Aufstellung genehmigungsbedürftiger Beschlüsse und der stärkeren unternehmensrechtlichen Einbindung von Board-Ausschüssen als Entscheidungsorgane gelten hier entsprechend. 3.2.3. Die Strukturalternative: Arbeitnehmervertretung Die Gleichwertigkeit dieser Variante mit den übrigen Modellalternativen wirft weitreichende Probleme auf. Im Gegensatz zum AR- und Board-System erhält die AN-Vertretung gem. Art. 4 d I, I I i. V. m. Art. 11,121 sowie gem. Art. 21 e I, I I i. V. m. Art. 21 r, 21 s I der Richtlinie für den Jahresabschluß und die genehmigungspflichtigen Geschäfte lediglich eingeschränkte Informations- und Anhörungsrechte. Eine Entscheidungsbeteiligung ist nicht vorgesehen. Überhaupt keinen Einfluß erhält die AN-Vertretung auf die Benennung (Art. 3 I b, 21 a I b) und Abberufung (Art. 13, 211) von Vorstandsmitgliedern. Es fragt sich im folgenden ob und wie Gleichwertigkeit unter Zugrundelegung unserer Strukturanforderungen herstellbar ist. Für die Entscheidung über die Wahl, Vorauswahl und Abberufung von Vorstandsmitgliedern ist eine Kompetenzerweiterung für die AN-Vertretung zu erörtern. Eine solche Funktionserweiterung ist problematisch, da Ausschüsse nicht in den Kompetenzbereich der übrigen Unternehmensorgane (insbesonde-

220

4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

re A R und Board) eingreifen dürfen 107 . Dies muß auch für eine AN-Vertretung auf Unternehmensebene gelten. Der AN-Vertretung könnte jedoch bei der Vorauswahl bestimmte Vorschlags- und Konsultationsrechte im Verhältnis zum A R oder zum Board gewährt werden. Wir wir feststellten, ist einer Übertragung von Vorauswahlentscheidungen auf Personalausschüsse möglich. Die eigentliche Bestellung obliegt dem Gesamtaufsichtsrat. Neben bestimmten Konsultationsrechten könnten einer AN-Vertretung Vetorechte eingeräumt werden, die entweder zu einer erneuten Verhandlung über die zu bestellenden Personen oder zu einer nachträglichen Zustimmung der H V führen. Das gleiche könnte für die Abberufung von Vorstandsmitgliedern gelten. Für diese und andere Entscheidungsprozesse wären darüber hinaus die Kommunikationsverbindungen zwischen einer AN-Vertretung und dem Aufsichtsorgan einer Gesellschaft zu verbessern. Ohne die beabsichtigte Trennung von AE- und AN-Organen zu gefährden, könnte stattdessen der Ausbau formalisierter „collective bargaining"-Systeme gefördert werden. Außerdem sollten allgemeine Qualifikationsanforderungen für die Mitglieder des AN-Vertretungsorgans in die Richtlinie aufgenommen werden, um damit bessere und sachgerechtere Kontrollentscheidungen zu gewährleisten. Für die in Art. 11, 21 r der Richtlinie aufzunehmende Billigung des Jahresabschlusses sollte eine AN-Vertretung auch bestimmte Prüfungsrechte erhalten. Die Billigungsentscheidung selbst könnte wiederum durch ein Vetorecht der ANVertretung zur nochmaligen AR-Verhandlung oder zur ersetzenden Billigung durch die H V führen. Gleiches gilt für genehmigungspflichtige Geschäfte (Art. 12,21 s I). Diese sollten zwar durch das Aufsichtsorgan festgelegt werden, für die einzelnen zustimmungspflichtigen Beschlüsse sollte die AN-Vertretung entsprechende Vetorechte bekommen. 3.2.4. Strukturalternative: Kooptation Das Kooptationsmodell (Art. 4 c der Richtlinie) weist die geforderte Gleichwertigkeit mit den zuvor behandelten Strukturvarianten auf. Der Wunsch nach einer engen kommunikativen Verbindung zwischen AE, A N und Mitgliedern des kooptierten A R sowie das Problem einer pluralistischen Gruppenstruktur des Vertretungsorgans wurden an anderer Stelle bereits behandelt. Die Gestaltungsvorschläge für den mitbestimmten A R gelten unter Beachtung kooptationsrechtlicher Prinzipien entsprechend. 3.3. Zusammenfassung Die Frage, wie und in welchem Ausmaß Kontrolle und Legitimation unternehmerischer Entscheidungen bei veränderten Leistungsanforderungen von außen an das Unternehmen auf der Grundlage des Prinzips der Ertragssi107

86.

Vgl. u.a. Voormann, V., Die Stellung des Beirats im Gesellschaftsrecht, S. 38 und

III. Ergebnisse

221

cherung für gegenwärtige und zukünftige Bedürfnisbefriedigung unternehmensrechtlich garantiert werden kann, führte uns zu spezifischen markt- und plansubstituierenden rechtlichen Strukturanforderungen. Neben dem Problem der Gleichwertigkeit alternativer Strukturmodelle für den vorliegenden Funktionsbereich, das insbesondere für das AN-Vertretungsmodell zu weitreichenden Änderungsvorschlägen Anlaß gab (Einbezug in die Vorauswahl und Bestellung sowie Abberufung von Vorstandsmitgliedern, Entscheidungskompetenzen in Form von Vetorechten bei der Feststellung des Jahresabschlusses und genehmigungsbedürftiger Geschäfte, formalisierte collective bargaining Systeme), leiteten uns unsere Strukturanforderungen zu pluralistischen Entscheidungsstrukturen, die sich unter Befolgung des Prinzips funktionaler Spezifikation auch in der Ausgestaltung von fakultativen Ausschüssen niederschlugen. Diese Gremien sind unter Beachtung und Abstimmung mit den organschaftlichen Funktionen originärer Gesellschaftsorgane (insbesondere A R und Board) mit Entscheidungskompetenzen zu versehen. Darüber hinaus wurde deutlich, daß eine funktionale und strukturelle Trennung von Leitung und Kontrolle, weitgehende Professionalisierung der Mitglieder eines Aufsichtsratsgremiums, Vorstandsunabhängigkeit und ausreichender Sachverstand Grundlage für qualifizierte Entscheidungsprozesse sind (vgl. Graphik 5).

I I I . Ergebnisse Das Untersuchungsergebnis läßt sich wie folgt zusammenfassen: 1. Die gesellschafts- und unternehmensrechtliche Rechtsangleichung unterlag in den 70er Jahren einer zunehmenden Materialisierung und Verrechtlichung. Dies äußert sich konkret in der Wettbewerbs-, industrie- oder sozialpolitischen Prägung einer europäischen Unternehmensverfassung. 2. Die unternehmensverfassungsrechtliche Rechtsangleichung gerät mit dem fortschreitenden Integrationsprozeß, der Auslagerung legislativer Funktionen der Mitgliedstaaten auf die Gemeinschaftsorgane und dem damit implizierten Entscheidungsverlust, der Legitimationsfrage äußerst indirekter Normsetzungsbefugnisse des Rates sowie protektionistischen Bestrebungen der Einzelstaaten in zunehmende Schwierigkeiten. 3. Trotzdem der veränderte Richtlinienvorschlag zur Struktur der Aktiengesellschaft mit dem neuen „Optionssystem" unter den Zeichen flexibler Struktur- und Partizipationsregelungen steht, zeigt sich, daß die Richtlinie einer Interessenpolitik zugunsten einzelner Mitgliedstaaten unterliegt. Dies äußert sich in einer mangelnden „Gleichwertigkeit" der Struktursysteme sowie in einem hohen Maß naiver Prinzipienlosigkeit. So läßt der Vorschlag tarifvertragsrechtlicher Mitbestimmungsformen beispielsweise die Frage offen, ob die hier zwingend vorgeschriebene Festlegung auf das Aufsichtsrats-, Verwaltungsrats- oder AN-Vertretungssystem für Mitgliedstaaten

VerhaltensAbstimmung interner Koordination interner Prozeduralisierung koordination der Pluralität von InterPluralität auf das von VerhaltensGesellschafter auf essengruppen Unternehmenspflichten den Ges.-Zweck interesse über Satzung/Vertrag

Aufnahme marktOrganisationsInteressenauthenvermittelter interne Artikulation tische BedürfnisBedürfnisvon Bedürfnissen in informationsinformationen Teilbereichen Vermittlung

Über Eigentum vermittelte privatautonome Informationsverarbeitungsverfahren

Über Eigentum vermittelte Entscheidungsbefugnisse

Information

Informationsverarbeitung

Entscheidung

Prinzip der ErtragsKontrolle und Sicherung u. zukünft. Legitimation Bedürfnisbefriedigung unternehmerischer sozialstaatl. regi. SV Entscheidungsmacht unter Bedingungen sozialstaatl. reg. SV

UnternehmensEntscheidungsinterne Entscheiverfahren in Udungsbeteiligung Organen: AR, Board, Ausschüsse, Stimmund Vetorechte

sozialstaatl. regulierte Organisation eines Verfahrensbeteiligung VerhandlungsSelbstverwaltung der Zieldikurses, Wert- in Unternehmensverfahren in UInformationsberücksichtigungsOrganen Organen: AR, Board, Verarbeitung potential, Diskurs Ausschüsse, Konüber Handlungssultationsrechte alternativen

interessenadäquat. Information- und Artikulationschance Anhörungsverfahren in InformationsOrganen des U. : AR, Board, Ausschüsse

Verfahrensregeln, Verhaltensregeln, Haftungsregeln

öffentliche Kontrolle Eintrittsrechte, und Bestimmung des Aufnahmepflichten, Zugangs Bestimmung und Kontrolle durch Gesetz

Koordination

Rolle des Rechts

Steuerung über Zweckdiffusion Ersatz für den Eigentum und im Zielsystem herkömmlichen Zweckmotivation des Unternehmens Steuerungsmechnismus

Strukturforderung.

Zugang

Problem

Funktionsveränderungen

Funktion

Grafik 5

222 4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

III. Ergebnisse

223

akzeptabel sein kann, in denen industrielle Beziehungen vornehmlich auf unternehmensexternen kollektivvertragsrechtlichen Verhandlungssystemen beruhen. Die AN-Vertretungsvariante läßt Zweifel darüber aufkommen, ob es sich hierbei um eine betriebliche oder unternehmenspolitische Partizipationsform handelt. Die mangelnde Gleichwertigkeit zum Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsmodell ist offenkundig. Die Regelung des Unternehmensinteresses unterstützt den Mangel an Gleichwertigkeit und führt spätestens zum Zeitpunkt der Umsetzung dieser Richtlinie in nationales Recht zu erheblichen Auslegungsproblemen. Denn die Formel vom Unternehmensinteresse wird in Europa höchst kontrovers erörtert. 4. Rechtsangleichungsrationalität ist und wird in einer politischen Gemeinschaft nur über eine Rechtsangleichungsmethode erreichbar sein, die Systemkonflikte auf unterschiedlichsten Ebenen zu berücksichtigen im Stande ist. Rechtsangleichung ist somit mehr als reine Interessenangleichung. 5. Ein problembezogener Rechtsvergleich fördert ein buntes Bild vielfaltiger Partizipationsformen in Europa zutage. Diese lassen sich in ihren Wirkungen und ihrer Intensität deutlich voneinander unterscheiden. Der Rechtsvergleich bestätigt nicht nur den Mangel an Gleichwertigkeit und grundlegenden Gestaltungsprinzipien der Strukturvarianten, sondern auch die These, daß der Richtlinienvorschlag national bestehende Untenehmensverfassungssysteme übernimmt und auf europäischer Ebene festschreibt. 6. Es ist somit grundsätzlich zu überlegen, ob die Partizipationsregelungen der Strukturrichtlinie nicht in eine eigenständige Richtlinie aufgenommen werden sollten. Partizipationsformen für die einfache Aktiengesellschaft, die Konzernmitbestimmung sowie Informations- und Konsultationsregelungen i.S. der Vredeling Richtlinie könnten somit zusammengefaßt werden. Die Strukturrichtlinie würde von übermäßigem Komplexitätsdruck ihrer momentanen Normstruktur entlastet und kann dann auch auf die Rechtsgrundlage des Art. 100a EWG-V gestellt werden. 7. Der 2. Teil der Arbeit wird durch eine Funktionsanalyse bestimmt. Diese fragt nach Funktionen unternehmensverfassungsrechtlicher Strukturen. 8. Der unternehmerische Willensbildungsprozeß ist ein fortlaufendes Zielfindungs- und Problemlösungsverfahren. Dieses steht in wechselseitiger Beziehung zum Wirtschafts- und Gesellschaftssystem einerseits sowie zum Kreis der am Willensbildungsprozeß Beteiligten andererseits. Seine Strukturen lassen sich funktional wie folgt typologisieren:

224

4. Kap.: Rechtliche Gestaltungsvorschläge und ihre Dogmatik

Unternehmen — Mitgliedschaft Zugang Koordination Unternehmen — Informations- und Entscheidungsverfahren Information Informationsverarbeitung Entscheidung Diese Funktionen unterliegt unter bestimmten Bedingungen einem Funktionswandel. In der Beziehung eines Unternehmens zu seinen Mitgliedern wird in diesen Fällen der Zugang zum Willensbildungsprozeß nicht mehr nur über Eigentum gesteuert. Denn Zugangsregeln müssen einem Unternehmenszielsystem entsprechen. Die Koordination der Gesellschafter auf das Gesellschaftsinteresse wird durch das Problem der Abstimmung pluraler Gruppen auf das Unternehmensinteresse abgelöst. Die marktvermittelten Informationen, die Informationsverarbeitung und Entscheidung werden teilweise durch eine unternehmensinterne, sozialstaatlich geprägte Konfliktprozeduralisierung substituiert. Oder: zwingendes Organisationsrecht sorgt in Teilbereichen über eine Konfliktinternalisierung für die Verminderung von Transaktionskosten. Die Folgeprobleme für die Beziehung des Unternehmens zum Wirtschafts- und Gesellschaftssystem lauten: Interessenauthentische Informationsvermittlung; Kontrolle und Legitimation autonomer Informationsverarbeitungsprozesse; Kontrolle und Legitimation unternehmerischer Entscheidungsmacht. 9. Die theoretische Untermauerung einheitlicher Gestaltungsprinzipien führt auf der Grundlage organisationsrechtlicher Ansätze zu pluralistischen Strukturanforderungen für die Unternehmensverfassung der 5. Richtlinie, solange Mitbestimmung nach dem Willen der EG-Kommission hier noch ein Thema sein soll. Diese müssen dann aber auch Gleichwertigkeit der Strukturvarianten gewährleisten. 10. Pluralistische Konzepte bergen allerdings die Gefahr der Überlastung unternehmensverfassungsrechtlicher Strukturen. Sie sind auch nicht in der Lage, Eingrenzungskriterien für die Gruppenstruktur zu benennen. Dies gilt bislang auch noch für das hochabstrakte Konzept des reflexiven Rechts, das zwar zu einer wesentlichen Weiterentwicklung des Unternehmensverfassungsrechts beitragen kann, bislang für die praktische juristische und rechtspolitische Diskussion aber noch nicht hinreichend konkretisiert wurde. 11. Unser Konzept sieht vor, Eingrenzungskriterien der pluralen Unternehmensverfassungsstruktur aus einer Wirksamkeits- und Effektivitätsanalyse von externem Unternehmensverhaltensrecht zu gewinnen. Damit läßt sich einerseits eine Überforderung der Unternehmensverfasung von vorneherein vermeiden und andererseits kann man über diesen Weg zu einem abgewoge-

III. Ergebnisse

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nen Verhältnis zwischen unternehmensverfassungsrechtlichen Vorschriften und externem Unternehmensverhaltensrecht kommen. Dementsprechend befürworteten wir den Einbezug von Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsvertretern in den unternehmerischen Willensbildungsprozeß, lehnen aber Beteiligungsrechte für Verbraucher, Wettbewerber, Lieferanten oder anderer Marktteilnehmer aus wettbewerbsrechtlicher Sicht ab. Methodisch fordert unser Ansatz somit eine eher „gedankliche Öffnung" der Unternehmensverfassungsstruktur für plurale Gruppen. Beteiligungsrechte erhalten diese aber erst, sofern andere, das Unternehmensverhalten steuernde Vorschriften als wirkungslos erkannt sind' und der nationale Gesetzgeber den Einbezug der in Frage stehenden Interessenvertreter in das Unternehmen positiv beurteilt. Eine solche Regelung sollte allerdings den nationalen Gesetzgebern überlassen bleiben und von der 5. Richtlinie allenfalls angeregt werden. 12. a) Im Verhältnis eines Unternehmens zu seinen Mitgliedern bildet die Zugangsfunktion buchstäblich die Drehscheibe des unternehmensverfassungsrechtlichen Systems. Eine dezisionistische Festlegung auf bestimmte Interessenvertreter lehnen wir ab. Statt dessen favorisieren wir eine öffentliche Zugangskontrolle, die mit einer Wirksamkeits- und Effektivitätskontrolle von externem Unternehmensverhaltensrecht kombiniert wird. Die Festlegung auf bestimmte Interessenvertreter wird damit auf einen späteren Zeitpunkt verlagert und prozeduralisiert. Die Koordinationsfunktion erhält mit der Formel vom Unternehmensinteresse sowie darauf abgestimmte prozedurale Verhaltens- und Haftungsvorschriften ihr rechtliches Kleid. b) Unter Anknüpfung an die Informationsverarbeitungs- und Entscheidungsfunktion legt die sich herauskristallisierende Unternehmensverfassung nicht nur Wert auf eine offene Gruppenstruktur der Strukturvarianten. Problembezogene Konfliktlösungsstrukturen und Zweckspezifikation bilden ein ebenso wichtiges Element. Dies führt konkret zur Gewährleistung besonderer Informations- und Anhörungsrechte im Informationsbereich, zur Konsultations- und Verhandlungsrechten in der Entscheidungsfunktion. Die drei Funktionsbereiche sind in ihrer Partizipationsintensität zugleich vertikal strukturiert. Eine Feinsteuerung der Beteiligungsrechte wird über eine horizontale Abstufung (Ausschüsse) ermöglicht. Dies kommt unserem Ansatz insofern entgegen, als nicht jeder in der Unternehmensumwelt auftretende Konflikt zwangsweise zur Aktualisierung von Entscheidungsrechten in einem Unternehmensorgan führen muß.

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Badura/Rittner/Rüthers 76, 154, 157 Bartels, H. J. 49, 50 Bayer 30, 57 Bärmann 30, 31 Behrens 29, 30 Bensch 32 Berle/Means 127, 132 Beuthien 73, 74 Beutler 23, 28, 29, 34, 59, 167 Bieber 23, 28, 29, 34, 59, 167 Biedenkopf 76, 156, 157 Blanc-Jauvan 90 Blume 202 Börner 50 Boldt 201 Brinkmann, T. 43, 120, 180, 182, 183, 198 Bruha 45, 51, 52 Burnham 127 Buxbaum/Hopt 31

Cappelletti/Secombe/Weiler 29 Carrulo 93, 96 Carry, W. L. 46 Chmielewicz 79, 133 Clark, R. Ch. 88 Conard, A. 200 Conrad 93 Constantinesco/Hübner 91 Cottino 96

Dahove 153 Däubler 24, 36, 38, 59, 70, 73, 74, 85, 203, 205 David, R. 48 Davies, P. L. 58, 64, 66, 67, 119 De Mott 200 Dietz/Richardi 210 Dorndorf 210 Dose 210 Ebenroth/Sura 38 Ehlermann 28 Eisenberg, M . 200 Emmerich 162, 168 Everling 31, 39, 46 Falke/Gessner/Höland 49 Fechner 141 Fendei 30, 33, 34 Fickel 198, 216 Ficker, H. C. 48 Fikentscher 46 Fischer/Fischer 102 Fitting/Wlotzke/Wißmann 193 Fleischmann 214 Flume 140, 143, 144, 145, 180, 182 Föhr 60 Friedman/Teubner 50 Frommel/Thompson 102 Galbraith 135 Galgano 96 Gamillscheg 64, 70, 90, 94, 95 Gessler 44 Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff 124 Gessner/Winter 155, 180, 182 Glücksmann/Stieb 107 Godin v./Wilhelmi 196, 217 Goldberg/Wolff 79

Autorenverzeichnis Gower/Cronin/Easson/Wedderburn of Charleton 66, 67 Grabitz 44,48 Groeben, v.d./Boeckh/Thiesing/Ehlermann 33, 34, 36 Großfeld 47, 49, 58 Grossmann 38, 43, 120, 121, 124, 182 Gutenberg, E. 127 Hanau 70, 157 Hanau/Ulmer 74, 120, 122, 174, 196, 197, 198 Hart, D. 130 Hart/Joerges 50, 177 Hay/Gray 135 Hayder, R. 52 Hayek, ν. 30 Heffer 68 Hegenbarth 169 Heinen 131 Hellmann 33, 34 Herzina 161 Hoffmann 38, 58, 65 Hoffmann/Lehmann/Weissmann 197 Hohmann-Dennhardt 79, 205 Hommelhoff 74, 78, 187, 203, 208, 209, 216 Hondrich 83 Hoppmann 30, 161 Hopt 25, 31, 43, 57, 58, 190 Hopt/Teubner 66, 120, 150, 182 I D E 67, 70, 71, 72, 79, 80, 81, 82, 83, 85, 88, 94, 115 ILO 70, 81, 99, 100, 101, 113 Jehle 131, 190 Jensen/Meckling 132 Joerges 30, 33, 34, 50 Jürgenmeyer 43, 182 Kantzenbach 37, 164 Kolvenbach 35 Kosiol 131 Kramer, Ε.Α. 50, 173 Krekeler 45,46 Kretschmar 201 16*

243

Krisam 79 Krüger, H. 190 Kohte, W. 86 Krüger 135 Kübler, F. 32, 76, 130, 132, 135, 136, 149, 182, 184, 186, 190, 207, 217 Kübler/Schmidt/Simitis 76, 155, 158, 159, 214 Kunze 122, 144 Ladenburg 39 Landwehr 188 Langenheine 44,48 Lanneree/Insele 89,90 Laske 182 Lecourt 30, 33 Lehmann, J. 197 Leistner 86 Lerche 152 Luhmann 49, 127, 191, 205 Lyon-Caen 125, 153, 156 Lutter 28, 31, 32, 35, 38, 40, 41, 55, 134, 142, 162, 173, 181, 182, 185, 186, 187, 196 Maeijer 81, 82 Mandel 84, 88 Marx, Fr. 30, 31, 46 Meesen 60 Mertens 124, 185, 187, 188, 195, 197, 206, 207, 209, 215, 216, 218 Mestmäcker 31, 32, 34 Meyer-Landrut 195, 217, 218 Molitor 33 Möschel 177 Momigliano 93, 96 Montalenti 94, 96 Müller-Graff 52, 53 Mulvey 69 Nagels/Sorge 29, 39, 59, 60, 64, 69, 71, 79, 81, 83, 85, 88, 93, 95, 116, 117 Nell-Breuning v. 135, 143 Neuhaus/Kropholler 48 Ott, K. 130, 143, 144, 145, 146, 190 Overrath 91, 92

244

trerzeichnis

Pescatore 52 Pipkorn 21, 23, 28, 29, 31, 32, 34, 35, 37, 40, 47, 54, 59, 164, 167 Pipkorn/Abeltshauser 37, 39, 93 Prentice 68 Prosi 127 Pross 135, 190 Rabe, H. J. 61 Raisch 133 Raiser, Th. 24, 35, 41, 74, 78, 120, 122, 124, 136, 143, 144, 145, 159, 160, 165, 173, 174, 176, 181, 182, 186, 193, 198, 207, 214 Reich, Ν . 53, 75, 188 Reuter, D. 138, 139, 140, 182 Rittner 160 Rocass 112 Rodiere 90,91 Röhl, K. F. 165 Rose, St. 196 Rüthers 117,205 Runggaldier 95 Säcker 197 Schaub 196, 197 Schmeder 48, 55 Schmidt, K. 177 Schmidt-Leithoff 43, 121 Schmitthoff, C. 119 Schmücker 135 Scholz, R. 37, 177 Schröter, H. 163, 165, 168 Schroth 168 Schwaiger/Kirchner 60 Schwartz, I. 39, 40 Schwarze, J. 61 Schwerdtfeger 158, 159 Seidel 45,47 Semler, J. 206, 207, 215 Siebert/Degen 74, 159, 201 Simitis 63,79,113 Steindorff 35 Steinmann/Gerum 60 Stone, Ch. 135, 150, 177, 187, 200 Streeck 63, 78, 132, 191, 205 Streil 23, 28, 29, 34, 59, 167 Summers/Wellington 65

Taliani 95 Taschner 165, 179 Teubner, G. 43, 135, 140, 143, 146, 148, 149, 161, 166, 176, 182, 184, 187, 208, 209, 215 Thiesing 163 Thompson, D. 37 Timmermanns 18, 28, 39, 40 Tschäni 30, 31, 36, 126, 161 Ulmer, P. Ulrich, H. Ulrich, P.

78 127, 128, 131 190

Vanberg 141, 181 Vance 200 Vandermeeren 85 Vilmar 68, 70, 88, 95 Vogel 19, 194, 196, 198, 215, 217, 218 Voormann 220 Wanner/Peccei 38 Wasich 70 Weber, M. 50 Wedderburn of Charleton 120 Weiler 29,45 Weitzig 56 Westermann 77, 116 Wiacker 44, 159 Wiedemann 58, 143, 144, 155 Wiesner 35 Wiethölter 130, 132, 134, 135, 182, 215 Wilkinson 34 Willke, H. 155, 183 Windbichler 199 Winkler, J. T. 64 Wipert/Kudat/Ozkan 38 Witte 133 WSI 70, 74, 75, 76, 174, 175 Würtenberger 60 Yachtman/Seashore

183

Zacher 37 Ziegert 49 Zöllner 73, 74, 153, 155, 193 Zweigert/Kötz 49, 64

trtverzeichnis Äquivalenzprinzip 52 Aktiengesellschaft — Aufsichtsorgan 20, 21 ff. — Aufsichtsrat 25 — Arbeitnehmervertretung 25 — Betriebsrat — europäischer 21 — Europäische 17, 21 ff., 35 — Geschäftsführung 20 — Hauptversammlung 20 — Kontrollorgan 21 — Konzernrecht 21 — Leitbild 126 — Leitungsorgan 20, 25 — Mitbestimmung 21 ff. — Organe 36 — Statut 17 — Struktur 20 ff. — Gleichwertigkeit 41 — Richtlinie 41 ff. — Verwaltungsrat 25 — Vertretung 20 — Vorstand 21 — Willensbildungsstrukturen 126 ff. — Funktionen 126 ff. Aktienrechtsstrukturen 21, 24 ff. Aktionsprogramm — sozialpolitisches 37 Allgemeine Geschäftsbedingungen 177 Angestellte — leitende 76, 91, 132 Angleichung 25 — Funktions- 119 — maßnahmen 23, 45 — programme 35 — Wirkungs- 119 Angleichungsmethode — funktional-problemorientiert 18 Anteilseigner 47 Approximation — Law 45

Arbeitgeberpflichten 117 — Obhutspflichten 117 — Organisationspflichten 117 Arbeitgeberverband 26 Arbeitnehmer 47, 56 ff. — Beteiligung 25 — verband 26 — Vertretung 25, 211 ff., 219 — Anhörungsrechte 26 — Konsultationsrechte 26 Arbeitsdirektor 27, 66, 72, 76, 206 Arbeitsplatzsicherheit 74, 117 Arbeitsrecht — kollektives 152 — kämpf 152 Aufsichtsorgan 192 ff., 206ff., 215 ff. — Ausschüsse 215 — Kompetenzen 206, 208 — Abberufung 207 — Bestellung 207 — Feststellung des Jahresabschlusses 216 f. — Genehmigungsvorbehalt 206 f., 217 — Information 206 — Kontrolle 207 — Prüfung 206 — Mitglieder — Interressenkonflikte 218 — Professionalisierung 218 — Qualifikation 218 — Weisungsgebundenheit 218 — organschaftliche Stellung 208 — pluralistische Gruppenstruktur 208 — Präsidium 215 — Qualifikationsanforderungen 209 — Verhaltenspflichten 208 — Vorstandsmitglieder 215 — Vorauswahl 215 — Wahl 215 Aufsichtsrat 21, 24 — Autonomie 78, 197

246

trtverzeichnis

— Bestellung — Kooptation 22, 26 — paritätisch 26 — Kompetenzen — Mitglieder — Gleichbehandlung 78 — Standardmodell 22 — Struktur 67 Ausschüsse 210 — Kompetenzen 195 — Konstituierung 195 — Paritätsansprüche 197 — Unternehmens- 196 — Zusammensetzung 197 Außenhandelspolitik 46 Autonomie — prinzip 127 — regulierte 148 Azienda 95 Bedürfnis — artikulation 160 — marktvermittelte 160 — befriedigung 127 — Informationen 127 Beherrschungsvertrag — internationaler 58 — als Organisationsvertrag 58 Beihilfe 163 Belgien 83 ff. Beschlüsse — genehmigungspflichtige 27 Betriebs— änderung 74, 79, 117 — frieden 74, 117 — geheimnisse 74, 78 — rat 74 — rätegesetz 84, 116 — Vereinbarung 74, 101, 117 — Verfassung

75

— gesetz 75 Bilanz 32, 82 Bilanzrecht — Harmonisierung 40 — Standards 40 Binnenmarkt 52 — Errichtung 52 — europäischer 17, 23, 44 — Funktion 52

Board 20, 24, 210ff., 219 — geschäftsführende Mitglieder 198 — nicht-geschäftsführende Mitglieder 198 — Kompetenzen 211 — of Directors 68 — Strukturanforderungen 198 ff. Boletim do Traballio e Embrego 106 Bürokratisierung 131 Bullock Report 67, 118 Centrale Raad voor Bedrifsleven 83 Centro Promotor do Melhoramento da Classim Laboriosa 103 Code de travail 88 Code of Practice on Safety Committees 66 Co-gestion 91 Co-surveillance 91 Collective Bargaining 64, 66, 68 Comité d'entreprise 89 f. Comité mixtes d'entreprise 86 Commissaire — college de 87 — revider 87 Commission paritaires 84 Commissione Interna 95 Committee — Audit 200 — compensation 200 — Duties 67 — joint 72 — joint consultative 69 — joint representation 67 — nominating 200 Common Law 63 Company Act 1980 68 Confederacao Gérai dos Trabalhadores Portugeses-intersindical — nacional 103 Conflndustria 94 Conflittualita Permanente 96 Conseil — d'administration 91 — de surveillance 91 Consiglio — d'Administrazione 96 — d'Azienda 95 — di Fabrica 94 ff. — di Zona 97 Corporate Planning 66

Stichwortverzeichnis Corporate Social Responsibility 120, 177, 200 Council — joint 69 — works 69 Dänemark 70 Dauerschuld Verhältnis 141 Délégation — d'employes 86 — ouvrière 86 — syndicales 85, 86 Délégués — du personel 89 — syndical 90 Democracy — Economic 71 Demokratie — industrielle 41 — potential 116 Deregulierung 51 Deutschland 73 ff. Directorship — General public 150 — Special public 150 Directors — Leitungsmacht 120 — Public 150 — Treuepflichten 120 Direktinvestition 55, 62 Dogmatik 171 ff. Eigentum 127 Einfuhrpolitik 46 Einheitliche Europäische Akte 23, 25, 31, 25 Einstimmigkeitsprinzip 23, 51 Employment Protection Act 1975 67 Empresa — jurado de 100 Enquete-Recht 80 Entscheidungsfunktion 213 ff. Equity Law 63 Erwerbswirtschaftliches Prinzip 127 Estado Novo 103 Europäische Aktiengesellschaft — Arbeitsrecht 22 — Bilanzrecht 22 — Konzernrecht 22

247

— Statut 21 ff. — Steuerrecht 22 Europäische Gemeinschaft 17, 27 Europäische Politische Zusammenarbeit 46 Europäischer Gerichtshof 40, 47 — Vertragsverletzungsverfahren 40 Factory Act 1955 69 Fehlallokation — knapper Resourcen 163 Filiale 55 Formenangleichung 119 Frankreich 88 ff. Freihandelsverkehr 53 Freihandelszone 29 Freizügigkeit 30 — wirtschaftliche 30 Friedenspflicht 79 Funkion — Differenzierung 128 ff. — Entscheidungs- 129 ff. — Informations129 ff. — Informationsverarbeitungs— Koordinations- 129 ff. — typologie 19 — Veränderung 131 — Zugangs- 129 ff. Fusion — internationale 55 — Kontrolle 168 Fusionsrecht 35

129 ff.

Gegenmacht 83, 115, 118 Gegnerunabhängigkeit 153, 156 Geheimhaltungspflichten 121, 181 Gemeinsamer Markt 28, 44, 52 Gemeinschaftsrecht 28 Gemeinwohl 143 Geniki Symomospondia Ergaton Ellados 110 Geschäfts— bedingungen 61 — führer 127 — geheimnisse 74, 79 — leiter 123 Gesellschafter — Autonomie 180 — Organisationsfreiheit 180

248

trtverzeichnis

— Verfügungsfreiheit 180 — Vertragsfreiheit 180 Gesellschaftsinteresse 180 Gesellschaftsrecht — Koordination 31 Gesetzgebungsoptionen 39 Gewerkschaft 59 ff. — Institut — europäisches 60 Gewinn- und Verlustrechnung 82 Gewinnmaximierung 120, 127, 131, 173 Gläubiger 47 Gleichwertigkeit 18, 25, 31, 44, 118, 146, 171, 185, 192, 212 — funktionale 26 — Kriterien 18 Globalsteuerung — wirtschaftspolitische 34 Griechenland 110 ff. Großbritannien 63 ff. Grünbuch 24 Gründungstheorie 46 Gruppo Omogeno 95 Haager Konferenz für Internationales Privatrecht 48 Haftung 20, 43, 123 ff., 149, 187ff. — Exkulpationsnachweis 26 — gesamtschuldnerisch 26 — Organisationspflichten 151 — Organisationsverschulden 188 — Organmitglieder 43, 123 — Standard 149 — unbeschränkt 26 — Verhältnis 123 — zivilrechtliche 26 Handelspolitik 163 Harmonisierung 17 Health and Safety at Work Act 1974 66 Impresa 95 Industrial Relations 64, 69, 156 Industriai Democracy 66, 69 Industrielle Beziehungen 25 Industriepolitik 33 ff., 163 — EG 33 — europäische 33, 46 — Funktionen 35 Informationsfunktion 190 ff.

Informationsverarbeitungsfunktion 204 ff. Institutionen — supranationale 29 Integration 35 — dynamischer Charakter 28 — Konzept 29 — pluralistisch 29 — neo-funktional 29 — politische 29 — positiv 53 — Spill-over Effekte 29 — Stagnation 39 — Voll- 29 — wirtschaftliche 29 — ziele 28 Interessen — allgemeine 20, 60 — Anteilseigner 174 — Arbeitnehmer 68, 80 — bildung — integrierte Gesamt- 183 — gewerkschaftliche 77, 88 — Gesellschafts- 82 — Kollision 156, 186 — Management 174 — Öffentliche 20, 25, 60ff., 70, 72, 74, 78, 81, 86, 88, 92, 97, 120, 193 — Verbraucher 61 Interessenangleichung 44 Interprofessionale Verhandlung 155 Intersindical 103 Interventionismus — konstruktivistischer 148 Irland 69 ff. Italien 93 ff. lus Commune 47 Joint Consultation Committees Kapitalverkehrskontrolle 62 Kartell — Strukturkrisen- 163 — Vereinbarung 167 Kommunikation 149 Kompetenz — abgrenzungen 184 — Richtlinien- 167 — Verordnungs- 167 Konditionalprogramm 50

117

Stichwortverzeichnis Konfliktintegration 214 Konsortialvertrag 55 Konsultations— rechte 106 — verfahren 57 Konvention von Vergara 1839 98 Konzern 27 — Begriff 77 — Beteiligungsgesellschaft 27 — Bilanz 40 — Richtlinie 40 — Gleichordnungs— Haftung 27 — interesse 27, 43 — international 27, 57 — Mitbestimmung 42 — Mutterunternehmen 27 — Parallelgesellschaft — Tochterunternehmen 27, 55 Konzernrecht 35 Konzertierte Aktion 92, 155 Kooperation 101 Kooptation 20, 81, 118, 202ff., 212f., Koordinationsfunktion 180 ff. Korporatismus 82 — neo- 83 Kündigungsschutz 47, 75, 117 Kurzarbeit 158 Labour 64 Letztentscheidungsrecht 118 Lieferbedingungen 61 Loyalitätspflichten 36, 43, 121 ff. Luxemburg 86 ff. Makroökonomische Konzertation Managerial Revolution 127 Management 127 Markt — Arbeits- 127 — Dienstleistungs- 127 — gleichheit 30 — Güter- 127 — Kapital- 127 — Ordnung — europäische 30 — strukturen 160 — monopole 160 — oligopole 160

38

249

— plypole 160 Marktbeherrschende Stellung — Mißbrauch 161 Massenentlassungen 38, 54 Materialisierung 50 Matignon-Abkommen 89 Minderheitsaktionäre 47 Mitbestimmung 27, 57, 101 f., 106, 109, 118, 152, 192 — Flucht 42 — Ergänzungsgesetz 75 — Gesetz 17, 75 f. — kommission 75 — Konzern 59, 76 — Kumulation 153, 158 — Letztentscheidungsrecht 76 — modelle 25 — paritätische 75, 157, 192 — unternehmerische 75 — Urteil 17 Mitgliedschaft 142, 172 ff. — Begriff 173 — Steuerung durch 173 Mitgliedstaaten 27 Montanmitbestimmung 75, 116, 158 Nationale Arbeidsraad 83 National Industrial Relation System Negotiation Collectives 89 Nennkapital 176 Nettoproduktionswert 176 Netzwerk 141 Niederlande 79 ff. — verzuiling 79 Niederlassungsrecht 31 Normanerkennung 52 Norwegen 70 Öffentlichkeit 165 — Vertreter 179 Oligopol 37 Optionspolitik 17 Organisations— entscheidungen — Autonomie 183 — pflichten 36 Organisation syndicale 86 Organisatione del Lavoro 95 Organschaft 132

64

250

trtverzeichnis

Parlament — europäisches 24, 27 Participation 67 Partizipation 113 ff. — Intensität 115 Personalstatut 58 Planification 48 Portugal 103 — Codigo Civil 107 — Codigo Commerciale 107 — Handelsgesellschaften 107 Privatrechtsgesellschaft 130 Produktionsstrukturen 38 — Internationalisierung 38 Proudhonismus 88 Prozeduralisierung 151, 167 Publizität 32 Qualitätsstandard

61

Rationalität — interne 148 — Norm- 148 ff. — reflexive 148 ff. — System- 148 Recht — Effektivität 165, 172 — Wirksamkeit 165, 172 Recht auf Arbeit 88 Rechtsangleichung 20 ff., 164 f. — Angleichungsbedürfnis 179 — Detail- 51 — Erforderlichkeit 44, 179 — europäische 18 — funktional problemorientiert 48 ff. — Funktionen 29 ff., 178 — gesellschaftsrechtliche 17 — Gleichwertigkeit 44 — Grenzen 179 — Identifikation 51 — Ingeltungsetzung 51 — Inhaltsgestaltung 51 — Kernbereich 46 — methode 25 — Minimal 51 — neue Strategie 50 — unmittelbare Auswirkung 179 — unternehmensverfassungsrechtliche 20, 50

— Entwicklung 32 ff. — Funktionen 27 ff. — Probleme 32 ff. — Verfahren 28 — Verhältnismäßigkeit 45 — Versagen 46 — qua Verordnung 28 — qua völkerrechtlichem Vertrag 28 Rechtsangleichungstheorie 44 ff. — enge 44 Rechtsanpassung 28 Rechtsetzungsbefugnis 28 Rechtsformzwang 174 f. Rechtsgrundlage 23 Rechtskreis — angel-sächsisch 63 ff. Rechtssicherheit 35, 45, 55 Rechtsstaat 130 Rechtsvergleich 18, 50, 55 ff., 63 ff. — problembezogen 18 Rechtsversagen 166 Reflexive Rationalität 148 ff. Reflexives Recht 148 ff. Registro Mercantil 101 Relations industrielles 88 Residualeinkommen 141 Richtlinie 23 — Anpassung 40 — Bilanzrecht 17 — Konzernrecht 17 — Veränderung 40

— Vorschlag 17 Sachrechtsangleichung 55 Satzungs— autonomie 78 — gesellschaft 138 Schweden 70 Schweigepflicht 74, 78, 122 S. E. — Mitbestimmung 22 ff. — richtlinie 22 — Statut 21 ff., 46 Selbstregulation 149 Shop Stewards 65, 69, 71 Sitztheorie 46 Sociedad Anonima 101 — Actionistas censores de cuentas 101 — Consejo de administracion 101

Stichwortverzeichnis — Escritura Publica 101 — Gründung 101 — Junta General 101 Sociedade — Anonima 107 — Conselho de administracao 107 — Conselho Fiscal 107 — Anonima Responsabilidade Limitada 107 — por Limitada 107 — por Quotas 107 Solidaridad de Trabajadores Vascos 98 Sorgfaltspflichten 36, 106, 121 ff. Sozial — bilanz 92, 124 — konflikt 51, 56 ff. — kostenbelastung 37, 57, 165

251

— vertrag 26, 154, 158, 203 Tillidsmand 71 Trade Union and Labour Relations Act 1974 64 Treuepflichten 26, 79, 121 ff.

Ultra Vires Doktrin 120 Umstrukturierung — Unternehmen 34 U N C I T R A L 48 Uniao — Geral de Trabalhadores 103 — Operaria Nacional 103 Unternehmen — als Organisation 143 — als Wertschöpfungsveranstaltung 144 — öffentliches 69, 109 Unternehmens— Partnerschaft 72, 78 — begriff 145 — plan 117 — führung 127 — politik 36ff., 46, 163 — interesse 26, 43, 66, 78, 80, 83, 119ff., — Verantwortung 19, 135 136, 181 ff. — verbandstheorie 143 — leitung 80, 127 Spanien 97 ff. — markt Staatskorporatismus 98, 103 Statuto dei Diritti dei Lavorati 94 — europäischer 34 Storting 70 — recht Streik — europäisches 37, 120 — sozialpolitische Prägung 37 — recht 88, 152 — struktur Struktur — Internationalisierung 59 — Aktiengesellschaft 25 — tarifvertrag 63, 101, 156 — alternativen 26, 118 — anforderungen 18,125,126,162ff., 171, — Verfassung 17, 36, 66, 73, 172 — Angleichungsmethode 18 190, 204f., 213 ff. — europäische 115 — funktionelle 136 ff. — Funktionen 18 — organisationsrechtliche 143 ff. — Gleichwertigkeit 18 — Resourcenmodell 141 ff. — recht 145 — modelle 25 — Strukturalternativen 18 — supranationale 18, 171 — verhaltensrecht 152 ff., 172, 194 Sudreau-Kommission 91 — ziel 120, 127 Syndikalismus 88 — zusammenschluß 166 Tarif — beherrschende Stellung 166 — Kontrolle 168 — autonomie 153, 158 — mißbräuchliche Ausnutzung 166 — Branchen- 154 — zweck 181 — gesetz 73, 88 Unternehmer-Unternehmen 127 — Parteien 73 Utilitarismus 64 — partner 153 — recht 152 f. — europäisches 153, 156

252

trtverzeichnis

Vanstaltung — interessenpluralistische 143 Verantwortung — externe 138 — interne 138 Vereinigungsfreiheit 99 Verhaltenspflichten — Geheimhaltungspflicht 187 — Kooperationspflichten 186 — abgeschwächte 186 — strenge 186 — Loyalitätspflichten 184 ff. — Organisationspflichten 187 — Sorgfaltspflichten 184 ff. — Unternehmensinteresse 184 ff. — Verkehrspflichten 187 — Verschwiegenheitspflichten 185 — Geheimnisbegriff 185 Verhaltenssteuerung — unternehmensextern 167 Verordnung 23, 35 Verrechtlichung 166 — Unternehmensrecht 32 Versammlungsfreiheit 99 Verschmelzung — Internationale 24 Verschwiegenheitspflichten 26, 106, 123 Verstaatlichung 120 Vertrags— gesellschaft 138 — Verletzung 40 Vertrauensleute 75, 77 Vertretungsorgane 114 Verwaltungsratssystem — Mitglieder 26 — geschäftsführende 26 — nicht-geschäftsführende 26 Verwaltungsstruktur 25 Vollbeschäftigung 79 Vorstand — Kompetenzen 206 Vredeling-Richtlinie 40, 54, 175 Währungsunion 37 Wanderarbeitnehmer Weißbuch 51 Weltwirtschaft 33 Wettbewerb 30, 61 — effektiver 36

59

— Funktionen 37 — redlicher 164 — unverfälschter 164 — vollkommener 36, 164 — wirksamer 164 — workable competition 36, 164 Wettbewerbs— begriff 164 — freiheit 30, 161 — gleichheit 30 — konzept 164 — politik 36ff., 46 — prinzipien 163 — recht 30, 160 ff. — europäisches 161 — Rahmen 30, 161 ff. — rechtliche Verhaltenskontrolle 166 — system — europäisches 30 — Verfälschungen 32, 165 — Verzerrungen 32, 165 Wirkungsanalyse 169, 178 Wirtschafts— ausschuß 201 f., 212 — Ordnung 79 — korporative 79 — politik 37, 163 — prüfer 40 — recht — internationales 33 — union 29 — verkehr — supranationaler 45 Wohlfahrtsstaat 79 Workable Competition 36 Zielsystem 131 Zollunion 29 Zugangs— funktion 172 ff. — kontrolle — öffentliche 176 — Steuerung 172 f. Zweckdiffusion 173 Zweckprogramm 50 — formal 148 — konditional 148 — prozedural 148