Strafrecht und Strafverfahren: Eine Sammlung der wichtigsten Gesetze des Strafrechts und des Strafverfahrens mit Erläuterungen [31., neubearb. Aufl., Reprint 2021] 9783112410967, 9783112410950

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Strafrecht und Strafverfahren: Eine Sammlung der wichtigsten Gesetze des Strafrechts und des Strafverfahrens mit Erläuterungen [31., neubearb. Aufl., Reprint 2021]
 9783112410967, 9783112410950

Table of contents :
Aus dem Vorwort zur ersten Auflage
Vorwort zur neunundzwanzigsten Auflage
Vorwort zur einunddreißigsten Auflage
Übersicht des Inhalts
Erklärung der Abkürzungen
Programm der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei
A. Strafrecht
I. Strafgesetzbuch
A1. Einführungsgesetz zum.Strafgesetzbuch. Vom 31. Mai 1870
A2. Strafgesetzbuch für das Deutsche Deich. Vom 15. Mai 1871
Einleitende Bestimmungen
1. Teil. Von der Bestrafung der Verbrechen, vergehen und Übertretungen im allgemeinen
2. Teil. Von den einzelnen Verbrechen, Vergehen und Übertretungen und deren Bestrafung
1. Abschnitt. Hochverrat
2. Abschnitt. Angriffe gegen den Reichspräsidenten
3. Abschnitt. Beleidigung von Bundesfürsten
4. Abschnitt. Feindliche Handlungen gegen befreundete Staaten
5. Abschnitt. Verbrechen und vergehen In Bezlehung auf die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte
6. Abschnitt. Widerstand gegen die Staatsgewalt
7. Abschnitt. Verbrechen und vergehen wider die öffentliche Ordnung
8. Abschnitt. Münzverbrechen und Münzvergehen
9. Abschnitt. Meineid
10. Abschnitt. Falsche Anschuldigung
11. Abschnitt, Vergehen, welche sich ans die Religion beziehen
12. Abschnitt. Verbrechen und Vergehen In Beziehung auf den Personenstand
13. Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit
14. Abschnitt. Beleidigung
15. Abschnitt. Zweikampf
16. Abschnitt, Verbrechen und Vergehen wider das Leben
17. Abschnitt. Körperverletzung
18. Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die persönliche Freiheit
19. Abschnitt. Diebstahl und Unterschlagung
20. Abschnitt. Raub und Erpressung
21. Abschnitt. Begünstigung und Hehlerei
22. Abschnitt. Betrag und Untreue
23. Abschnitt. Urkundenfälschung
24. Abschnitt. Bankrott
25. Abschnitt. Strafbarer Eigennutz und Verletzung fremder Geheimnisse
26. Abschnitt. Sachbeschädigung
27. Abschnitt. Gemeingefährliche Verbrechen und Vergehen
28. Abschnitt. Verbrechen und Vergehen im Amte
29. Abschnitt. Übertretungen
A 3. Verordnung über Vermögensstrafen und Bußrn. Vom 2. Februar 1924
A 4. Verordnung über die Vereinnahmung gerichtlich erkannter Geldstrafen. Vom 3. September 1936
B. Strafrechtliche Nebengesetze
I Politische Gesetze
II. Schutz von Kasse und Erbgut
III. Schutz der öffentlichen Ordnung
IV. Handels- und Gewerberecht
V. Wirtschaftsrecht
VI. Arbrits- und Sozialrecht
VII. Steuerrecht
VIII. Lebensmittelrecht
IX. Verkehrsrecht
X. Jagd- und Naturschutzrecht
C. Strafverfahrensrecht
I. Gerichtsverfassung
II. Strafverfahrensordnung
D. Strafverfahrensrechtliche Nebengesetze
E. Anhang
I. Preußische Gesetze
II. Sonderbestimmungen für die Ostmark, den Reichsgau Sudetenland, das Protektorat Böhmen und Mähren, Memel, Danzig und die Ostgebiete
III: Kriegsgesetze
Sachregister

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Strafrecht und

Strafverfahren Eine Sammlung der wichtigsten

Geßetze des Strafrechts und des Strafverfahrens mit Erläuterungen

Für den Praktiker zum .nandgebraucke begründet von

Dr. Dalcke weiland Hcneralftaarsanwalr, 0>c!i. t?ber-^ustizrac

Einunddreißigste neubearbeitete Auslage bcserat von

Dr. E. Fuhrmann l.' andacrickrsdirckror in Berlin

Dr. K. Krug iViititftertdlriU tm Rciä'kluüizmlnittcrlum

Dr. K. Schäfer Obcrlandcsqerictitsrat im Reichslultlzministcrium

1940

I. Schweitzer Verlag, Berlin u. München

Printed in Germany.

Aus dem Vorwort Ml ersten Auflage. Auf den Wunsch des Verlegers, welcher den mit der Handhabung

des Strafrechts betrauten Richtern und Anwälten bei dem Eintritt in die neue Ära der Strafrechtspflege ein praktisches Handbuch darbieten

wollte, habe ich mich der Herausgabe eines solchen unterzogen, und es sind für die Bearbeitung desselben folgende Gesichtspunkte maß­

gebend gewesen:

Ohne daß es in meiner Absicht liegen konnte, mit den größeren selbständigen Kommentaren

über das Strafgesetzbuch und über die

Strafprozeßordnung in Konkurrenz zu treten, Sammlung

der

noch

neben

dem

oder eine vollständige

Strafgesetzbuche . . .

geltenden

Strafgesetze zu liefern, so sollte doch so viel Material geboten werden, um in der weitaus größten Mehrzahl der Fälle die Zurhandnahme noch

anderer Bücher entbehrlich zu machen.

Aber der

Wunsch, recht viel zu geben, mußte seine natürliche Einschränkung in der Rücksicht finden, daß dem Buche nicht durch einen zu großen Um­ fang die handliche Form geraubt werden dürfe, welche für ein Vade­ rn ecum des Kriminalisten, wie es hier geschaffen werden sollte, ganz

unerläßlich schien. Marienwerder, im Mai 1879.

A

Dalckr.

Vorwort M neunullhwallflgsten Auflage. Wie bekannt, liegt der Entwurf eines neuen Strafgesetzbuchs zur Zeit dem Reichskabinett zur Beschlußfassung vor. Die Verfasser haben sich, nachdem die 28. Auflage seit geraumer Zeit vergriffen ist, die Frage vorgelegt, ob es unter diesen Umständen angezeigt sei, eine neue Bearbeitung des „Dalcke" herauszubringen. Sie haben diese Frage nach reiflicher Überlegung bejaht. Denn einmal wird zwischen der Verkündung des neuen Strafgesetzbuchs und seinem

IV

Borwort zur neunundzwanzigsten Auflage.

Inkrafttreten voraussichtlich eine geraume Zeitspanne liegen. Zum anderen aber wird nach dem derzeitigen Stand der Erneuerungs­ arbeiten auch das künftige Strafrecht an dem Grundsatz festhalten, daß sich die Strafbarkeit des Täters nach dem zur Zeit der Tat gelten­ den Recht bemißt. Teshalb wird auch noch nach dem Inkrafttreten des neuen Strafgesetzbuchs das jetzt geltende für die unter seiner Herrschaft begangenen Straftaten — also unter Umständen noch auf Jahre hinaus — seine Bedeutung behalten. Ties rechtfertigt es, trotz des hoffentlich nahe bevorstehenden Abschlusses der Reformarbeiten der Praxis eine Bearbeitung des StGB, vorzulegen, die dem neuesten Stand der Gesetzgebung und Rechtsprechung entspricht. Tie Verfasser glauben, ein prak­ tisches Bedürfnis für eine solche Neubearbeitung insbesondere auch deshalb bejahen zu können, weil sonstige umfangreichere Neu­ bearbeitungen des StGB., die die neueste Rechtsprechung in dem für die tägliche praktische Handhabung erforderlichen Ausmaße möglichst erschöpfend verwerten und — im Rahmen des vor­ liegenden Werkes— auch die Ergebnisse des Schrifttums aus jüngster Zeit berücksichtigen, nicht vorliegen. Eines solchen Werkes, das ihr eine Übersicht auf dem neuesten Stand der Tinge gibt, bedarf aber die Praxis besonders in einer Zeit, in der, sei es auf Grund des neuen § 2, sei es aus Grund einer veränderten Auslegung, die den neuen Rechtsanschauungen oder tzen gewandelten tatsächlichen Verhältnissen Rechnung trägt, frühere Ergebnisse der Rechtsprechung in erheblichem Umfang ihre Bedeutung verloren haben. Unter diesem Gesichtspunkt sind die Verfasser auch darauf bedacht gewesen, nach Möglichkeit die jeweils letzte Fundstelle anzuführen, wenn frühere Entscheidungen in neuester Zeit, sei es auch nur nebenbei, inhaltlich ausrechterhalten worden sind, damit der Rechtswahrer sich vergewissern kann, ob und inwieweit die Rechtsprechung an dieser oder jener Auslegung heute noch festhält. Abgesehen von der Neubearbeitung der Erläuterungen des StGB., die in gleichem Umfang bei den übrigen Gesetzen durchgcführt worden ist, weist die neue Auflage auch hinsichtlich der strafrechtlichen und strafversahrensrechtlichen Nebengesetze eine weitgehende Um­ gestalt ung auf. Zunächst ist die große Zahl der seit dem Erscheinen der letztenAuslage neu erlassenen Nebengesetze, unter denen die Straßenverkehrsordnung, die Straßenverkehrszulassungsordnung, das Gesetz gegen Schwarzsender, das Gesetz gegen Wirtschaftssabotage, die VO. über die Vereinnehmung gerichtlich erkannter Geldstrafen, das Gesetz über die Geschäftsverteilung bei den Gerichten, das neue Personenstandsgesetz hervorgehoben seien, neu ausgenommen worden.

Vorwort zur neunundzwanzigsten Auflage.

V

Darüber hinaus sind auch eine Reihe wichtigerNebengesetze aus älterer oder neuerer Zeit — auch sie mit Erläuterungen — eingefügt worden, so z. B. das Jmpfgesetz, das Weingesetz, das Milchgesetz, das Luftverkehrsgesetz, das Gesetz zur Beförderung von Personen zu Lande, das Güterfernverkehrsgesetz, das Vereinszollgesetz, die ZugabeBO. usw. Schließlich sind, um die Handhabung zu erleichtern, diese Neben­ gesetze erstmalig in vollem Umfang systematisch gruppiert worden. Zu diesem Zwecke sind eine Reihe von Gesetzen, die bis­ her (ganz oder im Auszug) in Anmerkungen zu Vorschriften des StGB, oder anderer Gesetze wiedergegeben waren, aus dieser Ver­ bindung gelöst und jeweils — soweit nötig, mit Anmerkungen versehen — im Zusammenhang abgedruckt worden. So hoffen die Verfasser, daß das Werk in der neuen Zu­ sammenstellung, die zugleich die Gliederung für die späteren Auflagen nach Erlaß des neuen Strafgesetzbuches gibt, noch mehr als der erste Herausgeber bei der ersten Auflage beabsichtigte, ein Vademecum für den strafrechtlichen Praktiker sein wird, das ihm für alle Be­ dürfnisse Rat und Unterrichtung gibt. Es haben bearbeitet:

Landgerichtsdirektor Dr. Fuhrman^ , die Abschnitte B III 8 und 9, V 5, 8'' 9* 10 VII 1-3^ IX 8 9; C I, II;* D 1* 2, 5-8/ E I 5-7,Z E Isu. in/

Oberstaatsanwalt Dr. Krug^, die Abschnitte B 11—6, 8—12^ II ö/ 6, III1—3, 12/ IV 1, 2, 6—1/, VI 1* 6-7/VIII, IX 1—7/ XfE 11—4/

Oberlandesgerichtsrat Dr. Schäfer die Abschnitte A 1—4; B I ?/II1-4^ 7, III 4—7, IV 3

bis 5; V 1—4, 6, / VI2—5* 8; 03,

Berlin, Neujahr 1938.

8/

Vorwort mr einunddreißigsten Auflage. Nachdem seit der letzten gründlichen Bearbeitung des Werkes zwei Jahre vergangen sind — die 30. Auflage und der Nachtrag brachten nur die gesetzgeberischen Änderungen und die allerwichtigsten neuen Entscheidungen —, erschien den Berfassern eine völlige Neu­ bearbeitung des Werkes trotz der Zlriegszeit notwendig. Zahlreiche weitere gesetzliche Änderungen und neue Vorschriften, eine Fülle von Entscheidungen und wichtige literarische Erörterungen waren zu ver­ arbeiten. Ferner mußten weitere Vorschriften über Einführung der Ersetze oder über besondere Regelungen in der Ostmark, im Sudeten­ land usw. Berücksichtigung finden, damit das Buch als Kompendium des gesamten Strafrechts und Strafverfahrenrechts überall im (Groß­ deutschen Reich gebraucht werden kann. Außerdem sind die wichtigsten einschlägigen >triegsverordnungen mit ausgenommen. Tamit ist das Werk, das lviederum wesentliche Erweiterungen erfahren hat, sowohl in der Wiedergabe der gesetzlichen Vorschriften wie in den Erläuterungen auf den Stand von Ende 1939 gebracht. Berlin, Ende Januar 1940.

Fuhrmann

firng.

Schäfer.

Übersicht des Inhalts. Seite

Prwgramm der NSTAP......................................................................

1

A. Stvafgesetzbach. 1. 'Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 31. Mai 1870 2. Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871 Gesetz über das Reichstag-wahlrecht vom 7. März 1936 — $ 2 Verordnung zum Schutze de- deutschen Volte- vom 4. Fe­ bruar 33 $ 15................................................................................... Gesetz über da- AuSwanderungSwesen vom 9.Juni 1897 — $48 Verordnung de- Reichspräsidenten über Verstärkung des EhrenschutzeS vom 8. Dezember 1931.....................................

3.

93

96 166

186

Verordnung über Bermögensstrafen und Bußen vom 6. Fe­

bruar 1924 ........................................................................................ 4.

5 8

397

Verordnung über die Vereinnahmung gerichtlich erkannter Geldstrafen vom 3. September 1936..........................................

398

B. Strafrechtliche Rebengesetze. I. Politische Gesetze. 1. Gesetz zum Schutze des

deutschen Blutes und der

deutschen Ehre vom 15. September 1935

.................

400

Erste Ausführungsverordnung vom 14. November 1935

404

2. Neichsbürgergesetz vom 15. September 1935 ....

409

Erste Durchführungsverordnung vom 14. November 1935 ...................................................................................

411

Tritte Durchführungsverordnung vom 14. Juni 1938

413

3. Reichsflaggengesetz vom 15. September 1935. . . .

414

Erste Durchführungsverordnung vom 24. Oktober 1935

Zweite Durchführungsverordnung vom 28. August 1937 4. Gesetz gegen die Neubildung von 14. Juli 1933

415 415

Parteien vom

...................................................................

416

5. Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei und zum Schutze der Parteiuniformen vom

20. Dezember 1934 ..........................................................

418

Erste Durchführungsverordnung vom 15. Februar 1935

429

Zweite Durchführungsverordnung vom 22. Februar 1935

...................................................................................

423

VIII

Übersicht des Inhalts.

Seite Dritte Durchführungsverordnung vom 16. März 1935 in der Fassung bei 4. Turchsübrungsuervrdnuug vom 25 Mär; 1939...................................................................

430

Bekanntmachung vom 25. April 1939

432

.....................

6. Gesetz zum Schutze von Bezeichnungen der National-

sozialistischen Teutschen Arbeiterpartei vom 7. April ...................................................................................

436

7. Gesetz zum Schutze der imtionaleii Symbole vom 19. Mai 1933 ..................................................................

1937

437

8. Verordnung des Reichspräsidenten zur Erhaltung des

inneren Friedens vom 19. Dezember 1932

....

437

9. Verordnung zum Schutze des Teutschen Volkes vom

4. Februar 1933 ..............................................................

438

10. Verordnung zum Schutze von Volk und Staat vom

28. Februar 1933 .............................................................. 11. Gesetz

zur

Abwebr

4. April 1933

politischer

Gewalttaten

441

vom

..................................................................

444

12. Gesetz zur Gewährleistung des Rechtsfriedens vom

13. Oktober 1933 ..............................................................

445

13. Verordnung gegen die Unterstützung der Tarnung iüdischer Gewerbebettiebe vom 22. April 1938 . .

447

II. Schutz von Rasse und Erbgut.

1. Personenstandsgesetz vom 3. November 1937. . . .

448

....

450

2. Ehegesundbeitsgesetz vom 18. Oktober 1935

3. Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom

14. Juli 1933 in der Fassung des Gesetzes vom 24. Juni ...................................................................................

451

Vierte Ausführungsverordnung vom 18. Juli 1935

452

1935

4. Reichsgeseh für Jugendwohlfahrt vom 9. Juli 1922 in der Fassung des Gesetzes vom 24. November 1933

453

5. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten voni ..........................................................

454

6. Jmpfgesetz vom 8. April 1874 ......................................

461

18. Februar 1927

7. Arzt- und Apothekerrecht: 1. Reichsärzteordnung vom 13. Dezember 1935 . .

463

2. Reichstierärzteordnung vom 3. April 1936 ...

465

3. Reichsapothekerordnung vom 18. April 1937

. .

466

4. Krankenpflegeordnung vom 28. September 1938.

466

5. Heilpraktikergesetz vom 17. Februar 1939 ....

467

III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

.............................

468

2. Schriftleitergeseh vom 4. Oktober 1933 .....................

471

1. Bereinsgesetz vom 19. April 1908

IX

Übersicht des Inhalts. 3. Gesetz über die Presse vom 7. Mai 1874

.................

Gesetz bete, die Stimmzettel für öffentliche Wahlen vom 12. März 1884 ....................................................

4. Gesetz über die Feiertage vom 27. Februar 1934 . .

Seite 475

476 492

Verordnung über den Schuh der Sonn- und Feiertage

vom 16. März 1934 in der Fassung vom 1. April 1935

493

Preuß. Polizeiverordnung über den Schutz der kirch­

lichen Feiertage vom 19. Mai 1934 in der Fassung

vom 24. Juli 1935 ...........................................................

496

5. a) Gesetz über Titel, Orden und Ehrenzeichen vom 1. Juli 1937 .......................................................................

497

5. b) Gesetz über die Führung akademischer Grade vom

7. Juni 1939 ...................................................................

500

6. Luftschutzgesetz vom 26. Juni 1935 in der Fassung der Verordnung vom 8. September 1939 .........................

501

Erste Durchführungsverordnung vom 4. Mai 1937 .

502

7. Rennwett- und Lotteriegeseh vom 8. April 1922 . .

502

8. Gesetz gegen den verbrecherischen und gemeingefähr­ lichen Gebrauch von Sprengstoffen vom 9. Juni 1884

9. Waffengeseh vom 18. März 1938

506

.............................

513

10. Tierschutzgesetz vom 24. November 1933 .....................

529

11. Verordnung zu in Schutze der Wälder, Moore und

Heiden gegen Brände vom 25. Juni 1938................. 12. Gesetz

über

die Schulpflicht

im

535

Teutschen Reich

(Reich-schulpflichtgesetz)..................................................

539

IV. Handels- und Gewerberecht. 1. Gewerbeordnung für das Teutsche Reich vom 21. Juni

1869 in der Fassung vom 26. Juli 1900 .................

546

Zündwarenmonopolgesetz vom 29. Januar 1930 . . Das Hebammengeseh vom 21. Dezember 1938 . . .

555 563

2. Gesetz zum Schuhe des Einzelhandels vom 12. Mai

1933, geändert durch die Gesetze vom 15. Juli 1933, 27. Juni, 13. Dezember 1934 und vom 9. Mai 1935 3. Aktiengesetz vom 30. Januar 1937

.............................

660

663

4. Gesetz bete, die Gesellschaften mit beschränkter Haftung

vom 20. April 1892 in der Fassung vom 26. Mai 1933

664

5. Gesetz bete, die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossen­ schaften vom 1. Mai 1889 in der Fassung vom 20. Mai

1898

...................................................................................

665

6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. Juni 1909 in der Fassung des Gesetzes vom 26. Februar

1935

...................................................................................

665

Übersicht des Inhalts.

X

Seite

7. Regelung des Zugabewesens.

Notverordnung zum

Schutz der Wirtschaft vom 9. Marz 1932. Erster Teil,

Art. I. Geändert durch Gesetz über das Zugabewesen vom 12. Mai 1933 ..........................................................

690

8. Gaststättengesetz vom 28. April 1930 .........................

692

9. Gesetz über den Berkaus von Waren aus Automaten vom 6. Juli 1934

..........................................................

712

Erste Ausführungsverordnung vom 14. August 1934

713

Zweite Ausführungsverordnung vom 22. August 1936

713

10. Maß- und Gewichtsgesetz vom 13. Dezember 1935

714

11. Patentgesetz vom 5. Mai 1936......................................

722

12. Warenzeichengesetz vom 5. Mai 1936 .........................

725

13. Gesetz über den Verkehr mit Edelmetallen, Edelsteinen

und Perlen vom 29. Juni 1926 .................................

745

14. Gesetz über den Verkehr mit unedlen Metallen vom

23. Juli 1926 ...................................................................

747

V. Wirtschaftsrecht. 1. Gesetz über das Kreditwesen vom 25. September 1939

752

2. Gesetz über die Teutsche Reichsbank vom 15. Funi 1939

753

3. Börsengesetz vom 22. Juni 1896 in der Fassung vom

8./27. Mai 1908 ..................................................................

753

4. Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wert­ papieren vom 4. Februar 1937 .....................................

754

5. Gesetz über die Devisenbewirtschaftung vom 12. De­

zember 1938

.......................................................................

6. Gesetz gegen Wirtschaftssabotage vorn 1. Dezember 1936

766 798

7. Gesetz über Mieterschutz und Mieteinigungsämter vom 17. Februar 1928 in der Fassung vom 20. April 1936

800

8. Konkursordnung vom 10. Februar 1877 in der Fassung des Gesetzes vom 17. Mai 1898......................................

Gesetz über die Sicherung der Bauforderungen vom 1. Juni 1909 .............................................................. tt 64, 71, 83, 84 des Gesetzes betr. die Gesellschäften mit beschränkter Haftung............................. 9. Vergleich-ordnung vom 26. Februar 1935

.................

802

806 818 815

io. Verordnung über Strafen und Strafverfahren bei Zu­

widerhandlungen gegen Preisvorschriften vom 3. Juni 1939 ........................................................................................

815

VI. Arbeit-- und Sozialrecht. 1. Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit vom 20. Ja­

nuar 1934

...........................................................................

888

XI

Übersicht des Inhalts.

Seite 2. Reichsversicherungsordnung in der Fassung vom 15. De­ zember 1924

.......................................................................

3. Reichsknappschaftsgesetz in der Fassung vom 1. Juli 1926

4. Angestelltenversicherungsgesetz in

der

Fassung

834

836

vom

28. Mai 1924 ........................................................................

837

5. Gesetz über Arbeitslosenvermittlung und Arbeitslosen­

versicherung in der Fassung vom 12. Oktober 1929 6. Arbeitszeitordnung vom 30. April 1938

.....................

837

837

7. Jugendschutz. Gesetz über Kinderarbeit und über die Arbeitszeit der Jugendlichen vom 30. April 1938. .

861

8. Verordnung über das Arbeitsbuch vom 22. April 1939

877

VII. Steuerrecht. Reichsabgabenordnung (Vorschriften über Strafrecht

und Strafverfahren) vom 13. Dezember 1919 in der

Fassung der Verordnung vom 22. Mai 1931 ....

878

Steueranpassungsgesetz vom 16. Oktober 1934 — § 6 § 79 des Tabaksteuergesetzes vom 4. April 1939 . . Verordnung über das gerichtliche Steuerstrafverfahren in der Ostmark vom 23. Juni 1939 .....................

881 889 918

VIII. Lebensmittelrecht. 1. Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln und Be­

darfsgegenständen (Lebensmittelgesetz) vom 5. Juli 1927 in der Fassung vom 17. Januar 1936 .........................

922

2. Weingesetz vom 25. Juli 1930

......................................

941

3. Milchgesetz vom 31. Juli 1930

......................................

948

IX.Berkehrsrecht. 1. Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom

3. Mai 1909

........................................................................

956

2. Verordnung über das Verhalten im Straßenverkehr

(Reichs-Straßenverkehrs-Ordnung) vom 13. November

1937 ........................................................................................

963

3. Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen

zum

Straßenverkehr

(Straßenverkehrs-

Zulassungs-Ordnung) vom 13. November 1937 . . .

1001

4. Gesetz über die Beförderung von Personen zu Lande vom 4. Dezember 1934 in der Fassung vom 6. Dezember

1937 ........................................................................................ Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung vom 13. No­ vember 1937 ...............................................................

1014 1017

5. Gesetz über den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen

vom 26. Juni 1935 ...........................................................

1019

Übersicht des Inhalts.

XII

Sette

6. Luftverkehrsgesch vom 21. August 1936 .....................

1022

7. Fernmelde- und Fernsendewesen 1. Gesetz über die Fernmeldeanlagen vom 3. Dezember

1927 in der Fassung vom 14. Januar 1928. . . .

102.)

2. Gesetz gegen Schwarzsender vom 24. November 1937

1032

8. Verordnung des Reichspräsidenten gegen unbefugten

Gebrauch von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern vom

20. Oktober 1932 ............................................................... (J. Gesetz gegen Strasieniaub mittels

22. Juni 1938

Autofallen

1036

vom

...................................................................

1037

10. Gesetz bett, die Bestrafung der Entziehung elektrischer Arbeit vom 9. April 1900

..............................................

1039

1. Reichsjagdgeseh vom 3. Juli 1934..................................

1040

X. Jagd- und Naturschutzrecht.

.

1040

Zweite Ausführungsverordnung vom 5. Februar 1937

1040

Erste Ausführungsverordnung vom 27. März 1935 2. Reichsnaturschutzgesetz vom 26. Juni 1935

1090

3. Verordnung zum Schutze der wildwachsenden Pflanzen und der nichtjagdbaren wildlebenden Tiere (Natur­ schuhverordnung) vom 18. März 1936 .........................

4. Gesetz über Fücherenchein vom 19. April 1939

.

.

1102 liiu

C. Strasversahrensrecht. I. Gerichtsverfassung. 1. Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877 in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. März 1924 . . .

1121

Verordnung des Reichspräsidenten über Maßnahmen auf dem Gebiete der Rechtspflege und Verwaltung vom 14. Juni 1932 — § 1, Kap. 1, Teil 1, Art. I . . . .

1127

Gesetz betr. Gerichtsverhandlungen unter Ausschluß der ivffentlichteit vom 5. April 1888 — Art. II u. III . .

1160

2. Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrens vom 24. April 1934 .........................

1168

Verordnung zur Ergänzung des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrenvom 4. Mai 1936 .....................................................................

1171

3. Gesetz über den Volksgerichtshof vom 18. April 1936

1172

Durchführungsverordnung vom 18. April 1936 ....

1172

4. Verordnung der Reichsregierung über die Bildung von Sondergerichten vom 21. März 1933 ..................................

1175

Verordnung über die Erweiterung der Zuständigkeit der Sondergerichte vom 20. November 1938 ..........................

1179

!

Übersicht des Inhalts.

XIII

Seite

5. Verordnung zur einheitlichen Regelung der Gerichtsver­ fassung vom 20. März 1935..................................................

1180

6. Gesetz über die Geschäftsverteilung bei den Gerichten vom 24. November 1937

...............................................................

1187

IL Strafverfahrensordnung. 1. EinsührungSgesetz zur Strafprozeßordnung vom 1. Fe­

bruar 1877 ...............................................................................

1188

2. Strafprozeßordnung vom 1. Februar 1877 in der Fassung

der Bekanntmachung vom 22. März 1924

.....................

1189

Verordnung de- Reichspräsidenten über Maßnahmen auf dem Gebiete der Rechtspflege und Verwaltung vom 14. Juni 1932: Art. 5 Sap. I.................................................. 1253 § 2 Teil I «ap. I Art. I................................. 1330 S 1 Kap. I Art. 2...............................................1344 Teil I «ap. I Art. 10.......................................... 1382 Teil I Kap I Art. 7.......................................... 1401 Teil I «ap. I Art. 9..................................... 1439 Dritte Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 6. Oktober 1931: 5 2, 3 Teil 6 Kap. I.......................................... 1256 5 5 Teil 6 Sap. I...............................................1286 Z 7 Teil 6 Kap. I.............................................. 1383

2 a. Gesetz zur Änderung von Vorschriften des allgemeinen Strafverfahrens, des Wehrmachtstrafverfahrens und des

Strafgesetzbuches vom 16. September 1939 .....................

1425

2b. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes vom 16. Sep­

tember 1939................................................................................

1429

3. Jugendgerichtsgesetz vom 16. Februar 1923 .....................

1431

4. Gesetz über die Vereidigung durch die Parteigerichte vom 30. September 1936 ..............................................................

1448

5. Gesetz über die Vernehmung von Angehörigen der Na­ tionalsozialistischen Arbeiterpartei und ihrer Gliederungen

vom 1. Dezember 1936..........................................................

1448

6. Bekanntmachung der Neufassung der Militärsttafgerichtsordnung und des EinsührungsgesetzeS zu ihr vom 29. Sep­ tember 1936...............................................................................

1451

7. Auszug aus der Militärstrafgerichtsordnung vom 29. Sep­ tember 1936...............................................................................

1457

v. StrrafverfahrenSrechtliche Rebengesetze. 1. Gesetz bett, die Entschädigung der im Wiederaufnahmever­ fahren freigesprochenen Personen vom 20. Mai 1898 . . .

1470

Übersicht des Inhalts

XIV

Seite

2. Gesetz betr. die Entschädigung für unschuldig erlittene Unter­

suchungshaft vom 14. Juli 1904...................................................

1474

....

1479

3. Strafvollstreckungsordnung vom 7. Dezember 1935

4. Verordnung des Reichsministers der Justiz über das Verfahren

in Gnadensachen (Gnadenordnung) vom 6. Februar 1935

1512

5. Gesetz über beschränkte Auskunft aus dem Sttafregister und

die Tilgung von Strafvermerken vom 9. April 1920 ....

1540

6. Strafregisterverordnung vom 8. März 1926 in der Fassung

vom 17. Februar 1934 ...................................................................

1545

7. Deutsches Auslieferungsgesetz vom 23. Dezember 1929 . . .

1555

Verordnung über die Durchlieferung vom 6. Marz 1930

1566

8. Auszug aus der Ausläuderpolizeiverordnung vom 22. August 1572

1938

E. Anhang. I. Preußische Gesetze. 1. Gesetz betr. den Forstdiebstahl vom 15. April 1878 . .

1577

2. Feld- und Forstpolizeigesetz vom 1. April 1880 in der

Fassung der Bekanntmachung vom 21. Januar 1926 und des Gesetzes vom 29. März 1933

..................................

1590

3. Fischereigesetz vom 11. Mai 1916.......................................1617 4. Ausführungsgesetz zum deutschen Gerichtsverfassungs­ gesetz vom 24. April 1878

..............................................

1625

5. Bestimmungen der Preußischen Schiedsmannsordnung über die Sühneverhandlung vom 29. März 1879 in

der Fassung des Gesetzes vom 3. Dezember 1924 . .

1630

6. Polizeiverwaltungsgesetz vom 1. Juni 1931 .................

1634

II. Sonderbestimmungen für die Ostmark, den Reichsgau Sudetenland,

das Protektorat Böhmen

und Mähren,

Memel, Danzig und die Ostgebiete.

1. Verordnung über die Einführung der Vorschriften über

Hochverrat und Landesverrat im Lande Österreich vom 20. Juni 1938........................................................................

1664

2. Verordnung zur Durchführung der Verordnung über die Einführung der Vorschriften über Hochverrat und Landesverrat im Lande Österreich vom 20. Juni 1938

1666

3. Allgemeine Bestimmungen für die Anwendung von

Strafvorschriften des Teutschen Reiches im Lande Österreich (Sttafanpassungsverordnung) vom 8. Juli 1938

1668

Übersicht deS Inhalts.

XV Seite

4. Verordnung über die Einführung strafrechtlicher Vor­ schriften im Lande Österreich vom 23. Januar 1939

1671

5. Verordnung über die Einführung des deutschen Straf­

rechts, der deutschen Gerichtsverfassung und anderer

Gesetze in den sudetendeutschen Gebieten vom 16. Ja­ nuar 1939

............................................................................

1672

6. Verordnung über das Verfahren in erster Instanz vor den Oberlandesgerichten im Lande Österreich vom

23. Dezember 1938

...........................................................

1679

7. Verordnung zur weiteren Überleitung der Rechtspflege im Lande Österreich und in den sudetendeutschen Ge­

bieten vom 28. Februar 1939 ..........................................

1681

8. Verordnung zur Überleitung der Sttafrechtspflege in den an die Länder Preußen und Bayern eingegliederten

Teilen der sudetendeutschen Gebiete vom 12. Juli 1939

1683

9. Verordnung zur Überleitung der Strafrechtspflege in den

in die Reichsgaue Niederdonau und Oberdonau einge­ gliederten Teilen

9. August 1939

der sudetendeutschen Gebiete vom

...................................................................

1684

10. Verordnung über die deutsche Gerichtsbarkeit im Pro­

tektorat Böhmen und Mähren vom 14. April 1939

1684

11. Verordnung über die Ausübung der Strafgerichtsbar­ keit im Protektorat Böhmen und Mähren vom 14. April 1939 ........................................................................................

1687

12. Verordnung über das Inkrafttreten von Rechtsvor­ schriften aus dem Geschäftsbereich des Reichsministers

der Justiz im Memelland vom 28. April 1939 ....

1696

13. Gesetz über die Wiedervereinigung der Freien Stadt Danzig mit dem Deutschen Reich vom 1. September

1939 .........................................................................................

1698

14. Erste Verordnung zum Gesetz über die Wiedervereini­

gung der Freien Stadt Danzig mit dem Deutschen Reich vom 12. September 1939 ......................................

1699

1.5. Verordnung über das Verfahren in Hochverrats- und Landesverratssachen im Gebiet der bisherigen Freien Stadt Danzig vom 4. Dezember 1939 .........................

16. Verordnung über

1700

das Inkrafttreten von Rechtsvor­

schriften aus dem Geschäftsbereich des Reichsministers der Justiz

im Gebiet der bisherigen Freien Stadt

Danzig vom 23. Dezember 1939

..................................

17. Erlaß des Führers und Reichskanzlers über Gliederung

1701

XVI

Übersicht dcS Inhalts. Seite

und Verwaltung der Ostgebiete vom 8. Cttüber und 2. November 1939 und 29. Januar 1940 .....................

1703

III. Kriegsgesetze. 1. Kriegssonderstrafrechtsverordnung vom 17. "August 1939

1704

2. Kriegsstrafverfahrensordnung vom 17. August 1939

17o7

.

3. Verordnung gegen Vokksscimdkinge vom ">. September

1939 ........................................................................................ 4. Verordnung

über

ausserordentliche

1712

Nundfunkmaß-

nahmen vom 1. September 1939 ..................................

1715

5. Verordnung gegen (Gewaltverbrecher vom 5. December 1939 ........................................................................................

1717

ß. Verordnung zur Ergänzung der Strasvorschriften zum

Schutze

der Wehrkraft

25. November 1939

des Deutschen Volkes

vom

...........................................................

7. Kriegswirtschaftsverordnung § 1 vom 4. September 1939

1719 1722

8. Verordnung über die Verbrauchsregelung für lebens­

wichtige gewerbliche Erzeugnisse vom 14. November 1939

1723

9. Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiete der

Gerichtsverfassung und der Nechtspslege vom 1. Sep­ tember 1939............................................................................ 1726 Rundverfügung des Reichsministers der Justiz vom 29. August 1939 über Bereinfachungsmaßnahmen in der Strafrechtspflege........................................................ 1734

10.

Verordnung zum

Schuh gegen jugendliche Schwer­

verbrecher vom 4. £ ft ober 1939 ......................................

11.

1737

Verordnung über eine Sondergerichtsbarkeit in Straf­ sachen für Angehörige der ff und für die Angehörigen

der Polizeiverbände bei besonderem Einsatz vom 17. Ok­

tober 1939

............................................................................

1737

12. Verordnung zum Schutze der nationalen Symbole und nieder vom 5.

Januar 1940

Sachregister...............................................................................

1740 1742

Erklärung -er Abkürzungen. A. AG. ALR. A. M. AOG. AB. BayObLG.

= = = — — = =

Angeklagter. Ausführungsgesetz. Allaem. Landrecht. Anderer Meinung. Ges. zur Ordnung der nationalen Arbeit. Allaem. Verfügung. Erkenntnis des früheren Bayerischen Obersten Laude-gericht-. BGB. — Bürgerliches Gesetzbuch. BGBl. — Bundesgesetzblatt. Da- Recht = MonatSbetlage der DJustiz. DAutoR. — Deutsches Autorecht. DIZ. = Deutsche Juristenzeitung. DJ. oder T)Just. = Deutsche Justiz, Rechtspflege u. Rechtspolitik. Amtl. Blatt der deutschen Recht-pflege. HerauSgeaeben von dem Reich-minister der Justiz. DR. = Deutsches Recht, Zentralorgan deS National-Sozia­ listischen RechtswahrerbundeS, Wochenausgabe. D. Recht-Pflege = Organ deS deutschen RechtSdiensteS. DRM. — Deutsches Recht, Monat-ausgabe. DStrafr. = Deutsches Strafrecht, Strafrechtswissenschastliches Ergänzuugsblatt der ^Deutschen Justiz". Fortsetzung von GÄ. DRdK. = Das Recht des Kraftfahrers. DRZ. — Deutsche Richterzeitung (616 1935). DSIZ. — Deutsche Straftechtszeitung. E. = Entscheidungen deS Reichsgerichts in Strafsachen. EZ. — Entscheidungen des ReichSgerichtS in Zivilsachen. FFPG. = Feld- und Forstpolizetgesetz. Feisenberger = Strafprozeßordnung 1926. Frank — Strafgesetzbuch von R. Frank. 18. Aufl., 1931. Frank Nachtrag = Die Strafgesetzgebung der Jahre 1931 — 1935 bearb. von E. Schäfer und H. von Dohnanyi, 1936. GA. — GoltdammerS Archiv für Strafrecht. GerS. — Der Gerichtssaal. GKG. — Gerichtskostengesetz. GS. = Preuß. Gesetzsammlung. GStA. — Generalstaatsanwalt. GBG. — Gerichtsverfassungsgesetz. GewArch. = Gewerbearchiv.

XVIII

Erklärung der Abkürzungen.

HöchstRR. = Höchstrichterliche Rechtsprechung aus dem Gebiete des Straftechts. HRR. — Höchstrichterliche Rechtsprechung. Bereinigte Ent­ scheidungs-Sammlung , Beilage zur Juristischen Rundschau, seit 1. Oktober 1935 Ergänzungsblatt zur „Deutschen Justiz" und zur Amtlichen Samm­ lung der Reichsgerichtsentscheidungen. JMBl. — Preuß. Justizministerialblatt. Johow — Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts, herausg. von Johow und Ring. IFGErg. — Ergänzung zum vorstehenden Jahrbuch JGG. — JugeudgerichtSgesetz. JurR. — Juristische Rundschau. IW. oder JurW. — Juristische Wochenschrift, seit April 1939 DR. KG. = Kammeraericht. KGBl. — Blätter für Rechtspflege im Bezirk des Kammer­ gerichts. Kohlrausch = K. StGB. 33. Ausl. 1932. rug-Schäfer- Stolzenburg = Strasrechtl. Berwaltungsvorschristen des RIM., 1936. Nachtrag 1937. ' LK. — Das Reichsstrafgesetzbuch, erläutert von Ebermayer, Lobe, Rosenberg. (Leipziger Kommentar.) 4. Aufl. 1929; Allg. Teil erläutert von Lobe, 5. Aufl. 1933. Löwe = Strafprozeßordnung von Löwe, herausg. von Rosen­ berg. 19. Aufl. herauSg. von Gündel, Hartung, Lingemann, Niethammer, mit Nachtrag 1935 u. Löwe Erg. — ErganzgSband 1936. LBG. — Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung. LZ. = Leipziger Zeitschrift für Deutsche- Recht. MBliB. — Ministerialblatt für die (preuß.) innere Berwaltunq. MttteilungSvers. — Mitteilungen in Strafsachen. AB. des RdJ. v. 21. Mai 35 (Illa 18 355, 351. Müller = Die Preußische Justizverwaltung von H. Müller, 6. Aufl. OlShausen — Strafgesetzbuch von OlShausen. 11. Aufl. Heraus­ gegeben von Lorenz, Fretesleben, Niethammer, Kirchner und Gutjahr. OlShausen Nachtrag — Ergänzung-band zur 11. Aufl. des Komm, von OlShausen, bearb. von Freiesleben, Kirchner. Niethammer, 1936. OR. = Oppenhoff, Rechtsprechung deS preuß. Obertrib. OStA. = Oberstaatsanwalt. OBG — Preuß. Ober-Berwaltungsgericht. Pr. Justiz — Preußische Justiz. Rechtspflege und RechtSpolitik (Nr. 40—46 des Jahrgangs 95 des JustizministerialblattS. Bon Nr. 47 ab „Deutsche Justiz" Sc darunter. prechung des Reichsgerichts in Strass., herausg. von den Mitgliedern der Reich-anwaltschaft. RA. — Rechtsanwalt. RAbgO. = Reichsabgabenordnung.

Erklärung der Abkürzungen.

XIX

Recht = Das Recht (Zeitschrift), seit 1935 Mouatsbeilage der DJustiz. RFBl. = Amtsblatt der Reichsfinanzverwaltung. RFH. = Retchsfiuanzhof. Rg. — Reichsgericht. RGBl. = Reichsgesetzblatt. Richtlinien = R. für daS Strafverfahren, amtt. Sonderveröffeutlichuna der Deutschen Justiz Nr. 7. M. = ReichSjusttzmiuister. RMBliB. — Ministerialblatt des Reichs- und Preuß. Ministeriums deS Innern. RMdJ. = ReichSminister des Innern. RMG. — Entscheidungen deS ReichsmilitürgerichtS. RB. — Ruudverfüguug. RBBl. = Reichsverwaltungsblatt. RBKBl. = RetchsverrebrSblatt. RBM. — Reichsverkehrsminister. RZBl. = ReichSzollblatt. StA. = Staatsanwalt bzw. Staatsanwaltschaft. Sieger, Entsch. — Entscheidungen der Gerichte u. Verwaltungsbehörden aus dem Gebiete der inneren Verwaltung. Begr v. Sieger. herauSg. von R. Oescheg. Stenglein = Steualeiu, Kommentar zu den strafrechtlichen Neben­ gesetzen. 5. Aufl. StGB. — Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich. StPO. = Strafprozeßordnung für daS Deutsche Reich. ^trafrVerwBorschr. = Straftechtliche Verwaltunasvorschriften, herauSgegeben von Krug, Schäfer, Stolzeuburg. Verkr. Abh. — Berrehrsrechtliche Abhandlungen u. Entscheidungen. VGL. = Volksgerichtshof. VMBl. — Ministerialblatt für die innere Verwaltung. VO. — Verordnung. Zentralbl. — Zentralblatt für das Deutsche Reich. ZfZR. — Zettschrift für Zollwesen n. Retchssteuern ZPL. = Zivilprozeßordnung. ZStW. — Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft.

Programm der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei. Das Programm der Deutschen Arbeiterpartei ist ein Zeitpro­ gramm. Die Führer lehnen es ab, nach Erreichung der im Programm aufgestellten Ziele neue aufzustellen, nur zu dem Zweck, um durch künstlich gesteigerte Unzufriedenheit der Massen das Fortbestehen der Partei zu ermöglichen. 1. Wir fordern den Zusammenschluß aller Deutschen auf Grund des Selbstbestimmungsrechtes der Böller zu einem Groß-Deutschland. 2. Wir fordern die Gleichberechtigung des deutschen Bolles gegen­ über den anderen Nationen, Aufhebung der Friedensverträge von Versailles und St. Germain. 3. Wir fordern Land und Boden (Kolonien) zur Ernährung unseres Volkes und Ansiedlung unseres Bevölkerungsüberschusses. 4. Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volks­ genosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist, ohne Rücksichtnahme auf Konfession. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein. 6. Wer nicht Staatsbürger ist, soll nur als Gast in Deutschland leben können und muß unter Fremdengesetzgebung stehen. 6. Das Recht, über Führung und Gesetze des Staate- zu bestim­ men, darf nur dem Staatsbürger zustehen. Daher fordern wir, daß jedes öfsenlliche Amt, gleichgültig welcher Art, gleich ob im Reich, Land oder Gemeinde, nur durch Staatsbürger bekleidet werden darf. Wir bekämpfen die korrumpierende Parlamentswirtschaft einer Stellenbesetzung nur nach Parteigesichtspunkten ohne Rücksichten auf Charakter und Fähigkeiten. 7. Wir fordern, daß sich der Staat verpflichtet, in erster Linie für die Erwerbs- und Lebensmöglichkeit der Staatsbürger zu sorgen. Wenn es nicht möglich ist, die Gesamtbevöllerung des Staates zu ernähren, so sind die Angehörigen fremder Nationen (Nicht-Staats­ bürger) aus dem Reiche auszuweisen. Dalcke, Strafrecht. 31. Aufl.

1

2

Parteiprogramm.

8. Jede weitere Einwanderung Nicht-Deutscher ist zu verhindern. Wir fordern, daß alle Nicht-Deutschen, die seit 2. August 1914 in Deutschland eingewandert sind, sofort zum Verlassen des Reiches ge­

zwungen toerden. 9. Alle Staatsbürger müssen gleiche Rechte und Pflichten besitzen. 10. Erste Pflicht jedes Staatsbürgers muß sein, geistig oder körper­ lich zu schaffen. Die Tätigkeit des Einzelnen darf nicht gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen, sondern muß im Rahmen des Gesamten und zum Nutzen aller erfolgen. Daher fordern wir: 11. Abschaffung des arbeits- und mühelosen Einkommens. Brechung der Zinsknechtschaft. 12. Im Hinblick auf die ungeheuren Opfer an Gut und Blut, die jeder Krieg vom Volke fordert, muß die persönliche Bereicherung durch den Krieg als Verbrechen am Volke bezeichnet werden. Wir fordern daher restlose Einziehung aller Kriegsgewinne. 13. Mr fordern die Verstaatlichung aller (bisher) bereits vergeseNschafteten (Trusts) Betriebe. 14. Wir fordern Gewinnbeteiligung an Großbetrieben. 15. Wir fordern einen großzügigen Ausbau der Altersversorgung. 16. Wir fordern die Schaffung eines gesunden Mittelstandes und seine Erhaltung, sofortige Kommunalisierung der Groß-Warenhäuser und ihre Vermietung zu billigen Preisen an kleine Gewerbetreibende, schärfste Berücksichtigung aller kleinen Gewerbetreibenden bei Lieferung an den Staat, die Länder oder Gemeinden. 17. Wir fordern eine unseren nationalen Bedürfnissen angepaßte Bodenreform, Schaffung eines Gesetzes zur unentgeltlichen Ent­ eignung von Boden für gemeinnützige Zwecke. Abschaffung des Boden­ zinses und Verhinderung jeder Bodenspekulation^) 18. Wir fordern den rücksichtslosen Kampf gegen diejenigen, die durch ihre Tätigkeit das Gemeininteresse schädigen. Gemeine Volks­ verbrecher, Wucherer, Schieber usw. sind mit dem Tode zu bestrafen, ohne Rücksichtnochme auf Konfession und Rasse. 1) Gegenüber den verlogenen Auslegungen des Punktes 17 des Pro­ gramms der NSDAP, von Seiten unserer Gegner ist folgende Feststellung notwendig: Da die NSDAP, auf dem Boden des Privateigentum- steht, ergibt sich von selbst, daß der PassuS „Unentgeltliche Enteignung" nur auf die Schaffung gesetzlicher Möglichkeiten Bezug hat, Boden, der aus unrecht­ mäßige Weise erworben wurde oder nicht nach den GestchtSpmckten deS BollSwohlS verwaltet wird, wenn nötig, zu enteignen. Dies richtet sich dem­ gemäß in erster Linie gegen die jüdischen Grundstückspekulation-gesellschaften.

München, den 13. 4. 1928.

gez.: Adolf Hitler.

Parteiprogramm.

3

19. Wir fordern Ersatz für das der materialistischen Weltordnung dienende römische Recht durch ein deutsches Gemeinrecht. 20. Um jedem fähigen und fleißigen Deutschen das Erreichen

höherer Bildung und damit das Einrücken in führende Stellung zu ermöglichen, hat der Staat für einen gründlichen Ausbau unseres gesamten Volksbildungswesens Sorge zu ttagen. Die Lehrpläne aller Bildungsanstalten sind den Erfordernissen des praktischen Lebens

anzupassen. Das Erfassen des Staatsgedankens muß bereits mit dem Beginn deS Verständnisses durch die Schule lStaatsbürgerkunde) erzielt werden. Wir fordern die Ausbildung besonders veranlagter Kinder armer Eltern ohne Rücksicht auf deren Stand oder Beruf auf

Staatskosten. 21. Der Staat hat für die Hebung der Volksgesundheit zu sorgen durch den Schutz der Mutter und des Kindes, durch Verbot der Jugend­ arbeit, durch Herbeiführung der körperlichen Ertüchttgung mittels gesetzlicher Festlegung einer Turn- und Sportpflicht, durch größte Unterstützung aller sich mit körperlicher Jugendausbildung beschäftigenden Vereine. 22. Wir fordern die Abschaffung der Söldnerttuppe und die

Bildung eines Bolksheeres. 23. Wir fordern den gesetzlichen Kampf gegen die bewußte polittsche Lüge und ihre Verbreitung durch die Prefle. Um die Schaf­ fung einer deutschen Presse zu ermöglichen, fordern wir, daß: a) sämtliche Schriftleiter und Mitarbeiter von Zeitungen, die in deutscher Sprache erscheinen, Volksgenossen sein müssen; b) nichtdeutsche Zeitungen zu ihrem Erscheinen der ausdrücklichen Genehmigung des Staates bedürfen. Sie dürfen nicht in deutscher Sprache gedruckt werden; c) jede finanzielle Beteiligung an deutschen Zeitungen oder deren Beeinflussung durch Nicht-Deutsche gesetzlich verboten wird und for­ dern als Sttafe für Überttetungen die Schließung eines solchen

Zeitungsbetriebes sowie die soforttge Ausweisung der daran betelligten Nicht-Deutschen aus dem Reich. — Zeitungen, die gegen das Gemein­ wohl verstoßen, sind zu verbieten. Wir fordern den gesetzlichen Kampf gegen eine Kunst- und Literaturrichtung, die einen zersetzenden Ein­ fluß auf unser Volksleben ausübt, und die Schließung von Veran­ staltungen, die gegen vorstehende Forderungen verstoßen. 24. Wir fordern die Freiheit aller religiösen Bekenntnisse im

Staat, soweit sie nicht dessen Bestand gefährden oder gegen das Sittlichkeits- und Moralgefühl der germanischen Rasse verstoßen. — Die Partei als solche vertritt den Standpunkt eines posittven Christen­ tum-, ohne sich konfessionell an ein bestimmtes Bekenntnis zu binden.

4

Parteiprogramm.

Sie bekämpft den jüdisch-materialistischen Geist in und außer uns und ist überzeugt, daß eine dauernde Genesung unseres Volkes nur erfolgen kann von innen heraus auf der Grundlage: Gemeinnutz vor Eigennutz. 25. Zur Durchführung alles dessen fordern wir: Die Schaffung einer starken Zentralgewalt des Reiches. Unbedingte Autorität des politischen Zentralparlaments über das gesamte Reich und seine Organisationen im allgemeinen. Die Bildung von Stände- und Berufskammern zur Durchführung der vom Reich erlassenen Rahmengesetze in den einzelnen Bundes­ staaten. Die Führer der Partei versprechen, wenn nötig unter Einsatz des eigenen Lebens, für die Durchführung der vorstehenden Punkte rücksichtslos einzutreten. München, den 24. 2. 1920.

A. Strafrecht. I. Strafgesetzbuch. A1. Lmführrmgrgeseh zum.Strafgesetzbuch. Bom 31. Mat 1870. (BGBl. 1870 S. 196.) § 1.

Da- Strafgesetzbuch für da- Deutsche Reich (den Norddeutschen

Bund) tritt im ganzen Umfange de- Bundesgebiete- mit dem 1. Januar

1872 (1871) in Kraft. § 2

Mit diesem Tage tritt da- Reich-- (Bundes.) und LandeS-

straftecht, insoweit dasselbe Materien betrifft, *) welche Gegenstand deS

Strafgesetzbuchs für da- Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) stnd, außer Kraft.') 1) Materien sind solche Recht-stoffe, die einer Mehrheit gedachter Straf­ bestimmungen als gemeinsames Schutz- oder Bekämpfung-ziel zugrunde liegen. Köhler, Deutsches Strafrecht S. 148. Die allgemeinen Bestimmungen deS StGB, sind nicht Materie. E. 45 S. 53. 2) Beseitigt ist hiernach die Vorschrift des § 28 deS Ges. v. 8. Mai 1837 (Aufstellung einer zu hohen BrandschadenSliqutdation), E. 3 S. 84, ferner die 88 2, 24 desselben Gesetzes durch das Retchsgesetz über den Versicherungsvertrag v. 30. Mai 08 (RGBl. S. 263). KG. v. 30. Juni IO, Johow 40 S. 6 393. DeSgl. 8 20. E. 45 S. 118. Die 88 30, 31 der AG. III Tit. 1, welche das mutwillige Querulieren unter Strafe stellten, sind auf Grund des Ges. v. 23. März 1931 (GS. S. 33) durch Beschluß v. 9. Juli 1931 (GS. S. 127) aufgehoben. Dagegen besteht 8 270 des früheren preuß. StGB. (Abhalten von Bietern bei Versteigerungen) noch zu Recht, E. 10 S. 221; R. 10 S. 713; E. 27 S. 106; E. 35 S. 393 u. E. 37 S. 139. Der 8 lautet: Wer andere vom Mitbieten oder Weiterbieten bei den von öffentlichen Behörden oder Beamten vorgenommenen Versteigerungen, dieselben mögm Verkäufe, Verpachtungen, Lieferungen, Unternehmungen oder Geschäfte irgend einer Art betreffen, durch Gewalt oder Drohung, oder durch Zu­ sicherung oder Gewährung eines Vorteils abhält, wird mit Geldstrafe . . . oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. Über den Tatbestand des

Vergehen- auS §270: GA. 45 ©.360, KG. Johow, Erg. Bd. 9 S. 257

ER.

6

A 1. EinführungSgesetz -um Strafgesetzbuch §5 3—5.

In Kraft bleiben die besonderen Vorschriften de- Reichs- (Bundes-) und

LandeSstraftechtS ,

namentlich

über

strafbare Verletzungen der

Preßpolizei-, Post-, Steuer-. Zoll-, Fischerei-, Jagd-,'») Forst- und

Feldpolizei-Gesetze, über Mißbrauch deS Vereins- und VersammlungS-

rechtS und über den Holz- (Forst-) Diebstahl.

BiS zum Erlasse eines Reichs- (Bundes-) gesetzeS über den Konkurs bleiben ferner diejenigen Strafvorfchristen in Kraft, welche rückfichtltch deS Konkurses in LandeSgesetzen enthalten sind, insoweit dieselben sich

auf Handlungen beziehen, über welche daS Strafgesetzbuch für daS Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) nicht- bestimmt.

§ 3.

Wenn

in LandeSgesetzen

auf

straftechtliche Vorschriften,

welche durch daS Strafgesetzbuch für daS Deutsche Reich (den Norddeutschen

Bund) außer Kraft gesetzt sind, verwiesen wird, so treten die entsprechen­ den Vorschriften deS letzteren an die Stelle der ersteren.

§ 4. BIS -um Erlasse der tn den Artikeln 61 und 68 der Berfassung bei

Deutschen Reichl (Norddeutschen Bündel) vorbehattenen Reichl- (Bündel-) gesetze sind die in den $$ 81, 88, 90, 307, 311, 312, 815, 322, 823 und 824 del Strafgesetzbuch! für dal Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) mit lebenslänglichem Zuchthaus bedrohten Berbrechen mit dem Tode -u bestrafen, wenn sie in einem Teile bei Bundeigebietei, welchen der Kaiser (Bundei­ feldherr) in Kriegl-ustand (Art. 68 der Verfassung) erklärt hat, oder während eine! gegen das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) auSgebrochenen Krieges auf dem Kriegsschauplatz begangen werden.')

§ 5.

In

lande-gesetzlichen Vorschriften

über Materien, welche

nicht Gegenstand deS Strafgesetzbuch- für da- Deutsche Reich (den Nord­ deutschen Bund) find, darf nur Gefängnis bi- zu zwei Jahren, Hast,

Einziehung einzelner Gegenstände öffentlicher Ämter angedroht werdend»)

Geldstrafe,

und

die

Entziehung

(die VorteilS-ustcherung muß daS Mittel sein zur Fernhaltung). E.3S S. 134. Z. B. durch mittelbare Inaussichtstellung deS Abbruch- von GeschästSbe-iehungen. Ob die Drohung vor dem Beginn der Versteig, oder während derselben geschieht, ist gleichgültig. KG. JurW. 61 S. 1042. Ein Abhalten vom Bieten liegt nicht vor, wenn der Täter sich einer Mittelsperson bedient, die den Bietelustigen zum Aufgeben deS WeiterbietenS überredet, ohne dabei eine- der Mittel deS 8 270 zu verwenden. Der Btetelustige muß sich den Vorteil zueignen. KG. DIZ. 34 S. 448. Auf Abhalten vom „fteien" Bieten ist § 270 nicht auS-udehnen. Recht 28 Nr. 732. 2 a) § 2 Sbs. 2 ist, soweit er die Jagd betrifft, am 1. April 35 außer Kraft getreten (8 71 deS ReichSjagdges.).

3) Überholt durch 88 155—158, 160 MilStGB, und Art. 48 der Rv. 3 a) 8 5 ist, soweit eS sich um daS LandeSsteuersttaftecht handelt, durch­ brochen durch § 19 Abs. 2 deS FinanzauSgleichges. v. 27. April 26 (RGBl. I E. 203 und 8 25 EinfG. RealStG. v. 1. Dezember 1936 (RGBl. I S. 961), wonach die strafrechtlichen Vorschriften der RAbgV. (auch soweit sie über den Rahmen deS 8 5 EGStGB. hinausgehen) für anwendbar erklärt werden können.

A 1. Einführung-gesetz zum Gttafgesetzbuch g§ 6—8.

§ 6.

7

Bom 1. Januar 1872 (i8?i) ab darf nur auf die hn Straf-

gesetzbuche für daS Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) enthaltenen

Strasarten erkannt werden. *)

Wenn in Landesgesetzen anstatt der Gefängnis- oder Geldstrafe Forst- oder Gemeindearbeit angedroht oder nachgelassen ist, so behält e- hierbei sein Bewenden.

§ 7.

Bom 1. Januar 1872 (i8?i) ab verjähren Zuwiderhand­

lungen gegen die Vorschriften über die Entrichtung der Branntwein­

steuer, der Biersteuer und der Postgefälle in drei Jahren.

§ 8.

Der Laude-gesetzgebung bleibt Vorbehalten, Übergangs­

bestimmungen zu treffen, um die in Kraft bleibenden Laude-straf­

gesetze mtt den Vorschriften de- Strafgesetzbuch- für da- Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) in Übereinstimmung zu bringen. 4) Wo also ein preuß. Ges. eine Gefängnisstrafe bis zu 6 Wochen be­ droht, ist jetzt auf Hast zu erkennen. E. 13 S. 93.

A2. Strafgesetzbuch für das Deutsche Deich. Bom 15. Mai 1871. (RGBl. 1876 S. 40.)

Einleitende Bestimmungen. § 1

Eine mit dem Tode,

mit Zuchthaus

oder mit Festungs­

haft von mehr als fünf Jahren bedrohte Handlung ist ein Verbrechen.

Eine mit Festungshaft bis zu fünf Jahren, mit Gefängnis oder mit Geldstrafe von mehr als einhundertfünfzig Reichsmark oder mit

Geldstrafe schlechthin bedrohte Handlung ist ein Vergehen?)

Eine mit Haft oder mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichs­ mark bedrohte Handlung ist eine Übertretung.

8 2.

Bestraft wird, wer eine Tat begeht, die das Gesetz für straf­

bar erklärt oder die nach dem Grundgedanken eines Strafgesetzes und nach gesundem BolkSempfindeu Bestrafung verdient?)

Findet auf die

1) Ob eine Tat Verbrechen, Vergehen oder Übertretung ist, richtet sich stets nach dem ordentlichen Straftahmen, ohne Rücksicht darauf, ob bei mildernden Umständen ein milderer Straftahmen oder bei erschwerenden Umständen ein schwererer Straftahmen (auch der des § 20» E. 72 S. 402) vorgesehen ist. Nach E. 69 S. 49 sind Vergehen, die in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bedroht sind, stets Vergehen, nie Verbrechen. Die Richtigkeit dieser Entscheidung ist indessen zweifelhaft; nach richtiger Ansicht liegt, wenn Zuchthaus verwirkt ist, ein Verbrechen vor (vgl. SchaferDohnanyi, Nachtrag zu FrankS.8). Bei wahlweiser Androhung mehrerer Strafarten entscheidet die schwerste angedrohte Strafe. Besteht die angedrohte Strafe in dem Einfachen oder Mehrfachen eines bestimmten Betrages, so entscheidet die im Einzelfall zulässige höchste Geldstrafe (vgl. Anm. 5 zu § 2 StraftegVO., unter D 6). 2) § 2 ist durch Art. 1 des Ges. v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 839) einge­ fügt; er findet auf Handlungen, die vor dem 1. Septbr. 35 begangen worden sind, im Hinblick auf § 2a Abs. 1 StGB, keine Anwendung. E. 70 S. 173.* § 2 enthält einen allgemeinen, auch im Strafverfahrensrecht Geltung beanspruchenden Gedanken. OLG. Jena DJust. 1939 S. 1088. 5 2 läßt im Interesse der materiellen Gerechtigkeit, abweichend von dem früheren § 2, Bestrafung einer Tat zu, wenn sie zwar nicht im Gesetz selbst mit Strafe bedroht ist, aber sowohl nach dem Grundgedanken eines Straf­ gesetzes wie nach gesundem Bolksempfinden Bestrafung verdient. Gesetz und Recht sind danach gleichrangige Rechtserkenntnisquellen. Praktisch ist

Einleitende Bestimmungen § 2.

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Tat kein bestimmtes Strafgesetz unmittelbar Anwendung, so wird die

Tat nach dem Gesetz bestraft, dessen Grundgedanke auf sie am besten

zutrifft.

indessen nach wie vor das Gesetz als der verkörperte Führerbefehl die vor­ nehmste und wichtigste Rechtserkenntnisquelle. Eine Bestrafung auf Grund entsprechender Gesetzesanwendung ist nur dann zulässig — dann aber auch geboten (vgl. auch §§ 170a, 267 a StPO.) —, wenn auch eine nicht am Buch­ staben haftende, sondern Sinn und Zweck der Vorschrift berücksichtigende Aus­ legung nicht imstande wäre, ein Handeln mU einer gesetzlichen Vorschrift zu erfassen, das ersichtlich dem Grundgedanken eines Gesetzes -uwiderläuft und, well mit dem Sittengebot der völkischen Gemeinschaftsordnung unverttäglich, nach gesundem Bolksempfinden Besttafung verdient. Zweck des § 2 ist es, dem Gericht zu ermöglichen, unbeabsichttgte Lücken des Gesetzes zu schließen und Fälle zu erfassen, die der Gesetzgeber vermullich hätte tteffen wollen, wenn er bei der Abfassung des Gesetzes an sie gedacht hätte. E.70S. 175. Da­ her keine Anwendung des § 2, wenn die Handlungen schon durch das Gesetz unmittelbar für strafbar erklärt sind. RG. DJust. 1936 S. 609. Dies gilt in­ dessen nur, wenn das geschriebene Gesetz eine Besttafung der Tat ent­ sprechend ihrem materiellen Unrechtsgehalt ermöglicht (FreiSler DJust. 1936 S. 1572; Becker DJust. 1937 S. 459; Mezger, Leitfaden S. 37; Kohlrausch, StGB. [34] S. 30; Schäfer JurW. 1937 S. 703; Goedel DJust. 1938 S. 589; E. 70 S. 356; 71 S. 324; die abweichende Entsch. RG. DJust. 1936 S. 609 ist trotz E. 71 S. 390 als überholt anzusehen). Ist eine Tat aus einem unmittelbar anwendbaren Gesetz nur auf Anttag strafbar, so ist die entsprechende Anwendung eines anderen Gesetzes jeden­ falls dann möglich, falls der Anttag nicht gestellt wird. Goedel DJust. 1938 S. 590. § 2 gibt nicht die Befugnis, eine im Gesetz mit Sttafe bedrohte Tat mit einer anderen als der dort vorgesehenen Sttafe oder Nebenstrafe zu belegen und z. B. in einem Falle, in dem Gefängnis oder Zuchthausstrafe wahlweise angedroht sind, mit einer Gefängnissttafe in entsprechender An­ wendung des § 32 StGB, die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte zu verbinden. E. 70 S. 220 (vgl. aber auch Anm. 11 zu § 84). Die rechtsschöpfende Gesetzesanwendung ist an zwei Voraussetzungen gebunden: a) Tie Tat muß dem Grundgedanken eines Gesetzes (der ratio legis) zuwiderlaufen. Maßgebend ist bei älteren Gesetzen der Grundgedanke, wie er sich nach heutiger Rechtsanschauung darsteltt, wenn diese von den Auffassungen zur Zeit der Schaffung der Vorschrift abweicht (Rtetzsch, DJust. 1937 S. 1755; Schäfer, JurW. 1937 S. 381; Mezger, ZAkadTR. 1938 S. 118; a. M. Kohlrausch, DSttR. 1939 S. 122). Gesetzes- und sog. Rechts­ analogie sind zulässig, letztere mit der Maßgabe, daß der Verbotstatbestand stets aus dem Grundgedanken eines bestimmten Gesetzes gewonnen werden muß; in beiden Fällen darf aber der Grundgedanke nicht so verallgemeinert werden, daß die Verbindung mit dem gesetzlichen Tatbestand völlig verloren geht. E. 71 S. 197. Beispiele: Der Grundgedanke der Tötungsvorschriften (§§ 211 ff.) ist der Schutz fremden Lebens; daher keine Besttafung gemäß § 2 bei Beihilfe zum Selbstmord als der Bernichttmg eigenen Lebens. E. 70 S. 313. Tas Wesen der Begünstigung (§ 257) besteht in der Unter­ stützung einer ftemden Tat; daher auch mit Hilfe des 8 2 keine Anwendung des § 257, wenn der Täter ausschließlich.seines Vorteils wegen gehandelt hat. E. 70 S. 384. Tas Briefgeheimnis (ß 299) erstreckt sich nur auf den

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A 2. Strafgesetzbuch § 2.

Inhalt des verschlossenen Briefes- daher keine entsprechende Anwendung des § 299, wenn ohne Öffnung des Briefes nur das Behältnis, in dem er sich befindet, eröffnet wird. OLG. Jena TStrR. 1937 S. 61. Eine Be­ strafung setzt Verschulden voraus- daher keine Anwendung des § 2 auf schuldhaftes Verhalten. E. 71 S. 195. Da die eidliche Offenbarungs­ pflicht des Schuldners sich nach § 807 ZPO. nur auf die Vollständigkeit des tatsächlich vorhandenen Vermögens bezieht, kann er auch nicht gemäß $2 wegen vollendeten Meineids (§ 153) bestraft werden, wenn er wahrheits­ widrig erdichtete BermögenSftücke angibt. RG. DJust. 1937 S. 1315. Stet­ ist zu prüfen, ob nicht das Gesetz eine bewußte Grenzziehung vorgenommen hat, die einer Erweiterung des Anwendungsgebiets der Vorschrift im Wege des § 2 entgegensteht. Beispiel: im Falle der Festsetzung bestimmter Schutz­ alter in Gesetzen (§5176 9tr. 3,182) keine entsprechende Anwendung auf Per­ sonen, die nach körperlicher und geistiger Beschaffenheit den geschützten Per­ sonen entsprechen. Oder: die Bestrafung gleichgeschlechtlicher Unzucht nur bet Männern (§§ 175, 175*) ergibt, daß die Bestrafung gleichgeschlechtlicher Unzucht zwischen Frauen ausgeschlossen sein soll. Oder: wenn § 172 StGB, sich bewußt auf die Bestrafung des Ehebruchs, d. h. der ehebrecherischen Bei­ schlafsvollziehung beschränkt, ist eine entsprechende Anwendung auf bloß un­ züchtige ehewtdrige Handlungen ausgeschlossen (E. 70 S. 175); aus dem gleichen Grunde keine Bestrafung wegen Blutschande (§ 173) und Schändung (5 176 Abs. 1 Nr. 2) bei unzüchtigen Handlungen, die nicht in Beischlafsvoll­ ziehung bestehen. E. 71 S. 196 und RG. DJust. 1937 S. 585. Oder: die Strafermäßigung bet Widerruf des Meineids (§ 158) soll nur dem Meineidigen selbst zugute kommen; daher keine entsprechende Anwendung auf den An­ stifter zum Meineid (RG. DJust. 1936 S. 290). Oder: die Einreichung der Abschrift einer eidesstattlichen Versicherung ist auch nicht in entsprechender Anwendung des 5 156 strafbar. E. 70 S. 130. Oder: die Vernachlässigung der Unterhaltspflicht (§ 361 Abs. 1 Nr. 10) ist nur strafbar, wenn eine Auf­ forderung der zuständigen Behörde und behördliche Hilfevermittlung vor­ liegt; von diesen Erfordernissen kann nicht gemäß § 2 abgesehen werden (vgl. Anm. 79 und 79b zu § 361). Oder: wenn § 179 nur die Erschleichung des für ehelich gehaltenen Beischlafs bedroht, kann die Vorschrift nicht entsprechend auf die bewußte Gestattung des außerehelichen Beischlafs angewendet werden. RG. IW. 1937 S. 2373. Oder: wenn § 211 als Mord nur die mit Überlegung ausgeführte vorsätzliche Tötung bedroht, so kann nicht gemäß § 2 die Todes­ strafe bei einer ohne Überlegung ausgeführten Tötung ausgesprochen werden, auch wenn die Tat wegen ihrer Begleitumstände noch so verabscheuungSwürdig ist. RG. JurW. 1937 S. 1328. Oder: nach § 240 Abs. 1 Nr. 2 KO. bllden nur die Waren, die der Täter auf Kredit entnommen hat, den Gegen­ stand des Schleuderverkaufs; die Vorschrift kann nicht entsprechend ange­ wendet werden, wenn die auf Kredit entnommene Ware durch Arbeit in eine andere Ware umgestattet worden ist. E. 72 S. 188. Ob das Gesetz solche gewollten Grenzen hat, ist besonders sorgfälttg auf dem Gebiet des NebensttafrrchtS (amtliche Begründung) (vgl. dazu E. 70 S. 177) und polizei­ licher Übertretungsvorschriften (KG. DSttaft. 1939 S. 216) zu prüfen. In der Annahme einer solchen bewußten Grenzziehung geht aber das RG. zu weit, wenn es bei den nach dem nattonalsozialisttschen Umbruch erlassenen Gesetzen (vgl. E. 70 S. 367 bett. § 164; RG. JurW. 1937 S. 2699 bett. § 266) ohne weiteres annimmt, daß ein Hinausgehen über den Worttaut des geschriebenen Rechts dem Willen des Gesetzgebers widerstreite; ent­ scheidend ist vielmehr auch bei diesen Gesetzen, ob der Gesetzgeber erkennbar

Einleitende Bestimmungen $ S.

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eine entsprechende Anwendung hat ausschließen wollen (Schäfer, JurW. 1937 S. 382; Schwinge, JurW. 1937 S. 2699 und jetzt auch E. 71S. 388). b) Die Tat muß nach gesundem BolkSempfinden Bestrafung verdienen. Keine Prüfung, wie das Volk oder der in Frage kommende Bolkstell Wer die Strafwürdigkeit tatsächlich denkt, sondern wertende Feststellung, ob das Verhalten die Mißbilligung der Volksgemeinschaft verdient. Beispiel: da der eheliche Beischlaf nach gesunder Bolksanschauung keine Unzucht darstellt, kann auch die Erzwingung des Beischlafs zwischen Ehegatten mit Gewalt nicht in entsprechender Anwendung des § 176 Abs. 1 Nr. 1 (sondern nur alS Nötigung, § 240) bestraft werden. E. 71 S. 110. Die Anwendbarkeit des § 2 ist grundsätzlich nicht auf die Vorschriften deS Besonderen Teils deS StGB. Leschräntt, ergreift vielmehr auch den Allge­ meinen Teü. Doch ist gerade hier besonders sorgfälttg zu prLferr, ob eine ent­ sprechende Anwendung nicht dem erkennbar einschränkenden Willen des Ge­ setzgebers zuwiderläust. Als Beispiel einer auf dem Gebiet des Allgemeinen Teils zulässigen Analogie sei genannt: Uber die Fälle des § 4 Ws. 2 Nr. 1,2 StGB, hinaus sind gemäß $ 2 StGB, deutsche Staatsangehörige strafbar, wenn sie sich zur bewußten Umgehung der deutschen Gesetze vorübergehend in- Ausland begeben, um dort eine Tat zu begehen, die nach deutschem Recht strafbar, nach den Gesetzen des Tatorts aber straflos ist (vgl. Anm. 3a zu § 4). Auf dem Gebiet des Besonderen Teils und des Nebenstraftechts seien als Beispiele für die ZMssigkeit entsprechender Anwendung noch erwähnt: der tatsächliche Letter einer G.m.b.H., auch wenn er nicht eingetragener Geschäftsführer ist (vgl. § 83 des G.m.b.H.Ges.) und der Beaufttagte des Inhabers einer Einzelstrma, der diese tatsächlich leitet und die Bücher führt, können gemäß § 2 für unordenlliche Buchführung nach § 240 Abs. iNr. 3 KO. straftechllich verantworüich sein. E. 71 S. 112; 72 S. 65; ebenso ist der Geschäftsführer einer zur Führung des Baubuchs verpflichteten G.m.b.H., der das Baubuch zu führen unterläßt, entsprechend dem § 6 BauFG. zu bestrafen. E. 73 S. 100. — Die böswillige Entziehung ftemder Sachen ohne Zueignungsabsicht und ohne Beschädigung oder Zerstörung der Sache (Fliegenlassen des fremden Kanarienvogels usw.) war bisher straflos; jetzt Strafbarkeit aus § 303 StGB. (vgl. Anm. 91 zu § 303). — Diebstahl aus einem Schiff mittels Einbruchs oder Einsteigens ist als Einbruchsdiebstahl aus § 243 Nr. 2 strafbar (vgl. Anm. 58 Abs. 2 zu § 243). — Bisher lag kein Einbruchsdiebstahl (§ 243 Nr. 2) vor, wenn das Behältnis nicht im Innern des Gebäudes oder umschlossenen Raumes erbrochen wurde; jetzt ist § 243 Nr. 2 auch anwendbar, wenn die Erbrechung des Behältnisses erst außerhalb des Gebäudes oder umschlossenen Raumes erfolgt (vgl. Anm. 61 zu § 243). Die §§ 242,246 erfordern die Absicht des Täters, sich die Sache anzueignen; gemäß § 2 ist nach §§ 242, 246 aber auch strafbar, wer namens eines Dritten zu dessen Gunsten über die Sache verfügt (vgl. Anm. 52a zu § 242). Nach der bisherigen Auslegung des § 288 fiel nur die Zerstörung, nicht auch die Beschädigung einer Sache unter den Begriff des „Beiseiteschaffens" (E. 19 S. 122; E. 27 S. 122); jetzt ist auch die Beschädigung als Bollstreckungs­ vereitlung strafbar. Nach § 259 kann nur an der strafbar erlangten Sache selbst Hehlerei begangen werden, nicht auch an dem Erlös, der bei der Ver­ äußerung an ihre Stelle getreten ist; jetzt ist auch in gewissem Umfang die sog. Ersatzhehlerei strafbar (vgl. Anm. 26 Abs. 3 zu § 259). Ebenso war bisher wegen Hehlerei nicht strafbar, wer gestohlene Sachen ohne Erlangung eigener Verfügungsgewalt mitverzehrte, da hierin kein „Ansichbringen" lag; jetzt ist auch der Mttgenuß zu bestrafen (vgl. Anm. 30 Abs. 2 zu § 259). Kraft

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A 2. Strafgesetzbuch § 2.

des 8 2 kann t. S. des § 164 eine Dienststelle der NSDAP, einer Behörde, ein Amtsträger der NSDAP, einem Beamten gleichgeachtet werden (vgl. Anm. 88 zu § 164 und Anm. 46 Abs. 5 zu § 359). Wegen der Bestrafung der Bortäuchung strafbarer Handlungen siebe Anm. 87 zu § 164. § 123 ist entsprechend anwendbar, wenn der Täter zwar nicht körperlich in die Wohnung eindringt, aber den Hausfrieden durch häufige fernmündliche Anrufe stört, die nur den Zweck verfolgen, den Wohnungsinhaber zu ärgern (vgl. Anm. 73 zu § 123). § 24 Abs. 1 9tr. 1 Kraftfahrzeugges. (abgedr. B IX 1) ist ent­ sprechend anwendbar, wenn der Täter — ohne Fahrprüfung und Fahr­ erlaubnis — den Besitz eines Führerscheins erschleicht und dann ein Kraft­ fahrzeug führt. E. 72 S. 158. Wegen weiterer Fälle, in denen die Recht­ sprechung eine entsprechende Anwendung von Vorschriften des Bes. Teils des StGB, oder des Nebenstrafrechts vorgenommen hat, wird auf die An­ merkungen zu den einschlägigen Vorschriften verwiesen sowie auf die Zu­ sammenstellungen von Goedel, DJust. 1938 S. 588 und Bepler, JurW. 1938 S. 1553 und 1939 S. 257. § 2 ermöglicht auch die entsprechende Gesetzesanwendung zugunsten des Angekl. Beispiele: aus §§ 247, 263 Abs. 5 StGB, ist zu entnehmen, daß nach dem Willen des Gesetzes auch Untreue (§ 266) von Angehörigen nur auf Antrag verfolgt werden darf (vgl. Anm. 58 zu § 266); nach LLG. Kiel HRR. 1936 Nr. 786 enthält § 295 Abs. 2 StGB, einen Gedanken von all­ gemeiner Bedeutung, der immer Platz greift, wenn das Gesetz die Ein­ ziehung zwingend vorschreibt (mit Einschränkungen zustimmend Schäfer, DJust. 1936 S. 1471). Bon der entsprechenden Anwendung eines Strafgesetzes zu unter­ scheiden ist die aus dehn ende Auslegung der Strafgesetze, die auf dem Gebiet des Strafrechts von jeher zulässig war. Hierzu — und zur Frage der Auslegung ganz allgemein — ist folgendes zu sagen: der in § 2 vollzogene Übergang von der formellen zur materiellen Unrechtsauffassung hat zur Folge, daß heute die Ergebnisse der Rechtsprechung aus der Zeit vor dem Umbruch nicht mehr ohne weiteres der Auslegung und Handhabung der Strafgesetze zugrunde gelegt werden dürfen, sondern daß stets geprüft werden muß, ob die betreffende Entscheidung mit den geänderten Lebens­ und Rechtsanschauungen der Gegenwart noch in Einklang steht. Damit das RG. als höchstes deutsches Gericht den übrigen Gerichten bei der Erfüllung dieser Aufgabe frei und ungehindert führend vorangehen kann, hat Art. 2 des Ges. v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 844) das RG. von der sonst (nach § 136 GVG.) bestehenden Bindung an frühere Entscheidungen befreit, soweit die frühere Entscheidung vor dem 1. Septbr. 35 ergangen ist. Wie sich dieser Wandel der Betrachtungsweise auswirkt, zeigen z. B. die Urteile E. 69 S. 357 und DJust. 1936 S. 903, wo das RG. auch von den zuständigen Dienststellen der NSDAP, ausgestellte Urkunden als öffentliche Urkunden i. S. des § 267 StGB, angesehen hat; nach der bisher in ständiger Rechtsprechung festgelegten Begriffsbestimmung wären sie keine öffentliche Urkunde gewesen. Wettere Beispiele dieser Art sind die neue Auslegung des Begriffs der wider­ natürlichen Unzucht t. S. des § 175 a. F. und § 175b n. F. (vgl. Anm. 46 zu § 175 und Anm. 46 k ju § 175 b), die Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung in Frage, wieweit vor dem 1. Septbr. 35 eine Wahlfeststellung zulässig war (RG. DJust. 1935 S. 1738) und die Anerkennung der Beleidigungsfähigkeit von Personengemetnschaften E. 70 S. 140. Für die Auslegung des geltenden Rechts sind auch die bisherigen Er­ gebnisse der Arbeiten an der Strafrechtsreform von wesentlicher Bedeutung

Einleitende Bestimmungen §§ 2 a u. b.

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§ 2a.te) Die Strafbarkeit einer Tat und die Sttafe bestimmen sich nach dem Recht, das zur Zeit der Tat gilt16) Gilt zur Zeit der Entscheidung") ein milderes Gesetz") als zur Zeit der Tat, so kann'*) das mildere Gesetz angewandt werden; ist die Tat zur Zeit der Entscheidung nicht mehr mit Strafe bedroht, so kann die Bestrafung unterbleiben.") Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit«) erlassen ist, ist auf die während seiner Geltung begangenen Straftaten auch dann anzu­

wenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Über Maßregeln der Sicherung und Besserung ist nach dem Gesetz

zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

§ 2b.'b) Steht fest, daß jemand gegen eines von mehreren Strafgesetzen verstoßen hat,") ist aber eine Tatfeststellung nur wahl(vgl. dazu z.B. E. 69 S. 308 über die der Selbsthilfe — § 229 BGB. — nach gesundem Bolksempfinden gezogenen Grenzen). 2a) Die Vorschrift beruht auf dem Ges. v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 839). 2b) Als Zeitpunkt der begangenen Handlung güt derjenige, in dem die Straftat zum Abschluß gelangt ist. Recht 6 S. 300. Dies gilt auch in Fällen der fortgesetzten strafbaren Handlung. RG. IW. 1937 S. 1330". Verschärft das neue Gesetz die auch schon bisher für die Tat allgemein angedrohte Strafe für einen bestimmten besonders erschwerten Fall, so kann es nur dann auf die fortgesetzte Handlung bezogen werden, wenn nach dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes wenigstens eine Einzelhandlung unter den Erschwerungsvor­ aussetzungen begangen ist. RG. DJust. 1937 S. 246.

2c) Durch den jeweils entscheidenden Richter, auch in der Revisions­ instanz (§ 354a StPO.).

2d) Geldstrafe ist gegenüber einer Freiheitsstrafe stets als das geringere Übel anzusehen. E. 57 S. 193. Zu prüfen ist, welches Gesetz für den vor­ liegenden Fall bei Berücksichtigung von mildernde Umstände zulassenden oder ausschließenden Tatsachen oder weil es einen Strafantrag fordert oder weil die Verjährung früher eintritt usw., für den A. die mlldeste Beurteilung zuläßt. RG. IW. 1936 S. 49". 2e) Nach pflichtmäßigem Ermessen des Gerichts. 2f) Ohne Rücksicht darauf, ob die Aufhebung des Gesetzes auf geläuterter Rechtsüberzeugung beruhte oder das Gesetz wegen besonderer tatsächlicher Verhältnisse erlassen worden war und wegen Wegfalls dieser Verhältnisse außer Kraft getreten ist (amtl. Begr.). Vgl. jedoch Abs. 3. 2g) Ohne Rücksicht darauf, ob die Geltungsdauer von vornherein kalen­ dermäßig bestimmt oder das Gesetz sonstwie nur für eine bestimmte Zeit er­ lassen ist. 2h) § 2b, der auf dem Ges. v. 28. Juni 35 (RGBl. 1 S. 839) beruht, ist am 1. Septbr. 35 in Kraft getreten. Nach der neueren Rechtsprechung des RG. ist Wahlfeststellung in dem in § 2 b bestimmten Umfang aber auch für die Fälle aus der Zeit vor dem 1. Septbr. 35 zulässig. E. 69 S. 369. 2i) Folgende Fälle kommen in Betracht: a) Eine einheitliche Tat (i. S. des § 264 StPO.) verstößt gegen eines von mehreren Gesetzen, ohne daß eine eindeutige Tatfeststellung möglich ist (z. B. Diebstahl oder Hehlerei, Diebstahl oder Unterschlagung, AbtreibungS-

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A2. Strafgesetzbuch § 2d.

weise möglich?*) so ist der Täter au- dem mildesten Gesetz zu be­

strafen? i) versuch oder Betrug; ferner: § 174 Abs. 1 Nr. 1 oder § 173 Ws. 1, wenn nicht feststellbar ist, ob der Angeklagte, der dem mißbrauchten Kind gegenüber als Vater auftrat, sein leiblicher Vater ist oder nur nach § 1591 BGB. als solcher zu gelten hat, ohne Erzeuger zu sein, RG. DJust. 1936 S. 1126 und Ws. 1 oder Ws. 2 des § 173, wenn nicht feststellbar ist, ob der Stiefvater der leibliche Vater ist. RG. HRR. 1936 Nr. 1377; weiterhin: Volltrunkenheit(§ 330 a) oder Sachbeschädigung usw., wenn nicht feststellbar ist, ob der imRausch handelnde Täter zurechnungsfähig war oder nicht. E. 70 S. 85 und S. 327. Dagegen keine Wahlfeftstellung zwischen Täterschaft und Beihilfe. E. 71 S. 364, ebenso in der Regel nicht darüber, ob die Tat vorsätzlich oder fahrlässig begangen ist (Sckäfer, JurW. 1935 S. 3226 und Olshausen, Erg.-Bd. Anm. 4; a. M. RG. DStrafr. 1938 S. 57, Zeiler, JurW. 1938 S. 150 und Nüse, DJust. 1937 S. 1185), ferner nicht darüber, ob eine Erschwerung eines bestimmten Grundtatbestantes vorliegt oder nicht, also z. B. keine Wahlfeststellung zwischen Totschlag und Mord, wenn die Überlegung nicht eindeutig festgestellt oder verneint werden kann. RG. DJust. 1937 S. 286. b) Der Täter hat mehrere Handlungen begangen und dadurch gegen eines von mehreren Strafgesetzen verstoßen; welche der Handlungen den GesetzeSverstoß darstellt, ist nicht feststellbar. Beispiel: der Täter hat zunächst eine eidesstattliche Versicherung abgegeben und demnächst das Gegentell der eidesstattlich versicherten Tatsache beschworen; ob der Eid oder die Versiche­ rung falsch ist, ist nicht feststellbar. Oder: die 19 jährige Tochter erzählt, sie habe mit ihrem Vater geschlechtlich verkehrt; ob dies wahr ist, ist nicht feststell­ bar (Blutschande oder Beleidigung). Daß § 2b auch diese Fälle umfaßt, wird im Schrifttum vereinzelt bestritten (f. dazu Niederreuther, DJust. 1938 S. 634 und Zeiler, JurW. 1938 S. 149). c) Der Täter hat durch eine von mehreren Handlungen gegen ein Gesetz verstoßen und es kann nicht sestgestellt werden, durch welche der Handlungen es geschehen ist (Beispiel: der Täter beschwört im 2. Rechtszug das Gegenteil des im 1. Rechtszug Beschworenen; welcher Eid falsch ist, ist nicht festzustellen.) § 2b ist hier unmittelbar anwendbar, da die mehreren Strafgesetze (wie in § 73) nicht verschieden zu sein brauchen. E. 72 S. 339. 2 k) Vgl. § 267 b Ws. 2 StPO. Diese Voraussetzung ist nur gegeben, wenn es trotz sorgfälttgsten Bemühens um die WahrheÜSerforschung völlig unmöglich ist, zur Überzeugung zu gelangen, daß nur ein Verstoß in der einen Richtung begangen ist. E. 70 S. 326. So rechtfertigt z. B. die Überzeugung, daß jemand auf unrechtmäßige Weise in den Besitz von Geld gekommen sei, nicht eine Wahlfeststellung zwischen einigen Möglichketten unrechtmäßigen Erwerbs, wenn wettere ÄwerbSmöglichketten nicht ausgeschlossen sind. OLG. München DJust. 1936 S. 1499. Das Gericht darf nicht deshalb davon absehen, den Sachverhalt noch weiter aufzuklären, weil in jedem Falle, wenn nicht eine unmittelbare, so doch mindestens eine entsprechende Anwendung eines besttmmten Strafgesetzes in Bettacht komme; vielmehr ist eine solche in entsprechender Anwendung des § 2b getroffene Wahl­ feststellung nur möglich, wenn eine vollkommene Aufklärung des Sachvöchalts unmöglich ist. E. 71 S. 341; a. M. Zeiler, JurW. 1938 S. 150.

Wahlfeststellung ist ausgeschlossen, wenn von den zwei zur Wahl stehenden Sttaftaten eine unter ein Sttaffreiheitsgesetz fällt. E. 71 S. 269. 21) Dgl. § 267b Abs. 1 StPO. Welches Gesetz das mildeste ist, ergibt sich nicht allein aus der Vergleichung der Strafrahmen. Vielmehr ist zunächst

Einleitende Bestimmungen §§ 3 u. 4.

§ 3

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Die Strafgesetze des Deutschen Reich- finden Anwendung

auf alle im Gebietes desselben begangenen strafbaren Handlungen, auch wenn der Täter ein Ausländer ist,a)

§ 4.

Wegen der im Au-lande begangenen Berbrechen und Ver­

gehen findet in der Regel keine Verfolgung statt.

festzustellen, welche (strafe für jede einzelne der in Betracht kommenden (Straftaten angemessen wäre, wenn sie allein zweifelsfrei festgestellt wäre; dabei darf die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit, daß der Angeklagte einen anderen in die Wahlfeststellung einbezogenen schwereren Tatbestand verwirk­ licht hat, nicht zur Strafverschärfung beitragen. E. 71 S. 44. Unter den so festgestellten Strafen ist auf die müdeste zu erkennen, wobei es keine Rolle spiest, ob die festgestellte Tat später rückfallbegründend wirken könnte. Staks in IW. 1935 S. 2939. Hält das Gericht für alle in Betracht kommenden (Straftaten die gleiche (Strafe für angebracht, so hat eS freie Hand, welches Gesetz es als angewandt bezeichnen wlll; dabei ist demjenigen den Vorzug zu geben, dessen Verletzung nach gesundem Bolksempfinden weniger schlimm gewertet wird (vgl. dazu Bruns, DSKR. 1936 S.277). Mehrere Teilnehmer können infolgedessen au- verschiedenen Vorschriften bestraft werden. E. 69 S. 369; a. M. Olshausen, Erg.-Bd. Sinnt. 6. Für die Frage de- gleich­ artigen Rückfalls, der Anwendung eines Amnestieges. usw. ist die in der Urtellsformel bezeichnete (Straftat maßgebend (a. M. für die Amnestie BrunS, a. a. O.). Kann nicht festgestellt werden, ob eine Handlung eine Diebstahlshandlung im Rahmen eine- fortgesetzten Diebstahls oder aber gewerbs- und gewohnheitsmäßige Hehlerei darstellt, so ist in entsprechender AnWendung des § 2d die Strafe für den fortgesetzten Diebstahl auf der einen Seite und die Gesamtstrafe für die in Fortsetzungszusammenhang begangenen übrigen Diebstähle und gewerbs- und gewohnheitsmäßige Hehlerei auf der anderen Seite zu vergleichen und die danach müdeste Strafe festzusetzen E. 70 S. 281. 3) Wegen der Besonderheiten für die Ostmark, den Reichsgau Sudeten­ land und das Protektorat Böhmen und Mähren vgl. EIL Über die dabei auftauchenden Fragen des „Interterritorialen" Strafrechts s. Kümmert ein, DStraft. 1938 S. 280. Wegen der Geltung der deutschen Strafgesetze im Memelland s. § 4 des Ges. v. 23. Marz 1939 (RGBl. I S. 559). 3 a) Eine Handlung ist sowohl da begangen, wo die tatbestandsmäßig erforderliche Willensbetätigung entfaltet wurde, wie da, wo die Wirkung der Handlung eingetteten ist. E. 30 S. 98. Die Handlung ist daher auch dann im Jnlande verübt, wenn nur ein Teil der Tätigkeit im Jnlande erfolgt und der Erfolg im Auslande zur Erscheinung gekommen ist. E. 13 S. 337. Vgl. E. 41 S. 37. Oder: Die Versendung einer nach § 184 Nr. 3 strafbaren Druckschrift in das Ausland ist strafbar, wenn auch die Ankündigung dort straflos ist. E. 48 S. 60. Alle Mittäter handeln im Jnlande, wenn nur einer von ihnen dort tätig wird. DRZ. 16 S. 448. Die im Jnlande ge­ leistete Beihilfe zu einem im Auslande verübten Verbrechen ist nach inländ. Recht zu Bestrafen, so als fiele auch die Haupttat unter die deutschen Gesetze. RG. JurW. 1936 S. 2655. Ebenso ist die im Auslande geleistete Beihilfe zu der im Jnlande begangenen Tat nach inländ. Ges. zu Bestrafen. E. 11 S. 20 und E. 19 S. 147. Auch die im Auslande Betätigte Anstiftung zu einer im GeBiete des Deutschen Reichs verübten Tat ist als im Jnlande verübt anzufehen. E. 25 S. 424. Desgl. ist mittelbare Täterschaft strafbar,

A 2. Strafgesetzbuch § 4.

16

Jedoch kann nach den Strafgesetzen des Deutschen Reichs verfolgt

werden:•“)

1.*) ein Deutscher*») oder ein Ausländer, welcher im Auslande eine

hochverräterische Handlung4b)

gegen

das Deutsche Reich,

oder ein

Münzverbrechen oder Münzvergehen, oder als Träger eines Deutschen

Amte- eine Handlung begangen hat, die nach den Gesetzen des Deutschen Reichs als Verbrechen oder Vergehen im Amte anzusehen ist;

2.4 * °) * 3 ein Deutscher oder ein Ausländer, der im Ausland eine

auch wenn die Tat im Auslande begangen und dort nicht strafbar ist. E. 51 S. 9. Eine fortgesetzte Handlung, deren Einzelhandlung teils im Inland, teils im Ausland begangen wurde, ist in vollem Umfang nach Teutschem Recht zu bestrafen. RG. DJust. 1937 S. 1004. Eine auf einem Deutschen Schiffe auf hoher See verübte Tat ist nach deutschem Recht zu bestrafen. GA. 37 S. 288 u. E.23 S. 266. Die Wohnung eines bei der inländischen Regierung beglaubigten Gesandten ist als Inland anzusehen. E. 69 S. 55. 3 aa) Uber die Fälle des $4 Abs.2 Nr. 1, 2 hinaus sind in Anwendung des § 2 StGB, deutsche Staatsangehörige strafbar, wenn sie sich zur be­ wußten Umgehung der deutschen Gesetze vorübergehend ins Ausland be­ geben, um dort eine Tat zu begehen, die nach deutschem Recht strafbar, nach den Gesetzen des Tatorts aber straflos ist (RB. d. RIM. v. 2. April 36, abgedr. bei Krug-Schäfer-Stolzenburg, Strafrechtl. Berwaltungsvorschriften, 2. Ausl. S. 358; Kran er, DStrafr. 1938 S. 175; a. M. Goedel, DJust. 1938 S. 593 und Kohlrausch [34] S. 32 und ZAkadDR. 1938 S. 335, der eine entspr. Anw. des § 4 Abs. 2 nur Lei Straftaten für zulässig hält, die — wie z. B. Rasseschande — den in § 4 bezeichneten Straftaten wesensverwandt sind). Anwendungsfall: DJust. 1936 S. 1239 und DJust. 1938 S. 1646. Das RG. hat bisher nur zur Strafbarkeit der im Ausland begangenen Rasseschande Stellung genommen. Es hat aus­ gesprochen, daß ein Jude deutscher Staatsangehörigkeit, der mit einer deut­ schen Frau im Ausland außerehelich verkehrt, nach dem Grundgedanken des Blutschutzges. strafbar ist, wenn er die Frau veranlaßt hat, zu diesem Zweck vorübergehend zu ihm ins Ausland zu kommen. E. 72 S. 91. Oder wenn er sie auf seine Kosten vorübergehend im Ausland untergebracht hat, sie dort aufsucht und mit ihr geschlechtlich verkehrt. E. 72 S. 171. Über diese Entscheidungen hinaus ist nach RG. DJust. 1939 S. 102 der außer­ eheliche Geschlechtsverkehr eines Juden mit einer Staatsangehörigen deut­ schen Blutes eine unmittelbare Verletzung deutschen Blutes und damit des deutschen Staatsvolkes als eines blutmäßig einheitlichen Organismus; die Straftat fei daher, wenn sie im Ausland vollzogen wurde, auch im Gebiet des Deutschen Reiches als dem Orte des Eintritts des Erfolgs begangen. 41 Fassung beruht auf dem Ges. zur Abänderung strafrechtl. Vorschriften v. 26. Mai 33 (RGBl. I S. 295) und dem Ges. v. 24. Aprll 34 (RGBl. I S. 341). 4 a) d. h. ein Reichsangehöriger, auch wenn er nicht Reichsbürger im Sinne deS ReichSbürgerges. v. 15. Septbr. 35 — RGBl. I S. 1146 — ist. 4 b) Zu den hochverräterischen Handlungen gehören die Straftaten der

88 80—85. 4 c) Fassung beruht auf dem Ges. v. 24. April 34 (RGBl. I S. 341).

17

Einleitende Bestimmungen § 5.

laudeSverräterische Handlung gegen das Deutsche Reich oder einen An­

griff gegen den Reichspräsidenten (§ 94 Abf. 1, 2) begangen hat ; 3. ein Deutscher, welcher im AuSlande eine Handlung begangen

hat, die nach den Gesetzen des Deutschen Reichs alS Berbrechen oder Bergehen anzusehen und durch die Gesetze deS Orts, an welchem sie begangen wurde, mit Strafe bedroht ist.5 6)

Die Verfolgung ist auch zulässig, wenn der Täter bei Begehung der Handlung noch nicht Deutscher war.

In diesem Falle bedarf eS

jedoch eines Antrages der zuständigen Behörde deS Landes, in welchem

die strafbare Handlung begangen worden, und daS ausländische Straf­ gesetz ist anzuwenden, soweit dieses milder ist. Soll ein Ausländer wegen einer im AuSlande begangenen Tat

verfolgt werden, so darf die Anklage nur mit Zustimmung deS ReichSministerS der Justiz erhoben werden/ § 5

Im Falle deS § 4 Nr. 3 bleibt die Verfolgung

ausge­

schlossen, wenn 1. von den Gerichten deS Auslandes über die Handlung rechts­ kräftig erkannt und entweder eine Freisprechung erfolgt oder die aus­

gesprochene Strafe vollzogen/)

2. die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung nach den Ge­ setzen deS Auslandes verjährt7) oder die Strafe erlassen, oder 5) Unter welchem rechtl. Gesichtspunkte die Tat im Ausl, strafbar ist, ist un­ erheblich. E. 5 S. 424. ES ist nicht erforderlich, daß die StrafbarkeitSmerkmale nach dem deutschen und dem ausl. Recht völlig übereinstimmen, im Urteil müssen aber die Tatbestandsmerkmale nicht nur des inländischen, sondern auch deS ausländischen Rechts festgestellt werden. Recht 9 S. 139. Der deutsche Richter ist zur Anwendung der ftemdländischen Grundsätze über BerbrechenSkonkurrenz nicht verpflichtet. E. 42 S. 330. DaS Zivilrecht des Auslands ist auch für Entscheidung einer privatrechtl. Borfrage maßgebend. E. 27 S. 135. Die deutsche ReichSangehörigkeit unterliegt der freien Nachprüfung durch daS Revisionsgericht. Hamburg LZ. 22 S. 427. Die Vornahme unzüchtiger Hand­ lungen eines Pflegevaters an der Pflegetochter ist in Holland nicht strafbar' dort begangene derartige Taten können daher nicht im Inland nach § 174 Abs. 1 Nr. 1 verfolgt werden. E. 70 S. 324.

5 a) Die Zustimmung ist Prozeßvoraussetzung; ihr gehlen hindert den Erlaß eines Sachurteils. AIS Staatshoheitsakt ist sie — anders als der Straf­ antrag des Verletzten (§ 61 StGB) — an keine Frist gebunden; sie ist teilbar und kann jederzeit bis zur Rechtskraft des Urteils frei zurückgenommen werden. 6) Vollzogen ist die Strafe nur dann, wenn sie ganz zur Vollstreckung ge­ langt ist. E. 16 S. 319. Diese Vorschrift bezieht sich aber nur auf die im AuS­ lande begangenen Straftaten, nicht auch auf die, welche teilweise im Jnlande be­ gangen sind. DIZ. 14 S. 436. Die Einstellung steht im Sinne dieser Vor­ schrift der Freisprechung nicht gleich. GA. 62 S. 161. 7) Die Frage der Verjährung richtet sich nach auSl. Recht. zu

LK. Anm.

2.

Da Icke, Strafrecht.

31. Aufl.

2

A 2. Strafgesetzbuch §§ 6—12.

18

3. der nach den Gesetzen deS Auslandes zur Verfolgbarkeit der

Handlung erforderliche Antrag deS Verletzten nicht gestellt worden ist.8)9

§ 6.

Im AuSlande begangene Übertretungen find nur dann

zu bestrafen, wenn dies durch besondere Gesetze oder durch Verträge angeordnet ist.8)

§ 7.

Eine im AuSlande vollzogene Strafe ist, wenn wegen derselben

Handlung im Gebiete deS Deutschen Reich- abermals eine Verurteilung

erfolgt, auf die zu erkennende Strafe in Anrechnung zu bringen.10)11 § 8.

Ausland im Sinne diese- Strafgesetze- ist jede- nicht zum

Deutschen Reich gehörige Gebiet?8 eS Ges. v. 24. Rovbr. 33 (RGBl. I S. 995).

11b) ES ist deshalb nicht zuläsflg, im Urteil die Dauer der Unterbringung zeitlich zu begrenzen. RG. IW. 1936 S. 2993.

Maßregel« der Sicherung und Besserung §§ 42 g—42 k.

39

Gericht die Entlassung des Untergebrachten ab, so beginnt mit dieser Entscheidung der Lauf der im Abs. 3 genannten Fristen von neuem. §42g. Sind seit der Rechtskraft des Urteils drei Jahre verstrichen, ohne daß mit dem Vollzug der Unterbringung begonnen worden ist, so darf sie nur noch vollzogen werden, wenn das Gericht es anordnet. Die Anordnung ist nur zulässig, wenn der Zweck der Maßregel die nachträgliche Unterbringung erfordert. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in der der Unterzubringende eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auf behördliche An­ ordnung in einer Anstalt verwahrt wird.

$ 42h. Die Entlassung des Untergebrachten gilt nur als bedingte Aussetzung der Unterbringung. Das Gericht kann dem Unterge­ brachten bei der Entlassung besondere Pflichten auferlegen und solche Anordnungen auch nachttäglich tteffen oder ändern. Zeigt der Ent­ lassene durch sein Verhalten in der Freiheit, daß der Zweck der Maß­ regel seine erneute Unterbringung erfordert, und ist die Vollstreckung der Maßregel noch nicht verjährt, so widerruft das Gericht die Ent­

lassung. Die Dauer der Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungsanstalt und der erstmaligen Unterbringung in einem Arbeitshaus oder einem Asyl darf auch im Falle des Widerrufs inSgesamt die gesetzliche Höchstdauer der Maßregel nicht überschreiten, j 42k. Die im Arbeitshaus oder in der Sicherungsverwahrung Untergebrachten sind in der Anstalt zu den eingesührten Arbeiten anzuhalten. Sie können auch zu Arbeiten außerhalb der Anstalt verwendet werden, müssen jedoch dabei von sreien Arbeitern gettennt

gehalten werden. Die in einer Heil- oder Pflegeanstalt, einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungsanstalt Untergebrachten können innerhalb oder außerhalb der Anstalt auf eine ihren Fähigkeiten und Verhältnissen angemessene Weise beschäftigt werden. $ 42k.11) DaS Gericht kann neben der Sttafe anordnen, daß ein Mann, der zur Zeit der Entscheidung das einundzwanzigste Lebens» jähr vollendet hat, zu entmannen") ist, 12) Wegen der sog. freiwilligen Entmannung vgl. 8 14 Abs. 2 deS Ges. zur Verhütung erbkranken Nachwuchses in der Fassung deS Ges. v. 26. Juni 1935 (RGBl. I S. 773), abgedr. unter B II 3. Die Revision kann auf die Anwendung der Entmannung beschränkt werden. RG. JurW. 1938 S. 1313. 13) Die Entmannung ist nur zulässig, wenn die öffentliche Sicherheit sie erfordert; sie kommt daher nicht in Bettacht, wenn die Allgemeinheit im Einzel­ fall durch eine andere, weniger einschneidende Maßregel ebensogut oder beffer vor dem SittlichkeitSderbrecher geschützt werden kann. E. 68 S. 230 und E. 69 S. 150.

40

A 2. Strafgesetzbuch § 42 k.

1. wenn er wegen eines Verbrechens") der Nötigung zur Unzucht/') der Schändung, der Unzucht mit Kindern oder der Notzucht (§§ 176 bis 178) oder wegen eines zur Erregung oder Befriedigung des Geschlechtstriebs begangenen Vergehens oder Verbrechens der öffentlichen Vornahme unzüchtiger Handlungen oder der Körperverletzung (§§ 183 "), 223 bis 226) zu Freiheitsstrafe von Jedoch kann, wenn zwar die Entmannung, nicht aber die Sicherungsver­ wahrung zulässig ist, letztere nicht deshalb statt der Entmannung angeordnet werden, weil sie das geringere Übel darstelle. E. 69 S. 31. Entmannung und Sicherungsverwahrung oder Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstatt können nebeneinander angeordnet werden, wenn keine der beiden Maßregeln für sich allein auSreicht, die Allgemeinheit vor weiteren Sittlichkeitsverbrechen deS TäterS zu schützen. RG. in JurW. 1934 S. 2145. Die bloße Möglich­ keit, daß nach der Entmannung noch Reste des Sexualtriebs übrigbleiben, recht­ fertigt allein die Anordnung der Sicherungsverwahrung neben der Entmannung nicht. RG. in Deutsche Justiz 1935 S. 572. Bei einem vermindert Zurech­ nungsfähigen wird sich die Anordnung der Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt neben der Entmannung besonders empfehlen, wenn mit dem Ein­ tritt der vollen Wirkung der Entmannung erst nach einem bestimmten Zeitraum zu rechnen ist. Reicht die Unterbringung zur Beseitigung der Gefahr nicht auS, versprüht aber die Entmannung vollen Erfolg, so ist nur die Entmannung an­ zuordnen. E. 69 S. 150 u. 153. Sind Entmannung und Sicherungsver­ wahrung zulässig und genügt eine von beiden Maßnahmen, so ist für die Wahl entscheidend, durch welche Maßregel der Schutz der Allgemeinheit am sichersten und vollkommensten erreicht wird, wobei es auf die Frage, welche Maßnahme für den Täter daS geringere Übel und ob nicht die Entmannung unter allen Umständen das schwerere ist, in der Regel nicht ankommt. E. 69 S. 31. Nur wenn jede von mehreren in Betracht kommenden Sicherungsmaßregeln für sich allein schon einen voll ausreichenden Erfolg verspricht, ist diejenige Maßregel anzuordnen, die den Betroffenen unter Berücksichtigung seiner besonderen per­ sönlichen Eigenschaften und Verhältnisse am wenigstens beschwert. RG. JurW. 1936, 1374 u. Begeht ein entmannter Täter erneut ein Sittlichkeits­ verbrechen, so kann die Entmannung wiederholt ausgesprochen werden, wenn feststeht, daß die frühere Entmannung wegen unsachgemäßer oder unvollständiger Ausführung erfolglos war. Dagegen nicht, wenn ausnahmsweise die Maß­ nahme deshalb ohne Erfolg war, weil der Trieb vorwiegend seelisch bedingt ist. E. 71 S. 256. Daß der Täter unfruchtbar gemacht ist, steht, da diese Maß­ nahme nicht den Trieb beseitigt, der Entmannung nichts entgegen. RG. DJust. 1937 S. 200.

14) Einschl. Anstiftung, Versuch und Beihilfe E. 68 S. 292. 15) Nicht § 175, weil bei Homosexuellen durch Entmannung nach den bisherigen Erfahrungen eine Änderung der Triebrichtung nicht zu erwarten ist. Deshalb ist bei Sittlichkeitsverbrechen, die aus homosexueller Veranlagung be­ gangen sind, besonders sorgfältig zu prüfen, ob bei Vornahme der Entmannung die Allgemeinheit voraussichtlich vor weiteren Taten verschont bleibt. E. 68 S. 292 und 71 E. 178. 16) Bei Exhibitionisten ist die Wirksamkeit der Entmannung noch nicht restlos geklärt; sie tritt bestenfalls erst nach Jahren ein. Es ist deshalb zu prüfen, ob nicht die Sicherungsverwahrung denselben oder gar einen besseren

Maßregeln der Sicherung u. Besserung § 42 k.

41

mindestens sechs Monaten verurteilt wird, nachdem er schon einmal wegen einer solchen Tat zu Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist,17) und die Gesamtwürdigung der Taten ergibt, daß er ein gefährlicher Sittlichkeitsverbrecher ist;11) und schnelleren Erfolg haben würde. 1934 S. 1156.

E. 68 S. 230.

RG. in Deutsche Justiz

17) Dabei ist eS gleichgültig, ob die später abgeurteUte Tat vor oder nach der ersten Verurteilung begangen ist. E. 68 S. 342. Ist aber die später ab­ geurteilte Tat vor dem 1. Urteil begangen, so ist nach E. 68 S. 342 Voraus­ setzung der Anordnung, daß durch beide Verurteilungen so hohe Freiheitsstrafen (bei der 2. Verurteilung mindestens 6 Mon. Ges.) erkannt werden, daß, wenn Gesamtstrafenbildung zulässig wäre, sich eine Gesamtstrafe von mindestens einem Jahre ergeben würde. Trotz deS § 9 Abf. 5 JGG. ist auch eine Ver­ urteilung wegen einer Tat heranzuziehen, die der Täter alS Jugendlicher be­ gangen hat. E. 73 S. 36. 18) Wenn die Wiederholungsgefahr besteht. Ob dieS der Fall ist, muß mit Rücksicht auf die Schwere deS Eingriffs sehr gründlich geprüft und ein­ gehend in den UrteilSgründen dargelegt werden. RG.inJurW. 1934 S. 2144. Sind von dem Verurteilten während der Strafhaft SittlichkeitSverbrechen nicht zu befürchten, so ist die Anordnung der Entmannung nur zulässig, wenn nach der Sachlage bei Erlaß deS Urteils die Entmannung voraussichtlich für die Zeit nach dem Ende der Strafverbüßung zum Schutze der Allgemeinheit not­ wendig ist, weil Rückfälle zu erwarten sind. RG. in JurW. 1934 S. 2061. Wird Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt angeordnet, so ist be­ sonders sorgfältig zu prüfen, ob nach Entlassung auS dieser die Gefährlichkeit noch besteht. E. 68 S. 165. Die Gefährlichkeit ist zu vereinen, wenn die Tat als Auswirkung der Pubertät anzusehen ist und erwartet werden kann, daß der Täter mit zunehmendem Alter die Willensstärke finden wird, weitere Straf­ taten zu vermeiden, etwa in Verbindung mit der Verheiratung und der Be­ gründung einer Familie. Ri etzsch, Deutsche Justizl 933 S. 741 (748) oder wenn der Täter so alt ist, daß ein baldiges Erlöschen deS Triebs zu erwarten ist. E. 68 S. 342. Andererseits schließt auch eine sehr lange Strafe die Anordnung der Entmannung nicht aus. E. 68 S. 169.

Die ausdrückliche Feststellung, daß die Entmannung Erfolg verspreche, ist nicht erforderlich. RG. in JurW. 1934 S. 1653. Jedoch muß die ErfolgLfrage im Urteil erörtert werden. Die Möglichkeit eines Mißerfolgs der Maßnahme kann unberücksichtigt bleiben, wenn die Wahrscheinlichkeit eineS Erfolges größer ist. E.68S. 196. Ist dagegen wegen besonderer, in der Per­ sönlichkeit des Täters liegenden Umstände anzunehmen, daß die Entmannung sicher nicht zur Ertötung oder wesentlichen Herabsetzung deS Geschlechtstriebs führen wird, so darf sie nicht angeordnet werden. Spricht nur eine gewisse

Wahrscheinlichkeit dafür, daß der Erfolg nicht eintreten werde, so kann, wenn der Täter selbst die Entmannung wünscht, deren Anordnung auch dann angebracht sein, wenn mit ihr voraussichtlich eine Verschlechterung deS Gesundheitszustandes verbunden sein wird. E. 69 S. 129. Die Möglichkeit, daß der Verurteilte als Ausländer auf Grund der Aus­ länder PolLO. vom 22. Aug. 38 (abgedr. unter D 8) ausgewiesen werden kann, darf die Entscheidung des Gerichts über die Anordnung der Entmannung nicht beeinflussen. RG. in JurW. 1934 S. 2410.

42

A 2. Strafgesetzbuch § 421.

2. wenn er wegen mindesten- zwei derartiger Taten") zu Frei­ heitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird und die Ge­ samtwürdigung der Taten ergibt, daß er ein gefährlicher Sittlich­ keitsverbrecher ist/') auch wenn er ftüher wegen einer solchen Tat noch nicht verurteilt worden ist; 3. wenn er wegen eines zur Erregung oder Befriedigung des Gefchlechtsttiebs begangenen Mordes oder Totschlags (§§ 211 biS 215)14) verurteilt wird. § 20a Abs. 3 gilt entsprechend."*) Eine ausländische Verurteilung steht einer inländischen gleich, wenn die geahndete Tat nach deutschem Recht ein Verbrechen oder Vergehen der im Abs. 1 genannten Art wäre. $421. Wird jemand wegen eines Verbrechen- oder Verge­ hens, daS er unter Mißbrauch seines Berufs oder Gewerbes") oder unter grober Verletzung der ihm kraft seines Berufs oder Gewerbes ob­ liegenden Pflichten begangen hat, zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten vermteilt, so kann ihm das Gericht zugleich auf die

Dauer von mindestens einem und höchstens fünf Jahren die Ausübung des Berufs, Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagen"), wenn dies erforderlich ist, um die Allgemeinheit vor weiterer Gefährdung zu schützen "*). 13») D. h. Taten, die der Rückfallverjährung unterliegen, dürfen der CntmanuungSanordnung nicht zugrunde gelegt werden; sie können aber als BeweiSanzeichen dafür verwendet werden, ob der Täter ein gefährl. Sittlichkeits­ verbrecher ist. L. 69 S. 11. 19) Die strafbare Handlung muß sich als ein Ausfluß auS der Berufs­ tätigkeit selbst oder doch wenigstens als ein mit der regelmäßigen Gestaltung der BerufSauSübung in Beziehung gefetztes Verhalten darstellen. Daher keine Anwendbarkeit deS § 421 auf einen wegen Abtreibung verurteitten, dessen Hauptbeschäftigung die Herstellung und der Vertrieb von Salben ist, mit der Begründung, daß ihm diese Tätigkeit die Möglichkeit biete, mit Menschen in Berührung zu kommen und an ihnen Abtreibungen vorzunehmen. E. 68 S. 397. 20) Beruf, Gewerbe oder Gewerbezweig sind im Urteil genau zu bezeichnen (vgl. § 260 Abs. 2 StPO ). Die Untersagung „jedweden Handelsgewerbes" ist nicht ausgeschlossen, wenn die Gefahr des Rückfalls allgemein droht, falls der Täter sich irgendeinem Zweige deS Handelsgewerbes zuwendet. E. 71 S. 69. Auch beim Beruf ist die Beschränkung der Untersagung auf einen Zweig oder Teil deS Berufs zulässig; sie muß aber so gestaltet sein, daß sie prakttsch durch­ führbar und die Beachtung deS Verbotes nachprüfbar ist (unter diesem Gesichts­ punkt bedenklich die gegen einen Arzt ausgesprochene Untersagung der Behand­ lung von „Frauenkrankheiten"). RG. DIust. 1937 S. 819. Eine Untersagung darf, wenn chre Voraussetzungen vorliegen, nicht deshalb unterbleiben, weil daS Gericht nicht ein zeitlich beschränktes, sondern ein dauerndes Berufsverbot für erforderlich erachtet. RG. DIust. 1937 S. 751 und auch nicht deshalb, weil der Täter den Beruf usw. bereits aufgegeben hat und nicht wieder auf­ nehmen wUl. RG. DIust. 1939 S. 520. 20 a) Lehnt daS Gericht die Untersagung alS nicht erforderlich ab, so

43

88 42 m u. 42 n versuch 8 43.

Solange die Untersagung wirksam ist, darf der Verurteilte den Beruf, das Gewerbe oder den Gewerbezweig auch nicht für einen

anderen auSüben oder durch eine von seinen Weisungen abhängige Person für sich auSüben lassen.

$ 36 Abs. 1 gilt entsprechend. Wird die Vollstreckung der Freiheits­

strafe oder einer neben der Strafe erkannten, mit Freiheitsentziehung

verbundenen Maßregel der Sicherung und Besserung bedingt aus­ gesetzt, so wird die Probezeit auf die Frist angerechnet.

Das Gericht kann die Untersagung der Berufsausübung wieder

ausheben, wenn der Zweck der Maßregel ihre Fortdauer nicht mehr erforderlich erscheinen läßt.

Die Aushebung ist frühestens zulässig,

nachdem die Maßregel ein Jahr gedauert hat.

Sie gilt nur als

bedingte Aussetzung der Untersagung und kann bis zum Ablauf der im Urteil für ihre Dauer festgesetzten Zeit widerrufen werden; die

Dauer der Untersagung darf auch im Falle des Widerrufs insgesamt

die im Urteil für chre Dauer festgesetzte Zeit nicht überschreiten.") § 42m (gestrichen durch das Ges. über ReichSverweisungen v.

23. März 34, abgedr. unter D8).

§42n. Maßregeln der Sicherung und Besserung können neben­ einander angeordnet werden.

2. Abschnitt. § 43

verüben,

Wer den Entschluß,

Versuch.

ein Verbrechen

oder Vergehen zu

durch Handlungen, welche einen Anfang der Ausführung

diese- Verbrechens oder Vergehen- enthalten, “) betätigt hat, ist, wenn hindert die- die Verwaltungsbehörde nicht, eine nach gesetzlicher Vorschrift zur Berufsausübung erforderliche Genehmigung zurückzunehmen. PrOLG. JurW. 1936, 1488.

21) Abs. 4 ist eingefügt durch Art. 12 des Ges. v. 28. Juni 1935 (RGBl. I S. 839). 36) Der Tatbestand des Versuchs erfordert, daß der Täter begonnen hat, eine -um gesetzlichen Tatbestand der Straftat gehörige Handlung au-zuführen oder doch eine solche, die, weil sie notwendig mit einer Tatbestand-Hand­ lung -usammengehört, für die natürliche Auffassung alS deren Bestandteil er­ scheint. E. 71 S. 6, oder — anders auSgedrückt — die bereit- eine un­ mittelbare Gefahr für das geschützte RechtSgut bildet. E. 68 S. 340; E. 69 S. 327. Z. B. wenn der Täter in der Absicht rechtswidriger Zu­ eignung seine Hand nach der Mtte eine- mit Holz beladenen Wagen- erhoben hat, um ein Stück Holz zu ergreifen. Recht US. 1414; oder wenn er behufs Einbruchs die Fenster mit grüner Seife beschmiert. Recht 16 Nr. 1392; oder wenn ein Kind zur Ermöglichung der Tötung betäubt wird. JurW. 55 S. 1166, oder in dem Anlegen einer geladenen Schußwaffe mit ungespanntem Hahn. E. 59 S. 386; in dem Ergreifen einer geladenen, wenn auch gesicherten Pistole, um sie anzulegen und zu schießen. E. 68 S. 339 u. S. 336; in dem

44

A 2. Strafgesetzbuch § 44.

da- beabsichtigte Verbrechen oder Vergehen nicht zur Vollendung*')

gekommen ist, wegen Versuche- zu bestrafen.**)

Der Versuch eine- Vergehen- wird jedoch nur in den Fällen bestraft, in welchen da- Gesetz die- ausdrücklich bestimmt.

§ 44.

Da- versuchte Verbrechen oder Vergehen ist milder zu

bestrafen, als da- vollendete. Ist da- vollendete Verbrechen mit dem Tode oder mit lebens­ länglichem Zuchthaus bedroht, so tritt Zuchthausstrafe nicht unter Anzünden von Streichhölzern zur Brandstiftung. HRR. 1933 Nr. 351; oder wenn beim Nacheide mit dem Aussprechen der Eidesformel begonnen ist. HRR. 1934 Nr. 149; in dem Erschleichen in ein Haus in diebischer Absicht. RG. DJust. 1936 S. 935. Aber nicht, wenn sich der Täter lediglich auf den Weg zu der Stelle begeben hat, wo sich der Gegenstand seiner diebischen Absicht befindet. JurW. 1923 S. 1022. Ein Versuch, Zahlungsmittel entgegen den devisenrechttichen Vorschriften ins Ausland zu bringen, ist erblickt worden in dem Einnähen her Zahlungsmittel in eine in der Wohnung deS Täters befind­ liche. Fußmatte, die über die Grenze geschmuggelt werden sollte. E. 71 S. 53, ferner ein Versuch der Raffenschande schon darin, daß der Mann die Frau mündlich zum alsbaldigen Geschlechtsverkehr ausforderte. E. 72 S. 383; 73 S. 76, oder daß bei beabsichtiger Eheschließung im Ausland, die Täter inS Ausland reisten. RG. DJust. 1939 S. 870; s. ferner E. 72 S. 66 (Beginn der Täuschungshandlung beim Betrug). 37) Eine Verurteilung wegen Versuchs setzt nicht den Nachweis voraus, daß das beabflchttgte Verbrechen nicht zur Vollendung gekommen ist. E. 41S. 352. Zuweilen kann lediglich die Absicht deS Täters auch objekttv den äußeren Tatbestand derart bestimmen, daß nur die vollständige Verwirklichung die Vollendung der Tat bedeutet. ES kann von der Absicht hinsichttich der Menge abhängen, ob vollendete Genußmittelentwendung oder Vers. Diebstahl vorliegt; eS hängt von der Absicht hinsichtlich der geschlechtl. Erregung ab, ob Greifen unter die Röcke Versuch oder Vollendung deS § 174 ist. LK. Anm. 6d. Zum Versuch kann bedingter Vorsatz ausreichen. E. 68 S. 341. Doch ist stets erforderlich, daß der Entschluß zur Tat endgültig gefaßt ist; ein noch von einer Bedingung abhängiger Wille, den Tatbestand zu verwirklichen, ist prasrechttich bedeutungslos. E. 70 S. 203 u. E. 71 S.73. 38) Der Versuch mit untauglichen Mitteln und am untauglichen Objett ist nach feststehender Praxis des RG., der sich jetzt auch (in der Novelle v. 24. April 34 — vgl. § 89 Abs. 3—) der Gesetzgeber angeschloffen hat,strafbar. Plen.Entsch. E. 1 S. 439 u. E.34S. 217, E. 39 S. 316 und bezüglich derStrafbarkeit deSVer­ suchs am untauglichen Objett E. 1 S. 451; neueMngS bestraft daS RG. auch den Versuch durch ein untaugl. Subjekt beim Sonderverbrechen (z. B. irrtüml. Annahme eines Nichtjuden, er fei Jude, bei Raffenschande). E. 72 S. 110 (f. dazu Bruns DStrafr. 1938 S. 161). Zu den Fällen des u. V. gehört auch der Fall deS Mangels im Tatbestände, wo der erstrebte Erfolg unter irriger An­ nahme eines die Strafbarkeit bedingenden TatbepandmerkmalS erreicht ist. E. 42 S. 92, E. 47 S. 189 (191), E. 56 S. 316 (318). E. 61 S. 429. RG. JurW. 1937 S. 2698. Wahnverbrechen und untaugl. Versuch unterscheiden sich im folgenden: Beim straflosen Wahnverbrechen trifft der vom Täter vorgestellte Sachverhalt zu, nur irrt er über die Straflosigkeit eines solchen Tatbestandes; beim Versuch a. u. O. geht der Täter von der falschen Annahme

versuch 88 45—46.

45

drei Jahren ein, neben welcher auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht

erkannt werden kann.M)

Ist daS vollendete Berbrechen mit lebenslänglicher Festungshaft bedroht, so tritt Festungshaft nicht unter drei Jahren ein.

In den übrigen Fällen kann die Strafe bis auf ein Vierteil) auf andere Weife nicht zu beseitigenden Notstände88)88) zur Rettung

der N. dem Maß oder Art nach, nicht aber auch die zeit!. Überschreitung. E. 62

S. 76; RG. in JurW. 1935 S. 2960. Bon der Überschreitung der Notwehr ist die vermeintliche Notwehr (Pu­

tativnotwehr) zu unterscheiden. Sie liegt vor, wenn der Täter irrtümlich glaubt, daß seine Handlungsweise durch Notwehr geboten sei. Er ist dann gemäß § 59 nicht wegen vorsätzlicher Verfehlung strafbar. E. 54 S. 197. Die Bestimmungen über die Straflosigkeit des Notwehrexzesses finden hier keine An­ wendung. RG.JurW. 1936 S. 512 10. Durch eine bereits bestehende TötungSabsicht wird die Putativnotwehr nicht auSgeschlofien. E. 60 S. 261. Befindet sich der Täter über daS Maß der gegebenen Abwehr in einem verschuldeten Irrtum, so ist er wegen Fahrlässigkeit zu bestrafen. LZ. 19 S. 45 u. 151. Putativnotwehr gegenüber einer Amtshandlung kann nicht mit dem Glauben des Täters an die Unrechtmäßigkeit der AmtSausübung gerechtfertigt werden. JurW. 57 S. 409 (vgl. Anm. 29 III zu § 113).

68 a) Auch wenn eS sich nicht um die Rettung von Leib und Leben des Täters oder eines Angehörigen handelt, kann die Strafbarkeit wegen über­ gesetzlichen Notstandes entfallen, wenn die mit Strafe bedrohte Handlung daS einzige Mittel ist, um ein höheres Rechtsgut zu schützen. E. 62, 138; 63, 226; 64, 101; RG. in JurW. 1935 S..2637". KG. in JFGErg. 12, 286 und in Deutsche Justiz 1935 S. 1596. Übergesetzlicher Notstand, der wie der Notstand des § 54 unverschuldete Notlage voraussetzt. KG. JurW. 1938 S. 745, schließt die Rechtswidrigkeit aus, vorausgesetzt, daß der Täter unter Berücksichtigung des Widerstreits und nicht nur zu seinem eigenen Vorteil ge­ handelt hat. RG. in JurW. 935 S. 2637. Eine Berufung auf übergesetzlichen Notstand kommt bei der Unterbrechung der Schwangerschaft im Hinblick auf 814 des Ges. zur Verhütung erbkranken Nachwuchses (abgedr. BII3) nicht in Frage. 68 b) Erforderlich ist, daß der Täter nicht nur die Gefahr für Leid und Leben, sondern auch die L a g e nicht schuldhaft verursacht hat, die zur Rettung nur den Weg des Eingriffs in fremde Rechte läßt. E. 72 S. 249.

69) Notstand ist ein schuldbefreiender Umstand.

Jnfolgedeffen sind

auch die Teilnehmer nicht strafbar. E. 57 S. 268. E. 60 S. 88. Zur Annahme des Notstandes gehört eine erhebliche Lebensgefahr. E. 66 S. 397. Notstand bei Meineid ist möglich. E. 66 S. 98, 222, 397; desgl. beim Waffenführen. KG. JurW. 61 S. 1770. Notstand kann auch durch die allgemeine Gefährlichkeit eines Menschen herbeigeführt werden. E. 60 S. 318. Mißhandlungen der Kinder durch den Lehrer kann den Eltern das Recht geben, die Kinder vom Schulbesuch fern zu halten. KG. Johow 53 S. 416. Lin Notstand kann auch in Frage kommen gegenüber Berhältniffen, die aus behördlicher Anordnung erwachsen. E, 41 S. 214; bei Beleidigungen dann, wenn dem Täter nicht zugemutet werden kann, die Verfolgung seiner Jntereffen mit Rücksicht auf die Ehre eine- anderen preiSzugeben. Hamburg DRZ. 23 Nr. 199; sind verschie­ dene Rettungsmöglichkeiten, Übel von verschiedener Größe, so darf nur daS

kleinere gewählt werden. E. 66 S. 222 (227); eS muß eine gewisse Verhältnis­ mäßigkeit bestehen. E. 66 S. 397. Auf Notstand kann sich nicht berufen, wer beruflich oder dienstlich verpflichtet ist, unter Einsatz von Leib u. Leben tätig zu werden, wie Polizeibeamte, Feuerwehrmänner, Wettermänner in Berg­ werken. E. 72 S. 246.

Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mUdern §§ 55—59.

61

auS einer gegenwärtigen66•) Gefahr"") für Leib"«) oder Leben deS

Täters ober eine- Angehörigen begangen worden ist.") § 55-57.") $ 58.

Ein Taubstummer ”) ist nicht strafbar, wenn er in der

geistigen Entwicklung zurückgeblieben und deshalb unfähig") ist, das

Unerlaubte58) der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. War die Fähigkeit, das Unerlaubte58) der Tat einzusehen oder

nach dieser Einsicht zu handeln, zur Zeit der Tat auS diesem Grunde erheblich vermindert, so kann588) die Strafe nach den Vorschriften über die Bestrafung des Versuchs gemildert werden.88)

§ 59.**)

Wenn jemand bei Begehung einer strafbaren Handlung

69 a) Gegenwärtig kann auch eine Gefahr sein, die in einem Zustande von längerer Dauer liegt. E. 59 S. 69. Ein dauernder Gefahrenzustand ist dann gegenwärtig, wenn gegenwärtige Borsorge geboten erscheint. JurW. 61 S. 2290. E. 66 S. 222. Trunksucht deS BaterS. HRR. 1934 Nr. 215. 69 b) Gefahr ist ein Zustand, der durch ein vom Betroffenen nicht gewolltes, ihm von außen drohendes Übel begründet wird. So ist der ernftl. Entschluß eineS Angehörigen, Selbstmord zu begehen, keine Gefahr. DRZ. 20 Nr. 646. 69 c) Die LeibeSgefahr darf nicht ganz unerheblich sein. E. 66 S. 397. 70) Ein Angriff auf das Eigentum berechtigt den Eigentümer zur Gegenwehr nur dann, wenn sein Eigentum im Vergleiche zu der dem Notstandsberechtigten drohenden Gefahr einen so hohen Wert besitzt, daß ihm nicht zugemutet werden kann, dasselbe unbeschützt zu lassen. S. 23 S. 116. Der Grundsatz der Güter- u. Pflichtenabwägung gilt auch dann, wenn es sich um Übertretung einer PBO. handelt. KG. GA. 72 S. 349; unter Umständen auch beim Borliegen eines Staatnotstandes. E. 62 S. 35 (46). E. 63 S. 215 (226). 71) §§ 55 bis 57 sind durch das Jugendgerichtsgesetz (unter 6113) auf­ gehoben. 72) ES kommt nur solche Taubstummheit in Betracht, die entweder ange­ boren ist oder so früh eintritt, daß sie alS Ursache für den Mangel geistiger Reife noch wirken kann. E. 57 S. 239. *) Borbemerkung. Die Schuldformen deS geltenden Rechts sind Vorsatz und Fahrlässigkeit. 1. Vorsätzlich handelt, wer den Tatbestand der strafbaren Handlung mit Wiffen und Willen verwirklicht. Der Täter muß sich also die den Tat­ bestand erfüllenden Folgen und anderen Umstände seiner Tat nicht nur vor­ stellen, sondern auch den Willen haben, unter diesen Umständen den zum Tat­ bestand gehörigen Erfolg herbeizuführen. Dazu gehört, daß der Täter die nach Gegenstand, Zeit und Ort bestimmte Zuwiderhandlung wenigstens mit allen wesentlichen Beziehungen, wenn auch nicht mit allen Einzelheiten der Ausführung in seinen Willen und Borstellung aufgenommen hat; unerhebliche Abweichungen von dem vorausgesetzten Tatverlauf hindern die Zurechnung zum Borsatz nicht. E. 70 S. 258. vorsätzlich handelt auch, wer mit bedingtem Borsatz handelt. Bedingter Borsatz besteht darin, daß der Täter sich den Erfolg nicht als sichere oder notwendige, sondern nur als mögliche Folge seines TunS vorstellt, die Möglichkeit aber bewußt in Kauf nimmt und so den Erfolg für den Fall seines Eintritts innerlich billigt. E. 72 S. 43.

62

A 2. Strafgesetzbuch § 59.

daS Vorhandensein von Tatumstäuden nicht kannte, welche zum gesetz­

lichen Tatbestände gehören oder die Strafbarkeit erhöhen, so sind ihm

diese Umstände nicht zuzurechuen. Das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit gehört nach der Recht­ sprechung des RG. (E. 58 S. 249; E. 62 S. 296) nicht zum Vorsatz. Eine Ausnahme gilt nur da, wo daS Erfordernis der Rechts- oder Pflichtwidrigkeit ausdrücklich in den gesetzlichen Tatbestand ausgenommen ist. In diesem Falle muß dem Täter auch das Bewußtsein von der Rechts- oder Pflichtwidrigkeit nachgewiesen werden. Eine Änderung im Inhalt des Vorsatzes tritt dadurch

aber nicht ein; ein Irrtum ist auch hier nur soweit erheblich, alS er bei anderen Tatbestandsmerkmalen erheblich ist (s. unten).

2. Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer acht läßt, zu der er nach den Umständen und seinen persönl. Verhältnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist und infolgedessen den eingetretenen Er­ folg nicht vorausgesehen hat, obwohl er ihn vorauSsehen konnte. Man unter­ scheidet: 1. bewußte Fahrlässigkeit: der Eintritt des Erfolges ist für möglich gehalten, jedoch mit mangelnder Sorgfalt darauf vertraut, daß er nicht ein­ tritt. E. 56 S. 349; E. 58 S. 134. 2. unbewußte Fahrlässigkeit: der Mangel an Sorgfalt besteht darin, daß der Täter die Möglichkeit, den strafbaren Erfolg herbeizuführen, überhaupt nicht gezogen hat. E. 67 S. 12 (18). Die Voraus­ sehbarkeit wird nicht schon immer dann ausgeschlossen, wenn der unvorsichtig handelnde Täter nicht alle Einzelheiten des tatsächl. Ursachenverlaufs in den KreiS seiner Vorstellungen aufnehmen konnte, falls nur ganz allgemein ein Er­ folg wie der eingetretene voraussehbar war. RG. DJust. 1939 S. 522. 3. Die Schuld kann ausgeschlossen sein durch Irrtum über Tatumstände. Tatumstände sind nach E. 26 S. 148. E. 42 S. 26. E. 54 S. 4 auch diejenigen Rechte oder Rechtsverhältnisse, die auf außerstrafrechtlichem Gebiet liegen. Daher steht der außerstrafrechtltche Irrtum dem Tatsachenirrtum gleich, etentir die Unkenntnis von Bestimmungen, die nicht selbst Bestandteile deS Strafgesetzes sind, sondern nur der Ausfüllung von Blankettstrafgesetzen dienen. So RG. (vgl. LK. [5] S. 321 und Hamburg, GA. 72 S. 233 u. S. 394. A. M. KG. GA. 71 S. 94 (96). Dresden DRZ. 22 Nr. 613; DRZ. 25 Nr. 489 u. OLG. München DStrR. 1937 S. 437). Ausgeschlossen ist die Anwendbarkeit des § 59, wenn der Irrtum den Inhalt und die Auslegung des Strafgesetzes zum Gegenstände hat, u.a. E. 42 S. 144. Ausnahmsweise ist auch der Strafrechts­ irrtum beachtlich: BO.v. 18. Jan. 17 (RGBl. S. 58), § 395 RAbgO. (i. d. F. des Ges. v. 16. Olt. 34 — RGBl. I S. 925 —) unb §71 des Devisenges. v. 12. Dez. 38, (Stra fauSschließungs- oder SttafmilderungSgrund. E. 72 S. 82) (vgl. dazu E. 70 S. 141). Nach BayObLG. DRZ. 23 Nr. 212 (ebenso OLG. München DStrafr. 1936, 58) ist der StrafrechtSirrtum auch dann beachtlich, wenn der Täter zu seiner irrtümlichen Anschauung über die Erlaubtheit seine- Vergehens durch Auskünfte verleitet worden ist, die er von berufener Seite erhalten hatte, und denen zu mißtrauen für ihn kein Anlaß bestand. Vgl. auch BayObLG. HRR. 1932 Nr. 1893. Ein Irrtum über einen Tatumstand bildet einen Schuldausschließungsgrund und schließt daher auch die Bestrafung der Teilnehmer auS. E. 57 S. 15. AuS der Rechtspr. des RG. ist zu erwähnen: a. AlS nicht schuldausschließend ist angesehen der Irrtum über die Begriffe „deutsches oder artverwandtes Blut" und „Jude" i. S. deS Ges. zum

Gründe, welche die Strafe auSschließeu oder mildern § 60.

63

Bet der Bestrafung fahrlässig begangener Handlungen gilt diese

Bestimmung nur insoweit, alS die Unkenntnis selbst nicht durch Fahr­

lässigkeit verschuldet ist. § 60.

Eine

erlittene

Untersuchungshaft")

oder

einstweilige

Schutz des deutschen BluteS und der deutschen Ehre v. 15. Sept. 35. RG. DJust. 1936, 517, E. 70 S. 291 u. S. 353; der Irrtum deS Täters über seine Beamten­ eigenschaft. E. 57 S. 366; ob ein beurlaubter Rekrut zu den Soldaten gehört, E. 26 S. 314; der Irrtum, obrigkeitlichen Maßnahmen gegenüber zur Selbst­ hilfe berechtigt zu sein, E. 25 S.150; über den amtlichen Charakter der Auf­ bewahrung von Aktenstücken, E. 25 S. 283; darüber, ob die Handlung eines Beamten eine Amtshandlung ist, GA. 42 S. 404; deS Stiefvaters, daß er mit der unehelichen Tochter seiner Eheftau nicht verschwägert sei, R. 7 S. 130, E. 12 S. 275 u. E. 34 S. 418; über die BegriffSmerkmale, deren Gesamtheit daS Strafgesetz bildet, E. 20 S. 200 u. 393; über die ErlaubniSpflichtigkeit einer Schankwirtfchaft, GA. 42 S. 56, Rostock DIZ. 18 S. 1144; die Annahme des Täters, der auf Grund des § 127 StPO. Festnehmende handele rechtswidrig, trotz Kenntnis der die Festnahme rechtfertigenden Tatsachen. E. 72 S. 300; der Irrtum über die Rechtmäßigkeit des Dienstbefehls. JurW. 59 S. 2229. b. Dagegen ist als unter den § 59 fallend angesehen der Irrtum über staatsrechtliche, privatrechtliche oder sonstige außerstrafrechtliche Normen z. B. über die Befugnisse, die sich auS dem Recht zur Selbsthilfe ergeben. E. 69 S. 308; des Mieters bezügl. feiner Berechtigung zur Fottschaffung der ein­ gebrachten Sachen, R. 8 S. 272; deS ProzeßbevoÜmächtigten über die aus § 138 ZPO. sich ergebende Pflicht, unwahre eidliche Zeugenaussagen zu verhindern. E. 70 S. 84; über die Vorschrift, daß die Beschlagnahme auch daS Zubehör eines Grundstücks ergreife, E. 1 S. 368; über die Eigenschaft der Jagdbarkeit eines wilden TiereS, E. 10 S. 234; über das Recht zur Tötung eines fremden HundeS im eigenen Jagdrevier, E. 19 S. 209; über die Vorschriften bett. An­ erkennung eines unehelichen Kindes, DIZ. 9 S. 123; über die Voraussetzungen für vorläufige Festnahme, E. 8 S. 104. E. 34 S. 443; über die Zuständigkeit der Polizeiverwaltung, Naumburg HRR. 1925 Nr. 1094; über die Berechtigung einen Künstlernamen zu führen, LK. Anm. 7 b; über Umfang des Züchtigungs­ rechts, E. 33 S. 71 (74), E. 42 S. 142 (144) — jedoch nicht über den rechtl. Inhalt deS Z. R. Recht 33 Nr. 1686 —; über die dienstliche Gehorsamspflicht der Schutzpolizeibeamten. HRR. 1929 Nr. 57; über die Befugnis zum Waffen­ gebrauch nach Maßgabe der Waffengebrauchövorschriften. E. 72 S. 309. Auch der mittelbare Täter muß die Tat nach allen für den Tatbestand wesentlichen Merkmalen erfaffen; er braucht nicht alle Einzelheiten der Aus­ führung zu kennen, muß aber eine Vorstellung von den besonderen Umständen haben, die der Tat ihr strafrechtlich bedeutsames Gepräge geben. E. 69 S. 285. 75) Siehe über die Berechnung der Sttgfzeit § 23 der StrafvollstreckungsO. (unter D 3). Grundfätzltch ist nur die im Zeitpunkt der UrteilSfällung bereits erlittene, nicht die noch zu erleidende Untersuchungshaft ist anzurechnen. JurR. 3 Nr. 2057. HRR. 1932 Nr. 692; war jedoch der A. vom persönl. Erscheinen in der Hauptverh. entbunden, so kann auch die zwischen Verkündung und Zustellung des Urteils liegende UH. angerechnet werden. LG. München DJust. 1939 S. 925. Auch ein Bruchteil eines Tages kann auf die erlittene Untersuchungshaft ange­ rechnet werden. E. 41 S. 318. Bleibt nach Anrechnung der Untersuchungshaft Zuchthausstrafe unter einem Jahr übrig, so findet eine Umrechnung in Gefängnis nicht statt, OlS hausen Anm. 10. Lauter die Strafe auf einen Monat und

64

A 2. Strafgesetzbuch § 60.

Unterbringung tarnt76*) bei76 ••) Fällung de- Urteil- auf die erkannte

Strafe76b) ganz oder teilweise angerechnet werden.76) mehrere Tage Gefängnis, so sind zunächst der Monat und dann die Tage ab­ zurechnen. Stuttgart v. 23. Oktbr. 16, DStZ. 4 S. 378. Die im Auslande erlittene Sicherheitshaft ist als Untersuchungshaft zu erachten. E. 38 S. 182, aber nicht, wenn der Täter nach der Verurteilung in das Ausland geflüchtet ist. Siehe Anm. 75 Abs. 2 zu § 450 StPO. Anrechnungöfähig ist auch die wegen der Tat polizeilich angeordnete Schutzhaft (§ 1 der VO. v. 28. Februar 33, RGBl. I S. 83), wenn sie zur Sicherung der Strafverfolgung oder zur Untersuchung der Straftat angeordnet war. 6. 69 S. 327; VolksgerHof in Deutsche Justiz 1935 S. 300. Vgl. auch § 23 Abs. 2 der StrafvollstrO. (D3). Über Einzelfragen der Schuyhaftanrechnung s. Kelz DJ. 1936 S. 1609. Erlittene Untersuchungshaft, die die BollstreckungSdauer der Strafe be­ stimmt, E. 41 S. 318, kann auch als Strafzumessungsgrund angesehen werden. R. 4 S. 264. E. 59 S. 231. Die irrtümlich erfolgte Anrechnung einer nicht er­ littenen Untersuchungshaft kann mit der Revision nicht angefochten werden. E. 15 S. 143; auch nicht die Anrechnung einer längeren Untersuchungshaft als die tat­ sächlich erlittene. Recht 33 Nr. 633. KG. JurW. 57 S. 1950. A. M. E. 59 S. 411. Die Anrechnung der UH. gilt als Strafverbüßung im Sinne der tztz 245 u. 264 erst mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteils. E. 4 S. 230. E. 52 S. 191. Siehe auch E. 29 S. 75. (UH. ist keine vorweggenommene Strafhaft.) BermögenSnachteile, die der A. im Gefolge der Sicherung einer Untersuchungshaft erlitten hat, können nicht angerechnet werden. DStZ. 17 Nr. 15. § 21 StGB, findet auf Untersuchungshaft keine Anwendung. KG. in JurW. 1935 S. 2076. So jetzt auch (für die Strafberechnung) § 25 Abs. 2 der StrafvollstreckungSO. (D 3). 75a Grundlose Einleg. von Rechtsmitteln kann die Ablehnung der An­ rechnung rechtfertigen. RG. JurW. 1938 S. 29. 75 aa) Nach der Verkündung des Urteils kann durch eine Nachtragsent­ scheidung die Untersuchunghaft nicht mehr angerechnet werden. E. 71 S. 141. 75 b) Auch auf eine Geldstrafe und auf den Wertersatz nach § 401 RAbgO. E. 68 S. 37. Eine Ersatzfreiheitsstrafe kann durch eine kürzere Untersuchungs­ haft nicht für völlig verbüßt erklärt werden. E. 54 S. 24. Ist die erkannte Geldstrafe durch die UH. für verbüßt erklärt, so muß gleichwohl eine Ersatzstrafe ausgesprochen werden, die ebenfalls durch die Anrechnung der UHaft getilgt wird. (RG. DJ. 1937 S. 819 unter Aufgabe der früheren Rechtspr. E. 68 S. 1). Sind mehrere Personen als Gesamtschuldner zu Wertersatz verurteilt worden, so wirkt die Anrechnung auf die UH. bei einem von ihnen nicht zugunsten der übrigen. E. 68 S. 37. 76) Wenn mehrere strafb. Handlungen vorliegen, so setzt eine Anrechnung der Untersuchungshaft stets voraus, daß dieselben Gegenstand derselben Unter­ suchung gewesen sind; dagegen ist für die Zülässigkeit der Anrechnung ohne Be­ deutung, ob «bte UHaft wegen einer ober aller verhängt war und ob die Strafe gerade wegen der Tot verhängt wird, die nach dem Inhalt des Haftbefehls zur Anordnung der UHaft geführt hat. E. 71 S. 140. Die Anrechnung ist unzu­ lässig, wenn die Haft bereits beendet war, bevor die jetzt zur Aburteilung stehende Tat begangen war. E. 71 S. 143. Laufen dagegen mehrere selb­ ständige Untersuchungsverfahren, so kann das Gericht jeweils nur die UH. an­ rechnen, die der A. in dem Berf., in dem daS Urteil ergeht, erlitten hat, und zwar auch dann, wenn gern. § 79 eine Gesamtstrafe gebildet wird. Die Notterung von Überhaft in anderer Sache bewirkt nicht, daß der Besch, auch in dem anderen Berf. UH. erleidet. RG. DJust. 1939 S. 661 (unter Ausgabe von

Gründe, welche die Strafe auSschließen oder mildern § 61.

§ 61.

65

Eine Handlung, deren Verfolgung nur auf Antrag,7) ein­

tritt ist nicht zu verfolgen, wenn der zum Anträge Berechtigte") eS JurW. 1939 S. 31 Nr. 5). Im Falle einer Gesamtstrafe ist auf diese die Untersuchungshaft, nicht auf die Einzelstrafen, anzurechnen. E. 66 S. 351. — Die Ablehnung des Antrages auf Anrechnung der Untersuchungshaft braucht in den Urteilsgründen nicht erwähnt zu werden. E. 35 S. 235. 77) Der Antrag ist Verfahrensvoraussetzung; sein Vorhandensein ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Er kann noch in der Reviflonsinstanz gestellt werden, E. 68 S. 124 (unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung, daß er spätestens im Berufungsverfahren gestellt werden müsse). In dem Anträge braucht die Tat nur im allgem. bezeichnet zu werden, eine Bezeichnung der Person deS Täters ist nicht notwendig. R. 9 S. 95. S. auch E. 5 S. 97 u. 7 S. 35. Maßgebend ist, welche Handlung oder Handlungen der Antragsteller erkennbar straftechtlich verfolgt wissen will. E. 65 S. 354 (358). Auch ein Antrag, der nicht die Bestrafung, sondern nur Unterbringung des vom Antragsteller für zurechnungsunfähig gehaltenen Täters in einer Heil- und Pflegeanstalt (§ 42 b Abs. 1) bezweckt, ist ein wirksamer Straf­ antrag. E. 71 S. 321. An Bedingungen aber darf der Antrag nicht ge­ knüpft werden. R.8 S. 291. E.6 S. 152. In der Erklärung deS Verletzten, sich dem Verfahren als Nebenkläger anschließen zu wollen, liegt ein wirksamer An­ trag. GA. 37 S. 427; aber nicht in dem Gesuch um Bewilligung deS Armenrechts zwecks Erhebung der Privatklage. KG. Recht 33 Nr. 1350. Strafanzeige wegen Verfolgung eines Offizialdelikts ist kein Strafantrag im Sinne dieses § und ist also gegen Angehörige nicht wirksam. E. 25 S. 176. In einer Anzeige kann ein Antrag jedenfalls nur dann erblickt werden, wenn sich der Anzeigende bewußt war, daß es sich um ein AntragSdeiikt handelt. Dresden LZ. 22 S. 1644. In dem an den Vorgesetzten gerichteten Ersuchen um Stellung des Antrags liegt kein eigener Antrag. JurW. 57 S. 806; wohl aber in der Bitte an den Borges., die Angelegenheit der StA. zu übergeben. E. 67 S. 125. Der gegen eine Firma gestellte Antrag genügt zur strafrechtlichen Verfolgung deS Inhabers. GA. 42 S. 38. DIZ. 12 S. 1148. Ob in der Erklärung: „zur weiteren Ver­ anlassung" ein wirksamer Strafantrag liegt, ist nach den besonderen Umständen des Falles zu entscheiden. JurW. 24 S. 563. Der Strafantrag begründet die Verfolgbarkeit des Antragdelikts mit Einschluß aller nachfolgenden Gnzelhandlungen, wenn nur die fortgesetzte Handlung schon vor dem Strafantrag be­ gonnen hatte. E. 38 S. 40. Das Strafantragsrecht ist — wenn überhaupt; s. dazu OLG. Hamburg in D. Strasr. 1935 S. 158 (verneinend) — nur verzichtbar durch Erklärung gegenüber einer Stelle, die im staatl. Behördenaufvau sich mit dem Straffall zu befassen hat; ein waffenstudentisches Ehrengericht gehört nicht dazu. RG. DJust. 1938 S. 1727. Wegen der Form und der Anbringung deS Antrags vgl. § 158 Abs. 2 StPO. Eine fortgesetzte Handlung, deren Einzelakte zum Teil von Amtswegen, zum Teil nur auf Antrag verfolgbare vergehen darftellen, ist in vollem Umfang von Amtswegen zu verfolgen. RG. JurW. 1937 S. 2698. 78) Berechtigt ist der durch die Straftat verletzte. E. 68 S. 305. Er verliert das einmal durch die Verletzung in seiner Person entstandene Antrags­ recht nicht dadurch, daß er aufhört, Inhaber der Rechte zu sein, die durch die Straftat verletzt worden sind. E. 71 S. 137. Bei der Stellung deS Straf­ antrags ist Stellvertretung nicht nur in der Erklärung, sondern — wenigstens bei vermögensrechtlichen Verletzungen — auch im Willen zulässig. Der Auftrag kann mündlich und stillschweigend erteilt sein; eS genügt, daß

Dalcke, Strafrecht. 31. Aufl.

5

66

A 2. Strafgesetzbuch § 61.

unterläßt, den Antrag binnen drei Monaten" *) zu stellen. Diese Frist" b)

beginnt mit dem Tage,") seit welchem der zum Anträge Berechtigte er zur Zeit der Antragstellung vorliegt. E. 68 S. 263. Der Nachweis für die Bevollmächtigung kann nachträglich dem Gericht erbracht werden. E. 60 S. 281, E. 61 S. 357, E. 68 S 265. A. M. KG. DIZ. 31 S. 177 u. KG. JurW. 56 S. 925. KG. Recht 32 Nr. 2409. Ein Antrag kann auch durch einen vom Berechtigten hierzu ermächtigten Dritten wirksam gestellt werden, ohne daß dessen Wille, für den Berechtigten zu handeln, aus dem Antrag hervorgeht. E. 61 S. 45; und ohne daß angegeben wird, für welchen von mehreren Vertretenen der Antrag gestellt ist. JurW 60 S. 1561; so wenn die Inanspruchnahme der StrasverfolgungSbehörde in den Rahmen der Geschäftsbesorgung fällt. HRR. 1930 Nr. 566. Ein Generalbevollmächtigter ist bei Verletzung materieller NechlSgüter zur Stellung berechtigt, E. 1 S. 387 u.2S. 145 — die aus der Vollmacht des Geschäftsherrn sich ergebende Vermutung für die Antragsberechtigung kann aber widerlegt werden. GA. 52 S. 82 — auch unter Umständen der Pfleger eines Nachlasses. E. 8S. 112, sowie der Pfleger deS Verletzten. GA. 37 S. 438; auch der Gesellschafter einer in Liquidation befindlichen offenen HG. E. 41 S. 377; deSgl. ein Prokurist. E. 15 S. 144; aber nur, wenn eine bes. Bevollmächtig, vorltegt. Dresden JurW. 61 S. 2639; ein Anwalt, der Generalvollmacht zur Verfolgung aller Ansprüche eines Gl hat, bei Bollstreckungsvereitelung. Recht 33 Nr. 2503. Der Borstand einer städt. Sparkasie (neben dem Bürgermeister der Stadt) bei Bollstreckungsvereitelung, wenn der vereitelte Anspruch im Be­ triebe der Sparkaffe entstanden ist. E. 68 S. 305. Antragsberechtigt sind die zur Vertretung deS rechtsfähigen Vereins nach außen ermächtigten Vorstands­ mitglieder. E. 42 S. 216. Bei kumulativer Antragsberechtigung mehrerer Miteigentümer oder mehrerer zum Gebrauch einer Sache Besugter hat jeder daS Ant.agSrecht. KG. JurR. 1 Nr. 1595. Bet Sachbeschädigung einer in ein Grundstück eingesügten Sache ist vor der Abnahme auch der Hersteller antragSberechtigt. E. 63 S. 76. DaS Antragsrecht eines Beleidigten, der als Mitglied einer Personeneinheit gekennzeichnet ist, besteht, auch wenn der Täter keine Vorstellung von den beleidigten Einzelpersonen gehabt hat. E. 23 S. 247. 78 n) Ein schriftlicher Antrag, der am letzten Tage der Frist nach Schluß der üblichen Dienststunden in den Briefkasten der zuständigen Dienststelle gelegt wird, iji nicht rechtzeitig gestellt. Celle v. 15. Novbr. 26, JurR. 3 Nr. 653. Nachbringung des Strafantrages im Berufungsverfahren innerhalb dieser Frist ist zulässig. TRZ. 18 Nr. 69. Der Antrag ist auch dann „schriftlich" bei der StA. (6 158 StPO.) gestellt, wenn von der bei der vorgesetzten Behörde des Verletzten eingereichten Urschrift mit deffen Willen eine Abschrift gefertigt und diese rechtzeitig an die StA. weitergeleitet wird, E. 71 S. 358. 78 b) Die Antragsfrist läuft nicht, wenn der Berechtigte körperlich oder rechtlich (geisteskrank) behindert war, den Antrag zu stellen. E. 71 S. 39. Der Beginn des Fristlaufs wird nicht dadurch gehindert, daß im Falle der Beleidigung dem Verletzten, der Mitglied der NSDAP, ist, die Genehmigung der zuständigen Parleid-enstsielle zur Stellung des Strafantrags erst nach Ablauf der Dreimonats­ frist erte lt wird. E. 71 S. 39; A. M. Hagemann, DJust. 1938 S. 2033. 79) Der Tag, an welchem der Antragsberechtigte von der Handlung und der Person deS Täters Kenntnis erhalten, ist in die Frist einzurechnen, so daß die letztere mit dem Ablauf deS letzten zu der Frist gehörigen TageS endet. E. 1 S. 40. Erreicht der Verletzte während der seinem Vertreter laufenden Frist daS 18. Lebensjahr, so beginnt für ihn eine neue dreimonatliche Frist. E. 69 S. 378, ) einer im Staate bestehenden Religions­ gesellschafts) auSzuüben, ingleichen wer in einer Kirche oder in einem anderen zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte7*)*8 *9 durch 5 6 Er­ regung von Lärm b) oder Unordnung b) den Gottesdienst oder einzelne gottesdienstliche Verrichtungen10)11 einer im Staate bestehenden Religions­ gesellschaft vorsätzlich verhindert") oder stört,12)13wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft.") feindlichen Kampfrufen auf einem Kirchhof. HRR. 1932 Nr. 576. In der Verspottung kirchlicher Einrichtungen kann aber, wenn es an einer besonders rohen Form fehlt, grober Unfug gesunden werden. Recht 26 Nr. 910. 5) Gottesdienst besteht in der Bereinigung der Mitglieder einer Kirche oder Religionsgesellschaft zur religiösen Erbauung durch Verehrung und Anbetung Gottes in dem dazu bestimmten Raume und in Gemäßheit der Vorschriften und Gebräuche der kirchlichen Gemeinschaft. Ob dies im Einzelfalle zutrifft, ist Tatftage. R. 7 S. 363. So kann die Frage, ob die Verlesung der Thora vor einer jüdischen Gemeinde zum Gottesdienst zu rechnen sei, nur für die bestimmte Ge­ meinde und tatsächlich entschieden werden. R.8 S. 18. — Der Gemeindegesang ist Gottesdienst. GA. 62 S. 328.

6) Korporationsrechte braucht sie — im Gegensatz zu § 166 — nicht zu haben. Es gehören hierher z. B. auch die Heilsarmee. E. 39 S. 388, die „Gemeinde der evangelischen Gemeinschaft". E. 34 S. 264. 7) Der Umstand, daß ein Unfug an einem zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte verübt ist, macht ihn noch nicht ohne weiteres zu einem be­ schimpfenden Unfug. E. 31 S. 410.

AlS zu religiösen Versammlungen bestimmt kann ein Ort nicht schon des­ halb angesehen werden, wenn er zu solchen Versammlungen tatsächlich, wenn auch wiederholt, benutzt wird. E. 29 S. 334. Auch ein Kirchhof gehört hierher. E. 27 S. 296. Siehe auch GA. 58 S. 465. Od an dem Orte gerade eine religiöse Versammlung stattfindet, ist unerheblich. E. 32 S. 212. Es gehört hierher überhaupt jede Räumlichkeit, welche nach Art u. Zweck ihrer Benutzung tatsächlich der tetr. Gesellschaft zu relig. Versammlungen dient. GA.39S.210. 8) Der Lärm braucht nicht notwendig in der Kirche oder unmittelbar an dem Orte selbst verübt zu werden. R. 3 S. 70 u. E. 5 S. 258. Er muß aber die unmittelbare Folge der Handlungsweise des Täters sein. Recht 10 S. 66.

9) Erregung von Unordnung liegt vor, wenn nach der gegebenen Sachlage in bezug auf den Gottesdienst die äußere Ordnung beeinträchtigt ist; sie ist nicht vorhanden, wenn nur eine innere rein psychische Wirkung hervorgerufen ist. E. 37 S. 147. 10) Zu den gottesdienstlichen Verrichtungen, die der Andacht u. Erbauung dienen, ist gerechnet: in der kathol. Kirche die Einführung eines Kirchenvorstehers, E. 23 S. 199, in der evang. Kirche die Bestattungszeremonie aus dem Kirchhofe, E. 27 S. 296 u. E. 34 S. 265. Verneint das Borlesen der Thora. R. 7 S. 363. 11) Auch eine vorübergehende Hinderung genügt. R. 9 S. 169. 12) ES genügt auch die Störung Einzelner, nicht einer einzelnen Person. E. 17 S. 316. Der Erfolg der Störung muß in der Kirche eingetreten sein. E. 37 S. 150. 13) Durch eine Berechttgung zu der störenden Handlung wird die Straf­ barkeit ausgeschlossen, E. 16 S. 15, ebenso durch Notwehr. E. 21 S. 168.

§ |68

Verbrechen u. Vergehen in Beziehg. a. d. Personenstand § 169.

§ 168.

151

Wer unbefugt eine Leiche u) auS dem Gewahrsam der dazu

schaff,

berechtigten Personlö) wegnimmt, iugletchen wer unbefugt ein Grab16) zerstört oder beschädigt,16.11; der Beamte, der daS ihm lediglich zur Heizung seiner Dienstwohnung mit dem verbot des Verkaufs übergebene Deputatholz verkauft, E. 1 6.75; ein

Unterschlagung 8 246.

243

oder Gewahrsam") hat, sich"») rechtswidrig zueignet,") wird wegen Bankbeamter, der eigenmächtig Wertpapiere der Bank durch einen gutgläubigen Beamten seinem Konto gutschreiben läßt. JurR. 1 Nr. 1933; der öffentlich bestellte Versteigerer, der das von den Ansteigrrern bezahlte Geld für sich ver­ wendet. E. 57 S. 247; der Verkaufskommissionär am Erlöse auS den für den Kommittenten verkauften Gegenständen. JurW. 59 S. 2708. Der Empfänger einer Zahlung, wenn der Zahlende sich über den Wert der in Zahlung ge­ gebenen Stücke geirrt hatte, indem er z. B. statt eines Hundert- einen Tausend­ markschein gegeben. R. 8 S. 43 u. GA. 45 S. 266; der mit der Einlösung eines sog. Kassenschecks Beauftragte, wenn er das erhaltene Geld für sich ver­ wendet. E. 54 S. 185. DRZ. 16 S. 322; der Kellner, der für seinen Dienst­ herrn eingenommenes Geld sich aneignet, GA. 50 S. 288. Köln DRZ. 19 Nr. 874. (Nach E. 34 S. 39 auch der Kellner, der das Bier auf eigene Rechnung verkauft. A. M. Frank Anm. II 2c u. LK. Anm. 13 a. E. zu § 266.) Hat jemand versehentlich zuviel Geld auSbezahlt erhallen, so kann die Weigerung, daS noch besessene Geld zurückzugeben, den Tatbestand der Unterschlagung begründen. Recht 27 Nr. 1391. Für die Frage, ob übergebene- Geld für den Täter eine fremde Sache war, ist entscheidend, ob eS mit dem Willen, das Eigen­ tum daran auf ihn zu übertragen, gezahlt und seinerseits mit dem Willen, eS für sich zu erwerben in Empfang genommen ist. DaS Eigentum an mittels Post­ anweisung übersandtem Geld erlangt der, an den es die Post nach dem ihr er­ kennbaren Willen deS Absenders auszahlen sollte. E. 26 S. 398. Deshalb kann der von einem anderen zur Empfangnahme von Geldern Ermächtigte an dem Gelde, daS ihm eine Bank für den Vollmachtgeber durch die Poft zusendet, nicht Unterschlagung (wohl aber Untreue) begehen. E. 63 S. 406. Ane Unter­ schlagung kann auch begehen ein Stellvertreter, der für einen anderen eine Sache okkupiert. E. 39 S. 179. An einer gestohlenen Sache kann gegenüber dem Dieb Unterschlagung verübt werden. E. 70 S. 8. Dagegen keine Unterschlagung an herrenlosen Sachen; eine von einem Diebe versteckte Sache ist keine herrenlose. Recht 15 Nr. 1452. Die Besitznahme eines Schatzes durch den Entdecker (§ 984 BGB.) stellt sich hinsichtlich der ganzen Sache als Unterschlagung dar. LK. Anm. 4 ». A. M. Olsha usen Anm. 8. § 246 trifft jede rechtswidrige Zuneigung ftemder Sachen außer der im Wege ftemden Gewahrsamsbruchs verübten. Recht 30 Nr. 333; LK. Anm. 3. E. 49 S. 198. DRZ. 19 Nr. 238. Recht 31 Nr. 752. Betr. Aneignung von Bernstein siehe Ges. v. 11. Febr. 24 (GS. S. 106) und den noch gültigen § 2 Art. IV des Ges. v. 22. Febr. 1867 (GS. S. 272), der die Nichtablieferung von gefundenem Bernstein unter Strafe stellt. KG. JFG. Erg. 10 S. 420 und betr. Gewinnung und Aneignung von Mineralien Ges. v. 26. März 56, (GS. S. 203). An von Natur -ahmen oder gezähmten Tieren, die ihren Herren entImtfen sind, kann eine Unterschlagung verübt werden. Betr. der Tauben siehe Anm. 51 Abs. 4 zu 8 242 sowie 88 zu § 303. Sonderbestimmungen bestehen für die Nichtablieferung von Ver­ sicherungsbeiträgen (f. die unter BV12, 4 u. 5 abgedr. Vorschriften).

80 a) Zu den Sachen gehören auch Urkunden über Forderungen, R. 3 S. 35; Wechsel, E. 5 S. 4, und Schuldscheine. R. 7 S. 420; auch vertretbare Sachen, wenn sie als Sondersachen zurückzugeben sind. OlShausen Anm. 14. Über Aneignung von Sparkassenbüchern siehe Anm. 50 zu § 242. 81) Zum Tatbestände der Unterschl. gehört, daß der Täter die Sache im Zeitpunkt der Zueignung in Besitz oder Gewahrsam hat. Der Umstand,

16*

244

A 2. Strasge setzbuch § 246.

Unterschlagung mit Gefängnis bis zu drei Jahren und, wenn die daß der Täter die ZueignungSabsicht schon vor der Erlangung des Besitzes oder Gewahrsams hatte, steht der Anwendung deS 8 246 nicht entgegen. RG. DJust. 1938 S. 1880. Übergabe des Konnossements gewährt für sich allein noch nicht Gewahrsam im strafrechtlichen Sinne. GA. 61 S. 126. Der Vorgesetzte eineKaffenführerS erlangt nicht dadurch Gewahrsam an den Kassengeldern, daß er infolge der Willfährigkeit deS KaffenführerS mit den Geldern nach seinem Belieben schalten kann. HRR. 1929 Nr. 2149. Auch der mittelbare Besitzer (8 868 BGB.) kann Besitzer i. S. deS § 246 sein. RG. JurW. 1937 S. 1334.

81a) Nicht eignet sich der Täter zu, wenn er namens und in Vertretung eines Dritten und zu dessen Nutzen verfügt, z. B. Geschäftsführer einer GmbH. E. 67 S. 266 und E. 68 S. 304 (hier greift aber § 2 ein; vgl. Anm. 52 azu 8 242), wohl aber wenn er, obschon nicht in eignem Namen handelnd, ausschließlich zum eigenem Nutzen verfügt (z. B. Geschäftsführer einer GmbH., der deren Geschäfte in seinem alleinigen Jntereffe führt. E. 67 S. 266), oder wenn er durch die Tat zugleich seine Interessen wahrt. RG. DJust. 1936 S. 1126. 82) Die rechtswidrige Zueignung besteht in einer widerrechtlichen Verfügung über die Sache, z.B.in der Ausnutzung deS Sachwerts einer Urkunde (Schecks). DStZ. 3 S. 180; in der Ausnutzung deS wirtschaftlichen Werts. E. 67 S. 266. HRR. 1931 Nr. 1407. ES genügt das bloße Verkaufsangebot. JurR. 1 Nr. 540; der Berkaufaustrag. E. 58 S. 230. Pflichtwidrige Eigenmächtigkeit deckt sich aber noch nicht mit der Zueignung. E. 61 S. 228 (234). E. 67 S. 334. Verpfändung ist nur dann keine Zueignung, wenn der Täter in der Lage ist, aus sofort bereiten Mitteln die Sache jederzeit wieder ein­ zulösen und auch gewillt ist, das zu tun, sobald der Eigentümer die Sachen be­ nötigt. RG. JurW. 1937 S. 2391. Unter diesen Umständen auch keine Zu­ eignung deS Erlöses, wenn die Geldstücke in das Eigentum deS Verpfänders übergehen. RG. in HRR 1934 Nr. 1328. Unerheblich ist eS, ob die Ver­ pfändung auf den Namen deS Eigentümers erfolgt. GA. 47 S. 244; oder ob sie zivilrechllich unwirksam ist. Hamburg JurW. 60 S. 2179. In dem Verkauf eine- Pfandscheins liegt noch keine Verfügung über die Sache selbst. E. 31S. 437. Die Zueignung kann ferner gefunden werden in der Vermischung fremden Geldes mit dem eigenen, wenn sich mit der Handlung die Absicht verbindet, über die fremden Gelder wie über eigene zu verfügen und der Täter das Bewußtsein hat, daß er damit in die Rechtssphäre deS Agentümers eingreist. E. 71 S. 96. Ist eine Trennung der vermischten Geldstücke nicht möglich, so entsteht nach §§ 947 Abs. 1,948 BGB. Miteigentum, und eS kann sich der Inhaber deS Mischbestandes der Unterschlagung schuldig machen, wie jeder Miteigentümer, der über die ge­ meinsame Sache mit Ausschluß der übrigen Miteigentümer verfügt oder der seinen Anteil bewußt überschreitet. RG. HRR. 1937 Nr. 533; doch muß sich der Täter deSMiteigentumS bewußt sein. BayObLG. GA. 72 S. 364. So der RA., der nicht über greifbare Mittel verfügt, aus denen er jederzeit den Betrag zahlen kann. HRR. 1929 Nr. 1413. Die Zueignung kann darin gefunden werden, daß ein Straßenbahn­ schaffner, der einem Fahrgast einen bereits abgefahrenen Fahrschein verabfolgt, da- empfangene Fahrgeld in die amttiche Geldtasche legt in der Absicht, später einen entsprechenden Betrag zurückzubehalten. RG. in Deutsche Justiz 1935 S. 1768; daß der Inhaber einer fremden Sache einem Dritten die Wegnahme gestattet. R. 4 S. 129; oder baß er die gebotene Meldung und Ablieferung einer Sache unterläßt, z. B. ein beamteter Geldzähler, der einen überzähligen Geldschein beiseite legt. E. 63 S. 376. Eine rechtswidrige Zueignung kann

Unterschlagung § 246.

245

Sache ihm auvertraut ist,") mit Gefängnis bi- zu fünf Jahren be­

straft."-) "*>) In der Diskontierung eines Wechsel- liegen, wenn diese ausdrücklich unter­ sagt war. R. 1 S. 808; ferner darin, daß der Täter die fremde Sache als eigene BermögenSleistung, sei eS als Schenkung oder zur Erfüllung einer Ver­ pflichtung, einem Dritten gibt. RG. JurW. 1936 S. 659. Der ZueignungSakt kann auch in einer bloßen entsprechenden Erklärung gefunden werden. R. 9 S. 291; B. „die ftemde Sache sei Eigentum deS TäterS". JurW. 60 S. 1037; auch in dem Abschluß eines Kaufvertrages. E. 17 S. 59; oder eines Sicherungsübereignungsvertrages, auch wenn dieser nicht zur Eigentumsüber­ tragung geführt hat. HRR. 1931 Nr. 902. In der Vernichtung einer Urkunde zum Zwecke der Beseitigung eines Beweismittels liegt kein ZueigmmgSakt. GA. 42 S. 29. Die Verfügung über die durch Unterschlagung erlangte Sache ist straflose Nachtat. E. 62 S. 61. In dem verschweigen deS Besitze- liegt noch keine Aneignung, wohl aber in deffen Ableugnung. E. 72 S. 382. Auch die bloße Nichtablieftrung eingezogenen fremden Geldes ist noch kein positiver ZueignungSakt. ES müsien Umstände hinzutreten, aus denen die Absicht, über daS Geld gleich dem be­ rechtigten Eigentümer zu verfügen, in äußerlich erkennbarer Weife hervortrttt. Recht 6 S. 244 u. S. 619. Die- ist der Fall, wenn ein Schenkung-Versprechen vorliegt. DIZ. 9 S. 220, GA. 51 S. 54. Der Vorsatz besteht in der Absicht der Zuführung der Sache in da- eigene vermögen unter Ausschluß de- Eigentümers von der Verfügungsgewalt mit dem Bewußtsein, daß die Sache eine fremde und die Zueignung eine rechtswidrige ist. E. 3 S. 184. Bedingter Vorsatz der Entziehung genügt nicht, DIZ. 1934 S. 342. Der dolus kann ausgeschlossen sein, wenn sich der Täter irrtümlich zur Auftechnung für berechtigt hielt. DIZ. 12S. 540. Der dolus ist ausgeschlossen, wenn sich der Täter bewußt war, der Eigentümer werde mit der Aneignung seiner Sache einverstanden sein. E. 21 S. 364. Desgl. bei recht-irrtümlicher Annahme eines Rechts auf Zueignung. E. 1 S. 290. E. 2 S. 48. Zum Be­ wußtsein der Rechtswidrigkeit gehört nicht die Vorstellung, gegen ein im Inter­ esse der Gesamtheit erlassene- Verbot zu verstoßen. E 61 S. 207. A. M. LK. Anm. 7. Die bloße Absicht des Ersatzes schließt die Strafbarkeit nicht aus, es sei denn, daß die Möglichkeit sofortiger Ersatzleistung besteht. E. 5 S. 304 u. E. 14 S. 242. LZ. 22 S. 494. Dazu ist erforderlich die hinderni-freie Ersatz­ bereitschaft. Recht 30 Nr. 2585. Für die Annahme von Mittäterschaft ist erforderlich, daß die unterschlagene Sache sich im gemeinsamen Besitz der Mittäter befand. DRZ. 25 Nr. 191. A. M. BayObLG. DRZ. 22 Nr. 211. 83) A n v e r t r a u t sind solche Sachen, deren Besitz oder Gewahrsam jemand kraft eines Rechtsgeschäfts mit der Verpflichtung erlangt hat, sie zurückzugeben oder einem Dritten abzuliefern. E. 4 S. 386. Anvertraut sind Gelder, welche ein zum verkauf Bevollmächtigter als Kaufpreis erhebt, und ebenso daS Mündel­ vermögen, das der Vormund zur Verwaltung erhallen hat E. 9 S. 337. Nicht anvertraut ist eine Sache, welche der Dieb in der Absicht späterer Ver­ äußerung einem andern zur Aufbewahrung übergeben hat. E. 40 S. 222. „Anverlrautsein" bildet ein persönliches Verhältnis i. S. deS 8 50 und kann dem Teilnehmer, bei dem der Umstand nicht vorliegt, nicht — auch nicht in Anwendung deS § 2 StGB. — zugerechnet werden. E. 72 S. 326. 83b) Tateinheit zwischen § 246 und § 266 ist möglich. E. 69 S. 63. 83 b) vgl. dazu § 34 (Depotunterschlagung) des Ges. über Verwahrung ii. Anschaffung von Wertpapieren v. 4. 2. 1937, abgedr. unter B V 4.

246

A 2. Strafgesetzbuch §§ 247 u. 248.

Sind mildernde Umstande vorhanden, so kann auf Geldstrafe er­ kannt werden.

Der Versuch ist strafbar. § 247

Wer einen Diebstahl"«) oder eine Unterschlagung gegen

Angehörige,") Vormünder oder Erzieher") begeht, oder wer einer Person, zu der er im LehrltngSverhältnifle steht,") oder in deren häuslicher Gemeinschaft

er als Gesinde87 * 84 )8885 sich 8986 90befindet,") 91 Sachen

von unbedeutmdem Werte") stiehlt

Antrag zu verfolgen.

oder unterschlägt, ist nur aus

Die Zurücknahme deS Antrages ist zulässig.

Ein Diebstahl oder eine Unterschlagung, welche von Verwandten aufsteigender Linie gegen Verwandte absteigender Linie oder von einem Ehegatten gegen den anderen begangen worden ist, bleibt straflos.")

Diese Bestimmungen finden auf Teilnehmer welche nicht in einem der vorbezeichneten

oder

Begünstiger,

persönlichen Verhältnisse

stehen, keine Anwendung *')

§ 248.

Neben der wegen Diebstahls oder Unterschlagung er­

kannten Gefängnisstrafe kann aus Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, 83 c) auch Rückfalldiebstahl.

Siehe E. 43 S. 363.

84) Nur wenn der Angehörige (§ 52 Abs. 2) allein verletzt ist, bedarf eS eines Strafantrags; nicht, wenn noch andere Personen verletzt sind, wie z.B. der GewahrsamSinhaber. Recht 18 Nr. 712. E. 26 S. 43. Stiehlt ein Angehöriger deS DiebeS diesem die gestohlene Sache, so bedarf eS zur Verfolgung des ersteren keines Antrags» Recht? S. 434. Der Angehörige braucht im Anttag nicht aus­ drücklich bezeichnet zu werden. Recht 25 Nr. 2684. Der Irrtum, daß die ge­ stohlene Sache Eigentum eines Angehörigen sei, schützt nicht vor Sttafe. Recht 18 Nr. 2939. 85) Der Begriff deS Erziehers ist der gleiche wie in § 174 Abs. 1 Nr. 1 (vgl. dort Anm. 39). E. 46 S. 344. 86) Unter den Lehrlingen sind auch Handlungslehrlinge zu verstehen. E. 22 S. 243, auch wenn sie zugleich Stadtreisende sind. Recht 10 S. 66. Siehe auch §§ 126 ff. GewO. DaS Alter des Lehrlings ist ohne Belang. GA. 48 S. 354 87) Unter Gesinde sind nur die eigentlichen Dienstboten zu verstehen, nicht Gewerbegehilfen ic. R.7 S. 588, E. 13 S. 14, z. B. nicht eine HauSnäherin. GA. 56 S. 89, auf einem Landgut gehört der Hirt dazu. GA. 53 S. 285. 88) Nur wenn der Diebstahl gegen den Tienstherrn oder deffen Angehörige (Eheftau) selbst verübt ist, bedarf es eines Strafantrags, nicht wenn eine in der häuslichen Gemeinschaft deS letzteren befindliche Person bestohlen ist. E. 40 S. 1 u. ebenda S. 187. A. M. Frank Anm. II 2. Vgl. dazu Sch orn, JurRdsch. 1934 S. 112. 89) ES kommt nicht einseitig auf die Vermögenslage des Lehrherrn oder des Lehrlings an. E. 22 S. 243. Ist die Straftat gegen Angehörige, Vormünder oder Erzieher begangen, so ist sie AnttagSdelitt ohne Rücksicht auf den Wen. 90) Der § 247 ist nicht auf andere Vergehen auszudehnen; der Vater, welcher alS Vormund seiner Kinder deren ihm anverttauteS Vermögen durch­ bringt, ist trotz der Bestimmung des § 247 doch wegen Untreue aus § 266 zu bestrafen. R. 9 S. 635 (s. dazu Anm. 54 a Abs. 2 zu § 266). 91) Auch nicht auf Hehler. E. 4 S. 83.

§ 248 a.

Raub und Erpressung § 249.

247

und neben der wegen Diebstahls erkannten Zuchthausstrafe auf Zu­

lässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. § 248n.**)

Wer aus Not**») geringwertige99'») Gegenstände

eil

entwendet**«) oder unterschlägt, wird mit Geldstrafe oder mit GefSuguiS bis zu drei Monaten bestraft.

Die Verfolgung tritt nur aus Antrag ein.

Die Zurücknahme

deS Antrags ist zulässig. Wer die Tat gegen einen Verwandten absteigender Linie oder

gegen seinen Ehegatten begeht, bleibt straflos. 20. Abschnitt. Raub und Erpressung.*) § 249.

Wer mit Gewalt**) gegen eine Person oder unter Au-

Wendung von Drohungen mtt gegenwärtiger Gefahr für Leib oder 92) DaS Verhältnis dieses Delikts zum gemeinen Diebstahl ist kein anderes, als nach feststehender Praxis für den § 370 Nr. 5 angenommen wird. RG. JurW. 1938 6. 2892. Auch Fortsetzungszusammenhang wird in der Regel bei Notdieb­ stahl nicht angenommen werden können. KG. v. 26. Febr. 27, DIZ. 32 S. 752. 92 a) Not liegt nicht schon dann vor, wenn der Täter keine Mittel zur Fristung seines Lebens mehr in Händen hat, sondern erst, wenn er sie sich auch nicht in redlicher Weise, insbesondere nicht durch eigene Arbeit verschaffen kann. E. 69 S. 313. Auch selbstverschuldete Not genügt. E. 69 S. 313. Es muß sich um eine wirtschaftliche Not, nicht um eine sog. Ehrennot handeln. Recht 20 Nr. 1045, GA. 63 S. 117. Unter dem Antrieb der Not handelt der, der durch die Tat der Not steuern will. GA. 60 S. 417; aber auch derjenige, der ohne tatsächlich in wittschastlicher Bedrängnis zu sein, durch die Vorstellung, er sei in Not, zu seinem Handeln bestimmt wird. Recht 19 Nr. 264, GA. 62 S. 324. Daß der Täter nur aus Not gehandelt hat, ist nicht erforderl. JurW. 61S. 1749. Not der eigenen Kinder genügt. LZ. 16 S. 355. Derjenige befindet sich nicht in Not, der weiß, daß er nur die Hand auSzustrecken braucht, um ein Unterhalts­ mittel zu erlangen. GA. 61 S. 117, ebensowenig der, der seine Notlage nicht empfunden hat. Recht 18 Nr. 145. 92 b) Vgl. Anm. 47« zu § 264 *. Maßgebend für die Beurteilung der Frage, ob entwendete Bettäge geringwerttg sind, ist die Größe der Not und Umfang desjenigen Bedürfnisses, dessen Befriedigung im Hinblick auf die Er­ haltung des Täters und seiner gämilie geboten ist. GA.61S. 114. Recht 17 Nr. 1235. Nicht notwendig ist eS, daß der Gegenstand geeignet ist, unmittelbar der Not abzuhelfen. E. 46 S. 265. Auch ist eS unerheblich, wenn bei der Teilung auf den einzelnen Teilnehmer nur ein geringer Wett entfällt. Recht 18 Nr. 144. Keine Geringwertigkeit, wenn der Wert des Gegenstandes über den Mindestsatz der dem Täter für eine Woche zustehenden Erwerbslosenunterstützung hinaus­ geht. RG. JurW. 1937 S. 2510. 92 c) Der Versuch ist straflos, doch muß der Vorsatz von vornherein auf Entwendung eines gettngwettigen Gegenstandes gettchtet gewesen sein. E. 46 S. 265. Karlsruhe JurW. 62 S. 2847. Siehe Anm. 60 Abs. 2 zu 8 370 Nr. 5 sowie Recht 33 Nr. 153. *) Vgl. dazu das Ges. gegen Straßenraub mittels Autofallen v. 22. Juni 1938, abgedr. unter B IX 9. 93) Die Drohung und Gewalt müssen das Mittel der Wegnahme gewesen

Schön.

248

A 2. Strafgesetzbuch § 250.

Leben eine fremde bewegliche Sache

einem

anderen

in der Absicht

wegnimmt,M») sich dieselbe rechtswidrig zuzueignen,®,b) wird wegen

Raube- mit Zuchthaus bestraft.

Sind mildernde

Umstände vorhanden,

so tritt Gefängnisstrafe

nicht unter sechs Monaten ein.

Schoss.

§ 250. Auf Zuchthaus nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn

1. der

Räuber oder

einer

der

Teilnehmer am Raube bei Be­

gehung der Tat Waffen bei sich führt;•*) 2. zu dem Raube mehrere Mitwirken, welche sich zur fortgesetzten

Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden haben;®fi) 3. der Raub auf einem öffentlichen Wege, einer Straße,®6) einer Eisenbahn, einem öffentlichen Platze,®®) auf offener See oder

einer Wafferstraße begangen wird; 4. der Raub zur Nachtzeit ®7) in einem bewohnten Gebäude (§ 243 Nr. 7) begangen wird, in welches sich der Täter zur Begehung

eine- Raubes oder Diebstahls eingeschlichen oder sich gewaltsam Eingang verschafft®7») oder in welchem er sich in gleicher Ab­

sicht verborgen®7^ hatte, oder

sein. R. 4 S. 288. Es genügt, baß die Gewaltanwendung der Wegnahme nach­ folgt. JurW. 61 S. 2433. Gewaltanwendung liegt schon dann vor, wenn ein auch nur beabsichttgter oder nur erwarteter Widerstand des Gewahrsamsinhabers oder eine- Drttten, der zum Schutze der Sache verpflichtet ober bereit ist ver­ hindert werden soll. GA. 53 S. 72. E. 67 S. 183 (Gewalt gegen Schlafenden). Gewaltanwendung kann auch in der Einschließung des zu Beraubenden gesunden werden. E. 69 S. 330. Anwendung von Betäubungsmitteln fällt nicht unter den Begriff der Gewalt, eS sei denn, daß die Anwendung gewaltsam geschieht. E. 58 S. 98; der Diebstahl an dem zuvor Betäubten ist aber entsprechend (§ 2) dem 8 249 strafbar. E. 72 S. 349. Ein überraschendes Wegreißen von Sachen mittels teilweiser Zerstörung, bei der kein Widerstand geleistet wird, ist kein Raub. E. 46 S. 403. Zur Mittäterschaft ist erforderlich, daß jeder Mittäter sich selbst die Sache mit zueignen will. Recht 30 Nr. 684. Raub in Mittäter­ schaft an zwei zusammengehenden Personen ist in Tateinheit begangen. RG. DJuft. 1935 S. 1460.

93 a) Siehe Anm. 52 zu § 242. Die Wegnahme ist beendet, wenn die Sache sich zwar noch in Reichweite deS Angegriffenen befindet, er aber nur mit Gewalt den Willen über die Sache zu verfügen, durchsetzen könnte. JurW. 62 S. 962. 93 b) Gebrauchanmaßung genügt auch hier nicht. HRR. 1932 Nr. 580. 94) Siehe Anm. 69 zu § 243 Nr. 5. 95) Siehe «nm. 72 zu § 243 Nr. 6. 96) Siehe Anm. 64 zu § 243 Nr. 4. Hierunter fällt auch ein auf der Sttaße begonnener, aber erst außerhalb derselben auf privatem Grund u. Boden vollendeter Raub. GA. 49 S. 133; auch ein Raub, wenn er in von der Straße aus offenen HauSnischen begangen wird. JurW. 59 S. 3407. 97) Siehe «nm. 73 zu § 243 Nr. 7. 97 a) Wird die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen, so genügt

249

Raub und Erpressung §§ 251 u. 252.

5. der Räuber bereits einmal alS Räuber oder

Räuber im Jnlande bestraft worden ist.

gleich

einem

Die tm § 246 ent­

haltenen Vorschriften finden auch hier Anwendung. Sind mildernde Umstände porhaudeu, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter Einem Jahre ein.

§ 251.

Mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder mtt lebens­

Schw.

länglichem Zuchthaus wird der Räuber bestraft, wenn bei dem Raube

ein Mensch gemartert,") oder durch die

gegen ihn verüble Gewalt

eine schwere Körperverletzung") oder der Tod l0°) desselben verursacht

worden ist. § 252.

Wer, bei einem Diebstahle *) auf frischer Tat betroffen,

gegen eine Person Gewalt*l») verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger

eS, wenn einer der Mittäter den ErschwerungSgrund in seiner Person verwirk­ licht. E. 54 S. 247. 97 b) Verbergen erfordert lediglich, daß der Täter sich dort aushält, wo man ihn nicht erwarten kann, und daß die Örtlichkeit ihn dem Gesehenwerden

entzieht. So kann sich auch ein Hausgenosse in dem von ihm bewohnten Ge­ bäude verbergen. DRZ. 23 Nr. 443. 98) Martern bedeutet eine besonders starke Zufügung von körperlichen Schmerzen au- Bosheit und Lust am Leiden des andern. LZ. 12 S. 52. 99) Dies ist die im § 224 vorgesehene Körperverletzung. Daß der Täter eine solche beabsichttgt hat, ist nicht notwendig, lediglich der Erfolg ist ent­ scheidend ; hat er aber bezügl. der Körperverl. vorsätzlich gehandelt, so ist Tat­ einheit mit S 224 möglich. RG. JurW. 1937 S. 1328. Der Erfolg darf aber nicht lediglich durch seelische Einwirkungen (Schrecken) herbeigeführt sein. Recht 28 Nr. 1598. Keine E^olgShastung bei Exzeß deS Mittäters. HRR.

1932 Nr. 1523. 100) Auch hier genügt Verursachung ohne verschulden; Tateinheit mit § 226 ist möglich, wenn die Körperverl. vorsätzlich verursacht wurde. RG.JurW. 1937 S.1328. Ist der erfolgte Tod beabsichttgt gewesen, so liegt ideale Konkur­ renz auS 88 211 u. 251 vor, wenn die Wegnahme der Sache zu Lebzeiten oder unmittelbar nach dem Tode deS Opfers erfolgt. E. 60 S. 166. Liegt jedoch zwischen der Tötung und der Wegnahme ein zeitlicher Abstand, so ist 8 249 un­ anwendbar, da der Tote keinen Gewahrsam hat, ihm also nichts weggenommen werden kann (Tatmehrheit von 8 211 und 8 246). E. 59 S. 273. § 251 ist an­ wendbar auch bei versuchtem Raube. E. 62 S. 422 und RG. v. 10. Ottbr. 35 — 3D 705/35. 1) Ts handelt sich um einen Sondertatbestand, der den Diebstahl und die Gewalthandlung zu einer einheitlichen neuen Tat -usammenfaßt, nicht um einen bloßen ErschwerungSgrund deS Diebstahls. E. 66 S. 353 (355). RG. DJuft. 1938 S. 1189. § 252 findet auch Anwendung bei sog. privilegiertem Dieb­ stahl (Mundraub, Entwendung von Feldftüchteu). E. 6 S. 325. E. 13 S. 291. E. 66 S. 353. BayObLG. JurW. 61 S. 423. OLG. Düsseldorf HRR. 1937 Nr. 1057. A. M. LK. Anm. 2a.

1 a) Gewalt kann durch Abgabe eine- Schusses auS einer Schreckpistole verübt werden. E. 66 S. 353.

Schoss.

250

A 2. Strafgesetzbuch § 253.

Gefahr für Leib oder Leben1 b anwendet, um sich im Besitze deS geswhlenen GutS zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen.*) § 253.

Wer, um sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen

Bermögensvorteils) zu verschaffen, einen anderen *) durch Gewalt 1 b) Der Begriff ist hier weiter als in § 52, doch genügen nicht Drohuugen mit einer völlig unerheblichen, wenn auch gegen den Körper oder daS leibliche Wohlbefinden deS anderen gerichteten Handlung. E. 72 S. 229. 2) Zu §§ 242, 243, 244 besteht Gesetzes-, nicht Tateinheit. RG. DJust. 1938 S. 1189, anders E. 60 S. 380. Der Strafrahmen der §§ 250, 251 ist anwendbar, wenn die dort bezeichneten erschwerenden Umstände gegeben sind. Dabei ist nicht erforderlich, daß sowohl der Diebstahl wie die Nötigung unter demselben straferhöhenden Umstande begangen werden. Aus § 250 Abs. 1 Nr. 3 ist z. B. zu bestrafen, wenn der Diebstahl in einem Hofe, die Nötigung dagegen auf einer Straße geschah. E. 71 S. 65. 3) Dem Bermögensvorteil muß auf der anderen Sette ein Vermögens­ nachteil gegenüberstehen. E. 67 S. 201. Rechtswidrig ist jeder Lermögensvorteil, auf den ein Rechtsanspruch nicht besteht. E. 64 S. 379; z. B. auf die Ehemallergebühr. Recht 15 Nr. 939; auf Lohnzahlung für die Zeit der Arbeitseinstellung. DStZ. 8 S. 178. Aber ein Bermögens­ vorteil, auf welchen der Täter ein Recht zu haben glaubt, kann auch durch das rechtswidrige Mittel der Drohung nicht zu einem rechtswidrigen werden. R. 4 S. 18. Siehe jedoch GA. 41 S. 39. Die Zurückforderung deS durch falsches Spiel verlorenen Geldes erstrebt keinen rechtswidrigen LermögenSvorteil. R. 7 S. 653. Dagegen ist ein rechtswidriger Bermögensvorteil gefunden in der Befreiung von einem Bertrage, deffen zivilrechtliche Gülttgkeit dem Drohenden bekannt war, bzw. in Zurücknahme einer Klage. R. 3 S. 725 u. R. 9 S. 748; in einer den wahren Wert übersteigenden Entschädigung für eine stattgehabte Sachbeschädigung, GA. 38 S. 207. Ebenso liegt ein Bermögens­ vorteil in der Erlangung eines BeweiSmittels(SchuldscheineS) für eine Forderung. GA. 44 S. 396, R. 2 S. 599; in der Erlangung eines Zwangsvergleiches im Konkurse. R. 8 S. 136. Auch die Erlangung eines geringwerttgen BerzehrungSgegenstandeS stellt einen Bermögensvorteil dar. GA. 47 S. 376. DeSgl. die Erlangung von Mitgliederbeiträgen einer BerbandSkaffe, wenn die Gegenleistungen der letzteren völlig ungewiß find. E. 38 S. 15; desgl. die Auf­ nahme in einen gewerblichen Betrieb. Erk. v. 3. Juli 28, LK. Anm. 8. Der durch eine Straftat Verletzte erstrebt einen rechtswidrigen Bermögensvorteil, wenn er durch Drohung mit einer Anzeige einen übermäßigen Schaden­ ersatz zu erreichen sucht, sollte derselbe auch noch nicht den Höchstbetrag der zu­ lässigen Buße erreichen. GA. 40 S. 54. Erforderlich ist der Wille, daS Ver­ mögen eines anderen zu beschädigen. Die NichtauSüdung eines BollstreckungSrechtS ist nicht unter allen Umständen eine DermögenSbeschädigung. E. 67 S. 200. Ein Hausdiener, der die Herausgabe deS Gepäcks dem Reisenden ver­ weigert, um diesen zur Zahlung eine- Trinkgelds zu nöttgen, macht sich der Erpreffung schuldig. DIZ. 13 S. 140. DeSgl. der Gläubiger einer verjährten Forderung, der den Schuldner zum Verzicht auf die Berjührungseinrede nöttgen will. E. 44 S. 203. In der Androhung eine- Boykotts zu dem Zwecke einen Arbeitgeber zur Beschäftigung gewisser Arbeiter zu zwingen, ist der Tat­ bestand einer Erpressung gefunden worden. GA. 45 S. 39. (Siehe dazu Hofmann, DIZ. 35 S. 697.) Auch In der AndrohMg der Kündigung eines Kapitals kann unter Umständen der Tatbestand einer Erpressung gefunden

Raub und Erpressung § 253.*

oder Drohung«) zu

einer Handlung,

251

Duldung oder Unterlassung

werden. GA. 46 S. 318. Die angekündigten nachteiligen Folgen müssen für den Täter da- Mittel sein, um seine rechtswidrige Absicht, den Willen des anderen zu beeinflussen, zu erreichen. GA. 45 S. 356. Daß der beabsichtigte Bermögensvorteil wirklich erworben wird, ist nicht erforderlich. E. 33 S. 78. Der Umfang der BermögenSvermehrung ist gleich­ gültig. GA. 47 S. 376.

4) Die Drohung oder Gewalt muß gegen denjenigen gerichtet sein, von dessen Willen die Gewährung deS Vorteils abhängt; doch brauchen der Ge­ nötigte und der durch die Leistung Geschädigte — wie beim Betrug — nicht personengleich zu sein. G. 71 ) in Brand setzt, oder ein Schiff, welches als solches oder in seiner Ladung oder in seinem Frachtlohn versichert ist,

sinken oder stranden macht, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren

und zugleich mit Geldstrafe bestraft.

Sind

mildernde Umstände

vorhanden, so

tritt Gefängnisstrafe

nicht unter sechs Monaten ein, neben welcher auf Geldstrafe erkannt werden kann. § 265a).48c)

Wer die Leistung eines Automaten,48d) die Beförde­

rung durch ein Verkehrsmittel oder den Zutritt zu einer Veranstaltung oder einer Einrichtung in der Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten, wird, soweit die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit

schwererer Strafe bedroht ist,48«) mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar. | 266.49) Wer vorsätzlich

die

ihm

durch

Gesetz, behördlichen

Auftrag49»)oder Rechtsgeschäft89) eingeräumteBefugnis, überfremdeLäter sich zum Ziele setzt. E. 62 S. 297. Auch Erbieten zur Brandstiftung gegen Gewährung eines Anteils an der Versicherungssumme ist nach § 265 strafbar. E. 66 S. 392. § 310 StGB, ist auf dies Verbrechen nicht anwendbar. E. 56 S. 95. Reale Konkurrenz zwischen § 265 u. § 263 ist möglich. E. 48 S. 186. DRZ. 25 Nr. 626. Zwischen §§ 265 u. 306 ist Jdealkonkurrenz möglich. E. 60 S. 129. 48 b) Darunter fallen auch die für die Zeit der Leistungsfreiheit deS Ver­ sicherers von dem an sich fortbestehenden Versicherungsverträge mitumfaßten Gegenstände. E. 67 S. 108. 48c) Eingefügt durch Ges. v. 28. 6. 1935 (RGBl. I S. 839). 48 d) Die Leistung eines Münzfernsprechers erschleicht, wer, um kostenlos bei dem angerufenen Teilnehmer das Läuten Hervorzurusen, nach Herstellung der Fernsprechverbindung ohne rechtfertigenden Grund wieder anhängt und dadurch die Rückgabe der Gebühr bewirkt. AG. Leipzig DJust. 1938 S. 341. 48 c) Demnach ist der Mißbrauch von Warenautomaten, soweit er den Tatbestand deS § 242 erfüllt, als Diebstahl zu bestrafen. Für Funkschwarzhörer gilt 8 15 desFernmeldeges. v. 14.1.1928. Der blinde Paffagier ist, wenn die Voraussetzungen deS Betrugs vorliegen, aus § 263 zu bestrafen usw. Aus der Subsidiarität des § 265 a gegenüber der Strafdrohung gegen Betrug und Diebstahl folgt, daß, soweit die Erschleichung den Tatbestand des § 242 oder des § 263 erfüllt, auch die Privilegierungen nach §§ 247, 248 a, 264a anzuwenden sind. 49) Die Faffung beruht auf dem Ges. v. 26. Mai 33 sRGBl. I S. 295). 49 a) Ein behördlicher Auftrag kann sich auch aus den Amtspflichten des Beamten ergeben. Jedoch begründet das allgemeine Treueverhältnis aller Beamten zum Staat nicht ohne weiteres ein Treueverhältnis i. S. des § 266; dies ist nur bei bestimmten Beamten der Fall, deren besonders gestaltete Amtspflichten die Befugnis zur Verfügung über staalliche Gelder und die Pflicht zur Wahrnehmung staatlicher Vermögensinteressen umfassen, wobei es ohne Bedeutung ist, ob die Veruntreuung bei der Ausübung staatshoheit­ licher Befugnisse oder bei der Vertretung des Fiskus begangen wird. E. 69 S. 336. Ein solches besonderes Treueverhältnis besteht z. B. zwischen dem

Da Icke, Strafrecht. 31. Auft.

18

Schaff.

274

A 2. Strafgesetzbuch 8 266.

Vermöge» zu verfügen") oder einen anderen zu verpflichten,^) mißbraucht") oder die ihm kraft Gesetzes,") behördlichen Auftrags 48ä), RechtsGerichtSvollziehec und der Staatskasse hinsichtlich der beigetriebenen Ge­ bühren und Auslagen des Vollstreckungsverfahrens. RG. v. 31. März 36 — 1 D 722/35 —, ebenso zwischen dem Gerichtsvollzieher und dem Gläu­ biger hinsichllich der vom Schuldner eingenommenen Gelder. GR. DSttaft. 1936, S. 233. Ein Notar, der als Beamter tätig wird, ist nicht verpflichtet, allgemein die Vermögensinteressen dessen wahrzunehmen, der seine amlltche Tätigkeit in Anspruch nimmt; vielmehr besteht diese Pflicht nur für die be­ sonderen Rechtsangelegenheiten, mit denen der Notar befaßt wird. Hat er z. B. einen Grundstückskaufvertrag und die Auflassungserklärungen beur­ kundet, o hat er den Beteiligten gegenüber die Pflicht, zur Erfüllung des Kaufvertrages nach der grundbuchrechtlichen Seite tätig zu sein und damit ihre Vermögensinteressen wahrzunehmen; diese Pflicht verletzt er, wenn er die grundbuchrechlliche Erledigung des Kaufvertrages zu hintertreiben sucht E. 70 S. 166. Untreue zum Nachteil des Staates kann ein Beamter auch im Rahmen einer amtlichen Tätigkeit begehen, von der er kraft Gesetzes aus­ geschlossen ist (z. B. ein Grundbuchbeamter, der sein eigenes Grundstück be­ treffende Anträge bearbeitet und keine Gebühren und Auslagen in Ansatz bringt). E. 72 S. 347. Zwischen § 266 und §§ 350, 351 besteht Tateinheit, wobei die Strafe aus § 266 zu entnehmen ist. E. 69 S. 340. 50) Durch Rechtsgeschäft ist auch eingeräumt die Befugnis der satzungs­ mäßig zur Vertretung einer juristischen Person berufenen gewählten Personen. Das Vermögen bleibt für sie Vermögen eines „anderen" auch dann, wenn sie selbst Aktionäre oder sonst anteilsberechtigt sind. Ob das Rechtsgeschäft nach bürgerl. Recht gültig ist, ist ohne Bedeutung. RG. in JurW. 1935 S. 3389. 51) Verfügen ist nicht in dem Sinne des BGB. zu verstehen, so daß der Täter eine dingliche Rechtsänderung an dem ftemden Vermögen vornehmen müßte. Vielmehr genügt jede — auch eine nur tatsächliche — Einwirkung auf daS fremde Vermögen. RG. DJust. 1938 S. 231. Keine Untreue, wenn der Täter nicht eine BerfÜgungsbefugnis, sondern eine tatsächliche Verfügungs­ möglichkeit zu einer Verfügung mißbraucht, auch wenn sie infolge der Vor­ schriften deS bürgerl. Rechts zum Schutze gutgläubiger Dritter rechtSbestämdig ist. RG. JurW. 1935 S. 2637. Eine zum Einkassieren von Geldern er­ mächtigte Person, die die sofort in das Eigentum des Auftraggebers Aber gehenden Geldbeträge einzuziehen, zu verwahren und abzuliesern hat, ist micht zur Verfügung darüber berechtigt. E. 69 S. 59. 52) Z. B. durch Ausstellung eines Wechsels, Übernahme einer Bürgschaft.

53) Der Täter muß einen Gebrauch von seiner Befugnis machen, der »eine Verletzung seiner Pflichten enthält. Es ist gleichgültig, ob der Täter sich im Rahmen der ihm erteilten generellen Weisungen des Vollmachtgelbcrs gehalten oder sie Überschritten hat; es genügt, daß er zu der Handlung mach außen hin bevollmächtigt war. Auch Duldungen oder Unterlassungen fmllen hierunter, wenn sie pflichtwidrig sind. Der Ehemann kann sich z. B. einer Untreue dadurch schuldig machen, daß er eS unterläßt, einen seiner Frau zustehenden An­ spruch geltend zu machen, so daß der Anspruch infolgedeffen verjährt oder .eine seiner Frau gehörende Cache von einem anderen ersesien wird; ein Sparkasssenleiter dadurch, daß er es unterläßt, für gefährdete Forderungen Sicherheiten hereinzuholen. RG. DJust. 1938 S. 231. Bei dem Mißbrauch einer WerfügungSbefugniS braucht die Handlung nicht in einer Verfügung über WermögenSstÜcke zu bestehen; es genügt z. B. auch die vertragswidrige Benutzmng

Untreue § 266.

275

geschästS oder eines Treuverhältnisses ^*) obliegende Pflicht, fremde

Vermögensinteressen wahrzunehmen,^**) verletztö5) und dadurch dem, einer Sache, über die der Täter nach außen zu verfügen berechtigt ist. E. 68 S. 273. Zum inneren Tatbestand gehört Bewußtsein von der Pflicht­ widrigkeit der Handlungsweise; bedingter Vorsatz genügt. RG. JurW. 1936 S. 2101. 54) Auch die durch das Hypothekenbankges. v. 13. Juli 99 (RGBl. S. 375) §§ 29 ff. geschaffenen sog. Treuhänder sollen unter diesen §, wenn sie zum Nachteil der Pfandbriefgläubiger handeln sowie Treuhänder gemäß § 138 des Ges. über die Beaufsichtigung der privaten Bersicherungsunternehmen und Bauspariaffen v. 6. Juni 31 (RGBl. IS. 315). Dem Notar liegt frost Ge­ setzes die Pflicht ob, bei der Ablieferung des staatl. GebührenameilS die Lermögensintereffen des Staates wohrzunehmen. E. 71 S. 295. 54 b) Tatsächliches Verhältnis, das nur auf Vertrauen beruht. Bei An­ nahme eines solchen Verhältnisses sind die besonderen Umstände deS EinzelfalleS zu berücksichtigen, insbesondere auch die Übungen und Gebräuche, wie sie sich

für diese Verhältnisse im täglichen Leben herausgebildet haben. E. 69 S. 16. Ein tatsächl. Treueverh. liegt z. B. vor bei Hingabe eines Sparbuches zur Ver­ wahrung, verbunden mit der Ermächtigung, nach Bedarf Geld kür den Auftrag­ geber abzuheben. RG. JurW. 1937 S. 1804, ferner wenn ein Beamter aus einem von ihm falsch verstandenen behördl. Auftrag die Befugnis zur Wahr­ nehmung der Belange seines Dienstherrn herleitet. OLG. Dresden. DStrR. 1937 S. 172. Eheleute sind durch das eheliche TreueverhättniS verpflichtet, die VermögenSintereffen des anderen Ehegatten zu betreuen. Dies gilt namentlich amv für die Ehefrau, wenn der Ehemann wegen Geistesschwäche entmündigt ist. E. 70 S. 208. Keine Untreue, wenn der Hehler entgegen der mit dem Dieb getroffenen Abrede sich die gestohlene Sache zueignet, weil die Rechtsordnung solche ihr zu­ widerlaufenden Abreden nicht schützt. E. 70 S. 9. 54 *a) Eine Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensintereffen setzt Pflichten oder Pflichrenkreise voraus, die sich ihrer Daue^nach über eine gewisse Zeit oder ihrem Umfang nach über bloße Einzelfälle hinaus erstrecken, so daß der Verpflichtete eine gewisse Selbständigkeit bei ihrer Erfüllung hat. DaS ist z. B. der Fall bei einem Amtswalter der Deutschen Arbeitsfront, dem die Ein­ ziehung von Milgliederdeiträgen obliegt. E. 69 S. 63; oder bei einem Poftftelleninhaber, der Gelder zur Weitersendung entgegennimmr. E. 72 S 194. Keine Untreue in der Regel, wenn dem Verpflichteten eine rein „mechanische" Tätigkeit, obliegt, wie bei bloßer Botentättgteit (ausgenommen die Tätigkeit eines Kassenboten) oder bei der Erledigung untergeordneter Einzelaufträge. E. 69 S. 58 und S. 279. Die Pflicht, einen Berttag zu erfüllen, ist nicht gleichbedeutend mit der Pflicht, frembe Vermögensinteressen wahrzunehmen, vielmehr setzt § 266 vor­ aus, daß die Verpflichtung zur Wahrnehmung frember Vermögensinteressen den wesentlichen Inhalt des Rechtsgeschäfts bildet, durch daS ste be­ gründet wird. E. 7 IS. 90. Ein Reisevertteter, der den KunoentteiS des Unternehmers zu pflegen hat, begeht hiernach Untreue, wenn er mit der Stamm­ kundschaft Geschäfte für sich selbst abschließt (E. 7 l S. 333) oder wenn er Kunden durch sein Verhalten (z. B. unsittliche Zumutungen) vertreibt (Schwinge, JurW. 1937 S. 380). Dagegen keine Untreue, wenn der Mieter eines Gegenstandes diesen sich zueignet. E. 71 S. 91; ober wenn Verkäufer sich bet der Aufnahme von Bestellungen den Kaufpreis im voraus zahlen läßt mir

276

A 2. Strafgesetzbuch § 266.

dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil^) zufügt, dem Versprechen, daS Geld zum Einkauf der bestellten Waren zu verwenden, eS aber für sich verbraucht. E. 69 S. 146; oder wenn ein Beauftragter, der den ihm anvertrauten Gegenstand fahrlässig aus der vand gegeben bat, es unterläßt, den Schaden zu beseitigen, obwohl es ihm möglich wäre, da sich seine Betreuungspfltcht in der Pflicht zur Durchführung des Auftrags erschöpft. E. 71 S. 272. Ein Gerichtsvollzieher, der mit der Vollstreckung in bewegliche körperliche Sachen des Schuldners beauftragt ist, ist nicht verpflichtet, bei fruchtloser Pfändung den Gläubiger auf nicht körperliche Vermögenswerte den Schuldner, z. B. Forderungen, aus denen er sich befriedigen könnte, hinzu­ weisen, wohl aber auf solche körperlichen Gegenstände, die wie ihm bekannt, der Schuldner verbirgt. E. 71 S. 31. Wegen der auS den amtl. Aufgaben deS N o t a r s sich ergebenden Pflichten vgl. Sinnt, 49 a. Neben seinen amtl. Pflichten können andere Verpflichtungen gegenüber seinem Auftraggeber bestehen, die ihn nicht als Notar, sondern als Rechtskundigen treffen, insbes. die Verpflichtung, seinen Auftraggeber nicht zu übervorteilen; die Verletzung dieser Pflicht ist nach § 266 strafbar. E. 71 S. 298. Bewußte Vernachlässigung der Pflicht zur Kontrolle von Kassierern ist nur Untreue, wenn der Täter erkennt, daß daraus unmitieldar nachteilige Folgen entstehen und er dies in Kauf nimmt. RG. in JurW. 1936 S. 2101. 55) Auch durch tatsächl. Einwirkung. Z. B. Vormund, der ein Vermögens­ stück seines Mündels verderben läßt oder Beauftr., der eine geordnete Buch­ führung pflichtwidrig unterläßt und dadurch dem Treugeber die Übersicht über den wahren Vermögensstand nimmt. RG. JurW. 1937 S. 2698. Ein Justiz­ sekretär, der dafür zu sorgen bat, daß Geldstrafen und Prozeßkosten zuuunsten der Gerichtskaffe eingenommen werden, verletzt seine Pflicht zur Wahrnehmung der Vermögensbelange des Reich-, wenn er von den Schuldnern Bargeld statt Kostenmarken entuegennimmt und das Bargeld für sich verwendet. E. 73 S. 6; ebenso ein Beamter, der Urkunden, die zur Aufdeckung von ihm begangener Veruntreuungen dienen können, beiseite schafft, um das erlangte Geld zu be­ halten. E. 72 S. 195; 73 S. 6; deSgl. ein in bedrängter wirtschaft!. Lage befindl. Rechtsanwalt, der nicht durch Anlage eines Sonderkontos verhindert, daß »hm Übergebene Fremdgelder von seinen persönl. Gläubigem angegriffen werden. RG. JurW. 1937 S. 3092. 56) Nachteil ist gleichbedeutend mit Vermögensbeschädigung. Vermögens­ gefährdung kann genügen. Eine solche liegt z. B. für den Staat vor, wenn staatliche Gelder unter Nichtachtung der haushaltsrechtlichen Überwachungs­

vorschriften einer Sonderkaffe zugeführt werden. E. 71 S. 155 oder zweck­ gebundene öffentliche Mittel fehlgeleitet werden. RG. JurW 1938 S. 793. Ein Nachteil für das Vermögen liegt nicht nur dann vor, wenn beispielsweise der Vormund einen zum Mündelvermögen gehörenden Gegenstand im Namen deS Mündels zu dessen Nachteil veräußert und dadurch den Aktivbestand deS Vermögens mindert oder wenn er zum Nachteil des Mündels einen Wechsel zeichnet oder eine Hypothek aufnimmt und dadurch die Schulden deS Vermögens vermehrt, sondern auch schon dann, wenn er z. B. durch Auf­ gabe eineS Pfandrechts die Sicherheit einer zum Mündel gehörenden Forderung vermindert. Darauf, ob der Täter den Nachteil wieder ausgleichen will oder kann, kommt es nicht an; doch kann das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit fehlen, wenn der Täter auf Grund seines ErsatzwillenS und seiner Ersatzfähigkeit das Einverständnis des Betroffenen mit der benachteiligenden Handlung annahm. RG. JurW. 1936 S. 934". Die Benachteiligung wird nicht dadurch auSge-

Untreue § 266.

277

wird wegen Untreue67) mit Gefängnis und mit Geldstrafe bestraft.68) Daneben kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. In besonder- schweren Fällen tritt an die Stelle der Gefängnis­ strafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt insbesondere dann vor, wenn die Tat das Wohl deö Volkes ge­ schädigt68») oder einen anderen besonders großen Schaden zur Folge ge­ habt oder der Täter besonders arglistig68) gehandelt hat.68») schloffen, daß das unredliche Verhalten für den Treugeber gewiße Vorteile er­ warten läßt. E. 71 S. 344. Unter Umständen wird sich nach § 266 auch straf­ bar machen, der auf Kosten der Gesellschaft in Überfluß lebende Generaldirektor, der sich von der selbst dividendenlos bleibenden oder gar notleidenden Gesellschaft übermäßig hohe Honorare bewilligen und zahlen läßt. Schäfer, DIZ. 1933 S. 789. Eine Bereicherungsabsicht ist nicht erforderlich. Ein Gläubiger, der die Grundschulden oder Hypotheken, die ihm der Schuldner zur Sicherung bestellt oder abgetreten hat, vor Fälligkeit seiner Forderung ohne Wissen des Schuldners für seine eignen Schulden einem Dritten verpfändet, fügt dem Schuldner dadurch auch dann einen Nachteil zu, wenn der Dritte die treuhänderische Verpflichtung kannte und die Derfügungsbeschrünkung gegen sich gelten lassen muß, denn in einem Rechtsstreit hat der Schuldner die Beweislast für die Bösgläubtgkeit des Dritten. E. 69 S. 223.

57) Vgl. hierzu auch § 34 des Ges. über Verwahrung u. Anschaffung von Wertpapieren v. 4. Febr. 1937 (unter B V 4), § 95 des Börsenges. (unter B V 3), 5 294 des Slftienqcf. (B IV 3), § 81 a des GmbH.-Ges. (B IV 4) und § 146 GenossenschGes. (B I V 5).

58) Untreue gegenüber Angehörigen i. S. des § 52 Abs. 2 wird — entspr. 88 26d Abs. 5, 247 Abs. 2 StGB. — nur auf Antrag deS Verletz en verfolgt. E. 70 S. 208; 71 S. 324; RG. DJust. 1938 S. 378; 1937 S. 139 (nach RG. JurW. 1937 S. 2701 aber nur bei den nach dem 1. Juni 33 begangenen Taten). § 294 Aktieng es. schließt die Anwendung des § 266 aus. E. 69 S. 337, ebenso § 95 des Börsengesetzes. E. 61 S. 341; OLG. Dresden DJ. 1936 S. 1579; 8 146 GenG. (KG.HRR. 1937 Nr. 842) und § 23 Abs. 2 RBO. RG. JurW. 1936 S. 1976. Zwischen §§ 266 u. 263 ist Tateinheit möglich. HRR. 1928 Nr. 2150; ebenso zwischen § 266 und § 246. E. 69 S. 63; zwischen 266 und §§ 348, 349. RG. DJ. 1937 S. 1117 und zwischen § 266 und §§ 350, 351. E. 70 S. 55. 58a) Schrifttum: Ritter in JurW. 1935 S. 2930. Die Tat muß das Volk als Ganzes oder doch eine nicht geringfügige Mehrzahl von Bottsgenossen in dieser ihrer Eigenschaft als Dolksgenossen fühlbar beeinttächttgt haben. RG. in JurW. 1934 S. 2147. Dies wird regelmäßig der Fall sein, wenn der Staat, gemeinnützige Unternehmungen, öffentliche Wohlfahrtseinrichtungen usw. bettoffen werden. RG. v. 3. Mai 35 —- 1 D 205/35. Die Schädigung des Bolkswohls braucht nicht besonders groß zu sein. E. 68 S. 218. Jedoch be­ deutet nicht jede geldliche Beeinttächttgung einer dem Gemeinwohl dienenden Einrichtung (z. B. des Winterhilfswerks oder der NSV.) eine Schädigung des Bolkswohls, vielmehr ist maßgebend, ob die veruntreute Summe im Verhältnis zu den von der Einrichtung benötigten und aufgebrauchten Be­ trägen spürbare Einwirkung auf ihre Ziele ausübt oder ausüben kann. E. 69

A 2. Strafgesetzbuch § 267.

278

23. Abschnitt.

Schöff.

§ 267.

Urkundenfälschung.

Wer in rechtswidriger Absicht

eine inländische oder

S. 240 (bejaht bei 6500 RM. veruntreuter Gelder. RG. DR. 1939 S. 991). Ähnlich RG. JurW. 1935 S. 944 (betr. Unterschlagung von Parteigeldern. Eine alsbaldige Mickerstatttlng des veruntreuten Betrages kann bewirken, daß keine schwere Schädigung des Volkswohls eingetreten ist. RG. JurW. 1938 S. 1015. Auch ein ideeller Schade genügt, wenn die nachteiligen Folgen ernsterer Statut sind. E. 68 S. 218; E. 69 S. 240. Die Erschütterung des Vertrauens zu einer großen Organisation (z. B. zur NSBO.) kann eine Schädigung des Bolkswohls sein. RG. JurW. 1934 S. 2067. Das Urteil muß aber bei einer solchen Annahme Auskunft gebett, welchen Umfang die Einbuße an Ansehen oder an sonstigen geistigen oder sittlichen Gütern ange­ nommen hat, wie weit der Kreis derjenigen, die durch die Tat zu Zweifeln an dem Wert der Organisation gebracht worden sind, reicht, ob die Erschütterung des Vertrauens nur vorübergehend war usw. RG. in Deutsche Justiz 1935 S. 1460. Das gefestigte Ansehen der NSV. kann durch Ausnahmeerschei­ nungen, die bei der außerordentlich großen Zahl der beschäftigten Hilfskräfte unvermeidbar sind, nur unter besonderen Umständen fühlba.r beeinträchtigt und erschüttert werden (z. B. Häufung von Veruntreuungen in begrenzten Bezirken. RG. JurW. 1936 S. 455 u. 1297; oder Größe des veruntreuten Betrags. RG. DR. 1939 S. 991). Mittelbare Schädigung des Bolks­ wohls als Folge der Täuschungshandlung genügt. RG. JurW. 1934 S. 2920. Bei der Frage, ob ein bes. schwerer Fall vorliegt, sind auch die Persönlichkeit des Täters und die gesamten Umstände zu berücksichtigen. RG. DR. 1939 S. 991. 59) Das ist der Fall, wenn der Täter in schlechter Absicht gegen den Ge­ schäftsherrn listige Ränke anwendet, um die Berfügungsbefugnis (Abs. 1) übertragen zu erhalten oder ihren Mißbrauch zu ermöglichen oder nutzbringen­ der zu gestalten oder vor dem Geschädigten verborgen zu halten. RG. in JurW. 1934 S. 2852 und JurW. 1935 S. 2137. 59a) Zum inneren Tatbestand gehört nur, daß der Täter sich der Um­ stände bewußt war, die die Annahme eines bes. schweren Falles begründen. RG. JurW. 1936 S. 1677". 60) Die rechtswidrige Absicht muß dahin gehen, mit der Urkunde im Rechtsleben zu täuschen. E. 69 S. 228. Der zu Täuschende muß durch den Irrtum zu einem rechtlich erheblichen Verhalten bestimmt werden, zu bem er nach der Meinung des Täters ohne die Täuschung nicht oder doch nicht so sicher gelangt wäre. E. 47 S. 199; E. 53 S. 142; E. 56 S. 114 u. 235; E. 64 S. 95; E. 68 S. 2. Die Absicht einen materiell rechtswidrigen Erfolg herbei* zuführen ist nicht erforderlich. E.35S.117. Diese rechtsw. Ws. wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß es sich um die Beschaffung eines falschen Beweis­ mittels zur Geltendmachung eines begründeten Anspruchs handelte. GA. 28 S. 153 u. R. 1 S. 350; oder daß der Täter aus Scherz handett. GA. 58 S. 447 u. DIZ. 15 S. 883 (z. B. Aufgabe einer Todesanzeige mit falschem Namen, LZ. 14 S. 661); oder daß die gefälschte Urkunde nur bei einer Verteidigung zum Zwecke des Beweises der Nichtschuld gebraucht wird. GA. 40(5.53; oder daß ein Vorgesetzter veranlaßt werden soll, von der Herbeiführung eines Sttafverfahrens abzusehen. RG. in JurW. 1935 S. 3389. Strafbar macht sich auch der, welcher einen gefälschten Scheck an eine Dirne als Zahlung für Gestattung des Beischlafs übergibt. JurW. 53 S. 1793; aber nicht der, der von einer falschen Urkunde Gebrauch macht, um eine schlechte Meinung über

Urkundenfälschung § 267.

279

ausländische öffentliche Urkunde") oder eine solche Privaturkunde/') einen anderen hervorzurufen. JurW. 57 S. 2984; oder wenn er in dem anderen lediglich einen für sein weiteres Verhalten belanglosen Irrtum über den Aussteller der Urk. Hervorrufen wollte. JurW. 1931 S. 660 und IW. 1935 S. 945 (der Vorleger eine- Inhaberschecks quittiert bei dessen Ein­ lösung über den Empfang des Scheckbetrages mit falschem Namen). Auch nicht die Braut, die ihren Taufschein nur fälscht, um ihrem Bräutigam gegen­ über jünger zu erscheinen. R. 7 S. 681.

61) Urkunde ist jeder von Menschen gefertigte, sinnlich wahrnehmbare Gegenstand — nicht nur Schriftstücke —, der nach Gesetz, Herkommen oder Vereinbarung der Betelligten dazu bestimmt und geeignet ist, über sein körperliches Dasein hinaus eine Gedankenäußerung des Urheber- darzustellen und für bestimmte rechtliche Beziehungen Beweis zu erbringen. E. 64 S. 48; RG. JurW. 1938 S. 168. Daher sind keine Urkunden Kostennoten eineGerichtsvollzieher-, da sie lediglich die Willensäußerung ihre- Aussteller­ enthalten. E. 19 S. 62. A.M. Frank S. 611; ebensowenig Steuerwert­ zeichen. E.62S. 203; Rabattmarken u. Sammelkarte. LZ. 26 S. 615. Keine Urkunde ist dasbloßeUnterscheidung-zeichen (Erkennung-- oder JdentitätSzeichen), z. B. die bloße Numerierung an einzelnen Holzstapeln zur Unterscheidung von anderen. GA. 62 S. 420. DRZ. 24 Nr. 373; auf Frachtstücken angebrachte Zeichen. JurW. 1924 S. 975; die mit Abstempe­ lung versehene Durchlochung einer Bahnsteigkarte. E. 29 S. 118 (vgl. aber RG. in JurW. 1935 S. 2966). Plombenverschlüsse. DIZ. 13 S. 252 (auch nicht die Plombenverschlüsse an Meßuhren in Branntweinbrennereien. E. 64 S. 48; jedoch JurW. 1931 S. 2499). Keine Urkunden sind ferner: Bruchstücke einer Urkunde, wenn diese keinen selbständigen Gedankeninhalt in sich tragen, wie Teilstücke eine- Wech­ sels. E. 36 S. 318; Vermerke zur Feststellung von Überarbeiten auf den Ka­ lendertafeln. E. 38 S. 248; der Geschoßeinschlag auf einer Scheibe. E. 42 S. 97; Dienststempel an fiskalischen Gegenständen. GA. 77 S. 282. Wagen­ schilder von Kraftfahrzeugen. E. 55 S. 39; die an letzteren angebrachten Kilometerzähler. JurW. 60 S. 1967; durch Poststempel entwertete Brief­ marken DIZ. 27 S. 325; Fahrkarten mit getilgtem Tagesstempel. Recht 28 Nr. 1176. Zeitstempel auf Papierstreifen einer Konttolluhr. E 64 S. 97; auch nicht Spielmarken ohne Kennzeichen der Ausgabestelle (Chips) E. 55 S.97. Wegen der Urkundeneigenschaft von Abschriften vgl. unten Anm. 65 Ms. 3. Gesamturkunden setzen eine feste Verbindung der Schriftstücke voraus und müssen nach ihrer Zweckbestimmung nicht nur über die einzelnen darin be­ urkundeten Geschäfte, sondern über einen ganzen Kreis von Geschäft-bezie­ hungen oder Rechtsverhältnissen vollständige und erschöpfende Auskünfte geben. E. 60 S. 17. Depotbuch einer Sparkasse. E. 63 S. 259. Posteinliefe­ rungsbuch. LZ. 25 S. 259. A. Öffentliche Urkunden, d. h. solche, welche (vgl. § 415 ZPO.) von einer öffentl. Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amt-befugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zuge­ wiesenen Geschäftskreise- in der vorgeschriebenen Form (Namen-unterschrist bzw. Siegel der Behörde) ausgenommen sind. E. 72 S. 378. Auch öff. Ur­ kunden des Auslands. E. 68 S. 301. Den öffentlichen Behörden sind Dienst­ stellen der NSDAP, und ihrer Gliederungen gleichzuachten; auch die von ihnen innerhalb der Grenzen ihrer Befugnisse und in der für solche Urkunden

280

A 2. Strafgesetzbuch § 267.

üblichen Form ausgestellten Urkunden sind öffentliche i. S. des § 267. E. 69 S. 357 (Prämienscheine der Winterhilfslotterie), E. 70 S. 210 (Mitglieds­ bücher der NSDAP., auch wenn sie bereits vor dem Gesetz zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat ausgestellt worden sind), RG. DJust. 1937 S. 666 (Anträge des Führers einer SS-Standarte auf Fahrpreis­ ermäßigung) und RG. DJust. 1937 S. 356 (politische Unbedenklichkeits­ zeugnisse des zuständigen Kreisleiters). Dagegen sind Urkunden, die von der NSDAP, angeschlossenen Verbänden (z. B. der DAF. ausgestellt sind, keine öff. Urkunden. E. 72 S. 371; a. M. Dahm, ZAkadDN. 1939 S. 169. Wird die vorgeschriebene Form in einem wesentlichen Punkte nicht gewahrt, so liegt eine öffentliche Urkunde nicht vor. Zu den wesentlichen Förmlichkeiten gehört in der Regel die Unterschrift des ausstellenden Beamten; ist der Unterschrift ein p. vorgesetzt, so ist erkennbar, daß sie nicht von einem berufenen Aussteller herrührt. E. 36 S. 129. Durch die mangelnde Unter­ schrift der Personen, mit welchen verhandelt worden, verliert ein Protokoll nicht unbedingt die Eigenschaft einer öffentl. Urkunde. R. 7 S. 431. Sie geht auch dadurch nicht verloren, daß lediglich für den inneren Dienst bestimmte, nicht wesentliche Vorschriften verletzt sind. E. 58 S. 280; anders HRR. 1933 Nr. 1626; doch muß erkennbar sein, welche Behörde die Urkunde ausgestellt hat. E. 66 S. 124. Soweit eine Form nicht vorgeschrieben ist, genügt, daß die übliche Form gewahrt ist. LZ. 25 S. 1204. Eine Privaturkunde wird dadurch nicht ohne weiteres zu einer öffentlichen, daß ein zuständiger Beamter sie mit dem Prüfungsvermerk versieht. E. 51 S. 119. Zu den öffentlichen Urkunden gehören: Die von einer Anleihealtbesitzstelle auf einem Anleihestück bewirkte Feststellung. Recht 33 Nr. 158; die von einer öff. Behörde mit Beweiskraft ausgestellten Bescheinigungen über dienst­ liche Verhältniffe ihrer Beamten. E. 63 S. 74; die bei der Eichung an Meßwerk­ zeugen für Flüssigkeiten angebrachte Plombierung. JurW. 60 S. 2499; Eisen­ bahnfahrkarten. R. 5 S. 369 (auch die der früheren Deutschen Reichsbahngesell­ schaft RG. JurW. 1936, S. 662; nicht jedoch Expreßstammkarten der Deutschen RBahn. RG. HRR. 1936 Nr. 311, Fahrscheine einer städtischen Straßenbahn. BayObLG. DIZ. 33 S. 251; Ausweise von Fürsorgestellen zur Erlangung von Fahrpreisermäßigung. JurR. 3 Nr. 2160. Entwertungsvermerk auf einer Stempelmarke, wenn durch ihn der Zeitpunkt der Verwendung der Marke be­ wiesen werden soll, E. 39 S. 370; mit Stempel versehener Frachtbrief oder Duplikat. E. 60 S. 187. E. 63 S. 352; Eintragung der Frachtgebühren auf dem Frachtbrief, E. 65 S. 433; Gepäckscheine, E. 37 S.318; Haftbefehle, E. 15 S. 110; Kontrollkarten des Arbeitsamts. RG. JurW. 1937 S. 2393; Kraft­ wagenzulassungsbescheinigungen für Probefahrten. E. 65 S. 316; Ladungen des A. zur Hauptverhandlung, E.18 S.76; mit dem Tagesstempel versehener Lastschriftzettel des Postscheckamts. GA. 77 S. 111; auch der in Urschrift zugestellte Zahlungsbefehl. HRR. 1932 Nr. 490; für den Postscheckkunden bestimmter Zahlkartenabschnitt. E. 67 S. 90; ein von einem Landbriefträger ausgestellter Einlieferungsschein (Zwischenschein). E. 69 S. 28; polizeil. Melde­ bescheinigungen JurR. 2 Nr. 1577; Sammelakte des Notars. Recht 33 Nr. 1909; Bescheinigung über Patentanmeldung. Rechr32 Nr. 1434; Pfandscheine der städtischen Leihämter. E. 36 S.363; Pferdelegitimationsatteste, E. 70 S. 229; der im Posteinlieferungsbuch vom Absender herrührende Vermerk. E. 42 S. 287; Protokolle der Gerichtsvollzieher über Vollstreckungshandlungen. R. 4 S. 361; Reifezeugnis. E. 60 S. 375; Sparkassenbücher der preuß. Kreissparkasskn. E. 71 S. 101; von den Urkundsbeamten der Staatsbank aufgenommene Urk. § 10 Ges. v. 22. Febr. 30 (GS. S. 19); Standesregisterauszüge, R. 9 S. 124;

Urkundenfälschung § 267.

281

standesamtliche Scheine. BO. v. 14. Febr. 24 (RGBl. 1 S. 116); Steuerkarle, E. 60 S. 161; von der Steuerbehörde mit ihrem Siegel versehene Flaschen. E.41 S 317; mit Stempel versehene Eintrittskarte zu öffentl. Vergnügungs­ veranstaltung. JurW. 60 S. 60; Tauf- und Trauungsscheine der Geistlichen, RG.TR. 1939 S. 162; Bcrgällungsabfertigungen. E. 62 S. 410; Berfteigerungsbekanntmachungen. R. 6 S. 613; Viehursprungsattefte. E. 2 S. 376; Wandergewerbeschein. E. 42 S. 249; Zivilversorgungsscheine. E. 27 S. 56; polizeiliche Aufenthaltsgenehmigung für Ausländer. @.68 S. 251; amtl. Krastfahrzeugkennzeichen, soweit sie mit dem Kraftfahrzeug verbunden sind. E. 72 S. 369; polizeiliche Beglaubigung einer Unterschrift. E. 71 S. 193, Messungs­ schriften der vereideten Landmesser. RG. DI. 1937 S. 818. Steuerbescheid. E. 72 S. 378; auf den Eiern angebrachte Stempelabdrucke der Eierkennzeich­ nungsstellen. RG. JurW. 1938 S. 451; von den Marttvereinigungen der BiehwirtschaftSverbände herauSgegebene Bezugsmarken. RG. JurW. 1937 S. 3303. Wegen Telegramme siehe Anm. 62 Abs. 2. Nicht öffentliche Urkunden sind BeglaubigungSvermerk deS AmtSvorfteherS. JurW. 61 S. 2884. Beglaubigte Bestellvermerke auf Postpaket karten. E. 53 S. 224; die auf einen Briefumschlag aufgedruckten Stempel, E. 30 S. 381; ein Bericht des Richters über eine Notarrevision. E. 26 S. 138; der Stamm der von einem Eisenbahnschaffner im Zug ausgestellten Fahrkarte. RG. in DRZ. 1934 Nr. 175; bahnamtliche BernehmungSprotokolle. Recht 27 Nr. 1490; Gutachten von Dampfkesselüberwachungsvereinen. Recht 33 Nr. 655; der Vermerk deS Ab­ senders in dem Kopf des Formulars einer PostzustellungSurkunde. E. 40 S. 265. Impfscheine. E. 28 S. 332; die vom Eink.StGes. vorgeschriebenen Mitteilungen vom Finanzamt z. Finanzamt. HRR. 1933 Nr. 1626; die vom Gerichtsvollzieher ausgestellten Quittungen Über seine Gebühren und Auslagen, R. 4 S. 631; Be­ nachrichtigung der Geschäftsstelle gemäß § 693 ZPO. Recht 32 Nr. 1436; die von Gemeindebehörden oder sonstigen Behörden (z. B. des Reichsarbeitsdienstes. NG. DJust. 1938 S. 2039, oder Parteidienststellen, RG. DR. 1939, S. 712), die zur öffentl. Beglaubigung nicht ermächtigt sind, erteilte Beglaubigung von Abschriften öffentlicher Urkunden. E. 60 S. 209 E. 63 S. 148 (egl. aber Anm. 80 Abs. 2 zu 8 271); ein von einem GestütSwärter ausgestellter Deck­ schein. Recht 16 Nr. 3159, GA. 60 S. 270. Die Beglaubigung macht eine Privaturkunde nur insoweit zu einer öffent­ lichen. als die Beglaubigung reicht. E. 34 S. 114. LK. Anm. 4 d. Ist nur der äußere, nicht auch der innere Tatbestand der Fälschung einer öffentlichen Urkunde gegeben, so kann wegen Pr-ivaturkundenfälschung Bestrafung eintreten. E. 38 S. 220. Eine öffentliche Urkunde kann, wenn die darin beurkundete Erklärung von dem Erklärenden unbefugt mit einem fremden Namen unterschrieben ist, zugleich eine fälschlich angeferttgte Privaturkunde enthalten. E. 39 S. 346. Fälscht jemand eine Privaturkunde, die er irrtümlich für eine ö. U. hält, so ist er wegen Fälschung einer Privaturk. zu bestrafen. E. 66 S. 124. Siehe Anm. 38 zu § 43 StGB. Wegen der Fälschung der Quittungskarten und Marken der Invaliden- und Hinterbliebenenversicherung sowie der Angestelltenversicherung siehe B VI 2 u.4 ; wegen der von Pässen § 1 Nr. 6 der Paßverordn. v. 6. April 23 (RGBl. 1 S. 249) Verfälschen oder fälscht. Anferttgen von Fleischbeschauftempeln und Verkauf von Fleisch mit solchen gefälschten Kennzeichen ist durch tz 26 Nr. 3 deS Fleischbeschauges, unter mildere Strafe gestellt (lex specialis gegenüber §§ 267, 268). E. 39 S. 368. 62) v. Privaturkunde«. Als Privaturkunden sind anzusehen: Absender­ vermerke auf Briefumschlägen, GA. 51 S. 185; auf Postpaketadressen, E. 42

282

A 2. Strafgesetzbuch § 267.

S. 226; Recht 33 Nr. 156; auf Zahlkartenabschnitten. RG. in Deutsche Justiz 1935 S. 1193; Paketanschriften selber. E. 55 S. 269; sowie An­ schriften aufBeklebezetteln an Frachtgütern. RG inJuiW. 1934 ) findet das gegenwärtige Gesetz nur insoweit Anwendung, als dasselbe ausdrückliche Bestimmungen

darüber enthält. Durch (Kaiserliche) Verordnung wird bestimmt, welche Apotheker­

waren dem freien Verkehre zu überlassen finb.11) 7) Der Gewerbebetrieb dieser Personen ist geregelt durch daS Ges. v. 9. Juni 97 (RGBl. S. 463) nebst BO. v. 14. gebr. 24 (RGBl. I S. 107) u. Bet. v. 1. März 24 (RMBI. S. 97). Dazu Bet. über Auswandererschiffe v. 14. März 98 (RGBl. S. 57), mehrfach geändert, zuletzt am 31. Juli 22 (RGBl. IS. 903). Vgl. ferner BO. über Vermittlung usw. von Arbeitnehmern nach dem Ausland v. 28. Juni 35 (RGBl. 1 S. 903). Siehe auch E. 43 S. 210. 8) Siehe Ges. v. 6. Juni 31 (RGBl. I S. 315 über die privaten Ver­ sicherungsunternehmungen mit And. v. 5. Juni u. 19. Sept. 31 (RGBl. I S. 279, 493) sowie v. 26. Mai 33 (RGBl. 1 S. 295). Vgl. ferner Ges. über Befugniffe der Bersicherungsaufsichtsbehörden v. 27. Novbr. 34 (RGBl. I S. 1189). 9) Nach § 16 Abs. 5 des Ges. Über die Deutsche Reichsbahngesellschaft v. 13. März 1930 (RGBl. II S. 369) finden auch die Vorschriften der GewO, keine Anwendung auf den Betrieb der Deutschen Reichsbahn. Bahnhofswirtschasten im Bereich der Reichsbahn unterliegen auch nicht den Vorschriften deS Gaststättengesetzes (8 27 unter B IV 8). Berkaufsstände (auch Waren­ automaten) verlieren ihre Eigenschaft alS HilfSbetriebe der Eisenbahn noch nicht durch die bloße Möglichkeit einer Benutzung durch Nichtreisende E. 58 S. 138; jedoch dann, wenn der BerkaufSstand nur zum kleineren Teile zur Be­ friedigung deS KaufsbedürfniffeS der Reisenden benutzt wird oder sich auf dem Bahnhofsvorplatz befindet. KG. JFGErg. 5 S. 131. Verneint wurde das Bor­ liegen eineS Nebenbetriebes bei einer seitens eines StraßenbahnunternebmenS verpachteten Verkaufsstelle für Tabakwaren, die zugleich Wochenkarten für die Bahn verkauft, sowie bei einem von einer Privatbahn 50 m von dem Bahn­ hof außerhalb des eingezäunten Bahnsteiges errichteten BerkaufSstande für Süßigkeiten. KG. DIZ. 35 S. 438. Ein Bahnhofsfriseur ist den Best. d. GewO, über Lehrlingswesen unterworfen. Jena JurW. 59 S. 3110.

10) S. die SeemannLO. v. 2. Juni 02 (RGBl. S. 175); geänd. durch Ges. v. 23. März 03, 12. Mai 04 (RGBl.S. 57 bzw. 167), v. 16. Dez. 27 (RGBl. I S. 340), v. 30. Mai u. 24. Dez. 29 (RGBl. II S. 383 u. 759) u. 24. Juli 30 (RGBl. II S. 987).

10 a) Ein nach den Vorschriften deS Arzneibuchs u. des Weingesetze- her­ gestellter Kognak ist ein Arzneimittel. KG. v. 21. Septbr. 14,1 o h o w 46 S. 333. 10 b) Zur Viehzucht, die als Urproduktion kein Gewerbe ist, gehört nicht die Kanarienvogelzucht. Hamburg HRR. 1931 Nr. 87 u. 1932 Nr. 419. 11) Siehe LO. betr. den Verkehr mit Arzneimitteln v. 22. Oktbr. 01, v. 31. März 11, v. 18. Febr. 20, v. 21. April 21, v. 31. Juli 22 (Salvarsan), v. 13. Jan. 23, v. 21. Juni 23, v. 16. Novbr. 23, v. 9., v. 24. Dezbr. 24, v. 27. Mürz 25, v. 26. Jan. 29, v. 30. Sept. 32 u. v. 4. Oktbr. 33 (RGBl. S. 380,

549

BIV 1. Gewerbeordnung § 7.

§ 7.

Vom 1. Januar 1873 ab sind, soweit die LandeSgesetze

solches nicht früher verfügen, aufgehoben:

1. die noch bestehenden

ausschließlichen Gewerbeberechtigungen,

d. h. die mit dem Gewerbebetriebe verbundenen Berechtigungen, anderen

den Betrieb eines Gewerbes, sei es im allgemeinen oder hinsichtlich

der Benutzung eines gewissen Bctriebsmaterials, zu untersagen oder sie darin zu beschränken;")

2. die mit den ausschließlichen Gewerbeberechtigungen verbundenen

Zwangs- und Bannrechte, mit Ausnahme der Abdeckereiberechtigungen:,8)

3. alle Zwangs- und Bannrechte, deren Aufhebung nach dem Inhalte der BerleihungSurkunde ohne Entschädigung zulässig ist;

4. sofern die Aufhebung nicht schon infolge dieser Bestimmungen eintritt, oder sofern sie nicht aus einem Vertrage zwischen Berechtigten

und Verpflichteten beruhen: a) das mit dem Besitz einer Mühle, einer Brennerei oder Brenn­ gerechtigkeit, einer Brauerei oder Braugerechtigkeit, oder einer Schank­

stätte verbundene Recht, die Konsumenten zu zwingen, daß sie bei den

Berechtigten ihren Bedarf mahlen oder schroten lassen, oder das Ge­ tränk

ausschließlich

von

denselben

beziehen

(der

Mahlzwang,

der

Branntweinzwang oder der Brauzwang); b) das städtischen Bäckern oder Fleischern zustehende Recht, die Einwohner der Stadt, der Vorstädte oder der sogenannten Bannmeile

zu zwingen, daß sie ihren Bedarf an Gebäck oder Fleisch ganz oder

teilweise von jenen ausschließlich entnehmen;

5. die Berechtigungen, Konzessionen zu gewerblichen Anlagen oder zum Betriebe von Gewerben zu erteilen, die dem Fiskus, Korpora­

tionen, Instituten oder einzelnen Berechtigten zustehen;

6. vorbehaltlich der an den Staat und die Gemeinde zu ent­ richtenden Gewerbesteuern, alle Abgaben, welche für den Betrieb eines

181, 253, 490, 710, 68, 511 nebst 634, 1117, 772, 966, 40, 19, 492, 721). Die in der BO. aufgeführten Zubereitungen unterliegen dem Apothekerzwang der BO. nur, wenn sie als Heilmittel feilgehalten oder verkauft werden, nicht wenn sie Desinfektionsmittel sind oder bei gleichzeitiger Verwendung jedenfalls in nennenswertem Umfange Desinfektionsmittel sind, PreußOBG., EPrOBG. 94, 202 u. Reger, Entsch. Bd. 56 S. 25 (daselbst auch Begriffsbestimmung des Desinfektionsmittels); BadDGH. Reger, Entsch. Bd. 56 S. 161. 12) Eine PolBerordn., welche jedem von mehreren amtlich bestellten Fleisch­ beschauern eine ausschließliche Gewerbeberechtigung für einen bestimmten Bezirk erteilt, ist ungültig. Johow 2 S. 272, vgl. auch ebenda 1 S. 189. Doch kann eine Gemeindeverwaltung aus gesundheitspolizeilichen Gründen ihren Gemeindemitgliedern die Benutzung gewisser Einrichtungen, w. z. B. bei Fäkalien­ abfuhr, zur Pflicht machen. Rostock GA. 54 S. 104. 13) Siehe daS TierkörperbeseitigungSges. v. 1. Febr. 39, vgl. Anm. 27 zu § 16.

550

B IV. Händels- und Gewerberecht.

Gewerbes entrichtet werden, sowie die Berechtigung, dergleichen Ab­ gaben aufzuerlegen.

Ob und in welcher Weise den Berechtigten für die vorstehend aufgehobenen ausschließlichen Gewerbeberechügungen, Zwangs- und Bannrechte rc. Entschädigung zu leisten ist, bestimmen die Landes­ gesetze.

§ 8. Von dem gleichen Zeitpunkt (§ 7) ab unterliegen, soweit solches nicht von der Landesgesetzgebung schon ftüher verfügt ist, der Ab­ lösung: 1. diejenigen Zwangs- und Bannrechte, welche durch die Be­ stimmungen des § 7 nicht aufgehoben sind, sofern die Verpflichtung auf Grundbesitz haftet, die Mitglieder einer Korporation als solche betrifft, oder Bewohnern eines Ortes oder Distrikts vermöge ihres Wohnsitzes obliegt; 2. das Recht, den Inhaber einer Schankstätte zu zwingen, daß er für seinen Wirtschastsbedarf das Getränk aus einer bestimmten Fabrikationsstätte entnehme. Das nähere über die Ablösung dieser Rechte bestimmen die Landesgesetze. § 9. Streitigkeiten darüber, ob eine Berechtigung zu den durch die §§ 7 und 8 aufgehobenen oder für ablösbar erklärten gehört, sind im Rechtswege zu entscheiden. Jedoch bleibt den Landesgesetzen Vorbehalten, zu bestimmen, von welchen Behörden und in welchem Verfahren die Frage zu entscheiden ist, ob oder wie weit eine auf einem Grundstücke hastende Abgabe eine Grundabgabe ist, oder für den Betrieb eines Gewerbes entrichtet werden muß.

§ 10. Ausschließliche Gewerbeberechügungen oder Zwangs- und Bannrechte, welche durch Gesetz aufgehoben oder für ablösbar erklärt worden sind, können fortan nicht mehr erworben werden. Realgewerbeberechügungen dürfen fortan nicht mehr begründet werden. § 11. Das Geschlecht begründet in Beziehung auf die Befugnis zum selbständigen Bettieb eines Gewerbes keinen Unterschied.")

§ 11a. Betreibt eine Ehefrau, für deren güterrechtliche Verhält­ nisse ausländische Gesetze maßgebend sind, im Jnlande selbständig ein Gewerbe, so ist es auf ihre Geschäftsfähigkeit in Angelegenheiten des Gewerbes ohne Einfluß, daß sie Ehefrau ist. 14) Durch Art. 36 oes EG. z. BGB. ist der Abs. 2 deS 8 11 der GewO» aufgehoben und statt dessen § 11 a eingeschoben.

B IV 1. Gewerbeordnung 88 12 u. 13.

551

Soweit die Frau infolge des Güterstandes in der Verfügung über ihr Vermögen beschränkt ist, finden die Vorschriften des § 1405 des BGB. Anwendung. Hat die Frau ihren Wohnsitz nicht im Jnlande, so ist der Einspruch des Mannes gegen den Betrieb des Ge­ werbes und der Widerruf der erteilten Einwilligung in das Güter­ rechtsregister des Bezirkes einzutragen, in welchem das Gewerbe be­ trieben wird.

Betreibt die Frau das Gewerbe mit Einwilligung des Mannes oder tzilt die Einwilligung nach § 1405 Abs. 2 des BGB. als erteilt, so haftet für die Verbindlichkeiten der Frau aus dem Gewerbebetrieb ihr Vermögen ohne Rücksicht auf die dem Manne kraft des Güter­ standes zustehenden Rechte; im Falle des Bestehens einer ehelichen Gütergemeinschaft haftet auch das gemeinschaftliche Vermögen.

§ 12. Die Zulassung einer ausländischen juristischen Person zum Gewerbebetrieb im Inland bedarf der Genehmigung des Reichswirt­ schaftsministers und des sonst zuständigen Reichsministers. Bestim­ mungen in Staatsverträgen bleiben unberührt.15)16 Diejenigen Beschränkungen, welche in betreff des Gewerbebetriebs für Personen des Soldaten- und Beamtenstarides") sowie deren Angehörige bestehen, werden durch das gegenwärtige Gesetz nicht berührt.

§ 13. Von dem Besitze des Bürgerrechts sott die Zulassung zum Gewerbebetrieb in keiner Gemeinde und bei keinem Gewerbe ab­ hängig sein. Nach dem begonnenen Gewerbebetrieb ist, soweit dies in der be­ stehenden Gemeindeverfassung begründet ist, der Gewerbetreibende auf Verlangen der Gemeindebehörde nach Ablauf von drei Jahren ver­ pflichtet, das Bürgerrecht zu erwerben. Es darf jedoch in diesem Falle von ihm das sonst vorgeschriebene oder übliche Bürgerrechtsgeld nicht gefordert und ebenso nicht verlangt werden, daß er sein ander­ weit erworbenes Bürgerrecht aufgebe. 15) Geänd. durch § 27 EG. z. AktG. v. 30. Jan. 37 (RGBl. I S. 166). Vgl. dazu 8 16 d. EG. u. § 292 AktG. Staatsverträge über die Zulassung ausl. Aktiengesellschaften sind bisher nicht vorhanden.

16) Siehe Wehrgesetz v. 21. Mai 35 (RGBl. I S. 609) § 28 u. Reichsbeamtenges.v. 26. Jan. 37 (RGBl. 1 S. 39, Ber.S. 186), § 10, 158 u. Durchf.VO.; für Preußen auch noch 8 19 der GewO. v. 17. Jan. 45 (VMM. S. 118 u. 153), wonach die Ortsschulzen kein Schankgewerbe betreiben sollen, u. Reskr. v. 19. Mat 79 (BMBl. S. 158) u. AB. v. 6. Juli 23 (JMBl. S. 487) wegen Musikmachens der Beamten. (Betreffs der Reichsbeamten siehe Erl. d. RMJ. v. 1. Novbr. 29 (RMBl. S. 655.)

552

B IV. Handels- und Gewerberecht.

tlkl n.

Lkhru-er Geverdebttrkb.

I. Allgemeine Erfordernisse.

§ 14. Wer den felbftänbiflen17)18Betrieb 19 20 eines stehenden Getoctbed11) ansängt/") muß der für den Ort, wo solches geschieht, nach den Landesgesetzen zuständigen Behörde") gleichzeitig Anzeige davon machen.") Diese Anzeige liegt auch demjenigen ob, welcher zum Be­ trieb eines Gewerbes im Umherziehen (Titel III) befugt ist. Außerdem hat, wer Versicherungen für eine Mobiliar- oder Jmmobiliar-Feuerversicherungs-Anstalt als Agent oder Unteragent 17) Selbständig ist jeder Gewerbebetrieb, welcher für eigene Rechnung und unter eigener Verantwortlichkeit betrieben wird, auch wenn der Eigentümer deS Lokals dem Gewerbetreibenden bezüglich der Art und deS Umfange- deS Be­ triebe- vertragsmäßig gewisse Beschränkungen auferlegt haben sollte. I o h o w 7 S. 207. Die Erteilung einer Schankerlaubnis ist für den Begriff nicht be­ stimmend. Posen GA. 60 S. 333. Der Betrieb einer Warenhaußkantine gehört nicht hierher. DIZ. 7 S. 582. Gewerbsmäßiges vermieten von Wohnungen liegt nicht vor, wenn die Vermietung nur erfolgt, um die Kosten der eigenen Wohnung zu verringern. Hamburg DRZ. 24 Nr. 238. Wer ein Gewerbe ohne Auftrag und ohne Vorwissen eines anderen betreibt, haftet auch dann al- selbständiger und allein verantwortlicher Unternehmer, wenn er den Gewinn diesem anderen zuwendet (Lagerhalter eines Konsumvereins). KG. DIZ. 11 S. 265. Ein Architekt und Bauleiter, der nebenher Grundstücksverwaltungen betreibt, braucht letztere nicht anzumelden. Hamburg OLG. JurW. 1934 S. 1304. 18) Zum Betriebe eines stehenden Gewerbes ist eine Gewerbsanlage nicht erforderlich. E. 11 S. 309. Siehe auch GA. 58 S. 255 und bez. eines Maurers beim Neubau OLG Kiel, HRR. 1935 Nr. 1722. — Über Bäckerei allandwirtschaftlicher Nebenbetrieb s. OLG. Köln, HRR. 1935 Nr. 1721. 18 a) Der Anfang selbst. Gew.betriebS liegt z. B. in der Zeitung-anzeige deS Rechtskonsulenten, in der er sich zur Erledigung von RechtSgesch. anbietet. Kiel HRR. 1933 Nr. 1631. 19) Da- ist in Preußen die Gemeindebehörde. OR. 14 S. 624. 20) Die Anzeige muß für jeden Gewerbebetrieb besonder- gemacht werden und dieser muß selbständig sein, E. 71 S. 190. Auch da- Betriebslokal muß bezeichnet werden. OBG. E. 11 S. 318. Ob bei Erweiterungen de- bestehenden Betriebes oder Beginn eines zweiten Betriebe- Neuanmeldung erforderlich ist, darüber besagt das Gesetz nicht-; jedenfalls dann ist aber keine Neuanmeldung nötig, wenn der Gewerbebetrieb nach außen hin dieielbe Einheit bleibt und der Zusammenhang mit dem bisherigem Betrieb gewahrt bleibt, Hamb. OBG. Reger, Entsch. 1937 Bd. 57 S. 4; dasselbe gilt bei Anfang neuen wesenSverwandten Gewerbezweiges, OLG. Dresden JurW. 1934 S. 996. Anzeige­ pflichtig ist auch da- Gewerbe eine- DarlehngeberS. JurW. 57 S. 2637; deLgl. eines auf Gewinn gerichteten freien Wissenschaft!. Beruf- (Einpauker-). Naumburg DRZ. 20 Nr. 864. Ebenso daS Bersteigerergewerbe, § 24 Abs. 3 der DurchfBO. z. versteigererges. v. 30. Okt. 34 (RGBl. I S. 1091); vgl. Anm. 71 zu § 35. Der Gewerbetreibende, nicht der verantwort!. Leiter ist zur Anzeige verpflichtet. Dresden JurW. 61 S. 1672. Nicht anzeigepflichtig ist der verbotene Gewerbebetrieb. Dresden LZ. 27 S. 64. Anmeldepflicht besteht selbständig neben der deS § 35 Abs. 7 BayObLG. JurW. 1934 S. 1178.

B IV 1. Gewerbeordnung §§ 15 u. 15 a.

553

vermitteln will, bei Übernahme der Agentur, und derjenige, welcher dieses Geschäft wieder aufgibt, oder welchem die Versicherungsanstalt

den Auftrag wieder entzieht, innerhalb der nächsten acht Tage der zu-

ständigen Behörde seines Wohnorts davon Anzeige zu machen. Buchund Steindrucker, Buch- und Kunsthändler, Antiquare, Leihbiblio­ thekare, Inhaber von Lesekabinetten, Verkäufer von Druckschriften,

Zeitungen und Bildern haben bei der Eröffnung ihres Gewerbebetriebs das Lokal desselben sowie jeden späteren Wechsel des letzteren spätestens

am Tage seines Eintritts der zuständigen Behörde ihres Wohnorts an­ zugeben.") $ 16. Die Behörde bescheinigt innerhalb dreier Tage den Emp­ fang der Anzeige.

Die Fortsetzung des Betriebs kann polizeilich verhindert wer­ den,") wenn ein Gewerbe, zu dessen Beginn eine besondere Ge­

nehmigung erforderlich ist, ohne diese Genehmigung begonnen wird.

Tas gleiche gilt, wenn entgegen den Vorschriften des § 34 b der Betrieb eines der dort genannten Gewerbe begonnen oder fort­

gesetzt wird, $ 16a.

») Gewerbetreibende, die einen offenen Laden") haben

oder Gast- oder Schankwirtschaft betteiben, sind verpflichtet, ihren

Familiennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen"*) 21) Der Inhaber eines LergnügungsctabliffementS betreibt durch den Verkauf von Ansichtspostkarten kein von seinem WirtschastSbetrieb getrenntes Gewerbe. Celle GA. 49 S 356. 22) Siehe über die Wegnahme von Gasthausschildern. OVG. E. 1 S. 319. Auch ein noch nicht begonnener Betrieb kann gehindert werden. Über den von der Polizeibehörde auszuübenden Zwang siehe OVG. E. 2 S. 295 u. E. 5 S. 278, sowie E. 32 S. 290, wo die Unzulässigkeit der Verbindung von Zwangs­ mitteln ausgesprochen wird. Ein Zwang durch Versiegelung der GewerbSräume, um die Fortsetzung deS Betriebes zu hindern, ist statthaft. E. 22 S. 5. 22 a) Ter letzte Satz ist durch Ges. v. 6. Juli 38 (RGBl. I S. 823) ein­ gefügt. 23) Offener Laden setzt ein GeschüftSlokal voraus, wo Waren feilgeboten werden und in daS jeder Kauflustige Einlaß erhält, gleichgültig in welchem Stockwerk und ob erst auf Klingeln, gleichgültig auch, auS welchen Personen­ kreisen sich die Kunden rekrutieren. KG. DIZ. 6 S. 215. Desgleichen ein offene- Warenlager, wenn in ihm Waren im Kkeinverkehr an jeden Kauf­ lustigen abgegeben werden. BayObLG. JurR. 1 Nr. 1415 (jedoch ist ein unter freiem Himmel befindlicher, lediglich eingezäunter Lagerplatz kein o. L.). Auch das Geschäftslokal eines mit Grabdenkmälern handelnden Kaufmanns kann ein Laden sein. KG. DIZ. 17 S. 1413; jedoch nicht ein HauS- oder Treppenauf­ gang. Naumburg HRR. 1931 Nr. 2092.

23 a) Die Inhaber eines fremdsprachlichen Vornamens sind nicht ver­ pflichtet, ihn in deutscher Form zu führen. Marienwerder GA. 51 S. 72. Für den Familiennamen ist maßgebend die ursprüngl. deutsche Namensform, die ev. das Gericht zu ermitteln hat. KG. GA. 77 S. 221. Der jüdische Inhaber

554

B IV. Handels- und Gewerberecht.

an der Außenseite oder am Eingänge des Ladens") oder der Wirtschaft in deutlich lesbarer Schrift anzubringen."^) Kaufleute, die eine Handelsfirma führen, haben zugleich die Firma in der bezeichneten Weise an dem Laden oder der Wirtschaft anzu­ bringen; ist aus der Firma der Familienname des Geschäftsinhabers mit dem ausgeschriebenen Vornamen zu ersehen, so genügt die An­ bringung der Firma. Auf offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien finden diese Vorschriften mit der Maßgabe Anwendung, daß für die Namen der persönlich haftenden Gesellschafter gilt, was in betreff der Namen der Gewerbetreibenden bestimmt Sind mehr als zwei Beteiligte vorhanden, deren Namen hier­ nach in der Aufschrift anzugeben wären, so genügt es, wenn die Namen von zweien mit einem das Vorhandensein weiterer Beteiligter andeutenden Zusatz ausgenommen werden. Die Polizeibehörde kann im einzelnen Falle die Angabe der Namen aller Beteiligter anordnen. II. Erfordernis besonderer Genehmigung.

(. Anlagen, welche einer besonderen Genehmigung bedürfen.

§ 16. Zur Errichtung von Anlagen,") welche durch die örtliche Lage oder die Beschaffenheit der Betriebsstätte für die Besitzer oder Bewohner der benachbarten Grundstücke oder für das Publikum übereiner Firma verstößt gegen §§ 15 a, 148 Abs. 1 Nr. 14 wie auch gegen § 4 UnlWG., wenn er um das Publikum über seine Rastezugehörigkeit zu täuschen, zwar die Firmenbezeichnung groß an seinen Laden anbringt, den Familiennamen aber klein und unauffällig, OLG. München, JurW. 1937 S. 2417. 23 b) Die Anschrift darf weder klein und versteckt, noch undeutlich, z. B. auf Pappkarton erfolgen. EU. d. SWiMin. v. 16. April 31. — HG. 743 Eine Ehefrau darf neben ihrem Namensschild nicht auch noch das Schild ihres Mannes als des früheren Geschäftsinhabers am Laden belasten. Dresden

LZ. 21 S. 1165. 23 c) Abs. 3 ist auf G. m. b. H. u. die Aktienges. nicht anwendbar. Erl. d.RWMin. v. 26. Mai 36 — V 8549/36. Hamburg JurW. 1934 S.1513. A. A. OLG. Darmstadt HRR. 1934 Nr. 1503. BadBGH., Reger, Entsch. Bd. 57 S. 150. Bei den G.'m. b. H. u. den AG. ist der Firmenname mit dem Zu­

satz „G. m. b. H." oder „AG. "anzubringen. OLG. Hamburg JurW. 37 S. 2906. 24) Eine Anlage ist nur dann anzunehmen, wenn sie auf eine gewisse längere Dauer einem Gewerbebetriebe zu dienen hat. Eine Ausrüstung mit bestimmten Werkzeugen ist nicht erforderlich. JurW. 536.1171. Durch die Genehmigung der Anlage im Sinne der GewO, wird die Genehmigung in bau- u. feuerpolizei­ licher Hinsicht nicht erübrigt. EZ. US. 185. Die Genehmigung muß vor Beginn! der Herrichtung der Anlage nachgesucht werden; sobald mit der letzteren begonnen, ist die Strafe verwirkt. Stenglein, Nebenges. Anm. 5. — § 16 bezieht sich nicht auf Anlagen, die land- und forstwirtschafüichen Zwecken

BIV 1. Gewerbeordnung § 16.

555

Haupt erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen Herdeiführen können, ist die Genehmigung der nach den Landesgesetzen zuständigen Behörde erforderlich. Es gehören dahin: Schießpulverfabriken,"») Anlagen zur Feuerwerkerei") und zur Bereitung von Zündstoffen"») aller Art, Gasbereitungs- und Gasbe­ wahrungsanstalten, Anstalten zur Destillation von Erdöl, Anlagen zur Bereitung von Braunkohlenteer, Steinkohlenteer und Koks sofern sie außerhalb der Gewinnungsorte des Materials errichtet werden, Glas- und Rußhütten, Kalk-, Ziegel- und Gipsöfen, Anlagen zur Gewinnung roher Metalle, Röstöfen, Metallgießereien, sofern sie nicht bloße Tiegelgießereien sind, Hammerwerke, chemische Fabriken aller Art, Schnellbleichen, Firnissiedereien, Stärkefabriken, mit Ausnahme der Fabriken zur BereitunFvon Kartoffelstärke, Stärkesirupsfabriken, Wachs­ tuch-, Darmsaiten, Dachpappen- und Dachfilzfabriken, Leim-, Tranund Seifensiedereien, Knochenbrennereien, Knochendarren, Knochenkochereien und Knochenbleichen, Zubereitungsanstalten für Tierhaare,

Talgschmelzen, Schlächtereien,") Gerbereien, Tierkörperbeseitigungsdienen. KG. GewArch. 7 S. 546; wohl aber aus solche Anlagen, die Gemeinden für eigenen Bedarf errichten. OLG. GA. 65 S. 561. 24 a) Siehe § 3 Wafsenges. unter B 111 9. Ferner Eprengstoffges., unter Bill 8. 25) Zur Fcuerwerkerei gehört auch die Anfertigung von Metallpatronen. Vgl. Erl d. RWiMin. v. 16. Febr. 32 — Illa 2137. 25 a) Nach 8 40 des Zündwarenmonopolgesetz, v. 29. Jan. 1930 (RGBl. 1 S. 11) — DurchsB. v. 27. Mai 30 (RGBl. I S. 176) — wird, wer vorsätzlich, ohne dazu nach diesem Ges. berechtigt zu sein, Zündwaren herstellt oder entgegen diesem Ges. Zündwaren vertreibt oder erwirbt, mit Geldstrafe oder mit Gefängnis biS zu einem Jahr bestraft. Der Versuch ist strafbar. Wer die Tat fahrlässig begeht, wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis b:8 zu drei Monaten bestraft. Nach 8 41 wird mit Geldstrafe bestraft, wer vorsätzlich einen anderen als den gemäß § 31 deS Ges. festgesetzten Kleinverkaufspreis fordert oder sich von einem anderen gewähren oder versprechen läßt. Die Vorschriften der GewO, über die Errichtung und den Betrieb von An­ lagen zur Herstellung von Zündwaren bleiben unberührt; auch im übrigen finden die Vorschriften der GewO, insoweit Anwendung, als sie nicht den Vor­ schriften dieses Gesetzes entgegenstehen (§ 39). 26) Eine Schlächterei setzt keine besondere bauliche Anlage voraus. R. 8 S. 764. Der Verkauf selbstgemästeter u selbstgeschlachteter Schweine ist ein Nebenbetrieb der Landwittschaft. Celle JurW. 57 S. 2481. Marienwerder JurW. 61 S. 1595. Braunschweig HRR. 1933 Nr. 1724 (auch Brotbacken). A. M. BayvbLG. JurW. 59 S. 2440. Köln DRZ. 23 Nr. 625; nach KG. JFGErg. 9 S. 241 nur dann, wenn bes. Umstände deS Betriebs die Art der Verwertung des Fleisches an Stelle des üblichen Verkaufs des lebenden ViehS notwendig machen. Nach Üblichkeit zu entscheiden. OLG. Dresden. JurW. 1934 S. 1435. — Fisch- u. Geflügelschlächtereien gehören nicht hierher. OLG. E. 32 S. 248.

556

B IV. Handel-- und Gewcrberecht.

anstalten,") Soubretten* und Düngpulverfabriken, Stauanlagen für Wassertriebwerke (§ 23), Hopsenschwefeldörren, Asphaltkochereien und Pechsiedereien, soweit sie außerhalb der Gewinnungsorte des Materials errichtet werden, Strohpapierstoffabriken, Darmzubereitungsanstalten, Fabriken, in welchen Dampfkessel oder andere Blechgefäße durch Ver­ nieten hergestellt werden,") Kalifabriken und Anstalten zum Impräg­ nieren von Holz mit erhitzten Teerölen, Kunstwollesabriken, Anlagen zur Herstellung von Zelluloid und Dsgrasfabriken, die Fabriken, in welchen Röhren aus Blech durch Vernieten hergestellt werden, sowie die Anlagen zur Erbauung eiserner Schiffe, zur Herstellung eiserner Brücken oder sonstiger eiserner Baukonstruktionen, die Anlagen zur Destillation oder zur Verarbeitung von Teer und von Teerwasser, die Anlagen, in welchen aus Holz oder ähnlichem Fasermaterial aus chemischem Wege Papierstoff hergestellt wird (Zellulosefabriken), die Anlagen, in welchen Albuminpapier hergestellt wird, die Anstalten zum Trocknen und Ein­ salzen ungegerbter Tierfelle sowie die Verbleiungs-, Berzinnungs­ und Verzinkungsanstalten, die Anlagen zur Herstellung von Gußstahlkugeln mittels Kugelschrotmühlen (Kugelfräsmaschinen), die Anlagen zur Herstellung von Zündschnuren und von elektrischen Zündern. Das vorstehende Verzeichnis kann, je nach Eintritt ober Wegfall der im Eingänge gedachten Voraussetzung, durch Beschluß des Bundes» rats, vorbehaltlich der Genehmigung des nächstfolgenden Reichstags, abgeändert werden?')

§ 17. Dem Antrag auf die Genehmigung einer solchen Anlage müssen die zur Erläuterung erforderlichen Zeichnungen und Beschrei­ bungen beigefügt werden.") 27) Vgl. das Tierkörperbeseitigungsges. v l.Febr. 39 (RGBl.I S 187), durch das die unschädliche Beseitigung von Tierkörpern gefallener oder tot­ geborener, nicht zum Genuffe für Menschen getötcten Einhufern, Tieren deS Rindergeschlechtes, Schweinen, Schafen. Ziegen und zünden einheitlich geregelt wird. Strafbestimmung in § 16. Durch $ 14 Abs. 2 ist der 8 16 Abs. 2 der GewQ. dahin geändert, daß das Wort „Abdeckereien" durch „Tierkörperbeseitigungsanstalten" ersetzt wird. Erste DurchfBO. v 23. Febr. 39 (RGBl. I S. 332), zweite v. 17. April 39 (RGBl. 1 S. 807). 28) Dahin gehören auch Anlagen zur Reparatur von Dampfkesseln durch Vermieten rc. KG. v. 17. Juni 95, GA. 43 S. 141. 29) Bezüglich elektrischer Anlagen siehe § 12 bc8 Ges. v. 6. April 92 (RGBl. S. 467). Nicht fallen hierunter SauggaSanlagen. DIZ. US. 90. 30) Der Unternehmer, der eS fahrlässig Unterlasten hat, eine zur Sicher­ heit der Arbeiter erforderliche Schutzvorrichtung anzubringen, kann sich nicht mit dem Einwande schützen, daß die ihm erteilte Konzession die Herstellung einer solchen Vorrichtung nicht vorgeschrieben habe. E. 18 S. 73. Geht die Anlage auf einen neuen Erwerber über und vermietet dieser dieselbe an einen Dritten, so bleibt er für die Innehaltung der Konzessionsbedingungen verantwortlich.

557

BIV 1. Gewerbeordnung §§ 18—20.

Ist gegen die Vollständigkeit dieser Vorlagen nichts zu erinnern, so wird daS Unternehmen mittels einmaliger Einrückung in das zu

den amtlichen Bekanntmachungen der Behörde (§ 16) bestimmte Blatt

zur öffentlichen Kenntnis gebracht, mit der Aufforderung, etwaige Einwendungen gegen die neue Anlage binnen vierzehn Tagen anzu­ bringen.

Die Frist nimmt ihren Anfang mit Ablauf des Tages, an

welchem daS die Bekanntmachung enthaltende Blatt auSgegeben worden, und ist für alle Einwendungen,

welche

nicht

auf

privatrechtlichen

Titeln beruhen,") präklusivisch. § 18.

Werden keine Einwendungen angebracht, so hat die Be­

hörde zu prüfen, ob die Anlage erhebliche Gefahren, Nachteile oder

Belästigungen für daS Publikum herbeiführen könne.

Auf Grund

dieser Prüfung, welche sich zugleich auf die Beachtung der bestehenden

bau-, feuer- und gesundheitspolizeilichen Vorschriften erstreckt, ist die Genehmigung zu versagen, oder, unter Festsetzung der sich als nötig

ergebenden Bedingungen, zu erteilen.

Zu den letzteren gehören auch

diejenigen Anordnungen, welche zum Schutze der Arbeiter gegen Ge­ fahr für Gesundheit und Leben notwendig sind.

Der Bescheid ist

schriftlich auSzufertigen und muß die festgesetzten Bedingungen ent­

halten; er muß mit Gründen versehen sein, wenn die Genehmigung

versagt oder nur unter Bedingungen erteilt wird. § 19.

Einwendungen,

welche

auf besonderen

privattechtlichen

Titeln beruhen, sind zur richterlichen Entscheidung zu verweisen, ohne

daß von der Erledigung derselben die Genehmigung der Anlage ab­ hängig gemacht wird.

Andere Einwendungen dagegen sind mit den Parteien vollständig

zu erörtern.

Nach Abschluß dieser Erörterung erfolgt die Prüfung und

Entscheidung nach den im § 18 enthaltenen Vorschriften.

Der Bescheid

ist sowohl dem Unternehmer als dem Widersprechenden zu eröffnen. § 19 a. In dem Bescheide kann dem Unternehmer auf seine Gefahr,

unbeschadet deS Rekursverfahrens (§ 20), die unverzügliche Ausführung der baulichen Anlagen gestattet werden, wenn er dies vor Schluß der

Erörterung beanttagt.

Die Gestaltung kaun von einer Sicherheits­

leistung abhängig gemacht werden. § 20.

Gegen den Bescheid ist Rekurs an die uächstvorgesetzte Be­

hörde zulässig, welcher bei Verlust desselben binnen vierzehn Tagen, vom Tage der Eröffnung deS Bescheids

an gerechnet, gerechtfertigt

werden muß. KG. GA. 37 S. 455. Die Einwendungen müssen sich gegen die geplante Anlage richten. SächsOBG. v. 31. Dezbr. 02, DIZ. 9 S. 1096. 31) Nicht hierher sind die aus dem Nachbarrecht beruhenden Einwen­ dungen zu rechnen.

558

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Der Rekursbescheid ist den Parteien schriftlich zu eröffnen und muß mit Gründen versehen sein. § 21.

Die näheren Bestimmungen über die Behörden und daS

Verfahren, sowohl in der ersten als in der RekurSinstanz, bleiben den Landesgesetzen Vorbehalten.") Es sind jedoch folgende Grundsätze

einzuhalten: 1. In erster oder in zweiter Instanz muß die Entscheidung durch eine kollegiale Behörde

erfolgen.

Diese Behörde

ist befugt, Unter­

suchungen an Ort und Stelle zu veranlassen, Zeugen und Sachver­

ständige zu laden und eidlich zu vernehmen, überhaupt den angetretenen Beweis in vollem Umfange zu erheben.

2. Bildet die kollegiale Behörde die erste Instanz, so erteilt sie ihre Entscheidung in öffentlicher Sitzung, nach erfolgter Ladung und

Anhörung der Parteien, auch in dem Falle, wenn zwar Einwendungen

nicht angebracht sind, die Behörde aber nicht ohne weiteres die Ge­

nehmigung erteilen will,

und der Antragsteller

innerhalb vierzehn

Tagen nach Empfang des die Genehmigung versagenden oder nur unter Bedingungen erteilenden Bescheids der Behörde auf mündliche

Verhandlung anträgt. 3. Bildet die kollegiale Behörde die zweite Instanz, so erteilt sie

stets ihre Entscheidung in öffentlicher Sitzung, nach erfolgter Ladung und Anhörung der Parteien.

4. Als Parteien sind der Unternehmer (Antragsteller), sowie die­ jenigen Personen zu betrachten, welche Einwendungen erhoben haben. ör DK Öffentlichkeit der Sitzungen kann unter entsprechender

Anwendung

der §§ 172—175 des Gerichtsverfassung-gesetze-

aus­

geschlossen oder beschränkt werden.

§ 21 a.

Die Sachverständigen (§ 21 Ziffer 1) haben über die

Tatsachen, welche durch da- Verfahren zu ihrer Kenntnis kommen, Verschwiegenheit zu beobachten und sich der Nachahmung der von dem

Unternehmer geheim gehaltenen, zu ihrer Kenntnis gelangten Betriebs­ einrichtungen und Betriebsweisen, solange al- diese Betriebsgeheimniffe sind, zu enthalten.

8 22. Die durch unbegründete Einwendungen erwachsenden Kosten fallen dem Widersprechenden, alle übrigen Koste«, welche durch das

Verfahren entstehen, dem Unternehmer zur Last. 32) DaS KreiSgericht tStadtverwaltungSgericht) beschließt über Anträge aus Genehmigung zur Errichtung oder Veränderung gewerblicher Anlagen. § 109 deS Zustäud.Ges. v. 1. Aug. 83 (GS. S. 237), und soweit die Be­ schlußfassung nicht dem KreiS- bzw. Stadtverwaltungsgericht zusteht, beschließt das Bezirksverwaltungsgericht. §110.

B IV 1. Gewerbeordnung §§ 22 a—24.

559

In den Bescheiden über die Zulässigkeit der neuen Anlage wird

zugleich die Verteilung der Kosten festgesetzt. § 22 a.

Anlagen im Sinne deS § 16 können von den obersten

Landesbehörden genehmigt werden,

ohne daß eS eines Verfahrens

nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 17—21 bedarf, sofern ein öffent­ liche- Interesse an der Errichtung der Anlage besteht."»)

§ 23. Bei den Stauanlagen für Waffertriebwerke sind außer den Bestimmungen der §§ 17—22 a"*) die dafür bestehenden landesgesetz­

lichen Vorschriften anzuweuden.") Der Landesgesetzgebung bleibt vorbehalten, die fernere Benutzung

bestehender und die Anlage neuer Privatschlächtereien tn solchen Orten,

für welche öffentliche Schlachthäuser in genügendem Umfange vorhanden sind oder errichtet werden, zu untersagen.") Toweit durch landesrechtltche Vorschriften Bestimmungen "*) ge­

troffen werden, wonach gewiße Anlagen oder gewisse Arten von An­ lagen in einzelnen Ort-teilen gar nicht oder nur unter besonderen Beschränkungen zugelasseu sind, finden diese Bestimmungen auch auf

Anlagen der im § 16 erwähnten Art Anwendung.

§ 24. Die Anlegung und der Betrieb von Dampflesseln bedarf der Genehmigung der zuständigen Behörde.

Der Reichswirtschafts­

minister erläßt die auf dem Gebiete des Dampfkesselwesens erforder­ lichen Rechts- und Verwaltungsanordnungen.")

Er kann hierbei

bestehende landesrechtliche Vorschriften abändern oder aufheben.

32 a) Wortlaut gern. Gesetz zur Änderung der GewO. v. 3. Juli 34 (RGBl. I S. 566). 33) Die Errichtung einer Stauanlage ist strafbar, wenn auch daS Wasser­ werk noch nicht in Betrieb gesetzt ist. E. 1 S. 103. Wasserräder u. Turbinen sind Bestandteile der Stauanlage. OBG. GA. 50 S. 418. 34) Vgl. Ges. v. 3. Juni 00 betr. Schlachtvieh- u. Fleischbeschau (RGBl. S. 547) nebst Änderungen v. 15. April 30 (RGBl. I S. 131), 13. Dezbr. 35 (RGBl. IS. 1447) u. preuß. AusführungSges. dazu v. 28. Juni 02 (GS. S. 229) mit ÄndGes. v. 18. Mai 33 (GS. S. 185). 34 a) Hierzu gehört auch das Naturschutzges. Flächen, die von Industrie und Gewerbe in Betrieb genommen sind, sollen aber nicht beeinträchtigt werden. Erl. d. RuPrWirtschMin. v. 12. Mai 36, Nachr.Bl. f. Naturschutz 1936 Nr. 7. 35) § 24 neugefaßt d. BO. v. 30. Septbr. 37 (RGBl. I S. 918). Einrichtung einer Reichshauptstelle für technische Überwachung durch BO.

v. 19. März 38 RGBl. I S. 297). Siehe sonst bisher allgemeine polizelltche Bestimmungen über die Anlage von Dampfkesseln v. 17.Dezbr. 08 (RGBl. 09 S. 3) bez. Landdampfkessel, vom gleichen Tage (ebenda S. 51) bez. Schiffs­ dampfkessel; Änderungen u. Ergänzungen v. 2. März 12, v. 14. Dezbr. 13, v. 15. Aug. 14 (RGBl. S. 188,781,373), v. 25. April 22 (RGBl. 1 S. 469), v. 27. April 23 (RGBl. S. 263), v. 14. Dezbr. 23 (RGBl. I S. 1229), v. 22. Dezbr. 28 (RGBl. I 1929 S. 2), v. 23. Febr. 34 (RGBl. I S. 126 U. 127) u. v. 28. Jan. 35 (RGBl. I S. 75, 76) nebst AndBO. v. 27. Aug. 36 (RGBl. I S. 706).

560

BIV. Handels- und Gewerberecht.

Der Reichswirtschaftsminister

wird ermächtigt,

entsprechende

Regelungen auch für andere Anlagen zu treffen, die mit Rücksicht auf ihre für die Allgemeinheit bestehende Gefährlichkeit einer besonderen Überwachung bedürfen. Der Reichswirtschaftsminister kann auf dem Gebiete der über­ wachungspflichtigen technischen Anlagen Zusammenschlüsse bilden und die Zugehörigkeit zu solchen Zusammenschlüssen anordnen.

§ 25. Die Genehmigung zu einer der in den j§§ 16 und 24 be­ zeichneten Anlagen bleibt solange in Kraft, als keine Änderung in der Lage der Beschaffenheit der Betriebsstätte vorgenommen wird, und bedarf unter dieser Voraussetzung auch dann, wenn die Anlage an einen neuen Erwerber übergeht, einer Erneuerung nicht. Sobald aber eine Veränderung der Betriebsstätte vorgenommen wird, ist dazu die Genehmigung der zuständigen Behörde nach Maßgabe der §§ 17 bis 23 einschließlich beziehungsweise des § 24 notwendig. Eine gleiche Genehmigung ist erforderlich bei wesentlichen 86 *) Veränderungen in dem Betrieb einer der im § 16 genannten Anlagen. Die zu­ ständige Behörde kann jedoch auf Antrag des Unternehmers von der Bekanntmachung (§ 17) Abstand nehmen, wenn sie die Überzeugung gewinnt, daß die beabsichtigte Veränderung für die Besitzer oder Be­ wohner benachbarter Grundstücke oder das Publikum überhaupt neue oder größere Nachteile, Gefahren oder Belästigungen, als mit der vorhandenen Anlage verbunden sind, nicht herbeiführen werde. Diese Bestimmungen finden auch auf Anlagen8") (§§ iß und 24)

Anwendung, welche bereits vor Erlaß dieses Gesetzes bestanden haben.

§ 26. Soweit die bestehenden Rechte zur Abwehr benachteiligen­ der Einwirkungen, welche von einem Grundstück aus auf ein benach­ bartes Grundstück geübt werden, dem Eigentümer oder Besitzer des letzteren eine Privatklage gewähren, kann diese Klage einer mit obrig­ keitlicher Genehmigung errichteten gewerblichen Anlage gegenüber nie­

mals auf Einstellung des Gewerbebetriebes, sondern nur auf Herstellung von Einrichtungen, welche die benachteiligende Einwirkung ausschließtn, oder, wo solche Einrichtungen untunlich oder mit einem gehörigen Be­

triebe des Gewerbes unvereinbar sind, auf Schadloshaltung gerichtet werden.88«)

35 a) Wesentl. ist jede Veränder., die gegenüber der erteilt. Konzession sach­ lich die Grenzen der Geringfügigkeit überschreitet. Franks. GA. 49 S. 859. Hamb. OBG. Reger, Entsch. Bd. 55 S. 6. 35b) Nicht nur die gewerblichen, BO. v. 30. Aug. 87 (RGBl. IS. 918). 35c) § 26 gilt entsprechend für Flughafen, gleich ob dieser gewerblichen oder öffenllichen Zwecken dient, § 10 LuftverkehrsGes. v. 21. Aug. 36 (RGBl. I S. 653).

561

BIV 1. Gewerbeordnung §§ 27—29.

$ 27. Tie Errichtung oder Verlegung solcher Anlagen, deren Betrieb mit ungewöhnlichem Geräusche verbunden ist, muß, sofern sie nicht schon nach den Vorschriften der §§ 16 bis 25 der Genehmigung bedarf, der Ortspolizeibehörde angezeigt werden. Letztere hat, wenn in der Nähe der gewählten Betriebsstätte Kirchen, Schulen oder andere öffentliche Gebäude, Krankenhäuser oder Heilanstalten vorhanden sind, deren bestimmungsmäßige Benutzung durch den Gewerbebetrieb auf dieser Stelle eine erhebliche Störung erleiden würde, die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde darüber einzuholen, ob die Aus­ übung des Gewerbes an der gewählten Betriebsstätte zu untersagen oder nur unter Bedingungen zu gestatten fei.86d)

§ 28. Tie höheren Verwaltungsbehörden sind befugt, über die Entfernung, welche bei Errichtung von durch Wind bewegten Trieb­ werken von benachbarten fremden Grundstücken und von öffentlichen Wegen innezuhalten ist, durch Polizeiverordnungen Bestimmung zu treffen.

2.

Gewerbetreibende, welche einer besonderen Genehmigung bedürfen.

§ 29. Einer Approbation, welche auf Grund eines Nachweises der Befähigung erteilt wird, bedürfen Apotheker«) und diejenigen Per­ sonen, welche sich als Arzte (Wundärzte, Augenärzte, Geburtshelfer,") Zahn­ ärzte 37a) und Tierärzte") oder mit gleichbedeutenden Titeln bezeichnen oder

35 d) Unberührt ist daS Recht der Polizei, nach Maßgabe deS Landesrechts gegen übermäßigen Lärm bei nicht gewerblichen Anlagen einzuschreiten. KayserSteiniger Anm. 7. OBG. GewArch. 4 S. 5. 36) Apotheker unterstehen nicht mehr der GewO. Vgl. §§ 1—4, 27 der ReichsapothekerO. v. 18. April 37 (RGBl. I S. 457); dazu DurchfBO. v. 8. Oktbr. 37 u. BestallungsO. v. 8. Oktbr. 37 (RGBl. I S. 1117, 1118). An die Stelle der Approbation ist die Bestallung getreten. 37) Ärzte unterstehen nicht mehr der GewO. Vgl. §§1,2, 85 der ReichsärzteO. v. 13. Dezbr. 35 (RGBl. J S. 1433). An die Stelle der Approbation ist die Bestallung getreten. 37 a) Bis zum Erlaß der beabsichtigten ReichszahnärzteO. gilt die GewO, noch für Zahnärzte. Die §§ 29, 40 Abs. 1, 53 Äbs. 1, 80 Abs. 2, 147 Abs. 1 Ziff. 3 gelten demnach nur noch für Zahnärzte. Soweit diese allerdings als Arzte bestallt sind, unterstehen sie der RArzteO. Das SächsOBG. v. 23. Oktbr. 36 (ZAkdR. 37 S. 121) will neuerdings die RÄrzteO. entsprechend zur Anwendung bringen, da nach der heutigen Anschauung die Anwendung der GewO, auf die Zahnärzte nicht mehr passe; ablehnend aber Landmann, Komm. z. GewO. 9. Aufl. Anm. 2 letzter Absatz zu § 29. 38) Tierärzte unterstehen nicht mehr der GewO. Für Tierärzte gilt die ReichstierärzteO. v. 3. April 36 (RGBl. I S. 347) nebst DurchfBO. v. 25. Juli 36 u. 5. März 37 (RGBl. I 36 S. 571, 37 278). An die Stelle der Approbation ist die Bestallung getreten. Vgl. Anm. 61 zu § 147. Dalcke, Strafrecht.

31. Aufl.

36

562

B IV. Handels- und Gewerberccht.

seitens des Staates oder einer Gemeinde als solche anerkannt oder mit amt­ Es darf die Approbation jedoch von der vorherigen akademischen Doktorpromotion nicht abhängig

lichen Funktionen betraut werden sollen.")

gemacht werden. Der Bundesrat bezeichnet mit Rücksicht auf das vorhandene

Bedürfnis in verschiedenen Teilen des Reichs die Behörden, welche für das ganze Reich gültige Approbationen zu erteilen befugt sind, und erläßt die Vorschriften über den Nachweis der Befähigung. Die Namen der Approbierten werden von der Behörde, welche die Appro­ bation erteilt, in den vom Bundesrate zu bestimmenden amtlichen Blättern veröffentlicht.39 40)41 42 43 Personen, welche eine solche Approbation erlangt haben, sind innerhalb des Reichs in der Wahl des Ortes, wo sie ihr Gewerbe be­ treiben wollen, vorbehaltlich der Bestimmungen über die Errichtung und Verlegung von Apotheken (§ 6), nicht beschränkt. Dem Bundesrate bleibt Vorbehalten, zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen Personen wegen wissenschaftlich erprobter Leistungen von der vorgeschriebenen Prüfung ausnahmsweise zu entbinden sind. Personen,welche vor Verkündigung dieses Gesetzes in einem Bundes­ staate die Berechtigung zum Gewerbebetriebe als Ärzte, Wundärzte, Zahnärzte, Geburtshelfer, Apotheker oder Tierärzte bereits erlangt haben, gelten als für das ganze Reich approbiert. § 30. Unternehmer von Privat-Kranken-, Privat-Entbindungsund Privat-Jrrenanstalten bedürfen einer Konzession der höheren Ver­ waltungsbehörde.") Die Konzession ist nm dann zu versagen: a) wenn Tatsachen") vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit") 39) Die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung ist jetzt im Hcilpraktikergesetz v. 17. Febr. 39 (RGBl. I S. 251) nebst DurchfvO. v. 18. Febr. 39 (RGBl. I S. 259) geregelt. Ohne Erlaubnis darf danach die Heilkunde nicht mehr ausgeübt werden. Strafbestimmung in § 5. Die Heil­ praktiker unterliegen nicht mehr der GewO. §56« Abs. 1 Nr. 1 und § 148 Abi. 1 Nr. 7« GewO traten nach § 8 Abi. 2 außer Kraft, soweit sie sich auf die Ausübung der Heilkunde im Sinne des Gesetzes beziehen. Die §§ 1, 5, 6 des Gesetzes sind abgedruckt unter II b Nr. 5. 40) Die Vorschrift über die Veröffentlichung ist bis auf weiteres außer Kraft gesetzt. Bek. v. 10. April 24 (RGBl. I S. 405). 41) Uber die Anträge entscheidet der Bezirksausschuß. § 115 des ZuständGef. Für einen approbierten Arzt als Unternehmer einer Privatklinik ist

fachärztl. Vorbildung nicht erfordert. OBG. v. 6. Novbr. 24, DIZ. 30 S. 590. 42) Dahin gehört auch ein Mangel an Fähigkeit zur Leitung einer solchen Anstalt. OBG. v. 28. Septbr. 78, E. 4 S. 337. Tatsachen sind sowohl Hand­ lungen alS Unterlassungen. OBG. v. 2. Juli 77, E. 3 S. 237. 43) Die Unzuverlässigkeit braucht nicht in der Leitung der betr. Anstalt hervorgetreten zu sein. OBG. v. 12. Mai 80, E. 6 S. 260. Bei Mißbrauch von Rauschgiften. OBG. JurW. 1934 S. 1270.

des Unternehmers in Beziehung auf die Leitung oder Ver­ waltung der Anstalt dartun,") b) wenn nach den von dem Unternehmer einzureichenden Be­ schreibungen und Plänen die baulichen und die sonstigen technischen Einrichtungen der Anstalt den gesundheitspolizei­ lichen Anforderungen nicht entsprechen, c) wenn die Anstalt nur in einem Teile eines auch von an­ deren Personen bewohnten Gebäudes untergebracht werden soll und durch ihren Betrieb für die Mitbewohner dieses Ge­ bäudes erhebliche Nachteile oder Gefahren Hervorrufen kann, d) wenn die Anstalt zur Aufnahme von Personen mit an­ steckenden Krankheiten oder von Geisteskranken bestimmt ist und durch ihre örtliche Lage für die Besitzer oder Bewohner der benachbarten Grundstücke erhebliche Nachteile oder Ge­ fahren Hervorrufen kann.

Vor Erteilung der Konzession sind über die Fragen zu c und d die Ortspolizei- und die Gemeindebehörden zu hören. Hebammen bedürfen eines Prüfungszeugnisses der nach den Landesgeseheu zuständigen Behörde.")

44) Zu dem Begriff einer Krankenanstalt gehört es, daß Kranke in dazu bereit gestellten Räumen ihren auf eine gewiffe Dauer berechneten Aufenthalt nehmen. E. 32 S. 235. KG. v. 2. Mai 95. Johow 16 S. 341. 46) Tas Hebammemvesen ist durch dasHebammenges.vom 2l.Dezbr. 38 (RGBl. I S. 1893 liebst DurchfBO. v. 3. März 39 (RGBl. I §. 417) unter Aufhebung der Ländergesetze einheitlich für das Reich neu geregelt worden. Auch der Hebammenberuf ist aus der GewO, berausgenommen morden und in einer der ethischen und volkspolitischen Bedeutung des Berufes entsprechen­ den Weise besonders geregelt worden. § 30 Abs. 3 GewO, ist demgemäß durch § 27 Abs. 3 des Gesetzes vom 21. Tezbr. 38 aufgehoben worden, straf­ rechtlich geahndet wird die Geburtshilfe von jemandem, der nicht als Heb­ amme anerkannt ist und Niederlassungserlaubnis besitzt. §§ 4,8 Abs. 4 und 21 haben folgenden Wortlaut: § 4. (1) Zur Geburtshilfe (Überwachung von Beginn der Wehen an und Hilfe bei der Geburt) sind außer den Ärzten nur grauen befugt, die von der zuständigen Behörde als Hebamme anerkannt sind und eine Nieder­ lassungserlaubnis besitzen. (2) Anderen Personen ist, abgesehen von Notfällen, die Geburtshilfe auch dann untersagt, wenn sie nicht gewerbs- oder gewohnheitsmäßig be­ trieben wird. (3) Zur Geburtshilfe in ärztlich geleiteten Entbindungs- und Kranken­ anstalten bedarf eine Hebamme keiner Niederlassungserlaubnis. (4) Zwischenstaatliche Verträge über die Tätigkeit der Hebammen in den Grenzgebieten bleiben unberührt. § 8. (4) Wenn der dringende Verdacht besteht, daß eine Hebamme sich einer schweren Verletzung ihrer Berufspflichten oder einer schweren straf­ rechtlichen Verfehlung schuldig gemacht hat, kann bis zur endgültigen Ent­ scheidung ein vorläufiges Verbot der Ausübung des Hebammenberufs gegen

36*

564

B IV. Handels- und Gewerberecht.

§ 30 a. Der Betrieb des Hufbeschlaggewerbes kann durch die Landesgesetzgebung47 * *)**von 49 * * der Beibringung eines Prüfungszeugnisses abhängig gemacht werden. Das erteilte Prüfungszeugnis gilt für den ganzen Umfang des Reichs. § 30 d. Orthopädische Maßschuhe dürfen nur im Handwerks­ betriebe eines Schuhmachermeisters angefertigt werden, der eine Zusatzprüfung bestanden hat. Der Reichswirtschaftsminister erläßt im Einvernehmen mit dem Reichsarbeitsminister und dem Reichs­ minister des Innern die näheren Bestimmungen."») 8 30 c 47b). Der Betrieb des Buchdruckergewerbes darf nur von solchen Personen ausgeübt werden, die im Besitze eines Prüfungs­ zeugnisses sind. Der Reichswirtschastswinister wird ermächtigt, die er­ forderlichen Ausführungsvorschristen zu erlassen; er kann hierbei ins­ besondere den Kreis der unter Abs. 1 fallenden Betriebe bestimmen.

§ 31. Seeschiffer,") Seesteuerleute,") Maschinisten") der See­ dampfschiffe und Lotsen müssen sich über den Besitz der erforderlichen Kenntnisse durch ein Befähigungszeugnis der zuständigen Verwal­ tungsbehörde ausweisen. Die Reichsregierung mit Zustimmung des Reichsrats (der SBimbea* rat) erläßt die Vorschriften über den Nachweis der Befähigung. Die sie verhängt werden, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr für Schwangere, Wöchnerinnen und Neugeborene notwendig ist. § 21. Wer entgegen den Vorschriften der §§ 4 oder 8 Abs. 4 die Geburts­ hilfe unbefugt ausüvt, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. 47) Für Preußen ist bas Gesetz betr. den Betrieb des Hufbeschlaggewerbes v. 18. Juni 84 (GS. S. 305) ergangen^ Danach ist der Betrieb des HufbeschlaggewerbeS von der Beibringung eines Prüfungszeugnisses abhängig gemacht, und zur Erteilung dieses Zeugnisses sind berechtigt: 1. die Innungen der Schmiede, welche von der höheren Verwaltungs­ behörde die Berechtigung zur Erteilung dieser Zeugnisse erhalten haben, 2. die vom Staate beitellten oder bestätigten Prüfungskommissionen, 3. die vom Staate eingerichteten oder anerkannten Hufbeschlagslehr­ anstalten und Militärschmieden, welchen, die Befugnis beigelegt wird. Vgl. dazu die PrüfungSordn. v. 23. Jan. 85 (VMBl. S. 31 u. 61). Beim Betriebe durch einen Siellvertr. muß dieser neben dem Betriebs­ inhaber daS Prüfungszeugnis besitzen. KG. DRZ. 37 S. 1553.

47a) Eingefügt durch Ges. v. 9. Septbr. 37 (RGBl. I S. 970). Nach Art. 3 dieses Ges. sind von der Vorschrift des Satz 1 des § 30b Personen befreit, die am 9. Sept. 37 bereits orthopädische Maßschuhe hergestellt haben. Vgl. DurchfBO. über die Herstellung orthopädischer Maßschuhe vom 8. Novbr. 38 (RGBl. I S. 1572). 47 b) Eingefügt durch BO. v. 21. April 38 (RGBl. 1S. 404) mit Wirkung v. 1. Mai 38. 49) Vgl. Schiffsbesatzungsordnung v. 29. Juni 31 (RGBl. H S. 517) nebst AndBO. vom 26. März 34 (RGBl. II S. 159) und v. 24. Mai 38 (RGBl. II S. 194).

BIV 1. Gewerbeordnung §§ 32—33 a.

565

auf Grund dieses Nachweises erteilten Zeugnisse gelten für das ganze Reich, bei Lotsen für das im Zeugnis angeführte Fahrwasser. Soweit in betreff der Schiffer und Lotsen auf Strömen infolge von Staatsverträgen besondere Anordnungen getroffen sind, behält es dabei sein Bewenden.

§ 32.®°) § 33«) § 33 a. Wer gewerbsmäßig Singspiele, Gesangs- und deklama­ torische Borträge,88) Schaustellungen88) von Personen oder theatralische

Vorstellungen, ohne daß ein höheres Interesse der Kunst oder Wissen­ schaft dabei obwaltet,8') in seinen Wirtschafts- oder sonstigen Räumen öffentlich veranstalten oder zu deren öffentlicher Veranstaltung seine Räume benutzen laffen will, bedarf zum Betriebe dieses Gewerbes der 50) Aufgehoben durch Theattrgesetz v. 15. Mai 34 (RGBl. I S. 411) § 9: „§ 32 der Gewerbeordnung wird aufgehoben. Die Gewerbeordnung mit Ausnahme des Titels VII und der ihn betreffenden Strafvorschriften findet auf Theater keine Anwendung. Die Zuständigkeit der Polizeibehörden gegenüber Theatern erstreckt sich nicht auf die Erledigung der künstlerischen Ausgabe der Theater. Theaterauf­ führungen dürfen im Polizeiwege nur dann untersagt werden, wenn unmittel­ bare Gefahr für bie öffentliche Sicherheit oder Ordnung droht." — Gemäß § 1 sind die Theater „hinsichtlich der Erfüllung ihrer Knlturaufgabe der Führung des Reichsministers für Bolksaufklärung und Propaganda" unterstellt. Stölzel, DIZ.34 S.979 hält trotz der Aufhebung behördliche Erlaub­ nis für einen der Kleinkunst dienenden Schauspielunternehmer für erforderlich. 51) § 33 ist durch § 32 des Gaststättenges., s. unter BIV 8, aufgehoben. 52) Der Charakter von Gesangtzvorträgen wird nicht dadurch beseitigt, daß das Publikum den Refrain von den durch eine Einzelperson vorgetragenen Liedern mitsingt. Königsberg IurW. 60 S. 1396. 53) Maßgebend für die Frage, ob eine Vorführung als Schaust, von Pers, oder als theatral. Borst, anzuseheu ist, ist das verschiedene Interesse des Publi­ kums, zu dessen Befriedig, die eine oder andere Art von Darbietung bestimmt ist, ob zur Befriedig, der reinen Schaulust oder des Interesses an dem Inhalt der Vorstellung. Köln HRR. 1932 Nr. 221. Nach BayOdLG. IurW. 61 S. 2735 ist unter theatral. Borstell die bühnenmäßige Darstellung eines Vor­ gangs durch lebende, handelnde Personen u. unter Schauspiel die Vorführung einer gedachten Handl, durch mehrere Personen mittels Rede, Gesang oder Ge­ bärde zu verstehen. Alle Gewerbetreibenden, für deren Leistungen ein höheres Kunftjnteresse anzunehmen ist, werden heute von der Reichskultur­ kammer erfaßt, RKulturKGes. v. 22. Septbr. 33 (RGBl. I S. 661) u. §§ 4, 6,151. DurchfBO. v. 1. Novbr. 37 (RGBl. I S. 797). Unter Berücksichtigung dessen ist die Entsch. der Berw.Behörde zu treffen. 57) Wenn auch ein Kaffeehaus nicht den geeigneten Rahmen für höheren Kunstgenuß bietet, so ist doch in einem solchen daS Obwalten eines höheren Inter­ esses nicht ganz ausgeschlossen. Hamburg GA. 63 S. 129. Vorstellungen können erlaubnispflichtig werden, wenn Einlagen ohne höheres Kunstinteresse geboten werden. Hamburg DStZ. 6 S. 331. Erlaubnispflichtig ist auch die Aufführung eines Sketsch. KG. IurW. 54 S. 660.

566

BIV. Handels- und Gewerberecht.

Erlaubnis ohne Rücksicht auf die etwa bereits erwirkte Erlaubnis zürn Betriebe des Gewerbes als Schauspieluuternehmer?8) Tie Erlaubnis ist nur dann zu versagen: 1. wenn gegen den Nachsuchenden Tatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß die beabsichtigten Veranstaltungen den Gesetzen oder guten (Sitten68*) zuwiderlaufen werden; 2. wenn das zum Betriebe des Gewerbes bestimmte Lokal wegen seiner Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügt; 3. wenn der den Verhältnissen des Gemeindebezirkes entsprechenden Anzahl von Personen die Erlaubnis bereits erteilt ist. Aus den unter Ziffer 1 angeführten Gründen kann die Erlaubnis zurückgenommen68 b) und Personen, welche vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes den Gewerbebetrieb begonnen haben, derselbe untersagt werden. § 33b. Wer gewerbsmäßig Musikaufführungen, Schaustellungen, theatralische Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten, ohne daß ein höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft dabei obwaltet, von Haus 58) Über die Erlaubnis beschließt der Kreis-(Stadt-)Ausschuß.

Siehe

auch die Verordn, zur Ausführung des Ges. v. 1. Juli 83, v. 31. Dezbr. 83 (GS. 84 S. 7). Die Veranstaltung von Aufführungen, welche nicht gewerbs­ mäßig betrieben wird (Liebhabertheater, Vorstellungen zu milden Zwecken u. bergt), gehört nicht hierher, ebensowenig auch die, wenn auch gewerbsmäßige Veranstaltung von Jnstrumentalkonzerten, KG. Iohow 7 S. 241 u. OBG. 17 S. 387: Bildstreifen dürfen nur vorgeführt werden, wenn sie von der amt­ lichen Filmprüfstelle zugelassen sind. L i ch t s p i e l g e s. v. 16. Febr. 34 (RGBl. I S. 95); nebst ÄndGes. v. 13. Dezbr. 34 (RGBl. I S. 1236) u. v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 811); Strafbestimmungen §§ 25—30 dieses Gesetzes. Wegen der Vorführung vor Jugendlichen siehe § 11 des Ges. u. vor bestimmten Personenkreisen § 10. Theatervorstellungen in einem geselligen Verein, die der All­ gemeinheit gegen Entgelt zugänglich gemacht, sind gewerbsmäßig, wenn auch die Einnahmen nur zur Deckung der Kosten bestimmt sind. GA. 51 S. 185. Der Begriff der Schaustellung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die zur Schau gestellten Personen gleichzeitig die Gäste der Schantwirtschast bedienen. KG. DIZ. 18 S. 1501. Hierher gehört auch die Aufführung von Tänzen. OBG. E. 76 S. 451. Eine PBO., die das Ausstellen von Lautsprechern an öffentl. Orten von einer gewerbepolizeil. Genehmigung abhängig macht, ist nicht zu­ lässig. Schenkel, Arch. für Funkrecht I S. 153 ff. Auf Mitglieder der Reichskulturkammer sind die §§ 33 a, 33 b u. 55 Abs. 1 Ziff. 4 nicht anzuwenden, sie brauchen keine Kunstscheine; Wohl aber die Nichtmitglieder; vgl. Anm. 57 Abs. 1 sowie 18b zu 8 55 58 a) Nicht gegen die guten Sitten verstößt eine auf wissenschaftlichen Grundsätzen beruhende Handschriften- und Handliniendeutung. OBG. E. 81 S. 410. 58 b) Die Erlaubnis zum Betriebe der Schantwirtschast auch dann, wenn der Inhaber keine Vorsorge trifft, daß auch ohne sein Wissen Zuwiderhand­ lungen gegen die öffentliche Ordnung nicht Vorkommen. OBG. DIZ. 33 S. 601.

567

B IV 1. Gewerbeordnung §§ 33 c —34.

zu Haus oder auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen") darbieten will, bedarf der vorgängigen Erlaubnis der Ortspolizeibehörde. § 33c.

Die Abhaltung von Tanzlustbarkeiten richtet sich nach

den landesrechtlichen Bestimmungen.") § 33 d.

Wer gewerbsmäßig aus öffentlichen Wegen, Straßen

Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten mechanisch betriebene Spiele

und Spieleinrichtuugen, die die Möglichkeit eines Gewinnes bieten,

ausstellen will, bedarf dazu der Genehmigung der Ortspolizeibehörde." ») Der Reichswirtschastsminister erläßt im Einvernehmen mit dem

Reichsminister deS Innern die zur Durchführung erforderlichen Rechts­ und Berwaltungsanordnungen; er kann auch Bestimmungen ergänzen­

den Inhalts erlassen."—) Insbesondere ist er befugt, zu bestimmen, welche Arten mechanisch betriebener Spiele und Spieleinrichtungnr die OrtS-

polizeibehörde nach Abs. 1 genehmigen kann.

Der Reichswirtschasts­

minister kann im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern

diese Befugnis auch aus eine andere Stelle übertragen.

Ferner kann

er bestimmen, daß in einzelnen Orten auch die gewerbsmäßige Ver­

anstaltung anderer eine Gewinnmöglichkeit bietender Spiele auf öffent­ lichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten der Genehmigung der Ortspolizeibehörde bedarf."^)

§ 34. Wer das Geschäft eines Pfandleihers,")

Pfandvermittlers,

Gesindeverinieters oder Stellen Dermtttler* ") betreiben will, bedarf dazu der 59) öffentliche Plätze sind Orte, die dem öffentl. Verkehr durch einen Rechtsakt gewidmet sind, nicht Orte, die nur tatsächlich dem öffentl. Verkehr dienen, also z. B. nicht ein Platz im Privateigentum, der an eine öffentl. Straße stößt. St eng lein Nebenges. Anm. 7. KG. GewArch. 5 S. 73. 60) Die Ortspolizeibehörden sind berechtigt, den Antrag abzulehncn, öffentliche Tanzlustdarkeiten im voraus auf unbestimmte Zeit zu genehmigen. OVG. v. 23. Jan. 11, GewArch. 10 S. 590. Geschloffene Gesellschaften u. Ver­ eine bedürfen zu Bällen für Mitglieder und Gäste auch bei Erhebung eines Eintrittsgeldes keiner Erlaubnis. Kayser-Steiniger Anm. 2. 60 a) S. Ges. über die Zulassung öffentlicher Spielbanken v. 14. Juli 33 (RGBl. I S. 480) mit And. v. 23. März 34 (RGBl. I S. 213) nebst BO. v. 18. Aug. 33 (RGBl. I S. 593) mit And. v. 19. März 35 (RGBl. I S. 402), v. 27. März u. 27. Septbr. 34 (RGBl. I S. 255, 848). 60 aa) Verordnung zur Durchführung des § 33 d der GewO. v. 22. Mai 35 (RGBl. 1 S. 683). 60 b) Fassung beruht auf dem Ges. v. 18. Dezbr. 33 (RGBl. I S. 1080). 61) Preußen: Ges. v. 17. März 1881 bett, das Pfandleihgewerbe (GS. S. 265), in Fass. v. 7. Juli 1920 (GS. S. 387), mehrf. geänd., zuletzt am 28. Septbr. 1936 (GS. S. 149). 62) DaS Pfandleihgewerbe besteht begrifflich ausschließlich in dem Verleihen von Geld auf Pfänder. Der Verkauf von Waren und Kreditierung des Kaufpreises gegen Pfandbeftellung gehört nicht hierher. E. 12 S. 217. Tesgl. nicht Ver­ träge, die einen ähnlichen wirtschaftlichen Zweck verfolgen, wenn mit ihnen nicht das Recht deS Rückkaufs verbunden ist. Dresden v. 7. Mai 13, GA. 64 S. 187. 63) Jetzt Ges. über Arbeitsvermittlung, Berufsberatung und Lehrstellen-

568

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Erlaubnis. Diese ist zu versagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Nachsuchenden in bezug aus den beabsich­ tigten Gewerbebetrieb dartun. Die Landesregierungen sind befugt, außerdem zu bestimmen, daß in Ortschaften, für welche dies durch Ortsstatut (§ 142) festgesetzt wird, die Erlaubnis zum Betriebe des Pfandleihgewerbes von dem Nachweis eines vorhandenen Bedürfnisses abhängig sein solle. Als Pfandleihgewerbe °*2)* gilt auch der gewerbsmäßige Ankauf beweglicher Sachen mit Gewährung des Rückkauf-rechts. Die Landesgesetze können vorschreiben, daß zum Handel mit Giften"^) und zum Betriebe des Lotsengewerbes besondere Genehmigung erforder­ lich ist, ingleichen, daß das Gewerbe der Markscheider nur von Personen betrieben werden darf, tdelche als solche geprüft und konzessioniert sind.

§ 34 ii. Wer gewerbsmäßig Leben oder Eigentum fremder Personen bewachen will (Bewachungsgewerbe) bedarf der Erlaubnis.-4)S. * * * 9 Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß der Nachsuchende die zum beabsichtigten Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, oder wenn der Nachsuchende die für den Gewerbebetrieb nötigen Mittel nicht nach­ zuweifen vermag.-4")

§ 34b.04b) Juden und jüdischen Unternehmungen mit eigener Rechtspersönlichkeit ist der Betrieb nachfolgender Gewerbe untersagt: a) des Bewachungsgewerbes, Vermittlung v. 5. Novbr. 35 (RGBl. IS.1281) nebst DurchfBO. v. 26. Novbr. 35 (RGBl. I S. 1361) u. v. 19. März 36 (RGBl. I S. 195). Danach gibt eS nur noch amtliche Arbeitsvermittlung; Strafbestimmung § 4 deS Gef. Aus­ nahmen kaun her ReichLardeitSminister zulassen; vgl. hierzu bez. Konzertagenten und Artisten Nr. 408—469 der Richtlinien d. RIM, in Fassung DJust. 1935 S. 1856, dazu DurchfBorschr. mit Begriff-erläuterung der gewerbsmäßigen Konzertvermittlung v. 28. Mai 37 (D. Reichsanz. Nr. 121). 63 a) Ein allgemeines Verbot deS Handels mit Giften ist unzulässig. OTr. GA. 22 S. 136. Nur das Feilhalten ist von einer polizeilichen Genehmigung abhängig. KG. v. 5. April 06, Leröffentl. deS R.GesundheitSamts. — Die Landesgesetzgeb. hat zu bestimmen, was unter Gift zu verstehen ist. KG. JFGErg. 16 S. 139. Siehe für Preußen ME. v. 22. Febr. 06 bett. Handel mit Giften (HMBl. S. 115) in der Fassung v. 10. Aug. 17 (HMBl. S. 249, v. 9. Febr. 26 (BMBl. S. 190), v. 22. Aug. 27 (BMBl. S. 867), v. 6. Aug. 31 (Bolkswohlfahrt Sp. 790) u. 2. Juli 35 (MBliv. S. 874). 64) Siehe dazu BO. über den Wachdienst v. 24. Dezbr. 37 (RGBl. I S. 1386), nach der der private Wachdienst unbeschadet des § 34 a besonderer polizeilicher Aufsicht unterliegt. 64 a) Hierzu ist ergangen preuß. AuSfBO. v. 29. April 27 (GS. S. 78) u.

Erl. v. 18. Jan. 28 (MBliD. S. 167) u. v. 22. Aug. 33 (MBlWiA. S. 437) betr. Vorschriften für daS Bewachungsgewerbe. 64b) Eingefügt durch Ges. v. 6. Juli 38 (RGBl. I S. 823).

B1V1. Gewerbeordnung § 35.

569

b) der gewerbsmäßigen Auskunftserteilung über Vermögensverhältnisse oder persönliche Angelegenheiten, c) 64C) des Handels mit Grundstücken, d)ti4c) der Geschäfte gewerbsmäßiger Vermittlungsagenten für Jmmobiliarverträge und Darlehen, sowie des Gewerbes der Haus- und Grundstücksverwalter, e) der gewerbsmäßigen Heiratsvermittlung mit Ausnahme der Vermittlung von Ehen zwischen Juden oder zwischen Juden und jüdischen Mischlingen ersten Grades, f) des Fremdenführergewerbes." H 35. Die Erteilung von Tanz-, Turn- und Schwimmunterricht als Gewerbe,66) sowie der Betrieb von Badeanstalten66) ist zu unter» faßen,66*) wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit66'») des Gewerbetreibenden in bezug aus diesen Gewerbebetrieb dartun. 64c) Hierzu besagen Art. II u. III des Ges. v. 6. Juli 38 (RGBl. I S. 823): Artikel II. (1) Jüdischen Gewerbetreibenden, bife zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes ein Gewerbe der im Art. I Ziff. lc und d genannten Art betreiben, ist dies im Rahmen der bisherigen gesetzlichen Vorschriften bis zum 31. Dezbr. 38 gestattet. . (2) Den übrigen jüdischen Gewerbetreibenden ist die Fortsetzung ihres Gewerbebetriebes zum Zwecke der Abwicklung, soweit es sich um die im Art. I Zifs. 1 a und b genannten Gewerbe handelt, für die Dauer von drei Monaten, soweit es sich um die im Art. I Ziff. lc und f genannten Gewerbe handelt, für die Dauer von einem Monat nach Inkrafttreten des Gesetzes erlaubt. Soweit es sich um jüdische Wandergewerbetreibende handelt, ver­ lieren bereits erteilte Wandergewerbescheine mit dem 30. Septbr. 38 ihre Gültigkeit und sind der Ausstellungsbehörde nnverzüglich zurückzngeben. Entsprechendes gilt für Legitimationskarten und Stadtbausierscheine. Der Reichswirtschaftsminister wird ermächtigt, in Ausnahmefällen für bestimmte Gruppen der im § 41 Abs. 1 der Gewerbeordnung genannten Personen die Erteilung von Legitimationskarten mit einer Geltungsdauer bis zum 30. Septbr. 39 zuzulassen. Dies gilt entsprechend für die Erteilung von Gewerbelegitimationskarten gemäß § 44a Abs. 6 der Gewerbeordnung. Artikel III. Eine Entschädigung für persönliche oder wirtschaftliche Nachteile, die durch die Durchführung dieses Gesetzes entstehen, wird nicht gewährt. 65) Es handelt sich hier um den Betrieb eines stehenden Gewerbes, das an jedem Orte, wo es betrieben wird, besonders angemeldet werden muß. OVG. 22 S. 322. Die gewerbsmäßige Erteilung des Turnunterrichts, soweit sie durch die Unterrichtsgesehgebung geregelt ist, unterliegt nicht den Vorschriften d. GewO. E. 44 S. 20. 66) Badeanstalten sind solche Einrichtungen, in denen Bäder irgendwelcher Art verabfolgt werden u. die weder als Krankenanst. anzusehen noch unselb­ ständige Betriebe anderer Betriebe sind. Dresden v. 13. Mai 14, DStZ. 2 S. 264. 66 a) Die Wirksamkeit der Untersagung gilt für das ganze Reichsgebiet. OVG. DIZ. 34 S. 1483.

570

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Unter derselben Voraussetzung sind zu untersagen: der Handel mit lebenden Vögeln, ) Gegen die Untersagung der Ausführung oder Leitung eines Baues (g 53 a) findet innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Zustellung der Einspruch bei der unteren Verwaltungsbehörde statt, dessen Erhebung keine ausschiebende Wirkung hat. Die Erteilung des Bescheids aus den Einspruch, welcher die Anhörung von Sach­ verständigen gemäß § 35 Abs. 5 vorangehen muß, soll spätestens innerhalb drei Wochen nach der Erhebung des Einspruchs erfolgen. Ter Bescheid, der die Untersagung der Ausführung oder Leitung eines Baues gegenüber dem erhobenen Einspruch ausrecht erhält, kann im Wege des Rekurses gemäß §§ 20, 21 angefochten werden. Die Landesregierungen können bestimmen, daß die Anfechtung hn Verwaltungsstreitverjahren zu erfolgen hat. Die Einlegung von Rechtsmitteln hat keine ausschiebende Wirkung.

rite! in. Srmerdrdrtrleb Im Ilmhrrjieheu. **«) § 55. Wer außerhalb deS Gemeindebezirkes seines Wohnorts oder der durch besondere Anordnung der höheren Verwaltungsbehörde 13 b) Siehe Anm. 72 c au § 35 b. 13 c) Dazu gehören die Wanderlager, Unternehmungen, in welchen außer­ halb des Wohnortes des Unternehmers und außer dem Meß- und Markt­ verkehr von einer festen Berkauföstätte auS (Laden, Magazin, Schiff u. dergl.) vorübergehend Waren feilgehalten werden. E. 29 S. 1. JurW. 34 S. 550 Vgl. auch § 56 c Abs. 2. Nicht gehört zu dem Begriff ein Umherziehen von Haus zu Haus. Dresden GA. 40 S. 197. Über Besteuerung des Wandergewerbes s. Ges. v. 10. Dez. 37 (RGBl. I

BIV 1. Gewerbeordnung § 55.

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dem Gemeiudebezirke des Wohnorts gleichgestellten nächsten Umgebung desselben ohne Begründung einer gewerblichen 9?teberiaffunQu) und

ohne vorgängige Bestellung in eigener Person"') 1. Waren"") seilbieten,") 2. Warenbestellungen aufsuchen16 e) oder Waren15 b) bei anderen PerS. 1348). Sämtliche Länderges. einschl. der Wanderlagersteuerges. smd danach aufgehoben und zugleich die Vorschriften der RAbgO. (B VII 1) zur Anwen­ dung gebracht. 14) Der Gewerbetreibende muß zur Zeit der Ausübung des Gewerbes außerhalb seines Wohnortes die Niederlassung am Betriebsort besitzen, iun des Wandergewerbescheins überhoben zu sein. Stenglein Nebenges. Anm. 11. Über den Begriff „Begründung einer gewerblichen Niederlaffung" s. OLG.

Dresden Deutsche Justiz 1934 S. 486. 15) Unter Bestellung ist zunächst allgemein die Aufforderung an den Ge­ werbetreibenden zu verstehen, dem Bestellenden eine Ware, wenigstens der Gattung nach bestimmt, zu bringen oder zu senden. E. 19 S. 281. IS8 kommt nicht darauf an, ob die Ware vorher bestellt ist, sondern darauf, ob die Person des Feilbielenden aufgefordert war, zu kommen. Dresden HRR. 1928 Nr. 808. Bestellung liegt auch vor, wenn der Gewerbetreibende vom Abnehmer ausdrücklich oder durch schlüssige Handlungen, bloße Zustimmung zum Erscheinen genügt allerdings nicht ohne weiteres, aufgefordert wird, sich zum Abschluß von Geschäften bei dem Besteller einzusinden. KG. JFGErg. 15 S. 150, oder Rei­ sende in Zukunft mit Proben zu dem Besteller zu schicken. KG. GA. 45 S. 375. Eine Bestellung enthält auch die Aufforderung seitens deS Vorstandes einer Ortskrankenkaffe an einen Naturhcilkundigen, die Naturheilkunde bei den Mit­ gliedern auSzuüben. Dresden GA. 37 S. 457. Bestellung liegt nicht vor, wenn Wunsch zum Besuch erst durch das Erscheinen und Verhalten am dritten Ort entstanden ist. OLG. München, Reger, Entsch. Bd. 57 S. 162; ebenso nicht, wenn nur Probevorführung angeboten und gestattet ist. OLG. München, DIZ. 32 S. 1422. Nach BayObLG. TRZ. 25 Nr. 291 ist eine Personen­ vereinigung ohne bes. Rechtsgrundlage nicht befugt, Bestellungen für einzelne Mitglieder zu machen. 15») D. h. persönlich, mithin auch der Stellvertreter. E. 64 S. 362. 15 b) Über die Begriffe Ware, Schrift, Bildwerk s. KG. JFGErg. 1938

S. 271. Zu den Waren gehören auch Maßanzüge, wenn der Schneider selbst den Stoff liefert. Naumburg HRR. Nr. 1863; ferner geladene Akkumula­ toren u. überhaupt der elektr. Strom. Landmann-Rohmer Anm. 8; jedoch nicht Terrazzofußboden. Jena DRZ. 25 Nr. 363. 16) Feilbieten liegt überall vor, wo eine Ware mitgeführt, den Käufern vorgezeigt, zugänglich gemacht wird und diese, wenn auch nur durch Zeichen, zum Ankauf aufgefordert werden. KG. JFGErg. 16 S. 154, 17; S. 222 GA. 37 S. 322; immer müssen positive Handlungen vorliegen. E. 27 S. 427. Im Falle des Kaufabschlusses muß die Ware sofort übergeben werden. BayOb­ LG. HRR. 1931 Nr. 2093. Bloßes Abliefern bestellter Waren ist kein Feil­ bieten. KG. JurW. 59 S. 849 ;'DJZ. 36 S. 840. Bez. Photographien s. KG. in JFGErg. 4 S. 298, Recht 1932 Nr. 462, DIZ. 1934 S. 449. 16 a) Aufsuchen ist das Bemühen, feste Aufträge aus künftige Lieferung bestimmter Waren auf Grund von Proben, Mustern, Zeichnungen u. a. zu er­ halten, gleich, ob sofort zugesagt wird; BayObLG. HRR. 1931 Nr. 2093. KG. I. d. Entsch. Bd. 38, C 28. JFGErg. 9 S. 262; gleich, ob die Bestellungen Waren betreffen, mit denen d. Besteller Handel treiben. OLG. Naumburg Recht

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B IV. Handels- und Qktoerberedjt.

fönen als bet Kaufleuten, oder an anderen Orten als in offenen Verkaufsstellen zum Wiederverkauf anfaufen,17 * )* * * * * * * * * * * * * * * 3. gewerbliche Leistungen 18)19 Mitteten, 20 21 18 B) 4. Musikausführuugen,18 Schaustellungen,18) theatralische Vor­ stellungen 80) oder sonstige Lustbarkeiten, ohne daß ein höhereInteresse der Kunst oder der Wissenschaft81) dabei obwaltet, dar­ bieten will, 1939 S. 1516. Das kann auch durch Zeitungsanzeigen geschehen, worin der Gewerbetreib. Kaufliebhaber aufford., ihre Adresse im Zeitungsverlag abzugeben, um mit ihnen persönl. in Kaufsverhandl. treten zu können. Recht 21 Nr. 1544. Auch dieAbhaltg. eines WerbevortrageS kann ein Aufsuchen fein; dabei braucht der btc Bestellung Vorbereitende die Bestellung selbst nicht entgegenzunehmen. BayObLG. JurW. 1931 S. 3142. Warenbestellg. sucht auch auf, wer im Umher­ ziehen bei anderen anfragt, ob sie wegen Ankaufs von Waren mit dem Auftraggeber in Verbindung treten wollen. KG. Johow 38 S. 6 28; KG. GA. 76 S. 293; oder sie auffordert, die Vorlegung von Waren­ mustern zu bestellen. KG. DRZ. 21 Nr. 1143; oder wer im Hotelzimmer sich einfindenden Personen Proben oder Muster vorlegt. KG. JFGErg. 1 S. 128; oder wer im Anschluß an einen öffentl. Vortrag mit einzelnen Zuhörern über eine Bestellung verhandelt. KG. Recht 33 Nr. 932, JFGErg. 15 S. 151; oder wer nach dem Vortrag eine Liste auslegt, in der sich die Interessenten zwecks Besuchs durch den Vortragenden einzeichnen. KG. DIZ. 34 S. 1214. Z.B. Vorführung von Staubsaugern. KG. DIZ. 33 S. 1090 u. 34 S. 109; oder von Heilapparaten. KG. DIZ. 35 S. 1206 oder Probewaschen mit angepriesenem und nachher besorgtem Waschmittel. KG. JFGErg 10 S. 294. DeSgl. das Sammeln von Subskriptionen. GA. 14 S. 839 u. 23 S. 153. Verteilung von Werbeschriften oder unentgeltl. Warenproben genügt nicht, ist nur GefchäftSreklame. KG. DRZ. 21 Nr. 1141. 17) Ankauf z. Wvk. liegt nicht vor, wenn die Sache zur Verarbeitung in einem Gewerbebetrieb angekaust u. nach der Verarbeitung weiter verkauft wird. Sten g le in Nebenges. Anm. 19. KG. JFGErg. 17 S. 222. Ob eS zum Abschluß deS Kauf- kommt, ist bedeutungslos, da Versuch genügt. E. 49 S. 284. Besichtigung in Kaufabsicht ist noch kein Ankäufen. KG. DStrR. 1937 S. 267, ebenso noch nicht daS bloße Erbieten. KG. JFGErg. 17 S. 220. Auch im Wege des Tausch- erfolgter Erwerb ist Ankauf. 18) DaS sind solche, die nicht auf geistigem Gebiete liegen, z. B. nicht Vor­ träge KG. Johow 6 S. 237, und auch diese dürfen nur soweit angeboten werden, als sie nicht vom Gewerbebetriebe im Umherziehen auSgefchloffen sind. 18a) Anbieten ist gleichbedeutend mit Feilbieten, eS muß dabei der Wille zur unmittelbaren Leistung im Falle der Annahme vorhanden sein. KG. JdEntsch. 14 S. 315,39 6 S. 24. Vgl. Anm. 16. 18 b) Diese Vorschriften finden auf Mitgl. der ReichSmusikkammer keine Anwendg. RdTrl. d. MdI. v. 14. Juli 36 — V 10 204/36 — betr. alle An­ gehörig. der Reichskulturkammer; vgl. Anm. 57 Abs. 1 u. 58 Hbf. 2 zu 8 33 a. 19) Die öffentliche Ausspielung selbstgezogener Gartenerzeugniffe ist keine Schaustellung. R. 8 S. 269; dagegen wird in der öffentlichen Ausspielung ein geilhalten gefunden werden können. E. 27 S. 31. 20) Bei umherziehenden Schauspielertruppen bedarf jede- einzelne Mit­ glied eine- Gewerbeschein-. KG. v. 5. Dezbr. 12, DIZ. 18 S. 534. 21) Ob ein höheres Kunstinteresse obwaltet, kann immer nur im einzelnen

BIV 1. Gewerbeordnung §§ 55 a u. 56.

591

bedarf eines Wandergewerbescheins,"') soweit nicht für die in Ziffer 2 be­

zeichneten Fälle in Gemäßheit des § 44 a eine Legitimation-karte genügt. In dem Falle der Ziffer 4 ist auch für den Marktverkehr ($ 64)

ein Wandergewerbeschein erforderlich.

§ 66•. An Sonn- und Festtagen ($ 105a Abs. 2) ist der Ge­ werbebetrieb im Umherziehen, soweit er unter § 55 Abs. 1 Ziffer 1—3 fällt, sowie der Gewerbebetrieb der im § 42b bezeichneten Personen

verboten."") Ausnahmen können von der unteren Verwaltungsbehörde zuge­

lassen werden.

Der Bundesrat ist ermächtigt, über die Voraussetzun­

gen und Bedingungen, unter denen Ausnahmen zugelassen werden dürfen, Bestimmungen zu erlassen.

§ 66 Beschränkungen, vermöge deren gewisse Waren von dem Feilhalten im stehenden Gewerbebetriebe ganz oder teilweise ausge­ schlossen sind, gelten auch für deren Feilbieten im Umherziehen. Ausgeschlossen vom Ankaufoder Feilbieten im Umherziehen sind:-)

1. geistige Getränke, soweit nicht daS Feilbieten derselben von der

Ortspolizeibehörde im Falle besonderen Bedürfnisses vorüber»

gehend gestattet ist;-) 2. gebrauchte Kleider, gebrauchte Wäsche, gebrauchte Setten14) und gebrauchte Beltstücke, insbesondere Bettfedern, Menschenhaare,

Garnabfälle, Enden und Dräumen von Seide, Wolle, Leinen

oder Baumwolle; Falle entschieden werden. Die Entscheidung der Verwaltungsbehörde, welche die Steuer festgesetzt hat, ist in dieser Richtung für den Richter nicht maßgebend. Rostock GA. 42 S. 295 u. KG. Johow 16 S. 354. Es ist Sache des Dar­ bietenden Anhaltspunkte für das Vorhandensein der Ausnahmen darzulegen. KG. Johow 10 S. 201. Ein höheres Interesse lie^t nicht vor bei den Ver­ anstaltungen eines Billardkünstlers. KG. Recht 14 S. 518; bei Singspielaus­ führungen; zum Lachen. KG. JurW. 60 S. 482. 21a) Der Wandergelmrbeschein bedarf der Zustimmung des Arbeitsamtes, § 1 der BO. über die Ausübung des Wandergewerbes v. 25. Juli 39 (RGBl. I S. 1327). Bez. Ziff. s. auch BO. über die Beschästiguna der Beauftragung voll Warenvertretern p. 4. Aug. 39 (RGBl. I S. 1369). 21 b) Tateinheit!. Zusammentreffen mit einer Übertretung nach § 55 Abs. 1

ist möglich. E. 64 S. 362. 22) DaS Aufsuchen von Bestellungen auf diese Waren ist dagegen nicht aus­ geschlossen. OBG. 91 S. 215. KG. GA. 42 S. 152; OBG. JurW. 1934 S. 1269; AB. d. RIM. v. 20. Septbr. 35 Deutsche Justiz 1935 S. 1401, eS sei denn, daß ein verstoß gegen die Vorschriften des allgemeinen Strafgesetz­ buches (z. B. tz8 263, 302 e StGB.) vorltegt, AB. v. 20. Septbr. 35 a. a. O. Bei Verstößen sind besonders strenge Strafen zu verhängen, Richtlinien f. d. Strafverfahren, AB. d. RIM. v. 13. April 35 Nr. 405. 23) Anm. 87 zu § 42 a. Daß der Alkohol sich erst durch weitere Entwicklung (Gärung) bildet, schließt den Begriff nicht auS. 24) Auch Bettfedern. OBG. v. 11. Mai 85, E. 12 S. 344.

592

B IV. Handels- und Gewerberecht.

3. Gold- und Silberwaren, Bruchgold und Bruchsilber sowie Taschenuhren; 4. Spielkarten;") 5. Staats- und sonstige Wertpapiere, Lotterielose,") Bezugs- und Anteilsscheine27 25)28 26 auf 29 Wertpapiere 30 31 und Lotterielose; 6. explosive (Stoffe, “) insbesondere Feuerwerkskörper, Schießpulver und Dynamit; 7. solche mineralische und andere Cie, welche leicht entzündlich sind, insbesondere Petroleum, sowie Spiritus; 8. "); 9. Gifte und gifthaltige Waren,") Arznei- und Geheimmittel») sowie Bruchbänder; 10. Bäume aller Art, Sträucher, Schnitt-, Wurzel-Reben, Futter­ mittel und Sämereien; 25) Dahin gehören alle Karten, sofern sie zu Kartenspielen tauglich sind. R. 2 S. 681. 26) Gleichviel, ob inländische oder ausländische. GA. 40 S. 197. 27) Pfandscheine sind keine Wertpapiere. GA. 48 S. 158. 28) Knallsilber, Schießbaumwolle, Zündschnüre rc., aber nicht Zündhölzer. Stehe auch Amu. 25a zu tz 16. 29) Aufgehoben durch 8 33 des Waffengesetzes v. 18. März 1938 (RGB l.l S. 265). In diesem ist jetzt auch der Waffenhandel allgemein behandelt, s. III b 9. 30) Siehe Ges. v. 5. Juli 87 (RGBl. S. 277) über die Verwendung ge­ sundheitsschädlicher Farben. 31) Bez. Arzneimittel siehe die Anm. zu § 367 Nr. 3 StGB. Geheim­ mittel sind alle Heil-, StärkungS- oder VorbcugungSmittel, die angeboten werden, ohne daß die Bestandteile und das Mengenverhältnis der Zubereitung in gemeinverständlicher Weise betanntgegeben werden. Zu den Geheimmittelnl gehören außer arzneiähnltchen Stoffen u. dgl. auch andere Heilungsgegenstände

wie Apparate, Instrumente usw., bei denen die sonstigen Voraussetzungen (HeilungSzwccke und geheime Anwendungsweise) vorliegen, AV. d. RIM. v. 20. Septbr. 35 DJust. 1935 S. 1401, MBliB. S. 1078; BayObLG. JurW. 1934 S. 3142, KG. JFGErg. 1938 S. 272. ES kommt nicht darauf an, ob die Waren in der LO. v. 22. Oktbr. 01 (RGBl. I S. 380, später mehrfach geändert) sreigegeben sind, sondern ob sie zu arzneilichen Zwecken dienen und alS Arzneimittel feilgeboten werden. OLG. v. 17. Dezbr. 94, GA. 43 S. 300. Über das Aufsuchen von Bestellungen auf Arznei u. Geheimmittel s. Anm. 22. Für die Frage, ob der Gewerbeschein zu versagen ist, ist nicht nur zu prüfen, ob eS sich um eine in der GewO, verbotene Tätigkeit handelt, sondern auch, ob etwa, wenn die Bestimmungen der GewO, nicht entgegenstehen, eine allgemeine BerbotSnorm die Erteilung eines Gewerbescheins unmöglich macht, s. im ein­ zelnen AB. d. RJM.V. 20. Septbr. 35 DJust. 1935 S. 1401, MBliB. S. 1078. PBO. über die öffentl. Ankündigung oder Anpreisung von Mitteln oder Verfahren, die zur Verhütung, Linderung oder Heilung von Menschen- oder Tierkrantheiten bestimmt sind, vom 2. Juni 33 (GS. S. 215). 31a) Hierher gehören auch Gegenstände, die zu Gebrauchszwecken dienen, wie Uhrketten. E. 37 S. 145.

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B IV 1. Gewerbeordnung § 56.

11. Schmucksachen, Bijouterien,-»)Brillen-)und optische Instrumente. Ausgeschlossen vom Feilbieten und Aufsuchen von Bestellungen im Umherziehen sind ferner: 12. Druckschriften, andere Schriften und Bildwerke, insofern sie in sittlicher-) oder religiöser-») Beziehung Ärgernis zu geben ge­

eignet sind, oder mittels Zusicherung von Prämien oder OeWinnen -^vertrieben werden, oder in Lieferungen erscheinen, wenn nicht der Gesamtpreis auf jeder einzelnen Lieferung an einer in die Augen fallenden Stelle bestimmt verzeichnet ist. Wer Druckschriften, andere Schriften oder Bildwerke im Umherziehen feilbieten-») will, hat ein Verzeichnis derselben der zuständigen Verwaltungsbehörde seines Wohnorts zur Genehmigung vorzulegen.33d) 32) Wird nur das Material zur Anfertigung von Brillen feilgehalten und werden die letzteren erst nach Bestellung angefertigt, so liegt ein Feilbieten von Brillen nicht vor. KG.GA.46 S. 145. A. M. S teng le in Nebenges.Anm. 17. 33) Hier sind nicht unzüchtige Schriften im Sinne des § 184 deS StGB, gemeint, sondern nur solche, welche mit Rücksicht auf ihren anstößigen Inhalt nach dem Ermessen der Behörde vom Hausierhandel ausgeschlossen [mb. OLG. 8. 15 S. 356. Ärgernis in politischer Beziehung genügt nicht. OVGE. 36 S. 372. Tatbestandsmertmal „sittlich" im weitesten Sinne zu verstehen; so ist Wahrheitspflicht sittliche Forderung in diesem Sinne; demgemäß fällt das Verttelden gedruckter Horoskope mit unwahren Behauptungen hierunter. OLG. Dresden DJust. 1934 S. 970. Die Verteilung sog. Scherzbriefe ist weder „Wahrsagerei" noch grober Unfug, PrOVG. IurW. 1936 S. 2191. 33 a) Die gewählte Ausdrucksweise darf nicht die Grenzen äußerer Achtung u. Schonung überschreiten, die auch für den Kampf auf religiösem Gebiete ge­ zogen sind. OVG. DIZ. 34 S. 1214. 33 b) Hierzu gehört Gewährung einer Unfallversicherung. BayObLG. DIZ. 30 S. 1748; Werbung für eine Abonnentenversicherung. BayObLG. IurW. 57 S. 362. Das gilt aber nicht für die staatl. beaufs. Abonnentenvers. Erl. d. RWiMin. v. 8. Juni 27 — A l Nr. 1163 V. 6. Septbr. 30 — 111 B 4405; u. A. KG. JFGErg. 10 S. 246. Überhaupt jeder Vermögensgegenstand, der neben der Druckschrift gewährt wird, gleichgültig, ob schlechthin oder nur unter gewissen Bedingungen. Karlsruhe Recht 30 Nr. 710. JurR. 3 Nr. 675. Siehe auch Anm. 2 a zu 8 44 u. Erl. v. 14. Juli 27 lVMBl. S. 723). 33 c) Feilbieten setzt zum Unterschiede vom „Aufsuchen von Bestellungen" (Absatz 3) daS Mitsichführen und Vorzeigen des Kaufobjektes sowie die Be­ reitschaft sofortiger Übergabe im Falle des Zustandekommens deS Kaufs

voraus. BayObLG JurR. 2 Nr. 1469. IurW. 57 S. 362. Die Vorschrift deS Abs. 4 bezieht sich nur auf Kolporteure, d. h. auf selbständige Ge­ werbetreibende, nicht auf Reisende des Buchhandels. KG. GewArch. 6 S. 427. Einem Kolporteur liegt zwar die Prüfung des Inhalts seiner Schriften ob, doch ist ein fahrlässiges Verschulden nur dann anzunehmen, wenn er die Prüfung unterläßt, obwohl er Grund zu der Annahme hat, daß die Schrift anstößigen Inhalt hat. E. 39 S. 317. Durch die Art. 118, 135 RV. werden die Vor­ schriften der GewO, nicht berührt. BayObLG. DIZ. 28 S. 504. 33 d) Diese Vorschrift bezieht sich nicht auf den Gewerbebetrieb innerhalb deS Gemeindebezirks, DIZ. 6 S. 118'u. KG. GA. 48 S. 311.

Dalcke, Strafrecht. 31. Aufl.

38

594

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Die Genehmigung ist nur zu versagen, soweit das Verzeichnis Druck­ schriften, andere Schriften oder Bildwerke der vorbezeichneten Art ent­

hält.

Der Gewerbetreibende darf nur die in dem genehmigten Ver­

zeichnis enthaltenen Druckschriften, anderen Schriften oder Bildwerke

bei sich führen, und ist verpflichtet, das Verzeichnis während der Aus­

übung des Gewerbebetriebs bei sich zu führen, auf Erfordern der

zuständigen Behörden oder Beamten vorzuzeigen und, sofern er hierzu nicht imstande ist, auf deren Geheiß den Betrieb bis zur Herbei­ schaffung des Verzeichnisses einzustellen.

§ 66a« Ausgeschlossen vom Gewerbebetrieb im Umherziehen sind ferner: 1.“)

2. das Aufsuchen sowie die Vermittelung von DarlehnSgeschästen'") und von Rückkaufsgeschäften ohne vorgängige Bestellung, ferner dar Auf­

suchen von Bestellungen auf Staats- und sonstige Wertpapiere, Lotterie­ lose und Bezugs- und Anteilsscheine auf Wertpapiere und Lotterielose; 3. das Aufsuchen von Bestellungen auf Branntwein und Spirituosen

bei Personen, in deren Gewerbebetriebe dieselben keine Verwendung finden; ")

4.S4c) das Feilbielen von Waten, wenn solche gegen Teilzahlungen

unter dem Vorbehalt veräußert werden, daß der Veräußerer wegen Nichtersüllung der dem Erwerber obliegenden Verpflichtungen von dem Vertrage zurücktreten kann (§§ 1 und 6 deS Gesetzes, betreffend die AbzahlungSgeschüste, vom 16. Mat 1894);

5.84c) daS Aufsuchen von Bestellungen aus Waren unter den gleichen Voraussetzungen wie in Ziffer 4, soweit nicht der ReichSwtrtschaftS-

miuiper Ausnahmen zuläßt. •*) 34) Ziff. 1 ist inzwischen aufgehoben durch daS Ges. vom 17. Febr. 39, s. § 29 Anm. 39. 34 a) Strafbar nur dann, wenn der Ausgesuchte der Darlehnsnehmer ist. BayObLG. JurW. 57 S. 3190. Daher ist die Borschrist nicht anwendbar auf Werber für Sparkassen, sog. Heimsparbüchsenverteiler. BayObLG. JurW. 58 S. 273. Nach KG. JFGErg. US. 287 fällt jede auf Beschaffung eines Darlehens gerichtete Tätigkeit hierunter. 34 b) Wer den Handel mit Spirituosen selbständig als stehendes Gewerbe betreibt, darf Bestellungen auf diese Waren auch bei Personen auffuchen, in deren Gewerbebetriebe dieselben keine Verwendung finden. München GA. 37 S. 315. 34c) Abs. 4 geändert, Abs. 5 eingefügt durch BO. v. 2. Juli 38 (RGBl. I S. 840). 35) Hierzu ist die BO. zur Durchführung des 8 56a Abs. 1 Ziffer 5 der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich vom 28. Dezbr. 38 (RGBl. I S. 2017, 1939 S. 50), die nicht für Österreich und Sudetenland gilt, er gangen. Sie hat folgenden Wortlaut: „8 1. Im Gewerbebetrieb im Umherziehen dürfen nach Maßgabe deS

BIV 1. Gewerbeordnung § 56 b.

595

Ausgeschlossen vom Gewerbebetrieb im Umherziehen ist ferner das Feilhalten von Waren und das Aufsuchen von Bestellungen auf Waren unter Bezugnahme auf die Beschäftigung von Blinden oder auf die Fürsorge für solche, es sei denn, daß die Waren von Blinden handwerksmäßig hergestellt (Blindenwaren) und von der Stelle, die sie zuerst in den Betrieb gibt, mit ihrer eigenen Bezeichnung (Ur* sprungsbezeichnung), dem vorgeschriebenen Blindenwarenzeichen und dem Kleinhandelsverkaufspreis versehen sind. Der Reichswirtschafts, minister erläßt im Einvernehmen mit dem Reichsarbeitsminister die zur Durchführung und Ergänzung erforderlichen Rechts* und Berwaltungsvorschriften"*).

§ 66 h. Der Bundesrat »rv) ist befugt, soweit ein Bedürfnis ob* waltet, anzuordnen, daß und inwiefern der Ankauf oder das Feil­ bieten von einzelnen der im § 56 Abs. 2 ausgeschlossenen Waren im Umherziehen gestaltet sein soll.“0) Die gleiche Befugnis steht den

Landesregierungen für ihr Gebiet oder Teile desselben hinsichtlich der int $ 66 Abs. 2 Ziffer 10 bezeichneten Gegenstände zu. Aus Gründen der öffentlichen Sicherheit sowie zur Abwehr oder

Unterdrückung von Seuchen kann durch Beschluß des Bundesrats und in dringenden Füllen durch Anordnung des Reichskanzlers nach Einvernehmen mit dem Ausschüsse des Bundesrats für Handel und Verkehr für den Umfang des Reichs oder für Teile desselben be­ stimmt werden, daß und inwiefern außer den in den §§ 56 und 66a aufgeführten Gegenständen und Leistungen auch noch andere Gegen* $ ö6a Abs. 1 Ziffer 5 der Gewerbeordnung für das Teutsche Reich Bestellun­ gen nur auf folgende Warengattungcn gesucht werden: 1. Elektro- und Gasgeräte, mit Ausnahme der Heilgeräte; 2. Waschmaschinen und sonstige Haushaltsmaschinen; 3. Fahrräder; 4. Schreibmaschinen; 5. Stand-, Wand- und Tischuhren; 6. Photoapparate nebst Zubehör; 7. Teppiche, Läufer, Gardinen; 8. Tuche und Stoffe. § 2. Weitere Vorschriften, insbesondere über die Einführung eines einheitlichen Bestellscheines, bleiben Vorbehalten. § 3. Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1939 in Kraft." 35 a) S. Anm. 32 a zu 22 a. BO. zur Durchführung des § 56 a Abs. 2 v. 1. Okt. 34 (RGBl. I S. 868). 35 b) Vgl. Anm. 81 a zu 8 41 b. 35 c) Nach der Bek. des Reichskanzlers v. 17. Juli 99 (RGBl. S. 374) üft das Feildieten im Uml erziehen für Biere mit einem Alkoholgehalt bis zu 2 v. H. gestattet. Hieran ist durch den RdErl. v. 3. Jan. 30 (MBl. i. B. S. 31) Michls geändert. AL. HM. MI. v. 14. Febr. 30 (MBl. i. B. S. 124). Bez. Blindenwaren DurchsBO. zu 8 56 a Abs. 2 v. 1. Ott. 34 (RGBl. I S. 868). 38*

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

stände und Leistungen auf bestimmte Dauer von dem Gewerbebetriebe im Umherziehen ausgeschlossen sein sollen. Die Anordnung ist dem Reichstage sofort, oder, wenn derselbe nicht versammelt ist, bei seinem nächsten Zusammentritte mitzuteilen. Dieselbe ist außer Kraft zu setzen, wenn der Reichstag die Zustimmung nicht erteilt.

Durch die Landesregierungen kann das Umherziehen mit Zucht­ hengsten zur Deckung von Stuten untersagt werden?*) Desgleichen kann zur Abwehr oder Unterdrückung von Seuchen der Handel mit Rindvieh, Schweinen, Schafen, Ziegen oder Geflügel im Umher­

ziehen Beschränkungen unterworfen oder auf bestimmte Dauer unter­ sagt werden.") $ 66e. Das Feilbieten von Waren int Umherziehen in der Art, daß dieselben versteigert oder im Wege des Glückspiels oder der Aus­ spielung (Lotterie) abgesetzt werden, ist nicht gestattet. Ausnahmen von diesem Verbote dürfen von der zuständigen Behörde zugelassen werden, hinsichtlich der Wanderversteigerungen jedoch nur bei Waren, welche dem raschen Verderben ausgesetzt sind. Öffentliche Ankündigungen des Gewerbebetriebs dürfen nur unter

dem Namen des Gewerbetreibenden mit Hinzufügung seines Wohnorts erlassen werden. Wird für den Gewerbebetrieb eine Verkaufsstelle

benutzt, so muß an derselben in einer für jedermann erkennbaren Weise ein den Namen und Wohnort des Gewerbetreibenden angebender Aus­ hang angebracht werden. Dies gilt insbesondere von den Wanderloßcrn136). Wird eine Verkaufsstelle nicht benutzt, so sind Name und Wohnort deS Gewerbetreibenden in gleicher Weise an dem fahrbaren oder tragbaren Beförderungsmittel oder Behältnis anzubringen, dessen er sich zur Ausübung des Gewerbebetriebs bedient; hat der Gewerbe­ treibende keinen Wohnsitz im Inland, so ist statt des Wohnorts der Geburtsort anzugeben.

§ 66d« Ausländern sann der Gewerbebetrieb im Umherziehen ge­ stattet werden. Der Bunbeerat17 •) ist befugt, die deshalb nötigen Bestimmungen zu treffen.") 36) Gegenstandslos geworden. Vgl. Gef. zur Förderung der Tierzucht v. 17. Mürz 36 (RGBl. 1 S. 175) liebst DurchfBO. v. 26. Mai 36 (RGBl. I S. 470) Strafvorschriften in § 29. 37) Vgl. §§ 17 Biff. 6, 20 Abs. 3, 76 Ziff. 1 deS BiehseuchengesetzeS v. 26. Juni 09 (RGBl. S. 519). 37 a) S. Anm. 81 a zu § 41 b. 38) Siehe Bet. v. 27. Novbr. 96 (RGBl. S. 745), abgeändert durch Bek. v. 13. Jan. 09 (RGBl. S. 259), 4. März 12 (RGBl. S. 189), LO. v. 13. Mürz 28 (RMBl. S. 89) u. v. 20. Mai 33 (RGBl. I S. 288) sowie Erl. v. 9. Avril 29 (HMBl. S. 99). Durch BO. v. 20. Mai 33 (RGBl. I S. 288 ist II a Nr. 2 der Bekanntmachung aufgehoben.

$ 57, Der Wandergewerbeschein ist zu versagen: 1. wenn der Nachsuchende mit einer abschreckenden oder ansteckenden Krankheit behaftet oder in einer abschreckenden Weise entstellt ist; 2. wenn er unter Polizeiaufsicht steht; 2a. wenn er wegen Hochverrats oder Landesverrats verurteilt ist oder Tatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß der Nachsuchende sein Gewerbe zu staatsfeindlichen Zwecken miß­ brauchen wird'-); 3. wenn er wegen strafbarer Handlungen aus Gewinnsucht, gegen das Eigentum,'") gegen die Sittlichkeit, wegen vorsätzlicher Angriffe auf das Leben und die Gesundheit der Menschen, wegen Land- oder Hausfriedensbruchs, wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, wegen vorsätzlicher Brandstiftung, wegen Zuwiderhandlungen gegen Verbote oder Sicherungsmaßregeln, betreffend Einführung oder Verbreitung ansteckender Krankheiten oder Viehseuchen, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten verurteilt ist, und seit Verbüßung der Strafe drei Jahre noch nicht verflossen sind; 4. wenn er wegen gewohnheitsmäßiger Arbeitsscheu, Bettelei, Landstreicherei, Trunksucht übel berüchtigt ist; 5. in dem Falle des $ 55 Ziffer 4, sobald der den Verhältnissen des Verwaltungsbezirkes der zuständigen Verwaltungsbehörde entsprechenden Anzahl von Personen Wandergewerbescheine erteilt oder ausgedehnt sind (§ 60 Absatz 2). 6. ") wenn der Nachsuchende Jude ist. In den Fällen des Abs. 1 Ziffer 3 steht der Verbüßung der Frei­ heitsstrafe ihre Verjährung, ihr Erlaß oder ihre Umwandlung in eine Geldstrafe gleich; in diesen Fällen beginnt die dreijährige Frist mit dem Tage, an dem die Freiheitsstrafe verjährt oder erlassen oder in eine Geldstrafe umgewandelt ist. Ist die Strafe nach einer Probezeit ganz oder teilweise erlassen, so wird die Probezeit auf die Frist angerechnet. Der Wandergewerbeschein kann in den Fällen des Abs. 1 Ziffer 3 mit Zustimmung der obersten Landesbehörde oder der von ihr be38 a) Diese Vorschrift ist zwingend und gilt auch für die Erteilung oder Versagung von Erlaubnisscheinen für den Siraßenhandel (8 42 b), Legittmationsscheinen für den Straßenhandel mit Druckschriften (§ 43) und Legitimationskarten für Handlungsreisende (§ 44»), vgl. im einzelnen RdErl. d. RWiM. u. Pr. M. f. W. u. A. v. 14. Sept. 34 (MBliV.^S. 1187). Unzuver­ lässigkeit auch bei Zugehörigkeit zu dem verbotenen Verein ernster Bibelforscher, BayBGH. Reger, Entsch. Bd. 56 S. 553. 38 b) OLG. 13 S. 339 hat dahin auch Sachbeschädigung und einfachen Bankrott gerechnet. Nicht hierher gehört Pfand- u. Arrestbruch. LandmannRohmer Anm. 4. 39) Biff. 6 eingefügt durch Ges. v. 6. Juli 38 (RGBl. I S. 823).

598

B IV. Handels- und Geverberecht.

stimmten Behörde vor Ablauf der dreijährigen Frist erteilt werden, wenn die Versagung nach den besonderen Umständen deS Falles eine unbillige Härte bedeuten würdet).

§ 57a, Der Wandergewerbeschein ist in der Regel zu versagen: 1. wenn derNachsuchende das 25.Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Im Falle der Ziffer 1 ist dem Nachsuchenden der Wandergewerbeschenr zu erteilen, wenn er der Ernährer einer Familie ist und be­ reits vier Jahre im Wandergewerbe tätig gewesen ist; 2. wenn er blind, taub oder stumm ist, oder an Geistesschwäche leidet.

§ 57d. Der Wandergewerbeschein darf außerdem nur dann ver­ sagt werden: 1. wenn der Nachsuchende im Inland einen festen Wohnsitz'") nicht hat; 2. wenn Tatsachen vorliegen, auS denen hervorgeht, daß der Nachsuchende die für die Ausübung des Gewerbebetriebs im Umher­ ziehen erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt'"); 3. wenn er wegen Verletzung einer der Vorschriften der §§ 42a, 42 b, 43 oder der auf den Gewerbebetrieb im Umherziehen bezüg­ lichen Vorschriften im Laufe der letzten drei Jahre wiederholt")

bestraft worden iflS6b); 4. wenn er ein oder mehrere Kinder besitzt, für deren Unterhalt und, sofern sie im schulpflichtigen Alter stehen, für deren Unterricht nicht genügend gesorgt ist.

§ 58« Der Wandergewerbeschein kann zurückgenommen werden, wenn sich ergibt, daß eine der im §57 Abs. 1 Ziffer 1 bis 4 und 6, Absätze 2,316b) § 57 a oder § 57 b bezeichneten Voraussetzungen entweder zur Zeit der Erteilung desselben bereits vorhanden gewesen, der Behörde aber unbekannt geblieben, oder erst nach Erteilung deS Scheines eingetreten ist"). 39 a) Ein solcher wird in der Regel durch einen beweglichen Wohnwagen nicht begründet, OBG. v. 27. Mai 26, Recht 30 Nr. 1638, doch kann dies der Fall sein, wenn der Wagen auf die Dauer an einer Stelle verbleibt und alS Wohnung benutzt wird, OBG. v. 13. Febr. 30 GArch. ErgBd. 2 S. 284. Bei Zigeunern ist Zurückhaltung in der Ausstellung geboten; RdErl. d. RIM. v. 6. Juni 36, ferner vor allem RdErl. des RF. ff u. Chef d. dt. Pol. v. 8. Dezbr. 38 (RMBliv S. 2105, abgedr. bei Krug-Schäfer-Stolzenburg, S. 207, 208. 39b) Auch beim Zigeuner müssen besondere Tatsachen die Unzuverlässigkeit begründen; der allgemeine Verdacht, daß Zigeuner unredlich sind, genügt nicht, PrOBG. JurW. 1936 D. 1623. Über die besondere Vorsicht bei d. Zigeunern s. aber den Erl. in Anm. 39 a. 40) Rückfall im Sinne deS StGB, ist nicht erforderlich. 41) Über die Zurücknahme des Wandergewerbescheins entscheidet auf die

B IV 1. Gewerbeordnung § 59.

$ 59«

599

Eines Wandergewerbescheins bedarf nicht:

I. wer selbstgewonnene") oder rohe") Erzeugnisse der Land-

und Forstwirtschaft, des Garten- und Obstbaues/«) der Geflügel- und Bienenzucht/")

sowie selbstgewonnene Erzeugnisse

der Jagd und

Fischerei feilbietei;")

8. wer«") in der Umgebung seines Wohnorts««) bis zu 16 Kilometer Entfernung von demselben selbstverfertigte Waren, welche zu den Gegen­ ständen des Wochenmarktsverkehrs") gehören, feilbietet oder gewerb­

liche Leistungen/«) hinsichtlich deren dies Landesgebrauch ist, anbietet; 3. wer selbstgewonnene Erzeugnisse oder selbstverfertigte Waren,

hinsichtlich deren dies Landesgebrauch ist, zu Wasser anfährt und von dem Fahrzeuge aus feilbietet;

4. wer bei öffentlichen Festen, Truppe nzusammenziehungen oder Klage der Ortspolizeibehörde der BezirkSauSschub bzw. jetzt daS Bezirks­ verwaltungs gericht. VO. v. 31. Dezbr. 83 (GS. 84 S. 7). 42) Selbftgewonnen sind die durch eigene Arbeit erzielten im Gegensatze zu angetansten Erzeugnissen. Nicht dazu gehören Mühlenfabritate auö selbst­ gewonnenem Korn; doch können sie unter § 2 Ziff. 5 fallen, KG DIZ. 32 S. 1107. Ob die selbstgewonnenen Erzeugnisse von dem Landwirt In eigener Person oder von einem Beauftragten, Diener ujw. fettgeboten werden, macht keinen Unterschied, KG. Johow 10 S. 198 u. JFG. CrgBd. 8 S. 248. Nur einheimische Produkte fallen hierunter; für Apfelsinen, Zitronen, Bananen u. a. ausl. Früchte besteht dagegen Pflicht zur Erlaubnis. Erl. d. RWiMin. V. 25. Nov. 30 — HG. 277. Tiere u. tierische Produkte sind nicht zu den Erzeugnissen der Landwirt­ schaft zu rechnen, Landmann, Komm. Anm. 3 Abs. 6 zu § 59. Geflügel dagegen ist ausdrücklich als unter § 59 fallend ausgeführt 43) d. h. solche Produkte, welche vor dem Verkauf nicht noch einer Zubereitung bedurft haben, daher gehören Butter und Käse nicht hierher, vgl. OTr. OR. 19 S. 153. Bez. Eier ist die Ausfassung verschieden, nach h. M. sind sie den rohen Erzeugnissen -uzurechnen. 44) S. Anm. 42 Abs. 2. 44a)Bergl. Anm. 42 Abs. 3. 45) DaS geilbieten ohne Wanderschein kann nur in eigener Person geschehen, nicht auch durch Vertreter und Gehilfen. Gruchot Bd. 32 S. 1146. BayObLG. DRZ. 22 Nr. 35 u. DIZ. 38 S. 1567. «. M. KG. Johow Bd. 10 S. 198 u. 20 S. C 108. — Nur daS Feilbieten ist freige­ geben, nicht aber auch der Ankauf. 45 a) Nur Inhaber des Gewerbebetriebes selbst, nicht Familienangehörige Dienstboten, Angestellte. BayObLG. DRZ. 1934 Nr. 66. 46) Entfernung von der Weichbildgrenze an gerechnet. KG. Johow 28 S. 050. 47) DaS sind die im § 66 aufgeführten Gegenstände. Hierunter fallen auch Mehl- u. andere Mühlenfabritate. KG. v. 14. Mai 14, Johow 49 S. 344. 48) Das sind, wie sich auS § 55 ergibt, nicht Musitaufführungen, denn diese sind dort neben den gewerblichen Leistungen genannt. Auch Karusselldetrieb ist keine gewerbliche Leistung. Stenglein Nebenges. Anm. 12.

600

B IV. Handels- und Gewerberecht.

anderen außergewöhnlichen Gelegenheiten mit Erlaubnis *•) der Orts­ polizeibehörde die von derselben zu bestimmenden Waren feilbietet. Die Landesregierungen können in weiterem Umfange den Ge­ werbebetrieb im Umherziehen mit Gegenständen des gemeinen Ver­ brauchs ohne Wandergewerbeschein innerhalb ihres Gebiets gestatten.

§ 69a, In den Fällen des § 69 Ziffer 1 bis 3 kann der Ge­ werbebetrieb untersagt werden, wenn die Boraussehurgen des § 67 Abs. 1 Ziffer 1 bis 4 und 6, Absätze 2,3 oder des § 67 b Ziffer 2, 3«b) vorliegen. § 60. Der Wandergewerbeschein wird für die Dauer des Kalenderjahres erteilt, er berechtigt den Inhaber, in dem ganzen Gebiete des Reichs das bezeichnete Gewerbe nach Entrichtung der darauf haftenden Landessteuern zu betreiben. Soweit nach § 66 Ziffer 1 das Feilbieten von geistigen Getränken im Falle besonderen Bedürf, nisses vorübergehend gestattet wird, ist die räumliche und zeitliche Be­ schränkung dieser Erlaubnis im Wandergewerbeschein anzugeben. Ein Wandergewerbeschein für den Betrieb der im § 65 Ziffer 4 bezeichneten Gewerbe gewährt die Befugnis zum Gewerbebetrieb in einem anderen als dem Bezirke derjenigen Verwaltungsbehörde, welche ihn ausgestellt hat, nur dann, wenn er auf den anderen Bezirk von dessen Verwaltungsbehörde ausgedehnt ist. Sowohl die Ausstellung als auch die Ausdehnung eines derartigen Wandergewerbescheins kann für eine kürzere Dauer als das Kalenderjahr oder für bestimmte Tage während des Kalenderjahrs erfolgen. Die Ausdehnung ist zu versagen, sobald für die den Verhältnissen des Bezirkes entsprechende Anzahl von Personen Wandergewerbescheine bereits ausgestellt oder ausgedehnt sind. Die Verwaltungsbehörde kann die von ihr bewilligte Ausdehnung nach Maßgabe des § 58 zurücknehmen. Der Wandergewerbeschein enthält die Personalbeschreibung des Inhabers und die nähere Bezeichnung des Geschäftsbetriebs. DaS Formular der Wandergewerbescheine bestimmt der eunbe»rat.,7e) § 60a, Wer die im § 65 Ziffer 4 bezeichneten Gewerbe an einem Orte von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen") oder an anderen öffentlichen Orten ausüben will, bedarf der vorgängigen Erlaubnis MB) der Ortspolizeibehörde. 49) Eine ausdrückliche Gestattung wird nicht verlangt. KG. I o h o w 23 S. C 78. 50) Siebe Anm. 59 zu § 33 b. 50 a) Außer dem Wandergewerbeschein. — Bei Zigeunern ist tunlichst von der Erteilung der Erlaubnis abzusehen. RdErl. des RF. ff u. Chef d. dt. Pol. v. 8. Dezbr. (RMBliB. S. 2105).

BIV 1. Gewerbeordnung §§ 60 b—60 d.

601

§ 60V0b) Minderjährigen Personen kann in dem Wandergewerbe­

scheine die Beschränkung auferlegt werden, daß sie das Gewerbe nicht nach Sonnenuntergang, und minderjährigen Personen weiblichen Ge­ schlechts kann außerdem die Beschränkung auferlegt werden, daß sie dasselbe nur auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen, nicht aber von HauS zu Haus betreiben dürfen. Desgleichen kann von der Ortspolizeibehörde minderjährigen Per­

sonen verboten werden, daß sie innerhalb des Polizeibezirkes die im § 69 Ziffer 1 und 2 aufgeführten Gegenstände nach Sonnenuntergang, und minderjährigen Personen, weiblichen Geschlechts, daß sie dieselben Gegenstände von Haus zu Haus feilbieten. § 60©« Der Inhaber eines Wandergewerbescheins ist verpflichtet, diesen während der Ausübung des Gewerbebetriebs bei sich zu führen, auf Erfordern der zuständigen Behörden oder Beamten vorzuzeigen und, sofern er hierzu nicht imstande ist, auf deren Geheiß den Betrieb bis zur Herbeischaffung des Wandergewerbescheins einzustellen. Auf gleiches Erfordern hat er die von ihm geführten Waren vorzulegen. Zum Zwecke des Gewerbebetriebs ist ohne vorgängige Erlaubnis

der Eintritt in fremde Wohnungen sowie zur Nachtzeit das Betreten fremder Häuser und Gehöfte nicht gestattet.6l) Denselben Bestimmungen — Absatz 2 — unterliegt das Feilbielen der im § 69 Ziffer 1 und 2 aufgeführten Gegenstände. § 60b) onbct§ bestimmt, sind die Ein­ tragungen gemäß § 114» Abs. 1 Nr. 1 bis 3 vor oder bei der Übergabe der Arbeit, die gemäß § 114a Abs. 1 Nr. 4 bei der Abnahme der Arbeit, die gemäß § 114 a Ms. 1 Nr. 6, 6 bei der Lohnzahlung mit Tinte zu bewirken und zu unterzeichnen. In den Lohnbüchern sind die $5 115 bis 119a Abs. 1, § 119b abzudrucken. j 114« Soweit der Bundesrat ßebb) Bestimmungen auf Grund des §114a Abs. 1,2 nicht erläßt, kann die Landeszentralbehörde oder nach Anhören beteiligter Gewerbetreibender und Arbeiter vie zuständige Polizeibehörde durch Polizeiverordnung sie erlassen. Für diesen Fall kann die Landeszentralbehörde oder die zuständige Polizeibehörde auch Bestimmungen auf Grund des § 114 b Abs. 2 erlassen.

I 1146. Bundesrat" bd) unb Landeszentralbehörde können die Bestimmungen aus Grund der $$ 114a bis 114e auch für einzelne Bezirke erlassen. |114®. Für die Bestimmungen des Bundesrats Mbb) gilt § 120 g entsprechend. I 115- Die Gewerbetreibenden sind verpflichtet, die Löhne ihrer Arbeiter in Reichswährung "*) zu berechnen und bar auszuzahlen.") 896) Geänd. durch Ges. v. 16. Juni 37 (RGBl. S. 649). 89 e) Münzges. v. 30. August 24 (RGBl. II S. 254) i. d. F. d. Ges. v. 5.Juli34 (RGBl.IS.574) nebst DurchfBO. v. 6. Juli 34 (RGBl. I S. 594). 90) Die Zahlung deS Lohnes muß unbedingt bar erfolgen, nicht durch Anweisung (BonS), E. 1 S. 386 u. R. 5 S. 18; ebensowenig durch Marken,

B IV 1. Gewerbeordnung § 115 a.

619

Sie dürfen den Arbeitern keine Waren kreditieren?') Doch ist es gestattet, den Arbeitern Lebensmittel") für den Betrag der Anschaffungskoslen,") Wohnung und Landnutzung gegen die ortsüblichen Miet- und Pachtpreise, Feuerung, Beleuchtung, regelmäßige Be­ köstigung,") Arzneien und ärztliche Hilfe sowie Werkzeuge und Stoffe zu den ihnen übertragenen Arbeiten für den Betrag der durch» schnittlichen Selbstkosten") unter Anrechnung bei der Lohnzahlung zu verabfolgen. Zu einem höheren Preise ist die Verabfolgung von

Werkzeugen und Stoffen für Akkordarbeiten zulässig, wenn derselbe den ortsüblichen nicht übersteigt und im voraus vereinbart ist.") $ 116a«

Lohn- und Abschlagszahlungen dürfen in Gast- und

E. 7 S. 38; auch nicht durch Abzug der Forderung eines Dritten an den Arbeiter für entnommene Waren, GA. 42 S. 46; ferner auch nicht durch Abzug einer persönlichen Forderung, die der Gewerbetreibende oder bessert Beauftragter an den Arbeiter hat; E. 26 S. 208; auch nicht durch Wechsel, ausgenommen, wenn der letztere nicht als Zahlung gelten soll, sondern nur zur Sicherung des Lohnes gegeben wird. E. 17 S. 285. Die Aufrechnung ist nach § 394 BGB. unzulässig. Einbehaltung von Lohnbeträgen zur Tilgung von Entschädigungsforderungen ist daher nach § 146 1 strafbar. GA. 51 S. 379. Wohl aber ist statthaft, daß der Arbeitgeber Marken als Lohnvorschüsse gibt, daß die Arbeiter diese Marken bei Dritten bei Entnahme von Waren in Zahlung geben und daß der Arbeitgeber später diese Marken bei den Dritten gegen Bar­ zahlung einlöst. E. 29 S. 95. Die Marken dienen hier nur gewisiermaßen als Beweismittel für die von dem Arbeitgeber geleistete Bürgschaft. Vgl. auch E. 29 S. 190. Auch ist eS nicht ausgeschlossen, daß den Arbeitern bei der Auszahlung des Lohnes gewisse Abzüge gemacht werden, R.5 S. 779, und noch weniger fällt eS unter dies Gesetz, wenn der Arbeiter den eben empfangenen Lohn unmittelbar darauf im Geschäfte deS Arbeitgebers zum Ankauf von Waren verwendet, E. 12 S. 182. 91) Aber sie können den Arbeitern Waren gegen Barzahlung verkaufen. E. 22 S. 177. Die für kreditierte Waren geschuldeten Beträge dürfen von dem Arbeitslöhne auch dann nicht gekürzt werden, wenn dieser zunächst bar bezahlt wird, GA. 38 S. 375. E. 7 S. 197. 66 kommt nicht darauf an, ob ein Borg­ verhältnis den Arbeitern und ihren Familien Vorteile gewähren soll u. wirklich gewährt. E. 42 S. 298. 92) Im Übermaß verabfolgter Branntwein ist kein Lebensmittel, E. 20 S. 217; ebensowenig sind dahin HauShaltungSgegenstände zu rechnen, sondern nur Nahrungsmittel. R. 9 S. 289. Vgl. auch E. 30 S. 253. 93) Darunter sind nicht bloß die Einkaufspreise zu verstehen, sondern auch amdere Aufwendungen, wie Transporttosten usw. E. 18 S. 224. 94) Sie ist nur dann vorhanden, wenn dem Arbeiter während eineläingeren Zeitraums wenigsten- eine der üblichen täglichen Mahlzeiten in einer zm sofortigem Genusse geeigneten Weise verabfolgt wird. R. 10 S. 422. 95) Die Selbstkosten decken sich nicht mit den AnschasfungSkosten, sondern uMfaffen auch die Aufwendungen für Aufbewahrung, Unterhaltung der Waren uffw. E. 27 S 321.

96) Die Vorschrift des 8 115 kann auch fahrlässigerweise übertreten werden, lk. 22 S. 43.

620

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Schankwirtschasten oder VerkaufspeNen nicht ohne Genehmigung der unteren Verwaltungsbehörde erfolgen; sie dürfen an Dritte nicht erfolgen auf Grund von Rechtsgeschäften oder Urkunden über Rechts­ geschäfte, welche nach $ 2 des Gesetzes, betreffend die Beschlagnahme des Arbeits- oder Dienstlohns, vom 21. Juni 1869 (Bundes-Gesetzbl. S. 242) rechtlich unwirksam sind.")

§ 116. Arbeiter, deren Forderungen in einer dem §116 zu­ widerlausenden Weise berichtigt worden sind, können zu jeder Zeit Zahlung nach Maßgabe des § 116 verlangen, ohne daß ihnen eine Einrede aus dem an Zahlungsstott Gegebenen entgegengesetzt werden kann. Letzteres fällt, soweit es noch bei dem Empfänger vorhanden oder dieser daraus bereichert ist, derjenigen Hilfskasse zu, welcher der Arbeiter angehört, in Ermangelung einer solchen einer anderen zum Besten der Arbeiter an dem Orte bestehenden, von der Gemeinde­

behörde zu bestimmenden Kasse und in deren Ermangelung der Orts­

armenkasse.

§ 117-

Verträge, welche dem § 115 zuwiderlaufen, sind nichtig. Dasselbe gilt von den Verabredungen zwischen Gewerbetreibenden und den von ihnen beschäftigten Arbeitern über die Entnahme der Bedürfnisse der letzteren aus gewissen Verkaufsstellen sowie überhaupt über die Verwendung des Verdienstes derselben zu einem anderen Zwecke als zur Beteiligung an Einrichtungen zur Verbesserung der

Lage der Arbeiter oder ihrer Familien/')

§ 118 Forderungen für Waren, welche dem § 116 zuwider kreditiert worden sind, können von dem Gläubiger weder eingeklagt, noch durch Anrechnung oder sonst geltend gemacht werden, ohne Unter­ schied, ob sie zwischen den Beteiligten unmittelbar entstanden oder

mittelbar erworben sind. Dagegen fallen dergleichen Forderungen der im § 116 bezeichneten Kasse zu.

§ 119. Den Gewerbetreibenden im Sinne der §§ 116 bis 118 sind gleich zu achten deren Familienglieder, Gehilfen, Beauftragte,") Geschäftsführer, Aufseher und Faktoren sowie andere Gewerbetteibende, bei deren Geschäft eine der hier erwähnten Personen unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist. 97) Der zit. § 2 ist durch Ges. v. 24. Oktbr. 34 (RGBl. I S. 1070) außer Kraft gesetzt worden. — Die Lohnauszahlung, auf Grund von Vollmachten, durch die der Verwalter eines kreditgebenden Konsumvereins ein für allemal er­ mächtigt wird, fällige Lohndeträge für den Arbeiter zu erheben, ist strafbar. E. 27 S. 289. 98) Der § 117 bezieht sich nur auf den 8 115, nicht auf den 8 115 a. Sdehe E. 27 S. 289 99) Der Wirt der Kantine kann als Beauftragter angesehen werden.

BIV 1. Gewerbeordnung §§ 1191—120.

621

§ 119a. Lohneinbehaltungen, welche von Gewerbeunternehmern zur Sicherung des Ersatzes eines ihnen aus der widerrechtlichen Auf­ lösung des Arbeitsverhältnisses erwachsenden Schadens oder einer für diesen Fall verabredeten Strafe ausbedungen werden, dürfen bei den einzelnen Lohnzahlungen ein viertel des fälligen Lohnes, im Ge­ samtbeträge den Betrag eines durchschnittlichen Wochenlohnes nicht übersteigen. Durch statutarischeBestimmung einer Gemeinde oder eines weiteren Kommunawerbandes (§ 142) kann für alle Gewerbebetriebe oder ge­ wisse Arten derselben festgesetzt werden: 1. daß Lohn- und Abschlagszahlungen in festen Fristen erfolgen müssen, welche nicht länger als einen Monat und nicht kürzer als

eine Woche sein dürfen; 2. daß der von minderjährigen Arbeitern verdiente Lohn an die

Eltern oder Vormünder und nur mit deren schriftlicher Zustimmung oder nach deren Bescheinigung über den Empfang der letzten Lohn­ zahlung unmittelbar an die Minderjährigen gezahlt wird; 3. daß die Gewerbetreibenden den Ettern oder Vormündern inner­ halb gewisser Fristen Mitteilung von den an minderjährige Arbeiter gezahlten Lohnbeträgen zu machen haben.

$ 119b. Unter den in §5 114a bis 119a bezeichneten Arbeitern werden auch diejenigen Personen verstanden, welche für bestimmte Ge­ werbetreibende außerhalb der Arbeitsstätten der letzteren mit der An­ fertigung gewerblicher Erzeugnisse beschäftigt sind, und zwar auch dann, wenn sie die Roh- und Hilfsstoffe selbst beschaffen."*)

i 199* Die Gewerbeunternehmer sind verpflichtet, ihren Ar­ beitern unter achtzehn Jahren, welche eine von der Gemeindebehörde ober vom Staate als Fortbildungsschule anerkannte Unterrichtsanstatt besuchen, hierzu die erforderlichenfalls von der zuständigen Behörde sestzusetzende Zeit zu gewähren."**) Am Sonntage darf der Unterricht 100) Neben § 119b gilt das Ges. über die Heimarbeit v. 23. März 34 (RGBl. I S. 214). Wer hierunter füllt, ist im Gesetz genau bestimmt; vgl. Amm. 78 zu § 105. 100 a) ES ist nicht erforderlich, daß für den Arbeiter eine Verpflichtung zwm Besuch besteht. Stenglein Nebenges. Anm. 8. Der Arbeitgeber hat fflrt rechtzeitige Entlassung deS Arbeiters zu sorgen. KG. GA. 45 S. 300. Eün Irrtum über die Schulpflichtigkeil deS Arbeiters schützt nicht. KG. GewArch. 6 S.. 109. Die Schulpflicht darf der Arbeitgeber durch einen Scheinvertrag nicht amfheben. Braunschweig JurW. 57 S. 2917. Der Besuch einer Fachschule beffreit nur dann vom Besuch der Berufsschule, wenn erstere von der Berwlaltungsbeh. alS ausreichender Ersatz anerkannt ist. KG. Recht 33 Nr. 422. Mit dem Wechsel des Beschäftigungsortes ändert sich auch die BerufSschulzmgehörigkeit. Der Lehrherr genügt seinen Pflichten, wenn er seinen Lehrling ö&melbet. KG. JFGErg. 9 S. 354. Beschäftigt der Lehrherr Lehrlinge

622

B IV. Handels- und Gewerberecht.

nur stattfinden, wenn die Unterrichtsstunden so gelegt werden, daß

die Schüler nicht gehindert werden, den Hauptgottesdienst oder einen mit Genehmigung der kirchlichen Behörden für sie eingerichtete« be* sonderen Gottesdienst ihrer Konfession zu besuchen.')

Ausnahmen

von dieser Bestimmung kann die Zentralbehörde für bestehende Fortbildungsschulen, zu deren Besuche keine Verpflichtung besteht, bis zum

1. Oktober 1894 gestatten. Als Fortbildungsschulen im Sinne dieser Bestimmung gelten auch

Anstalten, in welchen Unterricht in weiblichen Hand- und Hausarbeiten erteilt wird.

Die Pflicht zum Besuch einer Fortbildungsschule kann, soweit sie

nicht nach Landesgesetz") besteht, durch statutarische Bestimmung einer Gemeinde oder eines weiteren Kommunalverbandes (§ 142) für die

im Abs. 1

bezeichneten Arbeiter eingeführt werden.

besteht dann auch für die Zeit ihrer Arbeitslosigkeit.

Diese Pflicht

Auf demselben

Wege können die zur Durchführung dieser Verpflichtung erforderlichen Bestimmungen getroffen werden.

Insbesondere können durch statu­

tarische Bestimmung die zur Sicherung eines regelmäßigen Schulbe­

suchs den Schulpflichtigen sowie deren Eltern, Vormündern und Ar­

beitgebern obliegenden Verpflichtungen bestimmt und diejenigen Vor-

schriften erlassen werden, durch welche die Ordnung in der Fort­ bildungsschule und ein gebührliches Verhalten der Schüler gesichert

wird.

Von der durch statutarische Bestimmung begründeten Verpflich­

tung zum

Besuch

einer Fortbildungsschule sind diejenigen befreit,

welche eine Hrmungs- oder andere Fortbildungs- oder Fachschule beaußerhalb deS Bezirks der BerusSschule auf längere Zeit, so muß er sie bei der Schule des neuen BeschäftigungSortes anmelden. KG. DIZ. 35 S. 438. Der Arbeitgeber hat den Berufsschüler zum pünttlichen und regelmäßigen Schul­ besuch anzuhalten. KG. Recht 33 Nr. 2102. 1) ES kommt bei der Beurteilung der Strafbarkeit (wegen Versäumnis des Unterrichts) nur darauf an, ob der Unterricht wahrend der Zeit des HauptgotteSdienstes der Konfession, welcher der Angell, angehört, stattgefunden hat. Ist die- der Fall, so ist der Angekl. nicht strafbar, gleichviel ob er den Gottes­ dienst besucht hat, oder nicht. KG. v. 21. Febr. 95, GA. 42 S. 431. la) Jetzt Reichsschulpflichtges. v. 6. Juli 38 (NGBl. I S. 799) §§ 8 ff., abgedr. unter B III 12. Arbeitgeber ist nur derj., von dem oder in dessen Namen mit dem Berufs­ schulpflichtigen oder beffen gesetzt. Vertreter ein ArbeitSdienstvertr. abgeschl. ist. KG. JFGErg. IIS. 292. Zuwiderhandl. gegen Vorschriften einer nicht statuta­ risch erlassenen Schulordnung können nur disziplinarisch geahndet werden. KG. Recht 32 Nr. 2022. Die Störung deS Unterrichts ist auch Verletzung der Schulpflicht. KG. JFGErg. 8 S. 347. Der Berufswechsel befreit nicht von der Teilnahme am Unterricht. KG. Recht 32 Nr. 2021. Der Lehrling, der auf Geheiß deS Lehrherrn die Schule versäumt, ist nicht verantwortlich. KG. JFGErg. 8 S. 374.

623

LIV 1. Gewerbeordnung § 120.

suchen, sofern der Unterricht dieser Schule von der höheren Verwal­ tungsbehörde als

ein ausreichender Ersatz des

allgemeinen

Fori-

bildungsschulunterrichts anerkannt wird?)

Die im Abs. 3 Satz 1 ausgesprochene Pflicht kann für eine Ge­ meinde oder einen weiteren Kommunalverband durch Anordnung der höheren Verwaltungsbehörde eingeführt werden, wenn ungeachtet einer von ihr auf Antrag beteiligter Arbeitgeber oder Arbeiter an die Ge­

meinde oder den weiteren Kommunalverband erlassenen Aufforderung

innerhalb der gesetzten Frist das Statut nicht erlassen worden ist. Die im Abs. 3 vorgesehenen Bestimmungen werden in diesem Falle von

der höheren Verwaltungsbehörde getroffen. Gegen die Aufforderung

und die Anordnungen der höheren Verwaltungsbehörde ist Beschwerde an die Landeszentralbehörde zulässig. 2) Der § 120 findet auch auf Lehrlinge in Handelsgeschäften Anwendung. GA. 43 S. 144; auch von Versicherungsagenturen. KG. JFGErg. 1 S. 160; auch auf HandwertSlehrlinge, GA. 63 S. 462 (nach KG. JFGErg. 10 S. 371 nicht auf über 18 Jahre alte), sowie auf Lehrlinge aller Gärtnereien. KG. Johow 22 S. 6 16 (abgesehen von denen, die den feldmäßigen Anbau von Gartenfrüchten betreiben. KG. JurR. 2 Nr. 1223, GÄ. 71 S. 31) Dresden JurW. 61S. 1594; BreSlau GA. 74 S. 149, anders Hamburg JurW. 60 S. 1256; aber nicht auf solche Lehrlinge, die hauptsächl. mit landwirtschastl. Arbeiten beschäftigt werden. KG. Johow 21 S. 6 72; auch nicht auf Volontäre mit Einjährigen­ zeugnis, die ohne Bezahlung Dienste leisten und nicht an die Geschäftszeit gebunden sind. KG., Die Polizei 16©. 297. Schulpflichtig ist der gewerbl. Lehrling auch in der der Lehrzeit vorangehend. Probezeit. KG. DIZ. 31 S.602; nicht die Kinder, die den Eltern, in deren Gewerbe gemäß § 1617 BGB. helfen. KG. GA. 74 S. 298. Auch die Büroangestellten der RechtSanwälte sind von der durch Orts­ satzung (siehe Anm. la) festgelegten Berufsschulpflicht nicht ausgenommen. KG. GA. 71 S. 27. Der Bürovorsteher ist aber nicht für den Schulbesuch verantwort­ lich. JFGErg. 6 ©.361 — wohl aber der RA. selbst. — KG. JurW. 59 S. 2079; auch nicht der GutSverwalter. KG. JFGErg. 7 S. 279. Ausländer sind zum Besuch der Fortbildungsschule nicht verpflichtet. Breslau JurW. 55 S. 389. Strafbar ist auch das Versäumen des Turn- und Spielunterrichts der Fortbildungsschule. LG. Liegnitz, JurW. 51 S. 113. Gewerbliche Arbeiter, denen durch Ortsstatut die Verpflichtung zum Besuch der gewerblichen Fortbildungsschule am Orte ihrer Beschäftigung auferlegt ist, werden von dieser Verpflichtung nicht deshalb be­ freit, weil sie eine ländliche Fortbildungsschule ihres Wohnortes besuchen. KG. Johow 43 S. 421; auch nicht dadurch, daß sie nur vorübergehend wenige Tage beschäftigt werden. KG. GA. 71 ©.212. Nicht macht sich aber strafbar, wer seine Lehrlinge zur Verrichtung dringender, für das Allgemeinwohl erforderl. Arbeiten, No'standsarbeiten, vom Besuch der Fortbildungsschulen fern­ hält. KG. JFGErg. 1 S. 164. Gesteigerter WeihnachtSvertehr fällt aber nicht darunter. KG. Recht 33 Nr. 665. Überhaupt ist nur der strafbar, der

die ihm obliegenden Pflichten schuldhaft verletzt, daher nicht der kaufmännische Direktor, der die Kontrolle des Schulbesuchs einem Prokuristen übertragen hat. KG. GA. 69 S. 233. Die Ortssatzung ist ungültig, falls die beteiligten Arbeiter, Arbeitgeber und deren Berufsvertretungen nicht gehört sind. KG. JurW. 58 S. 3398. A. M. mit Recht KG. v. 18. Febr. 30 u. 18. Mai 31 (ungedruckt).

624

B IV. Handels- und Gewerberecht. Die Unterrichtszeiten werden von der hierfürsa) nach Landesrecht

zuständigen Behörde festgesetzt und bekanntgemacht. { 120a* Die Gewerbeunternehmer') sind verpflichtet, die Arbeits­ räume, Betriebsvorrichtungen, Maschinen und Gerätschaften so einzu­ richten und zu unterhalten und den Betrieb so zu regeln, daß die Arbeiter gegen Gefahren für Leben und Gesundheit soweit geschützt sind, wie es die Natur des Betriebs gestattet/) Insbesondere ist für genügendes Licht, ausreichenden Luftraum und Luftwechsel, Beseitigung des bei dem Betrieb entstehenden Staubes, der dabei entwickelten Dünste und Gase sowie der dabei entstehenden Abfälle Sorge zu tragen.' Ebenso sind diejenigen Vorrichtungen herzustellen, welche zum Schutze der Arbeiter gegen gefährliche Berührungen mit Maschinen oder Maschinenteilen oder gegen andere in der Natur der Betriebsstütte oder des Betriebs liegende Gefahren, namentlich auch gegen die Gefahren, welche aus Fabrikbränden erwachsen können, erfordere lich sind?) Endlich sind diejenigen Vorschriften über die Ordnung des Be­ triebs und das Verhalten der Arbeiter zu erlassen, welche zur Siche­

rung eines gefahrlosen Betriebs erforderlich sind. § 120b. Die Gewerbeunternehmer sind verpflichtet, diejenigen Einrichtungen zu treffen und zu unterhalten und diejenigen Vor­ schriften über das Verhalten der Arbeiter im Betriebe zu erlassen, welche erforderlich sind, um die Austechterhaltung der guten Sitten und des Anstandes zu sichern. Insbesondere muß, soweit es die Natur des Betriebs zuläßt, bei

der Arbeit die Trennung der Geschlechter durchgeführt werden, sofern 2 a) Ist die Bekanntmachung unterblieben, entfällt die FortbildungSschulpflicht. KG. v. 21. Novbr. 24, GL. 69 S. 327. 3) Auf die im § 6 aufgeführten Gewerbe findet die Vorschrift keine An­ wendung. Kayser-Steiniger Anm. 1. 4) Der Unternehmer kann sich nicht damit entschuldigen, daß der Fabrik­ inspektor den Mangel der betr. Schutzvorrichtung nicht gerügt habe, EZ. 12 S. 46, LZ. 11 S. 1341; auch nicht damit, daß ihm in seiner Kon­ zessionsurkunde die Herstellung der Schutzvorrichtung nicht zur Pflicht gemacht sei. E. 18 S. 73; ebensowenig damit, daß die Herstellung ohne eine Be­ triebsstörung nicht möglich gewesen sei, E. 10 S. 6, daß die polizeilich vor­ geschriebene Schutzvorrichtung in den Unfallvorschriften der BerufSgenoffenschaft nicht gefordert ist. GA. 68 S. 973. Auch gewisse, nur mittelbar zum Fabrikbetriebe gehörige Vorrichtungen, welche an sich außerhalb des letzteren liegen, fallen unter den § 120 a. E. 18 S. 204. vgl. KG. Johow 24 S. 613. 5) Welche Vorrichtungen zur Sicherung gegen Gefahren notwendig, hat zunächst der Gewerbetreibende selbst zu prüfen. Es kommt nicht darauf an, ob er die Notwendigkeit einer Schutzvorrichtung erkannt hat, sondern nur darauf, ob er sie hätte erkennen müssen. E. Z. 12 S. 130.

625

BIV1. Gewerbeordnung §§ 120 cu. 120 d.

nicht die Aufrechterhaltung der guten Sitten und des Anstandes durch

die Einrichtung des Betriebs ohnehin gesichert ist.

In Anlagen, deren Betrieb es mit sich bringt, daß die Arbeiter sich umkleiden und nach der Arbeit sich reinigen, müssen ausreichende,

mch Geschlechtern getrennte Ankleide- und Waschräume vorhanden sein. Die Bedürfnisanstalten müssen so eingerichtet sein, daß sie für

die Zahl der Arbeiter ausreichen, daß den Anforderungen der Gesund­ heitspflege entsprochen wird und daß ihre Benutzung ohne Verletzung von Sitte und Anstand erfolgen kann.

I 120o. Gewerbeunternehmer, welche Arbeiter unter achtzehn Jahren beschäftigen, sind verpflichtet, bei der Einrichtung der Betrieb­ stätte und bei der Regelung des Betriebs diejenigen besonderen Rück­

sichten auf Gesundheit und Sittlichkeit zu nehmen, welche durch das

Mer dieser Arbeiter geboten sind?—) j ILOck.

Die zuständigen Polizeibehörden sind befugt, im Wege

der Verfügung für einzelne Anlagen die Ausführung derjenigen Maßmhmen anzuordnen, welche zur Durchführung der in # 120a bis

120c enthaltenen Grundsätze erforderlich und nach der Beschaffenheit der Anlage ausführbar erscheinen.

Sie können anordnen, daß den

Arbeitern zur Einnahme von Mahlzeiten außerhalb der Arbeitsräume angemessene, in der kalten Jahreszeit geheizte Räume unentgeltlich zur

Verfügung gestellt werden. Soweit die ungeordneten Maßregeln nicht die Beseitigung einer

dringenden, das Leben oder diä Gesundheit bedrohenden Gefahr be­ zweckn, muß für die Ausführung eine angemessene Frist gelassen werden. Den bei Erlaß dieses Gesetzes bereits bestehenden Anlagen gegen­

über können, solange nicht eine Erweiterung oder ein Umbau eintritt, nur Anforderungen gestellt werden, welche zur Beseitigung erheblicher,

das Leben, die Gesundheit oder die Sittlichkeit der Arbeiter gefährden­ der Mißstände erforderlich oder ohne unverhältnismäßige Aufwendungen

ausführbar erscheinen.

Gegen die Verfügung der Polizeibehörde steht dem Gewerbeunter­

nehmer binnen zwei Wochen die Beschwerdean die höhere Verwaltungs­

behörde zu.

Gegen die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde

ist binnen vier Wochen die Beschwerde an die Zentralbehörde zulässig; diese entscheidet endgültig.

Widerspricht die Verfügung den von der

zuständigen Berufsgenossenschaft erlassenen Vorschriften zur Verhütung von Unfällen, so ist zur Einlegung der vorstehend bezeichneten Rechts­

mittel binnen der dem Gewerbeunternehmer zustehenden Frist auch der Vorstand der Berufsgenossenschaft befugt. 5aa) Siehe hierzu für Preußen PolBO. über die Einrichtung in den Betrieb von Bäckereien u. Konditoreien v. 28. Oktbr. 37 (PrGS. S. 110).

Saide, Strafrecht. 31. Aufl.

40

626

B IV. Handels- und Gewerberecht.

5 1206'

Durch Beschluß des Bundesrats»») können Vorschriften

darüber erlassen werden, welchen Anforderungen in bestimmten Arten

von Anlagen zur Durchführung der in den $$ 120a bis 120© ent* haltenen Grundsätze zu genügen ist.») In diesen Bestimmungen können

5 a) S. Anm. 81 azu § 41 b. 6) Auf Grund beß §120e sind in zahlreichen BL. Bestimmungen über a) Arbeitszeitbeschränkungen und Beschäftigungsverbote für männliche Arbeiter sowie b) zum Schutze von Jugendlichen und Frauen ergangen. So zu a: 1. v. 6. Mai 08 (RGBl. S. 172) betr. die Einrichtung von An­ lagen zur Herstellung elektrischer Akkumulatoren aus Blei usw., § 17; 2. v. 2. Febr. 21 (RGBl. I S. 142) betr. Vorschriften für Anstreicher­ arbeiten in Schiffsräumen, § 5; 3. v. 27. Jan. 20 (RGBl. S. 109) betr. die Einrichtung und den Betrieb von Anlagen zur Herstellung von Bleifarben und anderen Bleiprodutten, §12; 4. v. 16. Juni 05 (S. 545) betr. die Einrichtung und den Betrieb der Bleihütten, § 13; 5. v. 29. Mai 35 (RGBl. I S. 725) für Preßluftarbeiten, § 24; 6. v. 31. Mai 09 (S. 471), v. 8. Dezbr. 09 (RGBl. I S. 971). u. v. 20. Novbr. 11 (S. 955) betr. die Einrichtung und den Betrieb von Stein­ brüchen und Steinhauercien, § 9; 7) . v. 1. März 02 (S. 59) betr. die Einrichtung und den Betrieb gewerb­ licher Anlagen zur Vulkanisierung von Gummiwaren, § 10. Zu b: 1. Die unter a 1, 3—7 aufgeführten BO. (1. — § 15; 3. — §§ 1, 10; 4. — § 11; 5. — §§ 1, 2, 6; 6. — §§ 10, 11; 7. — § 10); 2. v. 16. Mai 07 (S. 233) betr. die Einrichtung u. den Betrieb von An­ lagen zur Herstellung von Alkali-Chromaten, § 9; 3. v. 27. Mai 30 (RGBl. I S. 183) zum Schutze von Bleivergiftung bei Anstreicherarbeiten, geänd. durch BO. v. 28. Novbr. 3b (RGBl. I S. 1681, § 6; 4. v. 31. Juli 97 (S. 614), v. 5. Juli 07 (S. 405) u. v. 22. Dezbr. 08 (S. 654) betr. die Einrichtung der Buchdruckereien und Schriftgießereien, § 8; 5. v. 8. Dezbr. 09 (S. 969) betr. die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter bei der Bearbeitung von Faserstoffen, Tierhaaren usw., Ziff. I, II; 6. v. 26. März 38 (RGBl. I S. 347 betr. Haarhutfabriken, §§1,7 ; 7. v. 27. Dezbr. 28 (291S. 9) über die Herstellung von Knallkorlen, §§ 1,5; 8. v. 20. Oktbr. 30 (RGBl. I S. 468) über Zellhorn, geändert durchDO. v. 23. März u. 14. Juli 34 (RGBl. I S. 225, 711), §§ 1, 8; 9. v. 30. Jan. u. 1. April 03 (RGBl. S. 3, 123) betr. den Betrieb von Anlagen zur Herstellung von Präservativs, Sichertheitspessarien, Suspensorien u. bgi., §8 1, 2; 10. v. 25. Novbr. 09 (S. 968) betr. die Beschäftigung v. Arbeiterinnen u. jugendl. Arbeitern in Anlagen, die zur Herstellung von Zichorie dienen, Zisff. I; 11. v. 17. Febr. 07 (S. 34) betr. die Einrichtung und den Betrieb der zur Anfertigung von Zigarren bestimmten Anlagen, §§ 1, 7; 12. v. 13. Dezbr. 12 (S. 564) u. v. 21. Febr. 23 (S. 161) über die Ein­ richtung von Zinkhütten und Zinkrosthütten, §§ 9, 10; 13. v. 24. Novbr. 11 (S. 958) betr. die Beschäftigung von Arbeiterimnen und jugendlichen Arbeitern in Rohzuckerfabriken, Ziff. I; 14. v. 22. Oktbr. 02 (S. 269) betr. die Einrichtung und den Betrieb der Roßhaarspinnereien, Haar- und Borstenzurichtereien usw. (Siehe hierzu E.. 63 S.211), §§ 1,2, 4-6;

BIV 1. Gewerbeordnung §§ 120 f—121.

627

arch Anordnungen über das Verhalten der Arbeiter im Betriebe zum Schutze von Leben und Gesundheit ausgenommen werden.

Eine Ab-

feinst oder ein Abdruck der Anordnungen ist an geeigneter, allen be­ ledigten Arbeitern zugänglicher Stelle auszuhängen und in lesbarem

Zustand zu erhalten.

Soweit solche Vorschriften durch Beschluß deS Bundesrats 6ä) nicht erlassen sind, können dieselben durch Anordnung der Landes-Zentral-

oder

bchörden

durch

Polizeiverordnungen

behörden erlassen werden.

der zuständigen Polizei­

Bor dem Erlasse solcher Anordnungen und

Polizeiverordnungen ist den Vorständen der beteiligten Berufsgenossenschasten oder Berussgenossenschasts-Sektionen Gelegenheit zu einer gutachtlichen Äußerung zu gebend •). Auf diese finden die Bestimmungen

des § 113 Abs. 2, 4 und des § 115 Abs. 4 Satz 1 deS Gewerbe-Unsallvcrsicherungsgesetzes (Retchs-Gesetzbl. 1900 S. 573,585) Anwendung.«") § 120 t -d)

8 120 g. §§ 120 e,

Die Bestimmungen des BundeSrats5») auf Grund der

120 f sind durch das RGBl, zu veröffentlichen

und dem

Reichstag zur Kenntnisnahme vorzulegen. II. Verhältnisse der Gesellen und Gehilfen. § 121.

nungen

Gesellen?) und Gehilfen sind

verpflichtet,

den Anord­

der Arbeitgeber in Beziehung auf die ihnen übertragenen

15. v. 30. Jan. u. 30. Septbr. 31 (RGBl. I S. 17 u. 525) betr. Her­ stellung, Verpackung, Lagerung und Einfuhr von Thomasmehl, 88 b 3, 6, 7; 16. v. 5. Juni 37 (RGBl. I S. 620) betr. die Beschäftigung von Arbeiterinnen u. jugendlichen Arbeitern in Ziegeleien u. verwandten Betrieben (ZiegeleiVO.), §§ 1—3; 17. v. 23. Dezbr. 38 (RGBl. I S. 1961) über Glashütten, Glas­ schleifereien usw. (GlashüttenBO.), §§ 3—10. Diese Arbeitszeitbeschränkungen sind sowohl für die Tarifordnungen (§ 7 AZO.) wie für das Gewerbeaussichtsamt (§8) bindend, Rohmer, Komm. Anm. 4 zu 8 9. Wegen der Arbeitszeitbeschränkungen im allgemeinen s. §§ 9—12 (bes. § 9 nebst Anm.), wegen des erhöhten Schutzes für grauen s. 88 16 ff. AZO. (abgedr. B VI 6), über die Arbeitszeit der Jugend!. s. 88 7 ff. JSchGes. (abgedr. B VI 7) ii. die auf Grund des § 28 JSchGes. erlassenen BO. (s. Anm. 511 8 28). 6 a) In der Bekanntmachung braucht dies nicht ausdrücklich erwähnt zu werden. E. 34 S. 368. Es genügt, daß die Vorschriften auf den § 120 e Bezug nehmen. BayObLG. v. 25. Juni 10, Recht 14 S. 583; sie können niemals selbständig Strafen androhen. KG. JFGErg. 7 S. 207. 6aa) Gem. Art. 4 des EinfGes. zur RVO. jetzt die 88 853, 855, 864 Abs. 2 RVO. 6 b) Außer Kraft getreten durch BO. Über die neue Fassung der ArbeitszeitBO. v. 26. Juli 34 (RGBl. I S. 803), jetzt v. 30. April 38 — abgedr. unter B VI 6. — 7) Geselle ist jeder unselbständige Arbeiter, der weder Lehrling noch lediglich

40*

628

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Arbeiten und aus die häuslichen Einrichtungen Folge zu leisten: zu häuslichen Arbeiten sind sie nicht verbunden.

§ 122. hilfen

DaS ArbeitSverhältuiS zwischen den Gesellen oder Ge­

und ihren Arbeitgebern kann,

wenn nicht ein anderes ver­

abredet ist, durch eine jedem Teile sreistehende, vierzehn Tage vorher

erklärte Aufkündigung gelöst werden.

Werden andere Aufkündigungs­

fristen vereinbart, so müssen sie für beide Teile gleich sein.

Verein­

barungen, welche dieser Bestimmung zuwiderlaufen, sind nichtig.

i

128. Bor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Auf­ kündigung können Gesellen und Gehilfen entlassen werden: 1. wenn sie bei Abschluß des Arbeitsvertrags den Arbeitgeber durch Vorzeigung falscher oder verfälschter Zeugnisse hintergangen oder ihn über das Bestehen eines anderen, sie gleichzeitig verpflichtenden Arbeilsverhältnisses in einen Irrtum versetzt haben;7B)

2. wenn sie eines Diebstahls, einer Entwendung, einer Unter­ schlagung, eines Betrugs oder eines liederlichen Lebenswandels sich schuldig machen;

3. wenn sie die Arbeit unbefugt verlassen haben oder sonst den nach dem Arbeitsvertrag ihnen obliegenden Verpflichtungen nachzu­ kommen beharrlich verweigern;76)

4. wenn sie der Verwarnung ungeachtet mit Feuer und Licht unvorsichtig umgehen; 5. wenn sie sich Tätlichkeiten oder grobe •) Beleidigungen gegen den Arbeitgeber oder seine Vertreter oder gegen die Familienangehörigen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter zu Schulden kommen lassen;

6. wenn sie einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Sachbeschädigung zum Nachteile des Arbeitgebers oder eines Mitarbeiters sich schuldig machen; 7. wenn sie Familienangehörige des Arbeitgebers oder seiner

Vertreter oder Mitarbeiter zu Handlungen verleiten oder zu verleiten

versuchen oder mit Familienangehörigen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter Handlungen begehen, welche wider die Gesetze oder die guten

Sitten verstoßen; Fabrikarbeiter ist. Zwischen Gesellen und Gehilfen besteht nur ein Unterschied tatsächlicher Natur, bei den letzteren werden keine technischen Kenntnisse erfordert. ROHG. v. 30. April 73, E. 9 S. 306 u. v. 16. Febr. 76, E. 19 S. 382. 7 a) Geändert d. Ges. 16. Juni 37 (RGBl. I S. 649). 7 b) Beharrliche Arbeitsverweigerung kein EntlaffungSgrund, wenn die Leistung einer Arbeit auS berechtigtem Grund abgelehnt. RArbG. JurW. 1936 S. 1250. 8) Auch daS Verhalten deS Beleidigten ist bei Feststellung der Beleidigung in Betracht zu ziehen. LAG. Berlin JurW. 57 S. 298.

BIV 1. Gewerbeordnung §§ 124—124b.

629

8. wenn sie zur Fortsetzung der Arbeit unfähig oder mit einer abschreckenden Krankheit behaftet sind.

In den unter Ziffer 1 bis 7 gedachten Fällen ist die Entlassung

nicht mehr zulässig, wenn die zugrunde liegenden Tatsachen dem Arbeitgeber länger als eine Woche bekannt sind.

Inwiefern in den unter Ziffer 8 gedachten Fällen dem Entlassenen

ein Anspruch auf Entschädigung zustehe, ist nach dem Inhalte des Bet» trrgs

und

nach den

allgemeinen gesetzlichen Borschristen zu

be­

urteilen.

§ 124* Bor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Auf­ kündigung können Gesellen und Gehilfen die Arbeit verlassen: 1. wenn sie zur Fortsetzung der Arbeit unfähig werden;

2. wenn der Arbeitgeber oder seine Bertreter sich Tätlichkeiten oder grobe Beleidigungen gegen die Arbeiter oder gegen ihre Familien­ angehörigen zu Schulden kommen lassen; 3. wenn der Arbeitgeber oder seine Bertreter oder Familienange­ hörige derselben die Arbeiter oder deren Familienangehörige zu Hand­

lungen verleiten oder zu verleiten versuchen oder mit den Familien­ angehörigen der Arbeiter Handlungen begehen, welche wider die Ge­

setze oder die guten Sitten laufen; 4. wenn der Arbeitgeber den Arbeitern den schuldigen Lohn nicht in der bedungenen Weise auszahlt, bei Stücklohn nicht für ihre aus­ reichende Beschäftigung sorgt, oder wenn er sich widerrechtlicher Über­

vorteilungen gegen sie schuldig macht;

5. wenn bei Fortsetzung der Arbeit das Leben oder die Gesund­ heit der Arbeiter einer erweislichen Gefahr ausgesetzt sein würde, welche bei Eingehung des Arbeitsvertrags nicht zu erkennen war.

In den unter Ziffer 2 gedachten Fällen ist der Austritt aus der

Arbeit nicht mehr zulässig, wenn die zugrunde liegenden Tatsachen dem Arbeiter länger als eine Woche bekannt sind.

5 124a» Außer den in $5 123 und 124 bezeichneten Fällen kann jeder der beiden Teile aus wichtigen Gründen vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Innehaltung einer Kündigungsftist

die Aufhebung des Arbeitsverhültnisses verlangen, wenn dasselbe mindestens auf vier Wochen oder wenn eine längere als vierzehntägige Kündigungsftist vereinbart ist.

i 124b. Hat ein Geselle oder Gehilfe rechtswidrig die Arbeit verlassen, so kann der Arbeitgeber als Entschädigung für den Tag des Vertragsbruchs und jeden folgenden Tag der vertragsmäßigen oder

3.) Siehe jetzt 8 149 ff. RBO.

630

B IV. Handels- und Gewerberecht.

gesetzlichen Arbeitszeit, höchstens aber für eine Woche, den Betrag des ortsüblichen Tagelohns ($ 8 des Krankenversicherungsgesetzes vom 15. Juni 1883, Reichs-Gesetzbl. S. 73") fordern. Diese Forderung ist an den Nachweis eines Schadens nicht gebunden. Durch ihre Geltendmachung wird der Anspruch auf Erfüllung des Vertrags und aus weiteren Schadensersatz ausgeschlossen. Dasselbe Recht steht dem Gesellen oder Gehilfen gegen den Arbeitgeber zu, wenn er von diesem vor rechtmäßiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses entlassen worden ist.

! Ito- Ein Arbeitgeber, welcher einen Gesellen oder Gehilfen verleitet, vor rechtmäßiger Beendigung des Arbeitsverhaltnisses die Arbeit zu verlassen, ist dem früheren Arbeitgeber für den entstandenen Schaden oder den nach § 124 b an die Stelle des Schadensersatzes tretenden Betrag als Selbstschuldner mitverhaftet. In gleicher Weise hastet ein Arbeitgeber, welcher einen Gesellen oder Gehilfen annimmt, von dem er weiß, daß derselbe einem anderen Arbeitgeber zur Arbeit noch verpflichtet ist. In dem im vorstehenden Absätze bezeichneten Umfang ist auch derjenige Arbeitgeber mitverhaftet, welcher einen Gesellen oder Ge­ hilfen, von dem er weiß, daß derselbe einem anderen Arbeitgeber zur Arbeit noch verpflichtet ist, während der Dauer dieser Verpflich­ tung in der Beschäftigung behält, sofern nicht seit der unrechtmäßigen Lösung des Arbeitsverhaltnisses bereits vierzehn Tage verflossen sind. Den Gesellen und Gehilfen stehen im Sinne der vorstehenden Bestimmungen die im § 119b bezeichneten Personen gleich. III. Lehrlingsverhältnisse.

A. Allgemeine Bestimmungen.

§ 186-

Die Befugnis zum Hallen oder zur Anleitung von Lehr­ lingen *) steht Personen, welche sich nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden, nicht zu. 9) Durch eine Zahlung von Lohn wird der Begriff nicht berührt. E. 7 S. 105. Es wird als Lehrling jeder jugendliche Arbeiter anzusehen sein, der auf Grund cineö VertragsverhältnisieS in einem Gewerbe tätig ist, um das­ selbe zu erlernen. KG. GA. 45 S. 68; auch ohne schriftlichen Vertrag — trotz § 126b — Kiel HöchstNR. 3 S. 35. Allem die Tatsache der Beschäftigung mit fachlichen Arbeiten reicht zur Annahme eines Lehrlingsverhöltnisses nicht aus; es ist vielmehr der mit dem Arbeitsverhältniffe verfolgte Zweck maßgeblich KG. DStrasr. 1935 S. 456; Entsch. d. KG. JFGErg. 14 S. 164. Die Ausbildung muß Selbstzweck sein und darf nicht zu einem zufälligen Ergebnis der Beschäf­ tigung werden. Hamburg HRR. 1931 Nr. 813. Entscheidend ist, ob das Arbeits­ verhältnis des Lehrlings hauptsächlich zu seiner Ausbildung eingegangen ist. Richtlinien f. d. Strafverfahren. AB. d. RIM. v. 13. April 35 Nr. 404. Das jugendliche Älter ist für den Begriff aber nicht wesentlich. GA. 48 S. 354. OBG. DIZ. 33 S. 1091.

Ein Lehrlingsverhältnis liegt nicht vor, wenn keine be-

BIV 1. Gewerbeordnung §§ 126 a u. 126 b.

631

$ 126a« Die Befugnis zum Halten und zur Anleitung von Lehrlingen kann solchen Personen ganz oder auf Zeit entzogen werden, welche sich wiederholt grober Pflichtverletzungen gegen die ihnen an­ vertrauten Lehrlinge schuldig gemacht haben, oder gegen welche Tat­ sachen vorliegen, die sie in sittlicher Beziehung zum Halten oder zur

Anleitung von Lehrlingen ungeeignet erscheinen lassen. Die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen kann ferner solchen Personen entzogen werden, welche wegen geistiger oder körperlicher Ge­ brechen zur sachgemäßen Anleitung eines Lehrlinges nicht geeignet sind. Die Entziehung erfolgt durch Verfügung der unteren Verwaltungs­ behörde; gegen die Verfügung findet der Rekurs statt. Wegen des Verfahrens und der Behörden gelten die Vorschriften der 20 und

21, soweit nicht landesgesetzlich das Verfahren in streitigen Berwaltungsfachen Platz greift.") Durch die höhere Verwaltungsbehörde kann die entzogene Befug­ nis nach Ablauf eines Jahres wieder eingeräumt werden.

i 126b. Der Lehrvertrag ist binnen vier Wochen nach Beginn der Lehre schriftlich abzuschließen.I0) Derselbe muß enthalten: 1. die Bezeichnung des Gewerbes oder des Zweiges der gewerb­ lichen Tätigkeit, in welchem die Ausbildung erfolgen soll; 2. die Angabe der Dauer der Lehrzeit;.

3. die Angabe der gegenseitigen Leistungen; 4. die gesetzlichen und sonstigen Voraussetzungen, unter welchen die einseitige Auflösung des Vertrags zulässig ist. Der Lebrvertrag ist von dem Gewerbetreibenden oder seinem Stell­ sond ere Unterweisung stattfindet, sondern der Lernende sich allein überlassen bleibt. Dresden HRR. 1929 Nr. 990. Es hört aber nicht dadurch auf, daß der Arbeiter im letzten Abschnitt seiner Ausbildung einer Anleitung nicht mehr bedarf. KG. DIZ. 35 S. 1467. Huusbedarfslehrmädchen, die sich nebenbei einige Kenntnisie im Schneidern erwerben wollen, sind keine Schneiderlehrlinge. Naumburg DRZ. 25 Nr. 142. Der Volontär unterscheidet sich vom Lehrling durch die Art und die Dauer und den Zweck seiner Beschäftigung. Dresden DRZ. 25 Nr. 499. 9 a) Vgl. Erste VO. über den vorläufigen Aufbau deS deutschen Hand­ werks v. 15. Juni 34 (RGBl. I S. 493ff.) § 96 Abs. 3: „Die im tz 126a der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich vorgesehene Entziehung der Befug­ nisse zum Halten und zur Anleitung von Lehrlingen erfolgt gegenüber den in die Handwerksrolle eingetragenen Gewerbetreibenden und den von 'ihnen mit der Anleitung von Lehrlingen beauftragten Personen durch Entscheidung des Ehrengerichts (§ 64). Die Vorschriften des vierten Teils finden entsprechende Anwendung." 10) Der Nichtabschluß ist nach Ablauf der Frist nicht straflos. Celle GA. 52 S. 105. Auch der Lehrherr, der ohne Befugnis Lehrlinge anleitet, ist zur Abschließung eines ordnungsmäßigen Lehrvertrages verpflichtet. Celle GA. 63 S. 151. — Wird Volontärverhältnis mifibräuchl. statt Lehrvertrags vereinbart, fehlt schriftl. Lehrvertrag. OLG. Naumburg, DR. 1939 S. 1516.

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

Vertreter, dem Lehrling und dem gesetzlichen Vertreter des Lehrlingezu unterschreiben und in einem Exemplar dem gesetzlichen Vertreter des Lehrlinges auszuhändigen. Der Lehrherr ist verpflichtet, der Ortspolizeibehörde aus Erfordern den Lehrvertrag einzureichen. Auf Lehrlinge in staatlich anerkannten Lehrwerkstätten finden diese Bestimmungen keine Anwendung. Das Gleiche gilt für Lehrverhältnisse zwischen Eltern und Kindern, falls der Handwerkskammer daS Bestehen des Lehrverhältnisses, der Tag seines Beginns, das Gewerbe oder der Zweig der gewerblichen Tätigkeit, in welchem die Ausbildung erfolgen soll, und die Dauer der Lehrzeit schriftlich angezeigt wird. Der Lehrvertrag ist kosten- und stempelfrei. i 127« Der Lehr Herr ist verpflichtet, den Lehrling in den bei seinem Betriebe vorkommenden Arbeiten des Gewerbes dem Zwecke der Ausbildung entsprechend zu unterweisen, ihn zum Besuche der Fortbildungs- oder Fachschule anzuhalten 10 a) und den Schulbesuch zu überwachen. Er muß entweder selbst oder durch einen geeigneten, ausdrücklich dazu bestimmten Vertreter die Ausbildung des LehrlingeS leiten, den Lehrling zur Arbeitsamkeit und zu guten Sitten anhalten und vor Ausschweifungen bewahren, er hat ihn gegen Mißhandlungen seitens der Arbeits- und Hausgenossen zu schützen und dafür Sorge zu tragen, daß dem Lehrlinge nicht Arbeitsverrichtungen zugewiesen werden, welche seinen körperlichen Kräften nicht angemessen sind. Er darf dem Lehrlinge die zu seiner Ausbildung und zum Besuche des Gottesdienstes an Sonn- und Festtagen erforderliche Zeit und Gelegenheit nicht entziehen. Zu häuslichen Dienstleistungen dürfen Lehrlinge, welche im Hause des Lehrherrn weder Kost noch Wohnung erhalten, nicht herangezogen werden. $ 127a« Der Lehrling ist der väterlichen Zucht des Lehrherrn unterworfen und dem Lehrherrn sowie demjenigen, welcher an Stelle des Lehrherrn die Ausbildung zu leiten hat, zur Folgsamkeit und Treue, zu Fleiß und anständigem Betragen verpflichtet. übermäßige und unanständige Züchtigungen sowie jede die

Gesundheit des Lehrlinges gefährdende Behandlung sind verboten. ! 127 b« Das Lehrverhättnis kann, wenn eine längere Frist nicht vereinbart ist, während der ersten vier Wochen nach Beginn der Lehrzeit durch einseitigen Rücktritt aufgelöst werden. Eine Vereinbarung, wo­ nach diese Probezeit mehr als drei Monate betragen soll, ist nichtig. Nach Ablauf der Probezeit kann der Lehrling vor Beendigung der verabredeten Lehrzeit entlassen werden, wenn einer der im $ 123 10 a) vgl. hierzu jetzt § 13 ReichLschulpflichtges. v. 6. Juli 38, abgkedr. unter Bill 12. Die Anmeldung zur Berufsschule fällt nicht unter die Pflichten deS 8 127. KG. JFG. Erg. 1938 S. 303.

BIV1. Vewerbeordmmg §§ 127 c—127 e.

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vorgesehenen Fälle auf ihn Anwendung findet oder wenn er die ihm

im i 127» auferlegten Pflichten wiederholt verletzt oder den Besuch der Fortbildungs- oder Fachschule vernachlässigt. Bon selten des Lehrlinges kann das Lehrverhältnis nach Ablauf der Probezeit aufgelöst werden, wenn: 1. einer der im { 124 unter Ziffer 1, 3 bis b vorgesehenen Fälle vorliegt; 2. der Lehrherr seine gesetzlichen Verpflichtungen gegen den Lehr­ ling in einer die Gesundheit, die Sittlichkeit oder die Aus­ bildung des Lehrlinges gefährdenden Weise vernachlässigt, oder

das Recht der väterlichen Zucht mißbraucht, oder zur Erfüllung der ihm vertragsmäßig obliegenden Verpflichtungen unfähig wird. Der Lehrvertrag wird durch den Tod des Lehrlinges aufgehoben. Durch den Tod des Lehrherrn gilt der Lehrvertrag als aufgehoben, sofern die Aufhebung binnen vier Wochen geltend gemacht wird.

i 127 a Bei Beendigung des Lehrverhältnisses hat der Lehrherr dem Lehrling unter Angabe des Gewerbes, in welchem der Lehrling unterwiesen worden ist, über die Dauer der Lehrzeit und die während derselben erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie über sein Betragen ein Zeugnis auszustellen, welches von der Gemeindebehörde kosten- und stempelfrei zu beglaubigen ist. An Stelle dieser Zeugnisse treten, wo Innungen oder andere Vertretungen der Gewerbetreibenden bestehen, die von diesen aus­ gestellten Lehrbriefe.

| 127 d, verläßt der Lehrling in einem durch dies Gesetz nicht vorgesehenen Falle ohne Zustimmung des Lehrherrn die Lehre, so kann letzterer den Anspruch aus Rückkehr des Lehrlinges nur gellend machen, wenn der Lehrvertrag schriftlich geschlossen ist. Die Polizeibehörde kann in diesem Falle auf Antrag des Lehrherrn den Lehrling an­ halten, solange in der Lehre zu verbleiben, als durch gerichtliches Urteil das Lehrverhältnis nicht für aufgelöst erklärt ist, oder dem Lehrlinge durch einstweilige Verfügung eines Gerichts gestattet ist, der Lehre fern zu bleiben. Der Antrag ist nur zulässig, wenn er binnen einer Woche nach dem Austritte des Lehrlinges gestellt ist. Im Falle unbegründeter Weigerung der Rückkehr hat die Polizeibehörde den Lehrling zwangsweise zurückführen zu lassen oder durch Androhung von Geldstrafe fbis zu fünfzig Statt]11) oder Hast bis zu fünf Tagen zur

Rückkehr anzuhalten.

i 127 ei Wird von dem gesetzlichen Vertreter für den Lehrling oder, sofern der letztere volljährig ist, von ihm selbst dem Lehrherrn 11) 1 618 1000 RM. Art. II BO. v. 6. gebr. 24 (RGBl. I S. 44).

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

die schriftliche Erklärung abgegeben, daß der Lehrling zu einem anderen Gewerbe oder anderen Beruf übergehen werde, so gilt das Lehr­ verhältnis, wenn der Lehrling nicht früher entlassen wird, nach Allauf von vier Wochen als aufgelöst.") Binnen neun Monaten nach der Auflösung darf der Lehrling in demselben Gewerbe von einem anderen Arbeitgeber ohne Zustimmung des früheren Lehrherrn nicht beschäftigt werden.

§ 127 f Erreicht das Lehrverhültnis vor Ablauf der verab­ redeten Lehrzeit sein Ende, so kann von dem Lehrherrn oder von Dem Lehrling ein Anspruch auf Entschädigung nur geltend gemacht werden, wenn der Lehrvertrag schriftlich geschlossen ist. In den Fällen des $ 127b Abs. 1, 4 kann der Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn dieses in dem Lehrvertrag unter Festsetzung der Art und Höhe der Entschädigung vereinbart ist. Der Anspruch der Entschädigung erlischt, wenn er nicht innerhalb vier Wochen nach Auflösung des Lehrverhältnisses im Wege der Mage oder Einrede geltend gemacht ist.

§ 127 g. Ist von dem Lehrherrn das Lehrverhültnis aufgelöst worden, weil der Lehrling die Lehre unbefugt verlassen hat, so ist die von dem Lehrherrn beanspruchte Entschädigung, wenn in dem Lehr­ vertrage nicht ein geringerer Betrag ousbedungen ist, aus einen Be­ trag sestzusetzen, welcher für jeden auf den Tag des Vertragsbruchs folgenden Tag der Lehrzeit, höchstens ober für sechs Monate, bis auf die Hälfte des in dem Gewerbe des Lehrherrn den Gesellen oder Ge­ hilfen ortsüblich gezahlten Lohnes sich belaufen darf. Für die Zahlung der Entschädigung sind als Selbstschuldner mit* verhaftet der Vater des Lehrlinges, sofern er die Sorge für die Person des Lehrlinges hat, sowie derjenige Arbeitgeber, welcher den Lehrling zum Verlassen der Lehre verleitet oder welcher ihn in Arbeit genommen hat, obwohl er wußte, daß der Lehrling zur Fortsetzung eines Lehr­ verhältnisses noch verpflichtet war. Hat der Entschädigungsberechtigte erst nach Auflösung des Lehrverhältnisses von der Person des Arbeitgebers, welcher den Lehrling verleitet oder in Arbeit genommen hat, Kenntnis erhalten, so erlischt gegen diese der Entschädigungsanspruch erst, wenn derselbe nicht innerhalb vier Wochen nach erhaltener Kennt­ nis geltend gemacht ist.

§ 128. Wenn der Lehrherr eine im Mißverhältnisse zu dem Um­ fang oder der Art seines Gewerbebetriebes stehende Zahl"») von Lehr­ lingen hält und dadurch die Ausbildung der Lehrlinge gefährdet er­ scheint, so kann dem Lehrherrn von der unteren Verwaltungsbehörde 11 a) Die Zahl der Lehrlinge bemißt sich nach der Zahl der Gesellen zur Zeit der Einstellung der Lehrlinge. Königsberg JurW. 60 S. 1257.

BIV 1. Gewerbeordnung § 129.

635

die Entlassung eines entsprechenden Teiles der Lehrlinge auferlegt und die Annahme von Lehrlingen über eine bestimmte Zahl hinaus untersazt werden. Die Bestimmungen des $ 126a Abs. 3 finden hierbei entsprechende Anwendung. Unbeschadet der vorstehenden Bestimmung können durch Beschluß bei Bundesrat» für einzelne Gewerbszweige Vorschriften über die höchste Zahl der Lehrlinge erlassen werden, welche in Betrieben dieser Gewerbs­ zweige gehalten werden darf. Soweit solche Vorschriften nicht er­ lassen sind, können sie durch Anordnung der Landes-Zentralbehörde erlassen werden. B.

Besondere veftimmunge» für Handwerker.

1129. In Handwerksbetrieben steht die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen nur denjenigen Personen zu, welche das 24. Lebensjähr vollendet und eine Meisterprüfung (§ 133) bestanden haben Haben solche Personen die Meisterprüfung nicht für dasjenige Gewerbe oder denjenigen Zweig des Gewerbes bestanden, in welchem die An­ leitung der Lehrlinge erfolgen soll, so haben sie die Befugnis dann, wenn sie in diesem Gewerbe oder Gewerbszweige entweder die Lehr­ zeit (§ 130a) zurückgelegt und die Gesellenprüfung bestanden haben, oder fünf Jahre hindurch persönlich das Handwerk selbständig aus­ geübt haben oder während einer gleich langen Zeit als Werkmeister oder in ähnlicher Stellung tätig gewesen finb no) 11 b) Zwischen Halten und Anleiten ist scharf zu unterscheiden. DaS Halten von Lehrlingen ist church den § nicht verboten KG. JurW. 54 S. 2803; eS ist aber aus § 127 i. Bbdg. mit § 148 Z. 9 strafbar. Dresden HRR. 1928 Nr. 1864. Die Vorschrift des §129 findet auch auf das Lehrverhältnis zwischen Ettern und Kindern Anwendung. Jena JurR. 2 Nr. 1470. Die Entscheidung darüber, ob ein Lehrling ein kaufmännischer oder gewerblicher ist, hängt nicht von dem Wortlaut des schriftlichen Lehrvertrages ab, sondern davon, ob er überwiegend in kaufmännischer oder gewerblicher Arbeit beschäftigt wird. Ham­ burg DRZ. 19 Nr. 88. Siehe auch Anm. 9. Bildet ein Autohändler junge Leute außer zu Krastwagenführern auch zu Autoschlossern aus, so sind sie inso­ weit Lehrlinge. Jena HRR. 1929 Nr. 783 ; vgl. ebenso Kiel JurW. 61 S. 1595. Betrieb eines Bildnisberichterstatters, der sich journalistisch betätigt, ist kein Handwerksbetrieb. KG. JurW. 59 ©.419; wohl aber der Betrieb einer Arbeits­ stube für Damenkonfektion. KG. DIZ. 38 S. 112. — Über Anleitung in Hand­ werksbetrieben BapObLG. Dt. Strafrecht 1934 S. 350. OLG. Stettin Dt. Straf­ recht 1936 S. 187. KG. Reger, Entsch. Bd. 56 S. 346. 11c) Voraussetzung aber ist, daß der Anleitende überhaupt eine Meister­ prüfung bestanden hat. KG. GA. 70 S. 176. Ist dies nicht der Fall, so darf er die Leitung der Ausbildung einem Dritten übertragen. Dresden JurW. 59 S. 420. A. M. Dresden JurW. 58 S. 2370. Ist einem Lehrherrn bis zu einem bestimmten Zeitpunkt unter der Bedingung der Ablegung der Meister­ prüfung die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen erteilt, so ist er, wenn er die Prüfung bis zu dem Zeitpunkt nicht ablegt, wegen der Weiteranleitung nur strafbar, wenn die Erlaubnis widerrufen ist. KG. JurP. 3 Nr. 2069.

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

Die höhere Verwaltungsbehörde kann Personen, welche diesen Anforderungen nicht entsprechen, die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen widerruflich verleihen. Bor der Entscheidung über die Er­ teilung der Befugnis oder den Widerruf ist die Handwerkskammer und, wenn die Person einer Innung angehört oder an ihrem Wohn­ orte für ihren Gewerbszweig eine Innung besteht, außerdem die Innung zu hören. In Handwerksbetrieben, welche nach dem Tode deS Gewerbetreibenden für Rechnung der Witwe oder minderjährigen Eiben fortgesetzt werden, sind bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tode des Lehrherrn als Vertreter (§ 127 Abs. 1) zur Anleitung von Lehr­ lingen auch Personen befugt, welche eine Meisterprüfung nicht bestanden haben, sofern sie hn übrigen den Anforderungen des Abs. 1 Satz 2 entsprechen. Die untere Verwaltungsbehörde kann solchen Personen als Vertretern des Lehrherrn auch in anderen Fällen bis zur Dauer eines Jahres die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen erteilen. Die hiernach zulässige Dauer der Vertretung kann von der höheren Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Handwerkskammer entsprechend dem Bedürfnisse des einzelnen Falles verlängert werden. Die Unterweisung des Lehrlinges in einzelnen technischen Hand­ griffen und Fertigkeiten durch einen Gesellen fällt nicht unter die im

Absatz 1 vorgesehenen Bestimmungen. Die Zurücklegung der Lehrzeit kann auch in einem dem Gewerbe an­ gehörenden Großbetrieb erfolgen und durch den Besuch einer staatlichen, staatlich unterstützten oder vom Staate anerkannten Lehrwerkstätte oder sonstigen gewerblichen Unterrichtsanstalt ersetzt werden. Vor der Aner­ kennung einer sonstigen gewerblichen Unterrichtsanstalt soll der zu­ ständigen Handwerkskammer Gelegenheit gegeben werden, sich gutacht­ lich zu äußern. Die Landes-Zentralbehörden können den Prüfungszeugnissen von

Lehrwerkstätten, gewerblichen Unterrichtsanstalten oder von Prüfungs­ behörden, welche vom Staate für einzelne Gewerbe oder zum Nach­ weise der Befähigung zur Anstellung in staatlichen Betrieben eingesetzt sind, die Wirkung der Verleihung der im Abs. 1 bezeichneten Befugnis für bestimmte Gewerbszweige beilegen. Der Eintritt dieser Wirkung ist davon abhängig zu machen, daß der Besitzer des Prüfungszeugnisses in dem Gewerbe oder in dem Zweige des Gewerbes, in welchem die Anleitung der Lehrlinge erfolgen soll, eine bestimmte, auf nicht mehr als drei Jahre festzusetzende Zeit hindurch persönlich tätig gewesen ist. Der Bundesrat ist befugt, für einzelne Gewerbe nach Anhörung der Handwerkskammern Ausnahmen von den Bestimmungen im Abs. 1 zuzulassen.

BIV 1. Gewerbeordnung §§ 129 a—131.

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$ 129 a. Wer für einen gesondert bettiebenen Zweig eines Gewerbes den Voraussetzungen des $ 129 entspricht, ist berechtigt, auch in den übrigen Zweigen dieses Gewerbes Lehrlinge anzuleiten. Wer für ein Gewerbe den Voraussetzungen des § 129 entspricht, ist berechtigt, auch in den diesem verwandten Gewerben Lehrlinge an* zweiten. Welche Gewerbe als verwandte Gewerbe im Sinne dieser Bestimmung anzusehen sind, bestimmt die Handwerkskammer. Dem Unternehmer eines Betriebs, in welchem mehrere Gewerbe vereinigt sind, kann die untere Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Handwerkskammer die Befugnis erteilen, in allen zu dem Betriebe vereinigten Gewerben oder in mehreren dieser Gewerbe Lehrlinge an« zweiten, wenn er für eine- der Gewerbe den Voraussetzungen des $ 129 entspricht.

Zu Arbeiten in denjenigen Gewerben seines Betriebs, für

welche er zur Anleitung von Lehrlingen nicht befugt ist, darf er die Lehrlinge nur insoweit heranziehen, als es dem Zwecke der Ausbildung in ihrem Gewerbe nicht widerspricht. Das gemäß $ 131 c Abs. 2 dem Prüfungsausschüsse vorzulegende Lehrzeugnis darf nur für dasjenige Gewerbe ausgestellt werden, für welches der Lehrherr oder sein Vertreter ($ 127 Abs. 1) zur Anleitung von Lehrlingen befugt ist.

§ 129 b. Gehört der Lehrherr einer Innung an, so ist er verpflichtet, eine Abschrift des Lehrvertrags binnen vierzehn Tagen nach Abschluß desselben der Innung einzureichen; er kann hierzu durch die Ortspolizeibehörde angehalten werden. Die Innungen können bestimmen, daß der Abschluß des Lehr­ vertrags vor der Innung erfolgen soll. In diesem Falle ist dem Lehrherrn und dem Vater oder Vormunde des Lehrlinges eine Ab­ schrift des LehrverttagS auszuhündigen. $ 180. Soweit durch den Bundesrat oder die Landes-Zentral­ behörde auf Grund deS j 128 Absatz 2 Vorschriften über die zulässige Zahl von Lehrlingen nicht erlassen sind, ist die Handwerkskammer und die Innung zum Erlasse solcher Vorschriften befugt.

$ 18Qa. Die Lehrzeit soll in der Regel drei Jahre dauern; sie darf den Zeitraum von vier Jahren nicht übersteigen. Von der Handwerkskammer kann mit Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde die Tauer der Lehrzeit für die einzelnen Gewerbe ober Gewerbszweige nach Anhörung der beteiligten Innungen und der im $ 103» Abs. 3 Ziffer 2 bezeichneten Vereinigungen festgesetzt werden. Die Handwerkskammer ist befugt, Lehrlinge in Einzelsällen von

der Innehaltung der festgesetzten Lehrzeit zu entbinden. S 131. Den Lehrlingen ist Gelegenheit zu geben, sich nach Ablauf der Lehrzeit der Gesellenprüfung ($ 129 Abs. 1) zu unterziehen.

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

Die Landes-Zentralbehörden können den Prüfungszeugnissen von Lehrwerkstätten, gewerblichen Unterrichtsanstalten oder von Prüfungsbehörden, welche vom Staate für einzelne Gewerbe oder zum Nachweise der Befähigung zur Anstellung in staatlichen Betrieben eingesetzt sind, die Wirkung der Zeugnisse über das Bestehen der Gesellenprüfung beilegen. DieAbnahme der Gesellenprüfungen Ms. 1) erfolgt durch Prüfungs­ ausschüsse. Bei jeder Zwangsinnung wird ein Prüfungsausschuß ge­ bildet, bei anderen Innungen nur dann, wenn ihnen die Ermächtigung zur Abnahme der Prüfungen von der Handwerkskammer erteilt ist. Soweit für die Abnahme der Prüfungen für die einzelnen Gewerbe nicht durch Prüfungsausschüsse der Innungen und die im Abs. 2 bezeichneten Lehrwerkstätten, gewerblichen Unterrichtsanstalten und PrüfungsbeHürden gesorgt ist, hat die Handwerkskammer die erforderlichen Prü­ fungsausschüsse zu errichten. § 131». Die Prüfungsausschüsse bestehen aus einem Vorsitzenden und mindestens zwei Beisitzern. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses wird von der Hand­ werkskammer bestellt. Bon den Beisitzern wird bei dem Prüfungsausschuß einer Innung die Hälfte durch diese, die andere Hälfte aus der Zahl der Gesellen, welche eine Gesellenprüfung bestanden haben, durch den Gesellenausschuß bestellt. Bei den von der Handwerks­ kammer errichteten Prüfungsausschüssen werden auch die Beisitzer von der Handwerkskammer bestellt; die Hälfte der Beisitzer muß aus Ge­ sellen bestehen. Die Bestellung der Mitglieder der Prüfungsausschüsse erfolgt in der Regel auf drei Jahre. Während der ersten sechs Jahre nach dem Inkrafttreten dieser Bestimmungen können auch Gesellen (Gehilfen), welche die Gesellen­ prüfung nicht abgelegt haben, gewählt werden, wenn sie eine Lehrzeit von mindestens zwei Jahren zurüügelegt haben. 5 181 d Die Prüfung hat den Nachweis zu erbringen, daß der Lehrling die in seinem Gewerbe gebräuchlichen Handgriffe und Fertig­ keiten mit genügender Sicherheit ausübt und sowohl über den Wert, die Beschaffung, Aufbewahrung und Behandlung der zu verarbeitenden Rohmaterialien, als auch über die Kennzeichen ihrer guten oder schlechten Beschaffenheit unterrichtet ist. Im übrigen werden das Verfahren vor dem Prüfungsausschüsse, der Gang der Prüfung und die Höhe der Prüfungsgebühren durch eine Prüfungsordnung geregelt, welche von der höheren Verwaltungs­ behörde im Einvernehmen mit der Handwerkskammer erlassen wird. Kommt ein Einvernehmen nicht zustande, so entscheidet die LandesZentralbehörde.

B IV1. Gewerbeordnung §8 131c—133.

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Durch die Prüfungsordnung kann bestimmt werden, daß die Prüfung auch in der Buch- und Rechnungsführung zu erfolgen hat. In diesem Falle ist der Prüfungsausschuß befugt, einen besonderen Sachverständigen zuzuziehen, welcher an der Prüfung mit vollem Stimmrechte teilnimmt. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Die Kosten der Prüfung werden, sofern diese von dem Prüfungs­ ausschuß einer Innung abgehalten wird, von letzterer, im übrigen von der Handwerkskammer getragen. Diesen fließen die Prüfungs­

gebühren -u.

§ 131 e. Der Lehrling soll sich nach Ablauf der Lehrzeit der Gesellenprüfung unterziehen. Die Innung und der Lehrherr sollen ihn dazu anhalten. Das Gesuch um Zulassung zur Prüfung hat der Lehrling an den Prüfungsausschuß zu richten. Dem Gesuche sind das Lehrzeugnis ($ 127 c) und, sofern der Prüfling während der Lehrzeit zum Besuch einer Fortbildungs* oder Fachschule verpflichtet war, die Zeugnisse über den Schulbesuch beizufügen.

Der Prüfungsausschuß hat das Ergebnis der Prüfung auf dem

Lehrzeugnis oder Lehrbriefe zu beurkunden. Wird die Prüfung nicht bestanden, so hat der Prüfungsausschuß den Zeitraum zu bestimmen, vor dessen Abläufe die Prüfung nicht wiederholt werden darf. Die Prüfungszeugnisse sind kosten- und stempelfrei.

§ 138- Der Vorsitzende ist berechtigt, Beschlüsse des Prüfungs­ ausschusses mit ausschiebender Wirkung zu beanstanden. Über die Be­ anstandung entscheidet die Handwerkskammer (§ 103 e Ziffer 6).

i 138*. Die Landes-Zentralbehörden sind befugt, die Bestellung der Prüfungsausschüsse, das Verfahren bei der Prüfung, die Gegen­ stände der Prüfung sowie die Prüfungsgebühren abweichend von den Vorschriften der §§ 131 bis 132 zu regeln, dabei darf jedoch hinsicht­ lich der bei der Prüfung zu stellenden Anforderungen nicht unter das im § 131b Abs. 1 bestimmte Maß herabgegangen werden. Illa. Meistertitel.

$ 133 Den Meistertitel in Verbindung mit der Bezeichnung eines Handwerkes dürfen nur Handwerker führen, welche für dieses Handwerk die Meisterprüfung bestanden und das 24. Lebensjahr zurück­ gelegt haben. Die Befugnis zur Führung des Meistertitels in Verbindung mit einer anderen Bezeichnung, die auf eine Tätigkeit im Bau­ gewerbe hinweist, insbesondere des Titels Baumeister und Baugewerks-

640

B IV. Handels- und Vewerberecht.

meister, wird durch den Bundesrat geregelt.*") Bis zum Inkrafttreten des Bundesratsbeschlusses darf ein solcher Titel nur dann geführt werden, wenn die Landesregierung über die Befugnis zu seiner Führung Vorschriften erlassen hat, und nut von denjenigen Personen, welche diesen Vorschriften entsprechen. Der Bundesrat kann ferner Vorschriften über die Führung des Meistertitels in Verbindung mit sonstigen Be­ zeichnungen erlassen, die auf eine Tätigkeit im Handwerke Hinweisen. Zur Meisterprüfung (Abs. 1) sind in der Regel nur solche Personen zuzulassen, welche eine Gesellenprüfung bestanden haben und in dem Gewerbe, für welches sie die Meisterprüfung ablegen wollen, mindestens drei Jahre als Geselle (Gehilfe) tätig gewesen, oder welche nach $ 129 Abs. 6 zur Anleitung von Lehrlingen in diesem Gewerbe befugt sind. Die Abnahme der Prüfung erfolgt durch Prüfungskommissionen, welche aus einem Vorsitzenden und vier Beisitzern bestehen. Die Entscheidung der Prüfungskommission, welche die Zulassung der Meisterprüfung (Abs. 1) ablehnt, kann binnen zwei Wochen durch Beschwerde bei der höheren Verwaltungsbehörde angefochten werden. Diese hat, bevor sie der Beschwerde stattgibt, die Handwerkskammer zu hören.

Die Errichtung der Prüfungskommissionen erfolgt nach Anhörung der Handwerkskammer durch Verfügung der höheren Btzrwaltungsbehörde, welche auch die Mitglieder ernennt; die Ernennung erfolgt auf drei Jahre. Die Prüfung hat den Nachweis der Befähigung zur selbständigen Ausführung und Kostenberechnung der gewöhnlichen Arbeiten des Gewerbes sowie der zu dem selbständigen Betriebe desselben sonst notwendigen Kenntnisse, insbesondere auch der Buch- und Rechnungs­ führung, zu erbringen. Das Verfahren vor der Prüfungskommission, der Gang der Prüfung und die Höhe der Prüfungsgebühren werden dmch eine von der Handwerkskammer mit Genehmigung der Landes-Zentralbehörde zu erlassende Prüfungsordnung geregelt. Die Kosten der Prüfungskommissionen fallen der Handwerks-

kammer gut Last, welcher die Prüfungsgebühren zufließen. Die Prüfungszeugnisse sind kosten- und stempelftei. Der Meisterprüfung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen 11 d) Siehe BO. über die Berechtigung zur Führung der BerufsbeKetchnung „Baumeister" (BaumeisterBO.) v. 1. April 31 (RGBl. IS. 131) mebst AbänderungSLO. v. 17. Jan. 34 (RGBl. IS. 33) und DurchsLO. v. 17. Jan. 34 (RGBl. I S. 34); ferner RdErl. v. 30. 7. 1936 u. 22. 7. 1937 (FinMBl. 1937 S. 200). Dazu preuß. DurchfBest., zuletzt Erl. v. 6. März 34 (MBML. S. 102).

BIV 1. (Bewabeorbmmg §§ 133 a*—133 ac.

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können von der Landes-Zentralbehörde die Prüfungen bei Lehrwerk­ stätten, gewerblichen Unterrichtsanstalten oder bei Prüfungsbehörden, welche vom Staate für einzelne Gewerbe oder zum Nachweise der Be­ fähigung zur Anstellung in staatlichen Betrieben eingesetzt sind, gleichgestellt werden, sofern bei denselben mindestens die gleichen Anforderungen gestellt werden wie bei den im Abs. 1 vorgesehenen Prüfungen. Illb.

Verhältnisse der Betriebsbeamten, Werkmeister, Techniker.

$ 133a. Das Dienstverhältnis der von Gewerbeunternehmern gegen feste Bezüge beschäftigten Personen, welche nicht lediglich vor­ übergehend mit der Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebs oder einer Abteilung desselben beauftragt (Betriebsbeamte, Werkmeister^) und ähnliche Angestellte) oder mit höheren technischen Dienstleistungen betraut sind (Maschinentechniker, Bautechniker, Chemiker, Zeichner und dergl.), kann, wenn nicht etwas anderes verabredet ist, von jedem Teile mit Ablauf jedes Kalendervierteljahrs nach sechs Wochen vorher erklärter Aufkündigung aufgehoben werden "*). $ 133 AR Wird durch Vertrag eine kürzere oder längere Kün­ digungsfrist bedungen, so muß sie für beide Teile gleich sein; sie darf nicht weniger als einen Monat betragen. Die Kündigung kann nur für den Schluß eines Kalendermonats zugelassen werden. Die Vorschriften des Abs. 1 finden auch in dem Falle Anwendüng, wenn das Dienstverhältnis für bestimmte Zeit mit der Ver­ einbarung eingegangen wird, daß es in Ermangelung einer vor dem Ab­ laufe der Vertragszeit erfolgten Kündigung als verlängert gelten sott. Eine Vereinbarung, die diesen Vorschriften zuwiderläuit, ist nichtig. § 133ab. Die Vorschriften des § 133aa finden keine Anwen­ dung, wenn der Angestellte ein Gehalt von mindestens fünf­ tausend Reichsmark für das Jahr bezieht. Sie bleiben ferner außer Anwendung, wenn der Angestellte für eine außereuropäische Niederlassung angenommen ist und nach dem Vertrage der Arbeitgeber für den Fall, daß er das Dienstverhältnis kündigt, die Kosten der Rückreise des Angestellten zu tragen hat. 5 133 ae. Wird ein Angestellter nur zur vorübergehenden AuS12) DieS können auch Direktricen eines Konfektionsgeschäfts sein. Dresden v. 25. Sevtbr. 12. GA. 62 S. 205. 12 a) Vgl. Ges. über die Fristen für die Kündigung von Angestellten v. 9. Sept. 26 (RGBl. I S. 399;. Dalcke, Strafrecht. 31. Anfl.

642

B IV. Handels- und Vewerberecht.

Hilfe genommen, so finden die Vorschriften M $ 1331* keine An­ wendung, eS sei denn, daß das Dienstverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird. Die Kündigungsfrist muß jedoch auch in einem solchen Falle für beide Teile gleich sein. i 133 b. Jeder der beiden Teile kann vor Ablauf der vertrags­ mäßigen Zeit und ohne Innehaltung einer Kündigungsftist die Auf­ hebung des Dienstverhältnisses verlangen, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falles die Aufhebung rechtfertigender Grund vorliegt.

§ 133 e. Gegenüber den im j 133a bezeichneten Personen kann die Aushebung des Dienstverhältnisses insbesondere verlangt werden:

1. wenn sie beim Abschlüsse des Dienstvertrag- den Arbeitgeber durch Vorbringung falscher oder verfälschter Zeugnisse hintergangen oder ihn über das Bestehen eines anderen, sie gleichzeitig verpflichten­ den Dienstverhältnisses in einen Irrtum versetzt haben; 2. wenn sie im Dienste untreu sind oder das Vertrauen mißbrauchen; 3. wenn sie ihren Dienst unbefugt verlassen oder den nach dem Dienstvertrag ihnen obliegenden Verpflichtungen nachzukommen, be­ harrlich verweigern; 4. wenn sie durch anhaltende Krank eit oder durch eine längere Freiheitsstrafe oder Anwesenheit an der Verrichtung ihrer Dienste ver­

hindert werden; 5 wenn sie sich Tätlichkeiten oder Ehrverletzungen gegen den Arbeitgeber oder seinen Vertreter zu Schulden kommen lassen;

6. wenn sie sich einem unsittlichen Lebenswandel ergeben. In dem Falle zu 4 bleibt der Anspruch auf die vertragsmäßigen Leistungen des Arbeitgebers für die Dauer von sechs Wochen in Kraft, wenn die Verrichtung der Dienste durch unverschuldete- Unglück

verhindert worden ist. Jedoch mindern sich die Ansprüche in diesem Falle um denjenigen Betrag, welcher dem Berechtigten au- einer auf

Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Krankenversicherung oder Unfallversicherung -ukommt. Der Anspruch kann nicht durch Ver­ trag ausgeschlossen oder beschränkt werden.") 1 1334. Die im $ 133 a bezeichneten Personen können die Auf­ lösung des Dienstverhältnisses insbesondere verlangen:

1. wenn der Arbeitgeber oder seine Vertreter sich Tätlichkeiten oder Ehrverletzungen gegen sie zu Schulden kommen lassen; 2. wenn der Arbeitgeber die vertragsmäßigen Leistungen nicht gewährt; 3. wenn bei Fortsetzung de- Dienstverhältnisse- ihr Leben oder

13) Zusatz durch VO. v. 1. Dez. 30 (RGBl. I S. 517 (521)).

BIV 1.

Gewerbeordnung Atz 133 •—134.

643

ihre Gesundheit einer erweislichen Gefahr ausgesetzt sein würde, welche

bei Eingehung des Dienstverhältnisses nicht zu erkennen war. § 133 e. Auf die im § 133a bezeichneten Personen finden die

Bestimmungen der §j 124b und 125 Anwendung, dagegen nicht die Bestimmungen des § 119 a. $ 133 f. Eine Vereinbarung zwischen dem Gewerbeunternehmer und einem der im § 133a bezeichneten Angestellten, durch die der Angestellte für die Zeit nach der Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt wird, ist für den Angestellten nur insoweit verbindlich, alS die Beschränkung nach Zeit, Ort und Gegenstand nicht die Grenzen Überschreitet, durch welche eine unbillige Erschwerung seines Fortkommens ausgeschlossen wird. Die Vereinbarung ist nichtig, wenn der Angestellte zur Zeit des Abschlusses minderjährig ist. IV. Besondere Bestimmungen für Betriebe, in denen in der Regel mindestens zehn Arbeiter beschäftigt werden.

$ 1333 Die Bestimmungen der §§ 133h bis 139aa finden AnWendung aus Gesellen, Gehilfen, Lehrlinge und sonstige gewerbliche Arbeiter mit Ausnahme der Betriebsbeamten, Werkmeister, Techniker (§§ 133a biS 133k). A. Bestimmungen für Betriebe, in denen in der Regel mindestens

zwanzig Arbeiter beschäftigt werden. § 133h. Auf Betriebe, in denen in der Regel mindestens zwanzig Arbeiter beschäftigt werden, finden die nachfolgenden Bestimmungen

deS f 134 Anwendung.M) Dies gilt für Betriebe, in denen regelmäßig zu gewissen Zeiten deS Jahres ein vermehrtes Arbeit-bedürfnis eintritt, schon dann, wenn zu diesen Zeiten mindestens zwanzig Arbeiter beschäftigt werden. § 134 Den Unternehmern ist untersagt, für den Fall der rechts­

widrigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeiter die Verwirkung des rückständigen Lohnes über den Betrag des durchschnitt­ lichen Wochenlohnes hinaus auszubedingen. Auf die Arbeitgeber und Arbeiter in solchen Betrieben finden die Bestimmungen des $ 124b keine Anwendung. Den Arbeitern ist bei der regelmäßigen Lohnzahlung ein schrift­ licher Beleg tLohnzettel, Lohntüte, Lohnbuch usw.) über den Betrag des verdienten Lohnes und der einzelnen Arten der vorgenommenen Abzüge auszuhändigen. 14) Geändert durch § 69 deS Ges. zur Ordnung der nationalen Arbeit v. 20. Januar 34 (RGBl. I 6. 45).

644

B IV. Handels- und Gewerberecht.

88 134a—134 t15 16)* * 19 20 §§ 134 g-h aufgehoben. B.

Bestimmungen für alle Betriebe, in denen in

der Regel mindestens zehn Arbeiter beschäftigt werden.

§ 1341 Auf Betriebe, in denen in der Regel, mindestens zehn 9k6eiterie) beschäftigt werden, finden, unbeschadet des § 133h, die nachfolgenden Bestimmungen der §§ 135 bis 139aalle) Anwendung.

Dies

gilt fin Betriebe, in denen regelmäßig zu gewissen Zeiten des Jahres ein vermehrtes Arbeitsbedürsnis eintritt, schon dann, wenn zu diesen

Zeilen mindestens zehn Arbeiter beschäftigt werden.

I 13ö.") $ ISS ") §§ 137, 137 a, 188, 138 a, 139, 139a.eb)’°) § 139 aa. Auf die Arbeiter in den unter Abschnitt

IV fallenden Betrieben finden im übrigen die Bestimmungen der §§ 121—125 oder,

wenn sie als Lehrlinge anzusehen sind, die Bestimmungen der §§ 126 bis

128

Anwendung.

V. Aussicht.

§ 139 b.

Die Aussicht über die Ausführung der Bestimmungen der

88 105a, 105b Abs. 1, der §8 105c bis 105h,21) 120a bis 120k, 133g

bis 139 aa ist ausschließlich oder neben den ordentlichen Polizeibehörden

besonderen von den Landesregierungen zu ernennenden Beamten zu übertragen.

Denselben stehen bei Ausübung dieser Aufsicht alle amt­

lichen Befugnisse der Ortspolizeibehörden, insbesondere das Recht zur

jederzeitigen Revision der Anlagen zu.

Sie sind, vorbehaltlich der

Anzeige von Gesetzwidrigkeiten, zur Geheimhaltung

der amtlich zu

15) 88 134a - f, 139k, 147 Abs. 1 Nr. 5, 148 Abs. 1 Nr. 11 u. 12, 150 Abs. 1 Nr. 5, 152 durch § 69 deS Ges. zur Ordnung der nationalen Arbeit v. 20. Januar 34 (RGBl 1 S. 45) außer Kraft gesetzt. Über Betriebsordnung und Tarifordnung s. jetzt §§ 26—34 dieses Gesetzes. 15 a) Jetzt nur noch 88 136, 139 aa. 16) Es genügt, daß regelmäßig zu gewissen Zeiten 10 Arbeiter beschäftigt werden. E. 38 S. 11. Zu den Arbeitern gehört ein Schwimmlehrer nicht. Dresden GA. 65 S. 379. 19) Abs. 1—3 fortgefallen durch BO. über die neue Fassung der ArdeitSzeitvO. v. 26. Juli 34 lRGBl. 1 S. 803), jetzt AZO. v. 30. April 38, abgedr. unter B VI 6; Abs. 4 durch § 30 Jugendschutzges., abgedruckt B VI 7. 20) vgl. jetzt die vorschritten deS Jugendschutzges. tzeS (abgedruckt unter B VI 7) und die auf Grund dessen ergangenen Verordnungen. Siede auw Anm. 6 Zu 8 120 e u AusfübrungSanw. z. GewO. Nr. 223 ff. 21) Auch der für Bäckereien und Konditoreien an Stelle deS §§ 105b—i im Ges. v. 29. Juni 36 (RGBl I S. 521) erlassenen Vorschriften über die Arbeitszeit in diesen Betrieben, 8 14 dieses Ges.

645

B IV 1. Gewerbeordnung §§ 139 g u. 139 b.

ihrer Kenntnis gelangenden Geschäfts- und BetriebSverhältntsse der ihr et Revision unterliegenden Anlagen zu verpflichten.

Die Ordnung der Zustäudigkeitsverhältuifle zwischen diesen Beamten*7*) und den ordentlichen Polizeibehörden bleibt der verfassungs­ mäßigen Regelung in den einzelnen Bundesstaaten Vorbehalten.

Die erwähnten Beamten haben Jahresberichte über ihre amtliche Tätigkeit zu erstatten.

Diese Jahresberichte oder Auszüge aus den­

selben sind dem Bundesrat und dem Reichstage vorzulegen.

Die auf Grund der Bestimmungen der §§ 10öa bis 105h, 120a bis 120 f, 133 g diS 139 aa auszuführenden amtlichen Revisionen müssen die Arbeitgeber zu jeder Zeit, namentlich auch in der Nacht, während

des Betriebs gestatten.17 h)

Die Arbeitgeber sind ferner verpflichtet, den genannten Beamten, oder der Polizeibehörde diejenigen statistischen Mitteilungen über die

Verhältnisse ihrer Arbeiter zu machen, welche vom Bundesrat oder von der Landes-Zentralbehörde unter Festsetzung der dabei zu beobach­

tenden Fristen und Formen vorgeschrieben werden. VI. Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter in offenen Verkaufsstellen.

88 139 c, 139 d, 139 e, 139 f außer Kraft. § 139 g.

Die Polizeibehörden sind

befugt,

im Wege der Ver­

fügung für einzelne offene Verkaufsstellen diejenigen Maßnahmen an­

zuordnen, welche zur Durchführung der im 8 62 Abs. 1 des Handels­ gesetzbuchs enthaltenen (Grundsätze in Ansehung der Einrichtung und Unterhaltung der Geschäftsräume und der für den Geschäftsbetrieb

bestimmten Vorrichtungen und Gerätschaften sowie

in Ansehung der

Regelung des Geschäftsbetriebs erforderlich und nach der Beschaffenheit

der Anlage ausführbar-erscheinen. Die Bestimmungen im § 120d Abs. 2 bis 4 finden entsprechende

Anwendung. 8 139 h.

Durch

Beschluß bei Bunbeirati

können

Vorschriften

darüber erlassen werden, welchen Anforderungen die Laden-, Arbeits­

und Lagerräume und deren Einrichtung sowie die Maschinen und

Gerätschaften zum Zwecke der Durchführung der im 8 62 Abs. 1 des

27 a) Gcwerbereferendare dürfen selbständig Gewerbebetriebe nur revi­ dieren, wenn sie ein Dienftalter von einem Jahr haben und zur Vornahme der Rev. ausdrücklich beauftragt sind. Breslau DRZ. 23 Nr. 900. 27 b) Dazu gehört auch die Pflicht, Geschäftsbücher vorzulegen. IurW. 58 S. 3029.

Dresden

646

B IV. Handel-- und Gewerberecht.

Handelsgesetzbuch-

enthaltenen Grundsätze zu genüge» haben.

Die

Bestimmung im § 120 g findet Anwendung.M) Soweit solche Vorschriften durch Beschluß des (Bunde-) Reich-rats

nicht erlassen sind, können sie durch Anordnung der im § 12üe Abs. 2

bezeichneten Behörden erlassen werden. Die durch 8 76 Abs. 4 de- Handelsgesetzbuch- sowie

§ 1391.

durch $ 120 Abs. 1 begründete Verpflichtung deS Geschäftsinhabers findet

an Orten, wo eine vom Staate oder der Gemeindebehörde anerkannte

Fachschule besteht, hinsichtlich deS Besuchs dieser Schule entsprechende Anwendung. Der Geschäftsinhaber hat die Gehilfen und Lehrlinge unter acht­

zehn Jahren zum Besuche der Fortbildung-- und Fachschule anzuhalten und den Schulbesuch zu überwachen

8 139 k.16) Auf da- Halten von Lehrlingen in offenen Verkaufs­

§ 1391.

stellen sowie in anderen Betrieben des Handel-gewerbes findet die

Bestimmung des § 128 Anwendung. § 139 m.

Die Bestimmungen der §8 139c bis 139i finden aus

den Geschäftsbetrieb der Konsum- und anderer Vereine entsprechende

Anwendung. Citri Vm.

§ 140.

Gewerbliche chllftbase».

Die durch Ortsstatut oder Anordnung der Verwaltungs­

behörde begründete Verpflichtung der selbständigen Gewerbetreibenden, einer mit einer Innung verbundenen oder außerhalb derselben 6estehenden Kranken-, Hilfs- oder Sterbekasse für selbständige Gewerbe-

treibende beizutreten, wird aufgehoben.

Im übrigen wird in den

Verhältnissen dieser Kassen durch gegenwärtiges Gesetz nichts geändert.

Neue Kossen der selbständigen Gewerbetreibenden für die er­ wähnten Zwecks erhalten durch die Genehmigung der höheren Ver­

waltungsbehörde die Rechte juristischer Personen, soweit es zur Er­ langung dieser Rechte einer besonderen staatlichen Genehmigung bedarf. 88 1*1—141 f

laufgehoben durch Ges. d. 15. Ium 85, «GVi. 6. 78).

Citri EL § 14t.

Slawlarische Ceßl»»»,e»

Statutarische Bestimmungen einer Gemeinde oder eine­

weiteren Kommunalverbandes können die ihnen durch das Gesetz über­ wiesenen gewerblichen Gegenstände mit verbindlicher Kraft ordnen.

Dieselben werden nach Anhörung beteiligter Gewerbetreibender und 35) Vek. v. 28. Novdr. 00 (RGBl. S. 1033), bett, die Einrichtung von Sitzgelegenheit für Angestellte in offenen Verkaufsstellen.

BIV 1. Gewerbeordnung 5 143.

647

Arbeiter") abgefaßt, bedürfen der Genehmigung der höheren Bet*

valtunysbehörde'^) und sind in der für Bekanntmachungen der Ge­

meinde oder deS weiteren «ommunatverbandeS vorgeschriebenen oder üblichen Form -u veröffentlichen.") Die Zentralbehörde ist befugt, statutarische Bestimmungen, welche

mit den Gesetzen oder den statutarischen Bestimmungen des weiteren

Kommunalverbandes in Widerspruch stehen, autzer Mast zu setzen. Uttel X. § 148von

den

in

jBtrafbtflamiegn.

Die Berechtigung zum Gewerbebetriebe kann, abgesehen den Reichsgesetzen vorgesehenen Fällen'») ihrer Ent-

Ziehung, weder durch richterliche, noch administrative Entscheidung ent. zogen werden. "•)

Ausnahmen von diesem Grundsätze, welche durch die Steuergesetze begründet sind, bleiben so lange austecht erhalten, als diese Steuergesetze

in Kraft bleiben.") 36) Erl. deS preuß. Handelsministers v. 2. Dezbr. 21 (HMBl. S. 264). ES sind stets mehrere Gewerbetreibende und mehrere Arbeiter zu hören. AG. GA. 41 S. 167. DaS Erfordernis ist nicht erfüllt, wenn ein ganzer Berufs­ stand z. B. die Kaufmannschaft übergangen ist. KG. GA. 73 S. Iv9. Rechts­ anwälte bllbm leinen besonderen BerusSnand. KG Recht 33 Nr. 1399. 37) Da- ist in diesem Falle der Bezirksausschuß. Zur Aufhebung eines Statut- ist gleichfalls die Einwilligung sämtlicher Organe, welche bei dem Erlab mitgewirlt haben, insbesondere also auch die deS BezirtSauSschuffeS notwendig. GL. 43 S. 144. 38) Zur Veröffentlichung genügt nicht, dab durch Anschlag oder die Zeitung lediglich die Tatsache deS Inkrafttreten- einer OrtSsatzung bekannt gegeben wird, eS aber ausdrücklich oder stillschweigend der Allgemeinheit überlasten wird, sich selbst die Kenntnis des Inhalts zu verschaffen. KG. JFGErg. 9 S. 226. 39) Abgesehen von der GewO, selbst kommen noch in Betracht u. a. StGB. § 421, da- Sprengstoffges. v. 9. Juni 84, daS Ges. über die Untersuchung von Seeunfällen v. 28. Sept. 35 (RGBl. I S. 1183), Kraftfahrzeuges, v. 3. Mai09, Arbeit-vermittlung-aes. v. 12. Ott. 29 (RGBl. I S. 162), Straftest. §§ 247 biS 275. nebst Änderungen v- 6. Oktbr. 1931 (RGBl. I S. 537, 543), v. 26. Novbr. 35 (RGBl. I S. 1361), vtehseuchenges. v. 26. Juni 09, die Metallges. — abgedr unter B IV 13 u 14 —, Rennwett- und Lotterieges. — abgedr. unter B 111 7 —, Süßstoffges. v. 1. Febr. 39 (RGBl, l S. 111), Branntweinmonopolges. v. 8. April 22 (RGBl.1 S. 405), zuletzt geändert durch Ges. v. 25. März 39 (RGBl. I S. 604), Zündwarenmonopolges. (si> he Anm. 25 * zu § 16), Waffenges. abgedr. unter B111 9, Opiumgesetz v. 10. Dez. 29 (RGBl. I S. 215). 39 a) Über die Frage, ob die §§ 1,143 GewO, in dem Sinne noch gelten,

daß sie eine polizeiliche Untersagung deS Betriebes gegen einen unzuverlä'sigen Gen erderreidenden verbieten s. D. Kölble, Ju,W. 1938 S. 2179 (bejahend). S. ferner Scheuner, RBerwBl. 1939 S. 770. 40) Nicht beschränkt wird durch § 143 die durch Vertrag vereinbarte Befugnis der Behörde zur Entziehung der Berrchttgung zum Betriebe eineGewerbeS.

648

B IV. Handel-- und Gewerberecht.

D''e Bestimmungen der Landesgesetze, nach welchen die Befugnis

-ur Herausgabe von Druckschriften und zum Vertriebe derselben inner­ halb des Reichsgebiets im Verwaltungswege entzogen werden darf,

werden hierdurch aufgehoben.

§ 144. Inwiefern, abgesehen von den Vorschriften über die Ent­ ziehung des Gewerbebetriebs (§ 143), Zuwiderhandlungen der Ge­

werbetreibenden gegen ihre Berufspslrchten außer den in diesem Gesetz erwähnten Fällen einer Strafe unterliegen, ist nach den darüber be­ stehenden Gesetzen zu beurteilen. Jedoch werden aufgehoben die für Medizinalpersonen bestehenden

besonderen Bestimmungen, welche ihnen unter Androhung von Strafen einen Zwang zu ärztlicher Hilfe auserlegen.

§ 144»

Personen, welche den Bestimmungen der §§ 126, 126a

und 129 entgegen Lehrlinge kalten, anleiten oder anleiten lassen,

können von der Ortspolizeibehörde durch Zwangsstrasen zur Entlassung

der Lehrlinge angehalten werden. In gleicher Weise kann die Entlassung derjenigen Lehrlinge, welche

den aus Grund des § 81» Ziffer 3, des § 128 Abf. 2 und des § 130

erlassenen Vorschriften entgegen angenommen sind, verfügt werden.

$ 146 Für das Mindestmaß der Strafen, das Verhältnis von Geldstrafe zur Freiheitsstrafe sowie für die Verjährung der in den §§ 145a, 145b, 146 und 153 verzeichneten Vergehen sind die Bestim­ mungen des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich maßgebend.") Die übrigen in diesem Titel mit Strafe bedrohten Handlungen

verjähren binnen drei Monaten, von dem Tage an gerechnet, an welchem sie begangen sind?")

§ 146». Die in den Fällen der §§ 16, 24 und 25 gemäß § 21 Ziffer 1 -uge-ogenen Sachverständigen") werden bestraft, ER.

1. wenn sie unbefugt Betriebsgeheimnisse offenbaren, welche durch das Verfahren zu ihrer Kenntnis gelangt sind, mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten; 41) Die Vergehen gegen §§ 146a u. 147 werden bezüglich der Verjährungs­ frist wie Übertretungen behandelt. Hinsichtlich der Verjährung der Gewerbe-

steuerdelikte Anm. 67. Bei strafbaren Zuwiderhandlungen gegen die GewO, soll, besonders bei zweifelhaften Fällen und gewerbetechnischen Fragen, dem nach § 139 b GenO. zuständigen Gewerbeaufsichtsamt vor Abschluß des Ermittlungsverfahrens Ge­ legenheit zur Stellungn hme gegeb'N werden, auch für die Hau-Ire, Handlung ein Beamter alS Sachverständiger hinzugezogen werden, Richtlinien f. d. Straf­ verfahren. AB. deS RMdJ. v. 13 April 35 Nr. 403. 41a) Auch dann, wenn mit ihnen eine Steuerzuwiderhandlung zusammen­ trifft, für die eine längere BeriährungSfrist besteht. Recht 32 Nr. 2596. 42) Daß sie vernommen oder vereidigt sind, ist nicht erforderlich. Stenglein, Nebenges. Anm. 2.

BIV1. Gewerbeordnung §§ 146 b n. 146.

649

2. wenn sie absichtlich zum Nachteile des Betriebsunternehmers Be­ triebsgeheimnisse, welche durch das Verfahren zu ihrer Kennt­ nis gelangt sind, offenbaren oder geheimgehaltene Betriebs­ einrichtungen oder Betriebsweisen, welche durch das Verfahren zu ihrer Kenntnis gelangt sind, solange als diese Betriebs­ geheimnisse sind, nachahmen, mit Gefängnis, neben welchem auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann. Tun sie dies, um sich oder einem anderen einen Vermögens­ vorteil zu verschaffen, so ta«n neben der Gefängnisstrafe auf Geldstrafe erkannt werden Im Falle der Ziffer 1 tritt die Verfolgung nur auf Antrag deS BetriebSunternehmers ein. „z 145b4£a). Mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer der beiden Strafen wird bestraft, wer ent­ gegen den Vorschriften des §34b den Betrieb eines der dort genannten Gewerbe beginnt oder fortsetzt. In gleicher Weise wird bestraft, wer als Jude eines der in den §§ 42b, 43, 44a und 55 bezeichneten Gewerbe unbefugt betreibt."

§ 146.

Mit Geldstrafe und im Unvermögensfalle mit Gefängnis bis

-u sechs Monaten42b) werden bestraft:")

1. Gewerbetreibende,") welche dem § 115 zuwiderhandeln;") 2. Gewerbetreibende, die den §§ 135 bis 137, § 137 a Abs. 1 § 139c oder den auf Grund der §£ 120 e, 120f, 139, 189 a erlassenen Bestimmungen insoweit zuwiderhandeln, als danach die Ver­ wendung der Arbeiter zu bestimmten Beschäftigungen untersagt oder Arbeitszeit, Nachtruhe oder Paulen geregelt sind:") 42 a) § 145 b ist eingefügt durch Ges. v. 6. Juli 38 rIGBl. l S. 823-. 421») Die Androhung einer Freiheitsstrafe für d»n Unvernrögenssall ist gegenstandslos geworden, da eine solche Strafe nach § 29 Abi. 1 S. 2 StGB, auch ohne besondere Androbung in der GewO, verhängt werden kann. 43) Auch das fahrlässige Zuwiderhandeln gegen die hier gedachten Vor­ schriften ist strafbar. R. 9 S. 160 u. E. 22 S. 43. Eine Fahrlässigkeit aber wird regelmäßig schon in der Unterlassung einer erforderlichen Kontrolle liegen. R. 3 S. 412 R. 9 S. 486. 44) Treibt das Gewerbe eine nicht physische Person, so haften strafrechtl. ihre gesetzt. Vertreter. E. 33 S. 261. 45) Ob Verstöße gegen Nr. 1 als mehrere selbständige Delikte oder als eine fortgesetzte Handlung anzuseben sind, wird von den besonderen Umständen deS Falles abhängen. Vgl. darüber R. 7 S. 32 u. E. 13 S. 285. 46) Bon den zit. §§ gelten nur noch die §§ 120 s, 136. Die Nr. 2 be­ zieht sich nicht nur auf die eigentlichen jugendlichen Arbeiter im Sinne des § 136, sondern umfaßt alle jugendlichen Personen, auch solche, die überhaupt nicht in Fabriken beschäftigt werden dürfen. R. 6 S. 804. — Der Werkmeister, welchem die Leitung eines Teiles der Fabrik, insbesondere auch die Annahme

Schott

ER.

ER.

660

B IV. Handel-- und Gewerberecht.

3. Gewerbetreibende, die dem i 113 Abs. 3 oder dem § 114a

Abs. 4 zuwiderhandeln; ^) 4. wer dem § 66 Ziffer 6 zuwiderhandelt.6 5. wer dem § 33 d Abs. 1 oder den auf Grund deS tz 33 d Abs. L

erlassenen Bestimmungen zuwiderhandelt."») War in den Fällen deS Abs. 1

Nr. 2 der Täter zur Zeit der

Begehung der Straftat bereit- zweimal wegen einer der dort bezeich­

neten Zuwiderhandlungen rechtskräftig verurteilt,

so tritt, fall- die

Sttastat vorsätzlich begangen wurde, Geldstrafe oder Gefängnisstrafe bi- zu 6 Monaten ein.

Die Anwendung dieser Vorschrift bleibt auS-

geschloffeu, wenn seit der Recht-kraft der letzten Verurteilung bis zur Begehung der neuen Straftat drei Jahre verfloflen sind. Die Geldstrafen fließen der im § 116 bezeichneten Kasse zu.")

Der tz 7a dc» Gerichtsversaffung«ge1etzlS findet Anwendung.")

§ 146 a.

Mit Geldstrafe, im Unvermdgensfalle mit Haft "v)

wird

bestraft, wer den §§ 105 b bi- 105 g60) oder den auf Grund derselben er.

erlassenen Anordnungen zuwider Arbeitern

an Sonn- und Festtagen

Beschäftigung gibt60») oder den §§ 41 a, 55a, 189e, 189f «bs. 4 oder

den auf Grund de- § 105 b Abs. 2 erlassenen statutarischen Bestim­ mungen oder den aus Grund des § 41b oder bei | 189 s «bs. i ge­

troffenen Anordnungen zuwtderhandelt.6*)6') und LSHnung der betreffenden Arbeiter übertragen ist, hastet al- teilweiser Stell­ vertreter qu8 § 151. Aber neben ihm ist der Gewerbetreibende nur insofern strafbar, al- die Übertretung polizeUicher Vorschriften mit seinem Wissen be­

gangen ist oder er e- hat an der erforderlichen Sorgfalt fehlen lassen. E. 24 S. 293. 47) Siehe Ges. v. 9. Juni 84 unter B 111 8. 47 •) Siebe Anm. 60 a zu 8 33 d. 48) Geändert durch BO. v. S.Septbr. 86 (RGBl. I S. 715) — s. unter AI 5 —, danach fließen strafgerichtlich erkannte Geldstrafen grundsätzlich der Reich-kasse zu. 49) 8 75 ist aufgehoben. 50) Vgl. die Anm. zu diesen £§. 50 •) Strafbar auch, wer nur die verbotswidrige Beschäftigung duldet. Dre-den JurW. 59 S. 2236. Gewerbebetrieb ist amd gegeben, wenn ein Ver­ käufer erst nach Beginn der Sonntag-ruhe Waren au-händigt und sich bezahlen läßt, selbst wenn sie vor Beginn getauft sind. OLG. BreSlau JurW. 35 S. 2076.

51) Die Strafbestimmung de- § 146» findet auch auf fahrlässige Zuwider­ handlungen Anwendung. E. 27 S. 31. KG. DIZ 38 S. 182. OLG. Düffel­ dorf DRZ. 1*35 S. 687,701. Irrtum darüber, ob ein Tag Festtag sei, ist alRecht-irrtum unerheblich, München GA. 42 S. 301, dagegen kann Irrtum darüber, ob ein Verkehr-gewerbe vorliegt, strasto- sein. KG. GA. 41 S. 311.

52) Auch die hier mit Strafe bedrohten Handlungen sind Vergehen. Doch Verjährungsfrist 3 Monate, e- fei denn, daß ein Prebdelitt vorliegt. Frank­ furt JurW. 57 Nr. 2103. Siehe auch Anm. 21» zu 8 55 a.

BIV 1. Gewerbeordnung § 147

651

Wer den §§ 105 b bi- 105 g oder den auf Grund dieser Vor­ schriften erlassenen Anordnungen zuwider Arbeitern an Sonn- und

Festtagen Beschäftigung gibt oder den auf Grund des § 105 b Abs. L statutarischen Bestimmungen zuwiderhandelt, nachdem er

erlassenen

bereit- zweimal wegen einer Zuwiderhandlung gegen die bezeichneten Vorschriften rechtskräftig verurteilt worden ist. wird, falls die Straf­ tat vorsätzlich begangen wurde, mit Geldstrafe oder mit Haft bestraft. § 146 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. § 147.

Mit Geldstrafe und im Unvermögen-falle mtt Haft"*») wird

bestraft:M)

1. wer den selbständigen Betrieb") eine- stehenden Gewerbe-,

zu dtsseu Beginn eine besondere polizeiliche Genehmigung (Konzession,

Approbation, Bestallung) erforderlich ist,6*) ohne die vorschriftsmäßige Genehmigung unternimmt oder fortsetzt, 66j oder von den in der Ge­ nehmigung festgesetzten Bedingungen abweicht;")

2. wer eine Anlage,") zu der mtt Rücksicht auf die Lage oder Beschaffenheit der Berrieb-stätte oder de- Lokal- eine besondere Ge­

nehmigung erforderlich ist (§§ 16 und 24), ohne diese Genehmigung errichtet,

betreibt"*) oder

die

wesentlichen Bedingungen,") unter

53) Über selbständigen Betrieb siehe oben Anm. 17 zu 8 14. 54) Hierunter fallen Unternehmer von Krankenanstalten (§ 30), Seefahrer und Lotsen (§31), nicht mehr dagegen Ärzte, Tierärzte, Apotheker, Hebammen,

wohl ober noch Zahnärzte, s Anm. 36, 37, 37 a, 39, 46 zu 29, 30 u. 30a. 55) Hierunter fällt nicht der Fortdetrieb eine- bisher konzeisionsfreien Gewerbe- nach Einführung der Genebmigungepflicht. Über das Unternehmen eines TheaterbetriebeS RArbG. Dt. Justiz 1934 S. 1414. 56) Die Ausübung deS Gewerbes setzt ein positive- Handeln voraus. Ein vloßeS Dulden genügt nicht. E. 30 S. 133. Eine Ehefrau, die ihrem Ehe­ manne im Schankgewerbe Hilfe leistet, obwohl sie weiß, daß derselbe keine Kon­ zession hat, macht sich der Beihilfe zu dem Gewerbevergehen, nicht aber auch der Beihilfe zu derSteuerdefraude schuldig. Johow 14 S. 291. Die Verjährung de- Vergehens beginnt nicht, solange daS genehmigungspflichtige Gewerbe ohne Genehmigung betrieben wird. OR. 19 S. 137. 57) Über Anlagen siehe Anm. 24 zu § 16; nicht nur die gewerblichen fallen unter § 147 Ziffer 2, VO. v. 30. August 37 (RGBl. 1 S. 918). Die Strafbar­ keit tritt ein, sobald mit der Anlage der Anfang gemacht ist. OTr. GA. 26 S. 226. ES darf sich aber nicht bloß um eine vorübergehende Einrichtung handeln. OR. 16 S. 534. Auch der spätere Erwerber einer nicht genehmigten Anlage ist strafbar. BayKassationdhof GA. 24 S. 50 u. OR. 19 S. 37. Solange die unkon­ zessionierte Anlage besteht, läuft keine Verjährung. Caffel GA. 37 S. 458. 57 a) Eingefügt durch AO. v. 30. August 37 (RGBl. I S. 918). 58) Da- sind diejenigen Bedingungen, die für notwendig erachtet werden, damit die Anlage resp, deren Betrieb nicht Nachteile für die Nachbarn oder daS Publikum herbeiführt. OVG. GA. 41 S. 168 u. Kiel GA. 42 S. 152. Z B. Nichtaufstkllung eine- nach dem bayr. Wassergesetz aufzustellenden HöhenmaßeS, OLG. München JFGErg. 17 S. 254.

ER.

652

B IV. Handels- und Gewerberecht.

welchen die Genehmigung erteilt worden,

nicht Lnnehült,

oder ohne

neue Genehmigung eine wesentliche Veränderung^) der Betrieb-stätte oder eine Verlegung des Lokals oder eine wesentliche Veränderung in dem Betriebe der Anlage fcoraimmt;59 60)

3.61)* *wer. * * 66 ohne hierzu approbiert zu sein, sich als Arzt (Wundarzt,

Augenarzt, Geburtshelfer, Zahnarzt, Tierarzt) bezeichnet oder sich einen

ähnlichen Titel beilegt, durch den der Glauben erweckt wird, der In­ haber desselben sei eine geprüfte Medizinalperson; 3 a. wer, ohne öffentlich zum Wirtschaftsprüfer bestellt zu sein, sich als Wirtschaftsprüfer bezeichnet oder sich eine ähnliche Bezeichnung

beilegt, oder wer als Vertreter einer Gesellschaft tätig ist, die eine auf eine Wirtschaftsprüfertätigkeit hinweisende Bezeichnung führt, ohne daß

die Gesellschaft

in

die

von der zuständigen geführte Liste der die

Wirtschastsprüsertätigkeit ausübenden Gesellschaften eingetragen worden ist;47») 4. wer den auf Grund der §§ 120 d, 137 a Abs. 3, § 139 g end­ gültig erlassenen Verfügungen oder,

abgesehen von den Fällen deS

§ 146 Abs. 1 Nr. 2, § 150 a, den auf Grund der §§ 120e, 120k, 139,

139a, 139h erlassenen Bestimmungen zuwiderhandelt;"";

5.15) Enthält die Handlung zugleich eine Zuwiderhandlung gegen die

Steuergesetze,

so soll nicht außerdem noch auf eine Steuerstrafe er-

59) Über Veränderungen an Neuwerten siehe OBG. 10 S. 277. Die Nichterfüllung von Bedingungen, unter denen eine Änderung genehmigt ist, fällt

gleichfalls unter diese Vorschrift. KG. v. 29. Mai 05, DIZ. 10 S. 966. 60) Wer eine genehmigte Anlage vermietet, wird dadurch von seiner per­ sönlichen Verantwortlichkeit nicht frei. KG. v. 14. Febr. 69, Johow 9 S. 181. 61) Ziff. 3 ist bis aus die Zahnärzte gegenstandslos geworden. Die Be­ rufsbezeichnung „Arzt" ist jetzt geschützt nach § 16 ReichSäraeO. v. I S.Dezbr. 35 (RGBl. I S. 1433); vgl. unter B il 7; die GewO, findet auf ihn keine An­ wendung. Auch für Zahnärzte, die als Ärzte bestallt sind, gilt § 16 gemäß DurchfBO.

v. 31. März 36 (RGBl I S. 338), für die übrigen Zahnärzte gilt jedoch, ebenso wie für Dentisten, die GewO, einstweilen noch rveiter. Die Berufs­ bezeichnung „Tierarzt" wird durch $ 16 der ReichstierärzteO. v. 3. April 36 (RGBl. I S. 347), -er wörtlich 8 16 der ReichsärzteO. entspricht, geschützt, vgl. unter BII7. Auf die Tierärzte findet danach die GewO keine Anwendung mehr. Vgl. auch Anm. 54 zu § 147 u. Anm. 37 a, 38 zu § 29. Als ähnliche Titel, durch welche der Glaube erweckt wird, der Inhaber sei approbiert, sind angesehen die Bezeichnungen: Atelier für künstliche Zähne, OR. 17 S. 572; ebenso Zahntechniker Dr. dl., E. 1 S. 117; und Zahnklinik Dr., GA.52 S. 258 oder Dentist, DIZ. 13 S. 1352, a.M.KG.DJZ. 38 S. 982 (nach Breslau GA.73 S. 55 nicht „Dentist staatl. geprüft"). 66) Die Duldung von Schlafftätten in den Betrievsräumen gegen polizei­ liches Verbot fällt unter diese Vorschrift. E. 29 S. 50.

BIT 1. Gewerbeordnung § 148.

663

sannt werden, es ist aber darauf bei Zumeffuug der Strafe Rücksicht zu nehmen. In dem Falle zu 2 kaun Die Polizeibehörde die Wegschaffung der Anlage oder die Herstellung des den Bedingungen entsprechenden Zu­

standes derselben auordnen. In dem Falle zu 4 kann die Polizeibehörde bis zur Herstellung

des der Verfügung oder der Vorschrift entsprechenden Zustande- die Einstellung de- Betriebe-, soweit derselbe durch die Verfügung oder

die Vorschriften getroffen wird, auordnen, satte dessen Fortsetzung er­

hebliche Nachteile oder Gefahren herbeizuführeu geeignet sein würde. § 148.

Mit Geldstrafe bi- zu einhundertfünszig Reich-mark und

im Unvermögen-falle mit Hast bis -u vier SBodjcn42b) wird bestraft: 1. wer außer den im § 147 vorgesehenen Fallen ein stehendes Gewerbe beginnt, ohne da-selbe vorschriftsmäßig anzuzeigen: ö9)

2. wer die im § 14 erforderte An- oder Abmeldung einer über­ nommenen Feuerversicherung-agentur unterläßt; 3 wer die im § 14 erforderten Anzeigen über das Betrieb-lokal

unterläßt; 4. wer der nach § 35 oder nach § 35b69b) gegen ihn ergangenen Untersagung eine- Gewerbebetriebs zuwiderhandelt, oder die im § 35

vorgeschriebene Anzeige unterläßt; ^) 69) Selbst. Gewerbebetrieb ist gegeben, wenn der Täter frei über seine Zeit Dei füuen kann, unabhängig von den Wasungen eines Arbeitgebers handelt und selbst das Risiko seiner Arbeit trägt; die Anmeldung zur Ärontenfafie ist kein untiügliäies Zeichen, da sie zur Verschleierung erfolat sein kann, OLG. Karl-ruhe JurW. 1935 S. 1256. Kein selbst. Gewerbebetrieb, wenn DekorotionelehrHng nack Feierabend einem fremden Gschäit-indaber die Scbaufenster dekoriert, selbst wenn er weitere spätere Aufträge erhofft, KG Dt. Strafe. 1935 S. 157, I >rW. 1935 S. 23b8. Eine stattgehabte Bestrafung wegen unterlaffener Anzeige entbindet nicht von der Verpflichtung, dieselbe doch noch zu machen. Johow 8 S. 235. Die Vergehen gegen § 147 Nr. 1 u. 8 148 Nr. 1 können in Idealkonkurrenz begangen werden. E. 35 S. 378. Die VerjährungSftist beginnt erst mit dem Erlöschen der Anzeigepflicht. BayOdLG. JurW. 57 S. 2637, JurR. 3 Nr. 338. 69 b) Siehe Anm. 72 e zu 8 35 b. 70) Gewerbetreibender ist, wer nach außen dem Publikum und den Be­ hörden gegenüber al- die zivll- wie öffentlichrechllich für den Betrieb verant­ wortliche Person austritt. Celle GA. 50 S. 328. Wenn jemand wegen Fortsetzung eine- untersagten Gewerbebetriebs bestraft wird, so betrifft dies die Zeit bis zum ersten, nicht bi- zum rechtskräftigen Urteil Königsberg GA. 39 S. 347. Ob nach Untersagung des Gewerbebetriebs stattgehabte Zuwiderhandlungen jede für sich eine selbständige Straftat bilden oder nur zusammen ein gewerbsmäßiges oder fortgesetztes Zuwiderhandeln darstellen, ist nicht unbestritten. Marienwerder GA. 47 S. 465, dagegen E. 27 S. 111. Richtig ist die Annahme eines KollektivdeliktS. Vorsatz ist nicht erforderlich. G«. 55 S. 117. Die ver-

ER.

B IV. HaadelS- und Gewerberecht.

664

4 a. wer außer den Fällen de- A 360 Nr. 12, ß 367 Nr. 16 deS Strafgesetzbuch- den auf Grund des § 38 erlassenen Borschristen zuwiderhaudelt;'»»)

5. wer dem § 33b oder außer den im § 149 Ziffer 1 vorgesehenen

Füllen den $$ 42a bis 44a zuwider handelt, oder seine Legitimations­ karte (§ 44a) oder seinen Wandergewerbeschein (§ 66) einem anderen

zur Benutzung überlaßt: 6. wer zum Zwecke der Erlangung einer Legitimationskarte, eines Wandergewerbescheins oder dec im § 62 vorgesehenen Erlaubnis in bezug auf seine Person, oder die Personen, die er mit sich zu führen beabsichtigt, wissentlich unrichtige Angaben macht;")

7. wer ein Gewerbe im Umherziehen ohne den gesetzlich erforder-

iichen Wandergewerbeschein, imgleichen wer eines der im § 59 Ziffer 1

bis 3 bezeichneten Gewerbe der nach § 59a ergangenen Untersagung zuwider betreibt; 7a. wer dem § 56 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 1 bis 5, 7 bis 11, Abs. 3, den §§ 56a oder 56b zuwiderhandelt;"») 7b. wer den Vorschriften der §5 56c, 60a, 60b Abs. 2 oder

deS g 60c Abs. 2, 3 zuwiderhandelt;") 7c. wer einer ihm in Gemäßheit des z 60 Abs. 1, § 60b Abs. 1 oder des § 60 6 Abs. 3 in dem Wandergewerbeschein auserlegten Be­

schränkung zuwider handelt; 76?»)

7e. ein Ausländer, welcher bei dem Gewerbebetrieb im Umherziehen den in Gemäßheit des § 56 cl vom Bundesrate getroffenen Be­ stimmungen zuwiderhandelt;

8. wer bei dem Betriebe seines Gewerbe- die durch die Obrigkeit oder durch Anzeige bei derselben sestgelegten Taxen überschrittet oder jährung beginnt erst mit dem letzten Akt deS Gewerbebetriebe-. Dresden LZ. 17 S. 622. 70 a) Ziffer 4 a Ist unanwendbar auf § 64 der Vorschriften für Versteigerer. (Vgl. Anm. 72 d -u S 38.) M. JFGErg. 6S.2I8, 71) Die Anwendung der Vorschriften des StGB, über intellektuelle Ur­ kundenfälschung ist nicht auSgeschloffen. E. 63 S. 363. Stenglein Nebeuges. Anm. 19. A. M. Kayser-Steiniger Anm. 9. 71a) Der Heilmittelverkauf geht in der Ausübung der Heilkunde aus. KG. Johow 53 S. 365. 72) Wenn ohne obrigkeitliche Erlaubnis Waren im Umherzlehen im Wege öffentlicher Ausspielung seilgehalten werden, so liegt Jdealtonkurrenz mit § 286 StGB. vor. E. 14 S. 384. Daß die Form der Ausspielung den Begriff deFeilhalten- nicht au-schließt, erkennt auch E. 27 S. 31 an. 72 a) Ziff. 7 d aufgehoben durch § 30 Jugendschutzges.

BIV 1. Gewerbeordnung § 149.

666

es unterläßt, da- gemäß $76 oder §75»") vorgeschriebene Verzeichnis einzureicken;")'

8 a.") wer die im § 104 u erforderten Anzeigen nicht unverzüg­

lich erstattet; 9. wer die gesetzlichen Pflichten gegen die ihm anvertrauten Lehr­ linge verletzt;"4) 9». wer den §§ 126 und 126a zuwider Lehrlinge hält, anleitet oder anleiten läßt; 9b. wer dem § 129 oder den auf Grund der §§ 128 und 130 er­ lassenen Vorschriften zuwider Lehrlinge hält, anleitet oder anleiten läßt; 9e. wer unbefugt den Meistertitel führt;Mb) 10. wer wissentlich der Bestimmung im $ 127« Abs. 2 zuwider einen Lehrling beschäftigt; 11—12“) 13. wer dem § 116a oder den auf Grund des $ 119a erlassenen statutari.chen Bestimmungen zuwider handelt; 14. wer den Vorschriften des $ 16 a zuwider handelt.

Enthält in den Fällen de- Abs. 1 die strafbare Handlung zugleich eine Zuwiderhandlung gegen ein Steuergesetz ($ 73 Straf­

gesetzbuch), so ist die nach Abs. 1 verwirkte Strafe neben der etwa verwirkten Steuerstrase besonders zu verhängen; bei der Bemessung der Steuerstrafe ist jedoch die nach Abs. 1 verhängte Strafe zu berücksichtigen?"") Soweit die Vorschriften der Reichsabgabenordnung

entgegenstehen, finden sie keine Anwendung.

§ 149.

Mit Geldstrafe bis zu einhundertundfünfzig Reichsmark

und im UnvermdgenSfalle mit Hast bi» -u acht legenZ. 79 S. 250); auch DIZ. 3« S. 565. Gervais. KG. LZ. 9 S. 1327. frankfurter Würstchen. KG. Recht 34 Nr. 99. 26 a) Hierunter fällt. der Abdruck von Anzeigen aus ftemden Zeitungen (sog. Füllinserate). E. 46 S. 427; die Musikausführung einer angeblich historischen Kapelle. Dresden JurW. 59 S. 3443; auch das AuSleaen von unverkäuflichen, einem Dritten gehöriger Waren während eines Ausverkaufs. E. 47 S. 161. 27) oder die zur Zeit deS Verkaufs voraussichtlich nicht mehr zur KonkurSmaffe gehören werden. E.45 S. 14. Auch die Ankündigung deS Verkauf- der „au- einer Maffe erworbenen Deren" ist unzulässig. E. 47 S. 117. 27 a) Dieser kann sich auch der Gerichtsvollzieher schuldig machen.

er.

672

BIV. Handels- und Gewerberecht.

r 7.“) Als Ausverkäufe»") dürfen in öffentlichen Bekanntmachungen ^»^) oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, nur solche Veranstaltungen angekündigt werden,»") die ihren Grund a) in der Aufgabe des gesamten Geschäftsbetrieb oder b) des Geschäftsbetriebs einer Zweigniederlassung oder c) in der Aufgabe einer einzelnen Warengattung haben. »*) Bei der Ankündigung eines Ausverkaufs ist anzugeben, welcher der im Abs. 1 unter a bis e genannten Gründe für den Ausverkauf vorliegt. Im Falle zu c ist die Warengattung anzugeben, auf die sich der Ausverkauf bezieht. Die Vorschriften im Abs. 2 gelten auch für Ankündigungen, die, ohne sich des Ausdrucks „Ausverkauf" zu bedienen, eine der im Abs. 1 bezeichneten Veranstaltungen betreffen. Nach Beendigung einesAusverkaufs ist es dem Geschäftsinhaberm) vor Ablauf einer Frist von einem Jahr nicht gestattet, an dem Ort, an dem der Ausverkauf pattgefunden hat, einen Hande! mit den davon betroffenen Warengattungen zu eröffnen. Ausnahmen kann die höhere Verwaltungsbehörde nach Anhörung der zuständigen Berufsvertretungen von Handel, Handwerk und Industrie gestatten. Der Eröffnung eines eigenen Handels steht es gleich, wenn der Ge­ schäftsinhaber sich zunt Zwecke der Umgehung der Vorschrift des 28) Die Fassung beruht auf der BO. des RP. v. 9. März 32 (RGBl. 1 S. 121) u. dem ÄndGes. v. 26 Febr. 1935 (RGBl. I S. 311). 28 a) Bom Ausverkauf, der die völlige Aufgabe eines weiteren Verkaufs bezweckt, ist der Räumungsverkauf im engeren Sinne (§ 7 a), der zmn Zweck die Räumung eineS bestimmten Warenvorrats hat, zu unterscheiden. Baum­ bach, Nachtrag zu „DaS gesamte Wettbewerbsrecht" S. 11 c. Für die Unterscheiduna der Arten deS Ausverkaufs ist im Einzelfalle die Auffassung des DurchlchnittSpublikums maßgebend, an daS sich die Anpreisung wendet. Düssel­ dorf DRZ. 25 Nr. 136. Die Art der Durchführung der Bertaufsveranstaltungen ist für die Charakterdestimmung gleichgültig; deshalb können auch Bersteigerungen Ausverkäufe sein. Erl d. RWtMin. v. 17. Juli 37 (V 14 689/37). 2* b) Hierunter fallen auch Bet. von Konsumvereinen, die Waren an ihre Mitglieder nur verteilen. E. 63 S. 107; wie überhaupt auf sie die §§ 7 ff. anwendbar sind. KG. JFGErg. 9 S. 253. 28 c) Für die Beobachtung der Vorschriften ist neben dem, der die An­ kündigung erläßt (z. B. Versteigerer) auch der Aüsverläufer verantwortlich. KG. DIZ. 33 S. 101. 29) Dam gehört Abteilung eines Warenbanses, Damen- oder Herrenkleiderabteilung, nicht ein bestimmter Warenartikel, Waren einer bestimmten Preislage oder einer bestimmten Sorte. C a l i m a n n, Der unlautere Wett­ bewerb. 2. Ausl. Anm. 10c. 29 a) Soweit Gesch.inh. eine juristische Person ist, sind Aktionäre, Genoffen, Vorstandsmitglieder u. Geschäftsführer strafrechtl. nicht verantwort!. Dresden JurW. 62 S. 1902.

B IV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §§ 7—7 b.

673

Satzes 1 an dem Geschäft eines anderen beteiligt oder in diesem tärig wird. § 7a.,B) Wer in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mittei­ lungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, einen Verkauf zumZwecke der Räumung"—) eines bestimmten Waren­ vorrats^99 b) ankündigt,ist gehalten, in der Ankündigung den Grund

auzugeben, der zu dem Verkauf Anlaß gegeben hat. Betrifft der Ver­ kauf nur einzelne der in dem Geschäftsbetrieb geführten Waren­ gattungen, so sind in der Ankündigung weiterhin die Warengattungen anzugeben, aus die sich der Verkauf bezieht. z 71>”) Die unter §§ 7, 7a fallenden Veranstaltungen sind unter Einhaltung einer durch die höhere Verwaltungsbehörde festzusetzenden Frist vor der Ankündigung bei der von ihr bezeichneten Stelle anzu­ zeigen. Der Anzeige ist ein Verzeichnis der zu verkaufenden Waren nach ihrer Art, Beschaffenheit und Menge beizufügen, dessen Er­ neuerung von den höheren Verwaltungsbehörden für den Fall vorgesehen werden kann, daß die Veranstaltung nach Ablauf einer be­ stimmten Frist nicht beendigt ist. Die Anzeige muß die im § 7 Abs. 2, 3, § 7a vorgesehenen Angaben enthalten und den Beginn, das voraus­ sichtliche Ende und den Ort der Veranstaltung bezeichnen. Auf Ver­ langen der Stelle, bei der die Anzeige zu erstatten ist, sind für die den Grund der Veranstaltung bildenden Tatsachen Belege vorzu­ legen. 19 d) Die höhere Verwaltungsbehörde kann zur Ausführung der vor­ stehenden Vorschriften weitere Bestimmungen treffen?") Sie kann ferner 29 aa) Räumung bedeutet ein endgültiges Wegschaffen ohne Nachschub u. ohne Wiederbeschaff. der gleichen Ware. B a umba ch a. a. O. S. 13 v. Wird nur verstärkter Absatz erstrebt, so rechtfertigt die hiermit notwendig verknüpfte Herabminderung des Warenbestandes noch nicht die Annahme einer Räumungs­ absicht. BayvbLG. HRR. 1933 Nr 903. 29 b) Eine Individualisierung oder äußerliche Ausscheidung der Ware ist nicht erforderlich. BayObLG. HRR. 1928 Nr. 1268. 29 c) Geschäftsverlegung ist regelmäßig kein Grund zur Ankündigung eines Räumungsausverk. KG. JmW. 62 S. 68; aber Lagerüberfüllung u. Platz­ mangel. Dresden DRZ. 25 Nr. 213. 29 d) Auch der Konkursverwalter ist an eine solcke Verordnung gebunden. 30) S. RdErl. d.RuP»WM.v. 19. Dttbr. 35 (MBlsWuA. S.293 ; da­ nach sind Ausverkäufe nur VerkoufSveranftalturgeN, die ihr*m Grund in der Aufgabe deS gesamten Geschäftsbetriebes oder des Geschäftsbetriebes einer Zweigniedeilaffung (selbständige Verkaufsstelle) oder einer einzelnen Waren­ gattung baben. — „Veranstaltungen zum Zwecke der Räumung eines be­ stimmten Warenvorrats (z. B. wegen Aufgabe einer unselbständigen Verkaufs­ stelle, Brandschaoen, Auseinandersetzung, GeichäftSverlegung) dürfen, auch wenn sie im Wege der Versteigerung vorg- nommen werden, nur ftattfindeN, wenn ein von der BerkehrSauffaffung als ausreichend anerkannter Grund vorliegt. Der Grund muß im einzelnen Falle die Veranstaltung rechtfertigen" (§ 7). Dalcke, Strafrecht

31 Aufl.

43

674

B IV. Handel-- und Vewerberecht.

Anordnungen über die Dauer der Veranstaltung erlassen.

Sie kann

Veranstaltungen untersagen, die die zugelasiene Dauer überschreiten, die nach der Borschrist des § 7 Abs. 1 nicht zulässig sind oder die im

Falle des § 7 a durch den angegebenen Grund nach der Verkehrsaufsassung nicht gerechtfertigt werden.

Bor Erlaß ihrer Anordnungen

hat sie die zuständigen amtlichen Berufsvertretungen von Handel, Handwerk und Industrie zu hören.

Die Einsicht in die Anzeige ist jedermann gestattet.

Zur Nach­

prüfung der Angaben sind außer den zuständigen Behörden die amt­ lich bestellten Vertrauensmänner der amtlichen Berufsvertretungen

von Handel, Handwerk und Industrie befugt.

§ 7 c.88) Nach Beendigung eines Ausverkaufs (§ 7) ist eS dem Geschäftsinhaber, seinem Ehegatten und den nahen Angehörigen beider verboten, den Geschäftsbetrieb oder den Teil davon, dessen Aufgabe an­

gekündigt worden war, fortzusetzen30 B), oder vor Ablauf eine- JahreS an

dem Ort, an dem der Ausverkauf stallgesunden hat, einen Handel mit den davon betroffenen Warengatlungen zu eröffnen. Der Fortsetzung

deS Geschäftsbetriebs oder der Eröffnung eines eigenen Handels stehl

eS gleich, wenn der Geschäftsinhaber, sein Ehegatte oder ein naher An­ gehöriger beider sich zum Zwecke der Umgebung der Vorschrift des

Satzes 1 an dem Geschäft eines anderen mittelbar oder unmittelbar beteiligt oder in diesem tätig wird.

Als Geschäftsinhaber gilt auch

derjenige, der au einer Handelsgesellschaft mit eigener Rechtspersönlich­ keit wirtschaftlich maßgebend beteiligt ist oder auf ihre Geschäftsführung maßgebenden Einfluß hat.

Nahe Angehörige sind die Verwandten in

auf- und absteigender Linie und die voll- und halbbürtigen Geschwister

sowie ihre Ehegatten. Nach Beginn eines Ausverkaufs ist es auch anderen als den im

Abs. 1 genannten Personen verboten, mit Waren aus dem Bestand

des von dem Ausverkauf betroffenen Unternehmen- den Geschäfts­ betrieb in denselben oder in unmittelbar benachbarten Räumen aus­

zunehmen. Ist der Verkauf deS Warenbestandes einer unselbständigen Ver­

kaufsstelle wegen ihrer Ausgabe gemäß § 7a angekündigt worden, so

darf innerhalb eines Jahres nach Beendigung deS Verkaufs keine neue Verkaufsstelle desselben Geschäftsbetriebes am gleichen Orte errichtet

werden. Der Reichswirtschaftsminister kann bestimmen, daß benachbarte 30 a) Gilt auch bei Konkursausverkauf für Gemeinschuldner, dessen Ehefrau und nahe Angehörige RG. JurW. 1937 S. 1356.

BIV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §§ 8—9».

675

Gemeinden alS ein Ort im Sinne der Vorschriften der Absätze 1 und 3 anzusehen sind. Die

höhere Verwaltungsbehörde

ständigen

kann

nach Anhörung der zu­

amtlichen Berussvertretungen von Handel, Handwerk und

Industrie Ausnahmen von den Verboten in den Absätzen 1, 2 und

3 gestatten. z 8.ie) Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft:

1. wer im Falle der Ankündigung eines Ausverkaufs (§ 7 Abs. 1 bis 3) oder eines Verkaufs gemäß $ 7a Waren zum Berkaus stellt, die nur für diese Veranstaltung herbeigeschafst") worden

sind (sogenanntes Vorschieben oder Nachschieben von Waren);

2. wer den Vorschriften des $ 7c Absätze 1—3 zuwider handelt. § 9.88) Die Vorschriften der §§ 7a, 7b und 8 finden keine An­ wendung auf Verkäufe, die auf Grund allgemeiner Zulassung um die

Wende eine- Verbrauchsabschnittes stattfinden.

Die Zulassung kann

durch den ReichswirtschaftSmtnister oder eine von ihm bestimmte Stelle

erfolgen.

Dabei kann Bestimmung über Zahl, Zeit und Dauer dieser

Verkaufe, über die Art ihrer Ankündigung und über die Waren ge­

troffen werden,

Bor-

und

die darin einbezogen werden dürfen.

Nachschieben

Auch kann da-

von Waren (§ 8 Nr. l) für diese Verkäufe

verboten oder beschränkt werden.

Macht der ReichswirtschastSminister

oder die von ihm bestimmte Stelle von dieser Ermächtigung keinen

Gebrauch, so kann die höhere Verwaltungsbehörde nach Anhörung der zuständigen amtlichen Berussvertretungen von Handel, Handwerk und Industrie die Zulassung

aussprechen und die näheren Bestimmungen

treffen. § 9a.*H) Zur Regelung von Berkaussveranstaltungen besonderer

Art, die nicht den Vorschriften der §§ 7 bis 9 unterliegen, kann der

31) § 8 will verhindern, daß der Warenvorrat, dessen Ausverkauf ange­ kündigt wird, mit dem wörtlich ausvei kauften nicht voll übercinstimmt. Dresden DRZ. 24 Nr. 704. Die strafbare Handlung liegt nicht darin, daß Waren zum Zwecke deS Nachschubs bezogen werden, sondern dann, daß solche Waren in den Ausverkauf einbezogen werden. E. 48 S. 36. Daß sich der Ausverkauf auf diese Waren erstreckt, muß dem Publikum erkennbar sein. DStZ. 1 S. 438. Jede Ergänzung der Waren ist verboten, auch wenn die Ware ohne die Ergänzung unverkäuflich sein würde. E. 44 S. 282; auch wenn die angekaufte Ware den ausschließlichen Gegenstand des Ausverkaufs bildet. E. 45 S. 371; auch wenn trotz des Bor- oder Nachschiebens die AuSverkaufSmaffe nicht vermehrt, sondern Im schließlichen Ergebnisse verringert und der Ausverkauf seinem Ende näher geführt wird. DIZ. 17 S. 163, auch ein Herbeischaffen von Waren aus dem Haupt- in ein Nebengeschäft ist nicht gebattet, doch liegt ein Nachschieben nicht vor, wenn Ersatz für mangelhafte und deshalb zurückgenommene Ware ge43*

schön.

676

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Reichswirtschaftsminister Bestimmungen treffen. Sie sind im Deutschen

Reichsanzeiger bekanntzumachen.

er.

§ 1V.*') Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Haft wird bestraft:

1. wer es unterläßt, in der Ankündigung eines Ausverkaufs oder

eines Verkaufs gemäß § 7a die im § 7 Abs. 2, 3, § 7a vorge­

schriebenen Angaben zu machen; 2. wer den Vorschriften des § 7b oder den auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt oder bei

Befolgung der Vorschriften oder Anordnungen unrichtige An­ gaben macht;'*)

3. wer von dem Reichswirtschaftsminister, der von ihm bestimmten Stelle oder der höheren Verwaltungsbehörde aus Grund des § 9 getroffenen Bestimmungen zuwiderhandelt; 4. wer den von dem Reichswirtschaftsminister auf Grund des § 9a getroffenen Bestimmungen zuwiderhandelt. § 11.

Durch Beschluß des Bundesrats kann festgesetzt werden,

daß bestimmte Waren im Einzelverkehre nur in vorgeschriebenen Ein­ heiten der Zahl, des Maßes oder des Gewichts oder mit einer auf der Ware oder ihrer Aufmachung anzubringenden Angabe über Zahl, Maß,

Gewicht, über den Ort der Erzeugung oder den Ort der Herkunft der Ware gewerbsmäßig verkauft oder feilgehalten werden dürfen.

Für den Einzelverkehr mit Bier in Flaschen oder Krügen kann

die Angabe des Inhalts unter Festsetzung angemessener Fehlergrenzen vorgeschrieben werden.

Die durch Beschluß des Bundesrats getroffenen Bestimmungen sind durch das Reichs-Gesetzblatt zu veröffentlichen und dem Reichstage

sogleich oder bei seinem nächsten Zusammentritte vorzulegen.

er. schaff.

Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen des Bundesrats werden mit Geldstrafe dis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Hast bestraft, § 12. **)

Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geld-

liefert wird. E. 48 S. 1; auch nicht, wenn ein Großkaufmann, der seine Ge­ schäfte aufgeben will, Ausverkäufe waren im Kleinverkauf absetzt. DRZ. 24 Nr. 776; ferner nicht, wenn vorher bestellte Waren selbst vorzeitig zur Liefe­ rung abgerufen werden. BayObLG. DRZ 25 Nr. 783. Eventualdolus ge­ nügt nicht bezüglich des Herbeischaffens. Stenglein, Nebengesetze Anm. 6. Wer aus einem Ausverkauf einen Warenbestand aufkauft und ihn auf eigene Rechnung durch Ausverkauf weiterveräußert, veranstaltet einen neuen Aus­ verkauf. Dresden JurW. 59 S. 1758. 32) Mit der Schutzbehauptung, er habe in Wirklichkeit gar keinen Aus­ verkauf beabsichtigt, ist der A. nicht zu hören. E. 45 S. 45. 33) Sog. Schmiergelderverbot. Das Delikt richtet sich weniger gegen den Dienstherrn des Bestochenen als gegen die Mitbewerber deS Bestechen-

BIV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb § 12.

677

strafe oder mit einer dieser Strafen wird, soweit nicht nach anderen

Bestimmungen eine schwerere Strafe verwirkt wird, bestraft, wer im geschäftlichen Verkehre2) zu Zwecken des Wettbewerbes84) dem Ange­

stellten ’**) oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebs84 b) Geschenke oder andere VorteileS6) anbietet, verspricht oder gewährt, um durch un-

den (KommBer. S. 30). — Vom Verein gegen Bestechung ist eine Zusammen­ stellung der „Rechtsprechung des Reichsgerichts zu § 12", herausgegeden von W. Fischer, erschienen, in der die wichtigsten Entscherdungen abgedruckt sind. — Gewährung einer Vergütung für die Bevorzugung bei der Vermietung gewerbl. Räume fällt nicht hierunter. HRR. 1929 Nr. 278.

34) Den Zwecken des Wettbewerbes dient eine Handlung dann, wenn durch sie der eigene Absatz gefördert oder ein fremder deeinträchttgt, der eigene Kunden­ kreis auf Kosten der Gewerksgenosien erweitert werden soll. Abs. 1 gilt nicht beim Bezug von Betriebsmitteln zum eigenen Verbrauch. E. 58 S. 429. Maß­ gebend ist, daß die Vorteile dem Wettbewerb des Vorteilgebers zu dienen be­ stimmt sind oder daß bei Vorliegen mehrerer Zwecke die Wettbewerbszwecke nicht ganz im Hmtergrund stehen. E. 66 S. 81. RG. JurW. 37 S. 686. Der Begriff des Wettbewerbes trifft auch da zu, wo der Täter nicht in eigenem Inter­ esse handelt, sondern einen Dritten begünstigen will. E. 32 S. 27. JurW. 52 S. 196. Kein Wettbewerbszweck bei Hoheitsträgern, RG. RG. GRUR. 1936, 806. 34 a) Die Angelegenheit, in der auf den Angestellten eingewirtt, wird, braucht nicht eine ausschließliche des Betriebes zu sein, in dessen Diensten er steht. Es muß aber hinsichtlich des Verhüllens innerhalb des Dienst- oder Auftragsverhättnisses eingewirtt sein. E. 72 S. 132, 289, 99. Es kommt nicht darauf an, ob der Betriebsunternehmer demjenigen, der durch die Einwirkung auf den Angestellten eine Bevorzugung für sich oder einen Dritten erstrebt, un­ mittelbar als Vertragsschließender gegen übersteht. E. 47 S 184. 34 b) Hierunter fallen auch Betriebe, die rein wohltätige oder soziale Zwecke verfolgen. E. 55 S. 31. RG. DStrafr 1934 S 200, E. 68 S. 74, auch Konsum­ vereine E. 68 S. 263; jedoch nicht ohne weiteres staatliche oder ftädtlsche. HRR. 1932 Nr. 504; doch kann ein stöbt. Straßenbahnbetrieb mit öffentlichrechtlichen Zwecken darunter fallen, wenn die Gestaltung des Belriebes und wirtschaftliche Betätigung durchaus geschästlicher Art ist, E. 66 S. 380. Ortskrankenkassen sind, obwohl sie Körperschaften öffentlichen Rechtes sind, nicht zur Erfüllung staatlicher Aufgaben berufen und daher nicht Behörden, sondern wirtschaftliche Verbände im Lünne des § 12, die ihren eigenen wirt­ schaftlichen Interessen im Wege der Selbstverwaltung dienen, E. 62 S. 24, RG. JurW. 1935 S. 1861. Beauftragter ist jeder, der seine Berufung, für den Betrieb tätig zu fein, von einem anderen ableitet und befugtermaßen tätig ist. RG. JurW. 1934, 2915; E. 68 S. 70; s. zum Begriff mit weitester Aus­ legung. E. 72 S. 62, auch E. 72 S. 21; keine einengende Auslegung; so ohne weiteres Aufsichtsratsmitglied einer Genossenschaft um dieser Stellung willen, wenn im Rahmen des Geschäftsbetriebes tätig. RG. DRZ. 1934 Nr. 374. E. 68 S. 119, ebenso der geschäftsführende Vorsitzende eines Konsumvereins. E.68 S. 263. Auch Zettschrlftenwerber für Beauftragte, LG. Bielefeld, MuW. 1935 S..76. Kein Beauftragter ist der Obermeister einer Innung. E. 72 •S. 289. 35) Die Vorschrift findet keine Anwendung auf Geschenke und Vorteile, die «auS Höflichkeit oder Eickenntlichkeit gewährt werden, auf Gelegenheitsgeschenke,

«78

B IV. Handels- und Gewerberecht.

lauteres Verhalten36 * * a37 *)* 38 * des * * * * *Angestellten * * * * * * * * * * * oder * * * * *Beauftragten * bei dem Bezüge

von

Staren8Bb)

oder

gewerblichen

Leistungen eine

Bevor­

zugung 36 *) für sich oder einen Dritten zu erlangen.

Die gleiche Strafe86) trifft den Angestellten oder Beauftragten eines

geschäftlichen Betriebs,8") der im geschäftlichen Verkehre Geschenke oder

andere Vorteile fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, damit er durch

unlauteres

Verhalten

einem

anderen

bei

dem

Bezüge

von

Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb eine Bevorzugung verschaffe.

Im Urteil ist zu erklären,

daß das Empfangene oder sein Wert

dem Staate verfallen fei.87) § 13.

In den Fällen der §§ 1, 3 kann der Anspruch auf Unter­

lassung von jedem Gewerbetreibenden, der Waren88) oder Leistungen wie Geburtstags- und Hochzeitögeschenke, auf Trinkgeld, sofern es nicht in der Absicht gegeben wird, den Angestellten zu einer Bevorzugung zu bestimmen. Wird dies beabsichtigt, ist es unerheblich, daß in dem Handelszweige Ver­ gütungen an Angestellte allgemein üblich sind. E. 63 S. 426. 35 a) Unlauter Ist das Verhalten, wenn es dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden der nach der Sachlage in Betracht kommenden LertehrLtreife widerspricht. E. 48 ©.291,63 S. 426, RG. ArchWR. 1938 S. 157. Un­ lauter ist nicht gleichbedeutend mit pflichtwidrig. Es kommt weniger darauf an, ob bai V erhalten gegenüber dem Dienst Herrn pflichtwidrig ist als, ob es gegen­

über den Mitbewerbern unlauter ist. E. 58 S. 429. E. 66 S. 81, 72 S. 99. Es wird vorausgesetzt, daß die Bevorzugung durch ein unlauteres Verhalten des Angestellten erreicht wird, und daß ein derartig unlauteres Verhalten durch die in Aussicht gestellte Zuwendung bezweckt wird. Hierbei genügt eS, wenn der Zuwendende damit rechnen mußte, daß das Versprechen von Vorteilen ein unlauteres Verhalten des Angestellten beim Berttieb der Ware nach sich ziehen kann. OLG. Frankfurt, JurW. 1936 S. 2104. Unlauter handelt auch der Angestellte, der sich durch Geschenke bestimmen läßt, dem Geber auch weiterhin Aufträge in dem bisherigen Umfange zu gewähren. E. 66 S. 16; 68 S. 70. Die Mitteilung der bei einer Ware festgestellten Mängel eines Angestellten an den Lieferanten soll nach JurW. 41 S. 961 nicht unlauter sein. Siehe dazu Fuld, Die Rechtsprechung z. d. G. S. 163. Über „Bevorzugung" vgl. E. 68 S. 76. 35 b) Werden nur Muster über schickt, die zur Erforschung fremder Ge­ schäfts- und Betriebsgeheimnisse geeignet sind und dazu dienen sollen, so wird es sich in der Regel nicht um einen Bezug von Waren im Sinne deS 8 12 han­ deln. E. 48 S. 151. § 12 (Abs. 1 u. 2) gilt nicht für den Wettbewerb beim Bezüge von Betriebsmitteln. E. 58 S. 429. JurR. 2 Nr. 129. 36) Die gleichzeitige Anwendung des Abs. 2 u. § 332 StGB, ist unzu­ lässig. E. 58 S. 185. § 312 HGB. schließt auch Abs. 2 aus. E. 66 S. 81 (84). 37) Auch dann, wenn die Bestechungsgelder an den GeschäftSherrn herauSzugeben sind. E. 67 S. 29. AG. JurW. 61 S. 1907 (Nebenstrafe). 38) Gleichartig sind die Waren nicht allein dann, wenn sie aus denselben Stoffen zusammengesetzt ober hergestellt sind, sondern schon, wenn sie nach ihrem äußeren Aussehen übereinstimmen oder verwechslungsfähig sind. P i n n e r Anm. 2, z. B. Butter und Margarine, Wolle und Baumwolle. Leistungen verwandter Art sind die deS Zahnarztes und Zahntechnikers. JurW. 36 S. 80.

679

BIV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb tz 14.

gleicher oder verwandter Art herstellt oder In den geschäftlichen Ver­ kehr bringt, oder von Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen

gellend gemacht werden, soweit die Verbände als solche in bürgerlichen RechtSstreitigkeiten klagen können.18 *)

Auch können diese Gewerbe­

treibenden und Verbände denjenigen, welcher den §§ 6, 8, 10, 11, 12 zuwiderhandelt, auf Unterlassung in Anspruch nehmen.

Zum Ersätze des durch die Zuwiderhandlung entstehenden Schadens

ist verpflichtet: 1.

wer im Falle deS § 3 die Unrichtigkeit der von ihm gemachten

Angaben kannte oder kennen mußte.

Gegen Redakteure,

Ver­

leger, Drucker oder Verbreiter von periodischen Druckschriften

kann der Anspruch auf Schadensersatz

nur

gellend

gemacht

werden, wenn sie die Unrichtigkeit der Angaben kannten;

2.

wer gegen die §§ 6,8,10,11,12 vorsätzlich oder fahrlässig verstößt.

Werden in einem geschäftlichen Betriebe Handlungen, die nach §§ 1, 3, 6, 8, 10, 11, 12 unzulässig sind, von einem Angestellten oder

Beauftragten vorgenommen,

so

ist der Unierlassungsanspruch auch

gegen den Inhaber des Betriebs begründet. § 14.

Wer zu Zwecken deS Wettbewerbes “) über das Erwerbs­

geschäft^) eineS anderen, über die Person des Inhabers oder Leiters des Geschäfts,

über

die Waren *)

oder

gewerblichen

eines anderen Tatsachen40 * *)* *behauptet * * * 39 oder verbreitet, sind,

den Betrieb des Geschäftes

Leistungen")

die

geeignet

oder den Kredit des Inhabers zu

38 a) Das Antragsrecht besteht nicht gegenüber solchen Verfehlungen, deren Verfolgung außerhalb der Verbandszwecke liegt. Im übrigen ist eS unbeschränkt. E. 45 S. 355. Zu den Verbänden gehören auch die Landwirtschastskammern. GA. 60 S. 73; Zwangsinnungen, aber nicht Krankentaffen. Fachgruppe Rechtsanwälte im BNSDJ. LG. Dortmund GRUR. 1934 S. 755. LG. Köln. JurW. 1936 S. 62. Vgl. bezügl. der Klageberechtigung der Verbände Hammann, GRUR. 1937, S. 235. 39) Unter den Begriff Erwerbsgeschäft fällt jede gewerbliche Tätigkeit ohne Rücksicht auf daS Bestehen eines Geschäftsbetriebes. 40) Der Begriff Tatsache umfaßt auch Urteile, sofern sie die Behauptung konkreter Vorgänge enthalten, nicht aber allgemeine Urteile und Reflexionen. Seifferth Anm. 9. Recht 11 Nr. 2881. Abschwächende Zusätze wie, der Behauptende habe sich sagen lassen u. dergl. sind belanglos, wenn Eindruck eigener Überzeugung hervorgerufen wird. RG. DJust. 1934 S. 872.

Als Behauptungen von Tatsachen sind angesehen z. B. Senf enthalte Kartoffelmehl, ein Restaurateur liefere Margarine anstatt Butter, Kläger sei zur Löschung seines Warenzeichens verurteilt worden. Dem Kläger würden häufig Waren zurück gebracht. Die Konkurrenz überteuere ihre Kunden. Hamburg v. 4. Dezbr. 09, Fuld, Die Rechtsprechung z. d. G. S. 174. Die Ware sei nicht deutsches, sondern ausländ. Fabrikat. Breslau JurW. 58 S. 449. Nicht als Tatsachen sind angesehen: Kläger bediene sich einer niedrigen Kampfesweise, die Waren des Kläger- seien zu teuer und schlecht.

Schöff.

680

B IV. Handels- und Gewerberecht.

fdjäbtßcn,41) ist, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr fhtb,42)43

dem Verletzten zum Ersätze des entstandenen Schadens verpflichtet.42 *) Der Verletzte kann auch den Anspruch geltend machen, daß die Be­ hauptung oder Verbreitung der Tatsachen unterbleibe. Handelt es sich um

vertrauliche Mitteilungen") und hat

der

Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist der Anspruch auf Unterlassung nur zulässig, wenn die

Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet sind.

Der

Anspruch auf Schadensersatz kann nur geltend gemacht werden, wenn

der Mitteilende die Unrichtigkeit der Tatsachen kannte oder kennen mußte. Die Vorschrift des § 13 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.

§ 15.

Wer wider besseres Wissen44)

über das Erwerbsgeschäft

41) Die Kreditgefährdung ist schon im § 187 StGB, unter Strafe ge­ stellt, dort aber ist Voraussetzung, daß die Angaben wider besseres Wissen ge­ macht worden sind, während hier nur verlangt wird, daß dieselben nicht erweis­ lich wahr sind. Ferner ist im § 187 nur der Kredit geschützt, während nach diesem § auch der Geschäftsbetrieb geschützt ist und endlich gewährt § 187 nur den Antrag auf Bestrafung, während hier die Schadens- und Unterlassungsklage gegeben werden. Ein Strafverfahren ist hier ausgeschlossen. Siehe auch Anm. 44. 42) Die behaupteten Tatsachen bürgen nicht wahr fein, ist dies der Fall, dann fällt jeder Anspruch fort. Wird die UnterlassungS- oder Schadensklage angestellt, so hat der Beklagte die Wahrheit der von ihm aufgestellten Be­ hauptung zu beweisen. Gelingt ihm dieser Beweis nicht, so muß er verurteilt werden, guter Glaube schützt ibn nicht. 42 a) Beklagter kann nicht den Rechtsschutz des Klägers damit bekämpfen daß dieser selbst bei anderer Gelegenheit sich unlauteren Verhaltens im Ge­ schäftsverkehr schuldig gemacht habe. RG Deutsche Justiz 1934 S. 872. ES ist unzulässig, neben § 14 den 8 1 anzuwenden, es sei denn eine Schutzeinrede qu8 § 14 Abs. 2 gegeben, RG JurW. 1937 S. 310. 43) Die Mitteilungen müssen geschäftlicher Natur sein. KommBer. S. 38. 44) Bon dem Tatbestand deS 8 14 unterscheidet sich der des 8 15 dadurch, daß dort die unwahren Behuuptungen gerade zum Zwecke deS Wettbewerbes gemacht werden müssen, daß dies hier aber nicht erforderlich ist, daß sie aber hier, waS dort nicht notwendig war, wider besseres Wissen gemacht sein müssen. E. 31 S. 84. Für die Anwendung deS 8 14 ist der Zweck der Handlung ohne grund­ sätzliche Bedeutung und macht eS keinen rechtlichen Unterschied, ob die falsche Behauptung innerhalb oder außerhalb des geschäftlichen Verkehrs aufgestellt wird und an wen dieselbe gerichtet ist. Der Tatbestand kann deshalb auch in einer Anzeige bei der zur Untersuchung der Ware zuständigen Behörde ge­ funden werden. Da eS sich ferner im Falle deS 8 15 abweichend vom 3 187 deS StGB, nicht um eine Beleidigung handelt, so ist auch hier die Anwendung deS 8 193 des StGB, ausgeschlossen. E. 31 S. 63. Die Behauptung braucht überhaupt nicht ehrenkränkender Natur zu sein, es genügt, daß sie Nachteile für die Ausübung der Erwerbstätigkeit bringen kann. GA. 61 S. 119 u. E. 44 S. 158. Die Worte „wider besseres Wissen" haben hier dieselbe Bedeutung wie im 8 187 deS StGB. DaS bloße Bewußtsein von der Möglichkeit der Unwahr­ heit der behaupteten Tatsache (dolus eventualis) genügt nicht. C. 32 S. 302.

IV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb § 16.

681

eines anderen, über die Person deS Inhabers oder Leiters des Ge­

schäfts, über die Waren oder gewerblichen Leistungen eines anderen

Tatsachen **•) der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet, die ge­ eignet sind, den Betrieb des Geschäfts zu schädigen,") wird mit Ge­

fängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit einer dieser

Strafen bestraft. Werden die im Abs. 1 bezeichneten Tatsachen in einem geschäft­ lichen Betriebe von einem Angestellten") oder Beauftragten behauptet

oder verbreitet, so ist der Inhaber des Betriebs neben dem Ange­ stellten oder Beauftragten strafbar, wenn die Handlung mit seinem

Wissen geschah.

§ 16.

Firma*7) eines

Wer im geschäftlichen Verkehrs

oder

die

gewerblichen

besondere

einen Namen,") eine

Bezeichnung eines Erwerbsgeschästs,

Unternehmens oder einer Druckschrift in einer

Weise benutzt, welche geeignet ist, Verwechselungen mit dem Namen,

der Firma oder der besonderen Bezeichnung hervorzurufen, deren sich ein anderer befugterweise bedient, kann von diesem auf Unterlassung

der Benutzung in Anspruch genommen toerbett.") Der Benutzende ist dem Verletzten zum Ersätze des Schadens verpflichtet, wenn er wußte oder wissen mußte, daß die mißbräuchliche

Art der Benutzung geeignet war, Verwechselungen hervorzurufen. Der besonderen Bezeichnung eines Erwerbsgeschästs stehen solche

Geschäftsabzeichen und sonstigen zur Unterscheidung des Geschäfts von anderen Geschäften bestimmten Einrichtungen gleich, welche innerhalb

44 a) Künftige Ereignisse, die als Folge menschlichen Handelns erst nach Ablauf einer gewissen Zeit eintreten, sind keine Tatsachen. Dresden JurW. 58 S. 3100. 45) Der wirkliche Eintritt nachweisbaren Schadens wird nicht gefordert. — Eine Schädigung des Geschäftsbetriebes kann in dem Abspenstigmachen von Kunden, überhaupt in einer Erschwerung des Betriebes liegen. Kahn und Weiß Sinnt. 6a. 46) Wer denselben Namen führt, wie ein anderer, macht sich nur dann strafbar, wenn er Manipulationen anwendet, um Verwechselungen herbeizuführen. — Der Gebrauch eines fremden Namen» zur Ankündigung einer gleichartigen und deshalb gleichwertigen Herstellung der Ware ist nicht statthaft. E. 30 S. 333.

47) Gleichgültig, ob sie im Handelsregister eingetragen ist oder nicht. A. M. Stenglein, Nebenges Anm. 5.

48) Der § gewährt nur zivilrechtliche Schutzmittel, die Schadms- und Unterlassungsklage und zwar nach Wahl die eine oder die andere oder auch beide; auch ist der Erlaß einstweiliger Verfügungen möglich gemäß § 25. Eine Be­ strafung kann auch nicht aus § 14 WZG. eintreten, wenn jemand seine Firma nur deshalb gebraucht, um Verwechselungen mit der Firma eines anderen hervor­ zurufen. E. 40 S. 81.

BIV. HandelS-- und Gewerberecht.

beteiligter BerkehrSkreise als Kennzeichen deS ErwerbSgeschäftS gelten.") Auf den Schutz von Warenzeichen und Ausstattungen (§§ 1, 15 des Gesetzes zum Schutze der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894.

ReichS-Gesetzbl. S. 441) finden diese Vorschriften keine Anwendung. Die Vorschrift des § 13 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.

Schöff.

§17.") Mit Gefängnis bis zu drei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer als Angestellter,") Arbeiter *°)

oder Lehrling eines Geschäftsbetriebs ein Geschäfts- oder Betriebs­

geheimnis,'') das ihm vermöge des Dienstverhältnisses anvertraut 49) Z. B. Ausstattung der Geschäftswagen, Anbringung von Emblemen. Warenkataloge, Ausstattung der Schaufenster usw. 50) Auch die nur vorübergehend beschäfttgten Arbeiter. 51) a. Geschäftsgeheimnisse im Gegensatze zu Betriebsgeheimnissen sind solche, welche den Handelsverkehr betreffen, also einen wesentlich kaufmännischen, nicht technischen Charakter tragen und als Geheimnis werden nicht bloß solche geschäftliche Vorkommnisse anzusehen sein, deren Geheimhaltung den Angestellten zur Pflicht gemacht ist, sondern alle, bei denen nach den Umständen ein erkenn­ bares Jnteresie deS Geschäftsinhabers an der Geheimhaltung anzunehmen ist, und dahin gehört auch die kaufmännische Buchführung. E. 29 S. 426; ferner auch der Plan, in gewisser Art auSgestattete Waren in größerer Menge zu besonders geeigneter Zeit auf den Martt zu werfen. E.48 S. 12. Der Gegen­ stand des Geheimn. braucht nicht zur Ausüb. deS fragt Gewerbes zu dienen. Auf welchem Wege die Angestellten von den Tatsachen in dem Geschäftsbetrieb Kenntnis erlangt haben, ist für den Begriff deS Geschäftsgeheimnisses bedeu­ tungslos. Recht 14 Nr. 1474. ES ist aber anzuerkennen, daß sich eine scharfe Grenzlinie zwischen der Herstellung und dem vertrieb der Ware oft gar nicht ziehen läßt und daß es auf diesen Unterschied deshalb nicht wesentlich ankommt, daß vielmehr daS Haupt­ gewicht bei beiden Arten von Geheimnissen darauf zu legen ist, daß bei beiden die Verletzung der durch daS Dienstverhältnis begründeten Vertragstreue, also wie Treubruch für strafbar erllärt wird. Gegenstand dieser Geheimnisse aber kann alleS sein', waS der GeschästSgebarung deS Inhabers so eigentümlich ist, daß eS in anderen Kreisen nicht bekannt ist und nicht zur Anwendung kommt. E. 31 S. 90.

b. Daß die Gegenstände, um die eS sich handelt, absolut neu sind, ist nicht

erforderlich, eS genügt vielmehr, daß dieselbm zu der Zeit, in welcher eS sich um die Verletzung eines Geheimnisses handelt, ausschließlich in einem bestimmten Fabrikbetriebe bekannt sind. E. 31 G. 90. Auch kann die Anwendung einer an sich bekannten Herstellungsweise ein Betriebsgeheimnis sein, wenn die Firma ein vernünftiges Interesse an dem Nichtbekanntsein hat, daß gerade diese HerstellungSweise von ihr benutzt werde. JurR. 3 Nr. 215. Strafbar ist auch die Mitteilung von Musterbogen und Preislisten. DIZ. 6 S. 98 u. GA. 52 S. 87; deSgl. von Kundenlisten. E. 39 S. 321; vom Modell einer Zimmereinrichtung. BayOdLG. v. 9. Mürz 25, DIZ. 30 S. 825; auch von beabsichtigten Sub­ missionsofferten. GA. 52 ©. 241; Agentenverzeiümis. JurR. 3 Nr. 1367. Eine Sammlung von Erzeugnisproben kann Geschäftsgeheimnis sein, auch wenn jedem einzelnen Muster diese Eigenschaft fehlt. RG. v. 8. Mai 23. Stenglein, Nebenges. Anm. 4 Abs. 3.

BIV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb § 17.

683

worden oder zugänglich geworden ist,") während der Geltungsdauer deS Dienstverhältnisses") unbefugt an jemand"*) zu Zwecken des Wettbewerbes") oder aus Eigennutz oder in der Absicht,"') dem Inhaber des Geschäftsbetriebes Schaden zuzufügen, mitteilt.") c. Nicht mehr besteht ein Geheimnis, wenn Muster auf den Markt gebracht und dem Publikum allgemein zugänglich gemacht sind. JurW. 40 S. 869. Zum Begriff deS GeheimniffeS gehört nicht, daß für Konkurrenten jeder Weg, stch auf erlaubte Weise von dem bezüglichen Verhältnis Kenntnis zu verschaffen, ver schloffen ist. Recht 7 S. 406. So steht dem B.'griff „Geheimnis" der Um­ stand nicht entgegen, daß der Erwerber einer Maschine stch mit der bei ihr an­ gebrachten Lerbefferung durch Zerlegung der Maschine verttaut machen kaun, wenn einem Fachmann bei bloßer Besichtigung die Berbefferung nicht erkenn­ bar war. JurW. 58 S. 3087. Doch darf sein Gegenstand für die Konkurrenz nicht offenkundig sein. E. 40 S. 406. Durch die Aufdeckung deS BetriebStzeheimnisseS einer beschränkten Anzahl von Personen gegenüber wird der Charakter deS GeheimniffeS nicht beseitigt. E. 38 S. 108. — Irrtum darüber, waS geheim zu halten ist, ist ein tatsächlicher I. Stenglein, Nebenges. Anm.4 Abs. 5. 52) Personen, die im Dienste einer Fabrik stehen und im Interesse der letzteren und mit deren Mitteln versuche zur Verbesserung von FabrikationSmethoden machen, werden dadurch nicht Herren der von ihnen dabei gemachten Erfindungen und Entdeckungen, vielmehr werden diese Eigentum deS Fabrik­ herrn und müssen als den Angestellten infolge deS Dienstverhältnisses anverttaut angesehen werden. E. 32 6. 136 u. 218. Zugänglich geworden vermöge deS Dienstverhältnisses ist ein Geheimnis auch dann, wenn der Angestellte eS durch Bestechung eines Mitangestellten in Erfahrung gebracht hat. E. 40 S. 355. Hinsichtlich der Mitglieder deS verttauensrateS würde die unbefugte Offen­ barung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen auch ein von den sozialen Ehrengerichten zu ahndender verstoß gegen die soziale Ehre sein, § 36 Ziff. 4 ABG. 53) Die Schweigepflicht besteht so lange, alS daS Dienstverhältnis rechtI i ch besteht. Sie kann vertraglich über die Dauer desselben ausgedehnt werden. 53a) Auch an eine ausschnüffelnde Mittelsperson. Baumbach a. a. O. S. 41 III. Auch an in leitender Stellung befindlichem Angestellten, wenn ihm das Betriebsgeheimnis nicht zugänglich gemacht ist. RG.JurW. 1936 S. 2081.

54) Voraussetzung für die Annahme deS Wettbewerbs ist, daß die Aus­ beutung eine- GehämnisseS zum Schaden deS Berechtigten erfolgen muß und

zwar entweder dadurch, daß der verrat an einen Konkurrenten des Berechtigten erfolgt oder daß der in den Besitz deS Geheimnisses Gelangte dieses selbst un­ befugt auSbeutet. E. 33 S. 6. Diese Voraussetzung entfällt, wenn jemandem von dem Berechttgten selbst daS Geheimnis mitgeteilt ist und demselben nochmals von einem Dritten, der weiß, daß er das Geheimnis kennt, Mitteilung gemacht wird. GA. 45 S. 286. Der Zweck eigener wissenschaftlicher Ausbildung ist mit dem Zwecke deS Wettbewerbes nicht unvereinbar. E. 51 S. 184. Kein Zweck deS Wettbew., wo das fremde Geheimnis ausschließlich alS Grundlage für die Entscheidung weiter verwendet werden soll, eigene Versuche alS nutzlos abzubrewen. DIZ. 37 S. 1150. 54a) Eventualdolus genügt nicht. Stenglein, Nebengesetze Anm. 8 (früher anders). 55) In welcher Weise die Mitteilung erfolgt, ist gleichgülttg, sie kann schrift-

684

B IV. Handels- und Gewerderecht. Ebenso wird bestraft,"*) wer ein Geschäfts- oder Betriebsgeheim­

nis/^) dessen Kenntnis er durch eine der im Abs. 1 bezeichneten Mittei­ lungen oder durch eine gegen das Gesetz oder die guten Sitten')M) ver­ stoßende eigene Handlung erlangt hat, zu Zwecken des Wettbewerbes oder aus Eigennutz unbefugt verwertet"*) oder an jemand mitteilt.67)

Weiß der Täter bei der Mitteilung, daß das Geheimnis im Aus­

land verwertet werden soll, oder verwertet er es selbst im Ausland,'7*) so kann auf Gefängnis bis zu fünf Jahren erkannt werden.

Die Vorschriften der Abs. 1 bis 3 gelten auch dann, wenn der

Empfänger der Mitteilung, ohne daß der Täter dies weiß, das Ge­ heimnis schon kennt oder berechtigt ist, es kennenzulernen.

Srhöfs.

§ 18. *')

Mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe

lich, mündlich, auch durch bloße Gestattung von Einsicht in Bücher und Schrift­ stücke geschehen. Daß ein Wettbewerb gerade von feiten desjenigen, dem die Mitteilung zunächst und unmittelbar gemacht wird, in Aussicht genommen ist, ist nicht erforderlich. E. 39 S. 33. Darauf, ob der Empfänger die Fähigkeit Lttt, das Mitgeteilte selbst zu benutzen, kommt es nicht an. E. 51 S. 184. 55 a) Keine Tateinheit im Verhältnis v. Abs. 1 u. 2. E. 60 S. 53. 56) Es ist also nicht schlechthin daS unbefugte Verwerten fremder Geschäftsgcheimnisie mit Strafe bedrohtvielmehr tritt Strafbarkeit nur ein, wenn die Art und Weise, wie der Täter in den Besitz deS Geheimniffes gelangt ist, eine verwerfliche, der: Vorschriften des § widersprechende ist. Die Strafbarkeit fällt fort, wenn der Täter durch Zufall (durch versehentliches Öffnen eines an eine

andere Adresie gerichteten Briefes) Kenntnis erlangt hat. E. 30 S. 251 Vgl. insbesondere auch E. 33 S. 62 u. E. 61 S. 273. Ob die Anfertigung von Aufzeichnungen über BetrlebSgeheimnisie gegen die guten Sitten verstößt, hängt von der Art der Dinge, von denen Auszeichnungen gemacht werden, und von dem Inhalt deS Dienstvertrags ab. E. 61 S. 418. 56 a) In der bloßen Aufzeichnung zu dem Zweck, die erlangte Kenntnis zu erhalten, liegt noch keine Verwertung. Verwertung heißt: den Wert aus der Sache ziehen, sie irgendwie wirtschaftlich nutzen. E. 63 S. 205. 57) Die Strafbarkeit deS Dritten ist, abgesehen von dem Umstande, daß er auf eine unerlaubte Weise in den Besitz des GeheimnisieS gelangt sein muß, aber auch noch weiter davon abhängig, daß er dasselbe zu Zwecken deS Wettbewerbes verwertet oder anderen mitteilt. Die Absicht, Schaden zuzufügeu, genügt hier nicht, ebensowmig wie eine Verwertung zu nicht geschäftlichen Zwecken. Die Strafbarkeit setzt ferner ein doloses Handeln voraus, Fahrlässigkeit genügt nicht und § 59 StGB, kommt dem Täter zustatten, er muß also wiffen, daß es sich um ein Geheimnis handelt. Der Umstand aber, daß er bei der Aus­ kundschaftung deS letzteren seine Handlung nicht für ungesetzlich oder unmoralisch gehalten hat, kann ihm selbstverständlich nicht zustattenkommen. Doch ist dolus eventualis ausreichend. Es genügt, wenn der Täter mit der Möglichkeit rechnet, daß ihm die Mitteilung zu Zwecken deS Wettbewerbs gemacht ist. GA. 56 S. 221; oder wenn er jemand daS Geheimnis mitieilte in der irrigen An­ nahme, der Mitteilungsempfänger kenne daS Geheimnis nicht oder sei nicht be­ rechtigt, es kennen zu l« rnen. C a l l m a n n Anm. 11. 57 a) Auch die Mitteilung an ein in Deutschland befindliches Unternehmen fällt unter Abs. 3. Tallmann a. a. O. Anm. 28.

BIV 6. Gesetz gegpn den unlauteren Wettbewerb g§ 19—21.

685

oder mit einer dieser Strafen wird bestraft,- toer"1*) die ihm im ge-

schcstlichen Verkehr anvertrauten Vorlagen") oder Vorschriften technischer Art, insbesondere Zeichnungen, Modelle, Schablonen, Schnitte, Rezepte, zu Zwecken des Wettbewerbes oder aus Eigennutz unbefugt verwertet oder an jemand mitteilt. § 17 Abs. 4 gilt ent­

sprechend. § 19. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften der §§ 17, 18 verpflichten außerdem zum Ersätze des entstandenen Schadens. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

z 29.") Wer") zu Zwecken des Wettbewerbes oder aus Eigennutz

Schöff

jemand zu einem Vergehen gegen die $$ 17 oder 18 zu verleiten sucht oder das Erbieten eines anderen zu einem solchen Vergehen annimmt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Ebenso wird bestraft, wer zu Zwecken des Wettbewerbes oder aus Eigennutz sich zu einem Vergehen gegen die §§ 17 oder 18 erbietet oder sich auf das Ansinnen eines anderen zu einem solchen Vergehen bereit erklärt. § 201.") Auf die Vergehen gegen die §§ 17,18 und 20 findet die

Vorschrift des § 4 Abs. 2 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich Anwendung, wenn sich die Tat gegen das Geheimnis eines inländischen Geschäfts oder Betriebs richtet. § 21.

Die in diesem Gesetze bezeichneten Ansprüche aus Unter-

laffung oder Schadensersatz verjähren in sechs Monaten von dem Zeitpunkt an, in welchem der Anspruchsberechtigte von der Handlung und von der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt, ohne Rück­ sicht auf diese Kenntnis in drei Jahren von der Begehung der Hand­ lung cm.60 * *) 58 59 57 b) Hierunter fallen nur die Nichtangestcllten des Verletzten, nicht die im § 17 genannten Angestellten. E. 44 S. 152. 58) Hierunter fallen nur solche Gegenstände, die bei der Herstellung neuer Sachen als Vorbilder benutzt werden. E. 45 S. 385. Der Tatbestand ist auch dann erfüllt, wenn Vorlagen usw. einer Persönlichkeit anvertraut sind, die gar nicht selbst gewerblich ausführen soll, sondern nur damit betraut worden ist, die Ausführung technisch oder juristisch vor Behörden usw. vorzubereiten oder zu vermitteln. KommBer. S. 68. Immer wird aber ein beiderseits ge­ schäftsmäßiges Handeln innerhalb der Beziehungen von Geschäft zu Geschäft vorausgesetzt. E. 48 S. 76. 59) Durch den § wird die erfolglose Anstiftung unter Strafe gestellt. Ist die Anstiftung von Erfolg gewesen, so wird sie nach § 48 des StGB, mit der Strafe des Täters belegt und also aus 8 17 des Ges. bestraft. Die zu verleitende Person braucht nicht eine individuell bestimmte Person zu sein. E. 33 S. 355. Der Wettbewerbszweck braucht kein unlauterer zu sein. E. 45 S. 256. Es genügt auch die beabsichtigte Förderung fremden Wettbewerbs. E. 47 S. 128. 60) Die hier für die Verjährung gegebenen Vorschriften beziehen sich nur

Schoss.

B IV. Handels- und Gewerberecht.

686

Für die Ansprüche auf Schadensersatz beginnt der Lauf der Ver­

jährung nicht vor dem Zeitpunkt, in welchem ein Schaden entstanden ist.

§ 22.

Die Strafverfolgung") tritt, mit Ausnahme der in den

§§ 4, 6, 10, 11 bezeichneten Fälle, nur auf Antrag cm”)

In den

Fällen der §§ 8, 12 hat daS Recht, den Strafantrag zu stellen, jeder

der im § 13 Abs. 1 bezeichneten Gewerbetreibenden und Verbände.

Die Zurücknahme deS Antrags ist zulässig. Wegen der nach § 4 strafbaren Handlungen ist ebenso wie bei den nur aus Antrag verfolgbaren Handlungen (§§ 8, 12) neben dem

Verletzten (§ 374 Abs. 1 Nr. 7 der Strafprozeßordnung) jeder der

im § 13 Abs. 1 bezeichneten Gewerbetreibenden und

Verbände zur

Privatklage”) berechtigt."^)

auf die Zivilklagen, bezüglich der (Strafverfolgung kommen die Bestimmungen deS StGB, zur Anwendung. 61) Über die Verfolgung des uni. Wettbew. durch die SlA. siehe Nr. 414 der Richtlinien für das Strafverfahren. 62) Wer einen Strafantrag stellen will, ist verpflichtet, seine Berechtigung dazu nachzuweisen, da eben nicht quisque ex populo zu demselben berechtigt ist, aber auch abweichend von sonstigen allgemeinen Bestimmungen, das Recht nicht auf den unmittelbar Verletzten beschränkt ist. Zur Stellung des Anttages sind die Ärztekammern berechtigt. E. 35 S. 268 u. E. 37 S. 173. Vertretung des Vorstandes ist hierbei statthaft E. 44 S. 348. Über die Wirksamkeit des vom Bevollmächttgten eines antragsberechtigten Vereins gestellten Antrags RG. 68 S. 263. Es bedarf nicht des Nachweises, daß der (Strafantrag dem bewußten Willen des Vorstandes entsprochen hat. E.58 S. 203. Nach RG. Recht 10 S. 260 haben die Ärzte (auch Kreisärzte. Recht 18 Nr. 3078) das Antrags­ recht gegenüber jedem, der den Kundenkreis der Arzte durch seine unrichttgen An­ gaben schmälert. Bestimmtheit deS AnttageS ist auch hier nicht erforderlich. JurW. 40 S. 513. Ein Verein, dessen ausschließlicher Zweck die Bekämpfung deS unlauteren Wettbewerbs ist, kann (Strafantrag in allen Fällen stellen. Recht 20 Nr. 2178. Die Berechtigung der Verbände zur Stellung bc8 (Strafantrages ist davon abhängig, daß sie zurzeit derjenigen Handlung, deren Sttafverfolgung sie betreiben, schon bestanden haben. E. 46 S. 324. Der wegen einer fortgesetzten Straftat gestellte Antrag umfaßt auch die vor Einttagung des Vereins begangenen Einzelhandlungen. E. 49 S. 66. Ein Dritter, der ein durch Verrat eines Angestellten zu seiner Kenntnis ge­ langtes fremdes Geschäftsgeheimnis zu Zwecken deS Wettbewerbs unbefugt ver­ wertet, kann nicht ohne weiteres als ein an dem Verrate deS Angestellten „Be­ teiligter" verfolgt werden, wenn nur gegen den Angestellten ein Strafantrag ge­ stellt ist. E. 31 S. 33. 63) Die von mehreren GeschästSführem einer G. m. b. H. erhobene Privat­ klage ist verspätet, wenn einer der Geschäftsführer schon länger als drei Monate vor Stellung deS Strafanttages von der Handlung Kenntnis hatte. BayObLG. d. 13. Jan. 07, DIZ. 13 S. 432. — Der Verurteilte ist verpflichtet, dem Nebenlläger auch die auf die Anschaffung von BeweiSgegenftänden erwachsenen Auslagen zu erstatten. 63 a) In Ansehung zu 8 4 ist bet Verbraucher nicht verletzt. Hamburg JurW. 58 S. 1258.

BIV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §§ 23—25. 687

§ 23. Wird in den Fällen der §§ 4, 6, 8, 12 auf Strafe ersannt, so sann angeordnet werden, daß die Verurteilung auf Kosten deS Schuldigen öffentlich bekannt zu machen fei.") Wird in den Fallen des § 15 auf Strafe erkannt, so ist zugleich dem Verletzten die Befugnis zuzusprechen, die Verurteilung inner­ halb bestimmter Frist auf Kosten des Verurteilten öffentlich bekannt zu machen"»). Auf Antrag des freigesprochenen Angeschuldigten kann da- Gericht die öffentliche Bekanntmachung der Freisprechung anordnen; die Staats­ kasse trägt die Kosten, insofern sie nicht dem Anzeigenden oder dem Privatkläger auferlegt worden sind. Ist auf Grund einer der Vorschriften diese- Gesetze- auf Unter­ lassung Klage erhoben, so kann in dem Urteile der obsiegenden Partei die Befugnis zugesprochen werden, den verfügenden Teil deS Urteils innerhalb bestimmter Frist auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen. Die Art der Bekanntmachung ist im Urteil zu bestimmen. § 24. Für Klagen auf Grund dieses Gesetzes ist ausschließlich zuständig das Gericht, in deffen Bezirke der Beklagte seine gewerbliche Niederlassung oder in Ermangelung einer solchen seinen Wohnsitz hat. Für Personen, die im Jnlande weder eine gewerbliche Niederlassung noch einen Wohnsitz haben, ist ausschließlich zuständig das Gericht des inländischen Aufenthaltsorts, oder wenn ein solcher nicht besannt ist, das Gericht, in dessen Bezirke die Handlung begangen ist. § 25. Zur Sicherung der in diesem Gesetze bezeichneten An­ sprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen erlaffen werden, auch wenn die in den §§ 935, 940 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Voraussetzungen nicht zutreffen. Zuständig ist auch das Amtsgericht, in dessen Bezirke die den Anspruch begründende Handlung 64) Die Publikation hängt hier lediglich vom Ermeßen des Gerichts ab, eS darf aber niwt die Entscheidung darüber dem Antragsteller überlaßen. DIZ. 8. S. 502. Zu berücksichtigen ist, ob die beanstandete Ankündigung den Geschäfts­ kreis der ehrlichen Konkurrenten erheblich gefährdet hat. KG. v. 5. März 10, Fuld, Die Rechtsprechung z. d. G. S. 241. Sreht der für den Verurteilten, mit der Veröffentlichung verbundene Nachteil in keinem Verhältnis zu der begangenen Rechtsverletzung, so darf die Beröffentl. nicht erfolgen. Recht 33 Nr. 1603. Der Berkaus deS Geschäfts beseitigt nicht den Anlaß zur Veröffent­ lichung. Lamburg v. 5. Juli 12, frilb a. a. O. S. 243. Veröffentlichung kann auch zu Abwebrzwecken erfolgen. RG. Mitt. 1934 S. 320. 64 Ä) Aus Beröffenilichungsbefugnis ist auch dann zu crkennen, tomn die Tat deS 8 15 mit einer anderen Tat in Tateinheit stcht, und die Strafe aus dem anderen Gesetz zu entnehm»n ist (gilt aber nicht für 8 27 Abs. 1)/ E. 73 S. 24.

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

begangen ist; im übrigen finden die Vorschriften des § 942 der Zivil­ prozeßordnung Anwendung.

§ 26. Neben einer nach Maßgabe diese- Gesetzes verhängten Strafe kann ans Verlangen des Verletztenw) aus eine an ihn zu er­ legende Butzes erkannt werden. Für diese Buße haften die dazu Verurteilten als Gesamtschuldner. Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruchs aus. § 27. Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch die Klage sein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, gehören, sofern in erster Instanz die Landgerichte zuständig sind, vor die Kammern für Handelssachen.

In bürgerlichen Rechtsstreiligkeiten, in welchen durch Klage oder Widerklage ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes gellend gemacht ist, wird die Verhandlung und Emscheidung letzter Instanz im Sinne des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsversassungsgesetze dem Reichsgerichte zugewiesen.

§ 27a.M) Die obersten Landesbehörden können anordnen, daß bei den amtlichen Berussvertretungen von Handel, Handwerk und Industrie sowie deren öffentlich-rechtlichen Verbänden oder bei einzelnen von ihnen Einigungsämter •’) eingerichtet werden, die bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten aus § 13, soweit die Wettbewerbshandlungen den Einzelverkauf an den letzten Verbraucher betreffen, von jeder Partei zum Zwecke einer Aussprache mit dem Gegner über den Streitfall angerufen werden können. Für die Zuständigkeit der Einigungsämter gelten die Bestimmungen des $ 24 entsprechend. Die Einigungsämter sind mit einem Rechtskundigen, der die Befähigung zum Richteramt hat, als Vorsitzenden und mindestens zwei sachverständigen Gewerbetreibenden als Beisitzern zu besetzen.

Das Einigungsamt kann das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen und im Falle unentschuldigten Ausbleibens Ordnungsstrafen in Geld gegen sie festsetzen. Gegen die Straffestsetzung findet die so­ fortige Beschwerde an das für den Sitz des Einigungsamts zuständige 65) Jnteresienverbände haben keinen Anspruch auf Buße. E. 48 S. 327 — Auf Bube kann auch erkannt werden, wenn wegen Betruges aus § 263 StGB, in Jdealkonkurrenz mit § 7 (jetzt § 15) verurteilt ist. Recht 12 Nr. 3206. Solange der Strawnipruch besteht, ist auch keine Verjährung des Bußanspruchs eingetreten. T. 44 S. 294. 66) von 3 bis zu 10 000 Reichsmark. Art. IV der VO. v. 6. Fehr. 1924

(RGBl. I S. 44). 67) In Preußen BO. über EtnigungSämter für Wettbewerbsstreitigkeiten v. 16.-Juli 32 (GS. S. 249). Siehe a. 8 2 d. Ges. v. 12. Mai 33 (RGBl. I S. 264).

BIV S. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 5§ 28 u. 29.

689

Landgericht (Kammer für Handelssachen oder, falls es an einer solchen fehlt, Zivilkammer) statt. Die Ordnungsstrafen werden auf Veran­ lassung des Einigungsamts durch die amtliche Berufsvertretung nach den Bestimmungen über die Einziehung der Beiträge zu der amtlichen

Berufsvertretung beigettieben. Das Einigungsamt hat einen gütlichen Ausgleich anzustreben: Kommt ein Vergleich zustande, so findet auf ihn die Vorschrift des § 1044a ZPO. Anwendung. Kommt ein Vergleich nicht zustande, so kann das Einigungsamt sich in einem gutachtlichen Spruch über den Streitfall äußern. Das Einigungsamt kann, wenn es den geltend gemachten Anspruch von vornherein für unbegründet oder sich selbst für unzuständig erachtet, die Einleitung von Einigungsverhandlungen

ohne weiteres ablehnen. Ist ein Rechtsstreit der im Abs. 1 bezeichneten Art ohne vorherige Anrufung des Einigungsamts anhängig gemacht worden, so kann das Gericht auf Antrag den Parteien unter Anberaumung eines neuen Termins aufgeben, vor diesem Termin das Einigungsamt zur Herbei­

führung eines gütlichen Ausgleichs anzugehen. In dem Verfahren über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist diese Anordnung nur zulässig, wenn die Gegenpartei zustimmt.

Die zur Durchführung der vorstehenden Vorschriften erforderlichen Bestimmungen werden von der obersten Landesbehörde getroffen. § 28. Wer im Inland eine Hauptniederlaffung nicht besitzt, hat aus den Schutz dieses Gesetzes nur insoweit Anspruch, als in dem Staate, in welchem seine Hauptniederlaffung sich befindet, nach einer

im Reichs-Gesetzblatt enthaltenen Bekanntmachung deutsche Gewerbe­ treibende einen entsprechenden Schutz genießen?«) § 29. Welche Behörden in jedem Bundesstaat unter der Bezeich­ nung höhere Verwaltungsbehörde im Sinne dieses Gesetzes zu ver­ stehen sind, wird von der Zentralbehörde des Bundesstaats bestimmt. 68) Nach dem Ges. zur Ausf. der rev. Pariser Übereinkunft zum Schutze deS gewerbl. Eigentums v. 31. März 13 (RGBl. S. 236) findet dieser § auf Reichsangehörige keine Anwendung. Bgl. Anm. 1 unter BIV 12.

Dalcke. Strafrecht. 31. Aust.

44

690

B IV. Handels- und Gewerberecht.

IV 7. Regelung des Zllgabkwesens. Notverordnung zum Schutz der Wirtschaft. Vom 9. März 1932. Erster Teil. Art. I.

Geändert durch das Gesetz über das Zugabewesen vom 12. Mai 1933 (RGBl. 1932 I S. 121, 1933 I S. 264)*) (Auszug.)

§ 1. Es ist verboten, im geschäftlichen Verkehr neben einer Stare1) oder einer Leistung eine Zugabe (Ware oder Leistung?) an­ zubieten, anzukündigen oder zu gewahren. Eine Zugabe liegt auch dann vor, wenn die Zuwendung nur gegen ein geringfügiges, offenbar bloß zum Schein verlangtes Entgelt gewährt wird. Tas gleiche gilt, wenn zur Verschleierung der Zugabe eine Ware oder Leistung mit

*) Entsprechend dem Verbot von Zugaben mit Regelung der Aus­ nahmen in obiger VO. ist auch ein Verbot von Preisnachlässen mit Regelung bestimmter Ausnahmen durch das Raba ttges. v. 25. Novbr. 33 (RGBl. I S. 1011) ergangen. Vgl. über das Verhältnis KG. JFG. Erg. 16 S. 167. Danach dürfen bei Veräußerung von Waren des täglichen Bedarfs im Einzel­ verkauf an den letzten Verbraucher oder Ausführung entsprechender gewerb­ licher Leistungen Preisnachlässe (Rabatte) zu Zwecken des Wettbewerbs nur nach den Vorschriften des Ges. angekündigt oder gewährt werden. Als solche Preisnachlässe gelten Nachlässe von den Preisen, die der Unternehmer an­ kündigt oder allgemein fordert, oder Sonderpreise, die wegen der Zugehörig­ keit zu bestimmten Berbrauckerkreisen, Berufen, Vereinen oder Gesellschaften eingeräumt werden (§ 1). Strafvorschrift enthält § 11: „Der vorsätzlich oder fahrlässig einer der Vorschriften dieses Gesetzes zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bestraft. Ist der Täter wegen Zuwiderhandlung gegen dieses Gesetz bereits wiederholt rechtskräftig verurteilt worden, so kann auf Ge­ fängnis erkannt werden." Zusammenstellung neuester Rechtsprechung zum Rabattges. s. IurW. 1937 S. 2721. — Zur Handhabung s. § 419 der Richtl. f. d. Strafverfahren. Zu § 1:1) Nebenleistung ist also ausdrücklich an die Abgabe einer Ware gebunden, vgl. OLG. Jena IurW. 1937 S. 2772; zwischen dieser u. der Zugabe muß Zusammenhang bestehen u. irgendwie erkennbar in Erscheinung getreten sein, RG., OLG. Stettin IurW. 1936 S. 713, 2027. Zusammen­ hang zwischen Haupt- u. Nebenleistung kann auch bestehen, wenn die Zugabe in der Erwartung („moralischer Zwang" durch Lieferung eines Gesellschafts­ spieles) gewährt wird, daß Bestellung u. Lieferung einer Hauptteistung folgen werde, KG. IurW. 1937 S. 2702 mit krit. Anm. daselbst. 2) Es muß sich um eine weitere Vermögenswerte Ware oder Leistung handeln. RGZ. 154 S. 28; OLG. Karlsruhe IurW. 1935 S. 718; KG. IurW. 1937 S. 2775. Bon Zugabe kann nur da gesprochen werden, wo der Verkäufer mehr leistet, als zur Deckung des Bedarfs des Käufers geleistet werden soll, mehr als der Käufer kaufen will, KG. IurW. 1937 S. 323,2773. Ob Preisausschreiben Zugabe s. OLG. Breslau IurW. 1937 S. 3034.

BIV 7. Regelung des ZugabevesenS § 2.

691

einer anderen Ware oder Leistung zu einem Gesamtpreis angeboten, angekündigt oder gewahrt wird. Die Vorschriften im Abs. 1 gelten nicht:

a) wenn lediglich Reklamegegenstände von geringem Werte, die als solche durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeich­ nung der reklametreibenden Firma gekennzeichnet sind, oder geringwertige Kleinigkeiten gewährt werdens) b) wenn die Zugabe in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbettage besteht; c) wenn die Zugabe zu Waren in einer bestimmten oder auf be­ stimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware besteht; d) wenn die Zugabe nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen besteht; e) — gestrichen —. f) wenn die Zugabe in der Erteilung von Auskünften oder Rat­ schlägen besteht; g) wenn zugunsten der Bezieher einer Zeitung oder Zeitschrift Versicherungen bei beaufsichtigten Bersicherungsunternehmungen oder Versicherungsanstalten abgeschlossen werden. Bei dem Angebot, der Ankündigung und der Gewährung einer der im Abs. 2 zugelassenen Zugaben ist es verboten, die Zuwendung als unentgeltlich gewährt (Gratiszugabe, Geschenk u. dgl.) zu bezeich­ nen oder sonstwie den Eindruck der Unentgeltlichkeit zu erwecken. Ferner ist es verboten, die Zugabe von dem Ergebnis einer Verlosung oder einem anderen Zufall abhängig zu machen. § 2. Wer den Vorschriften des § 1 zuwiderhandelt, kann von jedem, der Waren oder Leistungen gleicher oder verwandter Art wie die Haupt- oder Zugabeware oder Haupt- oder Zugabeleistung her­ stellt oder in den geschäftlichen Verkehr bringt, sowie von Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen'), soweit sie als solche in bürger­ lichen Rechtsstreitigkeiten klagen können, auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Ist die Zuwiderhandlung im Geschästsbettiebe von einem Angestellten oder Beauftragten vorgenommen worden, so ist der Unterlassungsanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs begründet. 3) Auch Anbieten u. Ankundigen solcher geringwertiger Kleinigkeiten ist nicht verboten, OLG. Naumburg IurW. 1936 S. 2246; KG. IurW. 1936 S- 2657. — Was geringwertige Kleinigkeiten sind, darüber vgl. Zusammen­ stellung neuester Rechtsprechung in JurW. 1937 S. 2719. Zu 8 2: 1) Ein solcher Verband ist auch der Verein gegen Bestechung e. B., Erl. d. RIM. v. V. Novbr. 36, abgedruckt bei Krug-Lchäser-Ltolzenburg S. 229.

692

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Vorschriften des § 1 ver­ stößt, ist zum Ersätze des durch die Zuwiderhandlung entstehenden Schadens verpflichtet. Ansprüche, die wegen der Gewährung von Zugaben auf Grund anderer Vorschriften, insbesondere des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, begründet sind, bleiben unberührt. Die in den Abs. 1, 2 bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung oder Schadensersatz verjähren in sechs Monaten von dem Zeitpunkt an, in welchem der Anspruchsberechtigte von der Handlung und von der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in drei Jahren von der Begehung der Handlung an. Für die Ansprüche auf Schadensersatz beginnt der Lauf der Verjährung nicht vor dem Zeitpunkt, in welchem der Schaden entstanden ist. § 3. Wer vorsätzlich den Vorschriften des § 1 zuwiderhandelt, wird, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit schwererer Sttafe bedroht ist, mit-Geldstrafe bestraft. Die Strafverfolgung tritt nur auf Anttag ein. Das Recht, den Sttafanttag zu stellen, hat selbständig jeder der im § 2 Abs. 1 bezeich­ neten Gewerbetreibenden und Verbände. Die Zurücknahme des Anttages ist zulässig. Wird auf Strafe erkannt, so kann angeordnet werden, daß die Verurteilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekanntzumachen ist. § 4. Vergehen gegen § 3 können im Wege der Privatklage ver­ folgt werden. Die allgemeinen Vorschriften über die. Privatklage finden Anwendung.

BIV 8. GaMttengesetz. Vom 28. April 1930?) (RGBl. I S. 146.)

I« Erlaubnis zum Gewerbebetriebe. § 1. Wer Gastwirtschaft,2) Schankwirtschaft*) oder Kleinhandel*) mit Branntwein*) betreiben**) will, bedarf dazu der Erlaubnis.*) 1) Geändert durch Ges. v. 9. Oktbr. 34 (RGBl. I S. 913 u. durch BO. v. 27. Septbr. 38 (RGBl. I S. 1245). Ferner sind ergangen im Reich Ausführ.BO. v. 21. Juni 30 (RGBl. I S. 191) mit zusätzl. BO. v. 21. Juni 33 (RGBl. I S. 392) u. v. 19. Jan. 38 (RGBl. I S. 37) u. in Preußen Durchführ.BO. v. 18. Juni 30 (GS. S. 117), geändert durch BO. v. 30. März 33 (GS. S. 106) u. BO. v. 6. Febr. 34 (GS. S. 59. Schrifttum: Michel, Komm. 1938. Rohmer,.Komm. 1930. Kerstiens. Komm. 1933. Köstlin, Komm. 1930. Rohrscheidt, Komm. 1930.

BIV 8. Gastftättengesetz § 1.

698

2) Gastwirtschaft besteht in der Beherbergung und Verpflegung ftemder und einheimischer Gäste. KG. Johow 1 S. 181. Frankfurt GA. 42 S. 284. OLG. Dresden JurW. 1934 S. 2087. Der Vertrieb von Getränken ist nicht erforderlich. Ungedr. KG. v. 28. April 30. Das Lokal muß jeder­ mann zugänglich sein; es liegt keine Gastwirtschaft vor, wenn es an einer hotelmäßigen Unterbringung fehlt. Stuttgart JurW. 59 S. 1239, oder wenn es sich nur um Unterbringung und Verpflegung bestimmter Personen handelt. Rostock GA. 40 S. 194. Über Unterschied zwischen Gastwirtschaft u. bloßem Zimmervermieten s. KG. J^G. Erg. 15 (1937) S. 133. Zimmer­ vermietung danach noch kein Gastwirtschaftsbetrieb. Be.i Fremdenheimen ist von Fall zu Fall zu entscheiden, BadBerwGH., DBerwBl. 1936 S. 242 ii. GA. 34 S. 207. Keine Gastwirtschaft, wenn nur Personen beherbergt werden, die dem Inhaber der Räume von Gastwirten überwiesen werden und er nur von diesen Bezahlung erhält. Köln JurW. 58 S. 3261. Das Ver­ mieten an Sommergäste kann nicht ohne weiteres als Gastwirtschaft ange­ sehen werden. Hamburg GA. 46 S. 58; BayObLG., DStraft. 1934 S. 297: ebensowenig das Vermieten von Schlafstellen mit Verpflegung. KG. Jo­ how 11 S. 227. Sanatorien, Privatkrankenanstalten, Erziehungsanstalten ii. dgl. sind keine Gastwirtschaften, Mchel, Komm. Anm. III 3 zu § 1. Schlaf­ wagen dienen nicht der Beherbergung, sondern der Beförderung, also keine Anwendung des § 1. 3) Schankwirtschaft besteht in der gewerbsmäßigen Verabfolgung von Getränken jeder Art und nicht bloß geisUgen Getränken und zwar gleichviel ob in Flaschen oder Gläsern zum Genuß auf der Stelle. OBG. E. 2 S. 233 Eelle GA. 48 S. 147. BayObLG. JurW. 60 S. 1971. Dresden JurW. 60 S. 1984. Dazu gehört der Gassenschank; Erl. d. RF. ff u. Ch. d. Pol. v. 20. Oktbr. 36 (RMBl. i. B. S. 1394); Stuttgart JurW. 61 S. 66. Aus­ schank von Kaffeewasser fällt aber nicht hierunter. OLG. Düsseldorf JurW. 1934 S. 625. Die Getränke brauchen nicht in geschlossenen Räumen genossen zu werden. OBG. E. 2 S. 336. KG. JFGErg. 38 S. 278. Betreffs des Ausschanks v. Milch s. § 9. Schankwirtschaft ist auch die unentgeltl. Ver­ abreichung von Getränken an Geschäftskunden in den großen Warenbazaren u. kaufmänn. Geschäften. KG. GA. 46 S. 366; JFGErg. 4 S. 180. Es liegt aber nicht ohne weiteres der Betrieb einer Schankwictschaft vor, wenn der Vermieter''an seine Mieter Getränke verabfolgt. E. 27 S. 173. Überhaupt sind die tatsächl. Berbältn. des Einzelsalls maßgeb., ob ein Perkf. im Rahmen des Schankbetriebes vorliegt. OVG. E. 80 S. 386. Nicht gehört zum Begriff der Schankwirtschaft, daß die Getränke an jedermann verabfolgt und auf Vorrat gehalten werden. E. 35 S. 175 u. 335. ES ist nickt erforderlich, daß der Platz, auf dem da- Getränk genossen wird, dem AuSschenker gehört, oder daß ihm die Veräußerungsgewalt über diesen Platz zusteht. Rostock GA. 43 S. 142, BayObLG. HRR. 1930 Nr. 191, OLG. Karlsruhe JurW. 1934 S. 1196. Schankwirtschaft treibt auch der Krämer, der duldet, daß die Konsumenten das gekaufte Bier auf dem Haus­ flur austrinken. KG. Jöhow 14 S. 294. Beihilfe des Verzehrens in nicht erlaubtem Schankbetrieb ist möglich, aber nur, wenn der Gast über die not­ wendige Mitwirkung hinaus Teilnahmehandlungen begeht. E. 70 S. 233. Die Gewerbsmäßigkeit einer Schankwirtschaft setzt voraus, daß eine fort­ gesetzte, auf Erzielung deS BermögensvorteilS gerichtete Tätigkeit vorliegt und ein offenes Lokal gehalten wird, das allgemein zugänglich ist. KG. GA. 38 S. 457. ES genügt die Erzielung eines mittelbaren Gewinns. KG. Johow 1 S- 178,180; und zwar durch die Möglichkeit, sich im geschästl. Wettbewerb

694

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Die Erlaubnis

kann

auch

juristischen Personen sowie nichtrechts­

fähigen Vereinen') erteilt werden. Die Erlaubnis darf nur erteilt werden, wenn ein Bedürfnis

nachgewiesen ist. Die Reichsregierung kann mit Zustimmung bei Reichlrats die Vor­ aussetzungen bestimmen/)

a) unter denen ein Bedürfnis*) (Abs. 2) für die Erlaubniserteilung anzuerkennen oder zu verneinen ist, b) unter denen der Handel mit Branntwein als Kleinhandel10) im Sinne dieses Gesetzes anzusehen ist.

Kunden ju erhalten und ?u gewinnen. Königsberg DIZ. 37 S. 1488. Auf die Zahl der Handlungen kommt es nicht an; eS kann unter Um­ ständen ein Ausschank an einem Tag genügen. Stenglein, Nebenges. Anm. 4 Abs. 4. Selbst die unentgeltliche Verabreichung von Getränken schließt die Gewerbsmäßigkeit nicht aus, z. B. wenn ein Kaufmann oder Speisewirt nur die Waren und Speisen, nicht aber die Getränke besonders berechnet. KG. Iohow 1 S. 178. kann auch die unentgeltliche Abgabe von Kaffee­ kostproben gewerbSm. Ausschank sein, wenn sie eine gewisse Zeit hindurch fortgesetzt wird, um den Betrieb zu heben. KG. DIZ. 34 S. 248, JurW. 1936 S. 622, a. M. Jena T-RZ. 25 Nr. 216. Die Vorschriften der Abschnitte I u. II über Schankwirtschaften sind entsprechend auf Speiseeiswirtschaften (Eisdielen) anzuwenden, BO. über Speiseeiswirtschaften, s. unter Anm. 34a. 4) All Kleinhandel gilt jede gewerbsmäßige und in den Fällen bei S 28 Ms. 1 auch die nicht gewerbsmäßige Abgabe einer Menge von nicht mehr als 3 Liter Branntwein an Verbraucher (§ 9 d. BO. v. 21. Juni 30 — Anm. 1). 5) Dazu gehört auch der unverarbeitete Branntwein. Begr. S. 11, aber nicht der vergällte. § 27 Ziff. 4. da) Es betreibt nur der selbständige Unternehmer, also der, für dessen Rechnung und unter dessen Verantwortung der Bettieb geführt wird, OLG. Dresden DSM. 1934 S. 300. Ob jemand als Inhaber zu gelten hat, hängt nicht von seiner privatrechtlichen Beziehung zu dem bett. Grundstück ab, sondern es ist entscheidend, wie das Verhältnis unter Berücksichtigung der in Bettacht kommenden tatsächlichen Umstände sich der Allgemeinheit gegen­ über darstellt, DSM. 1937 S. 366. 6) Wegen der zuständigen Behörde siehe in Preußen Durch führungs« VO. v. 18. Juni 30 i. d. F. d. BO. v. 30. März 33 (GS. S. 106) 1,1 u. der BO. v. 6. Febr. 34 (GS. S. 59) in Verbindung mit dem Ges. über die An­ passung der Landesverwaltung v. 15. Dezbr. 33 (GS. S. 479/ u. Erl. d. MdI. v. 9. Febr. 35 (MBliB. S. 209). 7) Nicht offenen Handelsgesellschaften oder Kommanditgesellschaften. Sie erstreckt sich beim Verein daun nicht nur auf die Mitglieder, sondern auch auf Gäste, die von diesen mitgebracht und freigehalten werden. OLG. Dresden, Dt. Straftecht 1934 S. 300. 8) M 1—5 VO. v. 21. Juni 80 (Anm. 1). 9) tt 1—5 BO. v. 21. Juni 30 (Anm. 1). 10) §§ 6—9 BO. v. 21. Juni 30 (Anm. 1).

B IV S. Gaststättengesetz § S.

695

Soweit die Reichsregierung Bestimmungen hierüber nicht erlassen hat, können die obersten Landesbehörden sie erlassen. z 2. Wird ein Bedürfnis nachgewiesen ($ 1 Abs. 2), so ist die Er­ laubnis nur zu versagen,

1. wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antrag­ steller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigfett11)12 nicht 13 14 besitzt, insbesondere dem Trünke ergeben ist oder das Gewerbe zur Förderung der Schlemmerei,") der Völlerei,1*) des Glücksspiels, der Hehlerei, unlauterer Handels­ geschäfte oder der Unsittlichkeit oder zur Ausbeutung Uner­ fahrener, Leichtsinniger oder Willensschwacher, zur sittlichen oder gesundheitlichen Schädigung Jugendlicher oder zum Ver­ triebe gesundheitsschädlicher, verfälschter oder verdorbener Nahrungs- oder Genußmittel mißbrauchen wird, 2. wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antrag­ steller die Vorschriften über die Beschäftigung von Arbeitern und Angestellten nicht einhalten wird, insbesondere wenn der Antragsteller wegen Verstoßes gegen diese Vorschriften erheb­ lich vorbestraft ist, 3. wenn die zum Betriebe des Gewerbes oder die zum Aufent­ halte der Arbeiter und Angestellten des Betriebs bestimmten Räume") wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizei­ lichen Anforderungen nicht genügen, 11) Die Mttellostgkeit des Antragstellers kann unter Berücksichtigung des Charakters und der Fähigkeiten des Antragstellers al- Tatsache gewertet werden, aus der sich die Zuverlässigkeit des Antragstellers ergibt. Mickiel, Gaftstättengesetz S. 60. über die Prüfung der persönl. Zuverlässigkeit siehe § L MErl. v. 5. Juni 30 (Anm. 1). 12) Es kommt hierbei auf die Ungewöhnlichkeit des Genusses und seine Mißbilligung durch weite Teile der Bevölkerung an. Michel, a. a. O. S. 61. Schl, bedeutet das Schwelgen in verschiedenen au-gewählten Genußmitteln (qualitatives Übermaß) Bon Rohrscheidt a. a. O. S. 43. 13) Hierunter ist nicht bloß ein Genuß geistiger Getränke bis zu einem daS Bewußtsein oder die freie Willensbestimmung in erheblichem Grade be­ einträchtigendem Maße, sondern auch die bloße Gewohnheit, unmäßig zu essen oder zu trinken, und auch ein Genuß, der die gesetzmäßigen Schranken überschreitet, zu verstehen. Landmann-Rohmer Anm. 7 zu § 33 GewO, (quan­ titatives Übermaß). BayVGR. Reger, Entlch. Bd. 57 (1937) S. 20. Auch der Betrieb von Animierkneipen gehört hierher. Stenglein Nebenges. Anm. 6.

14) Hierunter sind sämtliche für den Gewerbebetrieb benutzten Räume sowohl in Häusem wie im Freien zu verstehen. Begr. S. 12.

696

B IV. Handels- und Gewerberecht.

4. wenn die Verwendung der Räume für den Betrieb des Gewerbes dem öffentlichen Interesse») widerspricht, 5. wenn die zum Betriebe bestimmten Räume in der in Ziffer 1 genannten Art mißbraucht worden sind, jofern nicht anzu­ nehmen ist, daß der Betrieb ordnungsmäßig geführt werden wird. Bei juristischen Personen oder bei nich rechtsfähigen Vereinen gelten als Antragsteller im Sinne des Abs. 1 Ziffer 1 und 2 die ver­ tretungsberechtigten Personen.

$ 8. Die Erlaubnis ist bei Gast- und bei Schankwirtschaften für eine bestimmte Betriebsart/*) für bestimmte Arten von Getränken"») und für bestimmte Räume zu erteilen. In der Erlaubnis zum Betrieb einer Gastwirtschaft oder zum Ausschank geistiger Getränke ist die Er­ laubnis zum Ausschank nichtgeistiger Getränke enthalten17 15).16 Die Erlaubnis zum Kleinhandel mit Branntwein ist für bestimmte Räume zu erteilen. Sie kann mit der Beschränkung erteilt werden, daß der Kleinhandel mit Branntwein dem Antragsteller nur im Be­ trieb eines von ihm in einer offenen Verkaufsstelle geführten Geschäfts bestimmter Art erlaubt wird. Die Erlaubnis zum Ausschank von Branntwein schließt die Er­ laubnis zum Kleinhandel ein. Die Erlaubnis darf weder auf Zeit noch auf Widerruf erteilt werden, soweit nicht dieses Gesetz es zuläßt.

§ 4. Bei der Erteilung der Erlaubnis kann eine Frist bis zur Dauer eines Jahres bestimmt werden, innerhalb deren der Betrieb begonnen sein muß, widrigenfalls die Erlaubnis erlischt. Ist eine Frist nicht bestimmt, so erlischt die Erlaubnis, wenn der Inhaber den Be­

trieb nicht innerhalb eines Jahres nach Erteilung der Erlaubnis*) be15) ES ist hierbei insbesondere an da-infolge derWohnungSnot bestehende Bedürfnis nach Wohnraum gedacht. Begr. S. 12. 16) Der Begriff der Betriebsart richtet sich nach den jeweiligen tatsäch­ lichen Verhältnissen. Siehe § 3 MtnErl. v. 5. Juni 80 (Anm. 1). Jede Änderung der Betriebsart bedarf der Erlaubnis. ES ist daher die Umwandelung einer gewöhnlichen Schankwirtschaft in eine Likörstube ohne Erlaubnis nicht gestattet. 16a) Z. B. geistige Getränke: Bier, Wein, Branntwein. Eine Unter­ scheidung innerhalb derselben Getränkeart ist nicht zulässig. BreSIau JurW. 62 S. 1542. Michel, Komm. Anm. 2 zu § 3. A. A. z. B. bez. Ab­ gabe von Flaschenbier u. Faßbier BayBGH. Reger, Entsch. Bd. 57 (1937) S. 165. Erlaubnis zum Betriebe einer Gastwirtschaft umfaßt Ermächtigung zum Ausschank geistiger Getränke als Zubehör. OVG. JurW. 1934 S. 647. 17) Das Bereithalten nichtgeistiger Getränke kann dem Sckankwirt vor­ geschrieben werden ($ 11). Die Nichteinhaltung dieser Vorschrift ist strafbar nach § 29 Ziff. 1.

«B IV 8. Gaststättengesetz §§ 5 u. 6.

697

ginnt. Die Fristen können verlängert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die Erlaubnis*) erlischt ferner, wenn der Inhaber seinen Betrieb seit einem Jahre nicht mehr ausgeübt hat, ohne daß ihm darüber hinaus eine Frist gewährt worden ist, innerhalb deren der Betrieb wieder ausgenommen werden muß. Diese Frist beträgt höchsten- ein Jahr; sie kann verlängert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Der Inhaber einer Erlaubnis hat binnen einer Woche der zu» ständigen Behörde ") schriftlich anzuzeigen, daß er seinen Betrieb be­ gonnen hat oder nicht mehr ausübt. § 5. Die einer juristischen Person oder einem nichtrechtSfähigen

Verein erteilte Erlaubnis erlischt mit dem Ablauf von 30 Jahren nach der Erteilung. Erlaubnisse, die vor dem Tage des Inkrafttreten- dieseGesetzes juristischen Personen oder nichtrechtsfähigen Vereinen erteilt worden sind, erlöschen mit dem Ablaus von 30 Jahren nach diesem Tage. Ist die Erlaubnis in einem dieser Fälle erloschen, so kann die zu­

ständige Behörde") die Fortsetzung des Gewerbe- bis zu Erteilung einer neuen Erlaubnis auf Widerruf zulassen. § 7 Abs. 1 Satz 2 und 3 findet Anwendung. § Die Ausübung der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Gewerbe durch einen ©ttitoerttetet1*) ist nur mit besonderer Erlaubnis lStellvertretungserlaubnis) der für die Erteilung der Erlaubnis zum Ge­ werbebetriebe zuständigen Behörde*) gestattet. Die Erlaubnis*) wird für einen bestimmten Stellvertreter erteilt. Die Vorschriften de- § 2 Abs. 1 Ziffer 1 und 2 und de- $ 4 gelten ent­ sprechend. Die Stellvertretung-erlaubnis ist natürlichen Personen zu er­ teilen, wenn 1. nach Erteilung der Erlaubnis zum Betriebe des Gewerbes Um­ stände eingetreten sind, die den Inhaber hindern, da- Gewerbe persönlich auszuüben, insbesondere, wenn er in der Verfügung über sein Vermögen beschränkt worden ist; 2. der Betrieb nach dem Ableben des Inhabers für seine Witwe 18) Ort-polizeibehörde. Durchfühnmg-VO. v. 18. Juni 30 (Anm. 1,6) 1,2 — Strafbestimmung § 29 ZM. 9. 19) Unter Stellvertreter ist eine Person zu verstehen, welche auf Grund vertraglicher oder gesetzlicher Vollmacht den Betrieb im Namen und für Rech­ nung de- Inhaber-, im übrigen aber unter eigner Verantwortung selbständig führt, und die sich einerseits von dem Gehilfen oder Geschäftsführer, der daGewerbe oder einzelne Zweige desselben unter Aufsicht und Leitung des InHaber- verwattet, andererseits von dem Pächter der Gewerbseinrichtung unterscheidet, der das Gewerbe auf eigene Rechnung und im eigenen Namen au-übt. Begr. S. 13. Siehe auch MinErl. v. 5. Juni 80 (tttnm. 1).

698

B IV. Handel-- und Gewerberecht.

wahrend ihres Witwenstandes oder für feine minderjährigen Erben oder bis zur Beendigung einer Nachlaßauseinandersetzung fortgeführt werden soll.

Sie ist zu versagen, wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen.

Juristische Personen und nichtrechtsfähige Vereine bedürfen einer Stellvertretungserlaubnis gemäß Abs. 1 nur, wenn sie den Verrieb durch andere Personen als die Antragsteller (§ 2 Abs. 2) führen.

$ 7.

Die zuständige Behörde") kann Personen, die einen der

im § 1 Abs. 1 bezeichneten Betriebe von einem anderen übernehmen, zur Ausübung des Gewerbes bis zur Erteilung der Erlaubnis auf Widerruf zulassen. Die Zulassung soll nicht für eine längere Zeit als

3 Monate erfolgen; diese Frist kann verlängert werden, wenn ein

wichtiger Grund vorliegt.

Die Entscheidungen sind endgültig.

Die Vorschrift des Abs. 1 findet aus die vorläufige Zulassung eines Stellvertreters entsprechende Anwendung. § 8. Bei einem vorübergehenden Bedürfnis") kann der Betrieb

einer Gast- oder Schantwirtschaft vorübergehend aus Widerruf ge­ stattet") werden.") Dabei sind ortsansässige Inhaber einer Erlaubnis

im Sinne des § 1 Abs. 1 in der Regel vor anderen zu berücksichtigen. Dem Betriebsinhaber können Auslagen gemacht werden. Ein vorübergehendes Bedürfnis ist für den Ausschank geistiger

Getränke bei Schul- und Jugendsesten sowie bei Sportfesten, an denen

überwiegend Jugendliche beteiligt sind, nicht anzuerkennen.

Die oberste Landesbehörde kann die näheren Anordnungen treffen. § 9. Der Ausschank von Milch in Räumen, die dem Milchverkause

dienen, bedarf während der für den Milchverkgus festgesetzten Ver­ kaufszeit keiner Erlaubnis.")

20) Z. B. bet einem außergewöhnlichen Zustrom von Fremden. 21) Für den Kleinhandel mit Branntwein gilt dte Ermächtigung nlcht. Begr. S. 14. 22) Eine erlaubniSpfltchtige Cchankwirtschaft ist aber der gewerbsmäßige Ausschank von Kaffee und Milch, und zwar von Milch jedenfalls dann, wenn sie nicht als Heilmittel oder nicht als selbstgewonnenes Erzeugnis im landwirtfchaftl. Nebenbetrieb vom Erzeuger am Gewinnungsort abgegeben wird, gleichviel ob der Ausschank ein selbständiger Hauptbetrieb oder ein unselbst­ ständiger Hilfsbetrieb eines Bäckerei- oderKonditoreigeschüftS ist. VayLdLG. JurW. 60 S. 1971. Auch Milchadgabe vom stehenden Milchwagen oder Milchhäuschen, räumlich entfernt und getrennt vom Milchausschank selbst, ist genehmigungspflichtig. Soweit.Gast- und Schankwirte innerhalb des ord­ nungsmäßigen Gast- und Schankwirtschafrsbetriebes Milch abgeben, finden die Vorschriften der §§ 8 (Kennzeichnung der Gefäße), 11 1 Schutz vor nach­ teiliger Beeinflussung) u. 14 (Erlaubnis der zuständigen Behörde) des Milch­ gesetzes keine Anwendung. § 19 Milcbges. Nach §§ 14, 17 dieses Gesetzes ist das Unternehmen zur Abgabe von Milch genehmigungspflichtig. BayObLG.

BIV8. Gaststättengesetz §§ 10—12.

699

Der Erlaubnis bedarf ferner nicht der AuSschank von Milch bei außergewöhnlichen Gelegenheiten. 5 10, Die oberste Landesbehörde oder die von ihr beauftragte Behörde kann bestimmen, daß der Ausschank selbsterzeugten WeineS oder Apfelweins für die Dauer von höchstens 4 Monaten und, wo dies bisher nach Landesrecht zulässig war, von höchstens 6 Monaten, und zwar zusammenhängend oder in zwei Zeitabschnitten im Jahre keiner Erlaubnis bedarf?") Sie kann hierbei im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister allgemeine Voraussetzungen für den Ausschank aufstellen und die Art der Betriebsführung regeln."*») Personen, die nach Maßgabe des Abs. 1 selbsterzeugten Wein oder Apfelwein ausschenken, wollen, haben der Ortspolizeibehörde die Menge des selbsterzeugten und zum Ausschank bestimmten Weines

oder Apfelweins sowie den Zeitraum, während dessen der Ausschank erfolgen soll, anzumelden. $ 11. Dem Inhaber einer Gast- oder Schankwirtschaft können von der für die Erlaubniserteilung zuständigen Behörde •) bei Er­ teilung oder aus Antrag der Polizeibehörde nach Erteilung der Er­ laubnis Auflagen gemacht werden:") a) zum Schutze der Gäste, Angestellten und Arbeiter gegen Ge­ fahren kür Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit, b) zum Schutze der Bewohner des Grundstücks und der Nachbar­ grundstücke sowie der Bevölkerung gegen erhebliche Nachteile

oder Belästigungen.") Ist in einem Betriebe der Ausschank geistiger Getränke gestattet, so hat der Betriebsinhaber auch nichtgeistige Getränke bereit zu halten."»)

II. Verlust der Gewerbebefugnis.

§ 12. Die Erlaubnis") zum Betrieb eines der im § 1 Abs. 1 be­ zeichneten Gewerbe oder zur Ausübung des Gewerbes durch einen Stellvertreter muß von der für die Erlaubniserteilung zuständigen DRZ. 25 Nr. 217. Der Milchausschank bei außergewöhnlichen Gelegenheiten bedarf keiner Genehmigung, Michel, Komm. § 9 Anm. II. 22a) Über die Voraussetzungen der Straußwirtschaft im Sinne des § 10 vgl. RdErl. d. RuPrMdJ. v. 19. Jan. 35 (MBliB. S. 119). 22b) Abs. 1 S. 2 ist durch BL. v. 27. Septbr. 38 (RGBl. I S. 1245) eingefügt worden. 23) Durch einen im Berwaltungsrechtsweg anfechtbaren Bescheid (§ 18). Über förmliche und sachliche Erfordernisse der Auflage BayOb^G. JurW. 1934 S. 2267. 24) Die Begründung S. 14 erwähnt Küchenlürm, Musik, Gesang u. a. und verweist auf § 906 BGB. 24*) Z. B. in den sog. Straußwirtschaften. Eine bes. Erlaubnis ist nicht erforderlich. BayObLG. DRZ. 24 Nr. 856.

700

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Behörde •) zurückgenommen werden, wenn sie der Betriebsinhaber

vorsätzlich durch unrichtige Angaben") erwirkt hat. Die Erlaubnis kann zurückgenommen werden:

1. wenn der für die Zurücknahme zuständigen Behörde Tatsachen bekannt werden, welche die Versagung der Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 Ziffer 1 oder 2 rechtfertigen würden,MB)

2. wenn sie der Betriebsinhaber durch Angaben erwirkt hat, deren Unrichtigkeit er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt

hätte kennen müssen, 3. wenn die Betriebsart, für welche die Erlaubnis erteilt worden ist, unbefugt geändert wird, oder wenn andere als die zuge­ lassenen Getränke ausgeschenkt oder andere als die zugelassenen

Räume zum Betriebe verwendet werden,

4. wenn der Betriebsinhaoer seinen Betrieb ohne Erlaubnis durch

einen Stellvertreter führen läßt,

5. wenn der Betriebsinhaber oder sein Stellvertreter die gemäß § 11 gemachten Auflagen nicht vollzieht,

6. wenn der Betriebsinhaber oder sein Stellvertreter in dem Betriebe Personen beschäftigt, von denen er weiß oder den

Umständen nach annehmen muß, daß ihre Beschäftigung nach 5 17 Abs. 1 untersagt ist. 8 18.

Der Kleinhandel") mit Bier oder Wein sowie der Aus­

schank von Milch im Falle des § 9 können untersagt werden'), wenn der Gewerbetreibende den Betrieb einer Schankwirtschaft oder den Kleinhandel mit Branntwein ohne Erlaubnis auSgeübt hat und des­ halb innerhalb der letzten 3 Jahre rechtskräftig bestraft worden ist.

25) Unrichtige Angaben, auf die es bei der Erlaubnisertetlung nicht an­ kam, fallen nicht hierunter. Begr. S. 15. 25 a) Bgl. hierzu NotBO. des RPräs. zum Schuhe des deutschen Volkes v. 4. Febr. 33 (RGBl. IS. 35) § 23 Abs. 3 und 5; Abs. 3 lautet: „Handelt es sich um eine Gast- oder Schankwirtschaft, so kann die Erlaubnis zum Betriebe von der Ortspolizeibehörde bis zur Dauer von einem Jahr entzogen werden"; Abs. 5 lautet: „Wer eine nach Abs. 1 bis 3 polizeilich geschlossene Räumlichkeit vor Aufhebung der Schließung benutzt oder anderen zur Benutzung überläßt, wird mit Gefängnis nicht unter 3 Monaten bestraft. Bet Gast- oder Schank­ wirten, die wegen Zuwiderhandlung gegen diese Vorschrift rechtskräftig verurtellt worden sind, kann die höhere Verwaltungsbehörde mit Wirkung für das Reichsgebiet aussprechen, daß sie für eine bestimmte Zeit oder für die Dauer nicht die Zuverlässigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Gaststättenges. v. 28. April 30 (RGBl. I S. 146) besitzen." Bgl. ferner Art. I § 7 Abs. 2 des Ges. zum Schuhe des Einzelhandels v. 12. Mai 33, s. unter BIV 2. 26) Als Kleinhandel gilt jede gewerbsmäßige und in den Fällen bei § 23 Abs. 1 auch die nichtgewerbsmäßige Abgabe von Bier oder Wein un­ mittelbar an Verbraucher. 5 in BO. v. 21. Juni 30 (Anm. i).

701

B IV. GaMttengesetz 5§ 14—16.

Die zuständige Behörde") kann die Wiederaufnahme des Ge­ werbebetriebs gestatten, wenn seit der Untersagung mindestens ein Jahr verflossen ist. Die

Reichsregierung

kann mit Zustimmung bei Reichirats

die

Voraussetzungen bestimmen, unter denen der Handel mit Bier oder

Wein als Kleinhandel im Sinne dieses Gesetzes anzusehen ist.

So­

weit die Reichsregierung Bestimmungen hierüber nicht erlassen hat, können die obersten Landesbehörden sie erlassen.

III. Umfang der GewerbebefngmS.

§ 14.

Die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte

Behörde hat Bestimmungen über die Festsetzung und Handhabung der Polizeistunde in Gast- oder Schankwirtschasten nach Anhörung der wirtschaftlichen Bereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer des

Gast- und SchankwirtschastsgewerbeS zu erlassen, soweit dies nicht schon geschehen ist. Dabei ist anzuordnen, wann die Polizeistunde be­ ginnt und wann sie endet, unter welchen Voraussetzungen sie ver­ längert oder verkürzt werden darf und wie ihre Einhaltung zu über­

wachen ist."») Die äußerste Grenze für die Festsetzung der Polizeistunde ist 1 Uhr nachts, sofern nicht besondere örtliche Verhältnisse eine Aus­

nahme rechtfertigen,") worüber die oberste Landesbehörde oder die

von ihr bestimmte Behörde entscheidet. Der Ausschank von Brannt­ wein in Gast- oder Schankwirtschaften sowie der Kleinhandel mit

Branntwein darf nicht vor 7 Uhr früh beginnen.

§ IS. Die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Be­ hörde kann den Ausschank von Branntwein und den Kleinhandel mit Trinkbranntwein für bestimmte Morgenstunden"') sowie an höchstens

zwei Tagen in der Woche, insbesondere an Lohn- oder Gehalts­

zahlungstagen, Wahltagen für den Reichstag, den Landtag oder die Gemeindevertretung, ganz oder teilweise verbieten oder beschränken.

Weitergehende landesrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt. $ 14.

Verboten ist:

1. an Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet 26*) Die früheren erlassenen polizeilichen Anordnungen gelten nur dann fort, wenn sie mit diesem Gesetz in Einklang gesetzt sind. KG. GA. 75 S. 145. Uber die Regelung der Polizeistunde für Eisdielen, Trinkhallen u. Getränke­ wagen s. RdErl. d. RWM. v. 30. April 34 — IIIA 7444 — u. für Preußen RdErl. d. RuPrMdJ. v. 21. Jan. 35 (MBliB. S. 120). Dgl. auch Anm. 34a. 27) Diese Festsetzung ist als Richtlinie anzusehen. Siehe hierzu BO. v. 18. Juni 30 (Anm. 1). 27 a) Dazu ist in Preußen ergangen BO. v. 25. Nov. 30 (GS. S. 290) über das Berbot des AuischankS für die Stunden vor 9 Uhr.

702

B IV. Handel-- und Gewerderecht.

haben, Branntwein oder überwiegend branntweinhaltige Gennßmittel im Betrieb einer Gast- oder Schankwirtschaft oder ttn Kleinhandel zu eigenem Genusse zu verabreichen;»") 3. an Personen, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in Abwesenheit des zu ihrer Erziehung Berechtigten»*) oder seines Vertreters auch andere geistige Getränke oder Tabak­ waren im Betrieb einer Gast- oder Schankwirtschaft zu eigenem Genusse zu verabreichen; 3. geistige Getränke im Betrieb einer Gast- oder Schankwirtschaft oder im Kleinhandel an Betrunkene'») zu verabreichen; 4. Branntwein oder überwiegend branntweinhaltige Genuß­ mittel»»") durch Automaten feilzubalten; 5. das Verabfolgen von Speisen»»^) in Gast- oder Schankwirt­ schaften von der Bestellung von Getränken abhängig zu machen oder bei der Nichtbestellung von Getränken eine Er­ höhung der Preise eintreten zu lassen; 6. Branntwein oder überwiegend branntweinhaltige Genußmittel aus Turn-, Spiel-, Sport-Plätzen oder -Hallen zu verabreichen. Landesrechtliche Bestimmungen zum Schutze der Jugend, die über die Ziffern 1 und 2 des Abs. 1 hinausgehen, bleiben unberührt.'»») § 17. Die Beschäftigung einer Person bei der Leitung oder Be28) Gleichgültig, ob entgeltlich oder unentgeltlich. 29) Dazu gehören auch solche Personen, welche den Jugendlichen mit ausdrücklicher oder stillschweigender Zustimmung seines gesetzt Vertreters oll Erzieher, Lebrer oder Lehrmeister oder in einem ähnlichen verhäUniS in ihre Obhut genommen haben. Begr. S. 16. 30) Betrunkener ist der, bei dem eine aus Genuß geistiger Getränke zu« rückzuführende akute Lähmung von Gehirnpariten besteht. EeUe HRR. 1928 Nr. 1686. PolizeiBO., durch die eine Abgabe von geistigen Getränken an Trunksüchtige verboten wird, sind ungültig, RdErl. d. RuPrMdJ. v. 29. März 35 (MBliB. S. 509). Abgabe v. Alkohol an Betrunkene kann aber pol. Maß­ nahmen t. Gefolge haben, s. RdErl. des RF. ff u. CH. d. d. P. v. 23. Aug. 39 (RMBl. S. 1458 u. RMBliB. S. 1837). Bei Verabfolgung der Getränke an einen auf Fahrt befindl. Kraftfahrer, v. dem der Gastwirt weiß, daß er weiter­ fahren will, kann der Gastwirt als Nebentäter f. eine fahrt. Körperverl. ver­ antwort!. gemacht werden, die der Fahrer dann in Trunkenh. begeht. RG. JurW. 1938 S. 1241; desgl. können Pol. Maßnahmen ergriffen werden, s. RdErl. v. 23. Aug. 39 vorstehend zit. 30 a) Darunter können auch ausländische Süßweine fallen. Hamburg DRZ. 23 Nr. 626. 30 b) DaS sind aber nicht nur solche Lebensmittel, die einer besonderen Zubereitung bedürfen. Stenglein Nebenges. Anm. 7. A. M. Michel a. a. O. S. 166. 30c) Abgesehen von den Ausnahmen des Abs. 2 sind die Verpflichtungen der Gastwirte abschließend in § 16 geregelt; daraus ergibt sich, daß z. B. PolVO., die die Abgabe von geistigen Getränken an Trunksüchtige verbieten, nicht rechtsgültig sind, s. Anm. 30.

BIV8. Gaftstättengesetz § 18.

703

aussichtigung eines der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Betriebe kann von der zuständigen Behörde*) untersagt») werden, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, daß die Person die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere, wenn die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Ziffer 1 oder 2 gegeben sind. Die zuständige Behörde") kann die Wiederbeschäftrgung gestatten, wenn seit der Untersagung mindestens ein Jahr verflossen ist. Über die Zulassung, daS Verhalten und die Art der Entlohnung weiblicher Arbeitnehmer in Gast- oder Schankwirtschaften sind von der obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Behörde Bestimmungen zu erlassen, soweit dies nicht schon geschehen ist.»)

IV. Verfahren. $ 18. Die oberste Landesbehörde bestimmt die zuständigen Be-

Hörden und regelt das Verfahren Dabei muß das Verfahren bei der Erteilung ($§ 1 und 6) oder Zurücknahme der Erlaubnis (§ 12), bei der Erteilung von Auflagen ($ 11) und bei der Untersagung (§ 13) folgende Grundsätze einhalten: 1. Der Bescheid muß schriftlich erteilt werden; er muß mit Grün­ den und einer Belehrung über die zulässigen Rechtsmittel ver» sehen sein, es sei denn, daß die Erlaubnis zur Weiterführung eines bestehenden Betriebs erteilt wird. In dem Bescheide, durch den die Erlaubnis zum Betrieb eines der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Gewerbe erteilt wird, müssen die Betriebsart, die zugelassenen Räume sowie die dem Betriebsinhaber etwa ge­ machten Auslagen und bei Gast- oder Schankwirtschaften die Arten der zugelassenen Getränke bezeichnet sein. 2. Das Verfahren muß, soweit in Ziffer 1 nichts anderes bestimmt ist, den Vorschriften der §§ 20, 21, 21a der Gewerbeordnung genügen; soweit ein Verwaltungsstreitverfahren ftattfinbel, unterliegt auch der Nachweis des Bedürfnisses (§ 1 Abs. 2) der gerichtlichen Nachprüfung. Ist die Entscheidung erster Instanz

31) Die Untersagung kann sowohl dem Betriebsführer wie dem An­ gestellten gegenüber ausgesprochen werden. Begr. S. 16. 32) S. in Preußen DurchfBO. v. 18. Juni 30 in der Fassung der BO. v. 6. Febr. 34 (GS. S. 59), vgl. Anm. 1 zu § 1, Strafbestimmung HI Ziff. 15 u. die Genehmigungspflicht vorschreibende BO. über die Beschäfti­ gung von weiblichen Arbeitnehmern in Schankstätten v. 27. Mai 33 (GS. S. 213); über die Auslegung der letzteren vgl. KG. DStrafr. 1935 S. 455, 1936 S. 106 u. JurW. 1936 S. 2247. Bezüglich der Beschäftigung von Gehilfen und Lehrlingen in Gast- und Schankwirtschaften ist die Bek. v. 23. Jan. 02 (RGBl. I S. 33) in Kraft geblieben, vgl. auch § 15 Abs. 2, 3. ArbeitszeitBO. (B VI6). Zu den Arbeitnehmern gehören Lehrmädchen, Serviermädchen. KG. JurW. 61 S. 2097.

704

B IV. Handels- und Gewerberecht.

von einem Kollegium getroffen, so muß die AnfechtungSbefug-

niS auch einem Vertreter des öffentlichen Interesses zustehen.

§ 19.

Vor der Erteilung der Erlaubnis (§ 1) sind die örtliche Polizeibehörde und die Gemeindebehörde, vor ihrer Zurücknahme ist

die örtliche Polizeibehörde zu hören. Die oberste Landesbehörde kann

bestimmen, daß auch der Gewerbeaufsichtsbeamte, daS Wohlfahrtsamt,

gemeinnützige Vereine sowie die örtliche oder bezirksweise Berufs­ vertretung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer der beteiligten Gewerbe

gehört werden.

Bor Erteilung der Erlaubnis für neu zu errichtende Betriebe mit Ausschank geistiger Getränke oder für die Ausdehnung bestehender

Betriebe auf den Ausschank von Branntwein sind, vorbehaltlich der

Vorschrift in Abs. 1, das Jugendamt und die für die Gemeinde oder

den Bezirk bestehende wirtschaftliche Vereinigung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Gast- und Schankwirtschastsgewerbe zu hören. Wird

die Erlaubnis erteilt, so ist der Bescheid diesen Stellen mitzuteilen; sie

können gegen den Bescheid die zulässigen Rechtsmittel mit der Begrün­ dung einlegen, daß ein Bedürfnis (§ 1 Abs. 2) nicht vorhanden ist. Sind iy einer Gemeinde oder einem Bezirke mehrere wirtschaftliche Ver­

einigungen der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer im Gast- und Schank­ wirtschastsgewerbe vorhanden, so bestimmt die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde die im Sinne dieser Vorschrift

zuständige Vereinigung.

$ 20. Ist die Erlaubnis mangels eines Bedürfnisses versagt wor» den, so darf innerhalb dreier Jahre nach Rechtskraft der Entscheidung die Erlaubnis für denselben oder einen gleichartigen Betrieb auf dem­ selben Grundstück nur erteilt werden, wenn sich die Verhältnisse in­

zwischen wesentlich geändert haben.

$ 21. Die zur Erteilung der Erlaubnis zuständige Behörde hat über die von ihr gemäß $ 1 Abs. 1 erteilten Erlaubnisse ein Verzeichnis zu führen.

Die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann, wenn nach ihrem Ermessen die Zahl der nach $ 1 Abs. 1 erlaubniS-

pflichtigen Betriebe in einem Bezirke das Bedürfnis übersteigt, für

längstens 3 Jahre anordnen,daß in dem Bezirk Erlaubnisse für neu

zu errichtende Betriebe nicht oder nur mit ihrer Genehmigung erteilt werden dürfen.

Das gleiche gilt für Erlaubnisse zur Ausdehnung

32a) Bis zum 31. März 40 dürfen in Preußen Erlaubnisse für neu zu errichtende Gast- oder Schankwirtschaften grundsätzlich nicht erteilt werden. Ausnahmen bedürfen der Genehmigung des Regierungspräsidenten. Preuß. BO. v. 9. März38 (GS. S. 25). Bez. Fremdenheime s. RdErl. v. 23. März 37 (RMBliB. S. 493).

705

B IV 8. Gaststätten-esetz §§ 22u.23.

bestehender Betriebe auf nicht zugelassene Arten von Getränten oder auf

nicht zugelassene Räume.

Die Anordnung

kann wiederholt

werden. Gegen eine Anordnung nach Abs. 2 oder die Versagung der in ihr

vorgeschriebenen Genehmigung findet kein Rechtsmittel statt, soweit die Maßnahme von der obersten Landesbehörde getroffen ist. Ist die Maßnahme dagegen von einer von der obersten Landesbehörde be­

stimmten Stelle getroffen, so ist die Beschwerde an die vorgesetzte Dienststelle zugelassen. $ 22. Die zuständige Behörde") kann die Fortsetzung deS Betriebs

einer Gast- oder Schankwirtschaft und des Kleinhandel- mit Brannt­ wein durch unmittelbaren oder mittelbaren Zwang verhindern, wenn

der Bettieb ohne Erlaubnis begonnen oder die Erlaubnis erloschen, widerrufen oder zurückgenommen ist. Dasselbe gilt, wenn der Klein-

handel mit Bier oder Wein oder der Ausschank von Milch untersagt worden ist. In den Fällen deS § 12 kann die zuständige Behörde") den Be­ trieb vorläufig schließen. Sie hat in diesem Falle unverzüglich bei der für die Erlaubniserteilung zuständigen Behörde •) die Zurücknahme der Erlaubnis zu beannagen. Wird der Antrag nicht innerhalb einer

Woche gestellt, so tritt die Schließung außer Kraft.

Die zuständige

Behörde*) hat über die vorläufige Schließung vorab zu entscheiden.

Gegen diele Entscheidung findet kein Rechtsmittel statt. V. Anwendungsbereich. 5 23.

Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf Vereine und

Gesellschaften Anwendung, auch ohne daß ein Gewerbebetrieb vor­

liegt, wenn sie Getränke ausschenken oder Branntwein im kleinen absetzen; dies gilt nicht für den Ausschank von Getränken und den

Absatz von Branntwein im kleinen an Angestellte oder Arbeiter dieser Vereine oder Gesellschaften.

Die Bestimmungen über die Polizeistunde (§ 14) finden auf Zu­ sammenkünfte von Vereinend"»)und geschlossenen Gesellschaften nurAnwendung, wenn sie in einer Gast- oder Schankwirtschast oder in Räu­ men, die mit einer solchen verbunden sind und in denen Schankwirt­ schaft betrieben wird

stattfinden.

Die oberste Landesbehörde kann

diese Bestimmungen auch auf Zusammenkünfte in Räumen ausdehnen,

die im Eigentume dieser Vereine oder Gesellschaften stehen oder ihnen

32 b) Ist der Schankraum an einen Verein dauernd vermietet, so scheidet er alS Scbankraum deS Gastwirt- auS und eS ist unerheblich, ob er mit an­ deren Räumen in Verbindung steht. KG. JurW. 61 S. 1771. Dalcke, Strafrecht. 31. Tust

45

706

B IV. Handel-- und Gewerberecht.

mietweise, leihweise oder aus einem anderen Grunde überlassen worden

sind, soweit in diesen Räumen Getränke ausgeschenkt werden.") § 24.

Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auch auf Real­

gewerbeberechtigungen Anwendung, mit Ausnahme der Vorschriften

über den Bedürsnisnachweis (§ 1 Abs. 2), über die Lage der Räume

(5 2 Ziffer 3) und über das öffentliche Interesse hinsichtlich der Ver­

wendung der Räume (§ 2 Abs. 1 Ziffer 4); auch diese Vorschriften finden jedoch Anwendung, falls die Gast- oder Schankwirtschaft binnen

der der Stellung des Antrags vorhergehenden letzten 3 Jahre nicht

betrieben worden ist. Die Frist kann von der Erlaubnisbehörde •) aus Antrag verlängert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

Die oberste Landesbehörde kann bestimmen, daß auch die im Abs. 1 ausgenommenen Vorschriften Anwendung finden, wenn die

Erlaubnis aus Grund einer Realgewerbeberechtigung für ein Grundstück nachgesucht wird, aus welchem die Erlaubnis auf Grund dieser

Realgewerbeberechtigung bisher nicht auSgeübt wurde."')

Eine nach Abs. 1 oder Abs. 2 erfolgende Beschränkung der Realgewerbeberechtigung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung. § 25. Die Vorschriften deS § 13 Abs. 1 und 2, der $§ 14, 17 und

deS § 22 Abl. 1 finden aus Speisewirtschaften") entsprechende An­ wendung.

Die Reichsregierung kann bestimmen, daß auch andere

Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung finden'"). 33) Unerheblich, ob gewerbsmäßig oder nicht oewerbSmäßig. Begr. S. 18. 33a) Geschehen unterIVderDurchführungSBO. v. 18.Juni 30 (Anm. 1). 34) Dies sind Wirtschaften, die sich auf den Verkauf -ubereiteter Speisen -um Genuß auf der Stelle beschränken. Begr. Untersagung nicht durch Polizeiverfügung, sondern im Verfahren gern. § 18. ODG. DIZ. 1934 S. 937, JurW. 1934 S. 1814. Auch Eisdielen sind Speisewirtschaften. RAG. JurW. 37 S. 2862. 34a) Satz 2 eingefügt durch Ges. zur Änderung deS Gaststättenges. v. 3. Juli 34 (RGBl. I S. 567). Gilt insbesondere auch für Strafvorschriften. Hierzu ergangen BO. über Speiseeiswirtschaften v. 16. Juli 34 (RGBl. I S. 709) nebst DurchführungsRdErl. d. RWiM. v. 19. Sept. 34 — V 2393 —. Nach § 1 ist Genehmigung zum Betriebe einer Speisewirtfchaft — Eisdiele — (bez. Definition s. OLG. Dresden JurW. 1934 S. 625) erforderlich. Die Strafvorschriften §§ 3 u. 4 lauten: § 3. Mit Gefängnis bis zu drei Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser ©trafen wird bestraft, wer vorsätzlich 1. den Betrieb einer Speiseeiswirtschaft unbefugt ausübt, 2. eine Speiseeiswirtschaft unbefugt durch einen Stellvertreter betreibt. Wer eine der im Abs. 1 bezeichneten Handlungen fahrlässig begeht, wird mit Haft und mit Geldsttafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit einer dieser Strafen befttaft. § 4. Mit Haft und mit Geldsttafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit einer dieser Sttafen wird bestraft, wer

707

B IV 8. Gastftättengesetz §§ 26 u. 27.

§ 26. Durch Landesgesetz kann angeordnet werden, daß die Be­ stimmungen dieses Gesetzes, welche für die im § 1 Abs. 1 bezeichneten Betriebe gelten, ganz oder teilweise für den Kleinhandel mit Bier Anwendung finden.

§27. Die Vorschriften dieses Gesetze- finden keine Anwendung: 1. auf der sich 2. aus der

die Kantinen, Kameradschaftsheime oder Offizier-Heime Wehrmacht sowie ihre Messen an Bord, deren Betrieb aus den Kreis der Wehrmacht beschränkt;") die Kantinen, Kameradschastsheime oder Offizier-Heime Polizei, deren Bettieb sich aus den Kreis der Polizei be­

schränkt;") 3. aus Bahnhofswirtschaften,'") Speisewagen, Kantinen und FahrPersonalküchen, soweit diese nach § 16 Abs. 5 de- Gesetzes über die Deutsche Reich-bahn^esellschaft vom 30. August 1924 (Reichsgesetzbl. 11 S. 272s") den Bestimmungen der Ge»

Werbeordnung nicht unterliegen; 4. auf die Erfrischungsanstalten der Reich-post, deren Bettieb sich auf den Kreis der Beamten, Angestellten und Arbeiter der Reichspost beschränkt; 1. als Betriebsinhaber oder dessen Stellvertteter die nach § 11 Abs. 1 des Gaststättenges. gemachten Auflagen nicht vollzieht. 2. als Vetriebsinhaber oder dessen Stellvertteter bei der Leitung oder Be­ aufsichtigung einer SpeiseeiSwirtschaft Personen beschäftigt, deren Be­ schäftigung nach § 17 Abs. 1 deS Gaststättenges. untersagt ist, 3. in einer SpeiseeiSwirtschaft als Stellvertteter tätig ist, obwohl die Er. laubniö hierzu nicht erteilt oder zurückgenommen ist, 4. seine Tätigkeit bei der Leitung oder Beaufsichtigung einer Speiseeis­ wirtschaft wissentlich fortseht, nachdem seine Beschäftigung untersagt worden ist, 5. die nach § 4 Abs. 3 des Gaststättenges. erforderliche Anzeige nicht oder nicht rechtzeitig macht, 6. als Gast in einer SpeiseeiSwirtschaft verweilt, die unbefugt bettieben wird. 85) Es kommt nicht darauf an, ob der Betrieb im Namen und für Rech­ nung der Heere-- und Polizetverwaltung (Regiebetrieb) oder von einem Pächter auf eigene Rechnung auSgeführt wird. ES genügt, daß der Betrieb mit Genehmigung der zuständigen Militär- bzw. Polizeidienststelle in deren Betrieb errichtet ist und sich auf den KreiS der Wehrmacht- und Polizeiangehörigen beschräntt, wobei nicht ausgeschlossen sein soll, daß Getränke und Speisen auch gelegentlich an Gäste von Wehrmacht- oder Polizeiangehörigen verabfolgt werden. Begr. S. 19. 35 u) Die Vorschriften über die Polizeistunde gelten auch nicht für solche Bahnhofswirtschaften, die von Pächtern auf eigene Rechnung betrieben werden, und auch nicht, wenn die Gäste Nichtreisende sind. BayObLG. DIZ. 37 S. 560. 36) Neue Fassung v. 19. März 30 (RGBl. II S. 369). 46*

5. auf die Kantinen der Unterkünfte des Arbeitsdienstes, deren Betrieb sich auf den Kreis des Arbeitsdienstes beschränkt;»"») 6. auf die Kantinen der dem Chef des Ausbildungswesens unterstehenden Sportschulen und Sportlager, deren Betrieb sich auf den Kreis der Sportschüler und Lagerinsassen be­ schrankt; 7. auf den Vertrieb von vergälltem Branntwein. Die Reichsregierung kann bestimmen, daß die Vorschriften dieses Gesetzes auch auf Bahnhofswirtschaften, Speisewagen, Kantinen und Fahrpersonalküchen der Eisenbahnen des allgemeinen Verkehrs, die nicht von der Deutschen Reichsbahn betrieben werden, ganz oder teil­ weise keine Anwendung finden.") Die im Satz 1 genannten Betriebe, die bei den daselbst erwähnten Eisenbahnen zur Zeit des Inkraft­ tretens dieses Gesetzes vorhanden sind, können, wenn der Betriebsinhaber binnen Monatsfrist seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes die Erteilung der Erlaubnis beantragt, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag fortgesührt werden. § 28. Soweit bisher in Bayern der Ausschank selbsterzeugter Getränke»") ohne Erlaubnis statthaft war, bedarf es einer solchen auch in der Folge nicht. Für die Schließung eines solchen Betriebs gelten die Vorschriften des § 12 Abs. 2 Ziffer 1, 3 bis 6 entsprechend. Die bayrische oberste Landesbehörde kann im Einvernehmen mit dem Herrn Reichswirtschaftsminister allgemeine Voraussetzungen für den Ausschank aufstellen und die Art der Betriebsführung regeln.»7*»). Die in Bayern bestehenden Kommunbrauchberechtigungen er­ löschen, wenn sie feit 10 Jahren nicht mehr ausgeübt worden find; sie find als erloschen anzusehen, wenn sie wahrend der letzten 10 Jahre vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht mehr ausgeübt tourben.87b)

ER.

VL Strafvorschriste«. § 29. Mit Hast und mit Geldstrafe bis zu einhundertsünszig Reichsmark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer 36 a) einqcfflflt burdfo Ges. v. 9. Okt. 34 (RGBl. I S. 913). 87) Grundsätzlich unterliegen also die im Bereich einer Privatbahn er­ richteten Bahnhofswirtschaften und die sonstigen im Abs. 2 genannten Be­ triebe den Vorschriften diese» Ges. Die Ausnahmen bestimmt die BO. v. 1. Juli 80 (RGBl. I S. 201). 37a) Selbsterzeugter Wein (s. BahObLG. JurW. 1934 S. 434, Reger, Entsch. Bd. 56 S. 197) wie in den übrigen Ländern; daneben aber in Bayern — außer der Pfalz — auch selbstgebrautes Bier; für dessen Ausschank güt noch Art. 9d Nr. 1 des Bay. Gewerbeges. v. 30. Jan. 68 (GBl. 1866/69 S. 309). 37b) Abs. 1 S. 3 u. Abs. 2 sind durch BO. v. 27. Septbr. 38 (RGBl. I S. 1245) eingefügt worden.

B IV 8. Gaststättengesetz § 29.

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1. als Betriebsinhaber oder dessen Stellvertreter die nach $11 gemachten Auflagen") nicht vollzieht, 2. als Betriebsinhaber oder dessen Stellvertreter bei der Leitung oder Beaufsichtigung eine- der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Be­ triebe Personen beschäftigt/*) deren Beschäftigung nach § 17 Abs. 1 untersagt ist,

3. in einem der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Betriebe als Stellver­ treter tätig ist, obwohl die Erlaubnis hierzu nicht erteilt oder zurückgenommen ist,

4. seine Tätigkeit bei der Leitung oder Beaufsichtigung eines der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Betriebe wissentlich fortsetzt, nachdem seine Beschäftigung untersagt worden ist ($ 17 Abs. 1), 6. den auf Grund des § 17 Abs. 2rten als Reisender eingebracht hat.

(3) Die mit der Überwachung der Durchführung des Abs. 1 be-

trauten Stellen können inländische Geldsorlen, die dieser Vorschrift zmwider eingesandt oder eingebracht worden sind, ohne daß eine Einznehung erfolgt, bei einer von dem Reichswirtschaftsminister bezeichmeten Stelle auf ein Hinterlegungskonto') einzahlen.

§ 18 (13). (1) Inländische Geldsorlen, die dem Verbot des § 17 A bs. 1 zuwider aus dem Ausland oder den badischen Zollausschlußglebieten eingesandt worden sind, darf der Empfänger nur mit GeAmshändigende weiß, daß die Zahlungsmittel einem Ausländer zukommen w'erden. E. 70, 88. E. 72, 264 u. RG. JurW. 1938 S. 1364 u. 3107. Auf dem Grund der Aushändigung kommt es nicht an. RG. JurW. 1937 S. 2413. Das Aushandigen von Zahlungsmitteln an einen Ausländer u. dasj. am einen Inländer zugunsten eines Ausländers kann im Fortsetzungszusaimmenhang stehen. E. 72, 264. Zu 5 16: 1) Ausnahmen Reisefreigrenze Nicht!. II 24ff., sonstige Ausnahmen Rtchtl. II 44, 46. 2) Versenden ist jedes Über-die-Grenze-Schaffen durch Vermittelung ^Dritter, überbringen bedeutet das körperl. Hinüberschaffen, Hinübertragen (fiog. eigenhändiges Delikt). KG. JurW. 1935 S. 2075. RG. JurW. 1936 (55. 47 (nicht mittels Postanweisung RG. JurW. 1938 S. 505 u. Richtl. II 45). Vtersuch d. überbr. liegt vor, wenn sich jemand mit Zahlungsmitteln in der Albsicht nach der Grenze begibt, sie nach dem Ausland zu bringen. RG. JurW. 19936 S. 47; Marienwerder DStrafr. 4 S. 214. Düsseldorf DRZ. 1935 Ntr. 498 (Vollendung). Zu § 17: 1) Ausnahmen Richtl. II 49, 50. 2) Doch Gutschrift auf Handelssperrkonto Richtl. II 47. 3) Hinterlegungsstelle ist die deutsche Golddiskontbank Berlin.

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B V. Wirtschaft-recht.

nehmigung für sich oder einen anderen als Erfüllung oder als Sicher­ heit für eine Forderung, als Darlehn, als Schenkung oder aus einem anderen Rechtsgrunde annehmen. (2) Der Empfänger hat den Empfang der GeldsorLen binnen drei Tagen unter Angabe des Namens und der Anschrift des Absenders, soweit ihm diese bekannt sind, der für ihn zuständigen Devisenstelle anzuzeigen. Diese kann bestimmen, daß die Geldsorten, ohne daß eine Einziehung erfolgt, zurückgesandt oder aus ein Sperrkonto bei einem inländischen Kreditinstitut oder auf ein Hinterlegungskonto bei einer von dem Reichswirtschastsminister bezeichneten Stelle eingezahlt werdend) (3) Die Vorschriften der Abs. 1 und 2 finden auf eingebrachte in­ ländische Geldsorten entsprechende Anwendung, wenn der Empfänger der Geldsorten oder derjenige, an den dieser im Auftrag des Ein­ bringers eine Zahlung leistet, weiß oder den Umständen nach an­ nehmen muß, daß die Geldsorten aus dem Ausland eingebracht worden sind. Als eingebracht im Sinne dieser Vorschrift gelten auch inländische Geldsorlen, die an einen Ausländer im Inland der Vorschrift des § 17 Abs. 1 zuwider eingesandt worden finb.1)

§ 19. Dienststellen des Reichs dürfen nur mit Genehmigung im Ausland und in den badischen Zollausschlußgebieten inländische Geld­ sorten als Erfüllung oder aus einem anderen Rechtsgrund annehmen.

§ 20. Über die Verwertung der inländischen Geldsorten, die nach den §§ 17 und 18 auf ein Hinterlegungskonto bei der von dem Reichs­ wirtschaftsminister bezeichneten Stelle eingezahlt werden, entscheidet der Reichswirtschaftsminister im Einvernehmen mit dem Reichs­ minister der Finanzen. 2. Gold und andere Edelmetalle.

$ 21 (11). Gold darf ein Inländer im Inland nur mit Genehmigunß1) einem Ausländer oder zugunsten eines solchen einem Inländer aushändigen.

$ 22 (13). Gold, andere Edelmetalle und Bruchmaterial auä diesen Metallen dürfen nur mit Genehmigung*) ins Ausland oder ans dem Inland in die badischen Zollausschlußgebiete versandt oder über­ bracht werden. Das gleiche gilt für solche ganz oder teilweise ans Gold oder anderen Edelmetallen hergestellte Halb- und Fertigwaren, die üblicherweise nicht aus diesen Metallen hergestellt werden. Zu § 18: 1) Nicht anwendbar i. F. Richtl. II 51. Siehe auch Anm. 3 zu § 17. Zu §21:1) Die Genehmigung erteilt in volkSwirtschaftl. gerechtfertigtem Fällen die Überwachung-stelle für Edelmetalle. Richtl. IV 30. Zu § 22: 1) Siehe Anm. 1 zu § 21.

BV5. Gesetz über die Devisenbewirtschaftung 88 23—28.

775

{ 23 (30). Termingeschäfte über Gold und andere Edelmetalle s-nd verboten, es sei denn, daß sie mit Genehmigung der Reichsbank cder einer von ihr bestimmten Stelle abgeschlossen werden.

3. Wertpapiere.

§ 24 (21, 23). (1) Über ausländische Wertpapiere, deutsche Aus­ landbonds sowie verzinsliche Schuldverschreibungen und unverzinsüche Schuldscheine der Konversionskasse für deutsche Auslandsschulden darf nur mit Genehmigung') verfügt werden, es sei denn, daß sie an die Reichsbank, die Deutsche Golddiskontbank oder eine Devisenbank veräußert werden. (2) Die im Abs. 1 genannten Wertpapiere dürfen entgeltlich nur mit Genehmigung erworben werden. § 26 (22). (1) Über inländische, auf Reichsmark, Goldmark, österreichische Schillinge, Goldschillinge, Kronen oder einen Sachwert lautende Wertpapiere darf nur mit Genehmigung') verfügt werden, 1. wenn der Eigentümer der Wertpapiere ein Ausländer ist oder 2. wenn die Verfügung zugunsten eines Ausländers erfolgen soll. (2) Die im Abs. 1 genannten inländischen Wertpapiere darf ein Inländer entgeltlich von einem Ausländer nur mit Genehmigung er­ werben. (3) Die Abs. 1 und 2 gelten auch für inländische Wertpapiere, die weder im $ 24 noch in dieser Vorschrift genannt sind. $ 26. (1) Der Verfügung über Wertpapiere stehen gleich die Verfügung über einen Sammeldepotanteil und die Verfügung über ein Stückekonto oder einen ähnlichen Anspruch auf Lieferung von Wertpapieren. (2) fcem Erwerb von Wertpapieren stehen gleich der Erwerb eines Sammeldepotanteils und die Erlangung einer Gutschrift auf Stückekonto oder eines ähnlichen Anspruchs auf Lieferung von Wert­ papieren. 8 27 (20). Wertpapiere dürfen zugunsten eines Ausländers nur mit ®ml|:ni0un91) eingelöst werden. Ausfuhr von Wertpapieren.

§ 28 (13). Wertpapiere dürfen nur mit Genehmigung') ins Aus­ land oder aus dem Inland in die badischen Zollausschlußgebiete verfdtiM1) oder überbracht *) werden. Zu § 24: 1) Ausnahmen Rtchtl. II 52—56. Zu § 25: 1) Ausnahmen Richtl. II 57—60. Zu § 27: 1) Ausnahmen Richtl. II 61, 62, 63*- 4. Zu § 28: 1) Ausnahmen Richtl. II 64. 2) Siehe Anm. 2 zu § 16.

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B V. Wirtschaftsrecht.

§ 29 (26). (1) Ein Inländer darf Wertpapiere,-die zu seinen Gunsten oder zugunsten eines anderen Inländers oder eines Austoanl)eter31) in einem Depot im Ausland ruhen, nur mit GenehmiQiing2) im Ausland aushändigen2) oder in ein anderes Depot umlegen lassen. (2) Ein Wertpapierhändler*) darf nur mit Genehmigung Wert­ papiere, die ein Inländer anliefert, in das Depot eines Ausländers einlegen oder Wertpapiere aus dem Depot eines Inländers in das Depot eines Ausländers umlegen. § 30 (26 Abs. 3). (1) Ein Wertpapierhändler darf Wertpapiere nur mit Genehmigung*) aus dem Depot eines Ausländers im Inland aushändigen oder in das Depot eines Inländers umlegen. (2) Ein Wertpapierhändler darf Wertpapiere, die aus dem Aus­ land eingesandt oder eingebracht werden, nur mit Genehmigung*) in das Depot eines Inländers einlegen.

§ 31 (27 Abs. 1). (1) Ein Wertpapierhändler darf ausländische Wertpapiere nur mit Genehmigung im Inland aushändigen oder zu einem Wertpapierhändler, der nicht Devisenbank ist, umlegen. Der Reichswirtschaftsminister kann diese Beschränkung durch Bekannt­ machung im Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger auf andere Wertpapiere ausdehnen. (2) Der Reichswirtschaftsminister kann durch Bekanntmachung im Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger anordnen, daß Wertpapiere in das Depot bei einer Devisenbank zu legen sind. § 32 (27 Abs. 2). Wertpapierhändler sind verpflichtet, Wert­ papiere, die 1. im Inland von einem Ausländer oder von einem Inländer, der nicht Wertpapierhändler ist oder der als Wertpapierhändler vom Börsenbesuch ausgeschlossen ist, angeliefert werden, 2. aus dem Ausland eingesandt oder eingebracht werden, binnen einer Woche unter Angabe der Nummern der Stücke, des Namens und der Anschrift des Anlieferers der Reichsbank schriftlich anzuzeigen.*) Sie haben sich die Gewißheit zu verschaffen, daß die Angaben über die Person des Anlieferers richtig sind. Zu 8 29: 1) Siehe § 5 Abs. 3. 2) Ausnahmen Richtl. II 65. 3) Siehe Anm. 2 zu 8 15. 4) Siehe Anm. 1 zu 8 6. Zu 8 30: 1) Ausnahmen II 66. Zu 8 32: 1) Die Anzeige ist nur erforderlich bei inländischen auf Reichs­ mark, Goldmark, Schillinge, Goldschillinge, Kronen oder einen Sachwert lautenden Wertpapieren; sie ist an das Kontor der Reichshauptbank für

B V 5. Gesetz über die Devisenbewirtschaftung §§ 33-37.

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§ 33. In den Fällen des § 32 bedarf die Aushändigung oder Um­ legung der Wertpapiere durch den Wertpapierhändler sowie jede Leistung auf die Wertpapiere der wenn nicht die Reichsbank auf Grund der Anzeige eine Unbedenklichkeitserklärung abgegeben hat. § 34 (27 Abs. 3). Die Pflichten und Beschränkungen der §§ 32 und 33 gelten auch für Personen, die Jnhaberschuldverschreibungen oder Aktien ausgegeben haben, hinsichtlich dieser Jnhaberschuldver­ schreibungen oder Aktien und ihrer Zins- und Gewinnanteilscheine. § 35 (26 Abs. 4). Der Aushändigung oder Umlegung von Wert­ papieren aus einem Depot stehen gleich die Umschreibung eines De­ pots auf einen anderen Namen, die Übertragung eines Sammel­ depotanteils und die Abschreibung von einem Stückekonto. Der Ein­ legung von Wertpapieren in ein Depot stehen gleich die Beifügung zu einem Sammeldepot und die Gutschrift auf Stückekonto. 4. Anteilsrechte.

§ 36 (24). (1) Uber Anteilsrechte an ausländischen Gemein­ schaften, Gesellschaften oder Körperschaften darf nur mit Genehmigung1)2 verfügt 3 werden. (2) Anteilsrechte an ausländischen Gemeinschaften, Gesellschaften oder Körperschaften dürfen entgeltlich nur mit Genehmigung erworben werden. § 37 (24). (1) Über Anteilsrechte an inländischen Gemeinschaften, Gesellschaften oder Körperschaften darf nur mit Genehmigung ver­ fügt werden, 1. wenn der Anteilsberechtigte ein Ausländes) ist; 2. wenn die Verfügung zugunsten eines Ausländers?) erfolgen soll; 3. wenn die Verfügung zugunsten eines Inländers erfolgen soll und zu dem Vermögen der Gemeinschaft, Gesellschaft oder Kör­ perschaft Werte gehören, über die nur mit Genehmigung verfügt werden darf?) (2) Anteilsrechte an inländischen Gemeinschaften, Gesellschaften oder Körperschaften dürfen von einem Ausländer entgeltlich nur mit Genehmigung erworben werden. Wertpapiere, Effektenkasse (Kontrollabteilung), Berlin C 111, zu richten. Richtl. II 67. Ausnahmen ebenda Abs. 2. Zu § 33:1) Es gilt für die Genehmigung das gleiche wie für die Anzeige. Anm. 1 zu 8 32. Zu § 36: 1) Siehe Richtl. II 71. Zu § 37: 1) Siehe Richtl. II 72. 2) Siehe Richtl. II 73. 3) Ausnahme Richtl. II 74.

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B V. Wirtschaft-recht.

| 88 (24). Soweit Anteilsrechte an Gemeinschaften, Gesell­ schaften oder Körperschaften in Wertpapieren verbrieft sind, gelten ausschließlich die Vorschriften über Wertpapiere. 5. Grundstücke und Rechte an Grundstücken.

$ 39. Über ein im Ausland gelegenes Grundstück eines Inländers oder über ein Recht eines Inländers an einem im Ausland gelegenen Grundstück darf nur mit Genehmigung verfügt werden.

§ 40. Über ein im Inland gelegenes Grundstück eines Ausländers oder über ein Recht eines Ausländers an einem im Inland gelegenen Grundstück darf nur mit Genehmigung verfügt werden. $ 41. Über ein im Inland gelegenes Grundstück eines Inländers oder über ein Recht eines Inländers an einem im Inland gelegenen Grundstück darf zugunsten eines Ausländers nur mit Genehmigung verfügt werden. z 42. Die §J 39 bis 41 gelten auch für Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts für Grundstücke gelten (gründ, stücksgleiche Rechte), und für Rechte an Grundstücksrechten.

$ 48 Wird ein inländisches Grundstück eines Ausländers im Wege der Zwangsversteigerung veräußert, so bedarf das Gebot der Ge­ nehmigung. Das gleiche gilt, wenn ein Ausländer ein inländisches Grundstück im Wege der Zwangsversteigerung erwerben will. Das Gebot ist zurückzuweisen, wenn die Genehmigung nicht vorgelegt wird. In den Fällen des § 81 Abs. 2 und 3 des Reichsgesetzes über die Zwangs­ versteigerung und Zwangsverwaltung darf der Zuschlag an einen anderen als den Meistbietenden nur erteilt werden, wenn dieser andere die Genehmigung beibringt. 6. Kredite und Sicherheiten.

$ 44 (14). (1) Die Einräumung von Krediten an 9(^15^^) und die Bestellung von ^^^^1) für ausländische Gläubiger bedarf der Genehmigung'), soweit diese nicht schon nach den Vorschriften der Unterabschnitte 1 bis 5 dieses Abschnitts erforderlich ist. (2) Einer Krediteinräumung steht gleich die Gewährung eines Anspruchs auf die Lieferung oder Entgegennahme von Wertpapieren oder Waren gegen Zahlung einer Prämie (Bor- und Rückprämien,, Stellagen, Nochgeschäfte). Zu § 44: 1) Dafür Fälle in Richll. II 75. 2) Ausnahmen Richll. II 76—78. Über Kreditrüchahlung Richll. IV 42.

B V 5. Gesetz über die Devisenbewirtschaftung §§ 45 u. 46.

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7. Berpflichtungsgeschäfte. § 45 (37). Ein Inländer, dem der Reichswirtschaftsminister, die Reichsbank, eine Devisenstelle oder eine llberwachungsstelle schriftlich mitgeteilt hat, daß ihm für ein bestimmtes Geschäft oder für bestimmte Arten von Geschäften devisenrechtliche Genehmigungen nicht erteilt werden können, oder dem eine allgemeine Genehmigung zur Vor­ nahme genehmigungsbedürstiger Handlungen für bestimmte Arten von Geschäften entzogen worden ist, darf für dieses Geschäft oder für solche Arten von Geschäften keine Verpflichtungen eingehen, deren Erfüllung einer devisenrechtlichen Genehmigung bedarf.

Abschnitt III. AnbietungSpsllcht. § 46 (35). (1) Inländer haben Werte der nachstehend genannten Art, die ihnen anders als durch den Erwerb auf Grund einer Geneh­ migung anfallen, der Reichsbank nach Maßgabe des § 48 anzubieten:*)')

1. ausländische Zahlungsmittel; ausländische Scheidemünzen sind jedoch erst anzubieten, sobald der Gegenwert der einem In­ länder gehörenden und ihm anfallenden Scheidemünzen zu­ sammen zwei Reichsmark übersteigt; 2. Forderungen in ausländischer Währung; 3. auf inländische Währung lautende Wechsel und Schecks, die auf das Ausland gezogen sind; 4. Forderungen in inländischer Währung gegen Ausländer; 5. Gold;») 6. ausländische Wertpapiere, deutsche Auslandbonds sowie ver­ zinsliche Schuldverschreibungen und unverzinsliche Schuldscheine der Konversionskasse für deutsche Auslandsschulden; 7. andere als die unter Nr. 6 genannten Wertpapiere, wenn sie dem Anbietungspslichtigeu unentgeltlich von einem Ausländer anfallen; Zu 8 46: 1) Die Anbietungspflicht entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Anbietungsfrist zu laufen beginnt. Eine Verletzung der Anbietungs­ pflicht liegt daber auch dann vor, wenn sich der Anbietungspflichtige selbst während der Anbietungsfrist die Erfüllung der Anbietungspflicht vorsätzlich ober fahrlässig unmöglich macht. Richtl. III 1. Das gleiche gilt auch für Fälle, die unter dem alten Tev.-Ges. begangen sind. E. 73 S.129. 2) Wer sich bei Eintritt der Anbietungspflicht im Ausland befindet, braucht die ihm im Ausland angefallenen Werte insoweit nicht anzubieten, oder fahrlässig unmöglich macht. Richtl. III 1. 3) Jedoch nicht solches Gold, das aus der Einschmelzung oder sonstigen Verarbeitung von Altgold oder Bruchgold angefallen ist. Richll. HI 4.

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B V. Wirtschaft-recht.

8. Forderungen in inländischer Währung gegen einen Inländer, die der Anbietungspflichtige von einem Ausländer erbt. (2) Gehören einem Inländer Wertpapiere der im Abs. 1 Nr. 6 genannten Art, die nach den bisherigen devisenrechtlichen Vorschriften nicht anzubieten waren oder von der Reichsbank belassen worden sind, so hat er rückzahlbar gewordene Stücke und fällige Zins- oder Gewinn­ anteilscheine solcher Wertpapiere der Reichsbank nach Maßgabe des § 48 anzubieten.

§ 47. Von der Verpflichtung nach § 46 sind befreit: 1. Inländer, soweit ihnen unter Wahrung der Gegenseitigkeit nach allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen ein Anspruch auf Be­ freiung von den persönlichen Steuern zusteht; 2. konsularische Vertreter, die Berufsbeamte sind, und die ihnen zugewiesenen Beamten, sofern sie Angehörige des Entsende­ staates sind, die deutsche Staatsangehörigkeit nicht besitzen und außerhalb ihres Amtes oder Dienstes im Inland keinen Beruf, kein Gewerbe und keine andere gewinnbringende Tätigkeit aus­ üben; 3. Inländer, mit ihren Forderungen in ausländischer Währung gegen andere Inländer; diese Ausnahme gilt jedoch nicht für Forderungen aus Währungsguthaben bei inländischen Kredit­ instituten, für fällige Forderungen in ausländischer Währung gegen inländische Versicherer aus Versicherungsverträgen und für noch nicht fällige Forderungen in ausländischer Währung gegen inländische Versicherer aus Lebensversicherungsverträgen jeder Art und aus solchen Kranken- und Unsallversicherungsverträgen, die eine Deckungsrücklage erfordern; 4. Inländer mit ihren Forderungen auf Bersicherungs- oder RückVersicherungsprämien und noch nicht fälligen Forderungen gegen ausländische Versicherer aus Bersicherungs- und Rückversicherungsverträgen. § 48. (1) Die im $ 46 Abs. 1 genannten Werte sind innerhalb von drei Tagen nach dem Anfall, die im § 46 Abs. 2 genannten Werte sind innerhalb von drei Tagen nach Fälligkeit der örtlich zuständigen Reichsbankanstalt unmittelbar oder durch Vermittlung einer Devisen­ bank anzubieten. Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind die im Rahmen einer Genehmigung erworbenen Werte innerhalb von drei Tagen nach dem Unwirksamwerden der Genehmigung, die auf Grund einer Ausnahmevorschrift (Freigrenze) ohne Genehmigung erworbenen Werte sind einen Monat nach dem Erwerb anzubieten, soweit der Er­ werber die Werte dann noch besitzt.

B V 5. Gesetz über die Devisenbewirtschaftung 88 49—51.

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(2) Für die Anbietung von Forderungen, die einem Inländer durch die Ausfuhr von Waren aus dem deutschen Wirtschaftsgebiet onfallen, erläßt der Reichswirtschastsminister besondere Vorschriften. *)

§ 49. (1) Personen, die Inländer werden, haben ihre in diesem Zeitpunkt vorhandenen Werte der im §46 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 genannten Lrt innerhalb von zehn Tagen der örtlich zuständigen Reichsbankanstalt unmittelbar oder durch Vermittlung einer Devisenbank anzu­ bieten. $ 46 Abs. 2 und § 47 finden Anwendung. (2) Die im Abs. 1 genannten Personen haben der Reichsbank in gleicher Weise anzubieten:

1. solche Forderungen gegen Inländer, die sie im Ausland nach dem 31. Dezember 1933 erworben oder sonst erlangt haben; 2. andere als die im § 46 Abs. 1 Nr. 6 genannten Wertpapiere, die sie nach dem 31. Dezember 1933 erworben oder sonst erlangt haben.

§ 50. Wer sich bei Eintritt der Anbietungspflicht im Ausland be­ findet, hat die Anbietung spätestens zehn Tage nach der Rückkehr in das Inland vorzunehmen.

§ 51. (1) Die anzubietenden Werte sind der örtlich zuständigen Reichsbankanstalt unmittelbar oder durch Vermittlung einer Devisen­ bank auf Verlangen zu verkaufen und zu übertragen. (2) Werden der Reichsbank Werte angeboten, die noch nicht fällig sind, so kann sie von dem Verlangen der sofortigen Übertragung zu­

nächst absehen und von dem Anbietungspflichtigen verlangen, daß er die Werte zu dem erstmöglichen Zeitpunkt fällig macht. Der An» bietungspflichtige hat in diesem Falle den bei Fälligkeit in ausländischer Wahrung eingehenden Erlös der Reichsbank anzubieten und auf Ver­ langen zu verkaufen und zu übertragen. Geht der Erlös in inländischer Währung ein, so ist dies der Reichsbank binnen drei Tagen anzuzeigen. (3) Ist die Reichsbank oder eine Devisenbank zum Ankauf ange-

Zu § 48: 1) Hierüber ist die DBO. v. 23. Dezbr. 38 (RGBl. I S. 1966) ergangen; sie enthalt Bestimmungen über a) Überwachung der Ausfuhrerlöse — §§ 1 bis 8 —, b) Überwachung der Wareneinfuhr — §§ 9 bis 12 —, c) Devisenüberwachung bei der Aus-und Einfuhr—§§13 bis 18 —, d) Strafen (§ 19). § 13 Abs. 2 lautet: Die Vorschriften der §§ 16, 22, 28, 54, 57 Abs. 1 und de- § 58 des Devisengesetzes enthalten ein Ausfuhrverbot, die Vorschrift des § 17 Abs. 1 deS Devisengesetzes enthält ein Einfuhrverbot. Für die Verfolgung von Zu­ widerhandlungen gegen diese Vorschriften gelten ergänzend die Vorschriften der Reichsabgabenordnung (B VII 2) über die Verfolgung des Bannbruchs (§§ 401 a u. b).

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B V. Wirtschaft-recht.

botener Werte nicht bereit, so kann die Reichsbank die Werte für Rech, nung des Anbietungspflichtigen im Ausland verkaufen oder verkaufen lassen oder sonstige Anordnungen treffen, um die Werte der Devisen­ bewirtschaftung nutzbar zu machen. Der Erlös aus dem Verkauf oder der sonstigen Verwertung tritt an die Stelle der ursprünglichen Werte. Macht die Reichsbank von diesem Rechte keinen Gebrauch, so kann der Anbietungspflichtige die Werte im Rahmen der gesetzlichen Bestim­ mungen selbst verwerten. Nimmt er eine Verwertung nicht vor, so hat er die Werte so rechtzeitig, daß int gewöhnlichen Geschäftsgang mit der ordnungsmäßigen Besorgung des Einzuges gerechnet werden kann, der örtlich zuständigen Reichsbankanstalt unmittelbar oder durch Vermittlung einer Devisenbank zum Einzug anzubieten und auf Ver­ langen zu übertragen. (4) Der Anspruch des Anbietungspflichtigen auf Auszahlung des Gegenwertes in Reichsmark bestimmt sich nach den allgemeinen Ge­ schäftsbedingungen der Reichsbank.

§ 62. Pflichten, die dem Eigentümer des anzubietenden Gegen­ standes obliegen, sind in gleicher Weise von dem zu erfüllen, der den Gegenstand als ihm gehörig besitzt oder der durch einen Treuhänder, durch eine Erwerbsgesellschaft oder in sonstiger Weise die Verfügungs­ macht über den Gegenstand ausübt. Wer nach den Vorschriften der Reichabgabenordnung, besonders nach den §§ 103ff. die Pflichten eines Steuerpflichtigen zu erfüllen hat, ist auch verpflichtet, die dem Steuer, pflichtigen nach diesem Abschnitt obliegenden Pflichten zu erfüllen. § 53. Die Reichsbank ist ermächtigt, 1. anzuordnen, daß bestimmte Arten der im § 46 genannten Werte nicht angeboten zu werden brauchen; 2. einen Anbietungspflichtigen von den Verpflichtungen des § 51 Abs. 1 freizustellen (Freigabe); Freigabcanträge sind innerhalb der Anbietungsfrist unter Angabe der Gründe und Vorlage der Unterlagen an die örtlich zuständige Reichsbankanstalt zu richten; die Reichsbank kann die Freistellungsbefugnis auf andere Stellen übertragen;

3. die Anbietungsfristen für gewisse Gruppen von Anbietungs­ pflichtigen oder von Werten allgemein oder im Einzelfall zu verlängern; 4. von dem Anbietungspflichtigen regelmäßige Aufstellungen über die Verwendung der innerhalb eines bestimmten Zeitraums er­ worbenen Werte zu verlangen.

BV5. Gesetz über die Devisenbewirtschaftung §§ 54—57.

783

Abschnitt IV. Maßnahmen gegen Kapitalflucht.

1. Geschenksendungen. § 54. Nur mit Genehmigung*) dürfen Sachen unentgeltlich ins

Ausland oder aus dem Jnlande in die badischen Zollausschußgebiete versandt') oder überbracht') werden. 2. Auswanderung.

z 55. Verlegt ein Inländer seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nach dem Auslands, so bleiben die für ihn geltenden Be­ schränkungen, Verbote und Pflichten hinsichtlich solcher Werte bestehen, tiuf die sich diese Beschränkungen, Verbote und Pflichten schon vor der Auswanderung bezogen haben. Das gleiche gilt hinsichtlich des Erlöses, des Ersatzes oder der Erträgnisse derartiger Werte. § 56. Die Beschränkungen, Verbote und Pflichten erstrecken sich auch: 1. auf den Erlös von Waren, die ein Auswanderer im Zeitpunkt der Auswanderung im Ausland besitzt, Lei der Auswanderung mit sich führt oder sich aus dem Inland nachsenden läßt; 2. auf den Erlös von gewerblichen Schutzrechten, die ein Auswan­ derer im Zeitpunkt der Auswanderung innehat; 3. auf die Erträgnisse von gewerblichen Schutzrechten, die ein Aus­ wanderer im Zeitpunkt der Auswanderung innehat; 4. auf den Erlös und die Erträgnisse von Urheberrechten und Ver106^^6^), die ein Auswanderer vor seiner Auswanderung unbeschränkt oder in beschränktem Umfang unter Lebenden oder von Todes wegen erworben hat. § 57. (1) Airswanderer dürfen Umzugsgnt und sonstige Sachen nur mit Genehmigung ins Ausland oder ans dem Inland in die badischen Zollausschlutzgebiete versenden oder überbringen. (2) Anträge auf Genehmigung sind vor der Verpackung und Ver­ ladung des Umzugsguts und der sonstigen Sachen unter Beifügung eines Verzeichnisses der zur Ausfuhr bestimmten Gegenstände zu stellen. (3) $ie §§ 55 und 56 gelten nicht für Sachen, die Auswanderer mit Genehmigung ins Ausland oder ans dem Inland in die badischen Zollausschlußgebiete versenden oder überbringen.

Zu § 54:1) Ausnahmen Nichtl. HI 6 (insbef. Freigrenze für Versen­ dung von Sacken im Handelswerte Lis zu 50 Reichsmark). 2) Siebe Anm. 2 zu § 16. Zu § 55: i) Dam die in § 98 genannten Personen. Zu | 56: 1) Siehe Richtl. HI 7.

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BV. Virtschastsrecht.

$ 58. Juden (§ 5 der Ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 14. November 1935 — RGBl. I S. 1333) dürfen im Reiseverkehr andere als die zum persönlichen Gebrauch unbedingt erforderlichen Gegenstände nur mit Genehmigung ins Ausland oder vom Inland in die badischen Zollausschlußgebiete mitnehmen; dies gilt nicht für Juden fremder Staatsangehörigkeit. 3. Sicherungsanordnungen.

§,59 (37a). (1) Besteht hinreichender Verdacht, daß ein In­ länder oder Ausländer beabsichtigt, unter Verletzung oder Umgehung der bestehenden Vorschriften Vermögenswerte der Devisenbewirtschaftung zu entziehen, so können die Devisenstellen anordnen, daß der Betroffene über sein Vermögen oder über bestimmte Vermögens­ gegenstände nur mit Genehmigung verfügen darf. Die Anordnung sott auf bestimmte Bermögensgegenstände beschränkt werden, wenn dadurch die beabsichtigte Vermögensverschiebung verhindert werden kann. Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor, so können die Devisenstellen auch sonstige sichernde Anordnungen treffen, die zur Ver­ hinderung der beabsichtigten Vermögensverschiebung erforderlich sind. (2) Die Anordnungen nach Abs. 1 sind von der Eintragung im Grundbuch ausgeschlossen. Sie werden mit dem Zugehen an den Betroffenen oder, wenn die Mitteilung an den Betroffenen nicht möglich ist, mit Ablauf des Tages wirksam, an dem die Anordnungen im Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger bekannt­ gegeben worden sind. (3) Gegen Anordnungen nach Abs. 1 ist die Beschwerde an den Reichswirschaftsminister zulässig. Dieser entscheidet endgültig. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

§ 60 (37b). Der Reichswirtschaftsminister und das Reichsbank­ direktorium sönnen auch in anderen als den im § 59 genannten Fällen die Anordnungen treffen, die zur Sicherung der Devisenbestände und des Devisenaufkommens erforderlich sind. § 61. (1) Die auf Grund der §§ 59 und 60 getroffenen Anordnungen (Sicherungsanordnungen), die einer Vollziehung bedürfen, werden von der Stelle, die sie erlassen hat, vollzogen. Der Reichswirtschaftsminister kann die Vollziehung der von ihm getroffenen Sicherungs­ anordnungen einer Devisenstelle übertragen. (2) Der Reichswirtschaftsminister, die Devisenstellen- und das Reichsbankdirektorium können bei der Vollziehung der Sicherungs­ anordnungen die Zoll- und Steuerfahndungsstellen, die Hauptzoll­ ämter und die Ortspolizeibehörden um AmtShüfe ersuchen. Auf die

B V 5. Gesetz über die Devisenbewirtschaftung §§ 62—69.

786

Durchführung der Amtshilfe finden die für diese Stellen und Behörden allgemein geltenden Verfahrensvorschriften Anwendung. 8 62. (1) Die Amtsträger der Devisenstellen, der Reichsfinanz­ verwaltung, Abteilung Zoll, und des Steuerfahndungsdienstes können

unter den im j 69 genannten Voraussetzungen bei Gefahr im Verzüge vorläufige Sicherungsanordnungen treffen, die zur Verhinderung der beabsichtigten Bermögensverschiebungen erforderlich sind. $ 59 Abs. 2

und $ 61 finden entsprechende Anwendung. (2) In den Fällen des Abs. 1 ist unverzüglich die Entscheidung der zuständigen Devisenstelle einzuholen. Soweit die Devisenstelle die Sicherungsanordnung aufhebt, ist dies dem Betroffenen mitzuteilen. $ 63. Kosten (nicht abgedruckt).

Abschnitt V.

Bürgerlich-rechtliche und zivilprozessuale Vorschriften. 88 64—68 (nicht abgedruckt). Abschnitt VI.

Strafrechtliche und strafverfahrensrechtliche Borschriste«. 1. Strafen; Einziehung.

§ 69.1)2 3(1) 4 Mit Gefängnis oder in besonders schweren Fällens mit Zuchthaus') bis zu zehn Jahren sowie mit Geldstrafe bis zum Zehnfachen des Wertes der Zahlungsmittel, der Forderungen, des Goldes, der anderen Edelmetalle, der Wertpapiere, der Anteilsrechte, der Grundstücke oder der sonstigen Werte, auf die sich die strafbare Handlung bezieht, wird bestraft, wer vorsätzlich«) 1. (42 Ziff. 1, 2) dem § 10 Abs. 1 oder § 13 zuwider ausländische

Zu § 69: 1) Hiernach sind nunmehr die Zuwiderhandlungen gegen § 3 der BO. über die Ablieferung außer Kurs gesetzter in- und ausländischer Goldmünzen v. 16. Juli 38 (RGBl. I S. 902) zu bestrafen. Zuwiderhand­ lungen gegen da« Devisenges. für das Land Österreich v. 23. März 38 (GBl. Nr. 13/1938), die bis zum 31. Dezbr. 1938 begangen worden sind und als BerwaltungSübertretungen strafbar waren, sind auch nach dem Inkraft­ treten des Devisengesetzes v. 12. Dezbr. 38 weiter von den in § 33 deS österr. Ges. vorgesehenen Behörden als Berwaltungsübertretungen zu bestrafen (Erl. d. RWirtschMn. v. 8. März 39 — V Dev. 5a/4147/39). 2) D. h. wenn sich der Fall einigermaßen deutlich von dem gewöhn­ lichen Bilde einer strafbaren Handlung der in Betracht kommenden Art in einer dem Täter belastenden Weise unterscheidet. E. 69 S. 164 (169) u. RG. JurW. 1936 S. 3547. 3) Trotzdem bleiben die Zuwiderhandlungen Vergehen. RG. JurW. 1935 S. 1939. 4) Zum Vorsatz genügt, daß sich der Täter bewußt ist. seine Handlung verstoße möglicherweise gegen irgendwelche, wenn auch im einzelnen nicht Dalcke, Strafrecht. 31. Ausl.

50

786

B V. Wirtschaftsrecht.

Zahlungsmittel oder Forderungen in ausländischer Währung gegen inländische Zahlungsmittel erwirbt oder veräußert oder den Erwerb oder die Veräußerung vermittelt; 2. (42 Ziss. 5) Termingeschäfte über ausländische Zahlungsmittel oder Forderungen in ausländischer Währung gegen inländische Zahlungsmittel, Usance-Termin- und Swap-Geschäfte sowie Termingeschäfte über Gold oder andere Edelmetalle den Vor­ schriften der §§ 11 und 23 zuwider abschließt oder vermittelt; 3. (42 Ziff. 4) ausländische Zahlungsmittel oder Forderungen in ausländischer Währung gegen inländische Zahlungsmittel zu einem höheren als dem nach § 12 zugelassenen Preise veräußert oder erwirbt oder einen solchen Erwerb vermittelt; 4. (42 Ziff. 3) einer der Vorschriften der §§ 14 bis 16, des § 17 Abs. 1 /) der 88 18/*) 21, 22, 24 bis 30, des 8 31 Abs. 1, des 8 33, des 8 34 in Verbindung mit 8 33, der 8§ 35 bis 37, 39 bis 44, 54 bis 56, des 8 57 Abs. 1 und des § 58 zuwiderhandelt; 5. (42 Ziff. 6) den ihm nach den §846,6* )* 48 * 5 Abs. 1°*) und den 8§ 49 bis 52 obliegenden Pflichten nicht, nicht rechtzeitig oder nicht ordnungsmäßig nachkommt;

6. (42 Ziff. 8) einer Anordnung, die eine mit devisenwirtschaftlichen Aufgaben betraute Stelle getroffen hat, zuwiderhandelt oder nicht, nicht rechtzeitig oder nicht ordnungsmäßig nachkommt; klar vorgestellte Bestimmungen des Devisenges. E. 70 S. 141. Beim beb. Boriatz muß die innere Billigung der vom Täter als möglich erkannten Folge seiner Handlung festgestellt werden. E. 72, 36. 5) Hierunter fällt derjenige, welcher auf einen gefälschten Paß einen Geldbetrag — mag dieser auch innerhalb der Freigrenze bleiben — durch Postanweisung ins Ausland überweist. E. 70 S. 385. RG. JurW. 1938, 505. (Hn vorsätzl. Überbringen von Zahlungsmitteln kann fahrlässigerweise er­ möglicht werden. JurW. 1935 S. 2957 (jedoch JurW. 1936 S. 991). — Tateinheit mit Bannbruch. RG. JurW. 1937 S. 319. 5a) Das Annahmeverbot für aus dem Ausland eingebrachte Reichs­ marknoten gilt nur für denjenigen, der die Noten von dem Einbringer selbst unmittelbar erhält, oder für denjenigen, an den dieser unmittelbare Empfänger im Aufttage des Einbringers eine Zahlung leistet. Besteht bei der letzteren Begehungsform diese Beziehung (Beaufttagung) nicht, so ist 8 18 auch nicht nach § 2 StGB, entsprechend anwendbar. RG. DJust. 1939 S. 1214. 6) Die Verletzung der Anbietungspflicht ist eine selbständige Schädigung der Devisenbewirtschaftung und daher keine straflose Nachtat. E. 72,13. Auch innerhalb der Anbietungsfrist kann die Anbietungspflicht durch anderweittge Verfügung über anzubietende Werte verletzt werden. Tateinheit zwischen Verletzung der Anbietungspflicht und Verfügung ohne Genehmigung. E. 73 S. 129. 6B) Das zunächst fahrlässig begangene Vergehen aus § 48 wird von dem folgenden vorsätzlich begangenen Vergehen aufgezehrt (Dauervelgehen). RG. DRM. 1939 Nr. 538.

B V 5.

Gesetz über die Devisenbewirtschaftung 5 70.

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für Anordnungen der Überwachungsstellen bleibt es bei den Vor­ schriften der Verordnung über den Warenverkehr vom 4. Sep­ tember 3934 (RGBl. I S. 816) in der Fassung der Verordnung zur Ergänzung der Verordnung über den Warenverkehr vom 28. Juni 1937 (RGBl. I S. 761, 824); 7. (42 Ziff. 7) unrichtige oder unvollständige Angaben tatsächliches) < Art macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen eine Ge­ nehmigung zu erschleichen*), die nach diesem Gesetz oder den zu seiner Durchführung erlassenen Vorschriften erforderlich ist. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Wird eine der Handlungen fahrlässig*) *a) begangen, tritt nur die Geldstrafe ein. An Stelle einer Geldstrafe tritt bei Nichtbeitreib­

barkeit Gefängnis. (4) Mit der im Abs. 1 bezeichneten Strafe wird ferner bestraft, wer vorsätzlich zu einer im Abs. 1 mit Strafe bedrohten Handlung ausfordert/ anreizt oder sich erbietet.*)

§ 70 (43). (1) Mit Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. (43 Zisf. 5) der Vorschrift des § 8 Abs. 1 zuwider die vom Reichswirtschastsminister, von der Reichsbank oder einer Devisenstelle verlangten Auskünfte nicht, nicht in der bestimmten Frist, unvoll­ ständig oder unrichtig erstattet oder die Bücher ober sonstigen Belege nicht, nicht in der bestimmten Frist ober unvollständig vorlegt^ oder der Aufforderung zum persönlichen Erscheinen

nicht Folge leistet; 2. (43 Zifs. 2) Kurse ausländischer Zahlungsmittel veröffentlicht, die nach § 12 Abs. 5 nicht veröffentlicht werden dürfen; 7) Das sind auch innere Tatsachen: Anschauungen, Absichten. RG. IurW. 1938, 1106. 8) Erschlichen ist die Genehmigung, die für ein bestimmtes Rechts­ geschäft beantragt wird — E. 67 S. 429 —, um dadurch ein anderes Geschäft nachträgl. genehmigt zu erhalten. RG. IurW. 1937 S. 2413. An sich kommt es nicht darauf an, daß ein Erfolg erzielt wird oder daß die Genehmigung erteilt wird. RG. IurW. 1938, 1106. 9) Dieser Tatbestand kann in der Vereinbarung eines Inländers mit einem Ausländer liegen, für letzteren im Auslande Wertpapiere zu ver­ kaufen. E. 69 S. 257. Gleichgültig ist, ob derj., dem er sich erbietet, gewillt und geeignet ist, das Anerbieten anzunehmen, fc®. Berlin IurW. 1936 S. 1163. Ein ernstliches Erbieten muß festgestellt werden, dagegen braucht der Anreizende den Erfolgswillen nicht zu haben. KG. IurW. 1937 S. 2701. Siehe auch Ges. gegen Wirtschaftssabotage v. 1. Dezbr. 36 (RGBl. I S. 999) unter B V 6. Zu § 70: 1) Die Abhebung von Registermark mit Hilfe eines Passes, der den inländischen Täter fälschlich als im Auslande wohnend bezeichnet, fällt hierunter. RG.'HRR. 1937 Nr. 72.

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B V. Wirtschaft-recht.

3. (43 Ziff. 3) der Vorschrift des § 32 und des § 34 in Verbindung

mit § 32 zuwiderhandelt; 4. (43 Zisf. 4) der Vorschrift des § 45 zuwiderhandelt;

5. (43 Ziff. 6) Auflagen einer mit devisenwirtschaftlichen Aufgaben betrauten Stelle oder die ihr gegenüber übernommenen Ver­

pflichtungen nicht, nicht in der bestimmten Frist oder nicht ord­ nungsmäßig erfüllt;')

6. (43 Ziff. 7) den Bestimmungen der Reichsbank über die Verwen­ dung von Reichsmarkbeträgen aus Registerguthaben im Reise­ verkehr zuwiderhandelt.

(2) Mit Geldstrafe wird ferner bestraft, wer vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben tatsächlicher Art macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen eine Bescheinigung zu erschleichen, die

nach diesem Gesetz oder den zu seiner Durchführung erlassenen Vor­

schriften die Voraussetzung für die Freistellung von einer devisenrecht­ lichen Beschränkung ist oder an deren Erteilung sonst devisenwirtschaft­

liche Vorteile geknüpft sind. § 71 (44). (1) Straffrei bleibt, wer in unverschuldetem Irrtum

über das Bestehen oder die Anwendbarkeit devisenrechtlicher Vor­

schriften die Tat für erlaubt gehalten hat?) (2) Wer aus Mangel an der Sorgfalt, zu der er nach den Um­

ständen verpflichtet und nach seinen persönlichen Verhältnissen fähig war, die Tat für erlaubt gehalten hat,

wird wegen Fahrlässigkeit

bestraft?) § 72 (45). (1) In den Fällen des $ 69 und des $ 70 Abs. 1 Nr. 6 können neben der Strafe die Werte, aus die sich die strafbare Handlung

bezieht, auch wenn sie dem Täter oder einem Teilnehmer nicht gehören, sowie die Werte, die durch die strafbare Handlung gewonnen sind, zu-

2) Z. B. die für die Regiftermarkabhebung geltenden Bestimmungen. JurW. 1936 S. 991. ES ist nicht schlechthin unzulässig, mit Reichsmark­ beträgen aus Registerguthaben für Reisezwecke Kleidungsstücke anzuschaffen. RG. JurW. 1938 S. 1644. Zu § 71:1) Der § (44) stellt sich als Erweiterung de- § 59 StGB. dar. JurW. 1936 S. 1538. Für den Irrtum des Taters genügt es nicht, daß er Zweifel gehabt hat, ob die Tat erlaubt sei; vielmehr muß er die Tat irrig für erlaubt gehalten haben. RG. Das Recht 1939 Nr. 86. Bedingter Vorsatz kann im Rahmen diese- Paragr. nicht mehr in Frage kommen. Die Voraussetzungen deS § müssen nachgewiesen sein. E. 72, 82. Siehe auch Anm. Sb zu § 395 RAbgO. unter BVIIl. 2) Diese Vorschrift ist eine Strafmilderungsvorschrift. E. 72 S. 84. vorsätzl. begangene Straftaten bleiben bei Anwendbarkeit der Vorschrift vorsätzlich; jedoch tritt der für eine fahrlässige Tat in Bettacht kommende Strafrahmen ein. RG. D. RechtSpst. 1939 Nr. 14.

B V 6. Gesetz über dir Lcviscvbervirtschaftuvg § 73.

789

gunsten des Reich- eingezogen werdens) im Falle des J 70 Abs. 1 Nr. 6 kann die Einziehung auf alle von dem Täter nach Deutschland verbrachten oder ihm in Deutschland zur Verfügung gestellten Reiseschecks, Reisekreditbriefe und Akkreditive sowie die darauf erhobenen Reichsmarkbeträge erstreckt werden. Die Einziehung kann auch dann erfolgen, wenn ein und dieselbe Handlung zugleich nach diesem Gesetz oder einer Durchführungsverordnung und nach einem anderen Straf­ gesetz strafbar ist und die Strafe dem anderen Strafgesetz entnommen

wird. (2) Bei Zuwiderhandlungen gegen die §§ 16,17 Abs. 1, §§ 22, 28, 54, 57 Abs. 1 und § 58 können die zur Begehung der Tat benutzten Beförderungsmittel eingezogen werden. Beförderungsmittel, die dem allgemeinen Verkehr dienen und unabhängig von den Weisungen des Fahrgastes oder Benutzers verkehren, sind nicht einzuziehen. (3) Die Einziehung unterbleibt, wenn der von der Einziehung Betroffene nachweist, daß er von der Straftat keine Kenntnis hatte, sie nicht haben konnte und daß er von der Straftat auch keinen Vor­ teils gehabt hat. (4) Mit der Rechtskraft des Straferkenntnisses, durch das die Ein­

ziehung von Werten angeordnet wird, gehen diese auf das Reich über. 5 73 (45). (l)3ft die Einziehung*)») der im § 72 Abs. 1 genannten Werte nicht ausführbar oder hat die Einziehung nach § 72 Abs. 3 zu

unterbleiben, so kann aus Einziehung eines diesen Werten entsprechen­ den Geldbetrags») gegenüber dem Täter und dem Teilnehmer erkannt werden (Crsatzeinziehung).») Ausländische Zahlungsmittel und Forderungen in ausländischer Wahrung sind zum amtlichen Berliner Mittel­ kurs, den diese Werte zur Zeit der verbotenen Handlung hatten, in

Reichsmark umzurechnen. Zu § 72: 1) AB. v. 9. Jan. 36 (DJust. S. 100) über Verwertung dem Reiche gehöriger Wertpapiere u. AB. v. 26. Juli 38 (DJust. S. 1219) über die Behandlung der eingezogenen Beträge. Die Konkurseröffnung steht einer Einziehung nicht entgegen. Konkurs­ gläubiger sind nickt von der Einziehung betroffen. NG. JurW. 1937 S. 2911. 2) Vorteil ist hier rein nach der äußeren Sachlage zu bestimmen. Der Nebenbeteiligte, zu dessen Nachteil die Einz. erfolgt, braucht von dem Vorteil keine Kenntnis gehabt zu haben. E. 72, 240 (244). Zu § 73: 1) D. h. die ausgesprochene E. RG. JurW. 1936 S. 3192. 2) Hierauf kann die Rev. beschränkt werden, wenn der Einziehgsbetr. höher festgesetzt worden ist. E. 70 S. 101. 3) Die Einziehung und der Wertersatz (Ersatzeinziehg.) sind Nebenstrafen, nicht Polizei!. Sicherungsmaßnahmen. E. 69 S. 385. — Diese Ersatzein­ ziehung kann auch gegen den Gehilfen ausgesprochen werden. Die Höhe des Geldbetrages ist nach den Werten zu bemessen, auf die sich die wissenll. Beteiligung des Gehilfen erstreckt. RG. JurW. 1936 S. 3192. Eine Er­ mäßigung (§§ 49, 44 StGB.) tritt nicht ein. E. 68 S. 12.

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B V. Wirtschaft-recht.

(2) Steht,nicht fest, ob die Einziehung ausführbar sein wird, so kann für den Fall, daß die Einziehung nicht ausgeführt werden kann, auf Ersatzeinziehung erkannt werden. Die Ersatzeinziehung kann das Gericht oder, wenn die Einziehung durch Strafbescheid (§§ 87, 90) erfolgt ist, die Devisenstelle oder das Hauptzollamt auch nachträglich durch Beschluß anordnen.

§ 74 (47). (1) Wird im Betrieb eines Unternehmens eine nach den §§ 69 oder 70 strafbare Handlung begangen, so kann gegen den In­ haber oder Leiter eine Ordnungsstrafe bis zu 300000 Reichsmark fest­ gesetzt werden, sofern er nicht nachweist, daß er die im Verkehr er­ forderliche Sorgfalt zur Verhütung der strafbaren Handlung ange­ wandt hat. (2) Die Ordnungsstrafe wird auf Antrag einer Devisenstelle vom Reichswirtschaftsgericht festgesetzt. Die Festsetzung ist unanfechtbar.

§ 75 (48). Wegen einer Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften dieses Gesetzes oder einer Durchführungsverordnung (Tevisenzuwiderhandlung) kann ein Deutscher auch dann bestraft und verfolgt werden, wenn er die Tat im Ausland begangen hat. 2. Mithaftung; Sicherung der Geldstrafen und Einziehung. § 76 (46). In den Fällen der §§ 69, 70, 72 und 73 finden die Vor­ schriften der §§ 4 61) und 4 7 der Reichsabgabenordnung mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß das Gericht die Haftung aus­ sprechen kann, wenn die Staatsanwaltschaft dies beantragt. Die Staatsanwaltschaft soll den Antrag nur im Einvernehmen mit dem Nebenkläger (§ 86) stellen. $ 77. (:) Besteht hinreichender Verdacht einer nach den §§ 69 und 70 Abs. 1 Nr. 6 strafbaren Handlung, so kann der Richter ($ 98 der Strafprozeßordnung) auf Antrag der Staatsanwaltschaft zur Sicherung der Geldstrafe, der Einziehung (§ 72), der Ersatzeinziehung (§ 73) und der Haftung der Vertretenen (§ 76) einen Arrestbefehl er­ lassen, ohne daß es eines besonderen Arrestgrundes bedarf. Der Arrest kann auch angeordnet werden, wenn der Betrag der Forderung noch nicht feststeht. In dem Arrestbesehl ist ein Geldbettag zu bestimmen, durch dessen Hinterlegung die Vollziehung des Arrestes gehemmt oder der Bettosfene zum Anttage aus Aushebung des vollzogenen Arrestes berechtigt wird; der Geldbettag soll der Höhe der den Beschuldigten voraussichtlich ttefsenden Geldstrafe und Einziehung entsprechen. Gegen den Beschluß findet die Beschwerde nach § 304 der Strafprozeß-

Zu § 76: 1) Der Haftungsbeteiligte, der zur Berttetung des A. auf devisenwirtschaftl. Gebiet befugt war, kann zur Nachhaftung für die Geldstt. verurteilt werden. KG. JurW. 1937 S. 52.

B V 5. Gesetz über die Devisenbewirtschaftung g 78.

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ordnung statt. Der Arrest ist aufzuheben, wenn ein hinreichender Ver­ dacht der strafbaren Handlung nicht mehr besteht. (2) Die Wirkung und Vollziehung des Arrestbefehls bestimmt sich vorbehaltlich der nachstehenden Vorschriften nach den für den ding­ lichen Arrest geltenden Bestimmungen der Zivilprozeßordnung. Die $§ 929 und 945 daselbst finden keine Anwendung. Der Arrest bedarf keiner Vollstreckungsklausel; die Vollziehung ist auch ohne vorherige Zustellung des Arresibefehls zulässig. Für die Pfändung von Forde­ rungen ist der im Abs. 1 bezeichnete Richter als Vollstreckungsgericht zuständig. Er entscheidet auch über den Antrag auf Aufhebung des vollzogenen Arrestes (Abs. 1 Satz 5); gegen die Entscheidung findet die Beschwerde nach § 304 der Strafprozeßordnung statt. (3) Schon vor der Anordnung des Arrestes können unter den Vor­ aussetzungen des Abs. 1 die Staatsanwaltschaft oder die im § 98 Abs. 1 der Strafprozeßordnung bezeichneten Polizei- und Sicherheitsbeamten dem Betroffenen und seinem Schuldner eine Pfändungs­ ankündigung in entsprechender Anwendung des § 845 der Zivilprozeß­ ordnung zustellen lassen. Die Zustellung kann nach den Vorschriften über die Zustellung von Amts wegen erfolgen. (4) Bei den sich aus dem Arrest und seiner Vollziehung ergeben­ den Angelegenheiten wird das Reich durch die Staatsanwaltschaft beim Landgericht vertreten. § 78. (1) Um die Durchführung der im § 77 vorgesehenen Maß­ nahmen sicherzustellen, kann der Richter auf Antrag der Staatsanwalt­ schaft die Beschlagnahme des Vermögens des Betroffenen anordnen. Die Beschlagnahme wird mit der Anordnung wirksam. (2) Die Vermögensbeschlagnahme sowie ihre Aufhebung sind im Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger bekannt­ zumachen. Sie können auch in anderen Blättern veröffentlicht werden. (3) Die Permögensbeschlagnahme hat die Wirkung, daß Ver­ fügungen, die gegen diese Beschlagnahme verstoßen, dem Reich gegen­ über unwirksam sind. Der rechtsgeschästlichen Verfügung steht eine Verfügung gleich, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Vollziehung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung erfolgt. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts zugunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, sind unbeschadet der Vorschrift des Abs. 4 anzuwenden. Durch die Anordnung erhält die Staatsanwaltschaft das Recht, einzelne zu dem Vermögen des Be­ troffenen gehörige bewegliche Sachen in vorläufigen Gewahrsam zu nehmen oder sonst sicherzustellen, die Handelsbücher und die sonstigen Belege des Betroffenen einzusehen oder durch einen Beauftragten einsehen zu lassen.

»92

v V. Wirtschaftsrecht. (4) Ein Dritter kann sich bei Verfügungen, die nach der öffent­

lichen Bekanntmachung (Abs. 2) vorgenommen worden sind, darauf, daß ihm die Beschlagnahme nicht bekannt gewesen sei, nur berufen,

wenn er nachweist, daß die Unkenntnis nicht auf Fahrlässigkeit beruht. (5) Die Beschlagnahme ist aufzuheben, sobald sie nicht mehr not­ wendig ist, insbesondere sobald durch Maßnahmen nach $ 77 aus­ reichende Sicherung erreicht ist. Sie ist spätestens binnen acht Wochen nach der Anordnung aufzuheben. § 79. Geldbeträge, auf deren Einziehung nach $ 73 erkannt werden kann, oder andere bewegliche Sachen in entsprechendem Werte können auch nach den allgemeinen beschlagnahmt werden. 3. Strafverfahren.

§ 801) (49). Zur Aburteilung') von Devisenzuwiderhandlungen findet das Schnellverfahren nach $212 der Strafprozeßordnung auch dann statt, wenn der Beschuldigte sich weder freiwillig stellt noch infolge einer vorläufigen Festnahme dem Gericht vorgeführt wird.

$ 81 (45 Abs. 2). Ist der Beschuldigte abwesend oder kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Einziehung oder Ersatzeinziehung selb­ ständig durch Beschluß des Gerichts') ausgesprochen werden.') Gegen den Beschluß findet die sofortige Beschwerde statt. In den Fällen der $$ 16, 17 Abs. 1, §§ 22, 28, 54, 57 Abs. 1 und $ 58 kann die Einziehung oder Ersatzeinziehung auch durch daS Hauptzollamt erfolgen. $ 82. (1) Macht ein anderer als der Beschuldigte geltend, daß ihm ein Recht an einem der Einziehung unterliegenden Werte oder ein Anspruch auf einen solchen Wert zustehe, oder liegen Tatsachen vor, aus denen zu schließen ist, daß einem anderen als dem Beschuldigten ein solches Recht oder ein solcher Anspruch zusteht, so ist1) der andere als Beteiligter zur Hauptverhandlung zu laden, wenn dadurch das Verfahren nicht verzögert wird. Das gleiche gilt für den, der neben

dem Beschuldigten für Geldstrafe und Kosten haftet. Zu $ 79: 1) §§ 94 ff. StPO. Zu $ 80: 1) Richtlinien Nr. 422, 173. 2) über Bearbeitung der Devisenzuwiderhandlungen AB. v. 14. Dezbr. 37 (DIust. S. 1974). Zu $ 81: 1) Wird die Einziehung durch Urteil ausgesprochen, so findet Revision statt. E. 71, 269. 2) Die Einziehung u nd Ersatzeinziehung in den Nachlaß des ver­ storbenen Beschuldigten ist zulässig. Otter, DStrafr. Bd. 6 S. 270. Die Kostenentsch. ergibt sich aus entsprechender Anwendung des $ 430 u. aus $ 465 StPO. Zu $ 82: 1) Zwingende Vorschrift.

B V 5. Gesetz über die Devisenbewirtschaftung §§ 83—86.

793

(2) In der Ladung ist der Beteiligte darauf hinzu weisen, daß über

die Einziehung oder die Haftung für Geldstrafe und Kosten ihm gegen­ über entschieden wird. Mit der Ladung ist die Anklage mitzuteilen.

(3) Wird die Einziehung oder die Haftung für Geldstrafe und

Kosten im Strafbefehl ausgesprochen, so ist der Strafbefehl den Be­ teiligten mitzuteilen; Abs. 2 Satz 1 gilt entsprechend.

§88. (1) Der Beteiligte hat, soweit bas Verfahren die Einziehung oder die Haftung für Geldstrafe und Kosten betrifft, selbständig die

Rechte des Angeklagten. In der Hauptverhandlung kann er sich durch einen Verteidiger vertreten lassen.

Auch wenn er nicht geladen ist,

kann er erscheinen und sein Recht geltend machen?)

Bleibt er auf

ordnungsmäßige Ladung aus, so wird ohne ihn verhandelt. (2) Beteiligten, die zur Hauptverhandlung geladen oder erschienen waren, ist das Urteil zuzustellen, wenn sie bei der Verkündung nicht

zugegen und auch nicht vertteten gewesen sind.

§ 84. (1) Für Beteiligte, deren Ladung zur Hauptverhandlung nicht möglich war oder die trotz Ladung nicht erschienen sind, beginnt

die Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels mit der Verkündung des Urteils?)

(2) Ist die Einziehung oder die Haftung für Geldstrafe und Kosten

im Strafbefehl ausgesprochen, so beginnt die Frist zur Erhebung des Einspruchs für den Beteiligten, dem der Strafbefehl nicht mitgeteilt

worden ist, mit der Bekanntmachung des Strafbefehls an den Be­

schuldigten.

§ 85 (50). Wird die Einziehung selbständig durch Beschluß des Gerichts oder durch das Hauptzollamt ausgesprochen (§ 81), so finden

die §§ 82 bis 84 entsprechende Anwendung.

Der Beteiligte ist, falls

möglich, vor der Beschlußfassung zu hören.

$ 86 (50)?) (1) Erhebt die Staatsanwaltschaft wegen einer De­ visenzuwiderhandlung die öffentliche Klage, so hat die für den Ge-

Zu § 83: 1) Wird der Nebenbeteiligte in der Hauptverhandlung durch einen RA. vertreten, dann kann gegen ihn verhandelt werden, auch wenn er nicht geladen worden war. KG. JurW. 1937 S. 52. Zu § 84:1) Dies gilt auch für die vorschriftswidrig (§82) nicht geladenen Einziehungsbeteiligten. Dtünchen JurW. 1938,2469, — anders sür Steuerstrafverfahren. E. 70, 40. — Der Einziehungsbeteiligte kann sein Rechtsmittel auch derart stützen, daß die bereits rechtskr. gewordene Verurteilung des Täters sachlich nicht ge­ rechtfertigt gewesen ist. RG.JurW. 1937 S. 2910. Dagegen kann er mit seinem Rechtsmittel nicht das Ziel verfolgen, die Aushebung der Ver­ urteilung des A. berbeizusühren. RG. JurW. 1938 S. 8. Zu § 86: 1) Richtlinien Nr. 423, 216.

794

B V. Wirtschaft-recht.

richtsbezirk zuständige Devisenstelle die Rechte eines Nebenklägers.')

Als Devisenzuwiderhandlung gilt auch eine dem Täter oder Teil­ nehmer gewährte Begünstigung. (2) Tas Urteil und andere Entscheidungen sind der Devisenstelle zuzustellen, auch wenn sie bei der Verkündung vertreten gewesen ist. Die Fristen für die Einlegung von Rechtsmitteln beginnen für die Devisenstelle mit der Zustellung?) Für Revisionsanträge und für Er­ klärungen auf solche hat sie einen Monat Frist. Berufungsanträge, Revisionsanträge und Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens kann sie schriftlich selbst stellen.

§ 87. (1) Tie Devisenstellen können über eine Devisenzuwider­ handlung durch Strafbescheid entscheiden, wenn die Devisenzuwider. Handlung nur mit Geldstrafe und Einziehung oder einer dieser Strafen bedroht ist oder wenn die Voraussetzungen des § 27b des Reichsstrasgesetzbuchs (§ 9 der Strasenanpassungsverordnung vom 8. Juli 1938

— RGBl. I S. 844) vorliegen. Dies gilt nicht, wenn ein und dieselbe Handlung zugleich als Devisenzuwiderhandlung und nach einem anderen Strafgesetz strafbar ist. (2) Die Devisenstellen können auch gegen Beteiligte im Sinne des § 82 entscheiden. (3) Lrtlich zuständig ist die Devisenstelle, in deren Bezirk die De

visenzuwiderhandlung begangen oder entdeckt worden ist oder einer der Betroffenen seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat oder gehabt hat. Ergibt sich hiernach nicht die Zuständigkeit einer Devisenstelle, so ist die Devisenstelle Berlin zuständig.

§ 88. (1) Im Strafbescheid sind außer der Strafe die strafbare Handlung, das Strafgesetz und die Beweismittel anzugeben. Der Strafbescheid soll ferner die Entscheidungsgründe und die Belehrung über den dem Betroffenen nach Abs. 2 zustehenden Rechtsbehels enthalten. (2) Gegen den Strafbescheid kann der Betroffene binnen einer Woche nach der Bekanntgabe bei der Devisenstelle, die den Bescheid erlassen hat, schriftlich oder mündlich auf gerichtliche Entscheidung antragen.

§ 89 (5‘). (1) Wenn der Beschuldigte eine Devisenzuwiderhand, lung vorbehaltlos einräumt, kann er sich der in einer Niederschrift festzusetzenden Sttafe unter Verzicht aus Erlaß eines Strafbescheides

und auf gerichtliche Entscheidung sofort unterwerfens) § 87 findet 2) Statt Devisenstelle ist Hauptzollamt nur dann Nebenkläger (§ 472 RAbgO.), wenn es die Vorgänge unmittelbar an StA. abgegeben hat. Müncken JurW. 1938 S. 2469. 3) $ 467 RAbgO. Weitere Mitteilungen in § 61 der MitteilungSvers. Zu § 89: 1) Richtlinien Nr. 424, 147. § 445 RAbgO. unter B VII1.

B V 5. Gesetz über Me Devisenbewirtschaftung §§ 90—93

795

entsprechende Anwendung. Die Unterwerfung steht einer rechts­ kräftigen Verurteilung gleich. (2) (52 Abs. 3). Tie Devisenstelle kann die Behörden und Be­ amten der Reichsfinanzverwaltung um Aufnahme von Unterwerfungs­ verhandlungen ersuchen.

§ 90 (52 Abs. 4). (1) Bei Zuwiderhandlungen gegen die §§ 16,17 Abs. 1, §§ 22, 28, 54, 57 Abs. 1 und § 58 sowie im Falle des § 70 Abs. 1 Nr. 6 können auch die Hauptzollämter unter den Voraussetzungen und nach Maßgabe der §$ 87 und 88 durch Strafbescheid entscheiden. (2) In den Fällen des Abs. 1 sind die Hauptzollämter einschließlich ihrer Hilfsstellen und Nachgeordneten Beamten zur Aufnahme der Niederschrift über die Unterwerfung auch ohne Auftrag der Devisen­ stelle befugt. Die Genehmigung der Unterwerfung steht in diesem Falle dem Vorsteher des Hauptzollamtes, seinem Vertreter oder einem mit der Genehmigung der Straffestsetzung allgemein beauftragten Beamten zu.

§ 91. (1) Auf das Verfahren in den Fällen der §§ 87 bis 90 finden § 428 Abs. 2 und 3, §§ 429, 442 bis 444, 448, 449, 454, 455, 457, 458, 459 Abs. 2 und §§ 461 bis 467, 469, 470, 475 der Reichsabgabenord, nung und die §$ 2 bis 4, 7 und 8 der Verordnung über die Unterwerfung im Strafverfahren gemäß § 4.0 (jetzt § 445) der Reichs, abgabenordnung vom 1. November 1921 (RGBl. S. 1328) sinngemäß Anwendung. An die Stelle des Finanzamts tritt die Devisenstelle, (2) Auf die Vollstreckung der Straferkenntnisse und der Kosten­ entscheidungen der Devisenstellen findet § 459 Abs. 1, 3 und 4 der Reichsabgabenordnung Anwendung. § 92 (50 Abs. 3). Tie Devisenstelle kann die Befugnisse, die ihr im gerichtlichen Verfahren zustehen, anderen Behörden oder bestimm­ ten Beamten übertragen. § 93. (1) Wird wegen einer Devisenzuwiderhandlung auf keine schwerere Strafe als Geldstrafe oder Einziehung oder Ersatzeinziehung, allein oder nebeneinander, erkannt, so kann das erkennende Gericht und, wenn über eine Tat durch Strafbescheid oder im Unterwerfungs­ verfahren entschieden wird, die Devisenstelle oder das Hauptzollamt durch besonderen Beschluß anordnen, daß die Verurteilung in das Strafregister nicht aufzunehmen ist, wenn das Verschulden des Täters gering ist oder wenn er fahrlässig gehandelt hat. (2) Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Wird auf einen Rechts­ behelf vom Gericht in der Strafsache eine neue Entscheidung erlassen, so kann es auch über die Aufnahme der Verurteilung in das Straf, register erneut entscheiden.

796

B V. Wirtschastsrecht. Abschnitt VII. Schlußvorschrlften.

$ 94. Die Beschränkungen und Verbote dieses Gesetzes gelten nicht für die Reichsbank, die Deutsche Golddiskontbank und die Kon­ versionskasse für deutsche Auslandsschulden. § 95. Der Reichswirtschaftsminister kann im Einvernehmen mit dem Reichsbankdirektorium einzelne Personen ganz oder teilweise von den Beschränkungen und Verboten dieses Gesetzes und der Durch­ führungsverordnungen freistellen. § 96. Der Reichswirtschaftsminister erläßt im Einvernehmen mit den beteiligten Reichsministern die zur Durchführung und Ergänzung dieses Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften.*) Er kann, soweit er es zur Erreichung der Zwecke dieses Gesetzes für erforderlich hält, weitere Beschränkungen, Verbote und Pflichten an­ ordnen und auf Zuwiderhandlungen gegen die von ihm erlassenen Vorschriften die in den §§ 69 bis 79 angedrohten Strafen und sonstigen Maßnahmen für anwendbar erklären. § 97. (1) Der Reichswirtschaftsminister erläßt im Einvernehmen mit den beteiligten Reichsministern die Richtlinien, nach denen die Devisenstellen und Überwachungsstellen ihre Maßnahmen und Ent­ scheidungen zu treffen habend). Durch die Richtlinien können mit bindender Wirkung Vorschriften dieses Gesetzes und der Durch­ führungsverordnungen ausgelegt oder auf bestimmte Arten von Geschäften und Handlungen für nicht anwendbar erklärt werden. (2) Richtlinien im Sinne des Abs. 1 sind auch Erlasse des Reichs­ wirtschaftsministers, die im Reichssteuerblatt oder in einem anderen amtlichen Mitteilungsblatt veröffentlicht werden. § 98. (1) Die §§ 55 und 56 Nr. 1 und 2 finden auch auf Personen Anwendung, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt seit dem 1. Juli 1935 nach dem Ausland verlegt haben; dies gilt nicht hin­ sichtlich solcher Handlungen, die diese Personen vor dem 28. Dezember 1935 vorgenommen haben. (2) § 56 Nr. 4 findet auch auf Personen Anwendung, die ihren Zu § 96:1) DBO. v. 23. Dezbr. 38 (RGBl. I S. 1966) in Anm. l zu§48. 2. DBO. v. 16. März 39 (RGBl. I S. 502) betr. Anbletungspflicht ausländischer Wertpapiere. 3. DBO. v. 29. April 39 (RGBl. I S. 879) betr. Geldsorten in tsche­ chischer Währung. 4. DBO. v. 6. Nov. 39 (RGBl. I S. 2170) betr. auf Zloty lautende Geldsorten. Zu § 97: 1) BO. zur Devisenbewirtschaftung (Richtl.) v. 22. Dezbr. 38 (RGBl. I S. 1851).

B V 5.

Gesetz über die Devisenbewirtschaftung §§ 99—104.

797

Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt seit dem 1. Juni 1936 nach dem Ausland verlegt haben. $ 99 Unberührt bleibt die Verordnung über die Bildung eines Ausschusses für Auslandschulden vom 26. Januar 1932 (RGBl. IS. 35). $ 100. Zuwiderhandlungen gegen § L9 Abs. 3 sind Vergehen im Sinne des österreichischen Landesrechts. § 101. Im Geltungsbereich der österreichischen Strafprozeß­ ordnung tritt an die Stelle des § 77 folgende Vorschrift: (1) Besteht hinreichender Verdacht einer nach den $$ 69 und 70 Abs. 1 Nr. 6 strafbaren Handlung, so kann der Strafrichter (bei dem Landgericht die Ratskammer) auf Antrag des Staatsanwalts zur Sicherung der Geldstrafe, der Einziehung (§ 72), der Ersatzeinziehung (§ 73) und der Haftung der Vertretenen (§ 76) eine einstweilige Ver­ fügung nach § 379 Abs. 3 oder § 382 Ziffer 6 der österreichischen Exe­ kutionsordnung erlassen, ohne daß es der Bescheinigung einer Gefähr­ dung im Sinne des $ 379 Abs. 2 oder des § 381 der Exekutionsordnung bedarf. Die einstweilige Verfügung kann auch angeordnet werden, wenn der Betrag der Forderung noch nicht feststeht. In der einst­ weiligen Verfügung ist ein Geldbetrag zu bestimmen, durch dessen Hinterlegung die Vollziehung gehemmt und der Betroffene zum Antrage auf Aufhebung der vollzogenen einstweiligen Verfügung be­ rechtigt wird; der Geldbetrag sott der Höhe der den Beschuldigten voraussichtlich treffenden Geldstrafe und Einziehung entsprechen. Gegen den Beschluß ist die Beschwerde (§§ 114, 481 österr. Straf­ prozeßordnung) zulässig. Die einstweilige Verfügung ist aufzuheben, wenn ein hinreichender Verdacht der strafbaren Handlung nicht mehr besteht. § 78 ist anwendbar. (2) Bei den sich auS der einstweiligen Verfügung und ihrer Bollziehung ergebenden Angelegenheiten wird das Reich durch den Staatsanwalt beim Landgericht vertreten. § 102. Im Geltungsbereich der österreichischen Strafprozeß­ ordnung gilt § 81 mit folgender Maßgabe: 1. an Stelle der sofortigen Beschwerde tritt die Beschwerde nach den §$ 114, 481 der österreichischen Strafprozeßordnung; 2. kann der Beschluß, durch den die Einziehung oder Ersatzeinziehung nach § 81 selbständig ausgesprochen wird, dem Betroffenen nicht zugestellt werden, so finden die Bestimmungen der §§ 116 bis 118 der Zivilprozeßordnung RGBl. Nr. 113/1895 dem Sinne nach Anwendung.

$ 103. Die Vorschriften des § 82 Abs. 3 und des § 84 Abs. 2 gelten auch für die Strafverfügung (§ 460 österr. Strafprozeßordnung). $ 104. Soweit den Devisenstellen die Rechte eines Nebenklägers

798

B V. Wirtschaftsrecht.

zustehen, haben sie im Geltungsbereich der österreichischen Straf­ prozeßordnung die Stellung eines Privatbeteiligten (§§ 47 bis 49

offen. Strafprozeßordnung).

Die Beschränkungen des § 49 Abs. 2

Ziffer 1 bis 3 der österreichischen Strafprozeßordnung sowie § 1 Ziffer 3 des Gesetzes RGW. Nr. 3/ 878 finden auf die Devisenstellen

keine Anwendung.

Die Verurteilung der Devisenstellen zum Ersatz

der Kosten (§ 390 offen. Sfrafprozeßordnung) ist ausgeschlossen. § 92

dieses Gesetzes findet Anwendung. §105. Für das Land Österreich treten im § 91 an Stelle der Ver­ weisung auf die Vorschriften der Reichsabgabenordnung und der Ver­ ordnung über die Unterwerfung im Strafverfahren gemäß § 410 (jetzt § 445) der Reichsabgabenordnung vom 1. November 1921 die

Vorschriften der Vierten Verordnung zur Einführung steuerrechtlicher Vorschriften im Lande Osteneich vom 3. August 1938 (RGBl. I S. 995) und die auf Grund dieser Verordnung erlassenen Vorschriften.

§ 106. Die Verweisungen auf reichsrechtliche Vorschriften in den §§ 43, 66, 67 und 80 gelten im Lande Österreich und in den sudeten­ deutschen Gebieten erst, wenn diese Vorschriften dort allgemein ein­

geführt worden sind.

B V 6. Gesetz gegen Wirtschaftssabotage. Vom 1. Dezember 1936.

(RGBl. I S. 999.)*) § 1. (1) Ein deutscher Staatsangehöriger/) der wissentlich*) und

gewissenlos ) aus grobem Eigennutz«) oder aus anderen niederen Be♦) Schrifttum: Rietzsch, DJust. 1937 S. 30; Schäfer in PfundtnerNeubert Hc 18 S. 3ff. 1) Auch wenn er nickt Reichsbürger i. S. des Reichsbürgerges. (unter BI 2) ist. Ein deutscher Staatsangelröriger, der z. Z. der Tat seinen Wohn­ sitz oder gewöhnt. Aufenthalt im Ausland hat, also Tevisenausländer ist (§5 Abf.2 DevGes., unter B V 5), fällt unter das Sabotagegesetz nur bei Ver­ letzung solcher Devisenvorschriften, die sich micf) gegenDevijenausländer richten. Nach § 98 DevGes. werden Auswanderer, die seit dem 1. Juli 35 ihren Wohn­ sitz ins Ausland verlegt haben, hinsiä.tl. ihres Vermögens, das sie vor derAuswanderung besaßen, wie Devisemnländer behandelt (vgl. auch § 55 DevGes.). 2) Bed. Borsatz genügt also nicht. Auch die Schädigung der deutschen Wirtschaft muß wissentlich geschehen. 3) Gewissenlos ist ein Verhalten, das einen groben Mangel an Pflicht­ gefühl offenbart und die Rücksicht auf die Volksgemeinschaft in verwerflicher Weise verabsäumt 4) Eigennutz ist das auf eigenen Nutzen — nicht notwendig auf einen Vermögensvorteil — gerichtete Sweben, welches nicht die von dem Volks-

B V 6. Gesetz gegen Wirtschaftssabotage § 1.

799

weggründen*) den gesetzlichen Bestimmungen zuwider*) Vermögen nach dem Ausland verschiebt?) oder im Ausland stehen läßt*) und damit der deutschen Wirtschaft schweren Schaden zufügt, wird mit dem Tode bestraft*). Sein Vermögen wird eingezogen"). Der Täter ist auch strafbar, wenn er die Tat im Auslande begangen hat. (2) Für die Aburteilung ist der Volksgerichtshof zuständig"), genossen bllligerweise zu fordernde Rücksicht auf die Belange der Allgemeinheit nimmt. 5) z. B. aus Haß gegen das Reich und seine Führung. 6) Die Bedeutung des Tatbestandsmerkmals „den gesetzlichen Bestimmungen zuwider" ist durch § 1 der Devisenamnestie v. 15. Dezbr. 36 (RGBl. I S. 1015) dabin klargestellt, daß die Tat den devisenrechtlichen Vor­ schriften widersprechen muß. 7) D. h. entgegen den Devisenvorschriften ins Ausland schafft, gleichviel in welcher Form, z. B. durch Versenden oder überbringen der Werte ins Ausland (§ 2' DevGes.) oder dadurch, daß im Wege ungesetzlicher Ver­ rechnungen oder durch unerlaubte Verwendung von Exportvaluten eine wirt­ schaftliche BermögenSverlagerung ins Ausland vorgenommen wird (Beispiel: der Täter gewährt im Inland unter Verletzung des § 15 DevGes. einem Ausländer ein Darlehen mit der Abrede, die Rückzahlung an ihn solle im Ausland erfolgen). 8) D. h. die in den Devisengesetzen vorgeschriebene Anbietung von Auslandsvermögen an die Reichsbank vorzunehmen unterläßt. Ob die An­ bietungspflicht vor oder nach dein Inkrafttreten des Sabotagegesetzes ent­ standen ist, ist ohne Bedeutung. 9) Da begrifflich jede Wirtschaftssabotage zugleich eine Devisenzuwider­ handlung darstellt (vgl. Anm. 6), ist Tateinheit zwischen dem Sabotage­ verbrechen und der dadurch begangenen Devisenzuwiderhandlung nicht mög­ lich (Gesetzeseinheit). Dadurch wird aber nach den allg. Grundsätzen über die Behandlung der Gesetzeskonkurrenz die Anwendung solcher Vorschriften, des DevGes. nicht ausgeschlossen, die die Verhängung weiterer, über das Sabotagegesetz hinausgehender Rechtsnachteile und Maßnahmen vorsehen (vgl. §§ 74, 76 DevGes.). 10) Vgl. Anm. 14 zu § 86 StGB. 11) Anweisungen für das Verfahren gibt die RV. d. RIM. v. 10. Aug. 37 — Illa 811 — (abgedr. bei Krug-SchäferSrvlze.iburg, Strafrechtl. Berwaltungsvorschriften 2. Aufl. L. 389). Die verfahrensrechtl. Vorschriften des DevGes. (§ 86) finden keine Anwendung.

ViiH.

800

B V. Wirtschaft-recht.

B V 7. Gesetz über Mieterschutz und Micteimgungsämter. Vom 17. Februar 1928 (RGBl. I S. 25) i. d. F. vom 20. April 1936 (RGBl. 1 S. 378).*)

Wer') für die mietweise oder auf Grund eines sonstigen RechtSverhältnisses*) erfolgende Überlassung von Räumen") oder im Zusammenhange damit für sich oder einen anderen*) einen Mietzins oder

eine sonstige Vergütung fordert*), annimmt oder sich versprechen läßt, die unter Berücksichtigung der gesamten Verhältnisse als unangemessen*)

•Schuss.

*) Vgl. dazu BO. über das Verbot von Preiserhöhungen v. 26. Nov. 36 (RGBl. 1 S. 955) in Verb. m. d. BO. v. 27. Sept. 37 (RGBl. I S. 1127), wonach ungenehmigte Erhöhungen des Mietpreises über den Stand v. 18. Ott. 36 hinaus bei Strafe verboten sind. 1) Auch der Bevollmächtigte, der Hausverwalter, der die Miete einzieht, kann sich wegen Mietwuchers oder Beihilfe dazu strafbar machen. Thiele, Raumwucherrecht S. 25. GA. 74 S. 65. KG. JurW. 59 S. 1099; auch der Mieter bei Untervermietung oder Abtretung des MiettechtS. JurW. 58 S. 2736; ferner der Untervermittler, der dem Haupwermittler die Gelegenheit zum Abschluß eines Miewertr. anzeigt. GA. 75 S. 137. 2) Hierunter fallt die Verpachtung von eingerichteten Hotelbetrieben. Peschke, JurW 56 S. 1935. Überhaupt findet § 49a auf pachtweise Über­ lassung von Räumen Anwendung. E. 63 S. 41. 3) Vermietung einer Schlafstelle ist keine Raummiete. RG. JurW. 1937 S. 2696. 4) Für einen anderen handelt der Täter, wenn er selbständig über den Rahmen seine- Auftrags hinaus auf eigene Hand den Miet-in- fordert, sonst nur Beihilfe. KG. JurW. 1930 S. 1099. 5) Darunter kann ein Borbieten fallen, das gegenüber der für richtig gehaltenen Vergütung eine Mehrforderung enthält. HRR. 1930 Nr. 960; aber nicht der Anspruch auf Ersatz der vom Vermieter infolge des ihm er­ teilten Auftrags gemachten Aufwendungen. E. 65 S. 391; auch nicht die Nennung einer nur als Berhandlungsbasis gedachten Summe. JurW. 61 S. 2993. Eine Abfindungssumme ist nur gerechtfertigt, wenn sie durch ent­ sprechende Aufwendungen gedeckt ist. Dresden JurW. 62 S. 930. 6) Eine Überschreitung der gesetzl. Miete begründet noch keine Vermu­ tung des Raumwuchers. E. 60 S. 130 (141). Recht 31 Nr. 2305, wohl aber eine Überschreitung des Raum Marktpreises, die aber der Fordernde durch den Nachweis seiner Gestehungskosten widerlegen kann. Thiele a. a. O. S. 38. Bon den Gestehungskosten dürfen nur die wtrtschafllich berechtigten und unvermeidbaren in Ansatz gebracht werden, nicht aber solche, die auf einer Spekulation des Vermieters auf die Zukunft beruhen. E. 63 S. 415. Entscheidend ist der gegenwärtige objektive Nutzungswert, auch wenn sich die Verhältnisse zu ungunsten des Vermieters gegenüber dem GestehungSpretS verschoben haben. JurW. 61 S. 2995. Der Vermieter kann eine Verzinsung deS BerkehrSwertS seines Hauses verlangen, sofern dieser nicht durch preis­ treibende Machenschaften beeinflußt ist. JurW. 59 S. 3225 u. 3226; eine Ver­ zinsung von 20% ist unangemessen. RG. DStrR. 1937 S. 204. Bei ge-

B V 7, Gesetz über Mieterschutz und Mieteinigung-ämter.

801

an-usehen sind, wird wegen Wuchers*) mit Raumen mit Geld­ strafe oder mit Gefängnis bestraft*).

Ist die Tat fahrlässig •) begangen,

so ist auf Geldstrafe oder Gefängnis bis zu einem Jahre zu erteuueu.

Ebenso wird

bestraft, wer für die Vermittlung eines Rechts­

geschäfts der im Abs. 1 Satz 1 bezeichneten Art eine Vergütung fordert, annimmt oder sich versprechen läßt, die unter Berücksichtigung der ge­

samten Verhältnisse als unangemessen anzuskhkN ist. verblichen Räumen, die der Zwangswirtschaft nicht unterliegen, ist eine Er­ höhung auf 160% der Friedensmiete unangemessen. Recht 34 Nr. 2341. Bet Vermietung an Dirnen darf außer dem der allgemeinen Raummarktlage entsprechenden Mietpreis ein angemessener Zuschlag für „Unannehmlichketten" gefordert werden. RG. DStrR. 1937 S. 204. Irrtum über die Uuangemessenheit ist ein außerstraftechtl., wenn deut Täter die Tatumstände unbekannt waren, au- denen auf die Unangemessenheit geschlossen wird. -RR. 1932 Nr. 595 u. 1933 Nr. 270. Bon der Prüfung der Angemessenheit kann überhaupt abgesehen werden, wenn ein Verschulden jedenfalls zu ver» neben ist. JurW. 61 S. 2993. 7) Raumwucher kann in dem Fordern einer ALstandssumme liegen. E. 61 S. 326 u. 346; in-bes. bann, wenn der Vermieter keinen Ausgleich für Hau-unkosten, sondern nur einen besonderen Geldgewinn aus dem Woh­ nungswechsel erstrebt. Für Mietausfälle beim Abschluß neuer Verträge darf der Vermieter unter Umständen Ersatz fordern. E. 62 S. 149; er darf aber nicht, wenn er bei einem Teil der Meter einen angemessenen Preis nicht er­ zielen tonn, mit dem ungedeckten Rdst die Mieter belasten, für welche die gesetzt. Mete nicht gilt. E. 63 S. 415. Raumwucher begeht auch der Haus­ besitzer, der sich für seine Zustimmung zur Untermiete eine unangemessene Vergütung bezahlen läßt. Bay Ob LG. DRZ. 21 Nr. 1130. ES kommt auf da- vom Richter zu ermittelnde wirtschaftl. Wertverhältnis an. JurW. 59 S. 3224. Da- Vorhandensein des Raumwuchers wird nicht durch die Feststellung verneint, dem Täter sei da- Bewußtsein von der Übermäßigkeit de- Gewinne­ nicht nachzuweisen. Dresden LZ. 22 S. 1421. 8) Bei polizetl. Einweisung ist $ nicht anwendbar. Bre-lau HRR. 1930 Nr. 865. 9) Der Vermieter handelt fahrlässig, wenn er es unterläßt, die ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen über Wertveränderung des Grundstücks infolge der Wirtschaftslage zu benutzen. HRR. 1931 Nr. 568. vgl. hierzu DIZ. 36 S. 1509.

Palckr, Strafrecht. 31. Aufl.

öl

802

B V. Wirtschaft-recht.

B V 8. Die Ltrafdepmmuugen der LoukursorLuuug. Bom 10. Februar 1877. In der Fassung deS Gesetze- vom 17. Mai 1898?) (RGBl. 1877 E. 351. RGBl. 1898 S. 618.) (Auszug.)

Gr. strfk.

§ 239.

Schuldner,') welche ihre Zahlungen eingestellt Habend­

oder über deren Vermögen daS Konkursverfahren eröffnet worden*) 1) Diese §§ sind an die Stelle der §§ 281 ff. de- StGB, getreten. — Ban­ trotthandlungen in Beziehung auf eine in Kontur- geratene ausländische AG. unterliegen dem deutschen Strafrecht. RG. DRZ. 1935 Nr. 246. 2) Schuldner ist lediglich der, Über dessen vermögen der Kontur- eröffnet ist. LS ist unzulässig, den tatsächlichen Inhaber eine- zum Schein unter dem Namen einer anderen Person betriebenen Geschäft- al- solchen Schuldner zu betrachten, weil -war formell da- Konkursverfahren gegen die andere Person eröffnet, materiell aber von der Konkurseröffnung da- vermögen deS tatsächlichen Geschäftsinhaber- betroffen sei. E. 29 S. 103. E. 49 S. 321. Leben Eheleute in Gütergemeinschaft, so sind sie beide al- Schuldner anzusehen. E. 9 S. 161; inSbes. ist die in Gütergemeinschaft lebende Ehefrau Schuldnerin der persünl. Gläubiger de- Ehemann-. E. 68 S. 108. Im Fideikommißtonk. ist der jeweilige gib.bet. Gemeinschuldner. JurW. 1936 S. 733. Ein Gesellschafter wird nicht dadurch straflos, daß er vor der KonkurSeiHffnnng au- der offenen Handelsgesell­ schaft auSscheidet. E. 35 S. 83. Der Kommandittst ist, auch wenn er GeschäftSführungSbefugnisse bat, nicht Schuldner. JurR. 2 Nr. 1588. Ebensowenig der Geschäftsführer der G. m. b. H. E. 60 S. 234. Im Falle eines Nachlaß­ konkurses ist der Erbe, der selbst in unzulässiger Weise LermögenSstücke deS über­ schuldeten Nachlasse- zu seiner eigenen Befriedigung verwendet, au- § 239, nicht aus § 241 strafbar. E. 68 S. 368. 3) Zahlungseinstellung ist auch dann vorhanden, wenn an sich Zahlungs­ fähigkeit besteht, sei eS, daß der Schuldner sich über seine Fähigkeit täuscht oder trotz seiner ihm bekannten Fähigkeit nicht zahlen will, auch wenn ein einziger Gläubiger nicht befriedigt ist. E. 41 S. 312. Der Schuldner muß dauernd und allgemein aufgehört haben, seine Verbindlichkeiten zu erfüllen. JurW. 60 S. 2135. Allgemeine Geldknappheit ist kein Beweisgrund gegen eine Zahlungsein­ stellung. JurW. 55 E. 591. Zahlungseinstellung und Konkurseröffnung kommen lediglich als äußere Tatsache in Betracht, liegen gänzlich außerhalb deS inneren Tatbestandes und brauchen daher vom Loriatz nicht mit umfaßt zu werden. E. 45 S. 88. A. M. E. 27 S. 316. Ob die Zahlungseinstellung oder -.Eröffnung der Bankerott­ handlung vorausgegangen oder nachgefolgt sind, ist unerheblich. E. 22 S. 436. E. 65 S. 416. Zwischen der Bankerotthandlung und der KE. muß eine per­ sönliche Beziehung in der Weise bestehen, daß dieselben Gläubiger, die durch die Bankerotthandl. benachteiligt werden können, wenigsten- z. T. auch durch KE. benachtelligt werden. E. 26 S. 85. JurW. 60 S. 2573. Kein ver­ such, wenn ZE. oder KE. nicht erfolgt ist. LK. Anm. 21 Abs. 2. Keine tätige Reue, wenn der Schuldner nach der Zahlungseinstellung beiseite geschaffte Ver­ mögen-stücke vor der KE. dem Verwalter wieder zur Verfügung stellt. DRZ. 22 Nr. 760. 4) Bei der Konkurseröffnung ist allein entscheidend, daß dieselbe durch den

B V 8. Die Strafbestimmungen der Kontur-ordnung § 239.

803

ist, werden wegen betrüglichen Bankrott- mit Zuchthaus bestraft,») wenn sie in der Absicht, ihre Gläubiger»») zu benachteiligen,»)

1. BermögenSstücke verheimlicht •») oder beiseite geschafft habens) ZivUrichter rechtskräftig eröffnet ist. E. 26 S. 37. Dem Strafrichter ist die Nachprüfung der Grundlagen deS EröffnungSbeschluffeS entzogen. Recht 15 Nr. 1859. Durch die nachttägliche Einstellung d. Ktv. wird die strafrechtliche Wirkung der KS. nicht beseitigt. LS. Anm. 5. 5) Auf Grund ein und derselben Zahlungseinstellung können die Delitte aus den 88 239 biS 240 nebeneinander nur in idealer Konkurrenz Vorkommen. R. 5 S. 86. TRechtspfl. 1936 Nr. 107. Ebenso beim Zusammentreffen mit 885,6Bauford.Ges. DIZ.29 S. 319; jedoch zwischen 88 239 u. 241 GesetzeSeinheit. JurR. 2 Nr. 2415. DRZ. 21 Nr. 398; auch Tateinheit. E. 66 S. 88 (91). Auch kann Beihilfe zum betrüglichen Banttott in ideale Konkurrenz tteten mit einer nach 8 242 Nr. 1 straft. Handlung. E. 21 S. 291. Mttäterschast zweier Personen ist im Falle deS 8 239 begrifflich bedingt einerseits durch den Umstand, daß bezüglich beider entweder Zahlungseinstellung oder Konkurs­ eröffnung vorliegt, andererseits durch — wenigstens partielle — Gemeinsamkeit der Gläubigerschaft, deren Benachteiligung von beiden beabsichtigt wird. E. 31 S. 407. Doch beschränkt sich die Handlungseinheit verschiedener Bankerotte auf den Gemeinschuldner, nicht auf dritte Personen. E. 66 S. 268. Die unter Nr. 1—4 dieses 8 aufgeführten Handlungen und Unterlaffungen stellen nur verschiedene Merkmale deS betrüglichen Banttotts dar und bilden deshalb bei dem Zusammentteffen mehrerer nur eine einheitliche straft. Handlung. R. 2 S. 438, R. 5 S. 52. E. 29 S. 308. Recht 32 Nr. 1687; auch eine fortgesetzte Handlung ist begrifflich nicht denkbar. Recht 23 Nr. 2058; desgl. nicht eine Anstiftung hierzu. HRR. 1930 Nr. 1702. Dieser Grundsatz ist unanwendbar für eine Bankerotthandlung, die Hinsicht!, derselben Konkurs­ masse begangen wird, nachdem die übrigen Bankerotthandl ungen bereits abge­ urteilt sind. E. 71 S. 375. 5 a) Die Gläubigergesamtheit muß geschädigt werden und zwar durch Schmälerung der Masse, die zur gemeinschaftl. Befriedigung der Gläubiger dienen soll. RG. JurW. 1938 S. 2005. 6) Erfordert wird der bestimmte, auf die Herbeiführung deS Erfolgs, nämlich die Benachteiligung der Gläubiger gerichtete Wille. E. 39 S. 136 (138). Bedingter Vorsatz ist nicht ausreichend. E. 66 S. 88. Andrerseits ist die Gl.benachteiligung nicht der Endzweck. JurW. 63 S. 1290 u 1500.

Wenn A. als Gemeinschuldner nur einen Gläubiger benachteiligen will, so ist der innere Tatbestand erst erfüllt, wenn A. wenigstens das Bewußtsein hatte, daß seine Handlung die Schädigung auch der anderen Gläubiger zur un­ ausbleiblichen Folge haben mußte. JurW. 1935 S. 1495. 6 a) D. h. Verschweigen der wahren Sachlage. E. 67 S. 365. Darunter ist jede Veranstaltung zu verstehen, durch die daS Vorhandensein oder die Zugehörigkeit zur Masse eines BermögenSstückes, das der Vollstreckung unter­ liegt, der Kenntnis des Verwalters, der Gläubiger oder deS Vollstreckungs­ beamten und dadurch dem Zugriff entzogen wird. Verheimlichen kann liegen auch in der Behaupwng eines Herausgabeanspruchs dritter Personen. E. 64 S. 138; in der Erteilung rmssentl. falscher Auskunft des Gemeinsch. an Kontverw. E. 62 S. 152; in der Unterlassung der Bettchtigung einer unvoll­ ständigen Auskunft des Konkursverwalters sowie in der Entfernung bereits einem Gläubiger wirksam zur Sicherung übereigneter Sachen (Verheimlichung

804

B V. Wirtschaftsrecht.

2. Schulden oder Rechtsgeschäfte anerkannt oder ausgestellt haben,

welche ganz oder teilweise erdichtet finb,8) 3. Handel-bücher8) zu führen unterlassen haben,88) deren Führung chneu gesetzlich") oblag,") oder deS Anspruch- auf Rückgewähr). JurR. 3 Nr. 2260 u. 2259; nickt in dem Verschweigen einer Vollmacht zu Verfügungen über den Gegenstand (Grundstück) eine- Dritten. JurW. 63 S. 2559.

7) Darunter ist eine Tätigkeit -u verstehen, die ein vermögensstück aus seiner bisherigen Lage oder seinem natürlichen Verlauf in eine andere Lage und in einen anderen Verlauf versetzt. E. 64 S. 138. Beiseite geschafft werden können auch Forderungen durch Abtretung an einen anderen. Erk. v. 27. Oktdr. 27, Stenglein Nedenges. Anm. 6; deSgl. unbewegliche Sachen. E. 2 S. 118, sofern der durch die Veränderung erzielte Gegenwert keinen ent­ sprechenden Ausgleich bietet. — Versuch kann in der Auslastung (ohne Ein­ tragung) liegen. E. 61 S. 107. Die bloße Tatsache der Eintragung, gleich­ viel wann ein Antrag gestellt ist, kann schon vollendete Beiseiresckaffung sein. E. 62 S. 152. Sie liegt auch in der Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung deS durch den Kaufvertrag begründeten Auslastung-anspruch-. D*Z. 26 Nr. 315; oder darin, daß der Eigentümer durch Erteilung der Löschungs­ bewilligung zur Löschung der ihm -»stehenden Grundschuld mitwirtt. E. 62 S. 277; auch in der Belanung eines Grundstücks mit Pfandrechten zugunsten Dritter. E. 66 S. 130. Hierher gehören nicht Sachen, die der Zwangs­ vollstreckung gemäß §811 ZPO. entzogen sind. GA. 47 S. 158. Wenn bei einer Handelsgesellschaft nur über das GesellschastSvermögen der Kon­ kurs eröffnet ist, so kann der einzelne Teilhaber nicht Privatvermögensstücke beiseite schaffen. GA. 37 S. 314. — Zerstören einer Sache fällt unter den Begriff deS Beiseiteschaffens. O l S h a u s e n Anm. 8; auch daS verschleudern von LermögenSstücken. DRZ. 20 Nr. 826; ferner die Veräußerung, sofern sie außerhalb deS Rahmen- ordnungsmäßiger Wirtschaft fällt. E. 62 5. 277 (278); ober nicht ein verbrauch von Geld oder anderen Gegenständen zum Lebensunterhalt. E. 66 S. 88. 8) ES genügt die Anerkennung und Aufstellung solcher simulierter Ge­ schäfte, dieselben brauchen -um Zweck der Benachtelligung der Gläubiger nicht geltend gemacht zu sein. DRZ. 21 Nr. 193, ander- E. 2 S. 338. ES genügt nickt die bloße Unterlassung der zulässigen RechtSbehelfe. Der Giund der Unterlassung muß festgrstellt werden. DIZ. 33 S. 665. Anerkennen liegt in dem Bestätigen der Schuld dem Konkursverwalter gegenüber. JurR. 2 Nr. 2201. Die Anerkennung braucht nickt im Kkverfahren zu erfolgen. ES ist auch nicht eine Geltendmachung der erdichteten Forderung nötig. 6.62 S. 287. Recht 33 Nr. 854. Die buchmäßige Vortäuschung eine- DarlehnS und seiner Rück­ zahlung ist keine Aufstellung einer erdichteten Forderung. HRR 1928 Nr. 1548. Erdichtet ist die Forderung (Schuld) nur dann, wenn sie im Bewußtsein ihrer vollkommenen Unvertretdarkeit, also ledigl. -um Schein geltend gewackt wird. RG. JurW. 1938 S. 1885. Hiermit kann ein Offenbarung-meineid in Tat­ einheit stehen. E. 64 S. 42. 9) Bloße Notizbücher sind keine Handelsbücher. R. 3 S. 304; auch nicht Geheimbücher, die mit den Geschäftsbüchern in keinem Zusammenhang stehen. Recht 11 Nr. 2658; ebensowenig genügt eine Buchführung auf losen Blättern. 6. 17 S. 301. E. 50 S. 131. 9») Ein Unterlassen der Führung von Handelsbüchern liegt nur dann vor,

BV8. KonknrSordmmg 6 239.

806

venu überhaupt keine Handelsbücher geführt sind. Recht 10 G. 569. Die nach­ trägliche Anlegung neuer Bücher ist aber keine Buchführung. E. 39 S. 217. Die unterlassene Führung von Handelsbüchern wird auch durch einen Irrtum des L. über die Beschaffenheit feine- Geschäft- nicht entschuldigt. R. 8 S. 421. R. 5 S. 425. vgl. dazu LZ. 25 6. 42. Ebensowenig durch die persönliche Un­ fähigkeit, Bücher zu führen. GA. 48 S. 362.

10) Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Handel-bücher zu führen, § 38 HGB.; diese Vorschrift findet aber nach 8 4 HGB. auf Handwerker sowie aus Personen, deren Gewerbebetrieb nicht über den Umfang de- Kleingewerbe- hinauSgeht, keine Anwendung. Die Grenze de- Kleingewerbe- kann durch die Landes­ gesetzgebung gezogen werden. Rach § 2 HGB. erlangt aber auch Kaufmanns­ qualität der, deffen gewerbliche- Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert und deffen Firma in da- Handelsregister eingetragen ist. Für die Abgrenzung de- FabrikbetriebeS vom Handwerksbetrieb ist neben der Größe de- durch verkauf der Produkte er­ zielten Umsätze- an erster Stelle die ganze Art u. Einrichtung de- Geschäfts­ betriebe- maßgebend. E. 35 S. 288. Ob Fabrik- oder Handwerksbetrieb anzu­ nehmen ist, hängt davon ab, ob solche Momente u. charakteristische Merkmale vorhanden sind, die, wenn auch nicht einzeln, so doch in ihrem Zusammenhänge al- Grundlage für die Annahme eine- fabrikmäßigen Betrieb- im Gegensatz zu bloß handwerksmäßigem Betriebe dienen können. E. 36 S. 37. Durch die Ver­ bindung von zwei Geschäftszweigen zu einem Unternehmen kann das Gesamt­ unternehmen einen Umfang erhalten, der über den eines Kleingewerbes hinauSgcht. HRR. 1932 Nr 218. Eine offene Handelsgesellschaft ist zur Führung von Büchem verpflichtet, auch wenn sie zeitweUig nur Geschäfte von geringem Umfang zu erzielen vermag. GA. 60 S. 76. Eine kaufmännische Buchführung wird angenommen werden dürfen, wenn eine Buchführung angewendet worden ist. welche durch ihre Form und die bei ihrer Handhabung festgehaltenen besonderen Regeln und Grundsätze da- durch eine- der geltenden besonderen Systeme der kaufmännischer Buchführung ver­ bürgte Ergebnis ebenfalls erreicht. E. 25 S. 36. Die Buchführung muß nicht nur den rein rechnungsmäßigen Aktiv- oder Passivbestand de- vermögen- er­ geben, sondern sie muß auch für jeden beliebigen Zeitpunkt der Vergangenheit eine Übersicht de- Vermögen-zustande- gewähren. DIZ. 16 S. 820. Au- den Büchern eine- EinzelkaufmannS muß hervorgehen, ob er BermögenSstücke be­ sitzt, die nicht den Zwecken seines HandelSgewerbeS dienen. Über sein Privat­

vermögen braucht er aber Bücher nicht zu führen. E. 41 S. 41. DaS Fehlen einzelner Bestandteile derselben kommt nur als unordentliche Buchführung in Betracht. G. 30 ©.170. Die Pflicht, die Bücher zu führen, dauert so lange, bis die Lösung der in dem Geschäft übernommenen Verbindlichkeiten erfolgt ist. E. 4 S. 41. Sie trifft stets nur den wirklichen Geschäft-Herrn. E. 26 S. 187; den Kaufmann, nicht den stillen Teilhaber. DIZ. 34 S. 1416. An Gesellschafter kann nicht durch Vertrag von der Buchführung entbunden werden. JurW. 37 S. 604. Für die Verpflichtung zur Buchführung kommt eS wesentlich auf den Zeitpuntt der Konkurseröffnung an. E. 26 S. 385. Nach RG. JurW 1934 S. 841 ist eS belanglos, ob die Buchführung-Pflicht gerade im Zeitpuntt der Zahlungseinstellung noch bestand. 11) Über die Verpflichtung Bücher zu führen, siehe hinsichtlich eine- Apo­ theker- E. 24 S. 426, Bäcker- E. 24 S. 356, BardierS E. 34 S. 101, Brauer- R. 6 S. 488, Kürschner- R. 6 S. 294, Schlächter- E. 31 S. 178,

806

B V. Wirtschaft-recht. 4. ihre Handel-bücher vernichtet") oder verheimlicht oder so ge­ führt oder verändert haben, daß dieselben keine Übersicht deBermögenszustandeS gewähren.1 ’)

Schaff.

Schneiders E. 21 S. 209, GA. 59 S. 461, Uhrmacher- E. 8 S. 148, Vieh­ händlers GA. 57 S. 217, Wirt- E. 4 S. 281. Em Handel-mäkler, der Voll­ kaufmann ist, muß neben seinem Tagebuch auch Handelsbücher führen. E. 46 S. 102. Auch der tatsächliche Leiter'einer GmbH., der nicht eingetragener Ge­ schäftsführer, ist verantwortlich. RGSt. 71, 112. Bauunternehmer sind zur Führung von Handel-büchern nicht ver­ pflichtet, E. 19 S. 363. E. 52 S. 292. aber nach 8 2 d. Gesetz vom 1. Juni 09 (RGBl. S. 449) über die Sicherung der Banfordermrge« zur Führung eines BauduchS. 8 6 dieses Ges bestimmt: Zur Führung eine- Baubuchs verpflichtete Personen.*) welche ihre Zah­ lungen eingestellt haben oder über deren vermögen daS Konkursverfahren eröffnet worden ist, und deren im 8 2 Abs. 3 Ziffer 1 bezeichnete Gläubiger zur Zeit der Zahlungseinstellung oder der Konkurseröffnung benachteiligt sind, werden mit Gefängnis bi- -u einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn sie daS vorgeschriedene Baubuch **) zu führen ***) unterlassen, oder eS verheimlicht, vernichtet oder so unordentlich geführt haben, daß eS keine genügende Übersicht, insbesondere über die Verwendung der zur Be­ streitung der Baukosten zugesicherten Mittel, gewährt. 12) Es ist gleichgültig, ob der Täter zur Führung der Bücher verpflichtet war oder nicht. E. 16 S. 429. E. 42 S. 285. JurW. 63 S. 616. A. M. LK. Anm. 14. Die Vernichtung eines einzelnen Handelsbuches soll nur für die An­ nahme einer unordentlichen Buchführung von Bedeutung sein. GA. 58 S. 170. Nach Ablauf der zehnjährigen Aufbewahrungsfrist ist die Vernichtung straflos. LK. Anm. 15. A. M. Ol-hausen Anm. 27. 13) Die Bücher müssen die Übersicht über daS Vermögen unmöglich machen,

eine bloße Erschwerung genügt nicht, R. 2 S. 417, wohl aber eine wesentliche Erschwerung. E. 47 S. 311. Z. B. da- Aufführen eine- vorgeschobenen Gläubiger-. JurR. 2 Nr. 1468. Daß die Übersicht mit HUft de- Schuldner­

gewonnen werden kann, genügt nicht. E. 4 S. 120; ebensowenig, daß die Bucheintrag'lngen nur den Buchunterlagen entsprechen. Die au- den Büche»» sich ergebende Vermögenslage muß die wahre Vermögenslage de- Schuldnerdarstellen. Erk. v. 30. April 26, Öl-hausen S. 2l58. Die Unmöglichkeit der Übersicht muß stet- mit der Zahlungseinstellung zeitlich zusammentreffen. E. 5 S. 415.

'

*) Al- Bauunternehmer im Sinne diese- Gesetzes ist derjenige anzusehen, in dessen Namen die Herstellung de- Neubau- erfolgt und der hierdurch in seiner Person Träger der au- der Bauausführung entstandenen Rechte und Verbind­ lichkeiten geworden ist. E. 46 S. 10. Auch der Generalunternehmer ist zur Füh­ rung eine- vaubuch- verpflichtet. E. 46 S. 305. Übernimmt von mehreren Per­ sonen jeder eine besondere Gruppe von Bauarbeiten, so ist jeder zur Führung eineBauduchS verpflichtet. E. 47 S. 181; der Geichäfi-f. einer G.m.b.H. ist nicht unmittelbar, sondern in Verb, mit § 2 StGB zu bestrafen. E. 73 S. 100. **) Nur ein für die Reihenfolge seiner Eintragungen Gewähr bietende-, festgebundene- Buch erfüllt die Erfordernisse des BauduweS. JmW. 63 Nr. 1124. Die Führung von Handel-büchern ersetzt nicht da- Vaubuch. GA 61 H. 350. ***) Die Recht-pflicht zur Führung de- Buch- dauert bi- zur endgültigen Erledigung de- buchung-pflichtigen Baue- und bi- zur Abwicklung aller bnchungSpflichttgen Geschäfte an. RG. DRechtSpfl. 1938 Nr. 7d6.

B V 8. Konkmsordmmg 6 240. Sind mildernde Umstände vorhanden,

807

so tritt Gefängnisstrafe

nicht unter drei Monaten ein. 8 240.

Schuldner, u) welche ihre Zahlungen eingestellt haben,

oder über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist,

werden wegen einfachen Bankrott- l6 14)17 15 mit Gefängnis bestraft, wenn siew)

1. durch Aufwand,

Spiel18) oder Wette oder durch Differenz-

14) Siehe Anm. 2 u. 10. DeS Vergehen- gegen Nr. 3 und 4 kann sich auch ein über 7 Jahre alter Geschäftsführer nhuldtg machen. E. 58 S. 304; auch ein sog. Strohmann. HRR. 1936 Nr. 653 Gemeinschuldner ist auch der Beaufttagte deS Inhaber- eine- EinzelhandelegeschäfteS an Stelle deS Schuldners, wenn diesem kein Verschulden nachzuwei'en Ist. E. 72, 65. Nicht strafbar macht sich ein Gesellschafter, der nach auß. n hm nur bic Stellung eineGeschästSfühterS emmmmt. HRR. 1929 Nr. 19v4; auch nicht der stille Gesell­ schafter. RGSt. 70, 2» 0, wohl aber eine Person, die im Handelsregister alS Prokurist auf den Namen einer anderen Person lautenden Einzelfirma ein­ getragen ist, tatsächlich aber vollberechtigter Mitinhaber ist. E. 65 S. 411.

15) Hinsichtlich der Frage, ob die einfache Bankrotthandlung ein ver­ schulden verlange, hat daS RG. mehrfach geschwankt. Anfänglich (6. 4 S. 418, E. 5 S. 407) wurde angenommen, daß eö sich bei § 240 um ein reine- Formaldelitt bandle, bei dem nicht einmal Fahrlässigkeit zu verlangen sii. Seit der Plen.Lntsch. S. 13 S. 235 wurde der Grundsatz befolgt, daß der einfache Bankrott zwar weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit im technischen Sinne, wohl aber ein schuldhaftes Verhalten erfordere. In R. 10 S. 487 ist dann aber auch wieder ausgesprochen, daß das vergehen deS § 240 sowohl vorsätzlich alS fahrlässig begangen werden könne, aber Beihilfe nur im ersten Fall dentvar sei. Siehe hierüber E. 45 S. 88. HRR. 1930 Nr. 1304. LZ 25 S. 42. LK. zu § 240 Nr. 3, Anm. 18. 16) Über ideale Konkurrenz zwischen betrügerischem und einfachem Bankrott

stehe oben Anm. 5 zu 8 239 und über reale Konkurrenz zwischen einfachem Bankrott und der Anstiftung zu 8 243. E. 29 S. 305. 17) Aufwand ist jede übertriebene d. h. das Maß deS Notwendigen und Üblichen in den Lebens und Geschäft-verhältnissen deS Täters übersteigende Aufwendung. E. 15 S. 309 (312). DRZ. 21 Nr. 194. E. 70, 260. Bet Beurletlung der Frage, welche Ausgaben für den HauShalt als übermäßig anzu­ sehen sind, ist auf die soziale Stellung deS Schuldner- nur mit Einschränkung Rücksicht zu nehmen. Zur Aufrechterhaltung deS Kredits dürfen übermäßige Ausgaben nicht gemacht werden. E. 29 S. 347. Ausgaben für LebenSverstcherungen fallen nicht ohne weitere- hierunter JurW. 63 S. 2472; wohl aber auch Werbung-kosten und für den Geschäftsbetrieb aufgewendete Zinsen, wenn sie da- Maß des Notwendigen und Üblichen übersteigen. RG. TaS Recht 1939

Nr 4839. Der Aufwand deS Gemeinschuldners hat sich nach seiner gesamten Vermögenslage zu richten. Nur nach ihr kann sich die Angemessenheit oder Über­

mäßigkeit ergeben. E. 70, 260. — Auf die Motive deS Aufwand- kommt enicht an. E. 15 S. 309. — Kaufmännische Spekulattonen fallen der Regel nach nicht unter den Begriff de- Aufwande-. R. 9 S. 400. 18) Unter Spiel ist da- gewöhnliche Karten- und Würfelspiel einschließlich deS Spiele- in der Lotterie — E. 27 S. 180 — zu verstehen, nicht auch daBörsenspiel. E. 15 S. 277. Da- verspielte Geld muß zur Konkursmasse gehört haben. ES darf nicht erst nach der K.Lröffnung erworben sein. E. 55 S. 30.

Scbötr.

808

B V. Wirtschaft-recht. handel18 * *•) * mit Warenie) oder Börsenpapieren übermäßige Sum­ men^») verbraucht haben oder schuldig geworden sind;

2. in der Absicht, die Eröffnung de- Konkursverfahren- hinaus­ zuschieben, Waren oder Wertpapiere auf Kredit entnommen19 b20 ) und * 22

diese Gegenstände19 c) erheblich unter dem Werte19 °) in einer dm

Anforderungen einer ordnung-rnüßigm Wirtschaft widersprechen­ den Weise veräußert oder sonst weggegebm fyiben;,0)

3. Handelsbücher zu führen uvterlaffm haben/9)ll) deren Führung ihnen gesetzlich oblag, oder dieselben9') verheimlicht, vernichtet oder so unordentlich geführt haben,99) daß sie keine Übersicht

ihre- BermögenSzustandeS gewähren,99') oder 18 a) Differenzhandel liegt nur vor, wenn dem späteren Kridar eS schon beim Vertragsschluß lediglich auf die Zahlung der Differenz am Stichtage, nicht auf die Lieferung der Ware ankam. GA. 60 S. 442. Die Prolongation eine- DifferenzgeichäftS ist wieder Differenzgeschäst. Recht 21 Nr. 323.

19) Darunter können auch ausländische Geldsorten fallen. DRZ. 24 Nr. 466. 19a) DaS sind solche, welche die durch den Umfang und die Leistungs­ fähigkeit deS Geschäfts gezogenen Grenzen überschreiten und zu dem tatsächlich vorhandenen Geschäftsvermögen nicht in angemesienem Verhältnis stehen. DRZ. 21 Nr. 194. Es bedarf der Feststellung, in welchem Umfang die ver­ brauchten Summen übermäßig waren. JurW. 56 S. 1380. Einer speziellen Feststellung, welche einzelnen Ausgaben übermäßige ge­ wesen sind, bedarf eS nicht, R. 6 S. 470; auch braucht nicht da- Bewußtsein deS Schuldners von der Übermäßigkeit der Ausgaben fepgestellt zu werden. E. 14 S. 80, R. 9 S. 546. 19 b) Entnahme bedeutet Besitzübernahme und Empfang der Waren, nicht deren Bestellung E. 62 S. 257. 19c) Hierunter fallen nicht solche Waren, die dem Schuldner unter EigentumSvorbebalt geliefert worden waren oder die der Swuldner an andere zur Sicherung übereignet hatte, oder die er durch Verarbeitung auf Kredit ent­ nommener Rohstoffe hergestellt hat, wenn das Ergebnis bir Arbeit nach der VerkehrSauffaffung eine Ware eigener Art geworden ist. E. 72, 187. 19d) bierunrer ist der laufende MarttpretS zu verstehen, dm die Waren zur Zeit der Weiterveräußerung hatten. E. 47 S. 61. 20) Veräußerung ist daS gänzliche Aufgebm der Verfügungsgewalt, Weg­ geben die ttilweise Entäußerung dieser Verfügungsgewalt, wie z. v. Lombar­ dierung. E. 48 S. 217. Die Bestimmung der Ziff. 2 gilt nicht für Waren, die dem Schuldner unter EigentumSvo, behalt geliefert waren. E. 66 S. 175. 21 „Dieselben" bedeutet die gesetzl. zu führenden Handelsbücher, nicht auch solche, die der Schuldner tatsächlich geführt hat. E. 57 S. 361. 22) Der Mangel eine- KopierbucheS begründet nur dann die Strafbarkeit, wenn die übrige Buchführung eine unordentliche ist. R. 6 S. 595 n. 9t. 10 S. 585. Unordentliche Buchführung liegt inSbes. in der Unterlaffung der Eintragung von Geschäften oder in der Eintragung erdichteter unwahrer Vorgänge, GA. 26 S. 68. E. 15 S. 174; in der Falschbuchung derart, daß anstelle der wirklichm Gläubiger andere als angebliche Gläubiger aufgeführt sind. Im W. 57 S.814; oder in der wiffenttich falschen Bewertung von Vermögensstücken. E. 39 S. 222; oder in der Buchung der Geschäftsvorfälle am Ende längerer Zeiträume. E. 39 S. 217; in der Unterlaffung der Buchung eine- einzigen erheblichen Postens.

B V 8. Ksutnrsvr-mmg Q 240. 4.

809

eS gegen die Bestimmung de- Handelsgesetzbuchs unterlassen

haben, die Bilanz *•) ihre- Vermögen- in der vorgeschriebeneu Zeit"^ zu ziehen. R. 3 S. 304; in Mängeln der Bilanz. LZ. 26 S. 685. Die Bücher müßen auch über die Lage de- Vermögens Aufschluß geben, welche- der Kaufmann außerhalb de- seine Eigenschaft al- Bollkaufmann begründenden Geschäft- be­ sitzt. E.5S. 407. Auch die Privatschulden eine- EinzelkaufmannS müffen auS den Büchern ersichtlich sein. GA. 46 S. 438. Da- Mitglied einer offenen HandelSgef. ist für die unordentliche Buchführung verantwortlich, wenn der mit der Führung beauftragte Mitgesellschafter sich hartnäckig der Erfüllung meiner Pflicht weigert. E. 45 S. 387. Die Pflicht zur Buchführung beginnt erst mit dem tatsächlichen Betriebe de- Handelsgeschäfts. GA. 39 S. 46. Für ver­ schiedene Zeiträume kann unterlaffene und unordentliche Buchführung festgestellt werden. E. 49 S. 277. Wegen entsprechender Anwendbarkeit der Vorschrift stehe zu 8 2 StGB, (unter A 2) Anm. 14. 22 a) D. h. eine Übersicht über den Vermögen-zustand z.Zt. der Zahlungs­

einstellung oder Konkurseröffnung gänzlich unmöglich macht oder bi- zu einem dem gleichkommenden Grade erschwert. DIZ. 35 S. 564; oder infolge der Mangelhaftigkeit der Führung der Bücher nur mit erheblicher Mühewaltung und beträchtl. Zeitverlust sich gewinnen läßt. DRZ. 24 Nr. 853. JurW. 63 S. 369. 23) Ütet den Begriff der BUanz stehe § 39 HAB. T. 36 S. 436 u. L. 41

S. 294. JurW. 56 S. 1761. Ein Zusammenhang zwischen der unterbliebenen Bilanzziehung und der Konkurseröffnung ist nur insoweit erforderlich, al- erstere nicht außer Beziehung zu demjenigen Vermögen stehen darf, welches den Gegen­ stand der späteren Konkurseröffnung bUdet. GA. 48 S. 452 u. Recht 10 6.1212. Auch wer ein LerkaufskommissionSgeschäft beginnt, ist zur Aufstellung einer Eröffnungsbilanz verpflichtet. GA. 38 S. 351. Ebenso muß bei dem Be­ ginn des Handelsbetriebes einer offenen Handelsgesellschaft selbst dann eine Er­ öffnungsbilanz aufgestellt werden, wenn kein GesellschastSvermögen (weder Aktiva noch Passiva) vorhanden ist. GA. 39 S. 46. Durch die bei dem Beginn deHandelsgewerbes erfolgte Eintragung des Einlagekapitals wird die Aufstellung einer Eröffnungsbilanz nicht ersetzt. E. 22 S. 439. Eine Eröffnungsbilanz ist auch dann notwendig, wenn ein Kaufmann, der bisher Mitglied einer offenen Handelsgesellschaft war, dteS Geschäft erwirbt und für eigene Rechnung unter der alten Firma weiter führt. E. 26 S. 222. Desgleichen ist sie notwendig, wenn ein Handelsgewerbe, das sich bis dahin in den Grenzen deS handwerks­ mäßigen Betriebes gehalten hat, von einem gewißen Zeitpunkt ab über diesen Umfang hinau-geht und nunmehr nach Art und Umfang einen kaufmännischen Betrieb erfordert. Recht 10 S. 260 u. DIZ. 13 S. 875. Die Vorstandsmit­ glieder einer eingetragenen Genoffenschaft sind zur Aufstellung einer Eröffnungs­ bilanz verpflichtet. E. 40 S. 242. Luch der kaufmännisch nicht ausgebildete Geschäftsinhaber, der die Buchführung geeigneten Personen übertragen hat, hat daiür zu sorgen, daß die Bilanz gezogen wird. GA. 48 S. 364. Luch hat er die Bilanz zu unterzeichnen. Recht 11 S. 780; doch stellt die Unterlassung der Unterschrift der BUanz nicht ohne weitere- eine Unterlaßung der Bilanzziehung dar. E. 8 S. 424. E. 7 S. 87; nach BayObLG. DIZ. 34 S. 926 ist die Unterschrift für den Begriff der Bilanz nicht absolut wesentlich. Irrtum über die Verpflichtung zur Brlanzziehung ist StrafrechtSirrtum. DIZ. 16 S. 219. Ist die Bilanz so mangelhaft, daß sie keine Übersicht über da- Vermögen gewährt, so güt sie al- überhaupt nicht gezogen. R. 4 S. 592 U.E. 15 S. 174.

B V. Wirtschaftsrecht.

810

Neben Gefängnisstrafe kann in den Fällen

der Nr.

1.2 aus

Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Sind

mildernde Umstände

vorhanden,

so kann auf Geldstrafe

erkannt werden. § 241.

Schoss. oder

Schuldner,

welche

ihre Zahlungen

eingestellt

haben,

über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden

ist, werden mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft, wenn sie, ob­

wohl sie ihre Zahlungsunfähigkeit sonnten,23b) einem Gläubiger ") in der Absicht,2^) ihn

vor den übrigen Gläubigern2«)

zu

begünstigen,

LZ. 26 S. 685. JurW. 1935 S. 2061. Daß die einzelnen in der Bilanz aufgeführten Aktiv- und Passivposten spezifiziert werden, ist nicht erforderlich. JurW. 34 S. 761. Die unrichtige Aufstellung einer nur für steuerliche Zwecke vorgeschriebenen Bilanz verstößt nicht zugleich gegen die Bestimmung des HGB. und § 240. E. 61 S. 275. Handelsgebräuche können bei Beurteilung einer Bilanz und zur Recht­ fertigung von Mängeln derselben nicht berücksichtigt werden. GA. 45 S. 364. Die Nichtaufbewahrung der Bilanzen und Inventare stellt den Tatbestand des Deliktes nur dann dar, wenn darin eine Vernichtung oder unordentliche Führung von Handelsbüchern zu finden ist. R. 5 S. 226. Auf einen bevormundeten Minderjährigen findet die Strafvorschrift keine Anwendung. E. 36 S. 357. Nach erreichter Volljährigkeit ist er aber zur Auf­ stellung der Eröffnungsbilanz verpflichtet. E. 45 S. 4. 23 a) Die Jahresbilanz muß innerhalb der einem ordnungsmäßigen Ge­ schäftsgang entsprechenden Zeit gezogm werden. E. 34 S. 38. Es kommt hierbei auf die Umstände des einzelnen Falles an. DRZ. 23 Nr 717. Bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist der Tag der Eintragung der für die Aufstellung der Eröffnungsbilanz maßgebende Zeitpunkt. E. 29 S. 222. 23 b) Keine Strafbarkeit bei irrtüml. Annahme. Die Zahlungsunfähigkeit muß wirklich vorgelegen haben. Zahlungsunfähig ist der Schuldner erst dann, wenn er andauernd nicht mehr imstande ist, die Mittel bereit zu stellen, die zur Begleichung seiner sofort zu erfüllenden Geldschulden erforderlich sind. JurR. 2 Nr. 221. 24) Der Gläubiger, der die Befriedigung annimmt, macht sich nicht straf­ bar. E. 2 S. 439. Entwickelt der Gläubiger eine weitergehende Tätigkeit/ so kann er wegen Beihilfe oder Anstiftung bestraft werden. E. 48 S. 18. E. 61 S. 314. DRZ. 26 Nr. 294. A. M. Olshausen Anm. 11. 25) Es muß festgestellt werden, daß der Schuldner sich bewußt gewesen, deu Gläubiger in einer Weise zu begünstigen, auf welche dieser keinen Anspruch hatte. R. 6 S. 708. E. 24 S. 7 u. S. 255. Die Festsnllung der Beg.absicht bedarf einer bes. eingehenden Begründung, wenn die Möglichkeit besteht, daß der vom Schuldner erstrebte Erfolg mit dem Ergebnis zusammenfallen könnte, das im gesetzmäßigen Wege zu erzielen war. JurW. 1934 S. 2923. Der bloße Eventualdolus genügt nicht. JurW. 31 S. 308. Der gute Glaube des Schuld­ ners, daß der begünstigte Gläubiger die ihm gewährte Leistung zu beanspruchen habe, schließt die Strafbarkeit aus. R. 5 S. 90. Gläubigerbegünstigung liegt daher nicht ohne weiteres vor, wenn bei Begründung der Schuld vereinbart ist/ber Schuldner solle, wenn er bei Fälligkeit die Schuld nicht in Geld zahlen könne, dem Gläubiger Ware geben. E. 63 S. 78. § 241 setzt nicht voraus,

811

B V 8. KonkurSordnung § 241.

eine Sicherung oder Befriedigung gewährt habens?) welche derselbe nicht oder nicht in der ?lrt") oder nicht

zu der

Zeit

zu

beanspruchen

hatte?»)

daß durch die Begünstigung des einen Gläubigers anderen Gläubigern ein Schaden erwachsen ist. E. 30 S. 261. 26) Dies brauchen keine Konkursgläubiger zu sein, vielmehr sind alle Gläubiger hierher zu rechnen. E. 16 S. 402; auch Massegläubiger und solche Gläubiger, von denen im Sinne des 8 17 KO. nicht feststeht, ob ihre Forderungen von dem Konkursverfahren überhaupt unberührt bleiben werden. E. 40 S. 105. Die Forderung muß vor der Befriedigung bereits bestanden haben. E. 35 S. 127. Der Tatbestand des § 241 kann auch dann vorliegen, wenn Gläubigern in der Absicht,dieselben vor einem einzigen Gläubiger zu begünstigen, Siche­ rung oder Befriedigung gewährt worden ist. R. 8 S. 617. Recht 8 S. 503. Die Begünstigung zweier Gläubiger durch einen zahlungsunfähigen Schuldner bildet nur eine einheitliche Straftat und keinen realen Zusammenfluß. R. 6 S. 640. R. 7 S. 517. 27) Hierher gehören alle Arten einer Sicher st ellung, sofern der Gläubiger diese nicht schon rechtlich zu beanspruchen hatte, und alle Rechtshandlungen, welche die Befriedigung eines Gläubigers bewirken, ohne daß derselbe auf die geschehene Art oder auf die Zeit der Befriedigung einen rechtlichen Anspruch gehabt hätte. Mot. zu § 23 Nr. 2 (§ 30 Nr. 2) KO.: Erfüllung einer suspensiv bedingten Forderung oder einer überhaupt nicht klagbaren Forderung, Abkürzung der Verfallzeit, Herbeiführung der Kompensabilität einer Forderung des Gläubigers durch Abschließung eines Rechtsgeschäfts, Einräumung eines vollstreckbaren Schuldtitels. E. 4 S. 61, E. 5 S. 116, E. 30 S. 46; auch die Hingabe der Akzepte Dritter an Zahlungsstatt an einen Geldgläubiger. JurR. 2 Nr. 2202; ferner Gewährung einer Hypothek. R. 2 S. 626; auch durch Bestellung einer erst nach der KE. eingetragenen Buchhypothek. E. 65 S. 416; unerheblich ist es, daß das verpfändete Grundstück über seinen Wert hinaus belastet ist. E. 30 S. 261. Eine widerrechtliche Sicherung liegt ferner vor, wenn auf Grund einer Ver­ einbarung mit dem Gläubiger das Konkursverfahren nicht beantragt wird, obwohl es beantragt werden mußte. E. 48 S. 19; oder wenn ein Schuldner die auf Grund eines nicht gültigen Zwangsvollstreckungstitels erwirkte Zwangsver­ steigerung im Einverständnis mit dem Gläubiger gescheben läßt. GA. 45 S. 427. Darin, daß der Schuldner sich von einem Gläubiger, der eine fällige Forderung hat, verklagen und demnächst abpfänden läßt, ist die Gewährung einer Sicherung oder Befriedigung nicht zu finden. E. 17S. 220; ebensowenig in der Gewährung eines bloßen Titels zur Zwangsvollstreckung. E. 20 S. 301. Eine Sicherung ist dann dem Gläubiger nicht gewährt, wenn ihm vom Schuldner an dessen Grundstück eine Briefhypothek bestellt, der Brief aber nicht übergeben ist. E. 34 S. 171. GA. 60 S. 284. In der Ausstellung eines Wechsels für die Forderung liegt weder eine Sicherstellung noch Befriedigung. GA. 39 S. 230. Einen Anspruch auf Sickerstellung hat z B. die Ehefrau wegen ihres einge­ brachten Gutes. § 1391 BGB. Dresden LZ. 23 S. 209. Das „Gewähren" kann nicht schon durch eine einseitige Willenserklärung des Darbieters oder Gebers erfüllt werden, sondern setzt eine Zustimmung oder Annahme auf Seiten des Empfängers voraus. E. 29 S. 413. Vgl. auch E. 30 S. 46. 28) Dies ist der Fall, wenn der Schuldner einem Gläubiger, der nur eine Geldforderung hat Mobilien oder Waren zu seiner Befriedigung gibt. E. 5 S. 116.

B V. Wirtschaft-recht.

812

Sind mildernde Umstände vorhanden, so kaun auf Geldstrafe er­

kannt werden. Schütt'.

§ 242

Mil Zuchthaus bis zu zehn Jahren wird bestraft,™*) wer

1. im Interesse eines Schuldners,

welcher seine Zahlungen ebfr

gestellt hat, oder über dessen Vermögen das Konkursverfahren

eröffnet worden ist, Bermögensstücke desselben verheimlicht oder beiseite geschafft hat,™) oder 2. hn Interesse eines solchen Schuldner-, oder, um sich oder einem

anderen Bermögensvorteil zu verschaffen, in dem Verfahren80 *) erdichtete Forderungen10 b) im eigenen Namen oder durch vorge­ schobene Personen geltend gemacht hat.™«) Schutt.

Sind mildernde Umstände

vorhanden,

so tritt Gefängnisstrafe

oder Geldstrafe ein.

§ 243.

Ein Gläubiger, welcher sich von dem Gemeinschuldner

oder anderen Personen besondere Vorteile30 * * *) * * *dasür * * * * *hat * * * 29 gewähren oder versprechen lassen, daß er bei den Abstimmungen der Konkursgläubiger

E. 6 S. 149 u. DIZ. 32 S. 1104. Ob die Liderung der unfertigen Stücke eine- Werkes durch den Unternehmer eine solch' Befriedigung bildet, hängt von dem Grade der Herstellung des versprochenen Werkes ab. E. 67 S. 1.

29) Dem Inhaber eines in blanco ausgestellten Wechselakzepts, welcher sich alS Aussteller bezeichnen sollte, steht ein Anspruch auf Sicherheit nicht zu. E. 26 S. 257. Wegen eimr möglicherweise begründeten Anfechtbarkeit kann der An­ spruch auf Befriedigung nicht geleugnet werden. E. 66 S. 88.

DaS Vergehen der Begünstigung aus § 241 kann mit dem Vergehen des einfachen Bankrotts nur ideal zusammentreffen. R. 6 S. 570, 633 u. R. 7 S. 399. Jdealkonkurrenz mit § 239 liegt vor, wenn der begünstigte Gläubiger mehr bekommen hat, als seine Forderung beträgt. R. 5 S. 518, Auch ideale Konkurrenz mit dem vergehen auS § 288 StGB, kann vorliegen. E. 20 S. 214.

29 a) DaS Lerbr. auS $ 242 bildet mit KonkurSverbr. n. -verg., die sich auf dieselbe Zahlungseinstellung beziehen, keine EinheitStat, ist vielmehr als selbständige Handlung onzusehen. E. 72 S. 3u2. 30) Z. B. Verschleuderung von Waren. HRR. 1935 Nr. 158. Eine nach § 242 Nr. 1 strafbare Handlung kann auch mit Beihllfe zum betrüglichen Bankrott in ideale Konkurrenz treten. 6. 21 S. 291.

30 a) ES muß sich um ein durch einen gerichtlichen Eröffnungsbeschluß be­ dingte- Lerkahren bandeln. LK. Anm. 6. vgl E. 38 S. 275. Die Geltend­ machung in dem Verfahren geschieht dadurch, daß der Anspruch gegenüber dem Verwalter erhoben wird. E 64 S. 311; die Geltendmachung in einem Zwangs­ versteigerungsverfahren genügt nicht. DIZ. 35 S. 1466. 30 b) Hierzu gehören auch dinglich-rechtl. Ansprüche. E. 64 S. 311. 30 c) ES genügt, daß die Forderung gegenüber dem KonkurLverw. vor­ gebracht wird. DRZ. 25 Nr. 571.

30d) und zwar Vermögensrecht!. LZ. 8 S. 1053; a. M. Stenglein, Nebenges. Anm. 4.

B V 8. Äentortotbmme § 244.

813

in einem gewissen Sinne stimme,") wird mit Geldstrafe oder mit

Gefängnis bi- zu Einem Jahre bestraft.

§ 244 Die Strafvorschriften der §§ 239—241 finden gegen die Gr. strfk. Mitglieder des Vorstandes n) einer Aktiengesellschaft oder eingetragenen oder Sohöf Genossenschaft Me) und gegen die Liquidatoreneiner Handelsgesellschasr

oder eingetragenen Genoffenschast, welche ihre Zahlungen eingestellt

hat, oder über deren Vermögen daS Konkursverfahren eröffnet worden ist, Anwendung, wenn fie in dieser Eigenschaft die mit Straft bedrohten Handlungen begangen haben.u) **) 31) Kein „Stimmen", wenn der Gläubiger sich verpflichtet, sich derAbgabe der Stimmen -u enthalten. Aber § 317 HGv. Auch der Gemeinschuldner kann sich durch Anstiftung(Stimmenkäufer) beteiligen. E.29 S.304, auchKiesow, Vergleicheordnung 4. Aufl. S. V17. — Über Realtonkurren- -wischen §§ 240 und 243 Anm. 16.

32) Wegen unterlaßener Buchführung oder Bilanzziehung sind nur die­ jenigen Mitglieder verantwortlich, denen diese Pflicht nach dgm Gesellschaft-ver­ träge obliegt. E. 12 S. 73. Abweichend E. 13 S. 235, welche- sämtliche Mit­ glieder de- Vorstandes verantwortlich macht. Der Umstand, daß die Dahl eines Mitgliedes des Vorstandes keine ordnung-mäßige und den Vorschriften de- Statut- nicht entsprechende gewesen, schließt die strafrechtliche LerantworUichleit nicht aus. E. 16 S. 269. Die bloße Verteilung der Geschäfte unter den Mit­ gliedern einer offenen Handelsgesellschaft, durch welche keines von der Geschäfts­ führung ausgeschlossen ist, befreit kein Mitglied von der Verantwortlichkeit für ordnungsmäßige Buchführung. R. 8 S. 331.

32 •) Die strafrechtl. Verantwortlichkeit eine- Vorstandsmitgliedes hängt nicht von der RechtSwirksamleit seiner Bestellung ab. E. 64 S. 81. IurW. 1935 S. 2640. Die Vorstandsmitglieder sind zur Aufstellung einer Eröffnungs­ bilanz verpflichtet. E. 40 S. 242. 33) Diese Strafvorschrift bezieht sich auch auf die Liquidatoren einer G. m. b. H. E. 41 S. 309. 34) vgl. § 37 deS Ges. über die Verwahrung und Anschaffung von Wert­ papieren v. 4. Febr 37 (RGBl. I S. 171). abgcdruckt unter B V 4. 35) §§ 64, 71, 83, 84 des Ges. betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung v. 20. April 92 (RGBl. S. 477) in der Fassung v. 10. Mai 97 (RGBl S. 437), deS Ges. v. 26. Mai 33 (RGBl. I S. 295), §§ 64, 71 u. 84 in der Fassung v. 25. März 1930 (RGBl. I S. 93):

§ 64 Abs. 1. Wird die Gesellschaft zahlungsunfähig, so haben die Ge­ schäftsführer ohne schuldhaftes Zögen, svätestens aber drei Wochen nach Ein­ tritt der Zahlungsunfähigkeit, die Eröffnung deS Konkursverfahren- ober die Eröffnung des gerichtlichen Vergleich-verfahrens zu beantragen; emsvrechenbeS gilt, wenn sich bei*) bei Aufteilung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz ergibt, daß das vermögen nicht mehr die Schulden deckt. Eine schuldhafte Verzögerung deS Antrags liegt nicht vor, wenn die Geschäftsführer die Er­ öffnung deS gerichtlichen Vergleichsverfahren- mit der Sorgfalt eine- ordent­ lichen Geschäftsmanns betreiben. ') IurW. 1934 S. 3134.

814

ER.

B V. Wirtschaft-recht.

§ 71. Ergibt sich die Zahlungsunfähigkeit der aufgelösten Gesellschaft, so haben die Liquidatoren die Eröffnung de- Konkursverfahren- zu beantragen; dasselbe gilt, wenn sich bei der Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischen­ bilanz ergibt, daß daS vermögen nicht mehr die Schulden deckt. Sie Haden sofort bei Beginn der Liquidation und demnächst in jedem Jahre eine Bilanz aufzustellen. Im übrigen haben die Liquidatoren die aus §§ 36, 37, § 41 Sbs. 1, § 43 Abs. 1, 2 und 4, 8 49 «bs. 1 und 2, § 64 Abs. 2 sich ergebenden Rechte und Pflichten der Geschäftsführer. 8 83. Die Strafvorschriften der §§ 239 biS 241 der Konkursordnung finden gegen die Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, welche ihre Zahlungen eingestellt hat oder über deren vermögen das Konkurs­ verfahren eröffnet worden ist, Anwendung, wenn sie in dieser Eigenschaft die mit Strafe bedrohten Handlungen begangen haben.*) § 84.**; Mit GesängniS bis zu drei Monaten und zugleich mit Geldstrafe werden bestraft: 1. die Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wenn entgegen der Vorschrift deS § 64 Abs. 1 der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens oder deS gerichtlichen Vergleichsverfahrens Unter­ lasten ist; 1 2. die Liquidatoren einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wenn ent­ gegen der Vorschrift deS 8 71 Abs. 1 der Antrag auf Eröffnung deS Konkursverfahrens unterlasten ist. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt ausschließlich die Geld­ strafe ein. StrafloS bleibt derjenige, bezüglich besten festgestellt wird, daß der Antrag auf Eröffnung deS Konkursverfahren- oder deS gerichtlichen Vergleichs­ verfahrens ohne sein verschulden unterblieben ist.

*) Die Vorschriften finden auch gegen den Prokuristen Anwendung. E 71 S. 112. DaS Beiseiteschaffen von Vermögensstücken der GmbH, kann auch durch eigennützige Untreuehandlungen des Geschäftsführers geschehen. Aus dem Er­ fordernis, daß der Geschäftsführer „in dieser Eigenschaft" gehandelt habe, ist nicht zu entnehmen, daß die Handlung in bezug auf den Geschäftsbetrieb, auf die Gesellschaft erfolgt sein muß. RG. D. RechtSpfl. 1939 Nr. 162 — E. 73 6.68. Nach E. 73 S.117 ist an der alten Rechtspr. (E. 41 S. 278; 60 S. 234) festzuhalten. **) Entsprechende Bestimmungen finden sich ») in 8 315 deS Handelsgesetzbuches in der Fastung des Ges. v. 25. März 30 (RGBl. I S. 93); b) in 8 297 Ziff. 2 u. 3 de- Ges. über Aktiengesellschaften Kommandit­ gesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) v. 30. Jan. 37 (RGBl. 1 S. 107) — unter B IV 3 —; c) in 8 84 de- ReichSgesetzeS betr. die Erwerbs- und Wirtschaftsgenoffen-

jchastenv.

~o'

gg

(«®ei ^gio'nd«Faff>>n,dkSS«,.v.2S.MSri30)

(RVBl. l 6. 93) - unter B IV 5 —.

B V9. vergleich-ordng. — B V 10. Zuwiderhandl. -eg. PreiSvorschrist.

816

B V 9. Vergleichsordnmlg Som 26. Februar 1935 (RGBl. I S. 821). (Au-zug.)

§ 122 ')

Wenn

in einem Verfahren auf Herbeiführung eines

Chr. Strfk.

Vergleich- zur Abwendung des Konkurses erdichtete Forderungen geltend macht, um sich oder einem anderen einen Vermögen-vorteil zu verschaffen, wird mit Zuchthau- bi- zu zehn Jahren, bei mildernden

Umständen mit Gefängnis oder mit Geldstrafe bestraft.

§ 123 *) Wer sich besondere Vorteile dafür versprechen oder ge­ währen läßt» daß er bei der Abstimmung über den Vergleich-vorschlag in einem bestimmten Sinne stimmt, wird mit Gefängnis bi- zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.

Schöff.

B V 10. Verordnung über Strafen und Strafverfahren bei Znwiderhaadtnngen gegen Preisvorschriften. Sollt 3. Juni 1939 (RGBl. I S. 999).*) Allgemeines Strafrecht. ♦) Geschichte des Preisstrafrechts, Pfundtner-Reubert Ille 13 S. 229; Schütz, DJust. 1939 S. 1226. Schrifttum: Schütz, Preisstrakrecht, Berlin, Verlag Franz Bahlen. § 1. (1) Wer*) den Vorschriften oder Anordnungen des Reichs­

kommissars für die Preisbildung3)3) oder der von ibm mit der Preis Zu v V 9. 1) Entspricht § 242 Abs. 1 Ziff. 2 KO. unter B V 8. 2) Entspricht 8 243 KO. unter B V 8. Zu 8 V 10. Zu § 1. 1) Täter kann jede natürliche Person sein: Verkäufer, Käufer. Vermieter, Mieter — auch als Teilnehmer —, Inhaber, Leiter oder Ange­ stellter eines Betriebes, sofern die einzelnen Vorschriften nichts anderes be­ stimmen. Eine iuristische Person oder eine Personenvereinigung (§ 8 Abs. 2) kommen als „schuldige Person" nicht in Frage. 2) Tie Vorschriften (Gesetze u. BO.) und Anordnungen (im Rahmen der Zuständigkeit der mit Preisbildungsaufgaben betrauten Stellen von diesen vorgenommene ausdrückliche Regelung von Tatbeständen — Schütz Anm. 22 —) sind von drei verschiedenen Stellen erlassen. Die auf einigen Sondergebieten des Preisrechts bestehenden Strafvorschriften sind nach § 39 aufrechterhalten. 3) Der Reichskommissar für die Preisbildung ist durch Ges. v. 29. Oktbr. 36 (RGBl. I S. 927) bestellt.

Schöff. Gr. Strfk.

Sonderst.

816

B V. «irtschastsrecht.

bildung beauftragten ©teilen1)4) vorsätzlich oder fahrlässig zuwider­ handelt, wird mit Gefängnis und Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. Das Höchstmaß der Geldstrafe ist unbeschränkt. (2) Dir gleiche Strafe trifft denjenigen, der den Vorschriften oder Anordnungen anderer staatlicher4) oder staatlich ermächtigter Stellen4) über Preise, Preisspannen, Zuschläge oder Abschläge, Zahlungs­

bedingungen, Preisauszeichnungen, Preisbindungen oder andere der Preisbildung oder dem Preisschutz') dienende Maßnahmen1) vorsätz­ lich oder fahrlässig zuwiderhandelt. (3) M Zuwiderhandlung gilt auch jede Handlung, durch die die

Vorschriften oder Anordnungen unmittelbar oder mittelbar umgangen werden1). (4) Der Versuch ist strafbar.1)

(5) Hat der Täter wissentlich") und gewissenlos aus grobem

Eigennutz") gehandelt oder ist er vor Begehung der neuen vorsätz­ lichen Tat schon einmal wegen vorsätzlichen Vergehens gegen die in den Abs. 1 und 2 bezeichneten Vorschriften rechtskräftig verurteilt worden, so kann an Stelle der Gefängnisstrafe auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren erkannt werden. § 2. Verletzt dieselbe Handlung die Vorschriften des § 1 und andere

Strafgesetze, so kann auch neben der Freiheitsstrafe aus dem anderen Strafgesetz auf die nach $ 1 zulässige Geldstrafe erkannt werben1).

5 8. (1) In dem Urteil kann ohne Rücksicht auf Eigentumsver4) Die Preisbildungsstellen und die mit Preisbildungsaufgaben be­ trauten Behörden, die UberwachungSstellen und Markwereinigung, Präsident der ReichSftlrnkarnmer. 5) Der ReichSkomm. für Preisüberwachung (Ges. v. 8. Dezbr. 31 — 1. Teil Kap. Ii — RGBl.I (5.699—) und die einzelnen Minister als dessen Nachfolger. 6) Hauptvereinigungen und wirtschaft!. Bereinigungen des Reichs­ nährstandes, RetchSstellen für Milch, Fett und Ole, für Getteide und Futter­ mittel, UberwachungSstellen für Eisen und Stahl, für Edelmetall und Cbemie. 7) Z. B. Verbot von Koppelungsgeschäften n. BO. v. 29. Oktbr. 37 (RGBl. I S. 1142). 8) UmgtzhungShandlungen liegen z. B. im Versuch, die Leistungen und Daren, die Lieferung-- und Zahlungsbedingungen zu verschlechtern, unter Umständen in der Weigerung SchönheitSreparaturen für den Mieter auSführen zu lassen. 9) Der Versuch eines fahrlässigen PreiSvergehenS ist nicht strafbar. 10) Bedingter Vorsatz genügt nicht. 11) Siehe Anm. 3 u. 4 des Ges. gegen Wirtschaftssabotage v. 1. Dezbr. 36 (RGBl. I S. 999) unter B V 6. Zu t Lr 1) Diese Kannbestimmung ist bei Verbrechen anwendbar, deren Strafe keine Geldstrafe vorlieht.

B V 10. Zuwiderhandlungen gegen Preisvorschriften 9 8.

817

hältnisse und sonstige Rechte Dritter *) auf Einziehung der Gegen­

stände') erkannt werden, auf die sich die strafbare Handlung bezieht')

oder die durch die strafbare Handlung erlangt sind. (2) Ist der Beschuldigte abwesend oder kann keine bestimmte Per­ son verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf Antrag der Staats­ anwaltschaft die Einziehung selbständig durch Beschluß des Gerichts

ausgesprochen werden. Gegen den Beschluß findet die sofortige Be­

schwerde nach Maßgabe der Strafprozeßordnung') statt. (3) Die Einziehung unterbleibt, wenn der von ihr Betroffene')

nachweist, daß er von der Straftat weder Kenntnis hatte noch haben konnte und daß er von der Straftat auch keinen Vorteil gehabt hat.') Rechte eines anderen an eingezogenen Gegenständen bleiben insoweit bestehen, als diese Voraussetzungen in seiner Person vorliegen. (4) Macht ein anderer als der Beschuldigte an einem der Ein­ ziehung unterliegenden Gegenstände Rechte geltend, ober liegen Tat­ sachen vor, aus denen zu schließen ist, daß solche Rechte bestehen, so soll dem anderen Gelegenheit gegeben werden/) nachzuweisen, daß die Voraussetzungen für die Einziehung nicht vorliegen oder ihm Rechte an dem der Einziehung unterliegenden Gegenstände zustehen. Der Nachweis kann bis zum Ausspruch') der Einziehung geführt werden. Erfolgt der Nachweis erst nach Erlaß der die Einziehung aus­ sprechenden Entscheidung,') so kann das Gericht') den Ausspruch über

die Einziehung aufheben oder einschränkend') (5) Im übrigen gehen das Eigentum und sonstige Rechte an den eingezogenen Gegenständen mit der Rechtskraft der Entscheidung auf das Reich über.

(6) Für einen Rechtserwerb, der nach der Rechtskraft der Ent-

Zu § 3: 1) Die Einziehung ist nicht Nebenstrafe, sondern Sicherungs­ maßnahme. Daher das objektive Verfahren in Abs. 2. 2) Sachen, Vermögensrechte und -werte, gewerbl. Unternehmungen, ärztl. Praxis, Pensionsbetrieb, Schütz a. a. O. Sinnt. 15. 3) Umfassender Begriff. Die Beziehung zur Straftat kann mittelbar imb unmittelbar sein. 4) § 311 StPO, und § 41 Abs. 2 b dieser BO. für die Ostmark. 5) Z. B. der Inhaber eines Betriebes, wenn ein Angestellter sich einer Preisüberschreitung schuldig gemacht hat. 6) Vgl. § 72 Abs. 3 des Dev.ges. unten B V 5. 7) Auch schon im Vorverfahren. 8) Urteil, Beschl. des Gerichts oder Sttafbescheid mach § 8 Ms. 4. 9) Oder die Preisbehörde § 8 Abs. 4. 10) Gegen den Beschluß die Beschwerde (§ 304 StPO., § 15 OStPO.), gegen den Strafbescheid die Aufsichtsbeschwerde. Dalcke, Strafrecht.

31. «ufl.

52

818

B V. Wirtschaft-recht.

Icheidung eintritt, gelten die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu­

gunsten derer, die Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten.") $ 4. Das Gericht kann anordnen, daß die Verurteilung auf Kosten des Verurteilten öffentlich bekanntgemacht wird.

Die Art der Be­

kanntmachung sowie die Frist, innerhalb deren sie zu erfolgen hat,

sind in dem Urteil zu bestimmen.*)1)2 3 4

$ ö. (1) Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrags ein.

Der

Antrag ist unzulässig, wenn wegen derselben Handlung eine Ordnungs­

strafe rechtskräftig festgesetzt worden ist1) Der Antrag kann von dem

Reichskommissar für die Preisbildung oder den von ihm oder mit seiner Zustimmung hierzu ermächtigten Behörden1) gestellt werden.

(2) Der Antrag kann zurückgenommen werden.1) § 6. (1) Örtlich zuständig für den Sttafanttag ist die Behörde, in deren Bezirk der Täter seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen dauernden Aufenthalt hat.

(2) Ist die Zuwiderhandlung im Geschüftsbettieb einer Handels-

gesellschaft, einer juristischen Person oder sonstigen Personenvereini­ gung *) begangen worden, so ist die Behörde zuständig, in deren Bezirk daS Unternehmen seinen Sitz hat.1) Richtet sich die Sttasverfolgung lediglich gegen Leiter oder Angestellte einer Zweigniederlassung oder

eine- sonstigen Zweigbettiebes, so ist die Behörde zuständig, in deren Bezirk sich die Zweigniederlassung oder der Zweigbettieb befindet; das gleiche gilt, wenn daS Unternehmen seinen Sitz im Ausland hat.

11) §§ 932 ff., 892 ff., 1207 BGB., § 366 HGB. Zu § 4: 1) Vgl. Anm. zu § 200 StGB. 2) Weitere Maßregel Berufs- und Gewerbeuntersagung nach § 421 StGB. Zu §5:1) §Z61 bis 64 StGB. § 158 StPO, über Anttagstellung gelten nach 5 41 auch für die Ostmark. Der Anttag ist ProzeßvorauSsetzung. 2) Durch den rechtskr. OrdnungSsttafbescheid ist die Sttafllage ver­ braucht. Ist die Ordnungsstrafe bei Stellung des Antt. noch nicht rechtskr. festgesetzt, so muß der Bescheid zurückgenommen werden. Falls die Hand­ lung zugleich gegen eine Preisvorschrift wie gegen eine andere Bestimmung krimineller Strafgesetze (Betrug, Urkundenfälschung) verstößt, so soll seitens der Überwachung-stellen (Anm. 3) der Antrag gestellt werden, Schütz, DJust. 1929 S. 1230. 3) Zuständig sind die Preisüberwachungsstellen: in Preußen (abgesehen von Berlin), Bayern und Sachsen und im ReichSgau Sudetenland die Re­ gierungspräsidenten, in Berlin und Wien die Polizeipräsidenten, in Hamburg die Gemeindeverwaltung der Hansestadt H., Verwaltung für Handel, Schiff­ fahrt und Gewerbe, in der Ostmark die Landeshauptmänner (ReichSstatthalter), in den übrigen Ländern die oberste Landesbehörde, im Saarland der Reichskommiffar. 4) Vgl. Anm. 86 zu § 64 StGB. Zu $ 6: 1) Gesellschaft des bürgerl. Rechts. 2) D. h. Hauptniederlassung.

B V 10. Zuwiderhandlungen gegen PreiSvorschristev 6S 7 u. 8.

819

(3) Ist die Zuwiderhandlung bei der Veräußerung oder Ver­

pachtung von Grundstücken oder bei der Vermietung oder Verpach­ tung von Räumen begangen, so ist die Behörde zuständig, in deren Bezirk die Grundstücke oder Räume gelegen sind. (4) Bei zusammenhängenden Zuwiderhandlungen, welche einzeln zur Zuständigkeit verschiedener Behörden gehören würden, ist jede dieser Behörden zuständig. (5) Ist hiernach eine Zuständigkeit nicht oder mehrfach begründet, so ist die Behörde zuständig, die zuerst mit der Sache befaßt worden ist. Sie kann die Sache an die andere zuständige Behörde abgeben, wenn dies zweckmäßig erscheint. In Zweifelsfällen bestimmt die gemeinsame höhere Behörde (Preisüberwachungs- oder Preis­ bildungsstelle), notfalls der Reichskommissar für die Preisbildung die

zuständige Behörde. § 7. Die Anklage kann vor den auf Grund der Verordnung der Reichsregierung vom 21. März 1933 (RGBl. I S. 136) errichteten Sondergerichten erhoben werdend)

Ordnungsstrasrecht. Strafmaßnahmen.

§ 8. (1) Bei Zuwiderhandlungen der im § 1 bezeichneten Art können die im § 26 genannten Behörden gegen die schuldigen Personen (Täter und Teilnehmer) Ordnungsstrafen in Geld festsetzen. *) Wird die Zuwiderhandlung in einem Geschäftsbetrieb begangen, so können außerdem gegen die Inhaber oder Leiter des Geschäftsbetriebes Ord­ nungsstrafen in Geld festgesetzt werden, wenn sie nicht nach weisen, daß sie die int Verkehr erforderliche Sorgfalt zur Verhütung der straf­

baren Handlung angewandt habend) (2) Ist Inhaber des Geschäftsbetriebes eine Handelsgesellschaft, eine juristische Person oder sonstige Personenvereinigung»), so ist der Nachweis an Stelle des Inhabers von den zur gesetzlichen Vertretung befugten Personen«) zu führen. Zu § 7: 1) Die DO. ist unter CI4 abgedruckt. In der Ostmark ist Sondergericht das OLG. § 41 Abs. 3. Zu § 8: 1) Ersatzfreiheitsstrafe gibt es nicht. 2) ES muß z. B. nach gewiesen werden, daß den Angestellten die PreiSvorschriften nicht bloß zugänglich gewesen, sondern daß diese ständig darüber unterrichtet worden sind und daß auf Einhaltung der Vorschriften gedrungen worden ist. 3) Stehe Anm. 1 zu § 6. 4) BorstandSmitgl. bei AG., Geschäftsführer bei G.m.b.H. Für die gesetzt. Vertreter können auch Beauftragte, Angestellte, Prokuristen den Nachweis führen.

830

B V. Wirtschaft-recht.

(3) Das Höchstmaß der Geldstrafe ist unbeschränkt. (4) Auf die Einziehung von Gegenständen und die öffentliche Be­ kanntmachung der Bestrafung finden die Vorschriften der §§ 3 und 4 entsprechende Anwendung.") (5) Die Festsetzung der Ordnungsstrafe ist nur zulässig, wenn ein Strafantrag nach § 5 nicht gestellt oder zurückgenommen worden ist5 6) 7

(6) In Fällen von geringerer Bedeutung kann statt der Ordnungs­ strafe eine schriftliche Verwarnung erteilt werdend) Sie ist gebühren­ pflichtig.^) Eine Anfechtung findet nicht statt.

§ 9. (1) Verstößt eine nach § 8 strafbare Handlung zugleich gegen andere Vorschriften über Ordnungsstrafen, so erfolgt die Festsetzung von Ordnungsstrafen und Maßnahmen der im § 10 genannten Art nur nach den Vorschriften dieser Verordnung.l) Dies gilt nicht, wenn die im § 26 bezeichneten Behörden im Einzelfall von der Festsetzung einer Strafe absehen. Erfolgt die Festsetzung der Ordnungsstrafe nach den Vorschriften dieser Verordnung, so bleiben die nach anderen Vorschriften bestehenden Befugnisse anderer Stellen,") sonstige nach dieser Verordnung nicht zulässige Maßnahmen") zu verhängen, un­ berührt. (2) Die zur Festsetzung von Strafmaßnahmen wegen Verletzung anderer Vorschriften zuständigen Stellen haben die im § 26 bezeich

neten Behörden über die von ihnen ermittelten Verletzungen dieser Verordnung zu unterrichten.

§ 10.x) (1) Allein 2) oder neben der Ordnungsstrafe oder einer rechtskräftigen gerichtlichen Bestrafung") kann die völlige oder teil 5) Siehe die Anm. zu §§ 3 u. 4. 6) Siehe Anm. 2 zu § 5. Ter Grundsatz ne bis in idem soll gewahrt bleiben. 7) Siehe § 59 PBG. unter E 6. Eine Begründung ist nicht erforderlich (vgl. § 27). Die Gebühr beträgt 1 RM. § 37 Abs. 4. Zu § 9: 1) Hierdurch soll verhindert werden, daß wegen derselben Handlung mehrere Ordnungsstrafen aus den Preisvorschriften und anderen Bestimmungen (Kontingentierungsvorschriften) verhängt werden. Für die Ostmark siehe § 41 Abs. 2 c. 2) Z. B. Hauptvereinigungen und wirtschaftl. Bereinigungen des Reichsnährstandes. 3) Entziehung oder Einschränkung von Kontingenten. Zu §10:1) Neben der Geschäftsschließung und dem Tätigkeitsverbot kann ferner die Schließung und Untersagung der Fortführung von Betrieben wegen allg. Unzuverlässigkeit des Inhabers und Leiter- durch den Reichskomm. f. Preisbildung angeordnet werden. § 2 der BO. v. 8. Dezbr. 31 15. April 32 RGBl. I S. 747 i. Verb, mit Ges. v. 4. Dezbr. 34 (RGBl. I S. 1201), 180

15. Juli 33 (RGBl. I L. 490) und 5. Novbr. 34 (RGBl. 1 S. 1085); die

B V 10. Zuwiderhandlungen gegen PreiSvorschriften 5§ 11—13-

821

weise Schließung des gewerblichen Betriebes des Schuldigen oder des Betriebes, in dem die Zuwiderhandlung begangen worden ist, auf Zeit oder Dauer verfügt oder seine Wetterführung von Auflagen») abhängig gemacht werden. (2) In gleicher Weise kann den schuldigen Personen auf dem Ge­ biet, auf dem die Zuwiderhandlung erfolgt ist, die Tätigkeit oder Betriebssührung auf Zeit oder Dauer ganz oder teilweise untersagt oder die weitere Tätigkeit oder Betriebsftthrung von Auflagen abhängig

gemacht werden. (3) Die Maßnahmen können nach Rechtskraft der Entscheidung auf Kosten der Betroffenen öffentlich bekanntgemacht werden.«)

§ 11. Ist dem Betroffenen oder seinem Beauftragten für den untersagten Betrieb oder die untersagte Tätigkeit eine behördliche Er­ laubnis (Wandergewerbeschein, Legitimationskarte, Konzessions­ urkunde oder ein ähnliches Ausweispapier) erteilt, so hat die Betriebs­ schließung und die Tätigkeitsuntersagung den Verlust oder die Ein­

schränkung der Erlaubnis zur Folge.') Verjährung.

§ 12. Die Vorschriften des Strafgesetzbuches über die Verjährung der Strafverfolgung und Strafvollstreckung von Vergehen finden aus das Ordnungsstrafversahren sinngemäß mit der Maßgabe Anwendung, daß die Strafverfolgung in drei Jahren und die Strafvollstreckung bei Ordnungsstrafen bis 150 Reichsmark in zwei Jahren, im übrigen in fünf Jahren verjährt*). Einer richterlichen Handlung, die die Ver­

jährung unterbricht, stehen entsprechende Handlungen der mit der

Preisüberwachung beauftragten Behörden gleich. Nichtbeachtung von Strafmaßnahmen.

§ 13. Rechtsgeschäfte,*) die von den Betroffenen entgegen der Vorschrift des § 10 oder in Umgehung dieser Vorschrift, insbesondere Handelsuntersagung erfolgt' auf Grund der BO. u. 13. Juli 23 (RGBl. I S. 706) in der Fassung der BO. u. 26. Juni 24 (RGBl. I S. 661) und v. 19. Juli 26 (RGBl. I S. 413). Bei Nichtbeachtung der Maßnahmen siehe §§ 13, 14. Vollstreckung der Maßnahmen nach § 10, § 34 Abs. 2 vgl. auch § 35. 2) Bei rechtstr. Freisprechung ist die Bestimmung nicht anwendbar. 3) Z. B. Ausscheidung bestimmter Gegenstände aus dem Vertrieb, Führung anderer Bücher, Kontrollmaßnahmen. 4) Mit Rücksicht auf §§ 13, 14 ist die in das Ermessen der Preisbehörde gestellte Veröffentlichung geboten. Zu § 11:1) Die Einziehung der Urkunden erfolgt durch die AuSstellungsbebörde nach den Vorschriften der RGewO. u. a. Zu $ 12: 1) §§ 66 ff. StGB., für Ostmark §§ 531, 532 OStGB. Zu § 13: 1) Z. B. Kündigung.

B T. «trtschaft»rrcht. durch vorgeschobene Personen vorgenommen werden, sind nichtig.

Für Verfügungen dieser Art gelten die Vorschriften des bürgerlichen

Rechts zugunsten derer, die Rechte von einem Nichtberechtigten her­ leiten, entsprechend.2)

Im übrigen wirkt die Nichtigkeit nicht zum

Nachteil dessen, der die Betriebsschließung oder die Tätigkeitsunter-

sagung ohne grobe Fahrlässigkeit2) nicht kannte. Schott'.

$ 14. (1) Wer entgegen einem nach $ 10 ausgesprochenen Verbot selbst oder durch eine vorgeschobene Person Geschäfte betreibt oder die ihm untersagte Tätigkeit oder Betriebssührung ausübt, wird mit Ge­

fängnis bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft.2)2) (2) Dieselbe Strafe trifft denjenigen, der mit diesen oder für diese

Personen ein Geschäft abschließt, obwohl ihm bekannt war, daß ihnen

die geschäftliche Tätigkeit oder Betriebsführung untersagt oder das Geschäft geschlossen worden ist. (3) Neben der Strafe kann auf Einziehung der Gegenstände, auf die sich der unzulässige Betrieb oder die unzulässige Tätigkeit bezieht, und der zur Fortführung des Betriebes oder der Tätigkeit bestimmten

oder verwendeten Gegenstände und Einrichtungen erkannt werden,

wenn diese Gegenstände dem Täter oder einem Teilnehmer gehören. (4) Die Vorschriften des § 3 Abs. 2, 5 und 6 finden entsprechende Anwendung.

Ermittlungsverfahren.

$ 16.

(1) Die Behörden und Beamten der Polizei haben Verstöße gegen die Preisvorschriften zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache

zu verhüten.2) (2) Sie übersenden ihre Verhandlungen ohne Verzug der für die Anordnung von Ordnungsstrafen zuständigen Behörde.

2) Siehe Sinnt. 11 zu § 3.

3) D. h. schwere Verletzung der Sorgfaltspflicht. Siehe aber § 26 brr BO. über Handelsbeschr. Sinnt. 1 zu § 10. Zu 114:1) Tateinheit mit § 145c StGB. Siehe ferner § 29 der BO. über Handelsbeschr. Anm. 1 zu 8 10.

2) Keine Ordnungsstrafe, doch ist zur Strafverfolgung kein Antrag er­ forderlich. Zu § 15: 1) Das Einschreiten der Polizei ist wie nach 8 163 StPO, vorgeschrieben. Die Polizei kann auch Festnahmen, Beschlagnahmen un) Durchsuchungen vornehmen. Wird die Verhaftung und die formelle Beschlagnahme notwendig, so ist zur Etnleitttng der Strafverfolgung der An. ttag nach 8 5 zu stellen.

B V 10. Zuwiderhandlungen gegen Prei-vorschristen §§ 16—10.

82S

§ Iß. (l)Die mit der Preisüberwachung beauftragten Behörden können von allen öffentlichen Behörden, von Berufsvertretungen so­ wie natürlichen und juristischen Personen (Auskunftspersonen) Aus­ künfte verlangen, soweit dies zur Überwachung der Preisgestaltung erforderlich ist.1) Sie können ferner Ermittlungen jeder Art mit Ausschluß von eidlichen Vernehmungen, Beschlagnahmen und Durch­ suchungen entweder selbst vornehmen oder durch die Behörden und Beamten der Polizei vornehmen lassen. Diese sind verpflichtet, dem Ersuchen der mit der Preisüberwachung beauftragten Behörden zu

genügen.2)3 (2) Die Gerichte sind gleichfalls zur Amts- und Rechtshilfe ver­ pflichtet.')

§ 17. (1) Vor der Festsetzung einer Ordnungsstrafe1) ist der Beschuldigte über die ihm zur Last gelegte Zuwiderhandlung und seine persönlichen Verhältnisse zu vernehmen. Ihm ist Gelegenheit zu­ geben, die gegen ihn vorliegenden Berdachtsgründe zu beseitigen. (2) Leistet der Beschuldigte der Vorladung zur Vernehmung keine Folge, so kann die zwangsweise Vorführung angeordnet werden.2) Sie erfolgt durch die zuständige Polizeibehörde.

§ 18. (1) Über die Vernehmung der Beschuldigten und Zeugen soll eine Niederschrift ausgenommen werden, die vom Untersuchungs­ führer und, wenn ein Urkundsbeamter zugezogen ist, auch von diesem zu unterschreiben ist. Die Niederschrift soll Ort und Tag der VerHandlung sowie die Namen der mitwirkenden und beteiligten Personen ersehen lassen. (2) Die Niederschrift ist den Beteiligten, soweit sie davon betroffen werden, zur Genehmigung vorzulesen oder zur eigenen Durchsicht vorzulegen. Die erfolgte Genehmigung ist zu vermerken und die Niederschrift von den Beteiligten entweder zu unterschreiben oder

darin anzugeben, weshalb die Unterschrift unterblieben ist.

§ 19.

(1) Bei der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen

Zu § 16: 1) Daneben besteht die AuskunftspstichtDO. v. 13. Juli 23 (RGBl. I S. 723). Zu statistischen Zwecken dürfen Auskünfte nicht erfordert werden. Die Verweigerung der Auskunft ist nur nach § 19 Abs. 2 zulässig, über Gegen­ stand der Auskunftspflicht siehe auch § 21. 2) Diese Rechtshilfebestimmungen sind weitergehend als die nach § 5 des Ges. v. 29. Oktbr. 36 (RGBl. I S. 927). 3) Zuständig sind die Amtsgerichte. Zu $ 17: 1) Also nicht bei Erteilung der Verwarnung nach § 8 Abs. 6, wohl aber im Falle der Unterwerfung nach § 33. AM. Schütz a. a. O., Anm. 63. 2) Vgl. § 17 DPVG. unter E6.

824

B V. Mrtschastsrecht.

sind die Borschriften der Strafprozeßordnung über das Aussageverweigerungsrecht sinngemäß anzuwenden. *) (2) Auf die Erteilung und Einholung von Auskünften finden die gleichen Vorschriften sinngemäß Anwendung. (3) Eidliche Vernehmungen von Zeugen und Sachverständigen können durch die zuständigen Amtsgerichte nach den für sie gültigen Strafverfahrensvorschriften vorgenommen werden. ’) 8 20. (1) Jeder Zeuge hat nach den für die vernehmende $8^ Hördes geltenden Vorschriften Anspruch auf eine Entschädigung für notwendige Auslagen und Zeitversäumnisse aus der Staatskasse. (2) Sachverständigen kann neben dem Ersatz der notwendigen Auslagen eine angemessene Vergütung gewährt werden.

8 21. (1) Wer Auskunft zu erteilen hat, ist verpflichtet, der er­ suchenden Behörde auf Verlangen diejenigen Gegenstände, insbe­ sondere Urkunden und Schriftstücke einschließlich der einschlägigen Stellen seiner Geschäftsbücher zur Einsicht oder Nachprüfung vorzu­ legen/) die sich auf bestimmt zu bezeichnende Vorgänge beziehen. Unter den gleichen Voraussetzungen, hat er Einsicht in Räume und ver­ schlossene Behältnisse zu gewähren, die er dem Zuwiderhandelnden überlassen hat. § 19 Abs. 1 und 2 finden keine Anwendung.*) (2) In dringenden Fällen kann die Vorlegung unmittelbar er­ zwungen werden.*) § 22. (1) Verweigern Zeugen, Sachverständige oder private Aus­ kunftspersonen vor den mit der Preisüberwachung beauftragten Be­ hörden ohne einen nach § 19 Abs. 1 oder 2 zulässigen Grund ihr Zeugnis, das Gutachten oder die verlangte Auskunft oder verweigern sie die im § 21 geregelte Vorlegung oder leisten sie der nach § 24 Abs. 2 Satz 1 zugestellten Ladung nicht Folge, so können der Reichskommissar für die Preisbildung oder die Preisüberwachungsstellen') und im Be­ schwerdeverfahren die Beschwerdebehörden gegen sie Ordnungsstrafen Zu 8 19: 1) §§ 52ff., 76 StPO. 88 120, 151 ff. OStPO. 2) 88 59ff., 79 StPO., 169, 170, 121 OStPO. Zu 8 20: 1) Beim Amtsgericht 8 71 StPO. Zu § 21:1) Es kann auch die Vorlegung in den Diensträumen verlangt und erzwungen werden. Die Befugnisse aus 8 4 der AuskunftspflichtBO. (Anm. 1 zu 8 16) für die Pretsüberwachungsstellen (nicht für die unteren Verwaltungsstellen) bestehen weiter. 2) Damit ist jegliches Weigerungsrecht ausgeschlossen. 3) Gegebenenfalls durch Polizei 8 16. Neben der Erzwingung ist Ordnungsstrafe möglich 8 22. Zu 8 22: 1) Die unteren Verwaltungsstellen (8 31) haben dieses Be­ strafung-recht nicht.

B V. 10 Zuwiderhandlungen gegen PreiSvorschristen 9§ 23—25.

826

bis zu 100000 Reichsmark festsetzen. Zugleich können ihnen die durch ihre Weigerung oder ihr Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt werden. (2) Beim Ausbleiben eines Zeugen oder Sachverständigen kann die Borführung durch die zuständige Polizeibehörde ungeordnet wer­ den. Die Polizeibehörde hat dem Ersuchen stattzugeben. (3) Diese Maßnahmen sind mit der Beschwerde anfechtbar; die Vor­ schriften der §§ 28 bis 31 und 32 Abs. 2 sind entsprechend anzuwenden. (4) Entschuldigt ein ausgebliebener Zeuge oder Sachverständiger sich nachträglich genügend, so sind die getroffenen Maßnahmen wieder aufzuheben. Die Einziehung der festgesetzten Ordnungsstrafen und Kosten erfolgt nach § 34 Abs. 1 und 3.

§ 23. (l>Der Sachverständige hat über das, was ihm durch seine Tätigkeit bekannt wird, Verschwiegenheit zu bewahren. Insbesondere ist ihm die unbefugte Verwertung von Betriebs- und Geschäfts­ geheimnissen untersagt. Er ist hierauf besonders zu verpflichten. (2) Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. (3) Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag des Verletzten oder der im § 5 bezeichneten Behörden ein. (4) Die Abs. 2 und 3 finden keine Anwendung, sofern nach anderen Vorschriften*) eine höhere Strafe verwirkt ist. Zustellung, Fristen. z 24. (1) Strafbescheide*) sind den Betroffenen zuzustellen. (2) Auf das Verfahren bei der Zustellung finden die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über Zustellungen von Amts wegen mit Aus­ nahme der §§ 189,203 bis 207,2i0a und 212a entsprechende Anwen­ dung.«) Ist die Zustellung in der vorgeschriebenen Weise nicht aus­ führbar, so gilt sie als erfolgt, wenn der entscheidende Teil des Straf­ bescheides im Deutschen Reichs- und Preußischen SLaatsanzeiger Lekanntgemacht worden ist und seit dem Erscheinen des Blattes zwei Wochen verflossen sind. (3) Die gebührenpflichtige Verwarnung kann durch eingeschrie­ benen Brief oder Übergabe an den Beschuldigten gegen Empfangs­ bekenntnis zugestellt werden.

§ 25. (1) Für die Berechnung der Fristen finden §§ 42 und 43 Zu § 23: 1) §§ 353b und c StGB. Zu $ 24:1) Hierunter fällt auch.ber Strafbescheid aus § 22 Abs. 1. 2) In der Ostmark gelten die in § 41 Abs. 2d angeführten Bestim­ mungen

Schöff.

B V. Wtrtschaftsrecht.

der Strafprozeßordnung und bei Versäumung einer Frist die §§ 44 bis 47 der Strafprozeßordnung entsprechende Anwendung.l)

(2) Gegen die Verweigerung der Wiedereinsetzung ist die Be­ schwerde zulässig; die $$ 28 bis 31 und 32 Abs. 2 sind entsprechend an-

zuwenden. Festsetzung der Strafe. $ 26. (1) Die Festsetzung von Ordnungsstrafen und der übrigen in den §§ 8 und 10 vorgesehenen Maßnahmen erfolgt durch den Reichs­ kommissar für die Preisbildung oder die von ihm oder mit seiner Zu­ stimmung hierzu ermächtigten Behörden. *) (2) Das Recht anderer Stetten, wegen Verletzung der im § 1

Abs. 2 bezeichneten Vorschriften und Anordnungen Ordnungsstrafen in Geld zu verhängen oder Maßnahmen nach $ 10 anzuordnen, ruht. -) (3) Örtlich zuständig sind die Behörden, die nach § 6 für den Straf­

antrag zuständig sind. Die gebührenpflichtige Verwarnung kann auch von der Behörde erteilt werden, in deren Bezirk sich der Ort der Zu­ widerhandlung befindet; § 6 Abs. 5 ist entsprechend anzuwenden. (4) Ist die Behörde, in deren Bezirk eine Zuwiderhandlung be­ gangen worden ist, für die Festsetzung der Ordnungsstrafe nicht örtlich zuständig, so hat sie die erforderlichen Ermittlungen zu treffen und ihre Vorgänge der zuständigen Behörde weiterzuleiten; sie kann in dringenden Fällen für ihren Bezirk auch vorläufige Maßnahmen nach § 10 treffen.

' $ 27. Der Strafbescheid über die Ordnungsstrafe oder die Maß­ nahmen nach § 8 Abs. 4 und § 10 sind zu begründen. In der Begründüng sind die strafbare Handlung, die verletzten Vorschriften, die Be­ weismittel und die Rechtsmittel anzugeben. Rechtsmittel.

$ 28. Gegen den Strafbescheid steht den Betroffenen die Be­ schwerde zu. Dies gilt nicht, wenn der Reichskommissar für die Preis­ bildung den Strafbescheid selbst erlassen hat. $ 26. (1) Die Beschwerde ist innerhalb einer Woche nach der Zu­ stellung des Strafbescheides bei der Behörde, die den Strafbescheid er­ lassen hat, schriftlich einzureichen oder mündlich zur Niederschrift zu

Zu § 25: 1) In der Ostmark gelten die in § 41 Abs. 2d angeführten Paragraphen. Zu $ 26: 1) Siehe Anm. 2 zu 8 5. 2) Damit ruhen die Ordnungsstkafbefugnisse der Zusammenschlüsse des Reichsnährstandes und der deutschen Forst- und Holzwirtschaft. Schütz a. a. O., Anm. 80. Allerdings verliert § 26 Abs. 2 durch § 39 seine Bedeutung.

B V 10. Zuwiderhandlungen gegen Preisvorschriften §§ 20—34.

827

-erklären. Durch die Einlegung bei der Beschwerdebehörde ') wird die Frist gewahrt. (2) Erachtet die Behörde, deren Bescheid angefochten worden ist, oie Beschwerde für begründet, so hat sie ihr abzuhelfen;') andernfalls hat sie [bie] Beschwerde an die Beschwerdebehörde weiterzuleiten. § 30. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung; die Be­ schwerdebehörde kann jedoch anordnen, daß die Vollstreckung des an­ gefochtenen Bescheides auszusetzen ist.

§ 81. (1) Uber die Beschwerde entscheidet, wenn sie gegen den Strafbescheid der unteren Verwaltungsbehörde gerichtet ist, die Preisüberwachungsstelle, in den übrigen Fällen die Preisbildungs­ stelle. In Berlin entscheidet statt des Stadtpräsidenten der Polizei­ präsident persönlich oder sein allgemeiner Vertreter oder eine vom Polizeipräsidenten einzurichtende Beschwerdestelle. (2) Der Reichskommissar für die Preisbildung kann durch Berwaltungsanweisung für bestimmte Gebiete die Entscheidung über die Beschwerde an sich ziehen. § 32. (1) Der Strafbescheid kann im Beschwerdeverfahren auch

zum Nachteil des Betroffenen geändert werdend) (2) Die Entscheidung der Beschwerdebehörde ist endgültig. (3) § 27 findet entsprechende Anwendung. Unter werfungsversahren.

§ 33. Räumt der Beschuldigte die Zuwiderhandlung ein, so kann er sich in einer die wesentlichen Tatumstände und verletzten Vor­ schriften enthaltenden Niederschrift einer zugleich festzusetzenden Ord­ nungsstrafe unterwerfen. >) Die Unterwerfung steht der rechtskräftigen Festsetzung einer Ordnungsstrafe gleich'). Vollstreckung.

§ 84. (1) Die Vollstreckung des Strafbescheides erfolgt mit Ausnahme der im § 10 vorgesehenen Maßnahmen nach den landesrecht' lichen Vorschriften im Berwaltungszwangsverfahren.^) Zu § 29: 1) Siehe § 31. 2) D. h. die Preisbeh. kann ihren Bescheid zurücknehmen oder nochmals in die Ermittelungen eintreten. Zu § 31: 1) Polizeiverwalter, Bürgermeister, Landrüte. Zu § 32: 1) Die damit ausgesprochene Schlechterstellung (reformatio in peine) entspricht dem § 331 StPO. $ 32 gilt auch sürdie Ostmark. Zu § 33: 1) § 445 RAbgO. (B VII 1), 5 89 DevGes. (B V 5). 2) Daneben können noch Maßnahmen nach § 10 getroffen werden. Zu } 34:1) Preußen: BO. v. 15. Novbr. 99 (GS. S. 545) i. Fassung

B V. Wirtschastsrecht. (2) Die Maßnahmen nach § 10 hat die Behörde durchzuführen, rvelche die Maßnahmen im ersten Rechtszuge angeordnet hat. Diese Behörde ist auch zuständig für die Bewilligung von Zahlungsfristenund für die Erteilung der Erlaubnis, die Ordnungsstrafe in Teil­ beträgen abzutragen. Teilzahlungen werden zunächst aus die Strafe, angerechnet. (3) In den Nachlaß kann nur vollstreckt werden, wenn der Straf­ bescheid bei Lebzeiten des Bestraften rechtskräftig geworden ist.

§ 35. (1) Sind Warenvorräte der durch Anordnungen nach § 10 betroffenen Betriebe während der Dauer der Schließung des Betriebes dem Verderb oder einer wesentlichen Wertminderung ausgesetzt, so kann die für die Anordnungen nach § 10 zuständige Behörde die für die rechtzeitige Verwertung der Vorräte notwendigen Maßnahmen treffen. Die Durchführung der Maßnahmen geschieht auf Rechnung und (Ge­ fahr des Betriebsinhabers. (2) Streitigkeiten über die Notwendigkeit oder die Art der Maß­ nahmen entscheidet unter Ausschluß des Rechtsweges die Behörde, die nach § 31 über Beschwerden gegen die Anordnungen zu entscheiden hat. Hat der Reichskommissar für die Preisbildung die Maßnahmen getroffen, so entscheidet er selbst. Diese Entscheidungen sind endgültig.

Kosten des Verfahrens. § 3s. Die Kosten des Ordnungsstrafverfahrens sind dem Bestraften aufzuerlegen. Mehrere wegen derselben Zuwiderhandlung Bestrafte haften für die Auflagen als Gesamtschuldner; dies gilt nicht für die durch die Vollstreckung entstandenen Auslagen.

§ 37. (1) Die Gebühr für den Erlaß jedes Strafbescheides beträgt 5 vom Hundert des Betrages der auferlegten Geldstrafe und des Wertes der sonstigen Maßnahmen, mindestens aber eine und höchstens zehntausend Reichsmark. Für eine erfolglose Beschwerde gegen den Strafbescheid wird dieselbe Gebühr erhoben; sie kann jedoch ermäßigt werden, wenn die Beschwerde teilweisen Erfolg hatte. Der Wert der sonstigen Maßnahmen wird nach freiem Ermessen bestimmt. (2) An Auslagen werden erhoben: 1. Telegraphische Gebühren und im Fernverkehr zu entrichtende Fernsprechgebühren, 2. Kosten von Zustellungen und öffentlichen Bekanntmachungen, 3. Entschädigungen, die an Zeugen und Sachverständige gezahlt sind,

des - 4 des Ges. v. 12. Juli 33 (GS. S. 252) und der BO. v. 11. Dezbr. 34 (GS. S. 459), Ostmark: BerwaltungSvollstreckungSges. (BGB. Nr. 276/1926).

B V 10. Zuwiderhandlungen gegen Prei-vorschristen § 38.

829

4. Reisekosten der Beamten bei Geschäften außerhalb des Dienstsitzes, 5. Auslagen anderer Behörden, 6. Kosten der Erhaltung beschlagnahmter Sachen und der Besörderung von Personen oder Sachen, 7. Haftkosten. (3) Die Bollstreckungskosten werden nach den landesgesetzlichen Vorschriften erhoben. (4) Für gebührenpflichtige Verwarnungen beträgt die Gebühr eine Reichsmark. Die Festsetzung erfolgt zugleich mit der Erteilung der Verwarnung und ist nicht anfechtbar. Auslagen werden nicht erhoben.

Schlußvorschristen. § 38. (1) Die Verordnung tritt am 1. Juli 1939 in Kraft. (2) Zugleich treten die Sttaf- und Sttafversahrensvorschristen außer Kraft, die der Reichskommissar für die Preisbildung oder die von ihm mit der Preisbildung beaufttagten Stellen früher erlassen haben oder die in den im § 1 Abs. 2 erwähnten Vorschriften und An­ ordnungen enthalten oder im Zusammenhang damit erlassen worden sind. Dies gilt nicht für die Sttaf- und Sttafversahrensvorschristen, die vom Reichskommissar für die Preisbildung zugleich mit anderen Obersten Reichsbehörden, vom Reichsnährstand, dessen Zusammen­ schlüssen oder von dem Reichsminister für Ernährung und Landwirt­ schaft für Verstöße gegen Vorschriften des Reichsnährstandes und seiner Zusammenschlüsse oder von dem Reichsforstmeister auf Grund des Gesetzes über die Marktordnung auf dem Gebiete der Forst- und Holzwirtschaft vom 16. Oktober 1935 (RGBl I S. 1239) oder von der Marktvereinigung der deutschen Forst- und Holzwirtschaft erlassen worden sind; diese Sttaf- und Strafverfahrensvorschriftcn finden jedoch, soweit die Vorschriften dieser Verordnung gelten, bis auf weiteres keine Anwendung. (3) Insbesondere treten hiernach außer Kraft: §§ 13 bis 18 der Verordnung über Preisüberwachung vom 11. De­ zember 1934 (RGBl. I S. 1245 — Deutscher Reichsanz. u. Preuß. Staatsanz. Nr. 291), § 4 Abs. 2 und § 6 der Verordnung über Preise für unedle Metalle vom 31. Juli 1934 (RGBl. I S. 766), §§ 4 und 5 der Verordnung über das Verbot von Preiserhöhungen vom 26. November 1936 (RGBl. I S. 955), § 5 der Verordnung über Preisbindungen und gegen Verteuerung der Bedarfsdeckung vom 12. November 1934 in der Fassung vom

830

B V. Wirtschaft-recht. 11. Dezember 1934 (RGBl. I S. 1110,1248 — Deutscher ReichS-

anz. u. Preuß. Staatsanz. Nr. 266/291), § 5 der Verordnung zur Ergänzung der Verordnung über Preis« bindungen und gegen Verteuerung der Bedarfsdeckung vom 29. März 1935 (RGBl. I S. 488), § 6 der Verordnung über Meldepflicht, Mengen- und Gewichts­ angabe bei Markenwaren vom 29. Februar 1932 in der Fassung der Verordnungen vom 1. Juli 1932 und 28. September 1932 lRGBl. I S. 120, 347, 492),

die Verordnung über Ordnungsstrafen bei Zuwiderhandlungen gegen Preisschildervorschristen und Preisfestsetzungen vom 8. Ja* nuar 1935 (RGBl. I S. 10), die Verordnung über Ordnungsstrafen bei Überschreitungen von

Preisfestsetzungen für Lebensmittel vom 4. September 1935 (RGBl. I S. 1136),

§ 2 der Verordnung zur Förderung selbständiger Kostenberechnungen in der Wirtschaft vom 15. November 1934 (RGBl. I S. 1186 — Deutscher Reichsanz. u. Preuß. Staatsanz. Nr. 270), die Zweite Verordnung über Ordnungsstrafen bei Überschreitungen von Preisfestsetzungen für Lebensmittel vom 5. Dezember 1935 (RGBl. I S. 1418), die Neunte Verordnung über Ordnungsstrafen bei Überschreitungen

von Preisfestsetzungen für Lebensmittel vom 24. März 1939 (RGBl. I S. 582), die Verordnung über Ordnungssttafen bei Über- und Unterschreit tungen der Preisfestsetzungen auf dem Gebiete der Forst- und Holzwirtschaft vom 4. Mai 1936 (RGBl. I S. 435),

$ 3 der Verordnung zur Ergänzung der Verordnung über Preis­ schilder und Preisverzeichnisse vom 20. Juli 1936 (RGBl. I S. 629), $ 4 der Verordnung über Preisverzeichnisse und Preisschüder in Kleinhandel mit Wild, Wildgeflügel und Geflügel vom 25. Ncvember 1936 (RGBl. I S. 1007), § 22 des Spinnstoffgesetzes vom 6. Dezember 1935(RGBl. I S. 1411., § 2 der Verordnung über Werbebeschränkungen vom 19. Juni 1935 (Deutscher Reichsanz. u. Preuß. Staatsanz. Nr. 141), währen) im $ 1 die Worte „von der örtlichen zuständigen Preisüberwachungsstelle mit einer Ordnungsstrafe bis zu 1000 Reichs-

mark für jeden Fall der Zuwiderhandlung" fortfallen, § 4 der Verordnung gegen Preissteigerungen aus Anlaß der Er­

höhung von Eisenbahngütertarifen vom 20. Januar 1936 (Deut­ scher Reichsanz. u. Preuß. Staatsanz. Nr. 18),

B V 10. Zuwiderhandlungen gegen PreiSvorschristeu § 39.

831

§ 4 der Verordnung gegen Preissteigerungen auS Anlaß der Ein­

schränkung des Eisenbahnverkehrs mit Ostpreußen vom 6. Fe­

bruar 1936 (RGBl. I S. 61), § 3 der Verordnung über den Handel mit Bienenhonig vom 22. Ok­

tober 1935 (RGBl. I S. 1253), § 2 der Verordnung über den Handel mit Kunsthonig vom 4. Januar

1935 (RGBl. I S. 9), § 4 der Verordnung zur Vereinfachung und Verbilligung des WarenVerkehrs im Handel mit Ölen und Fetten vom 1. Juni 1935

(RGBl. I S. 722), § 2 der Verordnung über den Verkauf von Brennstoffen vom

14. November 1934 (RGBl. I S. 1185). § 89. Unberührt von den Vorschriften dieser Verordnung bleibend)

die Verordnung über Wettbewerb vom 21. Dezember 1934 (RGBl. I

S.

1280 — Deutscher

Reichsanz.

u.

Preuß.

Staatsanz

Nr. 299),

die Verordnung über äußere Kennzeichnung von Lebensmitteln vom 8. Mai 1935 in der Fassung der Verordnung vom 16. April

1937 (RGBl. I 1935 S. 590/1937 S. 456), die Verordnung über einen Marktschutz für die österreichische Wirt-

schäft vom 27. September 1938 (RGBl. I S. 1203),

die vom Reichskommissar für das Kreditwesen auf Grund des § 38

des Reichsgesetzes über das Kreditwesen vom 5. Dezember 1934 (RGBl. I S. 1203) erlassenen Vorschriften,

die Vorschriften und Anordnungen, die nur für die Mitglieder be-

stimmter

öffentlich-rechtlicher

Körperschaften,

Organisationen

oder Zusammenschlüsse verbindlich oder für deren Beachtung nur diese verantwortlich sind, sofern die Vorschriften oder Anord-

nungen nicht von den int $ 1 Abs. 1 bezeichneten Stellen, dem

Reichskommissar für Preisüberwachung, einer Obersten Reichs­ behörde, vom Reichsnährstand oder dessen Zusammenschlüssen,

vom Reichsforstmeister oder den Marktverbänden der deutschen Forst- und Holzwirtschaft erlassen worden sind,

die Anordnung des Reichskommissars für Preisüberwachung vom 21. Mai 1935 in der Fassung der Dritten Anordnung des Reichs­

wirtschaftsministers, betteffend Marktregelung für das graphische

Gewerbe vom 17. Juli 1936 (Deutscher Reichsanz. u. Preuß. Staatsanz. Nr. 167).

Zu § 39:1) Diese Vorschriften, auf welche die BO. keine Anwendung findet, sind nur für einen fest umrissenen, organisierten PersonenkretS ver­ bindlich und dienen überwiegend dem Schutze dieses PersonenkretseS gegen Preisunterbietungen (Wettbewerbsregelungen).

B V. MrtschastSttcht.

die Anordnung zur Organisationsvereinfachung im graphischen Ge­ werbe vom 17. Dezember 1938 (Deutscher Reichsanz. u. Preuß. Staatsanz. Nr. 295), die Fünfte Anordnung einer Marktregelung für das graphische Ge­ werbe vom 29. Dezember 1937 (Deutscher Reichsanz. u. Preuß. Staatsanz. Nr. 301) in der Fassung der Sechsten Anordnung einer Marktregelung für das graphische Gewerbe vom 17. Sep­ tember 1938 (Deutscher Reichsanz. u. Preuß.Staatsanz. Nr. 220) und der Anordnung zur Organisationsvereinsachung im graphischen Ge­ werbe vom 17. Dezember 1938 sowie die Vorschriften, die auf Grund dieser Anordnungen ergehen, die Bekanntmachungen des auf Grund des Gesetzes über Wirt­ schaftswerbung vom 12. September 1933 (RGBl. I S. 625) errichteten Werberats der deutschen Wirtschaft, die Festsetzung von Entgelten auf Grund der Verordnungen zur Durchführung des Gesetzes zur Bekämpfung der Notlage der Binnenschiffahrt vom 16. Juni 1933 (RGBl. II S. 317). $ 40. Anhängige Beschwdrdeverfahren werden nach den bis­ herigen Vorschriften durchgeführt. Im übrigen gelten vom Inkraft­ treten dieser Verordnung an nur die darin vorgesehenen Verfahrens­ vorschriften. § 41. (1) Soweit Vorschriften dieser Verordnung in der Ostmark oder in den sudetendeutschen Gebieten nicht unmittelbar angewandt werden können, sind sie sinngemäß anzuwenden.l) (2) Für die Ostmark gilt außerdem folgendes: a) Stellt die zuständige Behörde einen nach dieser Verordnung zu­ lässigen Strafantrag, so verfolgt der öffentliche Ankläger die Zuwiderhandlung. Auf die Stellung des Strafantrages und dessen Zurücknahme sind die §§ 61 bis 64 des Strafgesetzbuches für das Deutsche Reich und § 158 der deutschen Strafprozeß­ ordnung anzuwenden. b) Gegen den Beschluß über die Einziehung (§ 3Abs. 2) kann binnen drei Tagen Beschwerde bei dem Oberlandesgericht eingelegt werden. c) Die Vorschriften des § 9 Abs. 1 finden in der Ostmark auch dann entsprechende Anwendung, wenn die nach § 8 strafbare Hand­ lung zugleich den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung bildet. Zu § 41: 1) Auch in den an Preußen und Bayern gefallenen Teilen der sudetendeutschen Gebiete gilt das gesamte Reichsrecht. K 5 des Ges. v. 25. März 39 (RGBl. I S. 745).

B VI 1. (Besetz zur Ordnung der nationalen Arbeit § 22.

833

d) Es sind anzuwenden an Stelle der im § 24 genannten Vor­ schriften der Zivilprozeßordnung die §§ 21 bis 28, 30 und 31 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BGBl. Nr. 274/1925) und an Stelle der im § 25 genannten §§ 42 bis 47 der Strafprozeßordnung die §§ 32, 33, 71 und 72 des Allgemeinen Berwaltungsverfahrensgesetzes. (3) Die Zuständigkeit des Sondergerichts nimmt in der Ostmark das Oberlandesgericht wahr. (Artikel II der Verordnung über die Erweiterung der Zuständigkeit der Sondergerichte vom 20. November 1938 — RGBl. I S. 1632).

§ 42. Der Reichskommissar für die Preisbildung erläßt im Ein­ vernehmen mit den beteiligten Reichsministern die zur Durchführung oder Ergänzung dieser Verordnung erforderlichen Rechts- und Berwaltungsvorschriften.

VI. Arbrits- und SoMrecht. B VI1. Gesetz zur Ordnung -er nationalen Arbeit. Vom 20. Januar 1934. («GVl. I S. 45.) (Auszug.)

§ 22. Strafen. Wer schriftlichen allgemeinen Anordnungen des Treuhänders der Arbeit, die dieser in Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben erläßt*), wiederholt vorsätzlich zuwiderhandelt,*) wird mit Geldstrafe bestraft;

in besonders schweren Fällen kann an die Stelle der Geldstrafe oder 1) Z. B. Tarifordnungen. 2) Z. B. durch Unterschreiten der tariflichen Lohnsätze oder falsche Tarif­ einstufung durch Nichtberückstchtigung vorgeschriebener Arbeit-merkmale. Nur wiederholte vorsätzliche Zuwiderhandlung macht strafrechllich verantworllich, OLG. Düsseldorf DRecht-pfl. 1936 S. 458. Wiederholte Zuwider­ handlung z. B. schon anzunehmen, wenn Betriebsführer einem größeren Tell der Gefolgschaft den -ustebenden Urlaub versagt. Der Begriff der fortgesetzten Handlung ist dabei für die Beurteilung der Wiederholung unerheblich, OLG. Darmstadt HRR. 1935 Nr. 1573; OLG. München, JFGErg. 1938 S. 230.

Dalcke, Strafrecht. 81. Aast.

53

er.

834

B VI. Arbeit-- ruck Sozialrecht.

neben sie Gefängnisstrafe treten?) Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag des Treuhänders der Arbeit ein4). Die Verfolgung der mit öffentlicher Strafe bedrohten Handlung als Verletzung der sozialen Ehre wird durch die Verurteilung zu öffent­ licher Sttafe nicht ausgeschlossen.

B VI 2. veichsverkchtrungsordnllng. i. d. F. vom 15. Dezember 1924. («GVl. I S. 779.)

(Auszug.)

Schöff.

$ 533. Arbeitgeber') werden mit Gefängnis bestraft4), wenn sie Beitragsteile, die sie den Beschäftigten einbehalten ) oder von ihnen erhalten4) haben, der berechtigten Kasse vorsätzlich4) vorenthalten4). 3) Die Möglichkeit einer ehrengerichtlichen Bestrafung nach § 36 Abs. 1 Ziff. 3 bleibt durch Bestrafung nach § 22 unberührt. 4) Hierzu vgl. AB. d. RIM. v. 15. Juni 36 (DIust. S. 914). 1) Ate Arde tgeder ist anzuseven, wem < as Berfugungorecht üicr die Ar­ beitskraft der Arbeiter zufteht und aui besten Rechnung der Arbeitslohn gezahlt wird. Hierzu gehört nicht der Treuhänder. Hamburg HRR. 1931 Nr. 815. E. 26 S. 120. E. 41 S. 46. E. 42 S. 5. 2) FortretzungSzusammendang mit § 1492 kann bestehen. E. 65 S. 301. Tateinheit mit 8 *1492 2 3 4 ist nach Königsberg JurW. 59 S. 3653 ausgeschlossen. Siehe auch ß 73 «nm. 97 «b|. 2 a.E. A M. Dresden DRZ. 24 Nr. 777 (auch mit 8 270 AVÄ.) n. JurW. 61 S. 3465. 3) Einbehalten bedeutet Abzug vom Lohn, Kürzung der Lohnbeträge. E. 39 S. 333. Die zur Zeit her Fülligkeit nur zum Teil entrichteten Löhne sind gekürzte Löhne. KG. DRZ. 23 Nr. 2*25. E. 65 S. 398. Gutschreidung des NettolohnS ist keine Lohnzahlung. Dresden DRZ. 23 Nr. 64. Trinkgelder sind fein Lohn 6.36 S. 30. Einbehaltung liegt auch dann vor, wenn aus­ drücklich ober stillschweigend vereinbart worden ist. daß der Arbeitgeber mit eigenen M tteln auch die ArbeitnehmerdeitragSanteile ztg tragen hat. JurW. 5x S. 1472. Frankfurt JurW. 6i S. 1260. Kein Einbehalten, wenn die Mittel deS Arbeitgeber- so erschöpft sind, daß er auS ihnen den Lohnfoi derungen der Arbeiter nur in einem Maße Genüge leisten tonn, das den Lebensdxdarf nicht übersteigt. RG. HRR. 1932 Nr. 1016. BayOdLG. LZ. 27 S. 53. A. M. Darmstadt, JurW. 1934 S. 624. Beachtlicher Irrtum liegt vor, wenn der Arbeitgeber nicht erkennt, daß er trotz Auszahlung des vollen Varlohns noch Beitragsteile von dem Arbeitnehmer einbehält. JurW. 61 S. 1255, anders KG. G«. 7b S. 333. 4) Da- ist nur der Fall, wenn der Beschäftigte (Hausangestellte, Kellner) Sachbezüge (Kost, freie Wohnung) erhält. 5) vorsätzlich handelt der Arbeitgeber nicht nur, wenn er schon beim Ein­ halten der BeitragSteile vorauSsah oder auf die ertonnte Gefahr hin handelte,

B VI2. -teich-verstchermr-Sordmmg §§ 1492 rr. 1495.

836

Daneben kann auf Geldstrafe und auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Bei mildernden Umständen kann ausschließlich auf Geldstrafe er­

kannt werden. § 1492. Arbeitgeber*) werden mit Gefängnis bestraft, wenn sie vorsätzlich Beitragsteile, die sie den Beschäftigten vom Lohn ab­ gezogen') oder von ihnen erhalten haben, nicht für die Versicherung

Schöff.

verwenden. Daneben kann auf Geldstrafe und Verlust der bürgerlichen Ehren­

rechte erkannt werden. Bei mildernden Umständen kann ausschließlich auf Geldstrafe er­

kannt werden. z 1496. Wer Quittungskarten mit unzulässigen Eintragungen oder mit besonderen Merkmalen versieht, kann vom Bersicherungsamt (RentenauSschusse BfA.) mit Ordnungsstrafe in Geld bestraft werden. Mit der gleichen Strafe kann bestraft werden, wer in Quittungs­ karten den Vordruck fälschlich ausfüllt oder die zur Ausfüllung des Vordrucks eingetragenen Worte oder Zahlen verfälscht oder wissent­ lich eine solche Karte gebraucht. Wer die Eintragungen, Merkmale oder Fälschungen in der Ab­ sicht macht, den Inhaber Arbeitgebern gegenüber kennüich zu machen, wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. Bei mildernden Umständen kann statt der Gefängnisstrafe auf Haft erkannt werden. Eine Verfolgung wegen Urkundenfälschung ($$ 267, 268 StGB.) daß er zur rechtzeitigen Entrichtung der einbehattenen Beträge an die Kranken­ kasse nicht in der Lage sein werde. Es genügt vielmehr auch die Betätigung eines nft nach der Emvevaltung entstandenen BorsapeS; z. B. wenn der Arbettgener die einbevallenen Beträge ohne sofortige Ersatzmöglichkeit zur Tilgung anderer Zahlungsverpflichtungen verwendet, die hinter der Ablieferung der ihm zu treuen Händen überlassenen Lohnanteile zurückstehen müssen. 3M. JurW. 1936 S.515; oder wenn er sich der Pflicht der Abführung der fälligen Beitrags­ anteile bewußt in und die Zahlung trotzdem tchuldhaft d. h. ohne einen das Ver­ schulden ausschließenden Grund (unerwarteter Antrag auf ZwangSvei Wallung) unterläßt. JurW. 1929 S. 1472. Dagegen fehlt der Vorsatz, wenn unvorher­ gesehene Umstände (Ausbleiben sicher erwarteter Eingänge) dem BeitragSabführungSwiUen enlgegenstehen. E. 28 S. 254. 6) Borenthalien bedeutet seinem Wesen nach nichts anderes als daS Unter­ lassen der Abführung der Leistung an lne Kasse, die Nichterfüllung der Zahlungs­ pflicht. E. 50 S. 133. Um dieser Pflicht nachzukommen, darf der Arbeitgeber von seinen Barmitteln den Arbeitnehmern nur so viel ouSzahlen, daß der dem bezahlten Lohne entiprectenbe flössen Beitrag in seinen Händen bleibt. E. 30 S. INI. E. 40 S. 235. RG. in JurW. 1934 S. 2692. § 366 BGB. findet bei der Lohnsteuer Anwendung. Hamburg LZ. 26 S. 910; sonst ohne Be­ deutung. KG. GA. 74 S. 53.

ER.

B VI. LrbeitS- und Lozialrecht.

836

Sehöff*.

Schöff.

tritt nur gegen Personen ein, welche die Fälschung in der Absicht be­ gangen haben, sich oder anderen einen BermögenSvorteil zu ver­ schaffen oder anderen einen Schaden zuzufügen. § 1496. Mit Gefängnis nicht unter drei Monaten, neben dem aus Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann, wird bestraft, wer Marken fälschlich anfertigt, oder verfälscht um sie als echte zu verwenden, oder wer zu demselben Zwecke falsche Marken sich verschafft, verwendet, feilhält oder in Verkehr bringt7).8 9 § 1497. Mit der gleichen Sttafe (§ 1496) wird bestraft, wer wissentlich') bereits verwendete Marken wieder verwendet oder zur Wiederverwendung sich verschafft'), feilhält oder in Verkehr bringt. Bei mildernden Umständen darf auf Geldstrafe oder Haft erkannt

werden. § 1498. In den Füllen der §§ 1496, 1497 ist zugleich auf Ein­ ziehung der Marken zu erkennen, auch wenn sie dem Verurteilten nicht gehören. DaS muß auch geschehen, wenn keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann.

B VI 3. Rkichstmappschaftsgeseh I. d. F. vom 1. Juli 1926. («•BL I S. 369.)

(Auszug.) $ 233. (1) Die Vorschriften der jj . .. . der Reichsversicherungs­ ordnung (unter B VI2) gelten entsprechend. (2) Außerdem gelten entsprechend die Vorschriften der §§ 529 bis 536 der Reichsversicherungsordnung . . . für die Krankenversicherung $§ 1487 bis 1490, 1492 bis 1494 der ReichsversicherungSordnung für die Pensionsversicherung und für die Invalidenver­

sicherung. 7) Es ist nicht erforderlich, daß die Marten dem Publikum zugänglich gemacht sind, sondern eS genügt jede- Überlasten an einen andern zu einer ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung entsprechenden Benutzung. DIZ. 18 S. 1444. GA. «0 S. 444. 8) ES genügt das Bewußtsein der erfolgten Verwendung. BreSlau JurW. 1929 S. 1071. 9) Sichverschaffen und das Wtederverwenden steht in Tatmehrheit, doch ist Fortsetzung-zusammenhang möglich. Zwischen § 1497 und $ 348 Abs. 2 StGB, kann Tateinheit bestehen. E 71 S. 205 (unter Aufgabe der früheren Rechtspr. HRR. 1931 Nr. 904).

rVls.Lnge-versges. — BVI5.«rbeitslosverm. u.-Vers.—v VI6. LZ0- 937

B VI4. Fngestellltnverficherungsgtsth. I. d. F. vom 28. Mai 1924. MSVl. I 6. 668.) (Auszug.) § 888. (Entspricht wörtlich dem § 1492 RBO.; unter B VI2.) § 844. (Bett. Einttagungen und Fälschungen in Versicherungs­ karten; entspricht im übrigen wörtlich dem § 1495 Ms. 3,4 RVO.)

§§ 880—852. (Entsprechen wörtlich den §§ 1496—1498 StVO.)

B VI5. Gesetz über Ärbkitsloseuvermiltlung nnb ^rbeitsloseaver ftchrrung. I. d. F. vom 12. Oktober 1929. (weet i s. lei.) (Auszug.) § 270.

(Entspricht wörtlich dem § 533 RBO-, unter B VI2.)

B VI (i. ArbtilsMordinmg. Bom 30. April 1938 (RGBl. I 1938 S. 447)*).

Äusführongsverordnmg ?ur ^rbtits;ri1ordnung. **) Bom 12. Dezember 1938 (RGBl. I 1938 S. 1799).

Auszug.) Erster Abschnitt: Allgemeine Vorschriften.

§ 1.

Geltungsbereich.

(1) Die Arbeitszeitordnung gilt für Gesolgschaftsmitglieder über achtzehn Jahres in Bettieben und Verwaltungen aller Art,*)auch wenn

*) Gilt auch in Österreich (mit Ausnahme des § 22 Abs. 1 bis 5 und des § 23) (BO. vom 7. Febr. 39 — RGBl. I S. 155) — und in den sudeten­ deutschen Gebieten (BO. vom 31. Jan. 39 — RGBl. I S. 154 —). — **) Die AusführungsBO. ist nachstehend in Kursivdruck jeweils hinter den §§ zum Abdruck gekommen, zu denen die Bestimmungen ergangen sind. Die Bestimmungen, die keine bestimmten §§ betreffen, sind am Schluß der AZB. abgedruckt. 1) Das Arbeitszeitrecht ist jetzt im wesentlichen in der AZO. ge­ regelt. Daneben gelten allerdings zahlreiche besondere Vorschriften für

838

B VI. Arbeit-» und Sozialrecht.

sie nicht mit der Absicht der Gewinnerzielung betrieben werden. Aus­ genommen ) sind 1. die Landwirtschaft einschließlich des Gartenbaues,') des Weinbaues und der Imkerei, die Forstwirtschaft, die Jagd, die Tierzucht und die land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetriebe gewerblicher Art, letztere jedoch nur, wenn sie nur für eigenen Bedarf arbeiten, 2. die Fischerei, die Seeschiffahrt und die Luftfahrt, ausschließlich der zugehörigen Land- und Bodenbetriebe. (2) Die Arbeitszeitordnung gilt nicht für 1. Generalbevollmächtigte und die im Handelsregister oder Ge­ nossenschaftsregister eingetragenen Vertreter eines Unternehmens 2. sonstige Angestellte in leitender Stellung, die Vorgesetzte von mindestens zwanzig Gefolgschaftsmitgliedern sind oder deren Jahresarbeitsverdienst die im Versicherungsgesetz für Angestellte für die Versicherungspslicht jeweils bestimmte Höchstgrenze über­ steigt/) bestimmte Betriebe, bei denen ein erhöhter Arbeitsschutz erforderlich ist, sowie Ausnahmeregelungen nach § 8 und besondere Regelungen durch Tarif­ ordnungen gemäß §§ 7, 9 AZO. Bezüglich der Heimarbeiter s. Abschnitt 3 des HeimarbeitsGes. vom 30. Okt. 1939 (RGBl. I S. 2146) nebst DurchfBO. v. 30. Okt. 38 (RGBl. I S. 2152). Die Arbeitszeit für Kinder und Jugendliche bis zu 18 Jahren ist im Jugendschutzgesetz, abgedr. unter B VI 7, geregelt: vgl. aber AusführungsBO. zu 8 1 Abs. i.

Die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestelltenin der AZO. ist in der Regel gefallen. Ausnahmen lediglich nach §§ 13 Abs. 2, 19. 2) Betrieb ist die „organisatorische Zusammenfassung von persönlichen, sachlichen, immateriellen Mtteln zur Erreichung eines technischen Zweckes", so daß Handels-, Industrie- unb Handwerksbetriebe, Sanatorien u. dgl., nicht aber mangels technischen Zweckes wissenschaflliche, künstlerische usw. Tätigkeit oder persönliche Leistungen höherer Art, z. B. Arzt, hierunter fallen (Rohmer,Komm. § 1 Anm. 2q: Hueck-Nipperdey-Dietz,Komm. S. 76). Verwaltungen sind neben den Betrieben genannt, da z. B. Ber bands- oder Syndikatsleitungen dem Sprachgebrauch nach keine „Betriebe" sind, aber alle solche Berwaltungsorganisationen hierunter fallen sollen. Ausnahmen gibt § 1 Abs. 1 Ziff. 1—2 u. Abs. 2 Ziff. 1—3. Auch auf die öffenllichen Beamten findet die AZO. keine Anwendung (§ 13), ferner nicht auf die Hausangestellten. Letzteres ist nicht ausdrücklich außge sprochen — anders als in § 2 JSchG. —, ergibt sich aber aus der Fassung des 8 1, da der Haushalt kein „Betrieb mit technischem Zweck" ist. Ist das Arbeits Verhältnis teils hauswirtschastlicher, teils gewerblicher Art, so ist maßgebend, welche Beschäftigung überwiegt. 3) Zur Rechtsstellung des Gartenbaues s. AB. d. RIM. vom 27. Febr. 36 (RJust. S. 359), in der ein gemeinschaftl. Rdschr. des RWiM., RArbM., BIM. u. RMfEuL. vom 15. Mai 33 wiedergegeben wird. In dem Rdschr. wird die Eingliederung des Gartenbaus in die Landwirtschaft behandelt und eS werden die Betriebe der Landwirtschaft gekennzeichnet. 4) Die Höchstgrenze bestimmt 8 3 AVG. (7200 RM.).

B VI6. ArbettLzeitorbrnmg § 1. 3. pharmazeutisch

vorgebildete

Gefolgschaftsmitglieder

889 in Apo-

theken. (3) Für Bäckereien und Konditoreien gilt das Gesetz über die Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien vom 29. Juni 1936 (RGBl.

I S. 521), abgeändert durch das Gesetz über Kinderarbeit und über die Arbeitszeit der Jugendlichen (Jugendschutzgesetz) vom 30. April 1938 (RGBl. IS. 437).5) Für das Pflegepersonal und die ihm gleichgestellten 5) Auszug auf dem Gesetz:

Geltungsbereich. 8 1. (1) Das Gesetz gilt 1. für gewerbliche Bäckereien und Konditoreien, 2. für Bäckereien und Konditoreien von Konsum- und anderen Ver­ einen, 3. für gewerbliche Betriebe, die neben Bäcker- oder Konditorwaren Zwieback, Keks, Biskuit, Honigkuchen, Lebkuchen oder Waffeln herstellen, 4. für andere gewerbliche Betriebe, soweit in ihnen Bäcker- oder Kon­ ditorwaren hergestellt werden, insbesondere in Gast-, Schank- und Bahnhofswirtschaften, Speiseanstalten aller Art (z. B. Pensionen, Heilanstalten, Kantinen), Warenhäusern und Müblen. (2) Für Betriebe, in denen Eisspeisen hergestellt werden, gilt das Gesetz nur insoweit, als die Herstellung in Räumen stattfindet, die gleichzeitig zur Herstellung von anderen Bäcker- oder Konditorwaren dienen.

Regelmäßige Arbeitszeit. § 2. Die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit der Arbeiter darf aus­ schließlich der Pausen acht Stunden nicht überschreiten. Andere Verteilung der Arbeitszeit. § 3. Abweichend vom § 2 kann der an einzelnen Werktagen eintretende Ausfall von Arbeitsstunden durch Mehrarbeit an den übrigen Werktagen der gleichen oder der folgenden Woche ausgeglichen werden.

Reg. der Arbeitszeit durch Tarif O. und behördliche Genehmi gung. 8 4. ... Nachtbackverbot. § 5. (1) In der Nachtzeit von einundzwanzig bis vier Uhr darf an Werktagen in den zur Herstellung von Bäcker- oder Konditorwaren dienenden Räumen niemand arbeiten. (2) Unabhängig von dem Zeitpunkt ihrer Herstellung ist die Abgabe von Bäcker- oder Konditorwaren an die Verbraucher und das Austrägen oder Ausfahren zur Belieferung der Verbraucher nur in der Zeit von sechseinhalb bis zweiundzwanzig Uhr., zur Belieferung von offenen Verkaufsstellen von sechseinviertel bis zweiundzwanzig Uhr zulässig. Die Vorschriften über die Abgabe aus offenen Verkaufsstellen werden hierdurch nicht berührt. . Sonntagsruhe. § 6 (1) An Sonn- und Feiertagen darf in den zur Herstellung von Bäcker- oder Konditorwaren dienenden Räumen niemand arbeiten und eine Beschäftigung von Arbeitern in den im § 1 genannten Betrieben auch im übrigen nicht erfolgen.

840

B VI. LrbeitS- und Sozialrecht.

(2) Abweichend vom Abs. 1 dürfen während einer Stunde in der Zeit von vier bis einundzwanzig Uhr Arbeiten vorgenommen werden, die zur Wiederaufnahme des regelmäßigen Betriebes am nächsten Werktag not­ wendig sind. Das Gewerbeaufsichtsamt kann aus besonderen betriebstech­ nischen Gründen eine Überschreitung des Zeitraumes von einer Stunde zulassen. (3) Ist behördlich vorgeschrieben, daß die Arbeitsräume mit einem regelmäßig zu erneuernden Anstrich zu versehen sind, so können die hierzu erforderlichen Arbeiten an Sonn- und Feiertagen vorgenommen werden.

Herstellung von leicht verderblichen Waren an Sonntagen. §7. (1) An Sonntagen dürfen abweichend vom § 6 Abs. 1 leicht ver­ derbliche Konditorwaren während zweier ununterbrochener Stunden in den für jeden Ort von der zuständigen Behörde festzusetzenden Zeit hergestellt und ausgetragen oder ausgefahren werden. Der Zeitraum für die Herstellung muß zwischen sieben und dreizehn Uhr liegen. Das Gewerbeaufsichtsamt kann aus besonderen betriebstechnischen Gründen für das Austragen oder Ausfahren eine Überschreitung des Zeitraumes von zwei Stunden zulassen. (2) Als Herstellung leicht verderblicher Konditorwaren gilt nur die Zu­ bereitung von Creme-, Obst- und Eisspeisen und von Schlagsahne sowie das Füllen von Backwaren mit diesen Speisen. Die Herstellung von Backwaren durch Backvorgänge irgendwelcher Art ist nicht erlaubt. (3) Die Dauer der Beschäftigung von Arbeitern an Sonntagen mit den im Abs. 1 bezeichneten Arbeiten ist auf die aus den §§ 2 und 4 sich ergebende Wochenarbeitszeit anzurechnen. Jedem an einem Sonntag beschäftigten Arbeiter ist an einem der nächsten sechs Werktage Freizeit von dreizehn Uhr ab zu gewähren. (4) Der Abs. 1 findet keine Anwendung auf den Ostersonntag und Pfingstsonntag sowie auf den Neujahrstag, den nationalen Feiertag des deutschen Volkes (1. Mai), den 1. und 2. Weihnachtsfeiertag und das Re­ formationsfest (31. Oktober) im Lande Sachsen, wenn diese Feiertage auf einen Sonntag fallen. Notfälle.

§ 8. Ausnah men im öffentlichen Interesse.

8 9. ... Ausnahmen in besonderen Fällen. 8 10. Strafvorschriften. 8 15. (1) Mit Geldstrafe bis zu einhundertundfünfzig Reichsmark werden alle Personen bestraft, die den Vorschriften dieses Gesetzes, mit Ausnahme des 8 13, oder den auf Grund des Gesetzes erlassenen Anordnungen der zu­ ständigen Behörden zuwider Arbeiten vornehmen oder andere Personen beschäftigen. Soweit nicht nach einer anderen Vorschrift eine schwerere Strafe verwirkt ist, wird ebenso bestraft, wer den zuständigen Aufsichts­ personen den Zutritt zu den Betriebsräumen zu jeder Tages- und Nacht­ zeit nicht unverzüglich gestattet oder die Ausführung der Aufsicht anderweittg zu behindern oder zu vereiteln versucht. (2) In besonders schweren Fallen ist die Sttafe Gefängnis und Geldsttafe oder eine dieser Sttafen. (3) Die Vorschriften des 8 151 der Gewerbeordnung über die Berantworllichkeit der vom Unternehmer zur Leitung des Bettiebes oder eines

B VT 0. LrbeÜs-eitordnun- « 2 n. 3.

841

GefolgschastSmitglieder in Krankenpflegeanstalten gilt die Verordnung über die Arbeitszeit in Krankenpflegeanstalten vom 13. Februar 1924 (RGBl. I S. 66, 154).')

Zu §1 Abs. 1: Die Arbeiiszeitordnung gilt in der Binnenschiffahrt und Flößerei nach der Ausführungsverordnung zum Jugendschutz­ gesetz vom 12. Dezember 1938 (RGBl. I S. 1777) Nr. 2 auch für Jugendliche. § 2.

Begriff der Arbeitszeit.

(1) Arbeitszeit ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen.') (2) Im Steinkohlenbergbau ) gilt als Arbeitszeit die Schichtzeit;

sie wird gerechnet vom Beginn der Seilfahrt bei der Einfahrt bis zum Wiederbeginn bei der Ausfahrt oder vom Eintritt des einzelnen Gefolgschastsmitglieds in das Stollenmundloch bis zu seinem Wieder­ austritt. (3) Arbeitszeit ist auch die Zeit, während der ein im übrigen im Betriebe Beschäftigter in seiner eigenen Wohnung oder Werkstätte oder sonst außerhalb des Betriebes beschäftigt wird. Werden Gefolg­ schaftsmitglieder von mehreren Stellen beschäftigt, so dürfen die einzelnen Beschäftigungen zusammen die gesetzliche Höchstgrenze der Arbeitszeit nicht überschreiten.

Zweiter Abschnitt: Arbeitszeit im allgemeinen. § 3.

Regelmäßige Arbeitszeit.

Die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit darf die Dauer von acht Stunden nicht überschreiten.') Betriebsteils oder zur Beaufsichtigung bestellten Personen finden entspre­ chende Anwendung. 6) Hier nicht abgedruckt. 3u § 2: 1) Unter Arbeitszeit ist nur die werktägliche Arbeitszeit zu verstehen, s. § 3; die Unterscheidung zwischen täglicher Arbeitszeit und Wochen­ arbeitszeit wie im JSchG. wird nicht gemacht. In die Arbeit-zeit ist die Zeit der Arbeitsbereitschaft einzurechnen, also die Zeit, in der sich der Beschäftigte zur Verfügung des Arbeitgebers halten muß. Bez. der Anrechnung der Fortbildungsschulzeit f. § 8 JSchG. Beginn und Ende der Arbeit-zeit, die gemäß § 2 AOG. fstzusetzen sind, müssen im Betrieb bekanntgemacht werden, $ 24 Abs. 1 Ziff. 2. Bez. Mitgabe von Arbeit nach Hause s. § 1 Abs. 3. Ruhepausen sind bestimmte Arbeitsunterbrechungen, s. $ 12 Abs. 2, die ebenso wie die Arbeitszeit festgesetzt und bekanntgegeben sein müssen. Freizeiten vor oder nach der Arbeit sind keine Ruhepausen. 8) Abs. 2 entspricht dem § 1 des aufgehobenen Ges. über die Arbeitszeit im Bergbau vom 17. Juli 22 (RGBl. I S. 628). Abs. 2 bezieht sich nur auf den Steinkohlenbergbau unter Tag, Rohmer, Komm. Anm. 2 zu - 8. Zu Z 3: 1) Uber die Arbeitszeit s. Anm. 1 zu - 2. — § 3 legt den Acht-

842

B VL Lr-eitS» und Sozialrecht.

i 4. Andere Berteilung der Arbeitszeit. (1) Wird die Arbeitszeit an einzelnen Werktagen regelmäßig ver­ kürzt, so kann die ausfallende Arbeitszeit auf die übrigen Werktage der­ selben sowie der vorhergehenden oder der folgenden Woche verteilt werden. ) Dieser Ausgleich ist ferner zulässig, soweit die Art des Be­ triebes eine ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit erfordert; das Gewerbeaufsichtsamt kann bestimmen, ob diese Voraussetzung vorliegt. (2) Die durch Betriebsfeiern, Volksfeste, öffentliche Veranstal­ tungen oder aus ähnlichem Anlaß an Werktagen ausfallende Arbeits­ zeit kann aus die Werktage von fünf zusammenhängenden, die Ausfalltage einschließenden Wochen verteilt werden. Dasselbe gilt, toctm in Verbindung mit Feiertagen die Arbeitszeit an Werktagen ausfällt, um den Gefolgschaftsmitgliedern eine längere zusammenhängende Freizeit zu gewähren. (3) Die tägliche Arbeitszeit darf bei Anwendung der Vorschriften der Absätze 1 und 2 zehn Stunden täglich nicht überschreiten?) Das Gewerbeaufsichtsamt kann eine Überschreitung dieser Grenze zulassen.

Zu § 4 Abs. 1: Die Entscheidung, ob die Art des Betriebes eine ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit erfordert, ist nur in Zweifelsfällen notwendig. Sie kann ton Amts wegen oder auf Antrag getroffen werden. Der Bescheid ist dem Unternehmer durch die Post mit Zu­ stellungsurkunde oder durch einen öffentlichen Beamten zuzustellen. Eine besondere Mitteilung ist nicht erforderlich, wenn die Entscheidung öffentlich bekanntgemacht wird.

Zu § 4 Abs. 3: Auf Grund des § 4 Abs. 3 kann lediglich eine Überschreitung der zehnstündigen Arbeitszeit, nicht dagegen eine vom

§ 4 Abs. 1 und 2 abweichende Regelungt z. B. die Verlängerung des Ausgleichszeitraums, zugelassen werden. Für eine solche Regelung ist gegebenenfalls eine Genehmigung nach § 8 erforderlich; hierbei finden die Vorschriften des § 15 über Mehrarbeitsvergütung Anwendung. Für weibliche Gefolgschaftsmitglieder gelten die weitergehenden Vorstundentag fest, über andere Verteilung der Arbeitszeit f. § 4; Ausnahmen gestatten §§ 5—11,14. — Bez. des Bergbaus s. BO. vom 2. März 39 (RGBl. I S. 482), in der eine Verlängerung der Schichtzeit zur Erhöhung der Förde­ rung ausgesprochen ist. Zu $ 4: 1) Bei ausfallender Arbeitszeit ist in erster Linie an den Ausfall von Arbeitsstunden an Vorabenden von Sonn- und Feiertagen gedacht. Durch Festtag bedingte Ausfälle können nicht ausgeglichen werden. Der Ausgleich war früher (E. 63 S. 266) für einzelne Arbeiter nicht gestattet, sondern nur für Betriebe oder Abteilungen. Diese Beschränkung, die praktischen Bedürfnissen entgegenstand, gilt nach der Fassung des § 4 jetzt nicht mehr (vgl. Rohm er. Komm. Anm. 2 zu § 4). 2) BH. der Jugendlichen f. f 9 Ms. 3 JSchG., abgedr. unter BVI7.

B VI6. ArbeitS-eitordmm- §§ S u. 6.

843

Schriften des § 17 Abs. 3. Anträge auf Genehmigung einer Über* schreiiung der Zehnstundengrenze sind ebenso wie die Anträge auf Zu­ lassung von Arbeitszeitverlängerungen (§ 8) nach den Vorschriften der Nr. 41 zu behandeln,

$ 6. Bor- und Abschlußarbeiten. (1) Die für den Betrieb oder eine Betriebsabteilung zulässige Dauer der Arbeitszeit darf um zwei Stunden täglich, jedoch höchstens bis zu zehn Stunden täglich in folgenden Fällen ausgedehnt werdend) 1. bei Arbeiten zur Reinigung und Instandhaltung, soweit sich diese Arbeiten während des regelmäßigen Betriebes nicht ohne Unter­ brechung oder erhebliche Störung ausführen lassen,

2. bei Arbeiten, von denen die Wiederaufnahme oder Aufrechterhaltung des vollen Betriebes arbeitstechnisch abhängt. (2) Beim Auendebedienen der Kundschaft einschließlich der damit zusammenhängenden notwendigen Aufräumungsarbeiten darf die Arbeitszeit um eine halbe Stunde, jedoch höchstens bis zu zehn Stun­ den täglich verlängert werden.')

(3) Die Arbeitszeit darf in den Fällen des Absatzes 1 über zehn Stunden täglich verlängert werden, wenn eine Vertretung des Ge­ folgschaftsmitgliedes durch andere Gefolgschaftsmitglieder nicht mög­ lich ist und die Heranziehung betriebsfremder Personen dem Betriebs­

führer nicht zugemutet werden kann. Als Bor- und Abschlußarbeiten gelten hierbei nur solche Arbeiten, die die Dauer von zwei Stunden

täglich nicht überschreiten. (4) Das Gewerbeaufsichtsamt kann bestimmen, welche Arbeiten als Vor- und Abschlußarbeiten gelten.

Zu § 5 Abs. 4: Die Vorschriften der Nr. 3 bis 6 gelten auch für Entscheidungen, ob bestimmte Arbeiten als Vor- und Abschlußarbeiten im Sinne des § 5 anzusehen sind. $ 8. Arbeitszeitverlängerung an dreißig Tagen. Die Gefolgschaftsmitglieder eines Betriebes oder einer Betriebs­ abteilung dürfen an dreißig Tagen im Jahr über die regelmäßige Zu Z 5: 1) Bez. der Jugendlichen s. §§ 7, 9, 10 JSchG., abgepr. unter B VI 7. 2) § 5 Abs. 2 findet auf alle Berkaufshandlungen, bei denen Publikums­ verkehr üblich ist, Anwendung, insbesondere auch in Friseurbetrieben, Erl. d. RArbM. vom 6. Aug. 38 (RArbBl. III S. 190). Zustellung der Waren in die Wohnung von Käufern ist kein Zuendebedienen, Robmer, Komm. Anm. 4 zu Z 5.

844

ö VI. ArbeitS- und Sozialrecht.

Arbeitszeit hinaus mit Mehrarbeit bis zu zwei Stunden täglich, jedoch nicht länger als zehn Stunden täglich beschäftigt werden?) § 7. Arbeitszeitverlängerung durch Tarifordnung. (1) Die regelmäßige Arbeitszeit kann durch Tarifordnung ) bis zu zehn Stunden täglich verlängert werden.

(2) Wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Maße Arbeitsbereitschast füllte kann die Arbeitszeit auch über zehn Stunden täglich verlängert werden. (3) Die von einem Reichsminister nach dem Gesetz zur Ordnung

der Arbeit in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben vom 23. März 1934 (RGBl. I S. 220) § 16 Abs. 2 erlassene gemeinsame Dienstordnung steht im Sinne der Arbeitszeitordnung der Tarifordnung gleich.

Zu § 7: Die Grenze, bis zu der die regelmäßige tägliche Arbeitszeit verlängert werden darf, ist in der Tarifordnung festzulegen. Sie darf zehn Stunden nur für Gefolgschaftsgruppen, in deren Arbeitszeit regel­ mäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt, über­ schreiten. In den vor Inkrafttreten dieser Verordnung erlassenen Tarifordnungen treten Bestimmungen, die die andere Verteilung der Arbeitszeit abweichend vom § 4 regeln. außer Kraft: es gilt die gesetz­ liche Regelung. Z 8. Arbeitszeitverlängerung durch das Gewerbeauf­ sichtsamt. (1) Das Gewerbeaufsichtsamt kann beim Nachweis eines dringen­ den Bedürfnisses eine von den §§ 3, 4 und 7 abweichende befristete Regelung der Arbeitszeit zulassen?)

(2) Eine über zehn Stunden täglich hinausgehende Arbeitszeit kann das Gewerbeaufsichtsamt nur zulassen, wenn die die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfange Arbeitsbereitschaft fällt oder

wenn die Arbeitszeitverlängerung aus dringenden Gründen des Gemeinwohls erforderlich ist. Zu § 6: 1) Nur die Gefolgschaftsmitglieder eines Betriebes oder einer Abteilung, nicht einzelne Gefolgschaftsmitglieder, können nach § 6 zur Mehr arbeit herangezogen werden. Uber den Lohnanspruch in diesem Falle s. § 15. Wann die Mehrarbeit nach § 6 gefordert werden kann, ist aus dem Betriebsinteresse heraus zu beurteilen. Betriebsverbundenheit, Gefolg­ schaftstreue und Treu und Glauben sind dabei zugrunde zu legen. Über die Auslegungen s. Rohm er. Komm. § 6 Anm. 2q.

8u § 7: 1) § 32 Abs. 2 AOG. Zu § 8: Bez. Ausnahmen bei Frauen, für die § 17 Abs. 3 noch besondere Schutzvorschriften gibt, s. $ 20 AZO.,- bez. Ausnahmen bei Jugendlichen s. s 11 JSchG.

B VI6. Nrbeits-eitordnun- § 9,

845

§ I. Arbeitszeit bei gefährlichen Arbeiten.') (1) Für Gewerbezweige oder Gruppen von Gefolgschastsmitgliedern, die unter besonderen Gefahren für Leben oder Gesundheit arbeiten, insbesondere für Arbeiter im Steinkohlenbergbau untertage sowie für Arbeiter, die in außergewöhnlichem Grade der Einwirkung von Hitze, giftigen Stoffen, Staub oder dergleichen oder der Gefähr­ dung durch Sprengstoffe ausgesetzt sind, ist eine Überschreitung der

Grenze des § 3, abgesehen von einer anderen Berteilung der Arbeits­ zeit nach den §§ 4 und 10, nur auf Grund einer Tarifordnung nach $ 7 oder einer Genehmigung des Gewerbeaufsichtsamts nach $ 8 und nur dann zulässig, wenn die Arbeitszeitverlängerung aus Gründen des Gemeinwohls dringend erforderlich ist?) Eine Überschreitung auf

Grund einer Tarifordnung oder Genehmigung des Gewerbeaufsichts­ amts ist ferner zulässig, wenn sie sich in langjähriger Übung als unbe­

denklich erwiesen hat und eine halbe Stunde nicht übersteigt.

Der

Reichsarbeitsminister bestimmt, für welche Gewerbezweige ober Gruppen von Gefolgschaftsmitgliedern diese Beschränkung gilt.')

(2) Der Reichsarbeitsminister kann für einzelne Arten von Be­ trieben oder Beschäftigungen, die mit besonderen Gefahren für die Gesundheit der Gefolgschastsmitglieder verbunden sind, eine über die Vorschriften der Arbeitszeitordnung hinausgehende Begrenzung der Arbeitszeit anordnen.4)

Zu § 9: 1) § 9 entspricht dem bisherigen § 15. Er findet aber jetzt nicht nur aus Arbeiter, sondern auf alle Gefolgschaft-mitglieder Anwendung, s. Anm. 1 Abs. 2 zu § 1. 2) Bez. Verlängerung der Schicktzeit im Bergbau f. die BO. zur Er­ höhung der Förderleistung vom 2. März 39 (RGBl. I S. 482). § 9 findet keine Anwendung auf Arbeiten in Notfällen und außergewöhn^ lichen Fällen (§§ 9, 14). 3) S.: BO. über die Arbeitszeit in Kokereien und Hochofenwerken vom 20. Jan. 25 (RGBl. I S. 5). BO. über die Arbeitszeit in Gaswerken vom 9. Febr. 27 (RGBl. I 2. 59). BO. über die Arbeitszeit in Metallhütten vom 9. Febr. 27 (RGBl. I 5. 59). BO. über die Arbeitszeit in Stahlwerken und anderen Anlagen der Großeisenindustrie vom 16. Juli 27 (RGBl. I S. 221). BO. über die Arbeit-zeit in der Zementindustrie vom 26. März 29 (RGBl. I S. 82). BO. über die Herstellung, Verpackung, Lagerung und Einfuhr von Thomasmehl vom 30. Jan. 31 (RGBl. I S. 17), geünd. durch BO. vom 30. Septbr. 31 (RGBl. I 2. 525), § 6. BO. über Glashütten, Glasschleisereien usw. vom 23. Tezbr. 38 (RGBl. I S. 1961). 4) Abs. 2 gibt setzt nur noch eine Ermächtigung zur Begrenzung der Arbeitszeit für einzelne Arten von Betrieben usw. durch den RArbM. Die

846

B VI. Arbeit-- und Goztalrecht. (3) Im Bergbau untertage ist für Betriebspunkte mit einer Wärme

über 28 Grad Celsius durch die zuständige Bergbehörde eine Verkür­

zung der Arbeitszeit der Gefolgschaftsmitglieder anzuordnen. Weiter­ gehende bergpolizeiliche Bestimmungen bleiben unberührt.

§ 10.

Ununterbrochene Arbeit.

Bei Arbeiten, die werktags und sonntags einen ununterbrochenen Fortgang erfordern, dürfen zur Herbeiführung eines regelmäßigen wöchentlichen Schichtwechsels männliche Gefolgschaftsmitglieder inner­

halb eines Zeitraums von drei Wochen einmal zu einer Schicht von höchstens sechzehnstündiger Dauer einschließlich der Ruhepausen her­

angezogen werdey, sofern ihnen in diesen drei Wochen zweimal eine

ununterbrochene Ruhezeit von je vierundzwanzig Stunden gewährt wird. )

Das Gewerbeaufsichtsamt kann eine abweichende Regelung

zulassen.

$ 11.

Höchstgrenze für Arbeitszeitverlängerungen.

Die Arbeitszeit darf, abgesehen von den Vorschriften des § 4 Abs. 3 Satz 2, § 5 Abs. 3, $ 7 Abs. 2, § 8 Abs. 2, $ 10 und $ 14, auch

beim Zusammentreffen mehrerer Ausnahmen zehn Stunden täglich

nicht überschreiten.')

i 12.

Arbeitsfreie Zeiten und Ruhepausen.

(1) Den Gefolgschaftsmitgliedern ist nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf

Stunden zu gewähren. In Gast- und Schankwirtschaften, im übrigen

Beherbergungswesen') und im Verkehrswesen ) darf die ununter­ brochene Ruhezeit auf zehn Stunden verkürzt werden. Das Gewerbe-

Ermächtigung zu Einzelverfügungen durch Abs. 3 in Nachfolge des § 120t GewO.) ist § 120d GewO. bzw. für Jugendliche § 20 § 120 f GewO, ergangenen BundesratSBO.

die Pol.-Behörde (früher § 15 weggefallen: insoweit genügt JSchG. Die auf Grund des haben keine Geltung mehr.

Auf Grund des Abs. 2 sind die Ztff. 50—54 der AuSfAnw. z. AZO. (abgedruckt am Schluß der AZO. betr. Arbeitszeit der Kraftfahrer und Bei* fahrer ergangen. Vgl. S120 GewO., der auch Arbeitszeitbeschränkungen für gefährliche Arbeiten im Interesse der Betriebsregelung vorsieht; ferner die auf Grund deS § 120e GewO, ergangenen Verordnungen, zitiert in Sinnt. 6 zu § 120 e.

Zu 110:1) Bez. Jugendlicher s. § 11 JSchG.; bez. Frauen s. § 17 Abs. 3 AZO. (Ausnahmen davon § 20). Zu § 11: 1) Bez. Jugendlicher und Frauen s. Anm. 1 zu § io. Zu z 12: 1) S. hierzu Rr. 46—49 der AuSfBO., abgedr. am Schluß der AZO.

2) S. hierzu Nr. 52 der AusfBO. für Kraftfahrer und Beifahrer, ab­ gedruckt am Schluß der AZO.

B VI 6.

Lrbeits-eitordnung § 13.

847

aufsichtsamt kann beim Nachweis eines dringenden Bedürfnisses weilergehende Ausnahmen zulassen. (2) Den männlichen Gefolgschastsmitgliedern') sind bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden mindestens eine halbstündige

Ruhepause oder zwei viertelstündige Ruhepausen zu gewähren, in denen eine Beschäftigung im Betriebe nicht gestattet ist.3 4) Für den Aufenthalt während der Pausen sind nach Möglichkeit besondere Aufenthaltsräume oder freie Plätze bereitzustellen. Bei Arbeiten, die einen ununterbrochenen Fortgang erfordern, sind die in Wechsel­ schichten beschäftigten Gefolgschastsmitglieder ausgenommen; jedoch müssen ihnen Kurzpausen von angemessener Dauer gewährt werden. Die Vorschriften des § 20 Abs. 3 über eine andere Regelung durch das Gewerbeaufsichtsamt finden entsprechende Anwendung.

Zu § 12 Abs. 1: Die ununterbrochene Ruhezeit darf, abgesehen von den im § 12 Abs. 1 Satz 2 genannten Betrieben, auch in Bäckereien und Konditoreien für die der Arbeitszeitordnung unterliegenden Gefolg­ schaftsmitglieder auf zehn Stunden verkürzt werden. Zu § 12 vlbs. 2: Bei Arbeiten, die einen ununterbrochenen Foripang erfordern, findet die im § 12 Abs. 2 Satz 3 zugelassene Ausnahme von der allgemeinen Pausenregelung keine Anwendung, wenn die Arbeiten nur in zwei Schichten ausgeführt werden. Die Zulassung von Ausnahmen, z. B. eine Verkürzung der Ruhe(jausen, setzt einen Antrag . . . voraus; . . . Eine Verlängerung der Ruhepausen kann auch von Amts wegen angeordnet werden. Die Ver­ fügung ist im Bedarfsfall im Amtsblatt der höheren Verwaltungsbe­ hörde zu veröffentlichen. § 13. Sonderregelung für öffentliche Betriebe und Ver­

waltungen. (1) Für die Betriebe und Verwaltungen des Reichs, des „Unternehmens Reichsautobahnen", der Reichsbank und der Länder und für die Verwaltungen der Gemeinden und G^meindeverbände können die vorgesetzten Dienstbehörden die für Beamte gültigen Dienstvor­ schriften über die Arbeitszeit auf die Gefolgschaftsmitglieder über­ tragen. ) 3) Bez. der weitergehenden Schutzvorschriften für Frauen s. § 18 Abs. 2 S. 3; bez. Jugendlicher s. § 15 Abs. 3 S. 3, 4 JSchG. 4) über den Begriff der Ruhepausen s. Anm. 1 zu § 2. ES genügt nicht, daß während der Pause keine Arbeit verlangt wird, eS darf tatsächlich keine Arbeit erfolgen; bereits fahrlässiges Zulassen von Arbeit macht strafbar. E 27 S. 139. Zu § 13: 1) Es ist gleich, ob diese gemeinsam mit öffentl. Beamten be­ schäftigt werden, anders also als in Abs. 2 (Rohmer. Komm. 2v -u - 13). —

848

B VI. ArbettS- und Sozialrecht.

(2) Für Angestellte, die von Körperschaften des öffentlichen Rechts ) gemeinsam mit Beamten beschäftigt werden, gelten mangels abweichender Einzelabrede, Dienstordnung oder Tarifordnung die für

Beamte gültigen Dienstvorschriften über die Arbeitszeit auch ohne ausdrückliche Übertragung nach Abs. 1.

§ 14. Außergewöhnliche Fälle. (1) Die Vorschriften der §§ 3 bis 13 über Dauer der Arbeitszeit, arbeitsfreie Zeiten und Ruhepausen finden keine Anwendung auf vor­ übergehende Arbeiten in Notfällen und in außergewöhnlichen Fällen/) die unabhängig vom Willen der Betroffenen eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind, besonders wenn Roh­ stoffe oder Lebensmittel zu verderben oder Arbeitserzeugnisse zu miß­ lingen drohen.-) (2) Dasselbe gilt, wenn eine verhältnismäßig geringe Zahl von Gefolgschaftsmitgliedern an einzelnen Tagen mit Arbeiten beschäftigt wird, deren Nichterledigung das Ergebnis der Arbeit gefährden oder einen unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Schaden zur Folge haben

würde und wenn dem Betriebsführer andere Vorkehrungen nicht zu­ gemutet werden können.

§ 15

Mehrarbeitsvergütung.

Dritter Abschnitt: Erhöhter Schutz für Krane«?) § II. Beschäftigungsverbote. (1) Weibliche Gefolgschaftsmitglieder dürfen in Bergwerken, Sa­

linen, Aufbereitungsanstalten und unterirdisch betriebenen Brüchen S. die BO. über die Arbeitszeit der Beaniten vom 13. Mai 38, geänd. d. . vom 9. Septbr. 38 (RGBl. I S. 593, 1166). 2) Nicht nur die Betriebe und Verwaltungen des Abs. 1, sondern alle öffentlich recht!. Körperschaften, also solche Anstalten, Stiftungen u. dgl., aber auch die NSDAP., Hndustriekammern usw. Zu $ 14: 1) Bet Notfällen handelt es sich um Beseitigung eines Not­ standes oder einer akuten Gefahr. Eilige Arbeiten sind noch keine Notfälle. Vgl. im übrigen Anm. 85 zu tz 105 c GewO. Außergewöhnliche Fälle sind außer den im zweiten Halbsah ge nannten Füllen z. B. Ausnutzung seltener Beförherungsmöglichkeit, Folgen einer plötzlichen Änderung des Lieferungsauftrages (OLG. Dresden JurW. 61 S. 3464) u. dgl. 2) Bez. Frauen s. § 21 AZO., bez. Jugendlicher s. § 19 JSchG. Vgl. feinet wegen der Mitteilungspflicht § 24 Abs. 1 Ziff. 3 AZO. Zu § 16: 1) Die §§ 16ff. der AZO. sind eine Zusammenfassung der früheren Frauenschuhvorschriften unter Einfügung bedeutender Erweite­ rungen. Die Bestimnnlngen gelten für Arbeiterinnen und Angestellte,- ledig-

849

B VI6. LrbeitL-ettordmm- § 17.

und Gruben nicht untertage, ferner bei der Förderung, mit Ausnahme der Aufbereitung (Separation, Wäsche), bei dem Transport und der

Verladung auch nicht übertage beschäftigt werden. (2) Weibliche Gefolgschaftsmitglieder dürfen ferner nicht in Koke­ reien und nicht mit der Beförderung von Roh- und Werkstoffen bei

Bauten aller Art beschäftig» werden. ) (3) Der Reichsarbeitsminister kann die Beschäftigung von weib­ lichen Gefolgschaftsmitgliedern für einzelne Arten von Betrieben oder Arbeiten, die mit besonderen Gefahren für Gesundheit und Sittlichkeit verbunden sind, gänzlich untersagen oder von Bedingungen abhängig machen/)

Zu § 16: In Hochofen- und Stahlwerken, Metallhütten und Walz-, Preß- und Hammerwerken für Eisen, Stahl und andere Metalle, in denen diese Stoffe nicht kalt verarbeitet werden, dürfen weibliche Ge­ folgschaftsmitglieder nicht mit den eigentlichen Betriebsarbeiten be­ schäftigt werden. Sie dürfen ferner über das Verbot des § 16 Abs. 2 hinaus bei Bauten aller Art auch nicht mit den eigentlichen Betriebsarbeiten beschäftigt werden. § 17.

Höchstarbeitszeit.

(1) Weibliche Gefolgschastsmitglieder sind aus ihren Wunsch wäh­ rend der Schwangerschaft und der Stillzeit von einer die Grenzen der §§ 3 und 4 überschreitenden Arbeit zu befreien?)

(2) Mit den im § 5 Abs. 1 genannten Vor» und Abschlußarbeiten dürfen weibliche Gefolgschastsmitglieder höchstens eine Stunde über

die für den Betrieb oder die Betriebsabteilung zulässige Dauer der Arbeitszeit hinaus beschäftigt werden. (3) Bei Anwendung der Ausnahmen des Zweiten Abschnitts dürfen weibliche Gefolgschastsmitglieder nicht länger als zehn Stunden täglich beschäftigt werden. An den Tagen vor Sonn- und Feiertagen darf die Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten. lich die Vorschriften über Nachtruhe und Frühschluß vor Sonn- und Feier­ tagen gelten nur für Arbeiterinnen. Uber den Mutterschutz s. das Ges. über die Beschäftigung vor und nach der Niederkunft vom 16. Juli und 29. Oktbr. 27 (RGBl. I S. 184, 325). 2) Das Verbot beschränkt sich nicht auf schwere Arbeiten, s. RG. zu dem entsprechenden früheren § 137 Ziff. 7. E. 48 S. 281. Materialien sind alle Stoffe und Gegenstände, die beim Bau vorkommen, z. B. auch Bau­ gerüste und Erdmassen. OLG. Breslau GA. 71 S. 391. 3) S. die zugleich auf Grund des § 120 e GewO, erlassenen Verordnun­ gen, ztt. in Anm. 6 zu § 120 e GewO, unter b. Zu - 17: 1) Vgl. hierzu das Ges. über die Beschäftigung vor und nach der Niederkunft vom 16. Juli und 29. Oktbr. 27 (RGBl. I S. 184, 325). Dalcke, Strafrecht. 81. «ufl

M

850

B VI. Ardtits- nnb Hgztalrecht. (4) Die Vorschrift deS Absatzes 3 Satz 2 gilt nicht für das Verkehrs-

wesen für Gast- und Cchankwirtschasten, für das übrige Beherber­ gungswesen, für das Friseurhandwerk, für Badeanstalten, für KrankenPflegeanstalten,-) für Musikaufführungen, Theatervorstellungen, andere Schaustellungen, Darbietungen oder Lustbarkeiten, für Filmaufnahmen, für Gärtnereien, für Apotheken, für offene Verkaufsstellen und für die mit ihnen verbundenen Änderungswerkflätten sowie für den Marktverkehr.')

§ 18. Ruhepausen. (1) Den weiblichen Gefolgschaftsmitgliedern müssen bei einer Arbeitszeit von mehr als viereinhalb Stunden eine oder mehrere im

voraus feststehende Ruhepausen von angemessener Dauer innerhalb der Arbeitszeit gewährt werden. ) Die Ruhepausen müssen mindestens betragen bei mehr als viereinhalb bis zu sechs Stunden Arbeitszeit zwanzig Minuten, bei mehr als sechs bis zu acht Stunden eine halbe Stunde, bei mehr als acht bis zu neun Stunden dreiviertel Stunden und bei mehr als neun Stunden eine Stunde. Bei mehr als acht bis zu achteinhalb Stunden Arbeitszeit dürfen die Ruhepausen aus eine halbe Stunde verkürzt werden, wenn die Verlängerung der Arbeitszeit über acht Stunden dazu dient, durch andere Verteilung der Arbeits­ zeit einen Frühschluß vor Sonn- und Feiertagen herbeizuführen. Länger als viereinhalb Stunden hintereinander dürfen weibliche Ge-

folgschaftsmitglieder nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden.

(2) Als Ruhepausen gelten nur Arbeitsunterbrechungen von min­ destens einer Viertelstunde. (3) *) Mährend der Ruhepausen darf den weiblichen Gefolgschafts­ milgliedern eine Beschäftigung im Betriebe nicht gestattet werden. Für den Aufenthalt während der Pausen sind nach Möglichkeit be­ fördere Aufenthaltsräume oder freie Plätze bereitzustellen. Der Auferthalt in den Arbeitsrärmen darf nur gestaltet werden, wenn die Arbeit in den Teilen des Betriebes, in denen die weiblichen Gefolgschastsmitglieder sich aufhalten, während der Pausen völlig ein2) über die Arbeitszeit des Pflegepersonals vgl. die BO. über die Arbeitszeit in Krankenpslegeranstalten vom 13. Febr. 24 (RGBl. I S. 66, 154).

3) Weitere Sondervorschriften für die genannten Betriebe s. in § 19 Abs. 3 sowie in den §§ 14 Abs. 2; 16 Abs. 2, 4; 17 Abs. 2; 18 Abs. 3 LSckG. Zu § 18: 1) Ausnahmen kann das Gewerbeaufficktsamt zulassen, § 20 Abs. 3 S. 1. über den Begriff der Ruhepausen s. Anm. 1 zu § 2.

2) Bez. der Jugendlichen s. die übereinstimmende Vorschrift deS $ 15 tos. 8 JSchG.

B VI 6. Lrbeitszeitordnung §§ 19 n. 20.

861

gestellt und auch sonst die notwendige Erholung nicht beeinträchtigt wird. § 19. Nachtruhe und Frühschluß vor Sonn- und Feier-

tagen. (1) Arbeiterinnen') dürfen nicht in der Nachtzeit von zwanzig bis sechs Uhr und an den Tagen vor Sonn- und Feiertagen nicht nach

siebzehn Uhr beschäftigt werden?) (2) In mehrschichtigen Betrieben dürfen Arbeiterinnen bis drei­ undzwanzig Uhr beschäftigt werden. Nach vorheriger Anzeige an daGewerbeaufsichtsamt kann die Frühschicht regelmäßig frühestens um fünf Uhr beginnen, wenn die Spätschicht entsprechend früher endet. Das Gewerbeaufsichtsamt kann zulassen, daß die Spätschicht regel-

mäßig spätestens um vierundzwanzig Uhr endet, wenn die Frühschicht entsprechend später beginnt. (3) Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 gelten nicht für die im § 17 Abs. 4 genannten Betriebe?) Zu § 19 Abs. 2: Die Anzeigen über die Verlegung der Schichten in die Zeit von fünf bis zweiundzwanzig Uhr ist beim Gewerbeaufsichts­ and (Bergbehörde) schriftlich zu erstatten. Aus der Anzeige müssen die Zahl der in jeder Schicht beschäftigten männlichen und weiblichen Gefolgschaftsmitglieder, die Art der Tätigkeit, die Dauer und Lage jeder Schicht und der in jeder Schicht gewährten Pausen sowie der Grund der Schichtverlegung hervorgehen. § 20.

Behördliche Genehmigung von Ausnahmen.

(1) Der Reichsarbeitsminister kann aus betriebstechnischen oder allgemein wirtschaftlichen Gründen Ausnahmen von den Vorschriften des § 17 über Höchstarbeitszeit und des § 19 über Nachtruhe und Früh­ schluß vor Sonn- und Feiertagen zulassen. (2) Das Gewerbeaufsichtsamt kann beim Nachweis eines dringen­ den Bedürfnisses Ausnahmen von den im Abs. 1 genannten Vor­ schriften auf die Dauer von zwei Wochen, jedoch für nicht mehr als vierzig Tage innerhalb eines Kalenderjahres unter der Voraussetzung zulassen, daß die zu gewährende ununterbrochene Ruhezeit nicht weniger als zehn Stunden beträgt. Zu § 19: 1) Nur Arbeiterinnen, nicht Angestellte. 2) Zur Beschäftigung gehört auch die Reinigung der Kontorräume in der Fabrik. E. 38 S. 381. Auch das Austragen der Sachen durch das Lauf­ mädchen fällt hierunter. OLG. Celle GA. 53 S. 454. 3) Weitere Ausnahme in Notfällen, f 21.

852

B VI. Arbeit»- und So-ialrecht.

(3) Da» Gewerbeaufsichtsamt kann aus wichtigen Gründen eine vom $ 18 abweichende Regelung der Ruhepausen zulassen. Es kann für Betriebe oder Betriebsteile oder für bestimmte Arbeiten soweit die Schwere der Arbeit oder der sonstige Einfluß der Beschäftigung auf die Gesundheit der weiblichen Gefolgschaftsmitglieder es dringend erwünscht erscheinen läßt, über die Vorschriften des $ 18 Abs. 1 und 2

hinausgehende Pausen anordnen. (4) Das Gewerbeaufsichtsamt kann abweichend vom § 19 Abs. 1 in Betrieben, in denen die Arbeiter in außergewöhnlichem Grade der Einwirkung von Hitze ausgesetzt sind, in der warmen Jahreszeit die Beschäftigung von Arbeiterinnen vor sechs Uhr zulassen.

Zu § 20 Abs. 2: Ausnahmen van den Vorschriften des § 17 über Höchstarbeitszeit und des § 19 über Nachtruhe und Frühschluß vor Sonn- und Feiertagen können für bestimmte Gefolgschaftsgruppen, für eine Betriebsabteilung oder für den ganzen Betrieb nur auf die Dauer von zwei Wochen und für nicht mehr als vierzig Tage innerhalb eines Kalenderjahres zugelassen werden. Falls einem Unternehmer nacheinander Genehmigungen für bestimmte Gefolgschaftsgruppen, eine Betriebsabteilung oder den ganzen Betrieb erteilt werden, darf das ein­ zelne Gefolgschaftsmitglied höchstens an vierzig Tagen im Kalenderjahr abweichend von den Vorschriften der §§17 und 19 beschäftigt werden. Zu § 20 Abs. 3.: Für eine abweichende Regelung der Ruhepausen der Frauen gelten die Vorschriften der Nr. 17 und 18 entsprechend. § 21. Ausnahmen in Notfällen.

Die Vorschriften der 17 bis 19 über Höchstarbeitszeit, Ruhepausen, Nachtruhe und Frühschluß vor Sonn- und Feiertagen finden

keine Anwendung auf vorübergehende Arbeiten, die in Notfällen ) so­ fort vorgenommen werden müssen. Der Betriebssührer hat die Vor­ nahme solcher Arbeiten dem Gewerbeaufsichtsamt unverzüglich an» zuzeigen.

vierter Abschnitt: Werktäglicher Ladenschluß. § 22

Offene Verkaufsstellen.

(1) Offene Verkaufsstellen jeder Art,') mit Ausnahme der Apo­ theken, müssen von neunzehn bis sieben Uhr für den geschäftlichen Verkehr geschlossen sein. ) Die beim Ladenschluß anwesenden Kunden dürfen noch bedient werden?) Zu § 21: 1) Vgl. Sinnt. 1 zu 8 14. Bu § 22: 1) über den Begriff f. Sinnt. 80 ju j 41a GewO. 2) Ist ein Wirtschaftsbetrieb mit Kleinhandel verbunden, so muß letzterer während des Ladenschlusses ruhen. Vgl. dazu ebenfalls Slnm. 80

BVI6. LrbettS-eitordmmg 8 22.

863

(2) Am vierundzwanzigsten Dezember müssen offene Verkaufs­ stellen, abweichend von der Vorschrift des Absatzes 1 Satz 1, bereits von siebzehn Uhr ab für den geschäftlichen Verkehr geschlossen sein. Dasselbe güt für Verkaufsstellen auf Eisenbahngelände und für den Marktverkehr. Ausgenommen sind Apotheken und der Handel mit

Weihnachtsbäumen.

(3) Nach neunzehn Uhr, jedoch bis spätestens einundzwanzig Uhr dürfen Verkaufsstellen an jährlich höchstens zwanzig von der Orts­ polizeibehörde zu bestimmenden Tagen für den geschäftlichen Verkehr geöffnet sein.

(4) Bor sieben Uhr, jedoch nicht vor fünf Uhr dürfen Lebens­ mittelgeschäfte nach näherer Bestimmung der Ortspolizeibehörde ge­ öffnet sein.

(5) Die Ortspolizeibehörden haben vor der Genehmigung der Ausnahmen die Äußerung des Gewerbeaufsichtsamts einzuholen und ihm die erteilte Ausnahmegenehmigung in Abschrift mitzuteilen. Hält das Gewerbeaufsichtsamt die Ausnahmegenehmigung für nicht ver­ einbar mit dem Schutze der Gesolgschaftsmitglieder, so hat es unver­ züglich die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde herbei­

zuführen. (6) Die Bestimmungen der Absätze 1 bis 5 finden keine Anwen­ dung auf den Verkauf von Waren aus selbsttätigen Verkaufseinrich­ tungen (Warenautomaten), die von dem Inhaber einer zum dauern­ den Betrieb eingerichteten offenen Verkaufsstelle in räumlichem Zu-

üu § 41a GewO. Der sog. Gassenschank ist, soweit es sich um Bier oder Wein handelt, als Ausfluß des Schankwirtsgewerbes, nicht als Kleinhandel anzu­ sehen und deshalb bei den Schankwirtsbetrieben auch nach Ladenschluß zu­ lässig. In Preußen, wo früher abweichend von diesenl Standpunkt der Gassenschank ganz allgemein zum Kleinbandel gerechnet wurde, gilt jetzt auch die genannte allgemeine Auffassung, ausgenommen der Verkauf von Bier und Wein in Flaschen, der nach wie vor als Kleinhandel gilt (MinErl. vom 16. März 31, MBliB. S. 255). Der Gassenschank von anderen Geträn­ ken (Branntwein, Kaffee, Milch usw.) ist stets Kleinhandel und unterliegt dem § 22. Tas gleiche gilt für den Verkauf von Speisen, Rauchwaren, Post­ karten usw. über die Straße. Die Verkaufsstelle muß für den geschäftlichen Verkehr geschlossen sein, versperrt zu sein braucht sie nicht. Der Geschäftsschluß muß aber nach außen erkennbar sein. Der geschäftliche Verkehr umfaßt außer dem Verkehr mir dem Publikum auch den mit Geschäftsreisenden, Verkäufern usw., nicht aber interne Arbeiten, vgl. Rohm er, Komm. Anm. 2e zu § 22. Bei Apotheken bezieht sich die Ladenschlußvorschrift nicht auf Heil mittel, also Waren, die nur der Krankenpflege dienen, wohl aber auf alle anderen Waren, z. B. kosmettsche, RG. EZ. 138 S. 219:JurW. 1933 S. 1717. — Bez. der Automaten s. § 22 Abs. 6. 3) Vgl. Anm. 2 zu § 5.

B VI. Mrtettt» mrd Soztalrecht.

864

sammenhang mit dieser ausgestellt und in denen nur Waren feilgeboten werden, die auch in der offenen Verkaufsstelle selbst geführt werden.4 5) Die Wartung der Warenautomaten darf nur innerhalb der nach den Absätzen 1 bis 5 für den Verkauf aus offenen Verkaufsstellen an Werktagen allgemein zulässigen Zeit erfolgen.5) Der Reichsarbeits­ minister kann im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister Näheres bestimmen.

§ 23.

Sonstige Verkaufsstellen.

Während der Zeit, in der nach § 22 die Verkaufsstellen geschlossen sein müssen/) ist das Feilbieten von Waren auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten oder ohne vor­ herige Bestellung von Haus zu Haus im stehenden Gewerbebetriebe sowie im Gewerbebetriebe im Umherziehen (GewO. $ 42b Abs. 1 Nr. 1 und § 65 Abs. 1 Nr. 1) verboten. Ausnahmen können von der Ortspolizeibehörde zugelassen werden. Der Reichsarbeitsminister kann über die Voraussetzungen und Bedingungen für die Zulassung von Ausnahmen Bestimmungen erlassen.

Fünfter Abschnitt: Durch führnngSvorfchristen. § 24. Aushänge und Verzeichnisse. (1) Der Betriebsführer ist verpflichtet:

J. einen Abdruck der Arbeitszeitordnung an geeigneter Stelle im Betriebe zur Einsichtnahme auszulegen; 2. einen Aushang über Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit und der Ruhepausen an sichtbarer Stelle im

Betriebe anzubringen; 3. einen Nachweis über die andere Verteilung der Arbeitszeit nach § 4, über die Bor- und Abschlußarbeiten nach $ 5, über die Ar­ beitszeitverlängerung an dreißig Tagen nach § 6 und über die Arbeit in außergewöhnlichen Fällen nach § 14 zu führen und darin Lage und Dauer der Arbeitszeit und ihre Verteilung auf die Gefolgschaftsmitglieder unverzüglich anzugeben; den be­ teiligten Gefolgschastsmitgliedern ist auf Verlangen Einsicht in

den Nachweis zu gewähren. (2) Der im Absatz 1 Nr. 3 vorgeschriebene Nachweis ist dem Ge­ werbeaufsichtsamt aus Verlangen vorzulegen oder zur Einsicht ein­ zusenden.

4) S. dazu die Au-fBO. zum Automatenges., abgedruckt unter BIV 9. 5) DaS Nachsüllen der Automaten rechnet zur Wartung, Besch, b. RuPrArbM. vom 16. Mär- 35 (RArbBl. 1 S. 108). Zu 5 23: 1) Bez. der Sonn« und Feiertage f. § 55 GewO.

B VIB. Nrbeitszettordnun- 9 24.

866

Zu § 24 Abs. 1 Nr. 1: Statt der Auslage kann ein Aushang der Arbeitszeitordnung erfolgen. Auf dem Aushang müssen mindestens die Vorschriften der §§ 1 bis 27 leicht lesbar abgedruckt sein. Zu § 24 Abs. 1 Nr. 2: Die Vorschrift daß ein Aushang über Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit und der Ruhe­ pausen an sichtbarer Stelle anzübringen ist, gilt entsprechend für Jugendliche (Jugendschutzgesetz § 23 Abs. 1 Nr. 3). Die Angaben für Erwachsene und Jugendliche können auf einem Aushang vereinigt werden. Falls die Arbeitszeit in einzelnen Betriebsabteilungen ver­ schieden geregelt ist für jede Betriebsabteilung ein Aushang er­ forderlich. Weicht die regelmäßige Arbeitszeit einzelner Gefolgschafts­ mitglieder von der allgemeinen Arbeitszeit ab, so sind die abweichenden Arbeitszeiten auf dem Aushang kenntlich zu machen. Das Gewerbe aufsichtsami (Bergbehörde) kann nähere Bestimmungen treffen, u. a. auch Vereinfachungen zulassen. Zu § 24 Abs. 1 Nr. 3: Als Nachweis für die andere Verteilung der Arbeitszeit dient der Aushang (Nr. 29), wenn sich dieselbe ungleich­ mäßige Verteilung der Arbeitszeit innerhalb des Ausgleichszeitraums längere Zeit hindurch wiederholt Auf dem Aushang müssen beginn und Ende der Arbeitszeit und der Ruhepausen für jeden Tag des Aus­ gleichszeitraums angegeben sein. Weicht die tägliche Arbeitszeit in Ausnahmefällen von der durch Aushang (Nr. 29) bekanntgemachten regelmäßigen Arbeitszeit ab, so ist in Ergänzung des Aushangs Tag und Umfang der Abweichung in einem Verzeichnis oder einer Kartei spätestens am folgenden Werk­ tag festzulegen. Aus den Eintragungen muß zu erkennen sein, daß die Gesamtdauer der Arbeitszeit des einzelnen Gefolgschaftsmitgliedes inner­ halb des Ausgleichszeitraums die gesetzliche Grenze nicht überschreitet. Die Eintragungen können auch in den Lohnlisten oder der Lohnkartei gemacht werden. Ändern sich die täglichen Arbeitszeiten häufig, so ist statt des Aushangs (Nr. 29) ein Verzeichnis oder eine Kartei zu führen, in die Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und ihre Dauer für das einzelne Gefolgschaftsmitglied, gegebenenfalls zusammengefaßt für den Betrieb, die Betriebsabteilung oder bestimmte Gefolgschaftsgruppen, spätestens am folgenden Werktag einzutragen sind. Als ausreichender Nachweis sind auch Stempelkarten anzusehen. Die Eintragungen können auch in den Lohnlisten oder der Lohnkartei gemacht werden. Der Nachweis über Vor- und Abschlußarbeiten muß sich auf die Dauer dieser Arbeiten und die beteiligten Gefolgschaftsmitglieder er­ strecken. Es genügen entsprechende Angaben auf dem Aushang über die tägliche Arbeitszeit (Nr. 29 und 30) oder in dem Verzeichnis der

"t

856

B VI. Arbeit-- itnb Soztalrecht.

Kartei oder dem sonstigen Nachweis über die andere Verteilung der Arbeitszeit (Nr. 31 und 32). Der Nachweis über die Arbeit szeitverlängerung an dreißig Tagen im Jahr muß sich auf das Datum der Tage, die Dauer der Arbeitszeit an diesen Tagen und, die an der Mehrarbeit beteiligten Betriebsabtei­ lungen erstrecken. Die Angaben sind in einem Verzeichnis oder einer Kartei festzulegen. Die in außergewöhnlichen Fällen festgesetzten Arbeitszeitent die Art der Arbeiten und die beteiligten Gefolgschaftsmitglieder sind un­ verzüglich schriftlich festzulegen. Zu § 24 Abs. 2: Unternehmer und Gefolgschaftsmitglieder sind verpflichtet, dem Gewerbeaufsichisamt die zur Erfüllung seiner Auf­ gaben erforderlichen Angaben zu machen. § 25.

Strafvorschriften und Zwangsmaßnahmen.

(1) Wer einer Vorschrift der Arbeitszeitordnung oder einer aus Grund der Arbeitszeitordnung ergangenen Verordnung oder Anordnung zuwiderhandelt/) wird mit Geldstrafe bis zu einhundertsünfzig Reichsmark oder mit Hast bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Gefängnis und Geldstrafe oder eine dieser Strafen. (3) Bei einer Zuwiderhandlung gegen die auf Grund des § 9 Abs. 2 oder des § 16 Abs. 3 erlassenen Bestimmungen über die Be­ schäftigung bei gefährlichen Arbeiten kann das Gewerbeaussichtsamt bis zur Herstellung des den Bestimmungen entsprechenden Zustandes die Einstellung des Betriebes, soweit er durch die Bestimmungen ge­ troffen wird, anordnen, falls dessen Fortsetzung erhebliche Nachteile oder Gefahren herbeizusühren geeignet wäre.

(4) Die Vorschriften der Gewerbeordnung § 151 über die Ver­ antwortlichkeit der vom Unternehmer zur Leitung des Betriebes oder eines Betriebsteiles oder zur Beaufsichtigung besteNten Personen finden entsprechende Anwendung. Zu § 25: 1) Täter für die ©traftaten des Abs. 1 ist in der Regel der Betriebsfübrer oder gemäß § 151 GewO, dessen Beauftragter, vgl. Rohm er, Komm. Anm. 3 zu § 25. Das Gefolgschaftsmitglied kann auch nicht auf den gesetzlichen Schutz verzichten und etwa freiwillig Mehrarbeit leisten; strafbar bleibt bann doch der Unternehmer, OLG. Hamburg, HRR. 1935 Nr. 1204; E. 55 S. 70. Ausnahmen, wenn ausdrücklich einem Gefolgschaftsmitglied Pflichten auferlegt sind (z. B. AuSfBO. zu § 24 Ms. 2). Das Verschulden kann vorsätzlich oder fahrlässig begangen werden. E. 2 S. 231. Auch die Duldung einer Gesetzwidrigkeit und Unterlassung der Beseitigung ist strafbar, RG. ARKariei 1931 Nr. 357; OLG. Hamburg, GA. 33 S. 291.

B VI 6. ArLeitszeitordnung 9 26 u. 27.

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Zu § 25 Abs. 3: Zur Erzwingung der nach § 9 Abs. 2 oder § 16 .46s. 3 angeordneten Maßnahmen ist in der Regel zunächst das Straf­ verfahren auf Grund des § 25 Abs. 1 und 2 durchzuführen. Von der Befugnis des § 25 Abs. 3 ist erst dann Gebrauch zu machen, wenn auch nach rechtskräftiger Bestrafung ein den Bestimmungen entsprechender Zustand nicht hergestellt wird; nur wenn die Nichtausführung der an­ geordneten Maßnahmen eine unmittelbare und erhebliche Gefahr für die Gesundheit und Sittlichkeit der Gefolgschafismitglieder zur Folge hat, ist die Einstellung des Betriebes schon vor Erledigung des Straf­ verfahrens anzuordnen. Zwei Abschriften der Verfügung sind dem Reichsarbeitsminister, bei bergbaulichen Betrieben zwei Abschriften dem Reichswirtschaftsminister und eine Abschrift dem Reichsarbeits­ minister, auf dem Dienstwege vorzulegen. Die Einstellung des Betriebes darf nur angeordnet werden, soweit der Betrieb von den auf Grund des § 9 Abs. 2 oder des § 16 Abs. 3 er­ lassenen Bestimmungen betroffen wird. Die Anordnung ist unver­ züglich aufzuheben, wenn Maßnahmen getroffen werden, durch du eine Fortsetzung der Beschäftigung ohne erhebliche Nachteile oder Ge­ fahren für die Gefolgschaftsmitglieder möglich ist. § 26. B eschwerden. (1) Gegen einen auf Grund der Arbeitszeitordnung ergangenen Bescheid ist die Beschwerde an die höhere Verwaltungsbehörde oder, wenn diese den Bescheid erlassen hat, an den Reichsarbeitsminister, bei bergbaulichen Betrieben an den Reichswirtschaftsminister zulässig. (2) Die Beschwerdeentscheidung der höheren Verwaltungsbehörde ist endgültig. Gegen eine aus Grund des § 25 Abs. 3 ergangene An­ ordnung ist jedoch die weitere Beschwerde an den Reichsarbeitsminister, bei bergbaulichen Betrieben an den Reichswirtschaftsminister zulässig. (3) Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

§ 27 Arbeitsaussicht und Behördenzuständigkeit. (1) Tie Aussicht über die Ausführung der Vorschriften der Ar­ beitszeitordnung und der auf Grund der Arbeitszeitordnung erlassenen Bestimmungen obliegt den Gewerbeaussichtsämtern. Für die Auf­ sicht über die Ausführung der Vorschriften des Vierten Abschnitts über den werktäglichen Ladenschluß sind neben den Gewerbeaufsichts­ ämtern die Ortspolizeibehörden zuständig. Gewerbeaufsichtsamt im Sinne der Arbeitszeitordnung ist die örtlich zuständige Dienststelle der Gewerbeaufsicht. (2) Die nach der Arbeitszeitordnung dem Gewerbeaufsichtsamt zustehenden Befugnisse üben bei bergbaulichen Betrieben die Berg­ behörden aus.

868

B VI. Arbeit-- unb Eozialrecht.

(3) Auf die Befugnisse und Obliegenheiten der Aufsichtsbehörden finden die Vorschriften der Gewerbeordnung $ 139b Anwendung. (4) Die dem Gewerbeaussichtsamt nach den Vorschriften der Arbeitszeitordnung zustehenden Befugnisse übt für den Bereich meb» rerer Gewerbeaufsichtsämter die höhere Verwaltungsbehörde aus, für Fälle, die sich über deren Bezirk hinaus erstrecken, der Reichs­ arbeitsminister und bei bergbaulichen Betrieben der Reichswirtschafts­ minister. (5) Der Reichsarbeitsminister ist ermächtigt, die ihm nach der Arbeitszeitordnung zustehenden Befugnisse auf eine andere Stelle zu übertragen.') (6) Bei den Betrieben und Verwaltungen des Reichs, des „Unter* nehmens Reichsautobahnen", der Reichsbank und der Länder und bei den Verwaltungen der Gemeinden und Gemeindeverbände üben die vorgesetzten Dienstbehörden die dem Reichsarbeitsminister oder an­ deren Behörden nach der Arbeitszeitordnung zustehenden Befugnisse aus; die Verordnungsbefugnis steht jedoch nur den obersten Reichs­ behörden zu. Die zuständige oberste Reichs- oder Landesbehörde kann diese Befugnisse im Einvernehmen mit dem Reichsarbeitsminister dem Gewerbeaufsichtsamt übertragen.

Zu § 27 Abs. 1: Die Ortspolizeibehörden haben den GewerbeaufSichtsändern bei der Durchführung der Arbeitszeitordnung Amishilfe zu leisten.

§ 28. Ausnahmen im öffentlichen Interesse. Der Reichsarbeitsminister kann über die in der Arbeitszeitordnung oder in anderen Arbeitsschutzvorschriften vorgesehenen Ausnahmen hinaus widerruflich weitergehende Ausnahmen zulassen, wenn sie im öffentlichen Interesse dringend nötig werden. )

z 29. Aussührungsbestimmungen. Der Reichsarbeitsminister erläßt die zur Durchführung der Ar­ beitszeitordnung erforderlichen Rechts- und Berwaltungsvorschriften. Er kann, soweit es zur Verwirklichung des mit der Arbeitszeitordnung verfolgten Zweckes erforderlich ist, auch Vorschriften und Anordnungen ergänzenden Inhalts erlassen. 1. Höhere Verwaltungsbehörde im Sinne der Arbeitszeitordnung und dieser Verordnung sind die im anliegenden Verzeichnisx) ange« führten Behörden. Zu 8 27: 1) S. Anm. 1 zu § 28. Zu § 28: 1) Mit Erl. vom 16. Dezbr. 38 (RArbBl. I S. 389) hat der RArbM. die Befugnisse aus § 28 auf die GewAufsÄmter übertragen. Zur AusfBO. Ziff. 1:1) Das Verzeichnis ist hier nicht abgedruckt. In

B VI6. Arbeit--eitord««n- 8 SS.

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Sonstiges.

42. Die Vorschriften der §§ 12 und 18 über arbeitsfreie Zeiten und Ruhepausen und des § 19 Über Nachtruhe gelten auch für die nach anderen gesetzlichen Vorschriften zulässige Beschäftigung von Gefolgmitgliedem an Sonn- und Feiertagen, soweit in diesen Vorschriften keine abweichende Regelung getroffen ist. Abschnitt II. Gast- und Schankwirtschaften. 46. In Gast- und Schankwirtschaften und im Übrigen Beher­ bergungswesen ist den Gefolgschaftsmitgliedern in jeder Woche einmal eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens vierundzwanzig Stunden im Anschluß an eine Nachtruhe zu gewähren. Mindestens in jeder vierten Woche soll die Ruhezeit auf einen Sonntag fallen. 47. In Bade- und Ausflugsorten kann während der Saison in jeder zweiten und dritten Woche an Stelle des ganzen Ruhetags ein halber Ruhetag gewährt werden. Als halber Ruhetag gilt eine Freizeit vom Vormittag bis vierzehn Uhr oder am Nachmittag von vierzehn Uhr ab. Welche Orte als Bade- und Ausflugsorte gelten sowie die Zeit der Saison bestimmt die höhere Verwaltungsbehörde. 48. Das Gewerbeaufsichlsamt kann aus wichtigen Gründen einen von Nr. 46 und 47 abweichende Regelung der Ruhezeiten zulassen. 49. Das Dalum der ganzen und halben Ruhetage und die be­ teiligten Gefolgschaftsmitglieder sind spätestens am folgenden Werktag in ein Verzeichnis oder eine Kartei einzutragen. Wenn die Regelung der Ruhezeiten längere Zeit dieselbe ist, kann an Stelle des Verzeich­ nisses ein Aushang mit den entsprechenden Angaben treten. Die Be­ stimmungen der Nr. 36 über eine einheitliche Form des Nachweises finden Anwendung.

Abschnitt III. Kraftfahrer und Beifahrer. 60. Die Arbeitszeit der Kraftfahrer und Beifahrer darf die in der Arbeitszeitordnung festgesetzten Grenzen (§§ 3 bis 11 und §17) nicht überschreiten. Arbeitszeit ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen (§ 2 Abs. 1); sie umfaßt den reinen Dienst am Steuer, Vor- und Abschlußarbeiten, sonstige Hilfsarbeiten und Arbeitsbereitschaft. Der reine Dienst am Steuer darf nicht über acht Stunden in der Schicht ausgedehnt werden. Die Arbeitszeit ein­ schließlich der Ruhepausen (Arbeitsschicht) darf höchstens 12 Stunden betragen. Preußen, Bayern und Sachsen sind eS die Regierungspräsidenten, bei den Bergbaubetrieben die Oberbergamter. Zur AuSfBO. Ztff. 50: 1) über die Auslegung des Abschnittes III der AuSfBO. s. Erl. des RArbM. vom S. Febr. 39 (RArbBl. III S. 63).

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B VI. Arbeit-- und Sozialrecht

51. Die Fahrzeit ißt durch Ruhepausen von solcher Dauer zu unterbrechen, daß eine ausreichende Erholung gewährleistet ist. yAls Ruhepausen gelten nur Arbeitsunterbrechungen von mindestens eiiner Viertelstunde. Der Dienst am Steuer darf ohne Unterbrechung hööchstens viereinhalb Stunden ausgeübt werden. Nach einem ununter­ brochenen viereinhalbstündigen Dienst am Steuer ist für das Gefoolgschaftsmitglied eine Ruhepause, von mindestens einer halben Sturn de einzulegen. 52. Die ununterbrochene Ruhepause zwischen zwei Schichten m der Angelegenheiten eines Steuer­ pflichtigen bewirkt,,B) daß Steuereinnahmen verkürzt oder Steuervorteile

zu Unrecht gewahrt oder belasten werden (§ 396 Abs. 1, 2), wird wegen

Steuerg-sährdung ") mit Geldstrafe bis zu einhunderttausend Reichs­

mark bestraft. Verabredung ist nicht nötig, es genügt Einverständnis bei der Ausführung der Tat, das auch stillschweigend erklärt werden kann. RG. 54 S. 246. Die 3 Pers, müssen als Täter und Gehilfen (RGSt. 69 S. 105) bei der Ausfüh­ rung persönlich tätig mitgewirkt haben. RGSt. 39 S. 53, wenn auch nicht gerade bei der Grenzüberschreitung. RGSt. 54 S. 246. Täterschaft und Beihilfe kann sogar recht!, zusammentreffen. RGSt. 70 S. 138. Mitwirken können Strafunmündige. RGSt. 19 S. 192; auch Taubstumme. Stenglein, Anm. 3b. Gemeinschaft!. Ausführung entfällt, wenn einer der Beteiligten wegen seiner Unkenntnis des Einfuhrverbots nur wegen Ordnungswidrigkeit ver­ urteilt werden kann. RG. ZfZR. 1905 S. 101. 3) Vgl. Anm. 94 zu § 223a StrGB. 14) An die vom Steuerpflichtigen zu beachtende Sorgfalt sind keine un­ billigen Anforderungen zu stellen. Namentlich ist eine ErkundigungSpfticht nur anzunehmen, soweit dem Steuerpflichtigen in seiner Lage bei gewisienhafter Rück­ sichtnahme auf die Möglichkeit des Bestehens einer Steuerpsticht vernünftiger­ weise Erkundigungen zugemutet werden können. E. 6l S. 259. Fahrlässig handelt der meschäflsherr tn seinem Betriebe, wenn er entweder bei der AuSw hl selneS VeUreters nicht die erforderliche Sorgfalt angewendet oder es unter­ lassen Hut, in seinem Geschäfte Einüchlungen zu treffen, durch die die Erfüllung der vieigeualtigen Sieuerpstichten gewährleistet ist. BayOvLG. IurR. 1 Nr. 983. (£.61 S. 85, Jn,W 59 ©.321; ferner der Notar, der es unterläßt, Vertragsschließende von einer Kaufpreisverheimlichung abzuhallen. E. M S. 42; auch d r Steuerberater, der bie Buchführung eines unerfahrenen Angestellten nicht nackprüst. JurW.62 S.57 oder der zugleich als Buchprüfer seine Pflicht verletzt. RG. JuiW. 1938, 3109 14») Nicht die E lesrau. E. 66 S. 91. 14 bi Der Begriff „W. d. A." ist möglichst weltieh"nd auSzulegen. Dar­ unter fällt der bloße Steuerderater. IurW. 60 S. 2311. D"zu gehört nicht, der nur in der Ausführung von Schreib- und Rechenarbeit tätig ist. JurW. 62 S. 443. 15) Nicht bei Vorlegung zu niedriger Angaben über den Umsatz. JurW.57 S. 817. 16) Ist eine Handlung als Steuerhinterziehung zu beurteilen, so kann der Täter nicht auch noch wegen Steuerg fährdung und auch nicht w' gen Ordnungswidngkeit vermteilt werden. IurR. 3 Nr. 448. Mehrfache Berfäumung von Zahlungsterminen ist einheitl. Tat. Ein solches Danervergehen kann angenommen werden, wenn sich der Steuerpflichtige eines m dauern­ der Unachtsamkeit bestehenden Verhaltens schuldig macht. E. 59 S. 281/2V7.

Scböff.

888

V VfL Steuerrecht.

Eine Steuerumgehung (§ 10)et>) ist nur daun als Steuergefährdung zu bestrafen, wenn die Verkürzung der Steuereinnahmen oder die Gewährung der ungerechtfertigten Steuervorteile dadurch bewirkt wird, daß der Täter vorsätzlich oder fahrlässig Pflichten verletzt, die ihm im Interesse der Ermittlung einer Steuerpflicht obliegcu.

§ 403. Erzeugnisse hinterzogen nimmt, an

(1) Steuerhehlerei"*) begeht, wer seines Vorteils wegen oder Waren, hinsichtlich deren Verbrauchsteuer oder Zoll oder Bannbruch begangen worden ist, ankauft, zum Pfand sich fcrinßt"»*), verheimlicht oder absetzt"***).

(2) Der Steuerhehler wird nach §§ 396 bis 400 und, wenn er gewerbsmäßig gehandelt hat, nach § 401b Absatz 1 bestraft. Neben der Strafe ist auf Einziehung zu erkennen; § 401 gilt ent­ sprechend"») "»*).

(3) Der Steuerhehler ist auch dann strafbar, wenn die Person, die die Steuerhinterziehung oder den Bannbruch begangen hat, nicht schuldfähig ist. Schöff.

§ 404. (1) Wer im Inland wegen Steuerhinterziehung, Bann­ bruchs oder Steuerhehlerei bestraft worden ist"***»), darauf abermals eine dieser Handlungen begangen hat und deswegen bestraft worden ist, wird, wenn er eine Steuerhinterziehung, einen Bannbruch oder eine Steuerhehlerei begeht, mit Gefängnis bestraft. Neben der Ge­ fängnisstrafe ist auf Geldstrafe (§ 396 Absatz 1 Satz 2) zu erkennen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann ausschließlich auf Geld­ strafe ($ 396 Absatz 1 Satz 2) erkannt werden.

(2) Die Vorschriften des Abs. 1 finden Anwendung, auch wenn die früheren Strafen nur teilweise verbüßt oder ganz oder teilweise erfassen worden sind, bleiben jedoch ausgeschloffe», wenn seit der Ver­ büßung oder dem Erlasse der letzten Strafe bis zur Begehung der neuen Tatdrei Jahre verflossen sind. 16») Begrifflich ein neues, für sich selbständiges Delikt gegenüber der schon bestehenden Bortat eines anderen, nicht ein atzefforisches Mitwirken bet dieser. JurW 1932 S 1473. Der Täter einer Zollhinterz. kann in Tatmehrheit zu diesem Vergehen an Schmuggelgut noch Zollhehlerei begehen. E. 71, 49. Bei g meimch'iftl. Hehlerei Werrerlatz alS Gesamrschuldner. HRR. 1934 Nr. 238. 16 »») Zum Ämichvringen gehört auch die.Beiöroerung eines Gegenstände(geschlachteten Tier'örve»S) von dem Orte der Übernahme auS der BerfügungS-

macht des BorläterS. Das Beförderungsmittel ist daher einzuziehen. RG. DRcchtSofl. 1919 Nc. 164. C. 73. 104. 16»»») Nicht strafbar ist, der in Kenntnis der Schmuggeleigenschaft eim Ware behält. S. 71, 2x0. 16»»»») Die Vollstreckung einer Hauptstrafe, nicht einer Nebenstraie z. B. einer mit einer früheren Strafe ausgesprochenen Einziehung, begründet den Rückfall. 6. 68 e. 181.

B VII1. Vorschriften der ReichSabgabenordnung § 405.

889

3m Falle de- g 396 AVf. 5 Gatz 1 darf auf Gefängnis nur erkannt werden, wenn der Vorsatz der Hinterziehung festgestellt wird.'»)

§ 405 (369 a).

Wer Steuerzeichen in der Absicht, daß sie alS echt

schaff.

verwendet werden, fälschlich anfertigt10 b) oder verfälscht16 b) oder wer sich in dieser Absicht falsche Steuerzeichen dieser Art verschafft, wird mit Gefäng­ nis nicht unter drei Monaten bestraft. Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich

falsche Steuerzeichen al- echt verwendet, feilhält oder in Verkehr bringt. Wer vorsätzlich bereits verwendete Steuerzeichen16bb) als gültig

Schaff.

wiederverwendet oder in der Absicht, daß sie als gültig wiederver­ wendet werden, sich verschafft, feilhält oder in den Verkehr bringt, Vt)

wird mit Geldstrafe bestraft. beschränkt.

Der Höchstbetrag der Geldstrafe ist un­

Neben der Geldstrafe kann aus Gefängnis bis zu zwei

Jahren erkannt werden n*) Wer zum Zwecke der Fälschung von Steuerzeichen i . Formen

oder andere

Gerätschaften,

die

zur

Schaff. Ausführung

einer Steuerzeichensälschung dienen können, 2. Papier,

das

einer zur Herstellung

der Steuerzeichen

be­

stimmten Papierart gleich oder zum verwechseln ähnlich ist,

anfertigt, sich verschafft, feilhält oder einem anderen überläßt, wird

mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe bis zu ein­ hunderttausend Reichsmark oder mit einer dieser

Strafen bestraft.

Den Formen oder Gerätschaften stehen die mit solchen Formen oder Gerätschaften hergestellten Abdrucke gleich.

Die

falschen,

wiederverwendeten

oder

zur

Wiederverwendung

bestimmten Steuerzeichen sind einzuziehen, auch wenn sie dem Täter nicht gehören.

Das gleiche gilt für Formen, Gerätschaften, Abdrucke

und Papier der im Abs. 3 bezeichneten Art. 16 b) Fälschliches Unfertigen liegt vor, wenn ungültige Steuerzeichen mit dem Äleinoertauf^preie versehen worden sind. RG. daS Recht 1939 Nr. 3396. verfälschen liegt in dem Adlöst'n aufgetleoter Bandei ölen und Ersetzen mit höherweriigen durch Kleinhändler. GA. 75 S. 90. JurW. 1932 S. 251; KG. JurW. 193b S. 172; jedoch keine Urk.fälschg. LG. Breun n JurW. 61 S. 967. ES genügt, daß die Fälschung von dem Arglosen übe,sehen werden kann. — Ist daS vergehen nach Abs. 1 begangen, so kommt Abs. 3 tvorbereitum.Shaudlung) nicht weiter in Betracht. E. 66 S. 217. 16 bb) z. B. Lohnsteuer marken. E. 67 S. 419 (423). verwendet sind die Steuerze chen, wenn sie in die Sttuerkarte emgekiebt und entwertet sind. RG. JurW. 1938 S. 508. 17) Zwischen den verschiedenen Begebung-formen besticht Gesetze-einheit, auch fortgeü'tz'e Jonnbb’na ist mänlich HRR. 1932 Nr 2016 17a) g 79 M Tabaksteuergesetzes v. 4. April 39 (RGBl.IS.721). Wer unbefugt Steuerzeichen sich ipriaiant, feil hält ober in Veitehr bringt, wird mit Geldstrafe bestraft. Der Höchst betrag der Geldstrafe ist unbeschränki. Neben der Gel Strafe kann auf Gefängnis bis zu -wei Jahien erkannt werden. Die Steuerzeichen sind einzuziehen, auch wenn sie dem Täter nicht gehören.

Schaff.

890

B VU. Steuerrecht.

§§ 406 bis 409 u. § 411 ist gemäß Art. I Nr. 18 des Ges. v. 4 Juli 1939 (RGBl. I 1181) gestrichen. § 410.") (1) Wer in den Fällen der §§ 396,401a, 401 b und 402, bevor er angezeigt"») oder eine Untersuchung gegen ihn eingeleitet ist (§ 441 Absatz 2), unrichtige oder unvollständige Angaben bei der Steuerbehörde, ohne dazu durch eine unmittelbare Gefahr der Ent­ deckung") veranlaßt") zu sein, berichtigt oder ergänzt oder unter­ lassene Angaben nachholt"), bleibt insoweit straffrei. Sind in den Fällen der §§ 396, 401b und 402 Steuerverkürzungen bereits einge­ treten oder Steuervorteile gewährt oder belassen, so tritt die Straf­ freiheit nur ein, wenn der Täter*") die Summe, die er schuldet, nach ihrer Festsetzung innerhalb der ihm bestimmten Frist entrichtet. 18) § 410 findet bei beendetem Versuch Anwendung. E. 59 S. 115; bei unbcenbetcm versuch wirk» die Anwendbarkeit verneint. E. 57 S. 313. 18 a) Luch eine wirkliche Sira'anzeige. J»rW. 62 S. 337; oder durch Ermittelung?bericht einer Behörde (Zollfahndungsstelle). E. 68 S. 233. 19- DaS ist die Gefahr, daß eine Strafvollstreckungsbehörde baldigst Kenntnis von der Straftat erlangt. KG., Recht 31 Nr. 10v5. Die Möglich­ keit der Entdeckung schließt §410 nicht aus. KG. HRR. 1934 Nr. 370. 20) Ist dleS nicht der Fall, kann anch der unfreiwillige Rücktritt straflos sein (anders § 46 Ziff. 1 StGB). E. 62 S. 362. 21) Nicht ist erforderlich, daß der Täter bei der Berichtigung aus dem Be­ weggründe der Reue handelt. Selbst eigennützige Motive schaden nicht. E. 61 6. 115 (118). Zn einer solchen Berichtigung ober Ergänzung gehört aber nicht nur da» Anerkenn'niS der Unrichtigkeit oder Lollständinkett der angegebenen Steuererklärung, sondern auch die Er etzung bar unrichtigen, unvollständigen Angaben durch die richtigen und vollständigen. E. 59 S 118. Die v rschimeqenen B.rmV .enSstücke müssen dem Finanzamt so genau bezeichnet werden, daß ihm der Z «griff auf sie möulich in. RG. E. 7o, 350. Unerheblich ist eS, ob daS Finanzamt in einer die richtige Berechnung ermöglich n'en Auf­ stellung rf'ie Bench'igungserklärung erblickt. Recht 32 Nr. 97/. Die Berich­ tigung nützt dem Schuldigen auch nur dann, wenn sie rechtzeitig bei dem Finanzamt eingeaangen ist E.61 S. 10 u. 119. Die Nackch l ng einer unter­ lassenen Voranmeldung aber selbst dann, wenn sie out Mahnung erfolgt ist. JurW. 62 S. 337. Sie nüpt ihm nichiS, wenn sie erfoUt ist in Unkenntnis der bereits cing-leiteten Untersuchung. DRZ. 23 Nr. 63. Eine bei einem Notar eingereichte Berichtigung reicht nicht aus. HRR. 1925 Nr. 2074; aber eine vom Beauftragten des Steuerschuldners ohne denen Willen erfolgte Beiichttgung. E. 64 S. 76. Verurteilung auS § 413 nicht ausgeschlossen. Frankfuri JurR. 2 Nr. 2195. Ist die Steu rvertttrzung bereits eingetreten, so verwirkt der voraus zahIunaSpftlchrioe Straftällige die durch die Berichttg'ing feiner früheren Angaben ungebahnte Straffreihei', wenn er die ihm für die Entrichtung der Steuer best mutten Fristen nichr innehält. E 63 S. 305. 2la) Mittäter, Angifter und Gehilfe, mcht der Hehler. RG. DRZ. 1935 Nr. 688. 21b) §117. (1) Wenn nach brni Tobe oder Wegfall eine- Steuer­ pflichtigen die Testamentsvollstrecker, Pfleaer, Liquidatoren, Verwalter und Erbschaftsbesitzer, welche nicht zugleich Rechtsnachfolger deS Steuerpflichtigen sind,

B VII1. Vorschriften der ReichSabgabenordnung § 412.

891

(2) Wird die im § 117tlb) vorgeschriebene Anzeige rechtzeitig und

orduungsgemäb erstattet, so werden diejenigen, welche die dort bezeich­ neten Erklärungen abzugeben unterlassen oder unrichtig oder unvoll­

ständig abgegeben haben, dteserhalb nicht strafrechtlich verfolgt, es sei denn, daß vorher gegen sie Strafanzeige erstattet oder eine Unter­

suchung eingeleitet worden ist. § 412 (376). Wer daS Steuergeheimnis verletzt (§ 22 Abs. 2,3),81 bb)

ER.

wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft.

Ist die Handlung aus Eigennutz oder in der Absicht begangen worden, den Steuerpflichtigen zu schädigen, so kann statt der Geld­

strafe oder neben ihr aus Gefängnis sowie auf Unfähigkeit zur Be­ kleidung öffentlicher Ämter auf die Dauer von einem bis zu fünf Jahren

erkannt werden.") erkennen, daß Erklärungen, die der Steuerpflichtige zur Festsetzung oder Ver­ anlagung von Steuern abgegeben hat, unrichtig oder unvollständig sind, oder daß er pflichtwidrig unterlassen bat, solche Er klärungen abzugrben, so haben sie die- binnen Monatsfttst dem Finanzamt anzuzeigen; andernfalls haften sie persönlich für die vorentdaltenen Steuer betrüge. (2) Das gleiche gilt für die Erwerber von Unternehmen, auf deren Betrieb eine Steuerpfl cht gegt ündet ist. sowie für Sondernachfvlger in land- und forstwirtsaiasilicheS vermögen, Grundvermögen oder Betriebsvermögen."»)

(3) Dasselbe gilt sinng. mäß bei einem W ck'el in der Person deS gesetz­ lichen LertreierS, Betriebsleiters oder Bevollmächtigten sowie dann, wenn eme gesetzliche Serhetu g angeordnet wird. 21 bb) § 22.101 (2) schuldig:

Einer Verletzung des Steuergeheimnisses macht sich

1. wer Verhältnisse elneS Steuerpflichtigen, die ihm als Amtsträger oder amtlich zu gezogenem Sachveru ändigen rm Besteuerungsverfahren, im e von einem Landesfinanzamt zugelassen worden sind; das LandeSfinanzamt kann bk Zu assung jederzeit zurucknei m«n; weder die Birwa tum) oder zu befördern, daß ihr Genuß die menschliche Gesundheit zu schädigens

geeignet ist; 3) Kosmetische Mittel, nicht Geräte. So z. B. Rasierseifen, Hautcreme, Haarwässer, Mundwässer, Puder, Hühneraugenmrttel, apothelenfreie Sommersprossensalbe u. dgl. 4) Hierzu gehören auch Wäsche, Krawatten, Hüte, Haarnetze, Pelze, nicht aber falsche Zöpfe, Perücken. Haarunterlagen. 5) Petroleum umfaßt nicht bloß das rohe Petroleum (Erdöl), sondern auch alle durch Destillation aus letzterem gewonnenen Produkte. Dazu Kaiser!. BO. v. 24. Fevr. 82 (RGBl. S. 40). 6) Gesetz betr. Verwendung gesundheitsschädlicher Farben v. 5. Juli 87 «RGBl. S. 277) nebst RdErl. v. 30. Aug. 35 (MBliB S. 109«). vgl. dazu 8 24 Ads. 3. Die Farben sind übrigens in 8 3 Nr. 2m ausgenommen. Soweit sie zu den Lebensmitteln gehören (Konditor-, Butterfarben), sind sie allen für Lebensmittel geltenden Vorschriften unterworfen. 6 a) „Derart" bedeutet die Gewinnung deS LM. von der Art, daß es ge­ eignet ist, die Geiundbett zu schädigen. JurW. 62 S. 2594. 6 b) DieS gilt auch sür den Fall, dan jemand iu seinem Geschäft Fleisch­ waren für andere aufbewaürt. Dresden JurW. 61 S. 2458. 7) Die GesundheilSgefährliwkeit muß schon in dem Stoffe liegen und darf nicht erst durch falsche Behandlung hervorgerufen sein. Der bloße Ekel vor dem Genuß bedingt noch keine GesundhettSgefährlichkeit. E. 6 S. 257, denn die Gesundheit-gefährlichkeit ist eine objettive Eigenschaft. Lgl. auch E. 18 S. 135. Sie ist aber schon dann vorhanden, wenn zur Zeit, wo daS Nahrungs­ mittel (Lebensmittel) in den Verkehr gelangt, durch die derzeittge Beschaffenheit die Gefahr der Gesundheitsbeschädigung begründet wird. E. 44 S. 94. Die hier vorausgesetzte Gefahr für die Gesundheit ist nicht bloß dann vorhanden, wenn sie schon durch einen einmaligen und in geringer Menge erfolgten Genuß hervorgerufen wird, sondern auch dann, wenn erst ein mehrmaliger Genuß in größerm Quantttäten schädlich wirkt. E. 2 S. 177. Sogar dann, wenn erst der fortgesetzte Gebrauch zur Schädigung führen könnte. E. 39 S. 90. In der Regel kommt eS auf den Genuß mengenmäß'g normaler, nicht etwa im Über­ maß verzehrter Lebensmittel an. Siehe auch GA. 60 S. 267. Der Tat­ bestand deS vergehens liegt nur dann vor, wenn die verkaufte Ware durch Abweichung von der natürlichen oder regelmäßigen Beschaffenheit der Gat­ tung von Waren, der sie nach Erklärung des Verkäufers angehörte, für die Allgemeinheit oder den PerfonenkreiS gesundhettSfchädlich geworden war, für

B VII11. Ges. üb. b. Verkehr mit Lebensmitteln u. Bedarfsgegenständen 8 3. 925 b) Gegenstände, deren Genuß die menschliche Gesundheit zu

schädigen geeignet ist, als Lebensmittel anzubteten, 7m) zum Verkaufe vorrätig zu halten, feilzuhalten/) zu verkaufens

oder sonst in den Verkehr zu bringen;l0) deren Gebrauch sie herkömmlich oder nach ihrer Bezeichnung bestimmt war. E. 31 6.299. Die Strafbarkeit wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß durch die gewöhnliche Art der Zubereitung, z. B. durch Kochen, die Gesundheits­ schädlichkeit aufgehoben wird. R. 6 S. 157. Dagegen ist das Feilhalten von rohem, nur in gekochtem Zustande zum Genuß geeigneten Obst, insbesondere wenn der Verkauf nur zum Zwecke des Kochens stattfindet, nicht für strafbar erachtet. R. 3 S. 373; wohl aber der Verkauf von Methylalkohol zur Her­ stellung von Trmkbranntwein. Recht 32 Nr. 971. Ob das Fleisch eines er­ krankten und geschlachteten Tieres alS gesund heitSgefährlich anzusehen ist, ist im wesentlichen Tatfrage. Die Gesundheitsbeschädigung setzt durchaus nicht einen krankhaften Zustand von längerer Dauer voraus. E. 20 S. 254. Das Merkmal der Gesundheitsschädlichkeit mutz im Sinzelfalle tatsächlich nach­ gewiesen sein; die bloße Feststellung einer z. B. unterlaffenenen Fleischbeschau ist noch kein solcher Nachweis. E. 69 S. 281.

7 a) Der Anbielende braucht die Sache nicht in seinem Verfügungsbereich zu haben; das Angebot braucht sich nicht auf eine körperlich bestimmte Sache zu beziehen. Stenglein, Nebenges. Anm. 12. 8) Unter Feilhalten ist das Bereithalten und Zugänglichmachen von Waren zum Verkauf an das Publikum zu verstehen, ein Anpreisen oder Zurschaustellen ist nicht nötig. R. 4 S. 137. R. 8 S. 671. E. 42 S. 22 u. 179. Zum Feil­ hatten gehört, daß der Täter die Sachen in Verkaufsabsicht in seimm Ver­ fügungsbereich har und Aum künftigen Käufer eine gewisse Beziehung hergestellt ist. Eine seit Jahren völlig vergessene Sache wird nicht feilgehatten. DStrafr. 1939 S. 185. Für wessen Rechnung das Feilhalten geschieht, ist gleich; die ordnungsmäßige Beschaffenheit der Lebensmittel ist zu überwachen, Unter­ lassung ist Fahrlässigkeit. OLG. Düsseldorf DRZ. 1935 Nr. 378. Fetldalten setzt aber nicht voraus, datz die Ware dem Publikum im allgemeinen an­ geboten wird, es genügt ein Feildaltm einem eng begrenzten Kreise von Personen gegenüber. E. 14 S. 434. BayOdLG. DRZ. 1934 Nr. 129. 9) Die Vorschrift findet nicht nur auf die Veräußerung gesundheitsgefähr­ licher Gegenstände an das konsumierende Publikum unmittelbar, sondern auch auf die Veräußerung an Zwischenhändler und Wiederverkäufer Anwendung. R. 7 S. 351. Vgl. E. 31 S. 72. Kein Verkauf ist die Entnahme durch den Überwachungsbeamten. KG. Recht 32 Nr. 2208. 10) Unter dem „in Verkehr bringen" ist jedes Überlassen, sei eS gegen,

sei eS ohne Entgelt, und deshalb auch daS Schenken zu verstehen. E. 3 S. 119. Der Begriff ist möglichst weit zu fassen. BayObLG. JurW. 60 S. 1972. Es genügt jede Verursachung eine- Wechsels der Verfügungsgewalt. E. 62 S. 389. KG. JurW 60 S 1980. Ein Gewahrsam deS Täters ist nicht erforderlich. BayObLG. HRR 1930 Nr. 479. Eine Ware ist in Verkehr gebracht, wenn der A. sie auf Befehl verkauft und zur Besichtigung bereit gehalten hat. GA. 58 S. 465; nicht aber, wenn eine nicht zurückgenommene Ware weiter im Verkehr belassen wird. GA. 62 S. 489; auch nicht durch Abgabe einer Probe an einen Sachverst. Dresden JurW. 59 S. 1611. Der Tatbestand deS „in Verkehr bringen" wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Überlassung der gesundheitsgefährlichen Nahrungsmittel nur an FamMenangehSrige und Bedienstete deS A. erfolgt ist.

926

B Vm. LebenSmtttürecht. 2. a)

Bedarfsgegenstände der im § 2 Nr. 1 biS 4, 6 bezeichneten

Art so herzustelleu oder zn verpacken, daß sie bei bestimmuugSgemüßem

oder

vorauSzuseheudem

Gebrauche

die

menschliche Gesundheit durch ihre Bestandteile oder Verun­

reinigungen zu schädigen geeignet sind; b) so hergestellte oder verpackte Bedarfsgegenstände dieser Art

anzubieteu, zum Verkaufe vorrätig zu halten, feilzuhallen, ”)

zu verkaufen *) oder sonst in den Verkehr zu bringen.10 * *) * * * * * * * § 4.

ES ist verboten,

1. zum Zwecke

der

Täuschungll)12 im **

Handel und Verkehr")

LebenSmittel nttdtöunuid)en1S) oder zu verfälschen;") R. 4 S. 448. E. 7 S. 151 u. S. 412; oder an Mitglieder eines Konsumver­ eins. Hamburg HRR. 1930 Nr. 688. Eine Mehrheit von Abnehmern wird nicht vorausgesetzt. E. 3 S. 119. Auch der verkauf lebenden erkrankten Viehes kann als Inverkehrbringen gesundheitsschädlichen Fleisches angesehen werden, zumal wenn der Verkäufer weiß, daß daS Fleisch alS Nahrungs­ mittel (LebenSmittel) Verwendung finden soll. E. 23 S. 242. DaS „tn Verkehr bringen" gesundheitsschädlicher Nahrungsmittel (LebenSmittel) wird dadurch nicht straflos, daß eS in Erfüllung zivilrechtlicher Verpflichtungen oder infolge von Berechtigungen geschieht (z. B. in Ausübung deS Rechts der Wand­ lung). R. 9 S. 461 u. E. 16 S. 191. Auch derjenige macht sich strafbar, welcher daS zum Schlachten gekaufte und demnächst krank befundene Vieh dem Verkäufer zurückgibt in dem Bewußtsein, daß der letztere das gesundheitsgefähr­ liche Fleisch anderweit alS Nahrungsmittel verwenden .obet veräußern werde. GA. 38 S. 426; deSgl. der, welcher für minderwertig erklärte- Fleisch verspätet alS Hackfleisch abgibt. DRZ. 23 Nr. 383. Kein Inverkehrbringen die Weigerung deS Verkäufer- die Sache zurückzunehmen. GA. 62 S. 489. Auch die nach der neuen Milchmarttregelung nur als Milchverteiler tätigen, früher selb­ ständigen Händler können verdorbene Milch „in den Verkehr dringen". OLG. Düffeldorf DRZ. 1935 Nr. 314. Auch schon die Lieferung an gekennzeichneten Packungen an den Wiederverkäufer bedeutet Inverkehrbringen, KG. JFG. 16 S. 147. 11) Dem Zwecke der Täuschung steht daS Bewußtsein deS TäterS, daß eine Täuschung erfolgen werde, nicht gleich. GA. 51 S. 358. KG. v. 15. Rovbr. 26, Recht 31 Nr. 775. Fahrl. verstoß ist begrifflich ausgeschlossen, evtl, aber Ziff. 2 KB. JurW. 1937 S. 2421. Der Zweck der Täuschung wird vom Fabrikanten nicht bloß dann verfolgt, wenn der unmittelbare Abnehmer über die wahre Beschaffenheit deS NahrungS- oder GenußmittelS in Unkenntnis gelaffen wird, sondern auch dann, wenn beabsichtigt w'rd, ttotz einer Auftlärung deS unmittelbaren Abnehmer- daS von diesem mittelbar oder unmittelbar er­ werbende Publikum zu täuschen. E. 3 S. 274. Täuschende Verwendung eines für daS derr. LebenSmittel verbotenen Stoffes. KG. JmW. 1937 S. 2421. 12) Die zum Zwecke der Täuschung vorgenommene Verfälschung von Nahrungsmitteln (Lebensmitteln) setzt nicht Vorau-, daß bestimmten Personen gegenüber Täuschung-Handlungen vorgenommen werden. E. 3 S. 270. Die Lieferung der Milch vom Erzeuger an die Molkerei genügt. KG. DIZ. 36 S. 963. Der Milcherzeuger braucht aber die an eine Molkerei abgelieferte Milch nicht selbst auf Fettgehalt zu untersuchen, wenn die Molkerei die Unter,uchungSpflicht Übernommen hat, KG. JurW. 1936 S. 137.

BVini. Ges.üb.d.verkvhrmitLeben-mittelnu.Bedarfsgegenstände»84. 927

13) Nachmachen bedeutet Anfertigung einer Ware, welche bot An­ schein hat, etwa- andere- zu sein, al- fie in der Tat ist, während Verfäl­ schung vorau-setzt, daß der Gegenstand im wesentlichen da- ist, al- wa- er im Verkehr benutzt wird, daß er aber durch eine Änderung eine schlechtere Beschaffen-

heit erhalten hat. Beide Tätigkeiten lassen sich aber streng begrifflich nicht auSeinanderhalten, weil beiden Begriffen ein gemeinsame- Grenzgebiet zufällt. GA. 42 E. 68 u. R. 8 E. 660. Unter Nachmachen ist die Herstellung eineErzeugnisse- zu verstehen, da- einem bekannten Leben-mittel in der äußeren Erscheinung ähnelt, aber nach Wesen und Gehalt nicht gleichwertig ist. Dresden JurW. 60 S. 1513. KG. Recht 31 Nr. 775. KG. JFGErg. 17 S. 206. Beim Nachmachen genügt da- Bewußtsein, daß eine Verwechselung stattfinden kann, wenn auch der Täter etwa- Neue- schaffen wollte. KG. DIZ. 34 S. 510. Einen Zweck braucht da- Nachmochen nicht zu haben, eS genügt da- Inverkehr­ bringen. OLG. Hamburg JurW. 1938 S. 587. Die Art der Verpackung und der Aufschrift kann für die Begründung de- Nachmachens nicht verwertet werden. Recht 31 Nr. 2097. Falschetikettierung ist keine Nachahmung, sondern Falschbezeichnung. HRR. 1929 Nr. 277. A.M. BayObLG. DRZ. 25 Nr 712. In der Herstellung von Wurst au- dem Fleische eine- krepierten Hunde- ist so­ wohl ein Nachmachen al- verfälschen zu finden. E. 21 S. 437. Ein Likör (A. 8. Halb und Halb) ist nachgemacht, wenn er nicht die Eigenschaft hat, die da- Publikum bei dem echten norauSsetzt. DIZ. 17 S 515. Fruchtlimonaden könnten durch künstlich chemische Produkte nachgemacht werden. GA. 53 S. 282. Auch Ersatznahrung-mittel können nachgemacht werden. GA. 64 S. 358. 14) Eine Verfälschung liegt dann vor, wenn an der normalen stofflichen Zusammensetzung eine Veränderung eingetteten ist, durch die da- Genußmittel einen seinem wahren Wesen nicht entsprechenden Schein erhält, sei e-, daß eS mittels Entnehmen- oder ZusrtzenS von Stoffen verschlechtert, sei eS, daß ihm der Schein einer besseren als seiner wirklichen Beschaffenheit verliehen würde. E. 14 S.429; E. 60 S.49; E. 71 S. 38; KG HRR. 1938 Nr. 641. Die Frage, ob ein Nahrung-mittel einwandftei ist. darf nicht nur vom physiologisch-chemi­ schen Standpuntt au- betrachtet werden; es ist von der Beschaffenheit auSzugehen, die der Abnehmer nach Treu und Glauben zu erwarten berechtigt ist, im Zweiftl entscheidet die Verkehr-auffassung. E. 63 S. 60; KG HRR. 1938 Nr. 641. Da-selbe Nabrung-mittel (Leden-mittel) kann je nach der Ver­ schiedenheit seiner örtlichen Bestimmung für eine- von mehreren Absatz­ gebieten al- normal, für ein andere- al- gefälscht angesehen werden. E. 31 S. 72 li. E. 46 S. 63. Für die Beurteilung einer normalen Beschaffenheit eine- Erzeugnisse- ist von wesentlicher Bedeutung, welchem Gebrauchzweck die Ware im Verkehr dienen soll und welche Anforderungen an ihre Tauglichkeit hierfür vom Publikum gestellt werden. E. 41 S. 435.

Der Tatbestand der Verfälschung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß ein geringwertiger, wenn auch unschädlicher und im reellen Handel alNahrung-mittel vorkommender Stoff dem höherwerttgen zugesetzt wird (Ver­ mischung von Weizen- und Mai-grieß). E. 3 S. 234. Auch ein au- einer Ver­ mischung bekannter Bestandteile bestehende- Nahrungsmittel, da- unter einem diese Vermischung kennzeichnenden Namen ouftiitt, kann durch Verwendung einevon seiner normalen Beschaffenheit abweichenden Bestandteil- verfälscht werden. E. 40 S. 148. Überhaupt stebt. insoweit die Vorstellung von einer bestimmt geeigenichafteten Ware erweckt wird, diese einer wirklichen Ware, die nachgeahmt werden kann, gleich. E. 50 S. 346. Ein an sich unschädliches Färben der Ware, wenn der Abnehmer dadurch nicht über die Beschaffenheit der Ware ge-

928

B VIII. Lebensmittelrecht.

täuscht oder die letztere selbst nicht verändert wird, stellt keine Fälschung dar. E. 6 S. 51. DIZ. 5 S. 443; aber dann, wenn dem Stoffe durch Färben ein besseres Aussehen gegeben wird. R. 4 S. 175, z. B. beim Färben deS Hackfleisches durch Präservesalz. DIZ. 8 S. 404, oder Behandlung der in Fäulnis über­ gegangenen Häute von Schlachtschweinen durch Kalk. Recht 24 Nr. 2982, oder Färben von Konserven mittels Teerfarbe. E. 48 S. 351. Die Verfälschung kann auch durch Unterlassung begangen werden, z. B. durch nicht genügende Auslese. Hamburg v. 7. Oktbr. 12, GA. 60 S. 319. Anders also als bei Ziff. 3, während bei Zlff. 2 Unterlassen ebenfalls genügt. KG. HRR. 1938 Nr. 641. Ziff. 1, 2 richten sich gegen Fälschungen, Ziff. 3 gegen irreführende Be­ zeichnungen, vgl. näher RG. JurW. 35, S. 3224. — Über die strafrechtliche Be

Handlung von gleichzeitigen Verstößen gegen Ziff. 1, 2 u. 3 s. Anm. 21 a. Im einzelnen sind folgende Entscheidungen bemerkenswert:

a. Ein Dekokt von Apfelabfällen unter Zusatz von Rübenzucker und Kartoffelstärkesyrup als feinstes amerikanisches Apfelgelce ist Fälschung. E. 24 S. 240. Vgl. dazu E. 29 S. 258 über Verwendung von Stärtesyrup bei dem Einmachen von Früchten.

aa. Brot ist durch Mitverwendung altbackenen Brotes verfälscht. Dresden DRZ. 25 Nr. 713. b. Butter ist gefälscht, wenn geschmolzene Butter im Naturzustande be­ findlicher zugesetzt wird. KG. DIZ. 32 S. 1203. Ob ein mit Margarine hergestellees Gebäck ols „Buttergebäck" anznsehen ist, hängt von der Derkehrsauffassung ab. Darmstadt HRR. 1929 Nr. 787. Siehe auch Anm. 15 a. Über die Untersuchungspflicht im Butterhandel s. Bek. v. l.März 02 (RGBl. S. 61).

Wer Butter mit zu hohem Wassergehalt in Verkehr bringt, ist strafbar nach 88 11, 18 des Ges. über den Verkehr m. B. (s. Anm. 1). KG. DIZ. 21 Nr. 436.

c. In der Verwendung von Gefrierfleisch zu Schabefleisch ist Ver­ fälschung erblickt worden. Recht 26 Nr. 1755; desgl. in der Verwendung von Benzoesäure enthaltenden, der Bewirkung größerer Haltbarkeit dienenden Salzen zu Flelschwaren. KG. GA. 77 S. 123. d. Ein mit Fuchsin gefärbter F r u ch t l i k ö r braucht nicht notwendig verfälscht zu sein. R. 4 S. 519. Verwendung von Salizylsäure zu Fruchtsäften stellt eine Verfälschung dar. Ungedr. Erk. d. KG. v. 15. Novbr. 04; aber nicht Färbung von Himbeereis mit Anilinfarbe. Celle GA. 73 S. 391.

e. Zusatz von Zuckerlösung zu H onig ist wegen der dadurch bewirkten Ver­ änderung des Aromas als Verfälschung erachtet worden. Ungedr. Erk. d. RG. v. 22. Septbr. 98. Dagegen ist eS nicht für Fälschung angesehen, daß die Bienen mit Zuckerlösung gefüttert wurden, um die Honigernte zu vergrößern. E. 41 S. 205; nach KG. DIZ. 32 S. 1420 liegt aber Nachmachen vor. f. In dem Zusatze einer geringen Quantttät Ocker zum Färben deS K a f f e e s ist keine Verfälschung gefunden. E. 27 S. 6; wohl aber liegt Verfälschung vor, wenn dem Kaffee durch Zusatz von Ocker und Dl der Anschein einer besseren Qualität zu verleihen gesucht wird. @. 27©. 73; oder wenn er nicht von Kaffeettrschen gereinigt wird. GA. 60 S. 319; oder wenn bei einer „Kaffeemischung" nicht mindestens die Hälfte aus reinen Kaffeebohnen besteht. DStZ. 1 S. 142. Siehe auch Nolting-Hauff LZ. 24 S. 217. Wegen der LO. über Kaffee pp. Anm. 15 b, BayObLG. LZ. 26 S. 1315.

B Vlll 1. Ges. üb. d. Verkehr mit Lebensmitteln u. Bedarfsgegenständen 8 4. 929

g. Inwieweit bei Herstellung von Ko g n a t eine Fälschung anzunehmen ist, darüber siehe GA. 42 S. 68. JurW. 37 S. 608 (Zusatz von Borsäure -um Eierkognak). Siehe auch § 18 Abs. 3 des Weingesetzes v. 25. Juli 1930 (RGBl. 1 S. 356). Trinkbrannttvein mit einem geringeren als dem vor­ geschriebenen Mingeistgehalt ist nicht verfälscht. BreSlau JurW. 54 S. 2804. (Die Bezeichnung von Weinbrand mit „Goldbrand- ist eine zur Täuschung ge­ eignete Bezeichnung.) Dresden JurW. 61 S. 1908.

h. In der Verwendung von Teerfarbe bei Herstellung gemischter Marme­ lade liegt eine Fälschung. Bei der Frage, ob Verfälschung eines Genuß- oder Nahrungsmittels anznnehmen ist, ist auch der Preis desselben zu berücksichtigen. E. 30 S. 393. !. Über verdorbene, nachgemachte und gefälschte Milch und Milcherzeug­ nisse siebe 88 6 bis 9 BO. vom 15. Mai 31 (in Anm. * unter B VIII3), daß Wasserzusatz auch zur Magermilch Lebens mitt elverfälschung ist, sagt E. 73 S. 83. — Die Bezeichnung „Hochwertiges Milchpräparat" für Sahneersatz (Gradin) ist irreführend. KG. JurW. 60 S. 1981; desgl. die Bezeichnung „Fettkäse" für einen mit Verwendung von Magermilch hergestellten Käse. KG. JurW. 60 S. 1980. Nicht irreführend ist nach Königsberg JurW. 60 S. 1987 der Aufdruck auf Margarinewürfeln „Aus frischer Milch hergestellt". Die Forderung täglicher Prüfung der Sammelmilch mit der Senkwage enthält keine Überspannung des Fahrlässigtcitsbegriffes. Dresden LZ. 26 S. 697.

k. Zusatz von Blaustem zu eingemachten Pflaumen ist Fälschung. R. 7 S. 239. l. Rübenzucker ist nicht als nachgemachter indischer Zucker anzusehen. Die Herstellung darf aber nicht zu dem Zwecke geschehen sein, ihn als solchen er­ scheinen zu lassen. Die bloße Bezeichnung alS indischer Zucker genügt nicht. R. 3

S. 486. m. Ebenso ist Herstellung von Schweineschmalz aus Talg und Speiseöl Fälschung. E. 25 S. 183. n. Verfälschung von Tabak wird durch den Zusatz unbrauchbarer Teile der Pflanze (der holzigen Stengel) bewirkt. R. 3 S. 376. Siehe auch E. l 4 S. 145. o. Eine Verfälschung von Wein kann dann nicht angenommen werden, wenn das Weingesetz eine bestimmte Herstellungs- und Behandlungsweise als erlaubt erklärt, so z. B. 8 5 Abs. 3 WeinG., andere Behandlungsweisen ift. B. Verdampfen eines Teiles des Wassergehaltes unter verdünnter ßntt) sind da­ gegen Verfälschungen. E. 71 S. 308, über Verwertung eingezogener Weine. S. 8 67 VollstrO., abgedr. unter 1)3. — Vgl. unter g. p. Verfälschung von SB ü r ft e n wird durch Beimischung von Kartoffeln und Stärkemehl bewirkt, R. 8 S. 552, oder durch künstliches Rotfärben, wenn da­ durch der Veränderung des Aussehens infolge Altwerdens begegnet werden soll. KG. DIZ. 32 S. 1699. Auch in dem Zusatz von Mehl liegt eine Ver­ fälschung. Dresden JurW. 61 S. 2458, aber nicht dann, wenn die Wurst aus­ drücklich als „Semmelleberwurst" bezeichnet wird. KG. Johow 23 S. 6115. Verarbeitung des Darms von Wiener Würstchen in Füllgut einer Knoblauchwurst ist Verfälschung. OLG. Kiel SchlHolftAnz. 1938 S. 132. Im Zusatz von Pferdefleisch zur Wurst tarnt eine Fälschung gefunden werden. Johow 7 S. 232. Siehe auch E. 31 S. 72 u. Anm. 15 am Ende. Reichhaltig ist auch die Judikatur Über die B i e r f ä l s ch n n g. Vgl. HoltHöfer-Juckena ck, Komm. Nachtrag 1936 S. 58 ff. L. In Bayern darf das Bier nur aus Hopfen und Malz gebraut werden. Jede andere Zutat, z. B. von Süßholz, ist als Verfälschung anzusehen. E. 7 Dalcke, Strafrecht

31. Ausl.

59

930

B VIII. LebenSmittelrecht.

2. verdorbene,") uachgemachte oder verfälschte Lebensmittel ohne ausreichende Kenntlichmachung auzubieteu, ?') feilzuhalten,8) zu S. 314. Ebenso R. 6 S. 819. Dasselbe gilt von der Bereitung des Bayeri­ schen Weißbiers. E. 10 S. 266. b. ES ist nicht rechtsirrtümlich, wenn in dem Zusätze von nicht reinem Traubellzucker zum Biere eine Verfälschung gefunden wird. R. 6 S. 170. Zusatz von Bierkouleur ist Fälschung. R. 7 S. 203 u. S. 374. c. KlärungSmittel, welche keinen Einfluß auf die Substanz und die Zu­ sammensetzung deS Biere- äußern und dessen Beschaffenheit und Bestandteile nicht ändern, sind keine BerfälscdungSmittel. E. 8 S. 434. Aber Hausenblase und Gelatine sind nicht ohne jede Einschränkung als KlärungSmittel anzusehen, R. 7 S. 316. d. Ein Zusatz eines zur normalen Bierbereitung nicht gehörigen Stoffes in der Absicht, da- Bier malzreicher erscheinen zu lassen, btlbet eine Fälschung, auch wenn daS Bier dadurch nicht verschlechtert ist und der Brauer nicht in gewinnsüchttger Absicht gehandelt hat. R. 4 S. 826. e. Der Verkauf von verfälschtem Bier unter Angabe eineS unwahren Ursprungsortes kann als Bettug in ideeller Konkurrenz mit einem Vergehen gegen das Nahrungsmittelgesetz bestraft werden. R. 6 S. 166. Recht 9 S. 685. (Vermischung von Pilsener und einheimischem, wenn auch anerkannt vorzüglichem Bier.) f. Verwendung von Salizylsäure zur Bierhefe, um dieselbe vor Fäulnis zu bewahren, verstößt zwar gegen Art. 7 des Ges. v. 16. Mai 68, involviert aber nicht notwendig eine Bierfälschung. R. 6 S. 814. Siehe aber 6.39 ©.91, wo ausdrücklich hervorgiHoden wird, d..ß der Zusatz eines fremden Stoffes vom konsumierenden Publikum als Verschlechterung empfunden werden muß. — Behandlung von Lebensmitteln mit Mineralöl oder Mineralöl haltigen Stoffen ist Verfälschung, § 1 der VO. gegen die Verwendung von Mineralölen im LebenSmittelvt-rkehr v. 22. Jan. 38 (RGBl. 1 S. 45) Verwendung von Salizylsäure als EntsäurungSmittel ist Bierfälschung. R. 7 S. 314. vgl. aber E. 13 S. 97. g. Jede Qualitätsverschlechterung des Nahrungsmittels, auch ohne Zu­ satz von fremden Stoffen und ohne quantitative Veränderung der Bestandteile (Zusammengießen von Bierneigen) ist alS Verfälschung anzusehen. R. 7 S. 516. Siehe auch GA. 53 S. 438 (Mischung gesammelter Weinreste). 15) Der Begriff deS verdorbenseins von Nahrungsmitteln (Lebens­ mitteln) beschränkt sich nicht auf die Ungenießbarkeit durch innere Zersetzung, sondern liegt auch vor, wenn der Genuß derselben durch Erttankung deS Tiere-, von welchem sie entnommen, Ekel erregend ist. E. 73 S. 85. Der Glaube, der ver­ kauf eine- solchen Nahrung-mittel- sei nicht verboten, schließt die Strafbarkeit nicht auS. E.5 S. 290. Siehe auch E. 18 S. 135. Ein Nahrung-mittel ist dann ver­ dorben, wenn rs infolge von Veränderungen deS normalen Zustande- nach all­ gemeiner Ansicht zum Genusse für Menschen ungeeignet ist. E. 5 S. 343. Lokale Übungen u Gewohnheiten können ein Abweichen von der normalen Beschaffenheit deS Nahrung-mittel-nicht rechtferttaen. E. 16 S. 316. Gesundheit-schädlichkeit ist nicht notwendige Voraussetzung. E. 73 S. 85. Verdorbene Nahrungsmittel sind auch solche, welche vor der Fettigftellung in Untern Entwicklung-stadium derartig gestört sind, daß sie in einem unbrauchbaren Zustande zur Verwendung kommen (Fleisch von ungeborenen Kälbern). E. 5 S. 287. R. 5 S. 552; unter Umständen auch von Hotelgästen übriggelassene Speisereste, die neuen Gästen wieder al- frisch vorgesetzt werden. BayObLG. v. 12. Jan. 25, DIZ. 30

B VIII1. Ges. üb. d. Verkehr mit Lebensmitteln u. Bedarfsgegenständen § 4

931

verkaufen^) oder sonst in den Verkehr zu bringen;10) auch bei

Kenntlichmachung16a) gilt daS Verbot, soweit sich die- aus den auf Grund des 8 5 Nr. 5 getroffenen Festsetzungen ergibt ;

3. Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung,16 “) Angabe oder S. 748. Ob ein Nahrungsmittel verdorben ist, darüber entscheidet nicht allein medizinische oder chemische Prüfung. Dasselbe kann verdorben sein, ohne das; der Nährwert und die Unschädlichkeit desselben in Frage stehen (Bier, in dem eine Katze mitgekocht war). E. 23 S. 409. EineTßware ist verdorben, wenn sie dieS im Augenblicke des Feilhaltens oder verkaufe- ist, und eS kommt nicht darauf an, ob die zu diesem Zeitpunkte bestehenden Mängel, welche den Gegenstand alverdorben erscheinen lasten, durch die Zubereitung selbst oder eine andere Be­ handlung sich beseitigen lasten. E. 6 S. 269. Fleisch, welches infolge der Ab­ magerung deS Tiere- zufolge einer Krankhett ohne Nährwert ist, ist al- ver­ dorben anzusehen. GA. 46 S. 138. vgl. hierzu da- mit diesem AuSspruche nicht wobl in Einklang zu bringende R. 5 S. 511. verdorben ist da- Fleisch eine- natürlichen Todes gestorbenen oder tzn verenden getöteten Tiere-. Recht 20 Nr. 1243. Wurst ist verdorben schon bann, wenn sie die Gesundheit von Menschen mit schwacher Leibesbeschaffenheit zu schädigen geeignet ist. Recht 32 Nr. 1196. Über verdorbene Milch siehe Anm. 14 Ziff. 1.

15a) Ausreichend kenntlich gemacht ist eine Ware dann, wenn sie derart bezeichnet ist, daß der Bertäuser erkennen kann, waS er vor sich hat. Dresden JurW. 60 S. 1982. 15aa) Irreführend ist die Bez., wenn sie nach der Auslegung, die ihr nach Sprachgebrauch u. Lebenserfahrung gegeben werden muß, oder nach den Schluß­ folgerungen, die aus ter Ausmachung gezogen werden wüsten, imstande ist, bei dem jeweils in Betracht kommenden Abnehmer oder Abnehmerkreise eine falsche Vorstellung über tatsächl. Lerhüllniste der Ware hervorzurusen. Stuttgart JurW. 62 S. 2530. OLG. Dresden. JurW. 1934 S. 852. Die Angaben mußten früher Beziehung zur Beschaffenheit der Ware, zu ihrer Stofflichkeit haben. RG. JurW. 1934 S. 840; jetzt genügt auch falsche Angabe über Quantität, Ads. 2 vor Ziff. 3, eingefügt durch Ges. v. 11. Dezvr. 35 (RGBl. I S. 1430). Nicht erforderlich ist, daß die Bezeichnung das Publikum im allgemeinen irreführi, doch darf der Abnehmerkreis nicht verschwindend klein sein. JurW. 60 S. 1968. In subjektiver Beziehung muß hinzukommen, daß die Auslegung dazu führt, eine falsche Vorstellung über die Zusammenstellung des Lebensmittels hervorzurusen. Darmstadt HRR 1929 Nr. 787. Die BerIriebShandlung muß von einem Tun begleitet sein, das in dem Bezeichnen usw. bestehen muß, bloßes Unterlasten kennzeichnender Angaben über geringere Qualität genügt mcht. RG. HRN. 1938 Nr. 641. Die Bezeichnung ist irreführend, wenn gewöhnliches Trinkwaster, dem durch menschliche Tätigkeit Mineralbestandteile hinzugefügt sind, als „Mineralwasser" bezeichnet wird Darmstadt HRR. 1929 Nr. 1001; über Sprudel BayObLG. JurW. 1934 S. 774 oder Exportbier als Bockbier BayObLG. HRR. 1930 Nr. 479; oder Wermutwein (aus Südwein oder Kräuterestenzen) als Traubenwein. E. 68 S. 337; oder wenn Schokoladentafeln zum Berkaus an­ geboten werden, die durch den äußeren Umfang der Packung auf ein höheres Gewicht Hinweisen. Dresden JürW. 60 S. 813. Gleiches gilt für Eier. KG. JFG. Erg. 16 S. 147. Ist eine Bezeichnung auf Grund einer gemäß §5 Ziff. 4 ergangenen VO. für irreführend erklärt worden, so liegt eine vorsätzl. Zuwiderhaudl. nur dann vor, wenn der Täter diese BO. gekannt u. richttg

59*

1)32

B VH1. Lebensmittelrecht.

Aufmachung anzubleien, zum Verkaufe vorrätig zu Hallen, feilzu­ halten,^) zu verkaufens oder sonst in den Verkehr zu bringen.'") Dies gilt auch, wenn die irreführende Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung sich bezieht auf die Herkunft der £cben8mittel,15bb) die Zeit ihrer Herstellung, ihre Menge, ihr Gewicht oder auf sonstige Umstände, die für die Bewertung milbestimmend sind.

§ 5. Der Reichsminister des Innern kann gemeinsam mit dem Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft 1. zum Schutze der Gesundheit für den Verkehr mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen Verordnungen zur Durchführung der Verbote de- § 3 erlassen ; 2. die Herstellung und den Vertrieb bestimmter Lebensmittel von einer Genehmigung abhängig machen: 3. verbieten, daß Gegenstände oder Stoffe, die bei der Gewinnung, Herstellung oder Zubereitung von Lebensmitteln nicht verwendet werden dürfen, für diese Zwecke hergestellt, angeboten, feilge­ halten, verkauft oder sonst in den Verkehr gebracht werden, auch wenn die Verwendung nur für den eigenen Bedarf des

Abnehmers erfolgen soll; 4. für bestimmte Lebensmittel vorschreiben, a) daß sie nur in Packungen oder Behältnissen von bestimmter Art oder nur in bestimmten Einheiten abgegeben werden dürfen,15 * *c*) * * * * * * * * * * ausgelegt hat. BayObLG. DIZ. 37 S. 1428. § 12 Bez. der Angabe von Heilkraftwirkung. RG. JurW. 1934 S. 2153. Diätetische Nährmittel (z. B. Malzextrakt) sind Lebensmittel und eine Abgabe als Heilmittel ist irreführend. E. 68 S. 247. Aufdruck eines Gewichte- auf Tüten nicht irre­ führend, wenn -war Verwiegung und Angabe Brutto für Netto stattgefundeu hat, tatsächlich der Inhalt aber Nettogewicht ist, sofern dies anerkannter GeschästSgebrauch ist. OLG. Hamburg DStrafr. 1935 S 124. Ein allgemeiner Grundsatz, daß Kunst- und Naturprodutte niemals die gleiche Bezeichnung haben dürfen, besteht nicht, KG. JurW. 1935 S. 2272. 15 b) BO. über Kaffee, Kaffee-Ersatz, Zusatzkaffee v. 10. Mai 30 (RGBl.l S. 169, 171). BO. über Obsterzeugniffe v. 15. Juli 33 (RGBl. I S. 495) nebst RdErl. v. 18. Juni 34 (MBliL. S. 783). BO. über Kakao u. Kakao­ erzeugnisse v. 15. Juli 33 (RGBl. I S. 504). BO. über Speiseeis v. 15. Juli 34 (RGBl. 1 S. 510). BO. über Hackfleisch, Schabefleisch und ähnliche Zu­ bereitungen (Hackfleisch-BO. v. 24. Juli 36 (RGBl. I S. 570). 15 bb) DaS ist Land oder Ort der Gewinnung bei Naturerzeugnissen bzw. der Herstellung bei herzustellenden Leben-mitteln, E. 50 S. 57, HolthvferJuckenack, Komm. Erg.Bd. S. 31. 15 c) BO. über die äußere Kennzeichnung von Lebensmitteln v. 8. Mai 35 (RGBl. I S. 590) nebst Änd. v. 16. April u. 20. Dezbr. 37 (RGBl. I S. 456, 1391). Eierkennzeichng. durch die EierBO. s. Anm. 1 zu 8 1. — BO. über Knochenfett v. 8. Juli 36 (RGBl. 1 S. 565). Soweit von dem BO.recht kein Gebrauch gemacht ist, ist Raum für BO. der Landespolizei. KG. JurW. 1927 S- 3262.

B VII11. Ges. üb. d. Verkehr mit Leben-mitteln u. BedarsSgegenst. § 6.

933

b) daß an den BorratSgefäßen oder sonstigen Behältnissen, in denen sie feilgehalten oder zum Berkaus vorrätig gehalten

werden, der Inhalt angegeben wird, c) daß aus den Packungen oder Behältnissen, in denen sie ab­ gegeben werden, oder auf den Lebensmitteln selbst Angaben

über die Herkunft, die Zeit der Herstellung, den Hersteller

oder Händler und über den Inhalt anzubringen sind; 5. Begriffsbestimmungen sür die einzelnen Leben-mittel aufstellen,

Vorschriften über ihre Herstellung, Zubereitung, Zusammen­

setzung und Bezeichnung erlassen sowie sestsetzen, unter welchen Voraussetzungen Lebensmittel als verdorben, uachgemacht oder

verfälscht unter die Verbote des § 4 fallen, sowie welche Be­ zeichnungen, Angaben oder Aufmachungen al- irreführend diesen

Verboten unterliegen;16d) 6. Vorschriften erlassen gegen die Einfuhr von Leben-mitteln, die

den Vorschriften diese- Gesetzes oder den auf Grund dieseGesetze- erlaffenen Vorschriften nicht entsprechen; 7. Vorschriften über da- Verfahren bei der zur Durchführung diese- Gesetzes erforderlichen Untersuchung von Leben-mitteln

und Bedarfsgegenständen erlassen.15«) § 6. (1) Die mit der Überwachung de- Verkehr- mit Leben-mitteln

und Bedarfsgegenständen beauftragten Beamten der Polizei15 f) und die

von der zuständigen Behörde beauftragten Sachverständigen, bei Gefahr

im Verzug auch die sonstigen Beamten der Polizei, sind befugt, in die Räume, in denen

1. Lebensmittel gewerbsmäßig "«) oder für Mitglieder von Ge­ nossenschaften oder ähnlichen Bereinigungen gewonnen, her-

15 d) Vgl Ausführungsbestimmungen z. Ledensmittelges. v. l2.Nov. 34. BO. über Wurstwaren v. 14. Jan. 37 (RGBl I S.13) bett. Verwendung von Bindemitteln. Hackfleisch-BO. s. Anm. 15b. BO. gegen die Verwendung von Mineralölen im Lebensmittelvertehr v. 22. Jan. 38 (RGBl. 1 S. 45), m der zugleich gemäß Ziff. 3 die Herstellung usw. für die Verwendung bei Lebens­ rnitteln verboten wird. BO. über koffeinhaltige Erfrischungsgetränke v. 24. Juni 38 (RGBl. I S. 691). — BO. über nitotmarmen u. nikoiinfteien Tabak v. 12. Mai 39 (RGBl. I S. 912). 15c) Vgl. Anm. 15b (RGBl. I S. 1181), a) bez. Teigwaren, BO. v. 12. Novbr. 34 (RGBl. I S. 1181), b) Tafelwässer, BO. v. 12. Novbr. 34 (RGBl. I S. 1183) u. 11. Febr. 38.MGBI. I S. 199), c) siehe S. Anm. 27. lös) Hierneben gesundheitliche Überwachung durch die Gesundheitsämter, § 4 Ads. 3 der 1. DurchfBO. z. Ges. über die Vereinheitlichung deS Gesundheits­ wesens (v 3. Juli 34, RGBl. I S. 531) v. 6. Febr. 35 (RGBl. 1 S. 177), 8 4 der 2. DurchfBO. v. 22. Febr. 35 (RGBl. I S. 215) u. §§ 31 ff. der 3. DurchfBO. v. 30. März 35 (RMBl. S. 372). 15g) Über den Begriff „gewerbsmäßig" im gesamten Lebensmittelrecht s. Holthöfer Deutsche Justiz 1935 S. 598.

934

B VIII. Lebensmittelrecht.

gestellt, zubereitet, abgemessen, ausgewogen, verpackt, ausbewahrt,

seilgehalten oder verkauft werden,

2. Bedarfsgegenstände zum Verkaufe vorrätig gehalten oder feil­ gehalten werden, während der Arbeits- oder Geschäftszeit einzutreten,18 16) 17dort Besich­

tigungen vorzunehmen und gegen Empfangsbescheinigung Proben nach

ihrer Auswahl zum Zwecke der Untersuchung zu fordern oder zu ent­

nehmen.^»)

ein

Soweit nicht der Besitzer ausdrücklich darauf verzichtet, ist

Teil der Probe

lassen l7)

und

amtlich

für die

verschlossen

entnommene

oder

Probe

eine

versiegelt

zurückzu­

angemessene

Ent­

schädigung zu leistem18)

(2) Soweit Erzeugnisse vorwiegend zu anderen Zwecken als zum

menschlichen Genusse bestimmt sind,

beschränkt sich die

im

Abs. 1

Nr. 1 bezeichnete Befugnis aus die Räume, in denen diese Erzeug­ nisse alS Lebensrnittel zum Verkaufe

vorrätig

gehalten

oder feil­

gehalten werden.

(3) Die Befugnis zur Besichtigung erstreckt sich auch aus die Ein­ richtungen und Geräte zur Beförderung von Lebensrnitteln, die Be­ fugnis zur Probeentnahme auch auf Lebensrnittel und Bedarfsgegen­

stände, die an öffentlichen Orten, insbesondere aus Märkten, Plätzen, Straßen oder im Umherziehen, zum Verkaufe vorrätig gehalten, feil­ gehalten oder verkauft werden, oder"«) die vor Abgabe an den Ver­

braucher unterwegs sind. (4) Als Sachverständige (Abs. 1) können auch die von den Beruss-

vertretnugen und Berufsverbänden der Landwirtschaft, der Industrie,

16) D. h. in den Stunden, in denen das Feilbalten üblich ist. GA. 44 S. 422. 16») Dies ist kein Verkauf von Lebensmitteln, sondern eine Att Be­ schlagnahme. E. 48 S. 361. KG. Recht 32 Nr. 2208. Die Befugnis zur Probe­ entnahme erstreckt sich nicht auf Einrichtungen u. Geräte zur Beförderung von Leben-mitteln. Dresden JurW. 58 S 450. Auch das zur Probe entnommene Lebensmittel darf nicht verfälscht sein (§ 4 Ziff. 2), die Probeentnahme kann ebenfalls ein „Inverkehrbringen" sein. OLG. Breslau DRZ. 1934 Nr. 433. Auch Holthöfer, Deutsche Justiz 1934 S. 1212. 17) Die Probe ist beschlagnahmt im Sinne deS § 137 StGB. E. 48 S. 361. Unberührt bleiben die Vorschriften der StPO. üb?r Durchsuchung urd Beschlagnahme in LerdachtSfällen. Liegen die Voraussetzungen deS 8 94 StPO, vor, braucht eine Gegenprobe nicht zurückgelassen zu werden. Dresden LZ. 26 S. 418. Auch solche Proben, die geheim entnommen sind, kommen als Beweis­ mittel in Betracht. KG. JFGErg. IIS. 376. Durch die OrdnungSmäßigkeit der Probeentnahme ist die Sttafbarkeit nicht bedingt, die Probe ist Beweis­ mittel. Stettin HRR. 1931 Nr. 915. Dresden JurW. 60 S. 1982. KE. JurW. 1936 S. 137. '

18) Dies braucht nicht Zug um Zug zu geschehen, da ja aus Einziehung erkannt werden kann. Siche auch KG. v. 7. März 05, GA. 52 S. 99.

B VIII1. Ges. stb. b. Verkehr m. Leben-mitteln u. BedarfSgegenst. 88 7-S.

935

des Handwerkes und deS Handels zur Überwachung der Betriebe be­

stellten technischen Berater berufen werden. § 7. Die Polizeibehörde kann ihre Sachverständigen ermächtigen, zum Schutze der Leben-mittel gegen Verunreinigung oder Übertragung

von Krankheitserregern unaufschiebbare Anordnungen vorläufig zu

treffen oder beanstandete Lebensmittel vorläufig zu beschlagnahmen. Die getroffenen Anordnungen sind unverzüglich dem Besitzer oder deffen

Vertreter zu Protokoll oder durch schriftliche Verfügung zu eröffnen und der Polizeibehörde mitzuteileu.

Die Mitteilung einer Beschlagnahme

kann an den Besitzer der beschlagnahmten Gegenstände oder deffen Ver­ treter auch mündlich erfolgen.

Die Polizeibehörde hat die getroffenen

Anordnungen unverzüglich entweder durch polizeiliche Verfügung zu bestätigen oder aufzuheben.

§» 8.

Die

Inhaber

der

int

§ 6

bezeichneten

Räume,

Ein­

richtungen und Geräte und die von chnen bestellten Betriebs- oder Geschäft-leiter und Aufseher18 * * •) * * sowie die Händler, die an öffentlichen

Orten, insbesondere auf Märkten, Plätzen, Straßen oder im Umher­ ziehen, Lebensmittel oder Bedarfsgegenstände zum Verkaufe vorrätig hallen, feilhallen oder verkaufen, find verpflichtet, die Beamten und

Sachverständigen bei der Ausübung der im 8 6 bezeichneten Befug-

niffe zu unterstützen, insbesondere ihnen auf Verlangen die Räume zu bezeichnen, die Gegenstände zugänglich zu machen, verschloffeve

Behältnisse zu öffnen, augesorderte Proben auszuhäudigen, die Ent­ nahme von Proben zu ermöglichen und für die Aufnahme der Proben geeignete Gefäße oder Umhüllungen, soweit solche vorrätig sind, gegen

angemeffene Entschädigung zu überlassen?8 b) § 9.

(1) Die Beamten der Polizei und die von der zuständigen

Behörde beauftragten Sachverständigen sind, vorbehaltlich der dienst­ lichen Berichterstattung und der Anzeige oott Gesetzwidrigkeiten, ver­

pflichtet, über die Tatsachen und Einrichtungen, die durch die Aus­ übung der im 8 6 bezeichneten Befugnisse zu ihrer Kenntnis kommen,

Verschwiegenheit18c) zu beobachten und sich der Mitteilung und Ver­

wertung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen zu enthalten, auch wenn sie nicht mehr im Dienste sind. (2) Die Sachverständigen sind hierauf zu beeidigen. 18 a) Dazu gehört auch der Lagerhalter einer Konsumgenossenschaft. KG. HRR. 1929 Nr. 1894.

18 b) Nickt gegen die Vorschrift verstößt, wer eine dem § 7 nicht ent­

sprechende Probeentnahme vereitelt.

KG. JurW. 58 S. 279.

18 c) Genehmigung zur Aussage (§ 54 StPO.) ist nicht erforderlich. Stenglein, Nebenges. Anm. 6.

Schöff.

936

B vill. Lebensmittelrecht.

§ 10.

(1) Die Zuständigkeit der Behörden und Beamten für die

im § 6 bezeichneten Maßnahmen richtet sich nach Landesrecht.

(2) Landesrechtliche Bestimmungen, die den Behörden weitergeheude Befugnisse alS

die im § 6 bezeichneten geben, bleiben unberührt.

(3) Der Vollzug deS Gesetzes liegt den Landesregierungen ob. § 11. (1) Wer vorsätzlich 18e) einem der Verbote des § 3 oder einer nach tz 5 Nr. 1

erlassenen Vorschrift zuwiderhandelt,

fängnis und mit Geldstrafe

wird

mit Ge­

oder mit einer dieser Strafen bestraft.

(2) Der Versuch ie) ist strafbar.

(3) Ist durch die Tat eine schwere Körperverletzung oder der Tod eines Menschen verursacht worden, so ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren; daneben kann aus Geldstrafe erkannt werden. *) 16 ä) Abs 2 enthält keine allg. Ermächtigung zum Erlab landesrechtl. Ergänzungsvorschriften. KG. JFGErg. Bd. 8 S. 406.

18 e) Zum Vorsatz (§ 5 Nr. 1) gehört nicht daS Bewußtsein von der Gesundheitsgefährlichkeit deS behandelten Stoffes. Auch der feste Glaube an dessen Harmlosigkeit ist unerheblich. Notwendig ist aber die Kenntnis von dem Verbot. Stenglein, Nebengef. Anm. 4d. 19) Ein Versuch deS FeilhaltenS kann schon darin gefunden werden, daß der Gegenstand in diejenige Form und Lage gebracht wird, die ihn unmittelbar zum Absatz geeignet macht (Zerstückelung deS Fleisches und Zurhandstellung im Laden). E. 5 S. 145. Ebenso darin, daß jemand eine Ware, nachdem er für deren öffentliche Versteigerung Anordnungen getroffen hatte, nach dem Bersteigerungslokal absendet. GA. 45 S. 289. Auch in dem Transport gesund­ heitsschädlicher, zum Verkauf bereit- vorbereiteter Nahrungsmittel an den Ort, wo sie feilgehalten werden sollen, kann ein Versuch deS Inverkehrbringens ge­ funden werden. R. 6 S. 334. Siehe auch E. 14 S. 35. Ebenso kann die­ jenige Handlung bereits als Versuch deS FeilhaltenS angesehen werden, welche den Beginn einer durch gewisse Manipulationen bewirkten Bereitstellung der Ware zum verkaufe an daS Publikum enthält (der Angeklagte hatte ver­ dorbene- Fleisch angekauft, dasselbe in sein Berkaufslokal geschafft und dort durch Übergießen von Wasser den üblen Geruch zu beseitigen gesucht). E. 6 S. 46. Versuch ist ferner der Transport von gesundheitsschädlichen Nahrungsmitteln zur Verkaufsstelle, um eS dort feilzuhalten, wenn daS Material bereit- soweit her­ gestellt ist, wie es verkauft zu werden pflegt. R. 6S. 724. Siehe auchR. 10S. 157 u. 611. Dagegen ist in dem Hinschaffen bis auf den Bahnhof deS Ortes, wo das Feilhalten stattfinden soll, ein strafbarer Versuch dann nicht gefunden worden, wenn der Täter an diesem Orte eine Verkaufsstelle noch nicht hat. R. 9 S. 525. Siehe auch GA. 43 S. 258.

In dem Feilhalten gesundheitsschädlicher Waren liegt kein Versuch deL verkauft. E. 15 S. 56. Ein Versuch de- „in Verkehr bringen" kann schon vorliegen, wenn der Gegenstand anderen Nichteingeweihten irgendwie zugänglich gemacht wird. DRZ. 19 Nr. 314. 20) ES handelt sich um einen objektiven Erfolg. § 224 StGB, wird hier­ durch nicht berührt. Beide §§ können tateinheitlich zusammentreffen.

B VII11. Ges. üb. d. Verkehr m. Lebensmitteln u. BedarfSgegenst. §11.

937

der Freiheitsstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen

(4) Neben

Ehrenrechte, neben Zuchthaus auch auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht

erkannt werden. (5) Ist die Zuwiderhandlung fahrlässig 8I) begangen, so tritt Geld­ strafe und Gefängnis oder eine dieser Strafen ein.

21) Zur Feststellung der Fahrlässigkeit genügt nicht, daß der A. über die

schädliche Beschaffenheit deS Nahrung-mittels (Lebensmittel-) sich leicht hätte informieren können, sondern eS gehört dazu, daß der A. im konkreten Falle auch ver­

pflichtet gewesen ist, solche Erkundigungen einzuziehen. @.6 ©.121. GA.47 ©.174.

KG. Jur«. 1937 S.767. Eine vorbehaltlose Verpflichtung eines Nahrungsmittel­ fabrikanten, sich über die Unschädlichkeit der Zusätze zu seinen Fabrikaten stet- unter­

richtet zu halten, besteht nicht. Recht 11 ©. 390; also keine Lerpfl. für den Butter­ händler, dauernd chemische Untersuchungen vorzunehmen. Köln DRZ. 24 Nr.554; oder für den Landwirt, ständig die Mich zu prüfen, wenn die Gewinnung einem sorgsamen Familienmitgl. übertragen ist.

KG. DIZ. 38 ©. 698; oder alle

Verrichtungen der Gehilfen unausgesetzt zu überwachen.

Hamburg LG. 27

S. 797. Fahrlässig handelt, wer Milch, die mit bloßem Auge a!S verschmutzt erkannt werden kann, nicht untersucht, OLG. Düsseldorf, DRZ. 1935 Nr. 314.

Bei

der Prüfung

von Markenmilch ist ein

strengerer Maßstab anzulegen.

Dresden JurW. 62 S. 1543. Doch ist schuldhast, wer sich der Erkenntnis bestehender Mißbräuche und ihrer gesetzwidrigen Folgen auS dentträgem ver­

trauen auf da- Altgewohnte verschließt. Recht 11 ©. 1211; oder wer eS unter­ läßt, sich fortlaufend durch ©ttchproben von der Beschaffenheit seiner Waren zu überzeugen.

Breslau JurW. 57 ©. 287; KG. Recht 32 Nr. 2208; oder

die Kontrolle über unzuverlässige Arbeiter streng auSzuüben. HRR. 1931 Nr. 1205. Dabei richtet sich der Umfang der eigenen PrüfungSpfiicht danach, ob er die Prüfung in der Regel selbst oder durch einen Angestellten vornimmt und waS die sonstigen ArbettSaufgaben der Betreffenden sind. OLG. Königsberg HRR. 1939 Nr 481.

Ein Betriebsführer kann deshalb auch nicht deShab be­

straft werden, weil er für alle- verantwortlich ist, vielmehr muß ihm selbst ein Verschulden nachgewiesen werden.

OLG. Königsberg HRR. 1939 Nr. 1001.

Der Täter braucht da- Nahrung-mittel nicht selbst in den Verkehr gebracht

zu haben,

eS

genügt,

daß

er

das

Inverkehrbringen

auS

Fahrlässigkeit

ii. 1724.

Recht 15 Nr. 3958. Hamburg HRR. 1931 Nr. 1508 ES ist auch bei 8 3d ohne Bedeutung, ob eine Schädigung einge-

treten ist.

ES genügt die Feststellung, daß ein Zustand herbeigeführt ist, der eine

nicht verhindert hat.

Gefährdung der menschlichen Gesundheit schuf u. der Täter die- vorauSsehen konnte.

JurW. 61 S. 2436.

Durch den Mangel einer Polizeiverordn. bezüglich der Untersuchung des Schweinefleisches auf Tttchinen wird bei Unterlassung der Untersuchung eine Bestrafung auS § 14 (12) nicht ausgeschlossen. E. 6 S. 41.

DaS Gesetz betrifft nicht bloß solche Fälle, in denen die Unkenntnis von der

Schädlichkeit der verkauften Ware durch Fahrlässigkeit verschuldet ist, sondern auch solche Fälle, in welchen den Verkäufer bezüglich der durch den Verkauf herbeigeführten, im voraus besttmmten Verwendung der Ware (Verbrauch als Genußmittel seitens des Käufers) der Vorwurf der Fahrlässigkeit trifft. E. 6 ©. 31. Konnte der Verkäufer tttchinenhalttgen Fleisches überzeugt sein, daß dasselbe erst nach gehörigem Kochen genossen werden würde, so ist der Verkauf

unter Umständen nicht für fahrlässig zu erachten.

E. 17 S. 427.

938

ER.

B VIII. LebenSmittelrecht. § 12. (1) Wer vorsätzlich"«) einem der Verbote des §4 oder einer

nach § 5 Nr. 2 biS 4, 6 erlassenen Vorschrift zuwiderhandelt," *>) wird

mit Gefängnis biS zu sechs Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft.

(2) Ist die Zuwiderhandlung fahrlässig ") begangen, so tritt Geld­ strafe biS zu einhundertfünfzig Reichsmark oder Haft ein. § 13. (1) In den Fällen des § 11 ist neben der Strafe auf Ein­

ziehung ") oder Vernichtung der Gegenstände, auf die sich die Zu­ widerhandlung bezieht, zu erkennen, auch wenn die Gegenstände dem

Verurteilten nicht gehören.

In den

Fällen des §

12

kann die-

geschehev. (2) Kaun keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden,

so kaun auf die Einziehung oder Vernichtung der Gegenstände selb­ ständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen hierfür vorliegen. § 14. (1) Ergibt sich in den Fällen der §§ 11,12 daß dem Täter die erforderliche Zuverlässigkeit fehlt, so kaun ihm da- Gericht in dem

Urteil die Führung eines Betrieb- ganz oder teilweise untersagen

oder nur unter Bedingungen gestatten, soweit er sich auf die Her­ stellung

oder den Vertrieb von Leben-mitteln oder Bedarfsgegen­

ständen erstreckt.M)

Vorläufig kann eS eine solche Anordnung durch

Beschluß treffen. In dem Unterlassen von Erkundigungen über die etwaige Schädlichkeit einePräservesalzeS kann eine verschuldete Unkenntnis nur dann angenommen werden, wenn der Täter über die Schädlichkeit wirklich im Zweifel war. R. 3 S. 622 u. AurW. 30 S. 507. vgl. IurW. 33 S. 143. Über die strafbare Unter­

lassung gemäß § 4 f. Anm. 14 Abs. 3. 21 a) Hier genügt, daß sich der Täter bewußt ist, die Bezeichnung, unter der er die Ware in Verkehr bringt, sei zur Täuschung der Abnehmer geeignet; auch bedingter Vorsatz reicht auS. Ba-ObLG. DRZ. 24 Nr. 292. — Wenn LedenSmiitel verfälscht und dann in Verkehr gebracht werden, so geht die Her­ stellungshandlung in der Vertriebshandlung auf. E. 73 S. 84; ebenso wie für Ziff. 1 ist auch für Ziff 3 des 8 4 neben Ziff. 2 deS 8 4 kein Raum. RG. IurW. 1938 S. 1323. — Zwischen Inverkehrbringen und Betrug kann Tat­ einheit bestehen, der § 4 kein Soudertatbestand ist. E. 73 S. 85; RG. IurW. 1938 S 1323. 21 b) § 12 LMG. ist ein BlankettG; bei einer Verurteilung auS § 12 ist das Gesetz anzuführeu, das das Blankett auSfüllt. HRR. 1939 Nr. 481.

22) Die Einziehung ist keine Nebenstrafe, sondern polizeiliche Sicherungs­ maßregel. E. 55 S. 12. § 40 StGB, ist daneben anwendbar, vgl. HRR. 1928 Nr. 788 n. BahObLG. LZ. 22 S. 1636. Liegt 8 26 WeinGes. u. 8 4 vor, so findet 8 13 keine Anwendung. RG. IurW. 1936 S. 1447. Über verwerturg

eingezogener Weine s. 8 67 BollstreckungSO., abgedr. unter D 3. 23) Ist die Untersagung unterblieben, so kann sie für die jeweilige Jnstanz nicht nachgeholt werden. Die vorläufige Anordnung kann daS Gericht treffen,

B VIII1. Ges. üb. d. Verkehr m. Lebensmitt. u. BedarsSgegenft. §§ 1 5—18. 939

(2) Die zuständige Verwaltungsbehörde kaun die nach Abs. 1 Satz 1 getroffene Anordnung aufheben, wenn seit Eintritt der Rechtskraft des

Urteils mindestens drei Monate verfloffeu sind. Wer der Untersagung zuwiderhaudett, wird mit Gefängnis und

Schott

mit Geldstrafe bestraft.

§ 15.

(1) In den Fallen der §§ 11, 12 kaun neben der Strafe

angeordnet werden, daß die Verurteilung auf Kosten de- Schuldigen öffentlich bekanutzumachen ist.

Auf Antrag de- freigesprochenen An­

geklagten kann das Gericht anordnen, daß der Freispruch öffentlich

bekanutzumachen ist; die Siaatskasie trägt in diesem Falle die Kosten, soweit sie nicht dem Anzeigenden auferlegt worden sind (§ 469 der

Strafprozeßordnung). (2) In der Anordnung ist die Art der Bekanntmachung zu be­

stimmen; sie kaun auch durch Anschlag an oder in den Geschäfts­ räumen des Verurteilten oder Freigesprochenen erfolgen.

§ 16. Wer der durch § 8 auferlegten Verpflichtung zuwider­ handelt, wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder

ER.

mit Haft ticfhnft.21*) * 23 * 25

§ 17. (1) Wer der durch § 9 Abs. 1 auferlegten Verpflichtung zuwiderhaudett, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des Verletzten ein; die Zurücknahme ist zulässig.

§ 18. Wenn im Verfolg") der behördlichen Untersuchung von Lebensmitteln oder von Bedarfsgegenständen eine rechtskräftige straf­ rechtliche Verurteilung eintritt, fallen dem Verurteilten die der Be­ hörde durch die Beschaffung und Untersuchung der Proben erwachsenen

Kosten **) zur Last.

Sie sind zugleich mit den Kosten des gerichtlichen

Verfahrens festzusetzen und einzuziehen."») das über die Eröffnung des Hauptverfahrens zu befinden hat. S te n g l e i n, Nebenges. Anm. 3. 23 a) Siehe Anm. 18 b. Wegen Veröffentlichung der Verurteilung siehe Nr. 235 d. Richtlinien. 24) Es genügt, daß die behördl. Untersuchung rein zeitl. der Verurteilung vorausgegangen ist. KG. Recht 33 Nr. 2289. Daß sie auf den Gang des Verfahrens irgend welchen Einfluß gehabt hat, ist nicht erforderlich; auch be­ langlos, wie die Behörde in den Besitz der Probe gekommen ist. BayObLG. JurW. 60 S. 1973. Es ist gleichgültig, nach welchem Gesetz die Verurteilung ausgesprochen ist. Dresden JurW. 62 S. 1543. 25) Der richterl. Nachprüfung unterliegt die Richtigkeit deS Kostenansatzes, nicht die Höhe und die Notwendigkeit der angesetzten Kosten. KG. HRR. 1931 Nr. 2024. 25 a) EineS ausdrücklichen Ausspruches zur Zahlung der in Satz 1 ge­ nannten Kosten bedarf es nicht. OLG. Königsberg HRR. 1938 Nr. 1101.

Schöff.

940

B VIII. LebenSmittelrecht. § 19.15 e)

Die auf Grund dieses Gesetzes auferlegten Geldstrafen

sind nach näherer Anordnung der obersten Lande-behörden als Bei­

hilfen für die Unterhaltung der öffentlichen Anstalten zur Untersuchung von Lebensmitteln zu verwenden. § 20

(1) Der Reichsminister des Innern erläßt die zur Durch­

führung oder Ergänzung dieses Gesetzes erforderlichen RechtS- und

BerwaltungSvorschriften, in den Fällen deS § ö gemeinsam mit dem Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft?^)

(2) Der Reichsminister des Innern kaun Ausnahmen von den Vor­ schriften dieses Gesetzes und den nach § 5 dieses Gesetzes erlassenen

Verordnungen zulassen:

1. für Versuche, die mit seiner Genehmigung angestellt werden, 2. für Erzeugnisse, die für die Ausfuhr bestimmt sind, soweit nicht

die Vorschriften des Einfuhrlandes entgegenstehen,

3. in sonstigen Fällen vorübergehend, soweit die Wirtschaftslage es erfordert. In den

§ 21.

nach § 5 zu erlassenden Verordnungen dürfen

an die aus dem Ausland eingeführten Lebensmittel und Bedarfs­ gegenstände keine geringeren Anforderungen gestellt werden als an gleichartige inländische.

§ 22

der

Der Reichsminister des Innern kann mit Inkrafttreten

nach § 5 zu

erlassenden Verordnungen

die

durch

diese

Ver­

ordnungen ersetzten Vorschriften des Gesetzes über das Branntwein­ monopol vom 8. April 1922 (Reichgesetzbl. I S. 33ö, 405), deS Bier­

steuergesetzes vom 9. Juli 1923 (Reichsgesetzbl. I S. 557) und des

Gesetzes,

betreffend

bet der Herstellung

die Verwendung

gesundheitsschädlicher

von Nahrungsmitteln, Genußmitteln

Farben

und Ge­

brauch-gegenständen, vom 5. Juli 1887 (Reichsgesetzbl. S. 277) außer

Kraft setzen.

26) Einzelheiten f. § 19 der BO. v. 28. Mai 37 (DJust. S 840). 27) LO. über Wermutwein und Kräuterwein v. 20. März 36 (RGBl. I S. 196.) 28) BO. über Wurstwaren v. 14. Ian. 37 (RGBl. 1 S. 13).

B VIII 2. Weingesetz 88 1 u. 2.

941

BVm 2. Veiugesetz. Vom 25. Juli 1930.



(RGBl. I S. 856.)*)

(Auszug.) § 1. Wein ist das durch alkoholische Gärung aus dem Safte der frischen Weintraube hergestellte Getränk*).

$ 2. Es ist gestattet, Wein aus Erzeugnissen verschiedener Her­ kunft oder verschiedener Jahre herzustellen (Verschnitt).

Rotwein darf nur mit Rotwein verschnitten werden. Deutscher Rotwein darf nicht mit ausländischen Erzeugnissen verschnitten werden; es ist jedoch gestattet, deutschem Rotwein bis zu einem Viertel der Gesamtmenge ausländischen Rotwein zuzusetzen.,B) Auf welche Weise Schillerwein hergestellt wird, und inwieweit er verschnitten werden darf, regeln die Ausführungsbestimmungen *).

Dessertwein (Südwein, Süßwein) darf nur mit Dessertwein ver­ schnitten werden. Es ist jedoch gestattet, einem Dessertwein, der zur Ausfuhr gelangt, Wein anderer Art zuzusetzen, sofern die Eigenart des Dessertweins gewahrt bleibt; in welcher Weise zu verhindern ist, daß der Verschnitt in den inländischen Verkehr gelangt, regeln die

Ausführungsbestimmungen ^). Auf die Weiterverarbeitung von Wein in den Schaumwein­ fabriken, Weinbrennereien und Weinessigsabriken findet die Vorschrift des Abs. 2 keine Anwendung. Der aus amerikanischen Ertragskreuzungen gewonnene Wein

*) Vgl. dazu AussBO. v. 16. Juli 32 (RGBl. S. 358), geändert Art. 20 Abs. 3 durch 2. BO. v. 29. Aug. 35 (RGBl. S. 1121); Art. 14 (aufgehoben) durch § 9 BO. v. 20. März 36 (RGBl. S. 196); Art. 4 Abs. 2, 7 Abs. 2 u. 3; Art. 13 Anl. 3 durch 3. BO. v. 6. Mai 36 (RGBl. S. 443); Art. 10 Abs. 1 durch 4. BO. v. 22. Oktbr. 36 (RGBl. S. 906, 946). — Bgl. auch AB. v. 30. Jan. 34 (DJust. S. 146) u. v. 10. Septbr. 34 (DJust. S. 1704) betr. Zuwiderhandlungen u. § 67 StrafvollstreckungsO. v. 7. Dezbr. 35 (DJust. S. 1800) betr. Einziehung, Verwertung u. Unbrauchbarmachung. — Siehe ferner Grundsätze für die einheitliche Durchführung des Weingesetzes v. 2. Novbr. 33 (RGBl. S. 801); BO. über Wermutwein u. Kräuterwein v. 20. März 36 (RGBl. S. 196), strafbar nach § 26 Weingesetz, § 12 Lebens­ mittelgesetz. — Tas Ges. gilt noch nicht in der Ostmark und im Ludetengau. Zu § 1: 1) Also nicht alkoholfreier Most u. Traubensaft. 1 ) S. 2 ist weit auszulegen; jebe Art von Beimischung ausländischer Erzeugnisse ist unzulässig. E. 72 S. 276. Zu § 2: 1) Art. 1 d. BO. v. 16. Juli 32. 2) Art. 12 d. BO. v. 16. Juli 32.

942

v VIII. LedenSmUtelrecht.

darf nicht mit anderem Weine verschnitten werden. Er darf nur umtcr der Bezeichnung „Hybridenwein" in den Verkehr gebracht wenden. § 3. Dem aus inländischen Trauben gewonnenen Traubennnost

oder Weine, bei Herstellung von Rotwein, avch der vollen Trambenmaische,

darf Zucker,

auch

in

reinem Wasser

gelöst 1)2z 3 zugiesetzt

werden, um einem natürlichen Mangel an Zucker oder Alkohol oder einem natürlichen Übermaß an Säure insoweit abzuhelfen, alls es

der Beschaffenheit des aus Trauben gleicher Art und Herkunft in Mten

Jahrgängen ohne Zusatz gewonnenen Erzeugnisses entspricht.

Dieser

Zusatz darf jedoch in keinem Falle mehr als ein Viertel der gesonnten

Flüssigkeit betragen?) Die Ausführungsbestimmungen erläutern, was unter guten Jahrgängen zu verstehen ist?)

Die Zuckerung darf nur in der Zeit vom Beginne der Trautben-

lese bis zum 31. Januar des auf die Ernte folgenden Jahres vor­ genommen werden; sie darf in der Zeit vom 1. Oktober bis 31. Jamuar

bei ungezuckerten Weinen früherer Jahrgänge nachgeholt werlden.

Die Zuckerung darf nur innerhalb der am Weinbau beteiligten Gebiete des Deutschen Reiches vorgenommen werden.

Die Absicht, Traubenmaische, Traubenmost oder Wein zu zuckern, ist der zuständigen Behörde anzuzeigen. Auf die Herstellung von Wein zur Schaumweinbereitung in den

Schaumweinfabriken finden die Vorschriften der Abs. 2, 3 keine An­

wendung. In allen Fällen darf zur Weinbereitung nur technisch reiner

nicht färbender Rüben-, Rohr-, Jnvert- oder Stärkezucker verwendet

werden. § 4. Unbeschadet der Vorschriften des § 3 dürfen Stoffe irgend­ welcher Art dem Weine bei der Kellerbehandlung nur insoweit zu­ gesetzt werden, als diese es erfordert. Die AuSführungsbestimmungen

regeln, welche Stoffe verwendet werden dürfen, und geben Vor­

schriften über die Verwendung?) welcher Art ist verboten.

Der Zusatz von Alkohol irgend­

Die Ausführungsbestimmungen können

Ausnahmen zulassen für Dessertweine, die zur Wiederausfuhr geZu § 3. 1) Wann der Zucker nur in trockenem Zustand oder auch als Zuckerwasserlüsung zugesetzt werden darf, richtet sich nach dem Säuregehalt von Wein aus einem guten, d. h. normalen Jahrgang, RG. JurW. 1936 S. 1447 zu 18. 2) Wenn durch einen geringeren Zusatz Abhllfe geschaffen wird, muß man sich mit ihm begnügen, andernfalls Verstoß gegen § 26 Abs. 1 Nr. 1. RG. JurW. 1930 S. 1600; Stenglein, Nebengesetze Erg.Bd. Anm. 2a zu § 3.

3) Art. 2 d. BO. v. 16. Juli 32.

B VIII2. Wewgesetz 8 5.

943

langen, sowie für Weine, die nach tropischen Gegenden versandt werden'). In den Ausführungsbestimmungen kann die Anwendung be­ stimmter Verfahren der Kellerbehandlung verboten oder nur unter Beschränkungen zugelassen werden. Die Kellerbehgndlurrg umfaßt die nach Gewinnung der Trauben auf die Herstellung, Erhaltung und Zurichtung deS Weines bis zur Abgabe an den Verbraucher gerichtete Tätigkeit.

Versuche, die mit Genehmigung der zuständigen Behörde angestellt werden, unterliegen diesen Beschränkungen nicht, z 6.1)2 3Es ist verboten, Wein unter einer irreführenden Be­ zeichnung,') Angabe oder Aufmachung anzubieten, zum Verkaufe vorrätig zu halten, feilzuhalten, zu verkaufen oder sonst in den Ver­ kehr zu bringen.

Gezuckerter Wein darf nicht mit einer Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sein, die auf Reinheit des WeineS oder auf besondere Sorgfalt bei der Gewinnung der Trauben deutet; solche Weine dürfen insbesondere nicht als naturrein, Wachstum, Gewächs oder Kreszenz, allein oder in Verbindung mit dem Namen eines be­ stimmten Weinbergsbesitzers oder Weinguts, bezeichnet werden. Wein, der durch Filtration entkeimt oder mit so entkeimtem Traubenmost versetzt worden ist, gilt nicht alS gezuckerter Wein. Soweit diese Entkeimung vor vollendeter Gärung erfolgt oder so ent* kirntet Traubenmost zugesetzt ist, darf der Wein indes mit einer der im Abs. 2 angeführten Bezeichnungen nur dann in den Verkehr ge­ bracht werden, wenn er zugleich eine auf diese Behandlung deutlich hinweisende Bezeichnung trägt?)

Wer Wein gewerbsmäßig in Verkehr bringt, ist verpflichtet, dem Abnehmer auf Verlangen vor der Übergabe mitzuteilen, ob der Wein gezuckert, verschnitten, vor vollendeter Gärung entkeimt oder mit entZu § 4. 1 Art. 4 u. Art. 12 d. BO. v. 16. Juli 32. Zu § 5. 1) Zwischen Abs. 1 u. § 4 Ziff. 3 LebenSmittelges. besteht GesetzeSeinheit. Vgl. die Erl. daselbst. Rur das Zusetzen von Stoffen ist in § 4 untersagt, andere Behandlungsmethoden fallen nicht hierunter, sondern z. B. unter 5 4 Ziff. 1 LMG. (B VIII1), E. 71 S. 308.

2) Was insbesondere irreführende Bezeichnungen sind, besagt Art. 4 d. BO. v. 16. Juli 32.

3) Rur das in Abs. 3 ausdrücklich genannte Verfahren ist gestattet, kein anderes ähnliches Verfahren, z. B- nicht Eindicken des Mostes, Ge­ winnung von Strohwein oder Eis- u. Gefrierwein oder auch nicht das Bakuumverfahren (Verdampfen eines Telles des Wassergehaltes unter ver­ dünnter Luft; dann Verstoß gegen Z 4 LMG. (B VIII i) E. 71 S, 308.

944

B VIII, Lebensmittelrecht.

keimtern Traubennwst versetzt worden ist, und sich beim Erwerbe von Wein die zur Erteilung dieser Auskunft erforderliche Kenntnis zu sichern.

Das Nähere regeln die Ausführungsbestimmungen; sie können insbesondere bestimmen, welche Bezeichnungen, Angaben oder Auf­ machungen nach Abs. 1 bis 3 verboten oder zulässig sind.

§ 6. Im gewerbsmäßigen Verkehre*) mit Wein dürfen geo­ graphische Bezeichnungen nur zur Kennzeichnung der Herkunft ver­ wendet werdens. Die Vorschriften des § 16 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutze der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894 (RGBl. S. 441) in der Fass, vom 7. Dezember 1923 (RGBl. II S. 445) und des § 5 Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. Juni 1909 (RGBl. S. 499) finden auf die Benennung von Wein keine An­ wendung. Es ist jedoch gestattet, die Namen einzelner Gemarkungen oder Weinbergslagen, die mehr als einer Gemarkung angehören, zu benutzen, um gleichartige und gleichwertige Erzeugnisse benachbarter oder nahegelegener Gemarkungen oder Lagen zu bezeichnen. Die Ausführungsbestimmungen haben nähere Anordnungen darüber zu treffen, inwieweit Gemarkungen als nahegelegen oder benachbart im Sinne dieser Vorschrift anzusehen sind.

§ 7. Ein Verschnitt aus Erzeugnissen verschiedener Herkunft darf nur dann nach einem der Anteile allein benannt werden, wenn dieser mindestens zwei Drittel der Gesamtmenge beträgt und die Art bestimmt; dabei finden die Vorschriften des § 6 Abs. 2 Satz 2 Anwendung. *) Die Angabe einer Weinbergslage ist jedoch nur dann zulässig, wenn der aus der betreffenden Lage stammende Anteil nicht gezuckert ist. Zu § 6. 1) Entsprechend § 32 gehören hierzu auch die Betriebe der Ge­ nossenschaften u. ähnlicher Vereinigungen. 2) Geographische Bezeichnung muß geographischen Sinn erkennen lassen, insbesondere bei den Verkehrskreisen, an die sie sich wendet, jedoch können auch durch den Volksmund Bezeichnungen geschaffen werden, die dann zu beachten sind, Stenglern, Anm. 1 zu § 6. — WeinGes. gestattet nur, eine andere Bezeichnung an Stelle der der wahren Herkunft ent­ sprechenden zu setzen; deshalb kann auch an Stelle der neuen höchstens die eigentliche, wahre wieder gesetzt werden; in einer Hand vereinigte Wein­ menge mit demselben Entwicklungsgang muß unter einer Bezeichnung in Handel gebracht u. feilgehalten werden, E. 71 S. 87. — Abs. 1 gilt auch für Wein, dessen Trauben im Ausland gewachsen sind, so daß Bezeichnungen wie Malaga, Portwein, Tokayer usw. unzulässig sind, wenn der Wein nicht aus dem angegebenen Gebiet kommt, E. 45 S. 143, OLG. Jena HRR. 1931 Nr. 90. Zu § 7. 1) Auch die im § 6 enthaltene Beschränkung auf den gewerbs­ mäßigen Verkehr, E. 52 S. 49.

945

B VIII 2. Weingesetz §§ 9—11, 26.

Ein Verschnitt darf nicht als Wachstum, Gewächs oder Kreszenz, allein oder in Verbindung mit dem Namen eines bestimmten Wein­ bergsbesitzers oder Weinguts, bezeichnet werden. Die Beschränkungen der Bezeichnung treffen nicht die Ver­ mischung von Trauben, Traubenmaische oder Traubenmost mit Trauben, Traubenmaische oder Traubenmost gleichen Wertes der­ selben oder einer benachbarten Gemarkung sowie den Verschnitt von selbstgewonnenen Weinen gleichen Wertes derselben oder einer benach­ barten Gemarkung und den Ersatz der Abgänge, die sich aus der Pflege des im Fasse lagernden Weines ergeben.

§ 9. Es ist verboten, Wein nachzumachen?) § 10. Unter das Verbot des § 9 fällt nicht die Herstellung von dem Weine ähnlichen Getränken aus dem Safte von frischem Stein-, Kern- oder Beerenobst sowie aus Hagebutten und Schlehen, aus frischen Rhabarberstengeln, aus Malzauszügen oder aus Honig. Wein darf bei der gewerbsmäßigen Herstellung der im Abs. 1 be­ zeichneten Getränke nicht verwendet werden. Die Ausführungs­ bestimmungen können auch die Verwendung anderer Stoffe be­ schränken oder untersagen, sowie bestimmen, welche Stoffe verwendet werden dürfen, und Vorschriften über die Verwendung geben?) Die im Abs. 1 bezeichneten Getränke dürfen im Verkehr als Wein nur in solchen Wortverbindungen bezeichnet werden, welche die Stoffe kennzeichnen, aus denen sie hergestellt sind. Werden solche Getränke mit Phantasienamen bezeichnet, so muß der Bezeichnung eine An­ gabe über die Stoffe beigefügt werden, aus de ten sie hergestellt sind.

§ 11. Betrifft Herstellung und Vertrieb von Haustrunk. § 26. Mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer vorsätzlich 1. den Vorschriften des § 2 Abs. 2, 3, 5 Satz 1, des § 3 Abs. 1 bis 3, 6, der §§ 4, 9,10 Abs. 2 Satz 1, des § 11 Abs 3,5, dev §§ 13,14 Abs. 3, des § 15 oder den auf Grund des § 2 Abs. 2 Satz 3, des § 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, des § 10 Abs. 2 Satz 2, des § 11 Abs. 2 oder des § 16 erlassenen Vorschriften zuw derhandelt. 2. Stoffe, deren Verwendung bei der Herstellung, Behandlung oder Verarbeitung von Wein, Haustrunk, weinhaltigen GeZu § 9. 1) Nachmachen von Wein ist Verfertigung eines Getränkes, das nicht wirklich Wein ist, aber nach seiner Beschaffenheit(äuß. Erscheinung, Geschmack, Geruch) im Durchschnittspublikum zur Verwechslung geeignet ist, E. 45 S. 346, 46 S. 261, 47 S. 134, 48 S. 382. Gewerbsmäßigkeit ist nicht erforderlich, E. 46 S. 261. — Zwischen Inverkehrbringen verfälschten (§ 4) u. nachgemachten Weines (§ 9) ist Fortsetzungszshg. möglich, E. 71 S. 17. Zu § 10. 1) Art. 7 d. BO. v. 16. Juli 32.

Dalcke, Strafrecht. 31. Ausl.

60

946

B VIII. Lebensmittelrecht.

tränken, dem Weine ähnlichen Getränken, Schaumwein, dem Schaumwein ähnlichen Getränken, Weinbrand ibet

Wein-

brandverschnitt unzulässig ist oder die zur Nachmachung von Wein dienen, für diese Zwecke ankündigt, feilhllt, verkauft

oder an sich bringt oder einen diesen Zwecken diern

Bev-

kauf solcher Stoffe vermittelt;^

3. Den Vorschriften deS § 2 Abs. 5 Satz 2, des § 5 Abs. 1 bis 3,

der §§ 6, 7, des § 10, Abs. 3 der §§ 17, 18 oder den nach §§ 5, 17, 18 erlassenen Vorschriften zuwiderhandelt;

4. unrichtige Eintragungen in die nach $ 19 zu führenden Bücher macht, die nach § 23 von ihm geforderte Auskunft unrichtig

erteilt oder Bücher oder Geschäftspapiere, welche nach § 19 Abs. 3 aufzubewahren sind, vor Ablauf der dort bestimmten Frist vernichtet oder beiseiteschafft.

Zn den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 ist auch der Versuch strafbar. Ist in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1, 3, 4 die Zuwiderhandlung

fahrlässig begangen, so tritt Geldstrafe oder Haft ein.

$ 27. Mit Geldstrafe oder mit Haft wird bestraft, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. außer in den Fällen des § 26 Abs. 1 Nr. 4 den Vorschriften über die nach § 19 zu führenden Bücher zuwiderhandelt;

2. die nach § 5 Abs. 4 zu erteilende Auskunft nicht oder unrichtig erteilt; 3. die nach § 3 Abs. 4, § 11 Abs. 4 vorgeschriebenen Anzeigen

nicht erstattet oder den auf Grund des § 11 Abs. 4 erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt;

4. den Vorschriften des $ 20 Abs. 1, 2 oder einem nach § 20 Abs. 3 ergangenen Verbote zuwiderhandelt. 5. außer in den Fällen des § 26 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 den durch

§ 23 auferlegten Verpflichtungen zuwiderharldelt;

6. den aus Grund des $ 25 Abs. 3 erlassenen Vorschriften zu­ widerhandelt.

z 28. In den Fällen des $ 26 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 ist neben der Strafe auf Einziehung oder Vernichtung der Erzeugnisse oder Stoffe

zu erkennen, auf die sich die Zuwiderhandlung bezieht, auch wenn sie dem Verurteilten nicht gehören.

Bei fahrlässigen Zuwiderhand­

lungen gegen die im $ 26 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Vorschriften und Zu § 26. 1) Sowohl der Zwischenhändler wie der Erwerber, der die Stoffe selbst zur Weinbereitung verwenden will, sind strafbar, E. 71 S. 17. Wegen der Bestrafung des Verkaufs von Obstwein als Wermutwein s. E. 72 S. 302. — über das Verhältnis zum fortgesetzten Betrug und zur Zoll­ hinterziehung s. E. 72 S. 276.

B VIII 2. Weingesetz §§ 29, 31 u. 33.

947

bei vorsätzlichen oder fahrlässigen Zuwiderhandlungen gegen die im § 26 Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Vorschriften kann dies geschehen.

Die Vorschriften des Abs. 1 finden auch dann Anwendung, wenn die Strafe auf Grund eines anderen Gesetzes zu bestimmen ist. Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf die Einziehung oder Vernichtung selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen hierfür vorliegen.

§ 29. In den Fällen des § 26 kann neben der Strafe angeordnet werden, daß die Verurteilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekanntzumachen ist. Auf Antrag des sreigesprochenen Angeklagten kann daS &etid)t anordnen, daß der Freispruch öffentlich bekannt­ zumachen ist; bie Staatskasse trägt in diesem Falle die Kosten, sofern sie nicht nach § 469 der Strafprozeßordnung dem Anzeigenden auf­ erlegt worden sind. In der Anordnung ist die Art der Bekanntmachung zu bestimmen; sie kann auch durch Anschlag an oder in den Geschäftsräumen des Verurteilten oder Freigesprochenen erfolgen.

§ 31. Die Strafvorschristen dieses Gesetzes finden keine AnWendung, wenn die Tat nach anderen Vorschriften mit höherer Strafe bedroht ist.1). Ist die Tat nach anderen Vorschriften mit der gleichen oder einer niedrigeren Strafe bedroht, so finden nur die Straf­ vorschriften dieses Gesetzes Anwendung. § 33. Die Vorschriften anderer die Herstellung und den Vertrieb bon Wein betreffender Gesetze, insbesondere des Gesetzes über den Verkehr mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen (Lebensmittel­ gesetz) vom 5. Juli 1927 (RGBl. I S. 134), des Gesetzes zum Schutze der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894 (RGBl. S. 441) in der Fassung vom 7. Dezember 1923 (RGBl. II S. 445) und vom 21. März 1925 (RGBl. II S. 115) und des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. Juni 1909 (RGBl. S. 499) in der Fassung vom 21. März 1925 (RGBl. II S. 115) bleiben unberührt, soweit nicht die BorZu § 31. 1) So geht § 263 StGB, dem Weinges. vor. Stehen Täuschungshandl. mit u. ohne betrügerische Absicht in Fortsetzungszusammen­ hang, besteht Tateinheit zwischen § 263 StGB. u. § 26 Weinges., RG. DJust. 1937 S. 206. § 13 Lebensmittelges. ist nicht anwendbar, wenn zugleich 5 26 Weinges. verletzt ist, E. 70 S. 103. — Trifft ein Berg, gegen § 26 WeinG. in Tateinheit zusammen mit einem Bermutungstatbestand der Zollhinter­ ziehung nach dem BZG., so ist trotz § 31 WeinG. Geldstrafe wegen der Zoll­ hinterziehung neben der Strafe aus § 26 WeinG. zu verhängen, E. 72 S. 276. — Einziehung nach § 31 Abs. 1 ist Sicherungsmaßnahme, nicht Strafe, LG. Görlitz DJust. 1935 S. 1560.

948

B VIII. LebenSmittelrrcht.

schriften dieses Gesetzes entgegenstehen. Die Vorschriften der $$ 20, 21 des Lebensmittelgesetzes finden auch bei Strafverfolgungen auf Grund der Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung. Durch die Landes­ regierungen kann jedoch bestimmt werden, daß die auf Grund dieses Gesetzes auferlegten Geldsttafen ganz oder teilweise zur Deckung der Kosten zu verwenden sind, die durch die Bestellung von Sachver­ ständigen auf Grund des § 21 dieses Gesetzes entstehen.

B VIII3. Milchgeseh. Vom 31. Juli 1930. Änderungen

vom 2. u. 23. März, 11. Mai

und 20. Juli 1933

(RGBl. 1930 I S. 421, 1933 I S. 97, 143, 261, 527)»). (Auszug.)

§ 1. Diesem Gesetz unterliegt der Verkehr mit Kuhmilch und den aus Kuhmilch gewonnenen Erzeugnissen, soweit sie für den menschlichen Genuß bestimmt sind. Doch erstreckt sich das Gesetz,

*) Dazu I. AusfBO. v. 15. Mai 31 (RGBl. I S. 150), Strafbest. §§ 21 Abs. 4, 29 Ws. 3; And.: § 1 Ws. 3 d. III. AusfBO., § 28 d. Ges. v. 20. Juli 33 (RGBl. I S. 527) aufgehoben; § 21 Ws. 1 d. IV. AusfBO. § 29 d. V. AusfBO., §§ 2, 8,10 d. VI. AusfBO. — II. AusfBO. v. 8. Dezbr. 33 (RGBl. IS. 1062).—III. AusfBO. v. 3. April, IV. AusfBO. v. 20. Dezbr. 34 (RGBl. I S. 299,1267). — V. AusfBO. v. 25. April 36 (RGBl. I S. 399), Strafbeft. §6. — VI. AusfBO. v. 31. März 37 (RGBl. I S. 431). — VII. Ausf­ BO. v. 12. Juni 39 (RGBl. I S. 1011). — Preuß. DurchfBO. v. 16. Dezbr. 31 (GS. S.259) i. d. Fass. v. 20. Oktbr. 34 (GS. S. 245) u. v. 19. Dezbr. 35 (GS. S. 159). — Daneben vgl. Gesetz über den Verkehr mit Milcherzeug­ nissen v. 20. Dezbr. 33 (RGBl. I S. 1093), Strafbest. § 11 (Abs. 3 Ermächti­ gung). Dazu BO. über den Verkehr mit Milcherzeugnissen v. 21. Dezbr. 33 (RGBl. I S. 1109) nebst späteren Änderungen v. 31. Jan. 34, 9. Jan. 35, 17. April 36 u. 27. März 39 (RGBl. I 34 S. 79, 35 S. 10, 36 S. 374, 39 S. 625); enthält keine Strafbest, mehr, da Art. 2 durch § 12 der BO. v. 17. April 36 (RGBl. I S. 374) aufgehoben ist. BO. über Milchleistungs­ prüfungen v. 22.Novbr. 35(RGBl. I S. 1354), Strafbest.: § 3(Ermächtigung zu Ordnungsstrafe). BO. über den Zusammenschluß der deutschen Milch­ wirtschaft v. 17. April 36 (RGBl. I S. 374), Strafbest.: § 4 Abs. 2 Nr. 7, § 10 (Ordnungsstrafe). — S. ferner Ges. betr. den Verkehr mit Butter, Anm. 1 zu § 1 Lebensmittelges. (B VIII1), und die ButterBO., Anm. 1 zu 137. Das Milchges. gilt noch nicht in der O st ma r k und im S ud e te ng a u. Bez. der Bestimmungen bett, den Verkehr mit den Produkten s. Anm. 1 Abs. 1 am Ende zu 8 1 des Lebensmittelges.

B VIII 3. Mllchgesetz §§ 2—4.

949

abgesehen von den Vorschriften in §§ 3, 4 nicht auf den Verkehr mit diesen Lebensmitteln innerhalb des Haushalts, in dem sie Ver­ wendung finden. Die Ausführungsbestimmungen können vorschreiben, wieweit diese- Gesetz auch für Milch anderer Tiere, einschließlich der Erzeugnisse gelten soll. Als Milch im Sinne dieses Gesetzes güt auch zubereitete Milch.

§ 2. (1) Verbraucher im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Milch oder Milcherzeugnisse zum persönlichen Genuß oder zur Verwendung im eigenen Haushalt bezieht. (2) Als Verbraucher gelten außerdem Gastwirte, Schankwirte und andere Gewerbetreibende, soweit sie diese Lebensmittel zur Ver­ wendung innerhalb ihrer Betriebsstätte beziehen. Das Entsprechende gilt für Krankenhäuser, Heilanstalten, Erziehungsanstalten, Wohl­ fahrtsanstalten und ähnliche Einrichtungen. (3) Milchwirtschaftliche Unternehmen sind nicht Verbraucher im Sinne dieses Gesetzes. I. Allgemeine Vorschriften über den Berkchr mit Milch.

§ 3. Milch von Kühen, deren Gesundheitszustand die Beschaffen­ heit der Milch nachteilig beeinflussen kann, darf vorbehalüich der Vor­ schriften des $ 4, weder als solche in den Verkehr gebracht noch zu Milcherzeugnissen oder anderen Lebensmitteln verwendet werden. Dieses Verbot bezieht sich insbesondere auf Milch von Kühen, die mit äußerlich erkennbarer Tuberkulose behaftet sind, sofern sie sich in der Lunge in vorgeschrittenem Zustand befindet oder Euter, Gebär­ mutter oder Darm ergriffen hat. Das Verbot des Abs. 1 gilt auch dann, wenn daS Vorhandensein einer der Tuberkuloseformen des Abs. 2 in hohem Grade wahrschein­ lich ist.

§ 4. Milch von Kühen, die an Maul- und Klauenseuche leiden, sowie Milch, die aus Beständen stammt, in denen diese Seuche herrscht, ebenso Milch von Kühen, die an äußerlich erkennbarer Tuberkulose, abgesehen von den int § 3 Abs. 2 und 3 genannten Formen, erkrankt sind oder bei denen einfacher Verdacht der Eutertuberkulose besteht, darf als solche nur in den Verkehr gebracht oder zur Herstellung von Milcherzeugnissen oder anderen Lebensmitteln verwendet werden, wenn durch ausreichende Erhitzung oder ein gleichwerttges Verfahren jede Gefahr für die Gesundheit beseittgt ist. Die Ausführungsbestimmungen regeln, inwieweit in den Fällen des Abs. 1 die gedachte Bearbeitung innerhalb oder außerhalb der Betriebsstätte des Erzeugers zu erfolgen hat.

950

B VIII. LebenSmittelrecht.

Ferner können die Ausführungsbestimmungen weitere Aus­ nahmen von der Vorschrift des § 3, abgesehen von den Fällen des § 3 Abs. 2 und 3, zulassen, wenn die Milch durch ausreichende Schutz­ maßregeln, insbesondere durch Bearbeitung oder Verarbeitung, für den menschlichen Genuß tauglich gemacht wird.

§ 6. Die Milch muß im Betriebe des Erzeugers bei und nach der Gewinnung und auf dem Wege vom Erzeuger bis zum letzten Verbraucher so behandelt werden, daß sie, soweit dies durch Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt vermeidbar ist, weder mittelbar noch unmittelbar einer nachteiligen Beeinflussung insbesondere durch Staub, Schmutz aller Art, Gerüche oder Krankheitserreger oder durch die Witterung ausgesetzt ist.1) Das gilt ebenso, wenn die Milch nicht als solche an den Ver­ braucher abgegeben, sondern zu Milcherzeugnissen oder anderen in den Verkehr gelangenden Lebensmitteln verwendet wird.

§ 7. Alle Räume, wo Milch aufbewahrt, bearbeitet, feilgehalten, abgegeben und verarbeitet wird, müssen so beschaffen, ausgestattet und gelegen sein und so behandelt und benutzt werden, daß die Milch, soweit dies durch Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorg­ falt vermeidbar ist, keiner nachteiligen Beeinflussung im Sinne des $ 6 ausgesetzt ist. Dasselbe gilt für die Beschaffenheit, Behandlung und Benutzung von Einrichtungen und Gegenständen, die mit Milch in Berührung kommen, wie Gefäßen, Geräten, Rohrleitungen, Zapfhähnen und Beförderungsmitteln. Die im Abs. 2 genannten Gefäße und Geräte dürfen nur zu ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauche benutzt, nicht mit gesundheitlich bedenllichem Wasser gereinigt und nicht in Räumen aufbewahrt werden, wo Tiere gehalten werden,

§ 8. Gefäße, Behältnisse, Milchwagen und ähnliche Einrich­ tungen, aus denen Milch unmittelbar an den Verbraucher abgegeben wird, sind auf der Außenseite so zu kennzeichnen, daß dieser die Art des Inhalts leicht erkennen kann. Dies gilt nicht für Meßgefäße. Die Vorschrift des Abs. 1 gilt nicht für die in einem landwirt3u § 6: 1) Einer nachteiligen Behandlung ist die Milch schon dann ausgesetzt, wenn infolge der Art und Weise die Behandlung ein Zustand un­ mittelbarer Gefährdung besteht, d. h. wenn cs infolge der Behandlung nahelicgt, daß die Milch verschmutzt oder mit schädlichen Keimen durchsetzt oder ihre einwandfreie Beschaffenheit in anderer Weise beeinträchtigt wird. E. 72 e. 26. — Die §§ 6, 7 sind „polizeiliche Vorschriften" i. S. des § 151 GewO. E. 72 3. 26.

B VIII3. MUchgesetz 88 S—11.

951

schaftlichen Betriebe gewonnene Mich, soweit sie an der Betriebsstütte selbst unmittelbar an den Verbraucher abgegeben wird. $ 9. Mrd Milch in Gefäßen oder Behältnissen, auf die sie zur verkaufsfertigen Abgabe an die Verbraucher abgefüllt ist, in den Ver­ kehr gebracht, so müssen die Gefäße und Behältnisse den nachstehenden Anforderungen entsprechen:

1. sie müssen mit einem festen Verschlüsse versehen sein und sich falls sie zu wiederholter Benutzung bestimmt sind, leicht reinigen lassen; 2. auf der Außenseite oder auf dem Verschlüsse muß in deutlicher nicht leicht zu entfernender Schrift die Sorte der Milch, der Name und Wohnort des Einfüllers stehen und angegeben sein, ob die Milch roh oder ob sie einer Erhitzung oder einem gleich­ wertigen Verfahren unterzogen worden ist.

Die Ausführungsbestimmungen können Anordnungen über die Art der Verschlüsse Kessen und die weiteren Voraussetzungen regeln, unter denen Milch in den im Abs. 1 genannten Formen in den Verkehr

gebracht werden darf. DaS Abfüllen der Milch in Gefäße oder Behältnisse (Abs. 1) darf nur im Betriebe des Erzeugers oder in Bearbeitungsstätten vor­ genommen werden. $ 10. Die zuständigen Behörden können, vorbehaltlich der Vor­ schriften deS § 9 Abs. 2 dieses Gesetzes und des § 5 Nr. 3 deS LebensmittelgesetzeS anordnen, inwieweit Milch in Gast- oder Schankstätten, Kantinen, Milchläden, Milchhäuschen oder sonst zu Genuß an Ort und

Stelle nur in den im § 9 genannten Formen abgegeben werden darf. Bor einer Anordnung der im Abs. 1 gedachten Art sind, sofern das Gebiet, für das die Anordnung gilt, ganz oder zum Tell mit Markenmilch beliefert wird, die beteiligten Überwachungsstellen zu hören. § 11. Wer Milch an öffentlichen Orten, insbesondere auf Märkten, Plätzen oder Skaßen, an den Verbraucher abgibt, hat sie durch be­ sondere Maßregeln, namentlich bei der Abgabe, vor nachteiliger Be­ einflussung im Sinne des § 6 zu schützen. Insbesondere muß die Be­ schaffenheit, Benutzung und Handhabung der Gefäße diesem Er­

fordernis entsprechen.

Dasselbe gilt für das Zubringen von Milch in die Behausungen. Die Abgabe von Milch nach Abs. 1 und 2 ist nur Unternehmern gestattet, die an festen Betriebsstätten Milch gewinnen, bearbeiten oder vertreiben.

952

B Vlll. Lebensmittelrecht.

Die obersten Landesbehörden können nach Maßgabe der Aus­ führungsbestimmungen die weiteren Voraussetzungen bestimmen, unter denen die Unternehmer Milch nach Abs. 1 und 2 abgeben dürfen.

§ 12. Die obersten Landesbehörden können vorbehaltlich der Vorschrift des § 37 anordnen, inwieweit die Milch vor der Abgabe an den Verbraucher zu bearbeiten, insbesondere einem Reinigungs-, Erhitzungs- oder Tiefkühlungsverfahren zu unterziehen ist (Bearbeitungs­ zwang). Sofern das Gebiet, für das die Anordnung gilt, ganz oder zum Teil mit Markenmilch beliefert wird, sind unbeschadet der Vor­ schrift des Abs. 3, die beteiligten Überwachungsstellen zu hören. Eine Erhitzung oder ein gleichwertiges Verfahren darf jedoch nicht gefordert werden:

1. für Milch, die nach den Ausführungsbestimmungen unter An­ wendung besonderer Vorsichtsmaßregeln und unter besonderer Überwachung gewonnen, behandelt und vertrieben werden muß, 2. für Milch, die der Erzeuger in einem landwirtschaftlichem Betriebe gewinnt und an der Betriebsstätte selbst unmittelbar an den Verbraucher abgibt.

Für Markenmilch gelten die Vorschriften des § 32.

Die Vorschriften des § 4 sowie Vorschriften des Reichs- oder Lattdesrechts zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten bleiben un­ berührt.

II. Borschristen für Markenmllch.

§ 25. Markenmilch darf an den Verbraucher nur in den im § 9 genannten Formen abgegeben werden. An Unternehmen, die größere Mengen für den eigenen Verbrauch beziehen, wie Krankenhäuser, Wohlfahrtsanstalten, darf die Abgabe auch in plombierten, leicht zu reinigenden Kannen erfolgen.

§ 32. (1) Inwieweit Markenmilch einem Erhitzungsversahren oder einem gleichwertigen Verfahren zu unterziehen ist, bestimmen, soweit dies nicht in den Ausführungsbestimmungen geregelt wird, die Überwachungsstellen. (2) Ein behördlicher Zwang zur Durchführung einer Erhitzung oder eines gleichwertigen Verfahrens (§ 12 Abs. 1) ist jedoch zulässig, soweit Markenmilch in Gast- oder Schankstätten, Kantinen, Milchläden, Milchhäuschen oder sonst zum Genuß an Ort und Stelle ab­ gegeben wird.

953

B VIII 3. Milchgesetz §§ 35-37 n. 43. III. Vorschriften für MUcherzengnisse. § 35.

den

Die Vorschriften des Abschnitts I gelten entsprechend für

Verkehr

mit

Rahm,

Magermilch,

Buttermilch,

Sauermilch,

Joghurt und Kefir.

In den AuSsührungsbestimmungen kann angeordnet werden,

inwieweit die Vorschriften des Abschnitts I auf den Verkehr mit

anderen Milcherzeugnissen Anwendung finden sotten.

Eine Aus­

dehnung der Vorschriften der §$ 14 bis 18 auf den Verkehr mit Butter,

Käse, Dauermilch und Dauersahne ist jedoch nicht zulässig. IV. Nach« ach en von Milch und Rilcherzengnisse«. § 36.

Es ist verboten, Milch und Milcherzeugnisse zur Ver­

wendung als Lebensmittel nachzumachen oder solche nachgemachten LebenSmittel anzubieten, feilzuhalten, zu verkaufen oder sonst in den

Verkehr zu bringen. Dieses Verbot bezieht sich nicht auf die Herstettung von Mar­ garine.

V. Besondere Maßnahmen zur planmäßigen Ordnung der Milchwirtschaft.

§ 37.

Um einheitliche Sorten von Milch und Milcherzeugnissen

zu schaffen, können in den Ausführungsbestimmungen über den § 5 des Lebensmittelgesetzes hinaus Anforderungen an die Gewinnung,

Herstellung, Behandlung, Beschaffenheit, Verpackung, Kennzeichnung und sonstige Aufmachung dieser Lebensmittel gestellt und kann darin bestimmt werden, wie die Einhaltung solcher Anforderungen zu ge­

währleisten ist1). VI. Überwachung-- und Strasbeftimmuuge».

§ 43.

Die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses

Gesetzes erfolgt nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 7 bis 11

Zu § 37. 1) Die ButterBO. bezüglich einheitlicher Sorten von Butter v. 20. Febr. 24 (RGBl. I S. 117), geändert durch BO. v. 15. Dezbr. 34 (RGBl. I S. 1264) und v. 17. April 35 (RGBl. I S. 570) ist u. a. auf Grund des § 37 Milchges., dessen Strafbestimmungen (§ 44) sie in ihrem § 14 über­ nimmt, erlassen worden. Sie bezweckt, wie schon die Überschrift besagt, die Schaffung einheitlicher Warenttassen, sog. „Standards", namentlich aus Gründen eines erfolgreichen Wettbewerbs der deutschen Landwirtschaft mit dem Auslande; darüber hinaus enthält sie auch Borschriften, die der Ver­ besserung nicht bloß des Butterabsatzes, sondern außerdem der hygienischen Verhältnisse dienen, so gerade auch in ihrem hier in Bettacht kommenden 8 12 (vgl. dazu Nathusius-Nelson, MilchG. S. 163ff. Begr. zu § 37; Pfundtner-Neubert, DaS neue deutsche Reichsrecht IIId 12 S. 31). Der 8 12 ButterBO. verbietet grundsätzlich das Mischen von Butter mit Butter, das bisher vor allem dem unreellen Handel allerhand Möglichkeiten geboten hotte (s. Pfundtner-Neubert, a. a. O. S. 39 Anm. zu § 12). Vgl. KG. JFGErg. 15 (1937) S. 138.

954

B vm. Lebensmittelrecht.

Abs. 1 und 2 des Lebensmittelgesetzes auch insoweit, als die Borschriften dieses Gesetzes über den Rahmen des Lebensmittelgefetzes hinausgehen.

Der Vollzug dieses Gesetzes liegt den Ländern ob.

Die Aus-

führungsbestimmungen können vorschreiben, inwieweit zur Unter­ stützung der für die Überwachung der Vorschriften des Lebensmittel­

gesetzes und dieses Gesetze- zuständigen Behörden milchwirtschafttiche Sachverständige im Hauptberufe zu bestellen sind. Soweit auf Grund des $ 37 besondere Milchsorten geschaffen werden, kann in den Aussührungsbestimmungen geregelt werden, unter welchen Voraussetzungen den Überwachungsstellen für Marken­ milch (§ 26) die Überwachung der Einhaltung der an diese Milchsorten

zu stellenden Anforderungen überttagen werden kann.

§ 44. Mit Gefängnis bis zu drei Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Sttafen wird bestraft, wer vorsätzlich

1. Milch den Vorschriften oder Verboten der §J 3, 4, 6, 11 oder den auf Grund des $ 12 erlassenen Anordnungen zuwider gewinnt, behandelt, bearbeitet, verarbeitet, befördert, verpackt, aufbewahrt, anbietet, seilhält, abgibt, verwendet oder sonst in den Verkehr bringt, 2. den Vorschriften oder Verboten der $$ 7, 8, 9, 25, 36, 41, 42 oder den auf Grund des $ 10 erlassenen Vorschriften zuwiderhandelt, 3. den auf Grund des § 37 an die Gewinnung, Herstellung, Be­ handlung, Beschaffenheit, Verpackung, Kennzeichnung oder sonstige Aufmachung von Milch und Milcherzeugnissen gestellten Anforderungen zuwiderhandelt. Ist die Zuwiderhandlung fahrlässig begangen, so tritt Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark ein. $ 45. Wer vorsätzlich dem $ 13 zuwider bei der Gewinnung der Milch oder sonst im Verkehr mit Milch tättg ist, wird mit Gefängnis und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Sttasen bestraft. Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich als Unternehmer, als Stellvertteter (§ 15) oder als Aufsichtsperson duldet, daß Personen dem z 13 zuwider bei der Gewinnung der Milch oder sonst im Verkehr mit Mlch tättg sind. Ist die Zuwiderhandlung fahrlässig begangen, so tritt Gefängnis bis zu einem Jahre und Geldstrafe oder eine dieser Sttafen ein.

$ 45. Wer vorsätzlich oder fahrlässig ohne die nach § 14 erforder­ liche Erlaubnis oder ohne die nach § 16 erforderliche Zulassung ein Unternehmen zur Abgabe von Milch betreibt oder ohne die nach § 17 erforderliche Erlaubnis Milch abgibt, wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Sttafen bestraft.

B VIII 3. Milchgesetz §§ 47—50 u. 56.

956

Ebenso wird bestraft, wer in einem Unternehmen zur Abgabe von Milch oder in einem nach $ 17 erlaubnispflichtigen landwirtschaftlichen Betriebe ohne die nach § 15 erforderliche Erlaubnis als Stellvertreter tätig ist. § 47. Die Strafvorschriften dieses Gesetzes finden nur Anwen­ dung, sofern die Tat nicht nach anderen Borschriften mit höherer Strafe bedroht ist. $ 48. In den Fällen der §§ 44 bis 46 kann neben der Strafe auf Einziehung der Gegenstände erkannt werden, auf die sich die Handlung

bezieht, auch wenn sie dem Verurteilten nicht gehören. Die Einziehung ist auch zulässig, wenn die Bestrafung nach § 47 auf Grund anderer Vorschriften erfolgt. Im Falle des § 8 ist die Einziehung nur im Wiederholungsfälle zulässig. § 4-. Die Vorschriften des Z 44 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 und der §§ 45 bis 48 gelten in gleicher Weise für die im § 35 oder auf Grund des z 35 bezeichneten Milcherzeugnisse. § 50. Die Vorschriften der $$ 17, 18 des Lebensmittelgesetzes gelten auch für die im § 43 vorgesehene Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes. Die Vorschriften der §§ 20, 21 des Lebensmittelgesetzes gelten auch bei Strafverfolgungen auf Grund der Vorschriften dieses Gesetzes. § 56. Unberührt bleiben andere den Verkehr mit Milch und Milcherzeugnissen treffende Vorschriften des Reichsrechts insbesondere das Lebensmittelgesetz vom 5. Juli 1927 (RGBl. I S. 134), soweit nicht Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen.

!>56

B IX. »erlehrrnch«.

ix. Kerkrhrsrecht. BIX 1. Gesetz über dev Verkehr mit Lrasifah^eugen. Vom 3. Mai 1909. (MBL S. 437.)

Geändert durch Gesetz v. 21. Juli 1923 (RGBl. I S. 743), v. 13. De­ zember 1933 (RGBl. I S. 1058), v. 10. August 1937 (RGBl. I S. 901) u. v. 7. November 1939 (RGBl. I S. 2223).*) (Auszug.)

HL Straf- »ei Lchlußvarschristr». Eß.

I 21. Wer den zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit auf den öffentlichen Wegen oder Plätzen') erlassenen polizeilichen Anord*) Das KFG. ist vorläufig noch nicht zugunsten eine- allgemeinen BerkehrsgesetzeS beseitigt worden, obgleich ein besonderes Gesetz für die Kraftfahrzeuge dem Grundgedanken des modernen Verkehrs mit der gleichen Unterwerfung aller Verkehrsteilnehmer unter ein einheitliches Recht nicht mehr völlig entspricht. Die §§ 1—4 befassen sich mit dem Begriff derZulassung, der Fahrerlaubnis, den Ubungs- und Prüfungsfahrten und der Entziehung der Fahrerlaubnis, § 5 behandelt Rechtsmittel und Verfahren gegen Ver­ sagung der Fahrerlaubnis, § 5a bestimmt, daß gefährliche Stellen an Wege­ strecken mit Durchgangsverkehr durch Warnungstafeln zu kennzeichnen sind, § 6 bringt die Zuständigkeit für den Erlaß von Berkehrsvorschriften. # 7—20 regeln die Haftpflicht der Kraftfahrer und §§ 21—26 geben Strafvorschrifren, $ 27 nimmt die Kleinkrafträder von den Bestimmungen des KFG. aus, eingeschränkt jedoch durch § 67a Abs. 2 StVZO., s. Anm. 21. § 6 hat durch Gesetz v. 10. Aug. 37 (RGBl. I S. 901) folgende neue Fassung erhalten: „ES erlassen: 1. der Reichsverkehrsmtnister: a) die zur Ausführung der §§ 1—5 für die Sicherheit und Ordnung des Verkehrs und zum Zwecke der Landesverteidigung erforder­ lichen Anordnungen, b) die sonstigen Anordnungen über die Zulassung von Fahrzeugen und Fahrzeugführern aller Art — auch über das Alter der Kraft­ fahrzeugführer —, soweit sich nicht aus Nr. 2c etwas anderes ergibt, c) die Anordnungen über die Anforderungen an Fahrlehrer und Sachverständige im Kraftfahrzeugverkehr, d) die Anordnungen über den zwischenstaatlichen Kraftfahrzeug­ verkehr, e) die Anordnungen über Gebühren für behördliche oder amtlich angeordnete Maßnahmen im Straßenverkehr bei Durchführung der auf Grund des Gesetzes erlassenen Verordnungen. Die Ge­ bühren sind nach den tatsächlichen Aufwendungen zu bemessen; 2. der Reichsminister des Innern: a) die zur Ausführung des § 5a erforderlichen Anordnungen, b) — vorbehaltlich der Regelung in Nr. 3 — die sonstigen zur Er­ haltung der Ordnung und Sicherheit auf den öffentlichen Straßen

B IX 1. Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen § 21.

957

uungen1) über den Verkehr») mit Kraftfahrzeugen zuwiderhandelt/) erforderlichen Anordnungen einschließlich derjenigen über die zur Abwicklung des Verkehrs und zur Verkehrsregelung erforder­ lichen Einrichtungen, c) die Anordnungen über Signaleinrichtungen optischer und akusti­ scher Art für nicht maschinell angetriebene Fahrzeuge sowie über die Kennzeichnung, Beleuchtung und Beschriftung dieser Fahr­ zeuge, ausgenommen sind die Anordnungen über die Beleuchtung von Fahrrädern; 3. der Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen die Anordnungen über Ortstafeln und Wegweiser. Soweit auf Grund der Anordnungen nach Abs. 1 die Wehrmacht, die Reichspost, die Reichsbahn, eine Dienststelle der staallichen Polizei sowie der Reichsführer der Schutzstaffeln der NSDAP. Personen, die sie als Führer von Kraftfahrzeugen verwenden, die Fahrerlaubnis besagt oder entzogen haben, finden die Vorschriften des Z 5 keine Anwendung." Danach ist also der Reichsverkehrsminister zuständig für die Fragen der Zulassung zum Verkehr und die Anforderungen an die Führer von Fahr­ zeugen und der Reichsinnenminister vor allem für Maßnahmen betreffend das Verhallen im Straßenverkehr. Demgemäß ist vom Reichsinnenminister die Straßenverkehrsordnung (BIX 2) und vom Reichsverkehrsminister die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (BIX3) erlassen worden. Beide Verordnungen behandeln den gesamten Verkehr. Dabei sind besondere Be­ stimmungen hinsichtlich des Kraftfahrzeugverkehrs eingebaut, StVO. §§ 33 bis 35, StVZO. §§ 4—15, 18—62. In diese Bestimmungen sind die An­ forderungen an die Kraftfahrzeuge, die Zulassung und das Führen der Fahr­ zeuge vollständig geregelt; daneben bestehen lediglich Vorschriften über die Fahrzeugprüfung, die Pflichten der Prüfer, den internattonalen Verkehr usw. Vgl. die genannten Paragraphen nebst den dort zit. Sonderbesttmmungen.

Schrifttum: Floegel, Straßenverkehrsrecht, Komm. 1939; KrugRind ermann, Tas neue Straßenverkehrsrecht, Komm. 1938; Müller, Straßenverkehrsrecht, Komm. 1938; Schoor-Unruhe, Straßenverkehrs recht, Komm. 1938; Freisler-Krug u. a., Zur Neugestaltung des Verkehrs­ rechts (Heft 9 der „Beiträge zur Rechrserneuerung") 1939; Weigelt, Kraftverkehrsrecht von A—Z, mit einer Reihe von Einzelbeiträgen. Das Ges. gilt nicht in der Ostmark, wohl aber im Sudetenland, BO. v. 8. Febr. 39 (RGBl. I S. 164).

1) Vgl. 8 1 der StVZO. (BIX3) nebst Sinnt. 2. Der dortige Begriff der öffentlichen Straßen ist derselbe wie in § 21 und wie in § 1 StVO. (BIX 2). 2) Nachdem die StVO, und die StVZO, eigene Sttafvorschriften haben, die hinsichllich der Kraftfahrzeuge als spezielle Vorschriften dem § 21 vorgehen, nachdem auch die BO. über internattonalen Kraftfahrzeugverkehr eigene Strafvorschriften hat und nachdem die StVO, und StVZO, den Stra­ ßenverkehr vollständig und ausschließlich regeln, ist das Anwendungsgebiet des § 21 bedeutungslos. Generelle Anordnungen werden kaum neben den BO. erlassen werden und spezielle Anordnungen selten sein. Ein Fall letzterer Art ist die Nichtbefolgung der Anordnung eines Polizeibeamten auf der Wache, „wegen Trunkenheit seinen Wagen nicht zu fahren", OLG. Kiel will hier nicht nach der StVO, bestrafen, sondern nach § 21, DJust. 1937 S. 288.

958

B IX. Verkehr-recht,

wird mit Geldstrafe bis -u einhundertfünfzig Reich-mark oder

mit

Hast bestraft. •) | 22. Der Führer pncd Kraftfahrzeugs,") der nach einem Umfalle

(i 7) •) Jtd unternimmt, sich der Feststellung des Fahrzeugs oder seiner Person") durch die Flucht zu entziehen/) wird mit Geldstrafe

oder

3) Ein Kraftfahrzeug ist solange im Verkehr, als es sich in Fahrt oder fahrbereit an einem dem Publikum zugänglichen Orte befindet. 4) Fahrlässigkeit genügt. E. 49 S. 116; auch hinsichtlich schuldhafter Unkenntnis oder unrichtiger Auslegung, E. 52 S. 325; 54 S. 4; 56 S. 147. Auch der Besitzer eines Autos, der die Leitung einem tüchtigen Chauffeur übertragen hat, macht sich strafbar, wenn er unter Umständen, wo ein Handeln seinerseits die drohende Gefahr zu beseitigen vermöchte, müßig zuschaut. E. 55 S. 78; 58 S. 244. 5) Uber das Verhältnis der §§ 21, 23, 24 des Ges. zu § 49 StVO. bzw. § 71 StVZO, und zu § 366 Ziff. 10 StGB. vgl. Anm. 1 zu § 49 StVO. (BIX2). über das der $§ 21 u. 22—25 zueinander vgl. Anm. 9 zu § 22. 6) §7: „Wird bei*) dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache be­ schädigt, so ist der Halter des Fahrzeugs verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwend­ bares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffen­ heit des Fahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gllt ein Ereignis insbesondere dann, wenn es auf das Verhalten deS Verletzten oder eines nicht bei dem Betriebe beschäftigten Dritten oder eine- Tieres zurückzuführen ist und sowohl der Halter als der Führer des Fahr­ zeugs jede nach den Umständen deS Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Benutzt jemand das Fahrzeug ohne Wissen und Wwen des FahrzeughallerS, so ist er an Stelle des Halters zum Ersätze deS Schadens verpflichtet. Daneben bleibt der Halter zum Ersätze deS Schadens verpflichtet, wenn die Be­ nutzung des Fahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist." — Unfälle sind alle durch Kraftfahrzeuge verursachten schädigenden Ereignisse zu verstehen, wobei die Fragen der Haftpflicht oder deS Verschuldens keine Rolle spielen, KG. IW. 1937 S. 765. Bewußtsein der Unschuld kann allenfalls sttafmlldernd berücksichtigt werden, RG. BerkAbhuE. 1937 S. 253. 6a) Zur Erfüllung des Tatbestandes des Abs. 1 genügt eS, wenn der Kraftfahrzeugführer sich entweder der Feststellung der Nummer seines Fahr­ zeuges oder der Feststellung seiner Person zu entziehen sucht. Dies ist jetzt durch Neufassung des Ges. v. 7. Septbr. 39 klargestellt, war aber auch bisher schon herrschende Rechtsprechung (E. 66 S. 51). 7) Die Entziehung durch Flucht erfolgt durch Verlassen der Unfallstelle, Wetterfahren, Forttaufen unter Zurücklassung des Fahrzeugs u. dgl. Ob die Flucht den beabsichttgten Zweck erreicht hat, ist gleichgülttg; ebenso ob z. B. weit weggefahren ist oder nur ein gewisses Stück, wo dann unter Einwirkung von Zurufen oder dgl. angehalten worden ist. E. 63 S. 18; RG. DJust. 1937 S. 83. — Die Absicht, sich mittels Flucht der Feststellung zu entziehen, muß jeweils nachgewiesen werden. Bloße Fahrlässigkeit genügt insoweit nicht. E. 66 S. 56. Eine Absicht kann fehlen, wenn der Fahrzeug­ führer den Unfall (des. wenn nur geringer Sachschaden entstanden ist) für so

♦) d. h. infolge des Betriebs.

E. 66 S. 51 (55).

BIX 1. Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen § 22.

969

mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Haft oder mit Geld­

strafe bestraft. Er bleibt jedoch straflos, wenn er spätestens am nächstfolgenden Lage nach dem Unfall Anzeige bei einer inländischen Polizeibehörde erstattet und die Feststellung des Fahrzeugs und feiner Perlon bewirkt?) geringfügig gehalten hat, daß er aus diesem Grunde weiterfuhr, denn der Gedanke der Führerflucht geht dahin, wirklich diejenigen zu fassen, die sich einer schweren Verantwortung entziehen wollen, und es würde somit die Bedeutung der Straftat herabsetzen, würde man in jedem kleinen Falle über die subjektiven Vorstellungen des Täters hinaus Führerflucht annehmen wollen. Wenn z. B. der Fahrer mit dem anderen Teilnehmer des Unfalls gesprochen hat und beide über die Bedeutungslosigkeit des Unfalls sich im klaren waren, im übrigen aber schimpften und dann der eine Fahrer weiter­ fährt, so liegt noch nicht ohne weiteres Führerflucht vor, vielmehr muß in jedem Einzelfalle die wirkliche Absicht der Feststellung-entziehung sorgfältig nachgewiesen werden. RG. DJust. 1939 S. 875. An sich ist freilich der Umfang des Schadens gleichgültig, DJust. 1939 S. 875. — Fahrerflucht ist auch dann anzunehmen, wenn falsche Angaben über die Person gemacht werden und dann der Fahrzeugführer weiterfährt. RG. JurW. 1932, S. 2037; OLG. Hamm mit Ausführungen von Conradi DRpfl. 1937 S. 297. Die falschen Angaben sind dann Mittel zur Durchführung der Flucht und e- kann aus § 22 ohne Heranziehung des § 2 StGB, bestraft werden, s. Krug in Zur Neugestaltung des BerkehrSrechtS. Führerflucht liegt nicht vor, wenn ein Fahrer in völliger Kopflosigkeit die Unfallstelle verläßt, z. B. weil er infolge Krankheit, Angetrunkenheit, Verletzung u. dgl. die klare Über­ legung verloren hatte; jede Kopflosigkeit schlechthin allerdings kann nicht dazu genügen, die Absicht der Führerflucht auszuräumen. RG. HRR. 1937 Nr. 356; JurW. 1937 S. 2645; RG. DJust. 1937 S. 83; KG. DSttaft.1935 S. 455. — vorausgesetzt wird, daß irgendeine Person am Tatort anwesend ist. OLG. Hamburg HRR. 1936 Nr. 176, JurW. 1937 S. 3095, doch kann auch darüber hinaus Flucht vorliegen, wenn mit dem Ankommen von Personen gerechnet werden kann oder solche in unmittelbarer erreichbarer Nähe sind. — Hinsichtlich der Erkenntnis, daß ein Unfall Vorgelegen hat, genügt es, wenn der Fahrer mit der Möglichkeit eines Unfalles gerechnet hat. E. 63 S. 308; RG. HRR. 1937 Nr. 356. — Das Unternehmen der Fluchtentziehung umfaßt sowohl Vollendung der Tat wie versuch, ausge­ schlossen sind lediglich die Vorbereitung-handlungen. E. 42 S. 266; RG. DJust. 1937 S. 83. — Täter kann nur der Führer eines Kraftfahrzeuges sein, da das KFG. ausschließlich Kraftfahrzeuge umfaßt. Auch Fahrer von Kleinkrafträdern können jetzt, ttotz § 27, Fahrerflucht begehen, § 67 a StBZB. Uber die Ausdehnung der Führerflucht auf andere Verkehrsteilnehmer im kommenden Sttaftecht vgl. Krug DJust. 1937 S. 147. — Der Kraftfahrzeug­ halter oder andere Mitfahrende können sich bei Einwirkung auf den Fahr­ zeugführer einer Beihilfe schuldig machen. RG. BerkAbhuE. 1937 S. 253. E. 69 S. 349; auch aus der Rechtspflicht zum Anhalten des Fahrzeugführers zur Erfüllung der Pflichten aus § 22, z. B. seitens eines Dienstvorgesehten, kann Beihüfe zur Führerflucht erwachsen. E. 69 S. 349; RG. BerkAbhuE. 1937 S. 253. Bei einer gemeinsamen Schwarzfahrt sind Lenker und Be­ gleiter schuldig, OLG. München, DJust. 1938 S. 378; vgl. auch SchöffGer. Gera JurW. 1939 S. 404. 8) Ist der Führer zwangsweise festgestellt, bevor er den etwa schon ge-

960

ER.

B IX. LerkehrSrecht.

Verläßt der Führer des Kraftfahrzeugs eine bei dem Unfälle verletzte Person vorsätzlich in hilfloser Lage/) so wird er mit Ge­ fängnis bis zu zwei Jahren oder mit Haft bestraft.' •) | 28. Mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zwei Monaten wird bestraft, wer auf öffentlichen Wegen oder Plätzen ein Kraftfahr­ zeug führt, dirs nicht von der zuständigen Behörde zum Verkehre -»gelassen ist.") Die gleiche Strafe trifft den Halterll * *) *eines 9 10nicht zum Verkehre faßten Entschluß der freiwilligen Anzeige hatte ausführen können oder ein gegebener Auftrag zur Anzeigenerstattung ausgeführt ist, h. M. vgl. E. 63 S. 18, Floegel, Komm. § 22 Anm. 17, so hat er die Strafe verwirkt. 9) Die Hilflosigkeit muß in der bei dem Unfall eingetretenen Verletzung ihren Wruitb haben In hilfloser Lage befindet sich, wer an Leben und Ge­ sundheit gefährdet ist, falls nicht ein rettender Zufall eintritt. E. 7 S. 111. Sie dauert solange an, als nicht die Gewißheit besteht, daß der verletzten Person von dritter Seite wirklich Hilfe zuteil wird. RG. DJust. 1936 S. 1813 : RG. JurW. 1937 S. 2615. HNR. 1933 Nr. 1163: selbst wenn schon Leute bei dem Verletzten sind. Recht 1926 Nr. 982. Tas Liegenlasfen eines Ge­ töteten fällt nicht unter den §. Ter Verletzte muß, als seine Hilflosigkeit ein trat, noch gelebt haberl, E. 71 S. 200, wenn auch in hoffnungslosem Zustande. KG. TJZ. 1925 S. 264, GA. 69 S. 296; ebenso keine Führerflucht unter Anwendung des 8 2 StGB., evtl, aber § 330c StGB., NG. VerkAbhnE. 1937 S. 325. Bedingter Vorsatz ist ausreichend, NG. der Rechtspflege 1936 Nr. 245. 9a) Abf. 1 u. 2 können in Tateinheit zusammentreffen, JurW. 1935 S. 2290; NG. T9i. 1939 S. 1435. 8 21 scheidet bei Anwendung des 8 22, ebenso wie bei den 8§ 23 bis 25, aus, E. 69 S. 350. Mit Körperverletzung ii. mit Übertretung wegen Fahrens in Trunkenheit kann Tateinheit bestehen, HRR. 1938 Nr. 1448. 8 222 Abs. 2 StGB, und § 22 Abs. 2 können zwei selbständige Handlungen geben, wenn jemand durch fahrlässiges Fahren einen anderen tödlich verletzt und vor dem Tode von dem Hilflosen fortfährt. HRR. 1933 Nr. 1163; TJust. 1937 S. 83. — Zwischen 'Abs. 2 und 8 221 StGB, besteht Tateinheit, E. 57 S. 329. Mit 8 330c StGB, besteht ebenfalls Tateinheit, Sauer, DJust. 1936 S. 255, Gül de, Verkehrsr. Abhdl. 1936 S. 12, E. 71S. 200; gegenüber 8 330c. ist 8 22 Abs. 2 eine beschränkte Spezial. Vorschrift, die überflüssig geworden ist, da regelmäßig bei einem Verstoß gegen diese auch ein Verstoß gegen § 330c vorliegen wird it. dann aus diesem 8, der eine positive Hilfelnjstungspflicht vorschreibt u. deshalb — bis zur Ges.And. v. 7 NovVr. 39 — die schwerere Strafe androht, die Strafe zu nehmen ist, vgl. Krug in Zur Neugestaltung des Berkehrsrechtes S. 61 ff. 10) über die Zulassung s. §§ 18ff. StVZO. (BIX 3). Die Zulassung ist erst mit der Aushändigung des Kraftfahrzeugscheins bewirkt. Bei Eigen­ tumsübergang ist die Zulassung für den neuen Ägentümer abzuwarten. —

Unbefugte- Mitführen eines Anhängers im genehmigten Personenverkehr ist nicht aus §j 1,23 KFG. zu strafen, sondern aus § 41PBG., RG. BerkAbhuE. 1937 S. 535. — Einziehung des Fahrzeugs gemäß § 40 StGB, bei Verstoß gegen § 23 ist nicht zulässig, KG. DJust. 1936 S. 1855. Der Absatz 1 erfordert ebenso wie Abs. 2 — nur Fahrlässigkeit. E. 49 S. 116. 11) Halter ist derjenige, der das Auto für eigene Rechnung in Gebrauch hat, also Nutzen daraus zieht, die Kosten dafür bestreitet und die Verfügungs-

B IX 1. Gesetz über ben Verkehr mtt Kraftfahrzeugen § 24.

961

zugelassenen Kraftfahrzeugs, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig dessen

Gebrauch auf öffentlichen Wegen oder Plätzen gestattet.

ß 24. Mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zwei Monaten wird bestraft:

1. wer ein Kraftfahrzeug führt,") ohne einen Führerschein zu

besitzen;") 2. wer ein Kraftfahrzeug führt, obwohl ihm die Fahrerlaubnis

entzogen ist; 3. wer nicht seinen Führerschein der Behörde, die ihm die Fahr­

erlaubnis entzogen hat, auf ihr Verlangen abliefert.M)

gewalt darüber besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt. JurW. 1930 S. 2861. Vgl. eingehend Floegel, Komm. § 7 Anm. 4. Wer ein Auto mietet oder leiht, wird Halter, wenn er die Bestimmung über die Verwendung des Fahrzeuges sowie dessen Führung, sei es auch durch einen Angestellten, übernimmt; anders aber, wenn Vermieter Fahrer zur Fahrtleitung stellt, selbst wenn Entleiher oder Meter einen Teü der Fahrlosten trägt, RG. JurW. 1935 S. 2894; HRR. 1935 Nr. 1614. OLG. Karlsruhe stellt im übrigen darauf ab, wer Unkostenregelung und sonstige Verpflichtungen hat, DAR. 1934 S. 41. 12) Führer ist, der unter eigener Verantwortung da- Fahrzeua leitet, d. h. diejenigen Verrichtungen ausführt, die erforderlich sind, damit die be­ stimmungsmäßigen Triebkräfte des Fahrzeugs auf dieses zwecks Fortbewe­ gung einwirken, mag ihm die Führung auch nur vorübergehend überlassen sein; Mtfahrer kann evtl, der Beihilfe schuldig sein, RG. JurW. 1937 S. 1818. Ein Kraftrad führt schon, wer es von anderen schieben läßt. BayObLG. DRZ. 18 Nr. 330; auch, wer es schiebt, um den Motor in Gang zu bringen. BayObLG. DRZ. 19 Nr. 847. KG. GA. 75 S. 176. Ein Fahrlehrling, der sich in der Führung von Kraftfahrzeugen übt, braucht keinen Führerschein, doch muß er auf öffentlichen Wegen oder Plätzen von einer mit dem Führerschein versehenen, durch die zuständige Behörde zur Ausbildung von Führern ermächtigten Person begleitet und beaufsichtigt sein. Der Begleiter güt bei den Übungs- und Probefahrten als Führer des Kraftfahrzeug- (§3 des Ges.). Über die Ausblld. von Führern vgl. BO. v. 21. Dezbr. 33 (RGBl. 1 1934 S. 13) mit And. v. 5. Oktbr. 34 (RGBl. I S. 912), v. 24. Juni 36 (RGBl. I S. 520) und v. 13. Novbr. 37 (RGBl. I S. 1254). 13) Besitzen im Sinne des BGB. Also greift § 24 auch dann Platz, wenn der Führer den Schein verloren hat. H. M., vgl. Floegel, Komm. § 24 Anm. 5. Dagegen nur Verstoß gegen §§ 4, 71 StVZO. (BIX 3), wenn der Schein nicht bei sich geführt ist, aber zu Hause verwahrt wird, und gegen §§ 1,4,71 StVZO., wenn ein Polizist den Schein wegen Trunkenheit abge­ nommen hat und weitergefahren wird. Tateinheit besteht zwischen § 24 Nr. 1U.§ 222 StGB. E. 59 S. 317, HRR. 1938 Nr. 1667, und § 242 StGB. DIZ. 34 S. 704. Ebenso mit einer Übertretung der StVO., OLG. Dresden, HRR. 1938 Nr. 1097. — Nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 kann gemäß § 2 StGB, be­ straft werden, wer sich durch unlautere Machenschaften einen Führerschein verschafft und damit ein Kraftfahrzeug fährt, ohne eine Fahrprüfung ab­ gelegt und ohne die Fahrerlaubnis erhalten zu haben. E. 72 S. 158. 14) Eine Pflicht zur Ablieferung besteht erst, wenn die Entziehungs­ verfügung wirksam geworden ist. Die Ablieferung hat nur auf ausdrückliches, Dalcke, Strafrecht. 31. Aufl.

61

RR-

962

B IX. BertehrSrecht. Die gleiche Strafe trifft den Halter") des Kraftfahrzeugs, wenn

er vorsätzlich oder fahrlässig eine Person zur Führung des FahrzeugER

bestellt oder ermächtigt,") die sich nicht durch einen Führerschein")

ausweisen kann oder der die Fahrerlaubnis entzogen ist.

$ 26. 1. ein

Wer in rechtswidriger Absicht

Kraftfahrzeug,") für welches von der Polizeibehörde ein Kennzeichen nicht ausgegeben oder zugelassen worden ist, mit

einem Zeichen") versieht, welches geeignet ist, den Anschein der polizeilich angeordneten oder zugelassenen Kennzeichnung hervor-

zurusen,")

2. ein Kraftfahrzeug mit einer anderen als der polizeilich für das

Fahrzeug ausgegebenen oder zugelassenen Kennzeichnung versieht, 3. das an einem Kraftfahrzeuge gemäß polizeilicher Anordnung

angebrachte Kennzeichen verändert, beseitigt, verdeckt oder sonst in seiner Erkennbarkeit beeinträchtigt, dem Betroffenen zugegangenes Verlangen der Behörde und zwar innerhalb angemessener Frist zu erfolgen. Erst nach fruchtlosem Fristablauf tritt Strafbarkeit ein. Bei schuldlos verspäteter Ablieferung keine Sttafbarkeit, ebenso nicht bei Unmöglichkeit der Rückgabe infolge Verlustes. Das Gericht hat nach­ zuprüfen, ob ein rechtswirkfamer Entziehungsatt der Verwaltungsbehörde vorliegt. BayObLG. JurW. 1928 S. 3190.

15) Die Ermächtigung kann ausdrücklich oder stillschweigend geschehen. Es genügt, wenn der andere streckenweise das Steuerrad selbständig d. h. nach eigenem Witten bedient. BayObLG. DRZ. 21 Nr. 415. Der Halter muß sich im Zweifelbei der Bestellung oder Ermächttgung durch Augenschein von dem Besitz des Führerscheins des anderen überzeugen. Auch Überlassung des Hatters an Vorgesetzten (z. B. in der SA.) ohne Prüfung der Fahr­ erlaubnis ist, selbst trotz etwaigen Befehles, strafbar, KG. BAE. 1937 S. 322.

16) Soweit ein solcher erforderlich ist, also auf öffenllichen Wegen. Der Führe^chein muß für das der besttmmten Klasse angehörige Fahrzeug erteilt

sein. BayObLG. DRZ 1929 Nr. 354. 17) Auch reparaturbedürftige Kraftfahrzeuge fallen unter diesen 5 25. Recht 25 Nr. 958.

18) Das sind die allgemeinen und die Probefahrt-Kennzeichen (§ 28, StVZO. B IX 3) und die NattonalttätSzeichen (§5 2, 7 d. BO. v. 12. Novbr. 34 lRGBl. I S. 1137), wahrend die Kennzeichen nach § 6 d. BO. v. 12. Novbr. 34 nicht hierunter fallen, Müller, Komm. A Ule, a. QL Floegel, Komm. § 25 Anm. la. Das Polizei! Kraftfahrzeugkennzetchen ist ÖfftL Urkunde. BayObLG. GA. 73 S. 208. Stettin JurW. 1932 S. 816; jedoch ist die An­ bringung eines echten Polizei! Kennzeichens an einen nicht zugelassenen Kraft­ wagen keine Urkundenfälschg. BayObLG. HRR. 1933 Nr. 626. 19) Fälschliche Anfertigung ist nicht erforderlich; eS genügt schon Kenn­ zeichen für anderen Wagen oder andere Zwecke. Es muß in der Anbringung eine die Echthett oder Richttgkeit vorspiegelnde Ähnlichkeit gegeben sein. Tatsächliche Hervorrufung eines Irrtums ist nicht erforderlich, ebensowenig ein Gebrauch machen, da schon das Anbringen strafbar ist.

B IX 2. Verordnung über das Verhalten im Straßenverkehr.

963

wird, sofern nicht nach den Vorschriften des Strafgesetzbuchs eine höhere Strafe verwirkt ist, mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu

drei Monaten bestraft.

Die gleiche Strafe trifft Personen, welche auf öffentlichen Wegen

oder Plätzen von einem Kraftfahrzeuge Gebrauch machen,'") von dem sie wissen, daß die Kennzeichnung in der im Abs. 1 unter Nr. 1 bis 3 bezeichneten Art gefälscht, verfälscht oder unterdrückt worden ist.

IV. Kleinkrafträder.

$ 27. Die Vorschriften im Teil I, II und III gelten nicht für Kleinkrafträder.")

Der Reichsverkehrsminister erläßt Anordnungen über oie Zu­ lassung der Kleinkrafträder und die an ihre Führer zu stellenden An-

forderungen,") der Reichsminister des Innern die sonstigen Anord­

nungen") über den Verkehr mit Kleinkrafträdern.

BIX 2. VerorLnllug über das Verhalten im Straßenverkehr (Atraßenverkthn-Vrdnvng — St8®. — ).*) Bom 13. November 1937. ) § 3. Die Geschäftsverteilung ist Angelegenheit der Justizverwaltung und erfolgt

bei den Amtsgerichten durch den Amts- oder Landgericht-präsi­

denten, dem die Dienstaufsicht über das Amtsgericht zustehl, bet den Landgerichten, den Oberlandesgerichten. dem Volksgerichts­ hof und dem Reichsgericht durch die Präsidenten dieser Gerichte, bei den aus Grund der Verordnung vom 21. März 1983 (RGBl. I S. 136) gebildeten Sondergerichten durch den Oberlandesgerichts-

präsidenten. § 4.

Innerhalb der Kammern und Senate werden die Geschäfte

durch die Vorsitzenden aus die Mitglieder verteilt. § 5.

Die Bestimmungen dieses Gesetze- gelten für die Geschäfts­

verteilung bet den Arbeitsgericht sbehörden und den sonstigen besonderen

Gerichten im Bereich der Reichsjustizverwaltung entsprechend. § 6 (1).

Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Dezember 1937 in Kraft..

1) Der regelmäßige Vertreter ist nicht ständiges Mitglied der Kammer. hRR. 1931 Nr. 1714. 2) Die generelle Beauftragung eines Stellvertreters mit dem Vorsitz für bestimmte Arten von Strafsachen ist unzulässig. RG. JurW. 1938 S. 311. 3) D. h. eine längere Zeitdauer — einige Wochen genügen; daß eine Unmöglichkeit des Wiedereintritts vorliege, ist nicht notwendig. E. 20 S. 385. 4) Die Notwendigkeit der Bildung einer HilfSstrafkammer unterliegt nicht der Nachprüfung des Rev.-Gerichts. E. 62 S. 309. HRR. 1929 Nr. 1542. 75*

1188

C 11. Strasverfahrensordmmg.

(2) .

Gleichzeitig treten die Bestimmungen des Gerichtsverfassungs­

gesetzes über das Präsidium außer Kraft und gehen die ihm über­

tragenen sonstigen Ausgaben als Justtzverwaltungsaugelegenheiten auf die Präsidenten der Gerichte über. (3) . Laufende Geschästsverteilungen bleiben nach Maßgabe dieses

Gesetze- bestehen.

Li. Strafoerfahrensordnung.

CII1. Einfiihrungsgefetz pir Strafprozeßordnung. Bom 1. Februar 1877. (RGBl. 1877 E. 346.) § l.1)2 3 4

§ 2.l)

§ 3.

Die Strafprozeßordnung findet auf alle Strafsachen An­

wendung, welche vor die ordentlichen *) Gerichte gehören.

Insoweit die Gerichtsbarkeit in Strafsachen, für welche besondere Gerichte zugelasseu sind, durch die Landesgesetzgebung den ordent­

lichen Gerichten übertragen wird, kann diese ein abweichendes Ver­ fahren gestatten. Die Laudesgesetze können anorduen, daß Forst- und Feldrügesacheu durch die Amtsgerichte in einem besonderen Verfahren, sowie

ohne Zuziehung von Schöffen verhandelt und entschieden werden.')

S4.1) § 5.

Die prozeßrechtlichen Vorschriften der Retchsgesetze werden

durch die Strafprozeßordnung nicht berührt. Wird in den Fällen deS 8 101 der Seemannsordnung') gegen den Bescheid des Seemannsamtes auf gerichtliche Entscheidung angetragen, 1) §§ 1, 2 u. 4 sind bedeutungslos geworden. 2) Auf Strafsachen, die vor die ausländischen Gerichte gehören, findet die StPO, keine Anwendung, wohl aber auf daS Auslieferungsverfahren. 8 47 ALG. unter D 7. 3) SS können für dieses besondere Verfahren in Forst- und Feldrügefachen insbesondere abweichende Bestimmungen über die Beeidigung der Zeugen gettoffen werden. Vgl. §§ 23ff. Forstdiebst.-Ges. v. 15. Avril 78 unter Eil. 4) Jetzt § 122 Seem.Ordn. v. 2. Juni 02 (RGBl. S. 175).

C II 2. Strafprozeßordnung §5 1—2.

1189

so finden aus daS weitere Verfahren die 88 415-418 der Strafprozeß­ ordnung entsprechende Anwendung.

§ 6. Die prozeßrechtlichen Vorschriften der Landesgesetze treten für ave Strafsachen, deren Entscheidung in Gemäßheit des § 3 nach dm Vorschriften der Strafprozeßordnung zu erfolgen hat, außer Kraft, insoweit nicht in der 'Strafprozeßordnung aus fie verwiesen ist. Unberührt bleiben die lande-gesetzlichen Bestimmungen: 1. über die Voraussetzungen, unter welchen gegen Mitglieder einer gesetz­ gebenden Versammlung während der Dauer einer Sitzungsperiode eine Strafver­ folgung eingeleitet oder fortgesetzt werden sann;5 6) 2. aufgehoben durch 8 23 de« Verein-gesetze« v. IS. April 08;

3. Über daS Verfahren im Verwaltungswege bei Übertretungen,

wegen deren die Polizeibehörden zum Erlaß einer Strafverfügung

befugt find, und bet Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften über die Erhebung

öffentlicher Abgaben und Gefälle, insoweit nicht die

§§ 413, 414, 415 und 419—423 der Strafprozeßordnung abändernde Bestimmungen treffen/)

§ 7.

Gesetz im Sinne der Strafprozeßordnung und diese- Ge­

setze- ist jede Recht-norm.

§§ 8—12

bedeutungslos

€112. Strafprozeßordnung. Vom

1. Februar 1877

in der Fassung der Bekanntmachung vom

22. März 1924. (RGBl. I S. 322.)

l. Auch. Allgemeine Lrstimmungen. 1. Abschnitt.

§ 1.

Sachliche Inständigkeit der Gerichte.

Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte wird durch da-

Gesetz über die Gerichtsverfassung bestimmt.

§ 2.

ständigkeit

Zusammenhängende Strafsachen, welche einzeln zur Zu­ von Gerichten

verschiedener Ordnung

gehören

würden,

können verbunden bei dem Gericht anhängig gemacht werden, welchem die höhere Zuständigkeit beiwohnt. 5) Vgl. Art. 37 ReichSverf. v. 11. Aug. 19 (RGBl. S. 1383) u. Anm.40 zu §112 StPO. 6) Hiermit sind nur die Vorschriften über daS Verfahren im Verwaltungs­ wege aufrecht erhalten.

1190

C II. Strafverfahrensordnung.

AuS Gründen der Zweckmäßigkeit kann durch Beschluß diese- Ge­

richt- die Trennung der verbundenen Strafsachen ungeordnet werden?) § 3.

Ein Zusammenhang

ist

vorhanden,

wenn

eine

Person

mehrerer strafbarer Handlungen beschuldigt wird, oder wenn bei einer

strafbaren Handlung mehrere Personen als Täter,

Teilnehmer, Be­

günstiger oder Hehler beschuldigt werden?)

§ 4.

Eine Verbindung zusammenhängender oder eine Trennung

verbundener Strafsachen kann auch nach Eröffnung der Untersuchung auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Angeschuldigten oder von

Amt- wegen durch gerichtlichen Beschluß angeordnet werden?)

Zuständig für den Beschluß ist das Gericht, zu dessen Bezirk die

übrigen Gerichte gehören.

In Ermangelung eines hiernach zuständigen

Gerichts erfolgt die Beschlußfassung durch das gemeinschaftliche obere

Gericht. § 5.

Für die Dauer der Verbindung

ist der Straffäll, welcher

zur Zuständigkeit des Gerichts höherer Ordnung gehört, für das Ver­ fahren maßgebend?*) 1) Sowohl für die Verbindung von Strafsachen, al- für die Trennung der verbundenen Strafsachen ist lediglich die Zweckmäßigkeit maßgebend. Bei einem Kollektivdelikt ist eine getrennte Verhandlung der einzelnen Fälle nicht statthaft. E. 31 S. 286. Line Beschwerde gegen den die Trennung anordnenden Beschluß ist nicht ausgeschlossen. Löwe Anm. 6. Schwarz StPO. 7. Ausl. Anm. 2. Über die Trennung verbundener, an sich vor verschiedene Gerichte gleicher

Ordnung gehöriger Sachen, wenn die Verbindung vor Erhebung der Anklage er­ folgt ist, E. 31 S. 171. Auch in der Hauptverhandlung kann die Trennung wie die Verbindung beschlossen werden. GA. 36 S. 168.

2) Eine Vereinigung von Straffällen in anderen als in den Int § 3 be­ zeichneten Fällen, ist unzulässig. Die im § 237 gestattete gleichzeitige Ver­ handlung mehrerer Straffälle ist lediglich eine formale und hat auf die Zustän­ digkeit de- Gericht- keinen Einfluß. Der durch die Mitwirkung mehrerer Täter begründete Zusammenhang erfordert Einheit der Straftat, die nicht ersetzt wird durch die Gleichartigkeit der strafbaren Handlungen. GA. 55 S. 109 u. E. 42 S. 133. Nach § 26 JGG. sind auch mehrere Sachen gegen denselben Beschul­ digten zusammenhängende, die miteinander verbunden werden. Jugendsachen sollen mit Straffachen gegen Erwachsene nicht verbunden werden.

3) Daß die zu verbindenden Strafsachen sich in der gleichen Prozeßlage be­ finden, ist kein Erfordernis für die Verbindung. E. 20 S. 161 u. E. 48 S. 119. Der Verbindung steht nicht entgegen, daß einem A. durch die Verbindung Beweis­ mittel (Zeugen) verloren gehen. GA. 45 S. 262. Ein wegen Hehlerei Ange­ klagter hat keinen Anspruch darauf, daß sich da- Verfahren auch gegen den Haupt­ täter richte. E. 54 S. 107. Die Trennung kann zu dem Zweck erfolgen, den A. der einen Sache al- Zeugen in der anderen zu vernehmen. GA. 72 S. 346. Die Anhörung der Prozeßbeteiligten vor Erlaß des Trennung-beschlusse- ist nicht notwendig. Erk. v. 17. März 24. Löwe Anm. 6. Vgl. auch Anm. 63 Abs. 2 zu tz 230 u. ferner § 13 Ads. 2. 3a) Die- gilt auch für die Notwendigkeit der Verteidigung, R. 2 S. 764,

C n 2. Strafprozeßordnung §§ 5a—7.

§ 6a.

1191

Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte wird durch die

Strafverschärfung für gefährliche Gewohnheitsverbrecher (§ 20a des

Strafgesetzbuchs) nicht berührt.")

§ 6.

Da- Gericht hat seine sachliche Zuständigkeit in jeder Lage

des Verfahren- von Amts wegen zu prüfen.4* )*5 *

2. Abschnitt. § 7.

Gerichtsstand.

Der Gerichtsstand ist bet dem Gerichte begründet, in dessen

Bezirk die strafbare Handlung begangen ist.6)

Wird der Tatbestand der strafbaren Handlung durch den Inhalt einer im Inland erschienenen Druckschrift begründet,6) so ist al- da­ nach Abs. 1 zuständige Gericht nur da- Gericht anzusehen, in dessen Bezirk die Druckschrift erschienen ist.

Jedoch ist in den Fällen der

Beleidigung, sofern die Verfolgung im Wege der Privatklage statt­ findet, auch da- Gericht, in deffen Bezirk die Druckschrift verbreitet u. die Statthaftigkeit der Rechtsmittel. E. 31 S. 125. E. 48 S. 93; aber nicht für da- materielle Prozeßrecht, wie Verjährung. E. 8 S. 310. 3 b) Beruht auf Art. 2 des AuSfges. zu dem Gesetz geaen geführt GewohnheitSverbr. und über Maßregeln der Sicherung u. Besserung v. 24. Novbr. 33 (RGBl. I S. 1000). Begründung im Reichsanzeiger 1933 Nr. 277. Vgl. aber 8 *z70. 4) JnSbes. noch in der Hauptverh. E. 18 S. 51; auch das Rev.ger. Düsseldorf. DRZ. 26 Nr. 417 u. 426. 5) AlS Oil der Tat kommt jeder Ort in Betracht, an dem irgendein Teil deS gesetzt. Tatbestandes verwirklicht wird. E. 48 S. 141. Im Falle einer vor­ läufigen Festnahme ist 8 128 StPO, entscheidend. Dresden JurW. 61 S 1779. Wird eine straft. Handlung duich Zusendung eines Briefe- begangen, so ist als Ort der begangenen Tat sowohl der Ort der Absendung als der Ort deS Emp­ fange- anzusehen. E.30 S. 98. Bei Beihilfe ist da- Gericht des OrtS der Haupt­ tat alS auch da- deS OttS der Hilfeleistung zuständig. Ist die Beihilfe zu einer im Jnlande begangenen Sttaftat im AuSlande begangen, so ist sie doch alS auch im Jnlande begangen zu erachten. JurW. 34 S. 757. Bei dem odj. Verfahren (8 430) richtet die Zuständigkeit deS Gerichts sich nach dem Orte, an welchem die obj. strafbare Handl, begangen ist. E. 15 S. 235. Ist die strafbare Handl, im AuSlande begangen, so hat auch bei hem obj. Strafverfahren daS Reichsger. dazuständige Gericht zu bestimmen. R. 9 S. 290. Eine strafbare Handlung ist im Jnlande begangen, wenn die Tätigkeit auch nur zum Teil hier erfolgt und der Erfolg im Auslande zur Erscheinung gekommen ist. E. 10 S. 420. 6) Dieser Gerichtsstand ist auch dann gegeben, wenn zum Tatbestände die Ankündigung und Anpreisung dem Publikum gegenüber gehört. E. 40 S. 354. Die Bestimmung des Abs. 2 bezieht sich nicht auf die Preßpoltzeidelitte, auch nicht aus Nachdrucksachen. KG. DIZ. 8 S. 550. , Der Gerichtsstand ist nur unter der Voraussetzung begründet, daß die Handlung auch an dem Orte deS Erscheinen- der Druckschrift mit Strafe bedroht ist. E. 36 S. 257. Begangen aber ist die Sttaftat nicht nur da, wo die Druck­ schrift der Post übergeben. E. 64 S. 292, sondern auch da, wo sie durch Ver­ mittelung der Post in die Hände deS Adressaten gelangt. E. 37 S. 19.

1192

C II. Strafverfahrensordnung.

worden ist, zuständig, wenn in diesem Bezirk die beleidigte Person ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. § 8.

Der Gerichtsstand ist auch bei dem Gerichte begründet, in

besten Bezirk der Angeschuldigte zur Zeit der Erhebung der Klage') seinen Wohnsitz hat?) Hat der Angeschuldigte einen Wohnsitz im Deutschen Reich nicht, so

wird der Gerichtsstand auch durch den gewöhnlichen Aufenthaltsort9 7)10 8und, 11 12

wenn ein solcher nicht bekannt ist, durch den letzten Wohnsitz bestimmt. § 9.

Wenn die strafbare Handlung im Auslandeia) begangen

und ein Gerichtsstand in Gemäßheit de- § 8 nicht begründet ist,

so

ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Ergreifung n) erfolgt.

Hat eine Ergreifung nicht stattgefunden,

so wird daS zuständige Ge­

richt vom Reichsgericht bestimmt.

Gleiches gilt, wenn eine strafbare Handlung im Jnlande begangen ist,

jedoch weder der Gerichtsstand der begangenen Tat noch der Ge­

richtsstand des Wohnsitzes ermittelt ist.

§ 10.

Ist die strafbare Handlung auf einem deutschen Schiffe

im Ausland oder in offener See begangen, so ist das Gericht zu­ ständig, in desien Bezirk der Heimatshasenlf) oder der deutsche Hafen

liegt, welchen das Schiff nach der Tat zuerst erreicht. § 11.

Deutsche, welche das Recht der Exterritorialität genießen,

7) Über den Gerichtsstand der Vormundschaft oder den deS Aufenthaltsorts

Jugendlicher siehe § 25 JGG. 8) Nur der freiwillige Wohnsitz, dessen Begriff sich übrigen- nach dem be­ treffenden Zivilrecht bestimmt, ist maßgebend. Wegen deS Gerichtsstände- eines Wehrpflichtigen flehe § 435. 9) Über den Begriff deS gewöhnlichen Aufenthaltsorts vgl. § 10 des Ges.

über den Unterstützung-wohnsitz v. 30. Mai 08 (RGBl. 381) u. § 7 ber BO. über die Fürsorgepflicht v. 13. Febr. 24 (RGBl. I S. 100). 10) Ausland ist jedes nicht -um D. Reiche gehörige Gebiet, § 8 StGB. Die Frage, ob -üstengewässer als Staatsgebiet zu betrachten sind, ist zweifelhaft. E. 56 S. 135. Mett genberg, Zeitfchr. f. ges. StraftechtSw. Bd.52, 802. 11) Ergreifung ist die erste durch einen dazu berufenen Beamten (im Falle deS § 127 Abf. 1 auch die durch eine anddre Person) zum Zweck der Strafver­ folgung bewirtte Festnahme einer Person. Eine gerichtliche Verhaftung ist nicht erforderlich. — Der durch die Ergreifung begründete Gerichtsstand wird durch die Flucht oder die gegen Sicherheitsleistung erfolgte Entlassung de- Ergriffenen nicht wieder aufgehoben. ES ist nicht notwendig, daß die Ergreifung gerade aus Anlaß der letzten Tat erfolgte. R. 4 6. 7.— Bes. Gerichtsstand für Sonder­ gericht § 7 der SO. unter C 14.

12) HeimatShafen ist derjenige Hafen, von welchem auS mit dem Schiffe die Seefahrt betrieben wird. HGB. § 480. vgl. § 6 Ges. bett. d. Flaggenrrcht v. 22. Juni 99 (RGBl. S. 319). Auch auf Luftschiffe u. Luftfahrzeuge ist tzlOanwendbar. Löwe Anm.8. Schwarz a.a.O. Anm. 2. A.M.Feiseuberger Anm 6.

1193

C U 2. Strafprozeßordnung §§ 12 u. 13.

sowie die im Ausland angesteltten Beamten des Reich- 18 *) oder eines

Landes

deutschen

behalten

in

Ansehung

des

Gerichtsstände-

den

In Ermangelung

Wohnsitz, welchen sie in dem Heimatstaate hatten.

eines solchen Wohnsitzes gilt die Hauptstadt des Heimatstaats als ihr

Wohnsitz; ist die Hauptstadt in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so wird der als Wohnsitz geltende Bezirk von der ßanbeajufliaöertoflltmig18 durch allgemeine Anordnung bestimmt.

Gehört ein Deutscher keinem

deutschen Lande an, so gilt als sein Wohnsitz die Stadt Berlin; ist

die Stadt Berlin in mehrere GerichtSbezirke geteilt,

so wird der als

Wohnsitz geltende Bezirk von dem Reichsminister der Justiz durch

allgemeine Anordnung bestimmt.181*)

Aus Wahlkonsuln finden diese Bestimmungen keine Anwendung. § 12.

Unter mehreren nach den Vorschriften der §§ 7 bt5 11

zuständigen Gerichten gebührt dem der Vorzug,

welches

die Unter­

suchung zuerst eröffnet hat.18«) Jedoch kaun die Untersuchung und Entscheidung einem anderen

der zuständigen

Gerichte

durch

das gemeinschaftliche

obere Gericht

übertragen werden.18)

§ 13.

Für zusammenhängende Straffachen, welche einzeln nach

den Vorschriften der 88 7 bi- 11 zur Zuständigkeit verschiedener Ge­ richte gehören würden,

ist ein Gerichtsstand bei jedem Gerichte be­

gründet, welches für eine der Straffachen zuständig ist.

Sind mehrere zusammenhängende Straffacheu bei verschiedenen Gerichten anhängig gemacht worden, so können sie sämtlich oder zum Teil durch eine den Anträgen der Staatsanwaltschaft entsprechende Vereinbarung18») dieser Gerichte bei einem

werden.

unter ihnen

verbunden

Kommt eine solche Vereinbarung nicht zustande,

so ent­

scheidet, wenn die Staatsanwaltschaft oder ein Angeschuldigter hieraus anträgt,

das

gemeinschaftliche

obere Gericht

darüber,

ob und bei

welchem Gerichte die Verbindung einzutreten habe. 12 a) Betr. d. Reichsbeamten, siehe 8 21 Abs. 1 RVG. v. 31. März 1873 in der Fass, des Ges. v. 17. Mai 07 (RGBl. S. 249). 12 aa) ReichSm. d. Justiz. 12 b) DaS Amtsgericht Berlin ist durch Bekanntmachung des Reichs­ kanzlers v. 21. April 06 (RGBl. S. 463) bestimmt. 12 c) Der Grundsatz der Prävention gilt nur für die örtl., nicht für die sachl. Zuständigkeit. Maßgebend ist insoweit die Rechtshängigkeit vor dem höheren Gericht. Dresden DRZ. 26 Nr. 183. 13) Erforderlich ist, daß wenigstens ein- der Gerichte die Voruntersuchung eröffnet hat. E. 45 S. 174. 13a) Die Vereinbarung ist unzulässig, sobald von einer der Staatsanwalt­ schaften ein abweichender Antrag oder überhaupt kein Antrag gestellt ist. GA. 62 S. 488. KG. GA. 74 S. 209. Bei Voruntersuchungen ist die Straft., nicht der Untersuchungsrichter für die Vereinbarung zuständig. JurR. 1 Nr. 1474.

1194

C n. Strafverfahrensordnung.

In gleicher Weise kann die Verbindung wieder ausgehoben toerbexu14) § 14.

Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zu­

ständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Ge­ richt,

welches

sich

der Untersuchung

und

Entscheidung

zu

unter­

ziehen hat."*) § 15.

Ist das an sich zuständige Gericht

in

einem einzelnen

Falle an der Ausübung deS Richteramls rechtlich oder tatsächlich ver­

hindert, oder ist von der Verhandlung vor diesem Gericht eine Ge­ fährdung der öffentlichen Sicherheit zu besorgen, so hat daS zunächst obere Gericht die Untersuchung und Entscheidung dem gleichstehenden

Gericht eines anderen Bezirkes zu übertragen?"') § 16 15)

Der Angeschuldigte muß den Einwand der Unzuständig­

keit in der Hauptverhandlung bis zur Verlesung des Beschlusse- über die Eröffnung des Hauptverfahrens geltend machen.") 14) Die Entscheidung des oberen Gerichts kann nur auf Antrag der StA. oder eines Angeschuldigten, nicht von Amts wegen erfolgen und kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden. — Wenn der Grund, der nach 8 13 die Anhängigkeit mehrerer Strafsachen bei einem bestimmten Gerichte ermöglicht hat, wegfällt, so hört damit die Zuständigkeit dieses Gerichts nicht von selbst auf. E. 25 S. 406 u. E. 49 S. 9. Die verbundenen Strafsachen können auch ge­ trennt verhandelt werden. HRR. 1934 Nr. 682. 14 m) Hinsichil. die Zuständigkeit der einzelnen Abteilungen deS gleichen Gkrichts siehe Gesetz über die Geschäftsvcrteilung bei den Gerichten v. 24. Nov. 37 (RGBl. 1 S. 1286) unter C I 6. 14 b) Ein Gericht, dem ein Verfahren übertragen ist, bleibt auch dann zu­ ständig, wenn die tarsächl. Umstände, die die Übertragung veranlaßt haben, später fortfallen. JurR. 1 Nr. 336. Die Übertragung ist nicht gerechtfertigt, weil sie ein A. wegen angeblicher Befangenheit des Richters wünscht. IurW. 60 S. 1595. 15) Fasiung deS Ges. v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 844). 16) DaS Gericht kann seine Unzuständigkeit von AmtS wegen auch dann noch auSsprechen, wenn dem A. nicht mehr gestattet ist, den Einwand zu er­ heben. R. 7 S. 520. Der AR., der sich m der Hauptverh. für unzuständig er­ klärt hat, kann auch, wenn teme Beschwerde erhoben ist, diesen Beschluß rück­ gängig machen. Keine Verweisung des örtl. unzuständigen Gerichts an daS zu­ ständige. KG. JFG E. 11 S. 256. Durch eine bei Zunellung der Ladung zur Hauptverh abgegebene Erklärung wird das Recht zur Erhebung deS Einwandes nicht gewahrt. E. 17 S. 412. AM. DRZ. 24 Nr. 840. Die Befugnis zur Erhebung deS EinwandeS kann dadurch nicht Wiederaufleben, daß die Sache zur anderweilen Entscheidung an daS erste Gericht zurückverwiesen wird. E. 43 S. 358. Die Frist gilt auch für den Fall, daß dieselbe Tat demnächst unter einem vom Eröffnungsbeschluß abweichenden rechtlichen Gesichtspunkt beurteilt ist, der die örtliche Zuständigkeit nicht begründet hätte. GA. 59 S. 138. E. 65 S. 267. Der Einwand kann zurückgeriommen werden. IurW. 57 S. 819 Bei mehreren Hauptvei h. ist der El»'wand bis zur Verlesung deS E.Beschl. in der ersten Hptverh. zu erheben. E. 70,239. In Strafsachen, in denen der EröffnungSbeschluß beseitigt ist (Art. IV § 5

CII2. Strafprozeßordnung §§ 17—22.

1195

§ 17?') § 18. Nach Eröffnung des Hauptverfahrens darf das Gericht eine Unzuständigkeit nur auf Einwand des Angeklagten aussprechen.")

§ 19.

Haben mehrere Gerichte, von denen eins das zuständige

ist, durch Entscheidungen, welche nicht mehr anfechtbar sind, ihre Un­ zuständigkeit ausgesprochen, so bezeichnet das gemeinschaftliche obere Gericht das zuständige Gericht. § 20. Die einzelnen Uuteriuchungshandlungen eines unzustän­ digen Gerichts sind nicht schon dieser Unzuständigkeit wegen ungültig. § 21.

Ein unzuständiges Gericht hat sich den innerhalb seines

Bezirkes vorzunehmenden Untersuchungshandlungen zu unterziehen, bei denen Gefahr im Verzug obwaltet. 3. Abschnitt.

Ausschließung uu- Ablehnung der Eerichtspersovea.

§ 22. Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen:

1. wenn er selbst durch die strafbare Handlung verletzt ist;") 2. wenn er Ehegatte oder Vormund w) der beschuldigten oder der verletzten Person ist oder gewesen ist; 3. wenn er mit dem Beschuldigten oder mit dem Verletzten in

gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch Annahme an Kindes Statt verbunden, in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr besteht Ko­ tzes Ges. v. 24. April 34 unter CI2 und § 12 der VO. unter CI4 kann der Ein­ wand biS zum Beginn der Vernehmung des A. geltend gemacht werden.

17) Wenn mehrere Angeklagte vorhanden sind, so genügt es, daß einer die Zuständigkeit bestreitet. E. 23 S. 155. 18) Verletzt ist stets nur derjenige, welcher durch die Straftat unmittelbar betroffen ist. E. 24, 342. E. 67, 219. C. 69, 127. Der Richter, welcher einen Strafantrag auf Grund des § 196 des StGB, stellt, wird dadurch nicht unfähig zur Ausübung des Richteramts. Recht 34 Nr. 731; auch nicht der Landgerichtspräsident, der den Strafantrag als Vorgesetzter gestellt hat. Recht 21 Str. 1929; ferner nicht Mitglieder des Willensorgans einer jur. Person, »weil durch die Straftat die jur. Person verletzt ist. E. 67 S. 219. JurW. 1938, S. 1855. 19) Auch der Gegenvormund gehört hierher. E. 11 S. 223. 20) Art. 33 deS EG. z. BGB. bestimmt, daß, soweit Jm GBG. und in der StPO. — nicht StGB. — an die Verwandtschaft oder Schwägerschaft recht­ liche Folgen geknüpft sind, die Vorschriften des BGB. über Verwandtschaft oder Schwägerschaft Anwendung finden. — Verhältnis des einen Ehegatten zum Adoptivkinde des anderen ist keine Schwägerschaft. E. 30 S. 75.

1196

C II. Strafverfahrensordnung .

4. wenn er in der Sache 21) als Beamter der Staatsanwaltschaft,11 *) als Polizeibeamter,22)23als 24 25Anwalt 26 22) des Verletzten oder als

Verteidiger tätig231) gewesen ist;

ü. wenn er

in

der Sache als Zeuge oder Sachverständiger ver­

nommen ist.21)

§ 23.

Ein

Richter,

welcher

bei

einer

durch

ein

Rechtsmittel

angefochtenen Entscheidung mitgewirkt °) hat, ist von der Mitwirkung bei

der

Entscheidung

in

höherer Instanz21»)

kraft

Gesetzes

aus­

geschlossen. Der Untersuchungsrichter21) darf in den Sachen,21») in welchen er

21) d. h. da- Strafverfahren wegen der Handlung, welche Gegenstand der Hauptverhandlung ist. E. 17 S. 173. E. 57 S. 276; auch Strafverfahren zus. mit dem Vers. betr. nachträgl. Anordnung der SicherungSverwahrg. JurW. 1935 S. 2377. Die Vorschrift bezieht sich auch auf das Eröffnungsverfahren. Recht 12 Nr. 216. GA. 55 S. 221. 21a) Als solcher war nickt tätig, wer sich mit einer Strafsache nur zum Zwecke der Ausbildung eines Referendars beschäftigt hat. E. 59 S. 267. 22) Erforderlich ist eine aus Erforschung einer strafbaren Handlung ge­ richtete Tätigkeit. ES genügt eine auf eigener Prüfung u. Sachwürdigung be­ ruhende Verfügung. E. 55 S. 251, z. B. durch die Ablehnung der Bearbeitung mangels Zuständigkeit. E. 55 S. 113; aber nicht eine bloße Anzeige gemäß § 158. GA. 49 S. 118; auch nicht, wenn Beamte einer anderen Behörde der StA. als Sachverst. zugeteilt sind. HRR. 1930 Nr. 852 u. JurW. 59 S. 2890. 23) Unter Anwalt ist nur ein Rechtsanwalt zu verstehen, der in der an­ hängigen Strafsache tätig gewesen ist. GA. 47 S. 377. Ein GerichtSaffeffor, der alS Vertreter eines RA. einen Schriftsatz unterzeichnet hatte, worin Zeugen benannt waren, ist gleichfalls ausgeschlossen. Reckt 19 Nr. 1911. 23a) Der — wenigstens in untergeordneter Weise — zur Erforschung deS

Sachverhalts oder irgendwie zur Beeinfluffung des Ganges deS Vers, handelnd eingreitt. E. 59 S. 267. E. 70 S. 161. 24) Der Richter muß wirtlich als Zeuge vernommen sein. Ein Richter, der nur eine amtliche Erklärung bezüglich der Straftat abgegeben hat, ist vom Richteramt nicht ausgeschlossen. E. 12 S. 180. E. 58 S. 285. Der alS Zeuge geladene Vorsitzende ist vom Richteramt nicht ausgeschlossen, wenn aus seine Ver­ nehmung allseitig verzichtet wird. GA. 54 S. 292. Die bloße Tatsache der Vorladung bewirkt die Ausschließung noch nicht. E. 42 S. 1. 25) Eine Mitwirkung liegt nicht schon in der Beteiligung an der Anord­ nung einer kommissarischen Vernehmung, die in der -um ersten Urteil führenden Hauptverhandlung verwertet wurde. DRZ. 17 Str. 22; auch nicht darin, daß ein Richter im Wiederaufnahmeverfahren tätig war. HöchstRR. 2 S. 269; KG. JurW. 61 S. 2919; oder darin, daß er in der Hauptverhaydl. erster In­ stanz alS Ergänzungsrichter an den Beratungen über die dem Urteil vorauSgegangenen Entscheidungen mitgewirkt hat. E. 65 S. 40. In derRev.-Jnstanz ist aber ein Richter ausgeschlossen, auch wenn er nur in erster Instanz bei Erlaß eines Urteils mitgewirkt hat. KG. JurW. 57 S. 1949; Königsberg ebda. S. 3015. 25 a) Eine Entscheidung über ein AblehnungSgesuch ist keine solche höherer Instanz. Recht 31 Nr. 1101, DRZ. 19 Nr. 326. 26) Untersuchung-richter ist auch der Amtsrichter, welchem die Führung

C II 2. Strafprozeßordnung § 24.

1197

die Voruntersuchung geführt hat, nicht Mitglied deS erkennenden Ge­

richt- sein,

auch nicht bei einer außerhalb der Hauptverhandlung er­

folgenden Entscheidung der Strafkammer mitwirken.

§ 24

Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von

der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist,

als

auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt we ben.37) der Voruntersuchung nach § 185 übertragen ist. Wer bloß aushilfsweise einzelne Untersuchung-handlungen vorgenommen hat, ist noch nicht Untersuchung-richter, E. 30,400. E.63,337, mögen die von ihm vorgenommenen Untersuchung-hand­ lungen auch die gesamte Beweisaufnahme erschöpft haben. R. 7 S. 302; mag er sie auch kraft eigener Entschließung bewirkt haben. JurW. 62 S. 1663. Auch ein Richter, der in einer früheren Sache die Voruntersuchung geführt hat, ist nicht gehindert, an der Verhandlung einer anderen Sache teilzunehmen, ge­ legentlich deren Aburteilung die in der früheren Sache erkannte Strafe in die neu gebildete Gesamtstrafe einbezogen werden soll. Recht 26 Nr. 149. Ebenso­ wenig ist der Richter unfähig, an der Aburteilung tetizunehmen, dessen Tätig­ keit in der auf mehrere Anschuldigungen gerichteten Voruntersuchung nicht die abzuurteilende Tat betraf. E. 56 S. 352; oder der, welcher die LU. zu einer Zeit geführt hat, al- sie sich noch nicht gegen den A. richtete. E. 54 S. 316; oder der, welcher die Eröffnung der Voruntersuchung und bte Verhaftung be­ schlossen hat. 6. 61, 415; oder der, welcher nur den Schluß der Vorunter­ suchung verfügt hat. E.21 S.285; oder der in der Entscheidung gemäß § 295 mitgewirkt hat. E. 59 S. 100 oder gemäß §202 Abs. 1. HRR. 1928 Nr. 2329; auch nicht der Bors, der Eröffnung-kammer, der zur Ergänzung der BU. einzelne Beweiserhebungen vorgenommen hat. E. 63 S. 337. Die Mitwirkung deUntersuchungsrichters bei dem EröffnungSbeschluß begründet die Revision nur, wenn da- Urteil auf dieser Verletzung beruht. E. 2 S. 120.

Ausgeschloffen ist der Richter, der die Untersuchung in einer anderen Sache geführt hat, wenn diese Sache mit der zur Entscheidung stehenden Straf­ sache sich inhaltlich deckt. JurW. 53 S. 1758; oder der die Beweiserhebung durch andere Behörden oder Beamte veranlaßt hat. GA. 39 S. 63. 26 a) Das Verfahren muß die Verfolgung derselben Straftat gegen dieselbe Person zum Gegenstand haben. E. 62 S. 314. Eine entsprechende Anwendung auf Dienststraf- oder Ehrengerichtsverf. ist nicht angängig. DRechtspfl. 1936 Nr. 393. Untersuchungshandlungen, die der UR. oder sein Stellvertr. in dringen­ den Fällen von Amts wegen vornimmt (§ 191), schließen ihn auS. E. 68 S. 375. 27) Für die Beurteilung eines Ablehnungsgesuchs kommt es darauf an, ob der A. bei verständiger Würdigung der gegebenen Sachlage Grund zu der Befürchtung hat, der Richter werde nicht unbefangen sein; er ist e-, wenn er vor dienstlicher Befaffung mit der Sache kundgegeben hat, wie er als er­ kennender Richter urteilen würde. E. 61 S- 67; aber nicht, wenn er in einer anderen Strafsache, die für die gegenwärtige eine Bedeutung hat, eine bestimmte RechtSauffaffung vertreten hat. JurW. 58 S. 263; ebensowenig, wenn er vor der Ernennung als Schwurgerichts-Bors. die StA. zu erneuter Prüfung der Sache angeregt hat. JurW. 58 S. 1039; oder wenn er alS Richter an der entgegen der StA. beschlosienen Eröffnung des Hauptverf. al- Berichterstatter mitgewirkt hat. E. 62 S. 299. Überhaupt bilden dem A. ungünstige

Rechtsanfchauungen de- Richters keinen Ablehnung-grund. RGZ. LZ. 7 S. 148; nicht sein Glaubensbekenntnis. JurW. 59 S. 2560, DRZ. 23 Nr. 531;

1198

C II. StrafVersahrensordnung.

Wegen Besorgnis der Befangenheit findet wenn ein Grund vorliegt,

die Ablehnung

statt,

welcher geeignet ist, Mißtrauen gegen die

Unparteilichkeit eine- Richters zu rechtfertigen.47 B)

DaS Adlehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privat­ kläger und dem Beschuldigten äii.27b) Den zur Ablehnung Berechtigten

sind

auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung be­

rufenen Gerichlspersonen namhaft zu machen. *®) § 25

Die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Be­

fangenheit ist in der Hauptverhandlung48 •) erster Instanz nur bis zur auch nicht der Umstand, daß ein Richter dem A. vor Anordnung der Beweis­ aufnahme nahelegt, die Berufung zurüLmnehmen. E. 60 S. 43; nicht die Äußerung zu dem A., daß die Sache für ihn ungünstig stehe HRR. 1930 Nr 994; nicht Werturteile, die ein Richter bei Erfüllung seiner Dienstpflicht in einer anderen Sache gefällt hat. DRZ. 19 Nr. 423; ebensowenig der Um­ stand, daß Mitglieder des erkennenden Gerichts sich im Beisein der StA. Kennt­ nis von der Tatftelle beschaffen. JurW 56 S. 1641; oder daß der A. gegen den Richter in Eingaben an das Gericht grobe beleidigende Ausdrücke gebraucht hat. Recht 31 Nr. 1865. Ein Gericht im ganzen kann nicht abgelehnt werden. E. 27 S. 175; auch nicht die sämtlichen Beisitzer wegen möglicher Beeinflusiung durch den Vorsitzenden. LZ. 17 S. 31; auch nicht sämtliche Richter, die jemals gegen den A. tätig waren. BayObLG. GA. 73 S. 314; nicht eine Frau wegen der Art der in Betracht kommenden Straftat. JurW. 59 S. 270 Jedoch können alle einzelnrn Richter eine- bestimmten Gerichts abgelehnt werden. RG. JurW. 1924 S. 1252. Ein AdlehnungSgesuch kann adgelehnt werden, wenn es lediglich auf Ver­ schleppung der Sache abzielt. GA. 46 S. 201. 27 a) Vom Standpunkte deS Ablehnenden müssen vernünftige Gründe zum Mißtrauen vorhanden sein. JurW. 62 S. 1664. E 61, 69 E. 65, 40. Die Tatsache, daß ein Richter schon in einem früheren Verfahren denselben Sachver­ halt hat beurteilen müssen, kann unter Umständen auch dann, wenn sein dama­ liges Verhalten keine Voreingenommenheit hat erkennen lassen, die Besorgnis der Befangenheit begründen. E. 59 S- 409. Die Befangenheiterkl. eines Richters ist begründet, wenn der in einer Privatkl. Beich. sein zuständiger Arts­ gruppenleiter ist. LLG. München. JurW. 1938 S. 805. Schritte der Justiz­ verwaltung, die sich vor der BerufungSverbandl. gegen das Urteil 1. Instanz u. bte an ihm beteiligten Rickter wenden u die in Aussicht nehmen, gegen sie im DienstaufstchrSwege vorzugrhen. können die Befangenheit begründen. Die Ablehnung erstreckt sich grundsätzl nur auf doS bestimmte, einzelne Dienstgeschäft, zu deren Vornahme der Abgelehnre berufen sein würde. 6. 66 S. 385. 27b) Auch wohl dem Verletzten im Falle des Z 172. Hartmann, JurW. 57 S. 2965. 28) Tritt ein Wechsel in der Besetzung deS Gerichts ein, so sind dem A. auch die neuen Mitglieder von Amts wegen namhaft zu machen E. 66 E. 10. RevGrund ist bei Verstoß nicht ohne weiteres gegeben. JurW. 59 S. 925. Kein Recht deS A. aui Bekanntgabe von Ablehnungsgründen. JurW 62 S. 964. 28a) Die Ablehnung ist auch nach Hauptverhandl. zulässig. Gegen Beschl., durch den daS Gesuch für unbegründet erklärt wird, sos. Beschwerde. Königsberg, DStrafr. Bd. 2 S. 123.

CII2. Strafprozeßordnung 88 26 u. 27.

1199

Verlesung des Beschlusses *•) über die Eröffnung des Hauptverfahreus, in der Hauplverhandlung über die Berufung und die Revision nur bis zum Beginne der Berichterstattung zulässig. § 26. Das Ablehnungsgesuch ist bei dem Gerichte, welchem der Richter angehört, anzubringen; es kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Der Ablehuungsgruud ist glaubhaft zu machen; der Eid ist als Mittel der Glaubhaftmachung ausgeschlossen."') Zur Glaubhaft­ machung kann auf das Zeugnis des abgelehnten Richters Bezug ge­ nommen werden. Der abgelehnte

Richter hat

sich

über den Ablehnungsgrund

dienstlich zu äußern.^') § 27.

Über das Ablehnungsgesuch80 b) entscheidet das Gericht,

welchem der Abgelehnte angehört. Wird ein richterliches Mitglied der erkennenden Strafkammer ”) ab­ gelehnt, so entscheidet die Strafkammer in der für Entscheidungen außerhalb der Hauptv^rhandlung vorgeschriebenen Besetzung. Wird ein richterliche- Mitglied des Schwurgerichts abgelehnt, so entscheiden

während der Tagung die richterlichen Mitglieder des Schwurgerichts; außerhalb der Tagung entscheidet die Strafkammer. Wird ein Untersuchungsrichter oder ein Amtsrichter abgelehnr, so entscheidet das Landgericht. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der Abgelehnte das Ablehnungsgesuch für begründet hält. Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlußunfähig, so entscheidet das zunächst

obere Gericht. 29) Auch wenn die Verlesung abschnittweise erfolgt. E. 44 S. 312. Nach der Verlesung ist die Ablehnung auch dann unzulässig, wenn der Ablehnungs­ grund erst nach diesem Zeitpunkt eingetreten ist. R. 8 S. 356, Reckt 26 Nr. 1098; oder der A. erst nachher von dem ihm zustehenden Abiehnungsgrunde Kenntnis erlangt hat. Recht 7 S. 242. Vgl. Sinnt. 33 c. Tritt eine Vertagung der Hauptverhandlung ein, bevor über ein Ablehnungsgesuch entschieden ist, so bedarf es in der späteren Verhandlung einer Erneuerung de- Gesuches nicht. GA. 40 S. 43. 30) AlS Mittel der Glaubhaftmachung dienen also nur die Notorietät und Bescheinigungen durch Urkunden und Zeugen, aber auch eine eidesstattliche Ver­ sicherung. E 28 S. 8. 30 a) Der Geschworene braucht sich über ein Ablehnunasgesuch, das lediglich mit der Art der Straftat begründet ist, nicht zu äußern. Recht 33 Nr. 2296. 30 b) Ein Ablehnungsgesuch, das keine Gründe angibt oder sich nicht gegen bestimmte Personen richtet, kann durch Beschluß ohne Beobachtung der Formen des § 27 alS unzulässig verworfen werden. KG. DIZ. 34 S. 184. 31) Wird ein Mitglied einer auswärtigen Stfk. obgelehnt, der nur ein Teil der Strafkammertätigkeit zugewiesen ist (§ 78 GBG.), so entscheidet über die Ablehnung die Stfk. des LG. E. 41 S. 118.

1200

C II. Strafverfahrensordnung.

§ 28.

Gegen den

Beschluß,

durch

gesuch^') für begründet erklärt wird,

welchen

das

Ablehnungs­

findet kein Rechtsmittel,

gegen

den Beschluß, durch welchen das Gesuch für unbegründet erklärt wird,

findet sofortige Beschwerde statt. Der Beschluß, durch welchen ein gegen einen erkennenden Richter32 33)34 * * *

angebrachtes Ablehnungsgesuch für unbegründet38 Ä) erklärt wird, kann

nicht für sich allein, sondern nur mit dem Urteil angefochten werden.

§ 29.

Ein abgelehnter Richter

hat

vor Erledigung

des

lehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, welche

Ab­

keinen

Aufschub gestatten.88") § 30.

Das für

die Erledigung

eines Ablehnuugsgesuchs zu­

ständige Gericht hat auch dann zu entscheiden,

wenn ein solches Ge­

such nicht angebracht ist, ein Richter aber von einem Verhältnis An­

zeige macht,88") welches seine Ablehnung rechtfertigen könnte, oder wenn auS anderer Veranlassung Zweifel darüber entstehen, ob ein Richter

kraft Gesetzes ausgeschlossen sei.

§ 31.

Die Bestimmungen dieses Abschnitts finden auf Schöffen27)

sowie auf Urkundsbeamte ") der GeschäftsMfeund andere als Protokoll­

führer zugezogene Personen entsprechende Anwendung.

32) Bei der Prüfung, ob ein bestimmter Ablehnungsgrund mit Recht ver­ worfen ist, ist daS RevistonSgericht nicht auf die in dem Ablehnungsgesuch vorgebrachten Tatsachen beschränkt. JurR. 3 Nr. 1264. Ein vor der Hauptverh. ergehender, die Ablehnung für begründet erklärender Beschluß braucht nicht be­ kannt gegeben zu werden. E. 66 S. 121. Die Rev. gegen das Urteil kann nicht darauf gestützt werden, daß der Ablehnungsbeschluß von einer nicht ordnungs­ mäßig besetzten Beschlußkammer gefaßt ist. JurW. 1933, 445 u. 1937, 3023. 33) Hierunter ist jeder Richter zu verstehen, der zur Mitwirkung in der Hauptverhandl. berufen ist. Anwendbar wird Abs. 2 erst mit der Eröffnung des Hauptverfahrens. Da im Verfahren bei amtSrichterl. Strafbefehlen einEröffn.-Beschl. nicht erfassen ist, gilt als der Zeitpunkt, der für den Begriff des erk. Richter maßgebend ist, die Einlegung deS Einspruchs; denn von nun an steht der Strafbefthl einem Cröffn.-Beschl. gleich. BayObLG. LZ. 19 S. 160. Dresden LZ. 19 S. 273. AM. Löwe, Anm. 3. Kein erkennender Richter ist der, der durch Beschluß die Gesamtstrafe festsetzt. Königsberg JurW. 58 S 1809. 33 a) Auch nicht, wenn die Ablehnung für unzulässig erklärt wird. BreSlau DRZ. 23 Nr. 48. BayObLG. DRZ. 23 Nr. 702 u. DRZ. 24 Nr. 58. Durch die SO. v. 14. Juni 32 (hinter § 312 StPO.) ist an der Bedeutung dieser Vorschrift nicht- geändert. BayObLG. JurW. 62 S. 465. 33b) Ane Ordnungsstrafe darf er erlaffen. Hamburg HRR. 1928 Nr. 1673. 33 c) Auf Unterlassung der Anzeige kann Rev. nicht gestützt werden. Dresden, JurW. 60 S. 88. Entfch. auch nach Berlesg. des Eröffbeschl. zulässig. E. 67, 276. 34) CS ist gesetzwidrig, daß der fungierende Urkundsbeamte als Zeuge vernommen wird und sodann weiter alS Urkundsbeamter fungiert. Grund zur Aufhebung wird dadurch jedoch nur dann gegeben, wenn die Mangelhaftigkeit deS Protokolls oder der äußeren Beschaffenheit deS Spruchs von Einfluß auf das Urteil gewesen ist. E. 13 S. 76. E. 68 S. 272.

1201

CII2. Strafprozeßordnung §§ 32—35.

Über die Ausschließung oder Ablehnung eines Schöffen'?) entscheidet

der Vorsitzende; in der großen Strafkammer entscheiden die richter­ lichen Mitglieder. Über die Ausschließung oder Ablehnung eines Urkuudsbeamten der

Geschäftsstelle oder einer anderen als Protokollführer zugezogenen Person

entscheidet da- Gericht oder der Richter, welchem sie beigegebev sind. § 32

Die Bestimmungen über die Ausschließung und Ablehnung

der Schöffen finden auf Geschworene'?)30a) entsprechende Anwendung. Die Entscheidungen treffen die richterlichen Mitglieder deS Schwur­

gerichts.

4. Abschnitt. z 33.

Gerichtliche Entscheidungen «ad deren Ledaautmachung.

Die Entscheidungen des Gerichts werden, wenn sie im Laufe

einer Hauptverhandlüvg "•) ergehen, nach Anhörung der Beteiligten,"^

wenn sie außerhalb einer Hauptverhandlung ergehen, nach schriftlicher oder mündlicher Erklärung der Staatsanwaltschaft erlassen."c)

§ 34.

Die durch ein Rechtsmittel anfechtbaren Entscheidungen

sowie die, durch welche eiu Antrag abgelehnt wird, sind mit Gründen

zu versehe».") § 35.

Entscheidungen, welche

in

Anwesenheit der

davon be­

troffenen Person ergehen, werden ihr durch Verkündung gemacht.

bekannt­

Auf Verlangen ist ihr eine Abschrift zu erteilen")

34») Diese Entscheidungen bedürfen nicht der vorhergehenden Anhörung der Beteiligten. JurR. 2 Nr. 1580. 34 b) Dahin gehören nicht die in der Hauptverhandlung angeordneten Be­ schlagnahmen. Recht 30 Nr. 1567. 34 c) Erlassen ist eine schriftl. ergehende Entsch., sobald sie nach Abfassung zur Kenntnis für Pers, außerhalb des Gerichts bestimmt wird. E. 56 S. 358. E. 66 S. 121. 35) Nicht alle prozeßleitenden Verfügungen und Beschlüsse, sondern nur solche, durch welche Anträge abgelehnt, Widersprüche zurüctzewiesen oder Er­ hebung von Beweisen angeordnet wird, müssen begründet werden. R. 4 S. 324; aber nicht solche ablehnende Entsch., aus deren Inhalt sich die Begründung von selbst ergibt. E. 57 S. 44. Werden Anträge abgelehnt, die darauf hinzielen, daS Gericht möge zufolge der ihm eingeräumten Befugnis nach seinem Ermessen von der gesetzt. Regel abweichen, so genügt die Ablehnung unter dem Hinweis, daß zu der Maßregel kein Anlaß gegeben sei. Recht 26 Nr. 912. ES genügt aber nicht der Hinweis auf daS künftige Urteil. JurW. 58 S. 259. 36) Nur von der Entscheidung, nicht von dem ganzen SitzungSprotokoll. BreSlau GA. 51 S. 69, und nicht schon während der Hauptverhandlung. E. 44 S. 53. Die einem freigesprochenen A. erteilte UrteilSausf. ist kostenlos. KG. DRZ. 8 S. 179. Hamburg HRR. 1932 Nr. 1529 a. M. Dresden JurW. 58 S. 2629. Auch der Offizialverteidiger kann kostenfreie Ausf. d. Urteils ver­ langen. Hamburg GA. 73 S. 218. Jedoch ist die dem Nebenkläger zu erteilende Urteilsabschrift kostenpflichtig. Hamburg HRR. 1932 Nr. 1529. Keine KostenvorauSzahlung mehr. AB. v. 26. Aug. 38 (DJuft. S. 1377).

Dalcke, Strafrecht. 31. Anst.

76

1202

C n. Strafverfahrensordnung. Andere Entscheidungen werden durch Zustellung bekauutgemucht.

SBltb,7) durch die Bekanntmachung der Entscheidung

keine Frist in

Laus gesetzt, so genügt formlose Mitteilung; dies gilt nicht für die

Mitteilung von Urteilen. Dem nicht auf freiem Fuße Befindlichen ist daS zugestellte Schrift­ stück auf Verlangen vorzulejen.

§ 36.

Entscheidungen, die einer Zustellung oder Vollstreckung

bedürfen, sind der Staatsanwaltschaft zu übergeben, welche daS Er­ forderliche zu veranlassen hat.")

Auf Entscheidungen, die lediglich den

inneren Dienst der Gerichte oder die Ordnung in den Sitzungen

be­

treffen, findet diese Bestimmung keine Anwendung. Der Untersuchungsrichter und der Amtsrichter können Zustellungen

aller Art sowie die Vollstreckung von Beschlüffen und Verfügungen

unmittelbar veranlassen." B) § 37.

Aus das Verfahren bei Zustellungen finden die Vorschriften

der Zivilprozeßordnung über Zustellungen entsprechende Anwendung."b) 37) Siehe Anm. 41 ezu § 87 GVG. 38) Hat die StA. die Zustellung des Urteils an die Verteidigung ange­ ordnet. so ist die Zustellung an den A. unwirksam. E. 47 S. 114. Nack Richt­ linien Nr. 244 ist das Urteil stets dem Verteidiger zuzustellen, der zum Empfang von Zustellungen ausdrücklich ermächtigt ist, oder an den die Zustellung gemäß dem nachträglichen Anträge erfolg«n soll; der A ist hiervon zu benachrichtigen. Dem A., der bei der Urteilsverkündung nickt selbst anwesend war, ist daS Ur­ teil stets persönlich zuzustellen. E. 19 S. 390; E. 34 S. 331. Die Zustellung der Ladung des A. an einen von ihm zum ZustellungSbevollmächttgten be­ stellten Verteidiger ist wirksam. E. 43 S. 321. Vgl. jedoch An« 67 zu tz 233. Die Zustellung an einen von mehreren Wahlvett. ist ausreichend Recht 32 Nr. 2h39. OidnunuSstrafen gegen Zeugen werden vom StA. vollstreckt. KG. Jz^Erg. 13 S. 163. wegen der Zuft. des Urt. in ReichSsteuerstrafsachen siehe $ 467 Abs. 2 RAbgO. unter B MI 1. 38 ») Zustellungen werden dewirtt im Verfahren vor AR. durch diesen, vor Schöffengerichten durch StA. deS LV. AB. vom 22. März 24 — I 12519 —. Siehe auch VO. zur Vereinfachung der Zustellungen v. 17. Juni 33 (RGBl. I S. 394). 38 b) Siehe AB. v. 15. Dezbr. 30 über daS Verfahren bei den von Amts wegen zu dewiikenden Zustellungen u. Bekanntmachungen . 2397. — Protokolle sind der Auslegung fähig — auch soweit es sich um ihren formellen Beweis wert handelt. HRR- 1934 Nr. 83 —. Ergibt dreie eindeutig einen dem Wortlaut widersprechenden Sinn, so ist der Sinn und nicht der Wortlaut zugrunde zu legen. JurW. 61 H. 421, Desgl. sind zum Nachweis von Vorgängen, zu deren Beurk. das Protokoll nicht bestimmt ist, andere Beweismittel zulässig. RG. v. 25. Febr. 27, Löwe Anm. 2. Keine ausschließliche Beweiskraft hat aber ein Protokoll, auch nicht ein schöffengerichrliches, für den Inhalt der Angaben deS A. E. 58 S. 58. JurW. 1936 S. 666; auch nicht ein Protokoll, das der Bors, nur einstweilig mit dem Vorbehalt späterer Prüfung unterzeichnet hat. E. 60 S 2701 dessen Neufassung der Protokollführer erst noch Eingang der Verfahrcnsrilge ge­ nehmigt bat. E. 68 S. 244. Auf Rechtsmittelerklärungen, deren Abgabe nach Schluß der Ber Handl, im Protokoll vermerkt ist, bezieht sich die Rechtsverinutung des 8 274 nicht, wohl aber auf solche Rm.ertlärungen, die in der Hauptverh. abgegeben, beurkundet und dem übergeordneten Geriet zur Kenntnis gebracht werden E. 66 S. 417. Wegen Berichtigung n. Ergänzung des Protokolls siehe

Anm. 76. Ist in dem Protokoll ein Passus durchstrichen u. die Durchstreichung zum Zeichen der Wiederherstellung unterpunkticrt, so fehlt dem Protokolle in dieser Beznbung die Beweiskraft. E. 27 S. 169. Eine vom Urkundöbeamten der

Geschäftsstelle dem Bors, im voraus erteilte Ermächtigung zur Vornahme von Änderungen reicht nicht aus. JurW. 60 3. 2035. 84) Eilte Fälschung des Protokolles liegt nur vor, wenn dasselbe falsch her­ gestellt, oder wenn das echte Protokoll unbefugterweise abgeändert worden ist, nicht aber, wenn dasselbe aus Mißverständnis oder Fahrlässigkeit unrichtig ab­ gefaßt ist. E. 5 S. 44. Dazu vgl. E. 7 S. 288, wonach eine Fälschung für die Revision nur in Betracht kommt, insofern auf derselben daS Urteil beruht. — Fälschung setzt immer voraus, daß dem Protokoll mit Bewußtsein ein unwahrer Inhalt gegeben worden ist — Beweiserhebungen, welche den Inhalt eines echten Protokolls betreffen, können von dem Revisionsrichter nicht angeordnet werden.

E. 20 S. 166. 85) Auf die Überschreitung der Frist, selbst wenn sie erheblich ist, kann die Rev. nicht gestützt werben. E. 59 S. 362. E. 62 S. 182. 85 a) Richtlinien Nr. 223. 86) Die Unterschrift des Richter kann jederzeit nachgeholt werden» R. 9 S. 480; E. 61 S. 399; auch nach erfolgter Revisionsbegründung. R. 7 G- 493; jedoch läuft die Revisionsbegründungsfrist dann erst nach Zustellung des voll-

1332

C II. Strafverfahrensordnung.

schrift beizufügen, so wird die- unter Angabe des VerhinderungsgrundeS von dem Vorsitzenden und bei deffen Verhinderung von dem ältesten betsitzenden Richter unter dem Urteil bemerkt.6T)

Der Unter­

schrift der Schöffen und der Geschworenen bedarf eS nicht.

Die Bezeichnung deS TageS der Sitzung, sowie die Namen der Richter, der Geschworenen, der Schöffen, deS Beamten der Staats­ anwaltschaft und deS Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, welche an der

Sitzung teilgenommen haben, find in das Urteil aufzunehmen. Die Ausfertigungen und Auszüge der Urteile find von dem Urkunds­ beamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel

zu versehen.

7. Äbsd)nltt.

Hauplverhandlung gegen Flüchtige.")

§ 276.") Gegen einen flüchtigen Beschuldigten kann die Hauptver­

handlung durchgeführt werden, wenn das Rechtsempfinden des Volkes

die alsbaldige Aburteilung der Tat verlangt. Flüchtig im Sinne der Vorschriften dieses Abschnittes ist ein Beschuldigter, der sich der deutschen Gerichtsbarkeit dadurch entzieht, daß

er sich im Auslande aufhält oder int Jnlande verbirgt."») ständigen Urteils. Löwe Anm. 4a. Ist die Unterschrift nicht nachgeholt, so ist daS BG. nicht verpflichtet, das Urteil unter Zurückverweisung an die erste In­ stanz aufzuheben. E. 61 S. 399. Können die Urt.gründe infolge Ablebens deS Bors, der tl. Straft, nicht unterschrieben werden, so erfolgt Zurückverweisung durch Rev.ger. BayObLG. DRZ. 23 Nr. 705. Eine Abänderung des von einem Richter bereits unterschriebenen Urteils ist ohne deffen Zustimmung unzulässig. E. 44 S. 120. JurW. 59 S. 558. DaS Recht zur Änderung der Urteilegründe

erlischt nicht schon mit der Unterzeichnung und Niederlegung auf der Geschäfts­ stelle, vielmehr mit der Zustellung; nach E. 54 S. 21 mit der Lerfügung des Bors., welcher die Vorlegung an die StA. anordnet, dagegen Löwe Anm. 4b Abs. 3; Schwarz a. a. O. Anm. 1 B; jedoch können offenbare Unrichtigkeiten, Schreib- und Faffungsfehler, falsche Bezeichnung des Strafgesetzes berichtigt werden durch Beschluß. JurR. 2 Nr. 892. Recht 31 Nr. 1564. 87) Für die Bezeichnung des LerhinderungSgrundeS ist eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben. GA. 39 S. 318. Es ist aber falsch, zu vermerken „8ür den verhinderten Richter*. Recht 25 Nr. 2490. Für den Amtsrichter kann nicht der ältere Schöffe unterschreiben. Löwe Anm. 4 e. BayObLG. DRZ. 23 Nr. 785. A. M. Stenglein Anm. 6 u. 1 zu 8 271. ES genügt dre Unter­ schrift eines einzelnen Richters, wenn die übrigen alle verhindert sind. GA. 42 S. 31. LZ. 16 S. 127.

88) Fassung deS Ges. v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 844). — Zustimmung deS GS1A. ist einzuholen. Richtlinien Nr. 283 a.

88 a) Die StA soll in erster Linie aus die Auslieferung deS Flüchtigen bedacht sein. Hiervon kann sie besonders dann absehen, wenn die Herbeiführung der AuSl. wegen erheb!, rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten untun­ lich ist. Begr. S. 66. Bgl. § 277 Abs. 2.

CII 2. Strafprozeßordnung 88 277—279.

1333

Für das Verfahren gelten die allgemeinen Vorschriften," ") soweit ihnen nicht die Abwesenheit des Beschuldigten entgegensteht "*>) oder

in den folgenden Vorschriften etwas anderes bestimmt ist. $ 277.") In Abwesenheit des Flüchtigen findet dieHauptverhand-

lung nur auf Antrag der Staatsanwaltschaft statt."«) Der Anttag kann auch nach Erhebung der Anllage gestellt werden. Ist den Umstünden nach anzunehmen, daß sich der Beschuldigte im Auslande aufhält, so soll die Staatsanwaltschaft den Anttag nur stellen, wenn mit einer alsbaldigen Gestellung des Flüchtigen nicht ge­ rechnet werden kann oder seine Auslieferung nicht möglich ist oder auf Schwierigkeiten stößt. Ist anzunehmen, daß er sich im Jnlande ver­ borgen hält, so soll sie den Anttag nur stellen, wenn die Ermittlungen nach dem Aufenthalt des Flüchtigen ergebnislos geblieben sind. Gegen einen Ausländer soll der Anttag nur gestellt werden, wenn das Urteil auch im Jnlande in seiner Abwesenheit wenigsten- teilweise vollstreckt werden könnte. § 278.") Ob die in den §§ 276 und 277 angegebenen Voraus­ setzungen vorliegen, prüft die Staatsanwaltschaft nach pflichtgemäßem Ermessen. Eine Nachprüfung durch da- Gericht findet nicht statt.

$ 271.") Der Flüchtige wird zur Hauptverhandlung öffenllich ge­ laden. Einer Zustellung der Anklageschrift und deS Eröffnungs­ beschlusses bedarf eS nicht. In der Ladung sollen angegeben werden: 1. der Name und, soweit bekannt, der Rufname, der Beruf, der frühere Wohn- oder Aufenthaltsort und der Geburtsort des Flüchtigen, 2. die Straftat," ") die ihm zur Last gelegt wird, mit ihren gesetz­ lichen Merkmalen und der Ort und die Zeit der Begehung, 3. die anwendbaren Sttafvorschriften, 4. der Ort und die Zeit der Hauptverhandlung. In der Ladung ist der Flüchtige darauf hinzuweisen, daß die Haupt­ verhandlung auch bei seinem Ausbleiben stattfinden werde und das Urteil vollstreckbar sei. 88 aa) In der RechtSmittelinstanz sind Sonderbest, maßgebend. §§ 329 u. 350. E. 66 S. 79. 88 b) Z. B. §8 230 Abs. 1, 235, 243 Abs. 2, 3, 257, 258, 265, 266. 88 c) Hieran ist daS Gericht gebunden und kann die Eröffnung der Unter­ suchung nicht ablehnen, weil eS die in den 88 276 Abs. 1 u. 2, 277 Abs. 2 u. 3 enthaltenen Voraussetzungen nicht für vorliegend hält; die sonstigen ProzeßvorauSsetzungen oder Prozeßhindernisse hat daS Gericht in jeder Lage deS Ver­ fahrens von Amts wegen zu prüfen. Begr. S. 67. 88 d) In der Fassung des Eröffnungsbeschl.

1334

C II. Strafverfahrensordnung.

§ 280. ••) Die Ladung ist in mindestens zwei öffentlichen Blättern, deren Auswahl die Staatsanwaltschaft trifft, bekanntzumachen. Sie gilt als erfolgt, wenn seit dem Erscheinen des Blattes, in dem die erste Bekanntmachung erfolgt ist, zwei Wochen verflossen sind.") Eine beglaubigte Abschrift der Ladung soll zwei Wochen an die Gerichtstafel des Gerichtes erster Instanz angeheftet werden. Ist der Aufenthalt des Flüchtigen, seiner Angehörigen oder anderer ihm nahestehenden Personen bekannt, so soll ihnen die Ladung unter Beifügung der Anklageschrift mitgeteilt werden. Die Staatsanwaltschaft kann auch weitere Maßnahmen treffen, um die Ladung zur Kenntnis des Flüchtigen zu bringen. Sie kann insbesondere ihre Verbreitung durch Rundfunk veranlassen. § 281.") Dem Flüchtigen ist ein Verteidiger von Amts wegen zu bestellen.

§ 282.") Ergibt die Hauptverhandlung, daß sich in Abwesenheit des Angeklagten weder seine Schuld noch seine Nichtschuld feststellen läßt, so stellt das Gericht das Verfahren vorläufig ein. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. § 282a.") Das Urteil ist als Abwesenheitsurteil zu kennzeichnen und nach $ 40 Abs. 2 zuzustellen. Die in den §§ 316 Abs. 2 und 343 Abs. 2 vorgeschriebenen Zustellungen erfolgen an den Verteidiger. Das Urteil ist zu vollstrecken, soweit es möglich ist. Die Staats­ anwaltschaft kann das Urtell öffentlich bekanntmachen.

§ 282b.88) Mrd der Verurteilte ergriffen oder stellt er sich freiwillig, so ist ihm das Abwesenheitsurteil erneut zuzustellen. Bei der Zustel­ lung ist er über die Form und die Frist für die Wiederaufnahme des Verfahrens (Abs. 2) zu belehren. Binnen einer Woche seitder Zustellung kann der Verurteilte,8") auch wenn die im § 359 vorgesehenen Gründe für die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht vorliegen, die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen. Sie findet statt, wenn der Flüchtige sein Ausbleiben durch triftige Gründe rechtfertigt, oder wenn sonstige Umstände vorliegen, die eine Erneuerung der Hauptverhandlung als notwendig erscheinen lassen.88 b) Im übrigen gelten für das Verfahren die allgemeinen Vorschriften. 89) Im ganzen 3 Wochen vor der Hauvtverhandl. § 217 StPO. Wird die Hauptverhandl. ausgesetzt, so ist eine weitere öfsentl. Ladung nicht erfordert. Für diesen Faü gilt § 40 Ads. 2. Begr. S. 68. 89 a) Nicht die StA. Begr. S. 70. 89 b) Hierzu wird gehören der Fall, daß der Flüchtige durch Unfall auf der Reise zum Verhandlungstermin gehindert worden ist, auch nachträglich auf­ tauchende schwere Bedenken gegen denSchuidspruch oder die Strafhöhe, dagegen

1335

C II2. Strafprozeßordnung §§ 283—287.

8.8e) Abschnitt. § 283 (325).

Vettere Maßnahmen -ege« Flüchtige.

Insoweit es nach dem Ermessen deS Richter- zur

Deckung der den Angeschuldigten möglicherweise treffenden höchsten

Geldstrafe

und der Kosten deS Verfahrens

erforderlich ist, können

einzelne zum Vermögen des Angeschuldigten gehörige Gegenstände mit

Beschlag belegt werben. ®°)

Aus diese Beschlagnahme finden die Be­

stimmungen der Zivilprozeßordnung über die Vollziehung

und die

Wirkungen deS dinglichen Arreste- entsprechende Anwendung.

Die

Beschlagnahme ist aufzuheben, wenn ihr Grund weggefallen ist. § 284 (326).

Insoweit eine Deckung

in Gemäßheit

der vor­

stehenden Bestimmung nicht ausführbar erscheint, kann durch Beschluß deS Gerichts da- im Deutschen Reiche befindliche Vermögen des An­ geschuldigten mit Beschlag belegt werden.

Der Beschluß ist durch den

Deutschen Retchsanzeiger und nach (Ermessen des Gerichts auch durch andere Blätter zu veröffentlichen. "*)

Verfügungen,®®") welche der Angeschuldigte über sein mit Beschlag

belegtes Vermögen nach der ersten durch den Deutschen Reichsauzeiger bewirkten Veröffentlichung des Beschlusses vornimmt, sind der StacttS-

kaffe gegenüber nichtig. Die Beschlagnahme des Vermögens

ist aufzuheben, sobald ihr

Grund weggefallen oder die Deckung der Staatskasse durch eine Be­ schlagnahme in Gemäßheit deS § 283 bewirkt ist.

Die Aushebung der Beschlagnahme ist durch dieselben Blätter be­

kanntzumachen, durch welche die Beschlagnahme veröffentlicht worden ist. § 285. ••) Findet eine Hauptverhandlung gegen einen Flüchtigen nicht statt, so ist für die Sicherung der Beweise zu sorgen.

Für dieses Verfahren gelten die Bestimmungen der §§ 286 bis 294. § 286 (328).89)

Die Zulassung eines Verteidigers wird durch die

Flucht des Beschuldigten nicht ausgeschlossen.

Zur Wahl eines Ver­

teidigers sind auch Angehörige deS Beschuldigten befugt. Zeugen und Sachverständige sind, eidlich zu vernehmen. § 287 (329).")

Dem flüchtigen Beschuldigten steht ein Anspruch

aus Benachrichtigung über den Fortgang deS Verfahren- nicht zu. Der Richter ist jedoch befugt, einem Flüchtigen, dessen Aufent­

halt bekannt ist, Benachrichtigungen zugehen zu lassen nicht ohne weiteres die Tatsache, daß der A. von dem Berf. keine Kenntnis hatte, oder daß ihm die öffentl. Ladung unbekannt geblieben war. Begr. S. 70. 90} Die Beschlagnahme tft auch nach eingetretener Rechtskraft deS Urteils möglich. DeliuS. GA. 37 S. 117 ff. 90 a) Veröffentlichung im Öffentl. Anzeiger deS Reg.-AmtSblattS. AB.

v. 11. Novbr. 26 (JMBl. S. 397). 90 b) Hierzu gehört nicht Ausschlagung der Erbschaft. RGZ. 54 S. 293.

1336

C II. StrafverfahrenSordnung

Der Flüchtige, besten Aufenthalt unbekannt ist,

§ 288 (330).88)

kann in öffentlichen Blättern zum Erscheinen vor Gericht oder zur

Anzeige seine- Aufenthaltsorts aufgefordert werden. Stellt sich erst nach Eröffnung des Hauptver-

§ 289 (331).88)

fahrens die Flucht des Angeklagten heraus, so erfolgen die noch erforderlichen Beweisaufnahmen durch einen beauftragten oder ersuchten

Richter. Liegen gegen den Flüchtigen, gegen welchen die

§ 290 (332).89)

öffentliche Klage erhoben ist, Verdachtsgründe vor, welche die Erlassung eines Haftbefehls rechtfertigen würden, so kann sein im Deutschen Reiche befindliches Vermögen90 c) durch Beschluß des Gericht- mit Be­ schlag belegt werden. § 291 (333).

Der die Beschlagnahme verhängende Beschluß ist durch

den Deutschen RetchSanzeiger bekanntzumachen und kann nach dem

Ermessen deS Gerichts auch durch andere Blätter veröffentlicht90 •) werden. § 292 (334). Mit dem Zeitpuntt der ersten Bekanntmachung in dem

Deutschen Reichsanzeiger verliert der Angeschuldigte oas Recht, über das in Beschlag genommene Vermögen unter Lebenden zu verfügen.

Der die Beschlagnahme

verhängende Beschluß ist der Behörde

mttzuteilen, welche für die Einleitung einer Pflegschaft über Abwesende

zuständig ist.

Diese Behörde hat eine Pflegschaft einzuleiten.

§ 293 (335).

Die Beschlagnahme

ist

aufzuheben,

wenn

ihre

Gründe weggefallen sind.

Die Aufhebung der Beschlagnahme ist durch dieselben Blätter90 •) bekauntzumachen, durch welche die Beschlagnahme selbst veröffentlicht

worden war. § 294 (336).

Auf daS nach Erhebung der öffentlichen Klage

eiutretende Verfahren finden im übrigen die- Vorschriften über die Voruntersuchung entsprechende Anwendung.

In dem nach Beendigung diese- Verfahren- ergehenden Beschluffe

(§ 198) ist zugleich über die Fortdauer oder Aufhebung der Beschlag­

nahme zu entscheiden.

§ 295 (337).88)

DaS Gericht kann einem flüchtigen Beschuldigten

sichere- Geleit «teile«;9011) es kann diese Erteilung an Bedingungen

knüpfen.91) 90 c) Die Beschlagnahme darf nicht die Bezeichnung einzelner Vermögens­ gegenstände enthalten. Darmstadt JurR. 2 Nr. 2406. vgl. dazu § 433. 90 d) Ein Haftbefehl wird nicht vorausgesetzt. KG. DRZ.20Nr.89. Kein Geleit für Zeugen. DRZ. 1929 Nr. 207. 91) ES ist unzulässig, wegen Veränderung der Sachlage nachttäglich die Fortdauer deS sicheren Geleits an Bedingungen zu knüpfen, wenn der Beschul­ digte von dem sicheren Geleit Gebrauch gemacht hat. KG. DIZ. US. 489. Hamburg DRZ. 21 Nr. 456. Zu versagen ist daS sichere Geleit nur auSnahmS-

CII2. Strafprozeßordnung §§ 296 u. 297.

1337

DaS sichere Geleit gewährt Befteiung von der Untersuchungshaft, jedoch nur wegen der strafbaren Handlung, für welche eS erteilt ist. ES erlischt, wenn ein auf Freiheitsstrafe lautendes Urteil ergeht,

wenn der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, oder wenn er die Bedingungen nicht erfüllt, unter welchen ihm daS sichere Geleit erteilt

worden ist.

3. Such. Rechtsmittel. 1. Abschnitt.

Allgemeine Sestimmnngea.*")

§ 296

(338). Die zulässigen Rechtsmittel gegen gerichtliche Ent­ scheidungen stehen sowohl der Staatsanwaltschaft als dem Beschul­ digten zu.")

Die Staatsanwaltschaft kann von ihnen auch zugunsten deS Be­

schuldigten Gebrauch machen. ")

§ 297

(339).

Für den Beschuldigten kann der Verteidiger,")

weise, z. B. wegen Gefahr einer gemeingefährlichen Tätigkeit, aber nicht mit Rücksicht auf die Schwere der Tat und den Umstand, daß der A. sich jahrelang der Festnahme hartnäckig entzogen hat. Son tag, DIZ. 33 S. 725 u. 757. 91») Die Gerichte sind grundsätzlich befugt, Entscheidungen, die einer Rechtskraft nicht fähig sind, von Amis wegen zu ändern u. zurückzunehmen. BayObLG. DRZ. 21 Nr. 423. Bon einer Nichtigkeit deS Urteils kann man höchstens sprechen, wenn eS in keiner Weise den Vorschriften und dem Geist der StPO, entspricht. E. 72 S. 77. Dazu Anm. 10» zu 8 306. 92) Richtlinien Nr. 237—241. — Die Rechtsmittel stehen auch einem Dritten zu, der in die Kosten verurteilt ist. KG. Recht 31 Nr. 796. Dem freigesprochenen A. steht ein Rechtsmittel nur insoweit zu, alS eine ihn benachteiligende Disposition getroffen worden ist. E. 4 S. 355. E. 46 S. 371; weil die notwendigen Auslagen der Bert, nicht der Staats­ kasse auferlegt sind. KG. HRR. 1933 Nr. 264; wenn ein Ausspruch auS §41 StGB, gegen ihn ergangen ist, auch dann, wenn ihm kein wirtschaftlicher Nachteil erwachsen ist. E. 61 S. 293. Die Revision des A., daß er wegen Geistesstörung frcigesprochen sei, ist unzulässig. R. 6 S. 545. KG. DIZ. 33 S. 1338; ebensowenig die Feststellung in den Gründen, daß objektiv eine straf­ bare Handlung vorliege. E. 13 S. 324; auch daß gegen den A. auf Einstellung und nicht auf Freisprechung erkannt ist, wenn jede Verfolgung der Tat für immer­ ausgeschlossen ist. E. 42 S. 399; auch wenn behauptet ist, der A. sei unschuldig.

E. 69 S.124. Bedingte Erklärungen über Einlegung eines Rechtsmittels sind unzulässig. E. 53 S. 51. E. 66 S. 265 (268). 93) Die Befugnis der StA. z. Einlegung von Rechtsmitteln zugunsten deS A. ist davon abhängig, daß eine gerichtliche Entscheidung in Frage steht, welche sowohl von dem StA. als auch von dem Beschuldigten angefochten werden kann. R. 5 S. 889. 94) Die Einlegung deS Rechtsmittels durch den Verteidiger ist wirkungs­ los, wenn der Beschuldigte selbst auf das Rechtsmittel verzichtet hat, selbst Wenn ihm die Einlegung des letzteren unbekannt geblieben ist. R. 9 S. 230. KG. JurW. 60 S. 1135. Eine Anzeige an das Gericht, daß die Vollmacht deS Bert.

1338

6 II. Strafverfahrensordnung,

jedoch

nicht

gegen

dessen

ausdrücklichen

Willen,

Rechtsmittel

ein­

legen § 298 (340). v«)

kaun binnen der für

Der gesetzliche Vertreter9ft) eines Beschuldigten den Beschuldigten laufenden Frist

selbständig

von den zulässigen Rechtsmitteln95 * * 96 *a)* *Gebrauch * * * * * * * * *machen. * ")

Auf ein solches Rechtsmittel und aus das Verfahren 97) finden die über die Rechtsmittel des

Beschuldigten

geltenden

Vorschriften ent­

sprechende Anwendung.

§ 299.

Der nicht

aus freiem Fuß befindliche Beschuldigte

kann

die Erklärungen, die sich auf Rechtsmittel beziehen,97*) zu Protokoll der widerrufen wird, ist nicht erforderlich.

BayObLG. GA. 73 S. 376.

Über Zu­

stellung deK Urteils an den Verteidiger siehe Anm. 38 zu § 36. Der Verteidiger bedarf zur Einlegung des Rechtsmittels keiner Vollmacht, wohl aber bedarf einer solchen der RA., welcher nicht als Verteidiger fungiert hat. E. 1 S. 71; deSgl. der Verteidiger, der als Vertreter nach 8 234 ohne schriftliche Vollmacht in der Hauptverh. zugelasien war, E. 18 S. 346. Daß die Vollmacht erst nach Ablauf der Revisionsanmeldungsfrist beigebracht ist, schadet nicht, wenn nur die Bevollmächtigung innerhalb dieser Frist stattgefunden hat. E. 55 S. 213. KG. JurW. 54 S. 2378, JurW. 60 S 2857; a. M. KG. JurW. 57 S. 3198. Nach E. 66 S. 265 kann das vom RA. ohne Vollmacht eingelegte Rechtsmittel durch nachträgliche Genehmigung nicht wirksam werden. Der A. kann auch durch eine andere Person als seinen Verteidiger Rechtsmittel einlegen. Dresden JurW. 60 S. 1850 u. KG. JurW 60 S. 2387. E 66 S. 211. A. M. Löwe Anm. 4. Nach dem Tode des AufiraggeberS sind alle weiteren Rechtshandlungen seines Verteidigers wirkungslos. BahObLG. DRZ. 19 Nr. 972. 95) Der gesetzt. Bettreter, welcher namens des A. ein Rechtsmittel ein­ gelegt hat, bedarf zur Zurücknahme desselben der Einwilligung des A. E. 28 S. 385. Gegen V.näumung ber^Rechts Mittelfrist hat er Wiederein­

setzung. BayObLG. HRR. 1928 Nr. 1384. Der Vater ist nicht befugt, die von seinem Sohne bezw. desien Verteidiger eingelegte Revision ohne Bevoll­ mächtigung zu begründen. DIZ. 8 S. 106. Der Vertreter kann die von ihm eingelegte Revision rechtswirksam nicht mehr begründen, wenn er nach der Ein­ legung, aber vor der Rechtfertigung deS Rechtsmittels aufgehött hat, gesetzlicher Vertreter zu sein. E. 42 S.342. DaS Rechtsmittel ist überhaupt nicht mehr zu­ lässig, wenn die gesetzl. Vertretung vor der Hauptverhandlung beendet ist. E. 47 S. 159. A. M. mit Recht Celle JurR. 3 Nr. 1874; Königsberg JurW. 57 S. 1322. BayObLG. DRZ. 25 Nr. 53. Ist dem Vater die elterliche Gewalt entzogen, so ist der Vormund, nicht die Mutter, zur Einlegung des Rechtsmittels berechtigt. Recht 21 Nr. 1755. 95 a) RechiSm. ist auch der Antr. auf gerichtl. Entsch. aus § 414 StPO. LV. Hamburg JurW. 1937 S. 2706. 96) Der somit am Vers Beteiligte muß zu der Berhandl. über das Rechtsmittel geladen werden. Jedoch braucht er aus der Haft nur vorgefühtt zu werden, wenn er eS rechtzeitig beantragt. E. 64 S. 364. 97) Auch nach Aufhebung u. Zurückverweisung der Sache an daS erste Gettcht. Freymuth DIZ. 33 S. 1005, a. M. JurW 30 S. 5ul. 97 a) Hierher gehört auch Antrag out Wiedereinsetzung gegen Versäumung von Rechtsmittelsttsten. KG. DRZ. 21 Nr. 1151.

1339

CII 2. Strafprozeßordnung 88 300—302.

Geschäftsstelle98)99des 100 Amtsgerichts geben, in dessen Bezirk die Anstalt

liegt, wo er auf behördliche Anordnung verwahrt toitb.40a) 98 a) Zur Wahrung einer Frist genügt es, wenn innerhalb der Frist das Protokoll ausgenommen toitb.")

§ 300 (342).

Ein Irrtum in der Bezeichnung bes zulässigen

Rechtsmittels ist unschädlich. 10°) 8 301 (343).

Jede- von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechts­

mittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zu­

gunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann?) 8 302 (344).

Die Zurücknahmela) eines Rechtsmittels sowie der

Verzicht8) auf die Einlegung eines Rechtsmittels kann auch vor Ab­

lauf der Frist8) zu seiner Einlegung wirksam erfolgen.4)

Ein von

98) Das Protokoll braucht von den Beteiligten nicht unterschrieben zu werden. E. 48 S. 79. Es ist unstatthaft, daß der nicht verhaftete Verurteilte die Revision bei anderer Geschäftsstelle als derjenigen des Gerichts, dessen Ur­ teil angefochten wird, zu Protokoll gibt. E. 7 S. 174. 98a) Hierzu gehören auch Trinkerheilanstalten. 99) Beantragt der verhaftete A. rechtzeitig seine Vorführung zur Proto­ kollierung seiner Revisionsanträge, wird er aber erst nach Ablauf der Frist vor­ geführt, so begründet dies die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. R. 1 S. 179. 100) Der bloße Antrag auf Erteilung einer Abschrift des Urteils gilt nicht als Einlegung des Rechtsmittels. 91. 1 ©. 110; dagegen der auf Beiordnung eines Verteidigers. Erk. v. 8. März 24, Feisenberger Anm. 2. Die Einlegung eines unzulässigen Rechtsm. gilt, wenn nur ein RechtSm. zulässig ist, als Einl. des zulässigen Rechtsm. Dresden DJust. 1938 S. 791. 1) Eine Prüfung der Schuldfrage steht dem BG. in dem Falle der Be­ schränkung der Berufung aus das Strafmaß nicht zu, auch nicht, wenn das Finanz­ amt die Berufung eingelegt hat. KG. DIZ. 26 S. 766. Es kann, wenn die Berufung der StA. nur aus die Verschärfung der Strafe gerichtet war, zwar eine Milderung derselben erfolgen, nicht aber der A. für nichtschuldig erklärt werden. E. 47 S. 382. Die Vorschrift des 8 findet auch auf das Rechtsmittel des Nebenklägers Anwendung. E. 41 S. 349. 1 a) Richtlinien Nr. 242. Tie Zurücknahme muß gegenüber dem mit der Sache jeweils befaßten Gericht erklärt werden. J.na JurW. 1937 S. 768. Für die schriftliche Zurücknahme bedarf es der eigenhändigen Unterschrift. E. 34 S. 358. 2) Die Frage, ob ein wirksamer Verzicht vorliegt und ob ein später an­ gemeldetes Rechtsmittel zulässig ist, kann nur von dem über das Rechtsmittel entscheidenden Gerichte entschieden werden. R. 8 S. 469. In der Bezahlung der Geldstrafe und Kosten liegt kein Verzicht. Düsseldorf JurW. 60 S 1641. Die auf Grund einer Beweisaufnahme getroffene Feststellung der Erklärung eines Rechtsmittelverzichts ist für das Rev. Gericht bindend Königsberg HRR. 1929 Nr. 881. Nur hinsichtlich der Erklärung des Rechtsmittelverzichts darf die Berhandlungsfähigkeit nicht verneint werden. E. 64 S 14. Auch aus ein nicht befristetes Rechtsmittel kann verzichtet werden. GA. 42 S. 149. 3) Der Verzicht kann innerhalb der Anmeldungsfrist nicht mehr widerrufen werden. E. 1 S. 92, anders bei Zurücknahme des Rechtsmittels. Königsberg,

1340

C II. Strafverfahrensordnung.

der Staatsanwaltschaft zugunsten de- Beschuldigten eingelegtes Rechts­

mittel

kaun

jedoch

ohne dessen Zustimmung

nicht zurückgenommen

werden.

Der Verteidiger4* *‘S. )* bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.

§ 303 (345).

Wenn die Entscheidung über das Rechtsmittel aus

Grund mündlicher Verhandlung stattzufinden hat, so kann die Zurück­

nahme 4b)4c) nach Beginn der Hauptverhandlung nur mit Zustimmung deS Gegners6) erfolgen. GM. 71 S. 268. Mrd die Revision durch einen von mehreren Verteidigern zu­ rückgenommen, so können die anderen nicht widersprechen. LZ. 13 S. 389. 4) Der Verzicht kann nicht eher ausgesprochen werden, bis der Laus der Rechtsmittelfrist begonnen, also nicht vor der Verkündung der UrteilSgründe. E. 2 S. 78. Recht 26 Nr. 697. KG. JurW. 59 S. 2079. Der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen bedarf dessen Zustimmung. KG. Recht 31 Nr. 516. Der Verteidiger ist zum Verzicht ohne ausdrückliche Ermächttgung des A. nicht befugt. E. 64 S. 164. KG. JurR. 2 Nr. 1458. Die dem Ver­ teidiger erteilte Vollmacht, die Rechtsmittel zurückzunehmen, gllt nicht ohne weiteres für den in der Hauptverhandl. auftretenden Unterbevollmächtigten. HRR. 1933 Nr. 1064. Bedingter Verzicht ist unwirksam vgl. Anm. 92 -u § 296. Der in der Hauptverhandlung nach Verkündung der Gründe erklärte und zu Protokoll genommene Verzicht ist rechtsgültig und unwiderruflich. R. 2 S. 562; auch wegen Irrtums nicht anfechtbar. E. 57 S. 83; JurW. 58 S. 49; doch kann die Lerzichtertlärung als nicht abgegeben angesehen werden, wenn der A. da- Urteil mißverstanden hat, z. B. wegen Schwerhörigkeit. Frankfurt JurW. 53 S. 331; oder wenn der A. unzurechnungsfähig war. BayObLG. DRZ. 25 Nr. 416. Der Verzicht kann auch auf einen Teil der Entscheidung be­ schränkt werden. E. 42 S. 241. Ein Vermerk des Vorsitzenden in den Akten über die Verzichtserklärung ge­ nügt nicht. BayObLG. DStZ. 6 S. 138. Nach Celle GA. 59 S. 364 ist der Verzicht nicht gültig, wenn er nicht in das SitzungSprotokoll ausgenommen, sondern nur vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beurkundet ist. Ein Verzicht auf ein Rechtsmittel ist erst dann wirksam, wenn derselbe bei dem Gericht eingegangen ist. R. 1 S. 301; es genügt aber schon die Abgabe an die Botenmeisterei. R. 6 S. 63. Der vor dem GefängniSinspektor erklärte verzicht ist bindend, wenn derselbe ersehen läßt, daß er sür daS Gericht be­ stimmt war und an dieses gelangt ist. R. 1 S. 826. RG. DaS Recht 1939 Nr. 127. Tin die Ber. sür erledigt erklärender Beschl. ist nicht notwendig. Wird er dennoch erlassen, unterliegt er der einfachen Beschwerde. KG. JurW. 61 S. 3126. 4 a) Nicht der Anwalt deS PrlvatklägerS. Königsberg HöchstRR. 3 ©.117. Die Ermächttgung wird dadurch ersetzt, daß der A. im Beisein deS L. der aus­ drücklich ertlfirten Zurücknahme nicht widerspricht. HRR. 1930 Nr. 1572. Dresden LZ. 22 S. 1497. Sie gilt solange, als sie dem Gericht gegenüber nicht widerrufen wird. JurW. 61 S. 3112. 4 b) Auch die in der Beschränkung auf das Sttafmaß liegende teilweise Zurücknahme. JurW. 62 S. 1070. 4c) Über Berufungszurücknahmeu. Amnestie. Ehrenspecku.Schäfer

in DJust. 1938 S. 941.

CII2. Strafprozeßordnung §§ 304 u. 305.

r. Löschaitt.

§ 304 (346).

1341

Leschwerdr.

Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten

in erster Instanz oder in der Berufungsinstanz erlassenen Beschlüsse

und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, deS Untersuchung-richters,°») deS Amtsrichter- und eine- beauftragten oder ersuchten Richter- zu­ lässig, sowett das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht/) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen8s) können gegen

Beschlüsse und Verfügungen, durch welche sie betroffen werden, Be­ schwerde erheben. Gegen Beschlüsse und Verfügungen der OberlandeSgerichte und

deS Reich-gerichts85 b6) 7findet eine Beschwerde nicht statt?) z 305 (347).

Entscheidungen der erkennenden Gerichte, welche

der Urteil-fällung vorausgehen,8) unterliegen nicht der Beschwerde. 5) Der Zustimmung des Nebenkläger- bedarf eS nicht. T. 61 S. 385. Nach der Vertagung der Hauptverhandl. bedarf eS nicht der Zustimmung. S. 67. S. 281. Hamburg DStZ. 3 S. 185. Löwe Anm. 3. A. M. Brandt, JurW. 54 S. 2748 u. KG. ebenda, Dresden JurW. 58 S. 2772 u. JurW. 62 S. 1088; Celle G«. 75 S. 116 u. HRR. 1933 Nr. 790. Die stillschweigende Zustimmung ist nicht ausreichend. JurW. 62 S. 1069. A. M. Ittel JurW. 58 S. 1695. Im Falle de- § 329 (Verwerfung der Ber. deS A.) kann die zu seinen Ungunsten eingelegte Ber. der StA. nicht ohne seine Zustimmung zurückgenommen oder beschränkt werden. E. 65 S. 231. 5 a) Auch gegen, dessen Festsetzung von Sachverst.-Gebühren. BayObLG. DRZ 25 Nr. 273. 6) Ob Beschwerde oder Berufung resp. Revision zulässig hängt nicht aus­ schließlich von der Form ab, in welcher die angefochtene Entscheidung ergangen ist, sondern eS kommt auf ihren Inhalt und ihre Unterlagen an. Löwe Anm. 1. E. 65 S. 397. A. M. R. 4 S. 322. Handelt es sich aber um eine unrichttge Bezeichnung einer in Wirklichkeit als Urteil ergangenen Entscheidung, so ist Be­ schwerde nicht zulässig. E. 63 S. 246. KG. DIZ. 34 S. 1553. 6 a) Keine Behörde (Gefängnisvorsteher). Celle HöchstRR. 3 S. 214. 6 b) Sowie des Volksgerichtshofs. 7) Beschlüsse eines unzuständigen OLG. sind unanftchtbar. E. 32 S. 90. JurW. 56 S. 396. BreSlau JurW. 50 S. 470. 8) Erforderlich ist, daß sie in innerem Zusammenhang mit der UrteilSfällung stehen und zu deren Vorbereitung dienen. E. 67 S. 310. KG. GA.67S.464. DarmstadtHRR. 1931 Nr. 722. Kiel JurW. 62 S. 2077. A.M. E. 43 S. 179. Nach Ansicht deS KG. JurR. 2 Nr. 122 u. JurW. 62 S. 485 sind eS nur solche Entscheidungen, welche lediglich zur Vorbereitung der Urteil-fällung dienen, ohne sonst eine selbständige prozessuale Bedeutung zu haben. Daher Beschwerde zulässig gegen den die beanttagte Bestellung eine- Verteidiger- ab­ lehnenden Beschl. E. 67 S. 310. Karlsruhe HRR. 1929 Nr. 682, auch gegen den einen RA. al- Verteidiger oder Vertt. deS Nebenkl. nicht zulaffenden Beschl. KG. JurW. 62 S. 484, 485. Über die Frage der Zulässigkeit der Beschw. gegen Entsch., die auf Grund deS StraffreiheitSges. ergangen sind, siehe Schäfer, DJuft. 1936 S. 722. Keine Beschwerde gegen Ablehnung eine- Sachverst. KG. DIZ. 33 S. 1338; BreSlau DRZ. 22 Nr. 156; auch nicht gegen Beschl., durch den daS Ab-

1342

C II. Strafvcrfahrensordnung.

Ausgenommen sind Entscheidungen über Verhaftungen, die einstweilige Unterbringung?») Beschlagnahmen oder Strafsestsetzungen, sowie alle Entscheidungen, durch welche dritte Personen betroffen werden?)

§ 306 (348). Die Beschwerde wird bei dem Gerichte, von welchem oder von dessen Vorsitzenden die angefochtene Entscheidung erlassen ist, zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt.") Sie kann in dringenden Fällen apch bei dem Beschwerdegericht eingelegt werden. Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr ab­ zuhelfen ;10 * *•)* anderenfalls ****8* ist die Beschwerde sofort, spätestens vor Ablaus

von drei Tagen, dem Beschwerdegerichte vorzulegen. Die vorstehenden Bestimmungen finden auch auf die Entscheidungen des Amtsrichters im Vorverfahren, des beauftragten oder ersuchten Richters und des Untersuchungsrichters Anwendung. lehnungsges. für unbegründet erklärt wird. KG. JurW. 59 S. 2592; durch den die Widerklage zurückgewiesen ist. Dresden JurW. 61 S. 962; gegen den Besch!., durch den dem Privatkl. das Armem echt bewilligt ist. KG. DIZ. 34 6. 108; gegen den Beschluß aus § 191 StGB BayObLG. HRR. 1929 Nr. 566; gegen Entsweidg. des erk. Gerichts über den Antrag des A. auf Entbindung von der ErschemungSpflicht. KG. JurW. 57 S. 3011; Breslau DRZ. 23 Nr. 538; ferner gegen Verbindungsbeschl. KG. Recht 33 Nr. 939. Keine Beschwerde hat der A. gegen Ausschluß eines RA. von der Berh. KG. JurW. 62 S. 485. Die Bestimmung bezieht sich auch auf die Entscheidungen, die der Vor­ sitzende in Vertretung des erkennenden Gerichts erläßt (88 219 —221). Löwe Anm. 3. 8 a) Siehe Anm. 3d zu 8 5 a. 9) Beschwerde ist zulässig gegen einen vom LG. als Berufungsgericht erlaffenen Beschluß, durch den Personen als Nebenkläger zugelaffen sind. KG. GA. 57 S. 234. Dresden JurW. 58 S. 1077. Düsseldorf DRZ. 25 Nr. 133, Kiel JurW. 62 S. 2077. 10) ES kann dies auch telegraphisch geschehen. R. 5 S. 481. PlenEntsch. E. 8 S. 92. Aber das Telegramm muß die Unterschrift des Antragstellers enthalten oder es muß sonst erhellen, daß dasselbe von ihm herrübrt. Zum mindesten muß die Urschrift der Berufungsschrift unterzeichnet sein. Die Unterzeichnung der Brrf. „Berufung etnlegen" genügt nicht. KG. JurW. 59 S. 1102. Siehe auch Anm. 15. — Eine Anmeldung mittels Fern­ sprechers ist nicht statthaft. E. 38 S. 282. Naumburg DRZ. 21 Nr. 1174. A. M. Maschke DRZ. 22 S. 14. Die Beschwerdeschrist gegen Entscheidungen der auswärtigen Strafkammer (§ 78 GBG.) kann auch beim LG. eingebracht werden. Vgl. R. 2 S.30. A.M. Schwarz a.a. O. Anm. zu 8 341. 10 a) Entscheidungen, die entweder unanfechtbar oder mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar sind, können grundsätzlich nicht zurückgenommen werden. Löwe Anm. 5a. Vgl. E. 55 S. 235. Ausnahmen hiervon sind da zulässig, wo eS sich darum handelt, daß formales, prozessuales Unrecht im Interesse der Gerechtigkeit wieder beseitigt werden muß. BayObLG. GA. 77 S. 297. E. 37 S. 114. Vgl. auch Naumburg HRR. 1932 Nr. 1229. Über Nichtigkeit einer Entsch. (Urteil) siehe Anm. 91a zu §296.

CII 2. Strafprozeßordnung §§ 307—311.

§ 307 (349).

1343

Durch Einlegung der Beschwerde wird der Vollzug

der angefochtenen Entscheidung nicht gehemmt. Jedoch kann das Gericht, der Vorsitzende oder der Richter, dessen

Entscheidung angefochten wird, sowie auch das Beschwerdegericht an­ ordnen, daß die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung auSzusetzen sei. § 308 (360).

Das Beschwerdegericht kaun dem Gegner des Be­

schwerdeführers die Beschwerde zur schriftlichen Gegenerklärung mit­ teilen; es kann etwa erforderliche Ermittlungen anordnen oder selbst

vornehmen. § 309 (351).

Die Entscheidung über die Beschwerde erfolgt ohne

vorgängige mündliche Verhandlung, in geeigneten Fällen nach An­

hörung der Staatsanwaltschaft. Wird die Beschwerde für begründet erachtet, so erläßt daS Beschwerdegericht zugleich die in der Sache erforderliche Entscheidung. *10 b11 ) § 310 (352).

Beschlüsse, welche von dem Landgericht in der

Beschwerdeinstanz erlassen sind, können, insofern sie Verhaftungen oder

die einstweilige Unterbringung8a) betreffen, durch wettere Beschwerde angefochten werden.")

Im übrigen findet eine weitere Anfechtung der in der Beschwerde­

instanz ergangenen Entscheidungen nicht statt.12)

K 311 (353).

Für die Fälle der sofortigen Beschwerde gelten die

nachfolgenden besonderen Bestimmungen. 10 b) Gegenstand der Entich. kann nur eine Borfrage, nicht das Verfahren als Ganzes sein. Dresden DRZ. 24 Nr. 766. 11) Der w. B unterliegen nicht solche Entscheidungen, die zwar mit Ver­ haftungen im Zusammenhänge stehen, die aber nur die Ausführung von Ver­ haftungen oder die Modalitäten der Ausführung betreffen (Verbringung in ein Krankenhaus.) Stuttgart DStZ. 1 S. 539; a. M. Hambura JurW. 60 S. 2860; oder Anordnungen auf Grund des § 148 Abs. 3. KG. DIZ. 34 S. 1620; Berechnung der Strafzeit. Breelau DRZ. 24 Nr. 153; ridjterl. Vers gemäß 8 HO Abs. 5 StPO. BayObLG. DIZ. 37 S. 1232. Gegen die zur Erzwingung des Zeugnisses angeordnete Haft ist w. B. nicht zulässig. KG. GA. 53 S. 180, auch nicht bei Verhaftung zum Zwecke der Strafvollstreckung. Königsberg GA. 68 S. 315; nicht gegen den die Genehmigung de' Vollstreckung einer Freiheitsstrafe während der Untersuchungshaft bestätigenden Beschl. KG. Recht 33 Nr. 690; ebensowenig gegen Disziplinarstrafen eineS Untersuchungsgef. Breslau JurN. 2 Nr. 1896; BayObLG. DRZ. 21 Nr. 1017. München JFGErg. 17 S. 351; gegen Entsch. des LG., die den Verfall einer Sicherheit (8 122) zum Gegenstand haben. Königsberg JurW. 56 S. 3064. KG. Recht 34 9tr. 965 Danzig JurW. 60 S. 1139. BayObLG. DIZ 38 S. 1203. A. M. KG. DRZ. 18 Nr. 252. 12) Nicht im Kostenerstattungsverfahren. GA. 51 S. 417, nicht, wenn die Beschwerde über Ablehnung der Einleitung einer Privatklage verworfen ist. E. 28 S. 31, nicht, wenn der in der Beschwerdeinstanz erlaßene Beschluß, durch den dem Privatkläger daS Armenrecht bewilligt ist, vom Besch, angefochten wird. BayObLG. JurW. 1935 S. 369.

1344

C II. StrasverfahrenSordnung.

Die Beschwerde ist binnen der Frist von einer Woche/' *) welche mit der Bekanntmachung (§ 35) der Entscheidung beginnt, einzulegeu. Die Einlegung bei dem Beschwerdegerichte genügt zur Wahrung der Frist, auch wenn der Fall für dringlich nicht erachtet wird. DaS Gericht ist zu einer Abänderung seiner durch Beschwerde angefochtenen Entscheidung nicht befugt. 3. Abschnitt.

Serusuug.

§ 312 (354). Die Berufung findet statt gegen die Urteile deS Amtsrichters und des Schöffengerichts. "*») Kap. I, Art 2 § 1 d. VO. d. BP. v. 14. Juni 32 (RGBl. I 8. 285) bestimmt:

§ 1. Die Rechtsmittel in Strafsachen, die zur Zuständigkeit der Amtsgerichte gehören, werden wie folgt beschränkt: 1. Gegen die Urteile des Amtsrichters und des Schöffengerichts findet, vorbehaltlich der Bestimmung des § 313 der Straf­ prozeßordnung, nach Wahl des Berechtigten die Berufung an das Landgericht oder die Revision an das Oberlandesgericht statt. Wer Berufung eingelegt hatte, darf nicht mehr Revision gegen das Berufungsurteil einlegen.18 c)

12») Die Frist gilt auch für die Begründung der Beschwerde. Breslau DRZ. 21 Nr. 87. A.M. Löwe Anm.6. Hans. OLG. HRR. 1936 Nr. 1263. 12 b) Auch soweit Arbeitgeber wegen Verstoßes gegen § 13 des Schw. Besch. Ges. mit Buße belegt sind. KG. JurW. 61 S. 1168. 12 c) Er kann aber Rev. einlegen, wenn nur von der anderen Seite Ber. eingelegt war. RG. JurW. 1933 S. 1069. München JurW. 1938 S. 2202. Koffka-Schäfer, Vorschriften über Strafrechtspflege S. 35 vgl. BayObLG. DRZ. 25 Nr. 642,643. Hat er aber Ber. eingelegt, so steht ihm Rev. auch dann nicht zu, wenn die gleichzeitige Ber. der StA. — u. die eigene Berufung — zur Strafschärfung geführt hat. Dresden JurW. 62 S. 468. Kiel HRR. 1933 Nr. 1293. KG. JurW. 63 S. 308. Oldenburg HRR. 1934 Nr. 243. Breslau DRZ. 26 Nr. 562. Düsseldorf DRechrSpsi. 1936 Nr. 338. A. M. Naum­ burg DRZ. 26 Nr. 57 u. JurW. 1935 S. 2078; wenn das Ber.ger. das Urt. zu seinem Nachteil geändert hat. Jena DRechtspfl. 1936 Nr. 339; oder wenn er seinerseits die Ber. zurückgenommen hat. BayObLG. DRZ. 25 Nr. 281. Celle HRR. 1933 Str. 1990. KG. HRR. 1934 Nr. 550; oder wenn seine Ber. durch Beschl. als verspätet verworfen ist. Königsberg GA. 77 S. 234. A. M. KG. JFGErg. 17 S. 157. Finanz(Hauptzoll)amt als Nebenkläger kann Rev. gegen ein die Ber. der StA. verwerfende- Urt. deS LG. einlegen. München JurW. 1938 S. 2202. Kiel HRR. 1936 Nr. 786. «. M. Köln HRR. 1934 Nr. 1656. vgl. auch Aum. 28» zu 8 399. Hat nur ein Ber. gegen ein Amtsrichterurteil Berufung eingelegt, so steht dem anderen Berechtigten, der das Urteil nicht angefochten hat, die Rev. gegen daS Urt. d. LG. auch zu, wenn dieses Urt. für ihn keine neue Benachteilg. bringt. München DSttafr. 5 S. 329 A. M. Düffeldorf DJuft. 1937 S. 1157; auch dann, wenn Tatmehrheit vorliegt, wenn eS sich um mehrere Strafsachen handelt, die verbunden find. Der Aus-

1 a.12cc) Die Staatsanwaltschaft kann, ohne an die Schranken der Nr. 1 gebunden zu sein, Revision einlegen, wenn sie geltend macht, daß in dem angefochtenen Urteil die entsprechende Anwendung eines Strafgesetzes (§ 2 des Strafgesetzbuchs) zu Unrecht erfolgt oder nicht erfolgt sei. 2. Soll ein Urteil des Amtsrichters oder des Schöffengerichts angefochten werden, so hat der Anfechtungsberechtigte bei dem Gericht erster Instanz binnen einer Woche nach Ver­ kündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich die Erklärung abzugeben, daß er das Urteil an­ ficht.18 d) Hat die Verkündung des Urteils nicht in An­ wesenheit des Angeklagten stattgefunden, so beginnt für ihn die Frist mit der Zustellung. 3. Der Beginn der Frist zur Anfechtung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß gegen ein auf Ausbleiben des Angeklagten ergangenes Urteil die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nachgesucht werden kann. Stellt der Angeklagte ein Gesuch um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, so wird die Frist für die Anfechtung dadurch gewahrt, daß die Anfechtung für den Fall der Ver­ werfung jenes Gesuchs rechtzeitig erklärt wird. Die weitere Verfügung in bezug auf die Anfechtung bleibt dann bis zur Erledigung des Gesuchs um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgesetzt. Die Anfechtung ohne Verbindung mit dem Gesuch um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gilt als Verzicht auf die Wiedereinsetzung. 4. Binnen einer Woche nach Ablauf der Frist für die Anfechtung oder, wenn zu dieser Zeit das Urteil noch nicht zugestellt war, nach dessen Zustellung, hat der Beschwerdeführer zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich zu erklären, ob seine Anfechtung als Berufung oder als Revision behandelt werden soll.12 * *dd*) * schluß tfer Revision betrifft nur die Straftat, derentwegen von dem Ber. Be­ rufung eingelegt war. München JurW. 1938 S. 2347, JFGErg. 19 S. 212 u. KG. JFGErg. 19 S. 210. 12 ccj Fassung deS Ges. v. 28. Juni 1935 (RGBl. I S. 844). 12 d) Bezeichnet der Beschwerdeführer schon hierbei da- von ihm er­ wählte Rechtsmittel, so kann er die Wahl bet der Erklärung Ziff. 4 wieder ändern, eS fei denn, daß die Anfechtungsfrist schon mit der Zustellung deS in seiner Abwesenheit verkündeten Urteils begonnen hat. Koffka-Schäfer S. 37. Die als Rev. bezeichnete Anfechtung ist als Berufung zu behandeln, wenn die Rev. nicht begründet wird. Dresden JurW. 62 S. 2164; oder wenn die Rev.-Begr. unzureichend ist. BayObLG. DRZ. 25 Nr. 138.

Dalcke, Strafrecht.

31. Aufl

85

1346

C II. StrasverfahrenSordnung.

Soll das Rechtsmittel als Revision behandelt werden, so müssen die Erklärungen in der im § 345 Abs. 2 der Straf­ prozeßordnung vorgeschriebenen Form abgegeben und die Revisionsanträge und ihre Begründung (§§ 344, 345 der Straf­ prozeßordnung) innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 ange­ bracht werden.18 e) Gibt der Beschwerdeführer innerhalb der Frist des Abs. 1 eine Erklärung nicht ab oder entspricht die Erklärung nicht

den Vorschriften der §§ 344, 345 der Strafprozeßordnung, so wird die Anfechtung als Berufung behandelt.18 ee Haben mehrere Beteiligte18f) das Urteil angefochten und hat sich ein Beteiligter für die Revision und ein anderer für die Berufung entschieden, so werden, so lange die Berufung nicht zurückgenommen ist oder als zurückgenommen gilt oder als unzulässig oder nach §§ 329, 391 Abs. 3 der Strafprozeß­ ordnung oder nach Artikel 10 Abs. 3 dieses Kapitels128) verworfen ist, alle Rechtsmittel als Berufung behandelt.18 h) § 313. Ein Urteil181) deS Amtsrichters kann nicht mit der Be­ rufung angefochten werden, wenn es ausschließlich Übertretungen") 12 dd) Nur eine während der Rechtsmitielwahlftist abgegebene Erklärung ist bindend. Sind vor Beginn der Wah frist widersprechende Erklärunuen ab­ gegeben, so ist die spätere maßgebend; sie kann nur innerhalb der Wahlfrist wider­ rufen werden. München JFGErg. 17 S. 160. 12 ei Für die Wahlrevision gilt nicht die Unzulässigkeit von Prozeßrügen, die für die Sprungrev gilt. E. 67 S. 57. KG. GA. 77 S 126. Jena HRR. 1933 Nr. 1722. Celle HRR. 1933 Nr. 1989. Dresden DRZ. 25 Nr. 776. BayObLG. HRR. 1934 Nr. 1000. A. M Düsseldorf DRZ. 24 Nr. 850 u. DRechtSpfl 1936 Nr. 5 '9. Stuttgart IurW. V2 S. 1611. Köln HRR. 1933 Nr. 1904. Hamm IurW. 1935 S. 147. 12 ee) Die Revision ist unzi'läisig, wenn diese Anfechtung zurückgenommen wird Hamburg, DaS Recht 1939 Nr. 5596. 12 f) Den verschiedenen Beteiligten steht auch derj. gleich, der alS A. Rev. u. alS Neben». Berufung etnlegt. BayObLG. HRR. 1934 Nr. 1507; selbst wenn Rev.- u.BerufgStüdrer dieselbe Person ist. OLG. München IurW. 1936 S. 1393. 12 g) Abgedruckt tn Anm. 7 ezu 8 383. 12 h) Dce nur zulässige Rev. bleibt, selbst wenn ein anderer Beteiligter Berufung eingelegt hat. BayObLG. LZ. 27 S. 795. DaS Rechtsmittel der Rev. bleibt dem gewahrt, dessen Rev. auf Grund der Berufungseinlegung durch einen Beteiligten alS Berufung behandelt toir*. BayObLG DRZ. 26 Nr. 58. KG. DJust. 1934 S. 679. A. M. jetzt KG. DR. 1939 S. 1155. 12 i) Hierunter ist die Geiamtentscheidung, nicht der Einzelausspruch zu verstehen. Dresden LZ. 19 S. 1102. 13) Für die Unzulässigkeit der Berufung ist maßgebend, wie die Tat vom erkennenden Gericht — bei richtiger RecbtSanwendung. KG Recht 32 Nr. 711 u. JuiW. 1937, 1360. Dresden IurW. 61 S. 963 — auf Grund deS Er­ gebnisse- der Hauptverhandlung beurteilt ist, also die Verurteilung wegen Über­ tretung, nicht der TröffnungSdeschluß oder Strafbefehl. KG. GA. 70 S. 144,

CII2. Strafprozeßordnung § 314.

1347

zum Gegenstände hat und der Angeklagte entweder freigesprochen 1,&) oder

ausschließlich H) zu Geldstrafe verurteilt worden ist. § 314 (355). Die Berufung muß bei dem Gericht erster Instanz10)

binnen einer Woche"') nach Verkündung 14b) deS Urteils zu Protokoll

der Geschäftsstelle"") oder schriftlich eingelegt werden.'^) Jena DRZ. 23 Nr. 286, Breslau GA. 75 S. 307. Braunschweig HRR. 1933 Nr. 1554. Naumburg DRZ. 24 Nr. 765. Feisenberger Anm. 3. A. M. BayObLG. LZ. 18 S. 782 und mehrere Oberlandesgeruhte. Grundsätz­ lich maßgebend ist der Urt.TenorKG. DIZ. 1933 S. 569. Ist gleichzeitig wegen Übertretung und Vergehens abgeurteilt, so ist Berufung zulässig, auch wenn daS Rechtsmittel deS CIA. auf die Übertretung beschränkt ist. KG. GA. 70 S.117. Rostock u. KölnHRR.3S.215. Vgl. BayObLG. HRR. 1935 Nr. 912. A. M. Kiel JurW. 59 S. 2598. Naumburg HRR. 1932 Nr. 1184. §313 gilt auch für den Fall des § 412 (also keine Berufung). BayObLG. DRZ. 18 Nr. 1102 u. LZ. 25 S. 1092. KG. GA. 69 S. 394 zu 4. Breslau DRZ. 22 Nr. 40. Naumburg GA 74 S. 317. Rostock HRR. 1929 Nr 360. Hamburg HRR. 1932 Nr. 2332. A M. Hamm HRR. 2 S. 305. Breslau DIZ. 32 S. 754. Kiel GA. 74 S. 319, Stettin JurW. 59 S. 2600. Dagegen ist die Berufung zuläsiig, wenn nach Erlaß einer polizeil. Strafverfügung der Antrag auf gerichtl. Lutsch, verworfen ist. Naumburg DRM. 1939 Nr. 420. — Die Zulässigkeit der Ber. ist auch vom Rev.-Gericht von Amtswegen zu prüfen. HRR. 1933 Nr. 899. 13 a) Der Freisprechung steht Straffteierklärung, aber nicht Einstellung gleich. Recht 29 S. 65. BayObLG. GA. 69 S. 246. Gutachten des KG. B. deS KGP. v. 22. April 25, mitgeteilt in JurR. 1 S. 495. GA. 69 S. 394. Hinsichtlich der Einstellung gleicher Ansicht Düffeldorf GA. 69 S. 205 und Breslau GA. 69 S. 339.

14) Ausschließlich auf Geldstrafe ist auch erkannt, wenn diese an Stelle der verwirkten Freiheitsstrafe getreten ist. Kiel v. 9. April 24, JMBl. S. 285. Bejaht wird allgemein die Zulässigkeit der Berufung, wenn neben Geld­ strafe auf Nebenstrafen oder Nebenfolgen erkannt ist (BeröffentlichungsbefugniS, Einziehung, Verfallerklärung, bei Jugendl. Erziehungsmaßregel. KG. DStraft. Bd. 2 S. 456, Buße), auch vom KG., das nur bei Werterfatz u. Einziehung in Iorstdiebftahlsachen die Berufung ausschließt. Vgl. das in Anm. 13 a erwähnte Gutachten und KG. JurW. 59 S. 1322, dagegen Breslau GA. 70 S. 348. Berufung auch nicht statthaft, wenn vom AG. auf eine mildere Strafe als Geldstrafe (Verwarnung) erkannt ist. Celle JurR. 3 Nr. 889. 14 a) Es ist nicht erfordert., daß der Eingang der Ber.-Schrift durch Be­ urkundung festgesteüt ist. Er kann auf jede Art nachgewiesen werden. JurW. 58 S. 1054. Die Frist ist gewahrt, wenn ein Beamter die Schrift nach Dienst­ schluß entgegennimmt. Hamburg HRR. 1929 Nr. 2061. E. 60, 32. 14 b) Hatte sich der A. bei Verkündung der UrteilSgründe entfernt, so be­ ginnt die Frist eist mit Zustellung deS Urteils. Celle GA. 71 S. 69. Dresden DRZ. 20 Nr. 970. 14 c) Auch zum Sitzungsprotokoll. Rostock HRR. 1930 Nr. 1901. 15) Unterschrift ist kein wesentl. Erfordernis der Schriftlichkeit. Aus der Berufungs schritt muß aber in einer jeden Zweifel auSschließenden Weise ersichtl. sein, von wem die Erklärung herrübrt E 67 S. 385. HRR. 1934 Nr. 698. A. M. KG. DIZ. 10 S. 126. Die Unterschrift braucht nicht handschriftlich hergestellt zu sein. E. 63 S. 246. Auch unleserliche Unterschrift schadet nicht.

1348

C II. Strafverfahren-ordnung.

Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit ves An­ geklagten stattgefunden, so beginnt für diesen die Frist mit der Zu­

stellung.")

§ 315 (356).

Der Beginn der Frist zur Einlegung der Berufung

wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß gegen ein auf Ausbleiben des Angeklagten ergangenes Urteil eine Wiedereinsetzung in den vorigen

Stand nachgesucht werden kann. Stellt der Angeklagte ein Gesuch um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, so wird die Berufung dadurch gewahrt, daß sie sofort für den Fall der Verwerfung jenes Gesuchs rechtzeitig eingelegt wird.

Die weitere Verfügung in bezug auf die Berufung bleibt dann bis zur Erledigung des Gesuchs um Wiedereinsetzung

in den vorigen

Stand ausgesetzt.

Die Einlegung der Berufung ohne Verbindung mit dem Gesuch um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gilt als Verzicht auf die letztere. § 316 (357).

Durch rechtzeitige Einlegung der Berufung wird

die Rechtskraft des Urteils, soweit es angefochten ist, gehemmt. Dem Beschwerdeführer, welchem daS Urteil mit den Gründen

noch nicht zugestellt war, ist es nach Einlegung der Berufung sofort

zuzustellen.17 * *) * * * * * * * * * * * * * 16 KG. JurW. 58 S. 2768. Eine ohne Unterschrift von dem Beamten der StA. drahtlich eingelegte Berufung genügt nicht. Reich-disziplinarhof Recht 32 Nr. 2646. Der zuständige Beamte muß die Ausgabedepesche unterzeichnen. KG. JurW. 59 S. 1102 A. M. Hamm JurW. 60 S. 1641. Bei telegr. Einlegung muß die Telegrammau-fertigung rechtzeitig beim Gericht ein­ gegangen sein. Die fernmündl. vorhergesandte Durchsage genügt nicht. Braunschw. DSttaft. Bd. 5 S. 193. S. auch Lnm. 10. — Auch ein Dritter kann an Stelle des Beschwerdeführer- da- Schriftstück unterschreiben. Vollmacht ist dann innerhalb der Rechtsmittelfrist beizubringen. KG. Johow 53 S. 327. — Eingegangen bei Gericht ist die Berufung-schrift, sobald sie an einen zu ihrer Empfangnahme befugten Beamten gelangt, wenn der Bors, de- gemeinschaftl. SchG, sie am Sitz de- eigenen Gericht- in Empfang nimmt, auch wenn diese- nicht Sitz de- SchG. ist. E. 60 S. 329. Die Ntederlegung de- Schriftsätze- im verschlosienen Arbeit-zimmer der Ge­ schäftsstelle genügt nicht, da- Schriftstück muß vielmehr in die Hände de- zur Emvfangnabme berufenen Beamten gelangt sein. GA. 39 S. 187. Diese- ist, wenn rin LGD. Vorsitzender de- auswärtigen Schöffengericht- ist, die Geschäfts­ stelle, welche die Geschäfte de- Schöffengericht- bearbeitet. Königsberg JurW. 57 S. 840. 16) Dasselbe gilt für die Verwaltungsbehörde (§ 429) und den Neben­ kläger. E. 6 S. 28. Bestritten für den Prtvatkläger. Siehe Anm. 18 zu § 391. Ein Verzicht auf die Zustellung ist nicht statthatt. R. 1 S. 118. 17) Richtlinien Nr. 244—246. — Wegen der Zustellung siehe ff 36. Be­ hauptet der A., da- Urteil nicht erhalten zu haben, so ist dieser Behauptung nach­ zugehen. Hamburg DRZ. 24 Nr. 766. Bet Unzulässigkeit der Ber. darf von der Zust. nur bei verspäteter Beruf., nicht aber bei anderen UnzulässigkeitSgründen abgesehen werden. E. 62 S. 250.

C n 2. Strafprozeßordnung §§ 317—319.

§ 317 (358).

1349

Die Berufung kann binnen einer weiteren Woche

nach Ablauf der Frist zur Einlegung de- Rechtsmittels oder, wenn

zu dieser Zeit daS Urteil noch nicht zugestellt war, nach dessen Zu­ stellung bei dem Gericht erster Instanz zu Protokoll der Geschäfts­

stelle oder in einer Beschwerdeschrist gerechtferttgt werden.

§ 318 (359).

Die Berufung kann auf bestimmte Beschwerde­

punkte beschränkt") werden. Ist die- nicht geschehen oder eine Recht-

ferttgung überhaupt nicht erfolgt/9») so gilt der ganze Inhalt deS Ur­

teils als angefochten.

§ 319 (360).

Ist die Berufung verspätet eingelegt, so hat daS

Gericht erster Instanz daS Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen.")

Der Beschwerdeführer kann binnen einer Woche nach Zustellung

deS Beschlusses auf die Entscheidung18 19 *) deS Berufungsgerichts antragen. In diesem Falle sind die Akten an daS Berufungsgericht einzusenden; die Vollstreckung deS Urteils wird jedoch hierdurch nicht gehemmt. 18) Die Berufung kann nicht auf die Sirafart beschränkt werden. JurR.3 Nr. 667; auch nicht auf die einzelnen Teile einer fortgesetzten Sttastat. JurW. 61 S. 60, ebensowenig bei Hehlerei auf Gewerbsmäßigkeit. E. 64 S. 151. Eine Beschränkung ist auch nicht in der Weise zulässig, daß die tatsächl. Feststellungen unangefochten bleiben u. nur die recht!. Würdigung bemängelt wird. JurW. 57 S. 2270, wohl aber auf den AuSspruch der Anrechnung der U.haft. HRR. 30 Nr. 952. Auch im Rahmen der Straffrage kann noch eine weitere Beschränkung auf einzelne Teile der Straftestsetzung eintreten. E. 42 S. 30; so auf Neben­ strafen, inSbes. Aberkennung der Ehrenrechte. E. 65 S. 296. Die Beschränkung braucht nicht ausdrücklich erklärt zu werden, kann sich auS der Rechftertigung ergeben. Recht 33 Nr. 1179. JurW. 60 S. 2830. KG. JurW. 58 S. 2991. Für die Frage, inwieweit ein Rechtsmittel beschräntt ist, kommt die RechtSkenntniS u. etwaige bes. Fähigkeit deS Erklärenden in Bettacht. Dresden LZ. 22 S. 1646. In der Fassung der Berufung „wegen zu hoher ©träfe" liegt eine Beschränkung auf das Sttafmaß. JurR. 3 Nr. 668, auch wenn im Falle der Bemessung der Strafe nach dem vielfachen eines BettogeS die Be­ rufung auf die Strafhöhe beschräntt ist. DRZ.,21 Nr. 1006. Die Feststellung deS LG., daß die Berufung auf daS Sttafmaß beschräntt ist, ist für da« Revisions­ gericht nicht bindend. S. 62 S. 13. KG. GÄ. 72 S. 141; jedenfalls dann nicht, wenn die Auslegungsgrundsätze unrichtig angewandt sind. VayObLG. GA. 75 S. 265. Bei Beschränkung der Berufung auf das Strafmaß ist die Zurechnungs­ fähigkeit deS A. nicht von neuem zu prüfen. DRZ. 22 Nr. 225; wohl aber ist zu prüfen, ob Strafantrag gestellt ist. E. 65 S 150. Ist Ber. vom A. wegen deS SchuldauSspruchS, vom StA. nur wegen deS Strafmaßes eingelegt worden, so muß daS BG. die Schuld- wie die Sttaftrage selbständig u. uneingeschränkt aburtetten. E. 62 S. 216. vgl. Anm. 20. 18 a) Die StA. hat die Berufung zu rechtfertigen. Richtlinien Nr. 247. 19) Gegen diesen Beschluß ist die soforttge Beschwerde unzulässig. Löwe Anm. 2. KG. Recht 31 Nr. 517. 19 a) Diese Entsch. ist nicht mit Beschwerde anftchtbar. KG. GA. 69 S. 188. BayOdLG. HRR. 1933 Nr. 1394. Löwe Anm. 5. «. M. Celle GA. 63 S. 151. Feisenberger Anm. 4.

1350

C II. StrasverfahrenSordnung.

§ 320 (361).

Ist die Berufung rechtzeitig eingelegt, so hat nach

Ablauf der Frist zur Rechtfertigung die Geschäftsstelle ohne Rück­

sicht daraus, ob eine Rechtfertigung stattgefuuden hat oder nicht, die Akten der Staatsanwaltschaft vorzulegeu.

Diese stellt, wenn die Be­

rufung von ihr eingelegt ist, dem Angeklagten die Schriftstücke über

Einlegung und Rechtfertigung der Berufung zu.19 * *“* )* * * * * * * * *

§ 321 (362). Die Staatsanwaltschaft übersendet die Mften 19“*) an die Staatsanwaltschaft bei dem Berufungsgerichte. Diese übergibt die Akten binnen einer Woche dem Vorsitzenden des Gerichts.

§ 322 (363). Erachtet daS Berufungsgericht die Bestimmungen über die Einlegung der Berufung nicht für beobachtet, so kann es daS Rechts­ mittel durch Beschlußl9b) als unzulässig verwerfen. Anderenfalls ent­

scheidet es darüber durch Urteil. Der Beschluß kann durch sofortige Beschwerde angefochten werden?9 c)

§ 323 (364). Aus die Vorbereitung der Hauptverhandlung finden die Vorschriften der §§ 214, 216—225 Anwendung. In der Ladung ist der Angeklagte auf die Folgen des Ausbleibens ausdrücklich hinzuweisen. Die Ladung der in erster Instanz vernommenen Zeugen und

Sachverständigen kann nur dann unterbleiben, wenn deren wiederholte Vernehmung zur Aufllärung der Sache nicht erforderlich erscheint.

Neue Beweismittel sind zulässig. Bei der Auswahl der zu ladenden Zeugen und Sachverständigen

ist auf die von dem Angeklagten zur Rechtfertigung der Berufung benannten Personen Rückficht zu nehmen.

§ 324 (365). Nachdem die Hauptverhandluug nach Vorschrift deS § 243 Abs. 1 begonnen hat, hält ein Berichterstatter in Abwesenheit der. Zeugen einen Vortrag über die Ergebnisse deS bisherigen Ver­ fahrens.

DaS Urteil erster Instanz ist stets zu verlesen?9 Richtlinien Nr. 249. 19 b) Auch dann, wenn eS sich um daS Recht zur Einlegung deS Rechts­ mittels handelt. KG. GA. 69 S. 187; auch E. 40 S. 133; ebenso, wenn A. auf Berufung verzichtet hat. Dresden GA. 72. S. 390. 19 c) Der Beichluß ist, auch wenn er vom Rev.-Gericht ergeht, für daS untere Gericht nicht im Sinne des §358 verbindlich. E. 59 S. 241. Ein die Ver­ werfung der Ber. ablehnender Beschl. ist unanfechtbar. KG. Recht 33 Nr. 943. 19 d) Der Vortrag und die Verlesung deS Urteils ist kein Akt der Beweis­ aufnahme, sondern dient lediglich dem prozessualen Zweck, den Gegenstand der Verhandlung zu bestimmen. E. 61 S. 399. KG. JurR. 2 Nr. 345; aber eine wesentliche BerfahrenSverhandlung. Recht 30 Nr. 2626. ES genügt nicht

C II 2. Strafprozeßordnung 5§ 325 u. 326.

1351

Sodann erfolgt die Vernehmung des Angeklagten und die Be­ weisaufnahme.

§ 325 (366).

Bei der Berichterstattung und der Beweisaufnahme

könne» Schriftstücke verlesen werden; Protokolle über Aussagen

der

in der Hauptverhandlung19 * *do * *) *erster * * * * *Instanz *** vernommenen Zeugen und Sachverständigen dürfen, abgesehen von den Fällen der §§ 251, 253, ohne die Zustimmung der Staatsanwaltschaft und deS Angeklagten

nicht verlesen werden,19 e) wenn die wiederholte Vorladung der Zeugen oder Sachverständigen erfolgt ist 19 9 ober von dem Angeklagten19 *) Recht­

zeitig vor19 h) der Hauptverhandlung beantragt worden war.

§ 326 (367).

Nach dem Schluffe der Beweisaufnahme werden

die Staatsanwaltschaft sowie

der Angeklagte

und

sein Verteidiger

die Verlesung deS entscheidenden Teils deS Urteils. Darmstadt JurR. 2 Nr. 2407. Die Derleiung darf auch nicht dadurch ersetzt werden, daß der Bors, den wesentlichen Inhalt deS Urteils bekannt gibt. DRZ 21 Nr. 905. Verlesung nicht erforderlich, wenn Der. unzulässig ist. Königsberg HRR. 1928 Nr. 2161. Urteil mit fehlender Unterschrift kann verlesen werden. Verlesungen, die nach § 325 unzulässig sind, dürfen auch nicht im Rahmen deS Vortrages erfolgen, sofern sie nicht ausnahmsweise durch den besonderen Zweck des BoitragS geboten sind. JurR. 3 Nr. 1366. So kann berichtet werden über den Inhalt von Atten, die in der ersten Instanz nicht verwertet sind. E. 61 S. 287. Ein auf Rev. aufgehobenes Ber.-Urteil darf verlesen werden. DIZ. 36 S. 90; braucht eü aber nicht. JurW. 60 S. 1816. 19 dd) Darunter fällt nicht eine frühere vertagte verhandlg. DRZ. 24 Nr. 224.

19 e) Die Zustimmung kann auch durch schlüssiges Verhalten zum Aus­ druck gebracht werden. JurW. 58 S. 865; aber Unterlassung sofortigen Wider­ spruchs ist noch keine Zustimmung. JurW. 61 S. 421. Späterer Widerruf der Zustimmung unzulässig E. 63 S. 302. Zustimmung deS Privatklügers zur Verlesung ist dann erforderlich, wenn er die wiederholte Ladung der Zeugen rechtzeitig beantragt harte. Königsberg GA. 72 S. 225. Es bedarf auch der Zustimmung deS A. im Privat! ageverfahren. Königsberg DRZ. 20 Nr. 860. Das Verbot der Verlesung darf n'cht durch Vorhalt des wesentlichen Protokoll­ inhalts übergangen werben. JurW. 59 S 154. Borgelesen werden können auch die Aussagen der Zeugen, die auf ihr ZeugnisverweigcrungSrecht verzichtet hatten. JurR. 3 Nr. 444; ebenso die in 1. Instanz zu Vorhaltszwecken heran­ gezogene polizeil. Auesage. JurW. 62 S. 959. (Die Feststellung der Beeidigung der verlesenen AuSsage ist nicht erforderlich. Königsberg HRR. 1930 Nr. 186); aber nicht die Aussagen solcher Zeugen, die wegen Jugendlichkeit unbeeidtgt ge­ blieben waren, wenn sie inzwischen mündig geworden sinb. E. 63 S. 228. Die Verlesung der AuSiage etneS früheren Muangell ist zulässig, wenn sie inner­ halb der Ber chterstattung erfolgt. JurW 61 S. 3112. 19f) Auch mcht, wenn der geladene Zeuge auSgeblieben ist. Löwe Anm. 3 b, aber dann, wenn Ladung nicht vorschriftsmäßig geschah. KG. GA. 70 S. 119. 19 g) Oder von dem Privatkläger. Königsberg DRZ. 21 Nr. 926. 19 hj Über den in der Hauptoerbandlung gestellten Antrag tefindet daS Ge­

richt nach seinem Ermessen.

E. 58 S. 378. Dresden LZ. 25. S. 1278.

1352

C II. Strafverfahrensordnung.

mit ihren Ausführungen und Anträgen, und zwar der Beschwerdeführer

zuerst, gehört.

Dem Angeklagten gebührt das letzte Wort.1Gi)

§ 327 (368).

Der Prüfung deS Gerichts unterliegt daS Urteil

nur, soweit dasselbe angefochten ist.,0) § 328 (369).

Insoweit die Berufung für begründet befunden

wird, hat daS Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils in der Sache selbst zu erkennen."*)

Leidet daS Urteil an einem Mangel, welcher die Revision wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren begründen mürbe," b)

so kann das Berufungsgericht unter Aufhebung deS Urteils die Sache,

wenn die Umstände deS Falles eS erfordern, zur Entscheidung an die

erste Instanz zurückverweisen." °) 19 i) Auch dann, wenn er die Ber. zurücknimmt, der StA. aber widerspricht. KG. DIZ. 36 S. 308. Abweichung von der Reihenfolge der Worterteilung ist kein Revisionsgrund. E. 64 S. 133; nach Dresden HRR. 1930 Nr. 266 auch nicht ohne weitere- die Nichtgewährung des letzten Wort-. 20) Ist die Schuldftage Gegenstand der Berufung, so hat das Gericht sie selbständig zu prüfen. GA. 71 S. 18. Die Berufung des Angeklagten gegen seine Verurteilung trifft auch den AuSspruch der Mithast Nebenbeteiligter (8 416 RLbgO.) KG. JurW. 1937 S. 769. Hat der A. oder der StA. die Berufung auf daS Strafmaß beschränkt, so darf der Berufungsrichter die Schuldftage nicht mehr erörtern, wohl aber Beweiserhebungen behufS Prüfung der Ange­ messenheit der Straft bewirken. E. 42 S. 30 u. 242. JurR. 3 Nr. 101. An die schöffengerichtlichen Feststellungen hinsichtlich der Schuldftage ist daS Be­ rufungsgericht auch bei der Strafzumessung gebunden. E. 61 S. 209. KG. GA. 55 S. 122. Die Voraussetzungen deS Rückfalls sind nachzuprüfen. E. 65 S. 237; desgl. daS Fehlen deS Strafantrages. E. 62 S. 269. E. 65 S. 150; der Strafklageverbrauch. BayObLG. HRR. 1932 Nr. 216. Be­ schränkung der Berufung auf die Anwendung des Strafgesetzes auf den festgeftellten Sachverhalt oder auf einen rechtlichen Gesichtspunkt innerhalb der Schuldftage ist nicht zulässig. JurR. 2 Nr. 440 u. 1321. LZ. 23 S. 496. Unzulässig ist demnach die Beschränkung der Berufung auf die Fraae der GewerbSmäßigkeit. JurW. 56 S. 913; der Tateinheit oder -Mehrheit. Dresden LZ. 22 S. 1716; ferner auf die Zurechnungsfähigkeit. DRZ. 19 Nr. 332. Die Beschränkung kann nicht widerrufen oder wegen Irrtums an­ gefochten werden. E. 57 S. 83 und HöchstRR. 2 S. 271. Val. Anm. 18. 20 a) DaS DG. hat den EröffnungSbefchluß zu erschöpfen, JurW. 60 S. 2311, und nach ihm zu beurteilen, ob ein Teil der Anklage als selbständige Straftat durch Freisprechung zu erledigen ist, selbst wenn daS Schöffengericht wegen Annahme einer fortgesetzten Handlung sich hierzu nicht veranlaßt gesehen hatte. Recht 30 Nr. 168. Ist die Straftat verbraucht, so Ist daS Sers, einzustellen. @66 S. 314; auch dann wenn die anderweite Rechtshängigkeit vom A. nicht geltend gemacht ist. @. 67 S. 53. 20 b) Z. B. Nichtbeachtung deS § 468 (433) RAbgO. HRR. 1930 Nr. 1301. Nicht Mängel der UrteilSgründe. Löwe Anm. 4. 20 c) Durch Urteil, doch kommt eS auf die Bezeichnung nicht an. JurW. 62 S. 967. DaS Gericht erster Instanz ist an die vom Berufungsgericht aufge­ stellte RechtSansicht nicht gebunden. Löwe Anm. 9 c. Die Zurückverweisung

CII2. Strafprozeßordnung § 329.

1353

Hat das Gericht erster Instanz mit Unrecht seine Zuständigkeit

angenommen, so hat das Berufungsgericht unter Aufhebung de- Urteil-

die Sache au das zuständige Gericht zu verweisen. 90 d)

§329 (370). Ist bei dem Beginne11) der Hauptverhaudluug91 •) weder der Angeklagte, noch in den Fällen, wo solche- zulässig, ein Vertreter de- Angeklagten erschienen9^) und da- Ausbleiben nicht genügend ent­

schuldigt,9 lc) so ist, insoweit der Angeklagte die Berufung eingelegt hat, wird zur Pflicht, wenn auf andere Weise eine Grundlage für daS Urteil im 2. RechtSzuge nicht zu schaffen ist. Hamburg GA. 70 S. 54. DaS RG. hält die Zurückverweisung für zulässig, wenn daS Urteil 1. Instanz verloren ge­ gangen und nicht wiederherstellbar ist. E. 65 S. 373. 20 ä) Hat statt dessen daS BerG. eine Sachentscheidung erlassen, so hat daS RevG. die Sache an daS zuständige Schöffengericht zu verweisen. Dresden JurW. 57 S. 2375. Die Entsch. ist ein Urteil. E. 65 S. 397. Gegen das zurückverweisende Ber.Urt. ist Rev. unzulässig. Karlsruhe DRZ. 22 Nr. 285. 21) Siehe Anm. 76» zu 8 243. Der § ist unanwendbar, wenn eine in Anwesenheit deS A. begonnene Hauptverhandlung unterbrochen oder auSgesetzt worden ist und der A. in der fortgesetzten oder neu anberaumten Hauptderhandlung auSbleibt oder wenn auf Grund einer in seiner Anwesenhett durch­ geführten Hauptverhandl. ein Urteil gefällt, dieses vom Revision-gericht aufge­ hoben u. die Sache -urückverwiesen ist. E. 61 S. 278. E. 63 S. 10. Düsseldorf DRZ. 24 Nr. 537. A. M. Hamm JurW. 60 S. 2862. BreSIau GSl. 76 S. 175 u. in letzter Hinsicht KG. JurW. 58 S. 2628. Vgl. Anm. 5. Vorausgesetzt wird eine verhandlg. zur Sache. DRZ. 24 Nr. 694. 21») Die Ladung hierzu muß dem A. selbst zugestellt sein. Zust. an den Verteidiger genügt nicht, wenn der A. Ber. eingelegt hat. E. 63 S. 10, wohl aber, wenn dies nur von der StA. geschehen ist. E. 66 S. 76. 21 d) Im Falle §§ 232, 233. HRR. 1932 Nr. 80 u. §411 Abs. 2 ($. 66 S. 68. — Der A. kann auch in der Berufungsinstanz vom Erscheinen entbunden werden. E. 62 S. 259. Die durch die hinter § 233 a abgedruckte NotVO. er­ weiterte Anwendbarkeit deS § 233 gilt auch für die Ber.-Jnstanz. DRZ. 24 Nr. 770. Bes. Beschluß ist für den 2. RechtSzug erforderlich. E. 64 S. 239. KG. DIZ. 33 S. 1200. § 329 ist nicht anwendbar gegen Privatangekl., dessen persönl. Erscheinen angeordnet ist. Düsseldorf JurW. 60 S. 2051. 21 e) Etz kommt nicht darauf an. ob der A. sich genügend entschuldigt hat, sondern ob er es ist. Ungenügend entschuldigt ist der A., wenn er keinen EntschuldigungSgrund hat, nicht schon dann, wenn er sich nicht genügend ent­ schuldigt hat. E. 62 S. 420. Bloßer Verdacht, daß die Entschuldigung unwahr ist, ist nicht ausreichend. JurW. 61 S. 3629. Die Entsch. hierüber erfordert ein sorgfälttgeS Adwägen deS Grundes deS Ausbleibens gegenüber der Pflicht zum Erscheinen. E.66 S. 150. DaS Ausbleiben gilt alS entschuldigt, wenn der A. auf die Wiederholung seines bereits abgelehnten Gesuchs um TerminSverlegung ohne Bescheid geblieben ist E. 59 S. 277. JurW. 60 @.948; wenn er Entdindg. vom Erscheinen beantr. hat. BahObLG. DRZ. 24 Str. 454; wenn er gleichzeitig zu einem Termin an einem anderen Ort geladen ist. Erk. v. 17. Dezbr. 31, Löwe Anm. 65.; wenn ihm daS Erscheinen nicht zugemutet werden kann wegen Gefährdung der Gesundheit. Recht 33 Nr. 945. DRZ. 21 Nr. 798; oder wegen schwerer Erkrankung eineS nahen Angehörigen oder Für­ sorgeberechtigten. JurW. 62 S. 224. Es ist zu prüfen, ob die Geistesverfassung

1354

C II. Strafverfahrensordnung.

diese sofort zu verwerfen, 22) insoweit die

Staatsanwaltschaft die Be­

rufung eingelegt hat, über diese zu verhandeln oder die Vorführung82 •)

oder Verhaftung des Angeklagten anzuordnen.

Der Angeklagte88") kann binnen einer Woche nach der Zustellung deS Urteils die Wiedereinsetzung

in

den vorigen Stand unter den

in den §§ 44, 45 bezeichneten Voraussetzungen beanspruchen 82 e) § 330 (371).

Ist von einer der im § 298 bezeichneten Personen

die Berufung eingelegt worden, so hat das Gericht auch den Ange­

klagten zu der Hauptverhandlung vorzuladen und kann ihn bei seinem Ausbleiben zwangsweise vorführen lassen.

§ 331.12 cc)

Auch wenn das Urteil nur von dem Angeklagten

oder seinem gesetzlichen Vertreter oder zu seinen Gunsten von der Staats­ anwaltschaft angefochten worden ist, kann es zum Nachteil des Ange­ klagten geändert werden.22) eines anormalen A. sein Ausbleiben nicht genügend entschuldigt. Karlsruhe DRZ. 24 Nr. 62. Der Rechtsirrtum des 91., die Entsendung eines schriftl. bevollmächtigten Bert, in dieHptvhdlg. genüge, entschuldigt. JurW. 61 S. 1152. Mangel an Geldmitteln entschuldigt nicht, w«nn 91. weiß, daß Reiselosien vor­ gestreckt werden. Recht 33 Nr. 1745 oder wenn der Antrag auf Vertagung nicht ernst gemeint ist. Recht 33 Nr. 1744 — Die Frage, ob das Ausbleiben genügend entschuldigt, hat der Talrichter nach fteiem Ermessen zu entscheiden. Hamburg DRZ. 18 Nr. 1001, ist also der Nachprüfung des RevGerichtS ent­ zogen. KG. JurR. 2 Nr 441; aber dieses hat nachzuprüfen, ob der Be­ griff deS Ausbleibens nicht verkannt ist. Nachschau und geringes Warten ist erforderlich. E. 61 S. 175. JurW. 61 S. 1152. Eine Beweisaufnahme über die Entschuldbarkeit deS Ausbleibens des A. ist zuläsflg. Eine Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen ist nicht geboten. HRR. 1931 Nr. 478. Über die Berufung der StA. kann nicht ohne Beisein deS A. verhandelt werden,

wenn eS nach Art des Falles (Schwere der Strafe) geboten war, ihm zur per­ sönlichen Verteidigung Gelegenheit zu geben. JurR. 3 Nr. 1981. 22) Ohne iede Prüfung der Sach- und Rechtslage „Sofort" bedeutet ohne weiteres. JurW 59 S. 557. — Haben beide Teile Berufung eingelegt, so ist die deS nicht erschienenen A sofort zu verwarfen, ohne daß zugleich über die Berufung der StA. entschieden wird. KG. HRR. 1928 Nr. 1077. Die Ent­ scheidung kann auch in verschiedenen Urteilen ergehen. E. 65 S. 231. Die Fassung „Berufung wird verworfen" ist nicht unbedingt nötig Recht 34 Nr 218. 22 a) Die Vorführung eines Abgeordneten ist unzulässig, sofern die Aus­ übung seines Abqeordmtenberufs hierdurch erschwert wird. AB. v. 6. Dezbr. 27 (JMBl. S. 366). Richtltmen Nr. 174 22 b) Auch der Prwatangeklagte, der sich nicht durch Vert. vertreten zu lasten braucht. KG. GA. 73 S. 372 Über Belehrung bei Verkünd, eines Urteils

in Abwesenheit de* A. siehe Richtlinien Nr. 225. 22 c) Erlangt der A. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, so verliert das in seiner Abwesenheit ergangene Berufungsurteil ohne weiteres seinen RechtSbestand. Einer förmlichen Aufhebung bedarf es nicht. Recht31 Nr. 789. Der Nachweis ist nicht erforderlich, daß A. an der Geltendmachung einer Ent­ schuldigung vor Erlab des Urteils durch einen unabwendbaren Zufall gehindert ist. KG. DRZ,19 Nr. 342. 9L M. Kiel GA. 76 S. 115. Vgl. Anm. 43 zu § 44.

23) Übergangsvorschrift in Art. 9 Nr. 2:12cc)

CII2. Strafprozeßordnung 88 332—337.

§ 332 (373).

1355

Im übrigen finden die im sechsten Abschnitte deS

zweiten Buches über die Hauptverhandlung gegebenen Vorschriften An­

wendung. 4. Abschnitt.

§ 333 (374).

Lrvision.

Die Revision findet statt gegen die Urteile der

Landgerichte und der Schwurgerichte. § 334.

Gegen die Urteile deS Amtsrichters ist die Revision in­

soweit zulässig, als nach § 313 die Berufung ausgeschloffen ist.")

§ 335 "')

§ 336 (375).

Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegen

auch die Entscheidungen,

welche

dem Urteil

vorausgegangen sind,

sofern eS aus ihnen beruht.") § 337 (376).

Die Revision kann nur daraus gestützt werden, daß

daS Urteil16') auf einer Verletzung*-) deS Gesetzes") beruhe.16')

Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Beseitigung des Verbots der Schlechterstellung des Verurteilten gelten nicht, wenn das angefochtene Urteil vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist 24) Wird gegen ein Urteil deS Amtsrichters Revision eingelegt, so hat der AA. die Ästen, wenn er selbst von dem Rechtsmutet Gebrauch gemacht hat, unmittelbar dem GStA. vorzulegen. Richtlinien Nr. 260. 24 a) Die in dem § behandelte Sprungrevision ist durch die Wahlreviflon (Einschaltung hinter § 312) gegenstandslos geworden (bestritten). 26) Mit der Revision kann nicht geltend gemacht werden ein angeblicher Mangel der Voruntersuchung. E. 55 S. 225; nicht die bisher ungerügte, vor­ schriftswidrige Besetzung des erkennenden Gerichts erster Instanz. E. 59 S. 299; wohl aber das Fehlen deL EröffnungSbeschluffes. E. 10 S 56. E. 67 S. 62; aber der Mangel muß in der Hauptverhandlung gerügt sein. JurW. 59 S. 2141. Vgl. Anm. 61. Die Rev. kann nicht darauf gestützt werden, daß die Unterschrift eines an der Urteilssallung beteiligten Richters unter dem Urteile fehlt, noch darauf, daß ein nicht beteiligter Richter an Stelle eines beteiligten daS Urteil unter­ schrieben hat, noch darauf, daß die Verhinderung eines R. an der Unterschrift irrtümlich von einem hierzu nicht Berufenen vermerkt worden ist. JurW. 59 S. 558.

Auch bei einer an sich unzulässigen Revision hat das Rev.-Gericht zunächst zu prüfen, ob Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist u. wenn dies der Fall ist, das Verfahren einzustellen. BayObLG. LZ. 19 S. 102 u. DRZ. 18 Nr. 982, und zwar durch Beschluß. KG. JFG.Erg 4 S. 269; ebenso ist zu prüfen, ob die Zurückweisung des Antrags auf Zulaffung der Nebenklage zu­ lässig war. BayObLG. LZ 23 S. 348. vgl. Anm. 61. 26 a) Das ist nur die im Urteilssatz ausgesprochene Entscheidung, nicht die Begründung. E. 63 S. 184; auch nicht die mündlich vorgetragenen UiteilSgründe. RG. DJust. 37 S. 513. A. ist auch beschwert, wenn das Berf. auf Grund eines Straffreiheitsgesetzes eingestellt ist, jedoch bei sachlich-rechtlicher Beitrteilung des Sachverhaltes Freisprechung erforderlich war. E. 70 S. 193. 27) Die Entscheidung der Talftage ist der Nachprüfung deS Revision«-

1356

C II. Strafverfahren-ordnung.

DaS Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm89) nicht oder nicht richtig angewendet worden ist. richters entzogen, so die Feststellung des Tatorts. E. 45 S. 159; deS Rückfalls. JurW. 58 S. 264; die Würdigung der für die Strafzumessung und Annahme mildernder Umstände maßgebend gewesenen tatsächl. Verhältnisse. E. 23 S. 91 (ander-, wenn die Strafzumeffung auf RechtSirrtum beruht. JurW. 53 S. 320); die Anrechnung einer nicht erlittenen Untersuchungshaft. Amn. 75 Abf. 2 zu § 60 StGV.; ein Irrtum über Zahl u. Größe der Vorstrafen. GA. 59 S. 350; die Erziehung einer Sache. E. 51 S. 198. — Nach KG. JurW. 58 S. 885 greift der Recht-satz aber dann nicht Platz, wenn die Erkenntnisquelle de- Tat­ richter- dem Rev.-Gericht in gleicher Weise offenfteht wie bei Erfahrungstat­ sachen. — Dagegen steht die Prüfung der tatsächl. Unterlagen der Prozeßrecht!. Be­ schwerde dem Revision-richter zu. E. 4 S. 388. Er kann daher auch neue Tat­ sachen berücksichttgen, wenn sie eine prozeffuale Voraussetzung bilden. Er kann nachprüfen, ob die Strafverfolgung Überhaupt vor die ordentl. Gerichte gehört. R. 7 S. 198; ob die Voraussetzungen eine- Strafantrages vorliegen. E. 6 S. 161. JurW. 57 S. 2988; ne bis in idem. E. 56 S. 351; ob ein Zeuge, der sein Alter auf 16 Jahre angegeben hatte, vereidigt werden durfte, E. 11 S. 261; ob die Voraussetzungen für eine Amnestie vorliegen. E. 53 S. 59; ob der erste Richter den Strafzweck richttg aufgefaßt hat. Dresden JurW. 52 S. 421; ob daS Berufungsgericht die BerufungSbeschränkung richttg auSE. 64 S. 151. KG. HRR. 1928 Nr. 192; ob er die wirt­ gelegt hat. schaft!. Lerhältniffe bei der Sttafzumeffung berücksichttgt hat. Hellwig, VStG. Anm. 86, a. M. Kte! JurW. 58 S. 3033; ob die Polizeibehörde zum Erlaß der Strafverfügung zuständig war. KG. JurR. 1 Nr. 634; ob die Zulassung des Nebenklägers gerechtferttgt war. E. 66 S. 346; vgl. Anm. 61. Doch kann er nicht prozeßrechtl. erhebliche Umstände nachprüftn, über deren Vorliegen der Tatrtchter in der Hauptverbandl. nach freiem Ermessen zu ent­ scheiden hatte. Löwe Anm. 2b letzter Absatz: so z. B. nicht, ob der A. daS 18. Jahr überschritten hatte. E. 4 S. 273; ob der A. verhandlungsfähig war. E. 29 S. 324; oder ob e- der Verteidiger war. JurW. 53 S. 908; ob der Zeuge wegen BerstandeSschwäche nicht beeidigt werden durfte. E. 11 S. 261. 28) Auch auf die Verletzung ausländischer Gesetze. R. 6 S. 142. 28 a) Eine Verletzung von Prozebvorschristen ist da anzunehmen, wo die Möglichkeit besteht, daß daS Urteil auf dem Verstoß beruht, so wenn der Hinweis auf §265 unterblieben ist. E. 20 S. 33. Recht-verstöße des vors. sind an­ fechtbar, wenn gegen die Maßnahme Entscheidung deS Gericht- angerufen war. JurW. 59 S. 760. 29) „Rechtsnormen" sind nicht bloß die ausdrücklichen Bestimmungen der Gesetze, sondern auch alle Grundsätze, welche sich au- dem Sinne und Zusam­ menhänge der gesetzlichen Vorschriften ergeben. Die StPO, macht hierbei keine« Unterschied zwischen den Normen deS materiellen Rechts und deS Prozeßrecht-, und grundsätzlich ist keine Prozeßvorschrist von der Begründung der Revision ausgeschlossen. Mot. Hierher gehören auch Grundsätze des Gewohnheitsrecht». E. 9 S. 299; ErsahrungSsätze, Denkgesetze oder AuSiegungSregeln. E. 61S. 151 (153). KG. Recht 32 Nr. 714. Dresden JurW. 57 S. 2164; überhaupt die Erfahrungen de- Lebens. JurW. 1935 S. 1634. — Falsch ist z. B. der Er­ fahrung-satz: Wilderer sagen nie die Wahrheit. HRR. 1934 Nr. 615. — Ebenso sind Auslieferung-verträge hierher zu zählen. E. 21 S. 180. E. 72 S. 77. Keine Rechtsnormen sind Unfallverhütung-vorschriften einer Beruf-genossen-

1357

CII2. Strafprozeßordnung § 338.

§ 338 (377).

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung deS

Gesetze- beruhend anzusehen:

1. wenn da- erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt warso); 2. wenn bei

dem Urteil

ein

Richter,S1)

Geschworener") oder

Schöffe milgewirkt hat, welcher von der Ausübung deS Richter­

amis kraft deS Gesetze- ausgeschlossen war; 3. wenn bei dem Urteil ein Richter, Geschworener oder Schöffe

mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begrübet

erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;8S) 4. wenn

das

Gericht

seine

Zuständigkeit

mit

Unrecht

ange­

nommen hat;") schäft. S. 52 S. 42; Dienftinprukttonen. DIZ. 9 S. 556; der Rechtsgrundsatz „in dubio pro reou. E. 52 S. 319. JurW. 60 S. 1578; der GeschäftSverteilungSplan RG JurW. 1938 S. 311. 30) Die Prüig. des Rev.gerichtS hat sich nur daraus zu beschränken, ob die erfordert. Zaht v Richtern vorhanden gewesen u. ob die letzteren zur Wahrnehmg. der Geschäfte überhaupt u. bei dem bestimmten Landgericht die Befähig, u. gesetzt, vorgeschriebene Berufg. hatten. R. 2 S. 511. Stehe Anm. 41 zu § 83 GBG. Die Nichtanwendung bloß reglementärer Vorschriften gibt keinen RevisionSgrund. E. 3 S. 8; E. 2 S. 195. Führt ein nichtberufener Richter den Borsitz, so führt dies zur Aufhebung des Urteils. E. 1 S. 238. Daß ein Richter, welcher beurlaubt gewesen, doch an der Verhandlung teilgenommen, kann die Revision nicht begründen. GA. 38 S. 440. Nicht vorschriftsmäßig besetzt ist daS Ge­ richt, wenn Laienrichter nicht vereidigt sind. E.61 S 375. HRR. 1937 Nr. 358; wenn irgend ein Teil der Hauptverhdlg. der Beeidigung der Schöffen voraus­ geht. JurR. 2 Nr. 1579 (nicht der Zeugenaufruf. Recht 34 Nr. 222); wenn ein Richter oder Schöffe in so tiestn Schlaf verfallen ist. daß er die Vorgänge in der Hauptverhandlung nicht wahrnehmen kann. E. 60 S. 63. HRR. 1933 Nr. 1066 (a. M. E. 22 S. 106) (Unaufmerksamkeit eines Beisitzer- genügt nicht. RG. JurW. 1938 S. 1328); wenn ein Schöffe glaubt, er fei der A. und als solcher verurteilt. KG. DIZ. 36 S. 504; wenn ein geisteskranker Richter mitgewirkt hat. DRZ. 20 Nr. 76; wenn die geistige oder körperl. Behinderung durch KrankheitSzustand so stark ist, Laß der Richter nicht mehr an Berhandl. u. Entsch. mit BerständniS teilnehmen kann. Rostock HRR. 1933 Nr. 1159. 31) Nicht wird unfähig zur Ausübung deS Richteramts ein Richter, der nur eine amtl. Erklärung bezüglich der Straftat abgegeben hat; aber nicht als Zeuge vernommen ist. R. 7 S. 269; oder ein zum StA. ernannter Richter schon mit dem Datum des Ernennungsdekrets, E. 26 S. 412. 32) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, daß ein Geschworener der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen ist. E. 17 S. 375 (flehe auch Anm. 16 zu § 31 GBG.); oder daß er zur Zeit der Hauptverhandl. nicht mehr seinen Sitz im SchwurgerichtSbezirk hatte. E. 19 S. 339. 33) Dies auch bei Unzuständigkeit oder unvorfchristSmäßiger Besetzung Les verwerfenden Gerichts. E. 49 S. 9. Der Reviflonsrichter hat seine Prü­ fung auch auf daS tatsächliche Material auszudehnen, welches zur Begründung der Ablehnung vorgebracht ist. E. 22 S. 135; E. 55 S. 6. 34) Auf die Unzuständigkeit deS Gerichts kann der StA. keine Revision stützen und der A. nur, wenn der Einwand rechtzeitig erhoben ist. E. 3 S. 136.

C n. Strafverfahrensordnung.

1358 5. wenn

die

Hauptverhandlung

in

Abwesenheit

der

Staats­

anwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz

vorschreibt, stattgefunden hat;^) 6. wenn daS Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei welcher die Vorschriften über die Öffentlich­

reit des Verfahrens verletzt sind;S6) 7. wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält;36 * **) * 35

Nach DRZ. 24 Nr. 840 ist der Einwand von dem RevG. aber auch dann zu beachten, wenn er nach der Eröffnung des Hvf. vor der Haupwerb. 1. Instanz erhoben und zurückgewiesen, in der Verband!. selbst aber mchi wiederholt ist. 35) Nlchranwesenhett des StA. bei der Urteilsverkündung bewirkt Aus­ hebung des Urteils. E. 9 S. 275; auch wenn die Nichtanwesenheit nur kurze Zeit bauerte. E. 40 S. 230; desgl. Nichtanwesenheit des Arztes i. F. deS § 246 a. HRR. 1935 Nr. 993; auch die zeitweise, soweit der betr. Teil der Hauptverhandl. nicht unwesentlich war. E. 72 S. 182; des notwendigen bestellten Verteidigers während wesentl. Vorgänge in der Hauprver Handl. E. 44 S. 16. E. 53 S. 171; JurW. 59 S. 3böb; selbst vor Verlesung des Eröffnungsbeichluffes bei Vernehmung des A. zur Person. RG. DR. 1939 S. 627 — dagegen mit Recht Hülle daselbst —; ebenso die des nach § 141 bestellten Bert. E. 63 S. 248; z. B. während der Verlesung des angefochtenen Urteils. JurR. 3 Nr. 94; oder während der Urteilsverkündung. E. 63 S. 248 (a M. E. 54 S. 293); oder während des Schlußvortrages des Mitvetteidigers. JurW. 59 S 716. — Der Abwesenheit steht die Nichtbestellung des notw.Bett. wie deS nach § 141 bestritten gleich. E. 70 S. 317 (320). — Aber es schadet nicht: zeitweise Abwesenheit des Sachverst (in einem nicht wesentl. Berhandlgsabschnitt). JurW. 56 S. 2040; oder des Urkundsbeamten der Gesa ästsstelle. KG. Recht 31 Nr. 519; des Nebenklägers. HRR. 1934 Nr. 539; deS A. beim Zeugen­ aufruf. E.58S. 180. KG. DRZ. 16 S. 535. Auch ist kein Revisionsgrund zu­ gunsten deS A. gegeben, wenn gegen einen Mitangeklagten verhandelt ist, gegen den, weil er abwesend ist, nicht verhandelt werden durfte. E. 38 S. 272 (anders E. 29 S. 294). E. 62 S. 259; wenn die zeitweise Entfernung deS A. auf seinen Wunsch gestattet war. E. 60 S. 313, oder im Jntereffe der All­ gemeinheit (Entmannung) nach § 247 angeordnet war. RG. DJust 1939 S. 1836; ebensowenig bei abgettennten und wiederverbundenen Sachen. E. 69 S. 18. E. 70 S. 65. Die Anwe'enheit des nicht zuständigen StA. steht seiner Abwesenheit nicht gleich. E. 73 S. 86. 36) D. h. solche Bestimmung, die entto. die sackl. Ent sch. über die Öffent­ lichkeit selbst betteffen oder gerade dem Berf., in dem die Entsch ergeht, eigen­ tümlich sind. Daher kein unbedingter Rev.-Grund der Ausschluß ohne An­ hörung der Beteiligten. E. 69 S. 401; früher anders JurW. 60 S. 1619 u. S. 2505; ferner wenn verabsäumt ist, über den Ausschluß der Öffentlichkeit für Verkündung der Urt gründe vorher zu verhandeln. E. 69 S. 175; wenn die Urtformel in nicht öffentl. Sitzung verkündet ist. E. 71 S. 377; wohl aber i. F. deS § 174 Abs 1 Satz 2 GVG. E. 70 S. 109. Der A. hat übrigen- kein Recht auf Ausschluß der Öffentlichkeit. JurW. 63 S. 370. 36 a) Diese Bestimmung ist rein prozeffualer Natur. Ohne das Vor­ handensein von Gründen wird sich aber nicht feststellen lassen, daß eine Ver­ letzung matenellrechtlicker Bestimmungen nicht stattgesunden hat. Naumburg LZ. 21 S. 335. Ein Mangel an Entscheidungsgründen liegt auch bann vor,

C II. 2. Strafprozeßordnung §§ 340 u. 341.

8. wenn

1359

die Verteidigung in einem für die Entscheidung we­

sentlichen ”) Punkte durch einen Beschluß") deS Gericht- un­

zulässig beschränkt worden istse) § 339 (378).

lich zugunsten

des

Die Verletzung von Rechtsnormen, welche ledig­ Angeklagten gegeben sind, kann von der Staats­

anwaltschaft nicht zu dem Zwecke gellend gemacht werden,") um eine

Aufhebung de- Urteil- zum Wac^teUe") de- Angeklagten herbeizuführen. § 340 (380).") § 341 (381). Die Revision muß bei dem Gerichte, dessen Urteil an­

gefochten wird, binnen einer Woche41) nach Verkündung ") deS Urteilzu Protokoll der GeschäftsstelleUc) oder schriftlich eingelegt werden. *5* )*10 * )* * wenn die gegebene Urteilsbegründung unverständlich, Dresden JurW. 57 S. 1881, oder widerspruchsvoll ist. Bloße Mangelhaftigkeit vorhandener Gründe fällt nicht darunter 6. 43 S. 298. Vgl. Anm. 45 zu § 261. Mangel der Begr. der Kostenentscheidung ist kein Rev.-Grund. Jena JurW. 57 S. 2739. 37) Die Frage, ob der betreffende Punkt ein wesentl. sei, kann von dem Rev.-Richter nur in recht!. Hinsicht auf der Grundlage des Urteils u. der Be­ schlüße geprüft werden. Löwe Anm. 18c. 38) Nur des erkennenden Gerichts. E. 17 S. 45. E. 20 S. 38. JurW. 60 S. 1097. 39) Beschränkung der Verteidigung liegt mit dann vor, wenn bestimmte Rechtsnormen, die eine Beeinträchtigung der Verteidigung verbieten, verletzt sind. GA. 53 S. 293. Besch' änkung der Rechte deS Privattl. kein Rev.-Grund. KG. DIZ. 34 S. 510. Beschränkt t|t die Verteidigung, wenn der A. behindert ist, sich vor der Hauptverbandl. mit seinem inzwischen bestellten vert. zu besprechen. Gleichgültig ist, ob Vertagung beantragt war. JurW. 1935 S. 128. Die wichtigste Rolle spielt hier die unbegründete Ablehnung von Beweisanträgen. Siehe darüber die Anm. 85 ff. zu § 245 StPO. Das Rev.-Gericht kann bei Ermittelung des Sinnes eines Beweisantrages den Akteninhalt mitberücksichtigen. JurW. 60 S. 2821. 40) Die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens gehören nicht hier­

her. E. 1 ht. KG. JFGErg. 17 S. 169. 52 b) Also nur eine Krimmalstrafe. nicht ZwangSgeld. KG. DIZ 39©. 219. — Die Bestimmung gilt nicht für Mililärpersonen ltz 59 Abs. 2 d. PBG. unter E I 6) noch für Angeh. d. ReichsarbeitSoiensles (Art. 10 d. BO. v. 23. März 36 (RGBl. 1 S. 198)]. 53) Siehe auch 8 63 PBG. unter EI 6. — Die OrdnungSmäbigkeit der Verfügung ist Urleilsvorauosetzung. KG. GA. 71 S. 144 u. JFG. Erg. 16 S. 104. Naumburg GA. 73 S. 59 u. DRZ. 20 Nr. 982. A. M. Rostock HRR. 1931 Nr. 1622. Der Name deS Besch, ist in der Berf. genau

1398

C II, Strafverfahren-ordnung.

strafbare Handlung," ») das angewendete Strafgesetz88 b) und die Beweiis-

mitteP8*) bezeichnen, auch die Eröffnung enthalten, daß der Beschuldigte,

sofern er

nicht eine

nach

den Gesetzen zugelaffene

Beschwerde

an

die höhere Polizeibehörde ergreife,84) gegen die Strafverfügung binnen

einer Woche nach der Bekanntmachung bet der Polizeibehörde, welche

diese Verfügung erlassen hat, oder bei dem zuständigen Amtsgericht auf gerichtliche Entscheidung antragen könne. Die Strafverfügung") wirkt88*) in betreff der Unterbrechung der Verjährung wie eine richterliche Handlung.88) zu bezeichnen. KG. JFG. Erg. 11 S. 252. Die recht!. Wirkungen treten erst mit der Unterzeichnung der vollständigen Unterschrift ein. KG. GA. 70 S. 145. Faksimile-Unterschrift genügt nach Dresden LZ. 22 S. 1120 nicht. Die Unterzeichnung der Urschrift mit dem Anfangsbuchstaben des Namens des Palizeibeamten ist genügend. Breslau HRR. 1928 Nr. 2247, KG. JurW. 61 S. 1983; oder Beifüg. eineS Handzeichens. Dresden DRZ. 24 Nr. 226. Nach Düffeldorf GA. 70 G. 283 ist die AuSfert. der Sers, maßgebend. Hamburg GA. 71 S. 152 hält die Strafverfügung für UrteilSvorauSfetzung nur in dem Maße, wie es Anklage u. Eröffnungsbeschluß sind. Zus.faffend KG. JFGErg. 19 S. 216: Eine alS ProzeßvorauSsetzung genügende pol. Strafverf. liegt schon dann vor, wenn in einer von dem zum Erlaß der Strafverf. berufenen Beamten unterschriebenen Urkunde, die auch äußerlich erkennen läßt, daß sie eine pol. Strafverf. darstellen soll, wegen einer darin angegebenen Handlung eine Strafe festgesetzt ist. DaS Fehlen anderer im 8 413 angegebener Erforderntffe ist bedeutungslos. 53 a) Die Bezugnahme auf die Strafanzeige genügt nicht. KG. DIZ. 11 S. 373. A. M. BreSIau LZ. 9 S. 1685. 53 b) Ungenügende Bezeichnung des Strafgesetzes macht die Strafverfüg. nichtig. Hamm JurR. 2 Nr. 1462, Kiel JurW. 61 S. 820, ander- KG. GA. 71 S. 146. Jena DRZ. 23 Nr. 460. Karlsruhe JurW. 1935 Nr. 1256. Die Hervorhebung der gesetzl. Merkmale ist aber nicht erforderl. KG. Recht 32 Nr. 2221; ebensowenig, daß das alS angewandt bezeichnete Gesetz auch richtig und vollständig angegeben war. KG. JFG. Erg. US. 391. Stuttgart JurW. 61 S. 1611. ES ist auch nicht schädlich, daß ein nicht bestehendes Sttafgesetz angeführt ist. Dresden JurW. 62 S. 1610. Die Angabe deS Blankettges. genügt. Dresden DRZ. 23 Nr. 881. 53 c) Die Angabe „Zeugnis des betr. Beamten" genügt nicht. Hamburg HRR. 1928 Nr. 399; wohl aber die Faffung „Laut Anzeige deS Polizei­ dieners 3E. werden Sie beschuldigt". Dresden LZ. 22 S. 1343. „Amtliche Feststellung" ist kein Beweismittel. KG. 71 S. 46. Düffeldorf HöchstRR. 2 S. 317; anders Celle JurR. 3 Nr. 672 u. Hamburg GA. 71 S. 152. ,54) Siehe § 62 PAG. unter EI 6. Richtlinien Nr. 285. 55) Die den Erfordernissen deS Abs. 3 entspricht. BreSlau HRR. 1931 Nr. 2009. 55 a) Der Erlaß, nicht die Zustellung der Lersüg. KG. JFG.Erg. 1S. 106. Hamburg GA. 71 S. 115. Naumburg JurR. 3 Nr. 1879. Dresden DRZ. 26 Nr. 311. A. M. Oldenburg DRZ. 23 Nr. 711. 56) Durch rechtskräftige Strafverf. — nicht durch pol. Verwarnung. Dresden GA. 74 S. 397 — ist die Strafklage insoweit verbraucht, alS die strafbare Handlung in den Grenzen der Zuständigkeit der Behörde lag. C. 47

CII2. Strafprozeßordnung 88 414 u. 415.

§ 414 (454).

Der Antrag auf

gerichtliche Entscheidung

1399 kann

bei der Polizeibehörde schriftlichem) obcr mündlich,bei dem Amts­ gerichte^^') schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle angebracht

werden.°)

Die Polizeibehörde übersendet, falls sie nicht die Strafverfügung

zurückntmmt,"') die Akten an die zuständige Staatsanwaltschaft, welche sie dem Amtsrichter vorlegt.

§ 415 (455).

Gegen die Versäumung der Antrag-frist ist unter

den in den §8 44, 45 bezeichneten Voraussetzungen Wiedereinsetzung

in den vorigen Stand zulässig.

DaS Gesuch ist bei einer der im

§ 414 Abs. 1 genannten Behörden anzubringen. Über daS Gesuch entscheidet der Amtsrichter. S. 306 Recht 20 Nr. 2049. Siehe § 66 PLG. unter EI 6. Die Geldstr., die der A. auf die Strafverfügung hin bezahlt hatte, ist nicht auf die gerichtl. er­ kannte Strafe anzurechnen; eS muß ihm vielmehr überlassen bleiben, sie von der Polizeibehörde -urückzufoxdern. E. 70 S. 215. Früher anders RG. Recht 19 Nr. 1004 u. DStZ. 1 S. 365.

56 a) Ane auf der Rückseite der Berf. befind!. Erklärung genügt, wenn auch die Unterschrift deS Antragstellers fehlt. Hamburg GA. 73 S. 143. Es genügt aber nicht die Unterzeichnung deS Antrages mit dem Namen einer Firma. KG. Recht 33 Nr. 950. Die dem Antr. beigefügte Erklärung, die Strafverf. wegen der Höhe der Strafe anznfechten, hat keine Bedeutung. KG. DStrafr. Bd. 4 S. 263. Der gesetzliche Vertreter eine- Minderjährigen ist nur zur Antragstellung befugt, wenn dieser noch nicht 18 Jahre alt ist. KG. JFGTrg. 7 S. 157; ein Dritter nur auf Grund einer seittnS der Besch, fristgemäß erteilten Voll­ macht KG. JFGErg. 17 S. 167. 57) Fernmündlicher Antrag genügt nicht. JurW. 43 S. 895. Dresden DIZ. 37 S. 1556. Der mündliche Antrag muß protokolliert werden. Zurück­ wersen z. B. wegen Verspätung darf die Polizeibehörde den Antrag nicht, sie muß vielmehr, falls fle die Strafverf. nicht zurücknimmt, was biL zur Abgabe der Akten an daS Gericht geschehen kann, ihn unter allen Umständen dem Amts­ anwalt vorlegen. Die Ordnungsmäßigteit deS Antrags ist Urteilsvoraussctzung. KG. Recht 31 Nr. 523. 57 a) Die Zuständigkeit deS AG. bestimmt sich nach den allgemeinen Zu­ ständigkeitsregeln in §§ 7 u. 8 StPO. KG. JFG. Erg. 8 S. 224. Dresden DRZ. 21 Nr. 1164. Tatort ist maßgebend bei Strafverf. der Luftfahrtbehörden. AB. v. 22. März 39 (DJust. S. 565). Geht der Bezirk der Polizeibehörde über den eines AG. hinaus, so ist das AG. des OrtS zuständig, als dessen Polizeibehörde die verfüg. Behörde beim Erlaß der Berf. tätig war. E. 63 S. 435; vgl. dazu Weber LZ. 21 S. 504 u. 24 S. 884. 58) Aber nicht bei dem AmtSanwalt, auch nicht bedingt. KG. JurW. 1937 S. 189. 58 a) Der AmtSanwalt kann die Strafverfügung nicht zurücknehmen, sondern muß dieselbe dem Richter vorlegen. — Die Rücknahme ist solange zulässig, bis sich daS Gericht mit der Sache befaßt. KG. HRR. 1928 Nr. 300; auch noch nach Abgabe der Allen an die StA. KG. Recht 32 Nr. 2412. Siehe auch § 68 PBG. unter E I 6 u. Richtlinien Nr. 286.

1400

C II.

Strafverfahren-ordnung.

Die Bestimmungen des § 46 Abs. 2, 3 finden

hier gleichfalls

Anwendung. § 416 (456).

Ist der Antrag rechtzeitig

angebracht, so

wird

zur Hauptverhandlung vor dem Amtsrichter 68 b) geschritten, ohne daß eS der Einreichung einer Anklageschrift oder einer Entscheidung über die

Eröffnung deS Hauptversahrcns bedarf.

BiS zum Beginne der Haup!Verhandlung kann der Antrag zurück­ genommen werden. M)

§ 417 (457).

DaS Verfahren vor dem Amtsrichter ist dasselbe

wie im Falle einer von der Staatsanwaltschaft erhobenen und zur Hauptverhandlung verwiesenen Anklage. Ma)

Der Angeklagte kann sich durch einen mit schriftlicher Vollmacht

versehenen Verteidiger vertreten lassen.60 * *)61 * * * * 59 Bei der Urtcilssällung ist das Gericht an den AuSspruch der

Polizeibehörde nicht gebunden.

§ 418 (458).

Stellt sich nach dem Ergebnisse der Hauptverhand­

lung die Tat60 a) des Angeklagten als eine solche dar, bei welcher die

Polizeibehörde zum Erlaß einer Strafverfügung nicht befugt nmr60b)MÄ),

so hat da- Gericht die letztere durch Urteil auszuheben, ohne in der Sache selbst zu entscheiden. el) 58 b) Auch zur Verhandlung über eine Strafverfügung, die von einer Polizeibehörde auf Grund der W. v. 6. April 23 (RGBl. I S. 249) Über die Bestrafung von Zuwidirhandlungen gegen die Padvorschriften er­ lassen ist, obwohl hier Gefängnis bis zu einem J'hr angedroht ist, da gemäd tz 3 BO. brr ft 416 unmittelbar anwendbar ist. Gegen Jugendliche entscheidet da-Jugendgericht. Kiesow Anm. 3. Celle JurW. KO S. 236. 59) Auch gegenüber den Beamten der Polizeibehörde. Hamburg DRZ. 20 Nr. 976. Königsberg JurW 58 S. 3033. Ist der Antrag zurückgenvmmen, erlangt aber der Richter hiervon erst nach erfolgter Verurteilung Kenntnis, so ist das Urteil auf Rev. der StA. aufzuheben und das Verfahren einzustellen. Dresden HRR. 1928 Nr. 2164. 59 a) Die in Anm. 53—53 e bezeichneten Mangel der pol. Strafverfügung beeinträchtigen das genchtl. Bewahren nicht. KG. DIZ. 27 S. 633 u. 19 S. 701. Löwe ft 416 Anm. 2, Feisenberger§416 Anm. 2. BreSlau JurW. 57 S. 2288. Hamm GA. 70 S. 220. Dresden HRR. 1929 Nr. 570. Karlsruhe Recht 32 9hr. 1495. E. 17 S. 2h 9. E. 56 S. 40. Hamburg, HöchftRR. 3 S. 130. A. M. ««. GA. 70 S. 145 u. JurR. 2 Nr. 899. 60) Siehe BO. v. 14. Juni 32, adgedr. hinter ft 418. 60 a) d. die strafgerichtl. vei folgbare Tat. Stettin v. 24. Oktbr. 31 (ungedruckt). A. M. KG. DRZ. 24 Nr. 64. 60 b) § 29 Prebges. unter B 111 3. 61) Ist eine polizeiliche Strafverfügung wegen Unzuständigkeit aufgehoten, so bedarf es zur weiteren Verfolgung einer neuen Entschuldung der StA. 9L 6 S. 60. Die Kosten sind der Staatskasse aufzuerleaen. KG. GA. 63 S. 336. Die örtl. Unzuständigkeit der die Strafverf. e, lassenden Behörde ist unerheblich. Dresden GA. 73 S. 272 u. DRZ. 25 Nr. 55.

CII 2. Strafprozeßordnung 88 419 u. 420,

1401

Teil 1 Kap. I Art. 7 VO. d. RP. v. 14. Juni 32 (RGBl. I 8. 285). § 1. Bleibt ein Angeklagter, der gegen eine polizeiliche Straf­ verfügung auf gerichtliche Entscheidung angetragen hat, ohne ge­ nügende Entschuldigung * 61 *) 62in* der * Hauptverhandlung aus und wird er auch nicht durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten, so wird der Antrag ohne Beweisaufnahme durch Urteil verworfen611»). § 2. Ein Angeklagter, dem gegen den Ablauf der Antragsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt worden war, kann sie nicht mehr gegen das Urteil beanspruchen. 3. Abschnitt. Verfahren bei IuVi-rrhau-ion-en -egen die Vorschriften öder

Mt Erhebung öffentlicher Abgaben nab Gefalle. *’) § 419 (459).

Strafbescheide der Verwaltungsbehörden

wegen

Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften über die Erhebung öffent­

licher Abgaben und Gefalle dürfen nur Geldstrafen sowie eine etwa verwirkte Einziehung sestsetzen.

Der Strafbescheid muß außerdem die strafbare Handlung,66 •) das angewendete Strafgesetz und die Beweismittel bezeichnen, auch die Eröffnung enthalten, daß der Beschuldigte, sofern er nicht eine nach

den Gesetzen zugelassene Beschwerde an die höhere Verwaltungsbehörde ergreife, gegen den Strafbescheid binnen einer Wocve nach der Be­

kanntmachung bei der Verwaltungsbehörde, welche ihn erlaßen, oder bei der, welche ihn bekanntgemacht hat, auf gerichtliche Entscheidung

antragen könne.6")

Der Strafbescheid wirkt in betreff der Unterbrechung der Ver­

jährung wie eine richterliche Handlung. § 420 (460).

Wird die gerichtliche Entscheidung angctragen, so

61 a) Wie in § 329 objektiv zu verstehen. Dresden DNZ. 25 Nr. 645. 61 b) Auch wenn die Seif, niwt ordnungsmäßig erlassen, oder auch, wenn die Policebchörde ihre fach iche Zuständigkeit überschrutcn hat. KoffkaSchäfer, Vorschriften über Strafrechtspflege S. 55. Voraussetzung deS Er­ lass-s des Versäummsurteils Ist eine ordnung-mäßige Ladung deS A.; sie fehlt bei Unrichtigkeit deS Hinwelses aus die Folgen des Ausbleibens KG. JurW. 1937 S. 1360. 62) Die §§ 419 bis 429 sind für den Geltungsbereich der ReichSabgabenordnung außer Kraft gefetzt. § 479 RAbgO. Sie gelten nur noch für Steuern, die zugunsten von Ländern u. Kommunalverbänden erhoben werden. Bal. RG. JurW. 1937 S. 1349. 62 a) D. h. den den frag!. Tatbest, verwirklichenden histor. Vorgang. KG. GA. 77 S. 367. 62 b) Schon vor Beginn der Notfristen, und zwar von ihrem attenmäßigen Erlaß ab, lönnen gegen Strafbescheide die zulässigen RechtSdeyelfe ergriffen werden. E. 64 S. 426 (428).

1402

C II. Strafverfahren-ordnung.

übersendet die Verwaltungsbehörde, falls sie nicht den Strafbescheid zurücknimmt, die Akten an die zuständige Staatsanwaltschaft, welche sie dem Gerichte vorlegt.

§ 421 (461).

Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

finden die Bestimmungen deS § 415 entsprechende Anwendung. § 422 (462).

Hauptverhandlung

Ist der Antrag rechtzeitig angebracht, so wird zur geschritten,

ohne daß eS der Einreichung einer

Anklageschrift oder einer Entscheidung über die Eröffnung deS Haupt­ verfahrens bedarf.

Die Staatsanwaltschaft kaun den int § 25 Abs. 1 Nr. 2e des GerichtSversaffungSgesetzeS vorgesehenen Antrag auch noch bei Vorlage

der Akten an daS Gericht stellen;

auf Verlangen der Verwaltungs­

behörde hat sie dieS zu tun.

BiS zum Beginne der Hauptverhandlung kaun der Antrag zurück­

genommen werden. § 423 (463).

Ist

die in

einem

vollstreckbaren Strafbescheide

festgesetzte Geldstrafe von dem Beschuldigten nicht beizutreiben

und

deshalb ihre Umwandlung in eine Freiheitsstrafe erforderlich, so ist

diese Umwandlung nach Anhörung der Staatsanwaltschaft und des

Beschuldigten durch gerichtliche Entscheidung auszusprechen, ohne daß der Strafbescheid einer Prüfung deS Gericht- unterliegt. Über die Umwandlung entscheidet der Amtsrichter.61 c)

Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt.

§ 424 (464).

Hat die Verwaltungsbehörde einen Strafbescheid

nicht erlassen, und lehnt die Staatsanwaltschaft den an sie gerichteten

Antrag aus Verfolgung ab, so ist die Verwaltungsbehörde befugt, selbst die Anklage zu erheben. In einem solchen Falle hat sie einen Beamten ihre- VerwaltungS-

zweigS oder einen Recht-anwalt als ihren Vertreter zu bestellen und in der Anklage namhaft zu machen.

§ 425 (465).

Die Staatsanwaltschaft ist zu einer Mitwirkung

in jeder Lage des Verfahren- berechtigt.

Bei der Hauptverhaudluug muß sie vertreten sein;

auch hat sie

die gerichtlich angeordneten Ladungen dazu zu bewirken. Alle im Laufe des Verfahrens

ergehenden Entscheidungen find

ihr bekanutzumachen.

§ 426 (466). Im übrigen regelt sich da- Verfahren auf die von der Verwaltungsbehörde erhobene Anklage nach den für die Privat­ klage gegebenen Bestimmungen. 62 c) Dem auch die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe obliegt. § 2 )cr SV. v. 6. gebt. 35 (DJust. 6. 202).

C H 2. Strafprozeßordnung §§ 427—429 b. § 427 (467).

1403

Hal der Beschuldigte gegen einen Strafbescheid

auf gerichtliche Untersuchung augetragen, oder hat die Staatsanwalt­ schaft die Anklage erhoben, so kann die Verwaltungsbehörde sich der

Verfolgung anschließen, und sie hat alsdann gleichwie bei einer von

ihr erhobenen Anklage einen Vertreter zu bestellen. In diesem Falle kommen die für den Anschluß des Verletzten

als Nebenkläger gegebenen Bestimmungen zur Anwendung.

(468).

§ 428

Wenn

die

Verwaltungsbehörde die

Anklage

erhoben oder sich der Verfolgung angeschlossen hat, so sind ihr das Urteil und alle sonstigen Entscheidungen zuzustellen, auch wenn sie

bei deren Verkündung vertreten gewesen ist. § 429 (469)

Die Fristen zur Einlegung von Rechtsmitteln be­

ginnen für die Verwaltungsbehörde erst mit der Zustellung.

Zur Anbringung von RevisionSanträgen und zur Gegenerklärung auf

solche

steht

der

Verwaltungsbehörde

eine

Frist

von

einem

Monat zu. 3 a. Abschnitt.8 *)

§ 429 a.

Slcherrrrrgsverfahrra.61 d)

Liegen Anhaltspunkte dafür vor, daß der Beschuldigte

eine mit Strafe bedrohte Handlung888) im Zustand der Zurechnungs­ unfähigkeit begangen hat, und führt die Staatsanwaltschaft das Straf­ verfahren wegen der Zurechnungsunfähigkeit des Beschuldigten nicht

durch, so kann sie den Antrag stellen, die Unterbringung des Beschul­ digten in

einer8") Heil- ober Pflegeanstalt selbständig anzuordnen

(Sicherung-verfahren).

§ 429 b. Für das Sicherungsverfahren gelten sinngemäß die Vor­ schriften über das Strafverfahren, soweit nichts anderes bestimmt ist.88») Der Antrag steht der öffentlichen Klage gleich.

An die Stelle

der Anklageschrift tritt eine Antrag-schrift, die den Erfordernissen der

Anklageschrift entsprechen muß88««). Wird im Urteil die Unterbringung nicht angeordnet, so ist auf Ablehnung des Antrags zu erkennen88»«»).

62 d) Dem Besch, braucht zur Durchführung deS Vers, kein gesetzt. Ver­ treter bestellt zu werden. E. 70 S. 176. 62 e) Bei Straftaten, die nur auf Antrag verfolgt werden, muß der Antr. als BerfahrenSvorauSs. vorliegen. E. 71 S. 218. E. 73 S. 155. 62 f) Die Unterbringung in einer bestimmten Heilanstalt ist unzulässig. E. 70 S. 176. 62 g) Eröffnung des Hauptverf. ist erforderlich. JurW. 63 S. 2150; auch für das Verfahren zur nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung. E. 68 S. 291 a. M. BayObLG. JurW. 63 S. 2631. 62 gg) Die AntragSschr. ist nach E. 72 S. 143 in der Anklageschrift nicht enthalten. 62 ggg) Wenn die in dem Anträge angeführten Handlungen nicht nach-

1404

C n. Strafverfahren-ordnung.

Wäre für das Strafverfahren da- Reichsgericht oder daS Olner-

landeSgericht in erster Instanz oder das Schwurgericht zuständig, so tritt

für das Sicherungsverfahren die große Strafkammer au ihre Stelle.64bi § 429 e

Ist im Sicherungsverfahren das Erscheinen deS Ve-

schuldigten vor Gericht wegen seines Zustandes unmöglich oder aus

Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unangebracht,

so

kann das Gericht die Hauptverhandlung durchführen, ohne daß der

Beschuldigte zugegen ist. In diesem Falle ist der Beschuldigte vor der Haupiverhandlung

durch einen beauftragten Richter unter Zuziehung eines Sachverstän­ digen zu vernehmen04Bon dem Bernehmungstermin sind die Staats­

anwaltschaft, der Beschuldigte, der Verteidiger und der gesetzliche Ver­

treter zu benachrichtigen.

Ihrer Anwesenheit bet der Vernehmung

bedarf eS nicht. Erfordert es die Rücksicht auf den Zustand deS Beschuldigten oder

ist eine ordnungsmäßige Durchführung der Hauptverhandlung sonst nicht möglich, so kann das Gericht im Sicherungsverfahren nach der

Vernehmung des Beschuldigten zur Sache die Hauptvcrhandlung durch­ führen, auch wenn der Beschuldigte nicht oder nur zeitweise zugegen ist.

Soweit eine Hauptverhandlung ohne den Beschuldigten statlfindet,

können seine früheren Erklärungen, die in einem richterlichen Protokoll enthalten sind, verlesen werden.

Das Protokoll über die Borverneh­

mung nach Abi. 2 Satz 1 ist zu verlesen. § 429 d

Ergibt sich im SicherungSversahren nach der Eröffnung

deS Haupt versehrens die Zurechnungsfähigkeit des Beschuldigten und ist das Gericht für das Strafverfahren nicht zuständig, so spricht eS durch Beschluß seine Unzuständigkeit aus und verweist die Sache an

das zuständige Gericht.

§ 270 Abs. 2, 3 gilt entsprechend.

Ergibt sich im SicherungSversahren nach der Eröffnung des Haupt­

verfahrens die Zurechnungsfähigkeit des Beschuldigten

und

ist taS

Gericht auch für das Strafverfahren zuständig, so ist der Beschuldigte

auf die veränderte Rechtslage hinzuwetjen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung zu geben.

Behauptet er, aus die Verteidigung nicht ge­

nügend vorbereitet zu sein, so ist aus seinen Antrag die Haupiver­ handlung auSzusetzen. Ist aus Grund deS § 429 c in Abwesenheit des Bezuweisen sind, ist der Antrag abzulehnen u. die Kosten der ReichSkasse aufjucliegen. RG. DZust. 1939 S 1087. 62 h) Auch dann, wenn die Zurückverweisung nur Hinsicht!, der Sicherunzsverwatnuna erfolgt. RG. DJust. 1936 S. 18i4. 62 i) Auf die Hinzuziehung der Sachverständigen kann nicht verzichtet werden. E. 72 S. 182.

CII2. Strafprozeßordnung §§ 429 e u. 430.

1405

schuldigten verhandelt worden, so sind diejenigen Teile der Hauptver-

handluvg zu wiederholen, bei denen der Beschuldigte nicht zugegen war.

§ 429 e.

Ist ein Deutscher im Ausland wegen eine- Berbrechens

oder vorsätzlichen Bergehens zu Freiheitsstrafe verurteilt worden und

liegen bei ihm die Voraussetzungen vor, die bei seiner Verurteilung im Inland die Anordnung der Sicherungsverwahrung oder der Ent­ mannung gerechtfertigt hatten,

so kaun die Staatsanwaltschaft den

Antrag stellen, die Maßregel nachträglich anzuordnen (nachträgliches

Sicherungsverfahren). Auf das Verfahren findet § 429 b entsprechende Anwendung.

4. Abschnitt.

Verfahren bei Liuftehurt-rn and Vermö-eusbeschlaguahmev.

§ 430 (477).

In den Fällen, in welchen nach § 42 deS Straf­

gesetzbuchs oder nach anderweilen gesetzlichen Bestimmungen auf Ein­ ziehung,"^) Vernichtung oder Unbrauchbarmachung von Gegenständen

selbständig erkannt werden kann, ist der Antrag, sofern die Entscheidung nicht in Verbindung mit einem Urteil in der Hauptsache ersolgt,

seitens der Staatsanwaltschaft 63 •) 64 65 oder deS Privatklägers bei dem Ge­ richte •*) zu stellen," *) welches für den Fall der Verfolgung einer be­

stimmten Person zuständig sein würde. ••) An die Stelle deS Schwurgerichts tritt daS Schöffengericht."«) 63) Siebe § 81 Dev.ges (B V 5) u. § 414 RAbgO. (B VII 1). 63a) Richtlinien Nr. 284. 64) Bezüglich des Gerichtsstände- vgl. Anm. 5 zu 8 7 StPO. Ist die Handlung im Auslande begangen und ein Gerichtsstand nach den §§ 8 u. 9 der StPO, nicht begründet, so ist auch für das objektive Verfahren durch daS RG. das zuständige Gericht zu bestimmen. R. 9 S. 290. 64 a) Nur zulässig, soweit die Verfolgung oder Verurteilung einer be­ stimmten Plrson nicht durchführbar ist. E 66 S. 419 (432). § 81 Dev.-Ges. unter B V 5. Über Einziehung wird endgültg entschieden, nicht nur, wenn sie angevidnet, fonbent auch, soweit davon adgesihen wird. E. 66 S 383. Ist der Antrag auf Anordnung der Unbrouchbarmakdung einer unzüchtigen Schrift in einem früheren Verfahren rechtskräftig zurüctgewiesen, so kann trotzdem von neuem die Unbrauchbarmachung angcordnet werden, wenn eine spät«re Ver­ breitung der Schrift erfolgt. E. 46 S. 420. Soweit Einz ehung die Eigenschaft einer Polizei!. Sicherungsmobnahme hat, kann sie, wenn daS Strafverfahren niedergeschlagen ist, in einem selbst. Vers. verfolgt werden. E. 67, 215 (17). JurW. i 936 S. 3201. 65) Wird der Antrag des StA., die Sache im obj. Verfahren einzuziehen, abgelehnt, so ist nicht auf Einstellung deS Verfahrens, sondern auf Zurückweisung des Antrags zu erkennen. DaS Gericht hat zwar zu prüfen, ob der Tatbestand einer strafbaren Handlung auch in subjektiver Richtung vorliegt, ob aber gegen eine bestimmte Person die Anklage zu erheben, darüber hat zunächst der StA. zu befinden. E. 8 S. 246. Ist die Verfolgung und Verurteilung einer bestimmten Person erfolgt, so findet nachträglich ein objektives Strafverfahren nicht weiter statt. E. 8 S. 349. Doch ist daS «erfahren statthaft, wenn die Einziehung nicht den Nachweis einer

1406

C II. Strafverfahrensordnung. § 431

(478).

Die Verhandlung

und Entscheidung erfolgt

in

einem Termin, auf welchen die Bestimmungen über die Hauptwer-

handlung entsprechende Anwendung finden.66) Personen, welche einen rechtlichen Anspruch aus den Gegenstand

der Einziehung, Vernichtung oder Unbrauchbarmachung haben, simd, soweit dies ausführbar erscheint, zu dem Termine zu laben.67)

Sie können alle Befugnisse ausüben, welche einem Angeklagten

zustehen,

sich auch durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehemen

Verteidiger

vertreten

lassen.

Durch

ihr

Nichterscheinen

wird

daS

Verfahren und die UrtetlSsällung nicht ausgehallen.67) schuldhaften Handlung, sondern nur den äußeren Tatbestand einer gegen LaS Strafgesetz verstoßenden Handlung voraussetzt. E.44 S. 315 (320); also auch bei Verjährung. JurW. 61 S. 2711. In subjektiver Beziehung führt ein objektives Verfahren einen Verbrauch der Strafklage nicht herbei. KG. JohowblS. 404. Ist eine Person wegen MünzverbrechenS freigesprochen, so kann auf Einziehung deS gefälschten Geldes nachträglich im objektiven Ver­ fahren erkannt werden. E. 14 S. 161. E. 27 S. 352; jedoch ist daS Ver­ fahren nicht mehr zulässig, wenn rechtskräftig festgestellt ist, daß eine strafbare Handl, nicht dorliegt. E. 44 S. 318. ES ist nicht zulässig, im objektiven Verfahren auf Einziehung von Jagd­ gerät (§ 295 StGB.) zu erkennen. E. 19 S. 45; E. 53 S. 126 u. 181; auch nicht von Spieleinrichtungen (§ 284 b StGB.) E. 66 6. 419; ebenso­ wenig auf Berfallerllärung nach § 335 StGB. E. 55 S. 35. E. 68 S. 404. Die Einziehung von NachdruckSexemplareu kann ausgesprochen werden, wenn auch die straftechtlich verantwortlichen Personen außer Verfolgung bleiben. E. 22 S. 55. 65 a) Jetzt auch gr. Strafkammer und zwar auch dann, wenn Zurück­ verweisung nur wegen deS die Einziehung betreffenden Teils deS Uri. erfolgt. E. 70 6. 338. 66) Lines Eröffnungsbeschlusses bedarf eS aber nicht, vielmehr wird sofort zur Hauptverhandlung geschritten. R. 6 S. 611. § 265 StPO, findet keine Anwendung. E. 37 S. 270; wohl aber die Vorschriften über die Beweisauf­ nahme (§§ 250, 253). Löwe Anm. 1. EinziehungSintereffenten können nicht alS Zeugen vernommen werden. E. 46 S. 88. Die einzuziehenden Gegen­ stände müssen einzeln bezeichnet werden. RG. JurW. 1935 S. 949. Auf Urtelle findet der § 267 entsprechende Anwendung. DaS auf Ablehnung deS staatSanwaltlichen Antrags lautende Urtell ist nach Maßgabe der für freisprechende Urtelle gegebenen Vorschrift zu begründen. E.41 S. 19. Die Kosten sind, wenn der StA. den Antrag gestellt hat, der ReichSkasse aufzuerlegen. E. 12 S. 198. Ihre Auslagen haben die EinziehungSintereffenten selbst zu tragen. Recht 16 Nr. 3161. 67) EinziehungSintereffenten sind die, welche einen recht!. Anspruch auf den Gegenstand der Einziehung haben E. 66 S. 419; nicht diejenigen, die einen recht!. Anspruch auf die Einziehung haben. Daher gehört nicht zu ihnen der FiStuS, der die Einziehung falscher Münzen beantragt. E. 18 S. 299. Pfändung u. Über­

weisung eines HerauSgabeanspruchS gewährt nicht die Rechte eines EI. E. 56 S. 379. Alle EinziehungSintereffenten haben zwar daS Recht, gegen Urteile Rechtsmittel einzulegen, einen Anspruch auf Zustellung deS Urteils haben aber nur die geladenen Interessenten. Für 'die nicht geladenen läuft die Rechts-

CII 2. Strafprozeßordnung 88 432—436.

§ 432 (479).

1407

Die Rechtsmittel gegen das Urteil stehen der Staats­

anwaltschaft, dem Privatkläger und den im § 431 bezeichneten Per­

sonen zu.") '

§ 433."») DaS Vermögen eine- Beschuldigten, gegen den wegen

eine- Verbrechens des Hochverrat- oder des Landesverrats die öffent­ liche Klage erhoben oder Haftbefehl erlaffen worden ist, kann in Be­ schlag genommen werden.

Die Beschlagnahme umfaßt auch daS Ver­

mögen, das dem Beschuldigten später zufällt.

Sie wirtt, biS daS Ver­

fahren rechtskräftig beendet ist. Die Beschlagnahme und ihre Aufhebung erfolgen durch Beschluß

Bei Gefahr im Verzüge kann die StaatSanwattschast die

deS Gerichts.

Beschlagnahme vorläufig anordnen; die vorläufige Anordnung tritt außer Kraft/wenn sie nicht binnen drei Tagen vom Gericht bestätigt ist. Aus die Beschlagnahme finden die Bestimmungen der §§ 291—293

entsprechende Anwendung. 5. Abschnitt.

-erfahren -e-eu Abwesende, die sich der Wehrpflicht ent-s-en haben.")

§ 484.") Bei der Untersuchung gegen einen Wehrpflichtigen wegen

eines Vergehens gegen die Vorschriften der §§ 140,140a und 140b des

Strafgesetzbuches findet in Abwesenheit des Angeklagten eine Haupt­ verhandlung nach den folgenden Vorschriften statt.")

§ 485.")

Für das Verfahren ist daS Gericht zuständig, in dessen

Bezirk der Angeklagte seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthaltsort im

Deutschen Reich gehabt hat. Das Verfahren kann -gleichzeitig gegen mehrere Personen gerichtet werden, auch wenn ein Zusammenhang nicht besteht.

§ 436.") Die Erhebung der Anklage und die Eröffnung der Untermittelfrift unter allen Umständen mit der Verkündung deS Urteils. R. 7 S. 52. Nach E. 34 S. 331 bedarf eS einer Zustellung an den Einziehung-interessenten nicht, wenn er bet der Urteilsverkündung vertteten war. Gl. M. L ö w e Anm. 6. Einen Anspruch auf Zustellung der Anklage haben die geladenen Interessenten nicht. E.24 S.197. Einziehung-interessenten können im ordentl. d. h. gegen eine bestimmte Person gerichteten Strafverfahren nicht auftteten. E. 34 S. 388. RG. Recht 22 Nr. 316. 68) Da- find solche Pers., die an der Ablehnung der Einz. Interesse haben. JurW. 62 S. 2658; auch Rebenbeteiligte i. S. § 420 RAbgO. E. 69 S. 32 (38). Die Revision ist auch zu Protokoll der Geschäftsstelle zu begründen. Recht 9 S. 286. Auch Wiederaufnahme ist nicht zulässig. Löwe Anm. 4. Schwarz a. a. O., Anm. 2 A. M. Neumann, System der Prozess. W. S. 13. 68 a) Neufassung gemäß Art. V deS Ges. v. 24. Apttl 34 (RGBl. I S. 341). 69) Fassung deS Ges. v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 844). 70) Richtlinien Nr 283 b. — Auf andere Verletzungen der Wehrpflicht und Wehrkraft ist das Verfahren nicht anwendbar. Begr. S. 71.

1408

C II. Etrafverfahrensordnung.

fuchung erfolgen aus Gründ einer Erklärung der mit der militärischen Überwachung deS Wehrpflichtigen beauftragten Behörde?') § 437.") Diese Erklärung lautet im Falle des § 140 Abs. 1 deS Straf­ gesetzbuchs:^«) daß der Wehrpflichtige sich den militärischen Überwachungsnraß-

nahmen entzogen habe, daß sein Aufenthalt im Teutschen Reich

nicht ermittelt worden sei und daß die Ermittlungen keine Um­

stände ergeben haben, die die Annahme ausschließen, daß der Wehrpflichtige, um sich der Erfüllung der Wehrpflicht zu entziehen,

ohne Erlaubnis das Reichsgebiet verlassen habe oder nach Errei­ chung deS

wehrpflichtigen Alters

außerhalb des Reichsgebietes

verblieben sei; im Falle des § 140a Abs. 1 des Strafgesetzbuchs?'")

daß der Aufenthalt des Wehrpflichtigen im Teutschen Reich nicht ermittelt worden sei, daß ihm keine Erlaubnis zum Auswanderu erteilt worden sei und daß die Ermittlungen keine Umstände er­ geben haben, die die Annahme auSschiießen, daß er ausgcwandert sei;

im Falle des § 140d Abs. 1 des Strafgesetzbuchs?lb) daß der Aufenthalt des Wehrpflichtigen im Deutschen Reich nicht ermittelt worden sei und daß die Ermittlungen keine Umstände

ergeben haben, die die Annahme ausschließen, daß er nach der öffentlichen Bekanntmachung der Anordnung deS Führers und

Reichskanzlers

entweder

das

Reichsgebiet

verlassen habe

oder

sich außerhalb deS Reichsgebietes aufhalte.

§ 438 ") Die Ladung deS Angeklagten zur Hauptverhandlung erfolgt nach Borichrist des § 279 Abs. 1, 2 und deS § 280 Abs. 2. Der Angeklagte ist in der Ladung darauf hinzuwetsen, daß er bet

unentschuldigtem Ausbleiben aus Grund der in den §§ 436 und 437 be­ zeichneten Erkürungen werde verurteilt werden.

§ 439.") In der Hauptverhandlung kann für den Angeklagten ein Verteidiger austreten. Er bedarf keiner Vollmacht. Auch Angehörige deS Angeklagten sind, ohne daß sie einer Vollmacht bedürfen, als Ver­ treter zuzulaffeu.

Die im Absatz 1 genannten Personen können die dem Beschuldigten zustehenden Rechtsmittel einlegen. 71) Ob Umstünde vorliegen, die der Erklärung entgegenstehen (§ 440 Abs. 1), ist der Hauptverhandl. Vorbehalten. 71 a> Die Erklärung wird abgeg'ben durch die KretSpolizeibekiörden oder durch die Wehrbezirkskommandos. Richtlinien Nr. 283 b i. Fass. d. AL. v. 21. Aug. 38 -Teilst S. 286). 71 t>) Die Ertlärung wird abgegeben durch Wehrbezirkskommandos oder WehrmeldeÜntter. Richtlinien Nr. 283 b i. Fass. d. AB. v. 21. Aug. 38 (DZust. S. 286).

C II 2. Strafprozeßordnung §§ 440, 441, 449, 450.

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Im übrigen finden die Bestimmungen der $$ 283 und 284 ent­

sprechende Anwendung.")

$ 44-.") Sind die vorgeschriebenen Förmlichkeiten beachtet, so ist der abwesende Angeklagte auf Grund der in den §§ 436 und 437 bezeich­ neten Erklärung zu verurteilen, wenn sich nicht Umstände ergeben, die dieser Erklärung entgegenstehen."») Bedarf eS bei einer Verhandlung gegen mehrere Angeklagte (§435 (Abs. 2) in einer Sache einer Beweisaufnahme, so ist sie abutrennen und gesondert zum Abschluß zu bringen.

$ 441.") 7. Luch

Das Urteil ist nach § 40 Abs. 2 zuzustellen.

Strafvollstreckung und ftoltcn bt» Verfahren-.

1. Abschnitt.

Strafvollstreckung.

§ 449 (481). Strafurteile sind nicht vollstreckbar, bevor sie rechts­ kräftig geworden sind.w)

§ 450 (482). Aus die zu vollstreckende Freiheitsstrase ist unverkürzt die Untersuchungshaft anzurechnen, welche der Angeklagte erlitten hat, 72) Die Bermögensbeschlagnahme ist auch bei unerlaubter Auswanderung (§ 140 a StGB.) zulässig. 72 a) Diese Feststellung, die zur Freisprechung führt, kann sich auf die Aus­ sage einer in der Hauptverhandl. erschienenen Person oder aus den sonstigen Akleninhalt gründen. Begr. S. 72. Läßt dcr festgestellte Sachverhalt die Mög­ lichkeit zu, daß die von der Überwachungsbehörde abgegebene Erklärung nicht zutrifft, dann rechtfertigt dos die Freisprechung nicht. KG. TStrafr. 1939 S. 59 = Tas Recht 1939 Nr. 2032. 73) Wird die Strafe vollstreckt, bevor das Urteil rechtskräftig ist, so ist si. nicht als nicht vollstreckt anzusehen. Celle, DJust. 1933 S. 714; viel­ mehr wird die Vollstreckung mit dem Eimntt der Rechtskraft in bezug auf die Rückfallslrafe wirksam. R. r S. 612. Ist der A. zu einer Gesamtstrafe verurteilt, so ist Vollstreckung der nicht angefochtenen Einzelstrafe zulässig. Löwe Anm. 6 c. Hamm GA. 63 S. 451. BreSlau IurR. 1 Nr. 1198. BayObL». HRR. 1935 Nr. 915 u. 1198. A. M. Schwarz a. a. O. Anm. 20. Feilen­ de rg er Anm. 5. Sind durch ein Urteil mehrere Angeklagte verurieilt, von denen nur einige Revision eingelegt haben, so ist grundsätzlich die Strafvoll­ streckung gegen die übrigen zu betreiben, sobald die Rechtskraft des Urteils eingetreten ist, doch kann auch im Hinblick aus § 357 insoweit die Strafvoll­ streckung aufgeschoben werden. § 10 StrVO. unter D3. Ist die Revision eines in Hast befindlichen Angekl. durch Beschluß zurück gewiesen, so tst der Zeitpunkt, in welchem der die Revision verwerfende Beschluß der StA. durch Vorlegung zugestellt ist, als Zeitpunkt des Beginnes der Voll­ streckbarkeit anzusehen. KG. Recht 30 Nr. 2639. Darmstadt IurR. 3 Nr. 103. Köln DRZ. 25 Nr. 639, wenn nicht der Zeitpunkt des Erlasses des Beschl. feftzustellen ist. Naumburg JurW. 1939 S. 2133. Dazu Anm. 6 zu 8 22 StrVO. unter D 3.

Dalcke, Strafrecht. 31. Aufl.

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C II. StrasversahrenSordnung.

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