Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich: Mit Nebengesetzen. Textausgabe mit Anmerkungen und Sachregister [28. Aufl., Reprint 2021] 9783112412749, 9783112412732

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Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich: Mit Nebengesetzen. Textausgabe mit Anmerkungen und Sachregister [28. Aufl., Reprint 2021]
 9783112412749, 9783112412732

Table of contents :
Vorwort zur 27. Auflage.
Vorwort zur 28. Auflage.
Inhalt.
Einleitung.
Einführungsgesetz Vom 31. Mai 1870.
Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich. Vom 15. Mai 1871.
Erster Teil. Don der Bestrafung der Verbrechen, Vergehen und Übertretungen im allgemeinen.
Erster Abschnitt. Strafen.
Zweiter Abschnitt. Besuch.
Dritter Abschnitt. Teilnahme.
Vierter Abschnitt. Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mildern.
Fünfter Abschnitt. Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen.
Zweiter Teil. Von den einzelnen Verbrechen, Vergehen und Übertretungen und deren Bestrafung.
Erster Abschnitt. Hochverrat und Landesverrat. [Die Bestimmungen des Zweiten und Dritten Abschnitts über „Beleidigung des Landesherrn" und „Beleidigung von Bundesfürsten" sind jetzt gegenstandslos.]
Vierter Abschnitt. Feindliche Handlungen gegen befreundete Staaten.
Fünfter Abschnitt. Verbrechen und Bergehen in Beziehung auf die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte.
Sechster Abschnitt. Widerstand gegen die Staatsgewalt.
Siebenter Abschnitt. Verbrechen und Bergehen wider die öffentliche Ordnung.
Achter Abschnitt. Münzverbrechen und Münzvergehen.
Neunter Abschnitt. Meineid.
Zehnter Abschnitt. Falsche Anschuldigung.
Elfter Abschnitt. Vergehen, welche sich auf die Religion beziehen.
Zwölfter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen in Beziehung auf den Personenstand.
Dreizehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit.
Vierzehnter Abschnitt. Beleidigung.
Fünfzehnter Abschnitt. Zweikampf.
Sechzehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider das Leben.
Siebenzehnter Abschnitt. Körperverletzung.
Achtzehnter Abschnitt. Verbrechen und Bergehen wider die persönliche Freiheit.
Neunzehnter Abschnitt. Diebstahl und Unterschlagung.
Zwanzigster Abschnitt. Raub und Erpressung.
Einundzwanzigster Abschnitt. Begünstigung und Hehlerei.
Zweiundzwanzigster Abschnitt. Betrug und Untreue.
Dreiundzwanzigster Abschnitt. Urkundenfälschung.
Vierundzwanzigster Abschnitt. Bankrott.
Fünfundzwanzigster Abschnitt. Strafbarer Eigennutz und Verletzung fremder Geheimnisse.
Sechsundzwanzigster Abschnitt. Sachbeschädigung.
Siebenundzwanzigster Abschnitt. Gemeingefährliche Verbrechen und Vergehen.
Achtundzwanzigster Abschnitt. Verbrechen und Vergehen im Amte.
Neunundzwanzigster Abschnitt. Übertretungen.
Anhang.
1. Militärstrafgesetzbuch. Vom 20. Juni 1872 (16. Juni 1926)
2. Pressgesetz. Vom 7. Mai 1874
3. Personenstandsgesetz. Vom 6. Februar 1875 (Auszug)
4. Sprengstoffgesetz. Vom 9. Juni 1884
5. Depotgesetz. Vom 5. Juli 1896 (Auszug)
6. Auswanderungsgesetz (Mädchenhandel). Vom 6. Juni 1897 (Auszug
7. Elektrizitätsentwendungsgesetz. Vom 9. April 1900
8. Börsengesetz. Vom 8. (27.) Mai 1908 (Auszug)
9. Spionagegesetz. Vom 3. Juni 1914
10. Rechtsirrtumsverordnung. Vom 18. Januar 1917
11. Ergänzungsverordnung. Vom 22. März 1917
12. Reichsabgabenordnung. Vom 13. Dezember 1919. (Auszug)
13. Straftilgungsgesetz. Vom 9. April 1920
14. Verordnung betr. Stillegung lebenswichtiger Betriebe. Vom 10. November 1920
15. Rennwett- und Lotteriegesetz. Vom 8. April 1922 (Auszug)
16. Jugendwohlfahrtsgesetz. Vom 9. Juli 1922 (Auszug)
17. Republikschutzgesetz. Vom 21. Juli 1922
18. Jugendgerichtsgesetz. Vom 16. Februar 1923
19. Notgesetz. Vom 24. Februar 1923 (Auszug)
20. Strafvollzugsgrundsätze. Vom 7. Juni 1923
21. Gesetz zur Bekämpfung von Schund und Schmutz. Vom 18. Dezember 1926
22. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. Vom 18. Februar 1927
23. Gesetz über Schußwassen und Munition. Vom 12. April 1928
24. Bürgerliches Gesetzbuch. (Auszug)
Sachregister.

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Deutsche Reichs-u. preußische Gesetze Die Guttentagsche Sammlung von Textausgaben mit Anmerkungen im Taschenformat enthält in mehr als 230 Bänden alle wich­ tigeren Gesetze in unbedingt zu­ verlässigem Abdruck und mustergültiger Erläuterung

* Ausführliches Verzeichnis befindet sich hinter dem Sachregister

Rr. 2.

Gnttentagsche Sammlung Deutscher Reichsgesetze.

Rr. 2.

Textausgaben mit Anmerkungen und Sachregister

Strafgesetzbuch für baS Deutsche Reich mit Nebengesetzen. Textausgabe mit Anmerkungen und Sachregister

voii

Dr. Franz v. Liszt s und Dr. Ernst DelaquiS.

Achtun bzwanzigste Auflage bearbeitet von

Dr. Eduard Kohlrausch, Professor der Rechte in Berlin.

Berlin und Leipzig 1928.

Walter de Gruyter L Co. vormals G. I. Göschen'sche Verlagshandlung — I. Guttentag, Verlags­ buchhandlung -- Georg Reimer — Karl I. Trübner — Veit 4 Tomp.

Vorwort zur 27. Auflage. Diese zweite von mir besorgte Ausgabe verfolgt den­ selben Zweck wie ihre Vorgängerinnen: über den Stand der Rechtsprechung des Reichsgerichts zu orientieren. Die Judikatur der Oberlandesgerichte ist nicht berücksichtigt. So wertvoll einzelne ihrer Entscheidungen sein mögen, muß im Interesse der Rechtseinheit doch der Wunsch aus­ gesprochen werden, daß ihre Rolle als Höchstgerichte, die gesetzlich auf die „Not von Volk und Reich" zugeschnitten war, baldigst ausgespielt sei! Mit dem Inkrafttreten eines neuen Strafgesetzbuchs würde sie vollends verhängnisvoll werden. Eine abermalige Erweiterung haben die Erläuterungen des „Allgemeinen Teils" erfahren. Der Raum wurde durch Streichung der Vorgeschichte und des GVG. ge­ wonnen. Der innere Zusammenhang jener Grund­ sätze zwang zu umfangreicheren Vorbemerkungen und zu allgemeineren Anmerkungen, die bisweilen nur etwas ge­ zwungen Anschluß an einzelne Gesetzesworte fanden. Auch ließ es sich nicht vermeiden, die eigene Meinung, wenn auch nur dürch die systematische Anordnung, gelegentlich durchblicken zu lassen. Ich habe mich aber bemüht, auch dort ein objektives Referat über die Judikatur zu geben, wo deren Wege nicht die meinigen sind. Von den Hinweisen auf abweichende Meinungen der Literatur habe ich mehr als in früheren Auflagen abgesehen. Die Erfahrung hat gezeigt, daß sie häufig zu der naiven Ansicht führten, als bestehe dort, wo solche Hinweise fehlen, kein Meinungsstreit.

VI

Vorwort zur 27. Auflage.

So haben sie oft mehr der eigenen Bequemlichkeit als der Neigung zum selbständigen Weiterdenken Vorschub ge­ leistet. Gerade der Anfänger — den ich mir neben dem schnelle Orientierung suchenden Praktiker als Benutzer des Buches wünsche — wird von derartigen Anmerkungs­ ausgaben nur dann Nutzen ziehen, wenn er in ihnen das, aber auch nur das sucht, was sie geben dürfen und können: eine Orientierung in verkürzten Maßstäben. Sie sollen das Studium der Originalentscheidung nicht ersetzen, sondern gerade auf dasselbe hinleiten. Es wird manche Zweifel klären, manche aber auch anregen, die dann auf die N otw endigkeit wissens ch aftlich er Vertiefunglv eis en. Hält der Anfänger eine solche Ausgabe für ein das eigene Nachdenken ersetzendes, gebrauchsfertig serviertes Reper­ torium zur Befriedigung des ganzen strafrechtlichen Be­ darfs, dann wirkt sie verflachend und verödend! Unter den Nebengesetzen wurde u. a. das Militär­ strafgesetzbuch neu ausgenommen. Auch auf die Straf­ vollzugsgrundsätze von 1923, die hoffentlich bald die Form eines Gesetzes annehmen, darf ich besonders Hin­ weisen. Mein Eindruck, daß ihre Kenntnis unter Juristen weniger verbreitet ist, als die über den „Bruch des Heuer­ vertrags" u. a., ist, wie ich fürchte, nicht unbegründet. Erheblich erweitert ist das Re gift er. Es ist von Fräulein Referendar Pauli angefertigt, der ich hierfür sowie für ihre sonstige Hilfe bei dieser Ausgabe meinen herzlichsten Dank sage. 4. November 1926.

Kohlrausch.

Vorwort zur 28. Auflage. Die 28. Auflage berücksichtigt die Entscheidungen des Reichsgerichts bis Bd. 62, S. 144 der offiziellen Sammlung. Die einführenden „Vorbemerkungen", auch gelegentliche grundsätzliche Anmerkungen sind vermehrt. Die Erläu­ terungen wurden, wo die an den Wortlaut des Gesetzes anknüpfende Reihenfolge die Übersicht beeinträchtigte, systematisch angeordnet. Im übrigen konnte ich mich nicht dazu entschließen, einigen freundlichen Anregungen folgend das Buch zu einem die eigene Meinung entwickelnden und auch Literatur berücksichtigenden kleinen Handkommentar auszuarbeiten. Ein solcher hätte, wenn er nicht ein Erzieher zur Oberflächlichkeit werden sollte, wohl den doppelten Raum dieser Ausgabe beansprucht. So reizvoll die Aus­ gabe an sich wäre, so wenig verlockend ist es, sie gerade jetzt, in der vermutlich letzten Lebensstunde des Straf­ gesetzbuchs, in Angriff zu nehmen. Alls den in einer Besprechung beanstandeten Abdruck von Nebengesetzen (der leichteren Auffindung wegen in zeitlicher Reihenfolge) konnte ich nicht verzichten. Für das Studium sind sie unentbehrlich und auch dem Praktiker sollten sie, meine ich, willkommen sein. Uber die Zweckinäßigkeit der Auswahl wird man natürlich verschiedener Meinung sein können. Für jeden Rat bin ich hier dankbar. Wenn ich im Vorwort zur vorigen Auflage auf die Straf­ vollzugsgrundsätze besonders hingewiesen habe, so

VIII

Vorwort zur 28. Auflage.

darf ich diesen Hinweis hier wiederholen. Mein Eindruck, daß sie unter Juristen wenig bekannt sind, hat sich leider nicht geändert. Mehreren freundlichen Helfern habe ich auch diesmal zu danken; besonders zwei Mitgliedern meines Seminars: Herr Kurt Hallgarten hat die Erläuterungen zu § 266 der schon jetzt in die Bahnen des Entwurfs einschwenkenden Reichsgerichtsjudikatur angepaßt; und Fräulein Hella von dem Hagen hat sich der Mühe unterzogen, alle Zitate, besonders auch von Entscheidungen, nachzuprüfen. 10. September 1928.

Kohlrausch.

Anhall. Einleitung. 1. Entstehung des Strafgesetzbuchs..................... . . 2. Geschichte der Strafrechtsreform.............................

Seite 1 2

Strafgesetzbuch mit Einführungsgefetz. Einführungsgesetz z. StGB. f. d. Nordd. Bund v. 31. Mai 1870. §§ 1—8................................................................... Strafgesetzbuch f. d. Deutsche Reich v. 15. Mai 1871. §§ 1-370 Einleitende Bestimmungen §§1—12.......................................

5

9 17

Erster Teil. Bon der Bestrafung der Berbrechen, Bergehen und Über­ tretungen im allgemeinen.

Erster Abschnitt. Strafen §§ 13—42 ............................. Zweiter Abschnitt. Versuch §§ 43—46 ............................. Dritter Abschnitt. Teilnahme §§ 47—50 ......................... Vierter Abschnitt. Gründe, welche die Strafe aus­ schließen oder mildern §§ 51—72................................. Fünfter Abschnitt. Zusammentreffen mehrerer straf­ barer Handlungen §§ 73—79 ..........................................

24 48 56 70 100

Zweiter Teil.

Bon den einzelnen Verbrechen, Vergehen und Übertretungen und deren Bestrafung. Erster Abschnitt. Hoch- und Landesverrat §§ 80—93 110

[3)ie Bestimmungen des Zweiten und Dritten Abschnitts über „Beleidigung des Landesherrn" und „Beleidigung von Bundesfürsten" sind jetzt gegenstandslos.^

X

Inhalt.

Seite Vierter Abschnitt. Feindliche Handlungen gegen be­ freundete Staaten §§ 102—104 ...................................... 122 Fünfter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen in Be­ ziehung auf die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte §§ 105—109 ...................................................................... 124 Sechster Abschnitt. Widerstand gegen die Staatsgewalt §§ 110—122 ...................................................................129 Siebenter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die öffentlicheOrdnung §§ 123—145a.............................. 144 Achter Abschnitt. Münzverbrechen und Münzvergehen §§ 146—152 ................................................................... 165 Neunter Abschnitt. Meineid §§ 153-163 169 Zehnter Abschnitt. Falsche Anschuldigung §§ 164—165 182 Elfter Abschnitt. Vergehen, welche sich auf die Religion beziehen §§ 166—168 ...................................................... 185 Zwölfter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen in Be­ ziehung auf den Personenstand §§ 169—170 .... 189 Dreizehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit §§ 171-184b...............................................191 Vierzehnter Abschnitt. Beleidigung §8 185—200. ... 215 Fünfzehnter Abschnitt. Zweikampf §§ 201—210 a . . . 233 Sechzehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider das Leben 88 211—222 ................................................. 238 Siebzehnter Abschnitt. Körperverletzung 88 223—233 . 249 Achtzehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die persönliche Freiheit 88 234—241 ............................. 259 Neunzehnter Abschnitt. Diebstahl und Unterschlagung 88 242—248 a........................................................................... 266 Zwanzigster Abschnitt. Raub und Erpressung 88 249—256 282 Einundzwanzigster Abschnitt. Begünstigung und Hehlerei 88 257—262 ...................................................................... 289 Zweiundzwanzigster Abschnitt. Betrug und Untreue 88 2 63— 266 ...................................................................... 297 Dreiundzwanzigster Abschnitt. Urkundenfälschung 88 267 bis 280................................................................................... 312

Inhalt.

XI Sette

Vierundzwanzigster Abschnitt. Bankrott. — Reichs­ konkursordnung §§ 239—244 ...................................... Fünfundzwanzigster Abschnitt. Strafbarer Eigennutz und Verletzung fremder Geheimnisse §§ 284—302 e Sechsundzwanzigster Abschnitt. Sachbeschädigung §§ 303 bis 305.................................................................................... Siebenundzwanzigster Abschnitt. Gemeingefährliche Verbrechen und Vergehen §§ 306—330 ..................... Achtundzwanzigster Abschnitt. Verbrechen und Ver­ gehen im Amte §§ 331—359 .......................................... Neunundzwanzigster Abschnitt. Übertretungen §§360—370

330 338

360 363 382 404

Anhang 1. Militärstrafgesetzbuch. Vom 20. Juni 1872 (16. Juni 1926)................................................................................... 428 2. Preßgesetz. Vom 7. Mai 1874 ................................. 463 3. Personenstandsgesetz. Vom 6. Februar 1875 (Auszug) 470 4. Sprengstoffgesetz. Vom 9. Juni 1884 ..................... 471 5. Depotgesetz. Vom 5. Juli 1896 (Auszug) .... 474 6. Auswanderungsgefetz (Mädchenhandel). Vom 6. Juni 1897 (Auszug).......................................................476 7. Elektrizitätsentwendungsgefetz. Vom 9. April 1900 476 8. Börfengefetz. Vom 8. (27.) Mai 1908 (Auszug) . . 477 9. Spionagegesetz. Vom 3. Juni 1914.............................. 479 10. Rechtsirrtumsverordnung. Vom 18. Januar 1917. 481 11. Ergänzungsverordnung. Vom 22. März 1917 . . 484 12. Reichsabgabenordnung. Vom 13. Dezember 1919. (Auszug)............................................................................... 485 13. Straftilgungsgesetz. Vom 9. April 1920 ................. 494 14. Verordnung betr. Stillegung lebenswichtiger Be­ triebe. Vom 10. November 1920 ............................. 497 15. Rennwett- und Lotteriegefetz. Vom 8. April 1922 (Auszug)................................................................................498 16. Jugendwohlfahrtsgefetz. Vom 9. Juli 1922 (Auszug) 500

XII

Inhalt.

Seite Republikschutzgesetz. Vom 21. Juli 1922 ................. 507 Jugendgerichtsgesetz. Vom 16. Februar 1923 ... 515 Notgesetz. Vom 24. Februar 1923 (Auszug) . . . 527 Strasvollzugsgrundsätze. Vom 7. Juni 1923 . . . 528 Gesetz zur Bekämpsung von Schund und Schmutz. Vom 18. Dezember 1926 .............................................. 567 22. Gesetz zur Bekämpsung der Geschlechtskrankheiten. Vom 18. Februar 1927 ................................................... 571 23. Gesetz über Schuß massen und Munition. Vom 12. April 1928 .................................................................... 577 24. Bürgerliches Gesetzbuch. (Auszug)...................................587

17. 18. 19. 20. 21.

Sachregister................................................................................

*1

Im Text «-gedruckte Gesetze und Verordnungen Reichsverfassung Art. 36 (bei § 11)................................. Reichsverfassung Art. 30 (bei § 12)................................. Preußische Justizminifterialverfügung über Strafbemes­ sung vom 8. März 1926 (vor § 13)....................... Reichsbankgesetz vom 30. August 1924, § 39 (bei § 145a) Gesetz über den Verkehr mit unedlen Metallen vom 23. Juli 1926, § 17 (bei § 243)................................ Gesetz über den Verkehr mit Edelmetallen vom 29. Juni 1926, § 4 (bei § 243).................................................. Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897, § 312 (bei § 266) Hypothekenbankgesetz vom 13. Juli 1899, § 36 (bei § 266) Konkursordnung vom 17. Mai 1898, §§ 239—244 (statt §§ 281—283)....................................................................

23 24 26 164

270 271 304 304 331

Einleitung. 1. Entstehung deS Strafgesetzbuchs. Die Verfassung des Norddeutschen Bundes v. 26. IM 1867 hatte in Art. 4 Nr. 13 dem Bund die gemeinsame Gesetzgebung über das Strafrecht übertragen (vgl. jetzt RVerf. v. 11. Aug. 1919 Art. 7 Nr. 2). Demgemäß er­ suchte am 18. April 1868 der Reichstag den Bundeskanzler, den Entwurf eines StGB, vorzulegen. Der Bundesrat schloß sich am 5. Juni 1868 dem Antrag an. Um Aus­ arbeitung des Entwurfs ersuchte der Bundeskanzler den Preuß. Justizminister Dr. Leonhardt, der den Geh. Ober­ regierungsrat (später Justizminister) Dr. Friedberg beauf­ tragte. Am 31. Juli 1869 wurde der „Entw. eines StGB, f. d. Nordd. Bund" mit Motiven dem Bundeskanzler über­ reicht und veröffentlicht. Bom 1. Okt. bis 31. Dez. 1869 beriet eine siebengliedrige Kommission des Bundesrats und vom 4. bis 11. Febr. 1870 der Bundesrat selber. Am 4. Febr. 1870 ging der Entwurf dem Reichstag zu (Drucks. Nr. 5). Dieser nahm ihn nach drei Lesungen am 25. Mai 1870 an, der Bundesrat am gleichen Tage. Unter dem 31. Mai 1870 wurden das StGB, und das EG. in Nr. 16 BGBl, veröffentlicht; Geltungsbeginn 1. Jan. 1871, für die süddeutschen Staaten 1. Jan. 1872. Durch RGes. v. 16.April1871 wurde das StGB, zum Reichsgesetz erklärt. Seitdem ist das StGB, mehrfach abgeändert worden. Die Änderungen sind in dieser Ausgabe nur noch aus­ nahmsweise sichtbar gemacht. Kohlrausch, Strafgesetzbuch.

28. Aufl.

1

2

Einleitung.

2. Geschichte der Strafrechtsreform. 1. BE.09: Auf Veranlassung des Staatssekretärs des Reichsjustizamts Dr. Nieberding trat am I.Mai 1906 eine Kommission von fünf praktischen Juristen (Vorsitzender der preußische Ministerialdirektor Dr. Lucas) mit dem Auftrag zusammen, einen formulierten Vorentwurf zu einem neuen deutschen StGB, nebst Begründung auszuarbeiten. Letzte Sitzung am 22. April 1909. Ergebnis: „Vorentwurf zu einem Deutschen Strafgesetzbuch" mit zwei Bänden „Begründung". Der E. 19 trug keinen amtlichen Charakter, war nicht zur Vorlegung an die gesetzgebenden Körperschaften, sondern zunächst nur zur öffentlichen Beurteilung bestimmt.

2. KE 13: In den Jahren 1911 bis 1913 wurde der E. von einer neuen Kommission (Vorsitzender zuerst Lucas, danu Prof. Dr. Kahl) auf Grund der öffentlichen Besprechungen umgearbeitet. Der neue Entwurf (Kommissionsentwurf 1913) sollte mit einer Denkschrift veröffentlicht werden. Während an dieser gearbeitet wurde, brach der Krieg aus. 3. @.19: Im Frühjahr 1918 wurden die Arbeiten wieder ausgenommen. Mit der Neuredigierung wurden beauftragt der Staatssekretär im Reichsjustizministerium Dr. Joel, der Senatspräsident am Reichsgericht (später Oberreichsanwalt) Dr. Ebermayer, der Präsident des Oberlandesgerichts Stettin Dr. Cormann und der Ministerialdirektor im RIM. Dr. Bumke. Das Ergebnis war der Entwurf von 1919. Auch er hatte noch keinen amtlichen Charakter. Im Jahre 1920 wurden die Entwürfe 1913 und 1919 mit einer Denkschrift veröffentlicht. 4. E 22: Ein neuer (nicht veröffentlichter) Entwurf wurde im Zusammenwirken der österreichischen und der

Einleitung.

3

deutschen Justizverwaltung aufgestellt und im Herbst 1922 vom Reichsjustizminister Dr. Radbruch der deutschen Reichs­ regierung zur Beschlußfassung vorgelegt. 5. AE. 25: Die Reichsregierung nahm am E. 22 wenige, aber einschneidende Änderungen vor (über sie vgl. ZStrW. 45, 417). Am 17. November 1924 legte sie ihn dem Reichs­ rat zur Beschlußfassung vor und im Jahre 1925 veröffent­ lichte sie ihn als „Amtlichen Entwurf eines All­ gemeiner: Deutschen Strafgesetzbuchs".

6. E. 27: Der Reichsrat veränderte den AE. 25 in vielen einzelnen Punkten, auch in Fragen von größerer Bedeutung, und verabschiedete ihn am 13. April 1927. In der so erhaltenen Fassung wurde er unter dem 14. Mai 1927 durch Reichsjustizminister Hergt dem Reichstag vorgelegt. Dieser beriet ihn am 21. und 22. Juni in erster Lesung und verwies ihn an einen neugebildeten (den 32.) Aus­ schuß, der unter dem Vorsitz von Kahl vom 15. Nov. 1927 bis 2. März 1928 in 62 Sitzungen, zu denen zahlreiche Sitzungen von Unterausschüssen kamen, den Allgemeinen Teil erledigte, sowie vom Besonderen Teil die Abschnitte über Amtsverbrechen, Meineid, Schädigung der Rechts­ pflege, Vorbereitung strafbarer Handlungen, Begünstigung, Strafvereitelung, Urkundenfälschung und Falschmünzerei. — Am 31. März 1928 wurde der Reichstag ausgelöst. Durch Reichsgesetz vom gleichen Tage, sog. Überleitungs­ gesetz (zustande gekommen mit der für Verfassungs­ änderungen vorgeschriebenen Mehrheit), wurde bestimmt, daß der Entwurf der Beschlußfassung des Reichstages der folgenden Wahlperiode unterliege, ohne daß es seiner erneuten Einbringung bedürfe. Er gelte als neue Vorlage.

Einleitung.

4 7. Bsterr. E. 27:

Mit dem dem Deutschen Reichstag

vorgelegten Entwurf stimmt fast wörtlich der Entwurf überein, den die Österreichische Regierung 1927 dem Nationalrat vorlegte. Er wich darin ab, daß er die Todesstrafe nicht enthielt und in der Frage der ärztlichen Unterbrechung der Schwangerschaft einen strengeren Stand­ punkt vertrat. Der Strafrechtsausschuß des Österreichischen Nationalrats arbeitete mit dem des Deutschen Reichstags in enger Fühlung. Konferenzen von Mitgliedern beider Ausschüsse (am 15. und 16. Nov. 1927 in Wien, am 14. bis 16. Jan. 1928 in Berlin) glichen Differenzen aus: ihre Vorschläge wurden von den beiderseitigen Ausschüssen zu Beschlüssen erhoben.

Einführungsgesetz. §§ 1, 2.

5

GinführungSgefetz. Vom 31. Mai 1870.

1. Das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund tritt im ganzen Umfange des Bun­ desgebietes mit dem 1. Januar 1871 in Kraft.

(das Deutsche Reich) 9

1 Zum Reichsgeseh erklärt durch Ges. v. 15. 5. 1871.

21. Mit diesem Tage tritt das Bundes- (Reichs-) und Landesstrafrechts insoweit dasselbe Materien' be­ trifft, welche Gegenstand des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund (das Deutsche Reich) sind, außer Kraft. In Kraft bleiben die besonderen Vorschriften des Bundes- (Reichs-) und Landesstrafrechts, namentlich über strafbare Verletzungen der Preßpolizei-, Post-, Steuer-, Zoll-, Fischerei-, Jagd-, Forst- und Feldpolizei­ gesetze und über den Holz- (Forst-) Diebstahl. Bis zum Erlasse eines Bundesgesetzes (Reichsgesetzes) über den Konkurs* bleiben ferner diejenigen Straf­ vorschriften in Kraft, welche rücksichtlich des Konkurses in Landesgesetzen enthalten sind, insoweit dieselben sich auf Handlungen beziehen, über welche das Straf­ gesetzbuch für den Norddeutschen Bund (das Deutsche Reich) nichts bestimmt. 1 Die U^2ff? regeln das Verhältnis von Reichsrecht und Landesrecht in Ergänzung der Reichsverfassung. Nach RBerf. 7 hat „das Reich die Gesetzgebung über Strafrecht". Nach Ärt. 12 können auch die Länder Strafgesetze erlassen, „solange und

6

EtnführrmgSgefetz.

soweit das Reich von seinem Gesetzgebungsrecht keinen Ge­ brauch macht"; hat es das getan, dann gilt Art. 13: „Reichsrecht bricht Landesrecht". Das Reich hat es positiv getan, wenn es bestimmte Handlungen unter Strafe stellt; diese können nicht von einem Land für straflos erllärt oder anders gestraft werden. Negativ, d. h. wenn das Reich schweigt, entsteht der Zweifel, ob es damit die Handlung für straflos erklären oder der Landesstrafgesetzgebung überlassen wollte. Ein Hilfsmittel für Auslegung solchen Schweigens ist das Wort „Materie": Gehört die nicht unter Strafe gestellte Handlung einer reichs­ strafrechtlich geregelten „Materie" an, so bedeutet reichsrechtliches Schweigen Straflosigkeit, bindend auch für die Landesgesetz­ gebung; andernfalls hat das Landesrecht freie Hand. Aus­ nahme § 2 Abs. 2: obwohl hier die „Materie" reichsrechtlich geregelt ist (Forstdiebstahl ist an sich Diebstahl usw.), soll Landesstrafrecht zulässig bleiben. Weitere Bindung der Länder bezüglich der Strafen auf den ihnen vorbehaltenen Gebieten in §§ 5 und 6. 2 Nur das allgemeine kriminelle Strafrecht. Disziplinarstrafrecht bleibt vom StGB, unberührt. — Für Sonderstrafrecht des Reichs gilt der ©öfc: lex specialis derogat legi generali, z. B. das Strafrecht derRAbgO. v. 13. 12. 1919 §§ 355-384; der RBersO. v. 15. 12. 1924. Eine hiernach strafbare Handlung kann freilich zugleich gegen das StGB, (z. B. als „Betrug") verstoßen (E. 46 423), es sei denn daß der Inhalt des Sondergesetzes den Willen ausschließlicher Regelung erkennen läßt. 3 Der Begriff „Materie" ist nach den unter Strafe ge­ stellten Rechtsgütern zu bestimmen. Z. B. bilden die „Sittlichkeits"-Verbrechen eine „Materie", so daß ein Landesstraf­ gesetz gegen das Konkubinat ungültig ist (E. 33 273); dagegen z. B. „strafbarer Eigennutz", „öffentliche Ordnung" usw. keine „Materie", so daß Landesstrafrecht über Spielen in auswärtigen Lotterien (E. 39 1), über „Querulieren" (E. 33 14) gültig ist. — Auf den dem Landesstrafrecht überlassenen Gebieten

soll dieses auch betreffend den „Allg. Teil" des Straf­ rechts freie Hand haben. So zuletzt E. 45 52, das es aber dahingestellt bleiben läßt, „ob Ausnahmen zu machen wären hinsichtlich solcher Bestimmungen des allg. Teils, die die Rechts­ stellung des einzelnen gegenüber der Strafgewalt des Staats schlechthin festlegen, in diesem Sinne also Rechte der Unter­ tanen begründen wollen". Solche Ausnahmen sind unaus­ weichlich. Das Landesrecht kann z. B. nicht wegen Forstdieb­ stahls Kinder unter 14 Jahren oder Geisteskranke oder auch im Fall des § 54 strafen. 4 Infolge der Einführung der Reichskonkursordnung v. 10. Febr. 1877 (17. Mai 1898) ist Abs. 3 gegenstandslos. Bgl. Abschn. 24 des StGB.

3. Wenn in Landesgesetzen auf strafrechtliche Vor­ schriften, welche durch das Strafgesetzbuch für den Nord­ deutschen Bund (das Deutsche Reich) außer Kraft gesetzt sind, verwiesen wird, so treten die entsprechenden Vor­ schriften des letzteren an die Stelle der ersteren.

41.

Bis zum Erlasse der in den Artikeln 61 und 68 der Berfassung des Norddeutschen Bundes (Deutschen Reichs) vorbehaltenen Bundes-(Reichs-) Gesetze sind die in den §§ 81, 88, 90, 307, 311, 312, 315, 322, 323 und 324 des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund (das Deutsche Reich) mit lebenslänglichem Zuchthaus bedrohten Berbrechen mit dem Tode zu be­ strafen, wenn sie in einem Teile des Bundesgebietes, welchen der Bundes­ feldherr (Kaiser) in Kriegszustand (Art. 68 der Verfassung) erklärt hat, oder während eines gegen den Norddeutschen Bund (das Deutsche Reich) aus­ gebrochenen Krieges auf dem Kriegsschauplätze begangen werden.

1 § 4 ist durch Art. 48 Abs. 2 RB. gegenstandslos geworden. Für Kriegszeiten gelten §§ 155ff., 160 (57-59, 134) MStGB.

5. In landesgesetzlichen Vorschriften über Materien, welche nicht Gegenstand des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund (das Deutsche Reich» find', darf nur Gefängnis bis zu zwei Jahren, Haft, Geldstrafe, Ein-

8

Einführung-gesetz. §§ 6—8.

Ziehung einzelner Gegenstände und die Entziehung öffentlicher Ämter angedroht werden. 1 Nur auf künftige Landesgesetze bezüglich. Diebestehenden bleiben nach Maßgabe des § 6 in Geltung.

6. Vom 1. Januar 1871 (1872) ab darf nur auf die im Strafgesetzbuche für den Norddeutschen Bund (das Deutsche Reich) enthaltenen Strafarten* erkannt werden. Wenn in Landesgesetzen anstatt der Gefängnis- oder Geldstrafe Forst- oder Gemeindearbeit angedroht oder nachgelassen ist, so behält es hierbei sein Bewenden. 1 Maßregeln, die nicht „Strafen" sind, kann das Landes­ recht dagegen anwenden; vgl. Vordem. 1 und 2 vor § 13.

7. Vom 1. Januar 1871 (1872) ab verjähren Zu­ widerhandlungen gegen die Vorschriften über die Ent­ richtung der Branntweinsteuer, der Biersteuer und der Postgefälle in drei Jahren. 8. Der Landesgesetzgebung bleibt vorbehalten, Übergangsbestimmungen zu treffen, um die in Kraft bleibenden Landesstrafgesetze mit den Vorschriften des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund (das Deutsche Reich) in Übereinstimmung zu bringen.

Strafgesetzbuch.

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Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich. Vom 15. Mai 1871. Vorbemerkungen. Verbrechen — i. w. S. gleich „Straftat", so Entw. 19 — ist die rechtswidrige (I) und schuldhafte (II) Ver­ wirklichung eines Straftatbestands. Die „Schuld" steht hierbei im Verhältnis logischer Abhängigkeit von der Rechtswidrigkeit: Es gibt rechtswidrige, aber schuldlose, nicht indessen rechtmäßige, aber schuldhafte Taten (bedenklich E. 56 285). — Die StrafbarkeitdesVerbrechens kann von weiteren, außertatbestandsmäßigen, Bedingungen abhängig sein (III) und kann entfallen wegen persönlicher Straf­ ausschließungsgründe (IV). — Zur Verfolgbarkeit müssen überdies die Prozeßvoraussetzungen (V) gegeben sein. I. Rechtswidrig (normwidrig, verboten) ist die mensch­ liche Willensbetätigung (1), welche einen Straftatbestand verwirklicht (2), es sei denn, daß eine besondere Rechts­ norm sie erlaubt (3). 1. Nur eine menschliche Willensbetätigung kann rechtswidrig sein; denn Rechtsnormen richten sich an den menschlichen Willen. Nicht also kann rechtswidrig sein: a) der bewirkte Erfolg (er kann nur „tatbestandsmäßig" sein); b) nicht ein Naturereignis, wie Blitzschlag oder Tier­ angriff (es kann nur „schädlich" sein); c) nicht eine mensch­ liche Körperbewegung, die von einem Willensakt unab­ hängig ist, vielmehr entweder im Zustand der Bewußt-

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Strafgesetzbuch.

losigkeit erfolgt (Schlaf, Hypnose, auch der 1. Fall des 8 51); oder unwillkürlich (Reflexbewegungen); oder Physisch er­ zwungen ist (1. Fall des § 52).

2. Ein Tatbestand ist verwirklicht, wenn ein ge­ gebener Sachverhalt dem Tatbestand eines Strafgesetzes entspricht. Die Bestimmungen des „Allgemeinen Teils" (z. B. §§ 43, 53 usw.) enthalten nicht „Tatbestände", sondern ergänzen die Tatbestände des „Besonderen Teils". Dem Aufbau der Tatbestände entsprechen folgende Einteilungen: a) Erfolgsverbrechen und bloße verbrecherische Willensbetätigungen, je nachdem das Gesetz die Herbei­ führung eines Erfolgs verbietet (z. B. des Todes eines Menschen, §§ 211—222) oder bloß ein Tätigwerden verbietet (z. B. Meineid §§ 153ff.). Im ersteren Fall ist auch Kausal­ zusammenhang zwischen Willensbetätigung und Erfolg erforderlich. Die herrschende Lehre nimmt KZ. an, wenn die Willensbetätigung eine nicht hinwegdenkbare Bedingung des Erfolgs ist; einerlei ob eine mehr oder weniger ent­ fernte, ob eine mehr oder weniger wirksame, ob eine allein oder nur mit anderen Bedingungen zusammen wirksame, ob der Erfolg objektiv vorhersehbar war oder „zufällig" eintrat: sog. Bedingungs- oder Aquivalenztheorie (E. 15 151, 54 349, 56 348, 57 285 u. 392) gegenüber den Theorien der adäquaten Verursachung. — Eine Unter­ brechung des KZ. bei schuldhaftem (vorsätzlichem oder fahrlässigem) Einwirken eines anderen auf den tatbestands­ mäßigen Erfolg erkennt das RGer. (entgegen vereinzelten früheren Entscheidungen) nicht mehr an: E. 58 366, 61 318. — Die notwendige Korrektur des Einzelsalls sieht die Be­ dingungstheorie in dem Erfordernis des subjektiven Ver­ schuldens.

Vorbemerkungen.

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b) Handlungs- und Unterlassungsverbrechen.— Die Willensbetätigung kann sich in positivem Tun, aber auch in (willkürlichem) Unterlassen auswirken. Bei Unter­ lassungsverbrechen ist (entsprechend oben a) zu unter­ scheiden: a) Ist die Herbeiführung eines Erfolgs unter Strafe gestellt, so ist auch die kausale (d. h. nicht wegdenk­ bare) Unterlassung tatbestandmäßig, z. B. das Verhungern­ oder Ertrinkenlassen: sog. unechte Unterlassungsver­ brechen. Daß auch bei Unterlassungen ein Kausal­ zusammenhang mit einem Erfolg denkbar ist, erkennen die §§ 322, 329 u. a. an. Vgl. auch E. 51 127, 57 149. Uber Rechtswidrigkeit solcher Unterlassung unten 3b. — ß) Ist schon eine bloße Willensbetätigung unter Strafe gestellt, so ist ein tatbestandmäßiges Unterlassen nur denk­ bar, wenn der Tatbestand von vornherein auf ein solches willkürliches Nichthandeln abgestellt ist, z. B. die Nichtanzeige in § 139, das Nichtentlassen eines Beamten in § 320: sog. echte Unterlassungsverbrechen. c) Berletzungs- und Gefährdungsverbrechen, je nachdem nur die Verletzung des geschützten Rechtsguts oder schon die Herbeiführung einer objektiven Verletzungs­ möglichkeit, einer „Gefahr", tatbestandmäßig ist; letzteres z. B. in den §§ 130, 221, 229, 249, 255, vielfach im 28. Ab­ schnitt, ferner in SprStG. §§ 5ff., SpionG. §§ 1 ff., NahrMittelG. §§ 12f.; vgl. auch Vordem. 1 und 2 vor § 43. d) Grundtatbestände einerseits, verschärfte (quali­ fizierte) und gemilderte (privilegierte) Tatbestände anderseits. In den letzteren wird ein Grundtatbestand durch Hinzufügung weiterer Tatbestandsmerkmale erweitert und danach milder oder strenger gestraft. — a) Qualifi­ zierungen erfolgen bei besonderer „Absicht" (z. B. § 268),

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Strafgesetzbuch.

bei Gewerbs- oder Gewohnheitsmäßigkeit (z. B. § 260), bei besonderer Gefährlichkeit des Mttels oder der Begehungs­ art (z. B. §§ 223a, 243), bei besonderen Eigenschaften des verletzten Rechtsguts (z. B. §§ 215, 223all), besonders häufig bei Eintritt eines schwereren Erfolgs, insbesondere von Todesfolge (z. B. §§ 118, 178, 221 Abs. 3, 224—226, 229 Abs. 2, 239 Abs. 3, 306ff.). Bei den letzteren — „durch einen schwereren Erfolg qualifizierten Berbrechen" — wird bezüglich dieses Erfolgseintritts vielfach adäquate Kausalität (oben a) gefordert, da hier das Korrektiv eines subjektiven auf den Enderfolg bezogenen Verschuldens nicht gegeben zu sein braucht. (Ähnlich auch E. 40 321; auch hier freilich zur BedTheorie neigend E. 44 137, bes. 61375). Eine Mischung von schwererem Erfolg und Verschulden als Strafschärfungs­ grund in § 225 und SprStG. § 5 Abs. 3. — ß) Privile­ gierungsgründe z. B. in §§ 157, 158, 213, 233. Dazu in Einzelfällen „mildernde Umstände", die aber die „Tatbestandsmäßigkeit" nicht berühren. e) Negative Tatbestandsmerkmale kann man solche Tatumstände nennen, die, falls sie vorlägen, die Rechtswidrigkeit ausschließen würden. Also (nicht: das Nichtvorliegen von Notwehr oder eines Züchligungsrechts; sondern:) das Nichtvorliegen eines zur Notwehr berech­ tigenden gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffs, eines zur Züchtigung berechtigenden Verwandtschaftsverhältnisses. Wichtig wegen § 59. Vgl. dort Anm. 4 II.

f) Ort und Zeit des Verbrechens (ersterer wichtig wegen StGB. §§ 3, 4 und StPO. § 7; letztere wegen §§ 2, 51, 67, 79, 257; JGG. §§ 2f., 17) bestimmen sich nach der Tatbestandsverwirklichung. Nach RGer. sind sowohl Handlung wie Erfolg maßgebend. Vgl. E. 39 258, 41 35,

Vorbemerkungen.

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48 60, 57 144 (Mittäterschaft) betr. Ort; und E. 44 273, 56 55 (dazu Anin, zu § 67), 57,193 betr. Zeit. 3. Eine tatbestandmäßige Handlung ist an sich „rechtswidrig", kann aber im Einzelfall erlaubt sein. Diese Verteilung von Regel und Ausnahme betrifft aber nur die Gesetzestechnik. Mit der Wertung der Einzel­ tat hat sie nichts zu tun: Die tatbestandmäßige, aber durch eine Befugnis gedeckte Handlung (z. B. Tötung in Notwehr) ist schlechthin rechtmäßig. Grundsätzlich anders die Lehre von der „extern" (d. h. außerhalb des formellen Strafrechts) begründeten Rechtswidrigkeit. Wie hier: E. 28 266 und bes. RGer. in den sog. Kriegsverbrecher Prozessen, Drucks, des Reichstags 1921, Nr. 2584. a) Solche Erlaubnisse sind auf allen Rechts­ gebieten möglich (und dann auch für das Strafrecht maßgebend), also weder in ein System zu bringen noch erschöpfend aufzählbar. Z. B. im StGB.: Notwehr (8 53); Wahrnehmung von „Rechten" durch beleidigende Äußerungen (§193, I. Fall); Selbsthilfe (BGB. §§ 229, 561, 859, 910, 962, 997); ferner Amtsrechte (zur Festnahme StPO. §§ 112, 127 und Landesrechte, zum Waffengebrauch, zur Beschlagnahme, Pfändung usw.);Handeln auf bindenden Befehl; Erziehungs- und Züchtigungsrechte (nach BGB. Buch IV, Gewerbe- und Schulrecht); völkerrechtliche Be­ fugnisse (Tötung, Brandstiftung usw. im Felde); Rechte zur Wahrung überwiegender Sachwerte (BGB. §§ 228, 904); streitig, ob § 54 StGB, die Rechtswidrigkeit oder nur die Schuld ausschließt; streitig auch, wie weit die Einwilligung des Verletzten die Rechtswidrigkeit ausschließt (vgl. Vordem. 2 vor § 51). Streitig namentlich, ob allgemein die angemessene Handlung zur Erreichung eines staatlich

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Strafgesetzbuch.

gebilligten Zwecks auch ohne besondere Erlaubnisnorm recht­ mäßig; ob Handeln zum Nutzen des Rechtsguts, das durch eine bestimmte Rechtsnorm geschützt werden soll, dieser Rechtsnorm nie zuwider sein kann (beides mit Recht überwiegend abgelehnt); ob bei Pslichtenkollision „höhere" Pflicht vorgeht (zögernd noch offen gelassen, aber nicht grundsätzlich abgelehnt in E. 38 62). Die letzt­ genannten Rechtfertigungsgründe werden besonders wichtig bei ärztlichen Eingriffen. Vgl. hier Anm. 4 zu 8 218. Von grundsätzlicher Bedeutung die jetzige Hinneigung des RGer. zur Anerkennung eines „übergesetzlichen Not­ stands": E. 61 254, 62 137. b) Bei den unechten Unterlassungsverbrechen gilt dasselbe, nur formell in der Umkehrung: Sie sind rechts­ widrig, wenn nicht die Unterlassung erlaubt, m. a. W. nur wenn positives Tun Rechtspflicht ist. Diese Pflicht kann positivrechtlich begründet sein (aus dem Familienrecht, dem öffentlichen Recht usw. folgen Fürsorgepflichten, deren Nichterfüllung strafbare Tötung, Körperverletzung zur Folge haben kann); sie kann vertragsmäßig (Werkvertrag betr. Bau eines Hauses, Besörderungsvertrag) übernommen sein; sie kann auch daraus folgen, daß jemand „durch sein Tun die Gefahr herbeiführt, daß ein bestimmter Erfolg eintritt": Entw. 27 § 2211. Vgl. auch E. 24 339, 39 397, 53 142, 58 130. — Bei den echten Unterlafsungsverbrechen liegt das Gebot meist (wie bei den Be­ gehungsverbrechen das Verbot) im Tatbestand. Unbedingt in §§ 139, 322; bedingt in den §§ 116, 316 Abs. 2, 322, 329, 346, 360 Nr. 10 und in zahllosen Nebengesetzen und Ver­ ordnungen: Verletzung der Schutzpflicht, der Jmpfpflicht, der Pflicht zur Steuerzahlung, zum Streuen bei Glatteis usw.

Vorbemerkungen.

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II. Schuldhaft ist eine rechtswidrige Handlung dann, wenn von der Person des Täters recht­ mäßiges Handeln erwartet werden durfte; d. h. wenn für ihn die Möglichkeit bestand, das Unrecht seiner Tat einzusehen und dieser Einsicht gemäß zu handeln. Diese Möglichkeit kann ausgeschlossen sein: 1. weil der Täter grundsätzlich nicht durch Rechtsnormen bestimmbar ist; also weil ihm die Fähigkeit fehlt, sein Tun mit den Anforderungen der Umwelt zu vergleichen, oder sein Triebleben nach diesen Anforderungen zu regulieren: Fälle der Un­ zurechnungsfähigkeit, § 51; 2. weil die Norm im Einzelfall nicht als Regu­ lativ in Betracht kommen kann; sei es: a) daß die Divergenz zwischen Trieb und Norm nicht zum Bewußtsein kommen konnte: Fälle des Irr­ tums, § 59; sei es b) daß der Gesetzgeber die Übermacht des Triebs entschuldigend gelten läßt: Fälle der §§ 52 (2. Fall), 53 Abs. 3, 54. Näheres über „Schuld" vor § 51 und zu § 59.

III. Bedingungen der Strafbarkeit. Rechtsnatur und deshalb grundsätzliche Unterscheidung von Tatbestands­ merkmalen unklar; nur die Untersuchung des einzelnen Tatbestands kann klären. Bedeutung: 1. Die B. d. Str. brauchen nicht von Vorsatz und Fahrlässigkeit umfaßt zu sein; 2. die B. d. Str. haben nichts mit Ort und Zeit der Verbrechensvollendung (oben l 2f) zu tun; 3. fehlt eine B. d. Str., so ist nicht einzustellen (wie unten V), sondern freizusprechen. — B. d. Str. in §§ 4 Nr. 3 (ausländ. Str.Drohung); 102 (Verbürgung der Gegenseitig-

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leit); 139 (Begehung oder Versuch des geplanten Ver­ brechens); 186 (Nichterweislichkeit, str.); KO. §§ 239ff. (Zahlungseinst ellung oder Konkurseröffnung: E. 45 88 gegen ältere Entscheidungen). IV. Persönliche StrafauSschNeßungSgrüude berühren weder die Rechtswidrigkeit noch die Schuld der tatbestand­ mäßigen Handlung. Notwehr gegen solche Taten also gestattet, Teilnahme an ihnen strafbar. Bei ihrem Vorhandensein ist freizusprechen. — Vgl. StGB. §§46 (Rücktritt vom Versuch und tätige Reue: E. 56 149 und 210, str.); 49b (Anzeige durch einen Komplottanten); 199 (Aufrechnung von Beleidigungen); § 247II; § 257II (dazu E. 61 270); RechtsirrtumsBO. v. 18. Jan. 1917 (E. 53 81, 57 404: str.); RepSchG. § 5 (Bemühung von Verwandten, den Täter abzuhalten); MStGB. § 105 (Anzeige durch einen Mitmeuterer); RVerf. 36 (Abgeordnetenprivileg); dazu völkerrechtliche Gründe (sog. Exterritorialität). V. Bedingungen der Verfolgbarkeit (Prozeßvoraussetzungen) sind an sich im Sttafprozehrecht geregelt. Dazu aber StGB. §§ 5 (Nichtaburteilung usw. im Ausland); 61 ff. (Sttafanttag); 67—69 (Nicht-Verjährung); 172 (Scheidung der Ehe: E. 22 135, str.); 238 (Nichtigerklärung der Ehe); JGG. § 2 (Alter unter 14 Jahren: E. 57 206; E. 61 265 berührt diese Frage nicht). Auch Amnestie und Niederschlagung (Abolitton) hindern nur die Verfolgung (E. 55 231), Begnadigung sogar nur die Strafvollstreckung. — Fehlt eine B. d. V., so ist nicht freizusprechen, sondern das Verfahren einzustellen; in der Haupt­ verhandlung durch Urteil (StPO. § 260), außerhalb durch Beschluß.

Einleitende Bestimmungen.

§§ 1, 2.

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Einleitende Bestimmungen. I. Dreiteilung der strafbaren Handlungen'.

1. Eine mit dem Tode, mit Zuchthaus, oder mit Festungshaft von mehr als fünf Jahren bedrohte2 Handlung ist ein Verbrechen. Eine mit Festungshaft Lis zu fünf Jahren, mit Ge­ fängnis oder mit Geldstrafe von mehr als einhundert­ fünfzig Reichsmark oder mit Geldstrafe schlechthin be­ drohte^ Handlung ist ein Vergehen. Eine mit Haft oder mit Geldstrafe bis zu einhun­ dertfünfzig Reichsmark bedrohte Handlung ist eine Übertretung. 1 Die Dreiteilung dient heute nur noch der Vereinfachung der Darstellung: vgl. z. B. §§ 6, 27 ff., 43, 49, 49a, 67, 74, 257. 2 Maßgebend ist nicht die im Einzelfall verwirkte, sondern die schwerste der angedrohten Hauptstrafen. — Bei bloßer Änderung des Strafrahmens für Einzelfälle (z.B. mildernde Umstände §213, JGG. §9, Versuch §44, Beihilfe §49, leichtere Meineidsfälle §§ 157, 158) ändert sich die Natur der Straftat als V., V. oder ü. nicht; wohl aber bei Änderung des Tat­ bestands (z. B. § 242 Vergehen, §243 Verbrechen; auch Rück­ fall). Vgl. E. 59 23, 60 115.

H. Zeitliches Geltungsgebiet der Strasrechtssätzei.

2. Eine Handlung kann nur dann mit einer Strafe belegt werden, wenn diese Strafe gesetzlich bestimmt war2, bevor die Handlung begangen wurde2. Bei Verschiedenheit der Gesetze von der Zeit der be­ gangenen Handlung bis zu deren Aburteilung ist das mildeste Gesetzt anzuwenden. 1 Regel: Strafgesetze haben keine rückwirkende Kraft. Nullum crimen, nulla poena sine lege. Jetzt durch RVerf. Kohlraufch, Strafgesetzbuch.

28. Ausl.

2

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Strafgesetzbuch.

116 insofern festgelegt, als nachträgliche Strafbarerklärung nur durch verfaffungsänderndes RGes. möglich ist; dagegen nachträgliche bloße Verschärfung einer Strafe durch einfaches RGes., falls dieses Rückwirkung ausdrücklich anordnet. Vgl. auch E. 56 161. 2 Gesetz i. mat. Sinn.: jede von zuständiger Stelle und in ordnungsmäßiger Form erlassene Rechtsvorschrift; also auch BO. auf Grund RVerf. Art. 48. E. 55 115. über Zeitpunkt des Inkrafttretens vgl. für formelle Gesetze RVerf. 71. Ob der Täter die Möglichkeit hatte, das Inkrafttreten des Gesetzes zu kennen, ist belanglos. E. 57 404. Anm. 4 zu § 59. — Gewohnheitsrecht im StrR. hiernach ausgeschlossen, es sei denn (str.) als derogierendes Gewohnheitsrecht. Ebenso analoge Ausdehnung eines Strafgesetzes. E. 32 165; 56 161. 3 Begehungszeit vgl. Vordem. 121 vor § 1 und des. E. 44 277; 57 193. — Wird während einer sog. fortgesetzten Straftat (vgl. Vordem. II1 vor § 73) das Strafgesetz geändert, so dürfen die vor der Änderung begangenen Einzel­ handlungen in den Fortsetzungszusammenhang nicht ein­ bezogen werden: E. 62 1. 4 Ausnahme: eine Milderung des Strafgesetzes wirkt zurück. Das „mildeste" ist dasjenige Gesetz, welches im ge­ gebenen Fall (unter Berücksichtigung auch von straf aus­ schließenden und strafmildernden Umständen; auch von Er­ schwerungen der Strafverfolgung, z. B. durch ein neu ein­ geführtes Antragserfordernis, E. 46 269) die mildeste Be­ urteilung zuläßt. Vgl. E. 55 199 betr. Glücksspiel; E. 57 121: Möglichkeit einer Geld- statt Freiheitsstrafe; E. 61 76, 147 betr. Abtreibung; E. 58 99: JugGG. § 3 sei gegenüber StGB, teils milder (neben Verstandes- auch Willensreife erforderlich), teils strenger (statt Fähigkeit, die Strafbarkeit zu erkennen, genügt Fähigkeit, das Ungesetzliche einzusehen). — Wenn neues Gesetz teils milder, teils strenger (z. B. auch bei Herabsetzung des Strafminimums, Hinaufsetzung des Strafmaximums), wirkt nur die Milderung zurück. — Am „mildesten" ist völlige

Einleitende Bestimmungen. § A.

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Straflosigkeit. — Auch ein, wieder außer Kraft getretenes, Zwischengesetz wirkt zurück. — Dagegen keine Milderung des „Strafgesetzes", wenn nicht der Strafrechtsschutz, sondern das Schutzobjekt ein anderes geworden ist; d. h. wenn nicht die strafrechtlichen Anschauungen milder geworden sind, sondern die in Betracht kommenden Lebensverhältnisse sich ge­ ändert haben, sei es auch infolge eines Wechsels der Gesetz­ gebung. Hiernach zu entscheiden sind die Fälle außerstraf­ rechtlicher Gesetzesänderung (z. B. § 811 ZPO. gegenüber § 137 StGB.) und die Nachwirkung sog. Zeitgesetze, die, wegen zeitlich bedingter außergewöhnlicher Bedürfnisse erlassen, noch nach ihrem Außerkrafttreten trotz § 2 II auf Handlungen angewendet werden können, die zur Zeit ihrer Geltung be­ gangen sind. Vgl. E. 57 209 mit Anführung und teilweiser Korrektur älterer Entscheidungen; sowie E. 61 222. Hi* Räumliches Geltungsgebiet der Strasrechtssätze. Vorbemerkung 8u §§ 3—9: Der § 3 stellt den Terri­ torialgrundsatz auf (§ 4 seine Kehrseite). Ihn durchbricht § 411: a) zugunsten des Schutzprinzips für Hochverrat und Beamtendelikte; b) zugunsten des Personalprinzips für Landesverrat; c) zugunsten des Weltrechtsprinzips für Münzverbrechen (denn § 146: „... oder ausländisches" i. Bbdg. mit § 4 Nr. 1); d) zugunsten des Grundsatzes der Nichtaus­ lieferung von Deutschen in Nr. 3 (daß dies der Sinn von Nr. 3, folgt auch aus § 5).

3. Die Strafgesetze des Deutschen Reichs finden Anwendung auf alle im Gebiete desselben* begangenen2 strafbaren Handlungen, auch wenn der Täter ein Ausländer ist. 1 Inland: RVerf. 2 und StGB. § 8. Deutsche Konsular­ gerichtsbezirke sind Ausland (str.), nach §§ 19ff. KonsGG. v. 7. 4. 1900 gelten aber für die der deutschen Konsulgerichts' barkeit Unterworfenen persönlich die deutschen Reichsgesetze. 2*

20

Strafgesetzbuch.

DaS besetzte deutsche Gebiet ist Inland.

Auf Straftaten,

die itn Saargebiet begangen, und auf dort vollzogene Strafen finden nach RGes. v. 10. 3. 1922 „die §§4—7 entsprechende Anwendung". Betr. Anerlennung von Danziger undMemelländischen Strafurteilen vgl. RGes. v. 1. 12.1923. — Staats-

und Kriegsschiffe sowie Handelsschiffe auf hoher See gelten hinsichtlich der Jurisdiktion als im Inland befindlich: (5.23 267; anders Handelsschiffe im fremden Hoheitsgebiet. Deutsche ZoNstellen im Ausland gelten zollrechtlich als Inland. (5.48 26; 57 61. 2 Begehungsort:

Vordem. I 2t vor § 1.

Danach kann

dieselbe Tat sowohl im Inland wie im Ausland begangen sein. Die deutschen Strafgesetze sind dann anwendbar. Vgl. E. 11 20 (Auslandsbeihilfe zu Jnlandstat); 48 60 (Versendung einer Druckschrift, deren Inhalt nach deutschem, aber nicht nach aus­ ländischem Recht strafbar ist, aus Deutschland in das Ausland);

50 423 (Fortsetzungszusammenhang).

4. Wegen der im Auslande' begangenen Verbrechen und Vergehen findet in der Regel2 keine Verfolgung statt. Jedoch kann2 nach den Strafgesetzen des Deutschen Reichs verfolgt werden: 1. ein Deutscher oder ein Ausländer, welcher im Auslande eine hochverräterische Handlung gegen das Deutsche Reich oder einen Bundesstaat, oder ein Münzverbrechen*, oder als Beamter des Deutschen Reichs oder eines Bundesstaats eine Handlung begangen hat, die nach den Gesetzen des Deutschen Reichs als Verbrechen oder Ver­ gehen im Amte* anzusehen tjt; 2. ein Deutscher, welcher im Auslande eine landes­ verräterische Handlung gegen das Deutsche Reich

Einleitende Bestimmungen,

oder einen Bundesstaat, einen Bundesfürsten

tztz 4, 5.

ober eine

21

Beleidigung gegen

begangen hat;

3. ein Deutscher, welcher im Auslande eine Hand­ lung begangen hat, die nach den Gesetzen des Deutschen Reichs als Verbrechen oder Vergehen anzusehen und durch die Gesetze des Orts, an welchem fie begangen wurde, mit Strafe be­ droht ist». Die Verfolgung ist auch zulässig, wenn der Täter bei Begehung der Handlung noch nicht Deutscher war. Zn diesem Falle bedarf es jedoch eines Antrages7 der zuständigen Behörde des Landes, in welchem die strafbare Handlung be­ gangen worden, und das ausländische Straf­ gesetz ist anzuwenden, soweit dieses milder ist. 1 Vgl. Anm. 1 zu § 3. 2 Ausnahmen: Abs. 2; ferner: MStG«. §§ 7, 155, 160, 161; SeemO. § 121; SprengstG. § 12; SpionG. § 16; RepSchG.

5 ii. 3 Ausnahme vom Legalitätsgrundsatz (E. 44 117). 4 Daß das

Münzverbrechen

an

des § 152II StPO.

inländischem

Geld

begangen wird, ist nicht erforderlich, vgl. § 146. 6 Das sind sowohl die echten Amtsdelikte, wie (str.) die unechten. Bgl. Vordem, vor § 331. 6 Wenn auch unter anderem rechtl. Gesichtspunkt: E. 5 424.

7 Person des Antragsberechtigten, Behördenzustandigkeit, Fristen, Formvorschriften, Zurücknehmbarkeit sind nach Aus­ landsrecht zu bestimmen, falls Antrag dort gestellt. 44 433.

E.

16 216;

5. Zm Falle des 8 4 Nr. 3 bleibt die Verfolgung ausgeschlossen', wenn

22

Strafgesetzbuch.

1. von den Gerichten des Auslandes über die Handlung rechtskräftig erkannt und entweder eine Freisprechung erfolgt oder die ausge­ sprochene Strafe vollzogen2, 2. die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung nach den Gesetzen des Auslandes verjährt' oder die Strafe erlassen, oder 3. der nach den Gesetzen des Auslandes zur Ver­ folgbarkeit der Handlung erforderliche Antrags des Verletzten nicht gestellt worden ist. 1 Eine Ausnahme bezüglich der Aberkennung der bürgerl. Ehrenrechte siehe in § 37. 2 D. h. ganz vollstreckt: E. 16 319; bei teilweiser Voll-streckung ist Verfolgung zulässig; aber Anrechnung gemäß § 7. 3 Zur Zeit des Beginnes der Strafverfolgung (Erhebung der Anklage bei Gericht): E. 22 341. 4 Vgl. Anm. 7 8it § 4.

6. Zm Auslande begangene Übertretungen1 sind nur dann zu bestrafen, wenn dies durch besondere Ge­ setze oder durch Verträge angeordnet ist1. 1 Nach deutschem Recht zu beurteilen.

E. 1 riger 301, 302.

Die nicht fettgedruckten Ziffern bezeichnen die Paragraphen.

*43

Überweisung an die LandesUnglücksfall, Hilfeleistung Polizeibehörde 181a, 362; 36010. — in die Zucht der Er­ Uniform, unbefugtes Tragen ziehungsberechtigten oder ' usw. 360g. der Schule 18 7. UniversttätSbeamte 359 A.2. Uderzeugungsverbrecher Unkenntlich machung eines 1 48; 20 52. Grenzm erkmals 274,. Uferschutz 366a. ; Unkenntnis von Tatumftänden Umschlossener Raum 2432. 59. Umstände, mildernde, s. Mil­ Unordnung, Erregung von — dernde Umstände. zur Störung des Gottes­ Umwandlung der Strafe, s. dienstes 167. Strafumwandlung. Unrat, Werfen mit — 3667. Unbegründete Angaben 144. Unschuldige, Verfolgung von Unbescholtenheit 182. — 344. Unsittlicher Erwerb 181a; Unbrauchb armachung von Schriften usw. 41, 42, Raub von Kindern zu — Rechtsnatur der — 41 A.,. Zwecken 235. Unteilbarkeit des StrafanUneheliches Kind, Tötung — trages 63. 217. Unterbrechuug des Kausal­ Unerfahrenheit, Ausbeutung zusammenhanges Vordem. der — 301, 302, 302a, b, I 2a vor 1; 47 8.,; 59 A.2 302c. in; — der Verjährung 68, Unfähigkeit zum Heeresdienst 72; — der Schwangerschaft und zur Bekleidung öffent­ 218 A.4. licher Ämter 31, 342,3, 35; Unterbringung in Arbeits­ einzelne Fälle: 35 A.