Österreich und der Immerwährende Reichstag: Studien zur Klientelpolitik und Parteibildung (1745-1763) 9783666360794, 9783525360798, 9783647360799

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Österreich und der Immerwährende Reichstag: Studien zur Klientelpolitik und Parteibildung (1745-1763)
 9783666360794, 9783525360798, 9783647360799

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Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Band 89

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Michael Rohrschneider

Österreich und der Immerwährende Reichstag Studien zur Klientelpolitik und Parteibildung (1745 – 1763)

Vandenhoeck & Ruprecht © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525360798 — ISBN E-Book: 9783647360799

Die Schriftenreihe wird herausgegeben vom Sekretär der Historischen Kommission: Helmut Neuhaus

Umschlagabbildung: Huldigung für Kaiser Franz I. (Regensburg, 2. 4. 1750), Kupferstich von Bernhard Gottlieb Fridrich Ó Fürst Thurn und Taxis Zentralarchiv Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-525-36079-8

Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.v-r.de Gedruckt mit Unterstützung der Franz-Schnabel-Stiftung. Ó 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen/ Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A. www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. – Printed in Germany. Satz: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck und Bindung: Hubert & Co, Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

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Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I.

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Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Alte Reich, Österreich und der Immerwährende Reichstag: Zum Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Quellenlage – methodisches Vorgehen – Erkenntnisinteressen .

II. Voraussetzungen und Rahmenbedingungen der österreichischen Reichstagspolitik (1745 – 1763) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Franz I. und Maria Theresia: Reichspolitik und kaiserliches Selbstverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Österreichs ›Herauswachsen‹ aus dem Reich? Zum Stellenwert der Reichspolitik des Wiener Hofes . . . . . . . b) Der Kaiser als Garant der Mindermächtigen . . . . . . . . . c) Der »ennemi aussi redoutable qu’irr¦conciliable«: Preußen als reichspolitischer Faktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entscheidungsprozesse und Behörden am Wiener Hof . . . . . 3. Die Reichstagsgesandtschaften Franz’ I. und Maria Theresias: Personen, Verflechtungen und Strukturen . . . . . . . . . . . . a) Die Prinzipal- und Konkommissare . . . . . . . . . . . . . . b) Die kurböhmischen Gesandten . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der österreichische Direktorialgesandte . . . . . . . . . . . d) Grundzüge und Probleme der Regensburger Gesandtschaftspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Klientelpolitik und Parteibildung als Areale der Erforschung des Immerwährenden Reichstags (1745 – 1763) . . . . . . . . . . . . . 1. »Clienten« und »Partheyen« als reichspolitische Faktoren . . . a) Bipolare Wahrnehmungsmuster als Strukturelemente des Reichstagsgeschehens: Einführende Überlegungen . . . . . b) Interaktionsräume, Zielgruppen und Intentionen der österreichischen Klientelpolitik und Parteibildung . . . . . c) Die »Gutgesinnten« und die »Widriggesinnten«: Exponenten der »Partheyen« auf dem Reichstag . . . . . . . 2. Praktiken und Ressourcen der Klientelpolitik und Parteibildung Österreichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Formierung einer Anhängerschaft im Spannungsfeld von formaler Verfahrenspraxis und informellem Prozedere .

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Inhalt

b) Das Ringen um die Stimmführung: Zu den Kriterien und Praktiken der Besetzungspolitik des Wiener Hofes . . . . . 183 c) Kommunikation – Vertrauen – Propaganda . . . . . . . . . 195 d) Die Ressourcen: Arten, Transaktionen und Akteure . . . . . 218 IV. Die Etablierung eines Klienten: Die Introduktion des Fürsten Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis in den Reichsfürstenrat 1754 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 V.

Preußische Klienten auf Abwegen? Die anhaltische Reichstagspolitik 1756/57 und ihre Folgen . . . . . . . . . . . . . . 273

VI. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 Anhang 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 Die Reichstagsgesandten des Wiener Hofes 1745 – 1763 . . . . . . . 305 Anhang 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Instruktion für den kurböhmischen Gesandten Christian August Graf von Seilern vom 30. Oktober 1752 . . . . . . . . . . . . . . . 307 Abkürzungen und Zeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . 1. Ungedruckte Quellen . . . . . . 2. Gedruckte Quellen und Literatur Websites . . . . . . . . . . . . . . .

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Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387

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Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen des durch den österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) geförderten Projekts P21601-G18 »Clientele Policy and Patronage Relations at the Everlasting Imperial Diet: Austria and Prussia (1740 – 1763)«, das von Ende 2009 bis Februar 2013 an der Paris Lodron Universität Salzburg realisiert wurde. Ohne die finanzielle Förderung durch den FWF, dem ich sehr danke, wäre diese Monografie vermutlich nie entstanden. Herzlich danken möchte ich auch der Bühler-Stiftung-Berlin, namentlich Frau Dr. Sabine Bolstorff-Bühler, die mir ein dreimonatiges Stipendium zur Nutzung der beeindruckenden Gerhard-Knoll-Forschungsbibliothek der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) gewährte. In der Villa Liegnitz im Schlosspark von Sanssouci konnte ich die Arbeit bis zum Sommer 2013 abschließen und überdies die große Gastfreundschaft der dortigen Mitarbeiter der SPSG genießen. Insbesondere Heike Borggreve, Nadja Geißler M.A., Dr. Alfred P. Hagemann, Sabine Hahn und Dr. Ullrich Sachse danke ich dafür. Auch Herrn Generaldirektor Prof. Dr. Hartmut Dorgerloh schließe ich in meinen Dank ein. Der größte Dank gebührt in diesem Zusammenhang aber Herrn Dr. Jürgen Luh, von dessen herausragenden Kenntnissen der friderizianischen Politik ich sehr profitiert habe und der mir ideale Rahmenbedingungen für meinen Potsdamer Aufenthalt geschaffen hat – ganz herzlichen Dank, lieber Jürgen! Dass die Arbeit in der Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht erscheinen konnte, freut mich außerordentlich. Namentlich Herrn Prof. Dr. Helmut Neuhaus (Erlangen-Nürnberg), Herrn Prof. Dr. Maximilian Lanzinner (Bonn) und Herrn Dr. Karl-Ulrich Gelberg (München) danke ich dafür ganz herzlich, ebenso dafür, dass Sie es mir gestatteten, die Materialsammlung der Historischen Kommission zum Immerwährenden Reichstag einzusehen. Einschließen möchte ich in meinen Dank ausdrücklich die FranzSchnabel-Stiftung sowie vom Verlag Vandenhoeck & Ruprecht Herrn Daniel Sander M.A., ohne deren tatkräftige Unterstützung das vergleichsweise rasche Erscheinen dieser Monografie nicht möglich gewesen wäre. Besonderer Dank gebührt zudem dem Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv – namentlich genannt seien Herr Direktor Mag. Thomas Just und insbesondere auch Herr HR Dr. Ernst Petritsch (beide Wien) –, das es mir gestattete, die Mikrofiche-Edition der Akten der Prinzipalkommission für eine gewisse Zeit aus Wien nach Salzburg zu »entführen«, was für mich eine erhebliche Arbeitserleichterung nach sich zog.

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Vorwort

Für Hinweise verschiedenster Art danke ich überdies Dr. Jan Brademann (Bielefeld), Sven Düwel M.A. (Fürstenwalde/Spree), Dr. Andreas Erb (Dessau), Dr. Michael Kaiser (Köln), Dr. Lupold von Lehsten (Bensheim), Dr. Tobias Schenk (Wien), Dr. Peter Styra (Regensburg), Prof. Dr. Hillard von Thiessen (Rostock) und Prof. Dr. Dieter Weiß (München). Meinen ehemaligen Kolleginnen in Bonn und Salzburg, Frau Dr. MariaElisabeth Brunert und Frau Dr. Lena Oetzel, bin ich zu großem Dank verpflichtet. Sie haben nicht nur große Teile der Arbeit Korrektur gelesen, sondern waren für mich zugleich wichtige Ansprechpartner, die stets ein offenes Ohr für meine Belange hatten. Herausragender Dank gebührt Herrn Prof. Dr. Arno Strohmeyer (Salzburg). Er hat als Leiter des FWF-Projekts in vorbildlicher und freundschaftlicher Weise stets alles dafür getan, dass unser gemeinsames Vorhaben zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden konnte, und gemeinsam mit seinem Team – Dr. Barbara Asen, Mag. Susanne Höll, Mag. Barbara Hufnagl, Maria Lang, Rosemarie Linortner und Dr. Lena Oetzel – entscheidend dazu beigetragen, dass meine schöne Salzburger Zeit für mich ein unvergessliches Erlebnis war und noch ist. Danke, lieber Arno – für alles! Gewidmet ist dieses Buch meiner Tochter Elina, die mich bei meiner Arbeit prächtig unterstützt hat. Bonn, im Juni 2014 * Zitate aus gedruckt vorliegenden Quellen werden im Folgenden buchstabengetreu wiedergegeben. Die Wiedergabe von Zitaten aus handschriftlichen Quellen orientiert sich an den bewährten editionstechnischen Regeln der »Acta Pacis Westphalicae«1, die ihrerseits auf den »Empfehlungen zur Edition frühneuzeitlicher Texte«2 basieren. Gleiches gilt für die als Anhang 2 abgedruckte Instruktion für den kurböhmischen Reichstagsgesandten Seilern. Die Schreibung der Namen der Reichstagsgesandten erfolgt in der Regel gemäß der Schreibweise in der »Neuen Deutschen Biographie« (NDB) oder, falls dort kein Eintrag vorhanden ist, gemäß dem »Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder«3.

1 Vgl. Brunert, Beratungen, Bd. 3/6, S. XXXVIIIff. 2 Vgl. URL: http://www.ahf-muenchen.de/Arbeitskreise/empfehlungen.shtml (Letzter Zugriff: 06. 03. 2014). 3 Vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium; Winter (Hg.), Repertorium.

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I. Einleitung 1. Das Alte Reich, Österreich und der Immerwährende Reichstag: Zum Forschungsstand Am 20. Januar 2013 jährte sich zum 350. Mal die feierliche Eröffnung des später sogenannten Immerwährenden Reichstags in Regensburg. Diese Vertretungsinstitution der deutschen Reichsstände ist wie kaum ein anderes Verfassungsorgan des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation von der Geschichtswissenschaft ausgesprochen unterschiedlich bewertet worden1. Die Diskrepanzen bei der Beurteilung hängen bekanntlich ganz entscheidend damit zusammen, dass in den letzten Jahrzehnten eine umwälzende Neubewertung des Alten Reiches und seiner politischen Strukturen erfolgt ist, die, wie unlängst treffend konstatiert wurde, »inzwischen selbst Teil der Forschungsgeschichte geworden ist.«2 Denn nach »der gründlichen Diskreditierung des deutschen National-, Macht- und Anstaltsstaates in den Jahren von 1933 bis 1945«3 bahnte sich die Forschung, insbesondere seit den 1960er und 1970er Jahren, einen Weg, um zu einem neuen Verständnis des Reiches zu gelangen, das mit den einseitigen Verdikten der älteren Historiografie, die es als außenpolitisch ohnmächtig und im Inneren als weitgehend handlungsunfähig stigmatisierten, nicht mehr viel gemein hat4. Das Reich erscheint beim aktuellen Stand der Forschung nicht mehr als das verkrustete und erstarrte Gebilde, wie es nicht nur5, aber doch in besonderem 1 Zum Stand und zu den Perspektiven der Forschung vgl. jüngst Lanzinner, Arbeitsfelder ; Härter, Der Immerwährende Reichstag. 2 Jahns, Reichskammergericht, Teil 1, S. 6. In vielerlei Hinsicht wegweisenden Charakter für die nachfolgende Reichs-Geschichtsschreibung hatte die programmatische Forschungsskizze von Moraw/Press, Probleme. Nützliche Überblicke zum Gang der Forschung liefern Schindling, Kaiser ; Liebmann, Rezeptionsgeschichte; Schnettger, Kleinstaaterei; Schmidt, Welches Alte Reich, S. 296 – 302; Carl, Schwerfälligen Andenkens; Whaley, Germany, Bd. 1, S. 6 f. 3 Neuhaus, Das Reich in der Frühen Neuzeit, S. IX. 4 Aus der Fülle der Literatur zum Alten Reich seien folgende Synthesen und Sammelbände neueren Datums hervorgehoben: Aretin, Das Alte Reich; Gotthard, Das Alte Reich; Hartmann, Das Heilige Römische Reich; Neuhaus, Das Reich in der Frühen Neuzeit; Schmidt, Geschichte; Stollberg-Rilinger, Das Heilige Römische Reich; H. Schilling/Heun/Götzmann (Hg.), Heiliges Römisches Reich; Wendehorst/Westphal (Hg.), Lesebuch; Coy/Marschke/Sabean (Hg.), Holy Roman Empire; Evans/Schaich/Wilson (Hg.), Holy Roman Empire; Whaley, Germany. 5 Vgl. Schindling, Der Westfälische Frieden, S. 134, sowie zuletzt H.-C. Kraus, Spätzeit. Kraus verweist darauf, dass nicht nur die preußisch-kleindeutsche Historiografie ein eindeutig negatives Bild des Alten Reiches gezeichnet hat, sondern dass zum Beispiel auch Historiker liberaler und preußenkritischer Ausrichtung im 19. Jahrhundert zu ähnlichen Bewertungen gelangten.

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Einleitung

Maße von der preußisch-kleindeutsch geprägten Historiografie in verzerrender Weise charakterisiert wurde6. Es wird vielmehr als politisches Gemeinwesen sui generis sowie als Sicherheits- und Friedensordnung7 angesehen, die immerhin bis in das Zeitalter Napoleons hinein auch den kleineren Reichsgliedern einen vergleichsweise verlässlichen Rahmen dafür geboten habe, ihr politisches Überleben zu sichern8. Angesichts dieser viel beschriebenen diametralen Um- und Aufwertung des Alten Reiches »vom Paria der kleindeutsch-borussischen Geschichtsschreibung zum positiv besetzten Gegenbild eines strukturell aggressionsunfähigen Ordnungsgebildes in der Mitte Europas«9 ist in jüngerer Zeit sogar wiederholt angemerkt worden, das Pendel des historischen Urteils schlage in dem Bemühen um eine Abkehr von den Verdammungsurteilen der älteren Forschung vielleicht zu weit zur anderen Seite aus10. Unstrittig erscheint jedenfalls, dass sich die Erforschung des Alten Reiches wachsender Beliebtheit erfreut. Dies hat sich besonders im Rahmen der Publikationen und Ausstellungen manifestiert, die anlässlich des 200. Jahrestags des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 und des Untergangs des Reiches 1806 entstanden sind und die einen lebendigen Eindruck davon vermittelt haben, wie facettenreich und ausgereift die Fragestellungen und Methoden der jüngeren Forschung sind11. Es passt zu der skizzierten Forschungsentwicklung, dass österreichische Historikerinnen und Historiker die lange vorherrschende Zurückhaltung bei der Erforschung der ›reichischen‹ Dimensionen der Geschichte Österreichs allmählich aufgeben. Viele Jahre hatte das in der deutschen Forschung deut6 Zur Sichtweise der älteren borussischen Geschichtsschreibung auf das Alte Reich vgl. exemplarisch Wolgast, Sicht, sowie die Ausführungen weiter unten. 7 Vgl. die pointierten Studien von Härter, Sicherheit, und H. Schilling, Verteidigungs- und Friedensorganisation. 8 Vgl. Stollberg-Rilinger, Das Heilige Römische Reich, S. 99: »Den einen stand der Reichsverband zunehmend im Weg, für die anderen war er geradezu existenznotwendig.« 9 Carl, Schwerfälligen Andenkens, S. 73. 10 Vgl. Stollberg-Rilinger, Das Heilige Römische Reich, S. 9: »Alles das, was ehemals als Schwäche erschienen war, erschien nun als Vorzug. Aus der machtpolitischen Not des Reiches wurde mit einem Mal eine Tugend.« Ähnlich das Urteil von Schnettger, Kleinstaaterei, S. 129: »Wurde das Reich früher ganz überwiegend negativ gesehen, vielfach sogar mit einiger Verachtung betrachtet, so wird es heute zumeist positiv bewertet, ja, bisweilen scheint es Tendenzen zu seiner Idealisierung zu geben.« Besonders scharf ist in dieser Hinsicht das Urteil von H.-C. Kraus, Spätzeit, S. 35: »Es ist keineswegs unproblematisch, wenn […] versucht wird, ältere, vermeintlich oder auch wirklich überholte Sichtweisen lediglich durch diametrale Umkehr ihrer Wertungen zu überwinden anstatt zu differenzieren, und dabei alle diejenigen Fakten unberücksichtigt zu lassen, die einer solchen erwünschten Umwertung im Wege stehen.« Eine in Teilen der Forschung vorzufindende einseitige Verklärung des Reichsverbandes sah schon Press, Das römisch-deutsche Reich, S. 224; vgl. auch Ders., Reich in der deutschen Geschichte, S. 43 f. 11 Vgl. hierzu die Sammelrezensionen von Härter, Zweihundert Jahre; Nicklas, Reich; Klueting, Zweihundert Jahre; Carl, Epochenjahr ; als Beitrag von österreichischer Seite vgl. Österreich und das Heilige Römische Reich.

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Einleitung

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lich wahrnehmbare Comeback12 des Alten Reiches kein spürbares Pendant auf österreichischer Seite. Das viel zitierte Diktum des Salzburger Historikers Fritz Fellner von der »negatio imperii«13 in der neueren österreichischen Geschichtsschreibung mag zwar in dieser Zuspitzung nicht haltbar sein14, dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass dem Alten Reich in Österreich lange Zeit kaum Aufmerksamkeit geschenkt wurde15. Auffällig ist beispielsweise, dass der Ende der 1990er Jahre von Georg Schmidt ausgelöste ›Historikerstreit‹ über die Staatlichkeit des frühneuzeitlichen Reiches praktisch ohne österreichische Beteiligung stattfand, obwohl Schmidts These vom »komplementären Reichs-Staat« auch für die österreichische Geschichte von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist16. So ist es sicherlich kein Zufall, dass auch das Wirken der frühneuzeitlichen Kaiser von der österreichischen Forschung lange Zeit vorrangig mit Blick auf die habsburgische Großmachtbildung und das vermeintliche ›Herauswachsen‹17 Österreichs aus dem Reich untersucht wurde, wohingegen die Reichspolitik der habsburgischen Kaiser in aller Regel eher unterbelichtet blieb. Die Gründe für diese Zurückhaltung sind zu einem nicht geringen Teil politischer Natur. Arno Strohmeyer hat auf die Hintergründe dieser »Marginalisierung des ›Alten Reichs‹«18 jüngst nachdrücklich hingewiesen: »Zu den 12 In Anlehnung an Fürnrohr, Come Back. 13 F. Fellner, Reichsgeschichte, S. 371. 14 Generell zu verweisen ist etwa auf die entsprechenden Arbeiten von Wilhelm Brauneder, Alfred Kohler und Heinrich Lutz sowie auf die unter österreichischer Beteiligung in neuerer Zeit veranstalteten Tagungen zum Alten Reich; vgl. Duchhardt/Schnettger (Hg.), Libertät; Klueting/ Schmale (Hg.), Reich. Zu erwähnen ist auch, dass sich am Institut für Geschichte der Universität Wien eine Arbeitsgruppe mit der Edition der Deutschen Reichstagsakten im Zeitalter Karls V. beschäftigt. Die Bände der zunächst von Heinrich Lutz (Wien) und nach dessen Tod von Eike Wolgast (Heidelberg) geleiteten Abteilung Jüngere Reihe werden von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften herausgegeben; vgl. Lutz/Kohler, Arbeit. 15 Vgl. etwa Schmidt, Welches Alte Reich, S. 297 f. Ähnlich wie in der österreichischen Historiografie war lange Zeit auch in der internationalen Forschung insgesamt eine Reserviertheit gegenüber dem Alten Reich zu beobachten. In der französischen Forschung beispielsweise fristete das Reich, wie treffend formuliert wurde, ein Schattendasein, und das Interesse an den Kaisern betraf zumeist deren Funktion als Herrscher der Habsburgermonarchie, nicht aber deren Reichspolitik; vgl. Schnettger, Kleinstaaterei, S. 140 f.; Duhamelle, Reich. Aufseiten der englischsprachigen Forschung überwog in den letzten Jahrzehnten zumeist das vorrangige Interesse an einzelnen Territorien des Reiches. Es gibt allerdings Gegenbeispiele, wie insbesondere die neueren Arbeiten von Peter H. Wilson und Joachim Whaley zeigen. 16 Vgl. Schmidt, Geschichte; Ders., Komplementärer Staat; vgl. dazu folgende Gegenpositionen: H. Schilling, Reichs-Staat; Reinhard, Frühmoderner Staat; eine Zusammenfassung der Diskussion findet sich bei Schnettger, Kleinstaaterei, S. 146 – 151; vgl. jüngst die österreichische Perspektive bei Kohler, Österreich. 17 Vgl. beispielsweise Kov‚cs, Herausentwicklung; Whaley, Habsburgermonarchie, S. 291; Vocelka, Glanz, S. 134; Ders., Habsburgerreich, S. 38; Gnant, Reichsgeschichte, S. 21; vgl. aus deutscher Sicht auch Hartmann, Österreich, S. 102 f. 18 Leidinger/Moritz/Moser, Brüder, S. 44.

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Einleitung

wichtigsten Ursachen zählen die fatale Instrumentalisierung der Reichsidee durch den Nationalsozialismus und die komplizierte Verflechtung der österreichischen mit der deutschen Geschichte, die in Österreich zu einer ›überzogenen Abgrenzung‹ von allem Deutschen führte. Erinnern an die deutschen Dimensionen österreichischer Geschichte konnte lange Zeit rasch zum Vorwurf führen, überholte deutschnationale Ideologien zu verfechten.«19 Erst in den letzten Jahren hat sich diese »Abgrenzung von allem ›Teutonischen‹«20 merklich geändert, wie zum Beispiel aus dem Bereich der Frühneuzeitforschung die Arbeiten von Brigitte Mazohl und Thomas Winkelbauer zeigen21. So hat es sicherlich seine Berechtigung, wenn von österreichischer Seite jüngst konstatiert wurde, es finde neuerdings »eine Rückbesinnung auf die Wurzeln Österreichs im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation und die enge Verflechtung der beiden Herrschaftsräume«22 statt. Dies geht ganz augenscheinlich mit der auch für die deutsche Geschichtswissenschaft charakteristischen Tendenz einher, das Alte Reich positiver zu bewerten als noch die Historiografie des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. So heißt es bei Mazohl im Hinblick auf das Alte Reich, es könne »gerade heute – angesichts des schwierigen europäischen Einigungsprozesses – als einzigartiger historischer Modellversuch einer politischen Ordnung gesehen werden, die zentralstaatliche und ständisch-föderative Elemente zu verbinden und in Balance zu halten suchte. Tatsächlich bildete dieses ›Monstrum‹ ein faszinierendes Gegenmodell zum absolutistischen Fürstenstaat: eine aus der Tradition genährte und dennoch anpassungsfähige Rechtsordnung, die den schwierigen Weg unermüdlichen Kompromisses und permanenter Verhandlungen zwischen Gesamt- und Sonderinteressen nicht scheute und die gerade dadurch ihrem eigentlichen Auftrag der inneren und äußeren Friedenswahrung durchaus gerecht werden konnte.«23 Charakteristisch ist, dass gewissermaßen parallel zu dieser Neubewertung des Alten Reiches durch die jüngere Forschung auch der Immerwährende Reichstag inzwischen gänzlich anders beurteilt wird als in den Zeiten, in denen noch die Positionen der preußisch-kleindeutsch orientierten Geschichtsschreibung dominierten24. Gerade die ältere preußische Forschung machte keinen Hehl daraus, wie es ihrer Ansicht nach um die Leistungsfä19 Strohmeyer, Raumgeschichte, S. 175; vgl. auch Scheutz/Strohmeyer, Einführung, S. 11 f.; siehe ferner Glettler, Bewertung, sowie jüngst Mazohl/Schneider, Translatio, S. 126: »Dieser verengte Blickwinkel, diese ›negatio imperii‹, hängt mit einem eigenwilligen Verständnis von ›political correctness‹ und Berührungsängsten mit der deutschen Geschichte innerhalb der österreichischen Zunft zusammen.« 20 Leidinger/Moritz/Moser, Brüder, S. 40. 21 Vgl. Mazohl-Wallnig, Zeitenwende; Winkelbauer, Ständefreiheit, Teil 1, S. 311 – 407; vgl. auch Gnant, Reichsgeschichte. 22 Mazohl/Schneider, Translatio, S. 126; vgl. auch Auer, Österreich. 23 Mazohl-Wallnig, Zeitenwende, S. 191. 24 Zur Forschungsentwicklung vgl. Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 248 f.

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Einleitung

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higkeit des Immerwährenden Reichstags bestellt war, dessen komplexes Prozedere ja schon die Zeitgenossen als ausgesprochen eigentümlich empfanden25. Beispielhaft sei der wohl prominenteste Historiograf preußischer Geschichte zitiert, nämlich Friedrich der Große26, der sich bekanntermaßen auch als Historiker betätigte. In seiner »Histoire de mon temps« schreibt der Preußenkönig voller Spott: »Der Reichstag zu Regensburg ist nur ein Schattenbild und eine schwache Erinnerung an das, was er einstens war. Jetzt ist er eine Versammlung von Rechtsgelehrten, denen es mehr auf die Formen als auf die Sache ankommt. Ein Minister, den ein Reichsfürst zu dieser Versammlung schickt, gleicht einem Hofhunde, der den Mond anbellt. Soll ein Krieg beschlossen werden, so weiß der kaiserliche Hof seine Privatstreitigkeiten geschickt mit den Reichsinteressen zu verflechten, um die deutsche Macht zum Werkzeug seiner ehrgeizigen Absichten zu benutzen.«27 Die borussische Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts ist zu ähnlich abwertenden Urteilen gelangt. Das Reich und der Reichstag waren, so lässt sich die Haltung der Protagonisten der preußischen Historiografie bilanzieren, weder im Reichsinneren noch außenpolitisch in ausreichendem Maße handlungsfähig. Erst Brandenburg-Preußen habe seit dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm die Herausforderungen der Zeit erkannt und denjenigen Weg beschritten, der zielgerichtet auf die Ereignisse der Jahre 1866 und 1871 hinführte. Waren die Kaiser aus dem Hause Österreich lediglich Exponenten einer primär als Verfallsgeschichte gedeuteten Geschichte des Alten Reiches, so zeichneten sich die Herrscher aus dem Hause Hohenzollern seit dem Großen Kurfürsten dadurch aus, dass sie Preußens »deutschen Beruf« (Johann Gustav Droysen)28 erkannten und dementsprechend in letzter Konsequenz das Korsett der Reichsverfassung sprengten. So lautete zusammengefasst das als anachronistisch zu qualifizierende Credo der preußisch-kleindeutsch orientierten Geschichtsschreibung29. 25 Droysen verglich den Immerwährenden Reichstag mit einem Sumpf; vgl. H.-C. Kraus, Spätzeit, S. 44. 26 Zu der in der vorliegenden Arbeit praktizierten Verwendung des Beinamens »der Große« in Bezug auf Friedrich II. von Preußen vgl. jüngst die differenzierte Sichtweise bei Kaiser, Beiname, S. 260: »Übrig bleibt […] die historische Größe als ein Narrativ von herausragenden historischen Persönlichkeiten. Auch der Beiname ›der Große‹ erscheint nach diesem Verständnis durchaus sinnvoll, wenn man in ihm vor allem das Ergebnis einer erfolgreichen Selbstinszenierung einer historischen (Herrscher-)Persönlichkeit sieht wie auch dessen Tradierung und Vereinnahmung in späteren Zeiten erkennt.« 27 Hier zitiert nach der deutschen Übersetzung in Volz (Hg.), Werke, Bd. 2, S. 39. 28 Vgl. J. G. Droysen, Geschichte, Bd. 1, S. 4: »Auch Preußen umfaßt nur Bruchtheile deutschen Volkes und Landes. Aber zum Wesen und Bestand dieses Staates gehört jener Beruf für das Ganze, dessen er fort und fort weitere Theile sich angegliedert hat.« Vgl. insgesamt auch Gotthard, Sendung, sowie zuletzt Opgenoorth, Droysens Geschichte, S. 244 und 252. 29 Vgl. Rohrschneider/Sienell, Hohenzollern, S. 61 f., sowie in diesem Sinne zuletzt auch Schenk, Friedrich der Große, S. 380. Schenk macht zudem auf die Notwendigkeit empirischer Grundlagenforschung zu Preußens Haltung gegenüber den Reichsinstitutionen aufmerksam; vgl. ebd., S. 378 und 381.

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Auch von der noch wesentlich durch die ältere preußische Forschung geprägten Geschichtsschreibung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bekam der Immerwährende Reichstag in aller Regel kein gutes Zeugnis ausgestellt. In der Dissertation Friedrich Meisenburgs aus dem Jahr 1931 über den Reichstag im Österreichischen Erbfolgekrieg liest man beispielsweise: »Ist somit der Reichstag wegen des völligen Sieges des Territorialgedankens über den Reichsgedanken im Westfälischen Frieden in gewissem Maße ein Spiegel der allgemeinen territorialen Politik der Fürsten, so ist er daneben um so deutlicher ein Spiegel der kläglichen Reichspolitik, der jämmerlichen Lage des Reiches überhaupt, dessen Verfassung bereits Pufendorf als eine Abnormität bezeichnet hatte.«30 Aus der Zeit des Nationalsozialismus finden sich Beispiele, die diese negativen Einschätzungen noch weiter übersteigerten. In einer Bonner Dissertation über den Reichstag im Jahrzehnt nach dem Spanischen Erbfolgekrieg lautet der markante Schlusssatz: »Welcher Gegensatz zwischen den trüben Zuständen des Heiligen Römischen Reichs, die wir in unserer Arbeit an dem Beispiel eines seiner hervorragendsten Organe kennenlernten, und dem nunmehr unter der Führung Adolf Hitlers geeinten und erstarkten Dritten Reich Deutscher Nation!«31 Inzwischen ist die Reichstagsforschung sehr darum bemüht, die Verdikte früherer Zeiten zu korrigieren und Methoden und Wege zu finden, um das Geschehen in Regensburg angemessen erfassen zu können. Als Impulsgeber wirkten die Habilitationsschrift von Anton Schindling über die Anfänge des Immerwährenden Reichstags und die Dissertation von Karl Härter über den Reichstag im Zeitalter der Französischen Revolution, die beide in den frühen 1990er Jahren erschienen sind32. Schindling und Härter haben mit ihren Monografien in vielerlei Hinsicht zu einem besseren Verständnis des Immerwährenden Reichstags beigetragen, sodass nunmehr tiefere, facettenreiche Einblicke in die politischen Mechanismen dieser lange Zeit verkannten Institution möglich sind33. Dass auch in diesem Forschungszusammenhang das Pendel inzwischen weit in Richtung einer positiven Bewertung ausgeschlagen ist, verdeutlichen besonders eindringlich die einschlägigen Studien Johannes Burkhardts, der als einer der Protagonisten derjenigen Forschungstendenzen gelten kann, welche die Leistungsfähigkeit des Immerwährenden Reichstags deutlich

30 Meisenburg, Reichstag, S. 9. 31 Biederbick, Reichstag, S. 88. 32 Vgl. Schindling, Anfänge; Härter, Revolution; wichtige Impulse setzte zuvor Fürnrohr, Parlament; vgl. zudem auch die Pionierstudie von F. H. Schubert, Reichstage. 33 Dies spiegelt sich nicht zuletzt auch in den einführenden Überblicksdarstellungen zum Immerwährenden Reichstag wider ; vgl. etwa aus neuerer Zeit Aretin, Ruhe; A. Schmid, Regensburg, S. 196 – 204; Kubitza, Regensburg; Roeck, Reichstag; Schulze, Regensburg; Liebmann, Reichstag; Memminger, Reichstag.

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höher bewerten, als dies in den älteren Arbeiten der Fall ist34. An prominenter Stelle, in »Gebhardts Handbuch der deutschen Geschichte«, schreibt er : »Am Ende des Reiches wußten alle, was sie am vermeintlich noch ›ferner ununterbrochen fortgesetzten‹ Reichstag hatten, und es gibt eine ganze Reihe von Zeugnissen, in denen andere Nationen die Deutschen um diese permanente Vertretung beneideten und sie für sich oder ganz Europa zum Modell erheben wollten.«35 Gerade in jüngster Zeit hat die Forschung durch die Anwendung einer Vielzahl von Methoden und Fragestellungen ein neues Bild des Regensburger Reichstags gezeichnet36. Hierzu zählen kulturalistische Ansätze37, kommunikationsgeschichtliche38 und prosopografische39 Studien, Untersuchungen zu den beiden konfessionellen Corpora40 sowie Aspekte der internationalen Dimensionen und Perzeption des Regensburger Geschehens41. Der Immerwährende Reichstag wird von der gegenwärtigen Forschung charakterisiert als »Zentrum der Reichspolitik«42, »institutioneller Knotenpunkt«43 und »Kristallisationspunkt frühneuzeitlicher Reichsgeschichte«44, ferner als »Nachrichtenbörse des Reiches«45 oder »deutsche Nachrichtenagentur«46 mit dem Charakter einer Informationsdrehscheibe47, und zwar auch und gerade für die mindermächtigen Reichsstände. Darüber hinaus wird er als »Clearing-Stel-

34 Vgl. Burkhardt, Nachzügler, S. 311 f.; Ders., Verfassungsprofil, S. 152. Burkhardt betont hier, die Bewertung des Immerwährenden Reichstags durch die Zeitgenossen und die Historiker des 19. Jahrhunderts sei »einer der unglaublichsten Fälle einer Fehlbewertung in der Geschichte«. 35 Ders., Vollendung, S. 81; vgl. außerdem Ders., Formen; Ders., Verfassungsprofil; vgl. hierzu die Replik von Kampmann, Reichstag. 36 Die breite Palette unterschiedlichster Ansätze und Methoden dokumentiert im Hinblick auf das 18. Jahrhundert neuerdings folgendes Sammelwerk: Rohrschneider (Hg.), Der Immerwährende Reichstag. 37 Vgl. aus jüngerer Zeit vor allem die Arbeiten von Barbara Stollberg-Rilinger und ihren Schülerinnen und Schülern; eine Auswahl: Stollberg-Rilinger, Zeremoniell als politisches Verfahren; Dies., Zeremonielle Inszenierung; Dies., Symbolik; Dies., Kleider; Dies., Verfassungsgeschichte; Krischer, Fürstengesellschaft; Ders., Zeremoniell; Ders., Inszenierung; Ders., Directions; Ders., Reichsstädte und Reichstag; vgl. darüber hinaus die in Anm. 40 aufgeführten Arbeiten von Andreas Kalipke. 38 Grundlegend ist S. Friedrich, Drehscheibe; vgl. auch Dies., Beobachten; Dies., Kurier. 39 Vgl. Lehsten, Reichstagsgesandte; Ders., Möglichkeiten. 40 Vgl. insbesondere Härter, Corpus; M. Becker, Corpus; Kalipke, Weitläufftigkeiten; Ders., Perspective; Ders., Verfahren; Brachwitz/Koller, Resonanz; weitere Literaturhinweise in Kap. III 2 a Anm. 422. 41 Vgl. Ulbert, Reichstag; Leiher, Stellung; Externbrink, Friedrich der Große; Ders., Revolution; Rubner, Gesandtschaft; Schütz, Gesandtschaft; G. Braun, Connaissance; Ders., Reichstag. 42 Aretin, Ruhe, S. 123. 43 Härter, Revolution, S. 20. 44 Neuhaus, Reichstag, S. 43. 45 Aretin, Heiliges Römisches Reich, Bd. 1, S. 56; Press, Stellung, S. 67. 46 Burkhardt, Deutsche Geschichte, S. 75. 47 In Anlehnung an die Dissertation von S. Friedrich, Drehscheibe.

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le«48, welche »die vollständige Selbstinszenierung der Adelsgesellschaft des Reiches als einer hierarchischen Gesamtordnung«49 ermöglichte, sowie als »Forum für Legitimationsstrategien«50 angesehen, das gerade die mächtigeren Reichsstände bei Bedarf zugunsten ihrer Interessen instrumentalisierten. Regensburg war somit, so lautet die Bilanz Karl Otmar von Aretins, für 143 Jahre die »heimliche Hauptstadt«51 des Reiches. Weitgehende Einigkeit herrscht in der Forschung darüber, dass Kaiser Leopold I. und seine Nachfolger in der Kaiserwürde von der Perpetuierung des Reichstags profitierten52, erwuchsen ihnen doch durch die Verstetigung dieser Kontaktstelle zusätzliche Möglichkeiten, bei Bedarf Unterstützung für die eigene Außen- und Reichspolitik zu erlangen und zugleich ein wirksames Forum der zeremoniellen Repräsentation und Selbstdarstellung zu kreieren. Schon der Rechtshistoriker Hans Erich Feine bezeichnete den Immerwährenden Reichstag mit Blick auf die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts als »Tummelplatz für große und kleine Politik, auf dem Österreich seinen Einfluß besonders im Fürstenrat erfolgreich geltend machte«53. Auch Anton Schindling verwies begründetermaßen darauf, dass der Reichstag als »Gegengewicht, Bühne und Instrument für die Wiener Reichspolitik«54 diente, und Axel Gotthard wählte die Formulierung, Regensburg sei ein »vorgeschobener Horchposten«55 der Wiener Hofburg gewesen. Allerdings ist festzuhalten, dass bislang nur wenige Untersuchungen vorliegen, die speziell der österreichischen Reichstagspolitik gewidmet sind56. 48 Fürnrohr, Kurbaierns Gesandte, S. 11; Ders., Reichsstädte, S. 143; ebenso in jüngerer Zeit zum Beispiel Burgdorf, Weltbild, S. 31 und 34. 49 Stollberg-Rilinger, Zeremoniell als politisches Verfahren, S. 132. 50 Härter, Revolution, S. 23. 51 Aretin, Ruhe, S. 127. 52 Vgl. etwa Schindling, Anfänge, S. 232: Der Immerwährende Reichstag »ermöglichte dem Kaiser, seine Politik zu erklären, für sie zu werben und die kaiserliche Klientel unter den Reichsständen um sich zu sammeln.« Vgl. zudem Press, Reich in der deutschen Geschichte, S. 58: »Man wird den Reichstag weder aus einer modern-parlamentarischen noch aus einer romantischen Perspektive überschätzen dürfen, aber er funktionierte sowohl als Instrument der fortgeschrittenen Integration und Verdichtung des Reiches, wie auch der kaiserlichen Einflußnahme.« Vgl. auch Ders., Stellung, S. 68; Ders., Großmachtbildung, S. 142 ff. 53 Feine, Verfassungsentwicklung, S. 91. 54 Schindling, Anfänge, S. 13. 55 Gotthard, Das Alte Reich, S. 116; vgl. hierzu die Kritik von S. Friedrich, Drehschreibe, S. 539. 56 Aus pragmatischen Gründen werden in der vorliegenden Arbeit die Bezeichnungen »österreichische Reichstagspolitik«, »Reichstagspolitik Österreichs« oder »Reichstagspolitik des Wiener Hofes« verwendet, wenn die Reichstagspolitik Franz’ I. und Maria Theresias gemeint ist, die streng genommen, entsprechend der dreigliedrigen Vertretung auf dem Reichstag (Prinzipalkommission, kurböhmische Gesandtschaft und österreichische Gesandtschaft), begrifflich zu differenzieren ist. Das Gleiche gilt für die Reichstagsgesandten. Wenn hingegen im konkreten Fall nur der Reichstagsgesandte gemeint ist, der Sitz und Stimme Österreichs im Reichsfürstenrat vertrat, dann wird er in Anlehnung an seine dortige Direktorialfunktion als »österreichischer Direktorialgesandter« bezeichnet. In den Quellen wird für die Gesandten und Minister häufig die umständliche längere Form »kaiserlich-königlich« verwendet. Zur generellen Pro-

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Dies gilt auch und gerade für die gemeinsame Regierungszeit Kaiser Franz I. Stephans und Maria Theresias, die im Zentrum dieser Arbeit steht57. In nahezu allen Studien aus neuerer Zeit wird sehr zu Recht darauf hingewiesen, dass die Erforschung der Reichspolitik der Wiener Hofburg um 1750 erhebliche Defizite aufweist58. Zwar hat Angela Kulenkampff in ihrer Studie über die Reichspolitik des Staatskanzlers Kaunitz einige wichtige Aspekte dieser Thematik angesprochen59 ; gleichwohl bleiben zahlreiche Desiderate bestehen60. In besonderem Maße betrifft dies, wie bereits erwähnt, die Reichstagspolitik des Wiener Hofes in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Hierfür sind nach wie vor die älteren Monografien aus der Schule des Bonner Historikers Max Braubach heranzuziehen, die zwar grundsätzlich verdienstvoll, aber für viele Fragestellungen der jüngeren Forschung unergiebig sind61. Darüber hinaus liegt noch eine ältere Dissertation zum Reichstag der Jahre 1740 bis 1745 vor, welche die für eine Untersuchung der österreichischen Reichstagspolitik unerlässlichen Bestände des Haus-, Hof- und Staatsarchivs ausgewertet hat62. Etwas besser ist dagegen die Forschungslage zu den Reichstagsgesandten Franz’ I. und Maria Theresias, für die man die Studien Walter Fürnrohrs

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blematik der Begrifflichkeit »Österreich« und »österreichisch« im 18. Jahrhundert vgl. insgesamt Klingenstein, Österreich. Zum Folgenden vgl. auch Rohrschneider, Strukturgegebenheiten. Zum Forschungsstand zu Franz I. Stephan vgl. ausführlich Kap. II 1 a. Nachfolgend wird der Einfachheit halber durchgängig die Namensform Franz I. verwendet. Dies entspricht zum einen seiner Unterzeichnungspraxis (Frantz bzw. FranÅois); zum anderen hat er die in den zeitgenössischen Wiener Zeremonialprotokollen aus Unterscheidungsgründen eingeführte Namensform Franz Stephan, also eine Kombination seines ersten mit dem dritten Vornamen (sein zweiter Vorname lautete Anton), selbst offenbar so nie verwendet; vgl. Zedinger, Libert¦, S. 47 f.; Dies., Franz Stephan, S. 36. Vgl. beispielsweise Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 536 f., oder auch jüngst Pons, Kunst, S. 14. Vgl. Kulenkampff, Österreich. Auf den nach wie vor gegebenen Forschungsbedarf zum Immerwährenden Reichstag verweist jüngst zum Beispiel Schnettger, Reichsgeschichte, S. 233 f. Vgl. für den Untersuchungszeitraum der vorliegenden Arbeit Meisenburg, Reichstag; M. Koch, Reichstag; Rohr, Reichstag. Zur Bewertung der Arbeiten der Braubach-Schüler vgl. jüngst Härter, Der Immerwährende Reichstag, Abs. 7: »Auch wenn man diesen Arbeiten zubilligen kann, dass die Regensburger Versammlung auf Krieg und Frieden in Europa bzw. machtpolitische Vorgänge und Ereignisse sicherlich einen bestenfalls geringen direkten Einfluss ausüben konnte, so wird doch die extreme Einseitigkeit und Begrenztheit dieses Ansatzes deutlich: Macht- und Nationalstaat bilden den Maßstab, an dem Reichstag und Reich gemessen werden, Politik wird auf machtpolitische Entscheidungen von Großmächten reduziert und die Reichsversammlung hierzu lediglich im Hinblick auf ihre formellen Beratungen und Beschlüsse in Bezug gesetzt, die zudem jeweils nur aus dem Quellenbestand eines Reichsstandes bzw. Akteurs rekonstruiert werden. Der Reichstag erscheint folglich als lediglich passive Folie bzw. als Spiegel, und seine Akteure – vor allem die Gesandten – werden auf die Rolle von Sprachrohren reduziert.« Vgl. Hein, Reichstag.

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heranziehen kann63. Zudem liegen für den damaligen Prinzipalkommissar Alexander Ferdinand Fürst von Thurn und Taxis64, den kurböhmischen Gesandte Christian August Graf von Seilern65 und den Konkommissar Carl Joseph Graf von Palm66 Untersuchungen vor. Andere Gesandte des Kaiserpaares, wie zum Beispiel der langjährige österreichische Direktorialgesandte Marquard Paris Anton Freiherr von Buchenberg67, sind dagegen von der bisherigen Forschung kaum beachtet worden. Nahezu terra incognita betritt man, wenn man die in der jüngeren Frühneuzeitforschung stärker in den Fokus geratenen informellen Beziehungen68 innerhalb des Reichsverbandes mit Blick auf den Immerwährenden Reichstag untersuchen will. Die vielfach erhobene Forderung, solche informellen Strukturen, Netzwerke und Spielregeln sichtbar zu machen69, wie es Volker Press in seinem viel beachteten Aufsatz über Patronat und Klientel im Heiligen Römischen Reich gelungen ist70, konnte hinsichtlich des Regensburger Reichstags bisher nur in Ansätzen umgesetzt werden71. Zum theresianischen Zeitalter liegen bislang nur zwei Skizzen vor, die auf das Potenzial dieses Forschungsareals aufmerksam machen72. Die außerordentliche Relevanz dieses Themenkomplexes für die Erforschung des Alten Reiches ist inzwischen erkannt worden73, und zwar mit 63 Vgl. Fürnrohr, Die kurböhmischen Gesandten; Ders., Vertreter, Teil 1 und 2. 64 Vgl. Rübsam, Taxis; Freytag, Prinzipalkommissariat; Piendl, Thurn und Taxis, S. 47 – 64; Behringer, Thurn und Taxis, S. 213 – 225; Dallmeier/Schad, Thurn und Taxis, insbesondere S. 43 – 48; Styra, Honeurs; Dallmeier (Hg.), Reichsstadt; Grillmeyer, Diener; Styra, Karriere; siehe auch Passy, Thurn und Taxis. Zum Wirken Alexander Ferdinands bereitet Alexandra Stöckl (Regensburg) eine Dissertation vor. 65 Vgl. Nowak, Seilern. 66 Vgl. Kollmer, Palm, S. 67 – 90. 67 Vgl. Fürnrohr, Vertreter, Teil 2, S. 136. 68 Die Verwendung des Begriffs »informell« statt »informal« in der vorliegenden Arbeit entspricht den Präferenzen der historischen Netzwerkforschung; vgl. Emich, Formalisierung, S. 152 Anm. 6. Als Gegenbegriff wird, wie in der Forschung üblich, »Formalität« und »formal« verwendet, was auch im Kontext von Klientelpolitik und Parteibildung in den Quellen nachweisbar ist; vgl. hierzu den Bericht des Konkommissars Palm an den Reichsvizekanzler Rudolph Joseph Graf von Colloredo-Waldsee, Regensburg 14. 9. 1746, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 77b, unfol. (»um sich publice et coram Imperio als einen formalen clienten« der Könige von Frankreich und Preußen darzustellen); Bericht des Konkommisars August Friedrich Graf von Seydewitz an Dens., PS Regensburg 1. 7. 1756, Ausf.: ebd., Berichte 98, unfol. (»formale union und liga zwischen gesamten protestantischen reichsständen«). 69 Vgl. schon Press, Das römisch-deutsche Reich, S. 227, sowie jüngst Jahns, Reichskammergericht, Teil 1, S. 15. 70 Vgl. Press, Patronat. 71 An erster Stelle zu nennen sind hier Fürnrohr, Gesandtennepotismus, und Lehsten, Reichstagsgesandte; vgl. jüngst auch der Hinweis in Härter, Diet, S. 121 f. 72 Vgl. Rohrschneider/Strohmeyer, Reichstag; Rohrschneider, Strukturgegebenheiten. 73 Vgl. jüngst die Arbeit von Humphreys, Kreistag, hier insbesondere S. 287 – 377. Aretins Einschätzung, es habe bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts gedauert, ehe Klientelsysteme eine bestimmende Rolle in der Reichspolitik spielten (vgl. Aretin, Großmächte, S. 63), steht in der Forschung vereinzelt da.

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Konsequenzen für die Bewertung des Immerwährenden Reichstags. So hat Barbara Stollberg-Rilinger jüngst mit guten Gründen betont: »Effizient war der Reichstag als Nachrichtenumschlagplatz oder als Ort informeller Netzwerke der Großmächte – aber nicht als das, was er nach den Bestimmungen des Westfälischen Friedens und anderer Reichsgrundsätze sein sollte: als gemeinsames Entscheidungsorgan von Kaiser und Reichsständen in allen wichtigen politischen Materien«74. Dass es Phänomene wie Klientelpolitik und Parteibildung – allgemein verstanden als Versuche der Formierung einer reichsständischen Anhängerschaft – im Rahmen der Reichstagspolitik gegeben hat, darüber herrscht in der Forschung Einigkeit. Wie die entsprechenden Netzwerke und »Partheyen« konkret funktionierten und instrumentalisiert wurden, darüber weiß man allerdings vergleichsweise wenig. Mit diesem Themenfeld ist zugleich ein Forschungsgegenstand berührt, der lange Zeit sträflich vernachlässigt wurde. Gemeint ist die Reichspolitik der mindermächtigen Reichsstände. Waren sie für die ältere Historiografie nahezu eine Quantit¦ n¦gligeable, die allenfalls aufgrund ihrer vermeintlichen Kuriosität in den Blickpunkt gerieten, so hat sich in der neueren Forschung ein verändertes Bild etabliert. So machte Anton Schindling schon 2001 darauf aufmerksam, dass es einer »Neuentdeckung gleich[kam], wenn die Perspektive dieser Kleinen, Schwachen und Hilflosen als ein wesentlicher Teil in die Erforschung der Reichsgeschichte eingebracht wurde.«75 Die Mindermächtigen werden in der neueren Forschung nicht mehr abfällig beurteilt, sondern als »Mörtel des Reichs zwischen den Quadern der größeren Stände«76 angesehen, als »Zement«77 oder »Kitt, der das Reich zusammenhielt.«78 74 Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 278. 75 Schindling, Kaiser, S. 34. Ein Überblick zum Stand der Erforschung mindermächtiger Reichsglieder findet sich bei Neuhaus, Das Reich in der Frühen Neuzeit, S. 77 – 85; zur Rolle der Mindermächtigen vgl. ferner ausführlich Kap. II 1 b. 76 Aretin, Heiliges Römisches Reich, Bd. 1, S. 69. 77 Gotthard, Das Alte Reich, S. 122. 78 Ebd., S. 5. Zur ›Kleinstaatlichkeit‹ im Europa der Frühen Neuzeit vgl. insgesamt J. Arndt, Monarch; Aretin, Reichsverfassung; Duchhardt, Kleinstaaten; Schindling, Mindermächtige Territorien; Schnettger, Kleinstaaten; Burkhardt, Kleinstaaterei. Hingewiesen sei an dieser Stelle auch auf eine Forschungstendenz, der hinsichtlich der Möglichkeiten kleinstaatlicher Politik eine durchweg positive Anschauung zugrunde liegt, die mit der prägnanten Formel »Duodezabsolutismus als kulturelle Chance« (vgl. Berns, Frühgeschichte) gekennzeichnet worden ist. Diese Forschungsrichtung ist dadurch charakterisiert, dass sie den von machtstaatlichen Anschauungen geprägten Verdammungsurteilen der älteren Forschung den positiv bewerteten, bewussten Verzicht mindermächtiger Reichsstände auf eine eigene ambitionierte Machtpolitik entgegensetzt und zugleich deren Leistungen auf dem Gebiet des geistigen und kulturellen Lebens akzentuiert; vgl. beispielsweise Jacobsen, Kulturentwicklung, S. 27 ff.; Schindling, Mindermächtige Territorien, S. 58; Gerber, Reichspatriotismus, S. 264 – 268; Schmidt, Mäzene; Ehrlich/Schmidt (Hg.), Ereignis; John, Vorwort, S. IX: »Gehören doch die Kleinstaaten […] zu den heftig umstrittenen historischen Phänomenen. Immer wieder sind sie bemüht worden, um – je nach Standpunkt – die Misere oder die Reichhaltigkeit deutscher Geschichte zu veranschaulichen. Im Pro und Contra der Zeitgenossen oder historiographischer Nationalstaats-, Föderalismus-, Erbe- und Sonderwegdebatten schwankte ihr Charakterbild zwischen macht-

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Gleichwohl muss auch hier angemerkt werden, dass gerade im Hinblick auf die Reichspolitik der Mindermächtigen noch großer Forschungsbedarf besteht. Auf die reizvollen Erkenntnismöglichkeiten in diesem Kontext – besonders mittels Einbeziehung der Politik der Wiener Hofburg – hat jüngst Matthias Schnettger aufmerksam gemacht: »Warum nicht etwa eine Reihe paralleler Studien über die Beziehungen des Kaiserhofs zu verschiedenen Reichsständen in einer bestimmten Epoche der Reichsgeschichte anstoßen (und dabei die Mindermächtigen, insbesondere die geistlichen Fürsten, nicht vergessen)?«79 Als Untersuchungszeitraum der vorliegenden Arbeit, die an diese Fragestellung anknüpft, wurden die Jahre 1745 bis 1763 ausgewählt. Das Jahr 1745 bietet sich als Ausgangspunkt in dreifacher Hinsicht an: Zum einen endete mit dem Tod Karls VII. und der nachfolgenden Wahl Franz’ I. das letztlich nur Intermezzo gebliebene Kaisertum eines Wittelsbachers80. Zum anderen tagte der Reichstag seit Anfang Dezember 1745 wieder an seinem angestammten Ort Regensburg, nachdem er im Gefolge des Österreichischen Erbfolgekrieges zwischenzeitlich nach Frankfurt ausgewichen war81. Und zum Dritten wurde am 25. Dezember 1745 mit dem Dresdener Frieden der Zweite Schlesische Krieg beendet, sodass der Wiener Hof – vorerst, muss man allerdings einschränkend sagen – von dem Druck eines Waffengangs gegen Preußen befreit blieb und somit mehr Spielraum erhielt, angesichts der negativen Erfahrungen in den beiden vorangegangenen Schlesischen Kriegen Klarheit über mögliche Optionen zu gewinnen, die eigene Anhängerschaft im Reich zu festigen und weiter auszubauen. Das Jahr 1763 erscheint als Zäsur gerade deswegen angebracht, da die Lage nach den Verträgen von Paris und Hubertusburg82 von Österreich erforderte, angesichts der grundlegenden Veränderungen des Staatensystems die eigene Außen- und Reichspolitik zu überdenken und gegebenenfalls zu modifizieren. Insgesamt gesehen handelt es sich um einen Zeitraum, in dem der Immerwährende Reichstag nicht hinlänglich erforscht ist, der aber für die Analyse von Klientelpolitik und Parteibildungsprozessen besonders geeignet erscheint. Denn Österreich und Preußen hatten, wie zu zeigen sein wird, im Rahmen ihres außen- und reichspolitischen Ringens zumindest phasenweise massives Interesse daran, die eigene Politik durch Anhänger auf Reichsebene abzusichern.

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staatlichen Verdikten und dem ›Lob der Kleinstaaten‹ als Gegengewichten zu den Gefahren der Großstaaten und der Moderne.« Schnettger, Kleinstaaterei, S. 153 f. Zum Leben und politischen Wirken Karls VII. vgl. Hartmann, Karl Albrecht; R. Koch/Stahl, Karl VII.; Press, Das Wittelsbachische Kaisertum; Greipl, Karl Albrecht. Vgl. Meisenburg, Reichstag, S. 33 – 77 und 85; Hein, Reichstag, S. 86 – 127; Schlösser, Erzkanzler, S. 87 – 139. Vgl. Beaulieu-Marconnay, Friede; Duchhardt, Gleichgewicht, S. 90 – 126; Wellenreuther, Paris; Arendt, Hubertusburg; Ders., Folgen; Syndram/Brink (Hg.), Hubertusburg.

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2. Quellenlage – methodisches Vorgehen – Erkenntnisinteressen Die Klientelpolitik und Parteibildungsbemühungen der Wiener Hofburg auf dem Immerwährenden Reichstag in den Jahren 1745 bis 1763 flächendeckend und letztgültig in den Archiven zu untersuchen, ist angesichts der beinahe sprichwörtlichen Regalkilometer an Akten, die der Reichstag hinterlassen hat, nur im Rahmen eines größeren Forschungsverbundes möglich. Denn nahezu jedes Archiv mit reichsständischen Akten ist ein potenzielles Untersuchungsfeld für diese Fragestellung. Schon das gedruckte Quellenmaterial aus dem Untersuchungszeitraum ist ausgesprochen reichhaltig. Einige Beispiele dafür seien hier erwähnt. So enthält der »Abriß einer compendieusen Reichs-Tags-Bibliothec« [!] aus dem Jahr 1761 bereits eine Bibliografie mit nicht weniger als 240 Titeln83. Christian Gottfried Oertels »Reichs-Tags-Diarium«, das nur die Titel der am Reichstag eingebrachten Schriftsätze verzeichnet, weist für den Zeitraum von 1745 bis 1763 insgesamt sieben stattliche Bände auf84. Nimmt man beispielsweise noch die »Vollständige Sam[m]lung von Actis Publicis und Staats-Schriften«85 zur Regierungszeit Franz’ I. hinzu, ferner die zeitgenössischen Sammlungen »Europäische Staats-Cantzley« und »Neue Europäische Staatscanzley«86 sowie die 18 voluminösen Bände der »Teutschen Kriegs-Canzley«87, die allesamt umfangreiches Quellenmaterial zum Reichstagsgeschehen im hier gewählten Untersuchungszeitraum enthalten, dann gewinnt man einen Eindruck davon, dass gerade die Materialfülle, die der Immerwährende Reichstag produziert hat, ein erhebliches heuristisches Problem darstellt88. Hinzu kommt, dass ein in den 1980er Jahren in Angriff genommenes Editionsprojekt zur Erschließung der Akten des Reichstags für den Zeitraum von 1745 bis 1765, das sicherlich einen guten Zugang zum Regensburger Geschehen ermöglicht hätte, nicht realisiert werden konnte89. Darüber hinaus bleibt festzuhalten, 83 84 85 86

Enthalten in Francke, Nachricht. Vgl. Oertel, Reichs-Tags-Diarium, Vorerster Bd. und Bd. 1 – 6. Vgl. Vollständige Sam[m]lung von Actis Publicis und Staats-Schriften, Bd. 1 – 7. Vgl. für den Untersuchungszeitraum 1745 – 1763 Faber, Europäische Staats-Cantzley, Bd. 88 – 115, und Ders., Neue Europäische Staatscanzley, Bd. 1 – 9. Erster Herausgeber war der promovierte Jurist Christian Leonhard Leucht (alias Anton Faber); vgl. S. Friedrich, Drehscheibe, S. 455 ff. und 470. 87 Vgl. Teutsche Kriegs-Canzley, Bd. 1 – 18; Bd. 1 zum Jahr 1756 unter dem Titel Sammlung der neuesten Staats-Schrifften. Ähnliches Material enthalten auch die Danziger Beyträge zur neuern Staats- und Krieges-Geschichte, Bd. 1 – 19. 88 Vgl. Schindling, Anfänge, S. 7 f. Schindling bezeichnet daher die Auswahl der Archive als »Schlüsselproblem«. 89 Vgl. Bayerische Akademie der Wissenschaften. Jahrbuch 1989, S. 36. Der Verfasser dankt der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (München), namentlich Helmut Neuhaus, Maximilian Lanzinner und Karl-Ulrich Gelberg, für die Möglichkeit, die Materialien und Vorarbeiten für die damals geplante Edition einsehen zu dürfen.

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dass das gedruckte Quellenmaterial für die Fragestellungen der vorliegenden Arbeit nicht ausreicht. Hierbei ist man zwingend auf archivalische Quellen angewiesen. Für die Vorgehensweise hat dieser Befund, wie noch zu zeigen ist, Konsequenzen. Wichtigste Quellengrundlage für die Erforschung der österreichischen Reichstagspolitik sind die einschlägigen Bestände des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs, wobei schwerpunktmäßig die Korrespondenz zwischen den Reichstagsgesandten und der Wiener Zentrale ausgewertet wurde, also zum einen die Gesandtschaftsrelationen aus Regensburg mit ihren zahlreichen Beilagen und zum anderen die entsprechenden Reskripte an die Gesandten. Dieser Schriftwechsel findet sich größtenteils in den Beständen der Reichskanzlei und der Staatskanzlei, und zwar jeweils getrennt entsprechend der damals dreigliedrigen Vertretung in Regensburg: Prinzipalkommission, kurböhmische Gesandtschaft und österreichische Gesandtschaft90. Allerdings ist dabei zu beachten, dass das ursprüngliche Archiv der Prinzipalkommission in der napoleonischen Zeit – über den Umfang ist sich die Forschung uneins – zerstört worden ist91. Die wichtigste Provenienz des heutigen Bestandes »Prinzipalkommission« ist daher die Reichskanzlei, deren diesbezügliche Archivalien (Berichte, Weisungen, Instruktionen, Personalia und ComitialNachrichten) vergleichsweise umfangreich sind und zu großen Teilen als Mikrofiche-Edition vorliegen92. Ausgewertet wurden ferner themenrelevante Schriftsätze unterschiedlicher Provenienz, die auf dem Reichstag in Umlauf waren (Promemorien, Deduktionen, Hof- und Kommissionsdekrete, Protokolle, Conclusa usw.) und in der Regel als Beilagen zu den Berichten übersandt wurden, sowie Korrespondenzen, die außerhalb des amtlichen Schriftverkehrs der Reichstagsgesandten entstanden sind93. Denn der dienstlich verordnete Schriftwechsel zwischen den Regensburger Gesandten und ihren Höfen war nur ein Korrespondenz90 Zur Gesandtschaftsstruktur vgl. Kap. II 3. 91 Vgl. Groß, Reichsarchive, S. 326, 336 und 338 – 341; Kammerhofer, Prinzipalkommission, S. 15; Heller, Ordnungskriterien, S. 21; Grillmeyer, Diener, S. 320 Anm. 366. Ähnliches gilt beispielsweise auch für die 1807 verbrannten Salzburger Akten (vgl. Zaisberger, Hof, S. 152), denen im hier untersuchten Forschungszusammenhang besondere Bedeutung zugekommen wäre, da Salzburg alternierend mit Österreich das Direktorium im Reichsfürstenrat geführt hat. Der heute im Salzburger Landesarchiv (SLA) vorhandene Restbestand wurde für die vorliegende Arbeit ausgewertet. 92 Vgl. Akten der Prinzipalkommission des Immerwährenden Reichstages; die Personalia und Comitial-Nachrichten wurden nicht in diese Mikrofiche-Edition aufgenommen. 93 Vgl. insbesondere die aus dem Fürst Thurn und Taxis Zentralarchiv und dem Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt Abteilung Dessau herangezogenen Bestände, welche die Perspektive der Klientel erhellen. Die von der Reinhard-Schule im Hinblick auf die Klientel- und Patronageverhältnisse im Kirchenstaat erkannte Unterscheidung von Patronage-, Amts- und Privatkorrespondenz (vgl. Emich u. a., Patronageforschung, S. 243 f.) lässt sich nur ansatzweise auf die Korrespondenz der österreichischen Reichstagsgesandten übertragen, da sich in deren an den Staatskanzler und den Reichsvizekanzler gerichteten Berichten aus Regensburg unter anderem Charakteristika der Patronage- und Amtskorrespondenz amalgamierten.

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strang, anhand dessen Praktiken der Klientelpolitik und Parteibildung herausgearbeitet werden können, aber – dies wird im weiteren Verlauf der Arbeit deutlich werden – immerhin ein besonders substanzieller, der zahlreiche Aufschlüsse hinsichtlich der österreichischen Bemühungen ermöglicht, im Reich und auf dem Reichstag eine feste Anhängerschaft zu etablieren. Grundlegend sind außerdem die Bestände »Kleinere Reichsstände« (Reichskanzlei) und »Vorträge« (Reichskanzlei und Staatskanzlei) aus dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv. Letztere ermöglichen eingehende Aufschlüsse über die internen Beratungen am Wiener Hof. In dem entsprechenden Bestand der Staatskanzlei finden sich unter anderem die stichpunktartigen Notizen, die sich der Kaiser in deutscher und französischer Sprache während der Sitzungen der Konferenz machte94. Dies ist insofern bemerkenswert, als die Quellenlage zu Franz I. alles andere als unproblematisch ist. Die Forschung hat nämlich herausgearbeitet, dass wohl auf Veranlassung seiner Gemahlin Dokumente aus den Beständen des heutigen Haus-, Hof- und Staatsarchivs entfernt worden sind, die unter anderem seine politische Haltung betrafen, die sich nicht immer mit den Überzeugungen Maria Theresias deckte95. Deshalb ist es so schwierig, zum Beispiel exakt zu ermitteln, welchen konkreten persönlichen Anteil Franz I. an der Gestaltung der Reichspolitik des Wiener Hofes hatte. Aus den fehlenden Quellen im Stile der älteren Forschung mangelndes Interesse des Kaisers zu schließen, erscheint angesichts des geschilderten Vorgehens Maria Theresias jedenfalls unangemessen96. Die Heranziehung von Archivalien österreichisch-kaiserlicher Provenienz – also gewissermaßen die Einnahme der Vogelperspektive des Reichsoberhauptes97 – reicht gleichwohl nicht aus, um die Klientelpolitik und Parteibildung Wiens hinlänglich zu untersuchen. Denn um Schieflagen zu vermeiden, ist es erforderlich, auch die Perspektive der Klienten und »Partheygänger« angemessen einzubeziehen98. Da dies aufgrund der großen Anzahl an kleineren und mittelmächtigen Reichsständen und der bereits erwähnten Fülle der archivalischen Überlieferung nicht vollständig möglich ist, werden nach den systematischen Teilen über die Rahmenbedingungen der österreichischen Reichstagspolitik im Allgemeinen sowie über die Themenfelder Klientelpolitik und Parteibildung im Besonderen zwei Fallstudien (Thurn und Taxis sowie Anhalt) vorgelegt. Diese beziehen nicht nur Archivalien des Haus-, Hof- und 94 Vgl. etwa für die Jahre 1741 – 1754 HHStA, StK, Vorträge 75; siehe dazu A. Schmid, Der unbekannte Kaiser, S. 9; Zedinger, Franz Stephan, S. 84 und 201. 95 Vgl. Hennings, Hand, S. 362 f.; A. Schmid, Der unbekannte Kaiser, S. 7 f.; Ders., Vermittlungsbemühungen, S. 173; Ders., Umrisse, S. 96; Zedinger, Franz Stephan, S. 17 f.; Dies., Palais, S. 23 f.; Gnant, Franz Stephan, S. 119. 96 In diesem Sinne auch A. Schmid, Der unbekannte Kaiser, S. 8. 97 In Anlehnung an Schindling, Anfänge, S. 8. 98 Vgl. zum Beispiel Reinhard, Einleitung, S. 11. Zum zeitgenössisch gängigen militärischen Bedeutungsgehalt des Begriffs »Partheygänger« vgl. Zedler, Universal Lexicon, Bd. 26, Sp. 1049 f., sowie Rink, Partheygänger, S. XIII – XVI.

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Staatsarchivs ein, sondern explizit auch die archivalischen Überlieferungen der jeweiligen Klienten (Fürst Thurn und Taxis Zentralarchiv sowie Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Dessau). Zum einen wird die Introduktion des Fürsten Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis in den Reichsfürstenrat im Jahr 1754 als Beispiel dafür angeführt, wie es dem Kaiserhof gelingen konnte, einen katholischen Klienten auf dem Regensburger Parkett fest zu etablieren. Zum anderen wird anhand des Vorgehens des anhaltischen Reichstagsgesandten Heinrich Karl von Pfau verdeutlicht, wie man nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges auf österreichischer Seite darum bemüht war, auch im Lager der traditionellen protestantischen Klientel Preußens Unterstützung für die eigene Politik und Kriegführung zu erhalten. Die beiden Fallstudien können zwar nicht den Anspruch erheben, in flächendeckender Weise Befunde für das gesamte Forschungsareal bereitzustellen, sie liefern aber, wie sich zeigen wird, als punktuelle Tiefenbohrungen Ergebnisse, die als Ausgangspunkte weiterführender Forschungen dienen können. Mit dieser Vorgehensweise ist es möglich, die von der neueren Forschung postulierte methodische Verbindung von Reichs- und Landesgeschichte zu gewährleisten, hinter die es, wie Anton Schindling betont hat99, kein Zurück mehr geben soll: »Die Neubewertung von Studien über kleinere Reichsstände, reichsunmittelbare Zwerggebilde und den reichsunmittelbaren Adel darf allerdings nicht bei einem antiquarischen Interesse und einem lokalen Horizont stehen bleiben, sondern es muss der systematische Stellenwert solcher politischer und sozialer Einheiten im Reichsverband analysiert werden.«100 Das erforderliche Rüstzeug für eine solche Vorgehensweise biete, so Schindling, die historische Komparatistik101. Damit ist ein Sachverhalt berührt, der für die vorliegende Arbeit von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist. Denn um die Reichspolitik Österreichs in den Jahren 1745 bis 1763 angemessen verorten zu können, ist es unabdingbar, in vergleichender Weise die Reichspolitik Friedrichs des Großen einzubeziehen102. Die Hintergründe dafür liegen klar auf der Hand: Im Zuge des sich seit 1740 immer stärker herausbildenden österreichisch-preußischen Dualismus verfestigte sich auf beiden Seiten eine wechselseitige Wahrnehmung, die auch und gerade im Hinblick auf die Reichstagspolitik bipolare Züge aufweist: 99 Vgl. Schindling, Kaiser, S. 34 und 52; ähnlich auch Hartmann, Das Heilige Römische Reich, S. 10; Wüst, Impulse; Schenk, Reichsgeschichte. 100 Schindling, Kaiser, S. 54. 101 Vgl. ebd. 102 Zur Reichspolitik Friedrichs des Großen sind grundlegend: Berney, Friedrich der Große; Press, Reichspolitiker; Schindling, Friedrich der Große; Haug-Moritz, Gegenkaiser ; Wilson, Relations; Ders., Politics; Ders., Positionierung; vgl. insgesamt auch Hubatsch, Preußen; Rautenberg, Preußen; einführend: Männl, Tisch, hier S. 67 ff. zum Reichstag; zumeist übersehen wird die ältere Dissertation von Keppler, Friedrich der Grosse; zur preußischen Reichspolitik vgl. auch die ausführlicheren Darlegungen in Kap. II 1 c.

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Österreichisch oder Fritzisch103 lautete die Alternative, vor die sich viele Reichsstände gestellt sahen, und zwar nicht zuletzt auf dem Regensburger Parkett. Die Grundlage an gedruckten Quellen für eine Erforschung der preußischen Reichspolitik ist besser als das Fundament edierter Quellen, das für die österreichische Reichspolitik zur Verfügung steht. Denn mit der »Politischen Correspondenz Friedrich’s des Großen«104 und den »Preussischen Staatsschriften«105 liegen zwei umfangreiche Editionen vor, die entsprechende Aufschlüsse ermöglichen, auch wenn Korrespondenzen und andere Schriftsätze mit reichspolitischen Themen in der »Politischen Correspondenz« eher nachrangig aufgenommen wurden. Ergänzend wurden daher für diese Arbeit Bestände des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz (Berlin-Dahlem) ausgewertet. Eine auf der Höhe der aktuellen Forschung stehende, quellengesättigte Monografie zur Reichspolitik Friedrichs zählt jedenfalls nach wie vor zu den großen Desideraten der preußischen Geschichtsschreibung106. Daran haben letztlich auch die zahlreichen Publikationen zum Friedrich-Jubiläumsjahr 2012 nichts geändert107. Für Franz I. und Maria Theresia sind solche großangelegten Editionsunternehmen rar. Aus dem Gebiet der Reichspolitik liegen bislang nur die Berichte der österreichischen Gesandten vom Münchener Hof in einer modernen Edition vor108. Besonders geeignete Instrumentarien und das methodische Rüstzeug zur Erforschung von Klientelpolitik und Parteibildungsprozessen auf dem Regensburger Reichstag liefern zum einen die historischen Netzwerkforschungen, die im Rahmen der deutschen Frühneuzeitforschung vor allem von Wolfgang Reinhard sowie seinen Schülerinnen und Schülern im Zuge mikropolitischer Studien zu Papsttum und Nepotismus mit Erfolg entwickelt wurden109. Damit einhergehend werden zum anderen kommunikationsge103 Vgl. Neuhaus, Hie Österreichisch (in Anlehnung an Goethe). 104 Für den Zeitraum 1745 – 1763 vgl. PC, Bd. 4 – 23. 105 Vgl. Preussische Staatsschriften, Bd. 1 – 3. Die Edition reicht allerdings nur bis in die Anfangsjahre des Siebenjährigen Krieges. 106 Explizit auf den Forschungsbedarf bezüglich der preußischen Reichstagspolitik verweist Kleinehagenbrock, Brandenburg-Preußen, S. 886. Wenn im Folgenden die Sammelbezeichnungen »preußische Reichstagspolitik«, »Reichstagspolitik Preußens« und »preußische Reichstagsgesandte« verwendet werden, dann gilt es dabei stets zu berücksichtigen, dass das eigentliche Preußen, also das vormalige Deutschordensland und spätere Herzogtum, außerhalb des Heiligen Römischen Reiches lag und daher nicht über Sitz und Stimme auf dem Reichstag verfügte. Zu den einzelnen Voten, die dem preußischen König in seiner Eigenschaft als Kurfürst von Brandenburg, Herzog von Magdeburg usw. im Kurfürsten- und Fürstenrat zustanden, vgl. Kap. II 1 c. 107 Einen Überblick zur Jubiläumsliteratur gibt Böning, Friedrich II. 108 Vgl. A. Schmid/Grypa, Berichte; siehe zusätzlich auch A. Schmid, Gesandtschaft. 109 Den Ausgangspunkt bildete Reinhard, Freunde und Kreaturen. Reinhard erklärte seinen Versuch, die deutsche Bezeichnung »Verflechtung« für den englischen Begriff »network« zu etablieren, inzwischen für gescheitert. Stattdessen verwendet er gegenwärtig den Begriff »Netzwerk«; vgl. Ders., Paul V., S. 8. Einen Forschungsüberblick liefert seine Schülerin N.

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schichtliche Ansätze angewendet, wie sie in jüngerer Zeit zum Beispiel Johannes Arndt, Susanne Friedrich und Barbara Stollberg-Rilinger in die Erforschung des Immerwährenden Reichstags integriert haben110. Vorab gilt es aber, begriffliche Klarheit zu schaffen. Unter Netzwerk ist ganz allgemein »eine Menge von Akteuren zu verstehen, die untereinander durch Beziehungen verbunden sind.«111 Schlüsselbegriffe – nicht nur der ReinhardSchule, sondern der internationalen Frühneuzeitforschung insgesamt112 – sind hierbei Klientel, Patronage und Mikropolitik. Reinhard definiert Patron-Klient-Beziehungen als »relativ dauerhaftes Zweckbündnis von Ungleichen, bei dem der mächtigere Partner dem schwächeren Schutz gewährt und dafür Gegenleistungen beanspruchen darf«113. Es handelt sich dabei also »um eine persönliche, dauerhafte, asymmetrische und reziproke Tauschbeziehung«114, bei der, vereinfacht dargestellt, Protektion und Patronageressourcen nach dem do-ut-des-Prinzip im Austausch für Loyalität und Dienste gewährt wurden. Dies erfolgte bei Bedarf unter Hinzuziehung von Go-betweens oder Brokern, die den Transfer zwischen Patron und Klient arrangierten und – im Falle des Brokers – auch eigene Ressourcen einsetzten115. In Entsprechung dazu werden unter Klientelpolitik Handlungen verstanden, die in systematischer, netzwerkartiger Weise Klientelverhältnisse herstellen und aufrechterhalten. Es geht im Kern um mikrohistorische Analysen besonderer Formen informeller Beziehungen und deren Einordnung in makrohistorische Fundamentalprozesse, wobei die neuere Forschung aufgezeigt hat, dass es sich bei Klientel und Patronage zeitgenössisch um allgemein ak-

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Reinhardt, Verflechtung; eine eingehende Auseinandersetzung mit der neueren historischen Netzwerkforschung findet sich zudem in der Dissertation von Matthias Köhler (vgl. Köhler, Strategie, S. 163 – 172), der in den Fußnoten ausführlich die einschlägige Literatur verzeichnet und kommentiert; vgl. ferner die enzyklopädischen Artikel von Behringer, Netzwerk, und Thiessen, Klientel. Vgl. vor allem J. Arndt, Bericht; S. Friedrich, Drehscheibe; Dies., Kurier ; zu den Arbeiten Stollberg-Rilingers vgl. Anm. 37 in diesem Kap. Th. Schweizer, Netzwerkanalyse, S. 1. Verwiesen sei aus jüngerer Zeit insbesondere auf die Arbeiten von Sharon Kettering und Antoni Ma˛czak; vgl. Kettering, Patrons; Dies., Development; Dies., Gift-Giving; Dies., Kinship; Dies., Friendship; Dies., Patronage in Early Modern France; Dies., Brokerage; Ma˛czak (Hg.), Klientelsysteme; Ders., Freundschaft. Reinhard, Oligarchische Verflechtung, S. 50; vgl. hierzu die differenzierte Einschätzung von Ma˛czak, Freundschaft, S. 40. Kirner, Politik, S. 170; vgl. auch die griffige Begriffsbestimmung von Kettering, Development, S. 425: »A patron-client relationship, on the one hand, is a personal, direct exchange in which a patron uses patronage resources he himself owns or controls on behalf of his clients: he assists and protects his clients, giving them material benefits, opportunities for career advancement, and protection from the demands of others. Clientage, on the other hand, is the loyalty and service that a client owes a patron in return for his protection and advancement: a patron is the superior and a client the inferior in an unequal, vertical, and reciprocal relationship.« Zu weiteren Definitionsvorschlägen vgl. ausführlich Ma˛czak, Freundschaft, S. 39 – 56. Vgl. Kap. III 1 b.

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zeptierte und sozial notwendige Grundelemente frühmoderner Staatlichkeit handelte. Der von Reinhard in diesem inhaltlichen Zusammenhang verwendete Begriff Mikropolitik wird gekennzeichnet als der »mehr oder weniger planmäßige Einsatz eines Netzes informeller persönlicher Beziehungen zu politischen Zwecken, wobei die Besetzung einer Stelle und der Rang ihres Inhabers in der Regel wichtiger ist als das, was diese Person anschließend treibt.«116 Mikropolitik erwies sich zunächst als förderlich für die Staatsbildung, um dann im 18./19. Jahrhundert, so die Hypothese Reinhards, »bei Erreichung eines bestimmten Grades von Institutionalisierung mittels des Korruptionsvorwurfs offiziell als dysfunktional disqualifiziert zu werden.«117 Es wird eine Aufgabe der vorliegenden Arbeit sein, zu prüfen, ob und inwiefern diese im Folgenden als Ausgangs- und Orientierungspunkt verwendete Terminologie, die, wie bereits erwähnt, vor allem aus Forschungszusammenhängen zum Kirchenstaat im frühen 17. Jahrhundert hervorgegangen ist, auf die Verhältnisse der Reichspolitik um die Mitte des 18. Jahrhunderts übertragbar ist und inwiefern sie gegebenenfalls auf diesen Untersuchungsgegenstand angepasst werden muss. Dahinter steht die allgemeinere Frage nach dem Wandel von Klientel- und Patronagebindungen im Zeichen voranschreitender Modernisierungsprozesse118. Für den Bereich der Außenbeziehungen in der Frühen Neuzeit haben sich die skizzierten Ansätze Reinhards und seines SchülerInnenkreises jedenfalls bereits bewährt119. Wenn in der nachfolgenden Untersuchung im Hinblick auf den Reichstag von Parteibildung die Rede ist, so gründet dies auf einem Verständnis von »Parthey«, das Susanne Friedrich treffend bezeichnet hat als »eine Übereinstimmung mehrerer Stände hinsichtlich fundamentaler Interessen […], die über einen längeren Zeitraum hinweg virulent war und zudem das Potential hatte, den Reichstag zu spalten.«120 Zumeist lag dieser Betrachtungsweise zeitgenössisch eine bipolare Wahrnehmung zugrunde, derzufolge das österreichische Lager den (französisch-)preußischen Anhängern diametral gegenüberstand121. Die beiden genannten Personengruppen, die Klientel und die Parteigänger, hatten eine gemeinsame Schnittmenge. Sie waren aber keineswegs de116 Reinhard, Paul V., S. 21; ähnlich bereits Ders., Amici, S. 312; vgl. zusammenfassend auch Ders., Paul V., S. 4 – 22, sowie die Kennzeichnung von Mikropolitik als »politische[s] Handeln mittels personenbezogener Netzwerke« bei Thiessen, Außenpolitik, S. 26; siehe zusätzlich auch Ders., Diplomatie und Patronage, S. 36: Das Konzept der Mikropolitik soll »nicht im Sinne eines eigengesetzlichen und abgrenzbaren politischen Handlungsfeldes, sondern […] als kulturhistorische ›Brille‹ verstanden werden, um die Praktiken der Akteure und die dahinterstehenden Werte und Logiken zu analysieren.« 117 Vgl. Reinhard, Kommentar, S. 142. 118 Vgl. zuletzt Asch/Emich/Engels, Einleitung, S. 27. 119 Vgl. Thiessen/Windler (Hg.), Nähe; Dies. (Hg.), Akteure. 120 S. Friedrich, Drehscheibe, S. 255. 121 Ausführlich hierzu Kap. III 1 a-c.

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ckungsgleich. So agierten einige mittlere und größere Reichsstände, die man aufgrund ihres eigenen Machtpotenzials auf reichspolitischer Ebene nicht als Klienten des Kaisers im engeren Sinn bezeichnen kann, während des Untersuchungszeitraums phasenweise sehr wohl als Parteigänger Wiens. Ihre Einbeziehung in die Analyse ermöglicht es somit, die reichspolitische Anhängerschaft Österreichs auf breiterem Fundament zu erfassen, als dies der ausschließliche Blick auf die mindermächtige Klientel ermöglichen würde. Für Preußen gilt Ähnliches. Der akteurszentrierte Ansatz der vorliegenden Untersuchung ordnet sich somit in die Tendenzen der jüngeren Frühneuzeitforschung ein, die Geschichte des Alten Reiches verstärkt als Personengeschichte zu schreiben, somit sozial-, verfassungs-, institutions- und kommunikationsgeschichtliche Ansätze miteinander zu verschränken122 und dabei gerade auch die Anregungen einer Kulturgeschichte des Politischen123 aufzunehmen. Allerdings wird es im Verlauf dieser Arbeit nicht darum gehen, in minutiöser Weise sämtliche Netzwerke zu rekonstruieren, die für die österreichische Reichstagspolitik von Belang waren124. Dies wäre Aufgabe eines größeren Forschungsvorhabens, das in noch stärkerem Maße die nicht-offizielle Korrespondenz der maßgeblichen Akteure heranziehen müsste, wobei zu vermuten ist, dass die Quellenlage in diesem Punkt in vielerlei Hinsicht nicht ausreicht, um im Stile sozialwissenschaftlicher Netzwerkanalysen auch und gerade gesicherte quantitative Befunde herausarbeiten zu können125. Wolfgang Reinhard hat auf diese Problematik nachdrücklich hingewiesen: »Während zeit122 Vgl. Jahns, Reichskammergericht, Teil 1, S. 1 ff., 13 ff. und 33 f.; siehe ferner das Urteil von Wendehorst/Westphal, Einleitung, S. 20: »Analysiert man die Geschichte des Reiches nicht als Verfassungs- und Institutionengeschichte, sondern als Personalgeschichte, werden aus vermeintlichen Mangelerscheinungen zentrale Elemente des Zusammenhalts und der Funktionsfähigkeit.« Vgl. darüber hinaus auch das Plädoyer Siegrid Westphals (vgl. Westphal, History, S. 81 f.) für eine »Neue Institutionengeschichte« des Reiches, bei welcher der Fokus eher auf den Menschen und ihren sozialen und politischen Praktiken liegen solle; vgl. hierzu auch Stollberg-Rilinger, Impact, S. 314 f., sowie den generellen Hinweis von Blänkner, Überlegungen, S. 105, dass der Zusammenhang von Institutionen und deren Trägergruppen in der historischen Forschung nur selten thematisiert werde. 123 Vgl. Stollberg-Rilinger, Kulturgeschichte des Politischen. 124 Zur praktischen Unmöglichkeit, im Hinblick auf den Immerwährenden Reichstag mit dem Anspruch auf Vollständigkeit Netzwerke zu rekonstruieren, vgl. auch S. Friedrich, Drehscheibe, S. 252. 125 Auf den Forschungsbedarf und die Quellenproblematik weisen nahezu alle Studien hin, die den derzeitigen Stand der Netzwerkforschung in der Geschichtswissenschaft thematisieren; vgl. Neurath, Perspektiven; F. Hirsch, Netzwerke, S. 133; Stark, Netzwerke, S. 189; Derix, Leben, S. 193 f.; Lemercier, Methoden, S. 24 ff. Vgl. jüngst auch Herren, Netzwerke, wo allerdings die fragwürdige Behauptung aufgestellt wird, dass »Historiker die Ausprägung von Netzwerken als Merkmal des 19. Jahrhunderts« lokalisieren; ebd., S. 111. Reitmayer/Marx, Netzwerkansätze, S. 869, plädieren aus methodischen Gründen dafür, »für die historische Netzwerkforschung ausdrücklich von der Verwendung von Netzwerkansätzen zu sprechen, weil auf der methodologischen Ebene ein Pluralismus von miteinander nur schwach verbundenen Richtungen besteht.«

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genössische Sozialforschung«, so führt er aus, »prinzipiell in der Lage ist, sämtliche ›Knoten‹ und ›Kanten‹ eines Netzes zu ermitteln und zumindest für ihre jeweilige Fragestellung vollständig zu beschreiben, hat es der Historiker mit lückenhafter Zufallsüberlieferung zu tun, deren aufwendige mathematische Bearbeitung nichts als Pseudogenauigkeit produzieren würde.«126 Dieser allgemeine Befund Reinhards gilt uneingeschränkt für die vorliegende Arbeit: Es lassen sich im Hinblick auf die untersuchten Klientelbeziehungen und Parteibildungspraktiken zwar näherungsweise Aussagen zu zentralen Strukturmerkmalen diesbezüglicher Netzwerke machen, etwa zum Einsatz von Mittlern oder auch zur Beschaffenheit eines Akteurs-Set127; exakte Berechnungen sind allerdings beim gegenwärtigen Stand der Forschung nicht möglich. Immerhin erlauben die herangezogenen Quellen in Bezug auf die Reichstagsgesandten gesicherte Befunde zu den vier wesentlichen Typen der sozialen Vernetzung von Individuen in der Vormoderne (Verwandtschaft, Landsmannschaft, Freundschaft und Patronage), die Reinhard in seinen grundlegenden Arbeiten als analytische Instrumentarien verwendet und in »ruhende Beziehungen potentieller Solidarität« sowie »aktive Beziehungen aktueller Interaktion« differenziert hat128. Dies wird im weiteren Verlauf der Arbeit noch näher erläutert129. Mit diesen methodischen Ansätzen verbunden wird nachfolgend die kommunikationsgeschichtliche Seite dieser Thematik. Auch hierzu bedarf es zunächst definitorischer Klarheit. Das in dieser Arbeit zugrunde gelegte Kommunikationsverständnis bleibt nicht auf die viel zitierte Formel Harold D. Lasswells »Who says what in which channel to whom with what effect?«130 reduziert, sondern legt Wert auf die Reziprozität und den Faktor des Verstehens innerhalb von Kommunikationsprozessen131.

126 Reinhard, Paul V., S. 10; vgl. auch ebd., S. 365, sowie für den Wiener Hof Hengerer, Kaiserhof, S. 321. 127 Ein Set von Beziehungen eines Ego meint im Sinne Reinhards »ein auf eine zentrale Person bezogenes Netzwerk«; Reinhard, Paul V., S. 11. 128 Vgl. zuletzt ebd., S. 16. 129 Vgl. vor allem Kap. III 2 d. 130 Lasswell, Structure, S. 37. 131 In diesem Sinne mit Blick auf den Reichstag Stollberg-Rilinger, Symbolik, S. 78, sowie allgemein Dies., Welt, S. 26: »Kommunikation funktioniert eben nicht als Weitergabe einer Botschaft von A nach B, wie es das ältere Kommunikationsverständnis suggeriert […]. Kommunikation ist vielmehr ein reziproker Prozeß des Mitteilens und Verstehens. Beim Verstehen handelt es sich nicht um ein passives Aufnehmen, sondern um ein aktives Zuschreiben von Bedeutung«. Vgl. in Entsprechung dazu auch das Kommunikationsverständnis Niklas Luhmanns mit der einschlägigen Trias von Information, Mitteilung, Verstehen; Luhmann, Kommunikation, hier vor allem S. 115. Auch im Bereich der an den Sprachstrategien der Akteure orientierten Forschungen zur »Politischen Kommunikation« spielt der Faktor Verstehen in Kommunikationsprozessen eine wesentliche Rolle; vgl. etwa Schorn-Schütte, Kommunikation, S. 10: »[…] die an der Kommunikation Beteiligten verfügen über eine gemeinsame sprachlich artikulierte Basis für ihre Verständigung über Wirklichkeit«. Einen Gesamtüberblick zur

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Ausgangspunkt ist dabei die Auffassung, dass der Reichstag ein Interaktionsraum war, in dem sich Kommunikation sowohl auf formaler als auch auf informeller Ebene abspielte. In Regensburg bestand gewissermaßen ein Kommunikationsuniversum132 spezieller Art, das ganz maßgeblich durch Face-to-Face-»Kommunikation unter Anwesenden«133 geprägt war, die in Form einer Präsenzkultur134 ihre eigenen Spielregeln herausbildete. Dieser Interaktionsraum trug Züge von Niklas Luhmanns Kontaktsystem, für welches das »Gesetz des Wiedersehens« konstitutiv ist135. Das Regensburger Geschehen wurde mit Argusaugen von der »Reichstagsöffentlichkeit«136 beobachtet, die ihrerseits integraler Bestandteil der Kommunikationseinheit Altes Reich war137, dem in der neueren Forschungen sehr zu Recht auch der Charakter eines Medienereignisses zugewiesen wird138, wobei die informellen Komponenten der Interaktion der Akteure – Klientel-, Patronage- und Parteibildungspraktiken ausdrücklich eingeschlossen – für die Reichstagsöffentlichkeit zum Teil nicht erkennbar waren. Welche konkreten Fragestellungen ergeben sich nun auf Grundlage der skizzierten inhaltlichen und methodischen Vorbemerkungen? Vorrangiges Ziel dieser Arbeit ist es, zu untersuchen, ob und inwiefern Klientelpolitik und Parteibildungsbemühungen Österreichs Strukturmerkmale des Geschehens auf dem Regensburger Reichstag im Zeitraum von 1745 bis 1763 waren und wie das Regensburger Parkett durch »Parthey«-Konstellationen und Klientelverbände geprägt wurde. Die Untersuchung eines vergleichsweise großen

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Forschungsgeschichte bietet Behringer, Kommunikation; vgl. zusammenfassend auch HaugMoritz, Kommunikationsraum, S. 59 f. In Anlehnung an Behringer, Core. Vgl. Kieserling, Kommunikation, und Schlögl, Kommunikation; vgl. auch Ders., Politik, hier S. 585 der berechtigte generelle Hinweis darauf, dass es sich bei der »Kommunikation unter Anwesenden« um eine »überaus leistungsfähige Form der Kommunikation« handelte. Vgl. Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 299 – 305. Vgl. Luhmann, Legitimation, S. 75: »Kontaktsysteme entstehen, wenn dieselben Beteiligten häufiger aus verschiedenen Anlässen zusammentreffen und dabei in wechselnde Abhängigkeit voneinander geraten, indem einmal die eine und einmal die andere Seite die stärkere ist, einmal diese und einmal jene auf Kooperation der jeweils anderen angewiesen ist.« Vgl. dazu jüngst Krischer, Problem, S. 40. Im Sinne von Gestrich, Absolutismus, S. 97; vgl. jüngst auch Rudolph, Reich, S. 31, sowie bilanzierend Härter, Der Immerwährende Reichstag, Abs. 44 ff. Zur sehr lebendigen Diskussion des Öffentlichkeitsbegriffs in der Frühneuzeitforschung sei an dieser Stelle auf die Ausführungen von Schwerhoff, Stadt (hier S. 3 – 9 eine kritische Würdigung der immer noch viel zitierten Habilitationsschrift von Habermas, Strukturwandel), sowie Opgenoorth, Publicum, verwiesen. Ausgangspunkt Opgenoorths, der mit guten Gründen dafür plädiert, Öffentlichkeit in kommunikationsorientierter Weise von der jeweiligen Zugänglichkeit her zu definieren, ist die Auseinandersetzung mit der Habilitationsschrift von Körber, Öffentlichkeiten. Zum Leitbegriff Öffentlichkeit(en) vgl. auch die einführenden Überlegungen in Bezug auf den Reichstag von Lanzinner, Einleitung, S. 19 ff., sowie die Ausführungen in Kap. III 2 c. Vgl. etwa M. North, Reich; Haug-Moritz, Kommunikationsraum. Vgl. jüngst zum Beispiel J. Arndt/Körber (Hg.), Mediensystem; Carl, Kaiser ; Petry, Konfliktbewältigung; Rudolph, Reich.

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Zeitraums von rund 18 Jahren soll es ermöglichen, Befunde zu erzielen, die über punktuelle Beobachtungen hinausgehen. Verbindendes Glied ist dabei die generelle Frage nach der Anhängerschaft Wiens im Reich. Folgende Themenbereiche rücken dabei ins Zentrum: Erstens: Ideelle und organisatorische Rahmenbedingungen der österreichischen Reichstagspolitik: Welches Selbstverständnis lag der österreichischen Reichspolitik zugrunde, welche Prämissen und Bestimmungsfaktoren waren hierbei prägend, und zwar gerade im Hinblick auf das in der Forschung immer wieder angeführte vermeintliche ›Herauswachsen‹ Österreichs aus dem Reich? Trifft Aretins generelles Urteil zu, das Reich und die Reichspolitik seien Faktoren gewesen, auf welche die Wiener Hofburg nach 1648 nur wenig Rücksicht genommen habe?139 Verstand sich der Kaiser noch als Garant der Mindermächtigen, und welche Konsequenzen hatte dies gegebenenfalls für seine Reichspolitik? Welche Personen und Behörden waren für die Gestaltung der österreichischen Reichstagspolitik maßgeblich? Wie war die Regensburger Gesandtschaft Franz’ I. und Maria Theresias strukturiert, und wie sah die konkrete Gesandtschaftspraxis aus? Zweitens: Klientelpolitik und Parteibildung im Zeichen des österreichischpreußischen Dualismus: Nach welchen Kriterien wurden Klienten und Parteigänger ausgewählt? Welche Bedeutung hatten hierbei die Faktoren Konfession, Tradition, geografische Lage und politischer Einfluss der Anhängerschaft? Forcierte der sich herausbildende österreichisch-preußische Dualismus diese Prozesse, wie man annehmen könnte, mit katalysatorischer Wirkung? Benutzten die Klienten und Parteigänger ihrerseits das Ringen zwischen Wien und Berlin, um die eine Vormacht gegen die andere auszuspielen? Welche Bedeutung hatten die Reichstagsgesandten in diesem Kontext, und wie nahmen sie die verschiedenen Parteiungen in Regensburg wahr? Spielten hierbei bipolare Konstruktionen wie die Unterscheidung Freund-Feind eine zentrale Rolle, sei es in politischer oder konfessioneller Hinsicht? Und was geschah, wenn ein Klient die von ihm erwarteten Funktionen nicht mehr erfüllte? Drittens: Methoden – Ressourcen – Schauplätze: Welche Methoden wurden von der Wiener Hofburg in diesem Zusammenhang eingesetzt (zum Beispiel Einflussnahme auf die Stimmführung und Stellenbesetzung der Reichstagsgesandten, gezielte Informationspolitik und veritable Propaganda)? Wie verhielten sich die Reichstagsgesandten in den Reichstagskurien und im Rahmen von Kontakten auf informeller Ebene? Welche Ressourcen – verstanden in einem vergleichsweise weiten Sinn als materielle und symbolische Güter, die den Klienten und Parteigängern auf direktem Wege oder durch Vermittlung übertragen wurden – verwendete der Kaiserhof, um die eigene Anhängerschaft an sich zu binden und neue Klienten hinzuzugewinnen? Gab es beispielsweise Broker oder Go-betweens als Vermittler zur Überwindung 139 Vgl. Aretin, Österreich, S. 21.

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hierarchischer oder räumlicher Distanzen? Inwieweit war man vonseiten Österreichs darum bemüht, auch in den preußischen Einflusssphären Klienten zu gewinnen? Und welche Rolle spielte dabei der Faktor Konfession? Insgesamt gesehen sind somit auf mehreren Ebenen Erkenntnisfortschritte zu erwarten: Zum einen gelangt man zu einem tieferen Verständnis der Mechanismen, nach denen der Reichsverband und der Immerwährende Reichstag funktionierten. Es geht also nicht darum, die kontroverse Diskussion über die Leistungsfähigkeit und Effizienz dieser Institution fortzusetzen, sondern im Zentrum steht die Frage nach deren Funktion und (formalem wie informellem) Prozedere. Zum anderen wird der österreichisch-preußische Dualismus aus einem neuartigen Blickwinkel beleuchtet, nämlich nicht teleologisch im Hinblick auf die staatliche Verdichtung der Habsburgermonarchie und Preußens oder im Stile der älteren Historiografie perspektivisch verengt auf die Alternative zwischen klein- oder großdeutschen Interpretamenten. Vielmehr werden durch Einbeziehung der Perspektive der Mindermächtigen zusätzliche Einblicke in das Geschehen um 1750 und in die politische Kultur des Alten Reiches generell ermöglicht, die einen Beitrag dazu leisten können, gerade die Vielgestaltigkeit und Komplexität dieses politischen Verbandes genauer zu erfassen, als dies die beiden bisherigen Extreme bewerkstelligt haben, nämlich die überzogenen Negativurteile durch die ältere Historiografie auf der einen und die zur Romantisierung neigenden Tendenzen von Teilen der neueren Forschung auf der anderen Seite. Die Arbeit ist wie folgt gegliedert: Zu Beginn werden die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen der österreichischen Reichstagspolitik dargestellt. In einem ersten Schritt werden dabei die allgemeinen Grundlagen der Reichspolitik Franz’ I. und Maria Theresias charakterisiert. Hierzu zählen das kaiserliche Selbstverständnis, der Stellenwert der Reichspolitik im Gesamtgefüge ihrer Herrschaft sowie ihre Haltung gegenüber den mindermächtigen Reichsgliedern, die in der Person des Kaisers traditionell ihren Schutzherrn sahen und oftmals über längere Zeiträume hinweg als Klienten Wiens agierten. Besondere Aufmerksamkeit gilt anschließend der Reichspolitik Friedrichs des Großen, die im Untersuchungszeitraum insgesamt gesehen den wohl wichtigsten Bezugspunkt für den Kaiserhof bei der Gestaltung der eigenen Reichstagspolitik darstellte. Denn der Preußenkönig war aus Sicht der Hofburg auch nach dem Dresdener Frieden 1745 und dem darin bestätigten preußischen Besitz Schlesiens ein äußerst beunruhigender Faktor, dem man allergrößte Aufmerksamkeit widmete. Danach wird der Fokus auf die zentralen Bestimmungsfaktoren der österreichischen Reichstagspolitik gerichtet. Hierbei rücken die dafür maßgeblichen Behörden und Personen in Wien in den Blickpunkt, anschließend die Regensburger Akteure selbst. In einem zweiten großen Schritt werden Klientelpolitik und Parteibildung als Strukturmerkmale der österreichischen Reichstagspolitik vorgestellt. Im Zentrum dieses systematisch angelegten Teils stehen die Wahrnehmung und personelle Zusammensetzung der Anhängerschaft in Regensburg sowie die

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Einleitung

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Praktiken und Ressourcen, die vonseiten Österreichs in diesen Kontexten konkret angewandt bzw. eingesetzt wurden, um reichspolitische Klienten und Parteigänger zu binden oder neu hinzuzugewinnen. Anhand der beiden genannten Fallstudien (Thurn und Taxis sowie Anhalt), die Klienten und Parteigänger unterschiedlicher Konfession und politischer Grundausrichtung behandeln, werden die dabei gewonnenen Erkenntnisse vertieft. Im Zuge der abschließenden Zusammenfassung der Ergebnisse werden noch einmal die Erkenntnismöglichkeiten und Perspektiven der in dieser Arbeit vorgestellten Themenkomplexe aufgezeigt, die aufgrund der zur Verfügung stehenden archivalischen Quellenfülle nahezu unerschöpfliches Potenzial für die weitere Forschung bieten.

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II. Voraussetzungen und Rahmenbedingungen der österreichischen Reichstagspolitik (1745 – 1763) 1. Franz I. und Maria Theresia: Reichspolitik und kaiserliches Selbstverständnis a) Österreichs ›Herauswachsen‹ aus dem Reich? Zum Stellenwert der Reichspolitik des Wiener Hofes Franz I. zählt zu denjenigen frühneuzeitlichen Kaisern, deren politisches Wirken vergleichsweise schlecht erforscht ist1. Die maßgeblichen Gründe für diesen Sachverhalt sind zum einen die geschilderte schwierige Quellenlage und zum anderen sicherlich auch der übergroße Schatten Maria Theresias, der bis in die jüngste Zeit hinein das Geschichtsbild dominierte2. Gerne verwiesen wird in diesem Zusammenhang auf die aussagekräftigen Titel der Studien von Fred Hennings »Und sitzet zur linken Hand. Franz Stephan von Lothringen. Gemahl der selbstregierenden Königin Maria Theresia und Römischer Kaiser« (1961) und von Georg Schreiber »Franz I. Stephan. An der Seite einer großen Frau« (1986)3, die dem Kaiser eine untergeordnete Bedeutung beimaßen. Hinzu kommt, dass die Gesamtbewertungen seiner Persönlichkeit und seines Wirkens nicht immer schmeichelhaft ausfallen, und zwar sowohl in zeitgenössischen Beschreibungen als auch in der gegenwärtigen Forschung. Aus dem Februar 1747 ist eine ausführliche Charakterisierung des Kaisers durch den preußischen Gesandten Otto Christoph Graf von Podewils überliefert, der eine gewisse Anschaulichkeit nicht abzusprechen ist, wenngleich quellenkritisch gesehen daran zu zweifeln ist, dass seine Beurteilung des Reichsoberhauptes vornehmlich auf eigenen Erfahrungen gründete4. Podewils schilderte eingehend die sympathieerweckenden charakterlichen Vor1 Grundlegend zum politischen Wirken Franz’ I. sind die neueren Arbeiten von Alois Schmid und Renate Zedinger; vgl. A. Schmid, Franz I. und Maria Theresia; Ders., Der unbekannte Kaiser ; Ders., Umrisse; Zedinger, Franz Stephan; Dies., RÀgne; vgl. darüber hinaus Dies. (Hg.), Lothringens Erbe; Dies./Schmale (Hg.), Kreis; zu seiner Rolle als Kaiser vgl. zuletzt auch Gnant, Franz Stephan; zu seiner bislang nicht hinreichend erforschten Reichspolitik vgl. Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 536 f.; die neuere Überblicksdarstellung Vocelkas behandelt das politische Wirken Franz’ I. nur beiläufig; vgl. Vocelka, Familien. 2 Zur Wirkungsgeschichte der Magna Mater ist jetzt grundlegend Telesko, Maria Theresia. 3 Vgl. Hennings, Hand; Schreiber, Franz I. Stephan. 4 Schreiben Podewils’, Wien 15. 2. 1747, C. Hinrichs (Hg.), Podewils, S. 54 – 61; vgl. hierzu auch Bled, Marie-Th¦rÀse, S. 292, sowie die quellenkritischen Anmerkungen bei Zedinger, Franz Stephan, S. 87 f.

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züge des Monarchen. Er wies aber mit Bestimmtheit darauf hin, dass der Kaiser träge sei und überdies in Reichsangelegenheiten wenig Kenntnis habe; hierbei werde er von seiner Gemahlin und deren Ministern gelenkt5. Zwei Kenner der Regierungszeit Franz’ I. und Maria Theresias gelangten zu ähnlichen Urteilen. Alois Schmid, dessen Forschungen wesentlich dazu beigetragen haben, dass Franz I. inzwischen nicht mehr der »unbekannte Kaiser«6 ist, resümierte 1990: »Als Duodezfürst hätte Franz I. Stephan sicherlich keine schlechte Figur abgegeben. Mit der Kaiserkrone aber war er letztlich überfordert, weil er nur reagierte und nicht wirklich agierte oder gar regierte. So sind die zwei Jahrzehnte seines Kaisertums kein Zeitalter Franz I. Stephans geworden, sondern die erste Hälfte des theresianischen Zeitalters.«7 Und nahezu gleichlautend beschrieb Karl Otmar von Aretin den »merkwürdigen Kaiser«8 in seiner großangelegten Geschichte des Alten Reiches wie folgt: »Der Träger des höchsten weltlichen Amtes im Abendland besaß weder Macht, noch verfügte er im Reich über Einnahmen. Die große Politik wurde von den Behörden der Großmacht Österreich gemacht. Sein Einfluß auf die wichtigen Entscheidungen läßt sich schwer bestimmen. Franz Stephan von Lothringen war ein guter Hausverwalter und besaß einen Blick für finanzielle Fragen. Die im Hause Lothringen erbliche militärische Begabung besaß er dagegen nicht. Seiner Frau war er ohne Zweifel Stütze und Halt. Er wäre ein passabler Duodezfürst gewesen. Als Kaiser gingen von ihm keine Impulse aus.«9 Bei diesen Einschätzungen aus den 1990er Jahren ist die Forschung indes nicht stehen geblieben. Gerade die Arbeiten Renate Zedingers haben dazu geführt, dass das Leben und Wirken Franz’ I. inzwischen noch differenzierter wahrgenommen wird und das gerade in der älteren Historiografie vorherrschende Bild des Kaisers als letztlich einflussloser Paladin seiner Gemahlin mit deutlichen Korrekturen versehen worden ist. In ihrer 2008 erschienenen grundlegenden Arbeit über den Lothringer heißt es resümierend: »Letztlich gelang es Franz I. Stephan in seiner zwanzigjährigen Regierungszeit, die Reichstradition und das kaiserliche Ansehen zu wahren und das Prestige des Amtes, dessen Integrität und oberste politische Autorität in der Bevölkerung fest zu verankern.«10 Auch das Urteil Joachim Whaleys in seiner jüngst erschienenen voluminösen Geschichte des Alten Reiches folgt diesem positiven Tenor. Der Kaiser habe trotz schwieriger Rahmenbedingungen einen beachtlichen Beitrag zum Wiederaufbau der österreichischen Finanzen nach den

5 C. Hinrichs (Hg.), Podewils, S. 55 f. 6 Vgl. A. Schmid, Der unbekannte Kaiser, hier S. 6 Beispiele für negative Urteile der älteren Forschung. 7 Ders., Franz I. und Maria Theresia, S. 247. 8 Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 536. 9 Ebd., S. 31 f.; vgl. auch ebd., S. 50. 10 Zedinger, Franz Stephan, S. 214; ähnlich positiv jüngst Schmale, Jahrhundert, S. 27 f. und 31 f.

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Reichspolitik und kaiserliches Selbstverständnis

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Kriegen gegen Preußen geleistet und nicht zuletzt auch die Wahl seines Sohnes Joseph zum römisch-deutschen König vivente imperatore durchgesetzt11. Für den Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit ist es nun von besonderer Bedeutung, dass die jüngere Forschung die Rolle des Kaisers im Gesamtgefüge der Wiener Reichspolitik12 neu bewertet hat. Im Unterschied zur älteren Geschichtsschreibung, die unter dem Eindruck des monumentalen Werkes Alfreds von Arneth13 über das Leben und Wirken Maria Theresias dazu neigte, Franz I. bestenfalls eine Nebenrolle in den politischen Entscheidungsprozessen der Wiener Hofburg zuzuweisen, hat die neuere Forschung berechtigterweise darauf hingewiesen, dass der Kaiser sehr wohl deutliche Spuren in der Reichspolitik seiner Zeit hinterlassen hat, die auch in den Akten nachweisbar sind14. Das traditionelle Bild der »selbstregierenden Königin«15 mit einem Gemahl an ihrer Seite, dem bestenfalls eine Statistenrolle zukam, ist also in dieser Bestimmtheit zu einseitig. Zudem hat die jüngere Forschung herausgearbeitet, dass Franz I. und Maria Theresia in wichtigen politischen Fragen nicht konform gingen. Alois Schmid hat sogar von einem »beständigen Machtkampf«16 zwischen dem Kaiserpaar gesprochen, bei dem sich eindeutig Maria Theresia durchgesetzt habe. Besonders deutlich wurde dies in der Haltung des Kaiserhofes gegenüber Frankreich. Während Franz I. insgesamt gesehen ein konsequenter Verfechter des antifranzösisch ausgerichteten und auf der traditionellen Allianz mit Großbritannien beruhenden ›Alten Systems‹ war17, schwenkten Maria Theresia und Staatskanzler Wenzel Anton Graf (ab 1764 Fürst) von Kaunitz11 Whaley, Germany, Bd. 2, S. 392. Zu den Anstrengungen, Erzherzog Joseph vivente imperatore die römisch-deutsche Königswürde zu verschaffen, vgl. Preussische Staatsschriften, Bd. 2, S. 329 – 359; Arneth, Geschichte, Bd. 4, S. 290 – 299, 307 f., 310, 314 f.; Gehlsdorf, Wahl; Schmetterling, Königswahl; Browning, Newcastle; Ders., Orientation; Olbrich, Karl Theodor, S. 69 – 122 und 162 – 189; Duchhardt, Kaisertum, S. 291 f.; Rödel, Königswahl; A. Schmid, Max III. Joseph, S. 276 ff.; Black, Attempt; Neuhaus, Königswahl, S. 43 – 48; Burgdorf, Reichskonstitution, S. 127 f.; Thompson, Britain, S. 208 – 213; Simms, Victories, S. 371 – 383; Ders., Reich, S. 69 f. 12 Andr¦ Krischer hat jüngst vorgeschlagen, »anstatt von ›Reichspolitik‹ von ›Politik im Alten Reich‹ zu sprechen. Damit wird man dem Umstand besser gerecht, dass auf ganz verschiedenen Ebenen (Kaiserhof, Reichstag, Reichsgerichte, bilaterale Diplomatie, Korrespondenzen) Politik gemacht wurde sowie der Tatsache, dass dabei keine konsistente policy leitend war – auch wenn der Begriff ›Reichspolitik‹ dies insinuieren mag –, sondern situative Interessen«; Krischer, Reichsstädte und Reichstag, Abs. 32. Wenn im Folgenden dennoch aus pragmatischen Gründen der Begriff »Reichspolitik« verwendet wird, dann erfolgt dies stets auf Grundlage der Einsicht in die Notwendigkeit, die von Krischer unterschiedenen reichspolitischen Ebenen gegebenenfalls deutlich zu benennen. 13 Vgl. insgesamt Arneth, Geschichte. 14 Vgl. mit Blick auf die Berichte vom Münchener Hof A. Schmid/Grypa, Berichte, Bd. 1, S. 92*f. 15 In Anlehnung an Hennings, Hand. 16 A. Schmid, Der unbekannte Kaiser, S. 19; vgl. auch ebd., S. 12. 17 Vgl. ebd., S. 10. Zur Begrifflichkeit ›Altes‹ und ›Neues System‹ vgl. Burkhardt, Argument, S. 212 ff.

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Rietberg bekanntlich auf einen außenpolitischen Kurs ein, der schließlich 1756 im renversement des alliances mündete18. Die Differenzen zwischen dem Kaiser und der Kaiserin-Königin manifestierten sich letztlich auch in der Reichspolitik. Insbesondere wird man aufgrund der neueren Forschung hervorheben müssen, dass Maria Theresia nach 1745 im Sinne österreichischer Großmachtpolitik auf eine Rückgewinnung Schlesiens und Revanche gegenüber Friedrich dem Großen fixiert blieb, während Franz I. zumindest zeitweise eine moderatere Haltung gegenüber Preußen einnahm, die nur schwer mit dem intransigenten Kurs seiner Gemahlin in Einklang zu bringen war19. In der Frage, in welchem konkreten Maße sich der Kaiser in der Reichspolitik engagierte bzw. engagieren konnte, weist die Forschung ein widersprüchliches Bild auf. Es gibt Anzeichen dafür, dass Franz I. in seinem Wirkungskreis durch Maria Theresia und Kaunitz eingeschränkt wurde20. Andere Stimmen weisen darauf hin, dass die ältere Forschung die Ansätze einer wirklich eigenständigen kaiserlichen Politik Franz’ I. tendenziell unterschätzt habe21 und dass der Kaiser deutlich mehr Verständnis für die Interessen des Reiches aufgebracht habe als Maria Theresia, und zwar gerade im Hinblick auf die mindermächtigen Reichsstände22. Dies ist nicht zuletzt deshalb bemerkenswert, da Franz I. in territorialer Hinsicht nicht im Reich verankert war23, dort über keine Hausmacht verfügte und wohl auch keine sorgfältige Ausbildung im Reichsrecht genossen hatte24. Unstrittig ist jedenfalls, dass die Hofburg nach seiner Wahl (13. September 1745)25 einen reichspolitischen Kurs einschlug, der durch eine Aktivierung der Reichsorgane und gezielte Besetzung von Schlüsselpositionen gekennzeichnet

18 Zu den Beziehungen zwischen dem Kaiser und Kaunitz, die sich aufgrund der unterschiedlichen Haltungen gegenüber Frankreich schwierig gestalteten, sowie zum Faktor Frankreich im politischen Denken des Kaisers vgl. Zedinger, Franz Stephan, S. 92 f.; Gnant, Franz Stephan, S. 122 f. Das Leben und politische Wirken Kaunitz’ ist sehr gut erforscht; vgl. insbesondere Arneth, Biographie; Klingenstein, Aufstieg; Szabo, Absolutism; L. Schilling, Kaunitz; Ders., Diplomatische Revolution; Klingenstein/Szabo (Hg.), Kaunitz-Rietberg; Szabo, Favorit; Kulenkampff, Österreich. 19 Vgl. beispielsweise Zedinger, Franz Stephan, S. 206 – 209, unter Bezugnahme auf die Beratungen vom März 1749. 20 Vgl. Kulenkampff, Österreich, S. 41; C. Hinrichs (Hg.), Podewils, S. 49. 21 Vgl. Whaley, Habsburgermonarchie, S. 297. 22 Vgl. Aretin, Reichsverfassung, S. 199 und 203. 23 Vgl. A. Schmid, Der unbekannte Kaiser, S. 15. 24 Vgl. Gnant, Franz Stephan, S. 120. 25 Vgl. Fromm, Kaiserwahl; Kirsch, Verhalten; Posch, Kaiserwahl; A. Schmid, Kaiserwahl; Ders., Max III. Joseph, S. 149 – 161; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 19 – 25; Gotthard, Säulen, Bd. 1, S. 170 – 176; Zedinger, Franz Stephan, S. 187 – 196; Druck der Wahlkapitulation, Frankfurt am Main 13. 9. 1745, Francke, Wahl-Capitulation; als Beispiel für die im Vorfeld unternommenen Bemühungen, Herzog Franz als geeigneten Kandidaten erscheinen zu lassen, vgl. exemplarisch die Flugschrift Raisonnement über das neulich erfolgte Absterben des Kaysers.

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war26. Offensichtlich ging es dem Wiener Hof nach dem Regierungsantritt des neuen Reichsoberhauptes darum, Boden zurückzugewinnen, den man während des wittelsbachischen Intermezzos im Reich verloren hatte27. Der signifikante Wahlspruch Franz’ I. »Pro Deo et Imperio« war demnach mehr als ein bloßes Lippenbekenntnis. Allerdings war Maria Theresias Weigerung, sich zur Kaiserin krönen zu lassen, alles andere als ein Zeichen des Einvernehmens zwischen ihr und dem Reich, von dem sie sich, wie Renate Zedinger mit guten Gründen betont, aufgrund der Vorgänge nach dem 1740 erfolgten Tod ihres Vaters gewissermaßen verraten fühlte28. Wie äußerte sich nun die erwähnte Aktivierung der Reichsorgane konkret? An dieser Stelle reicht es, die wichtigsten Befunde der jüngeren Forschung kurz zu rekapitulieren. Hervorzuheben sind aufs Ganze der Regierungszeit Franz’ I. gesehen – neben der bereits erwähnten Wahl seines Sohnes Joseph zum Nachfolger vivente imperatore – seine aktive, mobilisierende Haltung hinsichtlich der Reichsstädte und Reichskreise, seine Bemühungen, die Reichslehnsverfassung aufrechtzuerhalten und die Reichspost auszubauen, ferner seine gezielte Nobilitierungs- und Reichskirchenpolitik, seine Aktivitäten im Bereich der Reichsjustiz und des Reichsmünzwesens und nicht zu vergessen seine Italienpolitik. Unmittelbar nach seiner Wahl fielen auch wichtige personalpolitische Entscheidungen, mit denen erkennbar an die Regierungszeit Karls VI. angeknüpft wurde: Zum Reichshofratspräsidenten wurde Johann Wilhelm Graf von Wurmbrand und zum Reichsvizekanzler Rudolph Joseph Graf (seit 1763 Fürst) von Colloredo-Waldsee ernannt; beide hatten bereits unter dem Vater Maria Theresias gedient29. Auch im Hinblick auf den Reichstag, der ein wesentlicher Bestandteil der reichspolitischen Offensive der Hofburg nach der Wahl des neuen Kaisers war und von Frankfurt zurück an seinen angestammten Platz nach Regensburg transferiert wurde, schuf der Kaiserhof ein personalpolitisches Moment der 26 Vgl. A. Schmid, Franz I. und Maria Theresia, S. 237 ff.; Ders., Der unbekannte Kaiser, S. 15 – 18; Ders., Umrisse, S. 97 f.; Zedinger, Franz Stephan, S. 199 ff.; Gnant, Franz Stephan, S. 124 – 128. 27 Vgl. Whaley, Habsburgermonarchie, S. 297. 28 Vgl. Zedinger, Franz Stephan, S. 189 f.; zur Einstellung Maria Theresias in der Krönungsfrage und gegenüber der Kaiserkrone (»Narrenhäubl«) vgl. darüber hinaus aus jüngerer Zeit Bled, Marie-Th¦rÀse, S. 118 f.; Götzmann, Kaiserinnenkrönungen, S. 356; Whaley, Germany, Bd. 2, S. 381. Alois Schmid vermutet, Hauptursache für das Verhalten Maria Theresias sei das Krönungszeremoniell gewesen, das ihr eine ihrem Gemahl untergeordnete Rolle aufgezwungen hätte; gleichwohl habe sie im Folgenden den Kaisertitel geführt; vgl. A. Schmid, Franz I. und Maria Theresia, S. 236; vgl. hierzu jüngst auch die Überlegungen von Yonan, Empress, S. 30: »In avoiding the public display required to receive the imperial crown, Maria Theresa avoided a ceremonial admission of her femaleness and, by extension, her secondary status.« Vgl. ferner Arneth, Geschichte, Bd. 3, S. 106: »Die Krönung einer Kaiserin von Deutschland sei, soll sie zu Ulfeld gesagt haben, nur eine Comödie, welche sie keine Lust habe zu spielen.« Zur Titulatur Maria Theresias als Kaiserin-Königin nach der Wahl und Krönung Franz’ I. und zu den damit zusammenhängenden Problemen vgl. jüngst Dauser, Würde. 29 Dass mit diesen Personalentscheidungen ein demonstrativer Brückenschlag zur Regierung Karls VI. erfolgte, betont Zedinger, Franz Stephan, S. 199; zu Colloredo vgl. Kap. II 2.

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Kontinuität. Denn mit Joseph Wilhelm Ernst zu Fürstenberg-Stühlingen wurde ein Prinzipalkommissar ernannt, der bereits unter Karl VI. und Karl VII. dieses Amt ausgeübt und 1745 als Vertreter Bayerns den österreichischbayerischen Frieden von Füssen ausgehandelt hatte30. Welche Ziele und Anschauungen lagen diesen reichspolitischen Aktivitäten der Wiener Hofburg seit dem Regierungsantritt Franz’ I. zugrunde? Kurzfristig gesehen war es aus Sicht des Kaiserhofes von vorrangiger Bedeutung, das Reich in den noch andauernden Krieg gegen Frankreich zu verwickeln31. Der Reichstag spielte hierbei – neben den Anstrengungen hinsichtlich einer Assoziation der Reichskreise32 – eine wichtige Rolle33, doch blieben die von Österreich in Regensburg angebahnten Initiativen letztlich erfolglos: Es gelang nicht, eine substanzielle Teilnahme des Reiches in toto an dem Krieg gegen Frankreich zu bewirken. Langfristig zielte der Kaiserhof darauf ab, das frühere kaiserliche Ansehen wiederherzustellen und den Bestand der Reichsverfassung insgesamt zu sichern. Die Akten der internen Beratungen in Wien und die Korrespondenz mit den Reichstagsgesandten sind voll von entsprechenden Äußerungen mit einer ausgeprägten Tendenz zur Bewahrung. Auffällig ist hierbei, dass nicht selten ein pessimistischer Grundton angeschlagen wurde, der einerseits nach außen hin die Funktion hatte, die eigenen reichspolitischen Forderungen zu legitimieren, der andererseits aber erkennbar von Anschauungen geprägt war, die keineswegs bloße Rhetorik oder situationsunabhängige Gemeinplätze waren, sondern in subjektiv ehrlicher Weise der Wahrnehmung der jeweiligen Lage im Reich durch die maßgeblichen Akteure entsprachen. Wenn etwa – um zwei aussagekräftige Beispiele herauszugreifen – der Konkommissar Carl Joseph von Palm am 1. Juni 1746, also noch im ersten Regierungsjahr Franz’ I., aus Regensburg meldete, dass sich die Stimmung im Reich noch weiter verschlimmere34, oder wenn Johann Christoph Freiherr von Bartenstein35, der als Geheimer Staatssekretär den Kurs der Wiener Hofburg lange Jahre entscheidend mitgeprägt hatte, in einem Konferenzvortrag vom 18. April 1753 den seiner Ansicht nach immer mehr anwachsenden bedauernswerten Zustand des Reiches beklagte36, dann waren dies zweifellos Stellungnahmen, die über Zu Fürstenberg vgl. ausführlich Kap. II 3 a. Vgl. Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 35. Vgl. hierzu Kap. III 1 b. Vgl. Meisenburg, Reichstag, S. 85 – 93. Bericht Palms, Regensburg 1. 6. 1746, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, PK, Berichte 5, unfol. Zum Leben und politischen Wirken Bartensteins vgl. die zeitgenössische Charakterisierung bei C. Hinrichs (Hg.), Podewils, S. 92 – 95, sowie insgesamt Arneth, Zeit; Ders., Bartenstein; Braubach, Bartenstein; Ders., Herkunft; Hrazky, Bartenstein; Klingenstein, Staatskanzlei. Friedrich der Große hielt Bartenstein für einen »ennemi de ma maison«; Schreiben Friedrichs an den preußischen Geschäftsträger in Wien, Kaspar Wilhelm Graf von Borcke, Berlin 15. 11. 1740, PC 1, S. 105. 36 Vortrag Barteinsteins, s.l. 18. 4. 1753, HHStA, StK, Vorträge 71, Konv. »1753 IV fol. 1 – 119«, fol. 54.

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die momentane Situationsanalyse hinaus Stimmungslagen von grundlegender Natur vermittelten. Diesen als bedrohlich empfundenen Entwicklungen, die oftmals mit dem Schreckensszenario eines allgemeinen Umsturzes im Reich umschrieben wurden37, setzte die Wiener Hofburg eine Sprachführung entgegen, die erkennbar integrierenden Charakter haben sollte und das kaiserliche Selbstverständnis deutlich zum Ausdruck brachte. Die Rede war von Einigkeit im »teutschen Reich«, von dem geheiligten Band zwischen Haupt und Gliedern und der Glieder unter sich, ferner von der Erhaltung der auf Recht und Billigkeit gegründeten Reichsverfassung oder auch der väterlichen Sorgfalt des Reichsoberhauptes als »pÀre commun«38, um nur einige der angeführten Maximen zu nennen39 ; die Liste ließe sich problemlos fortführen40. Sicherlich trägt diese Sprachführung Züge dessen, was Barbara StollbergRilinger mit Blick auf den Reichstag und die Rhetorik der Reichstagsgesandten als »organisierte Heuchelei« bezeichnet hat. Gemeint ist damit ein probates Mittel, um die Normen der Institution (hier : des Reichstags) aufrechtzuerhalten, auch wenn die beteiligten Akteure in ihrem Handeln dauernd gegen diese Normen verstoßen (müssen)41. Dahinter stand letztlich die grundlegende Wertekollision zwischen der Forderung nach Einheit unter dem Reichsoberhaupt einerseits und dem reichsständischen Anspruch auf Freiheit der einzelnen Glieder andererseits42, ein Spannungsverhältnis, das »die offenkundigen Risse im Reichsgebäude«43 im Laufe des 18. Jahrhunderts immer weiter vertiefte. Vieles deutet darauf hin, dass diese Sprachführung der fest verankerten Überzeugung wichtiger Akteure der Hofburg entsprach, das Erzhaus und das Reich seien wechselseitig voneinander abhängig, sodass aus kaiserlicher Perspektive eine Trennung vom Reich auf jeden Fall verhindert werden müsse44. Das Reich gänzlich außer Acht zu lassen, sei nicht nur gefährlich, sondern könne sogar den Sturz des Erzhauses verursachen. Die »Gutgesinnten« müssten daher beibehalten und nach Möglichkeit vermehrt werden. 37 Vgl. beispielshalber die Weisung an Palm, Wien 25. 10. 1748, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 7a, unfol. 38 Vgl. etwa Colloredo an den Gesandten Österreichs am Berliner Hof, Anton von Portugal, Graf von Puebla, Wien 1. 11. 1755, Ausf.: HHStA, RK, DA, Berlin, Weisungen 5d, unfol. 39 Vgl. als typisches Beispiel die Weisung an die Prinzipalkommission, Wien 16. 4. 1754, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a, unfol. 40 A. Schmid, Franz I. und Maria Theresia, S. 245, spricht in diesem Zusammenhang von »Reichsideologie«, die vonseiten Wiens in politisch integrierender Weise eingesetzt worden sei, um der befürchteten fortschreitenden Auflösung des Reiches entgegenzuwirken. 41 Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 280. 42 Vgl. ebd. 43 Schnettger, Reichsgeschichte, S. 231. 44 Vgl. Whaley, Habsburgermonarchie, S. 297; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 32 f. Zum Gesamtkontext der Bemühungen zur Erhaltung der Reichseinheit vgl. insgesamt die Arbeit von Wenkebach, Bestrebungen.

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Voraussetzungen und Rahmenbedingungen

Allerdings dürfe dabei nicht der Eindruck erweckt werden, als benötige man das Reich allzu sehr, liest man in einem nicht namentlich gekennzeichneten, wohl 1748 entstandenen Vortrag45. Und so war es nur konsequent, dass Bartenstein noch einige Jahre später, in einem markanten Konferenzvortrag vom 19. Oktober 1753, explizit den Stellenwert des Reiches für die Wiener Politik hervorhob: Es sei nach wie vor von großer Wichtigkeit, auf die Stimmenmehrheit im Reich zählen zu können46. Diese Bindung an das Reich hatte aus Sicht des Kaiserhofes allerdings ihre Grenzen. Aufschlussreich ist in diesem Kontext die Argumentationsführung, welche die österreichischen Reichstagsgesandten in Regensburg vorbringen sollten. Die kaiserliche Würde sei für das Erzhaus zweifellos von großer Bedeutung. Man gedenke aber nicht, diese Würde mit dessen Zugrunderichtung zu erkaufen, heißt es in einer symptomatischen Weisung an Palm vom 12. Februar 1745, also kurze Zeit nach dem Tod Karls VII. Palm sollte dementsprechend vorbringen, dass das Reich, die katholische Religion und die deutschen Erz- und Hochstifte unter einem schwachen und von fremder Willkür abhängigen Kaiser einen völligen Umsturz zu befürchten hätten47. Jeder vernünftige Mensch werde von selbst unschwer erkennen, dass das Reich ohne Unterstützung des Erzhauses bald gänzlich zerfallen werde, wurde in einer weiteren Weisung an Palm vom 13. Oktober 1745 in apodiktischer Weise konstatiert48. Palm selbst beschwerte sich zeitweise vehement darüber, welche Behandlung sich die kaiserlichen Vertreter auf dem Reichstag gefallen lassen müssten49. Die dahinterstehende Sorge vor einem fortschreitenden Ansehensverlust des Kaisers zählte sicherlich zu den großen Konstanten der damaligen österreichischen Reichspolitik50. Dass die hier anklingenden reichspolitischen Überzeugungen nicht bloß aus taktischen Gründen vorgebracht wurden, sondern darüber hinaus auch 45 Vgl. HHStA, RK, DA, Vorträge 6d, fol. 112’ – 113’. Wahrscheinlich stammt das Gutachten von Reichsvizekanzler Colloredo; vgl. Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 32 f. 46 Vortrag Bartensteins, s.l. 19. 10. 1753, HHStA, StK, Vorträge 73, Konv. »1753 IX – X fol. 1 – 230«, fol. 176 – 186’. 47 Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 5, fol. 624. 48 Konz.: ebd., fol. 684. 49 Vgl. etwa den Bericht Palms, Regensburg 30. 7. 1747, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 79a, unfol. 50 Vgl. hierzu zum Beispiel die in der Forschung viel beachtete Denkschrift Kaunitz’ vom 24. 3. 1749, ediert von Pommerin/L. Schilling, Denkschrift, hier S. 237 f.: »So viel schlüßlichen den dermahligen Zustand des Römischen Reichs anbetrifft, so ist dieser sonder Zweiffel eines der weesentlichen Stücken, so in das Systema quoad Universum, seinen starcken Einfluß hat, und um so größere Aufmercksamkeit verdienet, je mehr Gebrechen sich hierbey äußeren, und je mehr die Gefahr täglich anwachset, daß die Schwäch- und Unterdruckung der kleineren Ständen, wie auch die undanckbare Geringschätzung der allerhöchsten Kayserlichen Authorität, den völligen Verfall, und gäntzlichen Umsturtz nach sich ziehen werde.« Noch die ebenfalls in edierter Form vorliegende Bestandsaufnahme, die der österreichische Staatsminister Johann Anton Graf von Pergen 1766 im Auftrag Josephs II. zur Frage nach dem Wert der Kaiserkrone vorlegte (vgl. Neuhaus (Hg.), Zeitalter, S. 121 – 130), ist ein eindrucksvolles Zeugnis für den genannten Sachverhalt.

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den Kern des kaiserlichen Selbstverständnisses Franz’ I. (und Maria Theresias) kennzeichneten, ist wahrscheinlich. Allerdings darf die skizzierte Neubewertung der Rolle Franz’ I. als Kaiser nicht darüber hinwegtäuschen, dass insgesamt gesehen kein Weg daran vorbeiführt, für den Untersuchungszeitraum von einem Primat der österreichischen Großmachtpolitik bei der Gestaltung der Außen- und Reichspolitik Wiens auszugehen. Volker Press hat in diesem Kontext bekanntlich das für die Herrschaft der Habsburger anschauliche Bild einer Ellipse gezeichnet, welche die Brennpunkte Reich und Erblande aufwies, wobei sich die Gewichte nach 1648 mehr und mehr auf die Erblande verlagert hätten51. Die spätere Forschung hat diesen Befund nahezu einmütig bestätigt. Einige Beispiele für die Regierungszeit Franz’ I. und Maria Theresias seien an dieser Stelle genannt. So verweist etwa Joachim Whaley auf die charakteristische Spannung zwischen Hausmacht und Kaiseridee sowie den daraus resultierenden Konflikt zwischen kaiserlichen Aufgaben und dynastischen Interessen52. Brigitte Mazohl konstatiert eine Schwerpunktverlagerung hin zu den österreichischen Hausmachtinteressen53 und folgert mit Blick auf die theresianische Ära, das Reich habe nur noch insofern Bedeutung gehabt, »als es ein breites Reservoir für Verbündete gegen den übermächtigen preußischen Gegner zur Verfügung stellte«54. Axel Gotthard resümiert, die Institutionen des Reiches seien zu »Nebenbühnen im Kampf mit Preußen«55 verkommen, und Alois Schmid schlussfolgert, innerster Kern der Politik der Wiener Hofburg sei während der Regierungszeit Franz’ I. nicht mehr das Reich gewesen, sondern die Erhöhung des Hauses Österreich56. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass die Beurteilung des Reiches als Faktor der Wiener Politik in der jüngeren Forschung mit zusätzlichen Nuancen versehen wird. Dies betrifft zum einen den berechtigten Hinweis, dass am Kaiserhof »zwar Maria Theresia oder das österreichische Staatsinteresse das letzte Wort behielten, aber doch der Konsens mit den Reichsexperten gesucht wurde.«57 Zum anderen äußert sich dies in Vorbehalten gegenüber dem Narrativ des vermeintlichen ›Herauswachsens‹ Österreichs aus dem Reich58, das keineswegs als bruchlos-linearer Prozess verlief, sondern zeitweise einherging mit einer Verstärkung der kaiserlichen Präsenz im SüdVgl. Press, Österreich und Deutschland, S. 743; kritisch dazu Klueting, Reich, S. 17. Vgl. Whaley, Habsburgermonarchie, S. 291. Vgl. Mazohl-Wallnig, Zeitenwende, S. 164. Ebd., S. 210. Gotthard, Das Alte Reich, S. 133. Vgl. A. Schmid, Franz I. und Maria Theresia, S. 247; vgl. auch das Urteil ebd., S. 238: Es ging Franz I. »im Grunde nicht um eine Neubelebung der Reichsinstanzen […], sondern allein um die Stärkung der Stellung des habsburgischen Kaisertums mit Hilfe dieser Reichseinrichtungen.« 57 Burkhardt, Vollendung, S. 393. 58 Vgl. die Nachweise in Kap. I 1 Anm. 17.

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westen des Reiches59 sowie einem wachsenden österreichischen Einfluss im Reich durch die Stärkung der österreichischen Hofkanzlei zuungunsten der Reichskanzlei60. Man wird also im Hinblick auf das Spannungsverhältnis zwischen reichsintegrierender Sprachführung einerseits und der Tendenz, sich zunehmend vom Reich zu lösen, andererseits von einer Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen61 ausgehen müssen, wobei die Wahrung der Option, bei Bedarf mittels des Reiches und seiner Institutionen österreichische Interessenpolitik zu betreiben, prioritären Charakter hatte. Das strikte Urteil, Maria Theresia habe keine Rücksicht auf Reich und Reichspolitik genommen62, ist also angesichts der Ergebnisse der jüngeren Forschung zu modifizieren, und zwar unabhängig davon, welchen Einfluss man Franz I. beimisst. Denn es erscheint überdies plausibel, dass das phasenweise intensive Ringen zwischen Österreich und Preußen um das Reich – auch und gerade, wie zu zeigen sein wird, auf dem Reichstag – indirekt den Wert des Reiches bestätigte63. Dass Joseph II. seinen Beratern Ende 1766 die seine große Distanz zum überkommenen Reichssystem signalisierende Frage stellte »Ob, und von was für einen Werth der Besitz der Kaysercrone für einen Reichsstand überhaupt seye?«64, wäre mutatis mutandis noch unter Franz I. wohl kaum denkbar gewesen.

b) Der Kaiser als Garant der Mindermächtigen Zu den fundamentalen Ergebnissen der neueren Forschung zur Geschichte des Alten Reiches zählt zweifellos der Befund, dass der Reichsverband und seine Institutionen bis in die napoleonische Zeit hinein die Existenz der mindermächtigen Reichsglieder sicherten, also vor allem der kleineren weltlichen und geistlichen Reichsfürsten, Reichsprälaten, Reichsgrafen, Reichsritter, italienischen Reichsvasallen und Reichsstädte65. Besondere Bedeutung hatte in diesem Kontext das Reichsoberhaupt, zu dessen Selbstverständnis traditionell die Rolle als Garant und Schutzherr der Mindermächtigen zählte. Die diesbezüglichen Positionen, die schon Karl Otmar von Aretin in seiner Habilitationsschrift und in nachfolgenden Studien mit Prägnanz entwickelt 59 Vgl. Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 215. 60 Vgl. Kulenkampff, Österreich, S. 1; vgl. hierzu auch Kap. II 2. 61 Achim Landwehr hat sich jüngst kritisch zur Verwendung dieses Topos geäußert; vgl. Landwehr, Gleichzeitigkeit. Dass dieser Formel aber eine gewisse Anschaulichkeit nicht abzusprechen ist, dürfte wohl unstrittig sein. 62 Vgl. Aretin, Ruhe, S. 132. 63 So Whaley, Habsburgermonarchie, S. 290. 64 Neuhaus (Hg.), Zeitalter, S. 122. 65 Vgl. Kap. I 1 mit Anm. 75 – 78. Zur Begrifflichkeit vgl. J. Arndt, Monarch. Es bleibt abzuwarten ob sich der von Arndt eingeführte Begriff Kleinpotentat als Kennzeichnung einer Gruppe, die zwischen den Reichsfürsten und dem Niederadel stand, durchsetzen wird.

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hat, können insgesamt gesehen nach wie vor Gültigkeit beanspruchen: »Der kleine Fürst, Reichsgraf und Reichsritter bezog die Garantie seiner politischen Selbständigkeit von außen. Der Garant seiner Selbständigkeit war der Kaiser, mit dessen Interessen er daher eng verbunden war.«66 Dies war die Prämisse kaiserlicher Klientelpolitik und Parteibildung im Heiligen Römischen Reich im Allgemeinen und auf dem Immerwährenden Reichstag im Besonderen. Die Regierungszeit Franz’ I. stellt hierbei, wie noch zu zeigen sein wird, keine Ausnahme dar. Auch die zentralen Institutionen des Reiches hatten einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der Sicherung der Überlebensfähigkeit der kleineren Reichsglieder67. Immerhin bis 1803 habe der Reichstag, so Aretin, mit Erfolg deren politische Existenz garantiert68. Und der Reichshofrat erwies sich, wie neuerdings betont wird, ebenfalls als Instrument, das die Mindermächtigen in stabilisierender Weise vor den Begehrlichkeiten der sogenannten Potentiores, also der armierten größeren Reichsstände, schützen konnte69. Volker Press gelangte sogar zu dem allerdings nicht ganz unproblematischen Urteil, dass der Reichsverband »zur konservierenden Kraft für überlebensunfähige Gebilde [wurde], die sich in zunehmender Zahl unter den Flügeln des Doppeladlers scharten«70. Eine wichtige Erkenntnis, die sich in der jüngeren Forschung etabliert hat, ist die Einsicht, dass der Kaiser und die kleineren Reichsglieder wechselseitig von der Bewahrung der für die Mindermächtigen überlebensnotwendigen Fundamente profitierten. Gerade die kaiserliche Klientelpolitik beruhte ganz wesentlich auf dieser »Interessenkoalition«71, die sich immer wieder auch und gerade als Gegengewicht gegen das Ausgreifen mittlerer und größerer Reichsstände erwies. Dies galt für die Reichsgrafen, denen im Verlauf der Frühen Neuzeit in zunehmendem Maße die »Gefahr der Atomisierung«72 drohte, nicht weniger als für die Reichsritter, die im Spannungsfeld von Kaisertreue und rationaler Überlebensstrategie73 agierten und während der Regierungszeit Franz’ I. einen existenziellen Kampf auszutragen hatten, in dem

66 Aretin, Heiliges Römisches Reich, Bd. 1, S. 79. 67 Schindling spricht in diesem Zusammenhang von den »konservativen Schutzfunktionen des Reichssystems«; Schindling, Mindermächtige Territorien, S. 44. 68 Vgl. Aretin, Heiliges Römisches Reich, Bd. 1, S. 57. 69 Vgl. beispielsweise J. Arndt, Monarch, S. 70 f.; Haug-Moritz, Arm, S. 30 und 32; Westphal, Reichshofrat, S. 134; Ortlieb, Reichshofrat, Sp. 919; Auer, Role, S. 64 und 69; Westphal, History, S. 90. Zur Geschichte des Reichshofrats unter Franz I. insgesamt vgl. Gschließer, Reichshofrat, S. 431 – 469, sowie Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 60 ff. Eine vorzügliche Auswahlbibliografie zum Reichshofrat findet sich unter http://www.reichshofratsakten.de. 70 Press, Reich in der deutschen Geschichte, S. 47 f.; vgl. aber die einschränkenden Bemerkungen von Schindling, Kaiser, S. 34, zur vermeintlichen Lebensunfähigkeit der Mindermächtigen. 71 J. Arndt, Monarch, S. 69. 72 Press, Reichsgrafenstand, S. 119. 73 In Anlehnung an Sutter, Kaisertreue.

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sie sich letztlich mit kaiserlicher Unterstützung vorläufig zu behaupten vermochten74. Die Vorteile des Zusammenwirkens lagen auf der Hand: Für den Kaiser bildeten die kleineren Reichsglieder einen Pool, aus dem sich die eigene Klientel rekrutierte. Darüber hinaus hatte die Existenz der kleineren und kleinsten Reichsstände den willkommenen Effekt, die Potentiores an der Herausbildung geschlossener Territorien zu hindern75. Und schließlich konnte die Wiener Hofburg – bei Bedarf durch Ausübung politischen Drucks – die Mindermächtigen dazu instrumentalisieren, auf dem Reichstag und den Kreistagen durch ihre Stimmen die österreichische Außen- und Reichspolitik zu unterstützen. Für die Mindermächtigen hingegen war die Unterordnung unter einen mächtigeren Schutzherrn und die feste Einbindung in den Reichsverband, wie unlängst mit Nachdruck betont worden ist, eine Frage der Staatsräson76. Allerdings ist einschränkend darauf hinzuweisen, dass die Tendenz der jüngeren Forschung, die friedenswahrende und rechtsgarantierende Kraft der Reichsverfassung hervorzuheben, gerade angesichts der engen Handlungsspielräume mindermächtiger Politik nicht zu einer verklärend-romantisierenden Interpretation führen darf. So hat Harm Klueting in einer Studie zur Grafschaft Tecklenburg darauf verwiesen, dass »das Reich, trotz der Rolle des Kaisers als des Protektors der kleinen Reichsstände, kein Naturschutzpark zur Pflege und zum Erhalt kleiner Reichsgrafschaften, Reichsstädte oder reichsritterlicher Herrschaftsgebiete war.«77 Vielmehr war und blieb die Schutzherrnrolle des Reichsoberhauptes während der Regierungszeit Franz’ I. und Maria Theresias ein Instrument österreichischer Großmachtpolitik, das sich immer wieder insbesondere gegen Preußen richtete. Gerade die zunehmende Polarisierung der Reichspolitik nach 1740 hatte aus Sicht der mindermächtigen Reichsglieder ambivalente Konsequenzen: Einerseits eröffnete das österreichisch-preußische Konkurrenzverhältnis punktuell Handlungsspielräume, wenn die beiden Vormächte je nach Bedarf gegeneinander in Anspruch genommen werden konnten78 ; andererseits erforderte der sich im Reich herausbildende Dualismus von vielen Mindermächtigen, sich zu positionieren. Dies war ein heikler Prozess, der nicht selten 74 Vgl. ausführlich Press, Angriff, sowie zusammenfassend Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 53 – 57; vgl. ferner das treffende zeitgenössische Urteil bei Pütter, Entwickelung, Teil 3, S. 74 f.: In der ritterschaftlichen Angelegenheit sei es auf nichts Geringeres angekommen, »als entweder zu ihrer völligen Zernichtung den Weg zu bahnen, oder ihre bisherige Verfassung, wie sie durch Reichsgrundgesetze und Herkommen unterstützt war, annoch ferner aufrecht zu erhalten.« Umfangreiches Material aus den diesbezüglichen Reichstagsakten der Jahre 1750 – 1752 findet sich in HHStA, RK, RTA 161 und 162. 75 Diesen Aspekt betont Aretin, Friedensgarantie, S. 36. 76 So Schnettger, Kleinstaaten, S. 614. 77 Klueting, Grafschaft, S. 105. 78 So jüngst Burkhardt, Kleinstaaterei, S. 44.

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unter dem massiven Druck der beiden Vormächte erfolgte und dazu führen konnte, dass Wien und Berlin die Reichsstände in ihrem Einflussbereich gewissermaßen zwangen, sich in ihre Klientel einzureihen79. Die Forschung hat in diesem Zusammenhang das anschauliche Bild einer Sog- oder Magnetwirkung verwendet80, die durchaus auf Gegenliebe der mindermächtigen Reichsstände stoßen konnte, der sie aber im unfreiwilligen Fall kaum etwas entgegenzusetzen hatten. Die interne Korrespondenz des Kaiserhofes mit den österreichischen Reichstagsgesandten im Untersuchungszeitraum offenbart jedenfalls, dass der stereotype Verweis auf die Schutzfunktion des Reichsoberhauptes für die Mindermächtigen immer wieder einherging mit dem Bemühen, die kleineren Reichsstände auf dem Regensburger Parkett verhandlungstaktisch an sich zu binden und Gegengewichte zur preußischen Reichspolitik zu kreieren. Dies geschah typischerweise mithilfe des Aufbaus von Bedrohungsszenarien, die den Mindermächtigen unmissverständlich vor Augen führen sollten, welche Konsequenzen sie zu befürchten hatten, sollten sie dem Kurs der österreichischen Reichs(tags)politik nicht folgen. So liest man in einer Weisung an den österreichischen Direktorialgesandten Buchenberg vom 12. Mai 1753, das Verhalten des preußischen Reichstagsgesandten Adam Heinrich von Pollmann könne den Mindermächtigen zeigen, was sie im Falle fehlender Unterstützung für das Erzhaus zu erwarten hätten81. Der Reichstag, heißt es in einer Weisung vom 18. Juni 1755 an die Prinzipalkommission, dürfe nicht der Ort sein, an dem die mächtigeren Reichsstände die Mindermächtigen zu unterdrücken versuchten und wo Beratungen sowie »heimliche einverständnüsse«82 gepflogen würden, die auf den Umsturz der Reichsverfassung abzielten. Gerade die Wahrung der Rechte der Mindermächtigen gegenüber der vermeintlichen Willkür der größeren Reichsstände bildete ein wiederkehrendes Argumentationsmuster Wiens83, das mitunter auch konfessionell aufgeladen war84. Die »despotische art« des Königs von Preußen gegenüber allen 79 Vgl. Haug-Moritz, Kaisertum, S. 479. 80 Vgl. etwa Press, Stellung, S. 60; Ders., Österreich und Deutschland, S. 743; E. Hinrichs, Mächte, S. 16; Whaley, Habsburgermonarchie, S. 292; J. Arndt, Monarch, S. 69; Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 228; M. Koch, Reichstag, S. 32, fand die anschauliche Umschreibung von der »furchtsamen Abhängigkeit«. 81 Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 6, unfol.; inhaltlicher Kontext war die ostfriesische Frage; vgl. dazu Kap. III 2 d. Vgl. als weiteres Beispiel die Weisung an Buchenberg, Wien 15. 3. 1746, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 5, fol. 800 – 801: Je bedrohlicher sich Pollmann gegenüber den geistlichen Kurfürsten und Fürsten verhalte, desto mehr sollten ihnen die Augen aufgehen. 82 Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a, unfol. 83 Vgl. etwa die Weisung an Palm, Wien 13. 5. 1748, Konz.: ebd., Weisungen 7a, unfol.; Weisung an Seydewitz, Wien 24. 7. 1755, Konz.: ebd., Weisungen 8a, unfol. 84 So sollten die österreichischen Reichstagsgesandten den Gesandten der kleineren protestantischen Reichsstände explizit vor Augen führen, dass das willkürliche Vorgehen der mächtigeren

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Mindermächtigen, »denen er wegen der laage ihrer lande nur immer beykommen kann«85, wurde angeprangert. Und im Zuge der Beratungen über einen Friedenskongress in Augsburg im Jahre 176186 wurde in einem Reskript an den Konkommissar August Friedrich von Seydewitz herausgestellt, dass alle »Gutgesinnten« und insbesondere die mindermächtigen Reichsstände nicht übersehen könnten, welche Folgen es haben werde, wenn ihre einzige Zuflucht gegenüber den armierten Mitständen, nämlich die kaiserliche Autorität und die gesetzmäßige Verfassung des Reiches, durch die Willkür einiger unruhiger Reichstagsgesandtschaften beeinträchtigt werde87. Gleichwohl darf dabei nicht außer Acht gelassen werden, dass der Kaiserhof trotz des erkennbaren Bemühens, die mindermächtigen Reichsstände als Faktor der eigenen Reichstagspolitik nicht aus den Augen zu verlieren und vor allem bei wichtigen Beratungen in den Reichstagskurien ihr Abstimmungsverhalten zu steuern88, letztlich keine Zweifel darüber aufkommen ließ, welch geringen Spielraum man ihnen in Regensburg letztlich zuzugestehen bereit war. Ein illustrativer Beleg für diese Haltung ist eine Weisung an die Prinzipalkommission vom 30. August 1755, in der in entlarvender Weise angeordnet wurde, man solle den reichsstädtischen Gesandten unmissverständlich zu erkennen geben, dass sie »nur in der art stummer zeugen die zahl bey der session ausfülleten«89. So sah die Realität des reichsstädtischen votum decisivum um die Mitte des 18. Jahrhunderts aus.

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protestantischen Reichsstände »unter dem äußerlichen namen des sogenannten corporis protestantium« ihre reichsständischen Freiheiten merklich beeinträchtige; vgl. die Weisung an die Prinzipalkommission, Wien 30. 8. 1755, Konz.: ebd., unfol. Vgl. auch die sehr ähnliche Argumentationsführung des Mainzer Kurfürsten Johann Friedrich Karl von Ostein in einem Schreiben an seinen Reichstagsgesandten Philipp Wilhelm Albert Freiherr Lincker von Lützenwick, Mainz 10. 6. 1756, Konz.: HHStA, MEA, RTA 582, unfol.: Die protestantischen Reichsstände, heißt es in dem Schreiben, werden nun sehen, was die Mindermächtigen von den Mächtigeren ihrer eigenen Religion zu erwarten haben, nämlich dass sich die Mächtigeren der Mindermächtigen unter dem Vorwand der Religion bedienen, um ihre reichsverfassungswidrigen Absichten auszuführen. Hintergrund war der damalige preußisch-mecklenburgische Konflikt über Truppenwerbungen. Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 14. 4. 1757, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 100, unfol. Ausführlich dazu M. Koch, Reichstag, S. 122 – 145; A. Schmid, Friedenskongreß. Vgl. das (ostensible) kaiserliche Reskript an Seydewitz, Wien 6. 9. 1761, Kopie: SLA, Reichsfürstenrat 15, unfol. Auf preußischer Seite finden sich bezeichnenderweise nahezu spiegelbildliche Verlautbarungen; vgl. das Schreiben Friedrichs II. an den Reichstag, Berlin 30. 10. 1756, Preussische Staatsschriften, Bd. 3, S. 503: »Ein solches Verfahren« – gemeint ist der Versuch Österreichs, das Reich um kriegerische Assistenz gegen Preußen zu bitten – »ist denen von Seculis her dem Hause Oesterreich ganz eigenen Maximen ganz gemäss und vorzüglich zu Unterdrückung der mächtigsten Reichsstände abgesehen, so dass die Mindermächtige daran ein trauriges Beispiel zu nehmen haben, wie es Ihnen in der Folge ergehen können, wann Wir nicht in Zeiten auf Unserer Hut gewesen und dem Uns über dem Haupte geschwebeten Ungewitter zuvorgekommen wären.« Vgl. hierzu Kap. III 2 b. Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a, unfol.

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Im Hinblick auf die mindermächtigen geistlichen Reichsstände90, die von jeher ein fester Bestandteil der kaiserlichen Klientel waren und deren Schutz ein wichtiger Faktor des kaiserlichen Selbstverständnisses war, gelangt man zu ähnlichen Befunden. Auch hier bestand, nicht anders als bei den weltlichen Reichsständen, eine große Kluft zwischen dem reichspolitischen (und militärischen) Potenzial einflussreicher geistlicher Reichsfürsten, wie zum Beispiel den Fürstbischöfen von Bamberg und Würzburg, Friedrich Karl von Schönborn und Adam Friedrich von Seinsheim91, und dem verschwindend geringen politischen Gewicht der von den Habsburgern gänzlich dominierten kleineren Hochstifter wie Brixen und Trient92. Geistliche Reichsstände letztgenannter Größenordnung spielten auf der Reichstagsagenda des Kaiserhofes im Untersuchungszeitraum kaum eine Rolle. Auf ihre Reichstagsstimmen konnte die Wiener Hofburg fest zählen93. Allerdings besteht hinsichtlich der Reichspolitik der geistlichen Reichsstände, wie die neuere Forschung wiederholt hervorgehoben hat, in vielerlei Hinsicht nach wie vor erheblicher Forschungsbedarf94. Aretin gelangte zu dem Urteil, dass die geistlichen Fürsten aus ritterschaftlichen Familien insgesamt gesehen noch den größten Einfluss aller Mindermächtigen auf die Reichspolitik gehabt hätten95, und Härter verweist auf das vergleichsweise hohe

90 Zur Neubewertung der geistlichen Reichsstände in der jüngeren Forschung vgl. folgende Bestandsaufnahmen: E. Schubert, Reichsfürsten; Andermann, Die geistlichen Staaten; Ders. (Hg.), Versuch; B. Braun, Fürsten; Dies., Princeps, hier zum Forschungsstand S. 12 – 16; Dies./Göttmann, Staat; Schindling, Scheitern; Ammerer u. a. (Hg.), Höfe. 91 Zur Reichspolitik Schönborns sind immer noch grundlegend Hantsch, Schönborn; Büttner, Reichspolitik; vgl. darüber hinaus aus neuerer Zeit Jürgensmeier, Schönborn; Greipl, Schönborn; Karsten, Familienglanz; Lafage, Schönborn, Bd. 2, S. 95 – 309; wichtig für das Haus Schönborn insgesamt sind auch die Arbeiten jüngeren Datums von Schraut, Schönborn, und Süßmann, Vergemeinschaftung. Zur Reichspolitik Seinsheims vgl. W. Hofmann, Politik, sowie Ssymank, Fürstbischof; siehe ferner die neueren Untersuchungen von Roda, Auftraggeber ; Ders., Seinsheim; vgl. zudem Greipl, Seinsheim; für Hinweise zu Seinsheim danke ich Dieter J. Weiß (München). Am Wiener Hof zählte man Seinsheim zu den mächtigsten geistlichen Reichsfürsten; vgl. den Vortrag Kaunitz’ für Franz I., Wien 7. 8. 1756, HHStA, StK, Vorträge 78, Konv. »1756 VI – VIII fol. 1 – 378«, fol. 260 – 264. 92 Vgl. dazu Press, Das römisch-deutsche Reich, S. 236; Härter, Corpus, S. 64; Brandstätter, Reichskirche. 93 Vgl. Brendle/Schindling, Germania sacra, S. 214: »Fast alle geistlichen Fürstentümer nahmen ihren Platz an der Seite Maria Theresias und des Hauses Habsburg ein.« 94 Vgl. B. Braun, Fürsten, S. 29 – 33; Härter, Corpus, S. 61; B. Braun/Göttmann, Staat, S. 78 f.: »Selbstverständlich wissen wir einiges über das bilaterale Verhältnis einzelner Erz- und Bischöfe zum Kaiser, aber über die Reichspolitik der Erzbischöfe und Bischöfe, gar der geistlichen Fürsten insgesamt wissen wir praktisch nichts. […] In der Forschung wird stets betont, welch hohen Stellenwert die Kaiser den geistlichen Fürsten beimaßen und dass sie die gesamte Germania sacra faktisch als zu ihrer Klientel gehörig beanspruchten – aber wie schlug sich dies in konkreter Politik nieder?« 95 Vgl. Aretin, Reichsverfassung, S. 198.

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Potenzial der geistlichen Reichsstände in Regensburg96. Aufgrund ihrer geringen machtpolitischen Möglichkeiten waren sie, so Härter, auf einen möglichst gut funktionierenden Reichstag angewiesen97. Über das konkrete Wirken der Gesandten der geistlichen Reichsstände in Regensburg während des Untersuchungszeitraums weiß man jedoch immer noch recht wenig. Hierzu liegen kaum systematische Studien vor98. Was die spezifische Rolle des Kaisers als Schutzherr der mindermächtigen geistlichen Reichsstände angeht, so hat die neuere Forschung jedenfalls wichtige Korrekturen am bisherigen Bild angebracht. Einigkeit herrscht darüber, dass der Kaiser durch eine sehr sorgfältige, gezielte Personalpolitik99 in den geistlichen Fürstentümern, die ganz wesentlich auf einer »Interessenkongruenz«100 der Reichskirche mit dem Haus Habsburg gründete, eine Anhängerschaft im Reich aufbaute, deren Treue nahezu sprichwörtlich war. Allerdings ist das schon zeitgenössisch, vor allem von preußischer Seite101 gepflegte Bild des kaiserlichen Wahlkommissars, der die Erzbischofs- und Bischofswahlen gewissermaßen nach Belieben im Sinne der Wiener Hofburg steuern konnte, nicht mehr haltbar102. Auch ist in begründeter Weise darauf hingewiesen worden, dass die enge Verbindung zwischen dem Reichsober96 Vgl. Härter, Corpus, S. 67; ähnlich auch B. Braun, Fürsten, S. 29, die den geistlichen Fürsten »erhebliches Gewicht« auf dem Reichstag bescheinigt. 97 Vgl. Härter, Corpus, S. 101; vgl. ferner Härters Resümee ebd., S. 100: »Neben Kommunikations- und Familiennetzwerken, Klientelwesen, Gesandtschaften, persönlichen Treffen und der Präsenz in anderen Reichsinstitutionen, die den einzelnen geistlichen Fürsten als reichspolitische Optionen zur Verfügung standen, bot die Regensburger Versammlung wohl die breiteste Möglichkeit für die geistlichen Reichsstände insgesamt, um eine korporative Reichspolitik überhaupt dauerhaft organisieren und realisieren zu können.« Gerade der Reichstag konnte, wie Schröcker betont, die Reichsstifte zum Teil vom Kaiser unabhängig machen; vgl. zusammenfassend Schröcker, Patronage, S. 182. 98 Ausnahmen bilden die Studien von Härter, Corpus, und Ders., Reichsdirektorium; zu verweisen ist ferner für den Gesamtkontext der vorliegenden Arbeit auf die Untersuchungen von Kainrath, Reichsfürsten; Schlösser, Erzkanzler ; Dies., Interregnum. 99 Vgl. Whaley, Habsburgermonarchie, S. 293; zum Gesamtzusammenhang siehe nach wie vor auch das Standardwerk von Feine, Besetzung. 100 Schindling, Scheitern, S. 306. 101 Vgl. J. J. Moser, Von denen Teutschen Reichs-Taegen, Bd. 2, S. 14, unter Bezugnahme auf einen preußischen Schriftsatz vom 11. 2. 1757 (»besondere und ganz bekannte Connexion« der geistlichen Reichsfürsten mit dem Haus Österreich); auch auf französischer Seite wurde dies so wahrgenommen; vgl. Auerbach, Recueil, Bd. 18, S. 273. 102 Vgl. etwa aus jüngerer Zeit B. Braun, Fürsten, S. 47; Zürcher, Bischofswahlen, hier beispielsweise S. 609; H. Wolf, Präsenz, hier die zusammenfassende Wertung S. 200. Ein prominentes Gegenbeispiel ist die 1761 erfolgte Wahl des Kölner Erzbischofs und Kurfürsten Max Friedrich Graf von Königsegg-Rothenfels, der dem Kaiserhof als Dank für die gewährte Unterstützung weitreichende Zusagen gab; vgl. Braubach, Königsegg, S. 332. Motive des kaiserlichen Einwirkens auf die Bischofswahlen waren, so Bettina Braun, die Steuerung der Stimmverteilung im Reichsfürstenrat, die Einflussnahme auf die Reichskreise über das jeweilige Kreisausschreibeamt, hausmachtpolitische Überlegungen, das militärische Potenzial einiger geistlicher Fürstentümer, die jeweilige strategische Lage sowie nicht zuletzt Positionsgewinne gegenüber Preußen, insbesondere in Franken; vgl. B. Braun, Fürsten, S. 45 ff. und 50.

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haupt und den geistlichen Reichsständen »keineswegs eine symbiotische Verbindung und damit eine selbstverständliche Grundkonstante der Reichspolitik«103 bildete. In den Jahren zwischen dem Regierungsantritt Maria Theresias und den letzten Jahren des Alten Reiches sei es vielmehr, zumindest punktuell, zu einer Lockerung »der angeblich natürlichen Partnerschaft zwischen dem Kaiser und den geistlichen Fürsten und Prälaten«104 gekommen. Ein einigendes Band zwischen Franz I. und den geistlichen Reichsfürsten war gleichwohl die Tatsache, dass seit der Regierungszeit Karls VII. erhebliche Befürchtungen angesichts vermeintlicher oder tatsächlicher Säkularisationspläne bestanden105. Der Wittelsbacher auf dem Kaiserthron hatte in dieser von preußischer Seite initiierten Frage eine äußerst unglückliche Rolle gespielt und durch seine signalisierte Zustimmung einen Schock bei den geistlichen Reichsständen bewirkt, der lange nachwirkte. Für die Hofburg hatte das »törichte Verhalten«106 Karls jedenfalls den positiven Effekt, dass die existenziellen Sorgen der Germania sacra vor Säkularisationen zusätzliche Optionen boten, im Sinne einer antipreußischen Parteibildung auf die geistlichen Reichsstände einzuwirken107. Gerade im Verlauf des Siebenjährigen Krieges sollte dies phasenweise eine Rolle spielen.

103 Ebd., S. 40; ähnlich auch das dezidierte Urteil von Schraut, Rollen, S. 36: »Es erscheint nur folgerichtig, dass die politische Haltung der Fürstbischöfe in den üblichen Handbuchartikeln meist auf pro- oder antikaiserliche Attitüden reduziert wird, so als seien die beschriebenen Akteure lediglich Marionetten in den Händen größerer Mächte gewesen, nicht fähig zu einer komplexen Politik, die den eigenen Handlungsspielraum, die eigenen wie die Interessen des Herrschaftsgebiets, des eigenen Stands und der Herkunftsfamilie, der katholischen Kirche und des Reiches berücksichtigte.« 104 B. Braun, Fürsten, S. 39. 105 Die Säkularisationsfrage ist in der Forschung stark beachtet worden; vgl. Volbehr, Säkularisationsprojekte; Volz, Plan; Just, Kurie; Kainrath, Reichsfürsten, S. 120 – 125; M. Koch, Reichstag, S. 119 ff.; Duchhardt, Eltz, S. 245 f.; Berbig, Bamberg, S. 284 – 302; Baumgart, Säkularisationspläne; Schlösser, Erzkanzler, S. 121 – 124; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 2, S. 449 – 453; Kleinehagenbrock, Brandenburg-Preußen, S. 922 f. Zum Verhalten Karls VII. in der Frage der Säkularisationen vgl. ferner Stollberg-Rilinger, Das Heilige Römische Reich, S. 103: »Das war geradezu ein Verrat am Kaisertum, das ja seine ganze Legitimität aus der Wahrung von Frieden und Recht und aus dem Schutz der Mindermächtigen bezog, und hatte einen massiven Glaubwürdigkeitsverlust zur Folge.« 106 Aretin, Das Alte Reich, Bd. 2, S. 451. 107 Dass nicht nur preußische Säkularisationspläne die Wiener Hofburg im Untersuchungszeitraum alarmierten, zeigt exemplarisch eine Weisung an Buchenberg vom 6. 12. 1747. Dem Direktorialgesandten wurde darin mitgeteilt, die Kurpfalz ziele darauf ab, dass nur noch Prinzen aus kur- und altfürstlichen Häusern als Erzbischöfe und Bischöfe zugelassen und somit »in effectu catholische erz- und hochstiffter erblich gemacht« werden sollten; Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 6, unfol.

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c) Der »ennemi aussi redoutable qu’irr¦conciliable«: Preußen als reichspolitischer Faktor Als beherrschender Bezugspunkt im Kalkül der österreichischen Reichspolitik erwies sich aufs Ganze des Untersuchungszeitraums gesehen eindeutig Preußen. Dabei gilt es zu beachten, dass die Situation nach der Wahl und Krönung Franz’ I. sowie dem Dresdener Friedensschluss vom 25. Dezember 1745 durch eine gewisse Offenheit gekennzeichnet war. Zwar bestand für die Wiener Hofburg kein Anlass zu der sorglosen Annahme, der Preußenkönig werde künftig auf weitere Aggressionen verzichten. Auch war Maria Theresia weit davon entfernt, den friedensvertraglich bestätigten Verlust Schlesiens endgültig hinzunehmen. Daraus darf aber nicht abgeleitet werden, die österreichisch-preußischen Beziehungen wären nach 1740 in deterministischer Weise durch einen gewissermaßen ›natürlichen‹ Antagonismus geprägt gewesen, wie es die borussisch-kleindeutsche Meistererzählung oftmals suggerierte108. Dies hat auch begriffliche Konsequenzen: Der von der Forschung geprägte Terminus Dualismus meint im Hinblick auf die österreichischpreußischen Beziehungen des 18. Jahrhunderts Zweiheit und ist nicht im Sinne eines zwangsläufigen Gegensatzes zu interpretieren109. Allerdings spürten die maßgeblichen Akteure sehr wohl, dass die Beziehungen zwischen Österreich und Preußen den Charakter eines existenziellen Ringens angenommen hatten. So berichtete der Konkommissar Palm am 28. Dezember 1745, um hier ein charakteristisches Beispiel aus der Reichstagskorrespondenz anzuführen, es bewahrheite sich nun, was der preußische Reichstagsgesandte Pollmann beim ersten Einfall der Preußen in Schlesien 1740 zu ihm gesagt habe, nämlich dass entweder Österreich oder Preußen zugrunde gehen müsse110. Diese Wahrnehmung wirft ein bezeichnendes Licht auf das angespannte Verhältnis zwischen den Höfen von Wien und Berlin in den ersten Wochen und Monaten nach dem Regierungsantritt Franz’ I., hatte man doch preußischerseits gemeinsam mit der Kurpfalz, der »eigentliche[n] Speerspitze des französischen Einflusses im Reich«111, die Rechtmäßigkeit der Wahl des neuen Reichsoberhauptes angezweifelt und somit alles andere als ein

108 So hält etwa die Vorstellung eines prinzipiellen Konfrontationskurses des Wiener Hofes gegenüber Preußen auf dem Forum des Reichstags dem Quellenbefund nicht stand. Vielmehr gab es nach der Wahl Franz’ I. Phasen, in denen die Hofburg sehr darauf achtete, in Regensburg unnötige Konflikte mit Preußen zu vermeiden; vgl. exemplarisch die Weisung an Buchenberg, [Wien] 12. 1. 1746, Konz.: ebd., Weisungen 5, fol. 736 und 738. 109 So Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 127; zum Terminus »deutscher Dualismus« vgl. insgesamt Derndarsky, Dualismus. 110 Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, PK, Berichte 4, unfol. 111 Schnettger, Kurpfalz, S. 88.

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positives Signal im Hinblick auf die Etablierung eines Modus Vivendi mit dem Kriegsgegner ausgesendet112. Die internen österreichischen Akten offenbaren jedenfalls, dass Preußen auch nach dem Ende des Zweiten Schlesischen Krieges als Unruhe- und Bedrohungsfaktor ersten Ranges wahrgenommen wurde. Die Reichstagskorrespondenz ist in dieser Frage eine ergiebige Quelle. So meldete Palm am 29. Oktober 1746 aus Regensburg, die anmaßenden preußischen Minister nähmen sich heraus, im Reich auf so willkürliche Art und Weise schalten und walten zu wollen, »die man öffters in des allerhöchsten reichsoberhauptlichen nahmen selbst zu gebrauchen bedencken tragete«113. Und in späterer Zeit konstatierte der Konkommissar mit Bestimmtheit, das kaiserliche Interesse stehe dem des Königs von Preußen stets entgegen114. Zudem gingen mit dem perzipierten Anwachsen der preußischen Anhängerschaft und dem gegen den Preußenkönig gerichteten dezidierten Vorwurf der »vergrösserungsbegierde«115 auch konfessionelle Befürchtungen einher116, die sich gerade nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges weiter verfestigten. Gut erforscht und dokumentiert sind in diesem Kontext die Erwägungen von Kaunitz. Für ihn zählte Preußen zu den ›natürlichen‹ Feinden Österreichs117, was ihn in seiner bereits erwähnten umfangreichen Denkschrift vom 24. März 1749 zu der kategorischen Schlussfolgerung veranlasste, »daß die Preußische Politique, zu Erhaltung Ihrer Conquete [Schlesien, d. Vf.], beständig dahin gerichtet seye, Oesterreich immer mehrers zu schwächen, mithin ihm die Kräfften und Mittel, zu ausführung seiner weitern Absichten zu benehmen, und daß solchergestalten die beyden Höfe, auch für das Künfftige in der grösten Eifersucht, und ohnversöhnlichen Feindschafft fortleben werden.«118 Warnungen vor Preußen, etwa der stereotype Vorwurf der Vertragsuntreue Friedrichs des Großen119, durchziehen seine Konferenzvorträge und Denkschriften wie ein roter Faden, und zwar nicht erst zu dem 112 Der preußische und der kurpfälzische Wahlbotschafter hatten aufgrund von vermeintlichen Unregelmäßigkeiten (unter anderem betreffend die Zulassung der kurböhmischen Wahlstimme) unter Protest die Wahlstadt Frankfurt am Main verlassen und sich nach Hanau begeben; vgl. dazu das Memorial der beiden Wahlgesandtschaften, Hanau 20. 9. 1745, Preussische Staatsschriften, Bd. 1, S. 547 – 557. Erst im Dresdener Frieden vom 25. Dezember 1745 erkannte Preußen die Wahl Franz’ I. an. 113 Bericht Palms an Franz I., Regensburg 29. 10. 1746, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 77b, unfol. 114 Vgl. Ders. an Colloredo, Regensburg 20. 5. 1753, Ausf.: ebd., Berichte 89b, unfol. 115 Vgl. den Vortrag Colloredos, Wien 23. 6. 1749, HHStA, RK, DA, Vorträge 6d, fol. 401; zur »preußischen Vergrößerungsbegierde« vgl. auch das Zirkularschreiben an die österreichischen Minister, Wien 9. 2. 1757, HHStA, RK, DA, Reich, Weisungen 18, unfol. 116 Vgl. zum Beispiel die Weisung an die Reichstagsgesandten Frankenberg und Buchenberg, Wien 19. 2. 1752, Kopie: HHStA, RK, DA, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 1, fol. 346 – 349’. 117 Vgl. ausführlich L. Schilling, Kaunitz, S. 19 – 52. 118 Pommerin/L. Schilling, Denkschrift, S. 205. 119 Vgl. den Vortrag Kaunitz’ für Maria Theresia, Wien 11. 7. 1753, HHStA, StK, Vorträge 72, Konv. »1753 VII – VIII fol. 1 – 166«, fol. 18 – 19’.

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Zeitpunkt, als offenkundig war, dass Österreich und Preußen auf einen erneuten Krieg zusteuerten. Dies korrespondierte in hohem Maße mit den grundsätzlichen Einschätzungen des Kaiserpaares. Von Franz I. ist etwa die Äußerung überliefert, der preußische König wolle alles umwerfen und dirigieren120. Maria Theresia sah in Friedrich bekanntlich ein Monstrum und einen Scharlatan121, und auch Joseph II., der in späteren Jahren eine gewisse Affinität zum Preußenkönig entwickelte, bezeichnete den Hohenzollern in einem Schreiben an seine Mutter vom 3. April 1761 als »ennemi aussi redoutable qu’irr¦conciliable«122. Diese vergleichsweise homogene Wahrnehmung hatte jedoch keine einheitliche Haltung in der Frage zur Folge, welche politischen und militärischen Konsequenzen aus der perzipierten preußischen Bedrohung gezogen werden müssten. Immerhin waren ja die inneren Reformen der Haugwitz-Ära nach Beendigung des Österreichischen Erbfolgekrieges durch eine »Verpreußung« und »Prussifizierung«123 gekennzeichnet. Dessen ungeachtet ließen Kaunitz und Maria Theresia keine Zweifel darüber aufkommen, dass die österreichische Außen- und Reichspolitik an dem Primat der Wiedergewinnung Schlesiens ausgerichtet werden müsse124 und dass es ein vorrangiges Ziel sei, so Kaunitz, Preußen über den Haufen zu werfen125 und auf die Größenordnung einer »petite puissance trÀs secondaire«126 zu reduzieren. Dagegen votierten Reichsvizekanzler Colloredo und auch Franz I. im August 1755, als Kaunitz seinen antipreußischen Kurs mit Entschiedenheit darlegte, deutlich vorsichtiger. Hintergrund war ihre Besorgnis, dass ein militärisches Vorgehen gegen Preußen keinen Rückhalt im Reich finden würde und sogar die Absetzung des 120 Vgl. die Aufzeichnung des Grafen Willem Bentinck, 10. 10. 1749, Beer (Hg.), Bentinck, S. 18: »La Conversation ¦tant tomb¦e sur le Roi de Prusse, l’Empereur dit que le Prince travaillait dans l’Empire — renverser tout, et — diriger tout selon sa convenance.« 121 Vgl. Kunisch, Friedrich der Große, S. 509. 122 Arneth (Hg.), Correspondenz, S. 2. 123 Hochedlinger, König; vgl. zusätzlich H. O. Meisner, Regierungs- und Behördensystem; Walter, Preußen; Baumgart, Haugwitz. 124 Vgl. hierzu Bein, Schlesien, S. 325 – 333. Bein verweist berechtigterweise auf die defensive Ausrichtung und das Sicherheitsbedürfnis als Faktoren der theresianischen Schlesien-Politik. 125 In Anlehnung an die aufschlussreiche Denkschrift Kaunitz’, Wien 28. 8. 1755, Beer, Denkschriften, S. 39: »Richtig ist, dass Preussen muss übern Hauffen geworffen werden, wann das durchlauchtigste Ertzhauss aufrecht stehen soll.« Zu dieser in der Forschung viel beachteten Denkschrift vgl. unter anderem Strieder, Forschungen, S. 69 – 72; Mediger, Weg, S. 497 – 500; L. Schilling, Kaunitz, S. 48. 126 So Kaunitz in seinem in der Spätzeit Maria Theresias verfassten, häufig zitierten Gutachten vom 7. 9. 1778, in dem er die »r¦duction de la Maison de Brandebourg — son ¦tat primitif de petite puissance trÀs secondaire« postulierte; Aretin, Heiliges Römisches Reich, Bd. 2, S. 2; vgl. dazu auch Kunisch, Mirakel, S. 22; L. Schilling, Kaunitz, S. 19; die französische Perspektive findet sich bei Buddruss, Deutschlandpolitik, S. 157 Anm. 220, sowie Externbrink, Reichsexekution, S. 222 Anm. 2; siehe darüber hinaus den Vortrag Kaunitz’, Wien 14. 8. 1753, HHStA, StK, Vorträge 72, Konv. »1753 VII – VIII fol. 1 – 166«, fol. 139’ – 140: »[…] sich dahin zu bearbeiten, daß dieser könig [Friedrich II., d. Vf.] wieder in seine vorhige gränzen eingeschräncket werde.«

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Kaisers zur Folge haben könnte127. Dies erwies sich jedoch letztlich als unbegründet. Der Hofburg gelang es im Siebenjährigen Krieg, die Reichsstände zum Reichskrieg gegen Friedrich den Großen zu bewegen128. Für die österreichische Reichstagspolitik hatte der sich immer weiter zuspitzende Gegensatz zu Preußen jedenfalls die Konsequenz, dass der Wiener Hof angesichts der befürchteten Verschiebungen der Kräftegewichte im Reich zugunsten des Hohenzollernstaates in fast seismografischer Weise auf jedwede Versuche reagierte, in Regensburg die kaiserliche Stellung zu unterminieren. Der Hinweis auf das vermeintliche Streben Preußens nach einer grundlegenden Umwälzung der Reichsverfassung gehörte dabei zum Standardrepertoire der österreichischen Gesandten. Sie wurden zum Teil ausdrücklich angewiesen, das Forum des Reichstags zu nutzen, um den Reichsständen die existenzielle Bedrohung des Reichssystems vor Augen zu führen, die von der preußischen Politik und Kriegführung ausgehe. »Solte es Churbrandenburg gelingen, die oberhand zu erhalten, so ist es sicher, daß das band des Reichs nicht mehr bestehen und ein stand nach dem andern von dessen gewalt werde verschlungen werden«129, heißt es in einer Weisung an die Prinzipalkommission vom 22. März 1757, also nach Durchsetzung des Reichskrieges gegen Preußen, als es galt, die Kräfte des Reiches gegen Preußen zu mobilisieren. Damit sind wir an einem Punkt angelangt, der für eine Beurteilung der friderizianischen Reichspolitik130 von großer Bedeutung ist. Denn in der bisherigen Forschung sind die Ziele und Methoden, die Friedrich der Große im Rahmen seiner Politik gegenüber Kaiser und Reich verfolgte bzw. anwendete, höchst unterschiedlich beurteilt worden. Während die ältere preußische Forschung mehr oder weniger deutlich dazu neigte, Friedrichs abfällige Bemerkungen über das Reich und die Reichsinstitutionen beim Wort zu nehmen, ist die neuere Forschung zu differenzierteren Befunden gelangt. So haben schon Volker Press und nach ihm Gabriele Haug-Moritz auf den reichspolitischen Lernprozess hingewiesen, den der Preußenkönig während seiner Regierung durchlaufen und der dazu geführt habe, dass er »die reichspolitische Klaviatur immer virtuoser zu beherrschen lernt[e].«131 Press gelangte sogar zu dem seither oft zitierten Befund, »daß Friedrich der Große

127 Vgl. Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 84. 128 Vgl. dazu demnächst die Dissertation von Sven Düwel (Fürstenwalde/Spree) über die Reichskriegserklärungen von 1675 und 1757 sowie insgesamt Tischer, Kriegsbegründungen. 129 Kopie: HHStA, RK, PK, Weisungen 8b, unfol. 130 Die Begrifflichkeit folgt Haug-Moritz, Gegenkaiser, S. 28: »Unter Reichspolitik verstehe ich dabei solche Aktivitäten Friedrichs, die darauf zielten, die neu errungene preußische Großmachtposition auch dadurch zu stärken, dass er seine Handlungsoptionen als brandenburgischer Kurfürst und Landesherr seiner niederrheinischen Besitzungen einsetzte, um das Gewicht Preußens im Reich zu vergrößern.« 131 Ebd., S. 39; vgl. Press, Reichspolitiker, S. 276 und 287.

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einer der erfolgreichsten Reichspolitiker war, die es je gegeben hat.«132 Bereits in den 1930er Jahren konnte Arnold Berney überzeugend zeigen, wie eingehend sich Friedrich in seinen ersten Regierungsjahren der Reichspolitik gewidmet hat133. Und auch im Hinblick auf sein Vorgehen im Bayerischen Erbfolgekrieg 1778/79 sowie im Zusammenhang des Fürstenbundes 1785 hat die neuere Forschung einmütig darauf aufmerksam gemacht, dass sich der Preußenkönig intensiv mit Fragen der Reichspolitik beschäftigt hat134. Doch wie verhielt es sich im Untersuchungszeitraum 1745 bis 1763? Hinsichtlich des Untersuchungsgegenstands der vorliegenden Arbeit sind folgende drei Aspekte hervorzuheben: Erstens: Das Reich und der Reichstag: Unbestreitbar ist, dass sich Friedrich der Große wiederholt geringschätzig über das Reich und den Reichstag äußerte. Seine beiden Politischen Testamente (1752 und 1768) sind voll von entsprechenden Bemerkungen, ebenso seine politischen Korrespondenzen und historiografischen Werke, und auch gegenüber auswärtigen Gesandten am preußischen Hof hat er sich entsprechend geäußert135. Oft zitiert wird in diesem Kontext sein aufschlussreiches Diktum, das Heilige Römische Reich sei weder römisch noch heilig; vielmehr handele es sich um ein wunderliches und überaltertes Staatsgebilde136, ein Chaos kleiner Staaten, das aufgrund seiner Schwäche nicht handlungsfähig sei137. Auf seine Geringschätzung des Reichstags, den er, verglichen mit seiner vormaligen Bedeutung, nur noch als Schattenbild ansah, wurde bereits einleitend hingewiesen138. Die Reichstagsgesandten waren in seinen Augen schwerfällige »Pedanten, die in den äußerlichen Lappalien am erfahrensten 132 Ebd., S. 261; ähnlich das Urteil von Whaley, Germany, Bd. 2, S. 382 f., der Friedrich jüngst als brillianten Reichspolitiker bezeichnete; vgl. auch Ders., Habsburgermonarchie, S. 298 (»meisterlicher Kenner der Reichsverfassung«). 133 Vgl. Berney, Friedrich der Große, insbesondere S. 167 – 186; zur Einschätzung der Untersuchung Berneys vgl. Hahn, Friedrich der Große, S. 185 f.; vgl. auch das Urteil von Schindling, Friedrich der Große, S. 16, der betont, für Friedrich habe die Reichspolitik zu Beginn und gegen Ende der Regierungszeit eine hervorragende Rolle gespielt. 134 Vgl. den Brief Friedrichs an seinen Bruder Prinz Heinrich, 9. 2. 1778, J. D. E. Preuß, Œuvres, Bd. 26, S. 461: »Jamais tant de testaments, de conventions, de trait¦s, de constitutions de l’Empire ne m’ont pass¦ par les mains comme maintenant. Je crains de devenir un petit Cujas, un Pufendorf, un animal empes¦ de la rouille de Ratisbonne.« Vgl. Schindling, Friedrich der Große, S. 17. 135 Vgl. das Schreiben des Guy Louis Henry Marquis de Valory an den französischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Ren¦-Louis de Voyer de Paulmy, marquis d’Argenson, vom 22. 1. 1746, in dem der französische Gesandte über ein Gespräch mit dem preußischen König berichtete: »Je lui parlai des objets relatifs aux affaires de l’Empire; il les traita de pure bagatelle et me dit que c’¦tait le moindre de ses succÀs qu’il n’y avait rien — faire avec ces petits princes«; Koser, Korrespondenz, S. 454. 136 Vgl. Friedrichs Politisches Testament von 1752, Dietrich, Testamente, S. 380 f. 137 Vgl. ebd., S. 360 f. (Politisches Testament von 1752) und 680 f. (Politisches Testament von 1768). 138 Vgl. Kap. I 1.

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sind«139 und deren beschränkter Geist nicht imstande sei, das große Ganze zu erfassen. »Je me moque de la DiÀte et de toutes ses r¦solutions«140, schrieb Friedrich am 5. Februar 1757, also wenige Wochen nach den entscheidenden Beratungen in Regensburg über einen Reichskrieg gegen Preußen, mit erkennbarem Trotz an seine Schwester Wilhelmine. Diese Aussagen korrespondieren mit Bemerkungen des Preußenkönigs, in denen ein gehöriger Unwillen zum Ausdruck kam, sich mit Fragen der Reichspolitik im Allgemeinen und den Reichstagsangelegenheiten im Besonderen zu befassen141. Bisweilen verwies er sogar darauf, dass ihm entsprechende Kenntnisse fehlten, um Fragen der Reichstagspolitik angemessen beurteilen zu können142. Hier öffneten sich also Handlungsspielräume für seine Minister. Teile der Forschung haben sich dazu verleiten lassen, diese Äußerungen ungefiltert zu übernehmen. So gelangte Johannes Burkhardt zu dem pointierten Urteil, Friedrich habe »vor allem gar nichts von Reichsgeschichte und Reichsrecht [verstanden] – vielleicht der historisch folgenreichste Fall einer Bildungslücke.«143 Zu berücksichtigen ist aber, dass sich Friedrich sowohl als Schriftsteller als auch in seinen an auswärtige Diplomaten gerichteten Stellungnahmen, ja selbst gegenüber seinen engsten Mitarbeitern gerne als europäischer Potentat stilisierte, der sich mit den ›Niederungen‹ der Reichspolitik nicht befasste144. Und bei einer Kontextualisierung der entsprechenden Äußerungen des Preußenkönigs wird überdies erkennbar, dass ihm bisweilen schlichtweg die Zeit fehlte – insbesondere als er im Feld stand –, um sich mit allen Details der Reichstagsverhandlungen auseinandersetzen zu können. 139 Hier zitiert nach der deutschen Übersetzung in Volz (Hg.), Werke, Bd. 2, S. 95. 140 PC 14, S. 243; vgl. auch den Brief Friedrichs an seine Schwester Wilhelmine, Dresden 8. 3. 1757, ebd., S. 347: »Je me moque des FranÅais et de la DiÀte de Ratisbonne.« 141 Vgl. exemplarisch Friedrichs Resolution, Berlin 23. 12. 1750, auf eine Anfrage seiner Minister Heinrich Graf von Podewils und Karl Wilhelm Graf Finck von Finckenstein bezüglich Reichstagsangelegenheiten; PC 8, S. 201: »Sie sollen darunter thun, wie sie es allemal vor Mich und Meine Post¦rit¦ werden verantworten können. Ich verstehe dergleichen V¦tilles nicht und lasse sie also machen, was sie vor Meinen Dienst und Interesse convenable erachten werden.« Vgl. in diesem Zusammenhang ferner Gehlsdorf, Wahl, S. 5; Ders., Reichspolitik, S. 6 f.; Keppler, Friedrich der Grosse, S. 39 f.; Schieder, Friedrich der Große, S. 267; Schindling, Friedrich der Große, S. 17; Müller-Weil, Absolutismus, S. 87 – 91. 142 Vgl. zum Beispiel das Schreiben Friedrichs an seine Minister Podewils und Finckenstein, Dresden 9. 2. 1757, PC 14, S. 259: »Was sonst alle und jede übrige Reichstagessachen anbetrifft, da lasse Ich es dabei bewenden, dass Ihr schlechterdings den p. von Plotho darüber bescheiden müsset, weil Ich von denen Reichstagessachen zu wenig Kenntnisse habe, als dass Ich darin etwas decidiren oder disponiren könne«. Ähnlich auch sein Schreiben an Plotho, Dresden 9. 2. 1757, ebd., S. 260 f.; vgl. ferner das Schreiben Friedrichs an Podewils, Soor 4. 10. 1745, PC 4, S. 298: »Je vous r¦pÀte ce que je vous ai dit souvent, c’est que je vous laisse la r¦gie des affaires de l’Empire, auxquelles je n’entends goutte«. 143 Burkhardt, Deutsche Geschichte, S. 108; vgl. Ders., Vollendung, S. 379. 144 Zur Selbststilisierung Friedrichs in seinen historiografischen Werken vgl. Rohrschneider, Friedrich der Große, sowie Pecˇar, Selbstinszenierung.

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Außerdem relativieren sich Friedrichs abwertende Aussagen über die Regensburger »Pedanten«, berücksichtigt man seine eigene Stellenbesetzungspraxis. Als es im Jahre 1766 um die Neubesetzung des Regensburger Gesandtschaftspostens ging, wies der König seine Minister wie folgt an: Sie sollen einen »geschickten Mann, der ein guter und gründlicher Juriste, dabei geschickter Publiciste und in dem jure publico, der Reichshistorie und in den teutschen Verfassungen erfahren ist, vorschlagen.«145 Von Geringschätzung kann hier sicherlich keine Rede sein. Die Tatsache, dass er seinen Gesandten Erich Christoph Freiherr von Plotho nicht vom Reichstag abberief, nachdem 1757 der Reichskrieg gegen Preußen beschlossen worden war, zeugt jedenfalls von dem Interesse, die Optionen, die ihm das Regensburger Forum bot, so lange es eben ging, nicht aus der Hand zu geben. Plotho, bemerkt Burkhardt treffend, »hatte am Reichstag gegen den Reichskrieg gepoltert, aber er war in Regensburg geblieben und hatte so den Reichsnexus aufrechterhalten.«146 Zudem haben Teile der neueren Forschung die vermeintliche ›Bildungslücke‹ des Königs in puncto Reichsrecht und -verfassung angezweifelt. Johannes Kunisch etwa betont in seiner Friedrich-Biografie, dass der König »auf einem politischen Terrain, das er aufgrund seiner historiographischen Bemühungen natürlich kannte, aber immer wieder verächtlich und gelangweilt beiseite geschoben hatte, über ein nicht nur juristisch, sondern auch historisch begründetes Wissen verfügte – eine Kompetenz, die ihn weit über den Kenntnisstand seiner Mitregenten hinaushob.«147 Angesichts dieser divergierenden Urteile ist man beim gegenwärtigen Forschungsstand gut beraten, Friedrichs Rolle als Reichspolitiker außerordentlich vorsichtig zu bewerten. Vieles deutet darauf hin, dass sich die oft beschriebene Widersprüchlichkeit148 seines Königtums und seines Charakters auch und gerade auf dem Gebiet der Reichspolitik manifestierte149 und dass diesbezüglich eine nicht zu übersehende Diskrepanz zwischen Schreiben und Handeln bestand150. Zweitens: Die Wahrnehmung der österreichischen Reichspolitik: Friedrichs Perzeption der österreichischen Reichspolitik war von der Überzeugung 145 Resolution Friedrichs, 25. 3. 1766, PC 25, S. 77; vgl. auch das Schreiben Friedrichs an Finckenstein vom 11. 4. 1761, in dem er anwies, wer für den Fall, dass Plotho vom Reichstag weg zum geplanten Friedenskongress nach Augsburg abgeordnet würde, mit dem Regensburger Posten betraut werden sollte: »[…] vous choisirez d’abord quelque bon iurisconsulte, vers¦ surtout dans le droit public et dans les constitutions de l’Empire«; PC 20, S. 327. 146 Burkhardt, Deutsche Geschichte, S. 120; vgl. auch Ders., Vollendung, S. 439: »[…] der schließliche Verbleib Plothos am Reichstag symbolisierte bei aller Obstruktionspolitik doch die aufrechterhaltene Reichszugehörigkeit seines Dienstherrn.« 147 Kunisch, Friedrich der Große, S. 507. Vgl. auch die vorsichtige Einschätzung von Tobias Schenk über die Kenntnisse des preußischen Königs, »der reichsrechtlich womöglich doch nicht so schlecht ausgebildet war, wie oft vermutet wird«; Schenk, Friedrich der Große, S. 380. 148 Vgl. besonders eindringlich Schieder, Friedrich der Große, hier S. 262 der Bezug auf das Reich. 149 Vgl. ebd. 150 Vgl. Wilson, Politics, Abs. 48.

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Reichspolitik und kaiserliches Selbstverständnis

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geprägt, dass Maria Theresia den Verlust Schlesiens nie verschmerzen werde151. Diese letztlich zutreffende Wahrnehmung bildete im Untersuchungszeitraum gleichsam den Nukleus seiner Reichspolitik. Sie ging einher mit Ressentiments des Königs gegenüber dem Wiener Hof, die in auffälliger Weise eine historische Dimension aufweisen152. Seit Kaiser Ferdinand I., schreibt Friedrich in seiner »Histoire de mon temps«, strebe das Haus Österreich nach einer despotischen Herrschaft im Reich153. Der kaiserliche Hochmut vererbe sich von Generation zu Generation154 und ziele in letzter Konsequenz darauf ab, die Kaiserwürde dauerhaft dem Haus Österreich zu erhalten155, die protestantischen Reichsstände zu unterjochen und die reichsständische Libertät zu beschneiden, wenn nicht gar ganz abzuschaffen156 – so ließe sich das reichspolitische Credo Friedrichs zusammenfassen. Nichts kennzeichnet die emotionale und politische Distanz des Königs zum Reichsoberhaupt wohl treffender als seine symptomatische Kabinettsordre vom 24. Juni 1750, mit der die traditionelle Fürbitte für den Kaiser im Kirchengebet seiner Untertanen abgeschafft wurde157, sowie seine beharrliche Weigerung, nach dem Regierungsantritt Franz’ I. seine Lehen mit Kniefall seines Gesandten vor dem Kaiserthron zu empfangen158. Die erwähnten feindbildartigen Überzeugungen hatten erkennbar statischen Charakter und waren in auffälliger Weise an Schemata ausgerichtet, die auf einem polarisierten Denken in Schwarz-Weiß-Kategorien und stereotypen Wahrnehmungsmustern beruhten. So liest man in der Korrespondenz des Preußenkönigs etwa von »l’arrogance et l’orgueil insupportable de la maison d’Autriche«159 oder auch dem »ohnveränderliche[n] Dessein des wienerschen Hofes […], sich zu agrandiren und die völlige Oberhand in Teutschland zu gewinnen«160, um hier zwei symptomatische Beispiele aus dem Untersuchungszeitraum zu nennen. Eine Ausnahme in diesem Denkrahmen bildete sicherlich Maria Theresia, über die sich Friedrich bekanntlich – bei aller Gegnerschaft – wiederholt respektvoll äußerte161. 151 Vgl. beispielshalber die Einschätzung Friedrichs in seinem Politischen Testament von 1752, Dietrich, Testamente, S. 330 – 333. 152 Zu einem ähnlichen Urteil gelangt Tischer, Kriegsbegründungen, S. 121, 133 und 215. 153 Vgl. Volz (Hg.), Werke, Bd. 2, S. 230. 154 Vgl. das Politische Testament von 1752, Dietrich, Testamente, S. 330 f. 155 Vgl. das Politische Testament von 1768, ebd., S. 670 f. 156 Vgl. Rohrschneider, Friedrich der Große, S. 116 ff. 157 Vgl. Koser, Brandenburg-Preußen, S. 225; Wilson, Politics, Abs. 20. 158 Vgl. NoÚl, Reichsbelehnungen, S. 115 f.; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 51 f.; Rauscher, Recht, S. 283 f.; Kotulla, Verfassungsgeschichte, S. 188 f.; Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 287 – 297; Dies., Rituals, S. 367 f.; Schenk, Friedrich der Große, S. 386. 159 Schreiben Friedrichs an Heinrich von Podewils, Camp de Divetz 25. 6. 1745, PC 4, S. 197. 160 Schreiben des preußischen Kabinetts- und Geheimen Kriegrats August Friedrich Eichel an Heinrich von Podewils, Potsdam 11. 10. 1750, PC 8, S. 103. 161 Vgl. als Quellenbeispiel das Politische Testament von 1768, Dietrich, Testamente, S. 670 f. Zum Bild Maria Theresias in der borussischen Geschichtsschreibung vgl. Telesko, Maria Theresia, S. 143 f.

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Die Kaiserwürde selbst empfand der König als leeren Titel und das kaiserliche Machtpotenzial als Faktor, der insgesamt gesehen von sinkender Bedeutung war162. Damit korrespondiert, dass Friedrich seinem präsumtiven Nachfolger im Politischen Testament von 1752 ausdrücklich davon abriet, selbst nach der Kaiserkrone zu streben163. Allerdings war aus seiner Sicht ins machtpolitische Kalkül zu ziehen, dass es der Kaiser stets verstehe, »seine Privatstreitigkeiten geschickt mit den Reichsinteressen zu verflechten, um die deutsche Macht zum Werkzeug seiner ehrgeizigen Absichten zu benutzen.«164 Friedrich sah sich überdies als Hassobjekt des Wiener Hofes165 und gemeinsam mit den mächtigeren Reichsständen als letzten Damm gegen den perhorreszierten Despotismus des Kaiserhofes166. Von den Mindermächtigen war in dieser Hinsicht aus seiner Perspektive nicht viel zu erwarten. Sie ertragen, führt er in seiner »Histoire de mon temps« aus, gezwungenermaßen das Joch des Kaiserhofes, zumal ihre Minister durch die Hofburg korrumpiert seien167. Die kleineren und mittleren Reichsstände wurden im Untersuchungszeitraum aber dann eine nennenswerte Komponente der friderizianischen Reichspolitik, wenn sie sich im Sinne preußischer Interessenpolitik gegen den Wiener Hof instrumentalisieren oder als Klienten in ein von Berlin gesteuertes »Satellitensystem«168 inkorporieren ließen. Dies betraf allerdings

162 Vgl. das Politische Testament von 1752, Dietrich, Testamente, S. 382 f.; Keppler, Friedrich der Grosse, S. 33 ff.; vgl. auch Friedrichs Schreiben an das Departement für Auswärtige Affairen, [Juni 1740], PC 1, S. 7 f.: »L’Empereur est le vieux fantúme d’un idole, qui avait du pouvoir autrefois et qui ¦tait puissant, mais qui n’est plus — pr¦sent«. 163 Vgl. das Politische Testament von 1752, Dietrich, Testamente, S. 384 f.; vgl. hierzu und zur Rolle Friedrichs als »Gegenkaiser« Rall, Kaiserkrone; Aretin, Heiliges Römisches Reich, Bd. 1, S. 19 – 23; Duchhardt, Kaisertum, S. 284 – 295; Schieder, Friedrich der Große, S. 262 f.; Schindling, Friedrich der Große, S. 21; Haug-Moritz, Gegenkaiser. 164 Das Zitat in deutscher Übersetzung aus Friedrichs »Histoire de mon temps«, Volz (Hg.), Werke, Bd. 2, S. 39. Dass Friedrich mit dieser Einschätzung durchaus richtig lag, zeigt das bereits erwähnte Gutachten Pergens aus dem Jahr 1766: Das Erzhaus habe, »wo nicht das ganze, wenigstens einen grosen, hauptsächlichen aber den catholischen Theile des Reichs nach Gefallen in seine Haußkriege und Angelegenheiten zu ziehen immer Mittel und Gelegenheit«; Neuhaus (Hg.), Zeitalter, S. 125. 165 Schreiben Friedrichs an Otto Christoph von Podewils, Potsdam 29. 7. 1747, PC 5, S. 447. 166 Vgl. Schreiben Eichels an Heinrich von Podewils, Sedlitz 2. 11. 1756, PC 14, S. 8; vgl. auch Friedrichs Instruktion für seine Minister Podewils und Finckenstein, Potsdam 27. 8. 1756, hinsichtlich der Frage, wie auf dem Reichstag und gegenüber den Reichsständen argumentiert werden sollte: »[…] wann den Oesterreichern die Absicht glücken sollte, uns und Hannover aus dem Wege geräumt zu haben, da sodann niemand sein würde, der sich denen gefährlichen Projects des wiener Hofes gegen die Rechte und Freiheiten der teu[t]schen Fürsten würde opponiren können«; PC 13, S. 301. 167 Vgl. Volz (Hg.), Werke, Bd. 2, S. 39. 168 Schindling, Friedrich der Große, S. 18; vgl. auch Whaley, Germany, Bd. 2, S. 219 (»complex network of satellites«).

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nicht die geistlichen Reichsstände, die er als Kreaturen des Kaisers empfand, dem sie letztlich ihre Wahl verdankten169. Ansonsten machte der Preußenkönig aus seiner Geringschätzung der kleineren Reichsstände keinen Hehl. In einer viel zitierten Stelle seines »Antimachiavell« heißt es: »[…] die Mehrzahl dieser kleinen Fürsten, namentlich in Deutschland, richtet sich zugrunde durch die Aufwendungen, zu denen ihr trunkener Größenwahn sie verführt, die in so gar keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen stehen; die Ehre ihres Hauses hochzuhalten, sinken sie immer tiefer, aus Eitelkeit geraten sie auf den Weg zum Elend und zum Armenhaus. Noch der allerjüngste Sproß einer apanagierten Linie hält sich in seiner Einbildung für einen kleinen Ludwig XIV.: er baut sein Versailles, küßt seine Maintenon und hält sich seine Armee.«170 Dass ihn diese Einschätzung nicht daran hinderte, zumindest phasenweise eine Reichspolitik zu betreiben, die sehr wohl auch kleinere Reichsstände miteinbezog, wird noch darzulegen sein. Drittens: Ziele und Methoden der friderizianischen Reichspolitik: Die ältere borussische Historiografie hat angesichts der Vielzahl von abwertenden Bemerkungen des Preußenkönigs über das Reich und seine Institutionen zumeist einen zielgerichteten, auf Überwindung des Reichsverbandes ausgerichteten Kurs seiner Reichspolitik abgeleitet171. Die neuere Forschung urteilt in diesem Zusammenhang sehr viel differenzierter. So hob Wolfgang Neugebauer vor einigen Jahren hervor, dass »die These von Friedrich als ewigem Reichszerstörer«172 zu kurz greife. Phasen antireichischer Aggression und der Reichsferne Preußens hätten sich mit solchen abgewechselt, »in denen Friedrich das Reich respektierte«173. Dies sei »ein Grundzug seiner Politik von Anfang an«174 gewesen. Auch Peter H. Wilson, der sich in den vergangenen Jahren wiederholt mit der Reichspolitik des Hohenzollern befasst hat, betont, dass das Reich »an enduring fact of his political life« blieb und dass der König »never seriously contemplated radical revisions to its structure.«175 Forschungskonsens besteht jedenfalls darüber, dass Friedrich im Reich Obstruktionspolitik gegenüber Österreich betrieb176. Die Hofburg sah sich 169 Vgl. die Ausführungen in den Politischen Testamenten von 1768 und 1752, Dietrich, Testamente, S. 630 f. bzw. 340 f. 170 Hier zitiert nach der deutschen Übersetzung in Volz (Hg.), Werke, Bd. 7, S. 42; zur Bewertung vgl. Pecˇar, Gesellschaft, S. 192 f.; Rohrschneider, Beziehungen, Abs. 2. 171 Vgl. zum Beispiel Volz, Plan, S. 277: »War also die Form des Reiches ›überlebt‹, so hieß es in Friedrichs Augen nur den Prozeß seiner Auflösung beschleunigen, wenn Preußen und Hannover sich losrissen, um fortan in jeder Hinsicht ungebunden, als selbständige politische Mächte in der europäischen Staatenwelt ihres Daseins Kreise zu vollenden.« 172 Neugebauer, Hohenzollern, Bd. 2, S. 45; in diesem Sinne schon Press, Reichspolitiker, S. 261; Schindling, Friedrich der Große, S. 13. 173 Neugebauer, Hohenzollern, Bd. 2, S. 45. 174 Ebd. 175 Wilson, Relations, S. 345. 176 Vgl. Press, Reichspolitiker, S. 280 und 287; Schindling, Friedrich der Große, S. 14 und 22;

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nahezu auf allen Ebenen immer wieder mit einer Blockadehaltung Preußens konfrontiert, und zwar auch und gerade auf dem Reichstag, den der König als Bühne gegen den Kaiserhof nutzte177. Preußen verfügte hier, neben dem kurbrandenburgischen Votum im Kurfürstenrat, über sechs Virilstimmen im Fürstenrat (Halberstadt, Hinterpommern, Kammin, Magdeburg, Minden und Ostfriesland) und hatte Anteil an der Kuriatstimme des NiederrheinischWestfälischen Reichsgrafenkollegiums178. Die geschilderten ›negativen‹, gegen Österreich gerichteten Tendenzen seiner Reichspolitik179 gingen einher mit dem zielgerichteten Streben, im Sinne eines Primats preußischer Interessenpolitik die Großmachtstellung des Hohenzollernstaats im Konzert der europäischen Mächte zu festigen und die eigene Unabhängigkeit innerhalb des Reiches zu vergrößern180. Dazu war Friedrich jedes zur Verfügung stehende Mittel recht. Das Reich war für ihn in dieser Hinsicht ein »Manövrierfeld«181, auf dem in der Art eines Nullsummenspiels um Einflusszonen gerungen wurde. Eine wie auch immer geartete Unterordnung unter das Haus Österreich kam für ihn jedenfalls nicht mehr in Frage. Leitend waren eher Gleichgewichtsvorstellungen, die er zum Beispiel in seinem Politischen Testament von 1768 klar zum Ausdruck brachte182, oder auch eine Reduktion des Kaisers auf die Rolle eines bloßen Primus inter Pares183. Was die konkreten Methoden preußischer Reichspolitik angeht, hat die Forschung mit guten Gründen herausgestellt, dass Friedrich in mancherlei Hinsicht Wege beschritt, die in ähnlicher Form auch der Kaiserhof seiner Politik im Reich zugrunde legte184. Zu diesem »mix of methods«185, den der

177 178 179

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183 184

Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 50; Haug-Moritz, Gegenkaiser, S. 36; Gotthard, Das Alte Reich, S. 136; Burkhardt, Vollendung, S. 441. Vgl. Press, Reichspolitiker, S. 267; Schmidt, Wandel, S. 155. Vgl. Neuhaus, Werden, S. 247. Vgl. hierzu das entschiedene Urteil von Wilson, Positionierung, S. 151: »Letztendlich war Friedrich nicht in der Lage, über die Rolle der negativen Opposition hinauszuwachsen. Er vermochte nichts Konstruktives beizutragen, da sein Interesse am Reich einzig von seinem Verlangen bestimmt war, sich den Habsburgern zu widersetzen.« Ähnlich zum Beispiel auch Ders., Armies, S. 262; Press, Reichspolitiker, S. 267 f.; Ders., Großmachtbildung, S. 151; HaugMoritz, Ständekonflikt, S. 138; Burkhardt, Vollendung, S. 441; Schmidt, Wandel, S. 155. Eine kritische Haltung gegenüber dem Schlagwort der ›negativen‹ Reichspolitik Friedrichs nimmt Schindling, Friedrich der Große, S. 13, ein. Letztgenannter Aspekt wird hervorgehoben von Wilson, Positionierung, S. 142. Schieder, Friedrich der Große, S. 261. Vgl. Dietrich, Testamente, S. 632 f.; Keppler, Friedrich der Grosse, S. 133; Schieder, Friedrich der Große, S. 270 f.; Schindling, Friedrich der Große, S. 14 und 17; Althoff, Gleichgewicht, S. 48; Wilson, Politics, Abs. 3; Ders., Relations, S. 344; auf Friedrichs Ziel der Gleichrangigkeit Preußens mit Österreich verweist Ders., Positionierung, S. 142 und 146. Vgl. Keppler, Friedrich der Grosse, S. 34; Bringmann, Friedrich der Große, S. 699. In Wilson, Armies, S. 262, ist sogar von einer Kopie der Methoden der Habsburger die Rede; vgl. auch Ders., Politics, Abs. 49; Ders., Positionierung, S. 150; vgl. ferner den ähnlich gearteten Befund bei Press, Reich in der deutschen Geschichte, S. 50.

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preußische König einsetzte, zählten die gezielte Besetzung militärischer und ziviler Stellen, Geldzahlungen, Geschenke und Nobilitierungen, Versuche zur Konstituierung reichsständischer Unionen und Assoziationen, eine dynastisch geprägte Ehestiftungspolitik (Friedrich als »Onkel Deutschlands«) sowie die Demonstration konfessioneller Solidarität. Weitere Instrumente waren die mediale Beeinflussung der Öffentlichkeit(en) im Reich und eine Ausreizung der Möglichkeiten, welche die Reichsinstitutionen boten – etwa ein aktives Vorgehen auf dem Reichstag und auf der Ebene der Reichskreise sowie Vorstöße auf dem Gebiet der Reichsgerichtsbarkeit –, darüber hinaus die Etablierung eines Netzes von Konfidenten und Informanten an den deutschen Höfen sowie last but not least die Formierung einer festen Klientel und satellitenhafter Parteigänger. Hierauf wird an späterer Stelle ausführlich zurückzukommen sein. Im Hinblick auf das Zieltableau der friderizianischen Reichspolitik ergibt sich somit folgendes Gesamtbild: Der Wiener Hof sah sich im Untersuchungszeitraum beständigen Versuchen Preußens ausgesetzt, die »pro-kaiserlichen Wirkmechanismen«186 in den Reichsinstitutionen außer Kraft zu setzen. Ob Friedrich damit intendierte, mittels einer permanenten Ausübung von Druck187 auf den Kaiserhof das Band zwischen »Haupt und Gliedern« gänzlich zu zerreißen und das Reich letztlich in einen föderativen Bund von Preußens Gnaden umzuwandeln, darf bezweifelt werden. Viel spricht für die Annahme, dass sich der König aufs Ganze seiner Regierungszeit gesehen in konsequenter Weise an einem nicht starr, sondern dynamisch zu verstehenden Primat preußischer Interessenpolitik orientierte, der bei Bedarf auch ohne das Reich durchgesetzt werden sollte und bei dem sogar die Option nicht ausgeschlossen war, notfalls auch gegen das Reich zu agieren. Sicherlich sollte die von Preußen dominierte Einflusssphäre, die quasi einem »Subsystem des Alten Reiches«188 gleichkam, nicht vollkommen vom Reichsverband losgerissen werden. Aber, so lautet das abgewogene Resümee Johannes Kunischs, Friedrich »hat eben auch nie daran gearbeitet, das gemeinsame Dach, unter dem zumindest auch die brandenburgischen Kurlande beheimatet waren, so auszubessern, daß es allen Schutz bieten konnte.«189

185 Wilson, Politics, Abs. 6. 186 Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 170; vgl. auch Dies., Gegenkaiser, S. 34 (das Reich als »Hemmschuh« Preußens); Dies., Einungswesen, S. 208; Schmidt, Welches Alte Reich, S. 303. 187 Vgl. Press, Stellung, S. 80. 188 Kleinehagenbrock, Brandenburg-Preußen, S. 926. 189 Kunisch, Friedrich der Große, S. 522.

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2. Entscheidungsprozesse und Behörden am Wiener Hof Der Gestaltung der österreichischen Reichstagspolitik lag im Untersuchungszeitraum ein vergleichsweise heterogenes, spannungsreiches Prozedere zugrunde, in das mehrere Personen und Behörden involviert waren190. Grundsätzlich verhielt es sich so, dass Franz I. und Reichsvizekanzler Colloredo mit der Prinzipalkommission korrespondierten191, wohingegen Maria Theresia und der Staatskanzler (Anton Corfiz Graf von Ulfeld, seit 1753 Kaunitz) die Reskripte (Weisungen) an die kurböhmische und die österreichische Gesandtschaft ausstellten. Dieses Verfahren spiegelt sich in der Überlieferung der Akten der Reichskanzlei und der Staatskanzlei im Haus-, Hof- und Staatsarchiv ; diese beiden bedeutenden Behörden waren es, die für die mehrsträngige Korrespondenz mit den Gesandten in Regensburg zuständig waren192. Wichtige Reichstagsangelegenheiten wurden in der sogenannten Konferenz behandelt, deren Wurzeln bis zur Geheimen Konferenz Kaiser Leopolds I. und zur 1709 von Joseph I. eingerichteten Beständigen Geheimen Konferenz zurückreichten. Sie war das bedeutendste politische Beratungsgremium Franz’ I. und Maria Theresias bis zur Errichtung des Staatsrats 1760/61193. Integraler Bestandteil der jeweiligen Konferenzberatungen, zu denen teilweise Notizen

190 Zum Folgenden vgl. auch Rohrschneider, Strukturgegebenheiten, Abs. 27 ff., sowie darüber hinaus zusammenfassend Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 28 – 31. 191 Zeitweise sandte die Prinzipalkommission gleichlautende Berichte oder entsprechende Kopien an die Staatskanzlei, sodass sich auch im Bestand der Diplomatischen Korrespondenz der Staatskanzlei Berichte der Prinzipalkommission und Weisungen an die Prinzipalkommission befinden; vgl. das Archivalienverzeichnis dieser Arbeit sowie Kammerhofer, Prinzipalkommission, S. 16 Anm. 21. Auch von der kurböhmischen Gesandtschaft wurde dies bisweilen so gehandhabt; vgl. als konkrete Beispiele zwei Schreiben des kurböhmischen Gesandten Frankenberg an Colloredo, Wien 28. und 31. 3. 1749 (Ausf.: HHStA, RK, DA, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 1, jeweils unfol.), in denen der Gesandte berichtet, er werde dem Reichsvizekanzler eine eigenhändige Relation an Maria Theresia in Abschrift zukommen lassen. 192 Im Falle von Krankheit oder Abwesenheit des jeweiligen Gesandten verfasste ein Legationssekretär die Berichte. Ein Beispiel für diese Praxis sind die Berichte des königlich-böhmischen Legationssekretärs Ferdinand Jungen aus Regensburg im HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 18, 25 und 26. 193 Zur Genese der Konferenz während der Regierungszeit Leopolds I. vgl. die grundlegende Arbeit von Sienell, Geheime Konferenz; vgl. darüber hinaus auch Th. Fellner/Kretschmayr, Zentralverwaltung, S. 53 – 60; Klingenstein, Aspekte, S. 79 f.; Sienell, Protokolle; zur Konferenz unter Karl VI. vgl. Pecˇar, Ökonomie, S. 63 ff.; zur Gründung und weiteren Entwicklung des Staatsrats in theresianischer Zeit vgl. ausführlich Hock/Bidermann, Staatsrath, S. 7 – 98; Arneth, Geschichte, Bd. 7, S. 1 – 21; Szabo, Absolutism, S. 55 – 60; zusammenfassend Neugebauer, Kabinett, S. 516 f. In auswärtigen Regensburger Korrespondenzen wurde über den neuen Staatsrat lebhaft spekuliert; vgl. aus den anhaltischen Akten die Relation, Regensburg 29. 12. 1760, Kopie: LHASA, DE, Z 15 Nr. 283, unfol.

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Entscheidungsprozesse und Behörden am Wiener Hof

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Franz’ I. erhalten sind194, war ein entsprechender Vortrag (Referat), der im Untersuchungszeitraum zumeist durch Bartenstein oder den Staatskanzler vorgebracht wurde und dann – gegebenenfalls mit der Weisung, Modifikationen vorzunehmen – das eigenhändige Plazet Franz’ I. oder Maria Theresias erhielt. Fragen der Reichspolitik, die man für außerordentlich wichtig hielt, wurden darüber hinaus in sogenannten Reichskonferenzen beraten, an denen der Reichsvizekanzler, der Reichshofratspräsident, der Staatskanzler und bei Bedarf weitere Personen teilnahmen195. Den jeweiligen Vortrag hielt in der Regel der Reichsvizekanzler. Die Quellengruppe der Vorträge (Reichskanzlei und Staatskanzlei) ist hinsichtlich der Gestaltung der österreichischen Reichstagspolitik insofern außerordentlich wichtig, als sich anhand dieser Referate und der jeweiligen Resolutionen Franz’ I. und Maria Theresias nachweisen lässt, inwiefern das Herrscherpaar an der inhaltlichen Ausgestaltung der Politik am Reichstag beteiligt war. Für Franz I. ist beispielsweise dokumentiert, dass er im Jahr 1754, als es um die Frage ging, ob der Konkommissar Palm auf Drängen des Prinzipalkommissars Thurn und Taxis aus Regensburg abberufen werden sollte, die diesbezügliche Resolution eigenhändig verfasste196. Und Maria Theresia hat sich zumindest gelegentlich mit Details der Reichstagspolitik befasst, etwa mit der Frage, um hier ein konkretes Beispiel zu nennen, ob dem brandenburg-ansbachischen Reichstagsgesandten Johann Lorenz von Seefried eine jährliche Pension gezahlt werden sollte197. Allerdings fand bei Weitem nicht jeder Bericht aus Regensburg den Weg in die Konferenz oder die Reichskonferenz. Routineangelegenheiten und Fragen von zweitrangiger Bedeutung wurden dort in aller Regel nicht behandelt, wobei allerdings die ausgehenden herrscherlichen Reskripte an die Prinzipalkommission und die Reichstagsgesandten von Franz I. bzw. Maria Theresia eigenhändig unterschrieben wurden. Aus den Unterschriften abzuleiten, dass sich das Kaiserpaar regelmäßig mit sämtlichen Einzelheiten der Reichstagsverhandlungen befasst hat, geht an der Realität sicherlich vorbei. Maßgeblich waren vielmehr die Reichskanzlei und die Staatskanzlei, die im Untersuchungszeitraum in Konkurrenz zueinander standen198. 194 Vgl. Kap. I 2 mit Anm. 94. 195 So Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 31; vgl. auch Th. Fellner/Kretschmayr, Zentralverwaltung, S. 52 f.; Groß, Reichshofkanzlei, S. 184. Belege für Reichskonferenzen im Untersuchungszeitraum finden sich unter anderem in folgenden Schreiben: Weisung an Palm, Wien 16. 9. 1748, Kopie: HHStA, RK, PK, Weisungen 7a, unfol.; Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 21. 9. 1748, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 81b, unfol.; Weisungen an die Prinzipalkommission, Pressburg 19. 5. 1751 und Wien 4. 4. 1752, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 7b, jeweils unfol.; vgl. ferner die Akten in dem Bestand HHStA, RK, DA, Vorträge 6d und 7a. 196 Vgl. hierzu die Aufzeichnungen bei Khevenhüller-Metsch/Schlitter (Hg.), Tagebuch, Bd. 3, S. 465 f. 197 Vgl. die Vorträge Kaunitz’ für Maria Theresia, Wien 2. und 5. 8. 1757, HHStA, StK, Vorträge 81, Konv. »1757 VIII – IX fol. 1 – 201«, fol. 7 – 8 bzw. 11. 198 Einen Überblick über die Geschichte und Bedeutung der Reichs(hof)kanzlei liefert Auer,

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Voraussetzungen und Rahmenbedingungen

Das Ringen dieser beiden Behörden erfolgte im Zeichen des »meteorhafte[n] Aufstieg[s]«199 der 1742 neu konstituierten Staatskanzlei, die als selbständige Behörde – gewissermaßen unter Loslösung dieser Materien von der österreichischen Hofkanzlei200 – für die außenpolitischen Agenden und die Angelegenheiten des Erzhauses zuständig wurde. Sie wurde unter der Leitung des Staatskanzlers Kaunitz »zur unumstrittenen Lenkerin der habsburgischen Außenpolitik«201 und konnte sich überdies als zentraler Faktor in reichspolitischen Entscheidungsprozessen etablieren. Für die Reichstagspolitik des Wiener Hofes bedeutete dies, dass nicht nur zwei Herrscher, die in politischen Fragen nicht immer d’accord waren, an den Entscheidungen beteiligt waren, sondern dass überdies zwei Behörden, deren personelle Spitzen in einem angespannten Verhältnis zueinander standen, darum wetteiferten, den reichspolitischen Kurs zu bestimmen. In den ersten Jahren nach der Neukonstituierung der Staatskanzlei spielte dies noch keine substanzielle Rolle. Die Staatskanzlei war zur damaligen Zeit de facto »ein EinMann-Betrieb«202 unter der Leitung des Staatssekretärs Bartenstein, der die Geschicke der Wiener Politik maßgeblich prägte. Staatskanzler Ulfeld, dem die Forschung lediglich Mittelmäßigkeit attestiert203, hatte bei weitem nicht die herausragende Bedeutung Bartensteins. Er war vielmehr dessen »gefügiges Werkzeug«204. Zu einer wegweisenden Kräfteverschiebung zuungunsten Bartensteins kam es dann nach der Installierung Kaunitz’ als Staatskanzler im Mai 1753205. Kaunitz gab der Staatskanzlei in der Folgezeit ein neues Profil, das zu einem nicht geringen Teil auf Kosten der Reichskanzlei ging. Spannungen mit Colloredo, dem schon Zeitgenossen und auch Teile der älteren Forschung mangelnde Kenntnisse in Reichsangelegenheiten unterstellt haben206, obwohl er ja

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Reichshofkanzlei; vgl. ferner das grundlegende Werk von Groß, Reichshofkanzlei. Eine umfassende Monografie zur Geschichte der Staatskanzlei im 18. Jahrhundert fehlt bislang. Hochedlinger, Krise, S. 56. Zur Genese des Ringens zwischen Reichskanzlei und österreichischer Hofkanzlei vgl. Groß, Kampf. Heinz Duchhardt spricht in diesem Zusammenhang von »organisatorischen Defiziten des Politikmanagements der Wiener Hofburg«; Duchhardt, Balance, S. 122. Hochedlinger, Krise, S. 51; vgl. Walter, Zentralverwaltung, S. 77; Klingenstein, Aspekte, S. 82 – 86; Kulenkampff, Österreich, S. 3. Klingenstein, Staatskanzlei, S. 247; Dies., Aufstieg, S. 295; Dies., Aspekte, S. 86. Vgl. ebd. sowie Schlitter, Ulfeldt; Klingenstein, Staatskanzlei, S. 247; Szabo, Absolutism, S. 42; vgl. auch das zeitgenössische Porträt bei C. Hinrichs (Hg.), Podewils, S. 80 – 83. Zum politischen Wirken Ulfelds fehlen Untersuchungen. Friedrich der Große warnte seinen Gesandten Otto Christoph Graf von Podewils jedenfalls ausdrücklich vor dem Staatskanzler : »Soyez assur¦ que le comte Ulfeld est votre ennemi jur¦«; Schreiben Friedrichs, Potsdam 24. 7. 1747; PC 5, S. 442. Schlitter, Ulfeldt, S. 185. Podewils bezeichnete Bartenstein als Orakel Ulfelds; vgl. C. Hinrichs (Hg.), Podewils, S. 81. Ausführlich dazu Klingenstein, Staatskanzlei. Vgl. C. Hinrichs (Hg.), Podewils, S. 96 f.; Arneth, Geschichte, Bd. 4, S. 264; Felgel, ColloredoMels; Braubach, Diplomatie, S. 31; Groß, Reichshofkanzlei, S. 351 – 355 (mit weiteren Quel-

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in den 1730er Jahren als kurböhmischer Gesandter das Regensburger Geschäft kennengelernt hatte, blieben nicht aus. Aus den nachfolgenden Jahren finden sich mehrere Zeugnisse, die erkennen lassen, in welch starkem Maße die Staatskanzlei versuchte, Kompetenzen der Reichskanzlei zu beschneiden. Hinzu traten offenbar persönliche Eifersüchteleien207 zwischen Colloredo und Kaunitz, dem die Forschung wohl nicht ganz zu Unrecht »mimosenhafte Empfindlichkeit«208 nachsagt. Diese Spannungen wurden auch von auswärtigen Beobachtern registriert209 und insofern verschärft, als der Reichsvizekanzler und der Staatskanzler im Prinzip unterschiedlichen Weisungsträgern unterstanden. Heinrich Kretschmayr hat dies in seiner Untersuchung zum Amt des Reichsvizekanzlers treffend zum Ausdruck gebracht: »Kaunitz hat wirklich auch in Reichssachen nur den Rath Colloredo’s gehört und durch sein Referat beim Kaiser es in der Hand gehabt, eine Modificirung vicekanzlerischer Anträge durchzusetzen […]. Colloredo ist als Reichsvicekanzler kein Beamter Maria Theresias gewesen, sondern nur ihres Gemahls, beziehungsweise ihres Sohnes.«210 Dass sich Kaunitz, der dem gewöhnlichen Prozedere in Regensburg übrigens durchaus kritisch gegenüberstand211, in diesem beständigen Ringen durchzusetzen vermochte, hatte für die österreichische Reichspolitik gewichtige Konsequenzen212. Denn zu deren Spiritus Rector war nun der ambitionierte Vertrauensmann Maria Theresias avanciert, der dezidiert für einen scharfen antipreußischen Kurs eintrat, und nicht Colloredo, der wohl wich-

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lenhinweisen). Positiver urteilen Fürnrohr, Vertreter, Teil 2, S. 104 f.; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 29 f.; Kubesˇ, Colloredo, insbesondere S. 132; Gnant, Franz Stephan, S. 126. Zum Leben und politischen Wirken Colloredos, der 1763 in den Reichsfürstenstand erhoben wurde, vgl. ferner Crollalanza, Adelsgeschlecht, S. 216 f., sowie Allmayer-Beck, Colloredo-Waldsee. Eine umfangreiche Gesamtuntersuchung des politischen Wirkens Colloredos fehlt bislang. So zum Beispiel das Urteil des kaiserlichen Diplomaten Johann Anton Graf von Pergen; vgl. Brabant, Kampf, Bd. 3, S. 76. Zur langjährigen Konkurrenz zwischen Kaunitz und Colloredo vgl. auch Klingenstein, Aufstieg, S. 261 f. Vocelka, Glanz, S. 53. Vgl. etwa das Schreiben des Franz Michael Florence von Lilien an den Prinzipalkommissar Alexander Ferdinand Fürst von Thurn und Taxis, Wien 21. 4. 1754, wo im Hinblick auf die Wiener Zustände von »cette diable de jalousie« die Rede ist; Ausf.: FTTZA, HFS 887, unfol. Kretschmayr, Reichsvicekanzleramt, S. 460; vgl. Groß, Reichshofkanzlei, S. 83 f. In einer aufschlussreichen Weisung nach Regensburg äußerte sich Kaunitz in späteren Jahren wie folgt: »Man pflegt nach alter Gewohnheit auf dem Reichstag die Geschäfte lang liegen zu lassen, man läßt die Gegenstände fast ganz in Vergessenheit kommen, aber auf einmal je nachdem es die Absichten der überwiegenden Partei erfordern, und oft auch bloß aus einem vorübergehenden Anfall von Tätigkeit ziehet man die verworrensten Materien hervor, die nur wenige verstehen, versichert sich durch Intrigen der Majora und bringt einen Schluß hervor, an dem man in allen Teilen Zeichen der Übereilung bemerkt«; zitiert nach Muzik, Bori¦, S. 69 (ohne Datumsangabe). Das Urteil Aretins, die Staatskanzlei habe erst gegen Ende der 1770er Jahre rege an den Reichstagsgeschäften Anteil genommen (vgl. Aretin, Heiliges Römisches Reich, Bd. 1, S. 58 f.), lässt sich nicht mehr halten.

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tigste Mitarbeiter Franz’ I.213 Dem Reichsvizekanzler blieben faktisch nur noch diejenigen Reichsangelegenheiten, die nicht von größerem Belang für die österreichische Außenpolitik waren214, was beiden Seiten freilich nicht unerheblichen Spielraum für Interpretationen ließ. Das Kompetenzgerangel der beiden Behörden lässt sich bis in Einzelheiten hinein verfolgen. So erging am 24. Januar 1755 eine Weisung Kaunitz’ an die österreichischen Minister bei den Reichskreisen Johann Anton Graf von Pergen, Franz Christoph Joseph Freiherr von Ramschwag und Philipp Neri Graf von Welsperg-Reitenau, »daß sie künftighin diejenigen Materien und Vorfallenheiten, so allein das Durchlauchtigste Erzhaus betreffen und nicht zugleich in die Allerhöchsten kayserlichen Verrichtungen miteinschlagen, auch allein der Kayserl. Königl. Staatskanzlei zuzufertigen; folglich hiervon weder Duplicate noch gleichlautende Berichte der Reichskanzlei einsenden sollen.«215 Hintergrund war offenbar die bisherige Praxis, Duplikate von Schreiben, die an die Staatskanzlei gerichtet waren, an die Reichskanzlei zu senden, was laut der genannten Weisung »eine überflüssige Arbeit und Schreiberei«216 verursacht habe. Ganz augenscheinlich wurde hier unter dem Deckmantel der Rationalisierung ein Prozedere installiert, das die Position der Reichskanzlei gegenüber der Staatskanzlei schwächen sollte. Gerade vor diesem Hintergrund wird verständlich, dass Kaunitz höchst sensibel reagierte, wenn er Kompetenzen der Staatskanzlei verletzt sah. Aktenkundig geworden ist ein solcher Fall in der Reichstagskorrespondenz wenige Monate vor Ausbruch des Siebenjährigen Krieges. So heißt es in einer Weisung der Staatskanzlei an die Reichstagsgesandten Seilern und Buchenberg vom 4. Juni 1756, der Konkommissar Seydewitz habe sich angemaßt, zugunsten des Reichsvizekanzlers und somit zuungunsten der Staatskanzlei in den gewohnten Geschäftsgang einzugreifen217. Die beiden Gesandten sollten Seydewitz nachdrücklich zu verstehen geben, nicht gegen die Kompetenzen der Staatskanzlei zu handeln. Inwiefern es sich hierbei um einen Ausnahmefall handelt, muss beim gegenwärtigen Forschungsstand offen bleiben. Auf das Ganze des Untersuchungszeitraums gesehen waren solche Vorkommnisse nach Auskunft der Reskripte der Wiener Hofburg an die Reichstagsgesandten jedenfalls nicht die Regel. Der Blick auf die personellen Spitzen von Reichs- und Staatskanzlei reicht freilich nicht aus, um das Prozedere der konkreten inhaltlichen Ausgestaltung der österreichischen Reichstagspolitik adäquat zu erfassen. Hierbei wird man vielmehr auch die Mitarbeiter aus dem zweiten Glied berücksichtigen müssen. In der Reichskanzlei kam den sogenannten Reichsreferendaren (Sekretäre 213 214 215 216 217

Vgl. Ders., Das Alte Reich, Bd. 3, S. 29. Vgl. Groß, Reichshofkanzlei, S. 98. Druck: Kulenkampff, Österreich, Aktenstück 3, S. 162. Ebd. Vgl. die Weisung an Seilern und Buchenberg, Wien 4. 6. 1756, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol.

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der deutschen Expedition) besondere Bedeutung zu, denn sie waren unter anderem für die Konzipierung der ausgehenden Schreiben nach Regensburg zuständig. Im Untersuchungszeitraum waren dies Andreas Mohr218, ein Mann Bartensteins, der zuvor in der Staatskanzlei tätig gewesen war, sowie nach dessen Tod im Januar 1759 der Reichshofrat Egid Valentin Felix Freiherr von Bori¦ (Beaurieux)219. Bori¦, der unter anderem infolge seiner Freundschaft mit dem Geheimen Staatsreferendar Friedrich Freiherr Binder von Krieglstein220, einem wichtigen Vertrauten Kaunitz’, Verbindungen zur Staatskanzlei hatte221, gilt in der Forschung als ausgesprochener Vertrauensmann Franz’ I. und Maria Theresias222. Nach Bori¦s Übertritt in den neu gegründeten Staatsrat Anfang 1761 ernannte der Reichserzkanzler auf Druck des Wiener Hofes einen Proteg¦ Kaunitz’, Christian August von Beck223, zum Nachfolger. Ob und inwiefern die Reichsreferendare bei der Konzipierung des Schriftverkehrs mit Regensburg mit einer gewissen Selbständigkeit agieren konnten, ist schwer einzuschätzen. Groß hat jedenfalls darauf hingewiesen, dass Mohr gegenüber dem Reichsvizekanzler nicht selbständig arbeiten konnte224. Am ehesten hat es wohl der sehr schreibversierte und im Reichsrecht bewanderte Bori¦ während des Siebenjährigen Krieges vermocht, inhaltliche Positionen selbst mit zu gestalten. Er gilt nicht zu Unrecht als treibendes Element des Reichsachtverfahrens gegen Friedrich den Großen225. Bezüglich der wichtigsten Mitarbeiter Kaunitz’ in der Staatskanzlei, die mit Angelegenheiten des Reiches befasst waren, ist neben dem mit dem Staatskanzler befreundeten Staatsreferendar Binder auf die Tätigkeit Heinrich Ga-

218 Vgl. Groß, Reichshofkanzlei, S. 399. Von den vergleichsweise unübersichtlichen Konzepten Mohrs wurden aus Gründen der besseren Lesbarkeit oftmals Reinkonzepte angefertigt. 219 Bori¦s Leben und Wirken ist monografisch erfasst; vgl. Muzik, Bori¦, hier S. 43 ff. zu seiner Tätigkeit als Reichsreferendar ; vgl. außerdem Gschließer, Reichshofrat, S. 454 ff.; Rohr, Reichstag, S. 43 f. und 313; Fürnrohr, Vertreter, Teil 2, S. 136 ff.; Klueting, Lehre, S. 274 – 283; Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 285 f. (»energischer Verfechter kaiserlicher Machtpolitik«); Kunisch, Aufklärung, S. 1009 – 1016; Schort, Politik, S. 318 f.; Jahns, Reichskammergericht, Teil 2/1, S. 222 – 235. 220 Zur Person Binders und zu seiner Stellung in der Staatskanzlei vgl. Arneth, Binder; Benedikt, Binder; Klingenstein, Aufstieg, S. 299; Dies., Aspekte, S. 87 – 90; Szabo, Absolutism, 17 f.; Lebeau, Verwandtschaft, S. 297 – 300; Strimitzer, Binder. Konkrete Belege zu Binders Tätigkeit als Konzipist sind der Dissertation von Lothar Schilling zu entnehmen; vgl. hierzu die Registereinträge in L. Schilling, Kaunitz, S. 412. 221 Vgl. Brabant, Kampf, Bd. 3, S. 40; Klueting, Lehre, S. 278. In der Korrespondenz des Fürsten von Thurn und Taxis wird Binder treffend als Faktotum bezeichnet; vgl. Lilien an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 10. 12. 1753, Ausf.: FTTZA, HFS 886, unfol. 222 Vgl. Groß, Reichshofkanzlei, S. 399; Fürnrohr, Vertreter, Teil 2, S. 137; Jahns, Reichskammergericht, Teil 2/1, S. 227. 223 Vgl. Groß, Reichshofkanzlei, S. 400 f. 224 Vgl. ebd., S. 399. 225 Vgl. Brabant, Kampf, Bd. 2, S. 365; Gschließer, Reichshofrat, S. 455; Fürnrohr, Vertreter, Teil 2, S. 137.

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briels Freiherr von Collenbach226 hinzuweisen. Collenbach, der zuvor in nassauischen Diensten stand, wurde 1753 als Geheimer Staatsoffizial und Wirklicher Hofrat in die Staatskanzlei berufen. Zunächst als ›Generalist‹ keinem räumlichen Schwerpunkt zugeordnet, wurde Collenbach im Verlauf des Siebenjährigen Krieges mit der Ausarbeitung wichtiger Staatsschriften betraut und gegen Ende des Krieges als österreichischer Bevollmächtigter in den Friedensverhandlungen mit Preußen eingesetzt, was ihm noch 1763 die Erhebung in den Freiherrnstand einbrachte. 1766 wurde ihm dann im Zuge einer Umgestaltung der Staatskanzlei speziell die Erledigung der Reichsangelegenheiten zugeordnet. Von den namentlichen Vermerken der Reichs- und Staatsreferendare auf den Konzepten und Ausfertigungen in genereller Weise auf eine substanzielle inhaltliche Mitwirkung im Schriftverkehr zu schließen, ist quellenkritisch gesehen ausgesprochen problematisch. Aber immerhin erlauben diese Vermerke konkrete Anhaltspunkte hinsichtlich der Fragen, auf welche Mitarbeiter der Staatskanzler und der Reichsvizekanzler in Reichsangelegenheiten bevorzugt zurückgriffen und ob damit möglicherweise bestimmte inhaltliche Ausrichtungen verbunden waren, denkt man etwa an Bori¦s forsches Vorgehen gegenüber Preußen im Siebenjährigen Krieg.

3. Die Reichstagsgesandtschaften Franz’ I. und Maria Theresias: Personen, Verflechtungen und Strukturen Die Rückkehr des Reichstags nach Regensburg gegen Ende des Jahres 1745 bedeutete schon allein deshalb eine Zäsur für die Reichstagspolitik der Wiener Hofburg, weil Maria Theresia keine Gesandtschaft in Frankfurt, wohin der Reichstag 1742 unter Karl VII. verlegt worden war, unterhalten hatte227. Vielmehr hatte Österreich versucht, eine Art Sonderreichstag in Regensburg zu inszenieren, allerdings ohne nennenswerten Erfolg228. Nach der Wahl und Krönung Franz’ I. und der Rückkehr des Reichstags an seinen angestammten Ort galt es somit aus Sicht der Hofburg, eine Art Neuanfang in Regensburg zu starten, der sich zum Teil auch in der Personalpolitik manifestierte. Maria Theresia beanspruchte als Königin von Böhmen Sitz und Stimme im Kurfürstenrat sowie das Recht der Teilnahme ihres Wahlbotschafters an den Verhandlungen über die Wahl des römisch-deutschen Königs bzw. Kaisers229. 226 Zur Rolle Collenbachs vgl. Felgel, Collenbach; Klingenstein, Aspekte, S. 87 ff.; Szabo, Absolutism, S. 48, 52 und 64; Kulenkampff, Österreich, S. 134; Schort, Politik, S. 318. 227 Vgl. Meisenburg, Reichstag, S. 33 – 77; Hein, Reichstag, S. 77 – 127; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 2, S. 440 – 447. 228 Vgl. Meisenburg, Reichstag, S. 37 f. 229 Zur staatsrechtlichen Stellung Böhmens, zu den Hintergründen der Readmission 1708 sowie

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Die böhmische Wahlstimme war trotz der sogenannten Readmission der böhmischen Kur 1708 – noch im selben Jahr war ein kurböhmischer Gesandter in Regensburg erschienen230 – aufgrund von Rechtsstreitigkeiten bei der Wahl Kaiser Karls VII. suspendiert geblieben. Erst mit der Wahl Franz’ I. änderte sich dies, und im Frieden von Dresden 1745 erkannte selbst Preußen, das zuvor gemeinsam mit der Kurpfalz gegen die Zulassung der böhmischen Wahlstimme protestiert hatte231, die böhmische Kur an. Dies war zweifellos ein wichtiger reichspolitischer Erfolg des Wiener Hofes. Im Reichsfürstenrat führte der österreichische Direktorialgesandte Marquard Paris Anton Freiherr von Buchenberg neben der Stimme für das Erzherzogtum Österreich auch die Voten Burgunds (für die Österreichischen Niederlande) und der kleinen lothringischen Markgrafschaft Nomeny. Sitz und Stimme Nomenys durfte Franz Stephan, der damals designierte Großherzog von Toskana und spätere Kaiser, laut Reichstagsbeschluss vom 18. Mai 1736 aufgrund seiner bisherigen Eigenschaft als Herzog von Lothringen führen232. Der Prinzipalkommissar, der Konkommissar und der Gesandte für Nomeny wurden vom Kaiser ernannt, die Gesandten Österreichs, Böhmens und Burgunds von Maria Theresia, wobei das Herrscherpaar sehr viel Wert darauf legte, als handelnde Einheit aufzutreten und keinesfalls »auch nur den Schein einer Absönderung Plaz zu geben«233. Die Prinzipalkommission sollte dementsprechend in engem Verbund mit den übrigen Gesandtschaften des Wiener Hofes agieren. Insgesamt gesehen lässt die Wiener Personalpolitik nach dem Regierungsantritt Franz’ I. erkennen, dass man in der Hofburg sehr darauf achtete, Persönlichkeiten für die Regensburger Posten auszuwählen, die den spezifischen Anforderungen des Reichstagsgeschehen in ständischer und fachlicher Hinsicht gerecht wurden. Dahinter stand die Überzeugung, dass es in den Reichstagsverhandlungen »guten theils auf das personale ankomme«234, wie Palm in einem Bericht an Reichsvizekanzler Colloredo vom 12. Oktober 1753 treffend bemerkte. Denn schon die Zeitgenossen – Friedrich der Große und Kaunitz wurden in diesem Zusammenhang bereits zitiert235 – empfanden die

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zur böhmischen Rolle bei den Kaiserwahlen von 1742 und 1745 vgl. Begert, Böhmen, S. 479 – 484; vgl. außerdem Meisenburg, Reichstag, S. 22 f.; Hein, Reichstag, S. 35 f. und 75; Gotthard, Säulen, Bd. 1, S. 173 f. Vgl. Fürnrohr, Die kurböhmischen Gesandten, S. 27 f.; Ders., Vertreter, Teil 2, S. 99 ff. Vgl. Kap. II 1 c Anm. 112. Vgl. Hein, Reichstag, S. 33 f.; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 2, S. 418; Zedinger, Franz Stephan, S. 66. So die Weisung an Palm, Wien 6. 1. 1745; zitiert nach Hein, Reichstag, S. 14 Anm. 37; in diesem Sinne auch die Instruktion für den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 25. 1. 1748, Ausf.: HHStA, RK, PK, Instruktionen 2, unfol. Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 91b, unfol. Vgl. Kap. II 1 c und Kap. II 2 Anm. 211.

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Wissensvoraussetzungen, die ein Reichstagsgesandter mitbringen musste, um sich auf dem glatten Regensburger Parkett behaupten zu können, als wichtigen Faktor, der über Erfolg oder Misserfolg entscheiden konnte. Nicht zu Unrecht ist die Reichspolitik als »Geheimwissenschaft der Reichstagsgesandten«236 bezeichnet worden, deren Kompetenz in Fragen des Reichstags nicht selten größer war als die des Herrschers oder des zuständigen Kabinettministers237. Wichtiger noch als die Kompetenzfrage ist für die Fragestellungen der vorliegenden Arbeit der Hinweis auf die Bedeutung von Verwandtschafts- und Klientelverbänden bei der Auswahl von Reichstagsgesandten. Gerade die Reinhard-Schule hat in den vergangenen Jahren überzeugend darauf hingewiesen, dass das Wirken von Diplomaten an ihrem Tätigkeitsort durch eine charakteristische Rollenvielfalt geprägt war. Der Fürstendienst war dabei nur eine Rolle, die der Gesandte zu spielen hatte. Weitere Rollen, die mit den Reinhardschen Kategorien Verwandtschaft, Landsmannschaft, Freundschaft und Patronage erfasst werden können, traten hinzu. Hierauf wird an späterer Stelle zurückzukommen sein238. Erwähnenswert ist jedenfalls bereits an dieser Stelle, dass die Reichstagsgesandten der Wiener Hofburg (einschließlich des Prinzipalkommissars und des Konkommissars) allesamt Akteure waren, die schon vor ihrem Wirken in Regensburg in mehr oder weniger ausgeprägter Weise als feste Bestandteile personaler Netzwerke agierten, deren Tragweite auch für ihre Tätigkeit in Regensburg von nicht zu unterschätzender Bedeutung war. a) Die Prinzipal- und Konkommissare Der Prinzipalkommissar hatte drei besonders wichtige Funktionen am Immerwährenden Reichstag239. Erstens repräsentierte er, gewissermaßen als Alter Ego, den Kaiser, der im Untersuchungszeit dieser Arbeit dort nicht physisch präsent war. Zweitens hing mit dieser Funktion zusammen, dass der Prinzipalkommissar und sein Hof den Mittelpunkt des gesandtschaftlichen Lebens in Regensburg darstellten und dass er sowohl in zeremonieller als auch in gesellschaftlicher Hinsicht eine Schlüsselstellung innehatte, etwa bei Hul236 Aretin, Heiliges Römisches Reich, Bd. 1, S. 26. 237 Vgl. ebd., S. 57; siehe dazu auch das zugespitzte Urteil von Aretin, Ruhe, S. 131: »Häufig bestimmte der Gesandte in Regensburg und nicht die Regierung die Reichspolitik des betreffenden Landes.« 238 Vgl. vor allem die Ausführungen in Kap. III 2 b und d. 239 Zur Rolle und Bedeutung des Prinzipalkommissars vgl. Hellwig, Rechtsstellung; Corterier, Reichstag, S. 48 ff.; Fürnrohr, Vertreter, Teil 1, S. 86 – 111; Hoke, Prinzipalkommissar; Kammerhofer, Prinzipalkommission; Piendl, Prinzipalkommissariat; Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 252 – 255. Aufschlussreiche zeitgenössische Beschreibungen der Aufgaben des Prinzipalkommissars finden sich bei J. J. Moser, Teutsches Staatsrecht, Bd. 44, S. 145 – 418; Ders., Von denen Teutschen Reichs-Taegen, Bd. 1, S. 78 – 143; Bülow, Geschichte des Reichstages, Bd. 1, S. 78 – 120.

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digungen, der Akkreditierung von Gesandten, Audienzen, den zahlreichen Festen anlässlich der Geburts- und Namenstage der kaiserlichen Familie oder auch den Trauerfeiern anlässlich von Todesfällen im Kaiserhaus. Drittens nahm der Prinzipalkommissar zwar nicht an den Verhandlungen in den Reichstagskurien teil, aber er übermittelte die kaiserlichen Dekrete, nahm die Reichsgutachten in Empfang und war somit ein wichtiger personeller Bestandteil der ritualartigen Praxis des Austauschs von Schriftsätzen. Im Untersuchungszeitraum 1745 bis 1763 waren Joseph Wilhelm Ernst zu Fürstenberg-Stühlingen (1699 – 1762) und Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis (1704 – 1773) als Prinzipalkommissare am Reichstag tätig. Sie waren beide zum Zeitpunkt ihrer Ernennung zum Prinzipalkommissar Reichsfürsten240 und lassen sich als Diplomaten vom »type ancien« (Hillard von Thiessen) charakterisieren241. Dieser Typus ist dadurch gekennzeichnet, dass der jeweilige Diplomat (hier der Prinzipalkommissar) noch nicht über eine berufsspezifische Ausbildung im Stile der modernen Fachdiplomaten verfügte. Für die Tätigkeit als Prinzipalkommissar war auch von untergeordneter Bedeutung, ob und inwiefern die betreffende Person zum Zeitpunkt ihrer Ernennung reichstagsspezifische Kenntnisse besaß. Vielmehr war entscheidend, dass der Diplomat vom »type ancien« als hochadliger Fürstendiener über bestimmte Eigenschaften verfügte, die letztlich aus seiner distinguierten sozialen Stellung resultierten. Dazu zählte insbesondere die Beherrschung der standestypischen höfischen Verhaltensformen, um den jeweiligen Dienstherrn gerade auf zeremoniellem Terrain adäquat vertreten zu können242. Glaubt man den Urteilen der neueren Forschung, dann bewegte sich der Fürst von Fürstenberg zumindest auf diesem Gebiet durchaus mit Erfolg243. Nach dem Aussterben der Heiligenberger Linie 1716 und der Meßkircher Linie 1744 vereinte Joseph Wilhelm Ernst244, der der Stühlinger Linie des Hauses 240 Vgl. generell Stollberg-Rilinger, Würde, S. 204: »Ein Stellvertreter des Kaisers mußte diesen in doppelter Hinsicht repräsentieren: Er vertrat nicht nur dessen Stelle in dem Sinne, daß sein Handeln dem Kaiser selbst zugerechnet wurde, sondern auch in dem Sinne, daß er dessen soziale Würde und Ehre sichtbar darstellte. Beides konnte er nach dem Verständnis der Zeit nur, wenn er selbst von hoher ständischer Herkunft war, wenn er – im weitesten Sinne – ein Standesgenosse des Kaisers war.« 241 Vgl. Thiessen, Diplomatie vom type ancien; Ders., Diplomatie und Patronage, S. 221 – 228. 242 Dieser Themenkomplex ist in jüngerer Zeit intensiv erforscht worden; vgl. neben den genannten Arbeiten Hillard von Thiessens beispielshalber die Ausführungen von Krischer, Gesandtschaftswesen, hier insbesondere S. 201 – 210. Es wird deutlich erkennbar, dass der hochadlige Diplomat vom »type ancien« doch andere Charakteristika aufwies als die Funktionselite, die in Teilen der neueren Forschung als »Reichspersonal« (vgl. Wendehorst/Westphal, Einleitung) bezeichnet wird. 243 A. Schmid, Max III. Joseph, S. 23, gelangte unter anderem auf Grundlage einer zeitgenössischen Äußerung Colloredos zu dem Urteil, Fürstenberg sei »ein Mann von vollendeten Umgangsformen und schätzenswertem Charakter, aber ebenfalls nur sehr begrenztem politischen Sachverstand« gewesen. 244 Zum Leben und Wirken Fürstenbergs, dessen namensgebender Taufpate der spätere Kaiser Joseph I. war, vgl. die zeitgenössische Beurteilung von Khevenhüller-Metsch/Schlitter (Hg.),

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Fürstenberg entstammte, den gesamten Hausbesitz und schuf damit, so Volker Press, »auf kurze Zeit das zweitwichtigste Territorium des deutschen Südwestens«245. Verheiratet war er seit 1723 mit Maria Anna von Waldstein, der Tochter des Grafen Johann Joseph von Waldstein, die damals zu den reichsten böhmischen Erbinnen zählte246. Mit dem Tod ihres Vaters 1731 wurde sie Universalerbin des Besitzes. Joseph Wilhelm Ernst verfügte somit nicht nur über Kontakte zum einflussreichen böhmischen Adel, sondern auch über finanziellen Handlungsspielraum. Dies war möglicherweise mit ausschlaggebend dafür, dass er 1735 Nachfolger seines Vetters und vormaligen Vormunds Froben Ferdinand von Fürstenberg-Meßkirch im Amt des Prinzipalkommissars wurde247. Durch dieses ebenso kostspielige wie prestigeträchtige Amt erwarb Joseph Wilhelm Ernst beträchtliches symbolisches Kapital (im Sinne Bourdieus)248, das durch die Ernennung zum kaiserlichen Geheimen Rat (1735) und die Aufnahme in den Orden vom Goldenen Vlies (1739) noch weiter vermehrt wurde. Durch den Tod Kaiser Karls VI. im Jahr 1740 geriet der Prinzipalkommissar in eine ausgesprochen prekäre Lage im Spannungsfeld bayerischer und österreichischer Interessen. Karl VII. bestätigte den Fürsten nach seinem Regierungsantritt 1742 als Prinzipalkommissar und verlieh ihm zudem das Amt des kaiserlichen Obersthofmeisters. Dass sich Fürstenberg in dieser »bedenklichen Optionsfrage zwischen dem Reichsoberhaupt und der Großmacht Österreich«249 auf die Seite des Wittelsbachers schlug, hatte für ihn gravierende Konsequenzen. Im weiteren Verlauf des Österreichischen Erbfolgekrieges musste seine Gemahlin Böhmen verlassen, ihre Güter wurden 1743 von den Österreichern konfisziert, und die Besitzungen des Prinzipalkommissars in Schwaben und Österreich waren österreichischem und französischem Zugriff ausgesetzt. Vermutlich auf Fürstenbergs eigenen Wunsch folgte ihm im Februar 1743 Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis im Amt des Prinzipalkommissars nach250.

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Tagebuch, Bd. 1, S. 124, sowie darüber hinaus Münch/Fickler, Fürstenberg, Bd. 4, S. 237 – 266 (mit panegyrischen Tendenzen); Wurzbach, Lexikon, Bd. 5, S. 17 f.; Meisenburg, Reichstag, S. 38, 83 und 115; Johne, Fürstenberg; Hein, Reichstag, S. 85; Bader, Fürstenberg, S. 695 f.; Meissner, Reichsstände, S. 132 ff.; Fürnrohr, Gesandtennepotismus, S. 163 f.; Ders., Vertreter, Teil 1, S. 101 – 105; Luttenberger, Fürstenberg, hier insbesondere S. 28; Press, Fürstenberg, hier vor allem S. 159 f.; Mauerer, Reichsadel, S. 295 f.; speziell zu Fürstenbergs Rolle als bayerischer Unterhändler bei den Verhandlungen zum bayerisch-österreichischen Frieden von Füssen vom 22. 4. 1745 vgl. die populär gehaltene Darstellung von Siefert, Frieden. Press, Fürstenberg, S. 158. Maria Anna von Waldstein, mit der Fürstenberg acht Kinder hatte, starb 1756. Fürstenbergs zweite Gemahlin war Anna Maria Gräfin von der Wahl (»ein armes Fräulein edler Abkunft«; Münch/Fickler, Fürstenberg, S. 260); die 1761 geschlossene Ehe blieb kinderlos. Vgl. Mauerer, Reichsadel, S. 295 f. Vgl. Bourdieu, Kapital, S. 63 – 70. Press, Fürstenberg, S. 159. Vgl. Fürnrohr, Vertreter, Teil 1, S. 103.

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Für den weiteren politischen Werdegang Joseph Wilhelm Ernsts war es zweifellos von großer Bedeutung, dass er 1745 als bayerischer Unterhändler mit Erfolg den Frieden von Füssen mit Österreich aushandelte und damit den für seine politische Laufbahn in den Jahren zuvor charakteristischen persönlichen Interessenskonflikt zwischen Wittelsbach und Habsburg entschärfte251. Ohne den Erfolg in Füssen, so könnte man spekulieren, wäre seine abermalige Ernennung zum Prinzipalkommissar durch Franz I. im Oktober 1745252, die auch als deutliches Signal personeller Kontinuität zu den Regierungszeiten Karls VI. und Karls VII. interpretiert werden konnte253, möglicherweise nicht realisierbar gewesen. Die weitere Entwicklung wies eine interessante Koinzidenz der Ereignisse auf: Als Fürstenberg 1747 den Kaiserhof um seine Entlassung bat254, wurde im Jahr darauf abermals Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis mit dem Amt des Prinzipalkommissars betraut. Dass es diesbezügliche Absprachen der beiden gab, ist wahrscheinlich, gerade eingedenk der Tatsache, dass der Fürst von Thurn und Taxis, selbst Enkel einer Prinzessin von Fürstenberg-Heiligenberg, am 21. September 1750 die Prinzessin Maria Henriette Josepha, eine Tochter Fürstenbergs, heiratete. Der zweimalige Nachfolger im Amt des Prinzipalkommissars wurde also zusätzlich noch der Schwiegersohn Joseph Wilhelm Ernsts, der seinerseits ja 1735 die Nachfolge eines fürstenbergischen Verwandten als Prinzipalkommissar angetreten hatte. Bedenkt man zudem, dass nach dem Tod Alexander Ferdinands dessen Sohn und Nachfolger Karl Anselm die Nachfolge als Prinzipalkommissar in Regensburg antrat, so wird der offenkundig große personalpolitische Stellenwert des Faktors Verwandtschaft mit Händen greifbar255. Auch Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis war, ganz ähnlich wie Fürstenberg, während des Österreichischen Erbfolgekrieges in Konflikt mit 251 Gegner warfen Fürstenberg vor, er habe aus Furcht vor Konsequenzen für die böhmischen Güter seiner Frau den Österreichern in Füssen nur geringen Widerstand entgegengesetzt; vgl. Münch/Fickler, Fürstenberg, S. 257. Auch Bestechungsvorwürfe standen im Raum; vgl. Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 21. 252 Kreditiv und Vollmacht für Fürstenberg, Frankfurt am Main 8. 10. 1745, Konz.: HHStA, RK, PK, Instruktionen 1, unfol. 253 Vgl. hierzu das Urteil von Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 26: »Wenn Fürstenbergs Ernennung eine Anknüpfung an den Reichstag der Zeit Karls VII. gewesen sein sollte, dann war das nicht sehr geschickt eingefädelt, denn diese Ernennung mußte den Gerüchten neue Nahrung geben, daß es bei den Verhandlungen in Füssen nicht mit rechten Dingen zugegangen sei.« 254 Colloredo gelangte zu dem Urteil, dass dem Entlassungsgesuch Fürstenbergs keine widrige Gesinnung zugrunde lag; vgl. den Vortrag Colloredos, Wien 20. 10. 1747, HHStA, RK, DA, Vorträge 6d, fol. 233. Hintergrund waren wohl vielmehr finanzielle Erwägungen Fürstenbergs. 255 Fürnrohr spricht sogar von Nepotismus; vgl. Fürnrohr, Gesandtennepotismus, S. 163 f. und 166. Das Prinzipalkommissariat blieb bis zum Ende des Reichstags in Händen der Fürsten von Thurn und Taxis. Bereits Alexander Ferdinands Großvater mütterlicherseits, Ferdinand August Fürst von Lobkowitz, Herzog von Sagan, war als Prinzipalkommissar in Regensburg tätig gewesen; vgl. Fürnrohr, Vertreter, Teil 1, S. 93 – 96.

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dem Wiener Hof geraten256. Dies hing entscheidend damit zusammen, dass er Karl VII. finanziell unterstützt hatte, von 1743 bis 1745 als Prinzipalkommissar des Wittelsbachers am Reichstag tätig gewesen war und ihm sogar auf eigene Kosten ein Dragonerregiment zur Verfügung gestellt hatte257. 1742 war die Verärgerung Maria Theresias zwischenzeitlich so groß gewesen, dass sie eine Inhaftierung des damals in Brüssel weilenden Fürsten anordnete. Vor allem der Intervention des Kurfürsten von Mainz, des traditionellen protector postarum, war es zu verdanken, dass eine weitere Eskalation des Konflikts ausblieb258. Vor diesem Hintergrund erscheint es zunächst einmal verwunderlich, dass der Wiener Hof am 25. Januar 1748 den Fürsten von Thurn und Taxis zum Nachfolger Fürstenbergs im Amt des Prinzipalkommissars berief259. Bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass der Fürst in mehrerer Hinsicht ein Profil bot, das den reichspolitischen Interessen der Hofburg gerecht wurde. Die Thurn und Taxis gehörten seit 1695 dem Reichsfürstenstand an, und Alexander Ferdinand war als weltlicher Reichsfürst insofern im Vorteil, als es Stimmen am Wiener Hof gab, die nach dem Entlassungsgesuch Fürstenbergs Bedenken hatten, einen geistlichen Reichsfürsten zum Nachfolger als Prinzipalkommissar zu berufen. Dies sei, so Colloredo mit Blick auf den noch anhaltenden Krieg, »bey denen dermahligen welt-umständen nicht rathsam«260. Ein weiterer gewichtiger Grund für die Entscheidung Wiens, Alexander Ferdinand mit dem prestigeträchtigen Amt des Prinzipalkommissars zu betrauen, war die Finanzlage. Der Fürst war als Generalerbpostmeister Leiter der Kaiserlichen Reichspost und hatte seine Finanzstärke durch die Unterstützung Karls VII., der im Gegenzug das Generalerbpostmeisteramt am 2. Juli 1744 zu einem Thronlehen erhoben hatte, eindrucksvoll demonstriert. Die Gewinne aus der Reichspost und der niederländischen Post – zwischen 1749 und 1793 betrug der Reingewinn insgesamt 24,5 Millionen Gulden261 – gewährleisteten eine angemessene Repräsentation des Kaisers durch den Prinzipalkommissar, dessen aufwendige Hofhaltung in Regensburg ruinösen Charakter annehmen 256 Zum Leben und Wirken Alexander Ferdinands insgesamt vgl. die in Kap. I 1 Anm. 64 genannte Literatur. 257 Vgl. Freytag, Prinzipalkommissariat, S. 256; Fürnrohr, Vertreter, Teil 1, S. 107; Grillmeyer, Diener, S. 48 f.; umfassend Styra, Karriere, Kap. 5. Druck der Ernennungsurkunde, Frankfurt am Main 1. 2. 1743, Freytag, Prinzipalkommissariat, S. 271 ff.; vgl. dazu Dallmeier u. a. (Hg.), Hof, S. 128 f. 258 Vgl. Freytag, Prinzipalkommissariat, S. 256 f.; Piendl, Thurn und Taxis, S. 47 f.; Schlösser, Erzkanzler, S. 99 ff.; Behringer, Thurn und Taxis, S. 214; Grillmeyer, Diener, S. 49. 259 Vgl. die Instruktion Colloredos für den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 8. 12. 1747, Ausf.: HHStA, RK, PK, Instruktionen 2, unfol.; Instruktion Franz’ I. für Dens., Wien 25. 1. 1748, Ausf.: ebd., unfol.; Kreditiv für Dens., Wien 25. 1. 1748, Kopie: ebd., unfol. Der Einzug des Fürsten in Regensburg erfolgte am 1. 3. 1748. 260 Vortrag Colloredos, Wien 20. 10. 1747, HHStA, RK, DA, Vorträge 6d, fol. 237’. 261 Vgl. Grillmeyer, Diener, S. 100.

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konnte. So betrugen die Repräsentationskosten der Prinzipalkommissare aus dem Haus Thurn und Taxis im Zeitraum von 1748 bis 1806 geschätzte 30 Millionen Gulden, wobei man für die 1750er Jahre, also die mittleren Jahre Alexander Ferdinands, jährliche Hofhaltungskosten in Höhe von 200.000 bis 300.000 Gulden errechnet hat262. Die Aufwandsentschädigung durch den Kaiserhof in jährlicher Höhe von 20 – 25.000 Gulden263, die oft verspätet oder nur als Teilzahlungen einging, war dagegen »lächerlich gering«264. Neben dem finanziellen Aspekt spielten auch konkrete Kommunikationsund Informationsvorteile eine Rolle. Eine enge Verbindung Alexander Ferdinands mit dem Kaiser versprach dem Wiener Hof, der an einem funktionierenden Nachrichtensystem im Reich sehr interessiert war, Einflussmöglichkeiten auf die Briefspionage, die Öffnung wichtiger Informationskanäle, die während der Regierungszeit Karls VII. für die Habsburger verstopft waren, sowie Kontaktmöglichkeiten zu den Reichsständen durch die Post265. Auch familiär-dynastische Beweggründe mögen von Bedeutung gewesen sein. Der Fürst von Thurn und Taxis hatte am 22. März 1745 in zweiter Ehe Charlotte Louise, Prinzessin von Lothringen und Gräfin von Lambesc, geheiratet und zählte seitdem zur Verwandtschaft des späteren Kaisershauses266. Die Heirat war eine signifikante Demonstration der Versöhnung des Fürsten und vormaligen Parteigängers Karls VII. mit dem Haus Lothringen-Habsburg. Außerdem spielten sicherlich klientelpolitische Erwägungen der Hofburg eine Rolle. Mit dem Fürsten von Thurn und Taxis hoffte man, einen katholischen Fürsten als Klienten auf dem Reichstag etablieren zu können, der zum Zeitpunkt seiner Ernennung zwar noch nicht in den Reichsfürstenrat introduziert worden war, der aber mit Nachdruck an diesem Ziel arbeitete. Für den Kaiserhof eröffnete dies die Perspektive, zukünftig auf einen Prinzipalkommissar mit Virilstimme im Reichsfürstenrat zurückgreifen zu können. In diesen Kontext sind auch – ganz ähnlich wie im Falle Fürstenbergs – die Ernennung Alexander Ferdinands zum Wirklichen Geheimen Rat (1745)267 und seine Aufnahme in den Orden vom Goldenen Vlies (1749)268 zu verorten, 262 263 264 265 266

Vgl. Behringer, Thurn und Taxis, S. 225. Vgl. Piendl, Prinzipalkommissariat, S. 174 f.; Grillmeyer, Diener, S. 127. Ebd. Vgl. Piendl, Thurn und Taxis, S. 53; Grillmeyer, Diener, S. 59. Charlotte Louise starb bereits 1747 im Alter von nur 22 Jahren. In erster Ehe war Alexander Ferdinand seit 1731 mit Markgräfin Sophie Christine Louise von Brandenburg-Bayreuth verheiratet gewesen, die 1739 im Alter von 29 Jahren verstorben war. Seine dritte Gemahlin war, wie bereits erwähnt, Maria Henriette Josepha von Fürstenberg-Stühlingen; alle Angaben nach Dallmeier/Schad, Thurn und Taxis, S. 43. Zur Heiratspolitik des Hauses Thurn und Taxis im 18. Jahrhundert vgl. zusammenfassend Behringer, Zeichen, S. 620. 267 1742 war Alexander Ferdinand schon zum Wirklichen Geheimen Rat Karls VII. ernannt worden. 268 Zum Diplom Franz’ I. über die Verleihung des Ordens an Alexander Ferdinand, Wien 29. 12. 1749, vgl. Dallmeier u. a. (Hg.), Hof, S. 225 f.; zur Aufnahmezeremonie vgl. KhevenhüllerMetsch/Schlitter (Hg.), Tagebuch, Bd. 2, S. 371.

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die dem wichtigsten kaiserlichen Repräsentanten in Regensburg zusätzliches Prestige verliehen. Somit ist dem Urteil Max Piendls zuzustimmen, kein anderer Reichsfürst habe so gute Voraussetzungen besessen, um den Kaiser als Prinzipalkommissar angemessen vertreten zu können, wie der Fürst von Thurn und Taxis269. Die Vorteile für Alexander Ferdinand lagen auf der Hand. Als Prinzipalkommissar konnte er darauf hoffen, in mehrerer Hinsicht auf konkrete Unterstützung des Kaiserhofes zurückgreifen zu können. Zum einen war davon auszugehen, dass der Kaiser an der Aufrechterhaltung des Reichspostgeneralats der Thurn und Taxis interessiert war und der Reichspost bei Bedarf Schutz vor diesbezüglichen Territorialisierungsbestrebungen der Reichsstände geben würde270. Zum anderen bot sich die Perspektive, dass seine titularfürstliche Familie »ohne Land«, das heißt ohne eigenes reichsfürstliches Territorium, mit kaiserlicher Hilfe durch die angestrebte Introduktion in den Reichsfürstenrat in der Reichshierarchie weiter aufzusteigen vermochte. Der Reichstag erschien hierbei als aussichtsreiche Plattform, um die Interessen seines Hauses voranzubringen, und die Rolle als Prinzipalkommissar eröffnete, wie an späterer Stelle noch zu zeigen sein wird271, zusätzliche Möglichkeiten, in dieser Frage vorstellig zu werden. Der Konkommissar Palm vermutete jedenfalls einen direkten Zusammenhang zwischen den Bemühungen Alexander Ferdinands, zum Prinzipalkommissar ernannt zu werden, und seinem weitergehenden Ziel, die Introduktion in den Reichsfürstenrat zu erreichen. Der Fürst habe das Prinzipalkommissariat angestrebt, »weillen er sich geschmeichlet, andurch gelegenheit zu bekommen, beyfällige vota unter denen ständen [für seine Introduktion, d. Vf.] zu samblen«272, berichtete Palm am 11. März 1747 nach Wien. Allerdings darf trotz der geschilderten Interessenskonvergenzen zwischen dem Wiener Hof und dem Fürsten nicht übersehen werden, dass seine Betrauung mit dem Amt des Prinzipalkommissars als nicht ganz unproblematisch angesehen wurde. Ein anlässlich seiner Ernennung 1748 entstandener interner Schriftsatz Palms offenbart nämlich, dass die vielfältigen personalen Vernetzungen Alexander Ferdinands als potenzielles Problem für die österreichische Reichstagspolitik angesehen wurden273. Palm kritisierte vor allem die engen Beziehungen des Fürsten zu einigen Reichstagsgesandten. So forderte er in aller Deutlichkeit, Alexander Ferdinand solle »die ehemahlige grosse verträulichkeit« mit dem kurpfälzischen Gesandten Ferdinand von 269 270 271 272 273

Vgl. Piendl, Thurn und Taxis, S. 53. Vgl. Behringer, Thurn und Taxis, S. 217. Vgl. Kap. IV. Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 11. 3. 1747, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 78b, unfol. Vgl. den Schriftsatz Palms, s.l. [1748], Kopie: HHStA, RK, PK, Instruktionen 2, unfol.; zum Folgenden vgl. auch Rohrschneider, Strukturgegebenheiten, Abs. 20 ff. Grillmeyer, Diener, S. 319, weist sehr zu Recht auf die große Bedeutung des Netzwerkes »Immerwährender Reichstag« für das Haus Thurn und Taxis hin.

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Menßhengen nicht fortsetzen, da dies mit seiner künftigen Funktion als Prinzipalkommissar nicht zu vereinbaren sei. Menßhengen, so führt Palm aus, habe eine Gesellschafterin der alten Fürstin von Thurn und Taxis geheiratet und werde »mithin als ein client, pensionist, et quasi domesticus in dem taxischen hauß angesehen«. Es herrsche, schreibt der Konkommissar, große »familiarität« zwischen den beiden Eheleuten Menßhengen und dem Fürsten bzw. dessen Mutter, »wordurch beeden ersteren leicht fallet, alles zu wissen und zu expisciren, was bey dem herrn fürsten vorgehet«. Es sei schädlich und unanständig, »dergleichen spionirungen exponiret zu seyn«. Menßhengen rühme sich »schon zum voraus eines habenden ascendant, und wenden sich bereits diejenige an ihn und seine gemahlin, welche bey dem herrn fürsten von La Tour anzukommen sich hoffnung machen.«274 Die Beziehungen zwischen Alexander Ferdinand und Menßhengen waren nach Ansicht Palms nicht die einzige – modern gesprochen – Sicherheitslücke. Auch die engen Kontakte des Fürsten zu dem kursächsischen Gesandten Johann Friedrich Graf von Schönberg und dessen Gemahlin sowie zu dem Gesandten der schwäbischen Grafen, Valentin Franz von Emmerich, der zugleich Geheimer Rat des Fürsten von Thurn und Taxis war, sah Palm kritisch. Man könne zwar nicht sagen, führt er aus, dass sich Emmerich bis jetzt zur widrigen »Parthey« geschlagen und gegen das kaiserliche Interesse gearbeitet habe. Er mische sich aber gerne in Dinge ein, die ihn nichts angehen, und werde gewiss alles versuchen, »um sich in seine confidenz über die ihm obliegende agenda und functiones einzudringen«275. Die Bedenken Palms machen auf ein strukturelles Problem aufmerksam, das nicht nur das Wirken Alexander Ferdinands, sondern auch die Tätigkeit anderer Prinzipalkommissare betraf. Denn die Tatsache, dass traditionell hochadlige Persönlichkeiten als Prinzipalkommissare fungierten, die ihrem Selbstverständnis nach in der Regel nicht als subalterne Befehlsempfänger des Kaiserhofes und Kreaturen Habsburgs276, sondern auch als Interessenvertreter in eigener Sache handelten und dementsprechend über ein eigenes KlientenNetzwerk verfügten, war ein generelles Problem, das der diesbezüglichen kaiserlichen Personalpolitik inhärent und letztlich Konsequenz konkurrierender Rollen der Prinzipalkommissare war. Die zeitgenössischen Urteile über den Fürsten von Thurn und Taxis fielen recht unterschiedlich aus. Die Briten nahmen ihn als gutmütig wahr, hielten ihn aber für schwach und träge277, während in der Instruktion für den französischen Gesandten Mathurin Rodolphe Abb¦ Le Maire vom 19. Juni 1754 die »douceur« und »politesse« des Fürsten hervorgehoben wurden. Die eigentli274 Zitiert laut dem Schriftsatz Palms von 1748, Kopie: HHStA, RK, PK, Instruktionen 2, unfol. 275 Ebd., unfol.; zu Emmerich vgl. Barth, Diplomatie, S. 278 f.; Styra, Karriere, Kap. 6.7. Emmerich verfügte über gute Kontakte zum Wiener Hof und trat auch als Verfasser von religionspolitischen und staatsrechtlichen Schriften hervor. 276 Vgl. Fürnrohr, Parlament, S. 24. 277 Vgl. Schütz, Gesandtschaft, S. 240.

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che Leitung der Prinzipalkommission liege aber gänzlich in Händen des Konkommissars Palm278. In späteren Jahren gelangte man auf französischer Seite sogar zu dem Urteil, die Bedeutung des Fürsten für die Reichstagsgeschäfte sei »moins que z¦ro«, wenngleich er seinen Rang mit »dignit¦ et chaleur«279 bekleide. In der neueren Reichstagsforschung hat sich dagegen ein vergleichsweise positives Bild etabliert. Schon im Urteil Max Kochs war der Fürst von Thurn und Taxis »ein würdiger Repräsentant seiner bevorzugten Stellung«280, und auch Theo Rohr, der Alexander Ferdinand als »liebenswürdig, gastfreundlich und wohltätig«281 charakterisiert, hebt die allgemeine Zufriedenheit über sein Wirken als Prinzipalkommissar hervor. In jüngerer Zeit hat sich die Forschung verstärkt darum bemüht, seine repräsentative Funktion und die entsprechenden höfischen Implikationen herauszuarbeiten, wobei die Tendenz dahin geht, in anerkennender Weise die glänzende Hofhaltung und das daraus resultierende Prestige für den Fürsten selbst, sein gesamtes Haus und nicht zuletzt auch für den von ihm repräsentierten Kaiser zu akzentuieren282. Gerade die durch die kulturalistische Wende erzielten Erkenntnisgewinne der jüngeren Frühneuzeitforschung machen es wünschenswert, dieses Themengebiet, das zahlreiche Berührungspunkte mit Fragen der symbolischen Kommunikation aufweist, weiter aufzuarbeiten283. Der Prinzipalkommissar wurde in seiner Arbeit durch den ihm nachgeordneten Konkommissar unterstützt284. Dieser musste im Unterschied zum Prinzipalkommissar nicht dem Fürstenstand entstammen und hatte auch keine repräsentativen Funktionen. Er war hingegen eindeutig an den Willen des Kaiserhofes gebunden. In den Kreditiven wurde seine Tätigkeit wie folgt beschrieben: »Daß er dem Kayserlichen Principal-Commissario in Beförderung der Reichstags-Geschäfften gebührend und treulich an die Hand stehen,

278 Vgl. Auerbach, Recueil, Bd. 18, S. 232. Auch der französische Gesandte Louis-Êl¦onor de Mackau, der Frankreich seit 1757 in Regensburg vertrat, gelangte zu dem wenig schmeichelhaften Urteil, der Fürst von Thurn und Taxis sei unfähig und werde von seiner Frau betrogen; vgl. Externbrink, Friedrich der Große, S. 81 f. 279 Auerbach, Recueil, Bd. 18, S. 335. 280 M. Koch, Reichstag, S. IX. 281 Rohr, Reichstag, S. 36. 282 Vgl. etwa Neubauer, Regensburg, S. 70 ff.; Piendl, Thurn und Taxis, S. 44 – 64; Ders., Prinzipalkommissariat, S. 175 – 183; Behringer, Thurn und Taxis, S. 220 – 225; Dallmeier/Schad, Thurn und Taxis, S. 46 ff.; Dallmeier u. a. (Hg.), Hof; Styra, Honeurs; zahlreiche Beiträge in Dallmeier (Hg.), Reichsstadt; ausführlich Grillmeyer, Diener, S. 67 – 210. 283 Vgl. dazu im Hinblick auf den Reichstag die beiden programmatischen Aufsätze von StollbergRilinger, Zeremonielle Inszenierung; Dies., Symbolik. 284 Zu den Aufgaben des Konkommissars vgl. insbesondere J. J. Moser, Teutsches Staatsrecht, Bd. 44, S. 418 – 435; Ders., Von denen Teutschen Reichs-Taegen, Bd. 1, S. 144 – 151; Bülow, Geschichte des Reichstages, Bd. 1, S. 121 – 138; Hellwig, Rechtsstellung, S. 174 – 201; Corterier, Reichstag, S. 51; Fürnrohr, Vertreter, Teil 1, S. 111 – 139.

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auch sonsten beobachten solle, was des Kaysers und des gesammten Römischen Reichs Dienst erfordere.«285 Hinter dieser allgemeinen Umschreibung verbarg sich eine Art von multifunktionaler Geschäftsführung: Der Konkommissar organisierte die Kommission, sorgte für die Korrespondenz mit dem Kaiserhof und diente Wien aufgrund seiner Kontakte zu den Reichstagsgesandten als wichtige Informationsquelle. Zu seinem Tätigkeitsfeld gehörten darüber hinaus die für den inhaltlichen Kontext der vorliegenden Arbeit wichtigen Funktionen als Verfasser von publizistischen Schriften286 und Ansprechpartner für die Wiener Klientel287. Mit guten Gründen ist der Konkommissar aufgrund dieser Aufgabenvielfalt als Seele der Kommission bezeichnet worden288. Als Konkommissare fungierten im Zeitraum von der Wahl Franz’ I. 1745 bis zum Hubertusburger Frieden 1763 nacheinander Carl Joseph von Palm (1698 – 1770) und August Friedrich von Seydewitz (1695 – 1775). Ein Blick auf ihren Werdegang zeigt, dass das Kriterium der Kompetenz in Reichsangelegenheiten bei ihrer Berufung zum Konkommissar eine wesentliche Rolle gespielt hat289. Palm entstammte einer altwürttembergischen Aufsteigerfamilie, die vor allem im Kredit- und Juwelengeschäft erfolgreich gewesen war und wiederholt Anerkennungen ihrer Verdienste um das Haus Österreich erhalten hatte, darunter 1711 die Erhebung in den Reichsritterstand290. Auch als Finanzberater Franz Stephans von Lothringen, des späteren Kaisers, war ein Mitglied der Familie Palm tätig, nämlich Franz Gottlieb von Palm, der Vetter Carl Josephs. Carl Joseph selbst verfügte ebenfalls über wertvolle Verbindungen zur kaiserlichen Familie, wurde er doch 1743 von Maria Theresia zum Berater ihres Schwagers, des österreichischen Feldmarschalls Karl von Lothringen, bestellt. Zum Zeitpunkt seiner Ernennung zum Konkommissar (8. Oktober 1745)291 konnte Palm als ausgewiesener Experte in Reichstagsangelegenheiten gelten. Zunächst auf verschiedenen auswärtigen diplomatischen Posten und auch im Reich für den Wiener Hof tätig, wurde er 1734/35 und 1741 bis 1745 als österreichischer Direktorialgesandter in Regensburg eingesetzt und dort auch 285 286 287 288

Zitiert nach J. J. Moser, Von denen Teutschen Reichs-Taegen, Bd. 1, S. 149. Vgl. Hellwig, Rechtsstellung, S. 197 f. Vgl. Härter, Revolution, S. 53. Vgl. Hellwig, Rechtsstellung, S. 175; S. Friedrich, Drehscheibe, S. 95; vgl. auch Aretin, Ruhe, S. 129 (»Mädchen für alles«). 289 Vgl. das Kreditiv Franz’ I. für Palm, Frankfurt am Main 8. 10. 1745, Kopie: HHStA, RK, PK, Berichte 75, unfol. Hier wurden ausdrücklich Palms Fähigkeiten und seine Erfahrung in Reichstagsangelegenheiten erwähnt; vgl. auch Vollständige Sam[m]lung von Actis Publicis und Staats-Schriften, Bd. 1, S. 287 f. 290 Zum Leben und Wirken Palms vgl. Wurzbach, Lexikon, Bd. 21, S. 237; Kollmer, Palm, S. 67 – 90; Fürnrohr, Vertreter, Teil 1, S. 127 f.; Kollmer-von Oheimb-Loup, Palm, S. 19 f. 291 Vgl. das Kreditiv (siehe oben Anm. 289) und die Vollmacht Franz’ I. für Palm, Frankfurt am Main 8. 10. 1745, Kopien: HHStA, RK, PK, Berichte 75, unfol.

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mit der Führung weiterer Voten beauftragt (Burgund, Nomeny, Auersperg, Liechtenstein und Schwarzenberg)292. Als er dann 1745 im Zuge der Rückverlegung des Reichstags nach Regensburg seinen Posten als Konkommissar antrat, war er also auf der Bühne des Reichstags alles andere als ein Unbekannter. Palm galt als ausgesprochen frankreichfeindlich293, was auch den Franzosen nicht verborgen blieb294. Aufgrund seiner Verdienste um das Erzhaus erlangte er Standeserhöhungen (1729 Reichsfreiherrnstand und 1750 Reichsgrafenstand) sowie 1745 die Ernennung zum Wirklichen Geheimen Rat. Dies waren augenfällige Zeichen dafür, dass der Kaiserhof mit seiner Arbeit zufrieden war – vorerst, muss man allerdings einschränkend sagen, denn Palms Regensburger Tätigkeit endete im Jahr 1754 ausgesprochen unrühmlich mit seiner Abberufung vom Reichstag. Darauf wird an späterer Stelle ausführlich zurückzukommen sein295. Nach dem Ende seines Wirkens auf dem Reichstag zog sich Palm, der in Regensburg eine Privatbibliothek von mehreren tausend Bänden angesammelt hatte296, auf seinen vor allem in Böhmen gelegenen Grundbesitz zurück und brachte es in der Folgezeit zu einem großen Vermögen297. Am 5. August 1745 heiratete Palm in Regensburg Maria Theresia, die Tochter des 1744 verstorbenen Reichsfreiherrn Friedrich Christian von Plettenberg, der von 1735 bis zu seinem Tod Österreich in Regensburg vertreten und mit dem sich Palm dort überworfen hatte298. Aus der Ehe Palms mit der Freiin von Plettenberg ging sein Sohn und Nachfolger Carl Joseph (II.) hervor, der 1783 in den Reichsfürstenstand erhoben wurde299. Palm gilt in der Forschung als »Interessenvertreter und Verbindungsmann

292 Vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium, S. 258, 370 und 399; Kollmer, Palm, S. 70 f. 293 Vgl. Meisenburg, Reichstag, S. 83; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 26. 294 Vgl. etwa die Charakterisierung Palms in der Instruktion für den Abb¦ Le Maire vom 19. Juni 1754, die aufgrund ihrer Anschaulichkeit hier ausführlich zitiert sei: Palm habe »de l’esprit et des connaissances; il sait fort bien le droit public d’Allemagne, mais son ¦rudition est p¦dantesque, sans ordre et sans go˜t; il est capricieux et vain, voulant usurper la sup¦riorit¦ en tout par sa hauteur et, pour ainsi dire par la tyrannie de ses opinions et n’aimant que lui-mÞme sans r¦serve et sans rivaux. Son grand art est d’avoir une f¦condit¦ peu commune de mauvaises subtilit¦s. Il est autrichien — l’excÀs et ennemi du nom FranÅais jusqu’— l’ind¦cence. Ses principes sur l’autorit¦ imp¦riale sont outr¦s, et il n’¦pargne rien pour l’¦tendre au pr¦judice de la libert¦ des Etats dans la direction absolue qu’il a des affaires de la commission«; Auerbach, Recueil, Bd. 18, S. 232 f. 295 Vgl. Kap. II 3 d und Kap. IV. 296 Vgl. Neubauer, Regensburg, S. 38 ff.; Kollmer, Palm, S. 86. 297 Als Palms böhmische Güter im Siebenjährigen Krieg in Gefahr gerieten, versuchte er, von Preußen eine Schonung zu erwirken; vgl. das Schreiben Friedrichs II. an Plotho, im Lager bei Prag 6. 6. 1757, PC 15, S. 136. 298 Vgl. Hein, Reichstag, S. 88 Anm. 21; Fürnrohr, Vertreter, Teil 2, S. 135 f.; zu Plettenberg insgesamt vgl. auch Barth, Diplomatie, S. 247 – 251. 299 Vgl. zusammenfassend Th. Klein, Erhebungen, S. 180 ff.

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des mächtigen niederösterreichischen Hochadels«300 und wurde insbesondere durch das einflussreiche Haus Starhemberg protegiert301, in das unter anderen Kaunitz, Colloredo und Wurmbrand, allesamt hochrangige Amtsträger am Wiener Hof, eingeheiratet hatten302. Gerade Palms Verhältnis zu Colloredo wird in der Forschung als freundschaftlich beschrieben303, was aber insofern relativiert werden muss, als der Reichsvizekanzler im Zuge der Abberufung des Konkommissars 1754 eine doch recht fragwürdige Rolle spielte. Nachfolger Palms im Amt des Konkommissars wurde August Friedrich Graf von Seydewitz (Seydewiz, Seidewitz) (1695 – 1775)304. Er entstammte einem alten sächsischen Adelsgeschlecht, das vermutlich nach dem Stammhaus Seydewitz bei Mühlberg an der Elbe benannt war. Als kursächsischer Hof- und Justizrat sowie Geheimer Referendar war er im Juli 1731 in den Reichsfreiherrnstand erhoben worden und hatte im selben Jahr eine Anwartschaft auf eine frei werdende evangelische Reichshofratsstelle erhalten305. Am 26. Januar 1735 wurde er dann in den Reichshofrat introduziert und nach dem Regierungsantritt Karls VII. auch übernommen. Das Jahr 1743 stellte einen Höhepunkt seiner Karriere dar : Seydewitz führte zeitweise für den erkrankten Reichsvizekanzler Johann Georg Graf von Königsfeld die Reichsgeschäfte, er wurde am 23. Februar des Jahres in den Reichsgrafenstand erhoben und nur wenig später, am 29. April, zum Reichshofratsvizepräsidenten sowie zum Wirklichen Geheimen Rat ernannt. Ob seine Ernennung zum Konkommissar im Jahre 1755, wie Gschließer vermutet306, eine Art von politischer Abfindung dafür war, dass er mit seinen 300 Kollmer, Palm, S. 71. 301 Vgl. ebd., S. 70. Gundaker Thomas Graf von Starhemberg, Hofkammerpräsident und Mitglied der Konferenz, war der Taufpate Carl Josephs. 302 Vgl. Klingenstein, Aufstieg, S. 327. 303 Vgl. Kollmer, Palm, S. 70 f. 304 Zum Leben und Wirken Seydewitz’ vgl. Passy, Seydewiz; Kneschke (Hg.), Adels-Lexicon, Bd. 8, S. 477 f.; Gschließer, Reichshofrat, S. 410 f.; Fürnrohr, Vertreter, Teil 1, S. 129 f.; Schnettger, Wien, S. 624 mit Anm. 120; die Vollmacht für Seydewitz datiert Wien 31. 10. 1754, Konz.: HHStA, RK, PK, Instruktionen 2, unfol.; vgl. auch das Kreditiv für Seydewitz, dictatum Regensburg 8. 1. 1755, Kopie: SLA, Reichsfürstenrat 14, unfol. Seydewitz traf am Abend des 18. 12. 1754 in Regensburg ein; vgl. seinen Bericht an Franz I., Regensburg 20. 12. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 93b, unfol. Seydewitz, der im Laufe seines Lebens zum Katholizismus konvertierte (vgl. Schnettger, Wien, S. 624 Anm. 120, sowie die zeitgenössische französische Lebensbeschreibung in Anm. 310 in diesem Kap.), starb unverheiratet. Akten zur Regelung seines Nachlasses finden sich im HHStA, RK, PK, Personalsachen 3. Bemerkenswert ist, dass eine ganze Reihe von Konvertiten hochrangige Ämter und Würden am Wiener Hof bekleideten, zum Beispiel die bereits erwähnten hochrangigen Minister Bartenstein, Ulfeld und Wurmbrand; vgl. Peper, Konversionen, S. 96 – 99 und 101 ff. Martin Scheutz hat dieses Phänomen mit dem Bild des Wiener Hofes als »Konversionsmaschine« umschrieben; vgl. Scheutz, Legalität, S. 213. 305 Gschließer, Reichshofrat, S. 410, vermutet, dass die damals guten Beziehungen des Wiener Hofes zu Kursachsen-Polen dafür ausschlaggebend waren; vgl. hierzu auch Fürnrohr, Vertreter, Teil 1, S. 129. 306 Vgl. Gschließer, Reichshofrat, S. 411; Fürnrohr, Vertreter, Teil 1, S. 129.

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Ambitionen im Hinblick auf eine Vertretung des Reichsvizekanzlers nicht durchdrang, muss beim gegenwärtigen Forschungsstand offen bleiben. Sicher ist jedenfalls, dass er nicht in den Reichshofrat Franz’ I. übernommen wurde, gleichwohl aber zum Zeitpunkt seiner Berufung nach Regensburg ein ausgewiesener Experte in Reichsangelegenheiten war und sich dort aus Sicht des Wiener Hofes »stattliche verdienste«307 erwarb, die im Juli 1760 mit einer kaiserlichen Gratifikation in Höhe von 4.000 Gulden honoriert wurden308. Aufgrund seiner sächsischen Herkunft gilt Seydewitz in der Forschung als »Exponent Kursachsens innerhalb der Zentralbehörden des Reiches«309, was vor allem nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges bedeutsam wurde, und wohl zu Recht hat ihn die Reichstagsforschung als frankreich- und preußenfeindlich charakterisiert310. Dies ist als Bestimmungsfaktor seines Regensburger Wirkens schon allein deshalb nicht zu vernachlässigen, da er bis zu seinem Tod im Jahre 1775, also immerhin zwei Jahrzehnte lang, als Konkommissar tätig war und somit über einen vergleichsweise langen Zeitraum hinweg die Reichstagspolitik des Wiener Hofes in einer Schlüsselposition mitprägte. b) Die kurböhmischen Gesandten Dass der Wiener Hof nach der Readmission Böhmens (1708) über die Möglichkeit verfügte, für Kurböhmen Gesandte an den Reichstag zu entsenden, die an den Beratungen des Kurfürstenrats teilnehmen konnten, erweiterte den Kenntnisstand über das Geschehen in Regensburg ganz wesentlich, da man 307 So die Instruktion für Seydewitz zur Regensburger Bischofswahl, Wien 9. 3. 1763, Konz.: HHStA, RK, DA, Instruktionen für die kaiserlichen Gesandten 13, unfol. 308 Vgl. die beiden Berichte Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 7. und 11. 7. 1760, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 109a, jeweils unfol.; vgl. hierzu auch Fürnrohr, Vertreter, Teil 1, S. 130. 309 Ebd., S. 129. 310 Vgl. M. Koch, Reichstag, S. IX (»Verneinung alles Preußischen«); Rohr, Reichstag, S. 36. Vgl. hierzu auch eine ausführliche französische Charakterisierung aus dem April 1772, die aufgrund ihrer Aussagekraft vollständig zitiert sei: »Le comte de Seydewitz, Con-Commissaire Imp¦rial, est n¦ Saxon et –g¦ de plus de soixante-dix ans. Il a chang¦ de religion pour obtenir une place de conseiller Aulique et de Ministre sous l’Empereur Charles VII; et il a trahi les int¦rÞts de la Maison de BaviÀre pour se rendre agr¦able — la Cour de Vienne qui l’a plac¦ — Ratisbonne. Le comte de Seydewitz soutient encore — table l’ancienne gloire de la Germanie: quand il d„ne seul, il n’y reste que trois heures; avec cela, il met du rouge et porte une vaste perruque blonde. Il conna„t parfaitement bien les affaires d’Allemagne et a poss¦d¦ dans un degr¦ ¦minent la confiance du Vice Chancelier de Colloredo. Il ne lui est jamais arriv¦ de parler de l’autorit¦ imp¦riale sans se mettre en fureur contre ceux qui soutenaient qu’elle avait des bornes. Sa v¦ridicit¦ est tellement suspecte qu’on l’a oblig¦ plus d’une fois — donner par ¦crit les d¦clarations qu’il avait ordre de faire, et que le Corps des protestants a fait une espÀce d’arrÞt¦ en 1760 de ne plus l’en croire sur sa parole. On l’accuse d’Þtre m¦chant, vindicatif et peu scrupuleux dans le choix des moyens qui peuvent le conduire — ses fins. Il hait la France et les FranÅais. La confiance qu’il leur marque quelquefois couvre ordinairement un piÀge. C’est un homme — m¦nager, mais plus encore — craindre«; Auerbach, Recueil, Bd. 18, S. 335 f.

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nun Informationen aus erster Hand über die Vorgänge in der wichtigsten der drei Reichstagskurien erhielt. Als kurböhmische Gesandte des Wiener Hofes fungierten im Untersuchungszeitraum drei Persönlichkeiten, die zwar keine Reichsfürsten waren, aber bereits zum Zeitpunkt ihrer Ernennung immerhin dem Grafenstand angehörten: Franz Philipp Graf von Sternberg (1708 – 1786), Johann Otto Venantius Graf von Frankenberg und Ludwigsdorff, Freiherr von Schellendorf (1700 – 1754), und Christian August Graf von Seilern (1717 – 1801). Sternberg entstammte einem alten böhmischen Adelsgeschlecht und war vor seiner Ernennung zum Reichstagsgesandten in verschiedenen, vornehmlich juristischen Funktionen in Böhmen tätig gewesen, ehe er dann von 1745 bis 1748 Kurböhmen in Regensburg vertrat311. Gleichzeitig mit seiner Ernennung zum Reichstagsgesandten wurde er, ganz ähnlich wie die Prinzipal- und die Konkommissare, Wirklicher Geheimer Rat. Nach dem Ende seiner Regensburger Tätigkeit, über die sich der Konkommissar Palm sehr anerkennend äußerte312, wurde er 1749 als bevollmächtigter Minister des Kaisers nach Kursachsen-Polen entsandt. Auf diesem Posten blieb er bis 1763. Sternberg, der 1731 ebenfalls in das Haus Starhemberg eingeheiratet hatte313, erhielt über die bereits genannten Würden hinaus wiederholte Anerkennungen für seine Tätigkeiten: 1735 erlangte er für sich selbst und auch für seine männlichen Erben den immediaten Reichsgrafenstand mit Sitz und Stimme im schwäbischen Reichsgrafenkollegium. 1763 wurde er zudem in den Orden vom Goldenen Vlies aufgenommen, und zwei Jahre später wurde er zum Wirklichen Obersthofmeister ernannt. Böhmische Wurzeln hatte auch sein Nachfolger, Johann Otto Venantius Graf von Frankenberg und Ludwigsdorff, vorzuweisen314. Er war der Sohn des Johann Wolfgang Freiherr von Frankenberg und Ludwigsdorff, der sich als kaiserlicher Wirklicher Geheimer Rat, Landeshauptmann im schlesischen Fürstentum Glogau und Vizekanzler des Königsreiches Böhmen bewährt und 1700 ein böhmisches Grafendiplom erhalten hatte. Johann Otto Venantius war zunächst Assessor bei der Regierung in Glogau. Beim Neuaufbau des nie311 Zum Leben und Wirken Sternbergs, das bislang nicht hinreichend erforscht worden ist, vgl. Wurzbach, Lexikon, Bd. 38, S. 274; Kneschke (Hg.), Adels-Lexicon, Bd. 9, S. 20; Gschließer, Reichshofrat, S. 465; Fürnrohr, Gesandtennepotismus, S. 173; Ders., Die kurböhmischen Gesandten, S. 34 f.; Ders., Vertreter, Teil 2, S. 107. 312 Palm hob Sternbergs »fleiß, eyffer, moderation und geschicklichkeit« hervor ; Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 7. 10. 1747, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 79b, unfol. 313 Sternberg heiratete Maria Leopoldine Gräfin Starhemberg, eine Tochter Konrad Sigismunds von Starhemberg, der Österreich von 1716 bis 1720 als Direktorialgesandter auf dem Reichstag vertreten hatte; vgl. Fürnrohr, Vertreter, Teil 2, S. 133 f. Damit gehörte Sternberg einem Familienverband an, in den, wie bereits erwähnt, unter anderen auch Colloredo, Kaunitz und Wurmbrand einheirateten. 314 Zu Frankenbergs Leben und Wirken vgl. Wurzbach, Lexikon, Bd. 4, S. 332; Fürnrohr, Die kurböhmischen Gesandten, S. 35 f.; Ders., Vertreter, Teil 2, S. 107 f.; A. Schmid/Grypa, Berichte, Bd. 1, S. 68*f.; A. Schmid, Gesandtschaft, S. 297.

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derschlesischen Stammschlosses Gröditzburg nahe Liegnitz verschuldete er sich so sehr, dass er seinen Besitz an seine Gläubiger abtrat und versuchte, in Wien Fuß zu fassen, wo er das Amt eines Kämmerers erlangte. Ende 1748 wurde er als Nachfolger Sternbergs nach Regensburg entsandt, wobei er im folgenden Jahr für wenige Wochen gleichzeitig auch als kommissarischer Vertreter am kurbayerischen Hof tätig war. Nach seiner Rückkehr aus Regensburg 1752 wurde er in Wien Vizepräsident des höchsten Justizkollegiums. Frankenberg war dreimal verheiratet315. Er hinterließ sieben Kinder, darunter seinen Sohn Johann Heinrich, der im Jahr 1759 Erzbischof von Mecheln wurde. Der kurböhmische Gesandte aus dem Untersuchungszeitraum, über dessen Werdegang wir am besten unterrichtet sind, ist Christian August Graf von Seilern (1717 – 1801)316. Die Familie Seilern war Ende des 17. Jahrhunderts nach Österreich gekommen und blieb dort ansässig. Christian August war ein Sohn des Grafen Johann Friedrich (II.) und Großneffe des gleichnamigen vormaligen Konkommissars und bedeutenden österreichischen Hofkanzlers, »des Schöpfers der Pragmatischen Sanktion, der es vom einfachen Handwerkersohn zum Reichsgrafen gebracht hatte.«317 Nach Tätigkeiten unter anderem als kaiserlicher Kämmerer, niederösterreichischer Regierungsrat und Reichshofrat (seit 1745) wurde Christian August 1752 zum kurböhmischen Reichstagsgesandten und zum Wirklichen Geheimen Rat ernannt318. Seilern, der laut Christine Nowak in einem vertrauensvollen Verhältnis zu Maria Theresia stand, blieb länger als seine beiden Vorgänger in Regensburg und war gegen Ende des Siebenjährigen Krieges als kaiserlicher Bevollmächtigter für den letztlich nicht realisierten Friedenskongress in Augsburg vorgesehen. Stattdessen wurde Seilern zum kaiserlichen Botschafter am großbritannischen Hof und bevollmächtigten Minister am kurbraunschweigischen Hof ernannt319. In späteren Jahren, nach seiner Rückkehr aus England, fungierte er dann als Statthalter in Niederösterreich (1770 – 1779) und oberster Justizpräsident in Wien (1779 – 1791). Er war Träger des Großkreuzes des von Maria Theresia gestifteten königlich-ungarischen Sankt Stephans-Ordens. Zu seinen Besit315 Erste Ehe Frankenbergs (1723) mit Maria Josepha Franziska Gaudentia Gräfin von Khuenburg; zweite Ehe (1730) mit Agnes Helene Gräfin von Churschwandt; dritte Ehe (1742) mit Josepha Maria Freiin von Fernemont. 316 Zu Seilern ist nach wie vor grundlegend Nowak, Seilern; vgl. ferner Wurzbach, Lexikon, Bd. 34, S. 19; Gschließer, Reichshofrat, S. 437; Fürnrohr, Die kurböhmischen Gesandten, S. 36 f.; Ders., Vertreter, Teil 2, S. 108 f. 317 Ebd., S. 108. 318 Vgl. die Instruktion für Seilern, Wien 30. 10. 1752, Reinschrift (nicht unterfertigt): HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol. [siehe Anhang 2]; ebd. auch das Kreditiv und die Vollmacht für Seilern, s.l.e.a. 319 Vgl. die Instruktion für Seilern, s.l. [1763], Kopie: HHStA, RK, DA, Instruktionen für die kaiserlichen Gesandten 13, unfol.

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zungen zählten unter anderem die Herrschaften Lukov-Kralice (Mähren), Litschau (Niederösterreich) und Hetzendorf (Wien). Seilern war seit 1741 in erster Ehe mit Charlotte, Tochter des Grafen Friedrich Eberhard zu Solms-Sonnewalde und Hofdame Maria Theresias, verheiratet320. Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete er 1783 Maria Theresia von Mährental. Ein Sohn aus erster Ehe, Joseph Johann, wurde später ebenfalls kurböhmischer Gesandter am Immerwährenden Reichstag321. Den hier erwähnten kurböhmischen Gesandten gemein waren ihre böhmischen Wurzeln und Verbindungen, die Zugehörigkeit zu Familien, die in jüngerer Vergangenheit sozial aufgestiegen waren, und nicht zuletzt die Tatsache, dass sie vor ihrer Entsendung nach Regensburg in anderen Bereichen, insbesondere auf juristischem Gebiet, einschlägige Erfahrungen gesammelt hatten. Ihre politische Schlagkraft und die Wirkungsmacht des von ihnen im Vorfeld und während ihrer Regensburger Tätigkeit erworbenen sozialen Kapitals sind schwer einzuschätzen. Sicherlich ist dem Urteil Alois Schmids und Dietmar Grypas zuzustimmen, dass die Frankenberg zwar zur böhmischen Oberschicht, aber nicht zur erste Garde des böhmischen Adels zählten322. Andererseits gehörte die Familie Seilern zu dem engeren Personenkreis, aus dem leitende Persönlichkeiten des Wiener Hofes hervorgegangen waren. Jedenfalls war der Reichstag nicht die letzte Station der drei hier angeführten kurböhmischen Gesandten, sondern Regensburg erwies sich für sie auch und gerade als Sprungbrett für eine weitere Karriere.

c) Der österreichische Direktorialgesandte Das Wirken des österreichischen Direktorialgesandten Marquard Paris Anton Freiherr von Buchenberg zu Ullersdorf (1701 – 1769) ist bislang kaum untersucht worden323. Dies ist um so erstaunlicher, als er über einen vergleichsweise langen Zeitraum, nämlich von 1745 bis zu seinem Tod 1769, für Österreich, Burgund und Nomeny im Fürstenrat votierte. Hinzu kam, dass er im Untersuchungszeitraum mit der Stimmführung weiterer Reichsstände beauftragt war, nämlich mit Sitz und Stimme Fürstenbergs (seit 1747)324, Konstanz’ (seit 1751), Thurn und Taxis’ (seit 1754) sowie 1768 auch interimshalber für Salz320 So Wurzbach, Lexikon, Bd. 34, S. 19; Nowak, Seilern, Abs. 5, nennt hingegen den Namen Maria Carolina. 321 Vgl. Fürnrohr, Die kurböhmischen Gesandten, S. 36 f.; Ders., Vertreter, Teil 2, S. 111 f. 322 Vgl. A. Schmid/Grypa, Berichte, Bd. 1, S. 68*. 323 Zu Buchenbergs Leben und Wirken vgl. Fürnrohr, Vertreter, Teil 2, S. 136; Styra, Karriere, Kap. 6.18., sowie das Urteil von Rohr, Reichstag, S. 43: Buchenberg »hat stets hartnäckig die österreichische Sache vertreten, aber in keiner Hinsicht das Format seines Nachfolgers [Bori¦, d. Vf.] erreicht.« Vgl. ferner Buchenbergs Instruktion, Wien 22. 11. 1745, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 5, fol. 691 und 706 – 707. 324 Vgl. Oertel, Reichs-Tags-Diarium, Bd. 1, S. 18.

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burg325. Darüber hinaus wurde ihm 1756 das liechtensteinische Votum offeriert326. Insgesamt gesehen war er zweifelsohne ein Element der personellen Kontinuität innerhalb der dreigliedrigen Regensburger Vertretung des Wiener Herrscherpaares. Buchenberg wurde 1701 als Sohn des Obersten und Stadthauptmanns von Konstanz, Paris Philipp von Buchenberg, und der Maria Caecilia geborene Reding von Bieberegg geboren. Vor seiner Regensburger Zeit war er offenbar als oberösterreichischer Regimentskanzler sowie 1735 bis 1744 als eichstättischer Gesandter im Fränkischen Reichskreis327 tätig. 1738 wurde er ebenfalls im eichstättischen Auftrag zum Lehensempfang nach Wien entsandt. Der Regensburger Korrespondenz ist zu entnehmen, dass der Direktorialgesandte gerade im Vorfeld der wichtigen Beratung im Reichsfürstenrat vom 17. Januar 1757, als es um den Reichskrieg gegen Preußen ging, einen leichten Schlaganfall erlitt und daher nicht an der Sitzung teilnehmen konnte328. Als Buchenberg 1769, also rund zwölf Jahre später, in Regensburg starb, hatte er dort fast ein Viertel Jahrhundert lang als österreichischer Direktorialgesandter gedient. Von den Gesandten, die der Wiener Hof im Zuge des Neuanfangs von 1745 zum Reichstag abgeordnet hatte, war er zu diesem Zeitpunkt der letzte dort noch verbliebene. Sein Grabmal befindet sich in St. Emmeram in Regensburg. Auch seine beiden vor ihm verstorbenen Ehefrauen Maria Catharina, geb. von Halden auf Tratzburg, und Maria Rosalia, geb. Freiin Dücker von Haslau, sind dort begraben329.

d) Grundzüge und Probleme der Regensburger Gesandtschaftspraxis Die Effizienz der Reichstagspolitik des Wiener Hofes im Allgemeinen sowie die Herausbildung und Festigung einer kaisertreuen Anhängerschaft in Regensburg im Besonderen waren in ganz entscheidendem Maße von funktionierenden Kommunikations- und Informationsstrukturen abhängig. Für die 325 Vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium, S. 202 und 398; Winter (Hg.), Repertorium, S. 392; R. Reinhardt, Konstanz, S. 149; Fürnrohr, Vertreter, Teil 2, S. 136. 326 Vgl. Kap. III 2 b sowie die beiden Berichte Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 6. und 22. 12. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 136, jeweils unfol.; Weisung an Buchenberg, Wien 12. 12. 1756 (laut Dorsalvermerk 13. 12. 1756), Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 7, fol. 203. 327 Vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium, S. 97. 328 Vgl. insbesondere die beiden Berichte Seilerns an Kaunitz, Regensburg 16. und 17. 1. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 27, jeweils unfol. Seilern meldete, Buchenberg habe bei seinem Erwachen für mehrere Stunden nicht sprechen können. Vgl. auch den Bericht Plothos, Regensburg 18. 1. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA, Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 123, unfol., sowie Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 80. 329 Vgl. Kößler/Schlemmer, Grabdenkmäler, S. 69 f.; Schwick, Stein, S. 251 – 255. An Buchenbergs Beerdigung nahmen so viele Menschen teil, dass Soldaten der Regensburger Stadtgarnison ordnend eingreifen mussten.

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übrigen am Reichstagsgeschehen Beteiligten galt dies zwar genauso, aber die Gewährleistung eines homogenen Informationsflusses von und nach Regensburg stellte im Falle Österreichs infolge der dreigliedrigen Reichstagsvertretung Franz’ I. und Maria Theresias doch eine besondere Herausforderung dar. Der Kaiserhof erteilte klare Vorgaben, die einen möglichst lückenlosen Informationstransfer gewährleisten sollten. Die Berichterstattung sollte, wenn nichts Außergewöhnliches vorfiel, mindestens einmal pro Woche erfolgen330. Dies wurde in der Regel auch so gehandhabt331. Die Instruktion für den kurböhmischen Gesandten Seilern vom Oktober 1752 enthielt darüber hinaus die Aufforderung, er solle seine Berichterstattung so einrichten, dass für jede Materie ein gesonderter Bericht angefertigt werde332. Diese Vorgehensweise hat sich allerdings in der Praxis nicht durchgesetzt. Die Relationen aus Regensburg vereinten zumeist mehrere Themen, ohne dass dafür jeweils separate Schriftsätze ausgefertigt wurden. Der Wiener Hof legte ferner besonderen Wert darauf, dass die Berichte der Prinzipalkommission gemeinschaftlich durch den Prinzipalkommissar und den Konkommissar nach Wien eingesandt wurden, wenn sich beide vor Ort in Regensburg aufhielten. Nur unter besonderen Umständen und bei unumgänglicher Notwendigkeit sollte von diesem Prozedere abgewichen werden333. Im Hinblick auf die inhaltliche Gestaltung der Reichstagspolitik des Wiener Hofes kam dem österreichischen Direktorialgesandten eine Schlüsselstellung zu. Dies zeigt sich besonders deutlich in der Frage, wer die Voten Kurböhmens im Kurfürstenrat bzw. Österreichs im Reichsfürstenrat entwarf. Nach Auskunft eines Berichts Seilerns aus dem Oktober 1756 verfuhr man generell so, dass beide Voten mutatis mutandis gleichlautend abgelegt wurden, wobei der Entwurf jeweils von der österreichischen Direktorialgesandtschaft erstellt wurde334. Dieser Entwurf der beiden Voten wurde dann für gewöhnlich dem Wiener Hof kommuniziert, der seine Zustimmung erteilte oder bei Bedarf Modifikationen anordnete335. 330 Vgl. die Weisung an den Fürsten von Thurn und Taxis, s.l. 29. 4. 1749, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 7a, unfol. 331 Vgl. aber das Schreiben Colloredos an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 25. 4. 1754, Ausf.: FTTZA, HFS 884, unfol. Colloredo monierte, seit dem 26. 3. 1754 sei kein einziger Bericht der Prinzipalkommission in Wien eingegangen, obwohl auf dem Reichstag viel in Bewegung sei. Der Reichsvizekanzler forderte den Prinzipalkommissar daher zur Berichterstattung auf. 332 Vgl. die Instruktion für Seilern, Wien 30. 10. 1752, Reinschrift (nicht unterfertigt): HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol. [siehe Anhang 2]. 333 Vgl. die Weisung an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 25. 3. 1749, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 7a, unfol. 334 Vgl. den Bericht Seilerns an Kaunitz, Regensburg 24. 10. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 26, unfol. 335 Vgl. für diese Vorgehensweise folgende Fallbeispiele: Weisung an Frankenberg und Buchenberg, s.l. 21. 10. 1752, Konz.: HHStA, RK, DA, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 1, fol. 356; Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 9. 3. 1754, Ausf.:

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Hinweise zu den konkreten internen Beratungen der Reichstagsgesandten Österreichs liefert nicht nur deren Korrespondenz mit der Hofburg, sondern zum Teil sind auch Protokolle überliefert, die in Konferenzen angefertigt wurden, zu denen die Vertreter Österreichs bei Bedarf in Regensburg zusammenkamen336. Derartige Protokolle sind eine wertvolle Quelle, da sie darüber Auskunft geben, ob und in welchem Maße inhaltliche Differenzen in der internen Willensbildung auftraten. Insgesamt gesehen ist zu konstatieren, dass die personelle Heterogenität der Reichstagsgesandtschaften Franz’ I. und Maria Theresias in der Gesandtschaftspraxis nicht zu unterschätzende Probleme zur Folge hatte. Aus der Sicht des Wiener Hofes galt es unbedingt zu gewährleisten, dass die Binnenkommunikation zwischen der Prinzipalkommission, der kurböhmischen Gesandtschaft und der österreichischen Direktorialgesandtschaft reibungslos verlief. Dies war insofern keineswegs selbstverständlich, als mit dem Prinzipal- und dem Konkommissar, dem kurböhmischen Gesandten und dem österreichischen Direktorialgesandten vier Bevollmächtigte vor Ort in Regensburg agierten, die nicht nur unterschiedliche Ränge in der reichsständischen Hierarchie einnahmen, sondern zugleich auch verschiedene Kompetenzen und Interessenlagen in ihre Tätigkeit auf dem Reichstag einbrachten, denkt man etwa an das bereits erwähnte nachdrückliche Streben des Fürsten von Thurn und Taxis nach Introduktion in den Reichsfürstenrat. Ein Blick in die Reichstagskorrespondenz offenbart, dass die Zusammenarbeit zwischen den drei Vertretungen im Untersuchungszeitraum in der Tat nicht immer reibungslos verlief337. Darauf deuten nicht nur die toposartigen Aufforderungen in den Gesandteninstruktionen hin, ein vertrauensvolles Miteinander zu pflegen338, sondern es lassen sich auch Belege dafür finden, dass der Wiener Hof bei konkreten Anlässen in tadelnder Weise anmahnte,

HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 131, unfol. (Buchenberg übersandte den Entwurf des österreichischen Votums »zu allergnädigster genehmigung oder etwaiger nöthig findender abänderung«); Bericht Seilerns an Kaunitz, Regensburg 14. 3. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 27, unfol. 336 Vgl. das Protokoll der Beratungen vom 25. Januar 1755, an denen neben dem Fürsten von Thurn und Taxis auch Seydewitz, Seilern und der Kanzleidirektor Peter Anton von Wollenberg teilnahmen (übersandt als Beilage zum Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis und Seydewitz’ an Franz I., Regensburg 1. 2. 1755, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 94, unfol.); zu dieser Praxis vgl. jüngst S. Friedrich, Kurier, Abs. 42. 337 Zum Folgenden vgl. auch Rohrschneider, Strukturgegebenheiten, Abs. 24 ff. 338 Vgl. insbesondere die Weisung an den Prinzipal- und den Konkommissar, Wien 29. 11. 1745, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 6c, unfol. (sie sollen mit Buchenberg »in engester einverständtnus« leben); Instruktion Franz’ I. für den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 25. 1. 1748, Ausf.: HHStA, PK, Instruktionen 2, unfol.; Instruktion für Seilern, Wien 30. 10. 1752, Reinschrift (nicht unterfertigt): HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol. [siehe Anhang 2].

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besser zu kooperieren. Offenbar war ein enges Zusammenwirken der Gesandtschaften nicht selbstverständlich339. Besonders aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang ein anlässlich der Ernennung des Fürsten von Thurn und Taxis zum Prinzipalkommissar 1748 entstandener Schriftsatz Palms, in dem der Konkommissar mit allem Nachdruck auf die Defizite der bisherigen Gesandtschaftspraxis hinwies: Die wechselseitige Kommunikation zwischen den drei Vertretungen müsse verbessert werden; gemeinsame Konferenzen, »worzu man sich bißhero selten und mühesahm angeschicket hat«340, sollten häufiger als bisher abgehalten werden, und zwar zu genau festzulegenden Zeiten. Dies war nicht das erste Mal, dass der Konkommissar mahnende Worte fand. Schon im Vorfeld der im Dezember 1745 erfolgten Wiedereröffnung des Reichstags in Regensburg hatte Palm betont, ein Fortgang der Reichstagsgeschäfte im Sinne Österreichs sei maßgeblich von einem engen Einvernehmen zwischen den drei Vertretungen des Wiener Hofes abhängig341. Und rund ein Jahr später ließ er Colloredo wissen, dass es seiner Ansicht nach erforderlich sei, die Konferenzen mit der kurböhmischen und der österreichischen Gesandtschaft geordneter und effektiver zu gestalten342. Im Hinblick auf Palms Zusammenwirken mit dem Prinzipalkommissar etablierte sich weisungsgemäß eine wöchentliche Unterredung, die in der Regel freitags stattfand343. Darüber hinaus kontaktierte Palm den Fürsten bei Bedarf auch im Rahmen von dessen gesellschaftlichen Veranstaltungen344. Dies war selbstverständlich nur in den Phasen möglich, in denen der Prinzipalkommissar vor Ort in Regensburg war, was nicht immer der Fall war. Damit ist ein Strukturproblem berührt, das die Gesandtschaftsarbeit der Bevollmächtigten des Wiener Hofes bisweilen nachhaltig erschwerte. Gemeint ist die Tatsache, dass sich die Prinzipalkommissare häufiger und zum Teil über längere Zeiträume hinweg nicht in Regensburg aufhielten. Fürstenberg sei wiederholt unangemeldet vom Reichstag abgereist bzw. wieder zurückgekommen, berichtete Palm, sodass zeitweise niemand gewusst habe, ob er sich in Regensburg aufhalte oder nicht345. Problematisch wurde dies vor allem in 339 Vgl. exemplarisch die Weisung an Frankenberg und Buchenberg, Wien 12. 10. 1751, Konz.: ebd., Weisungen 1, unfol.; Weisung an Palm, Wien 13. 10. 1751, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 7b, unfol.; siehe ferner Dauser, Würde, S. 325 f. 340 Vgl. den Schriftsatz Palms, s.l. [1748], Kopie: HHStA, RK, PK, Instruktionen 2, unfol. 341 Vgl. den Bericht Palms an Franz I., Frankfurt am Main 12. 11. 1745, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 75, unfol. 342 Vgl. den Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 30. 11. 1746, Ausf.: ebd., Berichte 77c, unfol. 343 Vgl. die Weisung an den Fürsten von Thurn und Taxis, s.l. 29. 4. 1749, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 7a, unfol.; Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Lilien, Regensburg 17. 7. 1751, Konz.: FTTZA, HFS 885, unfol.; Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 13. 1. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 89a, unfol. 344 Vgl. insbesondere das Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Lilien, Regensburg 21. 2. 1751, Konz.: FTTZA, HFS 885, unfol. 345 Vgl. den Schriftsatz Palms, s.l. [1748], Kopie: HHStA, RK, PK, Instruktionen 2, unfol.; Berichte

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den Phasen, in denen der Prinzipalkommissar länger nicht in Regensburg war. Seydewitz beklagte sich in einem Schreiben an Colloredo vom 11. Oktober 1756, der Fürst von Thurn und Taxis sei fast fünf Monate nicht in Regensburg gewesen, sodass er, Seydewitz, die finanziellen Lasten der am Reichstag »erforderlichen honores« habe tragen müssen346. Im August 1752 kam es sogar dazu, dass sich weder der Prinzipal- oder der Konkommissar noch der kurböhmische Gesandte oder der österreichische Direktorialgesandte in Regensburg aufhielten, was die Hofburg nur sehr ungern sah347. Dass zwischen den Bevollmächtigten des Wiener Hofes Reibungspunkte unterschiedlicher Natur und Intensität entstanden, ist angesichts der geschilderten Voraussetzungen ihres Wirkens nicht verwunderlich. Aktenkundig geworden sind beispielsweise Konflikte in zeremoniellen Fragen. So ist der Korrespondenz Buchenbergs zu entnehmen, dass der Fürst von Thurn und Taxis in dieser Hinsicht nicht immer zur Zufriedenheit des Direktorialgesandten handelte. Buchenberg meldete im Januar 1749, der Prinzipalkommissar habe ihn »in puncto der dem erzhaus gebührenden parification mit denen churfürsten«348 im Zeremoniell nicht angemessen behandelt. Dies war aus österreichischer Sicht ein essenzieller Punkt, denn die »parification«, also die Gleichbehandlung mit den Kurfürstlichen, zählte zu den wichtigen Anliegen vieler altfürstlicher Reichsstände349. Der Fürst von Thurn und Taxis beschwerte sich hingegen Ende des Jahres 1748, Palm habe ihm noch nicht die obligatorische solenne Visite abgestattet. Der Konkommissar wurde daraufhin aus Wien angewiesen, dies nachzuholen, damit nicht der Eindruck entstehe, zwischen den Gesandten des Wiener Hofes würden »beständige mißhelligen vorwalten«350, wie überhaupt die Hofburg sehr darauf bedacht war, dass die drei Gesandtschaften keinerlei Angriffsfläche boten, etwa durch unkoordinierte Verhaltensweisen, und somit nicht durch potenzielle Kontrahenten gegeneinander ausgespielt werden konnten351. Zeitweise war der Fürst von Thurn und Taxis zudem darüber verärgert, dass ihm wichtige Informationen nicht direkt durch den Wiener Hof mitgeteilt wurden, sodass er eigens Seydewitz konsultieren musste352. Bis auf einen Fall,

346 347 348 349 350 351 352

Palms an Colloredo, Regensburg 10. und 19. 5. 1747, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 78c, jeweils unfol. Ausf.: ebd., Berichte 98, unfol. Vgl. die Weisung an Palm, s.l. 21. 8. 1752, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 7b, unfol. Palm sollte sich daher so schnell wie möglich zurück nach Regensburg begeben. Vgl. den Auszug aus dem Bericht Buchenbergs, s.l. 8. 1. 1749, HHStA, RK, DA, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 1b, Konv. »fol. 1 – 295«, hier fol. 203 – 204’. Zu den Hintergründen vgl. Gotthard, Säulen, Bd. 2, S. 806 – 824; Krischer, Gesandtschaftswesen, S. 234 f. Weisung an Palm, Wien 26. 12. 1748, Kopie: HHStA, RK, PK, Weisungen 7a, unfol.; vgl. auch die Weisung an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 28. 12. 1748, Konz.: ebd., unfol. Vgl. die Weisung an Palm, Wien 20. 12. 1748, Konz.: ebd., unfol. Vgl. Freytag, Prinzipalkommissariat, S. 266; Hellwig, Rechtsstellung, S. 188. Ähnliche Beschwerden über fehlende Kommunikation vonseiten Buchenbergs finden sich in dem Bericht

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der nun etwas ausführlicher zu schildern ist, hielten sich diese Differenzen allerdings in akzeptablen Grenzen. Erhebliche Beeinträchtigungen der Gesandtschaftsarbeit über längere Zeiträume hinweg blieben aus. Hatten die genannten Beispiele aufs Ganze des Untersuchungszeitraums gesehen nur vorübergehende Beeinträchtigungen der Gesandtschaftstätigkeit zur Folge, so belasteten die sich in den Jahren 1753/54 massiv verschlechternden Beziehungen zwischen Alexander Ferdinand und Palm die Gesandtschaftsarbeit ganz erheblich. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass Palm im Zuge der Ernennung des Fürsten zum Prinzipalkommissar grundsätzliche Vorbehalte geäußert hatte, die aus den Vernetzungen Alexander Ferdinands mit Reichstagsgesandten resultierten353. Außerdem wurde das Verhältnis zwischen Prinzipal- und Konkommissar dadurch belastet, dass zwischen ihren Frauen offene Feindschaft herrschte354. Zum Eklat kam es dann im Zuge der Anstrengungen des Prinzipalkommissars, die lang ersehnte Introduktion in den Reichsfürstenrat zu bewerkstelligen. Alexander Ferdinand warf Palm, der sich schon zuvor in aller Deutlichkeit über fehlende Rückendeckung des Wiener Hofes beklagt hatte355, in massiver Weise vor, die Introduktion zu hintertreiben356, und setzte seinen gesamten Einfluss so ein, dass sich der Wiener Hof schließlich veranlasst sah, die Reißleine zu ziehen und Palm von seinen Aufgaben in Regensburg zu entbinden. Der Prinzipalkommissar hatte für den Fall, dass der Konkommissar nicht abberufen werde, mit seinem Rücktritt gedroht357, sodass sich die Hofburg schließlich dazu entschloss, Palm »bey den fürdauernden mißhelligkeiten zu Regenspurg«358, wie es in einem Reskript vom 25. Juli 1754 hieß, zur Niederlegung seines Amtes anzuweisen, was dann letztlich auch umgesetzt wurde359.

353 354 355 356

357 358 359

Palms an Colloredo, Regensburg 26. 9. 1746, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 77b, unfol., sowie in dem Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis und Palms an Franz I., Regensburg 26. 1. 1753, Ausf.: ebd., Berichte 89a, unfol. Siehe oben Kap. II 3 a. Vgl. Kollmer, Palm, S. 82. Vgl. den Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 12. 6. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 89c, unfol.: Andere Gesandte, so führte Palm aus, seien in einer glücklicheren Lage als er, da »sie nicht nur von ihrer faction, sondern auch von ihren höffen kräfftigst secundiret werden«. Vgl. das besonders eindringliche Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Colloredo, Regensburg 13. 2. 1754, Konz.: FTTZA, HFS 884, unfol.: Jedermann könne mit Händen greifen, dass Palm keine andere Absicht gehabt habe, als sich jeder Gelegenheit zu bedienen, um die Introduktion zu behindern. Vgl. ferner auch Ders. an Dens., Regensburg 17. 4. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 92b, unfol. Vgl. Kollmer, Palm, S. 85. Weisung an Palm, Wien 25. 7. 1754, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a, unfol.; vgl. auch die Weisung an Dens., Wien 29. 4. 1754, Konz.: ebd., unfol. Palm wurde aufgefordert, seine Reise von Regensburg an den kaiserlichen Hof zu beschleunigen. Die Abreise Palms aus Regensburg meldete der Fürst von Thurn und Taxis Colloredo mit einem Schreiben vom 4. 5. 1754, Konz.: FTTZA, HFS 884, unfol. Palm traf am 6. 5. 1754 in Wien ein;

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Vorausgegangen waren zunächst Versicherungen Colloredos, Palm dazu bewegen zu wollen, in der Introduktionsfrage mehr Eifer an den Tag zu legen360. Als sich aber abzeichnete, dass der Konkommissar nicht mehr zu halten war361, signalisierte der Reichsvizekanzler dem Fürsten von Thurn und Taxis, der ihn um Geheimhaltung gebeten hatte362, seine Unterstützung363. Colloredo hatte zuvor sogar den Entwurf des Schreibens, das Alexander Ferdinand ihm in der Causa Palm zukommen lassen sollte, mit in die Wege geleitet!364 Dies ist ein wichtiges Detail, denn vormals hatte allem Anschein nach ein freundschaftliches Verhältnis zwischen dem Reichsvizekanzler und Palm bestanden365. Offenbar waren die damaligen Kräfteverhältnisse am Wiener Hof dergestalt, dass sich Colloredo der forcierten Abberufung nicht mehr widersetzen konnte und wollte. Den Schreiben des Franz Michael Florence (Florenz) von Lilien366, der die Interessen des Fürsten von Thurn und Taxis in Wien vertrat und zu den treibenden Schlüsselfiguren des Vorgehens gegen Palm zählte, ist jedenfalls zu entnehmen, dass sowohl das Herrscherpaar als auch Kaunitz im April 1754 eindeutig zu erkennen gaben, das Anliegen Alexander Ferdinands unterstützen und die Abberufung des Konkommissars reskribieren zu wollen367. Ganz augenscheinlich nahm man in der Hofburg eher in Kauf, mit Palm einen fähigen Konkommissar zum Rücktritt zu bewegen, als mit dem Fürsten von Thurn und Taxis einen Prinzipalkommissar zu verlieren, den man zum damaligen Zeitpunkt in seinem Begehren nach Introduktion in den Reichsfürstenrat für alle erkennbar protegierte.

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vgl. die Weisung an den Fürsten von Thurn und Taxis, s.l. 8. 5. 1754, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a, unfol. Vgl. das Schreiben Colloredos an den Fürsten von Thurn und Taxis, PS Wien 25. 4. 1754, Ausf.: FTTZA, HFS 884, unfol. Lilien meldete die beschlossene Abberufung Palms, die noch geheim bleiben sollte, bereits am 11. 4. 1754; vgl. sein Schreiben an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 11. 4. 1754, Ausf.: ebd., HFS 887, unfol. Vgl. das Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Colloredo, Regensburg 15. 3. 1754, Konz.: ebd., HFS 884, unfol. Ins Vertrauen zog Alexander Ferdinand zudem Buchenberg und sogar den kurmainzischen Reichstagsgesandten Lincker! Vgl. das Schreiben Colloredos an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 3. 5. 1754, Ausf.: ebd., unfol. Vgl. das Schreiben Liliens an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 12. 4. 1754, Ausf.: ebd., HFS 887, unfol. So Kollmer, Palm, S. 70. Zur Person Liliens, der als Generalintendant der Reichs- und Niederländischen Posten sowie als Resident des Fürsten von Thurn und Taxis in Wien weit vernetzt war, vgl. in jüngerer Zeit Behringer, Zeichen, hauptsächlich S. 471 f., 587 ff. und 611 ff.; Grillmeyer, Diener, S. 52 ff. und 90 ff.; Styra, Karriere, Kap. 6.10.; siehe ferner die Ausführungen in Kap. IV. 1756 erfolgte Liliens Erhebung in den Freiherrnstand; vgl. Frank, Standeserhebungen, Bd. 3, S. 142. Vgl. die Schreiben Liliens an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 12. und 26. 4. 1754, Ausf.: FTTZA, HFS 887, jeweils unfol. Laut Lilien behandelte Kaunitz Palm wie einen »homme pendable«, und Colloredo bezeichne den Konkommissar als »si indigne personage«.

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Colloredo selbst fand in seinem Vortrag beim Kaiser vom 29. Mai 1754 klare Worte: »Bedauerlich ist, daß ein solcher Mann wie Graf Palm, der gewißlich grosse Wissenschafften besitzet, und der es auch an Anwendung seines Fleisses und Application niemahlen ermanglen lassen, mit solchen übeln Begabnussen und einen gleichsam unverbesserlichen hartnäckigen Eigensinn bekleidet sich befindet, den von hieraus zu leithen, wie sich solches bei zerschiedenen Begebenheiten zugetragen, eine blosse Unmöglichkeit ist. […] E[uer] kais[erlichen] M[ajestät] weltbekannte Clemenz und angebohrne Güte dörffte aber vielleicht nicht zulassen, ihme Graf Palm platterdings alle Bedienungen zu entziehen.«368 Der Kaiser folgte dieser Anregung des Reichsvizekanzlers: So lange kein geeigneter Posten für Palm gefunden werde, solle er eine jährliche Pension in Höhe von 4.000 Gulden erhalten369. An der Entscheidung des Kaisers, den Konkommissar abzuberufen, vermochte auch die Tatsache nichts zu ändern, dass sich Palm um das Haus Österreich verdient gemacht hatte und im Reich sowie am Wiener Hof weitläufig vernetzt war370. Der Konkommissar musste Regensburg weisungsgemäß verlassen und zog sich später auf seine böhmischen Güter zurück. Nach seiner Abreise aus Regensburg hatte er sich zwischenzeitlich nach Wien begeben und sich dort, so schrieb er an Colloredo am 14. September 1754, zu Füßen der beiden Majestäten gelegt371, ohne damit allerdings eine Revision seiner erzwungenen Demission zu bewirken, auch wenn ihm Maria Theresia ihr persönliches Mitleid zu erkennen gab372. Palm selbst bestritt die gegen ihn erhobenen Vorwürfe vehement und drängte unter Hinweis auf seine langjährigen Dienste und Treue auf eine öffentliche Wiederherstellung seiner Reputation. Die im Zuge seiner Abberufung angeführten Misshelligkeiten hätten sich, so Palm, auf anfängliche zeremonielle Differenzen mit dem Fürsten von Thurn und Taxis beschränkt, dem er lediglich vorgeworfen habe, sich nicht oft genug an den vielfältigen Geselligkeiten beteiligt zu haben. Zudem habe er sich, fuhr Palm fort, in der Introduktionsangelegenheit alle Mühe gegeben, diese entsprechend in die

368 Khevenhüller-Metsch/Schlitter (Hg.), Tagebuch, Bd. 3, S. 465 f. Aufschlussreich ist auch die Einschätzung des Oberstkämmerers Johann Joseph Fürst von Khevenhüller-Metsch, der ebenfalls den schwierigen Charakter Palms hervorhob: »Er ware wegen seines wunderlichen und bizarren Humors (ungehindert der sonsten besitzenden großen Erudition und Erfahrenheit in Reichssachen) sowohl seinen Obern, dem Reichs-Vice-Canzlern und Principalcommissario, als auch seinen Collegen, denen böhmisch- und oesterreichischen Gesanten in die Länge unerträglich geworden«; ebd., S. 203. 369 Vgl. ebd., S. 466; Kollmer, Palm, S. 86; vgl. ferner die Weisung an Palm, Wien 25. 7. 1754, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a, unfol.; Dekret an Palm, Prag 2. 9. 1754, Konz. und Kopie: ebd., unfol. 370 Vgl. Kollmer, Palm, S. 85. 371 Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 93b, unfol. 372 Vgl. Kollmer, Palm, S. 85.

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Wege zu leiten. Auch habe er sich »zu keiner partie oder faction gesellet«373, sondern sei nur seinen Pflichten nachgekommen. Der letztgenannte Aspekt seiner dezidierten Rechtfertigung ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil hier gut erkennbar wird, in welch starkem Maße ein kaiserlicher Funktionsträger wie Palm darauf achten musste, nicht in den Verdacht zu geraten, mit unerwünschten Personen und Parteiungen Kontakte zu unterhalten374. Dass ihm auch noch in den nachfolgenden Jahren wiederholt unterstellt wurde, er pflege vertraulichen Umgang mit den »hauptantagonisten« des Prinzipalkommissars und unterhalte Beziehungen zu den Feinden des Kaiserhofes375, verweist auf die lang anhaltende Wirkungsmacht solcher Vorwürfe und zeigt überdies, wie sehr seine Feinde darauf bedacht waren, ihn von Regensburg fernzuhalten376. Der Fall Palm, den Colloredo intern mit guten Gründen als Skandal bezeichnete377, verweist auf ein grundlegendes Strukturproblem der Prinzipalkommission: Eine effektive Umsetzung der Wiener Vorgaben war eben nur dann gewährleistet, wenn der Prinzipalkommissar und der Konkommissar in der Gesandtschaftsarbeit weitgehend an einem Strang zogen. Das geschilderte Zerwürfnis zwischen Palm und dem Fürsten von Thurn und Taxis zeigt in aller Deutlichkeit, dass die Gewährleistung einer homogenen Reichstagspolitik des Wiener Hofes alles andere als selbstverständlich war. Die spezifischen strukturellen und personellen Gegebenheiten der drei Gesandtschaften des Wiener Hofes und das zumindest punktuell auftretende Kompetenzgerangel zwischen den mit der Reichstagspolitik betrauten Personen und Behörden machten es der Hofburg nicht leicht, einen kohärenten Kurs zu steuern. Dies ist gerade deshalb nicht zu unterschätzen, da der konsequenteste reichspolitische Gegenspieler Wiens in diesen Jahren, das ambitionierte Preußen, kaum mit derartigen Koordinationsschwierigkeiten zu kämpfen hatte, wie sie zwischen den drei Regensburger Gesandtschaften Franz’ I. und Maria Theresias auftraten. Denn der jeweilige kurbrandenburgische Reichstagsgesandte führte grundsätzlich auch alle Stimmen, die dem preußischen König im Reichsfürstenrat zustanden. Aufgrund dieses Befundes ist die Annahme sicherlich nicht gänzlich von der Hand zu weisen, dass die Reichs373 Schreiben Palms an Colloredo, Regensburg 14. 9. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 93b, unfol.; vgl. auch Ders. an Dens., Regensburg 11. 10. 1754, Ausf.: ebd., unfol. 374 Vgl. dazu das Promemoria Liliens für Colloredo, Wien 14. 4. 1754, Konz.: FTTZA, HFS 887, unfol. 375 Vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 21. 3. 1755, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 94, unfol.; Schriftsatz Liliens [für Colloredo?], Wien 21. 4. 1756, Kopie: ebd., Berichte 97, unfol. 376 Vgl. etwa den Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis an Colloredo, Regensburg 31. 10. 1754, Ausf.: ebd., Berichte 93b, unfol. Plotho berichtete am 25. 3. 1756 aus Regensburg, dass Seydewitz’ »credit und actien« am Wiener Hof fallen und dass sich Palm Hoffnungen mache, seinen alten Posten wiederzuerlangen; Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 111, fol. 31 – 32. 377 Vgl. Khevenhüller-Metsch/Schlitter (Hg.), Tagebuch, Bd. 3, S. 466.

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tagspolitik des Wiener Hofes der Tendenz nach eher Gefahr lief, in den internen Beratungs- und Entscheidungsprozessen schwerfälliger zu agieren und mehr Reibungsverluste zu produzieren, als dies aufseiten Preußens der Fall war.

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III. Klientelpolitik und Parteibildung als Areale der Erforschung des Immerwährenden Reichstags (1745 – 1763) 1. »Clienten« und »Partheyen« als reichspolitische Faktoren Ausgehend von den einleitend vorgenommenen Begriffsbestimmungen zu Netzwerken, »Partheyen« und Klientelpolitik1 wird im Folgenden der Frage nachgegangen, inwiefern Klientel- und Patronagebeziehungen sowie Parteibildungspraktiken die Reichstagspolitik des Wiener Hofes in den Jahren 1745 bis 1763 prägten. Dabei ist grundsätzlich zu beachten, dass es sich bei Klientelpolitik und Parteibildung um Phänomene handelt, die aufgrund ihrer Wesensmerkmale zwar prinzipiell zu unterscheiden sind – dies betrifft vor allem die mannigfaltigen sozialen Funktionen von Klientel- und Patronagebeziehungen, die für Parteibildungsprozesse nachrangige Bedeutung hatten –; sie weisen jedoch einen fundamentalen gemeinsamen Nenner auf, der für die Erkenntnisziele der vorliegenden Arbeit von zentraler Bedeutung ist: Sowohl die »Clienten« als auch die »Partheygänger« des Wiener Hofes waren konstitutive Bestandteile der vielgestaltigen kaiserlich-österreichischen Anhängerschaft im Reich, welche die Reichstagspolitik der Hofburg in nicht zu unterschätzender Weise immer wieder nachhaltig beschäftigte. Rekapituliert man nun wichtige Befunde der jüngeren Geschichtsschreibung zu den Untersuchungsfeldern Klientelismus, Patronage und Parteibildung, so wird schnell erkennbar, dass sich hierbei zahlreiche, von der bisherigen Historiografie tendenziell vernachlässigte Berührungspunkte zur Reichstagsforschung ergeben. Nachfolgend werden zentrale inhaltliche und methodische Aspekte dieses Forschungskontexts aufgeführt. Dies erfolgt nicht mit dem Anspruch auf Vollständigkeit, aber doch mit dem Ziel, wichtige strukturelle Bestimmungsfaktoren des Reichstagsgeschehens zu benennen, die untrennbar mit den von der jüngeren Forschung herausgearbeiteten informell-personalen Charakteristika vormoderner Institutionskultur verbunden sind.

1 Vgl. Kap. I 2.

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a) Bipolare Wahrnehmungsmuster als Strukturelemente des Reichstagsgeschehens: Einführende Überlegungen »Partheyen« sind als Thema der Erforschung der politischen Strukturen des Alten Reiches in jüngerer Zeit wiederholt in den Blickpunkt geraten. So hat beispielsweise Andreas Pecˇar den heuristischen Wert der analytischen Kategorie »Parthey« im Hinblick auf den Hof Kaiser Karls VI. aufgrund der fehlenden Kohärenz dieser sich wandelnden Personengruppen in überzeugender Weise angezweifelt2. Für den Immerwährenden Reichstag der Jahre 1745 bis 1763 gelangt man freilich zu einem anderen Befund. In diesen Jahren standen sich mit den Anhängern Österreichs auf der einen und Preußens (sowie bis etwa 1756 auch Frankreichs) auf der anderen Seite zwei »Partheyen« diametral gegenüber, die über einen längeren Zeitraum hinweg vergleichsweise stabil waren und von den betroffenen Akteuren auch so wahrgenommen wurden3. Damit soll nicht die Tatsache überdeckt werden, dass sich unter den Reichstagsgesandten in dynamischer Weise auch neue, zum Teil kurzlebige Personenkonstellationen ergeben konnten4. Aber anhand der Regensburger Berichterstattung wird doch erkennbar, dass es sich bei den geschilderten »Partheyen« in erster Linie nicht um ein narratives Konstrukt zur besseren Orientierung handelte, wie es im Hinblick auf den von Pecˇar untersuchten Hof Karls VI. der Fall ist, sondern sowohl auf der Wahrnehmungsebene als auch auf der Ebene der formalen und informellen Interaktionen waren die beiden Reichstags-»Partheyen« in den Augen der Zeitgenossen feste Bezugsgrößen, die sich – zumindest weitgehend – auch konfessionell unterschieden5. Richtet man im Anschluss an diese Beobachtungen den Fokus auf die in der Reichstagskorrespondenz verwendete Begrifflichkeit aus dem inhaltlichen Umfeld von Klientelpolitik, Patronageverhältnissen und Parteibildungsprak2 Vgl. Pecˇar, Ökonomie, S. 70 – 92. 3 Exemplarisch sei auf eine Denkschrift des Grafen Ferdinand von Trauttmansdorff aus dem Jahr 1785 verwiesen, in welcher der österreichische Staatsmann rückblickend die nach 1740 im Reich eingetretene Lage charakterisiert: »Gleich nachdem die preußische Macht durch die widerrechtliche Eroberung Schlesiens einige Konsistenz gewann, war eine der vorzüglichsten Absichten des Königs, im Reich den Meister zu spielen, und mittels geheimer Verbindungen seine Partei im selben zu bestärken, weswegen er dann die protestantischen Stände durch die gehässigsten Vorspiegelungen nach und nach von dem kaiserlichen Hofe völlig ab und an sich zu ziehen suchte«; Aretin, Heiliges Römisches Reich, Bd. 2, S. 60. 4 In diesem Sinne auch S. Friedrich, Drehscheibe, S. 258. 5 Zur Verfestigung der beiden Lager vgl. Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 254: »Aus gegenstandsabhängigen, sich ständig neu und anders konstituierenden Parteiungen innerhalb des Systems wurden zwei gegenstandsunabhängige Parteien, die durch die seit Mitte der 1750er Jahre von außen auf das Reichssystem einwirkende Mächtekonstellation noch stabilisiert wurden. Zwischen diesen beiden Gruppen mit ihren unvereinbaren politischen Wertmaßstäben wurde der Grundkonsens zerrieben, der für eine politische Ordnung, die in so geringem Maße auf festen Regeln basierte wie die des Reichs, noch viel unerläßlicher war als für jedes andere Gemeinwesen.«

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»Clienten« und »Partheyen« als reichspolitische Faktoren

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tiken, dann tritt ein augenfälliger Befund zutage, der für die Frage, wie die Akteure das Geschehen im Reich und auf dem Reichstag perzipierten, ausgesprochen aufschlussreich ist. Gemeint ist die bereits angedeutete, ausgeprägt bipolare Wahrnehmung der Lager im Reich und auf dem Reichstag6. Nun haben Untersuchungen zur Semantik von Klientel und Patronage immer wieder zu Recht auf die Probleme der diesbezüglichen Terminologie hingewiesen. Dies betrifft zum einen die charakteristische »Doppelexistenz«7 der Begriffe »Klientel« und »Patronage« als Sprache der zeitgenössischen Quellen und als Terminus technicus der Forschung8. Zum anderen haben Analysen von Korrespondenzen zwischen Patronen und ihren Klienten ergeben, dass das Reden (bzw. Schreiben) und Handeln der Akteure keineswegs immer deckungsgleich war ; es stellt sich hierbei also die grundsätzliche Frage nach der Glaubwürdigkeit der Briefrhetorik9. Zu ähnlichen Befunden gelangt man, wenn man hinsichtlich der Verortung von »Partheyen« im Reich und auf dem Reichstag die Ebene der sprachlichen Zuordnungen in den Korrespondenzen einerseits und die Handlungsebene andererseits zueinander in Beziehung setzt. Vereinfacht gesagt heißt dies: Nicht jeder Bericht über vermeintliche Parteibildungsprozesse und Fraktionsbildungen in Regensburg entsprach dem tatsächlichen Handeln der betreffenden Akteure. Gerüchte, Fehlwahrnehmungen oder Informationsdefizite konnten ebenso entsprechende Diskrepanzen hervorrufen wie Handlungslegitimierungen seitens des Berichtenden, um hier nur einige wenige Ursachen zu nennen. Die Berichterstattung eines Reichstagsgesandten über »Partheyen« konnte somit für dessen heimatlichen Hof ein brauchbarer Indikator sein; dies war aber keinesfalls immer gewährleistet. Dass beispielsweise der preußische Reichstagsgesandte Plotho nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges die feste Überzeugung äußerte, kein evangelischer Reichsstand werde in der Frage des Reichskrieges gegen den preußischen König Partei ergreifen, erwies sich letztlich als ein besonders gravierender Fall von Fehlwahrnehmung10. Für den Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit ist jedenfalls zu 6 Vgl. hierzu beispielshaber die Einschätzung von Luttenberger, Der Immerwährende Reichstag, S. 23: »Im österreichisch-preußischen Dualismus erstarrte dann der Immerwährende Reichstag in polarisierender Parteilichkeit.« 7 Hengerer, Amtsträger, S. 51. 8 Eine präzise Charakterisierung von Patronage als frühneuzeitlicher Kulturform findet sich neuerdings bei Thiessen, Patronagekultur. 9 Vgl. hierzu den Forschungsüberblick von Emich u. a., Patronageforschung, S. 259 – 262 (mit weiterführenden Literaturhinweisen) unter Bezugnahme auf das zeitgenössische Phänomen der Dissimulation und in direkter Reaktion auf die Ausführungen von Droste, Patronage, hier insbesondere S. 557 – 563. 10 Vgl. etwa den Bericht Plothos, Regensburg 6. 9. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 112, unfol. Zum Themengebiet von politischer Wahrnehmung und Fehlwahrnehmung ist nach wie vor das Standardwerk von Jervis, Perception, mit Gewinn heranzuziehen; vgl. darüber hinaus auch Niedhart, Perzeption; Ders., Wahrnehmung.

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konstatieren, dass ein genauerer Blick auf den konkreten Sprachgebrauch in der Reichstagskorrespondenz eine Haltung der Akteure offenbart, die einem feindbildartigen Denken in politischen Schwarz-Weiß- respektive FreundFeind-Kategorien verhaftet war und sich oftmals in antithetischen Argumentationsweisen niederschlug. Dies ist nicht zuletzt deshalb von konstitutiver Bedeutung für die hier untersuchten Fragestellungen, da sich gerade die Konstruktion von Vertrauen – eine essenzielle Kategorie der Klientel- und Patronageforschung11 – im Falle potenzieller oder tatsächlicher Patronagekonkurrenz nicht an einem dyadischen Modell des Verhältnisses zwischen Patron und Klient orientierte, »sondern an einem triadischen Beziehungsmodell, das einen äußeren Konkurrenten miteinbezog, um so tragfähiges Vertrauen in Patron-Klient-Verhältnissen zu generieren.«12 Mittels des kalkulierten Gebrauchs von Feindbildern und Bedrohungsszenarien durch den Patron ließen sich durchaus beziehungsstabilisierende Effekte erzeugen, indem dem jeweiligen Klienten in disziplinierender Absicht die Konsequenzen eines möglichen Parteiwechsels oder mangelnder Unterstützung für den Patron vor Augen geführt wurden. Am Beispiel der grundsätzlichen Haltung des Reichsoberhauptes gegenüber den Mindermächtigen haben wir eine solche Vorgehensweise bereits kennengelernt. Wie artikulierte sich nun diese bipolar-feindbildartige Wahrnehmung begrifflich? In der österreichischen Reichstagskorrespondenz wurden die eigenen Anhänger typischerweise als die Wohlmeinenden, Gutgesinnten, »bien intentionn¦s« oder auch Vertrauteren bezeichnet, die Anhängerschaft Frankreichs (bis zum renversement des alliances von 1756) und Preußens dagegen als die Übel- oder Widriggesinnten13. Letztere Gruppierung wurde gelegentlich noch differenziert in die »ganz Übeldenkenden« einerseits und die »nicht durchaus Wohldenkenden«, bei welchen noch die Hoffnung bestehe, sie für die eigene »Parthey« zu gewinnen, andererseits14. Es finden sich in den österreichischen Quellen Beispiele dafür, dass die Bezeichnungen »Klienten«, »Anhänger«, »Freunde« und »Adhärenten« für die Parteigänger Preußens vergleichsweise neutral, jedenfalls nicht in einem ausgeprägt pejorativen Sinn verwendet wurden15. Die Schreiben enthalten 11 Ausführlicher hierzu Kap. III 2 c. 12 Haug, Vertrauen, S. 241. 13 Vgl. hierzu auch die Beobachtungen von Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 130 ff.; Gotthard, Das Alte Reich, S. 136; S. Friedrich, Drehscheibe, S. 254 – 262. Friedrich hebt die Auffälligkeit hervor, dass die positiven begrifflichen Kennzeichnungen der eigenen »Parthey« mit der Verwendung ethischer Kategorien – insbesondere des ›Guten‹ – einhergingen; vgl. ebd., S. 260. 14 Vgl. die Weisung an Frankenberg und Buchenberg, Wien 13. 2. 1751, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 1, unfol. 15 Vgl. etwa den Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 14. 9. 1746, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 77b, unfol. (»um sich publice et coram Imperio als einen formalen clienten« der Könige von Frankreich und Preußen darzustellen); Ders. an Franz I., Regensburg 11. 8. 1753, Ausf.: ebd., Berichte 91a, unfol. (»anhänger und clienten« des preußischen Königs); Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 2. 12. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österrei-

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aber auch stark wertende Umschreibungen der preußischen Anhänger, wie zum Beispiel »Adversarii« oder »Antagonisten«, die deutlich negativ konnotiert waren16. Ein Äquivalent, das sich in der preußischen Korrespondenz häufiger findet, ist der Begriff »Gegenparthey«17. Am stärksten tritt die abwertende Tendenz beim Gebrauch der Bezeichnung »Faktion« zutage, die ausschließlich im negativen Sinn verwendet wurde18. Gleiches gilt für den Wortgebrauch auf preußischer Seite. Friedrich der Große selbst und seine Minister bezeichneten die österreichische Klientel darüber hinaus auch als Kreaturen Wiens, wobei sie diesen im 17. Jahrhundert noch in neutralem Sinne verwendeten Begriff mit einer deutlich abwertenden Bedeutung versahen19. Anders verhält es sich mit dem Begriff »Parthey«, der unter anderem auch als Bezeichnung für das eigene Lager oder neutral verwendet wurde20 – im Unterschied zum Begriff der »Partheylichkeit«, der ähnlich wie der Begriff »Faktion« ausnahmslos negativ besetzt war21.

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chische Gesandtschaft, Berichte 138, unfol. (»freunde und anhänger« Plothos); Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 13. 8. 1761, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 110b, unfol. (Adhärenten Preußens und Hannovers). Vgl. beispielsweise Ders. an Dens., Regensburg 27. 4. 1761, Ausf.: ebd., Berichte 110a, unfol. (»unsere bekannten adversarii«); Ders. an Dens., Regensburg 8. 10. 1761, Ausf.: ebd., Berichte 110b, unfol. (»antagonisten«); vgl. außerdem den Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 2. 1. 1747, Ausf.: ebd., Berichte 78a, unfol. Hier ist von einer Zusammenkunft »malevolorum« bei dem hessen-kasselischen Gesandten Wülcknitz die Rede. Vgl. die Berichte Plothos, Regensburg 20. 12. 1756 und 20. 1. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 114 bzw. 124, jeweils unfol. Vgl. beispielshalber den Bericht Palms an Franz I., Regensburg 16. 4. 1746, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 76b, unfol. (betrifft die französische und preußische Faktion); Bericht Palms und Fürstenbergs an Franz I., Regensburg 8. 11. 1746, Ausf.: ebd., Berichte 77c, unfol. (»widrige factionisten«); Bericht Palms an Dens., Regensburg 3. 6. 1747, Ausf.: ebd., Berichte 78c, unfol. (»factionisten«); Ders. an Colloredo, Regensburg 30. 11. 1753, Ausf.: ebd., Berichte 91b, unfol. (»mächtige faction« Preußens); Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis und Seydewitz’ an Franz I., Regensburg 19. 1. 1756, Ausf.: ebd., Berichte 97, unfol. (»factionisten«); Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 10. 9. 1761, Ausf.: ebd., Berichte 110b, unfol. (die Gesandten »der gegenteiligen faction, mit welchen ich ohnehin keinen umgang haben kann«). Zum negativen Bedeutungsgehalt des Faktions-Begriffs vgl. allgemein Beyme, Partei, S. 677; S. Friedrich, Drehscheibe, S. 255 mit Anm. 1448; Brandt/Mahlerwein, Partei, Sp. 877 f.; Thiessen, Diplomatie und Patronage, S. 41 mit Anm. 110. Ein Quellenbeispiel aus dem frühen 18. Jahrhundert für die synonyme Verwendung von »faction« und »parthey« bei Keller, Hof, S. 25. Vgl. zum Beispiel den Bericht Podewils und Finckensteins an Friedrich II., Berlin 28. 12. 1753, PC 10, S. 201 (»les princes cr¦atures de la maison d’Autriche«). Vgl. auch die Ausführungen über die geistlichen Reichsstände im Politischen Testament Friedrichs des Großen von 1768, Dietrich, Testamente, S. 630 f.; ein Beispiel aus den österreichischen Quellen: Bericht Fürstenbergs und Palms an Franz I., Regensburg 17. 12. 1745, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 75, unfol. (Bezeichnung des Reichstagsgesandten Rudolf Anton von Heringen als französische Kreatur). Zum Bedeutungsgehalt von »cr¦atures« vgl. die Umschreibung von Kettering, Gift-Giving, S. 134: »[…] those who owed everything to a patron, and they swore eternal loyalty and obedience to their masters«. Vgl. etwa die Berichte Plothos, Regensburg 31.1. und 15. 7. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 124 bzw. 130, jeweils unfol.; Bericht Palms an Franz I., Regensburg 25. 4. 1754,

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Weitere geläufige Umschreibungen von personalen Bindungen, die klientelund patronageartigen Charakter hatten oder im Sinne einer Parteigängerschaft gedeutet werden können, waren in der Reichstagskorrespondenz die Begriffe »Connexion«, »Dependenz« und »Attachement«22. Derartige Umschreibungen waren immer dann mit einem eindeutig negativen Bedeutungsgehalt versehen, wenn sie im Verbund mit dem Vorwurf blinder Ergebenheit vorgebracht wurden23. Besonders aufschlussreich sind in diesem Zusammenhang die überlieferten Listen, die bei Bedarf anlässlich anstehender Reichstagsberatungen zusammengestellt wurden und in denen das erwartete Abstimmungsverhalten der Reichsstände aufgeführt wurde. In einer Beilage zu dem Bericht der Prinzipalkommission vom 30. November 1746 findet sich eine solche Zusammenstellung. Die Reichsstände bzw. ihre erwarteten Voten wurden hier in drei Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 92b, unfol. Anders verhielt es sich etwa im Kontext des Hofes Kaiser Karls VI., wo der Begriff »Parthey« stets im negativen Sinne verwendet wurde; vgl. Pecˇar, Ökonomie, S. 92. 21 Vgl. die Berichte Plothos, Regensburg 31. 1. 1757 bzw. das PS vom selben Tag, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 124 bzw. 127, jeweils unfol. Der Vorwurf der Parteilichkeit richtete sich in beiden Fällen gegen den kurmainzischen Direktorialgesandten Lincker. Vgl. zusätzlich die Begriffsbestimmung bei Zedler, Universal Lexicon, Bd. 26, Sp. 1057: »Partheylichkeit […] ist der Zustand eines Menschen, da er aus andern Ursachen, als aus Liebe zu der Wahrheit, mehr auf die eine als auf die andere Seite hänget. Solche andere Ursachen können vielerley seyn: Ansehen, Verwandschafft, Freundschafft, Furcht vor dem zu erwartenden Bösen, das Verlangen nach dem davon zu erwartenden Guten etc.« 22 Vgl. exemplarisch den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 4. 11. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 99, unfol. (der Reichstagsgesandte Joachim Christoph von Moltke stehe »in der geheimesten connexion und freundschafft« mit Plotho und dessen Anhängern); Bericht Fürstenbergs und Palms an Franz I., Regensburg 10. 3. 1747, Ausf.: ebd., Berichte 78b, unfol. (französische Dependenz Menßhengens); Bericht Seilerns an Maria Theresia, Regensburg 24. 11. 1753, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 18, unfol. (Reichsstände, die in der »dependenz« des preußischen Königs sind); Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 6. 10. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 136, unfol. (die vom Kaiserhof »dependirenden«). Der Begriff »attachement« findet sich gehäuft in der preußischen Korrespondenz; vgl. etwa folgende Berichte Plothos: Regensburg 19. 8. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 111, unfol. (»attachement« des Landgrafen von Hessen-Darmstadt an den Kaiserhof); Regensburg 7. 10. 1756, Ausf.: ebd., Fasz. 112, unfol. (»attachement« der protestantischen Reichsstände an den preußischen König); Regensburg 6. 12. 1756, Ausf.: ebd., Fasz. 113, unfol. (»attachement« Menßhengens an den Kaiserhof). 23 Vgl. den Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis und Palms an Franz I., Regensburg 26. 4. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 89b, unfol. (Menßhengens und Kargs »blinde adhærirung« bezüglich der reichssatzungswidrigen Unternehmungen des Berliner Hofes); vgl. ferner die Berichte Plothos, Regensburg 7. 10. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 112, unfol. (dem Kaiserhof »blindlings attachirte« Reichsstädte), sowie Regensburg 6. 2. 1757, Ausf.: ebd., Fasz. 125, unfol. (»blindes attachement« vieler Reichsstände an den Kaiserhof); ein Beispiel aus der kurmainzischen Korrespondenz: Schreiben des Kurfürsten von Mainz an den Direktorialgesandten Lincker, Mainz 9. 5. 1756, Konz.: HHStA, MEA, RTA 582, unfol. (erwähnt jene, die dem preußischen Hof »blindlings« anhängen).

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Klassen eingeteilt (»favorabilia«, »dubia« und »contraria«); kurze Kommentare begründeten die jeweilige Einschätzung. So wurden die anhaltischen Fürsten unter die »dubia« eingeordnet, und zwar »wegen der connexion mit Preussen«. Der Stimmen der Fürsten von Auersperg, Fürstenberg, Schwarzenberg und Liechtenstein, allesamt traditionelle Klienten des Kaisers, war man hingegen versichert; von ihnen wurde erwartet, »ad mentem Cæsaream« zu votieren24. Auf die Konsequenzen dieses Denkens in bipolar ausgerichteten Kategorien, das nahezu einem Nullsummenspiel gleichkam25, wird noch ausführlicher zurückzukommen sein. Insgesamt gesehen bestätigen diese Beobachtungen zur Situation am Reichstag um die Mitte des 18. Jahrhunderts das treffende Urteil Susanne Friedrichs über die Lage um 1700: »Am Reichstag sind […] Prozesse zu beobachten, wie sie ›we-groups‹ und ›other-groups‹ kennzeichnen. Während gegenüber den Angehörigen der eigenen Gruppe Solidarität, Sympathie, Loyalität und Vertrauen auftraten, entstanden gegen Außenstehende Gefühle der Entfremdung, des Argwohns und der Angst.«26 Als sich die Höfe von Wien und Berlin nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges intensiv darum bemühten, die eigene Anhängerschaft im Reich zu mobilisieren und sie nach Möglichkeit noch weiter auszubauen, entstand sogar ein regelrechter Zwang für die Reichsstände, sich für eine der beiden »Partheyen« zu entscheiden. Denn die Einnahme einer neutralen Haltung brachte die Gefahr mit sich, dem politischen und militärischen Druck beider Kontrahenten ausgesetzt zu werden27. Der mecklenburgische Reichstagsgesandte Karl Wilhelm Freiherr Teuffel von Birkensee hat die daraus resultierende Notwendigkeit, sich politisch und militärisch zu positionieren, in einem Schreiben an seinen Dienstherrn unmissverständlich zum Ausdruck gebracht: »Eure Durchlaucht müssen durchaus optiren, welche Partei Sie nehmen wollen, die preußische oder die kaiserliche, auf beiden Achseln läßt sich nicht tragen.«28 Dass sich beide Seiten, sowohl Wien als auch Berlin, gegenseitig vorwarfen, die Reichsstände mit Zwang in die eigene Anhängerschaft zu pressen und sie dann durch die Ausübung von Druck fest an sich zu binden29, 24 Vgl. den Bericht Fürstenbergs und Palms an Franz I., Regensburg 30. 11. 1746, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 77c, unfol., hier die Beilage »In der securitæts-materie mag es mit denen votis beeder höherer collegiorum [Kurfürstenrat und Fürstenrat, d. Vf.] folgender massen beschaffen seyn […]«. 25 Vgl. Schmidt, Vernetzte Staatlichkeit, S. 545. 26 S. Friedrich, Drehscheibe, S. 261. 27 Vgl. M. Koch, Reichstag, S. IX. 28 Zitiert nach Schultz, Mecklenburg, S. 225. 29 Ein Beispiel aus der österreichischen Korrespondenz: Bericht Palms an Franz I., Regensburg 11. 8. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 91a, unfol. (erwähnt werden hier die »meistens nothgedrungener weise sich dargestellten anhänger und clienten« des preußischen Königs). Aus Sicht des Wiener Hofes war dies nicht zuletzt ein Signum der preußischen Vergrößerungsbegierde (vgl. Kap. II 1 c Anm. 115). Auf preußischer Seite sah man darin kaiserlichen Despotismus am Werk, der sich gerade auch gegen die protestantischen Reichsstände richte.

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zählt zu den bemerkenswerten Stereotypen in den damaligen österreichischen und preußischen Korrespondenzen bzw. Reichstagsakten und offenbart letztlich die im Rahmen der Konstruktion von Feindbildern typische Spiegelbildlichkeit der wechselseitigen Anklagen30.

b) Interaktionsräume, Zielgruppen und Intentionen der österreichischen Klientelpolitik und Parteibildung Bislang ist zumeist in allgemeiner Weise von der kaiserlich-österreichischen oder preußischen Klientel und den Parteigängern der Höfe von Wien und Berlin die Rede gewesen. Im Gegensatz zu Teilen der bisherigen Forschung, die in diesen Kontexten zumeist auf nähere Spezifizierungen verzichtet und sich vielmehr auf Aussagen genereller Natur beschränkt hat31, wird im Folgenden der Versuch unternommen, in systematischer Weise Differenzierungen vorzunehmen. Regensburg war bekanntlich nicht die einzige Bühne, auf der die reichspolitischen Akteure entsprechende Aktivitäten entfalteten. Vielmehr war der Reichstag als Interaktionsraum ein integraler Bestandteil von klientelären Sozialbeziehungen und Parteibildungsprozessen, die letztlich das ganze Reich mit seinen Institutionen (Territorien, Reichskreise, Reichsgerichte, Höfe sowie bi- oder multilaterale Diplomatie) betrafen32, und zwar, wie sich zeigen wird, zumindest phasenweise ein besonders wichtiger. Volker Press hat in seiner grundlegenden Studie über Klientel und Patronat im Alten Reich die Charakteristika dieser Strukturfaktoren herausgearbeitet und darauf hingewiesen, dass trennscharfe Differenzierungen der verschiedenen Ebenen im Reich, auf denen Klientel- und Patronagebeziehungen sowie Parteibildungsprozesse ihre politische und soziale Wirksamkeit entfalteten, nicht immer möglich sind33. Dies gilt besonders für die fließenden Grenzen zwischen Verflechtungen auf Reichsebene und auf der Ebene der einzelnen Territorien. Zudem spielte sich, so Press, die Bildung von »Partheyen« an den deutschen Fürstenhöfen durch auswärtige Mächte oder durch die größeren Reichsstände in einer Art Grenzbereich von Klientelbildung und Patronage 30 Vgl. Flohr, Feindbilder, S. 42 ff. 31 Es gibt allerdings Ausnahmen, bei denen sehr wohl die Notwendigkeit erkannt worden ist, die verschiedenen Interaktionsräume und -ebenen konkret zu benennen, in bzw. auf denen sich die Phänomene Klientelismus, Patronage und Parteibildung im Reich manifestierten, wie zum Beispiel Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 125 – 138; Krischer, Reichsstädte und Reichstag, Abs. 32; siehe ferner auch Emich u. a., Patronageforschung, S. 250 – 257. 32 In diesem Sinne jüngst auch Krischer, Reichsstädte und Reichstag. Ähnliche Fragestellungen wie die vorliegende Arbeit verfolgt schwerpunktmäßig für den Zeitraum von 1619 bis 1657 das Forschungsprojekt »Patronage- und Klientelsysteme am Wiener Hof« am Institut für Geschichte der Universität Wien; vgl. http://www.univie.ac.at/Geschichte/wienerhof/. 33 Zum Folgenden vgl. Press, Patronat, S. 34 f.

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einerseits sowie auswärtiger Politik andererseits ab. So sei es nicht immer leicht zu unterscheiden, wo Klientelbildung aufhöre und stärker formalisierte Bündnisse anfingen. Gerade der fortschreitende Territorialisierungsprozess im Reich habe die Wirksamkeit personaler Beziehungen gehemmt. Konsequent weitergedacht hatte diese Entwicklung langfristig zur Folge, dass aus vormaligen Klienten vertraglich fest verankerte Alliierte wurden34. Ein reichspolitischer Interaktionsraum, der hierbei berücksichtigt werden muss, sind die Reichskreise und deren Kreistage35. Neuere Arbeiten haben gezeigt, dass die Bedeutung der Reichskreise als Instrumente der österreichischen Reichspolitik kaum zu überschätzen ist36 und dass personale Verflechtungen ein wichtiges Strukturelement des Kreislebens waren37. Während der Österreichische und der Burgundische Reichskreis, in denen keine Kreistage abgehalten wurden, im 18. Jahrhundert de facto von Österreich dominierte »Einstandskreise« waren – viele der in der Wormser Reichsmatrikel aufgeführten Stände des Österreichischen Reichskreises waren inzwischen österreichische Landstände38 –, waren andere Reichskreise umkämpfte Schauplätze der rivalisierenden Reichspolitik Österreichs und Preußens. Hier wirkte der sich formierende Dualismus der beiden Vormächte dahingehend, dass sich die Hofburg seit 1745 verstärkt darum bemühte, die dortige Präsenz mittels Gesandtschaften weiter auszubauen39. Exemplarisch lässt sich dieses Ringen anhand des Fränkischen Reichskreises40 aufzeigen, wo österreichische und preußische Interessen im Untersuchungszeitraum unmittelbar aufeinanderprallten, sodass ein regelrechter »Nebenkriegsschauplatz«41 entstand, der vor allem im Siebenjährigen Krieg aufgrund seiner strategischen Lage wiederholt zu einem Brennpunkt des Geschehens wurde42. Während der Einfluss des Wiener Hofes in Franken auf

34 Vgl. die ähnliche Einschätzung ebd., S. 44. 35 Den aktuellen Forschungsstand dokumentiert der Sammelband von Wüst/M. Müller (Hg.), Reichskreise. 36 Vgl. Kulenkampff, Österreich, S. 15. 37 Vgl. für den Fränkischen Reichskreis neuerdings Humphreys, Kreistag, vor allem S. 353 – 377. 38 Siehe in diesem Kontext das Urteil Dotzauers: »Es existierte politisch gesehen nur ein wirklich mächtiger Kreisstand, das Haus Habsburg. Der Österreichische Kreis war so kein korporatives, regionales Verfassungsorgan, sondern stellte eher eine lustlos gehandhabte zusätzliche Verbindung des Hauses Habsburg mit dem Reich dar«; Dotzauer, Verfassung, S. 50. 39 Vgl. Press, Stellung, S. 66 f. 40 Der Fränkische Reichskreis und seine Geschichte im 18. Jahrhundert sind wie kaum ein anderer Reichskreis in den letzten Jahrzehnten gründlich erforscht worden; vgl. u. a. H. H. Hofmann, Reichskreis; O. Brunner, Stellung; Sicken, Der Fränkische Reichskreis; Ders., Zeitalter ; Schott, Kräftespiel, S. 23 – 26; A. Schmid, Reichskreis; Endres, Reichskreis; Humphreys, Kreistag; grundlegend sind ferner die Arbeiten von Dotzauer, Verfassung, hier S. 132 – 176; Ders., Reichskreise (1383 – 1806), hier S. 81 – 141. 41 Sicken, Der Fränkische Reichskreis, S. 63. 42 Franken flankierte Böhmen und bot günstige Durchmarsch- und Nachschubwege; vgl. ebd., S. 73. Der militärische Druck Preußens auf Franken im Siebenjährigen Krieg ist jüngst einge-

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den geistlichen Kreisständen beruhte, also den traditionellen kaiserlichen Anhängern mit Bamberg und Würzburg an der Spitze43, bildeten die verwandtschaftlichen Verflechtungen der fränkischen Hohenzollern (Ansbach und Bayreuth) mit der königlichen Linie des Hauses – Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth, die Schwester Friedrichs des Großen, ist das bekannteste Beispiel44 – eine Art von Gegenpol und Einfallspforte, die der Berliner Hof phasenweise mit Erfolg zu instrumentalisieren vermochte. Auch die fränkische Kreisverfassung blieb von dieser belastenden Konkurrenzsituation nicht unberührt, stritt doch das von Wien unterstützte Bamberg mit den brandenburgischen Markgrafen über die Vorrechte des Ausschreibeamts und des Kreisdirektoriums45. Wie wichtig es der Hofburg war, Preußen aus Franken fernzuhalten, verdeutlicht besonders augenfällig ein Vortrag Colloredos vom 23. Juni 1749. Sollte sich der preußische König im Fränkischen Reichskreis etablieren, dann müsse sich das »hertz von Teutschland« dessen Willkür unterwerfen, und für das Erzhaus würden viele Gefahren entstehen46. Dies war keineswegs nur eine punktuelle Situationsanalyse, sondern eine Einschätzung grundsätzlicher Natur. Ein rund zehn Jahre später entstandener Vortrag Colloredos weist den gleichen Tenor auf. Es sei nicht nur den Ständen des Fränkischen Reichskreises, sondern dem ganzen Reich daran gelegen, dass Preußen »für jezt und künfftig von der succession in denen Fränckischen fürstenthümern abgehalten werde«; denn ein solcher Zuwachs wäre so beträchtlich, dass es dadurch

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hend untersucht worden; vgl. Kech, Bamberg, S. 42 (zur älteren Forschung); Omlor, Untertan; A. Leipold, Der Siebenjährige Krieg. »Durch die enge Verflechtung der Domkapitel mit der Reichsritterschaft, die sich ihrerseits wiederum an den Kaiser anlehnte, und durch familiäre Bande zwischen den Mitgliedern der Domkapitel in Mainz, Bamberg und Würzburg standen der Hofburg zusätzliche Wege der Einflußnahme offen«; Sicken, Der Fränkische Reichskreis, S. 186. Prinzessin Friederike Sophie Wilhelmine von Preußen hatte 1731 den bayreuthischen Erbprinzen Friedrich geheiratet. Die Literatur zu ihrer Person allgemein und besonders zu ihren Beziehungen zum preußischen König ist inzwischen fast uferlos. Eine vorzügliche Skizze ihrer Stellung im Spannungsfeld der österreichisch-preußischen Auseinandersetzungen bietet Weiß, Wilhelmine. Zum späteren Markgrafen Friedrich von Bayreuth vgl. jetzt auch die Beiträge in Seiderer/Wachter (Hg.), Markgraf. Zum viel beachteten fränkischen Direktorialstreit, der nicht zuletzt auch eine konfessionelle Komponente hatte, vgl. Sicken, Der Fränkische Reichskreis, S. 70 – 73, 189 ff. und 197 – 208; Dotzauer, Verfassung, S. 134 und 172; Ders., Reichskreise (1383 – 1806), S. 82 f. und 133; Luh, Reich, S. 71 f.; Schott, Kräftespiel, S. 23 – 26; Sicken, Leitungsfunktionen; Wüst, Hochstift, S. 299; Weiß, Fürstenbegegnungen, S. 371; Ders., Wilhelmine, S. 114 f.; Klueting, Reichskirche, S. 114 ff. Bamberg führte das Kreisdirektorium und zugleich – gemeinsam mit dem jeweils amtierenden Markgrafen von Brandenburg-Ansbach oder -Bayreuth – das Ausschreibeamt. Im wichtigen Wahlamt des Kreishauptmanns bzw. -obristen behaupteten sich die brandenburgischen Markgrafen, zumeist der Markgraf von Bayreuth. Aufschlussreiches Quellenmaterial in dieser Frage enthalten die einschlägigen zeitgenössischen Sammlungen; vgl. zum Beispiel Faber, Europäische Staats-Cantzley, Bd. 92, S. 2 – 84, sowie ebd., Bd. 93, S. 121 – 136. HHStA, RK, DA, Vorträge 6d, fol. 400 – 410.

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die »volle übermacht«47 erlangen würde. Die nachfolgende Entwicklung offenbarte die Vergeblichkeit entsprechender Hoffnungen des Wiener Hofes. Die königliche Hauptlinie der Hohenzollern trat schließlich Anfang 1792 die Sukzession in Ansbach und Bayreuth an. Somit ergab sich aus österreichischer Sicht genau die Konstellation im Fränkischen, die man ursprünglich unbedingt hatte vermeiden wollen48. Dass sich die Kreispolitik des Wiener Hofes teilweise ausgesprochen schwierig gestaltete, zeigten auch die seit 1745 unternommenen Anstrengungen, zur Entlastung der Flandernfront im Krieg gegen Frankreich das traditionelle Mittel der Kreisassoziationen neu zu beleben. Zwar wurde nach langen Verhandlungen am 27. August 1748 ein Assoziationsrezess unterzeichnet, der immerhin die Kreise Österreich, Kurrhein, Oberrhein, Franken und Schwaben umfasste49. Dies kam jedoch de facto nur einer bloßen Absichtserklärung gleich, in defensiver Weise Ruhe und Sicherheit im Reich gewährleisten zu wollen. Die von der Hofburg ursprünglich erhoffte substanzielle Unterstützung im noch andauernden Krieg gegen Frankreich leistete diese Kreisassoziation nicht. Folgerichtig verzichtete Franz I. nachfolgend darauf, weiter mit diesem traditionellen reichspolitischen Instrument zu operieren, und wandte sich verstärkt anderen Mitteln der Parteibildung zu50. Hierzu zählte die ständige Akkreditierung von bevollmächtigten Ministern an den Reichskreisen und anderen Schaltstellen im Reich – hervorzuheben sind hierbei die Gesandten Cobenzl, Pergen, Ramschwag und Widmann –, sodass ein engeres Kommunikationsnetz als zuvor entstand, das gerade im Sinne einer möglichst umfangreichen Informationsbeschaffung genutzt werden konnte51. Ein weiterer reichspolitischer Interaktionsraum, in dem sich das Ringen 47 Vortrag Colloredos, Wien 25. 10. 1759, ebd., Vorträge 7a, unfol., sowie HHStA, StA, Brandenburgica 37, unfol. 48 Zur viel beschriebenen Sukzession in den fränkischen Markgraftümern vgl. Kunisch, Hausgesetzgebung, S. 72 – 78; Endres, Griff; Hanisch, Sukzession; Rechter, Weg; Neugebauer, Hohenzollern, Bd. 2, S. 84 – 93; jüngst Puchta, Mediatisierung, S. 117 – 120. 49 Vgl. Solf, Reichspolitik, S. 58 – 75; Kainrath, Reichsfürsten, S. 125 – 130; Hammerstein, Geschichte, S. 113 – 120; Wunder, Kreisassoziationen, S. 255 – 258; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 36 – 39. 50 Am Wiener Hof fürchtete man eine durch den Kurfürsten von Mainz angeregte Involvierung Englands, dem man mit Misstrauen begegnete; vgl. hierzu das Urteil von Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 39: »Aus den Wiener Akten gewinnt man den Eindruck, daß die Assoziation der Vorderen Reichskreise von da an in Wien eher als eine Bedrohung aufgefaßt wurde denn als ein Instrument einer aktiven Reichspolitik. Von der ursprünglichen Absicht, über eine Assoziation der Kreise die Reichskriegsverfassung zu reformieren, war nichts übriggeblieben.« 51 Vgl. Kulenkampff, Österreich, S. 24 f. Es kam nicht selten vor, dass die österreichischen Minister in den Reichskreisen und an den Höfen in Form von Zirkularreskripten gleichlautende Weisungen und Informationen erhielten wie die Reichstagsgesandten des Wiener Hofes bzw. dass Weisungen an die Reichstagsgesandten abschriftlich auch den übrigen österreichischen Vertretern im Reich übersandt wurden; vgl. beispielhaft die Weisung Maria Theresias an Ramschwag, Wien 19. 2. 1752, Ausf.: HHStA, StK, DK, Reich, Weisungen 231, unfol.

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um Klienten und Parteigänger manifestierte, waren die höchsten Reichsgerichte. Durch Sigrid Jahns grundlegende Untersuchung der Sozialstruktur des Reichskammergerichts wissen wir, in welch hohem Maße gerade die Direktorialämter dieser wichtigen Institution Objekte einer gezielten kaiserlichen Besetzungspolitik waren. Dem Reichsoberhaupt boten sich, so führt Jahns aus, durch die Vergabe von Präsidenten- und Kammerrichterstellen Optionen, »alte Klientelverhältnisse zum Reichsfürsten-, Grafen- und Herrenstand, später auch zum landsässigen sowie reichsritterschaftlichen Adel zu festigen und neue zu schaffen, bewährte Loyalitäten und Dienstleistungen für das Kaiserhaus zu honorieren sowie neue Verpflichtungen zu begründen.«52 Allerdings vollzog sich hierbei im Laufe des 18. Jahrhunderts ein langsamer Wandel, der in Teilen mit den skizzierten personalpolitischen Entscheidungskriterien bei der Besetzung der Regensburger Gesandtschaftsposten korrespondiert, nämlich die allmähliche Verdrängung älterer Rekrutierungskriterien hin zu einer Besetzungspolitik, die im Zeichen fortschreitender Professionalisierung der Amtsträger vor allem der Frage der tatsächlichen fachlichen Eignung größere Bedeutung beimaß, ohne dass damit jedoch die herkömmlichen Zugangskriterien wie Verwandtschaft oder Patronage außer Acht gelassen wurden53. »Die Fähigkeit, das Funktionieren von Beziehungsnetzen zu durchschauen, karriereträchtige Verbindungen anzuknüpfen und nutzbar zu machen«54, war und blieb ein zentraler personalpolitischer Faktor ; dies galt für das Reichskammergericht nicht weniger als für den Reichstag. Ähnliches ergibt sich in Bezug auf den Reichshofrat. Neuere Untersuchungen haben überzeugend herausgearbeitet, dass dieser nicht nur als kaiserliches Instrument und »Plattform reichsständischer Konfliktregulierung«55, die gerade für die mindermächtigen Reichsstände von außerordentlicher Bedeutung war56, zu verstehen ist. Vielmehr ist er nicht minder auch als Element innerhalb des kaiserlichen Klientel- und Patronagesystems anzusehen57. Ob diese Befunde die These stützen, das Reich habe in gewisser Hinsicht einen »Extremfall« dargestellt, »da hier informelle Patronagebeziehungen ein unverhältnismäßig großes Gewicht im Vergleich zu rechtlich klar fixierten Herrschaftsbeziehungen hatten«58, sei dahingestellt. Sicher ist jedenfalls, dass 52 Jahns, Reichskammergericht, Teil 1, S. 136. Ähnlich verhielt es sich mit dem Reichshofrat, wobei die beiden höchsten Reichsgerichte, so resümiert Siegrid Westphal, als zwei »komplementäre Gerichte für jeweils spezifische Klientelgruppen« anzusehen sind; Westphal, Rechtsprechung, S. 267; vgl. dazu auch Schenk, Protokollüberlieferung, S. 128 f.; Ders., Reichsgeschichte, S. 115; Ders., Das Alte Reich, S. 25. 53 Vgl. Jahns, Reichskammergericht, Teil 1, S. 141 und 383. 54 Ebd., S. 383. 55 Westphal, Konflikte, S. 249. 56 Vgl. Kap. II 1 b. 57 Vgl. Ullmann, Geschichte, S. 99, die Kommissionen des Reichshofrats betreffend. 58 Asch, Hof, S. 293.

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sowohl die politischen Strukturen des Reichsverbandes als Ganzes als auch das Funktionieren seiner einzelnen Institutionen – bei aller Berechtigung, die zunehmende Professionalisierung der jeweiligen Funktionseliten im 18. Jahrhundert zu betonen – ohne eine adäquate Berücksichtigung informeller Beziehungsnetze nicht angemessen erfasst werden können. Für die im Folgenden angestrebte nähere Verortung von Klientelpolitik, Patronage und Parteibildung als Bausteine der politischen Strukturen des Reiches erscheint es angebracht, die gerade berührte Herrscherebene eingehender zu untersuchen. Hierbei muss zunächst einmal die in der Forschung kontrovers beurteilte Frage geklärt werden, ob und inwiefern das Reichsoberhaupt selbst als Patron auftrat. Während Teile der Forschung nahezu selbstverständlich davon ausgehen, dass der Kaiser über spezifische Ressourcen verfügte und diese im Stile eines Patrons einsetzte59, hat vor allem Heiko Droste Zweifel angemeldet und generell hinterfragt, ob Fürsten überhaupt die Rolle eines Patrons bekleideten60. Dagegen spreche, dass der Fürst »nicht an einer auf Gegenseitigkeit beruhenden Gabenkultur beteiligt« gewesen sei; als Patron sei dagegen derjenige anzusehen, der »die Gnade des Fürsten und damit die Ressourcen der Krone mediatisierte«61. Was bedeutet dies im Hinblick auf die Person des Kaisers? Andreas Pecˇar ist in seiner Dissertation zum Hof Karls VI. zu dem Urteil gelangt, der Kaiser habe außerhalb der Familien- und Patronage-Netzwerke an seinem Hof gestanden. »Es erscheint«, so führt er aus, »wenig sinnvoll, den Kaiser selbst als Patron des Kaiserhofes und alle Angehörigen der Hofgesellschaft als kaiserliche Klienten anzusehen.«62 Einiges spricht dafür, dass diese Schlussfolgerung auf den Hof Franz’ I. und Maria Theresias übertragbar ist, auch wenn man angesichts des unbefriedigenden Forschungsstands63 und der eingangs erwähnten Probleme

59 Vielleicht am deutlichsten Winkelbauer, Fürst, S. 263: »Der Patron schlechthin am Kaiserhof war natürlich der Kaiser selbst.« Vgl. direkt dazu Hengerer, Kaiserhof, S. 496 mit Anm. 1762. 60 Vgl. Droste, Patronage, S. 585. 61 Die Zitate ebd.; vgl. dazu auch Hengerer, Amtsträger, S. 50 Anm. 16; Emich u. a., Patronageforschung, S. 255; vgl. ferner Droste, Erziehung, S. 27: »Der Fürst selbst konnte angesichts seiner zunehmenden Distanzierung von der sozialen Elite kaum selbst als Patron auftreten. Patronage stellte grundsätzlich eine verpflichtende Beziehung auf Gegenseitigkeit dar. Ein allein Gott und dem Gemeinwohl verpflichteter – ›absoluter‹ – Fürst konnte nicht gezwungen werden, persönliche Verpflichtungen gegenüber Fürstendienern einzuhalten. Er war den Patronagenetzwerken in seiner Herrschaft folglich enthoben. Hier sind allerdings noch weitere Untersuchungen notwendig«. Vgl. dagegen den dezidierten Einwand bei Thiessen, Diplomatie und Patronage, S. 35 Anm. 89: Droste könne sich im Hinblick auf die Nichtverpflichtbarkeit des Fürsten zum Gabentausch innerhalb des Patronagesystems »auf normative Konzepte berufen, die unzweifelbar auch auf die soziale Praxis durchgeschlagen haben, aber meiner Auffassung nach eben nicht so weit, dass es nicht möglich gewesen wäre, den Fürsten zum Gabentausch zu nötigen.« 62 Pecˇar, Ökonomie, S. 103. 63 Vgl. zuletzt Wührer, Haus, S. 43, der darauf hinweist, dass auch jüngere Forschungen das Verhältnis Franz’ I. zum Wiener Hofstaat nicht eingehend behandelt haben.

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der Quellenlage gut beraten ist, die Vorläufigkeit dieser Einschätzung zu betonen und sich vor vorschnellen Analogieschlüssen zu hüten. Durch die Arbeiten der jüngeren Forschung hat sich gleichwohl herauskristallisiert, dass Franz I. in Wien einen Kreis kompetenter Mitarbeiter, innovativer Persönlichkeiten, anerkannter Künstler und Wissenschaftler förderte, darunter lothringische Emigranten, und zudem ein Netz von Vertrauten unterhielt, die ihn über die Vorgänge an den europäischen Höfen informierten64. Ob das zeitgenössische Urteil aus preußischer Feder belastbar ist, demzufolge die Gunst des Kaisers aufgrund seines recht geringen Einflusses für das Fortkommen des jeweils Begünstigten faktisch wertlos gewesen sei65, ist aufgrund der defizitären Forschungslage schwer zu entscheiden. In Bezug auf Maria Theresia verhielt sich dies sicherlich anders. In diesen Fragen bedarf es aber noch erheblicher Grundlagenarbeit. Eine Untersuchung, wie sie für den Hof Karls VI. vorliegt, wäre für den Hof Franz’ I. und Maria Theresias noch zu leisten. Doch wie verhält es sich, wenn man die Patron-Klient-Logik nicht auf den kaiserlichen Hof in engerem Sinne, sondern auf das per se asymmetrische Verhältnis des Kaisers zu den Reichsständen überträgt? Sicherlich ist der Hinweis auf die Tatsache, dass der Lehnsnexus zwischen Kaiser und Reichsständen eine andere Beziehungsqualität generierte als die Bindung von Klienten an adlige Patrone, berechtigt66. Eine Analyse der reichspolitischen Praxis Franz’ I. und Maria Theresias zeigt jedoch, in welch hohem Maße die Hofburg in den Beziehungen zu den Reichsständen Mittel einsetzte, die faktisch dem gleichkamen, was in der Forschung als Patronageressourcen bezeichnet wird, nämlich materielle und symbolische Güter, die dem jeweiligen Klienten entweder direkt oder gegebenenfalls durch Vermittlung übertragen wurden67. Hierzu zählten zum Beispiel Privilegierungen, Standeserhöhungen, Exspektanzen, Wohlwollen in der Rolle als oberster Richter und Lehnsherr, die Vergabe von Ämtern, Orden und Pfründen in der Reichskirche, ferner Gratifikationen, Patenschaften, militärische Karrierechancen usw., also Res-

64 Vgl. Zedinger, Les Lorrains; Dies., Franz Stephan, S. 241 – 258, sowie insgesamt den Sammelband Dies./Schmale (Hg.), Kreis. 65 C. Hinrichs (Hg.), Podewils, S. 57. 66 Vgl. Pecˇar, Ökonomie, S. 103: »Der Lehensnexus war ein dauerhaftes Rechtsverhältnis mit Eidesleistung, keine mehr oder weniger punktuelle Sozialbeziehung ohne tiefergehende Verpflichtung. Der Modus von Gehorsam und Loyalität war viel stärker ausgeprägt als bei den Patronage- und Klientelbeziehungen.« Zur engen Verflechtung der kaiserlichen Klientelbildung mit den rechtlichen Beziehungen innerhalb des Reichsverbandes vgl. auch Press, Patronat, S. 35 – 46. 67 Vgl. Thiessen, Patronageressourcen, S. 17; Ders., Diplomatie und Patronage, S. 39. Schon die Zeitgenossen haben die charakteristische Vielfalt kaiserlicher Gunsterweise thematisiert. Friedrich Carl von Moser beispielsweise unterschied drei Gruppen: erstens Pensionen, zweitens Standeserhöhungen und drittens ansehnliche Geschenke, Lehnserteilungen, Exspektanzen sowie andere Vorteile; vgl. F. C. von Moser, Was ist: gut Kayserlich, S. 242 – 256.

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sourcen, die zum Teil von den kaiserlichen Reservatrechten herrührten und auch auf sozialer Ebene gezielt eingesetzt wurden68. Ein weiterer Aspekt kommt hinzu. Unter Berücksichtigung der erhellenden Charakterisierung von zwei allerdings nicht immer ganz trennscharf zu differenzierenden Patronagetypen (Protektionspatronage und Benefizialpatronage), die Ronald G. Asch in seiner Habilitationsschrift über den englischen Königshof Karls I. herausgearbeitet hat, gelangt man im vorliegenden Fall zu dem Befund, dass beide Kategorien in der Reichspolitik Franz’ I. und Maria Theresias eine nicht zu unterschätzende Rolle spielten. Während die Protektionspatronage »im Sinne einer mehr oder weniger dauerhaften Schutzbeziehung«69 vor allem für das Verhältnis des Reichsoberhauptes zu den Mindermächtigen ebenso konstitutiv wie charakteristisch war, verschaffte die eher punktuell gewährte Benefizialpatronage dem Ansuchenden konkrete Gunsterweise wie Ämter, Pfründen, Rechte etc. Die österreichische Reichstagskorrespondenz ist voll von derartigen Gesuchen reichsständischer Provenienz. Die Reichstagsgesandten des Wiener Hofes übernahmen hier oftmals die Funktion von Maklern/Intermediären (Brokern/Go-betweens)70, die wie eine Art von Relaisstation entsprechende Gesuche nach Wien übermittelten, je nach Lage rekommandierten und gegebenenfalls im Gegenzug nach dem Prinzip des do ut des ihrerseits Leistungen von den Bittstellern einforderten. Allerdings bleibt in Anknüpfung an Drostes Hinweis auf die Nichtverpflichtbarkeit des Herrschers zum Gabentausch festzuhalten, dass Gunsterweise des Kaisers in den Beziehungen zu den Reichsständen als tatsächliches Privileg verstanden werden müssen und nicht als einforderbare Verpflichtung, wie es für Klient-Patron-Beziehungen charakteristisch ist. Das Reichsoberhaupt stellte aber aufgrund seiner exzeptionellen Stellung im Gefüge des Reichsverbandes einen Sonderfall dar ; die generellen Einwände71 gegen die Positionen Drostes bleiben daher berechtigt. Als Konsequenz dieser Vorüberlegungen wird im Rahmen der noch zu schildernden konkreten Praktiken 68 Details dieser Praktiken, die sich auf alle Kategorien des Kapitalbegriffs Bourdieus erstreckten (ökonomisches, soziales, kulturelles und symbolisches Kapital), werden in Kap. III 2 d aufgeführt. Zu den jura reservata vgl. zusammenfassend Buschmann, Kaiser, S. 45, ferner die Zusammenstellung bei Düwel, Diskussion, S. 57 ff., sowie Hoke, Jura reservata; speziell zu den diesbezüglichen geistlichen Rechten des Kaisers vgl. Kremer, Diskussion. 69 Asch, Hof, S. 289; vgl. allgemein auch Reinhard, Paul V., S. 273. 70 Zum Unterschied zwischen Go-betweens und Brokern vgl. die sinnvolle Differenzierung von Kettering, Brokerage, S. 80, derzufolge Broker, anders als die Go-betweens, über eigene einsetzbare Ressourcen verfügten. Zur Gesamtthematik siehe folgende Sammelbände jüngeren Datums: Schaffer u. a. (Hg.), Brokered World; Keblusek/Noldus (Hg.), Agents. Sehr aufschlussreich sind in diesem Zusammenhang darüber hinaus Emich u. a., Patronageforschung, S. 244 ff.; A. Klein, Regeln, S. 42 – 45; Thiessen, Diplomatie und Patronage, S. 39 f. und 165. Heiko Drostes Einwand, die Unterscheidung zwischen Patron und Broker mache »wenig Sinn, denn sie unterstellt, dass der Patron die Ressourcen besitzt, die er verteilt« (Droste, Patronage, S. 586), ist unter Hinweis auf die Entwicklung in Kastilien relativiert worden; vgl. Thiessen, Patronageressourcen, S. 33 f. Anm. 55. 71 Siehe oben Anm. 61.

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der Patronagekultur in Bezug auf Franz I. und Maria Theresia von einer zumindest patronartigen Rolle ausgegangen, wenn es um das Verhältnis des hier als Handlungseinheit verstandenen Herrscherpaares zu den Akteuren geht, die in der Forschung traditionell als kaiserliche Klientel bezeichnet werden. Diese Rolle des Herrscherpaares erstreckte sich im reichsständischen Kontext auf mehrere Personengruppen und die damit verbundenen Interaktionsebenen. Drei davon seien an dieser Stelle besonders herausgehoben. Sie betrafen zum einen die Person eines anderen Fürsten selbst. Bekanntestes Beispiel hierfür sind wohl die Oberhäupter der sogenannten neufürstlichen Häuser (Auersperg, Dietrichstein, Liechtenstein, Lobkowitz, Schwarzenberg, Thurn und Taxis usw.), die zum Teil in Wien lebten und mit guten Gründen als kaiserliche Klienten qualifiziert werden können. Auch die kleineren geistlichen Reichsstände lassen sich hierunter subsumieren. Zum anderen konnte sich die patronartige Rolle des Herrscherpaares auf Regierungseliten an den reichsständischen Höfen erstrecken, also insbesondere auf die Favoriten, leitenden Minister und Räte im Umfeld des Herrschers, die man für sich gewinnen und an Schlüsselpositionen des jeweiligen Hofes platzieren wollte. Vor allem im zeitlichen Umfeld des Siebenjährigen Krieges wurden sowohl von österreichischer als auch von preußischer Seite erhebliche Anstrengungen unternommen, Parteigänger an den reichsständischen Höfen zum Zuge kommen zu lassen, von denen man sich erhoffte, dass sie den jeweiligen Herrscher in die gewünschte politische Richtung lenken konnten. Personalpolitische Entscheidungen auf ministerieller Ebene an den deutschen Fürstenhöfen hatten dementsprechend oftmals Signalcharakter hinsichtlich des weiteren politischen Kurses. Gabriele Haug-Moritz hat dieses erbitterte Ringen zwischen den rivalisierenden Anhängern der beiden Vormächte mit der Denkfigur des Spiels veranschaulicht, bei dem Österreich und Preußen gewissermaßen um das Reich spielten und versuchten, so viele Positionen wie möglich zu besetzen72. Ähnliches lässt sich zum Dritten auch für die Kreis- und Reichstagsgesandten sowie die übrigen inner- wie außerhalb des Reiches als Gesandte tätigen Akteure beobachten. Auf sie richtete sich bei Bedarf ebenfalls der Fokus des Wiener Hofes mit dem Ziel, Netzwerke im Reich zu kreieren oder auszubauen, die zugunsten eigener Interessen aktiviert werden konnten. Auch die Gewinnung dieser Funktionseliten ging gegebenenfalls mit dem Einsatz von Patronageressourcen nach dem Prinzip des Gabentauschs einher, wobei die Hofburg ihrerseits loyales Verhalten, gerade bezogen auf die Stimmführung in Regensburg und auf den Kreistagen, erwartete. Die österreichischen Vertreter im Reich und an den europäischen Höfen selbst waren nicht selten Klienten hochgestellter Persönlichkeiten am Kaiserhof. Zwei Beispiele aus der Zeit um 1750 seien an dieser Stelle genannt. So war der als bevollmächtigter Minister beim Fränkischen Reichskreis und in 72 Vgl. Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 128.

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Personalunion auch am Münchener Hof akkreditierte Gesandte Johann Wenzel Freiherr von Widmann73 ein langjähriger Klient des Oberstkämmerers und Konferenzministers Johann Joseph von Khevenhüller-Metsch74. Johann Anton Graf von Pergen, Gesandter in Mainz und bevollmächtigter Minister bei den Vorderen Reichskreisen, wurde durch seinen Vorgänger, Johann Karl Philipp Graf von Cobenzl, sowie Kaunitz protegiert75. Bei den Reichstagsgesandten verhielt es sich ähnlich. Besonders gut lässt sich dies anhand der Korrespondenzen Kaunitz’ und Colloredos zeigen. Ein Indikator solcher Patron-Klient-Beziehungen zwischen dem Staatskanzler bzw. dem Reichsvizekanzler und den Regensburger Gesandten waren die wiederholten Bittgesuche um Protektion. Dabei handelte es sich, wie bereits im Zusammenhang des Typisierungsversuchs Aschs angedeutet, um eine zentrale Funktion innerhalb der frühneuzeitlichen Patronagekultur, die eindeutig positiv konnotiert war76 und von den Reichstagsgesandten in unterschiedlichen Kontexten erbeten wurde. So konnte ein brieflich geäußerter Protektionswunsch die eigene Person betreffen77, und zwar in eher toposhafter Weise oder hervorgerufen durch eine prekäre Verhandlungssituation. Ebenso konnten entsprechende Begehren in vermittelnder Weise die Gewährung von Protektion für Reichstagsgesandte anderer Reichsstände betreffen, deren Verhalten sich zuvor als hilfreich erwiesen hatte78. Insgesamt gesehen erstreckten sich die geschilderten Anstrengungen des Kaiserhofes keineswegs ausschließlich auf die kaisernahen Zonen wie Schwaben, die traditionelle »Drehscheibe österreichischen Einflusses ins Reich«79, die fränkische oder auch die rheinische Region. Denn der eher kaiserferne Norden, laut Press die »Achillesferse der kaiserlichen Reichspolitik«80, blieb nicht unbeachtet, sondern wurde insbesondere seit Mitte der

73 Zu Widmann vgl. Wurzbach, Lexikon, Bd. 55, S. 248 f.; A. Schmid, Max III. Joseph, S. 273 f.; Ders., Gesandtschaft, S. 297 f.; A. Schmid/Grypa, Berichte, Bd. 1, S. 69*f. 74 Khevenhüller bezeichnete Widmann Ende 1754 als seinen »alten Bekanten und Clienten«; Khevenhüller-Metsch/Schlitter (Hg.), Tagebuch, Bd. 3, S. 219. 75 Vgl. Bernard, Pergen, S. 3; P. Fuchs, Pergen, S. 185 f.; vgl. auch Kulenkampff, Österreich, S. 133 f. mit Anm. 7. 76 Vgl. Pecˇar, Ökonomie, S. 94 f. 77 Vgl. als Beispiel den Bericht Seilerns an Kaunitz, Regensburg 5. 10. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 26, unfol.; Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 21. 3. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 137, unfol. 78 Vgl. etwa den Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 24. 7. 1753, Ausf.: ebd., Berichte 130, unfol. (Protektionsgesuch für den bayerischen Reichstagsgesandten Heinrich Joseph Freiherr von Schneid); Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 31. 8. 1758, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 104, unfol. (Protektionsgesuch für den salzburgischen Reichstagsgesandten Josef Gottfried Graf von Saurau). 79 Press, Das römisch-deutsche Reich, S. 230. 80 Ders., Stellung, S. 75.

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1750er Jahre zumindest punktuell zu einem gewichtigen Schauplatz der kaiserlichen Reichspolitik und Klientelbildung81. Dadurch ergaben sich nahezu unvermeidlich Kollisionen mit dem Klientelsystem, das Brandenburg-Preußen seit dem 17. Jahrhundert im mittel- und norddeutschen Raum aufgebaut hatte. Denn die Kurfürsten von Brandenburg und preußischen Könige hatten nicht nur ein Interesse daran, mittels hochadliger Gesellschafter die Exklusivität ihrer Hofhaltung zu demonstrieren, sondern sie benötigten auch zur Durchsetzung ihrer ambitionierten Reichspolitik eine reichsständische Klientel, die auf dem Reichstag und den Kreistagen Unterstützung bot82. Die kaiserliche Klientelbildung hatte den Hohenzollern dabei wahrscheinlich sogar als Vorbild gedient83. Wurde dieser durch Kurfürst Friedrich Wilhelm eingeleitete und durch Friedrich III./I. weiter fortgeführte Prozess von König Friedrich Wilhelm I. nicht konsequent weitergetrieben, so erschienen die preußischen Dienste für potenzielle Klienten nach dem Regierungsantritt Friedrichs II. wieder attraktiver84. Dies war sicherlich zu einem guten Teil auf die Ausstrahlungskraft Friedrichs und die sich eröffnenden militärischen Karrierechancen zurückzuführen. In der Folgezeit bildete sich somit, wie bereits näher ausgeführt85, eine Art reichsständisches Satellitensystem Preußens, das die Reichsinstitutionen in fundamentaler Weise betraf86. Denn der Hohenzollernstaat verfügte nicht nur über mehrere Virilstimmen auf dem Reichstag, sondern war darüber hinaus auch in drei Reichskreisen Kreisstand (Obersächsischer, Niedersächsischer und Niederrheinisch-Westfälischer Reichskreis)87. Wie Wolfgang Neugebauer anhand des Beispiels von Wittgenstein und Sayn zeigen konnte, gingen die klientelären Bindungen mindermächtiger Glieder des Reiches an den Hohenzollernstaat mitunter sogar so weit, dass Klientelbeziehungen, wie sie Graf Johann VIII. von Sayn-Wittgenstein-Hohenstein zum Großen Kurfürsten geknüpft hatte, Jahrzehnte später, lange Zeit nach dem Tod des Grafen, von den Untertanen in Wittgenstein und Sayn mit der Bitte um Protektion wiederaufgenommen wurden. Mit Erfolg: In den 1720er Jahren erhielten sie Unterstützung durch die Reichstagsgesandtschaft des Berliner Hofes, die ihnen Rückendeckung bei der Verfolgung ihrer Interessen in Regensburg gab. Dies ist insofern besonders bemerkenswert, als es 1710 81 Vgl. allgemein Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 128. 82 Vgl. Hahn, Aristokratisierung, S. 192. 83 Volker Press hat diesen Prozess wiederholt beschrieben; vgl. Press, Das römisch-deutsche Reich, S. 241; Ders., Patronat, S. 44 f.; Ders., Stellung, S. 78 f.; Ders., Imperial Court, S. 312; Ders., Reich und höfischer Absolutismus, S. 166. 84 Vgl. Czech, Brandenburg, S. 87. 85 Vgl. Kap. II 1 c. 86 Siehe bezogen auf den Reichstag Press, Reich in der deutschen Geschichte, S. 61: »Die Anwesenheit einer zweiten deutschen Großmacht mit ihrem eigenen Klientelverband verstörte das Gremium.« 87 Vgl. Neuhaus, Werden, S. 245; Kleinehagenbrock, Brandenburg-Preußen, S. 889 – 894.

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zum Bruch der Beziehungen zwischen Graf August von Sayn-WittgensteinHohenstein und dem preußischen Königshaus gekommen war. Dennoch konnten die vormaligen Protektionsbeziehungen mit Erfolg durch die Untertanen wiederbelebt werden88. Als Zwischenbilanz lässt sich somit festhalten, dass die österreichischen und preußischen Bemühungen, einen Kreis von Klienten und Parteigängern an sich zu binden, im Kern strukturelle Gemeinsamkeiten aufwiesen, die letztlich darauf zurückgingen, dass aus gleichen Herausforderungen ähnliche Reaktionen resultierten. Denn schon im Laufe der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts waren zwei konkurrierende Einflusssphären im Reich entstanden, die sich im Laufe des 18. Jahrhunderts in dualistischer Weise weiter verfestigten. Sie wurden jeweils von einer Vormacht dominiert, sie waren in konfessioneller Hinsicht vergleichsweise homogen und wiesen überdies neuralgische Bereiche auf – der Fränkische Reichskreis ist dafür ein Beispiel par excellence –, in denen konfligierende Interessen aufeinanderstießen. Der Reichstag wurde zu einer Bühne dieses Ringens der Höfe von Wien und Berlin. Wendet man sich in einem nächsten Schritt den Zielen des Wiener Hofes im Untersuchungszeitraum zu, wie sie bei der Formierung einer festen Anhängerschaft erkennbar wurden, so lässt sich insgesamt gesehen der Wunsch zur Veränderung des diesbezüglichen Status quo im Reich zu eigenen Gunsten feststellen. Die Vermehrung der Anzahl der »Wohlgesinnten«89 und die Einwirkung auf die »übel oder zweydeutig« gesinnten Höfe, damit sie »die für das Teutsche reichswesen und deßen grundverfaßung so fatale Preussische obermacht einschräncken helffen möchten«90, waren dabei Grundprinzipien der Hofburg. In einem Bericht an Colloredo vom 8. November 1747 fasste Palm diese reichspolitische Agenda gegen Ende des Österreichischen Erbfolgekrieges treffend zusammen. Der Konkommissar forderte mit Nachdruck, die »gutgesinnten« Reichsstände, »insonderheit diejenige, welche etwas unempfindlich und schläffrig sich bezeigen, aufzumuntern und zu einer werckthätigen vereinigung zu bringen«. Besonders die geistlichen Stifter, so führte Palm weiter aus, müsse man dazu bringen, die »Parthey« des Kaisers und des Hauses Österreich zu halten. Allerdings sei dabei ein vorsichtiges Vorgehen der kaiserlichen Minister erforderlich. Denn sobald der Eindruck entstehe, als wolle der Kaiserhof nur »neue uniones und verbindungen« im Reich herstellen, könnte dies nachteilige Konsequenzen haben, weil die Gegenseite ihrerseits ähnliche Bündnisse anzetteln werde, »wodurch die reichsverfassung und das noch übrige schwache band, so haupt und glieder unter sich zu88 Vgl. Neugebauer, Klientelpolitik; Ders., Klientel und Protektion. 89 Vgl. etwa die Weisung an Buchenberg und Seilern, Wien 19. 7. 1753, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 6, unfol. 90 Weisung an Palm, Wien 19. 5. 1745, Konz.: ebd., Weisungen 5, fol. 660’; vgl. auch die Weisung an Frankenberg und Buchenberg, Wien 13. 2. 1751, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 1, unfol.

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sammenhaltet, vollendts gar verrißen und zertrümmert werden könte«. Schon während der Regierungszeit Karls V. und Ferdinands II. habe nur wenig daran gefehlt, »daß das systema des Römischen Teutschen Reichs durch eine zwyspaltige partheynehmung völlig über den hauffen gegangen wäre«91. Das hier anklingende Spannungsverhältnis – einerseits Mobilisierung der Anhängerschaft, andererseits vorsichtiges Vorgehen, um ein Auseinanderbrechen des Reichsverbandes zu verhindern – blieb auch nach dem Aachener Frieden von 1748 ein Charakteristikum der Wiener Reichspolitik92. Dahinter stand die existenzielle Besorgnis hinsichtlich der Wirkungsmacht der »Widriggesinnten«, mit Preußen an deren Spitze, die aus österreichischer Sicht nicht nur am Reichstag »leyder die oberhand«93 hatten, sondern vor allem auch aufgrund ihrer militärischen Potenz gefürchtet wurden. Die Macht der Protestanten und insbesondere Preußens, heißt es in einer Weisung des Wiener Hofes vom 19. Februar 1752, sei ungemein angewachsen. Obwohl sich die Protestanten in anderen Fragen nicht einig seien, so habe doch die bisherige Erfahrung gezeigt, dass sie, sobald es um die Unterdrückung der Katholischen gehe, »für einen mann stehen«. Preußen werde im Reichsfürstenrat von denjenigen unterstützt, die bewaffnet sind, wobei die Kriegsmacht der katholischen Reichsstände, ohne Österreich gerechnet, nur einen Bruchteil der Kriegsmacht der protestantischen Mitstände betrage. Zudem seien die Katholischen uneins und die mächtigsten unter ihnen, nämlich Kurköln und Kurpfalz, eng mit Preußen verbunden94. Die Schlussfolgerungen, welche die Hofburg im Hinblick auf den Reichstag aus diesen pessimistischen Gesamteinschätzungen zog, waren nicht immer konsequent. Einigkeit herrschte darüber, dass man den Kurfürstenrat für die eigene Politik gewinnen musste95. Im Reichsfürstenrat baute man zumeist auf die Mehrheit der katholischen Reichsstände96. Einer Relation Buchenbergs an Maria Theresia vom 15. Februar 1754 – also zu einer Zeit, als es darum ging, die Reichsstände für die Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis in den 91 Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 79c, unfol. Mit ähnlichem Tenor auch der Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 31. 11. 1747, Ausf.: ebd., unfol. 92 In Kaunitz’ viel zitierter Denkschrift vom 24. März 1749 heißt es programmatisch, dass »in Reichs-Geschäfften ohne die vorzusehende Mehrheit der Stimmen nicht fortzukommen, und dahero die Anzahl der Patriotisch-Gesinneten zu vermehren, unumbgänglich nöthig seyn wil«; Pommerin/L. Schilling, Denkschrift, S. 239. Zum Aachener Frieden von 1748 vgl. insgesamt Beer, Geschichte; Poll, Geschichte; Th. R. Kraus, Europa. 93 Weisung an die Prinzipalkommission, Wien 28. 11. 1750, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 7a, unfol. 94 Weisung an Frankenberg und Buchenberg, Wien 19. 2. 1752, Kopie: HHStA, RK, DA, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 1, fol. 346 – 349’, das im Text angeführte wörtliche Zitat fol. 347. 95 Vgl. exemplarisch den Vortrag [Colloredos, Wien 1748?], HHStA, RK, DA, Vorträge 6d, fol. 119; Instruktion für Seilern, Wien 30. 10. 1752, Reinschrift (nicht unterfertigt): HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol. [siehe Anhang 2]. 96 Vgl. ebd., unfol.

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Reichsfürstenrat zu gewinnen – ist allerdings zu entnehmen, wie sehr man darauf bedacht war, die Unwägbarkeiten des Abstimmungsverhaltens in dieser Kurie angemessen zu berücksichtigen. Die Mehrheitsverhältnisse im Reichsfürstenrat seien infolge der großen Anzahl an Stimmen gerade im Falle knapper Entscheidungen unsicher ; »noch in limine deliberationis«, so führte der österreichische Direktorialgesandte aus, könne »das gantze blatt auf einmahl sich umwenden«97. Gerade die Akkumulation von Stimmen in den Händen einzelner Reichstagsgesandten sowie die Tatsache, dass einige Reichsstände, darunter Preußen, über eine ganze Reihe von Voten im Reichsfürstenrat verfügten, wurden hier als Unsicherheitsfaktoren wahrgenommen98. Es sei sehr zu bedauern, dass die fürstlich-sächsischen Häuser »ihre so wichtigen vota«99 einem einzigen Gesandten anvertrauten, sodass sich die »Widriggesinnten« diese Stimmen leicht sichern könnten, da sie es nur mit einer einzigen Person zu tun hätten, liest man in einem Bericht Seydewitz’ vom 23. August 1756. Bilanzierend gesehen formt sich bei der Auswertung der österreichischen Akten nicht der Eindruck, der Wiener Hof habe den Reichstag bei der Durchsetzung reichspolitischer Ziele als zu vernachlässigende Größe angesehen. Ob die Hofburg im Verlauf des 18. Jahrhunderts tatsächlich zu der Einsicht gelangte, die reichsfürstlichen Höfe seien geeignetere Foren zur Durchsetzung politischer Ziele gewesen als der Reichstag, wie man es in Teilen der Forschung liest100, muss noch eingehender erforscht werden. Der Reichstag war und blieb aus österreichischer Perspektive jedenfalls als Schauplatz reichsständischer Interaktion ein wichtiger Handlungsraum für die Bildung von Mehrheiten im Reich. Anders ließe sich die Sorgfalt, mit der man am Wiener Hof darüber wachte, wie sich die Kräfteverhältnisse in Regensburg entwickelten, nicht plausibel erklären. Damit soll nicht bestritten werden, dass die reichsfürstlichen Höfe aus Sicht der Hofburg ebenfalls unverzichtbare Interaktionsräume, gerade auch in puncto Formierung und Mobilisierung von Klienten und Parteigängern, waren. Die an späterer Stelle noch zu erläuternde Häufigkeit, mit der die kaiserlichen Akteure an den deutschen Fürstenhöfen und am Reichstag zur Koordinierung ihres Handelns angewiesen wurden, lässt aber erkennen, wie 97 HHStA, RK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 131, unfol. 98 Vgl. ebd., unfol. Zur Mehrfachstimmführung allgemein vgl. die konzisen Ausführungen von Burgdorf, Weltbild, S. 32 f. 99 Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 23. 8. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 98, unfol.; vgl. auch Ders. an Dens., Regensburg 13.3. und 10. 7. 1756, Ausf.: ebd., Berichte 97 bzw. 98, jeweils unfol. Es handelte sich dabei um Heinrich Graf von Bünau; zu seiner Person vgl. Auerbach, Recueil, Bd. 18, S. 341; Hausmann (Hg.), Repertorium, Registereintrag S. 535; Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 2, S. 365 f. und 373; Schort, Politik, S. 129 f. Die Hofburg rechnete ihn eindeutig zu den Gesandten, vor denen man sich besonders in Acht nehmen müsse; vgl. die Weisung an Seilern, Wien 29. 10. 1756, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol. 100 Vgl. K. Müller, Gesandtschaftswesen, S. 79; ähnlich bereits Pütter, Entwickelung, Teil 3, S. 231.

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wichtig es ist, die verschiedenen Interaktionsräume und -ebenen im Reich als einheitliches Ganzes zu erfassen. Dem Reichstag gebührt in diesem Mosaik reichspolitischer Schauplätze zweifellos ein zentraler Platz. Für eine Bewertung der gerade skizzierten Parteibildungsbemühungen und reichspolitischen Zielsetzungen des Wiener Hofes ist die zeitgenössische Außenperspektive ein nützlicher Indikator. Bemerkenswert ist insbesondere die preußische Wahrnehmung. Sie lässt erkennen, dass man nicht nur die Intensität des entsprechenden Vorgehens der Hofburg in seismografischer Weise zur Kenntnis nahm, sondern man hielt die Praktiken des Kaiserhofes in gewisser Hinsicht sogar für nachahmenswert. So heißt es in einer aufschlussreichen Resolution Friedrichs des Großen vom 28. Februar 1757, mit der er auf einen Bericht seiner Minister über die Probleme bei der anvisierten Formierung einer Union protestantischer Reichsfürsten reagierte: »Sie müssen es machen, wie die Wiener : öfters probiren, sich nicht decouragiren lassen, keine Gelegenheit vorbei lassen, sondern attent seind. Was heute nicht gehet, gehet morgen.«101 Rund zwei Monate zuvor, am 20. Dezember 1756, hatte der preußische Reichstagsgesandte Plotho angesichts des Verhaltens einiger protestantischer Reichsstände mit einer Mischung aus Erstaunen und Verärgerung aus Regensburg vermeldet: »Es ist nicht zu begreifen, was der Kayserliche hoff vor wege und canaele müße gebraucht haben, solche höfe so umzukehren.«102 Der Preußenkönig selbst hatte schon zuvor für sich die Konsequenz gezogen, den österreichischen Positionsgewinnen im Reich mit demonstrativem Trotz zu begegnen103 und dabei auch den Reichstag, den er als Forum des vermeintlichen kaiserlichen Despotismus verstand, in revanchistischer Manier nicht außer Acht zu lassen104. Eines zeigt die hier geschilderte Wahrnehmung der 101 PC 14, S. 329. 102 Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 114, unfol. Vgl. auch den Bericht Plothos, Regensburg 1. 11. 1756 (ebd., Fasz. 113, unfol.), in dem der beunruhigte Reichstagsgesandte darüber berichtete, dass die kaiserlichen Minister Himmel und Hölle bewegen würden und die Gesandtschaften »um Gottes willen« dahin zu lenken versuchten, dass sich deren Höfe gegen Preußen erklären. 103 Diese Haltung artikuliert sich vielleicht am nachdrücklichsten in Friedrichs Brief an seine Schwester Wilhelmine vom 1. November 1756, hier zitiert in deutscher Übersetzung: »Von meinen Ministern erfuhr ich, was die Österreicher gegen mich im Reiche anspinnen. Wie man mir versichert, begnügen sie sich nicht mit der Neutralität der Reichskreise. Das heißt den Despotismus offen verkünden; was täten sie erst, wenn es ihnen gelänge, mich, wie sie hoffen, zu zerschmettern! Doch ich fürchte sie nicht, und ich hoffe, die Reichsfürsten sind so gescheit, sich nicht mit eigener Hand ihre Ketten zu schmieden. Aber wenn auch, ich werde ihre Freiheit selbst gegen ihren Willen schirmen; man soll nicht sagen, es fehle Deutschland an Verteidigern, solange noch ein Preuße lebt! Gefällt es dem Himmel, so wird es mir gelingen, und der Hochmut und der despotische Geist des Wiener Hofes werden gedemütigt werden«; Volz (Hg.), Wilhelmine, S. 332; das französische Original gedruckt in PC 14, S. 1; vgl. auch Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 74. 104 Vgl. hierzu das Schreiben Friedrichs an seine Schwester Wilhelmine, Dresden 5. 2. 1757, PC 14, S. 243; vgl. auch Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 82.

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österreichischen Parteibildungsanstrengungen aufseiten Preußens zu Beginn des Siebenjährigen Krieges in aller Deutlichkeit: Die Anhängerschaft des Wiener Hofes erschien aus preußischer Perspektive geradezu als monolithischer Block, dem man, wie noch näher zu zeigen sein wird, auf verschiedenen Ebenen eigene Parteibildungsbemühungen entgegensetzte. Dies galt auch für den Reichstag, obwohl das Geschehen in Regensburg nach der Erklärung des Reichskrieges gegen Friedrich den Großen aus der Sicht Plothos zeitweise sogar den Anschein erweckte, als erübrigten sich dort weitere Aktivitäten Preußens. Aufgrund der Furcht und Scheu der noch »Wohlgesinnten«, die größtenteils den Umgang mit ihm vermieden, berichtete er am 15. Juli 1757, werde »Euer Königliche Majestät parthey und anhang so geringe, daß bei hiesigem reichstage nichts mehr anzufangen und zu unternehmen seyn wird«105. Sollte sich der Wiener Hof durchsetzen, meldete Plotho einige Tage später, dann sei es um die Freiheit und Rechte der Reichsstände geschehen »und das hauß Oesterreich erhielte die vollkommene monarchie über das ganze Teutsche Reich, wodurch es in stand kommen würde, ganz Europa gesetze vorschreiben zu können«106. Der preußische Monarch selbst hatte rund einen Monat zuvor in einem symptomatischen, appellartigen Schreiben an den Nürnberger Magistrat verlauten lassen: »[…] niemalen aber ist es bisher, gottlob, dahin gekommen, dass das Teutsche Reich in einer solchen D¦pendance des wienerschen Hofes gestanden, dass solches und dessen Stände den despotischen Willen des wienerschen Ministerii als Reichsgesetze erkennen und annehmen; die göttliche Providence wird auch hoffentlich nicht zulassen, dass erwähntes Ministerium in solchen seinen, obschon von vielen Zeiten her geführten Absichten jemals reussiren werde.«107 Das Zieltableau der Wiener Reichspolitik gestaltete sich in der stereotype Züge tragenden preußischen Wahrnehmung also dergestalt – die eben zitierte interne Einschätzung Plothos war kein Einzelfall, sondern kann als communis opinio im Rahmen der preußischen Reichspolitik nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges gelten –, dass es aus Sicht des Hohenzollernstaates unbedingt erforderlich erschien, dem vermeintlichen, »allezeit vorgehabten despotismum«108 des Wiener Hofes entgegenzuwirken. Die Mobilisierung und der Ausbau einer schlagkräftigen Anhängerschaft im Reich wurden in diesem Zusammenhang – nicht anders als auf österreichischer Seite – als ein mögliches Instrument angesehen. Auf welchen konkreten Voraussetzungen personeller Art diese Anschauungen mit Blick auf den Reichstag gründeten und welche Konsequenzen dies für die Personalpolitik Wiens und Berlins hatte, wird im Folgenden geschildert.

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Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 130, unfol. Bericht Plothos, Regensburg 21. 7. 1757, Ausf.: ebd., unfol. Friedrich II. an den Nürnberger Magistrat, im Lager vor Prag 5. 6. 1757, PC 15, S. 132. Bericht Plothos, Regensburg 31. 3. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 127, unfol.

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c) Die »Gutgesinnten« und die »Widriggesinnten«: Exponenten der »Partheyen« auf dem Reichstag Bei einer Untersuchung der Frage, inwiefern die Existenz konkurrierender Lager das konkrete Prozedere und die Entscheidungsprozesse auf dem Reichstag beeinflusste, muss geklärt werden, um welchen Personenkreis es sich dabei genau handelte. Entsprechenden Hinweisen in den Quellen ist mit Vorsicht zu begegnen. Denn nicht jede diesbezügliche Zugehörigkeitszuschreibung war gleichbedeutend damit, dass der jeweils charakterisierte Gesandte tatsächlich über einen längeren Zeitraum hinweg fester Bestandteil einer »Parthey« war109. Vielmehr waren diese Lager oder Fraktionen, wie bereits kurz erwähnt110, sich situationsbedingt dynamisch verändernde Gruppierungen mit wechselnder Zusammensetzung, die im Untersuchungszeitraum gleichwohl einen personellen Kern aufwiesen, der über kurzfristige Interessenlagen hinaus in mittel- und langfristiger Perspektive doch als reichs(tags)politische Konstante wahrgenommen wurde. Gründeten diese Parteizuschreibungen traditionell auf dem habsburgisch-französischen Antagonismus und dessen Auswirkungen auf die Mächtekonstellationen im Reich, so nahm seit der Zäsur von 1740, dann vor allem aber seit dem renversement des alliances von 1756, der Aggressor Preußen die vormalige Rolle Frankreichs als reichspolitischer Hauptkontrahent Österreichs ein. Die Quellenlage ist in diesem Punkt ausgesprochen gut. Es finden sich in der österreichischen Reichstagskorrespondenz zahlreiche Hinweise, die für eine Analyse der entsprechenden personellen Konstellationen auf dem Reichstag gewinnbringend herangezogen werden können. Dabei kann man zum einen auf Schilderungen zurückgreifen, die in überblicksartiger Weise die personelle Zusammensetzung der rivalisierenden Gruppierungen beschreiben111. Zum anderen sind dem Schriftwechsel zwischen Regensburg und Wien zahlreiche Detailinformationen zu entnehmen, welche die Lagerzugehörigkeit von einzelnen Reichstagsgesandten und die damit einhergehenden Einschätzungen durch die österreichischen Akteure erhellen. Besonderes Augenmerk wird im Folgenden auf die Wahrnehmungsebene gelegt, da gerade die wechselseitige Perzeption der Parteigänger beider Lager als konstitutiver Faktor im Rahmen der Formierung der eigenen bzw. der Abgrenzung von der gegnerischen »Parthey« anzusehen ist. 109 Vgl. hierzu auch Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 131. 110 Vgl. Kap. III 1 a. 111 Vgl. den Bericht Fürstenbergs und Palms an Franz I., Regensburg 18. 12. 1747, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 79c, unfol.; Instruktion für Seilern, Wien 30. 10. 1752, Reinschrift (nicht unterfertigt): HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol. [siehe Anhang 2]; Bericht Palms an Franz I., Regensburg 31. 7. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 90a, unfol.; Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 25. 10. 1756, Ausf.: ebd., Berichte 98, unfol.

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Fragt man in einem ersten Schritt nach den Exponenten der österreichischen »Parthey« in Regensburg, so ist zuvorderst auf Philipp Wilhelm Albert Freiherr Lincker (Lyncker) von Lützenwick hinzuweisen112, den die Österreicher fest zu den »Bestgesinnten«113 zählten. Lincker war im gesamten Untersuchungszeitraum der vorliegenden Arbeit und noch darüber hinaus (bis zu seinem Tod 1779) als kurmainzischer Direktorialgesandter auf dem Reichstag tätig und aus Sicht der Hofburg ein Faktor personeller Kontinuität. Von 1748 bis 1778 führte er außerdem das wichtige Votum Kurtriers im Kurfürstenrat sowie zeitweise Stimmen einiger kleinerer Reichsstände im Fürstenrat (Rheinische Prälatenbank, Nassau-Saarbrücken und -Usingen, Prüm, Salm-Kirburg, Salm-Salm, Bistum Worms und Lobkowitz)114. Lincker entstammte einem Adelsgeschlecht aus Oberhessen und der Wetterau, das sich im 17. Jahrhundert in die katholische Linie in Denstedt und die evangelische Linie zu Flurstedt geteilt hatte. Er selbst gehörte dem katholischen Zweig an. Sein Vater Johann Jakob war kurmainzischer Geheimer Rat, und auch Philipp Wilhelm Albert trat in kurmainzische Dienste, wo er als Hofund Regierungsrat fungierte, ehe er zum Reichshofrat ernannt wurde. Zukunftsweisende Bedeutung hatte allerdings sein erneutes Engagement in Diensten des Kurfürsten von Mainz, den er seit 1744 als Wirklicher Geheimer Rat und Direktorialgesandter in Regensburg vertrat. Im selben Jahr wurden er und sein Bruder Johann Daniel Christoph von Kaiser Karl VII. in den Reichsfreiherrnstand erhoben115. Nach dem Regierungsantritt Franz’ I. erfolgte Linckers Ernennung zum Wirklichen Reichshofrat, allerdings, wie Gschließer einschränkend vermerkt, ohne dass er in dieser Funktion noch tätig wurde116. Die Forschung hat vergleichsweise kontrovers über Lincker geurteilt. Max Koch bezeichnet ihn in seiner Arbeit über den Reichstag im Siebenjährigen Krieg als »Spiritus rector aller österreichischen Belange am Reichstage«117, der Preußen gehasst und seine Stellung als Direktorialgesandter wiederholt missbraucht habe. Auch Theo Rohr verweist auf Linckers »Anhänglichkeit an den Wiener Hof«118 und seine parteiliche Direktorialtätigkeit zuungunsten Preußens. Im Hinblick auf die Fähigkeiten des Direktorialgesandten gelangt er hingegen zu einem wohlwollenden Urteil: »Er war – seiner Stellung durchaus 112 Zum Folgenden vgl. Kneschke (Hg.), Adels-Lexicon, Bd. 5, S. 566 – 570; Gschließer, Reichshofrat, S. 423 f.; Solf, Reichspolitik, S. 51; Rohr, Reichstag, S. 37 f.; Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 1, S. 527 f.; Kößler/Schlemmer, Grabdenkmäler, S. 74. 113 So die Begrifflichkeit in dem Bericht Palms an Franz I., Regensburg 14. 7. 1746, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 77a, unfol. 114 Vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium, Registereintrag S. 611; Winter (Hg.), Repertorium, Registereintrag S. 552. 115 Vgl. Frank, Standeserhebungen, Bd. 3, S. 144. 116 Vgl. Gschließer, Reichshofrat, S. 424. 117 M. Koch, Reichstag, S. IX. 118 Rohr, Reichstag, S. 37.

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gewachsen – nicht ohne phlegmatische Züge, ein ehrlicher, von bestem Willen beseelter Mann, der, je älter er wurde, durch weise Zurückhaltung sich mehr und mehr Vertrauen zu erwerben wußte.«119 Nüchterner fällt das Urteil Elisabeth Solfs in ihrer grundlegenden Arbeit über die Reichspolitik des Kurfürsten von Mainz, Johann Friedrich Karl von Ostein, aus. Lincker habe nicht die diplomatische Begabung seines Vorgängers Friedrich Kaspar Freiherr von Otten besessen und sei »im wesentlichen nur der gewissenhafte Vollzieher der kurfürstlichen Weisungen«120 gewesen. Die zeitgenössischen Urteile über Lincker und seine Regensburger Tätigkeit fielen ebenfalls unterschiedlich aus. In der französischen Wahrnehmung standen die »liaisons naturelles et indissolubles«121 zwischen Wien und Kurmainz im Vordergrund, die für Linckers Verhalten prägend seien, wobei die Franzosen ein feines Gespür dafür hatten, in welch hohem Maße er letztlich auf die Protektion des Wiener Hofes zur Behauptung seiner Stellung angewiesen war122. In der Instruktion für den Reichstagsgesandten Abb¦ Le Maire vom 19. Juni 1754 finden sich darüber hinaus für den Direktorialgesandten ausgesprochen lobende Worte: »[…] il joint — beaucoup de savoir et d’exp¦rience dans les affaires de l’Empire la plus exacte probit¦; aussi exerce-t-il le Directoire de la DiÀte avec toute l’¦quit¦ qui d¦pend de lui«123. In der preußischen Wahrnehmung dominierte hingegen die Auffassung, Lincker agiere parteilich und missbrauche seine Stellung als Direktorialgesandter124. Klagen, insbesondere über Linckers wiederholte Weigerung, von Preußen lancierte Schriftsätze zur Diktatur zuzulassen, waren nahezu ein Dauerthema in der preußischen Reichstagskorrespondenz125. Nach Ausbruch 119 Ebd. Positiv fällt auch das Urteil Meisenburgs aus, der Lincker als »umsichtig« charakterisiert; vgl. Meisenburg, Reichstag, S. 61. 120 Solf, Reichspolitik, S. 51. Vgl. dagegen den berechtigten allgemeinen Hinweis von Härter, Reichstagsdirektorium, S. 196 f.: Die Mainzer Direktorialgesandten können nicht »als ›Sprachrohre‹, bloße ›Befehlsempfänger‹ oder ›Briefboten‹ abgetan werden.« 121 Auerbach, Recueil, Bd. 18, S. 336. 122 Vgl. ebd. 123 Ebd., S. 233. 124 Ein typisches Beispiel aus den frühen Jahren des Untersuchungszeitraums: Instruktion Friedrichs II. von Preußen für den Gesandten Joachim Wilhelm von Klinggräffen, Berlin 30. 1. 1746: »Comme le mauvais usage que la cour de Mayence a fait depuis quelque temps de son directoire dans les assembl¦es de l’Empire, a donn¦ lieu — quantit¦ de murmures et de plaintes de la part de plusieurs membres du Corps Germanique, et porte en effet un pr¦judice trÀs notable — leurs droits et principalement — ceux du Coll¦ge [!] Êlectoral, le sieur de Klinggræffen ne n¦gligera pas de sonder sur cette matiÀre les ministres de Saxe et de les prier de ma part de songer aux moyens de redresser cet abus et de mettre de justes bornes aux fonctions du directoire de Mayence«; PC 5, S. 17. 125 Vgl. insbesondere die Berichte Plothos aus Regensburg vom 15. 11. 1756, 17.1., 10.2. und 31. 3. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 113, 123, 125 und 127, jeweils unfol. Für den Fall, dass Lincker die Diktatur von Schriftsätzen verweigere, wurde Plotho angewiesen, diese drucken und in den Gesandtenquartieren (»ad aedes legatorum«; vgl. dazu Preussische Staatsschriften, Bd. 1, S. X) verteilen zu lassen; vgl. die Weisung an Plotho, Berlin 12. 4. 1757,

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des Siebenjährigen Krieges verschärften sich die Spannungen. Plotho meldete Linckers »mit der gegenparthie gehabte offenbar gröblichste und schändlichste collusion«126 nach Berlin, und in der Folgezeit übte man von preußischer Seite massiven Druck auf den Direktorialgesandten aus. Preußische und französische Truppen rückten nach Erfurt vor und nahmen dort Geiseln, darunter Linckers Bruder Johann Daniel Christoph, der als Geheimer Rat in kurmainzischen Diensten stand und im Weimarischen begütert war127. Besorgt, dass die Preußen aufgrund seiner eigenen Direktorialtätigkeit seinen Bruder drangsalierten, wandte sich Lincker, der in Böhmen Güter besaß, wiederholt an die Österreicher mit der Bitte, ihm und seinem Bruder Schutz vor preußischen Übergriffen zu gewähren128. Er erwirkte damit in der Tat im August 1757 ein kaiserliches Protektorium129. Seydewitz hatte sich im Vorfeld nachdrücklich dafür ausgesprochen, den erbetenen Schutz zu leisten, schätzte er doch die devote Gesinnung Linckers, der, so die Einschätzung des Konkommissars, aufgrund seiner Direktorialtätigkeit überhart von preußischer Seite angegangen werde. Allerdings verhinderte dies nicht, dass Linckers Bruder, nach zwischenzeitlicher Freilassung, im Herbst des Jahres erneut von preußischen Truppen als Geisel genommen wurde130. Diese Vorfälle zeigen sehr deutlich, unter welchen Druck die Reichstagsgesandten im Kriegsfall geraten konnten. Eindeutige Parteinahmen, wie es bei Lincker der Fall war, konnten je nach Kriegsverlauf schnell zu einem Bedrohungsfaktor ersten Grades werden, gerade wenn man bedenkt, wie sehr die oftmals nicht ausreichend oder nur mit Verspätung besoldeten Gesandten auf die Integrität ihrer Güter angewiesen waren, um die Versorgung der eigenen Familie zu gewährleisten. Der Wiener Hof wusste jedenfalls, dass es gute Gründe gab, sich das Vertrauen Linckers zu sichern. Der kurmainzische Gesandte war nicht nur aufgrund seiner vielfach bezeugten Devotion gegenüber dem Wiener Hof eine zuverlässige Stütze der österreichischen Reichstagspolitik, sondern durch

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Konz.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 127, unfol. Zur preußischen Einschätzung Linckers vgl. auch Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 83. Bericht Plothos, Regensburg 20. 1. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 124, unfol.; ähnlich auch seinen Bericht, Regensburg 31. 1. 1757, Ausf.: ebd., unfol. Vgl. hierzu das gedruckte Schreiben vom 18. 7. 1757 (dictatum Regensburg 27. 8. 1757), das der Direktorialgesandte auf Weisung des Mainzer Kurfürsten an den Reichstag richtete und in dem er unter anderem die Freilassung der Geiseln forderte; Lyncker, Churfürsten. Vgl. die Berichte Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 29.6., 6.8. und 14. 8. 1757, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 101, jeweils unfol.; Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 29. 6. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 137, unfol. Vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 20. 8. 1757, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 101, unfol. Ein Protektorium gewährte besonderen Schutz des Kaisers, der über das hinausging, was er als Reichsoberhaupt allen Reichsgliedern schuldig war; vgl. Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 329. Vgl. die Berichte Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 4. und 13. 10. 1757, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 102, jeweils unfol.

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seine Funktionen als Direktorialgesandter (in der Kurfürstenkurie, im Corpus Catholicorum und auf dem Reichstag insgesamt) eine Art Geschäftsführer des Reichstagsverfahrens, der vielerlei Möglichkeiten der Einflussnahme hatte131. Hierzu zählten die bereits erwähnte Annahme oder Ablehnung von Schriftsätzen zur Diktatur, ferner der Vollzug der Gesandtenlegitimationen, die Verhandlungsleitung oder auch die Abfassung der Reichsgutachten, um hier nur einige wichtige Aspekte zu nennen. Die Bandbreite der Mittel, auf die der Direktorialgesandte dabei zurückgreifen konnte, reichte von einem stetigen Dialog mit anderen Gesandten zur gemeinsamen Erarbeitung von Kompromissvorschlägen bis hin zu Drohungen, der Ausübung politischen Drucks und Bestechungen132. Dies betraf nicht nur die Ebene der formal vorgegebenen Verfahrensabläufe, sondern auch die politische Willensbildung im informellen Rahmen war hiervon berührt, sei es im Zuge ›privater‹ Beratungen, Feierlichkeiten und Abendgesellschaften oder auch im Rahmen gemeinsamer Mahlzeiten133. Erwies sich Lincker aufs Ganze des Untersuchungszeitraums gesehen als verlässlicher Partner der Gesandten des Wiener Hofes, die immer wieder dazu aufgefordert wurden, in Absprache mit dem Kurmainzer zu handeln134, so darf dieser Befund nicht die sehr wohl punktuell auftretenden Differenzen überdecken. Die Hofburg hätte sich nach Auskunft der Reichstagskorrespondenz im Verlauf des Siebenjährigen Krieges mehr Standhaftigkeit des Kurmainzers gegenüber Plotho135 und ein beherzteres Vorgehen des »etwas timiden und offt allzu rücksichtigen reichsdirectorio«136 gewünscht. Die monierte Zurückhaltung Linckers war sicherlich zu einem guten Teil seiner geschilderten persönlichen Lage geschuldet. Sie lässt aber auch erkennen, dass er bei aller Berechtigung, ihn als österreichischen Parteigänger zu kennzeichnen, keinesfalls als reiner Befehlsempfänger Wiens agierte, wie es ihm seine Gegner vorwarfen. Vielmehr war sein Wirken in Regensburg – hierin unterschied er sich nicht von seinen Vorgängern – durch ein grundsätzliches Konkurrenzund Spannungsverhältnis zu den kaiserlichen Vertretern geprägt, das letztlich aus der charakteristischen Doppelrolle des Mainzer Kurfürsten resultierte: Der Reichserzkanzler war seinem Selbstverständnis nach sowohl ein Partner des Reichsoberhauptes als auch ein Interessenvertreter der Reichsstände, der 131 Zum Folgenden vgl. die Studie von Härter, Reichstagsdirektorium, sowie Niederquell, Otten, S. 126 ff. 132 Vgl. Härter, Reichstagsdirektorium, S. 196. 133 Vgl. ebd., S. 174, sowie Kap. III 2 a. 134 Vgl. exemplarisch die Weisung an Palm, Wien 6. 6. 1753, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 7b, unfol., sowie die Ausführungen in Kap. III 2 c. Umgekehrt galt das Gleiche; vgl. zum Beispiel die Schreiben des Kurfürsten von Mainz an Colloredo, Mainz 13. 5. 1756 (Konz.: HHStA, MEA, RTA 582, unfol.) und Ehrenbreitstein 30. 10. 1756 (Sprunck, Kurstaat, S. 93). 135 Vgl. die Weisung an Seydewitz, Wien 30. 6. 1762, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 9b, unfol. 136 Vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 26. 12. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 99, unfol.

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aufgrund seiner verfassungsmäßigen Stellung darauf bedacht war, vorrangig das Gesamtwohl des Reiches im Auge zu behalten und seine Handlungsspielräume gegenüber dem Kaiserhof zu wahren137. Im Gesamtgefüge der Reichstagspolitik des Wiener Hofes kam Lincker also zentrale Bedeutung zu. Mit keinem anderen Reichstagsgesandten haben die österreichischen Vertreter so eng kooperiert; und kein anderer Gesandter wurde so eindeutig der »Parthey« der »Gutgesinnten« zugeordnet wie der kurmainzische Direktorialgesandte. Zwar gab es eine Reihe weiterer Regensburger Akteure, die über längere Zeiträume hinweg als Anhänger Wiens am Reichstag wirkten und dort aus österreichischer Perspektive eine Art »Parthey« der »Nahestehenden« bildeten; sie hatten aber nicht den Stellenwert, wie dies im Falle Linckers nachweisbar ist. Einige der Protagonisten des prokaiserlichen Lagers, denen man aufseiten des Wiener Hofes besondere Bedeutung beimaß, seien nun hier vorgestellt. Nach Einschätzung des Konkommissars Seydewitz war der bayerische Reichstagsgesandte Heinrich Joseph Freiherr von Schneid (Schneidt) nach Lincker derjenige »bestgesinnte« Gesandte, dem man das größte Vertrauen entgegenbringen könne138. Der gebürtige Rheinfranke war nach einem juristischen Studium in die Dienste des Kurfürsten von Mainz getreten, als dessen Vertrauensmann er galt. Nach der Wahl Kaiser Karls VII. 1742 gelangte er als kaiserlicher Hofrat, geheimer Sekretär und Reichsreferendar der deutschen Expedition in die Reichskanzlei. Im Gefolge des Regierungswechsels nach dem Tod des Wittelsbachers musste er aber als dessen »absoluter Parteigänger«139 – der Kaiser hatte ihn 1744 in den Freiherrnstand erhoben – seine Stellung in der Reichskanzlei niederlegen. Ganz ähnlich wie etwa im Falle der Prinzipalkommissare Fürstenberg sowie Thurn und Taxis ging der Herrscherwechsel des Jahres 1745 für Schneid also mit einer Phase krisenhafter Neuorientierung einher, aus der er nach seinem Übertritt in bayerische Dienste letztlich gestärkt hervorging: Kurfürst Max III. Joseph ernannte ihn 1746 zum Wirklichen Geheimen Rat und zum herzoglich-bayerischen sowie landgräflich-leuchtenbergischen Reichstagsgesandten. Schneid blieb bis zu seinem Tode im Jahr 1786 auf dem Regensburger Posten. Er war somit neben Lincker ein weiterer Faktor personeller Kontinuität im Lager der aus Sicht der Hofburg »gutgesinnten« Reichstagsgesandten. Auf österreichischer Seite wurde Schneid und nicht der seiner Aufgabe nicht gewachsene kurbayerische Reichstagsgesandte Joseph Maria Nikolaus Ignaz Freiherr von Neuhaus140 – so jedenfalls die Einschätzung Seydewitz’ – als 137 Ähnlich das Urteil von Härter, Reichstagsdirektorium, S. 189 und 196. 138 Vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 25. 10. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 98, unfol. Zum Folgenden vgl. Fürnrohr, Kurbaierns Gesandte, S. 104 – 107; Barth, Diplomatie, S. 268 f. 139 Fürnrohr, Kurbaierns Gesandte, S. 104. 140 Zu Neuhaus, der von 1748 bis 1758 als bayerischer Reichstagsgesandter tätig war, vgl. ebd., S. 108 ff.; A. Schmid, Max III. Joseph, S. 274 f. Neuhaus hatte 1752 Rosa Maria Josefa von

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wichtigster bayerischer Vertreter in Regensburg wahrgenommen141. Auch dass Schneid noch zahlreiche weitere Voten im Reichsfürstenrat führte (im Untersuchungszeitraum für Baden-Baden, Bamberg, Chur, Speyer und Würzburg, in späteren Jahren außerdem noch für weitere Reichsstände)142, machte ihn zu einem wichtigen Adressaten der österreichischen Anstrengungen, parteibildende Wirkung zu entfalten. Palm konstatierte jedenfalls in einem Schreiben an den Fürsten von Thurn und Taxis aus dem September 1751, Schneid habe »verschiedentliche influenz und ansehen«143. Der Prinzipalkommissar selbst hat Schneid offenbar geschätzt. Dieser hatte alle bedeutenden Verträge zwischen Karl VII. und dem Haus Thurn und Taxis ausgearbeitet, darunter auch die Erhebung des Generalerbpostmeisteramts zum Thronlehen144. Den guten Beziehungen zum Fürsten von Thurn und Taxis war es sicherlich auch zu verdanken, dass Schneid den Eintritt seines Sohnes Johann Jakob Heinrich in die thurn und taxisschen Dienste vermitteln konnte, wo dieser als dirigierender Geheimer Rat, Regierungspräsident und Oberpostdirektor von München hochrangige Ämter erlangte145. Diese Verflechtungen mit den Vertretern des Kaiserhofes wurden von preußischer und französischer Seite sehr genau erkannt. Plotho beschrieb Schneid als »gantz dependent«146 von den kaiserlichen Ministern; die Franzosen hielten ihn laut einer Charakterisierung aus späteren Jahren zudem für leicht käuflich147. Schneids »gute gesinnung«148 und Agieren im Sinne der

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Lamberg geheiratet, die Tochter Graf Antons von Lamberg und Maria Aloisias von Harrach, und insbesondere über die Familie der Harrach Verbindungen bis in höchste Kreise des Wiener Hofes knüpfen können; vgl. ebd., S. 275. Sein Nachfolger wurde Johann Joseph Franz Albrecht Thadee Maximilian Graf von Paumgarten (Baumgarten) zu Frauenstein (1758 – 1763); vgl. Fürnrohr, Kurbaierns Gesandte, S. 111 – 116, sowie das Urteil von A. Schmid, Max III. Joseph, S. 409, über die Ernennung Paumgartens zum Reichstagsgesandten im Jahr 1758: Er konnte »weder der einen noch der anderen Partei eindeutig zugeordnet werden […]. Da er ein halbes Jahrzehnt vorher Gesandter am Kaiserhof gewesen war, konnte dieser die Verfügung als Versuch deuten, alte Verbindungen fruchtbar zu machen. Im Grunde aber war Graf Baumgarten alles andere als ein der französisch-österreichischen Partei zuzuordnender Mann. Er tendierte bereits damals mehr zur preußischen Seite.« Vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 25. 10. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 98, unfol. Details bei Fürnrohr, Kurbaierns Gesandte, S. 105; vgl. auch Hausmann (Hg.), Repertorium, Registereintrag S. 663; Winter (Hg.), Repertorium, Registereintrag S. 587 f. Palm an den Fürsten von Thurn und Taxis, Carlswald 16. 9. 1751, Ausf.: FTTZA, HFS 883, unfol.; eine ähnliche Einschätzung findet sich in einem Bericht Palms an Franz I., Regensburg 31. 7. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 90a, unfol. Vgl. Grillmeyer, Diener, S. 218. Vgl. Kneschke (Hg.), Adels-Lexicon, Bd. 8, S. 267; Fürnrohr, Kurbaierns Gesandte, S. 107; Behringer, Thurn und Taxis, S. 303 f.; Barth, Diplomatie, S. 269; siehe allenthalben auch Grillmeyer, Diener. Bericht Plothos, PS Regensburg 14. 11. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 113, unfol. Vgl. die ausführliche französische Charakterisierung aus dem Mai 1772: »Le Baron de Schneidt, Ministre Ducal de BaviÀre, l’est devenu aprÀs avoir ¦t¦ conseiller Aulique du feu

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Interessen des Wiener Hofes ging offenbar bisweilen so weit, dass er – zumindest dem eigenen Bekunden nach – nahe daran war, seine Instruktionen zu überschreiten, und sich daher veranlasst sah, um kaiserliche Protektion zu bitten, falls er sich gegenüber dem Münchener Hof verantworten müsse149. Waren Schneid und Lincker also Stützen im Lager der »gutgesinnten« Parteigänger des Wiener Hofes, so verhielt es sich mit weiteren Reichstagsgesandten wichtiger katholischer Reichsstände doch etwas anders. Gemeint sind hier insbesondere die langjährigen Gesandten Fechenbach, Bibra und Karg. Aufs Ganze des Untersuchungszeitraums gesehen waren sie wichtige Ansprechpartner der österreichischen Reichstagsgesandten, ohne dass ihnen dabei aber ein solches Vertrauen entgegengebracht worden wäre, wie es bei Lincker und auch Schneid der Fall war. Der einem fränkischen Adelsgeschlecht entstammende Johann Philipp Karl Anton Freiherr von Fechenbach zu Laudenbach zählte zu den Reichstagsgesandten, die eine beeindruckende Kumulation von Ämtern, Würden und Pfründen aufzuweisen hatten150. Fechenbach war Domherr in Würzburg, Kapitular am Ritterstift Wimpfen, Großkomtur und Ordensbischof des bayerischen Hausritterordens vom Heiligen Georg, darüber hinaus Titularbischof von Tenara, Stiftspropst zu Landshut und Altötting, ferner kaiserlicher, kurkölnischer und kurbayerischer Geheimer Rat sowie in würzburgischen Diensten Geheimer Rat und Konferenzminister, Regierungs- und Konsistorialpräsident und noch anderes mehr151. Auf dem Reichstag führte er im Untersuchungszeitraum die Stimmen des Fürstbischofs von Würzburg (1751 – 1779) und der Abtei Fulda (1757 – 1769); nach 1763 kamen zeitweise weitere Stimmen dazu152. Fechenbach verfügte über gute Beziehungen zum Kaiserhof und zu den österreichischen Vertretern in Regensburg. Alexander Ferdinand von Thurn

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Empereur Charles VII. L’Electeur et son ministÀre le m¦prisent et s’en d¦fient. Il est vendu — la Maison d’Autriche, mais sans pr¦judice — la facult¦ de se donner — quiconque ench¦rirait sur elle; jusqu’ici il ne s’est trouv¦ personne qui en ait voulu absolument. Toutes les mises qui ont ¦t¦ faites sur lui n’ont eu qu’un objet momentan¦. Il possÀde de beaux vignobles vers Mayence, et un moyen de le gagner, c’est d’acheter son vin, en le payant — raison du service qu’on lui demande. M. de Schneidt possÀde — fond le style Comitial. Il est fort d¦vot et se donne la discipline dans les rues aux processions du Vendredi saint«; Auerbach, Recueil, Bd. 18, S. 341. Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 24. 7. 1753, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 130, unfol. Vgl. ebd., unfol. Buchenberg befürwortete das Ansuchen Schneids ausdrücklich und gab zu bedenken, den bayerischen Gesandten nicht nur zu protegieren, sondern ihm noch eine weitere Gnade zuteil werden zu lassen. Der politische Kontext dieser Vorgänge waren Verhandlungen über die Reichsritterschaft. Zu seiner Person vgl. aus jüngerer Zeit Janker, Fechenbach; Kallfelz, Fechenbach, Bd. 2, S. XVIf. Fechenbachs Nachlass, der umfangreiche Bestände zur Reichstagspolitik aufweist, ist vorzüglich inventarisiert; vgl. ebd., S. 1 – 129. Vgl. ebd., S. XVI, sowie insgesamt Janker, Fechenbach. Vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium, Registereintrag S. 561; Winter (Hg.), Repertorium, Registereintrag S. 521.

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und Taxis äußerte gegenüber Kaunitz in einem Schreiben vom 26. Februar 1756, Fechenbach verdiene »unter den wohlgesinnten einen der ersten pläze«153. Zum österreichischen Direktorialgesandten Buchenberg unterhielt Fechenbach ein freundschaftliches Verhältnis154, und Maria Theresia hatte, wenn auch vergeblich, Fechenbachs Bemühungen um die Propstei des Stifts St. Alban in Mainz unterstützt155. Allerdings war das Vertrauen, das der Wiener Hof Fechenbach entgegenbrachte, nicht unbegrenzt. Aus den 1750er Jahren gibt es mehrere Zeugnisse, die erkennen lassen, dass man ihm auf österreichischer Seite mitunter mit Vorsicht und Zurückhaltung begegnete156. Dass der würzburgische Gesandte über einige für den Kaiserhof attraktive Verbindungen in Regensburg und im Reich verfügte, zeigte sich beispielsweise, als er die Hofburg 1756 darum bat, ihm das von Kaiser Karl VII. gegebene Prädikat »Geheimer Rat« zu bestätigen. Denn sein Dienstherr, Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim, der das Begehren mit Schreiben an Kaunitz und Colloredo nachdrücklich unterstützte, lockte diese offenbar mit Erfolg, indem er darauf hinwies, Fechenbach werde im Fall einer positiven Entscheidung des Wiener Hofes dazu aufgemuntert werden, seinen in Regensburg und »an verschiedenen fürstlichen höffen habenden guten einfluß mit denen dasiegen Kayserlichen herren ministris in desto enger vertraulicher einverständnus das würcksambste zu Kayserlichem allerhöchsten dienst mit handlen zu helfen«157. Bekannt ist beispielsweise, dass Fechenbach Verbindungen mit führenden Persönlichkeiten am Münchener Hof und enge Beziehungen zum Grafen Heinrich von Brühl, dem leitenden kursächsischen Minister, unterhielt158. Aus preußischer und französischer Sicht zählte Fechenbach jedenfalls zu den Reichstagsgesandten, denen man besondere Intriganz vorwarf und die man eindeutig dem österreichischen Lager zuord153 Ausf.: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 519, fol. 308. 154 Vgl. den Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 25. 11. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 136, unfol. 155 Vgl. hierzu und zur abschlägigen Antwort Papst Benedikts XIV. Kallfelz, Fechenbach, Bd. 2, S. 6. Maria Theresia schenkte Fechenbach auch einen kostbaren Ring, den er laut testamentarischer Bestimmung von seiner Familie aufbewahren ließ; vgl. Janker, Fechenbach, S. 103. 156 Vgl. die Instruktion für Seilern, Wien 30. 10. 1752, Reinschrift (nicht unterfertigt): HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol. [siehe Anhang 2]; Bericht Palms an Franz I., Regensburg 31. 7. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 90a, unfol. 157 Seinsheim an Colloredo, Würzburg 13. 4. 1756, Ausf.: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 547, fol. 168; vgl. unter demselben Datum auch Ders. an Kaunitz, Ausf.: ebd., Kleinere Reichsstände 38, Konv. »fol. 1 – 549«, fol. 419 – 420’; vgl. zu dieser Frage auch den Bericht Seilerns an Kaunitz, Regensburg 2. 5. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 25, unfol.: Fechenbach habe gemeldet, dass er zum kaiserlichen Geheimen Rat ernannt worden sei. Der kurböhmische Gesandte bat daher um eine Weisung, welches Prädikat Fechenbach gegeben werden soll. 158 Vgl. Janker, Fechenbach, S. 103. Zur Person und zum Wirken Brühls vgl. aus jüngerer Zeit Luh, Brühl; Vogel, Brühl; Hanke, Diplomatie; Ders., Brühl; Matzke, Gesandtschaftswesen, S. 104 – 112; zum Verhältnis zwischen Brühl und Friedrich II. von Preußen siehe zuletzt Luh, Mittel, und Miltschus, Brühl.

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nete159. Die Franzosen nannten ihn in späteren Jahren spöttisch »la gazette ambulante de la DiÀte, et, en cette qualit¦, menteur, indiscret et curieux jusqu’— l’impertinence.«160 Von ähnlicher Bedeutung waren aus österreichischer Sicht die Beziehungen zu den Reichstagsgesandten Johann Philipp Karl Josef Freiherr von und zu Bibra sowie Friedrich Karl Freiherr Karg von Bebenburg. Beide waren aus Perspektive der Hofburg Schlüsselgestalten der Beratungen in Regensburg, denn sie personifizierten wie kaum ein anderer Reichstagsgesandter die Einflussmöglichkeiten, die sich durch Mehrfachstimmführung ergaben. Bibra führte während des Untersuchungszeitraums im Reichsfürstenrat die Stimmen der Fürstbischöfe von Bamberg (1729 – 1754), Würzburg (1742 – 1751), Konstanz (1743 – 1751) und Augsburg (1745 – 1751)161, der kurkölnische Gesandte Karg um den Jahreswechsel 1756/57 sogar 18 kurfürstliche und fürstliche Voten162. Karg könne somit, berichtete Seydewitz nach Wien, fast selbst entscheiden – je nachdem auf welche Seite er sich wende –, wohin die Beratungen ausschlagen163. Dass man auf österreichischer Seite diesen Stimmanhäufungen kritisch gegenüberstand, wurde bereits kurz erwähnt164. Besonders Palm sprach sich mit Blick auf Karg wiederholt dafür aus, derartige Auswüchse der Mehrfachstimmführung zu verhindern, und arbeitete sogar aktiv auf einen Stimmentzug hin (Arenberg, Brixen, Corvey, Fürstenberg, Stablo und Trient)165. Dahinter stand zum einen die grundsätzliche Überzeugung Palms, ein zahlreiche Stimmen anhäufender Gesandter wie Karg suche in erster Linie seinen privaten Nutzen166 ; zum anderen gab es darüber hinaus auf österreichischer Seite auch Vorbehalte gegenüber der Person des kurkölnischen Ge-

159 Vgl. den Bericht Plothos, Regensburg 16. 10. 1755, PC 11, S. 348. Der preußische Gesandte erwähnte in diesem Schreiben, Fechenbach sei aufgrund »vieler unanständiger Intriguen« am Reichstag bekannt. 160 Auerbach, Recueil, Bd. 18, S. 341. 161 Vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium, Registereintrag S. 525; Stingl, Reichsfreiheit, S. 215 ff. 162 Laut dem Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 31. 12. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 99, unfol. Zu Kargs Wirken in Regensburg vgl. die positiven Einschätzungen bei M. Koch, Reichstag, S. IXf., und Rohr, Reichstag, S. 38 und 311; vgl. außerdem Barth, Diplomatie, S. 258 – 265. Im September 1743 vertraten Karg und sein Vater sogar 18 Reichsstände und führten zwei Stimmen im Kurfürstenrat sowie 25 Stimmen im Fürstenrat; vgl. Hein, Reichstag, S. 105; zur »Gesandtendynastie« der Karg von Bebenburg vgl. ferner Fürnrohr, Gesandtennepotismus, S. 167. 163 Vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 31. 12. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 99, unfol. 164 Siehe dazu die Ausführungen im vorigen Kap. III 1 b sowie als Beispiel den Bericht Palms und Fürstenbergs an Colloredo, Regensburg 19. 10. 1746, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 77b, unfol. 165 Vgl. die Berichte Palms an Colloredo, Regensburg 3. und 5. 6. 1747, Ausf.: ebd., Berichte 78c, jeweils unfol.; Ders. an Franz I., Regensburg 11. 6. 1747, Ausf.: ebd., unfol. 166 Vgl. den Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 3. 2. 1747, Ausf.: ebd., Berichte 78a, unfol.

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sandten, den man für wankelmütig hielt und dem man misstraute, da er sich durch den kurpfälzischen Reichstagsgesandten Menßhengen leiten lasse167. Gegen Ende des Untersuchungszeitraums scheint sich das Verhältnis der österreichischen Akteure zu Karg deutlich gebessert zu haben, denn es lässt sich anhand der Reichstagskorrespondenz nachweisen, dass man ihn in diesen Jahren mit der »Parthey« der »Gutgesinnten« in Verbindung brachte168. Auf preußischer Seite hatte man ihn schon 1756 zu denjenigen gerechnet, die völlig von den österreichischen Akteuren abhängig seien169. Im Hinblick auf Bibra lässt sich Ähnliches beobachten. Auch er zählte im weiten Sinn zu den »gutgesinnten«, kaiserfreundlichen Reichstagsgesandten170. Auf österreichischer Seite ließ man ihm gegenüber aber Vorsicht walten, da er vertrauliche Kontakte zu Reichstagsgesandten unterhielt, die sich den Unmut des Wiener Hofes zugezogen hatten (August Ludwig von Wülcknitz und Franz Siegmund Freiherr von Stingelheim)171. Der Freiherr von Bibra ist insofern ein interessanter Fall, als die Mitglieder seiner zur fränkischen Reichsritterschaft zählenden Familie insgesamt gesehen weniger stark in Klientelsysteme weltlicher Fürsten involviert waren, als vielmehr in Netzwerke geistlicher Herren. Die Familie Bibra war »einerseits in einem gewissen Umfang in Beziehungsnetze durch den hergebrachten Lehensnexus, regionale Faktoren, politische Kraftfelder, fürstliche Patronage, Nepotismuschancen und konfessionellen Druck eingebunden«172 ; sie vermochte aber andererseits – gerade durch das Mittel der Mehrfachbestallungen, das ja auch für Johann Philipp Karl Josef charakteristisch war – die Bewegungsfreiheit zu wahren und die sich aus den Mehrfachbindungen ergebenden Handlungsoptionen zu nutzen. Die Freiherren von Bibra waren somit keineswegs nur »Gefangene in Klientelnetzen«173, sondern, wie auch das Beispiel Johann Philipp Karl Josefs zeigt, vielmehr Profiteure der Konkurrenzsituation zwischen rivalisierenden Dienstherren in dem vergleichsweise 167 Vgl. Ders. an Franz I., Regensburg 14. 9. 1748, Ausf.: ebd., Berichte 81b, unfol.; Instruktion für Seilern, Wien 30. 10. 1752, Reinschrift (nicht unterfertigt): HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol. [siehe Anhang 2]; Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 25. 10. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 98, unfol. 168 Vgl. die Weisung an Seilern, Wien 16. 2. 1761, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 3, unfol. 169 Siehe dazu den Bericht Plothos, PS Regensburg 14. 11. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 113, unfol. Die Franzosen hatten Schwierigkeiten, Karg einzuschätzen, was zweifellos mit der wankelmütigen Politik Kurkölns zusammenhing (vgl. zusammenfassend Schindling, Kurfürst; Burgdorf, Kurfürst) und sich unter anderem darin äußerte, dass die französischen Reichstagsgesandten angewiesen wurden, ihm nicht zu trauen; vgl. Auerbach, Recueil, Bd. 18, S. 233 f., 257, 283 und 337 f. Auch verdächtigte man ihn konkret, sich an den Wiener Hof verkauft zu haben; vgl. Externbrink, Friedrich der Große, S. 82. 170 Vgl. etwa die Weisung an Palm, s.l. 12. 2. 1751, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 7b, unfol. 171 Vgl. den Bericht Fürstenbergs und Palms an Franz I., Regensburg 18. 12. 1747, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 79c, unfol. 172 Stingl, Reichsfreiheit, S. 125. 173 Ebd., S. 139.

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heterogenen fränkischen Raum. Im hier untersuchten Fall hatte dies die konkrete Konsequenz, dass sich Bibra seit Anfang der 1750er Jahre mehr und mehr von den Reichstagsgeschäften zurückzog, um sich dem für ihn offenbar lukrativeren Bamberger Hofleben zuzuwenden174. Andere Familienmitglieder traten verstärkt in kaiserliche Kriegs- und Verwaltungsdienste175. Ein illustratives Fallbeispiel für wechselnde personelle Konstellationen in den Parteibildungsprozessen und klientelären Netzwerken ist der Reichstagsgesandte Ferdinand von Menßhengen (Mens(s)hengen). Im Untersuchungszeitraum führte er die kurpfälzische Stimme in Regensburg (1744 – 1756), außerdem das Votum für Freising (1744 – 1756) und interimistisch für Pfalz-Zweibrücken (1750 – 1752) sowie Preußen (1754, obwohl er Katholik war)176. Menßhengen wurde von Österreich lange Zeit ausschließlich als Kreatur Frankreichs und Preußens angesehen177, der man mit großer Vorsicht begegnen müsse, und zwar, wie man der Instruktion für den kurböhmischen Gesandten Seilern vom 30. Oktober 1752 entnehmen kann, gerade vor dem Hintergrund seiner verwandtschaftlichen Beziehungen zu Lincker, der sich von ihm beeinflussen lasse178. Diese Bindung an Frankreich war nicht zuletzt deshalb problematisch, da Menßhengen als Klient des Fürsten von Thurn und Taxis galt179. Im Verlauf der 1750er Jahren kam es allerdings zu einer bemerkenswerten Wendung, die dazu führte, dass Menßhengen ins preußenfeindliche Lager überwechselte, nachdem er ja noch 1754 interimistisch das preußische 174 Vgl. ebd., S. 125 und 216 f. 175 Vgl. ebd., S. 86 f. 176 Vor 1745 hatte Menßhengen noch andere Reichsstände in Regensburg vertreten; vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium, Registereintrag S. 621; vgl. dazu auch Barth, Diplomatie, S. 254. Menßhengen war Vizekanzler des Sankt Hubertusordens, kurpfälzischer und kurbayerischer Geheimer Rat sowie oberrheinischer Kreis- und Direktorialrat. Auf österreichischer Seite wurde die interimistische Bevollmächtigung Menßhengens mit dem kurbrandenburgischen Votum »nicht nur wegen der diversität der religion« (Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 28. 12. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 91b, unfol.) mit Erstaunen zur Kenntnis genommen. 177 Vgl. Ders. an Dens., Regensburg 14. 9. 1746, Ausf.: ebd., Berichte 77b, unfol. Palm erläuterte, dass Menßhengen Ansprüche auf kurpfälzische Satisfaktion noch zurückhalte, »vermuthlich weillen man das friedensgeschäfft noch nicht zeitig genug zu seyn erachtet, um sich publice et coram Imperio als einen formalen clienten des Frantzösisch- und Preussischen königs darzustellen«. Vgl. auch die Weisung an Frankenberg und Buchenberg, Pressburg 19. 5. 1751, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 1, unfol. Menßhengen wurde hier zu den gänzlich »übelgesinnten« Gesandten gezählt. In den französischen Instruktionen war sogar davon die Rede, »que le Roi [Ludwig XV., d. Vf.] lui a accord¦ en secret la permission d’Þtre agr¦g¦ — la noblesse d’Alsace«; Auerbach, Recueil, Bd. 18, S. 234; vgl. Ebbecke, Politik, S. 98. 178 Reinschrift (nicht unterfertigt): HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol. [siehe Anhang 2]. 179 Vgl. Kap. II 3 a. Auf französischer Seite war man im September 1755 davon überzeugt, dass Menßhengen und seine Gattin Zuwendungen des Prinzipalkommissars erhielten und vom Wiener Hof bezahlt würden; Ebbecke, Politik, S. 98 Anm. 239 sowie S. 102 f.

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Reichstagsvotum geführt hatte. Ursache dieses Kurswechsels war zum einen das Vorgehen des preußischen Königs, der offenbar wiederholt versucht hatte, durch die Ausübung von Druck auf den kurpfälzischen Hof die Abberufung Menßhengens vom Reichstag zu erwirken180. Zum anderen war durch die diplomatische Revolution des Jahres 1756 eine neue Mächtekonstellation entstanden, die Menßhengens profranzösische Einstellung aus österreichischer Sicht entschärfte181. Noch in einem Schreiben vom 3. November 1753 an Colloredo hatte Palm darauf hingewiesen, dass es ein Leichtes gewesen wäre, Menßhengen vom Reichstag zu entfernen, »und daß ihn meistentheils ein dem vorgeben nach an dem Kaiserlichen und königlichen hof habendes patrocinium bey seiner stelle erhalte«182. Anderthalb Jahre später wurde Menßhengen dann von der Hofburg nachweislich denjenigen Reichstagsgesandten zugerechnet, die man für gutwillig hielt183. Seilern wurde sogar angewiesen, Menßhengen unter vier Augen zu verstehen zu geben, dass er eine Entschädigung des Wiener Hofes erhalten werde, falls es Frankreich und Preußen gelänge, seine Abberufung zu bewerkstelligen184. Somit brach eine Stütze der österreichischen »Parthey« in Regensburg weg, als Menßhengen Ende 1756 starb. Dies war gerade deshalb schwerwiegend, weil zu diesem Zeitpunkt die Beratungen über den Reichskrieg gegen Friedrich den Großen unmittelbar bevorstanden. Die österreichische Reichstagskorrespondenz zeigt dies sehr deutlich. Darin mischten sich Bekundungen des persönlichen Bedauerns über den Tod Menßhengens mit sorgenvollen Äußerungen hinsichtlich der weiteren Verhandlungen in Regensburg185. Wie sehr sich der Wiener Hof ihm gegenüber verpflichtet fühlte, zeigt die Tatsache, dass man der Witwe und der unmündigen Tochter Menßhengens ein kaiserliches Regal bewilligte, um das er vor seinem Tod gebeten hatte186. Plotho sprach sich schon in Erwartung des Todes Menßhengens dafür aus, am kurpfälzischen Hof vorstellig zu werden, damit die anstehende Neube180 So Seydewitz in seinem Schreiben an Colloredo, Regensburg 25. 10. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 98, unfol. 181 Vgl. ebd., unfol. 182 Ausf.: ebd., Berichte 91b, unfol. 183 Vgl. den Vortrag Kaunitz’ für Maria Theresia, Wien 10. 6. 1755, HHStA, StK, Vorträge 77, Konv. »1755 VI fol. 1 – 256«, fol. 78’. 184 Vgl. die Weisung an Seilern, Wien 22. 7. 1755, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol. 185 Vgl. die Berichte Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 20. und 26. 12. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 99, jeweils unfol.; Bericht Seilerns an Kaunitz, Regensburg 24. 12. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 26, unfol.; Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 29. 12. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 136, unfol.: Menßhengens Tod werde »von allen gutgesinnten nicht wenig bedauert«. 186 Vgl. den Vortrag, Wien 7. 1. 1757, HHStA, StK, Vorträge 80, Konv. »1757 I – II fol. 1 – 470«, fol. 1 – 1’; Berichte Seilerns an Kaunitz, Regensburg 6.2. und 15. 4. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 27, jeweils unfol.

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setzung des Regensburger Postens im Sinne Preußens erfolge187. Auch erkannte er die Vorteile, die durch den Tod des kurpfälzischen Gesandten in den anstehenden Verhandlungen über den Reichskrieg entstehen konnten, und verwies im Übrigen darauf, wie stark dessen Bindung an den Wiener Hof gewesen sei: »[…] und ist auch die äußerste politesse zwischen mir und demselben niemals unterbrochen gewesen, deßen attachement aber an den Kayserlichen hoff würde jedoch auf keine weise jemahls haben vermindert werden können, sondern alle äußerste politesse und anwendende mühe würde deshalb jederzeit vergeblich gewesen seyn.«188 Waren die bisher genannten »Gutgesinnten« allesamt Katholiken, so bliebe das Bild der österreichfreundlichen Anhängerschaft in Regensburg unvollständig, bezöge man nicht die evangelischen Reichstagsgesandten mit ein, die längere Zeit deutlich mit dem Wiener Hof sympathisierten189. Hierzu zählten vor allem die Gesandten Montmartin, Ponickau und Teuffel. Auch der anhaltische Gesandte Pfau ist dieser Gruppe zuzurechnen; er wird an späterer Stelle ausführlich behandelt190. Vergleichsweise gut erforscht ist das politische Wirken Friedrich Samuels Graf von Montmartin191. Er entstammte einer Hugenottenfamilie, die Frankreich verlassen und sich im Reich niedergelassen hatte. Nach einem Jurastudium und einem halbjährigen Aufenthalt am Reichskammergericht trat er in den 1730er Jahren in bayreuthische Dienste und erlangte dort beinahe im Jahresrhythmus wichtige Ämter. 1742 wurde er zudem zum Wirklichen Reichshofrat auf der Herrenbank ernannt192, ehe er dann nach der auch für ihn prägenden Zäsur des Jahres 1745 und fast vierjähriger Beschäftigungslosigkeit 1749 als Reichstagsgesandter der sächsischen Herzogtümer Gotha, Altenburg und Eisenach in Regensburg tätig wurde193. Die Österreicher nahmen ihn zunächst als Parteigänger Frankreichs wahr, der intrigant, gefährlich und falsch sei194. Entscheidend für Montmartins weiteren Werdegang wurde seine im Verlauf 187 Vgl. die Berichte Plothos, Regensburg 29.11. und 26. 12. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 113 bzw. 114, jeweils unfol. 188 Bericht Plothos, Regensburg 6. 12. 1756, Ausf.: ebd., Fasz. 113, unfol. 189 Vgl. etwa die Überblicke in den Berichten Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 4. 8. 1756 und 4. 5. 1762, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 98 bzw. 111b, jeweils unfol. 190 Vgl. Kap. V. 191 Zum Folgenden vgl. ausführlich Haug-Moritz, Ständekonflikt, insbesondere S. 81 – 89 und 105 – 109; Dies., Staatsmann; zusammenfassend der biografische Artikel Dies., Montmartin; vgl. auch Wilson, War, S. 219 f. 192 Vgl. Gschließer, Reichshofrat, S. 429 f. 193 Vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium, S. 348 und 356; Richter, Vertretung, S. 150 f. und 157. 194 Vgl. den Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 28. 11. 1747, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 79c, unfol. Als nach dem Tod des preußischen Reichstagsgesandten Pollmann Meldungen eintrafen, Montmartin werde diesem im Amt nachfolgen, schrieb Palm an Colloredo, in einem solchen Fall hätte man es dann mit einem Gegner zu tun, der weit gefährlicher sei als Pollmann; vgl. den Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 9. 2. 1754, Ausf.: ebd., Berichte 92a, unfol.

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der 1750er Jahre vollzogene Hinwendung zum österreichischen Lager195. Er geriet in der Folgezeit aufgrund dieser offenkundigen Parteinahme zunehmend unter Druck und wurde 1756 vom Reichstag abberufen196. Vom Kaiserhof protegiert, mit einer jährlichen Pension von 4.000 Gulden ausgestattet197 und in den Grafenstand erhoben198, trat er rund zwei Jahre später in württembergische Dienste, wo der »Wiener Wunschkandidat«199 als leitender Minister fortan loyale Parteigängerschaft für die Hofburg demonstrierte. Zu den Befürwortern seiner württembergischen Indienstnahme zählte Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis, der sich wiederholt für ihn am Kaiserhof einsetzte200. Dies fiel bei Franz I. auf fruchtbaren Boden, und auch Kaunitz, aus dessen Sicht Montmartin »mit etwas weitläuffigen id¦en eingenommen zu seyn pflege«201, empfahl Maria Theresia schließlich, Montmartins Anstellung in württembergischen Diensten zu unterstützen. Damit wurde ein dezidierter Parteigänger des Wiener Hofes an exponierter Stelle installiert, der ur195 In Regensburg manifestierte sich Montmartins Parteigängerschaft für den Wiener Hof unter anderem in seinem konkreten Vorschlag, unter den protestantischen Reichstagsgesandten eine Art von abgesonderter »Parthey« der »Besserdenkenden« zu bilden, damit diese im Corpus Evangelicorum standhaft gegen die »Übelgesinnten« auftreten könnten, was vor allem im Hinblick auf die Erhaltung der Mindermächtigen von Vorteil sei; vgl. die Weisung an Seilern, Wien 17. 12. 1755, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol. 196 Vgl. hierzu den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 28. 1. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 97, unfol.; Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis und Seydewitz’ an Franz I., Regensburg 16. 2. 1756, Ausf.: ebd., unfol.; Berichte Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 13. und 20. 3. 1756, Ausf.: ebd., jeweils unfol. Zu den Überlegungen des Wiener Hofes, in welcher Art und Weise Montmartin für seine bezeugte Devotion und seine daraus resultierenden Schwierigkeiten entschädigt werden sollte, vgl. die Weisungen an Seydewitz, Wien 13.2. und 3. 3. 1756, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8b, jeweils unfol.; siehe auch den Bericht Linckers an den kurmainzischen Hofkanzler Johann Werner Freiherr von Vorster, Regensburg 3. 4. 1756, Ausf.: HHStA, MEA, RTA 582, unfol. Montmartin hatte darum gebeten, dass ihm von kaiserlicher Seite die Geheime Ratswürde und die Charge eines bevollmächtigten Ministers im Obersächsischen Kreis übertragen werde. Da dies aber vom Wiener Hof nicht gewährt wurde, erhielt Montmartin aus Reputationsgründen ostensible Schreiben, mit denen er öffentlich darlegen konnte, dass ihm kaiserliche Dienste angeboten worden wären, die er dann dankend abgelehnt habe; vgl. das Schreiben Kaunitz’ an Montmartin, Wien 12. 3. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Reich, Weisungen 232, unfol. Kaunitz drängte im Jahr darauf dahingehend, Montmartin möge doch wenigstens für eine gewisse Zeit in ansbachischen Diensten tätig werden; vgl. [Ders.] an Dens., Wien 8. 3. 1757, Konz.: ebd., Weisungen 233, unfol. 197 Vgl. die Weisung an Seilern, Wien 1. 2. 1756, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol.; Vorträge Kaunitz’ für Maria Theresia, Wien 30.1. und 25. 3. 1756, HHStA, StK, Vorträge 78, Konv. »1756 I fol. 1 – 252«, fol. 227 – 227’ und 242 – 243, bzw. ebd., Konv. »1756 II – IV fol. 1 – 118«, fol. 66 – 66’ und 72. 198 Vgl. Frank, Standeserhebungen, Bd. 3, S. 257. 199 Pelizaeus, Aufstieg, S. 182. 200 Vgl. Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis an Kaunitz, Regensburg 25. 3. 1756, Ausf.: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 519, fol. 311; Ders. an Colloredo, Regensburg 27. 3. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 97, unfol. 201 Vgl. den Vortrag Kaunitz’ für Maria Theresia, Wien 18. 11. 1757, HHStA, StK, Vorträge 81, Konv. »1757 X – XII fol. 1 – 217«, fol. 119.

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sprünglich dem preußischen Umfeld entstammte und dessen Aufstieg auch und gerade seinen vormaligen Regensburger Kollegen vor Augen führte, dass es sich lohnen konnte, als Gefolgsmann des Kaiserhofes Partei zu ergreifen. Weit wichtiger für das Geschehen in Regensburg als Montmartin war der kursächsische Reichstagsgesandte Johann Georg von Ponickau202, der als Nachfolger Johann Friedrichs Graf von Schönberg203 von 1749 bis zu seinem Tod 1775 dieses Amt ausübte. Ponickau, der einem sächsischen Adelsgeschlecht entstammte, war aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit in Regensburg ebenfalls ein Faktor personeller Kontinuität. Nach einem vierjährigen Jurastudium in Leipzig hatte er zunächst Erfahrungen als Gesandtschaftskavalier in Russland gesammelt, ehe er dann 1734 nach Sachsen zurückbeordert und zum Appellationsrat ernannt wurde. 1749 erfolgte seine Ernennung zum Kammerherrn und die Entsendung nach Regensburg, wo er die kursächsische Stimme im Kurfürstenrat führte. 1760 wurde ihm der Titel Wirklicher Geheimer Rat und Konferenzminister verliehen, und 1764 fungierte er als Wahlbotschafter bei der Kaiserwahl Josephs II. in Frankfurt am Main. Ponickau zählt zu denjenigen Reichstagsgesandten, die von der Forschung recht unterschiedlich beurteilt worden sind. Artur Brabant gelangte in seiner Studie über die Rolle Kursachsens im Siebenjährigen Krieg zu einem ausgesprochen positiven Persönlichkeitsbild: »Die für einen Reichstagsgesandten wichtigsten Eigenschaften, Behutsamkeit und Vermeidung aller Präjudizien, hatte er sich ebenso rasch erworben, wie die Beherrschung der ziemlich verwickelten Förmlichkeiten. Als der große Krieg begann, war er einer der geschicktesten und mit dem Reichsrecht und allen seinen Kniffen und Fallen bestvertrautesten Komitialgesandten.«204 Auch Rohr resümierte in seiner Arbeit zum Reichstag nach 1763, Ponickau sei ein »ehrlicher, kenntnisreicher Mensch und sich geschickt zurückhaltender Diplomat gewesen«; in den Jahren der österreichisch-preußischen Auseinandersetzungen habe er aber durch 202 Vgl. Brabant, Kursachsen, S. 192 f.; Matzke, Ponickau; Dies., Gesandtschaftswesen, S. 140 und 357. 203 Schönberg war von 1725 bis 1749 als kursächsischer Reichstagsgesandter in Regensburg tätig. Er stammte aus der oberlausitzischen Linie Pulsnitz des alten sächsischen Adelsgeschlechts der Schönberg. Nach einem Studium in Leipzig erlangte er in kursächsischem Dienste sukzessive wichtige Ämter (Kammerherr, Appellationsrat, Wirklicher Geheimer Rat, Konferenzminister, Vorsitzender des Geheimen Consiliums und Kabinettsminister). Vor dem 1725 erfolgten Antritt seiner Tätigkeit auf dem Reichstag hatte er bereits Erfahrungen als Gesandter in der Kurpfalz gesammelt. In den Jahren seiner Tätigkeit als Reichstagsgesandter wurde er in den Grafenstand erhoben (1741) und fungierte als Wahlbotschafter bei den Kaiserwahlen Karls VII. und Franz’ I.; vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium, Registereintrag S. 664; Matzke, Gesandtschaftswesen, S. 363 f. Laut der österreichischen Reichstagskorrespondenz wurde er als Sympathisant Frankreichs angesehen, was insofern aus Sicht des Wiener Hofes problematisch war, als er zumindest zeitweise in engem Kontakt mit dem Fürsten von Thurn und Taxis stand; vgl. den Bericht Palms an Franz I., Regensburg 25. 1. 1747, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 78a, unfol.; Schriftsatz Palms, s.l. [1748], Kopie: HHStA, RK, PK, Instruktionen 2, unfol. 204 Brabant, Kursachsen, S. 192. Auch Koch kam zu einem sehr positiven Urteil und bezeichnete Ponickau als »Meister der Diplomatie«; M. Koch, Reichstag, S. X.

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seine »oft unentschlossene und schwankende Haltung – für die wohl in erster Linie sein Hof verantwortlich zu machen ist – mehr und mehr die Achtung beider Seiten verloren.«205 Für die Reichstagspolitik des Wiener Hofes war der Protestant Ponickau, den man schon vor Ausbruch des Siebenjährigen Krieges zur »Parthey« der »wohlgesinnten« Gesandten zählte206, aus mehreren Gründen eine wichtige Säule. Zum einen verfügte er als Direktorialgesandter des Corpus Evangelicorum über Möglichkeiten, auf dessen Prozedere Einfluss zu nehmen, was im Siebenjährigen Krieg zu erheblichen Komplikationen führte207. Zum anderen einte Kursachsen und Österreich nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges die gemeinsame reichs- und außenpolitische Frontstellung gegen Preußen208. Dahinter stand die schon Jahre vor 1756 nachweisbare axiomatische Annahme der Hofburg, im ganzen Reich habe kein Reichsstand die preußische Übermacht stärker zu fürchten als Kursachsen209. Auf dem Regensburger Parkett führte diese antipreußisch fokussierte Interessenidentität dazu, dass Ponickau eng mit den Reichstagsgesandten des Wiener Hofes zusammenarbeitete210. Aus der persönlichen Sicht Ponickaus, der von Regensburg aus unter anderem auf dem Feld der Publizistik tätig wurde211, erschien dies um so mehr erforderlich, als er durch das militärische Vorgehen Preußens unmittelbar betroffen war, lagen doch seine Rittergüter Pohla, Stacha, Schönbrunn und Taschendorf im Sächsischen bzw. in der Lausitz. Der letzte Exponent der proösterreichischen protestantischen Reichstagsgesandten im Untersuchungszeitraum, auf den an dieser Stelle hingewiesen 205 Rohr, Reichstag, S. 39 f. 206 Vgl. den Bericht Palms an Franz I., Regensburg 31. 7. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 90a, unfol. 207 Vgl. Kap. III 2 a. Vgl. auch die zeitgenössische Einschätzung Ponickaus aus französischer Feder (Mai 1772): »Le baron de Ponickau, Ministre Êlectoral de la Saxe et Directeur du Corps des protestants est un parfaitement honnÞte homme. Il a beaucoup de connaissances et de zÀle pour le bien g¦n¦ral. Son caractÀre politique est la timidit¦, avec un esprit sain et m¦diocre. Il a les plus grands int¦rÞts — m¦nager. Il doit diriger le Corps des protestants que son ma„tre d¦teste par principe de religion. Il a ¦t¦ souvent dans le cas de contrarier la Cour de Vienne, que la sienne cultivait servilement, et a toujours — ses cút¦s le Ministre de Brandebourg qui ¦pie ses moindres d¦marches pour s’en pr¦valoir contre le Directoire saxon«; Auerbach, Recueil, Bd. 18, S. 338. 208 Zur kursächsischen Sicht auf Preußen im ausgehenden 17. und 18. Jahrhundert vgl. insgesamt Göse, Nachbarn; Ders., Wahrnehmungsmuster. 209 Vgl. die Weisung an Frankenberg und Buchenberg, Pressburg 19. 5. 1751, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 1, unfol.; vgl. auch die Weisung an Palm, Wien 6. 2. 1745, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 5, fol. 616’; erwähnt wird Preußen, »als welchem Chursachsen nimmer und nimmermehr trauen kan«. 210 Vgl. etwa den Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 26. 9. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 136, unfol. 211 Zur kursächsischen Publizistik nach dem Ausbruch des Siebenjährigen Krieges vgl. insgesamt P. Müller, Ursprung.

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werden soll, ist Joseph Karl Wilhelm Freiherr Teuffel von Birkensee (Pir(c)kensee)212. Er gehört zu denjenigen Gesandten, die im Laufe ihrer Regensburger Tätigkeit zwar nicht kontinuierlich als Anhänger der Hofburg agierten, er wurde aber nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges zumindest phasenweise zu einem der Protagonisten des Geschehens in Regensburg, da er über die konfessionellen Grenzen hinweg für den Kaiserhof Partei ergriff213. Teuffel stammte aus einem oberpfälzischen Adelsgeschlecht und trat zunächst in hessische Dienste. In dem langen Zeitraum von 1748 bis 1767 führte er dann in Regensburg das Votum Mecklenburg-Schwerins sowie darüber hinaus die Stimmen für Holstein-Gottorp (1756 – 1762), Schwarzburg (1756 – 1767), Hessen-Darmstadt (1757 – 1767) sowie Pfalz-Zweibrücken (1758 – 1767)214. Laut der borussischen Forschung hatte er seinen Regensburger Posten dem Fürsten von Thurn und Taxis zu verdanken215. Nachdem man Teuffel, der in der Nähe von Regensburg begütert war216, vonseiten der Reichstagsgesandten des Wiener Hofes zunächst offenbar nicht ganz vertraute217 – Seilern etwa berichtete noch im November 1756 von dem »bekanntlich etwas unstetten und zweydeutigen gemüth« Teuffels218 –, rechnete man ihn schon 1755 zur Gruppe der »gutgesinnten« Reichstagsgesandten219. Er wurde im Verlauf des Jahres 1756 in den Strudel der österreichischpreußischen Auseinandersetzung gerissen, nachdem ein gemeinsam mit dem preußischen Reichstagsgesandten Plotho vereinbarter Vertrag zur Regelung 212 Vgl. Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 1, S. 180 ff.; ebd., Bd. 2, S. 420 – 428. 213 Zur Person und zur proösterreichischen Parteigängerschaft Teuffels vgl. Schultz, Mecklenburg, S. 212 f.: »Baron Teuffel war ein kluger, gelehrter, in der Verfassung und dem Herkommen des Reichs wohlbewanderter Diplomat, eng liirt mit den Kaiserlichen Ministern in Regensburg und persona gratissima am Wiener Hofe. Er hatte es mit großer Geschicklichkeit verstanden, die im August dieses Jahres [1756, d. Vf.] eingetretene Trübung der Beziehungen zum Kaiserhofe, im persönlichen Verkehr mit beiden Majestäten, sowie mit dem Kanzler Grafen Kaunitz, zu beseitigen, und gehörte mit Leib und Seele jener Partei an, welche in dem engsten Anschluß an das Haus Oestreich das Heil des deutschen Vaterlandes erblickte und Preußen als den Erzfriedensstörer in Europa so recht von Herzen haßte. Obwohl Protestant, war er stets an der Spitze derjenigen evangelischen Reichsstände zu finden, welche einen einstimmigen Beschluß des corpus evangelicorum zu hindern suchten, wenn derselbe gegen Oestreich gerichtet war.« 214 Vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium, Registereintrag S. 681; Winter (Hg.), Repertorium, Registereintrag S. 598; Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 2, S. 420 ff. 215 Vgl. Preussische Staatsschriften, Bd. 3, S. 33. 216 Vgl. ebd., S. 52; Boehaimb, Besitzer, S. 335; Barth, Diplomatie, S. 285 – 288. Zur Praxis der Reichstagsgesandten, sich Güter in räumlicher Nähe zu Regensburg zuzulegen, vgl. insgesamt Boehaimb, Besitzer; Barth, Diplomatie; Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 1, S. 519 f.; Ders., Möglichkeiten, Abs. 1. 217 Vgl. den Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis und Palms an Franz I., Regensburg 21. 2. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 89a, unfol. 218 Vgl. den Bericht Seilerns an Maria Theresia, Regensburg 22. 11. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 26, unfol. 219 Vgl. den Vortrag Kaunitz’ für Maria Theresia, Wien 10. 6. 1755, HHStA, StK, Vorträge 77, Konv. »1755 VI fol. 1 – 256«, fol. 78’.

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mecklenburgisch-preußischer Werbungsstreitigkeiten nicht zustande gekommen war und Herzog Friedrich von Mecklenburg-Schwerin sich, sehr zum Unmut des mächtigen preußischen Nachbarn, auf die österreichische Seite geschlagen hatte220. Spätestens von diesem Zeitpunkt an war Teuffel, der ausdrücklich die Protektion des Staatskanzlers Kaunitz für die Angelegenheiten MecklenburgSchwerins erbat221, aus preußischer Sicht eine Persona non grata. Plotho, dem die engen Verbindungen zwischen Teuffel und den Vertretern des Wiener Hofes nicht verborgen blieben222 und der Teuffels »großen credit«223 bei den Kaiserlichen nach Berlin meldete, bezeichnete ihn intern als »intriguanten und bösen menschen«224 und diffamierte ihn als »reichskundigen Partisan des kaiserlichen Hofes«225. Teuffel selbst, dem 1756 für den Fall eines mecklenburgisch-preußischen Vertragsabschlusses von Plotho die Zahlung von 1.000 Talern in Aussicht gestellt worden war226, profitierte langfristig durchaus von seinem Eintreten für den Wiener Hof227. Nachdem ihm schon im Sommer 1759 signalisiert worden war, dass die Hofburg sein Verhalten honorieren werde228, erhielt er 1762 von Seydewitz 1.000 Dukaten für seine »patriotische und standhaffte gesinnung zum gemeinen besten«229. Dies änderte freilich nichts daran, dass Teuffel in den folgenden Monaten dem Drängen Wiens auf Zahlung weiterer Römermonate für den Reichskrieg gegen Friedrich den Großen widerstand. Hintergrund seines Verhaltens, das

220 Zum mecklenburgisch-preußischen Werbungsstreit und seinen Folgen vgl. ausführlich Faber, Europäische Staats-Cantzley, Bd. 110, S. 110 – 403, sowie ebd., Bd. 111, S. 5 – 146, und Preussische Staatsschriften, Bd. 3, S. 1 – 85; vgl. darüber hinaus insgesamt Schultz, Mecklenburg, sowie M. Koch, Reichstag, S. 7 – 10. Die österreichische Haltung in dieser Frage wird besonders gut anhand einer Weisung an die Prinzipalkommission vom 6. 4. 1756 erkennbar; Kopie: HHStA, RK, PK, Weisungen 8b, unfol.: Wünschenswert sei eine Beschränkung der preußischen Werbungen im Reich überhaupt; den Reichstagsgesandtschaften müsse vor Augen geführt werden, was ihnen bevorstünde, sollten sich die Prinzipien des Königs von Preußen durchsetzen; vgl. hierzu auch die Weisung an die Prinzipalkommission vom 15. 6. 1756, Konz.: ebd., unfol. Allerdings dürfe es nicht so aussehen, also wolle man lediglich die Reichsstände gegen Preußen aufwiegeln; so die Weisung an Seydewitz, Wien 28. 6. 1756, Konz.: ebd., unfol. 221 Vgl. den Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 30. 8. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 138, unfol. 222 Vgl. Preussische Staatsschriften, Bd. 3, S. 50. 223 Bericht Plothos, Regensburg 18. 11. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 113, unfol. 224 Bericht Plothos, Regensburg 10. 3. 1757, Ausf.: ebd., Fasz. 127, unfol. 225 Zitiert nach Schultz, Mecklenburg, S. 220. 226 Vgl. Preussische Staatsschriften, Bd. 3, S. 53. 227 Vgl. neben dem Folgenden auch Kap. V Anm. 138. 228 Vgl. die Weisung an Seydewitz, Wien 22. 6. 1759, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 9a, unfol. 229 Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 3. 1. 1762, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 111a, unfol. Auf französischer Seite vermutete man schon im März 1757, dass Teuffel vom Wiener Hof bestochen werde; vgl. Externbrink, Friedrich der Große, S. 82. Zum Folgenden siehe Rohrschneider, Strukturgegebenheiten, Abs. 43.

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auf österreichischer Seite erhebliche Irritationen auslöste230, war seinem eigenen Bekunden nach die Furcht seines Dienstherrn, Herzog Friedrichs, vor Preußen und Russland231. Zudem erklärte Teuffel mit Nachdruck, sich im Falle einer itio in partes nicht mehr gegen ein entsprechendes votum commune der protestantischen Reichsstände stellen zu können232. Damit brach für den Wiener Hof ein stützender Pfeiler im protestantischen Lager vorerst weg. Wendet man sich in einem nächsten Schritt den Protagonisten der aus Sicht des Wiener Hofes »Widriggesinnten« in Regensburg zu, dann lässt sich anhand der österreichischen Reichstagskorrepondenzen eine vergleichsweise feste Gruppierung von Reichstagsgesandten ausmachen, die in konstanter Weise als Angehörige einer »Faction« von Antagonisten wahrgenommen wurden und als deren »hauptstütze«233 der König von Preußen galt. Hierzu zählten neben den preußischen vor allem die hannoverischen und hessischen Gesandten234. Als Reichstagsgesandte Friedrichs des Großen waren im Untersuchungszeitraum Adam Heinrich von Pollmann235 sowie Erich Christoph Edler Herr und Freiherr von Plotho in Regensburg tätig. Pollmann stammte aus Westfalen, studierte 1705 – 1707 in Gießen Jura und wurde nachfolgend zunächst Vertreter des gräflichen Hauses Lippe beim Niederrheinisch-Westfälischen 230 Vgl. die Weisung an Seydewitz, Wien 23. 5. 1762, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 9b, unfol. 231 Vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 6. 8. 1762, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 111b, unfol. 232 Vgl. M. Koch, Reichstag, S. 151; Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 1, S. 183. 233 Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis und Palms an Franz I., Regensburg 26. 4. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 89b, unfol. 234 Darüber hinaus wurden im Untersuchungszeitraum noch weitere Reichstagsgesandte von Österreich mehr oder weniger deutlich zur »Parthey« der »Widriggesinnten« gezählt, nämlich insbesondere Heinrich Graf von Bünau (Reichstagsgesandter für die herzoglich-sächsischen Häuser (1756 – 1778); vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium, Registereintrag S. 535; Richter, Vertretung, S. 156; Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 2, S. 365 f.), Johann Georg Friedrich von Knebel (1749 – 1755 Reichstagsgesandter Brandenburg-Ansbachs und zeitweise auch -Bayreuths; vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium, S. 15 und 17), Christian Friedrich Freiherr von Kniestedt (1731 – 1765 Reichstagsgesandter für Braunschweig-Wolfenbüttel und -Blankenburg; vgl. ebd., S. 20; Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 2, S. 400; Altmann/Reichmeyer/Wollenweber, Gesandtenfriedhof, S. 8 ff.), Johann Freiherr von Rothkirch (1750/52 – 1758 Reichstagsgesandter für Brandenburg-Bayreuth, Pfalz-Zweibrücken und Württemberg; vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium, S. 17, 279 und 421; Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 1, S. 412 und 465) sowie Wilhelm Friedrich von Pistorius (bis 1756 Reichstagsgesandter für die Fränkische (seit 1742), Westfälische (seit 1743) und Wetterauische Grafenbank (seit 1746); vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium, S. 48 und 95 f.; Auerbach, Recueil, Bd. 18, S. 343; J. Arndt, Reichsgrafenkollegium, S. 171 f.; Kulenkampff, Kuriatstimme, S. 490). Aufs Ganze des Untersuchungszeitraums gesehen, hatten die Genannten jedoch nicht den Stellenwert für die Gestaltung der österreichischen Reichstagspolitik wie die preußischen, hannoverischen und hessischen Gesandten, die nachfolgend eingehender behandelt werden. 235 Zum Leben und Wirken Pollmanns vgl. Preussische Staatsschriften, Bd. 1, S. XXXI; Koser, Pollmann; Hausmann (Hg.), Repertorium, Registereintrag S. 642; Straubel, Handbuch, Teil 2, S. 747. Nach dem Tod Pollmanns vertrat interimistisch der kurpfälzische Gesandte Menßhengen den König von Preußen in Regensburg (siehe oben in diesem Kap.).

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Reichskreis, später dann juristischer Berater (unter anderem für den Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz sowie für die Grafen von WittgensteinHomburg und Hatzfeld-Wildenburg). 1712 übernahm er die Stelle seines verstorbenen Vaters als fürstlich-schwarzenbergischer Landrichter zu Gimborn-Neustadt. Acht Jahre darauf erhielt er einen Ruf als ordentlicher Professor der Rechte an die Universität Gießen, den er jedoch ausschlug. 1727 trat er in den preußischen Staatsdienst und wurde mit dem Titel eines Geheimen Justizrats Direktorialrat am Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis. Zu Anfang des Jahres 1737 legitimierte er sich dann auf dem Reichstag, wo er bis zu seinem Tod im November 1753 als preußischer bzw. kurbrandenburgischer Vertreter tätig war. Nachdem er noch im September 1736 vergeblich darum gebeten hatte, in den Adelsstand erhoben zu werden, konnte er dieses Ziel im Juni 1740 realisieren. Pollmann war Träger des Ordens Pour le M¦rite. Er starb am 30. November 1753 in Regensburg, wo er auf dem Friedhof an der Dreifaltigkeitskirche (heute Dreieinigkeitskirche) beigesetzt wurde236. Pollmann zählt zu den Reichstagsgesandten, die sowohl von den Zeitgenossen als auch in der historischen Forschung nahezu gleichlautend beurteilt worden sind. Er galt als »überaus temperamentvoll und streitbar«237, stieß aufgrund seiner »bekannte[n] allzu große[n] lebhafftigkeit«238 wiederholt frontal mit den österreichischen Reichstagsgesandten zusammen und wurde selbst auf preußischer Seite bisweilen als zu ungestüm angesehen239. Mehrfach übte der Wiener Hof, in dessen Augen Pollmann zu den gänzlich »Übelgesinnten« zu rechnen war240, scharfe Kritik an seinem Verhalten in Regens-

236 Vgl. Altmann/Reichmeyer/Wollenweber, Gesandtenfriedhof, S. 5 f., mit dem Geburtsdatum 2. 4. 1685. Pollmanns genaues Todesdatum, das in Teilen der Forschung mit 29. 11. 1753 angegeben wird, war der 30. 11. 1753 (nachts um 1 Uhr); vgl. den Bericht Seilerns an [Kaunitz], Regensburg 30. 11. 1753, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 18, unfol. 237 Meisenburg, Reichstag, S. 16. 238 Bericht Seilerns an [Kaunitz], Regensburg 30. 11. 1753, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 18, unfol. 239 Vgl. das Schreiben Eichels an Podewils, Spandau 8. 9. 1753, PC 10, S. 68: »Von dem Herrn von Pollmann habe mir sonst die Freiheit genommen, Sr. Königl. Majestät [Friedrich II., d. Vf.] vorhin schon zu sagen, dass es demselben an Eifer vor des Königs Gerechtsame und Dienst gewiss nicht fehle, sondern derselbe darunter so triebsam sei, dass er zu Zeiten eher etwas zurückgehalten als animiret werden dörfe.« Dass Pollmann mitunter engagierter vorging, als es dem Berliner Hof lieb war, wurde auch von österreichischer Seite wahrgenommen; vgl. etwa A. Schmid/Grypa, Berichte, Bd. 2, S. 970; siehe auch die Weisung an Buchenberg, Wien 12. 5. 1753, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 6, unfol. 240 Vgl. die Weisung an Frankenberg und Buchenberg, Pressburg 19. 5. 1751, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 1, unfol. Palm zählte Pollmann gemeinsam mit Menßhengen, Heringen und Wülcknitz zu den dezidierten Anhängern Frankreichs; vgl. Palms Bericht an Franz I., Regensburg 28. 1. 1748, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 80a, unfol.

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burg241. Pollmanns Vermessenheit, so führte Bartenstein in einem Vortrag für Maria Theresia vom 18. April 1753 aus, sei ohne Beispiel242. Ein aufschlussreicher Bericht der Prinzipalkommission an Franz I. vom 4. März 1753 lässt erkennen, wie sehr man auf österreichischer Seite Pollmanns Verhalten missbilligte: Es zeige sich, »welchergestalten der von Pollmann in allen vorkommenheiten seinen dominat auszuüben suchet, und von der allenthalben gegen seinen könig fürwaltenden forcht und submission zu profitiren weiß, um denen gesandschafften solche dinge zuzumuthen, welche sie von anderen gewiß nicht so leichter dingen vertragen oder gestatten würden.«243 Friedrich der Große und mit ihm sein Reichstagsgesandter Pollmann wurden auf österreichischer Seite augenscheinlich als Störfaktoren perzipiert, da sie in letzter Konsequenz darauf abzielten – um hier eine geläufige zeitgenössische Umschreibung zu nennen –, den Meister im Reich zu spielen244. In noch weit größerem Maße trifft dies für die österreichische Wahrnehmung Erich Christophs Edler Herr und Freiherr von Plotho zu245. Plotho, der in den Jahren 1754 bis 1766 die preußischen Voten im Kurfürsten- und Fürstenrat führte, ist wohl der berühmteste Reichstagsgesandte der theresianischen und friderizianischen Zeit. Dies hängt ganz entscheidend mit seinem aufsehenerregenden Verhalten nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges zusammen, als er mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Erklärung des Reichskrieges gegen Friedrich den Großen bekämpfte und in nahezu legendärer Weise die durch den kaiserlichen Notar Georg Matthias Joseph Aprill überbrachte kaiserliche Zitation für den mit der Reichsacht zu bestrafenden preußischen Monarchen mit Vehemenz zurückwies246. Johann 241 Vgl. die Weisung Franz’ I. an Puebla, Wien 2. 5. 1753, Ausf.: HHStA, RK, DA, Berlin, Weisungen 5d, unfol.; vgl. ferner Preussische Staatsschriften, Bd. 2, S. 64. 242 HHStA, StK, Vorträge 71, Konv. »1753 IV fol. 1 – 119«, fol. 52 – 54’. 243 Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 89b, unfol. 244 Vgl. beispielhaft das in Kap. III 1 a Anm. 3 aufgeführte Zitat. 245 Zum Leben und Wirken Plothos vgl. die biografischen Artikel von Naud¦, Plotho; Aretin, Plotho; Plotho, Ritter, S. 148 – 153; Straubel, Handbuch, Teil 2, S. 741 f. Eine politische Biografie Plothos zählt sicherlich zu den reizvollen Desideraten im Rahmen der Erforschung der friderizianischen Reichspolitik. 246 Druck der Zitation vom 22. 8. 1757 in Teutsche Kriegs-Canzley, Bd. [4], S. 542 – 551; vgl. auch Aprills Schilderung der Übergabe der Zitation an Plotho ebd., S. 946-[9]51; vgl. zusätzlich Schaefer, Geschichte, Bd. 1, S. 447 ff.; Naud¦, Plotho, S. 314; Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 359 ff.; M. Koch, Reichstag, S. 62 f.; Schort, Politik, S. 142 f. Laut einem Bericht Seilerns war Aprill der Einzige, der sich dazu bereitgefunden hatte, Plotho die Zitation auszuhändigen. Der Notar hatte gemeinsam mit zwei weiteren Männern, die als Zeugen dienten, neben Terzerolen auch Kieselsteine eingesteckt, um notfalls Gegenwehr leisten zu können; vgl. den Bericht Seilerns an Kaunitz, Regensburg 21. 10. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 29, unfol. Der preußische Reichstagsgesandte hatte zuvor um eine Weisung des Berliner Hofes gebeten, wie er sich verhalten solle, falls ihm die Zitation aufgedrängt werde; vgl. den Bericht Plothos, Regensburg 14. 4. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 127, unfol.

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Wolfgang von Goethe hat Plotho, dem Mann »mit schwarzen Feueraugen«247, in seinem Werk »Dichtung und Wahrheit« mit verehrenden Worten ein literarisches Denkmal gesetzt. Einem alten märkischen Adelsgeschlecht entstammend, schlug Plotho zunächst die juristische Laufbahn ein, immatrikulierte sich 1727 in Frankfurt an der Oder für die Rechtswissenschaften und arbeitete anschließend als Kammergerichtsrat. 1734 wurde er Legationsrat der kurbrandenburgischen Reichstagsgesandtschaft. Noch im gleichen Jahr erhielt er den Auftrag, als preußischer Unterhändler im Erzstift Salzburg die Vermögensverhältnisse der nach Preußen ausgewanderten Salzburger Protestanten zu regeln248. Danach kehrte er nach Regensburg zurück und blieb dort bis 1737 als Legationsrat tätig. Durch königlichen Erlass wurde Plotho im September 1739 zum Geheimen Justiz- und Oberappellationsgerichtsrat ernannt. Es folgten 1741 seine Entsendung als bevollmächtigter Minister nach Hannover und im Jahr darauf seine Ernennung zum Regierungspräsidenten in Magdeburg. 1748 wurde seinem Gesuch stattgegeben, den preußischen Staatsdienst verlassen zu dürfen. Plotho zog sich in der Folgezeit auf die im hessischen und fränkischen gelegenen Güter seiner Frau Charlotte Wilhelmine Eleonore, gebürtige Freiin von Bodenhausen, zurück. Die finanziellen Mittel, die Plotho infolge seiner Heirat zur Verfügung standen, waren eine maßgebliche Voraussetzung dafür, dass er 1754 erneut im preußischen Staatsdienst tätig wurde, diesmal als Reichstagsgesandter. Aufgrund hoher finanzieller Belastungen und erheblicher Differenzen mit dem preußischen König über Geldforderungen verließ Plotho 1766 seinen Regensburger Posten und zog sich erneut auf die fränkischen Güter seiner Frau zurück, wo er 1788 starb. Die Gunst seines vormaligen Dienstherrn, der sich der Verdienste Plothos zweifelsohne bewusst war249, hatte er zuvor nicht mehr erlangt. Das Bild Plothos in der älteren Historiografie ist vergleichsweise homogen. Artur Brabant bezeichnete ihn in seiner großangelegten Arbeit über den Reichskrieg gegen Friedrich den Großen »als Bismarcknatur, voller Wut und Schneidigkeit«, die »jederzeit den rechten Ton fand, wenn man seinen König ›injuriren‹ wollte.«250 Auch Theodor Schieder betonte in neuerer Zeit den 247 Goethe, Dichtung und Wahrheit, S. 197. 248 Vgl. Ammerer, Zeit, S. 285. Zur österreichischen Kenntnisnahme der Berufung Plothos zum Reichstagsgesandten vgl. den Bericht Seilerns an Maria Theresia, Regensburg 5. 3. 1754, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 19, unfol. 249 Vgl. das Schreiben Friedrichs II. an Finckenstein, Potsdam 27. 8. 1763, PC 23, S. 101: »Il est vrai, et il faut que je l’avoue, que le baron de Plotho a beaucoup de m¦rites, et qu’il m’a prouv¦ sa fid¦lit¦ et son zÀle pour mes int¦rÞts en bien des occasions; mais, ce qui me f–che, c’est que l’¦puisement de toutes mes caisses, aprÀs une guerre aussi longue et on¦reuse que celle qu’il m’a fallu essuyer, ne me permet nullement de lui faire ¦prouver ma reconnaissance par quelque pension — lui accorder.« 250 Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 41. Vgl. auch das Urteil über Plotho in Preussische Staatsschriften, Bd. 3, S. 22 f.: »Eine unermüdliche Streitlust verband sich in ihm mit einer umfassenden

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aggressiven Charakter von Plothos Vorgehensweise in Regensburg und nannte ihn »Meister des Protestes« und »agent provocateur«, dessen »provozierende Hartnäckigkeit […] die preußische Siegesgewißheit vor der Niederlage von Kolin« widergespiegelt habe251. Diese Einschätzungen decken sich mit zeitgenössischen Urteilen. Aus Sicht der Franzosen schien es 1756/57 fast so, als sei Plotho nur aus dem Grund zum Reichstag entsandt worden, »pour y mettre le d¦sordre et la confusion; depuis qu’il y est, il ne s’est occup¦ qu’— chercher les moyens d’op¦rer la s¦paration des protestants d’avec les catholiques et une guerre de religion; ce Ministre a heureusement plus de chaleur que de lumiÀres«252. Dies entsprach auch der Beurteilung Plothos durch den Wiener Hof, der dem Vorgehen des preußischen Gesandten immer wieder mit scharfer Kritik begegnete, und zwar auch und gerade mit dem Vorwurf, konfessionelle Streitigkeiten anheizen zu wollen253. Mit dem Ausbruch des Siebenjährigen Krieges verschärften sich diese Tendenzen. Klagen über Plotho durchziehen die österreichischen Korrespondenzen dieser Zeit wie ein roter Faden, und es wurde zeitweise ernsthaft in Erwägung gezogen, ihn vom Reichstag zu entfernen254. Auch auf preußischer Seite wurde darüber diskutiert, Plotho vom Reichstag abzuziehen und nach Erlangen oder Bayreuth zu beordern255. Er selbst gab zu bedenken, ob seine Abberufung aus Regensburg für die »gloire« des preußischen Königs nicht zuträglicher sei als sein dortiger Verbleib256. Die Berliner Regierung bremste ihn in dieser Frage jedoch wiederholt und hielt seine Abreise nur im äußersten Fall für gerechtfertigt257. Nachdem von der hannoverischen Regierung darauf verwiesen wurde, dass ein Abzug Plothos aus Regensburg nachteilige Folgen haben könnte, da die

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Kenntniss des Reichsrechts. Alle Irrgänge des Regensburger Intriguenspiels waren ihm, wo es die Noth erheischte, geläufig. Wie trotzig trat er manchmal in den Reichstag, gleichsam als stünde schon ein preussisches Heer vor den Thoren der alten Stadt. Einst war Friedrich mit dem derben Ton Pollmanns […] unzufrieden gewesen; nun munterte er selbst seinen Vertreter auf, ›herzhaft zu schreien und zu bewegen und die termes nicht zu menagiren‹«. Die Zitate nach Schieder, Friedrich der Große, S. 267. Auerbach, Recueil, Bd. 18, S. 257. Vgl. exemplarisch die Weisung Colloredos an Puebla, Wien 31. 10. 1755, Ausf.: HHStA, RK, DA, Berlin, Weisungen 5d, unfol. Vgl. etwa den Bericht Seilerns an Kaunitz, Regensburg 26. 9. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 29, unfol.; Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 11. 10. 1757, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 102, unfol.; Weisung Franz’ I. an Pergen, Wien 29. 10. 1757, Konz.: HHStA, RK, DA, Reich, Weisungen 18, unfol. Vgl. die Weisung an Plotho, Berlin 18. 1. 1757, Konz.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 123, unfol.; Schreiben Friedrichs II. an Plotho, Dresden 21. 1. 1757, PC 14, S. 216; Ders. an Dens., [Dresden 10. 3. 1757], ebd., S. 354; H. Meyer, Plan, S. 40 – 43. Vgl. den Bericht Plothos, Regensburg 7. 3. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 127, unfol. Vgl. die Weisungen an Plotho, Berlin 29.1., 5.2., 19.3. und 2. 4. 1757, Konz.: ebd., Fasz. 124 bzw. 127, jeweils unfol.

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»Wohlgesinnten« dadurch verunsichert würden258, entschloss man sich am Berliner Hof im Frühjahr 1757 endgültig, Plotho am Reichstag zu belassen259. Offenbar wollte man den Schauplatz Regensburg nicht kampflos preisgeben, zumal Plotho ein wichtiger Bestandteil des entfachten Propagandakrieges war, den Preußen mit Österreich ausfocht260, und darüber hinaus gerade aufgrund seiner zahlreichen Informanten in den österreichischen Erblanden ein wertvoller Nachrichtenlieferant war261. Plotho blieb somit weiterhin einer der Hauptakteure des Ringens auf der Regensburger Bühne262. Für Plotho selbst war der Verbleib in Regensburg nach eigener Aussage nur schwer zu ertragen. So berichtete er am 11. Juli 1757 von der immer heikler werdenden Sicherheitslage für ihn und seine Leute und befürchtete sogar eine »haußstürmung«263, als sich offenbar über 500 Menschen vor seinem Regensburger Quartier versammelt hatten. Gut zwei Wochen später vermeldete er : »Das jubiliren derer Kayserlichen ministres und ihres anhangs ist nicht zu beschreiben, dergestalt, daß mir mein hiesiger aufenthalt zu einer folter gemachet und solches zuletzt nicht mehr auszustehen seyn wird.«264 Dass Plotho, der für die Österreicher gewissermaßen all das inkarnierte, was man an der »dictatorische[n] art«265 der preußischen Reichspolitik verachtete – in der zeitgenössischen antipreußischen Publizistik wurde er beispielsweise als »der Kühne Wahrheits Würger«266 diffamiert –, über das Kriegsende hinaus in Regensburg tätig blieb, war zu diesem Zeitpunkt keineswegs absehbar. Von einer ähnlich starken Antipathie durchsetzt wie im Falle Plothos waren die in der österreichischen Reichstagskorrespondenz enthaltenen Urteile über Rudolf Anton Freiherr von Heringen. Er reiht sich in die Riege der protestantischen Gesandten ein, deren Regensburger Tätigkeit vom Wiener Hof mit großem Misstrauen und wachsender Animosität beobachtet wurde. Zunächst in herzoglich-sächsischen und kursächsischen Diensten tätig, fungierte Heringen seit 1737 als Reichstagsgesandter. Im Untersuchungszeitraum führte er 258 Vgl. das Schreiben der hannoverischen Regierung an das Berliner Ministerium, Hannover 13. 4. 1757, Ausf.: ebd., Fasz. 127, unfol. 259 Vgl. die Weisungen an Plotho, Berlin 18.4. und 17. 5. 1757, Konz.: ebd., jeweils unfol. 260 Vgl. Schort, Politik, hier S. 313 f. zur Bedeutung Plothos für die preußische Kriegspropaganda, sowie Kap. III 2 c. 261 Vgl. Schort, Politik, S. 314; Naud¦, Plotho, S. 315. 262 Vgl. die plausible Einschätzung von M. Koch, Reichstag, S. VII: »Wäre der Reichstag als politischer Faktor ausgeschieden, wohl schwerlich hätten Preußen und Hannover auf die Beibehaltung ihrer Kurstimme in Regensburg großen Wert gelegt.« 263 Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 130, unfol.; vgl. bereits den Bericht Plothos, Regensburg 27. 6. 1757, Ausf.: ebd., unfol. 264 Bericht Plothos, PS Regensburg 28. 7. 1757, Ausf.: ebd., unfol. Vgl. auch seinen Bericht vom 23. 6. 1757, Ausf.: ebd., unfol.: Gestern am Tage und die ganze Nacht über habe es »das gröste jubelgeschrey« der Katholischen gegeben, nachdem der Fürst von Thurn und Taxis allen Gesandten, »so von der Österreichischen partie«, einen Schlachtenerfolg notifiziert habe. 265 Weisung Colloredos an Seydewitz, Wien 26. 6. 1756, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8b, unfol. 266 Das Preußische A. B. C., unpaginiert.

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in Regensburg die Stimmen Hessen-Kassels (1742 – 1749), BrandenburgAnsbachs und -Bayreuths (1743 – 1745/49), Sachsen-Weimars und -Eisenachs (1745 – 1748) sowie Sachsen-Gothas und -Altenburgs (1748 – 1749)267. Aus Sicht der Österreicher war Heringen ein »unruhiger kopff«268, eine französische Kreatur und ein Spion, dessen Intrigen und Persönlichkeit man mit Hass begegnete269. Palm hielt ihn zwar für gefährlich, konstatierte aber im Januar 1746, dass Heringen »ohnehin keinen sonderlichen anhang«270 habe. Bei dieser Einschätzung blieb es allerdings nicht. Ein gutes Jahr später, im Mai 1747, berichtete der Konkommissar, Heringens Ansehen sei seit einiger Zeit deutlich gewachsen; er nehme bei den »Widriggesinnten« die Rolle eines Präzeptors ein271. Colloredo hatte schon zuvor Überlegungen angestellt, »den mund dem bekannten Heering gäntzlich zu stopffen«272, und in der Folgezeit erörterte man wiederholt, ob und wie Heringen vom Reichstag entfernt werden sollte, glaubte man doch erkannt zu haben, dass Heringen starken Einfluss auf eine ganz Reihe von Reichstagsgesandten ausübte. Zu seiner »Faction« rechnete man insbesondere Menßhengen, Pollmann, Karg sowie den hannoverischen Gesandten Hugo273. »Ist der von Herring vom reichstag entfernet, so haben die widriggesinnte ihren rechten armb und hauptstütze verlohren«274, resümierte Palm in einem Schreiben an den Reichsvizekanzler vom 28. Januar 1748. Ganz ähnlich verhielt es sich mit dem langjährigen Reichstagsgesandten Joachim Ludwig von Schwarzenau (Schwartzenau)275. Auch er wurde von 267 Die Jahreszahlen folgen den Angaben bei Richter, Vertretung, S. 150 f. und 157, sowie Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 2, S. 396 f. (mit Korrekturen einzelner Angaben Richters). 268 Bericht Fürstenbergs und Palms an Franz I., Regensburg 17. 12. 1745, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 75, unfol.; vgl. auch Dies. an Dens., Regensburg 4. 1. 1746, Ausf.: ebd., Berichte 76a, unfol. 269 Vgl. den Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 8. 1. 1746, Ausf.: ebd., unfol. Zu Heringens Haltung gegenüber Frankreich vgl. auch den Bericht Fürstenbergs und Palms an Franz I., Regensburg 1. 3. 1746, Ausf.: ebd., Berichte 76b, unfol.; Bericht Palms an Franz I., Regensburg 25. 1. 1747, Ausf.: ebd., Berichte 78a, unfol. 270 Ders. an Dens., Regensburg 14. 1. 1746, Ausf.: ebd., Berichte 76a, unfol. 271 Vgl. Ders. an Dens., Regensburg 27. 5. 1747, Ausf.: ebd., Berichte 78c, unfol. 272 Vortrag Colloredos, Wien 15. 2. 1747, HHStA, RK, DA, Vorträge 6d, fol. 290’. 273 Vgl. den Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 10. 9. 1748, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 81b, unfol.; Weisung an Buchenberg, Wien 16. 10. 1748, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 6, unfol. (hier die Erwähnung Pollmanns und Menßhengens als »getreueste anhänger« Heringens). Ludolf Dietrich von Hugo fungierte 1731 – 1749 als hannoverischer und 1739 – 1744 als Pfalz-Zweibrückener Reichstagsgesandter ; vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium, S. 175 und 279. Palm warf ihm zeitweise vor, in massiver Weise Eigeninteressen zu verfolgen und dabei sogar die Interessen seines Dienstherrn außer Acht zu lassen; vgl. die beiden Berichte Palms an Colloredo bzw. Franz I., Regensburg 3. 6. 1747, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 78c, jeweils unfol. 274 Ausf.: ebd., Berichte 80a, unfol. 275 Schwarzenau zählt zu den Reichstagsgesandten, über die vergleichsweise viel bekannt ist. Hinzuweisen ist auf die detaillierten Studien von Lehsten, Reichstagsgesandte, hier vor allem Bd. 2, S. 112, 119 und 413 – 417; vgl. ferner Kneschke (Hg.), Adels-Lexicon, Bd. 8, S. 389 ff.; H.

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österreichischer Seite als fester Bestandteil der preußenfreundlichen »Parthey«, ja zeitweise sogar als »des gegenseitigen haubtanführers a loco comitiorum«276 angesehen, was gerade vor dem Hintergrund der Tatsache von besonderer Bedeutung war, dass Schwarzenau zahlreiche Reichsstände in Regensburg vertrat. Im Untersuchungszeitraum führte er die Voten HessenDarmstadts (1740 – 1756), Baden-Durlachs (1744 – 1787), Sachsen-Weimars (1753 – 1756) und Holstein-Gottorps (1753 – 1755 und 1762)277; zudem wurden ihm weitere Stimmen substituiert278. In späterer Zeit vertrat er unter anderem erneut Hessen-Darmstadt (1766 – 1772) und rückte als langjähriger preußischer Reichstagsgesandter (1766 – 1787) in der Nachfolge Plothos in den Brennpunkt des Reichstagsgeschehens. Schwarzenau stammte aus dem Geschlecht der Strein von Schwarzenau, das in Niederösterreich begütert und im 17. Jahrhundert aus konfessionellen Gründen nach Hessen ausgewandert war. Sein Vater, Kilian von Schwarzenau, war hessen-darmstädtischer Kanzler und Faktotum279, seine Mutter Catharina Sibylle Maria die Tochter des Reichstagsgesandten Joachim von Brawe280. Schwarzenau studierte mehrere Jahre Jura in Gießen und Jena, gelangte 1736 ans Reichskammergericht nach Wetzlar und trat 1739 zunächst in brandenburg-ansbachische Dienste. Bereits im Jahr darauf wurde er von Landgraf Ludwig VIII. zum hessen-darmstädtischen Komitialgesandten ernannt. Dies war der Ausgangspunkt für seine langjährige Tätigkeit am Reichstag, die bis zu seinem Tod 1787 währen sollte. Dass die zeitgenössischen Urteile über Schwarzenau in ihrer Gesamtheit eine extreme Polarisierung aufweisen, hängt maßgeblich damit zusammen, dass er sich im Laufe der Jahre als prononcierter Parteigänger Preußens erwies, was nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges zu dem von österreichischer Seite forcierten Verlust seiner hessen-darmstädtischen und sachsenweimarischen Stimmen führte. Im Urteil Plothos war Schwarzenau »ein gewiß ehrlicher und vernünftiger mann«, der lieber alle Voten abgeben würde, »als sich nach dem leitseil des Kayserlichen hofes führen zu laßen«281. Die Franzosen hielten Schwarzenau zwar für sehr fähig, waren aber infolge seiner von ihnen so wahrgenommenen »partialit¦ si outr¦e pour la religion

276 277 278 279 280 281

Meisner, Schwarzenau; Richter, Vertretung, S. 150 und 158; Rohr, Reichstag, S. 40 ff., 56 und 312; J. J. Schmid, Personenlexikon, S. 294. Vortrag Kaunitz’ für Maria Theresia, Wien 10. 6. 1755, HHStA, StK, Vorträge 77, Konv. »1755 VI fol. 1 – 256«, fol. 87. Alle Jahresangaben nach Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 2, S. 413 – 417. Vgl. ebd. sowie Hausmann (Hg.), Repertorium, Registereintrag, S. 667. Vgl. den Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 2. 1. 1747, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 78a, unfol. Vgl. Lehsten, Reichstagsgesandte, vor allem Bd. 2, S. 359 – 363 und 418. Bericht Plothos, Regensburg 1. 11. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 113, unfol. Zur positiven Einschätzung Schwarzenaus durch Plotho vgl. auch Gerspacher, Politik, S. 86 f.

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protestante«282 auf Vorsicht bedacht. Aus späteren Jahren ist die bemerkenswerte französische Einschätzung überliefert, Schwarzenau sei »le plus savant et le plus habile homme de la DiÀte«; seit seiner Installierung als preußischer Reichstagsgesandter habe »son rÀgne Comitial« begonnen. Und weiter heißt es im Hinblick auf seine dominante Rolle in Regensburg: »Sa protection est toute puissante. La pr¦ponderance de son ma„tre et sa propre transcendance l’ont rendu le chef du parti protestant. Il conna„t ses forces et s’en sert utilement pour Sa Majest¦ Prussienne et pour sa propre fortune. Il a plusieurs fois d¦pendu de la France de se l’attacher ; mais on l’a n¦glig¦ dans les moments d’humiliation o¾ il s’est trouv¦; et il n’y a guÀre d’apparence qu’il se donne — nous dans son ¦levation, — moins que ce ne soit — la suite du Roi de Prusse et — la tÞte de son parti. Le Ministre du Roi qui parviendra — gagner M. de Schwartzenau aura rempli la t–che la plus glorieuse et la plus utile que la DiÀte lui pr¦sente.«283 Die Berichterstattung der Reichstagsgesandten des Wiener Hofes über Schwarzenau ist eindeutig von Klagen über dessen Verhalten geprägt, wobei der Ton der Beschwerden erkennen lässt, mit welcher Aversion und Heftigkeit man auf österreichischer Seite seine Tätigkeit bisweilen kommentierte. Schon aus der Zeit vor Ausbruch des Siebenjährigen Krieges liegen Einschätzungen vor, welche die feste Verankerung Schwarzenaus in der »Parthey« der »Widriggesinnten« betonten. Seydewitz hat dies in einem Bericht an Colloredo vom 26. Januar 1756 anschaulich zum Ausdruck gebracht: »Fast ein wunder würde es seyn, wenn man dieses bisher so räudige schaaff von den anderen absonderen und denen gesunden wieder beygesellen könte«284, meldete der Konkommissar nach Wien. Dort war man zu dem gleichen Befund gelangt: »Die Erfahrung hat gezeiget, daß gifft und gall bey diesem mann die oberhand gewonnen«285 haben und dass keine Besserung zu erhoffen sei, heißt es in einer Instruktion des Kaisers für Ramschwag aus dem Dezember 1756. Im Verlauf des Siebenjährigen Krieges änderte sich der Tenor der Berichterstattung über das Verhalten Schwarzenaus kaum286. Seydewitz nannte ihn einen »auffs äußerste abgeneigten und hefftigsten anhänger derer hiesigen widriggesinnten«287 und hielt ihn aufgrund seiner Intriganz und Boshaftigkeit für außerordentlich gefährlich288. Es würde nicht nur der kaiserlichen Majestät, sondern auch dem Vaterland ein wesentlicher Dienst geleistet werden, 282 Instruktion für Mackau (1756/57), Auerbach, Recueil, Bd. 18, S. 258. 283 Die drei Zitate aus den Notes sur le personnel des principaux Ministres Comitiaux (1772); ebd., S. 339. 284 Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 97, unfol. 285 Ausf.: HHStA, RK, DA, Reich, Weisungen 16, unfol. 286 Vgl. zum Beispiel die Weisung Colloredos an Widmann, Wien 15. 2. 1757, Konz.: ebd., Weisungen 18, unfol. 287 Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 23. 7. 1761, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 110b, unfol. 288 Ders. an Dens., Regensburg 3. 11. 1761, Ausf.: ebd., unfol.

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wenn Mittel gefunden werden könnten, Schwarzenau aus Regensburg zu entfernen, liest man in einer Weisung der Hofburg an Seydewitz vom 7. November 1761289. Ein für den Wiener Hof besonders ärgerlicher, ja sogar irritierender Aspekt dieser Personalie war die Tatsache, dass Schwarzenau als hessen-darmstädtischer Reichstagsgesandter lange Zeit einen Dienstherrn vertrat, dessen ausgeprägte patriotische und devote Haltung gegenüber dem Kaiserpaar für die protestantischen Herrscher dieser Jahre außergewöhnlich war290. Denn Landgraf Ludwig VIII. von Hessen-Darmstadt war ein treuer Parteigänger Franz’ I. und Maria Theresias und dokumentierte immer wieder so vehement seine Anhängerschaft an den Wiener Hof, dass sein Verhalten jüngst sogar mit moderner Fankultur verglichen worden ist291. Die geschilderten Diskrepanzen in den zeitgenössischen Urteilen über Schwarzenau spiegeln sich in den divergierenden Bewertungen seiner Persönlichkeit und seines politischen Wirkens durch die historische Forschung. In Gerspachers Arbeit über die Politik Baden-Durlachs im Siebenjährigen Krieg findet sich noch die Einschätzung, Schwarzenau sei im Gegensatz zu Plotho »durchaus kein Mann des leidenschaftlichen Wortes oder eines starcken Willens [gewesen]. Bedächtig, mit dem rührenden Eifer und Ernste eines gewissenhaften kleinen Diplomaten des 18. Jahrhunderts, hatte er seit einem Dutzend von Jahren teilgenommen an den schleppenden, oft trostlos schwerflüssigen Verhandlungen dieses Reichstages, über denen ein ewiges Ritarando zu stehen schien.«292 Erst in den späten Kriegsjahren sei er beherzter aufgetreten293. Gänzlich anders fällt dagegen das Urteil Rohrs in seiner Arbeit über die Geschichte des Reichstags im Zeitraum von 1763 bis 1778 aus: »Schwartzenau war ein kluger, talentierter Diplomat mit hervorragenden juristischen Kenntnissen, gewandt in Rede und Stil, fleißig und schnell in seinen Arbeiten, zäh und entschlossen bei der Verfolgung seiner Ziele, freilich zuweilen auch schroff, unbeherrscht und herrisch gegenüber denen, die ihm Widerstand entgegenzusetzen versuchten.«294 Jüngst ist die Bedeutung Schwarzenaus nochmals ausdrücklich hervorgehoben worden: Schwarzenau sei, so Josef Johannes Schmid, »einer der zentralen Figuren innerdeutscher Diplomatie«295 des 18. Jahrhunderts gewesen. 289 Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 9a, unfol. 290 Zum Gegensatz zwischen dem Verhalten Schwarzenaus und der Kaisertreue des Landgrafen vgl. beispielsweise die Weisungen an Seydewitz, Wien 27. 12. 1755 und 1. 2. 1756, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a bzw. 8b, jeweils unfol.; vgl. hierzu auch Pons, Kunst, S. 249 – 256. 291 Vgl. Kap. III 2 d Anm. 709. 292 Gerspacher, Politik, S. 15. 293 Vgl. ebd., S. 86. 294 Rohr, Reichstag, S. 41. 295 J. J. Schmid, Personenlexikon, S. 294.

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Im Hinblick auf die Frage nach den Beziehungen Schwarzenaus zu den Reichstagsgesandten des Wiener Hofes ergeben sich einige interessante Befunde. Von französischer Seite ist die rückblickende Einschätzung überliefert, Schwarzenau sei ein Schüler Palms gewesen. Erst nachdem der Konkommissar in Ungnade gefallen und Schwarzenau in der Folgezeit der »haine aveugle« von Palms Nachfolger Seydewitz ausgesetzt gewesen sei, habe er sich in irreversibler Weise von der österreichischen Partei (»parti Autrichien«296) gelöst. In der Korrespondenz Alexander Ferdinands von Thurn und Taxis finden sich ähnliche Einschätzungen; Schwarzenau wird hier sogar als »satellite«297 Palms bezeichnet. Das Verhältnis Schwarzenaus zu Fürst Alexander Ferdinand war völlig zerrüttet. Die jüngere Schwester des Prinzipalkommissars, Maria Augusta, die 1727 Herzog Karl Alexander von Württemberg geheiratet hatte und seit 1737 verwitwet war, hatte die Ehe Schwarzenaus mit ihrer Hofdame Eberhardine Juliane (Henriette) Wilhelmine von der Streithorst gestiftet. Überdies vermittelte sie offenbar Schwarzenau nach Regensburg und machte dessen Bruder Justus Christian zu ihrem Favoriten. Dieser starb im Mai 1749, und zwar angeblich aufgrund einer Vergiftung durch Maria Augusta298. Ob die in den Korrespondenzen Alexander Ferdinands wiederholt erwähnte persönliche Abneigung Schwarzenaus ihm gegenüber299 auf diese Vorgänge zurückzuführen war, konnte bislang noch nicht geklärt werden. Neben Schwarzenau wurde auch der letzte hessische Gesandte, der hier charakterisiert werden soll, auf österreichischer Seite zu den »bekannten adversarii«300 Wiens und »hauptantagonisten«301 des Fürsten von Thurn und Taxis gezählt. Gemeint ist August Ludwig von Wülcknitz (Wilcknitz, Wülckenitz, Wülkenitz, Wülknitz)302. Er vertrat in dem langen Zeitraum von 1735 bis zu seinem Tod 1768 Hessen-Kassel in Regensburg und darüber hinaus zahlreiche weitere Reichsstände, nämlich im Untersuchungszeitraum dieser 296 Beide Zitate aus den Notes sur le personnel des principaux Ministres Comitiaux (1772), Auerbach, Recueil, Bd. 18, S. 339. 297 Schreiben Liliens an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 26. 4. 1754, Ausf.: FTTZA, HFS 887, unfol. 298 Vgl. Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 1, S. 406 mit Anm. 1049 sowie S. 417 f. zur Gattin Schwarzenaus. 299 Vgl. das Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Colloredo, Regensburg 8. 12. 1753, Konz.: FTTZA, HFS 884, unfol. (»persönliche abneigung« Schwarzenaus); Ders. an Ramschwag, Regensburg 25.1. bzw. 7. 3. 1754, Konz.: ebd., HFS 891, jeweils unfol. (»particularanimosität« bzw. »personalanimosität« Schwarzenaus); vgl. auch den Bericht Seilerns an Maria Theresia, Regensburg 11. 11. 1753, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 18, unfol. (»persönliches mißvergnügen« Schwarzenaus gegenüber dem Fürsten von Thurn und Taxis). 300 Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 27. 4. 1761, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 110a, unfol. 301 Ders. an Dens., Regensburg 21. 3. 1755, Ausf.: ebd., Berichte 94, unfol. 302 Zu Wülcknitz vgl. Lange, Wülknitz; Lehsten, Reichstagsgesandte, insbesondere Bd. 2, S. 429 f.; Altmann/Reichmeyer/Wollenweber, Gesandtenfriedhof, S. 11 – 15.

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Arbeit Anhalt, Brandenburg-Bayreuth, Mecklenburg-Schwerin, Nassau-Diez, Sachsen-Gotha-Altenburg, Sachsen-Hildburghausen und SchaumburgLippe303. Wülcknitz entstammte einem angesehenen altadligen Geschlecht des Fürstentums Anhalt. Sein Vater, Karl Heinrich von Wülcknitz, war als Geheimer Rat, Kammerdirektor und Hofmarschall in Diensten Anhalt-Köthens tätig gewesen, hatte jedoch schon vor der Geburt seines Sohnes August Ludwig seine Ämter niedergelegt und sich auf sein Gut Reinsdorf zurückgezogen. Die Familie der Wülcknitz verfügte über gute Beziehungen zum Kasseler Hof, sodass August Ludwig 1722 in hessen-kasselischen Diensten tätig werden konnte. Dort erhielt er, nach seiner juristischen Promotion am Kasseler Collegium Carolinum im Jahr 1723, sukzessive wichtige Ämter, unter anderem als Geheimer Regierungsrat, Regierungspräsident in Kassel und Staatsminister. Wülcknitz zählte in Regensburg zu den »Falken« unter den protestantischen Gesandten304, die in energischer Weise einen propreußischen Kurs steuerten. Mit dem anhaltischen Reichstagsgesandten Pfau, an dessen Abberufung aus Regensburg im Jahr 1757 er maßgeblich beteiligt war, war er verfeindet305. Wülcknitz blieb unverheiratet und starb 1768 auf der Jagd. Sein Leichnam wurde nach Regensburg überführt und dort beigesetzt. Nachfolger am Reichstag wurde sein Neffe Konrad Friedrich Ludwig von Wülcknitz306. In der österreichischen Reichstagskorrespondenz treten drei Charakteristika Wülcknitz’ besonders hervor. Zum einen hielt man ihn in der zweiten Hälfte der 1740er Jahre für einen dezidierten Anhänger Frankreichs, den die französische »Parthey«, so berichtete Palm am 25. Januar 1747 an den Kaiser, für besonders geeignet halte, »einen stillen emissarium et promotorem causæ Gallicæ abzugeben«307. Zum anderen nannte man Wülcknitz häufiger in einem Zug mit den gänzlich »Übelgesinnten« wie Pollmann, Plotho, Menßhengen (in den frühen 1750er Jahren) und Schwarzenau308. Und zum Dritten wurde öfters vermerkt, dass Wülcknitz viel Zeit mit Jagen verbringe, was nicht nur eine beliebte Art der Zerstreuung war, sondern auch eine exzellente Möglichkeit informeller Kontaktaufnahme außerhalb von Regensburg309. 303 Zu den Details vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium, Registereintrag S. 700; Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 2, S. 111 und 429 f. 304 Vgl. Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 50. 305 Vgl. Kap. V. 306 Vgl. Winter (Hg.), Repertorium, Registereintrag S. 609; Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 2, S. 112 und 434 f. 307 Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 78a, unfol.; vgl. auch den Bericht Palms an Franz I., Regensburg 28. 1. 1748, Ausf.: ebd., Berichte 80a, unfol. 308 Vgl. die Weisung an Frankenberg und Buchenberg, Pressburg 19. 5. 1751, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 1, unfol.; Berichte Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 27.4. und 13. 8. 1761, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 110a bzw. 110b, jeweils unfol. 309 Vgl. beispielshalber den Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 21. 9. 1748, Ausf.: ebd., Berichte 81b, unfol.; Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 24. 9. 1756, Ausf.: HHStA, StK,

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In wahrnehmungsgeschichtlicher Perspektive ist es besonders bemerkenswert, dass der Wiener Hof die geschilderten Exponenten der »Widriggesinnten«, nämlich Plotho, Schwarzenau und Wülcknitz, in den Monaten nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges als Akteursgruppierung ansah, die durch eine »gefährliche kette und einverständnuß«310 zusammengehalten werde. Ein wichtiges Glied dieser Kette wurde allerdings bislang noch nicht erwähnt, nämlich der Reichstagsgesandte Ludwig Eberhard Freiherr von Gemmingen-Hornberg. Nachdem er zunächst als hannoverischer Regierungsrat tätig war, fungierte Gemmingen im Zeitraum von 1755 bis 1769 als hannoverischer bzw. kurbraunschweigischer Reichstagsgesandter311. Er führte für den Kurfürsten und englischen König (Georg II., ab 1760 Georg III.) neben der Stimme im Kurfürstenrat sechs Voten im Fürstenrat (Bremen, Celle, Calenberg, Grubenhagen, Lauenburg und Verden). Außerdem wurde ihm 1755 zwischenzeitlich gemeinsam mit Schwarzenau die hessen-kasselische Stimme substituiert. Gemmingen lehnte sich während des Siebenjährigen Krieges eng an Plotho an. Aretin konstatierte in diesem Zusammenhang, der hannoverische Gesandte habe seinen preußischen Kollegen in puncto Fanatismus und Schärfe während des Siebenjährigen Krieges sogar übertroffen312. Dies korrespondiert mit dem Befund, dass Gemmingens Intransigenz und dezidierte propreußische Parteinahme so ausgeprägt waren, dass sie nicht immer in Übereinstimmung mit der Haltung des Leiters der Regierung in Hannover, Gerlach Adolfs von Münchhausen, zu bringen waren313. Die Reichstagsgesandten des Wiener Hofes beäugten jedenfalls argwöhnisch die sich nach Ausbruch des Krieges intensivierenden Kontakte zwischen

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DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 136, unfol. Wülcknitz’ ausgeprägte Jagdleidenschaft fiel auch den Franzosen auf; vgl. Externbrink, Friedrich der Große, S. 82. Weisung an Seydewitz, Wien 6. 12. 1756, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8b, unfol. Zum Folgenden vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium, Registereintrag S. 570; Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 2, S. 390 f.; zur Bewertung des Wirkens Gemmingens in Regensburg vgl. außerdem M. Koch, Reichstag, S. X; Rohr, Reichstag, S. 42; Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 356 (»ein mit allen Wassern gewaschener Reichspolitiker«). Vgl. Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 114. So M. Koch, Reichstag, S. X, und Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 2, S. 391. Die Verwurzelung der politischen Überzeugungen Münchhausens im ›Alten System‹ ist häufig beschrieben worden; vgl. etwa Portzek, Friedrich der Große, S. 76; Mediger, Hastenbeck, S. 137; Dann, Hannover, S. 89; Wellenreuther, Bedeutung, S. 163. Zu den englisch-hannoverischen Beziehungen im 18. Jahrhundert und der in der jüngeren Forschung lebhaft diskutierten Bedeutung Hannovers und des Reiches für die englische Politik während der Regierungszeiten Georgs II. und Georgs III. vgl. darüber hinaus die Sammelbände Rexheuser (Hg.), Personalunionen, und Simms/Riotte (Hg.), Dimension, sowie Black, Hanover ; Ders., Commitment; Harding, Hanover ; Simms, Victories; Thompson, Britain. Siehe in allgemeinerer Perspektive auch König, Hannover; Press, Kurhannover ; Duchhardt, England-Hannover; Wellenreuther, Interessenharmonie; Schütz, Gesandtschaft, S. 192 – 198 (mit Blick auf den Reichstag). Speziell zu den britisch-preußischen Beziehungen während des Siebenjährigen Krieges vgl. zusätzlich die grundlegende Untersuchung von K. W. Schweizer, England, sowie die Studie von Pyta, Entente.

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Plotho und Gemmingen. Seilern bezeichnete Gemmingen im November 1756 als preußischen Sachwalter314, und Seydewitz meldete ungefähr zur gleichen Zeit nach Wien, das beste, was man sich von Gemmingen versprechen könne, sei dessen »gänzliche inaction«; durch einen geheimen Kanal, so führte der Konkommissar weiter aus, sei ihm bekannt, »in was für schädlichen concepten er mit unseren adversariis sich bereits einverstehe und wie er mit diesen darunter unter der decke spiele«315. In der Tat wurde Plotho von der Berliner Regierung mehrfach explizit angewiesen, in engem Einverständnis mit dem Gesandten Hannovers zu agieren316. Die Hofburg zeigte sich im weiteren Verlauf des Krieges wiederholt entrüstet über das Verhalten Gemmingens. Zu Anfang des Jahres 1759 war aus Wiener Sicht offenbar eine rote Linie überschritten: Die Gesandtschaften Österreichs in Regensburg wurden angewiesen, den Umgang mit Gemmingen vollständig abzubrechen, was sie dann auch in die Tat umsetzten317. Insgesamt gesehen zeigen die Ausführungen zu den hier behandelten Exponenten der rivalisierenden »Partheyen« auf dem Reichstag, in welch hohem Maße die Gruppenzugehörigkeiten der Reichstagsgesandten die Wahrnehmungen der Akteure im Spannungsfeld von statischen Zuschreibungen einerseits und dynamischen Veränderungen andererseits prägten. Einerseits erschienen die »Partheyen« als Manifestationen traditioneller reichspolitischer Bindungen mit langfristigen fundamentalen Interessenskonvergenzen ihrer Akteure, sei es politischer, militärischer oder auch konfessioneller Art. Andererseits verfügten die rivalisierenden Lager sehr wohl über das Potenzial, auf veränderte makropolitische Rahmenbedingungen – das renversement des 314 Vgl. den Bericht Seilerns an Kaunitz, Regensburg 23. 11. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 26, unfol. Zu der schon vor Kriegsausbruch bemerkten »engen vertraulichkeit« (Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 8. 4. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 97, unfol.) zwischen Plotho und Gemmingen vgl. auch das Schreiben Linckers an den kurmainzischen Hofkanzler Vorster, Regensburg 20. 4. 1756, Ausf.: HHStA, MEA, RTA 582, unfol., sowie den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 5. 3. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 97, unfol. Seydewitz betonte, dass man angesichts der engen Verbindungen zwischen den Höfen von Berlin und Hannover Mittel und Wege finden müsse, um »den torrentem noch in zeiten, alldienlicher orthen, aufhalten« zu können. 315 Beide Zitate nach dem Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 9. 11. 1756, Ausf.: ebd., Berichte 99, unfol. 316 Vgl. die Weisungen an Plotho, Berlin 12. und 29.6. sowie 15. 9. 1756, Konz.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 111 bzw. 112, jeweils unfol.; siehe ferner auch das Schreiben Eichels an Finckenstein, Berlin 10. 6. 1756, PC 12, S. 398, sowie M. Koch, Reichstag, S. 12. 317 Vgl. die Weisung an die Prinzipalkommission, Wien 9. 1. 1759, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 9a, unfol.; Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 13. 1. 1759, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 106, unfol.; Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis und Seydewitz’ an Franz I., Regensburg 17. 1. 1759, Ausf.: ebd., unfol.; vgl. auch den Vortrag Colloredos, Wien 15. 2. 1759, HHStA, RK, DA, Vorträge 7a, unfol.: Es müsse schärfer gegen Plotho und Gemmingen vorgegangen werden, ansonsten würden sie »noch zu weiteren und denen allerärgerlichsten ausschweifungen fürzuschreiten nicht verabscheuen«; zum Abbruch der Beziehungen zu Gemmingen vgl. auch Teutsche Kriegs-Canzley, Bd. [9]; S. 328 – 331; Brabant, Kampf, Bd. 2, S. 350 f.; Ders., Kursachsen, S. 218.

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alliances im Jahre 1756 ist das markanteste Beispiel – mit wechselnden personellen Konstellationen reagieren zu können. Dies trat besonders in dem Zeitraum in aller Schärfe zutage, als Österreich und Preußen Mitte der 1750er Jahre unübersehbar auf Konfrontationskurs gingen. Von da an wurde das Regensburger Parkett in noch stärkerem Maße als zuvor ein Schauplatz für Stellvertreterkriege, welche die integrierende Kraft der Reichsversammlung faktisch über die Belastungsgrenze hinaus strapazierten. Zwar wurden die »Partheyen«, wie Susanne Friedrich jüngst angemerkt hat318, eher selten in Regensburg geschaffen, sie traten aber auf kaum einem anderen »Theatrum« der Reichspolitik so deutlich hervor wie an diesem Ort. Die Intensität, mit der die Reichstagsgesandten der Höfe von Wien und Berlin parteibildende Wirkung entfalteten, schwankte. Sie erreichte aber, vergleichend gesehen, ein ähnliches Niveau: Das österreichische und das preußische Lager waren weit davon entfernt, dem phasenweise zähen Regensburger Geschehen seinen Lauf zu lassen. Vielmehr waren beide »Partheyen« konsequent darauf bedacht, die dort zur Verfügung stehenden Mittel auszureizen sowie geeignete politische (und personelle!) Voraussetzungen zu schaffen, um bei Bedarf reichspolitische Unterstützung aktivieren zu können. Dass dabei neben Gemeinsamkeiten auch signifikante Unterschiede auftraten, die vor allem aus der unterschiedlichen Stellung Österreichs und Preußens im Reichsverband resultierten, wird im Folgenden ersichtlich werden.

2. Praktiken und Ressourcen der Klientelpolitik und Parteibildung Österreichs a) Die Formierung einer Anhängerschaft im Spannungsfeld von formaler Verfahrenspraxis und informellem Prozedere Die Erforschung politischer Verfahren in der Frühen Neuzeit hat in jüngerer Zeit zahlreiche Anstöße erhalten, die auch für den Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit fruchtbar gemacht werden können319. Zwei signifikante Aspekte seien an dieser Stelle hervorgehoben: Zum einen die vor allem in der kulturalistisch geprägten Forschung im Anschluss an Niklas Luhmann320 getroffene, allerdings nicht im Sinne eines Gegensatzes zu verste318 Vgl. S. Friedrich, Kurier, Abs. 37. 319 Grundlegend hierzu sind die beiden Sammelbände Stollberg-Rilinger (Hg.), Vormoderne politische Verfahren; Dies./Krischer (Hg.), Entscheidungen. 320 Vgl. Luhmann, Legitimation, S. 223 – 232; zur Rezeption von Luhmanns Verfahrenstheorie vgl. Sikora, Sinn; zur Operationalisierbarkeit der verfahrenstheoretischen Überlegungen Luhmanns in der historischen Forschung vgl. darüber hinaus das Plädoyer von Krischer, Problem, S. 46: »Wenn hier dafür geworben wird, den Begriff des Verfahrens in der historischen Forschung einzusetzen, dann im Sinne eines Idealtyps, also eines Analyseinstruments, dessen

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hende Unterscheidung »technisch-instrumenteller« und »symbolisch-expressiver« Dimensionen politischer Verfahren321; zum anderen die grundsätzlichen Reflexionen über das Wesen formaler und informeller Verfahrenspraktiken322. Definiert man Verfahren in einem allgemeinen Sinne als »Handlungssequenzen […], deren äußere Form generell (zumeist schriftlich) geregelt ist und die der Herstellung verbindlicher Entscheidungen dienen«323, dann wird mit Blick auf das Prozedere des Immerwährenden Reichstags deutlich erkennbar, dass die Verfahrensweisen der Reichstagsakteure nicht im Sinne einer trennscharfen Unterscheidung der beiden idealtypischen Konstrukte »Formalität« und »Informalität« restlos ausdifferenziert werden können. Face-to-Face-Kommunikationsakte inner- wie außerhalb der Reichstagskurien schufen eine Form der Präsenzkultur, die es den Akteuren ermöglichte, bei Bedarf im Rahmen eines »informalen Kontaktsystems« (Niklas Luhmann) Wege zu beschreiten, die streng genommen jenseits der formalen Verfahrensabläufe (vom Hof- und Kommissionsdekret bis zur kaiserlichen Ratifikation des Reichsgutachtens) lagen. Birgit Emich hat den hier anklingenden Charakter von Informalität jüngst pointiert zum Ausdruck gebracht: »Informale Strukturen entstehen […] aus Kommunikations- und Handlungsweisen, die nicht den formalen Vorgaben folgen: die entweder darauf abzielen, Entscheidungen über Kanäle und/oder Argumente zu beeinflussen, die offiziell nicht vorgesehen sind, oder aber dem Aufbau und der Pflege solcher Kanäle

Bezug zur Empirie notwendig gebrochen sein muss.« Vgl. dazu auch die Gegenposition von Härter (vgl. Härter, Der Immerwährende Reichstag, Abs. 43), der der Anwendbarkeit der Systemtheorie Luhmanns auf den Immerwährenden Reichstag skeptisch gegenübersteht. 321 Vgl. Stollberg-Rilinger, Symbolische Kommunikation, S. 497 f.: »Instrumentelles Handeln verfolgt einen bestimmten Zweck; symbolisches Handeln stiftet Sinn und erschöpft sich nicht in der Erreichung eines bestimmten Zwecks. Instrumentelles Handeln steht in der Verfolgung eines bestimmten Zwecks, der außerhalb der Handlung selbst liegt und diese steuert. Der Sinn der symbolisch-expressiven Handlung hingegen liegt schon in dem Vollzug der Handlung selbst. Symbolisch-expressives Handeln weist zeichenhaft über sich selbst hinaus und evoziert eine Vorstellung; es wird verständlich erst vor dem Hintergrund eines kollektiven Bedeutungssystems.« Vgl. mit konkretem Blick auf Ständeversammlungen, wie zum Beispiel den Reichstag, Dies., Herstellung, S. 77: »Frühneuzeitliche Ständeversammlungen […] waren nämlich stets – in mehr oder weniger ausgeprägtem Maße – sowohl politische Entscheidungsorgane als auch symbolische Inszenierungen. Sie lassen sich immer zugleich instrumentell als Mittel zur Herstellung und symbolisch als Mittel zur Darstellung von politischer Einheit verstehen« (Hervorhebungen im Original); ähnlich auch Dies., Partizipation, S. 201 f.; Göhler, Institutionen, S. 37, und allgemein Rehberg, Institutionen, sowie folgende aussagekräftige Fallbeispiele: Sikora, Formen; Krischer, Fürstengesellschaft, insbesondere S. 24; Ders., Problem, S. 36 – 46; Weller, Theatrum, S. 146 – 174; Köhler, Strategie, S. 8 und 30 ff. (mit Überlegungen zur begrifflichen Vereinfachung und Konkretisierung); Kalipke, Verfahren; Ders., Perspective. 322 Vgl. Butz/Hirschbiegel (Hg.), Informelle Strukturen, sowie dazu die kritischen Anmerkungen von Stollberg-Rilinger, Rezension; zur Begrifflichkeit vgl. Kap. I 1 Anm. 68. 323 So jüngst Stollberg-Rilinger, Einleitung, S. 9.

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dienen.«324 Für das Reichstagsgeschehen war dies schon allein deshalb von außerordentlicher Bedeutung, da der formale Betrieb zumeist auf zwei Wochentage beschränkt war ; hinzu kamen noch die langen Ferienzeiten. Das Zusammenwirken formaler und informeller Strukturen und Prozesse trifft besonders für die hier im Zentrum stehenden Praktiken von Klientelpolitik und Parteibildung zu. Denn der Immerwährende Reichstag war sowohl ein Forum, auf dem das herkömmliche formale Prozedere Möglichkeiten der Einflussnahme im Sinne einer Formierung von Anhängern und Aktivierung der eigenen Gefolgsleute eröffnete, als auch ein Schauplatz diesbezüglicher politischer und sozialer Prozesse, die in einem hohen Maße durch Kontakte der Akteure auf informeller Ebene geprägt waren. Frühneuzeitliche Klientelund Patronagebeziehungen, für die per se ein hoher Grad an Informalität konstitutiv war, sind ein besonders illustratives Beispiel für diesen Sachverhalt. Sie in ihren Verflechtungen mit dem Reichstagsgeschehen zu beschreiben, ohne dabei die formalen Strukturgegebenheiten und herkömmlichen Verfahrensvorgaben mit einzubeziehen, hieße aber das Wesen von Informalität zu verkennen: Denn »Informalität […] meint nicht die Abwesenheit von jedweder Struktur, sondern die Kehrseite formaler Strukturen. Informalität zu studieren macht folglich überhaupt nur Sinn vor dem Hintergrund von Formalität, wobei Formalität nicht umstandslos mit modernen formalen Organisationen gleichzusetzen ist.«325 Was bedeutet dies konkret? Eine Analyse der Bemühungen des Wiener Hofes, in Regensburg Klientelpolitik zu betreiben und dort eine bei Bedarf instrumentalisierbare »Parthey« von »Gutgesinnten« zu etablieren, muss zunächst einmal der Tatsache Rechnung tragen, dass die darauf bezogenen Interaktionen der Akteure bis zu einem gewissen Grade in die Spezifika des formalen Reichstagsverfahrens eingebettet waren. Das vielfach beschriebene Regensburger Prozedere, das an dieser Stelle nicht noch einmal rekapituliert werden soll326, bot den Beteiligten zahlreiche Möglichkeiten, durch die geschickte Ausreizung von Verfahrensspielräumen die eigenen Interessenslagen zu fördern. Der Hofburg kam dabei zugute, dass die Direktorialgesandten, denen ja als Herren des Verfahrens eine Schlüsselstellung zukam, eindeutig zu den »Gutgesinnten« zu zählen waren. Neben dem kurmainzischen Direktorialgesand324 Emich, Formalisierung, S. 151. 325 Stollberg-Rilinger, Rezension, S. 664. 326 Vgl. dafür die nützlichen Überblicke aus neuerer Zeit bei Härter, Revolution, S. 58 – 66; Burkhardt, Vollendung, S. 84 ff.; S. Friedrich, Drehscheibe, S. 106 – 110; Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 268 – 274; vgl. insgesamt auch die Arbeit von Corterier, Reichstag, über das Verfahren des Reichstags in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Das Prozedere wurde schon von den Zeitgenossen als so komplex angesehen, dass Bedarf bestand, diesbezügliches Lehrund Studienmaterial zu entwickeln. Ein Beispiel dafür ist das Collegium Practicum von 1752 (vgl. SLA, Geheimes Archiv IV 27), in dem in Frage- und Antwortform erläutert wurde, wie der Reichstag funktionierte.

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ten Lincker waren dies, wie bereits erwähnt, Ponickau als kursächsischer Direktorialgesandter im Corpus Evangelicorum sowie die Salzburger Reichstagsgesandten Sebastian Anton von Zillerberg (bis 1751)327 und nachfolgend Josef Gottfried Graf von Saurau (1751 – 1775)328, die alternierend mit Buchenberg das Direktorium im Reichsfürstenrat führten. Das Direktorium in der reichsstädtischen Kurie stellte die Stadt Regensburg in ihrer Funktion als Sitz des Reichstags329. In der für die vorliegende Arbeit herangezogenen Reichstagskorrespondenz spielte das reichsstädtische Direktorium, wenn es um Fragen der Klientelpolitik und Parteibildung ging, insgesamt gesehen keine große Rolle330. Aus der Regierungszeit Franz’ I. lassen sich zahlreiche Belege dafür ermitteln, dass die Reichstagsgesandten des Wiener Hofes nicht nur mit Lincker, sondern auch mit ihrem jeweiligen Salzburger Kollegen intensiv zusammenarbeiteten. Dies hing nicht nur mit der Alternation im Direktorialamt des 327 Zillerberg war offenbar schon zu Beginn des Untersuchungszeitraums altersschwach, was einige Gesandtschaften zu Kritik veranlasste, da der Geschäftsgang deswegen ins Stocken geriet; vgl. den Bericht Fürstenbergs und Palms an Franz I., Regensburg 8. 2. 1746, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 76a, unfol. 328 Vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium, Registereinträge S. 702 bzw. 659. 329 Vgl. hierzu und zur genauen Zusammensetzung des reichsstädtischen Direktoriums Fürnrohr, Patriziat, S. 281; Ders., Reichsstädte, S. 154. In die Erforschung reichsstädtischer Politik ist in jüngerer Zeit wieder stärkere Bewegung gekommen. Wichtig sind in diesem Zusammmenhang die Arbeiten von Andr¦ Krischer ; vgl. Krischer, Fürstengesellschaft; Ders., Zeremoniell; Ders., Inszenierung; Ders., Reichsstädte und Reichstag; vgl. außerdem Buchstab, Reichsstädte; Schindling, DiÀte; Neugebauer-Wölk, Reichspolitik; Schmidt, Städte; H.-J. Becker, Städtekurie. Ob das durch den Westfälischen Frieden verankerte votum decisivum der Reichsstädte ein zu vernachlässigender Faktor war, ist in der Forschung nicht unumstritten; vgl. etwa Buchstab, Reichsstädte, S. 127 – 148; Schindling, Der Westfälische Frieden, S. 139; Schmidt, Städte, S. 39 (»Muster ohne Wert«); Krischer, Reichsstädte und Reichstag, Abs. 8 (»Form ohne politische Funktion«); siehe im Gegensatz dazu Neugebauer-Wölk, Reichspolitik, S. 33. 330 Zur Geringschätzung der reichsstädtischen Reichstagspolitik durch den Wiener Hof vgl. die entsprechenden Ausführungen in Kap. II 1 b mit dem dort in Anm. 89 angeführten Zitat. Diese Geringschätzung, die mit einer Benachteiligung der Reichsstädte auf dem Reichstag in zeremonieller Hinsicht, bei der Entscheidungsfindung und auch bei geselligen Zusammenkünften korrespondierte (vgl. jüngst Krischer, Reichsstädte und Reichstag, Abs. 8 ff.), ist umso bemerkenswerter, als sie so gar nicht mit grundsätzlichen Urteilen der neueren Forschung zur Bedeutung der Reichsstädte im Alten Reich im Einklang steht; vgl. exemplarisch die prägnante Bewertung von Lau, Städte, S. 126: »So wichtig das Reich für die Reichsstädte war, so unentbehrlich waren die Reichsstädte auch für das Reich. Als neutrale Kommunikationsforen, Zentren des wirtschaftlichen Austausches, Bühnen der Selbstdarstellung und Brückenköpfe der Einflussnahme waren sie für die regionalen und überregionalen, für die kleinen und die großen Akteure des Reiches unentbehrlich. Sie gewährleisteten die Funktionsfähigkeit des Reichssystems und wiesen damit […] eine strukturelle Ähnlichkeit mit anderen kleineren Reichsständen auf.« Das bereits in die Jahre gekommene Diktum vom »negativen Reichsbewusstsein« der Reichsstädte (Karl Siegfried Bader) ist inzwischen jedenfalls wiederholt zurückgewiesen worden, so zum Beispiel in Krischer, Fürstengesellschaft; S. 371; Ders., Inszenierung, S. 181; Ders., Reichsstädte und Reichstag, Abs. 21; vgl. dazu auch H.-J. Becker, Städtekurie, S. 155 f.; ebd., S. 159 eine Würdigung der stabilisierenden Wirkung der Reichsstädtekurie für den Reichstag und das Reich insgesamt.

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Reichsfürstenrats zusammen, sondern die wechselseitige Kooperationsbereitschaft wurde augenscheinlich durch die persönlichen Dispositionen Sauraus gefördert, der in der Forschung wohl zu Recht als der »dem Erzhaus ergebene und liebenswürdige, ebenso feinsinnige und geistreiche wie humorvolle Reichsgraf«331 beschrieben worden ist, ein Urteil, das weitgehend der gut dokumentierten zeitgenössischen französischen Wahrnehmung entspricht332. Der Korrespondenz der Prinzipalkommission ist jedenfalls zu entnehmen, dass Saurau für sein Vorgehen wiederholt besonders gelobt wurde333. So berichtete Seydewitz in einem Schreiben an Colloredo vom 31. August 1758, dass sich der salzburgische Direktorialgesandte nach schweren Vorwürfen Plothos »dadurch weder an seiner angewohnten mäßigung und gemüthsstille, noch an der standhafftigkeit irren ließ«334 ; Saurau habe sich daher kaiserliche Protektion verdient. Dies darf allerdings nicht überdecken, dass sich die Beziehungen zwischen den österreichischen und salzburgischen Reichstagsgesandten keineswegs immer einvernehmlich gestalteten. Besonders auf zeremonieller Ebene war dies greifbar. Hierbei zeige es sich, so vermeldeten Fürstenberg und Palm in einem Schreiben an den Kaiser vom 10. Dezember 1745, »daß die Saltzburgischen zu jederzeit, wo sie Österreich weichen, ihren unmuth nicht verbergen können.«335 Hinsichtlich der österreichischen Bemühungen, je nach Bedarf steuernd in das formale Verfahren des Reichsfürstenrats einzugreifen, treten im Untersuchungszeitraum zwei Aspekte besonders in den Vordergrund: Zum einen die Versuche, sich mit Saurau darüber zu verständigen, wer die Sitzungen leiten sollte, in denen Fragen behandelt wurden, die für Österreich besonders wichtig waren; zum anderen die erhöhte Aufmerksamkeit der österreichischen Akteure, jedwede Vorgänge im Keim zu ersticken, die für Preußen eine 331 Rohr, Reichstag, S. 42. 332 Vgl. Auerbach, Recueil, Bd. 18, S. 340: »Le comte de Saurau, Ministre Directorial de Salzbourg, est un homme aimable qui passe des plaisirs aux affaires et des affaires aux plaisirs. N¦ vassal de la Maison d’Autriche, il lui serait d¦vou¦ quand sa Cour ne le serait pas, et l’on sait que les archevÞques de Salzbourg l’ont toujours ¦t¦. Son caractÀre personnel est conforme — ses go˜ts: de la douceur, de la mod¦ration dans ses principes, un esprit fin, d¦licat et malin, joint — un penchant invincible — la satire; un homme qui saurait faire avec lui une soci¦t¦ de bons mots contre les ridicules et les sottises d’autrui, y compris la DiÀte, tirerait tout le parti possible de ce malicieux chanoine.« 333 Vgl. den Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis und Seydewitz’ an Franz I., Regensburg 25. 1. 1757 (Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 100, unfol.), zum löblichen Verhalten Sauraus in den Beratungen vom 10. und 17. 1. 1757 über ein militärisches Vorgehen gegen Friedrich den Großen. 334 Ausf.: ebd., Berichte 104, unfol. 335 Ausf.: ebd., Berichte 75, unfol.; vgl. zu dieser Problematik auch die Weisungen an Palm, s.l. 28. 4. 1751, bzw. an den Fürsten von Thurn und Taxis, s.l. 12. 5. 1751, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 7b, jeweils unfol. Hintergrund war der traditionelle Anspruch des Erzstifts Salzburgs auf die erste Session vor Österreich im Reichsfürstenrat; vgl. dazu Aulinger, Bild, S. 235 – 239.

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Tür öffneten, um eigene, das heißt magdeburgische Ansprüche auf das Direktorialamt mit Erfolg geltend machen zu können336. Gerade der letztgenannte Sachverhalt zeigt auf, mit welcher Besorgnis man auf österreichischer Seite das Vorwärtsdrängen Preußens in den Reichstagskurien zur Kenntnis nahm. Entsprechende Zeugnisse liegen schon für die Zeit vor der Kaiserwahl Franz’ I. vor337. In den 1750er Jahren steigerten sich derartige Befürchtungen offenbar noch. So meldete Buchenberg am 10. Juli 1753 aus Regensburg, Pollmann habe sich »förmlich als directorem« geriert und »unbefugt und tumultuarisch« einen Schriftsatz übergeben338. Damit einher gingen preußische Beschwerden, die mehrfach das Verhalten Buchenbergs kritisierten, was punktuell immerhin dazu führte, dass der österreichische Direktorialgesandte aus Wien angewiesen wurde, sich moderater zu geben, damit Preußen keinen Anlass habe, »hiesigen hoff mit unangenehmen beschwerden behelligen zu können«339. Das Direktorium im Reichsfürstenrat blieb übrigens nicht das einzige direktoriale ›Sorgenkind‹ Österreichs. Auch im Hinblick auf das kursächsische Direktorium im Corpus Evangelicorum fürchtete man zeitweise einen Umschwung zugunsten Preußens und Hannovers340. Über die österreichischen Anstrengungen, bei Bedarf die Alternation im Direktorium des Reichsfürstenrats so zu steuern, dass man in bestimmten Sitzungen wunschgemäß selbst das Direktorium führen konnte, vermittelt die Reichstagskorrespondenz ein klares Bild. Wiederholt wurde der salzburgische Direktorialgesandte auf informellem Wege dazu gebracht, dem Turnus entgegen, in der entsprechenden Sitzung des Reichsfürstenrats zu fehlen, sodass Buchenberg »in absentia Salisburgensis«341 die Beratungen führen konnte342. 336 Zur Genese der Direktorialansprüche des vormaligen Erzstifts Magdeburg, dessen Votum im Untersuchungszeitraum durch den Reichstagsgesandten Preußens geführt wurde, gegenüber Österreich und Salzburg vgl. ebd., S. 236 ff.; Ammerer, Verfassung, S. 329 f.; Brunert, Beratungen, Bd. 3/1, S. 4 Anm. 10. 337 Vgl. die Weisung an Palm, Wien 25. 1. 1745, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 5, fol. 606’. 338 Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 10. 7. 1753, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 130, unfol. Es ging dabei um die ostfriesische Frage; vgl. dazu Kap. III 2 d. 339 Weisung an Buchenberg (ähnlich an Seilern), Wien 28. 10. 1753, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 6, unfol. Zuvor hatte Kaunitz in einem Vortrag für Maria Theresia Verständnis für Buchenberg signalisiert, gleichwohl aber festgestellt, dass es besser gewesen wäre, der Direktorialgesandte hätte sich gemäßigter verhalten; HHStA, StK, Vorträge 73, Konv. »1753 IX – X fol. 1 – 230«, fol. 155. 340 Vgl. die Instruktion für Seilern, Wien 30. 10. 1752, Reinschrift (nicht unterfertigt): HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol. [siehe Anhang 2]. 341 Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 2. 6. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 89c, unfol. 342 Belege dafür finden sich zum Beispiel im Zusammenhang mit den jeweiligen Beratungen über die Stellung der Reichsritterschaft (vgl. das in der vorigen Anm. nachgewiesene Schreiben), die Frage der römischen Königswahl (vgl. die Weisung an Buchenberg, Wien 14. 10. 1752, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 6, unfol.) sowie die

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Hier zahlte es sich für den Kaiserhof aus, mit Saurau über einen Sympathisanten an leitender Stelle zu verfügen. Auf preußischer Seite war man sich dieser Praxis übrigens sehr wohl bewusst343. Es war bereits die Rede davon, dass die kurmainzischen Direktorialgesandten, im Untersuchungszeitraum der Freiherr von Lincker, weit mehr waren als bloße Briefboten344. Als Lenker des Geschäftsgangs vermochten sie in verfahrenstechnischer Hinsicht Einfluss auf die konkreten Abläufe zu nehmen und sich bietende Handlungsspielräume zu nutzen. Für die Reichstagsgesandten des Wiener Hofes eröffnete dies verheißungsvolle Perspektiven, denn Lincker war als einer der Protagonisten der »Gutgesinnten« durchaus empfänglich dafür, seine Direktorialrechte zugunsten der österreichischen »Parthey« zu interpretieren. Ein aufsehenerregender Vorfall im Kriegsjahr 1757 illustriert diesen Befund. Es wurde in anderem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass wiederholt Differenzen zwischen Lincker und Plotho in der Frage aufgetreten waren, ob bestimmte preußische Schriftsätze zur Diktatur zugelassen werden sollten oder nicht345. Dieser Streit berührte keine Nebensächlichkeit, sondern er betraf einen fundamentalen Bestandteil der Kommunikation im Reich. Denn ein Schriftstück, das auf dem Reichstag vorgelegt wurde, dort aber nicht zur Diktatur gelangte, galt als nicht veröffentlicht. »Das bedeutete, daß es nicht offiziell zur Kenntnis genommen werden mußte, nicht Teil der Reichsakten war und nicht Gegenstand von Beratungen werden konnte. Die Diktatur bewirkte also nicht nur die Verbreitung eines Dokuments, sondern diente zu dessen verbindlicher Kenntnisnahme.«346 Am 11. Februar 1757, also knapp einen Monat nach der Entscheidung des Reichstags, Krieg gegen Friedrich den Großen zu führen, kam es zu einem Eklat im Kurfürstenrat347. Nach massiven Protesten Plothos an den Vortagen

343 344 345 346 347

Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis in den Reichsfürstenrat (vgl. den Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 4. 5. 1754, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 132, unfol.). Vgl. Preussische Staatsschriften, Bd. 3, S. 48. Härter, Reichstagsdirektorium, S. 197. Vgl. ebd.; zur Diktaturpraxis vgl. S. Friedrich, Drehscheibe, S. 125 – 133, hier S. 130 ff. zum kurmainzischen Einfluss auf die Diktatur ; vgl. zusätzlich die Zusammenfassung in Härter, Reichstagsdirektorium, S. 181 ff. S. Friedrich, Drehscheibe, S. 128. Vgl. den Bericht Seilerns an Maria Theresia, Regensburg 12. 2. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 27, unfol.; Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 85 ff.; C. Becker, Politik, S. 43 f.; M. Koch, Reichstag, S. 44 ff.; Schort, Politik, S. 131; zur rechtlichen Bewertung siehe Corterier, Reichstag, S. 84 f. Plotho publizierte nachfolgend einen Schriftsatz, der das Geschehen aus seiner Sicht schilderte; vgl. Vollständige und Genuine Nachricht desjenigen, Was am 11ten Februarii 1757. in dem Churfürstl. Collegio vorgefallen, übersandt als Beilage (Druck) zum Bericht Plothos, Regensburg 21. 2. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 79 Fasz. 125, unfol., sowie als Beilage (Druck) zum Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis und Seydewitz’ an Franz I., Regensburg 23. 2. 1757, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 100, unfol.; ein zeitgenössischer Druck auch in Teutsche Kriegs-Canzley, Bd. [2], S. 653 – 694.

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über das Verhalten Linckers und Gegenvorwürfen des Kurmainzers an die Adresse des preußischen Gesandten begann dieser im Kurfürstenrat ein umfangreiches Votum zu diktieren, das sich gegen das Reichsgutachten vom 17. Januar 1757 richtete. Zuvor hatte Lincker die österreichischen Parteigänger unter den Kurfürstlichen informell in seinem Quartier versammelt, um das Vorgehen gegen Plotho abzusprechen. Bereits kurz nachdem dieser mit seinem Diktat begonnen hatte, wurde er von Lincker unterbrochen, der unter Anführung von verfahrenstechnischen Gründen sowie mit Hinweis auf die zu erwartende lange Dauer der Diktatur einschritt. Nach weiteren Verwicklungen und da im Folgenden keine Einigung über das weitere Vorgehen erzielt werden konnte, verließ Lincker mit den übrigen kurfürstlichen Gesandten – mit Ausnahme von Gemmingen – samt ihren Sekretären aus Protest den Sitzungssaal, was Plotho nicht davon abhielt, sein unterbrochenes Diktat fortzusetzen. Das geschlossene Vorgehen der Anhänger Österreichs verweist auf ein grundsätzliches »symbolisch-expressives« Prinzip vormoderner Kommunikation, das man mit Akzeptanz durch Anwesenheit umschreiben könnte: »Wer […] anwesend war, der bekräftigte durch seine schiere körperliche Anwesenheit und Zeugenschaft die Wirkung des Aktes«348. Dies war im Hinblick auf den Reichstag nicht zuletzt deshalb von außerordentlicher Bedeutung, da das Regensburger Prozedere sehr stark konsensorientiert war. Abwesenheit signalisierte dementsprechend, wie im geschilderten Fall, Dissens und Protest. Zwar spielte sich diese Episode nicht in aller Öffentlichkeit ab, aber sie fand vor Zeugen statt, die nicht nur ihre heimatlichen Höfe über den Vorgang in Kenntnis setzten, sondern das Geschehen zum Teil auch in publizistischer Form zur allgemeinen Kenntnis brachten349. Allerdings war die »symbolisch-expressive« Bedeutung von Abwesenheit, hier und in vergleichbaren Fällen, nicht frei von divergierenden Interpretationsmöglichkeiten. Als der kurböhmische Gesandte Sternberg im Frühjahr 1747 Überlegungen anstellte, nicht im Kurfürstenrat zu erscheinen, da dort auf keine ihm genehme Mehrheit zu hoffen war, monierte Palm dies und drängte darauf, Sternberg solle sich nicht abschrecken lassen, sondern dort erscheinen, um den Kontrahenten demonstrativ »unter das gesicht zu tret348 Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 11. 349 Ähnliches galt auch für die in den Reichstagskurien angefertigten Protokolle. Sie blieben keineswegs geheim, sondern wurden zumeist rasch weitergegeben und öffentlich bekannt; vgl. hierzu jüngst S. Friedrich, Beobachten, S. 173. Johann Jacob Moser berichtet davon, dass die Protokolle des Kurfürstenrats nicht so leicht zu bekommen wären wie die des Fürstenrats; vgl. J. J. Moser, Von denen Teutschen Reichs-Taegen, Bd. 2, S. 115 unter Bezugnahme auf die Praxis der Veröffentlichung der Reichsfürstenratsprotokolle in zeitgenössischen Sammelwerken. Die Protokolle der Städtekurie konnten laut Moser bis dato weitgehend geheim gehalten werden, »und zwar um so leichter, da ich noch nie gehöret habe, daß Jemand darauf begierig gewesen wäre«. Zur verfahrenstechnischen Bedeutung von Protokollen vgl. auch die grundlegenden Ausführungen von Luhmann, Legitimation, S. 93.

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ten«350. Der Konkommissar wollte also zum damaligen Zeitpunkt keine Zweifel an der trotzigen Entschlossenheit der Reichstagsgesandten des Wiener Hofes aufkommen lassen und überdies keine Angriffsfläche bieten, welche die Gegenpartei als Zeichen von Schwäche und Resignation hätte deuten können351. Ein weiterer wichtiger Faktor für die formalen Abläufe der Regensburger Verhandlungen waren – bis zu einem bestimmten Grade – die zeitlichen Dispositionen des kurmainzischen Direktorialgesandten352. Die Verfahrensabläufe boten letztlich allen an den Verhandlungen Beteiligten, insbesondere aber Lincker, bestimmte Mittel und Wege, die Beratungen bei Bedarf zu verschleppen oder zu forcieren. Die virtuose Handhabung der sich dabei bietenden Möglichkeiten zählte gewissermaßen zum Einmaleins der Reichstagsgesandten. Dies hing mit der sprichwörtlichen Schwerfälligkeit des Reichstagsprozederes zusammen. »Weder am vergangenen freytag noch vorgestern ist bey dem reichsrath etwas in proposition gebracht, sondern die zeit mit diskursen zugebracht worden«353, heißt es in einer Relation aus Regensburg vom 11. Oktober 1747, die hier als beliebiges Beispiel eines nahezu stereotypen zeitgenössischen Befundes angeführt sei, den die ältere Historiografie mit Vorliebe zum Hauptargument ihrer Verdammungsurteile über den Immerwährenden Reichstag benutzte. Dass dieser Sachverhalt in den verhandlungstaktischen Erwägungen der rivalisierenden »Partheyen« zum Teil eine gewichtige Rolle spielte, verdeutlicht eine symptomatische Weisung an Plotho vom 19. März 1757, in der es heißt: »Sonsten sind wir zwar vollkommen überzeuget, daß der Wiener hoff zu allen denjenigen extremitäten capable seye, welche ihr zeitthero zum öffteren bemercklich gemachet und dermahlen wiederhohlet, wir können aber ohnmöglich glauben, daß es damit so geheim, und so schnell, alß ihr befürchtet, hergehen werde, indessen die reichstagssachen ihrer natur nach, und wie es die verfassung giebet, nicht wohl mit solcher eylfertigkeit behandlet«354 und, so könnte man ergänzen, verbindlich umgesetzt werden können. 350 Bericht Palms an Franz I., Regensburg 3. 6. 1747, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 78c, unfol.; vgl. auch Ders. an Colloredo, Regensburg 29. 5. 1747, Ausf.: ebd., unfol. 351 Zur grundsätzlichen Deutungsoffenheit symbolischer Kommunikationsakte, die in den kulturalistisch geprägten Arbeiten jüngeren Datums besonders hervorgehoben wird, vgl. zuletzt Köhler, Strategie, S. 7 mit Anm. 24. 352 Vgl. hierzu auch die in vergleichender Perspektive aufschlussreichen Befunde zum fränkischen Kreistag in Humphreys, Kreistag, S. 195. 353 Konz.: SLA, Reichsfürstenrat 10, unfol. Als typisches Beispiel für die zeitgenössische Wahrnehmung sei hier abermals Moser zitiert: »[…] es insgemein sehr langsam hergehet, biß in einer Sache auf dem Reichs-Tag etwas geschlossen, darüber auch in manchem Jahr nicht so viel abgethan wird, als auf denen Reichs-Tägen anderer Länder in Einem oder etlichen Tagen«; J. J. Moser, Grund-Riß, S. 588. 354 Konz.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 127, unfol. Gerade die Rekurspraxis wurde von den Zeitgenossen als Ursache für die Verschleppung politischer Entscheidungen am Reichstag angesehen; vgl. Pütter, Entwickelung, Teil 3, S. 47 – 59; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 52 f.;

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Darüber hinaus boten die herkömmlichen Verfahrensabläufe gewisse Schlupflöcher, die gezielt zugunsten von Verhandlungsverzögerungen ausgenutzt werden konnten. Ein probates Mittel war bekanntlich der Verweis der Gesandten auf fehlende Instruktionen (defectum instructionis), der unabhängig von der Frage, ob tatsächlich keine Weisungen des Dienstherrn vorlagen, verhandlungsverzögernden Charakter haben konnte, ganz abgesehen davon, dass er wohl das beste Instrument war, unliebsamen Entscheidungen auszuweichen355. Beide Seiten, sowohl der Wiener als auch der Berliner Hof, konnten dieses Mittel nicht nur selbst einsetzen, sondern auch mit entsprechenden Forderungen im Bedarfsfall Druck auf andere Reichsstände ausüben356. Ein weiterer Behelf in Phasen, in denen man darauf angewiesen war, Zeit zu gewinnen, etwa »um mittlerweile ein und andern auf irrwege verleiteten hof rectificiren zu können«357, war die Einflussnahme auf die Terminierung der Ferien. Das wohl bekannteste Beispiel hierfür ist das Ringen zwischen den Reichstagsgesandten des Wiener Hofes und Plotho nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges. Ein erster Versuch des preußischen Gesandten im Herbst 1756, die anstehenden Beratungen mit Verweis auf die noch andauernden Ferien zu verschleppen, scheiterte, obwohl Plotho Lincker deswegen eigens persönlich kontaktiert hatte358. Die von kurböhmischer und kursächsischer Seite am 20. Dezember des Jahres mit dem Hinweis auf periculum in mora geforderte rasche Proposition der inzwischen ergangenen kaiserlichen Dekrete erwies sich dann aber als nicht mehrheitsfähig359. Plotho, der weisungsgemäß auf Zeitgewinn aus war360 und daher darauf abzielte, einen allgemeinen Verzicht auf die Weihnachtsferien zu verhindern, konnte sich durchsetzen: Erst am 10. Januar 1757 fanden die entsprechenden Beratungen statt.

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siehe darüber hinaus jüngst Jahns, Reichskammergericht, Teil 1, S. 91 (mit ausführlichen Quellen- und Literaturhinweisen in Anm. 129); Haug-Moritz, Einungswesen, S. 200; Härter, Der Immerwährende Reichstag, Abs. 39; vgl. stellvertretend für die Bewertung dieser Frage in der österreichischen Reichstagskorrespondenz den Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis und Palms an Franz I., Regensburg 19. 1. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 89a, unfol.: Kein Reichsstand scheue sich, den Reichstag zu einem »ordentlichen gerichtshof zu machen«. Vgl. dazu das Fallbeispiel aus dem Jahr 1757 in Kap. V. Vgl. Preussische Staatsschriften, Bd. 3, S. 189; Bericht Plothos, Regensburg 23. 12. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 114, unfol.; Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis und Palms an Franz I., Regensburg 26. 4. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 89b, unfol. Weisung an Frankenberg und Buchenberg, [Wien 1751], Kopie: HHStA, RK, PK, Weisungen 7b, unfol. Vgl. J. J. Moser, Von denen Teutschen Reichs-Taegen, Bd. 1, S. 454; Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 53; M. Koch, Reichstag, S. 22. Plotho verwies ausdrücklich darauf, dass der kurmainzische Direktorialgesandte gar nicht befugt sei, die Ferien zu verkürzen. Vgl. J. J. Moser, Von denen Teutschen Reichs-Taegen, Bd. 1, S. 454; Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 71 f.; M. Koch, Reichstag, S. 27 f. Vgl. die Weisung an Plotho, PS Berlin 20. 11. 1756, Konz.: GStA, PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 113, unfol.

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Zuzustimmen ist der allgemeinen Einschätzung Karl Härters, dass die kurmainzischen Direktorialgesandten – bei aller Berechtigung, ihre Möglichkeiten zur Einwirkung auf den formalen Verhandlungsablauf zu betonen – letztlich deutlich mehr Optionen hatten, auf informeller Ebene Einfluss auf das Regensburger Geschehen zu nehmen361. Dem Kurmainzer, vielleicht mehr noch als allen anderen Gesandten, standen dafür zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, insbesondere Beratungen außerhalb der Reichstagskurien, kleinere Zusammenkünfte in den Gesandtschaftsquartieren, gemeinsame Mahlzeiten, wechselseitige Besuche oder auch Unternehmungen außerhalb Regensburgs, ferner anlassbedingte Feiern, die Teilnahme an kirchlichen Veranstaltungen und nicht zuletzt die Zusammentreffen in den Abendgesellschaften des Prinzipalkommissars362. Gerade die letztgenannte Kontaktmöglichkeit außerhalb der Verhandlungen in den Reichstagskurien, an denen der Prinzipalkommissar ja bekanntlich nicht beteiligt war, war jedoch keineswegs ein konfliktfreier Raum. Zwar entschärfte man, wie die jüngere Forschung hervorgehoben hat363, im Laufe des 18. Jahrhunderts Konfliktpotenzial, indem man in puncto Session und Umfrage364 pragmatische Lösungen fand. Dadurch wurden bestehende oder neu auftretende Rangkonflikte nicht vollständig beigelegt, aber durch die pÞlemÞle-Praktiken und die Stimmabgabe in circulo wurde den Betroffenen bis zu einem bestimmten Grade die Möglichkeit entzogen, sie zu visualisieren. Dagegen waren die Zusammentreffen am Hof des Prinzipalkommissars in zeremonieller Hinsicht ausgesprochen prekär. Denn die Regensburger Plattform war über ihren Charakter als – in einem modernen, engeren Sinn verstandenes – Verfassungsorgan hinaus auch ein soziales Phänomen, nämlich ein »zentrales Forum zur Manifestation von Status, Rang und Ehre der Beteiligten«365.

361 Vgl. Härter, Revolution, S. 54 f. 362 Siehe die Ausführungen weiter unten sowie allgemein S. Friedrich, Drehscheibe, S. 158 – 170; ebd., S. 538 die Charakterisierung der nicht institutionell bedingten Kommunikation der Reichstagsgesandten auf informeller Ebene als »sekundäres System«. Auch das gezielte Vermeiden von persönlichen Kontakten zählte zum Repertoire; vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 19. 4. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 97, unfol. Seydewitz berichtete über einen vergeblichen Versuch Plothos, zu ihm zu gelangen, um sich persönlich über die Diktatur eines Kommissionsdekrets zum Mecklenburger Werbungsstreit auslassen zu können: »[…] und ich konnte wohl vermuthen, daß er sich mit mir darüber in eine unangenehme explication einlaßen und von dem erfolg noch selbigen abends seinen bericht in der ersten hize nach Berlin abstatten wolte; daher ich vor selbiges mahl seine visite nicht annahm«. 363 Vgl. Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 272. 364 Zur Praxis und Bedeutung von Rangstreitgkeiten, Session und Umfrage auf dem Reichstag vgl. Hein, Reichstag, S. 44 f.; Corterier, Reichstag, S. 71; Neuhaus, Streit; Sikora, Formen, S. 169 ff.; Stollberg-Rilinger, Zeremoniell als politisches Verfahren, S. 108 – 113; Dies., Herstellung, S. 86; Dies., Sessionsordnung; Ott, Präzedenz, S. 47 f.; Krischer, Inszenierung, S. 188 – 193; Luttenberger, Zeremonial- und Sessionskoflikte; Härter, Der Immerwährende Reichstag, Abs. 41. 365 Stollberg-Rilinger, Zeremonielle Inszenierung, S. 245. Zur für die Reichstage konstitutiven Untrennbarkeit von sozialen und politischen Strukturen vgl. auch Dies., Partizipation, S. 221

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Eine Auswertung der österreichisch-kaiserlichen Korrespondenz ist in diesem Kontext höchst aufschlussreich. Lässt man die zeremoniellen Streitigkeiten mit den Gesandten auswärtiger Mächte einmal außen vor und beschränkt sich auf die konkurrierenden Rangansprüche der reichsständischen Gesandten sowie auf die Charakteristika der Treffen außerhalb des Regensburger Rathauses, dann treten mehrere Problemfelder in den Vordergrund. Zunächst einmal musste der Prinzipalkommissar aufgrund seiner Rolle als Alter Ego des Kaisers in hohem Maße darauf bedacht sein, auch bei informellen Interaktionen mit den Reichstagsgesandtschaften jederzeit so zu agieren, dass Ansehen, Reputation und Würde des Reichsoberhauptes nicht beschädigt wurden366. So vermerkte Palm anlässlich der Ernennung des Fürsten von Thurn und Taxis zum Prinzipalkommissar kritisch, Fürstenbergs Teilnahme an Gesellschaften habe zu einem Ansehensverlust geführt. Der zukünftige Prinzipalkommissar müsse dafür Sorge tragen, dass sein Umgang mit den Gesandtschaften »jederzeit mit der behörigen decenz und hohen distinction geschehe«367. Damit einher gingen Anforderungen an den Prinzipalkommissar, die letztlich aus der Stellung des Reichsoberhauptes als Schutzhaupt und padre comune aller Reichsstände resultierten. Dieses Selbstverständnis zeigte sich bis in kleinste Details hinein. Palm etwa monierte im Zuge der Ernennung des Fürsten von Thurn und Taxis, dessen Vorgänger habe immer mit denselben Personen gespielt, was »disgusto« hervorgerufen habe; der neue Prinzipalgesandte solle daher abwechselnd (»tour — tour«) mit den Gesandten spielen368. Fürst Alexander Ferdinand nutzte jedenfalls gezielt die von ihm ausgerichteten Veranstaltungen – zum Beispiel Abendgesellschaften, gemeinsame Mahlzeiten, Feierlichkeiten und Gedenkveranstaltungen anlässlich der Geburts- und Namenstage des Kaiserpaares oder auch von Geburten und Todesfällen im Kaiserhaus –, um auf informellem Wege Kontakte herzustellen, Verhandlungen anzubahnen oder fortzuführen, auf die beteiligten Akteure

(»Instrumente politischer Teilhabe und Foren der Darstellung sozialen Rangs der Einzelnen wie der sozialen Ordnung des Ganzen«). 366 Auf die besondere Bedeutung des Faktors Reputation hat bereits Luttenberger in seiner Pionierstudie über gesellschaftliche Repräsentation und Zeremoniell auf den Reichstagen hingewiesen; vgl. Luttenberger, Pracht, S. 300 – 304. 367 Schriftsatz Palms, s.l. [1748], Kopie: HHStA, RK, PK, Instruktionen 2, unfol. 368 Vgl. ebd. Dass gerade gemeinsame Spiele zeremonielles Konfliktpotenzial aufwiesen, verdeutlicht eine Weisung an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 28. 12. 1748 (Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 7a, unfol.), aus der hervorgeht, dass jedwedes Zeremoniell im Rahmen von Spielen und allen anderen Zusammenkünften, die nicht den Charakter öffentlicher Akte besaßen, unterlassen werden sollte. Besonders der französische Gesandte Mackau hatte sich beim Kartenspielen in zeremonieller Hinsicht als ausgesprochen dünnhäutig erwiesen; vgl. Brabant, Kampf, Bd. 2, S. 54.

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persönlich einzuwirken und die eigenen Parteigänger, Klienten und Vertrauten an sich zu binden369. Vor allem die durch den Prinzipalkommissar veranstalteten gemeinsamen Mahlzeiten und Tafeln370 waren ein exzellenter Indikator dafür, welche Gesandten in der Gunst des Fürsten oder des Wiener Hofes standen und wer faktisch als Persona non grata angesehen wurde. Hierbei werden die »technisch-instrumentellen« und »symbolisch-expressiven« Dimensionen des Handelns deutlich erkennbar. In instrumenteller Hinsicht dienten gemeinsame Mahlzeiten schlicht der Ernährung oder Zerstreuung, auf symbolischer Ebene »aber zugleich der Stiftung und Bekräftigung einer Gemeinschaft, ihrer Abgrenzung nach außen und Strukturierung nach innen.«371 Dies galt nicht exklusiv für die Veranstaltungen des Prinzipalkommissars, sondern mutatis mutandis auch für gemeinsame Mahlzeiten in den Quartieren der anderen Gesandten. Seilern, Seydewitz und Lincker etwa luden ebenso Gesandte zu sich ein wie aufseiten der »Widriggesinnten« Plotho und Wülcknitz, um hier nur einige Beispiele zu nennen372. Die Exklusion eines Reichstagsgesandten von gemeinsamen Mahlzeiten und Tafeln bedeutete im Gegenzug die Demonstration seiner Nichtzugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe373, und so war es nur folgerichtig, dass die zuvor verfemten Plotho und Gemmingen nach dem Friedensschluss von Hubertusburg wieder an der Mittagstafel und den Abendgesellschaften des Prinzipalkommissars teilnahmen374. Sie wurden im übertragenen Sinn wieder in den Reichsverband integriert. 369 Vgl. dazu allgemein Hellwig, Rechtsstellung, S. 131 ff., sowie speziell für die Zeit des Siebenjährigen Krieges M. Koch, Reichstag, S. 56, 156, 164 und 174. 370 Zu unterscheiden sind hierbei Tafeln des Prinzipalkommissars, zu denen er die Reichstagsgesandten »in forma« einladen ließ, und seine ›privaten‹ Tafeln; so die Unterscheidung in den »Geheimeren Noten« zur Instruktion für den Fürsten von Thurn und Taxis, s.l.e.a., Kopie: HHStA, RK, PK, Instruktionen 2, unfol. 371 Stollberg-Rilinger, Symbolik, S. 80; siehe in vergleichender Perspektive auch Humphreys, Kreistag, S. 341 – 346. 372 Zu Seydewitz vgl. Preussische Staatsschriften, Bd. 3, S. 50; Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 16. 6. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 98, unfol.; Ders. an Dens., Regensburg 2. 5. 1760, Ausf.: ebd., Berichte 108b, unfol. Zu Seilern: Bericht Seilerns an Kaunitz, Regensburg 22. 12. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 29, unfol. Zu Lincker : Meisenburg, Reichstag, S. 73. Zu Plotho: Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 43. Zu Wülcknitz: Palm an den Fürsten von Thurn und Taxis, Regensburg 5. 6. 1753, Ausf.: FTTZA, HFS 883, unfol.; Bericht Seilerns an Kaunitz, Regensburg 10. 3. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 27, unfol. Dass derartige gemeinsame Mahlzeiten keineswegs nur dazu dienten, Nebensächlichkeiten zur Sprache zu bringen, verdeutlicht eine an Plotho ergangene Einladung des französischen Gesandten Le Maire, der die Gelegenheit nutzte, um den preußischen Gesandten über den Abschluss der französischösterreichischen Defensivallianz vom 1. 5. 1756 zu informieren; vgl. den Bericht Plothos, Regensburg 14. 6. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 111, unfol. 373 Vgl. den Bericht Seilerns an Kaunitz, Regensburg 22. 12. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 29, unfol. Seilern bat um Weisung in der Frage, ob er Gemmingen von seinen Mahlzeiten ausschließen solle. 374 Vgl. M. Koch, Reichstag, S. 174. Zum Ausschluss Plothos von den Tafeln des Prinzipalkom-

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Die Veranstaltungen am Sitz des Prinzipalkommissars erwiesen sich – trotz erkennbarer Bemühungen, zeremonielle Konflikte zu verhindern – als Foren, auf denen reichsständische Rangstreitigkeiten ausgetragen wurden. So entstand in den 1740er Jahren ein grundlegender Präzedenzstreit zwischen den Gesandten geistlicher und weltlicher Fürsten, wobei letztere sehr auf den Schutz der traditionellen geistlichen Vorrechte bedacht waren375. Konsequenz dieses Disputs war die pragmatische Entscheidung der Prinzipalkommission, alternierend einmal die kurfürstlichen Gesandten mit den Gesandten der geistlichen Fürsten und das jeweils andere Mal mit denen der weltlichen Fürsten einzuladen376. Die große Bedeutung, die man diesem Problem beimaß, verdeutlicht ein undatierter Schriftsatz österreichischer Provenienz (»Geheimere Noten« zur Instruktion des Fürsten von Thurn und Taxis), in dem die Besorgnis geäußert wurde, dass diese Streitfrage »etwa gar eine interruptionem commercii mit der Kayserlichen principalcommission«377 nach sich ziehen könnte. Es handelte sich hierbei also aus Sicht der Hofburg um ein Problem ersten Ranges, dem man höchste Aufmerksamkeit widmete. Zeremonielle Zwischenfälle vor Ort in Regensburg ergaben sich auch in den österreichisch-preußischen Beziehungen. Dies betraf zum einen das Insistieren Pollmanns auf der kurfürstlichen Präeminenz gegenüber den fürstlichen Gesandten (darunter Österreich), und zwar, wie aufseiten der Hofburg mit Verwunderung bemerkt wurde, »obschon sein hof sich nicht viel um die curialia et ceremonialia in comitiis zu bekümmern scheint«378. Zum anderen brach im Frühjahr 1755 ein Zeremonialstreit mit Plotho im Zuge von dessen Forderung nach dem »Exzellenz«-Titel aus, was den preußischen Gesandten dazu bewog, zwischenzeitlich den Kontakt mit dem Fürsten von Thurn und Taxis abzubrechen379. Bereits im Mai des Jahres konnte Seydewitz jedoch davon berichten, Plotho habe auf nachdrückliche Weisung des preußischen

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missars vgl. die Berichte Plothos, Regensburg 14. und 18. 1. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 123, jeweils unfol. Vgl. Pütter, Entwickelung, Teil 3, S. 59 – 66; Meisenburg, Reichstag, S. 108 f.; Reiser, Stadtleben, S. 98; Berbig, Bamberg, S. 309 – 315. Vgl. zu dieser Praxis den Bericht Seilerns an Kaunitz, Regensburg 19. 11. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 26, unfol.; Bericht Plothos, PS Regensburg 16. 12. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 114, unfol.; vgl. auch J. J. Moser, Von denen Teutschen Reichs-Taegen, Bd. 1, S. 117. Kopie: HHStA, RK, PK, Instruktionen 2, unfol. Ebd. Die Einstellung Friedrichs des Großen gegenüber dem zeitgenössischen Zeremoniell, wie sie beispielsweise in seinem Politischen Testament von 1752 zum Ausdruck kam (vgl. Dietrich, Testamente, S. 330 f.), ist in jüngerer Zeit erneut auf den Prüfstand gestellt worden; vgl. Biskup, Friedrichs Größe, sowie Stollberg-Rilinger, Formlosigkeit; für die vergleichende kaiserlichpreußische Perspektive bis zum Jahr 1740 vgl. Pecˇar, Politik. Vgl. den Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis und Seydewitz’ an Franz I., Regensburg 20. 3. 1755, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 94, unfol.; Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 12. 5. 1755, Ausf.: ebd., unfol.; Weisung an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 12. 4. 1755, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a, unfol.

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Königs hin seinen Kontakt zum Prinzipalkommissar »auff ganz anständige arth«380 wiederhergestellt. Wie bereits an früherer Stelle kurz angesprochen381, war selbst die interne Kommunikation zwischen den einzelnen Gesandten des Wiener Hofes nicht frei von Spannungen zeremonieller Natur. Hintergrund waren die Bestrebungen Österreichs, die zeremonielle Parifikation mit den Kurfürsten zu erreichen. Dementsprechend erhielt der Fürst von Thurn und Taxis die ausdrückliche Weisung, dem Erzhaus »die parification cum electoralibus beständig zu erweisen«382, was wiederum erbitterten Protest bei den »Altweltfürstlichen« zur Folge hatte, die ihrerseits eine zeremonielle Benachteiligung gegenüber dem österreichischen Direktorialgesandten nicht dulden wollten383. Die Regensburger Akteure beobachteten jedenfalls mit Argusaugen den wechselseitigen Umgang ihrer Kollegen, sei es im visualisierten zeremoniellen Bereich, sei es im Rahmen von Treffen auf informeller Ebene, etwa in den Regensburger Gesandtschaftsquartieren384 oder außerhalb der Stadt im Rahmen von Jagden385, Picknicken386 oder Spazierfahrten387. Derartige Interaktionen gewährten oftmals Einblicke in aktuelle personelle Konstellationen und Verflechtungen. Die entsprechenden Berichte der Gesandten zeigen in nahezu seismografischer Weise auf, wie die »Partheyen« wechselseitig wahrgenommen wurden, wie sie sich konkret zusammensetzten und welchen Stellenwert man solchen abseits des Regensburger Rathauses verlaufenden Kontakten beimaß. Der Siebenjährige Krieg schärfte noch die Konturen der österreichischen und der preußischen »Parthey« und forcierte gegenläufige Separationstendenzen: dienstags und donnerstags versammelten sich die Anhänger Öster380 Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 21. 5. 1755, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 94, unfol.; vgl. auch Ders. an Dens., Regensburg 12. 5. 1755, Ausf.: ebd. 381 Vgl. Kap. II 3 d; Buchenberg hatte sich über das Verhalten des Fürsten von Thurn und Taxis beschwert. 382 Vgl. die »Geheimeren Noten« zur Instruktion für den Fürsten von Thurn und Taxis, s.l.e.a., Kopie: HHStA, RK, PK, Instruktionen 2, unfol. 383 Vgl. Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 262. 384 Vgl. exemplarisch den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 3. 8. 1757 (Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 101, unfol.), über eine »geheime unterredung« bei Gemmingen mit Bünau, Moltke, Kniestedt, Wülcknitz und Pistorius sowie den Bericht Plothos, Regensburg 13. 9. 1756 (Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 112, unfol.), über eine Konferenz bei Seydewitz mit Ponickau, Menßhengen, Buchenberg und Saurau. 385 Vgl. Kap. III 1 c Anm. 309. 386 Vgl. Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 54 f. 387 Vgl. das Schreiben Palms an den Fürsten von Thurn und Taxis, Regensburg 25. 8. 1753, Ausf.: FTTZA, HFS 883, unfol.; Schreiben Linckers an den Kurfürsten von Mainz, Regensburg 17. 8. 1753, Ausf.: HHStA, MEA, RTA 574, p. 129 – 132. Lincker meldete, einige fürstliche Gesandtschaften hätten eine ländliche Spazierfahrt unternommen und an einem eine Stunde von Regensburg entfernten Ort Mittag gegessen, um sich bei dieser Gelegenheit »ohnauffsichtlich« (ebd., p. 129) besprechen zu können.

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reichs beim Fürsten von Thurn und Taxis, bei Seydewitz oder Seilern; die preußisch Gesinnten trafen sich meist bei Gemmingen, dem herzoglichsächsischen Gesandten Heinrich Graf von Bünau sowie abends in einem eigens für zwanglose Zusammenkünfte angemieteten Garten388. Zudem wurde nun auch das Zeremoniell in Regensburg zu einem regelrechten Nebenkriegsschauplatz. Angesichts zeremonieller Differenzen des Prinzipalkommissars mit den Gesandten Dänemarks und Schwedens empfahl Plotho, derartige Vorfälle konsequent auszunutzen: Je mehr der Kaiserhof seine Autorität zu demonstrieren versuche, umso mehr müssten allen Reichsständen und auswärtigen Mächten die Augen geöffnet werden389. Ein bedeutender Faktor ist in der bisherigen Analyse ausgeklammert geblieben: die Konfession. Sie war von konstitutiver Bedeutung für Praktiken der Klientelpolitik und Parteibildung, und zwar sowohl auf der Ebene der formalisierten Verhandlungsabläufe als auch in den Interaktionsbereichen, die eher von informellen Kontakten geprägt wurden. Zum besseren Verständnis der konfessionellen Rahmenbedingungen des Reichstagsprozederes, insbesondere in den beiden konfessionellen Corpora, gilt es an dieser Stelle etwas weiter auszuholen. Neuere Forschungen zur Geschichte des Alten Reiches im 18. Jahrhundert haben verstärkt auf die fortgesetzte Wirkungsmacht konfessioneller Bestimmungsfaktoren für die Reichspolitik von Kaiser und Reich aufmerksam gemacht390. Für die Fragestellungen der vorliegenden Arbeit ist dabei von besonderer Bedeutung, dass die konfessionelle Pluralität im Alten Reich im Zuge des sich herausbildenden österreichisch-preußischen Dualismus zu einer zusätzlichen Belastung für das Funktionieren des Reichsverbandes wurde. Denn der konfessionelle Gegensatz zwischen dem preußisch dominierten, 388 Vgl. Brabant, Kampf, Bd. 2, S. 54. 389 Bericht Plothos, Regensburg 18. 11. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 113, unfol. 390 Vgl. generell Stievermann, Politik; Haug-Moritz, Kaisertum; Dies., Wurzel; Dies., Einungswesen; Luh, Reich (sehr dezidiert); Kleinehagenbrock, Erhaltung; Brachwitz, Autorität, sowie die in Anm. 422 in diesem Kap. genannte Literatur zu den beiden konfessionellen Corpora. Vgl. allerdings die einschränkenden Bemerkungen von Wolff, Corpus, S. 199: »Wollte man versuchen, eine Reichsgeschichte jener Zeit nur aufgrund der Komitial-Akten zu schreiben, so könnte man wohl den Eindruck gewinnen, das Reich habe sich ständig am Rande eines Religionskrieges befunden.« Ein gerne herangezogenes Beispiel für die unverminderte Aktualität konfessioneller Gegensätze um die Mitte des 18. Jahrhunderts sind die Hohenloher Religionsstreitigkeiten zwischen den katholischen Fürsten und den protestantischen Untertanen sowie zwischen den katholischen und protestantischen Mitgliedern des Hauses Hohenlohe; vgl. hierzu Press, Hohenlohe, S. 181 f.; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 72 – 79; Vötsch, Religionsstreitigkeiten; Luh, Reich, S. 62 f.; Kleinehagenbrock, Erhaltung, S. 152 f.; Brachwitz/ Koller, Resonanz, S. 126 – 131; Brachwitz, Autorität, S. 76 – 92. Wie sehr man am Wiener Hof über das als schädlich angesehene Vorgehen der katholischen Hohenloher Landesherren verärgert war, zeigen die Weisungen an die Prinzipalkommission, Wien 11. 1. 1752 (Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 7b, unfol.), sowie an Frankenberg und Buchenberg, [Wien] 14. 1. 1752 (Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol.).

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kaiserfernen Norden des Reiches391 und der Habsburgermonarchie schlug sich auch in dem konfessionellen Profil der Klientelverbände beider Vormächte nieder392. Hinzu kam, wie Gabriele Haug-Moritz jüngst noch einmal gezeigt hat, dass die aus der konfessionellen Pluralität des Reiches resultierenden Probleme insofern »eine genuin politische Komponente« aufwiesen, als sie stets auch »um das Verhältnis von ständischem Freiheitsanspruch und kaiserlicher Gebotsgewalt, um den Umfang von ständischer Gehorsamspflicht und kaiserlichem Gehorsamsgebot«393 kreisten. Ein herausragendes Beispiel für diese Verschmelzung der konfessionellen Polarität mit dem machtpolitischen Antagonismus zwischen dem Reichsoberhaupt auf der einen und den Potentiores des Reiches auf der anderen Seite sind die wechselseitigen Perzeptionen der Höfe von Wien und Berlin sowie die Legitimationsstrategien der beiden Kriegsgegner während des Siebenjährigen Krieges. Ganz unabhängig von der Frage, ob und inwiefern dieser Krieg mit dem Interpretament des Religionskrieges angemessen erfasst werden kann394, ist klar erkennbar, wie sehr der Reichstag durch den sich in den 1750er Jahren in konfliktfördernder Weise verschärfenden konfessionellen Gegensatz zwischen den Kontrahenten Österreich und Preußen gespalten, ja sogar in seiner Existenz bedroht wurde. Nichts dokumentiert dies anschaulicher, als die im Verlauf des Jahres 1756 und in der Folgezeit ventilierten Pläne Preußens, einen evangelischen Fürstenbund sowie eine Art von Gegenreichstag zu kreieren. Diese weitreichenden Bestrebungen hatten eine Vorgeschichte. Der preußische König hatte bereits mit der im Mai 1744 geschaffenen sogenannten Frankfurter Union (Kaiser, Preußen, Kurpfalz und Hessen-Kassel) einen ersten Versuch unternommen, eine schlagkräftige Assoziation gegen Österreich zustande zu bringen395. 391 Zum größeren Zusammenhang der Erforschung der politischen und kulturellen Orientierung Brandenburg-Preußens im Gefüge des Alten Reiches vgl. jüngst Hahn, Calvinismus. Hahn betont, dass sich Brandenburg-Preußen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts im Bereich höfischer Repräsentation betont reichsfern gab. 392 Vgl. zuletzt Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 228. 393 Beide Zitate bei Haug-Moritz, Einungswesen, S. 190. 394 Grundlegend dazu ist nach wie vor Burkhardt, Abschied; aus jüngerer Zeit seien die Arbeiten von Antje Fuchs hervorgehoben; vgl. A. Fuchs, Religions-Kriege; Dies., Virtueller Religionskrieg; zur entsprechenden Kriegspropaganda siehe auch Schort, Politik, S. 99 – 110. Ein typisches Beispiel für die vergleichsweise homogene Wahrnehmung dieser Frage durch die österreichischen Akteure ist die Einschätzung Seilerns, der Preußen inmitten des Siebenjährigen Krieges explizit »die anzettlung eines religionskriegs« bzw. einer »allgemeine[n] empörung im Reich« unterstellte; vgl. seinen Bericht an Kaunitz, Regensburg 31. 12. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 29, unfol. Insgesamt gesehen sollte die integrative Kraft der wechselseitigen österreichisch-preußischen Vorwürfe, einen Religionskrieg anzustreben bzw. zu führen, hinsichtlich der Formung und Festigung der eigenen »Parthey« im Reich und auf dem Reichstag nicht unterschätzt werden. Zur Funktionalisierung des konfessionellen Gegensatzes im Sinne einer »Integrationsideologie« vgl. auch Burgdorf, Reichskonstitution, S. 133 – 140, hier S. 135. 395 Vgl. PC 3, S. 51 ff.; H. Meyer, Plan, S. 8 f.; Meisenburg, Reichstag, S. 66 – 69; H. Weber, Karl

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Faktisch war diese reichsständische Einung, die erklärtermaßen dem Schutz der kaiserlichen Würde und der Reichsverfassung dienen sollte, eine völkerrechtliche Allianz mit Frankreich396, das der Union insgeheim beigetreten war. Die aus Sicht des preußischen Königs letztlich unbefriedigenden Ergebnisse der konfessionell heterogenen Frankfurter Union mögen mit ein Grund dafür gewesen sein, dass Friedrich nach Beendigung des Österreichischen Erbfolgekrieges – trotz wiederholter nachdrücklicher Empfehlungen seiner Minister, eine »Parthey« im Reich aufzubauen397 – vorläufig darauf verzichtete, ernsthafte Anstrengungen zur Formierung einer reichsständischen Union zu unternehmen. Erst als sich Mitte der 1750er Jahre die preußischen Beziehungen zu Österreich verschlechterten und verstärkt konfessionelle Konflikte mit der »clique catholique«398 im Reich hervortraten399, erhielt die Idee eines Zusammenschlusses, »pour balancer les mal intentionn¦s«400, neue Nahrung, und zwar diesmal explizit mit Fixierung auf protestantische Reichsstände (Hannover, Sachsen-Gotha und Hessen-Kassel)401.

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Theodor, S. 52 – 64; Both/Vogel, Wilhelm VIII., S. 75 f.; Loos, Politik, S. 213 – 234; Hartmann, Karl Albrecht, S. 294 f.; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 2, S. 457; Burkhardt, Vollendung, S. 389; Wilson, Positionierung, S. 148; zu den vorangegangenen Assoziationssondierungen vgl. insgesamt Kühling, Assoziationsplan. So die schlüssige Einschätzung von Berney, Friedrich der Große, S. 183. Die Bindung reichsständischer Anhänger, »en les disposant — s’opposer aux vues de la cour de Vienne«, sei leichter gesagt als getan, heißt es in einem Schreiben Friedrichs II. an Otto Christoph Graf von Podewils, Potsdam 27. 8. 1748, PC 6, S. 215. Auch gegenüber dem französischen Gesandten Guy Louis Henry Marquis de Valory äußerte sich der König rund zwei Jahre später ähnlich; vgl. das Schreiben Friedrichs an Valory, Potsdam 20. 4. 1750, PC 7, S. 347. Heinrich von Podewils wurde aufgrund seiner wiederholten Mahnungen, die preußische Anhängerschaft im Reich zu vergrößern, sogar von Friedrich verspottet (»Adieu, Monsieur de la timide politique!«); Schreiben Podewils an Eichel, Berlin 22. 7. 1756, PC 13, S. 106. So die abfällig gemeinte Umschreibung in dem Bericht der Minister Podewils und Finckenstein an Friedrich II., Berlin 17. 1. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 124, unfol. Drei Ereignisse bzw. Vorgänge alarmierten die protestantischen Reichsstände: Zum einen die Hohenloher Religionsstreitigkeiten (siehe Anm. 390 in diesem Kap.); zum anderen die Konversion des Erbprinzen von Hessen-Kassel zum Katholizimus; vgl. dazu H. Brunner, Umtriebe; Ders., Politik; Both/Vogel, Wilhelm VIII.; Burkhardt, Abschied, S. 75 – 99; Stievermann, Politik, S. 189 f.; Pelizaeus, Aufstieg, S. 375 ff.; zum Versuch der österreichischen Einflussnahme vgl. die Weisung Franz’ I. an Puebla, Wien 28. 4. 1756, Ausf.: HHStA, RK, DA, Berlin, Weisungen 5d, unfol. Zum Dritten war der Streit um den Dierdorfer Klosterbau, der durch den reformierten Grafen Johann Adolf zu Wied-Runkel erlaubt worden war, für die protestantischen Reichsstände ein Grund für erhöhte Wachsamkeit; vgl. M. Koch, Reichstag, S. 4 ff.; Burkhardt, Abschied, S. 68 f.; Luh, Reich, S. 25 und 60 f.; Brachwitz, Autorität, S. 145. Für die Haltung des Wiener Hofes in dieser Frage ist besonders aufschlussreich die Weisung an die Prinzipalkommission, Wien 8. 4. 1756, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8b, unfol.: In der Dierdorfer Angelegenheit gehe es nicht um eine Frage der Religion, sondern um den Umsturz der Reichsverfassung. Schreiben Friedrichs II. an den preußischen Legationssekretär Abraham Ludwig Michell in London, Potsdam 22. 6. 1756, PC 12, S. 441. Zu den gut erforschten preußischen Plänen einer protestantischen Fürstenunion mit Beteiligung Hessen-Kassels, Sachsen-Gothas und -Weimars, Hannovers sowie Braunschweig-Wol-

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Dies ging einher mit Nachrichten über das Entstehen einer katholischen Liga, welche die protestantischen Reichsstände in hohem Maße beunruhigten402. Plotho berichtete wiederholt über entsprechende Mutmaßungen403 und hielt im Gegenzug »verbindungen zu mutueller assistance«404 der protestantischen altweltfürstlichen Häuser mit den Königen von Preußen und Großbritannien für wünschenswert. Er selbst erhielt die Weisung, die Liga-Bestrebungen mit höchster Wachsamkeit zu verfolgen405. Nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges plädierte der preußische Gesandte entschieden dafür, mittels der Entsendung von Sondergesandten an die deutschen Höfe um Unterstützung für die preußische Politik zu werben »und dadurch die parthey im Reiche zu gewinnen«406. Dies wurde Ende des Jahres 1756 durch die Entsendung des Hof- und Kammergerichtsrats Georg von Eickstedt umgesetzt407. Noch im März 1757 betonte Plotho angesichts der Vorgänge im Reich und auf dem Reichstag, es komme alles nur darauf an, dass eine zu errichtende Union »ehemöglichst zum stande gebracht werde«408. Wie reagierte man auf österreichischer Seite auf die Nachrichten über die Formierung einer protestantischen Assoziation? Zunächst einmal bleibt festzuhalten, dass die Reichspolitik des Wiener Hofes im Untersuchungs-

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fenbüttels vgl. H. Brunner, Politik, S. 84 – 111; H. Meyer, Plan; Ders., Eickstedt; Volz, Plan; Keppler, Friedrich der Grosse, S. 77 – 89; M. Koch, Reichstag, S. 3 f.; Burkhardt, Abschied, S. 92 – 99; Haug-Moritz, Corpus, S. 205; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 91 und 94 f.; zur Vorgeschichte vgl. zudem Gehlsdorf, Reichspolitik, S. 15 f. und 45 f. Die Pläne scheiterten vor allem an der Haltung Gerlach Adolfs von Münchhausen; vgl. Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 162. Im Mai 1759 wurde die Idee definitiv aufgegeben; vgl. H. Meyer, Plan, S. 83. Vgl. H. Brunner, Umtriebe, S. 49 ff.; H. Meyer, Plan, S. 18 ff.; R. Meyer, Neutralitätsverhandlungen, S. 24 f.; Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 165. Vgl. die Berichte Plothos, Regensburg 15.3. und 8. 4. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 111, jeweils unfol.; vgl. auch die Weisung an Plotho, Berlin 26. 3. 1756, Konz.: ebd., unfol. Bericht Plothos, Regensburg 22. 7. 1756, Ausf.: ebd., unfol. Als Zielvorstellungen nannte Plotho die Wahrung von Ruhe und Frieden im Reich, die Aufrechterhaltung des Reichssystems sowie den Schutz der evangelischen Religion. Vgl. das Schreiben Friedrichs II. an Plotho, Potsdam 24. 4. 1756, PC 12, S. 291; siehe auch die Weisung an Plotho, Berlin 29. 6. 1756, Lehmann, Preußen, Bd. 3, S. 654 f. Bericht Plothos, Regensburg 29. 11. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 113, unfol. Die Mission Eickstedts, die ein wichtiger Bestandteil der preußischen Bemühungen war, Anhänger im Reich zu gewinnen bzw. zu mobilisieren, ist bereits eingehend erforscht worden; vgl. insgesamt H. Meyer, Eickstedt; siehe ferner auch Möller, Gotha, S. 8; H. Meyer, Plan, S. 57 – 62; Bitterauf, Politik, S. 73 ff.; Schort, Politik, S. 138 f.; vgl. auch den Bericht Plothos, Regensburg 28. 2. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 125, unfol. Plotho schlug vor, dass Preußen jeweils einen Minister im schwäbischen, rheinischen und fränkischen Reichskreis halten sollte; »dieses würde das sicherste und beste mittel seyn, alle Teutsche höfe in beständiger guther disposition und connexion erhalten und des Wienerschen hofes extendirende autoritaet und macht contercariren zu können.« Zur Abschickung von Gesandten der österreichisch-französischen Seite, gewissermaßen das Pendant zur Mission Eickstedts, vgl. HaugMoritz, Ständekonflikt, S. 104. Bericht Plothos, PS Regensburg 13. 3. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 127, unfol.

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zeitraum stark von der Sorge geprägt war, konfessionelle Spaltungen könnten zu einer vollständigen Zerrüttung des Reiches führen. Derartige Befürchtungen traten nicht erst im Vorfeld des Siebenjährigen Krieges auf. Sie stellten vielmehr einen konstanten Faktor im Rahmen der Gestaltung der österreichischen Reichspolitik dar. So ist beispielsweise in einer Weisung der Hofburg an Buchenberg vom 25. Januar 1749 von einer »wiedrigen und höchstgefährlichen ligue«409 im Reich die Rede. Und in einer Weisung an die Prinzipalkommission aus dem November 1750 liest man, der preußische König ziele darauf ab, »seine mitchurfürsten irre und wo möglich zaghafft zu machen, und spaltungen im Reich zu erwecken«410. Seydewitz, der bei anderer Gelegenheit von »denen hiesigen religionszelanten«411 sprach, berichtete Colloredo im März 1756, angesichts der protestantischen, »über alle maaß und regel hinaus gehenden unternehmungen und grundverderblichen absichten für das gemeine catholische weesen« seien sämtliche katholischen Stände »von selbst ganz geneigt«, sich mit gleichem Ernst und Eifer an den Kaiser zu halten sowie ihm mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, um die katholische Religion und die Verfassung des »teutschen« Vaterlandes aufrechtzuerhalten und sich dem »umsturz des systematis Imperii« entgegenzustellen412. Die gemeinsame Tendenz dieser Stellungnahmen ist eindeutig: Die österreichische Seite hütete sich, Entwicklungen zu unterschätzen, die das Potenzial hatten, das Reich unwiderruflich zu spalten. Andererseits war man aber auch nicht bereit, das dem preußischen König unterstellte Streben nach einer Stellung als Arbiter und Protektor der protestantischen Reichsstände zu dulden413. Insofern war es aus Perspektive der Hofburg außerordentlich wichtig, keinem homogenen Block sämtlicher protestantischer Reichsstände gegenüberzustehen. Diese Maximen der Wiener Reichspolitik waren nicht zuletzt von historischen Erfahrungen geprägt, die man als negative lieux de m¦moire bezeichnen könnte. Auf Palms Einschätzung, während der Regierungszeiten Karls V. und Ferdinands II. sei es fast dazu gekommen, dass das Reichssystem »durch eine

409 Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 6, unfol. 410 Weisung an die Prinzipalkommission, Wien 28. 11. 1750, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 7a, unfol. 411 Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 26. 5. 1755, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 94, unfol.; vgl. auch die Instruktion für Seilern, Wien 30. 10. 1752 (Reinschrift (nicht unterfertigt): HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol.; siehe Anhang 2), wo vom Religionsfanatismus Preußens und Hannovers die Rede ist. 412 Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 16. 3. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 97, unfol. 413 Zur vermeintlich angemaßten Arbiter- bzw. Protektor-Stellung Preußens vgl. den Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis und Seydewitz’ an Franz I., Regensburg 16. 3. 1756, Ausf.: ebd., unfol.; Weisung Colloredos an Seydewitz, Wien 26. 6. 1756, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8b, unfol. Zum Begriff des Arbiters sind die Arbeiten von Christoph Kampmann grundlegend; vgl. insbesondere seine Habilitationsschrift Kampmann, Arbiter.

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zwyspaltige partheynehmung«414 auseinandergebrochen wäre, wurde bereits hingewiesen. Als sich im Sommer 1756 die Meldungen über preußische Rüstungen verdichteten, mutmaßte Seilern, Preußen versuche offenbar, die protestantischen Höfe im Reich zum Abschluss eines gemeinsamen, »dem ehemaligen Schmalkaldischen nicht unähnlichen bundes«415 zu überreden. Auch Seydewitz berichtete, er habe vertrauliche Nachricht erhalten, dass an einer »formalen union und liga zwischen gesamten protestantischen reichsständen von denen bekannten ruhe- und friedstöhreren gearbeitet«416 werde. In den Kontext dieser drohenden Neuauflage konfessionell entgegengesetzter Allianzsysteme im Reich müssen auch die bereits angedeuteten Überlegungen der preußischen Seite eingeordnet werden, angesichts des wahrgenommenen Verlusts von politischen Gestaltungsmöglichkeiten am Reichstag eine Art Gegenreichstag an einem sicheren Ort zu bilden417. Schon im Verlauf des Jahres 1756 hatte Plotho geäußert, der Reichstag bestünde faktisch nur noch deshalb, weil er für die Habsburger von Vorteil sei418. Nach dem Beschluss von Kaiser und Reich, Krieg gegen den preußischen König zu führen, wuchs Plothos Bereitschaft, den Reichstag nach Möglichkeit in Inaktivität zu versetzen419 und mit den verbliebenen reichsständischen Anhängern Preußens andernorts einen »Communicationstag«420 ins Leben zu rufen. Der preußische König war damit grundsätzlich einverstanden, entschied letztlich aber, den Nexus zum Reich nicht abreißen zu lassen und Plotho nicht aus Regensburg abzuberufen. Somit kam den Beratungen im Corpus Evangelicorum besondere Bedeutung zu, denn hier musste sich nun 414 Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 8. 11. 1747, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 79c, unfol.; siehe oben Kap. III 1 b. 415 Bericht Seilerns an Maria Theresia, Regensburg 29. 7. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 25, unfol. 416 Bericht Seydewitz’ an Colloredo, PS Regensburg 1. 7. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 98, unfol. Rund eine Woche später vermeldete der Konkommissar erleichtert, dass sich die Nachrichten über eine Union protestantischer Reichsstände nicht bestätigt hätten, »und mag es wohl nur ein unreiffes concept derer hiesigen boßhafften gemüther, welche bey iezigen zeitläufften ein auffgehendes feüer im Reich gerne sehen mögten, gewesen« sein; Ders. an Dens., Regensburg 8. 7. 1756, Ausf.: ebd., unfol. Hinweise über die Formierung einer protestantischen Union verbreitete die Hofburg auch in Schreiben an katholische Reichsstände; vgl. [Kaunitz] an den Fürstbischof von Würzburg, Adam Friedrich von Seinsheim, Wien 7. 8. 1756, Konz.: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 38, Konv. »fol. 1 – 549«, fol. 216’. 417 Vgl. Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 83 f.; Keppler, Friedrich der Grosse, S. 82; M. Koch, Reichstag, S. 42 ff.; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 91. 418 Vgl. Preussische Staatsschriften, Bd. 3, S. 29. 419 Vgl. den Bericht Plothos, Regensburg 28. 2. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 125, unfol. 420 Bericht Plothos, Regensburg 4. 2. 1757, PC 14, S. 259. Hannover, die herzoglich-sächsischen Häuser und Hessen-Kassel sollten mit dem Köder territorialen Zuwachses auf Kosten von Kurmainz zur Teilnahme bewogen werden. Als mögliche Tagungsstätte hatte man Mühlhausen, Nordhausen oder Goslar ins Auge gefasst; vgl. den Bericht Podewils und Finckensteins an Friedrich II., Berlin 12. 2. 1757, ebd., S. 272.

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entscheiden, ob sich Preußen trotz des eingeleiteten Achtverfahrens421 gegen Friedrich den Großen auf dem Reichstag zu behaupten vermochte. Die beiden konfessionellen Corpora422 waren für die Formierung und Mobilisierung der österreichischen und der preußischen »Parthey« von weitreichender Bedeutung. Sie bildeten, wie in der jüngeren Forschung mit guten Gründen betont worden ist, »die institutionelle Form, an der sich die machtpolitische Polarisierung zwischen Habsburg und Preußen in der Reichsversammlung herauskristallisieren konnte.«423 Die österreichische Haltung gegenüber den beiden Corpora orientierte sich im Untersuchungszeitraum an zwei Grundsätzen: Zum einen sollte um jeden Preis der Eindruck vermieden werden, als erkenne der Kaiser das Corpus Evangelicorum an424 ; zum anderen verband sich mit dem Bemühen, es als

421 Der gescheiterte Versuch, die Reichsacht über Friedrich den Großen und seine Anhänger zu verhängen, ist in der Forschung eingehend untersucht worden; vgl. schon Schaefer, Geschichte, Bd. 1, S. 444 – 450, und ebd., Bd. 2/1, S. 195 – 202; Thudichum, Achtsprozeß; Brabant, Kursachsen, S. 213 – 218; Ders., Kampf, Bd. 2, S. 30 – 41, 321 – 329 und 334 – 346; M. Koch, Reichstag, S. 58 – 86; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 99 – 103; Rauscher, Recht, S. 294; Schort, Politik, S. 142 – 168. Zur Bewertung der österreichischen Politik in dieser Frage vgl. das überzeugende Urteil von Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 257: »Wien ließ sich im Bewußtsein der machtpolitisch günstigen Situation durch die seit 1711 wesentlich restriktiveren Bestimmungen der Kapitulation nicht abhalten, das Achtverfahren einzuleiten, auch wenn von vornherein feststand, daß dieser Schritt mit einem Verstoß gegen die Kapitulation verbunden sein mußte. Zugleich aber war es genau diese offenkundige Mißachtung von Rechtspositionen, die es Berlin nicht nur erlaubte, seinen eigenen Anhang gegen den Kaiser zu aktivieren, sondern auch das Mißtrauen bei der kaiserlichen Klientel zu schüren: denn deren Existenz hing davon ab, daß der Kaiser sich an die rechtlichen Regeln hielt.« Über die weitreichenden Konsequenzen, die Friedrich der Große im Falle der Verhängung der Reichsacht nach eigener Aussage gezogen hätte (Erklärung der Vakanz des Kaiserthrons und Losreißung Niederdeutschlands vom Reich), vgl. das Schreiben des preußischen Königs an Plotho, Breslau 16. 1. 1758, PC 16, S. 182 f.; Dietrich, Testamente, S. 680 – 683; Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 363; M. Koch, Reichstag, S. 65; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 101. 422 Zu den beiden Corpora, die gerade in jüngerer Zeit intensiv erforscht worden sind, vgl. Wolff, Corpus; Belstler, Stellung; Schlaich, Maioritas; Haug-Moritz, Corpus; Härter, Corpus; M. Becker, Corpus; Kalipke, Weitläufftigkeiten; Ders., Perspective; Ders., Verfahren; Brachwitz/ Koller, Resonanz; Brachwitz, Autorität. Wichtig ist zudem nach wie vor Heckel, Itio in partes. Zu Stand und Perspektiven der Forschung vgl. neuerdings Härter, Der Immerwährende Reichstag, Abs. 16 f. Die Tätigkeit des Corpus Evangelicorum im Untersuchungszeitraum ist durch die zeitgenössischen Sammelwerke gut erschließbar ; vgl. insgesamt Schauroth, Sammlung; Oertel, Repertorium; Ders., Corpus; Herrich, Sammlung; siehe ferner auch Bülow, Geschichte des Corporis Evangelicorum, sowie speziell zur Rolle Preußens im Corpus Evangelicorum Kleinehagenbrock, Brandenburg-Preußen, S. 886 – 889. 423 Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 272. 424 Vgl. als Fallbeispiel den Vortrag Bartensteins, Wien 29. 7. 1753, HHStA, StK, Vorträge 73, Konv. »1753 IX – X fol. 1 – 230«, fol. 60’ (das Corpus Evangelicorum werde nicht nur vom Reichsoberhaupt, sondern auch von den katholischen Reichsständen »als ein besonderes corpus nicht anerkannt«); ähnlich auch die Einschätzung in dem Vortrag Kaunitz’, Wien 16. 9. 1753, ebd., fol. 56’; vgl. ferner M. Becker, Corpus, S. 483; Kalipke, Perspective, S. 230 f.; Ders., Verfahren, S. 481; Härter, Corpus, S. 69: »Die Deutung, daß es sich bei den Religionscorpora um

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illegal zu diskreditieren, der Versuch, jedwede Visualisierung eines bewussten Auftretens der katholischen Reichstagsgesandten als Corpus zu unterbinden. Das diesbezügliche Kalkül der Hofburg war offensichtlich: Indem man die Legalität und Existenz des Corpus Evangelicorum außerhalb einer itio in partes leugnete425, erhoffte man sich eine stabilisierende Wirkung auf den Reichsverband, dessen Zerreißen unbedingt verhindert werden sollte. In einer Weisung an den Konkommissar Palm vom 20. August 1751 wird die Eigenlogik, die hinter dieser Gedanken- und Argumentationsführung stand, gut erkennbar : »[…] und leuchtet von selbsten in die augen, was wohl entstehen müsse, wan das corpus evangelicorum macht hätte, sich als einen separirten theil des Reichs aufzuwerffen, über den anderen theil einen richter abgeben, die gesetze des Reichs nach gutdünken für sich interpretiren, diese interpretation als ein neues gesetz mit gewaffneter hand fürschreiben, und die selbsthülff ohne rücksicht auf obristrichterliche aussprüche einführen, ja so gar uns in religionssachen das ius cognoscendi gleichsam absprechen«426. Eine Konsequenz dieser Anschauung waren Weisungen an die Reichstagsgesandten, an keinerlei Versammlungen teilzunehmen, die den Namen eines Corpus Catholicorum führten427. Sie sollten sich aber, heißt es in einer Wiener Weisung aus dem Jahr 1750, nicht von den übrigen katholischen Gesandten absondern, sondern an deren Beratungen teilnehmen, wobei dies in aller Stille und ohne Aufsehen zu erfolgen habe428. Peter Brachwitz hat für diese vielfach zu beobachtende Praxis die Bezeichnung der »Invisibilisierung« des Corpus Catholicorum geprägt429. Sie korrespondierte mit der prinzipiellen Ablehnung seitens der katholischen Reichsstände, offiziell mit dem Corpus Evangelicorum in Kontakt zu treten. Ausschlaggebend dafür war, wie Andreas Kalipke jüngst betonte, »die auch für die Verfahrenstheorie grundlegende Erkenntnis, dass man durch die Teilnahme an den entsprechenden Zeremonien, Ritualen und Verfahren diese in ihrer Gültigkeit bestärkte, sich selbst desavouierte und die Wirkung der eigenen Position konterkarierte.«430 Dieser bewusste korporative Visualisierungsverzicht bedeutete aber keineswegs, dass der Wiener Hof davon absah, das Corpus Catholicorum »als eine informelle Zusammenfassung aller katholischen Reichsstände bzw. deren

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dauerhaft existierende verfassungsrechtliche Institutionen des Reichstags handle, lehnten Kaiser und katholische Reichsstände grundsätzlich ab.« Vgl. ebd., S. 71; Kalipke, Verfahren, S. 482. Konz.: HHStA, PK, RK, Weisungen 7a, unfol. Vgl. etwa die Weisung an Frankenberg und Buchenberg, Pressburg 21. 8. 1751, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 1, unfol.; siehe auch Brachwitz, Autorität, S. 70. Vgl. die Weisung an Frankenberg und Buchenberg, [Wien 1750], Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 6, unfol. Vgl. insgesamt Brachwitz, Autorität, sowie Ders./Koller, Resonanz, S. 125 – 131. Kalipke, Verfahren, S. 493.

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Reichstagsgesandter«431 fallweise im Sinne einer Formierung reichsständischer Anhänger zu instrumentalisieren. Forum dafür waren die Beratungen, welche die katholischen Reichstagsgesandten meist im Regensburger Dominikanerkloster oder im Quartier des kurmainzischen Direktorialgesandten abhielten432, wobei aufs Ganze gesehen ein vergleichsweise geringer Grad an Institutionalisierung zu konstatieren ist. Es dominierten Interaktionen informeller Art. Bei Bedarf wurden aber auch analog zu den Verfahren in den Reichstagskurien und im Corpus Evangelicorum formelle Verhandlungen geführt433. Schwerpunkt dieser Beratungen waren eindeutig Probleme konfessioneller Natur und insbesondere Konflikte mit dem Corpus Evangelicorum434. Das katholische Corpus bildete somit zwar »einen institutionell locker formierten Nukleus der Interaktion zwischen Kaiser und geistlichen Ständen, um eine gemeinsame ›katholische‹ Reichstagspolitik untereinander abstimmen zu können«435, die Reichstagsgesandten des Wiener Hofes konnten die katholischen Zusammenkünfte aber keineswegs nach Belieben dominieren. Treibende Kraft waren oftmals die geistlichen Reichsstände, die ein vitales Interesse daran hatten, sich gegenüber den Potentiores im Reich zu behaupten, wobei der Kaiser als traditioneller Schutzherr der Mindermächtigen erster Orientierungspunkt blieb. Für die punktuell immer wieder anzutreffenden Versuche Wiens, die Existenz des Corpus Evangelicorum zu unterminieren und dessen Wirkungsmacht nach Möglichkeit zu beschränken, boten sich mehrere Optionen. So wurden auf dem Regensburger Terrain gezielte Versuche unternommen, Reichstagsgesandte protestantischer Reichsstände in ihrem Stimmverhalten zu beeinflussen436. Das sich in den Konferenzen der protestantischen Reichstagsgesandten – abgehalten zumeist im fürstlichen Nebenzimmer des Regensburger Rathauses437 – manifestierende Corpus Evangelicorum postulierte gegenüber den katholischen Reichsständen aus Gründen der Hand431 Härter, Corpus, S. 69. 432 Vgl. ebd., S. 72. Zu den Regensburger Gesandtschaftsquartieren insgesamt vgl. die Zusammenstellung in R. Leipold/Styra, Wohnsitze, hier S. 6 zum Wohnsitz der kurmainzischen Gesandten. 433 Vgl. Härter, Corpus, S. 74. 434 Vgl. ebd., S. 76 f. 435 Ebd., S. 77. 436 Ausführlicher dazu Kap. III 2 b; vgl. in genere Wolff, Corpus, S. 198. Auf preußischer Seite verhielt es sich gerade nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges ähnlich; vgl. zum Beispiel die Weisung an Plotho, Berlin 3. 8. 1756 (Konz.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 111, unfol.), mit der der Gesandte konkret aufgefordert wurde, so viele protestantische Fürsten »als nur immer möglich in unser interesse zu ziehen«; siehe ferner die österreichische Perspektive in dem Bericht Pueblas an Kaunitz, Berlin 4. 9. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Preußen 47, Konv. »Relationen 1756 fol. 1 – 363«, fol. 341 – 341’; der Gesandte berichtete von den unaufhörlichen (»sans cesse«) preußischen Versuchen, die protestantischen Höfe im Reich zu gewinnen und »de les tirer dans son parti«. 437 Vgl. Kalipke, Verfahren, S. 486.

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lungsfähigkeit den Mehrheitsentscheid für die interne Willensbildung. Dies sollte mögliche Störmanöver dissentierender protestantischer Reichsstände im Zuge einer beabsichtigten itio in partes von vornherein wirkungslos machen und nach außen jeweils eine Konsensfiktion durch ein von allen getragenes votum commune suggerieren438. Hintergrund dieser Vorgehensweise war die dezidierte Auffassung des katholischen Reichsteils, »daß bei einer Spaltung in die beiden Religionsteile diese ein votum commune nur einstimmig fassen könnten, das dann auch von allen betroffenen Ständen in den betreffenden Reichstagskurien formell abgelegt werden müsse.«439 Eine Einflussnahme auf protestantische Reichstagsgesandte war aus Sicht der Hofburg gerade deshalb vielversprechend, weil das Corpus Evangelicorum durch »mimetische Nachahmung«440 des Beratungsprozederes in den Reichstagskurien das Prinzip der Umfrage praktizierte und somit jedem anwesenden Stand auf formalisierter Ebene garantierte, sein Votum abgeben zu dürfen441. Im Vorfeld erwarteter knapper Entscheidungen waren somit gegebenenfalls die Rechenkünste der Gesandten gefordert442. Dass sich der Wiener Hof etwa nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges intensiv und mit Erfolg darum bemühte, auf informellem Wege den anhaltischen Reichstagsgesandten Pfau für sich zu gewinnen, hing ganz entscheidend mit dem Bestreben zusammen, sich auf diesem Wege eine protestantische Stimme im Reichsfürstenrat und im Corpus Evangelicorum zu sichern443. 438 Besonders pointiert Schlaich, Maioritas, S. 156: »Corpus bilden heißt für die Protestanten: intern Mehrheit nach außen votum commune.« Vgl. auch Belstler, Stellung, S. 61 – 69; Kalipke, Weitläufftigkeiten, S. 420 und 426, sowie die Einschätzung in Ders., Verfahren, S. 501, in Ahnlehnung an Schlaich: »Sachlich war dies [der Mehrheitsentscheid, d. Vf.] geboten, um zu verhindern, dass ein einziger dissentierender evangelischer Stand jede gemeinprotestantische Meinungsbildung und somit den Gang in die Religionsteile hätte verunmöglichen können, was die Protestanten unter das Joch der katholischen Majorität hätte drücken müssen. […] Es ist wichtig, die Funktion des Mehrheitsentscheides beim Corpus Evangelicorum zu sehen: Er war viel weniger ein Verfahrensprinzip nach innen, als vielmehr das Unterpfand protestantischer Verfahrensautonomie nach außen gegenüber dem katholischen Reichsteil.« Vgl. auch Ders., Perspective, S. 235 f., sowie zum Mehrheitsprinzip auf dem Reichstag insgesamt Krischer, Inszenierung, S. 190 f. 439 Härter, Corpus, S. 75. 440 Brachwitz, Autorität, S. 103. 441 Vgl. Kalipke, Weitläufftigkeiten, S. 426 f.; Ders., Perspective, S. 236; Ders., Verfahren, S. 496; vgl. auch ebd., S. 498: »Gleichwohl war auf einer nicht formalisierten Ebene völlig klar, dass etwa der Einfluss Preußens auf die Entscheidungsfindung den der Mini-Grafschaft WiedNeuwied oder den Mecklenburgs um ein Vielfaches überstieg.« 442 Ein aufschlussreiches Beispiel hierfür findet sich in dem Bericht Plothos, PS Regensburg 13. 3. 1757 (Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 127, unfol.), in dem der preußische Gesandte genau vorrechnete, wie viele Stimmen erforderlich seien, um mittels eines votum commune eine itio in partes zu erwirken. Verkompliziert wurde dies durch die gängige Praxis, dass die Voten der Umfrage letztlich nicht bloß gezählt, sondern gewogen wurden. 443 Vgl. hierzu die Ausführungen in Kap. V; siehe ferner die Weisung an Buchenberg, Wien 13. 10. 1762, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 7, fol. 323 – 324; Rohrschneider, Strukturgegebenheiten, Abs. 42; vgl. beispielhaft auch die Wei-

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Begünstigend wirkte es sich aus österreichischer Perspektive aus, dass das Corpus Evangelicorum im Untersuchungszeitraum keineswegs ein monolithischer politischer Block war, sondern vielmehr durch die polarisierende Existenz zweier Flügel geprägt wurde: Auf der einen Seite die Aktionspartei mit Preußen, inzwischen längst »Doyen der deutschen Protestanten«444, und Hannover an der Spitze; auf der anderen Seite eine moderatere Gruppierung unter der Führung Kursachsen-Polens445. Zudem war im Corpus Evangelicorum, wie jüngst überzeugend herausgearbeitet worden ist, eben keine »strukturelle Majorisierung«446 der teilnehmenden Reichsstände durch Preußen und dessen engere Klientel gegeben, was im Verbund mit der grundsätzlichen Ergebnisoffenheit der Umfragen auch kleinere protestantische Reichsstände dazu motivieren konnte, an den evangelischen Konferenzen teilzunehmen447. Eine weitere Möglichkeit der Einflussnahme bestand für die Hofburg darin, über den für die Geschäftsführung zuständigen kursächsischen Direktorialgesandten auf das Corpus Evangelicorum einzuwirken. Dies wurde in dem Moment ein besonders wichtiges reichspolitisches Instrument, als Preußen mit Eröffnung der Kampfhandlungen des Siebenjährigen Krieges kursächsisches Territorium angriff und nachfolgend, so wurde jedenfalls aus Regensburg berichtet, als nunmehriger Inhaber der kursächsischen Lande das Direktorium im Corpus Evangelicorum beanspruchte448. Entsprechende Befürchtungen waren nicht erst zu dieser Zeit auf österreichischer Seite aufgetreten449. Der proösterreichisch eingestellte Direktorialgesandte Ponickau erwies sich in der Folgezeit jedenfalls, wie bereits ausgeführt, als zuverlässiger Parteigänger des Kaiserhofes. Er vermochte allerdings nicht zu verhindern,

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sung an Seydewitz, Wien 16. 11. 1756 (Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8b, unfol.), in der davon berichtet wird, dass das Reichstagsvotum Pfalz-Zweibrückens zur Vorgehensweise gegen Preußen im Sinne des Wiener Hofes ausfallen werde, was sehr nützlich sei, »weilen sich anmit das corpus evangelicorum zu trennen die beste gelegenheit ergiebt«. Press, Reichspolitiker, S. 276; vgl. auch Schindlings Charakterisierung des Corpus Evangelicorum als »zumindest lockere Klientel« Preußens; Schindling, Friedrich der Große, S. 20. Vgl. insbesondere Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 160 f.; Kalipke, Verfahren, S. 505. Ebd., S. 495. Vgl. Kalipke, Weitläufftigkeiten, S. 424 f.; Ders., Perspective, S. 238; Ders., Verfahren, S. 494 f. Nach Luhmanns Verfahrenstheorie ist die Ungewissheit des Ausgangs von Verfahren das maßgebliche Unterscheidungskriterium gegenüber Ritualen, deren alternativloser Ablauf nicht ergebnisoffen ist; vgl. Luhmann, Legitimation, S. 40. Die kulturalistisch geprägte Forschung hat diesen Ansatz Luhmanns stark rezipiert; vgl. aus jüngerer Zeit zum Beispiel Krischer, Inszenierung, besonders S. 196 – 200; Ders., Problem, S. 38 – 41. Vgl. den Bericht Jungens an Kaunitz, Regensburg 23. 9. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 26, unfol.; zu den preußischen Direktorialansprüchen vgl. auch Kleinehagenbrock, Brandenburg-Preußen, S. 916 f. Vgl. die Instruktion für Seilern, Wien 30. 10. 1752, Reinschrift (nicht unterfertigt): HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol. [siehe Anhang 2].

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dass das Corpus Evangelicorum letztlich mit Erfolg gegen die anvisierte Ächtung Friedrichs des Großen und seiner Anhänger vorging450. Zudem übte die Hofburg phasenweise erheblichen Druck auf die mindermächtigen Reichsstände aus, indem sie ihnen im Stile eines Bedrohungsszenarios die vermeintlichen Gefahren, die aus der Politik der größeren protestantischen Reichsstände resultierten, vor Augen führte. Eine Weisung an die Prinzipalkommission vom 30. August 1755 zur Dierdorfer Angelegenheit451 erhellt dies exemplarisch: Die Gesandten der mindermächtigen Reichsstände sollten davon überzeugt werden, dass ihre reichsständische Freiheit gerade vonseiten der mächtigeren protestantischen Reichsstände – und zwar unter dem Namen des sogenannten »corporis protestantium«452 – bedroht werde. Rund ein halbes Jahr später meldeten der Prinzipal- und der Konkommissar, die protestantischen Mindermächtigen würden sich freiwillig dem angemaßten Arbitrium ihrer mächtigeren Glaubensgenossen unterwerfen. Besser sei es, eine itio in partes und eine langwierige Inaktivität des Reichstags in Kauf zu nehmen, als nur die geringste Nachgiebigkeit gegenüber protestantischen Forderungen zu zeigen453. Der Berliner Hof verwies seinerseits nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges in einem ostensiblen Erlass an Plotho vom 15. September 1756 mit Entschiedenheit darauf, dass die »secreten Absichten des Hauses Österreich, […] auf den gänzlichen Umbsturz des Corporis Evangelicorum und dessen wohl gegründete Verfassungen und Vorrechte gehen«454. Hier zeigte sich wiederum die charakteristische Spiegelbildlichkeit der feindbildartigen Vorwürfe beider Seiten, wobei gerade das preußische Vorgehen offenbart, dass das Ausspielen der konfessionellen Karte immer wieder als Vehikel zur Mobilisierung der protestantischen Kräfte im Reich diente455. Die jüngere Forschung hat sehr zu Recht darauf aufmerksam gemacht, dass die Effizienz des Verfahrens im Corpus Evangelicorum in »technisch-instrumenteller« Hinsicht eher als gering zu veranschlagen ist. Ungleich größer ist aber die »symbolisch-expressive« Bedeutung einzuschätzen. Denn mit »jedem 450 Vgl. dazu jüngst noch einmal Kalipke, Weitläufftigkeiten, S. 429; Ders., Verfahren, S. 508. Das Conclusum der entscheidenden Konferenz des Corpus Evangelicorum (dictatum 29. 11. 1758) ist abgedruckt bei Herrich, Sammlung, S. 728 f. 451 Siehe oben Anm. 399. 452 Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a, unfol. Ähnlich auch die Ausführungen in dem Bericht Palms an Franz I., Regensburg 28. 5. 1747, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 78c, unfol. Der Konkommissar meldete, dass die mindermächtigen protestantischen Reichsstände gezwungen würden, ihre Voten in den Dienst ihrer mächtigeren Glaubensgenossen zu stellen, und dass sie gewahr würden, das »sacrificium benannter potentiorum abgeben [zu] müßen«. 453 Vgl. den Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis und Seydewitz’ an Franz I., Regensburg 16. 3. 1756, Ausf.: ebd., Berichte 97, unfol. Es ging dabei um geheime Konferenzen Plothos und Gemmingens mit dem dänischen und dem schwedischen Reichstagsgesandten, Joachim Christoph von Moltke bzw. Johann August von Greifenheim. 454 Preussische Staatsschriften, Bd. 3, S. 186. 455 Vgl. Schmidt, Geschichte, S. 270.

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einzelnen Verfahren dokumentierten die Mitglieder des Corpus ihre Auffassung von der Legitimität ihres Tuns und der protestantischen Rechtsgrundsätze und Verfassungsinterpretation. Durch jede neue Interzession an die katholischen Mitstände oder den Kaiser brachten sie die Gleichrangigkeit des evangelischen mit dem katholischen Reichsteil zum Ausdruck.«456 Dies mag ein Grund dafür gewesen sein, dass es die katholischen Reichsstände bewusst vermieden, als regelrechtes Corpus in Erscheinung zu treten, denn eine solche korporative Visualisierung hätte auf »symbolisch-expressiver« Ebene indirekt auf die Existenz eines autonomen protestantischen Pendants verwiesen. Kommen wir abschließend noch einmal auf die beiden zu Beginn des Kapitels genannten, von der jüngeren Forschung akzentuierten Komponenten vormoderner Verfahren zurück: die »technisch-instrumentellen« und »symbolisch-expressiven« Verfahrensdimensionen sowie die formalen und informellen Verfahrenspraktiken. Wir haben gesehen, wie sehr formale und informelle Vorgehensweisen in interagierender, dialektisch-prozesshafter Weise für das Regensburger Geschehen von Bedeutung waren, und zwar aus Perspektive des Wiener Hofes auch und gerade im Hinblick auf die Formierung und Mobilisierung einer getreuen Anhängerschaft. Helmut Neuhaus hat diesen Charakterzug des frühneuzeitlichen Reichstags mit den Worten umschrieben, dass er »als formales System und informelles Beziehungsgeflecht zu begreifen ist, der nicht durch Abgeschlossenheit, sondern durch Offenheit gekennzeichnet ist.«457 Speziell für den Immerwährenden Reichstag ist dieser allgemeine Befund sicherlich zu bestätigen. Das in einer Weisung Franz’ I. an die Prinzipalkommission vom 18. Dezember 1745, also wenige Monate nach seinem Regierungsantritt, vorzufindende Diktum, dass im Römischen Reich »das meiste auf formalitäten ankommt«458, zeigt also letztlich nur eine Seite der Medaille. Zum anderen haben die geschilderten Praktiken erkennen lassen, in welch hohem Maße die auf »symbolisch-expressiver« Ebene traditionell immer wieder sinnlich erfahrbar gemachte politische Einheit des Alten Reiches durch Zentrifugalkräfte in ihren Fundamenten erschüttert wurde. Die Herausbildung netzwerkähnlicher Figurationen und vergleichsweise festgefügter »Partheyen« auf dem Reichstag um die Mitte des 18. Jahrhunderts ist ein signifikantes Beispiel für diesen politischen und sozialen Prozess, der nicht zuletzt auch eine konfessionelle Note aufwies.

456 Kalipke, Verfahren, S. 511; vgl. auch Ders., Weitläufftigkeiten, S. 444 f.; Ders., Perspective, S. 239 f. 457 Neuhaus, Das Reich in der Frühen Neuzeit, S. 66. 458 Ausf.: HHStA, RK, PK, Weisungen 6c, unfol.

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b) Das Ringen um die Stimmführung: Zu den Kriterien und Praktiken der Besetzungspolitik des Wiener Hofes In Friedrich Carl von Mosers Schrift »Was ist: gut Kayserlich, und: nicht gut Kayserlich?« (1766) findet sich im Hinblick auf die Frage nach dem Verhalten der Anhängerschaft des Wiener Hofes auf dem Immerwährenden Reichstag eine bemerkenswerte Passage, die einen guten Einblick ermöglicht, wie die Zeitgenossen um die Mitte des 18. Jahrhunderts die Verflechtungen der Reichs(tags)politik Österreichs wahrgenommen haben. Dort heißt es: »[…] und es wird auch dem allerhöchsten Kayserlichen Hof nie an solchen gebrechen, die auf dem Reichs-Tag, auf Crays-Tägen, an ihren Höfen und Cabineten jenem gutherzigen Salzburgischen Comitial-Gesandten nachsprechen: In omnibus, wie Oesterreich.«459 Der Reichspublizist und spätere Reichshofrat wies damit pointiert auf einen Sachverhalt hin, der für das Geschehen in Regensburg von nicht zu unterschätzender Bedeutung war. Denn das Recht, auf dem Reichstag frei zu votieren, zählte zu den Fundamentalrechten der Reichsstände, und dementsprechend angreifbar machten sich diejenigen Akteure, die durch ihr Verhalten die ansonsten aufrechterhaltene Fiktion unabhängiger Stimmführung als Chimäre entlarvten460. Von preußischer Seite wurden derartige Praktiken mit Blick auf das vermeintliche Abstimmungsverhalten der österreichischen Klientel im Reichsfürstenrat in aller Deutlichkeit kritisiert. So liest man in einem von Plotho am Reichstag lancierten Schriftsatz aus dem Februar 1757: »Was aber die Neuen Fürstlichen Häuser betrifft, welche mit jenen Geistlichen fast die mehrern Stimmen formiren wollen, so laboriren selbige auch an der nehmlichen Partialität in Ansehung Ihrer Verbindung mit dem Wiener Hofe. Ganz Teutschland ist es bekannt, wie fast aller neuen Fürstlichen Häuser Häupter […] in des Erz-Hauses Oesterreich Hof- Militair- und Civil-Diensten engagiret, auch größtentheils dessen Vasallen und respective Landsassen sind; es ist dahero so gewöhnlich als bekannt, wie diese Sich nach dem Wink und Willen des Wiener Hofes richten, und Ihre Vota nicht sowohl aus Conviction, als Obedienz, Pflicht, und Privat-Interesse, dictiret worden«461. 459 F. C. von Moser, Was ist: gut Kayserlich, S. 258 f.; vgl. hierzu und zum Folgenden Rohrschneider, Strukturgegebenheiten, Abs. 1 ff. 460 Vgl. Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 258. Vgl. auch das für diesen Kontext aufschlussreiche Schreiben Linckers an den Kurfürsten von Mainz, Regensburg 15. 6. 1756, Ausf.: HHStA, MEA, RTA 582, unfol. Der Direktorialgesandte berichtete darüber, dass es in der mecklenburgischen Werbungssache taktische Erwägungen gebe, Kurböhmen solle im Kurfürstenrat absichtlich anders votieren als alle Übrigen, damit Preußen keine Gelegenheit verschafft werde, zu demonstrieren, dass der Kaiserhof durch Kurböhmen ein Votum vorgelegt habe, dem die Übrigen dann »simpliciter accediret« seien. 461 Vollständige und Genuine Nachricht desjenigen, Was am 11ten Februarii 1757. in dem Churfürstl. Collegio vorgefallen, S. 13 (zur Überlieferung vgl. Anm. 347 in Kap. III 2 a); vgl. auch die Erwähnung bei J. J. Moser, Von denen Teutschen Reichs-Taegen, Bd. 2, S. 55.

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Diese Behauptung, die neufürstlichen Häuser, die ja in Regensburg insgesamt gesehen über eine nicht unerhebliche Stimmenzahl verfügten, seien per se parteiisch und somit gewissermaßen Erfüllungsgehilfen der Hofburg, verband sich mit dem massiven Vorwurf an die Adresse Wiens, den Regensburger Reichstagsgesandten den Inhalt ihrer Voten in despotischer Weise vorzuschreiben462. Als Ursachen der vermeintlichen »Partialität« der kaiserlichen Klientel und des daraus resultierenden proösterreichischen Abstimmungsverhaltens auf dem Reichstag – Plotho bezeichnete dies in anderem Zusammenhang als »stimm-marchandise«463 – wurden von preußischer Seite folgende Aspekte angeführt: »1. Respect der Religion, 2. Danckbarkeit gegen den Kayserl[ichen] Hof wegen facilitirter Erwählung bey denen Geistlichen, 3. nahe Allianz mit dem Chur-Sächsischen Erbprinzen, 4. Subsidien-Tractaten mit Franckreich; 5. Unions-Tractat zwischen Cölln, Bayern und Pfalz, 6. engeste Verbindung mit dem Kayserl[ichen] Hof und beyder ohnzertrennliches Interesse, 7. Lehen-Pflicht gegen Böhmen und Oesterreich, 8. obhabender geheimer Raths-Character, auch 9. Hof-militar- und civil-Dienste, und 10. Landsässerey, 11. wenige Bekümmerniß um das Wohl und Wehe des Reichs.«464 Unabhängig davon, ob und inwiefern sich die Anhängerschaft des Wiener Hofes tatsächlich aus den von preußischer Seite angeführten Ursachen in ihrem Abstimmungsverhalten auf dem Reichstag beeinflussen ließ, ist die zitierte Liste ein aufschlussreiches Zeugnis dafür, welche Mittel die Hofburg nach zeitgenössischer Wahrnehmung einsetzte, um reichspolitische Parteigänger zu gewinnen oder an sich zu binden, und welche Voraussetzungen sich dafür begünstigend auswirkten. Hierauf wird an späterer Stelle noch ausführlich zurückzukommen sein465. Ein zentraler Faktor in diesem argumentativen Kontext war jedenfalls der preußische Vorwurf, Österreich betreibe hinsichtlich der Reichstagsgesandten eine gezielte Personalpolitik, die letztlich dazu führen könne, dass das reichsständische freie Stimmrecht ausgehebelt werde. Wenn keine anderen Gesandten mehr in Regensburg geduldet würden als diejenigen, die sich ausschließlich nach dem Kaiserhof richteten, dann sei das ius suffragii der Reichsstände nicht mehr gewährleistet, resümierte Plotho in einer Relation vom 5. August 1757466. Dieser Vorwurf wog schon allein deshalb schwer, weil dem Reichsoberhaupt gewissermaßen von Amts wegen die Rolle zukam, das freie Stimmrecht der Reichsstände vor Eingriffen zu schützen467. 462 Vgl. zum Beispiel das preußische Promemoria vom 19. 10. 1758, Faber, Neue Europäische Staatscanzley, Bd. 3, S. 237. 463 Bericht Plothos, Regensburg 25. 3. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 111, fol. 31’. 464 Zitiert nach J. J. Moser, Von denen Teutschen Reichs-Taegen, Bd. 2, S. 93. 465 Vgl. Kap. III 2 d. 466 Vgl. den Bericht Plothos, Regensburg 5. 8. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 111, unfol. 467 Vgl. Corterier, Reichstag, S. 82.

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Der Berliner Hof hatte Plotho schon im Herbst des Jahres 1755 unmissverständlich angewiesen, er solle die österreichische Einflussnahme auf die Besetzung von Regensburger Gesandtschaftsposten dazu nutzen, den Reichsständen hinsichtlich des offenkundigen Despotismus des Wiener Hofes die Augen zu öffnen und »wider dergleichen herzhaft zu schreien«468. In dieser Frage lässt sich wiederum die bereits in anderen Zusammenhängen beobachtete Ähnlichkeit der wechselseitigen Vorwürfe feststellen. Denn auch auf österreichischer Seite verfolgte man, vor allem während des Siebenjährigen Krieges, mit Besorgnis die reichspolitischen Avancen Preußens und Hannovers, denen man vorhielt, sie wollten den Reichsständen das ius suffragii nehmen und ihrem »eingebildete[n] co-imperium und arbitrarischen dominat«469 unterwerfen. Bei einer Auswertung der Reichstagskorrespondenz gelangt man jedenfalls zu dem eindeutigen Befund, dass die Hofburg während des gesamten Untersuchungszeitraums gezielte Versuche unternahm, auf die Besetzung der Regensburger Gesandtschaftsposten Einfluss zu nehmen. Dies war ein essenzieller Bestandteil der Anstrengungen, eine Phalanx an loyalen Anhängern im Reich zu etablieren und die Exponenten der gegnerischen »Parthey« nach Möglichkeit aus Regensburg zu entfernen. Gerade auf Treue zum Kaiserhof gegründetes Verhalten zählte zu den personalpolitischen Kernanforderungen der Hofburg, zum einen im Hinblick auf die Auswahl der eigenen Reichstagsgesandten, zum anderen aber auch in Bezug auf die Installierung von reichsständischen Parteigängern in Regensburg. Dass die Umsetzung dieser Maxime kein leichtes Unterfangen war, war mehreren Faktoren geschuldet, die es nun näher zu erläutern gilt. Die Herausbildung und Verstetigung konkurrierender Lager auf dem Reichstag im Zeitalter des sich herausbildenden österreichisch-preußischen Dualismus erfolgte vor dem Hintergrund eines fundamentalen Prozesses, der die Genese neuzeitlicher Staatsbildung und Institutionenkultur in vielerlei Hinsicht prägte. Gemeint ist, vereinfacht gesagt, die unter dem Einfluss von Modernisierungsprozessen erfolgte allmähliche Verdrängung oder Ablösung patrimonialer Herrschaftssysteme durch abstrakte, sachlich-bürokratisch verstandene Dienstbeziehungen transpersonaler Natur470. Dieser für den Übergang vom Personenverbands- zum Flächenstaat essenzielle Prozess verlief nicht linear, sondern mit Brüchen und keineswegs konfliktfrei. Der Immerwährende Reichstag liefert hierfür Anschauungsmaterial. Um 468 Schreiben Eichels an Podewils, Potsdam 25. 10. 1755, PC 11, S. 349. 469 Bericht Seydewitz’ an Franz I., Regensburg 1. 9. 1758, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 105, unfol.; vgl. auch die Weisung an Seydewitz, Wien 24. 3. 1759, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 9a, unfol.: Den protestantischen Reichsständen könne es nicht gleichgültig sein, dass ihnen Preußen und Hannover mit ihrem Anhang »ziel und maas sollen vorschreiben können, wie sie votiren sollen«. 470 Vgl. etwa Wieland, Fürsten, S. 19 ff.; Asch/Emich/Engels, Einleitung, S. 27; Thiessen, Diplomatie und Patronage, S. 33.

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1600 war, wie unlängst konstatiert wurde, »der Idealtyp des Staatsdieners, der sachorientiert und unbestechlich seine Arbeit leistet, […] schlichtweg noch nicht erfunden worden«471. Richtet man den Fokus auf die Reichstagsgesandten des Wiener Hofes, so war der prozesshafte Übergang hin zu primär an das »Ethos der Sachpolitik«472 gebundenen, professionellen Fürstendienern auch um 1750 keineswegs abgeschlossen, wohl aber ein Stück weit vorangeschritten. In der Zusammensetzung der Reichstagsgesandtschaften Maria Theresias und Franz’ I. spiegelt sich dies bis zu einem gewissen Grad wider. Mit den Prinzipalkommissaren residierten klassische Diplomaten vom »type ancien« in Regensburg, deren Betrauung mit diesem Posten nicht etwa vorrangig aus Gründen der besonderen Vertrautheit mit Details der Reichstagsmaterien erfolgte, sondern maßgeblich aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur europäischen »soci¦t¦ des princes« (Lucien B¦ly)473 sowie, im Falle des Fürsten von Thurn und Taxis, wahrscheinlich aufgrund der weitreichenden Netzwerke, die er als Generalerbpostmeister gebildet hatte. Dass die Prinzipalkommissare in Regensburg als Häupter reichsfürstlicher Häuser auch und gerade als Interessenvertreter in eigener Sache agierten, wurde vom Kaiserhof zweifellos als selbstverständlich vorausgesetzt. Die aus den verschiedenen Rollen des Prinzipalkommissars – Reichsfürst, vornehmster Repräsentant des Kaisers, Oberhaupt seines Familienverbands, Zentrum eines Netzwerkes von Klienten usw. – typischerweise entstehenden Konflikte nahm die Hofburg billigend in Kauf474. Die Verfolgung von Familieninteressen, um ein konkretes Beispiel zu nennen, wurde nicht nur grundsätzlich toleriert, sondern man erwartete geradezu, dass ein Akteur wie der Prinzipalkommissar in dieser Hinsicht aktiv wurde475. Dass der Sohn Alexander Ferdinands von Thurn und Taxis sein direkter Nachfolger im Amt des Prinzipalkommissars wurde, ist ein signifikantes Beispiel für diesen Befund. Zu ähnlichen Ergebnissen gelangt man in Bezug auf die Konkommissare, die kurböhmischen Gesandten und den österreichischen Direktorialgesandten. Zwar spielten gerade bei der Ernennung Palms, Seydewitz’ und Buchenbergs Kriterien wie Erfahrung476, Sachkomptenz, erwartete Diensttreue und uneingeschränkte Loyalität eine große Rolle, also Voraussetzungen und Eigenschaften, die in Ansätzen bereits den Typus des professionellen, strikt sachorientierten Staatsdieners und »jene[n] Wille[n] zur allumfassenden Rationalität, die seit dem 18. Jahrhundert zum wichtigsten Merkmal der 471 472 473 474

Ders., Lerma, S. 185. Emich u. a., Patronageforschung, S. 265. Vgl. B¦ly, Soci¦t¦. Zum grundsätzlichen Spannungsverhältnis zwischen loyalem Verhalten einerseits und der gegebenen Rollenvielfalt des Akteurs andererseits vgl. Emich u. a., Patronageforschung, S. 253. 475 Vgl. generell Thiessen, Diplomatie und Patronage, S. 159. 476 Im Kreditiv für Palm vom 6. 10. 1745 (Konz.: HHStA, RK, PK, Instruktionen 1, unfol.) ist ausdrücklich die »durch so viele jahre in reichstagssachen sich erworbene erfahrung« des neuen Konkommissars erwähnt.

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Moderne werden sollte«477, erkennen lassen. Insgesamt gesehen ist aber für die immerhin dem Grafenstand angehörigen Konkommissare und kurböhmischen Gesandten und auch für Buchenberg von einer ähnlichen Rollenvielfalt und Wirkungsmacht multipler personaler Bindungen auszugehen wie im Falle der Prinzipalkommissare, wobei loyales Verhalten – bei aller Akzeptanz konkurrierender Rollen und Interessen – Conditio sine qua non für das Fortbestehen des Dienstverhältnisses war. Dies trat beispielsweise in dem Moment besonders deutlich zutage, als sich der Wiener Hof aufgrund der Vorwürfe des Prinzipalkommissars, Palm verhalte sich ihm gegenüber illoyal, gezwungen sah, den Konkommissar aus Regensburg abzuberufen. Loyalität war eben gerade deshalb von besonderer Bedeutung, da mit der auf dem Reichstag verbreiteten Praxis der Mehrfachstimmführung ein strukturelles Phänomen gegeben war, das die exklusive Bindung eines Reichstagsgesandten an nur einen Dienstherrn bzw. eines Klienten an nur einen Patron fast schon zur Ausnahme machte. Für die Reichstagsgesandten hatte dies ambivalente Folgen: Einerseits bewegten sie sich insofern auf einem schmalen Grat, als sie im Falle von Doppel- und Mehrfachbindungen stets die Vereinbarkeit ihres Handelns mit den Intentionen sämtlicher Auftraggeber bzw. Patrone im Auge behalten mussten; denn um »das Ende einer Patronagebeziehung zu begründen, […] reichte häufig allein der Verdacht der Illoyalität, ein auf Doppel- oder Mehrfachbindungen ausgerichtetes, eben uneindeutiges Verhalten aus«478. Andererseits konnten Mehrfachbindungen den Reichstagsgesandten zumindest punktuell Chancen eröffnen, den eigenen Handlungsspielraum durch Ausnutzung der Existenz konkurrierender Dienstherren, etwa mittels der Andeutung eines möglichen »patron switching«479, zu erweitern. Denn ihre professionellen Kompetenzen auf dem Gebiet der Reichs(tags)politik480 machten sie faktisch zu einem gerade von ambitionierten Reichsständen begehrten Humankapital, und ein Dienstherrnwechsel zog oftmals sogar einen Karriereschub nach sich481. Die von ihnen geführten Reichstagsvoten waren somit eine knappe Ressource, die Begehrlichkeiten wecken und zum Gegenstand erbitterter Auseinandersetzungen der rivalisierenden »Partheyen« werden konnte. Institutionelle Voraussetzung dafür war das bereits beschriebene, stark 477 Reinhard, Staatsgewalt, S. 133. 478 Emich u. a., Patronageforschung, S. 254. 479 Vgl. hierzu sowie zum Problem konkurrierender Verflechtungsbeziehungen zuletzt Thiessen, Diplomatie und Patronage, S. 269 und 288; Haug, Vertrauen, S. 217. 480 Vgl. Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 1, S. 485, wo es in Bezug auf die Mehrfachstimmführung eines Reichstagsgesandten heißt: »Seine juristischen Spezialkenntnisse über die Reichsverfassung und das Verfahren am Reichstag sowie in der Reichspolitik ließen ihn den Dienstherrn und die Stimmen wechseln, erhielten ihm aber seine Profession als Gesandter. Die Mehrfachstimmführung, in der Forschung bisher zumeist negativ beurteilt, verschaffte den Gesandten am Reichstag gerade jene Professionalisierung, die den Reichstag zu einem Vorläufer späterer parlamentarischer Versammlungen werden ließ.« 481 Vgl. ebd., S. 484.

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konsensbezogene innerkuriale Mehrheitsprinzip in den Reichstagskollegien. Gerade für die Mindermächtigen hatte das eigene Stimmrecht den Charakter einer »Ressource der Schwachen«482, also gewissermaßen eines Pfundes, mit dem sie wuchern konnten, wenn in den Reichstagskurien kontroverse Beratungen zu erwarten waren. Zwar wurde in den innerkurialen Umfragen gewogen und nicht gezählt483, die intensiven Beratungen über einen Reichskrieg gegen Friedrich den Großen nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges zeigen aber beispielhaft, dass bei wichtigen Entscheidungen jede einzelne Reichstagsstimme umworben wurde. Dass der Wiener Hof Doppel- und Mehrfachstimmführungen auf dem Reichstag und daraus möglicherweise resultierende Loyalitätskonflikte der reichsständischen Gesandten für ausgesprochen problematisch hielt, überrascht nicht484. Fürstenberg und Palm wiesen etwa in einem Schreiben an den Kaiser vom 18. Dezember 1747 energisch darauf hin, dass einige Gesandte als Vertreter von Höfen agierten, denen man auf österreichischer Seite vertraue, dass sie aber gleichzeitig Reichsstände repräsentierten, denen man aus der Perspektive Wiens mit besonderer Vorsicht begegnen müsse485. Hier stellte sich also das grundsätzliche Problem, ob und inwieweit man Gesandten mit potenziell konfligierenden Loyalitäten Vertrauen entgegenbringen konnte. Die preußische Gesandtschaftspraxis war in dieser Hinsicht eindeutig: Die von Pollmann und Plotho geführten preußischen Voten im Kurfürsten- und Fürstenrat wurden allesamt durch sie selbst im Verbund mit dem Berliner Hof gesteuert; die für das Wirken anderer Reichstagsgesandter charakteristischen Interessens- und Loyalitätsdivergenzen infolge von Doppel- oder Mehrfachstimmführung traten in ihrem Fall nicht auf. Zusätzliche Informationen über die konkrete Zusammensetzung und Praktiken der »Widriggesinnten« glaubte man am Wiener Hof deren Abstimmungsverhalten entnehmen zu können. So wurde Seydewitz mit einem Reskript vom 12. Februar 1758 um Auskunft in der Frage gebeten, »wer von zeit zu zeit des Brandenburgischen gesandten fürstliche vota in dem fürstencollegio bey dessen abwesenheit vertretten, oder etwa auch nur abgelesen hat«, denn dadurch könne »der zusammenhang deren comitial gesandt482 In Anlehnung an Chanet/Windler (Hg.), Les ressources des faibles. 483 Vgl. als konkretes Beispiel den Bericht Fürstenbergs und Palms an Franz I., Regensburg 12. 12. 1745, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 75, unfol. Der Prinzipal- und der Konkommissar meldeten, es sei zwar schon eine Mehrheit im Reichsfürstenrat vorhanden, es sei aber wünschenswert, dass noch einige »erhebliche« Voten hinzu kämen. Vgl. allgemein zum Mehrheitsprinzip und zu seiner konkreten Handhabung Stollberg-Rilinger, Zeremoniell als politisches Verfahren, S. 110 f. 484 Vgl. Kap. III 1 b und c. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang noch, dass man auf österreichischer Seite die Führung fürstlicher Voten durch kurfürstliche Reichstagsgesandte nicht gerne sah, da dies, wie berichtet wurde, viele Unannehmlichkeiten bereite. Nur vonseiten des Erzhauses werde eine Trennung gehandhabt; vgl. den Bericht Fürstenbergs und Palms an Franz I., Regensburg 2. 2. 1746, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 76a, unfol. 485 Ausf.: ebd., Berichte 79c, unfol.

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schafften mehrers erkläret« werden486. Der Erwerb belastbarer Nachrichten über die politische Ausrichtung der Reichstagsgesandten war schon allein aufgrund der Tatsache von außerordentlicher Bedeutung, dass politische Umschwünge an den deutschen Höfen oftmals mit einem Austausch des Führungspersonals inklusive der Reichstagsgesandten einhergingen487. Dies konnte aus österreichischer Sicht gerade dann zu schwer kalkulierbaren Entwicklungen führen, wenn der betreffende Reichstagsgesandte aufgrund von Mehrfachbindungen im Zuge eines Revirements ganze Stimmpakete weitergab488. Zur Einflussnahme auf die diesbezügliche Stellenbesetzung durch die Reichsstände stand dem Wiener Hof ein breites Handlungsrepertoire zur Verfügung. Spielräume boten die drei Arten der Bevollmächtigung der Reichstagsgesandten, die ja für dessen Legitimierung erforderlich war : erstens die dauerhafte Übertragung des Reichstagsvotums, zweitens die interimsweise Übertragung und drittens die Übertragung per modum substitutionis489. Gerade die beiden letztgenannten Arten eröffneten Möglichkeiten, in vergleichsweise flexibler Weise personalpolitischen Einfluss zu nehmen, ließen sich doch im Rahmen dieser beiden Modi kurzfristige Arrangements tendenziell besser und variabler realisieren als bei einer dauerhaften Übertragung des Votums. Weitere Handlungsoptionen bot die etablierte Praxis, Reichstagsvoten »quieszieren«, also ruhen zu lassen. Diesen Zustand gegebenenfalls zu konservieren, war aus Sicht der österreichischen Akteure vorteilhafter als eine mögliche Aktivierung dieser Voten zugunsten des Lagers der »Widriggesinnten«490. Kern der Anstrengungen des Wiener Hofes in diesem Bereich waren freilich die vielfältigen Versuche, die Exponenten der »Übelgesinnten« vom Reichstag zu entfernen, im Gegenzug dort Gesandte zu installieren, die der eigenen »Parthey« gewogen waren, und den Verbleib derjenigen zu unterstützen, von denen man sich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit erhoffte. Ein im Untersuchungszeitraum frühes Beispiel für ein forsches Vorgehen des Wiener Hofes mit dem Ziel, die Abberufung eines Widersachers aus Regensburg zu 486 Beide Zitate nach dem Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8c, unfol. Seydewitz berichtete daraufhin, dass die preußischen Voten im Reichsfürstenrat bei Abwesenheit Plothos durch die Gesandten Brandenburg-Ansbachs oder -Bayreuths abgelegt würden; vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 20. 2. 1758, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 103, fol. 421 – 424. 487 Vgl. Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 131. 488 Vgl. die Beispiele bei Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 1, S. 475 ff. 489 Zur grundsätzlichen Differenzierung der drei Vollmachtenarten vgl. den Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 29. 7. 1754, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 132, unfol. Bei der Übertragung per modum substitutionis wurden die Vollmachten nicht von dem jeweiligen Reichsstand bzw. Herrscher selbst, sondern von dem in Regensburg legitimierten Gesandten ausgestellt; vgl. ebd. sowie Corterier, Reichstag, S. 54. 490 Vgl. als Fallbeispiel die Sachsen-Weimar betreffende Weisung an Seydewitz, Wien 12. 1. 1759, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 9a, unfol.

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erwirken, sind die gegen Rudolf Anton von Heringen ergriffenen Maßnahmen. Heringen sollte entweder ganz vom Reichstag entfernt werden oder zumindest die ihm übertragenen Voten Sachsen-Weimars und -Eisenachs verlieren491. Im Gegenzug sollten einem seiner Dienstherren, Herzog Ernst August I. von Sachsen-Weimar-Eisenach, nach dem Prinzip des do ut des Vorteile hinsichtlich laufender Reichshofratsverfahren492 sowie eine Reichsgeneralkavalleriestelle in Aussicht gestellt werden, womit aber, wie Palm aus Regensburg berichtete, »in der stille zu werck zu gehen wäre«493, damit dies nicht bekannt und Heringen Gelegenheit gegeben werde, dagegen zu intrigieren. Wenige Jahre später sah man vonseiten Österreichs erneut die Gelegenheit gekommen, Heringen aus Regensburg zu entfernen. Hintergrund war laut den Berichten Palms aus dem Januar 1748, dass Herzog Friedrich III. von SachsenGotha-Altenburg, einer von Heringens damaligen Dienstherren, intensiv versuchte, kaiserlichen Schutz zu erlangen494. Mit welcher Raffinesse und Intriganz der Kaiserhof vorzugehen vermochte, wenn es um die Abberufung von missliebigen Reichstagsgesandten ging, zeigt das Beispiel Schwarzenau. Mit einem Reskript Colloredos vom 6. Dezember 1756, also in der Phase, als es darum ging, eine Reichskriegserklärung gegen Friedrich den Großen zu erwirken, wurde Seydewitz angewiesen, den hessenkasselischen Reichstagsgesandten Wülcknitz über einen Dritten zu informieren, dass Schwarzenau durch den hannoverischen Reichstagsgesandten Gemmingen dazu veranlasst werden sollte, sich ohne Vorwissen Wülcknitz’ nach Kassel zu begeben. Dort sollte er nicht nur eine Pension des dortigen Hofes erhalten, sondern zugleich eine Vorabzusicherung, nach Wülcknitz’ Tod dessen hessen-kasselisches Reichstagsvotum übertragen zu bekommen. Seydewitz und der Wiener Hof dürfen hierbei aber, so heißt es weiter in der Weisung, auf keinen Fall in Verdacht geraten; eher solle die Sache zurückgehalten werden, als dass der Konkommissar oder der Kaiserhof kompromittiert würden495. 491 Vgl. den Bericht Fürstenbergs und Palms an Franz I., Regensburg 17. 12. 1745, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 75, unfol.; Berichte Palms an Colloredo, Regensburg 14. und 18. 1. 1746, Ausf.: ebd., Berichte 76a, jeweils unfol. Vgl. dazu auch die Ausführungen in Kap. III 2 d. 492 Vgl. den Bericht Fürstenbergs und Palms an Franz I., Regensburg 4. 1. 1746, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 76a, unfol. Initiator war in diesem Falle Lincker. 493 Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 12. 3. 1746, Ausf.: ebd., Berichte 76b, unfol. 494 Vgl. die Berichte Palms an Franz I., Regensburg 27. und 29. 1. 1748, Ausf.: ebd., Berichte 80a, jeweils unfol. 495 Ausf.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8b, unfol. Hinsichtlich sämtlicher im Untersuchungszeitraum von Schwarzenau geführten Reichstagsvoten lassen sich Versuche Wiens nachweisen, seine Dienstherren dazu zu bewegen, ihn aus Regensburg abzuberufen; vgl. die Ausführungen in Kap. III 1 c und Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 2, S. 413 – 417, sowie darüber hinaus zum baden-durlachischen Votum Schwarzenaus: Bericht Jungens an Kaunitz, Regensburg 28. 8. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 25, unfol.; Instruktion Franz’ I. für Ramschwag, Wien 18. 12. 1756, Ausf.: HHStA, RK, DA, Reich, Weisungen 16, unfol.; Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 3. 11. 1761, Ausf.: HHStA, RK,

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Die nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges merklich forcierten Bemühungen Österreichs, das Regensburger Parkett möglichst von Anhängern Preußens zu säubern, lassen sich auch anhand des Vorgehens der Hofburg gegen weitere preußenfreundlich agierende Reichstagsgesandte studieren. Johann Freiherr von Rothkirch etwa, seit 1750/52 Reichstagsgesandter für Brandenburg-Bayreuth, Pfalz-Zweibrücken und Württemberg, zählte zu diesen Anhängern Preußens496. Er geriet im Verlauf des Jahres 1757 so stark unter Druck, dass er seine Reichstagsvoten verlor bzw. niederlegte, obwohl er sich erkennbar darum bemühte, ein besseres Verhältnis zu den Reichstagsgesandten des Wiener Hofes aufzubauen497. Besonders wechselhaft gestalteten sich die Verhältnisse am ansbachischen Hof. Das reichspolitische Wirken Markgraf Karl Wilhelm Friedrichs, des »Wilden Markgrafen«, stand im Spannungsfeld dynastischer Verbundenheit mit Preußen einerseits und Ergebenheit gegenüber dem Kaiser andererseits498. Im Vorfeld und nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges führte dies zu einer Schaukelpolitik, die nicht zuletzt Ausdruck des Ringens rivalisierender Hofparteien war und sich besonders deutlich im Rahmen der Besetzung des Regensburger Gesandtschaftspostens manifestierte. Ende des Jahres 1756 wurde zur Zufriedenheit Preußens Wülcknitz, also gerade einer der intransigenten protestantischen Reichstagsgesandten, mit dem ansbachischen Votum betraut499, was auf österreichischer Seite mit

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PK, Berichte 110b, unfol. Zum holstein-gottorpischen Votum Schwarzenaus: Rohr, Reichstag, S. 56 und 317; Promemoria Liliens [für Colloredo], Wien 25. 5. 1755, Kopie: HHStA, RK, PK, Berichte 94, unfol.; Vortrag Kaunitz’ für Maria Theresia, Wien 10. 6. 1755, HHStA, StK, Vorträge 77, Konv. »1755 VI fol. 1 – 256«, fol. 87; Weisung an Buchenberg, Wien 20. 1. 1763, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 7, fol. 291. Vgl. Rüthnick, Politik, S. 39 f.; Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 98; Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 1, S. 465 f.; Instruktion für Mackau (1756/57), Auerbach, Recueil, Bd. 18, S. 258: »Le baron de Rottkirch, gentilhomme sil¦sien et vassal du Roi de Prusse, ne se conduit que par les instigations de ce Prince et n’agit que dans le plus parfait concert avec le baron Plotho.« Vgl. Rüthnick, Politik, S. 89 f. (ebd., S. 90 die Kennzeichnung Rothkirchs als »elegantesten Kavalier Regensburgs«); Bericht Seilerns an Kaunitz, Regensburg 15. 4. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 27, unfol.; Ders. an Dens., Regensburg 21. 9. 1757, Ausf.: ebd., Berichte 29, unfol. Seilern vermittelte einen durchaus positiven Eindruck von Rothkirch: Er sei geschickt und könnte in Regensburg »viel gutes ausrichten«; Ders. an Dens., Regensburg 5. 9. 1757, Ausf.: ebd., unfol. Seydewitz nannte Rothkirch hingegen »den unruhigste[n] kopf« unter den »Adversarii« (Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 22. 10. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 98, unfol.). Er äußerte sich erleichtert über die »befreyung von diesem unruhigen und incorrigiblen kopff«, als ihn Nachrichten über Rothkirchs Abberufung erreichten, und führte dessen Entfernung vom Reichstag auf französisches Einwirken zurück; Ders. an Dens., Regensburg 26. 7. 1757, Ausf.: ebd., Berichte 101, unfol.; vgl. auch Ders. an Dens., Regensburg 26. 9. 1757, Ausf.: ebd. Plotho vermutete hinter der Abberufung das Ziel eines Umsturzes des evangelischen Wesens und des Reichssystems; vgl. seinen Bericht, Regensburg 5. 8. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 111, unfol. Vgl. Störkel, Markgraf, S. 59. Vgl. den Bericht Plothos, Regensburg 20. 12. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 114, unfol.: Der ansbachische Hof »scheinet jetzt patriotischer zu gedencken«.

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großem Befremden und Sorge aufgenommen wurde500. Dem Wiener Hof gelang es jedoch, rechtzeitig vor der wichtigen Beratung vom 10. Januar 1757 eine Wendung herbeizuführen: Nicht Wülcknitz führte das ansbachische Votum in der entsprechenden Sitzung des Reichsfürstenrats, sondern Johann Lorenz von Seefried501. Dieser Umschwung führte zu Protesten Preußens und zog die massive Ausübung von Druck auf den neuen ansbachischen Reichstagsgesandten nach sich502. Plotho hatte Karl Wilhelm Friedrich sogar brieflich aufgefordert, das von Seefried abgegebene Votum nachträglich zu ändern, worauf der Markgraf scharf entgegnete, er sei kein preußischer Landsasse, sondern ein souveräner Reichsfürst503. Dass das Tauziehen um die ansbachische Stimme besonders heftig war, ist nur allzu verständlich, denn das »aktive Mitwirken Ansbachs auf Seiten der Habsburger würde deren Vorgehen eine neue Legitimität verleihen.«504 Seefried selbst erbat in einem Schreiben an Colloredo ausdrücklich 500 Vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 17. 12. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 99, unfol.; vgl. auch den Bericht Seilerns an Kaunitz, Regensburg 15. 12. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 26, unfol. 501 Vgl. Ders. an Dens., Regensburg 7. 1. 1757, Ausf.: ebd., Berichte 27, unfol.; Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 102; M. Koch, Reichstag, S. 35; Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 1, S. 467 f.; Störkel, Markgraf, S. 62. Das ansbachische Votum vom 10. 1. 1757 hatte laut C. Weber, Politik, S. 62, Widmann entworfen; so auch Plotho in seinem Bericht vom 31. 3. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 127, unfol. Seefried – neben Montmartin Wunschkandidat des Wiener Hofes – erhielt 1758 auch das Votum Württembergs; vgl. dazu schon die Berichte Seilerns an Kaunitz, Regensburg 5.5. und 22. 8. 1757, Ausf.: HHStA, StK, KD, Regensburg, Kurböhmische Gesandschaft, Berichte 29, jeweils unfol.; Weisung an Seilern, Wien 13. 8. 1757, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol. Zu Seefried insgesamt vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium, S. 421; Humphreys, Kreistag, S. 113. 502 Vgl. den Bericht Seilerns an Kaunitz, Regensburg 13. 5. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 28, unfol.; C. Weber, Politik, S. 63; Störkel, Markgraf, S. 63; Schreiben Friedrichs II. an Markgraf Karl Wilhelm Friedrich, Berlin 17. 1. 1757, PC 14, S. 206: »Si cette d¦marche m’a frapp¦ comme ¦tant diam¦tralement oppos¦e aux pactes de la maison et — la parole que Votre Altesse m’a donn¦e sur ce sujet, elle ne para„tra pas moins ¦tonnante — toute l’Allemagne et surtout — la plus grande partie des cours protestantes, qui auront de la peine — comprendre comment un Prince peut sacrifier les int¦rÞts de sa maison — des vues particuliÀres et prÞter l’oreille aux insinuations des ennemis jur¦s de la maison de Brandenbourg, et qui le sont ¦galement de la libert¦ des princes d’Allemagne et de la religion protestante.« Vgl. auch Ders. an Dens., Berlin 26. 2. 1757, ebd., S. 315 ff. Im Hausvertrag der drei Linien des Hauses Hohenzollern von 1752, dem sogenannten Pactum Fridericianum, war in der Tat ausdrücklich vorgesehen, dass die Markgrafen die Interessen des preußischen Königs auf dem Reichstag und auf Kreistagen nach Möglichkeit fördern sollten; vgl. Rüthnick, Politik, S. 23. 503 Vgl. Plotho an Markgraf Karl Wilhelm Friedrich, Regensburg 11. 1. 1757, Faber, Europäische Staats-Cantzley, Bd. 114, S. 238 ff., sowie die Antwort des Markgrafen, Gunzenhausen 12. 1. 1757, ebd., S. 240 f.; siehe ferner C. Weber, Politik, S. 63; Störkel, Schwager, Abs. 42; Schort, Politik, S. 134 Anm. 273; vgl. zudem den Bericht Plothos, PS Regensburg 14. 1. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 123, unfol. Plotho berichtete, das ansbachische Ministerium sei »auf das höchste beschämt« angesichts des Verhaltens des Markgrafen. 504 Störkel, Schwager, Abs. 39.

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kaiserliche Protektion, da er in der Sitzung vom 10. Januar reichspatriotisch, also im österreichischen Sinne, votiert habe505. Das Beispiel Brandenburg-Ansbach zeigt exemplarisch auf, mit welcher Intensität die Hofburg nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges darauf bedacht war, sich auch Voten protestantischer Reichsstände zu sichern. Dies war ein Leitmotiv in der Reichstagskorrespondenz des Wiener Hofes während der zweiten Hälfte des Jahres 1756 und auch noch weit darüber hinaus. Das dahinterstehende Kalkül war offensichtig: Durch die Gewinnung protestantischer Reichsstände wollte man in den Beratungen über einen Reichskrieg gegen den preußischen König unbedingt eine itio in partes verhindern506, überdies dem eigenen Vorgehen durch die Unterstützung möglichst vieler und bedeutender protestantischer Voten zusätzliche Legitimation verschaffen507 und zugleich jedweden Vorwürfen, der Kaiserhof ziele auf einen Religionskrieg ab, die Grundlage entziehen. Freilich achtete die Hofburg sehr wohl darauf, dass katholische Fürsten ihre Reichstagsvoten nicht protestantischen Gesandten übertrugen, wie im Falle des zum katholischen Glauben übergetretenen Herzog Christian IV. von Pfalz-Zweibrücken, der Aufsehen erregte, indem er den Lutheraner Teuffel zu seinem Stimmvertreter in Regensburg machen wollte508. Die geschilderten konfessionellen Erwägungen des Wiener Hofes korrespondierten durchaus mit dem schon vor Ausbruch des Siebenjährigen Krieges von Montmartin ins Spiel gebrachten Gedanken einer »besonderen parthey«509 der »Besserdenkenden« unter den protestantischen Reichsstän505 Vgl. Seefried an Colloredo, Regensburg 20. 1. 1757, Ausf.: HHStA, StA, Brandenburgica 37, unfol. 506 Vgl. etwa den Bericht Seydewitz’ an Franz I., Regensburg 14. 10. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 98, unfol.; Weisung an Seilern und Buchenberg, PS Wien 29. 10. 1756, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol. 507 Einige Beispiele aus der zweiten Hälfte des Jahres 1756 (in chronologischer Reihenfolge): Bericht Seydewitz’ an Franz I., Regensburg 9. 10. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 98, unfol.; Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 24. 10. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 136, unfol.; Bericht Seilerns an Maria Theresia, Regensburg 24. 10. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 26, unfol.; Ders. an Kaunitz, Regensburg 7. 11. 1756, Ausf.: ebd., unfol.; Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 2. 12. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 136, unfol.; Berichte Seilerns an Kaunitz, Regensburg 9.11., 18. und 30. 12. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 26, jeweils unfol. Vgl. zudem als Beispiel aus der Zeit vor Ausbruch des Siebenjährigen Krieges Ders. an Maria Theresia, Regensburg 2. 7. 1756, Ausf.: ebd., Berichte 25, unfol. Als Beispiele aus späteren Kriegsjahren vgl. überdies die beiden Weisungen an Seydewitz, Wien 10. 7. 1759 und 20. 5. 1761, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 9a, jeweils unfol. 508 Vgl. Schaefer, Propaganda, S. 117; Brabant, Kampf, Bd. 3, S. 85 – 90; M. Koch, Reichstag, S. 94 ff.; Lehsten, Reichstagsgesandte, S. 182. 509 Vgl. dazu Kap. III 1 c Anm. 195 sowie die Weisung an Buchenberg, Wien 18. 12. 1755, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 6, unfol.; vgl. zusätzlich auch die Weisung an Seilern, Wien 17. 12. 1755, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol.

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den. Dies führte in der Praxis dazu, dass die Hofburg versuchte, protestantische Reichstagsgesandte, die sich kooperativ zeigten, in Regensburg zu halten510, wohingegen Kontakte zu denjenigen, die trotz gegenteiliger Versicherungen durch die »notorische begünstigung der gegentheiligen sache«511 auf sich aufmerksam machten, gegebenenfalls abgebrochen wurden. Von den protestantischen »Gutgesinnten« sicherte man sich im Verlauf des Krieges sogar das Ehrenwort, nicht an Aufwiegelungen und bösartigen Praktiken partizipieren zu wollen512. Plotho berichtete zudem Ende des Jahres 1756 davon, dass in der reichsstädtischen Kurie lange Zeit unbesetzte katholische Voten wieder besetzt würden, und zwar mit dem offenkundigen Ziel, eine Stimmenmehrheit gegen das preußische Vorgehen zu sichern513. Allerdings vermied es der Wiener Hof, sich jede bietende Möglichkeit zu nutzen, um die Reichstagsvoten der eigenen mindermächtigen Klientel durch den österreichischen Direktorialgesandten Buchenberg führen zu lassen. Der Fall des Reichstagsgesandten Ignaz Anton Friedrich Freiherr Oexle (Öxel) von Friedenberg vermag dies zu verdeutlichen514. Oexle, ein Neffe des 1744 verstorbenen kurmainzischen Direktorialgesandten Friedrich Kaspar Freiherr von Otten515, führte zahlreiche Voten in Regensburg, darunter auch die Stimme des Fürstentums Liechtenstein516. Sein liechtensteinischer Dienstherr, Fürst Joseph Wenzel517, äußerte in einem Schreiben an Colloredo vom 6. De510 So zum Beispiel im Falle des mecklenburgischen Gesandten Teuffel sowie des anhaltischen Gesandten Pfau; vgl. die Weisung an Seydewitz, Wien 6. 7. 1761, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 9a, unfol., bzw. die Ausführungen in Kap. V. 511 Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 11. 3. 1757, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 100, unfol. Gemeint war der reichsgräfliche Reichstagsgesandte Pistorius; vgl. hierzu auch den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 27. 1. 1757, Ausf.: ebd., unfol. Plotho wurde im Vorfeld der Beratungen vom 10. 1. 1757 bezeichnenderweise aus Berlin angewiesen, er solle Pistorius zu verstehen geben, dass dieser es hauptsächlich Preußen zu verdanken habe, dass er sich auf seinem Regensburger Posten behaupten könne; vgl. die Weisung an Plotho, Berlin 4. 1. 1757, Konz.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 123, unfol. 512 Vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 12. 5. 1758, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 104, unfol. 513 Vgl. den Bericht Plothos, Regensburg 27. 12. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 123, unfol. 514 Vgl. die beiden Berichte Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 6. und 22. 12. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 136, jeweils unfol.; Weisung an Buchenberg, Wien 12. 12. 1756 (laut Dorsalvermerk 13. 12. 1756), Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 7, fol. 203. 515 Vgl. Niederquell, Otten, S. 144 – 150. 516 Vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium, Registereintrag S. 633; Winter (Hg.), Repertorium, Registereintrag S. 568; Barth, Diplomatie, S. 279. Das Votum des Bistums Augsburg war Oexle wohl auf Vorschlag Palms übertragen worden; vgl. dessen Bericht an [Ulfeld], Carlswald 24. 9. 1751, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, PK, Berichte 5, unfol. 517 Zum Leben und Wirken des Fürsten vgl. Falke, Liechtenstein, Bd. 3, S. 105 – 228; Rudersdorf, Liechtenstein; Press, Liechtenstein. Sein freundschaftlich gefärbter Briefwechsel mit seinem späteren Kontrahenten, dem preußischen Kronprinzen Friedrich, ist dokumentiert in H. Droysen, Briefwechsel.

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zember 1756 Zweifel am Verhalten Oexles, der möglicherweise »nebenabsichten«518 habe, und berichtete zugleich von seinen Überlegungen, sein Votum Buchenberg zu übertragen. Vorausgegangen waren Schreiben des Reichsvizekanzlers an die Fürsten Liechtenstein, Auersperg und Lobkowitz vom 23. November 1756, in denen sie explizit aufgefordert wurden, mit ihren Reichstagsvoten die Ruhe und Sicherheit des Vaterlandes zu stützen519 ; faktisch kam dies einer Aufforderung gleich, sich offen gegen Preußen zu erklären. Buchenberg, der Kaunitz um eine entsprechende Weisung gebeten hatte520, wurde daraufhin mitgeteilt, er solle das liechtensteinische Votum nicht übernehmen; vielmehr solle sich Oexle so betragen, dass ihm das Votum nicht entzogen werde521. Hintergrund der angedachten Stimmübertragung auf Buchenberg waren die Verbindungen und Kontakte Oexles in Regensburg, die ganz offenbar zur Sorge Anlass gaben, er könnte in den anstehenden Beratungen über den Reichskrieg gegen Friedrich den Großen nicht konform mit den Vorgaben des kaisertreuen Fürsten von Liechtenstein gehen522. Letztlich wurde ihm das Votum nicht entzogen. Der geschilderte Vorgang gibt somit zu der Vermutung Anlass, dass die Hofburg in dieser Phase augenscheinlich sehr darum bemüht war, auf möglichst breiter Basis Unterstützung für ihre gegen Preußen gerichtete Reichspolitik zu erhalten und dies in legitimierender Weise gerade auch durch die Stimmabgabe von Reichstagsgesandten zum Ausdruck zu bringen, die nicht in kaiserlich-österreichischen Diensten standen. Wie sich die dazu erforderlichen Interaktionen und Kommunikationsakte in der konkreten Gesandtschaftspraxis gestalteten, wird Bestandteil der nun folgenden Ausführungen sein. c) Kommunikation – Vertrauen – Propaganda In der Einleitung wurde darauf hingewiesen, aus welch unterschiedlichen Perspektiven das Alte Reich und der Immerwährende Reichstag in der jüngeren Forschung als Kommunikationsräume verortet worden sind523. Für unseren Untersuchungsgegenstand sind dabei drei Forschungsstränge von 518 Ausf.: HHStA, RK, RTA 163a, unfol. Palm hatte einige Jahre zuvor ausdrücklich betont, auf Oexle könne man sich gänzlich verlassen; vgl. seinen Bericht an [Ulfeld], Carlswald 24. 9. 1751, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, PK, Berichte 5, unfol. 519 Kopie: HHStA, RK, RTA 163a, unfol. 520 Vgl. den Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 6. 12. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 136, unfol. 521 Vgl. die Weisung an Buchenberg, Wien 12. 12. 1756 (laut Dorsalvermerk 13. 12. 1756), Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 7, fol. 203. 522 Vgl. den Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 22. 12. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 136, unfol. 523 Vgl. Kap. I 2; ebd. auch Ausführungen zum Kommunikationsverständnis, das den folgenden Ausführungen zugrunde liegt.

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besonderem Interesse: zum einen der bereits angesprochene Bereich der symbolischen Kommunikation, zum anderen die im weiteren Verlauf der Arbeit noch zu vertiefenden Analysen von Klientel- und Patronageverhältnissen als Bestimmungsfaktoren mikropolitischer Interaktionen und zum Dritten Studien zum Regensburger Reichstag als einer Art verstetigter Nachrichten- und Informationsbörse. In den nun folgenden Ausführungen wird es schwerpunktmäßig um die letztgenannte Richtung der jüngeren Forschung gehen. Ausgangspunkt ist dabei die These, dass sich die Anhängerschaft des Wiener Hofes – seien es Klienten in engerem Sinne oder, vielleicht noch stärker, die Akteure, die auf den verschiedenen Ebenen des Reiches und in den Reichsinstitutionen zur österreichisch-kaiserlichen »Parthey« zu rechnen waren – in prozesshafter, dynamischer Weise immer wieder aufs Neue auch und gerade als Kommunikations- und Informationsgemeinschaft konstituierte. Susanne Friedrich, deren Dissertation viele Impulse für kommunikationsgeschichtlich orientierte Reichstagsforschungen bereithält, hat darauf jüngst in genereller Manier hingewiesen: »Kommunikation konstituiert individuelle Verbindungen ebenso wie Gruppen, ihre Spur führt zu persönlichen und räumlichen Netzwerken oder Beziehungsgeflechten und erlaubt Aussagen über zeitliche Begrenzungen von Konstellationen.«524 Zugleich verweist sie noch einmal in aller Deutlichkeit darauf, dass selbst die augenfällige Pluralität der zur Verfügung stehenden kommunikationsgeschichtlichen Zugriffsmöglichkeiten, wie sie auf allgemeiner Ebene zum Beispiel von Wolfgang Behringer im Rahmen eines enzyklopädischen Artikels aufgezeigt werden525, keinesfalls darüber hinwegtäuschen darf, »dass für den Immerwährenden Reichstag kommunikationshistorisch noch Forschungsbedarf besteht. Dabei sind es gerade die Chancen und Grenzen von Reichspolitik sowie der systemische Stellenwert von kleinen wie großen Reichsständen und anderen Akteuren, die eine Analyse ihrer Einbindung in das Kommunikationssystem des Reiches und ihres eigenen Kommunikationsverhaltens deutlich zu machen verspricht.«526 Schon allein ein Blick auf die nackten Zahlen vermag den angesprochenen Forschungsbedarf zu untermauern: Für den Gesamtzeitraum des Bestehens des Immerwährenden Reichstags ist von einer Zahl von immerhin rund 600 Reichstagsgesandten auszugehen – darunter 14 Prinzipalkommissare, 15 524 S. Friedrich, Kurier, Abs. 11; ebd., Abs. 7 aus geschichtswissenschaftlicher Perspektive der Hinweis auf die kaum noch überschaubare Flut an Definitionsangeboten zum Kommunikationsbegriff aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen. 525 Vgl. insgesamt Behringer, Kommunikation (mit weiterführenden Literaturhinweisen). 526 S. Friedrich, Kurier, Abs. 14. Vgl. dazu jüngst die Hervorhebung des großen Potenzials kommunikationsgeschichtlicher Fragestellungen zum Immerwährenden Reichstag bei Härter, Der Immerwährende Reichstag, Abs. 9: »Auch die vermeintlich ›unwichtigsten‹ Themen der politischen Kommunikation in Regensburg können mit entsprechenden Ansätzen und Fragestellungen fruchtbar gemacht werden«.

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Konkommissare, 18 kurböhmische Gesandte und 25 österreichische Direktorialgesandte –, wobei nach der Anfangsphase zumeist nur etwa 45 und 1751, also inmitten des Untersuchungszeitraums, ungefähr 40 Gesandte gleichzeitig in Regensburg tätig waren527. Das Schriftaufkommen war immens. Allein in den Jahren 1753 bis 1757 gelangten auf dem Reichstag 268 Schriftsätze zur Diktatur, und sogar 783 Schriftsätze wurden in diesem Zeitraum dort distribuiert528. Dass die daraus hervorgehende Fülle schriftlicher Quellen verschiedenster Gattung und Provenienz einen nahezu unerschöpflichen Fundus für kommunikationsgeschichtliche Forschungen darstellt, erübrigt sich fast zu sagen. Der Immerwährende Reichstag ist jedenfalls ein Beispiel par excellence für die signifikante Verdichtung von Kommunikation, die immer differenziertere Herausbildung von (Teil-)Öffentlichkeiten und den Aufschwung unterschiedlicher, sich vernetzender Medien, also für genau jene Faktoren, die mit der viel beschriebenen ›Leserevolution‹ im 18. Jahrhundert und den fundamentalen politischen, geistigen und sozialen Prozessen des Zeitalters der Aufklärung einhergingen. Für den speziellen Forschungskontext der vorliegenden Arbeit ist vor dem Hintergrund dieser skizzierten Entwicklungen auf die außerordentliche Bedeutung der Ressource Information529 hinzuweisen. Der Erwerb und die gezielte Weitergabe zuverlässiger Informationen zählten zu den zentralen Aufgaben, welche die Reichstagsgesandten Österreichs zu erfüllen hatten, wenn es galt, die Anhängerschaft des Wiener Hofes zu formieren und gegebenenfalls zu mobilisieren. Dies war bekanntlich keineswegs ein Spezifikum der österreichischen Reichstagspolitik, denn die Beschaffung und Verwertung der kostbaren Ressource Information zählte für alle Reichstagsgesandten zu den prioritären Aufgaben im Rahmen ihrer alltäglichen Gesandtschaftsarbeit. Darin unterschieden sie sich nicht von den Diplomaten an den europäischen Höfen. Der Informationsbedarf galt insbesondere auch für die Gesandten mindermäch-

527 So zuletzt Barth, Diplomatie, S. 257 und 293, sowie Lehsten, Möglichkeiten, Abs. 3. Die genannten Zahlen zu den Prinzipal- und Konkommissaren, kurböhmischen Gesandten und österreichischen Direktorialgesandten nach Fürnrohr, Die kurböhmischen Gesandten; Ders., Vertreter, Teil 1 und 2. 528 Die Zahlen nach Härter, Diet, S. 133, auf Grundlage einer Auswertung der Angaben von Oertel, Reichs-Tags-Diarium. 529 Zur Forschungslage vgl. die einführenden Überlegungen von Brendecke/M. Friedrich/S. Friedrich, Information; zum Terminus Information vgl. zudem S. Friedrich, Drehscheibe, S. 18 ff., hier S. 20 die Betonung des für die vorliegende Arbeit zentralen tauschprozessartigen Charakters von Informationsweitergabe: »Der Gegenwert für Information kann Loyalität, Geld, Einfluß, Wohlwollen oder ebenfalls Information sein. Information steht somit in einem direkten Verhältnis zur Macht.« Zur wichtigen Unterscheidung von Information und Wissen vgl. die anschauliche Differenzierung von Burke, Papier, S. 20: »Der Einfachheit halber verwenden wir […] den Begriff Information für das, was roh, spezifisch und praktisch ist, während Wissen das Gekochte bezeichnet, das gedanklich Verarbeitete oder Systematisierte.«

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tiger Reichsstände530, die in aller Regel nicht auf weitverzweigte Kommunikations- und Informationskanäle im Reich zurückgreifen konnten wie die Potentiores und daher auf Regensburg als Nachrichtenumschlagplatz rekurrierten531. Somit trifft die Kennzeichnung des Reichstags als Informationsdrehscheibe532 den Kern dieses reichspolitischen Forums. Es bedeutete daher eine immense Beeinträchtigung der Gesandtschaftsarbeit, wenn der Zugriff auf Informationen oder deren Weiterleitung an den jeweiligen Dienstherrn nicht möglich war533. Unabhängig davon wird man den Stellenwert einer gezielten Informationspolitik im Gesamttableau der österreichischen wie auch der preußischen Außen- und Reichspolitik im Untersuchungszeitraum besonders hoch veranschlagen müssen. Denn sowohl der Wiener als auch der Berliner Hof versuchten letztlich, in konkurrierender Weise ihre zum Teil diametral entgegengesetzten Leitvorstellungen im Reich zu implementieren, wodurch in katalysatorischer Weise neue Kommunikationsprozesse in Gang gesetzt wurden534. Der Siebenjährige Krieg stellte in dieser Hinsicht sicherlich einen Kulminationspunkt dar, wie die oben angeführten Zahlen zum Schriftaufkommen am Reichstag exemplarisch belegen. Dass die reichspolitischen Maximen der beiden Vormächte im Reich langfristig gesehen nicht kompatibel waren, hatten die Zeitgenossen freilich nicht erst 1756 bemerkt535. Was die konkreten Formen der Informationsbeschaffung und -weitergabe anbelangt, lassen sich anhand der untersuchten Reichstagskorrespondenz große Übereinstimmungen mit bereits vorliegenden Ergebnissen zum Reichstagsgeschehen um 1700 feststellen536. Die Gesandten nutzten quasi 530 Vgl. Aretin, Heiliges Römisches Reich, Bd. 1, S. 56. 531 Vgl. hierzu auch die Einschätzung von Burkhardt, Vollendung, S. 96: »Selbst kleinere Reichsstände, denen die repräsentationsaufwendige Stimmführung zu teuer wurde, unterhielten doch möglichst einen Agenten, der sie auf dem laufenden hielt, nahmen also die Information wichtiger als die Vertretung.« 532 In Anlehnung an S. Friedrich, Drehscheibe. 533 Vgl. den Bericht Plothos, Regensburg 21. 7. 1757 (Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 130, unfol.), in dem der preußische Reichstagsgesandte von den Schwierigkeiten berichtete, angesichts des Kriegsverlaufs auf dem Reichstag überhaupt noch etwas bewegen zu können; zwei der preußischen Parteigänger, nämlich Gemmingen und Wülcknitz, seien »bereits völlig von der communication mit ihren höfen coupiret«. 534 Ähnlich die Einschätzung von M. North, Reich, S. 245, der unter Bezugnahme auf die Ergebnisse der Dissertation Wolfgang Burgdorfs zugleich die stabilisierende Wirkung des kontroversen Diskurses über das Reich akzentuiert; vgl. Burgdorf, Reichskonstitution, S. 507: »Denn jedesmal, wenn das Reich in eine Krise geriet oder gar seine Existenz zur Disposition stand und öffentlich erörtert wurde, intensivierte sich die Reformdiskussion und bildete ein Gegengewicht zu den reichszersetzenden Tendenzen.« 535 Vgl. schon die Einschätzungen Palms und Pollmanns über die Zwangsläufigkeit, mit der einer der beiden Kontrahenten, Österreich oder Preußen, untergehen müsse; siehe dazu den Bericht Palms an [Ulfeld], Regensburg 28. 12. 1745, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, PK, Berichte 4, unfol. 536 Ausführlich hierzu S. Friedrich, Drehscheibe, S. 171 – 251.

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sämtliche zur Verfügung stehenden Medien sowie dasjenige Reichstagsschrifttum, welches man im engeren Sinn als offizielle Reichstagsdokumente bezeichnen könnte. Zu diesen Medien zählten Korrespondenzen, geschriebene und gedruckte Zeitungen bzw. Zeitschriften, Bücher unterschiedlichster Gattungen, ferner die breite Palette publizistischer Werke bis hin zur Kriegspropaganda, darüber hinaus Informationen aus dem Umfeld von Gerüchten und Spionage sowie nicht zuletzt das verhandlungsrelevante Schrifttum, das auf dem Reichstag selbst anfiel, also Hof- und Kommissionsdekrete, Protokolle, Conclusa, Reichsgutachten und -schlüsse, Promemorien, Deduktionen, um hier nur die wichtigsten zu nennen. Daraus resultierten hohe Anforderungen an die Reichstagsgesandten. Denn um erfolgreich agieren zu können, mussten sie nicht nur Experten hinsichtlich des elaborierten Reichsrechts und Reichstagsprozederes sein, sondern auch über ein gehöriges Maß an Medienkompetenz verfügen537. Schnelligkeit der Informationsbeschaffung und -weiterleitung, die Nutzung dazu dienlicher Netzwerke und die Befähigung zur angemessenen Selektion und Bewertung von Informationen538 waren gewissermaßen professionelle Voraussetzungen für einen Reichstagsgesandten. Auch die Fähigkeit, über die Zuverlässigkeit der einkommenden Nachrichten zutreffende Auskünfte erteilen zu können, wurde von einem Reichstagsgesandten erwartet. Die Reichstagskorrespondenz ist voll von entsprechenden Ausführungen. Die Erfahrung habe schon öfters gelehrt, heißt es etwa in einem Bericht Fürstenbergs und Palms an den Kaiser vom 7. März 1747, wie wenig man sich auf »privatäußerungen«539 der Reichstagsgesandten verlassen könne; die »Widriggesinnten« und deren Intrigen hätten schon oft erreicht, einen Gesandten, der sich privatim gut gesinnt zeige, letztlich noch umzustimmen. Eklatante Fehleinschätzungen, wie der am 14. Januar 1757 von Plotho nach Berlin berichtete Eingang der zuverlässigen Nachricht, dass König Ludwig XV. von Frankreich ermordet worden sei540, galt es jedenfalls unbedingt zu vermeiden. Bei einer genaueren Analyse des Schriftwechsels der Hofburg mit der Prinzipalkommission sowie den kurböhmischen und österreichischen Reichstagsgesandten kristallisiert sich heraus, dass bestimmten Arten von Schriftsätzen und Informationen in den Praktiken zur Formung und Steuerung reichspolitischer Anhänger besondere Bedeutung zukam: Zum einen den Instruktionen der reichsständischen Höfe für ihre Reichstagsgesandten, zum anderen den ostensiblen und geheimen Reskripten der jeweiligen Prinzipalen und zum Dritten den in den Reichstagskurien abzulegenden Voten. Die Aufforderung zum Erwerb von Informationen über die Instruktionen 537 538 539 540

Vgl. jüngst Dies., Beobachten, S. 171. Vgl. Dies., Drehscheibe, S. 321 – 345. Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 78b, unfol. Vgl. den Bericht Plothos, PS Regensburg 14. 1. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 123, unfol.

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eines Reichstagsgesandten, seien es die vor Antritt seiner Gesandtschaft erteilten Hauptinstruktionen oder die fallweise erteilten Instruktionen von kürzerer Reichweite, zählt zu den festen Themen derjenigen Reichstagskorrespondenz der Hofburg, die Auskunft über die von Wien gesteuerten Parteibildungsprozesse im Reich und auf dem Reichstag gibt541. Hierbei handelte es sich um Kommunikationsvorgänge, die in einem Kräftedreieck zwischen dem Kaiserhof, Regensburg und den betreffenden reichsständischen Höfen austariert wurden. Den Reichstagsgesandten kam hierbei eine Schlüsselstellung zu. Ihnen oblag es, gegebenenfalls im Verbund mit den kaiserlichen Gesandten und Geschäftsträgern an den deutschen Höfen und in den Reichskreisen, eine möglichst homogene Vorgehensweise an den Tag zu legen (»auf daß aller orten von unseren Kayserlichen ministris gleiche sprache geführet werde«542), um die betreffenden Reichsstände und deren Gesandte auf Kurs zu bringen, sodass »von allen orten gleichstimmige anweisungen«543 nach Regensburg ergingen. Auch die an den Höfen im Reich akkreditierten kaiserlichen Bevollmächtigten sollten also im Bedarfsfall mit dazu beitragen, ein vorteilhaftes Abstimmungsverhalten in den Reichstagskurien herbeizuführen544. Das zur Verfügung stehende Handlungsrepertoire war breit gefächert. Es umfasste einerseits Versuche, bei Bedarf einen Verweis des Reichstagsgesandten auf Instruktionsmangel (defectum instructionis) zu erwirken, der generell zur Verzögerung sowie zur Verschleppung unliebsamer Entscheidungen eingesetzt werden konnte. Andererseits wurde von Österreich phasenweise Druck auf die Reichsstände ausgeübt, um eine rasche und für Wien vorteilhafte Instruierung der Reichstagsgesandten zu gewährleisten545. Gerade 541 Vgl. allgemein auch S. Friedrich, Drehscheibe, S. 191. 542 Weisung Franz’ I. an Ramschwag, Wien 13. 10. 1756, Ausf.: HHStA, RK, DA, Reich, Weisungen 16, unfol.; eine ähnliche Aufforderung zu gleichförmigem Verhalten enthält die Weisung an die Prinzipalkommission, Wien 29. 1. 1746, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 6c, unfol. 543 Weisung an die Prinzipalkommission, Wien 12. 1. 1754, Konz.: ebd., Weisungen 8a, unfol.; vgl. auch die Weisung Maria Theresias an Ramschwag, Wien 31. 3. 1752, Ausf.: HHStA, StK, DK, Reich, Weisungen 231, unfol. 544 Vgl. als typische Beispiele aus dem Untersuchungszeitraum die Weisung an Buchenberg, Wien 31. 3. 1752, Kopie: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 6, unfol.; Weisung an Ramschwag, Wien 20. 10. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Reich, Weisungen 232, unfol.; vgl. auch A. Schmid/Grypa, Berichte, Bd. 1, S. 185, 279, 488 f. u. ö. 545 Zwei typische Beispiele aus den frühen Jahren des Untersuchungszeitraums: Weisungen an Buchenberg, Wien 5.2. und 15. 3. 1746, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 5, fol. 782’ bzw. 799’. Nahezu ubiquitär finden sich entsprechende Aufforderungen in den Weisungen nach Ausbruch und im weiteren Verlauf des Siebenjährigen Krieges. Auch hierfür wiederum einige Beispiele: Zirkularschreiben an die Prinzipalkommission und weitere kaiserliche Minister im Reich, Regensburg 13. 12. 1756, Kopie: HHStA, RK, PK, Weisungen 8b, unfol.; Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 30. 7. 1758, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 104, unfol. Bemerkenswert ist in diesem Kontext ein Bericht Fürstenbergs und Palms an Franz I., Regensburg 18. 12. 1747 (Ausf.: ebd., Berichte 79c, unfol.), in dem beklagt wird, dass gerade die »Gutgesinnten« durch Instruktionseinholung oftmals Zeit

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von den in den Erblanden begüterten neufürstlichen kaiserlichen Klienten wurde in solchen Fällen erwartet, schnell und dem Willen der Hofburg gemäß zu reagieren. Wurde dies von der neufürstlichen Klientel bzw. deren Reichstagsgesandten nicht beherzigt, reagierte man auf österreichischer Seite verärgert oder in gravierenden Fällen sogar mit unverhüllten Sanktionsdrohungen546. Ganz ähnlich wie im Falle der Instruktionen verhielt es sich hinsichtlich des Kommunizierens von Reskripten, die an die eigenen Reichstagsgesandten gerichtet waren. Sie dienten in erster Linie der Instruierung, wurden aber bisweilen, gewissermaßen als ›vertrauensbildende Maßnahme‹, auch anderen Reichstagsgesandten vor Ort in Regensburg ganz oder auszugsweise kommuniziert. Eine Sonderform stellten ostensible Reskripte dar. Sie waren vorrangig dazu da, in mobilisierender Weise den Kurs der Reichstagspolitik gegenüber Gesandten anderer Reichsstände zu erläutern und zu legitimieren, wobei aber zumeist die Fiktion aufrechterhalten wurde, es handele sich um eine Weisung, die eigentlich nur für die eigenen Reichstagsgesandten bestimmt sei. Die diesbezüglichen Praktiken des Wiener Hofes unterschieden sich nicht grundsätzlich von denen der übrigen Reichsstände. Eine weitere Sonderform waren die sogenannten Zirkularreskripte. Sie hatten stets mehrere Adressaten, nämlich entweder die eigenen Gesandten am Reichstag bzw. an den Höfen im Reich oder die Reichstagsgesandten anderer Reichsstände sowie deren Dienstherren selbst. Auch hierbei lassen sich in der österreichischen Praxis die beiden skizzierten Varianten nachweisen, nämlich zum einen geheime Zirkularreskripte, die in erster Linie der Information der Gesandten und Minister Österreichs dienten, sowie zum anderen ostensible Zirkularreskripte, die primär in meinungsbildender Absicht auf andere Reichsstände abzielten. Ausgangspunkt hierfür waren oftmals die jeweiligen Dienstherren, die – zum Teil nach vorangegangener Bitte der Reichstagsgesandten547 – entsprechende Reskipte konzipieren, drucken und zum Reichstag befördern ließen548, wo sie dann verteilt und gegebenenfalls nachgedruckt

verlören, sodass den »Widriggesinnten« unnötigerweise Gelegenheit gegeben werde, zu intrigieren. 546 Vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 26. 12. 1756, Ausf.: ebd., Berichte 99, unfol. Seydewitz kritisierte in dieser Relation, dass die Fürsten Lobkowitz und Salm, anders als die Fürsten Auersperg, Dietrichstein und Liechtenstein, noch keine Instruktionen an ihre Reichstagsgesandten hätten ergehen lassen. Vgl. hierzu auch den Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 22. 12. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 136, unfol. Als die Fürsten Auersperg und Liechtenstein gegen Ende des Krieges noch Römermonatszahlungen ausstehen hatten, deutete man gegenüber Oexle weitreichende Konsequenzen an (»suspensione a sessione et voto in comitiis«); Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 25. 1. 1762, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 111a, unfol. 547 Siehe exemplarisch die Berichte Plothos, Regensburg 18.10. und 27. 12. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 112 bzw. 123, jeweils unfol. 548 Vgl. den Vortrag Kaunitz’ für Maria Theresia, Wien 22. 9. 1756, HHStA, StK, Vorträge 79, Konv.

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wurden549. Auch hierbei gilt wiederum: Die entsprechenden Praktiken der Reichs(tags)politik des Wiener Hofes glichen weitgehend denen anderer Reichsstände550. Sehr aufschlussreich ist in diesem Kontext ein Bericht Palms an Colloredo vom 21. April 1748. Der Konkommissar schildert in diesem Schreiben die grundsätzliche Problematik der Mitteilung von Reskripten in der Gesandtschaftspraxis, und zwar gerade gegenüber Reichsständen, die man zu den »Vertrauteren« rechnete: Pflege man mit diesen keine oder nur wenig Kommunikation, so ergäben sich Beschwerden über fehlendes Vertrauen; kommuniziere man ihnen die Reskripte, so könne man sich nicht auf die Geheimhaltung verlassen551. Hierbei bewegten sich die Akteure also jeweils auf einem äußerst schmalen Grat. Eine weitere sehr wichtige Komponente im Rahmen der Bemühungen, in parteibildender Weise auf das Stimmverhalten der eigenen Anhängerschaft einzuwirken, war die einschlägige Praxis, schon im Vorfeld der Beratungen die noch abzugebenden Voten wechselseitig zu kommunizieren552. Johann Jacob Moser hat darauf, nicht ohne kritischen Unterton, explizit aufmerksam gemacht: »Ordentlicher Weise weißt Niemand zuvor, ehe ein Votum würcklich abgelegt wird, was ein Anderer im Sinn hat zu votiren; ausser, daß die Gesandte, deren Höfe, oder sie selbst, gut mit einander stehen, einander ihre Instructiones, vielleicht auch die Projecte ihrer abzulegenden Votorum, communiciren: Seit kurzem aber kommt es auf, daß, zuweilen lange zuvor, ehe eine Sach in würckliche Proposition kommt, Projecte von einem Voto eines grossen Hofes roulliren, um anderen dadurch einen Fingerzeig zu geben, daß man gerne sehen würde, wann sie sich auf eben dise Weise herausliessen.«553 Für die österreichische Reichstagspolitik war dies nichts Ungewöhnliches; zahlreiche Belege aus der Wiener Reichstagskorrespondenz ließen sich dafür anführen. Die Stoßrichtung war dabei eine doppelte: Zum einen gewährte man im Vorfeld der Deliberationen in den Reichstagskurien anderen Reichstagsgesandten vor Ort Einblick in die jeweiligen Voten der kurböhmischen und österreichischen Gesandten, um eine Richtschnur oder zumindest einen Orientierungspunkt vorzugeben554. Zum anderen versuchte man, an den reichsständischen Höfen Einfluss auf die konkrete inhaltliche Ausgestaltung

549 550 551 552 553 554

»1756 IX – XII fol. 1 – 536«, fol. 164; ein Beispiel aus den preußischen Akten: Weisung an Plotho, Berlin 23.10. 1756, Konz.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 112, unfol. Vgl. den Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 1. 10. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 136, unfol.; Bericht Plothos, Regensburg 16. 5. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 128, unfol. Zur preußischen Praxis vgl. Preussische Staatsschriften, Bd. 3, S. 75 und 209. Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 80c, unfol. Vgl. hierzu allgemein S. Friedrich, Drehscheibe, S. 142. J. J. Moser, Von denen Teutschen Reichs-Taegen, Bd. 2, S. 34. Vgl. hierzu beispielsweise den Bericht der Prinzipalkommission, Regensburg 25. 2. 1746, Kopie: HHStA, StK, DK, Regensburg, PK, Berichte 5, unfol.

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der Voten zu nehmen. Für den Münchener Hof ist diese Vorgehensweise der Hofburg sehr gut dokumentiert555. Im Idealfall kannten die Akteure des Wiener Hofes also bereits vor den jeweiligen Beratschlagungen in den Reichstagskurien einige der noch abzulegenden Voten der Reichsstände556 oder sie hatten sie sogar in Teilen oder vollständig selbst konzipiert557. Dass man preußischerseits gerade nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges vermeintliche Vorabsprachen zur Einflussnahme auf das Stimmverhalten in Regensburg heftig kritisierte558, darf nicht überdecken, dass auch andere Reichsstände so oder ähnlich verfuhren, und zwar nicht zuletzt Preußen selbst559. Es zählt zu den Eigentümlichkeiten des informellen Informationsaustausches auf dem Regensburger Parkett, dass die Gesandten auf ein ausgesprochen differenziertes Repertoire der Informationsweitergabe zurückgreifen konnten560. Dies betraf Formen der Mündlichkeit oder Schriftlichkeit der entsprechenden Kommunikation, die vollständige oder nur teilweise Mitteilung von Informationen sowie das Kriterium der Geheimhaltung. Die größtmögliche Offenheit der Informationsweitergabe an andere Reichstagsgesandte war die vollständige Kommunizierung ausgefertigter (Original-) Schreiben mit der Erlaubniserteilung, diese komplett abschreiben oder in Form einer Kopie mitnehmen zu dürfen. Die zurückhaltendste Form der Weitergabe von Informationen stellte dagegen das auszugsweise Vorlesen von Weisungen, Instruktionen, Nachrichten etc. dar, ohne dem Gegenüber dabei die Möglichkeit zu geben, diese Information durch Einsichtnahme verifizieren oder sogar abschreiben zu können. Dazwischen existierten zahlreiche Abstufungen, die von den Gesandten in subtiler Weise eingesetzt werden konnten, um den individuell beabsichtigten Zweck eines solchen Informationstransfers zu erreichen. Hierzu zählten, um einige konkrete Beispiele zu nennen, das Kommunizieren eines Schriftsatzes »in originali ad statum legendi«561, zum Teil mit gleichzeitigem Verbot, es von 555 Vgl. A. Schmid/Grypa, Berichte, Bd. 1, S. 185, 189 und 235; ebd., Bd. 2, S. 535, 684, 710 u. ö. 556 Vgl. als Fallbeispiele den Bericht Fürstenbergs und Palms an Franz I., Regensburg 4. 3. 1746, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 76b, unfol. (Einflussnahme unter Einbeziehung Linckers); Weisung an Buchenberg, Wien 19. 10. 1747, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 6, unfol.; Bericht Seilerns an Kaunitz, Regensburg 12. 10. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 26, unfol.; Ders. an Maria Theresia, Regensburg 30. 12. 1756, Ausf.: ebd., unfol. 557 Vgl. C. Weber, Politik, S. 62, Brandenburg-Ansbach betreffend. 558 J. J. Moser, Von denen Teutschen Reichs-Taegen, Bd. 2, S. 58. 559 Vgl. etwa den Bericht Plothos, Regensburg 23. 12. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 114, unfol.; vgl. auch H. Meyer, Eickstedt, S. 9; als Beispiel aus den kurmainzischen Akten vgl. das Schreiben Linckers an den Kurfürsten von Mainz, Regensburg 14. 5. 1756, Ausf.: HHStA, MEA, RTA 582, unfol. 560 Vgl. allgemein S. Friedrich, Drehscheibe, insbesondere S. 171 – 178. 561 Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 12. 10. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 98, unfol.; vgl. als Beispiel aus den kurmainzischen Akten das Schreiben Linckers an den Kurfürsten von Mainz, Regensburg 9. 6. 1756, Ausf.: HHStA, MEA, RTA 582, unfol.

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anderen Gesandten abschreiben zu lassen562 ; ferner die abschriftliche Mitteilung eines Schriftsatzes563, gegebenenfalls unter der Bedingung, ihn nicht weiterzugeben564, oder auch die Beschränkung darauf, »bey sich schicklich fügender gelegenheit mündliche eröffnung zu machen«565. Andere Reichsstände bzw. deren Reichstagsgesandte verhielten sich gegenüber den Vertretern des Wiener Hofes ebenso566. Die preußische Gesandtschaftspraxis funktionierte ganz ähnlich567. Für den Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit ist es nun von großer Bedeutung, dass die Weisungen des Wiener Hofes an die eigenen Reichstagsgesandten oftmals genaue namentliche Hinweise enthalten, welchen Reichstagsgesandten welche Informationen auf welche Art und Weise kommuniziert werden durften. Dies ist deshalb besonders wichtig, weil auf diese Weise die konkreten personellen Konturen des Konstrukts »Parthey der Gutgesinnten« greifbar werden. So wurde Buchenberg mit einem Reskript vom 16. Oktober 1748 darüber informiert, es sei so abgefasst, dass es den meisten Gesandten – außer Heringen, Pollmann, Menßhengen, Karg und Wülcknitz – vorgelesen werden könne; er solle es aber nicht austeilen, und es bestünden auch Bedenken, es abschreiben zu lassen568. Ähnlich verhielt es sich mit einer Weisung vom 14. Oktober 1752. Der österreichische Direktorialgesandte wurde darin aufgefordert, den Reichstagsgesandten den Entwurf eines Kommissionsdekrets zu lesen zu geben, mit Ausnahme von Karg, Pollmann, Menßhengen, Rothkirch, Knebel und Wülcknitz569. Lincker nahm in diesem 562 Vgl. etwa die Weisung an Buchenberg, Wien 31. 12. 1745, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 5, fol. 714. 563 Vgl. die Weisung an Seydewitz, Wien 13. 9. 1761, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 9a, unfol. 564 Vgl. die Weisung an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 14. 12. 1762, Konz.: ebd., Weisungen 9b, unfol. 565 Weisung an Seydewitz, Wien 14. 1. 1756, Konz.: ebd., Weisungen 8b, unfol. 566 Vgl. den Bericht Seilerns an Kaunitz, Regensburg 25. 6. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurbömische Gesandtschaft, Berichte 25, unfol.: Teuffel habe ihm im engsten Vertrauen Schriftsätze nicht zur Abschrift, sondern lediglich zum Durchlesen mitgeteilt. Vgl. auch Ders. an Dens., Regensburg 12. 10. 1756, Ausf.: ebd., unfol.: Von Kurtrier ist das von Lincker abzulegende Votum eingeschickt worden, aber es wurde nicht erlaubt, davon eine Abschrift anfertigen zu lassen. 567 Auch hierfür einige Beispiele: Bericht Plothos, Regensburg 12. 4. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 111, unfol. Plotho berichtete, ihm sei aus einer hiesigen ›sicheren‹ Gesandtschaftskanzlei eine Originalrelation zu Händen gekommen, in der es um die Verhinderung eines protestantischen Kaisertums Friedrichs II. gehe. Vgl. auch seinen Bericht, Regensburg 7. 4. 1757, Ausf.: ebd., Fasz. 127, unfol.: Einer der Vertrauteren, der aber nicht genannt werden möchte, habe ihm allein im engsten Vertrauen schriftlich seine Gedanken eröffnet. Siehe ferner die Fallbeispiele in Preussische Staatsschriften, Bd. 3, S. 14, 94 f., 126 f. u. ö.; Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 41. 568 Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 6, unfol. 569 Konz.: ebd., unfol. Vgl. als weitere Beispiele: Weisung an Buchenberg, Wien 25. 1. 1749, Konz.: ebd., unfol. (Buchenberg soll den Inhalt des Reskripts, mit Ausnahme von Karg, den Gesandten der geistlichen Kurfürsten und Fürsten eröffnen); Weisung an Frankenberg und Buchenberg, [Wien] sine die Juni 1750, Konz.: HHStA, RK, DA, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft,

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Zusammenhang eine Sonderstellung ein, lässt sich doch anhand der Reichstagskorrespondenz des Wiener Hofes nachweisen, dass er mitunter der einzige war, dem der Inhalt von Reskripten der Hofburg anvertraut werden durfte570. Mit dem bereits mehrfach angesprochenen Begriff Vertrauen ist eine Schlüsselkategorie angesprochen, die in doppelter Hinsicht von herausragender Bedeutung für die hier behandelten Untersuchungsgegenstände war : Vertrauen, verstanden als »gewohnheitsmäßige Erwartung, dass die Gegenseite die Interessen des Betreffenden in einer Beziehung berücksichtigen wird, möglicherweise, weil es in ihrem eigenen Interesse liegt«571, war nicht nur Conditio sine qua non für die Etablierung und Bewahrung von Klient-PatronBeziehungen, sondern gleichzeitig auch das Bindegewebe, das »Partheyen« auf dem Reichstag konstituierte und zusammenhielt. Vertrauen war also zum einen »ein Sich-Verlassen auf die Erfüllung vorgegebener sozialer Rollen«572 und zum anderen – mit Blick auf die informellen Interaktionen im Umfeld des Reichstags – Voraussetzung für Informationstransfers und Kommunikationsakte mit gruppenbildenden Wirkungen. Die Frühneuzeitforschung im Allgemeinen und die Reichstagsforschung im Besonderen haben sich dem Leitbegriff Vertrauen in jüngerer Zeit verstärkt zugewandt573. Für den hier behandelten inhaltlichen Zusammenhang erscheinen dabei zwei Aspekte als weiterführend. Vertrauen als »stabile Erwartungsgrundlage für künftiges Handeln«574 stand in der alltäglichen Regensburger Gesandtschaftspraxis im Spannungsfeld von personalem Vertrauen einerseits, das man einem anderen Gesandten auch in Phasen sich wandelnder Konstellationen und Konjunkturen individuell entgegenbrachte, und verordnetem politischen Vertrauen andererseits, das dem Gesandten seitens des heimatlichen Hofes zum Beispiel aus bündnispolitischen Erwägungen vorgegeben wurde575.

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Weisungen 2, unfol. (die Weisung könne Schneid schriftlich und mündlich eröffnet werden, ebenso den Gesandten der geistlichen Kurfürsten und Fürsten); Weisung an die Prinzipalkommission, Wien 15. 4. 1758, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8c, unfol. (die Entscheidung zur Ratifikation des Reichsgutachtens ist »geflissentlich in ostensiblen terminis verfasset«, sodass sie Teuffel und »anderen vertrauteren gesandtschafften, ohne jedoch schrifftlich etwas hinaus zu geben«, mitgeteilt werden könne). Vgl. die Weisung Maria Theresias an Frankenberg und Buchenberg, [Wien] 30. 11. 1750, Konz.: HHStA, RK, DA, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol. Reinhard, Paul V., S. 14. Zu Vertrauen als Forschungsfeld vgl. die einleitenden Ausführungen von Frevert, Vertrauen. Emich u. a., Patronageforschung, S. 242; vgl. auch ebd., S. 261, sowie Thiessen, Diplomatie und Patronage, S. 235 und 241 f., jeweils in Anknüpfung an Luhmann, Vertrauen. Vgl. Haug, Vertrauen; S. Friedrich, Drehscheibe, S. 277 – 285. Zu Vertrauen als Bestandteil historischer Netzwerkforschungen vgl. neuerdings Stark, Netzwerke. Derzeit bereitet Peter Schröder (London) eine Arbeit zum Thema »Trust – the early modern political philosophy of interstate-relations 1600 – 1713« vor. Haug, Vertrauen, S. 245 (in Anlehnung an Georg Simmel). Vgl. dazu auch S. Friedrich, Drehscheibe, S. 283.

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Insgesamt gesehen dominierte im Untersuchungszeitraum freilich das Moment der Kontinuität in der entsprechenden Wahrnehmung seitens des Wiener Hofes: Wenn von den »Vertrauteren« oder »Confidentiores« die Rede war, wusste man in aller Regel, wer damit gemeint war, nämlich die vergleichsweise fest gefügte »Parthey«, deren Akteure in anderen Zusammenhängen synonym als die »Gutgesinnten« oder »Wohlmeinenden« bezeichnet wurden576. »[…] die übelgesinnte [sind] von denen wohlgesinnten, soviel die vertraulichkeit anbetrifft, zu unterscheiden«577, liest man in der Instruktion Franz’ I. für Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis vom 25. Januar 1748. Dementsprechend missbilligend wurde es zur Kenntnis genommen, wenn bestimmte Gesandte, die man dem eigenen Lager zurechnete, häufiger vertrauten Umgang mit den »Widriggesinnten« pflegten, »so daß alle gutdenkende[n] sich offentlich daran stossen«578. Eine zweite, für das Verständnis der kommunikativen Strukturen auf dem Reichstag essenzielle Facette von Vertrauen war die enge Verbindung mit dem Problem der Geheimhaltung579. Der Aufbau und die Pflege von Vertrauen gingen oftmals einher mit der exklusiven Weitergabe von Informationen, die nicht nur als gesichert angesehen wurden580, sondern bisweilen sogar Kanälen entstammten, bei denen man ein außerordentliches Interesse an Geheimhaltung hatte, da andernfalls womöglich ein Versiegen der betreffenden Quelle drohte581. Gerade gegenüber Gesandten, die mehrere Reichstagsvoten führten, ließen die Bevollmächtigten des Wiener Hofes besondere Vorsicht walten, da jene zum Teil Dienstherren vertraten, denen man ein unterschiedliches Maß 576 Vgl. Kap. III 1 c sowie S. Friedrich, Drehscheibe, S. 252 – 262. Bisweilen wurde aber offenbar Bedarf gesehen, nähere Erläuterungen zu geben; vgl. etwa die Weisung an Frankenberg und Buchenberg, Wien 3. 6. 1749, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 1, unfol. Hier ist von den »vertrauteren« Höfen von Kurmainz, Kurtrier, Kursachsen und Kurhannover die Rede. Vgl. auch den Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 28. 9. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 136, unfol. Hier werden von den »vertrauteren« Gesandten Lincker, Ponickau, Menßhengen und Schneid namentlich hervorgehoben. Vgl. als Beispiel aus den preußischen Akten den Bericht Plothos, Regensburg 13. 6. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 130, unfol.: »Alle confidentiores, mit welchen gestern hierüber conferiret, werden hierauf ebenfalls sich die fordersamste instructiones von ihren höfen erbitten.« 577 Ausf.: HHStA, RK, PK, Instruktionen 2, unfol. 578 Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 29. 7. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 136, unfol. Gemeint war hier der französische Gesandte Mackau, der Buchenberg zufolge fast täglich mit Plotho, Rothkirch und Schwarzenau zusammentraf. 579 Ausführlich hierzu S. Friedrich, Drehscheibe, S. 504 – 515. 580 Zur Versicherung der Zuverlässigkeit übermittelter Informationen vgl. beispielshalber den Bericht Plothos, Regensburg 18. 10. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 112, unfol.: »Diese nachricht ist so sicher, daß darin nicht der geringste zweifel übrig«. Zu den in diesem Kontext geläufigen Redewendungen (von vertrauter Hand, durch einen vertrauten Kanal usw.) vgl. S. Friedrich, Drehscheibe, S. 282. 581 Vgl. die Berichte Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 8. 3. 1756 und 6. 8. 1761, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 97 bzw. 110b, jeweils unfol.

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an Vertrauen oder sogar Misstrauen entgegenbrachte582. Dies galt besonders für die Protagonisten der »Widriggesinnten«, denen man, wie im Falle Heringens, unterstellte, Informationen an Frankreich zu verkaufen583, oder die man verdächtigte, aus taktischen Gründen bewusst den Eindruck erwecken zu wollen, uneins zu sein, um dadurch an zusätzliche Informationen zu gelangen584. Die Bedeutung von Vertrauen und zuverlässigen Informationen als Bestandteile der Kommunikations- und Ressourcentauschprozesse am Reichstag wuchs in dem Moment nahezu exponenziell an, als die Ereignisspirale in Gang gesetzt wurde, die zum Siebenjährigen Krieg führte. Von diesem Zeitpunkt an gewannen diejenigen Medien, die unter dem Begriff Propaganda zu subsumieren sind585, herausragende Bedeutung für die Parteibildungsbemühungen im Reich und auf dem Reichstag. Für Österreich und Preußen sind dazu in den vergangenen Jahren wichtige Erkenntnisse erzielt worden. Zu nennen sind hierbei in erster Linie die Dissertationen von Silvia Mazura über die österreichische und preußische Propaganda in den ersten beiden Schlesischen Kriegen sowie von Manfred Schort über die österreichische, kursächsische und preußische Propaganda während des Siebenjährigen Krieges. Beide haben überzeugend dargelegt, dass die Höfe von Wien und Berlin großen Wert darauf legten, ihr Vorgehen öffentlich zu rechtfertigen586. Dies hing ganz entscheidend damit zusammen, dass sowohl die leitenden österreichischen Akteure als auch Friedrich der Große die nachhaltige Bedeutung von Öffentlichkeitsarbeit und das Potenzial der »Waffen der Publizität«587 in aller Deutlichkeit erkannten588. Im Zuge sich herausbildender, zum 582 Vgl. den Bericht Fürstenbergs und Palms an Franz I., Regensburg 18. 12. 1747, Ausf.: ebd., Berichte 79c, unfol. 583 Vgl. Dies. an Dens., Regensburg 1. 3. 1746, Ausf.: ebd., Berichte 76b, unfol. 584 Vgl. den Bericht Palms an Dens., Regensburg 6. 6. 1746, Ausf.: ebd., Berichte 76c, unfol. 585 Unter Propaganda wird im Folgenden allgemein das Ziel verstanden, »auf dem Wege der Kommunikation Einstellungen und Verhalten von Menschen zielgerichtet zu beeinflussen«; Wilke, Vorwort, S. VI; vgl. hierzu auch Schultheiß-Heinz, Propaganda, S. 253, sowie überblicksartig Tischer, Propaganda; Würgler, Medien, hier S. 129 f. zum Reichstag. Wie schwierig es ist, den Terminus Propaganda definitorisch exakt in den Griff zu bekommen, zeigt die jüngst vorgenommene Begriffsbestimmung von Klaus Malettke, die nicht weniger als neun Textzeilen umfasst; vgl. Malettke, Hegemonie, S. 75. 586 Vgl. insgesamt Mazura, Kriegspropaganda; Schort, Politik; zusammenfassend auch Ders., Publizistik. 587 In Anlehnung an Wangermann, Waffen. 588 Darüber, dass sowohl Österreich als auch Preußen im Siebenjährigen Krieg eine gesteuerte Medienpolitik betrieben, herrscht in der Forschung inzwischen Einigkeit. Vgl. hierzu die Untersuchungen zum Wienerischen Diarium, also eines offiziösen Nachrichtenorgans, von Gestrich, Das Wienerische Diarium; Ders., Kriegsberichterstattung; vgl. zudem K. Wolf, Publizistik; Welke, Gloria. Einige Beispiele aus der jüngeren Preußen-Forschung: Pompe, Kalkül; Luh, Der Große, S. 55; Frie, Friedrich II., S. 52; Füssel, Öffentlichkeit; Merziger, König. Merziger vertritt die These, die Eingriffe des preußischen Königs in die zeitgenössischen Medien hätten primär auf die europäischen Königshöfe als Adressaten gezielt; vgl. ebd., S. 211 und 222; das Reich bleibt bei dieser Argumentation allerdings außen vor. Dass sich Friedrich II.

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Teil miteinander verwobener partieller Öffentlichkeiten und der spürbaren kommunikativen Verdichtung im Reich konnte um die Mitte des 18. Jahrhunderts kaum noch übersehen werden, dass die Wirkungsmacht meinungsbildender Medien merklich anwuchs589. Holger Böning hat auf diesen Prozess, der nicht zuletzt durch die allmähliche Übernahme politischer Funktionen durch die jeweiligen Öffentlichkeiten geprägt war, nachdrücklich hingewiesen: »[…] es sei wirksamer, […] die Öffentlichkeit anzusprechen als sich an die Regierungen zu wenden, wolle man zur Verbesserung des Gemeinwesens beitragen«590, heißt es schon in einer von Böning paraphrasierten Quelle aus dem Jahr 1753. Gerade der Siebenjährige Krieg, der sowohl in der Forschung als auch von den Zeitgenossen zu Recht als »Federkrieg«591 oder »Avisen-Krieg«592 bezeichnet worden ist, wirkte hierbei wie ein Katalysator. Er produzierte aufsehenerregende Medienereignisse, wie zum Beispiel die spektakuläre Belagerung Dresdens 1760593. Die Effizienz der österreichischen und preußischen Propaganda wird in der Forschung unterschiedlich bewertet. Einerseits finden sich Urteile, die den außerordentlichen persönlichen Einsatz Friedrichs des Großen – selbst während seiner Kriegszüge594 – sowie die Wendigkeit des preußischen Vorgehens als Erfolgsursachen ansehen595. Friedrich habe als »Journalist in eigener Sache« eine »planmäßige Presse- und Informationspolitik«596 betrieben, »die Klaviatur der Propaganda virtuos beherrscht«597 und sei letztlich als »Tri-

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meisterhaft der Lenkung und Kontrolle von Medien bediente, betonen jüngst auch Pelizaeus/ Pelgen, Einführung, S. 5. Vgl. Bellingradt, Flugpublizistik, S. 227: Seit 1740 lasse sich bei den kriegführenden Parteien »ein obrigkeitlicher Deutungswille ausmachen, der sich der öffentlichen Beobachtung durch ein zahlenmäßig anwachsendes ›Publicum‹ bewusst war und das Meinungsklima amtlich oder verdeckt beeinflussen wollte.« Wichtige Beiträge zur Erforschung des Mediensystems des Alten Reiches hat in den letzten Jahren Johannes Arndt vorgelegt; vgl. J. Arndt, Bericht; Ders., Reich; Ders., Zeitung; Ders., Herrschaftskontrolle, hier S. 246 – 254 zum Reichstag; vgl. auch die Beiträge in dem Sammelband Ders./Körber (Hg.), Mediensystem. Böning, Presse, S. 460. Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 70. Die Auffassung, dass der Siebenjährige Krieg nicht zuletzt auch ein Medienkrieg war, ist schon seit längerer Zeit fester Bestandteil der Forschung; sie findet sich dementsprechend auch in neueren Überblicksdarstellungen; vgl. etwa Füssel, Krieg, S. 90 – 95. Zitiert nach Böning, Presse, S. 27; vgl. Schultheiß-Heinz, Presse, S. 134. Vgl. Rosseaux, Belagerung. Vgl. aus kulturalistischer Perspektive Füssel, Öffentlichkeit, S. 214: »Indem er [Friedrich II., d. Vf.] die öffentliche Meinung unmittelbar aus dem Feld heraus beeinflussen konnte, vermochte er, sein symbolisches Kapital der Ehre besonders schnell in ökonomisch-militärisches Kapital zu transformieren.« Vgl. besonders eindringlich Welke, Pressewesen, S. 425 und 434, sowie Ders., Gloria, S. 183. Auch Peter H. Wilson hat jüngst noch einmal ausdrücklich hervorgehoben, die preußische Propaganda im Siebenjährigen Krieg sei effektiver gewesen als die entsprechenden Bemühungen des Wiener Hofes; vgl. Wilson, Defence, S. 27. Beide Zitate bei Schultheiß-Heinz, Presse, S. 122. Schort, Politik, S. 477.

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umphator«598 aus dem Federkrieg hervorgegangen. Andererseits wurde schon von Teilen der älteren Forschung vermerkt, dass gerade die österreichische Nachrichtenpolitik vielfältiger gewesen sei als ihr preußisches Pendant: »Daß das Reich nicht wankte und wich, war vor allem ihr Werk.«599 Dies korrespondiert mit der jüngst vorgebrachten Beobachtung, dass die Argumente Österreichs (und Kursachsens) auf der Ebene der Entscheidungsträger – zumindest in der Anfangsphase des Krieges – größere Überzeugungskraft zu entfalten vermochten als die Propaganda Preußens600, wobei die Propagandabemühungen der Hofburg aufs Ganze des Krieges gesehen eher als »vergleichsweise altbacken«601 und tendenziell reaktiv charakterisiert wurden. Zweifellos begünstigte eine Reihe von strukturellen Vorteilen das Vorgehen des Wiener Hofes auf dem publizistischen Sektor. Johannes Burkhardt hat dies zuletzt noch einmal ausdrücklich betont. Man müsse, so führt er aus, berücksichtigen, »daß die diskrete Wiener Imagepolitik mit ihrem Kaiserhofbonus und die eingespielte Reichstagsöffentlichkeit über die offiziellen Medien- und Kommunikationskanäle verfügte und die öffentliche Meinung weitgehend bestimmte«602. Damit sind in der Tat wichtige Rahmenbedingungen für die nach Ausbruch des Krieges forcierten Anstrengungen der Hofburg zur Mobilisierung der eigenen Anhängerschaft angesprochen. Denn der Kaiser besaß als Reichsoberhaupt bekanntlich Rechte und Instrumente, die gezielt im Ringen um die Meinungshoheit im Reich sowie im Sinne einer Steuerung des Informationsund Nachrichtenflusses eingesetzt werden konnten. Hierzu zählten das Recht, Druckprivilegien zu erteilen, die kaiserliche Aufsicht über Buchhandel, Buchdruck und Presse mit dem Reichshofrat als oberster Überwachungsinstanz und der ihm unterstellten Kaiserlichen Bücherkommission in Frankfurt am Main als weiterem Aufsichts- und Exekutivorgan603. Als Sanktionen konnten unter anderem Verkaufs- und Vertriebsverbote, Privilegienentzug 598 599 600 601

Welke, Gloria, S. 177. Jessen, Nachrichtenpolitik, S. 661. Schort, Publizistik, S. 338. Ders., Politik, S. 477; vgl. auch die zugespitzte Schlussfolgerung ebd.: »Im Vertrauen darauf, im Recht zu sein, gab man das Heft des Handelns aus der Hand und beschränkte sich darauf, mechanisch auf die preußischen Vorgaben zu reagieren. Dies geschah nicht nur bisweilen recht behäbig, man bewies auch eine erschreckende Sturheit und Ignoranz gegenüber den Befindlichkeiten weiter Kreise. Zu allem Überfluß versuchte man, diese Defizite durch nicht mehr zeitgemäße Restriktionen zu kompensieren, mit denen allerdings eine aufgeklärte Öffentlichkeit weder nachhaltig zu beeindrucken noch verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen war.« 602 Burkhardt, Debakel, S. 308. 603 Grundlegend hierzu ist nach wie vor die Arbeit von Eisenhardt, Aufsicht; vgl. außerdem Wilke, Pressezensur ; Küster, Monarchien, S. 67 – 70; N. C. Wolf, Zensur; speziell für die Zeit des Siebenjährigen Krieges vgl. Schort, Politik, S. 243 – 264; Ders., Publizistik, S. 346 ff. Im Untersuchungszeitraum und noch darüber hinaus erwies sich vor allem das Patent Franz’ I. vom 10. 2. 1746 zum Bücher- und Pressewesen als maßgeblich; vgl. Eisenhardt, Aufsicht, S. 41 f.

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und Konfiskationen bis hin zu Verbrennungen durch den Scharfrichter604 angeordnet werden, wobei die jüngere Forschung überzeugend dargelegt hat, dass die Wirkungsmacht der genannten kaiserlichen Organe im Einflussbereich Preußens de facto recht begrenzt war605. Über die Rolle des Reichstags inmitten des »publizistischen ›perpetuum mobile‹«606, das durch ein dynamisches kommunikatives Wechselspiel von Beschuldigung und Widerlegung geprägt war, herrscht in der Forschung weitgehend Konsens: Regensburg war im Siebenjährigen Krieg ein bevorzugter Platz für den Verkauf und die Verteilung des vielgestaltigen publizistisch-propagandistischen Schrifttums, seien es Bücher, Flugblätter und -schriften, Deduktionen, Manifeste, Traktate, Nachrichten jedweder Art, ganz abgesehen von reichstagsbezogenen Schriftsätzen im engeren Sinn607. Die ganze Welt könne »alle Post-Tage erfahren […], was auf denen Teutschen Reichs-Tägen passiret«608, fasste Johann Jacob Moser die Möglichkeiten für eine wie auch immer geartete Öffentlichkeit, sich konkret über das Reichstagsgeschehen zu informieren, treffend zusammen. Die Zeit des Siebenjährigen Krieges stellte hierbei keine Ausnahme dar609. Eine Durchsicht der Reichstagskorrespondenz offenbart sehr deutlich, inwiefern die Reichstagsgesandten des Wiener Hofes an der zirkelartigen 604 Vgl. zu einem Fallbeispiel aus dem Reichstagsumfeld den Bericht Plothos, Regensburg 10. 5. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 111, unfol. Es ging dabei um den Bericht von dem dermaligen zerrütteten Zustand der Teutschen Reichs-Verfassung (erschienen s.l. 1756). Plotho zog in Erwägung, darauf zu drängen, dass diese anonyme Schrift in Regensburg durch den Scharfrichter verbrannt werde. Der Wiener Hof, der mit dieser Streitschrift vor allem beabsichtigte, den Mindermächtigen über die Veränderungen im Reich die Augen zu öffnen, hatte Buchenberg angewiesen, sie mit Vorsicht und möglichst geheim zu verbreiten. Unter allen Umständen sollte vermieden werden, dass die österreichische Provenienz der Schrift publik wurde, was aber letztlich nicht umgesetzt werden konnte, da sich offenbar ein Kopist nicht an die verordnete Geheimhaltung gehalten hatte; vgl. die Weisungen an Buchenberg, Wien 20.2., 10.3., 22.3. und 19. 4. 1756, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 7, fol. 152 – 153, 162, 166 und 170. Zum Problem der Geheimhaltung generell siehe auch den Bericht Plothos, Regensburg 20. 9. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 112, unfol. 605 So Schort, Publizistik, S. 347; vgl. zudem Wilke, Pressezensur, S. 30. Eisenhardt konstatiert insgesamt gesehen ein allmähliches Schwinden des diesbezüglichen kaiserlichen Einflusses; vgl. Eisenhardt, Aufsicht, S. 142; zur Zensur im friderizianischen Preußen vgl. neuerdings Merziger, König, S. 212 f.; Stöber, Nutzen, S. 199 und 203 f.; mit Gewinn heranzuziehen ist auch Müller-Weil, Absolutismus, S. 189 – 195. 606 Bellingradt, Flugpublizistik, S. 227. 607 Vgl. insgesamt Schort, Politik, sowie die allgemeinen Hinweise in den Aufsätzen jüngeren Datums von Härter, War, S. 220 f. und 232 f.; Ders., Diet, S. 132 ff.; Ders., Der Immerwährende Reichstag, Abs. 44 ff.; zum Regensburger Verlags- und Zeitungswesen vgl. die einführenden Darlegungen in Neubauer, Regensburg, S. 15 – 25. 608 J. J. Moser, Grund-Riß, S. 598. 609 Schon eine kursorische Bestandsaufnahme zum Gesamtvolumen des Reichstagsschrifttums in den 18 Bänden der Sammlung Teutsche Kriegs-Canzley vermag dies klar und deutlich aufzuzeigen.

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Kommunikations-Trias von Produktion, Distribution und Rezeption610 im Rahmen der Propagandaaktivitäten beteiligt waren. Drei zum Teil miteinander verbundene Rollen bzw. Funktionen treten hierbei besonders hervor: Zum einen waren die Reichstagsgesandten mitunter selbst als (anonyme) Autoren im Bereich der Publizistik tätig; zum anderen waren sie für den Transfer oder eben Nicht-Transfer von Informationen sowie für deren Filterung von maßgeblicher Bedeutung; und zum Dritten übernahmen sie bei Bedarf, nämlich gerade im Falle gezielter Provokationen, die Rolle eines publizistischen Protektors. Auf diese drei genannten Funktionen ist nun näher einzugehen. Die vielgestaltigen Tätigkeiten der Reichstagsgesandten in den Bereichen Publizistik und Propaganda sind ein Beispiel dafür, dass ihre Rolle in den Kommunikations- und Informationsprozessen in und außerhalb Regensburgs keineswegs auf Face-to-Face-Kontakte, also den traditionellen »Königsweg«611 bei der Kreierung und Pflege personaler Bindungen, reduziert war612. Reichstagsgesandte verfassten selbst Schrifttum, das am Reichstag und im Reich zirkulierte, sie akquirierten bei Bedarf geeignete Autoren, versuchten die Presse zu beeinflussen und leisteten wichtige Dienste, wenn es darum ging, die Verfasser der zumeist anonym erschienenen Werke zu identifizieren. Im Siebenjährigen Krieg traten auf österreichischer Seite der in der Staatskanzlei tätige Freiherr von Collenbach, der Reichshofrat Bori¦ und dessen Kollege, Heinrich Christian Freiherr von Senckenberg, als Verfasser von Staatsschriften und Schrifttum propagandistischer Art hervor613. Die Reichstagsgesandten des Wiener Hofes hielten sich hierbei eher zurück614. Gleichwohl wurden sie im Verlauf des Krieges wiederholt Zielscheiben preußischer Kritik. So berichtete Plotho am 27. September 1756 von einem Schriftsatz »voller gröbesten unwahrheiten und invectiven« gegen den preußischen König, wobei er nach der Lektüre nicht daran zweifelte, dass Seydewitz der Verfasser sei, weil es so sei, führte der preußische Gesandte aus, »als wenn [ich] ihn reden hörte.«615 Einen knappen Monat später zog Plotho im Zuge der Publikation einer antipreußischen Schrift sogar in Erwägung, die

610 Vgl. allgemein mit Blick auf Kommunikation und Information in der Habsburgermonarchie während des 18. Jahrhunderts Frimmel/Wögerbauer, Einleitung, hier vor allem S. 14. 611 Thiessen, Diplomatie und Patronage, S. 262. 612 Vgl. hierzu die Überlegungen Rudolf Schlögls zu Varianten von Öffentlichkeit in der Frühen Neuzeit. Schlögl unterscheidet »zum einen eine ›integrierte Öffentlichkeit‹, die zu einer Politik gehörte, die sich wesentlich performativ als Kommunikation unter Anwesenden entfaltete, zum anderen eine ausdifferenzierte, mediale Öffentlichkeit, die einer Politik entsprach, die sich von der aktenbasierten Entscheidungsproduktion bis hinauf zur zeitungsvermittelten diplomatischen Kommunikation der Höfe in den Medien der Schrift und des Druckes vollzog«; Schlögl, Politik, S. 614 f. 613 Vgl. Schort, Politik, S. 317 – 320; ebd., S. 463 f. eine Zusammenfassung der entsprechenden Praxis am Wiener Hof. 614 Vgl. ebd., S. 464. 615 Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 112, unfol.

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Gelegenheit zu nutzen, um Buchenberg »zum schrecken vieler anderer«616 vom Reichstag entfernen zu lassen. Insgesamt gesehen hielt man die »Wienerische Art zu schreiben«617 auf preußischer Seite für ausgesprochen hochtrabend und kompliziert, damit aber gleichzeitig auch für gut nachzuahmen618. Plotho selbst war in die gegen den Kaiserhof gerichtete preußische Propagandatätigkeit während des Krieges intensiv eingebunden. Teilweise verfasste er eigenständig entsprechende Schriften619, teilweise handelte er nach ausdrücklicher Aufforderung oder auch im Verbund mit dem dafür zuständigen Personal des Departements für Auswärtige Affairen (dem sogenannten Kabinettsministerium). Neben den beiden verantwortlichen Ministern Heinrich Graf von Podewils und Karl Wilhelm Graf Finck von Finckenstein trat hierbei der Sekretär und spätere Kabinettsminister Ewald Friedrich Graf von Hertzberg hervor, der zu Beginn des Krieges die wichtige Rechtfertigungsschrift »M¦moire raisonn¦« verfasste620 und später den Hubertusburger Frieden mit aushandelte. Darüber hinaus wurden vor allem der Geheime Kriegsrat Christian Rudolph Vette, im Kabinettsministerium seit 1747 für Reichsangelegenheiten zuständig, sowie der Hof- und Kammergerichtsrat Ludwig Martin Kahle wiederholt als Verfasser von Verlautbarungen und Streitschriften herangezogen621. Der preußische König selbst, der wiederholt selbst initiativ wurde, hatte Plotho bereits vor Kriegsausbruch mit Verve die Richtung vorgegeben: »Wenn […] die Oesterreicher dorten [Regensburg, d. Vf.] fanfaronnireten, so solle er wieder Fanfaronnades machen und wie jene 616 617 618 619

Bericht Plothos, Regensburg 18. 10. 1756, Ausf.: ebd., unfol. Schreiben Eichels an Finckenstein, Schönfeld 25. 9. 1758, PC 17, S. 270. Vgl. ebd.; zum »style autrichien« siehe auch ebd., S. 269. Als Beispiel aus der Schreibpraxis Plothos vgl. seinen Regensburger Bericht vom 30. 9. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 112, unfol. 620 Vgl. Hertzberg, Recueil, S. 1 – 27; Preussische Staatsschriften, Bd. 3, S. 318 – 389; Heydemann, Staats- und Flugschriften, S. 304 – 308; Schort, Politik, S. 58 – 72; Ziechmann, Encyclop¦die, S. 421 f. Seilern schätzte die Wirkung dieser Schrift zunächst fälschlicherweise als gering ein; vgl. seinen Bericht an Kaunitz, Regensburg 30. 10. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 26, unfol.; siehe zu diesem Schreiben auch Schort, Politik, S. 61 f. 621 Vgl. ebd., S. 299 – 317 (mit Hinweisen auf weitere Autoren); zum Kabinettsministerium insgesamt, zu seiner Organisation und seinem Personal vgl. Kohnke, Kabinettsministerium; Scott, Minister; Externbrink, Kommunikation, S. 168 Abbildung 2; Althoff, Geheimhaltung; zu den genannten Ministern und Räten vgl. die Biogramme bei Straubel, Handbuch, Teil 1, S. 263 f. (Finck von Finckenstein), 415 (Hertzberg), 469 (Kahle) sowie ebd., Teil 2, S. 744 f. (Podewils) und 1045 (Vette); zu Podewils vgl. zudem Hentig, Podewils; Ziechmann, Encyclop¦die, S. 492 f.; zu Finckenstein und Hertzberg liegen neben neueren biografischen Artikeln (vgl. Dohna, Finckenstein; Skalweit, Hertzberg; Ziechmann, Encyclop¦die, S. 193 f. bzw. 279 f.) auch Einzelstudien vor ; vgl. A. Th. Preuß, Hertzberg; Klueting, Hertzberg, und Wallis, Finckenstein; zum Wirken Hertzbergs vgl. zudem die Schriftensammlung Hertzberg, Recueil; zur Tätigkeit Vettes und Kahles siehe Schort, Politik, S. 310 ff., sowie jüngst die Ausführungen über eine Schrift Kahles bei Pörtner, Subject, S. 82.

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grosssprechen, damit das Public nicht glaube, noch die Impression bekomme, als liesse man sich intimidiren.«622 Besonders aktiv war Plotho im Bereich der Distribution propreußischer Streitschriften. Hierbei traten zwei bevorzugte Mittel hervor. Zum einen unterhielt er in seinem Quartier eine kleine Druckerei und Vertriebsstelle, wo er Druckschriften verkaufte623. Die Reichstagsgesandten Österreichs verfolgten dies mit großem Argwohn, und zwar gerade deswegen, weil die Käuferschaft nicht auf die Gesandten und deren personelles Umfeld beschränkt blieb624. Zum anderen wurde Plotho nicht müde, den Verkauf antipreußischer Schriften zu unterbinden, indem er Druck auf den Magistrat der Stadt ausübte625, und im Gegenzug preußisch gefärbte Schriften und Nachrichten in den Gesandtschaftsunterkünften (»ad aedes legatorum«) verteilen zu lassen. Ein aufschlussreicher Indikator für die Rekonstruktion der personellen Konstellationen und »Partheyen« sind in diesem Zusammenhang seine Vermerke, ob die Schriften angenommen wurden und welche Gesandtschaften die Annahme verweigerten626. Plotho selbst hielt die gezielte Verteilung von Schriftsätzen, die auf das »Publicum«627 abzielten, in den Gesandtenquartieren für nützlich, da sie seiner Ansicht nach auf diesem Wege eher rezipiert würden als zur Diktatur gebrachte Protokolle, die nur von wenigen gelesen und von den Gesandtschaften überdies zum Teil unvollständig verschickt würden628. Auch Übersetzungen regte der preußische Gesandte an629.

622 Schreiben Eichels an Finckenstein, Berlin 10. 6. 1756, PC 12, S. 398; vgl. Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 60; M. Koch, Reichstag, S. 12. 623 Vgl. Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 53 u. ö.; Ders., Kursachsen, S. 199; M. Koch, Reichstag, S. 27. Zur Größenordnung der gedruckten und verteilten Exemplare vgl. Plothos Bericht, Regensburg 4. 10. 1756 (Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 79 Fasz. 112, unfol.), in dem der Gesandte die Auflage eines von ihm zum Druck gegebenen und »ad aedes legatorum« verteilten Promemoria auf 4.000 beziffert. Üblich waren Auflagenhöhen von einigen hundert Exemplaren, wobei die Gesandtschaften vor Ort in Regensburg ca. 300 bis 400 Exemplare benötigten; vgl. zusammenfassend Schort, Politik, S. 466 f. 624 Vgl. den Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 29. 10. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 136, unfol. 625 Vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 16. 10. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 98, unfol. 626 Vgl. die Berichte Plothos, Regensburg 27. 1. 1757 (Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 124, unfol.: Karg, Saurau und Franz Anton Freiherr von Jodoci, Reichstagsgesandter des Bistums Passaus und der gefürsteten Abtei Kempten, schicken ein verteiltes Promemoria wieder zurück), 6. 2. 1757 (Ausf.: ebd., Fasz. 125, unfol.: Alle katholischen Gesandtschaften haben ein verteiltes Promemoria »brusquement« zurückgeschickt), 10. 2. 1757 (Ausf.: ebd.: Nur Fechenbach hat einen Schriftsatz nicht angenommen) sowie 17. 3. 1757 (Ausf.: ebd., Fasz. 127, unfol.: Alle Gesandtschaften haben eine verteilte Schrift angenommen; die katholischen Gesandtschaften haben sogar noch mehrere Exemplare zusätzlich geholt). 627 Zur Begriffserläuterung vgl. mit Blick auf die Grundlagen der Propaganda im Siebenjährigen Krieg die einleitenden Ausführungen von Schort, Politik, S. 29 – 40. 628 Bericht Plothos, Regensburg 9. 2. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 125, unfol.; vgl. Schort, Politik, S. 131 Anm. 268.

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Auf österreichischer Seite war man sehr darum bemüht, Plotho entgegenzuwirken630, der selbst vor dem »Tabubruch«631 eines Publikmachens der Reichstagsdeliberationen nicht haltmachte. Man bemerkte mit Sorge, dass die »auf erregung schädlichen mißtrauens abzielenden schrifften« Preußens mit ihren »eckelhafften wiederholungen«632 durchaus Wirkung erzielten. Zeitweise suchte der Wiener Hof händeringend eine »catholische feder«633, die mit Erfolg gegen Preußen anzuschreiben vermochte, und verwandte nicht wenig Mühe darauf, die Verfasser anonymer Streitschriften zu identifizieren634. Auch zögerten die Reichstagsgesandten nicht, hart gegen diejenigen vorzugehen, die sich mit dem heimlichen Verkauf preußischer Pasquille strafbar machten. Überliefert ist der Fall des Regensburgers Karl Albrecht Schmidt, der auf Betreiben Seydewitz’ nach achttägiger Gefängnisstrafe eine Stunde lang öffentlich zur Schau gestellt wurde, wobei ihm ein Zettel mit der Aufschrift »Pasquillen Händler« angehängt wurde635. Über die allgemeinen Prinzipien, nach denen man solche Fälle zu beurteilen habe, räsonierte Palm in einem Bericht an Colloredo vom 27. März 1747: Menßhengen, Heringen, Wülcknitz, Schwarzenau und Stingelheim hätten, so führte der Konkommissar aus, »einige scripta auf ihre gefahr drucken und distribuiren lassen, welches keinem reichstagsgesandten verwehret werden kan, es seye dann, daß das scriptum eine offenbahre grobe anzüglichkeit gegen das allerhöchste reichsoberhaupt, gegen des gesambten Reichs und dessen hohen mitgliederen ehre und respect, oder ein schwehre schmähung gegen die im Reich authorisirte glaubensbekantnußen, oder gegen constitutiones Imperii enthielte«; in solchen Fällen könne der Kaiser als »supremus custos et executor legum« eingreifen. Die Dinge auf dem Reichstag seien so beschaffen, dass man Ursache habe, alles zu vermeiden, was Weitläufigkeiten nach sich 629 Vgl. die Berichte Plothos, Regensburg 17.3. und 26. 4. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 127, jeweils unfol. 630 Vgl. hierzu Plothos Einschätzung, man wolle ihn »inhabil« machen, in seinem Regensburger Bericht vom 28. 2. 1757, Ausf.: ebd., Fasz. 125, unfol. 631 Schort, Politik, S. 314. 632 So Seilern in seinem Bericht an Kaunitz, Regensburg 14. 12. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 26, unfol. 633 Weisung an Buchenberg, Wien 24. 6. 1756, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol. In Aussicht gestellt wurden 50 – 100 Dukaten. 634 Vgl. etwa die Weisung Colloredos an Ramschwag, Wien 26. 12. 1756, Ausf.: HHStA, RK, DA, Reich, Weisungen 16, unfol. Als weiteres Beispiel, das zudem hinsichtlich der konkreten Wiener Wahrnehmung des Stellenwerts der Reichs(tags)politik am Berliner Hof besonders bemerkenswert ist, sei hier der Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 7. 7. 1753 (Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 89c, unfol.), genannt. Der Konkommissar berichtete, es sei nicht daran zu zweifeln, dass Pollmann der Autor eines Druckwerks sei, »indeme sie zu Berlin keinen einigen ministrum haben, welcher eine hinlängliche wissenschafft und erfahrnus in reichsund comitialsachen hätte, oder ein dergleichen verdräheten auffsatz machen könnte, dahero dann auch bemeldte comitialia daselbst […] wenig oder nichts geachtet werden.« 635 Vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 5. 10. 1758, Ausf.: ebd., Berichte 105, unfol.; Schort, Politik, S. 267.

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ziehen könnte, da öffentliche, scharfe Maßnahmen »die widrige faction nur desto mehrers vereiniget und zu gemeinsahmer hilffreichung verbindet, wohingegen öffters nutzlich gewesen, wann durch besseren begriff eines oder des andern subjecti die faction getrennet und geschwächet werden können«636. Hier werden die komplexen Wechselwirkungen zwischen der Funktion des Reichsoberhauptes als Schutzherr, der von Palm postulierten zwingenden Erfordernis, das Ansehen von Kaiser und Reich zu bewahren, sowie den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen in puncto Parteibildung deutlich erkennbar. Der Konkommissar hatte sehr wohl erkannt, auf welch dünnem Eis man sich bewegte, wenn es galt, sich im Widerstreit mit der preußenfreundlichen »Parthey« zu behaupten. Der Siebenjährige Krieg stellte insofern aus Wiener Sicht eine Vereinfachung dieser Problematik dar, als die Erklärung des Reichskrieges gegen den preußischen König den Reichstagsgesandten Österreichs zusätzliche Handlungsspielräume eröffnete und sie von dem geschilderten Korsett erforderlicher Zurückhaltung ein gutes Stück befreite. Dies änderte freilich nichts daran, dass die Verfasser antipreußischer Propagandaschriften bzw. deren Pamphlete gegebenenfalls von den Reichstagsgesandten protegiert werden mussten. Dies scheint schon vor dem Siebenjährigen Krieg gängige Praxis gewesen zu sein, und zwar auch auf preußischer Seite637. Nach Ausbruch des Krieges wurden solche Maßnahmen aber noch dringlicher, wie das Beispiel des Regensburger Gymnasialdirektors Johann Heinrich Drümel zeigt. Seydewitz hatte nach einer Unterredung mit Buchenberg und Lincker vorgeschlagen, Drümel aufgrund seiner Kenntnisse »in unserem Teutschen iure publico« und seiner Erfahrungen als Verfasser von Deduktionen mit der Abfassung einer Streitschrift zu beauftragen und ihm zugleich ausdrücklich Protektion vor möglichen Verfolgungen zuzusichern: »[…] diesem mann kann mann eine dergleichen wichtige ausarbeitung unter gesicherten unpartheyischen beyfall gegen versprechung einer guten, von allerhöchsten orth zu erhaltenden douceur, besonders aber der allergnädigst und werckthätig zu genießenden protection, im fall er darüber entweder von seiner protestantischen obrigkeit, oder von anderen orthen angefeindet und verfolget werden solte, zuverläßig anvertrauen«638. Eine Trumpfkarte, über die der Wiener Hof – nicht nur in diesem Zusammenhang – verfügte, ist bisher noch nicht angesprochen worden: die Stellung Alexander Ferdinands von Thurn und Taxis als Generalerbpost636 Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 78b, unfol. 637 Vgl. die Weisung Franz’ I. an Puebla, Wien 29. 10. 1755, Ausf.: HHStA, RK, DA, Berlin, Weisungen 5d, unfol. Vgl. auch den Bericht Plothos, Regensburg 14. 10. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 112, unfol. Plotho berichtete, Buchenberg habe eine kürzlich zum Vorschein gekommenen Schmäh- und Lästerschrift gegen den preußischen König in Protektion genommen. 638 Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 20. 8. 1761, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 110b, unfol.; vgl. Schort, Politik, S. 195 – 198; zu Drümel vgl. ferner ebd., S. 115 Anm. 242 sowie S. 354 f.

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meister. Auf drängende Aufforderung Colloredos zu Anfang Oktober 1756, »alljenes, was zur weiteren Empörung, Zerrüttung der Reichsverfassung und Uneinigkeit zwischen Haupt und Gliedern, dann deren Gliedern unter sich, bald unter dem Vorwand der Religion, bald unter andern sträflichen Erdichtungen den Weg bahnen kann«639, nicht mehr zu befördern, hatte der Fürst entsprechende antipreußische Sanktionen ergehen lassen. Das Vorgehen Alexander Ferdinands, der hier offenbar eine Gelegenheit gekommen sah, im Verbund mit dem Wiener Hof vom militärischen Vorgehen gegen Preußen zu profitieren640, war insofern besonders fragwürdig, als er erst 1755 einen Postvertrag mit Friedrich dem Großen abgeschlossen hatte. Zudem war das Verhalten des Fürsten rechtlich anfechtbar, da er sich in den preußischen Provinzen auf eine Autorisierung durch Maria Theresia als neue Landesherrin berief, woraufhin Plotho, der hinsichtlich der Übersendung seiner Post recht bald Unregelmäßigkeiten befürchtete641, am Reichstag mit einem Promemoria darlegte, dass nur der Kaiser den Fürsten zu einem solchen Vorgehen autorisieren könne642. Was folgte, waren preußische Drohungen und Repressalien gegenüber dem Fürsten, der aber, wie Seilern Ende Januar 1757 Maria Theresia mit Zuversicht berichtete, in dieser Frage standhaft bleibe643. Dass das Vorgehen des Generalerbpostmeisters auch im weiteren Verlauf des Krieges von den Gegnern Österreichs argwöhnisch beobachtet wurde, zeigen die von Hannover ins Feld geführten Vorwürfe an die Adresse des Fürsten, die unter anderem mit dem ebenso anschaulichen wie bezeichnenden Bild einer Universalpostmonarchie644 versehen waren, um sein Vorgehen zu diskreditieren. Insgesamt gesehen vermochten es die ergriffenen Maßnahmen Alexander Ferdinands nicht, Preußen langfristig substanziell zu schaden, was unter anderem daran lag, dass die norddeutschen Reichsstände schon seit längerer Zeit über eigene Postorganisationen verfügten645. Was vorerst blieb, war ein gehöriges Maß an gegenseitigem Misstrauen. Bilanzierend wird man die Vehemenz, mit der sich beide Seiten auf pu639 Schreiben Colloredos an den Fürsten von Thurn und Taxis vom 5. 10. 1756, zitiert nach: Preussische Staatsschriften, Bd. 3, S. 523; vgl. auch ebd., S. 334; Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 53; Schort, Politik, S. 204 f.; Ders., Publizistik, S. 346 Anm. 42. 640 Vgl. aus der älteren Literatur Stephan, Geschichte, S. 247 – 257 (mit sehr deutlicher propreußischer Einstellung), sowie aus neuerer Zeit Carl, Okkupation, S. 119; G. North, Post, S. 638; Schort, Politik, S. 205 f. 641 Vgl. die Berichte Plothos, PS Regensburg 22.11. und PS 13. 12. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 113 bzw. 114, jeweils unfol. 642 Zu den rechtlichen Hintergründen vgl. Wilke, Pressezensur, S. 39; Carl, Okkupation, S. 119 f. 643 Vgl. den Bericht Seilerns, Regensburg 29. 1. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 27, unfol. 644 Vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 24. 5. 1760, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 108b, unfol. Zur Universalmonarchie als Leitbegriff in der Frühen Neuzeit ist nach wie vor grundlegend Bosbach, Monarchia. 645 Vgl. zusammenfassend Schort, Politik, S. 476.

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blizistisch-propagandistischer Ebene bekämpften, sowie die nicht zu unterschätzende Bedeutung der vielgestaltigen Angriffe auf die Integrität des Reiches seitens der preußenfreundlichen Publizistik akzentuieren müssen. Die Kluft zwischen der 1761 auf preußisches Betreiben in kommentierter deutscher Übersetzung neu aufgelegten, berühmt-berüchtigten antikaiserlichen Fundamentalkritik des Hippolithus a Lapide (Bogislaw Philipp von Chemnitz) einerseits und der 1759 erschienenen polarisierenden Streitschrift des Fürstabtes von St. Emmeram, Johann Baptist Kraus, der den Protestanten das Recht auf itio in partes bestritt646, andererseits war von solch grundsätzlicher Natur, dass es vor diesem Hintergrund in der Tat nicht selbstverständlich war, dass Franz I. die Integrität des Reichsverbandes letztlich noch zu bewahren vermochte647. Dies sollte man – bei aller Berechtigung, die zum Teil übervorsichtige und oftmals auf das Vermeiden von Misstrauen im Reich ausgerichtete Art seines Regierens herauszustellen648 – im Rahmen einer Gesamtwürdigung seines Wirkens als Reichsoberhaupt stets beachten. Für das Mit-, Neben- und Gegeneinander der österreichischen und der preußischen »Parthey« hatte der Ausbruch des Siebenjährigen Krieges und der daraus hervorgehende ›Federkrieg‹ auf jeden Fall zäsurähnlichen Charakter. Denn der sich verhärtende Dualismus der beiden Vormächte im Gefüge des Reiches hatte einerseits integrierende Wirkung innerhalb der beiden »Partheyen«, deren Konturen sich zusehends verfestigten. Andererseits resultierten aus der Konfliktverschärfung politische und konfessionelle Differenzerfahrungen zwischen den Akteuren beider Lager, welche die Wiedererlangung eines Modus vivendi zweifelsohne erschwerten. Welche Mittel der Wiener Hof im Einzelnen aufbot, um sich im Reich und besonders in der Regensburger Arena zu behaupten, wird im Folgenden näher dargelegt.

646 Zur St. Emmeramer Schrift vgl. Brabant, Kampf, Bd. 3, S. 90 – 103; M. Koch, Reichstag, S. 96 ff. und 103 f.; Schort, Politik, S. 163 – 168, hier S. 168 der Hinweis auf die Kontraproduktivität der Schrift: »Offensichtlich konnte Kraus nicht begreifen, daß er der Sache des Kaisers mit seinem extremen katholischen Standpunkt, der die Tatsache verkannte, daß das Verhältnis der Konfessionen auch nach 1648 einem Wandel unterworfen war und daß Begriffe ihre Inhalte ändern können, einen Bärendienst erwies, indem er zur Zementierung der konfessionellen Blockbildung am Reichstag beitrug. Allerdings hatten politische Ungeschicklichkeiten des Wiener Hofes wie der Versuch, den Protestanten ihr Recht zu bestreiten, in politischen Angelegenheiten in partes zu gehen, erst zu dieser Blockbildung geführt.« – Zur Entstehungsgeschichte und Wirkung der preußischerseits noch 1745 förmlich herbeigesehnten (vgl. PC 4, S. 189) Schrift Chemnitz’ vgl. ausführlich Burgdorf, Reichskonstitution, S. 131 – 183; ebd., S. 177 der Hinweis auf die reichszersetzende Kraft der antikaiserlichen Publizistik im Zeitraum von 1740 bis 1763; zusammenfassend zur Schrift Chemnitz’ auch Ders., Diskurs, S. 94. 647 Vgl. Ders., Reichskonstitution, S. 178. 648 Vgl. Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 33; Gnant, Franz Stephan, S. 127.

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d) Die Ressourcen: Arten, Transaktionen und Akteure Ressourcen als Themengebiet historischer Forschungen sind nicht erst seit kurzem en vogue – »Ressourcen-Konflikte« lautete das Motto des 49. Deutschen Historikertags649 –, sondern sie sind schon seit längerem ein Areal, das sich wachsender Beliebtheit in der Geschichtswissenschaft erfreut. Dies gilt in besonderem Maße für einen thematischen Bereich, der für den Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit von zentraler Bedeutung ist: die Klientel- und Patronageforschung. Im deutschsprachigen Raum haben bekanntlich gerade die einschlägigen Untersuchungen Wolfgang Reinhards sowie die Arbeiten seiner Schülerinnen und Schüler wichtige Beiträge geliefert, um zu einem besseren Verständnis der Determinanten und Logiken frühneuzeitlicher Sozialbeziehungen zu gelangen. In den nachfolgenden Ausführungen werden wesentliche Parameter der Studien der ReinhardSchule aufgenommen und für die in dieser Arbeit verfolgten Fragestellungen zum Ressourceneinsatz der reichspolitischen Akteure des Wiener Hofes nutzbar gemacht. Hierbei wird, wie einführend erwähnt, ein vergleichsweise weitgefasstes Ressourcenverständnis zugrunde gelegt650. Die entsprechenden Anknüpfungen an Reinhard betreffen zunächst einmal seine klassische, ursprüngliche Unterscheidung von vier Hauptformen der Beziehungen zwischen Personen in der Frühen Neuzeit: Verwandtschaft, Landsmannschaft, Freundschaft und Patronage. Sie können allerdings nicht immer trennscharf differenziert werden, da sie auch in Mischformen auftraten651. Die zweite fundamentale Unterscheidung Reinhards, die im Folgenden Berücksichtigung findet, ist die Differenzierung in (1.) »ruhende Beziehungen potentieller Solidarität« (vor allem Verwandtschaft, Landsmannschaft und Freundschaft) und in (2.) »aktive Beziehungen aktueller Interaktion« (unter anderem Nepotismus und Patronage). Hierbei nimmt Reinhard noch eine weitere Unterscheidung vor und stellt zusätzlich »zugeschriebene Solidarität« (zum Beispiel ›natürliche‹ Verwandtschaft und Landsmannschaft) und »erworbene Solidarität« (zum Beispiel ›künstliche‹ Verwandtschaft, etwa durch Verschwägerung und Patenschaft, oder auch Freundschaft) gegenüber. 649 Abstracts zu den Referaten der Sektionen, die vorrangig der Frühen Neuzeit gewidmet waren, finden sich unter http://www.historikertag.de/Mainz2012/fileadmin/user_upload/Abstracts/ Frühe_Neuzeit.pdf. 650 Vgl. Kap. I 2 sowie Kap. III 1 b; siehe auch Pecˇar, Ökonomie, S. 20: »Sozialbeziehungen und kulturelle Techniken des Umgangs lassen sich aber nur dann unter dem Begriff der Ressourcen subsumieren, wenn man den Ressourcenbegriff nicht ökonomisch verengt, sondern ihn auch auf Bereiche ausdehnt, die Bourdieu mit den Kategorien des sozialen und des kulturellen Kapitals zusammengefaßt hat.« 651 Vgl. hierzu und zum Folgenden die systematischen Darlegungen Reinhards in seiner großen Synthese, in der er seine jahrzehntelangen Forschungen unter Einbeziehung der von seinen Schülerinnen und Schülern erzielten Ergebnisse gebündelt hat: Reinhard, Paul V., hier insbesondere S. 15 f.

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Schließlich wird auch die dritte prinzipielle Differenzierung Reinhards appliziert, nämlich diejenige von einerseits vertikalen Beziehungen (wie im Falle von Patron-Klient-Beziehungen mit ungleichgewichtigen Transaktionen) und andererseits horizontalen Beziehungen (wie im Falle von Freundschaft mit gleichgewichtigen Transaktionen). Auf Grundlage dieses analytischen Instrumentariums gilt es nun den Ressourceneinsatz im Rahmen der Reichstagspolitik Österreichs zu konkretisieren. Netzwerkanalytisch gesehen handelt es sich dabei um eine Untersuchung von Transaktionen entlang von Kanten (Beziehungen), die ihrerseits Knoten (Personen) verbinden652. Im Zentrum stehen mikropolitische, personenorientierte Praktiken als fundamentale Bestandteile von Patron-KlientBeziehungen, die Einbindung dieser Praktiken in die frühneuzeitliche Kultur des Gabentausches653 und ihr Verhältnis zur Makropolitik, welche im Unterschied zu Mikropolitik laut Reinhard institutionengebunden und »auf gemeinsame, am Gemeinwohl orientierte Ziele des gesamten Gemeinwesens«654 ausgerichtet war. Gewählt wird im Folgenden ein akteurszentrierter Zugriff, der den strukturellen Faktoren der Reziprozität und Asymmetrie in den untersuchten personalen Bindungen Rechnung trägt. Ausgangspunkt ist dabei die Überzeugung, dass der Immerwährende Reichstag – also im ›makropolitischen‹ Sinne Reinhards eine Institution, die, bei aller Wirkungsmacht der dort verfolgten partikularen Interessen, grundsätzlich dem Wohl des Reichsganzen verpflichtet war – nicht zuletzt als Umschlagplatz für Ressourcen unterschiedlichster Art verstanden werden muss. Eine wichtige, wenn nicht sogar die wichtigste Determinante, die es bei Ressourcentransfers im Kontext des Reichstags zu beachten gilt, war die bereits angedeutete charakteristische Rollenpluralität der Akteure655. Hillard von Thiessen hat auf letztere in einem anderen, auf das Wirken der Reichstagsgesandten gleichwohl übertragbaren Kontext jüngst noch einmal mit Bestimmtheit hingewiesen: »Höflinge und Mitglieder fürstlicher Regierungen und Verwaltungsapparate sollen aber nicht a priori als Staatsdiener, sondern in ihrer Rollenvielfalt als Angehörige von Verwandtschafts- und Klientelverbänden, als Landsleute, Freunde und Fürstendiener untersucht werden. Fürstendienst ist also nur eine unter den Rollen der Akteure; sie waren einer Vielzahl von sozialen Gruppen verpflichtet.«656 Dass aus Rollenvielfalt Rol-

652 Vgl. ebd., S. 9 – 12. 653 Referenzwerk der Gabentauschtheorie ist immer noch Mauss, Gabe; einen guten allgemeinen Zugriff ermöglicht Kirner, Politik, hier S. 171 speziell zum Gabentausch; zu Patronage aus austauschtheoretischer Sicht vgl. auch A. Klein, Regeln, S. 24 – 28. Reinhard bevorzugt statt »Gabentausch« die allgemeinere Formulierung »gegenseitige[r] Austausch von Leistungen«; Reinhard, Paul V., S. 17. 654 Ebd., S. 535. 655 Vgl. Kap. II 3 und III 2 b. 656 Thiessen, Diplomatie und Patronage, S. 28; vgl. auch die konzisen Ausführungen in Emich u. a.,

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lenkonflikte entstehen konnten, ist zwar ein Gemeinplatz, aber zugleich doch ein ganz wesentlicher Umstand, der das jeweilige Verhalten der Akteure in Prozessen des Ressourcentransfers erklären hilft und erkennen lässt, wie sie mit entstehenden Spannungen umgingen, die aus ihren divergierenden Rollen resultierten. Die Geschichte der Prinzipalkommissare, um hier ein konkretes Beispiel zu nennen, ist aufgrund von deren Doppelrolle als regierende Reichsfürsten und Vertreter des Kaisers voll von entsprechenden Konflikten. Eine weitere Determinante der Ressourcentransfers war das Strukturphänomen der Reziprozität in fortlaufenden Gabentauschbeziehungen nach dem Prinzip »eine Hand wäscht die andere« (manus manum lavat). Typisch für Patron-Klient-Beziehungen, die stets vertikalen, asymmetrischen Charakter hatten, waren dabei der Leistungsvorsprung des jeweiligen Patrons – die Gegenleistungen des Klienten konnten nie den Wert der durch den Patron erbrachten Leistungen erreichen –, ferner die zeitliche Diskrepanz zwischen Leistungen und Gegenleistungen sowie die wechselseitige Verpflichtung für beide Seiten, die aus ihren sozialen Rollen und deren Normen herrührenden Funktionen tatsächlich zu erfüllen. Die jüngere Forschung bezeichnet den letztgenannten Aspekt frühneuzeitlicher Patronagekultur als »Ethos der Patronage«657. Eine Untersuchung von Ressourcentransfers im Umfeld des Immerwährenden Reichstags erscheint gerade deshalb besonders ergiebig, da sie einen gewichtigen Beitrag zu der Frage nach den politischen, sozialen, ökonomischen und kulturellen Rahmenbedingungen sowie den Bestimmungsfaktoren für das Handeln der Akteure in- und außerhalb von Regensburg leisten kann. Ein genereller Blick auf die Lebensumstände der Reichstagsgesandten vermag dies zu veranschaulichen. Sie waren »gering an Zahl, schlecht besoldet, oft abwesend und von Dritten politisch beeinflussbar. Das eine bedingte das andere.«658 Mehrfachbesoldungen durch die Vertretung mehrerer Voten konnten bestehende materielle Nöte teilweise beseitigen. Sie änderten aber

Patronageforschung, S. 253; siehe darüber hinaus die sehr reflektierten Ausführungen von Köhler, Strategie, S. 160 – 172. 657 So Thiessen, Diplomatie und Patronage, S. 31 u. ö.; treffend dazu zuletzt Emich, Staatsbildung und Klientel, S. 44: »Es ging um Pflichterfüllung, und das auf beiden Seiten. Die klientelären Zusagen galten verbindlich, und sie sollten verlässlich sein. Patron wie Klient folgten sozialen Normen, Regelverstöße wurden geahndet. Wenn ein Klient ob mit oder ohne Amt seinen Dienstpflichten nicht nachkam, musste er sich auf die Frage gefasst machen, warum er solche Fehler gegenüber den Patronen begehe. Überdies konnten Klienten auf der Suche nach einem neuen Netzwerk nicht davon ausgehen, dass ihnen der Bruch mit dem bisherigen Patron unbesehen abgenommen und ihre Verleugnung des alten Dienstverhältnisses positiv ausgelegt werden würde. Und schließlich mussten sich auch Patrone an ihre Pflichten zur klientelären Rundumbetreuung der Gefolgsleute erinnern lassen.« Vgl. neuerdings noch einmal zusammenfassend Thiessen, Vertrauen, S. 23. Wenn die genannten Prinzipien in der Praxis umgesetzt wurden, entstand Vertrauen; vgl. Ders., Diplomatie und Patronage, S. 431. 658 Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 259.

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zumeist nichts daran, dass die Gesandten oftmals an den Grenzen ihrer finanziellen Belastbarkeit agierten, wenn nicht sogar deutlich darüber hinaus. In besonderem Maße betroffen vom Ressourcenerwerb und -transfer waren bekanntlich Familienbeziehungen und -politik. Verwandtschaft, von der Netzwerkforschung unisono als »harter Kern von Kommunikations- und von Klientelsystemen«659 angesehen, war einer der entscheidenden Bezugspunkte des Handelns der Reichstagsgesandten, wohl noch stärker als Freundschaft660 und Landsmannschaft661. Die Existenz regelrechter Gesandtendynastien, wie zum Beispiel die Familie Thurn und Taxis, und das Phänomen des Gesandtennepotismus vermögen dies anschaulich zu verdeutlichen662. Zur Heiratspraxis der Reichstagsgesandten hat Lupold von Lehsten in seiner prosopografisch angelegten Dissertation über die hessischen Gesandten wichtige Befunde erzielt. Generell lässt sich konstatieren, dass es eine vergleichsweise große Zahl an unverheirateten Gesandten gab – der Konkommissar Seydewitz ist hierfür ein Beispiel –, was wohl nicht zuletzt auf die 659 Reinhard, Paul V., S. 83. Zur Diskussion über die Frage, ob und inwiefern zwischen Verwandtschaftsverhältnissen und Patronagebeziehungen qualitative Unterschiede bestanden, vgl. die überzeugende Positionierung in Thiessen, Diplomatie und Patronage, S. 32 f. mit Anm. 81. In Auseinandersetzung mit den Arbeiten Heiko Drostes plädiert Hillard von Thiessen dafür, in Bezug auf Familien- und Klientelverbände davon auszugehen, dass sie »von vergleichbaren sozialen Normen und Handlungsweisen zusammengehalten wurden, auch wenn die Familienbindung die tendenziell festere war«; ebd., S. 33. 660 Zum Freundschaftsbegriff und -diskurs in der Frühen Neuzeit vgl. im Sinne einer Auswahl wichtiger Arbeiten: Noflatscher, Freundschaft; Kettering, Friendship; Oschema (Hg.), Freundschaft; Asch, Freundschaft; Grüne, Freundschaft; Oschema/Thiessen, Freundschaft; Luh, Freundschaften; vgl. die geeignete Begriffsbestimmung Oschema/Thiessen, Freundschaft, S. 48: »›Freundschaft‹ bezeichnet einen Verhaltenskodex für Kommunikationsbeziehungen wechselseitigen und auf einen längeren Zeitraum gerichteten, mehr oder weniger stark ausgeprägten Vertrauens.« Wenn vonseiten des Patrons häufiger von Freundschaft die Rede war, konnte dies eine Umschreibung für ein klienteläres Abhängigkeitsverhältnis sein; vgl. Kettering, Friendship, S. 142; Dies., Patronage in Early Modern France, S. 849, sowie jüngst noch einmal Oschema/Thiessen, Freundschaft, S. 48 f. Auch in den wechselseitigen Beziehungen regierender Oberhäupter ist die Unterscheidung zwischen gleichberechtigt-horizontaler Freundschaft ›auf Augenhöhe‹ und ungleichgewichtig-vertikaler Klientelbeziehung (im Sinne der Reinhard-Schule) zu beachten; vgl. exemplarisch Wieland, Fürsten, S. 20. Im 18. Jahrhundert wandelte sich die Bedeutung (politischer) Freundschaft hin zu einem »eher privaten Freundschaftsideal, das auf Intimität und Seelenverwandtschaft setzte und nicht auf politische Loyalität und gegenseitige Unterstützung bei der Durchsetzung von Interessen«; Asch/Emich/ Engels, Einleitung, S. 29; vgl. auch Asch, Freundschaft. In den untersuchten Quellen aus dem Reichstagsumfeld vorzufindende Umschreibungen wie »freundschafftliche bezaigung« (Weisung an Seydewitz, Wien 24. 7. 1755, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a, unfol.) markierten typischerweise einen Ressourceneinsatz zur gezielten Gewinnung einer Person. 661 Dass gemeinsame regionale Herkunft keineswegs ein Garant einvernehmlicher Beziehungen war, sondern durchaus auch Konfliktpotenzial aufweisen konnte, etwa wenn es um Ressourcenkonflikte ging, zeigt das Beispiel der Reichstagsgesandten Pfau und Wülcknitz; vgl. Kap. V. 662 Vgl. insgesamt Fürnrohr, Gesandtennepotismus, sowie allgemein Emich, Nepotismus; zur Verwandtschaft unter den Reichstagsgesandten vgl. Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 1, S. 523 f.

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Beschwerlichkeiten des Gesandtenalltags verweist663. Denn Regensburg konnte ansonsten infolge seiner Stellung als politisches, wirtschaftliches und auch kulturelles Zentrum einen großen Einzugsbereich aufweisen und fungierte in gewisser Hinsicht doch auch als »Heiratsmarkt«664. Im Hinblick auf die Eheschließungen gelangte Lehsten jedenfalls zu dem Ergebnis, dass die erste Ehe der untersuchten Gesandten zumeist zwischen standesgleichen Familien geschlossen wurde, wohingegen eine zweite Eheschließung oftmals stark karriereorientiert war665. Für Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis lässt sich Ähnliches beobachten. Nach seiner ersten Ehe mit Sophie Christine Louise von BrandenburgBayreuth heiratete der Fürst in zweiter Ehe eine lothringische Prinzessin und nach nach ihrem frühen Tod in dritter Ehe die Tochter seines Amtsvorgängers, des Fürsten von Fürstenberg-Stühlingen666. Der zweiten und dritten Eheschließung lag sicherlich strategisches Kalkül zugrunde, nämlich die Einbindung in das Verwandtschaftsnetz des Kaiserhauses bzw. das Knüpfen eines Beziehungsnetzes zu einem Fürsten im Südwesten des Reiches, also genau in dem Raum, wo die Thurn und Taxis Ländereien erworben hatten und auch weiterhin »fürstenmäßiges Gut« suchten, um die 1754 realisierte Introduktion in den Reichsfürstenrat von dem Makel zu befreien, bei Alexander Ferdinand handele es sich um einen »Fürsten ohne Land«667. In den Südwesten des Reiches weist auch die Vermählung seines Sohnes und Nachfolgers Karl Anselm, der 1753 seine Cousine Augusta Elisabeth von Württemberg, Tochter des Herzogs Karl Alexander von Württemberg und der Maria Augusta von Thurn und Taxis, heiratete. Angesichts dieser deutlich erkennbaren Orientierung in Richtung des politisch zersplitterten Südwestens mittels Knüpfung verwandtschaftlicher Bande ist dem Urteil Grillmeyers über die Vorgehensweise der Thurn und Taxis voll und ganz zuzustimmen, »daß sich die Integration in den Kreis des Hochadels im Südwesten des Reiches weniger über politische Institutionen als vielmehr über soziokulturelle Momente wie Heiratsverhalten und informelle Kontakte vollzog«668. Familienbeziehungen und im größeren Rahmen die »Dynastie als Ressource«669 waren in aller Regel die »wichtigste Form von Sozialkapital«670 der Reichstagsakteure, auch wenn es sich teilweise ›nur‹ um erworbene Solidarität (im Sinne Wolfgang Reinhards) mittels ›künstlicher‹ Verwandtschaft han663 664 665 666 667 668 669 670

Vgl. ebd., S. 488. Barth, Diplomatie, S. 273. Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 1, S. 495 und 513 f. Vgl. Kap. II 3 a. Dass die Fürstin von Thurn und Taxis von Reichstagsgesandten kontaktiert wurde, um Eheschließungen anzubahnen, zeigt ein Bericht Plothos, PS Regensburg 12. 7. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 111, unfol. Ausführlicher dazu Kap. IV. Grillmeyer, Diener, S. 145. In Anlehnung an Zielosko, Dynastie. Reinhard, Paul V., S. 84.

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delte, wie es die Vernetzungspraxis bei Taufpatenschaften in markanter Weise verdeutlicht. Als »politische[s] Bindegewebe der europäischen Fürstengesellschaft«671 waren gerade Patenschaften aufschlussreiche Wegweiser im Hinblick auf die konkrete Beschaffenheit von Netzwerken sowie auf bereits existierende oder zukünftig anvisierte politische Bindungen. Dies konnte sich in Details wie der Namenswahl widerspiegeln, Patenschaften konnten die Grundlage für Ressourcenaustausch nach dem Grundsatz des do ut des sein oder für die Eltern einen großen monetären Anreiz darstellen, etwa im Falle besonders üppiger Taufgeschenke672. Auch ging die Übernahme von Patenschaften nicht selten mit einem Zugewinn an symbolischem Kapital für das jeweilige Patenkind und die Eltern einher, nämlich vor allem bei besonders hochrangigen Taufpaten. Gut untersucht sind die entsprechenden Praktiken anhand des hessischen Reichstagsgesandten Schwarzenau, also eines dezidierten Gegners Österreichs. Im Zeitraum von 1750 bis 1765 wurden nicht weniger als zwölf Kinder Schwarzenaus in Regensburg geboren. Die Liste der Taufpaten umfasst neben Familienangehörigen zahlreiche Kollegen, darunter zum Beispiel Plotho und Gemmingen; sie liest sich wie ein Who’s who der aus Wiener Sicht »Widriggesinnten« am Reichstag673. Die diesbezügliche Praxis am Wiener Hof ist ebenfalls vergleichsweise gut erforscht. Politische Patenschaften hatten meist einen langen Vorlauf, und da es den Paten nicht immer möglich war, selbst am Taufakt teilzunehmen, wurden vorab Stellvertreter bestimmt, die sie bei der Taufzeremonie repräsentieren sollten. Eine Zurückweisung schriftlich geäußerter Anfragen gab es dabei praktisch nie, da in aller Regel bereits im Vorfeld Sondierungen erfolgten, ob eine Anfrage positiv beantwortet werden würde. Die Auswahl der Taufpaten war ein Politikum, das sorgfältige Erwägungen erforderlich machte. Nach dem Regierungsantritt Maria Theresias im Jahre 1740 erfolgte die Auswahl der Taufpaten stärker als zuvor nach politischen Kriterien und umfasste häufig politisch befreundete Monarchen674. Die Reichstagskorrespondenz der Hofburg belegt die wiederholte Einbeziehung der Reichstagsgesandten als Stellvertreter des Kaisers und der Kaiserin-Königin bei einer Taufzeremonie in Regensburg. Interessant ist, dass der Wiener Hof hierbei eine Art klientelärer Doppelbindung konstruierte. So wurde der Konkommissar Seydewitz zu Beginn des Jahres 1755 für den Fall, dass die Fürstin von Thurn und Taxis einen Sohn zur Welt brächte, dafür auserkoren, bei der Taufe als Vertreter des Kaisers zu fungieren675. Dies zer671 Krischer, Zeremoniell, S. 21. 672 Dass dadurch bisweilen ökonomisches in symbolisches Kapital konvertiert wurde, ist jüngst anhand der reichsstädtischen Praxis aufgezeigt worden; vgl. ebd., S. 22 f. 673 Details bei Lehsten, Reichstagsgesandte, Bd. 1, S. 410 ff. 674 Vgl. Stöckelle, Taufzeremoniell, S. 319 – 333; Kubiska, Geburten- und Taufzeremoniell, S. 514 f. 675 Vgl. die Berichte Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 26.2. und 6. 3. 1755, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 94, jeweils unfol.; Ders. an Franz I., Regensburg 1. 3. 1755, Ausf.: ebd., unfol.

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schlug sich jedoch, da die Fürstin eine Tochter gebar ; die Gemahlin des kurböhmischen Gesandten Seilern übernahm beim Taufakt die prestigeträchtige Rolle als kaiserliche Vertreterin. Gut zwei Jahre später wiederholte sich der Vorgang. Seydewitz sollte Franz I. als Taufpaten vertreten, falls die Schwiegertochter des Prinzipalkommissars von einem Jungen entbunden würde676. Geboren wurde aber ein Mädchen, bei dessen Taufe erneut die Gräfin Seilern die Rolle als kaiserliche Stellvertreterin einnahm. Weitere zwei Jahre darauf kam der Konkommissar schließlich zum Zug: Seydewitz repräsentierte den Kaiser bei der Taufe des Enkels von Fürst Alexander Ferdinand als Taufpaten677. Die Namenswahl in den drei genannten Fällen ist bezeichnend, denn die 1755 geborene Tochter des Prinzipalkommissars und seine 1757 geborene Enkelin erhielten beide die Vornamen Maria Theresia; als ersten Vornamen des zwei Jahre später geborenen Enkels des Fürsten wählte man den Namen Franz. Der Befund ist eindeutig: Das Herrscherpaar gewährte dem Fürsten von Thurn und Taxis wiederholt eine begehrte Patronageressource, nämlich die Gunst seiner Patenschaft, mit der es sich in einklagbarer Weise sozial verpflichtete und die überdies politischen Verweischarakter hatte. Zusätzlich banden beide mit der Gräfin Seilern und Seydewitz Personen aus dem Kreis ihrer engeren Klientel in den Vorgang mit ein, denen die Gnade zuteil wurde, als kaiserliche Repräsentanten symbolisches Kapital erwerben zu können678. Eine weitere prestigeträchtige Ressource, die kaiserlicherseits traditionell als Manifestation von Verbundenheit und Dankbarkeit für geleistete Dienste verstanden wurde, war die Aufnahme in einen Orden. Am oberen Ende der Skala stand dabei eindeutig die Aufnahme in den exklusiven Kreis der Ordensritter vom Goldenen Vlies679. Die Würde des Großmeisters und Souve-

676 Vgl. die Weisung an Seydewitz, Wien 9. 7. 1757, Ausf. (nicht abgesandt): HHStA, RK, PK, Weisungen 8b, unfol.; Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 15. 7. 1757, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 101, unfol. 677 Vgl. das Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Colloredo, Schloss Trugenhofen 3. 10. 1759, Ausf.: ebd., Berichte 107, unfol.; Berichte Seydewitz’ an Colloredo bzw. Franz I., Regensburg 19.10. bzw. 17. 11. 1759, Ausf.: ebd., jeweils unfol.; Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Franz I., Regensburg 10. 11. 1759, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, PK, Berichte 5, unfol.: Der Prinzipalkommissar dankt dafür, dass der Kaiser die Taufpatenschaft für seinen Enkel übernehmen wird, und bittet für denselben und seine Eltern und Großeltern auch ferner um Schutz, Huld und Gnade. 678 Die hier erkennbare Wiener Praxis, die eigenen Reichstagsgesandten mittels der prestigeträchtigen Vertretung von Patenschaften in die kaiserliche Verwandtschaftspolitik zu integrieren, unterschied sich wohl von der des friderizianischen Preußen. Auch Friedrich der Große war als Dynast gefragt und betrieb aktiv Heiratspolitik (vgl. Press, Reichspolitiker, S. 272 f.; Wilson, Relations, S. 352 – 361; Ders., Positionierung, S. 145; Schönpflug, Ehestifter; Zielosko, Dynastie; vgl. zuletzt auch die Beiträge in Kaiser/Luh (Hg.), Dynastie). Eine wiederholte direkte Involvierung Pollmanns oder Plothos im Stile der Patenschaftsvertretungen durch die Reichstagsgesandten des Wiener Hofes konnte aber bisher nicht ermittelt werden. 679 Zur Geschichte des Ordens insgesamt vgl. Terlinden, Orden; zum österreichischen Ordens-

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räns des 1430 von Herzog Philipp dem Guten von Burgund gestifteten, heute noch bestehenden Ritterordens war im Gefolge des Aussterbens der männlichen Linie des Hauses Burgund und der burgundischen Heirat des späteren Kaisers Maximilian I. an die Habsburger gelangt. Zur Regierungszeit Franz’ I. bestanden ein österreichischer und ein spanischer Zweig des Ordens; der Kaiser selbst hatte noch als Herzog von Lothringen im November 1742 den Eid als neuer Großmeister abgelegt680. Das außerordentliche Renommee des Ordens spiegelt sich in der vergleichsweise geringen Mitgliederzahl und der bis 1767 aufrechterhaltenen Inkompatibilität der Mitgliedschaft mit Mitgliedschaften in anderen Orden wider. Hinter der letztgenannten Bestimmung der Ordensstatuten stand das Prinzip der Exklusivität der besonderen Treue und Gefolgschaft, die als unvereinbar mit anderen Ordensmitgliedschaften angesehen wurden681. Die Kriterien bei der Aufnahme neuer Mitglieder waren im Untersuchungszeitraum, wie bereits erwähnt, nicht selten politischer Natur, galt es doch, Ordensmitglieder für bestimmte politische Zielsetzungen zu gewinnen oder für deren Verdienste nachträglich zu honorieren. Daneben spielte aber auch die Intention eine Rolle, den Glanz des Kaiserhofes mittels Aufnahme hochadliger Persönlichkeiten in den Orden zu vermehren682. Beispiele dafür waren die Vertreter des Wiener Hofes am Reichstag, die in den Orden aufgenommen wurden, nämlich die beiden Prinzipalkommissare Fürstenberg (1739) und Thurn und Taxis (1749) sowie der kurböhmische Reichstagsgesandte Sternberg (1763). Für sie stellte die Ordensgemeinschaft mit dem Kaiser eine erstrangige Gunstbezeugung dar. Aus kaiserlicher Sicht bot eine Aufnahme in den Orden den Vorteil, dass die Mitgliedschaft – anders etwa als im Falle von Standeserhöhungen, die oftmals auch für die Nachkommenschaft des Geehrten wirksam waren – auf die Lebenszeit des jeweiligen Ritters beschränkt war, was dem Großmeister Spielräume bei der Vergabe garantierte683. Der Orden vom Goldenen Vlies war nicht der einzige Orden, der im Umfeld der Reichstagsgesandten des Wiener Hofes verliehen wurde. So wurde die Fürstin Maria Henriette Josepha von Thurn und Taxis in den 1668 gegründeten adligen Sternkreuz-Damenorden aufgenommen, wofür ihr Gemahl der Gräfin Maria Gabriela von Colloredo, die sich darum offenbar verdient ge-

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zweig ist grundlegend A. Weber, Orden; zur Geschichte des Ordens im 18. Jahrhundert vgl. jüngst Wrede, Furcht, S. 265 – 278. Vgl. zuletzt Wielach, Ordensfeste, S. 304 – 308; Stacher-Gfall, Andreasfest, S. 311. Vgl. ebd., S. 325; A. Weber, Orden, S. 70 f. Die Ordensritter genossen besondere Privilegien am kaiserlichen Hof, insbesondere zeremonieller Art. »Wer dem Ritterorden angehörte, der konnte seine Nähe zum Kaiser bei zahlreichen Anlässen der Hofgesellschaft und der europäischen Fürstengesellschaft vor Augen führen und den herausgehobenen zeremoniellen Rang in der höfischen Hierarchie zur eigenen Statussteigerung nutzen«; Pecˇar, Ökonomie, S. 236. Vgl. ebd., S. 154 f. Vgl. Hengerer, Kaiserhof, S. 573.

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macht hatte, ein Präsent zukommen lassen wollte684. Und der kurböhmische Reichstagsgesandte Seilern wurde nach seiner Regensburger Zeit Mitglied des 1764 von Maria Theresia gestifteten königlich-ungarischen Sankt StephansOrdens und trug dessen Großkreuz685, ebenso Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis. Die beiden genannten Orden waren zwar nicht so außergewöhnlich reputationsbehaftet wie der exklusive Orden vom Goldenen Vlies, die Aufnahme eines neuen Mitglieds in ihre jeweilige Ordensgemeinschaft war aber gleichwohl ein untrügliches Zeichen für eine Statussteigerung der Betreffenden als direkte Folge herrscherlicher Gunst. Im Hinblick auf die kaiserliche Handhabung von Standeserhöhungen gelangt man zu ähnlichen Ergebnissen. Ihre Gewährung zählte zu den iura Caesarea reservata illimitata und bevorzugten kaiserlichen Instrumenten, um Anhänger an sich zu binden und durch sie die eigene Position im Reichsgefüge – insbesondere gegenüber den größeren, armierten Reichsständen – zu stärken. Für die gut zwei Jahrhunderte von 1519 bis 1740 belaufen sich diesbezügliche Schätzungen auf rund 6.700 relevante Vorgänge686. Als Ausdruck herrscherlicher magnanimitas und sichtbares Zeichen einer Rangerhöhung in der Reichshierarchie stellten sie eine begehrte Ressource dar, zu der das Reichsoberhaupt direkten Zugang hatte und die andere zur Nachahmung veranlasste. So gelang es dem preußischen König im Vorfeld der Wahl Kaiser Karls VII., für die Zusicherung der brandenburgischen Kurstimme ein exklusives landesherrliches Nobilitierungsrecht in allen Territorien der preußischen Mehrfachherrschaft687 von dem späteren Reichsoberhaupt zugestanden zu bekommen688. Auch die Reichstagsgesandten des Wiener Hofes erlangten Standeserhöhungen: Sternberg und Seydewitz waren schon deutlich vor Antritt ihrer Regensburger Tätigkeit in den Reichsgrafenstand erhoben worden, Palm währenddessen. Zudem wurde der Fürst von Thurn und Taxis, wie erwähnt, während seines Prinzipalkommissariats in den Reichsfürstenrat introduziert. Spätestens bei ihrem Dienstantritt wurden die Vertreter Wiens mit dem Titel eines Wirklichen Geheimen Rats versehen689, was nicht nur als allgemeiner

684 Vgl. das Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Lilien, Regensburg 5. 5. 1751, Konz.: FTTZA, HFS 885, unfol. 685 Vgl. Kap. II 3 b. Dass mit der Verleihung des Sankt Stephans-Ordens typischerweise Personen ausgezeichnet wurden, die in einem besonders engen Verhältnis zu Maria Theresia standen oder sich als treue Parteigänger erwiesen hatten, zeigt auch das Beispiel des Kardinals und Bischofs von Konstanz, Franz Konrad Kasimir von Rodt, der in der Forschung als »Kreatur der Kaiserin« bezeichnet worden ist; vgl. R. Reinhardt, Konstanz, S. 152 und 157. 686 Dazu zuletzt Schenk, Das Alte Reich, S. 58; das grundlegende Werk in diesem Zusammenhang ist nach wie vor Frank, Standeserhebungen. 687 Zum Begriff vgl. Bosbach, Mehrfachherrschaft; siehe außerdem Kaiser/Rohrschneider (Hg.), Membra; Neuhaus, Werden; Rohrschneider, Staatlichkeit; K. Friedrich, Brandenburg-Prussia. 688 Vgl. Schenk, Das Alte Reich, S. 61. 689 Vgl. Kap. II 3 a und b.

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kaiserlicher Gunsterweis zu verstehen, sondern auch als gezielte Statusaufbesserung und Prestigeerhöhung mit Außenwirkung gedacht war. Als oberster Lehnsherr verfügte der Kaiser über weitere Optionen, Bindungen an Klienten und Parteigänger herzustellen oder zu stärken. Neben den Belehnungen selbst betraf dies zum Beispiel die weitverbreitete Erteilung von Exspektanzen690, die dazu dienten, rechtliche bzw. territoriale Ansprüche zu fixieren. Ein bezeichnendes Beispiel für die großen reichspolitischen Konsequenzen, die eine entschiedene Verfechtung diesbezüglicher Ansprüche im Reichsgefüge haben konnte, war im Untersuchungszeitraum die Sukzession in Ostfriesland691. Kaiser Leopold I. hatte Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg 1694 eine Lehensexspektanz auf Ostfriesland für den Fall eines Aussterbens des dort regierenden Fürstenhauses Cirksena im Mannesstamm erteilt, was von Joseph I. und Karl VI. 1706 bzw. 1715 bestätigt worden war. Als dann 1744 Fürst Karl Edzard, der letzte ostfriesische Herrscher aus dem Haus der Cirksena, starb, ließ Friedrich der Große Ostfriesland besetzen und den ostfriesischen Sitz im Reichsfürstenrat einnehmen. 1745 wurde der preußische König zudem vom bayerischen Kurfürst Max III. Joseph mit Ostfriesland belehnt, der dies unter Berufung auf seine Rechte als Reichsvikar während des Interregnums legitimierte. Für unseren Untersuchungszusammenhang ist es nun von besonderer Bedeutung, dass neben dem Haus Hannover sowie dem Grafen Johann Ludwig Adolf von Wied-Runkel auch Staatskanzler Kaunitz Sukzessionsansprüche auf Ostfriesland erhob und – gemeinsam mit dem Haus Liechtenstein – auch auf die Herrschaften Esens, Stedesdorf und Wittmund, das sogenannte Harlingerland, ein vormaliges geldrisches Lehen mit weiblicher Erbfolge, das seit 1600 mit Ostfriesland vereinigt war. Hergeleitet wurden die durch ein Reichshofratsgutachten unterstützten Ansprüche Kaunitz’ über die Rechte seiner aus dem Haus Cirksena stammenden Mutter Maria Ernestine Franziska, Erbtochter des Grafen Ferdinand Maximilian von Ostfriesland und Rietberg, sowie über die rechtlich umstrittene weibliche Erbfolge in Ostfriesland. Das Fürstentum war nicht nur ein stattliches Territorium mit einem Steueraufkommen von rund 400.000 Reichstalern, sondern eine Belehnung Kaunitz’ mit Ostfriesland hätte für den Staatskanzler die lang ersehnte Erhebung in den Reichsfürstenstand mit Sitz und Stimme auf dem Reichstag bedeutet692. In Regensburg kam es in der ostfriesischen Frage im Gefolge der preußischen Besetzung des Fürstentums zu massiven Differenzen693. Für Preußen 690 Zur Bedeutung von Exspektanzen und zu den entsprechenden Rechten des Kaisers vgl. allgemein den Überblick bei Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 222 f. 691 Ausführlich hierzu Preussische Staatsschriften, Bd. 2, S. 363 – 432; Carl, Kaunitz; Ders., Okkupation, S. 73 – 81; Ders., Familienpolitik; Melchers, Ostfriesland, S. 151 – 159; Kulenkampff, Österreich, S. 37 – 40. 692 Vgl. Carl, Familienpolitik, S. 408 – 411. 693 Vgl. Meisenburg, Reichstag, S. 70 ff.; Kulenkampff, Österreich, S. 38 ff.

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galt es hier, die Sukzessionsansprüche der übrigen Prätendenten zu parieren. Der preußische König, der die Order ausgab, man müsse Widerständen auf dem Reichstag »entgegen bellen«694, versicherte seinem Gesandten Pollmann wiederholt und ausdrücklich, er werde ihn bei Bedarf protegieren695. Palm berichtete in einem Schreiben an Colloredo vom 16. April 1753, Pollmann habe »mit seiner faction, dem vernehmen nach, den complot gemacht, nicht mehr zu rath zu gehen, biß nicht sein könig vollkommene satisfaction erlanget«696 ; man werde in Berlin und andernorts auf moderatere Gedanken verfallen, wenn man sehe, dass mit bloßem Drohen nichts ausgerichtet werden könne. Beschlossen wurde in Regensburg letztlich, »daß sothane SuccessionsAngelegenheit an den Reichs-Convent nicht gehörig«697. Greifbare Ergebnisse ergaben sich auch nicht, als Kaunitz im Verbund mit dem Haus Liechtenstein im darauffolgenden Jahr dem preußischen König gemeinsam einen Vergleich anbieten ließ, der eine Garantierung des preußischen Besitzes von Ostfriesland für den Fall vorsah, dass ihnen das Harlingerland überlassen werde698. Im Gefolge des renversement des alliances entstand hinsichtlich der ostfriesischen Ansprüche Kaunitz’ eine neue Dynamik. Der Staatskanzler musste keine Rücksicht mehr auf die Ansprüche des Hauses Hannover nehmen, da König Georg II. im Zuge der Westminsterkonvention (16. Januar 1756) im Verbund mit Preußen agierte, den preußischen Besitzstand garantierte und eigene Ansprüche auf Ostfriesland de facto nicht weiter verfolgte. Am Berliner Hof wurde man recht bald auf dieses Problem aufmerksam. Plotho wurde Anfang Dezember 1756 angewiesen, unter der Hand in Erfahrung zu bringen, ob die Nachricht, Kaunitz versuche, mit Ostfriesland belehnt zu werden, zutreffend sei699, und preußische Truppen plünderten im April 1757 auf ausdrücklichen Befehl Friedrichs des Großen Kaunitz’ Grafschaft Rietberg. Der Staatskanzler erhob daraufhin Klage am Reichshofrat und sah nunmehr die Gelegenheit gekommen, seine ostfriesischen Ansprüche mit Erfolg durchzusetzen: In einem Vortrag vom 31. Juli 1757 bat er Maria Theresia ausdrücklich um ihre Unterstützung, was sie nach eigenem Bekunden gerne zusagte700. Durchsetzen konnte Kaunitz seine Ansprüche letztlich nicht; Ostfriesland blieb in preußischem Besitz. Horst Carl hat in diesem Zusammenhang auf die unterschiedlichen Rollen 694 Schreiben Eichels an Podewils, Potsdam 28. 8. 1753, PC 10, S. 61. 695 Vgl. Friedrich II. an Pollmann, Potsdam 29. 8. 1753, ebd., S. 63; ähnlich auch Ders. an Dens., Potsdam 25. 9. 1753, ebd., S. 113 f. 696 Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 89b, unfol. 697 Kaiserliches Ratifikationskommissionsdekret, dictatum Regensburg 7. 5. 1753, Faber, Europäische Staats-Cantzley, Bd. 105, S. 280; vgl. Meisenburg, Reichstag, S. 105 f. 698 Vgl. Carl, Kaunitz, S. 69; Ders., Familienpolitik, S. 403 f. 699 Vgl. die Weisung an Plotho, Berlin 4. 12. 1756, Konz.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 113, unfol. 700 Vgl. den Vortrag Kaunitz’, Wien 31. 7. 1757, HHStA, StK, Vorträge 81, Konv. »1757 VII fol. 1 – 126«, fol. 107 – 111’; Carl, Kaunitz, S. 70; Ders., Okkupation, S. 78; Ders., Familienpolitik, S. 406.

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Kaunitz’ als Vertreter spezifischer Familieninteressen einerseits und vertrauter Mitarbeiter Maria Theresias andererseits hingewiesen, wobei die Loyalität und Diensttreue des Staatskanzlers wohl letztlich ausschlaggebend dafür waren, dass er seine ostfriesischen Ansprüche nicht um jeden Preis und an der Monarchin vorbei verfocht701. Vorhandene Rollenkonflikte konnten vielmehr »ausbalanciert werden durch das Verhältnis des Staatskanzlers zu seiner Herrscherin, das immer noch den überkommenen Kategorien traditionaler Herrschaftsausübung, Klientel und Patronat, entsprach. […] Beide Seiten achteten darauf, daß diese heikle Balance gewahrt blieb und die wechselseitige Loyalität als Grundlage dieser Beziehung nicht substanziell verletzt wurde.«702 Das lag auch und gerade in Kaunitz’ Rolle als Patronagemakler703 begründet, der ein Netz von Gefolgsleuten und Klienten unterhielt, das in der Herrschaftspraxis des Wiener Hofes kaum wegzudenken war. Dies betraf nicht zuletzt die Reichstagsgesandten der Hofburg, deren Wirken in Regensburg bei Bedarf durch den Staatskanzler protegiert wurde und die dort direkt in die Beratungen über die ostfriesische Angelegenheit involviert waren. Insofern ist Carl zuzustimmen, wenn er bei aller Berechtigung, die rational-systematischen Züge von Kaunitz’ politischer Urteilsbildung hervorzuheben, darauf verweist, dass der Staatskanzler »doch auch einer politischen Mentalität verpflichtet [blieb], die in familialen und dynastischen Kategorien denkt und Personen und Personenverbände als Träger politischer Prozesse wahrnimmt. […] diese traditionalen Herrschaftselemente ließen ihn so zum letzten leitenden Außenpolitiker der Habsburgermonarchie werden, der noch ein Sensorium für die Komplexität der Reichspolitik besaß.«704 Legt man einen vergleichsweise weit gefassten Ressourcenbegriff zugrunde, dann wird erkennbar, dass der Kaiser auch in seiner Funktion als oberster Richter eine ganze Reihe von Mitteln besaß, die zugunsten der eigenen Anhängerschaft mobilisiert und gegen reichspolitische Kontrahenten eingesetzt werden konnten. Hierbei betritt man ein ausgesprochen weites Feld der politischen und rechtlichen Kultur des Alten Reiches, für das noch erheblicher Forschungsbedarf besteht. Anhand von zwei Beispielen soll im Folgenden angerissen werden, welches Potenzial dieses Forschungsgebiet bereithält. In anderem Zusammenhang wurde bereits dargelegt, dass Landgraf Ludwig VIII. von Hessen-Darmstadt zu den wenigen protestantischen Reichsfürsten 701 702 703 704

Ebd., S. 413. Ebd., S. 412 f. Vgl. ebd., in Anlehnung an Asch, Hof, S. 289 – 296. Carl, Familienpolitik, S. 413 f. Anders L. Schilling, Leidenschaft, S. 147, mit Bezugnahme auf Kaunitz’ Denkschrift vom 24. 3. 1749: »[…] und hiebey die bekannte Wahrheit nicht außer Acht zu laßen, daß die allgemeine Politique der Höfen nichts von einer Verwandt- oder personalen Freundschafft zu wißen pflege, sondern die hauptsächlichste Richtschnur, wonach fast alle Maaßnehmungen ausgemeßen werden, in eines jeden eigenem Interesse bestehe«; Pommerin/L. Schilling, Denkschrift, S. 169 f.

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zählte, die sich über einen längeren Zeitraum hinweg als treue Anhänger des Wiener Hofes erwiesen705. Seinem Selbstverständnis nach war Ludwig ein unbedingter Gefolgsmann Franz’ I. und Maria Theresias. Die grundlegende Affinität zum Kaiserpaar manifestierte sich nicht nur in seinem österreichischen Militärdienst, sondern wurde auch durch zahlreiche nach Wien übermittelte Devotionsbekundungen sinnfällig zum Ausdruck gebracht. Mit guten Gründen wurde angemerkt, dass sich der Landgraf zeitweise in realitätsferner Weise in eine »selbst geschaffene prohabsburgische Scheinwelt«706 flüchtete und etwa die Brisanz der Vertretung Hessen-Darmstadts am Reichstag durch den Gesandten Schwarzenau, also durch einen erklärten Gegner des Wiener Hofes, offenbar völlig verkannte707. Gleichwohl nahm die Hofburg den Landgrafen insgesamt gesehen als verlässlichen Pfeiler der kaiserlichen Politik wahr, um den man sich aufgrund seiner außerordentlichen Treue und angesichts der Möglichkeiten, infolge der prekären Finanzlage der strategisch wichtigen Landgrafschaft leicht Druck ausüben zu können, nicht sonderlich bemühte. Bereits unverbindliche Gunsterweise, kleinere Freundlichkeiten und bei Bedarf Mahnungen vermochten es in der Regel, den Darmstädter Hof, der durch traditionelle Klientel- und Schutzverhältnisse mit dem Kaiserhof vernetzt war708, im gewünschten habsburgerfreundlichen Fahrwasser zu halten709. Von erheblicher Substanz war allerdings das 1747 durch Franz I. der Landgrafschaft erteilte Privilegium de non appellando illimitata, das Beteiligten an einem Rechtsstreit die Möglichkeit nahm, über die obersten hessendarmstädtischen Gerichte hinaus an den Reichshofrat oder das Reichskammergericht zu appellieren710. Dies war zweifelsohne ein bemerkenswerter Beweis der Zufriedenheit des Wiener Hofes mit Ludwig VIII., denn dieses Privileg besaßen sonst nur die Kurfürstentümer (Kurköln endgültig erst 1786) und seit 1742 der alte Rivale Hessen-Kassel, mit dem der darmstädtische Landgraf nunmehr gleichzog711. 705 Vgl. Kap. III 1 c; zur Vita Ludwigs VIII. ist nunmehr grundlegend Pons, Kunst, hier insbesondere S. 66 – 83. 706 Ebd., S. 252. 707 Vgl. ebd., S. 249 – 256. 708 Vgl. ebd., S. 225. 709 Siehe hierzu auch die Einschätzung ebd., S. 259: »Vor diesem Hintergrund wird auch ersichtlich, warum der Gabentransfer zwischen Darmstadt und Wien weitestgehend in eine Richtung verlief. Wie in Strukturen modernen Fanwesens wurden dem Idol Gaben dargebracht und gegen Bezahlung Fanartikel von dort beschafft.« 710 Ebd., S. 75 f.; Pelizaeus, Aufstieg, S. 509 f.; zur generellen Bedeutung eines Privilegium de non appellando illimitata vgl. Rauscher, Recht, S. 271 f. 711 Eine Ausnahme war allerdings Wallenstein, der das Privileg als Herzog von Mecklenburg, Friedland und Sagan erhielt; vgl. Pons, Kunst, S. 76 Anm. 359. Zur generellen österreichischen Taktik des divide et impera gegenüber Hessen-Darmstadt und -Kassel vgl. den Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 26. 1. 1754, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 131, unfol.

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Mit dem eben erwähnten Reichshofrat, des »Kaysers rechter Arm«712, ist das zweite konkrete Beispiel angesprochen, das hier in aller Kürze angeführt werden soll, um die Möglichkeiten aufzuzeigen, die sich im Zusammenhang mit der Stellung des Kaisers als oberster Richter ergaben. Der Reichshofrat hatte bekanntlich eine Doppelrolle als kaiserliches Beratungsgremium und Gericht. Allein im Ermessen des Reichsoberhauptes stand die Ernennung und Entlassung der Reichshofräte, die überdies auch in ökonomischer Hinsicht von ihm abhängig waren713. Er konnte hierbei also eine gezielte Personalpolitik betreiben, zumal die Reichshofräte beim Tod eines Kaisers ihr Amt verloren. So verwundert es nicht, dass von preußischer Seite nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges der dezidierte Vorwurf erhoben wurde, die Hofburg missbrauche den Reichshofrat, um Reichsstände dazu zu veranlassen, auf dem Reichstag und auf Kreistagen im Sinne des Wiener Hofes zu votieren714. Die Androhung einer Aktivierung des Reichshofrats und Einleitung von Reichshofratsprozessen zählte als Druckmittel in der Tat zum bewährten Handlungsrepertoire der österreichischen Reichspolitik715. Der weitreichendste Fall im Untersuchungszeitraum war wohl das bereits an anderer Stelle genannte, letztlich erfolglose Achtverfahren gegen Friedrich den Großen und dessen Anhänger im Siebenjährigen Krieg716. Die neuere Forschung ist sich weitgehend einig, dass das reichshofrätliche Vorgehen gegen den preußischen König und die 1758 erfolgte Ausweitung auf dessen protestantische Bundesgenossen ein schwerer politischer Fehler des Wiener Hofes waren. Denn damit eröffnete man der preußischen Propaganda Tür und Tor, um den immer wieder erhobenen Vorwurf einer Degradierung des Reichshofrats zu einem bloßen Instrument kaiserlich-österreichischer Interessenpolitik, das zuungunsten der protestantischen Reichsstände instrumentalisiert werde, mit allem Nachdruck vorbringen zu können. Der Reichstag bildete dabei, wie bereits ausgeführt wurde, ein wichtiges Forum, ja sogar einen regelrechten Nebenkriegsschauplatz717. Die Konsequenzen des kontraproduktiven Vorgehens der Hofburg im Reich waren gravierend: Die rechtlich anfechtbare Achtandrohung gegenüber Friedrich dem Großen und seinen Anhängern vergrößerte die Kluft zwischen der österreichischen und preußischen »Parthey«, und der Reichshofrat geriet »durch diese verfehlte kaiserliche Reichspolitik in seine schwerste Legitima-

712 In Anlehnung an die Studie von Haug-Moritz, Arm, hier S. 23 der Nachweis des entsprechenden Zitats von Johann Jacob Moser. 713 Vgl. ebd., S. 26 f. 714 Vgl. J. J. Moser, Von denen Teutschen Reichs-Taegen, Bd. 2, S. 56, sowie generell Sellert, Parteilichkeit. 715 Vgl. beispielhaft Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 118. 716 Vgl. Kap. III 2 a mit Anm. 421. 717 Ausführlich dazu Kap. III 2 c.

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tionskrise im 18. Jahrhundert, vergleichbar derjenigen im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges.«718 Waren diese Vorgänge für das Reichstagsgeschehen von allerhöchster Bedeutung, so verhielt es sich mit einer weiteren Gruppe von Mitteln, die der Kaiser gezielt zur Formierung einer treuen Anhängerschaft im Reich einsetzen konnte, doch etwas anders: Gemeint sind die kaiserlichen Hoheitsrechte über die Reichskirche und das Reichskirchengut. Sie zählten zu den iura Caesarea reservata illimitata719 und wurden traditionell als Ressourcen eingesetzt, um den katholischen Adel und insbesondere die Reichsritterschaft mittels des Reichskirchensystems als kaisertreue Klientel an das Reichsoberhaupt zu binden. Die Reichskirche erwies sich dabei als »Schleusenwerk des sozialen Aufstiegs innerhalb der Adelsgesellschaft«720, das die wichtige Funktion hatte, Loyalität und Dankbarkeit für die seitens des Wiener Hofes gewährten Gunstbezeugungen zu generieren. Der Nutzen war dabei eindeutig wechselseitig: Der Kaiser war als advocatus ecclesiae Schutzherr der mehrheitlich mindermächtigen geistlichen Reichsstände, die ihrerseits auf dem Reichstag und auf Kreistagen in aller Regel als zuverlässige Parteigänger agierten. Allerdings scheint die Regensburger Plattform im Untersuchungszeitraum eher selten ein direkter Umschlagplatz oder Vermittlungsort für entsprechende kaiserliche Ressourcen gewesen zu sein, die mit dem konkreten Ziel eingesetzt wurden, parteibildende Wirkung zu entfalten. Dies soll keineswegs heißen, dass derartige Transaktionen des Wiener Hofes nicht auch im Umfeld des Reichstags initiiert wurden und das Reichstagsgeschehen gänzlich unberührt ließen721. Nach Auskunft der herangezogenen Quellen gab es aber Ressourcengruppen, die in den Reichstagsakten und der -korrespondenz deutlich präsenter waren als die auf die Reichskirche bezogenen kaiserlichen Reservatrechte und der daraus hervorgehende Transfer unterschiedlichster Kapitalsorten (verstanden im Sinne Pierre Bourdieus). Eine solche Ressourcenart mit starkem Reichstagsbezug waren die Ar718 719 720 721

Haug-Moritz, Arm, S. 35. Vgl. zusammenfassend Düwel, Diskussion, S. 58. Lottes, Staaten, S. 109. Ein prominentes Beispiel: Der Wiener Hof schloss am 16. 9. 1756 einen Subsidienvertrag mit dem Fürstbischof von Würzburg, Adam Friedrich von Seinsheim. Artikel 2 enthält die Bestimmung eines einvernehmlichen Vorgehens auf dem Reichstag und auf Kreistagen; Text: Thüna, Hilfstruppen, S. 241 – 244, hier S. 242; vgl. W. Hofmann, Politik, S. 18. Im Jahr darauf wurde Seinsheim in einer »konzertierten Aktion« (Burkhardt, Debakel, S. 307) des fränkischen Adels im Bamberger Domkapitel, der Römischen Kurie und des Wiener Hofes, der deutlich Partei ergriff – das Prinzip des do ut des wird hier klar erkennbar –, zum Bischof von Bamberg gewählt; vgl. Feine, Besetzung, S. 139; Ssymank, Fürstbischof, S. 23; Burkhardt, Abschied, S. 176 – 184; vgl. hierzu auch den Bericht Plothos, PS Regensburg 1. 11. 1756 (Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 113, unfol.), der schon zu diesem Zeitpunkt den Zusammenhang erkannte zwischen Seinsheims militärischer Unterstützung für den Kaiser und den Versicherungen der Hofburg, dem Fürstbischof von Würzburg auch die bambergische Bischofswürde zu verschaffen.

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meechargen. Grundsätzlich zu unterscheiden ist hierbei der Dienst in der kaiserlich-königlichen Armee und in der Reichsarmee. Die Indienstnahme von Angehörigen befreundeter Dynastien mittels der Verleihung von Regimentern war gängige Praxis in der Armee Maria Theresias. Sie wurde bei Bedarf in der Reichstagskorrespondenz thematisiert und hatte oftmals politischen Verweischarakter. Denn damit wurden häufig Personen ausgezeichnet, die adligen Familien entstammten, welche sich Verdienste um die Habsburgermonarchie erworben hatten. Auch die Hoffnung, dass deren enge Anbindung an das Kaiserhaus zukünftig politische Früchte tragen werde, spielte hierbei eine Rolle. Somit war diese Praxis durchaus mit der Anbahnung und Funktionalisierung von Fürstenehen vergleichbar722. Die Verleihung von Regimentern erfolgte demnach zumeist nicht vorrangig nach dem Kriterium der professionellen Eignung, sondern sie war integraler Bestandteil der Formierung und Festigung einer Klientel bzw. »Parthey« im Reich. So verwundert es nicht, dass eine hohe Zahl der Offiziere Maria Theresias aus dem Reich stammte723 und dass im 18. Jahrhundert von den 157 Feldmarschällen in der österreichischen Armee 77 dem Reichsadel angehörten, darunter immerhin 32 Feldmarschälle aus fürstlichen Dynastien724. Zum Vergleich: Zwischen 1713 und 1786 dienten 54 Reichsfürsten und Grafen als Regimentskommandeure in der preußischen Armee725. Die Lukrativität eines Eintritts in militärische Dienste hatte viele Facetten. Die daraus resultierenden Einnahmen halfen dabei, einen standesgemäßen Lebenswandel zu führen, denn das Offizierkorps fungierte, ganz ähnlich wie der Hof, als »›Kontaktbörse‹ für die in- und ausländische Elite und war ein Marktplatz für ökonomische und soziale Chancen.«726 Hinzu kamen die Aussicht auf den Erwerb von Reputation und »gloire« sowie vor allem die integrative Kraft des Militärdienstes: »Den ›Rock des Königs‹ zu tragen«, betont Carmen Winkel in Bezug auf den preußischen Militärdienst, »bedeutete die Zugehörigkeit zu seinem Klientelverband«727. Für Österreich gelangt man zu einem ähnlichen Befund. Klientelpolitik und Patronageverhältnisse waren auch für die Gestaltung der kaiserlichen Personalpolitik bei der Besetzung der Reichsgeneralität wichtige Bestimmungsfaktoren. Helmut Neuhaus hat in seinen Arbeiten dargelegt, wie sehr sich die Reichsarmee im Verlauf des 18. Jahrhunderts zu einem »krypto-habsburgischen Kriegsinstrument«728 entwickelte, das von der 722 723 724 725

So Hohrath, Verwandte, S. 392. Vgl. Duffy, Armee, S. 38. Vgl. Kunisch, Führungsschichten, S. 125; Winkel, Netzwerke, S. 70. Vgl. Wilson, Relations, S. 352 und 366 – 371; zum Gesamtkomplex ›Ausländer‹ in der preußischen Armee vgl. für den Zeitraum 1713 – 1756 insgesamt die Studie von Fann, Foreigners, sowie allgemein die Monografie von Opgenoorth, Ausländer. 726 Winkel, Netzwerke, S. 74. 727 Ebd., S. 81. 728 Neuhaus, Problem, S. 337.

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Hofburg in gezielter Weise zur Pflege der eigenen reichsständischen Klientel genutzt wurde729. Entscheidungen des Wiener Hofes, wer mit einer Reichsgeneralitätscharge bedacht werden sollte und wer eben nicht, waren ein ausgezeichneter Indikator für die potenzielle oder tatsächliche Zugehörigkeit des jeweiligen Prätendenten zur Anhängerschaft Österreichs. Die österreichische Reichstagskorrespondenz erweist sich hierbei als wahre Fundgrube, denn jede Ernennung eines Reichsgenerals bedurfte eines Konsenses zwischen Reichsoberhaupt und -ständen und musste daher das übliche Beratungs- und Entscheidungsprozedere auf dem Reichstag durchlaufen730. Die Zeit des Siebenjährigen Krieges stellt insofern einen Sonderfall dar, als der Kaiser durch ein Reichsgutachten vom 9. Mai 1757, also einige Monate nach der Erklärung des Reichskrieges gegen Friedrich den Großen, freie Hand bei der Übertragung des Oberbefehls der Reichsarmee auf einen General erhielt731. Über die Kriterien, die ein Kandidat erfüllen musste, gibt eine Weisung an die Prinzipalkommission vom 21. März 1758 exemplarischen Aufschluss, in der die Gründe für die Berufung des Pfalzgrafen Friedrich Michael von Zweibrücken-Birkenfeld732 zum Oberkommandierenden der Reichsarmee erläutert wurden. Hervorgehoben wurden seine Tapferkeit und Kriegskunst, seine Versippung mit vielen Kurfürsten und Fürsten des Reiches, die Abstammung aus einem altfürstlichen Haus, seine Charge als Feldmarschall Maria Theresias – zum Zeitpunkt seiner Bestellung zum Oberkommandierenden der Reichsarmee war der Pfalzgraf nicht Mitglied der Reichsgeneralität –, ferner sein Kommando über die oberrheinischen Kreistruppen sowie seine Würde als Feldmarschall des Oberrheinischen Kreises733. Mehrere Aspekte sind in diesem Zusammenhang bemerkenswert: Zum einen legte man bei der Ernennung des Pfalzgrafen Wert auf militärische Erfahrung, die bei der Bestellung der Reichsgeneralität ansonsten von nachgeordneter Bedeutung war, was sich insgesamt gesehen als dysfunktional erwies734. Da man sich aber zu diesem Zeitpunkt inmitten eines Krieges befand, hatten die militärischen Qualitäten eines Kandidaten einen deutlich höheren Stellenwert als in Friedenszeiten735. Zum anderen ist der Pfalzgraf ein typi729 Vgl. ebd., S. 333; Neuhaus, Kampf, S. 228. Siehe hierzu auch die Einschätzung in dem Bericht Fürstenbergs und Palms an Franz I., Regensburg 14. 1. 1746 (Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 76a, unfol.), die Reichsgeneralitätsstellen seien nahezu das einzige Mittel zur Belohnung fürstlicher Häuser, die sich um die gemeinsame Sache und das kaiserliche Interesse verdient gemacht hätten. 730 Vgl. Neuhaus, Problem, S. 315 f. 731 Vgl. ebd., S. 329 und 332; Ders., Kampf, S. 228 ff. 732 Zu seiner Person und den Schwierigkeiten bei seiner Ernennung vgl. Brabant, Kampf, Bd. 2, S. 41 – 52; vgl. jüngst auch Ziechmann, Encyclop¦die, S. 224 f. 733 Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8c, unfol. 734 Vgl. hierzu den Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 12. 3. 1746, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 76b, unfol. 735 Vgl. Neuhaus, Kampf, S. 240 f., sowie die Weisung an die Prinzipalkommission, Wien 22. 3. 1757, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8b, unfol.

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sches Beispiel dafür, dass Reichsgeneräle zum Zeitpunkt ihrer Bestellung zumeist auch in militärischen Diensten Maria Theresias standen. Sämtliche zu Beginn des Siebenjährigen Krieges bestellten Reichsgeneräle dienten zugleich in der kaiserlich-königlichen Armee, und von den 68 Reichsgenerälen des 18. Jahrhunderts standen lediglich 18 nicht in kaiserlich-österreichischen Diensten736. Zum Dritten wird anhand des Reskripts erkennbar, dass die hochadlige Abstammung unerlässliche Bedingung für eine Ernennung war. Sie erfolgte oftmals mit der ausdrücklichen Erwähnung der individuellen Meriten des Kandidaten sowie den Verdiensten seiner Vorfahren bzw. seines gesamten Hauses. Schließlich wird man viertens den konfessionellen Faktor ergänzen müssen, der in der erwähnten Weisung vom 21. März 1758 keine Rolle spielte. Der Pfalzgraf war zunächst lutherischen Bekenntnisses, Ende 1746 dann aber zum Katholizismus konvertiert, was den Wiener Hof hoffen ließ, einen konsensfähigen Kandidaten gefunden zu haben, der für beide Konfessionen tragbar war. Dennoch ergaben sich Probleme bei seiner Bestellung, die unter anderem daraus resultierten, dass kein protestantischer Kandidat mit vorgeschlagen oder ihm zur Seite gestellt worden war737; bei der Reichsgeneralität galt aber das Prinzip konfessioneller Parität. Letztlich wurde der Pfalzgraf erst im März 1760 durch ein Reichsgutachten und dessen kaiserliche Ratifikation Reichsgeneralfeldmarschall. In der konkreten Praxis wurde häufig so verfahren, dass sich Prätendenten mit einem Gesuch, ihnen möge eine Reichsgeneralsstelle verliehen oder eine entsprechende Exspektanz gewährt werden, an den Kaiser wandten oder an anderer Stelle um eine Rekommandation baten738. Hierauf signalisierte der Wiener Hof seinen Reichstagsgesandten, ob und inwiefern eine solche Bitte unterstützt werden sollte. Mitunter wurden solche Rekommandationsbitten dilatorisch behandelt, sei es wegen der fehlenden Eignung des Prätendenten, weil man sich nicht die Hände binden lassen wollte739 oder auch weil man keinen Bedarf sah, übereilt vorzugehen740. Dass derartige Promotionsgesuche in den Regensburger Beratungen durchaus Konfliktpotenzial aufwiesen, zeigt eine Weisung an die Prinzipalkommission vom 18. Juni 1755, in der mit heftigen Klagen darauf reagiert wurde, »daß sich wenige gesandtschafften bey gelegenheit einer an sich gleichgültigen sache solcher gestalten zu benehmen entschlossen, woraus die äusserste zerrüttung bey fernerer fürdauerung ohnumgänglich zu befahren 736 Vgl. Neuhaus, Kampf, S. 224 – 228; Ders., Problem, S. 332 f. 737 Vgl. Brabant, Kampf, Bd. 2, S. 42 f. 738 Der Prinzipalkommissar Fürstenberg rekommandierte das Gesuch seines eigenen Bruders auf Übertragung einer Reichsgeneralfeldzeugmeisterstelle bei Colloredo; vgl. Fürstenberg an Colloredo, Regensburg 23. 2. 1746, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 76a, unfol. 739 Vgl. etwa die Weisungen an die Prinzipalkommission, s.l. 15. 12. 1753 und Wien 10. 1. 1754, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 7b bzw. 8a, jeweils unfol. 740 Vgl. zum Beispiel die Weisung an die Prinzipalkommission, Wien 23. 1. 1754, Konz.: ebd., Weisungen 8a, unfol.

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sein würde«741. Auch zögerte man nicht, im Austausch für die Gewährung von Unterstützung die Entfernung von unliebsamen Reichstagsgesandten zu betreiben. Das Verlangen des Herzogs von Sachsen-Weimar und -Eisenach nach einer Reichsgeneralitätsstelle sei »eine bequeme gelegenheit, um hierdurch die amovirung des von Herring [Heringen, d. Vf.] von hiesigem reichstag zu erwürcken«, heißt es in einem Bericht Palms vom 18. März 1746; denn unter den gegebenen Umständen habe man mehr denn je Ursache, »diejenige widriggesinnte gemüther und hitzige köpffe zu entfernen, durch welche weitläuffigkeiten und zerrüttungen angezettelt werden können«742. Insgesamt gesehen nutzte der Wiener Hof also seine Einflussmöglichkeiten bei der Besetzung der Reichsgeneralität als Ressource, um seinen Einfluss im Reich zu sichern und eine möglichst fest gefügte Anhängerschaft zu etablieren. »Zur Revitalisierung gleichsam archaischer kaiserlicher Rechte gehörte neben denen, die sich aus seiner Stellung als Reichslehensherr und als höchster Richter im Reich ergaben, auch jene, die in seiner – wenn auch nur formalen – Eigenschaft als Reichskriegsherr begründet lagen.«743 Der Reichstag bildete hierbei zweifellos einen Ort, an dem die daraus hervorgehenden Auseinandersetzungen bevorzugt ausgetragen und kanalisiert wurden. In dem auf Konsens ausgerichteten, keineswegs aber immer konfliktfreien Zusammenwirken von Kaiser und Reichsständen bei der Besetzung der Reichsgeneralitätsposten manifestierte sich einerseits der gemeinsame Wunsch, im Reich eine tragfähige Verteidigungsgemeinschaft zu errichten. Andererseits zeigt gerade die langfristige Entwicklung der Reichsgeneralitätsposten hin zu bloßen Ehrentiteln744 doch in aller Klarheit, welch nachrangige Bedeutung die individuellen militärischen Kompetenzen dieser Funktionselite aufs Ganze gesehen hatten. Man wird begründetermaßen davon ausgehen können, dass auch die Bemühungen des Wiener Hofes, in diesem Kontext durch eine gezielte Personalpolitik klientel- und parteibildende Wirkung zu entfalten, mit zu den offenkundigen militärischen Defiziten der Reichsarmee beigetragen haben. Eine Betrachtung der militärischen Ressourcen, über die der Kaiserhof wie auch die Potentiores im Reich verfügten und zugunsten ihrer Anhängerschaft sowie gegen »Widriggesinnte« einsetzten, wäre unvollständig, bezöge man nicht die Ausübung oder Androhung militärischer Gewalt ein. Im Zusammenhang des Reichstagsgeschehens ist dies insofern von Bedeutung, als Interdependenzen zwischen Gewalt oder Gewaltandrohungen einerseits (zum Beispiel in Form von Besatzung, Durchmärschen, Konfiskationen usw.) und der Stimmführung in Regensburg andererseits nachweisbar sind. Für die 741 Konz.: ebd., unfol. 742 Bericht Palms an [Ulfeld], Regensburg 18. 3. 1746, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, PK, Berichte 5, unfol. 743 Neuhaus, Problem, S. 338. 744 Vgl. ebd., S. 334.

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Kriege im Untersuchungszeitraum ist dieser Befund ganz naheliegend; dies wird zu einem späteren Zeitpunkt ausführlicher behandelt745. Aber auch in den Friedensjahren findet sich in der Reichstagskorrespondenz Österreichs der nahezu stereotype Vorwurf an die Adresse Preußens, die Reichsstände mehr oder weniger unverhüllt mit Gewaltandrohungen zu einem dem Berliner Hof genehmen Verhalten in Regensburg zu veranlassen. Besonders betroffen waren davon die schutzbedürftigen Mindermächtigen der kaiserlichen Klientel, die ja in ihrer Gesamtheit eine nicht zu unterschätzende Stimmenzahl auf dem Reichstag hatten. Hierbei zeigte sich die Hofburg zeitweise sehr besorgt, da es aus Sicht des Reichsoberhauptes um jeden Preis zu verhindern galt, dass deren Parteinahme zugunsten des Kaiserhofes preußische Restriktionen nach sich zog. »Das exempel hat sich dermahlen mit Ahrenberg, Lobkowitz, Salm, Auersperg, Schwartzenberg und Liechtenstein ergeben, welche defectum instructionis allegiren müssen, um sich zu folge derer gemachten drohungen denen Preußischen violenzen nicht zu exponiren«746, liest man in einem warnenden Bericht der Prinzipalkommission aus dem April 1753. Kurz vor Ausbruch des Siebenjährigen Krieges meldete Seydewitz aus Regensburg, angesichts des preußischen Vorgehens in Mecklenburg sei zu befürchten, dass der preußische König den einen oder anderen Hof, »theils durch liebkosungen, theils durch drohungen«747, von einer standhaften Gesinnung abbringen könnte. Genau dies musste aus kaiserlicher Perspektive unbedingt vermieden werden, denn der Bedeutung, die der Existenz der kleineren Reichsstände im Reichsgefüge zukam – nicht nur als Stimmenlieferanten in Regensburg, sondern auch als prononcierte Befürworter einer Bewahrung der herkömmlichen Ordnung gegen das Ausgreifen der Potentiores insgesamt –, war man sich in der Hofburg nur zu bewusst. Die letzten hier vorzustellenden Ressourcengruppen, die der Wiener Hof im Kontext des Reichstagsgeschehens mit dem Ziel einer Gewinnung von Anhängern oder Stabilisierung bereits bestehender Bindungen einsetzte, gehen auf das von der jüngeren Forschung intensiv untersuchte Geschenkwesen und dessen fließende Übergänge zu Praktiken zurück, die man als Bestechung zu bezeichnen pflegt. Für unseren Untersuchungsgegenstand sind in diesem Zusammenhang drei Punkte von besonderer Bedeutung: 1.) Der Austausch von Geschenken hat in kulturübergreifender Weise seit jeher das Ziel, personale Bindungen in die Wege zu leiten, zu stabilisieren und sie nach außen hin sinnfällig zum Ausdruck zu bringen748. In der sozialen und 745 Siehe dazu Kap. V. 746 Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis und Palms an Franz I., Regensburg 26. 4. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 89b, unfol. 747 Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 3. 7. 1757, Ausf.: ebd., Berichte 98, unfol. 748 Die Literatur zu diesem Themenfeld ist in jüngerer Zeit stark angewachsen. Einen guten Einstieg bieten Grünbart (Hg.), Geschenke (für das europäische Mittelalter); Kettering, GiftGiving; Stollberg-Rilinger, Ökonomie (mit ausführlichen Literaturhinweisen); grundlegend ist

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politischen Praxis im frühneuzeitlichen Europa waren Geschenke infolge ihres »vielfältigen semantischen Ausdruckspotentials«749 multifunktional: Sie visualisierten eine bestimmte Qualität von Beziehungen, konnten als politische Botschaften dienen, steigerten gegebenenfalls das Sozialprestige der Beteiligten, waren als vertrauensbildende Maßnahme einsetzbar und nicht zuletzt als Manifestation adliger Freigiebigkeit elementarer Bestandteil der europäischen Adelskultur ; die Liste ließe sich problemlos fortsetzen. Im Falle ihres expliziten Einsatzes als nonverbales, symbolisches Kommunikationsmittel war ihr Einsatz nur dann sinnvoll und zielführend, wenn beide Seiten, der Schenkende und der Beschenkte, über einen gemeinsamen Code verfügten, der es ihnen ermöglichte, den mit dem Schenkungsakt einhergehenden Bedeutungsgehalt zu entschlüsseln750. 2.) Innerhalb asymmetrisch-vertikal angelegter Patron-Klient-Beziehungen erfolgten Geschenke zumeist nicht im Rahmen eines einmaligen, auf einen ganz speziellen Zweck ausgerichteten Interaktionsaktes. Sie waren vielmehr eine Ausdrucksform personaler Beziehungen, die prinzipiell auf Dauer angelegt waren und nicht selten mit reziproken Tauschprozessen im Stile eines verschleierten Gabentausches einhergingen751. Charakteristisch waren dabei eine »unausgeglichene Leistungsbilanz«752 zwischen Patron und Klient sowie ein zeitliches Intervall zwischen Gabe und Gegengabe (bzw. Leistung und Gegenleistung). 3.) Auf dem Immerwährenden Reichstag waren Geschenke und Zuwendungen unterschiedlichster Art Bestandteil der politisch-sozialen Kultur753. Hierzu zählten Gaben, die auch in der Diplomatie gängige, allgemein akzeptierte Erscheinungsformen waren, etwa Abschiedsgeschenke754 oder Zuwendungen nach erfolgreichem Ausgang von Verhandlungen. Bei einer Zurückweisung entsprechender Angebote bestand die Gefahr, dass dies als Affront empfunden wurde. Solche Gratifikationen oder Remunerationen755 folgten

749 750 751 752

753 754 755

darüber hinaus Groebner, Geschenke. Für den preußischen Hof ist dieses Themengebiet bereits erforscht; vgl. Falcke, Geschenkwesen, sowie zusammenfassend Opalla, Hof. Eine vergleichbare Arbeit zum Kaiserhof um 1750 fehlt bislang. Falcke, Geschenkwesen, S. 312. Vgl. ebd., S. 255 f. Siehe oben Anm. 653. Kirner, Politik, 170 f.: Die Dauerhaftigkeit einer Sozialbeziehung »entsteht dadurch, daß die ausgetauschten Leistungen so unterschiedlicher Natur sein können, daß sie keinem einheitlichen Wertmaßstab der Berechenbarkeit unterliegen […] und folglich nicht als ausgeglichen betrachtet werden können. Gerade aus der unausgeglichenen Leistungsbilanz resultieren das wechselseitige Verpflichtungsgefühl und die Wahrscheinlichkeit der Wiederholung des Austauschs. Die Dauer ist auch deshalb ein wichtiges Merkmal, da eine Gegenleistung in diesem persönlichen Verpflichtungsverhältnis erst nach einem unbestimmten zeitlichen Intervall erfolgen bzw. abgerufen werden kann.« Vgl. dazu auch Krischer, Fürstengesellschaft, S. 141. Vgl. für die Zeit um 1700 S. Friedrich, Drehscheibe, S. 231 – 234. Siehe allgemein Duchhardt, Abschiedsgeschenk. Vgl. als Beispiel den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 3. 11. 1761, Ausf.: HHStA,

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einer spezifischen Logik und sind als gezielte Investitionen zu verstehen, denn, so führte Kaunitz in einem Konferenz-Vortrag vom 24. September 1756 treffend aus, »durch verehrungen öffters ein nahmhafftes erspahret werden kan«756. Untersucht man auf dieser Grundlage die Geschenkpraktiken im Umfeld des Reichstags, dann lassen sich verschiedene Gruppen mit unterschiedlichem Korruptionspotenzial bilden. Gänzlich unproblematisch waren in dieser Hinsicht in aller Regel Geschenke, die zu Familienanlässen (Taufen, Heiraten, Geburts- und Namenstage usw.) präsentiert wurden. Ebenso verhielt es sich mit Geschenken, die nach Abschluss von Verhandlungen überreicht wurden. Seydewitz’ Vorschlag etwa, nach der erfolgten Bewilligung von Römermonaten den Direktorialkanzleien für ihre geleistete Arbeit Gratifikationen zukommen zu lassen, war in keiner Weise so beschaffen, dass daran Anstoß genommen werden konnte757. Immerhin eine besondere Erwähnung wert waren Palm beispielsweise die Präsente – es handelte sich um kostbaren Wein und eine Summe von 4.000 Reichstalern –, die der hessen-kasselische Gesandte Wülcknitz von Deputierten der Frankfurter Reformierten erhielt758. Auch dies sprengte aber offenbar nicht den üblichen Rahmen. Gleiches gilt für die Überreichung von wertvollen TabatiÀren, die gerade innerhalb des diplomatischen Geschenkwesens eingesetzt wurden, und zwar von preußischer Seite zum Teil gezielt, um den Beschenkten davon abzuhalten, sich auf österreichischer Seite zu engagieren759. Problematischer war es offenbar schon, dass Plotho nach dem Hubertusburger Frieden von 1763 – »seiner eigenen sage nach, propter bona officia«760 – von Kurbayern und Kurpfalz je einen Brillantring mit einem geschätzten Wert von mindestens 2.000 Gulden erhielt; er sah sich nämlich veranlasst, beim preußischen König anzufragen, ob er die Geschenke annehmen dürfe761. Noch kritischer wurden Pensionen angesehen, also regelmäßige Zahlungen an einen Reichstagsgesandten, die nicht von seinem Dienstherrn ausgingen,

756 757 758 759

760 761

RK, PK, Berichte 110b, unfol. Schwarzenau habe eine kurbraunschweigische Remuneration in Höhe von 300 Louisdor erhalten. HHStA, StK, Vorträge 79, Konv. »1756 IX – XII fol. 1 – 536«, fol. 170. Vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 10. 7. 1760, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 109a, unfol. Vgl. den Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 13. 1. 1748, Ausf.: ebd., Berichte 80a, unfol. Vgl. allgemein Falcke, Geschenkwesen, S. 207 f., sowie als konkretes Beispiel das Schreiben Eichels an Podewils, Sedlitz 2. 11. 1756, PC 14, S. 8; der Wert der TabatiÀre wurde mit 500 Taler angegeben. Ein Beispiel aus der kaiserlichen Geschenkpraxis ist aufgeführt bei Pons, Kunst, S. 174 f. Auch auf französischer Seite bediente man sich dieses Mittels; vgl. Ebbecke, Politik, S. 99 und 104. Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 27. 2. 1763, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 112a, unfol. Vgl. Bitterauf, Politik, S. 184. Plotho erhielt anschließend aus Berlin die Erlaubnis, die Ringe anzunehmen.

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sondern vonseiten einer anderen Regierung762. Anhand der Berichterstattung in der österreichischen und der preußischen Reichstagskorrespondenz lässt sich beobachten, dass sich beide Seiten bei Bedarf keineswegs scheuten, sich dieses heiklen Instrumentes zu bedienen, wenn es galt, gutgesinnte Gesandte zu gewinnen oder im eigenen Lager zu halten763. Die Berichte über Pensionszahlungen der gegnerischen »Parthey« erfolgte dagegen häufig mit einem moralisierenden, das Verhalten der Beteiligten diskreditierenden Unterton. In diesem Kontext wurde dann mitunter auch der Begriff Bestechung verwendet. So berichtete Plotho am 6. Februar 1757, der anhaltische Gesandte Pfau habe 2.000 Gulden und der kurmainzische Direktorialgesandte Lincker ein Patent als kaiserlich-königlicher Geheimer Rat mit einer Pension in Höhe von 2.000 Gulden erhalten. Zudem habe die Witwe des kurpfälzischen Gesandten Menßhengen vom Wiener Hof ein Präsent mit einem Wert von 2.000 Dukaten und vom pfälzischen Kurfürsten eine Pension von 1.000 Reichstalern zugesprochen bekommen764. Und am 31. März 1757 vermeldete der preußische Gesandte, der Wiener Hof habe seit Beginn des Krieges eine Summe von 500.000 Gulden für Verhandlungen und Bestechungen im Reich verwendet, »und wäre es also leider sehr schlecht, wenn hohe stände des Reichs ihre iura zu verkaufen anfiengen«765. Damit stellt sich die Frage, inwiefern die geschilderte Praxis im Hinblick auf das Verhalten der Reichstagsgesandten als Korruption766 zu bezeichnen ist. In der Korruptionsforschung sind in den letzten Jahren wichtige Fortschritte erzielt worden, gerade auch bezogen auf die Frühe Neuzeit767. Zwar ist man noch weit davon entfernt, einen definitorischen Konsens zu erzielen, es zeichnen sich aber doch gewisse pragmatische Tendenzen ab, die eine geeignete Grundlage für die folgenden Überlegungen bilden und deren Kern darin besteht, Korruption zunächst einmal allgemein als »eine Form der Be762 Vgl. S. Friedrich, Drehscheibe, S. 234. 763 Ein Beispiel aus der österreichischen Praxis findet sich im Vortrag Kaunitz’, Wien 10. 6. 1755, HHStA, StK, Vorträge 77, Konv. »1755 VI fol. 1 – 256«, fol. 78’. Als im August 1758 eine jährliche Pension für den ansbachischen Reichstagsgesandten Seefried vorgeschlagen wurde, lehnte Maria Theresia dies ab: Wenn es sich nur um eine Gratifikation (also eine einmalige Zuwendung) handeln würde, hätte sie keine Bedenken, wohl aber bei einer Pension; vgl. die Vorträge Kaunitz’ für Maria Theresia 2. und 5. 8. 1757, ebd., Vorträge 81, Konv. »1757 VIII – IX fol. 1 – 201«, fol. 7 – 8 bzw. 11. 764 Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 125, unfol. Zu den Zuwendungen für die Witwe Menßhengens vgl. auch die Nachweise in Kap. III 1 c Anm. 186. Die französische Seite ging später davon aus, dass Lincker eine Pension des Wiener Hofes in Höhe von 4.000 Gulden erhalte; vgl. Auerbach, Recueil, Bd. 18, S. 282. 765 Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 127, unfol. 766 Zur historischen Semantik der Korruption vgl. den nützlichen Überblick von Plumpe, Korruption, vor allem S. 30 – 35. 767 Dies gilt nicht zuletzt für die deutschsprachige Forschung; vgl. vor allem die Sammelbände von Karsten/Thiessen (Hg.), Netzwerke; Grüne/Slanicˇka (Hg.), Korruption; Asch/Emich/Engels (Hg.), Integration; vgl. zudem Reiter, Geschenke, S. 223 – 361 (zum Mittelalter und zur Frühen Neuzeit), sowie Engels/Fahrmeir/Nützenadel (Hg.), Geld.

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wertung politischer Patronage sowie anderer Formen der Begünstigung«768 zu verstehen. Für die diplomatischen Akteure an den europäischen Höfen wie auch für die Gesandten am Reichstag waren Praktiken, die an die Grenze des von den Zeitgenossen als tolerabel angesehenen Verhaltens stießen, ausgesprochen prekär. Sie mussten sich davor hüten, in den Verdacht zu geraten, bestechlich zu sein, denn dies konnte ihre Handlungsfähigkeit erheblich beeinträchtigen769. Ob und wann die Grenze zur Bestechlichkeit nach zeitgenössischem Verständnis tatsächlich überschritten war, hing maßgeblich davon ab, inwieweit sich der Geschenkempfänger zu Verhaltensweisen bewegen ließ, die mit der Loyalität zu seinem Dienstherrn nicht mehr in Einklang zu bringen waren. Auch die auf einen konkreten Zweck orientierte Einmaligkeit eines Schenkaktes, der anders als bei Patron-Klient-Beziehungen kein persönliches Band kreierte, konnte ein Indikator für Bestechlichkeit sein770, ebenso der heimliche Vollzug solcher Interaktionen771 oder die Tatsache, dass letztlich alle Beteiligten der betreffenden Transaktion einen Vorteil erzielten und damit gleichzeitig Nicht-Beteiligten schadeten772. Der schon in der Literatur des 17. Jahrhunderts für die Annahme von Geschenken aufgestellte Grundsatz »nicht alles, nicht zu jeder Zeit und nicht von Allen«773 galt prinzipiell auch noch für die Zeit um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Allerdings wurde die noch im 17. Jahrhundert als selbstverständlich angesehene und als soziale Norm akzeptierte Begünstigung von Verwandten, um hier ein konkretes Beispiel anzuführen, im Laufe des 18. Jahrhunderts mehr und mehr als verwerflich angesehen; am Ende des Jahrhunderts galt sie als Korruption774. Begünstigt wurden solche Praktiken sicherlich durch die schlechte finanzielle Lage, in der sich einige Reichstagsgesandte zeitweise oder dauerhaft befanden775. Mit ihnen verhielt es sich letztlich nicht anders als mit den Reichshofräten am Kaiserhof, für die jüngst herausgearbeitet worden ist, dass dort vorzufindende Korruption »bis in die Regierungszeit Maria Theresias 768 Asch/Emich/Engels, Einleitung, S. 19; vgl. auch die Charakterisierung der Merkmale von Korruption ebd., S. 20: »Es handelt sich um eine kritische Bewertung von Handlungen oder Praktiken, die im Konflikt zwischen öffentlich-universalen und privat-individualistischen Normen entstehen. In der Regel geht es um Kritik an der Verteilung von Ressourcen, die einem Amtsträger zugänglich sind sowie um die Bewertung seiner Motive. Im Kern geht es also um Korruptionskommunikation.« 769 Vgl. S. Friedrich, Drehscheibe, S. 236. 770 Vgl. Kettering, Gift-Giving, S. 148 und 151. 771 Vgl. Falcke, Geschenkwesen, S. 14. 772 Zu den beiden letzten Merkmalen siehe allgemein Graeff, Korruptionsforschung, S. 57. 773 Zitiert nach S. Friedrich, Drehscheibe, S. 232 (»nec omnia, nec quovis tempore, nec ab omnibus«). 774 Vgl. Thiessen, Diplomatie und Patronage, S. 437. 775 Zu den finanziellen Belastungen der Reichstagsakteure vgl. Barth, Diplomatie, S. 254 – 257, sowie die Ausführungen über Plotho und den Fürsten von Thurn und Taxis in Kap. II 3 a und III 1 c.

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nicht als ein Nachteil oder als Zeichen für Ineffizienz der Verwaltung«776 galt; vielmehr wurde sie als Folge struktureller Probleme bei der Finanzierung ihrer Tätigkeit hingenommen. Die in dieser Hinsicht gut erforschten Reichsstädte erkannten jedenfalls sehr deutlich den Finanzbedarf am Kaiserhof und die daraus resultierenden Möglichkeiten politischer Einflussnahme; dementsprechend richteten sie ihre Schenkpraktiken aus777. Finanzierungsschwierigkeiten konnten die Reichstagsgesandten durchaus in die Verlegenheit bringen, für in Regensburg entstehende Aufenthalts- und Repräsentationskosten aufkommen zu müssen, die ihr eigentliches Gehalt deutlich überstiegen. Gerade vor diesem Hintergrund erschien die Annahme von Zuwendungen nicht per se als illegitim: »Der vormoderne Amtsträger war eben nicht von seinem Amt, den Verwaltungs- und Beschaffungsmitteln ›sachlich‹ getrennt, sondern aufs innigste damit verbunden«778, wobei allerdings bereits für die Mitte des 18. Jahrhunderts ein zunehmender Druck, Geschenkpraktiken zu rechtfertigen, zu konstatieren ist779. Ein Beispiel soll verdeutlichen, wie nahe vor allem Geldzahlungen dem zeitgenössischen Korruptionsverständnis kamen. Es wurde bereits erwähnt, dass der mecklenburgische Gesandte Teuffel in der Spätphase des Siebenjährigen Krieges, als der Kaiserhof auf eine neuerliche Bewilligung von Römermonaten zur Fortführung des Krieges abzielte, im Vorfeld der darüber anstehenden Beratungen mit einer Gratifikation von 1.000 Dukaten für den Fall geködert wurde, dass die Verhandlungen durch sein Zutun den erwünschten Ausgang nähmen780. Die Hofburg stellte also schon im Vorfeld von Komitialberatungen Geldzahlungen in Aussicht, um ein bestimmtes Abstimmungsverhalten zu erwirken, was mit dem Prinzip des freien Stimmrechts der Reichsstände de facto kollidierte. Dass Teuffel seine Unterstützung sogleich zusagte, dann aber zu einem späteren Zeitpunkt erklärte, weitere Römermonats-Begehren Wiens nicht unterstützen zu können, zeigt, auf welch schmalem Grat er sich hierbei bewegte. Die Gewährleistung eines erwünschten Abstimmungsverhaltens in den Reichstagskurien ging mitunter mit dem Einsatz regelrechter Ressourcenpakete des Wiener Hofes einher, wie das Beispiel Brandenburg-Ansbach zeigt. Im Vorfeld des Bündnisschlusses Maria Theresias mit Markgraf Karl Wilhelm Friedrich vom 2. April 1757781 hatte die Hofburg mit dem Ziel, ein Festsetzen Preußens im Fränkischen Reichskreis zu verhindern und sich die ansbachische Stimme auf dem Reichstag und den Kreistagen zu sichern, den Transfer 776 Ehrenpreis, Korruption, S. 304. 777 Vgl. jüngst Krischer, Reichsstädte und Reichstag, Abs. 19. 778 Ders., Fürstengesellschaft, S. 168; vgl. auch Pecˇar, Ökonomie, S. 123 f.; Stollberg-Rilinger, Ökonomie, S. 198. 779 Vgl. Krischer, Fürstengesellschaft, S. 173. 780 Siehe die Ausführungen zu Teuffel in Kap. III 1 c. 781 Vgl. Bittner, Verzeichnis, S. 198; C. Weber, Politik, S. 62 – 65; Störkel, Markgraf, S. 61; Ders., Schwager, Abs. 40; Rohmer, Vater, S. 180.

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eines ganzen Bündels an Ressourcen in Erwägung gezogen. Zur Diskussion standen Subsidien in Höhe von 12 – 15.000 Gulden für den Markgrafen, eine in Aussicht zu stellende Pension für den ansbachischen Erbprinzen Christian Friedrich Karl Alexander und ein Versprechen, ihn bei der Erlangung einer Reichsgeneralitätsstelle zu unterstützen. Darüber hinaus wurden auch französische Subsidien, eine Exspektanz auf ein Reichslehen für den kaiserfreundlich ausgerichteten langjährigen Lenker der ansbachischen Politik, Christoph Ludwig von Seckendorff-Aberdar zu Oberzenn, und nicht zuletzt eine Unterstützung Ansbachs in Bezug auf die Sukzession in Bayreuth anvisiert782. Einige der genannten Mittel zur Gewinnung des Markgrafen wurden dann im Bündnisschluss auch umgesetzt. Das angeführte ansbachische Beispiel ist insgesamt gesehen besonders aufschlussreich, da es in verdichteter Weise aufzuzeigen vermag, dass der Kaiserhof über Ressourcen unterschiedlicher Art verfügte – in diesem Fall Subsidien, Pensionen, Militaria, Lehnsexspektanzen sowie die Unterstützung von Erbansprüchen –, die bei Bedarf einzeln oder im Verbund eingesetzt wurden. Für unseren Zusammenhang ist es dabei wichtig festzuhalten, dass diese Ressourcen oftmals nach dem Grundsatz des do ut des mit dem Anspruch auf Gegenleistungen transferiert wurden. Eine am Kurs des Wiener Hofes orientierte Stimmführung des betreffenden Reichsstandes in Regensburg war eine solche reichsständische Gegenleistung, die unter Umständen, wie im vorliegenden Fall, sogar in einem Bündnisabkommen festgeschrieben wurde. Als Zwischenbilanz lässt sich somit Folgendes festhalten: Die sukzessive Herausbildung des österreichisch-preußischen Dualismus im 18. Jahrhundert ging auf nahezu allen politischen Ebenen des Reiches mit kontinuierlichen Bemühungen der Hofburg einher, reichspolitischen Rückhalt durch die Formierung einer festen reichsständischen Anhängerschaft zu erlangen. Der Reichstag bildete innerhalb dieses fortwährenden Prozesses einen wichtigen Mosaikstein, war er doch eine multifunktionale Plattform: Er diente – zusätzlich zu seinen verfassungsmäßigen Aufgaben – unter anderem als Kommunikationszentrum, öffentlichkeitswirksames Forum zur Legitimierung der eigenen Politik und nicht zuletzt auch als Umschlagplatz für Ressourcen. Für eine Bewertung des Stellenwertes des Reichstags im Gesamtgefüge der Wiener Reichspolitik ist dieses Ergebnis nicht unerheblich, denn es widerlegt in exemplarischer Weise diejenigen Forschungstendenzen, die seine Bedeutung in theresianischer und friderizianischer Zeit auf eine mehr oder weniger zu vernachlässigende Größe reduzieren. Mit diesem Befund ist keineswegs be782 Vgl. den Vortrag Kaunitz’ für Franz I., Wien 3. 12. 1756, HHStA, StK, Vorträge 79, Konv. »1756 IX – XII fol. 1 – 536«, fol. 440 – 446; Vortrag Kaunitz’ für Maria Theresia, Wien 2. 2. 1757, ebd., Vorträge 80, Konv. »1757 I – III fol. 1 – 470«, fol. 284 – 285; Vorträge Colloredos für Franz I., Wien 10.2. und 23. 3. 1757, HHStA, StK, Brandenburgica 37, jeweils unfol.; siehe auch die entsprechenden Nota der Staatskanzlei ebd., unfol., sowie Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 102.

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absichtigt, die vielfach gescholtene Schwerfälligkeit des formalen Regensburger Prozederes grundsätzlich abzustreiten. Aber ein Gesamtbild dieser Institution bliebe doch verzerrt, würde man ausklammern, dass sie zumindest phasenweise ein Schauplatz dynamischer politischer Prozesse war, die sich auch und gerade auf informeller Ebene manifestierten. Die aufgezeigten klientelpolitischen und parteibildenden Praktiken dokumentieren diesen Sachverhalt mehr als deutlich.

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IV. Die Etablierung eines Klienten: Die Introduktion des Fürsten Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis in den Reichsfürstenrat 1754 Mit einer Fallstudie zur Haltung des Wiener Hofes gegenüber den reichspolitischen Bestrebungen des Fürsten Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis lassen sich mehrere Erkenntnisziele erreichen: Zum einen wird ersichtlich, welche konkreten Methoden der Kaiserhof anwandte, um einen Klienten zu fördern, von dem man sich einigen Nutzen – nicht nur auf dem Reichstag – versprach. Zum anderen lassen sich exemplarische Aufschlüsse über die dabei eingesetzten Ressourcen gewinnen. Zum Dritten wird die spezifische Interessenlage und Perspektive des Klienten erhellt, der ebenfalls über Ressourcen unterschiedlicher Art verfügte, die er gezielt für seine reichspolitischen Belange einzusetzen vermochte. Bewährte Instrumente der kaiserlichen Reichspolitik zur Schaffung einer treuen, am politischen Kurs des Wiener Hofes orientierten Anhängerschaft waren die Erhebungen in den weltlichen Reichsfürstenstand und die Introduktion (Einführung) des neuen Fürsten in den Reichsfürstenrat1. Es handelte sich dabei um den Versuch, Verdienste unterschiedlicher Art – seien es finanzielle Hilfen, konkrete politische und militärische Unterstützung oder auch eine generelle, generationenübergreifende Ausrichtung der betreffenden Adelsfamilie an den Interessen des Hauses Österreich – in adäquater Weise zu honorieren. Angefangen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und insbesondere im zeitlichen Umfeld des Dreißigjährigen Krieges sowie während der Regierungszeit Kaiser Leopolds I. kam es zu einer regelrechten Welle von entsprechenden Standeserhebungen, die auch im 18. Jahrhundert nicht verebbte2. Der Nutzen einer solchen Politik war wechselseitig: Während die Kreierung neuer Fürsten3 aus kaiserlicher Sicht eine unter dem Gesichtspunkt des Ein1 Grundlegend hierzu sind nach wie vor die profunden Überblicke von Th. Klein, Erhebungen, und Schlip, Fürsten. 2 Bernd Roeck hat diesen Prozess sogar als »Inflation der neuen Reichsstände« bezeichnet; Roeck, Reichssystem, S. 131. 3 Zur Begriffsbestimmung vgl. Schlip, Fürsten, S. 251: Der Begriff »neue Fürsten« bezieht sich entweder auf die durch kaiserliche Standeserhebungen neu geschaffenen Reichsfürsten, und zwar unabhängig davon, ob es ihnen tatsächlich gelang, mit Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat am Reichstagsgeschehen zu partizipieren, oder der Begriff meint in einem engeren Sinne nur diejenigen Reichsfürsten, die nach dem Stichjahr 1582 eine Virilstimme im Reichsfürstenrat erlangen und ihre Introduktion realisieren konnten.

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Die Etablierung eines Klienten

satzes ökonomischen Kapitals (im Sinne Bourdieus) preiswertere Variante der Belohnung darstellte, als dies beim Einsatz von finanziellen Ressourcen oder bei der nur in begrenztem Umfang möglichen Vergabe von Gütern der Fall war, erwarben die neufürstlichen Häuser ein erhebliches Maß an symbolischem Kapital und die Perspektive neuer politischer Gestaltungsmöglichkeiten. Dies galt in besonderem Maße für das Recht, mit Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat aktiv am Reichstagsgeschehen teilnehmen zu können, wobei die Erwartungshaltung der Hofburg generell dahin ging, dass die Reichstagsgesandten der neuen Fürsten im Sinne Wiens votieren sollten. Die kaiserliche Politik nutzte dieses Instrument also bei Bedarf zur Einflussnahme auf die Mehrheitsverhältnisse und das Abstimmungsverhalten im Reichsfürstenrat. Das Sozialprofil der neuen Reichsfürsten weist folgende hervorstechende Eigenschaften auf: Sie waren zum Zeitpunkt ihrer Erhebung in den Reichsfürstenstand mehrheitlich katholisch, stammten oftmals aus der Gruppe der Reichsgrafen und verfügten als kaiserliche Parteigänger bzw. als landsässiger Adel in den habsburgischen Territorien nicht selten über mehrere Generationen zurückreichende Verbindungen zum Haus Österreich4. Die zeitliche Differenz zwischen ihrer Erhebung in den Reichsfürstenstand und ihrer tatsächlichen Introduktion in den Reichsfürstenrat variierte von Fall zu Fall. Die Spanne reichte hierbei von rund neunzig Jahren, die das Haus Liechtenstein warten musste, bis hin zu Intervallen von nur zwei bis vier Jahren5. Die Zusammensetzung des Reichsfürstenrats wurde durch diese Standeserhebungswelle substanziell verändert: Seit der Introduktion Schwarzburgs und Thurn und Taxis’ im Jahre 1754 standen den altweltfürstlichen Häusern, also denjenigen Häusern, die bereits 1582 Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat hatten6, immerhin zwölf neufürstliche Häuser im Reichsfürstenrat gegenüber : Auersperg, Dietrichstein, Fürstenberg, Hohenzollern, Liechtenstein, Lobkowitz, Nassau, Ostfriesland, Salm, Schwarzburg, Schwarzenberg sowie Thurn und Taxis. Insgesamt gesehen hatte die Schaffung neuer Fürsten eine zunehmende Differenzierung des Reichsfürstenstandes zur Folge. In der Forschung ist dies durchaus kritisch kommentiert worden: »Zunächst Mittel großer Politik durch die Heranziehung mächtiger, eigenständiger Häuser an die kaiserlichen Interessen, degenerierte die Fürstenwürde zunehmend zu einem feilen Mittel des Kaisers, sich entstandener Verpflichtungen, gar Schulden zu entledigen, 4 Vgl. ebd., S. 266 f.; Pelizaeus, Aufstieg, S. 18. 5 Schlip, Fürsten, S. 266 f. 6 Zu den altfürstlichen Häusern wurden traditionell gerechnet: die Erzherzöge von Österreich, die Fürsten von Anhalt und Ligne, die Markgrafen von Baden und Brandenburg, die Herzöge von Braunschweig, Holstein, Mecklenburg, Pommern, Sachsen, Savoyen und Württemberg, die Landgrafen von Hessen sowie die Pfalzgrafen bei Rhein; die Herzöge von Arenberg waren ein Grenzfall; vgl. mit Blick auf das 18. Jahrhundert Pelizaeus, Aufstieg, S. 16 f.; siehe ferner Th. Klein, Erhebungen, S. 138.

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und zu einer Möglichkeit protziger Neureicher, sich mit Sozialprestige höchsten Ranges zu versehen, […] um in der Endphase im Gewühl eines Schlußverkaufes zu enden.«7 Für die Arbeit des Reichsfürstenrats bedeutete diese allmähliche Dekomposition des Reichsfürstenstandes jedenfalls eine zusätzliche Belastung, da der »Spaltpilz«8 zwischen alten und neuen Fürsten die Beratungen zumindest punktuell erschwerte, wie die lange Zeit anhaltenden Proteste gegen die Introduktion des Hauses Thurn und Taxis verdeutlichen9. Den Introduktionen in den Reichsfürstenrat ging oftmals ein längeres, zum Teil hartnäckiges Ringen zwischen dem Kaiser und opponierenden Reichsständen voraus10. Verfassungsrechtliche Fundamente waren die kaiserlichen Wahlkapitulationen sowie die im Jüngsten Reichsabschied 1654 festgelegten Bestimmungen. Fürsten sollten nur dann Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat eingeräumt werden, wenn sie mit einem immediaten Reichsterritorium begütert und bereit waren, in angemessener Höhe Reichssteuern zu entrichten11. Die Wahlkapitulation Franz’ I. enthielt zudem ausdrücklich die schon in der Wahlkapitulation Karls VI. enthaltene Bestimmung, dass neben dem Kurfürstenrat »auch dasjenige Collegium u[nd] Banck, darinnen sie [die neuen Fürsten, d. Vf.] aufgenommen werden sollen, in die Admission ordentlich gewilliget.«12 Darüber hinaus war ein kaiserliches Kommissionsdekret obligatorisch, welches dann gemäß dem herkömmlichen Geschäftsgang in Regensburg eines Plazets der kurfürstlichen und der fürstlichen Kurie in Form eines Reichsgutachtens bedurfte, das dann durch kaiserliche Ratifikation zu einem Reichsschluss wurde. Die Vorgeschichte der feierlichen Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis in den Reichsfürstenrat am 30. Mai 1754 ist nicht nur ein Paradebeispiel für die seitens des Wiener Hofes angewendeten Methoden bei der sogar gegen den energischen Widerstand einiger Reichsstände durchgesetzten Etablierung eines kaiserlichen Anhängers in der reichsfürstlichen Kurie. Sie ermöglicht auch tiefe Einblicke in die bestehenden Möglichkeiten, mittels des gezielten Einsatzes von Ressourcen die gewünschte Metamorphose eines bloßen Titu7 8 9 10

Ebd., S. 191. Ebd., S. 138. Vgl. dazu die ausführlichen Darlegungen von Styra, Karriere, Kap. 6.17.–6.19. Vgl. Th. Klein, Erhebungen, S. 139: »Es war der Hiat zwischen einem allein vom Kaiser durch ein (in der Regel von der Reichskanzlei) ausgestelltes Diplom großzügig und kontinuierlich gehandhabten Erhebungsrecht in den Reichsfürstenstand auf der einen Seite und einem wesentlich restriktiver geübten, den kaiserlichen Initiativen nur zögernd, gelegentlich schubweise folgenden Kooptationsrecht für den Reichsfürstenrat durch seine Mitglieder selbst auf der anderen Seite.« 11 Vgl. Laufs, Reichsabschied, § 197, S. 96; Grillmeyer, Diener, S. 142; Styra, Karriere, Kap. 6.2. und 6.17. 12 Francke, Wahl-Capitulation, S. 4 (Artikel 1 § 5); vgl. auch den Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 17. 8. 1753, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 130, unfol.

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larfürsten zu einem mit Virilstimme im Reichsfürstenrat agierenden Reichsfürsten zu bewerkstelligen13. Ausgangspunkt dafür war der aufsehenerregende Aufstieg der aus Norditalien stammenden Familie (Thurn und) Taxis, deren jeweilige Oberhäupter sukzessive Rangerhöhungen von einfachen Hofbediensteten hin zu vollwertigen Reichsfürsten mit Sitz und Stimme im Reichstag erhielten14. Wichtige Stationen waren im 17. Jahrhundert die Erhebungen in den erblichen Reichsfreiherrnstand (1608), in den erblichen Reichsgrafenstand (1624) sowie in den erblichen Reichsfürstenstand (1695). Begleitet wurde dieser Prozess durch die Karriere der (Thurn und) Taxis im Rahmen des Aufbaus und der Unterhaltung des kaiserlichen Postwesens: 1615 erfolgte die Erhebung des Generalpostmeisteramts zu einem Erbmannlehen und 1744 dessen Umwandlung in ein Thronlehen. Der Erwerb eines prestigeträchtigen Amts trat hinzu: 1743 und dann erneut 1748 wurde Fürst Alexander Ferdinand, jeweils als Nachfolger des Fürsten von Fürstenberg, von Karl VII. bzw. Franz I. zum Prinzipalkommissar ernannt. Schon zuvor war den Thurn und Taxis die Aufnahme in den Kurrheinischen und den Schwäbischen Reichskreis (1724 bzw. 1726) gelungen15. Charakteristisch für das Emporkommen des Hauses waren langjährige Verbindungen mit den Habsburgern, gepaart mit dem großen Potenzial eines innovativen Unternehmens – Wolfgang Behringer prägte zur Kennzeichnung der umwälzenden Veränderungen im Gefolge des Aufbaus der (thurn und) taxisschen Post den Begriff der »Taxis-Galaxis«16 – und einem daraus resultierenden gesellschaftlichen Aufstieg bis zur reichsfürstlichen Ebene17. Vor 13 Die Vorgeschichte und der Verlauf der thurn und taxisschen Introduktion in den Reichsfürstenrat 1754 sind in der neueren Forschung verstärkt untersucht worden; vgl. den Überblick bei Schlip, Fürsten, S. 287 ff., sowie aus jüngerer Zeit Behringer, Thurn und Taxis, S. 219 f.; Grillmeyer, Diener, vor allem S. 147 – 150; am ausführlichsten: Styra, Karriere, Kap. 6. Den Gang der Verhandlungen schildert mit Berücksichtigung der Reichsfürstenratsprotokolle sowie der maßgeblichen Schriftsätze, die in dieser Frage publiziert wurden, auch J. J. Moser, Von denen Teutschen Reichs-Ständen, S. 92 – 141. Eine ausführliche Darlegung der Entwicklung der Introduktionsfrage von 1636 bis 1754 bietet ein längerer Schriftsatz (verwendet wurde das Exemplar im HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 519, fol. 504 – 532), auf den Grillmeyer, Diener, S. 150 Anm. 304, und Styra, Karriere, Kap. 6.17., aufmerksam gemacht haben. Den Schwerpunkt der nun folgenden Ausführungen bilden – auf Grundlage einer Auswertung einschlägiger Bestände des HHStA sowie der sogenannten Introduktionsakten im FTTZA – Überlegungen zu den bislang noch nicht hinreichend erforschten Methoden und Ressourcen, die dabei seitens der Hofburg und des Fürsten von Thurn und Taxis zum Einsatz kamen. 14 Vgl. folgende Gesamtdarstellungen neueren Datums: Piendl, Thurn und Taxis; Behringer, Thurn und Taxis; Dallmeyer/Schad, Thurn und Taxis; Grillmeyer, Diener; Styra, Karriere; siehe darüber hinaus auch den Sammelband Dallmeier (Hg.), Reichsstadt, den Ausstellungskatalog Ders. u. a. (Hg.), Hof, sowie zum Reichstag Behringer, Kaiser ; zu Fürst Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis vgl. zudem die Literaturhinweise in Kap. I 1 Anm. 64. 15 Vgl. Grillmeyer, Diener, S. 144 f.; M. Müller, Entwicklung, S. 127 ff.; Styra, Karriere, Kap. 4.5. und 4.6. 16 Vgl. zusammenfassend Behringer, Taxis-Galaxis. 17 Pointiert zu dieser Grundkonstellation Grillmeyer, Diener, S. 30.

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diesem Hintergrund werden die Fürsten von Thurn und Taxis in der jüngeren Forschung eindeutig zur habsburgischen Klientel gerechnet18, wenngleich mit guten Gründen darauf hingewiesen wurde, dass sich die Fürsten im 18. Jahrhundert auch und gerade aufgrund ihrer Position als Prinzipalkommissare keineswegs als subalterne Befehlsempfänger verstanden und dass ihre Rolle nicht auf die Funktion »willfährige[r] Werkzeuge des Kaisers oder Sachwalter Habsburgs«19 reduziert werden dürfe. Gleichwohl war ihre politische und gesellschaftliche Stellung insgesamt gesehen in entscheidendem Maße von der Gunst des Wiener Hofes abhängig. Die Introduktion in den Reichsfürstenrat im Jahr 1754, auf die gleich näher eingegangen wird, zeigt dies in exemplarischer Weise. Der Nutzen, der aus der Personalunion von Prinzipalkommissariat und Generalerbpostmeisteramt gezogen werden konnte, war, wie bereits dargelegt, eindeutig wechselseitiger Natur20. Die Hofburg stand Stimmenvermehrungen im Reichsfürstenrat zwar durchaus skeptisch gegenüber21, sie hatte aber ein Interesse daran, einen finanzstarken Repräsentanten in Regensburg zu etablieren, der seinen Dienstherrn nicht nur auf dem zeremoniellen Parkett angemessen vertreten konnte, sondern der gerade infolge seiner Stellung als Generalerbpostmeister weitreichend vernetzt war, daher auf vielgestaltige Kommunikationskanäle zurückgreifen konnte und nicht zuletzt in das Haus Lothringen eingeheiratet hatte. Allerdings gab es im Untersuchungszeitraum in Wien sehr wohl Überlegungen, die in grundsätzlicher Manier die Notwendigkeit eines dauerhaften Verbleibs des Postmonopols in den Händen des

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Vgl. ebd., S. 112. Piendl, Prinzipalkommissariat, S. 183. Zum Folgenden vgl. auch die Ausführungen in Kap. II 3 a mit den entsprechenden Nachweisen. Ein bezeichnendes Beispiel für diesen Sachverhalt: Den Forderungen zusätzlicher Voten seitens der hessischen Häuser, Preußens und Kursachsens wollte man auf österreichischer Seite notfalls mit der Gegenforderung begegnen, für Österreich zwölf Stimmen zu beanspruchen, nämlich für Ober-, Nieder- und Vorderösterreich, Steiermark, Kärnten, Krain, Tirol, Oberschlesien, Mähren, Burgau, Brabant und Luxemburg. Dahinter standen vor allem Überlegungen konfessioneller Art, denn am Kaiserhof argwöhnte man, die protestantischen Gesandten würden nur auf eine Gelegenheit warten, »sogar durch tumultuarische unternehmungen ihr vorhaben, mehrere stimmen in dem reichsfürsten collegio zu erhalten«, umzusetzen; Weisung an die Prinzipalkommission, Wien 17. 1. 1755, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a, unfol.; vgl. auch die Weisungen an Seilern, Wien 19. 11. 1754 bzw. 18. und 29. 1. 1755, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, jeweils unfol.; Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 27. 11. 1754, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 132, unfol.; Vortrag Kaunitz’ für Maria Theresia, Wien 17. 1. 1755, HHStA, StK, Vorträge 76, Konv. »Vorträge 1755 I – II fol. 1 – 169«, fol. 33 – 34; Weisung an Buchenberg, Wien 25. 1. 1755, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 6, unfol., und HHStA, RK, DA, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 1, fol. 377 – 383’; Weisungen Kaunitz’ an Pergen, Wien 18.3. und 22. 5. 1755, Ausf.: HHStA, StK, DK, Reich, Weisungen 232, jeweils unfol.

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Die Etablierung eines Klienten

Hauses Thurn und Taxis auf den Prüfstand stellten. In der politischen Praxis blieben sie aber bedeutungslos22. Aus der Sicht Alexander Ferdinands von Thurn und Taxis bestand der Nutzen einer engen Anbindung an die Habsburger in den zusätzlichen politischen Gestaltungsmöglichkeiten, die ihm das Amt des Prinzipalkommissars in Aussicht stellte. Hinzu trat die Perspektive gesellschaftlichen Aufstiegs sowie die Hoffnung, durch eine dezidierte Parteinahme für den Wiener Hof das Reichspostgeneralat und damit die Haupteinnahmequelle der Thurn und Taxis aufrechterhalten und gegen reichsständische Bestrebungen, eigene Postanstalten zu betreiben, schützen zu können. Eine Introduktion in den Reichsfürstenrat und das daraus resultierende Recht, sich mittels eines Gesandten an den Beratungen dieser Kurie zu beteiligen, eröffnete darüber hinaus neue Möglichkeiten der politischen Einflussnahme, war der Prinzipalkommissar doch grundsätzlich von den Beratungen der drei Kurien ausgeschlossen. Im Jahr 1751 schien eine Introduktion schon in greifbare Nähe zu rücken. Fürst Karl August Friedrich von Waldeck-Pyrmont trat »auf das hefftigste«23 an den Wiener Hof heran mit der Bitte um kaiserliche Unterstützung hinsichtlich seiner Introduktion in den Reichsfürstenrat. Er zählte zu denjenigen Reichsfürsten, deren jeweiliges Haus in den Fürstenstand erhoben worden war, ohne aber bis dato in den Reichsfürstenrat introduziert worden zu sein24. Da der Fürst von Waldeck Protestant war, öffnete sich hier eine Tür, um gleichzeitig einen katholischen Reichsfürsten zu introduzieren. Ein geheimer »operationsplan«25 des Konkommissars Palm sah vor, die Gelegenheit zu nutzen: Wenn der Fürst von Waldeck protegiert werde, dann werde der Kaiser aus Paritätsgründen verlangen, dass auch eine katholische Stimme introduziert werde26. »[…] von disen streit könte ich sodan profitiren«27, schrieb Alexander Ferdinand an seinen Vertrauten Lilien. Falls Waldeck die nachdrückliche Unterstützung des Kaiserhofes und derjenigen protestantischen Reichsstände erhalten werde, die selbst auf eine Introduktion abzielten, dann

22 Vgl. Grillmeyer, Diener, S. 113 f. 23 So der Fürst von Thurn und Taxis in einem Schreiben an Lilien, Regensburg 22. 1. 1751, Konz.: FTTZA, HFS 885, unfol. 24 Vgl. die Weisung an die Prinzipalkommission, Wien 6. 3. 1753, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 7b, unfol.; zum Folgenden siehe auch Styra, Karriere, Kap. 6.10. 25 Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Colloredo, Regensburg 4. 3. 1751, Konz.: FTTZA, HFS 884, unfol. 26 Vgl. Ders. an Lilien, Regensburg 21. 2. 1751, Konz.: ebd., HFS 885, unfol. Lilien äußerte daraufhin seine Verwunderung über die Information, dass der Wiener Hof Waldeck unterstützen wolle, und vermeldete, dass dies nicht der Fall sei; vgl. das Schreiben Liliens an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 25. 2. 1751, Ausf.: ebd., unfol. 27 Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Lilien, Regensburg 4. 3. 1751, Konz.: ebd., unfol.; vgl. Styra, Karriere, Kap. 6.10.

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werde Thurn und Taxis, so der Prinzipalkommissar, »auf ein leichte arth […] reussiren«28. Am Wiener Hof reagierte man auf die Avancen des Prinzipalkommissars und Liliens tendenziell positiv. Colloredo, den Alexander Ferdinand angeschrieben hatte, verwies zunächst auf die grundsätzlichen Schwierigkeiten, ein neues fürstliches Votum zu errichten, und riet zu einem äußerst behutsamen Vorgehen. Sobald die Introduktion Waldecks Gestalt annehme, werde er das Introduktionsgesuch des Prinzipalkommissars vorbringen29. Die weitere Entwicklung in Regensburg verlief indes vorläufig nicht nach den Wünschen Alexander Ferdinands. Palm machte dafür vor allem fehlendes Engagement des Fürsten von Waldeck verantwortlich und betonte wiederholt, dieser müsse dazu bewogen werden, mit größerem Nachdruck vorzugehen30. Ein kaiserliches Kommissionsdekret zur Introduktion Thurn und Taxis’ zu erwirken, wozu der Konkommissar geraten hatte31, gelang vorerst jedenfalls nicht32. Hier musste noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Nachdem die Angelegenheit im Jahr 1752 auf Wunsch des Prinzipalkommissars noch geheim gehalten wurde33, brachte letztlich erst die spätere Wiederaufnahme des Introduktionsbegehrens – im April 1753 erteilte Maria Theresias ihr Plazet34 – die Wende zum Positiven. Auf die Details des Verhandlungsablaufs, der in einem regelrechten »Kleinkrieg um Stimmengewinn«35 mündete, kann an dieser Stelle verzichtet werden; der Regensburger Historiker und Archivar Peter Styra hat diesen in seiner Dissertation bereits eingehend beschrieben36. Für unsere Fragestellungen reichen hier einige kurze Anmerkungen: Am 17. Dezember 1753 ergingen zwei getrennte kaiserliche Kommissionsdekrete zur Introduktion Waldecks bzw. Thurn und Taxis’37. Der

28 Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Lilien, Regensburg 3. 3. 1751, Konz.: FTTZA, HFS 885, unfol. 29 Vgl. Ders. an Colloredo, Regensburg 21. 2. 1751, Konz.: ebd., HFS 884, unfol.; Schreiben Colloredos an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 27.2. und 10. 3. 1751, Ausf.: ebd., jeweils unfol. 30 Vgl. die Schreiben Palms an den Fürsten von Thurn und Taxis, Regensburg 29.8. und 27. 9. 1751, Ausf.: ebd., HFS 883, jeweils unfol.; vgl. auch Ders. an Dens., Regensburg 1. 9. 1751, Ausf.: ebd., unfol., hier als Beilage (Kopie): Schreiben Palms an den Fürsten von Waldeck, Regensburg 1. 9. 1751. 31 Vgl. das Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Lilien, Regensburg 17. 7. 1751, Konz.: ebd., HFS 885, unfol. 32 Vgl. Styra, Karriere, Kap. 6.10. 33 So Buchenberg in einem Bericht an den Wiener Hof, Regensburg 14. 7. 1752, Auszug: HHStA, StK, DK, Reich, Weisungen 231, unfol. 34 Siehe dazu den Vortrag Bartensteins für Maria Theresia, Wien 12. 4. 1753, HHStA, StK, Vorträge 71, Konv. »1753 IV fol. 1 – 119«, fol. 37 – 37’. 35 Styra, Karriere, Kap. 6.10. 36 Vgl. ebd., Kap. 6.10.–6.13. 37 Vgl. den Bericht Palms und des Fürsten von Thurn und Taxis an Franz I., Regensburg 22. 12. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 91b, unfol., hier die beiden Kommissionsdekrete als

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Fürst von Waldeck verlor allerdings im Winter 1753/54 entscheidend an Unterstützung. Ursache dafür war zum einen sein offenbar nachlässiges Vorgehen38. Zum anderen erwies sich die ungeschickte Vorgehensweise seines nach Regensburg entsandten Regierungsassessors und Kammerjunkers Ludwig Friedrich von Beulwitz letztlich als nachteilig39. Und zum Dritten erhielten mit den Fürsten Heinrich von Schwarzburg-Sondershausen und Johann Friedrich von Schwarzburg-Rudolstadt40 zwei protestantische Prätendenten in zunehmendem Maße reichsständische Unterstützung, was es aus Sicht des Wiener Beilage (Druck); Drucke dieser beiden Kommissionsdekrete finden sich u. a. auch im HHStA, MEA, RTA 574, p. 383 – 386 bzw. 387 – 391. 38 Palm etwa, der frühzeitig dafür plädiert hatte, angesichts der Nachlässigkeit des Fürsten von Waldeck zwei getrennte Kommissionsdekrete zu erlassen (vgl. seinen Bericht an Colloredo, Regensburg 29. 4. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 89b, unfol.), erwähnte gegenüber dem Kaiser »die allzu große gelaßenheit« des Fürsten von Waldeck; vgl. seinen Bericht an Franz I., Regensburg 26. 7. 1753, Ausf.: ebd., Berichte 90a, unfol. 39 Vgl. Styra, Karriere, Kap. 6.11. Kaunitz sprach in der Konferenz davon, »daß der abgeordnete [Beulwitz, d. Vf.] dieses fürsten sich zu Regenspurg keines weegs auf eine solche arth betragen habe, welche Eure Mayestät allergnädigste willfahrung verdienete«; Vortrag Kaunitz’ für Maria Theresia, Wien 7. 4. 1754, HHStA, StK, Vorträge 74, Konv. »1754 III – IV fol. 1 – 181«, fol. 120’. Der Fürst von Waldeck beteuerte vergeblich, Beulwitz habe das Promemoria vom 3. 1. 1754 (Druck u. a. im HHStA, MEA, RTA 574, p. 489 – 492), das Stein des Anstoßes war, eigenmächtig verfasst (»gantz ohne mein vorwissen«), und dass dies ein Versehen gewesen sei; vgl. die Schreiben des Fürsten von Waldeck an den Fürsten von Thurn und Taxis, Arolsen 14.2. und 12. 3. 1754, Ausf.: FTTZA, HFS 889, jeweils unfol. Der Prinzipalkommissar erhob massive Vorwürfe gegenüber Beulwitz, der dem schwarzburgischen Bevollmächtigten gesagt haben soll, er solle ja nichts unternehmen, was die Introduktion Thurn und Taxis’ fördern könnte; vgl. das Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Colloredo, Regensburg 4. 3. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 92a, unfol.; zur Haltung Alexander Ferdinands gegenüber dem Promemoria Beulwitz’ vgl. auch den Bericht des Prinzipalkommissars und Palms an Franz I., Regensburg 5. 1. 1754, Ausf.: ebd., unfol. 40 Zur Erhebung der Grafen von Schwarzburg in den Reichsfürstenstand und zu deren Introduktion in den Reichsfürstenrat vgl. Th. Klein, Erhebungen, S. 186; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 57 ff.; Czech, Legitimation, S. 242 – 270; Styra, Karriere, Kap. 6.10.–6.12.; Gerber, Reichspatriotismus, S. 284 f. Eine ausführliche Darlegung der Gründe, welche die Fürsten von Schwarzburg anführten, um ihr Introduktionsgesuch zu legitimieren, enthält das Schreiben Fürst Johann Friedrichs an Palm, Rudolstadt 6. 12. 1753, Kopie: HHStA, RK, PK, Berichte 91b, unfol. Der Brief enthält u. a. den Hinweis, das Haus Schwarzburg habe sich »niemahls von dem hohen ertzhauße Oesterreich trennen lassen«. Auf österreichischer Seite, die ein besonderes Interesse daran hatte, auch im thüringischen Raum auf Anhänger zurückgreifen zu können (vgl. Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 127), wurden die Verdienste Schwarzburgs für Kaiser und Reich durchaus anerkannt; vgl. die Weisung an die Prinzipalkommission, Wien 22. 2. 1754, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a, unfol. Allerdings vermutete man, Schwarzburg handele nicht so sehr aus eigenem Antrieb, sondern auf Veranlassung des Herzogs Karl Eugen von Württemberg und des Markgrafen Friedrich von Brandenburg-Bayreuth, die darauf aus seien, die Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis zu vereiteln; vgl. den Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 16. 6. 1753, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 130, unfol.; vgl. auch die in etwa zeitgleichen Berichte Palms an Franz I., Regensburg 12. 6. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 89c, unfol., sowie Seilerns an Maria Theresia, Regensburg 13. 6. 1753, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 17, unfol.

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Hofes ratsam erscheinen ließ, Waldeck fallen zu lassen und stattdessen mittels eines kaiserlichen Kommissionsdekrets vom 6. März 175441 die Introduktion Schwarzburgs zu forcieren. Die Hofburg war dabei sehr darauf bedacht, das Scheitern des Fürsten von Waldeck, den man ja zuvor ausdrücklich unterstützt hatte, als selbstverschuldet erscheinen zu lassen und die fehlende Stimmenmehrheit für Waldeck zu akzentuieren42. Es gibt auch Hinweise, die darauf hindeuten, dass der Fall Waldeck gerade deshalb besonders heikel war, da Franz I. dem Fürsten versprochen haben soll, das waldeckische Introduktionsbegehren zu unterstützen43. Durchsetzen konnte sich Waldeck dennoch nicht. Für den Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist eine Untersuchung der Argumentationsführung der Befürworter und Gegner einer Introduktion des Hauses Thurn und Taxis sowie eine Analyse der Methoden und Mittel, mit denen es letztlich gelang, die Introduktion zu realisieren, besonders erkenntnisfördernd. Denn dies vermag einerseits deutlich aufzuzeigen, welche Optionen der Wiener Hof besaß, um die eigene Anhängerschaft durch Gunsterweise an sich zu binden und auch gegen Widerstände zu fördern. Zudem wird andererseits ersichtlich, welche Möglichkeiten ein mindermächtiger Reichsstand wie der Fürst von Thurn und Taxis hatte, seine Position im Reichsgefüge weiter auszubauen. Am Kaiserhof war man sich der Problematik einer Introduktion Fürst Alexander Ferdinands in den Reichsfürstenrat sehr wohl bewusst. Denn davon waren konfessionelle Belange berührt – die Introduktion eines katholischen Reichsstandes, ohne pari passu auch einen protestantischen Reichsstand in den Reichsfürstenrat einzuführen, war zu diesem Zeitpunkt politisch kaum durchsetzbar –, und darüber hinaus waren Konflikte mit den altfürstlichen Häusern nahezu vorprogrammiert. In konfessioneller Hinsicht bemühte sich die Hofburg daher sehr darum, den Eindruck zu vermeiden, als fördere man die Introduktion eines protestantischen Prätendenten ausschließlich, um einen eigenen katholischen Klienten neu im Reichsfürstenrat zu platzieren44. Auch versuchte man die Befürchtungen katholischer Reichsstände zu zerstreuen, es würden mehrere Protestanten in den Reichsfürstenrat aufgenommen und damit die konfessionellen Kräfteverhältnisse verändert45. Der Fürst 41 Vgl. den Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis und Palms an Franz I., Regensburg 9. 3. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 92b, unfol., hier das Kommissionsdekret vom 6. 3. 1754 als Beilage (Druck); ein weiterer Druck in HHStA, MEA 574, p. 833 – 836. 42 Vgl. die Weisung an Palm, s.l. 28. 1. 1754, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a, unfol.; Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 25. 1. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 92a, unfol.; Colloredo an den Fürsten von Waldeck, Wien 12. 2. 1754, Kopie: FTTZA, HFS 884, unfol.; Ders. an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 3. 3. 1754, Ausf.: ebd., unfol. 43 Vgl. das Schreiben Linckers an [Hofkanzler Vorster], Regensburg 8. 3. 1754, Ausf.: HHStA, MEA, RTA 574, p. 931 – 934. 44 Vgl. vor allem die Weisung an die Prinzipalkommission, Wien 2. 2. 1754, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a, unfol.; siehe auch Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 58. 45 So wies der Kurfürst von Mainz seinen Gesandten Lincker ausdrücklich an, darauf zu achten,

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von Thurn und Taxis gab sogar eigens die Erklärung ab, er werde sein Introduktionsgesuch zurücknehmen, falls darüber verhandelt werde, mehrere protestantische Stimmen zu introduzieren46. Dies entsprach der generellen Marschrichtung des Wiener Hofes und des Prinzipalkommissars, den Kreis der neu zu Introduzierenden möglichst klein zu halten und zu verhindern, »daß allenthalben die introductionsgierigkeit erwecket«47 werde. Zwischenzeitlich kamen sogar Gerüchte auf, der Hofburg sei nur wenig an dem Introduktionswunsch des Prinzipalkommissars gelegen48. Gravierender waren freilich die Vorbehalte, die angestrebte Introduktion hauptsächlich auf das Reichspostgeneralat zu gründen. Der österreichische Direktorialgesandte Buchenberg wurde daher zunächst ausdrücklich angewiesen, diesen potenziell schädlichen Aspekt zurückzustellen49. Argumentativ wurden vielmehr die Verdienste des Hauses Thurn und Taxis für Kaiser und Reich sowie die Aussicht, der »sonsten herabgesetzten matricularverfassung eine neue beyhülffe zu verschaffen«50, in den Vordergrund gerückt. Dies entsprach der Argumentation Fürst Alexander Ferdinands, der seine Bitte um Unterstützung in der Introduktionsangelegenheit gegenüber Maria Theresia mit seinem treuen Diensteifer für das Erzhaus sowie der Übernahme eines fürstenmäßigen Matrikularanschlags rechtfertigte und überdies auf die seit den 1720er Jahren bestehende Kreisstandschaft seines Hauses hinwies51.

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dass nur eine protestantische Stimme introduziert werde; vgl. sein Schreiben an den Direktorialgesandten, Mainz 13. 3. 1754, Konz.: HHStA, MEA, RTA 574, p. 891. Dahinter stand die Sorge vor einer langfristigen Überflutung des Reichsfürstenrats mit protestantischen Stimmen. Sie durchzieht die Kurmainzer Korrespondenzen wie ein roter Faden; vgl. zum Beispiel Ders. an Dens., Mainz 29. 5. 1753, Konz.: ebd., p. 93 f.; Ders. an den Bischof von Bamberg, Franz Konrad von Stadion und Thannhausen, Aschaffenburg 23. 9. 1753, Konz.: ebd., p. 213. Erklärung des Fürsten von Thurn und Taxis, Regensburg 29. 3. 1754, Ausf.: ebd., p. 1063 ff.; vgl. dazu auch sein Schreiben an den Kurfürsten von Mainz, Regensburg 27. 3. 1754, Ausf.: ebd., p. 1019 ff. Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis und Palms an Franz I., Regensburg 10. 1. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 92a, unfol.; vgl. ferner den Vortrag Kaunitz’ für Maria Theresia, Wien 22. 3. 1754, HHStA, StK, Vorträge 74, Konv. »1754 III – IV fol. 1 – 181«, fol. 87 – 88; Weisung an die Prinzipalkommission, Wien 22. 3. 1754, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a, unfol.; Schreiben Widmanns an den Fürsten von Thurn und Taxis, München 15. 5. 1753, Ausf.: FTTZA, HFS 888, fol. 2 – 2’ und 5 – 5’. Vgl. das Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Lilien, Regensburg 29. 10. 1753, Konz.: ebd., HFS 886, unfol.; Bericht Seilerns an Maria Theresia, Regensburg 11. 11. 1753, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 18, unfol.; Weisung an Palm, s.l. 18. 11. 1753, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 7b, unfol.; Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Colloredo, Regensburg 28. 11. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 91b, unfol.; Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 1. 12. 1753, Ausf.: ebd., unfol. Vgl. die Weisung an Buchenberg, Pressburg 23. 6. 1751, Kopie: HHStA, StK, DK, Reich, Weisungen 231, unfol. Weisung an die Prinzipalkommission, Wien 29. 3. 1754, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a, unfol. Vgl. das Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Maria Theresia, Regensburg 16. 3. 1753, Ausf.: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 519, fol. 229 – 230. Die Thurn und Taxis hatten be-

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Mehrfach rief der Prinzipalkommissar außerdem die Erhebung des Generalerbpostmeisteramts zu einem Thronlehnen und den seiner Ansicht nach daraus resultierenden Besitz der kapitulationsgemäßen Eigenschaften für eine Introduktion in Erinnerung52. Gegenüber Colloredo entschuldigte er sich sogar dafür, dass er und Lilien sich veranlasst sahen, ihn ständig mit dieser Frage zu quälen. Es handele sich aber, führte der Fürst weiter aus, um eine Angelegenheit, die er schon allein aufgrund seiner Rolle als Prinzipalkommissar zur Aufrechterhaltung des kaiserlichen Ansehens betreiben müsse53. Er brachte also in seiner Argumentation konsequent die aus seiner Funktion als oberster kaiserlicher Repräsentant am Reichstag resultierenden Erfordernisse ins Spiel. Denn dass der Kaiser einen fürstlichen Prinzipalkommissar unterhielt, der bis dato nicht an den Beratungen des Reichsfürstenrats teilnehmen durfte, war in der Tat alles andere als reputationsförderlich54. Auf kurmainzischer Seite erkannte man dieses Dilemma sehr deutlich. Wenn die Introduktion einmal proponiert sei und anschließend nicht durchgesetzt werde, dann könne der Prinzipalkommissar »nicht wohl in seinem posto bleiben«55, führte Lincker in einem Schreiben an den kurmainzischen Hof aus. Auch dem Fürsten von Waldeck war die besondere Doppelrolle Alexander Ferdinands nur zu bewusst: Er appellierte ausdrücklich an ihn, das thurn und taxissche Introduktionsgesuch nicht mit der Rolle des Fürsten als Prinzipalkommissar zu verflechten56. Die Frage, inwiefern aus dem Thronlehen bzw. dem Reichspostgeneralat des Fürsten ein Sitz- und Stimmrecht im Reichsfürstenrat hergeleitet werden konnte, wurde in der Folgezeit zum Stein des Anstoßes. Denn die altfürstlichen Häuser wandten sich strikt gegen die im kaiserlichen Kommissionsdekret zur Introduktion des Fürsten enthaltene Argumentation, »daß durch die vor einigen Jahren erfolgte Erhebung des Erb-General- und Obrist-Postmeister-Amts im H[eiligen] R[ömischen] Reich zu einem Thron-Lehen, das ansuchende Sitz- und Stimm-Recht hierauf, als auf ein ohnmittelbar Fürsten-

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deutend höhere Zahlungen an den Kurrheinischen Reichskreis geleistet, als dies der Matrikularanschlag eigentlich vorsah. Michael Müller deutet dieses Vorgehen gewissermaßen als intendierte Weichenstellung, um den eigenen reichsrechtlichen Status zu sichern und die Introduktion in den Reichsfürstenrat zu erreichen, zumal man durch diese Zahlungen eine wohlwollende Haltung des Kurfürsten von Mainz, der das Direktorium im Kurrheinischen Kreis führte, zu erwirken hoffte. Müller bezeichnet diese Vorgehensweise treffend als »reichspolitisches ›Geben und Nehmen‹«; M. Müller, Entwicklung, S. 128. Vgl. insbesondere das Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Maria Theresia, Regensburg 16. 3. 1753, Ausf.: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 519, fol. 229 – 230. Vgl. Ders. an Colloredo, Regensburg 28. 11. 1753, Konz.: FTTZA, HFS 886, unfol. Colloredo versicherte ihm daraufhin, die Introduktion, so gut es gehe, fördern zu wollen; vgl. sein Schreiben an den Prinzipalkommissar, Wien 4. 12. 1753, Ausf.: ebd., HFS 884, unfol. Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 256, bezeichnet diesen Umstand sogar als »peinliche Lage«. Schreiben Linckers an [Vorster], Regensburg 8. 3. 1754, Ausf.: HHStA, MEA, RTA 574, p. 933. Vgl. das Schreiben des Fürsten von Waldeck an den Fürsten von Thurn und Taxis, Arolsen 12. 3. 1754, Ausf.: FTTZA, HFS 889, unfol.

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mäßiges Reichs-Gut radiciret werden könne«57. Als Kern ihres hartnäckigen Protestes gegen die Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis – der kurböhmische Gesandte Seilern sprach sogar von einem Komplott58 – kristallisierte sich in der Folgezeit der Standpunkt heraus, dass Alexander Ferdinand eben keine immediaten, fürstenmäßigen Güter im Reich besaß und somit auch nicht Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat führen dürfe59. Da half es zunächst auch nichts, dass der Prinzipalkommissar vorbrachte, der Kaiser lasse das Introduktionsgesuch als sein »eigenes geschäfft allergnädigst ansehen und betreiben«60. Dieses Argument war insofern ein zweischneidiges Schwert, als Stimmen laut wurden, der Entschluss des Wiener Hofes, eine Introduktion des Fürsten zu unterstützen, sei »keine folge einer reiffen und tieffen überlegung, sondern nur einer erwürckten persöhnlichen begünstigung«61. Gerade diesen Eindruck galt es aber aus Sicht der Hofburg zu vermeiden. Die Interessenlage war indes klar : Die Altfürstlichen fürchteten durch die vermehrte Introduktion neuer Fürsten eine zunehmende Entwertung ihrer eigenen Reichstagsvoten und lehnten es entschieden ab, »das in einer blossen re incorporali bestehende Erb-General-Postmeister-Amt, als ein vor Land und Leuten æquipollentes, eines Fürstlichen Voti fähiges, Reichs-Gut gelten zu lassen«62. Verkompliziert wurde die Lage durch die personellen Konstellationen, denn die Reichstagsgesandten der Altfürstlichen zählten zum überwiegenden Teil zu den aus österreichischer Sicht »Widriggesinnten« in Regensburg. Als Protagonisten traten hierbei die hessischen Gesandten Schwarzenau und Wülcknitz in Erscheinung, die von den Reichstagsgesandten des Wiener Hofes argwöhnisch beobachtet wurden63. 57 Kaiserliches Kommissionsdekret, Regensburg 17. 12. 1753, Druck: HHStA, RK, PK, Berichte 91b, unfol.; vgl. dazu auch die entsprechende Weisung an die Prinzipalkommission, Wien 11. 12. 1753, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 7b, unfol. 58 Vgl. den Bericht Seilerns an [Kaunitz], Regensburg 24. 11. 1753, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 18, unfol. 59 Vgl. exemplarisch den Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 28. 12. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 91b, unfol. 60 Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Puebla, Regensburg 1. 2. 1754, Ausf.: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 519, fol. 218’; vgl. Grillmeyer, Diener, S. 149. 61 So die Einschätzung Palms über die Denkweise Schwarzenaus in seinem Bericht an Colloredo, Regensburg 1. 12. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 91b, unfol. 62 Promemoria vom 19. 2. 1754, zitiert nach J. J. Moser, Von denen Teutschen Reichs-Ständen, S. 102. Wolfgang Behringer sieht in dieser Problematik eine mögliche Wurzel für die später geläufige spöttische Bezeichnung »Postfürstentum«; vgl. Behringer, Thurn und Taxis, S. 220. Zur Haltung der Altfürstlichen vgl. zudem Schlip, Fürsten, S. 287: »Daneben äußerte sich […] die Befürchtung, durch die Anerkennung einer solchen Stimmrechtsgrundlage werde die Landeshoheit der Fürsten über die in ihren Territorien liegenden Posteinrichtungen in Frage gestellt.« 63 Auch den Reichstagsgesandten Hannovers, Burkhard Christian von Behr, sowie die Reichstagsgesandten Knebel, Kniestedt, Pfau und Rothkirch (vgl. Kap. III 1 c Anm. 234 bzw. zu Pfau vgl. Kap. V) zählte man zu den Gegnern der Introduktion; vgl. insbesondere den Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 4. 2. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 92a, unfol.; Buchenberg an

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Insbesondere das Vorgehen Schwarzenaus, der ja ein erklärter Feind des Fürsten von Thurn und Taxis war64, gab Anlass zur Besorgnis. Denn man traute ihm zu, diejenigen noch umzustimmen, die sich für die thurn und taxissche Introduktion ausgesprochen hatten65, zumal er aus seiner Überzeugung keinen Hehl machte, die Verdienste des Hauses Thurn und Taxis für das Vaterland seien nicht so beträchtlich, dass es anderen, die es weit mehr verdient hätten, vorzuziehen wäre66. Schwarzenau »ne cesse pas de remuer ciel et terre pour entretenir ses cours dans les mauvaises dispositions«67, vermeldete Lilien im Oktober 1753 aus Wien. Auch aus Regensburg erfolgten entsprechende Hinweise. Seilern berichtete, Schwarzenau versuche mit einer »außerordentlichen lebhafftigkeit«68, die altfürstlichen Häuser gegen die Introduktion aufzubringen, als ob davon der ganze alte Fürstenstand zugrunde gerichtet werde. Der Fürst von Thurn und Taxis sowie Lilien drängten den Wiener Hof dazu, entschieden gegen den hessen-darmstädtischen Gesandten vorzugehen, woraufhin Colloredo Pergen anwies, vorsichtig bei Schwarzenaus Vater Kilian, dem hessen-darmstädtischen Kanzler, vorstellig zu werden, um diesem das Verhalten seines Sohnes vor Augen zu führen. Auch auf den Landgrafen sollte Pergen in aller Behutsamkeit einwirken69. Zudem glaubte man zu erkennen, dass Schwarzenau im Verbund mit Wülcknitz nur deshalb zwei zusätzliche Stimmen für Hessen-Darmstadt und Hessen-Kassel im Reichsfürstenrat fordere, um die thurn und taxissche Introduktion erschweren zu können70.

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Kaunitz, Regensburg 20. 2. 1754, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 131, unfol.; Fürst von Thurn und Taxis an Franz I., Regensburg 11. 5. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 92b, unfol. Palm warnte außerdem wiederholt vor Montmartin (vgl. seine Berichte an den Fürsten von Thurn und Taxis, 9. und 25. 8. 1753, Ausf.: FTTZA, HFS 883, jeweils unfol.), der aber 1754 für die Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis eintrat; vgl. J. J. Moser, Von denen Teutschen Reichs-Ständen, S. 113; Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 307. Vgl. das Schreiben Liliens an den Fürsten von Thurn und Taxis, Regensburg 19. 9. 1753, Ausf.: FTTZA, HFS 886, unfol. sowie Kap. III 1 c Anm. 299. Vgl. die Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Lilien, Regensburg 12. und 27. 11. 1753, Konz.: FTTZA, HFS 886, jeweils unfol.; Schreiben Liliens an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 31. 12. 1753, Ausf.: ebd., HFS 887, unfol. Vgl. den Bericht Seilerns an Maria Theresia, Regensburg 11. 11. 1753, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 18, unfol. Schreiben Liliens an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 23. 10. 1753, Ausf.: FTTZA, HFS 886, unfol.; vgl. auch das Promemoria Liliens, Wien 7. 11. 1753, Ausf.: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 519, fol. 164 – 168. Bericht Seilerns an Maria Theresia, Regensburg 15. 2. 1754, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 19, unfol.; vgl. auch Ders. an Dies., Regensburg 15. 1. 1754, Ausf.: ebd., Berichte 18, unfol. Vgl. das Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an [Kaunitz], Regensburg 8. 12. 1753, Ausf.: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 519, fol. 231 – 231’ und 236; Promemoria Liliens, Wien 20. 11. 1753, Ausf.: ebd., fol. 169 – 171’; Weisungen an Pergen, Wien 10. 12. 1753 und 27. 3. 1754, Ausf.: HHStA, RK, DA, Reich, Weisungen 13 bzw. 14, jeweils unfol. Vgl. den Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 15. 1. 1754, Ausf.: HHStA, StK, DK,

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Hinzu kamen noch die Kontakte Beulwitz’ mit Wülcknitz71 und dessen Bemühungen, andere dafür einzunehmen, der Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis entgegenzuwirken72. Die Empörung über die aus Sicht des Wiener Hofes ungebührlichen Anmaßungen der altfürstlichen Reichsstände gegen das Introduktionsgesuch des Prinzipalkommissars war zeitweise mit Händen greifbar. Wir hätten niemals vermutet, heißt es in einer Weisung an die Prinzipalkommission vom 19. Januar 1754, dass man die Introduktionsangelegenheit zum Anlass nehmen werde, um »verwirrungen anzustifften, ordnung und herkommen über den hauffen zu werffen, und jenes, was löbliche gewohnheiten seynd, auch verfassungsgemäß ist, gäntzlichen umzustürtzen«73. Ende Januar des Jahres gab es sogar Hinweise auf mögliche Gewaltanwendung seitens der altfürstlichen Gesandten, falls ein Vertreter des Fürsten von Thurn und Taxis zukünftig im Reichsfürstenrat Platz zu nehmen beabsichtige74. Kurze Zeit später, im Februar 1754, kam es dann zum Eklat. Der anhaltische Legationssekretär Johann Gottlob Claepius meldete sich im Auftrag der altfürstlichen Reichstagsgesandten in Wien in der Wohnung des Reichsvizekanzlers an und übergab ihm ein Schreiben seiner Auftraggeber zur geplanten Introduktion. Colloredo leitete das Schreiben nicht an den Kaiser weiter, sondern gab es Claepius wieder zurück und wies ihn zur Tür75. Der Wiener Hof reagierte empört auf die Mission des Legationssekretärs: Ein kaiserliches Zirkularreskript vom 26. März 1754 kritisierte die »schnöde zurücksetzung«76 des Prinzipalkommissars, der vor Ort in Regensburg gewesen und somit

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Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 131, unfol.; Weisung an die Prinzipalkommission, Wien 19. 1. 1754, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a, unfol. Vgl. die Berichte Palms an Colloredo, Regensburg 22. 12. 1753 und 7. 1. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 91b bzw. 92a, jeweils unfol. Zur wahrgenommenen Abhängigkeit Waldecks von Hessen-Kassel vgl. auch den Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis und Palms an Franz I., Regensburg 5. 1. 1754, Ausf.: ebd., Berichte 92a, unfol. Wülcknitz habe einige Reichstagsgesandte zu einem Mittagsmahl in seinem Garten eingeladen, um sie gegen die thurn und taxissche Introduktion aufzubringen, schrieb Palm an den Fürsten von Thurn und Taxis, Regensburg 5. 6. 1753, Ausf.: FTTZA, HFS 883, unfol. Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a, unfol. Vgl. den Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 31. 1. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 92a, unfol. Zur Claepius-Mission vgl. J. J. Moser, Von denen Teutschen Reichs-Ständen, S. 98 ff.; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 58; Weisung an die Prinzipalkommission, Wien 25. 2. 1754, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a, unfol., Druck: Faber, Europäische Staats-Cantzley, Bd. 106, S. 615 – 620; Schreiben Claepius’, Wien 24. 2. 1754, Druck: ebd., S. 609 – 614; Zirkularreskript Franz’ I., Wien 26. 3. 1754, Druck: ebd., S. 675 – 683. Auch der Kurfürst von Mainz kritisierte das Vorgehen Claepius’, da der Sekretär den Prinzipalkommissar übergangen und somit den Kaiser unmittelbar schriftlich angegangen habe; vgl. das Schreiben des Kurfürsten an Lincker, Mainz 8. 3. 1754, Konz.: HHStA, MEA, RTA 574, p. 843 ff. Auf österreichischer Seite wurde Claepius als von Wülcknitz und Schwarzenau »dependirende[s] subjectum« wahrgenommen; Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 12. 3. 1755, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 94, unfol. Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a, unfol.; Kopie: HHStA, RK, DA, Reich, Weisungen 14, unfol.

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durch das Vorgehen des Sekretärs, der überdies am Wiener Hof nicht akkreditiert war, in beispielloser Weise übergangen worden sei. Im Raum stand nunmehr kaiserlicherseits der massive Vorwurf an die Adresse der Altfürstlichen, den Reichstag spalten zu wollen. Sollte das Unwesen noch weiter getrieben werden, heißt es in einer Weisung aus Wien an die Prinzipalkommission vom 16. April 1754, dann sollten Fürst Alexander Ferdinand und Palm zu verstehen geben, dass sie den Umgang mit den Urhebern gegebenenfalls beschränken würden77. Aufschlussreich ist die Haltung Preußens. Der Berliner Hof distanzierte sich von der Mission Claepius’78. Hintergrund war die grundsätzliche Entscheidung Friedrichs des Großen, sich der Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis nicht entgegenzustemmen. Der König hatte seine Unterstützung schon Ende des Jahres 1744 prinzipiell in Aussicht gestellt79 und diesen Entschluss seit 1751 wiederholt bekräftigt80. Nach Prüfung der Lage war er zu der Einsicht gelangt, dasjenige, was er letztlich nicht verhindern könne, lieber »de bonne gr–ce«81 zu gewähren. Im Gegenzug erwartete er allerdings die Ausstellung eines Reverses durch den Fürsten von Thurn und Taxis. Darin sei festzuhalten, dass die preußische Zustimmung zur Introduktion nicht präjudizierlich sein sollte hinsichtlich der preußischen Ansprüche auf die nach dem Tod Wilhelms III. von Oranien (1702) als Fürstentum an Preußen gelangte vormalige Grafschaft Mörs82. Auch hatte Preußen seine Zustimmung 77 Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a, unfol. 78 Vgl. das Schreiben Colloredos an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 5. 3. 1754, Ausf.: FTTZA, HFS 884, unfol.; Schreiben [Podewils und Finckensteins] an die bayreuthischen Geheimen Räte, Berlin 27. 3. 1754, Kopie: ebd., HFS 888, unfol. 79 Vgl. das Reskript Friedrichs II. an den preußischen Gesandten am Wiener Hof, Joachim Wilhelm von Klinggräffen, s.l. 24. 7. 1751, Auszug: ebd., HFS 885, unfol. (Beilage zum Schreiben Liliens an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 20. 9. 1751, Ausf.: ebd., unfol.). 80 Vgl. Styra, Karriere, Kap. 6.10.; Reskripte Friedrichs II. an Klinggräffen, s.l. 13. und 27. 11. 1751, Kopie bzw. Auszug: FTTZA, HFS 885, jeweils unfol.; Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Klinggräffen, Prag 17. 8. 1751, Konz.: ebd., unfol.; Schreiben Friedrichs II. an den Fürsten von Thurn und Taxis, Berlin 9.5. und 6. 8. 1753 sowie 16. 3. 1754, Ausf.: ebd., HFS 888, jeweils unfol.; Ders. an Menßhengen, Berlin 8. 4. 1754, Kopie: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 19, unfol.; Schreiben Pueblas an den Fürsten von Thurn und Taxis, Berlin 11. 8. 1753, Ausf.: FTTZA, HFS 888, unfol.; Schreiben Colloredos an Puebla, Wien 15. 8. 1753, Ausf.: HHStA, RK, DA, Berlin, Weisungen 5d, unfol.; Weisung an Palm, Wien 18. 8. 1753, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 7b, unfol. Der Fürst von Thurn und Taxis äußerte gegenüber Palm die Hoffnung, dass andere Reichsstände dem preußischen Beispiel folgen würden; vgl. sein Schreiben an den Konkommissar, Brüssel 18. 8. 1753, Konz.: FTTZA, HFS 883, unfol., sowie das Antwortschreiben Palms, Regensburg 25. 8. 1753, Ausf.: ebd., unfol. 81 Friedrich II. an Podewils, Potsdam 2. 8. 1753, PC 10, S. 31; vgl. auch Eichel an Finckenstein, Potsdam 28. 6. 1753, PC 9, S. 459. 82 Vgl. hierzu Preussische Staatsschriften, Bd. 2, S. 506; Styra, Karriere, Kap. 6.10. Preußen forderte einen Sitz für Mörs im Reichsfürstenrat. Die Ausstellung eines Reverses hatte der Fürst von Thurn und Taxis selbst vorgeschlagen. Ein solches Zugeständnis machte der Prinzipalkommissar auch gegenüber dem pfälzischen Kurfürsten Karl Theodor, der die thurn und taxissche Introduktion unter der Voraussetzung unterstützen wollte, dass dies im Hinblick auf die In-

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von der Umsetzung seiner Forderung abhängig gemacht, die Reichspost dürfe nicht mehr zur Briefüberwachung im Dienste des Wiener Hofes eingesetzt werden83. Zeitweise zeigte sich der preußische König in der Introduktionsfrage ausgesprochen desinteressiert, und zwar sowohl gegenüber seinen Ministern, die sich für die Introduktion eines protestantischen Fürsten stark machten, »qui pourrait contre-balancer en quelque faÅon les princes cr¦atures de la maison d’Autriche«84, als auch gegenüber Nachfragen anderer Reichsstände, welche Haltung er in der Introduktionsfrage einzunehmen gedenke85. Allerdings entsprach er sehr wohl der Bitte des Fürsten von Thurn und Taxis, sich für ihn an den Höfen von Bayreuth und Gotha einzusetzen86, und legte dem Fürsten August Ludwig von Anhalt-Köthen sogar ausdrücklich nahe, der Introduktion zuzustimmen, um nicht später dem »mißvergnügen«87 des Kaiserhofes und anderer Höfe ausgesetzt zu sein. Der eigentliche Grund für die vergleichsweise positive Haltung Preußens in der Introduktionsfrage waren ohne Zweifel postpolitische Überlegungen. Schon im Zuge der Sondierungen des Jahres 1751 brachte Friedrich der Große ein »vortheilhafftes arrangement«88 im Postwesen ins Spiel, und im Mai 1754, also im unmittelbaren zeitlichen Vorfeld der geplanten Introduktion, erlangte er eine Zusicherung Alexander Ferdinands, nichts gegen die preußischen Postinteressen zu unternehmen89. Im Jahr darauf gelang dann in der Tat nach langwierigen Verhandlungen eine Bestätigung des Weseler Postrezesses von

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troduktion Pfalz-Sulzbachs nicht präjudizierlich sei; vgl. das Schreiben des Kurfürsten an den Fürsten von Thurn und Taxis, Schwetzingen 4. 9. 1753, Kopie: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 18, unfol. Vgl. Styra, Karriere, Kap. 6.12. Podewils und Finckenstein an Friedrich II., Berlin 28. 12. 1753, PC 10, S. 201; vgl. Gehlsdorf, Reichspolitik, S. 51. Vgl. das Schreiben Friedrichs II. an Fürst August Ludwig von Anhalt-Köthen, Berlin 29. 3. 1754, PC 10, S. 282. Vgl. Ders. an den Fürsten von Thurn und Taxis, Berlin 3. 11. 1753, Ausf.: FTTZA, HFS 888, unfol.; vgl. hierzu auch Ders. an Klinggräffen, Berlin 20. 9. 1753, Auszug: ebd., unfol. Ders. an Fürst August Ludwig von Anhalt-Köthen, Berlin 18. 4. 1754, Kopie: ebd., unfol. Zur Haltung der Fürsten von Anhalt, die zu den Altfürstlichen zählten und den Fürsten von Thurn und Taxis nicht unterstützten, vgl. das Schreiben Fürst Victor Friedrichs von Anhalt-Bernburg an Alexander Ferdinand, Bernburg 29. 4. 1754, Ausf.: ebd., HFS 890, unfol. Der Prinzipalkommissar hatte die anhaltischen Fürsten zuvor unter Verweis auf die Unterstützung aus Wien und Berlin darum gebeten, ihren Reichstagsgesandten Pfau anzuweisen, sein Introduktionsbegehren zu unterstützen; vgl. sein Schreiben an die Fürsten von Anhalt, Regensburg 16. 4. 1754, Konz.: ebd., unfol. Reskript Friedrichs II. an Klinggräffen, s.l. 24. 7. 1751, Auszug: ebd., HFS 885, unfol.; vgl. auch Ders. an Dens., Potsdam 9. 11. 1751, PC 8, S. 518; siehe zudem Styra, Karriere, Kap. 6.10. Vorausgegangen waren im April 1754 Drohungen des preußischen Königs, sich andernfalls in der Introduktionsfrage umzuentscheiden; vgl. PC 10, S. 306 und 328.

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1722 zur Klärung strittiger Fragen zwischen der Reichspost und der preußischen Landespost90. Ganz unabhängig von den jeweiligen Reaktionen der einzelnen Reichsstände stand und fiel das thurn und taxissche Introduktionsbegehren mit der Frage, ob und inwiefern es Fürst Alexander Ferdinand gelingen konnte, den Kaiserhof zu einer substanziellen Unterstützung seines Gesuchs zu bewegen. Die angewandten Methoden, um die führenden Wiener Akteure zu gewinnen, waren vielfältig. So korrespondierte der Prinzipalkommissar in dieser Frage nicht nur mit Kaunitz und Colloredo – Staatskanzlei und Reichskanzlei waren beide mit der Introduktionsangelegenheit befasst91 –, sondern er wandte sich explizit auch an Franz I. und Maria Theresia mit der Bitte um Schutz und Unterstützung92. Eine wichtige, wenn nicht sogar entscheidende Rolle spielte dabei sein Vertrauter, der Geheime Rat, Reichsoberpostmeister von Nürnberg und spätere Generalintendant der Reichs- und Niederländischen Posten, Franz Michael Florence (Florenz) von Lilien, eine der herausragenden Persönlichkeiten der Postgeschichte des 18. Jahrhunderts93. Ihm war zeitweise auch das österreichische Postwesen unterstellt, und er war maßgeblich am Aufbau eines österreichischen Spionagesystems (Postlogen bzw. Schwarze Kabinette) beteiligt. Als thurn und taxissches Faktotum am Wiener Hof war er zugleich Schaltzentrale, Netzwerker, Stimmungsbarometer und Mittler in der Introduktionsangelegenheit. Ohne Übertreibung wird man ihn, neben seinem Dienstherrn selbst, als wichtigsten Wegbereiter des prestigeträchtigen Erfolges in dieser Frage bezeichnen können. Er nahm somit zum wiederholten Mal eine Schlüsselstellung in bedeutenden Verhandlungen des Hauses Thurn und Taxis ein, war er doch bereits als maßgeblicher Mittler bei der Versöhnung seines Dienstherrn mit der Hofburg nach dem Tod Kaiser Karls VII. in Erscheinung getreten94. In den entscheidenden Jahren 1753/54 korrespondierte Lilien mit Fürst

90 Vgl. Grillmeyer, Diener, S. 118 f.; Styra, Karriere, Kap. 6.19. 91 Vgl. die Vorträge Kaunitz’ für Maria Theresia, Wien 21.1. und 20. 3. 1754, HHStA, StK, Vorträge 74, Konv. »1754 I – II fol. 1 – 216«, fol. 95 bzw. ebd., Konv. »1754 III – IV fol. 1 – 181«, fol. 75. 92 Vgl. zum Beispiel das Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis und Palms an Franz I., Regensburg 19. 3. 1753, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 89b, unfol.; Fürst von Thurn und Taxis an Maria Theresia, Regensburg 16. 3. 1753, Ausf.: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 519, fol. 229 – 230; Ders. an Colloredo, Regensburg 12. 3. 1753, Konz.: FTTZA, HFS 884, unfol. (Hoffnung auf »hohen schutz und beförderung«); Ders. an [Kaunitz], Regensburg 8. 12. 1753, Ausf.: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 519, fol. 231 – 231’, 236 (Bitte um Unterstützung in der Konferenz); Ders. an Dens., Regensburg 19. 3. 1754, Ausf.: ebd., fol. 256 – 256’, 263 (Bitte um Unterstützung: »Wohingegen ich mich zu allerhöchstem dienst mit guth und bluth biß an mein lebensend witmen und meiner nachkommenschaft einprägen werde, daß sie Euer Excellenz als dem großmüthigen beförderer meines und ihres lustre zu verehren haben.«). 93 Zur Person vgl. Kap. II 3 d Anm. 366. 94 Vgl. Grillmeyer, Diener, S. 53 f.

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Alexander Ferdinand sehr häufig und intensiv über die Introduktion95. Der Schwiegersohn Bartensteins verfasste zahlreiche Promemorien in dieser Frage und kontaktierte in Wien die maßgeblichen Akteure der Hofburg sowie auswärtige Diplomaten. Schon allein aufgrund seiner Posttätigkeit war er vorzüglich vernetzt und wurde von Colloredo zum Teil sogar um seine Meinung bezüglich kaiserlicher Reskripte in der thurn und taxisschen Angelegenheit gebeten96. Bei seinen Gegnern galt er als ausgesprochen intrigant97, zumal er seiner Familie Feinde machte, indem er »im Zuge eines ausufernden Nepotismus«98 wichtige Postämter an Verwandte vergab. Lilien war auch der erste Ansprechpartner des Fürsten von Thurn und Taxis, wenn es um das strategische Vorgehen in der Introduktionsangelegenheit ging. Sorgfältig wurde in seiner Korrespondenz mit Alexander Ferdinand erörtert, welche Person am besten geeignet sei, konkrete Bitten um Unterstützung in dieser Frage zu lancieren99. Der Kaiserhof sandte entsprechende Weisungen und Zirkularreskripte an die österreichische und die kurböhmische Gesandtschaft nach Regensburg sowie an die übrigen bevollmächtigten Minister im Reich (vor allem an Cobenzl, Pergen, Ramschwag und Widmann)100. Zudem wurden am Wiener Hof akkreditierte Geschäftsträger der Reichsstände nachdrücklich aufgefordert, um die Zustimmung ihrer Prinzipalen anzusuchen101. Die Regierung in Hannover hoffte Lilien mit Unterstützung Maria Theresias über die engen Beziehungen des Oberstkämmerers und Konferenzministers Khevenhüller-Metsch zu Münchhausen für die Introduktion Thurn und Taxis’ gewinnen zu können102. Darüber hinaus richteten die Hofburg sowie Fürst Alexander Ferdinand in einer Art von koordinierter Offensive Gesuche um Unterstützung (»Ansuchschreiben«) an zahlreiche Höfe im Reich103. Nach London veranlasste man sogar eigens eine 95 Vgl. den umfangreichen Briefwechsel in den sogenannten Introduktionsakten des FTTZA, HFS 886 und 887, sowie die Hinweise bei Grillmeyer, Diener, S. 92 Anm. 90. 96 Vgl. das Schreiben Liliens an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 24. 2. 1753, Ausf.: FTTZA, HFS 886, unfol. 97 Vgl. den Bericht Plothos, Regensburg 5. 7. 1756, PC 13, S. 71. 98 Behringer, Zeichen, S. 589; vgl. auch Grillmeyer, Diener, S. 92 f. 99 Vgl. etwa das Schreiben Liliens an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 28. 3. 1753, Ausf.: FTTZA, HFS 886, unfol. 100 Vgl. das Zirkularreskript Colloredos, Wien 12. 1. 1754, Ausf.: HHStA, RK, DA, Reich, Weisungen 14, unfol.; siehe ferner auch die Einzelweisungen an Pergen, Wien 27. 3. 1754, Ausf.: ebd., unfol., sowie an Ramschwag, Wien 17. 4. 1753, Ausf.: ebd., Weisungen 13, unfol. Auch Puebla erhielt in der Introduktionsfrage wiederholt Schreiben des Kaisers bzw. Colloredos mit der Aufforderung, das Gesuch des Fürsten von Thurn und Taxis am Berliner Hof zu unterstützen; vgl. die Ausf. dieser Schreiben im HHStA, RK, DA, Berlin, Weisungen 5d, unfol. Mitunter bediente man sich ostensibler Reskripte; vgl. etwa die Weisung an Palm, Wien 12. 2. 1754, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8a, unfol. 101 Vgl. das Schreiben Colloredos an Dens., Wien 13. 10. 1753, Auszug: FTTZA, HFS 883, unfol. 102 Vgl. das Schreiben Liliens an den Kabinettssekretär Maria Theresias, Ignaz Freiherr von Koch, Wien 12. 10. 1753, Kopie: ebd., HFS 886, unfol. 103 Vgl. beispielshalber die Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an den Kurfürsten von

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Kuriersendung des Kaiserhofes, die durch den Prinzipalkommissar finanziert wurde104. Die zur engeren kaiserlichen Klientel zählenden neufürstlichen Häuser signalisierten rasch ihre Zustimmung, und zwar bezeichnenderweise, indem sie explizit darauf verwiesen, sich nach den Intentionen Franz’ I. und Maria Theresias richten zu wollen105, oder, wie der Fürst von Fürstenberg, unter Bezugnahme auf die »nahe anverwandtschafft«106 zu seinem Schwiegersohn. In Regensburg sorgte der österreichische Direktorialgesandte Buchenberg dafür, dass er selbst und nicht der salzburgische Gesandte Saurau die Beratungen des Reichsfürstenrats über die Introduktionsfrage leitete107. Die guten Kontakte zu Lincker wurden bei Bedarf benutzt, um die Diktatur unliebsamer Schriftsätze zu verzögern108. Schemata zu den vermeintlichen oder tatsächlichen Mehrheitsverhältnissen im Kurfürstenrat und im Fürstenrat – es kam hierbei zu Fälschungen109 – wurden als Beilagen zu Briefen übersandt, um den

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Mainz, Regensburg 16.3. und 6. 11. 1753, Ausf.: HHStA, MEA, RTA 574, p. 2 ff. bzw. 258 f.; siehe zusätzlich auch das Schreiben Linckers an den Kurfürsten von Mainz, Regensburg 23. 3. 1753, Ausf.: ebd., p. 5 – 8. Als Befürchtungen auftraten, Kurköln könnte seine Zustimmung versagen, forderte Colloredo den Prinzipalkommissar auf, am kurkölnischen, kurpfälzischen und preußischen Hof alle Hebel in Bewegung zu setzen, um Kurfürst Clemens August auf Kurs zu bringen, »damit die gut gesinnte parthey beisammen verbleibe«; Schreiben Colloredos an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 6. 4. 1754, Ausf.: FTTZA, HFS 884, unfol. Zur schwankenden Haltung Kurkölns vgl. auch die Berichte Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 4.4. und 4. 5. 1754, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 132, jeweils unfol. Vgl. den Vortrag Kaunitz’ für Maria Theresia, Wien 30. 12. 1753, HHStA, StK, Vorträge 73, Konv. »1753 XII fol. 1 – 169«, fol. 164 – 164’; Schreiben Liliens an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 30. 12. 1753, Ausf.: FTTZA, HFS 886, unfol. Vgl. Fürst Karl Maximilian von Dietrichstein an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 28. 3. 1753, Ausf.: ebd., HFS 890, unfol. (erwähnt die »mächtigste beywürckung« des Kaiserpaares); Fürst Joseph Adam von Schwarzenberg an Dens., Krumau 28. 4. 1753, Ausf.: ebd., unfol. (er könne sicher auf ihn zählen); Fürst Heinrich Joseph von Auersperg an Dens., Wien 2. 5. 1753, Ausf.: ebd., unfol. (»nach des Kayserlichen hofs allerhöchsten intention«); Fürst Joseph Wenzel von Liechtenstein an Dens., Wien 11. 4. 1753, Ausf.: ebd., unfol. (erwähnt »allerhöchste intentiones« des Kaiserpaares). Lilien hatte in Bezug auf den Fürsten von Liechtenstein zuvor seine feste Überzeugung geäußert, der Wiener Hof »d¦terminera sans doute son sentiment selon son intention«; Lilien an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 28. 3. 1753; Ausf.: ebd., HFS 886, unfol. Zur Rolle der genannten Fürsten am Wiener Hof vgl. A. Wolf, Hofleben, S. 151 – 160. Fürst Ferdinand Philipp Joseph von Lobkowitz bat den Prinzipalkommissar zu dieser Zeit um eine Gefälligkeit, woraufhin Lilien seinem Dienstherrn ausdrücklich empfahl, diese zu gewähren; vgl. das Schreiben Liliens an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 11. 4. 1753, Ausf.: FTTZA, HFS 886, unfol. Fürst Joseph Wilhelm Ernst zu Fürstenberg an Dens., Prag 31. 3. 1753, Ausf.: ebd., HFS 890, unfol. Vgl. den Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 4. 5. 1754, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 132, unfol. Vgl. den Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis und Palms an Franz I., Regensburg 27. 2. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 92a, unfol. Vgl. Styra, Karriere, Kap. 6.10.

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jeweiligen Adressaten von den Erfolgsaussichten der Prätendenten zu überzeugen110. Außerdem ist davon auszugehen, dass der Fürst von Thurn und Taxis auf diejenigen Reichstagsgesandten vor Ort einwirkte, mit denen er eng vernetzt war und die man zu seiner Entourage zählte111. Der Prinzipalkommissar setzte eine Fülle von Ressourcen ein, um den Weg zur Introduktion zu bahnen. Bartenstein wurde schon 1751 eine »marque de la reconnaissance«112 in Aussicht gestellt. Dem preußischen Gesandten am Wiener Hof Klinggräffen versprach der Fürst im selben Jahr die Zahlung von 1.000 Pistolen für seine Unterstützung113. Colloredo sollte im Erfolgsfall 3.000 Gulden bzw. maximal 1.000 Dukaten erhalten114. Auch der kurmainzische Hofkanzler Vorster wurde entlohnt; er dankte dem Fürsten nach vollzogener Introduktion für ein Präsent115. Als Mittelsmann (Go-between) fungierte in solchen Fällen häufig Lilien. Fast schon selbstverständlich war es, dass der Prinzipalkommissar gerade die Möglichkeiten gezielt einsetzte, die ihm seine Stellung als Generalerbpostmeister bot. Von dem 1751 gegenüber Preußen ins Spiel gebrachten vorteilhaften Arrangement im Postwesen war bereits die Rede. Auch Hannover köderte man mit postalischen Versprechen116. Allerdings konnte die exponierte Stellung des Fürsten von Thurn und Taxis als Leiter der Reichspost auch nachteilige Konsequenzen haben, wie das Beispiel Salzburg zeigt. Der salzburgische Reichstagsgesandte Saurau eröffnete Palm nämlich, dass sein Dienstherr »wegen vormahligen zwistigkeiten im postwesen, die demselben persöhnlich begegnet wären«117, gegen den Fürsten von Thurn und Taxis eingenommen sei. Eine Enttäuschung ergab sich auch in Bezug auf die Hoffnungen, als positiven Nebeneffekt der Formung verwandtschaftlicher Netzwerke mittels gezielter Heiratspolitik Unterstützung im Lager der altfürstlichen Häuser für 110 Vgl. als Beispiel die beiden durch den königlich-böhmischen Legationssekretär Jungen am 9. 10. 1753 aus Regensburg als Beilagen übersandten, voneinander abweichenden Schemata; HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 18, unfol. Diese zur Orientierung oder zur Beeinflussung dienenden Schemata zielten auch und gerade auf diejenigen Reichsstände ab, die sich der Stimmenmehrheit anschließen wollten. 111 Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. II 3 a. 112 Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Bartenstein, Trugenhofen 20..1751, Konz.: FTTZA, HFS 885, unfol. 113 Vgl. das Schreiben Liliens an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 24. 4. 1751, Ausf.: ebd., unfol.; Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Lilien, Regensburg 30. 4. 1751, Konz.: ebd., unfol. 114 Vgl. ebd.; Styra, Karriere, Kap. 6.10. Sicherlich war es auch kein Zufall, dass der Gräfin Colloredo gerade zu dieser Zeit ein Präsent für die Aufnahme der Fürstin von Thurn und Taxis in den Sternkreuz-Orden gemacht werden sollte; vgl. Kap. III 2 d mit Anm. 684. 115 Vgl. das Schreiben Vorsters an den Fürsten von Thurn und Taxis, Mainz 13. 7. 1754, Ausf.: FTTZA, HFS 888, unfol. 116 Vgl. Styra, Karriere, Kap. 6.10. 117 Vgl. den Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 12. 2. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 92a, unfol.

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die Introduktion zu erlangen. Der sachsen-gothaische Reichstagsgesandte Montmartin hielt die 1753 erfolgte Vermählung Karl Anselms von Thurn und Taxis, des Sohnes und späteren Nachfolgers Alexander Ferdinands, mit Augusta Elisabeth von Württemberg mit Blick auf das thurn und taxissche Introduktionsbegehren für einen »sehr glücklichen zufall […], welcher diese sache namhafft erleichtern dürffte.«118 Nachdem aber Herzog Karl Eugen von Württemberg Ende Januar 1754 unmissverständlich zu verstehen gegeben hatte, dass es bei seiner zuvor geleisteten Unterstützung der Position der Altfürstlichen bleibe119, musste man sich auf thurn und taxisscher Seite eingestehen, dass das heiratspolitische Kalkül in der Introduktionsfrage nicht aufgegangen war. »[…] mithin hat man sich deßfalls in seiner rechnung mercklich geirret«120, berichtete Palm, dessen Verhältnis zum Prinzipalkommissar zu diesem Zeitpunkt bereits sehr angespannt war, am 23. Februar 1754 nach Wien. Besonders bemerkenswert an den Umständen der Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis ist nun weniger die gerade geschilderte Tatsache, dass der Prinzipalkommissar auf diejenigen Mittel zugriff, über die er persönlich verfügte, um reichsständische Unterstützung für sein Vorhaben zu erlangen, als vielmehr das Vorgehen der Hofburg. Denn die angestrebte Etablierung des Fürsten mit Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat ging einher mit dem Einsatz von Ressourcen unterschiedlichster Natur, die nicht in der Verfügungsgewalt Alexander Ferdinands, sondern in der des Wiener Hofes lagen. Die Bandbreite reichte hier von eher diffusen Versprechen, wie zum Beispiel der Andeutung Maria Theresias gegenüber dem Landgrafen von Hessen-Darmstadt, man könne ihm »eine gefälligkeit«121 erweisen, wenn er seine Zustimmung zur Introduktion erteile, bis hin zum konkreten Transfer lukrativer Einkünfte. In den Quellen gut greifbar wird dies im Falle der Übertragung von Regimentern an Angehörige des hohen Reichsadels, die dafür nach dem Prinzip von Leistung und Gegenleistung ihre Unterstützung in der Introduktionsfrage in Aussicht stellten. Ein Beispiel dafür ist Prinz Christoph von Baden-Durlach, dem dank der Vermittlung des Grafen Karl Joseph von Batthy‚ny im Mai 1753 ein Infanterieregiment übertragen wurde122. Dass bei geplanten Transaktionen nach dem Prinzip des do ut des immer 118 Schreiben Seilerns an den Fürsten von Thurn und Taxis, Regensburg 18. 7. 1753, Ausf.: FTTZA, HFS 883, unfol. 119 Vgl. das Schreiben des Herzogs von Württemberg an den Fürsten von Thurn und Taxis, Stuttgart 31. 1. 1754, Ausf.: ebd., HFS 889, unfol. 120 Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 23. 2. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 92a, unfol. 121 Schreiben Maria Theresias an den Landgrafen von Hessen-Darmstadt, s.l. [1751], Kopie: FTTZA, HFS 885, unfol. 122 Vgl. das Schreiben Liliens an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 28. 5. 1753, Ausf.: ebd., HFS 886, unfol.; Schreiben des Prinzen Christoph von Baden-Durlach an Batthy‚ny, Karlsruhe 3. 6. 1753, Kopie: ebd., unfol. Feldmarschall Batthy‚ny spielte in der theresianischen Zeit unter anderem als Erzieher Josephs II. eine wichtige Rolle am Wiener Hof.

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auch das Risiko bestand, dass Vorleistungen nicht die gewünschte Gegenleistung nach sich zogen, zeigt der Fall Sachsen-Gotha. In einer Weisung der Hofburg vom 28. Oktober 1753 an Buchenberg und Seilern wurde diesen der Entschluss mitgeteilt, dem Prinzen Wilhelm von Sachsen-Gotha das erste zukünftig frei werdende Regiment zu verleihen123. Die beiden Gesandten sollten Montmartin in Regensburg über diesen kaiserlichen Gunsterweis in Kenntnis setzen, damit dieser seinen heimatlichen Hof entsprechend benachrichtige. Montmartin sollte im Gegenzug seinen Herzog über das thurn und taxissche Introduktionsgesuch informieren, um die Unterstützung dieses Vorhabens zu erwirken oder den Herzog zumindest dazu zu bewegen, sich der Mehrheitsmeinung am Reichstag anzuschließen. Der Wiener Hof setzte also eine ihm zur Verfügung stehende Ressource ein, um dafür ein ihm genehmes Abstimmungsverhalten Sachsen-Gothas in Regensburg zu erwirken, und zwar unter vermittelnder Unterstützung der Reichstagsgesandten, die hier als Gobetweens in Erscheinung traten. Der weitere Verlauf der Angelegenheit verlief aus Sicht der Hofburg unerfreulich. Montmartin, der »fast mit entfärbung frappirt zu seyn gescheint«124, als ihm die kaiserliche Entscheidung eröffnet wurde, nahm das Introduktionsgesuch zunächst ad referendum, um dann drei Wochen später Buchenberg und Seilern im Namen des gothaischen Herzogspaares für die dem Prinzen zugesicherte Gnade zu danken. »Nach allen diesen schönen versicherungen aber kam vorbesagter von Montmartin auf den punct der fürstlich taxischen introduction«125 zu sprechen und las, so führte Buchenberg in einem Bericht aus, ein Reskript vor, demzufolge Sachsen-Gotha die Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis nicht unterstützen könne. Begründet wurde dies zum einen damit, dass die altfürstlichen Häuser, zu denen Sachsen-Gotha ja zählte, dadurch benachteiligt würden und dass die Introduktion nicht zu einem »weesentlichen vorteil«126 für den Kaiser und das Erzhaus, sondern nur für Thurn und Taxis selbst gereichen würde. Buchenberg kommentierte dies mit der bissigen Bemerkung, am Hof von Gotha diene »die Hannoverische ge-

123 Vgl. die Weisung an Buchenberg (ähnlich an Seilern), Wien 28. 10. 1753, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 6, unfol.; Rohrschneider, Strukturgegebenheiten, Abs. 38. 124 Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 6. 11. 1753, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 130, unfol.; vgl. auch den Bericht Seilerns an Maria Theresia, Regensburg 11. 11. 1753, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 18, unfol. 125 Bericht Buchenbergs an Dies., Regensburg 28. 11. 1753, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 130, unfol.; vgl. zusätzlich den Bericht Seilerns an Dies., Regensburg 24. 11. 1753, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 18, unfol.; Schreiben Liliens an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 10. 11. 1753, Ausf.: FTTZA, HFS 886, unfol. 126 Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 28. 11. 1753, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 130, unfol.

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denckensarth zur richtschnur«127, und auch Palm äußerte sein Befremden, da »man an seiten des Kayserlichen hoffes mit jedermanns verwunderung sich so ungemein beeyffert, den Sachsen-Gothaischen mit wichtigen realgefälligkeiten zu überhäuffen.«128 Der Wiener Hof zog seine Zusage indes nicht zurück. Maria Theresia bekräftigte die Entscheidung ausdrücklich, sodass dem Prinzen von Sachsen-Gotha in der Tat ein Infanterieregiment verliehen wurde129. Noch rund ein Jahr später versuchte man, hierfür eine Gegenleistung zu erhalten130. In einem anderen Fall zeigte die Hofburg weniger Geduld und Nachsicht. Angesichts des ablehnenden Verhaltens des Fürstbischofs von Bamberg, Franz Konrad von Stadion und Thannhausen, in der Introduktionsfrage wurden Seilern und Buchenberg angewiesen, dem bambergischen Reichstagsgesandten Bibra gegebenenfalls zu drohen, sich in dem Streit um das Direktorium im Fränkischen Reichskreis revanchieren zu wollen131. Dies entbehrte insofern nicht einer gewissen Brisanz, als der Bischof im Gefolge der Introduktionsangelegenheit gegenüber Colloredo seiner Hoffnung auf kaiserliche Unterstützung im Direktorialstreit Ausdruck verlieh132. Letztlich zahlte sich der umfangreiche Ressourceneinsatz aus: Nach Beratungen des Kurfürsten- und des Fürstenrats seit dem 6. Mai, der Erstellung des Gutachtens der beiden höheren Kurien am 10. Mai (die Reichsstädte waren nicht beteiligt) und der kaiserlichen Ratifikation unter dem Datum des 16. Mai wurden Schwarzburg sowie Thurn und Taxis schließlich am 30. Mai 1754 feierlich in den Reichsfürstenrat introduziert133. Dies erfolgte unter dem 127 Ebd. 128 Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 29. 1. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 92a, unfol. 129 Vgl. den Vortrag Kaunitz’ für Maria Theresia, Wien 2.1.175[4], HHStA, StK, Vorträge 74, Konv. »1754 I – II fol. 1 – 216«, fol. 7; Weisung an Seilern sowie mutatis mutandis an Buchenberg, Wien 7. 1. 1754, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol. 130 Vgl. den Vortrag Kaunitz’ für Maria Theresia, Wien 10. 6. 1755, HHStA, StK, Vorträge 77, Konv. »1755 VI fol. 1 – 256«, fol. 77 – 79’, 86 – 88’. 131 Weisung an Seilern, PS Wien 7. 1. 1754, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfol. 132 Schreiben des Bischofs von Bamberg an Colloredo, Bamberg 24. 2. 1754, Ausf.: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 38, Konv. »fol. 1 – 549«, fol. 132 – 137. 133 Ausführlich dazu Oertel, Reichs-Tags-Diarium, Bd. 2, S. 171 – 175; J. J. Moser, Von denen Teutschen Reichs-Ständen, S. 127 – 133; Styra, Karriere, Kap. 6.16. Die entsprechenden Protokolle der Beratungen des Kurfürsten- und des Fürstenrats, die daraus hervorgegangen Conclusa, das Gutachten der beiden höheren Kurien sowie das kaiserliche Kommissionsratifikationsdekret finden sich im HHStA, MEA, RTA 577, p. 387 – 576; vgl. auch die gedruckten Akten bei Faber, Europäische Staats-Cantzley, Bd. 107, S. 32 – 218, sowie bei J. J. Moser, Teutsches Staats-Archiv, [Bd. 7], S. 1024 – 1094 und [Bd. 8], S. 3 – 33. Vor der Introduktion hatte sich der Fürst von Thurn und Taxis in einem Revers verpflichten müssen, dass er oder seine Nachkommen »so bald es thunlich und möglich, Zu Fürsten-mäßigen Land und Leuten gelangen«; zitiert nach J. J. Moser, Von denen Teutschen Reichs-Ständen, S. 138; vgl. Grillmeyer, Diener, S. 150. Diese Auflage wurde letztlich erst im Zuge der Zusammenfügung der schwäbischen Grafschaft Friedberg mit den Herrschaften Scheer, Dürmentingen und Bussen zu der

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Protest der opponierenden Reichstagsgesandten, die beim Aufruf des Votums Thurn und Taxis’ die Kurie verließen, »und war sonderlich zu vermercken, daß einige […], so trauer gehabt, in schwarzen kleidungen dabey erschienen«134 waren. Fürst Alexander Ferdinand hatte damit sein langersehntes Ziel erreicht und dies auch in Regensburg vergleichsweise aufwendig mit einem Ball und einem Souper feiern lassen135. Insgesamt gesehen, so ist der Dissertation von Peter Styra zu entnehmen, wurde für die Introduktion der beträchtliche Betrag von rund 62.000 Gulden durch den Fürsten aufgewendet136. Seine an den Wiener Hof gerichteten Dankesschreiben zeugen von seiner großen Erleichterung und Dankbarkeit. An Franz I. schrieb er : »Euer Kayserlichen Majestät allwaltenden schutz, großmuth und huld habe ich demnach die mir und meiner nachkommenschaft zugeflossene allerhöchste gnad und eigentliche fürstenzierde mit allerunterthänigster ehrforcht zu dancken.«137 Und Kaunitz bat der Fürst ausdrücklich darum, ihm einen Hinweis zu geben, wie er sich erkenntlich zeigen könne138. Dass den Fürsten die aus seiner Sicht unwürdige Vorgehensweise seiner Kontrahenten im Reichsfürstenrat – Aretin bezeichnet die Vorgänge in Regensburg wohl nicht ganz zu Unrecht als »fast zur Farce verkommene Introduktion«139 – nicht unberührt ließ, lässt ein Schreiben an den Kaiser vom 1. Juni 1754 erkennen. Seine Opponenten hätten ihn schon lange nicht mehr in seinem Quartier aufgesucht, was er als Geringschätzung wertete, da »es doch

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gefürsteten Grafschaft Friedberg-Scheer 1786/87 definitiv umgesetzt. Als Vertreter des Fürsten fungierte bei der Introduktionszeremonie am 30. 5. 1754 sein neu als Reichstagsgesandter legitimierter Geheimer Rat und Hofmarschall Franz Xaver Freiherr Reichlin von Meldegg; zu seiner Person vgl. Styra, Karriere, Kap. 6.15., sowie die Vollmacht des Fürsten von Thurn und Taxis für Reichlin von Meldegg, [Regensburg] 28. 5. 1754, Kopie: HHStA, MEA, RTA 577, p. 603 ff. Bericht Seilerns an Maria Theresia, Regensburg 1. 6. 1754, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 20, unfol.; vgl. auch den Bericht Buchenbergs an Dies., Regensburg 4. 6. 1754, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 132, unfol.; Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis an Colloredo, Regensburg 31. 5. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 92b, unfol.; Styra, Karriere, Kap. 6.16. Vgl. den Bericht Seilerns an [Kaunitz], Regensburg 4. 6. 1754, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 20, unfol. Vgl. Styra, Karriere, Kap. 6.16. Schreiben vom 31. 5. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 92b, unfol.; vgl. ferner das Schreiben des Fürsten an Colloredo, Regensburg 31. 5. 1754, Ausf.: ebd., unfol. Auch an den Kurfürsten von Mainz (Regensburg 30. 5. 1754, Ausf.: HHStA, MEA, RTA 577, p. 603 ff.) sowie an den Reichstag (Regensburg 5. 6. 1754, Druck: Faber, Europäische Staats-Cantzley, Bd. 108, S. 316 – 258 [!]) richtete der Fürst Danksagungsschreiben. Vgl. das Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Kaunitz, Regensburg 31. 5. 1754, Ausf.: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 519, fol. 293 – 294. Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 59.

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der wohlanständig- und höfflichkeit gemäß wäre, der allerhöchsten repraesentanz mit mehrerer distinction und respect zu begegnen«140. Begleitet wurden die letzten Wochen vor der Introduktion, wie an anderer Stelle bereits dargelegt141, von erheblichen Differenzen zwischen dem Prinzipal- und dem Konkommissar. Sie führten dazu, dass Alexander Ferdinand in massiver Weise den »fanatisme«142 Palms anprangerte und schließlich seinen persönlichen Einfluss am Wiener Hof in die Waagschale warf, um Palms Entfernung aus Regensburg durchzusetzen. Der Fürst warf dem Konkommissar unter anderem vor, ihn ruinieren und entehren zu wollen, mit seinen Feinden in Verbindung zu stehen – Lilien nannte Schwarzenau einen Satelliten Palms143 –, die Intention des Wiener Hofes in der Introduktionsfrage zu konterkarieren und damit letztlich der kaiserlichen Autorität zu schaden. Ein Colloredo in dieser Causa übergebener Schriftsatz über das Verhalten Palms enthielt nicht weniger als 14 Kritikpunkte144. Palm selbst sah sich schon im Januar 1754 dazu veranlasst, sich zu verteidigen, und betonte gegenüber dem Reichsvizekanzler, es sei nicht seine Schuld, dass die Introduktion noch nicht zu Ende gebracht werden konnte145. »Dergleichen empfindliche dinge seynd mir mein lebtag nicht zugemuthet worden«146, empörte er sich in einem Schreiben an Colloredo. Die Heftigkeit der Kritik des Prinzipalkommissars am Vorgehen Palms resultierte sicherlich zu einem guten Teil daraus, dass der Konkommissar den Hauptpunkt des Widerstands der Altfürstlichen gegen die thurn und taxissche Introduktion, nämlich den Verweis auf das fehlende immediate, fürstenmäßige Reichsgut, im Kern teilte. Die daraus entstehenden Differenzen verschärften sich noch, als der Prinzipalkommissar angesichts der vehementen Kritik der Altfürstlichen in einer Erklärung an die Reichsstände vom 31. Januar 1754 ausdrücklich hervorhob, er suche um seine Introduktion »als eine blosse Gnade und Gefälligkeit geziemend«147 nach, was Palm nicht ganz zu 140 Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Franz I., Regensburg 1. 6. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 92b, unfol. 141 Vgl. Kap. II 3 d. 142 Vgl. das Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Colloredo, Regensburg 17. 4. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 92b, unfol. Dieses Schreiben, das in Kopie auch an Kaunitz übersandt wurde (vgl. das Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an den Staatskanzler, Regensburg 17. 4. 1754, Ausf.: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 519, fol. 283 – 283’), war vorab mit Colloredo abgesprochen worden. 143 Vgl. das Schreiben Liliens an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 26. 4. 1754, Ausf.: FTTZA, HFS 887, unfol. 144 Kopie: ebd., unfol. 145 Vgl. den Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 24. 1. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 92a, unfol. 146 Ders. an Dens., Regensburg 27. 2. 1754, Ausf.: ebd., unfol. 147 Erklärung des Fürsten von Thurn und Taxis, Regensburg 31. 1. 1757, Drucke u. a.: HHStA, MEA, RTA 574, p. 619; HHStA, RK, PK, Berichte 92a, unfol.; Moser, Von denen Teutschen Reichs-Ständen, S. 97; vgl. auch Grillmeyer, Diener, S. 149.

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Unrecht als Eingeständnis fehlender Qualifikation auffasste148. Zeitweise sprach Alexander Ferdinand nicht mehr mit Palm und sagte sogar ihre allwöchentliche Besprechung ab149. Der Konkommissar war wohl nicht der einzige, der dem Verhalten des Fürsten von Thurn und Taxis in der Introduktionsfrage kritisch gegenüberstand. Laut Palm hatte auch der kurmainzische Direktorialgesandte zu einem früheren Zeitpunkt moniert, der Prinzipalkommissar habe sich nicht vor Ort in Regensburg aufgehalten, als es am allernotwendigsten gewesen wäre150. Anders verhielt es sich mit Buchenberg. Der österreichische Direktorialgesandte hatte in der Introduktionsfrage offenbar zur vollen Zufriedenheit des Prinzipalkommissars agiert und wurde dafür nicht nur ausdrücklich gelobt, sondern er erhielt darüber hinaus auch das Angebot Alexander Ferdinands, künftig das thurn und taxissche Reichstagsvotum zu führen. Dies wurde dann auch realisiert, nachdem der Wiener Hof seine Zustimmung signalisiert hatte151. In klientelpolitischer Sicht ist der Fall Thurn und Taxis somit in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: Zum einen wird anhand dieses Beispiels erkennbar, über welch vielfältige Mittel der Kaiserhof verfügte, um einen Klienten bei Bedarf – oftmals nach dem Prinzip von Leistung und Gegenleistung – auf reichspolitischer Ebene zu fördern. Zum anderen war allen Beteiligten klar, dass sich der Fürst von Thurn und Taxis nur durch die Protektion des Wiener Hofes, die in diesem Fall aus einer wechselseitig erkannten Interessenidentität resultierte, in der brisanten Introduktionsangelegenheit hat durchsetzen 148 Vgl. die Berichte Palms an Colloredo, Regensburg 31.1. sowie 1., 4., 10. und 11. 2. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 92a, jeweils unfol. Palm hat seine Vorgehensweise in der Introduktionsangelegenheit wiederholt ausführlich gerechtfertigt; vgl. zusätzlich seine Schreiben an Dens., Regensburg 7., 8., 13. und 20. 2. 1754, Ausf.: ebd., jeweils unfol., bzw. an Franz I., Regensburg 25. 4. 1754, Ausf.: ebd., Berichte 92b, unfol. 149 Vgl. die Berichte Palms an Colloredo, Regensburg 11. und 20. 2. 1754, Ausf.: ebd., Berichte 92a, jeweils unfol. Kritisiert wurde vor allem Palms Vorgehensweise, in der Introduktionsfrage den erforderlichen Nachweis fürstengemäßer Begüterung von dem Thronlehen herzuleiten. Dies führte zu heftigen Vorwürfen des Fürsten von Thurn und Taxis. Lilien etwa brachte in einer Unterredung mit Seilern und Palm vor, einige Reichsstände hätten der 1744 erfolgten Erhebung des Reichspostgeneralats zu einem Thronlehen gar nicht zugestimmt; vgl. Ders. an Dens., Regensburg 31. 1. 1754, Ausf.: ebd., unfol. 150 Vgl. Ders. an Dens., Regensburg 23. 5. 1753, Ausf.: ebd., Berichte 89b, unfol. 151 Vgl. das Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Kaunitz, Regensburg 11. 5. 1754, Ausf.: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 519, fol. 289 – 289’, 292 (Lob Buchenbergs, der den Widerständen der Widriggesinnten vorsichtig und standhaft begegnet sei); Ders. an Dens., Regensburg 18. 6. 1754, Ausf.: ebd., fol. 295 – 295’ (bittet Kaunitz um Erlaubnis, Buchenberg das thurn und taxissche Votum übertragen zu dürfen); Bericht Buchenbergs an Kaunitz, PS Regensburg 14. 7. 1754, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 132, unfol. (Anfrage, ob die Majestäten damit einverstanden wären, dass er das thurn und taxissche Votum führe); Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Kaunitz, Schloss Trugenhofen 9. 8. 1754, Ausf.: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 519, fol. 297 – 297’ (dankt dafür, dass Buchenberg die Erlaubnis erhalten hat, das thurn und taxissche Votum zu führen); vgl. auch Styra, Karriere, Kap. 6.18.

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können152. Zum Dritten bestand kein Zweifel daran, dass durch die Introduktion eines prononcierten kaiserlichen Anhängers in den Reichsfürstenrat ein Reichstagsvotum generiert wurde, das letztlich »d¦pendante de la cour de Vienne«153 war. Und schließlich zeigt das Schicksal Palms deutlich, wie sehr selbst ein langjähriger treuer Diener des Erzhauses darauf angewiesen war, nicht in Konflikte mit einem höherrangigen Proteg¦ des Wiener Hofes zu geraten, und in welch hohem Maße sein Wirken, auch und gerade auf mikropolitischer Ebene, nach dem Kriterium der Loyalität gegenüber dem Prinzipalkommissar bewertet wurde. Nimmt man in diesem Punkt die bereits einleitend erwähnte Begriffsbestimmung Reinhards auf, derzufolge Mikropolitik verstanden werden muss als »mehr oder weniger planmäßige[r] Einsatz eines Netzes informeller persönlicher Beziehungen zu politischen Zwecken«154, so lässt sich zu den Vorkommnissen im zeitlichen Umfeld der Abberufung Palms die These aufstellen, der Fürst von Thurn und Taxis habe gerade aufgrund des unermüdlichen Einsatzes seines Vertrauten Lilien in Wien zumindest zeitweise über bessere Kanäle der Einflussnahme verfügt als Palm, der sich über Lilien bezeichnenderweise wiederholt negativ äußerte155. Dass der Konkommissar im Laufe des Jahres 1754 politisch zwar nicht mehr zu halten war, aber aufgrund seiner langjährigen Verdienste für das Erzhaus keineswegs zu einer Persona non grata degradiert wurde, verdeutlichten am nachdrücklichsten die Tatsache, dass er nach seiner Regensburger Zeit eine Pension des Wiener Hofes erhielt156, sowie der weitere Verlauf seiner Familiengeschichte: 1783 wurde sein Sohn Carl Joseph (II.) von Kaiser Joseph II. in den Reichsfürstenstand erhoben!

152 Vgl. als Beispiel das Schreiben Linckers an den Kurfürsten von Mainz, Regensburg 4. 6. 1754 (Ausf.: HHStA, MEA, RTA 577, p. 639 – 649), in dem der Direktorialgesandte ausdrücklich die kaiserliche Protektion für den Prinzipalkommissar in der Introduktionsfrage erwähnt. 153 Schreiben Liliens an Koch, Wien 12. 10. 1753, Kopie: FTTZA, HFS 886, unfol. 154 Reinhard, Paul V., S. 21. 155 Vgl. die Berichte Palms an Colloredo, Regensburg 16.2. und 14. 9. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 92a bzw. 93b, jeweils unfol. Der Konkommissar nannte zwar keine Namen, zweifellos meinte er aber Lilien. 156 Vgl. Kap. II 3 d.

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V. Preußische Klienten auf Abwegen? Die anhaltische Reichstagspolitik 1756/57 und ihre Folgen Nachdem anhand des Fallbeispiels Thurn und Taxis Praktiken aufgezeigt wurden, die im Zuge der gezielten Förderung eines katholischen Klienten durch den Wiener Hof zutage traten, wird mit einer zweiten Fallstudie ein Reichsstand ins Zentrum gerückt, der eindeutig der preußischen Einflusssphäre zuzurechnen ist. Die Fürsten von Anhalt, um die es im Folgenden geht, zählten nämlich zu denjenigen protestantischen Reichsständen, die im eher kaiserfernen Raum wie von einem Magneten durch den ambitionierten Hohenzollernstaat angezogen wurden. Im Reichsgefüge zählten sie eindeutig zu den Mindermächtigen, zumal das Fürstentum Anhalt durch vertragliche Regelungen in den Jahren 1603 und 1606 in vier (Teil-)Fürstentümer geteilt worden war, die im Untersuchungszeitraum dieser Arbeit noch Bestand hatten: Anhalt-Bernburg, Anhalt-Dessau, Anhalt-Köthen und Anhalt-Zerbst1. Einige Rechte wurden auch nach der Landesteilung von den anhaltischen Fürsten gemeinschaftlich ausgeübt – »Gesamtung« lautete der Terminus technicus –, darunter auch die Führung der anhaltischen Stimme im Reichsfürstenrat. Da Anhalt im Stichjahr 1582 noch vereint war, stand den späteren (Teil-)Fürsten für ihr angestammtes Fürstentum nur eine Virilstimme zu. Eine wichtige Rolle spielte dabei der sogenannte Senior – nicht der älteste lebende, sondern der jeweils »ältestregierende« Fürst von Anhalt –, dem gewissermaßen als Primus inter Pares die Geschäftsführung in den Angelegenheiten oblag, welche die »Gesamtung« betrafen, wozu eben auch die Reichstagspolitik zählte2. Auf dem Immerwährenden Reichstag bildete sich in den letzten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts die Praxis heraus, dass die anhaltischen Fürsten nicht zuletzt aus Kostengründen Sitz und Stimme Anhalts zeitweise Reichstagsgesandten anderer Reichsstände übertrugen. In den 1670er Jahren griff man hierbei auf den kurbrandenburgischen Reichstagsgesandten zurück3, was ein eindeutiger Indikator dafür war, dass die Anhalter den engen Schulterschluss mit ihrem übermächtigen Nachbarn suchten. Im Untersuchungszeitraum 1745 bis 1763 hatten die anhaltischen Fürsten allerdings einen ei-

1 Die Teilungsverträge von 1603/06 sind gedruckt in Codex Anhaltinus minor, S. 61 – 70. 2 Zur »Gesamtung« und anhaltischen Senioratsverfassung vgl. den Überblick bei Wäschke, Geschichte, Bd. 3, S. 13 ff. 3 Vgl. Rohrschneider, Johann Georg II., S. 128 f.

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Preußische Klienten auf Abwegen?

genen Gesandten in Regensburg, der im Normalfall wöchentlich Bericht erstattete4. Als Initialzündung für den Prozess der verstärkten Orientierung an Brandenburg-Preußen erwiesen sich der Eintritt des späteren Fürsten Johann Georg II. von Anhalt-Dessau (1627 – 1693) in kurbrandenburgische Dienste 1658 und seine im Jahr darauf erfolgte Eheschließung mit der oranischen Prinzessin Henriette Catharina, einer Tochter Prinz Friedrich Heinrichs von Oranien-Nassau und Schwester der brandenburgischen Kurfürstin Louise Henriette5. Als Generalfeldmarschall und Statthalter der Kur und Mark Brandenburg erlangte der Dessauer höchste militärische und zivile Würden im Dienste seines Schwagers, des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, und nach dessen Tod auch unter Friedrich III./I. Beiden Seiten nutzte dieses Arrangement: Mittels einer engen Anlehnung an die Hohenzollern versuchten Johann Georg II. und die anhaltischen Fürsten nach ihm die Überlebensfähigkeit ihrer mindermächtigen Territorien zu sichern, während die Anhalter aus brandenburg-preußischer Sicht willkommene Klienten waren, die auf Reichs- und Kreisebene den politischen Kurs des Berliner Hofes unterstützen sollten6. Der Eintritt Johann Georgs II. in die Armee des Großen Kurfürsten erwies sich als wegweisend: Zahlreiche anhaltische Fürsten und Prinzen nach ihm, nicht nur aus der Dessauer Linie, dienten in der preußischen Armee7. Mehrere Angehörige des anhaltischen Fürstenhauses erhielten als Anerkennung für ihre Dienste den Orden Pour le M¦rite oder den Schwarzen Adlerorden8. Das größte Renommee besaß zweifellos der Sohn und Nachfolger Johann Georgs II., Leopold I. (1676 – 1747), der sogenannte Alte Dessauer, der wie kaum ein anderer das preußische Militär in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts prägte9. Wie er selbst dienten auch drei seiner ehelichen Söhne, nämlich Leopold II. Maximilian (1700 – 1751), Dietrich (1702 – 1769) und Moritz 4 Vgl. zum Beispiel die Erwähnung des wöchentlichen Comitialberichts LHASA, DE, Z 70, B 3a Nr. 44, fol. 108. 5 Vgl. Müsebeck, Eintritt; Rohrschneider, Johann Georg II., S. 51 – 73; Ders., Eheschließung. 6 Die anhaltische Forschung hat zudem auf Einflüsse unterschiedlichster Art hingewiesen, die von Anhalt ausgingen und im Preußen des späten 18. Jahrhunderts durchaus prägenden Charakter hatten; vgl. etwa Allert/Grossert/Ross, Anhalt, S. 219: »Die Fakten sind bekannt: Erdmannsdorff trug den Klassizismus von Dessau-Wörlitz nach Berlin (auch wenn es in manchen Darstellungen umgekehrt zu lesen ist). Die Wörlitzer Gärten wirkten in preußischen Gärten, und König Friedrich Wilhelm II. hatte im Wörlitzer Schloss eine speziell für ihn vorgesehene Schlafgelegenheit. Berenhorst hat die preußischen Militär-Reformer inspiriert […]. Und obwohl sich in Preußen ebenfalls pädagogische Reformen zeigten, hat das Philanthropin ebenso wie die anderen Dessauer Kultureinrichtungen auch Preußen beeindruckt.« 7 Zusammenfassend Niedermeier, Verhältnis, S. 64 – 67. 8 Vgl. Haase, Inhaber ; L. Arndt, Friedrich der Große, S. 47 f.; zu den beiden genannten Orden vgl. die Überblicke bei Ziechmann, Encyclop¦die, S. 290 f. bzw. 509 f. 9 Vgl. die Bilanz in folgendem Ausstellungskatalog: Fürst Leopold I. von Anhalt-Dessau. Eine wissenschaftliche Biografie des Alten Dessauers auf Höhe der neueren Forschung ist nach wie vor ein Desiderat.

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Die anhaltische Reichstagspolitik 1756/57 und ihre Folgen

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(1712 – 1760), mit dem obersten Rang eines Generalfeldmarschalls in der Armee Friedrichs des Großen, ebenso Fürst Christian August von AnhaltZerbst (1690 – 1747). Dass sich enge Beziehungen zwischen der protestantischen Vormacht im Norden des Reiches und den mindermächtigen Anhaltern herausbildeten und in generationenübergreifender Weise festigten, war vor allem drei Faktoren geschuldet: Zum einen der direkten Nachbarschaft, zum anderen der erwähnten militärischen Indienstnahme anhaltischer Fürsten und Prinzen und zum Dritten den engen verwandtschaftlichen Verbindungen zwischen den Hohenzollern und den anhaltischen Askaniern10 bzw. der Einbeziehung Anhalts in die preußische Heiratspolitik; Prinzessin Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst, die spätere Zarin Katharina die Große, ist hierfür das prominenteste Beispiel11. Allerdings gerieten die Anhalter im 18. Jahrhundert zunehmend in eine Rolle, die Volker Press anschaulich als satellitenartige Stellung gekennzeichnet hat12 und bei der ihre engen politischen Handlungsspielräume letztlich durch die preußische Machtpolitik dominiert wurden. Mit den tatsächlichen Machtverhältnissen korrespondierten die spöttischen Bemerkungen Friedrich Wilhelms I. und auch Friedrichs des Großen über die Fürsten von »Zipfel-Zerbst«. Sie brachten eindeutig den Geltungsanspruch der preußischen Könige gegenüber den als Duodezfürsten angesehenen Anhaltern zum Ausdruck13. Das politische Konzept, an dem sich schon Johann Georg II. von AnhaltDessau orientiert hatte, um die anhaltischen Interessen gegenüber dem Ausgreifen der größeren, armierten Reichsstände zu behaupten – der anhaltische Historiker Hermann Wäschke nannte die Haltung der Fürsten von Anhalt den »Trieb der Selbsterhaltung«14 –, war die reichspatriotisch fundierte Ausrichtung an einem kaiserfreundlichen politischen Kurs. Johann Georg II. selbst gelang es, so gute Beziehungen zum Wiener Hof herzustellen, dass er kaiserlicherseits als »amico di casa«15 angesehen wurde, was eine geläufige Um10 Auf die gemeinsamen oranischen Wurzeln wurde bereits hingewiesen; zusammenfassend hierzu Schuster, Verwandtschaft; Vetter, Oranien-Nassau; Groenveld, Familiengeflecht; Woelderink, Beziehungen; vgl. zuletzt auch Schönpflug, Heiraten, S. 162 – 168. Zu ergänzen sind die drei Eheschließungen zwischen den Häusern Anhalt-Dessau und Brandenburg-Schwedt im Zeitraum von 1699 bis 1767 sowie die Vermählung Fürst Victor Friedrichs von Anhalt-Bernburg mit Albertine von Brandenburg-Schwedt im Jahre 1733; vgl. dazu die Hinweise bei Rohrschneider, Beziehungen, Abs. 29, sowie zu den Beziehungen zwischen Anhalt und BrandenburgSchwedt insgesamt auch Wintzingerode, Prinzen. 11 Vgl. insgesamt Ross, Herkunftsheimat; Schönpflug, Ehestifter, S. 82. 12 Vgl. Press, Reichspolitiker, S. 272 und 274. 13 »Zipfel-Zerbst« oder »Zippelzerbst« waren Spottbezeichnungen, die sich entweder auf die Zerbster zwiebelanbauenden Krauter bezogen oder auf die Tatsache, dass Anhalt-Zerbst wie ein jenseits der Elbe als Zipfel an den anhaltischen Landen anhängender Landesteil situiert war; vgl. Specht, Geschichte, Bd. 2, S. 61. 14 Wäschke, Geschichte, Bd. 3, S. 216. 15 Vgl. Rohrschneider, Johann Georg II., S. 285 – 293.

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Preußische Klienten auf Abwegen?

schreibung für einen Klienten und insofern nicht unproblematisch war, als die Beziehungen zwischen den Höfen von Berlin und Wien in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts keineswegs spannungsfrei waren16. Sein bezeichnenderweise nach dem Kaiser benannter Sohn Leopold folgte dieser grundsätzlichen politischen Ausrichtung. Er war der Hofburg aber noch aus einem anderen Grund besonders verpflichtet: Seine Gattin Anna Luise, die Tochter eines Dessauer Apothekers, wurde 1701 vom Kaiser in den Fürstenstand erhoben17. Für das charakteristische Bemühen der anhaltischen Fürsten, durch ein Lavieren zwischen den Polen Berlin und Wien die Interessen ihrer Stammlande zu behaupten, stellte der Ausbruch des Siebenjährigen Krieges18 die schlimmstmögliche Wendung dar. Denn aus ihrer Sicht drohte nun unmittelbar das Schicksal, die Gunst eines der beiden traditionellen Protektoren zu verlieren und zwischen Preußen und Österreich zerrieben zu werden. Folgerichtig unterstützten die Fürsten von Anhalt nach Kriegsausbruch die Pläne einer Reichsmediation, die sich allerdings in der Folgezeit nicht realisieren ließen19. Das lag nicht zuletzt an der Haltung des Wiener Hofes, der sich 16 Vgl. dazu Ders./Sienell, Hohenzollern. 17 Vgl. Frank, Standeserhebungen, Bd. 1, S. 23 f. 18 Die Erforschung der Vorgeschichte, des kontrovers diskutierten Kriegsausbruchs und des Kriegsverlaufs kann hier nicht rekapituliert werden; vgl. stattdessen neuerdings den Überblick bei Kunisch, Historikerstreit, und die Bestandsaufnahme in Externbrink (Hg.), Krieg. Der kursächsische Reichstagsgesandte Ponickau erhielt am frühen Morgen des 2. September 1756 in Regensburg die Nachricht vom Einfall preußischer Truppen in die sächsischen Lande; vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 3. 9. 1756, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 98, unfol.; Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 3. 9. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 136, unfol.; der österreichische Direktorialgesandte bat in dieser Relation unter Anrufung Gottes um Beistand zur »erniedrig- und demuthigung eines eben so stolzen als ungerechten feindes«. Friedrich II. betonte ausdrücklich, Plotho müsse über die Ursachen des preußischen Einmarsches in Kursachsen gut informiert werden, »weil nicht zu zweifeln ist, dass der dresdensche Hof das erste Geschrei daselbst [Regensburg, d. Vf.] machen werde. Es muss aber solches citissime geschehen.« Mündliche Resolution Friedrichs II. vom 31. 8. 1756, PC 13, S. 314. Einen guten Überblick über die Haltung der Reichsstände nach Kriegsausbruch bietet mit Blick auf den Reichstag M. Koch, Reichstag, S. 30 – 33. Zur Vorgehensweise des Wiener Hofes und insbesondere des Reichshofrats vgl. ebd., S. 16 – 28; Brabant, Kampf, Bd. 1, insgesamt; Ders., Kursachsen, S. 195 – 201; Aretin, Das Alte Reich, Bd. 3, S. 89 – 93; ausführlich dazu demnächst die Dissertation von Sven Düwel (Fürstenwalde/ Spree) über die Reichskriegserklärungen von 1675 und 1757. 19 Unter anderem hoffte man auf hannoverischer Seite, durch eine Reichsmediation den Einmarsch ausländischer Truppen zu verhindern; vgl. etwa PC 14, S. 148 und 154. Unterstützt wurde der Gedanke einer solchen Vermittlung u. a. von Sachsen-Weimar und -Gotha, Braunschweig-Wolfenbüttel, Hessen-Kassel und Baden-Durlach; vgl. Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 66 f., sowie insgesamt R. Meyer, Neutralitätsverhandlungen. Der preußische König stand einer solchen Mediation zeitweise positiv gegenüber (vgl. etwa Teutsche Kriegs-Canzley, Bd. [2], S. 217 ff.), war aber hinsichtlich der Realisierbarkeit skeptisch; vgl. seine Resolution, Sedlitz 8. 11. 1756, PC 14, S. 23. Siehe zusätzlich die Weisung an Plotho, PS Berlin 6. 11. 1756, Konz.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 113, unfol.: Plotho solle dahingehend wirken, »daß die stände des Reichs eine exacte neutralität während denen jetzigen kriegstroublen annehmen«.

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explizit gegen eine reichsständische Friedensvermittlung oder eine Neutralität des Reiches wandte und stattdessen argumentativ in der Vordergrund rückte, sämtliche Reichsstände seien auf den Landfrieden verpflichtet. Werde ein Reichsstand vergewaltigt, heißt es in einer Weisung an den Konkommissar Seydewitz vom 13. Oktober 1756, so betreffe dies jeden anderen Reichsstand, als wäre es ihm selbst geschehen. Dementsprechend müsse man gemeinschaftlich handeln, und zwar auch und gerade im Hinblick auf die Mindermächtigen20. Dahinter stand das grundsätzliche Kalkül der Hofburg, das Reich nach Möglichkeit in den Krieg gegen Preußen zu involvieren21, während der Berliner Hof im Gegenzug argumentierte, der preußische König sei in dieser Frage nicht als Reichsstand anzusehen, was nicht nur von österreichischer Seite scharf zurückgewiesen wurde22. Für das Verständnis der nachfolgenden Reichstagspolitik der anhaltischen Fürsten ist es unerlässlich, die »Barriere von Reichs- und Landesgeschichte«23 zu überwinden und ihre unterschiedlichen Positionierungen zu kennzeichnen. Drei Sachverhalte gilt es dabei besonders zu beachten: Die Politik der anhaltischen Fürsten im Siebenjährigen Krieg ist erstens ein exzellentes Beispiel für die grundsätzlichen strukturellen Probleme, die sich aus ihrem Anspruch herleiteten, in Fragen, die das Gesamthaus betrafen, gemeinschaftlich zu agieren. Das vergleichsweise umständliche, auf Konsens abzielende Kommunikationsprozedere der Senioratskorrespondenzen, die ausgehend vom jeweiligen Senior zwischen den anhaltischen Höfen zirkulierten, vermag dies gut zu veranschaulichen. Zweitens ergaben sich immer wieder Probleme, die aus politischen Differenzen zwischen den (Teil-)Fürsten resultierten, so zum Beispiel während des Siebenjährigen Krieges über Fragen der Geldpolitik und des Münzwesens24. Drittens zeigte sich im Verlauf des Krieges sehr deutlich, dass die österreichisch-preußische Auseinandersetzung einen Riss durch das anhaltische Fürstenhaus zog, der sich auch in der Reichstagspolitik niederschlug. Anhaltischer Senior war bei Ausbruch des Krieges Fürst Victor II. Friedrich von Anhalt-Bernburg (1700 – 1765)25. Er war bereits 1723 vom preußischen 20 Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8b, unfol.; Weisung an die Prinzipalkommission, Wien 11. 12. 1756, Konz.: ebd., unfol.; Weisung an Ramschwag, Wien 11. 12. 1756, Ausf.: HHStA, RK, DA, Reich, Weisungen 16, unfol.; M. Koch, Reichstag, S. 34. 21 Vgl. A. Schmid, Franz I. und Maria Theresia, S. 242: Franz I. »trat dafür ein, dem Krieg den Charakter einer im Grunde bilateralen preußisch-österreichischen Auseinandersetzung zu nehmen und ihn satt dessen zu einer Strafaktion des vom Kaiser angeführten Reichs gegen einen schweren Landfriedensbrecher zu machen.« 22 Vgl. zum Beispiel das Schreiben des Kurfürsten von Mainz an Friedrich II., Mainz 12. 12. 1756, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 123, unfol. Zu den grundsätzlichen Bestrebungen Friedrichs II., die von ihm geführten Kriege völker- und nicht reichsrechtlich zu behandeln, vgl. jüngst Tischer, Kriegsbegründungen, S. 75 mit Anm. 101. 23 Press, Das römisch-deutsche Reich, S. 226. 24 Grundlegend hierzu ist Heckl, Geldwesen, S. 120 – 315. 25 Zur Person vgl. Kindscher, Victor II. Friedrich; Thomas, Anhalt-Bernburg, S. 55 – 71; vgl. jüngst

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Preußische Klienten auf Abwegen?

König Friedrich Wilhelm I. mit dem Schwarzen Adlerorden ausgezeichnet worden26 und zählte somit zur Riege der anhaltischen Fürsten, die über persönliche Verbindungen zum preußischen Herrscherhaus verfügten. Als Senior oblag ihm die Steuerung der Reichstagspolitik des anhaltischen Gesamthauses. Im Dessauer Landesteil regierte seit 1751 der preußische Generalfeldmarschall Fürst Dietrich27 als Vormund für seinen Neffen Leopold Friedrich Franz (1740 – 1817), der noch in der Anfangsphase des Krieges im Alter von 16 Jahren als Volontär in der preußischen Armee diente28 und später als Fürst des Dessau-Wörlitzer Gartenreichs – ein »Musterbeispiel praktizierter Aufklärung«29 –, Berühmtheit erlangte. Auch Fürst Karl Georg Lebrecht von AnhaltKöthen (1730 – 1789) hatte seit 1751 in preußischen Kriegsdiensten gestanden. Der Tod seines Vaters August Ludwig (1697 – 1755) bewog ihn aber, aus der Armee Friedrichs des Großen auszutreten, um sich besser der Regierung seines Landes widmen zu können30. In Zerbst regierte der Bruder der späteren russischen Zarin, Fürst Friedrich August (1734 – 1793). Er ist in der anhaltischen Forschung ausgesprochen negativ beurteilt worden. Reinhold Specht, um ein hervorstechendes Beispiel zu nennen, bezeichnete ihn als »geistig nicht voll zurechnungsfähig, eigenwillig, launenhaft«31. Eigentliche Regenten im Zerbster Landesteil waren – auch über die Zeit der vormundschaftlichen Regierung für den bis 1751 noch unmündigen Friedrich August hinaus32 – seine ehrgeizige Mutter Johanna Elisabeth, eine gebürtige Prinzessin von Holstein-Gottorp, später dann ein Geheimratskollegium. Anders als sein Vater Christian August entschied sich Friedrich August für ein militärisches Engagement auf österreichischer Seite. Gemeinsam mit seiner Mutter floh er 1758 vor den Preußen aus Zerbst, nachdem ein französischer Spion, Jean Jacques Gilbert Marquis de Fraigne, der sich zu dieser Zeit am Zerbster Hof aufhielt, von preußischer Seite entlarvt worden war33. Nach dem Siebenjährigen Krieg

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auch die Skizze von Erb, Selbstporträt. Jan Brademann (Bielefeld) bereitet derzeit eine Habilitationsschrift zu Victor Friedrich vor, die sich vor allem dessen Tagebüchern widmet. Vgl. Thomas, Anhalt-Bernburg, S. 55. Zur Person vgl. Branig, Dietrich. Vgl. zuletzt Pietsch, Krieg. E. Hirsch, Reformbewegung, S. 4. Die Literatur zu Leopold Friedrich Franz und seinem Gartenreich ist immens; vgl. aus jüngerer Zeit die beiden Sammelbände Dilly/Zaunstöck (Hg.), Fürst, und Zaunstöck (Hg.), Leben, sowie darüber hinaus weitere Arbeiten von Erhard Hirsch: E. Hirsch, Dessau-Wörlitz; Ders., Experiment; Ders., Erde. Vgl. Wäschke, Geschichte, Bd. 3, S. 215. Specht, Geschichte, Bd. 2, S. 76; vgl. auch Ross, Herkunfstheimat, S. 530 f.; Kubitscheck, Fürsten, S. 41 – 46. Gemäß dem Testament seines Vaters, Fürst Christian August, sollte die Vormundschaft unter der Direktion des preußischen Königs stehen; vgl. Scharf, Katharina II., S. 67. Zur Fraigne-Affäre vgl. PC 16, Registereintrag S. 431; Wäschke, Geschichte, Bd. 3, S. 216 f. und 223 ff.; L. Arndt, Friedrich der Große, S. 42 f.; Specht, Geschichte, Bd. 2, S. 76 – 79; Scharf, Katharina II., S. 86; Ross, Herkunfstheimat, S. 531; Heckl, Geldwesen, S. 229; Externbrink, Friedrich der Große, S. 64 f. Aus österreichischer Sicht war die Gefangennahme Fraignes völker-

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wurde Friedrich August von der Wiener Hofburg dabei unterstützt, eine Charge als Reichsgeneralfeldmarschalllieutenant zu erlangen, was 1768 gelang34. Reichstagsgesandter der Fürsten von Anhalt war bei Kriegsausbruch der anhaltische Hof-, Legations- und Geheime Rat Heinrich Karl von Pfau († 1787)35. Seine Eltern waren der anhaltische Gesamtrat und Regensburger Legationssekretär Albert Heinrich von Pfau36 und Agnese Philippine Til(e)mann, die Tochter eines nassau-oranischen Geheimen Rats und Kanzleidirektors. Verheiratet war Pfau mit Dorothea Magdalena Schramm, einer Tochter des reformierten Theologen Johann Heinrich Schramm37. Auf dem Reichstag vertrat Heinrich Karl von Pfau als Gesandter mehrere Jahrzehnte lang das anhaltische Gesamthaus (1745 – 1773) und Sachsen-Meiningen (1745 – 1787), ferner Holstein-Gottorp (1763 – 1770), Lübeck (1765 – 1768), Württemberg (1768), Sachsen-Coburg-Saalfeld (1771 – 1787) sowie als Substitut die fränkische, die westfälische und die wetterauische Grafenbank (1755). Darüber hinaus war er auch sachsen-meiningischer Geheimer Rat und Regierungspräsident38. Im Zuge der Anstrengungen des Wiener Hofes, nach dem Ausbruch des Siebenjährigen Krieges eine Reichskriegserklärung gegen Preußen zu erwirken, rückte Pfau in den Fokus des österreichischen Interesses. Dies lag zum einen an den generellen Bemühungen der Hofburg, um jede einzelne Stimme in Regensburg zu werben, damit ein möglichst breit fundiertes militärisches Vorgehen gegen Friedrich den Großen in Gang gesetzt werden konnte. Zum anderen aber machte Pfau vor allem die Tatsache interessant, dass er als Vertreter eines protestantischen Reichsstandes signalisierte, sein Abstim-

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rechtswidrig und gegen die Freiheit der Reichsstände gerichtet; vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 18. 3. 1758, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 103, fol. 559. Vgl. die Weisung an Buchenberg, Wien 27. 11. 1763, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 7, unfol.; Wäschke, Geschichte, Bd. 3, S. 233; Neuhaus, Problem, S. 344. Hinweise zu Pfau und seiner Familie verdanke ich Lupold von Lehsten (Bensheim), dem an dieser Stelle herzlich gedankt sei. Auch Sven Düwel (Fürstenwalde/Spree) danke ich für Informationen über Pfau. Albert Heinrich von Pfau starb am 18. 9. 1736 an seinem Tätigkeitsort Regensburg; vgl. dazu die Akten LHASA, DE, Z 18, B 3a Nr. 48. Sein Sohn Heinrich Karl folgte ihm als Legationssekretär nach und wurde im Juni 1737 von Leopold I. von Anhalt-Dessau zum Rat bestallt; vgl. LHASA, DE, Z 44, C 5 h Nr. 5 Bd. IV, fol. 272 – 272’. Vgl. Zedler, Universal Lexicon, Bd. 35, Sp. 1089 f.; Lehsten, Schramm. 1759 lebten fünf »unerzogene«, also noch junge Kinder der Pfaus; Schreiben Pfaus an [den Fürsten von AnhaltBernburg], Regensburg 28. 6. 1759, Kopie: LHASA, DE, Z 44, B 3a Nr. 40 Bd. I, fol. 25 – 26’. Die Angaben zu Pfau nach Hausmann (Hg.), Repertorium, Registereintrag S. 639, und Winter (Hg.), Repertorium, Registereintrag S. 572 (jeweils mit den entsprechenden Seitenverweisen); Richter, Vertretung, S. 148 und 157; Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 239; Westphal, Rechtsprechung, S. 381 – 384. Überliefert ist ein wenig schmeichelhaftes französisches Urteil über Pfau aus dem Jahr 1772: »[…] c’est un ivrogne qui n’est bon — rien, depuis qu’il a cess¦ d’Þtre le conseil du feu Duc de Saxe Meiningen.« Auerbach, Recueil, Bd. 18, S. 343.

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mungsverhalten in der Reichskriegsfrage nicht nach dem preußischen Diktat richten zu wollen39. In den entscheidenden Beratungen des Reichsfürstenrats vom 10. und 17. Januar 175740 über das Vorgehen gegenüber Preußen geschah dann in der Tat aus Sicht des Berliner Hofes etwas Ungeheuerliches: Pfau gab am 10. Januar weisungsgemäß zu Protokoll, noch auf Instruktionen zu warten, um dann eine Woche später in den Beratungen bekanntzugeben, man wolle diejenigen Maßnahmen unterstützen, die der Wiederherstellung und Festigung der inneren Ruhe im Reich dienten und mit den Reichsgesetzen konform seien, »zu welchem ende man majoribus accediret hätte«41. Dies war so allgemein formuliert, dass reichlich Interpretationsspielraum vorhanden war. So konnte das Votum Pfaus dahingehend gedeutet werden, dass die Fürsten von Anhalt, die bis dato eindeutig zur preußischen Klientel zu rechnen waren, nun auf die Seite derjenigen traten, die für den Reichskrieg gegen Friedrich den Großen votierten. Denn die Anhänger Österreichs verfügten in dieser Frage im Reichsfürstenrat über eine solide, schon im Vorfeld der Beratungen absehbare Mehrheit. Plotho sparte daher nicht mit deutlicher Kritik am Verhalten Pfaus, »welcher wegen seiner schlechten umstände venal und jetzt derer Kayserlichen ministres ordentlichen spion abgiebet«. Unter diesen Umständen, so führte er aus, sei eine itio in partes nicht möglich, »und dennoch soll und muß dieses das letzte und einzige refugium seyn, um den gefährlichen und wiedrigen absichten einhalt zu thun.«42 Bereits am 6. Januar 1757, also wenige Tage vor Beginn der entscheidenden Beratungen, hatte Plotho ein düsteres Bild gezeichnet: Schon durch ein Dehortatorium würde der preußische König pro hoste Imperii angesehen, und noch ehe vier Wochen vergangen wären, würde unter Trompeten und Pauken eine Reichskriegserklärung erfolgen. Die propreußischen Reichsstände würden dann pro hostibus Imperii angesehen, und auch die kurbraunschweigische Gesandtschaft müsste sich auf einen Abzug 39 Siehe die Ausführungen weiter unten. 40 Zu den Deliberationen vom 10. und 17. Januar 1757 vgl. Koser, Geschichte, Bd. 2, S. 438 f.; Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 78 – 82 und 99; M. Koch, Reichstag, S. 35 – 40 und 47 f.; Schort, Politik, S. 129 – 137; anhaltische Reichstagsrelationen, Regensburg 13. und 20. 1. 1757, Kopien: LHASA, DE, Z 15, Nr. 277, jeweils unfol.; Berichte des Fürsten von Thurn und Taxis und Seydewitz’ an Franz I., Regensburg 14., 18. und 25. 1. 1757, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 100, jeweils unfol.; Berichte Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 12., 17. und 18. 1. 1757, Ausf.: ebd., jeweils unfol.; Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 10. 1. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 137, unfol.; Berichte Seilerns an Dens., Regensburg 10., 16., 17. und 19. 1. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 27, jeweils unfol.; Berichte Seilerns an Maria Theresia, Regensburg 12. und 19. 1. 1757, Ausf.: ebd., jeweils unfol. Buchenberg konnte an der Sitzung vom 17.1. aufgrund eines Schlaganfalls nicht teilnehmen; vgl. Kap. II 3 c Anm. 328. 41 Reichsfürstenratsprotokoll vom 17. 1. 1757, das anhaltische Votum hier zitiert nach LHASA, DE, Z 15, Nr. 647, unfol.; vgl. den leicht abweichenden Druck in Teutsche Kriegs-Canzley, Bd. [2], S. 76; das anhaltische Votum vom 10. 1. 1757 findet sich ebd., S. 57 f. 42 Bericht Plothos, Regensburg 11. 1. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 123, unfol.

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aus Regensburg gefasst machen. Er wolle versuchen, dass entweder die Beratungen sistiert werden oder der Reichstag gänzlich zerrissen werde, was beides von Vorteil sei43. Nachdem in Regensburg die Entscheidung für einen Reichskrieg gefallen war, was Plotho in Erklärungsnot brachte, da er dies nicht hatte verhindern können, erneuerte er seine Kritik. Die Reichsstände, so betonte er, »wollen sich mit eigenen händen die feßeln anlegen«. Es sei gewiss, »daß viele höfe von ihren hiesigen gesandten aus privatabsichten und -interesse pflichtloß hintergangen und hineingeführet worden« sind. Die Hofburg werde nun an allen noch wohlgesinnten fürstlichen Höfen versuchen, sie mit Drohungen und mittels des Reichshofrats zu zwingen, der »gegenparthey« beizutreten44. Der kaiserliche Hof und sein Anhang hätten sich zwar durchgesetzt, es sei aber mehr gewonnen als verloren, da nunmehr eine »engere vereinigung« mit den brüskierten Reichsständen sehr viel leichter zu erreichen sein werde45. Wie konnte es dazu kommen, dass Pfau mit dem vagen Votum vom 17. Januar 1757 mögliche Interpretationen billigend in Kauf nahm, die Fürsten von Anhalt zielten darauf ab, ihren traditionell preußenfreundlich ausgerichteten reichspolitischen Kurs zu verlassen? Denn faktisch war dies gleichbedeutend damit, die anhaltischen Lande der Gefahr von Vergeltungsschlägen des kriegführenden großen Nachbarn auszusetzen. Die Reichstagsgesandten Wiens hatten im Vorfeld der Beratungen über das weitere Vorgehen des Reiches gegen Preußen erkannt, dass sich ihnen die Möglichkeit bot, mit Pfau einen protestantischen Reichstagsgesandten für sich zu gewinnen. Dies war aus österreichischer Sicht besonders wünschenswert, da man sich durch die Sicherung protestantischer Stimmen eine zusätzliche Legitimierung des eigenen Vorgehens erhoffte, konnte man dadurch doch Vorwürfe, auf einen Religionskrieg abzuzielen, leicht entkräften. Außerdem bot sich ihnen die Perspektive, von Pfau zuverlässige Informationen über die Beratungen des Corpus Evangelicorum zu erhalten und durch ihn ein einstimmiges Vorgehen der Protestanten zu verhindern46. Der anhaltische Gesandte hatte sich freilich seit Beginn seiner Tätigkeit in Regensburg keineswegs immer zur Zufriedenheit der Wiener Gesandten verhalten47 und galt als unzuverlässig48. Entsprechende Bedenken, die zum Teil darauf gründeten, dass man die Fürsten von Anhalt als reichspolitische Erfüllungsgehilfen des Berliner Hofes ansah49, wurden aber spätestens in dem 43 44 45 46 47

Bericht Plothos, Regensburg 6. 1. 1757, Ausf.: ebd., unfol. Bericht Plothos, Regensburg 20. 1. 1757, Ausf.: ebd., Fasz. 124, unfol. Bericht Plothos, Regensburg 31. 1. 1757, Ausf.: ebd., unfol. Vgl. Kap. III 2 a mit Anm. 443. Dies galt zum Beispiel im Hinblick auf die Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis in den Reichsfürstenrat; vgl. den Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis an Franz I., Regensburg 11. 5. 1754, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 92b, unfol. 48 Vgl. den Bericht Palms an Dens., Regensburg 17. 1. 1747, Ausf.: ebd., Berichte 78a, unfol. 49 Vgl. exemplarisch den Bericht Fürstenbergs und Palms an Dens., Regensburg 23. 5. 1746, Ausf.:

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Preußische Klienten auf Abwegen?

Moment fallengelassen, als erkennbar wurde, dass Pfau möglicherweise zu einem wunschgemäßen Abstimmungsverhalten im Reichsfürstenrat bewogen werden könnte. Die Korrespondenzen der Reichstagsgesandten des Wiener Hofes offenbaren in aller Deutlichkeit, wie intensiv ihre Kontakte mit Pfau im Vorfeld der Beratungen vom 10. und 17. Januar 1757 waren. Seydewitz rechnete ihn schon im August 1756 zu den gutgesinnten protestantischen Reichstagsgesandten50, und als im Monat darauf konkret erörtert wurde, wer mit der Stimmvertretung Hessen-Darmstadts beauftragt werden sollte, schrieb er, Pfau sei unter allen protestantischen Gesandten noch der einzige, »den ich mit einiger zuverläßigkeit von seiner aller devotesten gedenckensart gegen den Kayserlichen hoff hierzu vorzuschlagen mich getrauen kann.«51 Gegen Ende des Jahres 1756 verdichteten sich dann die Anzeichen für eine Annäherung Pfaus an die Österreicher. Am 3. November vermeldete der kurböhmische Gesandte Seilern noch ganz unbestimmt, der anhaltische Gesandte habe ihm Hoffnung gemacht52, um dann rund einen Monat später von der gegenüber dem kursächsischen Direktorialgesandten Ponickau geäußerten Ansicht Pfaus zu berichten, dass das preußische Vorgehen nicht zu billigen sei und entsprechende Maßnahmen gemäß den Reichsgesetzen und der Reichsverfassung ergriffen werden müssten53. Der mittels Drohungen auf Pfau und seine Dienstherren ausgeübte preußische Druck nahm in der Zwischenzeit weiter zu. Gegen Ende des Jahres zeigte sich der anhaltische Gesandte gegenüber Seilern besorgt und mutmaßte, dass seine Prinzipalen dem Druck womöglich nicht standhalten könnten54. Auch Ponickau befürchtete bei weiteren Verzögerungen den Verlust der erhofften anhaltischen Unterstützung55. Indes wurde am 21. Dezember 1756 eine Konferenz in Bernburg abgehalten, an der neben den Fürsten Victor Friedrich von Anhalt-Bernburg und Dietrich von Anhalt-Dessau auch Vertreter der Regierungen von Anhalt-Köthen und Anhalt-Zerbst teilnahmen. Erörtert wurde die Frage, wie Pfau zu instruieren sei, sollten in Regensburg Beratungen über den preußischen Angriff auf Sachsen und Böhmen in die Wege geleitet werden. Der Senior des

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ebd., Berichte 76c, unfol.; Berichte des Fürsten von Thurn und Taxis und Palms an Dens., Regensburg 17.3. und 14. 12. 1753, Ausf.: ebd., Berichte 89b bzw. 91b, jeweils unfol. Vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 4. 8. 1756, Ausf.: ebd., Berichte 98, unfol. Vgl. Ders. an Dens., Regensburg 29. 9. 1756, Ausf.: ebd., unfol. Vgl. den Bericht Seilerns an Kaunitz, Regensburg 3. 11. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 26, unfol. Vgl. Ders. an Maria Theresia, Regensburg 2. 12. 1756, Ausf.: ebd., unfol. Vgl. Ders. an Dies., Regensburg 22. 12. 1756, Ausf.: ebd., unfol. Die Fürsten von Anhalt waren bereits mit einem Zirkularschreiben Friedrichs II. vom 2. 10. 1756 aufgefordert worden, ihren Reichstagsgesandten im preußischen Sinne zu instruieren; Kopie: LHASA, DE, Z 15, Nr. 552, unfol.; vgl. Preussische Staatsschriften, Bd. 3, S. 207 ff. Vgl. den Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 19. 12. 1756, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 136, unfol.

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Hauses, Victor Friedrich, betonte, man solle beiden Seiten, also Wien und Berlin, keinen Anlass zur Verärgerung geben. Falls es zu entsprechenden Deliberationen kommen sollte, dann solle Pfau auf fehlende Instruktionen verweisen. Die Dessauer Seite schloss sich dieser Meinung an und ergänzte, Pfau könne gegebenenfalls auch für eine Reichsmediation votieren. Falls Gesandte Preußens oder Österreichs an die anhaltischen Höfe kommen sollten, so führten Bernburg und Dessau aus, dann sei es ratsam, unverbindlich zu bleiben und gegebenenfalls auf die zunächst erforderliche inneranhaltische Kommunikation zu verweisen. Die Abgeordneten von Köthen und Zerbst nahmen dies ad referendum56. Der abweichenden Haltung Anhalt-Zerbsts kam in diesem Kontext eine besondere Bedeutung zu. Fürstin Johanna Elisabeth hatte sich im Verlauf des Monats November auf Ansuchen des preußischen Königs grundsätzlich bereit erklärt, in vermittelnder Weise den eigenen Einfluss in Russland zugunsten Preußens in die Waagschale zu werfen, wofür ihr Friedrich im Gegenzug die Bitte gewährte, seine Truppen nicht durch Anhalt-Zerbst marschieren zu lassen57. Dass die anhaltische Hausverfassung gewisse Spezifika aufwies, die einkalkuliert werden mussten, war den österreichischen Akteuren sehr wohl bewusst. Seydewitz wies in einem Bericht für Colloredo vom 21. Dezember 1756 ausdrücklich darauf hin: Da die anhaltische Hausverfassung vorsehe, dass die einem Reichstagsgesandten einstimmig (per unanimia) erteilte Instruktion nicht anders als einstimmig widerrufen werden könne, müsse man den in kaiserlichen Diensten stehenden Fürsten von Zerbst dazu bewegen, standhaft zu bleiben58. Nachdem Pfau kurz vor Jahresende gegenüber Seydewitz noch versichert hatte, eine Änderung der Haltung seiner Prinzipalen sei nicht zu erwarten59, geriet er in der Folgezeit in eine regelrechte Zwickmühle: Die Reichstagsgesandten der Hofburg erwarteten, dass sich die Fürsten von Anhalt der Mehrheit der Reichsstände anschließen würden60, während der Gesandte Hessen-Kassels, August Ludwig von Wülcknitz, darauf hinarbeitete, von anhaltischer Seite Unterstützung für die anvisierte Reichsmediation zu erhalten,

56 Konferenzprotokoll, Bernburg 21. 12. 1756, Ausf.: LHASA, DE, Z 18, B 2c Nr. 45, fol. 48 – 57; eine weitere Überlieferung des Protokolls in LHASA, DE, Z 44, B 2c Nr. 32 Bd. I, unfol.; vgl. auch die Aufstellung der Beratungspunkte vom Vortag, Kopie: ebd., unfol. 57 Vgl. das Schreiben Friedrichs II. an die Fürstin von Anhalt-Zerbst, Sedlitz [16.]11.1756, PC 14, S. 15 f., sowie das Antwortschreiben der Fürstin, Zerbst 27. 11. 1756, ebd., S. 99. 58 Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 99, unfol.; vgl. auch den Bericht des Fürsten von Thurn und Taxis und Seydewitz’ an Franz I., Regensburg 23. 12. 1756, Ausf.: ebd., unfol. 59 Vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 29. 12. 1756, Ausf.: ebd., unfol. 60 Vgl. den Bericht Seilerns an Kaunitz, Regensburg 16. 1. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 27, unfol.: Pfau habe ihm, Seydewitz und anderen Gesandtschaften am Vorabend des 10. Januar anvertraut, dass er durch eine Estafette angewiesen worden sei, sich der Mehrheit anzuschließen, was er auch Ponickau bestätigt habe. Danach sei Pfau offenbar dazu verführt worden, Instruktionsmangel anzuführen.

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was den preußischen Interessen gedient hätte61. Pfaus Verweis auf fehlende Instruktionen in der Reichsfürstenratssitzung vom 10. Januar stellte somit weder die österreichische Seite zufrieden, noch die Gruppe derjenigen protestantischen Reichsstände, die auf eine Reichsmediation abzielten. Dementsprechend heftig fielen die Reaktionen Plothos und Wülcknitz’ aus. Der preußische Gesandte polterte, Pfau habe so lange gedrängt, bis ihm die anhaltischen Fürsten endlich eine Instruktion erteilt hätten, die sich nach den Intentionen des Kaiserhofes und gegen Preußen richte62. Und Wülcknitz, dessen Familie anhaltische Wurzeln hatte, stellte gegenüber den Anhaltern seine Bestürzung über das Vorgehen Pfaus zur Schau, verbunden mit der Forderung eines geschlossenen Auftretens der Evangelischen sowie einer Weisung an den anhaltischen Gesandten, die Reichsmediationspläne zu unterstützen63. Kurz darauf verschärfte Wülcknitz den Ton seiner Vorwürfe: Pfau habe »sehr equivoquen und verdächtigen umgang« mit den Kaiserlichen und den katholischen Gesandtschaften gepflogen und höchst bedenkliche Äußerungen von sich gegeben, die mit seinen Instruktionen nicht zu vereinbaren seien. Pfau solle daher aus Regensburg entfernt (»extra statum nocendi«) und per Estafette angewiesen werden, sich nach Frankfurt zum Herzog von SachsenMeiningen zu begeben. Bis dahin solle er nicht die geringste Kommunikation mit den katholischen Reichstagsgesandten führen64. Die Vorwürfe Wülcknitz’, der gegenüber Pfau alles andere als landsmannschaftliche Verbundenheit an den Tag legte, zeigten bei den anhaltischen Fürsten Wirkung. Karl Georg Lebrecht von Anhalt-Köthen gab gegenüber dem Senior zu bedenken, ob es bei den gegenwärtigen Umständen nicht höchst nachteilig sei, sich von den evangelischen Ständen zu trennen65. Dietrich von Anhalt-Dessau, der sehr schnell erkannte, dass es sich bei dieser Angelegenheit um eine »delikate Sache«66 handelte, teilte die Meinung des Fürsten von Köthen. Pfau wurde daraufhin gemäß den Beschlüssen einer Bernburger Konferenz vom 17. Januar 1757 von Fürst Victor Friedrich angewiesen, nach Frankfurt zum Herzog von Sachsen-Meiningen zu reisen, zuvor aber einen Bericht über die Beratungen vom 10. Januar zu verfassen und 61 Vgl. das Schreiben Wülcknitz’ an den anhaltisch-köthnischen Geheimen Rat Rephun, Regensburg 11. 1. 1757, Kopie: LHASA, DE, Z 18, B 2c Nr. 45, fol. 69 – 70. 62 Vgl. den Bericht Plothos, Regensburg 11. 1. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 123, unfol. 63 Siehe oben Anm. 61. 64 Vgl. das Schreiben [Wülknitz’ an Rephun], Regensburg 12. 1. 1757, Kopie: LHASA, DE, Z 18, B 2c Nr. 45, fol. 71 – 72. 65 Schreiben des Fürsten von Anhalt-Köthen an [den Fürsten von Anhalt-Bernburg], Köthen 15. 1. 1757, Kopie: LHASA, DE, Z 44, B 2c Nr. 32 Bd. I, fol. 26. 66 Instruktion des Fürsten von Anhalt-Dessau für den Regierungsrat und Kammerjunker Raumer, Dessau 15. 1. 1757, Ausf.: ebd., fol. 41 – 42. Fürst Dietrich zog auch in Erwägung, dass Pfau mit anderen evangelischen Reichsständen auf eine Reichsmediation hinwirken solle.

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in Frankfurt auf weitere Befehle zu warten67. Anfang Februar verließ der Gesandte daher Regensburg68. Die Lage spitzte sich indes aus anhaltischer Sicht weiter zu. Die preußischen Kabinettsminister Podewils und Finckenstein forderten in einem Schreiben an Fürst Victor Friedrich vom 30. Januar, Pfaus Votum vom 17. Januar solle zurückgenommen werden69. Der anhaltische Gesandte hatte ja, wie bereits erwähnt, im Reichsfürstenrat zu Protokoll gegeben, dass sich die anhaltischen Fürsten der Mehrheit anschließen werden. Unmittelbar vorausgegangen waren Bemühungen der Reichstagsgesandten des Wiener Hofes, Pfau »auf eine schickliche art«70 die Folgen seines Verweises auf Instruktionsmangel vor Augen zu führen und ihn dazu zu bewegen, in der nächsten Sitzung des Reichsfürstenrats vorzubringen, dass er inzwischen Weisungen aus Anhalt erhalten habe, was Pfau dann ja auch umsetzte. Die Hofburg hatte also ihr Ziel erreicht71. Für die Fürsten von Anhalt wurde es nun brenzlig. Pfau behauptete vor Ort in Regensburg, er habe instruktionsgemäß gehandelt, da er angewiesen worden sei, bei der Umfrage mit Rücksicht auf Preußen defectum instructionis anzuführen und sich erst bei Erstellung des Conclusums der Mehrheit anzuschließen72. Zudem rechtfertigte er sich gegenüber einigen protestantischen Gesandten damit, dass er von seinem Schwager, dem anhalt-bernburgischen Kabinettsrat Schramm, zu einer Abänderung seiner ursprünglichen Instruktion veranlasst worden sei73.

67 Kopien: LHASA, DE, Z 18, B 2c Nr. 45, fol. 61 – 61’ bzw. 68 – 68’; HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 27, unfol., übersandt als Beilage zum Bericht Seilerns an Kaunitz, Regensburg 25. 1. 1757, Ausf.: ebd., unfol. Das Konferenzprotokoll, Bernburg 17. 1. 1757, findet sich im LHASA, DE, Z 18, B 2c Nr. 45, fol. 65 – 67’; vgl. auch das Schreiben Rephuns an Wülcknitz, Bernburg 17. 1. 1757, Kopien: ebd., fol. 62 – 63 bzw. 73 – 74; Wülcknitz wurde gebeten, »mehrere specialia« über Pfau zu kommunizieren. 68 Vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 7. 2. 1757, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 100, unfol. 69 Kopie: LHASA, DE, Z 44, B 2c Nr. 32 Bd. I, fol. 94 – 94’, 96; vgl. zudem die Weisung an Plotho, Berlin 17. 1. 1757, Konz.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 123, unfol.: Den Fürsten von Anhalt-Bernburg werde man aufgrund des von Pfau abgelegten Votums und wegen dessen »suspecten betragens« mit Nachdruck anschreiben. Zur preußischen Kritik an Pfau vgl. auch Teutsche Kriegs-Canzley, Bd. [2], S. 687 f. 70 Vgl. den Bericht Seilerns an Kaunitz, Regensburg 16. 1. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 27, unfol. 71 Eine Lebensbeschreibung des Freiherrn Friedrich August von Hardenberg enthält den Hinweis, der proösterreichisch eingestellte brandenburg-ansbachische Minister Seckendorff habe Pfau »seit Wochen bearbeitet«; vgl. Ein kleinstaatlicher Minister, S. 152. Plotho bezeichnete Seckendorff zu diesem Zeitpunkt als »triebfeder von denen fügungen in des Kayserlichen hofes absichten«; Bericht Plothos, Regensburg 11. 1. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 123, unfol. 72 Vgl. den Bericht Seilerns an Maria Theresia, Regensburg 19. 1. 1757, Ausf.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 27, unfol. 73 Vgl. das Schreiben Wülcknitz’ an [Rephun], PS Regensburg 24. 1. 1757, Kopie: LHASA, DE, Z 44,

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Ob dies den Tatsachen entsprach, konnte nicht ermittelt werden. Gegen Ende des Krieges wurde in der zumeist gut informierten Reichskanzlei allerdings ein Vermerk angelegt, demzufolge ein Komplott die Abberufung Pfaus herbeigeführt habe74. Demnach war er also in eine – womöglich von Wülcknitz initiierte – Falle gelaufen, die mutmaßlich auch und gerade mit dem Ziel aufgestellt worden war, Wülcknitz den anhaltischen Gesandtschaftsposten zu verschaffen. Das reichspolitische Kalkül der anhaltischen Fürsten, nach Möglichkeit eine klare Stellungnahme für oder gegen Preußen zu vermeiden, ging in Regensburg jedenfalls nicht auf. Denn trotz unverbindlicher Formulierungen wurde Pfaus Votum vom 17. Januar von seinen Gegnern vor Ort in Regensburg als parteiische, durch österreichische Einflussnahme veranlasste Positionierung gegen Preußen dargestellt. Am Berliner Hof reagierte man auf das Verhalten Pfaus ebenso überrascht wie verärgert75. Podewils und Finckenstein forderten die anhaltischen Fürsten, wie bereits erwähnt, explizit auf, das Votum Pfaus vom 17. Januar öffentlich zu widerrufen und darüber hinaus zu erklären, der Anschluss an die Stimmenmehrheit sei auf das Corpus Evangelicorum bezogen gewesen76. Plotho berichtete Anfang Februar zudem von Einschüchterungsversuchen seitens des Wiener Hofes; Pfau sei mit 2.000 Gulden bestochen worden77. Die anhaltischen Fürsten waren nun auf Schadensbegrenzung aus. Auf Grundlage der Beschlüsse einer am 4. Februar 1757 in Bernburg abgehaltenen Konferenz wurde Pfau aufgefordert, direkt nach Bernburg zu kommen. Das anhaltische Reichstagsvotum sollte ausgerechnet Wülcknitz übernehmen78. Dem preußischen Kabinettsministerium teilte der Senior mit, man habe sich niemals von den evangelischen Reichsständen separieren, sondern deren Mehrheit anschließen wollen. Pfau sei nunmehr angewiesen, Regensburg zu verlassen79. Und sämtliche Fürsten von Anhalt schrieben dem preußischen König ausdrücklich, dass Pfau gegen seine Instruktionen gehandelt habe und

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B 2c Nr. 32 Bd. I, fol. 64 – 65; Schriftsatz zur Konferenz in Bernburg am 4. 2. 1757, ebd., fol. 86 – 86’ und 89. Vgl. die Nota der Reichskanzlei betreffend Pfau, s.l.e.a., HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 10, fol. 273 – 273’. Vgl. die Weisung an Plotho, Berlin 24. 1. 1757, Konz.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 123, unfol. Vgl. das Schreiben Podewils und Finckensteins an den Fürsten von Anhalt-Bernburg, Berlin 30. 1. 1757, Kopie: LHASA, DE, Z 44, B 2c Nr. 32 Bd. I, fol. 94 – 94’ und 96. Vgl. den Bericht Plothos, Regensburg 6. 2. 1757, Ausf.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 125, unfol.; Schort, Politik, S. 132. Vgl. das Konferenzprotokoll, Bernburg 4. 2. 1757, LHASA, DE, Z 44, B 2c Nr. 32 Bd. I, fol. 90 – 90’; Schreiben des Fürsten von Anhalt-Bernburg an Pfau, Bernburg 4. 2. 1757, Ausf.: LHASA, DE, Z 15, Nr. 534, unfol. Vgl. das Schreiben des Fürsten von Anhalt-Bernburg an das preußische Kabinettsministerium, Bernburg 4. 2. 1757, Kopie: LHASA, DE, Z 44, B 2c Nr. 32 Bd. I, fol. 93 – 93’ und 97 – 97’; J. J. Moser, Von denen Teutschen Reichs-Taegen, Bd. 2, S. 61 f.

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abberufen worden sei80. Im Vorfeld war von den übrigen anhaltischen Fürsten Kritik am Verhalten Victor Friedrichs geäußert worden, der sich daraufhin veranlasst sah, auch intern eindeutig klarzustellen, dass er Pfaus Verhalten keineswegs billige81. Seine Tagebuchaufzeichnungen zeigen jedenfalls, wie sehr er darum bemüht war, Anhalt aus der Schusslinie zu halten. Für uns Fürsten von Anhalt, führte er aus, sei es besser, geduldig stillzuhalten, als Partei zu ergreifen82. In der Zwischenzeit wurde auch die Hofburg aktiv. Colloredo ließ die anhaltischen Reichshofratsagenten zu sich kommen und teilte ihnen demonstrativ mit, der Kaiser habe den patriotischen Eifer der Fürsten von Anhalt gelobt. Pfau solle wieder zurück nach Regensburg beordert werden. Vor allem aber dürfe niemand von ihm substituiert werden, der der Gegenseite angehöre83. Im Gegenzug wurden »reelle proben«84 der kaiserlichen Gnade für das Haus Anhalt in Aussicht gestellt. Vorausgegangen war eine entsprechende Bitte Pfaus, der sich mit einem Promemoria an die Gesandten des Wiener Hofes gewandt hatte und darauf hinarbeitete, wieder nach Regensburg zurückbeordert zu werden85. Dass der Fall des anhaltischen Gesandten von der Hofburg keineswegs als Petitesse behandelt wurde, sondern aus kaiserlicher Sicht ein Problem grundsätzlicher Art berührte, verdeutlicht die ausdrucksstarke Weisung an die Prinzipalkommission vom 8. Februar 1757, in der gegenüber den »Widriggesinnten« explizit der Vorwurf despotischen Verhaltens 80 Vgl. das Schreiben der Fürsten von Anhalt an Friedrich II., Bernburg, Köthen, Zerbst und Dessau 4. 2. 1757, Kopie: LHASA, DE, Z 44, B 2c Nr. 32 Bd. I, fol. 91 – 92. 81 Vgl. das Schreiben des Fürsten von Anhalt-Bernburg an die übrigen Fürsten von Anhalt, Bernburg 31. 1. 1757, Kopie: ebd., fol. 85. Zur Kritik am Vorgehen Victor Friedrichs, dem vorgeworfen wurde, die übrigen Fürsten übergangen zu haben, vgl. das Schreiben des Fürsten von Anhalt-Köthen an [den Fürsten von Anhalt-Dessau], Köthen 29. 1. 1757, Ausf.: ebd., fol. 62 – 62’; vgl. auch den konferenzvorbereitenden Schriftsatz vom gleichen Tag ebd., fol. 80 – 82. 82 Tagebucheintrag Victor Friedrichs vom 8. 1. 1757, Fürstin-Pauline-Bibliothek Ballenstedt, Signatur 19 H 15, unpaginiert. Die Tagebuchaufzeichnungen des Bernburger Fürsten enthalten im Zeitraum von Dezember 1756 bis Februar 1757 zahlreiche Hinweise auf die aus Regensburg abgesandten Berichte Pfaus und des anhaltischen Legationssekretärs Claepius. Sie lassen erkennen, dass sich der anhaltische Senior intensiv mit den Vorgängen am Reichstag auseinandersetzte, zeitweise aber gar nicht wusste, ob sich Pfau noch in Regensburg aufhielt oder nicht. 83 Vgl. Andreas Gottlieb von Fabrice (Fabricius) an den Fürsten von Anhalt-Bernburg, Wien 29. 1. 1757, Kopie: LHASA, DE, Z 44, B 2c Nr. 32 Bd. I, fol. 115 – 115’ und 118 – 118’; Balduin Peter Karl von Fier an den Fürsten von Anhalt-Dessau, Wien 29. 1. 1757, Kopie: LHASA, DE, Z 18, A 18a Nr. 29, fol. 15 – 15’. Reichshofratsagenten sind in der jüngeren Forschung verstärkt in den Blickpunkt geraten; vgl. Ehrenpreis, Reichshofratsagenten; Petry, Konfliktbewältigung, S. 87 – 104; Sellert, Agenten; Dorfner, Reichshofratsagenten. 84 Johann Philipp von Gullmann an den Fürsten von Anhalt-Bernburg, Wien 29. 1. 1757, Kopie: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 10, fol. 190’. 85 Vgl. das Promemoria Pfaus, Regensburg 23. 1. 1757, Kopie: HHStA, RK, PK, Berichte 100, unfol., übersandt als Beilage zum Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 24. 1. 1757, Ausf.: ebd., unfol. Seydewitz lobte Pfau ausdrücklich und schilderte, wie von der Gegenseite Druck auf den anhaltischen Gesandten ausgeübt wurde. Vgl. auch Ders. an Dens., Regensburg 7. 2. 1757, Ausf.: ebd., unfol.

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erhoben wurde: »Die zudringlichkeit dieser übelgesinnten gesandschafften gehet leyder! so weit, daß selbe nicht anstehen, die fälscheste auslegungen denen gutgesinnten gesandschafften über ihre abgelegte vota aufzubürden und solche gantz ärgerlich gegen die meynung ihrer höfe selbsten zu verdrehen, gleichsam als wann einem fremden die gedenkensart deren höfen besser als ihren eigenen ministris bekannt wäre; wie selbe den von Pfau in ansehen seines abgelegten Anhaltischen voti verfolgen, kann zu Regenspurg nicht unbekannt seyn, und haben sie übelgesinnte […] keinen scheu, öffentlich zu erklären, daß sie vor die freyheit deren reichsständen, und um das ius liberi suffragii in comitiis zu erhalten, sich lediglich bestrebeten.«86 Pfau selbst, der laut einem Bericht Seydewitz’ zu seiner Verteidigung den ihm vertrauten Personen am Reichstag – Wülcknitz erwähnte den verdächtigen Umgang Pfaus mit dem Konkommissar, Fechenbach und Emmerich87 – seine Originalweisungen vorgelesen hatte, blieb auch nach seiner Abreise aus Regensburg in Kontakt mit den Reichstagsgesandten der Hofburg88. In Frankfurt am Main angekommen, verfasste Pfau ein Rechtfertigungsschreiben, in welchem er zu den erhobenen Vorwürfen Stellung bezog: Er habe immer seine Instruktion von 1745 vor Augen gehabt und mit den kurböhmischen und österreichischen Gesandten keine andere Konversation geführt als in curiae und bei öffentlichen Gesellschaften. Private Visiten habe es kaum gegeben. Häufigere Kontakte mit dem Konkommissar stelle er nicht in Abrede. Grund dafür seien Verhandlungen über einen gewissen regierenden Reichsfürsten gewesen – einen Namen nannte er nicht –, der mit Maria Theresia zu einer Vereinbarung gelangen wolle. Er lasse sich nicht von den kaiserlichen Ministern dirigieren, und sein abgelegtes Votum im Reichsfürstenrat sei »gar nicht dahin gemeinet gewesen, jenen votis, so auf friedfertige wege angetragen, abfallig zu seyn und dagegen pure die Kayserliche intention zu secundiren.«89 Die anhaltischen Fürsten mussten nun eine Entscheidung treffen. Einerseits galt es, den preußischen König zu besänftigen, der sie ausdrücklich zur Unterstützung gegen die »despotischen absichten«90 des Wiener Hofes ermahnte. Andererseits wollte man vermeiden, sich für Preußen und damit offen gegen Kaiser und Reich erklären zu müssen. Was dabei herauskam, war ein gefährlicher Balanceakt: Pfau musste Anfang Mai 1757 schriftlich erklären, dass er sein Votum vom 17. Januar »ohne alle gehabte instruction«91 zu Pro86 Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 8b, unfol. 87 Schreiben Wülcknitz’ an [Rephun], PS Regensburg 24. 1. 1757, Kopie: LHASA, DE, Z 44, B 2c Nr. 32 Bd. I, fol. 64 – 65. 88 Vgl. insbesondere die Berichte Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 21.2. und 24. 4. 1757, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 100, jeweils unfol. 89 Schreiben Pfaus an den Fürsten von Anhalt-Bernburg, Frankfurt am Main 22. 2. 1757, Kopie: LHASA, DE, Z 44, B 2c Nr. 32 Bd. II, fol. 41. 90 Friedrich II. an die Fürsten von Anhalt, Berlin 10. 2. 1757, Kopie: ebd., B 2c Nr. 32 Bd. I, fol. 139’. 91 Ausf.: ebd., B 2c Nr. 32 Bd. II, fol. 211; LHASA, DE, Z 15, Nr. 647, unfol.

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tokoll gegeben habe. Dies hatte zweifellos den Charakter eines Bauernopfers, das letztlich auf Druck Preußens zustande gekommen war. Andererseits beschlossen die anhaltischen Fürsten in einer Konferenz vom 24. Februar, ihrem Reichstagsgesandten »mit allem glimpff zu begegnen«92, was darauf hindeutet, dass sie mit dem politischen Kurs, dem Pfaus Votum Rechnung getragen hatte, durchaus einverstanden waren. Gegen Ende des Jahres 1757 sandten sie ihn jedenfalls zu Verhandlungen nach Wien, um dort eine Geheimkonvention über die Stellung des anhaltischen Truppenkontingents für den Reichskrieg gegen Preußen auszuhandeln, was als Vertrauensbeweis für Pfau und als politisches Signal für den Kaiserhof zu werten ist. Denn immerhin betrauten sie gerade diejenige Person mit dieser Mission, die trotz preußischen Drucks in Regensburg im Sinne Wiens gestimmt hatte93. Es ist wahrscheinlich, dass dabei die Hoffnung der anhaltischen Fürsten eine Rolle spielte, das prokaiserliche Reichsfürstenratsvotum Anhalts werde die Hofburg zu moderaten Vertragsbedingungen veranlassen. Dies wäre dann als gezielter Versuch zu werten, aus der Not eine Tugend zu machen, die Höfe von Wien und Berlin gegeneinander auszuspielen und von der österreichisch-preußischen Konkurrenzsituation zu profitieren, indem man dem Kaiserhof die zwar verklausulierte, in letzter Konsequenz aber im Sinne eines militärischen Vorgehens gegen Preußen erfolgte Stimmabgabe Pfaus vor Augen führte, um dafür ein finanzielles Entgegenkommen zu erwirken. Das anhaltische Votum in Regensburg ließen die Fürsten indes ruhen. Pfau hatte Wülcknitz vor seiner 92 Konferenzprotokoll, Altenburg 24. 2. 1757, Ausf.: LHASA, DE, Z 18, B 2c Nr. 45, fol. 76. 93 Zur Mission Pfaus an den Kaiserhof 1757/58 vgl. seine Instruktion, Ballenstedt 13.10., Köthen 15.10., Zerbst 16.10. und Dessau 17. 10. 1757, Kopie: LHASA, DE, Z 44, B 2c Nr. 32 Bd. III, fol. 135 – 138; vgl. auch das Kreditiv, Ballenstedt 13. 10. 1757, Kopie: LHASA, DE, Z 15, Nr. 647, unfol.; siehe ferner Jablonowski, Bausteine, Teil 9, S. 62. Die Konvention datiert vom 27. 2. 1758, Kopie: LHASA, DE, Z 44, B 2c Nr. 32 Bd. IV, fol. 54 – 55: Der Kaiser übernahm die Stellung der von Anhalt zu leistenden Truppen. Im Gegenzug verpflichteten sich die Fürsten zu einer Zahlung von 45.000 Gulden für die Jahre 1757/58. Pfau berichtete dem anhaltischen Senior am folgenden Tag: »[…] in meinen mächten nicht stehet, ein anderes zu erlangen«; Kopie: ebd., fol. 51’. Später erhielt Pfau die mündliche Zusage Colloredos, Anhalt werde unter bestimmten Bedingungen eine Reduktion auf 20.000 Reichstaler bzw. 30.000 Gulden gewährt; vgl. das Schreiben Pfaus an den Fürsten von Anhalt-Bernburg, Wien 22. 6. 1758, Kopie: ebd., fol. 112; Schreiben des Fürsten von Anhalt-Bernburg an Pfau, Bernburg 27. 7. 1758, Kopie: ebd., fol. 150 – 151. Auf eine weitere Minderung des zu zahlenden Betrages wollte sich der Reichsvizekanzler nicht einlassen; vgl. das Schreiben Pfaus an den Fürsten von Anhalt-Bernburg, [Wien] 7. 9. 1758, Konz.: LHASA, DE, Z 15, Nr. 279, unfol. Der Reichsreferendar Mohr erhielt von den Anhaltern 50 Dukaten, da er sich für eine Reduzierung der von Anhalt zu zahlenden Summe eingesetzt hatte; vgl. das Schreiben Pfaus an den Fürsten von Anhalt-Bernburg, Wien 10. 7. 1758, Kopie: LHASA, DE, Z 44, B 2c Nr. 32 Bd. IV, fol. 146 – 146’; Schreiben des Fürsten von Anhalt-Bernburg an die übrigen anhaltischen Fürsten, Bernburg 27. 7. 1758, Kopie: ebd., fol. 143 – 144. Fürst Dietrich von Dessau hatte im Vorfeld der Mission Pfaus Bedenken angesichts der Vorgeschichte des Gesandten geäußert; vgl. seine Instruktion für den Kanzleidirektor Hermann und den Regierungsrat Raumer zur Konferenz in Bernburg am 29. 7. 1757, Ausf.: ebd., B 2c Nr. 32 Bd. II, fol. 275’ – 276. Pfau blieb letztlich bis Anfang November 1758 in Wien; vgl. sein Schreiben an den Fürsten von Anhalt-Bernburg, Wien 3. 11. 1758, Kopie: ebd., fol. 303 – 303’.

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Preußische Klienten auf Abwegen?

Abreise aus Regensburg nicht substituiert94, was auf österreichischer Seite Hoffnungen nährte, der anhaltische Gesandte werde nach Regensburg zurückkehren95. Insgesamt gesehen hatte die Entscheidung der anhaltischen Fürsten, sich nicht deutlich vom Reichskrieg gegen Friedrich den Großen zu distanzieren, die befürchteten Konsequenzen. Schon Mitte Februar kursierten in Regensburg Gerüchte über vermeintliche Vergeltungsmaßnahmen Preußens96. War in einem Brief des preußischen Königs an Fürst Victor Friedrich vom 26. Februar 1757 noch von »Freundschaft, Attachement und Neigung« sowie »Gegenfreundschaft«97 die Rede, so offenbart eine eigenhändige Weisung Friedrichs an seinen Kabinettsrat Eichel den Kurs, den der König in der Folgezeit gegenüber den anhaltischen Fürsten einschlug: »Weilen sich die fürstliche Häuser Anhalt excusiret haben über das contraire Votum, so ihr Delegirter in Regensburg gegen Mich gegeben hat, so muss ihnen geschrieben werden, dass die beste Art sich zu excusiren wäre, wenn sie Mir 600 Rekruten liefern wollten; dann wollte Ich gewisse glauben, dass sie an ihres Ministers Votum keinen Theil hatten.«98 Als die anhaltischen Fürsten dies unter Verweis auf den »Mangel an Leuten und aus anderen höchst bedenklichen Beobachtungen«99 ablehnten, kommentierte Friedrich dies mit den oft zitierten Worten, die Neutralität werde ihnen bekommen »wie denen Hunden das Grasfressen.«100 Dass die Anhalter in der Folgezeit Pfaus umstrittenes Votum vom 17. Januar, trotz gegenteiliger Versicherungen des Seniors, im Reichsfürstenrat nicht zurücknehmen ließen101, trug sicherlich nicht zu einer Verbesserung der höchst angespannten Beziehungen bei. Der Unmut des preußischen Königs wurde durch zwei Ereignisse, die speziell das Dessauer Fürstenhaus betrafen, noch gesteigert. Zum einen bat Fürst Moritz von Anhalt-Dessau aufgrund eines inzwischen an ihn ergangenen kaiserlichen Avocatorialmandats, demzufolge er innerhalb von zwei Monaten die preußische Armee zu verlassen habe, seinen Dienstherrn um 94 Vgl. ebd., fol. 255. 95 Vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 4. 3. 1757, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 100, unfol. 96 Vgl. Ders. an Dens., Regensburg 16. 2. 1757, Ausf.: ebd., unfol. 97 Schreiben Friedrichs II. an den Fürsten von Anhalt-Bernburg, Dresden 26. 2. 1757, PC 14, S. 318. 98 Ebd., S. 450. Die Edition nennt als erschlossenes Datum dieses undatierten Schreibens den 31. 3. 1757. Die ebenfalls undatierte anhaltische Überlieferung des entsprechenden Schreibens Friedrichs II. an die Fürsten von Anhalt trägt allerdings den Präsentatvermerk 13. 3. 1757; vgl. LHASA, DE, Z 44, B 2c Nr. 32 Bd. II, fol. 98; Jablonowski, Bausteine, Teil 6, S. 59. 99 Schreiben der Fürsten von Anhalt an Friedrich II. vom 12. 4. 1757, PC 14, S. 522. 100 Eigenhändiger Vermerk Friedrichs vom 21. 4. 1757, ebd.; vgl. Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 99; L. Arndt, Friedrich der Große, S. 42; Knobelsdorff-Brenkenhoff, Anhalt-Dessau, S. 63; Heckl, Geldwesen, S. 120. 101 Vgl. die Weisung an Plotho, Berlin 13. 5. 1757, Konz.: GStA PK, I. HA Rep. 10 Nr. 79 Fasz. 128, unfol.

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Die anhaltische Reichstagspolitik 1756/57 und ihre Folgen

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Entlassung. Friedrich lehnte dies unter anderem mit Verweis auf das seiner Ansicht nach rechtswidrige Verhalten des Reichshofrats rundweg ab102. Zum anderen kehrte Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau »mit allen Anzeichen einer starken nervlichen Anspannung«103 im September 1757 nach Dessau zurück, trat aus der preußischen Armee aus und brach somit mit der hundertjährigen Tradition der Dessauer Fürsten, die seit 1658 ununterbrochen in militärischen Diensten des Hohenzollernstaats gestanden hatten. Die Reaktion Friedrichs des Großen, der seinen Bruder Prinz Heinrich am 25. November 1757 klar und deutlich anwies, die anhaltischen Fürsten mit Ausnahme Zerbsts auszupressen104, ist im Hinblick auf den klientelären Status der Fürsten von Anhalt und die daraus resultierende grundsätzliche Anspruchshaltung des Königs außerordentlich aufschlussreich. In einem Schreiben an Fürst Dietrich von Anhalt-Dessau konstatierte Friedrich mit kaum verhülltem Ärger, dass sich dessen Vorfahren »jederzeit an Mein Haus attachiret und in dessen Diensten gestanden haben, also auch von Seiten Meines Hauses und Mir niemalen etwas unterlassen worden, um gegen solche alle Consideration in jeden Vorfällen zu bezeigen. Wie es aber jüngsthin des Erbprinzen Liebden [Leopold Friedrich Franz, d. Vf.] gefallen, diese von so langen und vielen Jahren her beständig gebliebene Connexion mit Meinem Hause zu unterbrechen und Meinen Dienst auf eine kaltsinnige Art mit einer nicht gar anständigen Gleichgültigkeit zu quittiren, so werden Ew[er] Liebden auch von Selbst erachten, dass die vormalige Consideration nicht füglich weiter hat continuiren können.«105 Vorausgegangen waren harte Kontributionsforderungen des preußischen Königs – die finanzielle Belastung Anhalts im Verlauf des Krieges betrug über vier Millionen Reichstaler106 –, der später die angebliche Publikation der kaiserlichen Avocatorialmandate in den Landesteilen Bernburg, Dessau und Köthen zum Anlass nahm, rundheraus zu erklären, er sehe die betreffenden drei anhaltischen Häuser nunmehr »als feindselig gegen Mich«107 an. Doch damit nicht genug: Nachdem ihm Fürst 102 Vgl. sein Schreiben an Fürst Moritz von Anhalt-Dessau, Leipzig 12. 11. 1757, PC 16, S. 31; Brabant, Kampf, Bd. 1, S. 271; L. Arndt, Friedrich der Große, S. 42. 103 Jablonowski, Bausteine, Teil 6, S. 63. Teile der Forschung haben den Austritt »Vater Franz’«, wie Leopold Friedrich Franz im Volksmund genannt wurde und noch wird, aus der preußischen Armee im Sinne eines bewussten Gegenentwurfs zur Machtpolitik friderizianischer Prägung gedeutet. Diese Interpretation wird aber in der jüngeren Forschung mit guten Gründen angezweifelt; vgl. vor allem Niedermeier, Verhältnis. 104 Vgl. PC 16, S. 32. 105 Schreiben Friedrichs II. an Fürst Dietrich von Anhalt-Dessau, Hauptquartier Dürrgoy, bei Breslau, 11. 12. 1757, ebd., S. 86; vgl. L. Arndt, Friedrich der Große, S. 42 ff.; Jablonowski, Bausteine, Teil 6, S. 66. 106 Vgl. Heckl, Geldwesen, S. 123. Besonders gut untersucht sind die Kontributionsleistungen des Dessauer Landesteils; vgl. Jablonowski, Bausteine, Teil 6 – 8. 107 Schreiben Friedrichs II. an Fürst Dietrich von Anhalt-Dessau, Grüssau 22. 3. 1758, PC 16, S. 323; vgl. Jablonowski, Bausteine, Teil 6, S. 69; Niedermeier, Verhältnis, S. 69. Anhalt-Zerbst verschonte der König mit Blick auf Russland zu diesem Zeitpunkt noch. Erst die Fraigne-Affäre veranlasste ihn, auch den Zerbster Landesteil auszupressen.

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Preußische Klienten auf Abwegen?

Leopold Friedrich Franz seinen Regierungsantritt, der eine kaiserliche Mündigkeitserklärung vorausgegangen war, notifiziert hatte, ließ Friedrich dem Dessauer Fürsten ausrichten, er gebe ihm »die erste Lection seines Gouvernements, welche darin bestände, einen mächtigen Nachbarn zu menagiren und diejenigen zu respectiren, durch welche sein Haus sein Glück bis dato gemacht hätte.«108 Der Gesamtbefund ist eindeutig: Der preußische König warf den anhaltischen Fürsten im Allgemeinen und Leopold Friedrich Franz von AnhaltDessau im Besonderen vor, die Pflichten nicht zu erfüllen, die seiner Ansicht nach aus der generationenübergreifenden klientelären Bindung ihres fürstlichen Hauses an die Hohenzollern resultierten. Zwar verwendete Friedrich hier nicht ausdrücklich den Begriff Klienten oder entsprechende sprachliche Varianten. Es kann aber kein Zweifel daran bestehen, dass sich der König in dieser Phase berechtigt fühlte, Sanktionen zu ergreifen und damit das vermeintlich nicht rollenkonforme Verhalten der anhaltischen Fürsten zu ahnden109. Zu den typischen Pflichten eines Klienten zählten eben Dankbarkeit, Loyalität und ein Abstimmungsverhalten nach den Wünschen des Patrons110. Genau dies ließen die anhaltischen Fürsten aber aus Sicht Friedrichs vermissen. Insofern ist es bezeichnend, dass der preußische König die von den Anhaltern bei ihrer Entschuldigung wegen des instruktionswidrigen Verhaltens Pfaus angeschlagene klientelhafte Rhetorik mit dem bereits angesprochenen Vermerk kommentierte, sie sollen ihm lieber Rekruten stellen111. Die Zwangsmaßnahmen, die Friedrich nun anordnete, kamen einem temporären Bruch in den preußisch-anhaltischen Beziehungen gleich. Denn es zeigte sich nun, dass ein entscheidendes Wesensmerkmal von Patron-KlientBeziehungen in dieser Kriegsphase zwischen dem König von Preußen und den Fürsten von Anhalt nicht mehr gegeben war, nämlich der prinzipiell auf Freiwilligkeit beruhende Charakter dieser Beziehungen112. Es handelte sich 108 Schreiben Friedrichs II. an den Generalmajor Karl Heinrich von Wedell, Bautzen 18. 11. 1758, PC 17, S. 385; vgl. L. Arndt, Friedrich der Große, S. 44. 109 Vgl. Kettering, Gift-Giving, S. 144: »[…] patrons refused protection and support when clients lacked the potential for useful service, or were no longer providing it. A lack of reciprocity destroyed the emotional bond in a patron-client relationship, and eventually the relationship itself.« Siehe auch Thiessen, Vertrauen, S. 23: »Sich auf die Erfüllung vorgegebener sozialer Rollen verlassen zu können, war gerade in der Vormoderne ein entscheidendes Element der Vertrauensbildung«; siehe ferner auch das Zitat in Kap. III 2 d Anm. 657 auf Grundlage von Emich, Staatsbildung und Klientel, S. 44, sowie Asch/Emich, Einleitung, S. 10. 110 Vgl. bezogen auf Papstwahlen Reinhard, Amici, S. 330. 111 Vgl. Kirner, Politik, S. 171: »Allgemein operieren Patron-Klient-Beziehungen mit einer Semantik gegenseitigen Wohlwollens und gegenseitiger Gunst, nicht mit einer Semantik einseitiger Gnade oder potentieller Gewaltausübung.« 112 Vgl. Emich u. a., Patronageforschung, S. 237: »Wenn also das Eingehen einer Patron-KlientBeziehung bzw. die Aktivierung einer latenten Beziehung eine menschlich freie Entscheidung ist, die in der Regel keinen rechtlichen Verpflichtungen unterliegt, so kann aus der Beziehung selbst eine gewisse Handlungsverpflichtung erwachsen. Der grundsätzlich freie Charakter wird hierdurch nicht aufgehoben, da keine der Verpflichtungen mit Zwangsmaßnahmen

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dabei allerdings nicht um statische Verhältnisse, sondern um dynamische Prozesse. Dies zeigt exemplarisch die weitere Entwicklung des Verhältnisses zwischen dem preußischen Monarchen und Fürst Leopold Friedrich Franz: In der Nachkriegszeit kam es, nach vermittelnden Bemühungen durch den Prinzen Heinrich, wenigstens der Form nach zu einer Aussöhnung113. Für die Fürsten von Anhalt war die kurzfristig bereits eingetretene Verschlechterung der Beziehungen zum preußischen Patron gravierend, und zwar nicht nur aufgrund der bereits erwähnten Belastungen, die aus den preußischen Kontributionsforderungen resultierten. Denn die Lage ihres von den »Preußischen landen allenthalben enclavirten fürstenthumb[s]«114 gab zu der generellen Sorge Anlass, jedwedes Vorgehen, das dem preußischen Monarchen nicht genehm sei, könne Anhalt künftig der »unausbleibenden ahndung eines übermächtigen nachbars«115 aussetzen. In Regensburg nahm man dies sehr wohl wahr. Seydewitz, der in Kontakt mit Pfau stand, meldete wiederholt Preußens »unerschwingliche geldcontributiones und aufferlegte naturalzuführungen«116 ; die sehr bedrängten Fürsten von Anhalt hätten es nicht einmal gewagt, den Reichstag hierüber zu informieren. Auch erfuhr man in Regensburg, dass Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau das fürstliche Silber verkaufte, um die hohen Kontributionsforderungen Preußens erfüllen zu können117. Immerhin entlastet wurden die angespannten Beziehungen durch die Entscheidung der anhaltischen Fürsten, dem Conclusum des Corpus Evangelicorum vom 29. November 1758 beizutreten118 und sich damit gegen die von Wien angestrebte Reichsacht gegen

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eingefordert werden kann oder muss. Wenn dieser Fall eintritt, kann von einem Ende oder einer Unterbrechung der Patronagebeziehung ausgegangen werden. Es handelt sich nicht mehr um eine Patronagebeziehung, sondern um eine Herrschaftsbeziehung.« Friedrich II. schrieb Fürst Leopold Friedrich Franz am 23. Februar 1763: »Que Votre Altesse ne soit point en peine, comme s’il me restait quelque ressentiment de ce qu’Elle a quitt¦ mon service«; PC 22, S. 533; vgl. auch Jablonowski, Bausteine, Teil 7, S. 40. Instruktion Pfaus für seine Mission nach Wien, Ballenstedt 13.10., Köthen 15.10., Zerbst 16.10. und Dessau 17. 10. 1757, Kopie: LHASA, DE, Z 44, B 2c Nr. 32 Bd. III, fol. 135’ – 136. Entwurf einer Instruktion des Fürsten von Anhalt-Bernburg für Pfaus Wien-Mission, s.l. 1757, ebd., B 2c Nr. 32 Bd. II, fol. 227 – 227’ und 230. Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 10. 3. 1758, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 103, fol. 528’. Vgl. Ders. an Dens., Regensburg 1. 2. 1759, Ausf.: ebd., Berichte 106, unfol. Da Pfau nicht in Regensburg war, wurde mit dieser Aufgabe Kniestedt, der Reichstagsgesandte Braunschweig-Wolfenbüttels, betraut; vgl. die Erklärung des Fürsten von Anhalt-Bernburg, Bernburg 18. 1. 1759, Kopie: LHASA, DE, Z 15, Nr. 280, unfol.; Weisung des Fürsten von Anhalt-Bernburg an [Kniestedt], Bernburg 18. 1. 1759, Kopie: ebd., Nr. 487, unfol. Ausschlaggebend für die Beauftragung Kniestedts war, dass er zu den Gesandten der altfürstlichen Häuser zählte; vgl. das Schreiben des Fürsten von Anhalt-Bernburg an Claepius, Bernburg 18. 1. 1759, Ausf.: ebd., unfol. Der Berliner Hof hatte den anhaltischen Senior schon im Dezember 1757 aufgefordert, die anhaltische Reichstagsgesandtschaft anzuweisen, sich mit den übrigen evangelischen Reichstagsgesandtschaften vertraulich zu verständigen, damit hinsichtlich des Reichsachtprozesses rechtzeitig eine itio in partes zustandegebracht werde; vgl. das Schreiben

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Friedrich den Großen und seine Anhänger – darunter Fürst Moritz von Anhalt-Dessau119 – zu wenden. Leidtragender des Schlingerkurses der anhaltischen Fürsten war Pfau. Er wurde mehr und mehr zu einem Bestandteil des Tauziehens zwischen denjenigen Kräften in Anhalt, die um jeden Preis weitere Konflikte mit Preußen verhindern wollten, und den Befürwortern einer tendenziell prokaiserlichen Politik. Einer der maßgeblichen Wegbereiter einer Rückkehr Pfaus nach Regensburg war Seydewitz. Der Konkommissar betonte in seinen an den Wiener Hof gerichteten Relationen die »gute und devote gesinnung« des anhaltischen Gesandten, »mittelst deßelben geheimer communication jenes, so inter protestantes vorfallet«120, am sichersten und frühsten zu seiner Kenntnis gelange. Er sprach sich entschieden dafür aus, die anhaltischen Fürsten zu einer unverzüglichen Reaktivierung Pfaus zu bewegen121, der zwar wiederholt und sogar gegen die ausdrückliche Weisung des anhaltischen Seniors122 zu seiner Familie nach Regenburg gereist war, dort aber dem eigenen Bekunden nach keine gesandtschaftlichen Tätigkeiten ausgeübt hatte123. Pfau bedürfe Schutz, berichtete Seydewitz nach Wien, denn er werde von den Übelgesinnten »mit anwendung derer niederträchtigsten mitteln und anschuldigungen bey seinen principalen verfolget«. Sollten Pfaus Feinde erneut Erfolg haben, dann würde dies »nothwendig zu gar übler consequenz und mehrere schüchternheit bey anderen redlichen gemüthern gereichen«124. Mehrere Maßnahmen wurden von der Hofburg anvisiert, um Pfaus Reaktivierung durchzusetzen: Zum einen ein nachdrückliches kaiserliches Reskript an die opponierenden anhaltischen Fürsten, zum anderen eine Erklärung des Wien zugeneigten Fürsten Friedrich August von Anhalt-Zerbst, der mit Verweis auf die anhaltische Hausverfassung vorbringen sollte, die Abberufung Pfaus sei ohne seine Zustimmung erfolgt und damit nicht rechtens125. Außerdem drängte der Kaiserhof die anhaltischen Fürsten, Pfaus Gehalt auszuzahlen, was unterblieben war, da er gegen seine Weisungen nicht nach Anhalt zurückgekehrt war. Begründet hatte er dies unter anderem mit preu-

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Podewils und Finckensteins an den Fürsten von Anhalt-Bernburg, Magdeburg 17. 12. 1757, Kopie: LHASA, DE, Z 44, B 2c Nr. 32 Bd. III, fol. 240 – 243. Vgl. Teutsche Kriegs-Canzley, Bd. [7], S. 694. Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 5. 11. 1759, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 107, unfol.; ähnlich auch Ders. an Dens., Regensburg 12. 5. 1762, Ausf.: ebd., Berichte 111b, unfol. Vgl. Ders. an Dens., Regensburg 24.1. und 5. 2. 1760, Ausf.: ebd., Berichte 108a, jeweils unfol. Vgl. die Weisungen des Fürsten von Anhalt-Bernburg an Pfau, Bernburg 27.1., 25.4. und 5. 6. 1759, Ausf.: LHASA, DE, Z 15, Nr. 487, jeweils unfol. Einen guten Eindruck von der Odyssee Pfaus nach seiner Abberufung 1757 vermittelt sein Schreiben an [den Fürsten von Anhalt-Köthen?], Nürnberg 31. 7. 1760, Ausf.: LHASA, DE, Z 70, B 3a Nr. 44, fol. 1 – 2’. Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 7. 4. 1761, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 110a, unfol. Vgl. insbesondere Ders. an Dens., Regensburg 27. 3. 1761, Ausf.: ebd., unfol.; Weisung an Seydewitz, Wien 1. 4. 1761, Konz.: HHStA, RK, PK, Weisungen 9a, unfol.

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ßischen Truppenzügen, die es ihm, wie er schrieb, »bedencklich gemacht hätten, meine person zu exponiren«126. Unterstützt wurde die Hofburg in ihrem Bemühen, Pfau zu reaktivieren, vor allem durch den Fürsten von Anhalt-Zerbst, der spätestens seit 1758 – auf die Fraigne-Affäre und ihre Folgen wurde bereits hingewiesen – ein erklärter Feind des preußischen Königs war. Friedrich August distanzierte sich wiederholt von den übrigen anhaltischen Fürsten und bat den Kaiser darum, seine Vettern anzuweisen, Pfaus Sold zu zahlen. Ansonsten solle das Reichsoberhaupt ihm, Friedrich August, die alleinige Führung des anhaltischen Gesamtvotums in Regensburg zuerkennen127! Während sich der Senior des Hauses, Fürst Victor Friedrich, gegenüber dem Kaiser darauf zurückzog, stets die Verfassung des anhaltischen Gesamthauses beachtet zu haben128, reagierte der noch junge Dessauer Fürst auf die kaiserlichen Reskripte, die zugunsten Pfaus ergingen, ausgesprochen beherzt und kritisierte die Eigenmächtigkeiten des anhaltischen Gesandten, dem er »größeste renitenz«129 vorwarf. Er sei überzeugt, schrieb er im März 1762 nach Wien, der Kaiser würde von den Reichsfürsten niemals verlangen, dass sie ihren widerspenstigen Dienern bei fehlender Instruktion überließen, nach eigenem Gutdünken in ihrem Namen auf dem Reichstag zu votieren. Der Kaiser sei zu erleuchtet, als dass er nicht einsähe, dass dem alten Reichsfürstenstand »sein fürnehmstes kleinod«130 entzogen würde, wenn sich die 126 Schreiben Pfaus an den Fürsten von Anhalt-Dessau, Regensburg 23. 7. 1761, Ausf.: LHASA, DE, Z 44, B 3a Nr. 40 Bd. I, fol. 218; vgl. auch Ders. an den Fürsten von Anhalt-Bernburg, Frankfurt am Main 24. 3. 1759, Konz.: LHASA, DE, Z 15, Nr. 487, unfol.; Weisung des Fürsten von AnhaltBernburg an Pfau, Bernburg 30. 7. 1759, Ausf.: ebd., unfol. 127 Vgl. die Schreiben des Fürsten von Anhalt-Zerbst an Franz I., s.l. 22.4. und 29. 9. 1761, Ausf.: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 10, fol. 193 – 195’ bzw. 224 – 228’ und 242. Vorausgegangen war dem ersten Schreiben ein entsprechender Brief Pfaus an den Fürsten (Regensburg 4. 3. 1761, Kopie: ebd., fol. 196 – 196’), in dem der anhaltische Gesandte seine seit 1757 währende Suspension »ab officio« sowie die öffentlich darüber bekundete Freude seines erklärten Feindes Wülcknitz erwähnte. Vgl. ferner das Schreiben des Zerbster Fürsten an sein Geheimes Ratskollegium, s.l. 18. 12. 1762, Kopie: LHASA, DE, Z 15, Nr. 534, unfol. Friedrich August verwies in der Causa Pfau auf die Senioratsverfassung; gegebenenfalls werde man in Regensburg zugunsten des anhaltischen Gesandten protestieren. 128 Vgl. das Schreiben des Fürsten von Anhalt-Bernburg an Franz I., Bernburg 6. 7. 1761, Ausf.: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 10, fol. 215 – 216; Schreiben Franz’ I. an den Fürsten von Anhalt-Bernburg, Wien 11. 1. 1762, Konz.: ebd., fol. 251 – 252. 129 Schreiben des Fürsten von Anhalt-Dessau an Pfau, Dessau 12. 8. 1761, Konz.: LHASA, DE, Z 44, B 3a Nr. 40 Bd. I, fol. 225. Pfau, so führte Leopold Friedrich Franz aus, habe sich anderthalb Jahre in Regensburg aufgehalten, ohne dem anhaltischen Haus nützlich gewesen zu sein. 130 Schreiben des Fürsten von Anhalt-Dessau an Franz I., Dessau 10. 3. 1762, Ausf.: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 10, fol. 257’; vgl. auch Ders. an Dens., Dessau 10. 6. 1761, Ausf.: ebd., fol. 207 – 207’ und 210; Schreiben Franz’ I. an den Fürsten von Anhalt-Dessau, Wien 16. 5. 1761 und 11. 1. 1762, Ausf.: LHASA, DE, Z 44, B 3a Nr. 40 Bd. I, fol. 184 – 184’ bzw. ebd., B 3a Nr. 40 Bd. II, fol. 7 – 8. Zur Haltung Karl Georg Lebrechts von Anhalt-Köthen vgl. seine Schreiben an Franz I., Köthen 15. 6. 1761 und 11. 3. 1762, Ausf.: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 10, fol. 212 – 214 bzw. 261 – 262. Das Bemühen der anhaltischen Fürsten, Pfau aus Regensburg

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Reichsfürsten grundsätzlich darauf einließen, Voten zu genehmigen, die ihre Gesandten im Namen ihrer Dienstherren abgäben, ohne dazu instruiert zu sein. Auf österreichischer Seite wurden die »ungeziemenden auslegungen« des Dessauer Fürsten übrigens scharf kritisiert. »Es ist kein zweifel, daß solches eine geburt von hiesigen bösen rathgeberen und bekannten verfolgern«131 Pfaus sei, meldete Seydewitz im Mai 1762 nach Wien. Nach Jahren, in denen der anhaltische Gesandte mit seiner Familie nach eigener Aussage in »äußerste noth«132 geraten war und sich dem Hohn und Spott Wülcknitz’ ausgesetzt sah133, wendeten sich die Dinge für Pfau zumindest teilweise zum Besseren. Ausschlaggebend dafür war wohl die Haltung der ihm gewogenen Reichstagsgesandten der Hofburg. In einem Bericht an den Reichsvizekanzler vom 18. Januar 1762 betonte Seydewitz, der anhaltische Gesandte sei aufgrund seiner bekannten Devotion »des allerhöchsten nachdrücklichsten schutzes« würdig. Pfau werde um sein Gesandtschaftsgehalt gebracht, sodass befürchtet werden müsse, »daß dieser ehrliche und redliche mann, durch welchen viele nüzliche und theils sehr wichtige entdeckungen gegenseitiger bösen anschlägen zu haben gewesen, endlich gezwungen seyn dörffte, aus längeren mangel seines unterhalts von hier zu gehen und denen machinationen seiner verfolger zu unterliegen«, wenn ihm von kaiserlicher Seite nicht bald geholfen werde134. Einige Monate später wiederholte der Konkommissar seine Einschätzung, empfahl dem Reichsvizekanzler, Pfau zu protegieren, und hob hervor, wie sehr sich der Anhalter eine kaiserliche Remuneration verdient habe135. Die Hofburg folgte dieser Empfehlung. Der Weisung an den österreichischen Direktorialgesandten Buchenberg vom 13. Oktober 1762 ist zu entnehmen, dass Pfau insgeheim 500 Dukaten erhalten sollte. Er habe stets gute Gesinnung für die Aufrechterhaltung des Reichssystems und die Wohlfahrt des Erzhauses gezeigt und sei deswegen von den »Widriggesinnten« verfolgt worden. Da ihm zudem seine Prinzipalen – mit Ausnahme des Fürsten von Anhalt-Zerbst – weitgehend die Besoldung verweigert hätten, könne er nicht weiter auf dem Reichstag verbleiben. Man habe aber allen Grund, seine Ent-

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fernzuhalten, führte Seydewitz auf deren Sorge vor möglichen preußischen Übergriffen zurück; vgl. seine Schreiben an Colloredo, Regensburg 24.1. und 1. 3. 1760, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 108a bzw. 108b, jeweils unfol. Ders. an Dens., Regensburg 12. 5. 1762, Ausf.: ebd., Berichte 111b, unfol. Schreiben Pfaus an [den Fürsten von Anhalt-Bernburg], Nürnberg 23. 5. 1759, Kopie: LHASA, DE, Z 44, B 3a Nr. 40 Bd. I, fol. 19. Vgl. auch Ders. an Dens., Regensburg 28. 6. 1759, Kopie: ebd., fol. 25 – 26’ (Hinweis auf den schlechten Gesundheitszustand seiner Frau); Ders. an [Dens.?], Regensburg 21. 5. 1761, Kopie: LHASA, DE, Z 70, B 3a Nr. 44, fol. 64 (Hinweis auf seine schlechte Gesundheit, »welche dermaßen ruiniret ist, daß ich fast nicht mehr im stande bin, eine weite reise zu thun«). Vgl. Ders. an [den Fürsten von Anhalt-Köthen?], Nürnberg 31. 7. 1760, Ausf.: ebd., fol. 1 – 2’. Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 111a, unfol. Vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 12. 5. 1762, Ausf.: ebd., Berichte 111b, unfol.

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Die anhaltische Reichstagspolitik 1756/57 und ihre Folgen

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fernung aus Regensburg zu verhindern, und zwar hauptsächlich deshalb, weil man durch Pfau über ein gesichertes Votum eines Protestanten im Reichsfürstenrat verfüge und somit eine Einstimmigkeit im Corpus Evangelicorum hintertreiben könne136. Doch damit nicht genug: Als dem mecklenburgischen Reichstagsgesandten Teuffel das Votum Holstein-Gottorps entzogen und Schwarzenau, einer der Protagonisten der aus Wiener Sicht »Widriggesinnten«, damit betraut wurde, entschloss sich die Hofburg, Pfau dabei zu unterstützen, mit der Vertretung Holstein-Gottorps beauftragt zu werden137. Die Begründung dieser Entscheidung ist aufschlussreich: Pfau sei 1757 durch ein Komplott der preußischen Partei aus Regensburg abberufen worden und werde seitdem aufgrund seines »attachements« an die kaiserlichen Majestäten verfolgt138. Die Bemühungen, dem anhaltischen Gesandten, dessen »gute teütsch-patriotische denckensart«139 man schätzte, eine Kompensation für seine misslichen Lebensumstände zu verschaffen, hatten Erfolg: Zarin Katharina II. übertrug Pfau, der seit Jahren hervorhob, unschuldig zu leiden140, das holstein-gottorpische Reichstagsvotum141. Er selbst bezeichnete dies in einem Schreiben an den anhaltischen Senior als »göttliche providentz«142, was einen Eindruck davon vermittelt, unter welchem Druck er zu diesem Zeitpunkt stand. Pfau blieb letztlich noch bis 1773 Reichstagsgesandter der Fürsten von Anhalt und erlangte zudem mit kaiserlicher Unterstützung die Voten Württembergs und Sachsen-Coburg-Saalfelds143. Ob dies seine jahrelange existenzielle Notlage, 136 Vgl. die Weisung an Buchenberg, Wien 13. 10. 1762, Konz.: HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 7, fol. 323 – 324. 137 Vgl. die Nota der Reichskanzlei betreffend Pfau, s.l.e.a, HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 10, fol. 267 – 267’. 138 Vgl. die beiden Nota der Reichskanzlei betreffend Pfau, s.l.e.a., ebd., fol. 269 – 272 bzw. 273 – 273’: Der mecklenburgische Reichstagsgesandte Teuffel, der sehr reich sei und keine Familie versorgen müsse, habe durch die Interposition des Kaiserhofes vier Nebenvoten erhalten, die ihm jährlich 6.000 Gulden einbringen. Und als der Markgraf von Brandenburg-Ansbach 1758 seinen Reichstagsgesandten Seefried nötigte, seine Abberufung aus Regensburg zu verlangen, indem man ihm die Besoldung kürzte, habe der Kaiserhof dem Gesandten das württembergische Votum verschafft, das ihm jährlich 4.000 Gulden einbringe. So könne man auch Pfau durch eine Rekommandation helfen, damit er das holstein-gottorpische Votum erlange; vgl. ebd., fol. 270 – 271’. 139 Weisung an den Fürsten von Thurn und Taxis, Wien 18. 4. 1763, Kopie: HHStA, RK, PK, Weisungen 9b, unfol. 140 Vgl. Pfaus Schreiben an den anhalt-dessauischen Regierungspräsidenten Hermann, Nürnberg 14. 10. 1761, Ausf.: LHASA, DE, Z 44, B 3a Nr. 40 Bd. I, fol. 231: »[…] dann mein gewißen beißet mich nicht und ich weiß, daß ich unschuldig leiden muß«. 141 Vgl. die beiden Schreiben Katharinas II. an Pfau bzw. an den Reichstag, Moskau 20. 2. 1763, Kopien: HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 10, fol. 282 bzw. 282’ – 283; siehe dazu auch die drei Dankesschreiben des Fürsten von Anhalt-Zerbst an Franz I., Maria Theresia und Colloredo, Zerbst 30. 4. 1763, Ausf.: ebd., fol. 277 – 278, 376 – 376’, 381 bzw. 279 – 280. 142 Schreiben Pfaus an [den Fürsten von Anhalt-Bernburg], Meiningen 22. 4. 1763, Kopie: LHASA, DE, Z 70, B 3a Nr. 44, fol. 147’. 143 Zur Beendigung seiner Dienste als anhaltischer Reichstagsgesandter vgl. die Akten im LHASA,

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der er sich seit seinen zu Protokoll gegebenen Voten vom 10. und 17. Januar 1757 ausgesetzt sah, tatsächlich zu kompensieren vermochte, muss dahingestellt bleiben. Für unseren Untersuchungsgegenstand ist die Causa Pfau besonders lehrreich. Sein Fall verweist in exemplarischer Weise auf die Gefährdungen, mit denen mindermächtige Klienten und deren Reichstagsgesandte konfrontiert werden konnten, wenn sie, wie im Falle der Fürsten von Anhalt nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges, in die Verlegenheit gerieten, sich inmitten eines Konfliktes positionieren zu müssen, der ihnen letztlich nur die Wahl ließ, sich der Szylla oder der Charybdis auszusetzen. Zugleich zeigt das Vorgehen der Hofburg in dieser Frage, dass weder konfessionelle Unterschiede noch die Herkunft der jeweiligen Klienten aus einer eher kaiserfernen, von der preußischen Suprematie geprägten Region Hinderungsgründe dafür waren, mit ihnen punktuelle Arrangements in der Reichspolitik zu treffen. Dieser Sachverhalt verdeutlicht noch einmal die zumindest zeitweise auftretende Dynamik der Klientel- und Parteibildungsprozesse um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Denn die unverkennbare Lagerbildung im Reich nach 1740 führte zwar zu relativ konstanten personellen Konstellationen, bei denen es sinnvoll ist, mit dem Terminus »Parthey« als analytischer Kategorie zu operieren. Sie hatten aber keineswegs monolithischunverrückbaren Charakter, sondern waren vielmehr eine spezifische Erscheinungsform des sich herausbildenden österreichisch-preußischen Dualismus, der von allen Beteiligten einen mit Flexibilität gepaarten politischen Behauptungswillen erforderte.

DE, Z 18, B 3a Nr. 59 Bd. I und II; zur kaiserlichen Einflussnahme auf die Personalpolitik Württembergs sowie Sachsen-Coburg-Saalfelds siehe Haug-Moritz, Ständekonflikt, S. 239, und Westphal, Rechtsprechung, S. 381 – 384.

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VI. Fazit Der Immerwährende Reichstag war ein Mikrokosmos sui generis, der nach eigenen Spielregeln funktionierte. Wer diese nicht beherrschte, lief Gefahr, in der Reichspolitik an Handlungsspielraum und Durchsetzungskraft zu verlieren, gerade wenn es um die Klärung kontroverser Fragen ging. Dies galt sowohl im Hinblick auf das herkömmliche Prozedere in und zwischen den Reichstagskurien als auch für die vielfältigen Kontakte informeller Art außerhalb des vorgegebenen Geschäftsgangs. Und es betraf alle Beteiligte gleichermaßen, die Vertreter des Wiener Hofes nicht weniger als die Gesandten der mindermächtigen Reichsstände. Die Ausführungen haben gezeigt, dass man es auf österreichischer Seite verstand, die außerordentlich komplexen politischen Gestaltungsmöglichkeiten, die der Reichstag bot, zielgerichtet und zum Teil mit beachtlichem Erfolg einzusetzen. Die Reichskriegserklärung des Jahres 1757 ist ein herausstechendes Beispiel hierfür. Der Reichstag war im Untersuchungszeitraum zumindest phasenweise ein umkämpftes Terrain, das nicht nur als exponierter Schauplatz des österreichisch-preußischen Dualismus in Erscheinung trat, sondern zugleich auch ein wichtiges Forum für die mindermächtigen Reichsstände darstellte, die versuchten, im Verbund mit dem Reichsoberhaupt das eigene politische Überleben zu gewährleisten. Für eine angemessene Beurteilung des Reichsverbandes ist es ausgesprochen wichtig, diese doppelte Perspektivierung vorzunehmen und somit Verzerrungen zu vermeiden, wie sie im Gefolge der Fixierung der älteren Historiografie auf die Potentiores im Reich oftmals auftraten. Die vorliegende Arbeit versteht sich als Beitrag zu dieser Perspektivenerweiterung. Anhand der österreichischen und unter vergleichender Einbeziehung der preußischen Reichstagspolitik wurde aufgezeigt, in welcher Weise der Reichstag um die Mitte des 18. Jahrhunderts eine Plattform zur Formierung, Festigung und Funktionalisierung einer reichspolitischen Anhängerschaft war, sei es in Gestalt von Klientel- und Patronageverhältnissen, sei es im Sinne eines Mit- bzw. Gegeneinanders reichsständischer Gruppierungen, die zeitgenössisch mit dem Terminus »Parthey« umschrieben wurden. Methodisch gesehen wurden zwei Ansätze verbunden, wie es in dieser Form für den Immerwährenden Reichstag bislang noch nicht geleistet worden ist: Zum einen mikropolitische Studien zu Klientel und Patronat, zum anderen Fragestellungen, die an neuere Forschungen zur frühneuzeitlichen Kommunikationsgeschichte anknüpfen. Es hat sich hierbei gezeigt, dass eine Übertragung der in der deutschen Forschung vor allem von Wolfgang Reinhard und seinen Schülerinnen und Schülern entwickelten mikropolitischen Ansätze zur

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Erforschung von Klientel- und Patronagebeziehungen auf die Reichspolitik des 18. Jahrhunderts möglich und sinnvoll ist. Wenn man den Immerwährenden Reichstag angemessen beschreiben will, darf man, neben seinem herkömmlichen formalen Prozedere, gerade personale Verflechtungen und informelle Praktiken als Bestandteile der politischen Kultur nicht ausklammern1. Hierbei sind unterschiedliche Interaktionsebenen und -räume zu differenzieren (die Herrscher- und Ministerebene, Höfe, Reichskreise, höchsten Reichsgerichte usw.), auf bzw. in denen Franz I., Maria Theresia und die leitenden Persönlichkeiten der Hofburg als Patrone respektive Hüter der Reichsverfassung in Erscheinung traten. Denn der Reichstag war fester Bestandteil von Parteibildungsprozessen und Patron-Klient-Beziehungen, die letztlich über Regensburg hinaus das ganze Reich und seine Institutionen betrafen. Allerdings hat es sich gezeigt, dass die Mitte des 18. Jahrhunderts ein Zeitraum des Übergangs war. Einerseits verkörperten die Prinzipalkommissare noch in vielerlei Hinsicht den Diplomaten vom »type ancien« (Hillard von Thiessen), der primär über hochadlige Qualitäten und erst in zweiter Linie über amtsbezogene Sachkompetenz verfügen musste. Auch war das Wirken der Konkommissare, die zweifellos in hohem Maße über die für ihr Amt erforderlichen Kenntnisse verfügten, noch weit mehr von dem Verständnis persönlicher Treue gegenüber Franz I. und Maria Theresia geprägt als von abstrakter, transpersonaler Diensttreue2. Andererseits ist aber doch zu erkennen, dass im Alten Reich um 1750 eine Phase des Staatsbildungsprozesses erreicht war, in der, wie Volker Press formuliert hat, aus vormaligen Klienten allmählich formale Verbündete wurden3. Auf mikropolitischer Ebene ging es nunmehr, anders als etwa im Fall der von Reinhard und seiner Schule bevorzugt untersuchten römischen Kurie im frühen 17. Jahrhundert, doch zunehmend um die Frage, über welche sachbezogenen Kompetenzen ein Amtsträger verfügte und – um Reinhards einleitend zitierte Definition von Mikropolitik in modifizierter Weise aufzunehmen – gerade auch darum, was diese Person nach ihrem Amtsantritt treibt4. Hierzu besteht freilich noch großer Forschungsbedarf. Im Hinblick auf den – neben den mikropolitischen Ansätzen zu Klientelund Patronageverhältnissen – zweiten Ausgangspunkt der Arbeit hat es sich 1 Vgl. hierzu das generelle Plädoyer von Birgit Emich (Emich, Kultur, S. 196) im Hinblick auf Quellen, die über den politischen Alltag Aufschluss geben: »[…] wenn man diese wenig spektakulären Quellen nach dem alltäglichen Handeln der Akteure und ihren Werten befragt, dann könnten sie das zu erkennen geben, was in methodischer Hinsicht hinter der Formel von der politischen Kultur steckt: die Mikrofundierung von Makroprozessen.« 2 Dass sich der Konkommissar Palm nach seiner Abberufung aus Regensburg dem eigenen Bekunden nach zu Füßen beider Majestäten legte, vermag den angesprochenen Sachverhalt in verdichteter Weise zu verdeutlichen; vgl. Kap. II 3 d. 3 Vgl. Press, Patronat, S. 44. 4 Vgl. Reinhard, Paul V., S. 21, sowie die Ausführungen in Kap. I 2.

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erwiesen, dass kommunikationsgeschichtliche Fragestellungen zur Erforschung der »Partheyen« und Klientelpolitik auf dem Reichstag mit Gewinn herangezogen werden können. Ein wesentliches Ergebnis, das in diesem Kontext erarbeitet wurde, ist der Befund, dass die Reichstags-»Partheyen« als Kommunikations- und Informationsgemeinschaften agierten, bei denen bipolare Denkmuster stark ausgeprägt waren. Diese gingen zunächst auf den habsburgisch-französischen Antagonismus in der Frühen Neuzeit zurück, um dann in zunehmendem Maße – spätestens im Gefolge des renversement des alliances – eine Transformation zu durchlaufen, an deren Ende sich Preußen als Haupt der aus österreichischer Sicht »Widriggesinnten« etablierte. Ein elementarer Bestandteil des bipolaren Charakters der »Partheyen«, der durch den Siebenjährigen Krieg forciert wurde, war die konfessionelle Frontstellung. Dies ist noch heute in Regensburg unmittelbar erlebbar, wenn man die Begräbnisstätten der katholischen und der evangelischen Reichstagsgesandten (St. Emmeram bzw. Dreieinigkeitskirche) aufsucht. Gleichwohl versuchte der Wiener Hof phasenweise, wie das Fallbeispiel des anhaltischen Reichstagsgesandten Pfau verdeutlicht, über den Reichstag auch protestantische Reichsstände für den eigenen politischen Kurs zu gewinnen und damit eine breitere Legitimationsbasis für das eigene Vorgehen zu schaffen. Der gemeinsame Nenner der beiden sich zum Teil überschneidenden, aber nicht kongruenten Personengruppen der Klienten und »Partheygänger« Wiens war deren grundsätzliche Ausrichtung an der Reichspolitik der Hofburg. Die neuere Forschung hat überzeugend herausgearbeitet, dass der Kaiser und die kleineren Reichsglieder wechselseitig voneinander profitierten. Die Ergebnisse der Arbeit bestätigen diesen Befund mit Blick auf den Reichstag: Das kaiserliche Selbstverständnis und die Reichspolitik des Wiener Hofes beruhten wesentlich auf dieser Interessengemeinschaft, die sich immer wieder als Gegengewicht gegen das Ausgreifen der größeren, armierten Reichsstände konstituierte. Die Mindermächtigen bildeten fallweise durchaus einen attraktiven Pool, aus dem die Hofburg die eigene Anhängerschaft rekrutierte, zumal wenn sie über Sitz und Stimme am Reichstag verfügten. Denn dem Wiener Hof bot sich dann die Perspektive, sie bei Bedarf zur Erlangung einer Stimmenmehrheit in Regensburg instrumentalisieren zu können. Für die Mindermächtigen hingegen war die Unterordnung unter einen mächtigeren Schutzherren de facto überlebenswichtig. Das Reichsoberhaupt galt hierbei, gerade für die Reichsstände im kaisernahen Süden und Südwesten des Reiches, traditionell als bevorzugter Protektor. Im eher kaiserfernen Teil des Reiches verhielt es sich anders. Hier erzeugte Preußen eine sogähnliche Wirkung, von der viele kleinere protestantische Reichsstände – freiwillig oder unfreiwillig – angezogen wurden. Das in der Forschung bislang dominierende Bild vom »Herauswachsen« der Habsburgermonarchie aus dem Heiligen Römischen Reich ist insofern zu differenzieren, als zu sehen ist, dass die Reichspolitik des Wiener Hofes einen Faktor im Gesamtgefüge der österreichisch-kaiserlichen Politik darstellte,

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dessen Bedeutung nicht zu unterschätzen ist. Besonders deutlich wird dies anhand der Vielfalt eingesetzter Methoden und Ressourcen: Zum einen nutzte die Hofburg Spielräume, die das komplexe formale Reichstagsprozedere bot; beispielhaft genannt seien hier die Steuerungsmöglichkeiten, über die der österreichische Direktorialgesandte im Reichsfürstenrat verfügte. Zum anderen war es ein wichtiges Strukturmerkmal des Geschehens, dass die politische Willensbildung oftmals unter Einflussnahme erfolgte, die jenseits der formalen Beratungen in den Reichstagskurien stattfand. Gerade auf dieser informellen Ebene wurden Ressourcen (Geldzahlungen, Geschenke, Standeserhebungen, die Vergabe von Regimentern, Orden und Titel, Patenschaften usw.) nach dem Prinzip von Leistung und Gegenleistung (do ut des) eingesetzt. Dies galt nicht nur für Kriegszeiten, als aus Wiener Sicht offenkundiger Bedarf bestand, umfangreiche reichsständische Unterstützung gegen Preußen zu erlangen. Dass derartige Ressourcen zum Gewinn neuer Anhänger und zur stärkeren reichspolitischen Etablierung der eigenen Vertreter in Regensburg eingesetzt wurden, wie dies anhand der Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis in den Reichsfürstenrat 1754 beispielhaft aufgezeigt wurde, unterstützt die These, dass eine bewusste Vernachlässigung der Reichstagspolitik im Untersuchungszeitraum nicht erkennbar ist, obwohl es sicherlich berechtigt ist, schon für die theresianische Zeit den erkennbaren Primat der Erblande zu akzentuieren. Gleichwohl verlief die unbestrittene sukzessive Schwerpunktverlagerung der Habsburgermonarchie hin zu den Interessen der Erblande parallel mit zumindest punktuellen Fokussierungen auf den Reichsverband. Die Konkurrenz zwischen der Staats- und der Reichskanzlei, die, wie gezeigt werden konnte, die konkrete Gestaltung der Reichstagspolitik beeinflusste, ist ein gutes Beispiel für die konkreten Auswirkungen dieses Prozesses, der keineswegs linear verlief, sondern sehr wohl Phasen der Reichsferne und -nähe der Wiener Politik aufwies. Erschwerend trat allerdings hinzu, dass die vierköpfige Reichstagsvertretung des Kaiserhofes (Prinzipalkommissar, Konkommissar, kurböhmischer Gesandter und österreichischer Direktorialgesandter) in ihrer Gesamtheit vergleichsweise heterogen agierte. Dies war zum einen durch ihre strukturelle Mehrgliedrigkeit bedingt, zum anderen aber auch teilweise persönlichen Differenzen geschuldet, wie vor allem die Abberufung des Konkommissars Palm zeigt. Ein Prinzipalgesandter wie Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis, um ein Beispiel zu nennen, hatte als Reichsfürst, Generalerbpostmeister und oberster Repräsentant des Kaisers andere Interessensprioritäten und ein anderes Rollenverständnis als etwa der Freiherr von Buchenberg, der aufgrund seines sozialen Standes hinter dem fürstlichen Prinzipalkommissar zurücktrat und seine Weisungen nicht vom Kaiser oder Colloredo, sondern von Maria Theresia oder dem jeweiligen Staatskanzler erhielt. Um die Klientelpolitik und Parteibildungsbemühungen des Wiener Hofes um die Mitte des 18. Jahrhunderts richtig einschätzen zu können, ist es dar-

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über hinaus zwingend erforderlich, die preußische Reichs(tags)politik einzubeziehen. Aufgrund der Ergebnisse der Arbeit sind mehrere Befunde der bisherigen Forschung zu überdenken. Dies betrifft zum einen die immer wieder betonte Geringschätzung des Reiches im Allgemeinen und des Immerwährenden Reichstags im Besonderen durch Friedrich den Großen. Denn es muss stets berücksichtigt werden, dass sich der preußische König in seinen Schriften und Stellungnahmen gegenüber seinen Mitarbeitern wie auch gegenüber auswärtigen Diplomaten bevorzugt als Potentat gerierte, der vorgab, sich mit den ›Niederungen‹ der Reichspolitik nicht zu befassen. In der politischen Praxis verhielt es sich aber laut Auskunft der preußischen Korrespondenzen phasenweise anders. Auch müssen die entsprechenden Äußerungen Friedrichs stärker, als es die bisherige Forschung getan hat, kontextualisiert werden. Hierbei spielten zum Beispiel Zeitmangel, um sich mit den Details der Reichspolitik zu befassen (etwa auf Feldzügen), und ein unübersehbarer Trotz angesichts der Reichskriegserklärung 1757 eine Rolle. Der Blick auf seine eigene Stellenbesetzungspraxis offenbart zudem, wie sehr der König darauf achtete, für den Regensburger Posten einen fähigen Mann auszuwählen. Selbst wenn man zu dem begründeten Befund gelangt, dass Friedrich der Reichstagspolitik im Untersuchungszeitraum nachrangige Bedeutung beigemessen hat, heißt dies nicht automatisch, Preußen habe das Regensburger Parkett vernachlässigt. Vielmehr waren die preußischen Reichstagsgesandten Pollmann und Plotho dort außerordentlich aktiv. Sie haben die Interessen ihres Monarchen mit Vehemenz vertreten und zählten zu den Köpfen der von Österreich als Antagonisten wahrgenommenen »Parthey« der »Widriggesinnten«. Von daher überrascht es nicht, dass der Kaiserhof auch nach dem Frieden von Hubertusburg – die Nachricht vom Friedensschluss erreichte die Reichstagsgesandten der Hofburg am 18. Februar 17635 – vorrangig darauf aus war, dem preußischen König den Einfluss in der Reichspolitik »so viel nur möglich zu benehmen«6. Damit soll keineswegs die spürbare Lockerung der Bande zwischen Preußen und dem Reich im 18. Jahrhundert bestritten werden7. Aber im Stile der älteren borussischen Historiografie in vereinfachender, teleologischer Weise davon auszugehen, eine dezidierte Reichsnegation müsse zu den Axiomen der preußischen Politik in friderizianischer Zeit gezählt werden, verkennt die vielfältigen Verflechtungen des Hohenzollernstaats in die Reichspolitik dieser Jahre. Der Reichstag bietet hierfür reichhaltiges Anschauungsmaterial, das es zukünftig noch weiter zu erschließen gilt. Hinzuweisen ist ferner darauf, dass die in der neueren Geschichtsschrei5 Vgl. den Bericht Seydewitz’ an Colloredo, Regensburg 19. 2. 1763, Ausf.: HHStA, RK, PK, Berichte 112a, unfol. 6 Instruktion für Joseph Heinrich Freiherr von Ried zu seiner Gesandtschaft an den preußischen Hof, s.l. [1763], Konz.: HHStA, RK, Vorträge 7a, unfol. 7 Vgl. jüngst die treffende Einschätzung von Schenk, Das Alte Reich, S. 69 f.

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bung zum Alten Reich hervorgehobene rechts- und friedenswahrende Kraft des Reichsverbandes an ihre Grenzen stieß, wenn es um die politischen Handlungsspielräume und Rechte der Mindermächtigen in der eher kaiserfernen, vom preußischen Einfluss durchdrungenen Region ging. Gerade vor diesem Hintergrund bedeutete es für kleinere Reichsfürsten, wie die Fürsten von Anhalt, ein großes Wagnis, einen politischen Kurs zu steuern, der sich gegen die Interessen ihres traditionellen Patrons richtete. Die von Preußen nahezu erzwungene Abberufung des anhaltischen Reichstagsgesandten Pfau aus Regensburg und die damit einhergehende Krise in den anhaltisch-preußischen Beziehungen offenbaren, dass Klienten des preußischen Königs in dessen unmittelbarer territorialer Nähe fast schon auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen waren, den großen Nachbarn nicht zu provozieren. War dies doch einmal der Fall, dann kam dies einem unkalkulierbaren Tanz auf Messers Schneide gleich, denn der preußische König zögerte nicht, deutlich zu machen, was im Ernstfall geschehen könnte, wenn ein Klient seine ihm zugedachten Funktionen nicht mehr erfüllen wollte. Gute Beziehungen zum Kaiserhof halfen den Mindermächtigen dann nur noch in begrenztem Maße. Führt man sich also anhand dieser Ergebnisse vor Augen, wie erbittert auf der Regensburger Bühne – vor und hinter den Kulissen – zwischen den Angehörigen der von Österreich und Preußen dominierten »Partheyen« zeitweise gerungen wurde, dann ist es höchste Zeit, das einseitige Bild vom schläfrigen Reichstag zu modifizieren und ihn noch stärker als »Zentrum eines ›handelnden‹ Reiches«8 zu verstehen. Die Aktenkilometer, die er hinterlassen hat, dürfen dabei nicht abschrecken. Vielmehr müssen sie als Chance begriffen werden, die es ermöglicht, die für das späte Alte Reich charakteristische »Diskrepanz zwischen verfassungspolitischer Machtverteilung und realer Machtlagerung«9 unter ausdrücklicher Einbeziehung der Perspektive der Mindermächtigen weiter zu erhellen.

8 Neuhaus, Reichstag. 9 Haug-Moritz, Krise, S. 74.

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Anhang 1 Die Reichstagsgesandten des Wiener Hofes 1745 – 1763

Die Prinzipalkommissare Joseph Wilhelm Ernst Fürst zu Fürstenberg-Stühlingen (1745 – 1748) Alexander Ferdinand Fürst von Thurn und Taxis (1748 – 1773) Die Konkommissare Carl Joseph Graf von Palm (1745 – 1754) August Friedrich Graf von Seydewitz (1755 – 1775) Die kurböhmischen Gesandten Franz Philipp Graf von Sternberg (1745 – 1748) Johann Otto Venantius Graf von Frankenberg und Ludwigsdorff, Freiherr von Schellendorf (1748 – 1752) Christian August Graf von Seilern (1752 – 1763) Der österreichische Direktorialgesandte Marquard Paris Anton Freiherr von Buchenberg zu Ullersdorf (1745 – 1769)

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Anhang 2 Instruktion für den kurböhmischen Gesandten Christian August Graf von Seilern vom 30. Oktober 17521 Die Instruktion enthält eine reichspolitische Tour d’Horizon, die sich nicht nur dem aktuellen Geschehen im Reich widmet, sondern zugleich auch grundsätzliche Reflexionen über die maßgeblichen Reichsstände vermittelt. Sie ist daher eine besonders aufschlussreiche Quelle für die Erforschung der reichspolitischen Orientierung des Kaiserhofes um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Instruction und anweisung für den hoch- und wohlgebohrenen, unseren würcklichen geheimen rath und lieben getreuen Christian August graffen von Seileren2, wornach derselbe als unser königlich Churböhmische gesandte bey der allgemeinen reichsversamlung zu Regenspurg sich zu achten hat. [1.] Nachdeme wir unseren bißherigen königlich Churböhmischen gesandten zu Regenspurg, Otto graffen von Franckenberg3, von dannen ab- und anhero zu beruffen beschlossen, so haben wir aus gnädigstem vertrauen in sein, graffen, geschicklichkeit und von reichssachen habende kandtnus ihme dessen stelle auffzutragen für gut befunden. Und wiezumahlen die bißherige reichstagsferien zu ende gehen, als wird er zuvorderst seine dahinreiß nach thunlichkeit zu beschleunigen beflissen seyn. Hiernächst ist von ihme gleich nach seiner ankunfft das in originali und copia sub numero 1 anschlüssige creditiv dem Kayserlichen principalcommissario, fürsten von Taxis4, zu übergeben und in dessen gleichförmigkeit zur genauesten einverständnus über alle und jede reichstägige vorfallenheiten mit der Kayserlichen princi1 Der Text der Instruktion folgt der nicht unterfertigten Reinschrift im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Staatskanzlei, Diplomatische Korrespondenz, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2, unfoliiert. Die Ausfertigung ist nicht im Haus-, Hof- und Staatsarchiv vorhanden (freundliche Auskunft von Herrn HR Dr. Ernst Petritsch). Von den im Text erwähnten Beilagen finden sich nur das Kreditiv (Nr. 1) und die Vollmacht (Nr. 2) Seilerns als Kopien anbei. Der Text wurde gemäß den bewährten editionstechnischen Regeln der »Acta Pacis Westphalicae« (vgl. Brunert, Beratungen, Bd. 3/6, S. XXXVIIIff.) bearbeitet, die ihrerseits auf den »Empfehlungen zur Edition frühneuzeitlicher Texte« (vgl. URL: http://www.ahf-muenchen.de/Arbeitskreise/ empfehlungen.shtml (Letzter Zugriff: 06. 03. 2014)) basieren. Offenkundige Schreibfehler wurden stillschweigend korrigiert. 2 Zu Seilern vgl. Kap. II 3 b mit Anm. 316. 3 Johann Otto Venantius Graf von Frankenberg und Ludwigsdorff, Freiherr von Schellendorf; vgl. ebd. mit Anm. 314. 4 Alexander Ferdinand Fürst von Thurn und Taxis; vgl. Kap. I 1 mit Anm. 64 und Kap. II 3 a.

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palcommission sich anzubiethen. Welche genaueste einverständnus er inngleichem auch mit unserer Oesterreichischen comitialgesandschafft zu pflegen, annebenst bey entstehung einiger mißhelligkeiten unter denen, so zum behuff unsers herzinniglich geliebtesten gemahls, des Kaysers mayestät und liebden, wie auch unsers diensts, einmüthig zu werck gehen solten, zu deren ehebaldisten beylegung sich schicksahm und soviel möglich in der stille zu verwenden hat. [2.] Zweytens hat er nach überreichtem creditiv durch unseren königlich Churböhmischen legationssecretarium5 dem Churmaynzischem reichsdirectorio seine ankunfft zu wissen thun, und daß er unser Churböhmisches votum zu führen habe, anzeigen zu lassen, annebenst mittelst der sub numero 2 hierbeykommenden vollmacht sich gewöhnlichermassen zu legitimiren. [3.] Drittens gleichwie mit dem interesse unsers herzinniglich geliebtesten gemahls, des Kaysers mayestät und liebden, unser interesse unzertrennlich verknüpffet, auch mit dessen willen unser will durchaus einer ist, und beeder absichten vorzüglich auff die erhaltung der reichsgrundverfassung, auch sowohl innerlichen als ausserlichen ruhe, dann ehre, würde, ansehens und unabhängigkeit gerichtet seind, also ist zum behuff so heylsahmer absichten, bevorab in gegenwärtigen höchst verwirrten und häcklichen umbständen, die vertrauteste einstimmigkeit zwischen des Reichs oberhaubt und erzcanzleren6, mithin auch zwischen der Kayserlichen principalcommission und unseren comitialgesandten einer-, dann dem Churmaynzischem directorialgesandten7 andererseits höchst erwünschlich. Woraus also von selbsten fliesset, daß er, graff, nicht nur zu keiner billigen klag oder mißtrauen ihme, dem Churmaynzischen directorialgesandten, so zugleich das Churtrierische votum vertrittet, keinen anlaß zu geben, sondren im gegentheil durch gute arth dessen vertrauen zu gewinnen sich möglichst zu befleissen habe. Er hat aber hierbey zu seiner geheimen maßnehmung zu wissen, daß zwar der freyherr von Lincker im grund nicht übel dencken mag, doch aber von dem von Menshengen8, der ihn weit übersiehet und mit welchem er verwandt ist, jezuweylen auff schädliche irrweege sich verleiten lasse. Welches umb so gefährlicher ist, als es zu Maynz an personen von ansehen nicht ermanglet, welche für Churpfalz mehr, als seyn solte, geneigt seind und dem Mannheimer hoff, nicht soviel aus üblem willen, als weilen sie dessen beschaffenheit nicht genung kennen, zu viel das wort sprechen. Nicht anjezo erst, sondern vorlängst hat man hierunter rath zu schaffen sich bemühet, wie dann auch jezuweylen dem freyherrn von Lyncker vergnügliche anweisungen darüber zugekommen seind. Allein die erfahrung hat gelehret, 5 Ferdinand Jungen; vgl. Kap. II 2 Anm. 192. 6 Johann Friedrich Karl Graf von Ostein, Kurfürst und Erzbischof von Mainz (reg. 1743 – 1763). 7 Philipp Wilhelm Albert Freiherr Lincker (Lyncker) von Lützenwick; vgl. Kap. III 1 c mit Anm. 112. 8 Ferdinand von Menßhengen; vgl. ebd. mit Anm. 176.

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daß anmit das übel aus dem grund nicht gehoben worden, theils weilen das vertrauen, so graff Cobenzel9 bey des churfürsten von Maynz liebden mittelst gewinnung dessen bruder10 gewonnen, ihn bey anderen verhast gemacht hat, und theils weilen insolang, als nicht erkennet wird, was wahrhafft nuzlich oder schädlich ist, von wegen derer vordringender vorurtheilen nicht angehoffet werden mag, weder das leztere zu verhüten, noch das erstere zu beförderen. Welchemnach er, graff, sich zu bemühen hat, dem freyherrn von Lyncker, ohne ausstellung noch vorwurff, nach und nach mit guter arth begreiffen zu machen, daß das reichssystema mit denen Churpfälzischen grundsäzen und bemühungen nicht vereinbahrlich seye; daß denen Teutschen erz- und hochstiffteren die grösseste gefahr dahero bevorstehe; daß insbesondere Churmaynz am meisten darbey verlieren werde; daß insolange Churpfalz an könig von Preussen11 ganz ergeben ist, die religion im Teutschen Reich dardurch nicht gerettet werden möge, wanngleich dann und wann der von Menshengen denen übrigen catholischen sich zugesellet; und daß endlichen des Reichs erzcanzler allein von des Reichs oberhaubt und unserem erzhaus eine gedeyliche und ausgiebige unterstüzung anzuhoffen habe. [4.] Vierdtens ist ohnedas bekant, wie Churcöllen, Churbrandenburg und Churpfalz dermahlen gesinnet seind, mithin ergiebet sich hieraus von selbsten, daß dem von Karg12, dem von Pollmann13 und dem von Menshengen kein wahres vertrauen zugewendet werden möge. So jedoch ihn, graffen, nicht abzuhalten hat, einem jedem aus ihnen, insoweit es, ohne unserer würde und interesse etwas zu vergeben, seyn kan, höfflich zu begegnen, nichtsdestoweniger aber standhafft sich alsdann erfinden zu lassen, so offt als es auff die befolgung unserer befehlen ankombt. [5.] Fünfftens hat es die eygene beschaffenheit wie mit obigen dreyen churfürstlichen gesandten auch mit denen freyherrn von Rotkirch14, Knebel15 und Wülckeniz16, worvon der erstere nebst der Bareuthischen zugleich auch die Würtembergische stimme führet. [6.] Sechstens ist Churbayeren gegen uns zu jenem verbunden, was theils die im Jahr 1746 errichtete conventionen sub numero 3 und 4, nebst dem Königfeldischem17 promemoria sub numero 5 vermögen, und theils die zu Hannover im jahr 1750 vergliechene uhrkund sub numero 6 mit sich bringt. Allein seind biß nun zu diese verbindlichkeiten, ausser in deme, was die 9 Johann Karl Philipp Graf von Cobenzl, bevollmächtigter kaiserlicher Minister bei den Reichskreisen. 10 Welcher Bruder gemeint ist, konnte nicht ermittelt werden. 11 König Friedrich II. von Preußen (reg. 1740 – 1786). 12 Friedrich Karl Freiherr Karg von Bebenburg; vgl. Kap. III 1 c mit Anm. 162. 13 Adam Heinrich von Pollmann; vgl. ebd. mit Anm. 235. 14 Johann Freiherr von Rothkirch; vgl. ebd. Anm. 234. 15 Johann Georg Friedrich von Knebel; vgl. ebd. 16 August Ludwig von Wülcknitz; vgl. ebd. mit Anm. 302. 17 Johann Georg Graf von Königsfeld, bayerischer Konferenzminister und Reichsvizekanzler.

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auffrechterhaltung der catholischen religion im Reich anbetrifft, als weßfalls sich Churbayeren von anderen eyffrig erfinden läst, doch ohne hierzu die behörige maßnehmungen anzuwenden, schlecht erfüllet und diese unerfüllung mit dem nichtigem vorwand der so genandten haußunion zu beschönigen getrachtet worden. Überdas ist der von Schneid18 gegen den hiesigen hoff und bevorab die reichscanzley sehr ereyffret, mithin noch ehender durch den freyherrn von Neuhaus19, als ihn, den von Schneid, etwas zu richten. Dahero er, graff, sich vorzüglich an ersteren zu halten, ihn freundschafftlich an obige verbindlichkeiten zu erinneren und der von der haußunion hervorgesuchten ausflucht damit zu begegnen hat, daß wir Churpfalz nie, was recht und billig ist, versagen, hingegen aber auch ebenso wenig unempflindlich seyn köndten, wann fast in allen gelegenheiten dessen offenbahr unbilligen verlangen das wort gesprochen würde; und daß wir uns annebenst vollkommen überzeugt hielten, daß woferne man zu München wüste, wie sehr man zu Mannheim mit dem Berliner hoff verwicklet ist und von diesem sich leiten läst, man allda nimmer und nimmermehr dem von Schroff20 so vieles gehör geben und andurch des churfürsten21 gute meynung nebst dem zum behuff der religion und des vatterland hegendem eyffer vereitlen würde. [7.] Nicht mindere verbindlichkeiten hat siebendens gegen uns Chursachsen, ob weilen aber nicht alle eine sonderliche verknüpffung mit denen reichstagsanliegenheiten haben, so begnügen wir uns den gegen ende des jahrs 1743 erneuerten tractat sub numero 7 hier anzufügen. Noch mehr aber als durch diese und andere verbindlichkeiten solte der königlich Pohlnische und Chursächsische hoff durch sein eygenes interesse oder vielmehr wesentliche sicherheit angetrieben werden, mit uns, insbesondere auch in reichssachen, ganz einstimmig zu werck zu gehen. Dann bekandtermassen die Preussische gesäzgeberey allda auff das höchste angewachsen ist, zumahlen seit der zeit, als dem könig von Preussen gelungen, Franckreich dahin zu vermögen, nach seiner anleitung sehr ansehnliche subsidien an die zum meisten bewaffnete Teutsche höffe auszutheilen, dergestalten daß sogar auch von denen catholischen Churcöllen und Churpfalz zu der religion grossem nachtheil mit diesem könig auff das engeste vereiniget seind und derselbe sich noch überdas von Hessen Cassel, Würtemberg, Bareuth und Anspach unterstüzet siehet, annebenst mittelst seiner schwester22 zu Stockholm und mittelst des bekandten Kellers23 zu Gotha grossen einfluß hat. Nun ist aber die Preussische oberhand und gesäzgeberey zwar auch für unser erzhaus höchst gefährlich, doch noch unendlich mehr für Chursachsen, als welches, ausser 18 Heinrich Joseph Freiherr von Schneid; vgl. Kap. III 1 c mit Anm. 138. 19 Joseph Maria Nikolaus Ignaz Freiherr von Neuhaus; vgl. ebd. mit Anm. 140. 20 Johann Adam von Schroff, 1745 – 1753 kurpfälzischer Geschäftsträger am Münchener Hof, danach in kurbayerischen Diensten. 21 Kurfürst Max III. Joseph von Bayern (reg. 1745 – 1777). 22 Königin Luise Ulrike von Schweden. 23 Christoph Dietrich von Keller, sachsen-gothaischer Wirklicher Geheimer Rat.

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von uns und Rußland, keine hülffe noch rettung anzuhoffen hat, anerwogen die Churbraunschweygische zaghafftigkeit viel zu bekandt ist, umb von dorthero, wenigstens bevor von anderen das eyß gebrochen, etwas zu erwarten. Uns ist zwar nicht verborgen, daß man sich seit der dauphine24 vermählung zu Dresden schmeichle, daß der könig von Preussen aus rucksicht auff Franckreich zu thathandlungen zu schreiten sich nicht getrauen werde. Allein in Franckreich pflegt ein solches band, als von ihr, der dauphine, vermählung entspringet, dortigen staatsmaximen nicht vorzudringen, und diese geben dem könig von Preussen vor Chursachsen allen vorzug, wie dann auch die erfahrung zur genügen erwiesen hat, auff was für eine schwache weiß in der bekandten steurambtsanliegenheit die Französische gute officia zum behuff Chursachsen zu Berlin verwendet worden, und daß man sich allda von unbilligen zudringungen andurch nicht abhalten lassen. Eine weit ausgiebigere würckung ist sich von der Russischen hülffe zu versprechen, mithin hat Chursachsen alle erdenckliche ursach, auff jeden sich ergeben mögenden fall sich darvon zeitlich zu versicheren. Allein da eines theils zu einer Russischen arm¦e ausmarche ausser lands eine nahmhaffte summa gelds erforderlich ist und es daran in Sachsen gebrechen dörffte, anderen theils aber diese hülffe der entfernung halber die ganz offene und mit keiner vestung versehene Chursächsische länder gegen einen gähen überfall ohnmöglich verwahren kan, so ergiebet sich hieraus die nothwendige folge von selbsten, wie unendlich viel Chursachsen daran gelegen seye, sowohl daß das Kayserliche ansehen und obristrichterliches ambt in auffrechtem stand erhalten, als auch daß die kräfften unsers erzhaußes auff keinerley weiß noch weege weiters geschwächet werden, umb nemblichen im nothfall zu ein- und anderem seine zuflucht nehmen und dahero umb so mehr der gefahr abwendung oder nachherige rettung anhoffen zu können. So offenbahr aber gleich alles obige ist, so hat man jedoch so erheblichen betrachtungen biß anhero zu Dresden wenige statt gegeben. Zu thronbelehnungen wird sich von Chursachsen nicht minder eyffrig als vom könig in Preussen an laden geleget, wo man doch erwegen solte, daß für das Chursächsische interesse sehr ersprieslich seyn würde, wann entweder der könig von Preussen hierunter nachzugeben sich bemüssiget sehen, oder aber, wie doch nicht glaublich ist, dieser seiner reichsständischen obliegenheit sich allein entziehen und anmit gegründeten anlaß geben solte, den bestand alles dessen, was bey einer belehnung bestättiget zu werden pfleget, in zweyffel zu sezen. Die bemühung, nichtige ansprüche hervorzusuchen, nebst der begierde, auff unkosten unsers erzhaußes oder mit bedruckung schwächerer mitständen unbillige vortheile sich zu verschaffen, ist nicht minder zu Dresden als zu 24 Maria Josepha, Prinzessin von Polen und Sachsen, seit ihrer Heirat 1747 Kronprinzessin (Dauphine) von Frankreich.

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Mannheim lebhafft, und eben von darumben wird das gute vernehmen mit lezterem hoff, ungehindert dessen abhängigkeit von Preussen, vom ersterem sehr sorgfältig unterhalten, ohne zu erwegen, daß anmit denen Preussischen absichten im Reich vielen vorschub gegeben und jede an Churpfalz beschehende öffnung vom baron Wachtendonck25 dem graffen Podewils26 sogleich migetheilet werde. Und obgleich der religionseyffer nicht im gleichem grad bey dem Chursächsischem wie bey dem Churbraunschweygischem ministerio fürwaltet, so verursachet doch die beysorge, das directorium des so genandten corporis evangelicorum zu verlieren, daß man Churbrandenburg und Churbraunschweyg in sothanem corpore gleichsahm nach belieben schalten und walten läst und an denen gemeinschäfftlichsten eygenmächtigen entschliessungen beeder dieser höffen zum umbsturz des Teutschen Reichs grundverfassung mit antheil nimbt, anstatt sich mit und nebst uns gemeinschafftlich dahin zu bearbeiten, denen schwächeren protestirenden ständen über das joch, so ihnen von ihren mächtigeren mitständen nach und nach auffgebürdet wird, die augen zu eröffnen, folglich sie abzuhalten, daß sie sich nicht, wie biß nun zu, von Pollmann und Beer27 blinderdingen leiten lassen. Sammentliche diese gebrechen entspringen von der seltsahmen beschaffenheit dortigen hoffs, der in das cabinet und so genandtes conseil priv¦ getheilet, und das leztere meistens aus übel denckenden personen besezet ist. Dann obgleich graff Brühl28, so das cabinet allein ausmacht, dem könig von Preussen so sehr als dieser ihme abgeneigt ist, so seind doch dessen maßreglen nach jeztgedachter gedenckensarth nicht ausgemessen. So meistens von dem geldmangel, verfall des credits, verabscheuender würtschafft und dem gleichwohlen untereinstem fürwaltendem verlangen, sich vor der welt beträchtlich und groß zu machen, entspringet. Wir führen alles dieses hier an, nicht daß es in sein, graffens, verrichtungen ohnmittelbahr einschlüge, sondren nur weilen es ihme den behörigen fingerzeig gibet, wie er sich in ansehung eines jeden Chursächsischen comitialgesandtens zu betragen habe. Der jezige29 dencket weniger übel als sein vorfahrer, graff Schönberg30, und hat in verschiedenen gelegenheiten sich absonderlich in religionsanliegenheiten mässig erfinden lassen, obgleich diese mässigung von wegen der darmit verknüpfften zaghafftigkeit nicht sonders viel genuzet hat. Hiernächst ist auch unsere meynung ganz und gar nicht, daß er, graff, von deme, was ihme biß nun zu erkennen gegeben worden, ein geschäfft zu machen hätte, sondren nur, daß er gelegentlich, und zwar nicht vorwurffs- noch 25 26 27 28 29 30

Hermann Arnold Freiherr von Wachtendon(c)k, kurpfälzischer Oberstkämmerer. Heinrich Graf von Podewils; vgl. Kap. III 2 c mit Anm. 621. Burkhard Christian von Behr, Reichstagsgesandter Hannovers. Heinrich Graf von Brühl; vgl. Kap. III 1 c mit Anm. 158. Johann Georg von Ponickau; vgl. ebd. mit Anm. 202. Johann Friedrich Graf von Schönberg; vgl. ebd. mit Anm. 203.

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ausstellungsweiß, sondren mit beygefügter freundschafftsvollen versicherung, daß es aus ergebenstem eyffer für seinen eygenen hoff beschehe, obstehende betrachtungen gelten zu machen wissen möge. [8.] Nicht mindere gebrechen ausseren sich achtens bey Churbraunschweyg, allwo der religionsfanatismus noch viel weiter als zu Berlin selbsten getrieben, lezteren orths aber nicht ermanglet wird, sich denselben nicht soviel zum behuff der protestirenden religion als zur beförderung politischer, dem Englischem und Churbraunschweygischem interesse schnurstracks entgegenlauffender absichten zu nuzen zu machen. Dem von Beer darüber die augen zu eröffnen, ist nicht wohl anzuhoffen, nachdeme des manns eygensinn und hefftigkeit aus der hiesigen erfahrung, mithin auch ihme, graffen, zur genügen bekandt ist. Nebst deme entspringet bey Churbraunschweyg, aus einer nicht nur unterschiedenen, sondren das gerade wiederspiel zum grund habender gedenckensarth, ein nicht ungleiches unheyl, als § 7 in ansehung Chursachsen angemercket worden. Der übermässige spahrsamkeitsgeist hat fast die eygene würckung wie anderwärts die unwürthschafft. Die habende kräfften werden nicht einmahl zum behuff der eygenen sicherheit, geschweygens zum behuff des gemeinsahmen bestens verwendet. Gleichwohlen sucht man nicht minder abseiten Churbraunschweyg als Chursachsen, ja Churbrandenburg selbsten auff unkosten derer schwächeren benachbarten ständen sich auszubreiten und zu vergrösseren. Worzu der vorwand, Preussen hierunter vorzukommen, trefflich wohl dortigem ministerio zustatten kombt. Es wird aber anbey nicht erwogen, daß dortige lande ganz offen, mithin die gesambte schäze täglicher gefahr ausgesezet seind, diese aber abzuwenden, ausser uns und Rußland, niemand vermögend ist, mithin in der that die eygene betrachtungen, wie bey Chursachsen, auch in ansehung Churbraunschweyg statthaben solten, ob sie gleich nicht minder ein- als anderen orths ausser acht gelassen werden, mit dem alleinigem unterschied, daß es zu Hannover an überflüssigem geld, umb sich von einem geschwindem Russischem beystand zu versicheren, nicht, wohl aber am willen ermanglet, es behörig und in zeiten zu gebrauchen. Dann ob man gleich dießorts nicht unterlassen hat, zum öffteren und auff das beweglichste bestmeinend vorzustellen, daß wann einmahl der könig von Preussen durch seine am Russischem hoff habende anhänger mit dem antrag auslangen solte, die meiste Russische trouppen aus Lieffland und Curland, wo sie ungemein mehr kosten, in das innere des reichs zuruckziehen zu machen, sodann bey dermahliger beschaffenheit des Teutschen Reichs und ganz Europa ihn nichts verhinderen könne, in wenigen wochen sowohl denen Churbraunschweygischen als Chursächsischen landen einen ungeheuren und so grossen schaden zuzufügen, daß er in menschengedancken nicht mehr einzubringen seyn würde, so haben jedoch alle diese vorstellungen so wenig als das in gleicher absicht dem graffen Bentinck31 währendem seinem hierseyn zugestelltes memoire raisonn¦ sub numero 8 das 31 Willem Graf Bentinck, niederländischer Politiker und Diplomat.

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mindeste biß nun zu gefruchtet. Und dieses zwar, ungehindert ganz überzeugend dargethan worden, daß der könig von Engelland32 seine qua könig gegen uns obhabende verbindlichkeiten anderst nicht zu erfüllen vermag, als wann auff allen sich ergebenden fall der zu leisten habender garantie im voraus sich von einem in bereitschafft stehendem zulänglichem Russischem hülffscorpo versichert wird. Was für eine doppelte garantie aber der könig qua könig unserem erzhaus zu leisten habe, ist aus dem in mehreren gedruckten bücheren zu findendem tractat vom 16. Martii 1731 ohnedas bekandt. Und zur eygenen doppelten garantieerfüllung hat sich er, der könig, auch qua churfürst untereinstem vermöge uhrkund sub numero 9 anheischig gemacht, gegen eingestehung dessen, was das versicherungsdecret de eodem dato sub numero 10 vermag, dessen ungehindert aber in denen seithero sich eraugneten garantiefällen derselben von seiten Churbraunschweyg entstanden worden ist. Und ist nichts vergnüglicheres auch für das zukünfftige von dorthero anzuhoffen, insolange wenigstens der jezige könig am leben ist, es wäre dann sach, daß sich ein solcher zufall ergebete, so ihn, könig, in die noth sezete, seine zuflucht zu uns zu nehmen, auff gleiche weiß, als unser erzhaus mehrmahlen sich bemüssiget gesehen hat, dessen tractatenmässigen beystand anzusuchen. Innzwischen aber ist bey obbeschriebener der sachen bewandnus nichts anderes zu thun, als gegen den von Beer nicht nur kein mißtrauen mercken zu lassen, sondren im gegentheil ihn zu versicheren, daß er, graff, in allen anderen materien, ausser in denen religionsanliegenheiten, gemessen angewiesen wäre, auff das vertrauteste mit ihme umbzugehen. Wegen des vergangenen ist sich im mindesten nicht zu beschweren, weniger hat derenthalben einiger vorwurff zu beschehen. Vielmehr ist ihme, dem von Beer, in so weit es auff eine unverfängliche arth beschehen kan, schmackhafft zu sprechen. Doch kan nicht nur nichts schaden, sondern ist vielmehr sehr nuzlich, wann in denen mit ihme sich ergebenden vertrauten unterredungen, ohne von einem besonderem ansuchen meldung zu thun, die grösse der gefahr, so denen an Preussen angränzenden landen überhaubt bevorstehet, erhoben, der verfall des Teutschen Reichs grundverfassung bedauret, die nunmehrige gänzliche ohnnuzbarkeit derer rechtlicher hülff- und rettungsmittel beklaget, wie nicht minder die grosse leichtigkeit, so die übeldenckende in ausführung ihrer vorhaben finden, gegen die viele anstände und schwürigkeiten, die sich bey jeder guten absicht hervorthäten, gehalten, und wie sehr uns allsolches zu herzen gienge, ihme, dem von Beer, auff eine anständige und ein ganz besonderes vertrauen andeutende freundschafftsvolle arth beygebracht wird. [9.] Bey denen übrigen comitialgesandten ist neundtens ohnnöthig, in gegenwärtiger anweisung sich so viel auffzuhalten. Die meiste seind gutgesinnt, obgleich nicht ohne gebrechen. Und kan absonderlich dem Fechen-

32 König Georg II. von Großbritannien und Irland, Kurfürst von Hannover (reg. 1727 – 1760).

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bach33 und Stingelheim34 kein vollkommenes vertrauen zugewendet werden. Doch ist man überhaubt vom fürstlichem collegio mehr als vom churfürstlichem sicher. [10.] Nach allem, was von denen persöhnlichen eygenschafften derer mehristen comitialgesandten biß nun zu angemercket worden, schreiten wir nunmehro zehendens zur anführung derer nunmehro auff dem reichstag derzeit die meiste bewegungen verursachender materien, welche vornemblich in nachfolgenden sechs bestehen, als erstlichen der Ostfriesischen, zweytens der reichsritterschafftlichen, drittens der Römischen königswahl, vierdtens der münz-, fünfftens denen religions- und endlichen sechstens überhaubt denen recursanliegenheiten und der darmit verknüpfften visitation des reichscammergericht. [11.] Allem ansehen nach wird eylfftens der Churbrandenburgische recurs, die Ostfriesische nachfolge betreffend, den ersten gegenstand der reichstägigen berathschlagung entweder gleich nach seiner, unsers könglich Churböhmischen gesandten, ankunfft oder wohl gar noch vorhero ausmachen. Was wir nun dießfalls auff innständiges Churbraunschweygisches verlangen unter dem 4. Maii jüngsthin an sein, graffens, vorfahrer erlassen und was dieser hierauff für einen auffsaz des in dieser sach abzulegenden voti eingeschicket habe, wird er, graff, in denen anteactis vorfinden. Da nun unter dem 7. vorigen monaths der von Vorster35 das ihme neuerdingen derenthalben zu Hannover zugestelltes promemoria sub numero 11 eingeschicket hat, so haben wir ihn darüber nach ausweiß des numeri 12 verbeschieden, den ehemahligen auffsaz des voti vermöge numeri 13 abgeändert und an den von Vorster das rescript sub numero 14 erlassen. So wir alles aus der ursach hier anfügen, weilen graff Franckenberg vor dem empfang des für ihn gewidmet gewesten befehls von Regenspurg abgegangen ist. Er, graff, hat sich solchemnach nach dem innhalt leztangezogener dreyer beylagen statt sein, des graffen von franckenberg, durchaus zu achten. Und tragen wir sothanem innhalt allein annoch nach, eines theils zwar, daß der von Beer sich gegen andere beklaget habe, als ob aus zaghaffter rucksicht für Preussen die gutgesinnte weder standhafft noch vertraulich genung zu werck giengen, wo es doch dießfalls bey Churbraunschweyg weit mehr als irgends anderswo gebricht, und insonderheit er, Beer, die haubtursach mit ist, daß durch seinen innersten umbgang in religionssachen mit Pollmann er derer gutgesinnten vertrauen verlohren hat; anderen theils aber, daß vermöge des freyherrn von Buchemberg36 vorlezteren berichts vielgedachter von Beer anjezo selbsten zu begreiffen scheine, nicht 33 Johann Philipp Karl Anton Freiherr von Fechenbach zu Laudenbach; vgl. Kap. III 1 c mit Anm. 150. 34 Franz Siegmund Freiherr von Stingelheim, Reichstagsgesandter der Bistümer Bamberg, Freising, Lüttich und Regensburg. 35 Johann Werner von Vorster, kurmainzischer Geheimer Konferenzminister und Hofkanzler, bevollmächtigter kaiserlicher Minister in Großbritannien und Hannover (1750 – 1752). 36 Marquard Paris Anton Freiherr von Buchenberg; vgl. Kap. II 3 c mit Anm. 323.

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rathsahm zu seyn, den punct des Ostfriesischen sizes und stimme dermahlen zu betreiben. [12.] Zwölfftens beziehen wir uns in der reichsritterschafftlichen anliegenheit zuvorderst auff unsere unter dem 13. Februarii, 19. Maii, 23. Junii, 16. Octobris und 16. Decembris vorigen, dann 31. Martii an freyherrn von Buchemberg und 4. Aprilis an graffen Franckenberg in diesem jahr erlassene anweisungen. Hiernächst fügen wir sub numero 15 hier an, was unter dem *** dieses dem freyherrn von Buchemberg derenthalben weiters auffgetragen worden. Und finden sich die darinnen angezogene fünff beylagen in dem fascicul sub numero 16 hierneben anschlüssig. Das eygene hat also auch ihme, graffen, wie ermeldtem freyherrn von Buchemberg zur richtschnur zu dienen. [13.] Über dem wahlgeschäfft seind dreyzehendens unter dem 28. Novembris 1750, 19. und 24. Maii 1751, dann 26. Augusti und 14. dieses monaths ausführliche anweisungen an unsere comitialgesandte abgegangen, deren innhalt vor allem er, graff, sich wohl bekandt zu machen hat. Sodann aber hat er sich auch wohl bekandt zu machen, was derer nichtiger Churpfälzischer forderungen halber von zeit zu zeit, und bevorab unter dem 17. Julii jüngsthin, an unsere comitialgesandte abgegangen ist. In kurzem muß sich zeigen, ob sich von Churpfalz mit unseren großmüthigen anerbiethen werde befriediget werden, mithin der vergleich mit sothanem hoff zum stand komme oder nicht. Worvon wir ihn sogleich entweder durch einen appendicem zu gegenwärtigen instruction oder aber durch ein nachsendendes rescript verständigen werden. Es erfolge aber gleich, was da immer wolle, so hat er, graff, zu wissen, daß was wir anerbothen, nicht von darumben, daß wir das mindeste an Churpfalz schuldig zu seyn glaubeten, sondren lediglich aus großmüthiger beherzigung der innerlichen ruhe und einigkeit im Reich, auff innständiges verlangen des königs von Engelland, unter behörigen verwahrung, uns anmit gegen niemanden anderen im geringsten verfänglich zu machen, und noch überdas mit aussersten vorsorge für des Reichs ehre, würde, ansehen und unabhängigkeit, das ist, mit beflissenster verhütung, daß nicht auswärtige mächten in künfftige wahlen gegen die goldene bull zu sein, des Reichs, ganz offenbahren verkleinerung sich einmischen, beschehen seye. So in einem fall wie in dem anderem nicht nur gegen gut, sondren auch gegen übel denckende anzuziehen und behörig zu erheben, nicht anderst als für unseren dienst vortragend seyn kan. [14.] In münzsachen lassen wir es vierzehendens bey jenem, nach wie vor, bewenden, was unsere rescripta vom 13. Octobris vorigen und 8. Jenner dieses jahrs vermögen. Dann obgleich Churtrier und Churbraunschweyg dießfalls anderer meynung seind und der Kayserliche concommissarius graff von Palm37 sich sehr viele mühe gegeben, umb die hiesige entschliessung abänderen zu machen, so erheischet jedoch das wohlseyn unserer getreuester erbkönigreichen und 37 Carl Joseph Graf von Palm; vgl. Kap. II 3 a mit Anm. 290.

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länder darvon nicht abzugehen. Zu Hannover und Coblenz muß man selbsten gestehen, und graff Palm führet es ebenmässig an, daß die proportion zwischen gold und silber nicht mehr die eygene seye, wie sie zur zeit des eingeführten Leipziger und Torgauer fußes gewesen. Wie kan also im ausmünzen dieser eygene fuß durchaus und ohne aller modification beybehalten werden? Es gehet also auch der Churtrierische und Churbraunschweygische antrag dahin nicht, sondren man vermeinet vielmehr, dem gebrechen durch erniedrigung des ducaten als durch verminderung des thalers innerlichen werths abzuhelffen. Allein darbey kan zwar Churbraunschweyg, so nur silberbergwercke hat, nicht aber wir, die wir zugleich auch gold erzeugen, einen nuzen finden. Wornebst viel natürlicher ist, daß sich hierunter nach der ursach gerichtet werde, welche die änderung in der vorhinigen proportion verursachet hat. So haubtsächlich darinnen bestehet, daß das silber von wegen dessen hauffigeren ausfuhr nach Ostindien rarer, mithin auch theurer worden. Woraus also von selbsten fliesset, daß in der eygenen güte umb den eygenen werth dasselbe nicht mehr ausgemünzet werden könne. Und endlichen kan unangemerckt nicht gelassen werden, daß von denenjenigen ständen selbsten, welche so sehr auff dem Leipziger fuß bestehen, keine grobe münzsorten darnach gepräget werden, wenigstens in dem gemeinsahmen handel und wandel keine von ihren so beschaffenen münzen gangbahr seind, sondren mit grossem agio eingehandlet werden müssen. Nun ist aber in münzsachen mehr auff die praxin als theorie zu sehen. Und da ohnedas nicht anzuhoffen ist, daß sich von denen an unsere lande angränzenden ständen auch nur einer an die bißherige reichs- und creyßschlüsse binden werde, so würden wir und unsere unterthanen sehr übel fahren, wann auff einen so beträchtlichen umbstand die behörige rucksicht nicht getragen würde. [15.] Je grösserer gefahr funffzehendens die catholische religion sich dermahlen im Teutschen Reich ausgesezet befindet, je grösser derer protestirenden ständen obermacht in gegenhaltung der geringen bewaffnung derer catholischen ist, je einiger jene zu werck gehen, und je grössere spaltungen unter dieser obwalten, je mehr werden wir andurch angefrischet, uns nach maßgab derer reichssazungen unermüdet dahin zu verwenden, darmit das dahero zu befahren stehendes grosses unheyl verhütet werde. Dahin haben nun die von uns an unsere comitialgesandte unter dem 26. Junii, 26. Julii, und 6. Novembris 1750, dann dem 21. Augusti und 12. Octobris 1751, wie nicht minder die dem 14. Jenner, 19. Februarii, 8. Martii und 8. Junii dieses jahrs in sachen ergangene weitschüchtige rescripta abgezielet, und beharren wir noch, wie vor, bey denen darinnen enthaltenen grundreglen. Wordurch also auch diese materie erschöpffet wird, und er sich darnach genau zu richten hat. [16.] Sechzehendens wird zwar, denen worten nach, allerseits erkandt, daß durch allzu hauffige unbefugte recursus der lauff der Gott geheyligten justiz ungemein gehemmet werde, mithin auch diesem unheyl zu steuren, nicht nur sehr erwünschlich, sondren auch höchst nöthig wäre. Allein sobald als von

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denen mittlen, wie es zu bewürcken seyn möchte, die frage ware, haben sich sogar auch jene, welche für gut gesinnet angesehen seyn wollen, umb willen es auch bey ihnen an nebenabsichten nicht ermanglet, darüber nicht vergleichen können. Wir haben uns also bemüssiget gesehen, dießfalls an unsere comitialgesandte allein jenes zu erlassen, was unsere rescripta vom 20. Februarii 1751, dann 14. Martii und 4. Maii dieses jahrs ausweisen. Und wiezumahlen seithero nichts veränderliches sich in sachen ergeben hat und das visitationsgeschäfft des reichscammergerichts, umb willen im Reich die ganze auffmercksamkeit auff die Römische königswahl forthin gerichtet wird, dermahlen gänzlichen ruhet, so begnügen wir uns ihn, graffen, auff sothaner rescripten innhalt für anjezo zu verweisen. [17.] Sammentliche biß nun durchgangene materien gehen nun unser erzhaus oder die cron Böhmen insbesondere nicht an, mithin bleibet siebenzehendens annoch anzuführen übrig, was dießfalls in ein- und anderem von ihme zu beobachten ist. Die auff unsere gesambte Teutsche erblande sich erstreckende, so theur erworbene privilegia und freyheiten unsers erzhaußes seind von ihme, unserem königlich Churböhmischen gesandten, nicht minder als die vorrechten der cron Böhmen, in jeder vorfallenheit zu verthädigen und zu behaubten, gleichwie hinwiederumb auch unsere [!] Oesterreichische directorialgesandte das eygene in ansehung ihr, der cron Böhmen, vorrechten zu beobachten hat. Worinnen nun jene privilegien bestehen und was es darmit für eine beschaffenheit habe, findet sich in der vorlauffigen beantwortung des Churbayrischen manifests und deren beylagen zur genügen angeführet und dargethan. Belangend aber unserer cron Böhmen befugnussen gibt der im jahr 1708 wegen der Churböhmischen readmission im churfürstlichen collegio ergangene, von weyland kayser Josepho38 glorwürdigsten andenckens bestättigte reichsschluß in sachen behöriges ziel und maß. Die unabhängigkeit des königreichs kan nebst dessen vereinigung und verknüpffung mit dem Reich und der anerkandtnus, daß die churwürde ein reichslehen seye, gar wohl bestehen. Und hat er, graff, beständige sorge zu tragen, daß weder jener unabhängigkeit zu nahe getretten, noch von darumben diese verknüpffung geschwächet, sondren zwischen beeden eben erwehnten anstössigkeiten sich an den unserem interesse allein gemässen mittelweeg von ihme genau gehalten werde. Die reichsgesäze erstrecken sich auff unser erbkönigreich Böhmen und darzu gehörige lande nicht, sondren es ist nur unsere cron Böhmen dieselbe auff denen reichstägen und anderen diaeten und zusammenkunfften in vorkommenden reichsgeschäfften zu beobachten schuldig. Worzu aber noch weiters bey der readmission gegen dem Reich sich anheischig gemacht wor38 Kaiser Joseph I. (reg. 1705 – 1711).

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den, das seind wir getreuest zu erfüllen uhrbietig, sobald das Reich der dargegen übernohmenen obliegenheit hinwiederumb ein genügen leistet. Nun erhellet aus damahligem reichsschluß, daß wir uns zwar von wegen der cron Böhmen und darzu gehörigen landen zu einem churfürstlichem reichsmatricularanschlag verstanden, dargegen aber die cron und königreich Böhmen sambt allen derselben damahls einverleibt gewesten landen in des Reichs schuz, schirm und protection genohmen und dieselbe, wie andere reichsländer, wieder allen frembden gewalt innhalt der executionsordnung und anderer heylsahmer reichssazungen kräfftiglich zu schüzen und zu schirmen von Reichs wegen zugesaget worden. Wie wenig aber dieser zusage bey denen öffteren Preussischen einfällen nachgelebet, und daß darüber sothaner cron der grösseste theil von Schlesien nebst der graffschafft Glaz entrissen worden, ist eine ohnedas reichs- und weltkündige sach, dessen ungehindert weder nöthig noch rathsahm ist, dermahlen die frage auffzuwerffen, ob wir nach einem so grossem durch des Reichs hülfflosigkeit und unerfüllung der im jahr 1732 geleisteten garantie der pragmatischen sanction verursachtem verlust zu dem ganzem reichsmatricularanschlag annoch gehalten seyn können. Dann da es so bald zu keiner solchen praestation bey dermahligen beschaffenheit des Teutschen Reichs kommen dörffte, so ist besser, derenthalben auff keinerley weiß etwas zu regen, umb nemblichen bey einem in zukunfft sich wiederumb ergeben mögendem überfall desto nachdrucksahmer auff des Reichs hülffe und schuz dringen zu können. [18.] Dieser maßregul stehet nicht im weeg, was achtzehendens wegen derer zugleich übernohmener cammerzieler biß nun zu verhandlet worden. Bekandtermassen werden von dem reichscamergericht vermöge des nemblichen vertrags vom jahr 1708 grosse ruckstände an unsere cron Böhmen gefordert und deren verzeichnus fast alljährlich der allgemeinen reichsversamlung mitgetheilet. Bey welcher bewandnus der anregung darvon gänzlichen auszuweichen nicht wohl möglich ist. Umb also eines theils nach oberwehntem grossem verlust dießfalls zu dem ganzen nachtrag und künfftiger abgabe sich nicht verbindlich zu machen, anderen theils aber dannoch keinen auch nur scheinbahren anlaß zu geben, sothane entstehung dahin auszudeuten, als ob dießorts von vielbesagtem vertrag abgegangen würde, so ist für gut befunden worden, derenthalben den eygenen weeg einzuschlagen, welcher in ansehung unserer Oesterreichischen Niederlanden in nicht ungleichen umbständen vom reichscammergericht selbsten für billig erkandt und beliebet worden, nemblichen für das vergangene von wegen derer darzwischen gekommenen kriegsunruhen eine pauschhandlung anzubinden und für das künfftige, unbeschadet eines jeden theils rechten, provisorie ein gewisses nach proportion des verlusts gemässigtes quantum festzusezen. Welche pauschhandlung wir dem graffen Cobenzel auffzutragen für gut befunden haben. Und ist aus der anlage sub numero 17 ersichtlich, worzu wir uns anheischig zu machen anerbothen. Wiezumahlen aber noch ungewiß ist, ob mit dieser unserer erklärung ausgelangt werden dörffte, als hat biß dahin

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er, unser königlich Churböhmischer gesandte, zum ersten hiervon keine erwehnung zu thun; woferne er aber von anderen derenthalben angegangen würde, sich zu begnügen, darauff zu erwiedrigen, daß man würcklich im begrieff wäre, sich darüber mit dem reichscammergericht auff eine beederseits vergnügliche billige arth einzuverstehen. [19.] Neunzehendens haben wir und unser erzhaus verschiedene nahmhaffte und bestgegründete ansprüche theils an das gesambte Reich und theils an einige dessen stände. Die leztere belangend, entspringen dieselbe von denen in lebzeiten unsers höchstseeligsten herrn vatters Kayserlichen mayestät und liebden39 fürgewesten zweyen türckenkriegen verwilligten, unabgeführten römermonathen. Gleichwie aber jeztgedachte ruckstände in sein, graffens, ohnmittelbahre verrichtung nicht einschlagen, also wird sich hier anzumercken begnüget, daß sie sich weit höher belauffen, als was etwann unser aerarium ein- und anderem stand wegen winterquartieren oder geliefferten naturalien noch schuldig seyn möchte. Soviel aber die an das gesambte Reich habende forderungen betrifft, bestehen dieselbe in nachfolgendem, als erstlichen in jenem, was man vermöge des sub numero 18 hierbeykommenden reichsschlußes vom jahr 1715 wegen des durch den Badner frieden geendigten reichskriegs bey demselben annoch einzubringen hat, zweytens in jenen, was uns die reichsoperationscassa de annis 1734 und 1735 schuldig ist, und drittens in der schadloßhaltung, worzu uns dasselbe aus doppeltem titul verbunden wäre, nemblichen weilen es weder die geleistete garantie unserer erbfolgsordnung erfüllet, noch deme ein genügen gethan, worzu es sich gegen die cron Böhmen und die derselben einverleibte lande mittelst obangezogenen vertrags vom jahr 1708 feyrlichst verbunden hat. Quoad primum hat es darmit die bewandnus, wie folget: Als im Spanischem successionskrieg, mitten unter denen erfochtenen grossen siegen, Engelland von der grossen bündnus gähling abgefallen, seind die biß dahin im beeder seemächten sold gestandene Teutsche hülffsvölcker anfangs von der republique Holland alleinig übernohmen worden. Als aber nach dem bey Denain erlittenem grossem verlust jeztgedachte republique dem Englischem vorgang zu folgen sich genöthiget gesehen, das Reich hingegen den krieg allein fortzusezen sich entschlossen, ist im jahr 1713 nicht nur eine nahmhaffte verwilligung erfolget, sondren es seind auch die gelder in die zu solchem ende errichtete operationscassam würcklichen eingeflossen, und von selben die eygene Teutsche hülffsvölcker, so vorhin in beeder seemächten oder der republique Holland alleinigem sold gestanden, bezahlet worden. Für den bevorstehenden feldzug vom jahr 1714 wurden vom Reich fünff millionen reichsthaler zeitlich verwilliget. Weilen aber die friedenspraeliminarien bereits im monath Februarii des nemblichen jahrs zum schluß gekommen, so ist von dieser verwilligung sehr wenig eingegangen, wohingegen vorerwehnte 39 Kaiser Karl VI. (reg. 1711 – 1740).

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sammentliche trouppen den ganzen winter über verpfleget werden müssen. Nach welcher umbständen dem Reich durch ein Kayserliches commissionsdecret beschehenen anzeige obiger reichsschluß erfolget ist. Nun ist zwar nicht wohl beschehen, daß man so lange anstehen lassen, die anverlangte rechnungen dem Reich vorzulegen, und noch übler, daß man sich hier verleiten lassen, mehrere derley an damahlige operationscassam habende schuldforderungen aus dem hiesigem aerario abzuzahlen. Allein nachdeme es, und zwar nahmentlich mit der Münsterischen, so an Churcöllen abgeführet worden, und der Würzburgischen schuldpost beschehen ist, so kan wenigstens an der befugnus nicht gezweyfflet werden, daß unser aerarium in die rechten derer ständen, so es befriediget hat, eintrette. Quoad secundum seind die rechnungen darüber nicht nur gelegt und liquidiret, sondren auch dem Reich mitgetheilet und von demselben die wichtigkeit der schuldforderung nicht wiedersprochen worden, wie dann auch seithero so offt, als man aus der lezteren reichsoperationscassa etwas zu zahlen von Reichs wegen beschlossen, unsere comitialgesandte sich jedesmahl ausdrucklich verwahret haben, daß unbeschadet der habender eygenen forderung darein eingewilliget würde. Welche vorsorge mithin auch von ihme, graffen, in sich eraugnendem fall nicht ausser acht zu lassen seyn wird, da bevorab es hierunter dermahlen nicht darumben zu thun ist, an das Reich etwas zu gesinnen, so zu dessen last gereichete, sondren nur eine habende so wohl gegründete befugnus auff bessere zeiten sich vorzubehalten. So eines theils umb so weniger von jemanden übel ausgedeutet und anderen theils nicht als gänzlich ohnnuz angesehen werden kan, nachdeme vom könig von Engelland als churfürsten zu Braunschweyg Lünenburg so grosse sorge getragen wird, seine an die vorhinige reichsoperationscassam habende weit weniger gegründete forderungen sich bey jeder gelegenheit vorzubehalten. Und endlichen ist quoad tertium bekandt, daß Chursachsen von wegen des ehemahligen Schwedischen einfalls eine forderung von mehreren millionen reichsthaler an das Reich gestellet, und ungehindert es die mindeste hoffnung nicht vor sich hat, dererselben habhafft zu werden, gleichwohlen sothaner forderung sich biß nun zu nicht begeben, sondren dieselbe vielmehr so offt, als von einer gemeinsahmen reichsverwilligung die frage ware, erneuert habe. Nun seind wir aber eine weit grössere entschädigung an das Reich zu begehren, unendlich mehr als Chursachsen berechtiget, nicht allein weilen die Chursächsische forderung sich einzig und allein in dem gemeinsahmen band mehrerer glieder eines staats, unsere aber nebst diesem gemeinsahmen band noch überdas in dem besonderem vertrag vom jahr 1708, dann in der anno 1732 feyrlichst geleisteter garantie unserer erbfolgsordnung gründet, sondren auch und zwar vornemblich, weilen Chursachsen Carl XII.40, konig von Schweden, feindlich angegrieffen, mithin den einfall sich zugezogen, wir hingegen im lezterem krieg kundbahrermassen der unstrittig angegrieffene 40 König Karl XII. von Schweden (reg. 1697 – 1718).

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theil waren. Obwohlen also derzeit der allermindeste anschein einer hoffnung nicht obwaltet, zu sothaner schadloßhaltung zu gelangen, so würde doch nicht rathsahm seyn, darauff directe oder indirecte verzicht zu thun, massen sich über kurz oder lang vorfallenheiten ergeben können, wo dieser anspruch füglich gelten gemacht werden kan, umb von dem Reich eine einwilligung auszuwürcken, so dasselbe nichts kostet, wie wir dann auch aus eben dieser betrachtung in dem leztfürgewestem krieg, ausser im anfang, zwar auff der garantierfüllung nicht gedrungen, doch die dießfalls habende befugnus bey jeder gelegenheit vorbehalten haben. [20.] Obwohlen aber zwanzigstens sorge zu tragen ist, gesambte oberwehnte forderungen unverlezt zu erhalten, so ist jedoch unsere meynung nicht, dermahlen von freyen stucken darvon die mindeste anregung zu thun. Vielmehr hat er, graff, nicht nur, wann von dem wahlgeschäfft die frage ist, sondren auch bey jeder sonstigen gelegenheit, und zwar nicht minder gegen übel- als gutdenckende sich dahin zu ausseren, daß wir für uns an das Reich nichts gesinneten, dannoch aber zu dessen behuff nebst anderen Teutsch patriotischen ständen die uns von Gott verliehene kräfften mit zu verwenden, dessen grundverfassung, ehre, würde, ansehen und freyheit gegen innerliche und ausserliche anfechtungen handhaben zu helffen, bedruckten beyzuspringen, ja sogar auch die abgeneigte durch unschädliche gefälligkeiten suchen zu gewinnen uhrbiethig wären. [21.] Schließlichen und einundzwanzigstens hat er, unser königlich Churböhmische gesandte, nach dem beyspiel seines vorfahrers, des graffen Franckenberg, die erstattende berichte nach denen materien einzutheilen, mithin über jede materie einen besonderen bericht zu erstatten und dessen argumentum von aussen anzumercken. In dem übrigem verlassen wir uns auff seine geschicklichkeit und den für unseren höchsten dienst bezeugten rühmlichen eyffer […]. Wienn den 30. Octobris 1752.

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Abkürzungen und Zeichen Abs. ADB Anm. AÖ G Art. Ausf. Bearb., bearb. DA Dens. Ders. Dies. Diss. DK EdN Fasz. FBPG fol. FTTZA GStA PK HA HFS HHStA K. Kap. Konv. Konz. Koord. LHASA, DE MEA MIÖG ND NDB NF p.

Absatz Allgemeine Deutsche Biographie Anmerkung(en) Archiv für Österreichische Geschichte Artikel Ausfertigung(en) Bearbeiter(in), bearbeitet Diplomatische Akten Denselben Derselbe Dieselbe(n) Dissertation Diplomatische Korrespondenz Enzyklopädie der Neuzeit Faszikel Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte folio, Blatt Fürst Thurn und Taxis Zentralarchiv (Regensburg) Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (Berlin) Hauptabteilung Haus- und Familiensachen Österreichisches Staatsarchiv : Haus-, Hof- und Staatsarchiv (Wien) Karton Kapitel Konvolut Konzept(e) Koordination, Koordinator(en) Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Dessau (Dessau) Mainzer Erzkanzlerarchiv Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Nachdruck, Neudruck Neue Deutsche Biographie Neue Folge pagina

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324 PC PK PS Red. Rep. RK RTA s.a. s.l. SLA s.l.e.a. Sp. StA StK unfol. VD18 ZHF ***

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Politische Correspondenz Friedrich’s des Großen Prinzipalkommission Postscriptum Redaktion Repositur Reichskanzlei Reichstagsakten sine anno, ohne Jahreangabe sine loco, ohne Ortsangabe Salzburger Landesarchiv sine loco et anno, ohne Orts- und Jahresangabe Spalte Staatenabteilungen Staatskanzlei unfoliiert Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 18. Jahrhunderts Zeitschrift für Historische Forschung Lücke im Text unleserlich Ergänzung des Verfassers Auslassung des Verfassers falsche oder ungewöhnliche Schreibweise, falsche Angabe

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Quellen- und Literaturverzeichnis 1. Ungedruckte Quellen Ballenstedt Fürstin-Pauline-Bibliothek Tagebücher des Fürsten Victor Friedrich von Anhalt-Bernburg (Signatur 19 H 15)

Berlin Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA PK) I. Hauptabteilung (HA) Geheimer Rat Repositur (Rep.) 10 Reichstagsverhandlungen Nr. 79 Fasz. 111, 112, 113, 114, 123, 124, 125, 127, 128, 130

Dessau Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Dessau (LHASA, DE) Z 15 Gesandtschaftsarchiv, Nr. 277, 279, 280, 283, 487, 534, 552, 647 Z 18 Abteilung Bernburg, A 18a Nr. 29, B 2c Nr. 45, B 3a Nr. 48, B 3a Nr. 59, Bd. I und II Z 44 Abteilung Dessau, B 2c Nr. 32 Bd. I – IV, B 3a Nr. 40 Bd. I und II, C 5 h Nr. 5 Bd. IV Z 70 Abteilung Köthen, B 3a Nr. 44

München Geschäftsstelle der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Materialsammlung zum Immerwährenden Reichstag 1745 – 1765 (Editionsvorhaben von Frau Dr. Ingrid Batori)

Regensburg Fürst Thurn und Taxis Zentralarchiv (FTTZA) Haus- und Familiensachen (HFS) 883, 884, 885, 886, 887, 888, 889, 890, 891

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Salzburg Salzburger Landesarchiv (SLA) Geheimes Archiv IV 27 Reichsfürstenrat K. 10, 14, 15

Wien Österreichisches Staatsarchiv : Haus-, Hof- und Staatsarchiv (HHStA) Mainzer Erzkanzlerarchiv (MEA) Reichstagsakten (RTA) K. 574, 577, 582 Reichskanzlei (RK) Diplomatische Akten (DA) Instruktionen K. 13 Vorträge K. 6d, 7a Berlin Weisungen nach Berlin K. 5d Regensburg Weisungen an die kurböhmische Gesandtschaft K. 2 Berichte der kurböhmischen Gesandtschaft K. 1 Weisungen an die österreichische Gesandtschaft K. 1 Berichte der österreichischen Gesandtschaft K. 1b Reich Weisungen in das Reich K. 13, 14, 16, 18 Prinzipalkommission (PK)1 Weisungen 6c, 7a, 7b, 8a, 8b, 8c, 9a, 9b Berichte 75, 76a, 76b, 76c, 77a, 77b, 77c, 78a, 78b, 78c, 79a, 79b, 79c, 80a, 80c, 81b, 89a, 89b, 89c, 90a, 91a, 91b, 92a, 92b, 93b, 94, 97, 98, 99, 100, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107, 108a, 108b, 109a, 110a, 110b, 111a, 111b, 112a Instruktionen 1, 2 Personalsachen K. 3 Reichstagsakten (RTA) K. 161, 162, 163a Kleinere Reichsstände K. 10, 38, 519, 547 Staatskanzlei (StK) Diplomatische Korrespondenz (DK) Preußen K. 47 Regensburg Berichte der Prinzipalkommission K. 4, 5 Weisungen an die kurböhmische Gesandtschaft K. 1, 2, 3 Berichte der kurböhmischen Gesandtschaft K. 17, 18, 19, 20, 25, 26, 27, 28, 29 1 Die Bestände der »Reichskanzlei« »Prinzipalkommission, Weisungen/Berichte/Instruktionen« wurden in der Mikrofiche-Ausgabe des Saur-Verlags benutzt; vgl. Akten der Prinzipalkommission des Immerwährenden Reichstages.

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Quellen- und Literaturverzeichnis

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Weisungen an die österreichische Gesandtschaft K. 5, 6, 7 Berichte der österreichischen Gesandtschaft K. 130, 131, 132, 136, 137, 138 Reich Weisungen in das Reich K. 231, 232, 233 Vorträge K. 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 81 Staatenabteilungen (StA) Brandenburgica K. 37

2. Gedruckte Quellen und Literatur ADB siehe Allgemeine Deutsche Biographie Akten der Prinzipalkommission des Immerwährenden Reichstages zu Regensburg 1663 bis 1806. Berichte – Weisungen – Instruktionen. Begleitband zur Mikrofiche-Edition mit chronologischem Inhaltsverzeichnis zu den Fiches 1 – 5108, München u. a. 1993. Allert, Dietrich/Grossert, Werner/Ross, Hartmut: Anhalt und Preußen – Eine Gesprächsrunde, in: Mitteilungen des Vereins für Anhaltische Landeskunde 10 (2001), S. 213 – 230. Allgemeine Deutsche Biographie (ADB), hg. v. der Historischen Commission bei der Königlichen Akademie der Wissenschaften. Bd. 1 – 56, ND der Ausgabe München 1875 – 1912, Berlin 1967 – 1971. Allmayer-Beck, Johann Christoph: Art. »Colloredo-Waldsee, Rudolph Joseph Fürst von«, in: NDB 3 (1957), S. 329. Althoff, Frank: Untersuchungen zum Gleichgewicht der Mächte in der Außenpolitik Friedrichs des Großen nach dem Siebenjährigen Krieg (1763 – 1786) (= Quellen und Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, 10), Berlin 1995. Ders.: Geheimhaltung von Staatsaktionen. Die Regierung aus dem Kabinett als Mittel der friderizianischen Außenpolitik im 18. Jahrhundert, in: Jürgen Kloosterhuis (Hg.), Streifzug durch Brandenburg-Preußen. Archivarische Beiträge zur kulturellen Bildungsarbeit im Wissenschaftsjahr 2010 (= Veröffentlichungen aus den Archiven Preußischer Kulturbesitz. Arbeitsberichte, 14), Berlin 2011, S. 125 – 148. Altmann, Michael (Hg.): Die lateinischen Epitaphien im Regensburger Gesandtenfriedhof (an der Dreieinigkeitskirche). Texte, Übersetzungen, Anmerkungen. Bearb. v. Gudrun Reichmeyer und Bettina Wollenweber, Regensburg 1992. Ammerer, Gerhard: Von Franz Anton von Harrach bis Siegmund Christoph von Schrattenbach – Eine Zeit des Niedergangs, in: Heinz Dopsch/Hans Spatzenegger (Hg.), Geschichte Salzburgs. Stadt und Land. Bd. 2. Neuzeit und Zeitgeschichte. 1. Teil. Unter redaktioneller Mitarbeit von Oswald Reiche, Salzburg 1988, S. 245 – 323. Ders.: Verfassung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit von Matthäus Lang bis zur Säkularisation (1519 – 1803) – Aspekte zur Entwicklung der neuzeitlichen Staatlichkeit, in: ebd., S. 325 – 374. Ders. u. a. (Hg.): Höfe und Residenzen geistlicher Fürsten. Strukturen, Regionen und Salzburgs Beispiel in Mittelalter und Neuzeit. Ergebnisse der internationalen und interdisziplinären Tagung in der Salzburger Residenz 19.–22. Februar 2009 (= Residenzenforschung, 24), Ostfildern 2010.

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Websites

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http://www.univie.ac.at/Geschichte/wienerhof/ (Letzter Zugriff: 06. 03. 2014) (Forschungsprojekt »Patronage- und Klientelsysteme am Wiener Hof« am Institut für Geschichte der Universität Wien) http://www.vd18.de (Letzter Zugriff: 06. 03. 2014) (Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 18. Jahrhunderts)

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Personenregister Das Register erfasst die Namen der im Text genannten Personen. Nicht aufgenommen wurden aufgrund ihrer häufigen Nennung Kaiser Franz I. Stephan und Maria Theresia sowie Personen, wenn sie nur als Verfasser oder Empfänger von Schriftstücken in den Fußnoten genannt werden. Verfasser von zitierter Literatur werden nur bei einer Nennung im Haupttext erfasst. Anton Ulrich, Herzog von Sachsen-Meiningen 279, 284 Aprill, Georg Matthias Joseph, kaiserlicher Notar 143 Aretin, Karl Otmar Freiherr von, Historiker 16, 31, 36, 44 f., 49, 153, 268 Arndt, Johannes, Historiker 26 Arneth, Alfred Ritter von, Historiker 37 Asch, Ronald G., Historiker 113, 115 Auersperg, Heinrich Joseph Fürst von 195, 201, 263 August, Graf von Sayn-Wittgenstein-Hohenstein 117 August Ludwig, Fürst von Anhalt-Köthen 260, 278 Bartenstein, Johann Christoph Freiherr von, österreichischer Staatssekretär 40, 42, 65 f., 69, 83, 143, 262, 264 Batthy‚ny, Karl Joseph Graf von, Feldmarschall und Erzieher Josephs II. 265 Beck, Christian August von, Reichsreferendar 69 Behr, Burkhard Christian von, Reichstagsgesandter 256, 312-316 Behringer, Wolfgang, Historiker 196, 248 B¦ly, Lucien, Historiker 186 Benedikt XIV., Papst 130 Bentinck, Willem Graf von, niederländischer Politiker und Diplomat 54, 313 Berenhorst, Georg Heinrich von, Militärschriftsteller 274 Berney, Arnold, Historiker 56 Beulwitz, Ludwig Friedrich von, waldeckischer Regierungsassessor 252, 258 Bibra, Johann Philipp Karl Josef Freiherr

von und zu, Reichstagsgesandter 129, 131 ff., 267 Binder von Krieglstein, Friedrich Freiherr, österreichischer Staatsreferendar 69 Bismarck, Otto von, deutscher Reichskanzler 144 Böning, Holger, Historiker 208 Bori¦, Egid Valentin Felix Freiherr von, Reichsreferendar 69 f., 87, 211 Bourdieu, Pierre, Soziologe 74, 113, 218, 232, 246 Brabant, Artur, Historiker 137, 144 Brachwitz, Peter, Historiker 177 Braubach, Max, Historiker 17 Brawe, Joachim von, Reichstagsgesandter 148 Brühl, Heinrich Graf von, kursächsischer Premierminister 130, 312 Buchenberg, Marquard Paris Anton Freiherr von, Reichstagsgesandter 18, 47, 51, 68, 71, 87 f., 90, 92, 94, 118, 130, 158, 160, 169, 174, 186 f., 194 f., 204, 206, 210, 212, 215, 254, 263, 266 f., 270, 276, 280, 296, 302, 305, 315 f. – Vater Paris Philipp 88 – Mutter Maria Caecilia (geb. Reding von Bieberegg) 88 – Ehefrauen – Maria Catharina (geb. von Halden auf Tratzburg) 88 – Maria Rosalia (geb. Dücker von Haslau) 88 Bünau, Heinrich Graf von, Reichstagsgesandter 119, 141, 169 f. Burkhardt, Johannes, Historiker 14 f., 57 f., 209

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Personenregister

Carl, Horst, Historiker 228 f. Chemnitz, Bogislaw Philipp von (alias Hippolithus a Lapide), Historiker und Reichspublizist 217 Christian IV., Herzog von Pfalz-Zweibrücken 193 Christian August, Fürst von AnhaltZerbst 275, 278, 283 Christian Friedrich Karl Alexander, Erbprinz von Brandenburg-Ansbach 243 Christoph, Prinz von Baden-Durlach 265 Claepius, Johann Gottlob, anhaltischer Legationssekretär 258 f., 287 Clemens August, Kurfürst und Erzbischof von Köln 263 Cobenzl, Johann Karl Philipp Graf von, kaiserlicher bevollmächtigter Minister 108, 115, 262, 309, 319 Collenbach, Heinrich Gabriel von, österreichischer Staatsreferendar 69 f., 211 Colloredo-Waldsee, Rudolph Joseph Graf von, Reichsvizekanzler 39, 42, 54, 64, 66 f., 70 f., 73, 75 f., 83 ff., 89, 91-96, 108, 115, 117, 130, 134 f., 147, 149, 159, 174, 190, 192, 195, 202, 214, 216, 228, 235, 251, 255, 257 f., 261-264, 267, 269, 283, 287, 289, 296, 302 – Ehefrau Maria Gabriela (geb. von Starhemberg) 225, 264 Cujas, Jacques, französischer Jurist 56 Dietrich, Fürst von Anhalt-Dessau 274, 278, 282, 284, 289, 291 Dietrichstein, Karl Maximilian, Fürst von 201, 263 Droste, Heiko, Historiker 111, 113 Droysen, Johann Gustav, Historiker 13 Drümel, Johann Heinrich, Regensburger Gymnasialdirektor 215 Eichel, August Friedrich, preußischer Kabinetts- und Geheimer Kriegrat 290 Eickstedt, Georg von, preußischer Hofund Kammergerichtsrat 173 Eltz, Philipp Karl von, Kurfürst und Erzbischof von Mainz 76, 127

Emich, Birgit, Historikerin 156 Emmerich, Valentin Franz von, Reichstagsgesandter 79, 288 Erdmannsdorff, Friedrich Wilhelm Freiherr von, Architekt 274 Ernst August I., Herzog von SachsenWeimar-Eisenach 190, 236 Faber, Anton siehe Leucht Fabrice, Andreas Gottlieb von, Reichshofratsagent 287 Fechenbach zu Laudenbach, Johann Philipp Karl Anton Freiherr von, Reichstagsgesandter 129 ff., 213, 288, 314 f. Feine, Hans Erich, Rechtshistoriker 16 Fellner, Fritz, Historiker 11 Ferdinand I., Kaiser 59 Ferdinand II., Kaiser 118, 174 Ferdinand Maximilian, Graf von Ostfriesland und Rietberg 227 Fier, Balduin Peter Karl von, Reichshofratsagent 287 Finck von Finckenstein, Karl Wilhelm Graf, preußischer Kabinettsminister 57, 212, 285 f. Fraigne, Jacques Gilbert Marquis de, französischer Diplomat 278, 291, 295 Frankenberg und Ludwigsdorff, Johann Otto Venantius Graf von, Reichstagsgesandter 85 ff., 187, 305, 307, 315 f., 322 – Vater Johann Wolfgang 85 – Ehefrauen – Maria Josepha Franziska Gaudentia (geb. von Khuenburg) 86 – Agnes Helene (geb. von Churschwandt) 86 – Josepha Maria (geb. von Fernemont) 86 – Sohn Johann Heinrich 86 Franz I. Stephan, Kaiser passim Friederike Sophie Wilhelmine, Markgräfin von Brandenburg-Bayreuth 57, 108 Friedrich, Susanne, Historikerin 26 f., 105, 155, 196

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Personenregister Friedrich, Markgraf von BrandenburgBayreuth 108, 252 Friedrich, Erbprinz von Hessen-Kassel 172 Friedrich, Herzog von MecklenburgSchwerin 105, 140 f. Friedrich III./I., Kurfürst von Brandenburg, König in Preußen 116, 227, 274 Friedrich II., König von Preußen 13, 24 f., 32, 38, 40, 47 f., 52-63, 66, 69, 71, 100105, 108, 116, 120 f., 130, 134, 140-145, 149, 161, 168 f., 171-176, 181, 188, 190, 192-195, 204, 207 f., 211 f., 215 f., 224, 226 ff., 231, 234, 237, 239, 259 f., 275280, 282 f., 286, 288, 290-295, 303 f., 309-313 Friedrich III., Herzog von Sachsen-GothaAltenburg 190, 266 Friedrich August, Fürst von AnhaltZerbst 278 f., 294 ff. Friedrich Christian, Kurprinz von Sachsen 184 Friedrich Eberhard, Graf zu Solms-Sonne(n)walde 87 Friedrich Heinrich, Prinz von OranienNassau 274 Friedrich Michael, Pfalzgraf von Zweibrücken-Birkenfeld 234 f. Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg, der Große Kurfürst 13, 116, 274 Friedrich Wilhelm I., König von Preußen 116, 275, 278 Friedrich Wilhelm II., König von Preußen 274 Froben Ferdinand Fürst von FürstenbergMeßkirch, Prinzipalkommissar 74 f. Fürnrohr, Walter, Historiker 17 Gemmingen-Hornberg, Ludwig Eberhard Freiherr von, Reichstagsgesandter 153 f., 162, 167, 169 f., 181, 190, 198, 223 Georg II., König von Großbritannien und Irland, Kurfürst von Hannover 153, 173, 228, 314, 316, 321

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Georg III., König von Großbritannien und Irland, Kurfürst von Hannover 153 Gerspacher, Hans, Historiker 150 Goethe, Johann Wolfgang von, Dichter 25, 143 f. Gotthard, Axel, Historiker 16, 43 Greifenheim, Johann August von, Reichstagsgesandter 181 Grillmeyer, Siegfried, Historiker 222 Groß, Lothar, Archivar und Historiker 69 Grypa, Dietmar, Historiker 87 Gschließer, Oswald von, Jurist und Historiker 83, 123 Gullmann, Johann Philipp von, Reichshofratsagent 287 Härter, Karl, Historiker 14, 49 f., 165 Hardenberg, Friedrich August Freiherr von, deutscher Staatsmann 285 Harrach, Maria Aloisia Gräfin von 128 Hatzfeld-Wildenburg, Graf von 142 Haug-Moritz, Gabriele, Historikerin 55, 114, 171 Haugwitz, Friedrich Wilhelm Graf von, österreichischer Staatsmann 54 Heinrich, Prinz von Preußen 291, 293 Heinrich, Fürst von Schwarzburg-Sondershausen 252 Hennings, Fred, Schauspieler und Autor 35 Henriette Catharina, Prinzessin von Oranien-Nassau, Fürstin von Anhalt-Dessau 274 Heringen, Rudolf Anton von, Reichstagsgesandter 103, 142, 146 f., 190, 204, 207, 214, 236 Hertzberg, Ewald Friedrich Graf von, preußischer Minister und Diplomat 212 Hitler, Adolf 14 Hugo, Ludolf Dietrich von, Reichstagsgesandter 147 Jahns, Sigrid, Historikerin 110 Jodoci, Franz Anton Freiherr von, Reichstagsgesandter 213

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Personenregister

Johann VIII., Graf von Sayn-WittgensteinHohenstein 116 Johann Friedrich, Fürst von SchwarzburgRudolstadt 252 Johann Georg II., Fürst von Anhalt-Dessau 274 f. Johann Ludwig Adolf, Graf von WiedRunkel 172, 227 Johann Wilhelm, Kurfürst von der Pfalz 142 Johanna Elisabeth, Fürstin von AnhaltZerbst 278, 283 Joseph I., Kaiser 64, 73, 227, 318 Joseph II., Kaiser 37, 39, 42, 44, 54, 67, 137, 265, 271 Joseph Wenzel, Fürst von Liechtenstein 194 f., 201, 263 Joseph Wilhelm Ernst, Fürst zu Fürstenberg-Stühlingen, Prinzipalkommissar 40, 73-77, 91, 127, 159, 166 f., 188, 199, 222, 225, 235, 248, 263, 305 – Bruder Ludwig August 235 – Ehefrauen – Maria Anna (geb. von Waldstein) 74 f. – Anna Maria (geb. von der Wahl) 74 – Tocher Maria Henriette Josepha 75, 77, 80 Jungen, Ferdinand, kurböhmischer Legationssekretär 64, 264, 308 Kahle, Ludwig Martin, preußischer Hofund Kammergerichtsrat 212 Kalipke, Andreas, Historiker 177 Karg von Bebenburg, Friedrich Karl Freiherr, Reichstagsgesandter 104, 129, 131 f., 147, 204, 213, 309 – Vater Georg Karl 131 Karl V., Kaiser 11, 118, 174 Karl VI., Kaiser 39 f., 64, 74 f., 100, 104, 111 f., 227, 247, 320 Karl VII., Kaiser 20, 40, 42, 51, 70 f., 74-77, 83 f., 123, 127-130, 137, 171, 226, 248, 261

Karl I., König von England, Schottland und Irland 113 Karl, Herzog von Lothringen, österreichischer Feldmarschall 81 Karl XII., König von Schweden 321 Karl Alexander, Herzog von Württemberg 151, 222 – Ehefrau Maria Augusta von Thurn und Taxis 151, 222 Karl August Friedrich, Fürst von WaldeckPyrmont 250-253, 255, 258 Karl Eugen, Herzog von Württemberg 252, 265 Karl Ezdard, Fürst von Ostfriesland 227 Karl Georg Lebrecht, Fürst von AnhaltKöthen 278, 284, 295 Karl Theodor, Kurfürst von der Pfalz 240, 259 Karl Wilhelm Friedrich, Markgraf von Brandenburg-Ansbach 191 f., 242 f., 297 Katharina II., Zarin von Russland 275, 297 Kaunitz-Rietberg, Wenzel Anton Graf von, österreichischer Staatskanzler 17, 37 f., 42, 53 f., 64, 66-71, 83, 85, 94, 115, 118, 130, 136, 139 f., 160, 195, 227 ff., 239, 252, 261, 268 ff., 302 – Mutter Maria Ernestine Franziska, Gräfin von Rietberg 227 Keller, Christoph Dietrich von, sachsengothaischer Rat 310 Khevenhüller-Metsch, Johann Joseph Fürst von, kaiserlicher Oberstkämmerer 95, 115, 262 Klinggräffen, Joachim Wilhelm von, preußischer Diplomat 124, 264 Klueting, Harm, Historiker 46 Knebel, Johann Georg Friedrich von, Reichstagsgesandter 141, 204, 256, 309 Kniestedt, Christian Friedrich Freiherr von, Reichstagsgesandter 141, 169, 256, 293 Koch, Max, Historiker 80, 123 Königsfeld, Johann Georg Graf von, bayerischer Konferenzminister und Reichsvizekanzler 83 f., 309

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Personenregister Kraus, Johann Baptist, Fürstabt von St. Emmeram 217 Kretschmayr, Heinrich, Historiker 67 Krischer, Andr¦, Historiker 158 Kulenkampff, Angela, Historikerin 17 Kunisch, Johannes, Historiker 58, 63 Lamberg, Anton Graf von 128 Lasswell, Harold Dwight, Politik- und Kommunikationswissenschaftler 29 Lehsten, Lupold von, Historiker 221 f. Le Maire, Mathurin Rodolphe Abb¦, Reichstagsgesandter 79, 82, 124, 167 Leopold I., Kaiser 16, 64, 227, 245, 276 Leopold I., Fürst von Anhalt-Dessau 274, 276, 279 – Ehefrau Anna Luise (geb. Föhse) 276 Leopold II. Maximilian, Fürst von AnhaltDessau 274 Leopold III. Friedrich Franz, Fürst von Anhalt-Dessau 278, 291 ff., 295 f. Leucht, Christian Leonhard, Jurist und Publizist 21 Lilien, Franz Michael Florence Freiherr von, thurn und taxisscher Geheimer Rat 94, 250 f., 255, 261-264, 269 ff. Lincker von Lützenwick, Philipp Wilhelm Albert Freiherr von, Reichstagsgesandter 94, 104, 123-127, 129, 133, 158, 161-164, 167, 169, 183, 190, 203 f., 206, 215, 240, 253, 255, 257, 263, 270 f., 308 f. – Vater Johann Jakob 123 – Bruder Johann Daniel Christoph 123, 125 Lobkowitz, Ferdinand August Fürst von 75 Lobkowitz, Ferdinand Philipp Joseph Fürst von 195, 201, 263 Louise Henriette, Prinzessin von OranienNassau, Kurfürstin von Brandenburg 274 Ludwig XIV., König von Frankreich 61 Ludwig XV., König von Frankreich 133, 199

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Ludwig VIII., Landgraf von HessenDarmstadt 104, 148, 150, 229 f., 265 Luhmann, Niklas, Soziologe 29 f., 155 f., 180 Luise Dorothea, Herzogin von SachsenGotha-Altenburg 266 Luise Ulrike, Königin von Schweden 310 Mackau, Louis-Êl¦onor de, Reichstagsgesandter 80, 166, 206 Maintenon, FranÅoise d’Aubign¦, marquise de, Mätresse Ludwigs XIV. 61 Maria Josepha, Dauphine von Frankreich 311 Maria Theresia, Erzherzogin von Österreich, Königin von Ungarn und Böhmen, Gemahlin Kaiser Franz’ I. passim Maximilian I., Kaiser 225 Max Friedrich von Königsegg-Rothenfels, Kurfürst und Erzbischof von Köln 50 Max III. Joseph, Kurfürst von Bayern 127, 129, 227, 310 Mazohl, Brigitte, Historikerin 12, 43 Mazura, Silvia, Historikerin 207 Meisenburg, Friedrich, Historiker 14 Menßhengen, Ferdinand von, Reichstagsgesandter 78 f., 104, 132-135, 141 f., 147, 152, 169, 204, 206, 214, 240, 308 f. – Ehefrau 79, 133 f., 240 – Tochter 134 Mohr, Andreas, Reichsreferendar 69, 289 Moltke, Joachim Christoph von, Reichstagsgesandter 104, 169, 181 Montmartin, Friedrich Samuel Graf von, Reichstagsgesandter 135 ff., 192 f., 257, 265 f. Moritz, Prinz von Anhalt-Dessau 274, 290, 294 Moser, Friedrich Carl von, Reichspublizist 112, 183 Moser, Johann Jacob von, Reichspublizist 162 f., 202, 210, 231 Münchhausen, Gerlach Adolf Freiherr von, hannoverischer Staatsmann 153, 173, 262

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Personenregister

Napoleon Bonaparte, französischer General und Kaiser 10 Neugebauer, Wolfgang, Historiker 61, 116 Neuhaus, Helmut, Historiker 182, 233 Neuhaus, Joseph Maria Nikolaus Ignaz Freiherr von, Reichstagsgesandter 127 f., 310 – Ehefrau Rosa Maria Josefa (geb. von Lamberg) 127 f. Nowak, Christine, Historikerin 86 Oertel, Christian Gottfried, kursächsischer Legationskanzlist 21 Oexle von Friedenberg, Ignaz Anton Friedrich Freiherr, Reichstagsgesandter 194 f., 201 Ostein, Johann Friedrich Karl von, Kurfürst und Erzbischof von Mainz 48, 109, 123 f., 253, 258, 308 f. – Bruder 309 Otten, Friedrich Kaspar Freiherr von, Reichstagsgesandter 124, 194 Palm, Carl Joseph Graf von, Konkommissar 18, 40, 42, 52 f., 65, 71, 78-83, 85, 91-96, 117, 128, 131, 133 ff., 142, 146 f., 151 f., 159, 162 f., 166, 174, 176, 181, 186 ff., 190, 194 f., 198 f., 202, 214 f., 226, 228, 236, 239, 250 ff., 256 f., 259, 264 f., 267, 269 ff., 300, 302, 305, 316 f. – Ehefrau Maria Theresia (geb. von Plettenberg) 82, 93 – Sohn Carl Joseph 82, 271 – Vetter Franz Gottlieb 81 Paumgarten zu Frauenstein, Johann Joseph Franz Albrecht Thadee Maximilian Graf von, Reichstagsgesandter 128 Pecˇar, Andreas, Historiker 100, 111 Pergen, Johann Anton Graf von, kaiserlicher bevollmächtigter Minister 42, 60, 67 f., 108, 115, 257, 262 Pfau, Heinrich Karl von, Reichstagsgesandter 24, 152, 179, 194, 221, 240, 256, 279-290, 292-298, 301, 304 – Vater Albrecht Heinrich 279

– Mutter Agnese Philippine (geb. Tilemann) 279 – Ehefrau Dorothea Magdalena (geb. Schramm) 279, 296 – Kinder 279 Philipp der Gute, Herzog von Burgund 225 Piendl, Max, Historiker 78 Pistorius, Wilhelm Friedrich von, Reichstagsgesandter 141, 169, 194 Plettenberg, Friedrich Christian Freiherr von, Reichstagsgesandter 82 Plotho, Erich Christoph Edler Herr und Freiherr von, Reichstagsgesandter 57 f., 96, 100, 103 f., 120 f., 124 ff., 128, 131, 134 f., 139 ff., 143-146, 148, 150, 152 ff., 159, 161-165, 167 f., 170, 173, 175, 178 f., 181, 183 ff., 188 f., 191 f., 194, 199, 204, 206, 210-216, 223 f., 228, 239 ff., 276, 280 f., 284 ff., 303 – Ehefrau Charlotte Wilhelmine Eleonore (geb. von Bodenhausen) 144 Podewils, Heinrich Graf von, preußischer Kabinettsminister 57, 172, 212, 285 f., 312 Podewils, Otto Christoph Graf von, preußischer Diplomat 35 f., 66 Pollmann, Adam Heinrich von, Reichstagsgesandter 47, 52, 135, 141 ff., 145, 147, 152, 160, 168, 188, 198, 204, 214, 224, 228, 303, 309, 312, 315 – Vater 142 Ponickau, Johann Georg von, Reichstagsgesandter 135, 137 f., 158, 169, 180, 206, 276, 282 f., 312 Press, Volker, Historiker 18, 43, 45, 55, 74, 106, 112, 275, 300 Puebla, Anton von Portugal, Graf von, österreichischer Diplomat 178, 262 Pufendorf, Samuel von, Historiker, Naturund Völkerrechtslehrer 14, 56 Ramschwag, Franz Christoph Joseph Frei-

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Personenregister herr von, kaiserlicher bevollmächtigter Minister 68, 108, 149, 262 Reichlin von Meldegg, Franz Xaver Freiherr, Reichstagsgesandter 268 Reinhard, Wolfgang, Historiker 25-29, 72, 218 f., 221 f., 271, 299 f. Rodt, Franz Konrad Kasimir von, Fürstbischof von Konstanz 226 Rohr, Theo, Historiker 80, 123, 137, 150 Rothkirch, Johann Freiherr von, Reichstagsgesandter 141, 191, 204, 206, 256, 309 Salm, Fürst von 201 Saurau, Josef Gottfried Graf von, Reichstagsgesandter 115, 158-161, 169, 213, 263 f. Schieder, Theodor, Historiker 144 Schindling, Anton, Historiker 14, 16, 19, 24 Schmid, Alois, Historiker 36 f., 43, 87 Schmid, Johann Josef, Historiker 150 Schmidt, Georg, Historiker 11 Schmidt, Karl Albrecht, Regensburger Bürger 214 Schneid, Heinrich Joseph Freiherr von, Reichstagsgesandter 115, 127 ff., 205 f., 310 – Sohn Johann Jakob Heinrich 128 Schnettger, Matthias, Historiker 20 Schönberg, Johann Friedrich Graf von, Reichstagsgesandter 79, 137, 312 – Ehefrau 79 Schönborn, Friedrich Karl Graf von, Fürstbischof von Bamberg und Würzburg, Reichsvizekanzler 49 Schort, Manfred, Historiker 207 Schramm, anhalt-bernburgischer Kabinettsrat 285 Schramm, Johann Heinrich, Theologe 279 Schrattenbach, Siegmund Christoph Graf von, Erzbischof von Salzburg 264 Schreiber, Georg, Schriftsteller 35 Schroff, Johann Adam von, kurpfälzischer Diplomat 310 Schwarzenau, Joachim Ludwig von,

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Reichstagsgesandter 147-153, 190 f., 206, 214, 223, 230, 239, 256 ff., 269, 297 – Vater Kilian 148, 257 – Mutter Catharina Sibylle Maria 148 – Bruder Justus Christian 151 – Ehefrau Eberhardine Juliane (Henriette) Wilhelmine (geb. von der Streithorst) 151 – Kinder 223 Schwarzenberg, Joseph Adam, Fürst von 263 Seckendorff-Aberdar zu Oberzenn, Christoph Ludwig von, ansbachischer Minister 243, 285 Seefried, Johann Lorenz von, Reichstagsgesandter 65, 192, 240, 297 Seilern, Christian August Graf von, Reichstagsgesandter 18, 68, 85-90, 130, 133 f., 139, 143, 154, 167, 170 f., 175, 187, 191, 212, 216, 224, 226, 256 f., 266 f., 270, 282, 305, 307-322 – Großonkel Johann Friedrich (I.) 86 – Vater Johann Friedrich (II.) 86 – Ehefrauen – Charlotte oder Maria Carolina (geb. von Solms-Sonnewalde) 87 – Maria Theresia (geb. von Mährental) 87 – Sohn Johann Joseph 87 Seinsheim, Adam Friedrich Graf von, Fürstbischof von Bamberg und Würzburg 49, 130, 232 Senckenberg, Heinrich Christian Freiherr von, Reichshofrat 211 Seydewitz, August Friedrich Graf von, Konkommissar 48, 68, 81, 83 f., 90, 92, 96, 119, 125, 127, 131, 140, 149 ff., 154, 159, 165, 167-170, 174 f., 181, 186-191, 201, 211, 214 f., 221, 223 f., 226, 237, 239, 277, 282 f., 287 f., 293 f., 296, 305 Solf, Elisabeth, Historikerin 124 Sophie Auguste Friederike, Prinzessin von Anhalt-Zerbst siehe Katharina II. Specht, Reinhold, Historiker 278 Stadion und Thannhausen, Franz Konrad

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Personenregister

Graf von, Fürstbischof von Bamberg 267 Starhemberg, Gundaker Thomas Graf von, Hofkammerpräsident und Konferenzmitglied 83 Starhemberg, Konrad Sigismund Graf von, Reichstagsgesandter 85 Sternberg, Franz Philipp Graf von, Reichstagsgesandter 85 ff., 162, 187, 225 f., 305 – Ehefrau Maria Leopoldine (geb. von Starhemberg) 85 Stingelheim, Franz Siegmund Freiherr von, Reichstagsgesandter 132, 214, 315 Stollberg-Rilinger, Barbara, Historikerin 19, 26, 41 Strohmeyer, Arno, Historiker 11 Styra, Peter, Archivar 251, 268 Teuffel von Birkensee, Karl Wilhelm Freiherr, Reichstagsgesandter 105, 135, 139 ff., 193 f., 204 f., 242, 297 Thiessen, Hillard von, Historiker 73, 219, 300 Thurn und Taxis, Alexander Ferdinand Fürst von, Prinzipalkommissar 18, 21, 65, 69, 73-80, 89-96, 118, 127-130, 133, 136 f., 139, 146, 151, 161, 166-170, 181, 186 f., 206, 215 f., 222, 224 ff., 241, 245271, 281, 302, 305, 307 – Großmutter Anna Adelheid (geb. von Fürstenberg-Heiligenberg) 75 – Mutter Maria Ludovica Anna (geb. von Lobkowitz) 79 – Schwester Maria Augusta 151, 222 – Ehefrauen – Sophie Christine Louise (geb. Prinzessin von BrandenburgBayreuth) 77, 222 – Charlotte Louise (geb. Prinzessin von Lothringen und Gräfin von Lambesc) 77, 222 – Maria Henriette Josepha (geb. Prinzessin von FürstenbergStühlingen) 75, 77, 80, 93, 222225, 264

– Sohn Karl Anselm, Prinzipalkommissar 75, 186, 222, 265 – Ehefrau Augusta Elisabeth (geb. Prinzessin von Württemberg) 222, 224, 265 – Sohn Franz Johann Nepomuk 224 – Tochter Maria Theresia 224 – Tochter Maria Theresia 224 Trauttmansdorff, Ferdinand Graf von, österreichischer Staatsmann 100 Ulfeld, Anton Corfiz Graf von, Reichsvizekanzler 39, 64, 66, 83, 302 Valory, Guy Louis Henry Marquis de, französischer Diplomat 56, 172 Vette, Christian Rudolph, preußischer Geheimer Kriegsrat 212 Victor II. Friedrich, Fürst von AnhaltBernburg 275, 277 f., 282-287, 289 f., 293 ff., 297 – Ehefrau Albertine (geb. Prinzessin von Brandenburg-Schwedt) 275 Vorster, Johann Werner Freiherr von, kurmainzischer Hofkanzler 264, 315 Wachtendonk, Hermann Arnold Freiherr von, kurpfälzischer Oberstkämmerer 312 Wäschke, Hermann, Historiker 275 Waldstein, Johann Joseph Graf von 74 Wallenstein, Albrecht von, kaiserlicher Feldherr 230 Welsperg-Reitenau, Philipp Neri Graf von, kaiserlicher bevollmächtigter Minister 68 Whaley, Joachim, Historiker 36, 43 Widmann, Johann Wenzel Freiherr von, kaiserlicher bevollmächtigter Minister 108, 115, 192, 262 Wilhelm III., Prinz von Oranien-Nassau, König von England, Schottland und Irland 259 Wilhelm, Prinz von Sachsen-Gotha 266 f. Wilson, Peter H., Historiker 61

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Personenregister Winkel, Carmen, Historikerin 233 Winkelbauer, Thomas, Historiker 12 Wittgenstein-Homburg, Graf von 142 Wollenberg, Peter Anton von, österreichischer Kanzleidirektor 90 Wülcknitz, August Ludwig von, Reichstagsgesandter 103, 132, 142, 151 ff., 167, 169, 190 ff., 198, 204, 214, 221, 239, 256 ff., 283-286, 288 f. , 295 f., 309

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– Vater Karl Heinrich 152 – Neffe Konrad Friedrich Ludwig 152 Wurmbrand, Johann Wilhelm Graf von, Reichshofratspräsident 39, 83, 85 Zedinger, Renate, Historikerin 36, 39 Zillerberg, Sebastian Anton von, Reichstagsgesandter 158

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