Sprachwandel und (Dis-)Kontinuität in der Romania 9783484970403, 9783484305212

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Sprachwandel und (Dis-)Kontinuität in der Romania
 9783484970403, 9783484305212

Table of contents :
Frontmatter
Inhaltsverzeichnis
Zum Begriff des sprachlichen Kontinuums
Das „possessive“ Genitivattribut im Altfranzösischen und im Rumänischen
Sprachklassifikation, Sprachkontakt und Sprachwandel am Beispiel der Stellung der Objektpronomina im Okzitanischen
The difference that space makes… Die Varietäten des Akadischen zwischen Kontinuität und Diskontinuität
Continuité linguistique et discontinuité territoriale – le volgare des documents du Duca di Candia
Koineisierung im Altfranzösischen? Dialektmischung, Verschriftlichung und Überdachung im französischen Mittelalter
Pur meuz acorder en parlance E descorder en variaunce : convergence et divergence dans l’évolution de l’anglo-normand
Variazione sincronica e diacronica nella sintassi romanza: L’Atlante Sintattico dell’Italia Settentrionale e i dati della filologia
Tratti instabili nella sintassi del piemontese contemporaneo: tra italianizzazione e arcaismi locali
Contatto e mutamento linguistico in Sardegna settentrionale: il caso di Luras
Sistemi vocalici a contatto in area italo-romanza

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Linguistische Arbeiten

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Herausgegeben von Klaus von Heusinger, Gereon Mller, Ingo Plag, Beatrice Primus, Elisabeth Stark und Richard Wiese

Sprachwandel und (Dis-)Kontinuitt in der Romania Herausgegeben von Sabine Heinemann unter Mitarbeit von Paul Videsott

Max Niemeyer Verlag Tbingen 2008

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ber http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 978-3-484-30521-2

ISSN 0344-6727

 Max Niemeyer Verlag, Tbingen 2008 Ein Imprint der Walter de Gruyter GmbH & Co. KG http://www.niemeyer.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschtzt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulssig und strafbar. Das gilt insbesondere fr Vervielfltigungen, bersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbestndigem Papier. Satz: Sabine Heinemann, Regensburg Druck und Einband: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten

Vorwort

Der vorliegende Band versammelt das Gros der Beiträge der Sektion Sprachwandel und räumliche (Dis-)Kontinuität des XXIX. Deutschen Romanistentags (25.–29.9.2005, Saarbrücken). Für das gute Gelingen der Sektion danke ich v.a. den Kolleginnen und Kollegen, die durch ihre wertvollen Beiträge, in denen unterschiedliche Aspekte des Rahmenthemas beleuchtet wurden, wesentlich zu einer interessanten Diskussion beigetragen haben. Daneben bin ich Paul Videsott zu Dank verpflichtet, nicht nur wegen seiner Bereitschaft, die Leitung der Sektion mit zu übernehmen, sondern auch für die Mitwirkung an der Redaktion des vorliegenden Bandes. Die Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ermöglichte die Einladung von David Trotter, diejenige des Italienischen Kulturinstituts/Istituto Italiano di Cultura (IIC, München) erlaubte eine partielle Erstattung der Reisekosten der italienischen und schweizerischen Kollegen. Für die tatkräftige Unterstützung von Beginn an danke ich insbesondere Maria Selig, daneben weiter Ingrid Neumann-Holzschuh (beide Regensburg) sowie Angela Schrott (inzwischen Kassel). Neben zahlreichen anregenden Diskussionen bin ich ihnen für hilfreiche Ratschläge im Hinblick auf die Planung und Verwirklichung der Sektion und der Publikation der Tagungsakten dankbar. Für praktische Hilfe bei der Erstellung des Bandes danke ich neben den bereits benannten Personen weiter Vanessa Manten und Johanna Wolf (beide Regensburg) für die mühevolle Arbeit des Korrekturlesens sowie Emmanuel Faure (ebenfalls Regensburg) für die Durchsicht der auf Französisch verfassten Texte. Peter Blumenthal möchte ich stellvertretend für das Herausgebergremium der Linguistischen Arbeiten für die positive Beurteilung des Bandes und die angenehme Kooperation danken, dem Max Niemeyer Verlag, namentlich Birgitta Zeller, Ulrike Dedner und besonders Margarete Trinks für die freundliche Betreuung der Publikation. Regensburg, im Dezember 2007

Sabine Heinemann

Inhaltsverzeichnis

Sabine Heinemann Zum Begriff des sprachlichen Kontinuums............................................................................1 Maria Iliescu Das „possessive“ Genitivattribut im Altfranzösischen und im Rumänischen ......................15 Marc-Olivier Hinzelin Sprachklassifikation, Sprachkontakt und Sprachwandel am Beispiel der Stellung der Objektpronomina im Okzitanischen ..........................................................27 Ingrid Neumann-Holzschuh The difference that space makes ... Die Varietäten des Akadischen zwischen Kontinuität und Diskontinuität .............................................................................41 Rembert Eufe Continuité linguistique et discontinuité territoriale – le volgare des documents du Duca di Candia......................................................................57 Maria Selig Koineisierung im Altfranzösischen? Dialektmischung, Verschriftlichung und Überdachung im französischen Mittelalter ...................................................................71 David Trotter Pur meuz acorder en parlance E descorder en variaunce: convergence et divergence dans l’évolution de l’anglo-normand ........................................87 Paola Benincà, Nicoletta Penello Variazione sincronica e diacronica nella sintassi romanza: L’Atlante Sintattico dell’Italia Settentrionale e i dati della filologia ...................................97 Davide Ricca Tratti instabili nella sintassi del piemontese contemporaneo: tra italianizzazione e arcaismi locali ..................................................................................113 Michele Loporcaro Contatto e mutamento linguistico in Sardegna settentrionale: il caso di Luras ...................................................................................................................129 Marcello Barbato Sistemi vocalici a contatto in area italo-romanza...............................................................139

Sabine Heinemann

Zum Begriff des sprachlichen Kontinuums1

Der Begriff des sprachlichen Kontinuums ist in der Romanistik v.a. mit dem Konzept der Romania continua (vs. Romania discontinua) verbunden.2 Verschiedentlich wird der Begriff der Romania continua synonym zu demjenigen der Alten Romania verwendet, wenngleich mit Romania continua – wie schon bei Alonso (vgl. 1951) – eine geotypologische Ausrichtung angelegt ist. Begriffe wie Alte und Neue Romania (vgl. auch die Bezeichnungsmöglichkeit als primäre und sekundäre Romania) sind v.a. chronologisch ausgerichtet zu verstehen und beziehen sich auf ehemals römisch besiedelte Territorien in Europa bzw. die überseeischen Kulturräume (Kolonialherrschaft). Für eine bessere Einordnung der in diesem Band zusammengestellten Beiträge soll zunächst ein orientierender Einblick in die Problematik des Kontinuumsbegriffs und die Interdependenz von Kontinuität und Konvergenz (bzw. Diskontinuität und Divergenz) gegeben werden.

1.

Horizontale vs. vertikale Kontinuität

Für die Behandlung des Kontinuumsbegriffs ist eine Differenzierung zwischen horizontaler und vertikaler Dimension von zentraler Bedeutung. Für die horizontale Ebene sind Kontinua prinzipiell nur unter bestimmten sprachhistorischen Bedingungen, nämlich vor der Standardisierung bzw., auf der Ebene der Dialekte, auch nach erfolgter Standardisierung möglich: So ums Jahr 1000 war unser Kontinent – von den slawischen Völkern sehen wir dabei ab – zwar in verschiedene politische Gebilde aufgeteilt, aber geistig in der gemeinsamen Schriftsprache geeint. Man schrieb fast überall Latein, zwar ein höchst unklassisches und vielfach regional schillerndes Latein, aber es war die sprachliche Form der allen Völkern gemeinsamen höhern Bildung, und die Träger dieser Bildung sprachen auch unter sich dieses Latein. Daneben sprachen die Völker aber auch ihre Volksidiome: von Venedig bis zum Atlantischen Ozean und von Neapel bis nach Arras sprach man in unendlicher Abschattierung das Romanische, das sich, an jedem Ort durch die lange

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Für wertvolle Hinweise und die Diskussion des vorliegenden Beitrags danke ich Maria Selig, Ingrid Neumann-Holzschuh, Thomas Krefeld, Ludwig Fesenmeier und Paul Videsott. Bei der Gliederung der romanischen Sprachen nach dem Grad der Ähnlichkeit der Idiome untereinander erweisen sich das Französische – als innerhalb der Romania continua angesiedelt – und das Rumänische – als außerhalb der Romania continua befindlich – nach Alonso (1951:126) als „inagrupable“ (vielfach als Romania discontinua klassifiziert). Auch innerhalb der Romania continua lässt sich für die einzelnen Territorien die Anwendbarkeit des Begriffs diskutieren, s. etwa für die Iberoromania hinsichtlich der Reromanisierung infolge der Reconquista.

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Sabine Heinemann Geschlechterfolge wieder etwas anders verändert, aus dem von Rom importierten Latein entwickelt hatte. Nirgends war diese romanische Kontinuität unterbrochen. Sie fand ihre Grenze erst dort, wo sie an die germanischen Länder anstiess (Wartburg 1956: 24).

Unter den Voraussetzungen der modernen Territorialstaaten und -sprachen ist der Gedanke des Kontinuums allerdings problematisch; über die Konstituierung der heutigen Staatengebilde sowie die Entwicklung überregional verbreiteter Idiome ergeben sich Brüche innerhalb des ursprünglichen, von Wartburg formulierten Kontinuums. Die in dem angeführten Zitat benannte graduelle Veränderung führt auf eine sich vornehmlich im Bereich staatlicher Grenzen manifestierende Gradualität hin,3 auf die Alonso aufmerksam macht: En Francia, Suiza y norte de Italia, los dialectos franceses, los provenzales, y los francoprovenzales y piemonteses forman un entretejido de caracteres, de modo que las transiciones geográficolingüísticas son muy graduales. Así, pues, entre lengua y lengua contiguas hay a la vez frontera y concordancia, y una frontera capaz de tener valor reagrupador será solamente aquella que, por el excepcional número y gravedad de sus elementos diferenciales, pueda ostendar una significación mayor que la sola de separar dos lenguas (Alonso 1951: 110).4

Die heutige sprachliche Situation erlaubt eine Adaptation des Kontinuumsbegriffs also lediglich auf dialektaler Ebene. Für die einzelnen dialektalen Räume lassen sich dabei starke Differenzen ausmachen – so etwa ist der italienische Sprachraum durch eine starke dialektale Zerklüftung geprägt, der interne Abstand der einzelnen Dialekte zueinander ist größer als z.B. im französischen Sprachraum. Auf – aus heutiger Perspektive – intra- und transnationale Kontinuitätsszenarien auf Dialektebene, die als Reste der von Wartburg festgestellten Kontinuität gelten können und sich durch eine relative Homogenität auszeichnen, wird verschiedentlich mit dem Konzept des Geotyps Bezug genommen (vgl. z.B. die Konzeption einer Romania pirenaica oder alpina).5 Die in diesem Kontext relevante Problematik hinsichtlich der Definierbarkeit von Dialektgrenzen kann hier nicht ausführlich diskutiert werden. Sie impliziert die Frage, bis zu welchem Ausmaß die Übergänge zwischen einzelnen Dialekten als kontinuierlich aufgefasst werden können (vgl. das Konzept der amfizona schon bei Ascoli).6 –––––––—–– 3

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Durch die unterschiedliche Überdachungssituation können sich divergente Entwicklungen für die zunächst kontinual ineinander übergehenden Varietäten in der Nähe staatlicher Grenzen ergeben. Konvergenzen und Divergenzen bilden den bestehenden bzw. nicht bestehenden Kontakt der jeweiligen Sprechergemeinschaften von diesseits und jenseits der Grenzen ab (s. schon Gauchat 1903: 399). Allerdings ist zu betonen, dass natürliche oder politische Grenzen zwar für mentale Raumkonzepte ausschlaggebend sein können, aber nicht per se sprachliche Divergenzen auslösen. Vgl. auch Moretti/Picenoni/Stavridou (2001: 257): „[si tratta di una] realtà di un continuum ad accelerazioni e rallentamenti delle transizioni, con ,fossati‘ più o meno grandi tra le differenti varietà romanze“. Zum Konzept des Geotyps s. zahlreiche Arbeiten von Goebl (z.B. 1990, 1995). Zur Problematik der „Gliederung“ der Romania in Teilgebiete (im Zuge der Nationenbildung, aber auch im Rahmen der Sprachklassifikation) und der damit verbundenen Überlagerung und Zergliederung der geolinguistischen Kontinuität vgl. Krefeld (2007). Bei transnationalen Kontinuitätsszenarien ist synchron die unterschiedliche Überdachungssituation relevant. Vgl. hierzu auch die Kontroverse zwischen den französischen Forschern Meyer und Paris, die in der Benennung einzelner Dialekte lediglich eine definitio nominis sehen, und Ascoli, der eine defi-

Zum Begriff des sprachlichen Kontinuums

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Der Gedanke des Kontinuums wurde auch auf die Beziehungen zwischen Standardsprache und Varietäten innerhalb eines Varietätenraums übertragen. Generell ist für die romanischen Sprachen die Entwicklung ausgehend von einer (weitgehenden) dialektalen Einsprachigkeit über eine Zweisprachigkeit (Dialekt – Koiné/Standardsprache) wieder hin zu einer Einsprachigkeit anzusetzen (mit Aufgabe der Dialekte).7 Letztgenannter Prozess erfolgt über die Zwischenstufe der Entdialektalisierung (im Sinne einer Advergenz in Bezug auf eine Gebrauchsnorm oder die Standardvarietät),8 die zum gegenwärtigen Zeitpunkt in den Teilgebieten der Romania unterschiedlich weit fortgeschritten ist. Der Abstand zwischen Dialekt und Standard ist folglich verschieden groß, so z.B. ist der französische Varietätenraum strukturell betrachtet deutlich flacher als der italienische. Bei Einnahme einer vertikalen Perspektive lassen sich also über den Kontinuumsgedanken Übergangsformen zwischen Standardsprache und Dialekt fassen. Der Terminus des Kontinuums mit Blick auf die Vertikalität wird ursprünglich v.a. in Studien zur sprachlichen Situation in Südamerika und in der Kreolistik verwendet. Ausgehend von der Idee eines vertikalen Kontinuums wird seitens DeCamp (z.B. 1971) ein postkreolisches Kontinuum angesetzt, das eine lineare Entwicklung der Kreolsprachen abbilden soll (vgl. auch Sato 1993: 124 zum graduellen Verlust der Varietäten; Berruto 1987: 28). Da sich der Varietätenraum aus den in einer Sprechergemeinschaft kopräsenten Sprachformen und vielfältigen Übergangsformen zwischen Standard und nähesprachlichen Sprachformen konstituiert, scheint die Adaptation des Kontinuumsbegriffs für die strukturelle Perspektive (vgl. z.B. für die Formulierung eines Dialekt-Standard-Kontinuums) gerechtfertigt.9 In der Gegenüberstellung horizontaler und vertikaler Kontinuität fällt zunächst auf, dass graduelle Übergänge vielfach durch Varietäten repräsentiert sind. Die Differenzierung einzelner Segmente widerspricht aber eigentlich der Definition des Kontinuums.10 Mioni/Trumper (1977: 330, auch Fußnote 2) schlagen daher die Verwendung der Termini Gra–––––––—––

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nitio rei gegeben sieht, wie mit der Fixierung des Frankoprovenzalischen über die „simultanea presenza o [...] particolar combinazione di quei caratteri“ (Ascoli 1876: 387) erkennbar wird (Paris 1909: 434ss. beschreibt die Kontinuität als einzig real; vgl. zur Gesamtproblematik bereits sehr detailliert Gauchat 1903). Für die Konstitution von Isoglossenbündeln sind neben natürlichen Hindernissen, Staatsgrenzen o.ä. auch migrationsbedingt entstandene Isoglossen von Interesse, die z.T. eine deutliche Abgrenzung von Sprach- und Dialekträumen ermöglichen (Ivić 1962: 39ss.). Das beschriebene Szenario ist natürlich stark vereinfacht und dient nur der Darstellung der groben Entwicklungsrichtung. So sind auf der Stufe der benannten dialektalen Einsprachigkeit vielfach Idiome anzusetzen, die aus komplexen Sprachkontaktsituationen hervorgehen. Daraus resultiert letztlich eine Situation der Zweisprachigkeit und die mögliche Modifikation des horizontalen und vertikalen Kontinuums (wie etwa im Falle des Sardischen, Krefeld (persönliche Mitteilung)). Wesentliche Einflussfaktoren für die Entdialektalisierung sind neben dem Prestige der Standardvarietäten und sprachpolitischen Maßnahmen v.a. auch die zunehmende Urbanisierung, die Medien oder auch die Familienstruktur. Mit dem Kontinuumsbegriff wird im Rahmen der Soziolinguistik vielfach Bezug genommen auf die Unangemessenheit des Systembegriffs für die Beschreibung sprachlicher Variation. Zu einer ausführlichen Auseinandersetzung mit dieser Problematik s. Weydt/Schlieben-Lange 1981. Vgl. hier auch Stehl (1988: 31), der offensichtlich aus diesem Grund von einer continuité de rupture spricht.

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Sabine Heinemann

datum, Diskontinuum bzw. Diskretum vor. Berruto (1987: 27ss., v.a. p. 29s.; 2004: 315s.) differenziert zwischen a) generischen, nicht orientierten Kontinua, die aus einer Menge diskreter Varietäten bestehen, b) Kontinua mit Polarisierung sowie c) orientierten, nicht polarisierten Kontinua mit Verdichtungen, die nicht zwangsläufig diskrete Varietäten widerspiegeln und d) Gradata mit als diskret zu beschreibenden Varietäten – wobei hier auch das Sprecherempfinden für Unterschiede in den Varietäten sowie das Bewusstsein für diese Varietäten von Interesse ist. Dabei können die benannten Kontinuumstypen sowohl lineare wie nicht linear organisierte Repertoires beschreiben. Ein wesentliches Differenzierungskriterium horizontaler und vertikaler Kontinuität besteht in der klaren Benennbarkeit eines gewissermaßen als Ziel beschreibbaren (entsprechend in der Regel positiv konnotierten) Pols im Falle der vertikalen Dimension des Varietätenraumes, der durch die Standardsprache repräsentiert ist.11 In der face-to-faceKommunikationssituation resultiert daraus anders als im Falle des (horizontalen) Dialektkontakts12 die Anpassung nicht an den Gesprächspartner bzw. seinen Idiolekt (oder die durch diesen repräsentierte diatopische Varietät), sondern an die für die jeweilige Sprechsituation sozio-situativ angemessene Varietät (vgl. Mattheier 1996: 45). Das Ausgangsidiom des Sprechers – und damit der der Standardsprache entgegen gesetzte Pol – muss dabei nicht zwangsläufig ein lokaler Dialekt, sondern kann auch ein Regiolekt sein. Über die Formulierung eines vertikalen Kontinuums wird die strukturelle Betrachtung eines Teils der kopräsenten Varietäten eines Varietätenraums möglich. Darüber wird eine Vergleichbarkeit mit Kontinua auf Dialektebene erreicht, wenngleich Unterschiede in der Wahrnehmung und der Kompetenz bestehen (die vertikale Dimension ist für den Sprecher leichter erfassbar, die Kompetenz (benachbarter) Dialekte ist in der Regel stark eingeschränkt). Für das Konzept des geographischen Kontinuums sei nochmals verwiesen auf das einleitende Zitat, in dem ein romanisches Kontinuum mit den entsprechenden Begrenzungen durch Sprachen anderer Sprachfamilien definiert wird. Es geht zwar wie erläutert auch hier um die Kommunikation mit den unmittelbaren Nachbarn, allerdings ist der Kommunikationsradius des einzelnen Sprechers eingeschränkt, so dass das Kontinuum in seiner Gänze in der Regel, wie schon angedeutet, vom einzelnen Sprecher nicht wahrgenommen wird.13

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Die subjektiv wahrgenommene „Zielsprache“ kann in den fraglichen Kontexten in Abhängigkeit vom jeweiligen Sprecherstandort im arealen und sozialen Kontinuum differieren (Wildgen 2005: 1343). Gerade im Rahmen der neueren Forschung zur Dialektnivellierung und Koinéisierung wird vielfach Bezug genommen auf den interpersonalen Kommunikationsprozess (Mikroebene), der vielfach als durch Akkomodation an den Kommunikationspartner charakterisiert dargestellt wird und sich sekundär in sprachlichen Veränderungen in der Sprechergemeinschaft (Makroebene) niederschlagen kann (kritisch dazu Selig (in diesem Band); vgl. die verschiedenen Beiträge in Chambers/Trudgill/Schilling-Estes 2002). Mit Krefeld (2004) lässt sich festhalten, dass die „continuité des langues romanes n’est, dans la conscience des locuteurs, qu’une réminiscence plus ou moins vague de leur origine commune“ – dies lässt sich aber natürlich nur als zutreffend bewerten, wenn sprecherseitig überhaupt ein Bewusstsein für die jeweilige Kontinuität oder Diskontinuität zwischen einzelnen Idiomen vorliegt.

Zum Begriff des sprachlichen Kontinuums

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Was die Extension des horizontalen Kontinuums betrifft, so wird hier also die gesamte Sprechergemeinschaft angesprochen.14 Problematisch erweist sich die in der horizontalen Perspektive angelegte Fixierung auf eine eindimensionale Lesart, die wesentliche (erhellende) Aspekte der Variation ausschließt.15 Dies wird beispielsweise sichtbar in der historischen Stadtsprachenforschung, die die Annahme hierarchisierter Beziehungen zwischen den Dialekten, aber auch die Einbindung diastratischer und diaphasischer Variation nahe legt.

2.

Konvergenz vs. Divergenz

Mit den Begriffen der Konvergenz und Divergenz werden Entwicklungen fassbar, die zu strukturellen Kontinua – seien sie horizontal oder vertikal angelegt – hin- oder wegführen (Auer/Hinskens 1996: 9; Trumper/Maddalon 1988: 223).16 Innerhalb eines sprachlichen Kontinuums können Konvergenzen17 vielfach als sprachkontaktbasiert beurteilt werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass polygenetisch bedingte Konvergenzen durch internen Sprachwandel auszuschließen wären: [...] da Sprachwandel universalen sprachökonomischen Prinzipien folgt und speziell Lautwandel aufgrund seiner artikulatorischen und perzeptiven Rückbindung nicht beliebig erfolgen kann, treten immer wieder identische Lautprozesse auf, die zu historisch kontingenter, nicht kontaktinduzierter Konvergenz führen (Geisler, im Druck).18

Für vertikale Kontinua ist mit ihrer funktionalen Begründung gleichzeitig die Dynamik für ständige Entwicklungen gegeben, d.h. hier werden Konvergenzen in der kontinuierlichen –––––––—–– 14 15 16

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Für die randständigen oder isolierten Idiome ergibt sich eine Sonderstellung innerhalb des Kontinuums. Diese Vorgehensweise findet sich v.a. in traditionellen dialektologischen und sprachanalytischen Arbeiten (mit Ausnahme neuerer Atlanten). S. hier auch die Differenzierung kon- und divergenter Entwicklungen a) zwischen Dialekten sowie zwischen Dialekt und Standardvarietät, b) zwischen regionalen Varietäten (Trumper/Maddalon 1998: 223). Vgl. Weinreich (1959, zit. nach Thomason 2001) mit der Definition von Konvergenz als „partial similarities increasing at the expense of difference“, die Thomason (2001: 89) v.a. im Falle gegenseitiger Beeinflussung von Idiomen gegeben sieht, wodurch sich eine Abgrenzung von unidirektionalen Adaptionsprozessen erreichen lässt. Darüber hinaus ist nach Thomason für die Definition von Konvergenz bedeutsam, dass die fraglichen Entwicklungsergebnisse nicht auf eine einzelne Quelle zurückzuführen sind: „either they were already present, but less prominent, in both languages, or they resemble both languages in part but do not match either one completely“. In diese Richtung weist auch die Bemerkung Mattheiers mit Bezug auf die Entwicklungen in isolierten Varietäten: „Wir finden [...] in zwar isolierten, jedoch benachbarten Ortsdialekten oftmals ähnliche autochthone Entwicklungen, obgleich Kontakt ausgeschlossen werden kann“ (Mattheier 1996: 36s.). Eine Inbezugsetzung zur genealogisch-typologischen Entwicklung wird so auch in der Überlagerung der geographischen durch die historische Kontinuität sichtbar.

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Annäherung an die Standardvarietät sichtbar,19 wie sie sich diachronisch erschließen und in ihrem Ausmaß begründen lassen. Dass die Entwicklungen durchaus unterschiedlich verlaufen (können), zeigt ein Blick auf die einzelnen Sprachräume der Romania. Der mit dem Konzept der Kontinuität in Zusammenhang stehende Begriff der Konvergenz (und entsprechend auch der Divergenz) verweist deutlicher als derjenige des Kontinuums auf das Funktionieren von Sprache in gesellschaftlichen Zusammenhängen, weshalb Konvergenz immer auch als soziolinguistischer Begriff zu fassen ist (Mattheier 1996: 31ss.), obwohl in erster Linie auf strukturelle Phänomene Bezug genommen wird. Im Hinblick auf die bei Trudgill propagierten kurz- und langfristigen Akkomodationsprozesse als Grundlage sprachlichen Wandels in Kontaktsituationen ist im Falle des Dialektkontakts die Ausweitung der Hörerkompetenz denkbar. Dadurch wird die „Notwendigkeit” intermediärer Formen relativiert, zumal diese nicht zwangsläufig identitätsstiftende Funktion erhalten, sondern primär durch den Wunsch nach gegenseitiger Verstehbarkeit bedingt sind.20 Die Generalisierung von Innovationen erfolgt einerseits innerhalb des Sprachsystems, andererseits, soziolinguistisch betrachtet, innerhalb des Sprachwissens des einzelnen Sprechers sowie innerhalb der Sprechergemeinschaft – differenzierbar nach diatopischer und diastratischer Ebene (Mattheier 1996: 48; vgl. hierzu den Begriff des sozialen Kontinuums bei Wildgen 2005). Über Dialektkontakt lassen sich verschiedene Typen konvergenter Entwicklung erklären (Mattheier 1996: 34ss.). Neben der Übernahme einer in einer anderen Varietät vorliegenden Variante ist auch die Ausbildung einer neuen Variante zu berücksichtigen. In letzterem Fall handelt es sich aber nur dann um Konvergenz, wenn in beiden Kontaktvarietäten eine neue Variante als Misch- oder Zwischenform ausgebildet wird. Die einseitige Annäherung einer Varietät an eine andere lässt sich mit Mattheier als Advergenz fassen.21 Neben Konvergenzen sind bei räumlicher Kontiguität prinzipiell auch Divergenzen möglich, die sich in autochthonen Neuerungen zeigen können. Sichtbar wird Divergenz auch in –––––––—–– 19 20

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Vgl. zur Standardkonvergenz auch Klenk (2004: 217ss.). Eine direkte Standardkonvergenz ist selten; als wesentlicher Einflussfaktor ist die Disposition der Sprecher zu berücksichtigen. Zu fudged vs. mixed dialects als Ergebnis konvergenter Entwicklungen s. Trudgill 1986. Derartige Misch- oder Übergangsdialekte zeichnen sich durch ein hohes Maß an Variabilität aus und erweisen sich selten als über eine längere Zeit stabil (vgl. z.B. Mattheier 1996: 44). Für die neu entstehenden Varietäten stellt sich wiederum die hier nicht weiter diskutierbare Frage nach dem Einfluss auf die ursprünglich in Kontakt stehenden Idiome. Für Kontaktsituationen ist im Bereich der Konvergenz die von Altmann (1984: 65) formulierte Differenzierung in manifeste und latente Konvergenzen interessant. Während in erstgenanntem Fall die Ausbildung oder Adaption eines Merkmals gemeint ist, bezieht sich zweitgenannter Fall auf kontaktbedingte Veränderungen in der Frequenz. Arealtypologisch stehen Konvergenzprozesse für die Formulierung von Sprachbünden im Vordergrund – es fragt sich allerdings, ob nicht eine Übertragung des Konzepts auf die dialektale Ebene ebenso möglich ist, zumal die sprachlichen Veränderungen innerhalb der Romania nicht nur die Fortsetzung des Vulgärlateinischen zeigen und damit nicht zwangsläufig eine rein genealogische Erklärung im Sinne sprachinterner Entwicklung in Frage kommt, die eine vielfach einseitige Betonung der Divergenz in sich birgt (vgl. Filppula 2004: 178). D.h. die Möglichkeit kon- und divergenter Entwicklungen ist auch bei verwandten Idiomen gegeben (vgl. hierzu Termini wie convergence area, dialect (convergence) area, affinité linguistique oder diffusion area, die in diese Richtung weisen; Campbell 1985: 25).

Zum Begriff des sprachlichen Kontinuums

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solchen Fällen, in denen Isolation mit Bezug auf verwandte Idiome gegeben ist, gleichzeitig aber Kontakt zu nicht verwandten Idiomen besteht. Während sich letzterer Kontakt in der Übernahme lexikalischer Elemente niederschlägt, kann die Abgrenzung zu benachbarten Idiomen der gleichen Sprachfamilie zum Erhalt früherer Entwicklungen beitragen, die in den Nachbarvarietäten sekundär (z.B. aufgrund von interdialektalen Nivellierungen) wieder abgebaut wurden. Entwicklungen, die zu Divergenzen führen, lassen sich vielfach für die neue Romania nachweisen; durch die Anwendung des Terminus Romania discontinua (neben Romania nova) wird ein struktureller Unterschied mit Blick zumindest auf die europäischen Idiome evoziert.22 Wesentlich ist für die fraglichen Idiome, dass diese einerseits Innovationen aufweisen, die auf die Ausgangsidiome der europäischen Romania zurückverweisen, andererseits aber durch ein gewisses Maß an Archaizität geprägt sind. Divergenz liegt also in der höheren Bewahrungstendenz (v.a. bezüglich salienter Merkmale) begründet, nicht zwangläufig in abweichenden Entwicklungen, die aber natürlich hinzutreten und die Vergrößerung des Abstandes sowohl zu den Ausgangsidiomen als auch zu den umgebenden Idiomen bewirken können. Dies gilt insbesondere auch für Sprachinseln auf dem Territorium verwandter Sprachen. Für die Sprechergemeinschaft ist aber in einer ersten Phase dialektaler Ausgleich und damit Konvergenz anzunehmen, wodurch zunächst eine Homogenisierung des Varietätenraums erreicht wird (vgl. z.B. Salmons 2003: 109ss.).23 Zusammenfassend ist festzustellen, dass Kon- und Divergenzen prinzipiell – bei dynamischer Interpretation – zwar verschiedene Prozesse sind, dennoch mit Blick auf die Bewertung von Kontinuität innerhalb eines Varietätenraumes die Berücksichtigung beider Entwicklungsrichtungen notwendig ist (in vertikaler wie in horizontaler Dimension).24 Für die Verbreitung sprachlichen Wandels ist auf Faktoren wie Mobilität vs. Ortsfestigkeit, soziales Netzwerk, Kontiguität hinzuweisen (vgl. auch die Art der Ausbreitung: wellenartig, schrittweise, hierarchisch), die eindeutig soziolinguistischer Prägung sind. Auch für die Kon- und Divergenzen selbst wird eine soziale Basis angenommen. Die Frage nach der sich jeweils durchsetzenden Form steht dabei in zahlreichen Ansätzen allerdings nicht im Vordergrund. In deterministischen Ansätzen, beispielsweise im Rahmen der Natürlichkeitstheorie, nimmt sie eine zentrale Rolle ein – wesentliche Parameter sind Uniformität, –––––––—–– 22

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Diskontinuität aufgrund von Divergenz kann natürlich auch in der europäischen Romania beobachtet werden. Eines der interessantesten Beispiele ist die Bewahrung des Ergebnisses der Palatalisierung von CA in den rätoromanischen oder ladinischen Varietäten. In den übrigen norditalienischen Idiomen wurde ab dem 11. Jh. reetymologisiert – dieser Prozess findet in der Toskanisierung seinen Abschluss (s. den Erhalt palataler Affrikaten – verschiedentlich deaffriziert – in nicht toskanisierten galloitalienischen Dialekten). Vgl. auch Milroy (1992: 21s.): „What we observe here are conflicting patterns of change and stability in languages and dialects of similar structure.“ Mattheier (1996: 38) betont die Verfestigung und Durchsetzung von Dialektnormen in diesem Kontext. Kontaktbedingt treten insgesamt betrachtet häufiger kon- als divergente Entwicklungen auf (Stehl 1988: 28). Stehl (2005: 90ss.) differenziert insgesamt betrachtet – in Anlehnung an Lüdtke – Sprachwandel aus historischer Kontinuität und Sprachgenese als aus dem Bruch und der Neubegründung sprachlicher Traditionen im Kontakt zweier Idiome entstehend (divergent, zentrifugal, endogen vs. konvergent, zentripetal, exogen). Als wesentlich erweist sich die Bewertung von Konvergenz als beständiges Gegengewicht zu Divergenz, da dem Autor zufolge Idiome andernfalls degenerieren würden.

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konstruktioneller Ikonismus, Transparenz und Systemangemessenheit (vgl. daneben auch die Ökonomietheorie mit stärkerer Einbindung der type- sowie v.a. der token-Frequenz).25 Was das Aufkommen neuer Formen betrifft, wurde bereits auf die Möglichkeit des Entstehens intermediärer Formen aufmerksam gemacht (s. die Studien von Trudgill, z.B. 1986). Bei der Übernahme von Varianten spiegeln die jeweiligen Ergebnisse den zugrunde liegenden Kontakttyp wider: So ist bei schwachen Kontaktsituationen mit Advergenz zu rechnen, wohingegen die Innovation bei einer starken Kontaktsituation mit fehlender Hierarchisierung der involvierten Idiome eher einen Ausgleich induziert. Die Intensität des Kontakts schlägt sich in der Ausprägung bzw. dem Ausmaß von Interferenzen nieder. Wesentliche Einflussfaktoren sind hier kultureller Druck, die Dauer des Kontakts – wichtig auch für die Stabilität der Kontaktsituation –, die Größe der involvierten Bevölkerungsgruppen, die eventuelle sozioökonomische Dominanz einer Sprechergruppe etc. (Thomason 2001: 183ss.). Inwiefern ein Ineinandergreifen systembedingten und kontaktinduzierten Wandels erfolgt, muss die Untersuchung von Einzelfällen zeigen (vgl. z.B. zu F > h im Spanischen Campbell 1985: 37). Die Abgrenzung interner und externer Entwicklung ist dabei nicht unproblematisch, ähnlich wie der Nachweis für eine rein kontaktbedingte oder sprachintern motivierte Entwicklung schwer zu führen ist (vgl. dazu auch Sanga 1985: 29).

3.

Zur sprachlichen Situation im Mittelalter

In Gegenüberstellung zu den vorstehenden Betrachtungen, die sich vornehmlich auf Varietätenräume beziehen, die durch eine überdachende Nationalsprache charakterisiert sind, sind die mittelalterlichen Verhältnisse dadurch gekennzeichnet, dass zwar in horizontaler Dimension das von Wartburg erläuterte Kontinuum vorliegt, vertikale Kontinua mit einer vernakulären Standardvarietät sich für die einzelnen Sprachräume aber erst ausbilden. Bekanntlich dringen die romanischen Idiome erst allmählich in den Bereich der Distanzkommunikation ein, was vor allem für das schriftliche Medium gilt, das noch lange Zeit vom Lateinischen dominiert wird. Zur Umbruchsituation Lateinisch – Romanisch bemerkt Raible (1996: 122), dass es [...] auch zwischen den einzelnen romanischen Sprachen Kontinua gibt in dem Maße, wie ihre Systeme noch von ,lateinischen‘ Möglichkeiten geprägt sind. Mit der zunehmenden Ausdifferenzierung löst sich diese Kontinuums-Situation auf in Kontinua zwischen einzelnen, ,enger‘ verwandten romanischen Sprachen, während die Kontinuums-Situation sich in anderen Fällen allmählich reduziert.

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Zugrunde liegen hier unbewusste, allgemein gültige Motivationen der Sprachbenutzer, die sich in den Regularitäten des Sprachwandels niederschlagen. Dass sprachlicher Kontakt für die Ausbreitung eines Wandels bedeutsam ist, räumen auch Mühlhäusler oder Mayerthaler ein, die das Aufkommen von Innovationen selbst allerdings als vorwiegend sprachintern motiviert ansehen (vgl. Klenk 2004: 218ss., Markey 1990: 458).

Zum Begriff des sprachlichen Kontinuums

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Mit der Verschriftlichung der romanischen Idiome ist auch die gegenseitige Beeinflussung der jeweiligen Distanzsprachen möglich. Für das Mittelalter ist aber wie gesehen keine Überdachungssituation durch eine bereits normierte (romanische) Sprache gegeben, eine Gemeinsprache bildet sich erst im Rahmen eines Koinéisierungsprozesses heraus. Auch der Einfluss der jeweils regionale Züge aufweisenden Schreibsprachen auf die gesprochene Sprache ist als gering einzustufen, da diese in der Regel eher als Vehikularsprachen denn jeweils als prestigebesetzte regionale Normen zu werten sind (hinzu kommt die nur schichtenspezifische Alphabetisierung der Bevölkerung). Erst in der weiteren Entwicklung lassen sich Tendenzen zum regional dialect levelling ausmachen (vgl. dazu z.B. Kerswill 2003: 224), die allerdings wahrscheinlich auf den mündlichen Sprachgebrauch beschränkt bleiben. Dennoch wird über die Ausbildung einer auf dem Bedürfnis nach größerer kommunikativer Reichweite basierenden regiolektalen Varietät eine Entfernung zu den zugrunde liegenden primären Dialekten26 erreicht. Diese Varietät bildet somit gleichzeitig auf dem sich herausbildenden vertikalen Kontinuum eine erste (regionale) Leitvarietät. Mit der Entwicklung einer Gebrauchsnorm der romanischen Idiome und ihrer Verwendung als Schriftsprache besetzt die entsprechende gesprochene Varietät diesen Pol, wenngleich die Entwicklung und die sprecherseitige Verwendung der Varietäten auf dem Kontinuum nur stückweise zunimmt, also eine Vergleichbarkeit der ersten Phase der Normierung mit den heutigen Verhältnissen nicht gegeben ist. In der Schriftlichkeit löst die Verwendung des Lateinischen Advergenzerscheinungen in den Schreibsprachen aus, da es für die regionalen Schreibsprachen Modellcharakter besitzt (wenngleich damit nicht zwingend das Eindringen der fraglichen Erscheinungen in den mündlichen Gebrauch der gesamten Sprechergemeinschaft verbunden ist). Das Lateinische selbst lässt sich in diesem Sinne nur begrenzt als Pol eines vertikalen Kontinuums definieren, da das Bewusstsein für die Differenzierung von Lateinisch und Romanisch ausgeprägt war27 und entsprechend sprecherseitig das Lateinische als klar der Schriftlichkeit zugehörig aufgefasst worden sein dürfte; für das schriftliche Medium geht es letztlich um den textsortenabhängigen Ersatz des Lateinischen durch die aufkommenden Schreibsprachen. Als Darstellung der sprachlichen Situation der Romania im Mittelalter lassen sich z.B. für den französischen Sprachraum u.a. die Arbeiten von Dees (1980, 1985, 1987, 1991) und Goebl (z.B. 1991) anführen. Die Autoren postulieren in ihren Arbeiten eine Parallelität der Raumstrukturen mittelalterlicher und neuzeitlicher Daten, nämlich derjenigen des ALF.28 Interessanter für eine Analyse des horizontalen Kontinuums in historischer Perspektive erweist sich die Arbeit Lodges (2004; vgl. bereits als Überblick 1999) v.a. auch hinsichtlich einer möglichen historischen Stadtsprachenforschung. Mit der aufkommenden Koinéisierung, die in Frankreich auf der prestigebesetzten Varietät der wirtschaftliche und kulturelle Ausstrahlungskraft genießenden Stadt Paris aufsetzt – aufgrund auch der sich daraus erge–––––––—–– 26

27 28

Der Einfachheit halber wird hier der Terminus Dialekt verwendet, auch wenn klar ist, dass vor Konstitutierung z.B. eines französischen Varietätenraumes streng genommen nicht von Dialekten gesprochen werden kann. Entsprechend ist für ein Idiom der Ausbau nicht zwingend erforderlich, um im Bewusstsein der Sprecher als Sprache mit innerer Variation erfasst zu werden (vgl. Krefeld 2004: 65). Auf die Problematik der Datenerhebung für die ältere Sprachstufe sowie die Auslegung dieser (durch Dees) als Dialektdaten (in Ablehnung der Skriptologie) kann hier nicht näher eingegangen werden.

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benden Migration aus den umgebenden (ländlichen) Regionen29 –, ergibt sich die Frage nach der Verortung städtischer Varietäten auf dem sprachlichen Kontinuum. Prinzipiell ist die Ausbildung mehrerer sprachlicher Ausstrahlungszentren denkbar, deren Relevanz z.B. iberoromanisch in der Gegenüberstellung des toledanischen Kastilischen und der Norm von Burgos sichtbar wird (vgl. generell die Rolle von Dialektzentren, die in der Regel nicht wandern und damit eine gewisse Homogenität innerhalb des Dialektraumes herstellen, gleichzeitig die Definition von Kernräumen und unscharfen Grenzräumen erlauben). Allgemein betrachtet lässt sich also auf dem Kontinuum eine Trennung von Stadt und Umfeld vornehmen, wobei diese städtischen Varietäten zunächst lediglich einen Punkt auf einem Dialektkontinuum beschreiben (vgl. Lodge 1999: 54ss.). Mit der Entwicklung oder Verstärkung der sprachlichen Ausstrahlungskraft städtischer Zentren ergibt sich eine Veränderung des geographischen Kontinuums. Veränderungen lassen sich auch für die vertikale Dimension nachweisen und manifestieren sich hier in der gleichfalls durch die Verschriftlichung motivierten funktionalen Differenzierung der Varietäten, die nicht der gesamten Sprechergemeinschaft zur Verfügung stehen. Für die mittelalterliche Situation lässt sich also zum einen ein noch guter Erhalt der horizontalen Kontinuität über die Teilgebiete der Romania hinweg ausmachen. Erst infolge der Ausgliederung und der Verschriftlichung der romanischen Idiome bilden sich differenzierbare Varietätenräume aus. Zum anderen lässt sich der damit in engem Zusammenhang stehende fortschreitende Ausbau der jeweiligen Vernakulärsysteme und das Entstehen vertikaler Kontinua ausmachen. Seit Nachlassen der Ausstrahlungskraft Roms sind darüber hinaus auch für das horizontale Kontinuum die städtischen Zentren als wichtige Orte von Sprachwandelprozessen zu berücksichtigen, deren Varietäten bei entsprechendem Prestige Konvergenz- aber auch Divergenzprozesse auslösen können und somit eine Veränderung der aus dem Lateinischen ererbten Kontinua bewirken.

4.

Zu den Beiträgen in diesem Band

Die in den folgenden Beiträgen divergierende Betonung von Teilkomponenten des Kontinuumsbegriffs hängt natürlich eng mit der jeweils betrachteten Fragestellung zusammen. Gemeinsam ist den Beiträgen aber die Einbindung des Sprachkontakts bei der Beurteilung sprachlicher Entwicklungsprozesse im Falle räumlich kontiger Idiome. Das in der Romanistik mit der Ausgliederung der romanischen Sprachen formulierte Konzept von Teilräumen der Romania mit Blick auf eine im Mittelalter noch formulierbare Romania continua greifen Maria Iliescu und Marc-Olivier Hinzelin auf. Ingrid NeumannHolzschuh und Rembert Eufe betrachten in ihren Beiträgen die Problematik sprachlicher –––––––—–– 29

Interessant ist die veränderte Rolle städtischer Zentren in der historischen Entwicklung: „Today, the industrial centres continue to be relevant for dialect-standard language convergence because of the growth of the suburbs surrounding industrial centres. However, the direction of influence has changed: rather than influencing the urban variety, the rural dialects are now under the influence of the urban vernacular or the regional standard spoken by the [...] workers living in the new suburbs“ (Auer/Hinskens 1996: 16).

Zum Begriff des sprachlichen Kontinuums

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(Dis-)Kontintuität bei geographischer Distanz. Wenngleich jeweils das horizontale Kontinuum im Vordergrund steht, wird im Beitrag von Rembert Eufe gleichfalls die Frage nach der Rückbindung des Sprachwandels an das vertikale Kontinuum wichtig. Ma r ia I lies cu diskutiert für das „possessive“ Genitivattribut die Parallelität in den altfranzösischen und rumänischen Entwicklungen und stellt als gemeinsamen Ausgangspunkt den spätlateinischen adnominalen Dativ heraus. Der im Rumänischen vorliegende Kasus (Gen./Dat.) erweist sich als lateinischen Ursprungs; darüber hinaus lässt sich auch für das Rumänische eine analytische Konstruktion anführen. Auf der Basis ihrer Ergebnisse betont die Autorin, dass für scheinbare Sonderentwicklungen des Rumänischen die Einbindung in den Balkansprachbund (mit den sprachkontaktbedingten Konvergenzerscheinungen) als Erklärung nicht ausreichend ist. Im vorliegenden Beispielfall erwiesen sich Französisch und Rumänisch weiter keineswegs als Extrempunkte der Romania, weshalb Iliescu eine neuerliche Auseinandersetzung mit dem Konzept der Romania (dis-)continua einfordert. Ma rc-O liv ier H in ze lin untersucht in seinem Beitrag die (Veränderung der) Stellungsmodalitäten unbetonter Objektspronomina zum finiten Verb im Okzitanischen. Aufgrund der Parallelen zum Katalanischen und zum Spanischen lassen sich dem Autoren zufolge französisierende Einflüsse ausschließen; gleichzeitig führt dies zur Formulierung von Teilromaniae (z.B. einer Occitanoromania) innerhalb der Westromania. Ingr id N euman n-Ho lzschuh beleuchtet im Rahmen der Romania nova die Ausdifferenzierung der akadischen Varietäten. Die Diskontinuitäten sind dabei unterschiedlich zu erklären. Das Akadische, aus dessen Verbund sich das cadien am stärksten gelöst hat, lässt sich der Autorin zufolge am ehesten als „diskontinuierliches Kontinuum“ von Varietäten fassen, die durchaus noch eine gemeinsame sprachliche Einheit erkennen lassen und daher als „unité descriptive“ gelten können. Anhand von morphosyntaktischen Beispielen werden die komplexen Verflechtungen von kontinuierlichen und diskontinuierlichen Entwicklungen sowie Innovation und Konservatismus sichtbar. Re mb e r t Euf e diskutiert in seinem Beitrag neben den venezianischen bandi und memoriali v.a. die missive und ihre Relevanz für die sprachliche Entwicklung auf Kreta; der Autor nimmt dabei eine sprachliche Kontinuität trotz geographischer Diskontinuität an. Im Vordergrund der Untersuchung steht die graphische Realisierung der Affrikaten sowie des Entwicklungsergebnisses aus lat. -LI,E- sowie im Bereich der Morphologie die Allomorphie des definiten Artikels (mask. sg.) und die Gerundien der Verben auf -ere und -ire. Die mittelalterliche Sprachsituation mit Blick auf die Galloromania wird mit den Beiträgen von Maria Selig und David Trotter beleuchtet. Ma r ia S e lig nimmt eine Differenzierung in vier idealtypische Kontaktsituationen vor: Überdachung, Koinébildung, Dialektmischung und Koinéisierung. Letztgenannter Prozess erfährt dabei eine Einschränkung auf starke Kontaktsituationen. Wesentlich für die Definition ist neben einem Kontinuum zwischen schwachen und starken Kontaktsituationen auch das Kriterium der Überregionalität im Gegensatz zu einer rein vernakulären Verwendung. Auf dieser Grundlage erfolgt eine Prüfung des von Lodge (2004) vorgelegten Ansatzes. Im Zentrum des Beitrags von D av id Trotte r steht das Anglonormannische, das sich als eine Art „langue coloniale“ definieren lässt und durch kon- und divergente Entwicklungen (im Vergleich mit dem sich herausbildenden Französisch) geprägt ist. Die konvergenten Entwicklungen werden insbesondere in den Bereichen Orthographie und Lexik deutlich, die der Autor anhand ausgewählter Beispiele untersucht.

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Die Beiträge von Paola Benincà und Nicoletta Penello, Davide Ricca, Michele Loporcaro sowie Marcello Barbato beleuchten das Verhältnis von räumlicher Kontinuität und Sprachkontakt für Teilgebiete der Italoromania. P ao la Ben inc à und N ico le tta P ene llo weisen eine synchrone Mikrovariation innerhalb der norditalienischen Dialekte nach. Die Studien zur Subjektinversion in Fragesätzen und zur Negation (die Materialbasis stellt der ASIS dar) lassen erkennen, dass heutige Dialektzustände unterschiedlichen Entwicklungsstadien entsprechen und gleichzeitig ein horizontales Kontinuum beschreiben, das für die einzelnen Varietäten eine vergleichbare Schichtung der Entwicklungsschritte zeigt. Der Frage nach der Italianisierung und damit der Verortung des Turiner Dialektes auf dem vertikalen Kontinuum widmet sich D av id e Ric c a mit der Untersuchung morphologischer und syntaktischer Erscheinungen. Während für die Syntax (z.B. postverbale Negation, Enklise bei nicht finitem Verb bei komplexen Verbformen) eine Italianisierung wahrscheinlich ist, erfolgt in anderen Fällen vielfach keine Substitution der dialektalen Formen, sondern eine Zunahme in der Variabilität bei fehlender funktionaler Differenzierung. Denkbar ist daneben die (Re-)Vitalisierung lokaler Dialektmerkmale, die Parallelen mit dem italienischen Modell aufweisen; dagegen ist die Koiné des 19. Jh. durch Innovationen geprägt, die z.T. gegenläufig zu denen des Italienischen sind. Mich ele Lopor caro betrachtet in seinem Beitrag die sprachliche Situation von Luras, einer ca. 2700 Sprecher umfassenden logudoresischen Enklave in galluresischem Gebiet. Die Veränderungen der lokalen Mundart lassen sich ohne den Kontakt zum Galluresischen (die Sprecher beherrschen dazu das Logudoresische) nicht erklären, was jedoch autonome Änderungen nicht ausschließt. Untersucht wird die Stellung der Klitika in Infinitivkonstruktionen, die gleichermaßen von den logudoresischen wie den galluresischen Entwicklungen abweichen. Gleiches gilt für die Genusmarkierung bei Nominaldeterminanten. Ma rc e llo Ba rba to untersucht schließlich die Entwicklung der Vokalsysteme in einigen Varietäten Süditaliens und Korsikas. Die zu den typologischen Vorgaben in Kontrast stehenden Ergebnisse lassen sich als kontaktbedingt werten (s. die Entstehung von Kompromisssystemen). Als Ausstrahlungszentren kommen für Süditalien Neapel in Frage, für Korsika die zentral-nördlichen Varietäten, die sich durch eine größere Nähe zum Toskanischen und eine größere Dynamik auszeichnen. Die Annahmen können – aufgrund des Fehlens mittelalterlicher Dokumente für Korsika nur zum Teil – durch die Berücksichtigung früherer Sprachzustände plausibel gemacht werden.

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Maria Iliescu

Das „possessive“ Genitivattribut im Altfranzösischen und im Rumänischen

1.

Einleitung

Im Folgenden möchte ich zeigen, dass a) das Französische und das Rumänische nicht immer als zwei extreme Pole der Romania anzusehen sind, b) der Ausgangspunkt des possessiven Attributs mit und ohne Präposition AD im Altfranzösischen und auch im Rumänischen im spätlateinischen adnominalen Dativ zu suchen ist, und c) die Identität des Genitivs und des Dativs lateinischen und nicht balkanischen Ursprungs ist. Es ist mir wichtig darauf hinzuweisen, dass d) das Rumänische nicht nur einen synthetischen, sondern wie die anderen romanischen Sprachen auch einen analytischen Dativ besessen hat und noch besitzt und es keineswegs notwendig ist, wie es so oft geschieht, Charakteristiken des Rumänischen durch die balkanische Nachbarschaft zu erklären.

2.

Das possessive Genitivattribut im Lateinischen

Um die Entwicklung des possessiven Genitivattributs im Altfranzösischen und im Rumänischen nachvollziehen zu können, sind zwei lateinische Gegebenheiten in Betracht zu ziehen: zum einen die Konkurrenz zwischen synthetischen und analytischen Kasus, zum anderen das Übergreifen des Dativs auf die Sphäre des Genitivs. 2.1. Schon bei Plautus findet man neben den synthetischen Kasus ohne Präpositionen auch analytische Konstruktionen, mit anderen Worten: Präp. + N (in einem synthetischen obliquen Kasus). Besonders häufig tritt Präp. + Akk. auf, und zwar nach trivalenten Verben in der Bedeutung ‘jdm. etw. geben’ (z.B. DARE) und ‘jdm. eine Nachricht (mündlich) übermitteln’ (z.B. DICERE). Bemerkenswert sind zwei Beispiele aus den Captivi nach einem verbum dicendi: (1) praecipue quae ad patrem vis nuntiari (v. 360) ‘was du deinem Vater schnell mitteilen willst’ (2) numquid aliud vis patri nuntiari (v. 400) ‘was möchtest du noch deinem Vater mitteilen’.

Die Bedeutung des Verbs bleibt gleich. Im Epidicus 38 steht ein Beispiel nach dem Verb DARE: (3) ad hostes exuvias dabit ‘die Beute wird er dem Feind geben’.

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2.2. In der Kaiserzeit und bis in die späte Latinität werden die Beispiele immer zahlreicher. H. Mihǎescu (1978), der die Inschriften der Donauprovinzen untersucht hat, liefert in seinem Buch ebenfalls zahlreiche Beispiele. Der Gebrauch der Präpositionen brachte eine konkretere und spezifischere Ausdrucksweise mit sich, als sie durch die synthetischen Kasus erreicht werden konnte. Dies ist wohl der Grund, warum die analytischen Konstruktionen eher für die Volkssprache charakteristisch sind. 2.3. Während der adverbale lateinische Dativ als Kasus eines starken Aktanten gesehen werden muss, war der adnominale synthetische Genitiv ein schwacher Kasus, der bald durch analytische Konstruktionen mit DE + Akkusativ ersetzt wurde. Hier das Beispiel eines objektiven/subjektiven Genitivs bereits bei Terentius (Héauton 424): admiratio de filio. Im Unterschied zur westlichen Romania, wo der Gebrauch von DE sich immer mehr häuft, wurde in den östlichen Donauprovinzen DE seltener benützt als AD. Auch Mihǎescu (1978: 155) hat in seiner Untersuchung nur drei Beispiele gefunden, in denen ein partitiver Genitiv durch DE + Akk. ersetzt wurde. Man kann zwar aus diesen Fakten keine überzeugenden Schlussfolgerungen ziehen, doch muss man auch der Bemerkung von F. Werner (1908: 63) Rechnung tragen, der darauf hinweist, dass die Präposition DE in den Werken des Jordanes weniger oft gebraucht wird, als man annehmen könnte. Im Unterschied zu seinem westlichen Zeitgenossen Grégoire de Tours wird bei Jordanes der synthetische Genitiv nicht durch eine DE-Konstruktion ersetzt. Während die technischen und insbesondere die juridischen Texte die analytischen Konstruktionen den synthetischen Kasus relativ schnell vorgezogen haben, erstreckte sich die Konkurrenz zwischen synthetischen Endungen und Präp. + Akk., die mit dem Sieg der langsam grammatikalisierten Präpositionen endete, hingegen über eine lange Periode friedlicher Koexistenz. In diesem Rahmen lebten zwar auch der synthetische und der analytische Genitiv und Dativ lange Zeit nebeneinander, doch das Endresultat war nicht das gleiche in der ganzen Romania. 2.3.1. In Gallien und im Osten des römischen Reiches wird das Eindringen des Dativs in das Gebiet des Genitivs immer stärker. Beginnend mit dem 5. Jh. wird der adnominale Dativ hier laufend auch anstelle des possessiven Genitivs gebraucht. E. Löfstedt (1942: 225–237), der sich eingehend mit diesem Problem befasst hat, gibt parallele Beispiele aus Mulomedicina Chironis und aus Vegetius. In der Mulomedicina wird der adnominale Dativ – Löfstedt nennt ihn dativus sympatheticus – dort benützt, wo bei Vegetius der klassische Genitiv steht: cui caput erigere si volueris (Mulo 316) und cuius caput si erigere volueris (Veg. II 88, 1). Beispiele finden sich in der gesamten spätlateinischen Literatur der oben genannten Gebiete: exercitus praedicto regi (Fredegarius, Chron. 37, 6. Jh.) statt praedicti regis; litteras domino Sulpicii (Desiderii epist. II 16, 7. Jh.) statt domini Sulpicii. Das nächste Beispiel stammt aus der Vie de Sainte Euphrosyne, einem Text aus dem 8. oder 9. Jh.: (4) oraverunt pro constantia Ismaracdo ‘sie beteten für die Standhaftigkeit des Ismaragdus’.

Das „possessive“ Genitivattribut im Altfranzösischen und im Rumänischen

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Skok (1934: 440) zitiert eine Serie von Beispielen aus dalmatischen Inschriften, wo der adnominale Dativ bis ins 12. Jh. belegt ist: Arca Stephano presbytero (CIL III 9552 bei Mihǎescu 1978: 2245), paginam testimonio nostro (CIL III 1099). Mehrere Beispiele, zitiert von Procopius (De aed. IV, 4 bei Mihǎescu 1978: 245), sind in der Liste der Schlösser Dalmatiens und Makedoniens zu finden: Moutianocastellon (anstelle von Mutiani castellum), Loupofantana (anstelle von Lupi fontana). Mihǎescu (1978: 245) gibt auch ein Beispiel, in dem der Besitzer, mit anderen Worten das zweite Nomen des Syntagmas, ausnahmsweise auf einen nicht belebten Referenten hinweist: questor collegio (C 882 Potaissa). Das berühmteste Beispiel, in dem der adnominale Dativ einen possessiven Genitiv ersetzt, ist aber gewiss pro Deo amur aus den Straßburger Eiden. Im Unterschied zu Gallien und zu den östlichen Provinzen wird der possessive Genitiv in Italien und in Spanien häufig mit Hilfe der Präposition DE ausgedrückt. 2.3.2. In der zweiten Phase der hier besprochenen Entwicklung wurde der synthetische Dativ durch den analytischen Dativ mit AD ersetzt. So wurde liber est matri, ancilla est domino zu liber est ad matrem, ancilla est ad dominem und später zu liber matri, ancilla domino, d.h. zu adnominalen Dativen mit und ohne Präposition in der Funktion eines possessiven Genitivs. In spätlateinischen Texten sind auch Konstruktionen wie liber ad matri, ancilla ad domino zu finden, in denen die Präposition vor dem synthetischen Dativ steht. Handelt es sich um ein Substantiv der zweiten Deklination, könnte man den Dativ auch als Akkusativ nach Verlust des -m und Entwicklung von u > o betrachten. Die Beispiele des adnominalen Dativs mit AD sind seltener als jene ohne Präposition. Hier ein Beispiel aus dem 6. Jh.: (5) hic requiiscunt membra ad duus fratres Gallo et Fidencio (CIL XIII 2483) ‘hier ruhen die Glieder der zwei Brüder Gallus und Fidencius’.

Ad duus fratres ist ein adnominaler analytischer Dativ mit Präposition. Die Appositionen Gallo et Fidencio sind wahrscheinlich die alten Nominative Gallus et Fidencius, da im Spätlatein der Gebrauch des Nominativs für Appositionen volkstümlich und häufig war (cf. Löfstedt 1942 21: 80ss.). Trotz allem ist es leicht möglich, dass es sich um die possessive Konstruktion mit AD und anschließend doch um einen adnominalen Dativ ohne Präposition handelt. Hier noch ein Beispiel aus dem 6. Jh., das aus den Formulae Andecavenses 44 stammt: ancilla ad illo ‘seine Dienerin’. 2.3.3. Der Ausgangspunkt des adnominalen Possessivs ist semantischer Natur. Er ist im possessiven Dativ (ancilla est illi > ancilla est ad illum, cf. Löfstedt 1963: 82), im Dativ der Attribution (die Handlung do librum matri hat als Resultat liber matris) und nach E. Löfstedt (1942 21: 209) ganz besonders im dativus sympatheticus, wie z.B. pabulum ovibus ‘der Stall für die Schafe’ > pabulum ouium ‘der Stall der Schafe’ gegeben. Svennung (1956: 225–237) bringt ähnliche Beispiele aus Palladius: (6) remedium uitibus ‘Heilmittel für den Weinstock’ > ‘Heilmittel des Weinstocks’.

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J. Vieillard (1927: 201) gibt unter „Dativ des Interesses“ Beispiele aus königlichen und aus privaten Urkunden der Merowingerzeit, die den oben unter dativus sympatheticus zitierten sehr ähnlich sind: (7) unde cera ad basilica […] conparetur (T 40 73–74) ‘wo Wachs für die Kirche zu kaufen war’.

3.

Die Entwicklung des adnominalen Dativs im Altfranzösischen

Ich habe bis jetzt zu zeigen versucht, dass der adnominale Dativ mit seinen verschiedenen Formen für Gallien und für den Osten des römischen Reiches charakteristisch war. Zu untersuchen bleibt, ob die Entwicklung dieser Konstruktion in beiden Gebieten der Romania, wo eine wichtige Änderung des Nominalsystems, und zwar die Herausbildung des bestimmten Artikels, stattgefunden hatte, parallel verlaufen ist. Im Altfranzösischen wurde der adnominale Dativ durch den cas régime in seiner Funktion als Genitivattribut, le cas absolu, ausgedrückt (Buridant 2000: 91). Das Syntagma besteht aus einem Determinandum (N1) + einem Determinans (N2), letzteres im cas régime. Die zwei Konstituenten können, müssen aber nicht, durch eine Präposition verbunden werden; die Präposition kann à < AD oder de < DE sein. Ein Artikel konnte ihnen vorangehen. 3.1. In der ersten Phase überwiegt die absolute Konstruktion ohne Präposition, die nicht als typisch für eine bestimmte Textsorte bezeichnet werden kann. Nach der Statistik von Eskenasi (1987) enthält Aucassin und Nicolette 260 Beispiele mit der absoluten (N1 + N2) und nur 72 Beispiele mit der präpositionalen Konstruktion (N1 à N2). In den meisten Fällen ist der Referent von N2 ein einmaliges menschliches Wesen oder dieser Kategorie gleichgestellt (‚nom à genre motivé’, Buridant 2000: 91) und steht mit dem bestimmtem Artikel in der Einzahl: li filz le roi, wo li der cas sujet und le der cas régime des bestimmten Artikel ist (Buridant 2000: 105). Das Determinandum N1 kann, muss aber nicht mit Artikel stehen: nièce le compte (Erec 1341 bei Eskenazi 1987: 216). Es ist ein Substantiv, das durch seine Valenz ein Attribut verlangt. Durch diese Konstruktion wird vorzugsweise unveräußerlicher Besitz im weiten Sinne, d.h. die Verwandtschaftsbeziehungen und die meronymischen Beziehungen der Körperteile, ausgedrückt: le chief la reine (Char 1417 bei Eskenazi 1987: 208), le braz Saint Simon (Voyage de Charlemagne 163–65 bei Buridant 2000: 95s.). Die nicht belebten Determinanda sind selten: la meison ta mere fui (Graal 3584 bei Eskenazi 1987). Diese Art von Beispielen erscheint nur in eindeutigen Kontexten (cf. Buridant 2000: 94, der sich auf detaillierte Textforschungen stützt). Im heutigen Französisch hat die Konstruktion ohne Präposition Spuren in metaphorischen Syntagmen (Hôtel-Dieu, Fête-Dieu) und in der Toponymie hinterlassen. 3.2. Langsam verliert die absolute Konstruktion ihre Produktivität, obwohl sie bis zum 15. Jh. vorkommt (Sergijewskij 1979: 108), so dass in einer zweiten Periode die Konkurrenz zwischen den Präpositionalsyntagmen mit à und de überhand nimmt.

Das „possessive“ Genitivattribut im Altfranzösischen und im Rumänischen

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Die Beispiele für N1 + à + N2, die anfangs vor allem bei einem nicht einmaligen menschlichen Wesen als Referent von N2 stehen – wie les filz as cunturs (Rol 850) – und bei artikellosem N1, meistens bei Personennamen (Ménard 1988: 24: Fieus a putain, Jeu de saint Nicolas 1349), werden häufiger: la femme al rei Hugon (Voyage de Charlemagne 822); je suis fille au roi de Carthage (Aucassin et Nicolette XXXVII). Die Konstruktion N1 + de + N2, die einerseits weniger Restriktionen unterlag und andererseits als Determinanten sowohl einen Personen- als auch einen Sachnamen akzeptierte und im Plural stehen konnte, wird immer produktiver, insbesondere bei Verwandtschaftsnamen: fille de roi (9); port de mer (14) (Aucassin et Nicolette XXXVIII). 3.3. In einer dritten Periode drückt die Konstruktion N1 + à + N2 nur mehr spezifische Informationen bezüglich Bestimmung oder Zuweisung aus. Lebendig bleibt sie in der (familiären) Volkssprache, wo sie noch heute die Zugehörigkeit (voiture à mon voisin, la gosse à la concierge) und die Bestimmung (la cuillère à café) ausdrückt. Auch in erstarrten Ausdrücken, wie z.B. le fils à papa, bleibt sie geläufig. Erst gegen Ende des Mittelalters (Nyrop VI: 140) hat sich N1 + de + N2 durchgesetzt, einerseits wegen seiner weniger begrenzten Restriktionen /+ sowie auch - humane Nomen/ (la dame du chastel Perlesvaus 1445 bei Ménard 1988: 24) und andererseits dank seiner nicht restriktiven Semantik, da nicht nur possessiv-zuweisende Funktionen möglich waren (le message de la reine, TristBé, 3327–28). Außerdem hatte die Präposition de den Vorteil, die Homonymie mit dem indirekten Objekt zu vermeiden, das wie das Genitivattribut mit der Präposition à ausgedrückt werden konnte. Nyrop (VI § 274) belegt mit einem Text von Joinville das Nebeneinander aller drei Möglichkeiten, die es im 13. Jh. gab, um das possessive Genitivattribut auszudrücken (cf. Tabelle 1 im Anhang): (8) Après la bataille le conte de Flandre estoit la bataille au conte de Poitiers, le frère le roy: laqeux bataille dou conte de Poitiers estoit à pied.

4.

Die Entwicklung des adnominalen Dativs im Rumänischen

4.1. Im Unterschied zum Französischen verfügt das Rumänische über keine Texte vor dem 16. Jh., so dass fast zehn Jahrhunderte Sprachgeschichte anhand von Dialektvarianten des Dakorumänischen und der so genannten „historischen Dialekte“, des Istro- und Mazedorumänischen, zu rekonstruieren sind. 4.2. Eine andere wichtige Charakteristik des Rumänischen ist die Enklise des bestimmten Artikels, der wie in den anderen romanischen Sprachen auf das Demonstrativadjektiv ILLE zurückgeht. Nur vor Eigennamen ist der bestimmte Artikel proklitisch und autonom. Der Genitiv-Dativ, der uns hier interessiert, geht auf die spätlateinischen Formen ILLUI (> lui) und ILLAEI (> ei), analogische Bildungen nach dem Relativpronomen, zurück. Das Femininum fußt darüber hinaus auf der Analogie zu den neu gebildeten maskulinen Formen.

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Maria Iliescu

Im Rumänischen haben sich die Endungen der zu Artikeln gewordenen enklitischen Demonstrativa besser als im Westen erhalten, indem sie nicht nur einen Subjektkasus von den obliquen Kasus, sondern im Rahmen der letzteren auch den Genitiv-Dativ vom Akkusativ unterscheiden. Mit Eigennamen steht der maskuline proklitische Artikel lui oder lu, der von ILLO, vielleicht auch von ILLUM, abgeleitet werden kann (cf. lo im Osten der Galloromania und lu im Anglonormannischen, Buridant 2000: 106). In der alten Sprache gab es im Rumänischen auch einen femininen proklitischen Artikel: ii oder ie. 4.3. Wie schon oben gezeigt, waren die lateinischen Formen des Genitivattributs dieselben in Gallien und in den Provinzen der unteren Donau, während in Italien und in Spanien andere Formen verbreitet waren. In den ältesten rumänischen Texten und im Altfranzösischen sind tatsächlich dieselben typologischen Varianten des Genitivattributs anzutreffen: der alte adnominale Dativ ohne Präposition und die adnominalen Dative mit der Präposition AD oder DE. 4.3.1. Dem afr. Beispiel li filz le roi entspricht im Rumänischen fiu/l rege/lui, wobei -l dem fr. li und -lui dem fr. le entspricht und die unterschiedlichen Formen sowie die unterschiedliche Stellung des Artikels zu berücksichtigen sind. Im Unterschied zum Französischen ist diese Konstruktion bis heute in Gebrauch geblieben: arum. cu ajutoriul fiiului (Epilogul Tetrananghelului 1561 bei Crestomaţie romanică I) und nrum. cu ajutorul fiului, aber nfr. avec l’aide du fils ‘mit Hilfe des Sohnes’ (für weitere rumänische Beispiele cf. Rosetti 1986: 491). 4.3.2. Die unter 3.3. besprochene Konstruktion weist jedoch eine Restriktion auf: N1 muss mit dem bestimmten Artikel versehen sein. Ist das nicht der Fall, muss N1 obligatorisch durch a (< AD) mit N2 verbunden werden. Im zeitgenössischen Rumänisch hat a – in den rumänischen Grammatiken „Genitivartikel“ genannt – unterschiedliche Formen nach Zahl und Genus (a, al, ai, ale): arum. trestie a cǎrtulariu ‘Feder des Gelehrten’ (Psaltirea Scheianǎ ps. 44, 2 bei Rosetti 1986: 491); sufletele a tot omul ‘die Seelen eines jeden Menschen’ (CT 96 bei Dragoş 1995: 103). In der alten Sprache und bis ins 18. Jh., so beim Chronisten Grigore Ureche, sind Beispiele ohne a zu finden, obwohl N1 nicht mit dem bestimmten Artikel versehen ist. In allen Beispielen ist N2 [+ belebt] und [+ human]: fecior împǎratului de Mosc ‘der Sohn des Kaisers von Mosc’ (fr. fils [à] l’empereur de Mosc); nepot lui Ştefan Vodǎ ‘Neffe des Prinzen Stefan’ (fr. neveu [au] prince Ştefan). Im zeitgenössischen Rumänisch lebt die Konstruktion mit a weiter, wenn das Determinans N2 nach einem Zahlwort steht: pǎrinţi a doi copii ‘Eltern zweier Kinder’. Im Lateinischen bzw. im Altfranzösischen sowie im modernen Französisch entsprechen einander ancilla ad illo, afr. le fils al rei Malcud (Rol 1594), nfr. la voiture à mon voisin. 4.3.3. In Gallien und in den Donauprovinzen war der analytische possessive Genitiv mit DE selten und so ist er auch im Rumänischen selten geblieben. Hie und da steht er als Variante des synthetischen Genitivs (d.h. der alte adnominale absolute Dativ): cale de cetate ‘die Burgstraße’ (S, CP, ps. 106,4); pre mijloc de casa me (S, V, CP, ps. 1002 dar H), în mijloculu caseei mele ‘in der Mitte meines Hauses’ (vgl. die Beispiele bei Rosetti 1986: 491). 4.3.4. Wie dem oben Ausgeführten zu entnehmen, hat das possessive Genitivattribut im Rumänischen im Unterschied zum Französischen seit dem 16. Jh. keine grundlegenden

Das „possessive“ Genitivattribut im Altfranzösischen und im Rumänischen

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Änderungen erfahren. Es gab im Rumänischen auch in der Regel keine Homonymie von Genitivattribut und indirektem Objekt, die im Französischen wahrscheinlich als ein Grund für die Generalisierung der Präposition de beim Genitivattribut zu sehen ist. 4.4. Im Rumänischen gibt es seit dem 16. Jh. zwei bis heute geläufige Möglichkeiten, den Dativ auszudrücken. Das indirekte Objekt wird entweder entsprechend der Norm durch die synthetische Form, d.h. Nomen + Dativform des bestimmten enklitischen Artikels (arum. sǎnǎtate nepoţilor ‘[wir wünschen] den Enkeln Gesundheit’, Bârlad 1603 bei Rosetti 1986: 492) oder durch die analytische Konstruktion, d.h. Präp. la (< ILLAC AD) + Nomen im Akkusativ (la pǎrcǎlabul ‘dem Administrator’, 1595 LB 49, 26 bei Rosetti 1986: 492; dǎm la sǎraci ‘wir geben den Armen’) ausgedrückt. Diese zweite Möglichkeit wird insbesondere in der Umgangssprache nach Verben der Zugehörigkeit, häufiger im Plural als im Singular, gebraucht und setzt typologisch den lateinischen analytischen Dativ mit der Präposition AD fort. Im Altrumänischen ist diese Konstruktion noch in ihrer alten Form mit der Präposition a (> AD), nicht la, zu finden: (9) dede a lucrǎtori (CT, MT 87 bei Rosetti 1986: 492) ‘er gab den Arbeitern’ (10) cuvine-se a bǎrbat înţelept (CT 196 bei Dragoş 1995: 103) ‘es schickt sich für den weisen Mann’.

Konstruktionen, in denen nach der Präposition a das Nomen nicht im Akkusativ, sondern im Dativ steht, sind ebenfalls selten: cine poate sluji a oamenilor ‘wer den Menschen nützlich sein kann’ (CC 379 bei Dragoş 1995: 103). Zu erwarten wäre: cine poate sluji a oameni. Es wäre möglich, dass das Ersetzen von a durch la der Vermeidung der Homonymie zwischen Dativ und possessivem Genitiv mit artikellosem N1 dient. Die Sachlage im Mazedorumänischen, wo a vor dem Genitiv sowie auch vor dem Dativ steht, ist allerdings ein Gegenargument zu dieser Erklärung: Gen. und Dat. a viţinâlu ‘des Nachbarn, dem Nachbarn’.

5.

Schlussfolgerungen

Ich hoffe, dass die angeführten Fakten beweisen konnten, dass das rumänische possessive Genitivattribut (fiul regelui) und die Konstruktionen mit a (trestie a cǎrtulariu, fiu al regelui) ebenso wie die altfranzösischen parallelen Syntagmen (wie li filz al roi) den lateinischen dativus adnominalis ohne und mit Präposition AD fortführen. 5.1. Es ergibt sich daraus als erste Konklusion (cf. 1. unter a)), dass man sich vorsichtiger über den typologischen Platz des Französischen und des Rumänischen äußern sollte. Die beiden Sprachen befinden sich vielleicht heute tatsächlich an zwei entgegengesetzten Polen der Romania, doch haben sie im Laufe ihrer Entwicklung nicht immer diese Stellen besetzt. Der Begriff der Romania continua und discontinua muss überdacht und neu formuliert werden.

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5.2. Da der adnominale Dativ eine für den Genitiv spezifische Funktion übernommen hatte, ist eine (zeitweilige) Homonymie des possessiven Dativs und Genitivs, wie sie im Spätlatein und Altrumänisch gegeben ist, nur zu gut erklärlich. Die Erklärung des rumänischen Genitiv-Dativs durch den balkanischen Sprachbund sollte daher dringend revidiert werden. 5.3. Um die Stellung des Rumänischen in der Romania richtig beurteilen zu können, sollte man sich der Tatsache bewusst werden, dass im Gegensatz zur Darstellung in den traditionellen Grammatiken das Rumänische in seinen Anfängen, und teilweise bis heute, nicht nur Reste einer synthetischen, sondern auch eine analytische Nominalflexion besitzt (cf. 1. unter d)). 5.4. Die Geschichte des Genitivattributs in den romanischen Sprachen verweist erneut auf die essentielle Bedeutung der diachronen inter- und intrasprachlichen Variationen für die Geschichte der Herausbildung der Sprachen.

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Das „possessive“ Genitivattribut im Altfranzösischen und im Rumänischen

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Maria Iliescu

Anhang

1. Phase

2. Phase 3. Phase

Altfranzösisch (in abnehmender Frequenz) li filz le roi, (li) filz au roi, li filz de roi li filz au roi, li filz de/du roi li filz de/du roi

Tab. 1 – Die Varianten des Ausdrucks des Genitivattributs im Altfranzösischen (nach Buridant 2000: 100).

1. der synthetische Genitiv 2. der synthetische dativus adnominalis N1+ N2

Lateinisch filius regis filius regi

Französisch

Rumänisch

afr. filz le roi; li filz le roi < (ILLE) FILIUS

arum. fiu regelui; fiul regelui < FILIUS (ILLE)

ILLO REGI

Quellen: a) dativus possessivus b) Dativ der Zugehörigkeit c) dativus sympatheticus

3. der analytische dativus adnominalis N1 + AD + N2

4. N1 + DE + N2

filius est regi do librum regi pabulum ovibus ‘Stall für Schafe’ > ‘Stall der Schafe’ filius ad regem

filius de rege(m) Zugehörigkeit (in Gallien selten)

REGI ILLUI

nfr. Hôtel-Dieu

nrum. idem

afr. li filz au roi

arum. trestie a cǎrtulariu, fiu al regelui nrum. fiul regelui, fiu al regelui, tatǎ a doi fii Zugehörigkeit fiu(l) de rege Spezifizierung

nfr. fils à papa, la voiture au voisin, cuillère à café li filz de roi Spezifizierung le fils du roi Zugehörigkeit

Tab. 2 – Der „possessive“ Genitiv.

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Das „possessive“ Genitivattribut im Altfranzösischen und im Rumänischen alte Sprache Französisch

Rumänisch

Genitiv 0/à/de

Dativ 0/à

moderne Sprache Genitiv Dativ de à

N1 + N2 li filz le roi N1 + à + N2 li filz au roi N1 + de + N2 li filz de roi 0/a/de N1 + N2 mit art.gen.dat. ajutoriul fiului ‘die Hilfe des Sohnes’

N1 + N2 mes Noé donna N1 + à +N2 parler au roi

N1 (nicht) determ. + a + N2 mit art.gen.dat. trestie a cǎrtulariu ‘Feder des Gelehrten’

Vb + a + Nakk [dede] a lucrǎtori ‘den Arbeitern’

N1 nicht determ. + a + N2 mit art.gen.dat. panǎ a cǎrturarului

N1 + de +N2 casa de domnul ‘das Haus Gottes’ Râu de Mori ‘Mühlbach’ (= Bach der Mühle)

Vb. + la + Nakk. a [da] la împǎratul ‘dem Kaiser’

N1+ de + N2 Spezifizierung fiu de rege ‘(ein) Königssohn’, aber: casa Domnului, calea cetǎţii ‘die Burgstraße’

0/a/la Vb N mit art.gen.dat. a [da] sǎracului ‘dem Armen’

N1 + à + N2 parler au roi N1 + de + N2 le fils du roi 0/a/de N1 + N2 mit art.gen.dat. ajutorul fiului

0/la Vb Nmit art.gen.dat a da sǎracului

Vb + la + Nakk a da la sǎraci

Tab. 3 – Die Präpositionen, die das „possessive“ Genitivattribut und das indirekte Objekt einleiten.

Marc-Olivier Hinzelin

Sprachklassifikation, Sprachkontakt und Sprachwandel am Beispiel der Stellung der Objektpronomina im Okzitanischen1

1.

Einführung

In allen altromanischen Sprachen existiert in ihrer Frühzeit die obligatorische Nachstellung der klitischen Objektpronomina zum finiten Verb, wenn sich dieses in der Initialposition des Satzes befindet. Bekannt ist diese Regel unter dem Namen Tobler-Mussafia-Gesetz (vgl. Tobler 1875, 1889, Mussafia 1886). Steht das Verb nicht in der Initialstellung, kann im unmarkierten Hauptsatz ebenfalls eine Nachstellung zum finiten Verb auftreten, jedoch nicht in anderen Satztypen. Diese optionale Nachstellung besteht in den meisten altromanischen Sprachen – mit Ausnahme des Altfranzösischen. Diese Variation von prä- und postverbaler Position erkläre ich syntaktisch: Bestimmte Elemente vor dem Verb wie die Negation, subordinierende Konjunktionen (Komplementierer) u.a. lösen die obligatorische Voranstellung aus. Der Sprachwandel, der den Verlust der Nachstellung zum finiten Verb – außer beim positiven Imperativ – mit sich bringt, wird in Bezug auf den Sprachkontakt und den möglichen Einfluss des Französischen auf das Okzitanische analysiert. Die Untersuchung erfolgt anhand mehrerer Korpora zum (Alt-)Okzitanischen und je eines zum Altfranzösischen und Altkatalanischen. Die syntaktische Klassifikation des Okzitanischen als Sprache galloromanischen oder doch eher iberoromanischen Typus wird in Bezug auf dieses Phänomen hinterfragt und dabei die Nähe zum Katalanischen diskutiert. 1.1. Das Okzitanische Das Okzitanische ist eine galloromanische Sprache, die viele syntaktische Gemeinsamkeiten mit den Varietäten der Iberoromania aufweist. Es ist in Lautstand, Morphologie und Syntax relativ konservativ und unterscheidet sich darin deutlich von seinen galloromanischen Schwestersprachen, dem Französischen – oder besser gesagt: den verschiedenen oïlDialekten – und dem Frankoprovenzalischen. Das okzitanische Sprachgebiet ist über drei Staaten (das südliche Drittel Frankreichs sowie kleinere Gebiete im Grenzgebiet zu Spanien und Italien) verteilt und gliedert sich in sechs Hauptdialekte: Provenzalisch, Vivaro-Alpinisch, Languedokisch, Auvergnatisch, Limousinisch und Gaskognisch (s. Abbildung 1). –––––––—–– 1

Dieser Aufsatz ist im Rahmen des Forschungsprojektes A-19 „Entwicklung und Variation expletiver und neutraler Pronomina in den romanischen Sprachen“ (Projektleiter: Georg A. Kaiser) im Sonderforschungsbereich 471 „Variation und Entwicklung im Lexikon“, gefördert von der DFG, an der Universität Konstanz entstanden. Für wertvolle Hinweise und Kommentare möchte ich mich bei Georg A. Kaiser, Sabine Heinemann und Paul Videsott herzlich bedanken. Ausführlicher und im größeren Zusammenhang wird das Thema dieses Aufsatzes in Hinzelin (2007) erörtert.

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Marc-Oliver Hinzelin

1.2. Sprachklassifikation Das Okzitanische ist eine der zehn ‚traditionell‘ aufgezählten romanischen Sprachen bzw. Sprachgruppen. Mit Wartburg (1936, 1950: 20–34; vorher schon ähnlich bei Diez 1836– 1844) teilt man die Romania in eine Ostromania (Rumänisch, Dalmatisch, alle italienischen Dialekte südlich der Linie La Spezia – Rimini) und eine Westromania (alle übrigen Sprachen); das Sardische steht dabei außerhalb dieser Klassifikation. Diese Aufteilung erfolgt nach dem Schicksal des auslautenden -S (Verlust in der Ostromania: lat. -S > ostrom. -Ø) und der Sonorisierung von intervokalischen stimmlosen Plosiven in der Westromania (lat. -P-, -T-, -K- > westrom. -b-, -d-, -g-). Die Westromania, die im engeren Fokus dieser Arbeit steht, lässt sich weiter in Iberoromania und Galloromania untergliedern. Zur Iberoromania gehören das Portugiesische, das Spanische (Kastilische) und das Katalanische – wobei die Zugehörigkeit des Katalanischen zur Iberoromania nicht unumstritten ist.2

Abb. 1 – Okzitanisches Sprachgebiet und Dialekteinteilung.3

Die Galloromania besteht hauptsächlich aus dem Französischen bzw. der Gesamtheit der oïl-Dialekte, dem Frankoprovenzalischen und dem Okzitanischen. Hinzu kommen noch norditalienische und rätoromanische Varietäten, die den Lautwandel lat. [u⎤] > [y] kennen, der die Galloromania limitiert und gemeinhin auf gallisches Substrat zurückgeführt wird (vgl. Wartburg 1950: 36–51). Die Klassifikation von Sprachen wird meist anhand der Phonologie entschieden. Also z.B. daran, ob ein Laut in einer Sprache vorhanden ist oder welchen Wandel ein Laut oder eine Lautgruppe der gemeinsamen Ursprungssprache durchlaufen hat. Das Problem dabei ist, dass meist nur ein Einzelphänomen zur Entscheidung führt, wie wir an der soeben vorgestellten Einteilung innerhalb der Westromania gesehen haben. Es gibt selten Phänomene, –––––––—–– 2

3

Außerdem rechnet man natürlich die ‚Kleinsprachen‘ Leonesisch, Asturianisch und Aragonesisch, die im Mittelalter dem Kastilischen an Bedeutung ebenbürtig waren, noch der Iberoromania zu. Das Galicische, das mit dem Portugiesischen dem gleichen Ursprungsdialekt GalicischPortugiesisch (ptg. galaico-/galego-português) entstammt und häufig zum Portugiesischen gestellt wird, gehört ebenfalls zu dieser Sprachgruppe. Quelle: Servici de la lenga occitana, http://ieo.paris.free.fr/oc.html.

Sprachklassifikation, Sprachkontakt und Sprachwandel

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deren Isoglossen vollkommen zusammenfallen; Wartburgs Trennungslinie zwischen La Spezia und Rimini ist der eher seltene Fall eines klaren und gut ausgeprägten Isoglossenbündels. Die Grenze zwischen Okzitanisch und Katalanisch, aber auch zwischen Französisch und Okzitanisch ist nicht so klar zu ziehen.4 Die Entscheidung wird hier jeweils anhand einer einzigen Isoglosse getroffen – wie oben erwähnt grenzt die Isoglosse [u]/[y] (aus lat. [u⎤]) das Katalanische vom Okzitanischen ab. Das Französische und das Okzitanische werden durch den Verlust des auslautenden -A und der daraus resultierenden Endbetonung aller Wörter im Französischen geschieden. Im Okzitanischen bleibt das -A erhalten (meist zu [o] velarisiert); die Opposition zwischen Oxytona und Paroxytona im Okzitanischen zeigen z.B. cantá(r) – Infinitiv ‘singen’ und cánt[o] 3. Pers. Sg. Ind. Präs. ‘er singt’ oder das Adjektiv content [kun'ten] ‘zufrieden’ und conten/compten ['kunten] 3. Pers. Pl. Konj. Präs. ‘sie (er)zählen’. Diese Klassifikation auf rein phonetischer Basis deckt sich hier jedoch nicht mit den syntaktischen Realitäten: Das Okzitanische steht in syntaktischer Hinsicht als Nullsubjektsprache mit einer relativ freien Wortstellung den iberoromanischen Sprachen näher. Für das Altokzitanische möchte ich im Folgenden diese Position auch für die Objektklitikastellung vertreten. Die Klassifikation des Okzitanischen steht demnach im Spannungsfeld zwischen den gallo- und den iberoromanischen Sprachen. Das Okzitanische und das Katalanische sind sich sogar so ähnlich, dass sie als ‚Zwillingssprachen‘ (kat. llengües bessones) bezeichnet werden. Im Mittelalter kann man von einer weitgehenden sprachlichen Einheit dieser beiden Sprachen ausgehen. Die Sprache der Dichtung war in Katalonien lange Zeit die Sprache der Trobadors. Eine der ersten Grammatiken einer romanischen Sprache, des Okzitanischen, wurde von einem Katalanen geschrieben, nämlich von Ra(i)mon Vidal de Besalú, Razós de trobar (Beginn des 13. Jh). Im Weiteren soll der Aspekt des (geringen) sprachlichen Abstands zwischen Altkatalanisch und Altokzitanisch im Bereich der Morphosyntax exemplarisch anhand der Klitikastellung im Mittelalter untersucht werden. Drei Ergebnisse wären dabei für das Altokzitanische möglich: a) Die Stellung der Objektpronomina entspricht der mittelalterlichen iberoromanischen Positionierung: Altkatalanisch und Altokzitanisch verhalten sich gleich – das Altokzitanische unterscheidet sich von den übrigen galloromanischen Sprachen. b) Beide Sprachen bilden zusammen mit der restlichen Galloromania (Französisch/oïl-Dialekte und Frankoprovenzalisch) ein Gebiet, das sich von der (mittelalterlichen) Iberoromania abhebt. Dagegen sprechen von vornherein die gut untersuchten altkatalanischen Daten (Par 1923, 1928 und vor allem Fischer 2002). c) Das Altokzitanische verhält sich gallo-, das Altkatalanische hingegen iberoromanisch. (Zwischen beiden bestünden also im syntaktischen Bereich deutliche Unterschiede.)

–––––––—–– 4

Bec (1963: 9) schreibt zu der Sprachgrenze zwischen oc und oïl: „Il est bien évident que cette limite n’est pas tranchée au couteau et qu’il y a naturellement une aire interférentielle présentant des traits intermédiaires. Cette zone appelée croissant […] et comprenant des parties des provinces d’Angoumois, Poitou, Limousin, Berry, Marche, Auvergne et Bourbonnais, pouvait contenir, il y a une trentaine d’années, d’après Ronjat, 350 000 âmes“.

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Marc-Oliver Hinzelin

Nach der von mir hier vertretenen Ausgangshypothese a) sollten sich beide Sprachen sehr ähnlich verhalten und dem iberoromanischen Muster zuzurechnen sein.

2.

Die Stellung der klitischen Objektpronomina zum finiten Verb

Die möglichen Positionen für klitische Objektpronomina in den heutigen romanischen Sprachen sind deutlich eingeschränkter als in ihrer Frühzeit. Nur am extremen südwestlichen Rand der Romania hat sich die Möglichkeit einer Nachstellung zum finiten Verb in unmarkierten Hauptsätzen erhalten: Die nordwestlichen iberoromanischen Sprachen, nämlich das Portugiesische (mit Ausnahme des Brasilianischen), das Galicische sowie asturianische und leonesische Dialekte erlauben noch eine Nachstellung zum finiten Verb außerhalb von Imperativ-Kontexten. In den altromanischen Sprachen ist die Nachstellung der klitischen Objektpronomina sehr viel weiter verbreitet: Einerseits gilt das Tobler-Mussafia-Gesetz, das eine Nachstellung der unbetonten Pronomina in Verb-Erst-(V1)-Sätzen verlangt. Zu diesen zähle ich außer Sätzen mit dem Verb in der absoluten Initialposition auch Sätze mit vorangehender koordinierender Konjunktion und vorangehendem Nebensatz (vgl. zu dieser Vorgehensweise de Kok 1985: 80–90). Dieses ‚Gesetz‘ gilt – mit Variationen in der ‚Ausnahmslosigkeit‘ und der Dauer der Periode von den ersten Texten bis zum Verlust dieser Stellungsregel – in allen altromanischen Sprachen. Andererseits erlauben die altromanischen Sprachen (außer dem Altfranzösischen, s.u.) auch die Nachstellung in unmarkierten Hauptsätzen, d.h. die Nachstellung ist nicht allein auf verbinitiale Sätze beschränkt wie im Altfranzösischen. Ich untersuche in dieser Arbeit die Nachstellung in beiden Fällen: Der Fokus liegt jedoch auf der postverbalen Position in unmarkierten Hauptsätzen ohne V1-Stellung. Diese Position, ihre syntaktische Struktur und ihr Verschwinden stehen im Zentrum der syntaktischen Analyse, da sie nicht wie das Tobler-Mussafia-Gesetz direkt phonologischen Beschränkungen in Bezug auf den Satzanfang unterliegen können, sondern zweifelsfrei vorwiegend syntaktischer Natur sein müssen. Die Stellung der schwachen Pronomina zum finiten Verb weist im Altokzitanischen also interessante Unterschiede im Vergleich mit dem Altfranzösischen auf. Das Altokzitanische erlaubt, ähnlich dem heutigen Europäischen Portugiesisch, in Matrixsätzen eine Stellung direkt nach dem finiten Verb, wenn der Satz nicht negiert ist. Beispiel (1) illustriert das Tobler-Mussafia-Gesetz (hier mit satzeinleitender koordinierender Konjunktion), Beispiel (2) zeigt die Nachstellung in unmarkierten Hauptsätzen mit einer Konstituente vor dem Verb.5 –––––––—–– 5

Folgende typographische Kennzeichnungen werden in den Beispielsätzen verwendet: – kursiv = klitisches Pronomen – einfach unterstrichen = finites Verb – doppelt unterstrichen = Element (Komplementierer, Negation etc.), das eine präverbale Stellung des Klitikons auslösen kann Ansonsten entspricht die Wiedergabe der Beispiele in Schreibung, Kursivierung etc. der Quelle.

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Sprachklassifikation, Sprachkontakt und Sprachwandel (1) Et enamoret se de la comtessa de Tripoli [...] und verliebte-er sich von die Gräfin von Tripolis ‘und er verliebte sich in die Gräfin von Tripolis’ az els [...] (2) [...] e aquilli persona revolet si und jene Person wendete sich zu ihnen ‘und jene Person wendete sich ihnen zu’.

(Vida de Jaufre Rudel; aus Paden 1998: 16) (D. 78, 1; aus Pape 1883: 42)

Das Altokzitanische erlaubt also unabhängig von V1-Konstruktionen eine postverbale Position des Klitikons. Im Altfranzösischen hingegen, das nur die Nachstellung im ToblerMussafia-Fall kennt (vgl. Skårup 1975: 415 und de Kok 1985), ist diese Pronominaposition nicht möglich. Das Neuokzitanische hingegen verhält sich in Bezug auf dieses Phänomen wie das Neufranzösische: Beide Sprachen weisen – mit Ausnahme des positiven Imperativs – keine postverbale Stellung zum finiten Verb mehr auf (diese Feststellung gilt auch für die meisten anderen romanischen Varietäten). 2.1. Altokzitanisch In einer Gegenüberstellung präsentiere ich zunächst die Pronominaposition in frühen Urkunden aus dem provenzalischen (provI + II6) und languedokischen (rou7) Dialektgebiet. In der Tabelle 1 ist die Klitikaposition nach den verschiedenen Satztypen8 aufgeschlüsselt. provI + II Position prä post 6 6 22 5 21 * 4 * * *

Hauptsatz V1 unmarkiert negiert Adverb Fokus

Gesamt 64 12 27 21 4 –

rou Position prä post 15 31 23 31 4 * 5 * * *

Gesamt 109 46 54 4 5 –

Tab. 1 – Die Position der Klitika nach Satztypen in provI + II und rou.9

–––––––—–– 6

7 8

9

provI: 12 Chartes (n° 5, 8, 9, 10, 18, 24, 25, 31, 40, 63, 64, 83) aus der Zeit von ca. 1080–1159 aus Brunel (1926); provII: 8 Chartes (n° 115, 144, 170, 182, 183, 226, 404, 540) von 1168–1200 aus Brunel (1926, 1952). rou: 30 Chartes (n° 359–369, 371–373, 375–381, 384–392) aus der Zeit von ca. 1150–1170 aus Brunel (1952); dies sind languedokische Urkunden aus dem Rouergue (département Aveyron). Der Verb-Erst-Satz (V1) ist ein Hauptsatz, in dem das Verb in der Erstposition (auch nach Nebensatz oder koordinierender Konjunktion) steht. Der unmarkierte Hauptsatz definiert sich ex negativo: Er ist ein Hauptsatz ohne Verb-Erst-Stellung und gehört nicht zu den im Folgenden erwähnten Typen. Weitere Typen betreffen u.a. Hauptsätze, die eine Negation enthalten, Hauptsätze mit bestimmten präverbalen Adverbien und Konstruktionen mit präverbalen Konstituenten im Fokus. Im Korpus ausgezählt, aber hier aus Platzgründen nicht weiter aufgeführt, wurden die für die Diskussion nicht zentralen Nebensätze sowie Imperative und infinite Formen (vgl. Hinzelin 2007). Zur weiteren Motivation dieser Klassifikation vgl. Hinzelin (2007). prä = präverbale Stellung; post = postverbale Stellung; * = Der Satztyp kommt im Text nicht vor.

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Marc-Oliver Hinzelin

Im Folgenden gebe ich für das Altokzitanische aus dem provenzalischen Korpus Beispiele für die Nachstellung zum finiten Verb und im Anschluss daran zur Illustration auch zwei Beispiele für die Voranstellung in verschiedenen Satztypen. Die postverbale Stellung in Topik-Hauptsätzen (unmarkiert) zeigt Beispiel (3): (3) El castel de Manoa que i es o ad in antea factus i erit die Burg von M., die dort ist oder zu in vorher gemacht dort sein-wird lo ti infra xv. dias que […] per nomen de castel, redrai für Namen von Burg, wiedergeben-werde-ich sie dir nach 15 Tagen die ‘Die Burg von M., die dort ist oder als Burg dort gebaut sein wird [= jetzt und zukünftig], ich werde sie dir wiedergeben nach 15 Tagen, die [...]’. (provI, 8, 11; um 1103)

Die postverbale Stellung tritt insgesamt in den provenzalischen Chartes nur in sehr wenigen Sätzen auf.10 Es gibt keinen Satz mit Verb und Klitikon in der absoluten Initialstellung. In den sechs Fällen, in denen das Klitikon in V1-Sätzen präverbal steht, geht ein Nebensatz, eine koordinierende Konjunktion oder ein eingeschobener Hauptsatz dem Verb-ErstHauptsatz voraus. Eine Verletzung des Tobler-Mussafia-Gesetzes wird in diesen Fällen öfter beobachtet.11 Die präverbale Stellung in unmarkierten Hauptsätzen und in negierten Sätzen zeigen die Beispiele (4) und (5): (4) […] aitories t’ en siria […] (provI, 8, 6; um 1103) Hilfe dir davon sein-würde-ich ‘ich würde dir helfen’ (5) […] non las ti tolrai […] (provI, 8, 4; um 1103) nicht sie dir wegnehmen-werde-ich ‘ich werde sie dir nicht wegnehmen’.

Aus dem Korpus aus dem Rouergue (chartesS, rou) in Brunel (1952) führe ich hier exemplarisch nur zwei Beispiele für die Nachstellung in unmarkierten Hauptsätzen an. Diese ist hier insgesamt deutlich frequenter als in den provenzalischen Urkunden (s. Tabelle 1). (6) […] eu Raimunz Peire d-Auriac et eu Raimunz Fabre pleirem [plevem] vos que [...] ich R. P. von-A. und ich R. F. versprechen-wir euch dass ‘ich, R. P. von A., und ich, R.F., wir versprechen euch, dass [...]’ (rou, 360, 9; 1155) li en fidanza Bernart Alafre e Guillem Rebuf que […] (7) […] et eu do und ich gebe ihm in Garantie B. A. und G. R. dass ‘und ich gebe ihm zur Garantie B.R. und G.R., dass [...]’ (rou, 365, 8–9; 1157)

–––––––—–– 10

11

Es handelt sich hier um eine sehr frühe Urkunde mit vielen lateinischen bzw. gemischten Textpassagen, die zur stark formelhaften Textsorte der serments de fidelité (Feudaleide) gehört. (Vgl. dazu die ausführliche Diskussion dieser Textsorte bei Selig 1995: 190–227, 267–270). Für das Altfranzösische beschreibt de Kok (1985: 90–91) ebenfalls schon früh derartige Beispiele.

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Sprachklassifikation, Sprachkontakt und Sprachwandel

2.2. Altkatalanisch und Altfranzösisch Im Vergleich zu den altokzitanischen Daten präsentiere ich die Ergebnisse der Analyse der Pronominaposition in den Homilies d’Organyà (hom), dem ältesten erhaltenen längeren Zeugnis des Altkatalanischen.12 Ein weiteres Vergleichskorpus bilden die ältesten Urkunden aus dem département Oise (oise) aus dem oïl-Gebiet.13 In der Tabelle 2 ist die Klitikaposition nach den verschiedenen Satztypen aufgeschlüsselt. Hauptsatz V1 Unmarkiert Negiert Adverb Fokus

hom Position prä post 5 18 18 2 11 * 5 * * *

Gesamt 59 23 20 11 5 –

oise Position prä post 25 * 48 * 8 * 4 * * *

Gesamt 85 25 48 8 4 –

Tab. 2 – Die Position der Klitika nach Satztypen in hom und oise.

Im Folgenden gebe ich Beispiele für die Nachstellung zu finiten Verben (außer Imperativen), die in den Homilies gefunden werden können. Beispiel (8) zeigt die postverbale Stellung in koordinierten V1-Hauptsätzen. (Die fünf Fälle präverbaler Stellung treten in V1Sätzen mit satzeinleitender Konjunktion oder nach einem vorangehenden Hauptsatz auf.) Übrig bleiben als Nachstellungen im koordinierten unmarkierten Hauptsatz insgesamt zwei Beispiele wie (9), die nicht durch das Tobler-Mussafia-Gesetz bedingt sind. (8) [...]

e posal. sus el temple. é dixli. (hom, 6r, 10–11) und stellte-er-ihn auf den Tempel und sagte-er-ihm ‘und er stellte ihn auf den Tempel und sagte ihm.’ bo gadardo […] (9) & amor eonranza edeus re drallsen und Liebe und Ehre und Gott gibt-zurück-ihnen-davon guten Preis (hom, 2r, 10–11) ‘und Liebe und Ehre und Gott vergilt es ihnen mit einem [ewigen] Preis [hundertfach]’.

Von den in Tabelle 2 aufgeführten postverbalen Stellungen der altkatalanischen Objektpronomina sind hier vor allem die beiden in unmarkierten Hauptsätzen beachtenswert. Die vergleichsweise seltene Nachstellung in diesem Satztyp ist ungewöhnlich – in den von Fischer (2002) untersuchten, etwas jüngeren Korpora ist sie sehr viel häufiger. Das Altfranzösische des untersuchten Korpus zeigt keine Nachstellung mehr, auch nicht im Tobler-Mussafia-Fall. In zeitlich davor liegenden, literarischen Prosa-Korpora ist die Nachstellung im Tobler-Mussafia-Fall jedoch bezeugt (s. de Kok 1985).

–––––––—–– 12 13

Die Analyse der Pronominaposition in den Homilies d’Organyà (Entstehungszeit um 1203) wurde anhand der Edició diplomàtica in Soberanas/Rossinyol/Puig i Tàrrech (2001) vorgenommen. In der Edition von Carolus-Barré (1964) habe ich dazu die 52 frühesten Urkunden aus der Zeit 1241–1261 ausgewählt.

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3.

Marc-Oliver Hinzelin

Sprachkontakt und Sprachwandel

3.1. Der Sprachwandel: Zwei okzitanische Korpora vom Ende des 15. Jh. Für die Übergangsperiode im späten 15. Jh. habe ich zwei Korpora ausgewertet: Einerseits die Beschlüsse des Stadtrates von Forcalquier von 1478–1479 (Royer 1977), andererseits das Tagebuch von Noé de Barras, einem Unternehmer in der Transhumanz (Wanderweidewirtschaft) aus dem Jahre 1480 (Royer 1988). Tabelle 3 gibt die Häufigkeiten der Voranund der Nachstellung an. Hauptsatz V1 unmarkiert negiert Adverb Fokus

forc Position prä post 6 4 5 * 1 * * * * *

Gesamt 16 10 5 1 – –

barras Position prä post 39 2 9 * * * 4 * * *

Gesamt 54 41 9 – 4 –

Tab. 3 – Die Position der Klitika nach Satztypen in forc und barras.

Eine postverbale Stellung im unmarkierten Hauptsatz findet man in beiden Korpora nicht mehr. Die vier Fälle der Nachstellung in forc zeigen aber, dass das Tobler-Mussafia-Gesetz zu dieser Zeit noch gilt. (Es gibt keine Gegenbeispiele mit einem klitischen Pronomen am absoluten Satzanfang.) Das folgende Beispiel (10) gibt eines der vier Beispiele für die postverbale Stellung, die ich in forc gefunden habe, wieder: (10) Segon se’n las ordenansas fachas per lo honorable conselh de folgen-sie sich-davon die Verordnungen gemacht durch den ehrbaren Rat von Forcalquier, (forc, Anf) F. ‘Es folgen die vom ehrbaren Rat von F. beschlossenen Verordnungen’.

In barras habe ich nur zwei Beispiele für die Nachstellung gefunden, auch diese in V1Konstruktionen (jeweils in einer Art Überschrift zu dem folgenden Text): (11) Segon se los avers que conduze en aquest an […] folgen-sie sich die Herden die führe-ich in diesem Jahr ‘Es folgen die Herden, die ich in diesem Jahr [1480] führe’.

(barras, 7, 2)

Auffallend ist, dass die Nachstellung – wie zuvor auch schon in forc – nur mit dem Verb segre/seguir (‘folgen’) erscheint. Dies spricht für eine Lexikalisierung der Nachstellung in Konstruktionen mit diesem Verb, das aufgrund seiner Bedeutung als Einleitung einer Aufzählung wahrscheinlich sehr oft in der Initialposition des Satzes erscheint.

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Sprachklassifikation, Sprachkontakt und Sprachwandel

In barras gibt es allerdings viel mehr Beispiele (insgesamt 19), in denen das ToblerMussafia-Gesetz gebrochen wird und das klitische Pronomen am absoluten Satzanfang steht:14 (12) Me deu donar florins quatorze, sive……… . .ff. XIIII [...] mir muss-er geben Gulden vierzehn, sei………… fl. 14 ‘Er schuldet mir (muss mir geben) vierzehn Gulden, sei …14 fl. [...]’.

(barras, 7, 18)

Zu diesem Zeitpunkt scheint der Wechsel von der Nachstellung in V1-Konstruktionen zur heutigen allgemeinen Voranstellung stattzufinden (bzw. schon vollzogen worden zu sein und nur in lexikalisierten Konstruktionen noch zu existieren). 3.2. Das Neuokzitanische Das Neuokzitanische wurde zu Vergleichszwecken anhand einer mündlichen Erzählung von Marie Nicolas (nicolas) aus dem Jahre 1984 (Mariotti 1990) untersucht. Die Tabelle 4 illustriert die Ergebnisse. Es gibt keinen einzigen Beleg für die Nachstellung (außer im positiven Imperativ), jedoch viele Beispiele für ein Klitikon am absoluten Satzanfang: (13) Me chau d’abòrd vèire ! mir nötig-ist zuerst sehen

(nicolas, 36) ‘Ich muss (es) zuerst sehen’.

Hauptsatz

Position prä 23 54 8 3 21 *

unmarkiert V1 negiert qu-Fragen Adverb Fokus

post * * * * * *

Gesamt 109 23 54 8 3 21 –

Tab. 4 – Die Position der Klitika nach Satztypen in nicolas.

Das Neuokzitanische kennt also wie das Neufranzösische und die meisten anderen romanischen Sprachen (außer dem Europäischen Portugiesisch etc., s.o.) nur die präverbale Stellung zum finiten Verb. 3.3. Sprachwandel durch Sprachkontakt? In diesem Abschnitt werden die Auswirkungen der Mehrsprachigkeit in Südfrankreich/ Nordspanien auf die Grammatik der beteiligten Sprachen diskutiert. So gilt für die frühe katalanische Textproduktion ein okzitanischer Einfluss – zumindest im Gebiet der Lexik – als unbestreitbar. Besonders im 15./16. Jh. wird der Einfluss des politisch dominanten –––––––—–– 14

Jedoch nie mit dem Verb segre/seguir.

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Marc-Oliver Hinzelin

Französischen auf das Okzitanische spürbar.15 Seit der Ordonnance de Villers-Cotterêts (1539) mussten alle amtlichen Dokumente auf Französisch abgefasst werden, dies äußerte sich in einem immer stärker werdenden Einfluss des Französischen auf das Okzitanische, da in den größeren Städten das Französische immer dominanter wurde. Heutzutage ist das Okzitanische aus den Städten nahezu vollständig verschwunden und gilt als vom Aussterben bedroht. Monolinguale Sprecher existieren kaum noch, sehr wenige Kinder lernen Okzitanisch als Muttersprache. Das Neuokzitanische verhält sich – wie schon erwähnt – im Bereich der Objektpronominastellung analog zum Neufranzösischen. Diesen, nach einer zu überprüfenden Hypothese eventuell durch den Sprachkontakt induzierten, Wandel untersuche ich hier. Das Altokzitanische weist bezüglich der Stellung der Objektpronomina, wie ich oben gezeigt habe, eine Analogie zu den altiberoromanischen Stellungsoptionen auf und unterscheidet sich vernehmlich vom Altfranzösischen. Allerdings variiert die Häufigkeit der Nachstellung der Objektpronomina dialektal und ist im Provenzalischen seltener als im Languedokischen. Diese innersprachliche Variation weist schon auf einen Wandel aus innersprachlichen Gründen hin, ohne dass ein Sprachkontakt zur Erklärung hinzugezogen werden muss. Die Nachstellung im Fall des Tobler-Mussafia-Gesetzes – das ist die einzige die in den späteren Korpora forc und barras überhaupt noch vorkommt – ist schon im Korpus barras so uneinheitlich, dass ich dies als Auflösungserscheinungen der Gültigkeit des Gesetzes werte. Dies deutet an, dass sich der Sprachwandel in Bezug auf das Tobler-MussafiaGesetz zu diesem Zeitpunkt (d.h. um 1480) im Provenzalischen vollzieht. Da dies ca. 60 Jahre vor der Ordonnance de Villers-Cotterêts (1539) ist, kann man einen Einfluss des Französischen zu dieser Zeit ausschließen. Der Wandel hat demnach nicht den Sprachkontakt zur Ursache, vielmehr müssen sprachimmanente Gründe vorliegen; dies gilt umso mehr, als der Wandel in Bezug auf die mögliche Nachstellung in unmarkierten Hauptsätzen (also Nicht-Verb-Erst-Hauptsätzen) schon früher stattgefunden haben muss. Für einen sprachinternen Wandel bei diesem Phänomen spricht auch der vergleichbare Wandelprozess im Katalanischen und Spanischen, für den eine Ursache im Sprachkontakt erst gar nicht in Frage kommt (vgl. Hinzelin 2007).

4.

Eine neue Klassifikation innerhalb der Westromania anhand der Syntax

Der Vergleich mit Daten aus dem Altkatalanischen und Altfranzösischen zeigt, dass das Altokzitanische sich in Bezug auf die untersuchte Eigenschaft ähnlich dem Altkatalanischen (und den anderen iberoromanischen Sprachen) verhält.16 Eine Variation in der Frequenz der postverbalen Stellung tritt allerdings auch innerhalb der einzelnen Dialekte des Altokzitanischen auf. Im Altlanguedokischen (Korpus rou) ist eine relativ häufige Nach–––––––—–– 15 16

Ein spürbarer Einfluss auf das Okzitanische der Urkunden ist jedoch erst nach der Ordonnance de Villers-Cotterêts aus dem Jahre 1539 nachzuweisen, vgl. Hug-Mander (1989). Allerdings tritt anscheinend im Altkatalanischen, wenn man die ausführliche Studie von Fischer (2002) konsultiert, die Nachstellung noch etwas häufiger als im Altokzitanischen auf. Für die Untersuchung weiterer okzitanischer Korpora vgl. Hinzelin (2007), Mériz (1978) und Pape (1883).

Sprachklassifikation, Sprachkontakt und Sprachwandel

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stellung wie im Altkatalanischen zu registrieren. Das Altokzitanische und das Altkatalanische weisen mit Ausnahme der fehlenden Interpolation das altiberoromanische Muster auf und unterscheiden sich deutlich vom Altfranzösischen.17 Eine syntaktische Klassifikation zeigt also einerseits einen deutlichen Unterschied zum Altfranzösischen auf, jedoch andererseits ebenfalls zur Rest-Iberoromania. Ein neuer syntaktischer Klassifikationsvorschlag für die Westromania sollte u.a. diesen Unterschieden Rechnung tragen und kleinräumigere Areale umfassen: eine Ibero-Romania (ohne Katalanisch), eine Occitano-Romania im Sinne Becs ([11963] 1995), bestehend aus Okzitanisch und Katalanisch, eine Franco-Romania (Französisch/oïl-Dialekte und Frankoprovenzalisch) und eine Alpino-Romania18 in Oberitalien und der Südschweiz (Rätoromanisch und norditalienische Dialekte). Die Vorzüge dieser Klassifikation zeigen sich auch in anderen syntaktischen Bereichen: Die Möglichkeit der Auslassung der Subjektpronomina in allen grammatischen Personen – in der generativen Linguistik durch den Nullsubjekt- oder pro-drop-Parameter beschrieben – vereint die Ibero- und Occitano-Romania, während in der Franco- und Alpino-Romania das Subjektpronomen heute – zumindest in einigen Personen – obligatorisch ist und dann den Status eines Klitikons hat (vgl. Vanelli/Renzi/Benincà 1985, Wanner 1993 und Heap 2000). Die Trennung der Occitano-Romania von der Franco-Romania löst auch das Problem der großen Unterschiedlichkeit von Okzitanisch und Französisch trotz der gleichen Klassifikation als galloromanisch (vgl. z.B. Vidos 1968: 302, 415–416).

Bibliographie Quellen barras = Royer, Jean-Yves (1988): Le journal de Noé de Barras. Un entrepreneur de transhumance au XVe siècle. – Forcalquier: Alpes de Lumière. forc = Royer, Jean-Yves (1977): Forcalquier au temps de la peste. Délibérations du conseil municipal 1478–1479. – Forcalquier: Alpes de Lumière. hom = Soberanas, Amadeu-Jesús/Rossinyol, Andreu/Puig i Tàrrech, Armand (2001): Homilies d’Organyà. Facsímil del manuscrit. Edicions diplomàtica i crítica. – Barcelona: Editorial Barcino. nicolas = Mariotti, Martine (1990): Marie Nicolas, conteuse en Champsaur. – Aix-en-Provence: Edisud/Editions du CNRS. oise = Carolus-Barré, Louis (1964): Les plus anciennes chartes en langue française, vol. 1: Problèmes généraux et recueil des pièces originales conservées aux archives de l’Oise. 1241–1286. – Paris: Klincksieck.

–––––––—–– 17 18

Die Nachstellung ist im Altportugiesischen und Altspanischen allerdings noch häufiger. Der Begriff Alpino-Romania ist dabei grob klassifikatorisch und nicht exakt geographisch zu verstehen: Er umfasst einerseits nur die mittleren und östlichen Alpen (in den westlichen Alpen wird Frankoprovenzalisch und Okzitanisch gesprochen) und andererseits auch ein sehr großes Gebiet am Fuße der Alpen (und darüber hinaus), also in etwa die römischen Provinzen Venetia, Aemilia, Transpadana und Liguria sowie Raetia. Die Wartburg’sche Linie La Spezia – Rimini spiegelt diese Einteilung wider.

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provI, provII = Brunel, Clovis (1926): Les plus anciennes chartes en langue provençale. Recueil des pièces originales antérieures au XIIIe siècle. Publiées avec une étude morphologique. – Paris: Picard. rou, provII = Brunel, Clovis (1952): Les plus anciennes chartes en langue provençale. Recueil des pièces originales antérieures au XIIIe siècle. Supplément. – Paris: Picard.

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Sprachklassifikation, Sprachkontakt und Sprachwandel

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Ingrid Neumann-Holzschuh

The difference that space makes… Die Varietäten des Akadischen zwischen Kontinuität und Diskontinuität

1. Das akadische Französisch, das zum einen in der historischen Acadie, d.h. in den maritimen Provinzen an der Ostküste Kanadas (Neuschottland, Neubraunschweig, Prinz-EdwardInsel), zum anderen auf der Halbinsel Port-au-Port auf Neufundland sowie im USBundesstaat Louisiana gesprochen wird, spielt innerhalb der nordamerikanischen Frankophonie eine Sonderrolle.1 Die Eigenständigkeit des Akadischen sowie seine Aufspaltung in verschiedene Subvarietäten ist die Folge besonderer sprachhistorischer Bedingungen, die nicht zuletzt an den Faktor „Raum“ gekoppelt sind. Folgende Faktoren sind zu nennen: a) die im Vergleich zu Quebec unterschiedliche Siedlungspopulation: Während die historische Acadie fast ausschließlich von Siedlern aus dem Haut-Poitou kolonisiert wurde, spielten für Quebec Sprecher nord- und zentralfranzösischer Dialekte die entscheidende Rolle.2 b) Die räumliche Distanz zu Frankreich und der fehlende Kontakt zum Mutterland sind die Ursachen dafür, dass das Akadische, so wie die anderen Varietäten des überseeischen Französisch auch, eine vom hexagonalen Französisch unabhängige Entwicklung durchlief. c) Die räumliche Diskontinuität zwischen den einzelnen aires acadianophones ist das Ergebnis einer der ersten ethnischen Säuberungen der Neuzeit, dem Grand Dérangement von 1755, als die Briten Tausende von Akadiern gewaltsam deportierten. Nach oft jahrzehntelangem Umherirren kehrten einige der Exilierten in die alte Heimat zurück, andere siedelten sich in Frankreich an; das größte Kontingent akadischer Flüchtlinge ließ sich im Süden des heutigen Bundesstaates Louisiana nieder.3 Nach dem Grand Dérangement zerbrach die „unité acadienne“ und die Varietäten des Akadischen entwickelten sich über zweieinhalb Jahrhunderte hinweg unabhängig voneinander.4 d) Sowohl in den Provinces Maritimes als auch in Louisiana gibt es heute kein kompaktes frankophones Siedlungsgebiet. So muss z.B. in Neuschottland, das weitgehend der his–––––––—–– 1

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Zum Varietätenraum des Akadischen zählen ferner die administrativ zu Quebec gehörenden Îlesde-la-Madeleine (vgl. Falkert 2005) sowie einige frankophone Enklaven in den NeuenglandStaaten. Von jeher hat das Akadische geringere Beachtung gefunden als das Französische von Quebec und zwar nicht nur in kultur- und literaturwissenschaftlicher, sondern auch in sprachwissenschaftlicher Hinsicht. In den letzten Jahren hat sich dies geändert: mit Magord (2003) und Kolboom/Mann (2005) liegen jetzt umfassende, interdisziplinär ausgerichtete Handbücher vor. Vgl. dazu Massignon (1962), Wolf (1987), Charpentier (1994), Péronnet (1995), Neumann-Holzschuh (2005a). Zur Geschichte der Akadier vgl. Kolboom (2005). Vgl. dazu Dubois (2005). Zu den außerhalb von Quebec gesprochenen Varietäten des Französischen von Quebec vgl. Walker (2005), Hallion Bres (2006).

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torischen Acadie entspricht, von vier „isolats linguistiques“ ausgegangen werden; im frankophonen Teil Louisianas können zumindest zwei sprachliche Großräume unterschieden werden (Byers 1988, Rottet 2004, Neumann-Holzschuh 2005c). Auch in Neubraunschweig, der einzigen offiziell zweisprachigen Provinz Kanadas, bildet die frankophone Bevölkerung lediglich im Großraum Moncton die Mehrheit. e) Anders als in Quebec, wo Französisch auch nach der Conquête Anglaise seine Vitalität behaupten konnte und wo in der zweiten Hälfte des 20. Jh. tiefgreifende Reformen mit dem Ziel der Einsprachigkeit durchgeführt wurden, ging die Zahl der Französischsprachigen in den Provinces Maritimes im 20. Jahrhundert zurück und die sprachpolitischen Aktivitäten blieben eher verhalten (vgl. Wiesmath 2006).5 Inwieweit hat die seit nunmehr 250 Jahren bestehende räumliche Diskontinuität zwischen den einzelnen Regionen, in denen heute noch Akadisch gesprochen wird, zu Diskontinuitäten auf der sprachlichen Ebene geführt? „The difference that space makes“ – dass dieser Topos aus der Geographie auch für die Linguistik von Relevanz ist, ist vor dem Hintergrund sowohl der älteren als auch der neueren, variationslinguistisch ausgerichteten dialektologischen und sprachgeographischen Arbeiten nichts Neues (vgl. Britain 2002). Distanz in Raum und Zeit ist schon immer ein Parameter für die Untersuchung von Sprachwandel gewesen; die Frage allerdings, welche Auswirkungen die Faktoren Raum/Räumlichkeit auf die Sprache und die Sprachgemeinschaften haben, wie sich neue sprachliche und damit auch soziale Räume konstituieren („new spatialities“, Britain 2002: 616), und wie diese Verschränkung räumlicher und sozialer Faktoren innerhalb der jeweiligen Sprachgemeinschaft beschrieben werden können, ist in Bezug auf die Frankophonie Nordamerikas noch nicht wirklich geklärt. Was das akadische Französisch anbelangt, so muss bei einem geographisch derart zersplitterten Varietätenraum ohne normatives Zentrum grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass von jeher zentrifugale Kräfte endogene Sprachwandelprozesse beschleunigt haben; dennoch sollte in jedem einzelnen Fall der Frage nach der Art der Diskontinuitäten sowie nach möglichen Auslösefaktoren nachgegangen werden. Von besonderem Interesse ist in diesem Kontext die eigenständige Entwicklung des cadien/ cajun, der Diasporavarietät des akadischen Französisch in Louisiana.6

2. Grundsätzlich können die Diskontinuitäten innerhalb des akadischen Varietätenraumes sowohl auf einer Makroebene, d.h. auf die gesamte Diaspora bezogen, als auch auf einer Mikroebene, d.h. innerhalb einer einzelnen Varietät (z.B. Neuschottland, Louisiana) beobachtet werden. Im Hinblick auf die Makroebene kann an das Modell eines „continuum transgéographique et transhistorique“ angeknüpft werden, wie es von Chaudenson/Mougeon/Beniak –––––––—–– 5 6

Zur soziolinguistischen Situation in den Provinces Maritimes vgl. Dubois (2005), NeumannHolzschuh (2005a), Wiesmath (2006). Vergleichende Untersuchungen liegen bislang vor von Neumann-Holzschuh et al. (2005), Neumann-Holzschuh (2005b), Rottet (2004, 2005b), Wiesmath (2002, 2003, 2005).

Die Varietäten des Akadischen zwischen Kontinuität und Diskontinuität

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(1993) für den Varietätenraum des Französischen entworfen wurde, ein Modell, das letztlich auf die Arbeiten von Robert Chaudenson (1973, 1981, 1993, 1998) zu den Frankokreolsprachen zurückgeht. Innerhalb dieses Kontinuums werden die Kreolsprachen sowie die überseeischen Varietäten des Französischen hinsichtlich ihres strukturellen Abstands zum Referenzpunkt Französisch angeordnet,7 wobei, so die Autoren, einigen nordamerikanischen Varietäten des Französischen eine besondere Rolle zukommt. Aufgrund interner Restrukturierungen, die ursächlich mit ihrem soziolinguistischen Status zu tun haben, unterscheiden sich die „periphären“ Varietäten wie das cadien oder das Französische in Missouri8 strukturell in bestimmten Punkten von anderen Varietäten wie z.B. dem stärker ausgebauten Französischen von Quebec und nehmen daher auf einer imaginären Linie zwischen dem (gesprochenen) hexagonalen Französisch und den Kreolsprachen eine mittlere Position ein. Nun repräsentiert der Varietätenraum des Akadischen natürlich nur einen kleinen Ausschnitt aus dem von Chaudenson/Mougeon/Beniak vorgeschlagenen Kontinuum, dennoch kann das Modell eines „continuum transgéographique“, das sich in einem „continuum interlinguistique“ widerspiegelt, meines Erachtens ein fruchtbarer methodologischer Ansatz auch für die Beschreibung des Akadischen sein. Das wichtigste Kriterium zur Anordnung der akadischen Varietäten auf einem solchen Kontinuum ist – und da stimmen die neueren Untersuchungen zum Akadischen (vgl. Flikeid 1997, S. Dubois 2005, Neumann-Holzschuh et al. 2005, Neumann-Holzschuh/Wiesmath 2006) im Wesentlichen überein – die Präsenz bzw. Absenz typisch akadischer Merkmale.9 Zwischen den einzelnen Varietäten besteht diesbezüglich, so scheint es, eine deutliche Hierarchie: Während das Akadische von Neuschottland hinsichtlich der Bewahrung typisch akadischer Merkmale als die „konservativste“ Varietät erscheint – für Flikeid (1997: 283) ist sie die „Maritime Acadian baseline“ –, weist das cadien Louisianas in zweifacher Hinsicht Entwicklungen auf, die diese Varietät quasi als Repräsentanten des anderen Pols eines hypothetischen Kontinuums erscheinen lassen: Entdialektalisierung einerseits, Restrukturierungsprozesse aufgrund von Sprachverfall andererseits. Was die Beschreibung auf der Mikroebene anbelangt, so sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass sich alle Varietäten des Akadischen durch hohe interne Variabilität auszeichnen. Ein möglicher Untersuchungsparameter ist auch hier wieder die Bewahrung von –––––––—–– 7

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Chaudenson (1981: 33): „Notons que ce point de référence ne peut équivaloir au français standard, mais plutôt à un français reconstitué, et par conséquent théorique, qui serait le français des colons“. Chaudenson bezeichnet diese Varietäten als „français marginaux“ (1973: passim). Der Frage, was „das Akadische“ ausmacht, bzw. welche sprachlichen Merkmale als typisch akadisch gelten können, kann hier nicht im Einzelnen nachgegangen werden. Tatsache ist, dass sich das Akadische der maritimen Provinzen sowohl im Bereich der Lautung als auch des Wortschatzes und der Morphologie vom Französischen Quebecs unterscheidet. Als typisch akadisch gelten etwa im Bereich der Grammatik die Verbalendung der 3. Pers. Pl. -(i)ont, das Demonstrativum c’ti, das Interrogativpronomen quoi im Sinne von ‘que’ sowie das so genannte „je collectif“, alles Formen, die aus dem älteren und dialektalen Französisch bekannt sind und die, wenngleich weniger häufig, auch in anderen Varietäten des nordamerikanischen Französisch belegt sind. Inwieweit die Abgrenzung der Varietäten des nordamerikanischen Französisch letztlich nur eine Frage der Frequenz ist, mit der bestimmte Phänomene auftreten, bedarf noch der Untersuchung.

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Archaismen bzw. typisch akadischen Merkmalen; so kann z.B. Flikeid (1994, 1997) zumindest für die maritimen Provinzen zeigen, dass es deutliche Unterschiede zwischen den Gebieten Baie-Ste.-Marie im Süden von Neuschottland sowie von Chéticamp im Norden und auf der Prinz-Edward-Insel bezüglich der Bewahrung des passé simple und der Negation mit point gibt (1997: 266). Für die geographische Variation („variation topolectale“) innerhalb Louisianas sind, so S. Dubois (2005), zwei Arten von Diskontinuitäten verantwortlich: a) Diskontinuitäten, die darauf beruhen, dass ein besonderes Merkmal nur regional begrenzt auftritt, wie z.B. die für die paroisse Lafourche charakteristische Spirantisierung von [A] (je [he]), und b) „variablen“ Diskontinuitäten, womit sie sprachliche Phänomene bezeichnet, die zwar in ganz Louisiana verbreitet sind, in den einzelnen paroisses aber deutliche Frequenzunterschiede aufweisen. Darüber hinaus müssen gerade in den Regionen, in denen die Minderheitensprache einen prekären Status hat, neben den räumlichen auch intergenerationelle Diskontinuitäten berücksichtigt werden.

3. Welche sprachlichen Divergenzen können zwischen den Varietäten des Akadischen beobachtet werden und welche Erklärungsmöglichkeiten gibt es?10 Meines Erachtens sind vor allem drei Faktoren für die zu beobachtenden Diskontinuitäten verantwortlich: Sprachkontakt, Isolation sowie Sprachverfall und Sprachentod. 3.1. Diskontinuitäten aufgrund von Sprachkontakt Kontaktlinguistisch induzierte dynamische Prozesse sind in Migrationssituationen universal. Im Falle des Akadischen hat das Grand Dérangement dazu geführt, dass die vermutlich auch vor der Deportation schon fragile linguistische Einheit früh aufgebrochen wurde und jede Varietät im Laufe ihrer Migrationsgeschichte sowohl mit dem Englischen als auch mit weiteren Varietäten des überseeischen und hexagonalen Französisch in Kontakt getreten ist.11 So gab es in Neufundland neben den Akadiern, die sich im Zuge des Grand Dérangement hier wieder angesiedelt haben, von jeher Franzosen aus der Bretagne und der Normandie sowie Immigranten von Saint-Pierre-et-Miquelon;12 die Varietäten der Provinces Maritimes sind schon seit langem in Kontakt mit dem Französischen von Quebec; auf den –––––––—–– 10

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Ich konzentriere mich in diesem Beitrag auf morphosyntaktische Besonderheiten. Umfassendere Untersuchungen zu Unterschieden im Bereich der Lautung und des Wortschatzes stehen noch aus; erste Überlegungen dazu finden sich in S. Dubois (2005), Flikeid (1997), Neumann-Holzschuh (1991). Zum Einfluss des Englischen, auf den hier nicht näher eingegangen werden kann, vgl. King (2000), Rottet (2000), Wiesmath (2006). Zum stark anglisierten chiac in Neubraunschweig vgl. Perrot (2003). Vgl. King (2000), King/Butler (2005) sowie Magord (1995).

Die Varietäten des Akadischen zwischen Kontinuität und Diskontinuität

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Îles-de-la-Madeleine wird zwar Akadisch gesprochen, die administrative Zugehörigkeit zu Quebec bleibt jedoch nicht ohne Auswirkungen auf die Sprache (vgl. Falkert 2005). Der in diesem Kontext interessanteste Fall ist ohne Zweifel das koloniale Louisiana. Hier trafen die aus der Acadie Vertriebenen zunächst auf Franzosen verschiedener regionaler und sozialer Provenienz sowie auf Siedler aus der Nouvelle-France; zu Beginn des 19. Jh. wurde die frankophone Bevölkerung durch Vertriebene aus Saint-Domingue und Revolutionsflüchtlinge aus Frankreich verstärkt.13 Das Nebeneinander von akadischen und nichtakadischen Varietäten des Französischen im Louisiana des 18. und 19. Jahrhunderts ist dann auch der Grund dafür, dass die Morphologie des cadien einerseits von jeher sowohl akadische als auch nicht-akadische Merkmale aufweist, und dass es andererseits zum Verlust einiger typischer Merkmale des Akadischen gekommen ist: „The Louisiana context is one of complex, long-term dialect contact and levelling“ (Flikeid 1997: 283).14 Das auffälligste Beispiel ist das Nichtvorhandensein des charakteristischen akadischen Pronomens je in Verbindung mit der Verbalendung -ons zum Ausdruck der 1. Pers. Pl. („je collectif“), das in den maritimen Provinzen und in Neufundland nach wie vor die geläufigste Form ist.15 (1) je savions pas faire de bière avant que les français a venu par ici (TN – MH 059202)16 (2) pis là je faisons toutes les pâtes (NE – Flikeid 1997: 267)

Zwar kann Kevin Rottet (2005b) nachweisen, dass auch in Louisiana Formen wie je parlons gelegentlich in Texten des 19. Jahrhunderts verwendet werden (allerdings in singularischer Bedeutung!); die Frage, ob diese Formen jemals wirklich verankert waren oder ob das Pronomen je für die 1. Pers. Pl. nicht bereits früh im Zuge eines Nivellierungsprozesses den Formen on bzw. nous-autres weichen musste, bleibt jedoch offen. Andere typisch akadische Merkmale koexistieren in Louisiana heute mit Formen, wie sie für die nicht-akadischen Varietäten des Französischen, die im 18. Jh. in Louisiana gesprochen wurden, typisch gewesen sein dürften. Dabei können, so Byers (1988) und Rottet (2004), zwei große Zonen ausgemacht werden: Den stärker „akadischen“ paroisses im Zentrum und im Westen (Acadia, Assumption, Lafayette und Vermilion) stehen die paroisses Avoyelles und Evangéline im Norden sowie St. Martin im Zentrum gegenüber, in denen

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Vgl. Neumann-Holzschuh (2003a). Das Band diatopischer und diastratischer Varietäten, die oftmals unter dem Oberbegriff français colonial subsumiert werden, dürfte daher breit gewesen sein. Vgl. S. Dubois (2005: 301) sowie Picone/Valdman (2005: 146). Im Bereich der Lautung stimmt das cadien allerdings weitgehend mit den akadischen Varietäten in Kanada überein, vgl. S. Dubois (2005: 291): „En Louisiane, on voit que la plupart des caractéristiques phonétiques ont été conservées. Par contre, les formes morpho-syntaxiques (à l’exception de l’ordre des adverbes et des pronoms démonstratifs dans la paroisse Lafourche et du suffixe -ont à Vermilion) ont été remplacées par des formes plus communes“. Vgl. Neumann-Holzschuh et al. (2005) und Péronnet (1989). Die Abkürzungen der Quellenangaben können wie folgt aufgeschlüsselt werden: NB = Nouveau Brunswick (Neubraunschweig), NE = Nouvelle Ecosse (Neuschottland), TN = Terre Neuve (Neufundland), LOU = Louisiana. Sofern die Quellenangaben in Bezug auf TN und NB nicht explizit genannt werden, stammen die Beispiele aus den Korpora von P. Brasseur und R. Wiesmath.

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die typisch akadischen Formen entweder gar nicht oder vergleichsweise selten verwendet werden. Eine Sonderstellung nimmt die paroisse Lafourche im Südosten ein.17 Die typisch akadische Verbalendung -(i)ont in der 3. Pers. Plur. Präs. und Imp. (statt -ent bzw. -aient) ist in den Maritimes fest verwurzelt. (3) les plus jeunes, y a beaucoup de quoi que zeux se souvenont point qu’ils ont jamais vu, pis les plus vieux venont et ils parlont de tout sortes de choses (NE – Flikeid 1997: 265) (4) des femmes faisiont de l’étoffe (NB – 4, MB 393)

In Louisiana ist diese Verbalendung nur in einigen paroisses im Westen und im Zentrum belegt, allerdings sind hier auch die nicht-akadischen Formen durchaus gebräuchlich. (5) au Canada ils di/euh en Acadie ils disont aussi du blé d’Inde (LOU – Stäbler 1995: 7)

Gelegentlich verwendet ein und derselbe Sprecher beide Formen: (6) quand ils commenciont à tirer la vache, ils laissaient plus le veau téter (LOU – Stäbler 1995: 15)

Die in der Acadie häufigste Entsprechung für fr. qu’est ce qui/que ist quoi (ce qui/que)/quoi (c’est qui/que). (7) je sais pas quoi-ce qui te donne le loquet (TN – LC 13803) (8) Quoi c’est d’autre vous aviez (comme animaux à la ferme)? (NB – 3, G141)

In Louisiana existiert neben dieser Form, die in den anderen akadianophonen Gegenden die einzig geläufige ist, das Interrogativpronomen qui (ce qui/que)/qui (c’est qui/que). Dieses Pronomen, das in dieser Funktion vom Mittelalter bis ins 17. Jh. im hexagonalen Französisch gut belegt ist und von daher Bestandteil des im 18. Jh. in Louisiana gesprochenen Französisch gewesen sein muss, findet sich in den kanadischen Varietäten des Akadischen in dieser Funktion nicht (Rottet 2004, 2006). (9) Quoi c’est qui se brasse là-bas (LOU Vermilion – Rottet 2004: 175) (10) Quoi tu veux je te fais cuire (LOU Lafayette – Conwell/Juilland 1963: 151) (11) Qui-ce qui va m’arriver demain (LOU Lafourche – Rottet 2004: 175) (12) Qui vous-autres aurait fait si j’avais pas de licence (LOU Lafourche – Rottet 2004: 175)

Die räumliche Verteilung der beiden Pronomina entspricht in Louisiana der der Verbalendung auf -(i)ont in der 3. Pers.: quoi im Westen, qui im Norden (Avoyelles, Evangéline) und im Südosten (Lafourche). Wenngleich weniger ausgeprägt als in Louisiana kann auch in Neu-Braunschweig bei einigen Phänomenen eine Doppelung von akadischen und nicht-akadischen Formen beobachtet werden. So koexistieren z.B. das Pronomen je (anstelle von nous) und die Verbalendung der 3. Pers. Pl. -(i)ont mit den entsprechenden Formen des Französischen von –––––––—–– 17

Vgl. auch S. Dubois (2005: 297): „Si on avait à représenter géographiquement l’ensemble des discontinuités entre les localités cadiennes, on tracerait une isoglosse substantielle entre Lafourche et les autres localités, une autre d’égale importance qui rendrait compte des écarts variables entre Avoyelles et les autres paroisses“.

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Quebec bzw. den standardfranzösischen Formen. In Neuschottland und Neufundland sind solche kontaktinduzierten Prozesse seltener (vgl. King 2000: 40, King/Butler 2005).

3.2. Diskontinuitäten aufgrund von Isolation Isolationsphänomene können, so scheint es, zwei unterschiedlichen Kategorien – den Bewahrungen einerseits und den Innovationen andererseits – zugeordnet werden.18 Einmal abgesehen von den Bewahrungen, wie sie für alle Varietäten des nordamerikanischen Französisch im Vergleich zum hexagonalen Französisch charakteristisch sind, können innerhalb des akadischen Varietätenraumes einige besonders konservative Regionen ausgemacht werden. So wird v.a. aus den Arbeiten von Flikeid (1989, 1997) deutlich, dass im Westen Neuschottlands, dem sie „strong 18th century continuity“ und „isolation“ zuschreibt (1997: 264s.), noch heute grammatische Phänomene gut verankert sind, die in den anderen akadianophonen Gegenden der Maritimes entweder selten (Neubraunschweig und Prinz-EdwardInsel) oder gar nicht mehr bekannt sind (Louisiana und Neufundland). a) Die Negationspartikel point existiert heute nur noch in Neuschottland und auf der PrinzEdward-Insel (Flikeid 1997, King 2000). (13) les plus jeunes, y a beaucoup de quoi que zeux se souvenont point qu’ils ont jamais vu (NE – Flikeid 1997: 265)

b) Das passé simple ist gegenwärtig nur noch in Neuschottland belegt. (14) ils me donnirent quatre piastres et demie (NE – Gesner 1979: 36) (15) le lendemain son homme arrivit […] puis je restis là neuf semaines (NE – Gesner 1979: 36)

c) Der subjonctif imparfait ist heute nur noch in Neuschottland lebendig. In den anderen Varietäten des Akadischen ist dieser Modus entweder gar nicht (Louisiana) oder nur sehr sporadisch (Neubraunschweig) belegt (vgl. Neumann-Holzschuh 2005b). (16) fallait qu’ils gagnirent de l’argent (NE – Gesner 1979: 39) (17) Quand même qu’il faisait laid ou qu’il faisait beau, follait tu marchis. Pis follait je charrirent notre eat pour boire dans l’école. (NE – Flikeid 1997: 267) (18) faulait qu’alle allisse sus une montagne (TN – GT 017701)

3.3. Diskontinuitäten aufgrund von Sprachverfall In gewisser Weise quer zu den bisher genannten Faktoren „Sprachkontakt“ und „Isolation“, die jeweils in Beziehung stehen zu dem Parameter „Raum“, liegt nun aber – und dies gilt für alle Varietäten des Akadischen – eine weitere Analyse-Ebene, die primär soziolinguistischer Natur ist und sich auf die abnehmende Sprachkompetenz innerhalb der verschiedenen –––––––—–– 18

Auf den Faktor „Innovationen“ kann hier nicht eingegangen werden. Ein Beispiel ist der im akadischen und europäischen Französisch unterschiedliche Gebrauch von là, vgl. Wiesmath (2003).

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Generationen bzw. verschiedener Sprechergruppen und den daraus resultierenden Sprachentwicklungen bezieht. Das Bild, das gerade Louisiana in dieser Hinsicht bietet, ist widersprüchlich. Auf der einen Seite gibt es morphologische Merkmale, die offensichtlich über Generationen hinweg stabil geblieben sind; so beobachtet z.B. Dubois in Hinblick auf das Pronomen der 3. Pers. Pl. ça, die Verbalendung der 3. Person Plural -ont sowie auf verschiedene Präpositionen eine „conservation intergénérationelle […] c’est-à-dire l’absence de changement linguistique en temps apparent en français cadien“ (2005: 294). Auf der anderen Seite ist die Dynamik der Veränderungen gerade im cadien der semi-speakers besonders groß. Zu beobachten sind hier zum Beispiel die Schwächung von Kategorien wie Genus und subjonctif, die Tendenz zu invariablen und expressiven Formen (z.B. der Ersatz der unbetonten Klitika je und tu durch moi und toi19), zur paradigmatischen Regularisierung und zu analogen Bildungen sowie zu syntaktischen Vereinfachungen. Das nicht zu leugnende étiolement linguistique in Louisiana – so zeigen es die Arbeiten von Rottet (2001: passim) und S. Dubois (2001, 2005) – löst also bestimmte Sprachwandelprozesse aus, die im cadien weit fortgeschritten sind, und deren Auswirkungen ihrerseits zur Modellierung des akadischen Varietätenraums beitragen.20 a) In allen Varietäten des Akadischen kann eine deutliche Tendenz zur Schwächung des subjonctif sowohl in morphologischer als auch in funktionaler Perspektive beobachtet werden (vgl. Neumann-Holzschuh 2005b). Wenngleich der subjonctif in den Provinces Maritimes noch am besten verankert ist (v.a. im nicht-epistemischen Bereich ist er hier noch weitgehend systematisch), wird sein modaler Wert in der Regel auf verschiedene Tempora des Indikativs, auf das conditionnel sowie auf infinite Formen übertragen. Dabei ist die Tendenz, finite durch infinite Formen zu ersetzen, vor allem in der Sprache der semispeakers in Louisiana deutlich größer als in den anderen Varietäten.21 (19) ça fait un gros arbre . faut tu vas puis le couper (LOU – Stäbler 1995: 55) (20) je veux qu’eusse aoir eine bonne vie (LOU – Rottet 2001: 250)

In finalen Konstruktionen kann der subjonctif im cadien, wie im Übrigen auch im älteren Französisch sowie in einigen Dialekten, auch dann durch den Infinitiv ersetzt werden, wenn das Subjekt des Hauptsatzes mit dem des Nebensatzes nicht identisch ist; que fällt in der Regel aus, und das Pronomen des Nebensatzes erscheint oft in seiner betonten Form: (21) eusse i a donné de l’argent pour lui aller au magasin (LOU – Guilbeau 1950: 223) (22) il a fait un gros plancher pour nous autres danser dessus (LOU – Stäbler 1995: 181)

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Vgl. dazu auch Dubois (2001). Bei diesem Phänomen handelt es sich im Übrigen nicht zwangsläufig um eine Interferenz mit dem Kreolischen. Es sind diese Prozesse, an die Chaudenson denkt, wenn er von evolutiven Tendenzen in den français marginaux spricht, deren Abschluss – so seine Theorie – in den Kreolsprachen beobachtet werden kann. Nach dem bisherigen Stand unserer Forschungen ist das cadien, was diese „autoregulativen“ Prozesse anbelangt, in der Tat die „variété la plus avancée“ der Varietäten des Akadischen und deswegen auch für die Kreolforschung von größtem Interesse. Vgl. Stäbler (1995), Rottet (1995), Neumann-Holzschuh (2003b).

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b) ça als Relativpronomen: Laut Wiesmath (2002) kann ça nur im français louisanais ein Relativpronomen in der Funktion eines direkten Objekts ersetzen.22 (23) le BILL ça ils vont te donner ça ça va finir de tuer ça (LOU – Stäbler 1995: 206) (24) i voulait manger du dinne ça m’sieur le roi avait (LOU – Brandon 1955: 452)

Im Französischen Louisianas erfüllt ça also die Funktion eines richtigen Relativpronomens und nicht nur die des Antezedens: (25) Camille Doucet ça fait . prenait à parler de ça ça il fait (Stäbler 1995: 187)

In Neubraunschweig hingegen, das in dieser Hinsicht deutlich konservativer ist als das cadien, ist ça in erster Linie ein emphatisches Pronomen; hier konnte kein Beispiel dafür gefunden werden, dass ça eindeutig das Relativpronomen que ersetzt. c) Es bleibt zu klären, inwieweit es sich bei den im cadien und in anderen Varietäten des nordamerikanischen Französisch zu beobachtenden analogen bzw. regularisierten imparfait-Formen wie sontaient, sutais, ontvaient um eine survivance historique oder vielmehr um unabhängig voneinander entstandene Innovationen handelt, die letztlich ein Indiz für Sprachverfall sind. (26) drette après que mon sutais énée, ma mame et mon pape ont démenagé (LOU – Rottet/Golembeski 2004: 138) (27) ils ont tout perdu ça qu’ils ontvaient (LOU – Golembeski/Rottet 2004: 139) (28) ch connais pas si i sontaient prop (LOU – Corpus Dubois M-89-2)

Während diese Formen in den maritimen Varietäten des Akadischen selten sind, sind sie in anderen Varietäten des nordamerikanischen Französischen speziell im Französischen Quebecs und Ontarios durchaus geläufig (vgl. Golembeski/Rottet 2004).

4. Aus den bisherigen Ausführungen ergeben sich vier Schlussfolgerungen: a) Die Varietäten des Akadischen haben sich im Verlauf ihrer Entwicklung auseinander entwickelt, wobei die zu beobachtenden Diskontinuitäten unterschiedliche Gründe haben und auch unterschiedlich auf der Zeitschiene zu positionieren sind. Neben einer kontaktlinguistisch bedingten Dialektnivellierung müssen vor allem in Louisiana weitere, durch Sprachverfall ausgelöste Sprachwandelprozesse berücksichtigt werden. Unabdingbar für alle Varietäten ist die Berücksichtigung generationsspezifischer Besonderheiten, denn während in der Sprache der Älteren unter Umständen die continuité acadienne noch erkennbar ist, ist dies bei den jüngeren Sprechern oft nicht mehr der Fall. –––––––—–– 22

Nach Rottet (1995: 224) ist dies charakteristisch für den Sprachgebrauch der semi-speakers. Eine ähnliche Funktion hat die Partikel sa in den Frankokreolsprachen.

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b) Ob es tatsächlich ein „transgeographisches Kontinuum“ im Sinne einer échelle d’acadianité oder eines continuum interlinguistique gibt, ist schwer zu beurteilen. Während das Akadische von Neuschottland als diejenige Varietät erscheint, die die charakteristischen akadischen Merkmale am konsequentesten bewahrt hat und die historische Varietät noch am ehesten durchscheinen lässt, hat sich das cadien Louisianas am deutlichsten aus dem akadischen Verbund gelöst. Dabei muss allerdings beachtet werden, dass der Grad der Bewahrung akadischer Besonderheiten von Kategorie zu Kategorie unterschiedlich bzw. häufig lediglich eine Frage der Frequenz oder der regionalen Distribution ist. Einmal mehr zeigt sich also, dass einerseits jede grammatische Kategorie ihre eigene Geschichte hat, und andererseits nicht eine ganze Varietät „konservativer“ oder „innovativer“ ist, sondern dass diese Etiketten jeweils nur für einzelne Kategorien gelten.23 Beim akadischen Kontinuum handelt es sich also bestenfalls um ein „continuum discontinu“, auf dem sowohl synchron als auch diachron gesehen Kontinuitäten und Diskontinuitäten, Bewahrungen und Neuerungen auf komplexe Weise miteinander verflochten sind (vgl. Neumann-Holzschuh/Wiesmath 2006).24 c) Bezüglich der Sonderstellung des cadien formuliert S. Dubois (2005) erste überzeugende Überlegungen: – Grundsätzlich ist es natürlich denkbar, dass die Heterogenität des cadien in einigen Bereichen der Grammatik bereits auf die interne Variabilität des maritimen Akadischen zur Zeit des Grand Dérangement zurückzuführen ist. Aufgrund fehlender historischer Quellen ist diese Annahme aber nur schwer nachprüfbar. – Wahrscheinlicher ist hingegen, dass die Ausgliederung des cadien aus dem akadischen Varietätenraum das Ergebnis von kontaktinduziertem Wandel ist. In Louisiana trafen die Akadier auf andere frankophone Gruppen mit deutlich höherem Sozialprestige; die Folge des Kontakts mit dem (keineswegs homogenen!) français colonial war langfristig eine gewisse „Entakadianisierung“ der von den Exilierten gesprochenen Varietät. Insbesondere nach der Ankunft der Revolutionsflüchtlinge und der Vertriebenen von Saint-Domingue kam es im frankophonen Teil Louisianas zu einer Elitebildung, von der die Akadier weitgehend ausgeschlossen waren.25 Das Akadische blieb somit Teil der Varietätenkette des Französischen, d.h. es behielt auch in der Diaspora den Status einer diatopischen und diastratisch niedrig markierten Varietät. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen drängt sich die Frage auf, inwieweit es in Louisiana zur Herausbildung eines „neuen Dialektes“ als Produkt eines Koineisierungsprozesses gekommen ist (vgl. Trudgill 1986, Britain 2002). Während Golembeski/Rottet (2004: 137) dies befürworten – „Le français louisianais est caractérisable comme une koïné –––––––—–– 23

24 25

Vgl. dazu in Bezug auf die Kreolsprachen Neumann-Holzschuh (2000: 402): „Toute discussion sur le degré de restructuration d’un créole présuppose une analyse différenciée de chaque catégorie grammaticale en synchronie et en diachronie, puisque ce n’est pas une langue entière qui est restructurée, mais des catégories grammaticales individuelles“. Es versteht sich, dass der Begriff „Kontinuum“ hier allenfalls in einem sehr weiten (und sicher nicht unproblematischen!) Sinne verstanden werden kann. Nach Picone/Valdman (2005: 148) bildete sich in dieser Zeit vor allem im Mississippi-Tal ein „français de plantation“ heraus, das dem zeitgenössischen Französisch des Mutterlands sehr ähnlich war, und das in Louisiana bis zum Sezessionskrieg von den gehobenen Schichten gesprochen wurde.

Die Varietäten des Akadischen zwischen Kontinuität und Diskontinuität

51

provenant de la fusion, partielle ou totale selon la région, des variétés de français parlées par divers groupes d’immigrés“ –, scheint mir eine gewisse Zurückhaltung in Bezug auf die Verwendung dieses Begriffs ratsam.26 Handelt es sich beim cadien wirklich um eine Koiné wie sie etwa bei Tuten (2003) für das Spanische oder bei Kerswill (2002) für das Englische in Milton Keynes (Südostengland) beschrieben wird, oder liegt hier eher ein Fall von „regional dialect leveling“ vor? Obwohl Koineisierung und „regional dialect leveling“ nur schwer voneinander abgegrenzt werden können (Tuten 2003: 80), spricht meines Erachtens einiges für die zweite Option: In Louisiana kam es zwar in der Tat im Kontakt zwischen den aus der Acadie vertriebenen Akadiern und Sprechern anderer Varietäten des Französischen zu bestimmten Nivellierungsprozessen, es hat sich jedoch keine homogene und stabile Ausgleichsvarietät herausgebildet, sondern vielmehr sind regionale Varietäten entstanden, in denen akadische und nicht akadische Formen in einem unterschiedlichen Mischungsverhältnis koexistieren. Vor diesem Hintergrund sollte cadien als Sprachbezeichnung wohl in der Tat durch français louisianais ersetzt werden.27 d) Welcher Platz dem français louisianais innerhalb des akadischen Varietätenraumes und des frankophonen Raumes insgesamt zukommt, bleibt noch zu zeigen. Sicher ist, dass trotz der eigenständigen Entwicklung der einzelnen Varietäten die gemeinsame sprachliche Basis durchaus noch zu erkennen ist, so dass aus linguistischer Perspektive weiterhin von einer – wenn auch abstrakten – „unité descriptive“ ausgegangen werden sollte. Dabei ist das Akadische vor der Deportation nicht nur für die linguistisch interessante Frage nach einer „Aca-dia continua“ als Bezugspunkt von Bedeutung, sondern auch für das gegenwärtige Selbstverständnis der Akadier und der Cadiens, beruht doch das Gefühl für eine Kontinuität zwischen den akadischen Varietäten aus sprachidentitärer Sicht in erster Linie auf einer mehr oder weniger vagen Reminiszenz des gemeinsamen Ursprungs.28 Allerdings ist vor allem in Louisiana die Beherrschung des Cadien heute nicht mehr zwangsläufig ein identitätsstiftender Faktor: Ein Bewohner Südlouisianas mit akadischen Vorfahren fühlt sich auch dann als Cadien, wenn er selbst kein Französisch mehr spricht (vgl. Dubois/Melançon 1997). Es ist daher mehr als fraglich, ob das français louisianais von der jüngsten (pan-)akadischen Bewegung tatsächlich profitieren wird.

–––––––—–– 26 27

28

Auch S. Dubois (2005) spricht nicht von Koineisierung, sondern nur von Dedialektalisierung. Vgl. Rottet (2005b: 213): „Le français louisianais moderne, appelé cadien, est le produit de la confrontation de plusieurs variétés de français y compris le français ‚colonial‘ et ‚acadien‘ du 18e siècle et le français de la ‚société de plantation‘ du 19e siècle, pour ne pas exclure l’influence du créole louisianais. Mais dans l’esprit des Louisianais, et souvent dans celui des chercheurs, c’est la contribution acadienne qui l’emporte toujours“. Picone/Valdman (2005: 160) weisen darauf hin, dass auf der Suche nach einer Norm für das cadien im Zweifelsfall auf die in der Acadie geläufige Form rekurriert wird! So optiert man z.B. für die Kombination des Pronomens der 3. Pers. Pl. ils mit der Verbalendung -ont anstelle des in Louisiana geläufigen Pronomens eusse/eux-autres + Verbalendung -ent bzw. der ebenfalls häufigen Form ça chante.

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Ingrid Neumann-Holzschuh

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Rembert Eufe

Continuité linguistique et discontinuité territoriale – le volgare des documents du Duca di Candia

1.

Introduction

La question de la discontinuité linguistique entre colonies d’outre-mer et métropole est évidente, étant donné la discontinuité territoriale créée par l’espace maritime qui les séparait. Cette question mérite donc d’être posée également pour les colonies d’outre-mer de la République de Venise et sera ici examinée dans le cas de la colonisation vénitienne en Crète. Cette île, la cinquième de la Méditerranée par la superficie, appartint de 1204 à 1669 à la Sérénissime qui, par la redistribution du territoire en faveur de nobles vénitiens après la conquête, entama un processus de colonisation conduisant quelques milliers de Vénitiens issus de toutes les couches sociales à s’établir en Crète. Certes, les Vénitiens résidaient dans les villes (avant tout à Candie (Héraklion), Sètéia, Rhéthymnon et La Canée (Chaniá)) et dans quelques forteresses. Une romanisation approfondie de l’île n’a jamais eu lieu, les sources indiquant au contraire l’hellénisation linguistique de nombreux Vénitiens, comme le montre entre autres l’usage du grec par des poètes de l’aristocratie vénéto-crétoise (pour la situation linguistique en Crète v. Eufe 2006 : 195– 202). Le bilinguisme attesté pour les villes permet tout de même de classer la Crète au sein de la Romania nova – plus précisément d’une Romania nova submersa, puisque aujourd’hui on n’y parle plus le vénitien. Il s’agit sans conteste d’une partie périphérique de la Romania européenne, mais cet article nous permettra de dégager des conclusions qui pourraient aussi concerner le reste de la Romania.

2.

La langue vulgaire des documents du Duca di Candia

Pour déterminer si les Vénitiens de Crète utilisaient le même idiome que ceux de Venise, ou si l’un a subi des changements par rapport à l’autre, nous avons effectué une comparaison entre des documents provenant de la chancellerie du Duca di Candia, le gouverneur vénitien de la Crète, pour les années 1472 et 1567. Ces deux années encadrent donc la première moitié du XVIème siècle, période de la publication des Prose della volgar lingua de Pietro Bembo en 1525. En outre, elles offrent une documentation relativement riche, avec des documents de trois séries centrales de la chancellerie bien conservés, à savoir lettres (missive e responsive), proclamations ou bans (bandi) et actes de procès (memoriali).1 No–––––––—–– 1

Les documents de la chancellerie du Duca di Candia se trouvent aujourd’hui à Venise, où ils ont été transportés après l’évacuation de la Crète en 1669 (pour les détails, cf. Tiepolo 1998).

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Rembert Eufe

tre analyse se base sur 10 missive e responsive de 1472 et 8 missive e responsive de 1567, des lettres envoyées à différentes institutions et personnes de la métropole, mais aussi d’autres colonies et de l’île même, s’adressant non seulement au Maggior Consiglio ou au doge, mais aussi à des fonctionnaires vénitiens de tous rangs, y compris un simple messager. Leur contenu porte souvent sur les événements politiques survenus dans la colonie et à l’extérieur de celle-ci, mais avant tout sur les dispositions à prendre ou déjà prises par les différentes institutions vénitiennes, concernant tous les aspects de la vie sur l’île, comme le ravitaillement ou les mesures de fortification et de défense. Aux missives s’ajoutent 16 bandi de 1472 et 19 de 1567, des proclamations faites à Candie sur les sujets les plus divers, comme les salaires des marins, les nouveaux règlements sur les armes ou la perte d’un cheval. Pour les memoriali, notre comparaison se heurte au fait qu’en 1472, ils sont encore rédigés en latin, à la seule exception de documents présentés par les parties de divers procès. Il s’agit de déclarations ou documents comme des testaments et des contrats à valeur de preuves dont une copie est intégrée à la documentation – ces textes s’étant donc constitués à l’extérieur de la chancellerie. Nous avons cependant pris en compte un très long protocole comprenant quatre déclarations présentées au cours d’un procès, en 1472, concernant les biens immobiliers d’un monastère. Le nombre de mots de ce protocole est comparable2 au total des 37 memoriali transcrits en 1567, ces derniers textes étant désormais de brefs procès-verbaux de procès entièrement en langue vulgaire. L’inclusion du memoriale de 1472 semble gênante à première vue, parce qu’elle réduit l’homogénéité de nos sources. Son analyse à part permet d’éviter néanmoins les dangers qui en résultent – en outre, elle contribue à mieux déterminer la nature du langage de la chancellerie par rapport à celui des Vénéto-Crétois qui n’appartenaient pas à celle-ci. Dans Eufe (2006 : 215–225), nous avons présenté une analyse statistique sur la base de 69 traits des missive e responsive.3 De cette statistique se dégage une régression des traits vénitiens d’environ 50%. D’un côté donc, il se maintient une certaine empreinte régionale des textes, de l’autre, l’influence du toscano-italien marque sensiblement le langage administratif de la Crète vénitienne. Nous avons constaté en outre que dans cette perspective, le volgare des missives crétoises concorde avec celui utilisé pour l’enregistrement des décisions prises par les principaux conseils vénitiens, notamment le Maggior Consiglio (Tomasin 2001 : 73–81, 86–90, 135–140). Pour ce qui suit, nous nous sommes proposé de ne discuter que cinq traits, mais en présentant leurs occurrences dans chacun des trois types de source. Trois d’entre eux appartiennent au domaine graphophonologique : il s’agit des réflexes de l’occlusive vélaire latine sourde suivie d’une voyelle palatale CE, CI, de l’occlusive sonore correspondante GE, GI et des réflexes de LI, LE intervocalique. Les deux traits restants font partie du domaine morphologique, à savoir les formes de l’article défini masc. sg. et du gérondif.

–––––––—–– 2

3

Le memoriale de 1472 comprend environ 7300 mots, auxquels correspondent les 6100 mots des memoriali de 1567. Les bandi de 1472 en comptent environ 2550 et ceux de 1567 2850, tandis que les missive de 1472 et 1567 contiennent respectivement 2200 et 2600 mots environ. L’édition complète des textes, comprenant une analyse qualitative et quantitative intégrale, sera disponible dans Eufe (en prép. b).

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Le volgare des documents du Duca di Candia

2.1. Les réflexes de CE, CI latins A la place des occlusives vélaires latines sourdes, devant les voyelles palatales, apparaissent en toscano-italien des affriquées palatales, toujours écrites . Dans les premières sources de l’ancien vénitien, au contraire, prévalent des graphèmes indiquant des affriquées alvéolaires, représentées par et (Stussi 1965 : LIV). En position intervocalique, ces affriquées peuvent être réduites à des fricatives, transcrites ou 4. Toutes ces graphies apparaissent dans nos textes de 1472, comme le montre le tableau suivant. Il rassemble les nombres d’occurrences des différentes graphies, illustrées par trois exemples au maximum :



occ. 49 8

missive 1472 exemples cioè, dice, citadin ‘cittadino’ fazando ‘facendo’, zoè ‘cioè’, conzar ‘conciare’

occ. 29 25

2

Barçelona, Çivran ‘Cipriani’

1

1

brusato ‘bruciato’

7

2

diexe ‘dieci’, larexe ‘larice’

3

bandi 1472 exemples cità ‘città’, cioè, conciossiaché conzossiaché ‘conciossiacosaché’, zioè ‘cioè’, zità ‘città’ conçossiaché ‘conciossiacosaché’ orese ‘orefice’, fese ‘fece’, fasando ‘facendo’ orexe ‘orefice’ (2x), luxe ‘luce’

memoriale 1472 exemples concesse, certe, dice 34 conzesse ‘concesse’, zerte ‘certe’, zoè ‘cioè’

occ. 134

5

4

35

çerte ‘certe’, conçesse ‘concesse’, conçiede ‘concede’ sosoro ‘suocero’, dise ‘dice’, prosiedi ‘procedi’ nimixi ‘nemici’, dixe ‘dice’, soxero ‘suocero’

Cette statistique montre qu’en 1472 déjà, la graphie prévaut. Elle prédomine plus fortement dans les missive, cependant que les bandi contiennent presque le même nombre de . Le memoriale, par contre, se distingue par de nombreux . Cette graphie a disparu dans les textes de 1567, tout comme . A la nette prépondérance de n’échappent que quelques cas isolés de et dans les bandi et memoriali :



occ. 114 0 0

missive 1567 exemples acciò, città, cancelleria – –

occ. 82 0 1

bandi 1567 exemples procederà, certi, diece ‘dieci’ – disdotto

occ. 124 3 2

memoriali 1567 Exemples dice, fece, socero ‘suocero’ minaza, fazando, fazo quatuordese, duodese

–––––––—–– 4

indique « con una certa regolarità la sibilante sonora » (Stussi 1965 : XXIX). Par conséquent, apparaît dans nos textes dans mexe ≈ it. mese et caxa ≈ it. casa. En outre, ce graphème représente les réflexes de -DJ-, surtout dans raxon ≈ it. ragione. Son utilisation dans des formes comme dixe ≈ it. dice s’explique par la sonorisation de [s] intervocalique (Stussi 1965 : LVIII).

60

Rembert Eufe

Le diagramme suivant, exprimant en pourcentages les données des deux tableaux, met en évidence le fait que les missive contiennent comparativement le plus grand nombre d’occurrences de , qui représente non seulement la graphie du latin, mais aussi celle du toscano-italien : réflexes de CE, CI 100% 80% , ,

60%

, ,

40%

, 20% 0% missive 1472

bandi 1472

memoriale 1472

missive 1567

bandi 1567

memoriali 1567

2.2. Les réflexes de GE, GI latins Comme les sourdes correspondantes, les réflexes de GE, GI présentent une évolution vers des affriquées palatales, rendues par . Les sources de l’ancien vénitien offrent cependant presque les mêmes alternatives que pour les sourdes correspondantes, à savoir et , indiquant des affriquées alvéolaires. Dans nos textes, le dernier graphème n’apparaît pas comme réflexe de GE, GI, mais prévaut dans les bandi et le memoriale de 1472, comme le montre le tableau suivant :



occ. 6 4

missive 1472 exemples occ. diligentia, gente, 5 regia rezimento ‘reggi16 mento’, zenoexi ‘genovesi’, zentilhomo ‘gentiluomo’

bandi 1472 exemples Giorgi, legittimo, generoso zeneral, arzento, Zorzi

memoriale 1472 exemples generoso, legittima, origine 146 zenero ‘genero’, rezimento ‘reggimento’, leze ‘legge’

occ. 18

61

Le volgare des documents du Duca di Candia

En 1567, reste majoritaire dans les seuls memoriali avec leurs nombreuses occurrences du prénom Zorzi, qui apparaît pourtant également sous la forme Georgi :



occ. 19 2

missive 1567 exemples diligente, elleger, gentilhuomeni ellezer ‘eleggere’, trazer ‘trarre’

occ. 25 3

bandi 1567 exemples reggimento, raggione, legittima Zorzi (3x) ‘Giorgio’, trazer ‘trarre

occ. 20 42

memoriali 1567 exemples Georgi (3x), legge, registra Zorzi (15x), zeneri ‘generi’, verzine ‘vergine’

Le diagramme synoptique montre qu’à nouveau, les missive présentent la plus grande proportion de graphies en conformité avec le latin et le toscano-italien : réflexes de GE, GI 100% 80% 60%

, ,

40% 20% 0% missive 1472

bandi 1472

memoriale 1472

missive 1567

bandi 1567

memoriali 1567

2.3. Les réflexes de LE, LI latins à l’intervocalique Alors que le toscano-italien présente comme réflexe de LE, LI intervocalique une latérale palatale, notée par , le vénitien offre dès ses premières sources deux autres graphies : et . Elles semblent indiquer la semi-voyelle [j], voire une affriquée palatale sonore, comme on l'entend aujourd’hui à Venise. Pourtant, Manlio Cortelazzo qualifie les deux graphèmes de « problema tuttora aperto » (Cortelazzo 2004 : 131), parce que les emprunts vénitiens en grec et en croate ont uniquement [j], bien que ces deux langues disposent d’un graphème pour la notation de l’affriquée. Pour cette raison, il suppose que l’affriquée représente un « vezzo introdotto di recente dalle classi elevate, che scelgono la lettura di una variante puramente grafica per distinguersi dalla comune pronuncia popolare » (Cortelazzo 2004 : 131). Quelle qu’ait été sa réalisation phonétique, sert à distinguer entre le vénitien de Venise et les variétés de la terre ferme, comme celle de Padoue, où la très grande majorité de et « induce a credere che l’esito [j] fosse nel

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Rembert Eufe

padovano il più frequente (e di fatto, il tipo muiere è, attualmente, caratteristico dei dialetti di Terraferma in contrapposizione al veneziano, dove il tipo con affricata palatale si è imposto » (Tomasin 2004 : 144). Les documents du Duca di Candia présentent tous les trois les réflexes mentionnés, auxquels s’ajoute encore une réalisation latinisante

  • . Dans les bandi et le memoriale de 1472, prévaut, ce qui confirme donc la provenance métropolitaine du vénitien crétois. Dans le memoriale, on trouve également un nombre considérable de , tandis que dans les missive de la même année, prédomine déjà : occ. 3 1

    missive 1472 Exemples spolii (2x), famelie Fogieto

    occ. 0 11

    1

    fiol ‘figliolo’

    3

    7

    Foglieto, meglio, vogli (subst.)

    3



  • bandi 1472 exemples – Fogeto, soger ‘soglie’, consegio ‘consiglio’ taiada ‘tagliata’, voiudo ‘voluto’, taià ‘tagliato’ voglia (2x), vogliando

    memoriale 1472 exemples mese iulii, navilio muger ‘moglie’, vogia ‘voglia’, consegio ‘consiglio’ 11 fio ‘figlio’, luio ‘luglio’, voiudo ‘voluto’ 9 consiglio, conseglio, voglia

    occ. 2 22

    En 1567 s’est imposé dans tous les textes, mais dans les bandi et memoriali subsistent encore les réflexes du vénitien :





  • occ. 3 –

    missive 1567 exemples navilio (3x) –

    occ. 3 2

    bandi 1567 exemples vitualie (2x), vitualia lugio (2x)

    occ. 0 1





    1

    maia5 ‘maglia’

    10

    9

    vogli (subst.), taglio, meglio

    11

    qualsivoglia, tagliata, taglia

    17

    memoriali 1567 exemples – travagioso luio, fio, fiolo ‘figliuolo’ taglio, voglia, meglior ‘migliore’

    Le diagramme récapitulatif en pourcentages souligne de nouveau la plus grande influence du toscano-italien sur les missive.

    –––––––—–– 5

    A proprement parler, dans ce cas ne représente pas le réflexe d’un -LJ- latin, maia étant dérivé de prov. malha, fr. maille (< lat. MACULA(M), Cortelazzo et al. 1999 : 910). Il entre cependant en italien sous la forme maglia et en vénitien sous la forme mágia (Boerio 1856 : 383).

    63

    Le volgare des documents du Duca di Candia

    réflexes de LE, LI 100% 80% ,

    60%



  • 40% 20% 0% missive 1472

    bandi 1472

    memoriale 1472

    missive 1567

    bandi 1567

    memoriali 1567

    2.4. Les formes de l’article défini masc. sg. Comme l’article défini masc. sg. el du vénitien (et d’autres dialectes), la forme il de l’italien s’est développée en ancien florentin à travers la prosthèse vocalique de ‘l, forme tronquée de lo qui, à son tour, dérive de ILLUM (Renzi 1993 : 220). Initialement, lo pouvait être tronqué exclusivement en position postvocalique ; par conséquent l’emploi de il était exclu au début de la phrase et en position postconsonantique. Mais il s’est vite étendu à ces positions également, pour ensuite supplanter lo. Dans quelques dialectes pourtant, ce processus n’a pas eu lieu (Renzi 1993 : 217–218) ; ainsi, dans certaines zones périphériques du Frioul, la forme lu s’est maintenue jusqu’à nos jours (Heinemann 2003 : 120, Vanelli 1998 : 170). Les premières attestations du vénitien montrent l’usage presque exclusif de lo (Stussi 1965 : XLIV–XLV), mais les testaments vénitiens du début du XVème siècle étudiés par Sattin montrent déjà une majorité de el, avec lo « quasi sempre legato ad un preciso contesto fonetico (preceduto da consonante) » (Sattin 1986 : 101). Beaucoup de sources postérieures attestent l’usage indifférencié de el et lo sans égard à leur position, puis on passe à el et – sauf dans les textes écrits intentionnellement en vénitien – à il. Dans les textes du Duca di Candia de 1472 apparaissent lo et el (avec un seul il). Si la première forme est majoritaire dans le memoriale, la seconde prédomine dans les missive et les bandi, les derniers comptant toutefois un nombre toujours considérable de lo. En 1567, par contre, il a une prépondérance incontestable.

    64

    Rembert Eufe

    missive 3 32 0

    lo el il

    1472 bandi 19 42 1

    memoriale 67 49 0

    1567 bandi 1 1 51

    missive 0 0 28

    memoriali 3 18 105

    La représentation en pourcentages révèle que les missives sont les textes les plus ouverts aux innovations par rapport à l’article défini masc. sg. : formes de l'art. déf. masc. sg. 100% 80% 60%

    il el

    lo

    40% 20% 0% missive 1472

    bandi 1472

    memoriale 1472

    missive 1567

    bandi 1567

    memoriali 1567

    A ce stade, nous proposons de jeter un coup d’œil à une autre source provenant du Duca di Candia : le testament d’un noble vénéto-crétois esclave à Tunis, écrit en 1662 (Eufe, en prép. a). Grâce aux conditions particulières de sa production, ce texte nous semble permettre un regard plus proche sur le vénitien de Crète à l’extérieur des chancelleries. Parmi les formes de l’article masc. sg., nous comptons encore 30 occurrences de lo (dans toutes les positions, contre 25 il et 1 el), qui semble donc s’être conservé en Crète jusqu’à la seconde moitié du XVIIème siècle ! Encore utilisé aujourd’hui à Burano (Marcato/Ursini 1998 : 86), lo est déjà attesté par les imitations de cette variété dans les œuvres d’Andrea Calmo (XVIème siècle), où il s’oppose à el pour Venise (Stussi 1965 : XLV). De façon similaire, les recherches scriptologiques de Paul Videsott mettent en évidence une longévité de lo plus grande qu’à Venise dans le veneziano coloniale de Zadar (Zara) et d’Alep (cf. Videsott sous presse) ; cette forme semble également avoir caractérisé le veneziano coloniale6 crétois. –––––––—–– 6

    Pour le veneziano coloniale en général, v. Cortelazzo (2000), Muljačić (2002) et Eufe (2006 : 80– 88).

    65

    Le volgare des documents du Duca di Candia

    2.5. Les formes du gérondif des verbes en -ere et -ire Au contraire du toscano-italien, en ancien vénitien la désinence -ando du gérondif des verbes en -are se voit étendue aux verbes en -ere et -ire (Stussi 1965 : LXIX, Sattin 1986 : 123). Les textes crétois en témoignent, avec des formes comme fazando ≈ tosc.-it. facendo, romagnando ≈ tosc.-it. rimanendo, habiando ≈ tosc.-it. avendo ou vogliando et vogiando ≈ tosc.-it. volendo, qui prévalent encore dans les bandi et le memoriale de 1472. Mais dans les missive, elles se trouvent déjà en minorité, comme dans tous les textes de 1567 qui n’en montrent plus que quelques traces dans les bandi et memoriali : missive 3 5

    -ando -endo

    1472 bandi 9 0

    memoriale 15 6

    missive 0 27

    1567 bandi 1 25

    memoriali 2 23

    Encore une fois, les missive recèlent la plus grande proportion de formes en conformité avec le toscano-italien : gérondifs des verbes en -ere et -ire 100% 80% 60%

    -endo -ando

    40% 20% 0% missive 1472

    bandi 1472

    memoriale 1472

    missive 1567

    bandi 1567

    memoriali 1567

    66

    3.

    Rembert Eufe

    Conclusions – le rôle des lettres dans les changements subis par les scriptae

    Pour chacun des cinq traits étudiés, les missive se sont révélées plus affectées par l’influence du toscano-italien que les bandi et les memoriali.7 Cette constatation nous incite à conclure qu’elles ont joué un rôle central dans la diffusion de cet idiome au niveau écrit en particulier et dans les processus de nivellement linguistique en général. On peut se demander comment les employés de la chancellerie du Duca di Candia pouvaient enregistrer – volontairement ou non – des changements en cours dans les scriptae en usage en Italie, à un mois de voyage de la métropole. Certes, le gouverneur changeait tous les deux ans et, bien que, selon toute apparence, la durée de leur mandat ne fût pas limitée, les chanceliers principaux semblent être souvent repartis au bout de quelques années passées sur l’île. Mais qu’en était-il de la trentaine, voire de la cinquantaine de leurs subordonnés ? Différentes sources montrent que les autorités de Venise s’efforçaient de temps en temps d’empêcher la présence de Crétois grecs au sein de la chancellerie. Une fois mis à part les problèmes de définition des greci et des latini (définis habituellement en s’appuyant sur leur confession), les documents du Duca di Candia indiquent pourtant que de nombreux Crétois y travaillaient. Ils aidaient leurs fils et neveux à être admis dans les services, et leurs noms décèlent fréquemment des origines grecques – on trouve par contre très peu de traces de voyages à Venise pour y faire des études (pour plus de détails, v. Eufe 2006 : 202–206). L’emploi de Crétois au sein de la chancellerie, malgré les directives de la Serenissima Signoria, n’étonne guère, étant donné leurs atouts linguistiques : leur bilinguisme les rendait extrêmement utiles, voire indispensables pour l’administration vénitienne – en particulier, les notaires devaient souvent traduire les contrats de mariages à des mariées grecques (Tiepolo 1998 : 71) ; notons également le rôle de Giovanni Dario, natif de Candie, émissaire de haut rang au service de la République vers la fin du XVème siècle (Tiepolo 2002). Certes, des personnages comme Dario ou Lorenzo de Monacis, chancelier principal à Candie et à Venise au début du XVème siècle et auteur d’une chronique latine (Tomasin 2001 : 103), disposaient d’une vaste culture humaniste avec d’excellentes connaissances littéraires et linguistiques. A cet égard, les chancelleries vénitiennes d’importance ressemblaient selon toute probabilité à celle de Milan, dont les directeurs au XVème siècle « furono sempre personaggi di indubbia autorità e, in certo modo, di preparazione umanistica […] » (Vitale 1953 : 22). En outre, l’accueil favorable réservé aux œuvres des Tre Corone toscanes par les chanceliers vénitiens influents est attesté dès le XIVème siècle (Tomasin 2001 : 99–101).8 La présence en Crète de livres contribuant à la propagation de l’italien naissant est signalée à partir du XVIème siècle au moins : sur une liste de livres importés apparaissent les Ragionamenti della lingua toscana. I precetti della Rhetorica d’Aristotile et Cicerone aggionti de Bernardino Tomitano, professeur de rhétorique à Padoue, à côté de L’arte oratoria secondo i modi della lingua volgare de Francesco Sansovino, ami de Pietro Bembo, et des Regole grammaticali de Jacomo Gabriele (Kaklamanis 1986 : 162–163, cité –––––––—–– 7 8

    Du reste, les missive e responsive s’avèrent aussi les premières à passer du latin au volgare (cf. Eufe 2006 : 210–215). Le dispaccio écrit par Giovanni Dario en 1484 et reproduit par Tiepolo (2002 : 266) montre pourtant une nette empreinte linguistique vénitienne.

    Le volgare des documents du Duca di Candia

    67

    par Eufe 2006 : 228–229). Plus tard, il est rapporté qu’un juriste vénitien installé sur l’île possédait non seulement des livres de droit en latin, mais aussi des ouvrages Nel modo de componer i versi nella lingua italica de Hyeronymo Russelli, Rime et prose del Signor Torquato Tasso et Osservationi de Misser Lodovico Dolce (Kitromilides 1993 : 63–64). Mais si le poids des belles lettres pour la diffusion du modèle linguistique en question est incontestable, il faut néanmoins rendre compte plus en détail de l’influence qu’elles peuvent avoir exercé sur les chanceliers, en en reconnaissant aussi les limites. Maurizio Vitale estime que leur formation était au fond peu orientée vers la littérature en langue vulgaire : « Preparazione, quindi, come si può desumere, strettamente tecnica, o al più, notarile, aliena del tutto, o quasi, dalla pienezza della cultura umanistica e della cultura volgare, cultura questa ultima che, anzi, per il fatto di essere isterilita e mortificata, era semmai, conquista individuale e pertinente alla diversa intelligenza e sensibilità dei singoli consiglieri » (Vitale 1953 : 24). On pourra alors se demander comment ont pu se diffuser des innovations linguistiques qui atteignirent même les scribes sans goût littéraire et les chancelleries mineures. Le rôle primordial des lettres et missives, selon notre hypothèse, énoncée ci-dessus, nous semble lié à leur importance particulière par rapport aux autres textes de chancellerie. Cette supposition est confirmée par une disposition du début du XVIIème siècle qui règle les examens d’entrée à la chancellerie du Duca di Candia : « sia separatamente fatto leggere et scrivere estrahendo a sorte un concetto volgare d’un vase dove ne siano annotati in bolettini tre volte tanti quanti saranno li giovani che si provaranno sopra il quale facciano una lettera volgar nell’istesso luogo a parte »9 (Eufe 2006 : 205 ; pour parvenir au rang de notaire, il fallait passer deux autres examens sur plusieurs types de textes, dont le dernier comprenait une lettre au doge). A Milan, le chancelier en chef Cicco Simonetta décréta en 1475 que les cancellieri du Consiglio di Giustizia (le plus important organe du duché à côté du Consiglio Segreto) avaient à rédiger les lettres sur la base des notes délivrés par les consiglieri et que les segretari devaient les revoir et les expédier en cas d’approbation (Vitale 1953 : 22). Sous le règne de Ludovic le More, l’un des quatre chanceliers principaux, Bartolomeo Calco, avait à contrôler toutes les lettres envoyées quand le duc se trouvait à Milan ; quand il se trouvait en voyage, cette tâche incombait aux secrétaires et chanceliers qui l’accompagnaient (cf. également Santoro 1968 : 212). En 1465, on avait exhorté les chanceliers à tenir les registres avec soin et à y recopier les lettres de leurs propres mains, sans se faire remplacer par des adolescents ou des étrangers (Santoro 1968 : 209) – pratique apparemment courante, probablement diffusée aussi dans la chancellerie du Duca di Candia (cf. Eufe 2006 : 204). Nous supposons que de fait, beaucoup de clercs de chancellerie apprenaient leur métier en recopiant les lettres envoyées et reçues – probablement la méthode la plus simple et la plus efficace pour apprendre notamment les diverses formes d’adresse et les différents niveaux de style à employer en fonction des destinataires respectifs.10 De cette façon, le langage des chanceliers principaux, y compris les innovations acceptées par eux, –––––––—–– 9 10

    Archivio di Stato di Venezia, Duca di Candia, busta 50bis, Reg. 9 « Ordini degli Inquisitori, Sindici, Avogadori in Levante », 1r–5r. C’est à cette fin que servent des recueils de lettres comme le secretario de Francesco Sansovino, qui contient des modèles de lettres pour différents destinataires allant du pape au propre père de l’épistolier (Calamandrei 1942). D’ailleurs, cette œuvre, publiée en 1565, était dédiée à Ottaviano Valier, podestà et capitano de Capodistria – noble vénitien en service dans une colonie !

    68

    Rembert Eufe

    se serait répandu parmi les jeunes aspirants au service des chancelleries. Qui plus est, ces derniers auraient appris un langage destiné à la communication avec d’autres chancelleries, dont ils auraient connu les habitudes linguistiques à travers les lettres reçues. En fin de compte, une diffusion de l’italien in fieri à travers les échanges de lettres ne surprend guère, si l’on prend en compte le but principal des lettres : elles servent à la communication entre deux personnes – ou groupes de personnes – séparées par l’espace ou par le temps de telle manière qu’elles ne peuvent pas se comprendre acoustiquement.11 Vues dans cette optique, les missives semblent pratiquement faites pour établir une continuité linguistique en dépit de la discontinuité territoriale.

    Bibliographie Boerio, Giuseppe (21856) : Dizionario del dialetto veneziano. – Venezia : Cecchini. Calamandrei, Piero (ed.) (1942) : Francesco Sansovino – L’avvocato e Il segretario. – Firenze : Le Monnier. Cortelazzo, Manlio (2000) : « Il veneziano coloniale: documentazione e interpretazione. » – In : Fabio Fusco, Vincenzo Orioles, Alice Parmeggiani (edd.) : Processi di convergenza e differenziazione nelle lingue dell’Europa medievale e moderna, 317–325. Udine : Editrice Universitaria Udinese. — (2004) : « I dialetti dal Cinquecento al Settecento. » – In : Manlio Cortelazzo (ed.) : Manuale di cultura veneta. Geografia, storia, lingua e arte, 125–138. Venezia : Marsilio. Cortelazzo, Manlio / Cortelazzo, Michele A. / Zolli, Paolo (21999) : Dizionario Etimologico della Lingua Italiana. – Bologna : Zanichelli. Eufe, Rembert (2006) : « Sta lengua ha un privilegio tanto grando » – Status und Gebrauch des Venezianischen in der Republik Venedig. – Frankfurt a.M. / Berlin et al. : Lang. — (in prep. a) : « Un esempio di ricontestualizzazione : il veneziano coloniale in un testamento di un nobile veneto-cretese scritto a Tunisi. » – In : Quaderni Veneti. — (in prep. b) : Cambiamento linguistico in testi veneto-cretesi intorno al 1500. Missive e responsive, Bandi e Memoriali del 1472 e 1567 in volgare a confronto. Heinemann, Sabine (2003) : Studien zur Stellung des Friaulischen in der nördlichen Italoromania. – Bonn : Hillen. Kaklamanis, Stefanos E. (1986) : « Idisis gia ti diakinisi tu endipu ditiku bibliu ston benetokratumeno Chandaka (mesa Is’ aiona). » – In : Kritika Chronika 26, 152–176. Kitromilides, Paschalis M. (1993) : « The Making of a Lawyer : Humanism and Legal Syncretism in Venetian Crete. » – In : Byzantine and Modern Greek Studies 17, 57–81. Marcato, Gianna / Ursini, Flavia (1998) : Dialetti veneti. Grammatica e storia. – Padova : Unipress. Muljačić, Žarko (2002) : « L’imbarazzo della scelta: veneziano orientale, veneziano coloniale, veneziano de là da mar ? » – In : Bart Van den Bossche, Michel Bastiaensen, Corinna Salvadori Lonergan (edd.) : « …E c’è di mezzo il mare » : lingua letteratura e civiltà marina. Atti del XIV Congresso dell’A.I.P.I. (Spalato, 23–27 agosto 2000), 103–111. Firenze : Cesati.

    –––––––—–– 11

    Cf. Oesterreicher (en prép. 9), qui précise qu’il s’agit en fait de deux situations communicatives (celle de l’écriture et celle de la lecture d’une lettre), bien que toutes les deux soient déterminées par l’intention du producteur.

    Le volgare des documents du Duca di Candia

    69

    Oesterreicher, Wulf (im Druck) : « Raum-Konzepte in der Sprachwissenschaft – geographische, politische, soziokulturelle und kommunikativ-sprachliche Dimensionen. » – In : Romanistisches Jahrbuch 58. Renzi, Lorenzo (1993) : « Da dove viene l’articolo il. » – In: Johannes Kramer (ed.) : Verbum Romanicum. Festschrift für Maria Iliescu, 215–230. Hamburg : Buske. Santoro, Caterina (1968) : Gli offici del comune di Milano e del dominio visconteo-sforzesco (1216– 1515), Milano : Giuffrè. Sattin, Antonella (1986) : « Ricerche sul veneziano del secolo XV (con edizione di testi). » – In : Italia Dialettale 49, 1–172. Stussi, Alfredo (1965) : Testi veneziani del Duecento e dei primi del Trecento. – Pisa : Nistri-Lischi. Tiepolo, Maria Francesca (1998) : « Le fonti documentarie di Candia nell’Archivio di Stato di Venezia. » – In : Gherardo Ortalli (ed.) : Venezia e Creta. Atti del Convegno Internazionale di Studi (Iraklion-Chanià, 30 settembre–5 ottobre 1997), 43–72. Venezia : Istituto Veneto di Scienze, Lettere ed Arti. — (2002) : « Greci nella Cancelleria veneziana: Giovanni Dario. » – In: Maria Francesca Tiepolo, Eurigio Tonetti (edd.) : I Greci a Venezia, 257–314. Venezia : Istituto Veneto di Scienze, Lettere ed Arti. Tomasin, Lorenzo (2001) : Il volgare e la legge: storia linguistica del diritto veneziano (secoli XIII– XVIII). – Padova : Esedra. — (2004) : Testi padovani del Trecento. Edizione e commento linguistico. – Padova : Esedra. Vanelli, Laura (1998) : « Da ‹ lo › a ‹ il › : storia dell’articolo definito maschile singolare in italiano e nei dialetti settentrionali. » – In : Laura Vanelli : I dialetti italiani settentrionali nel panorama romanzo. Studi di sintassi e morfologia, 153–214. Roma : Bulzoni. Videsott, Paul (sous presse) : Padania scriptologica. Analisi scrittologiche e scrittometriche di testi in italiano settentrionale antico dalle origini al 1525. – Tübingen : Niemeyer. Vitale, Maurizio (1953) : La lingua volgare della cancelleria visconteo-sforzesca nel Quattrocento. – Milano : Cisalpino.

    Maria Selig

    Koineisierung im Altfranzösischen? Dialektmischung, Verschriftlichung und Überdachung im französischen Mittelalter1

    Die Kontinuität bzw. Diskontinuität sprachlicher Erscheinungen in Raum und Zeit zu diskutieren, führt unmittelbar an die Grundfragen der historischen Sprachwissenschaft heran. Denn es gilt, die (Nicht-)Identität sprachlicher Formen in synchroner Variation und diachronem Wandel zu problematisieren, die typologischen Grenzziehungen um sprachliche Systeme in Raum und Zeit zu überprüfen und die Kontinuität/Diskontinuität der soziolinguistischen Überformungen der sprachlichen Einheiten als ‚Sprachen‘, ‚Dialekte‘, ‚Varietäten‘ oder ‚Stile‘ anzusprechen. Es ist allerdings bekannt, dass nicht alle Dimensionen dieser Fragestellung in der romanistischen Forschung gleichmäßig ausgelotet wurden. Die historische Linguistik diskutierte den Wandel in aller Regel ausschließlich auf der Ebene der einzelnen sprachlichen Merkmale. Die zeitliche Kontinuität der räumlichen Diskontinuität der ‚Sprachen‘ bzw. ‚Dialekte‘, innerhalb derer die betrachteten Einzelerscheinungen anzusiedeln waren, wurde dagegen nicht in Frage gestellt, mit dem bekannten Effekt, dass die territorialen Grenzziehungen der modernen Nationen und die Dialekteinheiten der modernen Linguistik auf die früheren Sprachsituationen übertragen wurden, ohne eine historisch angemessene Ausgliederung der analysierten sprachlichen Systeme überhaupt zu thematisieren (vgl. Krefeld 2007). Im Folgenden soll ein Vorschlag diskutiert werden, der sich explizit gegen derartige reduktionistische Konzeptualisierungen der Sprachgeschichte wendet. Es handelt sich um Anthony Lodges Geschichte des Pariser Französischen, in der er das Konzept der „koinéisation“ einführt, um eine adäquatere Behandlung der räumlichen und zeitlichen (Dis-)Kontinuität sprachlicher Erscheinungen zu ermöglichen (Lodge 2004).

    1.

    Eine neue Geschichte der Pariser Stadtsprache

    Anthony Lodge behandelt die mittelalterliche Situation im ersten Teil seiner Geschichte der Sprache von Paris, die einen Bogen vom Mittelalter bis in die Moderne schlägt (vgl. Ernst 2006). Zunächst eine kurze Darstellung des vorgeschlagenen Analyserahmens: Gegenbild – und gewissermaßen Anlass, eine neue Geschichte des Pariser Französisch zu schreiben – sind für Lodge solche Ansätze, die die Sprache dieser Stadt immer in ein unmittelbares Abhängigkeitsverhältnis zur französischen Standardsprache setzen und die populären und kolloquialen Varietäten in dieser Stadt als korrumpierte Form der Standardsprache einordnen (Lodge 2004: 6–9). Er schlägt dagegen einen „sociolinguistic approach“ vor, der eine –––––––—–– 1

    Ich danke Sabine Heinemann, Angela Schrott, Uli Detges, Hans Goebl, Klaus Grübl und Paul Videsott für die zahlreichen mündlichen oder schriftlichen Anregungen während meiner Auseinandersetzung mit dem Thema der Koineisierung.

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    Maria Selig

    komplexere Modellierung der sprachlichen Situation zur Basis hat und den Fokus auf die inhärente Heterogenität jeder Sprache und jeder Sprachgemeinschaft legt. Lodge rollt deshalb die Geschichte der Pariser Stadtsprache ‚von der anderen Seite‘ auf: als Geschichte eines „urban vernacular“, einer im städtischen Kontext entstandenen und tradierten Alltagssprache der städtischen Bevölkerung, deren Entwicklung aus den sozialen und demographischen Entwicklungen der Stadt, nicht aus den Entwicklungen des Standards bzw. der den Standard tragenden Bevölkerungsgruppen abgeleitet werden muss (ibid.: 12–14). Diese Hinwendung zur Entwicklung des „urban vernacular“ erfordert, so Lodge, auch einen neuen theoretischen Rahmen, nämlich den der „urban dialectology“ (ibid.: 27–32). Das zentrale Konzept ist für Lodge das Konzept des „dialect-mixing“ (ibid.: 29–32), das er als „particularly prevalent in large central places“ ansieht (ibid.: 32). Von Peter Trudgill (Trudgill 1986) übernimmt er die Charakterisierung bestimmter Formen dieses Mischungsprozesses als „koinéisation“, ebenso die interne Differenzierung der „koinéisation“ in die Teilprozesse der „reallocation of variants“ und des „dialect-levelling“ und der „simplification“ (Lodge 2004: 30–32). Diese Einzelprozesse benutzt Lodge dann zur Charakterisierung der von ihm unterschiedenen Epochen der Pariser Sprachgeschichte. Trudgill – und mit ihm Lodge – definiert die Koiné als „a historically mixed but synchronically stable dialect which contains elements from the different dialects that went into the mixture, as well as interdialect forms that were present in none“ (Trudgill 1986: 107– 108; zitiert in Lodge 2004: 29). Lodge sieht Prozesse, die zur Herausbildung eines solchen Mischdialektes führen, als charakteristisch für eine erste vorindustrielle Phase der Stadtgeschichte (bis 1350) an, da in dieser Zeit ein sehr schneller, durch Immigration ausgelöster Bevölkerungszuwachs zu beobachten sei (ibid.: 37–102). Die zweite Phase, die der protoindustriellen Stadt (1350–1750), ist, so Lodge, durch wesentlich geringere Zuwanderung, ja sogar durch Bevölkerungsrückgang gekennzeichnet; deshalb sei diese Zeit eine der „reallocation of variants“ (ibid.: 105–123). Mit „reallocation“ bezeichnet Trudgill einen Prozess, der typischerweise nach einer „koinéisation“ auftrete: Die sprachlichen Varianten, die durch den Mischungsprozess in großer Zahl in die betreffende Sprachgemeinschaft eingeführt worden seien, würden ‚recycled‘ und zu sozialen, stilistischen oder arealen Varianten umgedeutet (Lodge 2004: 116; 30–31). Auch die dritte Phase der Stadtgeschichte, die der industriellen Stadt (1750–1950), ist durch Prozesse der „koinéisation“ gekennzeichnet, nämlich durch „dialect-levelling“, d.h. Dialektabbau und „simplification“, also Vereinfachungsprozesse (ibid.: 193–248). Diese Zusammenfassung der Lodgeschen Sprachgeschichte ist mit Sicherheit zu knapp, und sie wird im Verlaufe der folgenden Diskussion vertieft werden müssen. Es dürfte allerdings bereits sichtbar werden, welche Konsequenz der vorgeschlagene Analyserahmen hat: Lodge sucht die Faktoren, die die Dynamik der Entwicklung bestimmen, nur in den sprachlichen Kontaktsituationen. Er schließt aus der Tatsache, dass eine Großstadt wie Paris von ständigen Migrationsbewegungen gekennzeichnet war und ist, darauf, dass genau in den sprachlichen Mischungsprozessen der Schlüssel zum Verständnis des Pariser Französischen liegt. Deshalb kann bzw. muss Lodge auch das von Trudgill übernommene Konzept der „koinéisation“ im Sinne eines mehrere Jahrhunderte umfassenden Analyserahmens umdeuten. Die bei Trudgill im Rahmen eines zeitlich begrenzten Entwicklungsszenarios vereinten Prozesse werden als Charakterisierungen der drei Epochen übernommen, die Lodge aufgrund von stadtsoziologischen Gesichtspunkten unterscheidet.

    Koineisierung im Altfranzösischen?

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    Man mag nun in dieser Konzentration auf das Entwicklungsszenario des Dialektkontakts und in dessen epochaler Umdeutung eine rhetorische Strategie sehen, mit der Lodge seiner ‚Meistererzählung‘ die notwendige narrative Konsistenz und Dynamik verleiht. Man mag betonen, dass anders als in fast allen Geschichten der französischen (Standard-)Sprache die monothematische Entwicklungsdynamik keine teleologische ist, sondern nur daraus resultiert, dass ein bisher zu Unrecht vernachlässigter Entwicklungsfaktor ins Zentrum gestellt wird. Die Frage stellt sich dennoch, ob eine so perspektivierte Geschichte des Pariser Französisch sinnvoll und erhellend sein kann. Im vorliegenden Rahmen können wir nicht weiter diskutieren, ob aus der „koinéisation“ wirklich ein die Jahrhunderte umfassendes Gesamtmodell abgeleitet werden sollte.2 Es wird hier nur um einen zweiten Aspekt dieser Problematik gehen, darum, ob in der mittelalterlichen Periode von einer „koinéisation“ gesprochen werden kann.

    2.

    Koineisierung im mittelalterlichen Paris?

    2.1. „Koineisierung“, „Dialektmischung“, „Koinébildung“ und „Überdachung“ – Zur Notwendigkeit einer soziolinguistischen Differenzierung von Kontaktprozessen „Koinéisation“ ist bekanntlich vom altgriechischen Wort κοινή abgeleitet. Mit diesem Begriff wurde die im hellenistischen Reich in der schriftlichen und mündlichen Kommunikation gültige „gemeinsame Sprache“ bezeichnet, die auf der Grundlage des attischen Dialekts durch Prozesse der Dialektmischung und der De-Regionalisierung entstanden war (vgl. Tuten 2003: 9–13). Die von der ursprünglichen Bedeutung teilweise stark divergierenden späteren Verwendungen von Koiné, vor allem aber von Koineisierung, können hier nicht im Einzelnen nachgezeichnet werden (vgl. Tuten 2003: 13–21). Festzuhalten ist jedoch, dass der Phänomenbereich, der mit diesen Begriffen abgedeckt wird, sehr heterogen ist. Dies hängt damit zusammen, dass die zugrunde liegenden Definitionskriterien in jeweils unterschiedlichen Dimensionen angesiedelt sind (Siegel 1985): a) Funktion der Sprache/ Varietät: Man bezeichnet mit Koiné Sprachen bzw. Varietäten mit überregionaler Geltung im distanzsprachlichen und/oder im nähesprachlichen Bereich (Standardsprachen, Schriftsprachen, Regionalsprachen etc.); b) Entstehungsprozess: der Prozess, der zur Etablierung der überregionalen Sprachformen führt, findet entweder ungelenkt in der mündlichen Alltagskommunikation statt und führt zum Ausgleich zwischen mehreren regionalen oder –––––––—–– 2

    Es ist beispielsweise äußerst problematisch, die zweite Periode der Pariser Stadtgeschichte, die der „proto-industrial city“ von 1350 bis 1750, unter dem Stichwort der „reallocation of variants“ zu diskutieren (Lodge 2004: 116–117). Was diese Periode kennzeichnet, ist das Entstehen einer neuen Konversationssprache der Oberschicht, die sich stark am distanzsprachlichen, überregionalen Schriftstandard orientiert. Es handelt sich bei den damit verbundenen Veränderungen in der Pariser Stadtsprache also gerade nicht um eine Umverteilung von Varianten, die durch die Dialektmischungsprozesse innerhalb der Stadt gewissermaßen ortlos geworden sind. Die Entwicklung in der Renaissance und der frühen Neuzeit ist sicher nicht mehr mit den Kategorien der „koinéisation“ – und auch nicht mit den Kategorien einer Stadtsoziologie – zu erfassen.

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    sozialen Varietäten bzw. zwischen Standardsprache und Dialekten oder die Geltung einer überregionalen Koiné wird in einem mehr oder minder gelenkten Prozess gesichert. Der erste, in der spontanen Alltagskommunikation angesiedelte Prozess der Dialektmischung und des Dialektausgleichs kann auch für Situationen angesetzt werden, in denen in neuen Gemeinschaften, die durch Migration entstanden sind und in denen zahlreiche „mutually intelligible varieties“ (Kerswill 2002: 669) gesprochen werden, eine neue, gemeinsame vernakuläre Varietät entsteht; c) sprachliche Folgen des Koineisierungsprozesses: In diesem Sinne spricht Peter Trudgill von „koinéisation“, wenn bei der Entstehung eines neuen Dialektes aus einer Kontaktsituation sowohl Prozesse des „levelling“, d.h. des Abbaus markierter Varianten, als auch der „simplification“, d.h. des Aufbaus transparenterer Paradigmen, vorliegen (Trudgill 1986: 106). Es dürfte schnell sichtbar werden, dass bei den Definitionen, die den Entstehungsprozess bzw. dessen sprachliche Folgen in den Vordergrund rücken, eine grundsätzliche und meistens nicht geklärte Doppeldeutigkeit des Begriffes „Koiné“ zu Begriffsverschiebungen führt. „Koiné“ bezeichnet in der Innensicht der Sprecher eine mit anderen geteilte, nicht als eigen empfundene Sprachform, die über die einzelnen Regionen, vielleicht auch über die sozialen Gruppen hinweg gültig ist. Der Begriff macht also nur dann Sinn, wenn es daneben noch weitere vernakuläre Sprachformen gibt und die Sprecher zwischen der mit anderen geteilten Koiné und den eigenen vernakulären Sprachformen wechseln können. In der Außensicht des Linguisten kann der Begriff dagegen auch dann verwendet werden, wenn eine neue Sprachform aus einer Dialektmischung entstanden ist; die Etikettierung als ‚gemeinsame‘ Sprachform meint hier, dass mehrere Dialekte an dem Mischungsprozess beteiligt waren. Ob dieser Prozess nun zur Etablierung einer überregionalen Varietät führt oder ob in Situationen massiver Migration durch Sprachmischung eine lokale vernakuläre Varietät entsteht, spielt dagegen keine Rolle mehr. Der letztere, in der Außensicht begründete Begriff hat in der soziolinguistischen Diskussion der letzten Zeit deutlich an Gewicht gewonnen. Der Terminus „Koineisierung“, teilweise auch „Koiné“, wird in aller Regel gerade nicht mehr im Bereich der überregionalen Schrift- oder Standardsprachen verwendet. Der Fokus liegt stattdessen auf den Prozessen, die sich in der spontanen Alltagskommunikation abspielen und die zu Dialektmischungen, sei es in „regional koinés“, sei es in „immigrant koinés“ (Kerswill 2002, Siegel 2001), führen. Die Verlagerung hängt zu einem guten Teil mit dem Trudgill’schen Ansatz zusammen. Denn Peter Trudgill schlägt ein Erklärungsmuster vor, das Prozesse der Dialektmischung unmittelbar an die Bedingungen der mündlichen face-to-face-Interaktion in Kontaktsituationen knüpft (Trudgill 1986: 1–38): Ein zentraler Mechanismus der interpersonalen Kommunikation sei die „accomodation“, die Anpassung an das sprachliche Verhalten des Gegenübers. Wenn, wie in Kontaktsituationen, das sprachliche Repertoire der Kommunikationspartner stark divergiere, müssten viele derartiger „short-term-accomodations“ eintreten, die alle nach bestimmten sprachlich-strukturellen bzw. sozial-psychologischen Prinzipien verliefen. Durch die Gleichartigkeit ihrer Entwicklungsrichtung ergäbe sich in ihrer Summierung dann eine „long-term-accomodation“ bei der Etablierung der neuen, historisch gesehen gemischten Varietät. Das sprachliche Ergebnis des Koineisierungsprozesses sei daher in einem bestimmten Maße vorhersehbar (ibid.: 11ss.). Die Faszination eines derartigen Modells, gerade auch für die historische Linguistik, liegt auf der Hand. Denn mit der „accomodation“ ergibt sich die Möglichkeit einer quasi kausalen Verknüpfung von sprachlichen Prozessen und soziolinguistischen Rahmenbedin-

    Koineisierung im Altfranzösischen?

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    gungen. Die historische Linguistik kann unter diesen Bedingungen auch retrospektiv aus der Beobachtung von „levelling“ und „simplification“ auf eine Koineisierungsphase in einer Sprache schließen. Die Schwierigkeiten eines solchen Modells sind allerdings ebenso offensichtlich. Der Phänomenbereich, auf den der Begriff der Koineisierung angewendet werden kann, ist sehr heterogen. Soll man „regional koinés“, die die ursprünglichen Dialekte nicht verdrängen, sondern komplementär zu ihnen bestehen, mit dem gleichen theoretischen Modell behandeln wie „immigrant koinés“? Sind „koinéisations“ in zentraleuropäischen Kontaktsituationen mit massiver Präsenz der Standardvarietät auch im gesprochenen Bereich (Stadtdialekt von Høyanger/Norwegen) gleichzusetzen mit „koinéisations“ in kolonialen Kontaktsituationen mit loser bis keiner Rückbindung an den Standard (Fidji Hindi, Colonial Englishes; Trudgill 1986: 83–126)? Auch die Frage, wie viele Prozesse des „levelling“ bzw. der „simplification“ vorliegen müssen, um von einer „koinéisation“ sprechen zu können, bleibt ungelöst. Muss man auf der Notwendigkeit bestehen, dass erst die Massierung derartiger Prozesse die Verwendung des Begriffes rechtfertigt, oder reicht ein einziger Fall von „simplification“ und „levelling“ bereits aus?3 Ich kann im vorliegenden Zusammenhang nicht ausführlich auf die Kritik und die Klarstellungen eingehen, die in der Diskussion des Trudgill’schen Modells vorgebracht wurden.4 Wichtig sind aber die immer wieder erhobenen Forderungen, die soziolinguistischen Rahmenbedingungen deutlicher zu differenzieren. Denn der Kontakt zwischen mehreren Dialekten in der face-to-face-Interaktion einer Sprechergemeinschaft ist keine ‚Garantie‘ für das Eintreten von Koineisierungsprozessen. Die Anpassung und Nivellierung der unterschiedlichen dialektalen Varianten wird trotz der Präsenz vieler Dialekte im sprachlichen Raum einer Gemeinschaft dann mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht eintreten, wenn a) die Sprechergruppen nicht oder nur selten miteinander interagieren, sich also die sozialen Netzwerke innerhalb des Dialektes und nicht über Dialektgrenzen hinweg erstrecken, und b) für eine oder mehrere der beteiligten Dialektgruppen die Varianten eine identitätsstiftende Funktion haben und deshalb nicht aufgegeben, sondern beibehalten werden (Kerswill 2002: 673; Tuten 2003: 49–54). Deshalb hat Trudgill in späteren Publikationen als zusätzliche Bedingung für das Eintreten eines Koineisierungsprozesses den Verlust der ursprünglichen sozialen Netzwerkstrukturen und eine Phase von offenen, eventuell losen Netzwerken eingeführt (vgl. etwa Kerswill/Trudgill 2005). Denn erst dann sind die Bedingungen für die gleichberechtigte, nicht gewichtete Kopräsenz mehrerer Dialekte innerhalb einer Sprachgemeinschaft gegeben, genauso wie erst dann die Notwendigkeit bzw. die Möglichkeit der Entstehung einer neuen vernakulären Varietät in und für die Interaktion innerhalb der Sprachgemeinschaft besteht. Dann entsteht eine ausreichend große Dynamik, die Veränderung, nicht Konservation begünstigt, und dann sind die Voraussetzungen dafür gegeben, dass die sprachlich-strukturell basierten Prinzipien im Prozess des „levelling“ und der „simplification“ in größerem Ausmaß greifen können. –––––––—–– 3

    4

    Tuten zitiert einen Ansatz, der die Reduzierung der allomorphischen Variation der altfranzösischen Präpositionen im Übergang zum Mittelfranzösischen als Ergebnis einer Koineisierung bezeichnet (Tuten 2003: 274s.). Vgl. Auer/Hinskens (2005), Kerswill (2002), Siegel (1993), Tuten (2003). Beispielsweise kann ich die Frage, ob dem Spracherwerb nicht eine wesentlich wichtigere Rolle als der „short-termaccomodation“ zukommt, hier nicht weiter erörtern (vgl. Kerswill 2002, Tuten 2003).

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    Vor dem Hintergrund dieser Präzisierung der soziolinguistischen Rahmenbedingungen erscheint auch das Problem der Quantifizierbarkeit der sprachlichen Folgen einer Koineisierung in einem anderen Licht. Prinzipiell sind Prozesse des „levelling“ und der „simplification“ ja nur bestimmte Formen des Sprachwandels, im Falle des „levelling“ des kontaktinduzierten Wandels. Es gibt keinerlei Berechtigung, diese Prozesse nur bei der Entstehung neuer Varietäten unter den Bedingungen der Dialektmischung anzusetzen. Legitim und sinnvoll ist es aber, eine Massierung dieser Prozesse als Anzeichen von Situationen großer soziolinguistischer Instabilität und hoher Entwicklungsdynamik zu interpretieren. Denn die Quantität der sprachlichen Veränderungen ist kein Epiphänomen, sondern lässt sich direkt mit der spezifischen Qualität der Kontaktsituation verknüpfen. Wenn Koineisierung daher als das Entwicklungsszenario definiert ist, das durch die Aufhebung der bisherigen soziolinguistischen Rahmenbedingungen und durch eine daraus resultierende hohe ‚Unruhe‘ gekennzeichnet ist, ergibt sich die Notwendigkeit, auch bei den sprachlichen Folgen eine Schwelle anzusetzen, jenseits derer die Verwendung des Terminus nicht mehr berechtigt ist. Die beobachteten Prozesse bleiben weiterhin solche des „levelling“ und der „simplification“. Aber erst wenn eine genügend große Anzahl davon zu beobachten ist, kann auf außergewöhnliche soziolinguistische Rahmenbedingungen wie zum Beispiel Koineisierung rückgeschlossen werden. Um die Heterogenität der soziolinguistischen Rahmenbedingungen und die funktionale Unterschiedlichkeit der entstehenden Varietäten nicht unangemessen stark auszublenden, schlage ich das folgende begriffliche Raster vor. Ich gehe von vier idealtypischen Kontaktsituationen5 aus, die die weitgehende Veränderung von Varietäten bis hin zur Entstehung einer neuen zur Folge haben können, nämlich von der „Überdachung“, der „Koinébildung“, der „Dialektmischung“ und der „Koineisierung“. Die Überdachung benennt eine Situation, in der eine überregional gültige Schrift- bzw. Standardsprache in der Distanzkommunikation in einem mehr oder minder stark auf ein (regionales und/oder soziales) Zentrum ausgerichteten Prozess etabliert wird. Den Terminus Koinébildung sehe ich für Situationen vor, in denen in der spontanen Alltagskommunikation durch weitgehend ungerichtete Prozesse des Dialektausgleichs und der Vereinfachung eine überregionale Varietät zusätzlich zu den weiter bestehenden vernakulären Sprachformen entsteht. Dialektmischung soll die Bezeichnung einer Kontaktsituation sein, in der durch In-Migration Varietätenmischung entsteht, in der aber ein Dialekt aufgrund von sozialen oder demographischen Faktoren eindeutig dominiert und die übrigen Dialekte deshalb mit geringer Gewichtung in den Wandelprozess eingehen. Die sich in der spontanen Alltagskommunikation verändernde bzw. neu entwickelnde vernakuläre Varietät wird daher weniger stark von Wandelprozessen bestimmt sein, die ausschließlich durch innersprachliche Prinzipien gelenkt sind. Für Koineisierung schlage ich schließlich eine begriffliche Verengung vor, die die im Trudgill’schen Modell angelegten Fokussierungen der sprachlichen Prozesse explizit und begründbar macht. Mit diesem Terminus sollen nur ‚starke‘ Kontaktsituationen bezeichnet werden, in denen Migration nicht nur zur Dialektmischung, sondern auch zur Veränderung der bisherigen sozialen Strukturen und damit zu beschleunigtem Sprachwandel und der Entstehung einer neuen Varietät führt. Alle Dialekte sind in der Sprachgemeinschaft aufgrund der radikal veränder–––––––—–– 5

    Zur Abgrenzung von „Dialektmischung“ (Kopräsenz mehrerer Dialekte in einer Sprechergemeinschaft) und „Dialektkontaktzone“ (Region, für die mehrere dialektale Ausstrahlungszentren relevant sind) vgl. weiter unten.

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    ten sozialen Bedingungen gleichberechtigt. Wandelprozesse wie „levelling“ und „simplification“ werden daher in weitaus stärkerem Maße bei der Entstehung der neuen vernakulären Varietät zu beobachten sein. Es ist klar, dass das vorgeschlagene begriffliche Raster nicht symmetrisch ist. Zwar werden durch das funktionale Kriterium der Überregionalität und der Verankerung im Distanzbereich die Überdachung und Koinébildung (überregionale Sprachform) eindeutig von der Dialektmischung und der Koineisierung (vernakuläre Sprachform) abgegrenzt. Außerdem kann die zweite Unterscheidungsdimension hinsichtlich des Grades der ‚Richtungslosigkeit‘ der Kontaktprozesse und der damit zusammenhängenden Quantität der innersprachlichen Veränderungen zu einem Kontinuum zwischen einer ‚schwachen‘ (Überdachung, Dialektmischung) und einer ‚starken‘ (Koinébildung, Koineisierung) Kontaktsituation ausgedeutet werden. Aber die Asymmetrie zwischen den nicht gelenkten Prozessen in der spontanen Alltagskommunikation (Koinébildung, Dialektmischung und Koineisierung) und dem gelenkten Prozess der Überdachung ist unübersehbar. Im vorliegenden Zusammenhang will ich dennoch an diesem Raster festhalten, weil damit zwei zentrale Gedanken ausreichend klar zum Ausdruck kommen. Zum ersten dürfte klar geworden sein, dass eine Typisierung von Kontaktsituationen nur auf der Basis der soziolinguistischen Daten in Frage kommt. Ausschließlich aus den sprachlichen Prozessen Typisierungen von Kontaktsituationen ableiten zu wollen, widerspricht der prinzipiellen historischen Kontingenz der sprachlichen Veränderungen. Bestimmte Wandelprozesse wie „levelling“ und „simplification“ können zwar mit großer Wahrscheinlichkeit mit spezifischen soziolinguistischen Rahmenbedingungen in Verbindung gebracht werden. Die Relation ist aber eine probabilistische. Die Heterogenität der soziolinguistischen Rahmenbedingungen darf daher nicht überdeckt werden, sondern gerade sie muss als Basis für eine sinnvolle und aussagekräftige Typisierung gewählt werden.6 Außerdem soll mit der Eingliederung der Überdachung in eine Typologie der Kontaktsituation der offensichtlich weit verbreiteten Auffassung entgegen getreten werden, die Etablierung überregionaler Schrift- oder Standardsprachen sei prinzipiell und in allen historischen Situationen ein Prozess, in dem es nur um die überregionale Verbreitung einer bereits existenten Varietät geht. Unter den Bedingungen der modernen Staats- und Schriftsprachen mag dies so sein. Für die Sprachplanungsforschung des 20. und 21. Jahrhunderts, von der die historische Linguistik das Konzept der Überdachung übernommen hat,7 ist ein derartiges Modell, das von der Selektion einer Varietät und deren gelenkter Implementierung ausgeht, zweifelsohne berechtigt. Für die vormodernen Perioden stellt sich aber die Frage, ob eine zentralisierte und kontrollierte Ausbreitung einer überregionalen Sprachform überhaupt denkbar ist. Die Plurizentrik der vormodernen Gesellschaften, das völlige bzw. weitgehende Fehlen einer zentralen Administration und die prekäre, auf kleine Bevölkerungskreise beschränkte Alphabetisierung – und bereits die Tatsache, dass Überdachungsprozes–––––––—–– 6

    7

    Wenn Lodge etwa das von Trudgill angeführte Prinzip der „salience“ als Erklärung für die sprachlichen Veränderungen in der Zeit von 1350–1750 benutzt (Lodge 2004: 171–190), dann heißt das einfach nur, dass Faktoren wie die soziolinguistische Markiertheit von Varianten auch außerhalb von Dialektkontaktsituationen zum Tragen kommen, beispielsweise in dem Prozess der Herausbildung einer neuen Oberschichtsprache. Vgl. etwa Haugen (1983), Kloss (1978).

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    se sich mehrere Jahrhunderte hinziehen können – sprechen eindeutig gegen ein solches Entwicklungsmodell. Die Untersuchungen vormoderner Verschriftlichungssituationen zeigen auch immer wieder, dass das durch die Überdachungsmetaphorik nahe gelegte Bild eines ‚Schirms‘, der sich über den anderen Dialekten aufspannt, selbst aber unverändert bleibt, gerade nicht zutrifft. Die Etablierung einer überregionalen Schriftsprache kann auch mit wesentlichen sprachlichen Veränderungen der Ausgangsvarietät verknüpft sein, weil Prozesse des Dialektausgleichs auch innerhalb des schriftlichen, distanzsprachlichen Überdachungsprozesses auftreten. Denn nicht nur im physischen Kontakt der verschiedenen Dialektsprecher in der Migrationssituation8 sind die Faktoren gegeben, die zur „accomodation“ und zu den entsprechenden sprachlichen Veränderungen führen. Bereits die Verschriftlichung der vernakulären Sprachformen ist ein Prozess, der Dialektausgleich begünstigt. Schriftsprachliche Normen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie sich von den an einem Ort gültigen nähesprachlichen Normen bewusst distanzieren und deshalb durch Strategien der DeRegionalisierung gekennzeichnet sind. Durch die Vermeidung auffällig lokaler sprachlicher Merkmale kann man ja eine Ortlosigkeit suggerieren, die der Kommunikation mit (zeitlich oder räumlich) Fremden die geforderte ‚Höflichkeit‘ ermöglicht (Mattheier 1996). Hinzu kommen Ausgleichsprozesse, die durch die Verlagerung von Gravitationszentren bedingt sind, oder solche, die ausschließlich im Raum der Schriftkommunikation stattfinden und durch das Fehlen eines regionalen Zentrums offen für die Relevanz frequentieller oder sprachstruktureller Gesichtspunkte sind (Besch 2003, Reichmann 1990). Gerade deshalb muss die Überdachung in ein Modell der Kontaktsituationen integriert werden, denn sobald diese nicht zentral kontrolliert werden kann, werden Prozesse des selbstständigen Ausgleichs und Prozesse der aktiven Aneignung eine wichtige Rolle spielen. 2.2. Dialektmischung im mittelalterlichen Paris Nach diesen Überlegungen ist auch klar, dass die Frage, inwieweit Lodges Modell angemessen die Entwicklung des mittelalterlichen Pariserischen wiedergibt, nur dann beantwortet werden kann, wenn feststeht, welchen Koineisierungsbegriff Lodge ansetzt. Geht er vom ‚starken‘ Koineisierungsmodell aus? Oder ist sein Begriff von „koinéisation“ identisch mit dem der Dialektmischung? Lodge beantwortet diese Frage selbst. Er setzt explizit die sprachlichen Prozesse des „levelling“ und der „simplification“ erst in der Neuzeit an und gebraucht in Bezug auf das mittelalterliche Paris den Terminus des „dialect-mixing“ (Lodge 2004: 32). Es gibt meiner Ansicht nach auch keinerlei Anzeichen dafür, dass ein Rückgriff auf den hier vorgeschlagenen engen Koineisierungsbegriff gerechtfertigt wäre. Zwar ist das 12. Jahrhundert durch einen massiven Bevölkerungszuwachs und ein schnelles Wachstum der Stadt gekennzeichnet; Lodge selbst betont aber, dass der Großteil der neuen Pariser Bevölkerung mit sehr großer Wahrscheinlichkeit aus dem Pariser Hinterland in einem Radius von 70 km kam. Vor allem die Region zwischen Pontoise, Luzarches und Meaux, ein im euro–––––––—–– 8

    Vgl. die Kritik an Trudgills behavioristischem Modell der „accomodation“ in Auer/Hinskens (2005) sowie deren Vorschlag, der „accomodation“ ein nicht an den unmittelbaren Kontakt gebundenes Prinzip der „identity-projection“ zugrunde zu legen.

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    päischen Vergleich äußerst dicht besiedeltes Gebiet, stellte ein sicheres Nachschubgebiet dar (Lodge 2004: 46–47). Selbstverständlich werden in der mittelalterlichen Metropole auch Sprecher anderer Dialekte und anderer Sprachen aufeinander getroffen sein. Die Frage ist nur, ob wir von einem ähnlichen Ausmaß des sozialen und sprachlichen Identitätsverlustes wie in Koineisierungssituationen auszugehen haben. Wir wissen, dass spätestens im 13. Jahrhundert das Bewusstsein von der Existenz eines spezifischen Pariser Stadtdialektes ausgeprägt war (Lusignan 1986), dass also spätestens in dieser Zeit Prozesse der Fokussierung und der Herausbildung stadtspezifischer stabiler Normen gegriffen haben. Auch die Bindung des Pariser Stadtdialektes an das Hinterland der Stadt geht aus den Quellen des 13. Jahrhunderts hervor (Lusignan 1999). Es gibt also nur bedingt Anzeichen für eine Entwicklung, die soziolinguistisch gesehen als Bruch, als eindeutige und starke Diskontinuität beurteilt werden kann. Auch in sprachlicher Hinsicht sind Indizien, die auf diskontinuierlichen Wandel und die Formierung einer vollständig neuen Varietät hinweisen, meines Erachtens nicht vorhanden. Die lautlichen und morphologischen Phänomene, die Lodge in seinen Kapiteln zum mittelalterlichen Pariserischen anspricht (Lodge 2004: 53–102), können als Folgen einer einfachen Dialektmischung, eventuell sogar als normale Diffusionsprozesse in einer dialektalen Kontaktzone behandelt werden. Der Fall des mittelalterlichen Pariserischen ist daher deutlich anders zu beurteilen als der des mittelalterlichen Kastilischen, das eindeutige Indizien für massiven Dialektabbau und für Vereinfachungsprozesse aufweist und das während der „repoblación“ bzw. während der kolonialen Expansion in deutlich radikalere Kontaktsituationen eingebettet war. Gerade vor dem Hintergrund der Tatsache, dass das Konzept der Koineisierung – in der hier vorgeschlagenen ‚starken‘ Variante – in letzter Zeit in der Hispanistik häufig angewandt wird,9 sollte dessen Übertragung auf die altfranzösischen Verhältnisse – und damit dessen notwendige Abschwächung – unterbleiben. Wie verhält es sich nun aber mit der Hypothese einer Dialektmischung? Es ist das große Verdienst des Lodge’schen Ansatzes aufgezeigt zu haben, dass Paris bzw. der Pariser Raum als dialektale Kontaktzone zu definieren ist, in der gleichzeitig aus dem Westen und aus dem Nordosten kommende Einflüsse aufeinander treffen und lange Zeit wirksam werden können (Lodge 2004: 53–79). Dies belegen zum einen die von Lodge wiedergegebenen fünf ALF-Karten, die die Verbreitung von a) [ε] vs. [wε] vs. [wa], b) [jo] vs. [o], c) [-´] vs. [-ç)] in der 3. Pers. Plur. Präs. Ind., d) vs. in der 1. Pers. Plur. Imp. Ind. und e) [-ε] vs. [-E)] in der 3. Pers. Plur. Imp. Ind. zeigen (Lodge 2004: 64–68). Auch wenn es sich um Daten des 19. und 20. Jahrhunderts handelt, die Lodge auf das Mittelalter überträgt, so können sie doch mit einiger Plausibilität als Anzeichen einer instabilen Kontaktzone in und um Paris gewertet werden. Die Heterogenität und Variabilität bestätigen außerdem die Analysen der aus dem Mittelalter vorliegenden sprachlichen Daten (Lodge 2004: 80–102). Das eine Gegenbild seiner soziolinguistischen Geschichte des Pariser Französischen, dessen Identifizierung mit einem immer schon bestehenden, dialektal reinen „francien“, das die Homogenität der späteren Standardsprache präfiguriert (Lodge 2004: 54–56), ist durch den Nachweis der ‚Offenheit‘ und sprachlichen Heterogenität des mittelalterlichen Pariser Französischen eindeutig widerlegt. –––––––—–– 9

    Zu Koineisierungsprozessen im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Kastilischen vgl. Penny (2000), Tuten (2003). Vgl. auch Detges (2003).

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    Nicht geklärt sind aber die zeitlichen und räumlichen Dimensionen der Kontaktprozesse. Wenn Lodge auf das Modell der „koinéisation“ verweist, scheint er sich auf eine örtlich beschränkte und relativ kurzzeitige Kontaktsituation festzulegen. Eine solche Annahme scheint gerechtfertigt und man ist geneigt, in der mittelalterlichen ‚boom-town‘ Paris zahlreiche Prozesse des ungerichteten, ungelenkten, in der spontanen Alltagskommunikation ablaufenden Dialektkontaktes anzusetzen, die zu einer Mischung von Varianten unterschiedlicher regionaler Herkunft in einer zuvor und nachher regional fokussierten Varietät führen. Zu betonen ist aber, dass es sich bei den von Lodge genannten phonologischen und morphologischen Erscheinungen teilweise um Variationsmöglichkeiten handelt, die bis ins 18. Jahrhundert im Pariser Französischen weiter bestehen (Lodge 2004: 90–92). Die von Lodge gesammelten Daten sprechen also gerade nicht für eine zeitlich begrenzte Phase der Dialektmischung, sondern für eine Jahrhunderte lange dialektale Kontaktsituation. Auch die räumlichen Dimensionen sind nicht unbedingt klar. Entscheidende Stütze der Hypothese von einem auf die Stadt Paris beschränkten Dialektmischungsprozess wäre der Nachweis von diskontinuierlichen Innovationen, die aus den ‚provinziellen‘ Dialektgebieten unmittelbar in die Metropole getragen werden, das umliegende Hinterland aber gerade nicht berühren. Bekanntlich ist ein solcher Nachweis alles andere als einfach, denn zum einen sind historische Dialektdaten zur Île-de-France nur spärlich erhoben worden (Simoni-Aurembou 1999), zum anderen ist für die späteren Jahrhunderte mit einer großen Beeinflussung der Umlanddialekte durch die Stadt zu rechnen. Dennoch kann Lodge zumindest in zwei Fällen morphologischer Variation, im Falle der Endung der 3. Pers. Plur. Präs. Ind. und der 3. Pers. Plur. Imp. Ind., eine räumliche Diskontinuität nachweisen (Lodge 2004: 69–70, 88– 89). Ich will hier nicht weiter diskutieren, ob dieser Nachweis haltbar ist.10 Es ist aber festzuhalten, dass Lodge durch den radikalen Wechsel der Perspektive ein wichtiges neues Forschungsfeld eröffnet hat. Die Relevanz von Kontaktprozessen für die Geschichte des mittelalterlichen Pariserischen ist so eindeutig, dass sich für die altfranzösische Dialektologie neue und viel versprechende Fragestellungen ergeben.

    3.

    „Written koiné“ oder „spoken koiné“: Dialektmischung, Überdachung und

    altfranzösische Schreibsprachen Wenn wir uns nun der Frage zuwenden, welche Rolle kontaktinduzierte Prozesse für die Geschichte der altfranzösischen Schreibsprachen gespielt haben, gehen wir natürlich über die Themenstellung von Lodges Sprachgeschichte hinaus. Lodge schreibt eine Geschichte des Pariser Stadtdialektes, die Entwicklung der mittelalterlichen Schreibsprachen interessiert ihn nicht. Dennoch sind seine Hypothesen zur Entwicklung des Pariserischen auch für die Schreibsprachenforschung wichtig. Denn Lodge postuliert ein bestimmtes Verhältnis der in Paris entstehenden Dialektmischung zur späteren französischen Standardsprache: „The earliest sources of standardisation in French are to be found […] in a dialect-mixture –––––––—–– 10

    Der Nachweis beruht auf der Interpretation der mittelalterlichen Pariser Dokumente als unmittelbarer und unverfälschter Wiedergabe des gesprochenen Pariserischen. Man kann hier bekanntlich ganz anderer Meinung sein.

    Koineisierung im Altfranzösischen?

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    which developed spontaneously through real-life interactions between speakers“ (Lodge 2004: 76). Die „dialect-mixture“, die in Paris entstehende „spoken koiné“, setzt Lodge also als Basis für den „written standard“ an, der sich im mittelalterlichen Frankreich verbreitet und der die regionalen Schreibsprachen verdrängen wird (ibid.: 78). Um die Relevanz dieser Hypothese für die altfranzösische Schreibsprachenforschung nachvollziehen zu können, muss hier kurz der „state of the art“ in Erinnerung gerufen werden. Das zentrale Problem ist die Beobachtung, dass die Sprache bereits ab den frühesten Texten/Manuskripten weder eindeutig regional noch eindeutig überregional ist. Deswegen wurde die Hypothese formuliert, die mittelalterlichen Schreiber hätten sich von Anfang an an einer überregional gültigen literarisch-schriftsprachlichen Norm orientiert. Die Hypothese existiert in zwei Versionen. In der ersten ist diese überregionale Norm eindeutig an einem dialektalen Ausstrahlungszentrum orientiert, das mit Paris bzw. der Île-de-France gleichgesetzt wird.11 Eine zweite Version spricht dagegen von einer von vorne herein ortlosen, dialektal gemischten Sprachform, einer, wie Lodge sagt, „written koiné“ (Lodge 2004: 71–76), deren Entstehung man in den karolingischen Kanzleien ansetzt (Cerquiglini 1991). Diese zweite Version reagiert auf eine Reihe von Schwierigkeiten in Bezug auf die Verankerung der überregionalen Norm im Pariser Raum: Bekanntlich entstehen volkssprachliche Manuskripte in Paris bzw. in der Île-de-France erst in der Mitte des 13. Jahrhunderts. Die Zentren der frühen altfranzösischen Schriftlichkeit liegen eindeutig anderswo, nämlich im anglonormannischen und im pikardischen Raum. Auch in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht kommt Paris als Ausstrahlungszentrum erst ab dem 13. Jahrhundert in Frage. Diesen Rahmenbedingungen entspricht auch die Richtung wichtiger sprachlicher Innovationen: Die Verbreitung der dem späteren Standard zugehörigen Graphien/Phonien (< lat. ō) und (< lat. ē) geht eindeutig vom pikardischen Raum, also vom Nordosten aus.12 Es gibt aber auch ein dialektales Gegenmodell, das die Hypothese von einer frühen überregionalen Schriftsprache entschieden zurückweist. Es kann sich auf eine Reihe von schriftkulturellen Gegenargumenten stützen, denn der Existenz einer überregionalen Norm sind in einer Zeit der geringen Verbreitung der Schriftlichkeit Grenzen gesetzt. Die Kontinuität einer altfranzösischen Hofsprache von der Karolingerzeit bis ins 13. Jahrhundert ist historisch gesehen deshalb alles andere als wahrscheinlich. Vor allem aber stellt sich im Rahmen dieser neueren Dialekttheorien das Problem der fehlenden dialektalen ‚Reinheit‘ der frühen altfranzösischen Texte nicht mehr. Denn diese Theorien gehen nicht mehr von der Vorstellung eines homogenen Dialektes aus, sondern lassen eine gewisse Heterogenität der sprachlichen Daten zu. Anthonij Dees, der unter diesen theoretischen Voraussetzungen ein umfangreiches Korpus an Urkunden und literarischen Texten des 13. Jahrhunderts analysiert hat, konnte nachweisen, dass die Texte zwar nicht dialektal homogen sind, aber in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle die regionalen Sprachformen zeigen, also zwar nicht zu 100, aber zu 80 Prozent regional konsistente dialektale Züge aufweisen. Für Dees ist damit die Hypothese einer überregionalen „written koiné“ für das frühe Altfranzösische hinfällig. Er geht davon aus, dass bis ins 13. Jahrhundert die regionalen Dialekte verschrift–––––––—–– 11

    12

    Vgl. etwa Hilty (1968). Die Idee von einem bereits im frühen Altfranzösischen wirksamen Zentralismus findet man natürlich auch in der sprachtheoretisch deutlich naiveren Auffassung, die spätere französische Standardsprache sei die Fortsetzung des in Paris bzw. in der Île-de-France gesprochenen „francien“ (Lodge 2004: 54–57). Pfister (1973, 1993).

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    Maria Selig

    licht wurden und erst ab dem 14. Jahrhundert die sich von Paris aus ausbreitende Sprache des Königs die vielen lokalen Schreibsprachen verdrängte.13 Lodge schließt sich dieser Auffassung an (Lodge 2004: 76–79). Auch für ihn sind die frühen altfranzösischen Schreibsprachen Abbildungen der Dialekte und die Entstehung einer überregionalen Schrift- und Standardsprache identisch mit der Ausbreitung der in Paris lokalisierbaren Schreibsprache. Lodge geht aber noch einen Schritt weiter. Denn er sieht deutlich die Schwierigkeiten, wichtige Tendenzen der sich etablierenden überregionalen Norm, so beispielsweise die Graphien/Phonien und , in den regionalen Sprachformen der Île-de-France zu verankern. Diese ganz offensichtlich von außen kommenden dialektalen Einflüsse erklärt er nun mit der „koinéisation“. In dem Bevölkerungsgemisch der Stadt Paris habe sich, wie er sagt, in der alltäglichen Interaktion der unterschiedlichen Dialektsprecher genau die Mischung von zentralen, östlichen und westlichen Dialektmerkmalen stabilisiert, die auch die Schreibsprache des Königs und damit die spätere Standardsprache kennzeichnet. Die „spoken koiné“ von Paris, die in der spontanen Mündlichkeit entstandene Dialektmischung, ist die Basis des zukünftigen Standards. Lodges Hypothese bietet einen Weg, das Grundproblem der altfranzösischen Schreibsprachenforschung elegant und einfach zu lösen. Die Dialektmischung, die den späteren Standard kennzeichnen wird, wird an einer begrenzten Periode der Immigration an einem bestimmten Ort festgemacht. Genau darin liegt aber auch die Gefahr seines Modells. Denn Lodge verlagert die Erklärung in einen Prozess, dem wir uns allenfalls annähern können, der aber mangels schriftlicher Dokumentierung immer den Status einer Hypothese behalten wird. Dadurch trägt er dazu bei, dass die alten, simplifizierenden Modelle der Überdachung als bloß passiver Übernahme des neuen Standards und der Verschriftlichung als unmittelbarer Wiedergabe der gesprochenen Sprache beibehalten werden können. Komplexe sprachliche Situationen entstehen, so suggeriert es Lodges Modell, nur in dialektalen Kontaktsituationen, durch die Kopräsenz von Dialekten in der gesprochenen Alltagssprache einer sozialen Gemeinschaft. Dies heißt zum einen, dass die Entstehung einer vernakulären Schreibsprache weiterhin als ‚flache‘ Situation gesehen werden kann, die in der einfachen Abbildung der lokalen Dialekte besteht. Es ist hier kein Raum, die Dynamik der Verschriftlichung der mittelalterlichen Volkssprachen genauer nachzuzeichnen.14 Daher nur der nochmalige Hinweis, dass gerade auch hier die sprachlichen Ausgleichs- und Selektionsprozesse zu beobachten sind, die die Koineisierungsforschung für die mündlichen Kontaktsituationen zu reservieren scheint. Zum anderen suggeriert Lodge, dass der Rest der „domaine d’oïl“ im Mittelalter ein ‚flacher‘, monolingualer Raum war. Er mag Recht haben mit dem Hinweis, dass sich in ländlichen, abgeschlossenen und intern verfestigten Kommunikationsgemeinschaften Sprachwandel in nur geringem Ausmaße beobachten lässt und deshalb die Isoglossen, die der Atlas Linguistique de la France zu Beginn des 20. Jahrhunderts verzeichnete, unverändert auf das Mittelalter projiziert werden können (Lodge 2004: 11, 19, 58). Aber der Rest von Nordfrankreich besteht auch im Mittelalter nicht nur aus ländlichen Gemeinden! Und der Gedanke, dass die städtischen Kanzleien, die Patrizier, die Kaufleute, die Beamten der herzöglichen und gräflichen Verwaltungen vollkommen passiv die sich ausbreitende Sprache des Königs übernahmen und an die Stelle ihrer ursprünglichen regionalen Normen –––––––—–– 13 14

    Vgl. Dees (1980, 1987). Vgl. dazu Selig/Frank/Hartmann (1993).

    Koineisierung im Altfranzösischen?

    83

    setzten, dürfte eher der „ideology of standardisation“ (Lodge 2004: 6) geschuldet sein als einem unvoreingenommenen Blick auf die mittelalterliche Situation. Denn es gibt genügend Anzeichen dafür, dass der Ausbreitungsprozess dynamisch ist, dass es selektiv auf saliente Merkmale zugreifende Aneignungsprozesse seitens der ‚Provinz‘ gibt (Schøsler 2004), dass Überregionalität nur im Bereich der literarischen Schriftlichkeit akzeptiert wird und ansonsten regionale Normen weiter bestehen (Müller 2001) und dass sogar gegenläufige Bewegungen, nämlich Verstärkungen der Regionalität belegbar sind (Trotter 2005). Wir sollten also der ‚Provinz‘ ihr Recht zurückgeben und die Dynamik der Verschriftlichungssituation nicht von vorne herein durch den Blick auf die spätere Hauptstadt minimieren. Wir sollten anerkennen, dass bis ins 13. Jahrhundert hinein die Impulse und überregional wirksamen Einflüsse aus der ‚Provinz‘, nicht aus Paris kamen, und dass die ‚Provinz‘ auch nach dem 13. Jahrhundert aktiv und selbständig am Verschriftlichungsprozess teilnimmt.

    4.

    Schlussbemerkung

    Die Problematik der (Dis-)Kontinuität sprachlicher Einheiten in Raum und Zeit hat, so mein Fazit der Lektüre von Anthony Lodges Geschichte des Pariserischen Französisch, also noch keine befriedigende Lösung gefunden. Zwar hat Lodge die Chance, die die neue Wertschätzung von Kontaktszenarien bietet, für eine neue und anregende Darstellung der Geschichte des Stadtdialektes von Paris genutzt. Aber die Möglichkeit, auch die Herausbildung einer überregionalen Standardsprache im Rahmen einer Typologie von Kontaktsituationen zu konzipieren und so zu einer angemesseneren Darstellung der Entstehung der französischen Standardsprache zu gelangen, hat er, wie seine Identifizierung der „spoken koiné“ von Paris als Basis des späteren „written standard“ zeigt, nicht gesehen. Lodge vertritt eine sehr traditionelle Vorstellung von der Entstehung der französischen Standardsprache, nämlich eine Vorstellung, die die räumlich-zeitliche Homogenität der Ursprungssituation und die substantielle Kontinuität des Standards in der Zeit, seine quasi immer gegebene Identität als diskretes Inventar von Sprachformen, nicht in Frage stellt. Zu betonen ist aber, dass die Übertragung der in der „urban dialectology“ entwickelten Modelle sprachlicher Ausgleichsverfahren auf die Entstehung der altfranzösischen Schriftsprache(n) zu äußerst interessanten Ergebnissen führen kann. Denn hier ergäbe sich die Möglichkeit, sprachliche Kontaktprozesse auch außerhalb der face-to-face-Interaktion sichtbar zu machen und Sprachkontakt auch außerhalb von Paris als wichtigen Faktor in der Genese der überregionalen Koiné anzuerkennen. Dies wäre dann eine „sociolinguistic history“ der altfranzösischen Schreibsprache(n). Und dass auch diese geschrieben werden sollte, steht meines Erachtens außer Frage.

    84

    Maria Selig

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    Koineisierung im Altfranzösischen?

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    David Trotter

    Pur meuz acorder en parlance E descorder en variaunce : convergence et divergence dans l’évolution de l’anglo-normand

    1.

    Introduction

    L’anglo-normand, variété tout d’abord distincte de l’ancien français (théoriquement du moins) et faisant cependant visiblement partie de la famille des dialectes de la France septentrionale – et cela, malgré l’absence de textes continentaux avec lesquels on puisse comparer les tout premiers textes anglo-normands – s’est sans doute, au fil des années, éloigné de plus en plus de l’ancien français de la France. Evidemment, ici, la dénomination « l’ancien français » renvoie à une variété de formes, et non à une forme unie, à moins que l’on ne pense à la reconstruction du XIXe siècle qui domine encore les manuels de grammaire. C’est la conséquence, d’une part, d’une situation linguistique et sociolinguistique assez spéciale (surtout due au contact avec le moyen anglais), d’autre part, de la géographie ; mais en même temps, en tant que langue internationale du commerce, de la diplomatie et de la littérature, le français insulaire était toujours en contact avec – et donc susceptible d’être influencé par – les dialectes de la France (surtout la forme centrale « parisienne », mais aussi le picard). De telles influences sont visibles dans l’orthographe et dans le lexique. Il en résulte deux tendances contradictoires : l’une, la convergence entre anglonormand et français – sans doute au pluriel – de France (dédialectalisation, standardisation, tendance à suivre les normes naissantes du français central) et l’autre, la divergence (influence anglaise, isolement, phonologie et sémantisme indépendants). Cette divergence est essentiellement un phénomène de la période qui suit les années 1250 et surtout 1300, tandis que l’influence française se manifeste dans les textes plus anciens. L’anglo-normand est ainsi de ce point de vue l’exemple précoce d’une langue romane devenue « langue coloniale », qui s’émancipe et devient par la suite indépendante (cf. le lexique) tout en restant relativement fidèle à ses origines (morphosyntaxe, traces de formes occidentales / normandes). Il est clair que cette analyse est une simplification, ne serait-ce que parce que pour la période qui nous intéresse (en gros, jusqu’à la fin du XVe siècle) l’existence d’une norme de l’usage écrit, à laquelle l’anglo-normand se serait confronté, et à laquelle nous le confronterions aujourd’hui, est difficile à prouver. C’est surtout le cas pour la première moitié de la période (1100–1300), deux siècles au cours desquels l’anglo-normand a sans doute été un vrai vernaculaire en Angleterre avant de devenir une langue acquise, une deuxième langue de l’Angleterre anglophone. Parmi les études antérieures qui se sont occupées du problème, citons : De Jong (1988, 1996), utilisant un corpus de 147 chartes imprimées, suivant la méthodologie de Dees ; Kristol (1989), basé sur les « manières de langage » comme témoins du processus de standardisation ; Roques (2007), sur le lexique ; Lusignan (2004), comparaison de pratiques de copistes français et anglais qui souligne la tendance à « dédialectaliser » selon le public auquel est destiné le document ; Trotter (en prép.) sur les graphies. La présente étude se compose de trois parties : un examen chronolo-

    88

    David Trotter

    gique (diachronique) de certaines graphies ; quelques observations sur le lexique ; et un échantillon d’un texte qui montre, « dans la nature », le rôle des emprunts moyen-anglais en anglo-normand. L’étude de base demeure cependant celle de Pope (1934), selon laquelle les dialectes continentaux qui auraient exercé de l’influence sur l’anglo-normand sont : au début, les dialectes du sud-ouest ; ensuite, du nord ; Paris prend la relève (§ 1186) ; des traits du centre-nord (§ 1188–1191) ; du centre-est (§ 1192) ; du francien (§ 1193) ; du sud-ouest (Anjou, Maine, Touraine ; §§ 1196–1199) ; et du nord (§ 1200). Certains textes (BoeveS par exemple1) contiennent (toujours selon Pope) des éléments dus à plusieurs régions : centre-est, § 1192 ; francien, § 1193 ; nord, § 1200, 2.

    Ce sommaire n’est pas sans présenter des contradictions, car il va jusqu’à admettre des influences d’un peu partout, ce qui dans l’ensemble risque de réduire considérablement la spécificité de l’anglo-normand en tant que « dialecte », et de proposer d’autre part un tel éventail d’influences continentales que cela revient à dire tout simplement que l’anglonormand était en contact avec toutes les variétés que l’on connaît de la France septentrionale (cf. Trotter 2003a, b). En même temps, et voici peut-être la principale faiblesse de l’étude de Miss Pope, il y a de sérieux doutes quant à la représentativité de ses matériaux. C’est une difficulté que nous tenterons de résoudre par l’utilisation d’un vrai corpus, cette fois-ci numérisé.

    2.

    Graphies

    La première approche que nous adoptons, l’examen de graphies anglo-normandes, se base sur les textes disponibles au sein du projet « The Anglo-Norman Online Hub » (http://www.anglo-norman.net), projet de recherche qui comprend d’une part la révision fondamentale de l’Anglo-Norman Dictionary, d’autre part la constitution d’un corpus de textes et d’articles scientifiques portant sur le lexique de l’anglo-normand (Beddow 2007) ; Rothwell/Trotter (2007). Une première étude (en prép.) porte sur une des principales graphies dites anglo-normandes : sur la distinction entre (agn.) -aun- / -aum- et (neutre) -an- / -am-.

    –––––––—–– 1

    Les abréviations utilisées partout dans la présente étude sont dans la mesure du possible (en l’occurrence, à une exception près) les sigles du DEAF (www.deaf-page.de).

    89

    Convergence et divergence dans l’èvolution de l’anglo-normand

    Voici les résultats de cette enquête menée sur huit textes allant de 1119 jusqu’au XVe siècle : Texte PhThCompS ProvSalSanI BibleDécB/EN

    date du texte 1119 1150 fin 12e s.

    PAbernLumH SFrançCR BibbR EchecsCottH

    1268 1275 c. 1290 XIIIe s. 2/2

    XIVe s.

    QuatBeatT

    date du manuscrit 3/4 XIIIe s. début 13e s. milieu XIIIe s., 3/4 XIIIe s. 1300 4/4 XIIIe s. après 1307 fin XIIIe s., début XIVe s. c. 1400

    -aun-

    -aum-

    -an-

    -am-

    0 0 36

    0 0 2

    448 1746 10182

    4 32 344

    66 2733 152 160

    0 35 9 3

    2977 176 107 89

    32 34 3 9

    102

    0

    171

    6

    Tab. 1 – Graphies anglo-normandes de 1119 jusqu'à la fin du XIVe siècle. Texte PhThCompS ProvSalSanI BibleDécB/EN BibbR PAbernLumH SFrançCR EchecsCottH QuatBeatT

    % -au[nm]- agn. 0 0 0,4 59 0,2 93 62 37

    % -a[nm]- neutre 100 100 99,6 41 99,8 7 38 63

    Date 1119 1150 13e s. 1250 1268 1275 13e s. 1400

    Tab. 2 – Pourcentages de graphies « anglo-normandes » ~ « neutres ».

    Il est d’ores et déjà clair que l’évolution décrite par Pope (§ 1152) a besoin de quelques petites retouches : la graphie -au- + nasale apparaît en fait au cours du XIIIe siècle, mais sa généralisation ne semble s’effectuer qu’au milieu du siècle suivant. Inutile d’insister sur les textes du XIIe siècle, où il n’y a pas trace des graphies -aum- et -aun-. Il est cependant frappant de constater que deux textes composés en 1268 (PAbernLumH) et 1275 (SFrançCR) – les dates sont celles des textes, et non des manuscrits – montrent une différence si grande : si le premier n’utilise qu’exceptionnellement la graphie anglo-normande -au-, le deuxième l’utilise presque exclusivement dans -aun-, et opte aussi fréquemment pour -aum- que pour -am- (cf. SFrançCR 16). Bien que nous ayons affaire ici à une graphie, et donc à l’influence au moins éventuelle du copiste, on constate que le manuscrit le plus ancien (celui de SFrançCR) renferme – et de loin – plus de graphies en -au- que le manuscrit plus tardif de PAbernLumH. Mais puisqu’un autre texte religieux (BibleDécB/EN) ne connaît presque pas cette graphie, il est difficile de croire que c’est là un phénomène qui serait définitivement lié à la datation de l’œuvre, vraisemblablement composée à la fin du XIIe siècle, au plus tard au début du XIIIe siècle, mais préservé dans des manuscrits nettement plus tardifs (BibleDécB/EN 1, 44-50). BibbR montre de manière intéressante comment, vers la fin du XIIIe

    90

    David Trotter

    siècle, dans un traité didactique et non-littéraire, les graphies peuvent varier à l’intérieur d’un même texte. Le cas de PAbernLumH est problématique : la moitié des exemples de -aun- provient du fait que l’éditeur a choisi de lire kaunt pour kant dans son manuscrit (PAbernLumH 32 ; cf. 41), parce que l’a écrit au-dessus du mot représente au ailleurs dans le texte. Il n’est pas inutile de rappeler dans quelle mesure toutes nos enquêtes sont tributaires du travail de l’éditeur – d’où l’avantage de travailler sur des textes édités en vue d’une pareille analyse. Les trois textes du XIVe siècle sont également intéressants : BibbR (manuscrit après 1307) et EchecsCottH (manuscrits de la deuxième moitié du XIIIe, XIVe / XVe) montrent une distribution similaire. QuatBeatT semble cependant confirmer l’analyse de Kristol (1989 : 354), qui indique une nette réduction des graphies anglonormandes vers la fin du XIVe siècle. Par contre, à trois exceptions près, toutes les graphies anglo-normandes en -au[nm]- présentes dans EchecsCottH le sont dans les manuscrits tardifs H (première moitié du 14e siècle) ou R (XIVe / XVe siècle). La deuxième partie de notre étude (sous presse) examinait assez rapidement une autre graphie anglo-normande, à savoir -oun ~ -on ~ -un. Ici, nous reprenons l’analyse, mais sur un corpus nettement plus grand de 32 textes, 150 000 mots, 2 500 000 occurrences (tokens) (voir tableau 3), en recherchant les formes suivantes : -cioun(s ) ~ -cion(s) ~ -ciun, -tioun(s) ~ -tion(s) ~ -tiun-, -sioun(s) ~ -sion(s) ~ -siun(s), -gioun(s) ~ -gion(s) ~ -giun(s)

    Sur cette graphie (c’est nous qui soulignons …), voici ce que dit Pope (1934) : In early western French, it must be remembered, the sound-system appears to have comprised the vowels ǫ, u and ü (and not ọ […]): ǫ was always represented by o, ü by u and u in the earlier MSS. ordinarily by u […] ; o was however also used under the influence of Latin and the northern and francien tradition and gained ground in Later Anglo-Norman. In Later Anglo-Norman ou tended to replace both o and u […] (Pope 1934 : § 1225)

    Ici encore, se pose la question non seulement de la représentativité des textes utilisés par Pope mais également – et peut-être surtout – de la confusion persistante entre graphie et son. Nous ne croyons pas que les graphies nous renseignent de façon fiable sur la prononciation. Les chiffres globaux de la distribution sont cependant éloquents, car la majorité des occurrences – et de loin – présente la graphie neutre, -ion, la forme en -iun de l’anglonormand « primitif » – « in the earlier MSS. » comme le dirait Pope – qui reflète en quelque sorte la phonétique du français de l’ouest, – n’allant pas au-delà de 1300 : Mots Occurrences Dates % occurrences

    -iun 276 1029 1119 – 1297 16%

    -ion 836 4957 1119 – 15e s. 77,1%

    -ioun 144 444 4/4 XIIe s.– 1419 6,9%

    total 1256 6430

    Tab. 3 – Distribution des variantes -iun, -ion, -ioun.

    A. Kristol (1989 : 366) parle de l’ancien français comme d’une langue polycentrique, avec des normes différentes émanant de différentes régions (Paris, Picardie). A notre sens l’anglo-normand est plutôt une langue soit sans normes, soit à normes variables, soit en-

    91

    Convergence et divergence dans l’èvolution de l’anglo-normand

    core à multiples normes non pas concurrentielles mais complémentaires, c’est-à-dire : dont chacune apporte son influence, peut-être à des époques différentes, à la constitution de l’anglo-normand ; ou encore : n’est-il pas anachronique de parler de normes à une période où visiblement la norme était ou bien flexible (la variation graphique ne pose pas de problèmes pour les lecteurs, ni d’ailleurs pour les auteurs) ? Si parfois (S. Lusignan l’a montré dans Lusignan 2004) les auteurs de documents administratifs sont capables d’adapter leur norme scriptologique aux besoins ou aux goûts de la personne à laquelle se destine tel ou tel document, le plus souvent ils ne s’en soucient pas. Il faut dire aussi qu’un échantillon plus grand de textes donnerait peut-être des résultats plus nuancés à cet égard. Mais notre examen de 32 textes numérisés, examen mené avec l’aide de l’informatique, est en tout cas certainement plus « scientifique » et objective que ne l’était l’étude de Pope, et c’est sans aucun doute la voie de l’avenir. Comme dans l’analyse des langues modernes, les corpora offrent une fiabilité, et la possibilité de toutes sortes d’études quantitatives, que la philologie de la première moitié du XXe siècle pouvait difficilement concevoir. AmAmOctF HuntAgnMed BibleDécB/EN SThomGuernW2 BibbR PsCambrM CatAnH PhThCompS DestrRomeF2 AngDialGregO EchecsCottH ShortPearcyFabl FoederaC FolTristOxfS

    -iun 0 16 76 76 2 148 5 4 0 0 1 0 3 0

    -ion 2 686 93 6 0 19 1 1 0 5 9 3 2,411 0

    -ioun 56 0 0 0 2 0 0 0 2 0 8 3 14 0

    RegGaunt1A RegGaunt2L ChronPLangI/IT LAlbR LCustR DonatLibA/BM QuatBeatT PAbernLumH ManLangK PsOxfM HuntMed

    0 0 0 0 0 0 0 353 0 176 24

    522 366 86 36 18 12 12 41 20 14 42

    0 0 81 201 35 0 22 3 0 0 8

    date du texte ex XIIe s. XIIIe s. XIIIe s. c.1174 c.1250 1/2 XIIe s. 2/2 e XIII s.- 1/4XIVe s. 1119 1/3 XIIIe s. 1212 XIIIe s. XIIe s.- XIIIe s. 1256milieu XIIIe s./ 2/2 XIIIe s. 1372-1376 1379-1383 XIIIe s./XIVe s. 1419 1/2 XIVe s. XVe s. c. 1400 1268 1396, 1399, 1415 1/2 XIIe s. XIIIe s.

    92

    David Trotter

    (continuation) ResSauvCJ Rotuli Scotiae (Londres : Record Commission, 1814– 1819) ; XIVe s. SEdmPassG SFrançCR ProvSalSanI SecrSecrAbernB StatRealm

    -iun 4 0

    -ion 4 309

    -ioun 0 0

    35 42 8 45 13 1029

    0 8 68 6 157 4957

    0 0 0 0 8 444

    date du texte milieu XIIIe s. XIVe s. in

    XIIIe s. c. 1275 c.1150 c.1270 1275-

    Tab. 4 – Distribution des variantes par texte et par période.

    3.

    Lexique

    Comment aborder l’étude du lexique ? Le point de départ de toute analyse lexicale est lexicographique et l’Anglo-Norman Dictionary fait et fera de son mieux pour constituer une base utile. Il est clair aussi que de nos jours, la lexicographie – tout comme la lexicologie – ne peut guère se passer de l’informatique, et dépend de plus en plus de la disponibilité de textes numérisés et donc interrogeables. Le corpus qui accompagne l’AND a l’ambition de jouer ce rôle dans le cas de l’anglo-normand. Les démarches informatisées permettent non seulement de vérifier l’exactitude et la fiabilité de la nomenclature et de l’analyse sémantique à l’intérieur des articles qui la composent, mais également d’étudier et de relever toutes sortes de syntagmes, locutions et proverbes qui sinon passeraient sans doute inaperçus (Trotter 2004). La convergence ou la divergence de l’anglo-normand, au niveau lexical, qu’il est difficile de juger tant qu’il n’existe pas de vrai dictionnaire diatopique de l’ancien français, est surtout une question de spécificité sémantique, qui se laisse difficilement analyser par des outils informatiques, mais elle dépend aussi de l’influence et surtout des emprunts faits aux autres langues de la Grande-Bretagne. Parmi celles-ci, l’on peut signaler à titre d’exemple que tous les mots gallois relevés dans Trotter (1994) sont attestés dans des documents administratifs de la fin du XIIIe–XIVe. De même, et cette fois-ci l’étude se base sur une partie numérisée de la révision de l’AND, soit le premier volume (A–C), il existe 212 mots empruntés au moyen anglais, encore une fois tous dans des textes tardifs (après 1250), et non-littéraires. Comme pour le TLFi, par exemple, l’étiquetage de la langue de tout mot qui n’est pas du français/anglo-normand permettra dans la version numérisée de l’AND de faire rapidement des études statistiques de ce type, non seulement pour le moyenanglais, mais encore pour le gallois, le latin, etc. En même temps, et à long terme évidemment – et inévitablement – l’existence d’un dictionnaire qui recouvre la quasi-totalité du lexique du français utilisé en Grande-Bretagne, permettra tôt ou tard d’identifier ce qui est sémantiquement spécifique à l’anglo-normand (qui a développé des sens particuliers), cet

    Convergence et divergence dans l’èvolution de l’anglo-normand

    93

    aspect sera sans doute beaucoup plus important pour la différenciation lexicale de cette variété que ne l’est le nombre relativement peu élevé de mots empruntés aux autres langues de la Grande-Bretagne : que l’on pense par exemples aux cas classiques, dongeon et motte, qui ont acquis en anglo-normand des sens qui ne se retrouvent pas en France. L’AND n’est pas bien entendu un dictionnaire des régionalismes anglo-normands – et encore moins un dictionnaire différentiel de l’anglo-normand par rapport à l’ancien français et au moyen français – mais il sera certainement utile pour mener à bonne fin des études qui portent sur cet aspect de la langue.

    4.

    La réalité textuelle

    Evidemment, la réalité linguistique d’une époque révolue ne se laisse appréhender que par des textes, et toute étude qui essaie de juger du niveau de divergence ou de convergence entre (en l’occurrence) l’anglo-normand et son homologue français, ne peut le faire que par l’intermédiaire d’études textuelles qui fassent appel à la linguistique mais aussi à la philologie. Nous avons essayé ailleurs (Trotter 2003a) de montrer dans quelle mesure les prétendues fautes (selon la conception des néogrammairiens du XIXe siècle et de leurs successeurs au XXe siècle) de l’anglo-normand existent aussi ailleurs en ancien français, dès lors que l’on sort un peu des sentiers battus de la littérature ; et comment aussi le phénomène du contact linguistique, et de l’influence des langues voisines, n’est pas le seul apanage de l’anglo-normand. Ceci dit, et nous l’avons vu aussi en ce qui concerne le lexique, le contact permanent, et important, avec l’anglo-saxon et ensuite le moyen-anglais, a fortement marqué l’anglo-normand surtout non-littéraire et tardif. Si l’on a beaucoup insisté (et à juste titre) sur les transferts français → anglais pour la constitution de la langue anglaise, il faut également souligner que le processus opérait aussi en sens inverse et que l’anglo-normand importait allègrement des mots anglais, notamment dans le domaine de la vie pratique. Le texte suivant (Exeter, Devon Record Office, Exe Bridge Wardens’ Account 23 Ed III [1349] ; tardif ; non-littéraire ; traitant de la vie quotidienne, c’est-à-dire des frais de réparation d’un pont) montre clairement ce processus qu’il serait sans doute très intéressant d’étudier de façon plus suivie, pour l’histoire de l’anglais comme pour l’histoire du français. Dans ce texte, certains mots ont été imprimés en italiques : ce sont surtout (à deux exceptions près) des mots anglais importés en anglo-normand. D’une manière ou d’une autre, ils posent tous des problèmes. Deux (esteymours et cortesie) sont des mots français, mais le premier n’est pas attesté en France (ce qui est curieux, car on y extrayait l’étain aussi bien qu’en Angleterre), le deuxième existe en France (cf. Gdf 2,320c), mais pas avec ce sens précis. Ce sont donc sans doute des mots pour lesquels une connaissance plus approfondie de la langue non-littéraire en France apporterait des informations supplémentaires. Les mots anglais « d’emprunt » ne comblent pas des vides de l’anglo-normand car dans chaque cas, il existait un mot authentiquement anglo-normand (c’est-à-dire roman, et non pas anglo-saxon) qui aurait pu être utilisé : flakes = cleies (AND2) ; weigges de feer = coign, coigné (AND2) ; berewes = bercere, civere (AND2) ; saghiere (angl. mod. sawyer ; leçon suspecte du ms.) = sarrer (AND1) ; standelvere = *minour de pierre (syntagme non-

    94

    David Trotter

    attesté mais possible ; cf. aussi carrier, GdfC 9,2b). Weigges de feer est particulièrement intéressant car il s’agit d’une sorte de forme composite mêlant les deux langues (cf. Rothwell 2000 ; Trotter 2002). Dans l’extrait suivant, les abréviations ont été résolues par nous, les […] signalent des phrases omises pour les besoins de cette contribution : (recto a) Paié pour merym a faire le gortz ; xi s. […] Item paié a diz esteymours pour (par?); mesme la semaigne xx s. iiij d. pernaunt (?) ; chescun par la semaigne ij s. Et le mestre iiij d. outre […] Item paié pour cariage de cj summe de merym xij s. vij d. […] Item pour iiij charges de merym v s. iiij d. pernaunt (?) pour la charge xvj d. […] Item paié a Wauter Godale masoun de Silferton pour le oeveraigne des piqs en la quarere pour cxiij piés xxviiij s. ix d. pernaunt (?) pour le pee iij d. […] Item paié pour le cariage des dites piers c’est a savoir pour ix charges de wayn xiij s. vj d. pernaunt (?) pour le charge xviij d. Item pour le cariage de xlij summes de piere a chival […] Item lour cortesie ; v d. 1 / 2 […] Item paié a trois homes lowés d’abatre verges a bois pour ij journeez […] Item pour la fesure de xij flakes ; viij s. […] Item a un home et j chival lowé de carier merym tote la semaigne entier ij s. […] Item paié a les oeverours et carpenters pour lour cortesye tote la semaigne entier xiij s. iij d. 1/2 […] Item pour ij weigges de feer ; vij d. […] Item a un garsoun lowé de aler a Chuddelegh aprés le charetter j d. Item pour ij berewes ; iij d. (recto b) Paié a sese esteymours pour vj jours xxxiij s. x d. Item un messager qui ala aprés les esteymours ij d. Item pour cariage de xxxvij summes de piere […] Item pour cariage d’un charge de piere xviij d. […] Item pour cariage de iiij xx summe de merym et de verges x s. pernaunt (?) pour la summe 1 d 1/2. Item pour xxxij altres oeverours allowés mesme la semaigne xliiij s. xj d. […] Item vij carpenters mesme la semaigne ix s. Item j saghiere (?) ; xiiij d. Item pour cariours de (flun?) ; pour j jour […] Item pour diverse apparail achaté al charette viij s. iiij d. […] pour cariage de iij charges de piere iiij s. vj d. […] Item a Wauter Godale standelvere ; pour iiij xx piés de piere xx s. […] Item a Roger Polman standelvere pour xxvij piés de piere vj s. […] Item paié a Roger Roche mestre des masouns xx s. en partie de paie de xli s. de son lower […] Item paié pour le courtesie a toutz les oeverours de mesme la semaigne xj s viij d. 1 / 2 […]

    Il n’est sans doute pas sans intérêt de noter que le texte de 1349 est le seul élément dans ce document à être rédigé en anglo-normand (sinon, la langue de ces comptes est le latin). Sans pour autant prétendre à fournir une explication de ce fait – dû peut-être au simple hasard, ou au choix arbitraire d’un copiste – la situation a néanmoins un côté symbolique, voire métaphorique. Car si l’anglo-normand a de plus en plus divergé du français, surtout à l’époque du moyen français, il est indéniable qu’un des principaux moteurs de ce processus a été le contact quotidien, et permanent, avec d’autres langues dans les Îles Britanniques. C’est ce processus qui a finalement eu pour résultat la disparition de l’anglo-normand, quand les deux grandes langues vernaculaires de l’Angleterre, le moyen anglais et l’anglonormand, ont convergé pour donner naissance à cette langue hybride – surtout au niveau lexical, précisons-le – qu’est l’anglais – langue que l’on pourrait légitimement continuer à appeler … l’anglo-français. C’est là, à l’échelle macrostructurale, le miroir fidèle des micro-structures lexicales hybridisées qui se retrouvent dans des textes comme celui que nous venons de reproduire, et qui sont sans doute l’élément le plus durable de la parlance importée en 1066.

    Convergence et divergence dans l’èvolution de l’anglo-normand

    95

    Bibliographie Beddow, Michael (2007) : « L’Anglo-Norman Dictionary : présentation technique. » – In: David A. Trotter (ed.) : Actes du XXIVe Congrès International de Linguistique et de Philologie Romanes (Aberystwith, 1–6 août 2004), vol. 1, 305–310. Tübingen : Niemeyer. De Jong, Thera (1988) : « L’anglo-normand du 13e siècle. » – In: Pieter van Reenen, Karin van Reenen-Stein (edd.) : Distributions spatiales et temporelles, constellations des manuscrits. Etudes de variation linguistique offertes à Anthonij Dees à l’occasion de son 60ème anniversaire, 103– 112. Amsterdam/Philadelphia : Benjamins. — (1996) : « Anglo-French in the 13th and 14th Centuries : Continental or Insular Dialect. » – In : Hans F. Nielsen, Lene Schøsler (edd.) : The Origins and Development of Emigrant Languages. Proceedings from the Second Rasmus Rask Colloquium (Odense University, November 1994), 55– 70. Odense : University Press. Kristol, Andres (1989) : « Le début du rayonnement parisien et l’unité du français au Moyen Âge : le témoignage des manuels d’enseignement du français publiés en Angleterre entre le XIIIe et le début du XVe siècle. » – In: Revue de Linguistique Romane 53, 335–367. Lusignan, Serge (2004) : La langue des rois au Moyen Âge. Le français en France et en Angleterre. – Paris : PUF. Pope, Mildred K. (1934) : From Latin to Modern French with Especial Consideration of AngloNorman. – Manchester : University Press. Roques, Gilles (1997) : « Des interférences picardes dans l’Anglo-Norman Dictionary. » – In : Stewart Gregory, David A. Trotter (edd.) : De mot en mot : Aspects of Medieval Linguistics. Essays in Honour of William Rothwell, 191–198. Cardiff : University of Wales Press. — (2007) : « Les régionalismes français en anglo-normand. » – In: David A. Trotter (ed.) : Actes du XXIVe Congrès International de Linguistique et de Philologie Romanes (Aberystwith, 1–6 août 2004), vol. 4, 279–292. Tübingen : Niemeyer. Rothwell, Andrew / Trotter, David (2007) : « L’Anglo-Norman Dictionary : une présentation. » – In : David A. Trotter (ed.) : Actes du XXIVe Congrès International de Linguistique et de Philologie Romanes (Aberystwith, 1–6 août 2004), vol. 2, 413–421. Tübingen : Niemeyer. Rothwell, William (2000) : « Aspects of lexical and morphosyntactical mixing in the languages of medieval England. » – In: David A. Trotter (ed.) : Multilingualism in Later Medieval Britain, 213– 232. Cambridge : D.S. Brewer. Trotter, David A. (1994) : « L’anglo-français au Pays de Galles: une enquête préliminaire. » – In : Revue de Linguistique Romane 58, 461–488. — (1998) : « Les néologismes de l’anglo-français et le FEW. » – In : Le Moyen Français 39–41, 577– 635. — (2002) : « The Anglo-French lexis of the Ancrene Wisse: a re-evaluation. » – In: Yoko Wada (ed.) : A Companion to « Ancrene Wisse », 83–101. Cambridge : Boydell & Brewer. — (2003a) : « Not as Eccentric as it Looks : Anglo-French and French French. » – In : Forum for Modern Language Studies 39, 427–438 — (2003b) : « L’anglo-normand: variété insulaire, ou variété isolée ? » – In: Médiévales 45, 43–54. — (2004) : « Le problème de l’identification des locutions dans une langue morte : l’exemple de l’Anglo-Norman Dictionary. » – In : Maria Colombo Timelli, Claudio Galderisi (edd.) : « Pour acquerir honneur et pris ». Mélanges de Moyen Français offerts à Giuseppe Di Stefano, 583–592. Montreal : CERES. — (en prép) : « Graphie et variation: problèmes anglo-normands. » Site internet de l’Anglo-Norman Dictionary : http://www.anglo-norman.net

    Paola Benincà, Nicoletta Penello

    Variazione sincronica e diacronica nella sintassi romanza: L’Atlante Sintattico dell’Italia Settentrionale e i dati della filologia∗

    In questo lavoro ci proponiamo di illustrare il contributo che lo studio della microvariazione sincronica può portare alla comprensione dell’evoluzione diacronica della sintassi; vorremmo mostrare con qualche esempio come la distribuzione sull’area della variazione dialettale riproduca su un piano l’evoluzione diacronica, a volte una serie di stadi successivi, più spesso la compresenza di trafile diverse, risultato di direzioni evolutive divergenti. Useremo dati e analisi delle varietà dell’Italia settentrionale, concentrandoci su strutture interrogative e negazione. Utilizzeremo lo strumento della banca dati dell’ASIS, Atlante Sintattico dell’Italia Settentrionale, la cui struttura e finalità saranno illustrate nel § 1.1. Al § 2 mostreremo la variazione esistente nelle strutture interrogative per ricavarne indizi decisivi per definire lo statuto sintattico della cosiddetta inversione interrogativa, di cui si discute da tempo se debba essere vista come prodotto di movimento sintattico o come creazione morfologica. Daremo prima (§ 2.1) un panorama della variazione dialettale in sincronia e in seguito (§ 2.2) confronteremo i sistemi con gli stadi diacronici di alcune varietà settentrionali più riccamente documentate. Al § 3 daremo la descrizione dei tipi di negazione frasale attestati nei dialetti dell’Italia settentrionale, nei quali si osserva, riprodotto nella variazione sincronica, il cosiddetto ciclo di Jespersen. Nel § 3.1 daremo i dati sincronici osservando come le varietà si suddividano in dialetti con sola negazione preverbale, con doppia negazione o con sola negazione postverbale; nel § 3.2 mostreremo come la distribuzione geografica sincronica rispecchi gli stadi diacronici di evoluzione della negazione. Infine, al § 4 tracceremo alcune conclusioni.

    1.

    Breve introduzione all’ASIS: struttura e scopi

    L’ASIS (Atlante Sintattico dell’Italia Settentrionale; http://asis-cnr.unipd.it) è ora una banca dati che contiene brevi frasi tradotte in oltre 150 varietà dialettali dell’Italia settentrionale; tutte le frasi sono state marcate con sigle che si riferiscono ai costrutti sintattici esemplificati e agli elementi grammaticali contenuti nella frase (ad es. frase interrogativa, clitico soggetto, wh-oggetto, verbo alla terza plurale, soggetto maschile, ecc.). È il risultato, non definitivo ma anzi indefinitamente aperto, di un programma di ricerca che ha iniziato a prender forma quasi 20 anni fa, con lo scopo di registrare ed analizzare la variazione con cui si presentano nelle parlate dell’Italia settentrionale i fenomeni sintattici più studiati (v. Benincà 1989a, 1992; Benincà/Poletto 1991, 1997). Ci si aspetta di raggiungere una migliore –––––––—–– ∗

    Il lavoro è frutto della collaborazione delle due autrici; tuttavia, Paola Benincà è responsabile dei §§ 1, 2.2, 3.2 e Nicoletta Penello dei §§ 2.1, 3.1, 4.

    98

    Paola Benincà, Nicoletta Penello

    comprensione di fenomeni che caratterizzano le lingue romanze e che hanno rilevanza per la teoria della sintassi generale. In una prima fase, sono stati raccolti dati da una serie di varietà italiane settentrionali tramite questionari scritti, identici per tutte le varietà. Questa fase di campionatura era necessaria perché la base di partenza era costituita da dati casuali e molto disuguali, ed è servita ad un duplice scopo: innanzi tutto abbiamo così creato una rete di informatori affidabili su cui basare indagini successive; in secondo luogo abbiamo raccolto abbondanti dati di base che ci hanno permesso di orientare la ricerca ulteriore. La prima serie di punti di inchiesta, individuata in base a criteri misti, è stata poi continuamente ampliata, sia sulla base dei rilevamenti effettuati e dei loro risultati, sia sulla base di contatti con studiosi locali. I questionari ora a disposizione sono costituiti da quattro parti comuni, più una serie di questionari specifici, destinati ad essere ulteriormente incrementati. Le 190 domande dei “questionari di base” sono orientate a definire le caratteristiche del dialetto rispetto a fenomeni sintattici che sono oggi meglio conosciuti e più studiati, come la sintassi dei clitici e le sue relazioni con la natura del loro antecedente nominale, la selezione dell’ausiliare e l’accordo del participio, la negazione (preverbale, postverbale, doppia), ecc. I questionari successivi scendono in profondità in aree della sintassi che si sono individuate, sia in seguito ad analisi teoriche, sia proprio sulla base dei risultati del questionario generale. Un questionario (102 domande) è concentrato sulla sintassi del participio e del gerundio, sulla possibilità di costruire frasi participiali e gerundive assolute, sullo statuto del soggetto di queste forme verbali, ecc. Un altro questionario (72 domande) è focalizzato sulle frasi introdotte da complementatore, la sua relazione col modo del verbo, la sua cancellabilità, ecc.1 Sulla base dei dati emersi da questa prima fase, nella quale i questionari, generali o speciali, sono comunque pensati per tutta l’Italia Settentrionale, si è passati alla fase di indagine su singole aree o varietà interessate da fenomeni particolari, costruendo dei questionari specifici. Come spesso succede nella ricerca, c’è una componente casuale che si combina con le conoscenze obiettive e le teorie: può succedere che alcuni fenomeni si scoprano mentre se ne indagano altri. Ad esempio, con un questionario speciale dedicato alle interrogative senza movimento del pronome interrogativo (wh in situ), abbiamo per caso scoperto a Monno, in val Camonica (e successivamente a Malonno, poco più a sud) una rara caratteristica sintattica che, non essendo mai stata osservata prima nelle lingue romanze, non poteva che venire scoperta per caso (v. oltre e Benincà/Poletto 2004). Accanto al progetto ASIS sono sorti i “Quaderni di lavoro” (ora disponibili in rete nel sito dell’ASIS al link ‘Quaderni di Lavoro’), con cui vogliamo rendere noti alcuni risultati delle indagini su particolari settori della sintassi in diversi dialetti. Infine, presto l’ASIS farà parte di un progetto più ampio, l’ASIt, Atlante Sintattico d’Italia: stiamo infatti preparando inchieste analoghe per i dialetti dell’Italia centrale e meridionale.

    –––––––—–– 1

    Nella banca dati i questionari hanno la seguente numerazione: i questionari di base sono il 2 e il 4; il questionario sulla sintassi di participio e gerundio è il numero 1; il questionario sul complementatore è il 3.

    Variazione sincronica e diacronica nella sintassi romanza

    2.

    99

    Statuto sintattico dell’inversione del clitico soggetto: coniugazione speciale o movimento sintattico?

    2.1. La variazione dialettale in sincronia Sulla base dei dati sistematici fin qui raccolti,2 è possibile individuare una tipologia delle strutture interrogative presenti nell’Italia settentrionale, a volte disponibili all’interno dei diversi strati sociolinguistici di uno stesso dialetto. L’analisi di queste strutture è stata elaborata da Poletto (2000). Queste varietà hanno tutte almeno un clitico soggetto (v. Renzi/Vanelli 1983; Poletto 2000); una interrogativa con pronome wh-locativo e senza soggetto nominale espresso (es. dove va?) ha nelle varietà settentrionali le seguenti realizzazioni superficiali (usiamo elementi lessicali dell’italiano ed esempi con soggetto di 3. pers. sg.):3 (1) a. Dove va-egli? Dove va-lo? (Carmignano di Brenta) b. Dov’è che egli va? Dunde l’è ch’i va? (Riomaggiore, La Spezia) c. Dove che egli va? Indó c’u va? (Cevia, Valle Maggia) d. Dove egli va? Und u va? (Caserta Ligure).

    Probabilmente tutte le varietà ammettono la frase scissa wh- è che (1b) come forma possibile di una domanda, anche se con connotazioni pragmatiche diverse a seconda del dialetto. C’è in generale distribuzione complementare fra enclisi del clitico soggetto e lessicalizzazione del complementatore che (1a vs. b–c); molte varietà, in tutta l’Italia settentrionale, hanno però perso, fra ’800 e ’900, l’inversione interrogativa (cf. 1d): in queste varietà l’inversione non compare neppure se manca il complementatore, per cui (1a) è sistematicamente sostituita con (1d); intralinguisticamente si osserva un uso esteso della struttura scissa, come in (1b), che permette di evitare l’inversione anche nelle varietà che conservano tuttora la possibilità di usare questa forma. A (1b) andrebbe aggiunta una variante abbastanza diffusa Dove è-esso che egli va con inversione cristallizzata del pronome soggetto espletivo sulla copula della frase scissa. D’altra parte, in alcuni dialetti che presentano più elementi clitici preverbali, l’interrogativa con inversione mostra, oltre al clitico soggetto enclitico, un altro clitico soggetto fra elemento wh- e verbo, come nello schema (2): (2) Dove CL va-CL? Do ‘l va-ia? (S. Michele al Tagliamento).

    –––––––—–– 2 3

    Tutti i dati dialettali sulla sincronia, sia sulle frasi interrogative, sia sulla negazione, riportati nel presente lavoro sono ricavati dalla banca dati dell’ASIS. Sotto allo schema in italiano diamo, come una sorta di glossa, i corrispondenti esempi dialettali.

    100

    Paola Benincà, Nicoletta Penello

    Di grande interesse per la teoria generale sono alcune aree del bellunese e della Lombardia, in cui i pronomi interrogativi non si spostano obbligatoriamente in prima posizione, ma possono restare in posizione interna alla frase come in (3) (v. Munaro 1999): (3) Va-egli dove? Va-lo andè? (Tignes d’Alpago, Bologna).

    Indagando quest’area con un questionario appositamente elaborato per i wh in situ, abbiamo per caso scoperto – come accennavamo sopra – dei dialetti molto isolati ed interessanti nell’area bresciana (Monno, Malonno): qui l’inversione verbo-soggetto avviene solo con gli ausiliari e i modali, mentre l’inversione è impossibile con i verbi lessicali;4 con i verbi lessicali viene inserito un supporto verbale ‘fare’, al quale si encliticizza il clitico soggetto, sia che il pronome interrogativo si sposti o meno, come nello schema seguente (da Monno): (4) a. Dove è-egli andato/È-egli andato dove? Ngo e-l ndà?/E-l ‘ndà ngo? b. Dove-egli fa andare/Fa-egli andare dove? Ngo fa-l ndà?/Fa-l ndà ngont?

    Come dicevamo sopra, si tratta di un fenomeno del quale non si ha notizia per altre varietà romanze di aree diverse e che merita attenzione dal punto di vista teorico, per la sua sorprendente somiglianza con il fenomeno del do perifrastico in inglese. Passando a valutare l’inversione di clitici soggetto e verbo in strutture interrogative, si possono usare alcuni test sintattici per stabilire quando essa possa essere considerata ancora il risultato del movimento del verbo a sinistra della posizione del soggetto, e quando abbia invece perso questa proprietà sintattica. Seguendo Poletto (2000: 42ss.), gli argomenti principali in favore di un’analisi dell’inversione come movimento sintattico del verbo flesso sono i seguenti: l’inversione è possibile nelle interrogative principali e non nelle dipendenti (5a vs. 5b); non si riscontra mai nelle frasi dichiarative (6a vs. 6b);5 occorre anche in tipi frasali diversi da quello interrogativo, come in frasi esclamative, ipotetiche, controfattuali e disgiuntive (7a–d).6 (5) a. Quando rive-lo? (Carmignano di Brenta) quando arriva-egli? b. No so mia quando che el riva/*che rive-lo. (Carmignano di Brenta) non so mica quando che egli arriva/arriva-egli (6) a. El magna massa. (Carmignano di Brenta) egli mangia troppo b. *(El) magne-lo massa. (Carmignano di Brenta) (egli) mangia-egli troppo

    –––––––—–– 4 5 6

    In aree in cui l’inversione è già perduta si trovano dei punti singoli in cui si ha inversione solo con ausiliari e modali (situazione che si riscontra per esempio in inglese e nel francese moderno). Gli esempi in (5–6) sono di un dialetto dell’area padovana centrale, area del Veneto in cui l’inversione è ben conservata. I clitici personali vengono glossati con i pronomi soggetto dell’italiano; i clitici invariabili (cf. Poletto 2000) con la sigla generica CL.

    Variazione sincronica e diacronica nella sintassi romanza

    101

    (7) a. Fusse-lo rivà! (Scorzè) fosse-egli arrivato! b. Vinissi-al tio pari, o podaressin là. (Clauzetto) venisse-egli tuo padre, noi potremmo andare c. Quanto belo ze-lo! (Padova) quanto bello è-egli! d. Sedi-al puar o sedi-al sior, no m’impuarte. (Clauzetto) sia-egli povero o sia-egli ricco, non mi importa.

    L’inversione non può essere più considerata come il risultato del movimento del verbo a sinistra del soggetto nelle varietà in cui non si riscontra l’asimmetria tra interrogative principali ed incassate, come si vede in (8), e dove essa è possibile anche in frasi dichiarative (come in 9), e non è quindi ristretta a certi tipi frasali: (8) a. Chi ch a fasi-v? (Forlì) cosa che CL fate-voi? b. I m a chiest chi ch a fasi-v. (Forlì) essi mi hanno chiesto cosa che CL fate-voi (9) A n lisi-v mai di livar. (Forlì) CL non leggete-voi mai dei libri.

    Si può concludere che nelle varietà come quella esemplificata in (8–9) l’inversione non sia prodotta dal movimento del verbo: si può dire che l’enclisi visibile su fasi-v/lisi-v può essere considerata un caso di morfologizzazione stabile dei clitici come flessione. Ma ciò non significa che non ci sia comunque movimento del verbo nell’interrogativa principale, solo che il verbo ha, indipendentemente dal movimento, per alcune persone almeno, un elemento pronominale stabilmente enclitico. Tornando ora brevemente agli esempi (7), ricordiamo l’analisi di Munaro (2005), che formula alcune ipotesi sulla struttura della periferia sinistra della frase alla luce dell’inversione dei clitici soggetto, sviluppando la tipologia proposta da Benincà (1989b) per il friulano. Confrontando dati di varietà venete e friulane, Munaro osserva che la variazione attestata non è casuale, ma si dispone secondo una scala implicazionale: se una varietà ha inversione nel tipo concessivo-disgiuntivo, allora mostra inversione anche, nell’ordine, nelle condizionali, nelle desiderative, nelle esclamative e nelle interrogative. Questo suggerisce che l’inversione nei diversi tipi frasali avvenga in posizioni diverse, gerarchicamente ordinate, nella periferia sinistra. Una varietà che possiede l’inversione nell’intera scala è il friulano centrale analizzato da Benincà (1989b); altri dialetti, come il veneto centrale, si situano a diversi livelli intermedi. Nel corso della raccolta dei questionari della banca dati ASIS abbiamo incontrato un fenomeno interessante riguardante l’inversione verbo-soggetto: nella già citata varietà di veneto centrale parlata a Carmignano, accanto all’inversione canonica nelle interrogative, possiamo trovare il “raddoppio” dei clitici soggetto (10) ed oggetto (11) in posizione proclitica ed enclitica rispetto al verbo: (10) a. I a magne-i, a torta, i putei?/E a magne-e, a torta, e putee? essi la mangiano-essi la torta i bambini?/esse la mangiano-esse la torta le bambine? b. Dove i o ga-i portà, el libro, i tozi? dove essi lo hanno-essi portato, il libro, i ragazzi?

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    (11) a. I o ga-lo fato, el lavoro?/I a ga-la fata, a torta? essi lo hanno-lo fatto, il lavoro?/essi la hanno-la fatta, la torta? b. E compre-e, e scarpe nove, Toni?/I magne-i, i biscoti, a Maria? le compra-le, le scarpe nuove, Antonio?/li mangia-li, i biscotti, la Maria?

    Tale raddoppio dei clitici soggetto in frasi interrogative propaginato anche ai clitici complemento si verifica solo a ben precise condizioni (v. Penello 2007): si può avere il raddoppio solo dei clitici soggetto di 3. pers. pl. e dei clitici oggetto di 3. pers. sg. e pl., e non di altre persone; inoltre, tra il clitico in proclisi e quello in enclisi deve esistere una relazione di identità (nel caso dei clitici soggetto) o di affinità morfologica (nel caso dei clitici oggetto).7 Il raddoppiamento del clitico soggetto, con condizioni diverse che andrebbero approfondite, è attestato anche in varietà provenzali (12a) e in piemontese (12b): (12) a. Sok al à-lo fait? (Rodoretto di Prali) cosa CL ha-egli fatto? b. Cossa ch’al’a-lo fait? (Torino) cosa che CL ha-egli fatto?

    Questi dati sul raddoppio dei clitici in proclisi ed enclisi spingono a formulare ipotesi teoriche per una ricca struttura della periferia sinistra, con proiezioni funzionali di accordo che ospitano le diverse classi di argomenti del verbo. 2.2. La variazione dialettale in diacronia Abbiamo parlato di inversione del clitico soggetto, ma questa descrizione è in molti casi frutto di analisi etimologica e non sembra facilmente ricostruibile come un processo sintattico sincronico, esito di movimento verso sinistra del verbo. I dati illustrati sopra, in particolare quelli del dialetto di Monno, sono estremamente significativi per orientarci a considerare l’inversione del clitico soggetto un fenomeno sintattico e non una coniugazione speciale per le interrogative. L’ipotesi di una coniugazione speciale, quindi di un fenomeno puramente morfologico, deriva dalla non completa corrispondenza fra il repertorio dei clitici soggetto preverbali e gli elementi che vengono aggiunti al verbo nelle interrogative; elementi preverbali e postverbali hanno infatti forma diversa, che non si spiega sistematicamente con il diverso contesto fonologico; inoltre, alcune persone hanno in molti dialetti il clitico in enclisi ma non ne possiedono uno per la proclisi. Tuttavia questo problema non può essere risolto con l’ipotesi di una morfologia interrogativa. La diacronia pone infatti seri dubbi su una soluzione di questo genere; se si trattasse di una coniugazione speciale, si assisterebbe in diacronia a evoluzione fonologica, rianalisi, o perdita completa.8 Ma non è questo che succede: la supposta “coniugazione interrogativa” viene sostituita da altre costruzioni sintattiche, e in –––––––—–– 7

    8

    Facciamo notare inoltre che il fenomeno del raddoppio dei clitici soggetto-oggetto è presente a Carmignano anche negli altri tipi frasali che presentano l’inversione, ovvero le esclamative e le desiderative (v. sopra). Pensiamo ad es. all’opposizione passato prossimo/passato remoto, che si è persa eliminando in genere il passato remoto.

    Variazione sincronica e diacronica nella sintassi romanza

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    molti dialetti sopravvive per i modali e gli ausiliari, che sono riconosciuti come le forme verbali più propense a muoversi verso sinistra (v. sopra nota 4); per gli altri verbi viene sostituita da forme con clitico soggetto in proclisi o dalla frase scissa (cf. 1b), che introduce una struttura di frase dipendente; qui compare un complementatore che occupa la posizione in cui, secondo l’ipotesi sintattica, si muoverebbe il verbo scavalcando il soggetto. Altri dialetti inseriscono semplicemente in questa posizione un complementatore (cf. 1c), che sostituisce il movimento del verbo. La sola osservazione di questi fatti permette di formulare un’analisi che appare ragionevole, anche se rimane oscuro il processo che si verifica fra verbo ed enclitico, un processo che sembra collocarsi in un’area poco conosciuta fra la morfologia e la sintassi. Abbiamo però supposto che quello che osserviamo in sincronia, comparando varietà minimalmente diverse, riproduca come dei fossili gli stadi che sono stati attraversati nel tempo dall’evoluzione dei dialetti; alcuni dialetti quindi rappresentano lo stadio iniziale, o uno stadio prossimo a quello medievale (pensiamo alle varietà ladine, di cui non parleremo), altri si sono fissati in stadi successivi, altri hanno portato molto avanti il mutamento fino a perdere ogni traccia di inversione (come il veneziano, il milanese, il triestino). La ragione di queste differenze in lingue con grammatiche molto vicine è ancora da immaginare; per confortare l’idea che la comparazione sincronica ricostruisca appiattito nel tempo e proiettato nello spazio geografico il mutamento diacronico, mostreremo con alcuni esempi che effettivamente, per quanto è possibile ricostruire dai dati accessibili, le varietà odierne hanno attraversato gli stadi evolutivi che abbiamo ipotizzato sulla base della variazione attuale. 2.3. Stadi diacronici dell’inversione del pronome soggetto L’inversione del pronome soggetto ha contesti più ampi nelle varietà medievali, e la sua natura di processo sintattico è evidente perché il pronome cambia solo la sua posizione e non la sua forma fonologica. Nelle varietà romanze antiche le frasi principali implicavano l’uso dell’intera struttura inclusa la periferia sinistra, e richiedevano un movimento del verbo alla sinistra della posizione del soggetto (con una struttura simile a quella del tedesco, nell’area romanza tuttora preservata nelle aree ladine). La struttura è evidente nelle antiche varietà settentrionali perché il soggetto aveva già uno statuto parziale di pronome obbligatorio: se esso non era spostato nella periferia sinistra marcato come Topic o Focus, poteva apparire immediatamente dopo il verbo con una certa frequenza (in questa configurazione diventa infatti facoltativo). Strutture di questo tipo possono essere esemplificate a partire dai primi testi di una certa ampiezza; sono particolarmente interessanti le trascrizioni dei processi di Lio Mazor, redatti per alcuni anni (1312–14) in una varietà della laguna di Venezia. Prendiamo gli esempi dall’edizione di Ugo Levi (1904), ora consultabile dalla banca dati dell’OVI:9

    –––––––—–– 9

    Se non indicato diversamente, i dati sulle varietà antiche sono ricavati dalla banca dati elettronica dell’Opera del Vocabolario Italiano, consultabile al sito http://www.csovi.fi.cnr.it.

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    (13) a. cosi lo mis-e’ ço (Lio Mazor, p. 17) così lo misi-io giù b. Et così caçè-li en concordio […] (Lio Mazor, p. 22) e così caddero (= si misero)-essi d’accordo c. A·me li deré-vu! (Lio Mazor, p. 16) anzi me li darete-voi!

    Nelle interrogative troviamo le stesse strutture: (14) a. […] et dis a Pero: que vai tu façanto? (Lio Mazor, p. 39) e disse a Pietro: che vai-tu facendo? b. que volè-vu che faça? (Lio Mazor, p. 41) che volete-voi che faccia?

    Il veneziano oggi ha l’inversione solo nelle parlate degli anziani, e solo con verbi ausiliari o modali.10 Da Polo (2007) prendiamo i dati sul veneziano del ’700, quale si ricava dalle commedie di Goldoni, dove l’inversione interrogativa è molto ben conservata. La Polo ha affiancato agli esempi tratti da Goldoni la resa moderna in un veneziano sorvegliato e conservativo, fornitole da Giulio Lepschy, e nel suo stesso veneziano, alquanto innovativo: riteniamo interessante riprodurre questo confronto. (15) a. Cossa gh’ha-la paura? (Goldoni, Sior Todero Brontolon: I.3.36) cosa ha-ella paura b. (De) Cossa ga-la paura? (veneziano di G. Lepschy) c. De cossa ea ga paura? (veneziano moderno) (16) a. cossa pretenderàve-lo? (Sior Todero Brontolon: I.3.63) cosa pretenderebbe-egli b. cossa pretendaresse-lo? (Lepschy) c. cossa el pretendarìa? (ven. mod.) (17) a. cossa ghe darà-li de dota? (Sior Todero Brontolon: I.3.63) cosa le daranno-essi di dote b. cossa ghe darà-li de dote? (Lepschy) c. cossa i ghe darà de dote? (ven. mod.)

    Simile l’evoluzione del piemontese: anche nel piemontese medievale (Parry 1998) il soggetto nominale appare dopo il verbo (ess. 18a-b), mentre un soggetto pronominale, facoltativo, molto spesso non viene lessicalizzato (es. 18c): (18) a. a zo respunt lo saint hom (Sermoni Subalpini, 1200 ca, p. 225) a ciò rispose il santo uomo b. Una fertra fei lo reis Salomon del leignam d’un munt […] (ibid., p. 232) una portantina fece il re Salomone del legname d’un monte c. colle tagl cosse salverai _ e farai _ salver (Statuti Compagnia di S. Giorgio di Chieri, quelle tali cose salverai e farai salvare 1321)

    –––––––—–– 10

    Si trova inoltre anche in qualche intercalare, come cossa vus-tu ‘che vuoi’ (se ha significato letterale perde l’inversione: coss ti vol?).

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    Il pronome soggetto postverbale è più frequentemente lessicalizzato nelle interrogative: (19) a. E tu fi de Maria? (Lamentazione di Torino, 1400) sei tu figlio di Maria? b. Aves tu lum? (Sermoni Subalpini, p. 251) hai tu luce?

    Parry (1997) individua per le strutture interrogative tre tappe evolutive nelle parlate piemontesi; in base ai dati disponibili, il primo stadio mostra sempre l’inversione nell’interrogativa principale, e la presenza del clitico soggetto in enclisi è incompatibile con un clitico soggetto preverbale (20a); nel ’600 compaiono nelle interrogative alcuni isolati casi di doppio clitico soggetto, enclitico e proclitico11 (cfr § 2.1), una struttura che si è diffusa ampiamente in piemontese (20b), e al di fuori di quest’area è attestata solo in friulano occidentale; il terzo stadio, molto diffuso nelle parlate moderne, ha eliminato l’inversione, e il clitico soggetto compare solo in proclisi, in tutte le costruzioni (20c). (20) a. Creis tu zo que dit lo Vangeli? (Sermoni Subalpini, p. 117) credi tu ciò che dice il Vangelo? b. Quant pì a s’podrà-lo fè? (Pipino, 1783: 138) quando più CL si potrà-egli fare? c. Cosa it veule dì? (‘L Cotel, 1869, Luigi Pietracqua) cosa tu vuoi dire?

    La struttura a inversione generalizzata anche qui scompare dunque nel Rinascimento, ma l’inversione sopravvive a lungo nell’interrogativa. Intorno al ’600, come osserva la Parry, si stabilizza una differenza morfologica fra forma enclitica (-lo) e forma proclitica (el). L’inversione interrogativa si sviluppa e si semplificano le forme dei pronomi enclitici (es.: -ne ‘1. pers. sg., 1. pers. pl., 3. pers. pl.’). Questi tratti sopravvivranno fino al XX sec., con una notevole variabilità fra le diverse varietà per quanto riguarda il modo della sparizione. Anche qui, un modo molto diffuso, presente anche in francese, per costruire un’interrogativa senza movimento del verbo consiste nell’inserire la frase interrogativa in una struttura scissa “(wh-)è che Frase” (cf. § 2.1). L’interrogativa diventa allora una frase dipendente e non ha inversione.

    3.

    La negazione frasale nei dialetti dell’Italia Settentrionale e il ciclo di Jespersen

    3.1. La variazione dialettale in sincronia Nei dialetti italiani settentrionali troviamo rappresentate diverse tipologie della negazione, riassumibili in uno schema (21) che riproduce il ciclo individuato da Jespersen (1917) nella diacronia dell’inglese e altre lingue.12 –––––––—–– 11 12

    Il proclitico è una forma neutralizzata. Jespersen ipotizza che dopo lo sviluppo della negazione postverbale, questa diventi l’unica negazione al punto da essere successivamente sottoposta allo stesso processo subito dalla negazione

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    (21) a. varietà con negazione preverbale; b. varietà con due negazioni compresenti, una preverbale, l’altra postverbale; c. varietà con negazione postverbale.

    I dialetti del gruppo a), considerati i più conservativi, hanno un elemento negativo preverbale, generalmente continuazione del latino NON, a volte ridotto a una nasale soltanto:13 (22) a. A ne so chi è che laverà i tondi. (Carrara) ‘Non so chi laverà i piatti.’ b. I’ no sai cui ch’a’ lavarà i plas. (S. Michele al Tagliamento) c. No sai chi c’al lavarà i plas. (Teglio Veneto) d. A n so chi i’ lavarà i piatt. (Cesena) e. A nu so chi laverà i tundi. (Finale Ligure)

    I numerosi dialetti del gruppo c) presentano una sola negazione postverbale, espressa con elementi lessicali molto vari: (23) a. b. c. d. e.

    I su nen ci ca lavrà ai piat. (Biella) A su mia chi lavarà su. (Bagnolo S. Vito, Mantova) So nutta chi ‘l lavarà j piati. (Borgomanero) Al so cà chi ca laverà i piac. (Albosaggia, Sondrio) Su no chi l’è che lavarà i piat. (Milano)

    Infine, troviamo regolarmente attestato lo stadio diacronicamente intermedio, in cui abbiamo sia la negazione preverbale che l’elemento postverbale, che diventerà poi l’unico morfema visibile della negazione:14 (24) a. b. c. d. e. f. g.

    E n’soeu nent chi u lavrà i piatti. (Carcare, Liguria) An so nenta che lavrà i piatti. (Cairo Montenotte) An so brisa chi lavarà i piatt. (Ferrara) An so mia chi lavarà i piat. (Carpi, Modena) No so mia chi lavarà i piati. (Verona) I ne sà nia chi ch’lava jö i taîs. (Corvara) Ne sé nia chi che laverá i taieresc. (Selva di Val Gardena)

    –––––––—––

    13 14

    preverbale. Questa fase finale, che completerebbe il ciclo, non è mai stata osservata, per quanto ne sappiamo; forse la storia delle lingue conosciute e descritte è ancora troppo breve per essere arrivata al completamento del ciclo. Nel quadro dell’interpretazione teorica delineata in Benincà/Poletto (2005) il semi-ciclo è da vedere come l’effetto di una tendenza diacronica molto generale che consiste in ‘riduzione di movimento’; non è affatto chiaro che cosa possa succedere quando il movimento è ridotto a zero, cioè quando l’elemento si trova nella sua posizione di partenza. Studi sulla diacronia delle lingue creole potrebbero essere utili, ma purtroppo queste lingue hanno spesso una vita breve e una storia difficile, assediate come sono in genere da lingue di più ampio rendimento sociale. Le frasi in (22–24) hanno tutte lo stesso significato; la negazione compare in corsivo. Diamo qui solo una sintesi dei dati sulla negazione nei dialetti settentrionali (cf. anche la tesi triennale di Viale 2004); per un’ipotesi teorica sui fattori che portano all’emergere di una struttura complessa come quella presente nei dialetti b)–c) si può vedere Benincà/Poletto (2005). Per la posizione della negazione nella struttura sintattica si veda Zanuttini (1997), che distingue due posizioni per gli elementi negativi pre-verbali e tre posizioni per quelli post-verbali.

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    Si può ipotizzare che i vari elementi postverbali che completano la negazione siano in origine negative polarity items (= elementi a polarità negativa), che compaiono in frase negativa solo quando viene presupposta una valutazione del contenuto proposizionale della frase che viene negata (che l’evento sia atteso, o sorprendente, ecc.). Ne è un esempio l’italiano mica, etimologicamente connesso con varie negazioni postverbali dell’Italia settentrionale (miga, mia, minga, ecc.), su cui è ancora utile lo studio di Cinque (1976).15 Abbiamo voluto approfondire questa ipotesi diacronica esaminando nel dettaglio alcune zone geograficamente e linguisticamente di confine fra un’area di ‘negazione preverbale’ e una di ‘negazione postverbale’, partendo proprio dal lavoro di Cinque sul valore presupposizionale di mica italiano. A conferma dell’ipotesi, Cinque indicava una serie di contesti in cui in italiano standard non è accettabile l’inserzione di mica, come ad esempio la frase relativa restrittiva e la protasi del periodo ipotetico. In questi casi, mica non è ammesso perché richiede una presupposizione che è in conflitto con la presupposizione caratteristica della frase in questione (di ‘realtà’ per la relativa restrittiva, di ‘non realtà’ per il periodo ipotetico). Abbiamo quindi sottoposto un questionario specifico di frasi interessate dall’incompatibilità a diversi parlanti, sia di aree con negazione preverbale, sia di aree di transizione verso la negazione postverbale. Sull’ammissibilità di mica abbiamo riscontrato gli stessi giudizi dell’italiano nell’area veneta di Padova, Venezia e Vicenza città; qui esiste negazione preverbale del tutto simile all’italiano, e un elemento postverbale miga/mia con le stesse restrizioni dell’italiano. In aree di transizione, come quella di Verona verso il lombardo, abbiamo riscontrato invece una variazione minutissima: alcune frasi inaccettabili in italiano lo sono anche nelle varietà di quest’area, altre invece sono giudicate accettabili. Sulla base di alcune frasi chiare come quelle in (25), si potrebbe pensare che qui c’è negazione preverbale (come in veneto e italiano): (25) a. Te se ti che no te vol capir. ‘Sei tu che non vuoi capire.’ b. Chi ha dito ‘na roba compagna, no’l conossea la situassion. ‘Chi ha detto una cosa così, non conosceva la situazione.’ c. No so chi abia parlà co la Maria. ‘Non so chi abbia parlato con Maria.’ d. No so chi sia rivà. ‘Non so chi sia arrivato’.

    Scorrendo altre risposte contenenti negazioni, si osserva non solo che spesso viene inserito un mia che non è in corrispondenza di un mica della domanda da tradurre, ma anche che in –––––––—–– 15

    Similmente, nel dialetto veneto centrale di Carmignano, gli avverbi negativi pì/altro ‘più’, che possono indicare fine di un’azione continuata-abituale o mancata realizzazione di un evento atteso, possono comparire senza elemento negativo pre-verbale in frasi interrogative e anche dichiarative (cf. Penello 2006), ma solamente veicolando il valore presupposizionale aggiunto appena descritto: (i) So pì/altro chi che vien = prima sapevo chi sarebbe venuto e ora non lo so più. Ciò significa che pì/altro non sono ancora negazioni semanticamente inerti come gli elementi negativi post-verbali dei dialetti in (23), ma sono elementi la cui polarità negativa è collegata al valore aspettuale del verbo.

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    alcuni casi il mica sarebbe agrammaticale in quel contesto, sia in italiano che in altre varietà venete come il padovano; così è per gli esempi in (26):16 (26) a. Chi non inviteranno (*mica)? b. Chi elo che no i ‘nvitarà mia? c. Chi ze che no i invitarà (*miga)?

    A Cairo Montenotte, per esempio, ambedue gli elementi negativi sono presenti in tutti i contesti, tranne nel caso in cui ci sia un elemento negativo postverbale come mai, più, nessuno, che fa sparire nen(ta);17 a Carpi l’elemento postverbale manca solo nella frase seguente: (27) Mè n’ so in dua quelchidun al prev truver quel ed mei […] io non so dove qualcuno egli-potrebbe trovare qualcosa di meglio.

    A Ferrara l’elemento postverbale briza manca nell’ipotetica: (28) S’a n piov, gni da nualtar? se CL non piove, venite da noi?

    L’area è quindi promettente, e la ricerca può essere impostata cercando nell’ASIS le frasi marcate con neg (= negazione) e osservando la casistica delle diverse località: quelle che mostrano variazione meritano una ricerca specifica. 3.2. La variazione dialettale in diacronia La diacronia dovrebbe riprodurre nel tempo, all’interno dell’evoluzione di una singola lingua, la stessa variazione che si osserva in sincronia fra varietà minimalmente diverse. La storia della negazione in milanese è stata ricostruita in un bello studio di Vai (1996), basato sulla sua tesi di laurea. L’analisi dei dati sincronici e diacronici fatta da Vai mostra molto chiaramente che il processo evolutivo è indipendente da condizioni di indebolimento fonologico della negazione neolatina non > no > n(e); al contrario, si può piuttosto concludere che l’indebolimento fonologico è un indizio del mutamento sintattico e funzionale. La fase più antica del milanese è rappresentata da Bonvesin da la Riva; la sintassi ha le proprietà indicate brevemente sopra, con verbo secondo; la negazione è davanti al verbo flesso, adiacente al verbo (ed ad eventuali clitici): (29) per quel no t faz eo torto (Bonvesin, De Sathana cum Virgine 76) per quello non ti faccio io torto.

    –––––––—–– 16

    17

    In Viale (2004) e in una breve ricerca di Diego Pescarini (2005) si è analizzata la minuta variazione di quest’area, che sembra corrispondere a una gradazione di forza della presupposizione, corrispondente a un suo indebolimento in diacronia. La presupposizione andrà quindi concepita come un insieme di presupposizioni più definite, con una scala di implicazione. Indizi di situazioni analoghe si trovano nell’area di Ferrara, fra veneto e romagnolo, e fra il ligure e il piemontese. Gli indizi si trovano con una ricerca sistematica nella banca dati ASIS; una ricerca specifica andrà fatta nelle varietà che mostrano variazione, concentrandosi sui diversi contesti sintattici critici. Nessuno ha lo stesso effetto anche se è soggetto preverbale nelle varietà che abbiamo controllato.

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    Talvolta il verbo è accompagnato da miga postverbale: (30) Le oltre flor quel tempo no paren miga illora [...] (Disputiatio rosae cum viola, 90) gli altri fiori in quel tempo non appaiono mica allora.

    La maggior parte dei casi corrispondono a quelli in cui si potrebbe usare mica in italiano moderno o in veneto; si trovano però esempi in cui mica sembra indebolire il valore presupposizionale: (31) a. Qi loda un mat de seno, sì ‘g fai gran desenor, / k’el sa q’el no ‘nd’ à miga, e fi tegnù peçor. (Gherardo Patecchio, Splanamento, 570) Chi loda un matto di senno sì gli fa gran disonore, ché egli sa che egli non ne ha mica e è ritenuto peggiore. b. E fieramentre fi plurad Da tal qe miga no i è en grad […] (Pseudo-Uguccione, Istoria, p. 56) E fortemente fu pianto da tale che mica non è in grado [...].

    Miga in (31a) è contenuto in una dipendente e non sarebbe del tutto naturale in veneto o in italiano; in (31b) è in una relativa restrittiva o definitoria, un caso in cui mica è agrammaticale, come si è detto sopra. In piemontese, dove la parola a polarità negativa oggi è niente, si trovano tracce iniziali di mica con valore di elemento a polarità negativa già apparentemente avviato ad assumere la funzione di elemento negativo postverbale: (32) a. Zo dis que l’om no fo mia engeignà, mas la femena. (Sermoni Subalpini, p. 230) Ciò significa che l’uomo non fu mica ingannato, ma la donna. b. Or dis apres que eu no gardei mia vigna. (Sermoni Subalpini, p. 261) Ora dissi poi che io non guardai mica vigna.

    Anche queste frasi sarebbero agrammaticali o poco naturali nel contesto, se mica avesse il valore presupposizionale che ha in veneto o italiano moderno. Alcuni apparenti segnali del futuro sviluppo di niente come negazione postverbale si hanno in frasi come la seguente, in cui il termine può avere ancora il valore di operatore: (33) […] car il no presiavent nient le peine né li torment que li mal enperaor lor fasean […] (Sermoni Subalpini, p. 259) perché non valutavano niente le pene né i tormenti che i malvagi imperatori facevano loro.

    Mica mostra anche il valore di originario oggetto, sia perché compare come unico oggetto di un verbo obbligatoriamente transitivo (34a), sia perché è ordinato non, come di solito, fra ausiliare e participio, ma dopo il participio (34b): (34) a. ne lor o consentì mia (Sermoni Subalpini, p. 263) non ho loro consentito mica b. […] e cercà amont e aval e non trovè mia, e tornè a son signor e dis que no poea mia trover. (Sermoni Subalpini, p. 251) [...] cercò a monte e a valle e non trovò mica, e tornò dal suo signore e disse che non poté mica trovare.

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    Vai (1996: 65) ha trovato un paio di casi in cui un oggetto negativo niente, nessuno (non anteposto) permette la mancanza della negazione: (35) Tu vi ancora niente [...] (Scripta aurea, 37) Tu vedi ancora niente [...].

    Una ricerca nei testi contenuti nella banca dati dell’OVI non ha invece prodotto alcun esempio, se non i casi in cui l’oggetto negativo è anteposto, come nell’esempio seguente: (36) [...] e gli fè meter in la fornaxa del fogo ardente ma niente el ghe poè noxe’ [...] (Parafrasi pavese del Neminem laedi, p. 166) [...] e li fece mettere nella fornace del fuoco ardente ma niente egli gli potè nuocere [...].

    Nei Sermoni è presente anche miga, mia, mie, con valore di completamento della negazione che niente non ha ancora; in casi come il seguente, l’elemento è chiaramente solo funzionale alla pragmatica della negazione: (37)

    [...] el no dis mia: Ser, marcì!, mas respondè: Domine, audivi vocem tuam [...] (Sermoni Subalpini, p. 278) [...] egli non disse mica: Signore, pietà, ma rispose: Domine, audivi vocem tuam [...].

    La situazione del milanese per quanto riguarda lo sviluppo della negazione solo postverbale si evolve molto lentamente, fino ad arrivare al ’700, quando appaiono i primi casi chiari di mancanza di negazione preverbale, in particolare nella lingua di Carlo Porta.

    4.

    Conclusioni

    In questo lavoro abbiamo cercato di mostrare, limitando la nostra discussione alla sintassi delle strutture interrogative e negative nei dialetti dell’Italia Settentrionale, come lo studio della variazione sincronica e di quella diacronica possano interagire e illuminarsi reciprocamente: infatti abbiamo visto che le diverse tipologie che troviamo realizzate nella variazione attuale corrispondono agli stadi evolutivi che riusciamo a rintracciare in lingue e dialetti con ricca documentazione. E più minuta e raffinata è la variazione sincronica che si analizza, grazie alla comparazione di varietà minimalmente diverse (vedi il caso della variazione di mica nel veronese discusso al § 3.1), più accurate sono le ipotesi sul mutamento diacronico che possiamo formulare ed eventualmente verificare nel materiale disponibile. Se l’esame della variazione diacronica è necessariamente limitato dalla dimensione della documentazione a disposizione, la raccolta di dati sulla sincronia è invece una miniera inesauribile; se uno strumento di ricerca quale l’ASIS può fornire dati su fenomeni noti o nuovi, ci sono soprattutto i parlanti ‘vivi’, che possono darci anche valutazioni e giudizi di grammaticalità. Speriamo che la scarna esemplificazione e i brevi commenti di analisi che abbiamo presentato possano dare un’idea della ricchezza di dati che i dialetti italiani possono fornire per contribuire a vedere i fenomeni in tutta la loro complessità ma anche nella loro chiara organizzazione. Forse questo aspetto, che probabilmente non abbiamo potuto illustrare a dovere,

    Variazione sincronica e diacronica nella sintassi romanza

    111

    è quello che può essere più convincente: al di sotto di un apparente caos di variazione minuta, l’analisi fonologica diacronica, la sistematicità morfologica che a volte conserva a volte innova, lo schema delle strutture sintattiche, arrivano spesso a far intravedere, o a illuminare pienamente, un preciso disegno di ragione grammaticale: le varianti si distribuiscono nello spazio e testimoniano l’evoluzione diacronica bloccata a vari stadi. L’enclisi dei pronomi soggetto, che la fonologia a volte ha ridotto a flessione difficilmente analizzabile, continua tuttavia ad avere il suo valore sintattico; quando il movimento del verbo esaurisce la sua forza e riporta i pronomi in proclisi, mostra che la relazione – apparentemente non più ricostruibile – fra pronomi enclitici e pronomi proclitici si era mantenuta come processo morfosintattico fino all’ultimo nella costruzione con inversione. La negazione, col gran numero di elementi postverbali con valore di negazione, riproduce, distribuito nello spazio geografico, l’insieme degli stadi di un processo diacronico di sintassi, che forse potrà proseguire in sviluppi futuri che non sappiamo ancora prevedere.

    Bibliografia Gli esempi da testi antichi, dove non sono ricavati dai lavori a cui si fa riferimento nel testo, sono tratti dalla banca dati dell’OVI, Opera del Vocabolario Italiano (Firenze/Chicago) http:// www.lib.uchicago.edu/. Le edizioni dei testi sono quelle prescelte dai curatori per la costituzione del corpus. Benincà, Paola (1989a): “Note introduttive a un atlante sintattico.” – In: Gianluigi Borgato, Alberto Zamboni (edd.): Dialettologia e varia linguistica per Manlio Cortelazzo, 11–17. Padova: Unipress. — (1989b): “Friaulisch: Interne Sprachgeschichte I. Grammatik.” – In: Günter Holtus, Michael Metzeltin, Christian Schmitt (edd.): Lexikon der Romanistischen Linguistik, vol. 3: Die einzelnen romanischen Sprachen und Sprachgebiete von der Renaissance bis zur Gegenwart, Rumänisch, Dalmatisch/Istroromanisch, Friaulisch, Ladinisch, Bündnerromanisch, 563–585. Tübingen: Niemeyer. — (1992): “Geolinguistica e sintassi.” – In: Giovanni Ruffino (ed.): Atlanti linguistici italiani e romanzi, 29–41. Palermo: CSFLS. Benincà, Paola/Poletto, Cecilia (1991): “Il modello generativo e la dialettologia: un’indagine sintattica.” – In: Rivista Italiana di Dialettologia 15, 77–97. — (1997): “Introduzione.” – In: Paola Benincà, Cecilia Poletto (edd.): Quaderni di Lavoro dell’ASIS 1, 5–12 (http://asis-cnr.unipd.it/ ql.it.html). — (2004): “A Case of do-Support in Romance.” – In: Natural Language and Linguistic Theory 22, 51–94. — (2005): “On Some Descriptive Generalizations in Romance.”– In: Guglielmo Cinque, Richard Kayne (edd.): The Oxford Handbook of Comparative Syntax, 221–258. Oxford/New York: Oxford University Press. Cinque, Guglielmo (1976): “Mica.” – In: Annali della Facoltà di Lettere e Filosofia dell’Università di Padova 1, 101–112 [Rist. in: Guglielmo Cinque (1991): Teoria linguistica e sintassi italiana, 311–323. Bologna: Il Mulino]. Jespersen, Otto (1917): Negation in English and Other Languages. – Copenhagen: Host. Levi, Ugo (1904): I monumenti del dialetto di Lio Mazor. – Venezia: Visentini.

    112

    Paola Benincà, Nicoletta Penello

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    Davide Ricca

    Tratti instabili nella sintassi del piemontese contemporaneo: tra italianizzazione e arcaismi locali*

    1.

    Introduzione

    Nel dibattito sociolinguistico e dialettologico sullo status dei dialetti nell’Italia contemporanea (cf. tra gli altri Sanga 1985, Grassi 1993, Radtke 1995, Sobrero 1997, Berruto 1997, 2005, 2006) un posto rilevante è solitamente occupato dall’idea che le varietà dialettali odierne si stiano profondamente modificando nella direzione di un processo di convergenza verso l’italiano. Il tema dell’italianizzazione dei dialetti tende poi ad essere esemplificato soprattutto con il lessico e con la fonetica (vedi ad esempio Sobrero 1997: 415–418). Per quanto riguarda i due livelli della morfologia e della sintassi, non si esclude che possano anch’essi essere soggetti a fenomeni di italianizzazione, ma raramente si tenta di definirne e precisarne la portata. È probabile che le situazioni reali siano molto variabili da regione a regione, sia per la diversa vitalità delle varietà dialettali, sia per i loro diversi gradi di distanza strutturale dall’italiano. Da questo punto di vista, si può affermare che le caratteristiche del rapporto tra italiano e dialetto in Piemonte si avvicinano a valori estremi rispetto a tre parametri. Coesistono infatti: una distanza strutturale dei due codici particolarmente elevata; una vitalità del dialetto oggi tra le più basse, per lo meno nel contesto urbano; e un repertorio assai articolato all’interno del codice dialetto, che include una varietà urbana torinese con un discreto grado di elaborazione o Ausbau (nel senso di Kloss 1987), che gode di una tradizione scritta di una certa ampiezza (testimoniata non solo negli ambiti “classici” della poesia e del teatro, ma – a fine Ottocento – anche in romanzi popolari e perfino in giornali di discreta diffusione1) ed è in possesso di una ortografia standardizzata.2 –––––––—–– ∗

    1

    2

    Il presente contributo trae impulso dalle ricerche condotte nel quadro del progetto di ricerca PRIN 2002–2003 su »Lingua nazionale e dialetto in Italia all’inizio del Terzo Millennio«, coordinatore nazionale Gaetano Berruto. Ringrazio Massimo Bonato per avermi messo a disposizione le trascrizioni delle interviste utilizzate in Bonato (2004a, 2004b). Il più importante periodico in piemontese,’l Birichin, uscì dal 1886 al 1926 e raggiunse tirature di 12.000 copie (Clivio 2002: 359). Per un profilo degli autori di romanzi d’appendice in piemontese cf. Clivio (2002: 362–375). Di questa ortografia si farà uso nel seguito, per ragioni pratiche, anche nella citazione di esempi da fonti orali. I tratti più salienti non coincidenti con l’italiano sono: per le vocali, o vale [u] (spesso [U]), mentre ò vale [ç] (solo tonico in piemontese); u vale [y], eu vale [ø] ed ë vale [´] (che è un fonema distinto e può essere anche tonico). Per quanto riguarda le consonanti, si ricorda innanzitutto che non c’è contrasto di lunghezza in piemontese; n- vale [N] tra vocali (che è fonema distinto da [n], scritto n), mentre in fine di parola n vale [N] e nn vale [n]; le affricate [tS] e [dZ] in fine di parola sono rese con cc, gg; infine, la grafia segnala il contrasto tra /s/ e /z/ in ogni posizione, anche se in modo un po’ tortuoso: all’inizio di parola seguito da vocale e dopo consonante, /s/ è nota-

    114

    Davide Ricca

    Nel seguito ci si occuperà unicamente di questa varietà torinese, base della koiné regionale, includendo anche le varietà molto affini parlate in varie parti del Piemonte come risultato dell’espansione – in tempi passati – della varietà di prestigio torinese. L’intenzione è di verificare, sia pure su una base empirica limitata, se la pressione dell’italiano, ormai da tempo largamente dominante in tutti i tipi di interazione anche familiare, abbia conseguenze sostanziali anche sulla sintassi, che possiamo individuare come il nucleo centrale del sistema linguistico dialettale, accanto alla morfologia (specie flessiva).3 Si farà riferimento sia a produzioni scritte che (almeno nelle intenzioni) dovrebbero riflettere fedelmente la koiné, che a documentazioni orali sostanzialmente orientate verso di essa. Per quanto riguarda i testi scritti, tra le molte opzioni possibili si sono scelti 6 numeri, usciti tra il 2004 e il 2005, di una rivista bimestrale in piemontese da poco apparsa, É! Afermativ. Piemontèis (il primo numero è del maggio–giugno 2004), perché afferma programmaticamente di volersi occupare in piemontese di temi tradizionalmente non dialettali, dalla politica estera allo sport,4 e quindi si muove su di un terreno particolarmente esposto al contatto linguistico. Si tratta inoltre di materiale disponibile in rete (al sito http://www.eopinion.info, ultima consultazione il 31/7/06), il che semplifica le ricerche quantitative. Naturalmente, l’estensione del corpus non è tale da garantire risultati statisticamente affidabili, ma nemmeno così esigua (per i fenomeni più diffusi) da rendere i dati quantitativi del tutto irrilevanti. I materiali orali consistono in una serie di interviste, compiute e trascritte da Massimo Bonato (Bonato 2004a), a 9 parlanti – per un totale di una decina di ore di conversazione – provenienti da diverse parti del Piemonte, ma fondamentalmente aderenti alla koiné, anche se con tratti locali. Alcuni di essi (per un profilo individuale di ciascuno si veda Bonato 2004b: 193) sono direttamente impegnati a vario titolo come piemontesisti, ma naturalmente la loro produzione orale non coincide completamente con la normatività della varietà scritta che essi stessi propugnano. Un ovvio presupposto perché si possa verificare l’eventuale presenza di fenomeni di italianizzazione in sintassi è che il sottosistema dialettale considerato muova da un punto di partenza sufficientemente distante da poter valutare le evoluzioni in atto in termini di convergenza. Nel caso del piemontese, come detto, la distanza strutturale tra i due codici è ampiamente sufficiente a garantire un buon numero di tratti divergenti. Nei prossimi paragrafi si passeranno in rassegna – nei limiti di spazio concessi in questa sede – alcuni tra i più importanti di questi tratti. Si discuteranno i casi in cui le due fonti di piemontese contemporaneo menzionate sopra mostrano un comportamento deviante da quello del torinese tradizionale (e dalla koiné normativa su di esso basata), sollevando qualche riserva metodologica sul fatto che la presenza in tali fonti di costruzioni parallele all’italiano sia automaticamente da considerare come conseguenza esclusiva del contatto linguistico. –––––––—––

    3 4

    to con s, e /z/ con z; invece tra vocali e in fine di parola il grafema s corrisponde a /z/, e /s/ si nota con ss. Per l’impatto dell’italiano sui diversi livelli della morfologia del torinese, cf. Ricca (2006). Nell’editoriale del primo numero, citato in dettaglio in Ricca (2006: 131 nota 4), si sottolinea infatti come proprio la capacità di uscire dai temi tradizionali sia il presupposto necessario perché il piemontese sia “lingua” a tutti gli effetti. Occorre peraltro aggiungere che proprio al momento della redazione di questo articolo la rivista ha interrotto – per lo meno temporaneamente – le pubblicazioni, con il numero 14 di luglio–agosto 2006.

    115

    Tratti instabili nella sintassi del piemontese contemporaneo

    2.

    Sintassi dei clitici

    Forse il massimo grado di divergenza nel comportamento sintattico tra italiano e dialetti italoromanzi settentrionali si ritrova nella sintassi dei clitici, uno dei terreni più esplorati dalla ricerca dialettologica e teorica recente: cf. almeno Renzi/Vanelli (1983 [1998]), Parry (1993, 1998), Poletto (2000), Goria (2004) per i clitici soggetto, e Parry (1995) per i clitici complemento; da ultimo l’amplissima raccolta di materiali in Manzini/Savoia (2005). La lista in tabella 1 ricapitola le principali divergenze che in quest’ambito il torinese presenta con l’italiano, con riferimento sia ai clitici soggetto che a quelli complemento. Per i clitici soggetto la seconda colonna della tabella 1 va letta in senso per così dire massimalista, in quanto segnala le divergenze come risultano dalla koiné normativa rappresentata da descrizioni quali Brero/Bertodatti (1988) e Villata (1997). Nelle altre due colonne sono riportati i dati ricavati dalle due fonti prese in considerazione in questo articolo. Fenomeno sintattico 1) presenza di clit. sogg. di 2. pers. sg. doman it ven-e? ‘domani vieni?’ 2) presenza di clit. sogg. di 3. pers. sg. ancheuj a ven ‘oggi viene’ 3) presenza di clit. sogg. di 1. pers. sg. doman i ven-o ‘domani vengo’ 4) clit. dativo obbligatorio con SP espresso i l’hai telefonaje a Gioann ‘ho telefonato a Giovanni’ 5) obbligatorietà del clit. locativo con verbi inaccusativi con sogg. postverbale a l’è rivaje Maria ‘è arrivata Maria’ 6) raddoppio del clit. s impersonale con i verbi modali + inf. as peul fesse ’dcò parèj ‘si può fare anche così’ 7) posposizione dei clit. complemento con i tempi composti del verbo a l’ha parlame/*a m’ha parlà ‘mi ha parlato’ 8) possibilità di risalita del clitico con verbi modali finiti + infinito a veul parleme/*a m veul parlé ‘vuole parlarmi/mi vuole parlare‘

    forma tradizionale del torinese, divergente dall’italiano

    Forme nei dati del corpus scritto orale

    +

    +

    +/(-)

    +

    +

    +/-

    +

    +/(-)

    -/(+)

    +

    -/+

    +

    +

    -/+

    +/(-)

    +

    -/+

    +

    +

    +

    +

    -

    -

    -

    Tab. 1 – Sintassi dei clitici: piemontese e italiano a confronto.

    Dalla tabella 1 emerge che i soli tratti stabili nell’ambito della sintassi dei clitici riguardano la posposizione obbligatoria dei clitici complemento in presenza di forme non finite del complesso verbale: con i tempi composti del verbo (al ha parlame, punto 7) e con le co-

    116

    Davide Ricca

    struzioni verbo modale + infinito (a veul parleme, punto 8). In questi due casi non ci sono deviazioni né nei dati orali né in quelli scritti; né probabilmente ce le aspetteremmo, specialmente per il primo di questi, che è uno dei tratti “bandiera” della sintassi piemontese, essendo in pratica un unicum nell’ambito romanzo.5 Si noti, peraltro, che anche in torinese entrambi i tratti in questione si sono definitivamente affermati, dopo una lunga coesistenza con il tipo “italiano”, soltanto a fine Ottocento,6 e l’irradiazione del tipo al ha parlame, presumibilmente a partire dalla capitale, non ha raggiunto l’intera regione (si vedano i punti canavesani dell’AIS, per esempio alla carta IV 834 me li ha venduti). 2.1. Clitici soggetto Passando ai tratti che mostrano variabilità, si riscontrano due comportamenti molto diversi a seconda che si abbia a che fare con i clitici soggetto o con quelli complemento. Per quanto riguarda i primi (illustrati ai punti 1, 2, 3 di tabella 1), la loro presenza obbligatoria rappresenta un tratto bandiera della koiné normativa almeno quanto il punto 7 citato sopra.7 I giudizi dei linguisti, che siano parlanti nativi o attingano ad informanti, sono però ben diversi: per il torinese, al più si considerano obbligatori solo i clitici di 2. sg., 3. sg. e 3. pl., ma non gli altri tre (Berruto 1990: 19); o si ammette anche una possibilità più limitata di assenza dei clitici di terza persona, specie in contesti favorevoli, come alcuni verbi impersonali quali (a) venta o (a) toca ‘bisogna’.8 La prescrizione normativa di obbligatorietà dei clitici soggetto si riflette nei dati della rivista É!, dove i clitici sono sostanzialmente sempre presenti in tutte le persone. Un controllo sistematico fatto per una delle persone più deboli, la prima plurale, ha dato come risultato –––––––—–– 5

    6

    7

    8

    Lo stesso fenomeno si ritrova infatti a quanto pare solo in numerose varietà della Val d’Aosta, con diffusione diversa a seconda delle persone (Loporcaro 1997: 22; Chenal 1986: 358), dove è con ogni probabilità un calco sul piemontese sviluppatosi a partire da metà Ottocento. Un fenomeno analogo, ma limitato al solo clitico -o, esiste in rumeno (Loporcaro 1997: 25 nota 20). Sulla compresenza dei tipi am ha dit e al ha dime (e del tipo intermedio am ha dime con raddoppiamento del clitico) nei testi torinesi dal Sei- all’Ottocento, cf. Loporcaro (1997: 20–22) e l’ampia mole di dati in Tuttle (1992). Per completezza, va inoltre segnalato che, come nota Parry (1995: 136), i clitici complemento non possono mai essere posposti al participio passato nelle costruzioni passive (am va/ven pagà vs. *a va/ven pagame ‘mi va/viene pagato’), peraltro decisamente rare e innaturali in piemontese per lo meno con i clitici. Si vedano le affermazioni di Brero/Bertodatti (1988: 72): “Ripetiamo che, mentre si possono omettere i pronomi mi, ti, chiel etc., non si tralascieranno [sic] mai i suddetti pronomi personali verbali [...]”; e di Villata (1997: 117): “In genere si è soliti esprimere solo il pronome verbale e sottintendere quello personale. Va anche detto che il pronome verbale deve essere espresso anche se vi è già un nome che funge da soggetto”. Si veda ad esempio la valutazione recente – e condivisibile – di Goria (2004: 55–59): “The use of Piedmontese SCL [= Subject Clitics] is subject to a high degree of free variation, especially in non-literary Piedmontese. [...] Nonetheless, optionality may discriminate between the persons of the paradigm [...]. To summarise, the optionality pattern illustrated in this section is captured in the following Frequency of Omission Scale: 2sg < 3sg, 3pl < 1sg, 1pl, 2pl”. La stessa gerarchia di omissibilità, diversamente motivata, emerge anche dalla proposta descrittiva di Regis (2006).

    117

    Tratti instabili nella sintassi del piemontese contemporaneo

    solo due occorrenze di cancellazione. Se ne riporta una qui sotto (nel seguito gli esempi dal corpus scritto saranno citati con il numero e la pagina della rivista): (1) Quand ël Sìndich Albertini a-j renderà la visita a Roma, Veltroni a lo saluterà an milanèis? Ø Staroma a vëdde. (7: 16) ‘Quando il sindaco Albertini gli renderà la visita a Roma, Veltroni lo saluterà in milanese? Staremo a vedere.’

    Del tutto opposto il quadro che emerge dai dati delle interviste orali di Bonato (2004a). In tabella 2 si dà il quadro riassuntivo delle percentuali di omissione dei clitici soggetto distinti per persone, senza scorporare le sedi delle interviste (le cifre per la seconda persona plurale sono riportate tra parentesi perché troppo esigue). Persona 2. sg. 3. sg. 3. pl. 1. pl. 1. sg. (2. pl.)

    Totale dei contesti 372 2751 884 371 680 (9)

    N° di omissioni del clitico 91 1145 362 323 605 (9)

    % di omissioni 24,5 41,6 40,9 87,1 89 (100)

    Tab. 2 – Omissione dei clitici soggetto nell’oralità (da Bonato 2004a: 67).

    Come si vede, tutti i clitici soggetto appaiono omissibili. Nello stesso tempo, però, la diversa frequenza delle omissioni individua una distinzione netta fra tre livelli gerarchicamente ordinati in termini di omissibilità crescente, e cioè 2. pers. sg. > 3. pers. sg./pl. > 1. pers. sg./pl., 2. pers. pl. (esattamente la gerarchia data in Goria 2004). È inoltre significativo che non solo la variabilità rimanga ordinabile, ma anche che i tre gradi individuati delineino la medesima gerarchia che su un piano interlinguistico può configurarsi in termini di relazioni implicazionali di presenza nel paradigma delle rispettive forme (relazioni implicazionali già rilevate nel campione di dialetti esaminato da Renzi/Vanelli 1983 [1998: 31]).9 In (2–3) si danno esempi dalle interviste di Bonato (2004a) per le terze persone: (2) a l’ha dime – Ø sarà da cambié ’l fil dla frission (Collegno (TO)) ‘mi ha detto – sarà da cambiare il filo della frizione’ (3) eh no, lor Ø travajo, ij cit a son a scòla (Torino) ‘eh no, loro lavorano, i bambini sono a scuola’.

    Scorporando i dati a seconda delle interviste, le frequenze delle omissioni mutano in modo sostanziale, ma non così il loro ordinamento. Gli estremi della variazione (sia pure all’interno, come si è detto, di varietà sostanzialmente di koiné) si ritrovano nei parlanti cittadini da un lato e in quello di Spinetta (CN) dall’altro, come si vede dal confronto di tabella 3 (maggiori dettagli in Bonato 2004a). Anche se il numero delle interviste non consente generalizzazioni più che tentative, i dati suggeriscono un andamento di variazione –––––––—–– 9

    Le più ampie indagini successive (cf. Poletto 2000: 11–40, Manzini/Savoia 2005 I: 118) hanno indebolito, individuando rare eccezioni, la gerarchia implicazionale proposta in Renzi/Vanelli (1983), che mantiene però a mio avviso la sua validità come forte tendenza.

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    Davide Ricca

    diatopica, con i parlanti più conservatori nel mantenimento dei clitici soggetto collocati nel Torinese, cioè nel centro di irradiazione della koiné. Persona

    Torino (complesso dei due parlanti) Totale contesti

    2. sg. 3. sg. 3. pl. 1. pl. 1. sg. (2. pl.)

    41 366 91 58 89 (4)

    N° omissioni del clitico 2 74 24 52 81 (4)

    Spinetta (CN)

    %

    Totale contesti

    4,9 20,2 26,4 89,7 91,0 (100)

    143 702 187 58 136 (4)

    N° omissioni del clitico 70 477 126 55 129 (4)

    % 49,0 67,9 67,4 94,8 94,9 (100)

    Tab. 3 – Omissione dei clitici soggetto: estremi della variabilità diatopica (da Bonato 2004a: 65, con adattamenti).

    Come si vedeva già dalla tabella 2, le persone “deboli” presentano nell’uso reale un impiego davvero limitatissimo dei clitici, ugualmente marginale in tutte le interviste. La possibile diversità diatopica si esplica invece a livello delle forme che le descrizioni di diversi linguisti indurrebbero a giudicare obbligatorie. Si noti però che anche il quadro del torinese urbano, accanto alla sostanziale obbligatorietà del pronome di seconda singolare (conformemente al giudizio di chi scrive), segnala una non irrilevante cancellabilità delle terze persone, non limitata a contesti particolari come i verbi impersonali. Per la varietà cuneese esaminata, poi, anche la forma più favorita, la seconda singolare, appare lontanissima dall’obbligatorietà, come si vede ad esempio dall’alternanza in (4): (4) però se ti Ø organisi na ròba, e peui ’t pianti sti cine lì, che figura Ø fas? (Spinetta (CN)) ‘però se organizzi una cosa, e poi fai queste scene, che figura fai?’

    Si noti che il parlante di Spinetta è un piemontesista, è vissuto a lungo a Torino e nei suoi scritti nella koiné utilizzerebbe sempre i clitici, ma di fatto li utilizza assai variabilmente nel parlato, ed è consapevole del fatto che nella varietà del suo paese nativo sono tutt’altro che obbligatori.10 Naturalmente, l’assenza dei clitici è un comportamento condiviso dall’italiano. Si pone quindi la questione se i dati visti fin qui debbano essere interpretati in termini di contatto linguistico: la sensibile riduzione nella presenza dei clitici soggetto, non solo rispetto al quadro normativo (in questo caso largamente artificioso), ma anche rispetto alle descrizioni dominanti che tenderebbero a indicare tre gradi obbligatori e tre opzionali, va considerata come un segnale di italianizzazione in corso di questo segmento della sintassi del piemontese? Si ritornerà su questo punto dopo aver esemplificato alcuni altri fatti di variabilità. –––––––—–– 10

    Nell’intervista di Bonato (2004a: 66) si registra infatti il seguente commento metalinguistico: “anvece ’mbelessì a l’é ’ncamin ch’as perd, për esempi Giaco ven a mangé, e ’nvece Giaco a ven a mangé [...] përchè a l’é ’n boro gròss nen butelo col pronòm përsonal verbal” (‘invece qui sta perdendosi, per esempio Giaco ven a mangé, e invece [bisognerebbe dire] Giaco a ven a mangé, [...] perché è un errore grosso non metterlo quel pronome personale verbale’).

    Tratti instabili nella sintassi del piemontese contemporaneo

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    2.2. Clitici complemento I tratti elencati ai punti 4, 5, 6 di tabella 1, che riguardano i clitici complemento, presentano come si è detto una variabilità di ordine diverso, poiché sembra concentrarsi soprattutto sulle fonti scritte. A differenza del caso dei clitici soggetto, non si tratta di fatti appariscenti a livello normativo, anche se Villata (1997: 129) menziona il punto 4 in termini di preferenza stilistica. Forse per questo motivo i materiali scritti esaminati presentano l’alternanza tra i due tipi. Gli esempi (5a–b) e (6a–b) illustrano la presenza e assenza del clitico dativo con SP espresso, rispettivamente con terzo argomento animato e non animato: (5) a. deje l’ilusion a coj pòch che a son pì sensìbij (1: 4) ‘dare (lett. ‘dargli’) l’illusione a quei pochi che sono più sensibili’ b. Ël suissidi dl’aversari global sovietich a l’ha dait ai cit grop ch’a contròlo la politica nassional la convinsion che […] (1: 7) ‘Il suicidio dell’avversario globale sovietico ha dato ai piccoli gruppi che controllano la politica nazionale la convinzione che […]’ (6) a. L’emendament ch’a-j dà arconossiment ai patrimòni lenghìstich e stòrich ëd minca Region [...] (1: 4) ‘L’emendamento che dà (lett. ‘gli dà’) riconoscimento ai patrimoni linguistici e storici di ciascuna regione [...]’ b. La Catalògna a l’ha dait l’andi al sistema federal e democràtich [...] (2: 10) ‘La Catalogna ha dato l’impulso al sistema federale e democratico [...]’.

    Analogamente, nel caso del clitico locativo con verbi inaccusativi in presenza di un soggetto postverbale, i dati della rivista presentano sia il tipo genuinamente dialettale (7a), dove il verbo rimane al singolare e non si accorda col soggetto plurale posposto, sia il tipo (7b) coincidente con l’italiano, cioè senza clitico e con accordo plurale: (7) a. Da lì a un pòch a-i rivava j’agnolòt […] (6: 18) ‘Di lì a poco arrivavano (lett. ‘ci arrivava’) gli agnolotti [...]’ b. Ma lòn che a sagrin-a ëd pì j’organisador a l’é che a manco ancora jë spònsor […] (6: 8) ‘Ma quel che preoccupa di più gli organizzatori è che mancano ancora gli sponsor [...]’.

    Il terzo caso – quello del raddoppio del clitico s, quando ha valore di impersonale, con i verbi modali seguiti dall’infinito – è interessante perché in diacronia rappresenta l’ultimo residuo nel torinese contemporaneo di quei fenomeni di raddoppio del clitico che, come già accennato alla nota 6, erano largamente diffusi nell’Ottocento. In quest’unico caso, il raddoppiamento non solo è sopravvissuto, ma ha acquisito una sua precisa e distintiva funzione grammaticale, perché permette di opporre l’impersonale as peul lavesse ‘si può lavare (qualcosa)’ al riflessivo a peul lavesse ‘lui può lavarsi’ (cf. Parry 1995: 146–148). Qui i dati della rivista sono numericamente sufficienti per un confronto quantitativo dei due tipi, che mostra una prevalenza dei casi “italianeggianti”, cioè senza raddoppio: 29 su 36, pari all’80,5%. Le due opzioni sono illustrate con verbi transitivi in (8a–b), e con verbi intransitivi in (8c–d). (8) a. As peul fesse polissìa daspërtut […] (6: 10) ‘Si può fare (lett. ‘farsi’) pulizia dappertutto [...]’ b. Coma as peul capì un paradòss parèj? (7: 9) ‘Come si può capire un paradosso così?’

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    Davide Ricca c. As peul peui parlesse ëd na sòrt d’agiografia al contrari […] (6: 13) ‘Si può poi parlare (lett. ‘parlarsi’) di una sorta d’agiografia al contrario [...]’ d. As podrà gnanca pi andé a scòla […] (1: 5) ‘Non si potrà neanche più andare a scuola [...]’.

    I dati orali a disposizione non sono così numerosi da valutare con sicurezza in che misura la variabilità sopra esemplificata sia presente nell’oralità. Nelle interviste di Bonato (2004a), comunque, gli esempi di verbi trivalenti e quelli di espressioni impersonali del tipo ‘si può fare’ seguono tutti il modello sintattico genuinamente dialettale, anche se il numero di esempi non è probante. Un esempio per ciascun tipo è dato in (9): (9) a. però chila l’avìa promëttuje a col ch’a s’anteressava, ’d preparé da mangé për tuta sta gent (Torino) ‘però lei aveva (lett. ‘gli aveva’) promesso a quello che se ne interessava, di preparare da mangiare per tutta questa gente’ b. ’s peul nen amparesse ’l piemontèis a vint ani (Ivrea (TO)) ‘non si può imparare (lett. ‘impararsi’) il piemontese a vent’anni’.

    Per il caso del clitico locativo entrambe le strategie, quella divergente e quella parallela all’italiano, sono attestate, sia pur con prevalenza della prima. Si confrontino (10a) e (10b), con lo stesso verbo inaccusativo rivé ‘arrivare’: (10) a. combinassion l’é rivaje na madamin ch’a vorìa quaicòsa da Mariuccia (Torino) ‘per coincidenza è (lett. ‘ci è’) arrivata una signora che voleva qualcosa da Mariuccia’ b. ’m ricòrdo pì nen sto paìs su, ’nsoma son rivàØ ij tedesch, l’era tut bandonà (Spinetta (CN)) ‘non mi ricordo più questo paese in alto, insomma sono arrivati i tedeschi, era tutto abbandonato’.

    Per concludere, la sintassi dei clitici nella koiné contemporanea mostra tendenze dinamiche descrivibili in termini di avvicinamento ai modelli italiani. Ma i meccanismi appaiono molto diversi da un fenomeno all’altro. In particolare, la koiné scritta (per lo meno nella versione “giornalistica” qui presa in esame), che da un lato per affinità tematiche e di registro potrebbe ritenersi particolarmente esposta all’italianizzazione, ma dall’altro lato è evidentemente sensibile a norme puristiche di tipo identitario che puntano a massimizzare la divergenza dall’italiano, si mostra per così dire “schizofrenica”, rifiutando in blocco l’indebolimento dei clitici soggetto macroscopicamente presente nell’oralità, ma rivelandosi alquanto permeabile ai modelli sintattici convergenti con l’italiano nel dominio dei clitici complemento, settore in cui i dati orali sembrano invece mostrare più resistenza.

    3.

    Sintassi del SN

    Nell’ambito della sintassi del SN, si può forse dire che due tratti bandiera individuati dalla tradizione normativa riguardano: a) la compatibilità dell’articolo determinativo (e ovviamente delle relative preposizioni articolate) con il possessivo; b) la forma dell’articolo partitivo e corrispondentemente del plurale dell’articolo indeterminativo.

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    Tratti instabili nella sintassi del piemontese contemporaneo

    3.1. Possessivo e articolo determinativo Il tipo normativo prevede una distribuzione complementare alquanto complessa tra le forme con e senza articolo in presenza del possessivo. Come descritto in tabella 4, l’articolo è dato come obbligatorio per il maschile plurale ed escluso negli altri casi. Ciò vale per i possessivi delle tre persone del singolare e della terza plurale. Per quelli di prima e seconda plurale, non c’è accordo nemmeno a livello di descrizione normativa, perché Brero/Bertodatti (1988: 58) li trattano come gli altri, mentre Villata (1997: 90–91) afferma che in questi casi (gli unici, si noti, in cui la forma del possessivo maschile plurale è diversa da quella del singolare), la forma normale è ovunque senza articolo.

    sg. pl.

    1./2./3. pers. sg., 3. pers. pl. m. f. mè/tò/sò liber mia/tua/soa camisa mè/tò/sò caval ij mè/tò/sò liber mie/tue/soe camise ij mè/tò/sò cavaj

    1./2. pers. pl. m. nòst/vòst liber

    f. nòst(r)a/vòst(r)a camisa

    ij nòstri/vòstri liber (Brero/Bertodatti 1988) nòsti/vòsti liber (Villata 1997)

    nòst(r)e/vòst(r)e camise

    Tab. 4 – Articolo e possessivo in torinese (sistema normativo).

    Almeno nel caso quantitativamente di gran lunga più frequente del singolare e della terza plurale, si tratta di un comportamento evidentemente distinto sia dall’italiano, dove l’articolo determinativo è ovunque compatibile con il possessivo, sia dal francese, dove non lo è mai. Una distribuzione senz’altro peculiare, sfuggita peraltro alla rassegna di Manzini/Savoia (2005: 757), che, a parte i nomi di parentela, menzionano al più alcune varietà in cui si ha opposizione tra possessivi singolari senza articolo e plurali con articolo. Non appare possibile motivare il trattamento speciale in tabella 4 del maschile plurale, l’unico con marca esplicita dell’articolo, in termini di puri tratti morfosintattici che prescindano dal significante: tra l’altro la combinazione [+masch.] [-sg.] mette insieme un tratto non marcato (il maschile) con uno marcato (il plurale) e non è quindi un candidato naturale per essere segnalato esplicitamente con mezzi morfosintattici in contrasto con una eventuale forma di default con marca zero. Si noti inoltre che la distribuzione in tabella 4 è esclusiva dell’articolo determinativo, e non si estende agli altri determinanti, che, come in italiano e all’opposto del francese, sono compatibili con il possessivo in tutte le forme (na soa camisa ‘una sua camicia’, cola sua camisa ‘quella sua camicia’ ecc.). Esiste invece la possibilità di una motivazione soddisfacente in termini di economia funzionale, che per l’essenziale si trova già in Villata (1997: 90). Si può assumere che la sequenza possessivo + nome sia interpretata di default come definita, e quindi non richieda in generale di essere specificata con l’articolo determinativo (cf. Haspelmath 1999). Ma dato che il torinese non segnala distinzioni di numero nel maschile per la maggioranza dei nomi, e nemmeno per i possessivi nel singolare e nella terza plurale, l’articolo riaffiora nel maschile plurale perché diventa in questi casi l’unica sede per la marcatura del numero nel SN: economicamente, la categoria del numero viene allora segnalata esplicitamente con la presenza dell’articolo solo nel suo valore marcato (e/o meno frequente), cioè al plurale. Occorre naturalmente assumere che la regola sintattica così motivata si estenda poi anche alla

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    minoranza di casi dove non sarebbe funzionalmente necessaria: i plurali dei nomi in -l, come ij sò cavaj, ed eventualmente – nelle varietà rispecchiate dalla descrizione di Brero/Bertodatti (1988) – i possessivi, meno frequenti, di prima e seconda persona plurale. Nei materiali orali qui considerati, le attestazioni di SN con possessivi al maschile plurale, tutte con l’articolo, sono troppo scarse per essere probanti, anche se l’obbligatorietà dell’articolo in questo caso appare confermata quanto meno dai giudizi dei parlanti consultati. La definizione normativa si rivela invece certamente troppo rigida nell’altra direzione, in quanto l’uso dell’articolo con il maschile singolare e il femminile (cioè, anche qui, in modo parallelo all’italiano) è ampiamente attestato, affiancando l’uso senza articolo, come negli esempi (11): (11) a. l’ha ’l sò carater eh përchè ... (Spinetta (CN)) ‘ha il suo carattere, eh, perché ...’ b. madamin sò antifurto a fonsion-a, a l’ha gnente ch’a va nen (Collegno (TO)) ‘signora, il suo antifurto funziona, non ha niente che non va’ c. lasso sté ognidun ch’a deuvra la soa grafia, toco gnente (Spinetta (CN)) ‘lascio stare, ognuno che usi la sua grafia, non tocco niente’ d. ma se ’t vadi ’n Fransa qualsiasi paìs a l’ha soa rotonda (Spinetta (CN)) ‘ma se vai in Francia qualunque paese ha la sua rotonda’.

    Accanto a quello dei clitici soggetto visti in 2.1, questo è un altro caso in cui il comportamento italianizzante si ritrova nelle fonti orali, ma è marginalissimo in quella scritta considerata. Nei sei numeri della rivista, infatti, su oltre 300 occorrenze del possessivo di terza persona, si incontrano appena due occorrenze dell’articolo (o preposizione articolata) nei tre contesti in cui la norma riportata in tabella 4 lo escluderebbe, e precisamente: 1 su 125 per (d)ël sò, 1 su 45 per (d)le soe e 0 su 142 per (d)la soa. I due casi attestati sono i seguenti: (12) a. discussion ansima le paròle e ël sò usagi (1: 14) ‘discussione sulle parole e il loro uso’ b. për gavé’l crocifiss da le muraje dla scòla dle soe masnà (1: 5) ‘per togliere il crocifisso dai muri della scuola dei suoi figli’.

    Abbastanza sorprendentemente, nel corpus scritto si trova invece una forte tendenza nella direzione opposta, cioè alla cancellazione dell’articolo anche nel maschile plurale (22 casi su 28, il 78,6%), che andrà forse interpretata come un’innovazione ipercorretta in senso “puristico”, anti-italianizzante. Un esempio in (13): (13) A-i é chi a dòvra sò sòld për fé ël Prim Minister d’un pais […] (3: 11) ‘C’è chi usa i suoi soldi per fare il primo ministro di un paese [...]’.

    3.2. Partitivo e articolo indeterminativo plurale Per entrambe le forme, nelle grammatiche normative del torinese (Brero/Bertodatti 1988: 27, Villata 1997: 40) viene data come unica possibilità la forma invariabile senza articolo, ëd: ëd pan ‘del pane’, ëd siole ‘delle cipolle’, diversamente dall’italiano che presenta forme coincidenti con la preposizione articolata, in alternanza con l’assenza totale di

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    Tratti instabili nella sintassi del piemontese contemporaneo

    marca limitatamente all’uso indefinito non specifico (e non in tutti i contesti sintattici). Ma in realtà nel corpus scritto considerato il tipo italiano è presente, sia pur minoritariamente, per lo meno come plurale dell’articolo indeterminativo, anche in alternanza libera a breve distanza con la forma invariabile, come in (14): (14) a. I sërche dij coment savù e spiritos, ëd neuve che j’autri giornaj av dan nen? (1: 3) ‘Cercate dei commenti intelligenti e spiritosi, delle (lett. ‘di’) notizie che gli altri giornali non vi danno?’ b. A l’é në strument për trové dij frej, për canté ëd paisagi […] (2: 15) ‘È uno strumento per trovare dei fratelli, per cantare dei (lett. ‘di’) paesaggi […]’.

    Per quanto riguarda il corpus di dati orali, il quadro è riassunto in tabella 5, ripreso da Bonato (2004b), a cui si rimanda per esempi e una discussione più dettagliata. Pur con tutte le cautele del caso, tenendo conto delle dimensioni variabili dei dati a disposizione e delle possibili idiosincrasie individuali dei parlanti, la diffusione delle forme articolate e dello zero appare diatopicamente significativa: mentre a Torino e nei suoi dintorni le deviazioni dalla realizzazione normativa con ëd invariabile senza articolo appaiono assolutamente sporadiche, quando ci si allontana decisamente dal centro di irradiazione della koiné (con i parlanti di Cuneo, Alessandria e Biella) i due tipi “italiani” raggiungono complessivamente percentuali intorno al 50%.11 Luogo

    totale occorrenze Cuneo 21 Alessandria 72 Biella 62 Collegno (TO) 13 Torino (2 parlanti) 22 Ivrea (TO) (2 parlanti) 27 Pinerolo (TO) 12 TOTALI 229

    ‘di’ senza articolo (ëd) 9 31 33 11 19 26 12 141

    % ëd

    zero

    % zero

    42,9 43,1 53,2 84,6 86,4 96,3 100 61,6

    11 19 16 1 3 1 0 51

    52,4 26,4 25,8 7,7 13,6 3,7 0 22,3

    ‘di’ + articolo 1 22 13 1 0 0 0 37

    % ‘di’ + articolo 4,8 30,6 20,1 7,7 0 0 0 16,2

    Tab. 5 – Forme dell’articolo partitivo e indeterminativo plurale in un corpus di interviste orali (da Bonato 2004b: 185 con adattamenti).

    Questa possibile variazione diatopica, che ricalca quella già rilevata per i clitici soggetto, solleva qualche dubbio sull’interpretazione dei fatti di variabilità fin qui registrati in termini di pura e semplice italianizzazione. I processi di italianizzazione si configurano infatti generalmente come mediati dalle varietà dialettali di maggior prestigio (Sobrero 1997: 413, Berruto 2005: 84–86). In linea di massima, ci si dovrebbe dunque attendere che un fenomeno di contatto con l’italiano mostri la diffusione più ampia nella capitale regionale; nei due casi considerati, invece, il tratto apparentemente “italianeggiante” sembra essere più diffuso in periferia. Per una possibile spiegazione di questo paradosso può essere utile ampliare la –––––––—–– 11

    A una variabilità diatopica nell’uso allude anche Villata (1997: 38), che segnala il tipo invariabile ëd come caratteristico della varietà torinese, a fronte di “altre varietà di piemontese” in cui “si preferisce usare la preposizione articolata”.

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    prospettiva sull’asse diacronico, come si cercherà brevemente di fare nel prossimo paragrafo.

    4.

    L’italianizzazione in prospettiva diacronica

    È noto che nella sintassi la varietà urbana torinese ha manifestato una notevole vitalità e autonomia rispetto all’italiano in un periodo in cui il contatto linguistico con la lingua-tetto era già tale da comportare un massiccio afflusso di prestiti, con sensibili conseguenze italianizzanti nella fonetica e nella morfologia derivazionale. Molti dei tratti sintattici della koiné che divergono dall’italiano affiorano in piemontese dal Seicento in poi e si stabilizzano definitivamente solo nell’Ottocento, dopo una lunga coesistenza con costruzioni più antiche coincidenti con quelle italiane o comunque ad esse più prossime. È il caso in primo luogo dei tratti forse più caratteristici – e stabili – della sintassi torinese attuale, come la negazione di frase post-verbale (a parla nen ‘non parla’; per un’ampia trattazione della diacronia della negazione cf. Albin 1984: 25–69) o la posposizione al participio dei clitici complemento nei tempi composti, già citata al § 2; ma anche della maggioranza dei fenomeni discussi nelle pagine precedenti. Per quanto riguarda i clitici soggetto, nel Sei-Settecento i clitici di terza persona erano tutt’altro che obbligatori, soprattutto nelle frasi principali. Parry (1998) ha mostrato come dall’esame dei testi si ricavi un percorso diacronico di crescente obbligatorietà che giunge fino a fine Ottocento. Per il Seicento e il Settecento si veda ad esempio: (15) Cand all’é a ca/Ø völ fé viage/Ø piglia i bagage/tut sò [quel] ch’a l’ha […] (Canson pr ’l tramué ’d San Michel, 1663, cit. in Parry 1998: 337) ‘Quando è a casa, vuol far viaggio, prende i bagagli, tutto quel che ha […]’ (16) e ch’le person-e ignorante Ø saràn pì nen sforsà (M. Pipino, 1783, cit. in Parry 1998: 338) ‘e che le persone ignoranti non saranno più costrette’.

    Senz’altro meno studiati in diacronia sono i tratti pertinenti alla sintassi del SN discussi al § 3. Ma per quanto riguarda l’articolo partitivo e indeterminativo plurale, la disamina diacronica in Bonato (2004b: 180–184) evidenzia anche qui dei lunghi tempi di compresenza delle diverse strategie, analogamente ai casi precedenti. Solo nel Novecento la forma invariabile ëd si generalizza nella koiné. Agli esempi citati in Bonato (2004b) si aggiungono qui un paio di casi di forme articolate e non, presenti fianco a fianco nelle medesime commedie ottocentesche: (17) Una banda d’armà, ch’a smijo ’d làder. (Le ridicole illusioni, I,7 (c. 1802)) ‘Una banda d’armati, che sembrano dei (lett. ‘di’) ladri.’ (18) Dij rotam d’véder ch’a j’ero lì sot a l’han ferime i pé […] (ibid., II, 7) ‘Dei rottami di vetro che c’erano lì sotto mi hanno ferito i piedi […]’ (19) Për fé ’d monede […] (C. Zoppis, Marioma Clarin, I, 3 (c. 1860)) ‘Per fare delle (lett. ‘di’) monete […]’ (20) Chiel am dis dle còse ... (ibid., II, 12) ‘Lei mi dice delle cose ...’.

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    Lo stesso si può dire per la compatibilità dell’articolo determinativo con il possessivo femminile, dove, a giudicare dagli esempi seguenti, nelle commedie ottocentesche l’articolo appare essere in variazione libera con zero, in contesti assolutamente paralleli: (21) J’eu nen savù fé soa comission […] (Le ridicole illusioni, II, 1) ‘Non ho saputo fare la sua commissione […]’ (22) Mi j’eu secondaje la soa inclinassion […] (ibid., II, 3) ‘Io ho assecondato la sua inclinazione […]’ (23) E! J’heu àutr da fé che tnì da ment la soa condòta […] (Bersezio, Monsù Travet, I, 9 (1863)) ‘Eh, ho altro da fare che ricordarmi la sua condotta […]’ (24) Chiel con soa condòta as na dimostra incompetent […] (ibid., II, 4) ‘Lei con la sua condotta se ne dimostra immeritevole […]’.

    Nel complesso, quindi, certe costruzioni sintattiche parallele all’italiano ed estranee alla koiné normativa contemporanea, che in prima istanza parrebbero senz’altro da attribuire a processi di italianizzazione dovuti alla posizione attuale, assolutamente dominante, dell’italiano nel repertorio linguistico regionale, si rivelano già presenti da lungo tempo nel dialetto, e possono essere addirittura più antiche delle innovazioni in direzione anti-italiana stabilizzatesi in tempi relativamente recenti. Se si mette in rapporto questo fatto con i casi visti sopra, apparentemente paradossali, di una maggiore “italianità” della periferia, emerge la possibilità di un’interpretazione più complessa dei fenomeni registrati: quel che appare come italianizzazione potrebbe in qualche caso anche essere un riemergere di tratti arcaici non completamente spariti, ma solo marginalizzati in ambito locale e riaffioranti ora in una fase storica in cui la koiné dialettale urbana ha ormai perso ogni ruolo e prestigio. Che elementi locali possano essere più prossimi all’italiano di quelli provenienti dalla koiné urbana è del resto già stato osservato a proposito del lessico e della morfologia (cf. Grassi 1993: 284). Naturalmente, non si può escludere che in certi casi la sintassi “italiana” di esempi come (18), (20), (22), (24) rifletta effettivamente il modello della lingua scritta nazionale, dato il carattere comunque dotto, e se si vuole in parte artificioso, dei testi letterari dialettali. Ma se ne dovrebbe ugualmente dedurre che in sintassi i fatti di contatto attuali non appaiono di portata radicalmente diversa da quelli registrabili in epoca addirittura pre-unitaria.

    5.

    Conclusioni

    Nella breve rassegna consentita dallo spazio a disposizione, si sono discussi quattro ambiti nella sintassi del torinese contemporaneo potenzialmente esposti ad italianizzazione. Un primo dato incontrovertibile è che il nucleo “duro” della grammatica, la sintassi appunto, non è per questo immune da dinamiche di oggettiva convergenza verso modelli italiani, anche se tratti particolarmente forti, si può dire identitari, della sintassi dialettale non sembrano in alcun modo coinvolti: è il caso della negazione di frase post-verbo finito (a parla nen ‘non parla’) e della posposizione dei clitici alle forme non finite nelle forme composte del verbo (al ha parlame ‘mi ha parlato’). Tali processi di convergenza non si configurano al momento in termini di sostituzione, ma piuttosto di incremento della variabilità (cf. Ber-

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    ruto 2005: 85) nelle costruzioni sintattiche, con compresenza delle due varianti negli stessi parlanti e contesti, senza apparenti distinzioni funzionali. In alcuni casi, pur con l’indispensabile cautela resa necessaria dalla limitatezza del corpus di riferimento, si nota una divergenza sostanziale tra le fonti scritte e quelle orali: essendo le prime caratterizzate da maggior pianificazione e controllo metalinguistico da parte dello scrivente, alcune regole prescritte energicamente dalle descrizioni normative (in primis l’obbligatorietà di tutti i clitici soggetto, ma anche l’incompatibilità dell’articolo determinativo con il possessivo per il maschile singolare e il femminile) trovano puntuale riscontro nello scritto, mentre sono ampiamente disattese nell’oralità. Per altri casi meno nel mirino del controllo puristico, si ha invece un comportamento parallelo tra fonti scritte e orali, o addirittura un prevalere dei tipi “italianeggianti” soprattutto nello scritto, presumibilmente in quanto più esposto ai modelli italiani sul piano dei sottocodici utilizzati e delle tematiche trattate. Da un punto di vista metodologico, infine, si è sottolineato che occorre cautela nell’identificare come esclusivo fatto di italianizzazione il rafforzarsi nel dialetto contemporaneo di varianti sintattiche oggettivamente parallele ai modelli italiani: in taluni casi potrebbe contribuire al fenomeno il riemergere di tratti locali mai totalmente scomparsi, coincidenti con l’italiano perché riflettono stadi precedenti alle innovazioni spontanee in direzione anti-italiana provenienti dalla koiné ancora in pieno Ottocento.

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    Tratti instabili nella sintassi del piemontese contemporaneo

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    Michele Loporcaro

    Contatto e mutamento linguistico in Sardegna settentrionale: il caso di Luras*

    1.

    Introduzione: la Sardegna settentrionale

    Il Nord della Sardegna offre una situazione linguistica notoriamente variegata in cui da secoli si trovano a contatto varietà marcatamente differenti. Il caso più evidente è quello dell’algherese che attualmente, come tutti i dialetti in Italia, cede di fronte alla lingua nazionale ma che, almeno nelle generazioni oggi più anziane, sopravvive come continuazione ininterrotta di quel catalano che vi fu importato nel Trecento con la conquista aragonese.1 Quella conquista, dopo alterne vicende, si tradusse nel ripopolamento con coloni catalani a partire dal 1354. In questo caso la parlata catalana cittadina sta in discontinuità netta con il logudorese nord-occidentale del territorio circostante, così che ogni fenomeno di interferenza può essere inquadrato strutturalmente con nettezza e riportato in ultima analisi, sotto il profilo esterno, a circostanze storiche note. Nella formazione delle interrogative polari, ad esempio, l’algherese presenta due strategie che il catalano continentale e balearico non conosce: l’inversione dell’ausiliare in un tempo composto (kumpréz l as ‘l’hai capito?’) ovvero l’anteposizione di una congiunzione interrogativa /a/ (a vents ‘vieni?’).2 Entrambe le strategie corrispondono alla sintassi del –––––––—–– *

    1 2

    Il presente lavoro è stato presentato in conferenze nelle università di Saarbrücken (settembre 2005) e di Cagliari (maggio 2006). Ringrazio gli intervenuti (ed in particolare Eduardo Blasco Ferrer e Giulio Paulis) per i loro commenti. Grazie a Max Pfister per l’accesso allo schedario del LEI, a Marcello Barbato e Anna Thornton per le osservazioni su di una prima versione dello scritto e ad André Hilal per l’elaborazione della cartina in appendice. I dati sulla parlata di Luras sono stati raccolti sul campo in occasione di un’escursione del Romanisches Seminar dell’Università di Zurigo (17–22 giugno 2003), finanziata dalla Facoltà di Lettere dell’Università, parte del programma del seminario di “Linguistica sarda” di quel semestre estivo. Ringrazio Bastiano Addis, Piero Depperu, Gesuino Dessì, Alberto Lentinu, Dino Sanna e tutti gli altri amici luresi, che sarebbe lungo menzionare singolarmente, per l’aiuto che mi hanno prestato rispondendo pazientemente alle mie domande, allora e in inchieste successive nell’agosto 2003 e 2005. Nelle stesse occasioni ho raccolto i dati relativi al gallurese di Luras, di Calangianus e di Tempio: ringrazio qui soprattutto la signora Rina Depperu e l’amico prof. Franco Fresi. Quanto al futuro, la prognosi per l’algherese è sfavorevole: si veda il recente bilancio di Blasco Ferrer (2004: 85). I dati, dove privi di indicazione di fonte, sono tratti da miei appunti sul campo. Qui e nel séguito sono presentati in trascrizione IPA semplificata, usando s c  in luogo di [ t d], la ripetizione del simbolo consonantico per notare la geminazione e l’accento acuto per notare l’accento tonico (indicato solo sulle parole non piane). Nel riportare dati da altra fonte li si adatta alla trascrizione IPA (tranne all’interno di citazioni). Sulle interrogative dell’algherese v. Blasco Ferrer (1984a: 194), Kuen (1934: 26), Contini (1995). La particella interrogativa a è da aggiungere al dizionario algherese di Sanna (1988: 1), che non la registra.

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    sardo: kumprezu lu aza, a bbénizi.3 Si è dunque di fronte per l’algherese nel primo caso ad un calco sintattico, nel secondo ad un prestito (sardo /a/ < AUT, DES I 34). Più complesso è l’inquadramento storico del rapporto fra logudorese e sassaresegallurese, data l’oscurità delle circostanze esterne in cui si è venuta determinando la marcata differenza oggi riscontrabile fra le parlate dell’estremo Nord e quelle del resto dell’isola.4 In generale si accetta universalmente la caratterizzazione dell’Ascoli (1882–85: 108), che attribuiva al gallurese “un fondo sardo, ma bizzarramente sopraffatto da immissioni d’altri elementi, tra i quali il côrso meridionale […] è di gran lunga il più copioso”. Dal carattere misto di queste varietà si è però tratto spunto per classificazioni contrapposte. Così, pur riconoscendone il fondo sardo, Wagner (1923: 226) manda decisamente il gallurese-sassarese, a fini classificatòri, “mit dem Korsischen zum Festlanditalienischen”, ribadendo più volte la caratterizzazione di questi dialetti come “italiani” in contrapposizione al sardo propriamente detto (“da diese Dialekte ja im wesentlichen italienische sind”, Wagner 1941: 160; e v. già sulla stessa linea Meyer-Lübke 1927: 3). L’originaria formulazione del Wagner era proposta in diretta contrapposizione a Bottiglioni (1920: 44–48), che vedeva al contrario un rapporto più stretto fra logudorese e gallurese-sassarese, varietà che a suo dire “restano fondamentalmente sarde” (1920: 44) anche quanto alla classificazione sincronica.5 Entro questo quadro complesso, il presente lavoro riconsidererà la posizione di Luras, enclave in area gallurese (v. la carta in appendice) i cui abitanti (attualmente ca. 2700) parlano regolarmente logudorese e gallurese.6 A proposito dell’origine di questa situazione di bidialettalità s’è replicata in piccolo la discussione generale, contrapponendosi il parere del Bottiglioni (1920: 28ss.), che voleva il logudorese sovrapposto qui al gallurese ed acquisito dai commercianti luresi in séguito alle loro attività nel resto della Sardegna, e quello del Wagner (1923: 241) che invece considera il logudorese originario ed il gallurese sovrapposto. A favore di quest’ultima interpretazione si possono addurre numerose testimonianze. Nel lessico il logudorese di Luras presenta diversi galluresismi, sovrapposti tuttavia ad un fondo logudorese che è certamente autoctono anche perché conserva arcaismi, talora aldilà del logudorese comune (pochi cenni su ciò al § 2). Si passerà quindi a discutere di alcune particolarità della morfologia (§ 3) e della sintassi (§ 4) del lurese, che si spiegano per contatto. –––––––—–– 3

    4 5

    6

    Qui e nel séguito, dove non altrimenti indicato, gli esempi logudoresi sono dal dialetto di Bonorva (SS). Sulle interrogative del sardo v. ad es. Jones (1993: 24ss.) e più di recente Mensching/Remberger (2006). Per un primo accostamento a queste differenze v. ad es. Wagner (1951: 344ss.). Bottiglioni segue Guarnerio (1902–05: 111, 1911: 200) che individua una gradualità/continuità fra logudorese e gallurese-sassarese. Più di rado, in base al dato classificatorio odierno, si è posta la questione nei termini di un’incertezza circa l’origine stessa del gallurese-sassarese, come fa Merlo (1925: 20): “Teoricamente, il gallurese potrebb’essere sardo contaminato di corso non meno che corso contaminato di sardo”. Si veda un riepilogo della questione classificatoria in DalberaStefanaggi (1991: 310–322) e, più di recente, le osservazioni sul rapporto fra còrso e dialetti del Nord della Sardegna in Barbato (in stampa). Anche qui bisognerà però ripetere quanto detto in apertura per Alghero: l’indicazione quantitativa circa gli abitanti non va più intesa, oggi, come un’automatica indicazione dei parlanti lurese. La situazione che si schizza qui nel séguito vale oggi per le generazioni più anziane poiché non tutti, fra i giovani, mantengono il dialetto.

    Contatto e mutamento linguistico in Sardegna settentrionale: il caso di Luras

    131

    La descrizione dei fatti offrirà spunto per fugare un equivoco: se è vero che la spiegazione di un mutamento per contatto è alternativa alla spiegazione per evoluzione strutturale interna, ciò non implica che una spiegazione per contatto possa prescindere dall’analisi strutturale. Ogni mutamento per contatto, infatti, oltre alla componente di “importazione” (per prestito o calco) comporta un’autonoma ricreazione con i mezzi strutturali del sistema ricevente. Il che può dar vita, come si mostrerà per Luras, a esiti sorprendenti.

    2.

    Il dialetto di Luras: appunti di lessico

    Il lessico del dialetto di Luras, ora documentato dall’ampio dizionario di Depperu (2006), denuncia un significativo apporto gallurese. A Luras si dice ad es. ámbula ‘bottiglia’, dal lat. HAMULAM (REW 4024), identico al gall. ámbula (Wagner 1923: 107, Sardo 1994: 87), mentre il logudorese ha ampua (che continua AMPULLAM); o ancora minnannu ‘nonno’, di contro alle forme logudoresi che continuano (DOMINUM) MAGNUM: donnumannu, ad es. a Bonorva, manneu, ad es. a Bitti, Orune, Alà dei Sardi ecc. (cf. DES I 478 e II 67). Minnannu, che ricorre identico in gallurese (v. Sardo 1994: 283), mostra agglutinato nella prima sillaba, come parte della parola ormai priva di significato proprio e foneticamente modificata per innalzamento di e protonica a i, quello che era in origine il possessivo, che in gallurese può esser preposto (ad es. lu me' steddhu ‘il mio bambino’, Corda 1990: 22).7 D’altro canto, il lessico lurese presenta anche forme conservative quali lár ‘lavare’ e bír ‘bere’, cui il sardo logudorese oppone le innovazioni samunar ‘lavare’ e buffar ‘bere’ (quest’ultimo si usa, accanto a bír, anche a Luras). Le voci luresi corrispondono formalmente ai latini LAVĔRE e BIBĔRE, quest’ultimo coincidente col gall. bì (Sardo 1994: 82, Gana 1998: 127) e quindi possibile galluresismo, il primo invece, divergente dal gall. laà (Sardo 1994: 248, Gana 1998: 354), rifatto sulla I coniugazione come in tutta la Romània, che il Wagner considera, come il sass. laá, probabile italianismo (DES II 1). Per il logudorese, accanto a samunar col significato generale di ‘lavare’ sussiste un lár con l’accezione ristretta di ‘spruzzare d’acqua, lavare il pane’ che DES II 6 registra con rimando a Pietro Casu (v. ora Casu 2002: 865), concludendo: “Quantunque la forma LAVĔRE (accando a LAVARE) non si sia conservata in nessuna delle lingue romanze, non si può dubitare del suo indigenato, specm. in considerazione dei suoi significati specifici”. E se è autoctona l’accezione ristretta del continuatore di LAVĔRE ricorrente altrove nel Logudoro, l’identica forma lurese che mantiene il significato originario andrà a fortiori considerata autoctona, testimonianza dello stadio precedente al restringimento semantico. Si tratterà pertanto dell’unico caso romanzo sinora noto di mantenimento del segno linguistico LAVĔRE (> lár) ‘lavare’ nella sua interezza.8 –––––––—–– 7

    8

    Una simile agglutinazione si spiega solo a partire dal gallurese, poiché al contrario in sardo logudorese (come in campidanese) il possessivo segue obbligatoriamente il nome: ad es. log. (Bonorva) donnumannu meu ‘mio nonno’. Il verbo si flette a Luras  lá ‘io lavo’, tu lás ‘tu lavi’, data l’estensione delle desinenze con vocale tematica -E- ai verbi della III coniugazione, attestata in Sardegna già nel latino epigrafico d’età imperiale (ad es. ducet CIL X suppl. 772, adducet CIL X suppl. 798; cf. Herman 1985).

    132

    3.

    Michele Loporcaro

    Morfologia: l’espressione del genere in lurese

    Una delle conseguenze morfologiche del contatto col gallurese, almeno in parte nota, è l’abolizione della segnalazione della differenza di genere nel plurale. Se ne cita di norma un aspetto particolare, ossia l’estensione al maschile dell’articolo determinativo sas: “Nel borgo di Luras l’articolo plurale maschile e femminile è sas” (Campus 1901: 15 nota 1).9 Si tratta però di un fenomeno che ha portata strutturale più ampia, poiché in lurese si ha il totale livellamento dell’accordo di genere nel plurale con la neutralizzazione dei morfi segnalanti accordo al maschile e al femminile: si sono infatti generalizzate un’unica desinenza -as di plurale dell’aggettivo della I classe (e dunque del participio) nonché un’unica forma di plurale dell’articolo determinativo (sas) e della particella pronominale oggetto diretto (las). Si dice dunque, a Luras, sas káz laz/*lz app mparáaza/ *mparáz ‘i cavalli, li ho comprati’. Altrove nel Logudoro in -as escono aggettivi e forme pronominali femminili mentre i maschili hanno -s, così che si distinguono, sia al plurale che al singolare, il maschile su au/ss káz ‘il cavallo/i cavalli’ dal femminile s akka/sal bákkaza ‘la vacca/le vacche’.10 Se il lurese ha riformato per questo aspetto il suo sistema morfologico è per conguaglio sul gallurese che non mostra distinzione di genere al plurale la cui uscita è sempre e comunque in -i: ad es. kisti kaai/kisti akki l a kkomparati m vrateu (Calangianus) ‘questi cavalli/queste vacche li/le ha comperati/-e mio fratello’.11 In gallurese e sassarese la neutralizzazione si è originata per via puramente fonetica: il vocalismo atono si è ridotto con l’innalzamento delle vocali medie (cf. Guarnerio 1892–98: 141s., Bottiglioni 1920: 48). Nel logudorese di Luras, invece, il mutamento è privo di ragione fonetica (si veda la desinenza del plurale nominale dei maschili della II, rimasta invariata in sas káz ‘i cavalli’): è un mutamento puramente morfologico, prodottosi per contatto.12 Oltre che nei determinanti del nome, il genere grammaticale può esser segnalato anche nel pronome personale, ovvero esclusivamente in questo come accade ad esempio in ingle–––––––—–– 9

    10 11 12

    Sanna (1975: 107) non si limita a menzionare l’articolo: “gli articoli e gli aggettivi che accompagnano nomi maschili, sono usati nella forma femminile: sas bellas òmines”. V. anche i sintagmi plurali contenenti nomi maschili registrati per Luras (pt. 708) nelle carte dell’ALI: ad es. I 11 sas pilos ‘i capelli’, I 19 saz ojos ‘gli occhi’ ecc. Si ha dunque in logudorese, nei temini di Corbett (1991), un sistema di marcamento di genere parallelo, di contro al sistema convergente del sassarese-gallurese (e del logudorese di Luras). V. sul plurale gallurese Guarnerio (1892–98: §§ 207, 209), Corda (1990: 14s., 20). Identico, per questo aspetto, il sistema sassarese (oltre al Guarnerio, v. Sanna 1975: 106). Circa l’influsso di questi fattori fonetici sulla morfologia del sassarese-gallurese da un lato e del logudorese dall’altro v. già, pur con diverse valutazioni, Bottiglioni (1920: 48), Wagner (1923: 105). Il vicino dialetto di Sénnori, altra varietà di frontiera del Logudoro settentrionale, parlata al confine nord-ovest dell’area logudorese immediatamente a nord-est di Sassari, presenta un’analoga risistemazione del marcamento del genere, la cui manifestazione morfologica è però inversa: vi si dice infatti soi bbarrz ‘le guance’ (pl. di sa barra), con la forma dell’articolo pl. sos identica a quella ricorrente nel maschile (so xxrrz ‘le corna’, pl. di su orru; dati da Jäggli 1959; cf. inoltre Campus 1901: 15, Sanna 1975: 106, Manzini/Savoia 2005: 589). Come si vede, in sennorese il livellamento si è esteso alle desinenze plurali del nome, interessando dunque non solo il marcamento dell’accordo per genere ma anche il sistema delle classi flessive.

    Contatto e mutamento linguistico in Sardegna settentrionale: il caso di Luras

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    se. Nel gallurese, sempre per le ragioni fonetiche sopra richiamate, anche il pronome personale tonico di III persona presenta neutralizzazione del genere nel plurale: ii z strakki/bbi/mmali/bbni ‘loro.M=F sono stanchi/-che, belli/-e, cattivi/-e, buoni/-e’ (Calangianus, di contro al singolare iu/-a ‘lui, lei’). Il logudorese, al contrario, mantiene forme distinte anche nel pronome, sia al singolare che al plurale: iss in variazione libera con issu m. sg./issa f. sg./íssz m. pl./íssaza f. pl. La parlata di Luras adotta qui una soluzione originale, frutto di un mutamento che investe, eccezionalmente, anche il singolare: iss < IPSE vi è divenuto forma ambigenere (iss ilj vénniu/-a ‘lui è venuto/lei è venuta’), mentre issu m. e issa f. si usano in alternativa a iss soltanto se richiesto per disambiguare il genere: ki bb st/ki ailj viu, issu o issa ‘chi c’è/chi hai visto, lui o lei?’. Questo sistema, che a quanto mi risulta non ha paralleli nel sardo né altrove nella Romània, si è determinato a partire dalla compresenza in variazione libera delle due forme di III singolare maschile issu e iss (v. Wagner 1938–39: 117 nota 1). Aggiungendo a queste due forme maschili il continuatore di IPSAM (> issa), si hanno al singolare tre forme la cui uscita vocalica corrisponde alle tre principali classi flessive del nome, derivanti dalla I, II e III declinazione latine: classe forma I -a/-as

    esempio sa vémina/sas féminaza

    traduzione ‘donna, -e’

    genere f.

    II

    -u/-s

    su au/sas káz

    ‘cavallo, -i’

    m.

    III

    -/-s

    su vra/sas fraz su /sailj vz sa lu/sal luz sa a/sal caz

    ‘fratello, -i’ ‘bue, buoi’ ‘luce, -i’ ‘chiave, -i’

    m.

    note su tta/sas pttaza ‘poeta/-i’ (e alcuni altri maschili) sa manu/sailj mánz ‘mano/-i’ (e alcuni altri femminili)

    f.

    Messo in moto, per così dire, dal contatto col gallurese, il sistema di Luras ha riallocato anche nel pronome personale, aldilà del modello gallurese, i rapporti tra forma e funzione per l’espressione del genere creando un’opposizione tra issu e iss che in logudorese comune sono invece in variazione libera.13 Il mutamento si è innestato sul parallelismo morfofonologico fra le tre forme pronominali di III singolare e le tre (principali) classi flessive del nome. Nel nome l’uscita -u è associata prevalentemente al maschile e quella in -a al femminile, mentre l’uscita in - (della III classe), come in italiano, non è correlata al genere. Il sistema pronominale ha copiato questo schema, facendo di iss una forma di III singolare ambigenere e mantenendo alle forme issu e issa lo statuto di forme marcate, funzionali alla sola disambiguazione. –––––––—–– 13

    Se issu – contro il parere del Wagner (1938–39: 117 nota 1) – fosse direttamente da IPSUM, e se dunque le due forme iss ed issu fossero entrate in variazione libera per l’obliterazione di un’originaria opposizione di caso, il mutamento intervenuto a Luras sarebbe inquadrabile entro quella fenomenologia che Lass (1990, 1997: 316–324) ha proposto di chiamare exaptation, mutuando il termine dalla biologia evolutiva (la quale dice in italiano, con crudo anglismo, exaptazione).

    134

    Michele Loporcaro

    Mosso questo primo passo il mutamento ne ha aggiunto un secondo, con un’innovazione non solo per funzione ma anche per forma, che ha completato l’eguagliamento del sistema del pronome di III persona alle classi flessive del nome. Si è infatti creato un pronome di III plurale ambigenere issz non etimologico (IPSE non aveva un plurale **IPSES): isss si zn settsiaza ‘loro.M si sono seduti’ = ‘loro.F si sono sedute’.14 La creazione di issz ha ridotto, in parallelo col singolare, gli ereditari issz e issaza alla funzione marcata di disambiguazione: ki bb st/ki ailj viu, issz  issaza ‘chi c’è/chi hai visto, loro.M o loro.F (= essi o esse)?’. Il risultato finale è un sistema in cui il genere è meno frequentemente marcato anche sul pronome personale. L’esito del mutamento va dunque aldilà del modello offerto alla risistemazione del genere nel logudorese di Luras dal gallurese con esso a contatto, in cui al singolare i pronomi di III persona rimangono formalmente distinti.

    4.

    Sintassi: la posizione dei clitici pronominali nel lurese

    In ambito sintattico, il (sassarese-)gallurese diverge dal logudorese ad esempio per la struttura delle perifrasi con verbo modale. Su scala romanza (v. Benucci 1989, 1990), si dànno in alternativa una struttura bifrasale (il tipo lo voglio fare), conservativa, ed una monofrasale (il tipo voglio farlo), innovativa, distinte alla superficie da tratti morfosintattici largamente indagati quali il cambio di ausiliare (l’uso di ‘essere’ come ausiliare perfettivo del modale con verbi inaccusativi e riflessivi) – che qui non considereremo – e la ricorrenza del clitico sull’infinito (per la struttura bifrasale) o sul modale (per la monofrasale). Il logudorese è restato alla fase più conservativa (kustu jar n tti lu tt var/ *n pptt i lu var ‘questo piacere non te lo posso fare’, dialetto di Bonorva), con cliticizzazione obbligatoria al modale – e dunque con ristrutturazione nei termini di Rizzi (1976) o mancata destrutturazione in quelli di Benucci (1989, 1990) – mentre i dialetti del Nord dell’isola ammettono entrambe le opzioni, come osserva Benucci (1990: 111 nota 3) in base ai materiali AIS (VI 1086):15 v. il tempiese: kista ultizia n tti la pssu va/n ppssu vattilla. Il logudorese di Luras in questo caso è in linea col logudorese comune, non ammettendo affatto la costruzione innovativa con cliticizzazione all’infinito: kustu jar n tti lu tt var/*n pptt i lu var. Lo stesso vale per il gallurese di Luras: n llu ou kunissi/*n ou kunissillu ‘non lo voglio conoscere’. Anche nel gallurese dei centri vicini, tuttavia, quest’ultima costruzione sembra in realtà meno usuale di quella con il clitico sul modale. La prima risposta dei miei informatori, di Tempio come di Calangianus, è infatti –––––––—–– 14

    15

    Così come l’uso ambigenere di iss al singolare, neppure il plurale issz mi risulta sia stato segnalato finora negli studi dedicati alla morfologia (storica) del sardo (v. ad es., oltre a Wagner 1938–39: 116s., Blasco Ferrer 1984b). La forma issz ricorre nelle frasi trascritte per illustrare altre proprietà morfosintattiche del lurese in Manzini/Savoia (2005: I 516, II 344, III 462, 482), dove tuttavia non se ne commenta né la morfologia né la funzione, e dove non vengono menzionate le forme issz e issaza usate a fini di disambiguazione. In AIS VI 1086 ‘voglio attaccarla’ le risposte per Sassari (pt. 933) e per Tempio (pt. 916) hanno entrambe l’opzione innovativa (rispettivamente v attakkala e vou liala).

    Contatto e mutamento linguistico in Sardegna settentrionale: il caso di Luras

    135

    sempre con clitico sul modale (ad es. kista passna n la pssu ide, Tempio), mentre non tutti accettano l’alternativa del tipo %?n ppssu idella, da molti giudicata perlomeno innaturale. Se dunque anche nel gallurese dei centri vicini l’opzione innovativa è (ancora) marginale, si può ritenere che non vi fosse qui una spinta sufficiente perché il logudorese di Luras sviluppasse un mutamento per contatto. Diverso il caso della cliticizzazione all’infinito fuori dei costrutti modali. Qui il gallurese e il logudorese (comune) sono nettamente contrapposti, perché in Gallura si ha obbligatoriamente enclisi all’infinito come in toscano, in qualsiasi struttura sintattica: kista kza  mmu n ffalla/*(a n)n la va ‘questa cosa è meglio non farla’ (Tempio), prefferu n askultatti/*(a n)n tt askulta ‘preferisco non ascoltarti’ (Calangianus).16 In logudorese comune, al contrario, si ha proclisi categorica in tutti i costrutti infinitivali: ad es. kusta za l meddzuz a nn lla var/*a nn ffalla, preffldz (a n)n tt iskultar/ *iskultari (Bonorva). Anche qui il logudorese (insieme al campidanese) rappresenta, su scala romanza, l’opzione conservativa, che vede il clitico tuttora categoricamente ricorrente nella posizione preverbale che spettava all’oggetto dato l’ordine originario SOV. Il logudorese di Luras, in ciò, si discosta dal logudorese comune permettendo in questo contesto l’enclisi all’infinito, in alternativa alla proclisi di tipo logudorese: kusta za ilj meddzu nn ffalla/meddzuz a nn lla var ‘questa cosa è meglio non farla’, kusta janna ilj diffittsile abbrrlla/ a ll abbrrr/*l abbrrr ‘questa porta è difficile aprirla’. Tuttavia l’avvicinamento al gallurese in questo settore della sintassi non è stato incondizionato. Come ora mostrato, l’enclisi all’infinito è possibile quando l’infinito di una proposizione argomentale (soggettiva o completiva oggettiva) è direttamente retto dal predicato (nominale o verbale) sovraordinato. Laddove invece intervenga un complementatore il mutamento è stato bloccato, cosicché l’enclisi è agrammaticale e si mantengono condizioni logudoresi:17 app ddettsizu () lla mparar/*() mpararla, kusta za ilj diffittsil/s fattsil a lla var/*a ffalla ‘questa cosa è difficile/facile farla’.

    5.

    Conclusione

    Anche nell’ambito della cliticizzazione all’infinito, come in quello del marcamento di genere, i mutamenti responsabili dello scostamento della parlata di Luras rispetto al logudorese comune non si comprendono se non si tiene presente il plurisecolare contatto col gallurese. Questo non ha tuttavia prodotto una disgregazione del sistema o un disordine strutturale. Al contrario i mutamenti che abbiamo analizzato hanno modificato la morfologia e la sintassi del sistema logudorese di partenza incanalandosi entro faglie predefinite strutturalmente. Il mutamento morfologico e sintattico per contatto, dunque, come del resto nel lessico il pre–––––––—–– 16

    17

    In questo il lurese diverge anche dal sennorese, l’altro dialetto logudorese di confine (a contatto col sassarese) citato alla nota 12, in cui permangono condizioni logudoresi e l’enclisi all’infinito è categoricamente esclusa, come mostra lo studio di Hilal (2006: 42–45). Anche in sennorese resta categoricamente la proclisi in questo contesto: ad es. a ddettsizu de aare a ll accappare ‘ha deciso di andarla a trovare’ (Hilal 2006: 49, carta 9).

    136

    Michele Loporcaro

    stito linguistico, non è ricezione passiva ma piuttosto ricreazione autonoma di strutture nel sistema ricevente. In effetti l’analisi degli aspetti qui considerati del sistema del logudorese di Luras ci ha consentito di mettere a fuoco, quanto alla sintassi dei clitici nei costrutti infinitivali (§ 4), una soluzione di compromesso autonoma che distingue questa varietà sia dal logudorese comune che dal gallurese. Lo stesso si può dire per il marcamento di genere nei determinanti del nome (§ 3), mentre quanto al pronome il sistema lurese pare, allo stato attuale delle conoscenze, addirittura un unicum su scala romanza.

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    Contatto e mutamento linguistico in Sardegna settentrionale: il caso di Luras

    137

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    138

    Michele Loporcaro

    Luras

    Castelsardo

    Calangianus

    Porto Torres

    Olbia

    Tempio

    Sorso

    Sassari

    Sennori

    Berchidda

    Alghero

    Carta 1: La Sardegna settentrionale

    (da Virdis 1988: 905)

    Marcello Barbato

    Sistemi vocalici a contatto in area italo-romanza

    1.

    Premessa

    L’ipotesi che in una situazione di contatto tra due (sotto)sistemi fonologici, il più semplice dei due sia sostituito dal più complesso si scontra con il principio di Jakobson secondo il quale “la suppression d’une distinction phonologique est plus apte à s’imposer aux parlers qui la possèdent qu’une distinction supplémentaire à s’introduire là où elle manque” (Jakobson 21971: 241). La validità di questo principio appare ancora maggiore se le due varietà in questione sono geneticamente relate. Labov (1994: 312) osserva che it is much harder to unmerge a merged category than to learn the word classes of an altogether new language. Nonnative language learners have only to remember the list of facts; native language learners have to unlearn the old facts acquired from their parents, and learn a new set.

    Lo stesso Labov tuttavia non esclude che le cose possano andare diversamente: “Given the right social conditions, it is reasonable to think that a distinction can be reintroduced into a speech community in a consistent way” (Labov 1994: 342). E in effetti l’area italo-romanza sembra conoscere dei casi in cui la predizione jakobsoniana appare smentita dai fatti.

    2.

    Italia meridionale1

    Nel suo fondamentale studio del 1939 Lausberg mostrò che in una zona dell’Italia meridionale, che va dal Vallo di Diano in Campania al Salento settentrionale passando per la Basilicata centrale, esiste un sistema pentavocalico dove Ĭ Ē confluiscono con Ĕ e Ŭ Ō confluiscono con Ŏ in condizioni normali, ma continuano a differenziarsi sotto metafonesi con i risultati [i] vs. [je], [u] vs. [wo]. Tanto in Campania quanto in Puglia questo sistema, definito “marginale” (Randgebiet), appare stretto tra quello napoletano (ossia romanzo comune, con metafonesi) e quello siciliano (ovvero con confluenza di Ī Ĭ Ē in /i/ e di Ū Ŭ Ō in /u/).2

    –––––––—–– 1 2

    Riutilizzo qui, in parte correggendolo, Barbato (2002). Per l’esatta delimitazione delle aree cf. Lausberg (1939: 50ss.); Rohlfs (1966–69: § 4); Franceschi (1965: 154 e capitoli 1–2); Lüdtke (1979, capitolo 6); Avolio (1995: 59–60); Barbato (2002: 35– 36); Del Puente/Fanciullo (2004: 154s.).

    140

    Marcello Barbato

    Fig. 1 (Lausberg 1939: 260)

    Nella tabella 1 riassumo il quadro delle corrispondenze/divergenze tra questi sistemi limitandomi alla serie palatale, avvertendo che il quadro delle vocali velari è perfettamente speculare:3 napoletano marginale siciliano

    Ī

    Ĭ

    Ē

    Ĕ

    fil fil filu fili filu fili ‘filo, fili’

    pe pi pi pii pii pii ‘pesce, pesci’

    mes mis msi misi misi misi ‘mese, mesi’

    pd pjed pdi pjedi pdi pjedi ‘piede, piedi’

    Tab. 1 – Vocalismo tonico italiano meridionale.

    Sulla genesi del vocalismo marginale si confrontano tre ipotesi. a) Secondo il suo scopritore, l’area marginale (Randgebiet) possedeva originariamente un vocalismo di tipo napoletano che poi avrebbe ridotto a tre soli gradi di apertura per influssi meridionali (Lausberg 1939: 84; 1948: 316). Parlangeli (1960: 29) descrive il vocalismo brindisino come “un incontro tra le condizioni ‘napoletane’ (per cui gli esiti di alcune vocali sono condizionati dalla vocale finale della parola) e le condizioni salentine (che ignorano la distinzione tra vocali aperte e vocali chiuse)”. Fanciullo (1996: 128) vede nello stesso vocalismo brindisino una variante del vocalismo napoletano in cui l’opposizione tra medioalte e medio-basse, pur non comparendo in superficie, è assicurata dal diverso esito metafonetico di Ĕ Ŏ (che dittongano) e di Ĭ Ē, Ŭ Ō (che danno [i], [u]). b) Nel Randgebiet un sistema originariamente pentavocalico, venuto a contatto col vocalismo napoletano, avrebbe rimodellato la distribuzione delle sue vocali nel lessico, ma non acquisito la distinzione fonologica tra vocali medio-alte e medio-basse. Così propone Fran–––––––—–– 3

    Le forme sono idealizzate: in particolare si trascrive con [] l’unica vocale media del sistema siciliano e marginale, la cui realizzazione concreta può variare tra [e] e [].

    141

    Sistemi vocalici a contatto in area italo-romanza

    ceschi (1965: 154) che, come Lausberg e Parlangeli, considera il sistema “tarentino” un “sistema di compromesso”, ma nel senso opposto di “adattamento del vocalismo siciliano al sistema napoletano”: Si cercò di abbandonare tila, cuda per il napoletano téla, códa, col risultato ovvio – dato che quel timbro ẹ (ọ) più non si possedeva in loco – d’una pronuncia tèla, còda: come appunto accade oggi a un leccese (o palermitano o cosentino) che legga un testo italiano.

    c) Secondo Lüdtke (1979: 54ss.) il vocalismo marginale non è dovuto a interferenza ma è uno dei legittimi continuatori del sistema vocalico latino, allo stesso titolo del vocalismo sardo e di quello romanzo comune. Lo studioso tedesco attribuisce la differenza tra questi sistemi al fatto che essi hanno transfonologizzato in diverso grado la quantità vocalica latina, secondo la scala di implicazione seguente: –––––––––––––→ ĭ ŭ ĕ, ŏ Ciò vuol dire che, se una varietà conosce l’apertura di Ŭ, allora conoscerà anche quella di Ĭ; se una varietà conosce l’apertura di Ĕ Ŏ, allora conoscerà anche quella di Ŭ e quella di Ĭ.4 Questa scala permette, secondo Lüdtke, di spiegare tutti i sistemi vocalici presenti in Lucania (cf. tabella 2): il sistema “sardo” della Mittelzone non presenta alcuna apertura, il sistema “balcanico” del Vorposten (che, a differenza di quello rumeno, non distingue gli esiti di Ē e Ĕ) ha solo apertura di Ĭ, nel sistema “marginale” si verifica apertura di Ĭ e di Ŭ, nel sistema “napoletano” apertura di tutte le vocali brevi. In altre parole, nell’area marginale le vocali latine Ĭ e Ŭ si sarebbero differenziate dalle corrispondenti lunghe e sarebbero andate a confondersi rispettivamente con Ĕ Ē e con Ŏ Ō: Ī

    “napoletano” Randgebiet Vorposten Mittelzone

    Ĭ

    i i i

    Ē

    e   i



    Ĕ

    Ā/Ă

    Ŏ



    a a a a



    Ō

    Ŭ

    Ū

    o

    u u

      

    u u

    Tab. 2 – Sistemi vocalici lucani.

    L’ipotesi C per la sua radicalità merita di essere esaminata per prima. La scala di implicazione di Lüdtke dà conto elegantemente della situazione lucana ma non riflette probabilmente il processo storico che ha portato alla formazione dei sistemi vocalici romanzi. Il punto debole di quest’ipotesi sta proprio nel fatto che essa non è applicabile su scala panromanza, tanto che lo stesso Lüdtke (1979: 54 nota 26) è costretto ad ammettere che “La Dacia ha un’altra scala di implicazione”.5 –––––––—–– 4 5

    Seguo Lüdtke nell’uso del termine “apertura” che va inteso brachilogicamente come ‘distinzione qualitativa di una vocale breve rispetto alla corrispondente lunga’. Si noti anche che rompendo il collegamento tra il Vorposten e il vocalismo rumeno, viene meno l’idea, cara a Lausberg, che l’Italia riproduca in scala minore tutta la diffrazione degli esiti latini che si può osservare su scala romanza.

    142

    Marcello Barbato

    Eppure una scala di implicazione panromanza è possibile, come si può vedere ordinando nella tabella 3 i dati delle varietà romanze (Lausberg 1971: §§ 156ss., 272ss.):6 vocalismo postonico velare vocalismo (pro)tonico velare vocalismo tonico e atono palatale

    toscano + + +

    it. merid. + +

    rumeno +

    sardo -

    Tab. 3 – Scala di implicazione romanza dell’apertura vocalica.

    L’apertura appare legata a due parametri: l’antero-posteriorità e il grado di tonicità. Tra gli estremi opposti del toscano e del sardo (apertura di tutte vs. nessuna vocale breve latina) ci sono due situazioni intermedie: quella dell’italiano meridionale, dove l’apertura non ha coinvolto il vocalismo velare postonico, e quella del rumeno, dove l’apertura non ha coinvolto il vocalismo velare tout court. Ci sono ragioni naturali perché l’apertura vocalica si determini secondo questi due parametri, mentre non mi sembra che ce ne siano per giustificare che Ĭ si differenzi qualitativamente dalla corrispettiva lunga ed Ĕ non faccia altrettanto, come ipotizzato da Lüdtke.7 Per spiegare il vocalismo del Randgebiet la scelta ricade dunque sulle ipotesi A (“napoletano sicilianizzato”) e B (“siciliano napoletanizzato”). Alcuni fenomeni in progress nelle aree a vocalismo siciliano contigue a quelle “marginali” potrebbero offrire una conferma in vivo dell’ipotesi B, già avanzata da Franceschi. Per quanto riguarda il Salento, Fanciullo (1996: 129) ha mostrato come nel dialetto di Cellino San Marco gli esiti brindisini si propagano in alcune serie suffissali istituendo un’opposizione metafonetica prima assente: [miase] ‘abitante di Mesagne’ ~ [miaisi], [ttsappatre] ‘zappatore’ ~ [ttsappaturi]. Più a sud, a Gallipoli, l’alternanza metafonetica si è generalizzata notevolmente nei sostantivi: [pe] ‘pesce’, [mse] ‘mese’; ma non si è estesa agli aggettivi e ai verbi: [fridda] ‘fredda’, [duna] ‘dona’. La penetrazione del vocalismo napoletano sembra seguire le stesse strade nel Cilento “siciliano”: a Poderia al singolare cellese ‘abitante di Celle’ si oppone il plurale cellise (Russo 2002: 212), ai maschili chiste, chidde ‘questo, quello’ i femminili chesta, chedda (De Blasi/Fanciullo 2002: 630). Qualcosa di simile a quello che ora accade a Cellino San Marco, a Gallipoli e a Poderia potrebbe essere accaduto un tempo anche a Brindisi, a Stigliano e a Teggiano. A partire da –––––––—–– 6

    7

    Il toscano è preso qui come rappresentante del romanzo comune. L’italiano meridionale sta per tutte quelle varietà (tra cui anche il portoghese e in parte il soprasilvano) che distinguono tuttora /u/ e /o/ finali o recano traccia di tale distinzione, riflettendo così, secondo Lausberg, le condizioni “latino-volgari”. Il vocalismo siciliano è uno sviluppo ulteriore del sistema meridionale con confluenza di /e/ /o/ in /i/ /u/ (Fanciullo 1996: 10ss.). Il vocalismo della Mittelzone sarebbe analogo a quello sardo, il vocalismo del Vorposten analogo a quello rumeno con posteriore confluenza di /e/ e //. Ma si noti che la questione se questi ultimi due sistemi siano sviluppi diretti del vocalismo latino o prodotti di successive dinamiche è ancora aperta (cf. da ultimo Bianchi/De Blasi/Fanciullo 2002: 760–762). Per la maggiore ricchezza del vocalismo (pro)tonico italiano rispetto a quello postonico si veda Maiden (1998: 59). Sulla tendenza universale a privilegiare le distinzioni anteriori su quelle posteriori cf. Schmid (1999: 257).

    143

    Sistemi vocalici a contatto in area italo-romanza

    una situazione di tipo siciliano, rappresentata nella tabella 4, negli esiti di Ĭ Ē, per influsso del sistema napoletano, la [i] originaria potrebbe essere stata sostituita da [], ossia dall’unica vocale media disponibile: *[pii] > [pi], *[misi] > [msi]. napoletano *marginale

    FĪLU

    PĬSCE

    MĒ(N)SE

    PĔDE

    filo filu

    pe pii

    mes misi

    pd pdi

    Tab. 4 – Stadio anteriore del vocalismo marginale.

    Può sembrare poco credibile perché troppo gravoso un processo di sostituzione che comporti l’acquisizione di un doppio sistema metafonetico (cf. tabella 1: [msi] ~ [misi], [pdi] ~ [pjedi]). Ma, come mostrano i dialetti moderni, proprio l’acquisizione dell’opposizione metafonetica [] ~ [i] può essere stata una strada della penetrazione del nuovo sistema, mentre l’opposizione [] ~ [je] poteva essere presente ab antiquo nei dialetti in questione (come nel Salento centrale e in quasi tutto il Cilento a vocalismo siciliano).8 Si può obiettare che un simile processo, che doveva risparmiare le vocali estreme uscite da Ī e Ū, non può non aver lasciato tracce sotto forma di estensioni indebite.9 Ma tali tracce appunto troviamo nei testi antichi provenienti da località salentine e lucane modernamente a vocalismo marginale, dove sono frequenti casi di in corrispondenza di /i u/ etimologiche: es. salent.ant. tocta ‘tutta’, solla ‘sulla’ (Stussi 1982: 168), fiome ‘fiume’, adquesta ‘acquista’ (Sgrilli 1983: 61), luc.ant. fanzolle ‘fanciulle’, gentele ‘gentile’ (Braccini 1964: 255s.). Pur in mancanza di documentazione sicura si può credere che un fenomeno analogo si sia verificato in Campania nel Vallo di Diano.10 L’ipotesi di un soggiacente sistema siciliano si può estendere anche all’area contigua, ossia al Cilento a vocalismo napoletano. Anche qui le basi documentarie sono scarse,11 tuttavia esistono indizi ricostruttivi. Già Rohlfs (1937: 429), sulla base di forme come [jom] ‘fiume’, [rer] ‘ridere’, [ret] ‘dice’, riteneva che in quest’area si fosse verificata la sostituzione di un precedente vocalismo di tipo siciliano che avrebbe coinvolto episodicamente anche gli esiti di Ū e Ī. Del resto, un fenomeno analogo a quello ipotizzato si sta ripetendo modernamente in altre località del Cilento meridionale, dove si assiste ormai alla convivenza del sistema pentavocalico originario e del sistema eptavocalico di importazione napoletana (cf. Del Puente/Fanciullo 2004: 154 e nota). È probabile dunque che in tutta la Campania meridionale il vocalismo napoletano si sia sovrapposto a quello siciliano, in alcuni luoghi sostituendolo con successo (salvo i relitti menzionati), in altri luoghi dando origine al sistema di compromesso. È possibile che i due processi siano successivi e che anche il Cilento “napoletano” abbia attraversato una fase di vocalismo “marginale”. A partire dalla situazione rappresentata nella tabella 5 l’adeguamento al sistema napoletano sarebbe stato completato acquisendo la distinzione tra medioalte e medio-basse. Lo proverebbe il fatto che Omignano (pt. 740 dell’AIS), che normal–––––––—–– 8 9 10 11

    Per la rilevazione di dinamiche metafonetiche anche nel Salento meridionale v. ora Grimaldi (2003). Cf. Labov (1994: 312): “some frequency of hypercorrect forms is thus inevitable among those trying to learn a phonemic distinction not native to their own dialect”. Per dei possibili argomenti filologici a favore di quest’ipotesi cf. Barbato (2002: 43–44). Cf. Varvaro (1986: 62 e 86s.); Barbato (2002: 40–41).

    144

    Marcello Barbato

    mente dà risposte di tipo napoletano, in alcuni casi (come [fmmina]) mostra chiare tracce di antica appartenenza al Randgebiet (Lausberg 1939: 54).12 napoletano *cilentano sett.

    FĪLU

    PĬSCE

    MĒ(N)SE

    PĔDE

    filo filu

    pe pi

    mes msi

    pd pdi

    Tab. 5 – Stadio anteriore del vocalismo cilentano settentrionale.

    3.

    Corsica13

    Negli ultimi decenni gli studi di Marie-José Dalbera-Stefanaggi e le inchieste del NALC hanno messo chiaramente in luce la tripartizione fondamentale del vocalismo corso. Nell’isola si contrappongono una grossa area centro-settentrionale (comprendente una subarea nord-orientale) e una piccola area meridionale, separate da un cuscinetto dotato di un vocalismo particolare (ribattezzato “taravese”, dal fiume Taravo).

    2 1

    Fig. 2 (Dalbera-Stefanaggi 1991: 493s.)

    –––––––—–– 12 13

    Cf. anche l’esito irregolare del topon. ALYNTOS > Aliendo (Rohlfs 1966–1969: § 45), che presuppone una sostituzione ipercorretta di /i/ con //. Non si trattano qui gli esiti davanti a nasale, vibrante e LL. Per un’analisi dettagliata dell’evoluzione diacronica del vocalismo corso si rimanda a Barbato (in stampa).

    145

    Sistemi vocalici a contatto in area italo-romanza

    Nella tabella 6 i rapporti tra i tre sistemi sono esemplificati ancora una volta con la serie anteriore:14 centrosettentrionale taravese

    meridionale

    Ī

    Ĭ

    Ē

    Ĕ

    filu rikku tikw filu rrikku tikwi filu rrikku tikwi

    plu llu frsku plu u frsku pilu iu frisku

    tla tttu ska tela tettu ska tela tttu ska

    mel pettu bespa meli pettu vspa meli pttu vspa

    ‘filo’, ‘ricco’, ‘cinque’

    ‘pelo’, ‘egli/lui’, ‘fresco’

    ‘tela’, ‘tetto’, ‘esca’

    ‘miele’, ‘petto’, ‘vespa’

    Tab. 6 – Vocalismo tonico corso.

    Abbiamo dunque la situazione seguente: – Il sistema centro-settentrionale è di tipo romanzo comune, ma rispetto al vicino toscano presenta la caratteristica “inversione dei timbri”: a [] [] toscane corrispondono [e] [o] e viceversa. – Il sistema meridionale è di tipo sardo, solo che l’apertura della vocale media non è regolata dalla metafonia ma dalla struttura sillabica (chiusura in sillaba libera). – Il sistema taravese si comporta ora come il primo ora come il secondo dei sistemi limitrofi: come il sistema meridionale non distingue gli esiti di Ĕ Ŏ da quelli di Ē Ō, mentre coincide col sistema settentrionale negli esiti di Ĭ Ŭ. Ben radicata nella romanistica è l’idea che tutta la Corsica avesse originariamente un sistema vocalico di tipo sardo, trasformatosi poi per influssi provenienti dal continente.15 Tuttavia la Dalbera-Stefanaggi (1991: 529ss.) ha buon gioco a mostrare che nessuno dei fautori di quest’idea è riuscito a spiegare nel dettaglio e in maniera convincente il meccanismo che avrebbe portato alla trasformazione del sistema originario nei sistemi attuali. La studiosa corsa assume dunque una prospettiva diversa e metodologicamente corretta, quella di spiegare dall’interno i sistemi vocalici: Ce système [i.e. corso centro-sett.] n’est donc nullement interférentiel. Il ne procède d’aucun placage de toscan sur du sarde. Il répresente le développement autonome interne de l’un des systèmes de type toscan, celui vraisemblablement de la périphérie nord-occidentale de la Toscana (1991: 542).

    –––––––—–– 14 15

    I dati, tratti dal NALC e da Dalbera-Stefanaggi (1991, 2001, 2002), sono trascritti in forma idealizzata (sul modello dell’ultimo lavoro citato). Per la posizione espressa a proposito da Bottiglioni, Wartburg, Rohlfs e Lausberg, cf. DalberaStefanaggi (1991: 321ss.).

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    Marcello Barbato

    L’ipotesi della Dalbera-Stefanaggi si può riassumere nel modo seguente: – Il sistema meridionale è di tipo sardo, solo che àncora l’alternanza tra medio-alte e medio-basse (probabilmente di origine metafonetica) alla struttura sillabica. – Il sistema taravese è intermedio tra il sistema sardo e quello romanzo comune: esso presenta apertura timbrica di Ĭ e Ŭ ma non di Ĕ e Ŏ. – Il sistema centro-settentrionale muove dal sistema romanzo comune: una dittongazione generalizzata delle medio-basse, con successiva monottongazione, determina l’abbassamento delle medio-alte. Una traccia di questa dittongazione permane nel carattere particolarmente teso degli esiti di Ĕ Ŏ. Un’evoluzione parallela si ha in altre aree periferiche toscane (Lunigiana, Isola d’Elba, Isola del Giglio). Credo che la dimostrazione del carattere indigeno del sistema centro-settentrionale sia convincente. Conferme vengono da paralleli sviluppi in altre aree romanze: il catalano centrale presenta inversione di [e] e [] (Badía y Margarit 1951: § 48ss.); in vallese // è passato a [u] senza confondersi con /o/, che in sillaba chiusa si è abbassato a [] (Labov 1994: 141ss.); il barese ha inversione sia di [e] e [] che di [o] e [] (Loporcaro 1988: 68s.). In tutti questi casi la mancata fusione dei fonemi si spiega attraverso un processo di “periferizzazione” o di “centralizzazione” di uno dei due elementi. La Dalbera-Stefanaggi avverte che il parallelismo istituito con il toscano occidentale è incompleto: qui si è avuto [e] [o] da Ĕ Ŏ, ma solo in sillaba libera, e non c’è inversione dei timbri.16 In sostanza in nessun’altra area si è verificata una dittongazione (o “periferizzazione”) in sillaba bloccata. In questo senso si può aggiungere che il corso segna i limiti del tipo toscano, ponendosi all’estremo opposto dell’aretino, dove la dittongazione obbedisce non solo a una restrizione sillabica (come in fiorentino) ma anche metafonetica, come si evidenzia nella tabella 7:17 solo in sillaba libera solo in posizione metafonetica

    corso -

    fiorentino + -

    Aretino + +

    Tab. 7 – Restrizioni alla dittongazione in area toscana.

    Più problematica è l’interpretazione del vocalismo taravese. La Dalbera-Stefanaggi, adottando la scala di implicazione di Lüdtke, ritiene che questo sistema sia geneticamente analogo a quello marginale, presentando apertura di Ĭ e Ŭ ma non di Ĕ e Ŏ. Abbiamo già visto i problemi posti da questo approccio (§ 2). Ma, anche ammessa l’ipotesi di Lüdtke, va osservato che nel sistema taravese Ĭ Ŭ rimangono distinte rispettivamente da Ē Ĕ e da Ō Ŏ (mentre nel sistema marginale si confondono con esse) e danno un esito aperto, fatto che rimane privo di una spiegazione convincente. Inoltre l’ipotesi della Dalbera-Stefanaggi non rende conto: a) della corrispondenza che si osserva in tutta l’isola negli esiti di Ĕ Ŏ (es. [meli]/[mel]); b) della corrispondenza tra taravese e corso centro-settentrionale negli esiti di Ĭ Ŭ (es. [plu]). Per quanto riguarda a), infat–––––––—–– 16 17

    Cf. Rohlfs (1966–69: § 87 e 109); Bottiglioni (1911: 102–103) per la Lunigiana; Giannelli (1976: 72, 94 e 108) per l’elbano, il garfagnino e il massese. Per il “dittongamento aretino” (esteso anticamente oltre che ad Arezzo, a Sansepolcro, Città di Castello, Urbino, Viterbo) cf. Castellani (2000: 260 e 367–369).

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    Sistemi vocalici a contatto in area italo-romanza

    ti, l’esito chiuso è attribuito ora alla chiusura in sillaba libera ora alla dittongazione generalizzata; quanto a b), l’esito aperto è attribuito ora a un autonomo sviluppo latino tardo ora all’inversione dei timbri. È evidente che queste corrispondenze dovranno trovare una spiegazione unitaria, che non crei una indebita separazione tra corso meridionale e centrosettentrionale. Vogliamo dunque avanzare una nuova ipotesi, che in parte recupera l’approccio interferenziale. Poniamo cioè che il vocalismo “sardo” fosse esteso un tempo fino al centro dell’isola, e che il vocalismo taravese sia dovuto alla pressione del vocalismo centrosettentrionale su quello meridionale. Lo scenario che ipotizziamo è il seguente. In epoca tardo-antica la Corsica si divide in due, come descritto nella tabella 8: una parte meridionale (compresa l’area taravese), a vocalismo sardo, e una parte settentrionale, a vocalismo romanzo comune: settentrionale meridionale

    Ī

    Ĭ

    Ē

    Ĕ

    filu filu

    pelu pilu

    tettu tttu

    lttu lttu

    Tab. 8 – Ipotetico stadio originario del vocalismo corso.

    In epoca alto-medievale si verifica un fenomeno pancorso e cioè la dittongazione (o “periferizzazione”) delle vocali medie. Questo fenomeno, agendo su insiemi diversi, provoca effetti diversi: nell’area settentrionale, che distingue medio-alte e medio-basse, colpisce solo queste ultime, determinando infine la famosa inversione delle qualità;18 nell’area meridionale, che possiede solo una vocale media, colpisce ovviamente tanto gli esiti di Ē che di Ĕ. Inoltre, scendendo da Nord a Sud, il fenomeno è soggetto a progressive restrizioni: il settentrione ha un comportamento di tipo castigliano con dittongazione priva di restrizioni contestuali, mentre il meridione si avvicina piuttosto alle aree periferiche toscane con la restrizione alla sillaba libera; l’area taravese ha una posizione intermedia, presentando chiusura davanti a geminata ma non davanti a nesso consonantico. Questa scalarità è riflessa nella tabella 9, che contiene gli esiti moderni di Ĕ: centro-settentrionale taravese meridionale

    sillaba aperta mel meli meli

    _CC

    _sC

    lettu lettu lttu

    Bespa vspa vspa

    Tab. 9 – Contesti della chiusura/dittongazione in corso.

    –––––––—–– 18

    In una località isolata del Capo Corso (Morsiglia) si verifica invece neutralizzazione tra gli esiti di Ĕ e quelli di Ē Ĭ: [pelu] ‘pelo’ = [tela] ‘tela’ = [pe] ‘piede’.

    148

    Marcello Barbato

    Ora, il diverso grado di restrizione e i diversi contesti di applicazione del fenomeno della chiusura-dittongazione determinano, dopo l’inversione dei timbri settentrionale, la situazione rappresentata nella tabella 10: centro-sett. taravese meridionale

    ‘filo’ filu filu filu

    ‘pelo’ plu *pilu pilu

    ‘tetto’ tttu tettu tttu

    ‘letto’ Lettu Lettu lttu

    Tab. 10 – Stadio intermedio del vocalismo corso.

    In questo stadio dunque in una serie di lessemi una [i] taravese si oppone a una [] centrosettentrionale; in un’altra serie una [e] taravese si oppone a una [] centro-settentrionale. In una situazione di pressione del sistema centro-settentrionale su quello taravese, non è difficile credere che la prima differenza, quella tra [plu] e *[pilu], dotata di maggiore salienza acustica, venga eliminata, mentre l’altra, quella tra [tttu] e [tettu], permanga, come evidenziato nella tabella 11: centro-sett. taravese meridionale

    ‘filo’ filu filu filu

    ‘pelo’ plu plu pilu

    ‘tetto’ tttu tettu tttu

    ‘letto’ Lettu Lettu lttu

    Tab. 11 – Stadio attuale del vocalismo corso.

    Ancora una volta un processo in atto offre una conferma in vivo dell’ipotesi ricostruttiva. Lo stesso fenomeno che abbiamo supposto per il taravese, infatti, si può osservare nel corso meridionale attuale, dove la /i/ originaria viene sostituita in casi eccezionali da // indipendentemente dalla struttura sillabica: [pti] ‘pece’, [pu] ‘pesce’, ecc.19 Il processo di sostituzione ipotizzato, che non può essere meccanico ma deve procedere parola per parola, può lasciare qualche traccia della fase anteriore. Ed in effetti non mancano in area taravese casi eccezionali di vocalismo “sardo”: [bija] ‘bere’, [kwistu] ‘questo’, ecc. Ora, se osserviamo la carta di Dalbera-Stefanaggi (figura 2), notiamo che l’isoglossa che delimita le tracce di Ĭ > [i] (linea 1) si spinge più a Nord dei confini dell’area taravese. Ancora un po’ più a Nord, parallela ad essa, corre quella degli esiti “taravesi” in area centrosettentrionale: [reta] ‘rete’, [krea] ‘crescere’, ecc. (linea 2). L’area a vocalismo sardo dunque doveva arrivare originariamente fino a quest’ultima linea, che ricalca sostanzialmente il confine tra corso cismontano (Capocorso, Bastia, Aleria, Corte e Balagna) e corso oltramontano (Vico, Ajaccio, Sartene e Bonifacio). Il vocalismo di compromesso, nato in un secondo momento dal contatto tra il sistema settentrionale e quello meridionale, doveva estendersi anche a un’area centrale (Vico e Ajaccio) dove in seguito, salvo alcuni residui, è stato soppiantato dal vocalismo settentrio–––––––—–– 19

    Alcuni allotropi (es. [lnu] ‘legno’ vs. [lina] ‘fascina’) mostrano che si tratta di fenomeno recente e importato.

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    Sistemi vocalici a contatto in area italo-romanza

    nale. Anche di questo possiamo trovare conferma nelle dinamiche in progress: nel taravese attuale, infatti, alcuni lessemi in [e] vengono riclassificati in [], proseguendo l’adeguamento al corso centro-settentrionale: [m] ‘me’, [r] ‘re’. L’ipotesi diacronica così è confortata dalla distribuzione areale. Il trascorrere dal vocalismo meridionale al vocalismo taravese a quello “centrale” corrisponde al passaggio dalle condizioni originarie a una sempre più intensa settentrionalizzazione. Il fatto che l’isoglossa relittuaria Ĭ > [i] corra più a Sud di quella Ē > [e] conferma inoltre la congettura che la sostituzione di [plu] a *[pilu] abbia preceduto quella di [tttu] a [tettu].

    4.

    Conclusioni

    Tanto in Corsica quanto in Italia meridionale dunque un sistema pentavocalico (rispettivamente di tipo sardo e di tipo siciliano) potrebbe essere stato sostituito da un sistema eptavocalico per influssi provenienti da Nord.20 In entrambi i casi questo processo di sostituzione in parte sarebbe compiuto, in parte avrebbe dato luogo a un sistema di compromesso, come si riassume nelle tabelle 12 e 13:21 It. meridionale Ī

    sistema siciliano > I

    Ĭ

    marginale i /i

    >

    Cilento sett. I e/i

    Ē Ĕ

    /je

    /je

    /je

    Tab. 12 – Ipotesi sullo sviluppo dei sistemi italiani meridionali. Corsica Ī

    sistema sardo I

    Ĭ Ē

    /e

    >

    taravese

    >

    i  /e

    Vico, Ajaccio I  /e

    Ĕ

    Tab. 13 – Ipotesi sullo sviluppo dei sistemi corsi.

    In entrambi i casi l’ipotesi è supportata da indizi presenti nelle varietà in questione e da processi in corso nelle varietà limitrofe. A conferma dello scenario delineato si può citare il fatto che nel vocalismo atono entrambi i sistemi di compromesso (“marginale” e “taravese”) conservano caratteristiche di tipo meridionale (rispettivamente “siciliane” e “sarde”). –––––––—–– 20

    21

    Ma per la possibilità che in Corsica questo processo di sostituzione (per una precedente e autonoma fonologizzazione dell’opposizione tra medio-alte e medio-basse) non investa l’inventario fonologico, cf. Barbato (in stampa). La barra separa gli esiti normali da quelli condizionati (rispettivamente dalla metafonia e dalla chiusura-dittongazione).

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    Marcello Barbato

    Il Cilento meridionale a vocalismo siciliano presenta (o almeno presentava nel XX secolo) un vocalismo atono finale a tre fonemi /i a u/, analogo a quello della Calabria meridionale e della Sicilia (Rohlfs 1937: 430). Dai dati dell’AIS raccolti nella tabella 14 si può osservare che lo stesso vocalismo si ritrova non solo nel Vallo di Diano “marginale” ma anche nel Cilento “napoletano”: AIS

    Teggiano (pt. 731)

    Omignano (pt. 740)

    87 (corpo) 89 (vene) 93 (capo) 123 (ha)

    kworpu bbni kapu tni

    Kworpu Bbeni Kapu tni

    Tab. 14 – Vocalismo finale campano meridionale.

    Come si vede nella tabella 15, il vocalismo finale in Corsica conosce una netta bipartizione: Ī

    Corsica sett. Corsica merid.

    Ĭ

    Ē

    Ĕ



    i I

    Ā

    Ă

    a a

    Ŏ

    Ō

    Ŭ

    Ū

    U U

    Tab. 15 – Vocalismo finale corso.

    Il confine tra il tipo a tre e quello a quattro vocali finali corre ancora più a nord dell’area taravese e coincide sostanzialmente con quello dell’area che presenta relitti “sardi” nel vocalismo tonico. Come scrive la Dalbera-Stefanaggi (1991: 525): “le fait que la limite entre le traitement [kwistu] et le traitement [kwstu] coïncide avec celle qui sépare, en matière de vocalisme atone, la zone à [-i] de la zone à [-], semble indiquer que cette frontière n’est pas fortuite et mérite quelque attention”. Nel quadro della nostra ricostruzione questa coincidenza si spiega facilmente: il vocalismo atono conserva meglio di quello tonico le originarie condizioni “sarde”.22 L’ipotesi qui avanzata, andando contro ben fondate predizioni tipologiche (cf. § 1), richiede la conferma di fattori esterni. Nel caso dell’Italia meridionale non è difficile individuare questi fattori nel ruolo di Napoli, che alla fine del Duecento, divenuta con gli Angioini la capitale del Regno, comincia a esportare il suo modello linguistico, fin allora marginale, nel resto del Mezzogiorno.23 Nel caso della Corsica le ragioni del maggior prestigio della varietà centro-settentrionale risiederanno nella maggiore vicinanza al toscano, che per tutto il Medioevo e gran parte dell’età moderna costituisce la lingua-tetto dell’isola, e nella maggiore dinamicità del Nord, con una vita cittadina più intensa e una maggiore apertura verso l’esterno, rispetto al Sud più isolato e meno densamente popolato.24 –––––––—–– 22

    23 24

    Di opinione opposta era Bottiglioni (1926–27: 195), che riteneva originariamente “il fenomeno di -i da -E ristretto alla solita angusta zona meridionale estrema”. Per una critica dei suoi argomenti cf. Barbato (in stampa). Per altri spostamenti di isoglosse verso Sud imputabili allo stesso processo storico cf. Barbato (2001: 546ss., 2002: 40 e 58). Per altri casi di regressione di tratti meridionali cf. Dalbera-Stefanaggi (1991: 558).

    Sistemi vocalici a contatto in area italo-romanza

    151

    Vanno sottolineate infine alcune differenze tra le due situazioni studiate. Da una parte, solo nel caso dell’Italia meridionale l’ipotesi è supportata da dati documentari, ma ciò è dovuto a un motivo estrinseco, come la mancanza di testi medievali provenienti dalla Corsica centro-meridionale (cf. Serianni 2005). D’altra parte, gli indizi che permettono la ricostruzione sono di carattere diverso: in Corsica prevalgono i relitti della fase anteriore, in Italia meridionale gli ipercorrettismi. Questo farebbe credere che il processo di sostituzione sia avvenuto qui in maniera più impetuosa, coerentemente con la presenza di un chiaro centro propulsore come Napoli.

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